Trassologie an römischem Silber: Herstellungstechnische Untersuchungen am Hildesheimer Silberfund 9781407300337, 9781407330891

A detailed study of the important silver hoard from Hildesheim, Germany.

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Trassologie an römischem Silber: Herstellungstechnische Untersuchungen am Hildesheimer Silberfund
 9781407300337, 9781407330891

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VORWORT
INHALTSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG
2. FORSCHUNGSGESCHICHTE
3. RESTAURIERUNGSGESCHICHTE
4. DIE HERSTELLUNGS- UND DEKORTECHNIKEN IN DER ÄLTEREN LITERATUR
5. OBERFLÄCHENUNTERSUCHUNG TEIL 1: FORMPUNZEN
6. OBERFLÄCHENUNTERSUCHUNG TEIL 2: BLATTSTÄBE
7. OBERFLÄCHENUNTERSUCHUNG TEIL 3: FLECHTBÄNDER
8. OBERFLÄCHENUNTERSUCHUNG TEIL 4: VERGOLDUNGEN
9. OBERFLÄCHENUNTERSUCHUNG TEIL 5: ARBEITSMETHODEN ZUR ERZEUGUNG VON PLASTIZITÄT
10. DURCHSTRAHLUNGSTECHNIKEN
11. METALLANALYSEN
12. ZU FRAGEN DER DATIERUNG
13. AUSWERTUNG
14. ABKÜRZUNGS- UND LITERATURVERZEICHNIS
15. ANHANG
16. KATALOG

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BAR S1621 2007  NIEMEYER  TRASSOLOGIE AN RÖMISCHEM SILBER

Trassologie an römischem Silber Herstellungstechnische Untersuchungen am Hildesheimer Silberfund

Barbara Niemeyer

BAR International Series 1621 9 781407 300337

B A R

2007

Trassologie an römischem Silber Herstellungstechnische Untersuchungen am Hildesheimer Silberfund

Barbara Niemeyer

BAR International Series 1621 2007

Published in 2016 by BAR Publishing, Oxford BAR International Series 1621 Trassologie an römischem Silber © B Niemeyer and the Publisher 2007 The author's moral rights under the 1988 UK Copyright, Designs and Patents Act are hereby expressly asserted. All rights reserved. No part of this work may be copied, reproduced, stored, sold, distributed, scanned, saved in any form of digital format or transmitted in any form digitally, without the written permission of the Publisher. ISBN 9781407300337 paperback ISBN 9781407330891 e-format DOI https://doi.org/10.30861/9781407300337 A catalogue record for this book is available from the British Library BAR Publishing is the trading name of British Archaeological Reports (Oxford) Ltd. British Archaeological Reports was first incorporated in 1974 to publish the BAR Series, International and British. In 1992 Hadrian Books Ltd became part of the BAR group. This volume was originally published by Archaeopress in conjunction with British Archaeological Reports (Oxford) Ltd / Hadrian Books Ltd, the Series principal publisher, in 2007. This present volume is published by BAR Publishing, 2016.

BAR PUBLISHING BAR titles are available from: BAR Publishing 122 Banbury Rd, Oxford, OX2 7BP, UK E MAIL [email protected] P HONE +44 (0)1865 310431 F AX +44 (0)1865 316916 www.barpublishing.com

VORWORT zu digitalisieren; Bernd Illerhaus und Yener Onel, BAM, Projektgruppe Computertomographie in der Fachgruppe VIII.3 führten die Computertomografie durch; Karin Adam und Ines Feldmann, BAM, Fachgruppe Umweltrelevante Material- und Produkteigenschaften haben eine Röntgenfluoreszenzanalyse der Probe von der ‚Bemalung’ der Athena-Schale HI 1 durchgeführt und einige Aufnahmen von Silikonabformungen im Rasterelektronenmikroskop angefertigt; Klaus-Werner Brzezinka, BAM, Labor I.31 Angewandte Spektroskopie untersuchte die ‚Bemalungs’-Probe der Athena-Schale HI 1 auf Silberverbindungen.

Die vorliegende Arbeit ist die leicht bearbeitete Fassung meiner Dissertation, die im März 2006 am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin, Institut für Prähistorische Archäologie eingereicht wurde. Als Gutachter fungierten Bernhard Hänsel, Institut für Prähistorische Archäologie und Wolf-Dieter Heilmeyer, Institut für Klassische Archäologie. Die Disputation fand am 15.06.2006 im Institut für Prähistorische Archäologie der FU Berlin statt. Die Erarbeitung der vorliegenden Studie war nur im Zuge einer umfassenden Neurestaurierung des Hildesheimer Silberfundes möglich. Für die Erteilung eines entsprechenden Arbeitsauftrages zum passenden Zeitpunkt bin ich insbesondere den Direktoren und der stellvertretenden Direktorin Wolf-Dieter Heilmeyer, Andreas Scholl und Gertrud Platz-Horster zu Dank verpflichtet. François Baratte, Institut d’art et d´archéologie, Université de Paris Sorbonne IV unterstützte das Dissertationsprojekt durch sein Gutachten.

Für die Erlaubnis, Vergleichsstücke untersuchen zu dürfen sowie die Betreuung in Museen und Restaurierungswerkstätten danke ich Martin Boss und Robert Übelacker, Antikensammlung des Archäologischen Instituts der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg/Erlangen (simpulum in Erlangen), Marie-France van Oorsouw und Renske Dooijes, Rijksmuseum van Oudheden, Leiden, NL (Silbergefäß aus Neerhaeren), Maria Luisa Nava, Mariarosaria Borriello und Teresa Giove, Soprintendenza Archeologica di Napoli e Caserta und Archäologisches Nationalmuseum Neapel, I (Spiegel aus der Casa del Menandro in Pompeji, Gefäß in Neapel), Annelies Koster, Museum Het Valkhof, Nijmegen, NL (Silberkantharos aus Stevensweert), Cécile Giroire, Département des Antiquités Grecques, Étrusques et Romaines, Musée du Louvre, Paris, F (Spiegel, Kannen und salina aus dem Schatzfund von Boscoreale), Michaela Kronberger, Karin Maierhofer und KollegInnen, Wien Museum, A (simpulum aus Wien-Schwechat) sowie Hans-Joachim Schalles und Petra Becker, Regionalmuseum Xanten (salinae aus Xanten). Ina Reiche und Nicolas Melard, Centre de Recherches et de Restauration des Musées de France (C2RMF), Paris, F stellten ein Mikroskop mit Fotozubehör zur Verfügung und halfen beim Transport in den Ausstellungssaal im Louvre. Pietro Giovanni Guzzo, Soprintendenza Archeologica di Pompei, I versuchte, den von Winter 1897 erwähnten fragmentierten Spiegel aufzufinden.

Weitere praktische Unterstützung erfuhr ich durch KollegInnen in der Antikensammlung sowie verschiedener Forschungseinrichtungen in Berlin: Johannes Laurentius und Petra Schwitz, Antikensammlung SMB-PK (ANT) sowie Eveline Weilert, Rathgen-Forschungslabor (RF) halfen bei der Bearbeitung digitaler Fotos, entwickelten Filme und fertigten Fotoabzüge an; Martin Maischberger, ANT stellte seine italienischen Sprachkenntnisse zur Verfügung; Uwe Peltz und Bernd Zimmermann halfen immer wieder bei den Räumarbeiten in den Ausstellungsvitrinen; zusammen mit Christian Goedicke, RF wurden Silikonabformungen im Rasterelektronenmikroskop dokumentiert; Regine-Ricarda Pausewein, RF analysierte Klebstoffe früherer Restaurierungen. Bodo Buczynski, Hiltrud Jehle und die KollegInnen in der Restaurierungswerkstatt der Skulpturensammlung SMB-PK erlaubten die Ausleihe von Mikroskop-Fotozubehör und die Benutzung ihrer Digitalwaage, Hermann Born und Wilfried Menghin, Museum für Vor- und Frühgeschichte SMBPK wären bereit gewesen, Röntgenaufnahmen im MVF anzufertigen, die Anlage dagegen nicht – sie streikte, so daß die Kollegen in der BAM um Hilfe gebeten wurden. Ulrich Gehrig und Hans Ulrich Tietz, beide ehemals Antikenmuseum Berlin-Charlottenburg standen für Informationen und Gespräche bereit, H.-U. Tietz verdanke ich auch die Fotos der ‚Restauratoren-Dynastie’ Tietz.

Danken möchte ich außerdem den Familien Cornelia und Michael Kroll sowie Julia und Veit Paas in Kleve und Paris für die Aufnahme in ihre Familien während meiner Arbeiten in Xanten, Nijmegen und Paris, Barbara Regine Armbruster, Toulouse, F für den Hinweis auf das Zahnarztsilikon, Alessandra Giumlia-Mair, Università di Udine, D.U.O.B.C. Gorizia, I für die Literaturstellen zu antiken Bemalungsrezepten, Klaus Hallof, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin für seine Bemühungen um die griechischen Schriftzeichen auf der Athena-Schale HI 1, den MitarbeiterInnen des Stadtarchivs Hildesheim, Richard Hobbs, Department of Prehistory and Europe, The British Museum, London, GB für die Digitalfotos der Becher aus Welwyn B, Susanna

Oliver Hahn und Martin Radtke, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Berlin (BAM), Fachgruppe I.4 Nuklearanalytik führten die Röntgenfluoreszenz-Untersuchungen an den Vergoldungen durch; Gisela und Hans-Joachim Malitte sowie Uwe Zscherpel, BAM, Fachgruppe VIII.3 Zerstörungsfreie Prüfung und Charakterisierung, radiologische Verfahren erklärten sich kurzfristig dazu bereit, Röntgenaufnahmen anzufertigen und I

Künzl, Eckental für das Foto des simpulums aus WienSchwechat, H. Kuhlgatt, Archiv der Blaupunkt-Werke, Stuttgart für die Kopie eines Artikels, Hermann Pflug, Seminar für Klassische Archäologie der Universität Heidelberg für die Informationen und Digitalfotos vom Gipsabguß eines megarischen Silber- oder Fayencebechers, John Tamm, University of Manitoba, Winnipeg, CND für die Kopie seiner unpublizierten Dissertation von 2001 sowie Yvona Trnka-Amrhein und Susanne Gänsicke,

Museum of Fine Arts, Boston, USA für Informationen und das Digitalfoto einer hellenistischen Zierscheibe. Der letzte Dank gilt David Davison, BAR, Oxford für die Aufnahme der Arbeit in die internationale Reihe der British Archaeological Reports und den Freunden der Antike auf der Museumsinsel für die Finanzierung der Farbtafeln. Barbara Niemeyer

II

Berlin, im Januar 2007

INHALTSVERZEICHNIS 1. Einleitung und Zielsetzung (Abb. 1 u. 2)………………………………………………………………………….1 2. Forschungsgeschichte……………………………………………………………………………….…………...…4 2. 1. Die ersten Publikationen kurz nach der Entdeckung…………………………………………….....……………4 2. 2. Eingang des Hildesheimer Silberfundes in die Literatur……………………………………...…………………7 2. 3. Die Monographie Pernice/Winter 1901……………………………………………………………....……………8 2. 4. Die Literatur nach Vorlage der Monographie Pernice/Winter 1901………...…………………………….……9 2. 5. Die Literatur der Nachkriegszeit bis zur Neuaufstellung 1966 in Berlin-Charlottenburg und dem 100jährigen Fundjubiläum 1968……………………………………………………...……………….11 2. 6. Die Literatur ab 1970……..……………………………………………………………………………………….12 2. 7. Das Kataloghandbuch zur Ausstellung in Hildesheim 1997………………………..…………………………..14 2. 8. Zusammenfassung zur Forschungsgeschichte…………………………………………………………………..16 2. 8. 1. Die Datierung des Gesamtkomplexes…………………………………………………………...……………….16 2. 8. 2. Die Datierung einzelner Gefäße………………………………………………………………………………….17 2. 8. 3. Die sog. gallo-römische Gefäßgruppe……………………………………………………………………………17 2. 9. Die Literatur zum Hildesheimer Silberfund in chronologischer Reihenfolge…………………………………19 3. Restaurierungsgeschichte…………………………………………………………………………………………20 3. 1. Die Rekonstruktion der Deponierungssituation (Abb. 3-11)……..….……………………………….…....……20 3. 2. Erste Maßnahmen direkt nach der Auffindung………………………………………………….………...……22 3. 3. Die Erstrestaurierung 1895-1899 durch Carl Tietz (Tietz I) und Carl Völcker………………………...…….23 3. 3. 1. Die Abfolge der Objektrestaurierungen nach den Vorberichten (Abb. 12).………………..……………….…...23 3. 3. 2. Zur Erstrestaurierung in der Monographie Pernice/Winter 1901…………………...………………………...…25 3. 3. 3. Die Fotodokumentation während der Erstrestaurierung…………………………………………………...…….28 3. 4. Die Restaurierung zwischen 1921 und 1939 durch Hans Tietz (Tietz II, Abb. 13 u. 15)…..……………...…..29 3. 5. Restauratorische Maßnahmen im Kunstgutlager Schloß Celle ab 1946…………………………………...….29 3. 6. Die Restaurierung 1965-1966 durch Hans-Ulrich Tietz (Tietz III, Abb. 14)……...………………………...…30 3. 7. Die Restaurierung 2002-2006…………………….…..……………………………………...……………………30 3. 8. Zeichnerische Rekonstruktionen (Abb. 16-22)………………………………………………….……………… 31 3. 9. Zusammenfassung der Restaurierungsgeschichte………………………………………………………...…….35 4. Die antiken Herstellungs- und Dekortechniken in der älteren Literatur……………..………………....36 4. 1. Grundtechniken der Herstellung…………………………………………………………………….……...……36 4. 1. 1. Guß……………………………………………………………………………………………..…….….……….37 4. 1. 2. Schmieden und Treiben (Abb. 23 u. 24)…….…………………………………………………..……………….40 4. 2. Verbindungstechniken……………………………………………………………….……………………………40 4. 3. Dekortechniken……………………………………………………………………………………….……………41 4. 3. 1. Ziselieren, Gravieren und Punzieren…………………………………………………………………….……….41 4. 3. 2. Exkurs 1 zum Ziselieren und Gravieren………………………………………………..…………….…………..41 4. 3. 2. 1. Begriffsbestimmungen (Abb. 25 u. 26)……………………………………………..…………………………41 4. 3. 2. 2. Dekorziselieren bei den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes……………………………………………..42 4. 3. 3. Niello und Tauschierung ………………………………………………………………………..……………….43 4. 3. 4. Vergoldung………………………………………………………………………………………….……………43 4. 4. Antike Reparaturen und Umarbeitungen………………………………………………….……….……………44 4. 4. 1. Antike Reparaturen…………………………………………………………………...…………….……………44 4. 4. 2. Antike Umarbeitungen………………………………………………………………...…………………………44 4. 4. 2. 1. Die Athena-Schale HI 1……………………………………………………………….………………………44 4. 4. 2. 2. Die Herakles-Schale HI 2…………………………………………………………….……………………….45 4. 4. 2. 3. Die Kybele- und Attis-Schalen HI 3 und 4 (Abb. 27 u. 28)…………………………...……………..……….46 4. 4. 2. 4. Die Rankenbecher HI 5 und 6………………………………………………………...…………….……...….46 4. 4. 2. 5. Der Rankenkrater HI 62……………………………………………………….………………………………47 4. 5. Zusammenfassung zu den Herstellungstechniken in der Literatur ………………………………………...…47 5. Oberflächenuntersuchung Teil 1: Formpunzen………………………………………………………………53 5. 1. Forschungsgeschichtliches……………………………………………………………………..…………….……53 5. 2. Definition und Problematik…………………………………………………….………...…………….…………54 5. 3. Die Punzen an den Hildesheimer Gefäßen mit flachem Reliefdekor……………………..……………………55 5. 3. 1. Die Athena-Schale HI 1……………………………………………………………………...……………….…55 5. 3. 1. 1. Die Punzen…………………………………………………………………………………..…………………55 5. 3. 1. 2. Exkurs 2 zu weiteren herstellungstechnischen Merkmalen der Athena-Schale……………….………………59 III

5. 3. 1. 2. 1. Die Zirkelschlagrosette in der Schalenmitte (Farbtaf. A, Abb. 29)……….………..…….…...………...…..59 5. 3. 1. 2. 2. Die Markierungspunkte unterhalb des Randes……………………………………………….……………..60 5. 3. 1. 2. 3. Die Erstmontage des Emblems (Abb. 30-34)………………………………………………...……………..60 5. 3. 1. 2. 4. Hinweise auf eine aufgemalte Bordüre auf dem Gewand der Athena (Farbtaf. B u. C)…...………….…....62 5. 3. 1. 2. 5. Die Palmette auf den Griffen (Abb. 35)…….……………………………………………...……………….63 5. 3. 2. Die Herakles-Schale HI 2………………………………………………………... …………………………….63 5. 3. 3. Die drei Ententeller HI 45-47 (Abb. 36 u. 37)…....……………………………….………………....…………66 5. 3. 4. Die konischen Gefäße HI 66 und HI 67………………………...……………………………………………...69 5. 3. 4. 1. Die Punzen …………………….…………………………………………..………………….……….………69 5. 3. 4. 2. Exkurs 3 zu weiteren herstellungstechnischen Merkmalen an den Gefäßen HI 66 und 67 (Farbtaf. D-F)………..……………………..…………………………………….…….…….…………………74 5. 3. 4. 3. Exkurs 4 zum Silbergefäß aus Neerhaeren (Abb. 38)….………………….………..............…………………74 5. 4. Die Verwendung von Formpunzen auf plastisch reliefierten Gefäßen……………………………………...…76 5. 4. 1. Der Girlandenbecher HI 10………………………………………………………………………………….…...77 5. 4. 2. Der Viermaskenbecher HI 11……………………………………………………………….……………….…...77 5. 4. 3. Der Sechsmaskenbecher HI 12.……………………………………………………………...………….……….78 5. 4. 4. Die beiden Zehnmaskenbecher HI 13 und 14………………………………………………………………..…..79 5. 5. Die Verwendung von Formpunzen auf den Schalenemblemen………………………………..……………….80 5. 6. Die Verwendung von Formpunzen auf anderen Gefäßen………………………………………………..……..81 5. 6. 1. Die Platten mit reliefierten Rändern HI 58 und 59………………………...……………………………..………81 5. 6. 2. Weitere Gefäße mit wenigen Punzabschlägen………………………………………………………….………..82 5. 7. Ergebnis zur Verwendung von Formpunzen………………………………………………………….….……...83 6. Oberflächenuntersuchung Teil 2: Blattstäbe………………………………………………………………….84 6. 1. Die Blattstäbe an den Hildesheimer Gefäßen…………………………………………………….…………….…...85 6. 1. 1. Die Blattstabbecher HI 7 und 8 (Abb. 39-44)………………………………………………..……………..…….85 6. 1. 2. Die Ententeller HI 45-47 (Abb. 45 u. 46)……………………………………………………..…..……………...86 6. 1. 3. Der Lorbeerbecher HI 9 (Abb. 48-50)……………………………………………………...……………….……86 6. 1. 4. Der Schulterring der Kanne HI 44 (Abb. 51-54)…………………………………………...…………….………86 6. 1. 5. Ergebnis zu den Hildesheimer Gefäßen mit Blattstäben……………………………………………….….……..87 6. 2. Die Blattstäbe an Vergleichsstücken………………………………………….…………………………..……....87 6. 2. 1. Der Handspiegel des M. Domitius Polygnos aus Boscoreale (Abb. 55)…….………… ………...…....………...88 6. 2. 2. Das simpulum in Erlangen (Abb. 56 u. 57)…….…………………… ………………………………….…….....89 6. 2. 3. Die Scyphi aus Grab 1/1908 in Lübsow (Abb. 58-63)……………………….…………………………..…..…..89 6. 2. 4. Das Gefäß in Neapel (Abb. 64 u. 65)………………………………..…………………………………..…..…...90 6. 2. 5. Der Handspiegel mit Apollo-Emblem aus der Casa del Menandro, Pompeji (Abb. 66-68)…..……..……...…...91 6. 2. 6. Das simpulum aus Wien-Schwechat (Abb. 69 u. 70)….…………….…………………………………...………92 6. 2. 7. salinum 1 aus Xanten-Wardt (Abb. 71-73)……….....…………….....…………………………………...…...…92 6. 2. 8. salinum 2 aus Xanten-Wardt (Abb. 74 u. 75)…….…………………………...….………………………..….... 93 6. 2. 9. Weitere Objekte mit Blattstäben………………………………………………………………………..………..93 6. 3. Das Anlegen der Blattstäbe mit Hilfe von ‚Vorkerbungen’……………………………………….…..………..94 6. 3. 1. Die Hildesheimer Gefäße (Abb. 76 u. 77, 83 u. 84)………...……………………………….………….…….....94 6. 3. 2. Die Vergleichsstücke (Abb. 78-82)…….…………………………………………………………….…….…....94 6. 4. Zusammenfassung zu den Blattstabdekoren………………………………………………………….…………95 7. Oberflächenuntersuchung Teil 3: Flechtbänder ………………..……….………………………………......97 7. 1. Die Flechtbänder und ihre Punzen an den Hildesheimer Gefäßen…………………………………………….98 7. 1. 1. Die Herakles-Schale HI 2 (Abb. 85 u. 87)….………………………………………………..……………….….98 7. 1. 2. Der cyathus HI 36 (Abb. 88)...…………………………..………………………………...…………….……….98 7. 1. 3. Der Gefäßfuß HI 41 (Abb. 89)..…...…………………………………………………………………....………..99 7. 2. Die Flechtbänder und ihre Punzen an Vergleichsstücken…………………………………………..…………..99 7. 2. 1. Die Kleopatra-Selene-Schale aus Boscoreale (Abb. 86 u. 90)…….………………………………...…………...99 7. 2. 2. Zwei Kannen aus Boscoreale (Abb. 91)….…………………………………….……………….....……………100 7. 2. 3. Vier salina aus Boscoreale (Abb. 92)…………...…………………………………….………...………………101 7. 3. Zusammenfassung zu den Flechtbändern………………………………………...…………………....….……102 8. Oberflächenuntersuchung Teil 4: Vergoldungen……………………………………………...………….…103 8. 1. Die Athena-Schale HI 1 (Farbtaf. G u. H 1)….…………………………………………...…..……………….....103 8. 2. Der Girlandenbecher HI 10 (Farbtaf. H 2-4)……….………………………………………..……………...…...104 8. 3. Der Vier- und der Sechsmaskenbecher HI 11 und 12 (Farbtaf. H 5)……....………………………………..…104 8. 4. Die Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 (Farbtaf. H 6 u. 7, J 1)………………………………………..….…...…105 8. 5. Der cyathus HI 36 (Farbtaf. J 2).………………….……….…………….…………………...……………...……105 8. 6. Die Ententeller HI 45-47 (Farbtaf. J 3 u. 4)…...………………………………………….…………………...….105 8. 7. Die Herakles-Schale HI 2 (Farbtaf. J 5 u. 6)…..………………………………………...…………………..…...105 IV

8. 8. Der Reliefrand der Platte HI 60 (Farbtaf. J 7)……………...………………………………………………...…106 8. 9. Zusammenfassung zu Oberflächenhinweisen auf die Vergoldungstechnik……………………...…………...106 9. Oberflächenuntersuchung Teil 5: Arbeitsmethoden zur Erzeugung von Plastizität ………………....107 9. 1. Die Erzeugung von Plastizität an Dekorkonturen………………………………………………..…………….107 9. 1. 1. Dekorkonturen an Blecharbeiten (Abb. 93)……….……………………………………………....………....107 9. 1. 2. Dekorkonturen an massiven Wandstärken (Abb. 94-96)………………………………………………..…..107 9. 2. Das Niederlegen von ‚Hintergründen’ mit Mattierpunzen (Abb. 97-102)…..…………………...………..….108 9. 3. Ergebnis zu den Arbeitsmethoden zur Erzeugung von Plastizität……………………………...…………….110 10. Durchstrahlungstechniken…………………………………..……………………………………………...…111 10. 1. Radiographie………………………………………………………..………………………….…...………...…111 10. 1. 1. Zur Untersuchungsmethode………………………..…………………………………………………………..111 10. 1. 2. Die Röntgenuntersuchung an Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes……………………..……...…………112 10. 1. 3. Ergebnisse von Radiographien und Oberflächenbegutachtungen………..……………………...……….……112 10. 1. 3. 1. Die Athena-Schale HI 1 (Abb. 103-112)……………………..………………………………...………...…112 10. 1. 3. 2. Die Herakles-Schale HI 2 (Abb. 113)…...………………………..……………………………………...….114 10. 1. 3. 3. Die Kybele- und Attis-Schalen HI 3 und 4 (Abb. 114-117)………………………………..…………….…115 10. 1. 3. 4. Diverse Becher und Näpfe (HI 5, HI 7/8, HI 14, HI 20/25, HI 29/32; Abb. 118-125, 128-132)…….……. 115 10. 1. 3. 5. Der cyathus HI 36 und der Griff der Kanne HI 44 (Abb. 126 u. 127)….…..…………………...……….....117 10. 1. 3. 6. Die Enten- und Rankenteller HI 45-50 (Abb. 133-138)…..……………………..…….…………………....117 10. 1. 3. 7. Die ovalen Platten HI 51-53 (Abb. 139-141)….…………..………………………………………………..117 10. 1. 3. 8. Die Platte mit reliefiertem Rand HI 58 (Abb. 142-144)………………..………………………...……...….118 10. 1. 3. 9. Das konische Gefäß HI 66 und das Fragment HI 67 (Abb. 145-147)….………………..…..…………...…119 10. 1. 3. 10. Die Kasserollen HI 69-72 (Abb. 148-150)…………………………………………………………...……119 10. 2. Computertomographie……………………..………………………………………………………...………....120 10. 2. 1. Zur Untersuchungsmethode…………..………………………………………………………………………..120 10. 2. 2. Computertomographie an Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes (Abb. 151 u. 152)……….………...…….121 10. 3. Zusammenfassung zu den Durchstrahlungstechniken………………………………..…………….………..121 11. Metallanalysen………………………………………………………..……….…………………………………123 11. 1. Analysen des Basismetalls Silber……………………………………………………………………………….123 11. 1. 1. Die Analysen aus dem Rathgen-Forschungslabor von 1977/78………………..……………………………...124 11. 1. 2. Die Analysen von Janet Lang 1997…………………………………...………………………………….……125 11. 2. Analysen an den Vergoldungen…………………………………………………………..……………………126 11. 2. 1. Begriffsklärung……………………………………………………………………………..……………...….126 11. 2. 2. Analysen auf Quecksilber an den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes…………………………...……...128 11. 2. 2. 1. Die Probeserie im Rathgen-Forschungslabor…………………………………………………...……..……129 11. 2. 2. 2. Die Analysenserie in der BAM………………………………………………………………...…………...130 11. 3. Analysen der Lote…………………………………………………………………………………...…….…….131 11. 3. 1. Hartlot…………………………………………………………………………………………...……….…….131 11. 3. 2. Weichlot………………………………………………………………………………………………...……..132 11. 4. Analysen des Niellos………………………………………………………………………………...…………..132 11. 5. Zusammenfassung zu den Analysen…………………………………………………………………………...133 12. Zu Fragen der Datierung……………………………………..…………………………….…………….……134 12. 1. Die sog. gallo-römische Gefäßgruppe………………………………………………………….………………135 12. 2. Die Kasserolle 3 HI 71……………………………………………………………………….………………….136 12. 3. Datierung und technische Merkmale am Hildesheimer Silber…………………………….………………...138 13. Auswertung………………………………………………………………….……………………...……………139 14. Abkürzungs- und Literaturverzeichnis……………………………………………………...……..……….144 15. Anhang…………………………………………………………………………………………..………………..151 15. 1. Liste der Tabellen im Text……………………………………………………………………………………..151 15. 2. Abbildungsnachweis………………………………………………………………………………….…....……151 15. 3. Verweise auf Abbildungen in Text und Katalog……………………………………………………………...152 15. 4. Liste der Abbildungen zu den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes……………….……………...…….154 15. 5. Querformatige Tabellen A 23-A 26…………………………………………………………………………….154 15. 6. Klaus-Werner Brzezinka, BAM: Ramanspektroskopische Untersuchungen einer Silberprobe von der „Bemalung“ des Emblems der Athena-Schale HI 1…………………..…...………….167 15. 7. Bernd Illerhaus, BAM: Warum man nicht messen kann, was man (noch) nicht messen kann……………169 15. 8. Martin Radtke, BAM: Analysen der Vergoldungen des Hildesheimer Silberfundes…………………....…172 16. Katalog (Abb. 47, 43, 153-192)…..…………………………………………………………………...….……….173 17. Farbtafeln A – K und Schwarz-Weiß-Abbildungen 1 – 192

V

VI

1. EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG Der Hildesheimer Silberfund wurde am Nachmittag des 17. Oktober 1868 bei Schanzarbeiten auf preußischem Militärgelände von zwei Soldaten zufällig entdeckt und unsachgemäß geborgen (Abb. 1 u. 2). Erste Reinigungsarbeiten mit Wasser und Drahtbürsten fanden in einem Schuppen der Garnison statt, in den die Silbergefäße auf Schubkarren gebracht worden waren. Wegen der Menge der Stücke hielt man den Fund zunächst für renaissancezeitlich. Nach der Besichtigung durch die Professoren Wieseler, Benndorf und Unger aus Hannover und Göttingen sowie der Entdeckung der Namens- und Gewichtsinschriften wurde die römische Zeitstellung des Silberfundes erkannt. Vom 13. bis 15. November wurden die komplett und einigermaßen unbeschädigt geborgenen Stücke im Städtischen Museum in Hildesheim ausgestellt, was am 13. November in der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung zwischen Auktions-, Verkaufs- und Stellenanzeigen angekündigt wurde. Am 16. November wurden alle Stücke zum Abtransport nach Berlin verpackt, aber erst am 26. November über deren Aufstellung in Berlin berichtet1. Trotzdem kann der Silberfund für das Berliner Publikum zunächst noch nicht zu besichtigen gewesen sein: „Derselbe ist vorläufig auf dem hiesigen Museum deponirt, ohne jedoch vorerst dem größeren Publikum zugänglich zu sein.“2

fassende führt4.

makroskopische

Untersuchungen

durchge-

Herstellungstechnische Untersuchungen liegen für antike Silbergefäße oder ganze Fundkomplexe nur vereinzelt vor5, herausragend in dieser Beziehung die spätantiken Silberschätze des Sevso und aus Kaiseraugst6. Hier wird beispielhaft vorgeführt, daß bildgebende Untersuchungsmethoden die Grundlage für eindeutige Aussagen zu herstellungstechnischen Fragen geben können. An diese Arbeiten will die vorliegende Untersuchung anknüpfen, indem naturwissenschaftlich fundierte und nachvollziehbare Grundlagen für Aussagen zu Herstellungs- und Dekortechniken am Hildesheimer Silberfund gelegt werden, die auf der Anwendung bildgebender Verfahren wie Röntgendurchstrahlung und Computertomographie sowie makroskopischer Autopsie der Objektoberflächen basieren. Die Trassologie ist der Teilbereich der naturwissenschaftlich-technischen Kriminaltechnik, der sich mit der Dokumentation und Analyse von Spuren befaßt, die ein Täter am Tatort, am Tatwerkzeug und anderen tatrelevanten Gegenständen hinterlassen hat7. Im französischen Sprach4

Nach persönlicher Mitteilung von Ulrich Gehrig wurden auch vor der Publikation des Bilderheftes von 1967 aus Zeitmangel keine Untersuchungen zu Herstellungstechniken durchgeführt, sondern die Angaben von Pernice/Winter 1901 übernommen. 5 W.T. Chase, Technical examination of two Sasanian silver plates. Ars Orientalis 7, 1968, 75-93. – E. Foltz, Zur Herstellungstechnik der byzantinischen Silberschalen aus dem Schatzfund von Lambousa. Jahrb. RGZM 22 (1) 1976, 221-245. – D.F. Gibbons/K.C. Ruhl, Metallurgical technique of „plate with figures“, Gupta period. Ars Orientalis 11, 1979, 177-182. – D.F. Gibbons/K.C. Ruhl/D.G. Shepherd, Techniques of silversmithing in the Hormiz II plate. Ars Orientalis 11, 1979, 163176. – J.R.S. Lang/N.D. Meeks/C.J. Wheatley/M.R. Cowell, The scientific examination of the great dish. In: K.S. Painter (ed.), The Mildenhall Treasure (London 1977) 35-40. – D.A. Scott, A technical and analytical study of two silver plates in the collection of the J. Paul Getty Museum. GettyMusJ 18, 1990, 33-52 u. Materials Research Society, Symposium Proceedings Vol. 185, 1991, 665-690. – C.E. Snow/T. Drayman-Weisser, A technical study of the Hama treasure at the Walters Art Gallery. In: S. Boyd/M. Mundell Mango (eds.), Ecclesiastical silver plate in 6th-century Byzantium (Baltimore, Washington D.C. 1993) 38-65. 6 M. Mundell Mango/A. Bennett, The Sevso Treasure, part 1. JRS suppl. (Ann Arbour 1994). – Cahn/Kaufmann 1984. – Für die Publikation der kürzlich wieder aufgetauchten Stücke leider nicht im gleichen Umfang durchgeführt wie vor 1984: J. Ewald, Herstellungstechnik. In: M. Guggisberg (Hrsg.), Der spätrömische Silberschatz von Kaiseraugst. Die neuen Funde. Silber im Spannungsfeld von Geschichte, Politik und Gesellschaft der Spätantike. Forsch. in Augst 34 (Augst 2003) 185-192. 7 H. Nachtigall u.a., Materielle Beweismittel unter besonderer Berücksichtigung kriminalistischer Spuren, Teil 1: Daktyloskopie, Trassologie, Gerichtsballistik, Handschriftenuntersuchung, Dokumentenuntersuchung (Berlin 1986). – R. Acker-

Außer zu den ersten groben Reinigungsmaßnahmen gibt es keine schriftlichen Angaben zu ersten Restaurierungen oder Rekonstruktionsversuchen in Hildesheim. Auch nach seiner Ankunft in Berlin scheint der Fund zunächst weder restauratorisch noch fachwissenschaftlich bearbeitet worden zu sein. Erst die Auffindung des Schatzfundes von Boscoreale im Jahr 1895 und dessen schnelle Publikation 1899 hat die restauratorische Bearbeitung des Hildesheimer Silberfundes angestoßen, der die grundlegende Monographie von Pernice und Winter 1901 als wissenschaftliche Auswertung folgte. Beginnend mit den ersten Publikationen zum Hildesheimer Silberfund wurden Beurteilungen zu Herstellungsund Dekortechniken abgegeben, die ausschließlich auf Augenschein und theoretischen Überlegungen beruht haben dürften. Lediglich vereinzelte Analysen von Metallproben und Lotmaterial liegen vor3. Weder wurde bislang untersucht, ob es sich bei den Vergoldungen tatsächlich um Feuervergoldungen handelt, wie bis heute durchgängig geschrieben wird, noch wurden für die Aussagen zu Herstellungstechniken bildgebende Verfahren oder um-

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Hildesheimer Allg. Zeitung vom 16. und 26.11.1868. – Die Inventarisierung erfolgte erst am 19.04.1870 durch J. Friedländer als „Geschenk S.M. des Königs“. 2 Schöne 1868/1966, 143. 3 Schertel 1871. – J. Riederer, Kunstwerke chemisch betrachtet. Materialien – Analysen – Altersbestimmung (Berlin u.a. 1982) 23-24 mit Tab. 16. – Lang 1997.

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raum ist diese Begriffsverwendung inzwischen auch auf spurenanalytische Untersuchungen an archäologischem Material ausgeweitet worden8. Insbesondere an lithischem Material wurden Studien zur Funktionsanalyse von Steingeräten und -werkzeugen durchgeführt9. Hierbei wurden die zu untersuchenden Objekte direkt im Rasterelektronenmikroskop untersucht. Dieses Verfahren kann bei den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes allein schon wegen der Größe der hier zu untersuchenden Gegenstände nicht angewendet werden. Zur Beurteilung der verzierten Oberflächen, insbesondere bei deren Ausarbeitung durch Formpunzen, wird deshalb der Umweg über Silikonabformungen gewählt, auf denen die Oberflächen der Punzen im Positiv wiedergeben werden. Über die Analyse der Punzenabdrücke sollen zunächst mögliche Werkstattidentitäten von Gefäßen innerhalb des Hildesheimer Silberfundes identifiziert werden; zum zweiten soll einer möglichen Werkstattidentität der mit Blattstäben verzierten Objekte nachgegangen werden, indem Vergleichsstücke anderer Fundorte, aber gleicher Zeitstellung zum Vergleich in die Untersuchung einbezogen werden. Durch die Beobachtung der Werkspuren im Mikroskop sollen Arbeitsabläufe bei der Anfertigung und Dekoration rekonstruiert werden.

gleichbare Untersuchungen eben nur für die spätantiken bzw. früh-byzantinischen Schatzfunde von Kaiseraugst und des Sevso vorliegen. Diese sind auf Grund der Zeitdifferenz von gut 400 Jahren für einen direkten Vergleich mit dem Hildesheimer Silber allein nicht geeignet. Bei einer Gesamtbetrachtung über die Jahrhunderte stellt sich insbesondere die Frage, ob Veränderungen stilistischer und herstellungstechnischer Art synchron verlaufen, weil sie sich möglicherweise gegenseitig bedingen. Da die Untersuchung im Zuge einer Neurestaurierung durchgeführt wurde, müssen einige wenige Stücke unberücksichtigt bleiben, die auf Grund ihres Zustandes und der Schwierigkeit, den Zeitaufwand ihrer Neurestaurierung abzuschätzen, erst als letzte bearbeitet werden sollen. Dies sind der Klapptisch HI 57a, der große Kantharos HI 63 und die sog. Riefelschüssel HI 65. Beim Eimer HI 64 wurde 2002 vorerst nur die metallisch freiliegende Oberfläche geringfügig gereinigt; er wurde aber weder demontiert, noch wurden die aufliegenden Silberchloridkonkretionen entfernt. So wird auch dieses Stück für eine endgültige Beurteilung nochmals gründlicher bearbeitet werden müssen. Zum Aufbau der Arbeit: Ein forschungsgeschichtliches Kapitel gibt einen Überblick über die Entwicklung der wissenschaftlichen Bearbeitung, vor allem zu Datierungsvorschlägen des Gesamtfundes und einzelner Stücke. Daran anschließend werden die Phasen der Restaurierungsgeschichte rekonstruiert; die Objektautopsie erbrachte weitere Details zur Deponierungssituation und ermöglichte die Vorlage von Rekonstruktionen unvollständig überlieferter Gefäße. Beurteilungen und Anmerkungen zu Herstellungs- und Dekorationstechniken der einzelnen Stücke sind in einem separaten Kapitel mit ausführlichen Zitaten und einer Überblickstabelle zusammengestellt. Zu einigen Beurteilungen werden schon an dieser Stelle Bewertungen abgeben; ein Exkurs nimmt Stellung zur den widersprüchlich verwendeten Techniken des Gravierens und Ziselierens. Fünf Kapitel beschäftigen sich mit Einzelaspekten der Oberflächenbegutachtung, die im Mikroskop und anhand von Silikonabgüssen durchgeführt wurden. Diese behandeln die Verwendung von Formpunzen, Blattstab- und Flechtbanddekore, die Vergoldungen sowie spezielle Arbeitsmethoden zur Erzeugung von Plastizität an Dekorkonturen. In zwei Kapiteln werden die Ergebnisse von Durchstrahlungstechniken, nämlich Röntgen und Computertomographie, und der Metallanalyse, im Kapitel zu Datierungsfragen erste Ergebnisse der Untersuchung zu diesem Fragenkomplex präsentiert und diskutiert.

Am Hildesheimer Silberfund kann durch Zitate belegt werden, wie widersprüchlich Datierungen auf Grund stilistischer Untersuchungen ausfallen können, je nachdem, welche Vergleichsbeispiele vom jeweiligen Bearbeiter für die Beurteilung herangezogen werden. Daher scheint es dringend angeraten zu sein, nach einer Alternative für die Beurteilung antiker Silbergefäße zu suchen, die neben dem stilistischen Vergleich eine weitere Grundlage für die Bewertung bilden kann. Dies soll im vorliegenden Fall durch herstellungstechnische Untersuchungen versucht werden. Die Arbeit ist als ein erster Schritt gedacht, zu einer ‚Geschichte der Silberschmiedekunst auf technischer Grundlage’10 zu gelangen. Die vorhandenen Handbücher und Überblicksartikel wie z.B. Strong 1966, Martin-Kilcher 1984 und 198911, Kaufmann-Heinimann 1997 sowie S. Künzl 1997c und 2000b basieren auf formtypologischen und stilistischen Analysen, berücksichtigen aber keine technischen Merkmale als Anhaltspunkte für eine Datierung. Problematisch für die abschließende Auswertung dürfte allerdings die Tatsache werden, daß vermann u.a., Zum Stellenwert der Kriminalistik Teil 3: Geschichte der Kriminalistik, Kriminaltaktik und Kriminaltechnik. Kriminalistik 11, 2000, 731-736, bes. 735. 8 Z.B. Cl. Veuillet, Le tour à perche. Evaluation de l’aptitude fonctionnelle et étude tracéologique de trois outils: le racloir, la gouge et le crochet. In: M. Feugère/J.-C. Gerold (dir.), Le tournage, des origines à l’an mil. Actes du colloque de Niederbronn-les-Bains, octobre 2003. Monographies instrumentum 27 (Montagnac 2004) 79-89. 9 Siehe z.B. die Publikationsliste von A.F. Pawlik im Internet unter http://homepages.uni-tuebingen.de/alfred.pawlik/Bibliography.htm. 10 Frei nach Marc Rosenberg, Geschichte der Goldschmiedekunst auf technischer Grundlage (1910-1925, Nachdruck Osnabrück 1972). 11 St. Martin-Kilcher, Services de table en métal précieux du 1e au 5e siècle. In: Kat. Paris 1989, 15-20.

Im Katalog sind alle in den unterschiedlichen Kapiteln der Untersuchung gewonnenen Ergebnisse zu den Einzelstücken zusammengefaßt und teilweise Arbeitsabläufe zu deren Herstellung rekonstruiert; außerdem erscheinen hier alle objektspezifischen Beobachtungen, die keinen direkten Bezug zu den in den Einzelkapiteln untersuchten Aspekten haben. Der Hildesheimer Silberfund hat diverse kriegsbedingte Verpackungen, Einlagerungen und Transporte überstan2

den. Etliche Einzelteile und Fragmente sowie die noch in Hildesheim aus Fragmenten zusammengeschmolzenen ‚Barren’ sind heute verloren12. Die bedeutendste Bestandslücke aber ist sicher der reliefierte Außenmantel des Kraters HI 62, zu dessen Verlustumständen mehrere

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sich widersprechende Versionen bekannt sind. Ob er sich doch noch unter den nach Rußland verbrachten und erst jetzt, 60 Jahre nach Kriegsende allmählich wieder publik werdenden Berliner Museumsbeständen befindet, wird hoffentlich die Zukunft erweisen.

Inv.-Nr. Misc. 3779, 38, 40, 74-77 u. Misc. 7964.

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2. FORSCHUNGSGESCHICHTE Die Auffindung des Hildesheimer Silberschatzes wurde von verschiedenen Historikern durch Berichte und Besprechungen einzelner herausragender Gefäße in diversen Tageszeitungen bekannt gemacht. Die erste öffentliche Nachricht erfolgte schon am 18.10.1868 durch eine elfzeilige Notiz in der Beilage der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung: „Gestern fand eine Abtheilung des hiesigen Militärs, welche bei dem Aufwerfen eines neuen Schießstandes am Galgenberge beschäftigt war, daselbst unterhalb des Forstwärterhauses (im sog. Pappenheim’s Lager) eine große Anzahl, drei Schiebekarren voll, silberne Geräthe, als Schüsseln, Teller, Pocale etc., die zum Theil eigenthümlich geformt und mit verschiedenen Verzierungen versehen sind. Der Fund befindet sich zur Zeit in Obhut des Militärs und wird einer gründlichen Reinigung von dem anhängenden Schlick unterworfen, worauf sich dann ein Urtheil über den Kunstwerth der Geräthe und die Zeit, aus welcher sie stammen, wird fällen lassen.“11 Zunächst hielt man den Gefäßkomplex für renaissancezeitlich; erst nachdem insbesondere die Gewichtsinschriften entdeckt und interpretiert worden waren, konnte an der römischen Zeitstellung des Silberschatzes nicht mehr gezweifelt werden. Die Beurteilung des Hildesheimer Silberfundes hat seinerzeit auf einem erheblich geringeren Vergleichsbestand erfolgen müssen, als dies heute der Fall ist. So konnten damals nur die eingeschmolzenen Schatzfunde aus Trier und Wettingen, CH von 1628 und 1633, datiert ins 4. bzw. 3 Jh., die Silbergefäßfunde aus Berthouville (=Bernay), F von 1830 und aus der Casa dell‘argenteria in Pompeji, I von 1835 aus dem 3. und 1. Jh., sowie der Schatzfund von NotreDame-d’Allençon, F von 1836, datiert ins 3. Jh., zum stilistischen Vergleich herangezogen werden. Nach der Auffindung des großen Schatzfundes in der Villa von Boscoreale 1895 stand auch dieser als Vergleichsmaterial für die Publikationen der späten 1890er Jahre zur Verfügung.

mens- und Gewichtsinschriften. Den Abschluß bildet die kleine Monographie von Heinrich Holzer von 1870. Sauppe publiziert 1868 zunächst 24 Inschriften und unterscheidet fünf Produktionswerkstätten, wobei er oft die Bezeichnung „negotiator“, also Händler, verwendet14, synonym aber auch vom „Besitzer einer taberna argentaria“ spricht15. Die Inschriften auf den Gefäßen HI 47, 50, 54, 57b, 59 und 64 fehlen bei Sauppe, da sie unter den Schmutz- und Korrosionsschichten noch nicht entdeckt worden waren. Sauppe datiert den Silberfund in augusteische bis tiberische Zeit und interpretiert ihn als „Theil des argentum escarium et potorium“, also eines Eß- und Trinkgeschirrs. Im Bonner Winckelmannsprogramm vom Dezember 1868 führt Wieseler seine Zeitungsartikel aus der Neuen Hannoverschen Zeitung vom 06.11. und 16.11. unter geringfügigen interpretatorischen Veränderungen zusammen16. Bei seiner Besichtigung des Schatzes am 25.10. zieht er noch die Möglichkeit einer Renaissancearbeit in antiker Manier in Betracht, doch durch die Entdeckung und Interpretation der Inschriften wird die römische Herkunft der Silbergefäße abgesichert. Wiesler trägt Indizien für eine römische Datierung zusammen und überlegt die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens in der Renaissance, um anschließend die Unmöglichkeit eines Erscheinens in dieser Epoche aufzuzeigen. In dieser Hinsicht befaßt er sich insbesondere mit den Inschriften, den drei Emblemschalen der Athena, der Kybele und des Attis (HI 1, 3 u. 4) sowie mit der Doppelwandigkeit als technischem Aspekt. Wieseler diskutiert drei Möglichkeiten der ehemaligen Besitzverhältnisse, hält aber schließlich den Schatz für die Kriegsbeute des Arminius aus der Varusschlacht, der von Germanen in einem ihrer Heiligtümer geopfert worden sei. Die Zuweisung an Varus läge allein deshalb nahe, weil weitere Niederlagen der römischen Armee im noch unbesetzten Germanien, mit entsprechender Beute auf germanischer Seite, aus schriftlichen Berichten, insbesondere aus denen des Tacitus, nicht bekannt seien. Die Embleme von Kybele und Attis als östliche Gottheiten sind für Wieseler ein Hinweis auf den Aufenthalt des Varus in Syrien, bevor er Statthalter der Provinz Germania wurde. Eine Interpretation als ursprünglich römischen

Von den vielen Artikeln in diversen deutschen Tageszeitungen konnte für die Untersuchung nur eine Auswahl herangezogen werden12, da vieles nicht mehr verfügbar ist. Von Jan 1968 hat alle diese Kurznotizen und Zeitungsartikel zusammengetragen.

2. 1. Die ersten Publikationen kurz nach der Entdeckung13

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Sauppe 1868, 377-378 zu Nr. 1- 4. Sauppe 1868, 380 zu Nr. 21. 16 Wieseler bezieht sich immer wieder auf die Beiträge von Sauppe 1868 und Schöne 1868/1966, so daß die vorliegende Schriftfassung erst nach dem 19. Dezember fertiggestellt worden sein kann. – Wieseler 1868a Anm. S. 7 und 42 Anm. 1. Der Text vom 06.11. bzw. 09.11. (Wiesler 1868b) ist unter Auslassung einiger Passagen mit Überlegungen zur RenaissanceDatierung weitestgehend wortwörtlich übernommen (bis S. 22). Beide Beiträge sind für das Winckelmannsprogramm mit einem umfangreichen Anmerkungsapparat versehen worden.

In der ersten Publikationsphase in den Jahren 1868-1870 wird der Hildesheimer Silberfund in kurzen Notizen und längeren Beiträgen zu einzelnen herausragenden Gefäßen in Tages- und Wochenzeitungen bekannt gemacht. Die ersten Fachbeiträge behandeln ausschließlich die Na-

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Laut Stein 1997, 11 von Hermann Roemer verfaßt. Z.B. Friederichs 1868, Schöne 1868/1966, Wieseler 1868b u. c, Holzer 1868a-c. 13 Siehe auch Pernice/Winter 1901, 7-9. – Stein 1997. 12

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Tempelschatz schließt Wieseler im Vergleich mit dem Silberfund von Bernay (=Berthouville) wegen fehlender Dedikationsinschriften aus.

Sorgfalt, welche man von ihr verlangt. Die Möglichkeit eines Zeitunterschiedes ist aber natürlich ebenso wenig ausgeschlossen; es würde verwegen sein aus Stil und Arbeit im Einzelnen urtheilen zu wollen, ob wir an die frühen Regierungsjahre des Augustus zu denken oder in die Mitte des ersten Jahrhunderts herabzugehen haben.“20

Das Gerät unter der rechten Hand der Athena interpretiert Wieseler als Pflug oder Steuerruder, womit die friedliche Seite der Athena als Göttin des Ackerbaus bzw. als Erfinderin des Pfluges oder Schiffbaus betont werde. Schließlich vermutet er wegen der starken Kopfdrehung ein Pendant zur Athena-Schale, was von anderen Autoren später wieder aufgegriffen wird17.

In Bezug auf die Interpretation der Namens- und Gewichtsinschriften folgt Schöne Sauppe 1868. Den Zuweisungsversuchen an Varus und Arminius steht Schöne kritisch gegenüber, vermutet aber mit Hinweis auf die beiden konischen Gefäße HI 66 und 67, daß der Schatz von Germanen vergraben worden sei. Zum Gerät unter der rechten Hand der Athena bietet Schöne drei Interpretationsmöglichkeiten an: Pflug, Augurenstab und Kriegstrompete.

Wieseler datiert den Hildesheimer Silberfund in augusteische Zeit, wofür er die seiner Ansicht nach kurz vor oder am Anfang der frühen Kaiserzeit neu auftretende Doppelwandigkeit reliefverzierter Gefäße und die Verwendung von Niello als technische Argumente anführt18. Er spricht sich gegen eine Datierung einzelner Gefäße in spätere Zeit aus und widerspricht damit insbesondere Theodor Mommsen: „Die oben schon angedeutete Verschiedenheit der zum Funde gehörenden Stücke in Betreff des Stils und des Technischen der Arbeit, auch der Ornamentirung, darf aber durchaus nicht zu der Ansicht führen, dass das in künstlerischer Beziehung Untergeordnete aus wesentlich anderer Zeit stamme, als jenes Beste“19.

In einem Beitrag im Sonntagsblatt der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung folgt der anonyme Autor (A.A. 1, 1868) in der augusteischen Datierung zwar den „Göttinger Gelehrten“21, polemisiert andererseits aber gegen deren Ansicht, daß man im Hildesheimer Silberfund das Silberservice des Quintilius Varus vor sich habe, das dem Germanen Arminius während der Schlacht im Teutoburger Wald in die Hände geraten und später in seinem Auftrag vergraben worden sei: „Das ganze ist eine Art Roman, an dessen Entstehung die Phantasie einen allzu großen Antheil hat, als daß man ihn für einen Beweis nehmen könnte“, „[...] ist doch ein Zusammenhang des Galgenberges bei Hildesheim mit dem Schlachtfelde im Teutoburger Walde nicht zu entdecken“. Die Argumentationskette der „Göttinger Gelehrten“ gründet nach Ansicht des Autors in „nationale[r] Eitelkeit“ und „Localpatriotismus“: „Wir Deutschen bilden uns [...] darauf, daß vor mehr als 1800 Jahren unsere Vorfahren den Römern so gründlich heimgeleuchtet haben, just so viel ein, als auf die Befreiungskriege zu Anfang dieses Jahrhunderts; deshalb findet bei uns jeder Gegenstand, der aus jener Zeit stammt, hohe Verehrung, welche natürlich ins Unbegrenzte steigt, wenn er nachweisbarer, wahrscheinlicher oder auch nur möglicher Weise in directer Berührung mit dem Helden jener glorreichen nationalen That gestanden hat“22.

In seinem abgedruckten Vortrag zum Winckelmannsfest vor der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin versucht Friederichs 1868 den Hildesheimer Silberfund in seinem Umfang zu relativieren, indem er die Mengen und Gewichtsangaben von Silbergefäßen anführt, die bei antiken Schriftstellern genannt werden: „[...] die Hildesheimer Sachen (galten) im Althertum nicht als etwas Außergewöhnliches [...] ich glaube vielmehr, daß man sie [...] nicht als eigentliche Kunstwerke, sondern [...] als Werke untergeordneter Künstler ansah.“ Als Bezug zu J.J. Winckelmann listet Friederichs die Silbergefäße auf, die Winckelmann gekannt haben kann und führt einige Silbergefäßfunde chronologisch auf, die von etruskischer Zeit bis ins 4. Jh. n.Chr. reichen. Inschriften und bacchantische Masken belegen für Friederichs die römische Zeitstellung. Schöne berichtet in der Nationalzeitung im Dezember 1868 vom Silberfund am Hildesheimer Galgenberg, listet einen Teil der Gefäße summarisch auf und geht kurz auf die Herstellungstechniken Treiben und Ziselieren ein. Schöne bemerkt, daß stilistische Unterschiede nicht unbedingt chronologisch bedingt sein müssen, sondern auch auf den unterschiedlichen Fähigkeiten verschiedener Handwerker beruhen können und somit eine Datierung auf der Grundlage rein stilistischer Untersuchungen in die Irre führen kann: „[...] es sind Unterschiede [in der Arbeit] wie sie zu allen Zeiten neben einander bestehen, je nach der mehr oder minder geschickten Hand, der die Arbeit anvertraut wird, der größeren oder geringeren

Schließlich setzt sich der Autor mit der rechtlichen Frage des Schatzfundes auseinander, da die Eigentumsfrage zum Zeitpunkt seines Artikels noch strittig war. Im Streitfall zwischen Findern und Staat hätte eine öffentliche Versteigerung und die Aufsplitterung des Fundes durch den Verkauf an Privatsammler, evt. auch ins Ausland gedroht, womit dieser bedeutende Schatzfund der Öffentlichkeit entzogen worden wäre23. 20

Schöne 1868/1966, 138-139. – Vgl. Wieseler 1868 a, 39. Womit O. Benndorf, H. Sauppe, F.W. Unger und F. Wieseler gemeint sind, die im Text auch ausdrücklich genannt werden. 22 A.A. 1. 1868, 355-356. 23 So geschehen beim Schatzfund von Chaourse, Frankreich, gefunden 1883, der 1888 bei einer öffentlichen Versteigerung in Paris vom British Museum, London gekauft wurde, sowie bei den Silber- und Bronzegefäßfunden von Boscoreale bei Pompeji, verkauft an den Louvre, Paris und die Königlichen Museen 21

17 Wieseler 1868a, 12-14 mit Anm. 1. – Holzer 1869b. – Holzer 1870. – Nierhaus 1969, 54 auch für die Herakles-Schale. 18 Wieseler 1868a, 24 u. 27. 19 Wieseler 1868a, 39.

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In einem Beitrag in der ‚Illustrirten Zeitung’ (A.A. 3, 1868) stellt sich der Autor gegen die Lokalpatrioten, die versuchten, den Silberfund in Hildesheim zu behalten: „Gegenwärtig ist alles nach Berlin in das Museum gebracht, wohin der Fund in jeder Hinsicht gehört. […] Dinge von solcher Bedeutung dürfen nicht in Provinzialsammlungen versteckt bleiben, sondern gehören in große Museen, wo sie im Zusammenhang gleichartiger Monumente auf allein nützliche und würdige Weise studirt werden können.“24

v. Chr. erinnern, womit das Attribut unter der rechten Hand der Göttin als Schiffsschnabel zu interpretieren sei. Die starke Kopfwendung der Göttin läßt ihn ein Pendant vermuten, das das Bildnis des Kaiser Augustus enthalten haben müsse. Die Herakles-Schale verbindet Holzer mit Berichten von Cicero und Plinius d. Ä. Cicero überliefert eine Geschichte aus der Kindheit des Schauspielers Roscius, die der Darstellung in der sog. Herakles-Schale genau entspricht. Plinius wiederum berichtet, daß der Bildhauer Pasiteles eben diese Geschichte in einer Silberarbeit dargestellt hatte. Somit sei diese Schale aus dem Hildesheimer Silberfund eines der seltenen Stücke, die mit einem namentlich bekannten Kunsthandwerker verbunden werden könne. Im dritten Artikel beschäftigt sich Holzer mit dem Rankenkrater, den er wegen des starken Bezuges des Reliefdekors zur Unterwasserwelt als Wassergefäß interpretiert, zumal mit dem großen Kantharos HI 63 schon ein Weinmischgefäß im Fundkomplex enthalten sei.

Schöne/Mommsen 1869 und Schöne 1869 diskutieren das römische Gewichtssystems mit seinen abkürzenden Zeichen auf den Gefäßen (Mommsen) und erkennen in den Zahlzeichen vor P(ondo) die Angabe der Stückzahl von Gefäßen, für die die Gewichtsangabe gilt (Schöne). Schöne spricht sich dagegen aus, den Hildesheimer Silberschatz als den Besitz des Varus anzusehen oder darin ein Geschenk von Römern an einen germanischen Fürsten erkennen zu wollen. Als Beleg hierfür dient ihm die Annahme einer langen Gebrauchszeit mit Reparaturen bzw. Ergänzungen verloren gegangener Stücke, die stilistisch vom ‚Kern‘ des Schatzfundes unterschieden werden.

August v. Cohausen 1870 berichtet über seine Nachgrabungen an der Fundstelle des Hildesheimer Silberschatzes, die zur Dokumentation evt. noch vorhandener Befunde durchgeführt wurden, aber ohne Ergebnis blieben. Der Autor beschreibt die Umstände der Auffindung und berichtet von seiner Befragung der beteiligten Soldaten, um die Anordnung der Gefäße in der Erde zu rekonstruieren26. Er versucht, den z.T. fragmentarischen Zustand und die Korrosionserscheinungen am Silber zu erklären, indem er salzhaltige Bodenwässer als deren Ursache vermutet. Außerdem berichtet er von den ersten Reinigungsmaßnahmen und Materialidentifizierungen durch Biege- und Brechversuche an Silberfragmenten. Auch v. Cohausen schreibt den Hildesheimer Silberfund dem Quintilius Varus zu, der vom Germanenfürsten Arminius in der Varusschlacht erbeutet worden sei. Allerdings sei der Komplex erst unter Karl d. Gr. während der Sachsenkriege von den heidnischen Germanen vergraben worden. Dadurch ergäbe sich durchaus die Möglichkeit, daß Stücke aus nachaugusteischer Zeit unter die Gefäße geraten sein könnten27.

Der wohl wichtigste Aspekt dieser Publikation ist die Auflösung der Namensinschrift ‚M.AVR.C’ auf der Kasserolle HI 71 zu der eines Marcus Aurelius C... . Diese Inschrift führt Mommsen zu einer Datierung der Kasserolle „in die Zeit der Antonine, d.h. nicht früher als M. Aurel’s Regierung“. Diese Aussage bildet die Grundlage für die nachfolgenden Spätdatierungen diverser Stücke aus dem Hildesheimer Silberfund und die Separierung der sog. gallo-römischen Gefäßgruppe durch Pernice/Winter 1901. In einem weiteren Beitrag korrigiert Schöne 1869 einige Inschriften von Sauppe 1868 und führt als Ergänzungen die Inschriften der Gefäße HI 47, 50 und 59 an, kommt also auf insgesamt 27 Inschriften25. Holzer 1869a-c befasst sich in drei Beiträgen im Sonntagsblatt der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung mit der Athena- und der Herakles-Schale HI 1 und 2 sowie dem Rankenkrater HI 62, zu denen er jeweils neue Interpretationen vorstellt. Die Athena/Minerva versteht Holzer, im Gegensatz zu den bis dahin publizierten Interpretationen, als Dea Roma, als Schutzgöttin der Stadt Rom und gibt als Vergleiche die Darstellungen auf den großen Staatskameen in Wien. Die Felsen in Verbindung mit dem Lorbeerkranz sollen an die Schlacht bei Actium 31

Holzer legt 1870 die erste Monographie zum Hildesheimer Silberfund vor, in der er auf die Topographie der Fundstelle, die Fundumstände, die ersten Reinigungsmaßnahmen, vor allem aber in einem Katalogteil ausführlich auf alle Gefäße eingeht. Er beschreibt die aufwendig dekorierten Stücke eingehend und diskutiert die Bedeutung der Reliefdekore und Embleme. Seine Beschreibungen beinhalten auch Kommentare zu Herstellungstechniken. Alle komplett erhaltenen Stücke sowie einige Fragmente (HI 44 u. 67) werden in Zeichnungen

zu Berlin. – Zur Rolle von Hermann Roemer, Hildesheim bei der Verhinderung eines entsprechenden Verfahrens mit dem Hildesheimer Silberfund siehe Stein 1997. 24 A.A. 3, 1868, 421. – Die in der ‚Gartenlaube’ (X.A. v. W. Aaland) und der ‚Illustrirten Zeitung’ abgebildeten Zeichnungen beruhen auf Fotografien, die A.H. Burdorf 1868 in Hildesheim angefertigt hat. 25 Auch bei Schöne fehlen die Inschriften der Stücke HI 54, 57 und 64, was sicher mit noch aufliegenden Korrosionskrusten und dem fragmentarischen Zustand einiger Stücke in Zusammenhang steht.

26 Auf dieser Befragung basiert die Cohausensche Rekonstruktionszeichnung der Fundlage (siehe Abb. 3), die aber nicht in dieser Publikation abgebildet, sondern erstmals bei Pernice/ Winter 1901, 3 Fig. 3 publiziert wurde. – Glasnegativ 632 der Antikensammlung Berlin. Laut Winter 1897, 118 wurde die Originalzeichnung im Kultusministerium verwahrt. 27 v. Cohausen 1870, Sp. 267.

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abgebildet. Für den großen Kantharos HI 63, das konische Gefäß 1 HI 66 und den Kandelaber HI 56 legt Holzer vervollständigende Rekonstruktionszeichnungen vor. Nach den neusten Untersuchungen rekonstruiert Holzer die Montage der Griffe an den Rankenschalen HI 5 und 6 in der Zeichnung korrekt, indem er die nach unten weisende Spitze der herzförmig ausgebildeten Schlaufe auf dem Mündungsrand der Innenschale aufsitzend darstellt.

noch nachzubilden. Bei genauerer Prüfung der damaligen Kunstzustände werden wir diese Frage durchaus verneinen dürfen.“33 In beiden Beiträgen zum neuen Silbergefäßfund aus der vom Vesuv verschütteten Villa von Boscoreale zieht Winter 1896b und 1896/97 einige Gefäße aus dem Hildesheimer Silberfund zu Vergleichen heran. In beiden Schatzfunden tragen die Silbergefäße verschiedene Namensinschriften, die belegen, daß die Komplexe allmählich zusammengetragen wurden und nicht von einem einzigen Hersteller bzw. Erstbesitzer stammen. Bei den Gefäßen von Boscoreale deutet Winter Abriebspuren als Hinweise für eine lange Benutzung der Gefäße und datiert diese über zwei bis drei Generationen zurück, so daß er für deren Anfertigung in augusteische Zeit gelangt34.

2. 2. Eingang des Hildesheimer Silberfundes in die Literatur In der zweiten Publikationsphase in den 1880er und 1890er Jahren findet der Hildesheimer Silberfund Eingang in die Fachliteratur, überwiegend unter Bezug auf die Monographie Holzers von 1870. Der Silberfund erscheint in kunstgeschichtlichen Kompendien28 und dient als Vergleich bei der Besprechung anderer Silbergefäßfunde und zu deren Datierung, weil der Zusammenhang mit Varus, Arminius und der Schlacht am Teutoburger Wald, trotz der Spätdatierung der Kasserolle HI 71 durch Th. Mommsen, nicht in Zweifel gezogen und somit selbstverständlich von einer Datierung ins 1. Jh. ausgegangen wird29. Schuchhardt berichtet 1897 und 1898 über seine Nachgrabungen am Galgenberg, wo ein germanisches Heiligtum vermutet wurde, in dem der Silberfund geopfert worden sein könnte. Die Strukturen erwiesen sich aber als mittelalterlich.

Lessing 1898 publiziert einen Kommentar zum ersten Teil der vorläufigen Berichte über die Ergebnisse der Erstrestaurierung35. Die sorgfältige Art der Vergrabung, indem die kleineren Gefäße in die großen gelegt wurden, gilt Lessing als Beleg dafür, daß der Hildesheimer Silberschatz von Römern selbst vergraben worden ist. In diesem Zusammenhang folgt der Autor den Berichten des Tacitus von der geringen Achtung der Germanen vor Edelmetallgefäßen36. Er interpretiert den Schatz als ein von Römern während eines Feldzuges selbst vergrabenes silbernes Reisesservice, stellt aber die Verbindung mit der Varusschlacht in Frage: „Ich möchte sogar behaupten, daß dieses Silber für Varus oder Germanicus nicht reichhaltig genug war. Im Triclinium war die hier vertretene Dreizahl die niedrigste Zahl des Zulässigen, dagegen die Zahl neun etwas Gewöhnliches. Niedriger wird sich der Bedarf des mit Repräsentation betrauten Feldherrn schwerlich veranschlagen lassen."37 Interessant ist die Überlegung, daß mehrere große runde Platten zum Klapptisch gehört haben können, auf denen die verschiedenen Gänge eines römischen Menüs aufgetragen worden seien38.

Schreiber 1894 bezieht etliche Stücke des Hildesheimer Silberfundes in seine Untersuchung zur hellenistischen Toreutik in Ägypten bzw. Alexandria ein, wobei er sich auf Gefäße mit Griffen und Henkeln mit Vogelkopfenden beschränkt, von denen auch einige Gußformen von ägyptischen Fundplätzen vorliegen30. Daher sind lediglich die Stücke HI 1, 10, 42-43, 51-53, 55 und 69-71 in den Schreiberschen Katalog aufgenommen. Er geht auf den „Niedergang der Toreutik in der ersten Kaiserzeit“ ein, indem er Buch 33 der Naturalis Historia Plinius‘ d.Ä. folgt31. Die Quintessenz seiner Überlegungen zu den Stücken des Hildesheimer Silberfundes ist, daß insbesondere die Athena-Schale HI 1, der Girlandenbecher HI 10 und der große Krater HI 62 nicht frühkaiserzeitlich, sondern „der vorkaiserlichen Zeit“32 angehören, also späthellenistisch sein müssen: „Wollen wir hier stilistisch und chronologisch zu ordnen versuchen, so müssen wir ausgehen von den besten Stücken und die Frage stellen, ob die augusteische Zeit noch im Stande war, Schöpfungen, wie [...] die berliner Athenaschale [...] hervorzubringen, zu erfinden, ja auch nur nach alten Modellen

Lessing hält das zumeist unverzierte Eßservice aus einigen Dreiersätzen für jünger als die z.T. als Einzelstücke vorliegenden Trinkgefäße, die er wegen der Verletzbarkeit ihrer Reliefdekore zum Prunkgeschirr zählt. Lessing vermutet das Fragment mit Weinlaubrelief hier erstmals als zu einer Kanne (HI 44) gehörig; eine Idee, die Winter

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Schreiber 1894, 400. Winter 1896/97, 178 u. 180. Diese Überlegungen sind dann auch auf Teile des Hildesheimer Silberfundes übertragen worden. 35 Mit einer direkt anschließenden kurzen Entgegnung Winters; Arch. Anz. 1898, 39 rechte Spalte. – Zu Winter 1897 u. Winter/ Pernice 1899 siehe Kap. 3. 3. 1. 36 Eine Ansicht, die mittlerweile durch zahlreiche Funde importierter römischer Edelmetallerzeugnisse in den sog. Fürstengräbern im germanischen Gebiet als widerlegt gelten kann. 37 Lessing 1898, 38. 38 Dieser Idee widersprechen Pernice/Winter 1901 mit der Begründung, daß die drei profilierten Enden auf den Hermenköpfen bei den beiden in Frage kommenden großen runden Platten keinen Halt gefunden hätten; Pernice/Winter 1901, 60-61 u. 73. 34

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v. Urlichs 1885. – Daremberg/Saglio 1887. – Luthmer 1889. E. Pernice, Hellenistische Silbergefässe im Antiquarium der Königlichen Museen. 58. BWPr 1898. – Héron de Villefosse 1899. 30 Schreiber 1894, 314: „Schnabelgriffe“ u. „Schnabelhenkel“, daher die Bezeichnung „Schnabelgefässe“. 31 Schreiber 1894, 383-384. 32 Schreiber 1894, 384: „Helbig (hat) selbst herausgefühlt, dass der Hildesheimer Silberfund »einer älteren [vorkaiserlichen] Epoche« angehören müsse.“ 29

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und Pernice 1899 aufgreifen39. Neu ist auch der Vorschlag, die beiden konischen Gefäße HI 66 und 67 seien „halborientalischer Herkunft“40, was später von einigen Autoren mit der Vermutung einer thrakischen Provenienz wieder aufgegriffen wird41.

ersten Gruppe sind Gefäße mit plastischem Dekor in ‚Flachrelief’ zusammengefaßt, der, mit Ausnahme des Dekors am Krater HI 62, aus dem massiven Material gearbeitet ist. Für die zweite Gruppe nennen Pernice und Winter 1901 die „Verwendung naturalistisch gebildeter Blätterzweige“45, die aus dünnem Silberblech hohl getrieben sind. Eine dritte Gruppe wird auf Grund des Vorhandenseins von Akanthusblättern zusammengestellt46. In einer vierten Gruppe werden Gefäße versammelt, die sich „in der Technik und in der Ausführung, weniger in der Ornamentik“47 von den anderen unterscheiden und später als sog. gallo-römische Gefäßgruppe bezeichnet werden: „Für diese [die beiden konischen Gefäße HI 66 u. 67] weist Alles auf gallischen Ursprung, derselbe Ursprung ist für die mit ihnen zusammengestellten Gefässe wahrscheinlich. Alle sind gröbere Ware und entbehren durchaus des Reizes künstlerischer Vollendung, die keinem der anderen, feinen Stücke des Schatzes fehlt.“48 Alle Gefäßgruppen werden in augusteische Zeit datiert.

Weiterhin stellt sich Lessing gegen die Ansicht, der Hildesheimer Silberfund enthalte nicht nur Stücke augusteischer Zeitstellung. Die Interpretation Mommsens zur ‚Marc-Aurel-Inschrift‘ auf der Kasserolle HI 71 läßt er nicht gelten: „Ich möchte [...] annehmen, daß wir in dieser Schale vielmehr einen Beleg dafür haben, daß der Name Aurelius früher vorkomme, als man bisher angenommen.“42

2. 3. Die Monographie Pernice/Winter 1901 Die Monographie bildet 33 Jahre nach der Entdeckung des Schatzfundes die erste umfassende wissenschaftliche Vorlage des Fundes, die explizit als beschreibende Darstellung angelegt ist: „[...] auf andere verwandte Denkmäler der antiken Kunst (sei) nicht mehr einzugehen, als es im Zusammenhang unvermeidlich sei [...]. [...] die Verfasser (haben sich) die Entsagung auferlegt, [...] die zahlreichen Beziehungen zu anderen bekannten Denkmälern der gleichen oder ähnlichen Art [...] nicht ausführlicher zu erörtern und auf die vielen kunstgeschichtlichen Fraugen, zu denen der Schatz anregt, nicht anders als mit knappen Hinweisen und Anregungen einzugehen.“43 Vor dem eigentlichen Katalog wird, unter Einbeziehung der älteren Literatur, auf die Fundumstände, die Topographie des Fundortes, den Zustand der Stücke bei der Auffindung, die ersten Reinigungsmaßnahmen und die gerade abgeschlossene Restaurierung von 1895 bis 1899 eingegangen. Die Gefäße werden dem Eß- und Trinkgeschirr zugeordnet, die Zusammensetzung des Silberschatzes für ein römisches Triclinium diskutiert und Überlegungen über den ursprünglichen Bestand anhand der Stückzahlen in den Gewichtsinschriften angestellt.

Die Gefäße der gallo-römischen Gruppe 4 stammen „frühestens“ aus augusteischer Zeit, könnten aber auch später datieren, da die von Mommsen ins 2. Jh. datierte Kasserolle 3 HI 71 wegen der Reliefbehandlung in diese Gruppe eingegliedert ist49. Anschließend wird die Datierung einzelner Stücke nochmals auf der Grundlage von Abnutzungsspuren, Reparaturen und Veränderungen sowie den daraus zu erschließenden Gebrauchszeiträumen diskutiert. In Kapitel vier werden die Herstellungs-, Verbindungs- und Dekorationstechniken zusammenfassend behandelt, wobei auch hier die sog. gallo-römische Gefäßgruppe auf der Grundlage technischer Beobachtungen aus dem Gefäßbestand ausgesondert wird. Kapitel fünf behandelt die nun insgesamt 29 Namensund Gewichtsinschriften, deren letzte auf dem kleinen Dreifuß HI 54 erst während der Restaurierung entdeckt worden ist. Pernice und Winter geben einer Interpretation der Namensinschriften als die der Besitzer gegenüber der von Künstlersignaturen den Vorrang. Die Beschreibung der einzelnen Gefäße folgt einem Schema aus Maßangaben, Zustand, technischer Beschreibung, Inschrift, Angaben zu Herstellung- und Dekortechniken sowie einer detaillierten Beschreibung der figürlichen oder ornamentalen Dekore, inklusive einer Interpretation der figürlichen Darstellungen.

Im Vergleich mit der Ornamentik und der naturalistischen Darstellung von Pflanzen in der farnesinischen Wandmalerei werden zwei Gefäßgruppen definiert, wobei aber die Kriterien der Abgrenzung unklar bleiben44. In der

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Von Winter 1897, 116 als Fragment eines Bechers angesehen. – Winter/Pernice 1899, 128. 40 Lessing 1898, 37. 41 Drexel 1915. – Megaw 1961, 236 nach T.G.E. Powell, The Celts (London 1959). – Stupperich 1993, 301. – Stupperich 1995, 110. – Stupperich 1997, 182. – S. Künzl 1999, 573. 42 Lessing 1898, 38, worin ihm Seeck 1902 folgt. 43 R. Kekulè von Stradonitz im Vorwort zu Pernice/Winter 1901. 44 Nach Pernice/Winter 1901, 13-14 gehören zu Gruppe 1 HI 42/43, HI 48-50, HI 51-53, HI 54, HI 55, HI 56, HI 62, HI 69 und HI 70 sowie evt. HI 10, zu Gruppe 2 HI 9, HI 11, HI 15/16, HI 17/18, HI 36, HI 44 und HI 60 sowie evt. HI 10; HI 20-25, HI 37 und HI 63 werden wegen des naturalistischen Dekors in Niellotechnik ebenfalls den Gruppen 1 oder 2 zugerechnet. Außerdem wird HI 57a genannt, ohne daß deutlich würde, zu welcher Gruppe der Tisch gerechnet wird; entsprechendes gilt

für die im weiteren Verlauf genannten HI 2 (Emblem) und HI 12. 45 Pernice/Winter 1901, 13. 46 Zu Gruppe 3, der sog. Akanthosgruppe, gehören HI 5/6, 13/14 und 58/59; siehe Pernice/Winter 1901, 14. 47 Pernice/Winter 1901, 14. 48 Zu dieser vierten Gruppe gehören HI 2 (nur die Schale), HI 7/8, HI 45-47, HI 66 u. 67 und HI 68 sowie evt. auch HI 71. 49 Eine explizite Spätdatierung der Gruppe 4 mitsamt der Kasserolle HI 71 in Anlehnung an Mommsen in Schöne/Mommsen 1869/1966 vermeiden Pernice/Winter 1901, 14, lassen die Möglichkeit aber offen.

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folgt, die Eierschale habe einen langen Griff besessen54. Er hält den Silberschatz für Beutegut und lehnt die Interpretation als Händlerdepot mit der Begründung ab, daß das Speiseservice in Germanien nicht veräußerbar gewesen sei: „[...] ganz unverständlich ist, daß gallische Händler so thöricht gewesen sein könnten, derartigen Kram nach Deutschland zu schleppen. [...] Für das silberne Eßgeschirr [...] würden sich unter den Germanen [...] keine Käufer gefunden haben.“55

2. 4. Die Literatur nach Vorlage der Monographie Pernice/Winter 1901 Nach der Publikation der Monographie erscheinen einige rekonstruierte Stücke neu in der Literatur, z.B. die Kanne HI 44 und der kleine Dreifuß HI 54. Pernice 1905 bildet in seinen Untersuchungen zur antiken Toreutik die Unteransichten einiger Füße von Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes ab, deren konzentrische Profilierungen als Beispiele für die Drehtechnik dienen50. Auch in anderen Publikationen werden Einzelstücke aus dem Hildesheimer Silberfund zum Vergleich und zur Beschreibung römischer Tischsitten herangezogen51.

Drexel 1909 führt die Untersuchung Schreibers von 1894 anhand der Gefäße des Speiseservices in die römische Kaiserzeit fort. Zwar relativiert er einige Aussagen Schreibers, ist aber ebenfalls davon überzeugt, daß der Ursprungsort der Reliefdekore des 1. bis 4. Jhs. Alexandria ist. Die neuen Motive der schmalen Bildfriese seien durch Nachahmungen in Silber, Bronze/Messing und Ton innerhalb der römischen Welt verbreitet worden. Daher dürften Gefäße in den Regionen hergestellt worden sein, in denen sie gefunden werden. Die Gefäße das Hildesheimer Silberfundes mit ‚Schnabelgriffen‘ datiert Drexel „etwa in die Zeit der julisch-claudischen Dynastie, vielleicht auch noch etwas darüber hinaus.“56 Die Tierfriese der konischen Gefäße HI 66 und 67 stünden nicht in Verbindung zu den Friesen auf den Hemmoorer Eimern, sondern seien direkt aus Alexandria „früh nach Gallien gekommen und dort erstarrt.“57 Die beiden runden Platten mit Reliefrand HI 58 und 59 könnten laut Drexel ebenfalls gallische Erzeugnisse sein.

Seecks Beitrag von 1902 kann als Rezension von Pernice/Winter 1901 verstanden werden, in der der Autor aber auch seine zu einigen Punkten konträren Ansichten darlegt. Insbesondere stellt Seeck sich gegen die Datierung der Kasserolle HI 71 ins 2. Jh. und die daraus folgende lange Nutzungszeit der Silbergefäße. Seeck sieht im Hildesheimer Silberfund den Besitz eines römischen Offiziers, der als Beute in germanischen Besitz gelangt ist: „Denn daß der Schatz in barbarischen Händen gewesen ist, beweisen [...] die zwei Humpen von plumper Gestalt und zweifellos unrömischer [...] Arbeit [HI 66 u. 67]“. Die Teilung von Gefäßsätzen ist für Seeck ein Hinweis auf eine „germanische Beuteteilung“, da man eine „Erbteilung unter civilisierten Römern [...] in der Weise vorgenommen hätte, daß das Zusammengehörige zusammenblieb.“52

Aufgrund der starken Abnutzung der Embleme in den Schalen HI 1-4 datiert Seeck 1911 diese, den großen Kantharos HI 63 und die vier Maskenbecher HI 11-14 in hellenistische Zeit, die Herakles-Schale sogar ins 5. Jh. v.Chr. Die beiden konischen Gefäße HI 66 und 67 schreibt Seeck, zusammen mit den Hemmoorer Eimern, als „Erzeugnisse roher Barbarei“ einem germanischen Schmied zu58. Da einige Stücke nur in fragmentarischem Zustand vorliegen, sollen sie schon vor der Vergrabung von Arminius zerstört worden sein, eine Art frühes Hacksilber, um die germanischen Mitkämpfer bezahlen zu können. Wegen des Hildesheimer Silberfundes verlegt Seeck die Varusschlacht kurzerhand nach Hildesheim: „Wir sehen ihn (Armin) in jener Talmulde bei Hildesheim [...] verzweifelt kämpfen und tapfer sterben, zugleich mit seinen treuen Mannen, die ihm beim Vergraben seines Schatzes geholfen haben.“59

Graeven veröffentlicht eine ausführliche Rezension (1902a) der „Prachtpublication“53 Pernice/Winter 1901, in der er, wie Seeck 1902, zu einigen Punkten gegensätzliche Ansichten vertritt, besonders zur Datierung der konischen Gefäße HI 66 und 67, der Kasserolle HI 71 und der ganzen sog. gallo-römischen Gefäßgruppe ins 2./ 3. Jh. In diesem Punkt stellt er sich auch gegen Willers 1901, indem er nur wegen des Vorhandenseins von Tierfriesen auf Hemmoorer Eimern und Hildesheimer konischen Gefäßen nicht von einer unbedingten Gleichzeitigkeit der Gefäße ausgeht. Graeven stellt drei Gefäßgruppen auf, zu deren erster „classizistischer“ er die meisten Teile der Pernice-Winterschen Gruppen 1 und 2 zählt. Die Zusammenstellung der sog. gallo-römischen Gruppe aufgrund der ‚Gravur’ entspricht Pernice/Winter 1901. Nur die Athena-Schale HI 1 und die Embleme der Kybele- und Attis-Schalen HI 3 und 4 faßt Graeven zu einer dritten Gruppe zusammen, die er in den Hellenismus datiert.

In der Vorlage des Grabes 1/1908 von Lübsow korrigiert Pernice 1912 im Vergleich mit dem in der Ausstattung enthaltenen silbernen Scyphuspaar seine Ansicht zu den Blattstabbechern HI 7 und 8 in Pernice/Winter 1901. Darin wurde aufgrund der Gewichtsinschrift und dem tatsächlichen Gewicht der erhaltenen Becher ein Achterset

In Anlehnung an spätantike Sets aus Kanne und Griffschale interpretiert Graeven die Eierschale HI 68 und die Kanne HI 44 als ein entsprechendes Set zur Handwaschung, da er der Vermutung von Pernice/Winter 1901

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Graeven 1902, 151-153. Graeven 1902, 180. 56 Drexel 1909, 178. 57 Drexel 1909, 225. 58 Seeck 1911, 400-401. 59 Seeck 1911, 402. – Diese Idee wird von Lindemann 1967 aufgegriffen. 55

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E. Pernice, Untersuchungen zur antiken Toreutik III. ÖJh 8, 1905, 51-60. 51 Pernice 1907-08. – Drexel 1915. 52 Alle Zitate Seeck 1902, 400. 53 Graeven 1902, 135 Anm. 1.

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vermutet60. An den beiden Bechern aus Lübsow mit zu den Hildesheimer Stücken identischen Blattstabdekoren sind aber noch drei Griffe komplett vorhanden, so daß Pernice nun für die Hildesheimer Becher von einem Viererset mit entsprechenden Griffen ausgeht61. Da Pernice die Lübsower Scyphi für römische Importe hält, gliedert er die glattwandigen Becher HI 7 und 8 aus der sog. gallo-römischen Gefäßgruppe wieder aus62. Die chronologische Relevanz bleibt aber unkommentiert; denn wenn die blattstabverzierten Scyphi des Lübsow-Grabes und die Hildesheimer Becher HI 7 und 8 ins 1.Jh. datieren, müßten auch die Ententeller HI 45-47 und mit ihnen die ganze sog. gallo-römische Gefäßgruppe ebenfalls ins 1. Jh. datiert werden.

ansetzt. Damit würde der Bestand des Hildesheimer Silberfundes einen Zeitraum von ca. 400 Jahren abdecken, nämlich vom 2. Jh. v.Chr bis zum 2. Jh. n.Chr. Für die Spätdatierung der konischen Gefäße mit Tierfriesen HI 66 und 67 wird die Untersuchung von Willers (1901) zu den Hemmoorer Eimern herangezogen. Pernice geht nicht auf die Literatur zwischen 1901 und 1925 ein, die sich in kritischen Beiträgen z.T. gegen die Spätdatierungen der Kasserolle HI 71 und der sog. gallo-römische Gruppe ausgesprochen hat67. Zuletzt entwirft Pernice eine ‚Entwicklungsgeschichte‘ des Hildesheimer Silberfundes, um die Zusammensetzung zu erklären: „Fassen wir alle Beobachtungen [...] zusammen, dann ergibt sich die folgende Geschichte des Schatzes. In augusteischer Zeit gelangte ein großer und wertvoller Silberschatz auf irgendeine Weise nach Germanien in die Gegend von Hildesheim. [...] In Germanien blieb der Schatz lange Jahre über der Erde in Gebrauch. Allmählich unvollkommen gewordene Gefäße wurden ergänzt oder im Geschmack der Zeit umgeändert. Aber er wurde auch durch Hinzufügung neuer Stücke vermehrt; diese bezog man aus dem westlich gelegenen Gallien oder sie wurden durch Händler ins Land gebracht. Um das Jahr 200 n. Chr. wurde der Schatz in zwei Hälften geteilt [...].“68

Viele Stücke des Hildesheimer Silberfundes werden von Drexel 1921/22 als Beispiele für die in einem ägyptischen Papyrus des 1. Jhs. genannten Dreier- und Vierersätze, den Formen von Gefäßfüßen und im Zusammenhang mit Gewichtsinschriften erwähnt. Bezeichnend ist die ausdrückliche Stellungnahme gegen Mommsen 1868, Pernice/Winter 1901 u.a. in Bezug auf die Spätdatierung von Kasserolle HI 71, den konischen Gefäßen HI 66 und 67 sowie der Pernice-Winterschen gallo-römischen Gefäßgruppe: „Ich bemerke gegen Pernice-Winter S. 11ff., daß ich an dem Schatze nicht beobachten kann, was rein augusteischem Ursprung widerspricht. Weder kann ich die provinzialen Stücke, die er neben den italischen enthält, einschließlich der beiden Humpen [HI 66 u. 67, ...] für jünger ansehen noch erblicke ich in dem M. Aur. C. [HI 71, ...] ein Argument für die Vergrabung nicht vor Ende des 2. Jahrh. Aurelier hat es zu allen Zeiten gegeben [...], die Kelle hat augusteische Form und Dekoration [...]. Ich stimme in der Beurteilung des Fundes im wesentlichen mit Lessing [...] 1898 [...] überein.“63

Ippel 1937 befaßt sich in seiner Untersuchung zu Gußund Treibarbeiten in Silber insbesondere mit den Reliefemblemen von Athena- und Herakles-Schale HI 1 und 2. Das der Athena-Schale ist nach Ippel, ebenso wie die Außenschale des Sechsmaskenbechers HI 12, gegossen, die Embleme von Herakles-, Kybele- und Attis-Schale sowie die drei Maskenbecher HI 11, 13 und 14 dagegen getrieben. Den Unterschied macht er an der Oberflächengestaltung mit „Spuren der Modellierarbeit in Wachs“ und dem Vorhandensein von Punzabdrücken fest. Die Oberfläche eines Gußstückes ist nach Ippel glatt und flau, die eines getriebenen Stückes weicher, runder und reicher bewegt69.

Pernice 1925 gibt einen Rückblick auf die Restaurierungsarbeiten 1895-1900 und wiederholt im Prinzip die Ergebnisse aus der Monographie mit Winter von 1901. Er weist die Stücke im Laufe der Beschreibung und in Abwandlung der Gruppierung in Pernice/Winter 1901 drei Kunstepochen und damit verschiedenen Zeitstellungen zu, dem Hellenismus64, der Zeit des Augustus65 und einer ‚provinzialen‘ Epoche66, die er im 2. Jh. und später 60

Pernice/Winter 1901, 30-31. Pernice 1912, 134 Anm. 1. – Auf Griffe deuten vor allem die reichlich vorhandenen und sich direkt gegenüber liegenden Reste antiker Weichlötungen an den Gefäßrändern hin, was 1901 aber nicht erkannt wurde. – Hitzl u.a. 1997, 42 vermuten sechs Becher. 62 Diese Korrektur ist von vielen nachfolgenden Autoren offenbar nicht zur Kenntnis genommen worden, da bei den Diskussionen zu dieser Gruppe ausschließlich auf Pernice/Winter 1901 zurückgegriffen wird, z.B. Gehrig 1967a und 1980. 63 Drexel 1921/22, 39-40 Anm. 1. 64 Graeven 1902 folgend HI 1 und die Embleme von HI 3 u. 4 sowie HI 5 u.6. 65 HI 9, HI 10, HI 13 u.14, HI 20-25, HI 37, HI 48-50, HI 54, HI 57, HI 62 u. HI 63, was mit Ausnahme der beiden Zehnmaskenbecher HI 13 u. 14 den Gruppen 1 und 2 bei Pernice/Winter 1901 entspricht. 66 HI 2 (Schale), HI 45-47, HI 66 u. 67 sowie HI 68, bei Pernice/Winter 1901 die Gefäßgruppe 4. 61

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Seeck 1902. – Seeck 1911. – Drexel 1921/22. – Schon in der Monographie von 1901 haben sich Pernice und Winter nicht mit den kritischen Beiträgen Lessings 1892 und 1898 zu den Spätdatierungen auseinandergesetzt. 68 Pernice 1925, 106. 69 Ippel 1937, 17 u. 22.

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dener Autoren werden einzelne Stücke des Hildesheimer Silberfundes als Vergleichsbeispiele herangezogen, erscheinen in Ausstellungskatalogen sowie Enzyklopädien und Lexika zum Altertum77.

2. 5. Die Literatur der Nachkriegszeit bis zur Neuaufstellung 1966 in Berlin-Charlottenburg und dem 100jährigen Fundjubiläum 1968 1940 erfolgte die Auslagerung des Hildesheimer Silberfundes mitsamt den Beständen der Antikenabteilung der Berliner Museen in einen Bunker in Berlin, von wo aus er gegen Ende des Krieges ins Salzbergwerk Grasleben bei Helmstedt vor den anrückenden sowjetischen Truppen auf amerikanisch besetztes Gebiet verbracht wurde. Von dort aus erfolgte im Januar 1946 die Verlagerung ins Kunstgutlager Schloß Celle in der britischen Besatzungszone70. Zum Verbleib des reliefierten Außenmantels des großen Kraters HI 62 liegen widersprüchliche Angaben vor: nach Ungers 1869 soll das schon von der Ausgrabung fragmentierte Stück „im Museum zu Berlin bei dem Untersuchen und Betasten gänzlich zertrümmert“ worden sein, was von Winter 1897 aber richtig gestellt wird71, dann soll er 1940 in einer Restaurierungswerkstatt auf der Museumsinsel durch einen Bombentreffer zerstört worden sein72, andererseits könnte er sich aber auch noch unter den in die Sowjetunion verbrachten Berliner Museumsbeständen in Moskau oder St. Petersburg befinden73. Von Celle aus wurden die 67 transportfähigen Stücke in wechselnder Anzahl zu diversen Ausstellungen geschickt74. Das Kunstgutlager Celle wurde zwar 1958 aufgelöst, das Hildesheimer Silber blieb aber wegen fehlender Aufstellungsmöglichkeiten in Berlin vorerst noch im Roemer-Pelizaeus-Museum in Hildesheim. Die Rückführung nach Berlin erfolgte in mehreren Konvoluten: Anfang 1965 zuerst die vier nicht ausstellfähigen Stücke, die eine zeitaufwendige Neurestaurierung erforderten; im Mai 1965, Januar 1966 und im März 1968 dann die ausgestellten Stücke75.

Die erste ausführlichere Bearbeitung von Stücken des Hildesheimer Silberfundes nach dem Krieg ist der Beitrag von Bruns 1953, die sich mit stilistischen und technischen Aspekten der beiden konischen Gefäße HI 66 und 67 befaßt. Diese Gefäße sollen nach Bruns im Wachsausschmelzverfahren gegossen und „von außen mit den verschiedenartigsten Punzen überarbeitet“ worden sein78. Die Form des Gefäßes HI 66 erklärt Bruns für spätantik, wofür sie hohe Glasbecher der Spätantike und des frühen Mittelalters als Vergleichsbeispiele anführt, u.a. Rüsselbecher79. Stilistisch beschäftigt sie sich insbesondere mit den ‚Bäumen‘ im Tierfries, die sie sich nur als „Nachfahr“ von entsprechenden Landschaftselementen auf spätantiken Silberarbeiten denken kann, und der Punktierung eines ‚Alternativentwurfs‘80, wofür dann ebenfalls ausschließlich spätantike Vergleiche angeführt werden. So kommt Bruns auf eine „Entstehung des Gefäßes [HI 66] in spätestantiker Zeit“81. Küthmann setzt sich 1958b mit Bruns Arbeit sowie den Überlegungen von Pernice und Winter 1901 zu den konischen Gefäßen HI 66 und 67 kritisch auseinander. Er bemängelt die einseitige Auflistung spätantiker Vergleiche bei Bruns, „[...] das Auftreten [...] in der frühen Kaiserzeit [...] (wird) unterschlagen“82, und kommt schließlich zu einem augusteischen Zeitansatz auch für die konischen Gefäße, wofür auch spätlatènezeitlichen Keramikformen aus Nordfrankreich, Belgien und Südengland zum formtypologischen Vergleich herangezogen werden. Zur Frage der Verwendung widerspricht Küthmann Bruns und Pernice/Winter 1901 und folgt Holzer 1870, der diese Gefäße als Vasen mit zwei Griffen rekonstruiert hat, wofür Küthmann unterstützend das formgleiche Gefäß aus Neerhaeren, NL anführen kann83.

Die erste Nachkriegspublikation, in der Gefäße aus dem Hildesheimer Silberfund aufgeführt werden, ist der sog. Schatzkammerführer von Gerda Bruns 1946. Die AthenaSchale HI 1, einer der Maskenbecher HI 13/14, der Krater HI 62 und einer der Efeubecher HI 20-25 erscheinen mit Dekorbeschreibungen und kurzen Anmerkungen zu Herstellungstechniken76. In diversen Publikationen verschie-

Drucklegung dürften die Objekte den Autoren kaum zugänglich gewesen sein. 77 Seyrig 1952. – Kähler 1961. – Megaw 1961. – John 1963 (kommentierte Literaturübersicht sowie bes. zu den konischen Gefäßen HI 66 u. 67). – Strong 1966. – Nierhaus 1976. – Kat. Toledo 1977. – E. Künzl 1988b. – Baratte 1989. – Riz 1990. – Pirzio Biroli 1991. – Platz-Horster 1998. – S. Künzl 1999. – Bender 2000. 78 Bruns 1953, 37. – Zu diesem Zeitpunkt war der Hildesheimer Silberfund noch im Kunstgutlager Celle. 79 Evt. nach der ‚Anregung‘ bei Willers 1901, 173: „Der Hildesheimer Fund enthielt den […] stattlichen silbernen Humpen, der in seiner Form […] mit den hohen Glasbechern, die man aus rheinischen und nordischen Funden kennt, eine gewisse Aehnlichkeit hat.“ Willers meinte aber vielleicht eher die hohen konischen Glasbecher mit Facettschliffdekor des 1. Jhs. 80 Siehe Kap. 5. 3. 4. 2. 81 Bruns 1953, 40. 82 Küthmann 1958b, 132. 83 Holzer 1870 Taf. 4. – Die Vase aus Neerhaeren wurde zwar 1831 gefunden und 1843 erstmals in der Literatur erwähnt, ist aber wegen fehlender Abbildungen als Vergleichsstück für HI 66 und 67 nicht ‚greifbar‘ gewesen. Ausführliche ‚Erstpublika-

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L. Pretzell, Das Kunstgutlager Schloß Celle (Celle 1958), 114. – Gehrig 1967b, 11. – v. Jan 1968, 25. 71 Ungers 1896, 67. – Winter 1897, 120-121 Anm. 4. 72 Greifenhagen 1966, 148. – Gehrig 1967a, 6 u. 1967b, 11. – v. Jan 1968, 22. 73 Nach Kat. Berlin 1953, 5 sind Krater HI 62 und Tisch HI 57a nach Rußland abtransportiert worden. Allerdings ist nur der Außenmantel des Kraters bis heute verschollen, der Klapptisch HI 57a und der Kratereinsatz sind vorhanden. 74 Siehe Kat. Celle 1946 u. 1954. – Kat. Berlin 1953. – Kat. Hannover 1956. – Kat. Essen 1956. – Folgende Stücke erscheinen nicht in diesen Katalogen, weil sie nicht ausstellfähig waren: der Tisch HI 57a, die fragmentierte Platte HI 59, der Kantharos HI 63 und die Riefelschale HI 65, außerdem fehlte der Fuß HI 26. – Leicht differierende Angaben bei Stein 1997, 26. 75 Gehrig 1967a, 6 u. 1967b, 11. – Stein 1997, 27 mit detaillierten Angaben. 76 Die 1946 erschienene Reihe aus neun Heften muß noch während der Kriegsjahre vorbereitet worden sein. Zur Zeit der

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In seiner Dissertation zur Toreutik des 2. und 1. Jhs. v.Chr. behandelt Küthmann 1959 auch einen Großteil der Gefäße aus dem Hildesheimer Silberfund, insbesondere die mit Reliefdekor84. Er bringt alle betrachteten Gefäße in eine chronologische Reihenfolge, in die er anhand von Dekor- und stilistischen Vergleichen auch die Hildesheimer Stücke einordnet. So kommt Küthmann für die Gefäße des Hildesheimer Silberfundes zu Datierungen von 75 v.Chr. bis zur Zeitenwende85.

ausschließlich Zwölfersätze aus je dreimal vier identischen Stücken nachweisbar, so in Boscoreale und der Casa del Menandro in Pompeji. Daher sei die Ansprache Drexels als Geschirrsätze für das römische Triclinium falsch. Nierhaus gibt aus stilistischen Gründen für einige Stücke nachaugusteische Datierungen und lehnt damit einen Zusammenhang mit den römischen Offensiven unter Augustus und der Varusschlacht ab. Zusätzlich zu den bei Pernice/Winter 1901 zusammengestellten Stücken werden die drei rechteckigen Rankenteller HI 48-50 und die drei ovalen Platten HI 51-53 der gallo-römischen Gruppe zugewiesen. Die Ausarbeitung der Blattkonturen durch Punzabschläge auf den konischen Gefäßen HI 66 und 67 erklärt Nierhaus für ein Stilmerkmal, was er in plastischer Form auf der Sigillata aus La Graufesenque, F wieder zu finden meint. Somit kommt er auch für die konischen Gefäße und die Herakles-Schale „(nur die Schale! Nicht das Emblema!)“ zu einer nachaugusteischen Datierung zwischen 50 und 75 n.Chr. mit Vergrabung am Ende dieses Zeitraumes.

Im Zuge der Einrichtung eines neuen Ausstellungsraumes im Antikenmuseum in Berlin-Charlottenburg 1967, in dem die Gold- und Silberbestände gezeigt werden sollten, wurde der Hildesheimer Silberfund einer restauratorischen Überarbeitung unterzogen86. Zu diesem Anlaß wurde der Silberfund in einem sog. Bilderheft von Gehrig 1967a publiziert87. Gehrig stützt sich ausdrücklich auf die Publikation Pernice/Winter 190188, insbesondere in Bezug auf die Absonderung der sog. gallo-römischen Gefäßgruppe89 und die unkritische Übernahme der Anmerkungen zu Herstellungs- und Dekorationstechniken. Gehrig beschreibt Auffindung, Fundsituation, Verwendung und Inschriften und geht auf die kunstgeschichtliche Bedeutung des Schatzes ein. Er verbindet die Zweier-, Dreier- und Vierersätze von Trink- und Speisegefäßen mit dem römischen Speisen im Triclinium. Die mit Namensinschriften versehenen Stücke werden über den Vergleich mit Namen in römischen Urkunden datiert, z.B. der kleine Dreifuß HI 54 in republikanische Zeit. Die Zeitspanne, in der die Gefäße zusammengetragen worden sind, reicht nach Gehrig von der 2. Hälfte des 1. Jhs. v.Chr. bis zum Anfang des 1. Jhs. n.Chr. Dieser Zeitraum wird in der Neuauflage von 1980 mit Hinweis auf die Datierung der Kasserolle mit kleeblattförmigem Griffdurchbruch HI 72 bis in die Jahre 50 bis 75 n.Chr. erweitert90. Im Katalogteil werden die 55 abgebildeten Stücke näher beschrieben.

2. 6. Die Literatur ab 1970 Bei La Baume 1971 erscheinen 68 Stücke des Hildesheimer Silberfundes mit ausführlichen Beschreibungen und Angaben zu deren Datierung im Katalog römischer Funde in Niedersachsen. Die überwiegende Zahl der Stücke wird in augusteische Zeit datiert; nur die Embleme der Kybele- und Attis-Schalen HI 3 und 4 werden in frühestens claudische Zeit gesetzt. Als Vergrabungszeit vermutet La Baume daher erst die nachneronische Zeit, wobei er sich aber insbesondere auf die z.T. langlebigen Formen des Eimers HI 64, der Riefelschüssel HI 65, der unverzierten Kasserolle 4 HI 72 mit kleeblattförmigem Griffdurchbruch und auf die große, ‚antik’ reparierte Platte HI 61 bezieht92. Nuber 1974 listet in seiner Reaktion auf Nierhaus 1969 vier Forschungsansätze zum Hildesheimer Silberfund auf, die alle zu widersprüchlichen Ergebnissen geführt haben. Nuber selbst stellt eine These zum frühesten Vergrabungszeitpunkt des Silberschatzes auf der Grundlage epigraphischer Studien auf. Die Gewichtsinschriften auf den Silbergefäßen bringt der Autor mit der Erbschaftssteuer in Zusammenhang, die 6 n.Chr. von Augustus eingeführt wurde. Nach Nierhaus 1969 ist das Hildesheimer Silber zuletzt in gallisch-römischem Besitz gewesen. Da laut Epigraphik Cognomina im Rheinland erst ab frühclaudischer Zeit an die Namen angefügt worden sind, schließt ein Teil der Namensformen auf den Hildesheimer Gefäßen einen augusteischen Niederlegungszeitpunkt aus93. Die Berücksichtung dieser Aspekte müßte sich zunächst auf die Anfertigungszeitpunkte der Gefäße auswirken und erst in einem zweiten Schritt auf den Zeitpunkt der Niederlegung des Schatzes. Jedenfalls bringt Nuber zwei Argumente in die Diskussion, die eine Vergrabung des

Die Publikation von Nierhaus 1969 ist vom Fundjubiläum veranlaßt91. Nierhaus befaßt sich mit der Zusammensetzung des Speisegeschirrs in Dreiersätzen und erklärt diese als eine auf die gallischen und germanischen Provinzen beschränkte Erscheinung. Denn in Italien seien tion‘ durch Megaw 1961 mit Angaben zur älteren Lit. in seinen Anm. 4-7. 84 Ein Teil der Arbeit mit weiter ausgreifender Argumentation vorab publiziert als Küthmann 1958a. 85 Küthmann 1958 a, 82-86 Zusammenfassung zum Hildesheimer Silberfund, 91-92 Datierungstabelle. 86 Greifenhagen 1966. – Gehrig 1967b. 87 1980 in neuem Layout und mit geringfügig geändertem Text neu aufgelegt. 88 Gehrig 1967a, 6 und 1980, 5 sowie bei persönlichen Gesprächen während der Neurestaurierung 2003-2006. 89 Obwohl Pernice 1912 selbst die Blattstabbecher HI 7 und 8 nach der Auffindung der beiden identisch dekorierten Becher in Grab 1, 1908 in Lübsow ausdrücklich aus dieser Gruppe wieder ausgeschieden und zu italischen Produkten erklärt hat, führt Gehrig sie noch 1981 weiterhin mit auf. 90 Wohl nach Nierhaus 1969 und Nuber 1974. 91 Vortrag auf der Tagung des West- und Süddeutschen und des Norddeutschen Verbandes für Altertumsforschung im Juni 1968 in Schleswig.

92 Datierung der Eimerform F, zu der auch das Hildesheimer Stück HI 64 zählt, ins 2. Viertel 1. Jh. v.Chr. bei G. Zahlhaas, Großgriechische und römische Metalleimer (München 1971). 93 Gegenteilig Seeck 1902.

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Hildesheimer Silberschatzes im Zusammenhang mit der Varusschlacht ausschließen.

Martin-Kilcher stellt 1984 die bekannten Silbergefäßfunde nach ihren Gefäßformen in einer Übersichtstabelle zusammen97. Auf Grund des Auftretens von ovalen Platten sowie mehrerer Platten unterschiedlicher Größe, die so erst im 3. und 4. Jh. in vermehrter Form erscheinen, datiert sie den Hildesheimer Fund als „Übergangsservice“98 ans Ende des 1. Jhs. und damit deutlich ‚nachvesuvianisch’.

Zedelius 1977 vermutet als ehemaligen Eigentümer des Silbers Italicus, einen Neffen des Arminius, der um 50 n.Chr. kurzzeitig von Rom als König der Cherusker eingesetzt war. Letztendlich sei das Silber als Beute nach Germanien gelangt und stamme möglicherweise aus dem Bataveraufstand 69 n.Chr.

Die beiden Beiträge von Stupperich 1993 und 1995 sind in ihren Kernaussagen zum Hildesheimer Silberfund identisch. Der Autor gibt einen Überblick über den Forschungsstand insbesondere der neueren Literatur, macht aber auch kritische Anmerkungen zu einigen feststehenden bzw. häufig übernommenen Aussagen zu Datierungen sowohl einzelner Stücke als auch des ganzen Fundkomplexes und zur sog. gallo-römischen Gefäßgruppe. Den Spätdatierungen Mommsens in Schöne/Mommsen 1869 und Nubers 1974 aufgrund epigraphischer Überlegungen steht der Autor kritisch gegenüber, ebenso der von Pernice/Winter 1901 wegen ‚technischer’ und stilistischer Merkmale abgetrennten sog. gallo-römischen Gefäßgruppe. Die Abtrennung und Spätdatierung dieser Gruppe könne nicht länger aufrechterhalten werden. Viele der Dekore weisen klassizistische Züge auf, die im Vergleich mit Gefäßen aus anderen Silberfunden und Einzelstücken zu einer Gesamtdatierung des Hildesheimer Silberfundes in augusteische Zeit führen. Der ‚harte Blattstab‘, früher als charakteristisch für die Gefäße der sog. gallo-römischen Gefäßgruppe betrachtet, sei vielmehr wegen seines Auftretens auch auf Objekten aus den Vesuvstädten ein Hinweis für eine frühe Datierung dieser Gefäße99.

Bogaers 1982 bestreitet wegen der Bleifüllung eine ehemalige Verwendung der Kybele- und Attis-Embleme als Phalerae, sondern vermutet eine Erstverwendung als Zierbeschläge. Einen Nebensatz von Zedelius 1977 aufgreifend versucht Bogaers, eine chronologische Verbindung zum Bataveraufstand und der Plünderung des Kastells Vetera-Xanten durch Germanen im Jahr 69/70 herzustellen. Als weitere Möglichkeiten, für Germanen an römisches Beutegut zu gelangen, werden die Kriege der römischen Armee gegen die Brukterer 77/78 und um 83, 90 oder noch später genannt, obwohl es für vorausgehende Beutezüge der Germanen in römisch kontrollierte Gebiete keine archäologischen Belege gibt. Das Hildesheimer Silber sei zwischen 70 und 100 n.Chr. in den Boden gekommen. Auf einem völlig neuen Forschungsansatz beruht die Arbeit von Roth-Rubi 1984, in der ausgewählte Gefäße des Hildesheimer Silberfundes formtypologisch mit Terra Sigillata verglichen werden94. Zunächst wird mit dem sog. ‚eingezogene Band‘, eine von zwei Kanneluren begleitete Hohlkehle, ein Dekorelement herausgestellt, das auf augusteischen bis frühkaiserzeitlichen Sigillaten wie dem Geschirr Haltern II erscheint. Damit ist zunächst eine Grobdatierung der Gefäße gegeben, weil das Kastell Haltern nach der Varusschlacht aufgegeben worden ist. Der Formenvergleich mit der Arretina, der westlichen Terra Sigillata, fällt dagegen negativ aus, weil die Profile unterschiedlich scharf konturiert sind; die Sigillata ist in ihrer „Formgebung härter, sogar »metallischer« als diejenige der Silbernäpfe.“95 Lediglich zum Girlandenbecher HI 10 und dem cyathus HI 36 finden sich vergleichbare Formen in der Arretina. Der Vergleich mit der östlichen Sigillata bringt sehr viel bessere formtypologische Übereinstimmungen, da sowohl Hildesheimer Silbergefäße als auch Sigillaten geschwungene Gefäßwandungen unter Vermeidung harter Akzente und einfache Profilführungen aufweisen. Die östliche Sigillata stammt zeitlich von ca. 30 v.Chr. bis in die Mitte des 1. Jhs. n. Chr. Das Fazit der Autorin: „So brauchbar der Vergleich von Edelmetallgefäßen und Sigillaten in der Herkunftsfrage ist, so wenig trägt er im vorliegenden Fall zur engeren Datierung der Metallgefäße bei.“96

Stupperich trennt zwischen primärer und sekundärer Funktion. Die primäre als Tafelgeschirr steht außer Zweifel, als sekundäre hält der Autor im Ausschlußverfahren die Opferniederlegung eines Beuteanteils für möglich. Als Besitz einen hohen Offiziers wie Varus sei die Menge im Vergleich mit den in den Schriftquellen angegebenen Mengen aber zu klein. Daß im Tafelgeschirr eines Offiziers oder Angehörigen des Kaiserhauses Phalerae eines niederen Offiziers in Zweitverwendung verarbeitet worden seien, hält der Autor für undenkbar100. Beides spreche gegen die Annahme, der Hildesheimer Silberschatz sei Eigentum des Varus gewesen. Das konische Gefäß HI 66 weist Stupperich wegen des Dreiecksdekors auf dem gestuften Fuß der sog. Sark-Gruppe aus reliefdekorierten Zierscheiben und Gundestrup-Kessel zu101, was eine Frühdatierung auch dieses Stückes impliziert. Kritisch anzumerken bleibt die Vermischung von Merkmalen der 97 Siehe auch Martin-Kilcher 1989 (siehe Anm. 11) mit Datierung in flavische Zeit. 98 Martin-Kilcher 1984, 398. 99 Siehe Kap. 6. 100 Gerade über die Phalerae/Embleme mit Kybele und Attis wurde früher wegen seiner syrischen Statthalterschaft die Verbindung zu Varus hergestellt. 101 Nach Drexel 1915. – Zu dieser Zuschreibung kritisch B. Niemeyer, Zu den Fragmenten eines Silberbechers aus dem Komplex 5, 1995. In: H.-U. Voß, Die ‚Römergräber’ von Hagenow – Frühkaiserzeitliche Grabfunde germanischer Eliten (im Druck).

94 Kurze zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse in Roth-Rubi 1997. 95 Roth-Rubi 1984, 181. 96 Roth-Rubi 1984, 188.

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beiden Kasserollen HI 71 und 72, was Einfluß auf die Überlegungen zur Datierung hat102.

sind, was nicht richtig ist, denn sie sind wie der sonstige Dekor aus dem Silberblech getrieben und ziseliert.

E. Künzl 1996 stellt anhand einer Umzeichnung des Reliefdekors eine Verbindung zwischen dem großen Krater HI 62 mit Eroten und Wassertieren zum Seesieg des Octavian bei Actium im Jahr 31 v.Chr. her, womit er eine Idee Holzers 1896a aufgreift, und kommt dementsprechend zu einer Datierung in frühaugusteische Zeit. Die im Prinzip identischen Seiten weisen in Anordnung der Eroten und Art der Wassertiere Unterschiede auf, so daß eine ‚kämpferische‘ Seite mit bewaffneten Eroten und eine ‚friedliche‘ Seite ohne Waffen unterschieden werden können. Eroten, Wassertiere und die großen Adlergreifen auf den Hauptansichtsseiten sind Begleiter der Götter Apollo und Venus, die als selbsterwählte Gottheiten des Octavian bzw. Julius Caesars dem Actiumsieg und dem julischen Kaiserhaus zugeordnet werden können. Somit stehe der Dekor des Kraters in Zusammenhang mit der frühaugusteischen Siegessymbolik.

2. 7. Das Kataloghandbuch zur Ausstellung in Hildesheim 1997 Für die Ausstellung sind diverse Kopiensätze zusammengetragen worden, denen eine Auswahl der Originale zum Vergleich gegenübergestellt wurde. Im Handbuch ist diese Gewichtung ins Gegenteil gekehrt, d.h. die Beiträge zum Hildesheimer Silberfund selbst machen das Schwergewicht aus, die Kopien treten im Begleitbuch eher in den Hintergrund. Die folgenden Darstellungen nehmen die Reihenfolge der Beiträge im Handbuch auf106. Stein beschreibt detailliert die Fundumstände, die ersten Maßnahmen und Begutachtungen, wobei sie viele bislang unveröffentlichte Quellen aus dem Hildesheimer Stadtarchiv zitiert und in den Anmerkungen erwähnt. Ausführlich werden die Versuche Hermann Roemers dargestellt, den Hildesheimer Silberfund oder zumindest einen der doppelt vorhandenen Maskenbecher HI 13/14 nach dem schnellen Abtransport des Fundes nach Berlin wieder nach Hildesheim als endgültigem Ausstellungsort zurückzuholen. Die Hildesheimer Stadtregierung hatte den touristischen Wert des Fundes erkannt und hoffte, bei dessen dauerhafter Ausstellung in der Stadt auf entsprechende Einnahmen. Roemer unterstützte die juristischen Ansprüche der Finder gegenüber dem Preußischen Staat, um so einen Verkauf oder Versteigerung und eine damit einhergehende Zerschlagung des Fundkomplexes zu verhindern. Nach einem Jahr umfangreichen Schriftwechsels und diversen Petitionen war klar, daß eine Rückgabe nach Hildesheim nicht stattfinden würde. Der preußische Staat fand die Stadt mit einem Kopiensatz der Firma Christofle in Paris ab, dessen Lieferung durch den deutsch-französischen Krieg 1871 verzögert wurde. 1921, 1937 und nach 1945 wurden erneut Versuche unternommen, eine Rückgabe des Silberfundes nach Hildesheim zu erreichen.

S. Künzl faßt 1999 in einem Beitrag für das Reallexikon der Germanischen Altertumskunde den Forschungsstand zum Hildesheimer Silberfund zusammen. Sie kommt wegen der Blattstabbecher HI 7 und 8, der Zusammensetzung des Fundkomplexes und unter Berücksichtigung von Vergleichsmaterial zu einer Datierung in spätrepublikanisch-frühaugusteische und damit deutlich ‚vorvesuvianische’ Zeit. Die Spätdatierungen der ‚Marc-Aurel-Kasserolle’ HI 71 und der konischen Gefäße HI 66 und 67 „lassen sich nicht mehr halten“103. Für die letztgenannten Gefäße wird, darin Stupperich 1993 und 1995 folgend, eine Verbindung zur thrako-getischen sog. Sark-Gruppe gezogen. Im Bremen-Niedersachsen-Band des Corpus der römischen Funde im europäischen Barbaricum (Erdrich 2002) erscheint der Hildesheimer Silberfund komplett mit Schnittzeichnungen sämtlicher Gefäße und Geräte, die für diese Publikation erstmals angefertigt wurden. Die Frage der Datierung wird angesprochen; das Fazit, zwar RothRubi 1984 folgend, aber unter Nichtbeachtung ihrer kritischen Schlussbemerkung: „Gut dat[iert] sind letztlich nur die Gefäße, die Entsprechungen in der augusteischen Sigillata besitzen.“104 In den Literaturangaben erscheinen mit der Ausnahme Pernice/Winter 1901 nur Publikationen ab 1969. Die einzelnen Einträge enthalten jeweils eine kurze Beschreibung, z.T. Angaben zu Herstellungs- und Dekortechniken, die abgekürzten Inschriften mit Auflösung, z.T. Datierung und Erscheinen der einzelnen Stücke in der Literatur. Die herstellungstechnischen Angaben sind wiederum unkritisch von Pernice/Winter 1901 übernommen105. Neu ist die Beobachtung, daß bei den beiden sog. megarischen Schalen oder Bechern HI 5 und 6 die Bodenrosetten angelötet

Der Katalog von Hitzl u.a. führt alle Stücke inklusive der inzwischen verschollenen den Inventarnummern folgend auf. In einer kurzen Einleitung wird einer augusteischen Datierung des ganzen Fundes der Vorzug gegeben und eine nachaugusteische Vergrabung vermutet, die zeitlich eher mit dem Feldzug des Germanicus 16 n.Chr. als mit dem Bataveraufstand 69/70 in Zusammenhang steht. Die Einträge setzen sich zusammen aus Angaben zu Maßen und Gewichten, Inschriften, Partien mit Teilvergoldungen, Erhaltung und Objekt- bzw. Dekorbeschreibung sowie einem Kommentar zu Herkunft, Herstellungstechnik und Interpretation der Dekore unter Heranziehung der Literatur. Die Literaturangaben zu den einzelnen Stücken sind stark selektiert. Jedes Stück wird in schwarz-weiß abgebildet, Schnittzeichnungen sind von Roth-Rubi 1984 übernommen. Die Angaben insbesondere zu Herstel-

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Stupperich 1993, 300 u. 1995, 108-109. – Siehe auch Kap. 12. 2. 103 S. Künzl 1999, 574. 104 Erdrich 2002, 83. 105 Sowie von Gehrig 1967a und 1980.

Boetzkes/Stein 1997. – Die Beiträge zu den diversen Kopiensätzen und deren Geschichte sowie zu den Abbildungen von Stücken des Hildesheimer Silberfundes im Werk des Malers Lawrence Alma-Tadema finden hier keine Berücksichtigung. – Zur Ausstellung siehe auch Weisker 1997.

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dispersive Röntgenfluoreszenzanalyse108. Aussagen zur Herstellung durch Guß oder durch Schmieden erfolgen allein auf der Grundlage der mikroskopischen Untersuchung und sind in einer Übersicht tabellarisch zusammengestellt. Der separate Fuß eines weiteren kleinen Efeubechers HI 26 wurde geröntgt; der Autorin nach besteht er aus mehreren verlöteten Teilen109. Das Hauptinteresse liegt in der Fügetechnik und den verwendeten Loten. Durch die Analysen konnten verschiedene Lotlegierungen auf der Basis von Silber, Kupfer, Zinn und Blei unterschieden werden, die je nach dem Verhältnis der verwendeten Metalle sowohl Hart- als auch Weichlote mit einer großen Bandbreite von Schmelzpunkten ergeben. Dies ermöglichte dem antiken Feinschmied beim Fügen von Einzelteilen allmählich von hoch- zu niedrigschmelzenden Loten überzugehen.

lungs- und Dekortechniken entsprechen denen von Pernice/Winter 1901, was insbesondere durch die Angaben von angeblich massiven, separat gegossenen und angelöteten Mündungsrändern bei HI 5/6, 9, 11, 12, 13/14 und 62 deutlich wird. Im Beitrag von Kaufmann-Heinimann werden Formen und Anzahl der Gefäßtypen aus Hildesheim, Boscoreale, der Casa del Menandro in Pompeji und aus Tivoli einander gegenüber gestellt. Die Bestände werden in Trink-, Speise- und Anrichtegeschirr sowie Prunkstücke unterteilt. In diversen Tabellen sind die Gefäßsätze nach den Angaben der Gewichtsinschriften komplettiert. Im spätrepublikanischen Schatz von Tivoli erscheinen Dreiersätze, im Hildesheimer Silberfund aus augusteischer Zeit Dreier- und Vierersätze, in den Schätzen von Boscoreale und der Casa del Menandro aus nachaugusteischer Zeit nur noch Vierersätze.

Bei Stupperich 1997a stehen zunächst die silbernen Becherpaare aus den germanischen Gräbern und deren Vergleichsstücke im Mittelpunkt, um anschließend den Hildesheimer Silberfund zu besprechen. Fundumstände und Fundort geben im Gegensatz zu den vorher besprochenen Grabbefunden keine Anhaltspunkte für eine Interpretation des Schatzes. Der Autor beschreibt die wichtigsten Stücke des Hildesheimer Silberfundes, deren Dekore und führt Vergleichsstücke an, um zu Datierungen in augusteische Zeit zu kommen. Anschließend werden als ‚Problemfälle’ die Kasserollen 3 und 4 HI 71 und 72110 sowie die von Pernice und Winter aufgrund ihres graphischen Stils zusammengestellte sog. gallo-römischen Gruppe ausführlich diskutiert. Die unterschiedlichen Einflüsse auf die Dekore dieser Stücke werden dargelegt, so daß „sich die ‚gallische Gruppe‘ als völlig heterogen (erweist)“ und „diese in Wirklichkeit nur durch Äußerlichkeiten definierte Gruppe aufzulösen (ist).“111 Auch für die Gefäße dieser Gruppe kommt Stupperich zu Datierungen in augusteische Zeit, da es z.B. zu den Blattstäben an etlichen dieser Stücke gut in augusteische Zeit datierte Vergleichsstücke gibt. Der Vergleich der Form der konischen Gefäße HI 66 und 67 mit Spätlatènekeramik spricht auch eher für eine frühe als für eine späte Datierung. Roth-Rubi 1984 folgend vermutet Stupperich für etliche, wenn nicht für alle Stücke des Schatzes östliche Herkunft, was deren augusteische Datierung unterstützen würde: „Nimmt man eine solche Herkunft aus dem griechischen Osten für den ganzen oder einen guten Teil vom Hildesheimer Schatz an, so hat man auch eine Erklärung für seinen Unterschied zu den anderen Silberfunden des Westens, die später angesetzt werden können. Das wiederum dürfte zusätzlich für einen frühen Ansatz des Hildesheimer Schatzes sprechen.“112 Als letzten Besitzer vermutet der Autor einen römischen Offizier, der das Service auch selbst in einer Notsituation während der Feldzüge

S. Künzl zieht Stücke des Hildesheimer Silberfundes zum Vergleich mit silbernen römischen Gefäßen, Gefäßfragmenten und deren Nachahmungen aus germanischen Werkstätten aus den germanischen Fürstengräbern des 1. und 2. Jhs. heran, z.B. Mušov, Wien-Schwechat, Lübsow, Byrsted, Marwedel. Die in den Gräbern erhaltenen Gefäße sind überwiegend einschalig, nur sparsam dekoriert und stehen damit in spätrepublikanischer Tradition. Damit haben sich in den germanischen Gräbern römische Gefäßtypen erhalten, die im Material der Vesuvstädte nicht mehr vorkommen, weil die entsprechenden Gefäße dort als unmodern schon längst eingeschmolzen waren. Nach der Varusniederlage brach der Austausch zwischen Rom und den Germanen zunächst ab, so daß kein ‚modernes‘, d.h. doppelwandig-reliefiertes Silbergerät mehr nach Germanien kam und das ‚alte‘ gepflegt, z.T. repariert und als Antiquität den teilweise später zu datierenden Gräbern beigegeben wurde. In zwei Teiluntersuchungen 1988 im Antikenmuseum in Berlin-Charlottenburg und 1990 im Research Laboratory des British Museum in London wurden von Lang 26 Gefäße bearbeitet107. In Berlin wurden Oberflächenuntersuchungen im Mikroskop durchgeführt, in London erfolgten an einer Gefäßauswahl von sechs Stücken semiquantitative Analysen durch wellenlängen- und energie107

Der Text basiert auf zwei Untersuchungsberichten, die in den Akten der Antikensammlung vorliegen: maschinengeschriebener undatierter Untersuchungsbericht der Beobachtungen von 1988 sowie der interne Bericht BMRL No. 34252-34257, File No. 5926 aus dem Department of Scientific Research des British Museum ‚Report on the scientific examination of six objects from the Hildesheim treasure (Antiken Museum, Berlin)‘, datiert vom 29.09.1994 von der Untersuchung 1990 in London. Wohl infolge der Übersetzung des vorliegenden Textes aus dem Englischen treten z.T. Widersprüche bei der Beschreibung von Details und in der Verwendung von Fachtermini auf, was den Umgang mit den Ergebnissen erschwert. Deshalb wurden die originalen englischsprachigen Untersuchungsberichte in die Auswertung mit einbezogen. Erklärend muß noch angemerkt werden, daß Lang alle Oberflächenspuren als antik interpretiert hat, weil sie die umfangreichen Restaurierungsmaßnahmen nicht berücksichtigt hat.

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In Tabelle II und nach den angegebenen Inverntarnummern erscheinen nur 22 Stücke, weil HI 18, 26, 39 und 43 in beiden Untersuchungen bearbeitet wurden. 109 Die Röntgenaufnahmen sind nicht abgebildet worden. 110 Auf S. 174 kommt es wie bei Stupperich 1993, 300 und 1995, 108-198 zur Vermischung der Merkmale beider Kasserollen, auf S. 179 dagegen werden diese korrekt dargestellt. 111 Stupperich 1997a, 182. 112 Stupperich 1997a, 182.

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vergraben hat. Den Hildesheimer Silberschatz als Eigentum des Varus anzusehen, „ist dagegen absurd“, weil die Menge für einen hohen römischen Offizier viel zu gering sei.

Hände gefallen und von Germanen verborgen oder ob er von den Römern selbst vergraben worden ist115. Die Überlegungen Theodor Mommsens zur Namensinschrift auf Kasserolle 3 HI 71 bilden die Grundlage für Diskussionen über spätere Datierungen einzelner Stücke und der Niederlegung des Schatzes, indem Mommsen die Kasserolle ins 2. Jh. datiert und damit von einer rein augusteischen Datierung des Schatzes abrückt116. Seine Argumentation führt in der Folge zu Extrempositionen wie der von Lenormant 1869 über eine Niederlegung des Schatzes im 5. Jh. n.Chr.; von Cohausen 1870 hält sogar eine Niederlegung während der Sachsenkriege Karls des Großen, also im 8. Jh. für möglich.

Erdrich stellt den Hildesheimer Silberfund in den Zusammenhang aller übrigen frühkaiserzeitlichen Funde in der niederländischen und norddeutschen Tiefebene113. Der Zufluß römischer Erzeugnisse im 1. Jh. n.Chr. erfolgte in zwei Schüben. Die wenigen frühen Funde, bei denen es sich fast ausschließlich um Einzelfunde und kleine Horte von Münzen handelt, stehen im Zusammenhang mit der Anwesenheit römischer Soldaten während der augusteischen Offensiven bis zur Elbe. Mit dem Abbruch der Eroberungspolitik 16 n.Chr. endet dieser Fundhorizont. Nach einem ca. 40jährigen Hiatus setzt um die Mitte des 1. Jhs. eine zweite Phase des Zustroms römischer Produkte ein, bei denen es sich um Metallgefäße wie Eimer, Kasserollen, Becken und Kelle-Sieb-Garnituren handelt, die nach den Meisterstempeln ab der Mitte und in der 2. Hälfte des 1. Jhs. produziert worden sind. Die jüngsten Münzen stammen aus der Regierungszeit des Titus (79-81). In diesen zweiten Zeithorizont ordnet Erdrich auch den Hildesheimer Silberfund ein, den er als möglichen Besitz einer germanischen Geisel in Rom oder eines Offiziers germanischer Hilfstruppen ansieht; für letzteres spreche die ursprüngliche Funktion der beiden Embleme der Kybele und des Attis als Phalerae.

Auch Pernice/Winter 1901 ziehen Mommsens Überlegungen ins Kalkül, wenn sie für ihre sog. gallo-römische Gefäßgruppe auch eine spätere als die augusteische Datierung für möglich halten und damit eine eindeutige Datierung des Schatzfundes in die augusteische Zeit offen lassen. 1925 weitet Pernice die Datierung des Hildesheimer Silberfundes sogar noch auf die vier Jahrhunderte zwischen dem 2. Jh. v.Chr. und dem 2. Jh. n.Chr. aus, rückt also von einer eindeutigen Datierung eher ab, als daß er sie präzisieren würde. Seeck geht 1911 mit der Frühdatierung noch weiter und erklärt das Herakles-Emblem für eine klassisch-griechische Arbeit des 5. Jhs. v. Chr.

Hitzl/Nehmann diskutieren die Funktion der beiden identisch dekorierten Griffe HI 42 und 43, die sowohl als Kasserollen- als auch als Spiegelgriffe interpretiert wurden. Umriße und praktisch erprobte Funktionalität von Kasserollen- und Spiegelgriffen werden miteinander verglichen und auf das Vorhandensein von jeweils zwei Spiegeln in den Silberfunden aus Boscoreale und der Casa del Menandro in Pompeji hingewiesen. So gelangen die Autoren zu einer Interpretation als Spiegelgriffe, wobei aber auch die Indizien angeführt werden, die gegen eine solche Interpretation sprechen. Als Vergrabungszeit nehmen sie den Germanicus-Feldzug im Jahr 16 an, womit sie zu einer augusteischen Datierung des ganzen Fundes kommen: „Die eindeutig nachaugusteische Datierung eines oder mehrere Stücke aus dem Hildesheimer Silberschatz ist bislang unbeweisbar.“114

2. 8. Zusammenfassung schichte

zur

Seeck bezieht 1902 in der Frage der Datierung am deutlichsten gegen Mommsen Stellung, indem er dessen Argumentation umkehrt und das Erscheinen eines M. AUR(elius) C. als Hinweis für ein Auftreten dieses Namens schon im 1. Jh. interpretiert, bevor der Name durch Kaiser Marc Aurel weite Verbreitung fand. Unterstützung findet Seeck durch Wieseler 1868, Sauppe 1868, Lessing 1898 und Drexel 1921/1922. Auch die Publikationen Küthmanns 1958a, 1958b und 1959 rücken wieder eine augusteische Datierung des Hildesheimer Silberfundes ins Blickfeld mit der voraugusteischen Datierung einzelner Stücke, so daß Küthmann zu einer Datierung zwischen 75 v.Chr. und der Zeitenwende gelangt. Das 1. Jh. ist in den Datierungsvorschlägen komplett vertreten. Stupperich 1993, 1995 und 1997a, Hitzl u.a. 1997 sowie S. Künzl 1999 datieren Objekte und Niederlegung des Komplexes in augusteische Zeit. Gehrig 1969 datiert die Objekte von der 2. Hälfte des 1. Jhs. v.Chr. bis 50-75 n.Chr., wobei die späteste Datierung für die Kasserolle 3 HI 72 mit kleeblattförmigem Griffdurchbruch gilt117. Dieser Datierung schließen sich in der Folgezeit mehrere Autoren an118. Zedelius 1977 und Bogaers 1982 halten

Forschungsge-

2. 8 . 1. Die Datierung des Gesamtkomplexes Die Mehrzahl der Forscher befürwortet eine Datierung des Hildesheimer Silberfundes in augusteische Zeit. Die meisten vor allem der frühen Autoren bringen den Schatz mit der Varusschlacht in Verbindung, ohne daß es dafür irgendeinen stichhaltigen Hinweis oder Beleg geben würde. Daraus resultieren die Überlegungen zu den letzten Besitzverhältnissen, ob nämlich der Schatz in der Varusschlacht den Germanen unter Arminius als Beute in die 113 114

115

Sauppe 1868. – Wieseler 1868. – Schöne 1868/1966. – Schöne/Mommsen 1869. – Schöne 1869. – v. Cohausen 1870. – Lessing 1898. – Seeck 1902. – Seeck 1911. – Drexel 1921/ 1922. – Lindemann 1967. – La Baume 1971. – Stupperich 1993. – Stupperich 1995. – E. Künzl 1996. – Hitzl u.a. 1997. – Stupperich 1997a. 116 Schöne/Mommsen 1869. 117 Siehe auch Gehrig 1980 u. 1981. 118 Nierhaus 1969. – La Baume 1971. – Nuber 1974. – Zedelius 1977 u. 1989.

Siehe zusammenfassend auch Erdrich 2001. Hitzl/Nehmann 1997, 201.

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einen Vergrabungszeitpunkt im Zusammenhang mit dem Bataveraufstand für möglich, Erdrich 1997 erwägt eine Niederlegung zwischen 70 und 100, Martin-Kilcher 1984 am Ende des 1. Jhs. Im Vergleich mit den großen ‚vesuvianischen’ Silbergefäßfunden aus Boscoreale und Pompeji datieren Kaufmann-Heinimann und S. Künzl 1997 den Hildesheimer Silberfund früher, Martin-Kilcher 1984 dagegen später.

Datierungen von voraugusteischer bis in antoninische Zeit125. Selbst die vier Kasserolle HI 69-72 sind vom 1. Jh. v.Chr. bis ins 2. Jh. n.Chr. datiert worden126 Die unterschiedlichen Datierungen sind sehr vom Vergleichsmaterial abhängig, das für die stilistischen Einordnungen insbesondere der reliefverzierten Stücke herangezogenen wird: „Furthermore, the dating of the individual items in these hoards (those from the Vesuvian destruction and the Hildesheim treasure) is not conclusive, since it depends on stylistic rather than archaeological criteria. We can properly refer to Augustan traditions of style and decoration in the Hockwold silver, but we cannot demonstrate that Augustan style equals Augustan date.“127

2. 8. 2. Die Datierung einzelner Gefäße Für etliche Gefäße oder Gefäßteile/Embleme werden teilweise Frühdatierungen in hellenistische, späthellenistische oder republikanische Zeit postuliert. Bei vielen Stücken, insbesondere für die vier Emblemschalen HI 14, den Krater HI 62 und die doppelwandigen, reliefverzierten Maskenbecher HI 11-14 variieren die Datierungen erheblich. So reicht die Datierung der Athena-Schale HI 1 von späthellenistisch bzw. vom 2. Jh. v.Chr.119 über das 1. Jh. v.Chr.120, die augusteische Zeit bis ins 1. Jh. n.Chr. bzw. nachaugusteisch121. Gehrig 1967 ist der erste, der Schale und Emblem verschieden datiert, die Schale ins 2. Jh. v.Chr., das Emblem in augusteische Zeit. Nachfolgende Autoren haben diese Idee aufgegriffen, die Teile aber entgegengesetzt datiert, nämlich das Emblem in den Späthellenismus und die Schale in augusteische Zeit122.

2. 8. 3. Die sog. gallo-römische Gefäßgruppe Schon früh wird durch Wieseler 1868a auf stilistisch unterschiedliche Dekore hingewiesen, was bei ihm aber noch keine chronologischen Folgerungen nach sich zieht: „Die schon oben angedeutete Verschiedenheit der zum Funde gehörenden Stücke in Betreff des Stils und des Technischen der Arbeit, auch der Ornamentirung, darf aber durchaus nicht zu der Ansicht führen, dass das in künstlerischer Beziehung Untergeordnete aus wesentlich anderer Zeit stamme, als jenes Beste.“128 Wiesler bezieht sich in seinen Ausführungen ausschließlich auf die beiden konischen Gefäße HI 66 und 67 mit Tierfriesen, die er für Arbeiten einer provinzialrömischen Werkstatt hält. Dieser Meinung schließen sich weitere Autoren an, wobei sich ein gleitender Übergang von einer augusteischen zu einer Datierung ins frühe 1. bzw. in die 1. Hälfte des 1. Jhs. ergibt129. Graeven 1902 weist auf Tierprotome in Blüten als Dekormotiv auf dem Gefäß HI 66 als auch in der augusteischen Wandmalerei hin und kommt so auch für die gallo-römische Gefäßgruppe zu einer augusteischen Datierung130. Seeck 1911 hält die beiden Stücke für germanische Arbeiten, aber auch augusteischer Zeitstellung. Drexel 1915 plädiert ebenfalls für eine augusteische Datierung der konischen Gefäße, vermutet aber eine

Auch für die drei anderen Emblemschalen HI 2-4123 und den Rankenkrater HI 62124 liegen vergleichbare Datierungen vom Hellenismus bis ins 1. und 2. Jh. n.Chr. vor. Seeck 1911 datiert das Herakles-Emblem sogar ins 5. Jh. v.Chr. Der Lorbeerbecher HI 9 und der Girlandenbecher HI 10 werden relativ einheitlich in augusteische Zeit datiert. Bei den vier Maskenbechern HI 11-14 reichen die 119

Schreiber 1894. – Winter 1897. – Buhlers 1898. – Pernice/ Winter 1901. – Seeck 1902. – Pernice 1907-08. – Sieveking 1907. – Lehnert 1921. – Pernice 1925. – Drexel/Bruns 1930. – Gehrig 1967a, 1980 (Schale). – Stupperich 1997a (Emblem). – Gregarek 1997 (Emblem). 120 Lenormant 1869. – Kat. Celle 1956. – Kat. Hannover 1956. – Kat. Hildesheim 1957. – Küthmann 1959. – La Baume 1971. – Antikenmuseum 1988. – Stupperich 1997a (Schale). 121 v. Urlichs 1885. – Kat. Essen 1956. – Gehrig 1967a, 1980 (Emblem). – E. Künzl 1988a. – Gregarek 1997 (Schale). 122 Stupperich 1997a. – Gregarek 1997. 123 Herakles-Schale HI 2: hellenistisch: Seeck 1902, Gregarek 1997 (Emblem); 1. Jh. v.Chr.: Pernice/Winter 1901, Küthmann 1959, La Baume 1971 (Emblem), Stupperich 1997a (Emblem); augusteisch: Lenormant 1869, Winter 1897, Buhlers 1898, Stupperich 1997a (Schale); 1. Jh.: v. Urlichs 1885, Kat. Celle 1946, Kat. Hannover 1956, Kat. Hildesheim 1957, Nierhaus 1969 (Emblem), Antikenmuseum 1988. – Kybele- und AttisSchale HI 3 u. 4: 2. Jh. v.Chr.: Pernice 1925 (Emblem), Gehrig 1967a, 1980 (Emblem); 1. Jh. v.Chr.: Pernice/Winter 1901, Küthmann 1959, Gregarek 1997 (Emblem); 1. Jh.: v. Urlichs 1885, Winter 1897, Kat. Hannover 1956, Kat. Essen 1956, Kat. Hildesheim 1957, La Baume 1971, Bogaers 1982, Antikenmuseum 1988; 2. Jh.: Lenormant 1869. 124 1. Jh. v.Chr.: Pernice/Winter 1901, Drexel/Bersu 1930, Küthmann 1958b u. 1959, La Baume 1972; augusteisch: v. Urlichs 1885, Pernice 1907-08, Thiersch 1920, Pernice 1925, Gehrig 1967a, 1980 u. 1981, Nierhaus 1969, Antikenmuseum 1988, E. Künzl 1988a, E. Künzl 1996, Gregarek 1997, Stupperich 1997a; 1. Jh.: Strong 1966, Pirzio Biroli 1991.

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Voraugusteisch: Küthmann 1959; augusteisch: v. Urlichs 1885; claudisch/neronisch: Nierhaus 1969, E. Künzl 1988b, Riz 1990; antoninisch: Lenormant 1869. 126 1. Jh. v.Chr.: Küthmann 1959 (HI 69 u. 70); augusteisch: La Baume 1971 (HI 69), S. Künzl 1997b, Stupperich 1997b (HI 71); 1. Jh.: Kat. Essen (HI 69), Nierhaus 1969, Antikenmuseum 1988, E. Künzl 1988b, La Baume 1971 (HI 72); 2. Jh.: Kat. Hannover 1956, Kat. Hildesheim 1957 (HI 69 u. 70), Lenormant 1869, Schöne/Mommsen 1869, Pernice/Winter 1901 (HI 71), 127 C. Johns, The Roman silver cups from Hockwold, Norfolk. Archaeologia 108, 1986, 1-13, bes. 9-10. 128 Wieseler 1868, 39. 129 Augusteisch: Schöne/Mommsen 1868, Graeven 1902, Drexel 1921/22, Küthmann 1959, La Baume 1971, Baratte 1989, Stupperich 1997a; 1. Hälfte 1. Jh.: Nierhaus 1969, E. Künzl 1988b, Antikenmuseum 1988, Pirzio Biroli 1991, Gregarek 1997. 130 Entsprechende Dekorelemente kommen auch auf den reliefverzierten Wandungen der Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 sowie den horizontalen Rändern der Platten HI 58 und 59 vor.

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Herkunft aus den Donauprovinzen, also keltische Einflüsse131.

pe herausgenommen werden, offenbar überwiegt aber die Bedeutung der Handhabendekore in sog. ‚Gravur’, um sie in der Gruppe zu belassen133. Diese Schlußfolgerung hat dann erst Küthmann 1958b gezogen und auch die blattstabverzierten Stücke aus der sog. gallo-römischen Gruppe in augusteische Zeit datiert: „Demnach sind die Becher [die Blattstabbecher HI 7 u. 8] wie die im Ornament mit ihnen verbundenen Teller [die Ententeller HI 45-47] aus dem Kunstgut der Spätzeit auszuscheiden und [...] ebenso als augusteisch anzusehen wie die unvergleichlich reicher und sorgfältiger gearbeiteten Gefäße des Hildesheimer Silberfundes.“134

Erst Pernice/Winter 1901 stellen die von ihnen so benannte gallo-römische Gefäßgruppe zusammen, deren Stücke sie anhand der ‚Gravur’ und dem Vorkommen des Blattstabdekores vom übrigen Bestand aussondern. Diese Gruppe setzt sich aus der Schale HI 2 (ohne Emblem), den beiden Blattstabbechern HI 7 und 8, den drei Ententellern HI 45-47, den beiden konischen Gefäßen HI 66 und 67 sowie der Eierschale HI 68 zusammen; angegliedert wird unter Vorbehalt die Kasserolle 3 HI 71. Pernice/ Winter 1901 sprechen sich, wohl wegen der Autorität Theodor Mommsens, nicht eindeutig für eine augusteische Datierung dieser Gefäßgruppe aus und lassen die Möglichkeit einer späteren Datierung offen132, zumal andere Autoren der Spätdatierung Mommsens für die Kasserolle 3 HI 72 schon gefolgt sind. Die Argumentation von Pernice/Winter 1901 zu den Blattstäben als eines der Kennzeichen der gallo-römischen Gefäßgruppe wird durch Pernice 1912 wegen der Lübsow-Scyphi relativiert, ohne daß Pernice nun auf Grund dieses Neufundes eine eindeutigere Position zur augusteischen Datierung auch dieser Gefäßgruppe bezieht. Die drei Ententeller mit vergleichbaren einfachen Blattstäben und Zwischendekoren müßten zwar ebenfalls aus der gallo-römischen Grup-

Eine Reihe von Autoren datieren die konischen Gefäße HI 66 und 67 ins 2. Jh. bzw. um 200, wobei Mommsens Datierung der Kasserolle 3 HI 71 maßgeblich gewesen sein dürfte135. Lenormant hat die beiden konischen Gefäße als erster schon 1869 in das spätantike 4. Jh. datiert, ein Ansatz, der von Gerda Bruns 1953 aufgegriffen wird. Sie führt formtypologische Vergleichsstücke aus anderen Materialien an, um eine Datierung ins 4. Jh. zu stützen136. Pernice/Winter 1901 erklären die Gefäße für gallo-römische Produkte137. Dieser Meinung schließt sich Seeck 1902 an, 1911 dagegen hält er diese Gefäße für germanische Arbeiten, eine Möglichkeit, die schon Schöne 1868 und v. Cohausen 1870 in Betracht gezogen haben138.

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Lorbeerbecher HI 9 und Kanne HI 44 mit doppelten Blattstäben sind wohl wegen ihrer hochplastischen Reliefdekore nicht dieser Gruppe zugeordnet worden. 134 Küthmann 1958b, 138. 135 Pernice 1925. – Schuchhardt 1928. – Jacob-Friesen 1934. – Kat. Essen 1956. 136 Entsprechend Kat. Hannover 1956 u. Kat. Hildesheim 1957 wohl nach Bruns 1953. 137 Ebenso Drexel 1921/1922 u. Küthmann 1958b. 138 Schöne 1868/1966, 143. – v. Cohausen 1870, Sp. 225

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Drexel 1915, 34. – Danach Stupperich 1993, 1995 u. 1997a sowie S. Künzl 1999. 132 Pernice/Winter 1901, 14.

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2. 9. Die Literatur zum Hildesheimer Silberfund in chronologischer Reihenfolge 1868: A.A. 1 A.A. 2 A.A. 3 Friederichs Sauppe Wieseler a, b Schöne 1868/1966 1869: A.A. 4 Benndorf Busch Holzer a-c Froehner a, b Lenormant Schöne/Mommsen Uhde Unger 1870: v. Cohausen Holzer 1871: Friedländer Hübner 1872: Schertel 1885: Blümner Roemer/Zoder 1953 v. Urlichs 1887: Daremberg/Saglio 1892: Lessing 1897: Winter 1898: Buhlers Lessing 1899: Winter/Pernice 1901: Pernice/Winter Bohn 1901-1906 1902: Graeven a, b Holzer Seeck [1905]: Kat. Blume 1911: Seeck 1913: Buhlers/Rubensohn 1920: Thiersch 1921: A.A. 5 Dreßler Gerland

1924: Rosenberg 1925: Pernice 1927: Drexel 1928: Köhler Schuchhardt Zoder 1930: Drexel/Bersu 1934: Jacob-Friesen 1935: Gellert 1940: Kruse 1946: Kat. Celle 1949: v. Motz 1953: Bruns Kat. Berlin 1954: Kat. Celle 1956: Kat. Essen Kat. Hannover 1957: Kat. Hildesheim 1958: Küthmann b 1959: Küthmann 1961: Kähler Konrad 1963: John 1965: Wheeler 1966: Greifenhagen 1967: Gehrig a, b Lindemann 1968: v. Jan Kayser 1969: Nierhaus 1971: La Baume 1973: A.A. 6 Schlumberger 1974: Nuber 1976: Nierhaus 1978: Pusen 1980: Gehrig 1981: Gehrig Zedelius

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1977: Kat. Toledo Webersinn Zedelius 1982: Bogaers Krause 1983: Zedelius 1983/84: Schuhr/Kanngiesser 1984: Roth-Rubi 1988: Antikenmuseum E. Künzl a, b 1989: Baratte Zedelius 1991: Pirzio Biroli 1992: Platz-Horster 1993: Stupperich 1995: Stupperich 1996: E. Künzl 1997: Boetzkes/Stein darin: Boetzkes Erdrich Hitzl u.a. Hitzl/Nehmann KaufmannHeinimann Lang Stein Stupperich a Hitzl/Petrasch Weisker 1998: Kurzmann Platz-Horster 1999: S. Künzl 2001: Erdrich 2002: Erdrich Baukhage 2003: Schleef 2005: Niemeyer 2006: Niemeyer

3. RESTAURIERUNGSGESCHICHTE hellere Färbung markiert sind192 (Abb. 3): „Da während der Auffindung die Stellung der einzelnen Stücke nicht verzeichnet worden war, so haben wir durch Nachfrage bei den zunächst dabei thätig gewordenen Personen, an Ort und Stelle und zur Veranschaulichung durch Bezeichnung der einzelnen Stücke mittelst Steine und Pfähle ihr ursprüngliche Stellung in der Fundgrube, wie wir glauben, mit ziemlicher Sicherheit erkundet.“193 Bei der großen Riefelschüssel HI 65 ist ihm dabei ein Fehler unterlaufen, denn die Schüssel ist nicht in der Längs-, sondern in der Querachse nur zur Hälfte erhalten. Schon Wieseler berichtet, daß die kleineren Gefäße in den großen verstaut waren: „In den beiden grössten Gefässen lagen die übrigen kleineren Sachen.“194 Dies konnte durch die Beobachtung von Fußabdrücken auf wenigen Gefäßböden verifiziert werden: Im Blattstabbecher 2 HI 8 hat sich ein Fuß mit einem Durchmesser abgedrückt, der genau dem Fuß des Blattstabbechers 1 HI 7 entspricht (Abb. 4), im Löwentatzennapf HI 37 ein Fuß mit dem gleichen Durchmesser wie der Fuß am Zehnmaskenbecher 1 HI 13 (Abb. 5 u. 6). Auf dem Krater HI 62 und dem Eimer HI 64 sind runde, umgestülpte Platten als ‚Deckel’ abgebildet: „Die drei Hauptstücke [HI 62-64] waren mit runden Platten und Schüsseln, und zwar der Krater [HI 62] mit der doppelten runden, nicht verzierten Silberplatte [HI 57 und/oder 73], bedeckt.“195

Von den Reinigungs- und Restaurierungsmaßnahmen, die im Laufe der Zeit an den Gefäßen und Geräten des Hildesheimer Silberfundes durchgeführt worden sind, sind wir unterschiedlich genau durch die Literatur unterrichtet. Die recht allgemein gehaltenen Darstellungen der Erstmaßnahmen in Hildesheim sind für die Zeit zwar selten, da das Erstellen von Restaurierungsdokumentationen noch nicht allgemein üblich war; trotzdem wird nicht deutlich, welche Behandlungsmethoden an den einzelnen Objekten konkret angewandt worden sind. Auch die Beschreibung der ersten ‚richtigen’ Restaurierung von 1895 bis 1899 hat Eingang in die archäologische Literatur gefunden189. Hier sind die Maßnahmen dokumentiert, die an einzelnen Stücken durchgeführt worden sind, wenn auch unvollständig, wie ein Vergleich der Objekte mit den Angaben in der Literatur zeigt. Daß zwischen der Erstrestaurierung und einer Restaurierung in den 1960er Jahren eine weitere umfangreiche Bearbeitung stattgefunden haben muß, läßt sich nur aus dem Vergleich der Beschreibung der Erstrestaurierung mit späteren Aufzeichnungen und dem derzeitigen Zustand erschließen. Erst die Restaurierung der 1960er Jahre ist wieder schriftlich dokumentiert. Davor sind kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Kunstgutlager Schloß Celle einige Sicherungsmaßnahmen durchgeführt worden, um den Großteil des Fundes auf diversen Ausstellungen zeigen zu können190. Hierüber liegen wiederum nur kurze Andeutungen vor, die wegen der nachfolgenden Bearbeitung an den Objekten nur noch z.T. überprüfbar sind.

Die drei Platten HI 59, HI 57b und HI 61 weisen Durchschlagspuren einer Spitzhacke oder schmale Schlitze eines Spateneinstiches auf, die Platten HI 59 und HI 73 sind stark korrodiert und fragmentiert, was sie als ‚Dekkel’-Gefäße prädestiniert. Im Falle der Platte HI 59 sind die aufgerissenen Blechfetzen am Einschlagloch nach oben gerichtet, der Schlag erfolgte also von der Unterseite (Abb. 7). Die Platte muß demnach kopfüber auf einem Hohlgefäß abgelegt worden sein. Die Tischplatte HI 57b dagegen muß ‚richtig herum’ auf einem Gefäß gelegen haben, denn bei ihr ist der Einstich auf der Oberseite erfolgt, das Metall seitlich des Schlitzes ist nach unten deformiert; hier scheint eine Rückformung zumindest ansatzweise durchgeführt worden zu sein. Die Platte HI 61 weist ebenfalls einen großen Schlitz auf, der aber noch vor der Erstrestaurierung rückgeformt und von unten weich verlötet worden sein muß (Abb. 9)196.

3. 1. Die Rekonstruktion der Deponierungssituation Bei der Frage um die Rekonstruktion der Deponierungssituation geht es nicht um Größe und Form der Grube für die Niederlegung. Sie ist bei der Auffindung des Schatzes nicht dokumentiert worden und spätestens durch die Nachgrabungen v. Cohausens und Schuchhardts sowie durch die Aufstellung des Gedenksteines zerstört worden191. An den Gefäßen kann aber durch die Beobachtung von Abdrücken z.B. von Gefäßfüßen, unterschiedlichen Korrosionsphänomenen und den Beschädigungen bei der Auffindung die Beschreibung der Fundsituation teilweise belegt werden.

Das Randprofil und der Durchmesser der Platte auf dem Krater HI 62 auf Cohausens Zeichnung lassen vermuten, daß die große Platte HI 61 als ‚Deckel’ für den Krater HI 62 verwendet worden ist. Hierfür spricht außerdem die feine Strichelung als Hinweis auf die Randriefen, auch wenn diese an der falschen Stelle, nämlich auf der Unter-

Die Lage der Großgefäße ist nach Befragung der Soldaten von v. Cohausen 1870 in einer Zeichnung rekonstruiert worden, auf der auch die Schäden und Verluste durch 189

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Winter 1897. – Pernice/Winter 1899. – Pernice/Winter 1901. Kat. Celle 1946. – Kat. Berlin 1953. – Kat. Celle 1954. – Kat. Essen 1956. – Kat. Hannover 1956. – Kat. Hildesheim 1957. 191 v. Cohausen 1870. – Schuchhardt 1897 u. 1898. – Schuhr/ Kanngiesser 1983/84.

Wohl erstmals bei Pernice/Winter 1901, 3 Fig. 1 abgebildet. Siehe auch Anm. 29. 193 v. Cohausen 1870, 226-227. 194 Wieseler 1868, 44. 195 v. Cohausen 1870, 227. 196 Siehe Kap. 4. 4. 1.

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seite, eingezeichnet wurde. Diese Platte paßt schon von der Größe her (Dm 39,3 cm) nur auf den Krater HI 62 (Dm 38 cm), weil beim großen Kantharos HI 63 und dem Eimer HI 64 ein Auflegen der Platte wegen der Griffe bzw. Henkel und Henkelattaschen nicht möglich gewesen wäre. Bezeichnenderweise liegen bei der Platte vom Klapptisch HI 57b und der großen Platte HI 61 die durch Spateneinstiche verursachten langen Schlitze im gleichen Winkel zum Rand und sind mit 8 (HI 57b) und knapp 9 cm (HI 61) auch fast gleich lang. Zudem paßt der Rand der Tischplatte HI 57b genau in die Höhlung der Platte 61. Wenn man die Platte HI 61 über die in Normallage auf dem Krater HI 62 liegende Platte HI 57b stülpt, liegen beide Schlitze direkt übereinander und die Platte HI 57b wird von der größeren Platte HI 61 völlig überdeckt. Alle diese Beobachtungen lassen vermuten, daß beide Platten als ‚Deckel’ auf dem Krater liegend deponiert worden sind (Abb. 10). Der Spaten durchstach zuerst die oben liegende Platte HI 61 mit dem längeren Spalt, dann die darunter liegende Platte HI 57b mit dem etwas kürzeren Spalt, beim weiteren Nachstoßen oder -treten wurde dann auch noch der Rand des Kratereinsatzes deformiert. So erklärt sich auch der zunächst fragliche Hinweis Cohausens auf eine „doppelt runde nicht verzierte Silberplatte“, bei der es sich nur um eine der beiden Platten HI 57b und HI 73 handeln kann. Beide haben ein ähnliches Randprofil und sind unverziert, wenn auch im Unterschied die Platte HI 73 einen Standring hat, die Tischplatte HI 57b dagegen nicht197.

deren Deformationen nach außen weisen (Abb. 8). Die Schläge, vermutlich einer Spitzhacke, erfolgten von oben in die Höhlung des Gefäßes, das daher nicht mit einem ‚Deckel’ versehen gewesen sein kann. Die Spitzhacke wäre sonst in der ‚Deckel’-Platte stecken geblieben und hätte die Gefäßwandung gar nicht berührt. Für den Eimer HI 64 und die große Riefelschüssel HI 65 wurden die starken dunkelviolett- bis anthrazitfarbenen Silberchloridauflagen als Hinweise auf Feuereinwirkung während des Gebrauchs interpretiert: „Darauf (dass sie [die Schüssel HI 65] als Kochgeschirr gedient hat) weist auch die dicke Chlorsilberschicht auf der Unterseite hin, die zwar nicht, wie angenommen wurde, unmittelbar dadurch entstanden ist, dass die Schüssel bei ihrer Verwendung im Altertum dem Feuer ausgesetzt war, deren nachträgliche Bildung aber wahrscheinlich durch die frühere Einwirkung des Feuers auf das Silber befördert worden ist.“198 Diese Einschätzung wurde bis in die jüngste Literatur übernommen: „Für die Funktion als Kochgefäß/Servier- und Warmhalteplatte könnte die Tatsache sprechen, daß sich bei der Auffindung auf der Unterseite eine sehr dicke Chlorsilberschicht gebildet hatte [...]“ sowie „Sie [die Schüssel HI 65] ist sicher mit Hitze in Berührung gekommen.“199 Der Vergleich der Korrosionsschäden und Verluste mit der Zeichnung Cohausens macht aber deutlich, daß die Schäden an den fraglichen Stücken durch einen intensiven Kontakt mit den korrosiven Bodenlösungen entstanden sein dürften. Gerade die Bodenbereiche der großen Gefäße sind stark mit Silberchloridauflagen bedeckt (Krater HI 62 und Eimer HI 64) oder weisen großflächige Verluste auf (Krater HI 62, Kantharos HI 63, konische Gefäßteile HI 66 und 67). Durch das Bedecken der Mündungen waren insbesondere die ‚Deckel’-Platten und die Bodenbereiche der Großgefäße als ‚Sammelbecken’ für Flüssigkeit bzw. in der Staunässe der Grube stehend ganz besonders den korrosiven Bodenlösungen ausgesetzt und weisen daher großflächige Verluste und besonders starke Korrosionsauflagen auf. Daher ist mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß die beiden stark korrodierten Platten HI 59 und HI 73 als ‚Deckel’ verwendet worden sind, was sich für die Platte HI 73 aber nicht belegen läßt. Daß die Platte HI 61 nicht ebenfalls stark korrodiert ist, könnte zum einen an ihrer größeren Wandstärke liegen, zum anderen aber auch daran, daß das von oben einsickernde Wasser über den überkragenden Rand an der Wand des Kraters HI 62 nach unten ablaufen konnte. So bildete sich auf der Platte keine für längere Zeit stehende Staunässe, die zu stärkerer Korrosion hätte führen können.

Auf der Mündung des Eimers HI 64 ist eine Platte mit niedrigem senkrechten Rand und einem weit nach innen versetzten Standring bzw. Profileinziehung dargestellt. Demnach könnte es sich um die stark korrodiert Platte mit breitem reliefierten Rand 2 HI 59 handeln, die zudem das Einschlagloch einer Spitzhacke aufweist. Theoretisch käme wegen des gleichen Durchmessers auch die Platte mit aufgelegtem Reliefdekor HI 60 als ‚Deckel’ in Frage. Bis auf die großen Verluste der Reliefauflage weist diese Platte aber keine Beschädigungen auf, die als Rest einer Schlagspur zu deuten wären. Auch für die Platte HI 73 (Dm 33 cm) ist kaum auszumachen, ob und, wenn ja, auf welchem Gefäß sie als ‚Deckel’ gedient haben könnte. Eine Einschlagmarke ist nicht vorhanden, der Boden ist aber leicht nach innen eingewölbt. Die Platte muß demnach kopfüber deponiert worden sein, so daß der Boden durch Erdruck zunächst verformt und bei weiter zunehmenden Druck schließlich vom Rand abriß. Die Bruchkanten sind mit einer starken Silberchloridschicht ‚ummantelt’, der nur bei längerer Einwirkung korrosiver Bodenlösungen entstehen kann. Die Trennung von Bodenund Randfragment der Platte HI 73 muß also schon im Boden erfolgt sein; um eine neuzeitliche Beschädigung durch die Bergung kann es sich nicht handeln. Auf den Eimer HI 64 (Dm 33,5) paßt die Platte HI 73 wegen der Henkelattaschen keinesfalls, ebenso wenig auf den Kantharos HI 63 (Dm 34,7 cm) wegen der ins Innere aufspringenden Knospenblätter zur Befestigung der Volutengriffe an der Lippe. Die Wandung des Kantharos weist mehrere Einschlagspuren in unterschiedlicher Höhe auf,

In wie weit die einzelnen Gefäße und Geräte des Hildesheimer Silberfundes bei der Auffindung mit Korrosionsauflagen und Kalkverkrustungen bedeckt waren, läßt sich nicht mehr rekonstruieren, da keine fotografische Dokumentation erfolgt ist. Schon Pernice und Winter haben auf diesen Informationsmangel hingewiesen: „Es fehlt an genauen Angaben in welchem Umfange und an welchen Gefässen die Entfernung der Chlorsilberschicht vorge198

Pernice/Winter 1901, 66. Hitzl u.a. 1997, 79 zu HI 64 und 65. – S. Künzl 1999, 572573.

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Schon Gehrig hat 1967, 7/1980, 6 vermutet, daß die Tischplatte HI 57b als ‚Deckel’ für den Krater HI 62a gedient hat.

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nommen worden ist.“200 Nur von den Hermen an den Beinen des Klapptisches HI 57a wurde während der Erstrestaurierung 1899 ein Zustands- bzw. Arbeitsfoto angefertigt, das zwei Hermen zeigt, einmal mit Korrosionsauflagen, einmal in gereinigtem Zustand (Abb. 11)201: „[…] an den Füssen des zusammenlegbaren Tisches […] ist die Kruste erst neuerdings – durch Abklopfen – entfernt worden.“202 Die noch vorhandenen Korrosionskrusten auf dem Eimer HI 64, der Riefelschüssel HI 65 und der fragmentierten Platte HI 73 sowie die Fotos vom reliefierten Außenmantel des Kraters HI 62 lassen vermuten, daß diese Stücke wohl lediglich einer Reinigung mit Wasser unterzogen worden sind. Insbesondere für die Stücke, die in den Großgefäßen verpackt waren, könnte eine Reinigung von losen Erdauflagen mit Wasser ausgereicht haben. Andere Stücke waren aber mit stärkeren Krusten von miteinander verbackenem Kalk und Silberchlorid überzogen, denen man mit mechanischen und thermischen Verfahren beizukommen versuchte203. Spuren dieser Methoden finden sich noch heute an einigen Gefäßen. So sind die Abschläge der Blattaderpunzen P 66,7 und P 66,8 in der Zierzone 4 des konischen Gefäßes HI 66 durch Schnittspuren von Spitzsticheln verletzt204, ähnliche Spuren finden sich an weiteren Gefäßen. Eine Behandlung im Feuer ist nur für einzelne Stücke auf Grund der Beschaffenheit der heutigen Oberfläche zu vermuten, z.B. für die ovale Platte 3 HI 53 und die fragmentierte runde Platte mit reliefiertem Rand 2 HI 59.

wie Kalkablagerungen wurden mit Salzsäure und zuletzt auch mit Feuer behandelt: „Man reinigte die Gegenstände zunächst durch Abwaschen mit Wasser oder einem andern „unschädlichen“ Mittel, wahrscheinlich verdünnter Salzsäure, da die abgewaschene Erde bei ihrer chemischen Untersuchung eine bedeutende Menge von Chlor enthielt. Als mechanischen Mittels bediente man sich der bekannten Messingdrahtbürste der Metallarbeiter, die auf dem weichen Materiale jedenfalls von Wirkung war […]. Bei Gegenständen, an denen die schwarze Hornschicht des Chlorsilbers fester haftete, half man sich durch Ausglühen derselben; die schwarze Hornschicht sprang alsdann leicht los und liess die darunter befindliche Oberfläche des Silbers ziemlich unbeschädigt“206, obwohl durch Biegeversuche die zerbrechliche Beschaffenheit des Materials deutlich geworden war: „Leider überzeugte man sich von dieser auffallenden Erscheinung nur durch zu viele Bieg- und Brechversuche. Minder schädlich war das bei einigen Stücken angewendete Verfahren, die Hornkruste durch Glühen abzulösen. [...] Die Chlorsilberkruste ist nämlich 2 ½ mal so dick als die Silberschichte war, aus der sie entstanden. Ihre Oberfläche läuft daher beispielsweise 1 ½ Millimeter parallel ü b e r der ursprünglichen Oberfläche hin, während durch die Beseitigung der Chlorsilberschichte eine neue Oberfläche zum Vorschein kommt, welche 1 Millimeter u n t e r der ursprünglichen Oberfläche bleibt und deren Bild schärfer und treuer wiedergegeben wird, als die Oberfläche der Hornsilberkruste es that.“207

3. 2. Erste Maßnahmen direkt nach der Auffindung

Neben den beschriebenen ersten Reinigungsmaßnahmen müssen schon in Hildesheim Fragmente zugeordnet und einige Montagehilfen angefertigt worden sein, um die Gefäße für eine erste Ausstellung vom 13. bis 15. November 1868 zu stabilisieren. Diese Maßnahmen können nur aus kurzen Andeutungen vor allem bei Winter 1897 und Winter/Pernice 1899 rekonstruiert werden: „Man hatte damals Ausbesserungen gar nicht vorgenommen, sondern das Ganze nur so weit hergerichtet, daß es notdürftig aufgestellt werden konnte. Die Henkel und Embleme wurden mit Klammern aus starkem Messingdraht an die Gefäße angehängt, die Risse mit Leinwandstreifen verklebt. Diese Herrichtung konnte natürlich nur eine provisorische sein, aber sie ist schliesslich zu einer dauernden geworden [...]“ und „[…] das ganze Gefäß [Krater HI 62] hing in einem Gestell, dessen Reifen das schöne Rankenornament in der Mitte durchschnitt.“208

Schon Wieseler berichtet 1868 von den ersten Reinigungsmaßnahmen, als man noch annahm, daß es sich um renaissancezeitliches Silber handele. Erst nach der Freilegung der Gewichts- und Namensinschriften im Laufe dieser Reinigungen wurde das Alter der Silbergefäße erkannt. Zunächst wurden Reinigungsversuche mit Wasser durchgeführt, die aber nur die Erdablagerungen beseitigen konnten: „Am dritten Tage liess man sie durch einen Hildesheimer Goldschmidt und zwei andere aus dem Regimente reinigen. Den Schlamm konnte man bei allen Stücken, die nicht oxydirt waren, leicht abmachen, und einzelne von diesen waren dann ganz blank, [...] während andere Stücke von derselben Art erst durch die weitere Bearbeitung blank wurden. Der massive Henkel [wohl vom großen Kantharos HI 63] sah ebenso schwarz aus, wie die Hermen und Füsse an dem Dreifusse [HI 57a], und wurde erst durch die Bearbeitung im Feuer „wie neu“. [...] Für die Reinigung dieser [Athena- und Herakles-Schalen HI 1 u. 2] wandte man freilich nicht Wasser an, was für die meisten übrige Stücke genügte, sondern ein anderes, „unschädliches“ Mittel.“205 Die harten Krusten aus Kupfer- und Silberkorrosionsprodukten so-

Die Zuordnung und Montage von fragmentierten Stücken erfolgte durch den Hildesheimer Bildhauer Friedrich Küsthardt (1830-1900) als Voraussetzung für seine Abformungen zur Anfertigung von Kopiensätzen in Gips und später durch galvanoplastische Ausformung: „[...] M. Fr. Küsthardt [...] avec beaucoup d’intelligence et d’ha-

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Pernice/Winter 1901, 5. ANT-Negativ 368, das bei Pernice/Winter 1901, 55 Fig. 24 nur in einem Ausschnitt mit der freigelegten Herme publiziert ist. – Siehe Kap. 3. 3. 1 u. 3. 3. 3. 202 Pernice/Winter 1901, 5. 203 Siehe Kap. 3. 2. 204 Siehe Kap. 5. 3. 4. 1, Abb. von P 66,7 in Tab. 5. 205 Wieseler 1868, 44-45 Anm. 3.

Holzer 1870, 5-6. – Die Spuren auf den Oberflächen lassen eher die Verwendung von Stahldrahtbürsten vermuten. 207 v. Cohausen 1870, 263. – ‚Opfer’ der Silberchloridreduktion durch Ausglühen könnten der ovale Teller HI 53 und die beiden megarischen Becher HI 5 und 6 sein, bei denen sog. Lotfraß aufgetreten ist und große Teile der Originaloberflächen in Form einer feinen ‚Haut’ verloren sind. 208 Winter 1897, 115.

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bileté, à rassembler les pièces de chaque objet, puis à les mouler.“209 Auch Hermann Roemer und Heinrich Holzer berichten über die Arbeiten von Küsthardt: „Inzwischen hatte ich [H. Roemer] Herrn Bildhauer Küsthardt veranlaßt, von sämtlichen Sachen Gipsabgüsse anzufertigen, die dann ja auch in größter Zahl in alle Welt gegangen sind [...]“ sowie „Um die richtige Zusammensetzung der losgelösten Theile und die für die Kunstinteressenten wichtige rasche Verbreitung des Fundes durch Abgüsse hat sich Herr Fr. Küsthardt, Bildhauer von hier [Hildesheim] besonderes Verdienst erworben.“210 Auch eine Zuordnung der diversen lose vorliegenden Füße muß von Küsthardt vorgenommen worden sein, weil er komplettierte Gefäße abgeformt hat. Er hat wohl auch die beiden Fragmente des Löwenkopfgriffes HI 39 zusammengefügt, obwohl die Bruchflächen nicht paßten. In verklebtem Zustand paßte der Griff dann aber genau an den Sechsmaskenbecher HI 12. An den Lorbeerbecher HI 9 hat Küsthardt einen Fuß angefügt, der bei der Restaurierung 18951899 an die glatten großen Näpfe HI 27-29 versetzt wurde. Diese Montagen sind in Form diverser Nachbildungsserien ‚erhalten’211. Während dieser ersten Tage in Hildesheim sind von A.H. Burdorf Fotos diverser Stücke angefertigt worden, auf denen die Herakles-Schale HI 2, der große Kantharos HI 63 und das konische Gefäß HI 66 noch ohne Ergänzungen zu sehen sind. Die Herakles- und Kybele-Schalen HI 2 und 3, der Sechsmaskenbecher HI 12 sowie der Zehnmaskenbecher 1 HI 13 sind aber schon mit ihren Emblemen und Innenbechern versehen212.

zuerst eine wenig vorteilhafte Aufstellung erhielt und in seinem ruinenhaften Zustande einen traurigen Eindruck machte“214 sowie „Bei der ersten Aufstellung im Antiquarium waren die Gefäße [...] in ihrem verletzten Zustande belassen; Ausbesserungen und Zusammensetzungen der losen Fragmente wurden nicht vorgenommen. Für diese Zurückhaltung wird der Grund gewesen sein, dass man den überlieferten Erhaltungszustand bewahren wollte. Es stellte sich aber heraus, dass so nicht nur der Eindruck des Ganzen geschädigt wurde, sondern für die weitere Erhaltung des Vorhandenen Gefahr drohte. Dafür liegen leider nur zu empfindliche Zeugnisse in den Beschädigungen vor, die den Schatz noch, nachdem er bereits in das Berliner Museum übergeführt war, erlitten hat: an dem Maskenbecher [...; HI 14] ist die Lücke in der Wandung durch Ausbrechen eines Stückes mit einer Maske grösser geworden, das, wie die Abbildung bei Holzer Taf. VII zeigt, ursprünglich noch vorhanden gewesen war. An dem grossen Krater war durch Fortschreiten der Verletzung am oberen Rande des Mantels das Ende der Inschrift verstümmelt worden. Um der Gefahr weiterer Beschädigungen, die wenigstens an den Bruchstellen auch bei der vorsichtigsten Behandlung auf die Dauer unausbleiblich gewesen wären, vorzubeugen, wurde 1895 beschlossen, eine gewissenhaft schonende, sorgfältige Instandsetzung des Schatzes vorzunehmen.“215

Ob Küsthardt auch die Rückformungen an den durch Spaten und Spitzhacke verletzten Objekten wie der Platte HI 57b und dem großen Kantharos HI 63 durchgeführt hat bleibt ungewiß; ebenso, ob er für die Reparaturen an der Platte HI 61 verantwortlich ist. Die Verletzung der Platte 2 mit Reliefrand HI 59 ist dagegen unbearbeitet geblieben, evt. weil ihr schlechter und fragmentarischer Zustand offensichtlich war.

3. 3. 1. Die Abfolge der Objektrestaurierungen nach den Vorberichten

3. 3. Die Erstrestaurierung 1895-1899 durch Carl Tietz (Tietz I) und Carl Völcker

Nach eigenen Aussagen von Pernice und Winter ist die in den Jahren 1895 bis 1899, also erst ca. 30 Jahre nach Auffindung und Überführung des Fundes nach Berlin erfolgte erste grundlegende Restaurierung und die umfassende Publikation von 1901 zu einem wesentlichen Teil durch die Entdeckung und schnelle Vorlage des Silberschatzes von Boscoreale im Jahr 1895 bzw. 1899 initiiert worden216: „[...] der Wunsch, die kostbaren Gefäße aus der Unansehnlichkeit ihrer früheren Aufstellung zu befreien, [...] führte vor drei Jahren zu dem Entschluß, eine gewissenhaft schonende, sorgfältige Instandsetzung vorzunehmen. Fördernd und treibend wirkte das gleichzeitige Bekanntwerden des Silberfundes von Boscoreale mit.“217. Diese Maßnahmen wurden durch die beiden Restauratoren Carl Völcker und Carl Tietz durchgeführt. Völcker war von Ende 1895 bis 1898 vom Kunstgewerbemuseum ‚ausgeliehen‘ worden, weil das Antiquarium über keine eigene Restauratorenstelle verfügte. Erst als Völcker seine Arbeit im Kunstgewerbemuseum weiterführen mußte, wurde mit Carl Tietz ein erster eigener

Nachdem der Schatz laut Zeitungsnotiz am 16. November 1868 verpackt und noch im selben Monat nach Berlin verbracht worden war213, wurde er in diesem Zustand im Antiquarium im Alten Museum ausgestellt: „Erst nach fast einem Jahre kam der Schatz nach Berlin, wo er 209

Lenormant 1869, 410. Roemer 1885/Zoder 1953 und Holzer 1870 Anm. S. 72. – Das Foto des Abgusses des Griffes der Kanne HI 44 bei H. Stein, Die Geschichte der Nachbildungen. In: Boetzkes/Stein 1997, Abb. S. 206 links. 211 Lorbeerbecher HI 9 bei Holzer 1870 Taf. 11,1 und auf den Glasnegativen 19-21 sowie Pernice/Winter 1901 Taf. 9. Auf Glasnegativ 6478 von 1938 dann ohne Fuß. – Sechsmaskenbecher HI 12 mit Löwenkopfgriff HI 39 auf Glasnegativ 7 u. 8 mit Griff HI 39, auf Glasnegativ 672 = Pernice/Winter 1901, 36 Fig. 13 mit Griff HI 39 und Nachguß desselben sowie Fuß HI 41, bei Pernice/Winter 1901 Taf. 12 ohne Griffe und Fuß. 212 Stein 1997, Abb. S. 14. 213 Ankündigung der Ausstellung im Anzeigenteil der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung vom 13.11.1868, weitere Notizen zur Ausstellung und zur Verpackung zum Transport in der Rubrik ‚Provinzial-Zeitung’ der HAZ am 14. und 16.11.1868, Notiz zur Ankunft in Berlin in der Rubrik ‚Verschiedenes’ der HAZ am 26.11.1868. 210

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Buhlers 1898, 5. – Woher die Zeitangabe von einem Jahr stammt, ist nicht nachvollziehbar. Vielleicht waren die Silbergefäße bis zum Abschluß der Inventarisierung, die erst 1870 erfolgte, gar nicht ausgestellt. 215 Pernice/Winter 1901, 9. 216 A. Héron de Villefosse, Le trésor de Boscoreale. Mon. Piot 5, 1899. 217 Winter 1897, 115-116. – Siehe auch Winter 1896-1897, 177, Winter 1897, 117 u. Pernice 1925, 97.

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klang steht, hat sich durchaus bewährt [...].“222 Ein Beispiel für dieses Vorgehen ist der Zusammenbau des Viermaskenbechers HI 11 mit den naturalistisch gestalteten Griffen HI 15/16 und dem einzelnen Fuß HI 41, der eine Gewichtsinschrift trägt, allerdings ohne Angabe der Stückzahl223. Außerdem sind wegen fehlender anderer Möglichkeiten die Griffe HI 15/16 dem Becher HI 11 und zwei lose Griffe mit Vogelkopfenden an eine der ovalen Platten HI 51-53 angefügt worden: „[...] aus dem Umstande, daß die Griffe genau die Rundung haben, welches der Teller an der Lötstelle hat und daß ein anderes Gefäß oder Gerät nicht da ist, für welches die Griffe geeignet wären.“224

Restaurator für die Antikenabteilung eingestellt (Abb. 12): „Herr (Carl) Völker ist über zwei Jahre an der Herstellung des Schatzes thätig gewesen. Im Frühjahr 1898 musste er die etwa zur Hälfte fertig gestellte Arbeit aufgeben, da er, inzwischen als Restaurator am Kunstgewerbemuseum angestellt, durch seine dortige Thätigkeit unabkömmlich geworden war. Er fand in Herrn Carl Tietz einen Nachfolger, der mit der gleichen hingebenden Sorgfalt und demselben Geschick die Arbeit in ungefähr zwei Jahren zum Abschluss gebracht hat [...]“218. Vom Fortgang der Arbeiten am Hildesheimer Silberfund berichten Franz Winter und Richard Kekulè von Stradonitz summarisch in den Jahresberichten der Königlich Preußischen Kunstsammlungen von 1896 bis 1900219 sowie Franz Winter und Erich Pernice ausführlich in zwei längeren Beiträgen im Archäologischen Anzeiger des Deutschen Archäologischen Instituts220. Daraus geht deutlich hervor, daß in den bis dahin vergangenen fast 30 Jahren, abgesehen von den Erstreinigungen noch am Fundort sowie den Montagen und dem Ansetzen einzelner Gefäßfüße zur besseren Präsentation in Hildesheim, keine restauratorischen Maßnahmen an den Stücken durchgeführt worden sind: „Ebenso hat die Herstellung des Hildesheimer Silberschatzes begonnen, der ohne Gefahr für die Erhaltung der einzelnen Stücke nicht länger in dem defekten Zustand belassen werden konnte, in dem er gefunden wurde und bisher verblieben war.“221

Die auf einigen Gefäßergänzungen angebrachten Jahreszahlen (siehe Tab. 1) und die Vorberichte zur Erstrestaurierung lassen sich korrelieren, wodurch die chronologische Abfolge der bearbeiteten Stücke in begrenztem Umfang rekonstruiert werden kann. Kekulé v. Stradonitz erwähnt 1897 allgemein drei Becher und eine Schüssel, die mit dem bei Winter 1897 erwähnten blattstabverzierten Becherpaar HI 7 und 8 identifiziert werden können. Zum einen tragen beide Becher die Jahreszahl ‚1896’ in Tremolierstich auf jeweils einem ihrer Ergänzungsbleche, zum anderen beschreibt Winter ausdrücklich ihre Restaurierung: „[…] sie (sind) jetzt durch Anfügen zahlreicher kleiner Fragmente an die größeren und durch Ausfüllen der noch verbliebenen ziemlich beträchtlichen Lücken wieder ganz geworden […]“225. Als dritter Becher käme der Zehnmaskenbecher 2 HI 14 in Frage, der von Winter 1897 zwar nicht erwähnt wird, dessen nachgegossener Fuß aber mit einem tremolierten ‚1896’ markiert ist. Als Schüssel kommt nur die von Winter 1897 erwähnte Riefelschüssel HI 65 in Frage: „Die Arbeit des Zusammensetzens hat begonnen mit den Bruchstücken einer großen geriefelten Schüssel […]“226. Beim kleinen Dreifuß HI 54 herrscht Übereinstimmung, beide Autoren listen das Stück 1897 auf. Auf dem Teller wurde eine Namens- und Gewichtsinschrift gefunden, womit sich die Anzahl der unterschiedlichen Namensinschriften auf vier erhöhte: „Einige Stücke, die bisher nicht in ihrer Zusammengehörigkeit erkannt worden waren, haben sich als Teile eines sehr zierlichen kleinen Dreifußes erwiesen; auf der Platte des Dreifußes steht die

In den Beiträgen im Archäologischen Anzeiger (Winter 1897 und Winter/Pernice 1899) werden der aktuelle Zustand und die Maßnahmen zur Komplettierung der einzelnen Stücke ausführlich beschrieben. Anhand der Gewichtsinschriften wird das Fehlen von Teilen von Sets festgestellt, z.B. der Untersatz zum Rankenkrater HI 62 und das Gegenstück zum kleinen Dreifuß HI 54. Zum zweiten dienen die Gewichtsinschriften der neuen Zuordnung separat aufgefundener Gefäßfüße und -griffe. Neben den Resten der Weichlötungen und den Umrißlinien bilden die Gewichtsangaben eine weitere Grundlage für deren neue Zuordnung: „Schließlich wurde eine Reihe nicht unerheblicher Ergebnisse gewonnen durch das Auswechseln der früher vielfach unrichtig angesetzten Gefäßfüße. Bei dieser Arbeit waren es meist metrologische Erwägungen, welche zum Ziele führten. [...] Der Gesichtspunkt, Becher und Fuß als nicht zusammengehörig zu betrachten, solange die Gewichtsangabe der Inschrift nicht mit dem thatsächlichen Gewicht in Ein-

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Winter/Pernice 1899, 128-129. Das angegebene Gewicht von 985,761 g kann sich nur auf ein Becherpaar beziehen. Trotzdem stimmt das Gewicht des zusammengesetzten Bechers HI 11/15/16/41 mit 478,8 g nicht mit der Gewichtsinschrift überein; siehe auch im Katalog bei HI 11 u. 12. 224 Winter/Pernice 1899, 127. 225 Winter 1897, 118 mit Fig. 2/Glasnegativ14. 226 Winter 1897, 117 mit Fig. 1/Glasnegativ 6. – Die rekonstruierten Teile sind auf der Rekonstruktionszeichnung der Fundsituation von v. Cohausen falsch wiedergegeben: er hat die in Längsrichtung untere Hälfte der Schüssel durch helleren Farbton als moderne Ergänzung markiert, tatsächlich ist aber der geriefelte Mittelteil in ganzer Breite im Original erhalten und beide seitlichen Handhaben in ebenfalls ganzer Breite zum Großteil rekonstruiert. Die Schüssel HI 65 trägt auf den großflächigen Ergänzungen die Markierung ‚C. Tietz’ und ‚1901’, obwohl sie der Chronologie nach von Carl Völcker restauriert worden sein muß. Siehe Abb. in Tab. 1. 223

218

Pernice/Winter 1901, 9. – Carl Ludwig Josef Hermann Tietz (Tietz I), geb. 16.06.1868, gest. im August 1921, war von 1903 bis 1921 Restaurator im Antiquarium. Sein Sohn Hans Carl Richard Tietz (Tietz II), geb. 27.09.1900, gest. Dezember 1970, war vom September 1921 bis Juli 1945 sein Nachfolger. Die Akten der entsprechenden Jahrgänge im Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin, die über die Arbeiten von Carl Tietz, Carl Völcker und Hans Tietz nähere Auskunft geben könnten, gelten als Kriegsverluste. Der Enkel Hans-Ulrich Hermann Carl Tietz (Tietz III), geb. 28.03.1929, war von Januar 1959 bis März 1992 Restaurator im Antikenmuseum in Berlin-Charlottenburg. 219 Winter 1896. – Kekulé von Stradonitz 1897-1900. 220 Winter 1897. – Winter/Pernice 1899. 221 Winter 1896, Sp. 58.

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ebenfalls bisher unbeachtet gebliebene Inschrift [...].“227 Außerdem wurde das dritte fehlende Bein nachgegossen und zwei Basen unter den Löwenfüßen angefertigt228.

Richtungen blicken ließ. Die Untersuchung von 1898/99 dagegen ergab eine Ausrichtung nach nur zwei Seiten, so daß die Seite mit zwei Hermen als Vorderseite bezeichnet werden kann234. Auch die zeichnerische Rekonstruktion des konischen Gefäßes HI 66 von Holzer 1870 als Amphore wird kritisch beurteilt. Nach Kekulé v. Stradonitz wurde der Eimer HI 64 ergänzt, Winter/Pernice berichten von der Arbeit an der Platte mit aufgelegtem Randrelief HI 60. Den großen Efeubechern HI 20-23 und den großen glatten Näpfen wurden Standfüße neu zugeordnet: „So ist es gelungen, den großen Bechern mit der emaillirten Epheuranke [HI 20-23] ihre Füße wiederzugeben, die fälschlich an die großen glatten Becher [HI 27-29] gesetzt waren, während diese wiederum mit bisher herrenlosen Füßen vereinigt wurden.“235 Von der Rekonstruktion des großen Kantharos HI 63 berichten Winter/Pernice 1899, Kekulé v. Stradonitz erst 1900. Außerdem werden diverse Fragmente als zu einer Kanne (HI 44) zusammengehörig erkannt und deren Rekonstruktion erwähnt, die bis zur Drucklegung der Monographie Pernice/Winter 1901 noch fertiggestellt werden konnte236.

Nach Winter 1897 wurde auch das hohe konische Gefäß HI 66 restauriert und fehlende Teile ergänzt, was mit der Inschrift ‚1896’ auf der Bodenergänzung übereinstimmt. Winter beschreibt ausführlich die Maßnahmen am großen Krater HI 62. An dessen reliefiertem Mantel wurden große Fehlstellen am Rand und oberhalb des Fußes der ‚Rückseite’ mit glatten Blechen geschlossen: „Beim Durchsuchen der losen Fragmente haben sich mehrere Stücke des Mantels wiedergefunden; sie sind an ihre durch das Ornament leicht kenntlichen ursprünglichen Stellen eingesetzt, zugleich ist die leider immer noch beträchtlich bleibende Lücke durch eine glatte Silberplatte ausgefüllt.“229. Nach Kekulé v. Stradonitz 1897 wurde die Gewichtsinschrift auf der Platte vom Klapptisch HI 57b entdeckt. Die Herakles-Schale HI 2 ist bei Winter 1897 noch ohne Metallergänzungen in den Fehlstellen abgebildet230, der Lorbeerbecher HI 9 steht auf dem in Hildesheim durch Küsthardt angesetzten niedrigen Fuß, der zu den glatten Näpfen HI 27-29 gehört231. Die anderen Abbildungen dienen der Illustrierung erster chronologischer Überlegungen232.

3. 3. 2. Zur Erstrestaurierung in der Monographie Pernice/Winter 1901 Die Erstrestaurierung folgte in wesentlichen Punkten moderner Restaurierungsethik, indem auf den Erhalt der Originalsubstanz und auf die Reversibilität von Klebungen und Ergänzungen geachtet wurde. Klebungen von Originalfragmenten und die Montage der Metallergänzungen in den Fehlstellen erfolgte wahrscheinlich mit wasserlöslichen Kitten oder organischen Leimen, weil den Restauratoren durchaus bewußt war, daß bei der Anwendung von Weichlot eine tiefgreifende Reinigung der zu lötenden Oberflächen notwendig gewesen wäre. Sämtliche Korrosionsprodukte hätten bis auf das Metall abgenommen werden müssen, wobei in diesen Bereichen aber wahrscheinlich antike Oberfläche zerstört worden wäre: „Daher werden die Zusammensetzungen ausschließlich durch Verkittung ausgeführt. Wollte man ein heißes Verfahren – also Lötung – für sie anwenden, so würde das sehr spröde gewordene Silber durch Erhitzen wieder frisch metallisch gemacht werden müssen, wobei die Gefahr einer Verletzung der Bruchstellen vorläge und auch die Oberfläche leicht eine Veränderung erleiden könnte. Die Verwendung von Kitt als Verbandmittel bietet zudem den Vorteil, daß die verbundenen Teile sich jederzeit ohne Schwierigkeit wieder auseinanderlösen lassen und also die Gefäße [...] leicht wieder in den Zustand zurückversetzt werden können, in dem die gefunden wurden“237. Bis auf einzelne Ausnahmen wurden keine Korrosionskrusten, d.h. Silberchloridauflagen, abgenommen, um die Oberflächen nicht zu verletzen: „Als selbstverständliche Vorbedingung haben wir es betrachtet, daß der jetzige Zustand des Materials und der Oberfläche

Daß die beiden Omega-Griffe als zu einem der kleinen Efeubecher HI 24 und 25 zugehörig erkannt wurden, erwähnt Winter schon 1897233, Kekulé v. Stradonitz erst 1898, der außerdem berichtet, daß die Athena-Schale HI 1 untersucht wurde und an der Eierschale HI 68 die antiken Weichlotreste eines Griffes und dreier Füße entdeckt wurden. Der rekonstruierte Griff des Girlandenbechers HI 10 trägt die Inschrift ‚1898 Ergänzt’; die Restaurierung wird aber in den Vorberichten nicht erwähnt. 1899 nennen Kekulé v. Stradonitz und Pernice/Winter 1899 übereinstimmend die Rekonstruktion des Klapptisches HI 57a, dessen Konstruktionsmerkmale detailliert beschrieben werden. Die neue Rekonstruktion korrigiert den Vorschlag von Holzer 1870, der die Hermen in drei 227

Kekulé von Stradonitz 1897, 35. – Winter 1897, 119. Winter 1897, 119 Fig. 3/Glasnegativ 17 ohne Basen. Den rekonstruierten Zustand mit Basen geben Pernice/Winter 1901, 50 Fig. 21/Glasnegativ 705 wieder, auf Tafel 25 ist der Dreifuß wieder ohne Basen abgebildet. Also müssen die Basen zwischen 1897 und den Fotoaufnahmen 1900/01 abgenommen worden sein. Während der Vorbereitungen zur Neurestaurierung wurden die originale und die beiden nachgearbeiteten Basen im Edelmetallmagazin der Antikensammlung aufgefunden und 2005 angesetzt; bis dahin war der Dreifuß ohne Basen ausgestellt gewesen. 229 Glasnegativ 19, Pernice/Winter 1901, 62 Fig. 30/Glasnegativ 709 sowie Glasnegative 2010 u. 2011. 230 Glasnegativ 3. 231 Winter 1897, 124 Fig. 9/Glasnegativ 21 und Pernice/Winter 1901, Taf. 9. Auf Glasnegativ 6478 von 1936 dann ohne Fuß. 232 Der Girlandenbecher HI 10 ist bei Winter 1897, 124 Fig. 11 mit nach vorn gedrehtem Griff abgebildet/Glasnegativ 18. Wahrscheinlich sollte durch diese Ansicht das Fehlen des zweiten Griffes kaschiert werden; der Becher war zu diesem Zeitpunkt also noch nicht restauriert. Die Ritzung ‚1898 Ergänzt’ belegt die spätere Restaurierung ebenfalls. Siehe Abb. in Tab. 1. 233 Winter 1897, 121-122 mit Fig. 6. 228

234

Vgl. Holzer 1870 Taf. 12,3 mit Pernice/Winter 1901, 55 Fig.

25. 235

Winter/Pernice 1899, 128. Pernice/Winter 1901, 46 Fig. 17 die Rekonstruktion, auf Taf. 22 sind die einzelnen Fragmente abgebildet. 237 Winter 1897, 116. – Fast wortgleich bei Pernice/Winter 1901, 9-10. 236

25

unberührt bleibt, daß vor Allem die Patina und auch die bis zu 1 Millimeter starke, als rauhe Schicht aufliegende Chlorsilberkruste, soweit sie bei der ersten gleich nach der Auffindung des Schatzes vorgenommenen „Reinigung“ noch nicht entfernt worden ist, erhalten bleiben, überhaupt das alte Metall auf keine Weise angegriffen wird.“238 Einzige Ausnahme von diesem Prinzip bildeten die Hermen und Füße des Klapptisches HI 57a: „Für den Dreifuß indessen glaubten wir die gleiche Zurückhaltung nicht anwenden zu sollen. Es schien geboten [...], sämmtliche Stücke des Gerätes zu reinigen, um den einheitlichen Gesammteindruck des Ganzen zurückzugewinnen und um festzustellen, ob ein und dieselbe Verzierungsart durch alle Teile gleichmäßig durchgeführt ist. Auch mit der Möglichkeit, daß vielleicht unter dem Überzug eine Inschrift verborgen sein könnte, mußte gerechnet werden.“239 Die Ergänzung von größeren Fehlstellen erfolgte mit passgenau angefertigten Metallblechen, die heute noch an den Objekten erhalten sind: „Die Herstellung besteht darin, daß die losen Teile der Gefäße an ihre alten Stellen wieder angesetzt, die zahlreichen vereinzelten Bruchstücke in ihren ursprünglichen Zusammenhang wieder eingefügt und die danach noch bleibenden Lücken und Löcher mit modernen Silberplatten ausgefüllt werden.“240 Bei etlichen Gefäßen waren die Fehlstellen so groß, daß die Ergänzungsbleche aus mehreren Teilen zusammengesetzt wurden, z.B. bei den Blattstabbechern HI 7 und 8 und dem Eimer mit Schwanenkopfhenkel HI 64. Beim großen Kantharos dagegen ist die große Fehlstelle im Bodenbereich mit nur einer Ergänzung geschlossen worden. Der Fuß des Kantharos ist als einziges Stück in Bezug auf seine antike Form und Größe hin frei ergänzt worden, um dem Gefäß Standfestigkeit zu verleihen. Er lehnt sich ganz bewußt nur grob an antike keramische Vorbilder an: „Dieser Fuß ist von allen an den Gefäßen des Schatzes vorgenommenen Ergänzungen die einzige, die ohne den sicheren Anhalt noch vorhandener Bruchstücke frei ausgeführt ist. Wir haben ihn möglichst einfach gehalten und uns für die Form und Größe nach Vorbildern gerichtet, die wir unter dem Vorrate jüngerer griechischer Thongefäße gesucht haben. Auf solche zurückzugreifen, schien durch die im Ganzen noch reine, strenge Form, die der Kelch aufweist, [...] gestattet [...]. Daß der Fuß nicht wesentlich größer und höher war, macht auch die Vergleichung mit Darstellungen auf pompejanischen Wandgemälden wahrscheinlich.“241 Bei etlichen Gefäßen wurden fehlende Elemente durch Nachgüsse in Metall ersetzt und die Stücke so komplettiert. Dies ist für einen Volutengriff des großen Kantharos HI

63 und für ein Bein des kleinen Dreifußes HI 54 belegt: „Von den beiden Henkeln ist nur der eine erhalten, in drei aneinanderpassende Stücke zerbrochen. Nach ihm ist der andere fehlende Henkel ergänzt worden“ und „Nachdem der fehlende dritte Fuß nach einem der beiden erhaltenen neu geformt und angesetzt worden ist, ist der Dreifuß wieder vollständig [...].“242 Aber auch der fehlende zweite Griff des Girlandenbechers HI 10 und der Fuß des glatten Napfes HI 32 wurden nachgearbeitet. Für die wenigen Fragmente der Kanne HI 44 wurde eine fast komplette Rekonstruktion in Metall angefertigt, in die die Originalfragmente eingepaßt wurden. Die große Fehlstelle in der Kasserolle HI 71 ist erstaunlicherweise nicht mit einer Metallblechergänzung verschlossen worden. Die meisten modern ergänzten Teile sind in der Monographie von Pernice/Winter 1901 aufgeführt, so z.B. beim Klapptisch HI 57a; aber nicht alle Ergänzungen haben im Text Berücksichtigung gefunden. So sind die kleinen Blechergänzungen an der Herakles-Schale HI 2, die großflächigen Rekonstruktionen an der runden Platte mit Reliefrand 2 HI 59243 und am Fragment des konischen Gefäßes 2 HI 67 sowie der nachgegossene Fuß am glatten Napf HI 32 nicht erwähnt. Beim Viermaskenbecher HI 11, dem großen Kantharos HI 63 und dem Eimer HI 64 sind zwar die Fehlstellen detailliert beschrieben, nicht aber erwähnt, daß diese auch durch Ergänzungen geschlossen wurden. Viele der Ergänzungen sind mit einem Krönchenstempel oder der Jahreszahl ‚1896’ in Tremolierstich als modern markiert worden. Die Jahreszahl ‚1896’ findet sich bei eher großflächigen Ergänzungen wie z.B. den Blattstabbechern HI 7 und 8. Es wurde aber darauf geachtet, daß diese Markierungen versteckt angebracht wurden. So ist die Zahl beim Messing-Nachguß des Fußes des Zehnmaskenbechers 2 HI 14 auf der Unterseite, beim hohen konischen Gefäß HI 66 auf der Innenseite der Fußergänzung angebracht. Die Krönchenstempel sind dagegen bei den Blechergänzungen an der HeraklesSchale HI 2 gut sichtbar auf der Vorderseite eingeschlagen, die Bleche in den Buckeln der Eierschale sind auf der Rückseite mehrfach mit Krönchenstempeln markiert worden. Auch der nachgegossene Fuß am Napf auf drei Löwenfüßen HI 37 ist mit einem Krönchenstempel versehen.

238

Winter 1897, 116. Winter/Pernice 1899, 124. 240 Winter 1897, 116. – Entgegen den Angaben ist bei diversen Stücken aber auch Messing für die Ergänzungen verwendet worden, z.B. für den nachgegossenen Fuß des Zehnmaskenbechers 2 HI 14 und bei den Blechergänzungen des konischen Gefäßes HI 66. Im Katalogteil bei Pernice/Winter 1901, 66 ist für die großen Ergänzungen an der Riefelschüssel HI 65 versilbertes Kupfer erwähnt. Die Fehlstellen am konischen Gefäß 1 HI 66 und in den Ausbuchtungen der Eierschale HI 68 wurden laut Pernice/Winter 1901, 67 und 70 „durch Silberplatten ergänzt“, obwohl am konischen Gefäß HI 66 am Rand eindeutig Messing verwendet worden ist. 241 Winter/Pernice 1899, 126. 239

242

Winter/Pernice 1899, 125. – Winter 1897, 118. Die Platte ist auch ohne Ergänzung abgebildet; Pernice/ Winter 1901, 58 Fig. 27. 243

26

Tabelle 1: Markierungen an den Metallergänzungen HI-Nr.

Objekt

Krönchenstempel-Markierung

2 7 u. 8 10

Herakles-Schale Blattstabbecher Girlandenbecher

Bleche in der Schalenwandung

11 14

Viermaskenbecher Zehnmaskenbecher 2

Blech am Boden der Außenwandung

32

nachgegossener Fuß

44

kleiner glattwandiger Napf 3 Napf auf drei Löwenfüßen Kanne

57a 59 63

Klapptisch runde Platte 2 großer Kantharos

65

Riefelschüssel

66 67 68

konisches Gefäß 1 konisches Gefäß 2 Eierschale

37

Jahreszahlen-Markierung

Bleche in den Wandungen: ‚1896’ 2. Griff: ‚1898 Ergänzt’

in Messing nachgegossener Fuß: ‚1896’

nachgegossener Fuß • •

Halsergänzung rechtes gegossenes Attaschenendstück des Griffes Schäfte Blechergänzungen des Randes • Randfragment • nachgegossener Griff große Teilergänzung aus Kupfer oder Bronze

große Ergänzung: ‚1901’‚ u. C. Tietz’

Bodenergänzung aus Messing: ‚1896’ zwei einzelne Blechergänzungen Blechergänzungen in Buckeln

27

verloren gegangen sind, kann so über die Fotos vom Hildesheimer Silberfund der Beginn der Fotodokumentation in der Berliner Antikensammlung rekonstruiert werden196.

Nicht markiert wurden das nachgegossene Randfragment am Blattstabbecher 1 HI 7, die nachgegossenen Ergänzungen am Fuß des Blattstabbechers 2 HI 8, die mit glatten Blechen und einem reliefierten Stück am Rand ergänzten Wandungsbereiche am Zehnmaskenbecher 2 HI 14, die Korpusrekonstruktion und der mit Blei verfüllte Fuß der Kanne HI 44 sowie vier Wandungsergänzungen am konischen Gefäß HI 66, die außen teilweise versilbert wurden. Am kleinen Dreifuß HI 54 sind keine der Metallergänzungen und -rekonstruktionen markiert worden, also weder das Blech in der Platte, die beiden Basen noch das dritte nachgegossene Bein. Auch die großen Metallblechergänzungen am Fragment eines konischen Gefäßes HI 67 und an der Platte 2 mit Reliefrand HI 59, die innen mit verlöteten Kupferrundstäben stabilisiert worden sind, sind weder mit Krönchenstempeln noch einer Jahreszahl als modern markiert worden, wohl weil sie als Ergänzungen ohnehin deutlich erkennbar sind.

Winter hat in seinem Vorbericht von 1897 neben den frühen Glasnegativen auch schon zwei der Lichtdrucktafeln publiziert, die für die Monographie Pernice/Winter 1901 angefertigt wurden197. Im Vorbericht Winter/Pernice von 1899 sind vier Lichtdrucktafeln und das Negativ 462 abgedruckt, die alle in der Monographie wieder erscheinen198. Daß von den nicht bzw. kaum beschädigten Stücken schon früh Lichtdrucktafeln angefertigt worden sind, ist nachvollziehbar, z.B. von der Athena-Schale HI 1 und dem Zehnmaskenbecher 1 HI 13. Bei Winter/Pernice 1899 sind Lichtdrucktafeln von den Stücken verwendet worden, von deren abgeschlossener Restaurierung berichtet wird und die damit belegen, daß die Lichtdrucktafeln für die in Arbeit befindliche Monographie im Laufe der Erstrestaurierung von 1895 bis 1899 allmählich angefertigt worden sind. Dies erklärt auch die unterschiedlichen Sockelungen, die sowohl auf den Glasnegativen als auch in der Monographie erscheinen. Auf frühen Glasnegativen und einer größeren Anzahl von Lichtdrucktafeln stehen die Stücke auf einem mit Stoff abgedeckten Tisch oder auf Sockeln mit quadratischer Grundfläche, die mit Stoff verhüllt sind199. Der Stoff ist leicht über den/die Sockel gebreitet, so daß die scharfen Ecken durch den Faltenwurf verdeckt werden. Ein Teil der auf diesen Fotos abgebildeten Stücke sind schon in den Vorberichten als fertig restauriert beschrieben und/oder tragen entsprechende Jahreszahlen auf ihren Ergänzungen. Auf den Glasnegativnummern 23 bis 367 sind keine Stücke aus dem Hildesheimer Silberfund fotografiert worden. Von den Glasnegativen 368 bis 1110 sind elf für die Pernice/Winter-Monographie 1901 verwendet worden200. Auf ihnen stehen die Stücke auf Sockeln mit scharfkantig um die Ecken umgelegter Stoffbespannung. Diese Sockel erscheinen ebenfalls auf diversen Lichtdrucktafeln bei Pernice/Winter 1901201. Somit kann auch anhand der für die Fotos verwendeten Sockel annähernd die Abfolge bei der Restaurierung der Hildesheimer Stükke abgelesen werden.

3. 3. 3. Die Fotodokumentation während der Erstrestaurierung Die ‚Lichtdrucktafeln’ wurden von einem professionellen Berliner Fotografen extra für die Publikation von Pernice und Winter 1901 angefertigt. Im Katalogteil sind Abzüge von 27 Glasnegativen aus dem Fotoarchiv der Antikensammlung als Textabbildungen verwendet worden; zu sieben Textabbildungen insbesondere von den heute verschollenen Fragmenten lassen sich keine Negativplatten im Fotoarchiv finden. Die Glasplatten des konischen Gefäßes HI 66 tragen die Nummern 1 und 2. Da dieses Gefäß in schon ergänztem Zustand fotografiert worden ist und die Bodenergänzung die Jahreszahl ‚1896’ trägt, kann das Foto frühestens in diesem Jahr gemacht worden sein. Die Glasnegative 2, 3, 6, 12-18 und 21 sind erstmals von Winter 1897 publiziert worden. In der Fotokartei sind die Glasnegative 39, 40 und 47 durch Kommentare mit den Jahreszahlen 1896 und 1897 verbunden. Auf Glasnegativ 6 ist die Riefelschüssel HI 65 in schon ergänztem Zustand abgebildet, was die frühe Restaurierung durch Carl Völcker bestätigt. Sie trägt aber auf einer der Ergänzungen die Inschriften ‚C. Tietz’ und ‚1901’. Im Vergleich von Glasnegativ 6 mit Tafel 37 bei Pernice/Winter 1901 ist ein deutlicher Unterschied in der Farbgebung der großen seitlichen Ergänzungen festzustellen. Auf dem Glasnegativ sind die Flächen hell, auf der Tafel dagegen dunkel. Möglicherweise hat Carl Tietz (Tietz I) die Ergänzungen für die neu anzufertigenden MonographieTafeln 1901 so koloriert bzw. patiniert, daß sie den Anschein einer Silberchloridschicht erwecken, was noch dem heutigen Zustand entspricht. Hierbei könnte er die Inschrift angebracht haben. Die für die Textabbildungen bei Pernice/Winter 1901 verwendeten Negative tragen Nummern zwischen 368 und 1114.

Graeven verwendet in seiner Rezension der Monographie Pernice/Winter 1901 fünf Illustrationen aus dem Vorbericht von Winter 1897 sowie acht Textabbildungen und 196

Auf den Karten der Fotokartei sind die Aufnahmedaten nur in wenigen Fällen verzeichnet. 197 Pernice/Winter 1901, Taf. 1,1 mit der Athena-Schale HI 1 = Winter 1897, 126 Fig. 13; Taf. 13,2 mit dem Zehnmaskenbecher 1 HI 13 = Winter 1897,130 Fig. 18. 198 Winter/Pernice 1899, 121 Fig. 1 = Pernice/Winter 1901, Taf. 27 mit Klapptisch HI 57a (ohne Platte); Winter/Pernice 1899, 125 Fig. 5 = Taf. 35; Winter/Pernice 1899, 126 Fig. 6 = Neg. 462 = Pernice/Winter 1901, 59 Fig. 28; Winter/Pernice 1899, 127 Fig. 7 = Taf. 25,2; Winter/Pernice 1899, 128 Fig. 8-10 = Taf. 22,2-4. 199 Glasnegative 3, 11-15, 17 u. 19-22, Pernice/Winter 1901, Taf. 8, 9, 11, 18, 19, 20,2, 25, 27, 32-36 u. 38-42. 200 Glasnegative 368, 461, 651, 672, 1094-1098, 1100 u. 1110. 201 Taf. 10, 13-16, 17,3, 20,1, 21,4 u. 24,3.

So läßt sich in der Rückschau feststellen, daß mit der Restaurierung des Hildesheimer Silberfundes ab 1896 die Fotodokumentation in der Antikensammlung überhaupt erst begonnen hat. Da das oder die erste/n Fotodokumentationsbücher mit Verknüpfung von Negativ-, Inventarnummer und Anfertigungsdatum im Zweiten Weltkrieg 28

eine Tafel aus Pernice/Winter 1901. Auch bei Pernice 1925 erscheinen zwölf Tafeln und eine Textabbildung aus Pernice/Winter 1901 sowie zwei frühe Glasnegative, die schon von Winter 1897 und Graeven 1902 verwendet worden sind.

sein. Zwei der Schälchen weisen wiederum erhebliche Kratzspuren vom Beseitigen überschüssigen und falsch verlaufenen Lotes auf (Abb. 15). Die Ergänzungen in der Eierschale HI 68 sind wie die an der Herakles-Schale HI 2 an sämtlichen Kanten mit dem Original verlötet204. Auch die mittige Ergänzung im kleinen Dreifuß HI 54 war rundum mit Weichlot befestigt und nachgeklebt worden, wie Weichlotreste an den Bruch- und Ergänzungskanten belegen. Ein kleines Fragment der Platte sitzt noch heute mit modernem Weichlot am Auflager eines Originalbeines fest. Beim Zehnmaskenbecher 2 HI 14 ist die große Blechergänzung aus zwei Teilstücken sowie eine kleinere reliefierte Ergänzung am Rand mit Weichlot am Original festgesetzt worden. Die Weichlötung zeichnet sich auf der Innenseite des Außenbechers in matt-grauen Streifen ab, die durch vergilbte Epoxydharz-Klebepunkte von Tietz III nachfixiert sind.

3. 4. Die Restaurierung zwischen 1921 und 1939 durch Hans Tietz (Tietz II)202 Die Zweitrestaurierung durch Hans Tietz, den Sohn des ‚Erstrestaurators‘ Carl Tietz, läßt sich nur durch den Vergleich der beschriebenen Maßnahmen bei der Erstrestaurierung mit dem derzeitigen Zustand unter Berücksichtigung der Maßnahmen der 1960er Jahre rekonstruieren. Bei der Erstrestaurierung wurden ausdrücklich reversible Klebemittel verwendet und lediglich an den Hermen und Löwenfüßen des Klapptischens HI 57a stärkere Silberchloridauflagen abgenommen. Bei der Restaurierung 1966 wurde als Klebemittel ein Zweikomponenten-Epoxydharz verwendet. Die vorhandenen z.T. erheblichen Weichlötungen an den Stücken müssen also von der Restaurierung durch Hans Tietz stammen.

Unter den Familiendokumenten von Hans-Ulrich Tietz (Tietz III) fanden sich drei Fotos von Hans Tietz, die ihn laut Rückseitenaufschrift 1936 beim Weichlöten oder Verkitten u.a. des Viermaskenbechers HI 11 zeigen (Abb. 13). Deshalb dürfen die umfangreichen Weichlötungen, die noch heute an einer großen Anzahl von Silber- und Bronzeobjekten in der Antikensammlung vorhanden sind, mit einiger Sicherheit Hans Tietz zugeschrieben werden205. Dazu mußte er die alten, wohl organischen Klebemittel seines Vaters und Carl Völckers gründlich entfernen. Ob er von Stücken des Hildesheimer Silberfundes auch Silberchlorid entfernt hat, läßt sich nicht mehr feststellen, da vor der später erfolgten Behandlung zum Entfernen von Silberchloridauflagen durch Tietz III in einem elektrolytischen Bad keine schriftliche oder fotografische Dokumentation des Vorzustandes erfolgt ist.

Dabei wurden an diversen Stücken nicht nur die einzelnen Blechergänzungen untereinander mit Weichlot verbunden, sondern auch die Ergänzungen an den Bruchkanten der Originale befestigt. Die Lötungen erfolgten sowohl nur punktuell als auch entlang der kompletten Bruchkanten. Eindrückliche Beispiele hierfür sind die Herakles-Schale HI 2, die beiden Blattstabbecher HI 7 und 8 sowie die Eierschalenpatera HI 68. Größere Mengen modernen Weichlotes finden sich noch heute an den Elementen des Girlandenbechers HI 10. Da die Einzelteile vor der Neurestaurierung 2005 mit Epoxydharz miteinander verklebt waren und insbesondere die Lotreste der Fußlötung am Boden der Außenschale deutliche Kratz- oder Schabspuren aufweisen, müssen die modernen Weichlötungen zu einem späteren Zeitpunkt mechanisch wieder gelöst worden sein. Ob dies im Zusammenhang mit der Restaurierung in den 1960er Jahren geschehen ist, bleibt unsicher, da Tietz III dies in seinem ‚Arbeitsbuch des Restaurators’ nicht erwähnt hat. Aber auch metallisches Weichlot in den oberen Höhlungen der Füße und unterhalb davon auf der Außenseite der beiden kleinen Efeubecher HI 24 und 25 deuten auf eine zwischenzeitliche Anbringung der Füße durch Weichlötung bzw. einen entsprechenden Versuch hin203. Deutliche Kratzoder Schabspuren in der oberen Kehlung an einem der Füße belegen die Beseitigung falsch verlaufenen Lotes. Auch an den Böden der drei Schälchen HI 33-35 sind deutlich moderne Weichlotreste in Form runder grauer Kreise zu beobachten. Da nur einer der Originalfüße vorhanden ist, der weder antike noch moderne Weichlotreste in der Höhlung aufweist, müssen zwischenzeitlich andere Füße mit Weichlot an den Schälchen befestigt gewesen

3. 5. Restauratorische Maßnahmen im Kunstgutlager Schloß Celle ab 1946 Nach Kriegsende kam auch der Hildesheimer Silberfund in den Collecting Point Schloß Celle in der britischen Besatzungszone. Von hier wurden diverse Kunstausstellungen mit den Beständen der Berliner Museen organisiert, wofür an etlichen Stücken des Silberfundes Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden mußten: „Beim Hildesheimer Silberfund, dem bedeutendsten Komplex antiken Tafelgeschirrs aus der römischen Kaiserzeit, mußten an vielen Stücken: Schalen, Bechern, Kanne, Kasserollen, 204

Während der kriegsbedingten Verlagerung müssen sich einige der Lötungen gelöst haben, denn viele der Fugen sind später mit Kunstharz nachgeklebt und damit auch kleine Fehlstellen an den Bruchkanten verfüllt worden. 205 Diese Weichlötungen wurden 2001 noch den Erstrestauratoren des Hildesheimer Silberfundes Carl Tietz und Carl Völcker zugeschrieben, was nun korrigiert werden muß. Da Carl Tietz ab Frühjahr 1898 allein als Restaurator im Antiquarium tätig war, muß er die Restaurierungen an den drei Silberfunden aus Ägypten auch allein durchgeführt haben. Die Weichlötungen dürfte dann sein Sohn angebracht haben. Siehe B. Niemeyer, Restaurierungen an den drei ägyptischen Silberfunden aus Hermoupolis, Karnak und Memphis. In: H. Mielsch/B. Niemeyer, Römisches Silber aus Ägypten in Berlin. 139./140. BWPr 2001, 68-83, bes. 68-69.

202

Noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden die Bestände der Berliner Museen 1939 verpackt und an diverse Orte ausgelagert. 203 An den Schälchenunterseiten finden sich allerdings heute keine dem Girlandenbecher vergleichbaren Reste einer modernen Weichlötung.

29

Humpen usw. durch Kleben verschiedene beschädigte, lose, gerissene und dadurch gefährdete Stücke wieder befestigt werden. Insbesondere viele herausgefallene Bronze- und Silberergänzungen der stark beschädigten Bauchwandung des großen Silber-Eimers mit Schwanenkopfhenkel wurden wieder eingesetzt und eingetönt, innen wurde ein Leinenstreifen eingeklebt und damit dem ganzen Gefäß wieder ein fester Halt gegeben.“206 Am Eimer HI 64 ist dieser kolorierte Leinwandstreifen noch heute erhalten, aber auch am konischen Gefäß HI 66 konnte ein entsprechendes Stück Gewebe beobachtet werden. Die Analyse des Klebemittels im Rathgen-Forschungslabor ergab ein Polyvinylacetat (PVA)207. Da dieser Stoff erst 1912 entwickelt wurde, bestätigt die Analyse das Einbringen dieser Leinwandstreifen während der Lagerung im Schloß Celle, denn schon in Hildesheim wurden Leinwandstreifen zur Stabilisierung in den Gefäßen verklebt208. Weitere Klebungen sind bei der nachfolgenden Restaurierung 1965 bis 1966 entfernt worden und daher heute nicht mehr nachweisbar.

einige wenige Zustandsaufnahmen vor der restauratorischen Überarbeitung durch Tietz III angefertigt210. Mit Ausnahme des Klapptisches HI 57a, dem Eimer HI 64 und einer großen Platte HI 73 wurden sämtliche Stücke einer elektrolytischen Reduktion unterzogen: „Das gereinigte Silber wurde mit Aluminiumkontakt in 2%iger Natronlauge (NaOH) reduziert bis gleichmäßige Wasserstoffentwicklung eintrat. Die gespülten Gegenstände wurden solange in gewechseltem demineralisiertem Wasser ausgelaugt bis das Auslaugewasser den gleichen elektrischen Leitwert hatte, wie das ungebrauchte Wasser. Sämtliche Klebungen wurden mit dem Epoxydharz Araldit (UHU-Plus) zusammen gefügt. Zum Schutz gegen Anlaufen wurde das Silber mit Pantarol (Akrylester) lackiert.“211 Trotzdem konnten bei der Neurestaurierung an schwer zugänglichen Stellen bei einigen Stücken noch Reste von Silberchlorid und Kalkablagerungen beobachtet, z.B. zwischen den Helmbüschen der Athena bzw. hinter den Köpfen des Herakles und der Kybele.

3. 7. Die Restaurierung 2002-2006

3. 6. Die Restaurierung 1965-1966 durch HansUlrich Tietz (Tietz III)

Schon in den 1990er Jahren wurde durch goldfarbene Verfärbungen auf einigen Silberoberflächen sowie pinselstrichförmige rezente Silbersulfidbildung deutlich, daß der 1966 aufgetragene Schutzlack gealtert war und seine Funktion nicht mehr erfüllte. Die daraufhin an einigen Gefäßen begonnene restauratorische Überarbeitung und Erneuerung des Schutzlacks wurde wegen der relativ kurzfristig für 1994 anberaumten Räumung des Antikenmuseums im westlichen Stülerbau in Berlin-Charlottenburg aber wieder abgebrochen. Es folgte eine jahrelange Magazinierung der Kleinkunstbestände im ehemaligen Antiquarium im Obergeschoss des PergamonmuseumNordflügels bis die Neuaufstellung der antiken Kleinkunst im Mai 1998 im Alten Museum eröffnet werden konnte212. Mit der restauratorischen Überarbeitung von sieben Stücken des Hildesheimer Silberfundes für eine sechsmonatige Ausleihe zur Ausstellung ‚Sieg und Triumph. Der Norden im Schatten des Römischen Reiches’ 2003/2004 in Kopenhagen begann die erneute gründliche restauratorische Überarbeitung des gesamten Fundkomplexes. Dieses Projekt schließt die zeichnerische und fotografische Dokumentation bisher nur schriftlich überlieferter Merkmale und herstellungstechnischer Details sowie naturwissenschaftliche Analysen und bildgebende Durchstrahlungsverfahren ein.

Erst im Mai 1965 und im Januar 1966 wurden die Silbergefäße in zwei Konvoluten aus Hildesheim nach Berlin zurückgebracht (Abb. 14). Hier wurden sie vor der Eröffnung eines neuen Ausstellungsraumes mit antiken Edelmetallobjekten im Westberliner Antikenmuseum in Charlottenburg einer erneuten Restaurierung unterzogen. Auch durch die verlagerungsbedingten Schäden besonders am Klapptisch HI 57a, dem großen Kantharos HI 63 und der Riefelschüssel HI 65 war dies notwendig geworden209. Diese Restaurierung wurde vom Restaurator Hans-Ulrich Tietz, dem Enkel des Erstrestaurators Carl Tietz (Tietz I) und Sohn von Hans Tietz (Tietz II) durchgeführt. Er hat seine Maßnahmen in einem ‚Arbeitsbuch des Restaurators’ schriftlich festgehalten, das sich heute im Archiv der Antikensammlung Berlin befindet. Eine Fotodokumentation vom Übernahmezustand ist leider nicht erfolgt. Lediglich das Foto Abb. 14 bietet die Möglichkeit, den Nachkriegszustand einiger Gefäße abzuschätzen. So ist beim großen Kantharos HI 63 und dem kleinen Dreifuß HI 54 zu erkennen, daß die neuzeitlichen Ergänzungsbleche am Rand des Kantharos und in der Mitte der Tischplatte herausgefallen sind. Alle übrigen sichtbaren Stücke scheinen bis auf eine Oberflächenverdunklung durch rezente Silbersulfidbildung unbeschädigt. Nach der Rückkehr wurden von der Athena-Schale 206

210

Pretzell 1958 (siehe Anm. 72), 35. – Als Restaurator im Schloß Celle war Hans-Jürgen Hundt tätig, später Archäologe am Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz; siehe K. Böhner, Hans-Jürgen Hundt zum 65. Geburtstag am 25. Juli 1974. Jahrb. RGZM 21, 1, 1974, IX-XVI. 207 Vom konischen Gefäß HI 66 wurde der Leinwandstreifen bei der Neurestaurierung entfernt und wie alle alten Ergänzungsmaterialien im Magazin deponiert. Identifizierung des Klebemittels durch Vergleich mit der FTIR-Bibliothek im Rathgen-Forschungslabor. 208 Winter 1897, 115. 209 Zum Zustand des großen Kantharos siehe Abb. 14, zur Riefelschüssel siehe Stein 1997 Abb. S. 25.

Von der Athena-Schale existieren eine s/w-Aufsicht sowie fünf Detailfotos vom Schalenboden innen und außen sowie der Oberseite des Fußes im demontierten Zustand während der Restaurierung. 211 Siehe auch Gehrig 1967b, 12. – Bei Pantarol handelt es sich nach einer Auskunft des Herstellers/Vertreibers Joachim Richter vom April 1987 um eine Kombination von Alkydharz (11%) und Nitrocellulose (7,7%) in einem Lösemittelgemisch aus aromatischen Kohlenwasserstoffen, Estern und Alkoholen. 212 Unter zwischenzeitlicher Ausleihe einiger Stücke zur Ausstellung „Der Hildesheimer Silberfund. Original und Nachbildung. Vom Römerschatz zum Bürgerstolz“ 1997 in Hildesheim.

30

Bei vielen Stücken ändert schon die Abnahme des kraquelierten Schutzlackes, eingelagerten Schmutzes sowie geringer rezenter Silbersulfidauflagen das Erscheinungsbild grundlegend. So erschien z.B. der vergilbte Schutzlack auf der runden Platte HI 58 wie eine flächige Vergoldung. Nach Abnahme des Lackes wurde deutlich, daß die Platte nicht die geringsten Spuren von Vergoldung aufweist. Bei wenigen Stücken sind noch Reste des während der Bodenlagerung entstandenen Silberchlorids zu finden. Nur beim großen Kantharos HI 63 und der Platte HI 73 sind auf der Wandung bzw. auf der Unterseite und am Rand noch flächig erhebliche Silberchloridauflagen vorhanden, die mechanisch bis auf die antike Oberfläche abgenommen wurden.

Fällen mußte mit 1- oder 5%iger Salzsäure als Elektrolyt reduziert werden, woran sich eine z.T. längere Auswaschung von Säureresten in deionisiertem Wasser anschließen muß. Oftmals reicht aber auch eine Reinigung mit einem handelsüblichen thioharnstoffreien Silberputztuch aus, das in einigen Fällen nach der Reduktion auch für eine leichte Nachpolitur eingesetzt wird. Zur Konservierung insbesondere zum Schutz vor schwefelwasserstoffhaltigen Ausdünstungen aus den Vitrinenbaustoffen wird der Acrylharzlack Paraloid B 72® in doppelter Schicht aufgetragen. Für die Montage der relativ leichten Herakles- und AttisEmbleme HI 2 und 4 wurde erstmals ein flexibles System mit Magnetflächen angewandt. Hierzu wurden aus einer Magnetfolie und einem Edelstahlblech passende Flächen ausgeschnitten bzw. gesägt und mit Nitrocellulose auf den Emblemrückseiten bzw. Schaleninnenseiten verklebt. Die zu den Silberoberflächen weisenden Edelstahlflächen wurden vor der Verklebung mit Schutzlack isoliert215. Die Embleme können nun jederzeit abgenommen und Ziselierarbeit und Fassung der Embleme in den Rahmen von der Rückseite her betrachtet werden. Für das mit Blei gefüllte Kybele-Emblem und die Teile der Athena-Schale reicht die Haftkraft der Magnetfolie allerdings nicht aus; sie wurden mit Nitrocelluloseklebstoff fest verklebt.

Die Neurestaurierung ist wieder dem Prinzip der Reversibilität verpflichtet, so daß alle Klebungen, Ergänzungen und Schutzüberzüge jederzeit in Acetonbädern wieder lösbar sind213. Die alten Eopxydharzklebungen können nur mit dem im Handel erhältlichen Lösemittelgemisch Coloradol® angequollen und anschließend mechanisch entfernt werden214. Dabei erweicht auch der alte Schutzlack und kann bei der Nachreinigung mit Aceton vollständig entfernt werden. Für die neuen Klebungen sowie einige Ergänzungen und Hinterklebungen wird Nitrocelluloseklebstoff z.T. mit Glasgewebehinterlegungen verwendet, zum Retuschieren der Gewebestruktur in größeren Fehlstellen ein Gemisch aus Pudersilber, Puderbronze, schwarzem Pigment und Glashohlkügelchen gebunden in Nitrocellulose. Die große Fehlstelle in der Kasserolle HI 71 wurde mit einer über eine Wachsplattenabformung passend angefertigten Epoxydharzplatte hinterlegt, die nach der Retusche auf der Innenseite der Kasserolle mit Nitrocellulose-Klebepunkten fixiert wurde. Entsprechend wurde bei der Eierschalenpatera HI 68 verfahren.

Die Fehlstellen in der Kybele-Schale HI 3 und der Kasserolle 3 HI 71 wurden bei der Neurestaurierung erstmals durch Gewebehinterklebungen gesichert und geschlossen. Hierbei konnte an der Kasserolle ein lose im Magazin deponiertes Fragment wieder an seinem ursprünglichen Platz befestigt werden. Beim Zehnmaskenbecher 2 HI 14 und der Eierschale HI 68 lockerten sich die weich eingelöteten und später durch Epoxyd-Klebepunkte gesicherten Metallergänzungen nach Abnahme der Klebepunkte so weit, daß sie komplett entfernt werden konnten. Die dünne Schicht der Weichlötungen bei den Ergänzungen an der Eierschale war durch das Reduktionsverfahren von Tietz III so ‚korrodiert’, daß die Lötverbindung erheblich geschwächt war. Für beide Gefäße wurden über den Zwischenschritt von Silikon- und Wachsabformungen großflächige, dünnwandige Hinterlegungen aus glasgewebeverstärktem Epoxydharz angefertigt, die nach der Kolorierung mit Nitrocellulose-Klebepunkten festgesetzt wurden. Auch sie sind jederzeit mit Aceton wieder lösbar216. Die Veränderungen durch die Neurestaurierung gegenüber dem alten Erscheinungsbild sind im Katalog vermerkt.

Viele gedunkelte Stellen erweisen sich bei einer gründlichen Reinigung mit Aceton als relativ leicht entfernbar. So konnte aus den ehemals tauschierten Mittelzweigen und Stielen der Efeubecher HI 20-25 durch Lack verklebte Sandkörnchen mit Aceton ausgewaschen werden. Die durch Zutritt von Schwefelwasserstoffen in der Luft und aus Ausdünstungen aus Vitrinenbaustoffen neu entstandenen Silbersulfidflächen werden z.T. durch lokale elektrochemische Reduktion entfernt. Im günstigsten Falle reicht Aceton als Elektrolyt aus, in hartnäckigeren 213

B. Niemeyer, Zur Restaurierung archäologischer Silbergefäße um die Jahrhundertwende. Arbeitsbl. Restauratoren 1, 1997, Gr. 3, 131-136. – B. Niemeyer, Early 20th-century restorations and modern conservation treatments on archaeological silver objects. In: I.D. Macleod/St. L. Pennec /L. Robbiola (eds.), METAL 95. Proceedings of the International Conference on Metal Conservation, Semur en Auxois, 25-28 Sept. 1995 (London 1997) 190-195. – B. Niemeyer, „Aus zwei mach drei“. Die Neurestaurierung der Silbergefäße des Petescia-Fundes. EOS. Nachrichten für Freunde der Antike auf der Museumsinsel Berlin 9, Nov. 1999, 10-13. – Niemeyer in Mielsch/Niemeyer 2001 (siehe Anm. 205). 214 Das im Coloradol® enthaltene Dichlormethan weicht Epoxydharz an, ist aber gesundheitsschädlich.

3. 8. Zeichnerische Rekonstruktionen Für die Rankenbecher HI 5 und 6, die Blattstabbecher HI 7 und 8, den Lorbeerbecher HI 9, den Vier- und den Sechsmaskenbecher HI 11 und 12, den kleinen Buckelnapf HI 19 und die Eierschalenpatera HI 68 werden hier erstmals komplettierende Rekonstruktionsvorschläge in 215

Niemeyer 2005, 54 Abb. 5a.b. Die entfernten Metallergänzungen der Erstrestaurierung werden im Magazin der Antikensammlung aufbewahrt und stehen für spätere Änderungen jederzeit wieder zur Verfügung. 216

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zeichnerischer Form vorgelegt217. Deutliche Reste von Weichlötungen geben Hinweise auf die ehemals angesetzten Griffe und Füße. Unter Heranziehung von Vergleichsstücken kann das ursprüngliche Aussehen dieser Stücke in Annäherungen rekonstruiert werden, was aber nur Vorschlagscharakter haben kann.

ale, vier weitere undekorierte üblicher Größe befinden sich im Archäologischen Nationalmuseum in Neapel222. An den Blattstabbechern HI 7 und 8 belegen lediglich deutliche Weichlotreste an den Rändern das ehemalige Vorhandensein von Griffen mit breiten Daumenplatten. Auf den Wandungen sind keine Weichlotreste von den Lötungen der unteren Attaschenflächen nachweisbar, weil bei beiden Bechern diese Bereiche der Wandungen fehlen. Anhand von Vergleichsstücken werden zwei Rekonstruktionsvorschläge vorgelegt: beim ersten ist die ‚klassische’ Form dreiteiliger Scyphusgriffe, beim zweiten die zweiteilige Variante verwendet worden, konkret die Griffe am Scyphuspaar ebenfalls mit Blattstabdekor aus Grab 1/1908 von Lübsow (Abb. 17a-b)223.

Die eingedrückten konzentrischen Kreise von 2,5 cm Durchmesser in den Bodenrosetten der beiden Rankenoder megarischen Becher HI 5 und 6 können wohl als Abdrücke der Füße interpretiert werden. Die Rekonstruktion bei Pernice/Winter 1901, 29 Fig. 10 mit einem nicht zum Hildesheimer Silberfund gehörenden und heute nicht mehr identifizierbaren großen Fuß hat sich wahrscheinlich an Weichlotresten am Rand der Bodenrosette des Bechers HI 5 orientiert218; am Becher HI 6 sind entsprechende Reste dagegen nicht zu beobachten. Pernice und Winter haben die beiden Strukturen, eingedrückte Kreise und Reste von Weichlot, als Hinweise auf eine antike Reparatur in Form eines Auswechselns der Füße interpretiert: „[…] zwei mal (sind) im Altertum Änderungen an den Gefässen vorgenommen worden, indem zuerst Henkel und Füsse angefügt und diese nachher ganz oder teilweise durch neue ersetzt wurden.“219 1925 entwirft Pernice eine regelrechte ‚Lebensgeschichte’ dieser Gefäße220.

Für die Rekonstruktion des Lorbeerbechers HI 9 (Abb. 18) wurde der Fuß HI 41 verwendet; ein etwas höheres Exemplar wäre aber ebenfalls denkbar. Der obere Durchmesser des Fußes liegt durch die Weichlotspur fest224. Die länglich-schmale Form der unteren Griffattaschen zum Anfügen an die Becherwandung ist ebenfalls durch die Weichlotreste und Markierungslinien gesichert. Die Griffrekonstruktion orientiert sich an den Olivenbechern im Silberschatz aus der Casa del Menandro in Pompeji, I225. Fehlende Lötspuren am Mündungsrand deuten darauf hin, daß die Griffe nur lose aufgesessen haben können, wie dies auch bei den beiden sog. megarischen oder Rankenbechern HI 5 und 6 der Fall ist. Die Griffe mit den dünn geschmiedeten Mittelteilen, die mit einer ausgezogenen Spitze auf den Mündungsrändern aufsitzen stehen in der Tradition griechischer Kylikes.

Bei der Neurestaurierung wurden die Griffe nach detaillierter Beobachtung der Deformierungen der reliefierten Blätter so weit nach unten versetzt, daß die nach unten gerichteten Spitzen der herzförmigen Griffschlaufen auf dem Rand der Bechermündung aufsitzen, wie dies Holzer 1870 schon vorgeschlagen hat221. Für die Rekonstruktion eines Fußes wurden die vorhandenen Füße vom Girlandenbecher HI 10, dem Zehnmaskenbecher 1 HI 13 und dem Fuß HI 41 verwendet, so daß drei Vorschläge gemacht werden (Abb. 16a-c). Von den oberen Fußdurchmessern her paßt der Fuß HI 41 mit 2,4 cm und von den Proportionen her am besten zu den reliefierten Schalen HI 5 und 6. Der obere Fußdurchmesser des Girlandenbecherfußes ist mit 1,99 cm zu klein, der vom Becher HI 13 mit 2,88-2,95 cm zu groß; beide wirken auf den Zeichnungen auch unproportioniert.

Auch an den Viermaskenbecher HI 11 wurden auf den Rekonstruktionsvorschlägen die vorhandenen Gefäßfüße vom Girlandenbecher HI 10, vom Zehnmaskenbecher 1 HI 13 und der Fuß HI 41 angesetzt. Der obere Fußdurchmesser von 3-3,2 cm konnte durch die Reste der antiken Weichlötung gut bestimmt werden (Abb. 19d). Dies entspricht dem Oberteil des Fußes des Zehnmaskenbechers 1 HI 13, weshalb dieses Element für alle Rekonstruktionszeichnungen übernommen worden ist. Beim Fuß des Girlandenbechers HI 10 ist der obere geschwungene Konus etwas verlängert worden.

Becher mit einer Cuppa von vergleichbar flacher Form und mit frei über dem Mündungsrand stehenden, eingewölbten Griffen sind aus den Vesuvstädten bekannt. Vier identische Stücke mit Rankendekor, aber erheblich kleinerer Dimension gehören zum Schatzfund von Boscore-

222

Zu Boscoreale: Héron de Villefosse 1899, 94-95 Kat. 25 u. 26, 127-128 Kat. 97, 148 Kat. 105; Pirzio Biroli 1991, 144 Abb. 113. 261 Kat. 51. – Zu Neapel: E. Künzl, Le argenterie. In: F. Zevi (Hrsg.), Pompei 79. Raccolta di studi per il decimonono centenario dell’eruzione vesuviana 79 (Neapel 1979) 211-228, bes. 222 Fig. 129; M. Menzinger/W. Rathjen (Hrsg.), Pompeji. Natur Wissenschaft und Technik in einer römischen Stadt. Ausstellungskat. Deutsches Museum (München 2000) 83 Kat. 205, 206 mit Abb.; E. Lessing/A. Varone Pompeji (Frechen, Paris 2001) Abb. S. 112. 114. 223 Zu den Lübsow-Scyphi siehe Kap. 6. 2. 3. Die Schlaufengriffe der Scyphi aus Agersbøl, Dollerup, Łęg Piekarski, und Thorey sind von ähnlich runder Form mit kleinen unteren Attaschenflächen. 224 Sie hat den Ausschlag für das Versetzen des Fußes HI 41 vom Viermaskenbecher HI 11 an den Sechsmaskenbecher HI 12 gegeben; siehe auch Kat. HI 11 u. 12. 225 Maiuri 1933 Taf. 37. – Pirzio Biroli 1991, 149 Abb. 120121. – Painter 2001 Taf. 7 u. 8.

217

Unter Verwendung der bei Erdrich 2002 publizierten Schnitt- und Aufsichtzeichnungen sowie von Abzügen aus dem Fotoarchiv der Antikensammlung. 218 Nach der Beschreibung Pernice/Winter 1901, 29 und Pernice 1925, 101 könnte es sich bei dem ‚Fuß’ um eines der wahrscheinlichen Mündungsfragmente zu HI 66 und 67 handeln, die heute verloren sind; siehe Pernice/Winter 1901, 73-74 mit Fig. 40 u. 41. 219 Pernice/Winter 1901, 29. 220 Siehe Kap. 4. 4. 2. 4. 221 Holzer 1870 Taf. 11, 2.

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Der Fuß der Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 wirkt am Viermaskenbecher HI 11 zu klobig. Der Fuß HI 41, ehemals am Viermaskenbecher befestigt, ist ebenfalls noch zu groß. Der Fuß des Girlandenbechers HI 10 wirkt schon zu zierlich. Am proportioniertesten dürfte ein Fuß gewirkt haben, der dem Fuß HI 41 ohne dessen unteren Torus und die darüberliegende Hohlkehle entspräche. Bei der Durchsicht von Scyphi und Canthari auf hohen Standfüßen hat sich aber gezeigt, daß die Füße in der Proportion grundsätzlich eher zu klein wirken. Deshalb dürfte auch für den Viermaskenbecher HI 11 ein eher kleinerer Fuß zu vermuten sein.

Rand und Attaschenflächen ist mit 1-1,5 cm gering, die Attaschenflächen können nur relativ klein gewesen sein. Für die Rekonstruktion der Griffe wurden die Henkel des verschollenen Buckelnapfpaares aus dem Körpergrab vom Lübsow-Typ in Łęg Piekarski, PL zum Vorbild genommen227. Diese beiden einschaligen Buckelnäpfe, die als germanische Nachahmungen von römischen Stücken wie dem Hildesheimer Buckelnapf HI 19 gelten, wurden zusammen mit zwei gegabelten Griffen gefunden. Diese Griffe bestanden aus einer Schlaufe aus Runddraht und endeten in kleinen Attaschen. Die Schlaufen dürften auf den Rändern nur aufgesessen haben, waren aber wohl nicht verlötet (Abb. 21).

Wegen der Übereinstimmung von oberem Fußdurchmesser und dem Weichlotrest am Becherboden wurde der Fuß HI 41 vom Viermaskenbecher HI 11 an den Sechsmaskenbecher HI 12 versetzt. Geringe Reste von Weichlot an den Knoten der Löwenfelle deuten auf die ursprüngliche Existenz von Griffen hin. Beim Zusammensetzen der vorhandenen Gefäßteile gleich nach der Auffindung in Hildesheim durch Friedrich Küsthardt wurde der zusammengesetzte Löwenkopfgriff HI 39 zusammen mit einem Nachguß desselben an den Sechsmaskenbecher HI 12 angefügt, wahrscheinlich, weil die untere Attaschenfläche genau auf den Löwentatzenknoten auflag. Dabei wurde aber nicht berücksichtigt, daß auf dem Rand des Innenbechers keinerlei Reste von Weichlot erhalten sind. Die oberen, auf dem Rand aufliegenden Attaschenflächen müßten bei einer Weichlötung aber deutliche Spuren auf dem Becherrand hinterlassen haben. Außerdem stimmen die Mündungsdurchmesser von Sechsmaskenbecher und Löwenkopfgriff-Gefäß nicht überein. Die Demontage des Löwenkopfgriffes ergab zudem, daß die Bruchflächen in der Mitte gar nicht zusammenpassen; der Griff muß ursprünglich länger gewesen sein. Er sitzt dann mit der unteren Attaschenfläche aber nicht mehr auf den Löwentatzenknoten auf. Aus allen diesen Gründen kann der Löwenkopfgriff nicht zum Sechsmaskenbecher gehört haben. Das Fehlen von Weichlotresten auf dem Mündungsrand deutet wie bei den Rankenbechern HI 5 und 6 sowie beim Lorbeerbecher HI 9 darauf hin, daß die Griffe den Rand lediglich berührt haben und nur mit den unteren Attaschenflächen mit Weichlot am Gefäß fest montiert waren. So wurden für den Sechsmaskenbecher HI 12 ebenfalls Griffe mit flachgeschmiedeten herzblattförmigen Attaschen angenommen. Die unteren Attaschenflächen wären hier allerdings erheblich kleiner als beim Lorbeerbecher HI 9. Sie würden mit den Höhlungen auf den Löwentatzenknoten aufgesessen und diese fast völlig verdeckt haben (Abb. 20).

Die Eierschale HI 68 ist nach Ausweis von Weichlotresten ursprünglich eine Patera auf drei Füßen und mit einem Griff gewesen (Abb. 22a-c), die zusammen mit der Kanne HI 44 zu einem Gefäßensemble aus Kanne und Griffschale für die Handwaschung kombiniert werden kann. Die große herzförmige Weichlotstelle für die Attasche eines Griffes haben schon Pernice/Winter 1901 und Köster 1923 beschrieben, die Lötstellen der Füße erst Hitzl u.a. 1997228. Die Griffattasche lag flächig an der äußeren Schalenwandung zwischen zwei Eierausbuchtungen bis zum Mündungsrand an. Es dürfte sich um ein Silberblech gehandelt haben, daß genau an die Wandung der Schale angepaßt war, denn auch Teile der beiden seitlichen Eierausbuchtungen und die glatte Wandfläche unterhalb des Randes wurden davon abgedeckt. Nach unten hin muß dieses Blech in die dreieckförmige, leicht gewölbte Attaschenfläche des Fußes übergegangen sein. Die Attaschenflächen oder -bleche der Füße haben genau in die unteren Zwickel zwischen den Eierausbuchtungen gepaßt, waren also mindestens an den beiden Seitenkanten entsprechend den Eierausbuchtungen konkav eingezogen. Die Weichlotreste aller drei Füße bilden ein gleichseitiges Dreieck. Die meisten Paterae sind mit angelöteten Standringen versehen. Wenige Exemplare weisen kleine Füßchen auf, die wegen der Standsicherheit immer in Dreizahl auftreten, z.B. bei einer pompejanischen Bronzepatera, mit drei peltenförmig-dreieckigen Füßen229. Für den ersten ‚schlichten’ Rekonstruktionsvorschlag (Abb. 22a) wurden Rotellenfüßchen verwendet, wie sie bei Bronzeschalen aus Pompeji, I häufig vorkommen230. Hier sind die Attaschenflächen quadratisch bis rechteckig, aber ebenfalls mit konkav eingezogenen Kanten und treten immer in Dreierzahl auf. Griff und Abschlußkappe sind unverziert 227

J. Wielowièjski, Die römerzeitlichen Silbergefäße in Polen. Importe und Nachahmungen. Ber. RGK 70, 1989, 191-241, bes. 231-232 Kat. 9 u. 10 mit Taf. 70,1. 228 Pernice/Winter 1901, 70. – Köster 1923, 9. – Hitzl u.a. 1997, 83. 229 H.-U. Nuber, Kanne und Griffschale. 53. Ber. RGK 1972, 1233, bes. Taf. 3 aus dem Körpergrab von Prag-Bubeneč, Tschechien. – S. Tassiniari, Il vasellame bronze di Pompei (Rom 1993),Taf. 130 Nr. 5019. 230 Tassiniari 1993 (siehe Anm. 229) Taf. 200-201 Typen S 1110 u. S 1120, Nationalmuseum Neapel Inv. 3483, 7274, 8184, 1958 A, 41434 u. 41435. Taf. CLXXIII, 1,2.

Der kleine Buckelnapf HI 19 weist an zwei sich gegenüberliegenden Stellen in den Zwickeln der Lotosblätter ganz geringe Reste von Weichlot auf. Das rechnerisch fehlende Gewicht von ca. 22,7 g pro Napf deutet ebenfalls auf das ursprüngliche Vorhandensein von Griffen hin226. Auf dem Rand des Innenteils dagegen sind keine Spuren von Lotresten erhalten. Der Abstand zwischen 226

Dieses Gewicht können die kleinen rekonstruierten Drahtgriffe aber nicht ausgemacht haben.

33

gehalten. Im Material von Pompeji kommen schlichte zylindrische Pateragriffe vor, die durch konzentrische Umwicklungen und/oder wenige profilierte Ringe verziert sind oder plastische Ranken- oder Palmettendekore aufweisen231. Im zweiten Rekonstruktionsvorschlag (Abb. 22b-c) sind konkrete Elemente verwendet worden: Löwentatzenfüßchen und der kannelierte Griff mit Widderkopfabschluß stammen von einer Bronzeschale und einer Bronzepatera aus Pompeji232. Andere Griffabschlüsse in Form von Löwen- oder Hundeköpfen wären ebenfalls denkbar, Widderkopfabschlüsse überwiegen an Pateragriffen zahlenmäßig aber deutlich. Die Grifflänge bei den Rekonstruktionen ist aus Gründen der Proportion etwas kleiner als die Hälfte des Schalendurchmessers gewählt233. Die Hebelwirkung durch einen zu langen Griff würde die Schale zum Kippen bringen234. Die Griffe mußten also relativ leicht gehalten und in ihrer Länge am Gewicht des Schalenbeckens ausgerichtet werden.

Silberne Paterae sind selten, das älteste Stück stammt aus Grab III, dem sog. Prinzengrab in Vergina, GR und datiert um 350 v.Chr.240. Sie ist glattwandig und weist einen niedrigen Standring und einen fünffach eingeschnürten zylindrischen Griff mit Widderkopfabschluß auf. Gegenüber dem Griff ist ein halbrunder Henkel in einer röhrenförmigen Attasche befestigt. Die silberne Patera aus dem reich ausgestatteten Grab 6 von Armazis-Khevi bei Mzcheta, Georgien datiert wohl um 300 n.Chr.241. Diese Schale trägt einen Omphalos und schlichten, groben Ziselierdekor; der Griff ist schwach kanneliert und mit einem Widderkopf abgeschlossen. Im Schatzfund von Berthouville, F des 2./3. Jhs. ist das Fragment eines Patera-Griffes erhalten, die Patera mit Venus und Eroten im Schatzfund vom Esquilin in Rom, I datiert ins 4.Jh.242. Ins 5./6. Jh. datiert der Schatz von Karthago, TUN, in dem eine Patera auf hohem Standring, mit Froschemblem und Herakleskeulengriff enthalten ist243. Aus byzantinischer Zeit sind zwei silberne Paterae auf hohen Standringen bekannt, die durch diverse Kontrollstempel gut datiert sind244. Das Stück mit der Wasserstandsmessung am Nil, angeblich aus der Gegend von Čerdynj, RUS stammt aus der Zeit Anastasius’ I. (491-518), die Patera aus dem chazarischen Fürstengrab von Malaja Pereščepina, RUS aus der Zeit des Maurikios Tiberios (582-602). Die letztere weist als einziges Vergleichsstück zehn Eierausbuchtungen auf, die aber sehr viel flacher gehalten sind als bei der Hildesheimer Eierschale. Die kannelierte Bronzepatera aus Pompeji und die silberne Patera aus Malaja Pereščepina belegen aber, daß die Hildesheimer EierschalenPatera kein Einzelstück ist245.

Bronzene Paterae sind üblicherweise glattwandig und weisen als Schalendekor höchstens einen hohen Omphalos oder ein Zentralmedaillon auf wie z.B. drei Stücke aus Pompeji, I und En-Gedi, Israel235. Nuber 1972 hat eine Patera aus Durrës, dem antiken Dyrrhachium, AL publiziert, die wie eine achämenidische Omphalosschale mit ziseliertem Lotosblattdekor verziert ist und einen Omphalos aufweist236. Omphalos und waagerechter Rand sind mit Ziselierdekor und Silbereinlagen verziert, so daß es sich kaum um die Umarbeitung einer ‚antiken’ Schale handeln kann237. Eine Patera mit Lotosblattdekor stammt aus Lyon, gefunden in der Sâone, und ist innen mit einem Omphalos-Medaillon verziert; ein weiteres Stück vom gleichen Fundplatz ist innen ebenfalls schwach kanneliert und mit einem nielloverzierten Omphalos versehen238. In Pompeji wurde ein kompletter Pateragriff mit Randfragment gefunden, der von einer Griffschale mit leicht kannelierter Wandung stammt239.

240

M. Andronikos, Vergina. The Royal tombs and the ancient city (Athen 1984) 213 Abb. 181. – J. Votokopoulou, Führer durch das archäologische Museum Thessaloniki (Athen 1996) 180 Bє 110. 241 Nuber 1972 (siehe Anm. 229) 74. Taf. 13. 242 Zu Berthouville: J. Babelon, Le trésor d’argenterie de Berthouville près Bernay, Eure (Paris 1916) 144 Kat. 59. Taf. 34. – Nuber 1972 (siehe Anm. 229) 75. Die von Nuber genannte Schale mit Omphalos im Berthouville-Fund dürfte mit Dm 13,7 cm einen für eine Patera zu kleinen Durchmesser aufweisen. – Zum Esquilin-Fund: K.J. Shelton, The Esquilin treasure (London 1981) 78 Kat. 3. Taf. 21; Pirzio Biroli 1991, 229 Abb. 243. 304-305 Kat. 186. 243 F. Baratte/J. Lang/S. La Niece/C. Metzger, Le trésor de Carthage: Contribution à l’ètude del’orfèvrerie de l’Antiquité tardive. Ètudes d’Antiquités Africaines (Paris 2002) 54-58 Kat. 10. – Pirzio Biroli 1991, 307 Kat. 193. 244 A. Effenberger (Hrsg.), Spätantike und frühbyzantinische Silbergefäße aus der Staatlichen Eremitage in Leningrad (Berlin 1978) 93-96 Kat. 6, 107-110 Kat. 10 jeweils mit älterer Literatur. 245 Zu Eierschalen und deren Chronologie zuletzt G. PlatzHorster, Der Silberfund von Paternò in der Antikensammlung Berlin, mit Beiträgen von Barbara Niemeyer, Ina Reiche und Andrea Denker sowie Carlo de Simone. Jahrb. DAI 118, 2003, 205-283, bes. 226-232. Anzufügen ist eine bronzene Eierschale aus dem etruskischen Spina mit ursprünglich zehn Eierausbuchtungen; siehe E. Hofstetter, Bronzes from Spina II (Mainz 2001) 92-93 Kat. 238 mit 190 Fig. 160 u. Taf. 46b. Diese Schale, datiert um 400 v.Chr., weist als einziges Vergleichsstück einen schmalen gewellten Rand wie die Hildesheimer Eierschale auf.

231

Tassinari 1993 Taf. 129 Nr. 3408 u. 7275. Taf. 130 Nr. 18712 u. 5019 u. Nuber 1972 (beide siehe Anm. 229) 232 Tassinari 1993 (siehe Anm. 229) Taf. 203 Nr. 13356. Taf. XLII (Löwentatzenfüßchen). 227 Fig. E Spalte 3 ganz unten (Widderkopfabschlüsse). 233 Eine Meßreihe an 53 Bronzepaterae aus Pannonien, Pompeji und anderen Fundorten ergab für 34 Stücke Quotienten zwischen 0,50 (Grifflänge gleich halber Schalendurchmesser bzw. gleich Radius) und 0,59. An 13 Stücken sind die Griffe länger (Quotienten zwischen 0,6 und 0,73), an 6 Paterae sind die Griffe kürzer (Quotienten zwischen 0,34 und 0,48). Publiziert bei A. Radnóti, Die römischen Bronzegefäße in Pannonien. Diss. Pann. 2. Ser. 6 (Budapest, Leipzig 1938), Nuber 1972 u. Tassinari 1993 (siehe Anm. 229). Die Quotienten bei den fünf bekannten Silberpaterae liegen zwischen 0,48 und 0,6. 234 Schon das Fehlen eines größeren Wandfragmentes an der Kasserolle 3 HI 71 gegenüber dem Griff bringt das Stück an den Rand der Standfestigkeit. 235 Tassinari 1993 (siehe Anm. 229) Taf. 139 Nr. 1928, 10282 u. 11654. – Nuber 1972 (siehe Anm. 229) 49 Abb. 6. 236 Nuber 1972 (siehe Anm. 229) 67-68. Taf. 11. 237 Vgl. H. Luschey, Die Phiale (Bleicherode 1939). 238 St. Boucher/S. Tassinari, Bronzes antiques I. Inscriptions, statuaire, vaisselle. Musée de la Civilisation gallo-romaine à Lyon (Lyon 1976) 122-124 Kat. 138 u. 139. 239 Tassinari 1993 (siehe Anm. 229) Taf. 129 Nr. 3408.

34

3. 9. Zusammenfassung der Restaurierungsgeschichte

Objekten erhalten. Die Maßnahmen dieser Restaurierung haben Eingang in die archäologische Literatur gefunden246.

Durch Vergleich der Objektbeschädigungen mit der Zeichnung v. Cohausens konnte die Auffindungssituation in einigen Details weiterführend geklärt werden. So müssen auf dem Krater HI 62 zwei Platten, nämlich die des Klapptisches HI 57a und Platte HI 61, als ‚Deckel’ deponiert worden sein. Die Platte HI 59 hat mit aller Wahrscheinlichkeit umgekehrt auf dem Eimer HI 64 gelegen. Der große Kantharos HI 63 ist aber wohl ohne Abdeckung vergraben worden.

Zwischen 1921 und 1939 sind die reversiblen Verklebungen durch teilweise umfassende, teilweise auch nur punktuelle Weichlötungen ersetzt worden, die nicht mehr im eigentlichen Sinne reversibel sind. 1965-66 wurde die überwiegende Zahl der Stücke einer elektrolytischen Reduktion unterzogen, bei der einige der Weichlötungen der 1920er/1930er Jahre ‚korrodierten’ und mit EpoxydKlebepunkten gesichert werden mußten. Die Neurestaurierung ist wiederum der Reversibilität verpflichtet. Die Metallergänzungen der Erstrestaurierung werden in den meisten Fällen wiederverwendet. Nur in wenigen Fällen werden neue paßgenaue Hinterlegungen angefertigt; die alten Ergänzungen bleiben im Magazin für evt. spätere Umarbeitungen griffbereit. An Hand der antiken Weichlotreste werden für 7 bzw. 9 Gefäße komplettierende Rekonstruktionszeichnungen vorgelegt.

Erste Reinigungsmaßnahmen und das Zusammenfügen von Fragmenten und Objektteilen müssen schon in Hildesheim vorgenommen worden sein. Die grundlegende Erstrestaurierung hat erst knapp 30 Jahre nach der Bergung des Schatzes in Berlin stattgefunden. Bei dieser Restaurierung ist ausdrücklich auf die Reversibilität aller Klebungen und Ergänzungen geachtet worden. Die dabei für fragmentierte Stücke angefertigten und als nicht antik markierten Metallergänzungen sind noch heute an den

246

10.

35

Winter 1897; Winter/Pernice 1899; Pernice/Winter 1901, 9-

4. DIE HERSTELLUNGS- UND DEKORTECHNIKEN IN DER ÄLTEREN LITERATUR In den frühen Publikationen werden nur ganz generell die üblichen bekannten Feinschmiedetechniken genannt, die bei den Objekten des Hildesheimer Silberfundes zur Anwendung gekommen sind. Schon Wieseler 1868a, Schöne 1868/1966, Friederichs 1868, Unger 1869 und Holzer 1870 nennen die Treibarbeit, das Ziselieren bzw. Repousée als Methode für die Ausarbeitung der plastisch verzierten Becher und Schalen: „Zu der letztgenannten Art [„ciselierte Werke“] gehört alles besonders in die Augen fallende schmückende Bildwerk an den meisten und schönsten der Trinkbecher, an dem glockenförmigen Kelche des Kraters [HI 62] und im Innern der vier Schalen [HI 1-4]. Dasselbe ist meist auf getriebenen Blechen, crustae, ausgeführt. Überhaupt ist alles erhabene Bildwerk des Hildesheimer Fundes [...] von getriebener Arbeit.“247 Massive Teile wie Gefäßfüße, Griffe sowie die Büsten und Hermen des Klapptisches HI 57a werden als im Vollgussverfahren hergestellt erkannt: „Gegossen sind die massiven Stücke, die mehr für den Gebrauch bestimmte waren; ferner Füsse und Henkel der Gefässe. Büste und Fuss der Herme des Dreifusses sind ebenfalls gegossen [...].“248 Erst Pernice und Winter haben in ihrer Monographie von 1901 detailliertere Angaben zu den an jedem Stück angewandten Herstellungsverfahren gemacht. Vermutlich beruhen diese Aussagen allein auf Augenschein.

In der frühen Literatur wird die Athena-Schale HI 1 bzw. insbesondere ihr Emblem als herausragendes Beispiel der Treibarbeit beschrieben: „Von der viel gerühmten und vollendeten Technik der Alten in getriebener Silberarbeit gibt sie [die Athenaschale HI 1] uns ein herrliches Beispiel [...].“251 Auch in der Monographie von Pernice/ Winter 1901 wird das Emblem als Treibarbeit bezeichnet252. Erst Köster gibt 1923 für die Schale Guß als Formtechnik an: „Bei diesem besonders prächtig ausgestatteten Stücke ist auch die gegossene, aber sorgfältig überarbeitete Schale ornamental verziert.“253 Diese Ansicht wird von Drexel/Bersu 1930 übernommen. Ippel ‚identifiziert’ 1937 das Athena-Emblem dagegen als ‚Paradebeispiel’ eines Gußstückes, das Treibarbeit nachahmen soll: „Eine offenbar dem Geiste echter Treibkunst entstammende Schöpfung [wie die Athenaschale] wirkt so ganz und gar nicht wie ein Werk eigentlicher Treibarbeit, sondern weist im einzelnen eben jene Glätte und Flauheit der Oberflächengestaltung auf, wie sie für Guß bezeichnend ist.“254 Er interpretiert hier ein stilistisches zu einem technischen Merkmal um, erklärt aber nicht, warum beim Guß des Emblems die hervorstehenden Teile wie rechte Fußspitze und Helmbüsche nicht gleich im Wachsmodell mit angelegt, sondern separat gegossen und anschließend angelötet worden sind. Den abgeflachten ‚Ring’ am Rand des Emblems, der hier als Hinweis auf eine erste

4. 1. Grundtechniken der Herstellung [nach 1905] 5-6, Pernice 1907-08, 125, Köster 1923, 14 (Emblem), Pernice 1925, 100 (Emblem), Kruse 1940, 13 (Emblem), Bruns 1946, 37 (Emblem), Hitzl u.a. 1997, 35 (Emblem evt.) getrieben, nach Köster 1923, 14 (Schale), Drexel/Bersu 1930, 26 (alle Teile außer Emblem), Ippel 1937, 17, Gehrig 1967a, 9/1980, 8 (Emblem), Hitzl u.a. 1997, 35 (alle Teile außer Emblem). – Zu HI 57: nach Pernice/Winter 1901, 54 gegossen, nach Buhlers/Rubensohn 1913, 23 getrieben. – Zu HI 60: nach Buhlers/Rubensohn 1913, 26 ist die Reliefauflage getrieben, nach Hitzl u.a. 1997, 74 sind beide Teile gegossen. – Zu HI 62: nach Holzer 1870, 60 u. Lessing 1892, 24-25 wurde der Mantel, nach Pernice/Winter 1901, 62, Pernice 1925, 101, Drexel/Bersu 1930, 26, Bruns 1946, 40, La Baume 1971, 131, Gregarek 1997, 91, Hitzl u.a. 1997, 75, Erdrich 2002, 89 nur der Einsatz getrieben, nach Winter 1897, 121, Buhlers 1898, 8 u. 23, Pernice/ Winter 1901, 16-17 u. 62, Buhlers/Rubensohn 1913, 19, Pernice 1925, 101, Drexel/Bersu 1930, 26, Jacob-Friesen 1934, 152, Bruns 1946, 40, Gehrig 1967a, 10/1980, 8, La Baume 1971, 131, E. Künzl 1996, 75, Gregarek 1997, 91, Hitzl u.a. 1997, 75, Kurzmann 1998 wurde der Mantel gegossen. – Zu HI 63: nach Holzer 1870, 66, Kat. Blume [nach 1905] 9 getrieben, nach Pernice/Winter 1901, 65, Buhlers/Rubensohn 1913, 21, Hitzl u.a. 1997, 76, Erdrich 2002, 89 gegossen. – Zu HI 66 u. 67: nach Pernice/Winter 1901, 68, Kat. Blume [nach 1905] 17, Buhlers/Rubensohn 1913, 25 getrieben, nach Bruns 1953, 37, La Baume 1971, 132, Hitzl u.a. 1997, 80-81, Erdrich 2002, 89 gegossen. – Zu HI 68: nach Pernice/Winter 1901, 70, Köster 1923, 9 getrieben, nach Buhlers/Rubensohn 1913, 28 gegossen. 251 Holzer 1870, 26. Danach Schreiber 1894, 413-414. 252 Pernice/Winter 1901, 21. 253 Köster 1923, 14. 254 Ippel 1937, 17.

Als Grundtechniken sind der Guß sowie das Ausschmieden und Treiben von Hohlformen und -körpern zu unterscheiden. Grundsätzlich muß für jedes anzufertigende Gefäß oder Gerät zunächst ein Rohprodukt gegossen werden, die sog. Plantsche. Wird das Objekt „nahe an die Endform gegossen“249, sind anschließend noch Versäuberungsarbeiten und evt. das Anlegen von Dekoren durch Ziselieren oder Gravieren notwendig. Bei Schmiedearbeiten wird die Plantsche durch Schmieden und Treiben als wesentliche Formgebungsmethoden in ihre gewünschte Form gebracht. Für etliche der Gefäße aus dem Hildesheimer Silberfund liegen konträre Aussagen in Bezug auf ihre Herstellungstechnik durch Guß- oder Schmieden vor: für die AthenaSchale HI 1, wobei nicht immer deutlich wird, ob sich die jeweilige Beschreibung auf die ganze Schale oder nur auf das Emblem bezieht, die beweglichen Stangen am Klapptisch HI 57a, die Platte mit aufgelegtem Reliefdekor HI 60, den Mischkrater HI 62, den großen Kantharos HI 63, die konischen Gefäßen HI 66 und 67 und die sog. Eierschale HI 68250. 247

Wieseler 1868a, 22. Holzer 1870, 6. 249 Lang 1997, 156. 250 Zu HI 1: nach Holzer 1870, 26, Lessing 1892, 26, Schreiber 1894, 413-414, Pernice/Winter 1901, 21 (Emblem), Kat. Blume 248

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als gegossen, eine Ansicht, die sich bis in die jüngste Literatur gehalten hat262.

Montage des Emblems in der ‚klassischen’ Form interpretiert wird255, mißversteht Ippel als Rest der Modellierarbeit auf dem Wachsmodell für den Guß (vgl. Abb. 34 rechts). Diese neuen ‚Erkenntnisse’ Ippels erfahren in der Literatur zunächst keinen Niederschlag, denn bei Kruse 1940 und Bruns 1946 werden sie nicht erwähnt. Erst Gehrig übernimmt 1967 und 1980 Ippels Beurteilung: „[das Emblem ist] in einem Stück gegossen [...]“256 und nun findet die 30 Jahre alte Ippelsche Interpretation Eingang in die nachfolgende Literatur257.

Im Falle der konischen Gefäße HI 66 und 67 wird von getriebenen Stücken ausgegangen263. Erst durch Bruns 1953 wird der Guß als Herstellungsverfahren in die Diskussion gebracht264. Gerade die von Bruns als Beleg für einen Guß angeführte innere Oberflächenstruktur ist aber ein Hinweis für das Aufziehen der Gefäße aus einem Stück Blech, weil es sich nicht um die Gußhaut, sondern um Stauchfalten handelt265. Die Publikation von Bruns 1953 zu den konischen Gefäßen hat weite Beachtung gefunden, denn ihre herstellungstechnische Interpretation ist in der nachfolgenden Literatur immer wieder übernommen worden266.

Zur Platte HI 60 mit aufgelegtem Reliefdekor auf dem breiten waagerechten Rand äußern sich nur Holzer 1870 und Buhlers/Rubensohn 1913. Beide halten die Reliefauflage für getrieben bzw. ziseliert. Erst Hitzl u.a. 1997 beschreiben sowohl Platte als auch Reliefauflage mit dem Hinweis auf die Gewichtsdifferenz als Gußstücke, wobei aber das Fehlen von Griffen unberücksichtigt bleibt (Abb. 179).

4. 1. 1. Guß „Durch Vollguss – vermutlich im Wachsschmelzverfahren – sind verschiedene Gerätfüsse [...] hergestellt [...]. Als Ergänzung nach dem Guss trat die Dreharbeit und das Ciselieren hinzu. Die Schalen sind im Rohguss gewiss etwas stärker gewesen und wurden durch geschicktes Abdrehen auf ihre jetzige Dünnwandigkeit gebracht. Besondere Mühe ist auf den Boden der Füsse verwendet; es ist kaum einer, der nicht durch ein Muster konzentrischer Kreise ausgezeichnet wäre.“267

Für den Krater HI 62 gehen die frühen Autoren im Vergleich mit den getriebenen und ziselierten doppelwandigen Bechern wie selbstverständlich ebenfalls von Treibund Ziselierarbeit aus: „Zu den ciselierten (Werken) gehören die meisten und die schönsten Trinkbecher sowie die oben geschilderte große Vase, die jedenfalls ein sogenannter Krater, d.h. ein Gefäß war, in dem man den Wein mischte“ und „Der Mantel des Hildesheimer Mischkessels ist ein vollendetes Muster getriebener Arbeit [...].“258 Im Falle des Kraters wird der reliefierte Außenmantel schon 1897 von Winter als Gußstück angesprochen: „Den Relieferhebungen der Ranken und Figuren auf der Außenseite des Mantels entsprechen auf der Innenseite nur flache, stumpfe Höhlungen. Der Mantel ist daher nicht getrieben, sondern gegossen, das Relief ist aber nach den Guß von außen so sorgfältig nachciselirt, daß es die ganze Schärfe und Feinheit der Treibarbeit erhalten hat und sich so im Eindruck kaum von den wirklich getriebenen Reliefs der Schalen und Trinkbecher des Schatzes unterscheidet.“259 Diese Beurteilung hat sich bis heute in der Literatur gehalten, weil eine Überprüfung am Objekt wegen der kriegsvorbereitenden Verlagerung und des Kriegsverlustes seit 1938/39 nicht mehr stattfinden konnte260.

Die ganz überwiegende Mehrzahl der Stücke des Hildesheimer Silberfundes wird in der älteren Literatur als Gußarbeiten angesprochen, obwohl bei der Durchsicht der frühen Literatur zunächst ein gegenteiliger Eindruck entstehen kann. Denn die durch plastischen Dekor in Treib- und Ziselierarbeit verzierten Stücke stehen im Mittelpunkt des Interesses und nehmen daher in den Publikationen einen breiteren Raum ein. Erst im Laufe der wissenschaftlichen Bearbeitung, insbesondere im Zuge der Erarbeitung der 1901 erschienenen Monographie von Pernice und Winter ändert sich dieser Eindruck, weil nun alle Stücke einer ausführlichen Beurteilung unterzogen werden. Das Verhältnis von Guß- und Treibarbeiten scheint sich ‚umzudrehen’. Nur für eine Minderzahl der Stücke wird nun Treib- bzw. Schmiedearbeit angenommen. Gefäßfüße werden pauschal als gegossen bezeichnet268.

Ähnliches gilt für den großen Kantharos HI 63, der zunächst von Holzer als Treibarbeit bezeichnet wird: „Obgleich getriebene Arbeit, ist doch die Aussenfläche des Kraters [des großen Kantharos HI 63] ganz glatt […].“261 Pernice und Winter dagegen beschreiben das Stück 1901

Die Gefäße können aber auch aus mehreren Teilen unterschiedlicher Technik aufgebaut sein, wie z.B. die drei Emblemschalen HI 2-4 aus vermeintlich gegossenen Schalen und geschmiedeten Emblemen. Nach Pernice/ Winter 1901 sowie anderen Autoren sollen diverse Scha-

255

Siehe Kap. 5. 3. 1. 2. 3. Gehrig 1967a, 9 und 1980, 8. 257 Hitzl u.a. 1997, 35. – Kurzmann 1998. – M.Y. Treister, Hammering techniques in Greek and Roman jewellery and toreutics. Colloquia Pontica 8 (Leiden, Boston, Köln 2001), bes. 319 mit ausdrücklichem Hinweis auf Ippel 1937. 258 A.A. 2. 1868, 799. – Lessing 1892, 24-25. 259 Winter 1897, 121. 260 Eine Ausnahme ist B. Andreae, Die Römische Kunst (Freiburg, Darmstadt 19731., 19992.) 483/471: „Getriebenes Silber.“ 261 Holzer 1870, 66. 256

262

Pernice/Winter 1901, 65. – Kat. Blume [nach 1905] 65. – Buhlers/Rubensohn 1913, 21. – Hitzl u.a. 1997, 76. – Erdrich 2002, 89. 263 Pernice/Winter 1901, 68. 264 Bruns 1953, 37. 265 Siehe Kap. 10. 1. 3. 9. mit Abb. 147. 266 La Baume 1971, 132. – Hitzl u.a. 1997, 80 u. 81. – Erdrich 2002, 89. 267 Pernice/Winter 1901, 17. 268 Holzer 1870, 89. – Pernice/Winter 1901, 16.

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Pernice/Winter 1901 postulieren für die beiden Blattstabbecher HI 7 und 8 den Einstückguß, also jeweils des Hohlkörpers mitsamt Fuß, was von nachfolgenden Autoren übernommen wird272. Das separat vorliegende Cantharus-Griffpaar HI 17 und 18 wird erst von Gehrig 1967/ 1980 als gegossen bezeichnet. Pernice/Winter 1901 erwähnen nur, daß Blätter und Stiele einzeln gearbeitet und aufgelötet seien273.

len, Näpfe, Platten und sonstige Gefäße gegossen worden sein. Ausschließlich Guß als die wesentliche formgebende Technik wird postuliert für die Schalen mit Herakles-, Kybele- und Attis-Emblemen HI 2-4, die beiden Blattstabbecher HI 7 und 8, die vier Griffe HI 15-18, die sechs Efeubecher unterschiedlicher Größe HI 20-25, die glatten Näpfe in drei Größen und mit zwei verschiedenen Randgestaltungen HI 27-35, den cyathus HI 36, alle Teile des Löwennapfes HI 37, den Griff HI 39, den Fuß HI 41, Griff, Mündungs- und Schulterring der Kanne HI 44, die jeweils drei Rankentabletts und ovalen Platten HI 48-53, die Teile des kleinen Dreifußes HI 54, den Griff HI 55, Teile des Kandelabers HI 56 und des Klapptisches HI 57a, die beiden Platten mit reliefierten Rändern HI 58 und 59, die Platte HI 61, den Eimer HI 64, die vier Kasserollen HI 69-72 und die Platte HI 73269. Die Fragmente der rechteckigen Riefelschüssel HI 65 und der Fuß des Zehnmaskenbechers 1 HI 13 werden nur in einer ersten Zusammenstellung bei Pernice und Winter 1901 als Gußstücke bezeichnet270.

Auch für die vier großen, die beiden kleinen Efeubecher und den einzelnen Fuß HI 20-26 wird beginnend mit Pernice/Winter 1901 einheitlich der Guß als formgebende Herstellungstechnik angegeben; gleiches gilt für die drei Dreiersets undekorierter Näpfe unterschiedlicher Größe HI 27-35274. Bei den Teilstücken des cyathus HI 36 und des Löwentatzennapfes HI 37 herrscht Einigkeit über die Anfertigung im Gußverfahren. Dafür sprechen beim cyathus die Dickwandigkeit, bei seinem Griff große Gußfehler eine eindeutige Sprache275. Zu den Fragmenten eines Gefäßgriffes mit geflügeltem Löwenkopf HI 39 und den beiden Griffen unbekannter Verwendung HI 42 und 43 gibt es nur von Lang und Hitzl u.a. 1997 Anmerkungen zur deren Herstellungstechnik, den Guß. Lang beschreibt den fragmentierten Griff HI 39 als ‚Paradebeispiel’ für den Guß eines Objektes „sehr nahe an [seinen] Endzustand“276; von den Griffen HI 42 und 43 heißt es nur kurz, sie seien gegossen277.

Die Schalen mit Herakles-, Kybele- und Attis-Emblemen HI 2-4 wurden von Pernice/Winter 1901 als gegossen bezeichnet, die Embleme selbst als getrieben271. Die Herstellung der Schalen im Gußverfahren wird in der nachfolgenden Literatur nur von wenigen Autoren übernommen. Auch im herstellungstechnischen Sinne lag das Hauptinteresse bei den Emblemen.

Die noch erhaltenen Fragmente der Kanne HI 44 werden z.T. als gegossen, z.T. als getrieben bezeichnet. Daß der in Fragmente zerbrochene Griff ein Gußstück ist, ist angesichts der offen sichtbaren Gußlunker und Gußhautreste unzweifelhaft: „[…] der Griff (muss) zu einem Gussgefäss gehört haben.“278 Den Mündungsrand mit Eierstab und den Schulterring mit Blattstab beschreiben erst Hitzl u.a. 1997 als Gußarbeiten, wobei bedacht werden muß, daß beiden ‚Dekorringe’ als oberer und unterer Abschluß des Halsteils ursprünglich ein zusammengehörendes Gefäßelement gebildet haben279.

269

Zu HI 2: Pernice/Winter 1901, 25, Drexel/Bersu 1930, 28, Hitzl u.a. 1997, 36. – Zu HI 3 u. 4: Pernice/Winter 1901, 26, Hitzl u.a. 1997, 38 u. 39. – Zu HI 7 u. 8: Pernice/Winter 1901, 30, Hitzl u.a. 1997, 42, Erdrich 2002, 84; Pernice/Winter 1901, 42, Köster 1923, 11, Drexel/Bersu 1930, 26, Hitzl u.a. 1997, 5053. – Zu HI 15 u. 16: Hitzl u.a. 1997, 45. – Zu HI 17 u. 18: Hitzl u.a. 1997, 49. – Zu HI 27-35: Pernice/Winter 1901, 42-43, Hitzl u.a. 1997, 54-56, Lang 1997, 159, Kurzmann 1998. – Zu HI 36: Pernice/Winter 1901, 43, Buhlers/Rubensohn 1913, 22, Köster 1923, 11, Hitzl u.a. 1997, 60, Lang 1997, 161 u. 165. – Zu HI 37: Pernice/Winter 1901, 44, Köster 1923, 11, Hitzl u.a. 1997, 60, Lang 1997, 159. – Zu HI 39: Hitzl u.a. 1997, 61, Lang 1997, 161. – Zu HI 42 u. 43: Hitzl u.a. 1997, 62, Lang 1997, 156. – Zu HI 41: Pernice/Winter 1901, 46, Hitzl u.a. 1997, 45. – Zu HI 44: Pernice/Winter 1901, 46, Hitzl u.a. 1997, 63. – Zu HI 48-50: Buhlers/Rubensohn 1913, 25, Lang 1997, 161. – Zu HI 51-53: Pernice/Winter 1901, 51-52, Buhlers/Rubensohn 1913, 25, Hitzl u.a. 1997, 67. – Zu HI 54: Pernice/Winter 1901, 50, Buhlers/Rubensohn 1913, 23, Drexel/Bersu 1930, 27, Hitzl u.a. 1997, 69, Erdrich 2002, 90. – Zu HI 55: Pernice/Winter 1901, 52. – Zu HI 56: Holzer 1870, 23. – Zu HI 57: Holzer 1870, 18, Winter/Pernice 1899, 121, Pernice/Winter 1901, 54, Buhlers/ Rubensohn 1913, 23, Hitzl u.a. 1997, 71. – Zu HI 58 u. 59: Buhlers 1898, 28, Pernice/Winter 1901, 58, Buhlers/Rubensohn 1913, 26, Köster 1923, 10, Seyrig 1952 (siehe Anm. 79) 219, La Baume 1971, 134, Hitzl u.a. 1997, 72. – Zu HI 60: Hitzl u.a. 1997, 74. – Zu HI 61: Pernice/Winter 1901, 60, Hitzl u.a. 1997, 74. – Zu HI 63: Pernice/Winter 1901, 65, Buhlers/Rubensohn 1913, 21, Hitzl u.a. 1997, 76, Erdrich 2002, 89. – Zu HI 64: Pernice/Winter 1901, 65-66, Hitzl u.a. 1997, 78. – Zu HI 66 u. 67: Bruns 1953, 37, La Baume 1971, 132, Hitzl u.a. 1997, 80-81, Erdrich 2002, 89. – Zu HI 68: Buhlers/Rubensohn 1913, 28. – Zu HI 69-72: Pernice/Winter 1901, 71-72, Graeven 1902b, 505, Hitzl u.a. 1997, 83-86. – Zu HI 73: Hitzl u.a. 1997, 86. 270 Pernice/Winter 1901, 16. 271 Pernice/Winter 1901, 25 u. 26.

Bei den Rankentellern HI 48-50 entziehen sich Pernice/ Winter 1901 einer Beurteilung zur Herstellungstechnik; nur für die ovalen Platten HI 51-53 wird Guß als formgebende Methode angegeben: „Drei zu einer Garnitur gehörige gegossene Teller […] sind in dickem Silber hergestellt [...].“280 Wie beim cyathus HI 36 und den unverzierten Näpfen HI 27-35 scheint schon die Dickwandigkeit als Kriterium für die Ansprache als Gußstück aus272

Pernice/Winter 1901, 30; danach E. Künzl 1988a, 578, Hitzl u.a. 1997, 42, Erdrich 2002, 84. 273 Pernice/Winter 1901, 41. – Gehrig 1967, 27/1980, 22. 274 Zu HI 20-26: Pernice/Winter 1901, 42; danach Köster 1923, 11, Drexel/Bersu 1930, 26, Bruns 1946, 43, Kat. Toledo 1977, 129, Hitzl u.a. 50-53. – Zu HI 27-35: Pernice/Winter 1901, 42; danach Hitzl u.a. 1997, 54. 56-57. 275 Pernice/Winter 1901, 43-44 zu HI 36 u. 44 zu HI 37. 276 Lang 1997, 161. 277 Hitzl u.a. 1997, 62. – Lang 1997, 156. 278 Pernice/Winter 1901, 46 nach Holzer 1870, 103. 279 Hitzl u.a. 1997, 63. 280 Pernice/Winter 1901, 51-52; danach Buhlers/Rubensohn 1913, 25, Hitzl u.a. 1997, 67.

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sind287. Die Platte HI 61 mit den ‚antiken’ Reparaturen und die Teile des Eimers HI 64 sind nach Pernice/Winter 1901 durch Guß geformt; für die Platte HI 73 wird dies von Hitzl u.a. 1997 als wahrscheinlich angenommen288.

reichend gewesen zu sein. Auch die ursprünglich sieben Teile des kleinen Dreifußes HI 54, nämlich die Platte, drei Beine und drei Basen, werden einheitlich als gegossen bezeichnet; vom einzelnen cyathus-Griff HI 55 wird nur kurz erwähnt, daß er gegossen sei281.

In Bezug auf die Herstellungstechniken der vier Kasserollen HI 69-72 haben sich im Wesentlichen Pernice/ Winter 1901 und Hitzl u.a. 1997 z.T. konträr geäußert. Kasserolle 1 HI 69 wird von allen Autoren als gegossen bezeichnet; Hitzl u.a. 1997 vermuten den Guß von zwei Einzelteilen, die hart miteinander verlötet worden sein müßten289. Kasserolle 2 HI 70 besteht als einzige tatsächlich aus zwei Einzelteilen, die durch Weichlot miteinander verbunden waren, so daß auch beide Teile als separat gegossen angesprochen werden290. Bei Kasserolle 3 HI 71 vermuten alle Autoren einen separaten Guß von Hohlgefäß und Griff, Hitzl u.a. 1997 auch noch den des Standringes mit anschließender Verlötung beider bzw. der drei Teile291. Kasserolle 4 HI 72 ist nach Hitzl u.a. 1997 komplett gegossen292. Bei der in zwei Teilen vorliegenden Kasserolle 2 HI 70 ist der Stückguß offensichtlich, nicht aber für die beiden Kasserollen 1 und 3 HI 69 und 71, für die Hitzl u.a. 1997 bzw. Pernice/Winter 1901 und Hitzl u.a. 1997 ebenfalls den Guß von Teilstücken mit anschließender Hartverlötung annehmen, auch wenn diese keine Hinweise auf Fügungen aufweisen. Möglicherweise haben die auch an den Griffansätzen fortgeführten Randkonturen in Form eingeschnittener Riefen oder Absätze zu einer Interpretation als Lötfugen geführt. Bei Kasserolle 4 HI 72 ist auf jeglichen Drehdekor verzichtet worden, so daß sich eine ‚Lötfuge’ zwischen Griff und Hohlkörper nicht andeutet. Dementsprechend ist dieses Stück als auch Komplettguß ‚identifiziert’ worden.

Für die drei noch erhaltenen Teile des Kandelabers HI 56 macht nur Holzer 1870 Angaben zu den Herstellungstechniken; Fuß und Palmettenabdeckung werden als gegossen, der Lampenteller als getrieben bezeichnet: „Der Fuss [...] besteht aus zwei Stücken, dem massiv gegossenen und nachciselirten Dreifusse und der ebenfalls gegossenen dreitheiligen Palmette, welche aufgelöthet war. [...] Die Platte [...] ist [...] von getriebener Arbeit [...].“282 Auch der Klapptisch HI 57a ist aus Elementen zusammengesetzt, die in unterschiedlichen Techniken angefertigt wurden. Die Hermen und Löwentatzenfüße als obere und untere Abschlüsse der Beine werden schon von Holzer als gegossen erkannt, wobei er sie für Bronze hält; die fragmentierten Schäfte werden als Schmiedearbeiten bezeichnet: „An der Herme des Dreifusses sind wesentlich drei Theile zu unterscheiden: die gegossene Büste mit ihrer Verlängerung nach oben, die in den Kugelzapfen endigt, zweitens der Fuss der Herme, der gleichfalls gegossen, und drittens der Schaft, welcher hohl und von Silber getrieben ist.“283 Zu den Verbindungsstangen aus breiten Silberstreifen widersprechen sich Pernice und Winter selbst: 1899 werden sie als getrieben bezeichnet, 1901 dagegen als ebenfalls gegossen284. Die beiden Platten mit reliefierten Rändern HI 58 und 59 werden einheitlich als durch Guß hergestellt bezeichnet. Uneinigkeit herrscht in Bezug auf die Ausarbeitung des Reliefdekors. Wieseler 1868a vermutet eine Ausarbeitung der Reliefs durch Stempelung von der Unterseite her: „Von dem interessanten Hochrelief auf dem horizontalen Rande des einen flachen Tellers, bestehend in Blattarabesken und papageienartigen und anderen Vögeln und Eichhörnchen [...], wird mir berichtet, dass es von unten durchgestempelt und nachciselirt ist.“285 Holzer 1870 meint, die Reliefränder seien separat gearbeitet und aufgelötet worden: „In der Ausführung zeigt sich diese elegante Bordüre [...] als dünnes Silberblech, das von unten durchgestempelt, dann aussen nachciselirt und schliesslich auf den Rand der Platte aufgelöthet ist.“286 Pernice/Winter 1901 und etliche nachfolgende Autoren sind dagegen der Ansicht, daß die Reliefs schon im Wachsmodell angelegt waren und mitgegossen worden

Pernice/Winter 1901 vermuten den separaten Guß der voluminösen Ränder mit anschließender Verlötung an den doppelwandigen Bechern HI 5 und 6, 9-14, 19 und dem Kratereinsatz HI 62, was im Weiteren von diversen Autoren unkritisch übernommen wird: „Nur der starke obere Rand ist, wie bei den Bechern gewöhnlich, für sich gegossen und an den Einsatz angelötet“293.

281

Pernice/Winter 1901, 50. Die eine erhaltene Basis scheint zum Zeitpunkt der Manuskripterstellung noch nicht als zum kleinen Dreifuß zugehörig erkannt gewesen zu sein. So ist das Gerät auf Taf. 25 auch ohne diese abgebildet. Die drei Basen werden erst von Hitzl u.a. 1997, 69 und Erdrich 2002, 90 erwähnt. – Pernice/Winter 1901, 52. 282 Holzer 1870, 23. 283 Holzer 1870, 18-19; danach Winter/Pernice 1899, 121-122, Buhlers/Rubensohn 1913, 23, Hitzl u.a. 1997, 71. 284 Winter/Pernice 1899, 122; Pernice/Winter 1901, 54. 285 Wieseler 1868a, 22 Anm. 1. 286 Holzer 1870, 98.

287

Pernice/Winter 1901, 58; danach Buhlers/Rubensohn 1913, 26, Seyrig 1952, 219, La Baume 1971, 134, Hitzl u.a. 1997, 72. 288 Zu HI 61 u. 64: Pernice/Winter 1901, 60 u. 65-66; danach Hitzl u.a. 1997, 74 u. 78. – Zu HI 73: Hitzl u.a. 1997, 73. 289 Pernice/Winter 1901, 71-72. – Hitzl u.a. 1997, 83. 290 Pernice/Winter 1901, 72. – Hitzl u.a. 1997, 84-85. 291 Pernice/Winter 1901, 72. – Hitzl u.a. 1997, 85. 292 Hitzl u.a. 1997, 85-86. 293 Pernice/Winter 1901, 28 sowie 31, 32, 34, 35, 37, 41. 62. – Danach Drexel/Bersu 1930, 27 u. Hitzl u.a. 1997, 40. 43. 44. 45. 46. 48. 75.

39

herrscht: „Ganz vortrefflich ist der Kopf herausgearbeitet – ein Meisterstück der Treibkunst“297.

4. 1. 2. Schmieden und Treiben „Zu bewundern ist noch die Geschicklichkeit im Treiben von Silbersachen, die man in der Zeit des Kaisers Augustus gehabt hat. Gerade in dieser Art der Technik liegt ein großer Unterschied mit dem gegossenen Metallgeräth. Wo wir bei letzterem ein ganz genaues Wiederkehren des Ornamentes nach dem Modell finden, bleibt bei ersterem dem geschickten Arbeiter immer freier Spielraum zur Ausführung irgend einer Verbesserung oder eines ihm zur rechten Zeit kommenden guten Einfalles. Die Einförmigkeit, welche durch den Guß bedingt ist, hört auf, und wenn wir das getriebene Ornament länger betrachten, so finden wir immer wieder ein pikantes Stück oder eine neue Variation.“294

Die doppelwandigen, außen reliefverzierten Becher und Schalen HI 5 und 6, 9-14 und 19 werden einheitlich als Produkte von Schmiede- und Treibarbeit angesehen298. An alle diese Gefäße sollen nach Pernice und Winter 1901 separat gegossene voluminöse Mündungsränder angelötet gewesen sein. Zu dieser Ansicht stellt erst Lang 1997 eine Gegenthese auf, allerdings nur zum Rand des Sechsmaskenbechers HI 12. Danach soll dieser durch Umbördeln entstanden sein299. Das mit Blättern reliefierte Fragment des Kannenkörpers HI 44 und die drei Ententeller HI 45-47 sind einheitlich als Treibarbeiten bezeichnet worden: „Diese Abweichungen [in den Maßen] erklären sich daraus, dass die Teller bei der Formgebung im Groben nicht gegossen, sondern geschmiedet sind“300. Lang 1997 weist auf die oberflächlichen Materialverluste hin, die sie als Hinweis auf Schmiedetechnik deutet: „Der Teller [HI] 46 scheint auch durch Bearbeitung geformt worden zu sein. Spaltenbildung erschien an zwei Ecken und einiges Metall war überfaltet und auf der Kante der schmalen Seite eingearbeitet.“301

Folgende Gefäße und Gefäßteile werden als Schmiedeoder Treibarbeiten bezeichnet: die Embleme der Schalen HI 2-4, die jeweils zwei Schalenteile der Rankenbecher HI 5 und 6, des Girlandenbechers HI 10, des Viermaskenbechers HI 11, des Sechsmaskenbechers HI 12, der beiden Zehnmaskenbecher HI 13 und 14, des Buckelnapfes HI 19 (Abb. 23), der Corpus der Kanne HI 44, die drei Ententeller HI 45-47, der Teller des Kandelabers HI 56, der nicht mehr erhaltene Schaft des Kandelabers HI 56, die fragmentierten erhaltenen Beine und die Platte des Klapptisches HI 57b sowie der Einsatz des Rankenkraters HI 62b (Abb. 24)295. Die beiden Platten HI 59 und HI 73 werden nur in einer ersten Zusammenstellung bei Pernice/Winter 1901 als Treibarbeiten bezeichnet296.

4. 2. Verbindungstechniken Schon gleich nach der Auffindung ist von Wieseler eine Analyse von Lotresten in Auftrag gegeben worden, die Zinn, also Weichlot ergeben hat302. Die Hartlötungen z.B. an den Griffen und am Emblem der Athena-Schale HI 1, den Füßen der Blattstabbechern HI 7 und 8, am Griff des Girlandenbechers HI 10 und an den Griffpaaren HI 15-18 sind dagegen nicht beachtet worden. Erst Pernice/Winter 1901 machen eine deutliche Unterscheidung zwischen Hart- und Weichlötung: „Hart- und Weichlötung sind in ausgedehntem Masse angewendet. Bestimmte Grundsätze für die Anwendung der einen oder der anderen Form lassen sich nicht aufstellen. Im Allgemeinen sind Füsse, Henkel und alle Arten von Schmuckteilen an den Schalen und Tellern durch Weichlötung mit Zinn befestigt [...]. Andrerseits ist aber beispielsweise an der Kelle [HI 71,

Bei den drei Emblem des Herakles, der Kybele und des Attis hat, im Gegensatz zum Athena-Emblem, immer Einigkeit über deren Herstellung im Treibverfahren ge-

294

Uhde 1869, 68. – Siehe die Rankenbecher HI 5 u. 6, die Zehnmaskenbecher HI 13 u. 14 u. die Platten HI 58 u. 59. 295 Zu HI 2: Holzer 1870, 43, Buhlers 1898, 13, Graeven 1902a, 174, Kat. Blume [nach 1905] 6, Drexel/Bersu 1930, 28, Gregarek 1997, 92. – Zu HI 3 u. HI 4: Holzer 1870, 54, Pernice/ Winter 1901, 26, Kat. Blume [nach 1905] 7, Hitzl u.a. 1997, 3839. – Zu HI 5 u. 6: Lessing 1892, 25, Pernice/Winter 1901, 28, Drexel/Bersu 1930, 27, Hitzl u.a. 1997, 40. – Zu HI 9: Lessing 1892, 25, Pernice/Winter 1901, 31, Hitzl u.a. 1997, 43. – Zu HI 10: Pernice/Winter 1901, 32, Kat. Blume [nach 1905] 15, Drexel/Bersu 1930, 27, Hitzl u.a. 1997, 44. – Zu HI 11: Holzer 1870, 73, Pernice/Winter 1901, 34, Hitzl u.a. 1997, 45. – Zu HI 12: Pernice/Winter 1901, 35, Hitzl u.a. 1997, 46. – Zu HI 13 u. 14: Holzer 1870, 85-86, Buhlers 1898, 8, Lessing 1892, 25, Pernice/Winter 1901, 37, Drexel/Bersu 1930, 27, Hitzl u.a. 1997, 46-48. – Zu HI 19: Pernice/Winter 1901, 41, Kat. Blume [nach 1905] 18, Buhlers/Rubensohn 1913, 28, La Baume 1971, 134, E. Künzl 1988a, 578, Kurzmann 1998. – Zu HI 44: Buhlers/Rubensohn 1913, 18. – Zu HI 45-47: Pernice/Winter 1901, 47, Buhlers/Rubensohn 1913, 25, Drexel/Bersu 1930, 27, Kat. Toledo 1977, 129. – Zu HI 57: Holzer 1870, 18-19, Winter/Pernice 1899, 121-122, Buhlers/Rubensohn 1913, 23, Hitzl u.a. 1997, 71. – Zum Einsatz HI 62: Pernice/Winter 1901, 61, Pernice 1925, 101, Drexel/Bersu 1930, 26, Bruns 1946, 40, La Baume 1971, 131, Gregarek 1997, 91, Hitzl u.a. 1997, 75, Erdrich 2002, 89. 296 Pernice/Winter 1901, 16.

297

Buhlers 1898, 13 zum Herakles-Emblem. Pernice/Winter 1901, 28 zu HI 5 u. 6; danach Drexel/Bersu 1930, 27 u. Hitzl u.a. 1997, 40. – Pernice/Winter 1901, 31 zu HI 9; danach Hitzl u.a. 1997, 43. – Pernice/Winter 1901, 32 zu HI 10; danach Drexel/Bersu 1930 27 u. Hitzl u.a. 1997, 44. – Pernice/Winter 1901, 34 zu HI 11; danach Hitzl u.a. 1997, 45. – Pernice/Winter 1901, 35 zu HI 12; danach Hitzl u.a.1997, 46. – Pernice/Winter 1901, 37 zu HI 13 u. 14; danach Drexel/Bersu 1930, 27 u. Hitzl u.a. 1997, 46 u. 48. – Pernice/Winter 1901, 41 zu HI 19; danach Buhlers/Rubensohn 1913, 28, La Baume 1971, 134 u. E. Künzl 1988a, 578. 299 Lang 1997, 159. 300 Pernice/Winter 1901, 47 zu HI 45-47; danach Drexel/Bersu 1930, 27, La Baume 1971, 141 u. Kat. Toledo 1977, 129. 301 Lang 1997, 160. 302 Wieseler 1868a, 25 Anm. 1; danach Holzer 1870, 7. – Siehe Kap. 11. 3. 2. 298

40

…] der Griff hart angelötet.“303 In den Beschreibungen der einzelnen Objekte unterscheiden Pernice und Winter dann nicht mehr zwischen Hart- und Weichlötung. Das Hartlot an den Griffen HI 17 und 18 wird von Lang erstmals erwähnt304. Als mechanische Verbindungen werden bei Pernice/Winter 1901 die Krampenfassungen der Herakles-, Kybeleund Attis-Embleme in ihren Rahmen erwähnt (Abb. 30): „Das Emblem […] ist von der Wandung der Schale durch einen profilierten Ring abgesetzt, der nicht auf die Emblemscheibe aufgelötet, sondern durch kleine über die Rückseite der Scheibe geklemmte Zapfen oder Zungen befestigt ist, die aus einer schmalen auf der Innenseite des Ringes sitzenden Randleiste hervorkommen“305. Als weitere Verbindungstechnik wird beim Klapptisch HI 57a das Nieten erwähnt: „Nietung ist allein bei dem grossen Tischgestell angewendet worden und zwar eine doppelte Nietung, einmal als feste Verbindung an den Führungsstangen und als Gelenk an dem verstellbaren Stabwerk.“306

römischen Stücken des Fundes auf drei feine Flechtbandstreifen, welche an den beiden Füssen mit dem Namen des Bocchus [HI 40 u. 41] und im Innern der kleinen Kelle [HI 36, …] angebracht sind.“310 Auch noch bei Lang 1997 werden die Abdrücke von Formpunzen auf den Ententellern HI 45-47 als Gravuren mißverstanden311. Dabei hat schon Holzer die Verwendung von Punzen für die Dekorausarbeitung an den konischen Gefäßteilen HI 66 und 67 erkannt: „Die Thiere in den Friesen sind nur ganz flach erhaben getrieben, und dann im Contur sowie in der übrigen Zeichnung von aussen mit Stempeln bearbeitet; [...]. Das vegetabile Ornament ist nicht erhaben und nur von aussen mit der Bunze bearbeitet [...].“312 Buhlers/Rubensohn 1913 erkennen, daß Perl- und Eierstab an der Platte HI 58 mit Formpunzen angebracht sind, Pernice und Winter die Punzierung des Randdekors an der Platte HI 61: „Ein feiner Eierund Perlstab ist dann nachträglich noch eingepunzt worden“ und „Ihr nach oben umgebogener Rand ist mit Riefeln versehen, die nach dem Guss mit dem Punzen eingehämmert sind.“313

4. 3. Dekortechniken

4. 3. 2. Exkurs 1 zum Ziselieren und Gravieren

4. 3. 1. Ziselieren, Gravieren und Punzieren

4. 3. 2. 1. Begriffsbestimmungen

In der frühen Literatur werden die Begriffe Treiben und Ziselieren annähernd identisch gebraucht: „In der Arbeit an den Gefässen unterscheidet man: getriebene, gegossene und ciselirte. Mit getriebenem Bildwerk verzierte oder caelirte Stücke sind insbesondere die Gefässcrusten mehrerer Becher und einer Hydria, dann die Reliefs (emblemata) auf dem Boden der Prunkschalen.“307 Ein Nachziselieren feiner Details kann auch bei gegossenen massiven Objekten durchgeführt werden: „Die Herstellung [...] ist durch Guß geschehen und der hübsch ornamentierte Rand durch Ciselierung verschönt.“308

In der archäologischen Literatur werden die technischen Begriffe des Gravierens und Ziselierens häufig mißverständlich gebraucht. Ziselieren und Gravieren sind Bezeichnungen für Metallbearbeitungs- bzw. -dekortechniken, die technisch gesehen von feststehender Bedeutung sind. So ist das Ziselieren eine spanlose Verformungstechnik, bei der längliche Ziselier- oder Linierpunzen eingesetzt werden. Die Punzen werden beim Arbeiten mit der einen Hand locker über die Metalloberfläche geführt, während mit der anderen Hand mit Hilfe eines Ziselierhammers kurze Schläge auf das obere Ende der Punze ausgeführt werden. So können feine, gleichmäßig breite Linien erzeugt werden. Beim Ziselieren bleibt alles Metall erhalten, es wird lediglich aus seiner Ursprungslage verdrängt. So können sich bei stärkerwandigen Metallteilen seitlich der ziselierten Linien leichte Grate aufwölben. Bei dünneren Metallstärken dagegen schlägt sich die Linie als ‚Positivrelief’ auf die Rückseite durch, wie dies z.B. für eine Halbkugelschale aus dem sog. MorgantinaFund, datiert ins 3. Jh. v.Chr., eine Merkurschale im Schatzfund von Berthouville, F und eine Dellenschale im Fund von Notre-Dame-d’Allençon, F, beide datiert ins 3. Jh. n.Chr., belegt ist314. Dies ist aber nicht immer der Fall,

Die tatsächlich ziselierten und punzierten Dekore insbesondere an der Herakles-Schale HI 2, den konischen Gefäßen HI 66 und 67 und der Eierschalenpatera HI 68 werden als Gravuren bezeichnet: „Im Innern auf dem Boden der Schüssel befindet sich eine leichte Gravirung, [..., die] in dem Originale mit dem Stichel von flüchtiger und sicherer Hand eingeritzt ist“, „Seine [der Ornamentstreifen in der Schale HI 2] Dekoration [ist] in Gravierung [...] ausgeführt [...]“ und „Alle Rankenornamente sind graviert und gepunzt.“309 Bei Pernice/Winter 1901 werden Gravieren und Punzieren verwechselt: „Die Gravierung zur Herstellung eines selbständigen Ornaments beschränkt sich bei den sicher

310

Pernice/Winter 1901, 18. Lang 1997, 161. 312 Holzer 1870, 69. 313 Buhlers/Rubensohn 1913, 26 zu HI 58 u. Pernice/Winter 1901, 60 zu HI 61. 314 D.v. Bothmer, A Greek and Roman treasury. Bull. Metropolitan Mus. Art (New York 1984), bes. 57 Kat. 97 (der ziselierte Dekor auch hier als „engraved“ beschrieben); A.L. Slayman, The Morgantina hoard. Archaeology, May/June 1998, 40-41; G. Platz-Horster 2003 (siehe Anm. 245) Taf. 39,1. – Kat. Paris 1989, 90-91 Kat. 22. – F. Baratte, Le trésor d’argenterie galloromaine de Notre-Dame-d‘Allencon, Maine-et-Loire. Gallia suppl. XL (Paris 1981) 49-53 Kat. 20 mit Taf. 21; B. Niemeyer, Die 311

303

Pernice/Winter 1901, 17. – Tatsächlich sind weder die Gefäßränder noch die Kasserolle 3 HI 71 hart verlötet. 304 Lang 1997, 159. 305 Pernice/Winter 1901, 25 zu HI 2 sowie 27 zu HI 3 u. 4. 306 Pernice/Winter 1901, 18. 307 Holzer 1870, 6. 308 Buhlers 1898, 28 zu HI 58. 309 Holzer 1870, 99 zu HI 68 sowie Pernice/Winter 1901, 25 zu HI 2 u. Buhlers/Rubensohn 1913, 18 zu HI 66 u. 67.

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Bei Pernice/Winter 1901 wird der Terminus Gravierung zunächst im richtigen Wortsinn als Wegschneiden von Metall beschrieben: „Die Gravierung zur Herstellung eines selbständigen Ornaments beschränkt sich bei den sicher römischen Stücken des Fundes auf drei feine Flechtbandstreifen, welche an den beiden Füssen mit dem Namen des Bocchus und im Innern der kleinen Kelle [HI 40, 41 u. 36, …] angebracht sind. Häufig dagegen tritt sie als Vervollständigung der getriebenen und gegossenen Arbeiten auf. Die feinsten Linien [...] sind mit dem Grabstichel geschnitten. Eine grössere Fläche, die ganz mit gravierten Mustern als einzige Verzierung bedeckt ist, weist nur die Eierschale auf [...].“318 Zwar sind die als graviert benannten Dekore tatsächlich ziseliert, die Flechtbänder teilweise ziseliert und teilweise mit Formpunzen ausgearbeitet, trotzdem ist der Begriff der Gravierung hier in der technisch korrekten Bedeutung verwendet worden. Wirklich spanabhebende Gravur ist an den Stücken des Hildesheimer Silberfundes aber nur äußerst selten zu beobachten. Der Satzanfang „Die feinsten Linien, die hier mit dem Punzen nicht wohl eingezogen werden konnten [...]“ belegt, daß Pernice und Winter der Unterschied zwischen Gravieren und Ziselieren bewußt war. Trotzdem wird im Anschluß an die richtige Verwendung des Terminus ‚Gravur’ derselbe auch für das Ziselieren verwendet: „Eine besondere Art von Gravierung ist an den Ententellern [HI 45-47], dem vollständig erhaltenen Humpen [HI 66], der Schale, in welcher das Heraklesemblem eingesetzt ist [HI 2] und dem Kellengriff mit der Inschrift des M. Aurelius [HI 71] zu beobachten [...]. Bei diesen ist das Ornament nicht mit dem Grabstichel eingeschnitten, sondern durch grobes Einziehen der Konturen mit dem Punzen entstanden.“319

denn bei dickerwandigen Stücken kann das rückseitige Positivrelief auch durch nachträgliches Abdrehen auf der Drehbank beseitigt worden sein, wie z.B. bei drei Kylikes aus dem Schatzfund von Paternò, datiert ins 4. Jh. v. Chr.315 In engen Kurven wird der Unterschied zum Gravieren deutlich: beim Ziselieren fiedert die Linie aus, d.h. es entsteht ein fächerförmiger ‚Schatten’ einzelner Punzenabschläge jenseits der Kurve wie z.B. bei den Schlangenschuppen auf dem Herakles-Emblem. Beim Gravieren ist dies dagegen nicht der Fall, weil das Gravieren eine spanabhebende Metallbearbeitungstechnik ist. Die Bahnen der Gravierstichel können spitz, rund oder kantig geformt sein, sind aber alle an der Schneide scharf angeschliffen, um Metall aus der Oberfläche herausschneiden zu können. Bei gleichmäßiger Ausführung können an den Schnittkanten feine parallele Schnittspuren entstehen, die in frischem Zustand spiegelnde Effekte erzeugen. Die Handgravur wird allein mit Muskelkraft ausgeführt, wenn der Stichel in einem Heft montiert ist. Bei Einsatz eines Hammers zum Vorantreiben der Stichelschneide darf der Stichel nicht mit einem Heft versehen sein, sondern muß am Ende eine Schlagfläche aufweisen. Diese Technik wird als Meißeln bezeichnet. Dabei können in der Schnittbahn Absätze entstehen, die die einzelnen Schnittstrecken anzeigen (Abb. 25 u. 26). Beim Gravieren entsteht eine eingetiefte, gleichmäßig breite Linie, die aber weder sich seitlich aufwölbende Kanten aufweist noch sich als Positivrelief auf die Unterseite des Metallblechs durchschlägt316. Auch in den Kurven bleibt eine gravierte Linie gleich breit; Ausfiederungen bilden sich nicht. 4. 3. 2. 2. Dekorziselieren bei den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes

Bis in die jüngste Zeit sind die technischen ‚Vorgaben’ von Pernice/Winter 1901 und früherer Autoren unkritisch übernommen worden, auch in Bezug auf die fälschliche Ansprache des Ziselierens als Gravur. Dies wird insbesondere bei der Charakterisierung der sog. gallo-römischen Gefäßgruppe durch die Dekortechnik der ‚Gravur’ deutlich, die Pernice und Winter aufgrund der vermeintlich gravierten Dekore chorologisch und chronologisch aus dem Fundkomplex ausgesondert haben. Die Gefäßgruppe bestehend aus Herakles-Schale HI 2, den Rankenbechern HI 5 und 6, den Ententellern HI 45-47, den runden Platten mit Rankenrand HI 58 und 59, den konischen Gefäßen HI 66 und 67 sowie der Eierschale HI 68 wird gallo-römischen Werkstätten zugeschrieben und zusammen mit Kasserolle 3 HI 71 ins 2. Jh. datiert.

Auch beim Hildesheimer Silberfund ist es bei der allgemeinen Beschreibung der Metallbearbeitungstechniken von Beginn an zu einer Verwirrung in der Verwendung des Begriffes ‚Gravur’ gekommen, wobei es sich in allen Fällen tatsächlich nicht um gravierte, sondern um ziselierte Dekore handelt. Schon Schreiber 1894 hat als Erklärung für das Ziselieren, also die spanlose Technik des feinen Treibens, eine Beschreibung spanabhebender Methoden gegeben: „Schliesslich giebt das Schneiden des Metalls, die eigentliche Toreutik, die Behandlung der Oberfläche mit Meissel, Feile und Grabstichel, die wir jetzt „Ciseliren“ nennen, dem Werke die letzte Vollendung.“317

Der technische Begriff der ‚Gravur’ wird hier für die Bezeichnung grafischer Dekore in stilistischem Sinne angewandt. Ernst Künzl möchte diese widersprüchliche Begriffsverwendung bewußt weiter fortführen, wenn er schreibt: „Alle Linien und Punkte sind nicht materialabhebend [also durch Gravur], sondern materialverdrängend ausgeführt worden. Es handelt sich also um Ziselierung. Das optische Ergebnis [...] bezeichnen wir aber

silbernen Halbkugelbecher vom Typ Leuna. Fundkomplexe und Interpretationen, Herstellungstechnik und Datierung. BAR S 1250 (Oxford 2004) 66 Kat. 15. 315 G. Platz-Horster 2003 (siehe Anm. 245), bes. 210-213 Kat. 2-4. 316 Siehe E. Brepohl, Theorie und Praxis des Goldschmieds (Leipzig 6.1980) 236 Abb. 202 a.b. – E. Foltz, Antike Goldschmiedetechniken und ihre Erkennung. Arbeitsbl. Restauratoren Gr. 3, 50-63, bes. 52 Abb. 3 oben. 317 Schreiber 1894, 476.

318 319

42

Pernice/Winter 1901, 18. Pernice/Winter 1901, 18.

weiter als Gravur.“320 Dies wäre aber für die Beschreibung technischer Verfahren nicht hilfreich, weil mit der Verwendung des Begriffes Gravur ein eindeutig definiertes technisches Verfahren bezeichnet wird. Gerade wenn tatsächlich „bisher viel zu wenig Detailuntersuchungen (vorliegen), als daß man die Unterscheidung zwischen Ziselierung (materialverdrängend) und gravierend (spanabhebend, also materialreduzierend) treffen könnte“321, kann nur durch die korrekte Ansprache der angewandten Techniken Klarheit geschaffen werden. Wenn eine eindeutige Benennung nicht möglich ist, sollte eher von graphischem Dekor als von ‚Gravur’ gesprochen werden, da so die Unsicherheit in der Frage der technischen Ausführung deutlich wird.

(Abb. 25 u. 26). In den Tiefen erkennt man durchgehend die Absätze der einzelnen Schneidvorgänge. Die Absätze zeigen an, wie weit der Meißel bei jedem Hammerschlag vorangetrieben worden ist. Die schmalen Riefen für die Haupt- und Nebenstiele sind aber nicht unterschnitten, wie bei Pernice/Winter 1901 beschrieben327. Diese linearen Einlagen sind bei den Efeubechern HI 20-25, beim Löwentatzennapf HI 37 ebenso die Blatteinlagen vollständig verloren, so daß eine Identifizierung des ursprünglich eingelegten Materials nicht mehr möglich ist. Für eine polychrome Farbwirkung ist Kupfer- oder Messingdraht am wahrscheinlichsten, wofür auch die grünen Kupferkorrosionsprodukte in den gemeißelten Riefen und Blattflächen sprechen würden. Beim Löwentatzennapf ist Messingdraht dagegen unwahrscheinlich, weil die vergoldeten Eierstäbe ober- und unterhalb des Lorbeerblattbandes eine sehr ähnliche Farbwirkung erzielt hätten328.

4. 3. 3. Niello und Tauschierung Niello ist an den sechs Efeubechern HI 20-25 und am großen Kantharos HI 63 als farblicher Oberflächendekor in Vertiefungen eingebracht worden322. Von etlichen frühen Autoren wird das Niello zunächst als Email identifiziert: „[...] alle sind seitlich mit einem emaillirten Kranze verziert, der bei den vier gleichen Geschirren einen Epheukranz [HI 20-23] in blauem bei dem einzelnen [HI 37] dagegen einen Lorbeerkranz in grünem Email darstellt; letzteres ist stärker verwittert als das blaue, so dass nun von dem grünen Schmelz in den Vertiefungen nicht mehr viel vorhanden ist.“323. Die dunklen Einlagen am Kantharos HI 63 hat Holzer richtig als Niello erkannt: „Mit niellirtem Ornamente ist ein grosser Krater verziert, die schwarze Masse desselben wird für schwefelsaures Silber gehalten [...].“324 Noch 1899 haben Winter und Pernice die Einlagen in den Efeubechern HI 20-25 und im Kantharos HI 63 als Email beschrieben. Erst in der Monographie von 1901 wird dies berichtigt: „Niello findet sich endlich an dem grossen kantharosartigen Gefäss, den sechs Bechern mit der Epheuranke und der niedrigen Schale mit den drei Löwenfüssen.“325 Hier findet sich dann bei der Beschreibung des Löwentatzennapfes HI 37 auch eine Erklärung für die irrtümliche Bezeichnung bei Holzer als Email: „Die grüne Farbe, die Holzer an dem Niello feststellen zu können glaubte, ist vermutlich durch Oxydation des Kupfers in der Schmelzmasse entstanden, die hier [...] ursprünglich schwarzgrau gewesen sein wird“326.

4. 3. 4. Vergoldung „Als Vergoldung ist ausschließlich Feuervergoldung, nicht Blattvergoldung, angewendet. Obwohl sie an vielen Gefässen sehr abgegriffen ist, lässt sich doch als künstlerischer Grundsatz für das Mass der Verwendung der Wunsch ableiten, dass nicht das Ganze prächtiger zu gestalten, sondern einzelne Formen wirkungsvoll zu unterstützen, einen mehr malerischen Eindruck hervorzurufen, in dem Gold und Silber wie zwei verschiedene Farben zu einander stehen. So ist es an der Kanne [..., HI 44], an welcher die unteren Blätter vergoldet sind, während die oberen im Silberton gehalten sind, an der Verzierung der Athenaschale, an dem Teller [..., HI 60], an den Maskenbechern [HI 11-14] und den übrigen kleinen Gefässen römischen Ursprungs, so auch bei den menschlichen Figuren, an welchen sich der Körper von den vergoldeten Gewandteilen silbern abhebt. Ganz anders tritt die Vergoldung an den Ententellern [HI 45-47], dem Humpen [HI 66] und der Verzierung der Heraklesschale [HI 2] auf. Hier geht die Vergoldung gleichmässig über den Grund und über das Ornament hinweg, die einzig vorherrschende Rücksicht war, das kostbare Metall möglichst zur Geltung zu bringen.“329 Bei Pernice/Winter 1901 und im Katalog von Hitzl u.a. 1997 werden für jedes Gefäß und Gerät die vergoldeten Partien aufgeführt. Wie oben ersichtlich, wird in allen Beschreibungen ausschließlich von Feuervergoldung ausgegangen, auch wenn diese nur selten ausdrücklich erwähnt wird330; eine Blattvergoldung wird bei Pernice und Winter explizit ausgeschlossen.

Die Vertiefungen für das Niello bzw. andere Einlagen sind mit Meißeln in die starken Wandungen der Gefäße eingebracht; hier liegt regelrechter Metallschnitt vor 320

E. Künzl, Ein römischer Himmelsglobus der mittleren Kaiserzeit. Jahrb. RGZM 47, 2000, 495-594, bes. 502. 321 E. Künzl 2000 (siehe Anm. 320), 560. 322 Möglicherweise auch am Löwentatzennapf HI 37. 323 Holzer 1870, 94. – Ebenso als Email beschrieben bei Busch 1899, 174 u. Lessing 1898, 36. 324 Holzer 1870, 7 sowie 66. – Wieseler 1868a, 27 gibt Emaillierung und Niellierung als Möglichkeiten an, läßt eine definitive Bezeichnung aber offen. 325 Pernice/Winter 1901, 18; entsprechend 42 zu HI 20-25, 44 zu HI 37, 65 zu HI 63. – Winter/Pernice 1899, 127 zu HI 63 u. 128 zu HI 20-25. 326 Pernice/Winter 1901, 44.

327

Pernice/Winter 1901, 18. Zum Niello siehe auch Kap. 11. 4. 329 Pernice/Winter 1901, 18. 330 Kruse 1940, 13, Antikenmuseum 1988, 331 u. Platz-Horster 1998 zu HI 1. 328

43

getroffen worden sein muß334. Die beiden Reparaturbleche unter der Plattenfläche unterfangen eine wie mit einer kleinen Spitzhacke durchstoßene und rückgeformte Stelle und einen knapp 9 cm langen geraden Schnitt durch das Metall (Abb. 9). Die Silberbleche scheinen mit einer Walze geformt worden zu sein. Außerdem ist das Weichlot noch metallisch erhalten und erfüllt nach wie vor seine Funktion. Dagegen haben sich sämtliche anderen Weichlötungen im Boden zersetzt; nur an dieser Platte wäre das ‚antike’ Weichlot noch intakt. Da die fraglichen Lötungen für korrosive Bodenlösungen gut erreichbar gewesen wären, Korrosionsprodukte von Blei und/oder Zinn aber nicht zu beobachten sind, sind am antiken Alter der Lötungen starke Zweifel angebracht. Diese werden durch weißliche bis gelblich-braune kristalline Ablagerungen entlang der Fugen auf der Innenseite unterstützt, wobei es sich um auskristallisiertes Löt- oder Flußmittel handeln könnte335. Die Reparaturen müssen daher schon in Hildesheim vorgenommen worden sein, evt. um das Ausmaß der angerichteten Schäden bei der Auffindung zu vertuschen, nachdem die Bedeutung des Schatzes erkannt worden war. Jedenfalls ist die Platte schon mit den Reparaturen nach Berlin gekommen, denn andernfalls hätten Pernice und Winter die Reparaturen nicht als antik verkannt. Wahrscheinlich haben sie auch nicht damit gerechnet, daß schon in Hildesheim solch weitreichende Eingriffe vorgenommen worden sein könnten.

4. 4. Antike Reparaturen und Umarbeitungen 4. 4. 1. Antike Reparaturen Bei Holzer 1870 werden für die beiden Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 antike Reparaturen durch Auflöten kleiner Silberbleche beschrieben, durch die bei der Treibarbeit entstandene Risse abgedeckt werden sollten: „Wie weit übrigens der Künstler in der Subtilität dieser Arbeit gegangen und bis zu welcher Feinheit der Stoffdicke er es wagte, das Metall mit dem Hammer auszutreiben, kann man daraus ersehen, dass bei starken Gegensätzen in dem Relief [...] das Metall stark nach innen getrieben und dadurch zerrissen ist; so dass nun, wenn man eine solche Crusta ohne den Einsatz gegen das Licht hält, dieses an vielen Stellen fein hindurch scheint und, um das zu verhindern, der Künstler manchmal dünne Metallplättchen auf der Rückseite dagegen gelöthet hat.“331 Bei der Neurestaurierung konnten entsprechende Silberplättchen allerdings nicht beobachtet werden. Möglicherweise hat Holzer korrodierte Weichlotreste, die bei der Verlötung von Innen- und Außenschale der Becher unkontrolliert ins Innere gelaufen sind, als Lötungen solcher Hinterlegungen mißinterpretiert. Ein Hinterlöten des aufgerissenen Silberbleches der reliefierten Außenwandungen hätte kaum praktischen Sinn gehabt. Denn durch das Einsetzen der Innenschalen war ein Durchscheinen von Licht durch die Riße nicht mehr möglich und sie wurden praktisch unsichtbar.

Die einzige wirklich ‚antike Reparatur’ ist am Gefäßfuß HI 41 zu beobachten, die schon bei der Anfertigung notwendig wurde. Die Kanneluren wurden von der Oberseite so weit ausgenommen, daß das Silber zu dünn wurde und die Gefahr bestand, daß der Fuß bei festerem Aufsetzen des Gefäßes durchbrechen würde. Um diese Schwachstelle zu verstärken, wurde eine Silberscheibe in eine Nut auf der Unterseite eingepaßt und mechanisch verankert (Abb. 169).

Die Reparaturen an der Platte HI 61 werden von Pernice/ Winter 1901 als antik bezeichnet, was vermuten läßt, daß die Platte in diesem Zustand nach Berlin gelangt ist: „Das Silber ist an mehreren Stellen gebrochen und hier sind antike Ausbesserungen vorgenommen: es sind […] an der Unterseite Flicken aufgesetzt. Dass zwei dieser Flicken grade einander gegenüber am Rande sitzen, kann auf die Vermutung führen, dass vor der Ausbesserung an diesen Stellen Griffe angebracht gewesen waren […].“332 Es muß aber stark angezweifelt werden, daß es sich tatsächlich um antike Reparaturen handelt; denn es gibt keinerlei Informationen oder Abbildungen zum Zustand der Gefäße direkt nach der Ausgrabung. An den Kanten der Reparaturbleche ist dunkles noch metallisches Lot zu erkennen und kann mechanisch auf seine Härte bzw. Weichheit überprüft werden. Eine entsprechende Untersuchung ergab, daß es sich mit ziemlicher Sicherheit um Weichlot handelt, was auch schon Lang 1997 vermutet hat333. Eine Verwendung von Hartlot wäre antik als auch modern kaum möglich gewesen, weil beim Erhitzen Reste der Weichlötungen der Griffe zu Lotfraß geführt hätten. Die Rekonstruktionszeichnung der Fundsituation durch Cohausen läßt dagegen vermuten, daß die Platte HI 61 als ‚Deckel’ auf dem Krater HI 63 deponiert war und daher bei der Auffindung von den Grabwerkzeugen

4. 4. 2. Antike Umarbeitungen Antike Umarbeitungen werden für die Athena-Schale HI 1, die Herakles-Schale HI 2, die Kybele- und AttisSchalen HI 3 und 4, die beiden Rankenbecher HI 5 und 6, den Krater HI 62 sowie die Platte HI 73 vermutet und auf dieser Basis Überlegungen zu Datierungen und Umlaufzeiten der Stücke angestellt. Bei der Athena-Schale HI 1 und dem Krater HI 62 werden z.B. die Überlagerung von Dekorelementen durch das Ansetzen von Griffen als Argument für die Identifizierung dieser Elemente als spätere ‚Ersatzteile’ verwendet. 4. 4. 2. 1. Die Athena-Schale HI 1 Bei der Athena-Schale HI 1, bei der die Griffe ebenfalls spätere Zutaten sein sollen, wird zum einen mit stilistischen Erwägungen, zum anderen aber auch mit der

331

Holzer 1870, 86. Pernice/Winter 1901, 60. 333 Lang 1997, 161. – Unter dem Mikroskop wurde die Farbe des Lotes betrachtet sowie ein Ritzversuch mit einem Skalpell unternommen. 332

334

Siehe Kap. 3. 1. Für eine Röntgendiffraktionsanalyse reichte die Materialmenge nicht aus. 335

44

gehört einer bedeutend späteren Zeit an [...]. Das Emblem ist also erst spät in die Umrahmung eingefügt worden, wahrscheinlich im 2. Jahrh. n. Chr.“341. Danach wäre die Schale extra für das Herakles-Emblem angefertigt worden, womit sich aber die Annahme eines ‚Erst’Emblems erübrigen würde.

streckenweisen Überlagerung des Perlstabes auf der Außenseite der Schale unterhalb des Randes durch die Daumenplatten der Griffe argumentiert: „[…] die Henkel (fallen) durch bedeutend weniger feine Arbeit stark ab. […] Die jetzigen Henkel decken in ziemlich roher Weise den Perlstab zu, der oben am Rand der Schale hinläuft; das haben die ursprünglichen Henkel gewiß nicht getan.“336 Pernice und Winter bemerken allerdings selbst, daß keine Lötspuren von anders geformten ‚Erst’-Griffen vorhanden sind: „Die Lötspuren freilich […] lassen hierfür einen sicheren Anhalt nicht gewinnen.“337 Die von Winter außerdem als Begründung angeführte, etwas mangelhafte Passung des einen Griffes am Schalenkörper ist durch eine leichte Deformation zu erklären. Schon Küthmann 1959 und später Gabelmann 1982 haben der abweichenden stilistischen Beurteilung der Griffe durch Pernice/Winter 1901 widersprochen: „Die Ansicht von Pernice und Winter, die Henkel der Athenaschale seien spätere Ergänzungen, ist unbewiesen. Man kann schon deswegen ihrer Annahme nicht beipflichten, da die Arbeit des Henkelornaments nicht schlechter als die der Schale ausgeführt ist“ und „Da an der Athena-Schale die Ornamente auf den Daumenplatten und unter den Fingerhenkeln (entgegen der Meinung von Pernice und Winter) stilistisch zum Innern der Schale passen, muß beides zusammengehören. Lötspuren von andersartigen früheren Henkeln sind nicht vorhanden.“338 Identische Punzenabschläge belegen nun, daß mit Ausnahme des Athena-Emblems alle Elemente der Schale gemeinsam angefertigt worden sind, womit die Vermutung einer Umarbeitung der Athena-Schale HI 1 durch das spätere Anfügen neuer Griffe eindeutig widerlegt ist339.

Die Vermutung eines ‚Erst’-Emblems und einer Umarbeitung kann aber auch für die Herakles-Schale HI 2 aus mehreren Gründen nicht aufrechterhalten werden. Die Beschädigung des unteren Flechtband-Perlstabes ist nicht auf Abnutzung oder das Entfernen von Weichlotresten zurückzuführen, sondern ist noch während des Herstellungsprozesses entstanden. Der Randbereich mit dem ziselierten und punzierten Dekor ist in der Materialstärke sehr viel dicker als die darunter anschließende glatte Schalenwandung. Gerade beim Punzieren des unteren Perlstabes muß es zu Deformierungen des Schalenkörpers gekommen sein, da das Metall auf Grund der Materialverdrängung gedehnt wurde. Diese Deformierungen hätten theoretisch auch durch eine erneute Bearbeitung der Außenseite mit einem Planierhammer reguliert werden können. Dabei hätte aber die Gefahr bestanden, das Dekorband zu beschädigen. Deshalb wurde die Schale erneut in die Drehbank eingespannt, um die Innenseite durch Drücken und/oder vorsichtiges Abdrehen wieder zu egalisieren. Die Abarbeitungen sind nicht gleichmäßig, sondern auf begrenzte Strecken beschränkt. Hätten tatsächlich Weichlotreste der Verlötung eines anderen Emblems beseitigt werden sollen, hätte viel mehr von Perlstab und Flechtband abgetragen werden müssen. Wie stark das Weichlot verläuft, zeigen die ‚Nachverlötungen’ von Herakles-, Kybele- und Attis-Emblemen in ihren Rahmen während der Montage in den Schalen, obwohl Embleme und Rahmen schon mechanisch durch Krampen fest miteinander verbunden waren. Identische Nachbearbeitungsspuren können an den jeweils unteren Perlstäben der Dekorbänder an den beiden Hildesheimer Blattstabbechern HI 7 und 8 sowie den beiden LübsowScyphi beobachtet werden. Der Grund für die Nachbearbeitungen durch vorsichtiges Abdrehen kann hier nur in Formdeformierungen liegen, die beim Punzieren der Dekorbänder entstanden sind. Daher dürfte dies auch bei der Herakles-Schale HI 2 der Grund für eine Nachbearbeitung durch Abdrehen gewesen sein.

4. 4. 2. 2. Die Herakles-Schale HI 2 Pernice und Winter interpretieren die Beschädigung des untersten Perlstabes am Übergang vom Dekorband zur unverzierten Schalenwandung als Hinweis für die Montage eines ersten, sehr viel größeren Emblems, das bis an den Perlstab herangereicht habe, und begründen damit die unterschiedlichen Datierungen von Emblem und Schale: „Die Perlenschnur unter dem Flechtband ist […] überall stark abgenutzt und teilweise ganz ruiniert. […] Es scheint, als sei hier einmal ein grösseres Emblem angebracht gewesen.“340 Danach wäre die Schale mit einem ‚ursprünglichen’ großen ‚Erst’-Emblem auf provinzialrömischem Gebiet angefertigt worden; später müßte dieses entfernt und an seiner Stelle das noch heute vorhandene Herakles-Emblem montiert worden sein. Andere Autoren haben diesen Ansatz übernommen, allerdings ohne auf ein erstes Emblem einzugehen: „Das Ornament der umgebenden Schale dagegen, besonders die Bildung der Tierfiguren fällt ganz aus dieser Epoche heraus und

Gegen die Annahme eines größeren ‚Erst’-Emblems spricht außerdem, daß es nicht die geringsten Reste einer Weichlötung in Bereich des unteren Perlstabes und der daran anschließenden Schalenwandung gibt. Dagegen ist im Schaleninnern eine sehr deutliche Spur der Weichlötung des vorhandenen Herakles-Emblems erhalten, was die übliche Erscheinung bei eingesetzten Emblemen ist. Da sich bei der Lötung mit einem Zinn-Blei- oder ZinnSilber-Weichlot eine Mischlegierung in der obersten Metallschicht der Silberoberfläche bildet, die auch nach Korrosion und Verlust des metallischen Weichlotes in Form einer dunkelgrauen Spur erhalten bleibt, sind antike Weichlötungen auch dann noch zu erkennen, wenn die ehemals angesetzten Teile nicht mehr vorhanden sind.

336

Winter 1897, 126. Winter vermutet ‚ursprüngliche’ KylixGriffe. 337 Pernice/Winter 1901, 23. 338 Küthmann 1959, 47-48 u. H. Gabelmann, Eine späthellenistische Silberschale aus Köln. Bonner Jahrb. 182, 1982, 241-264, bes. 263. 339 Siehe Kap. 5. 3. 1. 1. 340 Pernice/Winter 1901, 25.

341

45

Buhlers/Rubensohn 1913, 10.

bis 3 mm zum Rand hin angebracht, indem das Silberblech von der Vorderseite aus mechanisch durchstoßen wurde; auf der Rückseite wölben sich Grate auf; die Löcher sind alle noch unverändert erhalten. Der Weichlotrand auf der Vorderseite ist mit bis zu 6 mm erheblich breiter als auf dem Kybele-Emblem und wird deshalb nicht völlig vom Emblemring verdeckt. Daß hier Weichlot bei der Lötung des Emblemringes in der Schale in den Spalt zwischen Emblem und Emblemring gelaufen ist, scheint unwahrscheinlich. Evt. muß dieser breite Weichlotstreifen als Hinweis auf eine weitere ‚Vor-Montage’ gewertet werden. Dieser Emblemrahmen hätte einem Innendurchmesser von ca. 8 cm gehabt und damit auch die Perforierungen überdeckt. Dann wäre das Attis-Emblem in seiner derzeitigen Situation in der Schale schon in Drittverwendung: die erste Montage mit Hilfe der Perforierungen, die zweite Montage mit einem ca. 8 mm breiten Emblemring, die dritte Montage mit dem vorhandenen Emblemring.

Wäre nun tatsächlich ein Erst-Emblem in der Schale montiert gewesen, müßten die Nachbearbeitungsspuren am unteren Perlstab entstanden sein, als die Reste der Weichlötung des ‚ersten’ Emblems auf der Drehbank entfernt wurden. Dabei müßte aber zusammen mit der Oberfläche der Perlen auch die Vergoldung dieses Bereiches abgetragen worden sein, was aber nicht der Fall ist. Nach wie vor liegt die Vergoldung auch auf den abgedrehten Strecken des unteren Perlstabes (Farbtaf. J 6). Also muß die Vergoldung gleich nach dem formkorrigierenden Abdrehen des Perlstabes erfolgt sein. Beide Arbeitsgänge sind demnach Teil der ursprünglichen Anfertigung der Schale. Folglich hat keine Umarbeitung der Schale stattgefunden, wohl aber kann die Schale speziell für das evt. älter zu datierende Herakles-Emblem angefertigt worden sein. Schließlich wäre, bei der Annahme eines sehr viel größeren ‚Erst-Emblems’ die Tiefe der Schale nicht plausibel, denn der größte Teil des Schalenkörpers wäre durch das Emblem verdeckt gewesen. Die vorhandene Tiefe der Schale wäre somit gar nicht sichtbar geworden; der Betrachter hätte im Gegenteil in der Aufsicht sogar den Eindruck einer sehr flachen Schale gewonnen, weil lediglich eine Tiefe bis zur Unterkante des Dekorbandes sichtbar gewesen wäre. Das im Dekor und formtypologisch nächste Vergleichsstück zur Herakles-Schale HI 2 ist die sog. Afrika- oder Alexandria-Schale aus dem Schatzfund von Boscoreale, deren Büstenemblem von Linfert 1984 als das der Kleopatra Selene interpretiert wurde342. Als Auftragsarbeit deren Sohnes Ptolemaios von Marcus Antonius vermutet Linfert eine Anfertigung der Schale zwischen 23 und 40 n.Chr.

4. 4. 2. 4. Die Rankenbecher HI 5 und 6 Die Rankenbecher sind als megarische Becher verstanden worden, in deren Tradition sie wegen ihres Dekors sicher auch stehen. Die hellenistischen sog. megarischen Becher in Keramik verfügen weder über Füße noch über Griffe. Wohl auf diesem Hintergrund hat Pernice 1925 eine längere Gebrauch- und Umarbeitungsgeschichte für diese Becher entworfen, die sich auf die Beurteilung von 1901 stützt: „Auch diese beiden Näpfe haben eine lange Geschichte, die man aus den Lötspuren ablesen kann. Ursprünglich fuß- und henkellos, wurden sie, wohl in Augusteischer Zeit, durch Ansetzung eines hohen Fußes und noch erhaltener Henkel zu ‚klassischen‘ Schalen gemacht. Noch später, wie es scheint, erst in Germanien, wurde statt des eleganten hohen Fußes ein flacher häßlicher Ring als Standring angefügt, durch den die ursprünglich schöne Form noch mehr verdorben wurde, als durch die frühere Umformung ins Klassische. Auch diese späteren Füße sind auf uns gekommen.“344

4. 4. 2. 3. Kybele- und Attis-Schalen HI 3 und 4 Bei den Überlegungen zu Umarbeitungen an den Kybeleund Attis-Schalen HI 3 und 4 geht es vor allem um die Perforierungen in den Emblemen, die als Hinweise für eine Erstverwendung als Phalerae oder Truhenbeschläge interpretiert worden sind: „Die Embleme sind, wie die an den Rändern sichtbaren Löcher beweisen, nicht primär für die Schalen geschaffen worden, sondern dienten im 1. Jahrhundert v. Chr. zunächst als Phalerae, bevor sie als Beschläge verwandt und erst in Drittverwendung in die Schalen eingesetzt wurden.“343

Die in das Blech der Außenschalen eingedrückten Kreisabschnitte von 2,5 cm Durchmesser dürfen sicher als Hinweise auf Oberkanten von Standfüßen interpretiert werden. Gefäße vergleichbarer Form mit ähnlichen Griffen und hohen Standfüßen sind jeweils in Vierersets im Archäologischen Nationalmuseum in Neapel und aus dem Schatzfund von Boscoreale bekannt345. Die acht Becher sind zwar mit 8 (Neapel) und 5,7 cm Höhe (Boscoreale) von erheblich kleineren Dimensionen, die vier Stücke aus Boscoreale sind aber ebenfalls mit Rankenwerk verziert. So dürfte prinzipiell schon fraglich sein, ob die Hildesheimer Becher ursprünglich tatsächlich als megarische Becher im eigentlichen Sinne, d.h. ohne Griffe und Standfüße in hellenistischer Tradition gedacht waren. Denn im Vergleich mit dem aus den beiden Vierersets bekannten Gefäßtypen wäre eine relativ flache Schale mit randüberständigen Griffen und relativ kleinem und hohem Standfuß als ursprüngliche Gefäßform durchaus im

Tatsächlich lassen sich die von Pernice/Winter 1901 beschriebenen Beobachtungen bestätigen: Am Kybele-Emblem sind drei Perforierungen vorhanden, eine unten und zwei seitlich, von denen die beiden seitlichen verschmiedet sind (Abb. 27 u. 28). Da sie 5 und 7 mm von der Kante entfernt liegen, sind sie nie vom Emblemrahmen verdeckt worden. Das untere Loch dagegen wird vom Emblemrahmen überdeckt. Beim Attis-Emblem sind unregelmäßig vier Perforierungen im Abstand von ca. 1,5 342

A. Linfert, Die Tochter – nicht die Mutter. Nochmals zur „Afrika“-Schale von Boscoreale. In: N. Bonacasa/A. Di Vita (Hrsg.), Alessandria e il mondo ellenistica romano. Studi in onorè di Achille Adriani (Roma 1984) 351-358. 343 Gregarek 1997, 92-93 nach Pernice/Winter 1901, 27.

344 345

46

Pernice 1925, 101. – Siehe auch Pernice/Winter 1901, 29. Siehe Kap. 3. 8 mit Anm. 222 u. Abb. 16a-c.

und Weichlötung, Gravierung, Punzierung, Vergoldung und Niello, wobei das Gravieren mit dem tatsächlich angewandten Ziselieren verwechselt bzw. begriffsidentisch verwendet wird. Deshalb wurde zur Unterscheidung und richtigen Ansprache der Techniken Gravieren und Ziselieren ein Exkurs eingefügt. Die Beurteilungen zu den formgebenden Herstellungsverfahren im Guß oder als Treib- oder Schmiedearbeit sind in der Literatur teilweise widersprüchlich. Nach dem Erscheinen der grundlegenden Monographie von Pernice und Winter 1901 werden i.A. deren Aussagen zu Herstellungstechniken in die nachfolgende Literatur übernommen. Die einschaligdickwandigen Schalen und Näpfe werden i.A. als Gußstücke beschrieben, die reliefverzierten doppelwandigen Gefäße als Treibarbeiten erkannt. Der Außenmantel des Kraters HI 62 und später auch das Emblem der AthenaSchale HI 1 werden von Winter 1897 bzw. von Ippel 1937 als Gußstücke ‚identifiziert’, was für beide Objekte in der weiteren Literatur geradezu zur communis opinio wird.

Rahmen des Bekannten. Bei den nur auf dem Boden des Bechers HI 5 noch anhaftenden wenigen Resten von Weichlot ist dagegen in Hinsicht auf eine Interpretation als Weichlotreste eines Standringes Vorsicht geboten. Bei dem für die Rekonstruktion von Pernice/Winter 1901, 29 Fig. 10 verwendeten ‚Standring’ könnte es sich um eines der heute verlorenen Mündungsfragmente HI 74 und 75 handeln. Die Profile stimmen überein und ein vergleichbarer mit diversen konzentrischen Riefen profilierter Fuß ist im Sammlungsbestand der Antikensammlung nicht vorhanden. So müssen beide postulierten ‚Umarbeitungen’ in Frage gestellt werden; eindeutig belegbar sind sie jedenfalls nicht. 4. 4. 2. 5. Der Rankenkrater HI 62 Beim Krater HI 62 werden die auf Reliefdekoren aufsitzenden Griffattaschen als Argument für deren Identifizierung als spätere ‚Ersatzteile’ angeführt: „[Herr Carl Becker in Berlin] meint deshalb in Uebereinstimmung mit einem Berliner Bildhauer, dass die Henkel nicht zur ursprünglichen Arbeit gehören, sondern später hinzugefügt sind; denn hätte der Silberarbeiter sich Henkel hinzugedacht, so würde er sie gewiss nicht auf die Verzierung gesetzt, sondern sie damit in der Composition verbunden haben“. Er selbst schließt sich dieser Meinung aber nicht an: „Ich selbst habe mich in Hildesheim davon überzeugen können, dass die lösgelösten Henkel [...] zu dem Gefäss gehören, indem zu beiden Seiten desselben genau zu der Henkelform passende Löthmarken sichtbar sind.“346 Lessing ändert zwischen 1892 und 1898 seine Meinung zum Krater. Zuerst hält er ihn für ein „vollendetes Muster getriebener Arbeit“; sechs Jahre später vermutet er, daß der Krater HI 62 der römische Nachguß eines dann wohl früher zu datierenden getriebenen ‚Originals’ gewesen sei und führt dafür insbesondere die Griffmontage als Argument an: „Zu dem Krater ist noch zu bemerken, daß er nicht so kostbar ist, wie es scheint. Das Originalmodell war jedenfalls eine getriebene Arbeit ersten Ranges, aber unser Exemplar ist nur der Nachguß einer solchen, also jedenfalls billiger, vielleicht fabrikmäßig hergestellt [...]. Die geradezu brutale Art, in der die Henkel angesetzt sind, erklärt sich vielleicht aus dieser Herstellung in einer römischen Werkstatt.“347

Schon früh wurde durch Analyse der dunklen Lotreste Weichlot als Verbindungstechnik der separat angefertigten Gefäßelemente erkannt. Die diversen Hartlötungen bleiben vorwiegend unerkannt. Die mit z.T. malachitgrünen Kupferkorrosionsprodukten bedeckten Nielloeinlagen werden vielfach mit grünem Email verwechselt, als Vergoldungstechnik wird grundsätzlich Feuervergoldung genannt. Die als antike Reparaturen genannten Hinterlötungen feiner Risse mit Silberplättchen bei einigen reliefverzierten Bechern konnten an den Objekten nicht beobachtet werden. Auch die sog. antiken Reparaturen durch größere Silberblechhinterlegungen an der Platte HI 61 haben sich im Zusammenhang mit der Rekonstruktion der Fundsituation als neuzeitlich herausgestellt. Antike Umarbeitungen können lediglich für die Athena-Schale HI 1, die Kybele- und die Attis-Schale HI 3 und 4 bestätigt werden. Die vermuteten ‚Umarbeitungen’ an der HeraklesSchale HI 2, den beiden Rankenbechern HI 5 und 6 und dem Krater HI 62 beruhen auf Überinterpretationen von Oberflächendetails. Die an sie geknüpften Überlegungen zu Datierungen und Umlaufszeiten sind nicht mehr haltbar.

4. 5. Zusammenfassung zu den Herstellungstechniken in der Literatur

Im Vorgriff auf die nachfolgenden Untersuchungen zu den Herstellungstechniken sind in Tabelle 2 die Aussagen zu Herstellungstechniken in der älteren Literatur und der Neubewertung im Zuge der Neurestaurierung 2002-2006 im Überblick zusammengestellt.

Als formgebende Grundtechniken werden schon in der frühen Literatur der Guß und die Treib- oder Ziselierarbeit genannt, als Verbindungs- und Dekortechniken Hart-

346 347

Beide Zitate Wieseler 1868a, 26 Anm. 1. Zitate Lessing 1892, 25 u. 1898, 36.

47

Tabelle 2: Vergleich der Aussagen zu formgebenden Herstellungstechniken in der Literatur HI

Objekt

Teilstück

1

Athena-Schale

Schale

Emblemring

Fuß

Griffe

Emblem

2

HeraklesSchale

Schale

Emblem

3+4

Kybele- u. Attis-Schale

Schalen Embleme

5+6

Rankenbecher 1 u. 2

Innen- und Außenschale Mündungsrand

7+8

Blattstabbecher 1 u. 2

ältere Literatur Guß Treibarbeit Pernice/Winter 1901 Holzer 1870 Köster 1923 Lessing 1892 Drexel/Bersu 1930 Hitzl u.a. 1997 Kurzmann 1998 Pernice/Winter 1901 Drexel/Bersu 1930 Hitzl u.a. 1997 Kurzmann 1998 Pernice/Winter 1901 Drexel/Bersu 1930 Hitzl u.a. 1997 Kurzmann 1998 Pernice/Winter 1901 Drexel/Bersu 1930 Hitzl u.a. 1997 Kurzmann 1998 Ippel 1937 Schreiber 1894 Kurzmann 1998 Pernice/Winter 1901 Pernice 1907-08 Köster 1923 Pernice 1925 Drexel/Bersu 1930 Kruse 1940 Bruns 1946 Pernice/Winter 1901 Drexel/Bersu 1930 Hitzl u.a. 1997 Kurzmann 1998 Buhlers 1898 Pernice/Winter 1901 Graeven 1902a Drexel/Bersu 1930 Gregarek 1997 Hitzl u.a. 1997 Kurzmann 1998 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Holzer 1870 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Lessing 1892 Pernice/Winter 1901 Drexel/Bersu 1930 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Drexel/Bersu 1930 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Erdrich 2002

48

Neubewertung Guß Treibarbeit +

+

+

+

+

+

+ + +

+

Tabelle 2 (Fortsetzung 1): Vergleich der Aussagen zu formgebenden Herstellungstechniken HI

Objekt

Teilstück

ältere Literatur Treibarbeit Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Lessing 1892 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Lang 1997 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Lang 1997 Holzer 1870 Lessing 1892 Buhlers 1898 Pernice/Winter 1901 Drexel/Bersu 1930 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Drexel/Bersu 1930 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Drexel/Bersu 1930 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 Kurzmann 1998 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 La Baume 1971 E. Künzl 1988a Kurzmann 1998 Pernice/Winter 1901 Kurzmann 1998 Pernice/Winter 1901 Köster 1923 Drexel/Bersu 1930 Kat. Toledo 1977 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Drexel/Bersu 1930 Kat. Toledo 1977 Hitzl u.a. 1997 Guß

9

Lorbeerbecher

Innenschale Außenschale Mündungsrand

11

Viermaskenbecher

Innenschale Außenschale Mündungsrand

12

Sechsmaskenbecher

Innenschale Außenschale Mündungsrand

13+14

Zehnmaskenbecher 1 u. 2

Innenschale

Außenschale Fuß Mündungsrand 19

Buckelnapf

Innenschale

Außenschale

Mündungsrand 20-26

große u. kleine Efeubecher

Schalen

Füße u. Griffe

49

Neubewertung Guß Treibarbeit + +

+ +

+ +

+

+ +

+

+

+

+

Tabelle 2 (Fortsetzung 2): Vergleich der Aussagen zu formgebenden Herstellungstechniken HI

Objekt

Teilstück

27-35

große u. kleine Näpfe

Schalen

36

cyathus

Füße Schale

Griff

37

Löwennapf

Schale u. Füße

39 42+43

Fragmente eines Griffes 2 Griffe

44

Kanne

Hals Körper Griff

45-47

Ententeller 1-3

48-50

Rankenteller 1-3

51-53

ovale Platten 1-3

54

kleiner Dreifuß

Platten

Füße Platte Füße Platte

Griffe [Füße] Platte

2 Beine

ältere Literatur Guß Treibarbeit Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Lang 1997 Kurzmann 1998 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 Köster 1923 Hitzl u.a. 1997 Lang 1997 Pernice/Winter 1901 Köster 1923 Hitzl u.a. 1996 Lang 1997 Lang 1997 Hitzl u.a. 1997 Lang 1997 Hitzl u.a. 1997 Buhlers/Rubensohn 1913 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 Drexel/Bersu 1930 Kat. Toledo 1977 Lang 1997 Hitzl u.a. 1997 Buhlers/Rubensohn 1913 Lang 1997 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 Hitzl u.a. 1997 Hitzl u.a. 1997 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 Drexel/Bersu 1930 Hitzl u.a. 1997 Erdrich 2002 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 Drexel/Bersu 1930 Hitzl u.a. 1997 Erdrich 2002 50

Neubewertung Guß Treibarbeit +

+ +

+

+

+ + + + +

+ + + +

+ +

+

Tabelle 2 (Fortsetzung 3): Vergleich der Aussagen zu formgebenden Herstellungstechniken HI

Objekt

Teilstück

54

kleiner Dreifuß

Basis

55

cyathus-Griff

56

Kandelaber

57

Klapptisch mit Platte

Dreibein Palmettenabdeckung Platte Platte Hermen u. Löwentatzen

ältere Literatur Guß Treibarbeit Buhlers/Rubensohn 1913 Hitzl u.a. 1997 Erdrich 2002 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 Holzer 1870 Holzer 1870 Holzer 1870 Holzer 1870 Winter/Pernice 1899 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 Hitzl u.a. 1997

Schäfte

Gestänge 58+59

Platten mit Reliefrand 1 u. 2

60

Platte mit aufgelegtem Randdekor

Platte

Pernice/Winter 1901

61

Platte mit ‚antiken’ Reparaturen

62

Rankenkrater

Außenmantel

+ + + + + +

Holzer 1870 Winter/Pernice 1899 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 Hitzl u.a. 1997 Buhlers/Rubensohn 1913 Hitzl u.a. 1997

Buhlers 1898 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 Köster 1923 Seyrig 1952 La Baume 1971 Hitzl u.a. 1997 Hitzl u.a. 1997

Reliefrand

Neubewertung Guß Treibarbeit +

+

+ +

+ Holzer 1870 Buhlers/Rubensohn 1913 Hitzl u.a. 1997

Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Winter 1897 Buhlers 1898 Lessing 1898 Pernice/Winter 1901 Buhlers/Rubensohn 1913 Pernice 1925 Drexel/Bersu 1930 Jacob-Friesen 1934 Bruns 1946 La Baume 1971 Gehrig1967/1980 Schäfer 1989 51

+ (Reliefränder)

+

+ A.A. 1. 1868 Holzer 1870 Lessing 1892

Tabelle 2 (Fortsetzung 4): Vergleich der Aussagen zu formgebenden Herstellungstechniken HI

Objekt

Teilstück

62

Rankenkrater

Außenmantel

Einsatz

Mündungsrand Griffe u. Fuß 63

großer Kantharos

64

Eimer

Gefäß

Griffe Attaschen Gefäß [Füße] Henkel

65 66+67

Riefelschüssel konische Gefäße 1 u. 2

68

sog. Eierschale

69

Kasserolle 1

70

Kasserolle 2

Schale Griff

71

Kasserolle 3

72 73

Kasserolle 4 Platte

348

Schale/Griff

ältere Literatur Guß Treibarbeit E. Künzl 1996 Gregarek 1997 Hitzl u.a. 1997 Kurzmann 1998 Treister 2001348 Pernice/Winter 1901 Pernice 1925 Drexel/Bersu 1930 Bruns 1946 La Baume 1971 Gregarek 1997 Hitzl u.a. 1997 Kurzmann 1998 Erdrich 2002 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Kurzmann 1998 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Kurzmann 1998 Pernice/Winter 1901 Holzer 1870 Buhlers/Rubensohn 1913 Hitzl u.a. 1997 Erdrich 2002 Hitzl u.a. 1997 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Bruns 1953 Pernice/Winter 1901 La Baume 1971 Buhlers/Rubensohn Hitzl u.a. 1997 1913 Erdrich 2002 Buhlers/Rubensohn Pernice/Winter 1901 1913 Köster 1923 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 (in 2 Teilen u. verlötet) Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 Hitzl u.a. 1997 Pernice/Winter 1901 (in 2 Teilen u. verlötet) Hitzl u.a. 1997 (in 3 Teilen u. verlötet) Hitzl u.a. 1997 Hitzl u.a. 1997

Siehe Anm. 257.

52

Neubewertung Guß Treibarbeit

+

+

+ + + + +

+ + + + +

+ +

5. OBERFLÄCHENUNTERSUCHUNG TEIL 1: FORMPUNZEN dem Thorsberger Moorfund354. Bislang wurden die Scheiben auf Grund stilistischer Kriterien unterschiedlichen Werkstatt-Traditionen zugeschrieben: eine sei römischen Ursprungs, die andere stamme aus einer germanischen Werkstatt. Mit kriminaltechnischen Mitteln wurde aber belegt, daß diese These nicht länger haltbar ist, weil die gleiche Delphinpunze auf beiden Scheiben eingesetzt worden ist. Sie müssen somit aus der gleichen Werkstatt stammen. Eine entsprechende Untersuchung an den mit vergoldetem Preßblech verzierten Prachtgürteln aus Ejsbøl und Neudorf-Bornstein verlief dagegen nicht entsprechend erfolgreich. Die Gesamtgestaltung der Elemente der drei untersuchten Gürtel macht zwar eine Anfertigung in einem Werkstattkreis oder einer Werkstattgemeinschaft sehr wahrscheinlich, identische Punz- bzw. Modelabdrücke konnten aber nicht nachgewiesen werden.355

5. 1. Forschungsgeschichtliches Untersuchungen zu Punz- und damit Werkstattidentitäten wurden schon vereinzelt an Metall-, insbesondere Edelmetallobjekten durchgeführt. Moberg hat bei seiner Untersuchung der breiten, punzverzierten Brakteatenrahmen lediglich einen Ansatz zur Feststellung von Punzidentitäten gemacht349. Er konnte zwei Volutenstempel beobachten, von denen einer auf drei, der andere auf zwei Brakteaten erscheint. Verma weist 1989 in ihrer Untersuchung germanischer Finger- und Armringe mit Tierkopfenden diverse Stücke auf der Grundlage typologischer Kriterien unterschiedlichen Werkstätten zu350. Auch die Punzabdrücke spielen wegen ihrer unterschiedlichen Muster eine Rolle, werden aber nicht auf ihre tatsächliche Identität auf den diversen Stücken untersucht, da es sich um eine reine Literaturarbeit handelt, in der Fotos und Zeichnungen als Grundlage für die Zuordnung zu Gruppen und Werkstätten dienen. Die Ergebnisse Vermas konnten daher der nachfolgenden Untersuchung am gleichen Material durch Andersson 1993 und 1995 nicht standhalten351. Bei detaillierten Oberflächenuntersuchungen an 180 goldenen Schlangenkopfarm- und -fingerringen mit insgesamt 68 verschiedenen Punzmotiven konnten an nur drei Stücken Abdrücke einer identischen Punze festgestellt werden; diese drei Armringe stammen alle aus dem gleichen Fundkomplex. Andersson gibt einen Überblick über den Forschungsstand zu Punzidentitätsanalysen am skandinavischen Material von der römischen Kaiserzeit bis zur Wikingerzeit. Die Untersuchung identischer Ringpunzen auf frühkaiserzeitlichen Fibeln durch Cosack 1979 ist mangels ausreichender Dokumentation nur eingeschränkt verwertbar352. Holmes konnte 1983 durch Punzanalysen belegen, daß drei römische Ringe und zwei Anhänger im Schatzfund von Thetford mit den gleichen Punzen verziert worden sind und also aus der gleichen Werkstatt stammen353.

Die Verwendung von Silikonabgüssen zur Beurteilung von Punzen ist bislang eher im restauratorischen Bereich angewandt worden356. Lediglich Driehaus hat am Halsund beiden Armringen aus dem keltischen Fürstinnengrab von Waldalgesheim mit Silikonabrollungen und daraus gewonnen galvanoplastischen Positivmodellen gearbeitet. Dort konnte er verschiedene Kreispunzen unterscheiden, die belegen, daß für die Dekoration der beiden Armringe identische Punzen Anwendung fanden. Der Torques weist diese Punzen aber nicht auf, sondern ist mit einem anderen Punzenspektrum bearbeitet worden. Die vormals 354

C. v. Carnap-Bornheim, Neue Forschungen zu den beiden Zierscheiben aus dem Thorsberger Moorfund. Germania 75, 1997, 69-99. 355 C. v. Carnap-Bornheim, Zu den Prachtgürteln aus NeudorfBornstein (Kr. Rendsburg-Eckernförde) Grab 3 und Grab 7. In: J. Pind et al. (Red.), Drik – of du vil leve skønt. Festschr. U. Lund Hansen (Kopenhagen 2002) 15-25. – C. v. Carnap-Bornheim, Zu den Prachtgürteln aus Ejsbøl und Neudorf-Bornstein. In: L. Jørgensen/B. Storgaard/L. Gebauer Thomsen (Red.), Sieg und Triumph. Der Norden im Schatten des Römischen Reiches. Ausstellungskat. (Kopenhagen 2003) 240-245. 356 W.A. Oddy, Microscopy in archaeology – The microscope as an extension of the eye. In: M. Corfield/K. Foley (eds.), Microscopy in Archaeological Conservation. UKIC occasional papers no. 2 (London 1982) 4-6. – N.D. Meeks, Artefacts, surfaces and the SEM u. P.H.T. Shorer, Surface texture interpretation related to hammer-hardened bronze artefacts, with the use of silicon rubber moulds. In: J. Black (ed.), Recent Advances in the Conservation and Analysis of Artifacts (London 1987) 409-410 u. 411-413. – D.E. Goodburn-Brown, Metal-working tools and workshop practices: interpretation of worked metal surfaces via silicon rubber moulds. In: S.L. Olsen (ed.), Scanning Electron Microscopy in Archaeology. BAR S 452 (Oxford 1988) 55-64. – C. Mortimer/M. Stoney, A methodology for punchmark analysis using electron microscopy. In: A. Sinclair/E. Slater/J. Gowlett (eds.), Archaeological sciences 1995. Proc. of the conf. on the application of scientific techniques to the study of archaeology, Liverpool, July 1997 (Oxford 1997) 119-123. – M. Ponting, The scanning electron microscope and the archaeologist. Physics Education 39 (2) 2004, 166-170.

Ein überzeugender Nachweis von Werkstattidentität anhand der Untersuchung von Punzabdrücken gelang v. Carnap-Bornheim 1997 an den beiden Zierscheiben aus 349

C.A. Moberg, Über die Rahmenverzierung der Goldbrakteaten. Acta Arch. 23, 1952, 115-131. 350 E.M. Verma, Ringschmuck mit Tierkopfenden in der Germania Libera. BAR S 507 (Oxford 1989). 351 K. Andersson, Romartida guldsmide i Norden. I. Katalog. Aun 17 (Uppsala 1993). – Ders., Romartida guldsmide i Norden. III. Övriga smycken, teknisk analys och verstadsgrupper. Aun 21 (Uppsala 1995), hier bes. 203-206. 352 E. Cosack, Die Fibeln der Älteren römischen Kaiserzeit in der Germania libera. Eine technologisch-archäologische Analyse. Teil 1: Armbrustfibeln, Rollenkappenfibeln und Augenfibeln (Neumünster 1979). 353 R. Holmes, An examination of punch-marks on five objects: the possible use of the same punch. In: C. Johns/T. Potter, The Thetford treasure. Roman jewellery and silver (London 1983) 6667.

53

postulierte werkstattechnische Zusammengehörigkeit der drei Stücke wurde durch diese Untersuchung widerlegt357.

Metallstückes von der Vorderseite durch Schroten oder Absetzen gezogen werden360.

Larsen gelang 1984 mit Hilfe von Silikonabdrücken der Nachweis von Punzidentität auf einer frühgermanischen Schildfibel und zwei peltaförmigen Anhängern, die der Frauenbestattung von Sejlflod, DK beigegeben waren. Überzeugend sind vor allem seine Ergebnisse an den Platten des Silberkessels von Gundestrup. Die Analyse der Punzverteilung ergab, daß elf der dreizehn Platten von drei verschiedenen ‚Meistern‘ angefertigt worden sind, deren jeweils verwendeter Punzenvorrat untereinander keine Überschneidungen aufweist. Jeder ‚Meister‘ hat ausschließlich seine begrenzte Anzahl von Punzen für die von ihm zu dekorierenden Platten verwendet; ein Austausch von Punzen zwischen den ‚Kollegen‘ fand offenbar nicht statt358. Durch die Beobachtung identischer Punzenabdrücke auf einem thrakischen Silberhelm und einem Silberbecher vom Agighiol-Typ aus dem Kunsthandel konnte Meyers 1981 deren Werkstattidentität nachweisen, da die Punzenabschläge auf beiden Silberobjekten einen identischen Fehler zeigen359.

Einige bronzezeitliche Punzen aus Bronze sind bekannt, wobei es sich überwiegend um Kreisaugenstempel und um sog. Faulenzerpunzen handelt361. Punzen späterer Perioden aus gehärtetem Eisen sind im Fundstoff selten vertreten bzw. werden nur schwer erkannt, weil Korrosion die dekorativ ausgeformten Punzköpfe zerstört hat. So können zeittypische Punzdekore nur durch die Dokumentation der auf den Metalloberflächen abgeschlagenen Muster zusammengestellt werden362. Insbesondere Formpunzen mit dekorativ ausgearbeiteten Punzköpfen eignen sich für eine Analyse zur Werkstattidentität verschiedener Werkstücke, da jede Formpunze spezielle Eigenheiten aufweist, die sie von anderen Formpunzen unterscheidet und die sich üblicherweise bei jedem guten Abschlag der Punze auf der Metalloberfläche wiederholen. Für die vorliegende Untersuchung muß daher per definitionem festgelegt werden, daß die Abschläge identischer Punzen Werkstattidentität bzw. ‚Meister‘-Identität bedeuten. Stücke, die Abschläge eines oder mehrerer identischer Punzen aufweisen, müssen mit dem bzw. den gleichen Werkzeugen bearbeitet worden sein. Diese identischen Werkzeuge haben einem Feinschmied selbst oder einer Werkstatt gehört. Das heißt aber nicht, daß nicht zwei Feinschmiede zusammen in einer Werkstatt gearbeitet und dabei ihre jeweils persönlichen Punzensortimente verwendet haben. Vielleicht sollte man daher statt von Werkstattidentität eher von Identität des Punzensortimentes sprechen, solange sich keine Überschneidungen zweier Sortimente belegen lassen.

5. 2. Definition und Problematik Punzen sind stiftförmige Schlagwerkzeuge für die spanlose plastische Verformung von Metalloberflächen. Bei Punzen mit dekorativ ausgearbeiteten Enden soll das Muster mit einem einzigen Schlag des Hammers auf das glatte Ende des Stiftes in die Metalloberfläche eingeprägt werden. Planier- oder Schlichtpunzen mit glatten Punzköpfen und abgerundeten Kanten sowie längliche Linieroder Schrotpunzen werden nicht für Einzelschläge eingesetzt, sondern sie werden beim Ziselieren locker über die Arbeitsfläche geführt, wobei in kurzen Abständen mit der Hammerbahn auf das Punzende geschlagen wird. Mit Modellierpunzen rundlicher Formen werden i.A. tiefe Wölbungen von der Rückseite her in das Metall gearbeitet. Scharfe Konturen müssen dann nach Umbetten des

Das Beispiel des Gundestrup-Kessels zeigt, daß mehrere Feinschmiede zusammen an einem Objekt gearbeitet, dabei aber jeweils ihr eigenes Punzensortiment verwendet haben. Da die separat angefertigten Platten zu ein und demselben Gefäß gehören, kann eine zumindest temporäre Werkstattgemeinschaft für die Anfertigung des Kessels vermutet werden. Zu einem Austausch der Punzen zwischen den Feinschmieden ist es aber offenbar nicht gekommen, da auf keiner der Platten Abdrücke ‚fremder‘

357

J. Driehaus, Gerätespuren und Handwerksgerät. Ein Beitrag zur Metallbearbeitung während der späten Hallstatt- und frühen Latènezeit. In: H. Jankuhn (Hrsg.), Das Handwerk in vor- und frühgeschichtlicher Zeit 2 (Göttingen 1983) 50-66. – H.-E. Joachim, Waldalgesheim. Das Grab einer keltischen Fürstin (Bonn 1995) bes. 60-71. 358 E. B. Larsen, Værktøjsspor på sporet af værktøj. Identifikation og documentation af værktøjsspor - belyst ved punselornamenterede fra Sejlflod. Kuml. Årbog for Jysk Arkæologisk selskab 1982-83, 169-180. – E. B. Larsen, The Gundestrup cauldron. Identification of tool traces. Iskos 5, 1985, 561-574, Proc. of the 3rd Nordic Conf. on the application of scientific methods in archaeology, Mariehamm, Åland/Finland, Oct. 1984. – B. Larsen, SEM-identification and documentation of tool marks and surface textures on the Gundestrup cauldron. In: J. Black (Hrsg.), Recent Advances in the Conservation and Analysis of Artifacts (London 1987) 393-408. – E.B. Larsen, Technical investigations – work in progress. In: S. Nielsen u.a., The Gundestrup cauldron. New scientific and technical investigations. Acta Arch. 76, 2, 2005, 1-58. 359 P. Meyers, Three silver objects from Thrace: A technical examination. MetrMusJ16, 1981, 49-54.

360

B.R. Armbruster, Punze. RGA 23, 2003, 602-607. – P.R. Lowery/R.D.A. Savage/R.L. Wilkins, Scriber, graver, scorper, tracer: notes on experiments in bronzeworking technique. Proc. Prehist. Soc. 37, 1971, 167-182. 361 M. Nadler, Der Hortfund von Mögeldorf. Beitr, zur Arch. in Mittelfranken, Sonderh. 3 (Büchenbach 1998). – J.-P. Thevenot, Un outillage de bronzier: Le dépôt de la Petite Laugère, à Génelard (Saône-et-Loire, F). In: C. Mordant/M. Pernot/V. Rychner (eds.), L'atelier du bronzier en Europe du XXe au VIII siècle avant notre ère 2 (1998) 123-144. – Ein neuerworbener spätbronzezeitlicher Werkzeugfund im Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin ist noch unpubliziert; siehe H. Born, Herstellungstechnische Voruntersuchungen am Berliner Goldhut. In: G.U. Großmann/T. Springer (Hrsg.), Gold und Kult der Bronzezeit. Ausstellungskat. (Nürnberg 2003) 86-97, bes. 97 Anm. 18. 362 Siehe auch K. Andersson 1995, 183 Fig. 201 (siehe Anm. 351).

54

Punzen erscheinen. Wenn die Platten des Kessels nicht zusammen gefunden worden wären, würde man sie anhand der Punzenabschläge verschiedenen Werkstätten zuweisen, weil eine Werkstatt- bzw. PunzensortimentIdentität nicht hätte belegt werden können. Andererseits wäre es aber auch vorstellbar, daß ein ‚Koordinator’ die Entwürfe für die Platten zur Ausführung an verschiedene Feinschmiede gegeben hat, die nicht notwendigerweise in einer gemeinsamen Werkstatt gearbeitet haben müssen. Jeder Feinschmied hätte dann die ihm übertragenen Platten allein in seiner Werkstatt und mit seinem Werkzeug angefertigt. Auch so ließe sich die fehlende Überschneidung der Punzensortimente erklären, die sich bei der Arbeit in einer gemeinschaftlichen Werkstatt wahrscheinlich kaum so streng hätte durchhalten lassen.

5. 3. Die Punzen an den Hildesheimer Gefäßen mit flachem Reliefdekor 5. 3. 1. Die Athena-Schale HI 1 5. 3. 1. 1. Die Punzen Zur Dekoration der Athena-Schale sind neben einer oder mehreren sehr feinen Linierpunzen sieben ausgesprochene Formpunzen (P 1,1-7), eine Spitzpunze (P 1,8), ein meißelförmiges Werkzeug (P 1,10), eine Mattierpunze (P 1,9) sowie wahrscheinlich drei verschiedene Perlpunzen (P 1,12-14) verwendet worden.

Tabelle 3: Formpunzen auf der Athena-Schale HI 1 Nr.

Bezeichnung

Maße in mm

P 1,1

Blütenpunze

Dm 2,1-2,3 Dm Mitte 0,6

P 1,2

Omphalospunze

Dm 1,7x 1,85 Dm Omphalos 0,6

P 1,3

Ringpunze

P 1,4

Dreieckspunze, lang

1,6 x 1

P 1,5

Dreieckspunze, kurz

1,4 x 1,1

P 1,6

‚Kaffeebohnen‘Punze 1

0,45-0,6 x 0,2-0,4

P 1,7

‚Kaffeebohnen‘Punze 2

0,25 x 0,2

P 1,8

Spitzpunze

Dm 0,5-0,6

Schale

Emblemring

Dm 1,4-1,6

55

Fuß

Griffe

Tabelle 3 (Fortsetzung): Formpunzen auf der Athena-Schale HI 1 Nr.

Bezeichnung

Maße in mm

P 1,9

Mattierpunze

1,3 x 0,8

Schale

Emblemring

Fuß

Griffe

+

+

+

+

P 1,10 Meißel-/Schrotpunze P 1,11 Ovalpunze

1,1 x 0,45

P 1,12 Perlpunze 1

Dm 2 x 1,7

P 1,13 Perlpunze 2

Dm 1,75

P 1,14 Perlpunze 3

Dm 1,6

P 1,15 Planierpunze

ca. 2,8 x 1,3

P 1,16 Linierpunze

der Schale sowie mit 87 Abschlägen auf dem Emblemring. Hier bildet sie jeweils eine ‚Schlaufe‘ zwischen den 74 Kymablättern und ist 13-mal als Einschnitt in den nach außen gerichteten, ansonsten frei ziselierten Akanthusblättern abgeschlagen. Auf dem Fuß tritt die Ringpunze nur zweimal auf, ist dort aber von Abschlägen der Omphalospunze überformt worden. Offenbar hat der Toreut die Verzierung des Fußes mit der ‚falschen‘ Punze, nämlich der Ringpunze begonnen, nach den ersten beiden Abschlägen den Irrtum aber bemerkt und die Arbeit mit der ‚richtigen‘ Punze, der Omphalospunze fortgeführt, wobei er auch die fehlerhaften Abschläge der Ringpunze durch Überarbeiten mit der Omphalospunze zu kaschieren versucht hat. Trotzdem ist der runde Einschnitt der Ringpunze an diesen beiden Stellen deutlich zu erkennen.

Die Blütenpunze P 1,1 erscheint mit jeweils zwei Abschlägen auf den beiden Griffen sowie mit 24 Abschlägen auf der Innenseite der Schale. Sie weist 8 Blütenblätter auf, die durch keilförmige Einschnitte voneinander getrennt sind. Die Mitte ist durch eine kleine kreisförmige Vertiefung markiert. Auf der Metalloberfläche hinterläßt die Punze vertiefte Blütenblätter; die keilförmigen Einschnitte und der Mittelpunkt stehen in leichtem Relief erhaben hervor. Bei kräftigen Abschlägen der Punze ist zu beobachten, daß nur drei dieser Einschnitte bis ganz an den Mittelpunkt heranführen; die anderen fünf Einschnitte sind nur unvollkommen ausgeführt, sie enden mit abgerundeten Kanten schon vor dem Mittelpunkt. Die Blütenblätter sind sehr unterschiedlich ausgeformt, einige sind eher dreieckig, andere beinahe rechteckig. Die Abfolge der acht Blütenblätter ist bei allen Abschlägen gleich, was die Identität der Blütenpunze auf Schale und Griffen eindeutig belegt.

Die beiden Dreieckspunzen P 1,4 und P 1,5 unterscheiden sich deutlich in ihren Maßen und den Konturen. P 1,4 erscheint auf Fuß und Emblemring, P 1,5 nur auf dem Fuß. Dort sind beide zur Markierung der Basispunkte der Mittellinien von Kyma- bzw. Herzblättern und in den oberen Zwickeln verwendet worden. Die Längskanten der längeren und schmaleren Dreieckspunze P 1,4 sind ganz gerade. Als charakteristisches Merkmal weist die Dreiecksfläche etliche Kerben auf, die parallel zur rechten Längskante der Punze verlaufen. Diese Dreieckspunze erscheint mit 28 Abschlägen auf dem Fuß sowie mit 74 Abschlägen auf dem Emblemring. In den meisten Fällen wird hier die Basiskante der Dreieckspunze P 1,5 von der Kante der Perlpunze P 1,14 überlagert. Bei nur sehr wenigen Abschlägen liegen Teile der Basiskante in den Perlen des Perlstabes, was belegt, daß der Perlstab vor dem

Die Omphalospunze P 1,2 weist lediglich eine flach gewölbte Oberfläche annähernd runder Form auf, in die mittig eine runde Vertiefung eingebracht ist. Daher hinterläßt die Punze eine fast runde, relativ flache Vertiefung mit einer erhabenen Mitte. 24 Abschläge der Omphalospunze erscheinen auf der Innenseite der Schale, 60 Abschläge auf dem Fuß. Die Ringpunze P 1,3 ist eine Hohlpunze, die einen kugelabschnittförmigen Abschlag mit 1,4 mm Durchmesser an der größten Schlagtiefe auf der Metalloberfläche hinterläßt. Der ‚äußere Durchmesser‘ von ca. 1,6 mm wird durch die schräg auslaufende Außenkante der Punze gebildet. Die Ringpunze erscheint mit 24 Abschlägen auf 56

Die längsovale Gesamtform der Mattierpunze P 1,9 konnte durch nur wenige Einzelabschläge dokumentiert werden. Sie weist auf ihrer Abschlagfläche kleinste längliche Vertiefungen auf, die auf der Metalloberfläche kleine Reliefpunkte hinterlassen haben. Mattierte Flächen mit entsprechend feiner Punktierung erscheinen auf den ‚Hintergrundflächen‘ der Schalen-Innenseite sowie den tiefer liegenden ‚Hintergrund‘-Zwickeln zwischen den Kymablättern auf Fuß und Emblemring. Auch auf einem der Griffe sind ein deutlicher und einige Teilabschläge der Mattierpunze vorhanden. Hier könnte sie zum ersten Planieren der durch Meißeln tiefer gelegten Hintergrundflächen eingesetzt worden sein.

Ausarbeiten des weiteren Dekors auf dem Emblemring angelegt wurde. Die kürzere und breitere Dreieckspunze P 1,5 weist leicht konvexe Seitenkanten auf und zieht bei einigen Abschlägen an der rechten Kante zur Spitze hin mit einem leichten Knick stärker ein. Sie erscheint mit 13 Abschlägen auf dem Fuß und zwar in dem Drittel, in dem die Gestaltung der Zwickel zwischen den Herzblättern wie in einem Versuchsstadium zu sein scheint. Die Dreieckspunze P 1,5, die Mattierpunze P 1,9 und die Spitzpunze P 1,8 sind in unregelmäßiger Anordnung abgeschlagen, um die Zwickelflächen zu füllen. Das unbefriedigend erscheinende Ergebnis muß den Feinschmied dann dazu bewogen haben, die weiteren Zwickel mit Abschlägen der Dreieckspunze P 1,4 zu füllen.

Auf dem Fuß des Kantharos von Stevensweert ist eine vergleichbare ovale Strukturpunze zur Mattierung der Zwickelflächen eingesetzt worden, was auf eine Punzidentität dieser Punzen auf beiden Gefäßen hoffen ließ363. Beide Mattierpunzen unterscheiden sich aber in den Größen deutlich: am Stevensweert-Cantharus 1,7/1,8 x 0,95/1 mm, auf der Athena-Schale HI 1 1,3 x 0,8 mm. So weist die größere Oberfläche der Stevensweerter Mattierpunze auch erheblich mehr Vertiefungen auf. Die Oberfläche der Mattierpunze auf der Platte mit reliefiertem Rand HI 58 ist ebenfalls mit unregelmäßigen Vertiefungen versehen; die Größe des Punzovals läßt sich aber nicht eindeutig ausmessen. Eine weitere ovale Mattierpunze ist als Blattpunze auf dem Polygnos-Spiegel im Schatzfund von Boscoreale verwendet worden; sie mißt 1,7 x 0,8/0,9 mm und entspricht damit in der Größe etwa der Stevensweerter Mattierpunze. Die Vertiefungen in der Boscoreale-Mattierpunze sind fast ausschließlich rund mit unterschiedlichen Durchmessern. Zuletzt sei noch die Mattierpunze auf der Herakles-Schale HI 2 genannt, die sich aber von allen vorgenannten dadurch unterscheidet, daß ihre Oberfläche mit parallelen und z.T. schräg verlaufenden Riefen aufgerauht ist (Tab. 4).

Die ‚Kaffeebohnen‘-Punzen P 1,6 und P 1,7 auf der Athena-Schale HI 1 weisen einen länglichen Spalt auf, der auf der Metalloberfläche eine aus der ovalen Vertiefung herausstehende schmale Wulst hinterlassen hat. Abschläge der größeren ‚Kaffeebohnen’-Punze P 1,6 erscheinen ausschließlich zur Binnenstrukturierung der Blütenornamente auf den Daumenplatten beider Griffe. Die zweite ‚Kaffeebohnen‘-Punze P 1,7 erscheint bei einer reichlichen Anzahl von Dekorelementen auf der Schale sowie auf dem Fuß in den nach unten weisenden Zwickelblättern mit gewellter Innenkante, wobei hier nur wenige gute Abschläge zu beobachten sind. Die Punze ist mit ca. 0,25 x 0,2 mm erheblich kleiner als die ‚Kaffeebohnen‘-Punze P 1,6 mit Abschlägen bis zu 0,45 x 0,6 mm, die außerdem eine punktförmige Erweiterung in der Mitte des Spaltes aufweist. Die Spitzpunze P 1,8 ist eher kegelstumpfförmig und zeigt eine winzige Delle in der Spitze, die auf der Metalloberfläche kleine Erhöhungen hinterlassen hat. Diese Punze erscheint auf Schale und Fuß vorwiegend an den Kanten kleiner dreieckiger Akanthusblätter mit nur ca. drei Blattadern.

Tabelle 4: ovale Mattierpunzen im Vergleich Athena-Schale HI 1

Polygnos-Spiegel, Boscoreale

Platte mit reliefiertem Rand 1 HI 58

Herakles-Schale HI 2

Stevensweert-Cantharus

363

A.M. Gerhartl-Witteveen, De Kantharos van Stevensweert. Een zilveren Romeinse beker. Museumstukken 10 (Nijmegen 2006) mit älterer Literatur.

57

Die Meißel- oder Schrotpunze P 1,10 mit senkrechten Kerben erscheint nur auf der Kante des innen überstehenden Randes des Emblemringes, der von dem aufliegenden Blech des Athena-Emblems verdeckt wird. Sie ist keine Formpunze im eigentlichen Sinn, sondern wurde wahrscheinlich zum Abtrennen des innen überstehenden Metalls verwendet. Ob eine komplette Silberscheibe gegossen wurde, an deren Außenkante der Emblemring ausgeformt war, kann nicht mehr festgestellt werden. Die ‚Schnittfläche‘ des Meißels weist an der Langseite zwei kleine keilförmige Einschnitte auf. Außerdem erscheinen senkrecht verlaufende ‚Striche‘ in leichtem Relief auf den Flächen, die eine ehemalige Befeilung der Meißelfläche vermuten lassen364.

Mit der Planierpunze P 1,15 sind die Flächen der Herzblätter im Schaleninnern geglättet worden. Nur an wenigen Stellen sind lediglich die obere längliche Kante sowie der Ansatz der Rundung an der Schmalseite abgeschlagen worden. Bei Bewegung im Streiflicht können in einigen Fällen ‚Glättstreifen’ auf der Metalloberfläche beobachtet werden, so daß z.B. zwischen den Palmettenblättern fast polygonal zu bezeichnende Strukturen entstanden sind. Die Anzahl der Linierpunzen kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Zumindest muß eine recht feine Linierpunze P 1,16 für die Vorzeichnung der Tiefen sämtlicher Reliefdekore verwendet worden sein. Die Reste dieser Vorzeichnungen sind in den wie graviert wirkenden Linien erhalten, die z.T. durch das nachfolgende Ziselieren streckenweise wieder verschmiedet worden sind. Besonders deutlich sind diese Vorzeichnungslinien am Fuß erhalten, weil hier wegen der Materialstärke besonders viel Druck ausgeübt werden mußte.

Die Ovalpunze P 1,11 erscheint ausschließlich auf der Innenseite der Schale, wo sie zur Akzentuierung der Akanthusblattkanten eingesetzt worden ist. Vielfach ist sie schräg an den Absatz zwischen dem niedergelegten und mattierten Hintergrund und der Kante der Blätter angesetzt und wohl mehrfach dort eingeschlagen worden, um ein stärkeres Höhenrelief an den Blattkanten zu erzeugen. Einige der Blüten an den Ansätzen der Palmetten in den Herzblättern sind durch Einzelabschläge der Ovalpunze konturiert.

Mindestens eine weitere Linierpunze dürfte für die Anlage der Konturlinien und Mittelrippen der langgestreckten Blätter auf der Außenseite der Schale verwendet worden sein, eine weitere für die Binnenstrukturierung der kleinen spitzen Akanthusblätter und Blütenmotive unterhalb und zwischen den großen Herzblatt- und Akanthusmotiven auf der Schaleninnenseite.

Erstaunlicherweise sind zumindest zwei, evt. auch drei verschiedene Perlpunzen auszumachen, die sich in ihren Maßen deutlich unterscheiden. Die größte Perlpunze P 1,12 mit einem Perlendurchmesser von 2 mm ist am Fuß verwendet worden. Die Perlen sind nicht wirklich rund, sondern eher oval, denn der ‚Höhendurchmesser’ von 2 mm wird in der Breite der Perlen mit 1,7 mm nicht erreicht. Ein überlappendes Abschlagen einer wirklich kugelrunden Punze kann nicht zu dieser Erscheinung geführt haben, weil weder Überlagerungen von Metall noch Begrenzungslinien der vorhergehenden Abschläge auf den Perlen zu beobachten sind. Daher muß die Perlpunze an sich von leicht ovaler Form gewesen sein. Am Außenrand der Schale ist unterhalb des Randes ein sehr gleichmäßiger Perlstab mit der Perlpunze P 1,13 mit ca. 1,75 mm im Durchmesser angelegt worden. Da der Randbereich offenbar noch einmal spanabhebend abgedreht worden ist, wird der Perlstab horizontal von einer Riefe durchzogen und die Perlen sind nur noch 1,65 mm hoch. Die kleinste Perlpunze P 1,14 mit 1,6 mm im Durchmesser ist am Emblemring verwendet worden, dessen Perlstab relativ unregelmäßig ist. Die Perlen sind nicht voll ausgebildet, weil der Perlstab auf einer Kante angelegt werden mußte und die Perlen daher nicht komplett abgeschlagen werden konnten. Außerdem ist auch hier nachträglich spanabhebend abgedreht worden. Die beiden letztgenannten Perlpunzen P 1,13 und P 1,14 könnten aber wegen der sehr ähnlichen Durchmesser und der starken Veränderung des Perlstabes am Emblemrahmen identisch sein.

Winter hat die vorhandenen Griffe aus stilistischen Gründen als spätere Ersatzgriffe angesehen: „Die Henkel, die sie jetzt hat und die ihr sicher zugehören, [...] stammen von einer antiken Reparatur her. Während der Fuß der Schale in Ornament und Ausführung dem Übrigen völlig entspricht, fallen die Henkel durch bedeutend weniger feine Arbeit stark ab. Man hat für ihre Decoration EinzelMotive aus dem Palmettenband im inneren Umkreis der Schale entnommen, ist aber in der Ausführung weit hinter dem Vorbild zurückgeblieben“, was in der Monographie von Pernice/Winter 1901 aufgegriffen wird: „Es ist daher nicht unmöglich, dass die jetzigen Henkel erst nachträglich an Stelle früherer [...] angefügt worden sind.“365 Kekulé v. Stradonitz und Buhlers/Rubensohn sind Winter in dieser Ansicht gefolgt366, Küthmann und Gabelmann haben widersprochen, wobei sie ebenfalls stilkritische Argumente anführen: „Die Ansicht von Pernice und Winter, die Henkel der Athenaschale seien spätere Ergänzungen, ist unbewiesen. Man kann schon deswegen ihrer Annahme nicht beipflichten, da die Arbeit des Henkelornaments nicht schlechter als die der Schale ausgeführt ist“ und „Da an der Athena-Schale die Ornamente auf den Daumenplatten und unter den Fingerhenkeln (entgegen der Meinung von Pernice und Winter) stilistisch zum Innern der Schale passen, muß beides zusammengehören. Lötspuren von andersartigen früheren Henkeln sind nicht vorhanden.“367

364

Eine ähnliche Erscheinung konnte auf einem der beiden silbernen Halbkugelbecher aus Leuna beobachtet werden, wobei die Größe der Abschläge auf eine befeilte Hammerfinne schließen ließ; siehe Niemeyer 2004 (siehe Anm. 314), bes. 40 u. 41 mit Abb. 24a.

365

Winter 1897, 126 u. Pernice/Winter 1901, 23. Kekulé v. Stradonitz 1898, 4. – Buhlers/Rubensohn 1913, 8. 367 Küthmann 1959, 47-48 u. Gabelmann 1982 (siehe Anm. 338), 263. 366

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dem Kreisumfang bleibt ohne Zirkelansatzpunkt, weil der Schnittpunkt schon beim ersten Zirkelschlag entstanden ist und durch den letzten allenfalls noch einmal bestätigt worden wäre. Kleine Ungenauigkeiten belegen die beschriebene Vorgehensweise. Von den Spitzen der Rosettenblätter wurden Geraden zum Rand hin gepeilt und dort die ersten sechs Markierungspunkte für die Akanthusmotive gesetzt368.

Abschläge der acht Formpunzen P 1,1-5 und P 1,7-9 erscheinen in unterschiedlicher Kombination auf Schale, Fuß, Emblemring und beiden Griffen (Tab. 3). Für die Dekore auf Schale und Fuß sind fünf identische Formpunzen verwendet worden, die größte Übereinstimmung. Auf Emblemring und Fuß sowie Schale und Griffen sind drei bzw. zwei identische Punzen zu finden. Schale und Emblemring, Emblemring und Griffe sowie Fuß und Griffe weisen mit der Mattierpunze jeweils nur eine identische Formpunze auf. Die kurze Dreieckspunze P 1,5 und die ‚Kaffeebohnen’-Punze 1 P 1,6 treten nur an Einzelelementen auf. In der Verschränkung der Teile mit ihren jeweils abgeschlagenen Formpunzen wird deutlich, daß die fünf Teilelemente der Athena-Schale HI 1 mit den gleichen Werkzeugen und daher gemeinsam und gleichzeitig in einer Werkstatt angefertigt worden und damit auch zeitgleich sind; dies gilt insbesondere für Schale und Griffe, die durch Abdrücke der Blütenpunze P 1,1 und wohl auch der Mattierpunze P 1,9 miteinander verschränkt sind. Damit ist die Ansicht Winters, bei den erhaltenen Griffen würde es sich um Ersatzgriffe handeln, eindeutig widerlegt und kann als Argument für eine längere Gebrauchszeit des ganzen Gefäßensembles und eine Spätdatierung nicht mehr verwendet werden.

Die Achsen der ‚zweiten Lage’ von Akanthusmotiven liegen mittig in den Zwickeln zwischen den Rosettenblättern. Zwischen zwei der Rosettenblätter ist deutlich eine lange Achse eingetieft, die allerdings zum Schalenrand hin seitlich abbiegt und auch nicht ganz genau auf den Rosettenmittelpunkt zuläuft (Farbtaf. A Pfeile). Trotzdem trifft eine Peilung vom Mittelpunkt entlang einer größeren Strecke dieser Achse genau auf einen Markierungspunkt eines Akanthusmotivs unterhalb des Randes. Verlängert man diese Achse über den Mittelpunkt hinaus, verläuft sie auf der anderen Seite genau über einen kleinen Punkt in einem Blütenblattzwickel und trifft wiederum unterhalb des Randes genau auf einen Markierungspunkt. Damit sind die Mittelachsen der Akanthusmotive sieben und acht festgelegt. Im nächsten Blütenblattzwikkel rechts läuft ein nur ca. 1,5 mm langer Zirkelschlag außen auf die konzentrische Kreislinie zu, im Innern läßt er sich leicht parallel versetzt über eine entsprechend kurze Strecke weiter verfolgen369. Die Peilung vom Rosettenmittelpunkt über die Zirkelschlagkreuzung auf dem Rosettenumfang zum Rand hin trifft wiederum auf einen Markierungspunkt für eine Akanthus-Mittelachse. Die Verlängerung dieser Peilungsgeraden über den Rosettenmittelpunkt hinaus auf die andere Seite führt über einen Punkt im Blütenblattzwickel wiederum genau auf einen Markierungspunkt unterhalb des Randes. Damit sind die Mittelachsen der Akanthusmotive neun und zehn festgelegt.

5. 3. 1. 2. Exkurs 2 zu weiteren herstellungstechnischen Merkmalen auf der Athena-Schale Da auf der Oberfläche der Athena-Schale HI 1 neben den Punzenabdrücken (Kap. 5. 3. 1. 1) sowie den Hinweisen auf die Guß- und Schmiedetechnik (Kap. 9. 1. 3. 1) weitere interessante Strukturen Rückschlüsse auf die Arbeitsund Dekortechnik der Schale zulassen, sollen diese im Folgenden beschrieben und interpretiert werden, um die Darstellung zur Herstellungstechnik der Athena-Schale HI 1 zu vervollständigen. 5. 3. 1. 2. 1. Die Zirkelschlagrosette in der Schalenmitte Die sechsblättrige Zirkelschlagrosette mit r=21,5 mm kann keinen dekorativen Charakter haben, weil sie nach der Montage vom Emblem verdeckt wird. Sie hat einen rein funktionalen Sinn, denn sie dient zur gleichmäßigen Positionierung der Mittelachsen der zwölf Akanthusmotive (Farbtaf. A). Nach Ausweis der feinen Linien ist für die Anlage der Rosette ein Stechzirkel mit zwei spitzen Enden verwendet worden. Zunächst wurde ein geschlossener Kreis geschlagen; über ca. ein Drittel des Kreisumfangs ist im Abstand von 0,3 mm eine weitere feine parallele Kreislinie zu erkennen, die sicher nur aus Versehen entstanden ist. Mit dem Radius wurden anschließend, an einer beliebigen Stelle beginnend, auf dem Kreis Halbkreise geschlagen. Beim ersten Halbkreis entstehen zwei neue Schnittpunkte mit dem Kreisumfang. Da anschließend der Zirkel jeweils auf nur einen neuen Schnittpunkt versetzt wird, wird bei den folgenden Zirkelschlägen auch jeweils nur ein neuer Schnittpunkt markiert. Beim Schlagen der sechs Halbkreise auf dem Kreisumfang entsteht die sechsblättrige Rosette. Die Mittelpunkte der Halbkreise sind deutlich auf dem Kreisumfang zu erkennen. Die Blattspitze rechts vom ersten Ansatzpunkt auf

368

Vergleichbare sechsblättrige Zirkelschlagrosetten finden sich jeweils auf beiden Seiten von sieben hellenistischen silbernen Buckelschalen aus Tuch el-Karamus, Ägypten. Hier laufen die Achsen der Rosettenblätter weder mittig auf die Spitzen der tropfenförmigen Buckel zu, noch sind sie in die Mitte der Zwischenräume gerichtet. Sie schneiden die Buckelflächen und die Zwischenräume völlig unregelmäßig, so daß die Zirkelschlagrosette nicht für eine geometrische Anordnung der Buckel verwendet worden sein kann; siehe M. Pfrommer 1987, 268-269 Kat. KTK 18-24. Taf. 19b. 20-23a. Aber auch bei einigen römischen Silberschalen erscheinen sechsblättrige Zirkelschlagrosetten als Medaillons ohne Bezug zu den Kanneluren, z.B. bei zwei kannelierten Schalen aus dem Schatzfund von Chaourse, F und einer glattwandigen, fragmentiert vorliegenden Schale aus dem Schatzfund vom Reims, F; siehe F. Baratte, Le trésor d’orfèvrerie gallo-romaine de Reims. Gallia 38, 1980, 253-264. – Kat. Paris 1989, 136-137 Kat. 85 mit älterer Literatur (Chaourse 1), 154 Kat. 102 (Reims). – F. Baratte, Témoignages nouveaux sur l'orfèvrerie romaine: À propos de deux acquisitions des collections du Louvre. Revue du Louvre 1, 1997, 29-38. 369 Der Mittelpunkt für diesen kurzen Zirkelschlag ist auf der Silberoberfläche nicht auszumachen. Er muß außerhalb des Rosettenumfanges gelegen haben, läßt sich aber auch geometrisch nicht rekonstruieren.

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Im folgenden Rosettenblattzwickel bilden drei kleine Punkte zusammen mit dem Mittelpunkt eine Linie. Verlängert man diese in beide Richtungen jeweils bis zum Schalenrand, trifft man wiederum auf Markierungspunkte für Akanthusmotive. Trotzdem liegen die Achsen etlicher Akanthusmotive nicht auf den Peilungsgeraden bzw. richten sich nicht wirklich an den Markierungspunkten aus.

Die lichte Weite zwischen jeweils zwei Akanthus- und zwei Herzblattmotiven beträgt ca. 63 mm, der zwischen Akanthus- und Herzblättern jeweils ca. 31,5 mm. Die Menge der vorhandenen Markierungspunkte deutet darauf hin, daß mehrere Durchgänge mit dem Stechzirkel und leicht differierenden Maßen in beide Abtragungsrichtungen stattgefunden haben. Zu bemerken bleibt, daß in sehr vielen Fällen deutliche Abweichungen zwischen den Markierungen und den tatsächlichen Mittelachsen festzustellen sind. Am genauesten sind noch die Markierungspunkte bei den Herzblatt-Palmetten-Motiven eingehalten worden. Aber auch hier weichen die Mittelachsen der Herzblätter und der eingeschriebenen Palmetten von einander ab, was auch für die Akanthusblätter und die mittig angebrachten variierenden Blütenstände gilt.

S. Martin-Kilcher hat an einem nielloverzierten Dosenortband aus Augst vorgeführt, daß die ‚zweite Lage’ der Akanthusmotiv-Mittelachsen geometrisch auch durch die Verlängerung der Geraden zwischen jeweils zwei nebeneinander liegenden Rosettenblattspitzen hätte ermittelt werden können370. Dabei wären zwei verschränkte gleichseitige Dreiecke mit zusammen sechs spitzen Ecken entstanden, die genau zwischen den Rosettenspitzen gelegen hätten. Auch die Achsen für die zwölf Herzblätter hätten geometrisch ermittelt werden können, indem sechsmal Geraden durch eine und die übernächste Rosettenblattspitze gezogen worden wären. Die Schnittpunkte dieser Geraden mit einem Kreis von doppeltem Radius hätten in der Verlängerung die Mittelachsen für die Herzblätter ergeben. Von entsprechenden geometrischen Konstruktionen für die ‚zweite Lage’ der Akanthusblätter und für die Herzblätter sind aber keine Hinweise auf der AthenaSchale nachweisbar, so daß diese Methode hier nicht zur Anwendung gekommen sein kann.

5. 3. 1. 2. 3. Die Erstmontage des Emblems Das Emblem mit der auf einem Fels sitzenden Athena wurde aus stilistischen Gründen als nicht ursprünglich zur Schale zugehörig, sondern als späthellenistisches Werk betrachtet, das in augusteischer Zeit als Preziose in eine neue Schale ‚gefaßt’ worden ist371. Tatsächlich finden sich am Emblemrand Hinweise auf eine Erstmontage, die sich von der jetzt noch vorhandenen unterschieden hat. Die heutige Montage des Emblems auf dem rahmenden Ring ist für Emblemschalen vorläufig als singulär zu betrachten.

5. 3. 1. 2. 2. Die Markierungspunkte unterhalb des Randes

Üblicherweise wird der Rand eines Emblems vom rahmenden Ring überdeckt. Beide Teile werden entweder durch Weichlot miteinander verbunden oder das Emblem wird tatsächlich wie ein ‚Edelstein’ im Rahmen befestigt, wie dies z.B. bei den anderen Hildesheimer Emblemschalen mit Herakles HI 2, Kybele HI 3 und Attis HI 4 der Fall ist. Einzig bei der Herakles-Schale ist das Emblem heute noch mit aus der Unterseite des Rahmens ausgestochenen Silberspänen fest im rahmenden Ring gefaßt: „Das Emblem […] (ist) durch kleine über die Rückseite der Scheibe geklemmte Zapfen oder Zungen befestigt, die aus einer schmalen auf der Innenseite des Ringes sitzenden Randleiste hervorkommen. Diese Anfügung ist so gut ausgeführt, dass noch heute der Ring an der Scheibe festsitzt“372 (Abb. 30 links). Um dies zu ermöglichen, wurde auf der Unterseite der Innenbereich des Rahmens durch Abdrehen tiefer gelegt, so daß die Unterkanten von Emblemblech und Rahmen auf gleicher Höhe liegen. Nur so konnten die mit einem Stichel angestochenen Silberspäne über die Kante des Emblems gedrückt werden, ohne daß sie abrissen. Bei den beiden Schalen mit Kybele- und Attis-Emblemen ist genau dies gesche-

Unterhalb des polierten Randes sind auf der Innenseite deutliche Markierungspunkte oberhalb sämtlicher Spitzen von Herzblatt- und Akanthusmotiven zu erkennen (Abb. 29). Über den zwölf Herzblättern ist dies in sechs Fällen nur ein Punkt, es treten aber auch viermal zwei und zweimal drei Punkte auf. Über den Akanthusmotiven treten dreimal zwei Punkte, siebenmal drei und zweimal vier Punkte auf. Bei den Akanthusmotiven unterscheidet sich in den meisten Fällen jeweils ein Punkt durch einen etwas größeren Durchmesser von ca. 0,35-0,4 mm von kleineren Punkten mit Durchmessern von ca. 0,2 mm. Die etwas größeren Markierungspunkte dürften von den Mittelachs-Peilungen stammen, die von der Zirkelschlagrosette aus zum Rand hin vorgenommen wurden. Die ersten sechs Markierungspunkte über den Akanthusmotiven erreicht man, wenn vom Kreismittelpunkt aus über die Spitzen der sechs Rosettenblätter jeweils eine Linie zum Rand hin gepeilt wird (Farbtafel A). Die Markierungspunkte für die Akanthus-Mittelachsen sieben bis zwölf werden durch Peilungen mittig zwischen den Rosettenblättern bestimmt. Die Mittelachsen der Herzblatt-Palmetten-Motive sind nicht über die Zirkelschlagrosette, sondern müssen mit Hilfe eines Stechzirkels ausgehend von den Mittelachsen-Markierungspunkten der Akanthusmotive bestimmt worden sein (Abb. 29).

371

Pernice/Winter 1901, 24. – Um eine fundierte Vermutung über die ursprüngliche Verwendung des Athena-Emblems anzustellen, sind zu wenig Gefäße dieser Zeit erhalten; siehe auch G. Zimmer, Prunkgeschirr hellenistischer Herrscher. In: W. Hoepfner/G. Brands (Hrsg.), Basilea. Die Paläste der hellenistischen Könige (Mainz 1996) 131-135. 372 Pernice/Winter 1901, 25; zu Kybele- und Attis-Schale siehe Pernice/Winter 1901, 27. – Diese Methode entspricht bei den Goldschmieden der Fassung von Edelsteinen durch die sog. Carreau-Fassung; siehe Brepohl 1980 (siehe Anm. 316), 383384.

370

S. Martin-Kilcher, Eine Silberplatte aus Augst-Kastelen und späte Rheinzaberner Sigillaten. Jahresber. Augst u. Kaiseraugst 20, 1999, 181-206, bes.194 Abb. 11,1.

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hen, so daß rahmende Ringe und Embleme heute getrennt vorliegen; die ursprüngliche Montage mit Hilfe der angestochenen Krampen ist aber noch erkennbar (Abb. 30 rechts). In allen drei Fällen sind die fassenden Krampen aus einem etwas erhabenen Mittelgrat ausgestochen und über die Kanten der Embleme gedrückt worden. Ein weiteres Beispiel für das Fassen eines Reliefemblems mit Krampen ist das Medaillon mit Profilporträt des Demostenes in der Berliner Antikensammlung, das ins 1. Jh. v.Chr. datiert wird: „[…] die Unterseite des Ringes ist rahmenartig abgesetzt, der Innenrand […] sägeförmig eingeschnitten und die Zähne einwärts umgebogen, so daß sie die dünne Scheibe gegen die Unterseite des […] Rahmenteils pressen.“373. Bei anderen Emblemschalen in der Antikensammlung Berlin konnten keine weiteren Montagen mit Krampen beobachtet werden; hier sind Embleme und rahmende Ringe mit Weichlot sowohl miteinander als auch mit dem Schalenboden verbunden worden374.

Die Erstmontage muß wie oben beschrieben mit einem die Emblemkante überlagernden Reif ausgeführt gewesen sein. Unterhalb der Füße der Athena und des Felsen sowie hinter dem Helm haben sich größere Mengen korrodierten antiken Weichlotes erhalten (Abb. 34 oben). Auch entlang der Kante des Emblems sind noch an etlichen Stellen korrodierte Reste des antiken Weichlotes als dunkle Flecken in einer Breite von bis zu 5,5 mm vorhanden, die man zu einer Kreislinie verbinden kann. Weiterhin kann in den ziselierten Bereichen der Felsen, auf denen Athena und die Eule sitzen, ein feiner Absatz in der Oberfläche beobachtet werden, der parallel zur Emblemkante verläuft. Am linken Emblemrand sitzt die Eule der Athena auf einem Fels, ihr zu Füßen hängt ein kleiner Ast mit Lorbeer- oder Olivenblättern. Einige dieser zur Emblemkante hin liegenden Blätter sind auf der Oberfläche abgeflacht (Abb. 34 rechts). Auch dies dürfte auf den dort aufliegenden Emblemring der Erstmontage zurückzuführen sein. Der Kopf der Eule liegt eigentlich im Bereich des ursprünglichen Emblemreifs und müßte daher wie die Blätter abgeflacht und überdeckt gewesen sein. Der rahmende Absatz ober- und unterhalb der Eule macht aber eine Biegung zur Kante hin, so daß der Rahmen an genau dieser Stelle durchtrennt gewesen sein dürfte, um die Eule als Begleittier der Göttin Athena optisch nicht zu beeinträchtigen. Da oben am Emblem die drei Helmbüsche und unten das Gewand mit rechtem Fuß über die Kante des Emblemblechs hinausragen, muß der rahmende Reif durchtrennt gewesen sein, denn ein geschlossener Reif hätte nicht über alle vorkragenden Teile gebracht werden können. Es liegt also nahe, diesen Schnitt an der Stelle des Eulenkopfes zu vermuten und die Schnittkanten so abzuschrägen, daß der Eulenkopf ohne Beeinträchtigung zur Geltung kam.

Die erhaltene Montage der Athena-Schale HI 1 unterscheidet sich grundlegend von der eben beschriebenen. Der Emblemring weist innen einen 2,5 mm tiefen, unregelmäßig breiten Überstand von 1-3 mm Breite auf, auf dem das Athena-Emblem aufliegt (Abb. 31). Das Emblem ‚versinkt’ quasi im Ring, wo es mit Weichlot befestigt war. Dies belegen korrodierte Weichlotreste im vertieften Auflager des Ringes und auf der Unterseite des Athena-Emblems (Abb. 32). Die Lage des Emblems im Reif ist durch zwei kräftige Rißlinien festgelegt, die an einer Stelle auf den Unterseiten über beide Teile gezogen sind (Abb. 33). Diese Markierung muß antik sein, denn wegen der im Boden entstandenen Deformierung paßt das Emblem nicht mehr an die markierte Stelle. Die unübliche Montage mit sichtbarer Kante und Spuren der Erstmontage macht nur dann einen Sinn, wenn diese Spuren unbedingt sichtbar bleiben sollten, um dadurch das Emblem als ‚Antiquität’ hervorzuheben. Bei einer erneuten Montage mit einem die Emblemkante überdeckenden Reif hätte dieser Effekt nicht erzeugt werden können und der antiquarische Wert des Emblems wäre nicht deutlich geworden375. 373

Winnefeld 1908, 14. – Inv.-Nr. Misc.10839. Z.B. die Schalen mit Mänaden- und Herakles-Emblemen im Schatzfund von Hermoupolis Inv. 8628,1 und 2 sowie zwei Embleme mit Aphrodite und Silenskopf. Siehe Mielsch/Niemeyer 2001 (siehe Anm. 205), 24-26 Kat. 1 u. 3. – Gehrig 1977. 375 Schon Robert Zahn ist die seltene Montage des Athena-Emblems aufgefallen; siehe R. Zahn, Silber-Emblem der Sammlung Loeb. In: Festschr. James Loeb (München 1930), 131-141, bes. 134 Anm. 7. Zahn gibt zwei hellenistische Schalen aus Tarent und Maryinskaja bzw. Siverskaia im Kuban sowie einen Pyxisdeckel ebenfalls aus Tarent als Vergleichsbeispiele an. Schale und Pyxisdeckel aus Tarent sind tatsächlich mit Emblemen mit freiliegender Kante verziert, die ‚Emblemrahmen’ sind plastisch aus den Silberblechen herausgetrieben und z.B. bei der Schale in Moskau mit einem doppelten Flechtband verziert; von der Schale aus dem Kuban dagegen ist nicht bekannt, ob sie auf der Innenseite mit einem Emblem verziert war. – Zur Schale in Tarent: G. Patroni, XIV Taranto u. M. Mayer, XVI Bari. Not. Scavi 1896, 375-382 u. 537-548 bes. 547-548; M. Mayer, La coppa Tarantina di argenteo dorato del Museo Provinciale di Bari (Bari 1910); R. Delbrück, Archäologische Funde im Jahre 374

1911, Italien. Arch. Anz. 1912, Sp. 313-317 mit Abb. 30-32; H. Nachrod, Die Silberschale aus Tarent in Bari. RM 33, 1918, 103124; P. Wuilleumier, Le trésor de Tarante. Collection Edmond Rothschild (Paris 1930) 58. Taf. 8. – Zur Schale in Moskau: G. Bapst, Les fouilles de Siverskaia. Gazette Arch. 12, 1887, 147149; A. Odobesco, Le trésor de Petrossa historique et description. Ètude sur d’orfèvrerie antique (Paris 1889-1901) I 510-511 mit Fig. 214; Mayer 1910 (s.o.), 9. 31 mit Fig. 2. 33; O. Rubensohn, Hellenistisches Silbergerät in antiken Gipsabgüssen. Festschr. zur Eröffnung des Pelizaeus-Museums zu Hildesheim (Hildesheim 1911) 27; H. Nachrod 1918 (s.o.), 105 Anm. 2. 113. – Zum Pyxisdeckel in Tarent: G. Patroni u. M. Mayer 1896 (s.o.) bes. 376 Fig. 3 u. 378-379; P. Wuilleumier 1930 (s.o.), 933 Kat. A mit Taf. 2. – Eine weitere Schale mit ungerahmtem Emblem im J. Paul Getty Museum, siehe M. Pfrommer, Metalwork from the Hellenized East (Malibu 1993), 218-219 Kat. 127.

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lungen auf archäologischen Metallobjekten sind äußerst selten379. Die in der Antike i.A. verwendeten Pigmentfarbstoffe wurden mit Hilfe organischer Bindemittel auf die Metalloberflächen aufgebracht. Während der Bodenlagerung lösen sich die Bindemittel aber auf, so daß auch die Farbstoffe verloren gehen. Die Beobachtung einer Bemalung auf einer vergoldeten Silberoberfläche ist vorläufig singulär. Eine farbliche Akzentuierung der vergoldeten Athenafigur durch dunkle Ein- oder Auflagen hätte auch durch gezieltes Wegschneiden der Vergoldung durch Gravieren und anschließendes Patinieren dieser Linien erreicht werden können. Allerdings bestand dabei die Gefahr, beim spanabhebenden Gravieren das durch die Treib- und Ziselierarbeit stark verdünnte Silberblech zu durchschneiden. Auch für das Einschmelzen von Niello hätten Linien eingraviert oder -ziseliert werden müssen. Zudem wäre aller Voraussicht nach beim Nachfeilen des über weite Bereiche der Oberfläche verlaufenden Niellos die Vergoldungsschicht erheblich beschädigt worden, so daß auch diese Möglichkeit auszuschließen ist. Die gleichen Argumente sprechen gegen eine mögliche Tauschierung von Silber- oder Kupferdrähten. Daher bleibt tatsächlich als einfachste, aber ebenso effektvolle Alternative die Bemalung mit einem dunklen Farbstoff.

5. 3. 1. 2. 4. Hinweise auf eine aufgemalte Bordüre auf dem Gewand der Athena An etlichen Gewandsäumen, in den Falten am Oberkörper und in der Aegis der Athena sowie auf Schild und Helmbüschen konnten weißlich-matte punkt- und strichförmige Oberflächenveränderungen auf der Vergoldung beobachtet werden, die rein optisch wie eine Korrosionserscheinung wirken (Farbtaf. B 1-4, C 1-4)376. An diesen Stellen ist die Vergoldung aber nicht verloren, so daß die Silberunterlage durchscheint, sondern auf der noch dichten Vergoldung liegt eine weitere silberfarbene Schicht auf. An gut erhaltenen Partien sind zwei parallel verlaufende Linien zu beobachten, die von einer darüber gesetzten Punktreihe begleitet werden (Farbtaf. B 3-4, C 1). Vielfach sind aber nur noch die beiden parallelen Linien zu erkennen. Am Oberkörper laufen zwei leicht gebogene Punktreihen mit einer begleitenden Linie senkrecht die Brust hinab, ohne auf den spitzwinkligen Faltenwurf in diesem Bereich Rücksicht zu nehmen (Farbtaf. B 2). Auf dem Schild sind diese weißlichen Spuren an der Kante, auf den Lorbeerblättern und einer weiter innen liegenden leicht plastischen Wulst zu beobachten (Farbtaf. C 4); in den Helmbüschen sind einzelne gebogene Striche zu erkennen.

Plinius d.Ä. gibt in der Naturalis Historia ein Rezept für ein Niello aus einer Mischung von Silber- und Kupfersulfiden, das nach Wolters 1996 für eine „’Bemalung’ auf Silber“ verwendet worden sein soll oder könnte380. In der Mappae Clavicula, einer mittelalterlichen Sammlung von Rezepten zu Pigmenten und zur Metallurgie, gibt es einige Anweisungen für die Herstellung silberhaltiger bzw. silber- und schwarzfarbener ‚Tinten’381. Die meisten kommen wegen ihrer Beimengungen von Quecksilber, Zinn und/oder Blei für die Bemalung des Athena-Emblems nicht in Betracht, auf dem ja ausschließlich Silber analysiert wurde382. Da die Mischungen etlicher dieser

Die Regelmäßigkeit dieser weißlichen Spuren weist auf eine ehemals vorhandene Bemalung hin. Um Reste der ursprünglichen Auflage kann es sich allerdings nicht mehr handeln, denn nach der Bodenlagerung und den diversen, z.T. aggressiven Reinigungen können locker aufliegende Reste wie z.B. in organischen Klebstoffen gebundene Farbreste nicht mehr vorhanden sein. Vielmehr dürfte es sich entweder um die Spuren eines auf Gold korrosiv wirkenden Farbstoffanteils handeln, z.B. die Säure in Eisengallustinte o.ä.377, oder um den weißlich-matten Niederschlag eines im Farbstoff enthaltenen kolloidalen Metalls, hier Silber. Dieses Silber könnte sich während der Bodenlagerung durch reduzierende Bedingungen auf der Oberfläche der Vergoldung niedergeschlagen haben. Daß die weißlichen Strukturen leicht erhaben auf der Vergoldung liegen, spricht für die letztgenannte Möglichkeit. Die Elementanalyse einer Probe der silbrig-weißen matten Auflage im Rasterelektronenmikroskop in der BAM ergab reines Silber378. Das Bindemittel mit dem das Silber aufgetragen worden ist, läßt sich analytisch nicht mehr nachweisen.

379

H. Born, Polychromie auf prähistorischen und klassischen Bronzen. In: Ders. (Hrsg.), Archäologische Bronzen, antike Kunst, moderne Technik (Berlin 1985) 71-83. – Ders., Patinated and painted bronzes: exotic technique or ancient tradition? In: M. True/J. Podany (eds.), Small Bronze Sculpture from the Ancient World (Malibu 1990) 179-196. – Ders., … auch die Bronzen waren bunt … In: V. Brinkmann/R. Wünsche (Hrsg.), Bunte Götter. Die Farbigkeit antiker Skulptur (München 2003) 126-131. 380 R. König/G. Winkler, C. Plinius Secundus d.Ä., Naturkunde, Buch 33 (Darmstadt 1984) 92-93 Kap. XLVI § 131. – J. Wolters, Niello im Mittelalter. In: U. Lindgren (Hrsg.), Europäische Technik im Mittelalter (1996) 169-186, bes. 177 Tab. 5 Nr. 1-10 u. 178. 381 C.S. Smith/J.G. Hawthorne, Mappae Clavicula. A little key to the world of medieval techniques (Philadelphia 1974) Rezepte 56, 58, 82, 91-A, 92, 92-A, 92-C, 93-C, 132 u. 206. 382 Rezept 82 mit Zinn und Quecksilber, Rezepte 91-A und 92D mit Zinn, Rezepte 92-A, 132 und 132-A mit Quecksilber, Rezept 93-C mit Zinn, Quecksilber und Eisen. Alessandra Giumlia-Mair vermutet, daß die in vielen Rezepten angegebene Ochsengalle die Alchimistenbezeichnung für Quecksilber ist; damit würde auch Rezept 92 ausscheiden. Siehe A. GiumliaMair, Pyropus, Pinos and Graecanicus Colos. Surface treatments on copper alloys in Roman times. Kölner Jahrb. 33, 2000

Farbliche Veränderungen auf Metalloberflächen wurden üblicherweise durch Metallein- oder auflagen sowie Schmelzeinlagen wie Email oder Niello erzeugt. Bema376

Wegen der starken Plastizität der Athenafigur sind einer zeichnerischen Dokumentation Grenzen gesetzt. 377 An vier silbernen Emblemschalen im Fund von Hermoupolis sind die ‚Schatten’ antiker Tintenaufschriften noch heute erkennbar; siehe W. Brashear, 3. Inschriften. In: Mielsch/Niemeyer 2001 (siehe Anm. 205), 54-55 sowie 24-28 Kat. 1-4. 378 Als weiteres Metall wurde Gold analysiert, das von der Vergoldung des Emblems stammen dürfte (Karin Adam, BAM). Da sich bei der Ramanspektroskopie auch keine Silberverbindungen nachweisen ließen, muß es sich um reines Silber handeln (siehe Beitrag von Klaus-Werner Brzezinka, Kap. 15. 6).

62

Rezepte durch Aufschmelzen aufgebracht werden, handelt es sich hierbei um Nielli383. Diese müßten wiederum als schwarze Metallsulfidschicht auf der Objektoberfläche erhalten sein, nicht aber in Form silberner Linien. Damit bliebe als einzige Möglichkeit das Rezept 92-C der Mappae Clavicula, in dem Silber lediglich mit Wasser zu Pulver zermahlen und ebenfalls mit Wasser aufgetragen wird. Begasungsversuche von Pudersilber in schwefelhaltigen Gasen haben gezeigt, daß das fein gemahlene Metall schnell schwärzt, weil mit den schwefelhaltigen Verbindungen rasch Silbersulfid gebildet wird. Die große Oberfläche feinster Metallblättchen ist hoch reaktiv für den Angriff korrosiver Substanzen, so daß sich das anfangs silbrige Pudersilber relativ schnell dunkel verfärbt. Dieser Effekt würde auch bei einer Bemalung mit reinem Silberpuder eintreten. Der zusätzliche Dekor der Bordüre am Gewand der Athena wäre also erst nach einer gewissen Zeit sichtbar geworden oder die Schwärzung hätte künstlich beschleunigt werden müssen.

5. 3. 1. 2. 5. Die Palmetten auf den Griffen Die Palmetten mit einbiegenden Blättern sind 40 und 41 mm hoch, lassen sich aber nicht genau übereinander projizieren (Abb. 35). Die nach oben gerichteten Blätter auf Griff 2 wirken im Vergleich mit denen auf Griff 1 langgestreckter, die nach unten gerichteten Ranken dagegen gestaucht. Ein Hinweis auf ein verändertes Vorgehen bei der Anlage der Palmette auf Griff 2 belegen zwei angerissene feine Linien, die im Abstand von 1 mm die Mittelrippe an der Spitze durchschneiden. Überlagert man die beiden Palmetten so, daß sie sich im Bereich der Abschläge der Blütenpunze überdecken, endet die Palmetten-Mittelrippe von Griff 1 direkt an der unteren Rißlinie auf Griff 2. Die jeweils unteren beiden Palmettenblätter sowie die linke untere Ranke stimmen in dieser Position in der Anlage grob überein. Um eine Übereinstimmung der oberen beiden Palmettenblätter, der Mittelrippen und der rechten unteren Ranke zu erreichen muß die Vorlage des Palmettenmotivs von Griff 1 auf Griff 2 um 1 mm nach oben verschoben werden. Erst durch dieses Verschieben erreicht man eine leidliche Übereinstimmung der Palmettenmotive beider Griffe. Der Grund für diese Änderung bleibt unklar, da die Palmetten niemals direkt nebeneinander betrachtet werden konnten, sobald die Griffe an der Schale verlötet waren. Die leichten Abweichungen fallen bei der Betrachtung der Griffe selbst nicht so sehr auf. Erst wenn man nach dem Sinn der beiden Rißlinien sucht und die Umriße der Palmetten in Vergrößerung abzeichnet, springen die unterschiedlichen Proportionen der beiden Palmetten ins Auge.

Abgesehen von den vielen Darstellungen sitzender weiblicher Figuren mit reich bestickten Chitonen in der griechischen rotfigurigen Vasenmalerei, gibt die sitzende Figur der Leto auf der spätantiken Silberlanx aus dem Tyne bei Corbridge, GB einen Eindruck von verzierten Gewandsäumen in Silberoberflächen384. Auch wenn die Bordüren hier durch Punzierung und Ziselierung gesetzt sind, dürfte der Schwarz-Weiß-Kontrast der ‚Bemalung’ auf dem Athena-Emblem annähernd entsprechen (Farbtaf. C). Zu welchem Zeitpunkt die Bordüren-‚Bemalung’ auf dem Emblem aufgebracht worden ist, läßt sich nicht sagen. Denkbar wäre dies schon während der Anfertigung des Emblems oder aber erst als das ‚antike’ Emblem in der eigens angefertigten Schale neu gefaßt wurde, um das Emblem noch älter erscheinen zu lassen385.

5. 3. 2. Die Herakles-Schale HI 2 Das punzverzierte Dekorband ist komplett vergoldet, nur der leicht erhöhte obere Perlstab direkt unterhalb des Schalenrandes wurde nicht vergoldet. Durch Metallüberlagerungen kann die Arbeitsabfolge rekonstruiert werden: zuerst wurden die Außenkonturen der Dekormotive mit einer evt. strukturierten Linierpunze, dann die Binnenstrukturierung z.B. mit der Tierfellpunze P 2,12 bzw. mit der breiten Linierpunze P 2,10 angelegt. Auch die kurzen Riefen der Binnenstrukturierung wurden einziseliert und die Kanten durch das unterschneidende Einschlagen der Ovalpunze P 2,4 weiter plastisch ausgearbeitet. Die Mattierung des Hintergrundes erfolgte erst jetzt, was durch wenige überlagernde Abschläge der Mattierpunze P 2,8 auf den Binnenflächen der Dekore abzulesen ist. Erst ganz zuletzt, also erst nach der Mattierung der Hintergrundflächen, wurden die kleinen Ranken mit Blütendolden mit der flachen Kugelpunze P 2,3 angebracht.

(= Akten des 14. internationalen Kongresses für antike Bronzen 1999) 593-606, bes. 598 und persönliche Korrespondenz. – Rezepte 56, 89-B und 206 mit Schwefel, Rotkupfer = Kuprit und/oder Blei. Rezept 58 gibt die Anweisung für ein reines Silberniello. 383 Siehe auch W.A. Oddy/M. Bimson/S. La Niece, The composition of niello decoration on gold, silver and bronze in the antique and medieval periods. Studies in Conservation 28, 1983, 29-35, bes. 30. – A. Giumlia-Mair, Hellenistic niello. In: Proc. of the 4th Int. Conference on the Beginning of the Use of Metals and Alloys. BUMA IV, Matsue, Japan (1998) 109-114, bes. 113. 384 Pirzio Biroli 1991, 230-231 Abb. 244, 300-301 Kat. 177. – Weitere Literatur zur Corbridge-Lanx: F. Haverfield, Roman silver in Northumberland. JRS 4, 1914, 1-12. – F. Drexel, Über einen spätantiken Silberteller mit mythologischer Darstellung. Jahrb. DAI 30, 1915, 192-211. – O. Brendel, The Corbridge lanx. JRS 31, 1941, 100-127. – K. Weitzman (ed.), Age of Spirituality. Antique and early Christian art, third to seventh century. Ausstellungskat. (New York 1979) 132-133 Kat. 110. 385 Dafür müßte man allerdings voraussetzten, daß in augusteischer Zeit die griechische rotfigurige Vasenmalerei bekannt gewesen ist, damit die aufwendigen Gewandmuster als ‚Vorbilder’ für die Bemalung hätten erkannt werden können.

63

Tabelle 5: Formpunzen auf der Herakles-Schale HI 2 Nr. P 2,1

Bezeichnung Hohlpunze 1 mit unregelmäßiger Oberfläche und zwei ‚Ohren’

Abbildung

Maße in mm max. Dm 1,15 in gr. Tiefe 0,8

Angewandt • Flechtband • Augen von 3 Greifen in Kombination mit P 2,3

P 2,2

Hohlpunze 2 mit spindelförmiger Mitte

max. Dm 0,9 Spindel 0,4 x 0,3

• Blütenstempel • Flügelansätze bei Greifen und Vögeln • ‚Hintergrundranken’ vor Vogelschnäbeln • Augen vom Hasen und 4 Vögeln in Kombination mit P 2,4 • Blätter und Stiele von ‚Hintergrundranken’ • Greifenaugen in Kombination mit P 2,1

P 2,3

flache Kugelpunze mit einer kleinen Kerbe

P 2,4

Ovalpunze mit 3 Verletzungen

1,5 x 0,9

• Betonung der Akanthusblattränder • Betonung der Kanten der Akanthussschwänze der Greifen • Vogelkrallen • Augen von Ziegenbock, Hase beiden Hunden und Vögeln in Kombination mit P 2,2

P 2,5

S-förmige Punze

3,4 x 2,7 Br. 0,5

• Flechtband

P 2,6

gegenläufig S-förmige Punze

3,4 x 2,7

• Flechtband

P 2,7

Perlpunze 1

Perlendm 0,9

P 2,8

Perlpunze 2

1,5 x 1,5

P 2,9

Mattierpunze mit Kerben

max. Dm 0,85

1,8 x 1

• Perlstäbe seitlich des Flechtbandes • Perlstab unterhalb des Schalenrandes • Hintergrund

P 2,10 Konturpunze 1 mit seitlicher Einziehung

Br. max. 0,8

• Konturen

P 2,11 Konturpunze 2 mit tiefen Querkerben

Br. max. 0,8

• Konturen

P 2,13 breite Strukturierpunze

Br. max. 1,5

• Binnenstruktur der Akanthusblätter • Binnenstruktur sonstiger Blüten

64

Tabelle 5 (Fortsetzung): Formpunzen auf der Herakles-Schale HI 2 Nr. Bezeichnung P 2,14 Tierfellpunze mit diversen kleinen Kerben

Abbildung

Maße in mm 0,25 x 0,5

P 2,15 kreisförmige Punze

Dm 0,5

Die Hohlpunze P 2,1 ist im Wesentlichen im Flechtband angewendet worden, aber auch die Mittelpunkte der Augen von drei der vier Greifen wurden damit ausgearbeitet. Die schüsselförmige Hohlfläche ist unregelmäßig strukturiert. Die Abschläge auf der Metalloberfläche weisen am Übergang von der Hohlfläche zum Rand zwei ‚Ohren’ auf, die durch zwei V-förmig zueinander stehende Kerben in der Punze selbst verursacht werden. Diese Punze hat durch ihre Oberflächenstruktur eine gewisse Ähnlichkeit mit der Hohlpunze, die an den beiden Scyphi aus Lübsow zur Strukturierung der Vorder- und Rückseiten-Zwischendekore eingesetzt worden ist386.

• Blatt seitlich einer Blütendolde

Metalloberfläche sind die Punzen in nur recht wenigen Fällen in ganzer Länge abgeschlagen worden. Die ganz überwiegende Anzahl der Abschläge gibt nur ca. ein Drittel der Punzenbreite wieder. Wie beim Lorbeerbecher HI 9 unterscheiden sich die beiden Perlpunzen erheblich in Größe und Struktur387. Die Perlpunze P 2,7 erzeugt runde Perlen von 0,9 mm Durchmesser, die eine glatt polierte Oberfläche aufweisen. Sie ist für die beiden Perlstäbe eingesetzt worden, die das Flechtband rahmen. Die Hohlfläche ist in eine quadratische Fläche eingearbeitet worden, deren Kanten bei den meisten Abschlägen erscheinen. Zumindest eine der Kanten weist zwei deutliche Kerben auf, die auf der Metalloberfläche z.T. längere erhabene Grate hinterlassen haben.

Die Hohlpunze P 2,2 unterscheidet sich schon in der Größe, weist aber als charakteristisches Merkmal eine spindelförmige Hohlfläche mit Mittelgrat auf. Diese Hohlpunze ist zur Binnenstrukturierung von Blütenstempeln, für die Blätter der flachen ‚Hintergrundranken’ vor den vier Vogelschnäbeln, für die Gefiederansätze in den Flügeln der Greifen und Vögel sowie für die Augen der Tiere eingesetzt worden.

Die Perlen der zweiten Perlpunze P 2,8 sind sehr viel flacher und eher eckig. Sie ist ausschließlich für den Perlstab unterhalb des Wulstrandes der Schale eingesetzt worden. Sie entspricht beim Lorbeerbecher HI 9 der Perlpunze 2 mit 0,9 x 1,2 mm, mit der der dritte Perlstab als unterstes Dekorband am umgeschlagenen Rand des Innenbechers gearbeitet ist. Die beiden flachen, eckig wirkenden Perlpunzen 2 auf der Herakles-Schale HI 2 (P 2,6) und dem Lorbeerbecher HI 9 sind aber nicht identisch. Die beiden Perlstäbe, die das Flechtband einfassen, müssen bei der Anlage des gesamten vergoldeten Dekorbandes zu allererst einpunziert worden sein, weil einige der Perlen von Abschlägen der Mattierpunze oder von Ziselierlinien beschädigt worden sind.

Die flache Kugelpunze P 2,3 ist für die meisten Blätter der ‚Hintergrundranken’ eingesetzt worden, aber auch die Augen der Greifen und sonstiger Tiere und Vögel wurden damit weiter ausgearbeitet, indem neben die Abschläge der Hohlpunzen P 2,1 und P 2,2 seitlich jeweils ein weiterer Punkt gesetzt wurde. Die Punze weist als Charakteristikum eine kleine Kerbe in der Wölbung auf. Dadurch können auch die sehr viel kleineren Abschläge, die die ‚Stiele’ der ‚Hintergrundranken’ bilden, als solche der Kugelpunze P 2,3 identifiziert werden.

Die Mattierpunze P 2,9 ist in ihrer Gesamtform nicht zu fassen, weil ein Einzelabschlag der Punze nicht gefunden werden konnte. Nur an vier Stellen ist die Mattierpunze auf die Dekorflächen geraten, hat dort aber auch nur Teilabschläge hinterlassen388. Eine Kante muß leicht gewölbt gewesen sein, was diverse Abschläge am oberen Rand des Hintergrundes unterhalb des oberen Perlstabes belegen. Die Fläche der Punze ist durch mehrere Kerben oder Feilstriche strukturiert, von denen eine wohl mittig gelegene Dreiergruppe besonders tief eingegraben ist. Diese tiefen Kerben haben auf der Metalloberfläche deutliche erhabene Grate hinterlassen. Möglicherweise war die Fläche der Mattierpunze leicht gewölbt, was das Fehlen von Kanten auf den Hintergrundflächen erklären würde.

Die Ovalpunze P 2,4 ist vornehmlich für die Strukturierung der Kanten von Akanthusblättern und den akanthusförmigen Schwänzen der vier Greifen eingesetzt worden. Sie ist aber gelegentlich auch für die Ausarbeitung von Tieraugen, für Vogelkrallen und für die Binnenstrukturierung diverser Blütenornamente verwendet worden. Die stark gewölbte Punzfläche weist diverse charakteristische Fehler auf: oberhalb des Randes eine tiefe kurze Kerbe, die bei vielen Abschlägen nur unvollständig erscheint; zwei feinere Kerben auf der Fläche und einen feinen Riß auf der höchsten Stelle der Wölbung. Die S-förmige Punze P 2,5 und die gegenläufig S-förmige Punze P 2,6 sind ausschließlich im Flechtband eingesetzt worden. Sie weisen beide eine feine unregelmäßige Oberflächenstruktur auf. Durch die Wölbung der

387

Zum Lorbeerbecher HI 9 siehe Kap. 6. 1. 3. Die Maßangabe in Tabelle 3 gilt für den zu einem Oval komplettierten abgebildeten Teilabschlag. 388

386

Angewandt • Binnenstrukturierung von Tierfellen, Greifen und Vogelgefieder

Siehe Kap. 6. 2. 3 mit Abb. 62.

65

Mit den Konturpunzen P 2,10 und P 2,11 wurden ca. 0,8 mm breite Linien gezogen. Eine Punze scheint zumindest eine gerundete Kante aufzuweisen und verfügt als charakteristisches Merkmal über eine Einziehung an einer Längsseite, die vor allem in den ziselierten Rundungen gut, auf den geraden Strecken der Konturen dagegen selten sichtbar ist. Bei anderen Konturlinien sind hervorstehende gerade Querlinien zu erkennen, die von Kerben in der Punzenoberfläche verursacht sind. Vermutlich werden diese unterschiedlichen Strukturen von der zweiten Konturpunze P 2,11 hervorgerufen.

5. 3. 3. Die drei Ententeller HI 45-47 Die drei Ententeller sind auf ihren breiten Handhaben mit jeweils zwei unterschiedlichen Dekoren verziert. Diese Dekore sind ausschließlich mit Form-, Linier- und Schrotpunzen ausgearbeitet worden. Daher erscheinen die Dekore in leicht ‚verwaschener‘ Form im Positivrelief auf den Rückseiten der Handhaben (Abb. 45 links). In keinem Fall konnte spanabhebendes Gravieren, also das Wegschneiden von Silber beobachtet werden, obwohl dies bei Objekten mit Liniendekoren in den Beschreibungen immer wieder behauptet wird389. Die Dekore auf den Tellern sind zwar nach den gleichen Vorlagen angelegt, differieren aber in Details der Ausgestaltung. Markante Differenzen weisen z.B. die Zwickel in den Rahmenleisten über den zentralen Enten der A-Seiten auf, aber auch im Hineinragen der Entenpürzel rechts in diese Leiste bei HI 47 unterscheidet sich dieser Teller von den beiden anderen390. Auf den B-Seiten sind die Wellenlinien sehr unterschiedlich angelegt (Abb. 36).

Die breite Strukturierpunze P 2,13 ist ausschließlich zur leichten Reliefierung der Innenflächen von Akanthusblättern und -greifenschwänzen sowie der größeren Blüten eingesetzt worden. Wie die Mattierpunze P 2,9 weisen die äußerst kleinen Abschläge der Tierfellpunze P 2,14 als Charakteristikum feine Kerben auf. Alle Tierfelle sowie das Gefieder der Greifen und Vögel sind mit dieser Punze strukturiert worden. Von der Kreispunze P 2,15 mit flacher Innenfläche gibt es nur einen einzigen ganz flauen Abschlag auf einem Blatt seitlich einer Blütendolde. Die Punze spielt für die weitere Ausgestaltung der Dekore keine Rolle. Somit dürfte dieser Abschlag nur aus Versehen entstanden sein.

Auf den Handhaben konnten sechs verschiedene Formpunzen (P 45/47,1-6), mindestens drei Linier- (P 45/47,79) sowie eine Kerb- oder Schrotpunze (P 45/47,10) beobachtet werden, die auf allen drei Ententellern erscheinen. Schon Lang 1997 hat die Vielfalt von Formpunzen bemerkt und von „ungefähr neun“ gesprochen391. Die Blattpunze P 45/47,11 erscheint außer an den Blattstäben nur noch vereinzelt auf den Körpern der untertauchenden Enten392.

Tabelle 6: Formpunzen an den Ententellern HI 45-47 Nr. P 45/47,1

Bezeichnung ovale Hohlpunze mit runder Fehlstelle unten

P 45/47,2

P 45/47,3

Abbildung

Maße in mm 07, x 1,3

Angewandt • Hintergrundstrukturierung

hakenförmige Punze 1

0,95 x 0,4/0,6

• Flügelkante der zentralen Enten

hakenförmige Punze 2

0,8-0,9 x 0,3/0,45

• Körperstrukturierung der zentralen Enten der ASeiten

389

Als Ausnahme von dieser ‚Regel‘: M. de Grooth, De sierschiif von Helden. Oudheidk. Mededelingen 1987, bes. 71 ‚Technische aspecten‘. 390 Die Handhaben mit den vollständigen, auffliegenden Zentralenten werden als A-Seiten bezeichnet, auf den B-Seiten sind alle drei Enten durch Wellenkronen geteilt. 391 Lang 1997, 162. 392 Siehe Kap. 6. 1. 2.

66

Tabelle 6 (Fortsetzung): Formpunzen an den Ententellern HI 45-47 Nr. P 45/47,4 P 45/47,5

Bezeichnung runde Hohlpunze Kugelpunze

P 45/47,6

‚Kaffeebohnen‘-Punze

Dm 0,25-0,3

P 45/47,7

Linierpunze mit dreieckig- und rautenförmiger Unregelmäßigkeit am Punzenrand kleine Linierpunze

Br 1-1,2

P 45/47,8

P 45/47,9

Abbildung

Linierpunze mit schräger Kerbe

P 45/47,10 Kerb-/Schrotpunze

P 45/47,11 Blattpunze

Die auffälligste Punze ist die Ovalpunze P 45/47,1 mit einer kleinen Delle im erhabenen Rand. Diese Formpunze ist an den Handhaben aller drei Teller ausschließlich zur Strukturierung der Hintergundflächen verwendet worden. Schon auf der Silberoberfläche ist die kleine Unregelmäßigkeit deutlich zu erkennen, aber auch auf der ‚Punzenoberfläche‘ der Silikonabformung ist die Delle sichtbar. Da der umgebende Bereich leicht abgeflacht wirkt, dürfte der hochstehende ovale Rand der Punze durch ein Versehen beschädigt worden sein, wobei auch die kleine Delle entstanden ist.

Maße in mm Dm 0,8/1,2 Dm 1

Angewandt • Augen der Enten • je zwei Einschläge neben den Augen der Enten

• Zwickelfüllung in Blattbändern • Strukturierung der Entenköpfe • Strukturierung der Entenpürzel • Pinienzapfen • Wellenlinien

Br 0,6-0,7

• Wellenlinien

Br 0,3-0,4

• Flügel der Enten A • Körper der untertauchenden Enten

Br 0,7

• Konturen der figürlichen Dekore

Br 0,6

• Kerbe zwischen Rahmenleiste und Dekorfläche • Kerben von Rahmenleisten zu äußeren Blüten • Kerben in Pinienzapfen • ‚Vorkerbung‘ in Blattstäben • Blattstäbe • 1-2x auf Griffplatten

Kraftaufwand beim Punzieren tiefer eingeschlagen als auf Teller HI 46, so daß die Punze weiter in die Silberoberfläche getrieben wurde und sich ihre Gesamtform hier besonders gut abzeichnet. Auf Teller HI 46 sind die Punzabschläge weniger tief, die Punze ist nur unvollständig abgedrückt, so daß die Abschläge hier kleiner sind. Trotzdem belegen die charakteristischen Strukturen an der inneren Kontur und die zusammengeschoben wirkende Metalloberfläche innerhalb der Rundung, daß es sich um die gleiche Punze handelt. Die raupenförmige Punze P 45/47,3 zeigt bei allen Abschlägen eine charakteristische wellige Kontur an der Innenrundung, die einen ‚Kopf‘ vom ‚Körper‘ trennt, sowie eine schräge Fläche am ‚Schwanz‘. Vor allem fehlt ihr aber im Vergleich mit der Punze P 45/47,2 die zusammengeschobene Fläche innerhalb der Innenrundung. Mit

Zwei sehr ähnliche haken- oder raupenförmige Punzen P 45/47,2 und P 45/47,3 sind für die Binnenstrukturierung der zentralen Enten der A-Seiten verwendet worden. Mit der größeren dieser Punzen P 45/47,2 sind die jeweils ca. 7 Abschläge gesetzt worden, die die Kante des hochgeschlagenen vorderen Entenflügels markieren. Auf Teller HI 45 sind die Abschläge dieser Punze durch größeren 67

der Punze P 45/47,3 sind die Körper der zentralen Enten der A-Seiten strukturiert worden.

Linie einzelner Punzabschläge gehört zum Typ tief und breit, die beiden Linien rechts und links davon zum Typ flach und schmal. Die ‚Wellenpunze‘ weist drei markante und ein weiteres etwas unauffälligeres Merkmal auf, wobei es sich in allen Fällen um Vertiefungen in der Punzenoberfläche handelt, die auf der Metalloberfläche jeweils feine Erhebungen verursacht haben394.

Zur Ausarbeitung der Entenaugen sind zwei Punzen eingesetzt worden. Die Augen selbst sind durch die Hohlpunze P 45/47,4 geformt, durch deren leicht gewölbte Innenfläche eine Art Pupille entstanden ist. Die in die Metalloberfläche eingetiefte ringförmige Kehlung weist diverse in die Tiefe führende Grate auf und auch die Innenfläche trägt diverse Strukturen. Diese Merkmale wiederholen sich an etlichen Abschlägen. Jedes der Entenaugen wird an zwei gegenüber liegenden Seiten von Abschlägen dieser Punze begleitet. Sie weist keine charakteristischen Merkmale auf und ist ansonsten auf den Ententellern nicht weiter verwendet worden. Die Abschläge der Hohlpunze sind in z.T. erheblichem Maße von den beiden Einschlägen der Kugelpunze P 45/47,5 beschädigt worden.







Die kleine flache ‚Kaffeebohnen’-Punze P 45/47,6 weist einen charakteristischen länglichen Spalt auf, der in der flachen Einwölbung eine entsprechend geformte Erhöhung auf der Metalloberfläche verursacht hat. Diese kleine Punktierpunze ist bei der Dekorierung der Handhaben sowie der Entenköpfe und -pürzel eingesetzt worden. Sie erscheint auch bei einigen Pinienzapfen an den Endpunkten der Blattstäbe und in den seitlichen Zwickeln neben den Akanthusblättern der Zwischendekore in den Blattstäben.



Die Wellenlinien auf den Handhaben der Ententeller treten in zwei unterschiedlichen Formen auf. In der größeren Anzahl sind dies 1-1,2 mm breite Linien, die tief eingeschlagen sind; eine geringere Anzahl dieser Wellenlinien ist mit 0,6-0,7 mm Breite deutlich schmaler und zudem flacher in die Metalloberfläche eingetieft. Schon bei der Betrachtung der Metalloberflächen im optischen Mikroskop konnte in den breiter und tiefer eingeschlagenen Wellenlinien regelmäßig eine kleine dreieckige Erhebung scharf an der Kante des Punzenabschlags beobachtet werden. In den schmaleren Wellenlinien dagegen fand sich eine vergleichbare Erhebung regelmäßig mehr in der Mitte der Abschlagfläche. Diese Merkmale, also breit und tief mit einer plastischen Unregelmäßigkeit am Rand sowie schmal und flach mit einer Unregelmäßigkeit in der Mitte, treten in regelmäßiger Kombination auf. Bei der Betrachtung der Silikonabformungen im REM sollte geklärt werden, ob es sich tatsächlich um zwei verschiedene oder doch um die gleiche Linierpunze handelt, die mit Absicht jeweils anders gehalten und kontrolliert unterschiedlich tief abgeschlagen wurde.

Das erste Merkmal ist eine auf den REM-Aufnahmen spitzdreieckig erscheinende Vertiefung mit zwei scharfen Kanten (Abb. 37c Pfeil 1). Die Länge beträgt ca. 0,15 mm. Das zweite Merkmal bildet ein spiegelbildliches Spitzdreieck gegenüber dem ersten, dessen Kanten aber nicht so scharf ausgebildet sind und das mit ca. 0,09 mm etwas kürzer ist (Abb. 37c Pfeil 2). Der Zwischenraum zwischen diesen beiden spitzdreieckigen ‚Fehler‘ beträgt ca. 0,2 mm. Der dritte ‚Fehler‘ liegt oberhalb der beiden Spitzdreiecke aus der Mitte leicht nach rechts verschoben. Er bildet nur eine flache wolkige Struktur von leicht ovalem Umriß und weist an der rechten Seite eine leichte Einziehung auf (Abb. 37c Pfeil 3). In einem Teil der schmaleren Wellenlinien erscheint dieses Merkmal nicht, wohl weil die Punze anders gehalten und nicht so tief in die Metalloberfläche eingeschlagen wurde (Abb. 37a). Das vierte Merkmal ist eine kleine Delle, die fast senkrecht über dem zweiten Spitzdreieck liegt und eine kleine Ausbauchung in der Rundung der Punze verursacht (Abb. 37c Pfeil 4). Diese kleine Delle ist auf Abb. 37a sowohl an den breit-tiefen als auch an den schmal-flachen Wellenlinien erkennbar.

Die beiden Linierpunzen P 45/47,8 und P 45/47,9 unterscheiden sich deutlich in der Breite der Rillen, die mit ihnen ziseliert wurden. Die schmalere erzeugt eine Breite von 0,25-0,4 mm, die breitere eine von 0,7 mm. Mit der Linierpunze P 45/47,8 sind die ‚Federn‘ in den hochgeschlagenen Flügeln und den Körpern und Pürzel der Enten in recht flachem Relief angedeutet. Die Linierpunze P 45/47,9 weist eine feine Kerbe auf, die in den Seitenflächen der Kerben ganz schmale erhabene Linien verursacht hat. Mit der Kerbpunze P 45/47,10 wurden die tiefen Kerben zum Absetzen des glatten Randes von der dekorierten Fläche der Handhabe sowie die ‚Basislinie‘ zur Tellerfläche hin gezogen. Außerdem wurden jeweils zwei kurze Kerben von den seitlichen Zwickeln aus hin zu den und Schatten erzeugt werden. Zum Verfahren: J. Riederer, Archäologie und Chemie – Einblicke in die Vergangenheit (Berlin 1987) 30-31. – S.L. Olsen (ed.), Scanning electron microscopy in archaeology. BAR S 452 (Oxford 1988). – M. Matteini/A. Moles, Naturwissenschaftliche Untersuchungsmethoden in der Restaurierung (München 1990) 40-42. – M. Füting/H. Schnarr, Konventionelle und atmosphärische Rasterelektronenmikroskopie. Grundlagen und archäometrische Anwendungen. Jahresschr. Halle 76, 1994, 231-248; jeweils mit weiteren Literaturangaben. 394 Lang 1997, 161 hat die drei Fehler in der ‚Wellenpunze‘ schon erkannt, aber nicht dokumentiert.

Erst bei der Beobachtung und Dokumentation der dicht nebeneinanderliegenden tief-breiten und schmal-flachen Wellenlinien bei günstigem ‚Lichteinfall‘ im REM wurde deutlich, daß die beiden Sorten von Wellenlinien tatsächlich mit der identischen Linierpunze P 45/47,7 in die Metalloberflächen der drei Ententeller ziseliert worden sind393. Die auf Abbildung 37a in der Mitte liegende 393

Es handelt sich im REM nicht um Licht, sondern um einen Elektronenstrahl, durch den auf plastischen Oberflächen Licht

68

äußeren runden Blüten mit dieser im Querschnitt dreieckigen Linierpunze gesetzt. Die Punze ist spitzwinklig mit abgerundeter Spitze und dürfte auch für die ‚Vorkerbung‘ in den Blattstäben verwendet worden sein395. Die Länge dieser Punze läßt sich wegen der gleichmäßigen Führung in den lange Kerben nicht feststellen. Vermutlich hat sie der Länge der ‚Vorzeichnungs‘-Kerben in den Blattstäben entsprochen.

Reihenfolge ihrer Inventarnummern angefertigt worden sind, nämlich HI 45/46 zuerst, HI 47 zuletzt. 5. 3. 4. Die Gefäße HI 66 und HI 67 Die Gefäße HI 66 und HI 67 werden wegen der ähnlichen Gestaltung mit jeweils einem Tierfries, der Gliederung durch ausgewölbte unverzierte Wülste und die aufgerauhten und vergoldeten Hintergrundflächen einer Werkstatt zugeschrieben: „Sie [...] geben sich vielmehr als Trinkgefässe zu erkennen [...] durch dem Umstand, dass sie als Paar in dem Schatze vertreten waren.“396 Durch die Analyse der verwendeten Punzen soll diese Behauptung überprüft werden.

Die Untersuchung und Dokumentation der Metalloberflächen und Silikonabformungen der drei Ententeller HI 45-47 hat ergeben, daß die drei Gefäße mit einer erheblichen Anzahl identischer Punzen dekoriert worden sind. Die Blattpunze P 45/47,11 ist zwar unauffällig, die zur Verzierung der Handhaben verwendeten Formpunzen dagegen weisen z.T. ganz charakteristische Merkmale auf, z.B. die Ovalpunze P 45/47,1, die Punktierpunze P 45/ 47,6 und die Wellenpunze P 45/47,7. Auffälligerweise sind die ‚Fehler‘ bzw. charakteristischen Merkmale der Punzen auf dem Teller HI 47 nur relativ selten zu erkennen, beim Teller HI 45 dagegen recht ausgeprägt. Ob sich in diesem Umstand die Reihenfolge der Anfertigung der Teller andeutet, kann kaum geklärt werden. Sollten sich die ‚Fehler‘ in den Punzen im Laufe der Ziselierarbeit durch Abnutzung der Punzenoberfläche verunklärt haben, könnte daraus geschlossen werden, daß die Teller in der

5. 3. 4. 1. Die Punzen Auf dem vermeintlich komplett erhaltenen Gefäß HI 66 konnten dreizehn Form-, eine Mattier-, zwei Punkt- und drei Linierpunzen dokumentiert werden, die in Tabelle 5 mit den Orten ihrer Anwendung aufgeführt sind. Die Einteilung der Zierzonen 1-4 (Zz) folgt den Dekorbändern von oben nach unten.

Tabelle 7: Formpunzen am konischen Gefäß 1 HI 66 Nr. P 66,1

Bezeichnung halbkreisförmig

P 66,2

sichelförmig

P 66,3

nierenförmig 1

395

Abbildung

Maße in mm 4,4-3,8 x 1-1,2 (lichte Weite 2,52,9)

3,3 x 0,7 (lichte Weite 1,21,4)

2,2 x 0,8 (lichte Weite 1)

396

Siehe Kap. 6. 1. 2.

69

Angewandt • Zz 1: Blütenblätter • Zz 2: Löwenmähne (versetzte Doppelabschläge) • Zz 2: Hinterlaufgelenk vom Löwen • Zz 2: Hinterläufe Hund 2 • Zz 2: Efeublätter oberhalb Hund 2 • Zz 4: Blattkanten seitlich der Blütenstempel mit hakenförmigen Punzierungen, in Kombination mit P 66,4 • Fuß: Zungenbögen • Zz 1: Blätter in Rankenzwickeln • Zz 1: Kreis um Staubgefäße durch Mehrfachabschläge • Zz 2: Fell von Eber 1 • Zz 2: Fell von Hund 2 • Zz 2: Hinterläufe Hund 2 • Zz 2: Einfassung des Löwenmauls • Zz 2: Ohr der Löwengreifen durch Mehrfachabschläge • Zz 2: Efeublätter über Hund 2 durch Mehrfachschläge • Zz 4: Ohr der Löwengreifen durch Mehrfachabschläge • Zz 2: Blattwedel ober- und unterhalb des Löwen • Zz 4: Blattwedel aus Einzelschlägen • Zz 4: Strukturierung der Lanzettblattkante

Pernice/Winter 1901, 68.

Tabelle 7 (Fortsetzung 1): Formpunzen am konischen Gefäß 1 HI 66 Nr. P 66,4

Bezeichnung nierenförmig 2: kleiner und dicker

P 66,5

nierenförmig 3: klein und schlank

P 66,6

hakenförmig

P 66,7

Blattaderpunze 1: blutegelförmig, innen strukturiert

2,1 x 0,5 (lichte Weite 0,7)

• Zz 4: horizontale Blattadern Lanzettblatt 2

P 66,8

Blattaderpunze 2: giebelförmig, innen strukturiert Rückenkammpunze: teilstrukturiert

1,4 x 0,5

• Zz 4: vertikale ‚Linie’ neben Mittelader von Lanzettblatt 2

P 66,9

P 66,10

Stirnhaarpunze Stier: strukturierte Kante links

P 66,11

Hohlpunze mit ‚Zahnrad’-Mitte

P 66,12

Hohlpunze mit kegelförmiger Mitte

Abbildung

Maße in mm 1,9 x 0,9 (lichte Weite 1,2)

1,4 x 0,5 (lichte Weite 0,8)

1x1

4 x 0,3 (lichte Weite 0,8)

2,5 x 0,7 (lichte Weite 1)

1,5 x 1,6 Innenfläche 0,6 x 0,65 Dm 1,8-1,9 Innenfläche Dm 0,5

70

Angewandt • Zz 1: Blattwedel an Rankenende • Zz 2: Blattwedel unterhalb Eber 1 • Zz 2: Blattwedel oberhalb Schwanz von Eber 1 • Zz 2: Blattwedel über Hund 1 • Zz 2: Nüstern des Stiers • Zz 2: Blattwedel oberhalb von Stier und Hund 2 • Zz 2: Blattwedel zwischen Hund 2 und Eber 1 • Zz 4: Akanthus-Blattspitzen • Zz 4: Blattkanten seitlich der Blütenstempel mit hakenförmiger Punze P 66,6 in Kombination mit P 66,1 • Zz 4: Klauen, Augen etc. an Löwengreifen in Kombination mit P 66,3 u. 4

• Zz 4: bei vier Blütenstempeln • Zz 4: Blattstrukturierung um Löwengreife

• Zz 2: Rückenkamm beider Eber

• Zz 2: Stirnhaare des Stiers

• Zz 3: umlaufende Linie unterhalb des Blattkranzes • Fuß: als ‚Spitze’ der Dreiecke

Tabelle 7 (Fortsetzung 2): Formpunzen am konischen Gefäß 1 HI 66 Nr. P 66,13

Bezeichnung Mattierpunze

Abbildung

Maße in mm 2,8 x 09

P 66,14

Kugelpunze 1: groß

Dm 0,9-1,2

P 66,15

Kugelpunze 2: klein

Dm 0,4-0,5

P 66,16

Linierpunze 1: breit

Br. 0,8-1,1

P 66,17

Linierpunze 2: schmal

Br. 0,2

P 66,18

Linierpunze 3: ganz breit

Br. max. 1,7

Angewandt • Zz 1: Hintergrund • Zz 2: Hintergrund • Zz 3: jedes zweite Blatt • Zz 4: Hintergrund • Fuß: Dreiecke

• Zz 1: Blütenblattabtrennung • Zz 3: Ansätze der äußeren Linien der mattierten Blätter • Zz 4: Abtrennungen der Akanthusblätter • Zz 1: Staubgefäße • Zz 2: ‚Alternativentwurf’ • Zz 4: ‚Alternativentwurf’ • Zz 1: Ranken • Zz 2: Konturen der Tiere, Blattstiele • Zz 3: Konturen der Lorbeerblätter • Zz 4: Konturen von Blättern und Tieren • Fuß: Zick-Zack-Band, Zungenblätter • Zz 2: Eberkopfhaare • Zz 2: Stierfell • Zz 4: Blattadern an Löwengreifblättern • Zz 4: Lanzettblatt 1 • Zz 4: Löwengreiffell • Zz 1: Strukturierung der Blütenblätter • Zz 4: Akanthusblattstrukturierung

Die drei nierenförmigen Punzen P 66,3-5 variieren in Größe und Form, so daß sich ihre Abschläge eindeutig voneinander unterscheiden lassen. Die größte von ihnen, P 66,3, mit ca. 1 mm lichter Breite hinterläßt leicht gebogene Abdrücke, deren Innenkrümmung nicht gleichmäßig rund ist. Die zweite nierenförmige Punze P 66,4 ist kurz und dick. Viele ihrer Abschläge zeigen einen herzförmigen, scharfkantigen Einschnitt in der Mitte der Innenrundung auf, dessen linke Kante sich leicht in die Fläche der Punze fortsetzt. Die dritte nierenförmige Punze P 66,5 ist etwas breiter und schmaler als P 66,4. Ihre Innenrundung ist im Vergleich mit dieser sehr viel flacher.

Die halbkreisförmige Punze P 66,1 ist mit ca. 4,4 x 1,2 mm die größte der am Gefäß HI 66 verwendeten Formpunzen. Sie wurde vorwiegend in den ersten beiden Zierzonen mit der Blütenranke und dem Tierfries eingesetzt. Die Abschläge unterscheiden sich leicht in der Größe und den Innenrundungen wegen des unterschiedlich starken Anwinkelns auf der plastischen Oberfläche und wegen des variierenden Kraftaufwandes beim Abschlagen. Die Abschläge der ‚sichelförmig’ benannten Punze P 66,2 sind im Vergleich mit den Abschlägen der halbkreisförmigen Punze P 66,1 durchgehend schmaler und weisen eine andere Innenkrümmung auf. Sie ist in den drei Zierzonen 1, 2 und 4 eingesetzt worden.

71

Die hakenförmige Punze P 66,6 ist ausschließlich in Zierzone 4 bei der Strukturierung von Blüten und Blättern innerhalb des hohen Rankengeflechtes verwendet worden397. Die Abschläge zeigen an der äußeren Kante des linken Schenkels eine wellige Kante sowie bei guten Abschlägen am Ende des rechten Schenkels einige Kerben. Je nach Aufschlagrichtung des Zisielierhammers auf die Schlagfläche der Punze ist der linke Schenkel z.T. nur unvollständig abgedrückt.

Die Hohlpunze P 66,12 mit einem Durchmesser von ca. 1,8 mm ist ausschließlich bei der Dekorierung der Fußpartie des Gefäßes angewendet worden. Wie bei der sog. Zahnradpunze P 66,11 handelt es sich um eine Hohlpunze. Die Gestaltung der Innenbereiche weicht aber deutlich voneinander ab, so daß hier mit Sicherheit zwei verschiedene Hohlpunzen vorliegen. Die tiefen dreieckigen Abschläge auf dem oberen Absatz des Fußes dürften durch das Abschlagen einer verkantet gehaltenen Linierpunze entstanden sein.

Die beiden sog. Blattaderpunzen P 66,7 und P 66,8 sind ausschließlich für die Binnenzeichnungen der beiden großen Lanzett- oder Schilfblätter in Zierzone 4 verwendet worden. Beide weisen charakteristische Binnenstrukturen und Konturen auf, die eine Identität der beiden Punzen ausschließen. Die Abschläge der größeren Punze P 66,7 liegen alle waagerecht und erzeugen seitliche ‚Blattadern‘ im Lanzettblatt398. Mit der kleineren Blattaderpunze P 66,8 ist neben der vertikalen glatten Mittelader des Lanzettblattes durch weit auseinanderliegende Einzelabschläge eine begleitende vertikale ‚Linie‘ gezogen worden; die Punzabschläge stehen senkrecht.

Die Mattierpunze P 66,13 ist auf dem Gefäß HI 66 nur in wenigen deutlich voneinander abgrenzbaren Abschlägen erhalten. Da sie beim Abschlagen gleitend über die Silberoberfläche geführt wurde, überlagern sich die Einzelabdrücke weitgehend. Sie ist neben der Linierpunze P 66,16 die einzige Punze, die auf sämtlichen Zierzonen und dem Fuß angewendet wurde. Sämtliche Hintergrundflächen der Zierzonen 1, 3 und 4 wurden mit dieser Punze mattiert; in Zierzone 2 wurden jedes zweite Blatt und die nach unten geöffneten Dreiecke auf dem unteren Absatz des Fußes damit strukturiert. Zwei Kugelpunzen erheblich unterschiedlicher Größe können unterschieden werden. Mit der größeren P 66,14 wurden markante Ansatzpunkte für andere Form- oder Linierpunzen gesetzt, z.B. die Punkte für die Konturlinien der Lorbeerblätter in Zierzone 3 und die Blatteinschnitte der Akanthusblätter in Zierzone 4. Mit der kleineren Kugel- oder Punktierpunze P 66,15 wurden die Staubgefäße in den Blüten von Zierzone 1 angedeutet, vor allem aber wurden die gepunkteten ‚Alternativentwürfe‘ in den Zierzonen 2 und 4 damit gesetzt399.

Rückenkamm- und Stirnhaarpunzen sind ausschließlich für jeweils ein Dekorelement verwendet worden, die Rückenkammpunze P 66,9 zur Strukturierung der Rükkenkämme beider Eber in Zierzone 2, die Stirnhaarpunze P 66,10 zur Gestaltung der Stirnhaare des Stieres mit Leibbinde ebenfalls in Zierzone 2. Beide Punzen unterscheiden sich deutlich in ihrer Größe und der Strukturierung eines Teils ihrer Kanten mit charakteristischen Kerbenmustern. Die ‚Zahnrad’-Punze P 66,11 ist eine Hohlpunze, die ausschließlich in einem schmalen Band unterhalb der Lorbeerranke abgeschlagen worden ist. Innerhalb des erhöhten Ringes ist eine annähernd runde Fläche eingetieft, deren Kante etliche kleine runde Halbbögen aufweist, so daß das ‚Rund‘ von eher polygonalem Umriß ist. In die Tiefe des Ringabdruckes verlaufen, z.T. von den Spitzen dieser Halbbögen ausgehend, feine erhabene Linien. Diese Strukturen dürften bei der Anfertigung der Punze entstanden sein. Der Hohlraum innerhalb des erhabenen Ringes mußte mit geeigneten Werkzeugen, z.B. einem feinen Stichel, in die Metalloberfläche der Punze eingeschnitten werden. Offenbar hatte dieser Stichel eine leicht gerundete Schnittkante, die die kleinen Halbbögen und feinen Schnittspuren auf der bearbeiteten Fläche der Punze hinterlassen hat. Diese Arbeitsspuren haben sich auf der Silberoberfläche des Gefäßes als Halbbögen an der Kante und erhabene Linien in der ringförmigen Vertiefung abgedrückt.

Auf Grund erheblich unterschiedlicher Riefenbreiten lassen sich mindestens drei unterschiedliche Linierpunzen unterscheiden. Die breite Linierpunze P 66,16 ist für die Ranken in Zierzone 1, die Konturen der Tiere in Zierzone 2, die Blattkonturen in Zierzone 3, die Blattkonturen und Rankenstiele in Zierzone 4 sowie weitere breite Konturlinien und Einzelriefen verwendet worden, z.B. am Zick-Zack-Band und evt. den Zungenblättern auf dem Fuß. Die Linierpunze 2 P 66,17 ist erheblich schmaler und überwiegend für Binnenstrukturierungen wie die ziselierte Fellzeichnung des Stieres und die Eberkopfhaare in Zierzone 2 sowie die Löwengreiffelle in Zierzone 4 angewandt worden. Aber auch in Lanzettblatt 1 und in den Blattadern um die Löwengreife herum erscheinen Abschläge dieser Punze. Die flächige Linierpunze P 66,18 ist für die Strukturierung der Akanthusblätter in Zierzone 4 eingesetzt worden. Sie weist keine charakteristischen Merkmale wie die Wellenlinienpunze P 45/47,7 auf den Ententellern auf und kann daher nicht mit dieser identisch sein.

397

Abschläge einer vergleichbaren Punze von 1,1 x 1,5 mm konnten in einem der ‚Zwischendekore’ auf dem Spiegel aus der Casa del Menandro, Pompeji beobachtet werden. Siehe auch Kap. 6. 2. 5. 398 Die auf den Silikonabgüßen sichtbaren erhabenen ‚Mittellinien’ der beiden Punzen stellen moderne Verletzungen dar, die beim Entfernen der Silberchloridauflagen während der ersten Reinigung in Hildesheim entstanden sind.

399

72

Siehe Kap. 5. 3. 4. 2.

Tabelle 8: Formpunzen am Gefäßfragment HI 67 Nr. P 67,1

Bezeichnung sichelförmig 1

Abbildung

Maße in mm 3,2-3,3 x 0,5-0,6 (lichte Weite 0,8 )

P 67,2

sichelförmig 2

P 67,3

ringförmige Hohlpunze

Dm 2,3 Innenfläche 1,5

P 67,4

Punkt-Punze

0,5-0,6

P 67,5

Mattierpunze

2,8 x 0,7-0,9

2 x 0,5 (lichte Weite 0,8)

Wegen der erheblich kleineren erhaltenen Fläche konnten auf dem Gefäßfragment HI 67 nur wenige Formpunzen beobachtet werden. Die Aussage von Pernice und Winter „Die rosettenartigen Verzierungen auf dem Grunde des Tierstreifens sind mit einem Stempel eingeschlagen“400 hat sich als nicht haltbar erwiesen. Vielmehr ist lediglich der in der Mitte sichtbare Kreis mit der Hohlpunze P 67,3 eingebracht worden. Die Flächen der ‚Blüten‘ sind durch Ziselieren zurückgesetzt und innen mit einer Linier- und einer Kugelpunze sowie der Hohlpunze weiter ausgearbeitet worden.

• Beinzotteln der Tiere

• Fußgelenke der Tiere • Mittelpunkte der ‚Blüten’ • ‚Alternativentwurf’ • Hintergrund

lich für die sog. Vorzeichnungspunktierung eingesetzt worden. Die entsprechende Punze hat auf dem Gefäß HI 66 Abschläge von Dm 0,4-0,5 mm hinterlassen. Da beide Punzen keine charakteristischen Fehler aufweisen, kann ihre Identität nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Von der Mattierpunze P 67,5 sind auf dem Fragment sehr viel mehr gut voneinander abgrenzbare Einzelabschläge vorhanden als auf dem Gefäß HI 66 von der entsprechenden Punze P 66,13. Die Identität der Mattierpunzen auf HI 66 und HI 67 konnte aber nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden.

Die beiden sichelförmigen Punzen P 67,1 und 2 unterscheiden sich deutlich in den Maßen und der Wölbung. Die zweite Punze P 67,2 weist außerdem eine deutliche Mittellinie auf. Die Punzen sind zur Darstellung der Felle beider Widder verwendet worden. Beide Punzen sind nicht mit einer der entsprechend geformten Punzen auf dem konischen Gefäß 1 HI 66 identisch. Das Fell des Ziegenbocks ist ziseliert. Der Einsatz einer großen sichelförmigen Formpunze wäre unpraktisch gewesen, weil die Fellsträhnen in sich in Längen gestaffelt und in starkem Relief angelegt sind.

Auf den beiden Gefäßteilen HI 66 und 67 konnten Abschläge identischer Formpunzen nicht festgestellt werden. Für die auf dem Fragment HI 67 verwendete Mattierpunze kann eine leicht gebogene Oberfläche rekonstruiert werden, die eine Größe von mindestens 2,5 x 0,9 mm aufweist. Die Charakteristika dieser Punze sind mit denen auf den nur drei guten Abschlägen der Mattierpunze auf dem Gefäßteil HI 66 nicht in eine solch überzeugende Übereinstimmung zu bringen, daß man von einer Punzidentität sprechen könnte. Auch die beiden für die ‚Alternativentwürfe’ verwendeten Punktpunzen scheinen unterschiedlich zu sein. Die auf dem konischen Gefäßteil HI 66 ist von eher spitzer Form mit matter Oberfläche, die auf dem Fragment HI 67 ist glatt und von eher flacher Form. So sind die beiden Stücke nur durch die Tatsache enger zusammenzuschließen, daß ‚Alternativentwürfe’ angebracht worden sind, die mit feinen Punkten in den beiden Tierfriesen und der hohen rankenverzierten Zierzone 4 des Gefäßes HI 66 zu beobachten sind (Farbtaf. DF).

Mit der Hohlpunze P 67,3 sind die Mittelpunkte der Hintergrundblüten gesetzt und die Fußgelenke der Tiere gestaltet worden. Sie ist nicht mit einer der Hohlpunzen P 66,11 und 12 auf dem konischen Gefäß 1 HI 66 identisch, weil weder die Maße noch die Kanten der Innenflächen übereinstimmen. Die kleine Kugelpunze P 67,4 mit Abschlägen von Dm 0,5-0,6 mm ist an den erhaltenen Fragmenten ausschließ-

400

Angewandt • Tierfelle

Pernice/Winter 1901, 67.

73

tergrundflächen maßgeblich waren. Nach Abschluß der Hintergrundmattierung haben sich die zu reliefierenden Flächen zunächst lediglich als nicht-mattierte und silberfarbene Bereiche von den mattierten und vergoldeten Flächen abgehoben. Die ‚Alternativentwurfs’-Punktierung kann erst jetzt angebracht worden sein, denn die Punkte liegen auch auf den mattierten Hintergrundflächen. Daher kann die Punktierung keine Vorzeichnung für den ‚Erstentwurf‘ gewesen sein. Wäre dies der Fall gewesen, müßte die Punktierung jenseits der ziselierten Konturen bei der Mattierung der Hintergrundflächen beseitigt worden sein und wäre nicht mehr sichtbar. In den tiefen Konturen sind die Punkte zwar durch das Ziselieren abgeflacht, aber zum Großteil noch erkennbar. Also ist die ‚Alternativ’-Punktierung noch vor dem Ziselieren der Konturlinien gesetzt worden.

5. 3. 4. 2. Exkurs 3 zu herstellungstechnischen Merkmalen an den Gefäßen HI 66 und 67 Die Umriße der Tiere an beiden Tierfriesen und im hohen Dekorstreifen mit Blattmotiven und belebter Ranke (Zierzonen 2 und 4) auf HI 66 sind von feinen Punkteinschlägen begleitet, die sowohl innerhalb der Tierkörper als auch außerhalb auf dem mattierten Hintergrund liegen (Farbtaf. D-F). Diese feinen Punktlinien sind schon von Holzer beobachtet worden: „[…] hie und da ist der Contur [der Tiere] auch durch eine Punktreihe hergestellt, oder es verläuft ein solche neben der eingestempelten Linie einher.“401 Auch Pernice und Winter haben sich Gedanken zum Sinn dieser Punktlinien gemacht402. Unklar ist, ob es sich bei diesen Punktierungen tatsächlich um Vorzeichnungen im eigentlichen Sinn oder vielleicht eher um einen Alternativentwurf für den anzubringenden Reliefdekor handelt, der dann aber doch nicht ausgeführt wurde und daher als Fehlentwurf gelten muß. Bei den Tier- und Blattfriesen auf dem besser erhaltenen Gefäß HI 66 laufen die gezogenen Konturlinien und die Punktreihen fast parallel, so daß man diese hier durchaus als Vorzeichnung interpretieren kann. Im Blattfries ist es aber bei einem viermal auftretenden Dekorelement zu erheblichen Änderungen gekommen, wobei sich auch die beiden letztendlich ausgeführten Dekore unterscheiden. Auf einer ‚Seite’ wurden die ‚Kelchblätter’ der ‚Stempel’ mit grob gewellten Blattkanten linienziseliert, auf der anderen ‚Seite’ sind sie mit der sichelförmigen Punze P 66,2 eingeschlagen worden. Die punktierte ‚Vorzeichnung’ dagegen deutet an beiden Stellen eher auf eine größer geplante Ausführung der großen Akanthusblätter hin, die dann zugunsten der ‚Blütenstempel’ mit ‚Kelchblättern’ während der Ziselierarbeit aufgegeben wurde (Farbtaf. F).

Der Arbeitsablauf läßt sich damit folgendermaßen rekonstruieren: • Skizzierung der Konturen des ‚Erstentwurfs’ (nicht mehr sichtbar). • Vergoldung und Mattierung der Hintergrundflächen unter Berücksichtigung der Vorzeichnung des Erstentwurfs. • Punktierung von Umrißen und ‚Alternativentwürfen’. • Ziselieren der Konturen nach dem Erstentwurf, in Zierzone 4 von HI 66 unter Abänderung der punktierten Vorzeichnung. • Heraustreiben der Reliefdekore. • evt. Nachziehen der Konturlinien. • Binnenstrukturierung durch Punzieren und Ziselieren. 5. 3. 4. 3. Exkurs 4 zum Silbergefäß aus Neerhaeren

Beim Tierfries auf dem Fragment HI 67 weichen gezogene Linienkonturen und Punktierung streckenweise ganz erheblich voneinander ab, so daß die Punktlinien auch hier eher als Alternativentwurf erscheinen. Auffällig ist, daß die Punktierung die runden Zierelemente in der Hintergrundfläche überschneidet. Diese sind also erst nach der Ausführung der Tiere in der veränderten Form der Linienkonturen in die Komposition aufgenommen worden. Für diese runden Zierelemente sind keine eigenen punktierten Vorzeichnungen angebracht worden.

Das Silbergefäß aus Neerhaeren, B ist das einzige formtypologische und materialidentische Vergleichsstück zu den beiden Hildesheimer konischen Gefäßen HI 66 und 67403. Schon Holzer hat 1870 unter Verwendung zweier heute verschollener runder Gefäßmündungen eine Rekonstruktion der konischen Gefäße als zweihenklige Amphoren vorgelegt404. Die in der Zeichnung am oberen Rand angedeutete unregelmäßige Bruchkante liegt am Gefäß HI 66 aber nicht vor. Beide Gefäße tragen glatte Kanten und weisen jeweils auf der obersten konischen ringförmigen Fläche Reste antiken Weichlotes und tiefe Kratzer auf, die wie Markierungen wirken. Beide Hildesheimer Gefäße müssen also an dieser Stelle aus jeweils mindestens zwei Teilen zusammengesetzt gewesen sein, was dem Neerhaerener Gefäß entsprechen würde. Dieses weist in der Mitte der undekorierten Wand eine umlaufende Naht auf, an der die beiden Hälften übereinander geschoben und hart verlötet worden sind. Die Kante des unteren Gefäßteiles ist verengt worden, damit die Unter-

Zunächst müssen die Umrisse für die Tiere, Blätter und Blüten auf der Metalloberfläche durch feine Striche o.ä. markiert worden sein. Spuren dieses ersten Arbeitsschrittes dürften durch die später ausgeführten Arbeiten beseitigt worden sein. Die Mattierung der Hintergründe hält sich jedenfalls an die tiefen Konturlinien von Tieren und Blättern. Nur an wenigen Stellen sind Abdrücke der Mattierpunze innerhalb der Konturen auszumachen (Farbtaf. D-F, grüne Flächen). Das bedeutet, daß die Konturen der ‚Erstentwürfe‘ für die Mattierung der Hin-

403

Im Rijksmuseum van Oudheden, Leiden, NL, Inv.-Nr. NH 1. – Megaw 1961. 404 Holzer 1870 Taf. 4, 2. – Pernice/Winter 1901, 73-74 mit Fig. 40 u. 41 (Misc. 3779, 74 u. 75). – Ob Holzer das 1831 gefundene Stück aus Neerhaeren kannte und für seine Rekonstruktionszeichnung verwendete, ist nicht bekannt.

401

Holzer 1870, 69. Pernice/Winter 1901, 67. – Bruns 1953 hat auf ähnliche Punkt-Vorzeichnungen an spätantiken Silbergefäßen hingewiesen. 402

74

kante des oberen Gefäßteiles aufgesteckt werden konnte und trotz der Naht eine stufenlose Gefäßwandung entstand. Die Naht ist nach dem Verlöten durch Schmieden leicht nachgearbeitet worden, wobei als ‚Amboß’ ein Fäustel durch die Gefäßmündung eingeführt worden sein muß405.

gerauht. Der vierte Dekorring ist wiederum eine plastische Wulst von 7 mm Höhe mit vier Tänienumschlingungen, die mit den Abschlägen einer kleinen sichelförmigen Punze (P N6) übersät ist. Die Abschläge stehen senkrecht und sind in sechs Reihen auf Lücke gesetzt. Der fünfte Dekorring von 2,2 mm Höhe besteht aus einer dichten Reihung von Kreispunzenabschlägen (P N7) mit mittleren Dellen (P N8), die die oben umlaufende einziselierte Riefe berühren, meist sogar überschneiden. Bei Kreisund Dellenpunze kann es sich nicht um eine einzige Formpunze handeln, weil die Lage der Dellen innerhalb der Kreisabschläge erheblich variiert; es müssen also zwei Punzdurchgänge mit zwei unterschiedlichen Formpunzen ausgeführt worden sein, um den Dekor an dieser Stelle und am Fuß in Form von je drei übereinander angeordneten Ziereinheiten anzulegen. Der sechste Dekorring von 4,5 mm Höhe wird von zwei ziselierten Riefen eingefaßt und besteht aus einer Reihung von 83 Einheiten aus leicht ausgewölbten Rechteckfeldern von ca. 2,5 mm Breite mit je zwei Punktbögen und einem schmalen Feld von 1,1-1,3 mm Breite mit mattierter flacher Oberfläche, die durch ziselierte Riefen voneinander getrennt werden. Die Punktbögen sind mit der kleinen Kugelpunze P N3 angelegt und bestehen aus jeweils 8-9 Abschlägen. Die Einheit an der ‚Naht’ ist mit Breiten von 1,6 und 0,8 mm erheblich schmaler, so daß im gewölbten Rechteckfeld nur Platz für Punktbögen aus jeweils 5 Abschlägen geblieben ist. Beim Ziselieren der trennenden Riefen zwischen den Feldern hat sich die Metalloberfläche quasi von selbst hervorgewölbt. Durch das Mattieren ist die Oberfläche der schmalen Streifen wieder planiert worden.

Das Gefäß entspricht bis zur unteren Wulst auf der dekorierten Schulter formtypologisch dem Hildesheimer Stück HI 66, nur daß hier die Wandung in diversen ringförmigen Zonen plastisch und im graphischen Stil verziert ist, während die Wandung des Neerhaerener Gefäßes völlig glatt ist. Die gestuften Fußpartien entsprechen sich im Querschnitt und sind auch beide ornamental verziert; beim Neerhaeren-Gefäß ist dann wiederum die Schulter dekoriert, der Bereich, der beim Hildesheimer Gefäß HI 66 verloren ist. Von den heute verschollenen Gefäßmündungen sind bei Pernice/Winter 1901 Durchmesser von 10 und 11,3 cm angegeben, so daß die abgebildeten Fotos auf einen 1:1-Maßstab gebracht werden können, um ihre theoretische Zugehörigkeit zu den konischen Gefäßen zu überprüfen. Es ergibt sich für HI 66 ein in den Proportionen vergleichbares Gefäß, das mit ca. 45,5 cm rekonstruierter Höhe aber erheblich größer ist als das Neerhaerener Stück mit 33 cm (Abb. 38). Die sechs ornamentalen Dekorringe auf der Schulter des Neerhaerener Gefäßes mit einer Gesamthöhe von 3,9 cm und die beiden breiten Dekorzonen mit abschließendem Astragal auf den Stufen des Fußes sind wie die Dekore bei HI 66 und 67 ziseliert und mit Formpunzen ausgeführt406. Das erste Dekorband auf einer ausgewölbten Wulst von 8 mm Höhe besteht aus vertikalen plastischen Blattzungen, deren obere Bögen mit einer halbrundenoder sichelförmigen Punze angelegt sind (P N1). Wegen des sich nach unten vergrößernden Schulterdurchmessers erweitern sich die Blattzungen nach unten hin etwas, sind also leicht trapezförmig. Der zweite Dekorring von 6 mm Höhe besteht aus einer Reihung von 63 Dreiecken, deren Spitzen jeweils durch den Abschlag einer Kreispunze (P N2) betont sind. Die Innenfläche dieser Punze ist flach. Die Dreiecksspitzen werden jeweils durch eine leicht durchhängende girlandenartige Reihe von üblicherweise 6-8 Abschlägen einer sehr kleinen Kugelpunze (P N3) miteinander verbunden, es kommen aber auch 5 und 9 Abschläge vor. Die Kanten der Dreiecke sind ziseliert, die Dreiecksflächen mattiert. Diese Dreiecke entsprechen denen auf dem Fuß des Hildesheimer Gefäßes HI 66, wo ebenfalls die Dreiecksspitzen durch Kreise betont und die Dreiecksflächen mattiert sind; lediglich die Punktbögen fehlen. Im dritten Dekorring von 10,5 mm Höhe sind 21 hängende ‚Efeublätter’ in ihren Umrißen recht gleichmäßig ziseliert, die Stiele unterbrechen oben eine ziselierte Riefe. Die Enden der Stiele sind durch zwei Abschläge einer Punze mit mattierter Oberfläche (P N4) ‚vorgezeichnet’, die beiden Abtrennungen zwischen den Blättern durch zwei Abschläge einer konischen Spitzpunze markiert (P N5). Die Hintergrundflächen außerhalb der ‚Efeublätter’ sind flächig mit einer Mattierpunze auf405 406

Eine Mischung aus erstem Dekorring, dem Blattzungenfries, und dem zuletzt beschriebenen hat einen Streifen auf einem heute verschollenen Fragment des Hildesheimer konischen Gefäßes 2 HI 67 verziert. Der Streifen besteht aus einer Reihung gleich breiter schmaler Langrechtecke, die durch ziselierte Riefen voneinander getrennt sind407. Die Rechtecke sind abwechselnd gewölbt und glatt sowie flach und mattiert. Da die Mattierung sorgfältig auf die entsprechenden Rechteckflächen beschränkt bleiben sollte, ist bei einigen noch ein Teil der ursprünglichen Wölbung sichtbar. Die breiten Dekorbänder auf dem Fuß des Neerhaerener Gefäßes sind mit großflächigeren Motiven verziert408, wobei die kleine Kugelpunze P N3, Kreispunze 2 P N7 und Dellenpunze P N8 sowie eine weitere Kreispunze (P N9) zur Anwendung kamen. Mit der letztgenannten Punze sind Innenflächen von vier dreiviertelrunden Motiven auf der oberen Stufe gefüllt worden. Auch hier sind Teile der Oberfläche mit einer Mattierpunze aufgerauht worden. Die unterschiedlich tief ziselierten Linien und Konturen sind alle 0,4 mm breit und deshalb offenbar mit derselben Linierpunze gezogen worden. Bei den Konturen der ‚Efeublätter’ und der Dekore auf dem Fuß ist die Punze wohl lediglich kräftiger abgeschlagen worden, so daß tiefere Linien erzeugt worden sind. Ob es sich bei der Flächenmattierpunze P N11 um die gleiche Punze han407

Innen läßt sich an der Naht keine Stufe ‚erfühlen’. Siehe Megaw 1961, 236 Fig. 3.

408

75

Pernice/Winter 1901, 67 Fig. 33. Megaw 1961, 237-238 Fig. 4-6.

delt, die für die Markierung der Stielenden der ‚Efeublätter’ verwendet worden ist, muß offen bleiben.

kreis- oder sichelförmige, Kreis- und Mattierpunzen, Kugel- und Spitzpunzen zur Anwendung gekommen. Mit den Dreiecken mit Kreisspitze ist sogar ein quasi identisches Dekormotiv zu verzeichnen. Auf allen drei Gefäßen sind die dekorierten Flächen vergoldet bzw. sind beim Neerhaerener Gefäß Reste von Vergoldung zu beobachten.

Damit ist das Neerhaerener Gefäß nicht nur formtypologisch, sondern auch in der Ausarbeitung der Dekore und der Verwendung ähnlicher Formpunzen den Gefäßteilen HI 66 und 67 vergleichbar. Auch hier sind halb-

Tabelle 9: Formpunzen auf dem Silbergefäß aus Neerhaeren Nr. P N1

Bezeichnung halbkreis- oder sichelförmig 1

P N2

Kreispunze 1

Dm 1,8 Innenfläche 1,3

P N3

Kugelpunze

Dm 0,3

P N4

Mattierpunze 1 mit gewölbter Oberfläche

1,3 x 0,8

P N5

Spitzpunze

P N6

halbkreis- oder sichelförmig 2

P N7

Kreispunze 2, nur im Kombination mit P N8 Dellenpunze, nur im Kombination mit P N7 Kreispunze 3

P N8 P N9

P N10 P N11

Abbildung

Maße in mm 2,4 x 0,5 (lichte Weite 0,9)

Dm 1

1,3 x 0,65

Dm 2,3 Innenfläche 1,8 Dm 1,3 Dm 2,3 Innenfläche 1,2

Linierpunze Mattierpunze 2 mit flacher Oberfläche

Br 0,4

bechern HI 13 und 14 sind kaum Formpunzen eingesetzt worden. Die Dekore sind mit Hilfe weniger Linierpunzen auf den Außenseiten der Becher ausgearbeitet worden. Sofern es sich hierbei um Punzen mit ovalen oder länglichen Punzköpfen handelt, können diese auch als Formpunzen verwendet worden sein.

5. 4. Die Verwendung von Formpunzen auf plastisch reliefierten Gefäßen Bei der Dekorgestaltung der stark plastisch reliefierten Gefäße wie z.B. dem Viermaskenbecher HI 11, dem Sechsmaskenbecher HI 12 und den beiden Zehnmasken-

76

worden, nämlich die beiden Kreispunzen P 10,1 und P 10,2. Die beiden sog. Mattierpunzen P 10,3 und P 10,4 weisen zwar charakteristische Fehler auf ihren Punzflächen auf, können aber nicht als Formpunzen bezeichnet werden.

5. 4. 1. Der Girlandenbecher HI 10 Der Dekor auf der Außenschale des Girlandenbechers HI 10 ist von innen grob angelegt, die Feinarbeit der Ziselierung anschließend von außen angebracht worden. Hierbei sind nur zwei eigentliche Formpunzen verwendet

Tabelle 10: Punzen am Girlandenbecher HI 10 Nr. P 10,1

Bezeichnung Kreispunze 1

Abbildung

Maße in mm Dm 0,8 Innenfläche Dm 0,6

Angewandt • Distel-Thyrsoi

P 10,2

Kreispunze 2

Dm 0,6 Innenfläche Dm 0,4

• Deckel zweier Fruchtkapseln

P 10,3

‚Mattierpunze’ 1

0,3 x 0,15

• Strukturierung der • Tänien

P 10,4

‚Mattierpunze’ 2

0,8 x 0,45

• kleines Akanthusblatt • evt. Hintergrundmattierung

ßendem geraden Teil der Längskante. Auf der Punzfläche sind drei kleine Vertiefungen zu erkennen. Da die Punze offensichtlich zur Konturierung des kleinen Akanthusblattes eingesetzt wurde, ist es recht wahrscheinlich, daß sie in entsprechender Funktion auch bei der weiteren Ziselierarbeit verwendet wurde, selbst wenn keine deutlichen Einzelabschläge in den Konturlinien der Dekore beobachtet werden können. Da die Punze bei der Konturierung und beim Ziselieren der Dekore ständig über die Metalloberfläche bewegt wurde, ist dies auch nicht unbedingt zu erwarten. Die deutlichen Abschläge mitten auf dem kleinen Akanthusblatt dürften daher eher aus Versehen entstanden sein. Daß diese Punze auch zur Mattierung der Hintergrundflächen eingesetzt wurde, konnte nicht mit Sicherheit ausgemacht werden. Die Größe der Schlagmarken auf den vergoldeten Hintergrundflächen spricht eher dagegen.

Die beiden Kreispunzen unterscheiden sich deutlich in Größe und Form der Innenflächen. Bei der größeren Kreispunze P 10,1 ist die Innenfläche leicht eingewölbt, bei der kleineren P 10,2 dagegen flach. Die innere Kreiskante ist bei der Punze P 10,1 unregelmäßig ausgebrochen, bei der Punze P 10,2 sind auf der ganzen Breite des Kreises kleinste Ausbrüche zu beobachten. Beide Kreispunzen sind gezielt für die Strukturierung ganz bestimmter Dekorelemente verwendet worden und erscheinen ansonsten nicht weiter auf der Metalloberfläche des Girlandenbechers. Die beiden Mattierpunzen unterscheiden sich ebenfalls deutlich in Größe und Form. Die kleinere P 10,3 ist ausschließlich zur Binnenstrukturierung der Tänien eingesetzt worden, wobei die deutlichsten Einzelabschläge auf den kleinen Endschleifen zu beobachten sind. Sie weist nebeneinanderliegend eine strich- und eine punktförmige Vertiefung auf ihrer Punzfläche auf.

5. 4. 2. Der Viermaskenbecher HI 11 Am Viermaskenbecher sind nur wenige Formpunzen zur Binnendekoration kleinteiliger Dekorelemente verwendet worden. Im Grunde kann nur bei den drei Kreis- oder Hohlpunzen von Formpunzen im eigentlichen Sinne gesprochen werden.

Von der größeren Mattierpunze P 10,4, können nur ein einziger kompletter und ein halber Abschlag auf der Fläche eines kleinen Akanthusblattes sowie zwei ‚halbe’ Abschläge am Kontur dieses Blattes beobachtet werden. Die Punze ist im Umriß getreidekornförmig mit kurzer, gerader Basis und einer spitzen Schmalseite mit anschlie-

77

Tabelle 11: Formpunzen am Viermaskenbecher HI 11 Nr. P 11,1

Bezeichnung Kreispunze 1

P 11,2

Abbildung

Maße in mm Dm 1,7 Innenfläche Dm 1,2

Angewandt • Tympana

Kreispunze 2

Dm 1,1 Innenfläche Dm 0,8

• Tympanon 1 • Thyrsoi • Efeufrüchte

P 11,3

Hohlpunze 3

Dm 1,9-2 Innenfläche Dm 1,6

• Traubendolde

P 11,4

Kugelpunze

Dm 0,5

• Tympana • Pupillen der Masken

nen und auch für die Markierung der Pupillen an den Augen der vier Masken eingesetzt worden.

Die beiden Kreispunzen P 11,1 und P 11,2 unterscheiden sich im Wesentlichen in ihren Durchmessern, die Innenflächen sind bei beiden flach. Die kleinere Punze P 11,2 mit 1,1 mm Durchmesser weist charakteristische Fehler bzw. Ausbrüche an der Kreiskante auf. Sie ist vielfach zur Binnenstrukturierung der Thyrsoi und der Efeufrüchte eingesetzt worden. Die Hohlpunze P 11,3 hat eine eingewölbte Innenfläche. Sie ist ausschließlich zur Anlage einzelner Trauben in der Traubendolde verwendet worden, wobei nur zwei deutliche Abschläge zu beobachten sind. Die anderen Abschläge sind unvollständig und variieren erheblich in ihren Durchmessern, so daß evt. auch die Kreispunzen P 11,1 und P 11,2 an der Traubendolde angewandt worden sein können. Die Kugelpunze P 11,4 ist in wenigen Abschlägen in beiden Tympana zu erken-

5. 4. 3. Der Sechsmaskenbecher HI 12 Auf der Innenseite des reliefierten Außenbechers weisen größere Bereiche eine aufgerauht wirkende Oberflächenstruktur auf. Hier sind an mehreren Stellen geringe Erhebungen im Metall zu beobachten, die sich in ihrer markanten Anordnung mehrfach wiederholen. Dabei dürfte es sich um Fehler in der Bahn des Treibhammers handeln, der beim Austreiben der Schale eingesetzt worden ist. Da es sich beim Sechsmaskenbecher von der Form her um eine Kugelabschnittschale handelt, konnte die Innenwandung direkt mit dem Hammer bearbeitet werden.

Tabelle 12: Formpunzen am Sechsmaskenbecher HI 12 Nr. P 12,1

Bezeichnung Linierpunze

P 12,2

Kreispunze

P 12,3

Ovalpunze

Abbildung

Maße in mm 0,5 x 0,3

Dm max. 1,4 Innenfläche Dm 0,5 1 x 0,6

78

Angewandt • Fellinnenseite



Tympanon



Tympanon

Die Linierpunze P 12,1 ist für die Strukturierung der Löwenfelle verwendet worden, wobei je nach Stellung der Punze beim Abschlagen ganz unterschiedliche Wirkungen erzielt worden sind. Die mit 0,5 x 0,3 mm leicht ovale Punze tritt zunächst ‚rein’ bei der Anlage der Fellinnenseiten in Erscheinung. Durch das Abschlagen einzelner Punkte wird die Narbung des Leders dargestellt. Diese Punze wurde aber ebenfalls als Linierpunze für die Gestaltung der Außenseiten der Löwenfelle verwendet. Durch kurze Linien sind die kurzen Haare der Löwin und die Körperhaare des männlichen Löwen im Metall dargestellt worden. Am Übergang zum Kopf der Löwin sind scharfe Konturen sich überlagernder Einzelabschläge der Linierpunze P 12,1 zu erkennen. Da die Breite der Haarlinien 0,3 mm beträgt, ist die Punze hier in Richtung ihrer Längsachse abgeschlagen worden. Aber auch die Mähne des männlichen Löwen ist mit der gleichen Punze P 12,1 ausgearbeitet worden. Da die Breite der Riefen im Metall 0,5 mm beträgt, ist hier die Punze beim Abschlagen quer gestellt und ihrer Querachse folgend fortbewegt worden.

anderen Punzen sind nur für wenige Einzelabschläge verwendet worden. Dieser Nachweis belegt die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten einer einfachen Punze ohne besondere Ausarbeitung des Punzkopfes. Die Gestaltung der Löwenfelle auf der Bodenwölbung des Viermaskenbechers HI 11 entspricht der am Sechsmaskenbecher HI 12 völlig. Leider sind die ziselierten Flächen am Viermaskenbecher sehr viel kleiner und stark beschädigt, so daß eine Punzidentität und damit Werkstattgleichheit beider Stücke nicht eindeutig belegt werden kann. Kreis- oder Hohlpunze P 12,2 und Ovalpunze P 12,3 sind lediglich bei der Gestaltung des Tympanons verwendet worden, einem der im dionysischen Thiasos verwendeten Musikinstrumente. Ein Abschlag der Kreispunze bildet den Mittelpunkt, um den herum die Ovalpunze achtmal abgeschlagen worden ist. 5. 4. 4. Die beiden Zehnmaskenbecher HI 13 und 14

Die Strukturen auf der Oberfläche des Sechsmaskenbechers HI 12 belegen, daß mit ein- und derselben Punze drei sehr unterschiedliche Oberflächeneffekte erzeugt worden sind: ovale Punkte, schmale und flache Riefen sowie breite und tiefe Riefen, wie dies auch schon bei den Wellenlinien der Ententeller HI 45-47 zu beobachten war409. Mit dieser Punze ist somit fast die gesamte Ziselierarbeit auf dem Becher ausgeführt worden; die beiden

Die beiden Zehnmaskenbecher sind in ihrem Dekor thematisch aufeinander bezogen. Zwar sind die Darstellungen nicht identisch, aber im generellen Aufbau gleich und einander ergänzend. Deshalb sind beide Becher schon immer als werkstattgleich betrachtet worden. Die beiden identischen, auf beiden Zehnmaskenbechern angewandten Formpunzen P 13/14,1 und 2 bestätigen dies.

Tabelle 13: Formpunzen auf den beiden Zehnmaskenbechern HI 13 und HI 14 Nr. P 13/14,1

Bezeichnung Hohlpunze 1 mit planer Innenfläche

P 13/14,2

Kugelpunze 1

P 13,1 P 13,2 P 13,3 P 14,1

Kugelpunze 2 Kugelpunze 3 Mattierpunze Hohlpunze 2 mit perlpunzenartig gewölbter Innenfläche

409

Abbildung

Maße in mm Dm 0,6

Dm 0,8 Dm 0,3-0,4 Dm 0,2 Dm 0,8

Siehe Kap. 5. 3. 3.

79

Angewandt 13: Tischkanten, Girlanden um Weinschlauch, Bukranion, Panflöte, Haarband, Thyrsoi 14: Thyrsoi, Tympana, Früchte auf dem Tisch, Girlande um Weinschlauch, Fruchtgirlanden

13/14: Pupillen der großen Masken 13: Herakleskeule 13: Binnendekore im oberen Fries 13: Fuß 14: Vogel- und Kranichaugen im unteren Register

Regelrechte Formpunzen mit gestalteten Punzköpfen konnten auf den Emblemen von Athena- und HeraklesSchale HI 1 und HI 2 nicht beobachtet werden. Das Athena-Emblem zeigt lediglich eine kleine Spitzpunze, die zur Konturierung der Lorbeerblätter auf dem Schild verwendet worden ist und eine sehr feine Linierpunze, mit der der Eindruck der Webstruktur des Gewandes auf der Metalloberfläche erzeugt werden sollte. Ansonsten ist, wie bei der Herakles-Schale HI 2 und der Attis-Schale HI 4, sämtlicher plastischer Dekor mit einer oder mehreren Linierpunzen auf der Vorderseite ziseliert worden. Auch die Schlangenschuppen beim Herakles-Emblem sind nicht mit einer Winkelpunze, wie sie mit P 66,6 vom konischen Gefäß 1 HI 66 bekannt ist, angebracht, sondern mit einer feinen Linierpunze einzeln ziseliert. Dies belegen die vielen Ausfiederungen an den Rundungen der Dekore. Allerdings wäre die Verwendung einer winkelförmigen Formpunze für die V-förmigen Schlangenschuppen durchaus vorstellbar gewesen wären. Eine Schwierigkeit bei der Anwendung einer solchen Musterpunze wäre aber das stellenweise starke Relief der Oberfläche, wodurch wahrscheinlich nur unvollständige Abschläge der Punze möglich gewesen wären. Durch das Ziselieren der Binnenstrukturierung sind dagegen an allen Stellen gleichmäßig tiefe Riefen ausgearbeitet worden.

Die Formpunzen sind zur Ausgestaltung und Strukturierung kleinerer Dekorelemente verwendet worden, so sind z.B. die Tischkanten und eine Bukranionbinde auf HI 13 mit Abschlägen der Hohlpunze P 13/14,1 mit planer Innenfläche dekoriert worden. Die Abschläge der Kugelpunzen P 13,1 und 2 könnten wegen der wenig unterschiedlichen Durchmesser auch von der gleichen Punze stammen, die unterschiedlich stark abgeschlagen wurde. Nur zwei Punzen kommen auf beiden Bechern vor: Hohlpunze 1 P 13/14,1 und Kugelpunze 1 P 13/14,2. Auf dem Zehnmaskenbecher 1 HI 13 erscheinen noch die Kugelpunzen P 13,1 und 2 sowie die Mattierpunze P 13,3, deren Form aber nicht näher bestimmt werden kann. Beim Zehnmaskenbecher 2 HI 14 tritt mit P 14,1 eine weitere Hohlpunze mit einem etwas größeren Durchmesser und einer erheblich anderen Form auf. Die Höhlung dieser Punze hat fast perlpunzenartig hochgewölbte Abschläge hinterlassen, von denen keine auf dem Zehnmaskenbecher 1 HI 13 beobachtet werden können.

5. 5. Die Verwendung von Formpunzen auf den Schalenemblemen Vier Schalen im Hildesheimer Silberfund sind wegen ihrer zentralen Embleme als reine Schaustücke anzusprechen. Die Athena-Schale HI 1 ist mit dem großen Athena-Emblem verziert, auf dem die Göttin auf einem Felsen sitzend in Treibarbeit dargestellt ist. Das Emblem der Herakles-Schale HI 2 zeigt Kopf und Büste des Heraklesknaben, der die zwei von Hera geschickten Schlangen mit bloßen Fäusten erwürgt. Die Kybele- und Attis-Schalen HI 3 und HI 4 zeigen Köpfe und Büsten der Göttin und ihres Begleiters mit einander leicht zugewandten Köpfen.

Lediglich auf dem Kybele-Emblem sind wenige Abschläge von drei Formpunzen zu beobachten, die für die Gestaltung der Attribute Mauerkrone und Schild eingesetzt worden sind. Bei den Formpunzen handelt es sich um eine sog. ‚Zahnrad’-Punze mit unregelmäßigem Innenrund, eine halbkreisförmige Punze und eine längsovale Punze.

Tabelle 14: Formpunzen auf der Kybele-Schale HI 3 Nr. P 3,1

Bezeichnung ‚Zahnrad’-Punze

P 3,2

Halbkreispunze

P 3,3

Ovalpunze

Abbildung

Maße in mm 1,4 x 1,5 Innenfläche 1,1 x 1

Die fünf Abschläge der ‚Zahnrad’-Punze P 3,1 weisen an der größten Schlagtiefe feine erhabene Riefen auf, die belegen, daß die Schneidkante der Punze gekerbt bzw.

Angewandt • 6 x im Tympanon

0,9 x 0,6 lichte Maße



17 x im Tympanon

1,7 x 0,8



10 x in der Krone

vielfach beschädigt gewesen sein muß. Das Innenrund weist außerdem charakteristische Unregelmäßigkeiten auf, die sich bei allen Abschlägen wiederholen.

80

Von der halbkreisförmigen Punze P 3,2 gibt es nur drei vollständige Abschläge, bei denen die geraden Schmalseiten deutlich ausgeprägt sind; bei einem weiteren Abschlag ist nur eine Schmalseite zu erkennen. Bei den restlichen 13 Abschlägen ist die Punze schräg gehalten worden, so daß die Punzenmitte tief, die beiden geraden Enden dagegen gar nicht mehr abgeschlagen sind, sondern mit rundlichen Enden zur Metalloberfläche hin auslaufen.

5. 6. Die Verwendung von Formpunzen auf anderen Gefäßen 5. 6. 1. Die Platten mit reliefierten Rändern HI 58 und 59 Die beiden Platten sind mehr durch die ziselierten Reliefs auf den Rändern charakterisiert als durch die Verwendung von Formpunzen. Wie die konischen Gefäße HI 66 und 67 tritt Hochrelief in Kombination mit graphischem Punz- und Ziselierdekor auf. Erst bei der mikroskopischen Autopsie wird deutlich, daß auch auf den beiden Platten HI 58 und 59 eine größere Anzahl von Formpunzen eingesetzt wurde, die auf den ersten Blick aber nicht so deutlich ins Auge springen wie bei den konischen Gefäßen. Sie sind relativ sparsam angewendet worden und dominieren den Dekor nicht.

Die Ovalpunze P 3,3 findet sich mit zehn Abschlägen ausschließlich auf der Krone der Kybele. Da auf dem Attis-Emblem der Schale HI 4 keine Formpunzen zur Anwendung gekommen sind, läßt sich eine Werkstattidentität von Kybele- und Attis-Emblemen über die Abdrükke von identischen Punzen nicht belegen.

Tabelle 15: Formpunzen auf den Platten mit reliefierten Rändern HI 58 und 59 Nr. P 58/59,1

Bezeichnung Kugelpunze, klein

P 58/59,2

Kugelpunze, mittel

Dm 0,6-1,1

P 58/59,3

Kugelpunze, groß

Dm 2,4

P 58/59,4 P 58/59,5

Hohl- oder Kreispunze Perlpunze

Außendm 1,3 Innenfläche Dm 0,8 2,5 x 2,5

P 58/59,6

Eierstabpunze

P 58/59,7

Dreieckspunze

P 58/59,8

Mattierpunze

1,6 x 1,5

P 58/59,9

Linierpunze, fein Linierpunze, keilförmig

Br 0,2

• Vogelgefieder

Br 0,4

• Hintergrundranken

Konturpunze

Br 1

P 58/59,10 P 58/59,11

Abbildung

Maße in mm Dm 0,3-0,4

5,5 x 5

Angewandt • Staubgefäße in Blüten • Hintergrund • Insekten • Punkte auf Hintergrundflächen

• Rankenelemente • Blütenblätter

• Vogel- und Greifenaugen • Perlstab an der Außenkante des waagerechten Randes • Eierstab auf dem senkrecht nach unten gebogener Rand • Zwickel des Eierstabes

81

• Hintergrundflächen

• Konturen der Reliefelemente

auflage auf dem breiten waagerechten Rand der Platte HI 60, der Platte mit Reparaturblechen HI 61 und auf dem Griff der Kasserolle 3 HI 71 sind jeweils nur wenige Formpunzen zur Binnendekoration eingesetzt worden. Bei den beiden Griffen HI 42 und 43 sind lediglich die vier Vogelaugen mit einer Hohlpunze angelegt worden. Von diesen Abschlägen ist nur ein einziger meß- und beurteilbar, weil die drei anderen durch Korrosion oder Lotfraß weitgehend zerstört sind.

Die drei Kugelpunzen unterscheiden sich deutlich in ihren Durchmessern, ebenso die drei Linierpunzen in den Breiten der mit ihnen gezogenen Linien und Konturen. Die mittelgroße Kugelpunze P 58/59,2 ist nicht flachrund, sondern hat eine kegelförmige Spitze. Die Abschläge der Perlpunze P 58/59,5 reihen sich gleichmäßig aneinander; es ist kaum zu sichtbaren Mehrfachabschlägen oder Überschneidungen gekommen. Die Eierstabpunze P 58/59,6 muß in den meisten Fällen mehrfach abgeschlagen worden sein, um zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen. Vielfach sind besonders an den Bögen die Reste von Mehrfachabschlägen zu beobachten. Die Dreieckspunze P 58/59,7 in den Zwickeln des Eierstabes weist stark eingezogene Kanten auf. Die Mattierpunze P 58/59,8 paßt mit ihren kugelförmigen Vertiefungen bzw. den runden erhabenen ‚Halbkügelchen’, die diese auf der Metalloberfläche hinterlassen haben, in die Reihe der Mattierpunzen auf der AthenaSchale HI 1, der Herakles-Schale HI 2 und den konischen Gefäßen HI 66 und 67 (Tab. 4). Die Abschläge überschneiden sich durchgehend; möglicherweise konnte aber ein Einzelabschlag dokumentiert werden.

An den Reliefrandfragmenten der Platte HI 60 haben sich lediglich vier Abschläge der Hohlpunze P 60,3 mit einem Außendurchmesser von 1,4-1,5 mm erhalten; der Durchmesser der flachen Innenfläche beträgt 0,9-1 mm. Dies sind zwar exakt die gleichen Maße wie bei der ‚Zahnrad’Punze auf dem Emblem der Kybele-Schale HI 3, trotzdem sind beide Punzen nicht identisch, weil sie unterschiedliche markante Fehler bzw. Ausbrüche an den Kanten zu den Innenflächen aufweisen. Außerdem sind auf den reliefierten Randfragmenten die Abschläge zweier verschieden großer Kugelpunzen P 60,1 und 2 zu beobachten. Für die Ausarbeitung des Steg- und Riefeldekors auf dem abgeschrägten Rand der Platte mit Reparaturblechen HI 61 sind eine Linier- und eine Dreieckspunze P 61,1 und 2 verwendet worden. Auf dem Griff der Kasserolle 3 HI 71 sind zwei Hohlpunzen deutlich unterschiedlicher Durchmesser P 71,1 und 2 eingesetzt worden.

5. 6. 2. Weitere Gefäße mit wenigen Punzabschlägen Auf den beiden Gefäß- oder Gerätegriffen HI 42 und 43, den wenigen noch vorhandenen Fragmenten der Relief-

Tabelle 16: Formpunzen auf weiteren Gefäßen Nr. P 42/43,1

Bezeichnung Hohlpunze

Abbildung

P 51,1

Hohlpunze

P 60,1 P 60,2 P 60,3

Kugelpunze, klein Kugelpunze, groß Kreis- oder Hohlpunze

P 61,1

Dreieckspunze

1,1 x 1,5

• obere Kanten der Riefen

P 61,2

Linierpunze

Br 0,7-0,8

• Riefen

P 71,1

Kreis- oder Hohlpunze

Dm 1,2-1,3

• Fruchtdolden

P 71,2

Kreis- oder Hohlpunze

Dm 3,1 Innenfläche Dm 2,5

• Vogelaugen

82

Maße in mm Außendm 1,3 Innenfläche Dm 0,8 1,5 x 1,6 Innenfläche Dm 0,5

Angewandt • Vogelaugen

Dm 0,8-0,9 M2 Dm 1,4-1,5 Innenfläche Dm 0,9

• Fruchtknospen • Früchte •



turierungen einzelner Dekorelemente beobachtet werden. Zum Beispiel sind auf der Theodosius-Platte in Madrid Dekorelemente strukturiert; auf einer Schale mit Nereidenmedaillon im Hacksilberfund von Traprain Law, Schottland sind Hintergrundflächen durch z.T. weit auseinanderliegende Abschläge von Punzen mit strukturierten Punzflächen mattiert worden411. Auf der AnastasiusPlatte, einer Schale mit gewellter Wandung und acht kleinen Schalen mit großen Kreuzdekoren aus dem Schiffsgrab von Sutton Hoo, GB sind textilähnliche Strukturen und aufgerauhte Oberflächenbereiche zu erkennen, die durch unterschiedliche Mattierpunzen erzeugt worden sein müssen412.

5. 7. Ergebnis zur Verwendung von Formpunzen Identische Punzen konnten auf den untersuchten Gefäßen aus dem Hildesheimer Silberfund und einigen Vergleichsstücken nicht festgestellt werden. Auch bei den vier Maskenbechern HI 11-14, die sich wegen der Darstellung von Löwenfellen enger zusammenschließen lassen, konnten keine identischen Punzen beobachtet werden. Eine Werkstattgleichheit dieser Stücke bleibt somit unsicher. Entsprechendes gilt auch für die beiden konischen Gefäße HI 66 und 67, für die bislang fast selbstverständlich Werkstattgleichheit postuliert wurde. Aber auch hier kann aufgrund von Punzenabschlägen keine sichere Werkstattidentität festgestellt werden. Lediglich bei den identisch dekorierten Stücken wie den beiden Blattstabbechern HI 7 und 8, den beiden Zehnmaskenbechern HI 13 und 14 und den drei Ententellern HI 45-47 konnten auch identische Formpunzen beobachtet werden, die eindeutig eine Anfertigung dieser Gefäßsätze in jeweils einer Werkstatt bzw. aus einer Hand belegen.

Anfangs war die Erwartung hoch, daß sich Perlpunzen für die Beobachtung von Punz- und damit Werkstattidentität besonders eignen würden, weil Perlstäbe sehr häufig als Dekorelement auf Silbergefäßen erscheinen. Dies hat sich im Laufe der Untersuchung nicht bestätigt; im Gegenteil, die Perlpunzen könnten lediglich an den Kanten charakteristische Ausbrüche aufweisen, die aber durch die Überlappung eben dieser Kanten nur schwer miteinander vergleichbar sind.

Mattierpunzen sind vor allem zur Strukturierung von Hintergundflächen verwendet worden. Der Rand eines vergoldeten, wohl hellenistischen Silbergefäßes in der Antikensammlung Berlin weist ein den Tierfriesen an den beiden konischen Gefäßen HI 66 und 67 vergleichbares Dekorschema auf: die Tierfiguren sind von ziselierten Konturen begrenzt, die Hintergundflächen mattiert und vergoldet410. Auch auf spätantiken und byzantinischen Silbergefäßen konnten Hintergrundmattierungen und Struk-

Auf den mit plastischen Reliefs verzierten Gefäßen und auf den Emblemen ist die Verwendung von Formpunzen von absolut untergeordneter Bedeutung. Sie werden dort lediglich zur weiteren Ausgestaltung einzelner Dekorelemente und zur Binnenstrukturierung kleinerer Flächen eingesetzt.

411

M. Almagro-Gorbea u.a. (eds.), El disco de Teodosio (Madrid 2000) bes. Taf. 12,5-6, Taf. 13,1 u. 3, Taf. 17,4, Taf. 19, 2-3, Taf. 25,2-3, Taf. 26,1, Taf. 28, 1-4, Taf. 29, 3-4, Taf. 30, 4-6. – A.O. Curle, The treasure of Trapain. A Scottish hoard of Roman silver plate (Glasgow 1923) Taf. 17 u. 37 Abb. 17. 412 S.M. Youngs, The manufacture of the Sutton Hoo silver. In : A. Care Evans, The Sutton Hoo ship-burial 3 (London 1983) 166-201, bes. 177 Fig. 130, 193 Fig. 143 u. 144, 194 Fig. 145 u. 195 Fig. 146.

410

ANT Inv. Journ. 1843, S. 83 Nr. 150, erworben aus der Sammlung Poniatowski.

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6. OBERFLÄCHENUNTERSUCHUNG TEIL 2: BLATTSTÄBE sowie einer Pyxis aus Thessalien417. Bei der Vase aus Ägypten im Allard-Pierson-Museum in Amsterdam, NL ist der Blattstab lediglich durch die Markierung der Blattkonturen mit Hilfe einer länglichen Kerbpunze angelegt418. Der Blattstab am goldenen Halbkugelbecher ist u.a. mehrfach durch diagonal schraffierte Rechteckfelder unterbrochen, was aber keinen Einfluß auf die Ausrichtung des Blattstabes hat. Bei den Vasen in London und Amsterdam werden die Blattstäbe jeweils von Perlstäben gerahmt. Die Blattstäbe sind ausschließlich in dünne Silberbleche ziseliert, z.T. sind diese Bereiche vorher wulstartige aus der Gefäßwandung herausgetrieben.

Sieben Gefäße des Hildesheimer Silberfundes sind mit Blattstäben verziert413: die beiden Becher HI 7 und 8, der Lorbeerbecher HI 9, die Kanne HI 44 und die drei Ententeller HI 45-47. An den Bechern und Ententellern sind die Blattstäbe einfach, an Lorbeerbecher und Kanne dagegen doppelt. Diese sog. doppelten Blattstäbe sind aus einem mittigen einfachen und seitlich jeweils einem halben Blattstab zusammengesetzt und weisen daher vier ‚Blattreihen‘ auf im Gegensatz zum einfachen Blattstab mit nur zwei ‚Blattreihen‘. Bei den beiden Bechern, dem Lorbeerbecher und der Kanne sind die Blattstäbe von jeweils zwei Perlstäben begleitet. Die Blattstäbe auf den beiden Bechern HI 7 und 8 sind durch zwei unterschiedliche Zwischendekore, die auf den drei Ententellern HI 45-47 durch einen Zwischendekor und der des Lorbeerbechers durch ‚Tänienumwicklungen‘ unterbrochen. An Bechern und Ententellern wechselt an den Zwischendekoren die Ausrichtung der Blätter, bei den Umwicklungen am Lorbeerbecher ist dies nicht der Fall. Hier, wie auch am Schulterring der Kanne, bleibt die Ausrichtung der Blätter einheitlich.

Auch auf Bronzegefäßen erscheinen Blattstäbe, so z.B. auf den Rändern von vier Aylesford-Pfannen der Zeitstufe Eggers A im Gräberfeld San Bernardo von Ornavasso, I mit mittigen Wechseln in der Ausrichtung; in einem Fall ist der Blattstab auf dem Griff mit dem Zwischendekor eines gegitterten Rechtecks abgeschlossen419. Auch eine Kasserolle mit rundem Griffloch in Rouen, datiert ins 1./2. Jh. ist mit einem Blattstab unterhalb des Randes verziert420. Da diese Stücke nur in Zeichnungen publiziert sind, ist eine Beurteilung der technischen Ausführung der Dekore nicht möglich.

Die Blattstäbe der hier vorliegenden Form haben sich aus zwei- und dreireihigen Lorbeerblattbändern entwickelt, wie sie z.B. auf der Wandung einer zylindrischen Pyxis in Boston, USA, datiert ins 3. Jh. v.Chr.414, und einem Sieb im Grabfund vom Trasimenischen See, datiert ins 1. Jh. v.Chr. und heute in Baltimore, USA erscheinen415. Einfache Blattstäbe vergleichbarer Form treten schon an hellenistischen Metall- und Keramikgefäßen auf und zwar ebenfalls in Verbindung mit Tänienumwicklungen sowie Rautenfeldern und Akanthusblättern als Zwischendekoren. Küthmann 1958a hat einige dieser Stücke aufgeführt und in späthellenistische Zeit, d.h. zwischen 100 und 50 v.Chr. datiert. Diese Blattstäbe sind technisch allerdings ganz anders gearbeitet als jene an den Hildesheimer Gefäßen. Die späthellenistischen Blattstäbe sind nicht mit flachen Blattpunzen ausgeführt, sondern durch die Konturierung der Blätter mit feinen Linierpunzen oder lediglich durch die Anlage der Blattkonturen in Form von schmalen Kerben angegeben416. Teilweise sind die Zwickel mit kleinen Einschlägen einer Kugelbzw. Spitz- oder Hohlpunze gefüllt bzw. die Blattspitzen markiert worden. Dies ist der Fall an einer goldenen Halbkugelschale in der Eremitage in St. Petersburg, RUS, einer kleinen Vase im British Museum in London, GB

Die einfachen Blattstäbe auf spätantiken Silbergefäßen sind entsprechend den hellenistischen durch Ziselieren der Blattkonturen in dünnes Silberblech gearbeitet421. Als Beispiele seien hier der Deckel des Projecta-Kastens und der sog. Musenkasten aus dem Schatzfund vom Esquilin in Rom, I, die Amphora mit zwei Kentaurengriffen aus Conceşti, RO und die Platte des Paternus, beide in der Eremitage in St. Petersburg, RUS erwähnt422. Die vier417

Küthmann 1958a, 110-111 mit Taf. 9,1 (St. Petersburg) u. 126 mit Taf. 12,3 (London) jeweils mit älterer Literatur in Anm. 85 u. 175. – A.S. Arvanitopullos, Ein thessalischer Gold- und Silberfund. Athen. Mitt. 37, 1912, 73-118. Taf. 3. 4. 418 Küthmann 1958a, 125 mit Taf. 12,2. – R.A. Lunsingh Scheuleer, Antieke Sier. Goud en zilver van Grieken en Romeinen. Allard Pierson Museum (Amsterdam 1987) 42-43 Kat. 23 mit Datierung Anfang 2. Jh. v.Chr. – Pfrommer 1987, 262 Kat. KBk 110 mit Taf. 52a-c mit Datierung ins 3. Jh. v.Chr. 419 J. Graue, Die Gräberfelder von Ornavasso. Eine Studie zur Chronologie der späten Latène- und frühen Kaiserzeit. Hamb BeitrA Beih. 1 (Hamburg 1974), bes. 31-38, Taf. 3; 7; 33, 39. 420 S. Tassinari, Vaisselle antique de bronze (Rouen 1995) 52 Kat. 30. 421 Küthmann 1958a, 105 Anm. 62 weist auf das Wiederaufleben des Blattstabes in der Spätantike hin. 422 K.J. Shelton, The Esquilin treasure (London 1981), bes. Taf. 1-6 u. 12-15. – J. Elsner, Visualising women in Late Antique Rome: the Projecta casket. In: Ch. Entwistle (ed.), Through a glass brightly. Studies in Byzantine and Medieval Art and Archaeology presented to David Buckton (London 2003) 20-36, bes. Abb. 4.611. – A. Effenberger (Hrsg.), Spätantike und frühbyzantinische Silbergefäße aus der Staatlichen Eremitage in Leningrad (Berlin

413

Bei v. Mangoldt 2005, 31 ‚Doppelblattfriese’ genannt. Kat. Toledo 1977, 53 Kat. 21. 415 A. Oliver jr., Two hoards of Roman Republican silver. Bull. Metropolitan Mus. Art, N.S. 23, 1964/65, 176-185, bes. 182185. – Kat. Toledo 1977, 113 Kat. 73. – A. Oliver jr., L'argenterie d’époque républicaine dans les collections américaines. In: Trésors d’argenterie romaine. Histoire et Archéologie. Les Dossiers 54, 1981, 52-63, bes. 54-55. 416 Die Beurteilung erfolgt lediglich anhand von publiziertem Abbildungsmaterial. 414

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eckige Pyxis mit Klappdeckel aus San Nazaro weist an allen Ecken und Abschlußkanten ebenfalls plastische Blattstäbe auf, die Vase aus Emesa vier umlaufende Blattstäbe423. Bei allen diesen Stücken sind die Blattstäbe ebenfalls nicht in das massive Silber punziert, sondern die Konturen der Blätter sind von außen in eine plastische Wulst einziseliert, die vorher von der Innen- bzw. Rückseite her herausgetrieben worden ist. Vom Technischen her entsprechen die spätantiken also den hellenistischen Blattstäben. Trotzdem ist ein auffälliger Unterschied erkennbar, der durch die unterschiedliche Metallstärke verursacht sein dürfte. Die Blattstäbe auf den hellenistischen Gefäßen sind erheblich kleinformatiger als die spätantiken und das Silberblech ist dicker gewesen. Bei den spätantiken Gefäßen ist die Metallstärke relativ gering, um die 0,3 bis 0,4 mm. Dadurch wölben sich die von der Linierpunze umfahrenen Innenflächen hoch, so daß die Blattstäbe auf spätantiken Silbergefäßen ausgesprochen plastisch wirken. Beide Arbeitsmethoden eignen sich also nicht für einen technischen Vergleich mit den frühkaiserzeitlichen Blattstäben, die in relativ dickwandiges Silber gepunzt sind.

6. 1. Die Blattstäbe an den Hildesheimer Gefäßen

Durch die stereomikroskopische Untersuchung der Metalloberflächen sowie die Betrachtung von Silikonabformungen im optischen Mikroskop und im Rasterelektronenmikroskop sollte festgestellt werden, ob die Blattstäbe an den Gefäßen innerhalb des Hildesheimer Silberfundes einerseits und an Vergleichsstücken andererseits mit identischen Punzen angebracht worden sind. Abdrücke identischer Blatt- oder sonstiger Punzen würden eine Werkstattidentität der entsprechenden Stücke implizieren.

Die Kanten der Blattpunze sind leicht konvex, die Punzenfläche weist einige charakteristische Merkmale auf, die an den Punzabschlägen beider Becher regelmäßig auftreten. Zum einen ist dies eine kleine dreieckige Vertiefung ca. 0,3 mm vor der Blattspitze (Abb. 42 Pfeile 1). Im Abstand von wiederum ca. 0,3 mm erscheint fast senkrecht darunter eine ganz leichte Vertiefung mit unregelmäßig-wolkigem Umriß, deren untere Kante als deutlicher Bogen regelmäßig auf den Silikonabgüssen sichtbar wird (Abb. 42 Pfeile 2). Zwischen diesen beiden Strukturen führt eine dritte waagerechte Struktur zur rechten Kante der Punze (Abb. 42 Pfeile 3). Auf der Silikonabformung der Blattpunze vom Becher HI 7 ist eine weitere bogenförmige Vertiefung an der rechten Kante der Punze zu erkennen, die ca. 0,7 mm unterhalb der ersten, dreieckigen Vertiefung liegt (Abb. 42 Pfeile 4). Diese Vertiefung ist auf den im REM fotografierten Abformungen des Bechers HI 8 nicht zu erkennen, weil die Punzabschläge enger gesetzt sind und die Punze außerdem beim Abschlagen mit der Spitze stärker nach außen abgewinkelt wurde.

6. 1. 1. Die Blattstabbecher HI 7 und 8 Die identischen Blattstäbe an den beiden Bechern sind durch zwei jeweils zweimal erscheinende Zwischendekore unterbrochen und wechseln hier ihre Ausrichtungen (Abb. 39 u. 40). Der Zwischendekor an den ‚Frontseiten‘ der Becher (Abb. 41) basiert auf gegenständigen, horizontal liegenden Akanthusblättern der späthellenistischen Vorläufer des Blattstabes und erscheint auf den kaiserzeitlichen Gefäßen und Geräten nur noch in stark stilisierter Form. Unter den Griffen befinden sich jeweils zwei Rechteckfelder, die doppelt diagonal schraffiert sind und so ein Rautenmuster erzeugen. Abgesehen vom unterschiedlichen Erhaltungszustand und den leicht differierenden Maßen (Abb. 44) lassen sich die beiden Becher an einem Detail im Dekorband eindeutig unterscheiden: der Becher HI 7 weist in den Diagonallinien der AkanthusDekore jeweils kleine Punktpunzenabschläge auf, die an den entsprechenden Stellen an Becher HI 8 fehlen (Abb. 41).

Grundsätzlich können nur die spitzwinklig-dreieckigen ‚Blattspitzen‘ zur Beurteilung herangezogen werden. Die Blattpunze wurde meistens vielfach abgeschlagen und dabei immer stärker angewinkelt, so daß erst mit dem letzten Punzenabschlag die ‚Blattspitze‘ deutlich in die Metalloberfläche einpunziert wurde. Dieses Vorgehen ist an den z.T. recht zahlreichen Facetten an den ‚Blattkanten‘ ablesbar (Abb. 46).

Für die Perlstäbe an den beiden Bechern wurde eine insgesamt ca. 1,25 mm breite Punze mit sehr glatt polierter Oberfläche verwendet; die ‚Perle‘ selbst hat einen Durchmesser von ca. 1 mm. Die Vertiefung wurde in eine quadratische Fläche eingearbeitet, deren Außenkanten dann abgeschrägt wurden. Diese Kanten haben die scharfgratigen ‚Umrahmungen‘ der Perlen auf der Metalloberfläche verursacht. Die Perlpunze ist bei allen vier Perlstäben auf beiden Bechern durchgehend auf der linken Seite tiefer eingeschlagen.

1978) 87-93 Kat. 5 (Conceşti-Amphora) u. 138-141 Kat. Dok.Nr. 6 (Paternus-Platte), jeweils mit älterer Literatur. 423 V. Alborino, Das Silberkästchen von San Nazaro in Mailand. (Bonn 1981). – G. Sena Chiesa/F. Slavazzi, La capsella argentea di San Nazaro. Primi resultati di una nuova indagine. Antiquité Tardive 7, 1999, 187-204. – F. Slavazzi, La capsella di San Nazaro a Milano. Note sulla stile e sulla storia del reliquiario. In: 387 d.c. Ambrogio e Agostino. Le sorgento dell’Europa. Ausstellungskat. Mailand (2004) 170-172. – K. Weitzmann (Hrsg.), Age of Spirituality. Late Antique and Early Christian Art, 3rd to 7th century (New York 1979) 615-616 Kat. 552. – M. Mundell Mango, Silver from early Byzantium. The Kaper Koraon and related treasures (Baltimore 1986) 255-256 Kat. 84 (Vase aus Emesa).

Die unteren Perlstäbe sind bei beiden Bechern strekkenweise erheblich abgeflacht (Abb. 40 u. 41). Dies ist beim Nacharbeiten der Gefäße auf der Dreh- und Drückbank geschehen. Die gleichmäßig geformte Gefäßwandung dürfte sich beim Punzieren von Blatt- und Perlstäben verzogen haben, was besonders am Übergang vom 85

stärkeren Rand hin zur dünneren glatten Gefäßwandung in Erscheinung getreten sein muß, eben in Höhe der unteren Perlstäbe. Die Gefäße mußten nochmals in die Drehbank eingespannt und überarbeitet werden. Dabei sind die Perlen durch spanabhebendes Drehen in der Höhe reduziert worden424.

Die Zwickel seitlich der Spitzen der Akanthusblätter in den Zwischendekoren der Ententeller sind mit der kleinen Kugelpunze P 45/47,6 strukturiert worden. Sie unterscheidet sich deutlich von den Hohlpunzen, die an den Blattstabbechern HI 7 und 8 und dem Scyphuspaar aus Lübsow angewandt wurden.

Die jeweils vier Akanthus-Zwischendekore sind in den oben und unten liegenden breiten Zwickeln mit den Abschlägen einer kleinen runden Hohlpunze mit einem Durchmesser von 0,65 mm in der größten Abschlagtiefe strukturiert. Die Silikonabformung zeigt einen Ring mit abgeschrägter Außenkante, der eine schüsselchenförmige Vertiefung umgibt (Abb. 43). Der Ring weist auf den Außenseiten an drei von vier sich kreuzförmig gegenüberliegenden Stellen punktförmige Vertiefungen auf, die auf der Metalloberfläche kleinste erhabene Punkte und senkrechte Grate in der Außenflanke der Ringe hinterlassen haben425. Diese kleinen Punkte könnten Markierungen für die Anfertigung der Punze gewesen sein, mit denen der Schmied die Größe des auszuschneidenden Ringes festgelegt hat. Deutliche Abdrücke dieser Punze sind nur auf dem Becher HI 8 zu finden. Beim Becher HI 7 sind die Abschläge der Hohlpunze schwach und überschneiden sich weitgehend, so daß keine Punkte oder Grate in den Vertiefungen auftreten können.

6. 1. 3. Der Lorbeerbecher HI 9 Am Lorbeerbecher bildet der doppelte Blattstab den unteren Abschluß des Mündungsrandes des Innenbechers; an den unteren Perlstab stößt unten die Oberkante des reliefverzierten Außenbechers an. Der Blattstab ist durchgehend mit den Blattspitzen nach links ausgerichtet, obwohl er viermal durch eine schmale, bandförmige Umschlingung unterbrochen wird, die den Charakter des ursprünglichen Lorbeerkranzes mit Tänienumwicklung unterstreichen (Abb. 48). Die Blattpunze des Lorbeerbechers weist keine auffallenden charakteristischen Merkmale auf der Oberfläche auf. Lediglich eine schwache längliche Vertiefung mit wellenförmiger Kante wiederholt sich unregelmäßig auf den Silikonabformungen (Abb. 50). Der doppelte Blattstab auf dem Lorbeerbecher ist durch zwei Perlstäbe eingefaßt, die sich in ihrer Form deutlich unterscheiden (Abb. 49). Die Perlen des oberen Perlstabes sind annähernd kugelig mit einer leichten Längung in die Vertikale. Als markantes Charakteristikum weisen alle Abschläge in der oberen Schrägkante einen feinen erhabenen und leicht welligen Steg in der Mitte der Perle auf, der auf einen Riß in der Punze zurückzuführen ist. Die Perlen des unteren Perlstabes sind dagegen erheblich flacher und von fast quadratischem Umriß. Der Vergleich der REM-Aufnahmen zeigt eindeutig, daß zwei unterschiedliche Perlpunzen verwendet wurden.

6. 1. 2. Die Ententeller HI 45-47 Die einfachen Blattstäbe an den Längsseiten der drei Ententeller HI 45-47 (Abb. 45 u. 46) werden mittig durch einen Zwischendekor aus gegenständigen Akanthusblättern unterbrochen, der dem auf den Bechern HI 7 und 8 und den Lübsow-Scyphi ähnelt. Die Blattstäbe beginnen jeweils in zwei Scheiben und einem Pinienzapfen, so daß die Blattspitzen jeweils von beiden Seiten auf diesen Zwischendekor zulaufen.

6. 1. 4. Der Schulterring der Kanne HI 44 Der endlose doppelte Blattstab auf dem Schulterring der Kanne ist ohne Zwischendekore oder Tänienwicklungen einheitlich mit den Blattspitzen nach links ausgerichtet, worin er dem doppelten Blattstab auf dem Lorbeerbecher entspricht (Abb. 51). Durch die Biegung des Ringes sind die innen liegenden Blattabschläge etwas kleiner als die nach außen liegenden. An den inneren Perlstab schloß sich die glatte Wand des Kannenhalses an. Unterhalb des unteren Perlstabes ist in die Wandstärke eine Nut eingearbeitet, in die die Oberkante des reliefierten Kannenkörpers griff und dort mit viel Weichlot befestigt war427.

Die Punzabschläge weisen an den Blattspitzen leicht konkave Kanten auf (Abb. 46 Mitte u. rechts), womit sie sich von den Blattpunzenabschlägen auf den Bechern HI 7 und 8, dem Lorbeerbecher HI 9 und dem Schulterring der Kanne HI 44 deutlich unterscheiden. Da sich die Einziehung der Punzenkanten auf allen drei Stücken wiederholt, dürfte die gleiche Blattpunze verwendet worden sein. Feinste Fehler in der Oberfläche der Punze als charakteristische Merkmale konnten nicht beobachtet werden. Die Werkstattidentität der Ententeller untereinander kann zwar nicht mit Sicherheit über die Blattpunze belegt werden, wohl aber durch die Abschläge diverser identischer Formpunzen, mit denen die Handhaben verziert worden sind426.

Die Blattpunze, die am Schulterring der Kanne verwendet wurde weist eine ganz charakteristische Struktur auf, die bei keinem der anderen mit Blattstäben verzierten Gefäße im Hildesheimer Silberfund beobachtet werden kann: zwei kleine runde Dellen mit Durchmessern von ca. 0,1 mm, die im Abstand von ca. 0,3 mm ca. 0,85 mm vor der Blattspitze liegen. (Abb. 52 u. 53). Der Schulterring der Kanne weist insgesamt 304 Blattspitzen auf, in jeder der vier Reihen 76 Stück. Auf 64 Blattspitzen sind die beiden charakteristischen erhabenen ‚Stecknadelköpfe‘ zu erken-

424

Ein ähnliches Vorgehen ist an der Herakles-Schale HI 2 zu beobachten; siehe Kap. 4. 4. 2. 2. u. 8. 7. 425 Die vierte Vertiefung ist bei allen Abschlägen wegen sich überschneidender Abschläge auf den Metalloberflächen nicht sichtbar, von ihrer Existenz auf der Punze muß aber ausgegangen werden. 426 Siehe Kap. 5. 3. 3.

427

86

Siehe Kap. 7. 2. 2.

Kante als charakteristische Struktur feststellbar, die sich an den Blattstäben der anderen Hildesheimer Gefäße nicht wiederholt. Die beiden Perlstäbe sind mit zwei unterschiedlichen Perlpunzen gearbeitet, von denen der des oberen Perlstabes einen charakteristischen mittigen ‚Steg‘ auf der Silberoberfläche hinterlassen hat.

nen (= 21 %), die von der mit Dellen versehenen Punze verursacht wurden (Abb. 53). In 121 Fällen ist nur einer der beiden Punkte zu erkennen (= 40 %), was dann der Fall ist, wenn der zweite direkt in einer der eingetieften Kerben der ‚Vorzeichnung‘ zu liegen kommt (Abb. 53 rechts). Dies tritt mit 40 Fällen am häufigsten in der äußeren Reihe auf; in Reihe zwei und drei sind es 31 bzw. 29 Einzelpunkte. In 117 Fällen konnten keine erhabenen Punkte beobachtet werden. Damit weisen von den insgesamt 304 Blattspitzen 185 = 61 % einen oder zwei erhabene ‚Stecknadelköpfe‘ auf.

Die Blattpunze, mit der der Blattstab auf dem Schulterring der Kanne HI 44 angebracht wurde, zeigt zwei kleine fast runde Dellen als charakteristische Struktur, die jeweils zwei kleine erhabene ‚Stecknadelköpfe‘ auf der Metalloberfläche hinterlassen haben. Die beiden Perlstäbe sind vermutlich mit der gleichen Punze angebracht worden, aber nur auf dem inneren Perlstab lassen sich charakteristische V-förmige ‚Stege‘ auf der Silberoberfläche beobachten.

Die Blattreihen müssen nach der Anlage der ‚Vorzeichnungskerben‘ von innen nach außen punziert worden sein, weil beim Punzieren von Reihe 2 soviel Metall über die innerste Blattreihe 1 verdrängt wurde, so daß die äußeren Konturen der Spitzen völlig überlagert wurden und kaum erkennbar sind.

Die doppelten Blattstäbe, die vorläufig nur vom Lorbeerbecher HI 9 und der Kanne HI 44 bekannt sind, die beiden unterschiedlichen Perlstäbe und die Maßgleichheit von Blatt- und Perlstäben in Kombination mit einem Reliefdekor der Gefäßwandung legten zunächst die Vermutung von Werkstattidentität beider Stücke nahe. Nach der Untersuchung der Blatt- und Perlpunzen kann dies aber ausgeschlossen werden. Die erhabenen Punkte in den Blattspitzen der Kannenschulter erscheinen in keinem einzigen Fall auf den Blattspitzen des Lorbeerbechers.

Wie beim Lorbeerbecher HI 9 weist die Punze des oberen Perlstabes auf dem Schulterring der Kanne HI 44 ebenfalls einen mittigen ‚Steg‘ auf, der nur in der zum Blattstab liegenden Schräge jenseits der Perle auftritt. Auch dieser ‚Steg‘ in der Metalloberfläche wird durch Riße in der Punze verursacht. In diesem Fall handelt es sich um zwei schwach ausgeprägte auseinander laufende Risse in der Punze, die am Punzabschlag auf der Silberoberfläche den Eindruck eines V-förmigen Steges hervorrufen. Ob für den unteren Perlstab die gleiche Punze verwendet wurde, läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Form und Größe stimmen zwar überein, die V-förmigen Risse lassen sich aber nicht beobachten. Möglicherweise sind sie am äußeren Rand des Schulterringes beim Nachdrehen und Einarbeiten der Nut weggeschnitten worden.

6. 2. Die Blattstäbe an Vergleichsstücken Als Vergleichsstücke werden ausschließlich Objekte herangezogen, die ins 1. Jh. datieren; denn nur bei ihnen besteht die Möglichkeit, daß sie Abschläge von Punzen aufweisen, die identisch mit denen auf Hildesheimer Stücken sind und für die damit evt. eine Werkstattidentität nachgewiesen werden kann. Bei den im Folgenden besprochenen Vergleichsstücken handelt es sich ausschließlich um Silbergefäße und -geräte mit einfachen Blattstäben. Als Vergleichsstücke für doppelte Blattstäbe sind vorläufig nur drei hellenistische vergoldete Silberembleme im Museum of Fine Arts in Boston, der Leon Levy and Shelby White Collection in New York, USA und aus einem Auktionskatalog bekannt429. Anzuschließen ist der neuzeitliche Gipsabguß eines hellenistischen vermutlich silbernen megarischen Bechers in Heidelberg mit einem nach links gerichteten Blattstab430.

6. 1. 5. Ergebnis zu den Hildesheimer Gefäßen mit Blattstäben Die vier an den beiden Bechern HI 7 und 8 regelmäßig auftretenden Charakteristika auf den Flächen der ‚Blattspitzen’ belegen, daß die Blattstäbe an beiden Bechern mit der identischen Blattpunze angebracht worden sind. Aber auch die auf beiden Bechern abgeschlagenen Perlund Hohlpunzen sind identisch. Somit kann aufgrund von drei unterschiedlichen Formpunzen eine Werkstattidentität für die beiden Becher HI 7 und 8 aus dem Hildesheimer Silberfund festgestellt werden.

429

Ein Emblem mit Herakles zeigt einen nach links gerichteten doppelten Blattstab; siehe J. Rosasco, Form and ornament. The arts of gold, silver and bronze in ancient Greece. Ausstellungskat. Michael Ward, Inc. (New York 1989) Kat. 32 mit Farbtaf. Der Blattstab auf dem Gegenstück in der White-Levy-Collection ist nach rechts gerichtet; siehe D.v. Bothmer, Glories of the past (New York 1990) 195 Kat. 140. Das Emblem mit Apollo in Boston Inv. 1985.333 trägt einen nach rechts gerichteten Blattstab; siehe C.C. Vermeule, The god Apollo, a ceremonial table with griffins, and a votive basin. GettyMusJ 15, 1987, 27-34, bes. 33 mit Fig. 5 sowie Informationen aus der Datenbank des Museum of Fine Arts, Boston von Y. Trnka-Amrhein. – Nach Beurteilung der Abbildungen entspricht die technische Ausführung aller drei Stücke dem ‚hellenistischen Muster’. 430 Evt. aus einem antiken Gipsnegativ; Abguß-Sammlung des Seminars für Klassische Archäologie der Universität Heidel-

Die an den drei Ententellern HI 45-47 für die Blattstäbe verwendete Punze unterscheidet sich schon durch ihre konkaven Kanten von den Punzen der anderen Hildesheimer Gefäße mit Blattstäben. Eine Werkstattidentität der drei Ententeller kann zwar anhand der Blattpunze mit hoher Wahrscheinlichkeit vermutet, nicht aber mit Sicherheit festgestellt, werden; sie wird allerdings durch diverse Formpunzen auf den Handhaben eindeutig abgesichert428. Am Lorbeerbecher HI 9 ist an der Blattpunze lediglich eine schwache längliche Vertiefung mit wellenförmiger 428

Siehe Kap. 5. 3. 3.

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Die Blattpunze ist ca. 1,7 x 0,8/0,9 mm groß und weist eine charakteristische Oberflächenstruktur aus punktförmigen Vertiefungen auf, die auf der Metalloberfläche kleine erhabene ‚Halbkügelchen’ erzeugt haben (Abb. 55). Auf der Länge der Blätter mußte die Punze mehrmals abgeschlagen werden, so daß sich die Oberflächenstrukturen der Abschläge überschneiden und nur schwer voneinander abgegrenzt werden können. An wenigen Stellen sind aber Einzelabschläge komplett sichtbar. An einer Stelle ist nur eine leicht planierte Fläche zu beobachten, wo die Blattpunze offenbar nur ganz leicht abgeschlagen wurde, so daß sich die strukturierte Oberfläche nicht abzeichnen konnte.

6. 2. 1. Der Handspiegel des M. Domitius Polygnos aus Boscoreale431 Der einfache Blattstab mit begleitenden Perlstäben bildet einen endlosen Ring auf der Rückseite des Spiegels. Er ist in eine plastische Wulst eingearbeitet, die die rückseitige Spiegelinnenfläche vom Polygonalrand mit 14 ausgezogenen Spitzen trennt. Die Innenfläche ist mit eingedrehten konzentrischen Rillen und einem Reliefemblem des Dionysos verziert (Abb. 54). Obwohl der Blattstab an einer Stelle durch zwei Kerben unterbrochen ist, weisen alle Blattspitzen nach rechts (Abb. 55). Der innere Perlstab ist durch eine ca. 0,4 mm breite Hohlkehle vom Blattstab getrennt und nur noch zu ca. der Hälfte vorhanden. Der innere Bereich ist offenbar auf der Drehbank nachgeschnitten worden, wobei der Perlstab erheblich beschädigt worden ist. Der äußere Perlstab ist durch eine tiefe scharfe Spalte vom Blattstab getrennt, die aber bei der Punzierung von Blatt- und Perlstäben durch Metallverlagerungen wellig zugeschoben wurde. Größere Teile des Dekorringes sind korrodiert, so daß die Oberflächenuntersuchung auf einzelne Abschnitte beschränkt werden mußte, z.B. auf die zweite Polygonalspitze rechts sowie den Bereich zwischen zweiter und vierter Spitze links des Griffblattes.

Ihre Oberflächenstruktur hat die Blattpunze mit den Mattierpunzen der Hildesheimer Athena-Schale HI 1 und dem Kantharos aus Stevensweert gemeinsam, so daß beim Polygnos-Spiegel offenbar eine solche Mattierpunze für die Ausarbeitung der Blattstabblätter ‚zweckentfremdet’ wurde (S. 57 Abb. in Tab. 4). Jedenfalls hat auch in der Werkstatt, in der der Silberspiegel des Polygnos angefertigt wurde, eine Mattierpunze zum Punzrepertoire gehört434. Die ‚Spitz’-Punze hat eine flache, ebenfalls leicht strukturierte Oberfläche mit einem Durchmesser von 0,7-0,8 mm; durch die Strukturierung wirken die Abschläge mattiert. Sie muß in den Blattspitzen in Schrägstellung jeweils mehrfach abgeschlagen worden sein, weil viele Spitzenbetonungen oval wirken und in den Maßen erheblich variieren. Die Oberflächenstruktur entspricht den Abschlägen der ‚Inschriftenpunze’, deren Durchmesser allerdings sehr viel kleiner ist. Durch die Betonung der Blattspitzen wurden die Kanten der Blätter zusätzlich konturiert, was die Strenge des gleichförmigen Dekorbandes bricht und in seiner Wirkung dem Vorgehen am Blattstab des Spiegels aus der Casa del Menandro in Pompeji entspricht435.

Die Gesamtbreite des Dekorbandes beträgt 5,8 mm. Der äußere Perlstab ist 1,3 mm breit, der reine Blattstab ca. 3,2 mm. Es folgt die Hohlkehle von 0,4 mm Breite zum abgedrehten inneren Perlstab von noch ca. 0,8 mm Breite. Der Blattstab ist mit drei Punzen ausgearbeitet: einer Kerb-, einer Blatt- und einer Spitzpunze. Mit der Kerbpunze sind zunächst die ‚inneren’ Kanten der Blätter markiert worden, womit der Spiegel aus Boscoreale zu den Stücken mit sog. Vorkerbungen gehört432. Anschließend wurden die Blattflächen angelegt und zuletzt die Blattspitzen betont, was wiederum dem Vorgehen am salinum 2 aus Xanten entspricht433.

Komplette Abschläge der Perlpunze sind nicht vorhanden, weil beide Perlstäbe durch Nachdrehen in der Höhe reduziert worden sind. Die Vertiefung für die Perle ist in eine quadratische Punzenfläche von 1,3 x 1,3 mm eingearbeitet. Die Kanten der Punze sind bei allen Abschlägen des oberen Perlstabes deutlich sichtbar. Bei beiden Perlstäben sind die Abschläge mit größeren Abständen angebracht und nicht, wie sonst üblich, dicht an dicht gesetzt. Beim oberen Perlstab sind die Perlpunzenabschläge teilweise schräg gestellt. Der noch sichtbare Bereich der Perle wirkt aufgerauht, was den Perlpunzen an den Lübsow-Bechern entspricht.

berg, Inv. V.D. 306 E, 11. – F. Courby, Les vases grecs à reliefs (Paris 1922) 399 Abb. 84. – F.v. Duhn, Kurzes Verzeichnis der Abgüsse nach antiken Bildwerken im archäologischen Institut der Universität Heidelberg (19136.) 113 Kat. 306 E. – R. Pagenstecher, Die griechisch-ägyptische Sammlung Ernst von Sieglin II,3 (Leipzig 1913) 71 Abb. 83,4. Taf. 22. – K. Parlasca, Das Verhältnis der megarischen Becher zum alexandrinischen Kunsthandwerk. Jahrb. DAI 70, 1955 142-143 mit Abb. 6. – Küthmann 1958a, 115. Taf. 10,1 sowie persönliche Mitteilungen von H. Pflug. – Eine Art stark stilisierter doppelter Blattstab erscheint auf einer flachen runden Platte mit gewelltem Rand und mattierten Blattflächen aus Augst; siehe Cahn/Kaufmann 1984 Taf. 101 u. R. Zahn, Die Silberteller von Haßleben und Augst. In: W. Schulz/R. Zahn., Das Fürstengrab von Haßleben. Röm.-Germ. Forsch. 7 (Berlin 1933) 59-96, bes. 76-77 mit Taf. 34. 431 Verbleib: Musée du Louvre, Département des Antiquités Grecques, Etrusques et Romaines, Paris, F, Inv. Bj 2158. Maße: max. Dm 21 cm, Griffl. 11,6 cm, Gewicht 461,5 g. Datierung: vor 79. Publ.: Héron de Villefosse 1899, 88-92 Kat. 21. Taf. 19. – A. de Ridder, Catalogue sommaire des bijoux antiques (Paris 1924) 215. Taf. 32. – Baratte 1986 Abb. S. 44 u. 47. 432 Siehe Kap. 6. 3. 433 Siehe Kap. 6. 2. 7.

434

Leider durften von den Objekten aus Boscoreale keine Silikonabformungen gemacht werden, die einen detaillierten Vergleich im Rasterelektronenmikroskop ermöglicht hätten. 435 Siehe Kap. 6. 2. 5.

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6. 2. 2. Das simpulum in Erlangen436

6. 2. 3. Die Scyphi aus Grab 1/1908 in Lübsow438

Beim simpulum in Erlangen ist der Blattstab 7 mm unterhalb der Lippe sowie einer breiten Hohlkehle angebracht (Abb. 56). Die Oberfläche ist stark verschliffen, so daß der untere Perlstab zum größten Teil völlig abgetragen ist, bei den restlichen Strecken sind nur noch die quadratischen Vertiefungen der Perlpunzenkanten zu erkennen. Im Blattstab selbst sind lediglich noch die Blattspitzen erhalten; die maximale Breite der Blattpunzenabschläge beträgt 1,4 mm, wobei die längere Kante bis in den Perlstab reicht. Der Blattstab ist ohne Unterbrechung umlaufend angebracht, die Blattspitzen durchgehend nach rechts gerichtet. Viele Blattspitzen sind mit Korrosionsprodukten zugesetzt. Durch den starken Verschliff, dem auch die Mittelpartie des Blattstabes zum Opfer gefallen ist, konnte keine Arbeitsabfolge von Perl- und Blattstäben durch Materialüberlagerungen rekonstruiert werden.

Die beiden Scyphi aus Grab 1/1908 von Lübsow (Lubieszewo), PL tragen jeweils einen von zwei Perlstäben eingefaßten Blattstab mit zwei unterschiedlichen Zwischendekoren, die dem Dekorband der beiden Becher aus Hildesheim HI 7 und 8 genau entsprechen (Abb. 58 u. 59, vgl. Abb. 61 u. 41). Pernice hat 1912 als erster vermutet, die beiden Hildesheimer Becher sowie die beiden Becher aus Grab 1/1908 von Lübsow seien wegen der identischen Blattstäbe in der gleichen Werkstatt angefertigt worden: „Vielleicht sind bei den neuen Bechern [die Lübsow-Becher] die Blätter etwas feiner, bei den Hildesheimern die Verbindungsstellen zwischen den Efeublättern, aber im ganzen sind beide Ornamente gleich, namentlich auch die Perlschnur über und unter dem Blätterkranz. Man könnte sich sehr gut denken, dass beide Becher aus demselben Atelier hervorgegangen sind.“439 Diese vorsichtig formulierte Vermutung ist bei Küthmann und E. Künzl zu einer sicheren Tatsache geworden: „Daß nämlich diese [die Becher HI 7 u. 8] wie jene [die Ententeller HI 45-47] der gleichen Werkstatt zuzuweisen sind, dürfte die Verwendung des einblättrigen Schuppenstabes mit der Unterbrechung durch Spitzblätter auf gekörntem Grund [gemeint sind die Zwischendekore] unwiderlegbar dartun“ sowie: „Es scheinen durch Zufall in den Becherpaaren von Hildesheim [HI 7 u. 8] und Lübsow 1 Erzeugnisse eines identischen frühkaiserzeitlichen Ateliers erhalten zu sein.“440 Auch Greifenhagen meinte, die beiden Lübsow-Becher seien in der gleichen Werkstatt angefertigt worden wie die beiden Becher HI 7 und 8 aus dem Hildesheimer Silberfund: „Pernice hatte die Becher von Lübsow zunächst mit der Gruppe gallischer Gefäße aus dem Hildesheimer Fund verbunden. Später, gerade in seiner Veröffentlichung des Grabfundes von Lübsow, sprach er sich jedoch für die Annahme italischen Ursprungs aus. [...] H. Küthmann [1958, 137] und U. Gehrig [1967] folgen dagegen m.E. mit Recht der früheren Auffassung von Pernice und weisen die Becher [gemeint sind die Hildesheimer Becher HI 7 und 8] derselben Werkstatt zu wie Ententeller, Humpen und Eierschale des Hildesheimer Fundes [HI 45-47, HI 66 u. 67, HI 68]. Am deutlichsten bestätigt die Annahme der gleichen Werkstatt ein Vergleich der Randleiste der Ententeller mit dem Ornament

Beim Blattstab auf dem simpulum in Erlangen handelt sich, wie bei allen sieben Gefäßen aus dem Hildesheimer Silberfund und dem simpulum aus Wien-Schwechat, um einen solchen mit Vorkerbungen437. Die Maßidentität der Blattstäbe der simpuli aus Erlangen und Wien-Schwechat (Tab. 17) könnte auf eine Werkstattidentität hindeuten; auch die Abstände der ‚Blätter’ untereinander sind bei beiden Stücken gleich. Leider sind beide Gefäße in ihren Oberflächen durch Verschliff bzw. Brand so stark beschädigt, daß ein Vergleich der Abschläge von Kerb-, Blatt- und Perlpunzen keine Lösung dieser Frage erbringen kann. Die zeichnerische Abnahme der Umriße der Blattpunzenspitzen steht einer Punzen- und damit Werkstattidentität eher entgegen. Die Spitzen der Schwechater Blattpunze sind spitz und weisen kleine Winkel zwischen 35 und 40° auf. Die Spitzen der Erlanger Blattpunze sind dagegen regelrecht rund, die Winkel betragen zwischen 50 und 58° (Abb. 57).

438

Verbleib: Antikensammlung, SMB-PK, Inv. 31061a,b. Maße: Dm 9,5 cm, H 8,8 cm, Br. mit Griffen 16 cm. Datierung: 1. Jh. Publ.: Pernice 1912, 126-148. – O. Voss, Die Gefässe aus Bronze und Silber. In: Ders./M. Ørsnes-Christensen, Der Dollerupfund. Ein Doppelgrab aus der römischen Eisenzeit. Acta Arch. 19, 1948, 243-271, bes. 258-259. – H.J. Eggers, Lübsow, ein germanischer Fürstensitz der älteren Kaiserzeit. Prähist. Zeitschr. 34/35, 1949/50, 58-11, bes. 86-89. – A. Greifenhagen, Schmuckarbeiten in Edelmetall II: Einzelstücke (Berlin 1975) 112 Nr. 11-12 zu Taf. 76. – E. Künzl 1988a, 571-574 Kat. 398a.b. – G. Platz-Horster, Silberbecher auf hohem Fuß. In: M. Kunze u.a., Die Antikensammlung im Pergamonmuseum und in Charlottenburg (Mainz 1992) 298-297 Kat. 163.– S. Künzl, 1997a, 117. 119 Abb. 4. 439 Pernice 1912, 132. 440 Küthmann 1958b, 137. – E. Künzl 1988b, 40.

436

Verbleib: Antikensammlung des Archäologischen Instituts der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg/Erlangen, Inv. I 443. Maße: Mündungsdm 5,6 x 4,83 cm (leicht deformiert), H 10,23 cm. Datierung: 1. Jh. Publ.: W. Grünhagen, Antike Originalarbeiten der Kunstsammlung des Instituts. Archäologisches Institut der Universität Erlangen (Nürnberg 1948) 22. – S. Künzl, Schwechat (Niederösterreich). Ein germanisches Grab der Stufe Eggers B 1. Arch. Korrbl. 27, 1997, 145-158, bes. 156 Anm. 19. 437 Siehe Kap. 6. 3.

89

der glatten Becher von Hildesheim und Lübsow.“441 Baratte hat, darin mit Einschränkungen Pernice/Winter 1901 und Gehrig 1967/1980 folgend, die beiden Becher aus Hildesheim HI 7 und 8, die beiden Lübsow-Becher und die drei Ententeller HI 45-47 einer gemeinsamen gallischen Werkstatt zugeschrieben, wobei er sich wiederum auf den Blattstabdekor als gemeinsames identisches Ornament gestützt haben dürfte: „Les coupes d’Hildesheim, comme celles de Lübsow et les plateaux aux canards ont souvent été attribuées à une même atelier installé en Gaule“442.

Für alle vier Perlstäbe, je zwei auf jedem Becher, ist die gleiche Perlpunze verwendet worden. Die Oberfläche der Hohlkugel weist erstaunlicherweise eine auffällig unregelmäßige Oberfläche auf, so daß die Perlen mattiert wirken. Die ‚Kugel‘ ist in eine quadratische Fläche eingearbeitet, deren Kanten z.T. scharfe Absätze hinterlassen haben. Wie bei den Hildesheimer Bechern sind die Oberflächen der Perlen besonders an den unteren Perlstäben nachträglich abgearbeitet worden, aber auch durch die Perlen der oberen Perlstäbe laufen scharfgratige Schnittspuren, die nach der Punzierung von Blatt- und Perlstäben eine Nacharbeit auf der Drehbank belegen.

Die Blattpunzierung der Lübsow-Scyphi ist, von den Zwischendekoren mit Schrägschraffur unterhalb der Griffe ausgehend, zu den Zwischendekoren mit Akanthusblättern an den ‚Frontseiten‘ hin angebracht worden, so daß die Blattspitzen zu den Griffen weisen. Zuerst wurde die obere Blattreihe einpunziert, dann die untere. Dies ist an den überlappenden Graten flach geschlagenen Silbers zu erkennen. An den Akanthusblättern laufen die breiten Blattseiten an senkrechten Kerben aus. Die einzelnen Abschläge der Blattpunze sind an den Lübsow-Bechern weit auseinander liegend gesetzt worden, so daß die herzförmigen ‚Doppelblätter‘ relativ frei stehen.

Wie an den Akanthus-Zwischendekoren der beiden Hildesheimer Blattstabbecher HI 7 und 8 sind die oben und unten liegenden Zwickel mit Hohlpunzen strukturiert worden. Am Lübsow-Becher 1 ist dem Feinschmied ein Fehler unterlaufen. Er hat hier ebenfalls eine der Akanthusblattflächen mit der Hohlpunze strukturiert, die eigentlich hätte glatt stehen bleiben müssen (Abb. 62). Wie die Perlpunze ist auch diese runde Hohlpunze auf der eingezogenen Punzfläche unregelmäßig strukturiert und weist auf ihrer Oberfläche ganz charakteristische Strukturen auf, die an diversen Abschlägen auf beiden Bechern beobachtet werden können.

Schon Größe und Form der Blattspitzen auf den LübsowScyphi weichen von denen aller sieben mit Blattstäben verzierten Gefäße des Hildesheimer Silberfundes ganz erheblich ab. Die Betrachtung und Dokumentation der Silikonabformungen im Mikroskop zeigt deutlich abweichende, charakteristische Oberflächenstrukturen443. Wie die Dreieckspunze P 1,4 auf der Athena-Schale HI 1 weist die ‚Blattfläche‘ der Lübsower Blattpunze schwache horizontale Rillen auf, die eine leichte Wellenstruktur auf der Oberfläche erzeugen (Abb. 60 links). Außerdem zeigt die überwiegende Anzahl der Blattspitzen zwei ausgeprägte Kerben an der unteren ‚Blattkante‘ (Abb. 60 rechts). Beide Charakteristika erscheinen bei beiden Lübsow-Bechern, so daß schon allein aufgrund der Blattpunze die Werkstattidentität beider Stücke festgestellt werden kann. Die Blattspitzen sind in den meisten Fällen mit kräftigen Einzelabschlägen angebracht worden, denn nur wenige Doppelabschläge sind zu beobachten. Dadurch fällt aber die Plastizität des Blattstabes sehr viel geringer aus als z.B. bei den Hildesheimer Stücken, bei denen die Blattspitzen durch viele Abschläge der Blattpunze sehr viel tiefer in die Metalloberfläche eingearbeitet wurden.

Trotz des vermeintlich identischen Dekorbandes konnte in keinem Fall, also weder bei den Blatt-, noch bei den Perl- und Hohlpunzen tatsächlich eine Punzidentität zwischen Hildesheimer und Lübsower Gefäßen festgestellt werden. Die mikroskopische Untersuchung der Metalloberflächen und ihrer Silikonabformungen widerlegt die oben zitierten Vermutungen einer Werkstattidentität von Hildesheimer und Lübsower Bechern sowie der anderen Gefäße aus dem Hildesheimer Silberfund sogar eindeutig. Damit erweist sich die oftmals aufgestellte Gleichung ‚identischer Dekor = identische Werkstatt‘ als nicht haltbar. Es ist also notwendig, die Dekore nicht nur in ihrer gesamten Erscheinungsform zu vergleichen, sondern eine Betrachtung der feinsten Strukturen auf den Metalloberflächen anzustellen, um eine tatsächliche Werkstattidentität nachweisen zu können. 6. 2. 4. Das Gefäß in Neapel444 Das Gefäß ist aus Originalfragmenten, zwei Griffen445 und modernen Ergänzungsblechen aus Silber hart zusammengelötet; der Fuß ist modern446 (Abb. 64). Ähnlich den beiden Hildesheimer Blattstabbechern und den beiden Lübsow-Scyphi trägt das Gefäß unbekannten Fundortes den von zwei Perlstäben begleiteten Blattstab auf einem hervorstehenden Profil unterhalb der verdickten Lippe und einer Hohlkehle, die von zwei eingedrehten Riefen begrenzt wird. Auch hier unterbrechen vier Zwischende-

441

Greifenhagen 1975, 112. – Bei Gehrig 1967, 15 kein Hinweis auf die Lübsow-Becher. 442 Baratte 1989, 72. – Pernice/Winter 1901 und Gehrig 1967/ 1980 haben die sog. gallo-römische Gefäßgruppe nach stilistischen und technischen Gesichtpunkten zusammengestellt; siehe Kap. 2. 8. 3. 443 Nach der zeitaufwendigen Probenvorbereitung durch Goldbesputterung zur Betrachtung der Silikonabformungen der drei Ententeller HI 45-47 wurde an den Abformungen der LübsowBecher ein einfacheres Verfahren ausprobiert. Die Silikonabformungen wurden mit Graphitpulver pinselbeschichtet, um zu testen, ob dies als Leitmittel für die Elektronen zur Betrachtung und Dokumentation der Oberflächenstrukturen im REM ausreichen würde.

444

Verbleib: Nationalmuseum Neapel, I, Inv. 25294. Maße: Mündungs-Dm 14,2 cm, H 12 cm mit Fuß. Datierung: 1. Jh.v. bis 1. Jh. n.Chr. Publ.: Pappalardo 1986, 216-217 Kat. 68 mit Abb. 445 Sie entsprechen in der Form den kleinen Griffen an den Hildesheimer Efeubechern HI 20-25. 446 Die Höhe der originalen Cuppa beträgt 8,3 cm.

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das Dekorband mit Blattstab und eine undekorierte Fläche bis zum Rahmen des Emblems (Abb. 66). Der einfache Blattstab mit begleitenden Perlstäben bedeckt zweimal jeweils ca. ein Viertel des Umfangs des Dekorbandes (Abb. 68). Bei beiden Strecken sind die Blattspitzen nach links gerichtet. Die anderen beiden Viertel des Dekorbandes werden durch jeweils drei verschiedene und unterschiedlich lange Dekore in symmetrischer Anordnung nach dem Schema 1-2-3-2-1 ausgefüllt. Motiv 1 ist ein vom Blattstab aus nach innen gerichtetes Akanthusblatt sowie drei Reihen von Abschlägen einer hakenförmigen Punze; Motiv 2 ist ein Feld aus dicht nebeneinander liegenden Tänienumwicklungen, deren Kanten und Binnenstrukturen mit zwei unterschiedlichen Linierpunzen gezogen bzw. strukturiert sind; bei Motiv 3 ist das Feld mit den Abschlägen einer Hohl- oder Kreispunze ausgefüllt und wird mittig von einer Tänienumwicklung halbiert.

kore den gleichmäßig mit den Blattspitzen nach links ausgerichteten Blattstab. Die Zwischendekore treten in zwei Zweiergruppen auf, sind aber alle unterschiedlich gestaltet: Auf einer ‚Seite’ ist der Dekor als stilisiertes Doppelakanthusblatt gearbeitet und ähnelt denen auf den Hildesheimer Bechern HI 7 und 8 sowie den Lübsow-Scyphi sehr; denn zwischen den nach innen gerichteten Blattspitzen ist die Fläche mit den Abschlägen einer kleinen Hohloder Kreispunze mit Dm 0,7 mm ausgefüllt. Mittig sitzt der Abschlag einer erheblich größeren Kreispunze mit Dm 2,2 mm. Auch der zweite Zwischendekor aus einem doppelt diagonal schraffierten Feld rechts des ‚Akanthus’ entspricht den Dekoren unterhalb der Griffe auf den Hildesheimer Bechern HI 7 und 8 und den Lübsow-Scyphi447. Auf der gegenüberliegenden ‚Seite’ ist eine mit den Abschlägen einer Hohl- oder Kreispunze gefüllte Fläche von einer zweifachen Tänienumwicklung unterbrochen; im zweiten Dekor überlagern drei große symmetrisch gesetzt Hohlpunzenabschläge die ebenfalls mit den Abschlägen der kleineren Hohlpunze gefüllte Fläche.

Der Blattstab ist zusammen mit den begleitenden Perlstäben 6,9-7 mm breit; der reine Blattstab 4,6 mm. Zuerst sind die Begrenzungsriefen zu den Perlstäben und die längeren Blattkanten in der Mitte angelegt worden. Damit gehört der Spiegel aus der Casa del Menandro zu den Stücken mit sog. Vorzeichnungskerben, die hier im Fischgrätmuster angelegt worden sind450. Nach dieser groben Markierung sind die Blattflächen punziert worden, anschließend die kleineren Kerben zu den Perlstäben hin. Die äußeren Blattkanten sind dann noch mit einer Ovalpunze eingezogen worden. Die begleitenden Perlstäbe sind zuletzt gesetzt worden, denn bei ihrer Anlage ist Metall über die punzierten Kerben und Blattflächen verschoben worden.

Die Blattspitzen sind fast alle durch noch anhaftende Korrosionsauflagen verdeckt, so daß eine Beurteilung schwierig ist. Bei wenigen freiliegenden Blattspitzen ist aber erkennbar, daß es sich um glatte Blattflächen handelt, also eine glatt polierte Punze verwendet wurde. Jeweils beide Kanten beider ‚Blattlagen’ sind deutlich mit einzelnen Abschlägen von Linierpunzen vorgezeichnet, so daß eine M-förmige ‚Vorkerbung’ rekonstruiert werden kann; häufig überkreuzen sich die Vorkerbungen an den Blattspitzen (Abb. 65 rechts). Der untere Perlstab ist durch nachträgliches Abdrehen stark abgetragen, was wiederum mit entsprechenden Beobachtungen auf der Herakles-Schale HI 2, den Bechern HI 7 und 8 und den Lübsow-Scyphi übereinstimmt. Insgesamt sind für das Dekorband drei Punzen eingesetzt worden: eine Linier-, eine Blatt- und eine Perlpunze.

Die ‚Blattflächen’ sind schwer auszumachen, weil sie durch das weitere Punzieren beeinträchtigt worden sind. Trotzdem konnte hier erstmals Form und Größe einer kompletten Blattpunze bestimmt werden, weil sich die Kanten in der Mitte und z.T. im oberen Perlstab erhalten haben. Bei der Punzfläche handelt es sich um ein lang gezogenes Oval von 4,8 x 2,6 mm mit geraden Lang- und spitzen Schmalseiten mit stark abgerundeten Spitzen (Abb. 67 oben). Die Oberfläche ist glatt und weist keine charakteristischen Merkmale auf.

6. 2. 5. Der Handspiegel mit Apollo-Emblem aus der Casa del Menandro, Pompeji448 Die Rückseite des Spiegels weist mehrere konzentrische Dekorbänder auf, die die Fläche zwischen Emblem und Rand verzieren. Es sind dies, von außen nach innen, ein Eierstab, peltaförmige Durchbrüche, zwei leicht gewölbte glatte Streifen mit einem erhöhten Ring in der Mitte449,

Die langen mittigen ‚Vorzeichnungskerben’ und die kleineren seitlichen Kerben sind mit zwei verschiedenen Kerb- oder Linierpunzen angebracht worden. Sie unterscheiden sich in ihren Breiten und Querschnitten: die Kerben der Vorzeichnungspunze sind 0,5 mm breit und im Querschnitt spitz, die kleinere Kerbpunze ist dagegen rundlich und 0,8 mm breit; die Oberfläche der Vorzeichnungspunze ist narbig, die der kleineren Kerbpunze glatt. Bei den Akanthusblättern als einem der Zwischendekore sind gerade Kerben von 0,5 x 4 mm als Binnendekor gesetzt; nach Ausweis der Oberflächenstruktur müßte hier die Vorzeichnungspunze eingesetzt worden sein.

447 Auch bei einem Calathus mit flächendeckendem Blattschuppendekor im Schatzfund von Boscoreale treten zu den Hildesheimer und Lübsower Bechern vergleichbare Zwischendekore in einer Dekorleiste oberhalb des Bodens auf. Verbleib: Musée du Louvre, Département des Antiquités Grecques, Ètrusques et Romaines, Paris, F, Inv. Bj 1925. Publ.: Héron de Villefosse 1899, 102 Kat. 43. Taf. 23. – Baratte 1986, Abb. S. 35. – Pirzio Biroli 1991, 263 Kat. 50 mit Abb. 271. 448 Verbleib: Nationalmuseum Neapel, I, Inv. 145524. Maße: Dm 21, Gesamtl. 34 cm. Datierung: 2. Hälfte 1. Jh. v.Chr bis 1. Hälfte 1. Jh. n.Chr. Publ.: Maiuri 1933, 350-353 Kat. 15. Taf. 47 u. 48. – Strong 1966, 158. Taf. 37B. – Pappalardo 1986, 206207 Kat. 15. – Pirzio Biroli 1991, 147 Abb. 117-118. 269 Kat. 88. – Painter 2001, 64 Kat. M 15. Taf. 15. 449 Rattermarken belegen die spanabhebende Bearbeitung auf der Drehbank.

450

91

Siehe Kap. 6. 3.

mit den Hildesheimer und diversen weiteren Gefäßen verbindet (Abb. 70)452.

Die Ovalpunze ist ca. 1,3 x 2 mm groß und weist eine leicht narbige Oberfläche auf. Sie ist zum Einziehen der Blattkanten verwendet worden; eine singuläre Erscheinung unter den untersuchten Blattstäben. Dieses Vorgehen erzeugt durch die Unregelmäßigkeit der Blattkanten einen stärker naturalistischen Eindruck. Alle anderen, nicht entsprechend nachgearbeiteten Blattstäbe wirken im Vergleich geradezu steif.

Die Perlstäbe sind erst nach der Anlage der Vorzeichnungskerben und dem Punzieren der ‚Blätter’ gesetzt worden. Bei beiden Perlstäben sind die Abschläge der Perlpunze links stärker in die Metalloberfläche eingetieft, ein Phänomen, das auch schon am Hildesheimer Becherpaar HI 7 und 8 beobachtet werden konnte und möglicherweise als Hinweis auf einen rechtshändigen Feinschmied gewertet werden kann. Die Unterkante der Perlpunze ist beim oberen Blattstab tief in die Blattflächen eingeschlagen worden, so daß die ‚Blattspitzen’ der oberen Blattreihe völlig überlagert sind. Der obere Perlstab ist an der Gefäßmündung stark abgetragen und die Oberkanten der Perlen nur noch in wenigen Fällen auszumachen. Am unteren Perlstab sind die Perlen in der Höhe ebenfalls nicht mehr vollständig. Die glatte, gleichmäßig hohe Oberfläche deutet hier wiederum auf ein Nacharbeien auf der Drehbank hin, die aufgrund eines leichten Verziehens des Gefäßrandes beim Punzieren notwendig geworden sein könnte.

Die Perlpunze ist mit 1,2 x 1,3 mm Außenmaß fast quadratisch; die Innenfläche beträgt 0,7 x 1,1 mm. Die Außenkanten beider Perlstäbe schneiden die Begrenzungsriefen zum Blattstab, die als wellige Kerben in den Perlstäben zu erkennen sind. Der Blattstab ist also schmaler ausgefallen, als dies ursprünglich in der Vorzeichnung angelegt war. 6. 2. 6. Das simpulum aus Wien-Schwechat451 Von dem kleinen simpulum ist nur der Gefäßcorpus fragmentarisch erhalten, der senkrechte Griff fehlt mitsamt einem Teil der Gefäßwandung. Die Fragmente werden durch Weichlotpunkte auf der Innenseite des Gefäßes zusammengehalten. Der einfache Blattstab mit zwei begleitenden Perlstäben ist direkt unterhalb des Mündungsrandes angebracht. Da Zwischendekore im Blattstab fehlen, weisen alle Blattspitzen gleichmäßig nach links (Abb. 69). Die erhaltene Metalloberfläche ist durch die Brandbestattung stark beeinträchtigt, so daß bei einer Beobachtung und Dokumentation mit Hilfe von Silikonabdrükken keine charakteristischen Details der Punzenoberfläche zu erwarten waren. Deutlich wird aber noch, daß die ‚Blätter’ durch jeweils einen einzigen Abschlag der Blattpunze mit einer maximalen Breite von 1,4 mm geformt wurden. An einer Stelle hat der Feinschmied vergessen, die Blattabschläge zu setzen (Abb. 70). Die Blattspitzen sind nur 0,1 bis 0,2 mm in die Silberoberfläche eingetieft, was mit einem einzigen gezielten Schlag erreichbar ist. Bei den Hildesheimer Bechern HI 7 und 8 sowie den Ententellern HI 45-47 sind die ‚Blätter’ dagegen durch Mehrfachabschläge stark in die Metalloberfläche eingetieft, indem die Blattpunze bei jedem Abschlag weiter angewinkelt wurde.

Die Arbeitsabfolge des Blattstabdekors am Schwechater simpulum läßt sich also folgendermaßen rekonstruieren: zuerst die Anlage der Vorzeichnungskerben (evt. nach einer nicht mehr nachweisbaren Vorzeichnung oder -ritzung), dann Punzieren der unteren Blattreihe, Punzieren der oberen Blattreihe und zuletzt Punzieren beider Perlstäbe. 6. 2. 7. salinum 1 aus Xanten-Wardt453 Beim salinum 1 mit erweitertem Mündungsrand ist der einfache Blattstab mit begleitenden Perlstäben ca. 5 mm unterhalb der Lippe am Umbruch von senkrechtem Rand zu sich stark einziehender Gefäßwandung angebracht (Abb. 71 u. 73). Oberhalb des Blattstabes ist die Gefäßmündung außerdem mit einer Hohlkehle von 1,5 mm Breite und einem weiteren Perlstab verziert, der von eingeschnittenen bzw. eingedrehten Riefen von ca. 0,2 mm Breite begleitet wird. Der Blattstab ist umlaufend ohne Zwischendekore ausgearbeitet, die Blattspitzen weisen alle nach rechts. Der Erhaltungszustand der Oberfläche ist schlecht; durch die Lagerung im Kies, evt. aber auch durch eine Freilegung mit einer Chemikalie ist die Oberflächenepidermis mit den feinsten Bearbeitungsspuren verloren. Lediglich an einem ca. 2,5 cm langen Teil des Blattstabes sind Detailbeobachtungen an den Abschlägen der Blattpunze möglich.

Durch die Überlagerung von beim Punzieren verdrängtem Material wird deutlich, daß erst die untere ‚Blattreihe’ und danach die obere punziert worden ist. An Ober- und Unterkante des Blattstabes sind zwischen Vorzeichnungskerben und den Spitzen der Blattpunzenabschläge ungleichmäßig dreieckige Flächen leicht erhöht stehen geblieben. Auch der Blattstab am Schwechater simpulum weist sog. Vorzeichnungskerben auf, was ihn

452

Siehe Kap. 6. 3. Verbleib: Regionalmuseum Xanten, Inv. RMX 88,08.035. Maße: max. Dm 11,7 cm, H 3,8 cm, Gewicht 180 g, Fassungsvermögen 375 ml. Datierung: Mitte 1. Jh. nach Vergleich mit Hildesheimer Stücken. Publ.: U. Schädler, Silber- und Bronzegefäße aus dem Altrhein bei Xanten. In: H. Hellenkemper u.a. (Hrsg.), Archäologie in Nordrhein-Westfalen. Geschichte im Herzen Europas. Ausstellungskat. (Köln 1993) 219-222. – C. Bridger in: H.-J. Schalles/Ch. Schreiter (Hrsg.), Geschichte aus dem Kies. Neue Funde aus dem Alten Rhein bei Xanten. Xantener Ber. 3, 1993, 67 mit Abb. 41. 232 Kat. Mg 4 u. 5. – v. Mangoldt 2005, 31. 35. 453

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Verbleib: Historisches Museum der Stadt Wien, A, Inv. MV 8796. Maße: Mündungsdm 5,5 cm, H 2,6 cm, erhalten ca. 30 g. Datierung der Bestattung: um 50 n.Chr. Publ.: A. Neumann, Ein Metalldepotfund aus Wien-Schwechat. ÖJh 49, 1968-71 Beiblatt 299-315, bes. 307-309. 311-312 Abb. 6, 13-14. – Vindobona - die Römer im Wiener Raum. Ausstellungskat. (Wien 1977) 254-255 Kat. M 30. – S. Künzl, Schwechat (Niederösterreich). Ein germanisches Grab der Stufe Eggers B 1. Arch. Korrbl. 27, 1997, 145-158, bes. 116 Abb. 2 unten. – S. Künzl 1997a, 151 Abb. 9.

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salinum zur Formkorrektur in einer Drehbank eingespannt war; denn auch die Absätze zwischen Blattreihen und Perlstäben sind vorsichtig nachgeschnitten worden.

Durch die Überlagerung von Metall wird deutlich, daß zuerst der Blattstab und dann die beiden begleitenden Perlstäbe ausgearbeitet wurden. Zuerst wurde die untere, anschließend die obere Blattreihe einpunziert. Die Blattreihen unterscheiden sich auffallend in der Breite, die untere Blattreihe ist nur 1,1 mm, die obere 1,6 mm hoch, was sicher durch die Reihenfolge bei der Anlage des Blattstabes verursacht wurde. Durch die untere Blattreihe verläuft eine deutliche Rißlinie, deren Sinn für den Dekor nicht nachvollziehbar ist. Möglicherweise sollte mit ihr die Mitte des Blattstabes gekennzeichnet werden.

Der dritte Perlstab direkt unterhalb des Mündungsrandes ist wegen des schlechten Erhaltungszustandes nur schwer zu beurteilen. Ob hier wirklich eine Perlpunze angewendet wurde, dürfte fraglich sein. Es könnten auch mit einer Linierpunze senkrechte Kerben zwischen die eingedrehten Riefen gesetzt worden sein. 6. 2. 8. salinum 2 aus Xanten-Wardt455

Die Blattpunze ist spitzdreieckig, ihre Kanten verlaufen ganz gerade, die Punzenspitze ist leicht abgerundet (Abb. 72). In der unteren, zuerst angebrachten Blattreihe sind die Blattspitzen durch kräftige Abschläge stark in die Metalloberfläche eingetieft. In der oberen, anschließend punzierten Blattreihe sind die Abschläge der Blattpunze dagegen sehr flächig und die Blattspitzen sind bei weitem nicht so tief eingepunzt wie in der unteren Blattreihe. In der oberen Blattreihe laufen die Kanten der Blattpunze teilweise bis in den Perlstab, so daß eine Mindestbreite der Blattpunze von 1,8 mm gemessen werden konnte.

Die senkrechte Wandung des salinum 2 ist mit zwei einfachen Blattstäben mit begleitenden Perlstäben verziert, die jeweils ca. 1 mm unterhalb des Mündungsrandes und oberhalb des Bodenumbruchs angebracht sind. Beim oberen Blattstab weisen die ‚Blattspitzen’ nach rechts, beim unteren nach links (Abb. 74). Die beiden Blattstäbe am Xantener salinum 2 fallen in ihrer Ausarbeitungstechnik völlig aus dem Rahmen. Hier sind die Blattspitzen nicht durch mehrere Abschläge mit der Blattpunze allmählich in die Metalloberfläche eingetieft worden, sondern durch eine konische Spitz- oder Kugelpunze akzentuiert, die runde Abschläge von ca. 0,8 mm im Durchmesser hinterlassen hat456 (Abb. 75). Diese Arbeitsweise entspricht dem Blattstab auf dem Polygnos-Spiegel aus dem Schatz von Boscoreale457.

Ein singuläres Phänomen ist eine in beiden Blattreihen zu beobachtende ‚Vorpunzierung’ mit einer längsovalen Punze von 1 x 1,6 mm, deren Schmalseiten stark gerundet sind. Bei den ‚Vorpunzierungen’ sind einige Doppelabschläge zu beobachten, bei den Abschlägen mit der spitzdreieckigen Blattpunze dagegen nicht. Die ‚Vorpunzierung’ selbst verursacht den Eindruck von Mehrfachabschlägen der Blattpunze, was aber auf der Silikonabformung deutlich voneinander unterschieden werden kann (Abb. 72). Erst nach der ‚Vorpunzierung’ ist die ‚richtige’ dreieckige Punze angewandt worden, um scharfkantige Blattspitzen zu erzeugen. Die spitz-dreieckige Blattpunze kann auch beim verkanteten Einschlagen kaum Ovalabschläge der hier vorliegenden Form hinterlassen haben, so daß es sich tatsächlich um zwei verschiedene Punzen handeln muß. Die hier beobachtete ‚Vorpunzierung’ der Blattflächen ist nicht mit der sog. ‚Vorkerbung’ der Blattkanten gleichzusetzen. Dabei wurden Kerben im Fischgrätmuster eingeschlagen, um das Ansetzen der jeweiligen Blattpunze zu erleichtern454. Bei der ‚Vorpunzierung’ am Xantener salinum 1 dagegen wurde die gesamte Blattfläche für die Abschläge der eigentlichen Blattpunze vorbereitet.

Die Blattpunze ist spitzoval bzw. spindelförmig in der Fläche und relativ breit, wie ein einzelner Abschlag belegt, bei dem die Betonung der Blattspitze durch einen Abschlag mit der Spitzpunze vergessen wurde (Abb. 75). Die Punze ist wegen des schlechten Erhaltungszustandes der Metalloberfläche nicht weiter beurteilbar. 6. 2. 9. Weitere Objekte mit Blattstäben458 Diverse Partien des eisernen Helmes aus Emesa, Syrien459 sind mit z.T. reliefdekorierten Silberblechen verkleidet, u.a. auch der Nackenschutz. Der einfache Blattstab ohne Perlstäbe befindet sich oberhalb einer Reliefranke, die identisch ist mit der auf den beiden Hildesheimer Platten HI 58 und 59. In der Mitte befindet sich als ‚Knoten‘ eine kleine senkrechte Wulst, von der nach 455

Verbleib: Regionalmuseum Xanten, Inv. RMX 88,08.33. Maße: max. Dm 7,1 cm, H 3,3 cm, Gewicht: 72 g, Fassungsvermögen 100 ml. Zu Datierung und Publikationen siehe Anm. 453. 456 Diese ungewöhnliche Methode ist von Schädler 1990 (siehe Anm. 453), 222 als „stilisiertes Flechtband“ mißinterpretiert worden. 457 Siehe Kap. 6. 2. 1. 458 Diese Stücke sind nur durch Fotos bekannt und konnten nicht in die Untersuchung einbezogen werden. 459 Verbleib: Nationalmuseum, Damaskus, SYR. Datierung: 1. Jh. Publ.: Seyrig 1952. – H.R. Robinson, The Armour of Imperial Rome (London 1975) 121 Abb. 349-351. – G. Waurick, Römische Helme. In: A. Bottini u.a., Antike Helme. Sammlung Lipperheide und andere Bestände des Antikenmuseums Berlin (Mainz 1988) 327-364, bes. 344 Abb. 9,1.2. – Stupperich 1993, 290 Abb. 6. – Stupperich 1997a, 177 Abb. 8.

Die Perlen der den Blattstab begleitenden Perlstäbe sind streckenweise oberflächlich leicht abgeflacht, was wiederum auf ein Überarbeiten in der Drehbank hinweist. Insgesamt sind die Perlen nicht sehr voluminös. Die Kanten der quadratischen Punzenfläche sind nicht mehr vollständig auszumachen; nur beim oberen Perlstab haben sich in der oberen Blattreihe des Blattstabes Reste der Kanten erhalten. Durch die eingeschnittenen Riefen sind beim oberen Perlstab die Oberkanten, beim unteren Perlstab die Unterkanten der Perlpunze beseitigt worden. Diese Riefen könnten auch erst nach der Punzierung von Blattund Perlstäben eingeschnitten worden sein, als das 454

Siehe Kap. 6. 3.

93

Anschlag für die Blattpunze bildete und zum zweiten durch die Vorkerbung schon Material verdrängt war, wodurch das Eintiefen der Blattfläche erleichtert wurde. Die Kante der Blattpunze konnte bei schräger Haltung in der Kerbe einrasten und so der Abschlag der Blattpunze sicher ausgeführt werden. Der durch die Kerben geschaffene ‚Hohlraum‘ in der Silberoberfläche konnte beim Punzieren der Blätter mit neu zu verdrängendem Material wieder verschlossen werden. Daß genau dies eingetreten ist, belegen die streckenweise wieder zugeschmiedeten Kerben der ‚Vorkerbung‘, deren Kanten dadurch wellenförmig verschoben wurden.

beiden Seiten ein Blattstab ausgeht. Die Blattspitzen sind demnach jeweils nach außen gerichtet. Im Fall des Emesa-Helmes handelt es sich um dünnes Silberblech, so daß es fraglich erscheint, ob ein Vergleich mit den ansonsten in massives Silber punzierten Blattstäben der untersuchten Gefäße und Geräte vom Technischen her erlaubt ist. Die Rückseite eines Bronzespiegels in Privatbesitz ist mit einem Blattstab dekoriert, der von Tänienumschlingungen mehrfach unterbrochen wird460. Ein silberner fragmentierter Spiegel aus Pompeji wird von Winter 1897 erwähnt, konnte aber weder im Magazin in Pompeji noch im Archäologischen Nationalmuseum in Neapel identifiziert werden. Nach Winter weist er eine identische Einfassung wie der Polygnos-Spiegel aus dem Schatzfund von Boscoreale mit einem endlosen Blattstab auf461.

6. 3. 2. Die Vergleichsstücke Bei der Untersuchung der Vergleichsstücke interessierte neben der Frage nach vergleichbaren oder sogar identischen Blatt- und Perlpunzen auch die Arbeitsmethode der jeweiligen Blattstäbe. Da an den sieben Hildesheimer Gefäßen die charakteristische Arbeitsmethode mit ‚Vorzeichnung‘ durch Kerbpunzeneinschläge zu beobachten ist, würden Vergleichsstücke mit entsprechender Vorgehensweise die betreffenden Stücke eng an die ‚Hildesheimer Blattstabwerkstätten‘ anschließen.

6. 3. Das Anlegen der Blattstäbe mit Hilfe von ‚Vorkerbungen’ 6. 3. 1. Die Hildesheimer Gefäße Obwohl die Blattstäbe an den sieben untersuchten Hildesheimer Gefäßen sicher mit vier verschiedenen Blattpunzen ausgeführt worden sind, weisen sie doch alle eine identische Arbeitsmethode auf: die sog. ‚Vorkerbung‘. Auf den Zeichnungen Abb. 76, 77, 83 und 84 sind diese ‚Vorkerbungen‘ schematisch als gestrichelte Linien dargestellt. Die ‚Vorzeichnungskerben’ wurden mit einer länglichen spitzwinkligen Punze oder einem Meißel winkelförmig in die Silberoberfläche geschlagen, so daß bei den einfachen Blattstäben Fischgrätmuster entstanden. Bei den doppelten Blattstäben am Lorbeerbecher HI 9 und der Kannenschulter HI 44 ergeben sich durch das seitliche Anfügen der halben Blattstäbe M-förmige Winkelbänder; außerdem sind hier die Außenkanten der Blattstäbe mit jeweils einer durchgehenden Kerbe markiert. Diese Kerben trennen die Blattstäbe von den begleitenden Perlstäben. Besonders am Lorbeerbecher sind diese umlaufenden Kerben noch gut zu erkennen, weil beide Perlstäbe durch jeweils eine z.T. breit klaffende Fuge zerschnitten werden.

Als ein früher ‚Vorläufer’ von Blattstabdekoren mit sog. Vorkerbungen könnte die Silbervase des 3. Jhs. v.Chr. aus Ägypten im Allard-Pierson-Museum in Amsterdam angesehen werden462. Bei ihr ist der doppelte Blattstab nur durch versetzt angeordnete Kerbungen ausgearbeitet, Blattpunzenabschläge fehlen. Beim Spiegel im Schatzfund von Boscoreale (Kap. 6. 2. 1) sind die ‚Vorzeichnungskerben’ im Fischgrätmuster angelegt und werden durch zwei begleitende Kerben von den Perlstäben getrennt (Abb. 78). Es dürfte sich um kräftige Einzelabschläge einer Kerb- oder Schrotpunze handeln, denn Ziselierspuren sind nicht zu beobachten. Beim Spiegel aus der Casa del Menandro, Pompeji (Kap. 6. 2. 5) können nur die langen Kerben in der Mitte des Blattstabes als sog. ‚Vorzeichnungskerben’ interpretiert werden, weil die kleineren seitlichen, zu den begleitenden Perlstäben weisenden Kerben erst später angebracht worden sind. So dürfte lediglich eine V- oder fischgrätförmige Kerbung wie bei den beiden Hildesheimer Bechern HI 7 und 8 als Vorzeichnung vorhanden gewesen sein (Abb. 79).

Daß die Kerben eingeschlagen und nicht geschnitten sind, wird sowohl durch die fehlenden Schnittspuren in den Kerbenflächen, als auch durch überlappendes Material belegt. An einem Blattstabende eines Ententellers sind die Kerben ohne nachträgliche Blattpunzierung stehen geblieben. Dort ist beim nachfolgenden Einbringen einer Kerbe Silber über die erstgeschlagene Kerbe gedrückt worden. Beim spanabhebenden Gravieren wäre das Material weggeschnitten worden, so daß eine solche Überlappung nicht entstanden wäre.

Das simpulum aus Wien Schwechat (Kap. 6. 2. 6) weist ebenfalls Vorzeichnungskerben auf, die entsprechend dem gesamten Dekorband erheblich kleinformatiger ausgefallen sind. Auch diese sind mit einer länglichen Kerboder Schrotpunze eingeschlagen und haben vor der Blattpunzierung ein fischgrätförmiges Muster ergeben (Abb. 80). Die hier verwendete Kerbpunze hat sehr viel rundlichere Riefen im Metall hinterlassen, als die für die Kerben auf den Hildesheimer Stücken verwendete Kerbpunze. An einer einzigen Stelle des Blattstabes wurden die gegenständigen Blattpunzenabschläge vergessen, so

Die ‚Vorkerbung‘ sollte das Punzieren der Blätter erleichtern, da zum einen die Kerbenkante einen mechanischen 460

Verbleib: engl. Privatbesitz. Fundort: unbek. Maße: Dm 18,5 cm. Datierung: 1. Jh. v.Chr. Publ.: Christie’s South Kensington, Antiquities, 28 April 2004, 44-45 Kat. 279. 461 Winter 1897, 123 Anm. 8.

462

94

Siehe Anm. 418.

und der Spiegel aus Boscoreale fallen mit der Betonung der Blattspitzen durch die Abschläge einer Spitzpunze aus dem Rahmen ebenso wie der Blattstab am Spiegel aus der Casa del Menandro in Pompeji mit der zusätzlichen Konturierung der Blattkanten mit Hilfe einer Ovalpunze. Eine singuläre Erscheinung ist die Blattpunze am Schulterring der Kanne HI 44 mit ihren zwei punktförmigen Vertiefungen geblieben. Mit der Beobachtung von Abschlägen dieser Punze auf einem der Vergleichsstücke hätte eine Werkstattidentität belegt werden können.

daß die beiden Kerben hier noch vollständig erhalten sind (Abb. 70). Auch das simpulum in Erlangen (Kap. 6. 2. 2) weist Vorkerbungen auf, die ein fischgrätförmiges Muster zwischen den beiden Perlstäben erzeugt haben (Abb. 81), das denen der Hildesheimer Becher HI 7 und 8 und dem des Spiegels aus der Casa del Menandro in Pompeji entsprochen hat. Die Kerben sind bis zu 2,4 mm lang und reichen teilweise bis in die Perlstäbe hinein. Die Länge der Kerben muß aber nicht gleichbedeutend mit der der Kerbpunze sein, denn wie beim Ziselieren kann auch die Kerbpunze auf der Metalloberfläche weitergeführt worden sein. Durch den starken Verschliff der Oberfläche sind vielfach nur noch die Kerben erhalten, während die Mittelachse und die Blattabschläge verloren sind.

Sieben Gefäße mit Blattstabdekoren aus Hildesheim sowie fünf von neun untersuchten Vergleichsstücken465, nämlich die Spiegel aus Boscoreale und aus der Casa del Menandro in Pompeji, die beiden simpuli in Erlangen und aus Wien-Schwechat sowie das Gefäß in Neapel, bilden wegen der sog. Vorkerbungen eine spezielle Gruppe. Es konnten aber keine identischen Blattpunzen nachgewiesen werden, die für eine Werkstattgleichheit dieser Gruppe mit sog. Vorkerbungen sprechen würden. Nur bei den jeweils identisch dekorierten Blattstabbechern HI 7 und 8, den drei Ententellern HI 45-47 und den beiden Lübsow-Scyphi konnten identische Werkzeugabdrücke beobachtet werden. Diese Stücke stammen jeweils aus der gleichen Werkstatt, wovon allein wegen der identischen Dekore schon vor der Untersuchung der Punzen mit einiger Sicherheit ausgegangen werden konnte. Das Gefäß in Neapel ist unter den Stücken mit Vorkerbungen wiederum eine Besonderheit, weil bei ihm die Blattspitzen nach ‚hellenistischer Manier’ vorgekerbt’ worden sind und nicht die äußeren Blattkanten, wie bei allen anderen Stücken.

Beim Gefäß in Neapel (Kap. 6. 2. 4) sind nicht die äußeren Blattkanten, sondern die Blattspitzen vorgekerbt worden, so daß eine M-förmige Vorzeichnung rekonstruiert werden kann (Abb. 82). Die Kerben sind mit einzelnen scharfgratigen Abschlägen einer Linier- oder Schrotpunze angebracht worden, die sich an den Blattspitzen häufig überkreuzen463. Die Winkel der Vorkerbungen unterscheiden sich in oberer und unterer Blattreihe deutlich, oben liegen sie zwischen 50 und 58o, unten zwischen 40 und 47o. Möglicherweise hängt dies mit der unterschiedlichen Zugänglichkeit für die Kerb- oder Schrotpunze auf dem sich auswölbenden Wandungsumbruch zusammen, auf dem der Blattstab angelegt ist.

6. 4. Zusammenfassung zu den Blattstabdekoren

Das stilisierte Akanthusblatt als Zwischendekor erscheint bei mehreren Stücken in unterschiedlicher Ausführung: bei den Hildesheimer Bechern HI 7 und 8, den Ententellern HI 45-47 und den beiden Lübsow-Scyphi in fast identischer Gestaltung; beim Gefäß in Neapel ist der Dekor weit auseinander gezogen, beim Spiegel aus der Casa del Menandro in Pompeji quasi halbiert. Der Dekor mit diagonal schraffierten Flächen erscheint in identischer Form auf den Hildesheimer Bechern HI 7 und 8 und den beiden Lübsow-Scyphi; die Variante auf dem Gefäß in Neapel unterscheidet sich deutlich.

Als wichtigste Beobachtung bleibt festzuhalten, daß für jedes Stück bzw. jeden Blattstabtyp464 eine ganz individuelle Arbeitsmethode zur Gestaltung der Blattstäbe zu beobachten ist. Identische Ausarbeitungen können nur bei identisch verzierten Stücken beobachtet werden. Etliche Stücke weisen zusätzliche Besonderheiten auf. So ist am Spiegel aus Boscoreale (Kap. 6. 2. 1) die Verwendung einer sog. Mattierpunze für die Gestaltung der Blattflächen eine singuläre Erscheinung; denn Mattierpunzen werden üblicherweise zur Strukturierung von Hintergrundflächen eingesetzt. Die Verwendung einer Mattierals Blattpunze zeigt aber auch die Spannweite der An-

wendungsmöglichkeiten von Punzen bei der Ausarbeitung der erwünschten Dekore. Das salinum 2 aus Xanten 463

Ein vergleichbarer, nach links gerichteter Blattstab, der lediglich aus winklig gesetzten Abschlägen einer Schrotpunze zur Markierung der Blattspitzen besteht, findet sich auf der Euticius-Platte im spätantiken Kaiseraugster Silberfund; siehe Cahn/Kaufmann 1984 Taf. 101. 464 Die identisch ausgearbeiteten Blattstäbe der Hildesheimer Becher HI 7 und 8, der Ententeller HI 45-47 und der LübsowScyphi werden jeweils als ein Blattstabtyp betrachtet.

465

Die beiden identisch verzierten Lübsow-Scyphi sind hier wie die Hildesheimer Stücke einzeln gezählt.

95

Tabelle 17: Maße der Blattstäbe in mm Kap.

Objekt

6. 2. 1.

Boscoreale, Polygnos-Spiegel Erlangen, simpulum HI 7, Blattstabbecher 1 HI 8, Blattstabbecher 2 HI 9, Lorbeerbecher HI 44, Schulterring der Kanne HI 45, Ententeller 1 HI 46, Ententeller 2 HI 47, Ententeller 3 Lübsow, Scyphus 1 Lübsow, Scyphus 2 Neapel, Gefäß Pompeji, Casa del Menandro Spiegel mit Apollonemblem Wien-Schwechat, simpulum Xanten, salinum 1 Xanten, oben salinum 2 unten

6. 2. 2. 6. 1. 1. 6. 1. 1. 6. 1. 3. 6. 1. 4. 6. 1. 2. 6. 1. 2. 6. 1. 2. 6. 2. 3. 6. 2. 3. 6. 2. 4. 6. 2. 5. 6. 2. 6. 6. 2. 7. 6. 2. 8.

Gesamtbreite

nur Blattband

Perlstab oben

Perlstab unten

5,8

3,2

1,2

0,6

4,5

2,8

0,9

0,9

6,3

3,8

1,25

1,25

6,9

4,5

1,1

1,3

6,5

4

1,5

1,2

6,6

4,2

1,3

1,1

5,3

-

-

-

5

-

-

-

5

-

-

-

nicht meßbar

2,6

ca. 1,3

1,3

nicht meßbar

2,7

ca. 1,3

1,3

5

3,1

0,9

1

6,9-7

4,6

außen 1,1

innen 1,2

4,5

2,8

0,7

1

4,5

2,8

0,9

0,8

4,5

2,8

0,8

0,9

4,2

2,7

0,8

0,7

96

7. OBERFLÄCHENUNTERSUCHUNG TEIL 3: FLECHTBÄNDER Im Hildesheimer Silberfund sind nur drei Gefäße mit Flechtbändern dekoriert: die Herakles-Schale HI 2, der cyathus HI 36 und der Gefäßfuß HI 41, der dem Viermaskenbecher HI 11 zugeordnet wurde. Der Gefäßfuß HI 40, ebenfalls mit einem Flechtband dekoriert, ist als Kriegsverlust verschollen466. Auf allen drei erhaltenen Gefäßen sind sog. doppelte Flechtbänder angebracht. Das Flechtband auf der Herakles-Schale wird von zwei Perlstäben, das auf der Innenwandung des cyathus lediglich oben von einem Perlstab begleitet; das auf dem Gefäßfuß ist ohne Perlstabbegleitung. Drei Arten von Flechtbändern lassen sich unterscheiden: ein einfaches Flechtband mit einer Reihe von ‚Mittelpunkten’ und zwei kreisförmig darum angeordneten ‚Bändern’, ein sog. doppeltes Flechtband, bei dem die Mittelpunkte in zwei gegeneinander versetzten Reihen angeordnet sind, sowie ein spiegelbildlich gedoppeltes Flechtband, das aus zwei gegenständig laufenden einfachen Flechtbändern gebildet wird. Bei den doppelten Flechtbändern sind die Mittelpunkte beider Reihen meistens mit feinen Linien verbunden, so daß der Eindruck einer Zick-Zack-Linie mit runden Spitzen entsteht. Um die Mittelpunkte sind drei Stränge von Bändern gewunden. Bei den spiegelbildlich gedoppelten Flechtbändern sind zwei einfache, zueinander gegenläufige bzw. gespiegelte Flechtbänder parallel übereinander angeordnet. Die beiden Flechtbänder sind üblicherweise durch blattartige Dreiecke oder kleine erhabene Bögen miteinander verschränkt. Erste Flechtbänder erscheinen im Mittelmeerbereich schon auf Edelmetallgefäßen des 7. und 6. Jhs. v.Chr., z.B. auf einer zypro-phönizischen teilvergoldeten Silberschale und zwei Silberalabastra des 6. Jhs. v.Chr. in New York, USA, wobei es sich in allen drei Fällen um einfache Flechtbänder handelt467. Ins 4. Jh. v.Chr. datieren ein hoher, schlanker Becher aus dem Grab von Dalboki bei Stara Zagora, BG, eine achämenidische flache Phiale im Fundkomplex von Tuch el-Karamus, EGY und eine hohe Schale auf drei Theatermaskenfüßen im Morgantina-Fund mit doppeltem Flechtband in New York, USA468. Aus dem graeco-skythischen Raum des 4. Jhs. v.Chr. sind nur zwei Stücke mit einfachen Flechtbändern bekannt: der Goldbecher aus dem Kul’-Oba-Kurgan bei Kertsch auf der Krim, UA, und ein teilvergoldeter Becher aus dem Solocha-Kurgan, RUS469. Eine ganze Anzahl 466 467

Pernice/Winter 1901, 45-46 mit Taf. 21 Mitte re u.li. v. Bothmer 1984 (siehe Anm. 314), 20 Kat. 10. 36 Kat. 46 u.

47. 468

Pfrommer 1987, 232 Kat. KaB H 8; 267 Kat. KTK 12 (jeweils mit älterer Literatur). – v. Bothmer 1984 (siehe Anm. 314), 59 Kat. 105. 469 Gold der Skythen aus der Leningrader Eremitage. Ausstellungskat. (München 1984) 111-116 u. 117 Kat. 56; R. Busch (Hrsg.), Gold der Skythen. Schätze aus der Staatlichen Eremi-

97

sog. tiefer achämenidischer Schalen bzw. Becher mit ausschwingender Lippe des 4. und 3. Jhs. v.Chr. weisen einfache und doppelte Flechtbänder in den Dekoren der unteren Gefäßwandungen auf: ein Stück aus Ithaka, jeweils eines in den Gräbern von Derveni, Grab Z und Sedes, GR sowie jeweils eines in Baltimore, USA und in Hamburg sind mit einfachen Flechtbändern470, die Stücke aus dem Grabfunden von Varbitza, BG und Derveni Grab B, GR sowie das angeblich aus Akarnanien, GR stammende und jenes in der Antikensammlung Berlin dagegen mit doppelten Flechtbändern verziert471. Ein mastosförmiger Becher auf glockenförmigem Fuß und mit Scyphusgriffen im Benaki-Museum in Athen, GR, datiert an den Anfang des 3. Jhs. v.Chr., ist ebenfalls unterhalb des Mündungsrandes mit einem von Perlstäben begleiteten doppelten Flechtband dekoriert472. Eine kleine Kylix mit Emblem des Helios auf der Quadriga aus einem Grabfund an der Karantine-Straße bei Kertsch auf der Krim, UA, datiert um 200 v.Chr.473 Eine Pyxis aus Kleinasien, datiert ins 3. Jh. v.Chr., scheint eines der eher seltenen spiegelbildlich gedoppelten Flechtbänder in leicht zusammengeschobener Form, d.h. mit versetzter Mittelpunktreihe aufzuweisen474. Drei doppelwandige megarische Schalen mit hochplastischem floralen Reliefdekor und doppelten Flechtbändern unterhalb der Mündungsränder datieren ins 2. Jh. v.Chr.: ein Schalenpaar aus Cività Castellana, I und ein Stück in Toledo, USA475. Ein weiterer megarischer Becher mit doppeltem Flechtband in Privatbesitz datiert um 100 v.Chr.476 Die beiden Silberscyphi aus Grab 2 und 3 des Artiuchov-Kurgans auf der Taman-Halbinsel, UA mit einem einfachen und einem doppelten Flechtband werden ins späte 2. Jh. v.Chr. bzw. um 100 v.Chr. datiert477.

tage St. Petersburg (Neumünster 1993) 111-116. – J. Arus/A. Farkas/A. Alekseev/E. Korolkova (eds.), Oro. Il mistero dei Sarmati e degli Sciti (St. Petersburg, New York, Mailand 2000/2001) 114-117 Kat. 65. 470 Strong 1966, 100 Abb. 23c. 101. Taf. 25B. – Pfrommer 1987, 235 KaB M 9; 234 Kat. KaB M 3; 236 Kat. KaB M 14; 234 Kat. KaB M 1 (jeweils mit älterer Literatur). 471 Pfrommer 1987, 232 Kat. KaB H 15; 234 KaB M 4; 235 Kat. KaB M 13; 231 Kat. KaB H 5 (jeweils mit älterer Literatur). 472 B. Segall, Museum Benaki. Katalog der Goldschmiedearbeiten (1938) 51-52 Kat. 39. Taf. 15 unten. 473 Strong 1966, 95 mit Taf. 30A. – X. Gorbunova/I. Saverkina, Greek and Roman antiquities in the Hermitage (Leningrad 1975) Kat. 99. 474 Kat. Toledo 1977, 53 Kat. 21. 475 Pfrommer 1987, 264 Kat. KBk 1123. 124; Pirzio Biroli 1991, 6-7 Abb. 4-5. 251 Kat. 1. 2 mit Abb. 262; S. Künzl 2002, 336 mit Taf. 14,3. – Pfrommer 1987, 265 Kat. KBk 128 (jeweils mit älterer Literatur). 476 Th. Kraus, Megarische Becher im Römisch-Germanischen Zentralmuseum zu Mainz (Mainz 1951) 18-20 Anhang II. Taf. 4,5. 5. – Küthmann 1958a, 114-115 mit Taf. 9,2. 477 Küthmann 1958a, 104 mit Taf. 6.

Auch römische Silbergefäße des 1. Jhs. v.Chr. sind mit Flechtbändern in einfacher und doppelter Ausführung verziert. Zu nennen sind hier die beiden fast identischen Becherpaare aus Tivoli, I und Welwyn B, GB478. Die Flechtbänder auf den Scyphi aus Welwyn B werden von echten Perlstäben begleitet; bei den Perlstäben auf den Tivoli-Scyphi handelt es sich um ‚Pseudo-Perlstäbe’, die lediglich mit runden, flachgewölbten Hohl- oder Kreispunzen angelegt sind. Die Perlen aus ‚richtigen’ Perlpunzen sind sehr viel plastischer und die Kanten der viereckigen Punzenflächen sind üblicherweise mit abgeschlagen. Geradezu charakteristisch sind Flechtbanddekore für die sog. Trau-Kasserollen aus Bronze oder Messing. Zehn von 14 Kasserollenbecken und deren Fragmenten weisen als typischen Dekor ein Flechtband unterhalb der Lippe auf, die Kasserolle aus Stabiae, I sogar noch ein zweites oberhalb des Bodenumbruchs. Die Flechtbänder sind unterschiedlich ausgeführt, bei dem Stück Haltern 1 ist das einfache Flechtband stark zusammengeschoben, bei den Kasserollen aus Stabiae und dem namengebenden Stück aus der Sammlung Trau im Kunsthistorischen Museum in Wien, A sind zwei gegenständige einfache Flechtbänder versetzt übereinander angeordnet479. Bei zwei Kasserollen vom Magdalensberg, A, dem verschollenen Stück aus Debe, PL und einem Kasserollenbecken aus Aislingen liegen doppelte Flechtbänder vor480. Alle Stücke mit Flechtbändern werden von den Autoren der ‚edlen’ Qualitätsstufe zugerechnet. Die Herstellung von Trau-Kasserollen beginnt um die Zeitenwende und endet um 50 n.Chr. Im Fall der Flechtbänder scheint die ‚hellenistische’ Technik bis in die frühe römische Kaiserzeit beibehalten worden zu sein. Die Mittelpunkte oder Augen der Flechtbänder sind mit Hohlpunzen eingeschlagen. Die Kanten der geflochtenen Bänder sind teilweise durch ziselierte Linien konturiert und deren ‚Innenflächen’ mit flachen Kanneluren versehen, die die Plastizität des Dekors erhöhen und Bewegung andeuten. Üblicherweise sind diese Kanneluren freihändig mit relativ breiten Linierpunzen ziseliert.

7. 1. Die Flechtbänder und ihre Punzen an den Hildesheimer Gefäßen 7. 1. 1. Die Herakles-Schale HI 2 Das Flechtband auf der Herakles-Schale HI 2 begrenzt das Dekorband unterhalb des Randes (Abb. 85). Es handelt sich um ein doppeltes, nach links gerichtetes Flechtband, das oben und unten von je einem Perlstab begleitet wird (Abb. 87). Zur Ausarbeitung des gesamten Dekorbandes sind vier Form- oder Musterpunzen verwendet worden: die Perlpunze P 2,6 für die Perlstäbe, die Hohlpunze 1 P 2,1 mit unregelmäßiger Oberflächenstruktur und zwei ‚Ohren’ für die ‚Mittelpunkte’, die S-förmige und die gegenläufig S-förmige Punze P 2,5 und P 2,6 für die Bänder des Flechtbandes481. Wegen sich überlagernden Metalls und der Überlappung unterschiedlicher Punzenabschläge kann die Reihenfolge der Punzarbeit bestimmt werden: zuerst wurde der obere Perlstab angelegt, anschließend die Bänder punziert und dann die Mittelpunkte gesetzt. Erst ganz zuletzt folgte der untere Perlstab. Die Abschläge der S-förmigen und gegenläufig S-förmigen Punzen stoßen fast direkt aneinander. Sie sind damit für die Anlage eines doppelten Flechtbandes eigentlich zu eng gesetzt, weshalb das Flechtband auf der HeraklesSchale HI 2 einen zusammengeschobenen Eindruck macht. Deshalb fehlen auch die Kerben, die als ZickZack-Band die Mittelpunkte miteinander verbunden hätten; dafür blieb schlicht kein Platz. Wahrscheinlich liegt dies in der Arbeitsabfolge begründet. Die eng aneinander gereihten Abschläge der S-förmigen und gegenläufig S-förmigen Punzen P 2,5 und P 2,6 wären ideal für ein einfaches Flechtband mit einer einzigen Mittelpunktreihe gewesen, wenn sie flacher gelegen hätten. Da sie hier aber zu steil abgeschlagen worden sind, mußten zwei Mittelpunktreihen gesetzt werden. So konnten auch die Riefen des üblichen Zick-Zack-Bandes nicht mehr angebracht werden, weil diese sonst die S-förmigen Bänder durchschnitten hätten. 7. 1. 2. Der cyathus HI 36

478

Zu Tivoli: A. Oliver jr., L'argenterie d’epoque republicaine dans les collections americaines. In: Tresors d’argenterie romaine. Histoire et Archèologie. Les Dossiers No. 54, Juin 1981; Pirzio Biroli 1991, 63 Abb. 41. 252-254 Kat. 4-12 mit älterer Literatur; S. Künzl 1997b, bes. 11-13 mit Abb. 2; KaufmannHeinimann 1997, 88-90 mit Abb. 1. – Zu Welwyn B: I.M. Stead, La Tène III burial at Welwyn Garden City. Archaeologia 101, 1967, 1-62. 479 Zu Haltern 1: Petrovsky/Stupperich 1999, 33 Kat. 1. Taf. 14. – Zu Stabiae: Petrovsky/Stupperich 1999, 33 Kat. 9. Taf. 910. – Zu Wien: Petrovsky/Stupperich 1999, 34 Kat. 12. Taf. 1214. 480 Zu Magdalensberg II u. III: Petrovsky/Stupperich 1999, 34 Kat. 16. Taf. 16-17. 36 Kat. 35. Das Beckenfragment Magdalensberg III ist nach H. Sedlmayer, Die römischen Bronzegefäße im Noricum. Monographies instrumentum 10 (Montagnac 1999) ebenfalls mit einem Flechtband verziert. – Zu Debe: Petrovsky/Stupperich 1999, 34 Kat. 20. Taf. 19. – Zu Aislingen II: Petrovsky/Stupperich 1999, 36 Kat. 37. Taf. 33.

98

Das Flechtband ist auf dem inneren Wandungsumbruch des cyathus angelegt. Wiederum handelt es sich um ein doppeltes Flechtband aus zwei Reihen versetzt angelegter Mittelpunkte und darum gelegter Bänder, bei denen aber nur die äußeren Konturen durch Bögen angegeben sind; eine Binnenstrukturierung der Bänder fehlt (Abb. 88). Das Flechtband wird nur außen bzw. oben von einem Perlstab begleitet, dessen Perlen eng zusammengeschoben sind; der Durchmesser der Perlen beträgt eigentlich ca. 1 mm, die schmalsten Perlen sind aber nur 0,6 mm breit. Die Oberfläche ist so stark abgerieben, daß ein nachträgliches Abdrehen vermutet werden muß. Metallüberlagerungen belegen, daß erst die Mittelpunktreihen einpunziert und anschließend das Zick-Zack-Band und die Konturlinien ziseliert worden sind. Zuletzt wurde der 481

Siehe Kap. 5. 3. 2.

Perlstab ausgearbeitet, denn etliche Perlpunzenkanten haben Teile der Bandkonturbögen durch Metallverschiebungen wieder zugedrückt. Die Abschläge der Hohlpunze für die ‚Mittelpunkte’ weisen an der tiefsten Abschlagstelle einen Durchmesser von 0,6 mm auf. Es treten vielfach sich überlagernde Doppelabschläge auf, was mit der Stärke des Metalls in Zusammenhang steht. Die Punze hat in der Tiefe eine scharfe Kante hinterlassen, die aber zur eingewölbten Innenfläche hin feinste Ausbrüche aufgewiesen haben muß, da sich auf dem Metall feine strichförmige Unregelmäßigkeiten befinden. Die Linierpunze ist leicht gebogen und weist eine matte Oberflächenstruktur auf, zeigt aber keine ausgesprochenen Charakteristika, mit deren Hilfe Einzelabschläge identifiziert und die Größe der Punze festgestellt werden könnten. Möglicherweise stellen die leicht gebogenen Riefen des Zick-Zack-Bandes Einzelabschläge der Linierpunze dar. Die die Bänderkonturen bildenden Bögen weisen oftmals unterbrochene Linien auf, an denen erkennbar wird, daß die Bögen ziseliert und nicht etwa durch einzelne Punzenabschläge entstanden sind. 7. 1. 3. Der Gefäßfuß HI 41 Das vergoldete Flechtband ist auf einem plastischen Ring oberhalb der Standfläche angelegt. Wieder handelt es sich um ein sog. doppeltes, nach rechts verlaufendes Flechtband, das in diesem Fall aber nicht von Perlstäben begleitet wird (Abb. 89). Auch hier kann durch Metallüberlagerungen die Reihenfolge der Dekorausarbeitung festgestellt werden: erst wurden mit einer Hohlpunze die beiden Reihen der Mittelpunkte gesetzt, dann die Zick-ZackRiefen und Bänderkonturen eingekerbt und zuletzt die Sförmigen Bögen als Binnenstrukturierung der Bänder angelegt. Die Riefen des Zick-Zack-Bandes sind recht kurz und beim nachfolgenden Ziselieren der Bänder durch Metallverschiebungen teilweise wieder zugedrückt worden. Die Bänderkonturen sind lediglich durch kurze gerade Kerben angedeutet, die jeweils links der Bänderbögen einschlagen sind. Die S-förmigen Bänder sind nicht wie bei der Herakles-Schale HI 2 mit entsprechend geformten Punzen gesetzt worden, sondern durch Ziselieren ausgearbeitet. Die Hohlpunze hat einen Durchmesser von 1 mm, der Ring ist an der tiefsten Abschlagstelle 0,7 mm im Durchmesser. Die ‚Schale’ ist nur flach eingetieft und ganz glatt. Die Ringkante hat einige kleinere Verletzungen aufgewiesen, die in den Tiefen im Metall als strichförmige Unregelmäßigkeiten erscheinen. Viele Doppelabschläge können beobachtet werden, was wiederum durch die große Metallstärke bedingt sein dürfte. Eine feine schmale Linierpunze für die Bänder wurde quer zur Arbeitsrichtung gehalten und vielfach abgeschlagen. Dieses Vorgehen wird durch die feine Oberflächenstruktur in den Bändern belegt. Die Bänder sind mit 0,6 mm von relativ gleichmäßiger Breite, was der Länge der Linierpunze entsprechen dürfte. 99

7. 2. Die Flechtbänder und ihre Punzen an Vergleichsstücken 7. 2. 1. Die Kleopatra-Selene-Schale aus Boscoreale482 Das doppelte Flechtband mit begleitenden Perlstäben schließt die randständige Dekorzone zur Schaleninnenfläche mit dem Emblem der ptolemäischen Königin Kleopatra Selene hin ab (Abb. 86). Es ist nicht vergoldet wie das darüber ziselierte Dekorband aus Lorbeer- oder Oliven- und Myrthenblättern. Das Flechtband ist nach links gerichtet (Abb. 90). Die drei Zierbänder sind in jeweils eine leicht plastische Wulst eingearbeitet. Die Kerbe zwischen oberem Perlstab und Flechtband ist recht scharfgratig, die zwischen Flechtband und unterem Perlstab eher rundlich und breit. Da beide umlaufenden Riefen in kurzen Bereichen durch Metallverlagerungen verändert sind, können die Punzierungen und das Ziselieren erst nach dem Eindrehen der Riefen erfolgt sein; die Riefen dienten also zur Begrenzung des Dekorbandes. Die Perlen des unteren Perlstabes sind in der Höhe erheblich reduziert, was auf ein nachträgliches Abdrehen zur Formkorrektur hindeutet, wie dies auch schon bei der Herakles-Schale HI 2, an den beiden Blattstabbechern aus Hildesheim HI 7 und 8, den beiden Lübsow-Scyphi und anderen Stücken beobachtet werden konnte483. Form und Biegungen der Bänder unterscheiden sich erheblich, so daß hier keine Punzen wie bei der HeraklesSchale HI 2 verwendet worden sein können. In wenigen Bändern sind die Kanten von Mehrfachabschlägen einer quer gestellten Linierpunze von 1 mm Länge zu beobachten; entsprechend breit sind die Bänder. Die Bänder sind also wie beim Hildesheimer Fuß HI 41 durch Ziselieren angelegt worden. Auch bei der Kleopatra-Selene-Schale konnte die Arbeitsabfolge durch die Beobachtung von Punzüberschneidungen und Metallverlagerungen rekonstruiert werden: zuerst wurden die beiden Perlstäbe angebracht, anschließend erfolgte die Anlage der Kreis- und Hohlpunzen für die Mittelpunkte. Dann wurden die Kerben des 482

Verbleib: Musée du Louvre, Département des Antiquités Grecques, Ètrusques et Romaines, Paris, Inv. Bj 1969. Maße: Dm 22,5 cm, H 6 cm, Dm Emblem 14,5 cm, Gewicht 934,7 g. Datierung: vor 79. Publ.: Héron de Villefosse 1899, 39-43 Kat. 1. Taf. 1. – A. de Ridder, Catalogue sommaire des bijoux antiques (Paris 1924) 191. Taf. 25. – Strong 1966, 130. 151. Taf. 36b. – L. Byvanck-Quarles van Ufford, Zilveren en gouden vaatwerk uit de griekse en romeinse oudheid (Alkmaar 1973) 78-79 mit Taf. 29. 138. – LIMC I (1981) 1, 380 Aigyptos 10. 2 Taf. 295. – Linfert 1984 (siehe Anm. 342). – Baratte 1986, Abb. S. 77-79. 90. – M. Laclotte u.a., Les donateurs du Louvre (Paris 1989) Abb. S. 65. – Pirzio Biroli 1991, 134-135 Abb. 99-100. 260 Kat. 37. – S. Walker in: dies./P.Higgs (eds.), Cleopatra of Egypt. From History to Myth. Ausstellungskat. (London 2001) 312-313 Kat. 324. Taf. 72. – D.W. Roller, The World of Juba II and Kleopatra Selene. Royal scholarship on Rome’s African frontier (New York 2003) 141-142 mit Fig. 16. – In vielen Publikationen ist mit 634,7 g die falsche Gewichtsangabe von Baratte 1986 übernommen worden. 483 Siehe Kap. 4. 4. 2. 2, 6. 1. 1 u. 6. 2. 1.

Zick-Zack-Bandes zur Verbindung der Mittelpunkte und die Konturkerben eingeschlagen. Einige Kerben schneiden Kreis- und Hohlpunzen, so daß sie erst nach deren Anlage angebracht worden sein können. Zuletzt wurden die Bänder ziseliert. Sie verletzen z.T. die Kanten der Perlstäbe sowie die Kontur- und Zick-Zack-Kerben. Die Mittelpunkte sind durch zwei kombiniert eingesetzte Punzen ausgearbeitet worden: eine große Kreis- und eine kleine Hohlpunze. Die Kreispunze hat runde Vertiefungen von 1,3 mm Durchmesser hinterlassen, deren Innenfläche plan ist. Die Punze ist unterschiedlich stark abgeschlagen worden, wobei die tiefsten Abschlagstellen zwar variieren, sich aber deutlich auf der rechten Seite der Abschläge konzentrieren. In die Innenflächen sind einzelne Abschläge der Hohlpunze gesetzt worden, die die eigentlichen Mittelpunkte ausmachen. Die Abschläge der Hohlpunze sind 0,8 mm im Durchmesser. Der Innenbereich ist flach gewölbt, die runde Kante der Punze muß beschädigt gewesen sein, denn in der Tiefe der Abschläge ist die Metalloberfläche matt strukturiert. Die Hohlpunze ist idealerweise in die Mitte der Kreispunze gesetzt worden; vielfach ist sie aber weit aus der Mitte versetzt, schneidet deren Rand, sitzt ganz außerhalb des Kreispunzenabschlags oder fehlt auch völlig. Daß die Hohlpunze erst nach der Kreispunze abgeschlagen wurde, ist an Metallüberlagerungen abzulesen. Die Kerbpunze hat 0,2 mm breite Riefen mit matter Oberfläche im Metall hinterlassen. Im Flechtband ist die Kerbpunze mit rundlichem Querschnitt für die Anlage der Kerben des Zick-Zack-Bandes und die Konturkerben rechts der Bänder eingesetzt worden. Die Perlen des Perlstabes haben einen Durchmesser von 0,9 mm, sind rund, tief eingeschlagen und weisen eine glatt polierte Oberfläche mit kleiner flacher Zentralwölbung auf. Die Vertiefung für die Perle ist in eine quadratische Punzenfläche mit leicht nach außen gewölbten Seitenkanten eingearbeitet. Diese Kanten sind an allen Abschlägen deutlich sichtbar, weil sie nicht dicht an dicht gesetzt, sondern mit relativ viel Abstand voneinander und mit nach rechts geneigter Mittelachse abgeschlagen worden sind. Oberund Unterkante der Perlpunze weisen Beschädigungen auf, die bei den Abschlägen ‚Metallbrücken’ in den Tiefen hinterlassen haben. An der Oberkante ist vielfach eine breite Brücke zu erkennen, deren Seitenkanten gerundet in die Tiefe verlaufen. An der Unterkante sind zwei Metallbrücken erkennbar: eine ganz schmale, linienförmige und scharfgratige sowie eine etwas breitere Brücke von unregelmäßiger Struktur. Die Ähnlichkeit der Hildesheimer Herakles-Schale HI 2 und der Kleopatra-Selene-Schale im Fund von Boscoreale ist frappierend. Die Maße beider Schalen stimmen fast überein, das Dekorschema ist ebenfalls identisch484. Die Kleopatra-Selene-Schale ist statt mit einer belebten Ranke mit einer Lorbeer- oder Oliven- und Myrthenranke 484

Herakles-Schale HI 2: Dm 21,4 cm, H 5,4 cm; KleopatraSchale: Dm 22,5 cm, H 6 cm. Die Gewichte unterscheiden sich erheblich: Herakles-Schale HI 2: 635 g, Kleopatra-Schale laut den drei Gewichtsinschriften: 934,6 g.

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verziert, die aus vier Zweigen besteht. An zwei sich gegenüber liegenden Stellen sind jeweils zwei Zweige verknotet, so daß sich im 450-Winkel dazu wiederum zweimal die Blattspitzen berühren (Abb. 86). Wie bei der Herakles-Schale HI 2 ist das Flechtband bei der Schale im Boscoreale-Fund direkt unter dem breiten Dekorband angeordnet und von zwei Perlstäben begleitet. Die Flächen zwischen Dekorbändern und Emblemen sind in beiden Fällen quasi als zusätzliche Rahmungen glatt belassen. Beide Dekorbänder sind vergoldet, beide Embleme waren teilvergoldet. Im Unterschied zur Herakles-Schale HI 2 befindet sich unterhalb des Schalenrandes und eines Perlstabes an der Schale aus Boscoreale zunächst eine undekorierte Zone. Außerdem ist das Reliefemblem größer485. Da beide Köpfe leicht in entgegengesetzte Richtungen geneigt sind, könnte man sich die Schalen gut als dekoratives Paar auf einer Kredenz vorstellen. Außerdem enthält die Boscoreale-Schale mit Keule, Köcher und Bogen Attribute der Herakles-Ikonographie486, was Vermutungen über eine Zusammengehörigkeit beider Stücke unterstreichen würde487. Diese formalen Ähnlichkeiten sind durch die herstellungstechnischen Untersuchungen beider Schalen aber nicht belegbar. Diese haben im Gegenteil eindeutig gezeigt, daß beide Stücke ganz unterschiedlich gearbeitet sind und daher nicht vom gleichen Feinschmied angefertigt worden sein können. 7. 2. 2. Zwei Kannen aus Boscoreale488 Die beiden Kannen weisen jeweils zwei unterschiedliche, zueinander aber wiederum identische Flechtbänder auf. Die reliefierte Zierzone am Kannenhals wird unten jeweils von einem umlaufenden doppelten Flechtband abgeschlossen. Im unteren Bereich des Kannenbauches ist vorn jeweils ein gegenständig gedoppeltes Flechtband als unteres Zierband einer Basis für eine Athena-Statuette angebracht. Das von zwei Perlstäben begleitete Flechtband am Kannenhals ist durchgehend nach rechts gerichtet, obwohl am kantigen senkrechten Wandungsumbruch unterhalb des Ausgußes eine Richtungsänderung möglich gewesen wäre (Abb. 91). Das Dekorband verbreitert sich von 6 mm vorn auf 7,5 mm auf der Rückseite hinter dem Kannnengriff. Das mittige Flechtband ist in eine Wulst eingearbeitet, die Perlstäbe liegen vertieft daneben. Beim Flechtband fehlt das Zick-Zack-Band, das üblicherweise die Mittelpunkte verbindet. Dafür sind die Bänderbögen beidseitig durch ziselierte Riefen konturiert, die in den Tiefen eine matt strukturierte Oberfläche aufweisen. 485

Herakles-Schale HI 2: Dm 10,9 cm, Kleopatra-Schale: Dm 14,5 cm. 486 Linfert 1984 (siehe Anm. 342), bes. 353-354. 487 Siehe Kap. 7. 1. 1 u. 7. 2. 1. 488 Verbleib: Musée du Louvre, Département des Antiquités Grecques, Ètrusques et Romaines, Paris, Bj 1898 u. 1899. Maße: H 24,8 cm; Gewichte 860 u. 945 g. Datierung: vor 79. Publ.: Héron de Villefosse 1899, 47-52 Kat. 3 u. 4. – de Ridder 1924 (siehe Anm. 482), 182. Taf. 22. – Strong 1966, 142. – Baratte 1986, Abb. S. 20, 63, 64, 38 u. 82 (Details). 90. – Pirzio Biroli 1991, 57 Abb. 38. 136-137 Abb. 101-102. 260-261 Kat. 39-40.

Eine Rekonstruktion der Arbeitsabfolge ist nur bedingt möglich. Zuerst scheint der obere Perlstab angelegt, anschließend die Mittelpunkte gesetzt worden zu sein. Dann wurden die Bänderkonturen und die Binnenstrukturierung der Bänder ziseliert. Der untere Perlstab scheint ganz zuletzt ausgearbeitet worden zu sein, weil er diverse Bänderbögen überlagert bzw. völlig verschwinden läßt und auch einige Konturen tief angesetzter Mittelpunkte beschädigt hat. Die Abschläge der Mittelpunktpunze weisen einen Aussendurchmesser von 1,3 mm und einen Durchmesser von 0,6 mm an der tiefsten Abschlagstelle auf. Der Punzkopf muß zur Punzfläche konisch zulaufend gewesen sein, damit dieser tiefe Ring um den Mittelpunkt entstehen konnte. Für den in der Mitte des Abschlags hochstehenden Mittelpunkt mußte eine runde Vertiefung in den Punzkopf eingearbeitet werden. Die Seiten dieser Vertiefung scheinen strukturiert gewesen zu sein, denn die Metalloberfläche ist hier mattiert. An etlichen Mittelpunkten konnten sich schneidende Doppelabschläge beobachtet werden. Die Perlpunze hat eine quadratische Außenkontur von 1,2 x 1,2 mm. Die Perlen selbst wirken ebenfalls eher eckig als rund. Die Perlpunze ist dicht an dicht abgeschlagen worden, so daß gleichmäßige Perlstäbe entstanden sind. Charakteristische Ausbrüche an den Kanten o.ä. sind nicht zu beobachten. Die Sockelflechtbänder sind oben von einem Perlstab begleitet, unten werden sie von einer glatten Wulst abgeschlossen (Abb. 91). Hier sind zwei gegenläufig ausgerichtete einfache Flechtbänder‚ auf Lücke’ übereinander angeordnet. Das obere Flechtband ist nach rechts, das untere nach links ausgerichtet. Dadurch ergibt sich auf den ersten Blick der Eindruck eines doppelten Flechtbandes; es fehlt aber das Zick-Zack-Band, das die Mittelpunkte verbindet. Die Bänderbögen sind auf beiden Seiten durch ziselierte Riefen konturiert, die zwischen den Mittelpunkten und den Flechtbandkanten verlaufen. Die Binnenstrukturierung der Bänder ist ziseliert worden. Die Mittelpunkte sind mit Hilfe einer Kreispunze mit einem Durchmesser von 1 mm, an der tiefsten Abschlagstelle 0,8 mm angelegt. Die Innenfläche ist flach. Von der Form her entspricht diese Punze der Kreispunze auf der Kleopatra-Selene-Schale. Da die Maße aber nicht übereinstimmen, ist eine Punz- und damit Werkstattidentität nicht gegeben. Doppel- oder Mehrfachabschläge konnten nicht beobachtet werden.

7. 2. 3. Vier salina aus Boscoreale489 Die Flechtbänder auf den vier identisch dekorierten salina sind mit oben begleitenden Perlstäben jeweils auf einem ca. 3 mm weit hervorstehenden Wulstring auf den reliefierten Außenschalen angebracht. Es handelt sich um spiegelbildlich gedoppelte Flechtbänder, deren parallele Bänder in der Mitte durch liegende ‚Blütenblätter’ miteinander verbunden sind (Abb. 92 links). Mikroskopisch untersucht wurde lediglich das salinum Bj 2000, weil hier Innen- und Außenschale getrennt vorlagen und so auch die innere Oberfläche betrachtet werden konnte. An der Oberkante der salina beträgt die Wandstärke 0,6 mm; an den Wulstringen muß sie aber erheblich stärker sein, weil von den tiefen Punzabschlägen auf der Innenseite nur schwache Abdrücke im Positivrelief zu erkennen sind (Abb. 92 rechts). Die Konturen der Bänder verlaufen zwischen Hohlpunzenabschlägen, Außenkanten und Mittelblättern, so daß sie die tiefen Einschläge der Hohlpunze schneiden. Sie sind entweder mit einer scharfkantigen Meißelpunze oder durch spanabhebende Gravurschnitte angebracht worden. Scharfgratige Metallverlagerungen an den Kanten der dreieckigen Zwickel, die an oberem Perlstab und an der Unterkante entstehen, deuten auf die letztgenannte Möglichkeit. Die Flächen dieser Zwickel sind möglicherweise ebenfalls durch Punzschläge erheblich tiefer gelegt worden; Metallschnitt kann hier wegen der kleinen Flächen wohl ausgeschlossen werden. Die die Flechtbänder verbindenden Blätter der Mittelreihe von ca. 2 mm Breite sind in sich plastisch ausgearbeitet. Die Spitzen der nach rechts weisenden breiten Enden liegen erhöht und sind an den äußeren Kanten leicht über die tiefer liefenden Bänder getrieben. Die nach links gerichteten spitzen Winkel sind weiter in die Metalloberfläche eingetieft und weisen eine matte Oberflächenstruktur auf, was auf eine spanlose Technik hindeutet. Die Mittelpunkte werden aus tiefen scharfkantigen Abschlägen einer Hohlpunze gebildet, deren Außendurchmesser 1,7 mm beträgt. In der größten Abschlagtiefe ist der Durchmesser 1,1 mm, der Durchmesser der herausstehenden Innenfläche beträgt 0,8 mm. Der auf dem Metall oberste, in der Punze unterste Teil der Kante der Innenfläche ist zylindrisch, verbreitert sich dann aber zur größten Abschlagtiefe, also der Oberkante der Punzfläche hin konisch mit strukturierter Oberfläche.

489

Verbleib: Musée du Louvre, Département des Antiquités Grecques, Ètrusques et Romaines, Paris, Bj 1997-2000. Maße: Dm 7 cm; H 5,1-5,4 cm; Gewichte 228,25 g, 239,2 g, 242,5 g, 246,89 g, Inhalt 85 ml. Datierung: vor 79. Publ.: Héron de Villefosse 1899, 39-43 Kat. 96-99. – de Ridder 1924 (siehe Anm 482), 195. Taf. 25. – Kat. Toledo 1977, 137 Kat. 87. 88 mit Abb. S. 136. – Baratte 1986, Abb. S. 26. 94. – Pirzio Biroli 1991, 145 Abb. 114. 263 Abb. 272. 264 Kat. 54.

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Die durch eine Kehlung erzeugte Binnenstrukturierung der Bänder ist, wie beim Gefäßfuß HI 41, durch eine dichte Folge unzähliger Abschläge einer kleinen Linierpunze entstanden. Die Punzenoberfläche scheint durch mehrere Kerben strukturiert gewesen zu sein, denn auf der Metalloberfläche sind charakteristische hervorstehende kleine Riefen zu beobachten, die quer zur Punzbahn verlaufen (Abb. 89 u. 90)490. Die Perlen aus der Perlpunze sind eher eckig als rund, wobei sehr viele wegen der dichten und sich überlagernden Abschläge rechteckig statt quadratisch ausfallen. Die quadratischen Außenkanten der Punze sind in der Regel deutlich abgeschlagen. Eine Kante der Punze hat eine leicht aus der Mitte verschobene Kerbe aufgewiesen, was auf der Metalloberfläche deutliche erhabene Grate erzeugt hat. Diese Grate weisen bei einem Teil der Abschläge auf dem salinum Bj 2000 in Richtung des Flechtbandes, bei einem anderen Teil zur Hohlkehle oberhalb des Perlstabes. Die Anfertigung des Perlstabes auf dem salinum Bj 2000 muß also einmal unterbrochen worden sein, wobei der Silberschmied die Perlpunze aus der Hand legte. Bei der Wiederaufnahme der Arbeit setzte er die Punze dann um 180° verdreht ein, so daß die Kerbe streckenweise nach ‚oben’ und ‚unten’ weist. 7. 3. Zusammenfassung zu Flechtbändern Bei den vier Flechtbändern auf den Hildesheimer Gefäßen handelt es sich in drei Fällen um doppelte und in einem Fall um ein einfaches Flechtband, nämlich beim verschollenen Gefäßfuß HI 40. Die drei untersuchten Vergleichsstücke stammen alle aus dem Schatzfund von

Boscoreale bei Pompeji. Die Kannen sind mit zwei unterschiedlichen Flechtbändern verziert, so daß auch hier vier Bänder zum Vergleich vorliegen. Die Kannen sind mit einfachen, die Kleopatra-Selene-Schale mit einem doppelten, die vier salina mit gegenständig gedoppelten Flechtbändern verziert. Die Techniken entsprechen sich weitestgehend, indem die ‚Mittelpunkte’ mit Hohlund/oder Kreispunzen gesetzt und die Konturen und Binnenstrukturierungen der ‚Bänder’ mit Linierpunzen unterschiedlicher Breiten ziseliert worden sind. Nur bei der Herakles-Schale HI 2 sind die ‚Bänder’ mit einer S-förmigen und einer gegenständig S-förmigen Formpunze gesetzt worden. Die Cuppa der silbernen Kasserolle aus Wien-Schwechat ist unter dem Rand ebenfalls mit einem einfachen von zwei Perlstäben begleiteten Flechtband verziert491. Die Mittelpunkte scheinen, wie bei der Kleopatra-SeleneSchale aus dem Schatzfund von Boscoreale, aus einem Kreis und einem kleineren Punkt oder einer Hohlpunze zu bestehen, die beide separat abgeschlagenen wurden, so daß es zu Versetzungen gekommen ist492. Die Kanne im Schatzfund von Chaourse trägt auf einer plastischen vergoldeten Wulst am Hals ein spiegelbildlich gedoppeltes Flechtband unter Begleitung zweier Perlstäbe. Es handelt sich um ein spätes, wahrscheinlich das voläufig späteste bekannte Beispiel eines Flechtbanddekors aus der Zeit um 200 n.Chr. Nachdem sich herausgestellt hat, daß die zur Datierung verwendeten Münzen nicht zusammen mit den Silbergefäßen gefunden worden sind, ist die Datierung wieder unsicher; generell können in Schatzfunden einzelne Teile auch früher datieren493.

Tabelle 18: Maße der Flechtbänder in mm

Objekt Herakles-Schale HI 2 cyathus HI 36 Fuß HI 41 Kleopatra-Selene-Schale, Boscoreale Bj 1969 Kannen, Boscoreale Bj 1898, 1899 vier salina, Boscoreale Bj 1997-2000

Gesamtbreite

Flechtband

Perlstab/-stäbe

6 6 4,5 6,8

3,6 5 4,5 4,7

1,4 1 1 / 1,1

6-7,5 4,7

3,9 -

1,3 / 1,4 nicht meßbar

491

490

Eine Dokumentation dieser Charakteristika im Rasterelektronenmikroskop war nicht möglich, weil von den BoscorealeObjekten keine Silikonformen abgenommen werden durften. Außerdem war die Beobachtung der Oberflächenstrukturen durch erhebliche Reste von Poliermittel in den Tiefen der Dekore stark eingeschränkt.

102

Bei der frühen Begutachtung des simpulums mit Blattstab aus Wien-Schwechat im Wien Museum waren Objekte mit Flechtbändern noch nicht in die Untersuchung einbezogen, so daß die Kasserollencuppa aus dem gleichen Befund seinerzeit nicht mikroskopisch begutachtet wurde. 492 Petrovsky/Stupperich 1999, 36 Kat. Kasserollen 34. Taf. 32. 493 Kat. Paris 1989, 111 zur Datierung; 113-114 Kat. 50 mit älterer Literatur. – Niemeyer 2004 (siehe Anm. 314), bes. 4 Kap. 3. 1. 4.

8. OBERFLÄCHENUNTERSUCHUNG TEIL 4: VERGOLDUNGEN In der älteren Literatur ist wie selbstverständlich davon ausgegangen worden, es handele sich um Feuervergoldungen494. Vermutlich hat man sich eine andere Methode seinerzeit nicht vorstellen können, obwohl die früh durchgeführten Metallanalysen keinen Hinweis auf Quecksilbergehalte geben. Da die Diskussion um die Interpretation niedriger Quecksilbergehalte aus metallanalytischen Untersuchungen aber bis heute zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen ist495, kommt der Autopsie der vergoldeten Objektoberflächen im Mikroskop eine besondere Bedeutung zu. Deren Erkenntnisse sollten bei den Überlegungen zur Interpretation geringer Quecksilbergehalte Berücksichtigung finden. Auf einigen der vergoldeten Gefäße des Hildesheimer Silberfundes finden sich Hinweise, die gegen Feuervergoldungen, dafür eher für Diffusionsvergoldungen sprechen: auf der Athena-Schale HI 1, dem Girlandenbecher HI 10, dem Viermaskenbecher HI 11, dem Sechsmaskenbecher HI 12, den beiden Zehnmaskenbechern HI 13 und 14 und den Ententellern HI 45-47. Bei allen diesen Gefäßen wurden bei der Analyse nur niedrige Quecksilbergehalte von ca. 1% gemessen.

8. 1. Die Athena-Schale HI 1 Insbesondere die Oberflächen von Emblem und Schaleninnenseite zeigen Strukturen, die im Hinblick auf eine ‚Nicht-Feuervergoldung’ besonders eindrücklich sind. Die Vergoldung der Innenseite der Schale ist nicht flächendeckend, sondern diverse Dekorelemente wie die Palmetten in den Herzblättern, die Akanthusblätter sowie Blüten, verbindende Ranken und die kleinen zum Emblem gerichteten Dreierpalmetten sind nicht (mehr) vergoldet (Farbtaf. G 1). An einigen Stellen, insbesondere unterhalb des Randes, ist die Goldschicht durch Bodenlagerung und/oder frühe Reinigungsmaßnahmen verloren. An den Kanten dieser Bereiche haben sich die noch auf der Oberfläche anhaftenden Goldschichten gehoben und sind in kleinen Bereichen um 180o umgeschlagen. Obwohl Stärkenmessungen nicht durchgeführt werden konnten, ist die Goldschicht doch so dick, daß man von einer Folie sprechen kann. Die umgeschlagenen Folienenden lassen sich mit der Skalpellspitze vorsichtig bewegen ohne abzureißen (Farbtaf. G 2). Die in den Herzblättern eingeschriebenen plastischen Palmetten sind nicht vergoldet. Hier sind an etlichen Stellen regelrechte Schnittkanten im Mikroskop sichtbar, die z.T. auch sägeblattartig ausgefranst sind (Farbtaf. G 3 rechts). Dieses Phänomen dürfte beim Abreißen der nicht ganz durchschnittenen Folie entstanden sein, indem 494 495

Siehe Kap. 4. 3. 4. Siehe Kap. 10. 2. 2 u. Kap. 15. 8.

103

kleine Partikel diesseits der Schnittkante mit weggerissen wurden. Entsprechende Kanten sind an den ebenfalls silberfarbenen kleinen Palmettenblättern in den Herzblättern des Kymas am Fuß der Athena-Schale zu beobachten. Auf den mattierten Hintergrundflächen ist die Vergoldung insbesondere auf solchen Flächen verloren, auf denen deutliche Mattierpunzenabschläge fehlen (Farbtaf. G 4). Auf den Herzblättern ist die Vergoldung trotz der glatten, scheinbar unbearbeiteten Oberfläche meist gut erhalten, weil die Flächen seitlich der Palmetten mit der Glätt- oder Planierpunze P 1,16 komplett überarbeitet worden sind, wobei auch die Goldfolie mechanisch mit der Silberoberfläche verzahnt worden ist496. Auf der Außenseite der Athena-Schale HI 1 ist lediglich die untere Lage der schmalen Lanzettblätter vergoldet, die zudem schlecht erhalten ist (Farbtaf. H 1 links). Dieser Verlust ist auch dadurch zu erklären daß beim Handhaben der Schale wohl ausschließlich die Außenseite angefaßt wurde und somit schon ein rein mechanischer Abrieb erfolgt ist. Die Reliefierung der Außenseite ist erst nach der der Innenseite erfolgt. Dies geht aus der Wiedergabe der ziselierten Blattkonturen der Lanzettblätter in leichtem Positivrelief auf der Innenseite der Schale hervor, das beim Bewegen im Streiflicht sichtbar wird. Beim Ziselieren der Blattkonturen durfte also nicht sehr viel Kraft aufgewendet werden, damit die Dekore auf der Innenseite nicht verunklärt wurden. Dadurch fiel aber auch die mechanische Verzahnung der Goldschicht mit dem Silberuntergrund sehr viel schwächer aus. Die Stärke der erhaltenen Vergoldung auf der Außenseite unterscheidet sich deutlich von der Folie auf der Innenseite der Schale, so daß zur Vergoldung der Außenseite wohl eher Blattgold verwendet wurde, das aber ebenfalls mechanisch aufgebracht wurde. Beim Emblem lassen sich in den Tiefen des Relief, insbesondere aber an den Helmbüschen, ebenfalls Hinweise auf eine Blattvergoldung finden497. In den Tiefen stehen Goldflusen von der Oberfläche ab, weil die Goldschicht nicht ausreichend verzahnt worden ist (Farbtaf. H 1 Mitte u. rechts). Auf den separat gegossenen und hart angelöteten Helmbüschen kann die Vergoldung erst nach dem Verlöten auf dem Emblem erfolgt sein, weil bei umgekehrtem Vorgehen mit einem Verlust der Vergoldung gerechnet werden mußte. Das Gold an den Helmbüschen kann nur leicht angerieben worden sein, weil bei stärke-

496

Siehe Kap. 5. 3. 1. 1. ‚Blatt’ bezieht sich allein auf die Stärke der Goldschicht, nicht auf die Art ihrer Aufbringung. Üblicherweise wird Blattgold mit organischen Klebemitteln auf dem Untergrund befestigt, was bei archäologischen Fundstücken analytisch i.A. nicht mehr belegbar ist. 497

rem Druck die Gefahr der Deformierung zumindest von Teilen des Emblems bestanden hätte. Daß auch in den Tiefen des Emblems hochstehende Goldflusen von geringer mechanischer Verzahnung zeugen, ist zunächst erstaunlich; denn gerade in den Tiefen dürfte stark ziseliert worden sein, was eine gute Verbindung von Goldschicht und Silberoberfläche erwarten lassen würde. Daß dies aber gerade nicht der Fall ist, läßt vermuten, daß der Auftrag der Goldschicht erst erfolgte, als die Reliefierung schon recht weit fortgeschritten war. Dies war auch deshalb geboten, weil bei einer Vergoldung vor Beginn der Reliefausarbeitung die Goldschicht auf den stark ausgetriebenen Reliefhöhen hätte zu dünn werden oder sogar aufreißen können. Da aber ein Farbkontrast zwischen Gold und Silber gewünscht war, mußte auch auf eine dichte Goldschicht geachtet werden. Ein günstiger Zeitpunkt für das Applizieren des Goldes wäre der Abschluß des Austreibens des Reliefdekors von der Rückseite gewesen, bevor die Detailbearbeitung der Vorderseite begonnen wurde. Das Glätten der vorderseitigen Oberfläche, das Nachziselieren auf der Vorderseite und insbesondere das Strukturieren der feinen Gewebestrukturen und Liegefalten im Gewand könnte ausgereicht haben, eine Verzahnung von Goldschicht und Silberuntergrund zu erzeugen. Die mangelhaft befestigte Goldschicht in vielen Tiefen des Reliefs spricht jedenfalls gegen eine frühe flächendeckende Vergoldung der noch unreliefierten Emblemscheibe. Gegenüber Schale, Emblemring und Fuß deutet auch die hellere Goldfarbe von Emblem und Außenseite der Schale auf dünnere Goldschichten hin als bei den sattgelben Vergoldungen der Schaleninnenseite. Durch die dünneren Blattgoldschichten auf Emblem und SchalenAußenseite schimmert der Silberuntergrund durch und ‚verdünnt’ die Goldfarbe für das Auge ins Heller-Grünliche. Die dickeren Goldfolien dagegen dichten den Silberuntergrund komplett ab, so daß die vergoldeten Flächen in sattem Gelbgold stehen.

8. 2. Der Girlandenbecher HI 10 Der Girlandenbecher HI 10 ist mit Ausnahme der Reliefdekore auf der Außenseite komplett vergoldet. Dies entspricht dem Vergoldungsschema der Innenseite der Athena-Schale HI 1, wo ebenfalls die Hintergrundflächen vergoldet, die Dekore mit Ausnahme der Herzblätter und anderer Elemente silberfarben sind. Diese Art der Vergoldung ist eher die Ausnahme von der Regel, denn üblicherweise sind die Dekorelemente vergoldet, der Hintergrund dagegen bleibt silberfarben. Als weitere Ausnahme läßt sich neben den beiden genannten Stücken sowie den konischen Gefäßteilen HI 66 und 67 aus dem Hildesheimer Silberfund nur noch ein konischer reliefverzierter Becher aus dem Schatzfund von Berthouville, F anführen498.

498

Babelon 1916 (siehe Anm. 242), 98-101 Kat. 10. Taf. 14. – Kat. Paris 1989, Farbabb. S. 32. 84-85 Kat. 18. – Pirzio Biroli 1991, 188 Abb. 183. 276 Kat. 104.

104

Beim Girlandenbecher haben sich kleine Teile der Goldschicht vom Untergrund gelöst und stehen als Flusen in die Höhe (Farbtaf. H 4). An den Konturen diverser Dekorelemente kann man Schnittkanten oder feine Rißlinien ausmachen, die wohl gleichzeitig als Vorzeichnung und zum Wiederentfernen von Vergoldungen dienen sollten. Die Dekorkonturen weichen aber meist leicht von den Kanten der Vergoldung ab (Farbtaf. H 3). Die ganze Außenseite der Becherschale muß vor der Reliefierung vergoldet worden sein. Dann wurde der Dekor auf der Vorderseite angerissen und die Goldschicht von den zu reliefierenden Flächen wieder entfernt. Daraufhin erfolgte das Ausarbeiten der Reliefs zunächst von der Rückseite, wo die Vorzeichnung mit den Goldkanten nicht sichtbar war. Das Übertragen der Vorzeichnung auf die Innenseite kann nicht absolut deckungsgleich erfolgt sein so daß es zu den leichten Konturabweichungen gekommen ist. An den Enden von zwei sich überkreuzenden Thyrsosstäben sind seitlich silberfarbene längsrechteckige Flächen mit eingerissenen scharfgratigen Kanten zu erkennen, die wohl zum ursprünglich konzipierten Dekor gehörten. Im Laufe der Reliefausarbeitung paßten sie nicht mehr ins Schema: einer mußte verkürzt werden, beim anderen wurde das Ende nach unten versetzt (Farbtaf. H 2). Dies ist der Beleg dafür, daß Teile der Vergoldung schon vor der Reliefausarbeitung entfernt worden sind und ein weiteres Indiz für eine Nicht-Feuervergoldung. Bei einer schwachen Diffusionsvergoldung mit Goldfolie oder Blattgold ist das Entfernen von Goldflächen nach Anreißen der Kanten eher möglich, weil es sich um eine flächige mechanische Verbindung der Metalle handelt, die nicht an allen Stellen gleichmäßig ausgebildet sein muß.

8. 3. Der Vier- und der Sechsmaskenbecher HI 11 und 12 Beim Viermaskenbecher HI 11 lassen sich weitere Belege für eine Blattvergoldung beobachten. Von den Reliefhöhen ist die Vergoldung meist abgetragen, in den Tiefen der reliefierten Dekore hängen aber Goldflusen, die nur noch stellenweise Halt zum Silberuntergrund haben (Farbtaf. H 5). Hier scheint die Blattvergoldung erst nach oder in einem sehr späten Stadium der Reliefausarbeitung erfolgt zu sein. Die Goldschicht konnte nur mit relativ geringem Druck auf der Oberfläche festgerieben werden, damit der schon ziselierte Reliefdekor nicht beschädigt wurde. Gerade in den Tiefen war es aber nicht möglich, eine gute Haftung zu erzeugen, weil das Polierinstrument offenbar nicht tief genug in die feinen Ziselierriefen greifen konnte. Beim Sechsmaskenbecher HI 12 ist die Vergoldung weitgehend abgetragen, nur in den Tiefen der Reliefdekore ist sie noch mikroskopisch sichtbar. Hier könnte bei der Strukturierung der Felloberflächen mit feinen Punzen eine besonders innige Verbindung der Metalle erzeugt worden sein.

8. 4. Die Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 Entsprechendes läßt sich an diversen Teilvergoldungen der Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 beobachten. Auch hier ist das Gold von vielen Reliefhöhen abgetragen, in den Tiefen aber weitestgehend in Form nur noch locker anhaftender Flusen erhalten (Farbtaf. H 6). Außerdem läßt sich eine andere Beobachtung machen: An etlichen Stellen kann man Schnittkanten von Goldblättchen erkennen und deren Größe bestimmen. Weil Blattgold mit Messern geschnitten wird, sind die ‚Schnittkanten’ der Goldblättchen gerade und passen sich nicht den Konturen der zu vergoldenden Dekore an. Deshalb stehen sie teilweise über, teilweise bedecken sie die Reliefflächen nicht vollständig. Bei zwei besonders eindrücklichen Beispielen lassen sich rechteckige Goldblättchen erkennen, die sehr flache Reliefdekore auf dem Zehnmaskenbecher 1 HI 13 bedecken. Die Goldblättchen stimmen in keiner Weise mit den Umrissen der zu vergoldenden Dekore überein, sondern reichen teilweise seitlich darüber hinaus, teilweise decken sie diese oben nicht vollständig ab (Farbtaf. H 7)499. Hier dürfte die Vergoldung erst nach der Ausarbeitung der Reliefdekore durchgeführt worden sein. Im Bodenbereich der Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 sind nur die Mittelrippen der Akanthusblätter vergoldet. Diese Mittelrippen verlaufen konisch, die Goldblättchen sind aber langrechteckig zugeschnitten, so daß das Gold zur Blattspitze hin seitlich immer weiter übersteht (Farbtaf. J 1).

8. 5. Der cyathus HI 36 An den Vergoldungen der Randhohlkehlen der beiden Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 ist eine zum cyathus identische Beobachtung zu machen. Die Vergoldungsschichten wirken wie streckenweise in flachen konzentrischen Riefen ‚abgekratzt’ bzw. ‚fortgeputzt’ (Farbtaf. J 2). Dies kann schon teilweise während der antiken Benutzung bzw. Reinigung geschehen, könnte aber auch durch eine Oberflächenreinigung nach der Auffindung verursacht worden sein. Die winzigen Enden des Goldes an den Verlustkanten heben sich leicht vom Silberuntergrund ab. Dies dürfte ein weiterer Beleg gegen die Annahme einer Feuervergoldung sein und ebenfalls für die Vermutung von Diffusionsvergoldungen mit dünnem Blattgold sprechen.

8. 6. Die Ententeller HI 45-47 Bei den Ententellern HI 45-47 sind die Handhaben mit Ausnahme der Enten und großen Blüten sowie die Blattstäbe mit Ausnahme der Akanthus-Zwischendekore vergoldet (Abb. 45). Bei den Blattstäben sind die Vergoldungen besonders an den Außenkanten abgetragen, bei den 499

Im Vergleich mit der Lanx von Bizerta vermutet Lang 1997, 164 hier eine Blattgoldauflage auf einer lokalen Silberamalgamschicht; siehe U. Sobottka-Braun, Spurensuche auf der Lanx von Bizerta. In: H.-H. v. Prittwitz u. Gaffron/H. Mielsch, (Hrsg.), Das Haus lacht vor Silber (Bonn 1997) 196-201, bes. 200 mit Taf. 6,2

105

Handhaben sind sie dagegen flächendeckend gut erhalten. In den mit der Ovalpunze P 45/47,1 strukturierten Hintergrundflächen zeichnet die Vergoldungsschicht die Punzoberfläche mit dem feinen Punkt in der Längskante deutlich ab. Hier könnte das Gold mit Hilfe der Punzenabschläge mechanisch befestigt worden sein. Daß bei der nur schwach plastischen Reliefierung der Handhaben große Kraft aufgewendet wurde, zeigen die Negative der Reliefs auf den Unterseiten (Abb. 45 links). Im Mikroskop ist zu erkennen, daß die Goldschicht insbesondere innerhalb der Wellenbänder über längere Strecken aufgerissen ist und Silberoberfläche freiliegt (Farbtaf. J 3 u. 4). Mit bloßem Auge ist dies nicht zu erkennen, weil diese ‚Fehler’ durch die Reflektion der Edelmetallflächen überstrahlt werden. Die Goldschicht dürfte beim kräftigen Ziselieren der Wellenlinien aufgerissen sein. Wenn das (Blatt-) Gold beim Beginn des Ziselierens mit dem Silberuntergrund noch nicht flächendeckend schlüssig verbunden war, könnten die feinen Goldblättchen während des Ziseliergangs zerrissen sein, wobei sie aber auch gleichzeitig mechanisch mit dem Silberuntergrund verbunden wurden. Das Blattgold ist meist in den Tiefen der Wellenlinien aufgerissen, wo die stärkste plastische Verformung stattfand.

8. 7. Die Herakles-Schale HI 2 Bei der Herakles-Schale HI 2 (Abb. 85) ist das ziselierte Dekorband unterhalb des Randes dicht vergoldet. Die Goldoberfläche zeichnet die Feinheiten der Punzoberflächen deutlich ab, so daß wohl auch hier die mechanische Verzahnung von Goldschicht und Silberuntergrund beim Punzieren und Hintergrundmattieren erreicht worden ist. Unterhalb des oberen Perlstabes zeichnet sich deutlich die Kante der Goldschicht ab (Farbtaf. J 5). Diese Kante und die satte Farbe der Vergoldung sprechen, wie schon bei der Athena-Schale HI 1, für eine stärkere Goldfolie. Lediglich die Vergoldung des unteren Perlstabes stellt bei dieser Erklärung ein Problem dar. Die Goldspuren in den Tiefen der Perlpunzenabschläge stehen mit der Vermutung eines Applizierens des Goldes beim Punzieren in Einklang. Es liegt aber partiell auch Gold auf den flachen Resten der abgedrehten Perlen (Farbtaf. J 6). Wenn die Vergoldung aber beim Ziselieren und Punzieren befestigt worden ist, dann hätte sie beim nachträglichen Abdrehen zusammen mit den Perlenoberflächen weggeschnitten worden sein müssen, dürfte hier also nicht mehr vorhanden sein. Eine denkbare Möglichkeit wäre eine Nachvergoldung der flachgeschnittenen Perlenoberflächen durch das Anreiben von Blattgold mit einem Polierstein o.ä. Die Goldschicht auf den abgedrehten Perlstabflächen ist sehr viel dünner und heller in der Farbe als auf dem Dekorband, was für Blattgold spricht. Nachdem der Silberschmied gesehen hatte, daß er beim formkorrigierenden Abdrehen den unteren Perlstab erheblich verletzt hatte, konnte er den Fehler nur noch durch das Nachvergolden einigermaßen kaschieren.

8. 8. Der Reliefrand der Platte HI 60 An den wenigen erhaltenen Fragmenten des aufgelegten Reliefrandes ist ein singuläres Phänomen zu beobachten: zwei unterschiedliche Goldfarben (Farbtaf. J 7). Die Goldfarbe auf dem kleineren unteren Blatt erscheint sehr viel satter gelb als die Goldfarbe auf dem größeren ‚oben’ liegenden Blatt. Eine unterschiedliche Intensität der Goldfarben kann an etlichen Gefäßen beobachtet werden. So sind die großflächigen Goldpartien auf der Innenseite der Athena-Schale HI 1, am Girlandenbecher HI 10 und an den konischen Gefäßteilen HI 66 und 67 besonders satt-gelb in der Farbe, ebenso die wohl aufgelegten rechteckigen Goldblättchen auf dem Zehnmaskenbecher HI 13 (Farbtaf. J 1). Die partiellen Vergoldungen in den Hohlkehlen diverser Gefäße, auf den Mittelrippen der Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 (Farbtaf. J 1 u. 2) und die Reste von Reliefvergoldungen z.B. am Lorbeerbecher HI 9 wirken eher blass- bis grünlich-gelb. Dies steht sicher im Zusammenhang mit der Stärke der Goldauflagen. Je dünner die Auflage ist, desto mehr schimmert der Silberuntergrund durch und verändert die Goldfarbe ins Blass-grünliche. Ob dies ausschließlich eine Erscheinung ist, die durch Abnutzung bzw. Putzen entstanden ist, muß offen bleiben. Bei den Fragmenten des Reliefrandes der Platte HI 60 würden die unterschiedlichen Goldfarben gut zu erklären sein: die obere Lage ist der Benutzung stärker ausgesetzt und das Gold hier stärker abgetragen; die untere Lage ist vor einem Abrieb ‚geschützt’ und die Goldschicht bleibt in ihrer ganzen Stärke besser erhalten. Trotzdem ist es reizvoll, sich im vorliegenden Fall ein intentionelles Vorgehen vorzustellen; denn damit läge ein Beleg für eine weitere Form der Polychromie auf (Edel-) Metalloberflächen vor500.

8. 9. Zusammenfassung zu Oberflächenhinweisen auf die Vergoldungstechnik Die im Mikroskop sichtbaren Oberflächenmerkmale der untersuchten Gefäße sprechen deutlich gegen eine Ansprache als Feuervergoldung. Die dafür typischen blasigen Strukturen und unterschiedlich dicken Goldschichten konnten nicht beobachtet werden. Vielmehr scheint in einigen Fällen eine verhältnismäßig starke und in der Farbe satt-gelbe Goldfolie durch mechanische Verzahnung im Zuge der Bearbeitung mit Form-, Mattier- und Planierpunzen auf die Oberflächen aufgebracht worden zu sein (Athena-Schale HI 1, Herakles-Schale HI 2). In etlichen anderen Fällen dürfte auf Grund der Goldstärke und der helleren Farbe dagegen feines Blattgold appliziert worden sein, das aber ebenfalls mechanisch befestigt worden sein dürfte (Viermaskenbecher HI 11, Zehnmaskenbecher HI 13 und 14, Ententeller HI 45-47). Die mechanische Befestigung durch Druck ist ein Merkmal der Diffusionsvergoldung; ob zusätzlich Wärme eingesetzt worden ist, läßt sich nicht belegen501. Die Vergoldungen mit stärkerer Goldfolie müssen in einem relativ frühen Stadium noch vor bzw. zusammen mit der Reliefierung der Oberflächen aufgebracht worden sein, denn sie dürften auf mechanischem Wege in einem Arbeitsgang mit der plastischen Verzierung mit dem Silberuntergrund verzahnt worden sein. Blattvergoldungen zeichnen sich durch die dünneren Schichten und die hellere Goldfarbe ab. Aber auch sie sind auf mechanischem Wege appliziert worden.

501 500

Unterschiedliche Goldfarben wurden auf der Lanx von Bizerta nachgewiesen; siehe Sobottka-Braun 1997 (siehe Anm. 499), 196-201, bes. 200 mit Taf. 6,2.

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M. Becker/M. Füting/P. Hammer/U. Sieblist, Reine Diffusionsbindung. Rekonstruktion einer antiken Vergoldungstechnik und ihrer Anwendungsbereiche im damaligen Handwerk. Jahresschr. Mitteldt. Vorgesch. 86, 2003, 167-190.

9. OBERFLÄCHENUNTERSUCHUNG TEIL 5: ARBEITSMETHODEN ZUR ERZEUGUNG VON PLASTIZITÄT An einer ganzen Anzahl von Gefäßen sind spezielle Arbeitsmethoden zur Erzeugung von Plastizität angewandt worden. Durch das wiederholte Auftreten charakteristischer Arbeitsspuren auf den Objektoberflächen können sie zwei unterschiedlichen Arbeitsmethoden zugeordnet werden. In wenigen Fällen treten beide Arbeitsweisen in Kombination auf.

9. 1. Die Erzeugung von Plastizität an Dekorkonturen Bei der Erzeugung von Plastizität an Dekorkonturen soll den Konturen durch eine ‚wellenförmige’ Ausformung mehr Lebendigkeit verliehen werden, indem der Kontur durch unterschneidendes Ziselieren noch weiter über das umgebende Relief ‚herausgehoben’ wird und am Kontur selbst außerdem leicht unterschiedliche Höhen angelegt werden. Dies ist ausschließlich bei vegetabilen Dekoren zu beobachten, z.B. Blatt- und Blütenkanten. Bei dünnwandigen Blecharbeiten ist die Ausführung relativ leicht, wofür die Reliefdekore an den doppelwandigen Bechern gute Beispiele abgeben, z.B. die Rankenbecher HI 5 und 6, der Lorbeerbecher HI 9, die beiden Zehnmaskenbecher HI 13 und 14, das Wandfragment der Kanne HI 44 sowie die Reliefränder der Platten HI 58 und 59. Aber auch bei massiven Flächen kann dieser ‚Wellenkontur’ mit größerem Kraftaufwand erreicht werden, wie z.B. an den Elementen der Athena-Schale HI 1, im Dekorrand der Herakles-Schale HI 2, den Griffen HI 42 und 43, den Rankentellern HI 48-50, den Griffen der ovalen Platte HI 51 und den Kasserollen 1-3 HI 69-71. 9. 1. 1. Dekorkonturen an Blecharbeiten Zunächst wird von der Innenseite her die Relieffläche grob herausgetrieben, um anschließend die Feinheiten auf der Vorderseite zu ziselieren. Die gewünschte Höhe des Reliefs muß also schon beim Austreiben der Innenseite erreicht werden; bei der Bearbeitung der Außenseite wird sie allenfalls wieder verringert. Die Konturen der Dekore werden dann auf der Außenseite durch Umfahren mit Punzen abgesetzt, um den Reliefdekor optisch scharfgratig von den Hintergrundflächen zu trennen. Diese senkrechten ‚Konturwände’ können dann durch weiteres ziselierendes Bearbeiten mit Linierpunzen nach innen eingezogen werden, so daß z.T. ausgeprägte Unterschneidungen entstehen. Sie rufen durch den plastischen Effekt eine erheblich größere Schattenwirkung hervor. Im Extremfall wird eine fast rundplastische Wirkung erzielt, wobei die Verbindung des Reliefdekors zum Hintergrund bei üblicher Betrachtung nicht mehr erkennbar ist. Als Bei-

spiel sei auf die sog. Olivenbecher aus dem Schatzfund von Boscoreale, I verwiesen502. Bei den Rankenbechern HI 5 und 6, dem Lorbeerbecher HI 9 sowie den beiden Zehnmaskenbechern HI 13 und 14 ist dieses Verfahren ausgiebig durchgeführt worden (Abb. 93). Bei den Zehnmaskenbechern HI 13 und 14 ist sogar der Eindruck von sich überschneidenden Blattlagen erzeugt worden. Bei den Reliefs auf den waagerechten Rändern der Platten HI 58 und 59 sind ebenfalls starke Unterschneidungen ausgearbeitet worden. Hier ist von der Oberseite her anschließend nochmals soviel ziseliert worden, daß die Unterschneidungen durch überlappende Metallkanten fast wieder verdeckt und die dabei erzeugten Konturen dann durch Abschläge mit kugelförmigen Punzen wieder belebt worden sind. 9. 1. 2. Dekorkonturen an massiven Wandstärken An massiven Wandstärken ist die Erzeugung eines plastisch belebten Konturs schon schwieriger zu erreichen, denn die größere Metallschicht kann nicht mehr in ihrer gesamten Wandstärke verformt werden503. Vielmehr muß hier mit Materialverdrängung gearbeitet werden, um einen ähnlichen Effekt hervorzurufen. Unter Umständen ist auch eine erste schneidende Vorstufe notwendig, bei der das Metall an den gewünschten Konturlinien durch trennendes Meißeln oberflächlich ‚gespalten’ wird. Dies könnte bei tieferen Riefen wie am Griff der Kasserolle 1 HI 69 durchgeführt worden sein (Abb. 96 links). Die spanenden Arbeitsspuren dürften aber durch das anschließende Ziselieren völlig überarbeitet worden sein, so daß dieser Arbeitsschritt am Objekt nicht mehr belegbar ist. Bei der Athena-Schale HI 1 sind an allen sechs massiven Teilen Konturen plastisch belebt worden, indem in einfacher Form unterschneidendes Ziselieren mit Kugeloder Ovalpunzen durchgeführt wurde. Auf den Daumenplatten der Griffe sind die Konturen der großen Blüten beim Ziselieren plastisch leicht ausgeformt worden, indem die Linierpunze während der Arbeit schräg angewinkelt und das Metall nach oben gedrückt wurde. Dadurch ist ein wechselndes Auf und Ab der Konturlinien erreicht worden. Auf der Innenseite der Schale, dem Emblemring und dem Fuß ist die Plastizität der Kanten lediglich durch einzelne gezielte Punzenabschläge verstärkt worden, was insbesondere bei den kleinen Akanthusblättern der Emblemring- und Fußkymatien durch deren geringe Größe bedingt ist (Farbtaf. K 1). Bei den Akanthusblättern auf der Innenseite der Schale ist mit einer Ovalpunze an den 502

Maiuri 1933, 330-334 Kat. 7-8. Taf. 37. – Painter 2001, 5860 Kat. M 7 u. 8 mit älterer Literatur. Taf. 7 u. 8. 503 Hierzu zählt auch schon eine Wandstärke von 1,4-1,8 mm wie im Dekorband der Herakles-Schale HI 2.

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einziehenden Konturabschnitten unterschneidend gepunzt und ziseliert worden (Abb. 94 links).

kräftig unterschneidend ziseliert, um die erhabenen ‚Wellenkämme’ zu erzeugen (Abb. 95 rechts)506.

Im Dekorband der Herakles-Schale HI 2 wiederum sind gezielt einzelne Punzabschläge der Ovalpunze P 2,4 mit drei charakteristischen Fehlern an die Blattkanten gesetzt worden, um eine deutliche Plastizität zu erreichen (Abb. 94 Mitte). Die Punze ist dabei schräg gehalten worden, so daß sie mit der ‚äußeren’ Schmalseite die Dekorkante nach oben verschoben und mit der ‚inneren’ Schmalseite den Hintergrund bzw. die Konturlinie noch weiter in die Metallfläche eingetieft hat.

9. 2. Das Niederlegen von ‚Hintergründen’ mit Mattierpunzen

Bei den Rankentellern HI 48-50 ist der Dekorkontur nicht durch Ziselieren, sondern durch ein teilweises spanabhebendes Abtragen der Hintergrundflächen entstanden504. An diese Kanten wurden bei den Blüten gezielt einzelne Punzabschläge gesetzt, um die Abtrennungen der Blütenblätter zu betonen. Da die Oberfläche der Blütenblätter vorher durch Ziselieren leicht in die Metalloberfläche eingetieft worden ist, erhöhte das Setzen der Punzabschläge an den Kanten die Gesamtplastizität der Dekore (Abb. 94 rechts). Ähnlich wurde bei den Blattkanten auf dem Griff der Kasserolle 3 HI 71 vorgegangen. Auch hier heben gezielte ‚unterschneidende’ Linierpunzeneinschläge Teile der Blattkonturen weiter in die Höhe. Die ‚wellenförmigen’ Dekorlinien bei den Griffen HI 42 und 43 (Abb. 95 links), am Ansatz des Griffes von Kasserolle 1 HI 69 (Abb. 96 links) und am Griff der Kasserolle 2 HI 70 (Abb. 96 rechts) sind zunächst durch ausgiebiges Ziselieren mit Linierpunzen in die Metalloberfläche eingearbeitet worden505. In den Linien der Griffe HI 42 und 43 ist aber deutlich zu erkennen, daß die ‚Wellenkämme’ durch gezielte Abschläge mit einer größeren schräg gehaltenen Oval- oder Linierpunze ausgeformt worden sind. Beim Dekor am Griffansatz der Kasserolle 1 HI 69 und am Griff der Kasserolle 2 HI 70 ist entsprechend vorgegangen worden. Auch hier sind einzelne Abschläge der Linierpunze in den tief einziselierten Riefen auszumachen. Bei der Blüte am Griffende der Kasserolle 1 HI 69 ist sogar der Eindruck sich überlappender Blütenblätter erzeugt worden. Auch hier könnten die weiter eingetieften Bereiche der stark bewegten Oberfläche zunächst durch metallabtragendes Meißeln entfernt worden sein, was sich aber wegen der Nacharbeit nicht mehr belegen läßt. Bei den beiden Griffen der ovalen Platte HI 51 wurde, wie bei den Rankentellern HI 48-50, zunächst der Hintergrund niederlegt, auch hier wahrscheinlich durch spanabhebendes Meißeln in Kombination mit Feilen. An den flachen Kanten der Blätter wurde mit einer Linierpunze

504

Siehe Kap. 10. 1. 3. 6. Möglicherweise ist beim ‚dreieckigen’ Dekor am Griffansatz der Kasserolle 2 HI 70 gemeißelt worden, um das Metall zunächst oberflächlich zu spalten und so die Ziselierarbeit zu erleichtern. 505

108

Eine weitere häufig auftretende Methode der Erzeugung von Plastizität bzw. der Ausarbeitung von Vorder- und Hintergrund ist das Niederlegen der Hintergrundflächen mit Hilfe von Mattierpunzen. Möglicherweise konnte mit Punzen mit aufgerauhter Oberfläche anfangs besser Material verdrängt werden, weil zunächst nur ein teilflächiges geringes Höhenrelief erzeugt wurde, das durch mehrere Ziselierdurchgänge allmählich tiefer gelegt wurde. Abschließend wurde die aufgerauhte Oberfläche mit einem oder mehreren Planiergängen mit polierten Punzen wieder geglättet. Daher ist dieses Vorgehen nur noch auf den am stärksten eingetieften Hintergrundflächen entlang der Dekorkonturen zu beobachten, weil bei zu weitem Herangehen mit der Planierpunze an die Dekorkanten die Konturen wieder verunklärt worden wären. Zu beobachten ist ein solches Vorgehen bei der Athena-Schale HI 1, am Fuß des Zehnmaskenbechers HI 13, den Efeubechern HI 20-25, den Füßen des Lorbeerblattnapfes HI 37, dem Gefäßfuß HI 41, den Rankentellern HI 48-50 und dem Dreifuß HI 54. Bei den hier aufgeführten Beispielen handelt es sich um dickwandige oder massiv gegossene Gefäße und Gefäßteile. Aber auch bei Blecharbeiten wie den reliefierten Außenschalen der Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 und der Reliefauflage auf der Platte HI 60 ist das Niederlegen von Oberflächenbereichen mit einer Mattierpunze im Einzelfall zu beobachten. Bei der Athena-Schale HI 1 sind die Absätze, die die Mattierpunze beim Niederlegen der Hintergrundflächen erzeugt hat, insbesondere direkt unterhalb des Randes gut zu beobachten, weil hier wohl nur ein Punzgang erfolgt ist (Abb. 97 links). Die Punzfläche hat die Metalloberfläche wenige Zehntelmillimeter eingetieft, wobei die Mattierpunkte in der Punzoberfläche die ursprüngliche Höhe der Metalloberfläche wiedergeben dürften. Bei mehreren Punzgängen auch mit einer solchen Mattierpunze kann die Oberfläche schon weitgehend geglättet werden. Denn durch die Überlagerung der glatten und aufgerauhten Flächen der Punzenoberfläche findet allmählich eine Angleichung in der Reliefhöhe statt, so daß auch schon im Zuge der Hintergrundvertiefung ein Planieren stattfinden kann. An den Efeubechern HI 20-25 sind Mattierpunzen sowohl zum Niederlegen von Hintergrundflächen als auch zum Linienziselieren verwendet worden. Die Zwickel zwischen den Blattzungen auf den Bodenflächen sind wahrscheinlich zunächst durch spanabhebendes Meißeln in der Höhe reduziert und anschließend mit einer Mattierpunze strukturiert worden. Die Vorstufe des Meißelns könnte notwendig gewesen sein, weil die über 1 mm hohen Absätze wohl nicht allein durch das materialverdrängende Ziselieren ohne die Gefahr der Verformung der Böden 506

Siehe auch die Blattkonturen im Dekorband der KleopatraSelene-Schale aus Boscoreale, Abb. 86.

hätten erreicht werden können507. Durch die Mattierung der Zwickel wurden die glänzend-glatten Zungenblattflächen und ihre begleitenden Rahmen betont. Ein Abschlag der Mattierpunze auf einem der Zungenblattrahmen belegt die skizzierte Arbeitsabfolge (Abb. 97 rechts, Pfeil). Eine singuläre Erscheinung ist die Verwendung einer Linierpunze mit strukturierter Punzfläche für die Anlage der Zungenblattriefen (Abb. 98). Bei einigen der Efeubecher sind Reste der Mattierung in den Bodenriefen zu beobachten, vor allem aber an den Enden nahe der Zungenbögen. Hier mußten nicht nur die Riefen ziseliert, sondern ebenfalls relativ viel Material verdrängt werden, um die Plastizität der Zungenbögen zu erreichen. Deshalb wurde mit einer Mattierpunze gearbeitet und deren Strukturen auf der Metalloberfläche anschließend mit Planieroder glatten Linierpunzen so weit wie möglich wieder beseitigt508. An den beiden erhaltenen antiken Löwentatzenfüßen des Napfes HI 37 mit ehemals tauschiertem oder nielliertem Lorbeerblattdekor sind ebenfalls Hinweise für die Verwendung einer Mattierpunze zu beobachten. Die unteren Konturen der Akanthusblätter sind zum Tierbein hin mit einer deutlichen Stufe abgesetzt und diese durch eine tief einziselierte Riefe verstärkt, die auch die Blattmittelrippen konturiert. Möglicherweise waren die Flächen der Akanthusblätter schon im Gußmodell in ihrer Höhe verringert, so daß die Gußhaut mit der Mattierpunze ‚geglättet’ wurde. Auf den an die konturierenden Riefen anschließenden Flächen der Blätter und seitlich der Mittelrippen sind deutlich die Reste einer ehemals wohl flächigen Mattierung erhalten, mit der die Blattflächen niedergelegt worden sind (Abb. 99). Diese Mattierung ist anschließend durch Planieren und das gezielte Ziselieren der Blattstrukturen größtenteils wieder beseitigt worden. Seitlich einer der Mittelrippen ist bei diesem Arbeitsschritt Metall über die Reste von Mattierung und ziselierter Konturriefe bis an die Mittelrippe heran verschoben worden (Abb. 99 links, oberer Pfeil). Ob bei der Betonung der Blattzungenbögen am Gefäßfuß HI 41 tatsächlich eine Mattierpunze verwendet worden oder vielmehr eine Linierpunze lediglich mit extremer Kraft abgeschlagen worden ist und die noch vorhandenen Absätze hervorgerufen hat, bleibt unsicher (Abb. 100). Die starke Stufe zwischen den Oberflächen der Zwickel und den Zungenbögen muß mit spanabhebenden Methoden, vielleicht sogar zunächst durch Abdrehen angelegt worden sein. Die Zungenbögen sind nach dem Niederlegen der ‚Hintergrundflächen’ beim unterschneidenden Ziselieren der Konturen dann hochgewölbt worden. Damit erinnert die Ausarbeitung der Zungenbögen am Fuß HI 41 stark an diejenige persischer Halbkugelbecher des 2. Jhs. v.Chr., bei denen lediglich die äußersten Enden

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Die teilweise jetzt die mattierten Zwickelflächen überziehenden Schnittspuren dürften von der Abnahme von Silberchloridauflagen mit schneidenden Werkzeugen stammen. 508 Zu den Efeubechern HI 20-25 siehe auch Kap. 10. 1. 3. 4.

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der Blattzungen aus dem massiven Metall durch Unterschneiden und Hervorwölben ausgearbeitet sind509. Bei den Rankentellern HI 48-50 sind Mattierpunzen ebenfalls zur Niederlegung von Hintergrundflächen eingesetzt worden und zwar sowohl bei den beiden der ‚Urserie’ HI 48 und 49 als auch bei dem Ersatzteller HI 50. Die Stücke unterscheiden sich zwar in den Dekoren, nicht aber in der Art ihrer Herstellung510. Nach dem groben Abarbeiten von Teilen der Oberfläche durch spanendes Flächenmeißeln (Abb. 101 links) ist die durch dessen Schnittkanten verunstaltete Oberfläche offenbar mit Hilfe einer Mattierpunze eingeebnet und zuletzt mit einer Planierpunze weiter geglättet worden. In einige enge Stellen und nahe an die Dekorkonturen ist die Planierpunze nicht gekommen, so daß dort die durch die Mattierpunze strukturierte Oberfläche stehen geblieben ist (Abb. 101 rechts). Sie liegt immer noch etwas tiefer als die schon geglättete nebenstehende Hintergrundfläche, weil offenbar an den Dekorkonturen besonders kräftig mattiert wurde, um die Unterschiede in den Reliefhöhen zu betonen. An den beiden originalen Beinen des Dreifußes HI 54 ist nur an wenigen Stellen strukturierte Oberfläche stehen geblieben, die durch ihre ‚gepunktete’ Gestalt auf die Verwendung einer Mattierpunze hinweist. Auch hier ist wohl die Gußhaut mit Hilfe einer Mattierpunze eingeebnet worden, um wenig Materialverlust durch spanabhebende Oberflächenversäuberungsverfahren zu verursachen. Die Beobachtung des Einsatzes einer Mattierpunze zum Ziselieren bzw. Glätten der Oberfläche bei Blecharbeiten wie den Zehnmaskenbechern HI 13 und 14 ist selten (Abb. 102). Auch hier befinden sich die Partien mit strukturierter Oberfläche an den Dekorkonturen. Da aber die Akanthusblätter auf den reliefierten Böden mit unterschiedlichen Reliefhöhen ausgearbeitet worden sind und sich die Blattspitzen dem natürlichen Vorbild entsprechend leicht überlagern, sind die mattieren Flächen auch auf den Dekoroberflächen zu finden. Dort erfüllen sie den gleichen Zweck: das Absetzen von Dekorkonturen. Bemerkenswert ist, daß die gleichen Oberflächenstrukturen auch am massiv gegossenen originalen Fuß des Zehnmaskenbechers 1 HI 13 zu beobachten sind; für den massiven Fuß und den Außenbecher aus Silberblech ist die gleiche Arbeitsmethode angewendet worden und wohl auch das gleiche Werkzeug.

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Zur Schale aus Nihawand siehe R. Zahn, Ein hellenistischer Silberbecher im Antiquarium der Staatlichen Museen zu Berlin. Jahrb. DAI 82, 1967, 1-14; Kat. Toledo 1977, 76 Kat. 41; G. Platz-Horster in ΑΛΕΞΑΝΔΡΟΣ ΚΑΙ ΑΝΑΤΟΛΗ [Alexander in Anatolien]. Ausstellungskat. (Thessaloniki 1997) 152-153 Kat. 66. – Zu einer Schale aus Armenien im Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz mit herstellungstechnischer Untersuchung durch Ernst Foltz siehe E. Künzl, Antike Silbergefässe im RGZM. Jahrb. RGZM 20, 1973, 183-190, bes. 183186. – Zu einer Schale in Stockholm siehe Kat. Toledo 1977, 77 Kat. 42. 510 Zu den Rankentellern siehe auch Kap. 10. 1. 3. 6.

9. 3. Ergebnis zu den Arbeitsmethoden zur Erzeugung von Plastizität Zwei Arbeitsmethoden zur Ausarbeitung von Plastizität an Dekorkonturen lassen sich an diversen Stücken des Hildesheimer Silberfundes beobachten. Zum einen werden in Blech oder aus dem Massiven ziselierte Konturen durch eine ‚wellenförmige’ Ausgestaltung weitergehend reliefiert, um so eine noch bewegtere Oberfläche zu erreichen.

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Zum anderen werden vielfach zur Betonung von Dekorkonturen und zum Tieferlegen von Hintergrundflächen Punzen mit strukturierter Oberfläche eingesetzt. Dieses Verfahren verhindert zu hohe Materialverluste durch spanabhebende Versäuberungstechniken wie Meißeln oder Feilen, was insbesondere bei Stücken mit Gewichtsinschriften von Bedeutung ist. Bis auf die bei der AthenaSchale HI 1 verwendete Mattierpunze lassen sich Größen und Formen der eingesetzten Mattierpunzen nicht bestimmen, weil sich ihre Abschläge i.A. überlagern und sich keine scharfen Konturen der Punzen selbst abgedrückt haben. Die Metalloberflächen zeichnen sich lediglich durch relativ gleichmäßig ‚gepunktete’ Strukturen aus.

10. DURCHSTRAHLUNGSTECHNIKEN Die z.T. widersprüchlichen Beurteilungen zu Herstellungstechniken in der älteren Literatur511 sollten durch Radiographien und Computertomographien in Kombination mit einer Untersuchung der Objektoberflächen unter dem Stereomikroskop überprüft und gegebenenfalls auf deren Grundlage korrigiert werden. Die konträren Stellungnahmen zur Herstellungstechnik des reliefierten Aussenmantels des großen Kraters HI 62 können nicht überprüft werden, weil er als Kriegsverlust seit über 60 Jahren nicht mehr zugänglich ist512.

10. 1. Radiographie 10. 1. 1. Zur Untersuchungsmethode Das bildgebende Verfahren der Radiographie oder Röntgendurchstrahlung wird in der Restaurierung und bei der herstellungstechnischen Untersuchung kulturhistorischer Kunstwerke aller Art vielfach als erste zerstörungsfreie Methode der Zustandsdokumentation angewandt516. Bei fundfrischen archäologischen Eisenobjekten kann das Fundstück nur mit Hilfe einer Röntgenaufnahme identifiziert werden, solange es noch in Eisenkorrosionsprodukte und Erdkonkretionen eingehüllt ist. Bei altrestaurierten und stark überkolorierten Stücken können der Grad der Zerstörung sowie Lage und Umfang von Ergänzungen und Kaschierungen sichtbar gemacht werden. In Bezug auf herstellungstechnische Fragestellungen werden vor allem mechanische und metallurgische Verbindungen von Teilstücken sichtbar. Aber auch die innere Struktur eines Buntmetallobjektes517 wird abgebildet, z.B. weisen einigermaßen regelmäßig verteilte dunkle Punkte unterschiedlicher Größe auf Hohlräume hin, die für ein Gußprodukt typisch sind. Geschmiedete Gegenstände ergeben auf dem Röntgenbild eine gleichmäßig wolkige Struktur, die die Metallverformungen durch die einzelnen Hammerschläge beim Schmieden direkt abbildet518. Antike ‚Blecharbeiten‘ sind nie ausschließlich nach der einen oder anderen Methode hergestellt. Auch für Treibarbeiten wird ein Blech als Ausgangsprodukt, die sog. Plantsche, benötigt, das zunächst gegossen werden muß. Daher können auf den Oberflächen stark ausgeschmiedeter Blechobjekte Unregelmäßigkeiten und Fehlstellen auftreten, die letztendlich auf Gußfehler zurückzuführen sind. Die beim Guß eingeschlossenen Gasporen werden beim Schmieden u.U. geöffnet und bilden schiefrige Lagen oder feine Spalten mit rundlichen Kanten, was beim weiteren Ausgestalten z.B. durch Abdrehen u.U. zu Verlusten geringer Dekor- oder Oberflächenbereiche führen kann519.

Durch die Durchstrahlungstechniken sollte insbesondere geklärt werden, ob die Aussage von Pernice/Winter 1901 zu den separat gegossenen und angelöteten Rändern an den acht doppelwandigen Bechern HI 5 und 6 sowie HI 9-14, dem kleinen Buckelnapf HI 19 und dem Einsatz des Kraters HI 62 tatsächlich zutrifft: „Nur der starke obere Rand ist, wie bei den Bechern gewöhnlich, für sich gegossen und an den Einsatz angelötet.“513 Diese Technik ist an einem Krug und zwei Situlen im Schatzfund des Sevso, dessen Gefäße ins 4./5. Jh. datiert werden, durch Radiographien belegt. Bei den angesetzten Perlrändern handelt es sich um Gußstücke, die sich im Röntgenbild durch eine deutliche Gasporosität in der kompletten Materialstärke zu erkennen geben514. Neben der Beobachtung einer entsprechenden Gasporosität ist bei den Hildesheimer Stücken insbesondere die Oberflächenbegutachtung von Bedeutung, bei der Reste von verlaufenem Lot und evt. nicht ganz zugelaufene Lötfugen entdeckt werden müßten515.

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Siehe Kap. 4. Sämtliche nach 1939, dem Jahr der Schließung der Berliner Museen und dem Verpacken der transportablen Museumsbestände publizierte Literatur, zitiert die alten konträren Angaben je nach Brauchbarkeit; zuletzt Treister 2001 (siehe Anm. 257). 513 Pernice/Winter 1901, 28 zu den sog. megarischen Bechern HI 5 und 6. – In variierenden Formulierungen entsprechend 31 zum Lorbeerbecher HI 9, 32 zum Girlandenbecher HI 10, 34 zum Viermaskenbecher HI 11, 35 zum Sechsmaskenbecher HI 12, 37 zu den beiden Zehnmaskenbechern HI 13 und 14, 41 zum Buckelnapf HI 19, 62 zum Einsatz des Kraters HI 62. – Eine Rekonstruktionszeichnung hierzu bei S. Künzl, Der zerbrochene Krug: Reparaturen an römischen Metallgefäßen. Kölner Jahrb. 33, 2000 (= Antike Bronzen. Werkstattkreise: Figuren und Geräte. Akten des 14. Internationalen Kongresses für antike Bronzen, Köln, 21.-24. Sept. 1999), 607-614, bes. 610 Abb. 6. 514 Mundell Mango/Bennett 1994 (siehe Anm. 6), 267-363 Kat. 7-9. 515 Mundell Mango/Bennett 1994 (siehe Anm. 6), 275 Fig. 7-12, 327 Fig. 8-11 u. 331 Fig. 8-19. 512

Da beim Röntgen dreidimensionale hohle Objekte auf die zwei Dimensionen des Röntgenfilms reduziert werden, 516

J. Driehaus, Archäologische Radiographie (Düsseldorf 1968). – J. Emmerling, Die Röntgenaufnahme, ein wichtiges Mittel zur optimalen Auswertung archäologischer Funde. AltThüringen 14, 1977, 285-291. – H. Born, Archäologische Bronzen im Röntgenbild. In: Ders. 1985 (siehe Anm. 379), 112-125. 517 Zu den Buntmetallen werden ‚farbige‘ Nichteisenmetalle und deren Legierungen auf der Basis von Gold, Silber, Kupfer sowie Blei, Zinn, Zink u.a. gezählt. 518 H. Born/H. Philipp, „Der scharfe Blick“. Röntgenuntersuchungen griechischer Bronzebleche. AW 34, 2003, 279-283. 519 Z.B. beim Ententeller HI 47. – Zu einer ähnlichen Erscheinung bei Goldschmuck siehe B. Niemeyer, Der lunulaförmige Halsschmuck aus Assiût in der Berliner Antikensammlung: Eine goldschmiedetechnische Analyse. Jahrb. Berliner Museen N.F. 39, 1997, 191-206, bes. 192 mit Abb. 2. 195 Abb. 3.

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überlagern sich beide Wandstärken auf dem Film, was bei der Interpretation berücksichtigt werden muß. Auch bei der herstellungstechnischen Untersuchung antiker Silbergefäße ist von der Möglichkeit der Radiographie als absolut zerstörungsfreiem bildgebenden Verfahren Gebrauch gemacht worden, sie wird aber noch immer sehr viel seltener eingesetzt als für Gegenstände aus Eisen und Kupferlegierungen520.

Hammerbahnen und konzentrische Ringe unterschiedlicher Materialstärken identifizieren lassen. 10. 1. 3. Ergebnisse von Radiographien und Oberflächenbegutachtungen 10. 1. 3. 1. Die Athena-Schale HI 1 Das Gewicht von insgesamt ca. 1983,4 g deutet an sich auf einen Guß hin. Als Gußstücke kommen die Schale selbst (1003,5 g), der Fuß (266,6 g), der Emblemring (171,9 g) und die beiden Griffe (144,7 g und 143,3 g) in Frage. Entgegen der bis dahin gültigen Meinung, beim Athena-Emblem handele es sich um eine Treibarbeit, hat Ippel das Emblem 1937 als Gußstück ‚identifiziert’ und verwendet es in seiner Untersuchung sogar als Ausgangspunkt für die Beurteilung weiterer Schalenembleme. Hierzu ist aber kritisch anzumerken, daß Ippel stilistische Kriterien zu technischen umgedeutet hat und seine Beurteilung allein schon aus diesem Grund hinterfragt werden mußte522.

10. 1. 2. Die Röntgenuntersuchung an Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes An einer Auswahl von 26 Gefäßen wurden im September 2004 in der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Fachgruppe VIII.3 Zerstörungsfreie Prüfung und Charakterisierung, radiologische Verfahren Radiographien mit einer konventionellen 320 kV-Röntgenanlage der Fa. Seifert unter Verwendung von Röntgenfilmen der Sorte Agfa Strukturix D 4 und mit einem Film-Fokus-Abstand von 1 m angefertigt; dabei wurden 27 Filme belichtet. Die Belichtungszeiten wurden nach Erfahrungswerten und einigen Fehlversuchen zwischen 0,5 und 8 Minuten bei Spannungen von 140 und 220 kV sowie Stromstärken von 8 und 5 mA gewählt. Röntgenaufnahmen wurden von folgenden Stücken bzw. Gefäßteilen angefertigt: von allen Teilen der Athena-Schale HI 1, jeweils beiden Teilen der Herakles- und der AttisSchalen HI 2 und 4, nur der Schale mit Kybele-Emblem HI 3, der Innenschale Rankenbechers HI 5, ein Fragment mit Fuß des Blattstabbechers HI 7, dem kompletten Becher HI 8 mit den Metallblechergänzungen der Erstrestaurierung, dem Innenbecher des Zehnmaskenbechers 2 HI 14, dem großen Efeubecher 1 HI 20, jeweils separat von Schale und Fuß des kleinen Efeubechers 2 HI 25, des großen glattwandigen Napfes 3 HI 29 und des kleinen glattwandigen Napfes 3 HI 32, vom Fuß des glattwandigen kleinen Napfes 1 HI 30, dem simpulum HI 36 komplett, den Fragmenten des Kannengriffes HI 44, dem Ententeller 3 HI 47, den beiden Rankentellern 2 und 3 HI 49 und 50, den ovalen Platten 1 und 3 HI 51 und 53 sowie den beiden an HI 51 angesetzten Griffen, der runden Platte mit Reliefrand 1 HI 58, den konischen Gefäßen HI 66 und 67 sowie den vier Kasserollen HI 69-72. Eine Auswahl der Filme wurde anschließend in der BAM mit einem Array 2905-Laserscanner digitalisiert.

Eine im Röntgenbild erwartete deutlich sichtbare Durchlunkerung bzw. Gasporosität von Schale, Fuß, Emblemring und Griffen konnte nicht beobachtet werden. Auf der Röntgenaufnahme der Schale sind lediglich die auch auf der Oberfläche sichtbaren offenen Gußporen zu erkennen. Die vorgegossene Plantsche muß also durch Schmieden noch so stark überarbeitet worden sein, daß eventuelle Gaseinschlüsse im Innern verdichtet und nur einige an der Oberfläche möglicherweise erst durch einen spanabhebenden Drehgang geöffnet wurden. Wolkige Strukturen belegen dagegen die Schmiedearbeit an der relativ dickwandigen Schale. Die Tatsache, daß die dünnen Oberflächenabplatzungen an den alten Klebestellen des Fußes auf der Radiographie sichtbar sind, zeigt, daß die gewählten Durchstrahlungsparameter ausreichend waren; eine in der Wandstärke vorhandene Gasporosität hätte also sichtbar werden müssen523.

Ziel war es, eine objektive Beurteilungsgrundlage für Aussagen zu Herstellungstechniken, insbesondere zu Guß- und Treib- bzw. Schmiedearbeiten zu schaffen. Die Erwartung war, Gußstücke durch eine deutliche Porigkeit innerhalb der gesamten Materialstärke identifizieren zu können, wie dies bei Einzelteilen von Silbergefäßen im Schatz des Sevso gelungen ist521. Treibarbeiten sollten sich im Idealfall durch kleinteilig-wolkige Abschläge der

Die Schale ist sowohl auf der Außen- als auch partiell auf der Innenseite mit Reliefdekoren verziert. Die Außenseite ist mit zwei Lagen langgezogener Spitzblätter dekoriert, deren Konturen und Mitteladern durch feine Ziselierlinien angegeben sind. Die Innenseite der Schale ist unterhalb des Randes mit einem umlaufenden Streifen reliefverziert, bei dem sich Herzblätter mit eingeschriebenen siebenblättrigen Palmetten und zweiteilige Akanthusblätter mit zentralen Blütenmotiven abwechseln (Abb. 153). Der Bodenbereich mit einem Durchmesser von ca. 18 cm, der von Emblem und Emblemrahmen überdeckt wird, ist durch eine feine, eingedrehte Stufe abgesetzt, die Wandstärke setzt sich jenseits dieser verbreiterten Riefe in gleicher Stärke fort524.

520

522

Z.B. bei den Silberfunden von Kaiseraugst, Rethel und dem des Sevso; siehe Cahn/Kaufmann 1984; F. Baratte/F. Beck (Hrsg.), Orfèvrerie gallo-romaine. Le trésor de Rethel (Paris 1988); Mundell Mango/Bennett 1994 (siehe Anm. 6). – T. Drayman-Weisser, The Walters silver kantharos: A technical study. Journal of the Walters Art Gallery 42/43, 1984/85, 16-22. 521 Mundell Mango/Bennett 1994 (siehe Anm. 6 u. 514).

Die Ansicht Ippels wurde von Gehrig 1967 und 1980 sowie Treister 2001 (siehe Anm. 257) kritiklos und ohne Berücksichtigung diverser gegenteiliger Ansichten übernommen. 523 Die gerissene Zentralrosette und die punktierten griechischen Zeichen sind gar nicht bzw. nur schwach erkennbar. 524 Möglicherweise diente die Riefe als Markierung für die zu vergoldende Fläche.

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Holzer hat als erster die ganze Schale als Treibarbeit bezeichnet: „Von der viel gerühmten und vollendeten Technik der Alten in getriebener Silberarbeit gibt sie uns ein herrliches Beispiel [...]“525, was nachfolgend von den meisten Autoren übernommen worden ist. Lessing hat im Handbuch zu den Beständen des Kunstgewerbemuseums als einziger von einer Zweilagigkeit der Schale geschrieben. Diese Angaben dürften sich aber auf die „vom Silberschmied Humbert [...] in freier Treibarbeit angefertigte[n] Stücke mit genauer Wiedergabe aller technischen Einzelheiten“ beziehen, also nicht auf die antiken Originale: „Die Außenwand ist in leicht getriebener Arbeit als Blattkelch gestaltet. Die innere, nicht ablösbare Wand ist aus einer besonderen Platte getrieben, mit herrlichem Palmettenrand“526. Köster dagegen beschreibt die Schale ausdrücklich als gegossen: „Bei diesem besonders prächtig ausgestatteten Stücke ist auch die gegossene, aber sorgfältig überarbeitete Schale ornamental verziert.“527

stufung der Wandstärken steuern, damit die Speiser tatsächlich die dicksten Bereiche sind und dort das Metall am längsten flüssig bleibt. Nach der Entnahme des Gußstückes aus dem Gußmantel werden Guß- und Luftkanäle entfernt. Gerade an den sog. Anschnitten, kann sich wegen des beschriebenen Abkühlungsprozesses die Metallstruktur verändern, so daß z.B. porige Strukturen auf der Objektoberfläche entstehen. Bei den Anschnitten am Betenden Knaben waren sowohl feine umlaufende ‚Risse’ als auch ein Ring aus Gasporen häufig auftretende charakteristische Strukturen528. C. Rolley hat das mißlungene Gußfragment einer Bronzesitula des frühen 4. Jhs. v.Chr. aus Delphi vorgelegt, an dem noch die Speiser für die Metallzufuhr beim Guß erhalten sind529. Die Anschnittstellen liegen auffälligerweise mitten auf der Wandung und nicht an Rand oder Boden. Außerdem weist eine über die Speiser verlaufende Naht darauf hin, daß eine wieder verwendbare, mindestens zweiteilige Außenform für den Guß der Situla eingesetzt wurde.

Die Röntgenaufnahmen und die Oberflächenanalyse lassen eine kombinierte Technik vermuten. Noch vom Guß der sog. Plantsche als Ausgangsprodukt weist die Innenseite unzählige kleine Poren auf der Oberfläche auf, die auf Abb. 103 schematisch kartiert sind. Die Kartierung zeigt einen Bereich mit oberflächlich sichtbaren Gußporen und besonderen Oberflächenstrukturen, die im Mikroskop näher untersucht werden konnten. Bei letzteren Strukturen handelt es sich um rundliche und am Rand der Schale halbrunde Flächen auf der Oberfläche, die zunächst durch einen dunkleren Silberton auffallen (Abb. 105-110). Dieser Farbunterschied läßt sich durch restauratorische Reinigungs- und Reduktionsbehandlungen nicht beseitigen, muß also durch die metallographische Struktur dieser Bereiche verursacht werden. An einigen dieser Stellen können im Mikroskop feine, wie Risse wirkende Spalten beobachtet werden, die die dunkleren Bereiche von der hellsilbernen Umgebung trennen.

Im Vergleich mit den Beobachtungen am ‚Betenden Knaben’ und der mißratenen Bronzesitula dürfen die entsprechenden Strukturen auf der Athena-Schale HI 1 und weiteren Gußstücken des Hildesheimer Silberfundes wohl ebenfalls als Anschnitt- oder Einfallstellen interpretiert werden, woraus sich z.T. die Lage des Wachsmodells beim Gußvorgang rekonstruieren läßt. Die oben angesprochene Kartierung der oberflächlich sichtbaren Gußporen läßt sich mit der Lage der Anschnittstellen korrelieren (Abb. 103). Legt man die Anschnittstellen nach ‚oben’, finden sich Gußporen im Bereich der Anschnitte und darunter, wobei sie nach ‚unten’ hin auslaufen. Ganz ‚unten’ verbleibt ein Bereich, auf dem keine Gußporen auf der Oberfläche zu beobachten sind. Da die geschmolzene Silberlegierung Gasblasen enthält, die beim Erstarren aus der Schmelze austreten und nach oben entweichen, kann durch die Lage der beobachteten Anschnittstellen und die Gußporenkartierung die vermutete Lage der Schale bzw. der Plantsche beim Guß dahingehend rekonstruiert werden, daß die porigen Bereiche mit Anschnittstellen nach oben wiesen, der porenfreie nach unten.

Vergleichbare Strukturen konnten bei der Oberflächenuntersuchung der hellenistischen Bronzestatue des sog. Betenden Knaben in der Berliner Antikensammlung (Inv. Sk 2) beobachtet werden. Die Kartografie der entsprechenden Strukturen auf der gesamten Oberfläche der Statue führte zur Interpretation dieses Strukturensystems als Reste der An- oder Eingußstellen, der sog. Anschnitte. Zum Guß von Metallobjekten im Wachsausschmelzverfahren ist es notwendig, am Wachsmodell ein System von Kanälen, die sog. Speiser, anzulegen, durch die das flüssige Metall den Hohlraum der Gußform möglichst schnell ausfüllt. Während des Abkühlens des flüssigen Metalls verringert sich dessen Volumen, zuerst an den dünnsten Stellen, zuletzt an den massiveren Stellen. Der Schrumpfungseffekt setzt sich also von den dünnwandigen Bereichen der Objektwandung zu den massiveren Wandungsstärken fort, so daß im Idealfall zuletzt das in den Gußkanälen stehenden Metall angesogen wird, um den Volumenverlust auszugleichen. Dieser Prozess ist nicht kontrollierbar; er läßt sich lediglich durch eine präzise Ab-

Auch im Fuß, dem Emblemring und den Griffen sind im Röntgenbild keine Gasporen zu erkennen. Trotzdem muß nach Aussage diverser Oberflächenstrukturen von Gußstücken ausgegangen werden. Der Fuß zeigt auf der Unterseite und auf der Oberfläche der Hohlkehle deutlich zahlreiche geöffnete Gußporen und geringe Reste der sog. Gußhaut. Auf der Unterseite des Fußes konnten außerdem drei Anschnittstellen beobachtet werden (Abb. 528

B. Niemeyer, Die antike Oberfläche – Hinweise zu Gußtechnik und ehemaligen Aufstellungen. In: G. Zimmer/N. Hackländer (Hrsg.), Der Betende Knabe. Original und Experiment (Frankfurt 1997) 129-136. 529 C. Rolley, Le travail du bronze à Delphes. In: A. GiumliaMair (ed.), I Bronzi Antichi: Produzione e Tecnologia. Atti del XV. Congresso Internazionale sui Bronzi Antichi, GradoAquileia, 22-26 Maggio 2001 (Montagnac 2002) 94-99.

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Holzer 1870, 26. Lessing 1892, 23 u. 26. 527 Köster 1923, 14. 526

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Die widersprüchlichen Aussagen zur Herstellungstechnik des Athena-Emblems sind in Kap. 4. 1 dokumentiert. Die Röntgenaufnahme des Emblems belegt nun eindeutig, daß es sich um eine Treibarbeit handelt (Abb. 104). Schon bei einer ersten Betrachtung der Oberflächen unter dem Mikroskop sind die Abdrücke grober bis feinster Ziselierpunzen zu beobachten, mit denen sogar die Liegefalten und die Webstruktur des Stoffes nachgeahmt wurden. Das Emblem ist beim Röntgen an den höchsten Stellen am stärksten durchstrahlt. Dies ist für eine Treibarbeit zu erwarten, weil das Metall an diesen Stellen am stärksten ausgetrieben, das Material also am dünnsten ist. Bei einem Guß würde man eher eine gleichmäßige Wandstärke erwarten. Die wolkige Struktur der Hintergrundflächen im Röntgenbild belegt ebenso die Treibarbeit wie die im Mikroskop sichtbaren Arbeitsspuren auf der Rückseite.

103 rechts u. 108). Diese liegen mitten im Bereich oberflächlich sichtbarer Gußporen, ein ‚unten’ liegender Bereich bleibt frei von Gußporen. Nimmt man einen Guß des Fußes in fast senkrechter Stellung an, werden die Lage der Anschnittstellen und die Verteilung der Gußporen verständlich. Die Anschnittstellen liegen oben, weil sie zum Eingießen des flüssigen Silbers dienten. Im Laufe des Erstarrungsvorgangs sind in der Legierung enthaltene Gaseinschlüsse nach oben gewandert und haben auch hier einen porenfreien Bereich am ‚Boden’ des Gußstückes hinterlassen. Die beiden Griffe bestehen aus jeweils zwei Teilen, der bis zu 8 mm starken Daumenplatte mit ziseliertem Blütendekor und einer Schlaufe mit ebenfalls ziseliertem Palmettenmotiv. Im unteren Teil verbreitert sich die Schlaufe und ist in der Mitte keilförmig ausgeschnitten. So ist eine fast halbmondförmige Attaschenfläche als untere Lötfläche entstanden. Die beiden Teilstücke sind nach dem Guß und der Ziselierarbeit mit Hartlot miteinander verlötet worden. Das offenbar reichlich vorhandene Lot hat die Fugen an den Stoßflächen soweit ausgefüllt, daß sogar die Nahtstellen abgerundet sind. An anderer Stelle ist die Fuge nicht komplett verfüllt (Abb. 112a-d). Nach außen und innen sind Poren in der Lotmasse zu erkennen. Durch die etwas dunklere Farbe des Lotes gegenüber dem Basismetall kann man an einem der Griffe die Kanten von Daumenplatte und Schlaufe verfolgen und so die Breite der Fuge ermitteln.

10. 1. 3. 2. Die Herakles-Schale HI 2 Unterhalb des verdickten Randes und des ziselierten Dekorbandes ist ein ‚Ring’ stärker durchstrahlt und zeigt durch seine unregelmäßig-wolkige Struktur die Treibarbeit (Abb. 113). Der Bodenbereich unterhalb des Emblems ist wieder etwas weniger durchstrahlt, was auf eine größere Wandstärke hindeutet. Die starke Schwächung der Röntgenstrahlung am Rand und dem darunter liegenden Dekorband ist durch die erheblich größere Materialstärke zu erklären, was evt. durch die Vergoldung dieses Bereiches intensiviert wird. Der untere Perlstab ist auf dem größten Teil des Umfangs viel stärker durchstrahlt als der restliche Bereich des Dekorbandes. Hier spiegelt sich der nachträgliche Materialabtrag durch Abdrehen wider, das wegen leichter Deformierungen beim Ziselieren und Punzieren notwendig geworden sein dürfte. Der Pinolenabdruck in der Mitte ist deutlich zu erkennen; die Weichlotreste von der Befestigung des Emblems liegen konzentrisch mit einem Radius von 5,5 cm um den Pinolenabdruck und zeichnen sich durch fleckige Helligkeiten ab. Der Standring und die von Hand gezogene konzentrische Riefe innerhalb des Standrings sind deutlich aus der Mitte versetzt. Seine Lage könnte mit dem hochplastischen Emblem mit in sich ungleichmäßiger Gewichtsverteilung in Zusammenhang stehen. Damit die Schale trotzdem zu einem ausgewogenen Stand kam, wurde der Standring leicht aus der Mitte versetzt angelötet. Dann wäre der Herakles-Kopf nicht auf die durch die gegenständigen Greifen und Akanthusranken markierten Achsen des Dekorbandes ausgerichtet gewesen, sondern hätte im 450-Winkel dazu gelegen. Auf der Röntgenaufnahme des Herakles-Emblems sind die auch mit bloßem Auge auf der Unterseite deutlich sichtbaren Treibspuren wiedergegeben.

An allen vier Griffelementen konnten Anschnittstellen beobachtet und für die Daumenplatten die Gußsituationen rekonstruiert werden (Abb. 109). Bei Griff 1 sind zwei klar getrennte rundlich dunkle Strukturen an der gerundeten Außenkante der Daumenplatte zu erkennen, wo mit 8 mm die größte Materialstärke auftritt. An Griff 2 hat sich an gleicher Stelle eine längsovale Struktur erhalten. Hier scheint vor dem Guß der Teil der Gußform zwischen Einguß- und Luftkanal weggebrochen zu sein, so daß ein breiter längsovaler Anschnitt von unregelmäßigem Umriß entstanden ist. Die an den Daumenplatten spiralig ausgearbeiteten Rotellen dürften im Guß als geschlossene Platten angelegt gewesen, weil gerade an diesen Stellen die Gefahr bestand, daß beim Guß Luftblasen eingeschlossen und Fehlgüsse verursachen würden. Die spiralige Form ist erst nachträglich durch Sägen und Feilen ausgearbeitet worden, wie entsprechende Arbeitsspuren an den Kanten belegen (Abb. 111). Auch an den Attaschen der Griffe scheint jeweils eine Anschnittstelle zu beobachten zu sein, auch wenn diese längst nicht so deutlich sind wie an den Daumenplatten (Abb. 110). Sie sind beide sehr unregelmäßig in ihrer Form und liegen an den dünnsten Stellen; möglicherweise sind hier die kleineren Kanäle zum Abführen der Luft aus der Gußform erfaßt worden und nicht die Speiseransätze. Ob die dreieckigen Ausschnitte schon bei den Wachsmodellen angelegt waren, oder eine geschlossene Attaschenfläche gegossen wurde, ist wegen der Überarbeitung der Innenkanten nicht mehr sicher feststellbar. In letzterem Fall könnten die Anschnittstellen in den später ausgeschnittenen Dreiecksflächen gelegen haben.

Die Ergänzungen aus Metallblech hinterlassen einen ähnlichen Grauwert auf dem Röntgenfilm wie das antike Silber; sie sind also wahrscheinlich ebenfalls aus Silber gearbeitet worden. Die Markierung der Ergänzungen mit den Abschlägen eines Krönchenstempels ist auch auf dem Röntgenfilm deutlich sichtbar; beide Bleche zeigen außerdem kleinteilig-wolkige Strukturen, die von einer kleinformatigen Hammerbahn herrühren. Der gleichmäßige Grauwert deutet darauf hin, daß es sich um gewalztes 114

antiken Weichlotes an der Kybele-Schale und der konzentrische Grat vom Abdrehen des Bodens unterhalb des Attis-Emblems (Abb. 114) auf den Röntgenfilmen deutlich ab.

Silberblech handelt, das durch anschließendes Hämmern den Wölbungen der Schale angepaßt wurde. Partielle Anhäufungen von kleinflächigen Verdunklungen in der Schalenwandung belegen das Rückformen von Deformationen mit einem Hammer, möglicherweise einer Kante der schmalen Hammerfinne.

Das Attis-Emblem zeigt wie das Herakles-Emblem sowohl auf der Oberfläche als auch auf der Röntgenaufnahme die typischen kleinflächigen Wolkenstrukturen vom Treiben und Ziselieren. Das Kybele-Emblem wurde wegen der Weichlotfüllung nicht geröntgt, die beiden losen Emblemrahmen ebenfalls nicht.

Die Schale dürfte aus einer vorgegossenen Plantsche, ausgeschmiedet worden sein. Zumindest am Rand muß diese mindestens die Stärke der Lippe gehabt haben, zur Mitte könnte die Wandstärke auch geringer gewesen sein. Beim Treiben einer Ronde wölbt sich die Innenfläche quasi von selbst aus, so daß eine kugelabschnitt- oder halbkugelförmige Schale entsteht. Der Standring kann nicht mitgegossen worden sein, weil ein Ausschmieden der Innenfläche dann nicht möglich gewesen wäre. Die unterschiedlichen Wandstärken von Dekorband und Innenfläche dürften schon beim Schmieden berücksichtigt worden sein. Weil die Wandstärke des Dekorbandes recht gleichmäßig ist, könnte auch nur die undekorierte Innenfläche ausgeschmiedet worden sein; dann hätte aber die gesamte schon eingewölbte Randpartie mit Dekorband in der Plantsche angelegt gewesen sein müssen. Die Stufe zwischen verdicktem Dekorband und undekorierter Innenfläche ist durch spanabhebendes Abdrehen akzentuiert worden. Vor dem Verlöten des Standringes ist die Schale auf der Drehbank überarbeitet worden, wovon der genau mittig liegende Pinolenabdruck stammen dürfte. Nach der Verlötung des Standringes muß aber noch ein zweiter Drehgang erfolgt sein, bei dem nur der Standring selbst abgedreht wurde. Von diesem Vorgang findet sich aber kein Pinolenabdruck auf der Schale.

10. 1. 3. 4. Diverse Becher und Näpfe (HI 5, HI 7 und 8, HI 14, HI 20 und 25, HI 29 und 32) Von den doppelwandigen reliefverzierten Becherpaaren HI 5 und 6 sowie HI 13 und 14 wurde nur jeweils einer der Innenbecher geröntgt; die Oberflächenstrukturen sind aber bei den jeweiligen Gegenstücken identisch. Die wolkigen Strukturen auf den Röntgenaufnahmen geben die schon oberflächlich mit bloßem Auge sichtbaren Abdrücke des Treibhammers wieder (Abb. 118, 119, 121 u. 122). Beim Innenbecher von HI 14 verringert sich die Wandstärke von 1 mm unterhalb der Lippe bis auf 0,5 mm im Bodenbereich, was ebenfalls für eine Schmiedearbeit spricht. An den verdickten Rändern haben die Röntgenstrahlen das Material unter den verwendeten Parametern nicht komplett durchdringen können; sie könnten daher massiv sein. Mit einem stärker durchstrahlten, also dünnerwandigen ‚Ríng’ zeichnen sich die beidseitigen Hohlkehlen in der Mitte des Randes von HI 14 ab. An allen Innenbechern sind Pinolenabdrücke vorhanden, die ein Überarbeiten auf der Dreh- und Drückbank belegen. Dieser Vorgang hat insbesondere den Rändern gegolten, deren Profilierung durch spanabhebendes Drehen angelegt bzw. akzentuiert wurde. Außerdem wurden schmale Streifen der Außenwände unterhalb der Ränder durch Drehen geglättet, um eine gute Passung für die reliefierten Außenbecher zu schaffen. Die Innenseiten der Innenbecher sind flächig durch Abdrehen, Schmirgeln und Polieren geglättet worden. Lediglich bei den Innenbechern der Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 sind an den scharfkantigen Umbrüchen zu den Böden hin innen noch wenige Spuren des Fäustels von der Ausarbeitung des Profilumbruchs zu erkennen.

10. 1. 3. 3. Die Kybele- und Attis-Schalen HI 3 und 4 Die wolkigen Strukturen in den Wandungen beider Schalen belegen die Schmiedearbeit. Auf den Röntgenfilmen zeichnet sich bei beiden Schalen ein poriger Wandbereich ab (auf Abb. 114 weist dieser Bereich zur linken oberen Ecke). Dies sind genau jene Flächen der Schalenwandungen, bei denen schon mit bloßem Auge offene Poren zu erkennen sind. Die oberflächlich sichtbare scharfe Begrenzung dieser halbkreisförmigen Flächen wird auf dem Röntgenfilm allerdings nur schwach abgebildet. Diese Flächen können analog zu vergleichbaren Strukturen auf anderen Gefäßen als ausgeschmiedete Anschnittstellen vom Guß der Plantschen bezeichnet werden (Abb. 115). Die in unterschiedliche Richtungen verlaufenden Rattermarken im Bodenbereich der AttisSchale (Abb. 116) belegen einen Schabvorgang, mit dem eine grobe Glättung der Oberfläche von Hammerabdrücken erfolgen sollte. Hier erfolgte auch kein spanabhebendes Abdrehen mehr, zum einen, weil dieser Bereich vom Emblem abgedeckt wurde, zum anderen vielleicht auch, um die inschriftlich angegebene Gewichtsvorgabe für einen Satz von vier Schalen zu erreichen.

Die Röntgenaufnahmen der Blattstabbecher bzw. deren Fragmente HI 7 und 8 belegen wiederum durch konzentrische wolkige Hell-Dunkel-Strukturen die Schmiedearbeit in den undekorierten Wandbereichen. Der Becher HI 8 wurde in seinem altrestaurierten Zustand mitsamt den Metallblechergänzungen der Erstrestaurierung geröntgt; einige Randfragmente hatten sich schon gelöst. (Abb. 119). Die in wechselndem Streiflicht mit bloßem Auge oberflächlich sichtbaren welligen Spuren eines Drückvorgangs sind auf dem Röntgenfilm schwach wiedergegeben. Die Wandstärke wurde beim Drücken nicht wesentlich verändert, aber es fand doch eine Veränderung im Metallgefüge statt, die auf dem Röntgenfilm abgebildet wird.

Die Standringe sind zentriert angelötet (Abb. 117). Der Bodenbereich der Kybele-Schale ist stärker durchstrahlt als der der Attis-Schale, was die unterschiedlichen Wandstärken von 0,9 und 1,2-1,4 mm widerspiegelt. Weiterhin zeichnen sich die polygonalen Kratzer vom Entfernen des 115

Die niedrigen Füße sind wohl gegossen, auf der Drehbank profiliert und mit Hartlot an den Bechern verlötet worden. Die Lötungen wurden anschließend auf der Drehbank spanabhebend versäubert, was jeweils durch eine umlaufende gleichmäßige Rattermarkenbahn charakterisiert ist (Abb. 120). Möglicherweise ist auch die ganze Profilierung der Füße erst nach dem Verlöten an die Becherböden erfolgt. Am Becher HI 8 sind in der Rattermarkenbahn feine Riße zu erkennen, die die eigentliche Lötfuge markieren (Abb. 120 links, Pfeile).

128) und einer der kleinen gleicher Form (HI 32, Abb. 129) geröntgt. Auch hier sind keine Gasporositäten auf den Röntgenfilmen sichtbar, die Gußstücke charakterisieren würden; dies ist in früheren Publikationen für diese neun Näpfe wiederholt allein schon wegen der Wandstärken und der Gewichte als formgebende Technik vermutet worden. Die konzentrischen ‚Ringe’ unterschiedlicher Durchstrahlungsintensität, also unterschiedlicher Wandstärken belegen dagegen die Schmiedearbeit in konzentrischen Durchgängen. In der Mitte der Wandung ist der große Napf HI 29 am stärksten durchstrahlt; hier wurde auch die geringste Wandstärke gemessen, was für eine Schmiedearbeit zu erwarten ist. Der Bereich unterhalb des Fußes ist deutlich schwächer durchstrahlt, zeigt also eine größere Wandstärke. Dies ist schon mit bloßem Auge auf der Oberfläche sichtbar; denn dieser Bereich ist beim Überarbeiten auf der Drehbank nicht mit abgedreht worden; hier stehen noch die Abdrücke der Hammerbahn vom Schmieden (Abb. 130). Eine identische Erscheinung am kleineren Napf HI 32 ist entsprechend zu interpretieren.

Von den sechs Efeubechern HI 20-25 wurde jeweils ein großer (HI 20) und ein kleiner (HI 25) geröntgt, auch um festzustellen, ob beide Typen im gleichen Herstellungsverfahren angefertigt worden sind (Abb. 123). Die in früheren Publikationen als Gußstücke angesprochenen Näpfe zeigen im Röntgenbild keine charakteristische Gasporosität in den Böden; die Wandflächen wurden wegen der erheblichen Stärken, die bei einer senkrechten Durchstrahlung noch ‚verdoppelt’ worden wären, nicht geröntgt. Zumindest für die Böden belegen die wolkigen Hell-Dunkel-Strukturen zusätzliche Schmiedearbeit. An den senkrechten Wandungen konnten im Mikroskop Reste von Gußhäuten in den Tiefen beobachtet werden, so daß auch bei den Efeubechern von einer kombinierten Technik ausgegangen werden muß: die Näpfe dürften mit ihren starken senkrechten Wandungen und flachen Böden gegossen und die Böden anschließend durch Treiben leicht ausgewölbt worden sein. Die senkrechten Wandungen wären auf der Drehbank lediglich spanabhebend versäubert worden. Die strahlenförmigen Riefen in den Böden unterscheiden sich zahlenmäßig, so daß sie in den Urmodellen nicht mit angelegt gewesen sein können (Abb. 123 links u. 124). Auf dem Röntgenbild zeichnen sich die Riefen in Form dunkler Linien ab, weil die Wandstärke durch das Ziselieren verringert worden ist. Die Techniken Ziselieren (spanlos) und Gravieren (spanabhebend) können auf Röntgenaufnahmen nicht unterschieden werden, weil bei beiden Techniken die Wandstärken verringert werden und auf dem Röntgenfilm dunkle Linien hinterlassen. Die Reste von Mattierpunzenabschlägen in den Riefen der Efeubecher belegen aber, daß sie ziseliert und nicht geschnitten worden sind (Abb. 98). Da sich die Riefen auf der Innenseite nicht im Positiv abzeichnen, muß nach dem Ziselieren noch ein Drehvorgang auf der Innenseite erfolgt sein, bei dem die positiv durchgedrückten Riefenwölbungen spanabhebend abgedreht wurden530. Der Drehvorgang dürfte zuletzt erfolgt sein, nachdem alle Ziselier- und Gravierarbeiten zur Ausarbeitung der Dekore abgeschlossen waren. Die Füße der Efeubecher sind ebenfalls gegossen, wie Reste der Gußhaut bzw. an Kaltgußstellen verlorene Oberflächenschichten belegen (Abb. 125).

Am Übergang vom senkrechten Rand zum Gefäß ist beim Napf HI 29 auf dem Röntgenfilm ein scharf begrenzter ‚Streifen’ dichteren Materials zu erkennen (Abb. 131). Hier könnte innen zusätzlich ein Silberblechstreifen aufgelötet worden sein, um einen Übergang vom senkrechten Rand zur Innenwandung zu schaffen. Allerdings konnten bei der Oberflächenbegutachtung aller drei identischen Stücke HI 27-29 im Mikroskop keine Lotreste oder Lötfugen entdeckt werden, die dies belegen würden. Eine vergleichbare Erscheinung deutet sich auf der Röntgenaufnahme des Innenbechers vom Zehnmaskenbecher 2 HI 14 an (Abb. 122). Über den Aufbau der voluminösen Ränder u.a. an diesen Stücken sollte die Computertomographie Aufschluß bringen531. Einer der drei kleinen Näpfe mit abweichendem Profil HI 33-35 weist deutlich sichtbare Abschläge einer Hammerfinne auf der Außenseite auf, die in die noch vorhandene Gußhaut eingebracht worden sind (Abb. 132). Dieser Napf (HI 33) ist der leichteste seiner Form, so daß bei der Überarbeitung möglichst wenig Material entfernt werden durfte, um sein Gewicht weitestgehend zu erhalten. Da die Außenseite beim Gebrauch kaum sichtbar war, wurde die Gußhaut nicht, wie sonst üblich, vor dem Schmiedeund Treibgang grob entfernt, sondern stehen gelassen. Nach dem Ausschmieden des Profils wurde auf der Aussenseite auch der spanabhebende Drehvorgang ausgelassen, um Materialverlust zu vermeiden. Hier ist ebenfalls eine kombinierte Technik angewandt worden: Guß einer Plantsche und Ausformung des Gefäßprofils durch Schmieden sowie anschließendes Abdrehen.

Von den drei Dreiersets glattwandiger Näpfe (HI 27-35) wurden ein großer mit senkrechtem Rand (HI 29, Abb. 530

Beim Boden des Efeubechers HI 21 zeichnen sich die Riefen streckenweise innen ab, weil die Schale durch den Erddruck im Boden auf den Fuß gedrückt wurde und dieser den Boden hochgewölbt hat. An den dünnwandigen Riefen hat das Metall zuerst nachgegeben und sich verformt.

531

116

Siehe Kap. 10. 2.

Blattflächen im Schema fortlaufend in die nun vertiefte und unregelmäßige Metalloberfläche eingebracht. Das Metallstück ging also schon vor der Ausarbeitung des Blattstabes verloren.

10. 1. 3. 5. Der cyathus HI 36 und der Griff der Kanne HI 44 Auch der cyathus ist in alten Publikationen als Gußstück angesprochen worden, was wiederum durch eine charakterisierende Gasporosität im Röntgenbild nicht bestätigt werden kann. Die erhebliche Wandstärke und die Kaltgußstelle unterhalb des Randes lassen dies aber als wahrscheinliche Technik vermuten. Anschließend muß viel Material auf der Drehbank abgetragen worden sein, um eine porenfreie, glatte Oberfläche zu erreichen. Der separat angefertigte Griff ist schon bei der Oberflächenbegutachtung durch einen großen Lunker in der Biegung als Gußstück auszumachen. Diese Fehlgußstelle zeichnet sich auch auf dem Röntgenfilm ab. Zudem sind hier, wie auch bei einem der Griffe HI 15/16, auf der Oberfläche des Lunkers im Mikroskop deutliche Dendriten zu erkennen, die eine Anfertigung durch Guß eindrücklich bestätigen (Abb. 126).

Für beide durchstrahlten Rankenteller HI 49 und 50 weisen die wolkigen Hell-Dunkel-Strukturen und das Fehlen der charakterisierenden Gasporosität ebenfalls im Wesentlichen auf Schmiedearbeiten hin. Auch hier zeichnen sich leichte Bahnen in Längsrichtung ab. Die unterschiedlich starke Durchstrahlung der Hintergrundflächen der dekorierten Handhaben und die scharfen Konturen der flachen Reliefelemente belegen, daß hier oberflächlich Material in unterschiedlicher Menge spanabhebend abgetragen worden ist, um das Relief zu erzeugen (Abb. 135 u. 136). Hierbei wurde ein ‚Trick’ angewendet. Von den Hintergrundflächen wurde vor allem zu den Konturen der Reliefdekore hin Material abgetragen, in der Mitte dagegen blieb fast die ganze Materialstärke erhalten. Der Reliefeindruck wurde in vollem Umfang erzeugt, das Vorgehen sparte aber Arbeitszeit und kam dem Einhalten der Gewichtsvorgabe entgegen. Der ‚Fehler’, eine in die falsche Richtung weisende Blüte beim Rankenteller 2 HI 49 belegt, daß die Reliefdekore nicht schon beim Guß der Plantsche im Wachsmodell angelegt gewesen sein können (Abb. 135 weißes Oval rechts unten). Beim gleichen Stück zeichnet sich auf der Unterseite einer Handhabe das Negativ des Reliefs leicht ab. In den Vertiefungen sind Reste der Gußhaut zu erkennen, die offensichtlich in Anbetracht der nachfolgenden ausgiebigen Meißel- und Ziselierarbeit stehen gelassen wurde, zumal die Unterseiten der Teller dem Benutzer kaum sichtbar wurden. Der ‚Ersatzteller’ HI 50 weist diese Strukturen unter beiden Handhaben noch sehr viel deutlicher auf (Abb. 137 u. 138). Also ist auch hier vom Guß sog. Plantschen als Rohprodukte auszugehen, die anschließend durch ausgiebiges Schmieden in Form gebracht wurden. Der Teller HI 50 weicht nur im Dekor leicht von den beiden anderen Rankentellern HI 48 und 49 ab. Die Herstellungstechnik ist die gleiche, so daß es sich nicht um ein ‚germanisches Ersatzstück’ handeln dürfte, sondern ebenfalls um ein römisches Erzeugnis.

Entsprechendes gilt für den Griff der Kanne HI 44. Auch hier zeigen Oberflächenuntersuchung und Röntgenaufnahme Fehlgußstellen (Abb. 127) und Oberflächenporositäten, aber keine materialdurchdringende feine Gasporosität. Die Bohrungen für die Montage der Fragmente mit Silberstiften zeichnen sich auf dem Röntgenfilm deutlich ab. 10. 1. 3. 6. Die Enten- und Rankenteller HI 45-50 Von den Ententellern wurde nur ein Stück geröntgt (HI 47), von den Rankentellern und den ovalen Platten je zwei Exemplare, weil es sich jeweils um ein Stück der ‚Urserien’ (HI 48 u. 49, HI 51 u. 52) und ein im Dekor leicht abweichendes ‚Ersatzstück’ handelt (HI 50 u. 53)532. Die aufwendigen Punzdekore der EntentellerHandhaben und die Reste der Weichlötungen der Winkelfüßchen zeichnen sich auf dem Röntgenfilm deutlich ab (vgl. Abb. 47 u. 133). Die undekorierte Innenfläche weist in Längsbahnen leicht unterschiedliche Grauwerte in der Schwärzung des Röntgenfilms auf, was auf eine gleichmäßige Schmiedearbeit hindeutet. Das Silber wurde ganz gezielt in die Längsrichtung ausgeschmiedet, um die Form der Teller und massivere Blechstärken an den Seiten und den Enden für Blattstäbe und die Handhaben zu erreichen. Die geringe Wandstärke von 0,5-0,9 mm an den undekorierten Flächen sowie die leicht abweichenden Umrißlinien (Abb. 134) ließen eine Herstellung im Gußverfahren recht unwahrscheinlich erscheinen. Allerdings sind bei der Oberflächenuntersuchung Hinweise auf den Guß von Plantschen gefunden worden. So liegt auf der Unterseite der Handhabe von HI 47 eine dünne Oberflächenhaut schiefrig über dem stärkeren Material; am Ende eines Blattstabes fehlt ein Stück desselben. In beiden Fällen ist beim Schmieden des Gußrohlings ein größerer Gaseinschluß zusammengestaucht worden, so daß zwei getrennte Lagen Silber übereinander lagen. Beim Anbringen der Dekore sind die seitlichen Verbindungen getrennt worden, so daß die Oberflächenlage keinen Halt mehr hatte und abfiel. Beim Blattstab wurden Kerben und 532

10. 1. 3. 7. Die ovalen Platten HI 51-53 Weder die Röntgenaufnahmen der Platten HI 51 (Abb. 139) und 53 noch die Oberflächenuntersuchung ergaben Hinweise auf Gasporosität vom Guß. Trotzdem muß von Gußstücken ausgegangen werden, denn bei Platte HI 51 sind an beiden Schmalseiten auf der Außenseite unterhalb der Lötstellen für die Griffe im unteren Bereich der Wandung und am Umbruch zum Boden hin porige Strukturen von unregelmäßigen Umrißen zu erkennen, die als Anschnitte interpretiert werden können (Abb. 140). Die Porositäten führen so tief ins Material hinein, daß sie bei der gründlichen Glättung der Oberfläche durch Abdrehen und Polieren nicht entfernt werden konnten, ohne die Wandstärke der Platte zu sehr zu schwächen und damit das Gewicht zu stark zu verringern. Die beiden erhaltenen Griffe weisen entsprechende Strukturen auf den Unterseiten auf, wenn auch nicht von der ausgesprochen rundlichen Form wie an der Gefäßwandung. Bei den Griffen

Geröntgt wurden HI 49 u. 50 sowie HI 51 u. 53.

117

sind sie von eher dreieckiger Form und folgen damit der Grundform der Griffe.

10. 1. 3. 8. Die Platte mit reliefiertem Rand HI 58 Auf den Röntgenbild sind diverse ‚Ringe’ unterschiedlicher Materialstärke zu erkennen, die zusammen mit der wiederum fehlenden Gasporosität auf eine Schmiedearbeit hinweisen (Abb. 142). Die Hintergrundflächen des reliefierten Randes sind in Abschnitten unterschiedlich stark durchstrahlt, was auf leicht abweichende Wandstärken schließen läßt. Die Dekorelemente im ‚Hochrelief’ sind stärker durchstrahlt, ein eindeutiger Beleg für die Treibarbeit, weil die Wandstärken an den höchsten Reliefstellen am dünnsten ist. Dies alles zusammengenommen ließ zunächst eine Schmiedearbeit vermuten.

Demnach war die Platte HI 51 bzw. deren Wachsmodell horizontal und mit dem Boden nach oben weisend in der Gußform eingeschlossen (Abb. 141). Von einem wahrscheinlich mittig angelegten Eingußtrichter dürften zwei Gußkanäle zu den Schmalseiten der Platten geführt haben. Möglicherweise waren an den Anschnittstellen auch gleich die Entlüftungskanäle angesetzt, durch die während des Eingußvorgangs die Luft aus der Gußform entweichen konnte. Durch das Anbringen der Luftkanäle direkt neben den Anschittstellen ersparte sich der Gießer weitere Unregelmäßigkeiten auf der Oberfläche des Gußstückes, die er anschließend hätte nacharbeiten müssen. Die Anschnitte belegen weiterhin, daß die ovalen Platten in einer geschlossenen Gußform gegossen worden sind und nicht im offenen Herdguß. In letzterem Falle hätte die gesamte Bodenfläche als Eingußfläche gedient; es könnten dann aber keine Anschnitte beobachtet werden.

Die Oberflächenuntersuchung ergab ein abweichendes Bild. Insbesondere auf der Unterseite sind feine Reste der porigen Gußstruktur zu erkennen, die sich in den Standring fortsetzen. Eine Lötfuge oder Hartlotreste, die auf die Lötung eines separat angefertigten Standringes hinweisen würden, konnten nicht beobachtet werden. Auf der Unterseite des reliefierten Randes belegen Reste der Gußhaut an den Umbrüchen und unterhalb der Hintergrundflächen und nur schwach reliefierten Bereiche den Gußvorgang (Abb. 143). Die Platte muß also tatsächlich zusammen mit dem Standring in einem Stück nahe an ihre Endform gegossen und anschließend auf der Drehbank zur Glättung der Oberflächen spanabhebend abgedreht worden sein. Selbst der nach unten gerichtete Randumbruch scheint schon mitgegossen worden zu sein, denn auf der Rückseite sind ebenfalls Reste der Gußhaut erhalten und es fehlen Stauchfalten, die beim Umbiegen des Randes durch Schmieden zu erwarten wären. Außerdem ist gerade im Umbruch des Randteils die Wandung dicker, so daß ein Umbiegen durch Schmieden gar nicht durchgeführt worden sein kann.

Die Anschnitte an den Griffen lassen eine Schräglage der Griffe im Gußmantel vermuten, was auf den Guß an einem sog. Gießbaum hinweist533. Hierbei werden die Wachsmodelle mehrerer zu gießender Objekte mit jeweils einem Seitenkanal an einen zentralen Eingußkanal angesetzt, wobei je nach Größe der Gußstücke mehrere Lagen von Wachsmodellen übereinander geschichtet werden können. Bei der Größe der Plattengriffe könnten vier Stücke eine Lage ausgemacht haben und ein Vielfaches davon zu einem Gießbaum zusammengesetzt worden sein. Für die drei ovalen Platten HI 51-53 wurden sechs Griffrohlinge benötigt. Im Falle eines Gußes der Griffe an einem Gießbaum wäre wohl von einem steigenden Guß auszugehen. Demnach müßten die Wachsmodelle der Griffe mit der Attaschenrundung nach unten weisend am zentralen Gußkanal befestigt worden sein, so daß die rundlichen Griffenden nach oben gewiesen und zur Anbringung der Entlüftungskänale gedient haben könnten.

Beim Abdrehen sind auf Ober- und Unterseite Gußfehler geöffnet worden, die durch Unebenheiten unregelmäßiger Form auf den Oberflächen sichtbar sind. Gerade auf den undekorierten Flächen der Oberseite sind zwei größere Stellen mit abgedrehter Oberflächenhaut zu erkennen (Abb. 144). Somit ist lediglich das Randrelief durch Treiben und Ziselieren angelegt worden.

Die großflächig-wolkigen Hell-Dunkel-Bereiche innerhalb der Bodenflächen können nicht von einem nachträglichen Schmieden stammen, denn dann hätten sich die Platten wegen der verdickten Ränder nach unten ausgewölbt. Auf der Röntgenaufnahme der Griffe ist die Bohrung für die Probenahme der Analysenserie 1977/1978 sichtbar. Die oberflächlichen Materialverluste bei HI 53 zeichnen sich deutlich ab; auch sind die Reste der Füßchenlötungen an den Längsseiten zu erkennen.

Die weitgehende Herstellung der Platte HI 58 und ihres Pendants HI 59 durch Guß war nicht erwartet worden. Von der Röntgenaufnahme ausgehend war eher von einer Schmiedearbeit mit aufgelötetem Standring auszugehen. Erst durch die genaue Oberflächenuntersuchung im Mikroskop konnte die Beurteilung der Röntgenaufnahme korrigiert werden. Die nicht durchstrahlten ‚Ringe’ an den Kanten des waagerechten Randes belegen größere Wandstärken gerade an Stellen, wo das Profil umbricht. An beiden Stellen würde bei einer Schmiedearbeit beim Einziehen des Profils mit der schmalen Hammerfinne die Metallstärke verringert, so daß ein stärker durchstrahlter ‚Ring’ am Profilumbruch zu erwarten wäre, wie dies an den inneren Kanten des Ententellers 3 HI 47 (Abb. 133) und des Rankenteller 2 HI 49 (Abb. 135) auf deren Röntgenaufnahmen zu beobachten ist. Gerade unter dem äußeren ‚Ring’ sind auf der Rückseite des Eierstabes deutliche Reste der Gußhaut zu beobachten. So konnten

533

Zu einem Gießbaum für Ringe in einer steinernen Gußform siehe R. Wyss, Bronzezeitliche Gußtechnik. Aus dem Schweizerischen Landesmuseum 19 (Bern 1967), bes. Abb. 2, 3 sowie G. Engels, Giessen in Geschichte und Gegenwart – Verfahren, Werkstoffe und Anwendungen im Laufe der Zeit. Ferrum. Nachr. aus der Eisenbibliothek 75, 2003, 4-11, bes. 8 Abb. 12.

118

fierung des Tierkörpers nicht wesentlich verringert worden zu sein; dies hätte sich in einer stärkeren Schwärzung des Röntgenfilms im Bereich des ausgewölbten Tierkörpers abzeichnen müssen. Die tief einziselierten Konturen des Tierkörpers und der ‚Blüten’ sowie Abschläge der Formpunzen darin zeigen durch die stärkere Schwärzung des Röntgenfilms, daß hier die Wandstärke deutlich verringert ist.

die zunächst widersprüchlich erscheinenden Beobachtungen doch in Übereinstimmung gebracht werden. Trotzdem stellt sich die Frage, wie es zu den unterschiedlich stark durchstrahlten ‚Ringen’ innerhalb des Plattenbodens gekommen ist. Sie spiegeln die leicht unterschiedlichen Wandstärken zwischen 0,8 mm am Umbruch zum Rand und 2 mm in der Mitte wieder. Zwischen Plattenmitte und Standring verringert sich die Wandstärke auf 1 mm, was durch den stark durchstrahlten dunklen ‚Ring’ angezeigt wird, der helle ‚Ring’ beiderseits des Standrings ist 1,4-1,5 mm stark. Diese ‚Ringe’ müßten also beim spanabhebenden Abdrehen entstanden sein, was evt. durch ihre relative Scharfkantigkeit angedeutet wird. Denn bei den wolkigen Strukturen von Schmiedearbeiten sind teilweise sogar die Abdrücke einzelner Hammerbahnen zu erkennen (vgl. Abb. 118, 121 u. 122).

10. 1. 3. 10. Die Kasserollen HI 69-72 Weder in den Hohlkörpern noch in den bis zu 9,2 mm starken Griffen aller vier Kasserollen zeichnen sich auf den Röntgenfilmen Gasporositäten ab, wie sie für Gußstücke zu erwarten wären (Abb. 148-150). Vielmehr sind feinkörnige Strukturen und Hell-Dunkel-Bereiche abgebildet, die auf Schmiedearbeiten hindeuten. Trotzdem muß für die dickwandigen Kasserollen 1 und 2 HI 69 und 70 eine Anfertigung im Gußverfahren mit anschließendem weiteren Austreiben der evt. schon im Gußmodell grob angelegten Hohlformen vermutet werden. Die Wandflächen zeigen im Röntgenbild jedenfalls konzentrische ‚Ringe’ durch die Abschläge von Hammerbahnen. Der Boden der Kasserolle 1 HI 69 ist ganz gleichmäßig durchstrahlt bis auf einen stark verdünnten Ring zum Wandumbruch hin. Der ‚Standring’ ist durch zwei eingedrehte Riefen abgesetzt. Der Boden von Kasserolle 2 HI 70 ist stark durchstrahlt. Nur die Mitte mit der Profilierung um den Pinolenabdruck herum und der breite Standring sind dickwandiger, weswegen der Boden auf der Drehbank erheblich spanabhebend überarbeitet worden sein muß. Der Griff von HI 70 zeigt an einer Stelle der Vogelkopfattasche die Reste der Gußhaut, so daß der separate Griff trotz fehlender Gasporosität wohl als Gußstück anzusprechen ist. In den Griffen der Kasserollen 1 und 2 HI 69 und 70 sind die Bohrungen von den Probenahmen 1977/78 sichtbar (Abb. 150 Pfeile 1), bei der Kasserolle 2 HI 70 außerdem zwei Bohrungen in der Attaschenfläche des Griffes und am Rand des Gefäßes, in denen bei einer früheren Restaurierung Stifte verankert waren, um beide separat angefertigten Teil stabil miteinander zu verbinden (Abb. 150 Pfeile 2). Im dritten und vierten Bohrungspaar stecken noch die Silberstifte, so daß die Bohrungen auf dem Röntgenfilm nicht sichtbar werden. Bei der Klebung durch Tietz III sind beide Teile leicht versetzt mit Kunstharz verklebt worden, dadurch sitzen die Bohrungen auf der Röntgenaufnahme einander nicht genau gegenüber.

10. 1. 3. 9. Das konische Gefäß HI 66 und das Fragment HI 67 Die wolkigen Hell-Dunkel-Strukturen belegen für beide Stücke Schmiedearbeit, wobei beim Röntgenbild des Gefäßes HI 66 zu bedenken ist, daß zwei Seiten übereinanderliegend abgebildet sind. Deutlich sind aber in den ausgewölbten undekorierten Streifen schräg nebeneinanderliegende Abschläge einer Hammerfinne zu erkennen (Abb. 145, Pfeile). Auf der Innenseite ist eine feinrissige Oberfläche erhalten, wie sie beim Aufziehen eines Hohlgefäßes aus einer Metallscheibe ohne Nachglättung über einem Metallamboß entsteht (Abb. 147). Das Relief der Tierkörper zeichnet sich nicht durch eine stärkere Schwärzung des Röntgenfilms ab; die Wandstärke ist also durch das Treiben bzw. Prellen nicht wesentlich verringert worden. Die Konturen der Reliefdekore und die Abschläge der Formpunzen im untersten Dekorband werden auf dem Röntgenfilm durch eine starke Schwärzung wiedergegeben. An etlichen Bruchkanten und an den Rändern der Metallergänzungen zeichnen sich im Röntgenbild vor allem im unteren Bereich des konischen Gefäßteils 1 HI 66 die Weichlötungen der Restaurierung durch Tietz II in hellen Streifen deutlich ab (Abb. 145). Der Bleigehalt im ZinnBlei-Weichlot läßt keine oder nur wenig Röntgenstrahlung passieren, so daß diese Flächen auf dem Röntgenfilm weiß abgebildet werden. Zunächst wurde für das Gefäß HI 66 wegen der doppelten zu durchdringenden Wandstärke entsprechend dem Fragment HI 67 eine Belichtungszeit von 2 Minuten gewählt. Das Ergebnis war ein kaum geschwärzter Röntgenfilm, so daß die Belichtungszeit nach weiteren Versuchen bis auf 8 Minuten erhöht werden mußte, um eine vergleichbare Schwärzung des Röntgenfilms wie bei HI 67 zu erreichen. Möglicherweise ist der 1977/78 analysierte erhöhte Kupfergehalt von 3,06 bzw. 3,32% im Gefäß HI 66 für diese Erscheinung verantwortlich zu machen.

Die Gefäße der beiden dünnwandigen und sehr viel leichteren Kasserollen 3 und 4 HI 71 und 72 dürften ebenfalls aus vorgegossenen Plantschen, die zumindest partiell die Stärke der jeweiligen Griffe gehabt haben müssen, durch Schmieden und Treiben geformt worden sein. Besonders bei Kasserolle 4 HI 72 zeichnen sich auf dem Röntgenfilm ringförmig-wolkige Hell-Dunkel-Kontraste mit einzelnen Hammerbahnabschlägen ab, die das Schmieden belegen (Abb. 149 unten). Das Material der Griffe kann beim ersten Schmieden nach dem Guß und beim Ziselieren der Dekore verdichtet worden sein, so daß evt. eingeschlossene Lunker dabei verschmiedet worden sind. Weder bei der Oberflächenbegutachtung noch

Beim Fragment von HI 67 ist die Schwärzung des Röntgenfilms recht gleichmäßig bis auf wenige kleine dunkle Stellen im Tierkörper und die ziselierten Konturen (Abb. 146). Die Wandstärke scheint auch hier durch die Relie119

auf den Röntgenaufnahmen haben sich bei den drei Kasserollen 1, 3 und 4 HI 69, 71 und 72 Hartlotnähte in Form von Lötfugen oder Lotresten zwischen den Griffen und den Hohlgefäßen abgezeichnet; sie müssen also komplett in einem Stück als Rohlinge gegossen worden sein. Lediglich der Standring der Kasserolle 3 HI 71 ist separat aus einer Zarge angefertigt und hart auf dem Boden verlötet worden. Ein Ausschmieden des Gefäßes bei mitgegossenem Standring wäre nicht möglich gewesen. Die Pinolenabdrücke und die eingedrehten konzentrischen Riefen an allen vier Kasserollen belegen, daß die ausgeschmiedeten Gefäße auf der Dreh- und Drückbank überarbeitet worden sind.

als Bildhauermodell unterstützt wurde. Für den ‚Ersatzkopf‘ des Kahotep konnte gezeigt werden, daß er aus einem Rohling aus zwei Gipsen unterschiedlicher Dichten sowie einer ausmodellierten Gipsstuckierung besteht, die alte Materialbezeichnung „Gips auf Kalkstein“ also nicht zutreffend ist. Am Köpfchen der Königin Teje konnte der komplette Edelmetallschmuck durch Computertomogramme sichtbar gemacht werden. Nach dem Tod des Königs Amenophis III. wurde Teje als Witwe vergöttlicht und die Primärfassung des Porträts der „Großen Königlichen Gemahlin“ mit einer Kappe aus Leinen, Harz und einem Netz aus blauen Glasperlen in den vorliegenden Sekundärzustand versetzt, der ihren Statuswechsel nach außen sichtbar machte536.

10. 2. Computertomographie

Besonders bei der Beurteilung von Konstruktion, Gußund Kaltbearbeitungstechniken an antiken Großbronzen hat sich die Computertomographie als hilfreiches Instrument erwiesen537. Im Bereich metallener Kleinkunst wurde z.B. ein römischer Bronzekrug mit einem darin verborgenen Münzschatz untersucht538. Auf den Schnittbildern sind deutlich die einzelnen Münzen und ihre Lage zueinander zu erkennen, wodurch sich eine Thesaurierung einzelner Münzserien in Rollen und Säckchen rekonstruieren ließ. Auf der Grundlage der CT-Schnitte konnten die einzelnen Serien gezielt aus dem Krug entnommen werden, z.T. sogar in kompletten Rollen. Die relativ gute Durchmischung der Prägungen zeigt, daß die Münzen in einem Vorgang für die Vergrabung in dem Krug platziert wurden. Der Krug hat also nicht als ‚Schatztruhe‘ gedient hat, die allmählich gefüllt wurde;

10. 2. 1. Zur Untersuchungsmethode Die Computertomographie hat sich in den letzten 15 bis 20 Jahren neben der schon sehr viel länger angewandten Röntgentechnik zu einer weiteren zerstörungsfreien bildgebenden Durchstrahlungsmethode archäologischer und kunsthistorischer Groß- und Kleinkunst entwickelt534. Beim Röntgen wird ein dreidimensionales Objekt in seiner ganzen Materialstärke komplett durchstrahlt und auf einer zweidimensionalen Bildebene, dem Röntgenfilm, abgebildet. Entsprechend der medizinischen Anwendung durchstrahlt die Computertomographie dagegen das Objekt in einzelnen Ebenen von ca. 0,5 mm Stärke, so daß der innere Aufbau des Objektes in vielen Schichtbildern sichtbar gemacht werden kann. Zudem können alle durchstrahlten Ebenen im Computer zu einem dreidimensionalen Bild zusammengefügt und verschiedene Materialien wegen ihrer unterschiedlichen Dichte im Computerbild voneinander separiert und einzeln dargestellt werden535. So konnten bei ägyptischen Porträts diverse Steinund Stuckschichten aus Gips unterschieden werden, durch die z.B. die Interpretation des Kopfes der Nofretete

536

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534

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120

dann hätten die Münzserien von unten nach oben hin jünger werden müssen.

Tomograph verfügt zwar über eine feine Abstufung, die Schnitte im Abstand von 0,25-0,3 mm erlaubt, nicht aber über eine ausreichend hohe Arbeitsspannung bzw. Strahlenstärke, die in der vorgegebenen Meßanordung das Silber hätten durchdringen können. Letztendlich lassen sich nur die Profile detailgenau darstellen541. Immerhin wurde bei einem kompletten Schnittbild des Lorbeerbechers HI 9 durch Zufall zumindest eine wohl noch intakte antike Weichlotstelle angeschnitten, über die die beiden Gefäßteile nach wie vor miteinander verbunden sind (kleine ‚Kugel’ zwischen Außen- und Innenbecher, siehe Abb. 151 Pfeil 1).

An archäologischen Silbergefäßen wurden Computertomographien angefertigt, um z.B. den Grad der Korrosion von zusammengebackenen Silbernäpfen feststellen und die Möglichkeit ihrer Trennung und Restaurierbarkeit abschätzen zu können oder im 3D-Bild eine rein virtuelle Oberflächenfreilegung durchzuführen539. 10. 2. 2. Computertomographie an Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes

Der Groß-Tomograph, in dem 1997 ein Versuch zur Durchstrahlung der Randpartien unternommen worden ist, hat zwar die notwenige Spannung bzw. Strahlenquelle, die Abstufung von 0,5 mm ist aber zu groß, als daß sich deutliche Kanten abbilden ließen, denn der Computer mittelt die Grauwerte pro Pixel (Abb. 152). Problematisch bei der Interpretation von Computertomographiebildern sind außerdem die sog. Artefakte, helle oder dunkle Striche, die bei starker Ablenkung des Röntgen- bzw. Ionenstrahls entstehen, z.B. einer sich scharf umbiegenden Kante. Diese Artefakte können Merkmale im Schnittbild erzeugen, die am durchstrahlten Objekt gar nicht vorhanden sind (Abb. 151 Pfeile 2).

Die Computertomographie wurde nur an einer begrenzten Anzahl von Gefäßen angewandt. Mit ihr sollte der Aufbau voluminöser Gefäßränder untersucht und dargestellt werden. In die Auswahl einbezogen wurden folgende Gefäße: die Innenschale des Rankenbechers HI 5, der Lorbeerbecher HI 9, die Innenbecher des Vier- und des Zehnmaskenbechers 2 HI 11 und 14, der kleine Buckelnapf HI 19 sowie der große glattwandige Napf 1 HI 27. Der Gefäßfuß HI 41 wurde ebenfalls computertomographisch untersucht, um die Innenkanten und die eingesetzte Bodenplatte sichtbar zu machen. Beim Bodenfragment des Blattstabbechers 1 HI 7 mit angelötetem Fuß sollten ebenfalls die Innenkanten des Fußes und des Bodens dargestellt werden.

Bei einigen der Gefäße sind die Ränder sicher massiv gegossen, und zwar an halbkugeligen oder kugelabschnittförmigen Halbfabrikaten der Innenbecher. Die Innenflächen wurden nach dem Guß ausgeschmiedet, was zum einen die Schmiedespuren der Hammerbahnen, zum anderen aber auch die zu den Böden hin dünner werdenden Wandungsstärken belegen. Trotzdem ist auffällig, daß nur in ‚Streifen’ von wenigen Millimetern Höhe unterhalb der Ränder Drehspuren über den Hammerabdrücken zu erkennen sind. Es müssen also noch vor dem Schmieden scharfe Absätze zwischen Rändern und Wandungen erzeugt worden sein, die nach dem Ausschmieden der Innenbecher auf der Drehbank kaum noch überarbeitet werden mußten. Die Ränder dagegen dürften noch erheblich spanabhebend abgedreht worden sein, da keine Reste von Gußhäuten oder Gußfehlern zu entdecken sind.

Die Computertomographien der Innenbecher von HI 5, 9, 11 und 14 sowie der Näpfe HI 19 und 27 sollten Schnittbilder durch die Ränder ergeben, bei denen Hohlräume sichtbar werden sollten. Vorläufig ist unklar, wie die voluminösen Ränder an den Innenbechern aufgebaut sind. Die Innenbecher weisen jeder eine relativ gleichmäßig starke Wandung auf, die auf der später nicht sichtbaren Außenseite flächendeckend mit den Spuren von Hammerbahnen bedeckt sind (Abb. 118, 121 u. 122). Die Innenseiten sind geglättet und poliert und weisen keine Anzeichen für Lötungen o.ä. auf. Pernice/Winter 1901 haben vermutet, die massiv gegossenen Ränder seien an die geschmiedeten Innenbecher gelötet worden: „Nur der starke obere Rand ist, wie bei den Bechern gewöhnlich, für sich gegossen und an den Einsatz angelötet.“540 Diese Vermutung muß in Frage gestellt werden, weil bei den Oberflächenbegutachtungen keine Spuren für Hartlötungen an den in Frage kommenden Stellen zu finden waren. Dagegen könnten unregelmäßige Oberflächenstrukturen in einigen der eingeschnittenen Hohlkehlen als Reste von Lot interpretiert werden, die auf einen Aufbau der voluminösen Ränder aus einzelnen Silberblechstreifen bzw. -ringen hindeuten würden.

10. 3. Zusammenfassung zu den Durchstrahlungstechniken Grundsätzlich kann nach der Durchsicht der Radiographien festgestellt werden, daß die erwartete Gasporosität als charakteristisches Kennzeichen für Gußstücke in keinem Fall beobachtet werden konnte. Dies spricht zum einen für die hohe Qualität und Perfektion der Silberschmiede beim Guß, zum anderen deutet dieser Umstand aber auch darauf hin, daß eben ‚reine’ Gußstücke ohne nachträgliche Überarbeitung durch Schmieden kaum vorliegen. Dies macht deutlich, wie wichtig die optische Untersuchung der Objektoberflächen im Mikroskop für eine Beurteilung der herstellungstechnischen Phasen ist. Die radiographierte Platte mit Reliefrand 1 HI 58 kann als

Die Computertomographien aller untersuchten Stücke konnten leider keine Schnittbilder liefern, mit denen diese Frage hätte geklärt werden können. Der sog. Mini539

Niemeyer 2001 (siehe Anm. 205), bes. 80 Abb. 63. – H. Born, Troianische Silbergefäße. Forschungsprojekt zu Material und Herstellung und Möglichkeiten der Restaurierung. Acta Praehist. et Arch. 29, 1997, 110-121. 540 Siehe Anm. 513.

541

121

Siehe Beitrag Bernd Illerhaus Kap. 15. 7.

Näpfen und Hohlkörpern der Kasserollen verlaufen diese Strukturen konzentrisch, weil ein Schmiededurchgang immer über den gesamten Umfang ausgeführt werden muß. Im Allgemeinen wird zum Treiben die runde flächige Hammerbahn benutzt, die schmale Hammerfinne meist nur ganz gezielt für die Ausarbeitung scharfer Umbrüche.

Beleg für die zunächst widersprüchlich erscheinenden Aussagen von Röntgenaufnahme und Oberflächenbegutachtung dienen: bei der Interpretation der Radiographie war eher von einem Schmiedestück auszugehen, die Oberflächenbetrachtung ergab dagegen eindeutige Hinweise auf einen Guß der Platte schon mit ihrem Wandungsprofil; lediglich die Reliefs sind durch Schmiedetechniken, d.h. Treiben von der Rückseite und Ziselieren auf der Vorderseite ausgearbeitet worden. Ähnliche Erfahrungen konnten bei der Beurteilung der kleinen Näpfe HI 30-32 gemacht werden. Auch hier wies das Röntgenbild auf ausgeprägte Schmiedearbeit hin, bei der Oberflächenbegutachtung ergaben sich dagegen noch deutliche Hinweise auf den Gußvorgang.

Die Computertomographien haben zu keinem auswertbaren Ergebnis geführt, was durch die Wandstärken der Objekte und die Meßparameter bedingt war. Daß diese Untersuchung in Bezug auf die Ausarbeitung einiger voluminöser Gefäßränder lohnend sein könnte, belegen die hellen ‚Streifen’ am Innenbecher von HI 14 und dem Napf HI 29, die auf zusätzlich eingelötete Silberblechringe hinweisen (vgl. Abb. 122 u. 131).

Treiben und Schmieden sind durch wolkige Hell-DunkelStrukturen eindeutig auszumachen. Bei den Bechern,

122

11. METALLANALYSEN Im Gegensatz zu Gold kommt Silber nur in irrelevanten Mengen gediegen in Metallform vor. Trotz seines Status als Edelmetall ist es chemisch nicht so stabil wie Gold und liegt daher in der Natur in quasi korrodiertem Zustand als Mineral vor und zwar vorwiegend in Vergesellschaftung mit Blei. Daher ist in antikem, nicht elektrolytisch gereinigtem Silber immer Blei zu ca. 1% enthalten. Metallanalysen liegen von einer ganzen Reihe von Einzelstücken und Fundkomplexen vor, die lediglich den hohen Feingehalt von 94-98% Ag für antike Silbergefäße belegen. Das Verhältnis der Spurenelemente für sich gibt keinen Aufschluß über die Herkunft des verarbeiteten Rohmetalls, weil Mischlegierungen und recyceltes Material nicht erkannt werden können. In jüngster Zeit wird verstärkt versucht, über die Isotopenanalyse des im Silber enthaltenen Bleis die Herkunft des Metalls zu bestimmen542.

11. 1. Analysen des Basismetalls Silber Als erster hat Wieseler 1868 eine Analyse vorgelegt, bei der es vorwiegend um den Nachweis ging, daß die Hildesheimer Gefäße tatsächlich aus Silber hergestellt sind. Das war zunächst wegen der z.T. starken Korrosionsauflagen nicht eindeutig zu beurteilen543. Schertel 1871 übernimmt diese Analyse und stellt sie neben zwei neu durchgeführte544. Die hohen Goldgehalte von über 2 und 3% bei zwei der Metallanalysen dürften dadurch zu erklären sein, daß Fragmente mit Vergoldungen analysiert wurden. Diese Analysedaten werden in einigen Schriften wiederholt abgedruckt545. Aus der Analyse der Korrosionsprodukte sowie einem Versuch zum Korrosionsverhalten von Silberlegierungen leitet Schertel eine Theorie zum Zustand des antiken Metalls ab: das in der Legierung enthaltene Kupfer werde bevorzugt durch Säure bzw. Bodenlösungen korrodiert und schwäche so die mechanische Stabilität von archäologischen Silberfunden546. 542

Z.B. M.F. Guerra u.a. Precious metals and provenance enquiries using LA-ICP-MS. JAScien 26, 1999, 1101-1110. – F. Begemann/S. Schmitt-Strecker, Zur Herkunft des Silbers aus Tall Munbāqa (Nordsyrien). Prähist. Zeitschr. 79, 1 2004, 111117. 543 Wieseler 1868, 9. Von welchem Objekt das Fragment stammt, wird nicht mitgeteilt. Außerdem sind offensichtlich die aufliegenden Korrosionsprodukte mit analysiert und umgerechnet worden. – Die Analysedaten wiederum bei Strong 1966, 215. 544 Schertel 1871, 318. 545 Z.B. bei Buhlers/Rubensohn 1913. – F. Rathgen übernimmt die Analysedaten der Korrosionsschichten von Schertel 1871, 52; siehe F. Rathgen, Die Konservierung von Altertumsfunden II. u. III. Metalle und Metallegierungen, organische Stoffe (Berlin 1924) 39. 546 Diese Überlegungen sind durch neuere Untersuchungen in abgewandelter Form bestätigt worden und in der Fachliteratur

123

Die nächsten Analysen von sechs Objekten des Hildesheimer Silberfundes publiziert Riederer über 100 Jahre später, wobei er aber ebenfalls keine Angaben zur Identität der Objekte macht, von denen die Proben entnommen worden sind547. Inzwischen hat sich herausgestellt, daß 1977/1978 im Zuge der Einrichtung der Schatzkammer im Antikenmuseum in Berlin-Charlottenburg und der Neuauflage des Bilderheftes von U. Gehrig (1980) von 23 Objekten 26 Proben entnommen und im Rathgen-Forschungslabor analysiert, aber nur die sechs genannten von Riederer 1981 veröffentlicht wurden (Tab. 19). Lang legt 1997 von sechs Objekten semiquantitative Analysen vor allem von Loten, aber auch von Oberflächen vor. Das hochreine Silber der Objekte liegt mit 96-98% im oberen Bereich der bekannten antiken Silberlegierungen; nur der Löwengriff HI 39 liegt mit nur 80% erheblich darunter. Nach Lang weist eine typische römische Gußlegierung 10-30% Kupferanteil auf, wofür es aber nur sehr wenige publizierte Beispiele gibt, z.B. einen Handspiegel und eine Merkurstatuette im British Museum in London, GB sowie einen weiteren Handspiegel aus Wroxeter, GB mit Silbergehalten von 74%, 73% und 86,6%. Ein Löffel aus Emona, SLO weist 75,1%, der Fuß eines Untersetzers im Schatzfund von Boscoreale 74,2% Silber auf548. Diese Legierungen liegen im Bereich der eutektischen Silberlegierung mit 72% Silber und 28% Kupfer, die den niedrigsten Schmelzpunkt aufweist und deshalb in der Antike auch als Lot verwendet worden ist. als ‚precipitation of copper‘ bekannt, d.h. als bevorzugte Korrosion des Kupfers und der Abscheidung dieser Korrosionsprodukte an den Korngrenzen des Silbers; siehe F. Schweizer/P. Meyers, Structural changes in ancient silver alloys: the discontinuous precipitation of copper. ICOM-CC 5th Triennial Meeting, (Zagreb 1978) no. 78/23/5. – F. Schweizer, Zur Echtheitsprüfung von antiken Silbergegenständen: eine metallographische Untersuchung. Arbeitsbl. Restauratoren Gr.19, 1979, 104-112, bes. ab 108. – F. Schweizer/P. Meyers, A new approach to the authenticity of ancient silver objects: the discontinuous precipitation of copper from silver-copper alloy. Archaeo-Physika 10, 1979, 287-298. 547 J. Riederer, Kunstwerke chemisch betrachtet. Materialien, Analysen, Altersbestimmung (Berlin u.a. 1981) 23 Tab. 16; hier in Tab. 19 durch Sternchen* markiert. – Auch bei J. Riederer, Archäologie und Chemie – Einblicke in die Vergangenheit (Berlin 1987) auf S. 94 kurz erwähnt. 548 Zum Spiegel im British Museum: P.T. Craddock, A Roman silver mirror ‚discovered‘ in the British Museum. A note on its composition. Antiqu. Journal 63, 1983, 131-132. – Zum Spiegel aus Wroxeter: D. Atkinson, Report on the excavations at Wroxeter (Oxford 1942) 196ff. und Strong 1966, 215. – Zum Löffel aus Emona: A. Giumlia-Mair, Argento romano e ricette alchimistiche: tre esempi di leghe d’argento da Emona. Arheološki vestnik 49, 1998, 243-249. – T. Berthoud/L.-P. Hurtel/M. Menu, Etudes analytiques d’objets en argent romains. Bilan et perspectives (à propos du trésor de Boscoreale). In: F. Baratte (ed.), Argenterie Romaine et Byzantine. Actes de la table ronde, Paris 11-13 Oct. 1983 (Paris 1988) 35-50.

Unter den Analysen vom Silberschatz aus Boscoreale finden sich zwei Kupfergehalte von 10,05% und 10,27% für einen Bechergriff und einen Fuß sowie einer von 22,28% für einen weiteren Gefäßfuß549. Für die eingesetzte Bodenplatte der sog. Chryses-Kanne in München liegt eine Analyse von 87,01% Silber und 9,36% Kupfer vor; allerdings wird dieser Boden als „gesondert getrieben und angelötet“ bezeichnet550. Eine englische trumpet brooch mit 80,1% Silber und 15,8% Kupfer, datiert zwischen 25 und 50 n. Chr., wird als Gußstück bezeichnet551. Ob es sich bei allen genannten Einzelteilen um Gußobjekte handelt, wird zwar nicht immer ausdrücklich gesagt, ist aber zu vermuten. Trotzdem kann man aus diesen wenigen Beispielen wohl kaum auf eine niedriger legierte ‚typische’ römische Gußlegierung schließen, wie dies von Giumlia-Mair 2000 angedeutet wird552. Denn dafür liegen zu viele Gegenbeispiele hochkarätiger Silberlegierungen bei Gußobjekten vor bzw. bei Objekten, die erst als Rohlinge vorgegossen und anschließend ausgeschmiedet wurden. 11. 1. 1. Die Analysen aus dem Rathgen-Forschungslabor von 1977/78 Die vollständige Liste der Analysen wurde erst während der beginnenden Neurestaurierung des Hildesheimer Silberfundes an die Antikensammlung übergeben, nachdem

an ersten Objekten Bohrlöcher von den Probennahmen entdeckt worden waren. Im Laufe der Restaurierung konnten nur wenige weitere Bohrungen gefunden werden; bei den meisten Stücken ist nach wie vor unklar, woher das Material für die Analysen stammt. Vielfach dürften lose oder an Bruchkanten abgenommene Fragmente verwendet, bei der ovalen Platte 3 HI 53 könnten auch Oberflächenschuppen analysiert worden sein. Da bei vielen Stücken eben nicht sicher ist, wo die Metallproben entnommen wurden, sind viele der Goldgehalte nicht interpretierbar. Sie könnten von Fragmenten mit Oberflächenvergoldungen stammen, wie z.B. beim Girlandenbecher HI 10 und dem Sechsmaskenbecher HI 12, aber auch in den Silberlegierungen selbst enthalten gewesen sein. Dies trifft insbesondere für Stücke zu, die eindeutig nicht vergoldet sind, z.B. der Pinienzapfen am Ententeller 1 HI 45, der Rankenteller 2 HI 59, die ovalen Platten und deren beiden erhaltenen Griffe HI 51-53, die runde Platte mit ‚antiken’ Reparaturen HI 61 und die Kasserollen 3 und 4 HI 71 und 72. Auch die hohen Goldgehalte beim Fuß des Löwennapfes HI 37 und der Wandung des Eimers HI 64 können ebenfalls nicht durch Vergoldungen erklärt werden, weil beide Stücke nicht vergoldet sind. Der Goldgehalt der Analyse von der runden Platte mit reliefierter Randauflage HI 60 deutet darauf hin, das eines der losen Fragmente der vergoldeten Reliefauflage analysiert wurde.

Tabelle 19: Analysen aus dem Rathgen-Forschungslabor HI-Nr.

Objekt

6º* 8* 10 12 * 17 37 º 45 º 49 51 53

Rankenbecher 2, Griffattasche Blattstabbecher 2 Girlandenbecher Sechsmaskenbecher Griff 1 Fuß des Löwennapfes Ententeller 1, Pinienzapfen Rankenteller 1 ovale Platte 1, Griff ovale Platte 3

Probenmenge in mg 19,87 18,32 19,83 19,58 19,66 19,21 20,68 20,00 20,99 20,06

º Bohrlöcher der Probenahme vorhanden, * bei Riederer 1981, 23 Tab. 16 publiziert

549

Berthoud/Hurtel/Menu 1988 (siehe Anm. 548). G. Drews, Materialkundliche Untersuchungen. Jahrb. RGZM 31, 1984, 378-384 u. E. Foltz, Beobachtungen zu Herstellungstechnik. Jahrb. RGZM 31, 1984, 377-378 (Beiträge zu E. Künzl, Das Gebet des Chryses (Homer, Ilias, 1. Gesang): Griechisches Epos und römische Politik auf der vergoldeten Silberkanne des Octavius Menodorus. Jahrb. RGZM 31, 1984, 365-377). 551 G.C. Boon/H.N. Savoy, A silver trumpet-brooch with relief decoration, parcel-gilt, from Carmarthen and a note on the development of the type. Antiqu. Journal 55, 1975, 41-61, bes. 43. 552 A. Giumlia-Mair, Pyropus, Pinos and Graecanicus Colos. Surface treatments on copper alloys in Roman times. Kölner Jahrb. 33, 2000 (= Akten des 14. internationalen Kongresses für antike Bronzen 1999) 593-606, bes. 594-595. 550

124

Ag

Cu

Pb

Zn

Au

98,46 96,60 98,22 95,50 97,84 86,60 95,70 97,42 97,91 96,26

0,93 1,53 0,57 2,54 0,76 7,29 1,51 0,36 0,35 2,14

0,61 1,59 0,15 0,48 0,90 3,77 0,86 0,82 0,27 0,25

0,004 0,011 0,004 0,003 0,005 0,004 0,002 0,004 0,003 0,007

0,27 1,06 1,48 0,05 2,34 1,93 1,40 1,47 1,34

Tabelle 19 (Fortsetzung): Analysen aus dem Rathgen-Forschungslabor HI-Nr.

Objekt

55 º * 59 60 61 * 63 63 * 64 º 64 65 º 66 66 67 68 69 º 70 º 71 º 72

Griff eines cyathus runde Platte mit Reliefrand 2 runde Platte mit Reliefauflage runde Platte mit ‚antiken’ Reparaturen Kantharos, Wandung Kantharos, Griff Eimer, Henkel Eimer, Wandung Riefelschüssel konisches Gefäß 1 konisches Gefäß 1 konisches Gefäß 2 Eierschale Kasserolle 1 Kasserolle 2 Kasserolle 3 Kasserolle 4

Probenmenge in mg 20,10 19,43 22,05 19,83 20,55 24,16 20,00 22,30 19,79 19,90 19,81 20,13 20,98 20,34 17,47 19,44

Die meisten der analysierten Gefäße liegen mit Silbergehalten zwischen 96 und über 98% im Bereich der üblichen antiken Silberlegierungen. Einige Stücke weichen mit einem erhöhten Kupfergehalt von über 3 bzw. 5% und entsprechend niedrigeren Silbergehalten von 92 bis 95% etwas ab. Beispiele hierfür sind der Griff eines cyathus HI 55, der große Kantharos HI 63, die beiden konischen Gefäße HI 66 und 67 sowie die Kasserolle 4 HI 72. Der Blattstabbecher 2 HI 8 und die Kasserolle 3 HI 71 weisen leicht erhöhte Bleigehalte auf, das konische Gefäß 1 HI 66 und die Kasserolle 4 HI 72 um Größenordnungen höhere Zinngehalte, was als Hinweis auf die Verwendung von legiertem Messing oder von Metallschrott z.B. in Form von Gefäßen mit verzinnten Oberflächen gewertet werden könnte. An diversen römischen Silbergefäßen sind ebenfalls erhöhte Zinngehalte analytisch nachgewiesen worden, die sogar mehrere Prozent erreichen können553. Als Hinweis auf eine nichtrömische Herkunft können diese Gehalte nicht gewertet werden. Die als Gußstücke identifizierten Gefäße und Gefäßteile des Hildesheimer Silberfundes, z.B. die Griffe des Rankenbechers 1 HI 6 und der ovalen Platte 1 HI 51, weichen mit Silbergehalten von 98,46 und 97,91% nicht von der üblichen hochkarätigen antiken Silberlegierung ab. Nur der analysierte antike Fuß des Napfes HI 37 bildet mit 86,6% Silbergehalt die einzige Ausnahme.

Ag

Cu

Pb

Zn

Au

94,48 97,58 96,54 97,04 93,00 92,64 97,61 94,47

3,09 1,44 0,96 0,89 5,02 5,63 0,92 0,84

0,54 0,97 0,24 0,76 0,47 0,70 0,67 0,57

0,003 0,010 0,004 0,005 0,004 0,004 0,003 0,003

1,89 2,26 1,31 1,51 1,03 0,80 4,12

94,36 94,71 95,34 97,94 97,07 98,67 96,58 94,36

3,06 3,32 3,38 0,89 1,14 0,88 1,12 3,00

0,73 0,72 0,68 0,43 0,93 0,44 1,15 0,58

0,243 0,004 0,004 0,047 0,002 0,004 0,007 0,109

1,61 1,25 0,60 0,69 0,86 1,14 1,95

11. 1. 2. Die Analysen von Janet Lang 1997554 Bei den von Lang publizierten Analysen handelt es sich um Oberflächenanalysen, weil sie absolut zerstörungsfrei ohne Probennahmen durch Bohrungen ins antike Material durchgeführt wurden. Die Ergebnisse entsprechen mit ihren Silber-, Kupfer-, Blei und Goldgehalten weitgehend den Analysen aus dem Rathgen-Forschungslabor. Die hohen Goldgehalte beim Fuß eines kleinen Efeubechers HI 26 und dem Spiegeloder Kasserollengriff 2 HI 43 sind nicht erklärbar, weil an beiden Stücken keine Vergoldungen zu beobachten sind. Der Löwengriff HI 39 mit seinem niedrigen Silbergehalt und erhöhten Kupfer- und Bleianteilen fällt aus dem Gesamtbild heraus und stellt ihn in einen Zusammenhang mit dem Löwenfuß des Napfes HI 37. Die Oberflächenuntersuchungen beider Stücke hat ergeben, daß sie ‚nahe an die Endform’ gegossen worden sind. Es sind nach dem Guß vorwiegend spanabhebende Techniken wie Feilen und Schneiden zum Entfernen der Gußhäute angewandt worden, weniger bzw. gar keine spanlosen Techniken wie Schmieden und Ziselieren. Beide Stücke könnten also als weitere Beispiele in die Liste der Stücke aus einer sog. ‚römischen Gußlegierung’ aufgenommen werden (s.o.).

553

M.J. Hughes/J.A. Hall, X-ray fluorescence analysis of Late Roman and Sassanian silver plate. Journ. Arch. Science 1979, 321344. – Berthoud/Hurtel/Menu 1988 (siehe Anm. 548). – C. Mortimer, Early use of brass in Silver alloys. OxfJA 5, 2, 1986, 233-242. 554

125

Siehe Anm. 109.

Tabelle 20: Analysen von Metalloberflächen von Lang 1997 HI-Nr. 18¹ 18² 25¹ 25¹ 26¹ 26² 39¹ 43¹ 43¹ 43² 43² 43² 46¹ 46¹

Objekt Griff 2 Griff 2, angelötetes Blatt kleiner Efeubecher 2, Wandung kleiner Efeubecher 2, Grundplatte Fuß eines kleinen Efeubechers Fuß, Rand Löwengriff Griff 2, Rückseite Griff 2, Rand Griff 2, Rückseite Griff 2, Befestigung Griff 2, Rückseite Ententeller 2 Ententeller 2

Ag 98 99 98 98 98 88 80 98 98 96 93 96 96 97

Cu 0,6 0,3 0,7 1,1 1,1 0,7 14,8 0,4 0,6 0,7 2 1,3 1,2 1,3

Pb 0,7 0,7 0,8 0,3 0,4 2 4,2 0,3 0,9 0,8 0,9 0,7 0,6

Au 0,1 0,6 0,6 0,5 3 0,6 0,8 1,5 4 2 2 0,8

Siehe Lang 1997, 154 u. 155. ¹ durch Röntgenfluoreszenspektrometrie ermittelt, ² durch energiedispersive Röntgenfluoreszenzanalyse im Rasterelektronenmikroskop ermittelt.

11. 2. Analysen an den Vergoldungen 11. 2. 1. Begriffsklärung Zur Identifizierung der bei den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes in Frage kommenden Vergoldungsmethode muß zwischen Blatt-, Diffusions- und Feuervergoldung unterschieden werden555. Analytisch unterscheiden sich Blatt- und Diffusionsvergoldung von der Feuer- oder Amalgamvergoldung dadurch, daß kein Quecksilber nachgewiesen werden kann, was wiederum für die Feuervergoldung ganz charakteristisch ist. Die Blattvergoldung kommt i.A. an nicht-metallischen Werkstoffen zur Anwendung, also Holz, Stein, Stuck etc., wurde aber auch schon an archäologischen Metallobjekten beobachtet556.

555

Zu den verschiedenen Vergoldungsmethoden und einem vorläufigen geschichtlichen Abriß siehe z.B. K. Anheuser, Antike und neuere Techniken zur Vergoldung von Metallen und Nichtmetallen. BerlBeitrArchäom 13, 1995, 87-97; W.A. Oddy, Gilding of metals in the Old World. In: S. La Niece/P.T.Craddock (eds.), Metal Plating and Patination (London 1993) 171-181; W.A. Oddy, A history of gilding with particular reference to statuary. In: T. Drayman-Weisser, Gilded metals. History, technology and conservation (London 2000) 1-19; J. Wolters, Vergolden. RGA 32, 2006, 179-199. 556 F. Maier, Das Kultbäumchen von Manching. Ein Zeugnis hellenistischer und keltischer Goldschmiedekunst aus dem 3. Jahrhundert v.Chr. Germania 68, 1990, 129-165. – F. Maier, Manching und Tarent. Zur Vergoldungstechnik des keltischen Kultbäumchens und hellenistischer Blattkränze. Germania 76, 1, 1998, 177-216. Mit den Beiträgen: Ch.J. Raub, Technische Untersuchungen an Blattvergoldungen von Manching, Tarent und Sciatbi u. U. Baumer/J. Koller, Prähistorische Klebstoffe für Goldüberzüge auf Metall- und Holzuntergründen. Die Analyse des Klebstoffs auf dem Kultbäumchen von Manching. Germania 76, 1998, 189-207 u. 207-215. – U. Baumer/J. Koller, Das Kultbäumchen von Manching (Teil 2): Untersuchung des prähistorischen Klebstoffs der Vergoldung. Beiträge zur Erhaltung von Kunst- und Kulturgut H. 1, 2003, 80-84.

126

Es handelt sich um ein physikalisches Vergoldungsverfahren, bei dem dünnste Goldblättchen, die sich selbst nicht mehr tragen und ohne Hilfsmittel nicht handhabbar sind, mit Hilfe eines organischen Klebemittels auf die zu vergoldenden Oberflächen aufgebracht werden. Nach Plinius d.Ä. konnte ein Unze Feingold, das sind 27,29 g, soweit ausgeschlagen werden, daß die Projektgruppe Plinius eine Goldblattstärke von ca. 0,3 Mikrometern = 0,0003 mm errechnet hat557. Heutiges Blattgold hat eine Stärke von 0,1 Mikrometer, ist also noch um das Dreifache dünner. Wegen der geringen Stärke der Goldblättchen zeichnet sich auf der Goldoberfläche die Oberflächenstruktur des Untergrundmaterials ab, die entsprechend behandelt sein muß. Eine Nachpolitur ist erst nach Abtrocknen des Klebemittels bedingt möglich. Die Methode der Diffusionsvergoldung wurde zuerst von Oddy u.a. 1981 beschrieben und definiert558. Diffusionsvergoldung kommt ausschließlich bei Silberobjekten vor; bei Bronze und Messing ist sie noch nicht beobachtet worden. Nach der Literatur ist die Diffusionsvergoldung in hellenistischer und frührömischer Zeit gebräuchlich gewesen. Es handelt sich um eine metallurgische Vergoldungstechnik, die ohne Hilfsmaterialien wie Klebstoffen oder Loten auskommt. Stärkere Gold- und Silberbleche werden aufeinanderliegend zusammen weiter ausgeschmiedet, u.U. unter Einsatz einer Wärmebehandlung, 557

Projektgruppe Plinius, Gold und Vergoldung bei Plinius d.Ä. Gold und Vergoldung in der Naturalis Historia des älteren Plinius und anderen antiken Texten mit Exkursen zu verschiedenen Einzelfragen (Tübingen 1993) 14 Buch 33 § 61 mit Anm. 10. – Andere Autoren haben 0,5 Mikrometer errechnet, siehe Ch.J. Raub, Die Vergoldung in Vor- und Frühgeschichte Teil I: Blattvergoldung. METALL 40, 7, 1986, 690-692. 558 W.A. Oddy/N. Meeks, A Parthian bowl: study of the gilding technique. MASCA-Journal 1, 1978, 5-6. – W.A. Oddy/S. La Niece/J.E. Curtis/N. Meeks, Diffusion bonding as a method of gilding in antiquity. MASCA-Journal 1 (8) 1981, 239-241. – Zuletzt: Becker/Füting/Hammer/Sieblist 2003 (siehe Anm. 501).

was die interkristalline Bindung zwischen den Metallschichten verstärken könnte; es kann von einem Verbundwerkstoff gesprochen werden. Eine ähnliche Wirkung dürfte die ausgiebige Bearbeitung einer mit einer dünnen Goldschicht belegten Silberoberfläche mit Punzen hervorrufen, da auch hier die beiden Metalle gemeinsam durch Druck miteinander verzahnt werden. Theoretisch denkbar wären aber auch Übergänge zwischen Blatt- und Diffusionsvergoldung, indem die Goldschicht mit Klebemittel auf eine noch unverzierte Objektoberfläche aufgebracht und dann mit Punzen zusätzlich metallurgisch befestigt würde. Allerdings ist schwer abschätzbar, inwieweit das Klebemittel die metallurgische Verbindung zwischen den Metallflächen nicht doch behindern würde. Die Stärke der Goldschicht kann je nach der Art der angewendeten Technik variieren. Bei einem verschmiedeten Blech aus zwei Edelmetalllagen verändert sich die Stärke der Goldschicht zusammen mit dem Silberuntergrund im Laufe der Weiterverarbeitung proportional; an weniger bearbeiteten Bereichen bleibt auch die Goldschicht stärker, an stärker ausgeschmiedeten Stellen verringert sich auch die Goldschicht entsprechend. Dieser Effekt kann z.B. an silbernen griechischen Omphalosschalen der Spätarchaik und des Frühhellenismus mit separat gearbeiteten diffusionsvergoldeten Omphalosabdeckungen beobachtet werden559. Eine Feuervergoldung ist analytisch durch den Quecksilbergehalt identifizierbar560. Die gut gereinigte Werkstoffoberfläche wird mit einem Goldamalgam, das ist in Quecksilber gelöstes Gold, oder reinem Quecksilber bestrichen, wobei in letzterem Fall auf dieses lokal erzeugte Silberamalgam Blattgold auflegt wird und sich ‚in situ‘ ein Gold-Silber-Amalgam bildet. Dieses Verfahren soll daran erkennbar sein, daß die kantigen Konturen der zurechtgeschnittenen Blattgoldstückchen auf der Objektoberfläche erhalten bleiben und zusätzlich Quecksilber analytisch nachweisbar ist561. In jedem Fall muß zuletzt eine Wärmebehandlung erfolgen, durch die das Quecksilber verdampft wird. Trotzdem verbleibt immer ein analysierbares Quantum von Quecksilber auf der Oberfläche zurück, das sich in der Menge von 5% und mehr deutlich von den geringeren Quecksilbergehalten von 13% in Silberlegierungen unterscheidet, die aus den Silbermineralien oder aus recyceltem feuervergoldetem Altsilber stammen können562. Als Abschlußbehandlung muß 559

Zwei Omphaloschalen in der Antikensammlung Berlin: Inv. 30481 aus dem Schatzfund von Paternò und Inv. 1993. 281/ ehem. Sammlung Brommer 335. – Zu Paternò: Platz-Horster 2003 (siehe Anm. 245). – Zur Schale Sammlung Brommer: F. Brommer, Aus einer früheren Mainzer Sammlung. Arch. Anz. 1987, 229-238, bes. 231-232. 233 Abb. 7.8. – M. Krumme, Kunst und Archäologie. Die Sammlung Brommer (Berlin 1989) 34 mit Abb. 57 Kat. 335. 560 Streng genommen ist auch die Feuervergoldung eine Diffusionsvergoldung, weil Zwischenlegierungen gebildet werden; hierbei allerdings unter Einsatz des Hilfsstoffes Quecksilber. 561 Sobottka-Braun 1997 (siehe Anm 499). 562 Zur Problematik geringfügiger Goldmengen in antiken Silberlegierungen: M. Becker/H. Schnarr/M. Füting, Vergoldete Silberpreßbleche der römischen Kaiserzeit aus materialkundlicher und technologischer Sicht. In: Terra & Praehistoria. Fest-

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noch eine Politur mit Tüchern oder Poliersteinen erfolgen, um die blasig-schwammige Oberfläche zu glätten, die beim Abdampfen des Quecksilbers entsteht. Da ein vollkommenes Einebnen der Textur der Vergoldungsschicht nicht möglich ist, kann eine Feuervergoldung im Rasterelektronenmikroskop oder im metallographischen Schliff auch an ihrer Porigkeit erkannt werden. Die Schichtstärke einer Feuervergoldung liegt mit ca. 2 bis 10 Mikrometern deutlich über der von Blattvergoldungen und kann je nach der Oberflächengeometrie des Werkstückes erheblich variieren, weil sich das Amalgam in Vertiefungen sammelt und dort stärkere Vergoldungsschichten hinterläßt als auf erhabenen Stellen. Derzeit ist die Bedeutung des Quecksilbergehaltes zur Identifizierung einer Feuervergoldung wieder in der Diskussion. Es haben sich zwei Fraktionen gebildet, die den Nachweis von Quecksilber auf antiken vergoldeten Silbergegenständen unterschiedlich beurteilen. Für eine Seite ist der qualitative Nachweis auch geringster Gehalte von Quecksilber mit hochempfindlichen Nachweismethoden ausreichend für eine Identifizierung als Feuervergoldung563. Die andere Seite möchte erst dann von einer Feuervergoldung sprechen, wenn der Quecksilbergehalt bei 8-25% liegt564, weil geringe Mengen von Quecksilber schr. Klaus Jäger. Beitr. z. Ur- und Frühgesch. Mitteleuropas 9 (Wilkau-Hasslau 1996) 99-106, bes. 103. – H. Schnarr, Charakterisierung der Bearbeitung und der Verwendung archäologischer Werkstoffe mittels atmosphärischer Rasterelektronenmikroskopie. BerlBeitrArchäom 15, 1998, 5-90, bes. 56-58. 563 H. Lechtman, Ancient methods of gilding silver: Examples from the Old and the New Worlds. In: R.Brill (ed.), Science in Archaeology (1971) 2-30, bes. 29 Tab. A.1. – W.A. Oddy/N.D. Meeks, Report on the scientific examination of the metal fitments of the drinking horn. In: R. Bruce-Mitford, The Sutton Hoo ship burial vol. 3,2: Late Roman and Byzantine silver, hanging bowl, drinking vessels, cauldrons and other containers, textiles, the lyre, pottery bottle and other items (London 1983) 396-401, bes. 401. – J. Lang/M.J. Hughes/W.A. Oddy, Report on the scientific examination of the Sea City dish 62, the Achilles dish 63 and some other items. In: Cahn/Kaufmann 1984, 375381, bes. 377. – W.A. Oddy, The gilding of Roman silver plate. In: F. Baratte (ed.), Argenterie Romaine et Byzantine. Actes de la table ronde (Paris 1988) 9-21, bes. 14-15. – M. Hughes/J. Lang/S. La Niece/W.A. Oddy, Technologie de l’argenterie romaine. In: Kat. Paris 1989, 21-28, bes. 28. – P. Meyers, Elemental compositions of the Sion treasure and other Byzantine silver objects. In: S.A. Boyd/M. Mundell Mango (eds.), Ecclesiastical silver plate in sixth-century Byzantium (Dumbarton Oaks 1993) 169-195. – Lang 1997, bes. 156 u. 164. – Baratte/ Lang/La Niece/Metzger 2002 (siehe Anm. 243), bes. 102 Tab. rechte Spalte. – Ch. Wunderlich 2005 auf www.archlsa.de/fundeder-monate/08.05/chemikerstreit.htm, vom 08.05.2005. 564 P.A. Lins/W.A. Oddy, The origins of mercury gilding. JAScien 1975, 2, 365-373, bes. 370. – L. Beck/F. Beck/Ch. Èluère/F. Vallet, études de dorures gallo-romaines et mérovingiennes. Antiqu. Nationales 22/23, 1990/1991, 95-110. – K. Anheuser, The practice and characterization of historic fire gilding techniques. JOM. The Journal of the Minerals, Metals & Materials Society 49, 1997, 58-62, bes. 62. – F. Faßbender u.a., Röntgenfluoreszenzanalyse der Lanx von Bizerta. In: H.-H. v. Prittwitz u. Gaffron/H.Mielsch, (Hrsg.), Das Haus lacht vor Silber (Bonn 1997) 202-212, bes. 210. – P. Northover/K. Anheuser, Gilding in Britain: Celtic, Roman and Saxon. In: DraymanWeisser (siehe Oddy 2000 in Anm. 555), 109-121, bes. 119. –

in natürlichen Goldvorkommen enthalten sein oder eine natürliche Kontamination bilden können565. Einigkeit herrscht lediglich darin, daß die völlige Abwesenheit von Quecksilber eine Feuervergoldung ausschließt und für eine Blatt- oder Diffusionsvergoldung spricht. Bei der Feuervergoldung weichen Schriftquellen und Objektbelege vorläufig chronologisch noch voneinander ab. Die Kenntnis der Feuervergoldung ist für das 1. vor- und das 1. nachchristliche Jahrhundert durch Erwähnungen und Beschreibungen beim römischen Architekten Vitruv und dem Naturforscher Plinius d.Ä. belegt566. An Objekten dieser Zeit ist die Feuervergoldung dagegen nur an einer äußerst geringen Anzahl von Stücken belegbar; die Analysen sind lediglich qualitative Nachweise von Quecksilber. Zu nennen sind eine Silberkanne in einer deutschen Privatsammlung und ein simpulum aus dem Schatz von Arcisate, I, beide ins 1. Jh. v.Chr. datiert567. Als Objekte aus dem vorrömisch-keltischen Raum können Fragmente von zwei bronzenen Torques im Snettisham Hoard, GB und eine keltisch-römische Fibel aus Carmarthen in Wales, GB, datiert zwischen 25 und 50 n.Chr. angeführt werden568. Außerdem sind an einigen vergoldeten keltischen Silber- und Bronzemünzen Quecksilbergehalte analysiert worden569. Der grundlegende, relativ plötzliche technologische Wandel hin zur Feuervergoldung als üblicher Vergoldungstechnik dürfte nach dem derzeitigen Forschungsstand im 2. Jh. n.Chr. stattgeP. Dandridge, A study of the gilding of silver in Byzantium. Ebd. 123-143. 565 C.C. Patterson, Native copper, silver, and gold accessible to early metallurgists. American Antiqu. 36, 1971, 286-321, bes. 301-302. – W.A. Oddy/N. Meeks 1983 (siehe Anm. 563). 566 C. Fensterbusch (Hrsg.), Vitruv, Zehn Bücher über Architektur (Darmstadt 1964) 343 VII, 8, 4. – R. König/G. Winkler (Hrsg.), C. Plinius Secundus d.Ä., Naturkunde Buch 33 (Darmstadt 1984) Kap. XX/§64-65 u. Kap. XXII/§100. – Projektgruppe Plinius 1993 (siehe Anm. 557). 567 Lins/Oddy 1975 (siehe Anm. 564), 367 Nr. 18 (Arcisate). – Oddy 1988 (siehe Anm. 563), bes. 14-15. – Zur Kanne siehe Anm. 550. Die Kanne ist insbesondere wegen ihrer singulären Herstellungstechnik und der unklaren Herkunft als dubios einzustufen, auch wenn E. Künzl aus stilistischen Gründen „keine Zweifel an der Echtheit“ hat. – Zum Schatz von Arcisate: P. Piana Agostinetti, La technique de la mise en forme de la vaisselle d’argent tardo-républicaine: quelques remarques au sujet des services à vin de Boscoreale aux Musei Capitolini et d’Arcisate. In: G. Nicolini/N. Dieudonne-Glad (dir.), Les métaux antiques: travail et conservation (Montagnac 1998) 39-46. – P. Piana Agostinetti/S. Priuli, Il tesoro di Arcisate. Archaeologia Classica 37, 1985, 182-237. 568 Northover/Anheuser 2000 (siehe Anm. 564), 109-121, bes. 111-112. – Boon/Savory 1972 (siehe Anm. 551). – J.P. Northover/C.J. Salter, The decorative metallurgy of the Celts. Materials Characterization 25, 1990, 109-123. 569 U. Zwicker, Untersuchungen an goldplattierten keltischen und griechischen Münzen. Jahrb. Num. u. Geldgesch. 23, 1973, 115-117. – A. Oddy/M.R. Cowell, The technology of gilded coin forgeries. In: M.M. Archibald/M.R. Cowell (eds.), Metallurgy in Numismatics 3, 1993, 199-226. – K. Anheuser, Im Feuer vergoldet. Geschichte und Technik der Feuervergoldung und der Amalgamversilberung (Stuttgart 1999) bes. 15-16. – Northover/Anheuser 2000 (siehe Anm. 564), bes. 112. – Oddy 2000 (siehe Anm. 555), bes. 6.

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funden haben; jedenfalls läßt sich erst auf einer statistisch relevanten Anzahl von Objekten des 2. und 3. Jhs. Quecksilber in einer für die Feuervergoldung signifikanten Menge nachweisen. Eine Kanne im Schatzfund von Chaourse, datiert ins 2./3. Jh., weist sowohl reine Diffusions- als auch Feuervergoldung auf und scheint somit ein Objekt der Übergangsphase zu bilden570. Optisch können die oben genannten Vergoldungsarten im Mikroskop nur mit Erfahrung und Hintergrundkenntnissen unterschieden werden, wobei im Idealfall immer eine Analyse auf Quecksilber erfolgen sollte, um zumindest eine Feuervergoldung ausschließen zu können. Optischer Indikator für eine Feuervergoldung ist die blasigschwammige Struktur, die sich in gravierten oder ziselierten Dekorlinien auf der Objektoberfläche erhalten haben kann. Diese vertieft liegenden Flächen werden beim Poliervorgang nicht erreicht, so daß die Oberflächenmatrix vom Zeitpunkt nach der Quecksilberabdampfung hier nicht verändert werden konnte. Blatt- und Diffusionsvergoldungen können analytisch nicht unterschieden werden, da i.A. bei bodengelagerten Fundstücken ein Nachweis von organischen Klebemitteln nicht mehr möglich ist, die eine Blattvergoldung belegen würden. Lediglich der Grad der Erhaltung und die Stärke der Goldschicht geben optische Anhaltspunkte für die Beurteilung. Da die Adhäsion von Blattgold nach dem Abbau eines organischen Klebemittels auf der Silberoberfläche nicht mehr gewährleistet ist, treten bei Blattvergoldungen deutlichere Verluste des Blattgoldes auf als bei metallurgisch gebundenen Diffusionsvergoldungen. Durch die metallurgische Verzahnung der Metallkristallite ist aus den beiden Metallschichten ein Verbundwerkstoff geworden, dessen Bindung durch die Bodenlagerung nicht angegriffen werden kann; lediglich die bevorzugte Korrosion des Silbers könnte zur ‚Aufspaltung‘ des Werkstoffes führen. Theophilus Presbyter beschreibt eine Art Diffusionsvergoldung, bei der Gold- und Silberblech vor dem Schmiedeprozeß allerdings mit Hartlot miteinander verbunden werden571. 11. 2. 2. Analysen auf Quecksilber an den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes Der Begriff der Feuervergoldung für die Teilvergoldungen an den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes erscheint zum ersten mal bei Froehner 1869: „[…] toute la surface [der Athena-Schale HI 1, …] a été dorée au feu.”572. Pernice/Winter 1901 übernehmen diese Aussage, ohne sie aber auf analytischem Wege verifiziert zu haben: „Als Vergoldung ist ausschließlich Feuervergoldung, nicht Blattvergoldung, angewendet.“573 Da auch Schertel 1871 bei den Proben mit Goldgehalten keine Angaben zu einem Nachweis von Quecksilber macht, bleibt unklar, ob 570

Kat. Paris 1989, 113 Kat. 50. – Hughes/Lang/La Niece/Oddy 1989 (siehe Anm. 563) u. Kat. Paris 1989, 113 Kat. 50. 571 E. Brehpohl, Theophilus Presbyter und das mittelalterliche Kunsthandwerk, Bd.2: Goldschmiedekunst (Köln, Weimar, Wien 1999) 214 Rezept 77. 572 Froehner 1869 (Abschrift ohne Seitenangaben). 573 Pernice/Winter 1901, 18.

jemals eine analytische Grundlage zur Beurteilung der Vergoldungstechnik vorhanden gewesen ist; vermutlich aber nicht. Wie viele der Aussagen zu Herstellungs- und Dekorationstechniken von Pernice/Winter 1901 ist auch die Bezeichnung der Feuervergoldung unkritisch bis in die neueste Literatur übernommen worden ist574. Lang hat 1997 am Löwengriff HI 39 und am Ententeller 2 HI 46 qualitativ Spuren von Quecksilber nachgewiesen und diese als Belege für Feuervergoldungen angesehen. 11. 2. 2. 1. Die Probeserie im Rathgen-Forschungslabor Im Zuge der vorliegenden Untersuchung wurden im März 2004 zunächst probeweise zerstörungsfrei qualitative Röntgenfluoreszenzanalysen der Oberflächen von sechs

Fragmenten mit Vergoldungen im Rathgen-Forschungslabor durchgeführt. Hierbei interessierte ausschließlich der Nachweis von Quecksilber in Form deutlicher Ausschläge in der Analysekurve (Tab. 21). Lediglich an den Fragmenten des gegossenen Griffes der Kanne HI 44 konnte Quecksilber in signifikanter Menge nachgewiesen werden575. Alle anderen beprobten Fragmente, auch die weiteren drei der Kannenwandung blieben hinsichtlich eines Quecksilbernachweises negativ. Auch unter Berücksichtigung der kleinen Anzahl von Proben schien sich anzudeuten, daß an den Gefäßen und Geräten des Hildesheimer Silberfundes wohl nicht Feuervergoldung als die ‚übliche’ Vergoldungstechnik angewendet wurde. An der ganz überwiegenden Zahl der Objekte muß vermutlich eine Vergoldung ohne Quecksilber durchgeführt worden sein, weil kein qualitativer Quecksilber-Nachweis möglich ist.

Tabelle 21: Qualitative Röntgenfluoreszenzanalysen im Rathgen-Forschungslabor HI-Nr. 1 8 44

Objekt Athena-Schale Blattstabbecher 2 Kanne

60 66 67

Platte mit Reliefauflage konisches Gefäß 1 konisches Gefäß 2

Ort der Analyse Fragment des Emblems Hohlkehle unterhalb des Randes Mündungsrand mit Eierstab Schulterring mit Blattstab Wandfragment Griff Relieffragment Wandung Wandung

Zum Vergleich wurden außerdem einzelne in hellenistische und frührömische Zeit datierte Silberobjekte der Antikensammlung Berlin qualitativ auf Quecksilber untersucht. Dies waren ein beidseitig flach reliefiertes und vergoldetes Randfragment eines großen, dickwandigen Gefäßes sowie zwei Handspiegel aus dem sog. Mädchengrab aus Rom, das durch ein Kupferas des Tiberius datiert ist576. Bei den Röntgenfluoreszenzanalysen dieser vier Stücke konnte ebenfalls kein Quecksilber nachgewiesen werden, was entsprechend zur Vermutung von Diffusions- oder Blattvergoldungen führte. Besonders gut erhalten sind die Vergoldungen auf dem Randfragment, bei dem, wie bei den konischen Gefäßen HI 66 und 67, die vergoldeten Hintergrundflächen mit einer Mattierpunze aufgerauht sind, was gleichzeitig die Diffusionsverbindung erheblich verbessert haben dürfte. Die Vergoldungen auf den randbegleitend einpunzierten Eierstä-

ben bei den beiden Handspiegeln sind dagegen relativ schlecht erhalten. Hier konnten im Mikroskop sich ablösende Goldflusen beobachtet werden, was im Vergleich mit dem eierstabverzierten Mündungsrand der Kanne HI 44 mit gut erhaltener Vergoldung die Vermutung von Blattvergoldungen nahelegt. Das Fehlen von Quecksilber am Mündungsrand der Hildesheimer Kanne und der gute Erhaltungszustand der Vergoldung lassen hier eine Diffusionsvergoldung vermuten. Das kräftige Punzieren des tiefen Eierstabes könnte als Haftvermittlung zwischen Goldauflage und Silberuntergrund gewirkt haben. Die Eierstäbe der Spiegel sind zwar ebenfalls punziert, aber sehr viel flacher, so daß entweder das Punzieren nicht zu einer guten Haftvermittlung geführt hat oder hier tatsächlich eine Blattvergoldung mit einem organischen Klebemittel vorliegt.

575 574

Platz-Horster 1998. 576 Inv. Journal 1843. 150. 83 u. Misc. 30891a,b. – B. Niemeyer, „Spieglein, Spieglein in der Hand …“. Das Silber aus dem Mädchengrab von Rom wurde in der Berliner Antikensammlung neu restauriert. Museumsinsel Berlin. Neues aus der Antikensammlung und dem Vorderasiatischen Museum. AW 36, 2005, 29-31.

129

Vorkommen von Quecksilber ja -

Lang 1997 hat am Löwengriff HI 39 und am Ententeller 2 HI 46 Spuren von Quecksilber analysiert und diese als Hinweis auf Feuervergoldung interpretiert; siehe Lang 1997, Tab. S. 155: 2% Hg; 156 u. 164. 577 H. Bronk u.a., ArtTAX®: A new mobile spectrometry for energy dispersive micro X-ray fluorescence spectrometry on art and archaeological objects. Fresenius’ Journal of Analytical Chemistry 371, 2001, 307-316.

denn in beiden Fällen konnte nur beim Griff der Kanne HI 44 Quecksilber in signifikanter Menge nachgewiesen werden. Die geschätzten geringfügigen Mengen von 0,5 bis 2,25% der BAM-Serie fallen unter die in Diskussion befindlichen Minimalmengen, deren Nachweis als Beleg für eine Feuervergoldung unsicher ist. Acht von neun Objekten bzw. Objektteilen und -fragmenten der Probeserie im Rathgen-Forschungslabor wurden in der BAMSerie erneut analysiert. Lediglich der Griff der Kanne HI 44 ergab bei beiden Analyseserien signifikante Quecksilbernachweise. Die sieben anderen in beiden Probeserien untersuchten Objekte ergaben im Rathgen-Forschungslabor keinen Quecksilbernachweis, in der BAM nur äußerst niedrige Quecksilbergehalte von ca. 1%, die evt. bei der Anlage im Rathgen-Forschungslabor unter der Nachweisgrenze liegen.

11. 2. 2. 2. Die Analysenserie in der BAM Eine weitere Serie von Oberflächenanalysen wurde im September 2004 an 15 Objekten des Hildesheimer Silberfundes mit einem atmosphärischen Röntgenfluoreszenzgerät in der BAM durchgeführt577. An den Vergoldungen wurden 20 Messungen gemacht, vier allein an den Teilen der Athena-Schale HI 1, das Basismetall Silber wurde in 27 Fällen analysiert (Tab. 22). Ziel dieser Untersuchung war es, durch den Nachweis bzw. die Abwesenheit von Quecksilber Feuervergoldung bzw. eine andere Art der Vergoldung nachzuweisen. Im Prinzip stimmt das Ergebnis der BAM-Analysenreihe mit der Probeserie im Rathgen-Forschungslabor überein,

Tabelle 22: Röntgenfluoreszenzanalysen in der BAM Misc. 3779, 1

2

Objekt Athena-Schale: • Schale • Emblem • Emblemring • Fuß • Griff 1, Schlaufe • Griff 1, Daumenplatte • Griff 2, Schlaufe • Griff 2, Daumenplatte Herakles-Schale: Emblem

3 4 7

Kybele-Schale: Emblem Attis-Schale: Emblem Blattstabbecher 1

2-01 3-01 4-01 7-01

8

Blattstabbecher 2

8-01

47 66

Zehnmaskenbecher 2: • Innenbecher • Außenbecher großer Efeubecher 1 kleiner Efeubecher 2: Schale Napf: Fuß cyathus: • Schale • Griff Kanne: • Wandfragment • Eierstab • Blattstab • Griff Ententeller 3 konisches Gefäß 1

67

konisches Gefäß 2

14

20 25 31 36

44

Analyse-Nr. Vergoldung

Analyse-Nr. Silber

1-Schale-01 1-Emblem-01-06 1-Ering-01-02 1-Fuß-01

1-Schale-02 1-Emblem-07 1-Ering-03 1-Fuß-02 1-Griff1-01 1-Griff1-02-03 1-Griff2-01 1-Griff2-02-03 2-02 3-02 4-02 7-02 7-03 (Fuß) 8-02 8-03 (Fuß)

14-01 14-03, 14-05

14-02 14-04 20-01 25-01 31-01

36-01 (Bodenmitte) 36-02

36-04 36-03

44-03 44-01 44-02 44-Griff-01 47-01 66-01 (Zierzone 4) 66-03 (Zierzone 2) 67-01, 67-03

44-04

130

44-Griff-02 47-02 66-02 67-02

silbergehalte weisen sicher eine Feuervergoldung nach, niedrige Quecksilbergehalte schließen sie aber nicht mit Sicherheit aus.

12 10 8 6 4 2 0 47 -0 14 1.a -0 s 44 1.a r -0 s 66 1.a r -0 s r 66 1.a -0 s r 7- 3.as 01 r 3- .as 0 67 1.a r -0 s r 1Em 8 3.a bl -01 s r em .a - s 14 05 r -0 .as 14 3.a r -0 s r 2- 5.as 0 67 1.a r -0 s r 44 1.a -0 s r 1- 36- 3.a er 02 s r in .a g- s 0 r 4- 2.a 101 s r E 44 . 1- mb -0 as r Em l em 2.a b - sr 1- l em 04. 1- er -0 as E in 1 r 1- mb g-0 .as Em l em 1.a r 1- bl -0 s r Em em 6. bl -0 as r em 3. 1- 3 -0 as r Sc 6 2. h -0 as 1- ale- 1.a r An fus 01 s r h s .a An eu -01 sr h e ser .as An u 01 r h se .a An eu r04 sr h e ser .a s 44 use 02. r -G r0 a s ri f 3.a r f-0 s 1. r as r

Hg [%]

Solange die Aussagekraft äußerst niedriger Quecksilbergehalte in Vergoldungsschichten ungeklärt bleibt, muß das vorläufige Fazit unbefriedigend bleiben: hohe Queck-

Abschätzung der Quecksilber-Gehalte in den Goldschichten (Diagramm M. Radtke, BAM)

11. 3. Analysen der Lote 11. 3. 1. Hartlot An den Hildesheimer Gefäßen kommen nur relativ wenige Hartlötungen vor. So sind an der Athena-Schale HI 1 jeweils beide Teile der Griffe sowie weit hervorstehende und den Rand überragende Einzelteile wie die Helmbüsche und die Spitze des rechten Fußes der Athena auf dem Emblem hart verlötet; auch beim Girlandenbecher HI 10 sind beide Griffelemente hart verlötet. Die separat angefertigten Füße der beiden Blattstabbecher HI 7 und 8 sowie die Standringe an der Herakles-Schale HI 2, der Kasserolle 3 HI 71 und der Platte HI 73 sind ebenfalls hart verlötet. Diverse Hartlötungen sind an den einzelnen Griffen HI 17 und 18 und dem Griff des Kantharos HI 63 zu beobachten (Abb. 163, 182 u. 183). Analysen von Hartlotverbindungen an Teilen der Hildesheimer Gefäße liegen nur von Lang 1997 vor. Die silberne Farbe, die oftmals zu beobachtende blasige Struktur und die Haltbarkeit der Lötung während der Bodenlagerung sprechen auch ohne analytischen Nachweis eindeutig für Hartlötungen, so daß neue Analysen der Lote nicht durchgeführt wurden. Blasige Strukturen in den Lotflächen sind insbesondere bei den Grifflötungen von Athena-Schale HI 1 und Girlandenbecher HI 10 sowie den vielen Lötungen an den beiden Griffen HI 17 und 18 zu beobachten. Beim Griff HI 18 konnte Lang verschiedene Lotzusammensetzungen nachweisen: Silber mit erhöhtem Kupfergehalt, Silber mit Blei sowie Silber mit Kupfer und Blei. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, daß Lote unterschiedlicher Zusammensetzungen wegen ihrer abnehmenden Schmelzbereiche mit Bedacht für die nacheinander erfolgenden Lötungen verwendet wurden. Durch die Abstufung der Lote nach ihren Schmelzpunkten wird der Gefahr eines erneuten Fließens der alten Lötstellen bei den nachfolgenden Lötungen vorgebeugt.

131

Durch Analysen sind mittlerweile antike Hartlote unterschiedlicher Zusammensetzungen bekannt geworden. Zunächst handelt es sich um Silberlegierungen mit einem stark erhöhten Kupfergehalt von 20-30%, die im Bereich der eutektischen Legierung mit 72% Silber und 28% Kupfer liegen. Diese Legierung hat mit 778o C den niedrigsten Schmelzbereich und eignet sich daher insbesondere als Hartlot für Silber. An der Kanne aus dem Schatzfund von Chaourse wurden bei einer antiken Reparatur Silberbleche mit einem entsprechenden Hartlot verlötet576. An diversen Silbergefäßen und -geräten konnten Silber-Zinn-Lote unterschiedlicher Zusammensetzungen analysiert werden. Die Spannbreite reicht von 80% Silber und 20% Zinn mit einem Schmelzpunkt von über 700o C als Hartlot bis zum ungekehrten Mengenverhältnis von 20% Silber und 80% Zinn. Die eutektische Legierung aus 98% Zinn und 2% Silber hat einen Schmelzpunkt von 221o C, so daß die zweite Silber-Zinn-Legierung als Weichlot zu betrachten ist. An zwei singulären Objekten wurde ein Silber-Quecksilber-Hartlot analysiert, in beiden Fällen vermutlich an Reparaturstellen. Nur in einem Fall konnte das Quecksilber auch analytisch nachgewiesen und in einem Experiment die Durchführbarkeit der Lötung gezeigt werden577. Auch für Hartlote liegen in der antiken Literatur diverse Rezepte vor. Plinius d.Ä. nennt ausschließlich Zinn als Lot für Silber, also Weichlot578.

576

J. Lang/M.J. Hughes, Soldering on late Roman silver. In: F. Baratte (ed.), Argenterie Romaine et Byzantine. Actes de la table ronde (Paris 1988) 27-31, bes. 29. 577 J. Olive, The hard soldering of silver in antiquity. BSc-Dissertation auf Mikrofiche, University College London, Institute of Archaeology (London 1979). – J. Lang/M.J. Hughes, Soldering on Roman silver plate. OxfJA 3, 1984, 77-107, bes. 88-91. – Lang/Hughes 1988 (siehe Anm. 578), bes. 28. 578 König/Winkler 1984 (siehe Anm. 566), Kap. XXX/§94. – Eine Diskussion der antiken Schriftquellen zu Hart- und Weichloten sowie zur möglichen Zusammensetzung von Plinius’ stagnum siehe Lang/Hughes 1984 (siehe Anm. 579).

11. 3. 2. Weichlot Schon Wieseler erwähnt 1868 die Analyse eines Weichlotes: „Eine geringe […] Menge von ungefähr 0,1 Gramm Loth […] besteht […] aus Zinn, welches zum Theil im Lauf der Zeit in die schwer auflösbare, krystallisirte Zinnsäure übergegangen ist. Dem Zinn war etwas Silber und Kupfer beigemengt.“579 Üblicherweise besteht Weichlot aus einem Zinn-Blei-Gemisch. Die Verwendung dieser Lote zur Befestigung von Standfüßen, Griffen und Henkelattaschen ist an antiken Silber- und Bronze/Messing-Objekten weithin belegt. Die Bestandteile korrodieren während der Bodenlagerung schnell, so daß die angesetzten Elemente bei der Ausgrabung üblicherweise nur noch lose vorliegen. Darüber hinaus haben Analysen von antiken Weichloten inzwischen eine breite Palette von Lotmischungen ergeben, wobei der Übergang zum Hartlot fließend ist. So sind Lote aus 80% Zinn und 20% Silber oder 97,5% Blei und 2,5% Silber wegen ihrer niedrigen Schmelzbereiche als Weichlote zu betrachten (s.o.). Lang hat 1997 insbesondere die Lote untersucht und verschiedene Weichlotzusammensetzungen ermitteln können: beim Spiegel- oder Kasserollengriff HI 43 ein typisches Weichlot aus Zinn und Blei, am einzelnen Fuß eines weiteren Efeubechers HI 26 ein Gemisch aus Zinn, Kupfer und Blei sowie bei der Fußlötung am Ententeller 2 HI 46 Zinn, Blei und Kupfer580.

11. 4. Analysen des Niellos Die Nielloeinlagen in den Efeubechern HI 20-25 ragen mit ihren Oberflächen über die umgebenden Silberoberflächen hinaus und weisen vielfach feine Spalten zum angrenzenden Silber auf. Diese Beobachtung hat schon Lang dahingehend interpretiert, daß aus einer Nielloplatte ausgesägte Teile in die Aussparungen der Gefäßwandung eingelassen oder hineingepreßt wurden. Beim Einschmelzen von Niello wäre zu erwarten gewesen, daß Niellomasse auch in die Zweige geflossen wäre, selbst wenn schon vorher die Tauschierung der Drähte ausgeführt gewesen wäre. Beim anschließenden Abfeilen und Polieren des überschüssigen Niellos, wäre eine schlüssige Wandfläche entstanden. Dies ist aber bei allen Hildesheimer Efeubechern HI 20-25 nicht zu beobachten. Ein Einschmelzen des Niellos wäre bei den Efeubechern auch 579

Wieseler 1868a, 25 Anm. 1. – Ohne eine Angabe, von welchem Objekt die Probe stammt. – Die Analyse wird auch von Holzer 1870, 7 erwähnt. – Ein vergleichbares Ergebnis erbrachte eine 1891 durchgeführte Analyse von Weichlotresten am Silberkessel von Gundestrup; siehe J.H. Andersen, Previous scientific investigations. In: S. Nielsen u.a., The Gundestrup cauldron. New scientific and technical investigations. Acta Arch. 76, 2005, 1-58, darin 3-9, bes. 5. 580 Zinn-Blei-Lote enthalten mehr Zinn als Blei, um die Gefahr von Lotfraß durch das Blei zu vermindern. Die Kupfergehalte in den beiden anderen Loten kann Lang sich nicht erklären, weil sie eigentlich die Schmelzpunkte heraufsetzen. Möglicherweise handelt es sich um Kupferkorrosionsprodukte aus der Silberlegierung.

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gar nicht möglich gewesen, da das flüssige Niello bei der vorliegenden Form der Näpfe aus den Aussparungen wieder herausgeflossen wäre. Daher ist das Einlegen fester Niellostücke die einzig mögliche Montagemöglichkeit bei den Efeubechern. Bei einer Platte im Schatzfund von Chaourse wurde eine Swastika aus mehreren einzelnen Niellostreifen zusammengesetzt581. Diese Technik ist schon als Niello-Tauschierung bezeichnet worden582. Die qualitative Analyse einer Niello-Einlage vom kleinen Efeubecher 2 HI 25 durch Lang 1997 ergab Silbersulfid mit Spuren von Kupfer und Blei. Nach diversen Autoren ist für das Niellieren von Silberobjekten in der frühen römischen Kaiserzeit vorwiegend ein reines Silbersulfid verwendet worden. Gerade für dieses Niello ist es bezeichnend, daß es nur bis zum Erweichen erwärmt und in die ausgearbeiteten Gruben im Rezipienten gepreßt wird, weil das Sulfid beim Schmelzen in oxidierender Atmosphäre in seine Ausgangselemente, also Silber und Schwefel, reduziert würde583. Als Ausnahmen von dieser ‚Regel’ sind drei silberne Rhyta aus hellenistischer Zeit bekannt, die sowohl mit monometallischem Silberniello als auch mit trimetallischem Silber-Kupfer-Blei-Niello dekoriert sind. Das monometallische Niello ist durch Aufpressen appliziert, das trimetallische durch Aufschmelzen584. Auf Messingbeschlägen von Pferdegeschirr mit Folienversilberung aus der frühen römischen Kaiserzeit wurde bimetallisches Silber-Kupfer-Niello analysiert585. Nach der Oberflächenstruktur sind die Nielloeinlagen in den Efeubechern HI 20-25 ebenfalls durch Einpressen appliziert worden, was für ein monometallisches Silberniello spricht; die Kupferanteile könnten als Verunreinigung 581

S. La Niece, Niello: An historical and technical survey. Antiqu. Journal 63 (2) 1983, 279-297, bes. 285 und Taf. 42. 582 H. Born Terminologie und Interpretation von Tauschiertechniken in der altvorderasiatischen altägyptischen und alteuropäischen Metallkunst. In: Menghin 1994 (siehe Anm. 535), 7281, bes. 73, wo aber das Einschmelzen als Montagemethode beschrieben wird. Bei einer Niello-Tauschierung im hier verwendeten Sinn handelt es sich dagegen um eine mechanische Verbindung, wie dies üblicherweise unter einer Tauschierung verstanden wird. 583 R. Newman/J.R. Dennis/E. Franell, A technical note on niello. JAIC 21, 1982, 80-85, bes. 81. – La Niece 1983 (siehe Anm. 583), bes. 285. – F. Schweizer, Nielle byzantine: étude de son évolution. In: Ch. Eluère (ed.), Outils et ateliers d'orfèvres des temps anciens. Antiquités nationales mémoire 2 (St.Germain-en-Laye 1993) 171-184, bes. 180. – Wolters 1996 (siehe Anm. 380) bes. 178. – A. Giumlia-Mair, Hellenistic niello. In: Proceedings of the 4th Int. Conference on the Beginning of the Use of Metals and Alloys. BUMA IV, Matsue, Japan (1998) 109114, bes. 109. – S. La Niece, Niello before the Romans. Jewellery Studies 8, 1998, 49-56, bes. 50. 584 Giumlia-Mair 1998 (siehe Anm. 585). – A. Giumlia-Mair/S. La Niece, Early niello decoration on the silver rhyton in the Museo Civico, Trieste. In: D. Williams (ed.), The Art of the Greek Goldsmith (London 1998) 138-145. – La Niece 1998 (siehe Anm. 585). – A. Giumlia-Mair, Argento: il metallo della luna. In: Le arti di Efesto. Capolavori in metallo dalla Magna Grecia. Ausstellungskat. (Triest 2002) 123-131. 585 P.T. Craddock/J. Lang/K.S. Painter, Roman horse-trappings from Fremington Hagg, Reeth, Yorkshire. Brit. Mus. Quarterly 37, 1973, 9-17.

gelten586. Erst in der Schrift ‚De diversis artibus’ des Theophilus Presbyter aus dem 12. Jh. ist eine Anweisung zum Ausschmieden einer verschmolzener trimetallischen Niellomasse in warmem Zustand zu ‚Blech’ enthalten, wie sie für die Nielloeinlagen in den Efeubechern benötigt wurde587.

11. 5. Zusammenfassung zu den Analysen Die Analysen entnommener Metallproben aus dem Rathgen-Forschungslabor, Berlin und die absolut zerstörungsfreien Oberflächenanalysen im British Museum, London kommen zu dem Ergebnis, daß der Silbergehalt der allermeisten Stücke des Hildesheimer Silberfundes im Bereich von 94-98% liegt, was Analyseserien anderer römischer Silbergefäße bis in die Spätantike entspricht. Nur zwei Stücke liegen mit 86,6 und ca. 80% Silberanteil sowie erhöhten Kupfer- und Bleigehalten erheblich unter den üblichen Feingehalten. Daß sich hier eine ‚typisch römische Gußlegierung’ abzeichnet, muß aber angesichts der wenigen Vergleichsanalysen und der erheblichen Anzahl von Gegenbeispielen vorerst zweifelhaft bleiben. Die qualitativen Analysen zweier Röntgenfluoreszenzserien zu den Quecksilbergehalten in den Vergoldungen ergeben im Prinzip das gleiche Bild, wenn auch mit dem atmosphärischen RFA-Gerät in der BAM bei einer höheren Meßgenauigkeit detailliertere Analysewerte erreicht werden konnten. Lediglich für den Griff der Kanne HI 44 kann mit Sicherheit von einer Feuervergoldung ausgegangen werden. Für alle übrigen gemessenen Stücke muß dies nach den Analysen weiterhin unsicher bleiben, weil bisher in der Forschung noch keine Einigkeit darüber erzielt wurde, ob auch Mengen von ca. 2,5% und weniger Quecksilber in der Vergoldungsschicht als Nachweis für eine Feuervergoldung gewertet werden können oder ob dies als Verunreinigung im Gold oder dem darunterliegenden Silber enthalten sein könnte. Die Oberflächenuntersuchung von vergoldeten Stücken muß als weiteres wichtiges Kriterium zur Beurteilung herangezogen werden588. In kombinierter Betrachtung von Analysewerten und Oberflächenbegutachtung läßt sich eine Korrelation zwischen niedrigen Quecksilbergehalten und Hinweisen auf Folien- und Blattvergoldung feststellen, so daß niedrige Quecksilberwerte für mechanische Vergoldungstechniken sprechen.

Experimentelle Versuche zeigen, daß ein weitestgehendes Abdampfen des Quecksilbers möglich ist und nur noch Quecksilbergehalte in der Größenordnung von 1% nachweisbar sind. Dafür muß das zu vergoldende Objekt aber entweder über mehrere Stunden auf Rotglut gehalten oder bis fast bis zum Schmelzpunkt der Silberlegierung gebracht werden589. Daß der antike Feinschmied unter solchen erschwerten Bedingungen gearbeitet haben soll, erscheint eher unwahrscheinlich. Denn weiteres Erhitzen kann auch zum Eindiffundieren des Goldes in die Silberoberfläche führen, was einen erneuten Vergoldungsvorgang erforderlich machen würde. Im Hinblick auf die Arbeits- und Materialökonomie ist ein möglichst kurzes Erhitzen des Objektes bis zum Farbumschlag zur Goldfarbe hin anzunehmen, was sich in höheren Quecksilbergehalten bei Analysen niederschlagen würde. Die von Objekten aus den Hildesheimer Silberfund bekannten Analysen für Hartlote stammen von Janet Lang590. Die unterschiedlichen Legierungen von Silber mit erhöhtem Kupfergehalt, Silber mit Blei sowie Silber mit Kupfer und Blei lassen auf absichtliches Legieren von Loten mit unterschiedlichen Schmelzbereichen schließen, mit denen mehrfach Lötungen an einzelnen Stücken möglich wurden, ohne Gefahr zu laufen, daß das Lot vorheriger Lötungen wieder fließen würde. Die ebenfalls von Lang 1997 vorgelegten Analysen von Weichloten liegen mit unterschiedlichen Gemischen von Zinn, Blei und Kupfer im Bereich noch heute verwendeter Weichlote. Ein an antiken Objekten analysiertes Silber-Zinn-Lot, das durch unterschiedliche MengenverHältnisse als Hart- oder Weichlötungen eingestellt werden kann, konnte an Stücken des Hildesheimer Silberfundes nicht nachgewiesen werden. Auch die qualitative Analyse einer Niello-Einlage vom kleinen Efeubecher 2 HI 25 stammt von Lang 1997. Es handelt es sich um Silbersulfid mit Spuren von Kupfer und Blei. Für dieses reine Niello ist es charakteristisch, daß es nur bis zum Erweichen erwärmt werden kann. Es muß also zu Stückchen zurechtgeschnitten und unter Erwärmung in die vorbereiteten Vertiefungen auf den Objekten eingepreßt werden; genau dies muß angesichts der Oberflächenhinweise bei den sechs Hildesheimer Efeubechern geschehen sein.

586

Keine quantitativen Angaben der Silber- und Kupfergehalte; es wird aber auf das Niello-Rezept bei Plinius d.Ä. aus 3 Teilen Silber, 1 Teil Kupfer und 3 Teilen Schwefel hingewiesen: König/Winkler (siehe Anm. 566) Buch 33 Kap. XLVI/§131. – Wolters 1996 (siehe Anm. 585), 171 Tab. 1. – W.A. Oddy/M. Bimson/S. La Niece, The composition of niello decoration on gold, silver and bronze in the antique and medieal periods. Studies in Conservation 28, 1983, 29-35, bes. 31 Tab. 1. – Die Metallkomponenten der Nielli entsprechen üblicherweise den Zusammensetzungen der Rezipienten, so daß vermutet wird, daß ‚Abfall’ der jeweiligen Objekte wie z.B. Feilspäne direkt als Ausgangsmaterial für die Nielli verwendet worden seien. 587 Brehpohl 1999 (siehe Anm. 571), 77 Rezept 28. 588 Siehe Kap. 8.

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589

Wunderlich 2005 (siehe Anm. 563). – M. Radtke siehe Kap. 15.8. 590 Lang 1997.

12. ZU FRAGEN DER DATIERUNG Aussagen zur möglichen Datierung des Hildesheimer Silberfundes und dem Zeitraum seiner Niederlegung sind im Kapitel zur Forschungsgeschichte zusammengetragen. In der Zusammenfassung wird deutlich, wie unsicher und subjektiv Datierungen durch stilistische Vergleiche vielfach sind, weil durch die gezielte Auswahl von Vergleichsstücken eine Untersuchung im Sinne des gewünschten Ergebnisses gesteuert werden kann. Die Arbeit von Gerda Bruns 1953 zu den konischen Gefäßen HI 66 und 67 führt dies geradezu exemplarisch vor593. Auch Ernst Künzl und Catherine Johns haben auf die Subjektivität stilistischer Betrachtungen hingewiesen: „Den Stil der Hildesheimer Maskenbecher [HI 11-14] halte ich für claudisch-neronisch, was aber kein objektives Argument ist.“ und „In practice, stylistic analysis often tends to lead to the dubious assumption that finer work is earlier and/or Italian, while cruder styles are later and/or provincial.“594 Da datierende Beifunde oder Grabungskontexte fehlen, müssen die Gefäße des Hildesheimer Silberfundes aus sich heraus datiert werden, wie alle Einzel- oder Schatzfunde mit entsprechender Problematik595. Obwohl das heute zur Verfügung stehende Vergleichsmaterial erheblich umfangreicher ist als zur Zeit seiner Auffindung, führt die Zusammenstellung von Vergleichsstücken zum Hildesheimer Silber im Hinblick auf eine genauere Datierung nicht weiter. Denn das aus den Vesuvstädten vorliegende Material dominiert gegenüber dem restlichen Gefäßbestand deutlich, so daß schon allein durch das Heranziehen der Vergleichsstücke aus Pompeji und Umgebung eine Datierung in nachaugusteische Zeit impliziert wird. Doch in den Vesuvstädten ist nicht nur ‚modernes’ Silbergeschirr vorhanden gewesen. Auch dort muß mit älteren Stücken gerechnet werden, die als hochgeschätzte Antiquitäten oder Erbstücke über längere Zeit in Familienbesitz verblieben. Auf die unterschiedlichen Charaktere der Silberfunde aus der Casa del Menandro in Pompeji sowie Boscoreale mit ganz überwiegend bzw. ausschließlich Teilen des Trinkservices gegenüber dem Hildesheimer Silberfund mit Trink- und Speisegeschirr wurde schon hingewiesen, ebenso auf die differierenden Schlußfolgerungen, die daraus für die Datierung des Hildesheimer Silbers gezogen worden sind596.

593

Eine entsprechende Anmerkung schon bei Küthmann 1958b, 131. 594 E. Künzl 1988b, 34 und Johns 1986 (siehe Anm. 129), 9. 595 Weitere Beispiele für Schatzfunde sind die von Berthouville und Chaourse. Die Datierungsspanne für Berthouville (= Bernay) reicht vom 1. bis zum 3. Jh. Die Münzdatierung des Chaourse-Komplexes ist unsicher, weil die Münzen nicht sicher zugehörig sind; siehe Niemeyer 2004 (siehe Anm. 314), bes. Kap. 3. 1. 2. 596 Siehe Kap. 2. 8. 1.

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Früher zu datierende Silbergefäßfunde republikanischer Zeit oder der frühen Kaiserzeit sind nur wenige bekannt. Einige kleine Schatz- und Grabfunde mit einem einigermaßen einheitlichen Typenspektrum von Silbergefäßen stammen aus Ancona, Arcisate, Boscoreale und Palmi, I sowie Menígbar, Paradela de Guiães und Santisteban del Puerto, E597. In diesen Funden sind i.A mastosförmige und/oder flache Schalen z.T. mit Scyphusgriffen, kleine Krüge, Schöpfer und Siebe in unterschiedlichen Kombinationen und Mengen sowie sonstige Beigaben diverser Materialgruppen enthalten. Durch die Schlußmünze von 64 v.Chr. ergibt sich z.B. für den Fund von Paradela ein terminus post quem. Der Fundkomplex aus Tivoli, I in New York und Chicago, USA sowie ein Komplex von unbekanntem Fundort im J. Paul Getty Museum, Los Angeles, USA sind nur wenig später anzusetzen; denn der Fund im Getty-Museum ist durch eine Münze von 34 v.Chr. datiert 598. Die Zusammensetzung dieses Komplexes mit einer Kleeblattkanne, zwei Scyphi, einem Schöpfer sowie einem weiteren Krug und einem Becher ähnelt noch denen der oben genannten Grab- und Schatzfunde. Im Tivoli-Fund dagegen sind mit einer Platte, einer Muschelschale, jeweils drei Tellern und Näpfen sowie 17 Löffeln auch Teile des Speiseservices enthalten, wenn auch in erheblich geringerem Umfang als im Hildesheimer Silberfund. Das Becherpaar des Tivoli-Fundes läßt sich über Form, Dekoranordnung und Grifftyp an die Hildesheimer Blattstabbecher HI 7 und 8 sowie die Rankenbecher HI 5 und 6 597

Zu den Gräbern in Ancona: L. Mercando, L‘ellenismo nel Piceno. In: P. Zanker (Hrsg.), Hellenismus in Mittelitalien (Göttingen 1976) 160-218. – Zu Arcisate: H.B. Walters, Catalogue of the silver plate (Greek, Etruscan and Roman) in the British Museum (London 1921) 32-33 Kat. 126-130; P. Piana Agostinetti/S. Priuli, Il tesoro di Arcisate. Archaeologia Classica 37, 1985, 182-237; Piana Agostinetti 1998 (siehe Anm. 567). – Zu Boscoreale: E.v. Mercklin, Antiken des Museo Artistica Industriale. Röm. Mitt. 38, 1923, 124-129; E. Talamo, Servizio di vasi d’argento da Boscoreale proveniente dalle collezioni del Museo Artistica Industriale. Bullettino della Commissione Archeologia Comunale di Roma 95, 1993, 279-285. – Zu Palmi: P.G. Guzzo, Argentaria da Palmi in ripostiglio del I sec.a.C. Atti e Mem. Soc. Magna Grecia N.S. 18-20, 1977-79, 193-209. – Zu den spanischen Funden: K. Raddatz, Die Schatzfunde der iberischen Halbinsel vom Ende des 3. bis zur Mitte des 1. Jhs. v.Chr. Untersuchungen zur hispanischen Toreutik. Madr. Forsch. 5, (Berlin 1969), 225-227 (Menígbar), 257-258 (Santisteban II), 281 (Paradela del Guiães). – Tabellarisch mit Datierungsvorschlägen zusammengestellt bei Piana Agostinetti/Priuli 1985 (s.o.) Fig. 6a.b. 598 Zu Tivoli: Oliver 1981 (siehe Anm. 415); Pirzio Biroli 1991, 63 Abb. 41. 252-254 Kat. 4-12 mit älterer Literatur; S. Künzl 1997b, bes. 11-13 mit Abb. 2; Kaufmann-Heinimann 1997, 8890 mit Abb. 1. – Zum Getty-Komplex: A. Oliver jr., A set of ancient silverware in the Getty Museum. Getty Mus. Journal 8, 1980, 155-166; Oliver 1981 (s.o.) ; S. Künzl 1997b, 11. 14 Abb. 3.

anschließen. Zu diesem Bechertyp zählen außerdem drei Silberbecher aus Welwyn B und Welwyn Garden City, GB, die durch Grabungskontexte und Beifunde ins 1. Jh. v.Chr. datiert werden599. Verbindende Merkmale dieser Becher sind die S-förmigen Profile und die bis auf zwei schmale Dekorbänder (Kymatien an Rändern und Füßen, Flechtbänder auf den Profilumbrüchen) unverzierten einschaligen Wandungen. Die Hildesheimer Blattstabbecher HI 7 und 8 weichen in Bezug auf ihre größere Tiefe, die niedrigen Füße, die Blattstäbe statt der Flechtbänder und die ursprünglich vorhandenen Scyphusgriffe etwas ab; denn die Vergleichsstücke haben durchgehend flachere Schalen, höhere Füße und den Rand überragende cantharus-Griffe mit herzförmig ausgearbeiteten Schlaufen, die die Gefäßlippe berühren. Auch im Silberfund aus der Casa del Menandro in Pompeji ist ein reliefiertes Becherpaar mit solch ‚altertümlichen’ Griffen versehen600. Das Scyphuspaar gleichen Typs aus Lübsow 1/1908, PL stellt über seine Scyphusgriffe und die Blattstäbe wiederum eine Verbindung zwischen den Tivoli- und Welwyn-Bechern einerseits und den Hildesheimer Bechern HI 7 und 8 andererseits her. Der Grabfund aus Brusa/Bursa, TR im British Museum wird ins 1. Jh. n.Chr. datiert, weicht aber in seiner Zusammensetzung stark ab. Sein Typenspektrum mit einem zylindrischen niedrigen Napf, einen simpulum, einer runden Pyxis, der Scheibe eines Handspiegels, einem Teller, Löffel und einem spindelförmigen Gerät entspricht weder den oben genannten kleinen Schatz- und Grabfunden noch den großen Fundkomplexen aus Boscoreale, Hildesheim und der Casa del Menandro in Pompeji auch nur annähernd601. Die Datierung dieses Fundes über Vergleichsstücke ist schwierig, weil z.B. zum zylindrischen Napf und dem Handspiegel Beispiele vorliegen, die ins 2. bis 4. Jh. datieren. Zu vielen Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes sind bislang überhaupt keine Vergleichsstücke nicht einmal formtypologischer Art bekannt, so daß eine Verknüpfung mit bekanntem Material zur Datierung für einen größeren Teil des Bestandes gar nicht möglich ist. Für ein herausragendes Stück wie die Athena-Schale HI 1 ist dies noch nachvollziehbar, aber auch zu den ‚einfacheren’ Gefäßen wie den niellierten Efeubechern HI 20-25, den Enten- und Rankentellern HI 45-50, den ovalen Tellern HI 51-53 und den großen Platten mit unterschiedlich dekorierten Rändern HI 58-61 sind bis heute keine Vergleichsstücke gefunden worden. Für die glattwandigen groß- und kleinformatigen Näpfe HI 27-35 gibt es lediglich in Terra Sigillata formtypologische Vergleichsstücke, für die vier silbernen Kasserollen HI 69-72 nur annähernde Vergleiche in Bronze602.

12. 1. Die sog. gallo-römische Gefäßgruppe Schon Wiesler 1868a hat die beiden konischen Gefäße HI 66 und 67 aus stilistischen Gründen vom übrigen Bestand abgesondert603. Pernice/Winter 1901 haben, Wieseler folgend, eine ganze Anzahl im graphischen Stil und z.T. in Kombination mit Blattstabdekoren verzierter Gefäße zur sog. gallo-römischen Gefäßgruppe zusammengestellt: die Schale mit Herakles-Emblem HI 2, die Blattstabbecher HI 7 und 8, die Ententeller HI 45-47, die konischen Gefäße HI 66 und 67, die sog. Eierschale HI 68 und die Kasserolle 3 HI 71. Drexel 1909 hat dieser Gruppe noch die beiden Platten mit reliefverzierten Rändern HI 58 und 59 hinzugefügt. Wegen Theodor Mommsens Datierung der Kasserolle 3 HI 71 ins 2. Jh. auf Grund der Namensinschrift haben insbesondere die Gefäße dieser Gruppe als Kristallisationspunkte für nachaugusteische Datierungsansätze gedient. Sie wurden wegen des in Italien unbekannten graphischen Dekors schon von Wieseler 1868a einer Werkstatt im provinzialrömischen Gallien zugeschrieben und ihnen damit eine italische Herkunft abgesprochen. Problematisch bleibt, daß bislang weder in Gallien bzw. den westlichen Provinzen noch in Italien tatsächlich Vergleichbares, mit entsprechend im graphischen Stil und mit Punzdekoren verziertes Material gefunden wurde, so daß die provinzielle Lokalisierung auf der Basis des graphischen Dekors eigentlich jeglicher Grundlage entbehrt. Diese ‚Fundlücke’ zieht sich bis in spätantike Zeit, in die zumindest die konischen Gefäßteile HI 66 und 67 auch datiert worden sind, so daß Punz- und Ziselierdekore auch als Basis für eine Spätdatierung nicht verwendet werden können. Bislang ist das einzig vergleichbare Stück zu den konischen Gefäßteilen HI 66 und 67 die mit graphischen Dekoren verzierte Silbervase aus Neerhaeren, B604. Schon Stupperich hat 1993, 1995 und 1997a darauf hingewiesen, daß sich die Zusammenstellung der sog. gallo-römischen Gruppe und ihre Datierung in nachaugusteische Zeit nicht halten läßt, weil inzwischen Vergleichsmaterial von datierten Fundplätzen augusteischer Zeitstellung bekannt geworden ist. Die Blattstabdekore haben sich eigentlich schon im Laufe der frühen Forschungsgeschichte nicht als solide Grundlage für eine Aussonderung erwiesen. Nach dem Fund des Körpergrabes 1/1908 in Lübsow, PL, dem ein glattwandiges Silberbecherpaar mit Blattstabdekor beigegeben war, nahm Pernice 1912 die beiden glattwandigen Hildesheimer Becher HI 7 und 8 aus der gallo-römischen Gruppe wieder heraus und schrieb auch sie, zusammen mit den Lübsow-Scyphi, einer italischen Werkstatt zu. Da zumindest die drei Ententeller HI 45-47 den gleichen einfachen Blattstabdekor aufweisen, hätten nun eigentlich auch sie ausgegliedert werden müssen; sie verblieben aber, wohl wegen des dominierenden Punzdekors auf den Handhaben, in der gallo-römischen Gruppe. Erst Küthmann 1958b hat diesen Widerspruch erkannt und die Auflösung der Gefäßgruppe eingeleitet.

599

Stead 1967 (siehe Anm. 478). Siehe Kap. 3. 8 mit Abb. 18 u. Anm. 225. 601 v. Mangoldt 2005. 602 Siehe Roth-Rubi 1984 u. Petrovsky/Stupperich 1999 sowie Kap. 12. 2. 600

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603 604

Siehe bes. Kap. 2. 8. 3 mit Zitat auf S. 17. Siehe Kap. 5. 3. 4. 3.

Von acht Vergleichsstücken mit Blattstabdekoren stammen drei von italischen Fundorten (Boscoreale, Pompeji, in Neapel), die beiden Xantener salina dürften mit dem römischen Kastell in Zusammenhang stehen, zwei bzw. drei sind in germanischen Gräbern der frühen Kaiserzeit gefunden worden (Lübsow, Wien-Schwechat). Zu all diesen Stücken sind bislang keine Überlegungen dahingehend angestellt worden, sie einer provinzial-römischen Werkstatt zuzuschreiben. Der Blattstabdekor als Beurteilungskriterium ist schon von Pernice/Winter 1901 nicht konsequent verfolgt worden, sonst hätten der Lorbeerbecher HI 9 und die Kanne HI 44 mit ihren allerdings doppelten Blattstäben ebenfalls der sog. gallo-römischen Gefäßgruppe zugeordnet werden müssen. Sie ‚paßten’ aber wegen ihres dominierenden plastischen Reliefdekors doch nicht so recht in diese Gruppe. Ein weiteres Kriterium für eine Zuweisung in die sog. gallo-römische Gefäßgruppe durch Pernice/Winter 1901 war vermeintlich gravierter, tatsächlich aber ziselierter Dekor, wie ihn auch die sog. Eierschale HI 68 und die Kasserolle 3 HI 71 aufweisen. Aus diesem Grund sind diese beiden Stücke ebenfalls der Gefäßgruppe zugeordnet worden. Auf die Problematik der Ausgliederung von im graphischen Stil verzierter Gefäße wurde schon hingewiesen. Auch für die beiden Platten mit reliefverzierten Rändern HI 58 und 59 ist nicht nachvollziehbar, warum Drexel sie 1909 der gallo-römischen Gruppe zugerechnet hat; denn die wenigen Punzdekore auf den Hintergrundflächen treten gegenüber dem plastische Reliefdekor deutlich in den Hintergrund. Abgesehen davon sind mit den mit Silberblech überzogenen eisernen Gesichtshelmen aus Emesa, SYR und Xanten sowie einem Bronzehelm aus Vize, BG, ebenfalls mit Resten von Silberüberzug, inzwischen Vergleichsstücke mit fast identischen reliefierten Rankendekoren vorhanden. Sie tragen allerdings auf den strukturierten Hintergrundflächen keine zusätzlichen Punzdekore, sondern sind rein plastisch verziert. Der Emesa-Helm kann durch eine Münzbeigabe, der Xantener Helm durch Grabungsbefunde in die frühe Kaiserzeit datiert werden605. Damit scheiden auch die Platten HI 58 und 59 aus der vermeintlich spät zu datierenden gallo-römischen Gruppe aus606. Somit kann, Stupperich folgend, die ganze Gruppe sog. gallorömischer Gefäße aufgelöst werden, weil sich keines der Kriterien für die Zusammenstellung der Gefäßgruppe, nämlich Punzdekore, Blattstabdekore und Ziselierdekor, als brauchbar erwiesen hat.

605

Zum Emesa-Helm: Seyrig 1952. – Zum Xantener Helm: H.H. v. Prittwitz u. Gaffron, Der Reiterhelm des Tortikollis. Bonner Jahrb. 191, 1991, 225-246. – Zum Helm aus Vize: Robinson 1975 (siehe Anm. 459) 606 Zur Herakles-Schale HI 2 siehe Kap. 12. 3.

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12. 2. Die Kasserolle 3 HI 71607 Die Kasserolle wurde von Theodor Mommsen wegen der sog. Marc Aurel-Besitzerinschrift ins 2. Jh. datiert. Für den Historiker Mommsen wog der Name des Kaisers Marc Aurel (161-180) schwerer als die chronologische Geschlossenheit des Fundkomplexes608. In Umkehrung der Argumentation wurde die Kasserolle aber auch als Beleg dafür herangezogen, daß der Name Marc Aurel schon vor dem 2. Jh. gebräuchlich war, womit eine augusteische Datierung wieder denkbar wurde609. Mittlerweile kann die Kasserolle HI 71 durch den Vergleich mit formgleichen Kasserollen aus Kupferlegierungen in augusteische Zeit bzw. in die erste Hälfte des 1. Jhs. n.Chr. datiert werden610. Charakteristisch ist die spulenförmig-konkave Wandung des Corpus mit trichterförmig erweiterter Mündung und einem torusförmigen Wandungsumbruch über dem Boden. Dieser Umbruch kommt bei Kasserollen vergleichbarer Form aus Kupferlegierungen rund oder mit einem scharfen Grat vor und kann durch eine eingedrückte oder -gedrehte Rille vom Corpus abgesetzt sein. Viele Kasserollen weisen auf der Innenseite unterhalb der Lippe mehrere eingedrehte Riefen auf, z.B. die Exemplare aus Putensen und Locarno-Muralto, I. Letztere sowie die aus Este, Val-Calaona, I sind oberhalb der Rillen jeweils noch mit einem Eierstab verziert. Die Gestaltung des Griffes ist nicht an die Form des Corpus gebunden. Es kommen vorwiegend Schwanenkopfbügel und peltenförmige Ausschnitte vor. Die dritte Gestaltungsvariante mit zwei großen runden Löchern am Griffende ist nur recht selten vertreten, nämlich lediglich an den vier Stücken Haltern 2, Kærumgårde, DK, Locarno-Muralto, I und Nijmegen 1, NL. Nach Petrovsky 1993 lassen sich die Griffgestaltungen chronologisch nicht auswerten. Daß sie eng miteinander verknüpft sind, zeigen zwei Kasserollen aus Petit Creusot, F und Este, Val-Calaona Grab 33, I, die sowohl Schwanenkopfbügel am Griffende als auch peltenförmige Ausschnitte am Übergang Griff-Corpus aufweisen611. Der Boden ist in der überwiegenden Zahl der Fälle mit schwach eingedrehten konzentrischen Rillen verziert. An der Kasserolle aus Kurgan 43 von Novji, GUS sind

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Bender 2000, 470 bevorzugt die neutrale Bezeichnung ‚Schalen mit flachem horizontalen Griff‘, um eine im Begriff ‚Kasserolle‘ implizierte Verwendung als Kochgerät zu vermeiden. – Zu den in diesem Kapitel zusätzlich verwendeten Literaturabkürzungen siehe das Literaturverzeichnis zu Tab. A 23, S. 157. 608 Mommsen sind die in Tab. A 23 zusammengetragenen formtypologischen Vergleichsstücke nach Ausweis ihrer Fundjahre nicht bekannt gewesen. 609 Seeck 1902 u. 1911. 610 Erster Hinweis bei Küthmann 1958b, 128 Anm. 5. – Anschließend John 1963, Sp. 969. – La Baume 1971, 135. – S. Künzl 1997b, 29 Anm. 57. – Stupperich 1997b, 75. – S. Künzl 1999, 574. 611 Petit Creusot siehe Tab. A 23. – Bei der Kasserolle aus Este wird von der Aufsicht her nicht klar, ob sie eine konkave oder konvexe Wandung aufweist; siehe A. Callegari, Regione IX (Liguria). Not. Scavi 6. Ser. 8, 1932, 14-42, bes. 35 Abb. 4.

als dem einzigen bekannten Fall drei peltenförmige Füßchen erhalten612. Eggers 1951 hat die drei Typen E 134-136 unterschieden, wobei die Art des Wandungsumbruchs und die Gestaltung des Griffes als Kriterien herangezogen wurden. Bei Eggers kommen in Bezug auf die Griffgestaltung nur Schwanenkopfbügel und zwei große runde Löcher am Griffende vor. Eine Variante mit peltenförmigen Ausschnitten am Übergang Griff-Corpus und/oder am Griffende scheint ihm aus seinem Untersuchungsgebiet nicht bekannt gewesen zu sein. Raev 1986 hat nach den beiden mit peltenförmigen Ausschnitten verzierten Stücken aus Sisak den Typ E 136 als ‚Typ Siscia‘ bezeichnet. Von Petrovsky 1993 sind die Kasserollen in eine neue typologische Ordnung gebracht worden, in der er die Typen E 134 und E 135 mit eher spulenförmigem Corpus als eigenen Typ (III, 1-4b) definiert hat. Bei Petrovsky scheint die Form des Corpus das primäre Kriterium für die Variantenunterteilung zu sein613. Schon von Radnóti 1938 werden die Kasserollen mit konkaver Wandung wegen ihrer Dünnwandigkeit als ‚Blechkasserollen‘ bezeichnet. Diese Beennung kann aber nicht als herstellungstechnisch zu verstehendes Synonym für die Konkavkasserollen verwendet werden, weil z.T. auch aus Blech getriebene Kasserollen mit konvexer Wandung vorkommen614. Durch diverse Grabkomplexe, z.B. Kærumgårde, DK und Putensen, wird der Kasserollentyp mit spulenförmiger Wandung von Eggers in seine Zeitstufe B 1 (0-50) datiert615. Zwei von drei Bestattungen mit Konkavkasserollen in Ornavasso-Persona, I enthielten Kupfermünzen des Kaisers Augustus; am obergermanisch-rätischen Limes stammen die ältesten Stücke aus den augusteischen Kastellen Haltern und Augsburg-Oberhausen616. Die Gestaltung des Griffendes durch einen Schwanenkopfbügel belegt den engen Zusammenhang mit den Schwanenkopfkasserollen E 131-133 mit konvexer Wandung. Nach Berke 1990 treten diese zeitgleichen Kasserollen nicht in voraugusteischen Zusammenhängen auf617. Petrovsky konnte anhand der Meisterstempel die Produktionszeit der Konkavkasserollen auf die ca. 50 Jahre vom 2. Jahr612

Wären bei anderen Kasserollen die Füßchen verloren gegangen, müßten Hinweise auf Reste der antiken Weichlötungen zu erwarten ein. 613 Petrovsky gibt keine Hinweise, nach welchen Kriterien er seine Typologie angelegt hat. 614 R. Petrovsky, Die augusteische Kasserolle eines Mainzer Toreuten. Ein aktueller Fund aus Neuhofen, Kreis Ludwigshafen. Arch. in der Pfalz. Jahresber. 2001 (Rahden 2003) 116120. 615 Eggers 1951, 172. 616 J. Graue, Die Gräberfelder von Ornavasso. Hamburger Beitr. Arch. Beih. 1 (Hamburg 1974) 254 Grab 52. Taf. 61,1. 261-262. Grab 95. Taf. 70,4. 262 Grab 97. Taf. 73,7; alle drei nur als Rand-Griff-Fragmente mit Schwanenkopfbügeln erhalten. – J. Kunow, Der römische Import in die Germania libera bis zu den Markomannenkriegen. Studien zu Bronze- und Glasgefäßen. Göttinger Schr. Vor- u. Frühgesch. 21 (Neumünster 1983) 25. 617 St. Berke, Römische Bronzegefässe und Terra Sigillata in der Germania Libera. Boreas Beih. 7 (Münster 1990). – Petrovsky 1993, 30.

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zehnt v.Chr. bis ins 3. Jahrzehnt n.Chr. eingrenzen618. Daß die Kasserollen länger benutzt wurden, belegen die Funde aus Pompeji; Kunow 1983 zählt sie deshalb für 79 n.Chr. noch zur „lebenden Kultur“619. Die Verbreitung der Konkavkasserollen reicht von den Niederlanden und der Rheingrenze im Westen bis nach Pannonien im Osten, aber auch in Südfrankreich und in Pompeji sind Exemplare im Fundgut vertreten. Zur Frage des Produktionsgebietes haben sich die Autoren zu diesen Kasserollen lange Zeit einer der beiden Meinungen von Eggers 1932 oder Radnóti 1938 angeschlossen, die eine provinzielle bzw. norditalische Produktion vermutet haben620. Petrovsky 1993 grenzt auch im Hinblick auf die Herstellerstempel das Produktionszentrum auf die Gegend von Aquileia ein, da die von dort ausgehenden Handelsrouten eine weite Verbreitung begünstigt hätten. Zum Vergleich mit der Hildesheimer Kasserolle 3 HI 71 kommen vornehmlich die Typen Eggers 135 und 136 bzw. die Typen Petrovsky III, 2a und b in Betracht, von der Form des Corpus im engeren Sinne E 136 und III, 2b. In Tabelle A 23 sind entsprechende Kasserollen aus Kupferlegierungen zusammengestellt, wobei es in vielen Fällen nicht möglich ist, die Stücke anhand der Form des Wandungsumbruchs eindeutig einer der Petrovsky-Varianten zuzuordnen. Die Hildesheimer Kasserolle HI 71 ist das bislang einzige bekannte Beispiel einer Kasserolle mit spulenförmig-konkaver Wandung in Silber. Als weitere Besonderheit weist sie einen großen hart aufgelöteten Standring auf und auch die Gestaltung des dreiteiligen Griffdurchbruchs kommt so an Kasserollen gleicher Form in Kupferlegierungen nicht vor. Die Efeuranke in flachem Relief ist ebenfalls ohne Vergleich, wobei die drei Griffausschnitte zusammen genommen ein weiteres Efeublatt bilden. Außerdem fehlen eingedrehte Rillen unterhalb der Lippe, wie sie die meisten Vergleichsstücke aus Kupferlegierungen aufweisen. Die Gewichtsinschrift im Boden belegt, daß die Kasserolle HI 71 ursprünglich als Paar angefertigt worden ist, was für Stücke aus Messing oder Bronze bislang nicht nachgewiesen ist. Zwei Silberscyphuspaare aus Herculaneum, I und Marwedel sowie ein silbernes Kasserollenpaar aus der Casa del Menandro in Pompeji, I haben ebenfalls konkav-spulenförmige Wandungen, dürften aber wegen der scharf618

Petrovsky 1993, 36. Neben den in Tab. A 23 aufgeführten drei Exemplaren werden noch sechs weitere Konkavkasserollen im Archäologischen Nationalmuseum in Neapel aufbewahrt, die aus Pompeji und den Vesuvstädten stammen dürften; Inv. 4848, 73786, 109761, 109762, 110583, 115980, siehe Tassinari 1975, 26 und Baratte u.a. 1984, 66. – Kunow 1983, 25 (siehe Anm. 616), was nach seiner eigenen Definition einer Produktionszeit bis 79 gleichkommt. 620 H.J. Eggers, Ein frühkaiserzeitlicher Grabfund von Poggendorf, Kreis Grimmen, Vorpommern. Prähist. Zeitschr. 23, 1932, 248-260, bes. 256. – Von Eggers 1951, 172 selbst verallgemeinernd als „römische Arbeit“ bezeichnet. – Nach Radnóti 1938, 37 und Deimel 1987, 41 sollen sie Nachahmungen der frühen campanischen, also süditalischen Kasserollen mit Schwanenkopfbügel sein. 619

kantigen Wandumbrüche eher dem Typ E 134 bzw. Petrovsky III, 3 zuzuweisen sein621. Alle fünf Stücke sind auf der ganzen äußeren Wandung mit plastischen Blattzungen verziert, die z.T. durch hervortretende Mittelrippen betont sind. Diese fünf sehr ähnlich gestalteten Kasserollen und Scyphi unterscheiden sich lediglich in ihren Maßen. Sie entsprechen zwar in ihren Wandungsprofilen der Hildesheimer Kasserolle HI 71, weichen aber mit dem Reliefdekor deutlich ab. So scheint sich vorläufig die Ansicht S. Künzls zu bestätigen: „Die Kasserollen des Hildesheimer Schatzes sind vermutlich die ältesten erhaltenen Vertreter dieses Typs in Silber.“622

12. 3. Datierung und technische Merkmale am Hildesheimer Silber Die Untersuchung zur Plastizität von Dekorkonturen hat gezeigt, daß auf den Gefäßen mit hochplastischen (= ‚italischen’, frühdatierten623) und mit graphischen Dekoren (= vermeintlich gallo-römischen, evt. spätdatierbaren) die gleichen Arbeitsmethoden angewendet worden sind. Sowohl auf der Athena-Schale HI 1 als auch u.a. auf der Herakles-Schale HI 2 und der Kasserolle 3 HI 71 ist Plastizität an Dekorkanten durch ‚unterschneidendes’ Ziselieren mit Linierpunzen und gezielte Punzeneinschläge erzeugt worden. Die Verwendung von Formpunzen, insbesondere bei der Herakles-Schale HI 2, den Ententellern HI 45-47 und den konischen Gefäßen HI 66 und 67 ‚einerseits’ und auf der Athena-Schale HI 1, in reduziertem Ausmaß auf dem Kybele-Emblem HI 3, dem Girlandenbecher HI 10, den Zehnmaskenbechern HI 13 und 14 und weiteren Gefäßen ‚andererseits’ gleicht sich ebenfalls. Die an allen diesen Stücken angewandten Arbeitstechniken entsprechen sich also weitgehend. Die Übersicht über die Formpunzen in Tabelle A 24 zeigt, daß offenbar eine Art Standardrepertoire an Punzen in einer Werkstatt vorhanden gewesen ist. Besonders häufig treten Hohl-, Ring- oder Kreispunzen, halbkreis-, sichel- und hakenförmige Punzen, Kugel-, Perl- und Mattierpunzen auf, die z.T. mehrfach in abgestuften Größen vorrätig waren. Auch im Hinblick auf die Formpunzen können keine Unterschiede zwischen ‚italischen’ und vermeintlich ‚gallo-römischen’ Stücken gemacht werden, so daß sich vom Technischen her die von Pernice und Winter vorgenommene Aufteilung der Stücke in Gruppen unterschiedlicher Anfertigungsregionen mit unterschiedlichen Arbeitstraditionen nicht bestätigen läßt. In allen Fällen sind die Metalloberflächen mit den vorhandenen

Werkzeugen ähnlich bearbeitet worden, um die gewünschten Dekore zu erzeugen. Daß dafür z.T. auch zu unkonventionellen Mitteln gegriffen wurde, zeigt z.B. der Blattstab am Spiegel aus Boscoreale, bei dem eine Mattierpunze als Blattpunze ‚zweckentfremdet’ wurde624. Zu den Gefäßgriffen mit plastisch ausgearbeiteten ‚Wellenkanten’ und vegetabilen Auflagen wie den Griffen HI 42 und 42, den Griffen am ovalen Teller 1 HI 51, den Griffdekoren auf den Kasserollen 1 und 2 HI 69 und 70 sowie den vier Kantharosgriffen HI 15-18, den Griffen vom cyathus HI 36 und der Kanne HI 44 gibt es inzwischen ebenfalls ausreichend Vergleichsmaterial u.a. aus Kalkriese, um eine Datierung in augusteische Zeit abzusichern625. Auch bei der Vergoldungstechnik ist kein auffälliger Unterschied zwischen ‚italischen’ und ‚gallo-römischen’ Stücken festzustellen. Im Gegenteil: die Oberflächen der Athena-Schale HI 1, des Girlandenbechers HI 10, die Teilvergoldungen der Reliefbecher HI 9-14 u.a. geben ebenso wie die Herakles-Schale HI 2, die Ententeller HI 45-47 und die konischen Gefäße HI 66 und 67 Hinweise auf Diffusionsvergoldungen mit Goldfolien oder Blattgold. Die Oberflächenbeobachtungen werden durch das Fehlen von Quecksilber bzw. äußerst niedrige Quecksilbergehalte in den Analysen unterstützt; beides spricht eher für eine Frühdatierung all dieser Stücke Die Rückdatierungen in hellenistische oder noch frühere Zeit auf der Grundlage vermeintlich antiker Reparaturen und der Montage von ‚Ersatzteilen’ hat sich in den meisten Fällen als nicht haltbar erwiesen626. Lediglich das Athena-Emblem und evt. auch die Kybele- und AttisEmbleme geben Hinweise auf ihre ‚antiken’ Charaktere. Beim Athena-Emblem wurde dieser durch eine ungewöhnliche Fassung in der Schale sogar absichtsvoll betont. Beim Kybele-Emblem hat man dagegen versucht, die Hinweise auf die Erstverwendung durch Zuschmieden der ‚Nagellöcher’ zu vertuschen. Hier und beim AttisEmblem, dessen Montageperforierungen durch den Emblemrahmen komplett überdeckt wurden, kann die zeitliche Differenz von Emblemen und Schalen nicht allzu groß veranschlagt werden, denn als ‚Antiquität’ wie das Athena-Emblem haben die anderen Embleme bei ihrer Weiterverwendung offenbar nicht gegolten. Sie sind nach üblichem Verfahren mit randüberdeckenden Emblemrahmen gefaßt worden.

621

Kasserollen aus Boscoreale: H 7,1 u. 8,1 cm; Dm 12,1 u. 12,8 cm. Publ.: Héron de Villefosse 1899, Kat. 47-48; Baratte 1986, 30-31 mit Abb. Kat. S. 92. – Scyphus aus Herculaneum: H 6,4 cm; Dm 9,4 cm. Publ.: Pappalardo 1986, 212-213 Kat. 55; Pirzio Biroli 1991, 128 Abb. 91. 256 Kat. 24. – Scyphi aus Marwedel: H 5,8 u. 6,2; Dm 9 u. 9,5 cm. Publ.: E. Künzl 1988, 575-576 Kat. 401-402 mit älterer Literatur; Erdrich 2002, 154 Kat. XXI-04-4/2.5 u. 6. 622 S. Künzl 1997b, 17. 623 Siehe Zitat Johns S. 134 Absatz 1 mit Anm. 594 bzw. 129.

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Siehe Kap. 6. 2. 1. Siehe z.B. S. Künzl 1997a und Stupperich 1997a. – Zu den ‚Wellenkanten’ siehe Kap. 9. 1. 2. 626 Siehe Kap. 4. 4. 625

13. AUSWERTUNG Themen der Arbeit sind die Erfoschung der Metallverund -bearbeitungstechniken sowie die Identifizierung der am Hildesheimer Silberfund verwendeten Werkzeuge, speziell der Formpunzen, um neben stilkritischen Untersuchungen die Beurteilung von Herstellungs- und Dekortechniken als ein weiteres Kriterium zur Beurteilung antiker Edelmetallgefäße und -geräte in die Forschung einzuführen (Kap. 1). Als Methoden sind die Beobachtung von Oberflächenstrukturen im Auflicht- und Rasterelektronenmikroskop sowie naturwissenschaftliche Untersuchungsmethoden wie Metallanalyse und Durchstrahlungsverfahren angewandt worden. Das Fernziel ist die Darstellung einer Entwicklungsgeschichte der Silberbearbeitungstechniken in der römischen Kaiserzeit, wozu die vorliegende Untersuchung nur als ein einzelner Schritt zu betrachten ist. Eine Gesamtbetrachtung kann erst dann vorgelegt werden, wenn weitere umfangreiche Oberflächenuntersuchungen auch an Material anderer Zeitstellungen durchgeführt sein werden.

den 1920er oder -30er Jahren, wenige Eingriffe nach dem Krieg im Kunstgutlager Schloß Celle und eine letzte Restaurierung 1966. Auf der Grundlage einer genauen zeichnerischen Dokumentation von Weichlotresten und anderen Oberflächenmerkmalen konnten Rekonstruktionsvorschläge für unvollständig überlieferte Stücke erarbeitet werden (Kap. 3). Zur Darstellung der Ausgangslage sind Hinweise und Bemerkungen zu Herstellungs- und Dekortechniken aus der älteren Literatur zusammengetragen worden, wobei einige Grundtechniken näher erklärt werden (Kap. 4). Da bei der Durchsicht der Literatur zum Hildesheimer Silberfund offensichtlich wurde, daß die Dekortechniken Gravieren und Ziselieren in der archäologischen Literatur häufig mißverständlich verwendet werden, ist ein Exkurs zu diesem Thema eingefügt. Er soll verdeutlichen, wie wichtig es ist, technische Verfahren eindeutig anzusprechen, um Technikgeschichte im Vergleich darstellen zu können. Für die für viele Stücke vermuteten antiken Umarbeitungen und Reparaturen konnten letztendlich nur bei den Emblemen der Athena-, Kybele- und AttisSchalen HI 1, 3 und 4 überzeugende Belege dokumentiert werden. Entsprechende Auslegungen an anderen Stücken müssen als Überinterpretation betrachtet und können nicht als Grundlage für Älter-Datierungen herangezogen werden.

Von den ehemals vorhandenen Werkzeugbeständen ist im Fundgut nur ein Bruchteil erhalten. Selten werden die aus Eisen bestehenden Feinschmiedewerkzeuge als solche erkannt, weil sie durch korrosive Vorgänge im Boden zerstört sind, bei Formpunzen insbesondere die ausgeformten Punzköpfe627. Deshalb kann das Werkzeugrepertoire der römischen Kaiserzeit nur über die Dokumentation der Werkzeugspuren auf den bearbeiteten Metallobjekten erfolgen und der Bearbeitungsprozeß durch Beobachtung der Oberflächen rekonstruiert werden.

Das erste Kapitel der Oberflächenuntersuchungen befaßt sich mit der Dokumentation und dem Vergleich von auf vielen Gefäßen verwendeten Formpunzen (Kap. 5). Hier werden insbesondere die reich mit Punzdekor verzierten Gefäße wie die Athena-Schale HI 1, die Herakles-Schale HI 2, die drei Ententeller HI 45-47 und die konischen Gefäßteile HI 66 und 67 einer Punzenanalyse unterzogen. Aber auch auf stärker plastisch reliefierten Gefäßen und den Schalenemblemen wurden in reduziertem Umfang Formpunzen eingesetzt. Durch den Vergleich der auf den Einzelelementen der Athena-Schale eingesetzten Formpunzen konnte belegt werden, daß alle Teile, mit Ausnahme des Emblems, gemeinsam und gleichzeitig angefertigt worden sind, um das Emblem neu zu fassen. Außerdem läßt sich zeigen, daß identisch dekorierte Gefäßsätze wie die beiden blattstabverzierten Becher HI 7 und 8, die drei Ententeller HI 45-47 sowie die beiden Scyphi aus dem Lübsow-Grab 1/1908 mit identischen Formpunzen bearbeitet worden sind und somit aus der gleichen Werkstatt stammen. Weitere Werkstattidentitäten konnten über die Dokumentation der Formpunzen nicht festgestellt werden, die sich insbesondere über charakteristische ‚Fehler’ in den Punzflächen belegen lassen würden. Die formale Ähnlichkeit von Herakles-Schale HI 2 und der Kleopatra-Selene-Schale aus dem Schatzfund von Boscoreale konnte über Formpunzen und andere herstellungstechnische Aspekte nicht untermauert werden.

Einleitend wurde in einem Kapitel zur Forschungsgeschichte die wichtigste Literatur vom Zeitpunkt der Auffindung bis in die jüngste Zeit zusammengetragen und insbesondere im Hinblick auf die Datierung des Gesamtkomplexes sowie einzelner herausragender Stücke ausgewertet (Kap. 2). In Kap. 2. 9 ist sämtliche Literatur zum Hildesheimer Silberfund chronologisch aufgeführt. Zunächst erbrachte die Untersuchung der Objektoberflächen weitere Hinweise auf die ehemalige Fundsituation, die nur mangelhaft überliefert ist. Die Berichte, daß die kleineren Gefäße in den großen liegend deponiert worden sind, konnte durch Oberflächenstrukturen bestätigt werden. Im Vergleich des heutigen Zustandes der Stücke mit alten Beschreibungen und Restaurierungsberichten konnten fünf Restaurierungsphasen und die dabei vorgenommenen Maßnahmen rekonstruiert werden, wenn z.T. auch nur in ihren Grundzügen: die ersten Reinigungen, Reparaturen und Montagen in Hildesheim, die Erstrestaurierung 1895-1899 in Berlin, eine zweite Restaurierung in 627

Eine der seltenen Ausnahmen in Illerup Ådal mit einem Weichlötkolben, einer Feile, einer sog. Perldrahtfeile und einer Punze; siehe C. v. Carnap-Bornheim/J. Ilkjaer, Illerup Ådal. Die Prachtausrüstungen 1 (Kopenhagen 1996) 374-379.

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erzielt worden ist, dies aber durch z.T. recht individuelle Lösungen erreicht wurde; Werkstattidentität konnte unter den untersuchten Stücken nicht festgestellt werden. Ein Teil der blattstabverzierten Gefäße läßt sich allerdings über die Anlage sog. Vorzeichnungskerben enger zusammenfassen, was aber nicht mit Werkstattidentität gleichzusetzen ist. Dazu sind die einzelnen Stücke in der Gesamtanlage der Dekore doch zu unterschiedlich.

In Tabelle A 24 sind die auf den Hildesheimer Gefäße am meisten verwendeten Formpunzen in einer Übersicht zusammengestellt, die zeigt, daß der Formenvorrat an unterschiedlich gestalteten Punzen begrenzt gewesen zu sein scheint. Angeschlossen ist Tabelle A 25 zu betrachten, in der alle Hohl-, Kreis- oder Ringpunzen von Hildesheimer Gefäßen und den mikroskopisch untersuchten Vergleichsstücken aufgeführt sind. Sie zeigt beispielhaft die Variationsbreite eines speziellen Formpunzentyps.

Auch in Teil drei der Oberflächenuntersuchung zu den mit Flechtbändern dekorierten Hildesheimer Gefäßen und wenigen Vergleichsstücken sind Formpunzen von Interesse (Kap. 7). Hier ist das Bild in der technischen Ausführung etwas einheitlicher: Formpunzen werden mit freier Ziselierarbeit kombiniert. Nur die Herakles-Schale HI 2 ist ein ‚Ausreißer’, weil sie das einzige der untersuchten Stücke ist, bei dem die ansonsten Freihand ziselierten ‚Bänder’ mit zwei gegenständig geformten Punzen angelegt sind.

Zur Athena-Schale HI 1 ist ein Exkurs eingefügt, der weitere herstellungstechnische Spezifika der Schale dokumentiert und interpretiert (Kap. 5. 3. 1. 2). Die nach der Montage unsichtbare Zirkelschlagrosette in der Bodenmitte und die Einstiche unterhalb des Randes dienten der gleichmäßigen Anordnung der Akanthus- und Herzblattmotive im Dekorstreifen. Das in der vorliegenden Form unüblich gefaßte Athena-Emblem zeigt Spuren einer Erstmontage nach ‚klassischer’ Art mit übergreifendem Rahmen. Durch die Zweitmontage sollte der Charakter des Emblems als ‚Antiquität’ unterstrichen werden, indem das ‚antike’ Lot der Erstmontage sichtbar gemacht wurde. Mit dem Emblem der Athena dürfte tatsächlich eines der in der römischen Literatur als besonders begehrt bezeichneten griechischen Silbergefäße klassischer und hellenistischer Zeit im Original vorliegen, zumindest ein Teil davon628. Die dokumentierten Spuren einer ehemaligen, wohl schwarzen Bemalung zur Akzentuierung der Gewandsäume, der Helmbüsche und des Schildes der Athena in Form punkt- und strichförmiger weißlich-matter Auflagen auf der Vergoldung sind bislang singulär629 (Farbtaf. B u. C). Auch zu den konischen Gefäßen HI 66 und 67 werden in einem Exkurs weitere herstellungstechnische Charakteristika beschrieben (Kap. 5. 3. 4. 2); ein weiterer Exkurs befaßt sich mit dem Silbergefäß aus Neerhaeren als einzigem formtypologischen Vergleichsstück zu den Gefäßen HI 66 und 67 (Kap. 5. 3. 4. 3). Diese Gefäße bzw. Gefäßfragmente zeigen als spezifisches Merkmal eine feine Punktierung in den Dekorstreifen, die als Vorzeichnung bzw. ‚Alternativentwurf’ interpretiert wird.

Eine im Vergleich zu den Metallanalysen wichtige Oberflächenuntersuchung ist die zu den Vergoldungen (Kap. 8). Die metallanalytischen Untersuchungen haben im Hinblick auf die Identifizierung der Vergoldungstechnik kein eindeutiges Ergebnis erbracht, weil sich die Interpretation geringer Mengen von Quecksilber als Nachweis für eine Feuervergoldung noch in der Diskussion befindet (Kap. 11. 2. 1. u. 15. 8). Daher kommt der Begutachtung der Objektoberflächen eine besondere Bedeutung zu. Die untersuchten Strukturen auf den Hildesheimer Gefäßen mit Teilvergoldungen sprechen gegen Feuervergoldungen, da sich z.T. Blattgoldblättchen, stärkere Goldfolien und Schnittkanten beobachten lassen, die für Blatt- oder Diffusionsvergoldungen sprechen. Bei fünf Stücken des Hildesheimer Silberfundes, auf denen sich nur Spuren von Quecksilber mit Röntgenfluoreszenzanalyse nachweisen ließen, zeigen ausgeprägte Schnittkanten von Goldblättchen oder Goldauflagen in Folienstärke, daß wohl eher Diffusions- oder Blattvergoldungen vorliegen. Eindeutige Quecksilbervergoldung konnte nur für den Griff der Kanne HI 44 durch einen hohen Quecksilbergehalt abgesichert werden. Damit kann Feuervergoldung nicht als die typische Vergoldungstechnik am Hildesheimer Silber bezeichnet werden. Eher dürfte auch hier die Feuervergoldung als Ausnahmeerscheinung zu betrachten sein. Nach dem vorläufigen Forschungsstand treten Feuervergoldungen in statistisch relevanter Zahl erst im 2. Jh. auf630. Vorher sind/ist Blatt- und/oder Diffusionsvergoldung die vorherrschende/n Technik/en, was sich auch am Hildesheimer Silberfund belegen läßt.

Teil zwei der Oberflächenuntersuchungen befaßt sich mit den blattstabdekorierten Stücken im Hildesheimer Silberfund und zieht weitere neun Silbergefäße von sieben unterschiedlichen Fundorten zum Vergleich heran (Kap. 6). Bei der Untersuchung der Blattstäbe sind insbesondere die Blattpunzen als zweckgebunden gestaltete Formpunzen für einen Nachweis von Werkstattgleichheit der Gefäße von Interesse. Aber einzig die auf dem Schulterring der Kanne HI 44 angewandte Blattpunze zeigt mit zwei kleinen Punkten ein markantes Charakteristikum. Das ernüchternde Ergebnis der Blattstabuntersuchung ist, daß der vorgegebene ‚einheitliche’ Dekor zwar in jedem Fall

An diversen Stücken sind zwei spezielle Techniken zur Erzeugung von Plastizität an Dekorkonturen zu beobachten (Kap. 9). Durch ‚unterschneidendes’ Ziselieren und gezieltes Setzen von Punzabschlägen sind Konturen sowohl an Blecharbeiten als auch an massiven Wandstärken weiter ins Relief gebracht worden; so wurde durch stärkere Schattenwirkungen zusätzliche Plastizität erzeugt. Nicht nur für die absichtsvolle Strukturierung von Hintergundflächen wie bei der Athena-Schale HI 1, der Hera-

628

E. Künzl, Quod sine te factum est hoc magis archetypum est? (Martialis 8, 34). Arch. Korrbl.8, 1978, 311-317, bes. 311312. 629 Auch beim 1891 gefundenen Gundestrup-Kessel wurden erst bei der neuen Untersuchung 2002 sechs auf den Rückseiten der Platten eingeritzte Zeichnungen entdeckt; Larsen 2005 (siehe Anm. 358), bes. 17-20.

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Siehe Anm. 564.

mer Silberfundes sind in Tabelle A 26 zusammengestellt: Der Guß ‚nahe an die Endform heran’ ist relativ selten zu beobachten. Reine Gußstücke sind ‚Kleinteile’ wie zunächst wohl sämtliche Füße an Bechern und Näpfen einschließlich derjenigen der Athena-Schale HI 1 und des Kandelabers HI 56 sowie der einzelne Fuß HI 41. Die Füße z.B. der Näpfe und Efeubecher sind ausgiebig durch spanabhebendes Drehen überarbeitet worden, so daß meist nur noch auf nach der Montage nicht mehr sichtbaren Flächen Reste der Gußhäute stehen geblieben sind. Komplett aus Gußteilen zusammengesetzt sind der cyathus HI 36, der Löwentatzennapf mit Lorbeerranke HI 37 und der kleine Dreifuß HI 54. Außerdem sind gegossen die Griffe HI 15 und 16, HI 39 und die der ovalen Platte 1 HI 51, der Kanne HI 44, der Henkel des Eimers HI 64 und wahrscheinlich auch dessen Attaschen. Die drei ovalen Platten HI 51-53, der Lampenteller des Kandelabers HI 56, die vier Platten HI 57-59 und HI 61 sowie die beiden Teile der Kasserolle 2 HI 70 sind gegossen und anschließend ausgiebig auf der Drehbank spanabhebend überarbeitet worden. Der Emblemring der Athena-Schale HI 1 ist wahrscheinlich auch gegossen, obwohl eindeutige Hinweise auf der Oberfläche nicht ausgemacht werden konnten. Ob die gegossenen Efeubecher HI 20-25 und der Löwentatzennapf mit Lorbeerranke HI 37 als ‚reine’ Gußstücke angesprochen werden sollten, bleibt eine Frage der Definition. Sie zeigen auf den senkrechten Wandungen eindeutige Hinweise auf den Guß ‚nah an die Endform’, ihre Bodenbereiche sind aber durch Schmiedearbeit noch leicht ausgewölbt worden.

kles-Schale HI 2 und den konischen Gefäßen HI 66 und 67, sondern auch zum Niederlegen von Konturkanten beim Ziselieren der Vorderseiten sind Mattierpunzen eingesetzt worden. Diese Techniken sind sowohl bei den ‚italischen’, als auch bei den ‚provinziellen’ Stücken zu beobachten, so daß auf Grund dieser Techniken eine Unterscheidung und unterschiedliche Datierung nicht erfolgen kann. Daß alle untersuchten Gefäße mit den gleichen Techniken bearbeitet worden sind, spricht eher für eine einheitliche Datierung. Die Durchstrahlungsverfahren Röntgen und Computertomographie wurden an ausgewählten Stücken angewandt, um einerseits ‚objektive’ Hinweise auf Guß und Treibarbeit zu gewinnen und andererseits den inneren Aufbau voluminöser Gefäßränder bildlich darzustellen (Kap. 10). Auf den Röntgenaufnahmen lassen sich Schmiedearbeiten durch kleinteilig-wolkige Strukturen gut identifizieren, da z.T. die einzelnen Hammerbahnabschläge abgebildet werden. Das erwartete gleichmäßige Auftreten von Gasporosität als Hinweis auf Gußstücke konnte nicht in der gleichen überzeugenden Art beobachtet werden. Das läßt zum einen auf einen hohen Stand des Metallgußes schließen, zeigt andererseits aber auch, daß viele als Rohprodukt gegossene Stücke noch ausgiebig nachgeschmiedet worden sind. Dabei sind evt. vorhandene Gasporen so stark verdichtet worden, daß sie auf Röntgenfilmen nicht mehr abgebildet werden. Die einfache Gleichung ‚dickwandig und schwer = Gußobjekt’ kann damit nicht länger in dieser Ausschließlichkeit aufrechterhalten werden. Die Platten mit Reliefrändern HI 58 und 59 haben sich erst in der kombinierten Betrachtung von Oberflächenstrukturen und Röntgenaufnahme als Gußstücke erwiesen, was wiederum die Bedeutung der Oberflächenbegutachtung belegt. Der Rankenteller 3 HI 50 und der ovale Teller 3 HI 53 geben sich zwar schon durch abweichende Dekore und Profile als ‚Ersatzstücke’ zu erkennen, sind aber in den gleichen Techniken hergestellt wie die Stücke der ‚Urserien’ HI 48 und 49 und HI 51 und 52. Die Computertomographie hat aus Gründen der Meßparameter und Objektgeometrie nicht das erwünschte Ergebnis erbringen können (Kap. 15. 7). Die auf den Röntgenbildern des Innenbechers von HI 14 und von Napf HI 29 sichtbaren Silberblechstreifen belegen aber, daß bei den voluminösen Gefäßrändern nicht notwendigerweise Massivguß anzunehmen ist.

Die überwiegend zu beobachtende Formtechnik ist eine Kombination aus Guß und Schmiedearbeit. Zunächst wird ein Ausgangsprodukt gegossen, die sog. Plantsche. Die eigentliche Ausarbeitung der Hohlform und des Gefäßprofils wird aber erst durch das Schmieden erreicht. Dieser Arbeitsprozeß ist besonders eindrücklich am Napf HI 33 zu beobachten. Hier liegen die Hammerabschläge vom Formen des Hohlkörpers direkt auf der Gußhaut des gegossenen Rohproduktes. Sämtliche Innenbecher von doppelwandigen Gefäßen, die dickwandigen Näpfe HI 27-35 und auch die Athena-Schale HI 1 sind auf diese Weise hergestellt worden. Sofern bei der abschließenden Oberflächenglättung und Politur Unregelmäßigkeiten stehen geblieben sind, lassen sich hier u.U. noch Reste der Gußhaut ausmachen. Daß in dieser Technik auch relativ dickwandige Rohlinge verarbeitet worden sein müssen, zeigen die Athena-Schale HI 1 und die Näpfe HI 27-35, die auch nach dem Schmieden und Abdrehen noch erhebliche Wandstärken aufweisen. Die Schalen der drei anderen Emblemschalen HI 2-4, die Einsätze der reliefierten Becher HI 5 und 6, HI 9-14, HI 19 sowie des Kraters HI 62 sind ebenfalls durch Schmieden und Treiben vorgegossener Rohprodukte geformt worden.

Zur Frage der Datierung des Gesamtkomplexes als auch diverser Einzelstücke können technische Aspekte vorläufig nur grobe Anhaltspunkte bieten, weil vergleichbar detaillierte Untersuchungen früher und später datierter Funde und Fundkomplexe kaum vorliegen (Kap. 12). Der graphische Dekor, der durch Ziselieren und die Anwendung von Formpunzen ausgeführt wird, eignet sich nicht für eine Trennung der Stücke nach Herstellungsgebieten oder Anfertigungszeitpunkt, wie dies mit der Zusammenstellung der sog. gallo-römischen Gefäßgruppe durch Pernice und Winter seit 1901 in der Literatur tradiert worden ist.

Ein weiterer Teil der Gefäße ist aus dünnem ausgeschmiedeten Blech zu Hohlkörpern aufgezogen worden, was einen zusätzlichen Arbeitsschritt erfordert und damit zeitaufwendiger ist. Denn zunächst muß aus dem gegossenen Rohprodukt ein dünnes Blech ausgeschmiedet werden, das dann wiederum zu einem Hohlkörper aufgezogen wird. In dieser Technik sind alle plastisch reliefierten

Die in dieser Studie erarbeiteten Herstellungs- und Dekortechniken an den Gefäßen und Geräten des Hildeshei141

Die Untersuchung der Efeubecher HI 20-25, der Rankenteller HI 48-50 und der Griffe am ovalen Teller 1 HI 51 hat gezeigt, daß flache Reliefdekore in keinem Fall in den Wachsmodellen angelegt gewesen und mitgegossen worden sind, obwohl dies oftmals in der Literatur angegeben wird und auch Stein- und Tonformen z.B. von Griffen bzw. Daumenplatten mit Reliefdekoren vorliegen631. Vielmehr zeigen die Spuren auf den Objektoberflächen, daß die Reliefs zunächst durch materialabtragendes Tieferlegen der Hintergrundflächen aus dem Massiven herausgearbeitet wurden. Anschließendes spanloses Ziselieren mit Mattier- und Glättpunzen ebnete die Schnittkanten ein, bis eine glatte Hintergrundfläche entstand, aus der die Reliefs flach hervorstehen632.

Becheraußenschalen, aber auch die konischen Gefäßteile HI 66 und 67 hergestellt worden. Das spanabhebende Drehen ist als Versäuberungstechnik absolut dominierend. Insbesondere an den reinen Gußgefäßen wie dem cyathus HI 36, den Platten HI 57 und 61, aber auch an dickwandigen geschmiedeten Stücken wie den Näpfen HI 27-35 sind die Gußhäute durch ausgiebiges Abdrehen von den Oberflächen beseitigt und Profile vor allem an den Gefäßrändern akzentuiert worden. Hinweise auf das Drehen finden sich in Form von eingedrehten konzentrischen Riefen, Pinolenabdrücken und Rattermarken an der Überzahl der Gefäße. Das spanlose Verformen durch Drücken ist nicht so eindeutig auszumachen. Die Blattstabbecher HI 7 und 8 belegen aber die Anwendung auch dieser Technik. Im Röntgenbild zeigt sich, daß das Drücken eher Auswirkung auf das innere Metallgefüge hat, als daß deutlich sichtbare Strukturen auf den Oberflächen beobachtet werden können.

Generell sind spanabhebende Techniken wie Meißeln und Gravieren kaum zu beobachten633. Meißeln ist lediglich als ‚dekorvorbereitende’ Technik angewandt worden, wozu das Ausarbeiten der Furchen für die Tauschierungen und die Nielloeinlagen in den Efeubechern HI 20-25, im Löwentatzennapf mit Lorbeerranke HI 37 und im großen Kantharos HI 63 zu zählen sind. Auch wenn größere Mengen Material in der Höhe abgetragen werden mußten, wurde das Meißeln eingesetzt, wie in den Blattzungenzwickeln der Efeubecher HI 20-25 und des Fußes HI 41 sowie bei den Rankentellern HI 48-50 und den Griffen der ovalen Platte 1 HI 51. Eindeutige Gravurlinien sind nur in den Tiefen der nachziselierten und -punzierten Riefen am Rand der Platte HI 61 auszumachen. Als einzige regelrechte Handgravur ist die ‚unrunde’ konzentrische Riefe innerhalb des Standringes der Herakles-Schale HI 2 anzusprechen.

Als Verbindungstechnik ist die Weichlötung absolut dominierend; Gefäßteile, Griffe und Füße sind üblicherweise durch Weichlot miteinander verbunden. Hartlötung ist relativ selten; die Verlötungen der Füße an den Blattstabbechern HI 7 und 8 sowie der Standringe an Kasserolle 2 HI 70 und der Platte HI 73 mit Hartlot bilden die absoluten Ausnahmen. Die Griffe an den Blattstabbechern waren dann wieder, wie üblich, mit Weichlot angebracht. Außerdem sind Hartlötungen einzelner Dekorteile bei den Cantharus-Griffen HI 17 und 18 sowie an HI 63 zu beobachten. Die Lötung eines Blechstreifens an den Näpfen HI 27-29 sowie evt. an den Innenbechern der Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 am inneren Übergang von Rand zur Wandung ist ebenfalls mit Hartlot durchgeführt worden, was auf der Oberfläche aber nicht auszumachen ist. Vermutlich sind die konzentrischen Riefen genau an den Lötfugen auf der Drehbank eingeschnitten worden.

Feilen als weitere spanabhebende Technik ist sehr viel häufiger zu beobachten, insbesondere bei den Gußstükken, wo Formnähte, Reste der Anschnitte und Luftkänale etc. am einfachsten mit der Feile beseitigt werden konn-

Ebenso selten treten mechanische Verbindungen auf. Hier sind lediglich die Montagen der Herakles-, Kybele- und Attis-Embleme in ihren Emblemringen, die Falzung des Kannenkörpers im Halsteil bei der Kanne HI 44 sowie die bewegliche Verstiftung zweier Scheiben oder Rosetten am Volutenhenkel des großen Kantharos HI 63 zu nennen. Anzuschließen ist die ‚antike Reparatur’ am Gefäßfuß HI 41 durch Falzung, die schon bei der Anfertigung notwendig wurde.

631

Siehe Schreiber 1894, bes. 277-292, I. Kapitel. Die griechisch-aegyptischen Formsteine mit Taf. A’-D’. – Kat. Toledo 1977, 141 zu Kat. 93 u. 94. 149. – J. Ogden, Jewellery of the Ancient World (London 1982) Taf. 22. – E. Poulsen, On moulds and models for ancient Roman small bronzes. In: A. Giumlia-Mair (ed.), I bronzi antichi. Produzione e technologia. Atti del XV Congresso Internazionale sui Bronzi Antichi, Grado - Aquileia, 22-26 maggio 2001 (Montagnac 2002) 330-337. 632 Dieses Verfahren ist auch bei der Lanx aus dem Fürstengrab II von Stráže beobachtet worden; siehe B. Svoboda, Neuerworbene römische Metallgefäße aus Stráze bei Piestany. Archaeologia Slovaca Fontes 11 (Bratislava 1972) bes. 73. Auch für die Oceanos-Platte des Schatzfundes aus Mildenhall, GB ist von Maryon eine ähnlich Vorgehensweise festgestellt worden, hier allerdings ohne spanabhebenden Materialabtrag, sondern nur durch planierendes Tieferlegen der Hintergrundflächen; siehe H. Maryon, The Mildenhall Treasure. Some technical problems. Man 48, 1948, 25-27 u. 38-41; J.R.S. Lang/N.D. Meeks/ C.J. Wheatley/M.R. Cowell, The scientific examination of the great dish. In: K.S. Painter (ed.), The Mildenhall Treasure (London 1977) 35-40. 633 In Tabelle 26 in der Spalte ‚spanende Bearbeitung’ eingetragen. Das ebenfalls spanende oder spanabhebende Drehen ist gesondert als ‚D 1’ aufgenommen, weil es sich bei der ‚spanenden Bearbeitung’ um Handarbeit handelt, im Gegensatz zum ‚maschinellen’ Drehen auf der Drehbank.

Die hauptsächliche Dekortechnik ist das Treiben von der Rückseite mit anschließendem Ziselieren der Feinheiten von der Vorderseite, was in Tabelle A 26 als ‚spanloser Dekor’ bezeichnet wird. An ausgeschmiedeten Metallblechen wie den aufgezogenen Außenbechern der doppelwandigen Gefäße HI 5 und 6, 9-14 und 19 sowie den konischen Gefäßteilen HI 66 und 67 war das Silber gut durchgearbeitet und konnte problemlos durch Treiben von Reliefdekoren weiter ausgedünnt werden. Ungewöhnlich aber ist das Treiben und Ziselieren von plastischen Reliefdekoren an Gußstücken wie den Platten mit Reliefrändern HI 58 und 59. Hier bestand die Gefahr, daß beim Austreiben das Gußgefüge aufbrach und sich Riße im Dekor auftaten. 142

mals Gelb) von den Metalltauschierungen der Lorbeerblätter, Blattstiele und des Mittelzweiges. Die Nielloeinlagen zumindest in den Efeubechern HI 20-25 sind nicht eingeschmolzen, sondern als ‚Bleche’ eingelegt und regelrecht gefaßt worden.

ten. Aber auch die vom Schmieden unregelmäßigen Kanten wie die der herzförmigen Schlaufen an den Griffen des Rankenbechers HI 6 und dem Griff HI 55 sind durch Feilen versäubert worden. Sägen ist mit absoluter Sicherheit nicht auszumachen, weil die Spuren denen vom Feilen sehr ähnlich sind. Wahrscheinlich sind aber die Voluten an den Griffen der Athena-Schale HI 1, des Girlandenbechers HI 10, des Griffes HI 55 und weiterer Stücke durch das Abspalten von Spänen mit der Säge, Einrollen derselben und Nachfeilen der Kanten entstanden. Auch die Trifoliardurchbrüche in den Kasserollen 3 und 4 HI 71 und 72 müssen gesägt worden sein.

Tabelle A 27 gibt eine Übersicht über die Fassungsvermögen der Gefäße in ml und umgerechnet in römische heminae. Wie schon bei der Untersuchung der Silberbecher vom Typ Leuna und bei den publizierten Gefäßinhalten von Stücken im Schatzfund von Boscoreale kann auch für die Gefäße des Hildesheimer Silberfundes keine größere Anzahl einheitlicher Volumina festgestellt werden, die dem römischen Hohlmaßsystem entsprechen634. Nur wenige Inhaltsmengen lassen sich, allerdings bei ungleicher Befüllung, mit dem römischen Maßsystem annähernd vereinbaren; in einigen Fällen stimmen die Fassungsvermögen bei einer Befüllung bis zu einer der randunterständigen Riefen einigermaßen überein, in anderen Fällen bei einer Befüllung bis zur Oberkante. Die Beachtung von Einheitsmaßen kann daher bei der Anfertigung der allgemein gebräuchlichen Trinkgefäßtypen keine Rolle gespielt haben.

Farbigkeit wird durch Vergoldungen und/oder Niello erzeugt. Echte Polychromie mit mehr als zwei Farben dürften lediglich die Efeubecher HI 20-25, der Löwentatzennapf mit Lorbeerranke HI 37 und evt. der große Kantharos HI 63 gezeigt haben. Bei den Efeubechern wird Weiß durch das Grundmaterial Silber, Schwarz durch die Nielloeinlagen und Gelb oder Rot durch tauschierte Messing- oder Kupferdrähte dargestellt. Beim Löwentatzennapf kommt Weiß wiederum vom Grundmetall Silber, Gelb von den vergoldeten Eierstäben und Rot (oder noch-

634

Niemeyer 2004 (siehe Anm. 314), bes. 77 Tab. 3. – Kat. Toledo 1977, 15. – Baratte 1986, bes. 90-94.

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14. ABKÜRZUNGS- UND LITERATURVERZEICHNIS In Literaturverzeichnis und Katalog gelten die Siglen gemäß den Richtlinien der RGK und des DAI.

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Winter 1897: F. Winter, Zum Hildesheimer Silberschatz. Arch. Anz. 1897, 115-131. Winter/Pernice 1899: F. Winter/E. Pernice, Zum Hildesheimer Silberschatz II. Arch. Anz. 1899, 121-130. Zedelius 1977: V. Zedelius, Hildesheimer Silberfund – ein Händlerdepot? Alt-Hildesheim 48, 1977, 83-86. Zedelius 1981: V. Zedelius, Der Hildesheimer Silberfund. In: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern Bd. 48: Hannover, Nienburg, Hildesheim, Alfeld, Teil 1 (Mainz 1981) 135-147. Zedelius 1983: V. Zedelius, Rezension von Gehrig 1980. AltHildesheim 54, 1983, 95-96. Zedelius 1989: V. Zedelius, Der Hildesheimer Silberschatz. Herkunft und Bestimmungsort. Alt-Hildesheim 60, 1989, 3-10. Zoder 1928: R. Zoder, Hildesheimer Silberfund – der Nibelungenhort? Aus der Heimat. Beilage zur HAZ 18.12.1928, 104 (Rezension von Köhler 1928).

15. ANHANG 15. 1. Liste der Tabellen im Text • • • • • • • • • • • • • • •

Tab. 1: Markierungen an den Metallergänzungen, S. 27 (Kap. 3. 2. 2). Tab. 2: Vergleich der Aussagen zu formgebenden Herstellungstechniken in der Literatur, S. 48-52 (Kap. 4. 5). Tab. 3: Punzen auf der Athena-Schale HI 1, S. 55-56 (Kap. 5. 3. 1. 1). Tab. 4: ovale Mattierpunzen im Vergleich, S. 57 (Kap. 5. 3. 1. 1). Tab. 5: Punzen auf der Herakles-Schale HI 2, S. 64-65 (Kap. 5. 3. 2). Tab. 6: Punzen an den Ententellern HI 45-47, S. 66-67 (Kap. 5. 3. 3). Tab. 7: Punzen am konischen Gefäß 1 HI 66, S. 69-71 (Kap. 5. 3. 4. 1). Tab. 8: Punzen am Gefäßfragment HI 67, S. 73 (Kap. 5. 3. 4. 1). Tab. 9: Formpunzen auf dem Silbergefäß aus Neerhaeren, S. 76 (Kap. 5. 3. 4. 3). Tab. 10: Punzen am Girlandenbecher HI 10, S. 77 (Kap. 5. 4. 1). Tab. 11: Punzen am Viermaskenbecher HI 11, S. 78 (Kap. 5. 4. 2). Tab. 12: Punzen am Sechsmaskenbecher HI 12, S. 78 (Kap. 5. 4. 3). Tab. 13: Punzen auf den beiden Zehnmaskenbechern HI 13 und HI 14, S. 79 (Kap. 5. 4. 4). Tab. 14: Punzen auf der Kybele-Schale HI 3, S. 80 (Kap. 5. 5). Tab. 15: Punzen auf den Platten mit reliefierten

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Rändern HI 58 und 59, S. 81 (Kap. 5. 6. 1). Tab. 16: Punzen auf weiteren Gefäßen, S. 82 (Kap. 5. 6. 2). Tab. 17: Maße der Blattstäbe, S. 96 (Kap. 6. 4). Tab. 18: Maße der Flechtbänder, S. 102 (Kap. 7. 3). Tab. 19: Analysen aus dem Rathgen-Forschungslabor, S. 124-125 (Kap. 11. 1. 1). Tab. 20: Analysen von Metalloberflächen von Lang 1997, S. 126 (Kap. 11. 1. 2). Tab. 21: Qualitative Röntgenfluoreszenzanalysen im Rathgen-Forschungslabor, S. 129 (Kap. 11. 2. 2. 1). Tab. 22: Röntgenfluoreszenzanalysen in der BAM, S. 130 (Kap. 11. 2. 2. 2). Tab. A 23: Kasserollen mit spulenförmig-konkaver Wandung aus Kupferlegierungen der Typen Eggers 135/136 bzw. Petrovsky III,2a-b, S. 154157. Tab. A 24: Meistverwendete Formpunzen auf den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes, S. 158159. Tab. A 25: Übersicht über die Kreis- oder Hohlpunzen an den Hildesheimer Gefäßen, S. 160. Tab. A 26: Herstellungs-, Bearbeitungs- und Dekortechniken an den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes, S. 161-165. Tab. A 27: Fassungsvermögen von Trinkbechern, Näpfen etc. in ml und römischen heminae, S 166.

15. 2. Abbildungsnachweis • • • • • •



Karin Adam, BAM, Berlin und Verf.: Tab. 5: P 66,13. Petra Becker, Regionalmuseum Xanten und Verf.: Abb. 71 u. 74. Heliog. Dujardin, Paris nach Héron de Villefosse 1899 Taf. 1 (Abb. 85), Taf. 19 (Abb. 54) u. Taf. 3 links (Abb. 91 links). Ingrid Geske, Berlin: Abb. 1a u. 2a. Jürgen Goebbels, Bernd Illerhaus und Dietmar Meinel, BAM, Berlin: Abb. 152. Christian Goedicke, Rathgen-Forschungslabor SMB-PK, Berlin und Verf.: Abb. 37a-c, 42, 43 unten, 50, Tab. 2: P 1,2 Schale u. Fuß, P 1,3 Fuß, P 1,4 Emblemring u. Fuß, P 1,5 Emblemring, P 1,6 u. 1,7, P 1,8 Schale, P 1,9 Schale, Emblemring, Griffe; Tab. 2a: Athena-Schale HI 1; Tab. 4: P 45/47,1-45/47,3, P 45/47,6 u. 45/47,7. Bernd Illerhaus und Yener Onel, BAM, Berlin: Abb. 151. 151

• • • • • • • • •

Susanna Künzl, Eckental: Abb. 96. Ch. Larrieu, Louvre, Paris: Abb. 91 Mitte u. 92 Mitte. Gisela Malitte, BAM, Berlin und Verf.: Abb. 104, 113, 114, 118, 119, 122, 123, 128, 129, 131, 133, 135, 136, 139, 142, 145, 146 u. 148-150. Martin Radtke, BAM, Berlin: Diagramm S. 206. F.W. Reimers, Hildesheim: Abb. 14. Hans-Joachim Schalles, Regionalmuseum Xanten: Abb. 73. Scherl Bilderdienst, Berlin: Abb. 13. Privatbesitz Hans-Ulrich Tietz, Berlin: Abb. 12. Alle weiteren Fotos und Zeichnungen: Verf. Die Rekonstruktionszeichnungen Abb. 16-22 sind unter Verwendung der bei Erdrich 2002 publizierten Schnittzeichnungen und diverser Fotos aus dem Fotoarchiv der Antikensammlung Berlin entstanden.

15. 3. Verweise auf die Abbildungen in Text und Katalog (S.) • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •

Farbtaf. A: 59, 173. Farbtaf. B: 62. 173. Farbtaf. C: 63, 173. Farbtaf. D: 74, 209. Farbtaf. E: 74, 209, 210. Farbtaf. F: 74, 209. Farbtaf. G: 103, 174. Farbtaf. H: 103-105, 174, 182, 183, 185. Farbtaf. J: 45, 105, 106, 175 185, 194, 206. Farbtaf. K: 173, 182, 206. Abb. 1: 1. Abb. 2: 1. Abb. 3: 6 Anm. 29, 20,205. Abb. 4: 20, 179, 180. Abb. 5: 20, 185, 195. Abb. 6: 20, 185, 195. Abb. 7: 20, 205. Abb. 8: 21. Abb. 9: 20, 44, 204, 207. Abb. 10: 21, 204, 207. Abb. 11: 22. Abb. 12: 24. Abb. 13: 29. Abb. 14: 30. Abb. 15: 29, 193. Abb. 16: 32, 178. Abb. 17: 32, 179. Abb. 18: 32, 181. Abb. 19: 33, 182, 183. Abb. 20: 33, 184. Abb. 21: 33, 187. Abb. 22: 33, 34, 210. Abb. 23: 40, 187. Abb. 24: 40, 207. Abb. 25: 42, 43, 188. Abb. 26: 42, 43, 194. Abb. 27: 46, 176. Abb. 28: 46, 176. Abb. 29: 60. Abb. 30: 41, 60, 61, 115, 175, 176, 177. Abb. 31: 6,. Abb. 32: 61. Abb. 33: 61. Abb. 34: 37, 61, 173. Abb. 35: 63, 173. Abb. 36: 66, 198. Abb. 37: 68. Abb. 38: 75.

• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •

Abb. 39: 85, 180. Abb. 40: 85, 180. Abb. 41: 85, 89, 180. Abb. 42: 85, 180. Abb. 43: 86, 180. Abb. 44: 85, 180. Abb. 45: 66, 86, 105, 198, 199. Abb. 46: 85, 86, 198. Abb. 47: 117, 198. Abb. 48: 86, 181. Abb. 49: 86, 181. Abb. 50: 86, 181. Abb. 51: 86, 198. Abb. 52: 87, 198. Abb. 53: 87. Abb. 54: 88. Abb. 55: 88. Abb. 56: 89. Abb. 57: 89. Abb. 58: 89. Abb. 59: 89. Abb. 60: 90. Abb. 61: 89. Abb. 62: 90. Abb. 63: 179. Abb. 64: 91. Abb. 65: 91. Abb. 66: 91. Abb. 67: 92. Abb. 68: 91. Abb. 69: 92. Abb. 70: 92, 95. Abb. 71: 93. Abb. 72: 93. Abb. 73: 93. Abb. 74: 93. Abb. 75: 94. Abb. 76: 94, 180. Abb. 77: 94, 198. Abb. 78: 95. Abb. 79: 95. Abb. 80: 95. Abb. 81: 95. Abb. 82: 95. Abb. 83: 94, 181. Abb. 84: 94, 198. Abb. 85: 98, 105, 174, 175. Abb. 86: 99, 100. Abb. 87: 98. Abb. 88: 98, 99, 194. Abb. 89: 99, 102, 197. Abb. 90: 99, 102. Abb. 91: 100, 101. Abb. 92: 101. 152

• Abb. 93: 107, 178, 181, 185. • Abb. 94: 108, 175. • Abb. 95: 108, 197, 201, 212. • Abb. 96: 107, 108. • Abb. 97: 108, 109, 188. • Abb. 98: 109, 116, 188. • Abb. 99: 109, 194. • Abb. 100: 109, 196, 199. • Abb. 101: 109, 199. • Abb. 102: 109, 185. • Abb. 103: 113, 114, 173. • Abb. 104: 114. • Abb. 105: 113, 173. • Abb. 106: 113, 173. • Abb. 107: 113, 173. • Abb. 108: 113, 114, 173. • Abb. 109: 113, 114, 173. • Abb. 110: 113, 114. • Abb. 111: 114. • Abb. 112: 114, 173. • Abb. 113: 114, 175. • Abb. 114: 115, 177. • Abb. 115: 115, 176, 177. • Abb. 116: 115, 177. • Abb. 117: 115, 177. • Abb. 118: 115, 119, 121, 178. • Abb. 119: 115, 116, 180. • Abb. 120: 116, 179. • Abb. 121: 115, 119, 121, 185, 186, 190. • Abb. 122: 115, 116, 119, 121, 122. • Abb. 123: 116, 188. • Abb. 124: 116, 188. • Abb. 125: 116. • Abb. 126: 117. • Abb. 127: 117, 198. • Abb. 128: 116, 190. • Abb. 129: 116, 192. • Abb. 130: 116, 192. • Abb. 131: 116, 122, 191. • Abb. 132: 116, 192. • Abb. 133: 117, 118, 199. • Abb. 134: 117, 199.

• Abb. 135: 117, 118, 199, 200. • Abb. 136: 117, 200. • Abb. 137: 117, 199, 200. • Abb. 138: 117, 199, 200. • Abb. 139: 117, 201. • Abb. 140: 117, 201. • Abb. 141: 118. • Abb. 142: 118, 205. • Abb. 143: 118, 204. • Abb. 144: 118, 204. • Abb. 145: 119, 209. • Abb. 146: 119, 210. • Abb. 147: 119, 210. • Abb. 148: 119, 211, 212. • Abb. 149: 119, 211, 214. • Abb. 150: 119, 211, 212. • Abb. 151: 121, 181, 184. • Abb. 152: 121. • Abb. 153: 112, 173. • Abb. 154: 175. • Abb. 155: 176, 177. • Abb. 156: 177. • Abb. 157: 179. • Abb. 158: 178. • Abb. 159: 181. • Abb. 160: 183, 184. • Abb. 161: 184. • Abb. 162: 186. • Abb. 163: 131, 187. • Abb. 164: 188. • Abb. 165: 189. • Abb. 166: 190. • Abb. 167: 192, 193. • Abb. 168: 194. • Abb. 169: 44. 196. • Abb. 170: 197. • Abb. 171: 198. • Abb. 172: 199 200. • Abb. 173: 201. • Abb. 174: 202. • Abb. 175: 203. • Abb. 176: 203. • Abb. 177: 206. • Abb. 178: 206. • Abb. 179: 37, 206. • Abb. 180: 207. • Abb. 181: 207. • Abb. 182: 208. • Abb. 183: 208.

• Abb. 184: 208. • Abb. 185: 209. • Abb. 186: 209.

• Abb. 187: 211. • Abb. 188: 210. • Abb. 189: 210.

• Abb. 190: 211. • Abb. 191: 212. • Abb. 192: 213, 214.

15. 4. Liste der Abbildungen zu den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •

• • • • • •

HI 1: Farbtaf. A-C, G 1-4, H 1, K 1 u. 2; Abb. 29, 31-35, 94, 97, 103-112, 153. HI 2: Farbtaf. J 5 u. 6; Abb. 30, 85, 87, 94, 113, 154. HI 3: Abb. 27, 28, 155. HI 4: Abb. 30, 114-117, 155, 156. HI 5: Abb. 16, 115, 118. HI 6: Abb. 16, 93, 157, 158. HI 7/8: Abb. 4, 17, 39-44, 76, 119, 120. HI 9: Abb. 18, 48-50, 83 93, 151, 159. HI 10: Farbtaf. H 2-5, K 3; Abb. 16, 19. HI 11: Abb. 19. HI 12: Abb. 20, 152, 160, 161. HI 13: Farbtaf. H 6 u. 7, J 1 u. 2; Abb. 5, 16, 19, 93, 102, 121. HI 14: Abb. 6, 122, 162. HI 17/18: Abb. 163. HI 19: Abb. 21 23. HI 20: Abb. 25, 123, 124, 164. HI 23: Abb. 165. HI 25: Abb. 123, 164, 166. HI 20-25: Abb. 97, 98, 125. HI 27: Abb. 152. HI 29: Abb. 128, 131. HI 30: Abb. 130, 167. HI 31: Abb. 130. HI 32: Abb. 129. HI 33: Abb. 132. HI 34-35: Abb. 15, 167. HI 36: Farbtaf. J 2; Abb. 88, 126, 168. HI 37: Abb. 5, 6, 26, 99, 166.

• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •

153

HI 42/43: Abb. 95, 170. HI 41: Abb. 16, 19, 89, 100, 169. HI 44: Abb. 51-53, 84, 127. HI 45: Farbtaf. J 3; Abb. 45. HI 47: Abb. 47, 133. HI 45-47: Farbtaf. J 4; Abb. 36, 37, 46, 77, 134 171. HI 48: Abb. 94. HI 49: Abb. 101, 135. HI 50: Abb. 136-138. HI 48-50: Abb. 172. HI 51: Abb. 95, 139, 140. HI 51-53: Abb. 141, 173. HI 54: Abb. 174. HI 55: Abb. 175. HI 56: Abb. 176. HI 57: Abb. 9, 10, 11. HI 58: 142-144. HI 59: Abb. 7. HI 60: Farbtaf. J 7, K 5; Abb. 177-179. HI 61: Abb. 9, 10, 180. HI 62: Abb. 10, 181. HI 63: Abb. 8, 24, 182-184. HI 65: Abb. 185. HI 66: Farbtaf. D u. F; Abb. 38, 145, 186. HI 67: Farbtaf. E; Abb. 146, 147. HI 68: Abb. 22, 187-189. HI 69: Abb. 96, 148, 150, 190. HI 70: Abb. 96, 148, 150, 191. HI 71: Abb. 149, 150. HI 72: Abb. 149, 150, 192.

636

635

peltenförmige Griffausschnitte

Meisterstempel unleserlich zwei große runde Löcher am Griffende

zwei große runde Löcher am Griffende,

eingedrehte konzentrische Rillen

eingedrehte konzentrische Rillen

eingedrehte konzentrische Rillen

eingedrehte konzentrische Rillen

Bodengestaltung

H 5,6 Randm 11,6 Gesamtl. 24,6

H 5,7 Randdm 11,2 Gesamtl. 23,5

H 7,4 Randdm 12,2 Bodendm. 9 erhaltene L. 24,2

H 6,1 Randdm 12,3 Bodendm 10,3 Gesamtl. 26,3

H 8,5 Randdm 14,5

Maße in cm

Raev 1986 Taf. 22,1. Albrecht 1943, 108 Nr. 25/29, 525. 110. Abb. 24a 1-2. Eggers 1965, 30. 35 Nr. 40. 72 L 16-17. Müller 1997, 10. 13 Abb. 7. 31 Abb. 21 VIII. 36 Kat. 19. Eggers 1951,129 Fund 1391. 172 Beilage 58. Müller 1997, 31 Abb. 21 IX. Klindt-Jensen 1941, 150-162. Eggers 1951, 82 Fund 110. 172 Beilage 58 (Typ 136). Eggers 1965, 64. 72 L 22. Lund Hansen 1987, 91. Taf. 12 Typ 136. Simonett 1941 Taf. 14,11,2. Eggers 1965, 71 L 2. Radnóti 1938, 28. Taf. 2,6. Taf. 15,12. Klindt-Jensen 1941, 176 Kat. 18 a. Brešcak 1982, 41. Taf. 1,7. 18,7. Petrovsky 1993, 337 Kat. X.46, Taf. 36.

• •



• • • • • •

• •

• •



• •

Raev 1974, 146 mit Abb. 11. Raev 1986, 28 f. Taf. 22,2. Steppengold 2003, 117 Kat. 83.

• • •

Literatur635











• •

15-30 n.Chr., spätaugusteisch bis frühtiberisch636.

Anf. 1. Jh. bzw. augusteisch. Stufe B1.

Stufe B 1.

1. Hälfte 1. Jh. 1. Jh.v.Chr/1. Jh.n.Chr. 1. Hälfte 1. Jh.

Datierung

154

Angegeben ist nur ausgewählte Literatur, bei der möglichst Abbildungen der Stücke vorhanden sind oder weitere Literatur angegeben ist. N. Lamboglia, Rezension Simonett 1941. Rivista di studi liguri 9, 1943, 163-194, bes. 166 Liv.u.33: zwei republikanische Münzen sowie je eine von Drusus und Germanicus.

gefunden 1884

gefunden 1850 Locarno-Muralto, I Grabungsstelle Villa Liverpool unten, Grab 33, Nr. 1936:841 Grabung 1936 Ljubljana 1 (ant. Emona), SLO Narodni Muzej, Ljubljana, Inv. 1877

Kærumgårde, DK Nationalmuseet Købnhavn, Inv. 11242

wahrscheinlich Fund von 1925 Haltern 2, D zwei große runde Löcher am Griffende

Griffende wohl verloren, peltaförmige Ausschnitte am Griffansatz peltenförmige Griffausschnitte Schwanenkopfbügel

Alitub, Kurgan 26, Grab 1, RUS

Grabung 1971 Bagaevskij, Kurgan 14 ‚Krasnyj‘ Grabung 1961 Haltern 1, D Fundnr. Ha 25/29.527

Griffgestaltung

Fundort

Tabelle A 23: Kasserollen mit spulenförmig-konkaver Wandung aus Kupferlegierungen der Typen Eggers 135/136 bzw. Petrovsky III,2a-b

15. 5. Querformatige Tabellen A 23-A 26

Pompeji 2, I Casa detta del Flamen Pompeji, Inv. 1768

Pompeji 1, I Museo Nazionale, Napoli, Inv. 73257

eingedrehte konzentrische Rillen

kein Boden erhalten kein Boden erhalten 3 peltenförmige Füße

kein Boden erhalten

Ausschnitte an Griffende und -ansatz

wenige eingedrehte konzentrische Rillen

Schwanenkopfbügel eingedrehte u. peltenförmige konzentrische Ausschnitte am Rillen Griffansatz peltenförmige Griffausschnitte

Meisterstempel

Meisterstempel peltenförmige Griffausschnitte,

zwei große runde Löcher am Griffende Schwanenkopfbügel, Meisterstempel peltenförmige Griffausschnitte,

Meisterstempel Griffende verloren

Magdalensberg, A (ant. Virunum)

aus Grabung 1970 in Nijmegen 1, NL Rijksmuseum G.M. Kam, Inv. BE V 12 in Nijmegen 2, NL Rijksmuseum G.M. Kam, Inv. BE V 13 Novji, Kurgan 43 Regionalmus. Rostov, Inv. KX 23030/79 · A - 6871 aus Grabung 1982 bei Ormes aus der Saône, F Musée Denon, Chalon-sur-Saône, Inv. 79.2.59 gefunden 1979 Pacciano, I Museo Archeologico, Firenze Inv. evt. 1534 Petit Creusot, F Musée des Antiquités Nationales, Saint-Germain-en-Laye, In. 71429

peltenförmige Griffausschnitte,

Ljubljana 3 (ant. Emona), SLO Privatbesitz

eingedrehte konzentrische Rillen

Schwanenkopfbügel eingedrehte konzentrische Rillen

Ljubljana 2 (ant. Emona), SLO Narodni Muzej, Ljubljana, Inv. 1897

Bodengestaltung

Griffgestaltung

Fundort

155

H 9,2 Randdm 17,1 Gesamtl. 32,3 H 7,2 Randdm 13,4 Gesamtl. 27,3

H 6,3 Randdm 14,6 Gesamtl. 30,5

Randdm 10,6 Gesamtl. 23,5 Randdm 13,5 Gesamtl. 28,1 H ca. 7,6 Randdm ca. 13,2 Bodendm ca. 10,2 Gesamtl. ca. 27,3 H 7,6 Randdm 13,3 Bodendm 8,5 Gesamtl. 27,4

H 7,1 Randdm 12,4 Bodendm ca. 8,8 Gesamtl. 27,4 H 8,6 Randdm 13 Bodendm 4,5 Gesamtl. 30,8 Randdm 9 erhaltene L. 14,7

Maße in cm

Willers 1901, 217 Nr. 118. Petrovsky 1993, 289 Kat. P.09.01. Tassinari 1975, 25-26 Kat. 2. Taf. 1,2.

Carandini 1977, 164. Taf. 77,8. Lista 1986, 176 Kat. 23 mit Abb. S. 177. Tassinari 1993, 170 V,4,3, Nr. 11. Typentaf. S. 93 Typ G1110.

• • •

• • •

Raev 1986, 79. Taf. 71,2. Petrovsky 1993, 338 Kat. X.56, Taf. 37.

• •

Baratte u.a. 1984, 65 Kat. 83. Taf. 30. Petrovsky 1993, 330 Kat. X.13, Taf. 1 Typ III, 2b. Taf. 34.

den Boesterd 1956, 2 Nr. 5. Taf. 1,5. 5a.



• •

Sedlmayer 2002, 367 mit Fig. 3,7. den Boesterd 1956, 2 Nr. 4. Taf. 1,4. 4a.

Deimel 1987, 149. Taf. 23,2. Sedlmayer 1999, 80 u. 81 zu Taf. 30,14.

Radnóti 1938, 30. Taf. 2,7. Taf. 15,8. Klindt-Jensen 1941, 176 Kat. 18 c. Eggers 1965, 36 Nr. 51e. Brešcak 1982, 41 Kat. 6. Taf. 1,6. 17,6. Raev 1995, 15. 16 Abb. 1,5.

• •

• •

• • • • •

Literatur

Tabelle A 23 (Fortsetzung 1): Kasserollen mit spulenförmig-konkaver Wandung aus Kupferlegierungen

• •











• •

1. Hälfte 1. Jh. 1. Hälfte 1. Jh.

1. Jh.

1. Hälfte 1. Jh.

1. Jh.

frühes 1. Jh.

frühes 1. Jh.

frühaugust. aus spätaugust. Einschüttung.

Datierung

peltenförmige Griffausschnitte

peltenförmige Griffausschnitte

Schwanenkopfbügel eingedrehte konzentrische Rillen

Baggerfund von 1884 Xanten (ant. Tricensimae) Regionalmuseum Xanten

Meisterstempel peltenförmige Griffausschnitte 3 peltenförmige Füße

Sisak 3 (ant. Siscia), Schwanenkopfbügel Narodni Muzej, Zagreb Vrhnika (ant. Nauportus), Slowenien peltenförmige eingedrehte (nach Radnóti 1938: Groblje) Griffausschnitte konzentrische Narodni Muzej, Ljubljana, Inv. R 1878 Rillen

Sisak 2 (ant. Siscia)

aus Grabung 1956 Sisak 1 (ant. Siscia)

Schwanenkopfbügel eingedrehte konzentrische Rillen

Poncey-les-Athées, F Musée Denon, Chalon-sur-Saône, Inv. 83.16.3 gefunden 1983 Putensen, Grab 150, D Helms-Museum, Hamburg-Harburg

kein Boden erhalten

peltenförmige Griffausschnitte

Pompeji 3, I Museo Nazionale, Napoli, Inv. 73836

Bodengestaltung

Griffgestaltung

Fundort

Baratte u.a. 1984, 127 Kat. 195. Taf. 59.



156

H 7,6 Br 12,3 L 27,5

H 6,5 Randdm ca. 14,7 Gesamtl. 27



• •

• • • • • • • •

Eggers 1965, 34 Nr. 10 (Typ E 135). Wegewitz 1972, 85 Kat. 150 j. Taf. 34. Taf. 185. Taf. 186. Roggenbuck 1981-83. Laux 1995. Hoffiller 1903/04, 109-110. Taf. 58,6. Willers 1907, 79. Taf. 7,13. Hoffiller 1908, 123. 124 Abb. 79. Radnóti 1938, 26. Taf. 2,5; 15,1; 18,5. Klindt-Jensen 1941, 156 Fig. 11. 175 Kat. 17 a. Hoffiller 1903/04, 110. Taf. 58,2. Hoffiller 1908, 123-124. Radnóti 1938, 28. Taf. 19,1. Klindt-Jensen 1941, 175-176 Kat. 17 b. Radnóti 1938, 31. Taf. 2,8. Taf. 15,10. Klindt-Jensen 1941, 176 Kat. 17 d. Radnóti 1938, 28-29. Taf. 2,6. Taf. 15,12. Eggers 1965, 63. 72 L 4-7 (2x E 135, 2x E 136). Brešcak 1982, 41 Kat. 10. Taf. 2,10. Petrovsky 1993, 289 Kat. P.09.04. Taf. 1 Typ III, 2a. Taf. 24. Schalles 2000.

Poupeau/Tassinari 1984, 785-786. Taf. 3 Abb. 9.



Literatur

H 7,4 • Randdm 12,5 • Bodendm 9,8 (8,2) Gesamtl. ca. 27,5 • • H 9,5 • Gesamtl. 32,3 • • • •

Randdm 13,4 Bodendm 7,8 Griffl. 16,5 H 7,7 Randdm 13,5 Gesamtl. ca. 26,8

Maße in cm

Tabelle A 23 (Fortsetzung 2): Kasserollen mit spulenförmig-konkaver Wandung aus Kupferlegierungen

1. Hälfte 1. Jh.



2.-4. Jahrzehnt 1. Jh.

1. Hälfte 1. Jh. flavisch.

• •



flavisch.

1. Hälfte 1. Jh. 1. Drittel 1. Jh.

1. Jh.



• •



Datierung

157

Literatur zu Tabelle A 23: • Ch. Albrecht, Die Fundstücke der Jahre 1912-13 und 1925-32. Bodenaltert. Westfalens 6, 1943, 80ff. (=A. Stieren (Hrsg.), Die Funde von Haltern seit 1925). • F. Baratte u.a., Vases antiques de métal au Musée de Chalon-sur-Saône (Dijon 1984). • M.H.P. den Boesterd, The bronze vessels in the Rijksmuseum G.M. Kam [1] (Nijmegen 1956). • D. Brešcak,Anticno bronasto posodje Slovenije (Roman bronze vessels in Slovenia). Situla 22/1 (Ljubljana 1982). • D. Brešcak, Roman bronze vessels in Slovenia, new finds 1982-1991. In: S.T.A.M. Mols u.a. (Hrsg.), Acta of the 12th international congress on ancient bronzes, Nijmegen 1992 (Nijmegen 1995) 15-21. • A. Carandini (dir.), L’instrumentum domesticum di Ercolano e Pompei nella prima età imperiale. Quaderni di Cultura Materiale 1 (Rom 1977). • M. Deimel, Die Bronzekleinfunde vom Magdalensberg. Arch. Forsch. zu den Grabungen auf dem Magdalensberg 9 (1987). • H.J. Eggers, Der römische Import i m freien Germanien (Hamburg 1951). • H.J. Eggers, Eine römische Kasserolle aus der Weser bei Bremen und ihr Kreis. Bremer Arch. Bl. 4, 1965, 18-38. • V. Hoffiller, Antikne bronsane posude iz hrvatske i Slaconije u Narodnum Muzeju u Zagrebu. Vjestnik arheološkoga društva N.S. 7, 1903/04, 98-123. • V. Hoffiller, Antike Bronzegefäße aus Sissek. ÖJh 11, 1908, Beibl. 117-134. • O. Klindt-Jensen, La trouvaille de Kærumgaard. Acta Arch. 12. 1941, 144-176. • F. Laux, Kriegergrab 150 in bronzenem Kessel. In: R. Busch (Hrsg.), Rom an der Niederelbe (Neumünster 1995) 166-169. • M. Lista, Gli oggetti di uso quotidiano. In: E. Pozzi et al., Le collezioni del Museo Nazionale di Napoli (Rom 1986) 174-201. • U. Lund Hansen, Römischer Import im Norden. Warenaustausch zwischen dem römischen Reich und den freien Germanien (Kopenhagen 1987). • M. Müller, Die römischen Bronzegefäße von Haltern. Ausgrab. u. Funde in Westfalen-Lippe 9 A (Mainz 1997) 5-40. • R. Petrovsky, Studien zu römischen Bronzegefäßen mit Meisterstempeln. Kölner Stud. z. Arch. d. Röm. Provinzen 1 (Buch a. Erlbach 1993). • Ph. Poupeau/S. Tassinari, Examen metallurgique de casseroles romaines (1) In: H. Walter (Hrsg.), Hommages à Lucien Lerat, Centre de recherches d’histoire ancienne 55, 1984, 779-807. • A. Radnóti, Die römischen Bronzegefäße in Pannonien. Diss. Pann. 2. Ser. 6 (Budapest, Leipzig 1938). • B. Raev, Vaisselle de bronze italique dans les tombes de la noblesse sarmate sur le Bas-Don. In: J.Ch. Balty/G. Faider-Feytmans/M.-E. Mariën (Hrsg.), Actes des IIIes journées internationals consacrées à l’étude des bronzes romains, Bruxelles-Mariemont, 27-29 mai 1974, 139-149. • B.A. Raev, Roman imports in the Lower Don Basin. BAR S 278 (Oxford 1986). • P. Roggenbuck, Das Grab 150 von Putensen, Kr. Harburg, aus der älteren römischen Kaiserzeit. Hammburg N.F. 6, 1981-83, 133-143. • H.-J. Schalles, „Schräge Vögel“ – Drei Bronzekasserollen römischer Zeit aus Xanten. In: H.G. Horn u.a. (Hrsg.), Fundort Nordrhein-Westfalen. Millionen Jahre Geschichte (Mainz 2000) 280-282. • H. Sedlmayer, Die römischen Bronzegefäße in Noricum. Monographies Instrumentum 10 (Montagnac 1999). • H. Sedlmayer, Vasellame bronzeo nel territorio di Virunum. In: G. Cuscito/M. Verzár-Bass (dir.), Bronzi di età romana in cisalpina. Antichità Altoadriatiche 51 (Triest 2002) 363376. • Ch. Simonett, Tessiner Gräberfelder. Ausgrabungen des archäologischen Arbeitsdienstes in Solduno, LocarnoMuralto, Minusio und Stabio 1936 und 1937 (Basel 1941). • Steppengold. Grabschätze der Skythen und Sarmaten um unteren Don, hrsg. v. E. Wamers u. D. Stutzinger (Franfurt/M. 2003). • S. Tassinari, Vaisselle de bronze romains de Musée Antiquités Nationales. Gallia suppl. 29 (1975). • S. Tassinari, Il vasellame bronzeo di Pompei. Soprintendenza Archeologica di Pompei. Cataloghi 5 (Rom 1993). • W. Wegewitz, Das langobardische Gräberfeld von Putensen, Kr. Harburg. Die Urnenfriedhöfe in Niedersachsen 10 (Hildesheim 1972). • H. Willers, Die römischen Bronzeeimer von Hemmoor (Hannover, Leipzig 1901). • H. Willers, Neue Untersuchungen über die römische Bronzeindustrie von Capua und von Niedergermanien (Hannover, Leipzig 1907).

Athena-Schale

Herakles-Schale

Kybele-Emblem Blattstabbecher 1 Blattstabbecher 2 Lorbeerbecher Girlandenbecher

Viermaskenbecher

Sechsmaskenbecher Zehnmaskenbecher 1

Zehnmaskenbecher 2

4 große Efeubecher 2 kleine Efeubecher cyathus Löwenfüße des Napfes Fuß an HI 12 2 Griffe Kanne Ententeller 1

Ententeller 2+3

2

3 7 8 9 10

11

12 13

14

20-23 24+25 36 37 41 42/43 44 45

46+47

Objekt

1

HI-Nr.

P 45/47,4

P 45/47,4

+ +

+

P 13/14,1 P 14,1

P 10,1 P 10,2 P 11,1 P 11,2 P 11,3 P 12,2 P 13/14,1

P,2,1 P 2,2 P 2,6 P 3,1 + +

P 1,3

Kreis-/Ring-/ Hohlpunzen

P 45/47,2 P 45/47,3 P 45/47,2 P 45/47,3

P 3,2

P 2,7

halbkreis-/sichel-/ hakenförmige Punzen

P 45/47,5

P 13/14,2 P 13,1 P 13,2

P 11,4

+

P 2,3

P 1,8

Kugelpunzen

158

P 45/47,6

‚Kaffeebohnen’Punzen P 1,6 P 1,7

Tab. A 24: Meistverwendete Formpunzen auf den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes

P 1,4 P 1,5

Dreieckspunzen

P 45/47,1

P 12,3

P 3,3

P 2,4

P 1,11

Ovalpunzen

+

+ +

P 13,3

P 10,3 P 10,4

P 2,10

P 1,9

Mattierpunzen

+

+

+ + +

P 1,12 P 1,13 P 1,14 P 2,8 P 2,9

Perlpunzen

+

+

Eierstabpunzen

P 45/47,11

+ P 45/47,11

+ + +

Blattpunzen

Objekt

Rankenteller 1+2 ovaler Teller 1, Griffe Kandelaber-Teller 2 Platten mit Reliefrändern

Platte konisches Gefäß 1

konisches Gefäß 2 Fuß des Kantharos von Stevensweert 2 Lübsow-Scyphi Neerhaeren-Gefäß

HI-Nr.

48+49 51 56 58+59

61 66

67

2 + 2

P 66,12

+ + + P 58/59,4

Kreis-/Ring-/ Hohlpunzen

2

P 66,1 P 66,2 P 66,6

halbkreis-/sichel-/ hakenförmige Punzen

2

P 66,14 P 66,15

159

P 61,1

Mattierpunzen

+

+

P 67,2

P 66,13

P 58/59,7

Ovalpunzen

P 58/59,1 P 58/59,2 P 58/59,3

Dreieckspunze +

‚Kaffeebohnen’Punzen

+

Kugelpunzen

Tab. A 24 (Fortsetzung): Meistverwendete Formpunzen auf den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes

+ +

P 58/59,5

Perlpunzen

+ +

Eierstabpunzen

+

Blattpunzen

Kybele-Schale, Emblem

3

0,9 x 0,8 1,2

1,1 x 1,2 0,8 x 0,9 1,5

P 66,12

P 67,3

Gefäßfuß 2 Griffe Ententeller 1-3 ovaler Teller 1, Griffe

Teller des Kandelabers Platte, Reliefauflage

konisches Gefäß 1

konisches Gefäß 2 Kasserolle 1

Kasserolle 2 Kasserolle 3

41 42 u. 43 45-47 51

56 60

66

67 69

70 71

P 45/47,4

1,4 1,2-1,3

2,3 2,7

1,5

1,1 1,5-1,6

0,95

1,8 -

0,9

0,8-1 1,25

0,85 09 0,8 1,1

1,6 0,5 0,6

1,9-2 0,65-0,7 0,8 0,7

Zehnmaskenbecher 1 u. 2 Zehnmaskenbecher 2 cyathus

13 u. 14 14 36 1 1,3 1,1-1,2 1,5 x 1,6

0,5 1,4 0,8

0,6 1,7 1,1

P 10,2 P 11,1 P 11,2

Viermaskenbecher

11

P 11,3 P 13/14,1 P 14,1

0,7

0,8

P 10,1

Girlandenbecher

1,5

Dm größte Schlagtiefe 1,3

Außendm

10

P 2,1 P 2,2 P 3,1

P 1,3

Athena-Schale, Schale u. Emblemring Herakles-Schale

1

2

Punze

Objekt

HI-Nr.

160

0,5

1,5 -

0,7

0,65 1

0,8 0,5

0,4 0,7 0,5

0,4 1,2 0,6

0,6

05 0,4 x 0,3 1,1 x 1

-

Innenfläche

zwei ‚Hörner’ direkt nebeneinander spindelförmige Innenfläche zwei sich gegenüberliegende Unterbrechungen im Ring, sieben weitere kleinste Ausbrüche Innenfläche leicht gewölbt, unregelmäßige Innenkante wegen feinster Ausbrüche Innenfläche flach, zwei sich gegenüberliegende Verdickungen im Ring Ringwulst rund, abgeflacht Innenfläche flach, ein gestufter Ausbruch im Ring, Innenkante unregelmäßig wegen feinster Ausbrüche Innenfläche gewölbt Innenfläche flach Innenfläche gewölbt eine Seite des Ringes verdickt, Innenkante unregelmäßig wegen feinster Ausbrüche Innenfläche gewölbt Vogelaugen Innenfläche unregelmäßig gewölbt, polygonale Innenkante Ringwulst dick, sichelförmige Abdrücke durch schräges Abschlagen der Hohlpunze Innenfläche flach, schmaler flächiger Ring zwei kleinste, sich gegenüberliegende ovale Vertiefungen im Ring, Ringwulst rund sog. ‚Zahnrad’-Punze, Ringwulst stark abgenutzt, polygonale Innenfläche, feinste Ausbrüche an der Innenkante Innenfläche flach nur zwei Abschläge in Vogelaugen, einer in Blüte am Griffende, Innenfläche stark gewölbt nur zwei schwache Abschläge als Pupillen der Vogelaugen Ringwulst dreieckig, auf ¼ des Ringumfangs Ringwulst abgeflacht

gewölbte Innenfläche

Bemerkungen

Tab. A 25: Übersicht über die Kreis- oder Hohlpunzen an den Hildesheimer Gefäßen, Maße in mm

Athena-Schale

HeraklesSchale

Kybele-Schale

Attis-Schale

Rankenbecher 1

Rankenbecher 2

Blattstabbecher 1

Blattstabbecher 2

1

2

3

4

5

6

7

8

Schale Emblemring Fuß Griffe Emblem Schale Emblemring Emblem Schale Emblemring Emblem Schale Emblemring Emblem Innenschale Außenschale [Griffe] [Fuß] Innenschale Außenschale Griffe [Fuß] Fuß Becher [Griffe] Fuß Becher [Griffe]

Teilstück

+

+

+ + +

+ + ? + + ? + + ? + + +

Treibarbeit nach Guß eines Halbfabrikates + ?

638

O = Oberflächenautopsie, R = Radiographie. D 1 = spanabhebendes Drehen, D 2 = spanloses Drücken. 639 Meißeln, Gravieren und Feilen. 640 V = Vergoldung, N = Niello.

637

Objekt

HI

+

+

?

?

?

? + +

reines Gußstück

O, R

O, R

O O O

O, R O, R O

O O, R

O, R O, R

Beurteilungsgrundlage637 O, R O, R O, R O, R O, R O, R

161

D1 D 1, D 2

D1 D 1, D 2

D1

D1

D1 D1

D1 D1

D1 D1

Drehen, Drücken638 D1 D1 D1

+

+

+ +

Hartlötung

+

+

+

+

+ +

+

+

+

+

+

Weichlötung

+

+

+

mechanische Verbindung

+

+

+

+

+

+

+

spanloser Dekor + + + + + +

Tabelle A 26: Herstellungs-, Bearbeitungs- und Dekortechniken an den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes (nicht mehr vorhandene Gefäßteile, von deren ehemaligem Vorhandensein Reste antiken Weichlotes zeugen, sind in eckigen Klammern aufgeführt, z.B. [Griffe])

+

spanende Bearbeitung639

V

V

V

V

V V

Vergoldung, Niello640 V V V

Sechsmaskenbecher

Zehnmaskenbecher 1

Zehnmaskenbecher 2

2 Griffe

12

13

14

15/ 16 17/ 18 19

Innenschale Außenschale Fuß Schale [Fuß] [Griffe] Schale Fuß [Griffe]

+ +

+ +

+ +

+ +

großer Efeubecher 1

großer Efeubecher 2

20

21

+

+

+ +

Viermaskenbecher

11

+ + +

Buckelnapf

Girlandenbecher

10

Innenschale Außenschale [Griffe] [Fuß] Innenschale Außenschale Griff Fuß Innenschale Außenschale [Griffe] Innenschale Außenschale [Griffe] [Fuß] Innenschale Außenschale Fuß Innenschale Außenschale [Fuß]

Treibarbeit nach Guß eines Halbfabrikates + +

+

Lorbeerbecher

9

Teilstück

2 Griffe

Objekt

HI

+

+

+

+

+

reines Gußstück

O

O, R

O O

O

O

O O O O, R O

O O

O O O O O O

Beurteilungsgrundlage entspr. and. entspr. and.

162

D1

D1 evt. D 2 D1 D1

D1 evt. D 2 D1 D1 evt. D 2

D1 evt. D 2

D1 D1

D1 evt. D 2

Drehen, Drücken D1 evt. D 2

+

+

+

Hartlötung

+

+

+

+

+

+

+

+ +

+

+

+

+ +

Weichlötung +

mechanische Verbindung

Tabelle A 26 (Fortsetzung 1): Herstellungs-, Bearbeitungs- und Dekortechniken an den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes

+

+

+

+

+ +

+

+

+

+

spanloser Dekor

+

+

+

spanende Bearbeitung

N

N

V

V

V

V V V V V

V

V

V

Vergoldung, Niello V V

39 41

37

36

35

34

33

32

31

30

29

28

26 27

25

24

großer Efeubecher 3

22

Teilstück

Schale Fuß [Griffe] kleiner Schale Efeubecher 1 Fuß 2 Griffe kleiner Schale Efeubecher 2 Fuß [Griffe] Fuß eines kleinen Efeubechers großer glatter Schale Napf 1 Fuß großer glatter Schale Napf 2 Fuß großer glatter Schale Napf 3 Fuß kleiner glatter Schale (Typ 1) Napf 1 Fuß kleiner glatter Schale (Typ 1) Napf 2 Fuß kleiner glatter Schale (Typ 1) Napf 3 Fuß kleiner Napf Schale (Typ 2) 1 Fuß kleiner Napf Schale (Typ 2) 2 Fuß kleiner Napf Schale (Typ 2) 3 Fuß cyathus Schale Griff Löwennapf Schale 2 Füße Fragmente eines Griffes Gefäßfuß

Objekt

HI

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+ +

+

Treibarbeit nach Guß eines Halbfabrikates +

+ + + + + + +

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

reines Gußstück

O O O O O, R O O R O O O, R O O O O O O O O, R O, R O O O O

O O, R

O

Beurteilungsgrundlage O

163

D1

D1

D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1 D1

D1 D1

D1 D1

Drehen, Drücken D1 D1

Hartlötung

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+ +

+

+

+

Weichlötung

+

mechanische Verbindung

Tabelle A 26 (Fortsetzung 2): Herstellungs-, Bearbeitungs- und Dekortechniken an den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes

+ + + +

+

+

+

spanloser Dekor +

+ + +

+

+

+

spanende Bearbeitung +

V V

V V V, N

N

N

Vergoldung, Niello N

2 Griffe

Kanne

Ententeller 1

Ententeller 2

Ententeller 3

Rankenteller 1 Rankenteller 2 Rankenteller 3 ovale Platte 1

ovale Platte 2

ovale Platte 3

kleiner Dreifuß

cyathusGriff Kandelaber

42/ 43 44

45

46

47

48

52

53

54

55

56

51

50

49

Objekt

HI

Fuß Palmettenabdeckung Platte

Hals Körper Griff [Fuß] Platte Füße Platte Füße Platte Füße Platte Füße Platte Füße Platte Füße Platte Griffe [Füße] Platte [Griffe] [Füße] Platte [Griffe] [Füße] Platte 2 Beine 1 Basis

Teilstück

+

+

+?

+ + + + + + + + + + + +

+ +

Treibarbeit nach Guß eines Halbfabrikates +

O O O

+

O O O O

O, R

O

O O O O O, R O O O O, R O O O O, R O, R

O O O, R

Beurteilungsgrundlage O

+

+ +

+

+

+ +

+

reines Gußstück

164

D1

D1

D1

evt. D 1

evt. D 1

evt. D 1

D1 evt. D 2

Drehen, Drücken

Hartlötung

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

Weichlötung + +

mechanische Verbindung

Tabelle A 26 (Fortsetzung 3): Herstellungs-, Bearbeitungs- und Dekortechniken an den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes

+

+

+

+

+

+

+

+ +

spanloser Dekor +

+

+

+

+

+

+ + + + + + + + +

+

+

spanende Bearbeitung

V

V

V

V V V

Vergoldung, Niello

72 73

71

69 70

65 66 67 68

64

62b 63

61

Platte vom Klapptisch Platte mit Reliefrand 1 Platte mit Reliefrand 2 Platte mit Platte separatem Reliefrand Reliefrand Platte mit ‚antiken’ Reparaturen Einsatz des Rankenkraters großer Gefäß Kantharos Griff Eimer Attaschen Gefäß [Füße] Henkel Riefelschüssel konisches Gefäß 1 konisches Gefäß 2 Eierschale Schale [Griff] [Füße] Kasserolle 1 Kasserolle 2 Schale Griff Kasserolle 3 Schale/Griff Standring Kasserolle 4 Platte Platte Standring

57b 58 59 60

Teilstück

Objekt

HI

+ +? + + +

+

+ + + +

+

+ +

+ +

Treibarbeit nach Guß eines Halbfabrikates

+ +

+

+ +

+

reines Gußstück + + +

O, R O, R O, R O, R O O, R O O

O O O O O, R O, R O

O O O

O

Beurteilungsgrundlage O O, R O O O

165

D 1, D 2 ? D1 D1, D 2 ? D1 D1

D1 D1

evt. D 2

D2?

D1 D1

D1

Drehen, Drücken D1 D1 D1 D1

+

+

+

Hartlötung

+

+

+ +

+

+ +

+

Weichlötung

+

mechanische Verbindung

Tabelle A 26 (Fortsetzung 4): Herstellungs-, Bearbeitungs- und Dekortechniken an den Gefäßen des Hildesheimer Silberfundes

+ + + +

+ + + +

+

+

+ +

spanloser Dekor

+

+ +

+ +

spanende Bearbeitung

V V

V, N

V

Vergoldung, Niello

großer Kantharos Eimer konisches Gefäß 1 Kasserolle 1 Kasserolle 2 Kasserolle 3 Kasserolle 4

63 64 66 69 70 71 72 870 1290 965

600 720 860 200 290 370/380 510 105 320/330 88 300 76 80-82 33 320 15.000

bis Riefe 1 in ml

1 hemina = 273 ml, 48 heminae = 1 urna = 13,09 l.

Rankenbecher Blattstabbecher 2 Lorbeerbecher Girlandenbecher Viermaskenbecher Sechsmaskenbecher Zehnmaskenbecher Buckelnapf große Efeubecher kleine Efeubecher große glatte Näpfe kleine glatte Näpfe, Typ 1 kleine glatte Näpfe, Typ 2 cyathus Löwenfußnapf Krater

5/6 8 9 10 11 12 13/14 19 20-23 24/25 27-29 30-32 33-35 36 37 62

641

Objekt

HI-Nr.

3,19 4,73 3,53

bis Riefe 1 in heminae 2,2 2,64 3,15 0,73 1,06 1,36/1,39 1,87 0,38 1,17/1,2 0,32 1,09 0,28 0,29-0,3 0,12 1,17 54,95 = 1,15 urnae

166

-

51/52 410

bis Riefe 2 in ml

-

bis Riefe 2 in heminae 0,19 1,5

Tab. A 27: Fassungsvermögen von Hildesheimer Trinkbechern, Näpfen etc. in ml und römischen heminae641

1090 1370 ca. 700 1060

bis Oberkante in ml 648 740 880 280 300 550 700 110 350 92/93 440/450 130 105/110 70 440 18.600

3,99 5,01 2,56 3,88

bis Oberkante in heminae 2,37 2,71 3,22 1,02 1,1 2,01 2,56 0,4 1,28 0,34 1,61/1,65 0,47 0,38/0,4 0,26 1,61 68,13 = 1,42 urnae

15. 6. Klaus-Werner Brzezinka, BAM: Ramanspektroskopische Untersuchungen einer Silberprobe von der „Bemalung“ des Emblems der Athena-Schale HI 1 Registriert wurden jeweils 3 Spektrenfenster mit Integrationszeiten von 10 sec bei 25 Akkumulationen pro Spektrenfenster und einer spektralen Auflösung von ~ 1 cm-1. Zur Dokumentation der Messstellen auf der Probenoberfläche wurde ein 50x-Objektiv eingesetzt. (Die jeweils untersuchte Stelle befindet sich in den Bildeinsätzen im Schnittpunkt der Bilddiagonalen.)

Untersuchungsverfahren: Die Partikel der Probe 109/05 wurden an mehreren Positionen auf deren Probenoberfläche (s.a. Bildausschnitte in den Spektren-Abb.: 1 - 3) im Wellenzahlenbereich von 100 - 1900 cm-1 am DILOR-XY-Ramanspektrometer, ausgerüstet mit einer LN2-gekühlten CCD-Kamera als Detektor und unter Benutzung eines BH2-Olympus Mikroskopes (180°-Rückstreu-Geometrie, Mikro-Probentechnik, 50x-Objektiv) untersucht. Angeregt wurden die Proben mit 10 mW der Wellenlänge 514.5 nm eines Argon+-Lasers (ILA 120-1, CZ Jena). Die Bestrahlungsstärke an der Probenoberfläche betrug bei einem Laserspotdurchmesser von 2 µm etwa 1 mWµm-2.

1588

Ergebnisse: Die Ramanspektren der Abb. 1-3 wurden von zahlreichen unterschiedlichen Oberflächenbereichen auf den Partikeln der Probe 109/05 registriert. Der anregende Laserspot wurde sowohl auf metallische glänzende, als auch auf gelbbräunliche und dunkle Probenbezirke gerichtet.

1350

4000

Intensity [arb. units]

3500 3000 2500 2000 1500 1000

500

1000

1500 -1

Wavenumber [cm ]

Abb. 1: Ramanspektren vom Belag auf einer Silberprobe In allen Spektren sind auf hohem Untergrund mehr oder weniger breit und intensiv die D- und G-Bande

rußähnlichen Kohlenstoffs [1, 2] bei ~ 1350 und ~ 1580 cm-1 zu erkennen.

3000

968 989

1500

1590

1360

980

2000

230

Intensity [arb. units]

2500

1000

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

-1

Wavenumber [cm ]

Abb. 2: Ramanspektren vom Belag auf einer Silberprobe

167

1597

1366

1400

973

1000

800

229

Intensity [arb. units]

1200

600

400

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

-1

Wavenumber [cm ]

Abb. 3: Ramanspektren vom Belag auf einer Silberprobe Literatur:

Zwei weitere schwache, breite Banden in den Spektren der Abb. 2 und 3 bei ~ 230 und ~ 980 z.T. als Doppelbande bei 968 und 989 cm-1 sind mangels Vergleichsmaterial nicht eindeutig zuzuordnen. Sie sind vermutlich auf (Anlauf-) Verbindungen wie Ag2S (Argentit, Silbersulfid, Silberschwärze), Ag2SO3 (Silbersulfit) und Ag2SO4 (Silbersulfat) zurückzuführen, die unter dem Einfluss luftverunreinigender schwefelhaltiger Gase, insbesondere von Schwefelwasserstoff und Schwefeldioxid bei begünstigendem Einfluss von Luftsauerstoff und Luftfeuchtigkeit, entstehen. (Für die (SO)-Valenzschwingungen des SO32-- und SO42-Ion werden bei SIEBERT [3] die Raman-Frequenzen 967 und 981 cm-1 angegeben.)

[1] F. Tuinstra and J.L. Koenig, Raman Spectrum of Graphit. Journal Chem. Phys. 53 (1970) 11261130. [2] Ferrari, A. C. and J. Robertson; Interpretation of Raman spectra of disordered and amorphous carbon. Phys. Rev. B 61 No. 20 (2000) 1409514107. [3] H. Siebert, Anwendungen der Schwingungsspektroskopie in der anorg. Chemie (Berlin, Heidelberg, New York 1996).

168

15. 7. Bernd Illerhaus, BAM: Warum man nicht messen kann, was man (noch) nicht messen kann. Maximum wird ungefähr eine Strahlungsintensität von 1010 1/(keV mA s sr) erzeugt. Fügt man als Objekt zusätzlich 1cm Silber in den Strahlengang, so sinkt die maximale Intensität auf 6*108 1/(keV mA s sr) und die mittlere Energie verschiebt sich auf 220kV. Letzterer Effekt wird Strahlaufhärtung genannt und meint die Verschiebung der mittleren Energie zu einer höheren Energie. Ein großer Anteil der noch vor der Probe vorhandenen niederen Energien wird vollständig absorbiert. Dies ist im mathematischen Prozeß der Rückprojektion der Meßdaten nicht vorgesehen und führt zu Bildfehlern. Für eine optimale Tomographie sollte der Wert vor und hinter der Probe sich wie 10:1 verhalten, um eine bestmögliche Dichteauflösung zu erhalten. Der hier verwendete Detektor hat im Prinzip ein Signal-zu-Rausch-Verhältnis von 1:400, d. h. ein Objekt mit einer Schwächung der Röntgenstrahlungsintensität auf 1/400 kann noch meßbar durchstrahlt werden. Wertet man die erzeugten Tomogramme aus, so ergibt sich z. B. im Bild 0582 eine maximal zu durchstrahlende Länge von 3,4cm Silber, wenn der obere kreisförmige Ring der Schale durchstrahlt wird.

Jede CT-Messung beruht auf der Annahme, daß das Objekt in jeder gemessenen Richtung meßbar durchstrahlt wurde. Bei der verwendeten Mikrofokus-Röntgenröhre standen maximal 320kV als Beschleunigungsspannung zur Verfügung. Es wurde eine Spannung von 320kV und ein Strom von 100µA verwendet. Die Belichtungszeit pro Aufnahme betrug 1,14sec. Für die Bildnummern 0581 bis 0585 wurden je 1420 Winkel gemessen, die Voxelgröße im Bild beträgt hier 170µm, bei den Bildnummern 0586 bis 0590 wurden je 1200 Winkel gemessen, die Voxelgröße im Bild beträgt hier 100µm, bei den Bildnummern 0591 bis 0595 wurden je 1200 Winkel gemessen, die Voxelgröße im Bild beträgt hier 170µm. Als Vorfilterung wurden 1mm Sn plus 0,5mm Cu verwendet. Bei den Aufnahmen 0594 und 0595 wurde der Sn-Filter durch 2mm W ersetzt und der Strom auf 200µA erhöht. Abbildung 1 zeigt die Verteilung der Energien im Röntgenspektrum. Durch die verwendeten Vorfilter wird der untere, weichere Teil der Röntgenstrahlung unterdrückt. Der Schwerpunkt der Kurve, obere Kurve, liegt so bei ca. 150kV als mittlerer Energie. Im

Abbildung 1: Röntgenstrahlungsspektrum der verwendeten Röhre, oben nach Vorfilter, unten nach 1cm Silberobjekt.

Abbildung 2 zeigt das Strahlungsspektrum nach Durchgang durch 3cm Silber. Die Intensität ist auf 5*106 1/(keV mA s sr) abgefallen, die Fläche unter

der Kurve, welches die im Detektor gemessenen Größe ist, ist um den Faktor 10000 kleiner als das Ausgangssignal und damit nicht mehr meßbar.

169

Abbildung 2 : Röntgenstrahlungsspektrum der Verwendeten Röhre, nach Vorfilter und 3cm Silberobjekt. halb des Objektes erreicht. Als Erklärung für dieses Verhalten des Detektors kann eine Art Hinterleuchten im Detektor selbst angenommen werden. Abbildung 4 zeigt eine mögliche Korrektur: die Kanten sind gerade, der Wert in der Bohrung ist auf Normal angehoben.

Trotzdem erscheint es im Röntgenschattenbild des Detektors so, als ob nur eine maximale Schwächung von 20:1 vorläge. Hierfür sind mehrere Prozesse der Streustrahlung verantwortlich. Zum einen erzeugt das Objekt selbst eine Streuung der Röntgenstrahlung in jedem Objektpunkt abhängig von Materialart und -dichte. Ist das Objekt weit genug entfernt, wie in dem hier vorliegenden Fall, so verteilt sich die Streustrahlung relativ homogen auf dem Detektor, eine Korrektur erfolgt durch die Subtraktion eines der Masse des Objektes proportionalen Wertes gleichmäßig von jedem Bildpunkt. Abbildung 3 zeigt das Tomogramm eines Aluminiumtestkörpers, der gut durchstrahlt werden kann, und der in der hier gezeigten Position eine zentrale große Bohrung aufweist. Die Grauwertverteilung in der rechts im Bild abgebildeten Linie zeigt, daß die Kanten des Objektes stark gerundet sind, daß eine scheinbare Schwächung außerhalb des Objektes gemessen wird und daß der Wert innerhalb der offenen Bohrung nicht den Wert des freien Strahls außer-

Dieses Verhalten des Detektors führt dazu, daß man anhand eines Schattenbildes nicht beurteilen kann, ob das Objekt durchstrahlt wurde oder nicht. Kann das Objekt in Teilen nicht durchstrahlt werden, ergeben sich keine Nullstellen, was sofort zu Fehlern in der Rekonstruktion führen würde, sondern es ist immer ein genügender Untergrund vorhanden. Ein rekonstruiertes Bild zeigt also an einer nicht durchstrahlten Stelle keinen Fehler sondern die nicht vorhandene Information wird als geringe vorhandene gleichmäßige Dichte des Körpers interpretiert. Ist an einer nicht durchstrahlten Stelle ein Loch, so erscheint dieses nicht im Bild.

Abbildung 3: Röntgenschattenbild eines Testkörpers, wie gemessen. Rechts Grauwertverteilung entlang der Schnittlinie. 170

Abbildung 4: Röntgenschattenbild eines Testkörpers, nach Korrektur des Hinterleuchtens im Detektor. Rechts Grauwertverteilung entlang der Schnittlinie.

Aufhärtungskorrektur. Im oberen doppelwandigen Bereich werden jetzt beide Bleche mit derselben Dichte dargestellt. Auch die innere Kontur der Schale im unteren Randbereich ist sichtbar. Weitere Aussagen über den Inhalt im unteren Randbereich sind aber aus oben genannten Gründen nicht möglich.

Die durchgeführten CT-Untersuchungen enthalten alle Bereiche, die nicht durchstrahlt werden konnten, siehe die Röntgenspektren. Damit ist aber auch eine Korrektur der Detektoreigenschaften und nachfolgend der Aufhärtung nicht möglich, weil sonst Werte ausserhalb des Meßdynamikbereichs erzeugt würden. Für eine Messung wurde eine Korrektur so durchgeführt, daß sie noch sinnvolle Werte erzeugt, aber nicht so wie eigentlich notwendig.

Zur korrekten Messung der Schalen ist als Strahlenquelle ein Linearbeschleuniger mit mehr als 10meV Energie notwendig. Da sich dann aber der Fokus auf mehr als 1mm Vergrößert, muß die Auflösung des benötigten Detektors bei rund 0,1mm liegen.

Abbildung 5 zeigt das Resultat im Vergleich: oben die Rekonstruktion ohne Korrektur, unten mit durchgeführter Detektorkorrektur und maximal möglicher

Abbildung 5: Senkrechter Schnitt in der 3D-Tomographie. Oben rekonstruiert wie gemessen, unten nach Korrektur des Hinterleuchtens und linearer Aufhärtungskorrektur.

171

15. 8. Martin Radtke, BAM: Analysen der Vergoldungen des Hildesheimer Silberfundes geschlossen werden, dass es sich bei den anderen Messpunkten um Feuervergoldungen handelt, die nach der Anleitung von Plinius dem Älteren hergestellt wurden. Einschränkend muss dazu aber gesagt werden, dass bei Plinius dem Älteren der Vorgang des Erhitzens nach Aufbringen des Goldes nicht beschrieben wird. Dieses wird lediglich aus dem Kontext geschlossen (Projektgruppe Plinius, Gold und Vergoldung bei Plinius dem Älteren. Attempo-Werkhefte: Naturwissenschaften 13 [Tübingen 1993] 65 ff.). Die erreichte Temperatur beim Erhitzen und vermutlich auch die Erhitzungsdauer sind aber entscheidend für den in der Vergoldung verbleibenden Hg-Anteil. Neue Messungen an der BAMline lassen vermuten, dass bei Erhitzen bis zur Schmelztemperatur von Silber Hg-Gehalte im 1% Bereich durchaus erreicht werden können. Während also aus dem hohen HgWert für Probe „44-griff-01“ geschlossen werden kann, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Feuervergoldung handelt, ist der Umkehrschluss, dass es sich bei den anderen Punkten auf keinen Fall um Feuervergoldung handeln kann, nicht statthaft.

Mit der mobilen Röntgenfluoreszenzeinheit der Abteilung IV.2 der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung wurde die Vergoldung von 15 ausgewählten Stücken des Hildesheimer Silberfundes unter der Fragestellung, ob es sich um so genannte Feuervergoldung handelt, analysiert. Als Vergleichsprobe stand von Kilian Anheuser, Bern, CH ein feuervergoldetes Kupferblech zur Verfügung. Die Abbildung 1 zeigt das Verhältnis von Hg- und Au-Signal. Abbildung 2 zeigt einen Schätzwert für den Hg-Gehalt. Dabei wurde angenommen, dass Hg und Au gleich stark zur Fluoreszenz angeregt werden, die Detektionswahrscheinlichkeit für beide gleich ist und auch die Absorptionswahrscheinlichkeit in der Probe für beide Elemente gleich ist. Weiter wird davon ausgegangen, dass sich die Gehalte von Au und Hg zu 100% addieren. Diese Annahmen sind nicht exakt erfüllt, was zu einer Unsicherheit in der Abschätzung von etwa 10% führt. Die erhaltenen Ergebnisse lassen vermuten, dass es sich bei dem Messpunkt „44-griff-01“ um eine Feuervergoldung handelt. Bei allen anderen Messpunkten liegt der Hg-Gehalt um den Faktor 5 oder mehr niedriger. Es kann damit mit ziemlicher Sicherheit aus-

Für eine abschließende Beurteilung dieser grundlegenden Fragestellung sind weitere Untersuchungen an im Labor hergestellten Feuervergoldungen geplant.

4 An4-G Anh e ri f Anh eusef-0 1 Anh euser03.as h eus r0 .a r e 2 s 1- 1-f user04.a sr Sc us r0 .a r 1- hals-011.a sr 1-Em 3e-0 .assr 1-Embl e6-01.a r Embl m 1. sr e -0 a 1- 1-ebl em-02.asr 1-Em rinm-03.as r Embl g- 6 s bl em 01..as r em-0 as r 4 - 1. r 1- 4-004.as r er 4- 2 as in 01.as r g 36 -02.as r 44-02 .asr 67-03.as r - . r 2- 01.asr 1Em 14-01.asr a bl14-05. s r em03 as . r 8 -0 as 67-015.a r - . s 3- 03.as r r 7 01 as 66-01.as r 66-03.as r 44-01.asr 14-01.asr 47-01.asr - 0 .a r 1. sr as r

c

200 150 100 50 0

12 10 8 6 4 2 0

47 14-01 .a 44-01 sr .a 66-01 sr .a 66 01 sr -0 .as 7- 3.a r 0 s 3 1.a r 67-01 sr 1Em -0 .as bl 8- 3.a r em 01 sr - .a 14 05 sr .a 14-03 sr -0 .as 2 5.a r 67-01 sr .a 44-01 sr . 1- 3 03 asr er 6- .a in 02 sr g- . a 02 sr 1Em 4-0 .as 1- b 44 1. r Em le -0 as b m- 2.a r 1- 1-elem 04. sr E - a 1- mbring 01. sr E - a 1- mblem 01. sr Em le -0 as bl m- 6.a r em 03 sr . 1Sc 36-02 asr ha -0 .as An1-fu le-01.a r s Anheuss-01.a r sr s 1 h e An eu r0 .a s s Anheu er01.a r he se 4. sr 44 us r02 as -G er .a r rif 03 sr f-0 .a 1. sr as r

Hg [%]

Abbildung 6: Verhältnis der Intensitäten von Au zu Hg

Abbildung 7: Abschätzung des Hg Gehalts in der Goldschicht: nur eine Messung (44-griff-01) weist vergleichbar hohe Hg-Werte auf wie die Referenzproben (siehe S. 206). 172

16. KATALOG Bei den Publikationen sind nur die Abbildungen der antiken Originale angegeben, nicht die der galvanoplastischen Kopien mit z.T großflächigen Dekorrekonstruktionen. Auch Literatur zu diesen Kopien, z.B Verkaufskataloge der verschiedenen Hersteller, ist nicht mit aufgeführt. Die Literaturangaben erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, insbesondere nicht für die am häufigsten abgebildeten Hauptstücke wie die Emblemschalen HI 1-4 und den Krater HI 62.

durch das Zurschaustellen der Emblemkante deutlich von der allgemein üblichen Form mit einem die Kante ver-

HI 1 Athena-Schale Inv.-Nr.: Misc. 3779, 1. Maße: Mündungsdm 24,8-25,3 cm, Br mit Griffen 32,5 cm, Gesamthöhe 7,5 cm, Dm Emblem 15,9-16,3 cm, Dm Emblemrahmen 18-18,5 cm, H Fuß 2 cm, oberer Dm Fuß 6,72 cm, unterer Dm Fuß 10 cm (im Folgenden oDm und uDm). Gewicht: Schale 1003,5 g, Fuß 266,6 g, Emblem 253,4 g (geringe Fehlstellen), Emblemring 171,9 g, Griff 1: 144,7 g, Griff 2: 143,3 g = 1983,4 g644. Oberflächenuntersuchung: Sechs Einzelteile, vier gegossen: Fuß, Emblemring (Farbtaf. K 1 u. 2) und zwei Griffe, zwei getrieben: Schale und Emblem. Besonders der Fuß weist in der glatten Hohlkehle und auf der Unterseite offene Gasporen auf, die schon bei der Oberflächenanalyse auf ein Gußstück hindeuten (Abb. 103). Die Schale wurde aus einer flachen oder schon leicht schalenförmigen Plantsche ausgeschmiedet; die unzähligen offenen Gasporen auf der Innenoberfläche setzen sich nicht durch die gesamte Materialstärke fort, so daß kein reiner Guß vorliegen kann (Kap. 10. 1. 3. 1 mit Abb. 103 links). Der Reliefdekor (Abb. 153) wurde zuerst auf der Innenseite ausgeführt; die Anlage der Akanthus- und Herzblattmotive erfolgte mit Hilfe einer Zirkelschlagrosette im Zentrum der Schale (Kap. 5. 3. 1. 2. 1, 5. 3. 1. 2. 2 u. 9. 2 mit Farbtaf. A). Sofern sich beim Reliefieren der Innenseite die Form verzogen haben sollte, Überarbeitung der Außenseite z.B. durch spanabhebendes Abdrehen. Zuletzt wurde die Außenseite ziseliert. Innen lassen sich die außen einziselierten Linien der senkrechten Blattkanten und -adern in Form einer leicht welligen Oberfläche teilweise verfolgen. Vom Innendekor zeichnet sich außen dagegen nichts ab. Das Emblem zeigt Merkmale einer Erstmontage, so daß die heute noch vorhandene als Zweitmontage betrachtet werden muß. Diese Zweimontage unterscheidet sich

644

Zur Interpretation der griechischen Schriftzeichen als Gewichtsinschrift siehe R. Zahn, Spätantike Silbergefäße. Amtl. Ber. aus den Königl. Kunstsammlungen 38, 1917, 262-304, bes. Sp. 289 mit Anm. 3 und Gehrig 1967, 19 bzw. Gehrig 1980, 13. Zahn geht dabei von dem bei Pernice/Winter 1901, 21 angegebenen Gewicht der Athena-Schale von 2020 g inklusive der Kittmasse aus. Das Gewicht des Kittes muß ca. 36 g betragen haben, denn die Metallteile der Schale wiegen nur ca. 1984 g. Die Fehlstelle über dem rechten Arm und kleinere Ausbrüche in den Gewandfalten des Emblems können nur wenige Gramm ausmachen.

173

deckenden Ring, wie dies auch bei der Erstmontage der Fall gewesen sein muß (Kap. 4. 4. 2. 1 u. 5. 3. 1. 2. 3 mit Abb. 34). Der rechte Vorderfuß und die drei Helmbüsche sind separat gegossen und hart verlötet. Auf dem Gewand der Athena, Schild und Helmbüschen weißlichmatte strich- und punktförmige Strukturen auf der Oberfläche, die auf eine Bemalung mit einer silberhaltigen Tinte o.ä. hinweisen, um z.B. den Gewandsaum durch eine dunkle Bordüre zu betonen. Bei den matten ‚Ablagerungen’ handelt es sich um reines Silber (Kap. 5. 3. 1. 2. 4 u. 15. 6 mit Farbtaf. B u. C). Einer der Griffe liegt fugenlos an Wandung und Rand an, der zweite ist leicht verbogen, so daß die Attaschenfläche nicht mehr gut anliegt (Farbtaf. K 2). Auf der Außenseite der Schale sind die Ansatzstellen der gespaltenen Attaschen durch tiefe Ritzmarkierungen deutlich markiert; innerhalb dieser Flächen befinden sich noch erhebliche Reste des antiken Weichlotes. Die Griffe bestehen aus jeweils zwei Teilen, die mit Hartlot miteinander verlötet sind, das sich durch eine blasige Struktur und mit einer etwas dunkleren Farbe in den Fugen abzeichnet (Abb. 112). Die konturziselierten Palmetten unterscheiden sich in der Größe, sind aber nach der gleichen Vorlage gearbeitet (Kap. 5. 3. 1. 2. 5 mit Abb. 35a-c). Am Rand und der Außenseite der Schale, an den Elementen der Griffe und am Fuß sind vermutlich sog. Anschnittstellen sichtbar, die sich wegen ihrer abweichenden Textur als dunkler gefärbte Flächen von der Umgebung abheben (Abb. 105-109). Beim Fuß sind die Lage der Anschnitte und die Kartierung der oberflächlich sichtbaren Gasporen korrelierbar, so daß auf die Lage des Gußstückes beim Gußvorgang rückgeschlossen werden kann (Abb. 103). Radiographie: Die Durchleuchtung der beidseitig reliefverzierten Schale erbrachte nicht das erwartete Ergebnis einer in der ganzen Materialstärke vorhandenen Gasporosität, die eindeutig ein Gußstück belegt hätte; dies war wegen der oberflächlich sichtbaren offenen Gasporen vermutet worden. Die oberflächlichen Gasporen sind auf den Röntgenaufnahmen kaum zu erkennen. Die Schale ist also nach dem Guß einer Plantsche noch ausgiebig geschmiedet worden, was außerdem die wolkigen Strukturen und unterschiedliche Wandstärkenbereiche belegen, die für Treib- und Schmiedearbeiten typisch sind. Die

vorgegossene Plantsche in Scheiben- oder Schalenform muß also stark ausgeschmiedet worden sein, um die Tiefe und Wölbung der Wandung herauszuarbeiten. Auch in Fuß, Emblemring und den Griffen sind keine Gaseinschlüsse auf den Radiographien zu beobachten. Trotzdem muß auf Grund der Oberflächenporosität (beim Fuß) und der beobachteten Anschnittstellen von Gußstücken ausgegangen werden. Die Anschnitte zeichnen sich auf den Röntgenaufnahmen nicht ab. Das Emblem ist mit Sicherheit aus einer Silberblechscheibe ins Hochrelief getrieben und ziseliert. Dies belegt die Radiographie durch wolkige Schmiedestrukturen in den Hintergrundflächen ebenso wie die Arbeitsspuren auf der Rückseite und die Materialstärke, die sich, wie für eine Schmiedearbeit zu erwarten, an den höchsten Stellen des Reliefs im Vergleich zu den nicht reliefierten Flächen des Hintergrundes stark verringert. An Hals, Gewandfalten und der linken Hand sind einzelne Treibspuren zu erkennen (Kap. 10. 1. 3. 1 mit Abb. 104). Punzenvergleich: Fünf Formpunzen P 1,1-4 und 6 erscheinen in unterschiedlichen Kombinationen auf den fünf gegossenen Elementen (siehe Tab. 3); die sechste Formpunze P 1,5 tritt nur auf dem Fuß auf). Auf dem Emblem ist keine ausgesprochene Formpunze auszumachen, aber auch keine der verwendeten Linierpunzen weist einen markanten Fehler auf. Der Einsatz der fünf identischen Formpunzen auf Schale, beiden Griffen, Fuß und Emblem belegt die gleichzeitige Anfertigung dieser Elemente in einer Werkstatt. Die Griffe sind also keine späteren Ersatzstücke, wie von Winter 1897, 126 und Pernice/Winter 1901, 23-24 vermutet (Kap. 5. 3. 1. 1). Vergoldung: Das Emblem bis auf die Hintergrundflächen und Hautpartien der Athena, das Kyma des Emblemrahmens, der reliefierte Bereich auf der Schaleninnenseite mit Ausnahme der Akanthusblätter und der Palmetten in den Herzblättern, die äußere Lage der Lanzettblätter auf der Schalenaußenseite und das perlstabgerahmte Kyma auf dem Fuß; die Griffe ganz ohne Vergoldung. Auf den vergoldeten Oberflächenbereichen sind keine blasigen Strukturen zu erkennen, die auf eine Feuervergoldung hinweisen würden. Vielmehr sind Schnittkanten von stärkerer Goldfolie zu erkennen, im Emblem lösen sich Blattgoldflusen von der Oberfläche. Die RFA hat nur einen Quecksilbergehalt von ca. 1% ergeben (Kap. 8. 1 mit Farbtaf. G u. H 1 u. Kap. 11. 2). Inschriften: Schale: drei punzierte griechische Zeichen, Emblem: zwei geritzte Buchstaben. Datierung: Lenormant 1869: 1. Jh. v.Chr. – Holzer 1870: augusteisch. – Schreiber 1894: späthellenistisch – Winter 1897 (nach Schreiber 1894): 1. Jh. v.Chr. – Buhlers 1898: 2. Jh. v.Chr. – Seeck 1902: hellenistisch. – Pernice 1907: hellenistisch/2. Jh. v.Chr. – Sieveking 1907: 1. Jh. v.Chr.645 – Dreßler 1921: um 200 v.Chr. – Lehnert 1921: 2. Jh. v.Chr. – Pernice 1925: 1. Hälfte 2. Jh. v.Chr. – Drexel/Bersu 1930: 645

J. Sieveking, Rez. von M. Bieber, Das Dresdner Schauspielerrelief. Dt. Literaturzeitung 28, 1907, Sp. 2147-2150, bes. 2149.

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hellenistisch. – Kat. Celle 1946: Anfang 1. Jh. v.Chr. – Kat. Essen 1956: um Christ Geburt (?). – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 2. Hälfte 1. Jh. v. Chr. – Küthmann 1959: 75-50 v.Chr. – Gehrig 1967 a/1980: Schale (spät)hellenistisch, Emblem augusteisch. – La Baume 1971: letzte Jahrzehnte vor Chr. Geb. – Antikenmuseum 1988: alexandrinisch, 1. Jh. v.Chr. – E. Künzl 1988: augusteisch/tiberisch. – Stupperich 1997a: Emblem Mitte 2. Jh. v.Chr, Schale Mitte 1. Jh. v.Chr. – Gregarek 1997: Schale augusteisch, Emblem spätes 2. Jh. v.Chr. Publ.: A.A. 2, 1868, 796 Abb. (Zeichnung von X.A.v.W. Aarland). 798. – A.A. 3, 1868, 422. 424 Abb. 3. – Friederichs 1868. – Sauppe 1868, 382 Nr. 24. – Schöne 1868/1966, 137. 139. – Wieseler 1868 a, 11-15. 28 Anm. 1. Taf. 2 (Zeichnung). – Busch 1869, 174. – Froehner 1869. – Holzer 1869 b. – Uhde 1869, 52 Abb. 1. 67. 68. 70. – Lenormant 1869, 415-417 mit Abb. 424 Zeichnung). 424. – Schöne 1869, 370 Nr. 8. – Schöne/Mommsen 1869, 476. 479. – Unger 1869, 68 mit Fig. 2 (Zeichnung, wohl nach Wieseler 1868 a Taf 2). – Holzer 1870, 6. 12. 26-42. Taf. 1. 3, 6. 8, 8. – Friedländer 1871, 46. – Hübner 1871. – Blümner 1885, 160. – v. Urlichs 1885, 102-103. – Daremberg/Saglio 1887, 802 mit Fig. 973. – Luthmer 1889, 127-128 mit Fig. 59. – Lessing 1892, 26-27. – Schreiber 1894, 312. 332 333 Kat. 47 mit Fig. 68. 337338 mit Fig. 75, 3. 382. 388 Kat. 47. 400. 410. 412. 454. 456 Anm. 82. 478. – Winter 1896 b, 83. 84 (Zitat Lessing 1892, 27). – Winter 1896/97, 182. – Winter 1897, 126-128 mit Fig. 13. – Buhlers 1898, 913. 38. – Kekulé v. Stradonitz 1898, 4. – Lessing 1898, 36. – Héron de Villefosse 1899, 185. – Pernice/Winter 1901, 12. 13. 15. 17. 18. 21. 24 mit Fig. 4 u. 5. 26. Titelseite (Emblem). Taf. 1 u. 2. – Graeven 1902, 167-169 Nr. 60. 173. – Seeck 1902, 401. – Kat. Blume [nach 1905] 3. 56. – Pernice 1907, 125. – Seeck 1911, 397. – Buhlers/Rubensohn 1913, 7. 8-10 Kat. 1. 12. 16. – Thiersch 1920, 13. 21. – A.A. 5, 1921. – Dreßler 1921, 29. – Lehnert 1921, 56. Taf. 22 oben. – Drexel 1921/22. – Köster 1923, 14-15. Taf. 10 u. 11a. – Pernice 1925, 99-100. Abb. 4. – Schuchhardt 1928, 250. – Drexel/Bersu 1930, 26. Taf. 41,1. – JacobFriesen 1934, 152. – Ippel 1937, 16-20 mit Abb. 11 (Rückseite Emblem). Taf. 4. – Kruse 1940, 13. Abb. S. 12. – Bruns 1946, 36-38 mit Abb. 30. 39 Abb. 31. – Kat. Celle 1946, 17 Kat. 100. – Kat. Berlin 1953, 6 Kat. 1. Taf. 1. – Kat. Celle 1954, Kat. 384 mit Taf. – Kat. Essen 1956, 42 Kat. 18a. Taf. 6. – Kat. Hannover 1956, 57 Kat. 118. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 1 mit Taf. 1. – Küthmann 1959, 44-46. 47-48. 82. 84. 85. 90. 92. – Kähler 1961, 33. 34 Abb. 46. – Konrad 1962, 8. Abb. S. 6. – John 1963. – Wheeler 1965, 76. Taf. 13. – Strong 1966, 130. 151. – Gehrig 1967 a, 7. 9-11. 13. 15-16. 19 zu Farbtaf. 1. – Gehrig 1967 b, 11. 13. – Lindemann 1967, 22. 40. Taf. 1. – v. Jan 1968, 22. – Kayser 1968, 49 mit Abb. – E. Künzl 1969, 325. – La Baume 1971, 130 Nr. 1. – A.A. 4, 1973, 41. 43. – Schlumberger 1973, Abb. S. 53.55. 58. – Kat. Toledo 1977, 126. – Webersinn 1977, 89. – Pusen 1978, 186. – Gehrig 1980, 7-9. 11-12. 13 zu Farbtaf. 1. – Zedelius 1981, 141 Abb. 4. – Bogaers 1982, 182. 184. – Roth-Rubi 1984, 175. – Pfrommer 1987, 85 Am. 472. – Antikenmuseum 1988, 330-331 mit Abb. – E. Künzl 1988a, 577. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. 176 Abb. 167. 271 Kat. 91. Schutzumschlag u. -schuber (Emblem). – Stupperich 1993, 292. – Stupperich 1995, 105. 111. 117 Abb. 5-6. – Gregarek 1997, 91. 92 mit Abb. 2. – Hitzl u.a. 1997, 34-36 Kat. 1 mit Abb. – KaufmannHeinimann 1997, 98. 99 Abb. 9,1. – Stein 1997, 15. – Stupperich 1997a, 176. 181. – Weisker 1997, 528 Abb. 3. – Kurzmann 1998, 3958. 3960. – Platz-Horster 1998. – S. Künzl 1999, 573. – Painter 2001, 23 Anm. 63. 63. – Baukhage 2002, 93. Abb. S. 100. – Erdrich 2002, 83-84 Kat. XX05-9/3.1. Taf. 7. – Schleef 2003, 140. 142. – Graeven o.J., 12-13.

HI 2 Herakles-Schale Inv.-Nr.: Misc. 3779, 2. Maße: Dm 21-21,3 cm (leicht deformiert), H 5-5,6 cm, Dm Emblem 10 cm, Außendm Emblemring 10,9 cm, Innendm Emblemring 9,7 cm. Gewicht: Schale 499,4 g, Emblem im Emblemring 135,2 g = 634,6 g. Oberflächenuntersuchung: Für die Schale (Abb. 85) ist wahrscheinlich ein Platte als Halbfabrikat von mindestens 2 mm Stärke mit zusätzlich verdicktem Rand vorgegossen und anschließend in einem begrenzten Bereich

ausgeschmiedet worden, wobei sich die Schale quasi von selbst nach unten auswölbte. Die Materialstärke des vergoldeten Dekorbandes ist nach dem Punzieren und Ziselieren noch zwischen 1,3 und 1,9 mm dick. Darunter verdünnt sich die Wandung von 1 mm bis auf 0,5 mm, um dann zum Bodenbereich wieder auf 1,5 mm anzusteigen. Eine Überarbeitung auf der Dreh- und Drückbank belegen die in den Boden, in die Unterseite und unterhalb des Randes eingeschnittenen konzentrischen Riefen, der nach seiner Verlötung abgedrehte Standring und die streckenweise beim Abdrehen beschädigten Perlen des unteren Perlstabes des Dekorbandes (Farbtaf. J 6, Abb. 87). Das Dekorband ist durch Ziselieren und Punzieren ausgearbeitet worden. Reste einer geritzten Vorzeichnung konnten nicht beobachtet werden. Sie dürften bei der Mattierung der Hintergrundflächen beseitigt worden sein (Kap. 5. 3. 2). Beim Treiben des Emblems ist das Silberblech an der Halskante zu einem erheblichen Teil des Umfangs eingerissen, so daß dem Silberschmied eine Sicherung durch Weichlötung notwendig erschien. Hinweise auf eine komplette Füllung des Herakles-Kopfes mit Weichlot wie beim Emblem der Kybele-Schale HI 3 gibt es nicht. Das Emblem ist noch heute mit Hilfe von Krampen wie ein Edelstein im Rahmen gefaßt (Kap. 5. 3. 1. 2. 3 mit Abb. 30). Hinweise auf ein ‚Erstemblem’, wie Pernice und Winter 1901 vermutet haben, gibt es nicht (Kap. 4. 4. 2. 2). Radiographie: Sämtliche Riße und Fehlstellen sind deutlich sichtbar, in den Ergänzungsblechen zeichnen sich die Krönchenstempel ab. An vier Stellen scheinen Deformationen rückgeformt worden zu sein. Die Weichlotreste der Emblemlötung und die stärkere Wandung des Dekorbandes zeichnen sich deutlich ab. Die starke Schwächung der Röntgenstrahlen könnte durch die Vergoldung intensiviert sein, weil sich die beim nachträglichen spanabhebenden Abdrehen beschädigten Strecken des unteren Perlstabes deutlich im Grauwert abheben. Die wolkigen Strukturen zwischen Dekorband und Standring belegen die Schmiedearbeit (Abb. 113 oben). Der Pinolenabdruck liegt genau in der Mitte der Schale, der Standring und die innerhalb mit der Hand eingeschnittene konzentrische Riefe mit Dm 2,1 cm sind aus der Mitte versetzt. Das Emblem zeigt sowohl im Röntgenbild als auch auf der rückseitigen Oberfläche eindeutige Spuren der Treibund Ziselierarbeit (Kap. 10. 1. 3. 2 mit Abb. 113 unten). Punzenvergleich: In Dekor- und Flechtband wurden fünf Form-, zwei Perl-, eine Mattier- und vier Linienpunzen verwendet. Bislang einziger Beleg für die Verwendung eines S-förmigen und gegenständig S-förmigen Formpunzenpaares für die Anlage der ‚Bänder’ in einem Flechtband. Auf dem Emblem keine Verwendung von Formpunzen, die Schlangenschuppen sind ziseliert (Kap. 5. 3. 2 u. 7. 1. 1). Die Konturen im Dekorband sind durch 175

kräftige Punzabschläge plastisch ausgeformt (Kap. 9. 1. 2 mit Abb. 94 Mitte). Vergoldung: Dekor- und perlstabgerahmtes Flechtband auf der Schaleninnenseite; auf dem Emblem und dem Emblemring keine Reste von Vergoldung (Kap. 8. 7 mit Farbtaf. J 5 u. 6). Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Trotz umfangreicher Weichlotreste im Schalenboden und auf der Rückseite des Emblems keine sichere Festlegung der Position des Emblems in der Schale möglich (Abb. 154)646. Drei leidliche Übereinstimmungen bei der Überlagerung der abgezeichneten Weichlotreste. Bei einer dieser Möglichkeiten steht der Herakles-Kopf in einer Achse mit beiden gegenständigen Greifenpaaren. In entsprechender Lage wurde das Emblem mit Hilfe von Magnetflächen montiert, so daß es jederzeit leicht abgenommen werden kann, um die Treibspuren und die Montage des Emblems im Emblemring zu betrachten. Bei der Annahme, daß der Standring wegen der veränderten Gewichtsverteilung bei eingelegtem Emblem aus der Mitte versetzt worden ist, wäre kein axialer Bezug des Herakleskopfes zu den Dekoren im verzierten Randstreifen vorhanden. Datierung: Lenormant 1869: augusteisch. – Buhlers 1898: augusteisch. – Pernice/Winter 1901: Ende 1. Jh. v.Chr. – Seeck 1902: hellenistisch. – Seeck 1911: 5. Jh. v.Chr. (Emblem). – Buhlers/Rubensohn 1913: Emblem augusteisch, Schale 2. Jh. – Dreßler 1921: um 200 v.Chr. – Pernice 1925: augusteisch (Emblem). – Kat. Celle 1946: Ende 1. Jh. n.Chr. – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 1. Jh. – Küthmann 1959: Emblem 75-50 v.Chr., Schale 50-25 v.Chr. – Nierhaus 1969: Emblem zwischen 50 und 75 n.Chr., Schale 1. Jh. v.Chr. – La Baume 1971: Ende 1. Jh. v.Chr. (Emblem). – Antikenmuseum 1988: 1. Jh. n.Chr. – Gregarek 1997: Emblem hellenistisch. – Stupperich 1997a: Emblem Mitte 1. Jh. v.Chr., Schale augusteisch. Publ.: A.A. 2, 1868, 798. – A.A. 3, 1868, 422. 424 Abb. 4. – Schöne 1868/1966, 137. 140. – Wieseler 1868 a Taf. 3, 1 (Zeichnung). – Busch 1869, Abb. S. 173. 174. – Froehner 1869. – Holzer 1869 a. – Lenormant 1869, 417 mit Abb. (Zeichnung). 424. – Uhde 1869, 67. – Unger 1869, 69. – Holzer 1870, 6. 11. 43-53. Taf. 2, 1. – Hübner 1871, 89. – Blümner 1885, 159 mit Fig. 109. – v. Urlichs 1885, 104. – Daremberg/Saglio 1887, 802-803 mit Fig. 974. – Luthmer 1889, 128. – Lessing 1892, 26. – Winter 1896/97, 181 Fig. 12. 183. – Winter 1897, 116. 124-125 mit Fig. 12. – Buhlers 1898, 4. 13-14. – Héron de Villefosse 1899, 185. – Pernice/Winter 1901, 12. 14. 15. 18. 25-26. 69. Taf. 3. – Graeven 1902, 152 Nr. 35. 173-174. – Seeck 1902, 401. – Kat. Blume [nach 1905] 3. 67. – Seeck 1911, 398. – Buhlers/Rubensohn 1913, 4. 7. 10 Kat. 2. – Thiersch 1920, 15. 17 Abb. 20. 21. – A.A. 5, 1921. – Dreßler 1921, 29. 30. – Köster 1923, 15. Umschlagabb. – Pernice 1925, 105. Abb. 19. – Schuchhardt 1928, 250. – Drexel/Bersu 1930, 28. Taf. 43,5. – JacobFriesen 1934, 152. – Ippel 1937, 20-22 mit Abb. 12 (Rückseite Emblem). Taf. 5. – Kat. Celle 1946, 17 Kat. 98. – Kat. Berlin 1953, 6 Kat. 2. – Kat. Celle 1954, Kat. 385. – Kat. Hannover 1956, 57 Kat. 119. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 2 mit Taf. 2. – Küthmann 1959, 36. 47. 64. 89. 90. 92. – Kähler 1961, 33. – Konrad 1962, 8 mit Abb. – Wheeler 1965, 76. Taf. 14. – Strong 1966, 151. – Gehrig 1967 a, 8-9. 11.12. 1416. 19 zu Farbtaf. 3. – Lindemann 1967, 22. 23. 40. – Nierhaus 1969, 57. 60. – Baume 1971, 130 Nr. 2. 138. – A.A. 4, 1973, 41. – Schlumberger 1973, Abb. S. 52. – Kat. Toledo 1977, 126. – Webersinn 1977, 89. – Pusen 1978, 186. – Zedelius 1983, 95. – Gehrig 1980, 7-9. 646

Siehe auch Zedelius 1983, 95-96. Hinweise für ein Auf- und wieder Zubiegen der Krampen zur Fassung des Emblems konnten nicht beobachtet werden. Eine Änderung in der Ausrichtung des Emblems ist ohne Ausfassen möglich, da sich die antike Weichlötung zwischen Emblem mit Emblemring und der Schale gelöst hat.

11-12. 14 zu Farbtaf. 3 u. Frontispiz. – Bogaers 1982, 182. – Antikenmuseum 1988, 334-335 Nr. 1 mit Abb. – E. Künzl 1988a, 577. – E. Künzl 1988b, 46. – Baratte 1989, 70. – Pirzio Biroli 1991, 271. – PlatzHorster 1992. – Stupperich 1993, 298. – Stupperich 1995, 105. 106 Anm. 43. 109. 121 Abb. 17. – Baratte 1997, 22. Taf. 13,2. – Boetzkes 1997 Abb. S. 8. – Gregarek 1997, 91. 92. 93 Abb. 3. – Hitzl u.a. 1997, 36-37 Kat. 2 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 98. 99 Abb. 9,1. – Stupperich 1997a, 177. 180. 181. – Kurzmann 1998, 3958. 3960. – S. Künzl 1999, 573. – Painter 2001, 23 Anm. 63. 63. – Baukhage 2002, 93. – Erdrich 2002, 84 Kat. XX-05-9/3.2. Taf. 8. – Schleef 2003, 140. 142. – Niemeyer 2005, 54-55 mit Abb. 5a.b. – Graeven o.J., 8.

HI 3 Kybele-Schale Inv.-Nr.: Misc. 3779, 3. Maße: Dm 18,8-18,95 cm, H 4,2-4,5 cm. Gewicht: Schale 273,5 g, Emblem 176,2 g (mit BleiZinn-Füllung), Emblemring 13,1 g = 462,8 g. Gewichtsinschrift für vier Schalen umgerechnet 1446,235 g = 338,7 g pro Schale. Oberflächenuntersuchung: Das Emblem war mit Hilfe von Krampen gefaßt, die aus einem erhabenen Ring auf der Unterseite des Emblemringes herausgestochen waren (Abb. 30). Die Montage des im Ring gefassten Emblems auf der Schale erfolgte mit Weichlot. Davon ist beim Lötvorgang Material in die Fuge zwischen Emblem und Emblemring gelaufen und hat beide Teile zusätzlich miteinander verbunden. Dieser Vorgang hat einen bis zu 2,5 mm breiten Streifen von Weichlotresten am Rand der Emblemvorderseite hinterlassen, der aber vom Emblemring verdeckt wird. Das Emblem hatte drei Perforierungen, eine knapp an der Kante unterhalb der linken Brust, die noch heute vorhanden ist und zwei an den Seiten seitlich der rechten Schulter und oberhalb des Schildes. Diese beiden Perforierungen sind zu einem späteren Zeitpunkt zugeschmiedet worden (Kap. 4. 4. 2. 3 mit Abb. 27 u. 28). Da sie 5 und 7 mm von der Kante entfernt liegen, sind sie nie vom Emblemrahmen verdeckt worden647. Die Reste der ehemaligen Weichlötung des Emblems in der Schalenmitte sind durch Kratzspuren stark beeinträchtigt. Möglicherweise sollten die Reste des antiken Weichlotes für eine geplante neuzeitliche Lötung vollständig entfernt werden, die dann aber nicht ausgeführt wurde. Im Bodenbereich zeichnen sich in Form leicht erhabener Ringe mit Durchmessern von 10 und 51 mm die Hohlkehlen um den Pinolenabdruck und den Standring ab. Dies zeigt, daß beim Abdrehen der Hohlkehlen auf der Außenseite viel Druck ausgeübt wurde, so daß sich das Metall auch plastisch leicht verformt hat.

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Daß die Perforierungen bei der Übergabe in Berlin schon verschmiedet waren, kann kein Beleg dafür, daß dies schon in antiker Zeit geschehen ist. Die vermeintlich ‚antiken’ Reparaturen an der Platte HI 61 haben sich auch als modern erwiesen. Außerdem sind an etlichen Stücken Rückformungen kleinerer Deformierungen zu beobachten. Dies muß evt. auch für die beiden Perforierungen im Kybele-Emblem in Betracht gezogen werden.

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Auf der Außenseite der Schale weist ein scharf begrenzter, halbkreisförmiger Bereich von 4,8 x 2,3 cm eine starke Oberflächenporosität und eine dunkle Tönung auf. Die Struktur greift um die Schalenlippe herum und läßt sich bis zu einer Tiefe von 0,8 cm in die Schaleninnenfläche hinein verfolgen (Abb. 115 oben). Dabei könnte es sich um den ausgeschmiedeten Anschnitt vom Gießen der Plantsche für die Schale handeln. Seitlich davon zwei entsprechende, aber sehr viel kleinere, rundliche Stellen von 1 x 0,9 und 0,7 x 0,65 cm, die evt. die Ansatzstellen der Luftkänale darstellen. Auf der Innenseite der Schale unterhalb des verdickten Randes die Zahl ‚0,927’ einmal als Schatten einer ehemaligen Aufschrift und ein zweites mal in Form einer Ritzung aufgebracht. Die komplette Schale inklusive der Bleifüllung wiegt 465,31 g, das Doppelte hiervon, d.h. 930,62 g, kommt sehr nahe an die Aufschrift von 0,927 [kg] heran. Die römische Gewichtsinschrift gilt aber für einen Schalensatz von vier Stücken. Aufschrift und Ritzung sind in arabischen Ziffern angebracht und dürften daher modern sein. Abdruck einer Pinolenspitze nur auf der Unterseite der Schale. Der Standring ist wahrscheinlich hart angelötet und anschließend stark abgedreht, auch wenn sich keine deutliche Lötfuge ausmachen läßt. Radiographie: Die konzentrischen wolkigen Strukturen in der Wandung von 0,5-0,6 mm Stärke belegen die Schmiedearbeit. Standring und innere Hohlkehle sind zentriert angebracht. Die polygonal angelegten Kratzer vom Entfernen der Weichlotreste zeichnen sich deutlich ab. Der Bodenbereich innerhalb des Standrings ist mit 0,9 mm dünner als bei der Attis-Schale HI 4 und dadurch stärker durchstrahlt. Der porige Bereich der vermuteten Anschnittstelle zeichnet sich auch auf dem Röntgenfilm ab, wenn auch die scharfe, auf der Oberfläche sichtbare Begrenzung nicht wiedergegeben wird. Die punzierte Gewichtsinschrift seitlich im Standring zeichnet sich nicht ab. Das Emblem wurde wegen der massiven Bleifüllung nicht geröntgt (Kap. 10. 1. 3. 3 mit Abb. 155 links). Punzenvergleich: Auf dem Emblem wurden drei Formpunzen verwendet: die ‚Zahnradpunze’ P 3,1 und die Halbkreispunze P 3,2 im Tympanon, die Ovalpunze P 3,3 in der Mauerkrone auf dem Haupt der Göttin (Kap. 5. 5). Vergoldung: Krone, Tympanon und Gewand der Kybele sind vergoldet; Schale und Emblemring ohne Reste von Vergoldung. Inschriften: Schale: punzierte Gewichtsinschrift, Emblem: geritzte Namensinschrift. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Hinterklebung der Fehlstelle in der Schalenwandung. Datierung: Lenormant 1869: antoninisch. – Pernice/Winter 1901: spätestens 2. Hälfte 1. Jh v.Chr. – Seeck 1911: hellenistisch (Emblem). – Buhlers/Rubensohn 1913: 1. Jh. – Pernice 1925: 2. Jh. v.Chr.

(Emblem). – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 1. Jh. – Küthmann 1959: 75-50 v.Chr. – Gehrig 1967a/1980: späthellenistisch (Emblem). – La Baume 1971: frühestens claudisch. – Bogaers 1982: vor Mitte 1. Jh. – Antikenmuseum 1988: 1. Jh. n.Chr. – Gregarek 1997: Emblem 1. Jh. v.Chr.

gedeckt werden. Auf der Innenwandung Reste zweier Ritzungen ‚9’ und ‚0’ (vgl. Aufschrift und Ritzung bei HI 3). Vereinzelte winzige ‚Spritzer’ korrodierten wohl modernen Weichlotes auf der Schaleninnenwandung.

Publ.: A.A. 1, 1868, 355. – A.A. 2, 1868, 798. – Sauppe 1868, 379 Nr. 16. – Schöne 1868/1966, 137. 140. – Wiesler 1868 a, 15-21. 64. 66 Anm. 1. Taf. 3, 3 (Zeichnung). – Busch 1869, 174. – Froehner 1869. – Lenormant 1869, 417-418. 421. 424. – Schöne/Mommsen 1869, 477. – Schöne 1869, 370 Nr. 14. – Uhde 1869, 67. – Unger 1869, 68. – Hübner 1871. – Holzer 1870, 6. 11. 53-58. Taf. 2, 3. – Winter 1879. – Blümner 1885, 160. – v. Urlichs 1885, 104. – Luthmer 1889, 128. – Lessing 1892, 26. – Winter 1897, 124. 125. – Buhlers 1898, 14-15. – Lessing 1898, 36. 37. – Héron de Villefosse 1899, 185. – Winter/Pernice 1899. – Pernice/Winter 1901, 12. 13. 15. 18. 26-28 mit Fig. 7. Taf. 4. – Graeven 1902, 152 Nr. 36. 173-174. 178. – Kat. Blume [nach 1905] 7. – Bohn 1906, 763 Nr. 10036, 16. – Seeck 1911, 397. 398. – Buhlers/Rubensohn 1913, 10-11 Kat. 3 u. 4. – Pernice 1925, 100. 106. – Ippel 1937, 22. – Kat. Berlin 1953, 6 Kat. 3. – Kat. Celle 1954, Kat. 386. – Kat. Hannover 1956, 57-58 Kat. 120. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 3 mit Taf. 3. – Küthmann 1959, 37. 64. 82. 84. 89. 92. – Kähler 1961, 33. – Wheeler 1965, 77. – Strong 1966, 152. – Gehrig 1967 a, 8-9. 11-12. 14. 16. 2223 zu Abb. 13-14. – Lindemann 1967, 22. 40. – Nierhaus 1969, 54. 59. – La Baume 1971, 130-131 Nr. 3. 137. 138. – A.A. 4, 1973, 43. 44. – Nuber 1974, 27. – Kat. Toledo 1977, 126. – Webersinn 1977, 89. – Gehrig 1980, 7-11. 16-17 zu Abb. 13-14. – Bogaers 1982, 183. 184. 185. – Zedelius 1983, 95. – Antikenmuseum 1988, 334-335 Nr. 2 mit Abb. – E. Künzl 1988a, 577. – Pirzio Biroli 1991, 271. – Stupperich 1993, 301. – Stupperich 1995, 105. 113. 119 Abb. 11. – Erdrich 1997, 197. – Gregarek 1997, 91. 92-93. 95. – Hitzl u.a. 1997, 37-38 Kat. 3 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 98. 99 Abb. 9,1. – S. Künzl 1997a, 117. – Stupperich 1997a, 177. 183. – S. Künzl 1999, 573. – Erdrich 2001, 103. – Painter 2001, 23 Anm. 63. 57. 63. – Baukhage 2002, 93. – Erdrich 2002, 84 Kat. XX-05-9/3.3. Taf. 9. – Schleef 2003, 140. 142. – Graeven o.J., 8.

Das Emblem selbst war entsprechend dem Kybele-Emblem mit Krampen mechanisch im Emblemring befestigt; die Krampen sind abgebrochen, so daß Emblem und Emblemring heute getrennt vorliegen (Abb. 30). Im Abstand von ca. 1,5 bis 3 mm zum Rand sind unregelmäßig vier Perforierungen angebracht (Abb. 155 Mitte u. rechts). Die antike Weichlötung des Emblemringes (mit gefaßtem Emblem) zeichnet sich auf der Schalenmitte durch korrodierte Weichlotreste und streckenweise eine ca. 3,5 mm breite Spur ab. Diese 3,5 mm entsprechen dem äußeren Durchmesser des Emblemrahmens bis zum erhabenen Ring, aus dem die Krampen zum Fassen des Emblems ausgestochen worden sind.

HI 4 Attis-Schale Inv.-Nr.: Misc. 3779, 4. Maße: Dm 18,65-18,95 cm, H 4,15-4,45 cm. Gewicht: Schale 280,6 g, Emblem 41,6 g, Emblemring 16,5 g = 338,7 g. Gewichtsinschrift für vier Schalen umgerechnet 1446,235 g (4 x 338,7 g/HI 4 = 1354,8 g, Differenz zum Sollgewicht: - 91,435 g). Oberflächenuntersuchung: Auf der Außenseite der Schale ein breiter Bereich in der Form eines halben, längs geteilten Tropfens von 7,5 x 2,8 cm mit Oberflächenporigkeit und horizontalen Rattermarken, wobei es sich um den ausgeschmiedeten Anschnitt handeln könnte (Abb. 114, 115 unten u. 156). Auf der Schaleninnenseite direkt unter dem verdickten Rand ein schmaler Streifen offener Poren in den Maßen 4 x 0,5 cm. Im Bodenbereich verlaufen unter dem Emblem Bänder von Rattermarken kreuz und quer über die Oberfläche (Abb. 116). Die Wandung der Schale ist bis ungefähr auf den Mittelbereich, der vom Emblem im Emblemring abgedeckt wurde, stärker abgedreht als die Mitte mit den Rattermarkenbahnen. Dadurch sind ein feiner Grat sowie ein deutlich meßbarer Unterschied in der Wandstärke entstanden (Abb. 114): der Bereich innerhalb des Grates 0,55 mm, die Wandung jenseits des Grates 0,4 mm stark. Der Mittelbereich hat einen Durchmesser von 9,6 cm, der Emblemring von 9,4 cm, so daß die Mittelfläche und der konzentrische Grat nicht komplett vom Emblemring ab177

Der Abdruck einer Pinolenspitze nur auf der Unterseite der Schale. Der Standring ist hart angelötet und anschließend stark abgedreht. An drei Stellen lassen sich die Reste einer Lötfuge ausmachen (Abb. 117). Innen drückt sich mit einem Durchmesser von 54 mm die äußere Hohlkehle um den Standring herum in Form eines leicht erhabenen Ringes ab. Radiographie: Die konzentrischen wolkigen Strukturen in der Wandung belegen die Schmiedearbeit. Standring und innere Hohlkehle sind zentriert angebracht. Der Grat um den Bodenbereich unterhalb des Emblems zeichnet sich deutlich ab (Abb. 114). Der Bodenbereich innerhalb des Standrings ist mit 1,2-1,4 mm dicker als bei der Kybele-Schale HI 3. Der porige Bereich der vermuteten Anschnittstelle zeichnet sich auch auf dem Röntgenfilm ab, nicht aber die Bänder der Rattermarken. Die punzierte Gewichtsinschrift seitlich im Standring zeichnet sich nicht ab (Kap. 10. 1. 3. 3). Vergoldung: Gewand und phrygische Mütze sowie die Mondsichel sind vergoldet; Schale und Emblemring ohne Reste von Vergoldung. Inschriften: Schale: punzierte Gewichtsinschrift, Emblem: geritzte Namensinschrift. Datierung: Lenormant 1869: antoninisch. – Seeck 1911: hellenistisch (Emblem). – Buhlers/Rubensohn 1913: 1. Jh. – Pernice 1925: 2. Jh. v.Chr. (Emblem). – Kat. Celle 1946: 2. Hälfte 1. Jh n.Chr. – Kat. Essen 1956: 1. Jh. n.Chr. – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 1. Jh. – Küthmann 1959: 75-50 v.Chr. – Gehrig 1967a/1980: späthellenistisch (Emblem). – La Baume 1971: frühestens claudisch. – Bogaers 1982: vor Mitte 1. Jh. – Antikenmuseum 1988: 1. Jh. n.Chr. – Gregarek 1997: Emblem 1. Jh. v.Chr. Publ.: A.A. 1, 1868, 355. – A.A. 2, 1868, 798. – Sauppe 1868, 3879 Nr. 15. – Schöne 1868/1966, 137. 140. – Wieseler 1868 a, 15-21. 64. 66 Anm. 1. Taf. 3, 2 (Zeichnung). – Busch 1869, 174. – Froehner 1869. – Holzer 1869 a, 93. – Lenormant 1869, 417-418. 424. – Schöne/ Mommsen 1869, 477. – Schöne 1869, 370 Nr. 13. – Uhde 1869, 67. – Unger 1869, 68-69. – Holzer 1870, 6. 11. 53-58. Taf. 2, 2 u. 4. – Hübner 1871, 89. – Blümner 1885, 160. – v. Urlichs 1885, 104. – Luthmer 1889, 128. – Lessing 1892, 26. – Winter 1897, 124. 125. – Buhlers 1898, 14-15. – Lessing 1898, 36. 37. – Héron de Villefosse 1899, 185. – Pernice/Winter 1901, 12. 13. 15. 18. 19. 26-28 mit Fig. 8. 74. Taf. 5. – Graeven 1902, 152 Nr. 37. 173-174. 178. – Kat. Blume [nach 1905] 7. –

Bohn 1906, 763 Nr. 10063, 1 b. – Seeck 1911, 397. 398. – Pernice 1925, 100. Abb. 5. – Ippel 1937, 22. – Kat. Celle 1946, 17 Kat. 102. – Kat. Berlin 1953, 6 Kat. 4. – Kat. Celle 1954, Kat. 387. – Kat. Hannover 1956, 58 Kat. 121. – Kat. Essen 1956, 42 Kat. 18b. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 4 mit Taf. 4. – Küthmann 1959, 37. 40. 64. 82. 84. 89. 92. – Kähler 1961, 33. – Wheeler 1965, 77. – Strong 1966, 152. – Gehrig 1967 a, 8-9. 11-12. 14. 16. 22-23 zu Abb. 13-14. – Lindemann 1967, 22. 40. – Nierhaus 1969, 54. 58. – La Baume 1971, 130-131 Nr. 3. 137. 138. – A.A. 4, 1973, 43. 44. Abb. S. 42. – Nuber 1974, 27. – Kat. Toledo 1977, 126. – Webersinn 1977, 89. – Gehrig 1980, 7-11. 16-17 zu Abb. 13-14. – Bogaers 1982, 183. 184. 185. – Zedelius 1983, 95. – Antikenmuseum 1988, 334-335 Nr. 3 mit Abb. – E. Künzl 1988a, 577. – Pirzio Biroli 1991, 271. – Stupperich 1993, 301. – Stupperich 1995, 105. 113. 119 Abb. 10. – Erdrich 1997, 197. – Gregarek 1997, 91. 9293. 95. – Hitzl u.a. 1997, 39-40 Kat. 4 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 98. 99 Abb. 9,1. – Stupperich 1997a, 177. 183. – S. Künzl 1999, 573. – Erdrich 2001, 103. – Painter 2001, 23 Anm. 63. 57. 63. – Baukhage 2002, 93. – Erdrich 2002, 84 Kat. XX-05-9/3.4. Taf. 10. – Schleef 2003, 140. 142. – Niemeyer 2005, 54-55. – Graeven o.J., 8.

HI 5 Rankenbecher 1 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 5. Maße: Innenbecher: Mündungsdm 14,58-14,8 cm, H 5,65 cm, Außenbecher: Mündungsdm 14,44-14,8 cm, H 5,5 cm, Gesamthöhe 6,1 cm. Gewicht: Außenschale 167,4 g; Innenschale 227,3 g = 394,7 g (keine Griffe). Fassungsvermögen: 600 ml bis zur Riefe 5 mm unterhalb des Randes, 648 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Der reliefierte Außenbecher ist eindeutig getrieben und mit sechs ziselierten unterschiedlichen belebten Blüten- und Rankenmotiven zwischen je drei Akanthus- und doppelten Lanzettblättern dekoriert. Das Zentrum bildet eine fünfblättrige ziselierte Blüte. Auf der Innenseite sind deutlich Hammer- bzw. Punzenspuren sichtbar. Die Feinheiten des Dekors sind von der Außenseite einziseliert (Kap. 9. 1. 1 mit Abb. 93 links). Größere Flächen der antiken Oberfläche sind in Form einer dünnen Schicht verloren, durch die eine grau erscheinende unregelmäßig-pockige ‚Oberfläche‘ aufgedeckt wurde und in der sich der Dekor zwar weiter verfolgen läßt, in Details aber unklar bleibt. Möglicherweise sind diese Verluste durch eine Glühbehandlung verursacht, mit deren Hilfe aufliegende Korrosionsprodukte im Schnellverfahren entfernt werden sollten; vgl. HI 53. Am Boden beider Becher zeichnen sich die Eindrücke der ehemals weich angelöteten Füße durch teilkonzentrische Spuren ab, die zusammen mit den beiden Griffen die Grundlage für den Rekonstruktionsversuch bilden (Kap. 3. 8. 1 mit Abb. 16a-c). Für die von Pernice/Winter 1901, 29 vermuteten Umarbeitungen konnten keine sicheren Anhaltspunkte gewonnen werden (Kap. 4. 4. 2. 4). Radiographie des Innenbechers: Die wolkige Strukturen in konzentrischen Kreisen belegen die Schmiedearbeit. Der Rand wirkt massiv (Kap. 10. 1. 3. 4 mit Abb. 118). Rattermarken unterhalb des Randes belegen die Überarbeitung auf der Drehbank, um einen scharfen Absatz für den Rand der Außenschale zu erreichen (Abb. 158 oben). 178

Computertomographie: Der Aufbau des möglicherweise aus Einzelbändern zusammengelöteten Rands ist nicht darstellbar (Kap. 10. 2. 2). Punzenvergleich: Vergleiche der auf den Oberflächen der beiden Rankenschalen verwendeten Linierpunzen konnten wegen fehlender markanter Besonderheiten nicht durchgeführt werden. Datierung: Winter 1897: 1. Jh. v.Chr. – Pernice 1925: späthellenistisch oder augusteisch. – Kat. Celle 1946: Anfang 1. Jh n.Chr. – Küthmann 1958 b, 1959: 75-50 v.Chr. – La Baume 1971: letzte Jahrzehnte vor Chr. Geb. – Antikenmuseum 1988: augusteisch. – Stupperich 1997a: augusteisch. – Erdrich 2002: frühaugusteisch. Publ.: A.A. 2, 1868, 799. – Friederichs 1868. – Schöne 1868/1966, 137. – Busch 1869, 174. – Holzer 1870, 90-91 Taf. 11, 2 u. 3. – Lessing 1892, 25. – Winter 1896/97, 180 Fig. 11. 182. – Winter 1897, 128-130 mit Fig. 15. 131. – Buhlers 1898, 20. – Pernice/Winter 1901, 11. 13. 14. 15. 28-30. 38. 68. 70. 74. Taf. 6. – Graeven 1902, 161-162 Nr. 52 u. 53 mit Fig. 11. – Kat. Blume [nach 1905] 16-17. – Buhlers/Rubensohn 1913, 16 Kat. 11. – Thiersch 1920, 13. 21. – Drexel 1921/22, 45-46. – Pernice 1925, 99. 101. Abb. 6. – Drexel/Bersu 1930, 27. Taf. 43,1. – Kat. Celle 1946, 16 Kat. 91. – Kat. Berlin 1953, 7 Kat. 5-6. – Kat. Celle 1954, Kat. 388. – Kat. Hannover 1956, 58 Kat. 122-123. – Kat. Essen 1956, 42 Kat. 18e. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 5/6 mit Taf. 5.– Küthmann 1958 a, 108. 112-114. – Küthmann 1959, 19. 23. 38. 44. 49. 55-56. 58-60. 88. 92. – Kähler 1961, 33. – Gehrig 1967 a, 8-9. 14. 23-24 zu Abb. 17-18. – Nierhaus 1969, 55. – La Baume 1971, 132 Nr. 10-11. 137. 138. – Kat. Toledo 1977, 117. 126. – Gehrig 1980, 7-8. 11. 18 zu Abb. 17-18. – Antikenmuseum 1988, 342-343 Nr. 1 u. 2 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Stupperich 1993, 300. – Stupperich 1995, 106 Anm. 43. – Gregarek 1997, 93. – Hitzl u.a. 1997, 40 Kat. 5 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 93. 96 Abb. 7,5. – Stupperich 1997a, 178. – S. Künzl 1999, 573. – Tamm 2001, 269 Kat. AP-170. – Erdrich 2002, 84 Kat. XX-05-9/3.5. Taf. 11, 1. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Graeven o.J., 10.

HI 6 Rankenbecher 2 mit Griffen Inv.-Nr.: Misc. 3779, 6. Maße: Innenbecher: Mündungsdm 14,67-14,82 cm, Gesamthöhe mit neu montierten Griffen 8 cm. Gewicht: Außenschale 167,2 g, Innenschale 224,4 g, Griff 1: 52,6 g, Griff 2: 50,4 g = 494,9 g648. Zum Fassungsvermögen siehe HI 5. Oberflächenuntersuchung: Die sechs belebten Blütenund Rankenmotive entsprechen denen auf der Rankenschale HI 5. Allerdings treten geringfügige Unterschiede auf, die z.T. durch den Wechsel der Motive zwischen Akanthus- und Lanzettblättern auf beiden Bechern verursacht sein dürften. Durch die in die Flächen hineinragenden kleinen Lanzettblätter und die unteren Spitzen der Akanthusblätter verändern sich die Formen der zu reliefierenden Flächen, so daß die Anordnung der einzelnen Dekorelemente leicht variiert werden mußte. Im Vergleich fehlen auf Rankenschale HI 6 z.T. kleinere Details, andererseits sind aber auch Elemente hinzugefügt und Vögel in ihrer Haltung verändert. Dies belegt, daß zwar die gleiche Vorlage verwendet, aber frei damit umgegangen wurde. Ein direktes Übertragen einer Vorlage auf

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Bei den Gewichtsangaben für HI 5 und 6 von Pernice/Winter 1901, 28 sind die Griffe nicht mit gewogen.

beide Schalen in Form einer Pause hat offenbar nicht stattgefunden.

Fassungsvermögen: wegen des fragmentarischen Zustandes nicht meßbar.

Die beiden vorhandenen Griffe waren bei einer früheren Restaurierung so am Becher befestigt worden, daß die herzblattförmigen Querschlaufen in der Luft schwebten (Abb. 157 links)649. Die auf der Wandung des Außenbechers erhaltenen Weichlotreste und flachgedrückte Bereiche der Reliefdekoration belegen aber, daß die tropfenförmigen Attaschen der Griffe so tief auf der Wandung angebracht waren, daß die Spitzen der Querschlaufen auf dem Mündungsrand aufsitzen (Abb. 157 rechts)650. Die dreieckigen ausgefeilten Riefen an den Schlaufenspitzen rasten förmlich auf der Lippe ein. Da Weichlotreste weder am Mündungsrand noch an den Querschlaufenspitzen beobachten werden können, ist eine antike Weichlötung an dieser Stelle eher unwahrscheinlich. Dies ist bei Griffen mit vergleichbaren Querschlaufen bisher auch noch nicht beobachtet worden. Auf den Innenseiten der Griffe Strichmarkierungen (Abb. 158 links, vgl. Abb. 63 bei den Lübsow-Scyphi).

Oberflächenuntersuchung: Auf den unverzierten äußeren Oberflächen können im wechselnden Streiflicht unregelmäßig-wellige konzentrische Bahnen beobachtet werden, die auf einen Drückvorgang hinweisen. Die glatten Oberflächen, die Profilierung des Fußes und die abgearbeiteten Perlstäbe unterhalb der Blattstäbe belegen einen Arbeitsgang durch spanabhebendes Drehen. Außerdem variieren die Wandstärken an sich genau gegenüberliegenden Seiten um einige Zehntelmillimeter. Beim Abdrehen müssen beide Becher ganz leicht außerhalb der Achse in der Drehbank eingespannt gewesen sein; nur dadurch läßt sich die Regelmäßigkeit der Wandstärkenabweichungen erklären. Durch das Drücken wurde zunächst die evt. leicht unregelmäßige Form der handgeschmiedeten Becher auf der Drehbank korrigiert. Beim Punzieren der Blatt- und Perlstäbe dürften ebenfalls leichte Deformationen an den bearbeiteten Partien entstanden sein, was ebenfalls einen abschließenden Drück- und/oder Drehvorgang erforderte. Die Beschädigung der Perlen des unteren Perlstabes belegt, daß zuletzt ein spanabhebendes Drehen erfolgte.

Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Versetzen der Griffe (Abb. 157). Datierung: siehe Kat. 5. Publ.: Uhde 1869, 54 Abb. 4. – Pernice/Winter 1901, 29 mit Fig. 9 u. 10. Taf. 7. – Graeven 1902, 160 Fig. 10. – A.A. 4, 1973, Abb. S. 43. – Schlumberger 1973, Abb. S. 56. – Hitzl u.a. 1997, 40-41 Kat. 6 mit Abb. – Tamm 2001, 269 Kat. AP-171. – Erdrich 2002, 84 Kat. XX-059/3.6. Taf. 11, 2. – Niemeyer 2005, 55. 56-57 Abb. 9a-d. – Ansonsten siehe Kat. 5.

HI 7 Blattstabbecher 1 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 7. Maße: Mündungsdm außen 11,45-11,55 cm, H 10,1 cm (‚rekonstruiert’651), Fuß-Dm 5,2-5,23 cm. Gewicht der Originalfragmente: 237,6 g (inkl. Glasgewebehinterlegungen). Gewichtsinschrift umgerechnet 2516,134 g (ohne Angabe der Stückzahl)652.

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Siehe Pernice/Winter 1901, 29 Fig. 10/Glasnegativ 1100. Hier ist der Becher auf einem breiten Fuß entsprechend der vermeintlichen Lotspur außerhalb der Bodenrosette montiert, der aber wohl gar nicht zum Hildesheimer Silberfund gehört hat. Dieser Fuß taucht auf keinem weiteren Foto wieder auf und ist auch in den Beständen der Antikensammlung nicht identifizierbar. 650 So schon der Rekonstruktionsvorschlag von Holzer 1870 Taf. 11,2. 651 Boden- und Randfragment passen lediglich an einer Stelle über ein weiteres Fragment zusammen. Die Bruchkanten weisen streckenweise Glättungen in Form von Feilspuren auf. Da das Gefäßprofil aber stimmig ist, dürfte die jetzige Höhe bis auf wenige Zehntelmillimeter korrekt sein. 652 Pernice/Winter 1901, 31 vermuten einen Gefäßsatz aus acht Bechern. Pernice 1912, 134 Anm. 1 kommt unter Berücksichtigung der fehlenden Griffe nach dem Vorbild der LübsowScyphi auf einen Satz von vier Stück, entsprechend Gehrig 1967, 24 u. 1980, 19. Hitzl u.a. 1997, 42 errechnen einen Sechsersatz.

179

An den Mündungsrändern weisen beide Becher an jeweils gegenüberliegenden Partien die Reste der antiken Weichlötungen der ursprünglich angelöteten Griffe bzw. Daumenplatten auf. Die Ansatzflächen der unteren Attaschen auf den Wandungen sind in beiden Fällen nicht mehr erhalten, weil diese Teile der Wandflächen verloren sind. Ob zwei- oder dreiteilige Scyphusgriffe zu den Bechern gehört haben, könnte auch beim Vorhandensein der unteren Lötspuren nicht mit Sicherheit gesagt werden (Kap. 3. 8. 1 mit Abb. 17a.b). Die Füße sind nicht mitgegossen, sondern separat angefertigt und hart angelötet. Die scharfe Profilierung der Fußansätze und die Rattermarken belegen, daß nach dem Verlöten der Füße die Lotnähte auf der Drehbank spanabhebend überarbeitet worden sind (Abb. 120). In den Bodenmitten befindet sich jeweils der tiefe Eindruck einer Pinolenspitze, die Bodenflächen sind mit erhabenen konzentrischen Wülsten profiliert. Die letzte Überarbeitung durch Abdrehen dürfte also erst nach dem Punzieren der Blattstäbe und dem Anlöten der Füße erfolgt sein. Im Innern des Bodens ist der ‚Abdruck’ eines Gefäßfußes mit einem Durchmesser von 4,7 cm sichtbar; außerhalb des ehemals aufliegenden Fußes ist das Silber korrodiert und hat eine matte Oberflächenstruktur erzeugt (Kap. 3. 1 mit Abb. 4 links). Radiographie eines Randfragmentes: Ohne aussagekräftigen Befund (Kap. 10. 1. 3. 4). Computertomographie: Kein Ergebnis zu einem Hohlraum zwischen Fuß und Becherboden (Kap. 10. 2. 2). Punzenvergleich: Beide glattwandigen Becher weisen einen von zwei Perlstäben begleiteten einfachen Blattstab mit Vorkerbungen auf, der von zwei sog. Zwischendeko-

ren unterbrochen wird (Kap. 6. 1. 1 u. 6. 3. 1 mit Abb. 39-42, 44 u. 76). Die Gesamtbreite des Dekorbandes bei Becher HI 7 beträgt 6,2 mm, die sich aus 4 mm für den Blattstab und je 1,1 mm für die Perlstäbe zusammensetzt. Die Zwischendekore erscheinen je zweimal in gedoppelter Ausführung, das diagonal schraffierte Feld auf den ‚Seiten’ unterhalb der Griffe, das mit stilisierten Akanthusblättern gefüllte Feld auf ‚Vorder- und Rückseite‘ (Abb. 41)653. Die Blattstabpunze weist einige feinste charakteristische Merkmale auf ihrer Oberfläche auf, die sich bei den Abschlägen wiederholen (Abb. 42). Die Zwickel der Akanthus-Zwischendekore sind mit den Abschlägen einer Ringpunze ausgefüllt, die vier markante Punkte an der Außenseite des Ringes aufgewiesen hat. Diese haben auf der Metalloberfläche ‚Stecknadelköpfe‘ bzw. längere hervorstehende Grate hinterlassen (Abb. 43). Die Perlpunze weist eine hochpolierte Oberfläche auf (Abb. 40). Vergoldung: Hohlkehle und perlstabgerahmter Blattstab unterhalb der Lippe. Inschriften: geritzte Gewichtsinschrift, zwei geritzte Buchstaben. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Entfernen der Metallblechergänzungen der Erstrestaurierung. Innenbecher aus koloriertem Kunstharz zur Stabilisierung und zum optischen Schließen der Fehlstellen (Abb. 39 rechts). Datierung: siehe Kat. 8. Publ.: Seeck 1911, 396. – Hitzl u. a. 1997, 42 Kat. 7 mit Abb. – Tamm 2001, 269 Kat. AP-166. – Erdrich 2002, 84 Kat. XX-05-9/3.7. Taf. 11. 3. – Ansonsten siehe Kat. 8.

Weichlotes im Boden gelöst hatten, so daß der Becher HI 7 weiter in den größeren Becher HI 8 hineinrutschen konnte. Der Becher HI 7 mit einem äußeren Mündungsdurchmesser von ca. 11,5 cm paßt knapp in den Becher HI 8 mit einem inneren Mündungsdurchmesser von 11,6 cm (Abb. 4). Die Abdrücke von Gefäßfüßen in beiden Becherböden belegen, daß bei der Deponierung äußerst platzsparend vorgegangen worden ist. Nicht nur waren nach den Angaben der Finder die kleineren Gefäße in die drei großen, nämlich Krater HI 62, Kantharos HI 63 und Eimer HI 64, gelegt worden, die Spuren in den Bechern HI 7 und 8 zeigen, daß auch die kleinsten Gefäße in größere eingebracht worden sind, um möglichst wenig Volumen vergraben zu müssen. Radiographie: Geröntgt wurde das komplette Gefäß mit den Metallblechergänzungen aber ohne diverse gelöste Randfragmente (Abb. 119). Die konzentrischen HellDunkel-Strukturen belegen sowohl die Schmiedearbeit also auch das Drücken (Kap. 10. 1. 3. 4). Punzenvergleich: Der Blattstab ist mit 6,8 mm (4,5 mm Blattstab, 1,1 und 1,2 mm Perlstäbe) etwas breiter als auf dem Becher HI 7, was den etwas größeren Gesamtmaßen dieses Stückes entspricht (Abb. 44 unten). Die Abschläge von Blatt-, Ring- und Perlpunzen weisen zu denen auf Becher HI 7 identische Merkmale auf; beiden Becher sind daher mit Sicherheit gemeinsam in der gleichen Werkstatt angefertigt worden (Kap. 6. 1. 1). Eine Übereinstimmung insbesondere der Blattpunze mit den Abschlägen in den Blattstäben des Lorbeerbechers HI 9, der Kanne HI 44 und der Ententeller HI 45-47 konnte nicht festgestellt werden. Damit gibt es keinen Beleg dafür, daß die sieben Hildesheimer Gefäße mit Blattstabdekoren in der gleichen Werkstatt hergestellt worden sind. Vergoldung: Hohlkehle und perlstabgerahmter Blattstab unterhalb der Lippe.

HI 8 Blattstabbecher 2 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 8. Maße: Mündungsdm außen ca. 12 cm, Mündungsdm innen ca. 11,6 cm, H 11 cm, Fuß-Dm 5,48 cm. Gewicht der Originalfragmente: 290 g Zur Gewichtsinschrift siehe HI 7. Fassungsvermögen: 720 ml bis zur Riefe 5 mm unterhalb des Randes, 750 ml bis zur Oberkante654. Oberflächenuntersuchung: siehe HI 7. Im Innern des Bechers ist durch eine unterschiedliche Oberflächenstruktur der Abdruck eines Gefäßfußes mit einem Durchmesser von 5,15-5,25 cm zu erkennen; dies entspricht dem Durchmesser des Fußes von HI 7 (Kap. 3. 1. mit Abb. 4 links). Da der Becher HI 7 im Ganzen kleiner ist als Becher HI 8, könnten beide Becher zur Deponierung durchaus ineinander gestellt worden sein, aber nur, wenn am kleineren Becher HI 7 schon zu diesem Zeitpunkt die Griffe gefehlt haben oder sich durch die Korrosion des 653

Die Blattstäbe bei HI 7 und 8 unterscheiden sich darin, daß bei HI 7 in den Diagonalriefen der Akanthus-Zwischendekore kleine Punktabschläge gesetzt sind. 654 Gemessen mit den eingelöteten Metallblechergänzungen vor der Neurestaurierung.

180

Inschriften: geritzte Gewichtsinschrift, zwei geritzte Buchstaben. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Entfernen der Metallblechergänzungen der Erstrestaurierung. Innenbecher aus koloriertem Kunstharz zur Stabilisierung und zum optischen Schließen der Fehlstellen. Kunstharzring hinter dem Rand, um ein Kollabieren der durch Deformation unter Spannung stehenden Wandung zu verhindern. Datierung: Pernice/Winter 1901: augusteisch. – Küthmann 1959: 25-0 v.Chr. – La Baume 1971: letzte vorchristliche Jahrzehnte. – Baratte 1989: Ende 1. Jh. v.Chr. bis Anf. 1. Jh. n.Chr. – Pirzio Biroli 1991: Ende 1. Jh v.Chr./Anf. 1. Jh. n.Chr. – Erdrich 2002: frühaugusteisch. Publ.: Sauppe 1868, 380 Nr. 21 u. 22. – Schöne/Mommsen 1869, 476. – Schöne 1869, 370 Nr. 5 u. 6. – Holzer 1870 Tag. 8, 5 u. 6. – Lessing 1892, 25. – Winter 1897, 118 mit Fig. 2. – Buhlers 1898, 20-21. – Lessing 1898, 36. – Héron de Villefosse 1899, 192. – Winter/Pernice 1899, 128. – Kekulé v. Stradonitz 1900, 60. – Pernice/Winter 1901, 10. 11. 14. 16. 19. 26. 30-31. 34. 48. 69. Taf. 8. – Graeven 1902, 135. 158 Fig. 8. 159 Nr. 43. 162. 166. 174. 178. – Kat. Blume [nach 1905] 17-18. – Pernice 1912, 132. 134 mit Anm. 1. – Buhlers/Rubensohn 1913, 5. 1617 Kat. 12. – Drexel 1921/22, 45. 47. 48. – Drexel/Bersu 1930, 26. Taf. 41,4. – Seyrig 1952, 218 Anm. 3. – Kat. Berlin 1953, 7 Kat. 7-8. – Kat.

Hannover 1956, 58-59 Kat. 124-125. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 7/8. – Küthmann 1958 b, 137. 138. – Küthmann 1959, 47. 64-66. 92. – Megaw 1961, 241. – Gehrig 1967 a, 8. 11-12. 15. 24 zu Abb. 21. – Lindemann 1967, 23. – Nierhaus 1969, 54. – La Baume 1971, 133 Nr. 23-24. 137. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9-10. 12. 18-19 zu Abb. 21. – Roth-Rubi 1984, 175. 176 Abb. 1,2. 180. 187. – Antikenmuseum 1988, 338-339 Nr. 5 mit Abb. – E. Künzl 1988a, 550. 571. 574. 578 Kat. 405 mit Abb. – E. Künzl 1988b, 40. – Baratte 1989, 70. 72 Kat. 13 mit Abb. 73. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. 180 Abb. 173. 272 Kat. 95 mit Abb. – Schädler 1993, 222. – Stupperich 1993, 300. – Stupperich 1995, 110. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Gregarek 1997, 93. – Hitzl u.a. 1997, 42-43 Kat. 8 mit Abb. – KaufmannHeinimann 1997, 93. 96 Abb. 7,5. – S. Künzl 1997a, 117. – Niemeyer 1997, 133. – Stupperich 1997a, 167. 180. 181. – Stupperich 1997b, 71. – S. Künzl 1999, 573. – Painter 2001 57. – Tamm 2001, 269 Kat. AP167. – Erdrich 2002, 84 Kat. XX-05-9/3.8. Taf. 11, 4. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Niemeyer 2005, 54. 56.

Punzenvergleich: Der sog. doppelte Blattstab mit Vorkerbungen an der unteren Kante des Randes wird von zwei Perlstäben begleitet (Kap. 6. 1. 3 u. 6. 3. 1 mit Abb. 48-50 u. 83). Als einziges Vergleichsstück weist die Hildesheimer Kanne HI 44 einen identischen doppelten Blattstab auf dem Schulterring auf. Die Blattpunze weist keine auffälligen Charakteristika auf (Abb. 50). Daß sie nicht mit der Blattpunze des Schulterrings der Kanne identisch ist, belegt das Fehlen der zwei kleinen ‚Stecknadelköpfe‘. Die beiden Perlstäbe sind mit zwei unterschiedlichen Punzen angebracht worden, die ebenfalls keine Identität mit der auf dem Schulterring der Kanne verwendeten aufweisen (Kap. 6. 1. 3).

HI 9 Lorbeerbecher

Vergoldung: Hohlkehle und perlstabgerahmter Blattstab unterhalb der Lippe am Innenbecher sowie reliefierte Lorbeerzweige und -blätter am Außenbecher.

Inv.-Nr.: Misc. 3779, 9. Maße: Mündungsdm 15,5 cm, Gesamthöhe 8,9 cm. Gewicht: 535 g Fassungsvermögen: 860 ml bis zur Riefe 3 mm unterhalb des Randes, 880 ml bis zur Oberkante.

Datierung: Lenormant 1869: 1. Jh. v.Chr. – Pernice/Winter 1901: frühaugusteisch. – Pernice 1925: augusteisch. – Kat. Celle 1946: Anfang 1. Jh. n.Chr. – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 1. Jh. – Küthmann 1959: 75-50 v.Chr. – La Baume 1971: Zeit der Ara Pacis (13-9 v.Chr.). – Antikenmuseum 1988: augusteisch. – Stupperich 1997a: augusteisch. – Erdrich 2002: augusteisch.

Oberflächenuntersuchung: Der Becher besteht aus Innen- und Außenbecher, die sich auch nach langer Einwirkung eines starken Lösemittels nicht voneinander lösen ließen; sie müssen also noch durch die antike Weichlötung zusammengehalten werden, zumal auch bei Pernice/ Winter 1901 keine Angaben zu Restaurierungsmaßnahmen gemacht werden (Abb. 151 Pfeil 1; Kap. 15. 7 Abb. 5). Der Außenbecher ist aus Silberblech geschmiedet, der Reliefdekor getrieben, von der Außenseite her in seinen Konturen abgesetzt und in den Feinheiten nachziseliert (Kap. 9. 1. 1 mit Abb. 48 u. 93 rechts). Die feinen Binnenzeichnungen sind wohl durch Gebrauch stark verschliffen. Eine Vorstellung von ihrem ursprünglichen Aussehen gibt ein Becher im Bulgarischen Nationalmuseum in Sofia655.

Publ.: A.A. 2, 1868, 799. – Schöne 1868/1966, 137. – Busch 1869, 174. – Lenormant 1869, 420. 424. – Uhde 1869, 54 Abb. 5. 67. – Unger 1869, 70. – Holzer 1870, 89-90. Taf. 11, 1. – Lessing 1892, 25. – Winter 1896 b, 75 Fig. 1. 79. – Winter 1896/97, 179. 180 Fig. 10. – Winter 1897, 116. 117. 124 mit Fig. 9. – Buhlers 1898, 19. 37. – Héron de Villefosse 1899, 212. – Winter/Pernice 1899, 128. – Pernice/Winter 1901, 12. 13. 31-32. 33. 35. 41. 60. Taf. 9. – Graeven 1902, 162-163 Nr. 54. 172. 174. – Kat. Blume [nach 1905] 16. – Pernice 1907, 125. 126. – Pernice 1912, 132. – Buhlers/Rubensohn 1913, 15 Kat. 10. – Thiersch 1920, 13. – Drexel 1921/22, 45. – Pernice 1925, 103. Abb. 13. – Schuchhardt 1928, 250. – Kruse 1940, 13. Abb. S. 13. – Kat. Celle 1946, 17 Kat. 94. – Seyrig 1952, 218 Anm. 3. – Kat. Berlin 1953, 7 Kat. 9. – Kat. Celle 1954, Kat. 389. – Kat. Hannover 1956, 59 Kat. 126. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 9 mit Taf. 6. – Küthmann 1959, 41. 47. 5152. 54. 89. 92. – Kähler 1961, 33. – Konrad 1962, 8. – Gehrig 1967 a, 89. 12. 14. 24 zu Abb. 22. – Lindemann 1967, 22. – Kayser 1968, 49. – Nierhaus 1969, 55. – Raddatz 1969, 95 Anm. 199. – La Baume 1971, 133 Nr. 15. 134. – Schlumberger 1973, Abb. S. 56. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7-8. 11. 19 zu Abb. 22. – Roth-Rubi 1984, 175. 177 Abb. 2,3. 180. 187. – Antikenmuseum 1988, 336-337 Nr. 2 mit Abb. – Baratte 1989, 72. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Stupperich 1993, 300. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Gregarek 1997, 93. – Hitzl u.a. 1997, 43 Kat. 9 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 93. 96 Abb. 7,5. – Stupperich 1997a, 178. 181. – S. Künzl 1999, 573. – Tamm 2001, 90. 269 Kat. AP-172. – Erdrich 2002, 84-85 Kat. XX-05-9/3.9. Taf. 11, 5. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Niemeyer 2005, 55. – Graeven o.J., 10.

In der Fläche zwischen den ‚seitlichen‘ Freiflächen unterhalb der sich überkreuzenden Astenden belegen Kratzer und Weichlotreste die Form der Attaschen der ursprünglich vorhandenen Griffe (Abb. 159). Ansatzpunkte für Griffe auf dem Mündungsrand gibt es nicht656. Am Boden zeichnet sich der Ansatz des ursprünglich angelöteten Fußes in Form von Weichlotresten ab. Beides bildet die Grundlage für die zeichnerische Rekonstruktion (Kap. 3. 8. 1 mit Abb. 18). Computertomographie: Vermuteter Aufbau des voluminösen Randes am Innenbecher aus mehreren Blechstreifen bzw. -ringen nicht darstellbar. Beim Durchlauf der horizontalen Einzelschnitte sind aber Reste des antiken Weichlotes zwischen Außen- und Innenbecher angeschnitten worden, die, nicht korrodiert, beide Teile offenbar noch heute zusammenhalten (Kap. 10. 2. 2 mit Abb. 151 Pfeil 1).

HI 10 Girlandenbecher Inv.-Nr.: Misc. 3779, 10. Maße: Innenbecher: Mündungsdm 12,39-12,57 cm, H 5,7 cm, Außenbecher: Mündungsdm 11,6-11,78 cm, H 5,5 cm, H Mündung-Boden 5,9 cm, Fuß: oDm 1,99 cm, uDm 4,26-4,28 cm, H 2,4 cm, Gesamthöhe 8,3 cm, lichte Br der Daumenplatte des antiken Griffes 7,2 cm. Gewicht: Außenschale 102,1 g, Innenschale 104,2 g, Fuß 40 g, antiker Griff 29 g, (moderner Griff 24,9 g) = 304,3 g (bei doppelt addiertem antiken Griff)657.

655

S/w-Abzüge im Fotoarchiv der Antikensammlung Berlin. Schon Johns 1986, 6 (siehe Anm. 129) hat für den Lorbeerbecher Kylixgriffe vermutet. 656

181

657

Mit den Anhaftungen modernen Weichlotes.

Fassungsvermögen: 200 ml bis zur Riefe 14 mm unterhalb des Randes, 280 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Im Innern des Außenbechers zeichnen sich Abschläge der Hammerbahn ab. Die Wandstärke von 0,8-0,7 mm im Bodenbereich verringert sich auf 0,5 mm am Rand. Das deutet darauf hin, daß ein rundes Silberblech zu einer Halbschale aufgezogen und der Rand weiter ausgeschmiedet wurde, um die weit ausladende Lippenpartie zu erreichen. Der Innenbecher ist auf der Außenseite von Hammerbahnabschlägen übersät, die eindeutig für eine Schmiedearbeit sprechen. Ein kleiner Pinolenabdruck befindet sich auf der Außenseite. Die Oberkante des Fußes hat sich mit ca. ¾ des Umfangs bis auf den Innenbecher durchgedrückt. Diverse kleinere Deformationen zeigen Anzeichen von Rückformungen; insbesondere am Fuß scheinen durch die Bodenlagerung verursachte Deformationen rückgeformt worden zu sein. An der Außenschale sind noch erhebliche Reste neuzeitlichen Weichlotes von einer Montage aller fünf Teile vorhanden. Diese Lötung scheint später mechanisch wieder gelöst worden zu sein, denn bei der Neurestaurierung 2005 waren die Elemente durch Klebstoff verbunden. Dies ist der einzige Hinweis auf die ‚Restaurierung’ in den 1930er/40er Jahren durch Hans Tietz (Tietz II, Kap. 3. 4). Aber auch Reste der antiken Griffverlötung sind noch erhalten (Farbtaf. K 3). Die beiden Teile des antiken Griffes, unverzierte Daumenplatte und Schlaufe, sind hart verlötet. Der zweite Griffe ist in zwei Teilen nachgegossen, die weich verlötet und mit der geritzten Inschrift: ‚1898 Ergänzt’ als modern markiert worden sind. Punzenvergleich: In wenigen Dekorelementen sind zwei Kreispunzen mit unterschiedlichen Durchmessern verwendet worden. Eine sehr kleine Mattierpunze wurde zur Strukturierung der Tänien eingesetzt, eine weitere dürfte zumindest zur Konturierung der Dekore, wenn nicht für die ganze Ziselierarbeit und Hintergrundmattierung eingesetzt worden sein (Kap. 5. 4. 1). Vergoldung: Die Hintergrundfläche des Außenbechers ist komplett vergoldet, der Reliefdekor nicht; in Umkehrung zu allen anderen teilvergoldeten Gefäßen, bei denen der Hintergrund silberfarben blieb, während die Reliefdekore vergoldet wurden. Im unteren Bereich deutet sich die Verlagerung bzw. Verkürzung des jeweils unteren Endes beider rechter Thyrsosstäbe an. Bei einem ist eine Rißlinie unterhalb des jetzigen Konturs zu erkennen, in beiden Bereichen fehlt in längsrechteckigen Feldern die Vergoldung. Die Hintergrundfläche ist mit feinen gleichmäßigen Hammerbahnabschlägen quasi mattiert, die sich in der Größe erheblich von den Schmiedespuren auf der Innenseite unterscheiden. In der Mitte des Bodens zeichnet sich noch der Pinolenabdruck ab. (Kap. 8. 2 mit Farbtaf. H 2-4)658. 658

Eine vergleichbare Art der Hintergrundvergoldung zeigen die Zierzonen 2 u. 4/Tier- und Rankenfries des konischen Gefäßes HI 66, ein hoher konischer Becher mit der Entstehungs-

182

Datierung: Pernice 1925: augusteisch. – Küthmann 1959: 75-50 v.Chr. – La Baume 1971: Zeit der Ara Pacis (13-9 v.Chr.). – Antikenmuseum 1988: augusteisch. – Baratte 1989: Ende 1. Jh. v.Chr. – Pirzio Biroli 1991: Ende 1. Jh. v.Chr./Anf. 1. Jh. n.Chr. – Erdrich 2002: augusteisch. Publ.: Schöne 1868/1966, 137. – Lenormant 1869, 420 mit Abb. (Zeichnung). – Uhde 1869, 53 Abb. 3. – Uhde 1869, 68. – Unger 1869, 70. – Holzer 1870, 87-89. Taf. 10, 1 u. 4. – Luthmer 1889, 128-129 mit Fig. 60. – Schreiber 1894, 339 Kat. 60. 343-344. 400. – Winter 1896/97, 182 mit Fig. 15. – Winter 1897, 116. 124 mit Fig. 11. – Buhlers 1898, 15-16. – Héron de Villefosse 1899, 186. – Pernice/Winter 1901, 12. 14. 32-34 mit. Fig. 11. 59. 74. Taf. 10. – Willers 1901, 175. – Graeven 1902, 163 Nr. 55 mit Fig. 12. 164. 168. 172. – Kat. Blume [nach 1905] 15-16. – Drexel 1909, 228. – Buhlers/Rubensohn 1913, 7. 12 Kat. 5. – Drexel 1921/22, 45-46. – Pernice 1925, 103. 106. Abb. 14. – Drexel/ Bersu 1930, 27. Taf. 43,2. – Kat. Celle 1946, 17 Kat. 97. – Kat. Berlin 1953, 7-8 Kat. 10. – Kat. Celle 1954, Kat. 390. – Kat. Hannover 1956, 59 Kat. 127. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 10 mit Taf. 10. – Küthmann 1959, 47. 50. 58. 89. 92. – Konrad 1962, 8 mit Abb. – Gehrig 1967 a, 89. 12. 14. 19-20 zu Farbtaf. 2. – Lindemann 1967, 22. – Nierhaus 1969, 55. – Raddatz 1969, 88 Anm. 163. – La Baume 1971, 133-134 Nr. 25. – Schlumberger 1973, Abb. S. 54. – Kat. Toledo 1977, 126-127 Kat. 80 mit Abb. – Gehrig 1980, 7-8. 10-11. 13-14 zu Farbtaf. 2. – Roth-Rubi 1984, 177 Abb. 2,4. 180-181. 186 Abb. 9,2. 188. – Antikenmuseum 1988, 336-337 Nr. 3 mit Abb. – Baratte 1989, 30 Taf. 12. 70. 71 Kat. 12 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. 179 Abb. 172. 272 Kat. 94. – Stupperich 1993, 291. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Gregarek 1997, 93. 94 Abb. 5. – Hitzl u.a. 1997, 44 Kat. 10 mit Abb. – KaufmannHeinimann 1997, 93. 96 Abb. 7,5. – S. Künzl 1997a, 121. – S. Künzl 1997b, 27 Anm. 19. – Stupperich 1997a, 178. – S. Künzl 1999, 573. – Tamm 2001, 268-269 Kat. AP-168. Taf. 45.5. – Erdrich 2002, 85 Kat. XX-05-9/3.10. Taf. 13, 1. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Niemeyer 2005, 57 Abb. 10a. – Tamm 2005, 76. 82. – Graeven o.J., 10-11.

HI 11 Viermaskenbecher Inv.-Nr.: Misc. 3779, 11. Maße: Innenbecher: Mündungsdm 15,8-16,4 cm, H 7 cm, Außenbecher: Mündungsdm 9,8 cm, H 7,8 cm, H Mündung-Boden 8,3 cm. Gewicht: Innenbecher 157,5 g, Außenbecher 108,2 g, Ergänzungsblech 5,7g (Griff 1 = HI 15: 54,3 g, Griff 2 = HI 16: 50 g, Fuß=HI 41: 101,1 g) = 476,8 g. Fassungsvermögen: 290 ml bis zur Riefe 3 mm unterhalb des Randes, 300 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Der Innenbecher ist aus einem vorgegossenen Halbfabrikat ausgeschmiedet, was die unzähligen Abdrücke der Treibhammerbahn auf der Außenseite belegen. Der Rand ist auf der Drehbank spanabhebend abgedreht. Beim Abdrehen scheinen aber die tiefsten Stellen nicht erreicht worden zu sein, wie einige Stellen mit unregelmäßigen Oberflächenstrukturen bzw. Gußhautresten andeuten, die sich direkt gegenüberliegen659. Dies deutet auf eine leichte Unwucht im Durch-

legende der Isthmischen Spiele im Schatzfund von Berthouville, bei dem die Vergoldung durch kleine Kratzer gebrochen ist, sowie eine byzantinische Schale mit Mänade und Silen, datiert nach Silberstempeln zwischen 613 und 629/30, aus Kalganova, RUS. – Zum Berthouville-Becher: Kat. Paris 1989, 84-85 u. Pirzio Biroli 1991, 188 Farbtaf. 183. 276 Kat. 104. – Zur Mänaden-Silen-Schale: M. Piotrovsky (ed.), The Hermitage Museum of St. Petersburg. The Greek Treasures (St. Petersburg/Athens 2004) Farbtaf. S. 291. 659 Lang hat wohl diese Stellen als Gußdendriten interpretiert (Lang 1997, 156), was im Vergleich mit den ‚Bilderbuch’-

messer hin, wodurch nicht die ganze Oberfläche gleichmäßig abgetragen werden konnte. Auf der Innenseite zeichnen sich 16 und 19 mm unterhalb des Randes zwei rundliche Stellen von 8 x 7 und 10 x 11 mm erhöhter Porigkeit ab; dies könnten die Reste der Anschnittstellen vom Gießen der Rohform sein.

angegebenen Gewicht aus; eine solche Abweichung ist zu groß, als daß sie mit Abnutzung u.ä. erklärt werden könnte.

An einer ‚Seite’ sind anhand von Oberflächenabplatzungen auf der Lippe die Ansatzstellen eines gegabelten Griffes zu erkennen. Die Durchmesser vom Rand des Innenbechers und dem der gegabelten Griffe HI 15 und 16 entsprechen sich; deshalb wurden diese Griffe an den Becher HI 11 angesetzt, zumal auch die Weichlötstellen der unteren Attaschen und auf dem Wandungsumbruch des Außenbechers zusammenpassen. Von der Höhe her würden die Griffe auch an die Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 passen660, nicht aber im Mündungsdurchmesser; abgesehen vom Fehlen jeglicher Weichlotreste auf den Außenwandungen von HI 13 und 14.

Punzenvergleich: Zwei Kreis-, eine Hohl- und eine Kugelpunze in jeweils wenigen Abschlägen auf dem Außenbecher (Kap. 5. 4. 2).

Der Außenbecher ist aus einem Blech aufgezogen, die Reliefs wurden von innen plastisch ausgetrieben bzw. mit Hilfe kleiner Prelleisen ausgeformt. Die Details sind von der Außenseite ziseliert. Am scharfen Wandungsumbruch Reste korrodierten Weichlotes von der ursprünglichen Lötung der Griffe. Die beiden Griffe HI 15 und HI 16 wurden bei der Erstrestaurierung 1895-1899 wegen dieser Lotreste dem Becher HI 11 zugeordnet und weil sie sich keinem anderen Gefäß vergleichbar gut anpassen ließen. An den Bruchkanten im Boden des Außenbechers an zwei gegenüberliegenden Stellen Reste der antiken Weichlötung des verlorenen Fußes im Dm von 3-3,2 cm (Abb. 19d)661. Der wohl schon von Küsthardt zugeordnete Fuß HI 41 hat einen oberen Durchmesser von 2,1-2,3 cm und kann deshalb nicht zum Becher gehört haben. Dieser Durchmesser entspricht genau der Lotspur am Boden des Sechsmaskenbechers HI 12. Auch vom Gesamtgewicht her ist die Zugehörigkeit des Fußes HI 41 mit der Gewichtsinschrift für ein Becherpaar von 985,761 g fraglich. Die kombinierten fünf Teile inklusive des Ergänzungsbleches haben ein Gesamtgewicht von 476,8 g, was für ein Becherpaar 953,6 g ergäbe. Das macht eine Abweichung von über 30 g gegenüber dem in der Inschrift Dendriten an den Griffen HI 15/16 und von HI 36 nicht haltbar ist. 660 Die Griffe HI 15/16 und der Fuß HI 41 dürften schon von Küsthardt in Hildesheim dem Viermaskenbecher HI 11 zugeordnet worden sein, denn sie sind in dieser Kombination bei Holzer 1870 Tag. 5,3 abgebildet und durch die Kopiensätze belegt. In dieser Montage auch auf Glasnegativ 15. Bei Pernice/Winter 1901, 38 Fig. 14/Glasnegativ 1098 sind die Griffe HI 15/16 zur Veranschaulichung an den Zehnmaskenbecher HI 13 angesetzt worden. Das heißt, daß die Griffe während der Erstrestaurierung vom Becher HI 11 demontiert worden sein müssen. An einigen Kopien scheint aber auch der Fuß vom Girlandenbecher HI 10 montiert worden zu sein. 661 Pernice/Winter 1901, 34 hatten die Reste der Weichlötung nicht erkannt: „An dem Mantel ist der Boden ausgebrochen und damit die Lötspur für den Fuss verloren gegangen“ und den Fuß HI 41 wegen der Gewichtsinschrift dem Becher HI 11 zugeordnet.

183

Zu den Griffen HI 15 und 16 und zum Fuß HI 41 siehe unter den entsprechenden Katalognummern.

Computertomographie: Der Aufbau des massiven Randes am Innenbecher ist nicht darstellbar (Kap. 10. 2. 2). Vergoldung: Reliefs am Außenbecher vergoldet: Masken und Attribute im oberen Register, Löwenfelle im unteren Register. Hochstehende Goldflusen deuten auf Blatt- oder Diffusionsvergoldung (Kap. 8. 3 mit Farbtaf. H 5). Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Versetzen des Fußes HI 41 an den Sechsmaskenbecher HI 12 (Abb. 160). Anfertigung einer Kunstharzkopie aus dem Oberteil des Fußes am Zehnmaskenbecher 1 HI 13, von dem der plastische Dekor entfernt wurde, und dem Unterteil des Fußes HI 41 (Abb. 19c). Datierung: Lenormant 1869: antoninisch. – Pernice/Winter 1901: augusteisch. – Winter 1897: augusteisch bis neronisch. – Kat. Celle 1946: 1. Hälfte 1. Jh. n.Chr. – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 1. Jh. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – Nierhaus 1969: spättiberisch bis claudisch. – La Baume 1971: Zeit der Ara Pacis (13-9 v.Chr.). – Antikenmuseum 1988: augusteisch. – E. Künzl 1988b: claudisch-neronisch. – Riz 1990: claudisch. Publ.: A.A. 1, 1868, 355. – A.A. 2, 1868, 798. – A.A. 3, 1868, 422. 424 Abb. 7. – Schöne 1868/1966, 137. – Busch 1869, Abb. S. 172. 174. – Froehner 1869. – Lenormant 1869, 425 mit Abb. (Zeichnung). – Uhde 1869, 68. – Unger 1869, 69-70 mit Fig. 3 (Zeichnung). – Holzer 1870, 72-76. Taf. 5, 3 u. 5. – v. Urlichs 1885, 103-104. – Luthmer 1889, 123 Fig. 56. 128. – Lessing 1892, 25. – Schreiber 1894, 421. 422 Fig. 121 u. 122. 423. 459.– Winter 1896 b, 77 Fig. 3. – Winter 1896/97, 180 Fig. 9. 182. – Winter 1897, 116. 124 mit Fig. 10. – Buhlers 1898, 16-17. – Pernice/Winter 1901, 10. 12. 13. 15. 17. 18. 20. 32. 34-35 mit Fig. 12. 36. 37. 41. Taf. 11. – Graeven 1902, 164-165 Nr. 57. 172. – Kat. Blume [nach 1905] 3. 15. – Seeck 1911, 399. – Buhlers/Rubensohn 1913, 7. 12-13 Kat. 6. – Thiersch 1920, 21. – Lehnert 1921, 56. – Drexel 1921/22, 45. – Pernice 1925, 106. – Kruse 1940, 13. Abb. S. 12. – Kat. Celle 1946, 17 Kat. 99. – Kat. Berlin 1953, 8 Kat. 11. – Kat. Hannover 1956, 59-60 Kat. 128. – Kat. Essen 1956, 42 Kat. 18d. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 11 mit Taf. 11. – Küthmann 1959, 28. 34. 39-41. 44. 92. – Kähler 1961, 33. – Konrad 1962, 8. Abb. S. 7. – Strong 1966, 134 Fig. 27d. – Gehrig 1967 a, 8-9. 12. 14. 24 zu Abb. 19-20. – Lindemann 1967, 22. – Nierhaus 1969, 54. 59. – La Baume 1971, 131-132 Nr. 8. 134-138. – A.A. 4, 1973, 42. – E. Künzl 1975, 65. – Kat. Toledo 1977, 126. – Pusen 1978, 186. – Gehrig 1980, 7-8. 10-11. 18 zu Abb. 19-20. – Antikenmuseum 1988, 338-339 Nr. 2 mit Abb. – E. Künzl 1988b, 34. – Riz 1990, 33 zu Taf. 13,5. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. 177 Abb. 168. 271 Kat. 92. – Gregarek 1997, 93. – Hitzl u.a. 1997, 45 Kat. 11 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 93. 96 Abb. 7,5. – Lang 1997, 156-157. 159-160. 163. – Stupperich 1997a, 178. 179. – Stupperich 1997b, 72. – S. Künzl 1999, 573. – Petrovsky/Stupperich 1999, 17. – Painter 2001 57. – Tamm 2001, 15 Anm. 52. 91-92. 269270 Kat. AP-174. Taf. 47.8. – Baukhage 2002, 93. – Erdrich 2002, 85 Kat. XX-05-9/3.11. Taf. 12, 1. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Niemeyer 2005, 55 mit Abb. 7. – Graeven o.J., 11.

HI 12 Sechsmaskenbecher mit Löwenfellen Inv.-Nr.: Misc. 3779, 12. Maße: Innenbecher: Mündungsdm 14,68-14,76 cm, H Mündung-Boden 6,1 cm, Gesamthöhe mit Fuß HI 41: 9,4-9,65 cm. Gewicht: Außenschale 163,5 g, Innenschale 219,8 g = 382,3 g + Fuß HI 41: 101,1 g= 483,4 g662. Fassungsvermögen: 370/380 ml bis zur Riefe 13 mm unterhalb des Randes, 550 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Der Innenbecher ist vorgegossen und anschließend ausgeschmiedet, was die unzähligen Abschläge der Hammerbahn auf der Außenseite belegen. Der Absatz zum Rand hin wurde abgedreht. Der Außenbecher ist aus einem vorgegossenen Halbfabrikat ausgeschmiedet bzw. aufgetieft und die Reliefs zunächst von innen ausgeformt, was wegen der Form eines flachen Kugelabschnitts durchaus machbar war. Die Innenseite ist mit unzähligen Abschlägen von Hammerbahn und/oder Treibpunzen übersät, bei denen sich ein erhabenes ‚Muster’ wiederholt, das durch eingetiefte Fehler in der Schmiedehammerbahn verursacht worden ist (Abb. 160 unten Mitte). Auf dem Boden des Außenbechers die runde dunkle Spur der antiken Weichlötung des verlorenen Fußes mit Durchmesser 2,1-2,3 cm, was exakt mit der oberen Kante des Fußes HI 41 übereinstimmt. Auf dem Rand des Innenbechers finden sich heute keine Hinweise mehr auf Lotreste von Griffen, weshalb auch hier ‚hellenistischrepublikanische’ Kylix-Griffe wie bei den Rankenbechern HI 5 und 6 rekonstruiert worden (Kap. 3. 8. 1 mit Abb. 20). Auf den Löwenfellknoten am Außenbecher dagegen haben sich in den Vertiefungen noch mikroskopisch geringe Reste vom ehemaligen korrodierten Weichlot in Form nicht reduzierbarer schwarzer Ablagerungen erhalten663. Oberhalb beider Löwenfellknoten sind ein und zwei senkrechte Ritzungen zu erkennen (Abb. 161 links). 662

Bei einer Gewichtsberechnung des Bechers HI 12 + Fuß HI 41 ergibt sich eine Fehlbetrag von 9,5 g bzw. 19 g für das Becherpaar zur Gewichtsinschrift auf dem Fuß. Berücksichtigt man dann noch das Fehlen von Griffen, ist die Gewichtsangabe auf dem Fuß viel zu niedrig. Daher bleibt die Zugehörigkeit des Fußes trotz der Übereinstimmung von Lotresten mit dem Fußdurchmesser fraglich. 663 Pernice/Winter 1901, 36: „[...] Lötspuren von zwei Henkeln befinden sich an den Knoten der Felle und darüber am Mündungsrand [...]“. Auf den drei Fotos auf Taf. 12 und den Glasnegativen 7 u. 8 sind deutliche Lot- oder Kittreste auf dem Rand zu erkennen, die aber auch von der probeweisen Kittung des Griffes HI 39 und seines Nachgußes stammen könnten (vgl. Pernice/Winter 1901, 36 Fig. 13). Allerdings stammen die frühen Glasnegative 7 u. 8 vom Sechsmaskenbecher HI 12, auf denen nur der Griff HI 39 am Gefäß angesetzt ist; auf der anderen Seite ist auf dem Rand der Lotrest der Lötung des zweiten Griffes sichtbar. Zudem steht der Becher HI 12 auf einem ähnlichen Gipssockel, so daß die Glasnegative 7 u. 8 sowie die für Taf. 12 verwendeten Fotoaufnahmen gleichzeitig angefertigt worden sein könnten. Dies könnte für ein Vorhandensein antiker Lotreste am Becherrand sprechen, die später gründlich entfernt wurden.

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Computertomographie: Ein Probeschnitt vor der Demontage zeigt die Doppelwandigkeit, die Massivität des Randes und die Fehlstelle in der Innenschale (Abb. 151). Rattermarken in den ‚Hohlkehlen’ des Randes deuten auf spanabhebendes Abdrehen hin (Abb. 161 rechts)664. Ein innerer Aufbau des Randes ließ sich über die CT-Untersuchung nicht bildlich darstellen (Kap. 10. 2. 2). Punzenvergleich: Zwei jeweils mit sehr wenigen Abschlägen vertretene Formpunzen P 12,2 und P 12,3. Die komplette Ziselierarbeit an den Löwenfellen ist mit nur einer einzigen Linierpunze P 12,1 ausgeführt, mit der drei deutlich unterschiedliche Oberflächenstrukturen erzeugt worden sind (Kap. 5. 4. 3). Vergoldung: Reliefdekore der Außenschale (Kap. 8. 3). Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Ansetzen des Fußes HI 41 (Abb. 160 oben)665. Datierung: Lenormant 1869: antoninisch. – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 1. Hälfte 1. Jh. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – Nierhaus 1969: nachaugusteisch. – La Baume 1971: Zeit der Ara Pacis (13-9 v.Chr.). – Antikenmuseum 1988: augusteisch. – E. Künzl 1988b: claudisch-neronisch. – Stupperich 1997a: Augusteisch. – Riz 1990: claudisch. Publ.: A.A. 2, 1868, 799. – A.A. 3, 1868, 422. 424 Abb. 5. – Schöne 1868/1966, 137. – Busch 1869, 174. – Froehner 1869. – Lenormant 1869, 418 Abb. (Zeichnung). – Uhde 1869, 68. – Unger 1869, 70. 71 Fig. 4 (Zeichnung). – Holzer 1870, 76-78. Taf. 10, 2 u. 3. – Blümner 1885, 161-162 mit Fig. 113. – v. Urlichs 1885, 103-104. – Luthmer 1889, 129. – Lessing 1892, 25. – Winter 1897, 116. – Buhlers 1898, 17. – Pernice/Winter 1901, 12. 14. 15. 17. 18. 35-37 mit Fig. 13. Taf. 12. – Graeven 1902, 164 Nr. 56. – Kat. Blume [nach 1905] 3. 14-15. – Seeck 1911, 399. – Buhlers/Rubensohn 1913, 13-14 Kat. 7. – Thiersch 1920, 21. – Drexel 1921/22, 45. – Ippel 1937, 22. – Kruse 1940, 13. – Kat. Berlin 1953, 8 Kat. 12. – Kat. Hannover 1956, 60 Kat. 129. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 12 mit Taf. 12. – Küthmann 1958 b, 132. – Küthmann 1959, 54. 63. 80 Anm. 558. 89. 92. – Kähler 1961, 33. – Konrad 1962, 8. – Gehrig 1967 a, 8. 12. 23 zu Abb. 15-16. – Lindemann 1967, 22. – Nierhaus, 1969, 55. 59. – La Baume 1971, 132 Nr. 9. – A.A. 4, 1973, Abb. S. 42. – Schlumberger 1973, Abb. S. 57. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7-8. 10. 17 zu Abb. 15-16. – Antikenmuseum 1988, 338-339 Nr. 2 mit Abb. – E. Künzl 1988b, 34. – Riz 1990, 36 zu Taf. 34,2. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Gregarek 1997, 93. – Hitzl u.a. 1997, 46 Kat. 12 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 93. 96 Abb. 7,5. – Lang 1997, 157. 159-161. – Stupperich 1997a, 170. 178. – Stupperich 1997b, 72. – S. Künzl 1999, 573. – Petrovsky/Stupperich 1999, 17. – Tamm 2001, 90. 269 Kat. AP-173. – Baukhage 2002, 93. – Erdrich 2002, 85 Kat. XX-05-9/3.12. Taf. 12, 2. – v. Mangoldt 2005, 21

664

Lang 1997, 159: „[...] während der Rand nur wenige Anzeichen von einer Bearbeitung aufweist, was andeutet, daß er durch Umbörteln hergestellt wurde.“ 665 Schon Holzer kombinierte den Sechsmaskenbecher HI 12 mit dem Fuß HI 41 (und dem Griff HI 39), siehe Holzer 1870, Taf. 10,3, u. Pernice/Winter 1901, 36 Fig. 13, womit der Becher in Form und Proportionen dem Scyphuspaar (mit Griffen) aus Gosławice, PL entspricht; siehe J. Wielowiejski, Die römerzeitlichen Silbergefäße in Polen. Importe und Nachahmungen. Ber. RGK 70, 1989, 191-241, bes. 227-228 Kat. 1 mit Taf. 66 u. 67. Auch bei den Galvano- und Gipskopien ist der Fuß HI 41 mit dem Sechsmaskenbecher kombiniert; siehe Kat. Blume [nach 1905] 28 No. 7 u. H. Stein, Nachbildungen aus dem Hildesheimer Silberfund. Katalog nach Herstellern. In: Boetzkes/Stein 1997, 242-267, bes. 251 Abb. rechts. – Auf den Glasnegativen 7 u. 8 ist der Becher nur mit dem Löwengriff HI 39 kombiniert und steht auf einem flach gewölbten Gipsfuß.

Anm. 64. – Niemeyer 2005, 51. 52 Abb. 2. 55 Abb. 6. 58 Abb. 10b. – Graeven o.J., 11.

HI 13 Zehnmaskenbecher 1 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 13. Maße: Innenbecher: Mündungsdm 14,59-14,65 cm, H 8,7 cm, Außenbecher: Mündungsdm 13,83-13,92 cm, H 7,2 cm, H Mündung-Boden 9 cm, Fuß: oDm 2,88-2,95 cm, uDm 6,53-6,57 cm, H 3,7 cm, Gesamthöhe 12,55 cm. Gewicht: Außenbecher 143,8 g, Innenbecher 321,6 g, Fuß 119,2 g = 583,6 g. Fassungsvermögen: 510 ml bis Hohlkehle 15 mm unterhalb des Randes, 695 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Auf der Außenseite des Innenbechers Hammerbahnabdrücke vom Ausschmieden (Abb. 121). Die Wandstärke verringert sich von 1 mm am Rand auf 0,5 mm im Bodenbereich, was ebenfalls ein Ausschmieden belegt. Ein kleiner Pinolenabdruck ist auf der Außenseite erhalten. Am scharfen Umbruch der Wandung im unteren Drittel sind außen Abschläge der Hammerbahn zu sehen, die einen ‚polygonalen’ Eindruck vom Umfang entstehen lassen. Innen ist der Umbruch durch Drehen nachgearbeitet. Nur an wenigen Stellen gibt es in Form kurzer unregelmäßiger Riefen Hinweise auf die Schmiedarbeit. Die kurzen Riefen liegen unterhalb der abgedrehten Oberfläche und sind Überreste des eingeschobenen Fäustels oder Umlegeisens, an dem der scharfe Umbruch ausgearbeitet worden ist. Am Rand des Innenbechers gibt es keine Hinweise auf eine antike Weichlötung von Griffen. Wie bei den Rankenschalen HI 5 und 6 sowie beim Lorbeerbecher HI 9 könnten die Griffe den Rand lediglich berührt haben, ohne dort verlötet gewesen zu sein. Da es aber an den Wandungsumbrüchen der Außenbecher ebenfalls keine Reste antiker Weichlötungen von Griffattaschen gibt, dürften die beiden Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 wohl ursprünglich ohne Griffe gewesen sein666. Das einzelne Griffpaar HI 17 und 18 paßt jedenfalls nicht zu den Zehnmaskenbechern667. Der Außenbecher zeigt eine relativ einheitliche Wandstärke von 0,4-0,6 mm im den Hintergrundflächen. Der Reliefdekor ist von innen getrieben und von außen nachziseliert; das Relief zeichnet sich innen deutlich im Negativ ab. Einige kleine Durchbrüche und Riße im Metall könnten schon bei der Anfertigung entstanden sein (Kap. 9. 1. 1 u. 9. 2 mit Abb. 93 u. 102). Rattermarken in der unteren Hohlkehle am Konus belegen die spanabhebende Überarbeitung des Fußes auf der Drehbank. Der Reliefdekor könnte evt. schon grob im Gußmodel angelegt gewesen sein. Die Hauptarbeit erfolgte aber durch Meißel- und Ziselierarbeit nach dem 666

Auch ein Becher aus Hockwold, GB scheint keine Griffe gehabt zu haben, da auch dort Weichlotreste fehlen, die auf ursprünglich vorhandene Griffe hindeuten würden; Johns 1986 (siehe Anm. 129), 8. 667 Siehe Niemeyer 2005, 58 Abb. 10c.

185

Guß. Die Hintergrundflächen wurden durch flächiges Meißeln tiefer gelegt und anschließend mit Mattier- und Planierpunzen geglättet. Die Meißelarbeit wird durch unterschiedliche Wandstärken innerhalb kleinerer Flächen deutlich. Die Konturen der Reliefdekore sind durch Ziselieren nachgearbeitet. Der obere Teil des Reliefdekors ist mit einer Mattierpunze bearbeitet. Möglicherweise ist hier beim Drehen kaum Material abgetragen und die Gußhaut durch die Bearbeitung mit der Punze verdichtet worden. Dieser Bereich des Fußes war kaum zu sehen, so daß eine sorgfältige Oberflächenüberarbeitung vernachlässigt werden konnte. Die Unterseite des Bodens wurde durch spanabhebendes Drehen geglättet, anschließend aber durch die mechanische Belastung des Meißelns und Ziselierens leicht unregelmäßig deformiert, was beim Bewegen im Licht durch umspringende Reflexe sichtbar wird. Auch der im Boden eingedrehte leichte Absatz ist streckenweise durch den Druck von oben wieder verschwunden. Am Umbruch des Bodens kann ein offener ‚Riß’ als Kaltgußstelle interpretiert werden. Um den oberen Pinolenabdruck herum ist die Gußhaut erhalten. Im Boden des Löwentatzennapfes HI 37 zeichnet sich durch Korrosionserscheinungen der Durchmesser eines Fußes ab, der dem des Fußes des Zehnmaskenbechers 1 HI 13 entspricht. Dies deutet auf ein Ineinanderstellen beider Gefäße bei der Vergrabung hin (Kap. 3. 1. mit Abb. 5 u. 6). Radiographie des Innenbechers: vgl. HI 14. Punzenvergleich: An den beiden Zehnmaskenbechern HI 13 und 14 konnten nur zwei identische Formpunzen beobachtet werden: eine Hohlpunze mit planer Innenfläche P 13/14,1 und eine Kugelpunze P 13/14,2 (Kap. 5. 4. 4.). Zum Absetzen der Blattkonturen wurde eine Mattierpunze eingesetzt (Abb. 102). Vergoldung: Innenbecher: äußere Hohlkehle des senkrechten Randes, Hohlkehle innen am Übergang RandWandung (Farbtaf. J 2 Mitte). Außenbecher: leicht eingezogene Hohlkehle am Wandungsumbruch, reliefierte Dekorelemente im oberen Fries, im unteren Fries Schilfblätter und Mittelrippen der Akanthusblatter. Die Schnittkanten der Goldblättchen weisen auf Blattgold- oder Diffusionsvergoldung hin. Fuß: Hohlkehle, Schilfblätter und Mittelrippen der Akanthusblatter. Wegen der identischen Reliefdekore mit Vergoldung identischer Partien auf Fuß und unterem Becherfries sowie wegen eines im Durchmesser entsprechenden Weichlotabdruckes ist dieser Fuß dem Becherpaar HI 13 und 14 zugeordnet worden (Kap. 8. 4 mit Farbtaf. H 6 u. 7, J 1). Datierung: Lenormant 1869: antoninisch. – Winter 1897: augusteisch bis neronisch. – Pernice 1925: augusteisch. – Drexel/Bersu 1930: vermutlich augusteisch. – Kat. Essen 1956: 1. Jh. n.Chr. – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 1. Jh. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – Nierhaus 1969: nachaugusteisch. – Kat. Toledo 1977: spätes 1.Jh. v.Chr. – Antikenmuseum 1988: augusteisch. – E. Künzl 1988b: claudisch-neronisch. – Riz 1990: claudisch. – Pirzio Biroli 1991: Ende 1. Jh v.Chr. – Erdrich 2002: augusteisch. Publ.: A.A. 1, 1868, 355. – A.A. 2, 1868, 797 Abb. (Zeichnung von X.A.v.W. Aarland). – A.A. 3, 1868, 422. 424 Abb. 2. – v. Friederichs

1868. – Schöne 1868/1966, 137. – Froehner 1869. – Lenormant 1869, 424. – Uhde 1869, 69 Abb. 3. – Unger 1869, 70. – Holzer 1870, 6. 12. 79-87. Taf. 5, 1, 2, 4, 6 u. 7. Taf. 7. – v. Urlichs 1885, 103-104. – Luthmer 1889, 129. – Lessing 1892, 25. – Schreiber 1894, 452. 459. – Winter 1897, 130-131 mit Fig. 18. – Buhlers 1898, 18-19. – Pernice/ Winter 1901, 11. 13. 14. 15. 17. 18. 29. 31. 37-40 mit Fig. 14 u. 15. 41. 68. Taf. 13 u. 14. – Willers 1901, 155. – Graeven 1902, 165. 166-167 Nr. 58 u 59. 172. – Kat. Blume [nach 1905] 3. 9-11. – Holzer 1906. – Drexel 1909, 209. 212. 213. 216. – Seeck 1911, 399. – Buhlers/Rubensohn 1913, 14-15 Kat. 8 u. 9. – Thiersch 1920, 21. – Drexel 1921/22, 45. – Pernice 1925, 103-104. Abb. 15. – Drexel/Bersu 1930, 27. Taf. 43,3. – Ippel 1937, 22. – Kruse 1940, 13. – Bruns 1946, 38-40 mit Abb. 32. – Kat. Celle 1946, 17 Kat. 101. – Kat. Berlin 1953, 9 Kat. 13-14. Taf. 2. – Kat. Celle 1954, Kat. 391. – Kat. Hannover 1956, 60 Kat. 130131. – Kat. Essen 1956, 42 Kat. 18c. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 13/14 mit Taf. 13. – Küthmann 1959, 33. 34. 37. 39. 41. 42-43. 44. 47. 79. 89. 92. – EAA 4, 1961, 917 Abb. 1092. – Kähler 1961, 33. – Konrad 1962, 8. – Strong 1966, 138. – Gehrig 1967 a, 8-9. 14. 24-25 zu Abb. 23-26. – Lindemann 1967, 22. – v. Jan 1968, 19. – Nierhaus 1969, 55. 59. – La Baume 1971, 131 Nr. 6-7. 137. – E. Künzl 1975, 75. – Kat. Toledo 1977, 117. 126. 130-131 Kat. 83 mit Abb. – Gehrig 1980, 7-8. 11. 19 zu Abb. 23-26. – Roth-Rubi 1984, 175. 176 Abb. 1,1. 180. 184 Abb. 7,1. 187-188. – Antikenmuseum 1988, 338-339 Nr. 3 u. 4 mit Abb. – E. Künzl 1988b, 34. – Kat. Paris 1989, 78. – Riz 1990, 33 zu Taf. 12,2. – Pirzio Biroli 1991, 178 Abb. 169-170. 272 Kat. 93. – Stupperich 1993, 292. – Stupperich 1995, 106. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Gregarek 1997, 93 mit Abb. 4. – Hitzl u.a. 1997, 46-47 Kat. 137 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 93. 96 Abb. 7,5. – Stein 1997, 20. – Stupperich 1997a, 170. 177-178. 181. – Stupperich 1997b, 72. – S. Künzl 1999, 573. – Tamm 2001, 91-92. 270 Kat. AP-175. Taf. 47.9. – Baukhage 2002, 93. – Erdrich 2002, 85 Kat. XX-05-9/3.13. Taf. 13, 2. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Niemeyer 2005, 54 Abb. 4. – Tamm 2005, 83 mit Fig. 11. – Graeven o.J., 11-12.

HI 14 Zehnmaskenbecher 2 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 14. Maße: Innenbecher: Mündungsdm 14,46-14,59 cm, H 8,85 cm, Außenbecher: Mündungsdm 13,75-13,79 cm, H 7,1 cm. Gewicht: Originalteile des Außenbechers (unvollständig) 120,1 g, Innenbecher 320,3 g; Blechergänzungen im Außenbecher 15,6 g, nachgegossener Fuß 200,4 g (wohl Messing). Fassungsvermögen: 510 ml bis Hohlkehle 15 mm unterhalb des Randes, 700 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: entspricht HI 13. Ca. 1/8 der Wandung ist bei der Erstrestaurierung durch eine glatte zweiteilige Metallergänzung verschlossen worden (Abb. 162 Mitte). Ursprünglich muß ein weiteres Fragment mit einer kleinen bärtigen Maske auf einem Säulenstumpf oder Korb vorhanden gewesen sein, da es auf der Zeichnung von Holzer 1870 Taf. 8 erscheint (Abb. 162 links). Nach Pernice/Winter 1901, 9 (Zitat siehe S. 23) ist dieses Fragment bis zur Überführung nach Berlin verloren gegangen. Bei der Erstrestaurierung ist die ganze, nun vergrößerte Fehlstelle mit einem zweiteiligen Ergänzungsblech geschlossen worden (Abb. 162 Mitte). Später muß das fehlende Fragment aber wieder aufgefunden worden sein, denn vom Ergänzungsblech ist am rechten Rand ein Stück ausgeschnitten worden, das im Umriß dem bei Holzer abgebildeten Fragment entspricht (Abb. 162 rechts). Dieser Ausschnitt bildet heute eine Fehlstelle; daher muß das dort nach der Erstrestaurierung eingesetzte Reliefstück später wieder verloren gegangen sein. Der Nachguß des Fußes besteht aus zwei Teilen; unterhalb 186

des profilierten Konus sind beide Teile weich miteinander verlötet. Radiographie des Innenbechers: Die wolkige Struktur in konzentrischen Kreisen belegt die Schmiedearbeit (Abb. 122). In der Mitte des Randes beidseitig Hohlkehlen, weshalb dieser Bereich stärker durchstrahlt ist (Kap. 10. 1. 3. 4). Computertomographie: Der Aufbau des voluminösen Randes ist in der Computertomographie nicht darstellbar (Kap. 10. 2. 2). Zu Punzenvergleich und Vergoldung siehe HI 13. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Entfernen der metallenen Ergänzungen von 1895-1899, weil sich die Weichlötungen zum überwiegenden Teil gelöst hatten und die Blechstücke nur noch durch die Nachklebungen von 1966 hielten. Hinterklebung der kleinen Fehlstellen mit Glasgewebe und Farbretusche; Hinterlegung der großen Fehlstelle mit einer retuschierten Kunstharzplatte. Datierung: siehe Kat. 13. Publ.: Holzer 1870 Taf. 8. – Schreiber 1894, 457 Anm. 84. – Pernice/ Winter 1901, 9. Taf. 15 u. 16. – Kat. Blume [nach 1905] 11-14. – Hitzl u.a. 1997, 48 Kat. 14 mit Abb. – Lang 1997, 156-161. 163. – Tamm 2001, 91-92. 270 Kat. AP-176. – Erdrich 2002, 85 Kat. XX-05-9/3.14. Taf. 13, 3. – Niemeyer 2005, 53 Abb. 3b. 54 mit Abb. 4. 58 Abb. 10c. – Niemeyer 2006, 37. – Ansonsten siehe Kat. 13.

HI 15 – 16 zwei Cantharusgriffe Inv.-Nr.: Misc. 3779, 15 u. 16 (am Viermaskenbecher HI 11 befestigt). Maße: H 9,21 u. 9,4 cm, Attaschenbreite oben 6,43 u. 5,72 cm, Attaschenbreite unten 2,6 u. 2,55 cm. Gewicht: Griff 1: 54,3 g, Griff 2: 50 g. Oberflächenuntersuchung: Beide Griffe sind mitsamt den aufgelegten Blättern und Früchten gegossen, was an einigen größeren Gußlunkern und insbesondere an ausgebildeten Gußdendriten deutlich wird. Die Früchte sind mit Hilfe einer Kreispunze nachgeformt. Vergoldung: Efeublätter und -früchte waren vergoldet. Publ.: Pernice/Winter 1901, 10. 13. 34. 37. 41. Taf. 17 oben. – Kat. Berlin 1953, 16 Kat. 63-64. – Hitzl u.a. 1997, 49 Kat. 15 u. 16 mit Abb. – S. Künzl 1997a, 122. – Niemeyer 2005, 97 Abb. 3b. 98. 102 Abb. 10c.

HI 17 – 18 zwei Cantharusgriffe Inv.-Nr.: Misc. 3779, 17 u. 18. Maße: H 9,04 u. 9,11 cm, Attaschenbreite oben 6,27 u. 5,89 cm, Attaschenbreite unten 2,14 u. 2,3 cm. Gewicht: 17: 47,6 g, 18: 48,3 g. Oberflächenuntersuchung: Im Gegensatz zu den im Ganzen gegossenen Griffen HI 15/16 sind die beiden Griffe HI 17/18 aus hart verlöteten Einzelteilen zusam-

mengesetzt668. Sie bestehen jeweils aus zwei starken Rundstäben mit Durchmessern von 3,5 mm in der Mitte und bis zu 4,5 mm an den unteren widderhornförmig eingerollten Enden. In der Mitte stehen die beiden Rundstäbe 3 und 2,5 mm auseinander. Die oberen Stabenden sind ausgeschmiedet und durch Feilen und Schneiden zu schmalen Efeublättern mit drei Kugeln bzw. Efeufrüchten an der Blattspitze ausgeformt. Zwischen diesen oberen Attaschen, an der Wölbung und über der zusammengelöteten Strecke der Rundstäbe sind bei jedem Griff drei separat angefertigte Blätter mit jeweils drei Efeufrüchten an der Blattspitze verlötet. Die in den Zwickeln verlöteten dünnen Drähte sind in breite Schlaufen gelegt und ebenfalls auf den Rundstäben verlötet. Die Enden der Drähte sind vielfach losgerissen. Das Hartlot ist durch seine blasige Struktur und die Negativabdrücke der abgerissenen Drähte eindeutig auszumachen (Abb. 163). Die Griffe müssen an einem Gefäß angebracht gewesen sein, das entweder einen senkrechten Mündungsrand wie die Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 aufwies oder an einem Gefäß mit stark einziehender Wandung wie dem Girlandenbecher HI 10, weil die Efeublätter zwischen den oberen Attaschen in das Gefäß hineinragen. Für den Zehnmaskenbecher HI 13 sind die Griffe zu kurz, die eingerollten unteren Enden reichen nicht bis zum Umbruch der Wandung. Die Zuordnung des einzelnen zweiteiligen Scyphusgriffes zum Girlandenbecher HI 10 ist durch antike Weichlotspuren gesichert669. Beim Viermaskenbecher HI 11 gelang eine Montage nicht, weil die Attaschenblätter innen auf der ausbiegenden Wandung aufsitzen, so daß die Attaschenflächen den Rand nicht erreichen können; beim Sechsmaskenbecher HI 12 lassen sich die Griffe oben zwar ansetzten, erreichen mit den eingerollten Enden aber nicht die Wandung des Bechers, weil sie zu stark profiliert sind und in der Mitte an die Löwenfellknoten stoßen670. Das Griffpaar HI 17/18 läßt sich also keinem der im Hildesheimer Silberfund vorhandenen Trinkbecher sicher zuordnen. Publ.: Holzer 1870, 75. 102. 103. Taf. 9, 5. – Schreiber 1894, 421. – Pernice/Winter 1901, 13. 41. Taf. 17 unten. – Kat. Berlin 1953, 16 Kat. 61-62. – Kat. Hannover 1956, 68 Kat. 175-176. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 58/59. – Gehrig 1967 a, 8. 27 zu Abb. 41. – La Baume 1971, 136 Nr. 62-63. – Gehrig 1980, 7. 22 zu Abb. 41. – Antikenmuseum 1988, 336-337 Nr. 5 u. 6 mit Abb. – Hitzl u.a. 1997, 49 Kat. 17 u. 18 mit Abb. – S. Künzl 1997a, 122. – Lang 1997, 154-155. 159-160. 165. – Tamm 2001, 267. – Erdrich 2002, 85 Kat. XX-05-9/3.15 u. 16. Taf. 13, 4 u. 5. – Niemeyer 2005, 55. 57-58 Abb. 10a-c.

HI 19 Buckelnapf Inv.-Nr.: Misc. 3779, 19. Maße: Innenbecher: Mündungsdm 8,17-8,2 cm, H 3,8 cm, Außenbecher: Mündungsdm 7,5-7,58 cm, H 3,4 cm, Fuß: oDm 2,2 cm, uDm 3,77-3,79 cm, Gesamthöhe 5 cm. Gewicht: Innenbecher 57,9 g, Außenbecher 40,9 g, Fuß 19,1 g = 117,9 g. Gewichtsinschrift für drei Stück umgerechnet 421,82 g, also 140,6 g pro Stück; Differenz von - 22,7 g pro Napf durch das Fehlen von Griffen erklärbar. Fassungsvermögen: 105 ml bis zur Riefe 2 mm unterhalb des Randes, 110 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Der Außenbecher ist aus einer geschmiedeten Blechscheibe aufgezogen, was die gleichmäßige Wandstärke von 0,4-0,5 mm belegt. Nur der Randbereich ist mit 0,6-0,7 mm etwas stärker, weil dort das Metall beim Aufziehen am stärksten wieder gestaucht werden mußte. Die 12 Buckel sind von innen ausgetrieben, was die flächendeckenden Abdrücke von Kugelpunzen o.ä. zeigen (Abb. 23). Die umlaufenden Riefen und Lotosblätter im Randbereich wurden von außen ziseliert, so daß sie sich im Innern erhaben abzeichnen. Die Pinole hat das Silberblech nach innen durchstoßen; sie belegt eine Überarbeitung auf der Drehund Drückbank. Der Innenbecher ist aus einem gegossenen Halbfabrikat ausgeschmiedet, der Rand ist massiv belassen und spanabhebend abgedreht. Die bei Erdrich 2002 Taf. 14,1 abgebildete Schnittzeichnung zeigt einen hohlen, umgebördelten Rand; sie muß entsprechend den neuen Beobachtungen korrigiert werden. Ein sehr kleiner Pinolenabdruck ist auf der Außenseite zu erkennen. Der Fuß ist wohl gegossen und spanabhebend abgedreht. Alle drei Teile wurden in der Antike durch Weichlötungen miteinander verbunden. An zwei gegenüberliegenden Stellen können äußerst geringe, nicht reduzierbare dunkle Stellen beobachtet werden, die als die Reste von antikem Weichlot interpretiert werden können; so schon Pernice/ Winter 1901671. Auch die zum Sollgewicht fehlenden 22,7 g pro Napf weisen auf zwei ursprünglich vorhandene Griffe hin (Kap. 3. 8. 1 mit Abb. 21). Computertomographie: Der Aufbau des massiven Randes am Innenbecher ist nicht darstellbar (Kap. 10. 2. 2). Vergoldung: Hohlkehle unterhalb der Lippe am Innenbecher. Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Datierung: Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: frühaugusteisch.

668

Hitzl u.a. 1997, 49 beschreiben die Zentralstränge als gegossen. 669 Pernice/Winter 1901, 32. Die antiken Weichlotreste wurden bei der modernen Weichlötung aller Einzelteile durch Tietz II teilweise beseitigt oder überlagert. 670 Nur der nicht verbogene Griffes HI 18 wurde unter fotographischer Dokumentation versuchsweise an die Becher HI 10-13 montiert; siehe Niemeyer 2005, 57-58 Abb. 10a-c.

187

671

Pernice/Winter 1901, 41: „Lötspuren an zwei entsprechenden Stellen zwischen den Buckeln zeigen an, dass das Gefäss ursprünglich zwei Henkel gehabt hat.“ – Offensichtlich waren die Lotreste zu Zeit der Erstrestaurierung noch deutlicher zu erkennen.

Publ.: A.A. 3, 1868, 422. – Sauppe 1868, 379 Nr. 10. – Schöne 1869, 371 Nr. 24. – Uhde 1869, 67. 68 Abb. 1. – Holzer 1870, 94-95. Taf. 13, 3. – Lessing 1892, 24. – Buhlers 1898, 29. – Lessing 1898, 35. – Pernice/Winter 1901, 11. 41. 70. 71. Taf. 17 Mitte. – Graeven 1902, 143 Anm. 13. 160-161 Nr. 51. 162. 165. 178. – Kat. Blume [nach 1905] 18. – Buhlers/Rubensohn 1913, 28 Kat. 35. – Drexel 1921/22, 45. – Köster 1923, 11. Taf. 8a. – Kat. Berlin 1953, 15 Kat. 57. – Kat. Hannover 1956, 60-61 Kat. 132. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 15. – Küthmann 1959, 92. – Konrad 1962, Abb. S. 7. – Gehrig 1967 a, 8. 10. 12. 28 zu Abb. 47. – Nierhaus 1969, 55. – La Baume 1971, 134 Nr. 37. 137. – Gehrig 1980, 7. 9-10. 23 zu Abb. 47. – Roth-Rubi 1984, 175. 178 Abb. 3,10. 181. 183 Abb. 6,2. 187-188. – Antikenmuseum 1988, 340-341 Nr. 1 mit Abb. – E. Künzl 1988a, 550. 578-579 Kat. 406 mit Abb. – E. Künzl 1988b, 48. – Kat. Paris 1989, 88. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Hitzl u.a. 1997, 50 Kat. 19 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 95. 97 Abb. 8,2. – S. Künzl 1997a, 122. 124. – Kurzmann 1998, 3959. 3960. – S. Künzl 1999, 573. – Painter 2001 57. – Tamm 2001, 269 Kat. AP-169. – Erdrich 2002, 85 Kat. XX-05-9/3.17. Taf. 14, 1. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Niemeyer 2005, 55. – Graeven o.J., 910.

HI 20 großer Efeubecher 1 (parapsis672) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 20. Maße: Dm 11,4 cm, H 5,6 cm. Gewicht: Schale 256,7g (keine Griffe, kein Fuß). Fassungsvermögen: 330 ml bis zur Riefe 4,5 mm unterhalb des Randes, 350 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Die vier großen Efeubecher HI 20-24 unterscheiden sich insbesondere in der Anzahl ihrer plastischen Blattzungen in den Böden, es kommen 40 (HI 22), 41 (HI 23), 42 (HI 21) und 44 (HI 20) Blattzungen vor. Bei allen Stücken HI 20-25 sind die Einlagen aus den Haupt- und Seitenzweigen der Efeuranken verloren bzw. vollständig in Korrosionsprodukte umgewandelt (Abb. 25). Die Reste grüner Kupferkarbonate in den ausgemeißelten Riefen lassen an eine Tauschierung von Kupfer- oder Messingdrähten denken; reines Kupfer ergäbe rötliche, Messing goldfarbene Stiele. Die spanabhebende Meißelarbeit für die Einlage der Stiele zeichnet sich durch Absätze in den Furchen ab (Abb. 25). Bei allen Näpfen sind die ehemaligen Weichlötstellen der Füße und Griffe in unterschiedlicher Deutlichkeit zu erkennen (Abb. 164). Teilweise sind Nielloeinlagen verloren; bei HI 21 weisen einige Efeublätter blasige Kupferkarbonatauflagen auf. Die beiden erhaltenen Griffe des kleineren Typs sind am Becher HI 24 verklebt worden. Die Herstellungstechnik ist für alle vier großen und zwei kleinen Efeubecher HI 20-25 gleich. Die nur bei HI 20 und 25 erhaltenen Pinolenabdrücke auf der Unterseite belegen eine Überarbeitung auf der Drehbank (Abb. 123 u. 124 links). Bei den anderen Stücken dürften die Pinolenabdrücke durch die ziselierten Konturlinien der Blattzungen überlagert und beseitigt worden sein. Viele kleine Stellen matter Oberfläche in den abgedrehten Flächen belegen die Herstellung der Rohform im Guß. Auf der Radiographie zeigen die wolkigen Strukturen am Boden aber auch, daß vor dem Abdrehen noch nachgeschmiedet worden ist (Abb. 123). Dies ist allein deshalb notwendig, um die Gußoberfläche zu verdichten und den Materialabtrag beim spanabhebenden Drehen zu vermindern. Die 672

Nach Drexel 1921/22, bes. 41-43.

188

unterschiedliche Anzahl der Blattzungen an den Böden belegt, daß diese nicht mit im Wachsmodell bzw. in der Urform angelegt gewesen sein können, sondern erst nach dem Guß individuell ausgearbeitet worden sind. Die Reste von Abschlägen einer Punze mit aufgerauhter Oberfläche in den Kerben der Blattzungen zeigen, daß die Kerben durch Ziselieren und nicht durch spanabhebendes Gravieren oder Meißeln angebracht wurden, was wiederum dem Erhalt von möglichst viel Material dient (Abb. 98 u. 124 links). Offenbar wurden die Kerben zunächst mit einer Mattierpunze angelegt und anschließend mit einer glatten Punze nachgearbeitet, wobei die Abdrücke der Mattierpunze eingeebnet, die Innenflächen der Blattzungen geglättet und deren Wölbungen reguliert wurden. Nur die Kerben zwischen den Blattzungen sind bis zum Mittelpunkt geführt worden. Die inneren Kerben, die den Blattzungenrahmen von der Innenfläche abtrennen sind in unregelmäßiger Länge nur bis zu den späteren Lötstellen der Füße geführt worden. Die oberen Fußdurchmesser müssen also vor der Ausarbeitung der Kerben auf den Böden markiert worden sein (Abb. 124). Die äußeren Konturen der Blattzungenbögen sind wohl zunächst mit einem Meißel spanabhebend tiefer gelegt worden. Da aber vielfach noch Abdrücke der Mattierpunze zu beobachten sind, müssen die Schnittspuren vom Meißeln in den Zwickelflächen anschließend durch die Bearbeitung mit der Mattierpunze eingeebnet worden sein (Kap. 9. 2 mit Abb. 97). Die heute sichtbaren Verletzungen der mattierten Flächen könnten während der ersten Reinigung beim Abnehmen von Korrosionsauflagen entstanden sein. Die inneren Oberflächen müssen nach dem Ziselieren der Blattzungen abgedreht und poliert worden sein, denn die Ziselierarbeit zeichnet sich nicht mehr ab. Kein Fuß, keine Griffe. Radiographie: Die wolkige Struktur im Bodenbereich belegt das Nachschmieden des Bodens nach dem Guß (Abb. 123). Gasporosität als Zeichen für ein Gußstück zeichnet sich nicht ab (Kap. 10. 1. 3. 4). Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Anbringen eines Fußes und zweier Griffe aus Kunstharz (Kap. 3. 8. 2). Datierung: Pernice 1925: augusteisch. – Kat. Essen 1956: 1. Jh. n.Chr. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: frühaugusteisch. – Antikenmuseum 1988: augusteisch. Publ.: A.A. 2, 1868, 799. – Schöne 1868/1966, 137. – Busch 1869, 174. – Uhde 1869, 67. 69 Abb. 5. – Unger 1869, 70. – Holzer 1870, 7. 94-96. Taf. 11, 6. - Lessing 1892, 25. – Buhlers 1898, 27-28. – Lessing 1898, 36. – Winter 1897, 121-122. 125. – Héron de Villefosse 1899, 254-255. – Winter/Pernice 1899, 128. – Pernice/Winter 1901, 10. 11. 14. 15. 16. 18. 41-42. 44. Taf. 18 unten. – Graeven 1902, 159-160 Nr. 47-50. 171. – Kat. Blume [nach 1905] 18. – Buhlers/Rubensohn 1913, 26-27 Kat. 28 u. 29. – Drexel 1921/22, 45. 47. 48. – Köster 1923, 11. Taf. 7b. – Pernice 1925, 103. – Drexel/Bersu 1930, 26. Taf. 41,3. – Bruns 1946, 42-43 mit Abb. 34. – Kat. Celle 1946, 17 Kat. 95. Taf. 10. – Kat. Berlin 1953, 9 Kat. 15-20. – Kat. Celle 1954, Kat. 392. – Kat. Hannover 1956, 61-62 Kat. 135-140. – Kat. Essen 1956, 42 Kat. 18g. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 18-23 mit Taf. 22. – Küthmann 1959, 92. – Kähler 1961, 33. – Strong 1966, 153. – Gehrig 1967 a, 8-9. 16. 25 zu Abb. 27-28. – Nier-

haus 1969, 55. – La Baume 1971, 133 Nr. 16-19. 134. 135. 137. – Kat. Toledo 1977, 126. 128-129 Kat. 82 mit Abb. (HI 23). – Gehrig 1980, 78. 12. 19-20 zu Abb. 27-28. – Martin-Kilcher 1984, 399 mit Anm. 64. – Roth-Rubi 1984, 175. 177 Abb. 2,5. 181. 183 Abb. 6,3. 187-188. – Antikenmuseum 1988, 334-335 Nr. 4-7 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Gregarek 1997, 94. – Hitzl u.a. 1997, 50-52 Kat. 20-23 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 95. 98 Abb. 8,3. – Lang 1997, 160. – S. Künzl 1999, 573. – Tamm 2001, 270 Kat. AP-177. – Erdrich 2002, 86 Kat. XX-05-9/3.18-21. Taf. 14, 2-5. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64.

Oberflächenuntersuchung: 41 Blattzungen am Boden. Einer der Griffe ist um die halbe Griffbreite aus der Achse versetzt (Abb. 165). Ansonsten siehe HI 20. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Anbringen von zwei Griffen aus Kunstharz. Datierung u. Publ.: Tamm 2001, 270-271 Kat. AP-180. – Ansonsten siehe Kat. 20.

HI 21 großer Efeubecher 2 (parapsis)

HI 24 kleiner Efeubecher 1 (parapsis)

Inv.-Nr.: Misc. 3779, 21. Maße: Mündungsdm 11,4-11,48 cm, H der Schale 4,6 cm, Gesamthöhe mit Fuß 6,15 cm, Fuß: oDm 3,23cm, uDm 6,65 cm. Gewicht: Schale 262,2 g, Fuß 52,8 g = 315 g (keine Griffe). Zum Fassungsvermögen siehe HI 20.

Inv.-Nr.: Misc. 3779, 24. Maße: Mündungsdm 7,3 cm, H der Schale 3,1 cm, Fuß: oDm 1,88 cm, uDm 3,66-3,69 cm, Gesamthöhe mit Fuß 4,2 cm. Gewicht: Schale 98 g, Fuß 18,1 g, Griff 1: 1,8 g, Griff 2: 1,8 g = 119,7 g. Fassungsvermögen: 88 ml bis zur Riefe 3 mm unterhalb des Randes, 92 ml bis zur Oberkante.

Oberflächenuntersuchung: 42 Blattzungen am Boden. Siehe HI 20. Der Fußring hat den Boden durch den Erddruck nach innen hochgewölbt. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Anbringen von zwei Griffen aus Kunstharz. Datierung: siehe Kat. 20. Publ.: Lang 1997, 159. 162-163. – Tamm 2001, 270 Kat. AP-178. – Ansonsten siehe Kat. 20.

HI 22 großer Efeubecher 3 (parapsis) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 22. Maße: Mündungsdm 11,29-11,55 cm, H der Schale 4,6 cm, Gesamthöhe mit Fuß 6 cm, Fuß: oDm 3,23-3,28 cm, uDm 6,1 cm. Gewicht: Schale 245,4 g, Fuß 51,5 g = 296,9 g (keine Griffe). Zu Fassungsvermögen siehe HI 20. Oberflächenuntersuchung: 40 Blattzungen am Boden. Siehe HI 20. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Anbringen von zwei Griffen aus Kunstharz. Datierung u. Publ.: Tamm 2001, 270 Kat. AP-179. – Ansonsten siehe Kat. 20.

HI 23 großer Efeubecher 4 (parapsis) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 23. Maße: Mündungsdm 11,33-11,45 cm, H der Schale 4,75 cm, Gesamthöhe mit Fuß 6 cm, Fuß: oDm 3,24 cm, uDm 6,62 cm Gewicht: Schale 271,4 g, Fuß 49,3 g = 320,7 g (keine Griffe). Zum Fassungsvermögen siehe HI 20.

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Oberflächenuntersuchung: 35 Blattzungen im Boden. Von den Nielloeinlagen fehlen 10 Efeublätter (3 oben, 7 unten), 1/3 eines Blattes und eine Efeufrucht. An der Stelle einer Efeufrucht ist lediglich ein unvollkommener Abschlag einer runden flachen Punze erhalten. Der Boden ist ausgesprochen ungleichmäßig, eine Seite ist erheblich flacher. Die Wandstärken an den beiden kleinen Efeubechern differieren erheblich: am senkrechten Rand 1,6 bis 2,2 mm (bei HI 25: 1,8-2,2 mm) im Bodenbereich 0,9 mm (bei HI 25: 0,5-0,8 mm). Unterhalb des Wandungsumbruchs treten bei den Bogenansätzen der Blattzungen erheblich Unterschiede in der Wandstärke auf, die mit der Ausarbeitung des Dekors zusammenhängen. Die Wandung an der erhabenen Rahmung der Blattzungen ist 2 bis 2,2 mm stark (bei HI 25: 1,7-2 mm), die tiefer liegenden Zwickel zum Umbruch hin 1,3 bis 1,5 mm (bei HI 25: 1,2-1,4 mm), die Blattzungen oben 1,3 bis 1,5 mm (bei HI 25: 1,2-1,3 mm). Die beiden erhaltenen Schlaufengriffe, von denen einer leicht verbogen ist, wurden schon bei der Erstrestaurierung 1895-1899 an den Efeubecher HI 24 angesetzt. Vergleichbare kleine Schlaufengriffe sind von Terra Sigillata bekannt, z.B. an den Kelchen der Form Dragendorff 11 des M. Perennius Bargathes aus dem antiken Saturnia und des Cn. Ateius Xanthus aus Haltern673. Hier werden die Schlaufenenden unten in kleinen Attaschen zusammengeführt. Bei den Hildesheimer Efeubechern dagegen sind die Schlaufen durch kleine Scheiben abgeschlossen, die als Lötflächen für die Weichlotbefestigung auf den Gefäßwandungen dienten (Abb. 164); siehe auch 673

Aus Saturnia Antikensammlung Berlin Inv.-Nr. VI 4770; siehe A. Oxé, Arretinische Reliefgefäße vom Rhein. Mat. Röm.Germ. Keramik 5 (1933) 88 Kat. 158, Taf. 44 u. 81-82 Kat. 138, Taf. 37. – H. Dragendorff, Die arretinischen Vasen und ihr Verhältnis zur augusteischen Kunst. Bonner Jahrb. 103, 1898, 87109.

das Gefäß mit Blattstab in Neapel (Kap. 6. 2. 4 mit Abb. 64). Datierung: siehe Kat. 20. Publ.: A.A. 2, 1868, 799. – Schöne 1868/1966, 138. – Busch 1869, 174. – Unger 1869, 70. – Holzer 1970, 7. – Lessing 1892, 25. – Winter 1897, 121-122 mit Fig. 6. 125. – Buhlers 1898, 27-28. – Kekulé v. Stradonitz 1898, 4. – Lessing 1898, 36. – Winter/Pernice 1899, 128. – Pernice/Winter 1901, 10. 11. 14. 15. 16. 18. 41.42. 44. Taf. 18 oben. – Graeven 1902, 159 Nr. 44-46 mit Fig. 9. 171. – Kat. Blume [nach 1905] 18. – Buhlers/Rubensohn 1913, 26-27 Kat. 28 u. 29. – Thiersch 1920, 13 Abb. 7. – Drexel 1921/22, 45. 47. 48. – Köster 1923, 11. – Pernice 1925, 103. Abb. 12. – Drexel/Bersu 1930, 26. Taf. 41,3. – Bruns 1946, 43. – Kat. Celle 1946, 17 Kat.105. – Kat. Berlin 1953, 9 Kat. 15-20. – Kat. Hannover 1956, 61-62 Kat. 135-140. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 18-23 mit Taf. 22. – Küthmann 1959, 92. – Kähler 1961, 33. – Konrad 1962, Abb. S. 8. – Strong 1966, 153. – Gehrig 1967 a, 8-9. 16. 25 zu Abb. 27-28. – La Baume 1971, 133 Nr. 20-22. 137. – Kat. Toledo 1977, 126. 129. – Gehrig 1980, 7-8. 12. 19-20 zu Abb. 27-28. – MartinKilcher 1984, 399 mit Anm. 64. – Roth-Rubi 1984, 175. 177 Abb. 2,6. 181. 183 Abb. 6,4. 187-188. – Antikenmuseum 1988, 334-335 Nr. 8-10 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. 180 Abb. 175. 272 Kat. 96. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Gregarek 1997, 94. – Hitzl u.a. 1997, 52-54 Kat. 24-26 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 95. 98 Abb. 8,3. – Lang 1997, 157. 160. 163. – S. Künzl 1999, 573. – Tamm 2001, 96. 191. 271 Kat. AP-181. Taf. 49.1. – Erdrich 2002, 86 Kat. XX-059/3.22-24. Taf. 14, 6-8.

HI 25 kleiner Efeubecher 2 (parapsis) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 25. Maße: Mündungsdm 7,2 cm, H der Schale 3,15 cm, Gesamthöhe mit Fuß 4,4 cm, Fuß: oDm 1,84 cm, uDm 3,63 cm. Gewicht: Schale 88,4 g, Fuß 22,7 g = 111,1 g (mit entsprechenden Griffen wie HI 24 = 114,7 g). Zum Fassungsvermögen siehe HI 24. Oberflächenuntersuchung: 31 Blattzungen im Boden. Von den Nielloeinlagen fehlen 2 Efeublätter unten und 3 Früchte. Der Boden ist, im Gegensatz zu HI 24, gleichmäßig gerundet. Bei diesem Schälchen finden sich auf der Außenseite der senkrechten Wandpartie vier tiefe, nicht ganz senkrechte Kratzer, die im 90°-Winkel zueinander stehen. Sie verlaufen auch über die Nielloeinlagen. Einer läuft unten auf die Mitte eines Griffansatzes zu, der gegenüberliegende dagegen liegt schon rechts der Mitte (Abb. 166 rechts). Deutliche Weichlotreste an den Stellen der ursprünglichen Grifflötungen. Radiographie: Die wolkige Struktur belegt das Ausschmieden des Bodens. Gasporosität als Zeichen für ein Gußstück zeichnet sich nicht ab (Kap. 10. 1. 3. 4 mit Abb. 123). Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Anbringen von zwei Griffen aus Kunstharz. Datierung: siehe Kat. 20. Publ.: Lang 1997, 154-157. 160-161. 163. – Tamm 2001, 271 Kat. AP182. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Ansonsten siehe Kat. 24.

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HI 26 Fuß eines kleinen Efeubechers Inv.-Nr.: Misc. 3779, 26. Maße: H 1,27 cm, oDm 1,88 cm, uDm 3,65 cm. Gewicht: 19,9 g. Publ.: Lang 1997, 154-157. 160-161. 163. – Tamm 2001, 270 Kat. AP183. – Ansonsten siehe Kat. 24.

HI 27 großer glattwandiger Napf mit senkrechtem Rand 1 (parapsis) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 27. Maße: Mündungsdm 15 cm, H der Schale 6,4 cm, Fuß: oDm 3 cm, uDm 5,5 cm, Gesamthöhe 7,25 cm. Gewicht: Schale 372,5 g, Fuß 43,2 g = 415,7 g. Gewichtsinschrift für drei Näpfe umgerechnet 1292,743 g, also 430,9 g pro Napf. Gesamtgewicht der drei Näpfe: 1266,5 g. Differenz zum Sollgewicht: - 26,243 g. Fassungsvermögen: 300 ml bis Hohlkehle 12 mm unterhalb des Randes, 440/450ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Die Durchmesser der jeweils oberen Ränder der Füße sowie der Lotreste und Abdrücke auf den Schalenböden entsprechen sich mit 3 cm, so daß die Zuordnung der Füße 1895/99 unter Berücksichtigung der Gewichte wohl als richtig betrachtet werden kann. Lediglich beim Napf HI 29 gibt es eine ‚zweite Markierung’ im Bodenbereich mit einem Durchmesser von 2,4 cm. Die Wandungsstärken der Näpfe HI 27 und 29 entsprechen sich in den diversen Bereichen weitgehend: in der Bodenmitte 1,6 bzw. 1,6-1,7 mm, jenseits der Fußlötung 0,9-1 bzw. 0,8-0,9 mm, in der Mitte der S-förmigen Wandung 0,7-0,8 bzw. 0,8-0,9 mm, unterhalb der innen eingeschnittenen Riefe 1,1-1,3 bzw. 1,3-1,5 mm, in der Hohlkehle am Umbruch zum senkrechten Rand 4,5-5 bzw. 4-4,3 mm, in der Mitte der Randhohlkehle 1,8-2,2 bzw. 1,9-2,2 mm und am oberen Rand 6,1-6,3 bzw. 6,26,4 mm. Unterhalb der Mitte der Wandung von HI 27 ist beim Abtasten zwischen Daumen und Zeigefinger ein deutlicher Absatz wahrnehmbar. Hier verjüngt sich die Wandstärke innerhalb weniger Höhenmillimeter von 0,91 mm auf 0,7-0,8 mm, um nach ca. 2,5 cm wieder auf 1 mm anzusteigen. Beim Napf HI 29 ist die Wandstärke im vergleichbaren Bereich gleichmäßig 0,8-0,9 mm stark. Der verdickte Bodenbereich zeichnet sich auch auf der Röntgenaufnahme von HI 29 ab (Abb. 128), weil hier bei der Oberflächenglättung die Treibspuren nicht mit abgedreht wurden, sondern stehen blieben. Beim Napf HI 28 sind die Wandstärken etwas anders verteilt: in der Bodenmitte nur 1,2 mm, jenseits der Fußlötung nur 0,6 mm und in der Wandungsmitte nur 0,7 mm; unterhalb der Riefe entspricht die Wandung mit 1,2 mm denen von HI 27 und 29. Im unteren Bereich des Randes sind die Wandstärken dagegen etwas stärker: in der Hohlkehle am Umbruch zum Rand 4,7 mm, in der Mitte der Randhohlkehle 2-2,3 mm, am oberen Rand aber nur 6 mm. Das im Wandungsbereich wegen der dünneren

Wand fehlende Gewicht wird durch die größeren Wandstärken im Randbereich fast ausgeglichen. Der Napf HI 28 (ohne Fuß) ist 5,2 bzw. 7,3 g leichter als HI 27 und 29. Die Füße von HI 27 und 28 zeigen eine stark korrodierte Oberfläche, die fast schon an Weichlotfraß auf Silber erinnert. Dies kann wohl aber nicht der Fall sein, weil sich in der oberen Fußhöhlung unbeschädigt noch antike, korrodierte Weichlotreste befinden und dort kein ‚Lotfraß’ zu beobachten ist. Dort sind sogar noch Reste der Gußhaut zu erkennen, die nur am Rand spanabhebend abgetragen wurden, wie Drehspuren mit Rattermarken belegen (HI 29). Bei HI 27 sind oberhalb der Fußlötung wellige konzentrische Ringe zu erkennen, die für einen Glättvorgang der Oberfläche durch spanloses Drücken auf der Drehbank sprechen. Innenwandung und Rand zeigen zu ca. 1/3 des Umfangs eine deutlich porige Oberfläche, der Rest der Außenwandung ist völlig glatt, der der Innenwandung nur sehr feinporig. Möglicherweise zeichnet sich hier die flächig ausgeschmiedete Anschnittstelle vom Guß des Ausgangsproduktes ab. Zur Radiographie siehe HI 29. Computertomographie: Der Schnitt zeigt die Massivität des Randes; der innere Aufbau ist aber nicht darstellbar (Kap. 10. 2. 2). Ein heller Streifen auf der Röntgenaufnahme vom identischen Napf HI 29 spricht für die Verlötung eines separaten Silberblechstreifens (Kap. 10. 1. 3. 4 mit Abb. 131). Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Datierung: Küthmann 1959: 25-0 v.Chr. – La Baume 1971: 1. Hälfte 1. Jh. n.Chr. – Erdrich 2002: augusteisch. Publ.: Sauppe 1868, 378-379 Nr. 8, 9 u. 12. – Schöne 1868/1966, 138. – Schöne/Mommsen 1869, 476. – Schöne 1869, 370 Nr. 18-20. – Holzer 1870, 96-97. Taf. 9,7. – Lessing 1892, 23. – Buhlers 1898, 28. – Lessing 1898, 33. 34. – Winter/Pernice 1899, 128. – Pernice/Winter 1901, 11. 16. 31. 42. 43. Taf. 19 unten. Taf. 27 unten. – Graeven 1902, 146 Nr. 12-14. – Kat. Blume [nach 1905] 20. – Buhlers/Rubensohn 1913, 27 Kat. 33. – Thiersch 1920, 13. – Drexel 1921/22, 45. 47. 48. 49. – Köster 1923, 11. Taf. 8c. – Kat. Celle 1946, 16 Kat. 92. – Kat. Berlin 1953, 9 Kat. 21-29. – Kat. Hannover 1956, 62 Kat. 141-149. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 24-32. – Küthmann 1959, 19. 92. – Strong 1966, 153. – Gehrig 1967 a, 8-10. 16. 25-26 zu Abb. 29-31. – Nierhaus 1969, 55. – La Baume 1971, 134 Nr. 26-28. 137. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9. 12. 20 zu Abb. 29-31. – Martin-Kilcher 1984, 399. – Roth-Rubi 1984, 175. 178 Abb. 3,7. 180. 182 Abb. 5,1. 187-188. – Antikenmuseum 1988, 336-337 Nr. 14-16 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Hitzl u.a. 1997, 54-55 Kat. 27-29 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 95. 98 Abb. 8,3. – Stein 1997, 27. – S. Künzl 1999, 573. – Painter 2001, 57. – Tamm 2001, 81. 131. 267 Kat. AP-157. Taf. 41.3. – Erdrich 2002, 86 Kat. XX-059/3.25-27. Taf. 15, 1-3.

HI 28 großer glattwandiger Napf mit senkrechtem Rand 2 (parapsis) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 28. Maße: Mündungsdm 14,85 cm, H der Schale 6,65 cm, Fuß: oDm 3,18 cm, uDm 5,58-5,6 cm, Gesamthöhe 7,33 cm. Gewicht: Schale 367,3 g, Fuß 56,5 g = 423,8 g. 191

Zu Gewichtsinschrift und Fassungsvermögen siehe HI 27. Oberflächenuntersuchung: Auf der Außenseite des senkrechten Randes konzentrische Schnittspuren vom Drehen; streckenweise eine tiefe Riefe im unteren Drittel. Außen- wie auch Innenwandung und der Rand zu ca. ¼ des Umfangs mit stark poriger Oberfläche. Die restliche Wandung zeigt eine sehr feine, durchs Abdrehen geöffnete Gasporosität. Siehe auch HI 27; zur Radiographie siehe HI 29. Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Datierung u. Publ.: Tamm 2001, 267 Kat. AP-158. – Ansonsten siehe Kat. 27.

HI 29 großer glattwandiger Napf mit senkrechtem Rand 3 (parapsis) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 29. Maße: Mündungsdm 14,94 cm, H der Schale 6,4 cm, Fuß: oDm 3,03 cm, uDm 5,57 cm, Gesamthöhe 7,2 cm. Gewicht: Schale 374,7 g, Fuß 52,3 g = 427 g. Zu Gewichtsinschrift und Fassungsvermögen siehe HI 27. Oberflächenuntersuchung: Auf der Außenseite des senkrechten Randes konzentrische Schnittspuren vom Drehen; streckenweise eine tiefe Riefe im unteren Drittel. Die Oberfläche des Fußes ist glatt, im Vergleich zu HI 27 und 28 ‚unbeschädigt’. Siehe auch HI 27. Radiographie: Die wolkige Struktur belegt eine Schmiedearbeit. Gasporosität als Zeichen für ein Gußstück zeichnet sich nicht ab. Der Bodenbereich unterhalb des Fußes ist deutlich stärker, was auch die stehengebliebenen, weil nicht mit abgedrehten Spuren des Schmiedehammers andeuten. Zum Rand hin wird die Wandung wieder stärker. Die obere Hälfte des Randes ist fast durchstrahlt, am Übergang zum Gefäß zeichnet sich eine Mehrlagigkeit in Form eines erheblich weniger durchstrahlten Bandes ab. Dies ist der einzige Hinweis auf einen nicht aus dem Massiven spanabhebend herausgedrehten Rand. Das ‚Band’ deutet auf einen zusätzlich eingelöteten Metallstreifen hin, der einen gerundeten Übergang vom Rand zur Gefäßinnenfläche herstellen sollte. Allerdings fanden sich an keinem der drei Näpfe HI 27-29 Hinweise auf Hartlötungen im Randbereich (Kap. 10. 1. 3. 4). Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Datierung u. Publ.: Tamm 2001, 267 Kat. AP-159. – Ansonsten siehe Kat. 27.

HI 30 kleiner glattwandiger Napf mit senkrechtem Rand 1 (parapsis) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 30. Maße: Dm 9,3 cm, H 4,55-4,65. Gewicht: Schale 127,2 g, Fuß 38,8 g = 166 g.

Gewichtsinschrift für drei Stück umgerechnet 509,367 g, also 169,789 g pro Napf. Gesamtgewicht der drei Näpfe (mit nachgegossenem Fuß bei HI 32): 483,5 g, Differenz zum Sollgewicht: - 25,867 g. Fassungsvermögen: 76 ml bis zur Riefe 12 mm unterhalb des Randes, 130 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Die Oberflächen aller drei Näpfe HI 30-32 sind durch spanabhebendes Abdrehen auf der Drehbank geglättet und poliert. Hinweise auf den Gußvorgang geben geringe Reste von Gußhaut auf den Unterseiten direkt unterhalb der Ränder. Die Bodenbereiche, die nach der Fertigstellung vom den Füßen abgedeckt wurden, sind nicht mit abgedreht worden; hier sind noch die Abdrücke der Hammerbahn in der Gußhaut zu erkennen (Abb. 130). Beim Napf HI 32 wird dies im Röntgenbild durch eine geringere Schwärzung deutlich (Kap. 10. 1. 3. 4 mit Abb. 129). Dunkle Reste des korrodierten antiken Weichlotes belegen die Lötung der Füße. Zwei antike Füße sind erhalten, die an den Näpfen HI 30 und 31 verklebt sind. Auch diese sind nach Ausweis der Oberflächenspuren, eingedrehter Riefen und der Pinolenabdrücke auf der Drehbank abgedreht. Im Innern sind um die Pinolenabdrücke herum Gußhautflächen stehen geblieben. Am Fuß von HI 30 ist der Pinolenabdruck erst nach längerem Ausprobieren an die richtige Stelle gebracht worden (Abb. 167 links). In der oberen Höhlung des Fußes von HI 31 ist eine Ansammlung polygonaler gelber Kristalle erhalten, deren Analyse noch aussteht. Für den dritten Napf HI 32 ist bei der Erstrestaurierung in Berlin ein Fuß nachgegossen worden, der mit einem Krönchenstempel als nicht antik markiert worden ist (Kap. 3. 3. 2). Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Datierung: siehe Kat. 27. Publ.: Sauppe 1868, 379 Nr. 13 u. 14. – Schöne 1868/1966, 138. – Schöne/Mommsen 1869, 476. – Schöne 1869, 370 Nr. 15-17 . – Holzer 1870, 96-97. – Lessing 1892, 23. – Buhlers 1898, 28. – Lessing 1898, 33. 34. – Winter/Pernice 1899, 128. – Pernice/Winter 1901, 11. 16. 4243. Taf. 19 oben rechts. – Graeven 1902, 146 Nr. 15-17. – Kat. Blume [nach 1905] 20. – Buhlers/Rubensohn 1913, 27 Kat. 31. – Thiersch 1920, 13. – Drexel 1921/22, 45. 47. 48. 49. – Köster 1923, 11. – Kat. Celle 1946, 17 Kat. 104. – Kat. Berlin 1953, 9 Kat. 21-29. – Kat. Hannover 1956, 62 Kat. 141-149. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 24-32. – Küthmann 1959, 19. 92. – Strong 1966, 153. – Gehrig 1967 a, 8-10. 16. 25-26 zu Abb. 29-31. – Nierhaus 1969, 55. – La Baume 1971, 134 Nr. 29-31. 137. – Kat. Toledo 1977, 126. 131. – Gehrig 1980, 7. 9. 12. 20 zu Abb. 29-31. – Martin-Kilcher 1984, 398 mit Anm. 59. – Roth-Rubi 1984, 175. 178 Abb. 3,8. 180. 182 Abb. 5,2. 187-188. – Antikenmuseum 1988, 336-337 Nr. 17 u. 18 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Hitzl u.a. 1997, 56-57 Kat. 30-32 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 95. 97 Abb. 8,2. – S. Künzl 1999, 573. – Painter 2001, 57. – Tamm 2001, 81. 131. 267 Kat. AP-160. – Erdrich 2002, 86-87 Kat. XX-05-9/3.28-30. Taf. 15, 4-6.

HI 31 kleiner glattwandiger Napf mit senkrechtem Rand 2 (parapsis) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 31. Maße: Mündungsdm 9,3 cm, H der Schale ,9 cm, H des Fußes 1,06 cm, Gesamthöhe 4,65-4,75 cm. Gewicht: Schale 121,5 g, Fuß 46,1 g = 167,6 g. 192

Zu Gewichtsinschrift und Fassungsvermögen siehe HI 30. Oberflächenuntersuchung: siehe HI 30. Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Datierung u. Publ.: Tamm 2001, 267 Kat. AP-161. – Ansonsten siehe Kat. 27 bzw. Kat. 30.

HI 32 kleiner glattwandiger Napf mit senkrechtem Rand 3 (parapsis) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 32. Maße: Mündungsdm 9,3 cm, H 4,7 cm. Gewicht: Schale 119 g, nachgegossener Fuß 30,9 g = 149,9 g. Zu Gewichtsinschrift, Fassungsvermögen und Oberflächenuntersuchung siehe HI 30. Radiographie: Die wolkige Struktur belegt eine Schmiedearbeit. Der Bodenbereich unterhalb des Fußes ist deutlich stärker, was auch die stehen gebliebenen, nicht mit abgedrehten Spuren des Schmiedehammers andeuten (Kap. 10. 1. 3. 4 mit Abb. 129). Datierung: siehe Kat. 27. Publ.: Antikenmuseum 1988, 338-339 Nr. 7 mit Abb. – Tamm 2001, 267 Kat. AP-162. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Ansonsten siehe Kat. 30.

HI 33 kleiner Napf mit ausbiegendem Rand 1 (parapsis) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 33. Maße: Mündungsdm 10,25 cm, H (nur Schale) 4,2 cm. Gewicht: 128,8 g; mit Fuß von HI 35: 159,1 g. Zur Gewichtsinschrift siehe HI 35. Fassungsvermögen: 82 ml bis Hohlkehle 12 mm unterhalb des Randes, 110 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Auf der Außenseite sind über ca. ¾ der Oberfläche deutlich sichtbare Abschläge einer Hammerfinne sichtbar, die in die noch vorhandene Gußhaut eingebracht worden sind (Abb. 132 links). Dieser Napf ist der leichteste seines Typs (HI 33-35). Bei der Überarbeitung sollte offenbar möglichst wenig Material entfernt werden, um sein Gewicht weitestgehend zu erhalten, damit das Gesamtgewicht des Dreiersatzes der Gewichtsinschrift entsprach. Da die Außenseite beim Gebrauch kaum sichtbar war; wurde die Gußhaut nicht, wie sonst üblich, vor dem Schmiedegang entfernt, sondern stehen gelassen. Die Wandstärke variiert zwischen 0,8 und 2,4 mm. An Rand und Boden ist sie mit 2,2-2,4 und 1,5 mm am stärksten. In der Mitte der Wandung verringert sie sich auf 0,8 mm, eine durch das Schmieden zu erwartende Situation. Nach dem Ausschmieden des Profils wurde auf der Außenseite auch der spanabhebende Drehvorgang fast ausgelassen, wiederum um Materialverlust zu vermeiden. Die erhaltene Gußhaut und eine offene Kaltgußstelle auf der Innenseite belegen den Gußvorgang, die Hammerfinnenabschläge das formende Nachschmieden, der Pinolenabdruck das Überarbeiten auf der

Drehbank, bei dem vor allem die Innenseite geglättet wurde; die Außenseite weist nur in der Hohlkehle und auf einem Teil der Wandung Spuren des Drehvorgangs auf (Abb. 132 rechts). Für ein spanloses Drücken dürften die Wandungen zu stark gewesen sein (Kap. 10. 1. 3. 4). Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Ansetzen eines Fußes aus Kunstharz. Datierung: siehe Kat. 27. Publ.: Holzer 1870, 96-97. Taf. 9, 8. – Lessing 1892, 23. – Buhlers 1898, 28. – Lessing 1898, 33. 34. – Winter/Pernice 1899, 128. – Pernice/Winter 1901, 11. 16. 42.43. Taf. 10 oben links. – Graeven 1902, 146 Nr. 18-20. – Kat. Blume [nach 1905] 20. – Buhlers/Rubensohn 1913, 27 Kat. 32. – Thiersch 1920, 13. – Drexel 1921/22, 45. 47. 48. 49. – Köster 1923, 11. – Kat. Berlin 1953, 9 Kat. 21-29. – Kat. Hannover 1956, 62 Kat. 141-149. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 24-32. – Küthmann 1959, 19. 92. – Strong 1966, 153. – Gehrig 1967 a, 8-10. 16. 2526 zu Abb. 29-31. – Nierhaus 1969, 55. – La Baume 1971, 134 Nr. 3234. 137. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 12. 20 zu Abb. 2931. – Martin-Kilcher 1984, 398 mit Anm. 59. – Roth-Rubi 1984, 175. 178 A.. 3,9. 180. 183 Abb. 6,1. 187-188. – Antikenmuseum 1988, 336337 Nr. 12, 13 u. 19 mit Abb. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Hitzl u.a. 1997, 57-58 Kat. 33-35 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 95. 97 Abb. 8,2. – Lang 1997, 157. 159. – Kurzmann 1998, 3959. 3961. – S. Künzl 1999, 573. – Tamm 2001, 81. 131. 268 Kat. AP-163. – Erdrich 2002, 87 Kat. XX-05-9/3.31-33. Taf. 15, 7-9. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64.

HI 34 kleiner Napf mit ausbiegendem Rand 2 (parapsis) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 34. Maße: Mündungsdm 10,4 cm, H (nur Schale) 4,15 cm. Gewicht: 142,6 g; mit Fuß von HI 35 = 172,9 g. Zur Gewichtsinschrift siehe HI 35. Fassungsvermögen: 81 ml bis Hohlkehle 12 mm unterhalb des Randes, 105 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Einige durch das spanabhebende Abdrehen geöffnete Gußlunker und einige Gußhautstellen in einem Drittel des Randes und der Hohlkehle außen belegen den Gußvorgang (Abb. 167 Mitte). Ansonsten ist die Oberfläche weitgehend geglättet und poliert. Die hellgrauen metallischen Weichlotreste dürften von der neuzeitlichen Lötung eines Fußes stammen, der später wieder entfernt worden ist. Beim Lötvorgang scheint Lot die Wandung hinabgeflossen und mechanisch wieder entfernt worden zu sein, wie ein Rest Lot und die senkrechten Kratzspuren vermuten lassen. Der polygonale Kranz von Kratzspuren am Boden belegt, daß der ehemals angesetzt Fuß mechanisch wieder entfernt wurde (Abb. 15 links). Diese Maßnahmen dürften vom Restaurator Tietz II durchgeführt worden sein (Kap. 3. 4). Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Ansetzen eines Fußes aus Kunstharz. Datierung: siehe Kat. 27. Publ.: Lang 1997, 157. – Tamm 2001, 268 Kat. AP-164. – Ansonsten siehe Kat. 33.

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HI 35 kleiner Napf mit ausbiegendem Rand 3 (parapsis) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 35. Maße: Mündungsdm 10,2 cm, H nur der Schale 4,2 cm, Gesamthöhe 4,7 cm, Fuß: oDm 2,23 cm, uDm 3,69 cm. Gewicht: Schale 144,6 g, Fuß 30,3 g = 174,9 g. Gewichtsinschrift für drei Stück umgerechnet 509,367, also 169,789 g pro Napf. ‚Gesamtgewicht’ der drei Näpfe mit 3 x Fuß von HI 35: 506,9 g. Differenz zum Sollgewicht: - 2,467 g. Fassungsvermögen: 80 ml bis Hohlkehle 12 mm unterhalb des Randes, 110 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Auch hier belegen geöffnete Gasporen, Gußhautstellen, Abschläge einer Hammerfinne und der Pinolenabdruck die Arbeitsgänge Guß, Schmieden und Abdrehen auf der Drehbank. Ebenso sind am Boden hellgraue Reste neuzeitlichen Weichlotes und konzentrische sowie kurze senkrechte Kratzer von der ehemaligen Verlötung und Wiederabnahme des Fußes vorhanden (Abb. 15 rechts). Allerdings befinden sich auch Feilspuren unterhalb des neuzeitlichen Lotes, möglicherweise um antike Lotreste vor der Neuverlötung zu entfernen. Auf der Außenseite sind zwei unregelmäßige Stellen zu beobachten, die wie Lotfraßstellen wirken; die geglättete Oberflächenhaut fehlt, die darunter freigelegte Metalloberfläche ist uneben und matt (Abb. 167 rechts). Es könnte sich aber auch um Kaltgußstellen handeln, wo beim spanabhebenden Abdrehen die Verbindung der Oberflächenhaut zum Metalluntergrund beseitigt wurde. Der Fuß ist auf seiner ganzen sichtbaren Oberfläche abgedreht. Zwei Pinolenabdrücke weisen neben den Drehspuren und den eingedrehten Riefen auf diesen Arbeitsvorgang hin. Nur im Innern ist um den Pinolenabdruck herum ein Teil der Gußhaut stehen geblieben. Antike oder neuzeitliche Weichlotreste sind am Fuß nicht erhalten. Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Datierung: siehe Kat. 27. Publ.: Sauppe 1868, 379 Nr. 11. – Schöne 1869, 370 Nr. 15-17. – Painter 2001, 57. – Tamm 2001, 268 Kat. AP-165. – Ansonsten siehe Kat. 33

HI 36 cyathus Inv.-Nr.: Misc. 3779, 36. Maße: Schale: Mündungsdm 8,2 cm, H der Schale 2,8 cm, Gesamthöhe mit Griff: 11,1 cm. Gewicht: Schale 130,6 g, Griff 83 g = 213,6 g. Fassungsvermögen: 33 ml bis zur Riefe unterhalb des Flechtbandes, 51/52 ml bis Hohlkehle 9 mm unterhalb des Randes, 70 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: An der Schale ein wellenförmiger Spalt unterhalb des Randes, der als Kaltgußstelle interpretiert werden kann und auf ein Gußstück hinweist. Am Griff sind in der Fehlstelle und zwischen

drei Kugeln deutliche Dendriten ausgebildet, was eindeutig für ein Gußstück spricht (Abb. 126). In der Mitte des Bodens ein dunkler Ring korrodierter Weichlotreste von 8 x 9,6 mm Größe, der evt. die Lötung eines verlorenen kleinen Omphalos bezeichnet (Abb. 168). Die Mitte der Unterseite ist als ‚optisches Gegengewicht’ vergoldet. Reste der antiken Lötung des Griffes am Schalenrand in Form korrodierter Weichlotreste. Zum Flechtband siehe Kap. 7. 1. 2 mit Abb. 88. Radiographie: Es zeichnet sich keine Gasporosität ab, wie für ein Gußstück zu erwarten wäre. Allerdings ist die große Fehlgußstelle an der Biegung des Griffes deutlich sichtbar. Das Flechtband zeichnet sich nur sehr schwach ab, der obere Perlstab ist erkennbar (Kap. 10. 1. 3. 5). Vergoldung: Blätter auf dem Griff, Hohlkehle oberhalb des Flechtbandes im Schaleninnern (Farbtaf. J 2 rechts), Hohlkehle auf der Außenwandung, Mitte und konzentrischer Ring auf der Unterseite des Bodens (Kap. 8. 5). Datierung: Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: frühkaiserzeitlich bis trajanisch (entsprechend Keramikform Drag. 27). – Antikenmuseum 1988: augusteisch. – Riz 1990: claudisch. – Erdrich 2002: augusteisch. Publ.: Schöne 1868/1966, 138. – Lenormant 1869, 417. – Holzer 1870, 92. 103. Taf. 9, 2. – Lessing 1892, 25. – Schreiber 1894, 421 mit Fig. 120. – Buhlers 1898, 22. – Lessing 1898, 33. 36. – Héron de Villefosse 1899, 248. – Pernice/Winter 1901, 13. 18. 43.44. 52. Taf. 20 oben. – Graeven 1902, 149-150 Nr. 33. 172. – Kat. Blume [nach 1905] 18. – Buhlers/Rubensohn 1913, 22 Kat. 18. – Drexel 1921/22, 45-46. – Köster 1923, 11-12. Taf. 6a. – Kat. Berlin 1953, 10 Kat. 30. – Kat. Hannover 1956, 62 Kat. 150. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 33. – Küthmann 1959, 92. – Kähler 1961, 33. – Strong 1966, 144 mit Abb. 29 g. Taf. 39 A. – Gehrig 1967 a, 8. 10. 27 zu Abb. 37. – La Baume 1971, 134 Nr. 35. – A.A. 4, 1973, Abb. S. 43. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9 21 zu Abb. 37. – Roth-Rubi 1984, 179 Abb. 4,14. 180-181. 186 Abb. 9,1. 187-188. – Antikenmuseum 1988, 336-337 Nr. 4 mit Abb. – E. Künzl 1988a, 576. 578 Kat. 404 mit Abb. – E. Künzl 1988b, 42. – Kat. Paris 1989, 68. – Riz 1990, 36 zu Taf. 43,2. – Pirzio Biroli 1991, 71 Abb. 50. 120 Abb. 86. 271. – Stupperich 1993, 292. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Hitzl u.a. 1997, 58-60 Kat. 36 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 92. – S. Künzl 1997a, 122. – Lang 1997, 156-159. 161-163. 165. – Stupperich 1997a, 179. – S. Künzl 1999, 572. – Tamm 2001, 104. 189 Anm. 40. 267. 272 Kat. AP-189. – Erdrich 2002, 87 Kat. XX-05-9/3.34. Taf. 16, 1. – v. Mangoldt 2005, 15 Anm. 47. 33. – Graeven o.J., 7.

HI 37 Napf mit Lorbeerblattranke auf drei Löwentatzenfüßen Inv.-Nr.: Misc. 3779, 37. Maße: Mündungsdm 12,35-12,56 cm, H der Schale 4,7 cm, Gesamthöhe 5,9 cm. Gewicht: Schale 250,1 g, Fuß 1: 29,9 g, Fuß 2: 29,7 g; nachgegossener Fuß: 31,3g. Fassungsvermögen: 320 ml bis zur unteren Riefe 14 mm unterhalb des Randes, 410 ml bis zur oberen Riefe 2 mm unterhalb des Randes, 440 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Wie die Efeubecher HI 2025 ist die Schale ein Gußstück, bei dem der Boden durch Schmieden weiter aufgetieft wurde. Die senkrechte Wandung ist innen und außen spanabhebend auf der Drehbank 194

geglättet worden. Die Rattermarken in der breiten Riefe innen 14 mm unterhalb des Randes und der Pinolenabdruck auf der Bodenunterseite belegen diesen Arbeitsvorgang. Beim Abdrehen sind am Absatz unterhalb des oberen Eierstabes vielfach Gasporositäten geöffnet worden und Gußoberfläche stehen geblieben. Die Vertiefungen für die Lorbeerblätter sind ausgemeißelt worden, also nicht im Guß- bzw. Wachsmodell mit angelegt gewesen. Dies belegen die Meißelspuren an den Kanten und in den vertieften Flächen, wo die Einlage bzw. die Korrosionsprodukte herausgefallen sind (Abb. 26). An vier Stellen ist die Wandung beim Meißeln durchbrochen worden. Die Breite des Mittelzweiges beträgt 0,7 mm. Die in den Blättern erkennbaren Meißelbahnen und die Blattspitzen sind von entsprechender Breite und also mit dem gleichen Werkzeug ausgehoben worden. Die durchgehend grünen Kupferkarbonatverkrustungen in den Lorbeerblatt-Vertiefungen deuten auf eine ehemalige Tauschierung von Metalleinlagen aus einer Kupferlegierung hin, also Kupfer oder Messing. Da die begleitenden Eierstäbe vergoldet waren, würde für einen polychromen Farbeffekt eher rötliches Kupfer in Betracht kommen als ebenfalls goldfarbenes Messing. In einigen Blattvertiefungen hinter den Füßen haben sich schwärzlich korrodierte Weichlotreste erhalten, die nicht mit Niello zu verwechseln sind. Die Füße sind gegossen und die Oberflächen mit der Feile versäubert, wie erhebliche Feilspuren auf Unterund Rückseite belegen. Die Konturen der Akanthusblätter sind ziseliert, die Flächen nächst den Konturlinien durch eine Mattierpunze niedergelegt (Kap. 9. 2 mit Abb. 99). Die Mattierpunze hat halbkugelförmige Vertiefungen aufgewiesen, die ein entsprechendes erhabenes Kugelmuster auf der Oberfläche erzeugt haben. Dieses Muster hat sich insbesondere neben den Konturlinien, aber auch an den äußeren Blattspitzen erhalten674. Anschließend wurde die aufgerauhte Oberfläche mit einer Glättpunze eingeebnet. Am senkrechten Rand sind vier leicht schräge Kratzer zu beobachten, von denen sich zwei bis auf die Unterseite des Bodens erstrecken (Abb. 166 links). Da sie den Umfang aber nicht in vier gleiche Viertel teilen, können sie nicht als Hinweis auf eine ursprünglich geplante Anbringung von vier Füßen interpretiert werden. Zur Montage der drei vorhandenen Füße kann auch keine Verbindung gezogen werden. Vergleichbare Kratzer wurden an der Wandung des kleinen Efeubechers HI 25 beobachtet (Abb. 166 rechts).

674

Gegenteilig Lang 1997, 159: „Die Originalfüße des Napfes 37 haben eine Anzahl von sehr kleinen, abgeflachten, abgerundeten Klumpen oder Tropfen auf der Oberfläche, die an der Verbindung zwischen den Rippen und den Blättern oben auf jedem Fuß zu sehen sind. Nach ihrer Lage zu urteilen, ist es wahrscheinlich, daß dies alles Gußdefekte sind und sie nicht durch eine Punze erzeugt worden sind.“

Im Boden hat sich in zwei 1,8 und 2,5 cm langen Strecken der Abdruck eines konzentrischen Ringes in der Oberfläche erhalten. Zum Durchmesser von 6-6,2 cm paßt nur der Standring des Zehnmaskenbechers HI 13 (Kap. 3. 1. mit Abb. 5). Da laut den Findern die kleineren Gefäße in die drei großen gestapelt waren, dürfte es sich bei dieser Spur, neben den Fußabdrücken in den Blattstabbechern HI 7 und 8, um den einzigen Nachweis der ehemaligen Stapelung handeln. Einer den beiden Zehnmaskenbecher HI 13 und 14 muß also im Napf auf drei Löwenfüßen gestanden haben (Kap. 3. 1 mit Abb. 6). Die Hammerbahnabdrücke im Boden dürften von der neuzeitlichen Rückformung einer Deformation herrühren. Punzenvergleich: Die beiden Eierstäbe sind mit einer identischen Punze ausgeführt worden; Einzelabschlag 4,5 x 3,5 mm. Beide sind wegen Materialüberlappungen von rechts nach links gearbeitet worden. Beide Eierstäbe könnten auf der Drehbank nachgearbeitet worden sein, denn die Oberflächen von Eiern und Rahmen sind gleichmäßig abgetragen, der untere allerdings stärker als der obere. Es dürfte sich aber lediglich um eine Glättung der Oberfläche durch Schmirgeln oder Polieren gehandelt haben, den Schnittspuren eines spanabhebenden Werkzeuges sind nicht zu erkennen. Vergoldung: Beide Eierstäbe. Datierung: Pernice 1925: augusteisch. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: frühaugusteisch. Publ.: Schöne 1868/1966, 138. – Wieseler 1868 a, 44. – Uhde 1869, 67. 69 Abb. 4. – Holzer 1870, 94-96. Taf. 11, 7. – Lessing 1892, 24. – Buhlers 1898, 28. – Héron de Villefosse 1899, 255. – Pernice/Winter 1901, 11. 14. 16. 18. 42. 44. Taf. 20 unten. – Graeven 1902, 149 Nr. 32. – Kat. Blume [nach 1905] 21. – Buhlers/Rubensohn 1913, 27 Kat. 30. – Drexel 1921/22, 45. 48. – Köster 1923, 11. Taf. 6b. – Pernice 1925, 103. 106. – Kat. Berlin 1953, 10 Kat. 31. – Kat. Hannover 1956, 62 Kat. 151. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 34. – Küthmann 1959, 92. – Strong 1966, 153. – Gehrig 1967 a, 8-10. 27 zu Abb. 38. – La Baume 1971, 134 Nr. 36. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7-9. 21 zu Abb. 38. – Roth-Rubi 1984, 175. 178 Abb. 3,11. 187. – Antikenmuseum 1988, 334-335 Nr. 11 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Hitzl u.a. 1997, 60 Kat. 37 mit Abb. – KaufmannHeinimann 1997, 95. 97. 98 Abb. 8,3. – Lang 1997, 157-159. 162-163. – S. Künzl 1999, 573. – Erdrich 2002, 87 Kat. XX-05-9/3.35. Taf. 16, 2. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64.

HI 38 Fragmente eines doppelwandigen Bechers (verschollen) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 38. Publ.: Pernice/Winter 1901, 10. 41. 45 mit Fig. 16. 74. Taf. 21 oben links. – Kat. Berlin 1953, 11 Kat. 38-40. – Hitzl u.a. 1997, 61 Kat. 38. – Tamm 2001, 267. – Erdrich 2002, 87 Kat. XX-05-9/3.36. Taf. 28, 1.

HI 39 zwei Fragmente eines Gefäßgriffes mit geflügeltem Löwenkopf Inv.-Nr.: Misc. 3779, 39. Maße: Mündungsfragment: Br max. 5,69 cm, H 3,48 cm, Br der unteren Bruchfläche 0,87 cm; unteres Attaschenfragment: Br oben 0,89 cm, Br unten 1,52 cm, H 3,1 cm. 195

Gewicht: Mündungsfragment 18,2 g, unteres Attaschenfragment 6,8 g. Oberflächenuntersuchung: Beide Fragmente weisen jeweils eine weitere geklebte Bruchstelle auf. Die Verbindung beider Teile war durch einen Messingstift verstärkt. Eine genaue Betrachtung und neue Paßungsversuche an der ‚Bruchstelle’ ergaben aber, daß die Bruchflächen nicht aneinanderpassen. Damit dürfte der Griff eine etwas andere Form gehabt haben, als durch die Altrestaurierung suggeriert wurde675. Je ein vergleichbarer Griff mit geflügeltem Eros und einer unteren Attaschenfläche in Palmettenform ist an einem hohen steilwandigen Becherpaar im Silberfund aus der Casa del Menandro in Pompeji, I und dem modiolus aus Vize, BG befestigt676. Ansätze zu einem Palmettendekor auf der unteren Attasche weist auch das Hildesheimer Fragment auf. Ein kleines Kännchen im Schatz aus der Casa del Menandro in Pompeji und ein silbernes Tischbein aus der Maas bei Stevensweert, NL sind jeweils mit einem vergleichbaren Akanthusblatt auf dem Griff bzw. am Ansatz der Gelenke verziert677. Sowohl in den Flügeln als auch im vorhandenen Teil der unteren Attasche sind horizontale Kerben zur besseren Passung an der Gefäßwandung eingearbeitet. Die oberen Kerben verlaufen in den Rückseiten der Flügel, so daß Teile der Flügel, Löwenkopf und Hörner über den Gefäßrand geragt haben. Der Mündungsdurchmesser des Gefäßes, an dem der Griff HI 39 angesetzt gewesen ist, dürfte zwischen 10 und 14 cm betragen haben. Die winklig ausgenommene untere Kerbe deutet an, daß das Gefäß wahrscheinlich eine konkav eingezogene Wandung wie die Hildesheimer Becher HI 11, 13 und 14 gehabt hat. Hier würde die tiefe Kerbe Sinn machen, mit der die untere Attasche auf dem hervorstehenden Umbruch zum Boden aufgesessen hätte. Die Attasche, möglicherweise mit Palmettendekor, hätte dann entsprechend der Bodenfläche gewölbt sein müssen. Die Kerbe im unteren Fragment und die Länge des Griffes schließen die früher vermutete Zugehörigkeit zum Sechsmaskenbecher HI 12 aus; weder paßt die Kerbe zu den Weichlotresten auf den Löwenfellknoten, noch würde eine Palmettenattasche unter den Knoten schlüssig an der Becherwandung anliegen. 675

Den Griff dürfte F. Küsthardt schon in Hildesheim zusammengefügt und am Sechsmaskenbecher HI 12 angesetzt haben, um ein komplettes Gefäß abformen zu können. 676 Maiuri 1933, 343-349 mit Abb. 134 u. Taf. 42-44. – Painter 2001, 62-63 Kat. M 11-12. Taf. 11 u. 12. – Pirzio Biroli 1991, 154-154 Abb. 132 u. 134. 267 Kat. 70-71. – E. Künzl, Der augusteische Silbercalathus im Rheinischen Landesmuseum Bonn. Bonner Jahrb. 169, 1969, 312-392, bes. 332-333 Abb. 10 u. 11, weitere Literatur 331 Anm. 15g. – Je drei geflügelte Eroten, deren Körper in Löwentatzen übergehen, sind als Beine an vier kleinen Untersetzern im Schatzfund von Boscoreale angebracht; siehe Héron de Villefosse 1899, 100 Kat. 31-32 u. 149 Kat. 106-107 mit Taf. 22, 1-2; Baratte 1986, 93. Abb. S. 29. 677 Mauiri 1933, 359-360. Taf. 53. – R.A. Lunsingh Scheuleer, Antieke Sier. Goud en zilver van Grieken en Romeinen. Allard Pierson Museum (Amsterdam 1987) 53-55 Kat. 36; H. Beck/ P.C. Bol/M. Bückling (Hrsg.), Ägypten – Griechenland – Rom. Abwehr und Berührung. Ausstellungskat. (Frankfurt/M. 2005) 681 Kat. 282.

Ein verlängerter Griff paßt nicht zum Sechsmaskenbecher, weil die Löwenfellknoten nicht mehr als Auflager in Frage kämen, wo aber die Weichlotreste von Grifflötungen vorhanden sind. Die Kanten weisen Grate mit abgerundeten Kanten auf, die auf die Rückseite umbiegen. Eine der angelegten Durchbrüche zwischen Hörnern und Flügeln ist beim Guß zugelaufen, bei der Nacharbeit aber nicht geöffnet worden. Im offenen Durchbruch ist eine Gußnaht zu erkennen, die die Formnaht abzeichnet. Die nur schwer zum Silberglanz reduzierbare und leicht gräuliche Oberfläche deutet auf eine Silberlegierung mit einem hohen Anteil von Zusätzen hin (siehe Analyse Lang 1997, Kap. 11. 1. 2). Vergoldung: Reste von Vergoldung auf der Außenseite. Die Oberfläche der Vergoldung ähnelt der des Griffes der Kanne HI 44, der wegen der Menge des nachweisbaren Quecksilbers feuervergoldet ist. Nach der qualitativen Analyse von Lang 1997 ist auch der Griff HI 39 feuervergoldet (Kap. 11. 2. 2). Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Trennen der nicht passenden, ehemals verstifteten Bruchstelle und separate Montage beider Fragmente auf einer Plexiglasunterlage. Datierung: Stupperich 1997a: augusteisch. Publ.: Uhde 1869, 70 Abb. 8. – Holzer 1870, 77-78. Taf. 10, 3 u. 5. – Blümner 1885, 162 mit Fig. 113. – Schreiber 1894, 423. – Pernice/Winter 1901, 36. 45. 63. Taf. 21 oben rechts. – Buhlers/Rubensohn 1913, 14. – Kat. Berlin 1953, 16 Kat. 67. – Kat. Hannover 1956, 68 Kat. 177. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 60. – Küthmann 1959, 63. 89. – Gehrig 1967 a, 8. 14. 27 zu Abb. 40. – La Baume 1971, 136 Nr. 61. – Gehrig 1980, 7. 11. 22 zu Abb. 40. – Antikenmuseum 1988, 336-337 Nr. 20 mit Abb. – Stupperich 1993, 290. – Hitzl u.a. 1997, 61 Kat. 39. – Lang 1997, 154-157. 161. 163-164. – Stupperich 1997a, 175. 178. – Tamm 2001, 267. – Erdrich 2002, 87 Kat. XX-05-9/3.37. Taf. 16, 3. – Niemeyer 2005, 55. 56 Abb. 8. – Niemeyer 2006, 35 Abb. 1. 37.

HI 40 Gefäßfuß (verschollen) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 40. Zum Flechtband Kap. 7. 1. 4. 2. Inschriften: punzierte Gewichts- und Namensinschriften. Publ.: Sauppe 1868, 376 377 Nr. 1. – Schöne/Mommsen 1869, 478. – Schöne 1869, 370 Nr. 1. – Holzer 1870, 102. – Pernice/Winter 1901, 18. 19. 45.46. Taf. 21 Mitte links u. rechts. – Graeven 1902, 143 Anm. 13. 164. 179. – Drexel 1921/22, 45. – Nierhaus 1969, 55. – Nuber 1974, 27. – Stupperich 1995, 106 Anm. 43. – Hitzl u.a. 1997, 61-62 Kat. 40. – Painter 2001, 57. – Tamm 2001, 267. – Erdrich 2002, 87 Kat. XX-059/3.38. Taf. 28, 2.

Oberflächenuntersuchung: Der Fuß ist in seiner Grundform wohl gegossen und auf der Drehbank spanabhebend abgedreht. Die Kanneluren wurden in einer Technik ausgearbeitet, die der persisch-hellenistischer ‚megarischer’ Halbkugelbecher in Silber entspricht678: Für die Bögen wurde das massive Silber unterschnitten und das angeschnittene Metall leicht nach oben gebogen (Kap. 9. 2. mit Abb. 100). Die Einwölbungen in den Kanneluren wurden spanabhebend ausgemeißelt. Dabei wurde eine so erhebliche Menge Metall abgetragen, daß die Wandung stellenweise papierdünn wurde und eine Verstärkung unterhalb der Kannelurenbögen eingearbeitet werden mußte, um ein Durchbrechen der dünnen Silberlage zu verhindern. Dafür wurde eine Scheibe aus Silberblech angefertigt und mechanisch in einer Nut verankert (Abb. 169 rechts). Da heute die papierdünne Silberwandung mehrfach durchgebrochen ist, ist durch die Löcher hindurch die konzentrisch abgedrehte innere Oberfläche der eingesetzten Scheibe zu erkennen (Abb. 169 links), die auf der sichtbaren Unterseite mit Hohlkehlen, Namensund Gewichtsinschrift sowie Pinolenabdruck versehen ist. Ob einige der jetzt vorhandenen Löcher schon in der Antike sichtbar waren oder erst durch Korrosionsvorgänge und Reinigungsverfahren entstanden sind, läßt sich nicht sicher klären. Die Fragilität dieser Bereiche war aber schon bei der Anfertigung deutlich geworden, so daß die Silberscheibe zur Stabilität und als Vorsichtsmaßnahme eingesetzt wurde679. Der Fuß wurde bei der Neurestaurierung wegen der erheblichen abweichenden Durchmessern von oberer Fußkante (2,1-2,3 cm) und Lotrest am Boden von HI 11 (33,2 cm) an den Sechsmaskenbecher HI 12 versetzt. Hier stimmt der Weichlotrest im Durchmesser exakt mit dem der oberen Fußkante überein, zumal der Boden des Außenbechers von der Fußoberkante leicht eingedellt worden ist; der Fuß ‚rastet’ geradezu in die Deformation ein. Trotzdem bleibt die Zugehörigkeit zum Sechsmaskenbecher HI 12 ebenso unsicher, weil auch hier die Gewichtsangabe unstimmig ist680. Computertomographie: Innenwandung und Kanten der eingefügten Bodenscheibe nicht darstellbar (Kap. 10. 2. 2). Punzvergleich: Für die Ausarbeitung des Flechtbandes um den Fuß wurden eine Hohlpunze und ein bis zwei feine Linierpunzen verwendet. Die S-förmigen Bänder sind ziseliert (Kap. 7. 1. 3 mit Abb. 89). Vergoldung: Flechtband. 678

Siehe Anm. 509. Pernice/Winter 1901, 46 und Hitzl u.a. 1997, 45 beschreiben eine andere Technik, nach der der Kannelurenkranz separat gearbeitet und auf einen gegossenen ‚Kern’ aufgelötet worden sei. Da sich aber weder eine Lötfuge oder Nut zwischen den Kanneluren noch verlaufenes Lot auf den Zwickeln zwischen den Kannelurenbögen findet, kann diese Vermutung nicht zutreffen. Außerdem bleibt bei beiden Interpretationen die separate, von unten mechanisch in eine Nut eingesetzte Scheibe unberücksichtigt. 680 Siehe Kat. HI 12 mit Anm. 663. 679

HI 41 Fuß eines Bechers Inv.-Nr.: Misc. 3779, 41. Maße: oDm 2,4 cm, uDm 5,67-5,72 cm, H 3,5 cm. Gewicht: Fuß 101,1 g. Gewichtsinschrift umgerechnet 985,761 g.

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Inschriften: punzierte Gewichts- und Namensinschrift. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Versetzen vom Viermaskenbecher HI 11 an den Sechsmaskenbecher HI 12. Publ.: Sauppe 1868, 376-377 Nr. 2. – Schöne/Mommsen 1869, 476. 477. – Schöne 1869, 369 Nr. 2. – Holzer 1870 Taf. 8, 1. – Pernice/Winter 1901, 10. 11. 18. 19. 34. 36. 46. Taf. 21 Mitte. – Graeven 1902, 143 Anm. 13. 164. 179. – Kat. Berlin 1953, 11 Kat. 41. – Nuber 1974, 27. – Tamm 2001, 93. – Niemeyer 2005, 52 Abb. 2. 55 mit Abb. 6. 58 Abb. 10b. – Ansonsten siehe Kat. 11.

HI 42 – 43 zwei Griffe Inv.-Nr.: Misc. 3779, 42 u. 43. Maße und Gewichte: 42: erhalten 6,21 x 12,5 cm Dm Kugel 6-6,3 mm Stärke max. 4,7 mm Stärke an Attaschenfläche 2,6 mm Br max. 1,62 cm L in der Mitte 11,79 cm 55,9 g

/ 43: 6 x 12,6 cm / 6,5 mm / 4,3 mm / 3 mm / 1,7 mm / 11,94 cm / 58,1 g

Oberflächenuntersuchung: Die Oberflächen sind unregelmäßig und z.T. porös. An den Attaschenflächen scheint Lotfraß stattgefunden zu haben, was evt. auf ein Ausglühen zurückzuführen ist, das zum Entfernen von Silberchloridauflagen eingesetzt worden sein könnte. Reste einer dunklen, nicht reduzierbaren und nur mechanisch entfernbaren Auflage sind ausschließlich im Bereich der zerfressenen Oberflächenbereiche zu finden. Korrosion oder Ausglühen haben auf großen Bereichen der Oberfläche Gußdendriten (Abb. 170 links), aber auch Schmiedelinien sichtbar gemacht. Danach dürften die Griffe in ihrer Rohform mit knapp 5 mm Stärke gegossen worden sein; die Attaschenflächen mit Vogelkopfdekor und Spiralen sind bis auf 3 und 2,6 mm flacher geschmiedet worden, wie parallele Schmiedelinien auf den Unterseiten belegen (Abb. 170 rechts). Der Dekor ist ziseliert, die Vogelaugen mit einer Hohlpunze gesetzt (Kap. 5. 6. 2). Die wellenförmigen ‚Blatt’-Konturen sind nicht schon in der gegossenen Rohform angelegt gewesen, sondern durch seitliche Stauchung des Metalls beim Ziselieren der Linien ausgearbeitet (Kap. 9. 1. 2 mit Abb. 95 links). An einigen Außenkanten sind parallele Stauchlinien zu erkennen. Der Konturenverlauf an beiden Stücken ist außerdem nicht identisch, was bei einem Guß in der gleichen Form oder nach dem gleichen Modell zu erwarten wäre. Der ungleichmäßige Verlauf ist beim Freihandziselieren entstanden. Der Griff HI 42 ist im Ganzen kleiner, der Dekor im Zwickel aber größer als beim zweiten Griff. Der Abstand des Zwickeldekors zur Attaschenfläche beträgt 1 mm, beim Griff HI 43 dagegen 4 mm. Beide Beobachtungen sind weitere Belege für die Freihand-Ausarbeitung der Dekore.

bogenförmige Linie ab, die z.T. von korrodierten Weichlotresten begleitet wird. Beim Griff HI 42 sind solche Lotreste auch auf der Unterseite des Griffes auf Höhe der ehemaligen Voluten erhalten. Dies könnte für erneute Überlegungen zur Funktion von Bedeutung sein681. Publ.: Holzer 1870, 100. 102. Taf. 11, 5. – Schreiber 1894, 313. 326 Kat. 28. – Lessing 1898, 35. – Pernice/Winter 1901, 10. 11. 13. 44-45. 52. Taf. 21 unten. – Graeven 1902, 147 Anm. 14. – Kat. Berlin 1953, 16 Kat. 65-66. – Kat. Hannover 1956, 68 Kat. 178-179. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 61-62. – Gehrig 1967 a, 8. 14. 27 zu Abb. 39. – La Baume 1971, 136 Nr. 59-60. – Gehrig 1980, 7. 11. 21 zu Abb. 39. – Antikenmuseum 1988, 336-337 Nr. 21 u. 22 mit Abb. – Stupperich 1993, 295. – Stupperich 1995, 106 mit Anm. 46. 118 Abb. 7. – Hitzl u.a. 1997, 62-63 Kat. 42-43 mit Abb. – Hitzl/Nehmann 1997. – S. Künzl 1997a, 121. 124. – S. Künzl 1997 b, 39. – S. Künzl 1997b, 29 Anm. 57. – Lang 1997, 154-157. 161. – Stupperich 1997a, 167. 179-180. – S. Künzl 1999, 572. 573. – Petrovsky/Stupperich 1999, 17. – Bender 2000, 470-471. – Erdrich 2002, 90 Kat. XX-05-9/3.70-71. Taf. 20, 2-3. – v. Mangoldt 2005, 34. 48 Anm. 351.

HI 44 Fragmente einer Kanne Inv.-Nr.: Misc. 3779, 44. Maße: H max. 27 cm, H bis zur Mündung 21,9 cm (rekonstruiert). Oberflächenuntersuchung: Das erhaltene Wandungsfragment ist reliefiert. Spuren einer Bearbeitung der Innenseite sind kaum vorhanden, so daß das Relief wohl vorwiegend durch die Bearbeitung der Außenseite erzeugt wurde, indem die ‚Hintergrundflächen‘ zurückgesetzt wurden682. Die Konturen wurden auf der Außenseite abgesetzt und feine Details ziseliert. Die Innenseite ist zu großen Teilen mit grau-schwarzen Ablagerungen bedeckt, die bei einer qualitativen Röntgenfluoreszenzanalyse durch Ausschläge bei Zinn und Blei als Reste antiken Weichlotes identifiziert werden konnten. Die obere Kante des Kannenbauches griff locker in eine Nut im Schulterring und wurde dort offensichtlich durch erhebliche Mengen von Weichlot eher mechanisch ‚verankert‘ als metallographisch verlötet. Entsprechende Befestigungen können an einer Bronzekanne in Rouen und an den beiden silbernen Trifoliar-Kannen im Schatzfund von Berthouville beobachtet werden (Kap. 7. 2. 2). Schulterring und Mündungsrand liegen als separate Ringe vor, sind aber ursprünglich durch den Hals miteinander verbunden gewesen. Bei beiden Ringen können an den Bruchkanten keine Hinweise für Hartlötungen ausgemacht werden, so daß der Hals mit Mündungs- und Schulterring in einem Stück hergestellt worden sein muß. Der Griff der Kanne ist gegossen, was große Gußlunker auf der Innenseite deutlich machen (Abb. 127). Die Fragmente wurden bei einer früheren Restaurierung an den Bruchflächen jeweils zweifach angebohrt und mit Silberstiften als Verstärkung verklebt. Das rechte Attaschenende ist nachgegossen und an der Bruchkante des Originalfragmentes fest verstiftet. 681

Die Attaschenflächen sind nach unten leicht abgeschrägt. Beim Griff HI 43 zeichnet sich auf der Unterseite eine 197

Siehe Hitzl/Nehmann 1997. Spuren vom Prellen auf der Innenseite könnten durch die nachfolgende Ziselierarbeit von außen überformt worden sein. 682

Radiographie des Griffes: Die großen, auch oberflächlich sichtbaren Lunker bzw. Fehlgußstellen und die Bohrungen für die Silberstifte einer früheren Montage der Fragmente zeichnen sich auf der Röntgenaufnahme ab (Kap. 10. 1. 3. 5). Punzenvergleich: Der Schulterring ist mit einem sog. doppelten Blattstab mit Vorkerbungen verziert, der von zwei Perlstäben begleitet wird (Kap. 6. 1. 4 u. 6. 3. 1 mit Abb. 51 u. 84). Die Blattpunze hat als Charakteristikum zwei kleine Dellen aufgewiesen, die auf der Metalloberfläche kleinste ‚Stecknadelköpfe‘ hinterlassen haben (Abb. 52 u. 53). Dieses charakteristische Merkmal konnte auf keinem der mit Blattstäben verzierten Hildesheimer Gefäße wieder beobachtet werden, auch nicht auf dem ebenfalls mit einem doppelten Blattstab verzierten Lorbeerbecher HI 9. Am Schulterring der Kanne wurde für beide Perlstäbe vermutlich die gleiche Perlpunze verwendet. Sie weist zur Perlpunze des oberen Perlstabes am Lorbeerbecher HI 9 abweichende Strukturen auf. Eine Werkstattidentität für diese beiden Stücke mit identischem Dekor kann über die Punzen nicht verifiziert werden. Auf der Unterseite des Schulterrings zeichnet sich der Blattstab in flauem Negativ ab. Vergoldung: Eierstab der Lippe, perlstabgerahmter Blattstab am Schulterumbruch, zentrale vertikale Hohlkehle am Griff, Teil der reliefierten Blätter am Wandfragment. Der Quecksilbernachweis am Griff spricht für Feuervergoldung (Kap. 11. 2. 2). Datierung: Pernice/Winter 1901: frühaugusteisch. – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: augusteisch. – Küthmann 1959: 75-50 v.Chr. – La Baume 1971: letzte beide Jahrzehnte vor Chr. Geb. – Riz 1990: claudisch. Publ.: Sauppe 1868, 380 Nr. 19 u. 20. – Holzer 1870, 101. 103. Taf. 9, 6. Taf. 13, 8. – Winter 1897, 116 (Becherfragment). – Lessing 1898, 37. – Winter/Pernice 1899, 128 mit Fig. 8-10. – Kekulé v. Stradonitz 1900, 4. – Pernice/Winter 1901, 10. 12. 13. 16. 18. 31. 32. 35. 46-47 mit Fig. 17. 53. 60. Taf. 22. – Graeven 1902, 135. 150 Nr. 34. 151 Fig. 6. 172. – Kat. Blume [nach 1905] 21. – Seeck 1911, 396. – Pernice 1912, 132. – Buhlers/Rubensohn 1913, 5. 18 Kat. 14. – Thiersch 1920, 13. – Köster 1923, 12. Taf. vor S. 1. – Pernice 1925, 99. Abb. 3. – Seyrig 1952, 218 Anm. 3. 224. – Kat. Berlin 1953, 15-16 Kat. 59. – Kat. Hannover 1956, 67 Kat. 173. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 56. – Küthmann 1959, 47. 52. 92. – Kähler 1961, 33. – Konrad 1962, Abb. S. 7. – Strong 1966, 142. – Gehrig 1967 a, 8. 10. 12. 14. 26 zu Abb. 32. – Lindemann 1967, 22. – Kayser 1968, 49. Abb. S. 48. – La Baume 1971, 136 Nr. 65. – E. Künzl 1975, 66-67. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9-11. 20 zu Abb. 32. – Antikenmuseum 1988, 338-339 Nr. 8 mit Abb. – Baratte 1989, 72. – Riz 1990, 34 zu Taf. 21,2. – Stupperich 1993, 291. – Hitzl u.a. 1997, 63 Kat. 44 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 92. 95 Abb. 7,2. – S. Künzl 1997b, 16. – Stupperich 1997a, 179. 181. – Kurzmann 1998, 3958. – S. Künzl 1999, 572. – Tamm 2001, 100. 272-273 Kat. AP-186. – Erdrich 2002, 87 Kat. XX-05-9/3.39. Taf. 16, 4. – Schleef 2003, 140. – Tamm 2005, 78. – Graeven o.J., 4. 7.

HI 45 Ententeller 1 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 45. Maße: L Mitte 25,2 cm, L zwischen Pinienzapfen 23,75 u. 24 cm, Br Mitte 14,19 cm, Br an Pinienzapfen 14,3 u. 14,39 cm, H 1,2-1,4 cm ohne Füßchen, H mit Füßchen 1,7 cm. 198

Gewicht: Platte 246,1 g, Füßchen 3,6 g (theoretisches Gesamtgewicht mit 4 Füßchen = 781,5 g). Gewichtsinschrift umgerechnet 795,883 g, Differenz zum Sollgewicht: - 14,383 g. Oberflächenuntersuchung: Jede der drei Platten HI 4547 weist zwei unterschiedlich gestaltete Handhaben auf, die im Dekor zwar dem gleichen Schema folgen, in den Details aber variieren, wodurch eine Unterscheidung der Teller möglich wird (Abb. 36 u. 45). Die Blattstäbe ohne Perlstabbegleitung auf den Längsseiten der drei Ententeller sind mit Vorkerbungen angelegt (Kap. 6. 1. 2 u. 6. 3. 1 mit Abb. 46 u. 77). Auf den Unterseiten Reste der Weichlötungen rechtwinkliger Füßchen (Abb. 47 u. 171); nur einer der Füßchen ist im Original erhalten. Punzenvergleich: Auf den Ententellern konnten sechs Formpunzen P 45/47,1-6 und drei Linierpunzen P 45/47,7-9 beobachtet werden, die auf allen drei Tellern identische Abdrücke hinterlassen haben. Dies beweist, daß alle drei Teller gemeinsam in der gleichen Werkstatt hergestellt worden sind (siehe Kap. 5. 3. 3). Vergoldung: Reliefverzierte Handhaben und Blattstäbe mit Ausnahme der Pinienzapfen (Kap. 8. 6.). Inschriften: geritzte Gewichtsinschrift. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Rekonstruktion von drei Füßen aus Plexiglas. Datierung: Kat. Essen 1956: 1. Jh. n.Chr. – Küthmann 1959: 25-0 v.Chr. – La Baume 1971: augusteisch. – Pirzio Biroli 1991: Anf. 1. Jh. n.Chr. – Gregarek 1997: flavisch. Publ.: Sauppe 1868, 380 Nr. 19 u. 20. – Schöne 1868/1966, 138. – Wieseler 1868 a, 8. – Schöne/Mommsen 1869, 473. 476. – Schöne 1869, 371 Nr. 25-27. – Uhde 1869, 67. – Holzer 1870, 93-94. Taf. 13, 5. – Luthmer 1889, 129. – Lessing 1892, 23. – Winter 1896/97, 178. – Winter 1897, 117. 123 Fig. 8. 125. – Buhlers 1898, 26-27. – Lessing 1898, 33. – Pernice/Winter 1901, 11. 14. 18. 19. 26. 31. 34. 47-48 mit Fig. 18. 63. 69. Taf. 23. – Graeven 1902, 144-145 Nr. 6-8. 174. 180. – Kat. Blume [nach 1905] 20. – Seeck 1911, 400. – Buhlers/Rubensohn 1913, 25 Kat. 24. – Thiersch 1920, 13. – Drexel 1921/22, 44-45. 48. 49. 51. – Köster 1923, Taf. 1b. – Pernice 1925, 105. Abb. 18. – Drexel/ Bersu 1930, 27. Taf. 42,4. – Seyrig 1952, 218 Anm. 3. – Bruns 1953, 39 Anm. 11. – Kat. Berlin 1953, 10 Kat. 32-34. – Kat. Hannover 1956, 6263 Kat. 152-154. – Kat. Essen 1956, 43 Kat. 18k. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 35-37 mit Taf. 35. – Küthmann 1958 b, 137. 138. – Küthmann 1959, 47. 64. 66. 92. – Megaw 1961, 241. – John 1963, 967. – Wheeler 1965, 77. Taf. 16. – Gehrig 1967 a, 8. 10. 12. 15. 26 zu Abb. 35. – Lindemann 1967, 23. – Strong 1966, 155. – Nierhaus 1969, 55. 57. – La Baume 1971, 135 Nr. 46-48. 137. – Kat. Toledo 1977, 126. 128-129 Kat. 81 mit Abb. (HI 46). – Gehrig 1980, 7. 9. 12. 21 zu Abb. 35. – Martin-Kilcher 1984, 398. – Antikenmuseum 1988, 340-341 Nr. 8-10 mit Abb. – Baratte 1989, 70. 72. 73-74 Kat. 14 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. 182-183 Abb. 176 u. 177. 273 Kat. 97-98. – Stupperich 1993, 298. 300. – Stupperich 1995, 109. 110. 120 Abb. 13. – Gregarek 1997, 94. – Hitzl u.a. 1997, 64-65 Kat. 45-47 mit Abb. – S. Künzl 1997a, 116. – S. Künzl 1997b, 16 Abb. 6. 21. 29 Anm. 77. – Kaufmann-Heinimann 1997, 97 Abb. 8,1. – Lang 1997, 154-157. 160162. 164. – Stein 1997, 27. – Stupperich 1997a, 180. 181. – S. Künzl 1999, 573. – Erdrich 2002, 88 Kat. XX-05-9/3.40-42. Taf. 17, 1-3. – Schleef 2003, 142. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Graeven o.J., 5.

HI 46 Ententeller 2 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 46. Maße: L Mitte 24,6 cm, L zwischen Pinienzapfen 24,7 u. 24,8 cm, Br Mitte 14,21 cm, Br an Pinienzapfen 14,23 u. 14,25 cm, H 1,2-1,6 cm ohne Füßchen, H mit Füßchen 1,5-1,8 cm. Gewicht: 252 g (ohne Füßchen). Vergoldung: Reliefverzierte Handhaben und Blattstäbe außer den Pinienzapfen. Inschriften: geritzte Gewichtsinschrift. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Rekonstruktion von vier Füßen aus Plexiglas. Datierung u. Publ.: siehe Kat. 45.

HI 47 Ententeller 3 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 47. Maße: L Mitte 24,9 cm, L zwischen Pinienzapfen 23,9 u. 24,2 cm, Br Mitte 14,21 cm, Br an Pinienzapfen 13,9 u. 14,12 cm, H 1,2-1,33 cm ohne Füßchen, H mit Füßchen (rekonstruiert) 1,45-1,75 cm. Gewicht: 252,2 g. Oberflächenuntersuchung: Zwei Merkmale ließen von vorn herein eine Blecharbeit vermuten: das auf den Unterseiten sich im Negativ abzeichnende eingepunzte Relief der Oberseiten (Abb. 45 links) und die unterschiedlichen Umriße der drei Teller (Abb. 134). Radiographie: Im Röntgenbild zeichnen sich die punzierten Dekore sowie die Reste der antiken Weichlötungen der eckigen Füße deutlich ab (Abb. 133). An zwei sich diagonal gegenüber liegenden Ecken sind wellenförmige schwarze Linien zu erkennen, die schon von der Lage her mit den Lötungen der Füße ist Verbindung zu stehen scheinen. Allerdings sind auf den Oberflächen weder der Ober- noch der Unterseite Riße zu erkennen. Die unregelmäßigen Hell-Dunkel-Strukturen, die in senkrechten ‚Linien’ zu verlaufen scheinen, bezeichnen die Schmiedearbeit. Insbesondere in den aus dem Blech geformten Ecken ist das Silber recht dünn; sie sind komplett durchstrahlt (Kap. 10. 1. 3. 6). Vergoldung: Reliefverzierte Handhaben und Blattstäbe außer den Pinienzapfen. Inschriften: geritzte Gewichtsinschrift. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Rekonstruktion von vier Füßen aus Plexiglas. Datierung u. Publ.: siehe Kat. 45.

Gewichtsinschrift für drei Stück umgerechnet 1156,308 g, also 385,436 g pro Stück, Überschuß gegenüber dem Sollgewicht: + 6,864 g. Oberflächenuntersuchung: Eine der Palmetten ist abgebrochen. Die nicht reliefierten Oberflächenbereiche sind sorgfältig geglättet. In den Palmettenzwickeln deutliche Feilspuren. In der Mitte der Innenseite der Abdruck einer Pinolenspitze. Seitlich der erhabenen Reliefdekore ist die Oberfläche teilweise strukturiert (Abb. 101 rechts). Es treten auch deutliche Höhenunterschiede innerhalb der glatten ‚Hintergrundflächen‘ auf. Der Fehler im Dekorschema von HI 49 (Abb. 135) deutet darauf hin, daß nach dem Formschmieden der Dekor in seinen Umrissen zunächst durch tiefe evt. geschnittene Linien angelegt wurde und anschließend die umgebenden ‚Hintergrundflächen‘ zum ‚erhöhten‘ Relief hin durch Meißelarbeit tiefer gelegt wurden (Kap. 9. 1. 2 u. 9. 2 mit Abb. 100). In der Mitte sind die ‚Hintergrundflächen‘ jeweils stärker und fallen zu den Reliefs hin deutlich ab. Zur Glättung der Oberflächen wurden mattierte und glatte Flächenpunzen eingesetzt. Mit den mattierten Punzen wurden zunächst die Meißelspuren auf den ‚Hintergrundflächen‘ eingeebnet, mit den glatten Punzen die mattierten Bereiche um die Reliefdekore geglättet. Bei den Meißel- und Planierarbeiten sind bei den Rankentellern HI 49 und 50 die Vertiefungen auf den Unterseiten unterhalb der nicht bearbeiteten Reliefflächen entstanden, in denen die Gußhaut erhalten geblieben ist (Abb. 137 u. 138). Vier der fünf erhaltenen peltaförmigen Füßchen (Abb. 172) waren bei einer früheren Restaurierung an den Rankenteller HI 48 angeklebt worden, der einzige der Sorte F 1 (kleinste Größe, ca. 1 mm stark), beide der Sorte F 2 (mittlere Größe, ca. 1,4 mm stark) und einer der beiden der Sorte F 3 (größte Sorte, ca. 2,5 mm stark). Nach den Weichlotresten auf der Unterseite zu urteilen, waren ursprünglich drei Füßchen der Sorte F 2 und das der Sorte F 1 hier angelötet. Möglicherweise handelt es sich beim Füßchen F 1 um einen Ersatz oder bei der Anfertigung der Teller waren nicht genug Füßchen der Sorte F 2 vorhanden. Das Füßchen Typ F 1 wurde am Teller HI 48 angeklebt sowie 3 in Plexiglas rekonstruierte gleicher Größe683. Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Rekonstruktion von drei Füßen aus Plexiglas. Datierung: Pernice 1925: augusteisch. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: Zeit der Ara Pacis (13-9 v.Chr.). – Gregarek 1997: flavisch.

HI 48 Rankenteller 1 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 48. Maße: 27 x 13,37 u. 13,47 cm, H max. 1,42 cm, ein Fuß Typ F 1: 16 x 7,5 x 1 mm. Gewicht: Platte 389,9 g, Fuß 0,6 g (theoretisches Gesamtgewicht mit 4 Füßchen 392,3 g).

Publ.: Sauppe 1868, 378 Nr. 6 u. 7. – Schöne 1868/1966, 138. – Wieseler 1868 a, 8. – Schöne/Mommsen 1869, 476. – Schöne 1869, 371 Nr. 21 u. 22. – Holzer 1870, 93-94. Taf. 13, 4. – Luthmer 1889, 129. – Lessing 1892, 23. – Schreiber 1894, 291 mit Fig. 2 (peltaförmiger Fuß). – Winter 1896/97, 178. – Winter 1897, 117. 119-120. 122 Fig. 7. 123124. 125. – Buhlers 1898, 26-27. – Lessing 1898, 33. – Pernice/Winter 1901, 11. 13. 15. 19. 48-50 mit Fig. 19 u. 20. 53. 63. 72. Taf. 24. – 683

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Siehe auch Pernice/Winter 1901, 49.

Graeven 1902, 145-146 Nr. 9-11 mit Fig. 4. 172. – Kat. Blume [nach 1905] 20. – Buhlers/Rubensohn 1913, 25 Kat. 23. – Thiersch 1920, 13. – Drexel 1921/22, 44-45. 48. 49. 51. – Pernice 1925, 102. Abb. 8. – Kat. Celle 1946, 17 Kat. 96. – Kat. Berlin 1953, 11 Kat. 38-40. – Kat. Hannover 1956, 63 Kat. 155-157. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 41-43. – Küthmann 1959, 92. – John 1963, 967. – Strong 1966, 155. – Gehrig 1967 a, 8. 10. 12. 14. 27 zu Abb. 36. – Nierhaus 1969, 55. – La Baume 1971, 135 Nr. 49-51. 137. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9. 11. 21 zu Abb. 36. – Martin-Kilcher 1984, 398. – Antikenmuseum 1988, 340-341 Nr. 5-7 mit Abb. – Baratte 1989, 70. 74. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Gregarek 1997, 94. – Hitzl u.a. 1997, 65-67 Kat. 48-50. – Kaufmann-Heinimann 1997, 94. 97 Abb. 8,1.– S. Künzl 1997b, 21. 29 Anm. 77. – Stupperich 1997a, 182. – S. Künzl 1999, 573. – Painter 2001, 57. – Erdrich 2002, 88 Kat. XX-05-9/3.43-45. Taf. 17, 46. – Schleef 2003, 142. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Graeven o.J., 5.

HI 49 Rankenteller 2 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 49. Maße: 27,1 x 13,3 cm, 2 Füßchen des Typs F 2: 17 x 9/9,5 x 1,4 mm. Gewicht: Platte 384,3 g, Füße 1,3 u. 1 g (theoretisches Gesamtgewicht mit vier Füßchen ca. 388,9 g). Zur Gewichtsinschrift siehe HI 48; Überschuß gegenüber Sollgewicht: + 3,464 g. Oberflächenuntersuchung: Die nicht reliefierten Oberflächenbereiche sind sorgfältig geglättet, auch auf der Unterseite der Handhaben. Der Reliefdekor der Handhaben ist im Prinzip identisch mit dem des Tellers HI 48. Allerdings ist ein Fehler aufgetreten, durch den beide Teller voneinander unterschieden werden können: eine der Blüten in den seitlichen Zwickeln ist nach außen gerichtet, dem Dekorschema nach sollte sie aber eigentlich nach innen gerichtet sein (Abb. 135 weißes Oval rechts unten). In den Palmettenzwickeln deutliche Feilspuren. In der Mitte der Innenseite der Abdruck einer Pinolenspitze. Auf der Unterseite der Handhabe 49 B zeichnet sich der Reliefdekor des mittleren Bereiches in leichtem Negativ ab, allerdings sehr viel schwächer als bei Rankenteller HI 50; in dessen Vertiefungen kann Gußstruktur beobachtet werden (Abb. 137 u. 138). Auf dem Boden haben sich nur von drei Füßchen Weichlotreste und Umrißspuren erhalten, die alle von Füßen der Sorte F 2 stammen. Die beiden erhaltenen Füßchen dieses Typs wurden hier angeklebt sowie zwei aus Plexiglas rekonstruierte gleicher Größe (Abb. 172). Radiographie: Auf dem Röntgenfilm zeichnet sich eine leicht wolkige Struktur ab (Abb. 135), die zusammen mit dem Fehlen jeglicher Gasporosität auf eine Schmiedearbeit hindeutet. Die unterschiedlich starke Durchstrahlung der Hintergrundflächen und der Reliefs auf den Handhaben sowie deren scharfe Konturen zeigen, daß die Hintergrundflächen durch eine spanabhebende Technik in ihrer Stärke verringert worden sind, damit der Dekor leicht plastisch erhaben steht. An zwei Stellen sind Reste des antiken Weichlotes der Füßchen zu erkennen (Kap. 10. 1. 3. 6). Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. 200

Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Rekonstruktion von zwei Füßen aus Plexiglas. Datierung u. Publ.: siehe Kat. 48.

HI 50 Rankenteller 3 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 50. Maße: 26,7 (eine Palmette fehlt) x 13,89 u. 14,03 cm (rekon-struierte Gesamtlänge 27,4 cm), 2 Füßchen des Typs F 3: 19 x 9/9,5 x 2,3/2,5 mm. Gewicht: Platte 375,4 g, Füße 2,8 u. 2,5 g (theoretisches Gesamtgewicht mit vier Füßchen ca. 386 g), H ohne Füßchen 1,08-1,42 cm H mit Füßchen 1,27-1,73 cm. Gewichtsinschrift für drei Stück umgerechnet 1161,993 g, also 387,331 g pro Stück; theoretisches Gesamtgewicht der drei Platten HI 48-50: 1167,2 g. Oberflächenuntersuchung: Der Rankendekor der Handhaben unterscheidet sich deutlich von dem der beiden anderen Teller HI 48 und 49, außerdem fehlen die Palmetten in der Bodenfläche. Auf der Unterseite zeichnet sich der erhabene Reliefdekor der Oberseite deutlich im Negativ ab (Abb. 136 u. 137). In der Mitte der Innenseite der Abdruck einer Pinolenspitze. Auf der Unterseite Reste der Weichlötungen von vier peltaförmigen Füßchen (F 3), von denen zwei erhalten sind. Die beiden vorhandenen Exemplare der größten Füßchensorte F 3 gehören an diesen Rankenteller 3. Eines der Füßchen war bei einer früheren Restaurierung am Rankenteller HI 48 angeklebt worden. Die beiden erhaltenen Füßchen dies Typs F 3 wurden hier angeklebt sowie zwei aus Plexiglas rekonstruierte gleicher Größe (Abb. 172). Die Hintergundflächen der Dekore sind nach Ausweis einzelner Absätze im Metall mit dem Meißel tiefer gelegt und anschließend geglättet worden. Radiographie: Die Radiographie ergab keine Gasporosität in der ganzen Materialstärke, so daß auch dieser ‚Ersatz’-Teller im Wesentlichen eine Schmiedearbeit ist. Auch hier zeichnet sich eine leicht wolkige Struktur durch das Schmieden des Silberbleches ab (Kap. 10. 1. 3. 6). Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Rekonstruktion von zwei Füßen aus Plexiglas. Datierung: siehe Kat. 48. Publ.: Schöne 1869, 371 Nr. 23. – Uhde 1869, 68 Abb. 2. – Lessing 1898, 34. – Pernice/Winter 1901, 49 Abb. 20. – Graeven 1902, 145 Fig. 4. – Köster 1923, Taf. 1a. – Lang 1997, 157. 161. – Ansonsten siehe Kat. 48.

HI 51 ovaler Teller 1 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 51. Maße: 18,35 x 8,66 cm ohne Griffe, max. L mit Griffen 23,3 cm, H ohne Füßchen 1 cm, H mit rekonstruierten Plexiglasfüßchen 1,27 cm.

Gewicht: Platte: 203,1 g (ohne Füßchen); Griff 1: 9,5 g; Griff 2: 10,5 g. Gesamtgewicht: 223,1 g. Oberflächenuntersuchung: Oberfläche völlig geglättet. Reste einer fugenartigen Vertiefung auf der Innenseite am Umbruch vom Boden zur Wandung. An den Schmalseiten tiefe horizontale geschnittene Riefen als untere Ansatzlinien für die Befestigung der Griffe. Auf einer Seite handelt es sich um eine einzige Riefe, auf der anderen Seite liegen mehrere Riefen sich z.T. schneidend übereinander. Darüber reichliche Reste der korrodierten Weichlötungen der Griffe. Unterhalb dieser Linien jeweils eine rundliche Struktur durch Gasporen, die sich bis auf den Boden erstrecken; vermutlich sog. Anschnitte, die Ansatzstellen der Eingußkanäle beim Guß (Abb. 140). In einer der Anschnittflächen eine III-Strich-Markierung für die Zuordnung des der dortigen Rundung entsprechend angepaßten Griffes (Abb. 140 rechts, Pfeile). Auch in der Hohlkehle des waagerechten Randes an beiden Schmalseiten mehrere feine Kratzer durch Hin- und Herführen einer ritzenden Spitze zur Markierung der Griffmittelachsen. Auf der Unterseite Weichlotreste von den vier delphinförmigen Füßen, je eines in der Mitte der Längs- und Schmalseiten, die jeweils in die gleiche Richtung weisen, also 2 x 2 gegengleich gearbeitete Stücke. Wenn die Füßchen der Längsseiten mit den ‚Köpfen‘ nach links weisen, sind die Füßchen der Schmalseiten nach unten gerichtet, was entgegen der Anordnung auf den Platten HI 52 und 53 ist (Abb. 173). Griffe: Die porige Struktur auf der Unterseite weist auf die Lage der Anschnitte beim Guß hin. Seitlich und im Zwickel zwischen Griff und Widderhörnern deutliche Feilspuren. Die Vertiefungen im Dekor wurden zuerst mit feinen Linierpunzen vorgearbeitet und anschließend mit Linierpunzen nachziseliert, um die scharfen Kanten abzurunden. Zuletzt Modellierung der Binnenstrukturen an Widderhörnern und gewellten Kanten der Spitzblätter (Kap. 9. 1. 2 mit Abb. 95 rechts). Radiographie: Die großflächige wolkige Struktur sowie das Fehlen jeglicher Gasporosität belegen auch hier die Schmiedearbeit (Abb. 139). In einem Griff ist die Bohrung für die Probenahme 1977/78 zu erkennen (Kap. 10. 1. 3. 7). Punzenvergleich an den Griffen: Eine identische Ringpunze mit Dm 1,5-1,6 mm wurde als einzige Formpunze auf beiden Griffen angewendet; jeweils komplett abgeschlagen als Auge der Tierköpfe sowie diverse Male in Teilabschlägen als Fell- bzw. Gefiederstruktur (Kap. 5. 6. 2). Spuren einer schmalen scharfkantigen Linier- oder Absetzpunze seitlich der Mittelrippe der Spitzblätter. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Rekonstruktion von vier Füßen aus Plexiglas. Datierung: Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: augusteisch. – Gregarek 1997: flavisch.

201

Publ.: Schöne 1868/1966, 138. – Wieseler 1868 a, 8. – Holzer 1870, 9394. Taf. 13, 6. – Luthmer 1889, 129. – Lessing 1892, 23. – Schreiber 1894, 313 mit Fig. 54. 326 Kat. 31. – Buhlers 1898, 27. – Lessing 1898, 33. – Winter/Pernice 1899, 127-128 mit Fig. 7. – Pernice/Winter 1901, 10. 11. 13. 51-52 mit Fig. 22. 60. 63. Taf. 25 unten. – Graeven 1902, 144 Nr. 3-5 mit Fig. 3. 172. – Kat. Blume [nach 1905] 20. – Buhlers/Rubensohn 1913, 25 Kat. 25. – Thiersch 1920, 13. – Drexel 1921/22, 48. 49. 51. – Köster 1923, Taf. 11b. – Kat. Berlin 1953, 10-11 Kat. 35-37. – Kat. Hannover 1956, 63 Kat. 158-160. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 38-40. – Küthmann 1959, 92. – Strong 1966, 150. – Gehrig 1967 a, 8. 10. 14. 26 zu Abb. 34. – Nierhaus 1969, 55. – La Baume 1971, 135 Nr. 43-45. 137. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9. 11. 20-21 zu Abb. 34. – Martin-Kilcher 1984, 398. – Antikenmuseum 1988, 340-341 Nr. 11-13 mit Abb. – Baratte 1989, 70. 74. – Kat. Paris 1989, 64. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Stupperich 1993, 295. – Gregarek 1997, 94. – Hitzl u.a. 1997, 67-69 Kat. 51-51 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 94. 97 Abb. 8,1.– S. Künzl 1997b, 21. 29 Anm. 77. – Stupperich 1997a, 167. 180. – S. Künzl 1999, 573. – Petrovsky/Stupperich 1999, 17. – Erdrich 2002, 88 Kat. XX-05-9/3.4648. Taf. 17, 7-9. – Schleef 2003, 142. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Graeven o.J., 5.

HI 52 ovaler Teller 2 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 52. Maße: 18,3 x 8,8 cm. Gewicht (ohne Füßchen): 198,1 g. Oberflächenuntersuchung: Sorgfältig geglättete Oberfläche. An den Schmalseiten je eine horizontale Riefe als untere Ansatzstellen der Griffe. Wie bei HI 51 auf einer Seite eine einzelne tief eingeschnittene Riefe und auf der anderen Seite mehrere übereinanderliegende. Nur ganz wenige Reste des antiken Weichlotes lediglich an einer Seite. Unterhalb der Riefen eine I-Strich- und eine IIStrich-Markierung wohl für die Zuordnung der entsprechend vorbereiteten Griffe. In der Hohlkehle des waagerechten Randes wiederum an beiden Schmalseiten mehrere feine Kratzer durch Hin- und Herführen einer ritzenden Spitze zur Markierung der Griffmittelachsen; an einer Seite ein schräg verlaufender ‚Abrutscher’ auf der Innenfläche. Entsprechend HI 51 auf der Unterseite Weichlotreste von vier delphinförmigen Füßen (Abb. 173). Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Rekonstruktion von vier Füßen und zwei Griffen aus Plexiglas. Datierung u. Publ.: siehe Kat. 51.

HI 53 ovaler Teller 3 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 53. Maße: 18,75 x 8,5 cm. Gewicht (ohne Füßchen): 169,3 g (evt. Materialverlust durch frühere Restaurierung). Oberflächenuntersuchung: Stark porige Oberfläche. Die Unterseite weist ovale dellenartige Strukturen auf. An den Schmalseiten tief in das Metall einschneidende ‚Laufspuren’. Die Oberflächenstrukturen lassen eine Glühbehandlung zur Entfernung der Korrosionsauflagen vermuten. Dadurch wurde eine locker aufsitzende Ober-

flächenschicht abgesprengt, die stärkere Adhäsion zu den Korrosionsprodukten als zum metallischen Untergrund hatte. Die tiefen Rinnen an den Schmalseiten dürften hierbei durch das Flüssigwerden der antiken Weichlotreste verursacht worden sein, wobei das im Weichlot enthaltene Blei das Silber aufgelöst hat. Dieses Phänomen wird als Lotfraß bezeichnet. Nur auf einer der Schmalseiten ist die eingeschnittene horizontale Riefe noch erahnbar. Auf der Unterseite Reste der Abdrücke von drei Füßchen, nur die beiden an den Längsseiten in der Richtung auswertbar: sie entsprechen denen auf HI 52; die Füße an den Schmalseiten von HI 51 liegen ‚falsch’ herum. Die Gewichtsdifferenz von ca. 30 g zu den beiden anderen ovalen Platten kann kaum durch den Materialverlust durch die vermutete Glühbehandlung verursacht sein. Das Profil der Platte HI 53 unterscheidet sich leicht von denen der beiden anderen Platten, da die Wandung sehr viel rundlicher geformt ist und darin eher den sog. steilwandigen Platten oder Tellern ähnelt. Die Wandungen der Platten HI 51 und 52 führen in identisch straffem Kontur schräg nach oben zu den verbreiterten Rändern. Wahrscheinlich handelt es sich hier ebenfalls um ein ‚Ersatzstück’ aus einer anderen Serie des gleichen Gefäßtyps wie beim Rankenteller HI 50.

Oberflächenuntersuchung: Keine Auffälligkeiten in der Platte. Namens- und Gewichtsinschrift im schrägen Rand rechts und links einer Beinlötung. Die beiden Originalbeine unterscheiden sich in Details (Abb. 174 rechts): bei Bein 1 ist das Diadem senkrecht kanneliert, der Bart ist glatt, die Querbögen im Schlangenkörper sind rund, die Schwanzfederlagen liegen dicht an dicht; bei Bein 2 ist das Diadem leicht gewölbt mit glatter Oberfläche, im Bart sind durch ziselierte Linien Strähnen angedeutet, die Querbögen im Schlangenkörper sind in der Mitte gewinkelt, eine der Schwanzfederlagen ist abgespreizt. Die Beine sind gegossen, wie offene Gußlunker und Reste der Gußhaut belegen. Zur Nacharbeit wurde die Gußhaut wohl zunächst mit einer Mattierpunze spanlos überarbeitet (Kap. 9. 2), Feilspuren belegen aber auch spanabhebendes Nacharbeiten. Der Bein-Nachguß ist nach dem zweiten Bein gearbeitet. Die originale Basis ist in der Mitte 5,3 mm stark, wodurch sich das hohe Gewicht ergibt. Die drei schweren Basen unter den hohen Beinen sollten wohl für einen besseren Stand sorgen (Abb. 174 links). Inschriften: punzierte Gewichts- und Namensinschrift.

Radiographie: Die Materialverluste auf den Oberflächen zeichnen sich deutlich im Röntgenbild ab. An den Längsseiten sind Reste der antiken Weichlötung der Füße sichtbar (Kap. 10. 1. 3. 7).

Datierung: Winter 1897: Mitte 1. Jh. v.Chr. – Pernice/Winter 1901: 2. Hälfte 1. Jh. v.Chr. – Pernice 1925: augusteisch. – Drexel/Bruns 1930: 2. Hälfte 1. Jh. – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 1. Jh. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – Gehrig 1967a/1980: 1. Jh. v.Chr. – Gregarek 1997: frühe Kaiserzeit. – Stupperich 1997a: augusteisch.

Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Rekonstruktion von vier Füßen und zwei Griffen aus Plexiglas.

Publ.: Lenormant 1869, 421. 424. – Uhde 1869, 67. – Holzer 1870, 102. 104. Taf. 9, 1. – Kekulé v. Stradonitz 1897, 35. – Winter 1897, 117-120 mit Fig. 3. – Buhlers 1898, 5. 26. – Pernice/Winter 1901, 10. 12. 13. 17. 20. 44. 50-51 mit Fig. 21. 53. 63. 64. Taf. 25 oben. – Graeven 1902, 135. 157-158 Nr. 41. 172. 179. – Kat. Blume [nach 1905] 19. – Buhlers/ Rubensohn 1913, 23-24 Kat. 21. – Drexel 1921/22, 52. – Köster 1923, Taf. 8b. – Pernice 1925, 98-99. 103. 106. Abb. 2. – Drexel/Bersu 1930, 27. Taf. 42,2. – Kat. Berlin 1953, 11 Kat. 41. – Kat. Hannover 1956, 65 Kat. 165. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 48. – Küthmann 1959, 92. – Konrad 1962, Abb. S. 8. – Wheeler 1965, 76. – Strong 1966, 159. – Gehrig 1967 a, 8. 12. 14. 26 zu Abb. 33. – Lindemann 1967, 22. – Nierhaus 1969, 54-55. – La Baume 1971, 137 Nr. 67. 137. – Gehrig 1980, 7. 10-11. 20 zu Abb. 33. – Antikenmuseum 1988, 338-339 Nr. 6 mit Abb. – Stupperich 1993, 296. – Stupperich 1995, 105. – Baratte 1997, 65. – Hitzl u.a. 1997, 68-69 Kat. 54 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 100. 99 Abb. 9,4. – Stupperich 1997a, 175. – Kurzmann 1998, 3958. – S. Künzl 1999, 572. – Painter 2001, 57. – Erdrich 2002, 90 Kat. XX-05-9/3.72. Taf. 29, 1. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Niemeyer 2005, 56-57. – Graeven o.J., 4. 9.

Datierung u. Publ.: siehe Kat. 51.

HI 54 kleiner Dreifuß Inv.-Nr.: Misc. 3779, 54. Maße: Platte: Dm 8,94-8,96 cm, H 0,55 cm, Bein 1: 15,2 cm, bis Auflager der Platte 14,6 cm, Bein 2: 15,7 cm, bis Auflager 14,7 cm, nachgegossenes Bein: 15 cm, bis Auflager 14,5 cm684, Basis: oDm 2,63-2,66 cm, uDm 3,24 cm, H 0,97 cm, Gesamthöhe 15 cm. Gewicht: Originalfragmente der Platte 46,9 g, Ergänzung der Platte 11 g, Bein 1: 83,1 g, Bein 2: 78 g, nachgegossenes Bein 75,7 g, Originalbasis 30,8 g, nachgegossene Basen 7 g u. 7,2 g. Rekonstruiertes Gesamtgewicht aus Bein 1 und 2, Plattenfragmenten, 3 x Originalbasis, 3. Bein mit ca. 80 g und dem Fehlgewicht in der Platte von ca. 20 g ergibt 400,4 g. Gewichtsinschrift für zwei Stücke umgerechnet 832,269 g, also 416,1345 g pro Stück.

684

Unter Inv. 33126 ist im Bestand der Antikensammlung der Nachguß eines weiteren Beines des kleinen Hildesheimer Dreifußes HI 54 in einer Kupferlegierung inventarisiert, der mit 14,1 cm Länge und 13,6 cm bis zum Auflager noch kleiner ist als der Nachguß in Silber. Dieses Stück ist vom Originalbein 1 abgeformt.

202

HI 55 cyathus-Griff Inv.-Nr.: Misc. 3779, 55. Maße: H 8,7 cm, Dm der Gefäßmündung 5,4-6 cm, max. Br (an Voluten) 2,04 cm, lichte Br der Lötfläche 5,92 cm, max. Stärke 4,5 mm. Gewicht: 33,8 g. Oberflächenuntersuchung: Keine Porositäten auf der Oberfläche erkennbar, die für einen Guß sprechen könnten685. Die vielen Feilspuren an den abgerundeten Kanten und an den Seitenflächen der Voluten deuten eher an, daß 685

Pernice/Winter 1901, 52: „Der Henkel ist gegossen.“

der Griff aus einem dicken Blechstück durch Schmieden, Sägen, Feilen und Biegen gearbeitet worden ist. Feine Linien als Binnendekore sind ziseliert; die Kerben in der abschließenden Muschel zeichnen sich auf der Rückseite deutlich im Positiv ab und sind somit ebenfalls ziseliert (Abb. 175). Vergoldung: Hinweise auf Reste von Vergoldung konnten mikroskopisch an den vier kelchblattförmigen Verdickungen in der Mitte des Griffes beobachtet werden686; ein analytischer Nachweis steht noch aus. Datierung: La Baume 1971: augusteisch. Publ.: Holzer 1870, 92. 103. Taf. 3, 4. – Lessing 1892, 25. – Schreiber 1894, 326 Kat. 26. – Buhlers 1898, 22. – Lessing 1898, 33. 36. – Pernice/Winter 1901, 10. 13. 52. 63. 64. Taf. 26 oben. – Graeven 1902, 150 Anm. 15. – Kat. Blume [nach 1905] 18. – Buhlers/Rubensohn 1913, 22 Kat. 19. – Kat. Berlin 1953, 16 Kat. 60. – Kat. Hannover 1956, 67 Kat. 174. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 57. – Küthmann 1959, 44. – Konrad 1962, Abb. S. 8. – Strong 1966, 144 mit Abb. 29 h. – Gehrig 1967 a, 8. 10. 27-28 zu Abb. 42. – La Baume 1971, 136 Nr. 64. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9. 22 zu Abb. 42. – Antikenmuseum 1988, 340-341 Nr. 2 mit Abb. – Hitzl u.a. 1997, 69-70 Kat. 55 mit Abb. – Lang 1997, 157. – S. Künzl 1999, 572. – Tamm 2001, 267. – Erdrich 2002, 88 Kat. XX-05-9/3.49. Taf. 22, 3. – v. Mangoldt 2005, 15 Anm. 47. – Graeven o.J., 7.

HI 56 drei Teile eines Kandelabers Inv.-Nr.: Misc. 3779, 56. Maße: Lampenteller: Dm 12,81-12,86 cm, H 7 cm; Palmettenabdeckung: max. Br 11,5 cm, H 4,5 cm; Fuß: H in der Mitte 8,42 cm, H an den Sphingen 8,8/8,88/9,17 cm, Br 20,3/20,9/21,4 cm. Gewicht: Fuß 1296,5 g, Teller (mit Lotresten) 266,3 g, Palmettenabdeckung 156,5 g = 1719,3 g. Oberflächenuntersuchung: Der schwere dreibeinige Fuß ist massiv gegossen. Die Oberfläche ist nur unvollständig überarbeitet worden; besonders auf den Unterseiten der Beine sowie in den Gesichtern und Flügelflächen der Sphingen ist noch Gußhaut in größeren Flächen besonders in den Vertiefungen erhalten. Die groben Schnittspuren dürften von der Abnahme von Silberchloridauflagen stammen. Die Füße sind in ihre geschwungene Form gebogen worden. Die Fußenden mit den Löwentatzen sind nicht mit den umbiegenden Blättern der zurückführenden Strecken verbunden. Möglicherweise sind die Beine in gestreckterer Form gegossen und nach dem Guß in ihre endgültige Form gebracht worden. Unregelmäßige Vertiefungen in den Fußflächen könnten darauf hindeuten, daß die Füße als Eingußtrichter gedient haben (Abb. 176 oben). An der Zentralröhre hätte über angesetzte Luftkanäle die Entlüftung der Form beim Guß stattfinden und gleichzeitig der Füllstand der Metallschmelze in der Form kontrolliert werden können.

686

Ähnliche Verdickungen an Griffen sind an den beiden Olivenbechern aus der Casa del Menandro in Pompeji, I und einem Kantharospaar im Schatzfund von Berthouville, F vorhanden; siehe Maiuri 1933, 330-334 Kat. 7-8 mit Taf. 37; Painter 2001, 58-60 Kat. M7-M8 mit Taf. 7 u. 8; Babelon 1916 (siehe Anm. 242), 94-97 Kat. 8-9 mit Taf. 11-13.

203

Auch der Teller ist gegossen und nachträglich ausgiebig auf der Drehbank spanabhebend abgedreht worden. Die Unterseite dürfte erst nach dem Punzieren des Eierstabes abgedreht worden sein, denn unterhalb des Eierstabes sind scharfgratige Rattermarken erhalten. Auf der Unterseite der oben überstehenden Leiste sind die Kanten der Eierstabpunze abgedrückt. Auf der Unterseite des Tellers ist für das ehemals vorhandene Kapitell ein Absatz als Rast eingedreht. Innerhalb dieses Absatzes ist auf der ganzen Fläche noch viel korrodiertes Weichlot erhalten, die Kapitelloberseite muß daher flächig mit der Tellerunterseite verlötet gewesen sein. Die Palmettenabdeckung dürfte aus einer dicken Blechscheibe gearbeitet worden sein, die in der Mitte perforiert worden ist. Hier ist die Wandstärke erheblich größer als an den Palmettenspitzen, die weiter ausgeschmiedet wurden. An der Perforierung könnte auch zusätzlich gestaucht worden sein. Alle Riefen sind ziseliert, wie das Positivrelief auf der Unterseite zeigt. Die in den langen und kurzen Palmettenriefen vorhandenen Gravurschnitte dürften von der Abnahme von Silberchloridauflagen stammen; in den gebogenen Linien der Voluten sind sie nicht zu finden. Die Palmettenabdeckung ist mit Weichlot auf dem Fuß befestigt gewesen, wie dunkle Reste korrodierten Lotes auf der Unterseite belegen (Abb. 176 links). Datierung: Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 1. Jh. –– La Baume 1971: letzte beide Jahrzehnte vor Chr. Geb. – Stupperich 1997a: augusteisch. Publ.: A.A. 3, 1868, 422. – Schöne 1868/1966, 138. – Wieseler 1868 a, 8. 44. – v. Cohausen 1870, Sp. 227. – Lenormant 1869, 421. 424. – Holzer 1870, 5. 6. 21-25. Taf. 9, 3 u. 4. 12, 5. – Lessing 1892, 24. – Buhlers 1898, 26. – Lessing 1898, 33. 35. – Pernice/Winter 1901, 4. 12. 13. 17. 53 mit Fig. 23. Taf. 26 unten. – Graeven 1902, 139-140 Nr. 1. 177. – Kat. Blume [nach 1905] 19. – Seeck 1911, 396. – Buhlers/ Rubensohn 1913, 24 Kat. 22. – Dreßler 1921, 29. 31. – Pernice 1925, 96. – Kat. Berlin 1953, 15 Kat. 58. – Kat. Hannover 1956, 65 Kat. 166. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 49. – Kähler 1961, 33. – Wheeler 1965, 76. – Strong 1966, 159. – Gehrig 1967 a, 7. 11. 14. 16. 22 zu Abb. 1112. – Lindemann 1967, 22. – La Baume 1971, 137 Nr. 68. – Schlumberger 1973, 54 mit Abb. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 6. 9. 11-12. 16 zu Abb. 11-12. – Cahn/Kaufmann 1984, 145. Taf. 56. – Antikenmuseum 1988, 339. 340-341 Nr. 3 mit Abb. – Stupperich 1993, 287. 296. – Stupperich 1995, 104. – Hitzl u.a. 1997, 70-71 Kat. 56 mit Abb. – Hitzl/Nehmann 1997, 202. – Kaufmann-Heinimann 1997, 100. – S. Künzl 1997a, 114. 118. – Stupperich 1997a, 171. 175. – Kurzmann 1998, 3958. – S. Künzl 1999, 572. – Erdrich 2002, 91 Kat. XX-059/3.73. Taf. 25, 1. – Schleef 2003, 137. 140. – Niemeyer 2005, 56. – Niemeyer 2006, 37. – Graeven o.J., 4. 14.

HI 57a runde Platte vom Klapptisch Inv.-Nr.: Misc. 3779, 57b. Maße der Platte: Dm 37,8 cm, H 6,2-7,5 cm. Gewicht der Platte: 1835,6 g. Gewichtsinschrift auf der Platte umgerechnet 1945,369 g. Differenz zum Sollgewicht: - 109,769 g. Oberflächenuntersuchung der Platte: Die Platte weist feine Oberflächenporen auf. An der Unterseite bildet das Silber am Umbruch zum nach oben und unten überstehenden Rand hin eine abgerundete Oberfläche, statt einer scharf eingezogenen Kante. Letzteres würde für

eine Schmiedearbeit sprechen; die oberflächliche Gasporosität und der massive Umbruch sprechen dagegen für einen Guß. Als weiteres Indiz sind auf der Unterseite im Umbruch streckenweise Gußdendriten zu beobachten. Die Platte ist also gegossen. Ein ganz kleiner Pinolenabdruck in der Mitte der Oberseite und die Profilierung des senkrechten Randes belegen die Nacharbeit auf der Drehund Drückbank. Lotstellen in Form von Resten antiken Weichlotes zur Befestigung der von Pernice/Winter 1901 vermuteten Griffe sind nur bedingt auszumachen. Fraglich ist, ob die ca. 100 g Differenz zwischen Soll- und tatsächlichem Gewicht für zwei Griffe an einer solchen Platte ausreichen würden. Der Vergleich mit den Beschädigungen wohl durch einen Spaten an der Platte HI 61 zeigt, daß beide Platten als ‚Deckel’ auf dem Rankenkrater gelegen haben: Tischplatte HI 57b als erste in ‚normaler’ Lage, Platte HI 61 darübergestülpt (Kap. 3. 1 mit Abb. 9 u. 10). Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift auf der Platte. Datierung: Winter/Pernice 1899: Augusteisch. – Pernice/Winter 1901: Augusteisch. – Pernice 1925: augusteisch. – Drexel/Bersu 1930: vermutlich augusteisch. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: letzte Jahrzehnte vor Chr. – Riz 1990: Claudisch. Publ.: A.A. 3, 1868, 422. – Schöne 1868/1966, 138. – Wieseler 1868 a, 8-9. 44. – v. Cohausen 1870, Sp. 227. – Lenormant 1869, 421. 424. – Unger 1869, 69. – Holzer 1870, 6. 15-21. 97-98 (Platte). Taf. 12, 1-4. – Luthmer 1889, 129. – Lessing 1892, 24. – Kekulé v. Stradonitz 1897, 35. – Buhlers 1898, 25-26. 28. – Lessing 1898, 33. 35. 36. – Kekulé v. Stradonitz 1899, 3. – Winter/Pernice 1899, 121-124 Fig. 1-4. – Pernice/ Winter 1901, 4. 5. 10. 11. 14. 17. 51. 54-57 mit Fig. 26. 60. 73. Taf. 27 u. 28. – Willers 1901, 198. – Graeven 1902, 135. 140-144 Nr. 2 mit Fig. 2. 171. 177. – Seeck 1902, 400. – Kat. Blume [nach 1905] 18-19. 20. – Seeck 1911, 396. – Buhlers/Rubensohn 1913, 5. 23 Kat. 20. – Thiersch 1920, 12. 13. – Köster 1923, Taf. 3. – Pernice 1925, 96. 102. Abb. 9 (ohne Platte). – Drexel/Bersu 1930, 28. Taf. 43,4. – Jacob-Friesen 1934, 152. – Eggers 1951, 119 Nr. 1029. – Kat. Berlin 1953, 5. – Küthmann 1958 b, 132. – Küthmann 1959, 41. 63. 92. – Wheeler 1965, 76. – Strong 1966, 150. 159. 208. Taf. 41 A. – Gehrig 1967 a, 7. 10. 16. 2122 zu Abb. 10. – Gehrig 1967 b, 13. – La Baume 1971, 136 Nr. 66. – Schlumberger 1973, 54. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 6. 12. 15-16 zu Abb. 10. – Zedelius 1981, 136. – Cahn/Kaufmann 1984, 145. – Antikenmuseum 1988, 331. 338-339 Nr. 9 mit Abb. – Riz 1990, 34 zu Taf. 17,3. – Stupperich 1993, 287. 296. – Stupperich 1995, 104. – Gregarek 1997, 94. – Hitzl u.a. 1997, 71-72 Kat. 57 mit Abb. – Hitzl/Nehmann 1997, 202. – Kaufmann-Heinimann 1997, 100. – S. Künzl 1997a, 114. – S. Künzl 1997b, 10. 21. – Stupperich 1997a, 171. 175. – Kurzmann 1998, 3958. – S. Künzl 1999, 572. – Painter 2001, 21 Anm. 48. 672 – Baukhage 2002, 93. – Erdrich 2002, 91 Kat. XX-059/3.74. Taf. 26-27. – Schleef 2003, 137. 142. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Niemeyer 2005, 56-57. – Niemeyer 2006, 37. – Graeven o.J., 4-5. 14.

HI 58 runde Platte mit reliefiertem Rand 1 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 58. Maße: Dm 30 cm, H 2,1 cm. Gewicht: 993,5 g (inkl. Weichlotresten in den Höhlungen der Reliefdekore). Gewichtsinschrift für vier Stück umgerechnet 4052,192 g, also 1013,048 g pro Stück; Fehlgewicht zum theoretischen Stückgewicht: - 19,548 g, das aber kaum für zwei Griffe ausreichen würde.

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Oberflächenuntersuchung: Auf der gesamten Oberfläche, besonders aber auf der Unterseite des Randes, sind unregelmäßige Porositäten als Reste einer Gußhaut zu erkennen (Abb. 143). Diese ziehen sich bis in den Standring hinein. Daher muß davon ausgegangen werden, daß die Platte mitsamt dem Standring gegossen worden ist, zumal auch keine Lotreste oder mit Lot ausgefüllte Fugenstrecken zu beobachten sind. Der stark durchstrahlte, also dünnerwandige ‚Ring’ zwischen Plattenmitte und Standringbereich kann daher nicht durch Schmieden entstanden sein. Auf den undekorierten Flächen sind mehrfach Fehlstellen in der Oberfläche zu beobachten, die unregelmäßige Umriße aufweisen. Hier sind beim Abdrehen Gußlunker aufgeschnitten worden, so daß die Oberflächenhaut verloren gegangen ist (Abb. 144). Trotz dieser wohl schon in der Antike deutlich sichtbaren Fehler ist die Oberfläche nicht weiter abgetragen worden, um sie zu beseitigen. Der Grund dürfte das angestrebte Gewicht der Platten gewesen sein, das bei weiterem Materialabtrag nicht hätte gehalten werden können. In der ‚Mitte’ sind auf Ober- und Unterseite kleine Pinoleneindrücke zu erkennen, die sich auch im Röntgenbild schwach abzeichnen. Die Pinoleneindrücke und der Standring sitzen nicht mittig, sondern sind leicht aus der Mitte verschoben: Die Abstände zwischen Standring und innerer Randriefe betragen 3,9 und 4,2 cm auf gegenüberliegenden Seiten. Die Platte ist also leicht exzentrisch in die Dreh- und Drückbank eingespannt und überarbeitet worden, wobei der Standring abgedreht und die Riefen eingeschnitten wurden. Möglicherweise ist schon vor der Überarbeitung auf der Drehbank das Relief des Randes von der Unterseite her grob angelegt worden. Die auf der Unterseite in die Relieftiefen ausweichenden konzentrischen Spuren lassen einen Drück- oder Schmirgelvorgang vermuten, bei dem nur die höheren Bereiche der Oberfläche erfasst wurden. Auf den tiefer liegenden Flächen ist die Gußhaut erhalten geblieben. Die sichtbaren Oberflächenbereiche der Reliefunterseiten zeigen in unterschiedliche Richtungen verlaufende, parallele Kratzer, die ‚grobe’ Vorarbeit der Reliefausarbeitung. Die Innenkante des Reliefrandes ist mit einer feinen Drehrille markiert worden, die durch die anschließende Hintergrundmattierung und die Konturierung der plastischen Reliefelemente streckenweise leicht deformiert worden ist. Die Mattierung der Hintergrundflächen zeichnet sich auf der Unterseite des Randes in leicht ausgewölbten Flächen ab687. Nach Guß, Randmattierung, Derhen und Drücken ist dann das Relief auf der Vorderseite mit Konturen, Detailziselierung und Formpunzen weiter ausgearbeitet worden (Kap. 9. 1. 1). Der Perlstab ist wohl erst nach dem Drehen und Drücken angelegt worden, 687

Die stellenweise unregelmäßige Oberfläche der Reliefs ließ anfangs an eine Komplettmattierung des Randes denken. Diese Strukturen können aber auch Reste der porös-unregelmäßigen Gußhaut sein, die durch das Austreiben des Reliefs zwar verdichtet wurden, aber keine glattgeschmiedete Fläche ergeben haben.

weil beim Punzieren Metall über die abgedrehte äußere Stufe gedrückt worden ist. Radiographie: Auf dem Röntgenbild zeichnen sich in konzentrischen Kreisen unterschiedliche Materialstärken ab (Abb. 142): die Mitte mit Dm ca. 7 cm ist am stärksten, es folgt ein dünner ‚Ring’ bis zum Dm von ca. 12 cm, daran anschließend ein stärkerer ‚Ring’ bis zum Dm von ca. 19 cm, auf diesem ‚Ring’ befindet sich der Standring. Er zeichnet sich durch seine größere Materialstärke scharf ab. Bis zum Umbruch des Reliefrandes ist wiederum ein dünnerwandiger ‚Ring’ stark durchstrahlt. Der Reliefrand zeigt leicht differierende Blechstärken in den Hintergrundflächen. Die Reliefdekore auf dem breiten Rand sind sehr viel stärker durchstrahlt als die Hintergundflächen, was zeigt, daß die Reliefs aus dem Blech getrieben und ziseliert sind. Diese dünneren Bereiche sind besser von den Röntgenstrahlen durchdrungen worden. Die Reste der antiken Weichlotfüllung unterhalb der Reliefdekore zeichnen sich im Röntgenbild nicht ab688 (Kap. 10. 1. 3. 8). Punzenvergleich: Drei Kugelpunzen mit erheblich unterschiedlichen Durchmessern, eine Kreis- oder Hohlpunze, mindestens zwei Linierpunzen, eine Mattierpunze sowie eine Eierstab- und eine Perlpunze. Der Perlstab ist von rechts nach links gearbeitet, wie Metallüberlappungen nach rechts durch die Viereckkante der Perlpunze belegen. Bei Perl- und Eierstab gibt es etliche Doppelabschläge, die eine Vorstellung vom Kraftaufwand geben, der zum Punzieren dieser relativ großformatigen Flächen notwendig war. Auch auf der Rückseite des Eierstabbandes zeichnen sich in kurzen senkrechten Riefen die umlaufenden Bögen der Punze ab (Kap. 5. 6. 1). Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Datierung: Kat. Celle 1946: Anfang 1. Jh. n.Chr. – Kat. Essen 1956: 1. Jh. n.Chr. – Küthmann 1958 a: augusteisch. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: um Chr. Geb. – Stupperich 1997a: augusteisch. Publ.: A.A. 2, 1868, 799. – Sauppe 1868, 379 Nr. 17. – Schöne 1868/ 1966, 138. 141. – Wieseler 1868 a, 22 Anm. 1. – Schöne 1869, 370 Nr. 9 u. 10. – Uhde 1869, 70 Abb. 6. – Holzer 1870, 7. 97-98. Taf. 13, 7. – Buhlers 1898, 28. – Lessing 1898, 35. – Winter/Pernice 1899, 127. – Pernice/Winter 1901, 11. 12. 13. 14. 16. 17. 18. 25. 30. 38. 57-59. 60. 68. Taf. 29. – Graeven 1902, 147-148 Nr. 25 u. 26. 172. 178. – Kat. Blume [nach 1905] 20-21. – Drexel 1909, 197. – Buhlers/Rubensohn 1913, 26 Kat. 26. – Thiersch 1920, 12 Abb. 6. – Drexel 1921/22, 51. – Köster 1923, 10. Taf. 4b. – Pernice 1925, 106. – Kat. Celle 1946, 17 Kat. 93. – Seyrig 1952, 219. 224. 227. 250. Taf. 25. – Kat. Berlin 1953, 12 Kat. 44-45. – Kat. Hannover 1956, 64 Kat. 161. – Kat. Essen 1956, 43 Kat. 18i. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 44. Küthmann 1958 a, 112. – Küthmann 1958b, 131. Taf. 16. – Küthmann 1959, 36. 44. 47. 55. 64. 84. 92. – Strong 1966, 149-150. Taf. 41 B. – Gehrig 1967 a, 8. 10. 12. 14. 29 zu Abb. 51. – Nierhaus 1969, 54. – La Baume 1971, 134 Nr. 3839. 137. – Kat. Toledo 1977 132. – Gehrig 1980, 7. 9-11. 23 zu Abb. 51. – Martin-Kilcher 1984, 398 Anm. 52. – Antikenmuseum 1988, 331. 342-343 Nr. 4 u. 7 mit Abb. – Stupperich 1993, 291. 300. – Stupperich 1995, 106 Anm. 43. 122 Abb. 22 (Detail). – Hitzl u.a. 1997, 72-73 Kat. 58-59 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 95. 98 Abb. 8,4.– S. Künzl 1997b, 16 Abb. 5. 21. 29 Anm. 78. – Stupperich 1997a, 176. 179. 688

Die Analyse im April 1998 durch Ch. Goedicke, RathgenForschungslabor ergab Korrosionsprodukte bzw. Minerale von Zinn und Blei: Cassiterit SnO2, Romachit SnO und Cerussit PbCO3.

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181. – S. Künzl 1999, 572. – Painter 2001, 57. – Erdrich 2002, 88-89 Kat. XX-05-9/3.50-51. Taf. 18, 1-2. – v. Mangoldt 2005, 28. – Niemeyer 2005, 56. – Niemeyer 2006, 37. – Graeven o.J., 6.

HI 59 runde Platte mit reliefiertem Rand 2 (Fragment) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 59. Maße: Dm 30,2 cm, H 2 cm. Gewicht der antiken Teile: Randfragment 217,8 g, Bodenfragment 378 g. Zur Gewichtsinschrift siehe HI 58. Oberflächenuntersuchung: Die Platte besteht aus einem Boden- und einem Randfragment, die antike Oberfläche ist bis auf Quadratmillimeter große Reste durch Korrosion und/oder eine frühere Reduktions- oder Glühbehandlung verloren. Laut Pernice/Winter 1901, 57 waren zumindest vor der Erstrestaurierung „beide Teile […] mit dicker Chlorsilberschicht überzogen.“ Von dieser Korrosionsauflage sind in den Unterschneidungen der Randreliefs noch Reste erhalten, die von verdichtet-pulvriger Konsistenz sind und nach dem Entfernen eine ebenso unregelmäßig-kratrige Oberfläche wie in der Umgebung freigeben. Im Eierstab dagegen konnte unter der Auflage Originaloberfläche in quadratmillimetergroßen Flächen freigelegt werden. Der desaströse Zustand läßt eine genaue Beurteilung zur Herstellungstechnik nicht mehr zu; aus dem gleichen Grund kann kein Punzvergleich mit der Platte HI 58 durchgeführt werden. Der quasi identische Dekor, gleiche Maße und die Gewichtsinschrift sprechen aber für eine identische Herstellung. Die Reliefdekore auf den Rändern folgen dem gleichen Schema, sind aber in Details variiert. Die Platte hat sehr wahrscheinlich umgekehrt als ‚Deckel’ auf dem Eimer HI 64 gelegen, was durch die starke Korrosion, die Durchschlagspur einer Spitzhacke (Abb. 7) und die Cohausen-Zeichnung (Abb. 3) belegt wird (Kap. 3. 1). Punzenvergleich: Wegen Fehlen der antiken Oberfläche nicht im Detail möglich. Aber die drei Kugelpunzen P 58/59,1-3 sowie Perl- und Eierstabpunzen P 58/59,5 und 6 dürften wegen der Maßgleichheit identisch sein. Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Datierung: siehe Kat. 58. Publ.: Pernice/Winter 1901, 58 Abb. 27. – Stein 1997, 26. – Ansonsten siehe Kat. 58.

HI 60 runde Platte mit appliziertem Randrelief Inv.-Nr.: Misc. 3779, 60. Maße: Dm 30,1 cm, H ohne Reliefauflage 1,78-1,96 cm. Gewicht: Platte 922,88 g, Fragmente einer Reliefauflage 14,7 g. Gewichtsinschrift umgerechnet 1194,964 g. Oberflächenuntersuchung: Abgeplatzte Oberflächenschuppen belegen das Verschmieden von Kaltgußstellen. Also muß ein Ausgangsprodukt gegossen worden sein. Auf dem waagerechten Rand ist eine poröse Stelle mit

unregelmäßigem Umriß vorhanden, die als Anschnitt, dem Ansatz des Eingußtrichters, gedeutet werden könnte (Abb. 178). Allerdings ist die ganze Platte stark überschmiedet, so daß keine weiteren Hinweise für den Guß einer Rohform beobachtet werden konnten. Abdrücke einer Hammerfinne finden sich im inneren Winkel des nach unten weisenden Randes. Daß die Platte nach dem Schmieden ausgiebig durch Drehen und evt. auch Drükken auf der Drehbank überarbeitet wurde, belegen je ein Pinolenabdruck auf Ober- und Unterseite, Rattermarken an den inneren Kanten des Randes (Abb. 177) und eingedrehte Riefen. Der Pinolenabdruck auf der Unterseite ist quadratisch.

Vergoldung: Die Fragmente sind teilvergoldet, wobei sich mit dem bloßen Auge zwei unterschiedliche Goldfarben ausmachen lassen; die eine ist satt-gelb, die andere fahl und grünlich. Die ‚unten’ liegenden Weinblätter und deren Stiele und Zweige sind satt-gelb, die ‚oben’ liegenden Efeublätter sind grünlich-fahl. An einer Stelle konnte eine scharfe Naht zwischen zwei vergoldeten Flächen unterschiedlicher Goldfarbe beobachtet werden. Dies dürfte ein Beleg für ein absichtsvolles Vorgehen bei der Vergoldung sein und spricht außerdem gegen eine Feuervergoldung, bei der eine einheitliche Goldfarbe entstanden wäre (Kap. 8. 7 mit Farbtaf. J 7). Inschriften: geritzte Gewichtsinschrift.

Der Standring ist wohl aus einem Streifen separat hergestellt und angelötet worden. Die Zargenfuge ist nicht auszumachen. Nach dem Auflöten mit Hartlot ist der Standring spanabhebend auf der Drehbank abgedreht worden. Dabei ist der Bereich innerhalb des Standringes sehr viel stärker abgetragen worden als außerhalb; innen beträgt die Wandstärke 0,9-1,2 mm, außerhalb 1,4-1,6 mm. Der waagerechte Rand ist in sich profiliert, um ein ‚Bett’ für die Reliefauflage zu schaffen. An den Seiten, besonders zum Außenrand hin ist ein Streifen um nur 0,1 mm eingetieft, der sich aber durch die konzentrischen Spuren deutlich abhebt. Dieser Streifen könnte durchaus durch Drücken angelegt worden sein, weil sich die Unterseite leicht wölbt; beim spanabhebenden Drehen kann eine solche Auswölbung nicht entstehen. An beiden vertieften Kanten des waagerechten Randes sind Reste von korrodiertem Weichlot erhalten, die die ehemalige Lötung der reliefierten Randauflage belegen. An einer Seite des nach unten abgewinkelten Randstreifens deutliche Reste der ehemaligen Weichlötung eines Griffes (Abb. 179); auf der gegenüberliegenden Seite sind kaum noch Weichlotreste vorhanden689. Die Reliefauflage bzw. die noch vorhandenen wenigen Fragmente sind aus einem breiten Blechstreifen ziseliert. Die Blattadern stehen, wie beim Lorbeerbecher HI 9 und den beiden Rankenbechern HI 5 und 6, leicht erhöht über dem Relief der Blattflächen. Dieses Blattaderrelief ist durch das flächige Zurücksetzen des Metalls mit einer Planierpunze ausgearbeitet worden. Die äußeren Konturen des Reliefdekors scheinen durch eine Mattierpunze abgesetzt worden zu sein. Die Abschläge dieser Mattierpunze sind durch streifige Schnittspuren in verschiedene Richtungen beschädigt. Diese Schnittspuren können nicht unbedingt als antike Herstellungsspuren interpretiert werden, weil sie auch bei einer Oberflächenfreilegung durch Entfernen von Silberchloridauflagen mit Flachsticheln entstanden sein können. Punzenvergleich: Es sind zwei Kugelpunzen unterschiedlicher Durchmesser, eine Hohlpunze sowie eine Linierpunze mit einem Sandkörnchen in der Punzfläche eingesetzt worden (Kap. 5. 6. 2).

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Siehe schon Winter/Pernice 1899, 127-128 u. Pernice/Winter 1901, 59-60.

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Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Umsetzen eines kleinen Fragmentes der Reliefauflage mit Blattadern an eine Bruchkante (Farbtaf. K 4). Datierung: Küthmann 1959: 75-50 v.Chr. – La Baume 1971: kurz vor Chr. Geb. Publ.: Sauppe 1868, 379 Nr. 18. – Schöne 1868/1966, 138. – Schöne/ Mommsen 1869, 473. – Schöne 1869, 370 Nr. 12. – Holzer 1870, 9798. 103. – Buhlers 1898, 28. – Lessing 1898, 35. 36. – Winter/Pernice 1899, 126 Fig. 6. 127. – Pernice/Winter 1901, 12. 13. 18. 19. 32. 35. 58. 59. 60 mit Fig. 28. Taf. 30. – Graeven 1902, 148 Nr. 278. 172. – Kat. Blume [nach 1905] 20-21. – Drexel 1909, 197. – Buhlers/Rubensohn 1913, 26 Kat. 27. – Köster 1923, Taf. 7a. – Pernice 1925, 99. – Kat. Berlin 1953, 12 Kat. 46. – Kat. Hannover 1956, 64 Kat. 162. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 45. – Küthmann 1959, 92. – Kähler 1961, 33. – Strong 1966, 150. – Gehrig 1967 a, 8. 10. 14. 28-29 zu Abb. 48. – Nierhaus 1969, 54. – La Baume 1971, 134 Nr. 40. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9. 11. 23 zu Abb. 48. – Roth-Rubi 1984, 175. 179 Abb. 4,13. 181. 185 Abb. 8,2. 187-188. – Antikenmuseum 1988, 341343 Nr. 6 mit Abb. – Stupperich 1993, 291. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Hitzl u.a. 1997, 73-74 Kat. 60 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 95. 98 Abb. 8,4. – S. Künzl 1997b, 21. 29 Anm. 78. – Stupperich 1997a, 179. – S. Künzl 1999, 572. – Erdrich 2002, 89 Kat. XX-05-9/3.52. Taf. 18, 3. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Niemeyer 2005, 56. – Niemeyer 2006, 37.

HI 61 runde Platte mit ‚antiken’ Reparaturen Inv.-Nr.: Misc. 3779, 61. Maße: Dm 39,1-39,3 cm, H 2,5 cm. Gewicht: 1756,68 g. Oberflächenuntersuchung: Insbesondere auf der Unterseite sind auf der ganzen Oberfläche Reste der Gußhaut sichtbar, die sich als kleine dunkle unregelmäßige Vertiefungen zu erkennen geben. Diese gehen nahtlos in Gußhautreste auf dem Standring über, so daß dieser in einem Zuge zusammen mit der Platte gegossen worden sein muß. Nach dem Guß erfolgte ein spanabhebendes Abdrehen auf der Drehbank zur Glättung der Oberfläche. Eine eingedrehte Riefe innerhalb des Standrings zeigt kleine Absätze, die auf ein langsames Drehen oder Nacharbeit mit der Hand hinweisen. Bei der vermeintlichen schrägen ‚Standringfuge’ handelt es sich wahrscheinlich um das erste Auftreffen des Spatens bei der Auffindung. Beim zweiten Zustoßen oder Nachtreten sind dann die Schlitze in den Platten HI 61 und HI 57b entstanden (Kap. 3. 1 mit Abb. 9). Die Beschädigungen an der Platte HI 61 dürften schon in Hildesheim repariert worden sein, indem die

Deformierungen zurückgeformt und mit Weichlot Silberblechstreifen auf der Plattenunterseite hinterlegt wurden. Da die Platte in diesem Zustand 1868 nach Berlin kam, vermuteten Pernice und Winter antike Reparaturen (Kap. 4. 4. 1). Der abgeschrägte Rand ist mit einem Muster aus senkrechten eingetieften Riefeln und plastischen Stegen versehen, die nach Pernice/Winter 1901 „mit dem Punzen eingehämmert sind.“690 Tatsächlich ist der Dekor in mehreren Schritten angebracht worden. Zuerst wurden im Abstand von 1,6-1,8 mm mit einem dreieckigen Gravierstichel tiefe Kerben spanabhebend von unten nach oben eingeschnitten, was die Reste der Schnitte in den Dreiecken oben belegen (Abb. 180 Pfeile)691. Möglicherweise wurden anschließend die Kanten der Schnitte unter langsamer Rotation auf der Drehbank gebrochen. Da später nur noch in den Tiefen der Kerben mit Punzen weitergearbeitet wurde, wäre diese Methode am rationellsten, die oberen Kanten so abzurunden, wie sie jetzt sind. Die vorgeschnittenen Kerben wurden nun unten mit einer Linierpunze von 0,7-0,8 mm Breite weiter ausgearbeitet. Die oberen Enden der Kerben wurden mit einer Dreieckspunze von 1,1 mm an der Basis und 1,5 mm Höhe weiter eingetieft. Die erhabenen Stege verjüngen sich an ihren oberen Enden, weil das Basismaß der Dreieckspunze mit 1,1 mm größer ist als die Breite der Linierpunze mit 0,70,8 mm. Über ca. zwei Drittel des Umfangs sind scharfkantige und tiefe Abschläge dieser Dreieckspunze zu beobachten. Im restlichen Drittel sind die nach unten weisenden Spitzen der Dreiecke durch die weit hochgezogenen Riefen der Linierpunze eingeebnet worden, so daß von den Dreiecken z.T. nur noch die Basis zu erkennen ist (Kap. 5. 6. 2). Publ.: Schöne 1868/1966, 138. – Holzer 1870, 97-98. – Lessing 1892, 24. – Buhlers 1898, 28. – Lessing 1898, 35. – Winter/Pernice 1899, 123 Anm. 2. – Pernice/Winter 1901, 11. 15. 16. 60-61 mit Fig. 29. 73. Taf. 31. – Graeven 1902, 148 Nr. 28. – Kat. Blume [nach 1905] 21. – Kat. Berlin 1953, 12 Kat. 43. – Kat. Hannover 1956, 64 Kat. 163. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 46. – Strong 1966, 150. – Gehrig 1967 a, 8. 10. 29 zu Abb. 49. – La Baume 1971, 134 Nr. 41. 137. 138. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9. 23 zu Abb. 49. – Antikenmuseum 1988, 341-343 Nr. 5 mit Abb. – Riz 1990, 34 zu Taf. 17,4. – Hitzl u.a. 1997, 74 Kat. 61 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 95. 98 Abb. 8,4. – S. Künzl 1997b, 21. – Lang 1997, 157. 161. – S. Künzl 1999, 572. – Erdrich 2002, 89 Kat. XX-05-9/3.53. Taf. 25, 3. – Niemeyer 2005, 56. – Niemeyer 2006, 37. – Graeven o.J., 6.

HI 62 Einsatz des verschollenen Rankenkraters Inv.-Nr.: Misc. 3779, 62b. Maße: Mündungsdm 37,9-38 cm, H 33,3 cm. Gewicht: Pernice/Winter 1901: 4433,5 g, Gehrig 1967/ 1980 sowie Hitzl u.a. 1997: 4432,6 g. Gewichtsinschrift auf dem verschollenen Mantel umgerechnet 13.245 g mit Basis. 690

Pernice/Winter 1901, 60. Um Beschädigungen durch eine mechanische Abnahme von Korrosionsauflagen kann es sich nicht handeln, weil ein Teil der Gravurschnitte durch die Dreieckspunze wieder zugeschmiedet wurde. 691

207

Fassungsvermögen: 15 l bis zur Riefe 17,3 cm unterhalb des Randes, 18,6 l bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Der Kratereinsatz zeigt auf der Außenseite deutliche Spuren vom Treiben, Drücken und Drehen (Abb. 24 u. 181). Auf den unteren zwei Dritteln der Gefäßhöhe sind die Abschläge der Hammerbahn zu erkennen, im oberen Drittel verlaufen horizontal wellige Drückspuren, aber auch Rattermarkenbahnen, die auf spanabhebendes Drehen hindeuten. Die Randprofilierung ist abgedreht. Im unteren Wandungsbereich sind Reste antiken korrodierten Weichlotes haften geblieben, die wohl während der Verlötung von Einsatz und Mantel innen heruntergelaufen sind. Der Rand ist an einer Stelle deformiert, was beim Zustechen oder -treten mit dem Spaten entstanden sein dürfte. An gleicher Stelle ist die Tischplatte HI 57b mit dem Durchstichschlitz deformiert und paßt daher im ‚Höhenrelief’ genau auf den Rand des Kratereinsatzes (Abb. 10 oben). Im sichtbaren Innern ist der Einsatz überschliffen und auf Hochglanz poliert. Durch die Beobachtung von Beschädigungen, die Cohausen-Zeichnung und praktische Versuche konnte verifiziert werden, daß zwei Platten, nämlich HI 57b und HI 61, als ‚Deckel’ auf dem Krater gelegen haben müssen (Kap. 3. 1 mit Abb. 10) Datierung: Lenormant 1869: antoninisch. – Pernice/Winter 1901: 2. Hälfte 1. Jh. v.Chr. – Thiersch 1920: frühaugusteisch. – Pernice 1925: augusteisch. – Drexel/Bersu 1930: 2. Hälfte 1. Jh. v.Chr. – Küthmann 1958b: 1. Jh. v.Chr. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – Strong 1966: 1. Jh. n.Chr. – Gehrig 1967a/1980/1981: augusteisch. – Nierhaus 1969: augusteisch. – La Baume 1971: letzte Jahrzehnte vor Chr. Geb. – Antikenmuseum 1988: um Chr. Geb. – E. Künzl 1988a: augusteischfrühtiberisch. – Pirzio Biroli 1991: 1. Jh. – E. Künzl 1996: 20 v.Chr. bis um Chr. Geb. – Gregarek 1997: augusteisch. – Stupperich 1997a: augusteisch. Publ.: A.A. 2, 1868, 798. – A.A. 3, 1868, 422. 424 Abb. 6. – Friederichs 1868. – Sauppe 1868, 380-381 Nr. 23. – Schöne 1868/1966, 137. 139. – Wieseler 1868 a, 1. 11 Anm. 3. 26 Anm. 1. 38. 44. 45-46. 50. Taf. 1 (Zeichnung). – Busch 1869, Abb. S. 172. 173. – v. Cohausen 1870, Sp. 227. – Froehner 1869. – Holzer 1869 c. – Lenormant 1869, 412-413. 418. 419 Abb. (Zeichnung). 424. – Schöne/Mommsen 1869, 479. – Schöne 1869, 370 Nr. 7. – Uhde 1869, 71 Abb. 10. – Unger 1869, 65 Fig. 1 (Zeichnung, wohl nach Wieseler 1868 a Taf. 1). 67. – Lenormant 1869, 418. 419 mit Abb. 424. – Holzer 1870, 6. 12. 59-64. Taf. 3, 1-3. – Blümner 1885, 160-161 mit Fig. 110-112. – v. Urlichs 1885, 102-103. – Luthmer 1889, 121 Fig. 55. 127-128. – Lessing 1892, 24-25. – Schreiber 1894, 396. 400. 425-428. 478. – Winter 1896 b, 80. – Winter 1896/97, 179. – Winter 1897, 117. 120-121 mit Fig. 4. 129. – Buhlers 1898, 8. 22-24. 37. – Kekulé v. Stradonitz 1898, 26. – Lessing 1898, 33. 36. – Héron de Villefosse 1899, 213-214. 252. – Pernice/ Winter 1901, 4. 5. 9. 10. 12. 13. 15. 17. 19. 49. 52. 53. 61-64 mit Fig. 30. 65. 74. Taf. 32-34. – Graeven 1902, 138. 142. 155 Nr. 39. 156. 172. – Kat. Blume [nach 1905] 3. 8. – Pernice 1907, 125. – Buhlers/Rubensohn 1913, 19-20 Kat. 15. – Thiersch 1920, 13. – Lehnert 1921, 56. – Pernice 1925, 101-102. Abb. 7. – Drexel/Bersu 1930, 26. Taf. 41,2. – Jacob-Friesen 1934, 152. – Kruse 1940, 13. Abb. S. 14. – Bruns 1946, 40-41 mit Abb. 33. – Kat. Berlin 1953, 5. – Kat. Hannover 1956, 66 Kat. 168. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 51. – Küthmann 1958 a, 111. – Küthmann 1959, 38. 44. 48. 53. 56. 59. 60-61. 63. 78 Anm. 545. 89. 92. – Kähler 1961, 33 mit Abb. 45. – Greifenhagen 1966, 148. 149. – Strong 1966, 153. – Gehrig 1967 a, 7. 10. 13-14. 16. 20 zu Abb. 2-5. – Gehrig 1967 b, 11. 14. – Lindemann 1967, 22. – v. Jan 1968, 22. – Kayser 1968, 49. – E. Künzl 1969, 325 Anm. 7. – Nierhaus 1969, 54. 57. – La Baume 1971, 131 Nr. 5. 135. – A.A. 4, 1973, 41. 43. – Schlumberger 1973, 54. – Gehrig 1977, 10 Anm. 17. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 6. 8-9. 11-12. 14-15 zu Abb. 2-5. – Zedelius 1981, 139. 140 Abb. 3 (Galvano). – Martin-Kilcher 1984, 395. – Baratte 1986, 55.

– Antikenmuseum 1988, 330-331 mit Abb. 336-337 Nr. 11 mit Abb. (Einsatz). – E. Künzl 1988a, 577-578 Kat. 403 mit Abb. – Zedelius 1989, 8. – Pirzo Biroli 1991, 69 Abb. 45-47. 70 Abb. 49 (Einsatz). 120 Abb. 86. – Stupperich 1993, 287. 290. 292. – Stupperich 1995, 104. 106 Anm. 43. – E. Künzl 1996. – Baratte 1997, 10-11 mit Abb. 4. – Gregarek 1997, 91. 92 Abb. 1 (Galvano). – Hitzl u.a. 1997, 75-76 Kat 62 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 92. 93. 95 Abb. 7,1. – S. Künzl 1997b, 20. – Stein 1997, 25. 26. – Stupperich 1997a, 175. 178. – Kurzmann 1998, 3959. 3960. – S. Künzl 1999, 572. – Painter 2001, 21 Anm. 48. – Tamm 2001, 13. 106. 186. 189. 194. 272 Kat. AP-187. Taf. 53.1. – Baukhage 2002, 93. 100 mit Abb. (Galvano). – Erdrich 2002, 89 Kat. XX-05-9/3.54. Taf. 18, 4. – Schleef 2003, 137. 140. 142. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Niemeyer 2005, 52 Abb. 1. – Tamm 2005, 78-80 mit Fig. 6. – Graeven o.J., 5. 8-9.

Rest eines Stiftes erhalten, mit dem zwei bewegliche Silberblechscheiben oder -rosetten montiert waren (Abb. 184). Am Übergang des geraden Griffstückes zur Volute sind auf dem etwas verdickten Rundstab in beide Richtungen je drei, heute stark verschliffene Blätter mit ihren Konturen einziseliert.

HI 63 großer Kantharos

Publ.: Wieseler 1868 a, 44. – v. Cohausen 1870, Sp. 226. 227. – Holzer 1869 c, 213. – Unger 1869, 70. – Holzer 1870, 2. 6. 7. 64-67. 95. Taf. 4, 1. 7. – Winter 1897, 117. – Buhlers 1898, 24-25. – Lessing 1898, 36. – Winter/Pernice 1899, 124-127 mit Fig. 5. – Kekulé v. Stradonitz 1900, 4. – Pernice/Winter 1901, 4. 10. 11. 12. 14. 16. 18. 41. 42. 64-65. 74. Taf. 35. – Graeven 1902, 155-156 Nr. 40. 164. 171. – Kat. Blume [nach 1905] 8-9. – Seeck 1911, 399. – Buhlers/Rubensohn 1913, 20-21 Kat. 16. – Thiersch 1920, 13. 16 Abb. 17. – Pernice 1925, 103. Abb. 11. – Kruse 1940, 12. 13. – Kat. Berlin 1953, 12-13 Kat. 47. – Küthmann 1959, 83. 92. – Kähler 1961, 33. – Greifenhagen 1966, 146. – Strong 1966, 153. – Gehrig 1967 a, 7. 9-10. 16. 20 zu Abb. 6. – Lindemann 1967, 22. – Kayser 1968, 49. – La Baume 1971, 132 Nr. 12. 134. – Schlumberger 1973, 54. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 6. 8-9. 12. 15 zu Abb. 6. – Zedelius 1981, 136. 137 Abb. 2. 138. – Antikenmuseum 1988, 331. 338-339 Nr. 1 mit Abb. – Riz 1990, 33 zu Taf. 14,4. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Stupperich 1993, 287. 295. – Stupperich 1995, 104. – Hitzl u.a. 1997, 76-78 Kat. 63 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 92. 95 Abb. 7,1. – S. Künzl 1997a, 116. 122. – S. Künzl 1997b, 20. – Stein 1997, 26. – Stupperich 1997a, 171. 176. – S. Künzl 1999, 572. 573. – Painter 2001, 21 Anm. 48. – Tamm 2001, 106. 189. 272 Kat. AP-188. Taf. 53.2. – Erdrich 2002, 89 Kat. XX-05-9/3.555. Taf. 19. – Schleef 2003, 137. 140. 142. – Niemeyer 2005, 56. – Tamm 2005, 82. 83 mit Fig. 10. – Niemeyer 2006, 37. – Graeven o.J., 9.

Inv.-Nr.: Misc. 3779, 63. Maße: Dm 34,7 cm, H (mit rekonstruiertem Fuß und Unterteil) bis Lippe 42-42,4 cm, mit Griffen 52 cm. Oberflächenuntersuchung: Der Gefäßkörper dürfte aus einer vorgegossenen Plantsche weitgehend ausgeschmiedet worden sein. Hinweise auf Guß konnten nicht beobachtet werden. Das Randprofil ist nach dem Treiben auf der Drehbank abgedreht und die Riefen unter der Lippe und oberhalb des ausladenden Bodenteils eingeschnitten worden. Die Vertiefungen für die ‚Kettenstränge’, Schleifen und Nielloeinlagen sind mit einem ca. 0,5-0,6 mm breiten Stichel spanabhebend eingemeißelt. Die tropfenförmigen Vertiefungen für die ‚Kettenanhänger’ sind innen mit einer schmalen Kerbe tief umfahren, während die Innenfläche nur schwach eingetieft ist. In allen eingetieften Kerben und Flächen sind die Absätze des Meißelvortriebs zu erkennen. In den ‚Kettensträngen’ und Schleifen sind keine Reste von Niello zu beobachten, so daß wahrscheinlich nur die ‚Kettenanhänger’ mit Niello gefüllt waren. Die Schattenwirkung in den schmalen Kerben könnte einen ähnlich dunklen Eindruck erzeugt haben wie das Niello in den größeren Flächen der ‚Kettenanhänger’. Als Alternative käme, wie bei den Efeubechern HI 20-25, theoretisch auch die Tauschierung von Kupfer- oder Messingdraht in Frage. Auch in den ebenfalls 0,5-0,6 mm breiten Kerben des Gefäßunterteils, die wie bei den Efeubechern ein Zungenblattdekor hier aber im graphischen Stil darstellen, sind keine Reste von Einlagen beobachtet worden. Der originale Griff besteht aus einem vorgegossenen und ausgeschmiedeten Rundstab mit feinen Facetten vom Schmieden. Die untere Attasche ist flächig aus dem Rundstab ausgeschmiedet. Den Übergang Rundstab-Attasche überdeckt ein dickwandiges, separat angefertigtes dreiblättriges Dekorelement, das hart verlötet ist (Abb. 182). Die Blechkanten sind sorgfältig versäubert und eine ‚Öse’ ist eingefeilt worden, so daß der Eindruck eines ‚Astknotens’ entsteht. Zur Montage des Griffes am Gefäßrand wurde eine vierblättrige Tülle aus Silberblech gearbeitet und am Rundstab hart verlötet (Abb. 183). Die profilierte Öse ist eingefeilt. In der Volutenmitte ist der 208

Vergoldung: Lippe und das Band zwischen den eingedrehten Riefen oberhalb des Bodenteils waren vergoldet. Datierung: Pernice 1925: augusteisch. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: augusteisch. – Antikenmuseum 1988: augusteisch. – Riz 1990: claudisch. – Stupperich 1997a: späthellenistisch.

HI 64 Eimer vom Typ Eggers 24 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 64. Gewicht: Pernice/Winter 1901, 66: 8746 g, Gehrig 1967/ 1980 sowie Hitzl u.a. 1997: 8799,5 g. Gewichtsinschrift umgerechnet 9.086,7 g. Gewichtsdifferenz von - 387,2 g durch unvollständige Attaschen, Fehlen der drei massiven Füße und Korrosion erklärbar. Oberflächenuntersuchung: Wie zahlreiche Abdrücke der Hammerbahn am eingezogenen niedrigen Hals um am Rand belegen, ist der Eimer geschmiedet. Der Henkel dagegen ist gegossen, parallele Feilspuren an den Kanten stammen von der Versäuberung der Oberfläche von Gußhaut und Gußnähten. Nach Vergleichsstücken in Kupferlegierungen dürften die Attaschen allein schon wegen ihrer Massivität wohl ebenfalls gegossen sein; sie sind aber vermutlich unvollständig. Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Datierung: Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: 1. Jh., bis 79. – Antikenmuseum 1988: 1. Jh. n.Chr. – Riz 1990: claudisch. Publ.: Schöne 1868/1966, 137. – Wieseler 1868 a, 8. 44. 45. – v. Cohausen 1870, Sp. 227. – Holzer 1869 c, 214. – Holzer 1870, 6. 60. 70-71. Taf. 4, 3 u. 5. – Lessing 1892, 24. – Winter 1897, 117. – Buhlers 1898, 25. – Kekulé v. Stradonitz 1899, 3. – Lessing 1898, 33. 36. – Pernice/Winter 1901, 4. 11. 12. 16. 65-66. Taf. 36. – Willers 1901, 32-

33 mit Abb. 19. 117. – Graeven 1902, 138. 153-154 Nr. 38. – Buhlers/Rubensohn 1913, 21 Kat. 17. – Thiersch 1920, 12. – JacobFriesen 1934, 152. – Kruse 1940, 12. 13. – Kat. Berlin 1953, 13 Kat. 48. – Kat. Hannover 1956, 65-66 Kat. 167. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 50. – Küthmann 1959, 83. 92. – Strong 1966, 153. – Gehrig 1967 a, 7. 11. 16. 20-21 zu Abb. 7. – Gehrig 1967 b, 14. – Lindemann 1967, 22. – Nierhaus 1969, 54. – La Baume 1971, 136 Nr. 58. 138. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 6. 9. 12. 15 zu Abb. 7. – Antikenmuseum 1988, 332-333 Nr. 3 mit Abb. – Riz 1990, 38 zu Taf. 49,1.2. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Stupperich 1993, 287. 295. – Stupperich 1995, 104. – Hitzl u.a. 1997, 78-79 Kat. 64 mit Abb. – KaufmannHeinimann 1997, 92. 95 Abb. 7,1. – S. Künzl 1997b, 20. – Stupperich 1997a, 176. – Kurzmann 1998, 3958. 3963. – S. Künzl 1999, 572. – Erdrich 2002, 89 Kat. XX-05-9/3.56. Taf. 20, 1. – Schleef 2003, 137. 142. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64.

HI 65 geriefelte Schüssel Inv.-Nr.: Misc. 3779, 65. Maße: erhalten 39,7 x 30,7 cm, rekonstruiert ca. 56,5 x 30,7 cm. Oberflächenuntersuchung: Die Schüssel ist nur zu ca. der Hälfte erhalten (Abb. 185); fehlende Teile sind aus Kupfer oder Bronze dickwandig gegossen und beidseitig versilbert. Die Unterseite der Originalfragmente ist vollständig mit einer ca. 1-1,5 mm dicken Schicht aus mit Kalk vermengtem Silberchlorid bedeckt. Die Oberseite zeigt nur wenige Spuren der Bearbeitung. Am waagerechten Rand ist das Metall bis zu 4 mm stark; in den Riefeln nur noch 1 mm. Dies deutet auf eine Treibarbeit aus einer vorgegossenen Plantsche hin. Auf der Oberseite sind die Bögen der Riefeln mit flach geschwungenen ziselierten Bögen betont. Auf der Unterseite sind Bögen und Kanneluren durch grobe Ziselierlinien nachgeformt. Datierung: Antikenmuseum 1988: 1. Jh. n.Chr. Publ.: A.A. 3, 1868, 422. – v. Cohausen 1870, Sp. 227. – Holzer 1870, 2. 102. – Winter 1897, 117-118 mit Fig. 1. – Buhlers 1898, 5. 29. – Lessing 1898, 33. – Pernice/Winter 1901, 4. 5. 48. 66-67 mit Fig. 31. Taf. 37. – Graeven 1902, 135. 149 Nr. 31 mit Fig. 5. – Kat. Blume [nach 1905] 21. – Buhlers/Rubensohn 1913, 5. 28 Kat. 36. – Thiersch 1920, 13. – Köster 1923, Taf. 4a. – Jacob-Friesen 1934, 152. – Kat. Berlin 1953, 14 Kat. 51. – Strong 1966, 155. – Gehrig 1967 a, 7. 11. 21 zu Abb. 9. – La Baume 1971, 136 Nr. 57. 138. – Gehrig 1980, 6. 9. 15 zu Abb. 9. – Martin-Kilcher 1984, 398. – Antikenmuseum 1988, 331. 332-333 Nr. 4 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Stupperich 1993, 287. – Stupperich 1995, 104. – Hitzl u.a. 1997, 79 Kat. 65 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 95. 98 Abb. 8,3. – Stein 1997, 26. – Stupperich 1997a, 171. – S. Künzl 1999, 572. – Erdrich 2002, 89 Kat. XX-05-9/3.57. Taf. 24. – Schleef 2003, 137. 142. – Niemeyer 2005, 5657. – Niemeyer 2006, 37. – Graeven o.J., 6.

HI 66 konisches Gefäß 1 Inv.-Nr.: Misc. 3779, 66. Maße: max. Dm 17,5 cm, H 35,7-36 cm, Dm Fuß 12,613,6 cm. Oberflächenuntersuchung: Auf der Innenseite rissige Struktur, die auf ein Aufziehen des Gefäßes aus einer geschmiedeten Silberblechscheibe hindeutet. Die Wandstärkenmessungen belegen das Austreiben bzw. Prellen

der plastisch hervorstehenden Wülste und undekorierten, im Schnitt dachförmigen Streifen692 (Abb. 186). Die Umriße der Tiere des Tierfrieses und der Blätter- und Blütenranken der breiten Zierzone 4 sind von Punktlinien begleitet, die in Zierzone 4 keine Vorzeichnung, sondern einen ‚Alternativentwurf’ markieren (Kap. 5. 3. 4. 2 mit Farbtaf. D-F). In den schmalen Zierzonen 1, der Wellenranke mit Blüten, und 3, dem Lorbeerblattstreifen, sind keine Punktierungen zu beobachten. Radiographie: Die wolkige Struktur belegt eine Schmiedearbeit; insbesondere in der Mitte der unreliefierten Bänder sind deutlich die schräg nebeneinandergesetzten Abschläge einer Hammerfinne zu erkennen (Abb. 145). An den Kanten der Metallergänzungen im unteren Wandungsbereich zeichnet sich innen aufliegendes Weichlot ab. Erst nach mehrfachen Durchstrahlungsversuchen konnte bei 8 Minuten Strahlzeit eine dem Fragment HI 67 vergleichbare Abbildung erreicht werden. Bei HI 67 mit einer Wandstärke ergaben 149 kV und 1 Minute Belichtungszeit eine akzeptable Abbildung. Eine Durchstrahlung von 2 Minuten bei der doppelten Wandstärke von HI 66 ergab eine nicht ausreichende Durchstrahlung, so daß für eine adäquate Durchstrahlung die Strahlungszeit auf 8 Minuten erhöht werden mußte. Ob dies mit dem gegenüber HI 67 erhöhten Kupfergehalt zusammenhängt, ist unsicher (Kap. 10. 1. 3. 9). Punzenvergleich: Zwölf Form-, eine Mattier-, zwei Kugel- und mindestens drei Linierpunzen. Die meisten Formpunzen sind in Zierzone 4 eingesetzt worden (Kap. 5. 3. 4. 1). Vergoldung: Komplett vergoldet sind die schmalen Zierzonen 1 und 3. Bei Zierzone 2, dem Tierfries, ist nur der Hintergrund mit den Blättern vergoldet, die Tiere sind bis auf die Gürtelbinde des Stieres nicht vergoldet. Zierzone 4 ist bis auf die Akanthus- und Lanzettblätter vergoldet. Am getreppten Fuß sind die mattierten Dreiecke des Zick-Zack-Bandes vergoldet. Datierung: Lenormant 1869: Ende 4. Jh. – v. Urlichs 1885: 1. Jh. – Graeven 1902: evt. augusteisch. – Seeck 1911: augusteisch. – Pernice 1925: nicht vor dem 2. Jh. – Dreßler 1921: augusteisch. – Schuchhardt 1928: um 200. – Jacob-Friesen 1934: Ende 2. Jh. – Bruns 1953: spätes 4.Jh. – Kat. Essen 1956: 2. Jh. n.Chr. – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: spätantik, 4./5. Jh. (?). – Küthmann 1959: 25 v.Chr. 0. – Nierhaus 1969: zwischen 50 und 75 n.Chr. – E. Künzl 1988b: frühes 1. Jh. – La Baume 1971: augusteisch. – Antikenmuseum 1988: 1. Jh. n.Chr. – Baratte 1989: letzte Jahrzehnte des 1. Jhs. v.Chr. – Pirzio Biroli 1991: erste Jahrzehnte des 1. Jhs. n.Chr. – Gregarek 1997: Flavisch. – Stupperich 1997a: augusteisch. Publ.: A.A. 2, 1868, 799. – A.A. 3, 1868, 422. 424 Abb. 1. – Schöne 1868/1966, 143. – Schöne/Mommsen 1868, 478. – Wieseler 1868 a, 3940. 44-45. 46-47. – Busch 1869, 174. – Lenormant 1869, 423. 424. – v. Cohausen 1870, Sp. 225. 227. 265. – Holzer 1869 a, 93. – Lenormant 1869, 424. – Uhde 1869, 67. – Unger 1869, 69. – Holzer 1870, 2. 5. 6. 7. 68-70. Taf. 4, 2 u. 4. – v. Urlichs 1885, 104. – Schreiber 1894, 400. – Winter 1897, 117 Anm. 2. 121 mit Fig. 5. 124. – Buhlers 1898, 21. – Lessing 1898, 33. 35. 37. – Pernice/Winter 1901, 4. 12. 13. 14. 16. 18. 692

209

Erdrich 2002, Taf. 21.

26. 67-69. 73. Taf. 38-40. – Willers 1901, 173-174 mit Abb. 63. 197. Taf. 10, 2 (Abrollung vom Tierfries). – Graeven 1902, 138. 169-170 Nr. 61 u. 62 mit Fig. 15. 174. 180. – Seeck 1902, 400. – Kat. Blume [nach 1905] 17. – Drexel 1909, 225. – Seeck 1911, 400-401. 402. – Buhlers/ Rubensohn 1913, 10. 17-18 Kat. 13. 25. – Drexel 1915, 33-35 mit Abb. 15. – Thiersch 1920, 15-16. 19 Ab. 22. – A.A. 5, 1921. – Dreßler 1921, 30. – Drexel 1921/22, 39 Anm. 1. – Pernice 1925, 104-105. Abb. 16. – Schuchhardt 1928, 249. 250. – Drexel/Bersu 1930, 27. Taf. 42,3. – Jacob-Friesen 1934, 152. – Kruse 1940, 12. – Kat. Celle 1946, 17 Kat. 103. – Bruns 1953. – Kat. Berlin 1953, 13 Kat. 49. – Kat. Hannover 1956, 61 Kat. 133. – Kat. Essen 1956, 42 Kat. 18f. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 16 mit Taf. 16. – Küthmann 1958 b. – Küthmann 1959, 6872. 82. 85. 92. – Megaw 1961, 235. 236. 237 Anm. 23. 241. – John 1963, 968. 969-974. – Wheeler 1965, 77. – Greifenhagen 1966, 147. – Gehrig 1967 a, 7. 12. 15. 21 zu Abb. 8 u. Farbtaf. 4. – Lindemann 1967, 22. 23. Taf. 2. – Kayser 1968, 48 mit Abb. 49. – Nierhaus 1969, 55. 57 Anm. 5. 59-60. – La Baume 1971, 132-133 Nr. 13. 135. 137. 138. – A.A. 4, 1973, 41. – Schlumberger 1973, 54. 55. Abb. S. 58. – Webersinn 1977. – Pusen 1978, 186. – Gehrig 1980, 6. 12. 15 zu Abb. 8 u. Farbtaf. 4. – Zedelius 1981, 143 Abb. 5. – Antikenmuseum 1988, 331. 332-333 Nr. 1 u. 2 mit Abb. – E. Künzl 1988a, 550. 575. 579-580 Kat. 407 mit Abb. – E. Künzl 1988b, 34. 45 Abb. 10. 48. 51. – Baratte 1989, 70. 74-75 Kat. 15 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. 184 Abb. 178. 273 Kat. 99 mit Abb. Mit Abb. 15 (HI 66). – Stupperich 1993, 287. 298. 300. – Stupperich 1995, 104. 106 Anm. 43. 109-111. 114 Anm. 84. 120 Abb. 12 (HI 66). – Gregarek 1997, 93-94 mit Abb. 6. 95. – Hitzl u.a. 1997, 80-81 Kat. 66 mit Abb. – Hitzl/Nehmann 1997, 202. – Kaufmann-Heinimann 1997, 92. 95 Abb. 7,2. – Niemeyer 1997, 133. – Stupperich 1997a, 171. 177-182. – S. Künzl 1999. – Tamm 2001, 96. 189 Anm. 40. 271 Kat. AP-184. Taf. 49.2. – Baukhage 2002, 100. – Erdrich 2002, 89 Kat. XX-05-9/3.58. Taf. 21. – Schleef 2003, 137. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Niemeyer 2005, 54. – Graeven o.J., 1314.

HI 67 konisches Gefäß 2 (Fragment) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 67. Oberflächenuntersuchung: Ebenfalls rissige Oberflächenstruktur auf der Innenseite, die auf ein Aufziehen aus einer Blechscheibe hindeutet (Abb. 147). Auch hier sind die Tiere des Tierfrieses von punktierten Linien begleitet, die als Alternativentwurf anzusehen sind (Kap. 5. 3. 4. 2 mit Farbtaf. E). Radiographie: Insbesondere im unreliefierten Band zeichnet sich die Schmiedestruktur in Form einzelner Hammerschläge deutlich ab (Kap. 10. 1. 3. 9 mit Abb. 146). Punzenvergleich: Nur eine ringförmige Hohlpunze und die Mattierpunze identifizierbar. Die Fellstrukturierung der Tiere dürfte mit Linienpunzen ziseliert worden sein (Kap. 5. 3. 4. 1). Vergoldung: Die mattierte Hintergrundfläche mitsamt den eingetieften Blüten ist vergoldet. Datierung: siehe Kat. 66. Publ.: Holzer 1870 Taf. 13, 6. – Pernice/Winter 1901, 67 mit Fig. 32 u. 33. Taf. 41. – Willers 1901, 174. 197. –Seeck 1911, 396. – Drexel 1915, 33-35 mit Abb. 16. – Pernice 1925 Abb. 17. – Kruse 1940, 12. Abb. S. 14. – Kat. Berlin 1953, 13 Kat. 50. – Kat. Hannover 1956, 61 Kat. 134. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 17. – Konrad 1962, Abb. S. 7. – Gehrig 1967 a, 21 zu Abb. 8 u. Farbtaf. 4. – La Baume 1971, 133 Nr. 14. 135. 137. – Schlumberger 1973, 54. 55. Abb. S. 59. – Gehrig 1980, 14 zu Abb. 8 u. Farbtaf. 4. – Stupperich 1993, 301. – Hitzl u.a. 1997, 81-83 Kat. 67 mit Abb. – Tamm 2001, 271 Kat. AP-185. – Erdrich 2002, 89 Kat. XX-05-9/3.529Taf. 22, 1. – Schleef 2003, 137.

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HI 68 Eierschalen-Patera Inv.-Nr.: Misc. 3779, 68. Maße: Mündungsdm 26,5-27 cm, H 5,2-5,8 cm. Gewicht: Originalfragmente 474,5 g, Ergänzungen in Blech 38,3 g. Gewichtsinschrift umgerechnet 711,748 g. Oberflächenuntersuchung: Am Rand beträgt die Materialstärke 1-1,5 mm, an der Wandung darunter 0,6-0,9 mm, am Boden ca. 0,8 mm; im oberen Bereich der Eierbuckel beträgt das Silberblech 0,6 mm, in der Mitte der Buckel nur 0,5 mm. Dieser Umstand belegt, daß die Buckel ausgetrieben wurden. Auf der Außenseite können an den oberen Bereichen der Buckel flächige Abdrücke des Schmiedehammers beobachtet werden, wodurch sich hier ein polygonaler Schnitt ergeben würde. Das Metall muß also bei der Ausarbeitung der Buckel auch von außen bearbeitet worden sein: Die Buckelflächen könnten zunächst von innen her ausgewölbt worden sein, bis sie sich über eine eiförmige plastische Patrize legen ließen. Um identische Buckel zu erreichen, wären die leicht unregelmäßig mit der Hand ausgeschmiedeten Buckel über der Patrize in eine identische Form gebracht worden. Abschließend wurden Innen- und Außenflächen durch Schmirgeln und Polieren geglättet, so daß nur an der Oberkante der Buckel auf der Außenseite Hammerbahnabdrücke stehen blieben. Die Reste des korrodierten Weichlotes auf der Unterseite belegen das ursprüngliche Vorhandensein eines Griffes entsprechend einer Patera und von drei Füßen, von denen einer direkt mit der Griffattasche verbunden gewesen sein muß (Kap. 3. 8. 1 mit Abb. 22a-c, 188 u. 189). Die Füße müssen über 6 mm hoch gewesen sein, damit die tiefsten Stellen der Eierbuckel die Unterlage nicht berühren. Die Lötfläche der Griffattasche ist herzförmig und relativ groß. Die Hauptmasse des theoretischen Gewichtes des Griffes von ca. 200 g muß relativ nahe an der Schale gelegen haben, damit der Schwerpunkt des gesamten Gefäßes nicht zu weit nach außen verlagert wurde und die Schale umkippte. Ein ähnliches Problem stellt sich bei den Kasserollen HI 69-72. So droht die Kasserolle HI 71 wegen der Fehlstelle in der Wandung gegenüber des Griffes umzukippen. Auch der Stand der Kasserolle HI 68 ist labil, weil der Griff massiv und schwer ist. Punzenvergleich: Keine Formpunzen verwendet, lediglich eine Ziselierpunze von 0,4 mm Breite, mit der der graphische Dekor im Boden ziseliert wurde (Abb. 187). Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Entfernen der metallenen Ergänzungen von 1895-1899, weil die Weichlötungen größtenteils korrodiert waren. Neue Hinterlegung der Fehlstellen mit retuschierten Kunstharzschalen. Inschriften: geritzte Gewichts- und Namensinschriften. Datierung: Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: augusteisch. – Gregarek 1997: flavisch. – Stupperich 1997a: augusteisch.

Publ.: Sauppe 1868, 378 Nr. 4. – Schöne 1868/1966, 138. – Schöne/ Mommsen 1869, 473. 478. – Schöne 1869, 370 Nr. 4. – Lenormant 1869, 421. – Uhde 1869, 67. – Holzer 1870, 95. 99. Taf. 13, 1 u. 2. – Luthmer 1889, 129. – Lessing 1892, 8 mit Abb. 24. – Buhlers 1898, 28. – Kekulé v. Stradonitz 1898, 4. – Lessing 1898, 35. – Héron de Villefosse 1899, 260. – Pernice/Winter 1901, 10. 11. 14. 16. 18. 19. 26. 69. 70-71. Taf. 42. – Graeven 1902, 148 Nr. 30. 174. 179. – Kat. Blume [nach 1905] 20. – Buhlers/Rubensohn 1913, 27-28 Kat. 34. – Thiersch 1920, 13. – Köster 1923, 9. Taf. 2. – Pernice 1925, 98. 105. Abb. 1. – Kat. Berlin 1953, 14 Kat.52. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 47. – Küthmann 1958 b, 137. – Küthmann 1959, 61-62. 63. 64. 92. – Konrad 1962, 8 mit Abb. – John 1963, 967. – Gehrig 1967 a, 10. 12. 15. 29 zu Abb. 50. – Lindemann 1967, 23. – La Baume 1971, 136 Nr. 56. – A.A. 4, 1973, 41. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 12. 23 zu Abb. 50. – Antikenmuseum 1988, 334-335 Nr. 12 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. 181 Abb. 174. 273 Kat. 100. – Gregarek 1997, 94. 95 Abb. 7. – Hitzl u.a. 1997, 82-83 Kat. 68 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 95. 98 Abb. 8,3. – S. Künzl 1997b, 24. – Stupperich 1997a, 182. – S. Künzl 1999, 572. – Erdrich 2002, 89 Kat. XX-05-9/3.60. Taf. 22, 2. – Schleef 2003, 142. – v. Mangoldt 2005, 21 Anm. 64. – Niemeyer 2005, 53 Abb. 3a. 54. 55-56. – Niemeyer 2006, 36 Abb. 2u. 3. 37. – Graeven o.J., 6-7.

HI 69 Kasserolle 1 mit Rosette am Griffende (trulla) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 69. Maße: Gesamtlänge 29,3 cm, L vom Griff bis zur Markierung 13,7 cm, Mündungsdm 15,5-15,8 cm, H am Griff 7,7 cm, H an der Mündung 7,9 cm. Gewicht: 815 g. Fassungsvermögen: 870 ml bis zur Randeinwölbung, 1090 ml bis zur Oberkante. Gewichtsinschrift für ein Stück umgerechnet 836,817 g. Differenz zum Sollgewicht: - 21,817 g. Oberflächenuntersuchung: Der Hohlkörper der Kasserolle ist ausgeschmiedet. Am Bodenumbruch sind innen wenige Reste von Abschlägen eines Fäustels erhalten, über dem der Bodenumbruch scharf profiliert worden ist. Die Wandstärke verjüngt sich von 5 mm am Rand auf 1 mm in der Mitte der Wandung und nimmt zum Bodenumbruch hin wieder auf 1,4 mm zu. Die geringste Wandungsstärke an der am weitesten ausgewölbten Stelle ist typisch für eine Schmiede- und Treibarbeit. Der Pinolenabdruck auf der Unterseite und einige eingedrehte Riefen am Rand belegen die spanabhebende Überarbeitung auf der Drehbank. Auf der Unterseite des Griffes ist am Ansatz zum Hohlkörper ein weiterer ‚Pinolenabdruck’, der durch die punzierte Gewichtsinschrift überlagert wird. Dieser ‚Pinolenabdruck’ liegt mit 13,5 cm zum Griffende und 16 cm zum Gefäßrand außerhalb der Mitte der gesamten Kasserollenlänge. Er könnte er zur Gewichtsaustarierung gedient, um das Kippeln der Kasserolle wegen eines zu schweren Griffes zu verhindern. Auf der Oberseite des Griffes belegen einige Oberflächenverluste durch Gußfehler den Guß des Rohlings. Auf der Innenseite zeichnet sich durch eine porige ‚Rahmung’ ein möglicher Anschnitt von ‚afrikaförmigem’ Umriß ab (Abb. 190). Die Dekore auf dem Griff sind alle ziseliert; spanabhebende Gravur ist nicht sicher zu belegen, selbst wenn sie im Vorfeld der Ziselierarbeit ausgeführt worden sein sollte. In den langen Längsriefen zeichnen sich Absätze vom Versetzen der Linierpunze ab (Kap. 9. 1. 2). Die beiden Vogelaugen und evt. auch die Mitte der Blüte 211

am Griffende sind mit einer Hohlpunze mit Dm 2,7 mm gesetzt worden. Radiographie: Die Bodenmitte mit dem Pinolenabdruck ist leicht verdickt; hier zeichnet sich eine feinkörnige Struktur auf dem Röntgenfilm ab, die auf Schmiedearbeit hindeutet. Im bis zu 6,7 mm starken Griff ist keine Gasporosität erkennbar. Im Griffende wird die Bohrung von der Probennahme 1977/78 sichtbar (Abb. 150 oben rechts, Pfeil 1). Hinweise auf eine Hartlötung vom Griff an der Schale zeichnen sich nicht ab; die Kasserolle ist also im Ganzen aus einem vorgegossenen Stück Silber ausgeschmiedet (Kap. 10. 1. 3. 10 mit Abb. 148-150). Inschriften: punzierte Gewichtsinschrift. Datierung: Kat. Essen 1956: 1. Jh. n.Chr. – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 2. Jh. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: augusteisch. Publ.: Friederichs 1868. – Sauppe 1868, 378 Nr. 5. – Schöne 1868/ 1966, 138. – Schöne/Mommsen 1869, 476. – Schöne 1869, 370 Nr. 11. – Lenormant 1869, 421. – Uhde 1869, 67. – Holzer 1870, 99-100. Taf. 11, 8. – Lessing 1892, 24. – Schreiber 1894, 326 Kat. 29. 387 Kat. 29. 388. 422. – Buhlers 1898, 29. – Lessing 1898, 33. 35. – Pernice/Winter 1901, 11. 13. 16. 52. 63. 71 mit Fig. 35. 72. 73. Taf. 43. – Graeven 1902, 146-147 Nr. 22. – Kat. Blume [nach 1905] 20. – Buhlers/Rubensohn 1913, 29 Kat. 37-40. – Thiersch 1920, 13. – Köster 1923, 12. Taf. 5b. – Pernice 1925, 96. – Jacob-Friesen 1934, 152. – Kat. Berlin 1953, 14 Kat. 53. – Kat. Hannover 1956, 66 Kat. 169. – Kat. Essen 1956, 43 Kat. 18h. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 52. – Küthmann 1959, 60. 92. – Gehrig 1967 a, 8-10. 14. 28 zu Abb. 43. – La Baume 1971, 135 Nr. 52. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9. 11. 22 zu Abb. 43. – Antikenmuseum 1988, 336-337 Nr. 8 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Hitzl u.a. 1997, 83-84 Kat. 69 mit Abb. – KaufmannHeinimann 1997, 93. 96 Abb. 7,4. – S. Künzl 1997b, 17. – Stupperich 1997a, 179. – Stupperich 1997b, 75. – Kurzmann 1998, 3958. – S. Künzl 1999, 572. – Petrovsky/Stupperich 1999, 17. – Tamm 2001, 272 Kat. AP-190. – Erdrich 2002, 90 Kat. XX-05-9/3.61. Taf. 23, 1. – Schleef 2003, 140. 142.

HI 70 Kasserolle 2 mit Knoten im Griff (trulla) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 70. Maße: Gesamtlänge 33,3 cm, L vom Griff 14,65 cm, Mündungsdm 18,7 cm, H am Griff 7,65 cm, H an der Mündung 7,05 cm. Gewicht: Schale 686, 2 g, Griff 200 g = 886,2 g. Fassungsvermögen: 1290 ml bis zur Doppelriefe 5,5 mm unterhalb des Randes, 1370 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Der Großteil der antiken Oberfläche ist wohl durch Korrosion verloren; möglicherweise hat aber auch eine alte Restaurierung die merkwürdigen Oberflächenstrukturen verursacht. Am Rand sind im Bereich der antiken Weichlötung zwar die Reste des Weichlotes verschwunden, dafür bezeichnet dort eine deutliche Spur in Form unregelmäßiger silberfarbener Auflagen die Fläche der ehemaligen Weichlötung. Eindeutige Hinweise auf Guß- oder Treibarbeit der Kasserollenschale sind nicht zu finden. Die Dickwandigkeit der Schale insgesamt und der aus dem Massiven abgedrehte 1 mm hohe Standring sprechen für eine Gußarbeit. In der Mitte des Bodens ist um den Pinolenabdruck mit

Dm 19 mm herum eine Kreisfläche mit Dm 2,2 cm durch Abdrehen profiliert. Am Griff (Abb. 191 links), der am Knoten bis zu 9,2 mm stark ist, gibt eine einzige kleine Stelle am Schnabel einer der Vogelköpfe mit den Resten der porös-körnigen Gußoberfläche einen Hinweis auf den Guß als Fertigungstechnik (Abb. 191 rechts oben). An den eingerollten Voluten sind aber auch Schmiedestrukturen zu erkennen (Abb. 191 rechts unten). Die Linien der Dekorelemente sind mit Linierpunzen ziseliert, die mit unterschiedlicher Kraft gezogen worden sind, wodurch unterschiedlich breite und tiefe Linien entstanden (Kap. 9. 1. 2 mit Abb. 95 Mitte). Pinolenabdruck, eingedrehte Riefen und die Bodenprofilierung belegen die spanabhebende Überarbeitung auf der Drehbank. Ein Spiegel mit reliefiertem Emblem aus Pompeji weist einen vergleichbaren Knoten im Griff auf693. Auch hier gabelt sich der Griff zum Ende in zwei Stränge. Petrovsky und Stupperich erwähnen die Hildesheimer Kasserollen HI 69-71 in ihrer Arbeit über die Trau-Kasserollen als Beispiele für Reliefgriffe in Silber. Die sog. Blechkasserollen, also auch HI 71 und 72, datieren danach kurz nach der Zeitenwende. Die schweren durch Guß hergestellten Reliefgriffkasserollen, hier HI 70, sind eine etwas spätere, arbeitssparende, aber materialintensivere Entwicklung. Beide treten über einen gewissen Zeitraum gleichzeitig auf und verschwinden dann wieder694. Radiographie: Die Bodenmitte mit dem Pinolenabdruck und konzentrischen Hohlkehlen ist leicht verdickt. Die Mitte der Schalenwandung ist am stärksten durchstrahlt. Zum Boden und zum Rand hin verstärkt sich die Wandung wieder. Der breite Standring zeichnet sich wegen seiner deutlich größeren Materialstärke mit scharfer Kontur ab (Abb. 148). Im bis zu 9,2 mm starken Griff ist keine Gasporosität erkennbar. In der Mitte des Griffendes ist die Bohrung von der Probennahme 1977/78 zu erkennen (Abb. 150 unten rechts, Pfeil 1). In die Attasche des Griffes und in den Rand der Schale sind bei einer früheren ‚Restaurierung’ jeweils 4 Bohrungen für das Verstiften eingebracht worden (Abb. 150 unten rechts Pfeile 2)695. Da dies die einzige Kasserolle ist, bei der Schale und Griff separat angefertigt und die antike Weichlötung während der Bodenlagerung korrodiert ist, mußten die Teile wieder verbunden werden. Auf dem Röntgenbild sind die Bohrungen gegeneinander versetzt, weil Tietz III die Stifte entfernt und den Griff ohne Stifte verklebt hat (Kap. 10. 1. 3. 10). Punzenvergleich: Für die Ausgestaltung des Griffes wurde lediglich eine Ringpunze mit Dm 1,4 mm eingesetzt, 693

K. Roth-Rubi Zur Typologie römischer Griffspiegel. In: J.Chr. Balty/G. Faider-Feytmans/M.-E. Mariën (eds.), Actes des IIIes journées internationales consacrées à l’ètude des bronzes romains. Bull. Mus. Roy. Bruxelles 46, 1974, 31-41, bes. 40 Fig. 19. 694 Petrovsky/Stupperich 1999, bes. 17 u. 23 für Bronzekasserollen. 695 Auf dem Röntgenbild sind nur vier davon deutlich zu erkennen, weil in den anderen Bohrlöchern noch die Silberstifte stekken, weshalb sie sich auf dem Röntgenfilm nicht abzeichnen.

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mit der die Augen der Vogelköpfe gesetzt wurden (Kap. 5. 6. 2). Auf der Unterseite des Griffes finden sich in unregelmäßigem Abstand voneinander 7 runde Abdrücke einer Art Ringpunze mit Dm 2,8 mm. Da diese Abdrücke nicht in gerader Linie liegen und überwiegend nicht vollständig abgeschlagen sind, dürfte es sich um eher zufällig entstandene Strukturen handeln. Datierung: Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 2. Jh. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. Publ.: Friederichs 1868. – Schöne 1868/1966, 138. – Lenormant 1869, 421. – Uhde 1869, 67. – Holzer 1870. 99-100. 103. Taf. 11, 4. – Lessing 1892, 24. – Schreiber 1894, 313. 326 Kat. 27. 313 mit Fig. 53. 419. – Buhlers 1898, 29. – Lessing 1898, 33. 35. – Pernice/Winter 1901, 11. 13. 52. 63. 64. 71 Fig. 36. 72. 73. Taf. 44. – Graeven 1902, 146-147 Nr. 23. 172. – Kat. Blume [nach 1905] 20. – Buhlers/Rubensohn 1913, 29 Kat. 37-40. – Pernice 1925, 96. – Jacob-Friesen 1934, 152. – Kat. Berlin 1953, 14 Kat. 54. – Kat. Hannover 1956, 66 Kat. 170. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 53. – Küthmann 1959, 92. – Strong 1966, 148. – Gehrig 1967 a, 8-10. 14. 28 zu Abb. 44. – La Baume 1971, 135 Nr. 53. 138. – Schlumberger 1973, Abb. S. 55. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9. 11. 22 zu Abb. 44. – Zedelius 1983, 95. – Antikenmuseum 1988, 336-337 Nr. 7 mit Abb. – Hitzl u.a. 1997, 84-85 Kat. 70 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 93. 96 Abb. 7,4. – S. Künzl 1997b, 17. – Stupperich 1997a, 179. – Stupperich 1997b, 75. – Kurzmann 1998, 3958. – S. Künzl 1999, 572. – Petrovsky/Stupperich 1999, 17. – Tamm 2001, 272 Kat. AP-191. – Erdrich 2002, 90 Kat. XX-05-9/3.62. Taf. 23, 2. – Schleef 2003, 140. 142.

HI 71 Kasserolle 3 mit Efeuranke und Trifoliardurchbruch im Griff (trulla) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 71. Maße: Gesamtlänge 28,3 cm, L vom Griff bis zur Markierung 14,1 cm, Mündungsdm 14,15 cm, H am Griff 8,5 cm, H an der Mündung 7,5 cm. Gewicht: 482,9 g (mit Epoxydeinlage). Fassungsvermögen: 700 ml bis zur Oberkante (mit eingesetzter Epoxydharzhinterlegung). Gewichtsinschrift für zwei Stück umgerechnet 1038,061 g, also 519,0305 g pro Stück. Oberflächenuntersuchung: Wenige oberflächlich sichtbare Gasporen am Übergang Griff-Mündungsrand. Unterhalb des Randes im noch dickwandigeren Bereich außen rauhe Oberflächenstrukturen, die Reste der Gußoberfläche sein könnten. Der Standring mit Dm 88,5 mm und 3 mm Breite ist separat gegossen (Gasporen an Innen- und Außenseite), hart angelötet und durch umfangreiches spanabhebendes Drehen in seine Form gebracht, was durch feinste Rattermarken in den konzentrischen Rillen seitlich des Fußansatzes deutlich wird. Die Lotnaht ist innen und außen streckenweise in Form feiner Porenlinien noch verfolgbar. Der Standring drückt sich innen in Form eines konzentrischen Ringes mit poriger Oberfläche ab, was durch Korrosion, evt. aber auch durch das Durchschlagen des Lotes durch die Wandstärke des Bodens hindurch verursacht sein kann. Wandstärke an den Bruchkanten der Fehlstelle: 0,3-0,4 mm. Schmiedestrukturen auf der Unterseite des Griffes. Die Griffstärke verringert sich von 3,5 mm am Griffansatz auf 2,6 mm am Griffende. Feilspuren an den Kanten der Peltenausschnitte. Reste von sog. Kaltgußstellen sind auf der Oberseite des

Griffes sichtbar, die sich bei den ziselierten Konturen deutlich in die Materialtiefe hinein fortsetzen. Ein Pinolenabdruck auf der Unterseite mit einem ‚Hof’ feiner konzentrischer Kratzer im Dm von max. 4 mm. Ein ca. 3 mm breiter ‚Ring’ poriger Oberflächenstruktur im Abstand von 6 mm vom Pinolenabdruck. Innerhalb des Standringes im Boden eine Gruppe und drei Einzelabschläge einer Kreispunze mit Dm 2,7 mm. Das Relief der Efeuranke wurde durch Tieferlegen des Hintergrundes und das Ziselieren ausgeprägter Konturen ausgearbeitet. Kleine Bereiche von ‚Hochrelief’ an den Kanten der Efeublätter sind durch unterhöhlendes Ziselieren ausgearbeitet, wodurch die oberen Kantenabschnitte hochgedrückt wurden (vgl. Kap. 9. 1. 2). Radiographie: Auch hier zeichnet sich im Griff keine Gasporosität ab, so daß es sich nicht um ein reines Gußstück handeln kann. Die Konturen der Reliefs zeichnen sich durch eine stärkere Durchstrahlung ab; hier ist die Materialstärke durch das materialverdrängende Ziselieren verringert worden. Die Bodenmitte mit dem Pinolenabdruck ist am stärksten; zwischen Dm 3,5 und 6,5 cm zeichnet sich ein dunkler Ring verringerter Materialstärke ab. Der hohe Standring ist scharf konturiert, weil er separat gearbeitet, hart aufgelötet und durch Drehen nachgearbeitet worden ist. Hinweise auf eine Hartlötung vom Griff an der Schale zeichnen sich nicht ab; die Kasserolle ist also im Ganzen, mit Ausnahme des Standringes, aus einem vorgegossenen Stück Silber ausgeschmiedet (Kap. 10. 1. 3. 10). Punzenvergleich: Lediglich zwei Formpunzen wurden verwendet: ein kleiner Kreisstempel mit Dm 0,95 mm in der größten Schlagtiefe und 1,2-1,3 mm im Außendurchmesser, verwendet an beiden Fruchtdolden an Griffansatz und als Mittelpunkte in den vier Peltenrotellen der Griffausschnitte und ein großer Kreisstempel mit Dm 2,5 mm innen und 3,1 mm außen für die Vogelaugen. Die Rundungen der großen Fruchtstände am Griffansatz sind freihand ziseliert (Kap. 5. 6. 2). Inschriften: punzierte Gewichts- und Namensinschriften. Veränderung durch die Restaurierung 2003-2006: Hinterlegung der Fehlstelle in der Wandung mit einer entsprechend geformten und retuschierten Kunstharzplatte. Datierung: Lenormant 1869: antoninisch. – Schöne/Mommsen 1869: 2. Jh. – Pernice/Winter 1901: wohl erst 2. Jh. – Kat. Hannover 1956/Kat. Hildesheim 1957: 2. Jh. – Küthmann 1959: 50-25 v.Chr. – La Baume 1971: augusteisch. – S. Künzl 1997b u. 1997d: augusteisch. – Stupperich 1997b: augusteisch. Publ.: Friederichs 1868. – Sauppe 1868, 377-378 Nr. 3. – Schöne 1868/1966, 138. – Wieseler 1868 a, 31 Anm. – Schöne/Mommsen 1869, 478. 479. – Schöne 1869, 370 Nr. 3. – Lenormant 1869, 420. 424. – Uhde 1869, 67. – Holzer 1870. 99-100. 102-103. Taf. 3, 5. Taf. 11, 9. – v. Urlichs 1885, 104. – Lessing 1892, 24. – Schreiber 1894, 326 Kat. 30. 387 Kat. 30. 389. – Buhlers 1898, 29. – Lessing 1898, 33. 35. 37. –

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Pernice/Winter 1901, 11. 13. 16. 17. 18. 52. 64. 72 mit Fig. 37. 73. Taf. 45. – Graeven 1902, 146-147 Nr. 24. 172. 174. 178. 179. – Seeck 1902, 401. – Kat. Blume [nach 1905] 20. – Seeck 1911, 400. – Buhlers/ Rubensohn 1913, 29 Kat. 40. – Thiersch 1920, 13. 17. – Köster 1923, 12. Taf. 5a. – Pernice 1925, 96. – Jacob-Friesen 1934, 152. – Kat. Berlin 1953, 14-15 Kat. 55. – Kat. Hannover 1956, 66-67 Kat. 171. – Kat. Essen 1956, 43 Kat. 18h. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 54. – Küthmann 1959, 65. 68. 82. 92. – John 1963, 967. 969. – Strong 1966, 148. – Gehrig 1967 a, 8-12. 28 zu Abb. 46. – La Baume 1971, 135 Nr. 54. 137. – Schlumberger 1973, Abb. S. 55. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9-10. 22 zu Abb. 46. – Antikenmuseum 1988, 336-337 Nr. 9 mit Abb. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Stupperich 1993, 300. – Stupperich 1995, 108. – Erdrich 1997, 191. – Hitzl u.a. 1997, 84-85 Kat. 71 mit Abb. – Hitzl/Nehmann 1997, 201. – S. Künzl 1997b, 17. 29 Anm. 57. – Kaufmann-Heinimann 1997, 93. 96 Abb. 7,4. – Stupperich 1997a, 174. 179. – Stupperich 1997b, 75. – Kurzmann 1998, 3958. – S. Künzl 1999, 572. 574. – Petrovsky/Stupperich 1999, 17. – Bender 2000, 470. – Painter 2001, 57. – Tamm 2001, 272-273 Kat. AP-192. – Erdrich 2001, 102. – Erdrich 2002, 90 Kat. XX-05-9/3.63. Taf. 23, 3. – Schleef 2003, 140. 142.

HI 72 Kasserolle 4 mit Trifoliardurchbruch im Griff (trulla) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 72. Maße: Gesamtlänge 30,1 cm, L vom Griff bis zur Markierung 13,8 cm, Mündungsdm 16,25-16,75 cm, H am Griff 6,9 cm, H an der Mündung 6,5 cm. Gewicht: 522,4 g. Fassungsvermögen: 965 ml bis zur Riefe 5 mm unterhalb des Randes, 1060 ml bis zur Oberkante. Oberflächenuntersuchung: Keine porige Naht zwischen Griff und Schale, die auf eine Lötung des Griffes hindeuten würde. Der Boden ist durch eingedrehte konzentrische Rillen um den Pinolenabdruck in der Mitte schwach profiliert. Die Außenkante des eigentlichen Standringes ist abgewetzt. Die Kanten im Griffdurchbruch weisen deutliche Feilspuren auf (Abb. 192 links). Der Durchbruch dürfte von einer Bohrung aus ausgesägt und die Sägekanten nachgefeilt worden sein. Innen sind am Boden direkt oberhalb des Standringes an zwei Stellen Reste der Gußoberfläche auszumachen. Die Kasserolle ist also aus einer in der Stärke des Randes, des späteren Standringes und des Griffes vorgegossenen Plantsche ausgeschmiedet indem ganz gezielt nur der Bereich der Gefäßwandung ausgeschmiedet wurde. Da Rand und Boden fast unbearbeitet blieben entstand die Hohlform quasi von selbst. Auf der Unterseite des Griffes sind auf der zum Gefäß weisenden Hälfte gerade verlaufende Linien von Rattermarken zu erkennen. Sie dürften vom Abziehen der Oberfläche mit einem Schabeisen stammen. Die Riefen mit Rattermarken auf der Innenseite unterhalb des Randes sind beim Abdrehen entstanden (Abb. 192 rechts). An der Wandung gibt es viele Hammerbahnabdrücke. Die größeren dürften von einer Rückformung der verbeulten Wandung stammen und nur die kleineren mit dem Ausschmieden des Hohlkörpers in Zusammenhang stehen. Radiographie: In der Wandung zeichnen sich in konzentrischen Ringen und durch wolkige Strukturen leicht unterschiedliche Wandungsstärken mit einzelnen Hammer-

bahnabdrücken ab, die eine Schmiedearbeit belegen (Abb. 149 unten). Die Bodenmitte innerhalb der konzentrischen Ringe im Boden ist leicht verdickt. Eine Gasporosität im Griff ist nicht zu erkennen, ebenso wenig Hinweise auf eine Hartlötung zwischen Griff und Schale. Beides belegt die Schmiedearbeit (Kap. 10. 1. 3. 10).

HI 74 Gefäßmündung (verschollen) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 74 Publ.: Holzer 1870, 99. 104. – Pernice/Winter 1901, 73-74 mit Fig. 40. – Stupperich 1995, 120 Abb. 15. – Hitzl u.a. 1997, 87 Kat. 74. – Tamm 2001, 267. – Erdrich 2002, 90 Kat. XX-05-9/3.66. Taf. 28, 3.

Inschriften: geritztes Graffito.

HI 75 Gefäßmündung oder Standring mit Ansatz des Bodens (verschollen)

Datierung: Nierhaus 1969: Mitte 1. Jh. – Antikenmuseum 1988: 3. Viertel 1. Jh. n.Chr. – E. Künzl 1988b: nachaugusteisch. – La Baume 1971: 1. Jh. n.Chr.

Inv.-Nr.: Misc. 3779, 75

Publ.: Friederichs 1868. – Schöne 1868/1966, 138. – Lenormant 1869, 421. – Holzer 1870. 99-100. – Lessing 1892, 24. – Buhlers 1898, 29. – Lessing 1898, 33. 35. – Pernice/Winter 1901, 11. 14. 15. 19. 72 Fig. 38. 73. Taf. 46. – Graeven 1902, 146-147 Nr. 21. 172. – Kat. Blume [nach 1905] 20. – Buhlers/Rubensohn 1913, 29 Kat. 37-40. – Pernice 1925, 96. – Jacob-Friesen 1934, 152. – Kat. Berlin 1953, 15 Kat. 56. – Kat. Hannover 1956, 67 Kat. 172. – Kat. Hildesheim 1957 Kat. 55. – Gehrig 1967 a, 8-10. 28 zu Abb. 45. – Nierhaus 1969, 58-59. – La Baume 1971, 135 Nr. 55. – A.A. 4, 1973, 42. – Kat. Toledo 1977, 126. – Gehrig 1980, 7. 9. 12. 22 zu Abb. 45. – Antikenmuseum 1988, 336-337 Nr. 10 mit Abb. – E. Künzl 1988b, 34. – Pirzio Biroli 1991, 120 Abb. 86. – Stupperich 1993, 300. – Stupperich 1995, 108. – Erdrich 1997, 191. – Hitzl u.a. 1997, 84-86 Kat. 72 mit Abb. – Hitzl/Nehmann 1997, 201. – Kaufmann-Heinimann 1997, 93. 96 Abb. 7,4. – S. Künzl 1997b, 17. – Stupperich 1997a, 174. 179. – Stupperich 1997b, 75. – Kurzmann 1998, 3958. – S. Künzl 1999, 572. – Erdrich 2001, 102. – Tamm 2001, 273 Kat. AP-193. – Erdrich 2002, 90 Kat. XX-05-9/3.64. Taf. 23, 4. – Schleef 2003, 140. 142.

Publ.: Holzer 1870, 99. 104. – Pernice/Winter 1901, 74 mit Fig. 41. – Stupperich 1995, 120 Abb. 14. – Hitzl u.a. 1997, 87 Kat. 75. – Erdrich 2002, 90 Kat. XX-05-9/3.67. Taf. 28, 4.

HI 76 Ring als Emblemeinfassung (verschollen) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 76 Publ.: Pernice/Winter 1901, 74 mit Fig. 42. – Hitzl u.a. 1997, 87 Kat. 76. – Erdrich 2002, 90 Kat. XX-05-9/3.68. Taf. 28, 5.

HI 77 Gefäßmündung (verschollen) Inv.-Nr.: Misc. 3779, 77 Publ.: Pernice/Winter 1901, 74 mit Fig. 43. – Hitzl u.a. 1997, 87 Kat. 77. – Tamm 2001, 267. – Erdrich 2002, 90 Kat. XX-05-9/3.69. Taf. 28, 6.

Misc. 7964: weitere Fragmente und Gefäßteile des Hildesheimer Silberfundes (verschollen), inventarisiert am 20.03.1886 von Ernst Curtius696.

HI 73 runde undekorierte Platte Inv.-Nr.: Misc. 3779, 73. Maße: Dm 33-33,2 cm, H 2,35 cm. Gewicht: Randfragment 279,7 g, Bodenfragment 635,7 g (wenige Fehlstellen, stark korrodiert). Oberflächenuntersuchung: Die antike Oberfläche ist auf der Innenseite der Platte komplett verloren, auf der Unterseite ist sie unter Silberchloridauflagen noch erhalten. Der Rand ist beidseitig von Silberchlorid bedeckt, außen belegen tiefe horizontale Kratzer den Reinigungsversuch mit einer Metalldrahtbürste. Beidseitige Pinolenabdrücke und die eingedrehten Riefen am senkrechten Rand stammen vom Überarbeiten auf der Drehbank. In den Hohlkehlen auf der Außenseite des senkrechten Randes und außerhalb des Standrings konnten Rattermarken freigelegt werden, wie sie beim spanabhebenden Abdrehen entstehen. Dies könnte auf das Nacharbeiten eines angelöteten Standringes hinweisen. Der Umbruch zum Rand ist eingezogen, die Wandstärke am Boden mit 0,91,4 mm recht gleichmäßig, was alles für eine Schmiedearbeit spricht. Auf Grund des Gesamtzustandes muß die Beurteilung der Platte unsicher bleiben. Publ.: Holzer 1870, 97-98. – Lessing 1892, 24. – Buhlers 1898, 28. – Lessing 1898, 35. – Pernice/Winter 1901, 11. 16. 73 mit Fig. 39. – Graeven 1902, 148 Nr. 29. – Kat. Blume [nach 1905] 20. – Strong 1966, 150. – La Baume 1971, 134 Nr. 42. 137. 138. – Kat. Toledo 1977, 126. – Roth-Rubi 1984, 175. 179 Abb. 4,12. 180-181. 185 Abb. 8,1. 187188. – Antikenmuseum 1988, 342-343 Nr. 3 mit Abb. – Riz 1990, 34 zu Taf. 17,4. – Baratte 1997, 8 Abb. 2. – Hitzl u.a. 1997, 86 Kat. 73 mit Abb. – Kaufmann-Heinimann 1997, 95. 98 Abb. 8,4. – S. Künzl 1999, 572. – Erdrich 2002, 90 Kat. XX-05-9/3.65. Taf. 25, 2. – Niemeyer 2005, 56. – Niemeyer 2006, 37. – Graeven o.J., 6.

214

696

Siehe Pernice/Winter 1901, 74 letzter Absatz und Hitzl u.a. 1997, 33 Anm. 1.

Farbtafel A

Zirkelschlagrosette und Korrelation der Rosettenspitzen zu den eingestochenen Punkten unterhalb des Randes der Athena-Schale HI 1 (die Pfeile markieren den langen Strich zwischen zwei Rosettenblättern)

Farbtafel B

B2 C4 C1 C2 C3

B4

B3

B 1: erhaltene Reste der Bemalung auf dem Athena-Emblem mit Markierung der Detailaufnahmen (die Blattranke auf dem Schild der Athena ist von Holzer falsch herum gezeichnet worden)

links oben: ‚Bemalung’ auf der Rückseite der Helmbüsche links unten: ‚Bemalung’ auf der Rückseite des rechten Fußes B2

B4

B3

Farbtafel C C1

C2

C3

C4

C 5: Rekonstruktion der Bordürenbemalung auf dem Athena-Emblem

punktierte ‚Alternativ’-Umriße in Zierzone 2 des konischen Gefäßes 1 HI 66 (rot; grün: Hintergrundmattierung auf Reliefdekor), Maßstab 1:1

Farbtafel D

Farbtafel E

punktierte ‚Alternativ’-Umriße am konischen Gefäß 2 HI 67 (Bruchkanten gestrichelt), Maßstab 1:1

Vorzeichnungs-Punktierung in Zierzone 4 des konischen Gefäßes 1 HI 66, Maßstab ca. 1:1,2

Farbtafel F

Farbtafel G

G 1: partielle Vergoldung auf der Innenseite der Athena-Schale HI 1

G 2: abgerissene Goldschicht auf der Innenseite der Athena-Schale HI 1

G 3: Schnittkanten an der Goldfolie der Herzblatt-Palmetten

G 4: Verlust von Vergoldung auf glatten Oberflächenbereichen

Farbtafel H

H 1: Vergoldungsreste auf der Außenseite der Athena-Schale HI 1 (links) und Goldflusen auf dem Athena-Emblem (Mitte und rechts)

H 2: versetzte untere Enden zweier sich überkreuzender Thyrsosstäbe mit Schnittkanten an der Vergoldung des Girlandenbechers HI 10

H 3: Schnittkanten an der Vergoldung des Girlandenbechers HI 10

H 4: hochstehende Goldflusen am Girlandenbecher HI 10

H 5: Goldflusen in den Bärten des Viermaskenbechers HI 11

H 6 (links): Goldreste auf dem Relief und Kanten von Goldblättchen am Zehnmaskenbecher HI 13 H 7 (Mitte und rechts): rechteckige Goldblättchen am Zehnmaskenbecher HI 13

Farbtafel J

J 1: schmale Vergoldung der Akanthus-Mittelrippen am Zehnmaskenbecher HI 13

J 2: Vergoldungen in den Hohlkehlen des Zehnmaskenbechers 1 HI 13 (links) und des cyathus HI 36 (rechts)

J 3: aufgerissene Goldschicht auf Handhabe B vom Ententeller 1 HI 45

J 4: Detailaufnahmen der aufgerissenen Goldschichten auf den Ententellern HI 45-47

J 5: Goldkante unterhalb des oberen Perlstabes auf der Herakles-Schale HI 2

J 6: Goldkante auf den abgedrehten Perlen des unteren Perlstabes

J 7 : zweifarbige Vergoldung auf einem Fragment des Randreliefs der Platte HI 60

Farbtafel K

K 1: Kymatien an Fuß (links) und Emblemring (rechts) der Athena-Schale HI 1

K 2: Griff 1 der Athena-Schale HI 1:

Mitte: Aufsicht auf die Daumenplatte

K 3: Seitenansicht (links) und antike Weichlotreste einer Grifflötung (oben) am Girlandenbecher HI 10

K 4: Relieffragmente der Platte HI 60 im neuen Zustand auf s/w-Foto des alten Zustandes, ein kleines separates Fragment wurde an ein größeres angesetzt (Pfeil)

Kap. 1

Abb. 1a: Sammelaufnahme von Teilen des Hildesheimer Silberfundes (Zustand 1973)

57

66

63

62

64 67

56 72 65

58 (+59)

70 69

60

71

61

Abb. 1b: Umzeichnung mit HI- bzw. Inventarnummern (fehlendes Stück gleichen Typs in Klammern)

Kap. 1

Abb. 2a: Sammelaufnahme von Teilen des Hildesheimer Silberfundes (Zustand 1973)

54

1 44

2

11

36

19

9

24 (+25)

12

10

14 5

68

27 (-29) 30 (-32)

37

3

13

6

33 (-35) (20-) 23

55

48 (-50)

4

42+43 17+18 51 (-53)

39

(7+) 8

45 (-47)

Abb. 2b: Umzeichnung mit HI- bzw. Inventarnummern (fehlende Stücke gleichen Typs in Klammern)

Kap. 3

Abb. 3: Fundplatzrekonstruktion durch A. v. Cohausen (oben, mit versetzter Beschriftung), unten mit Inventarnummern

61 ?

58 ? 66

62

67 57

64 65

63 56

Kap. 3

Abb. 4: passender Fußabdruck von Blattstabbecher 1 HI 7 in Becher 2 HI 8

Abb. 5: Abdruck vom Fuß des Zehnmaskenbechers 1 HI 13 im Löwentatzennapf HI 37 (links), mit eingezeichnetem Durchmesser (Mitte) und mit leicht versetzt eingestelltem Fuß (rechts)

Abb. 6: Löwentatzennapf HI 37 mit eingestelltem Zehnmaskenbecher 1 HI 13

Kap. 3

Abb. 7: Schlagspur in der Platte 2 mit reliefiertem Rand HI 59

Abb. 8: zwei Einschlagmarken im Kantharos HI 63

Abb. 9: Einstichspur in der Tischplatte HI 57a (links, vergleiche Abb. 10 oben) und in der Platte HI 61 (rechts, vergleiche Abb. 10 unten)

Abb. 10: Platte HI 57a auf dem Einsatz des Kraters HI 62 (oben), Platte HI 61 über Platte HI 57 gestülpt (unten), Einstiche mit Pfeilen markiert

Kap. 3

Abb. 11: Zustandsaufnahme während der Erstrestaurierung der Hermen am Klapptisch HI 57a

Abb. 12: ‘Erstrestaurator’ Carl Tietz (Tietz I)

Abb. 13: Hans Tietz (Tietz II), vorn rechts der Viermaskenbecher HI 11

Abb. 14: Hans-Ulrich Tietz (Tietz III)

Abb. 15: neuzeitliche Weichlotreste und Kratzspuren an den Näpfen HI 34 (links) und 35 (oben)

Kap. 3

Abb. 16a: Rekonstruktion des Rankenbechers 2 HI 6 mit Fuß des Girlandenbechers HI 10

Abb. 16b: Rekonstruktion des Rankenbechers 2 HI 6 mit Fuß HI 41

Abb. 16c: Rekonstruktion des Rankenbechers 2 HI 6 mit Fuß vom Zehnmaskenbecher 1 HI 13

Abb. 17a: Rekonstruktion eines Blattstabbechers HI 7/8 mit dreiteiligen Scyphusgriffen

Abb. 17b: Rekonstruktion eines Blattstabbechers HI 7/8 mit zweiteiligen Scyphusgriffen

Abb. 18: Rekonstruktion des Lorbeerbechers HI 9 mit Kylix-Griffen und Fuß HI 41

Kap. 3

Abb. 19a: Viermaskenbecher HI 11 mit Fuß vom Girlandenbecher HI 10

Abb. 19b: Viermaskenbecher HI 11 mit Fuß HI 41

Abb. 19c: Viermaskenbecher HI 11 mit Fuß vom Zehnmaskenbecher 1 HI 13

Abb. 19d: Reste der Fußlötung am Boden des Viermaskenbechers HI 11

Abb. 20: Rekonstruktion des Sechsmaskenbechers HI 12 mit Kylix-Griffen und Fuß HI 41

Abb. 21: Rekonstruktion des Buckelnapfes HI 19 mit zwei schlaufenförmigen Griffen

Kap. 3

Abb. 22a: sog. Eierschale HI 68 als Patera mit glattem Griff auf drei Rotellenfüßchen, Seitenansicht

Abb. 22b: sog. Eierschale HI 68 als Patera mit kanneliertem Griff auf drei Löwentatzenfüßen, Seitenansicht

Abb. 22c: sog. Eierschale HI 68 als Patera mit kanneliertem Griff mit Widderkopfabschluß, Aufsicht

Kap. 4

Abb. 23: Treibspuren im Innern des Außenbechers vom Buckelnapf HI 19

Abb. 25: Meißelspuren in den Stielen des Efeubechers 1 HI 20

Abb. 24: Treibspuren auf der Außenseite des Kratereinsatzes HI 62b

Abb. 26: Meißelspuren in den Lorbeerblättern des Löwentatzennapfes HI 37, Teile der Mittelriefe wieder zugeschmiedet

2

1

3 Abb. 27: Emblem der Kybele-Schale HI 3 mit drei Perforierungen

Abb. 28: verschmiedete Perforierungen 1 (oben) und 2 (unten)

Kap. 5

Abb. 29: eingestochene Punkte über Herzblatt-Palmetten- und Akanthus-Blüten-Motiven der Athena-Schale HI 1

Abb. 30: Fassung von Herakles- (links) und Attis-Emblem (rechts) HI 2 und 4 mit Krampen

Abb. 31: Auflager mit Weichlotresten für das Athena-Emblem am Emblemring, Zweitmontage

Abb.32: Lotrest auf der Unterseite des AthenaEmblems, Zweitmontage

Abb. 33: Markierung der Lage des Athena-Emblems im Emblemring

Abb. 34: Weichlotreste (oben) und abgeflachter Dekor (rechts) am Rand des Athena-Emblems als Hinweise auf eine Erstmontage des Emblems mit aufliegendem Rahmen

Kap. 5

Abb. 35a: Griff 1

Abb. 35b: Griff 2

Abb. 35c: übereinanderprojizierte Griffe, Griff 1 durchgezogen, Griff 2 gestrichelt

Kap. 5

Abb. 36: Handhaben der Ententeller HI 45-47 (von oben nach unten), jeweils links Seite A, rechts Seite B

Abb. 37a-c: REM-Aufnahmen der Wellenlinien auf den Ententellern HI 45-47 2

Abb. 37b: Detail aus Abb. 37a

4

3

1

Abb. 37c: Detail aus Abb. 37b

Kap. 5

Abb. 38: Silbergefäß aus Neerhaeren (links) und Rekonstruktion des konischen Gefäßes HI 66 (rechts, StrichPunkt-Linie: verlorenes Mündungsteil, gepunktet: rekonstruiert), Maßstab 1:2

Kap. 6

Abb. 39: Blattstabbecher HI 7 (rechts, nach der Neurestaurierung) und 8 (links, vor der Neurestaurierung)

Abb. 40: Blattstab mit Vorkerbungen am Becher HI 8, rechts im Silikon

Abb. 41: Zwischendekor 1, bei HI 7 mit Punkteinschlägen in den Diagonalen (links), bei HI 8 ohne Einschläge (rechts) 1

4

2

2

1 3 4

3 2 4

Abb. 42: REM-Aufnahme der Blattspitzen

Abb. 43: Hohlpunze im Zwischendekor mit punktförmigen Vertiefungen, unten der Silikonabguß im REM

Kap. 6

Abb. 44: Umzeichnungen der Blattstäbe an den Bechern HI 7 (oben) und HI 8 (unten), im Maßstab; der Becher HI 8 ist im ganzen etwas größer, entsprechend auch der Blattstab (vergleiche Abb. 39)

Abb. 45: Ententeller 1 HI 45, links Seite A mit Negativrelief auf der Rückseite, rechts Seite B

Abb. 46: Blattstab mit Vorkerbungen, Mitte im Silikon mit diversen Doppelabschlägen, Blattspitze abgerundet

Abb. 47: Spuren der Fußlötungen am Ententeller 3 HI 47 (vergleiche Abb. 171)

Kap. 6

Abb. 48: Lorbeerbecher HI 9 mit doppeltem Blattstab (links Vorderseite, rechts Seitenansicht, vergleiche Abb. 159)

Abb. 49: Blattstab mit Vorkerbungen am Lorbeerbecher HI 9

Abb. 50: REM-Aufnahmen von zwei Blattspitzen mit einer parallel zu Kante verlaufenden Linien (Pfeile)

Abb. 51: Kanne HI 44 (links) mit doppeltem Blattstab auf dem Schulterring (oben)

Abb. 52: Blattabschläge mit je zwei Punkten am Original

Abb. 53: Blattpunzenoberfläche mit zwei Punkten im REM, rechts verschwindet der obere punktförmige Fehler in der Vorzeichnungskerbe

Kap. 6 Abb. 54: Handspiegel aus Boscoreale

Abb. 55: Blattstab mit Mattierpunze als Blattpunze und Betonung der ‚Blattspitze’

Abb. 56: simpulum in Erlangen

Abb. 57: Blattstab mit Vorkerbungen und stark abgeschliffenen Perlstäben, rechts im Silikonabguß

Kap. 6

Abb. 58: Scyphus 1 mit Blattstabdekor aus Lübsow Grab 1/1908

Abb. 59: Blattstab am Original

Abb. 60: Silikon mit vier horizontalen Riefen in den Blattflächen und je zwei Kerben an einer Kante der Blattpunze

Abb. 61: Zwischendekore, links am Scyphus 1 mit Fehler, rechts am Scyphus 2

Abb. 62: Hohlpunze mit unregelmäßiger Oberfläche am fehlerhaften Zwischendekor von Scyphus 1, rechts im graphitierten Silikonabguß

Abb. 63: Markierungen an den drei erhaltenen Griffen der Scyphi aus Lübsow 1/1908 (vergleiche Abb. 158 links beim Rankenbecher HI 6)

Kap. 6

Abb. 64: Gefäß in Neapel

Abb. 65: Blattstab mit sich teilweise überkreuzenden Vorzeichnungskerben (rechts)

Abb. 66: Handspiegel aus der Casa del Menandro, Pompeji

Abb. 67: Blattstab, oben komplette Blattpunze im graphitierten Silikonabguß

Abb. 68: Blattstab

Kap. 6

Abb. 69: simpulum aus Wien-Schwechat

Abb. 70: Blattstab mit Vorkerbungen, fehlende Blattabschläge markiert, rechts im Silikon

Abb. 71: salinum 1 aus Xanten

Abb. 72: scharfe Kanten der Blattpunze und ‚Vorpunzierung’ mit Ovalpunze im Silikonabguß

Abb. 74: salinum 2 aus Xanten

Abb. 75: Blattspitzen durch Kugelpunzenabschläge betont, Blattabschlag ohne Betonung durch Pfeil markiert, im Silikonabguß

Abb. 73: Dekorband am salinum 1 aus Xanten

Kap. 6

Abb. 76: Vorkerbungen an den Hildesheimer Blattstabbechern HI 7 und 8, einfache Blattstäbe

Abb. 77: Vorkerbungen auf den Hildesheimer Ententellern HI 45-47, einfache Blattstäbe

Abb. 78: Vorkerbungen am Polygnos-Spiegel aus Boscoreale, einfacher Blattstab

Abb. 79: Vorkerbungen auf dem Spiegel aus der Casa del Menandro, Pompeji, einfacher Blattstab

Abb. 80: Vorkerbungen am simpulum aus Wien-Schwechat, einfacher Blattstab

Abb. 81: Vorkerbungen am simpulum in Erlangen, einfacher Blattstab

Abb. 82: Vorkerbungen auf dem Gefäß in Neapel, einfacher Blattstab

Abb. 83: Vorkerbungen am Hildesheimer Lorbeerbecher HI 9, doppelter Blattstab

Abb. 84: Vorkerbungen auf dem Schulterring der Hildesheimer Kanne HI 44, doppelter Blattstab

Kap. 7

Abb. 85: Hildesheimer Herakles-Schale HI 2

Abb. 86: Kleopatra-Selene-Schale aus dem Schatzfund von Boscoreale

Kap. 7

Abb. 87: Flechtband auf der Herakles-Schale HI 2, unten Flechtbandpunzen im Silikonabguß, seitlich in Umzeichnung

Abb. 88: Flechtband auf dem cyathus HI 36 und im Silikonabguß (rechts unten)

Abb. 89: Gefäßfuß HI 41 mit Flechtband, Ziselierabsätze in den Bändern, rechts unten im Silikonabguß

Kap. 7

Abb. 90: Flechtband auf der Kleopatra-Selene-Schale (siehe Abb. 86), Ziselierabsätze in den Bändern

Abb. 91: Flechtbänder auf den Boscoreale-Kannen, oberes am Hals, unteres am Statuettensockel unten

Abb. 92: hochplastische Flechtbänder an den vier salina aus Boscoreale, rechts flaues Relief auf der Innenseite

Kap. 9

Abb. 93 : plastische Blattkonturen am Rankenbecher 2 HI 6 (links), Lorbeerbecher HI 9 (Mitte) und dem Zehnmaskenbecher 1 HI 13 (rechts)

Abb. 94: plastische Konturen an Athena- und Herakles-Schale HI 1 und 2 (links und Mitte) sowie am Rankenteller 1 HI 48 (rechts)

Abb. 95: ‚wellenförmig’ ziselierte Konturen an den Griffen HI 42 und 43 (links) und dem Griff der ovalen Platte 1 HI 51 (rechts)

Abb. 96: ‚wellenförmig’ ziselierte Konturen an den Griffen der Kasserollen 1 HI 69 (links) und 2 HI 70 (rechts)

Kap. 9

Abb. 97: Niederlegen der Hintergrundflächen mit einer Mattierpunze bei der Athena-Schale HI 1 (links) und der Zungenbogenzwickel an den Efeubechern HI 20-25 (rechts), Pfeil markiert Mattierpunze auf dem Zungenbogen

Abb. 98: Anlegen der Zungenbogenriefen mit einer Mattierpunze bei den Efeubechern HI 20-25

Abb. 99: Akanthusblätter an den Füßen des Löwentatzennapfes HI 37 mit Resten der Mattierpunzenbearbeitung, rechts im Detail

Abb. 100: unterschneidend ziselierte Zungenbögen am Gefäßfuß HI 41, rechts im Detail

Abb. 101: am Dekor ‚steckengebliebener’ Meißelschnitt (links) und Niederlegen der Hintergrundflächen mit einer Mattierpunze (rechts) am Rankenteller 2 HI 49

Abb. 102: Niederlegen der Hintergrundflächen (links) und von Teilen der Blattreliefs (rechts) am Zehnmaskenbecher 1 HI 13

Kap. 10 außen 2

Rand 5 Rand 4

Rand 6 Rand 3

Rand 2

außen 1

Rand 1

Abb. 103: Gasporosität und Anschnitte an Schale (links) und Fuß (rechts) der Athena-Schale HI 1

Abb. 104: Radiographie des Athena-Emblems

Kap. 10

Abb. 105: Anschnitt ‚außen 2’

Abb. 106: Anschnitt ‚Rand 3’ (außen)

Abb. 107: Anschnitt ‚Rand 3’ (innen)

Abb. 108: Anschnitte am Fuß der Athena-Schale HI 1

Abb. 109: Anschnitte an den Griffen der Athena-Schale HI 1 mit Rekonstruktionen der Gußsituationen (jeweils rechts), Griff 1 oben, Griff 2 unten

Kap. 10

Abb. 110: mögliche Anschnitte an den Griffattaschen

Abb. 111: Gußhaut (links) und Kaltgußstelle (rechts) an der Daumenplatte eines Griffes

Abb. 112a: Hartlötung der beiden Griffteile

Abb. 112c: Hartlötung der beiden Griffteile, unvollständig ausgeflossene Lötfuge

Abb. 112b: Hartlötung der beiden Griffteile, blasige Struktur des Lotes in der Fuge

Abb. 112d: Hartlötung der beiden Griffteile, Lot etwas dunkler

Kap. 10

Abb. 113: Röntgenaufnahme der Herakles-Schale HI 2 mit Ergänzungsblechen der Erstrestaurierung und dem aus der Mitte versetzten Standring, oben Schale, unten Emblem

Kap. 10

Abb. 114: Röntgenaufnahme der Attis-Schale HI 4 mit abgesetztem Bodenbereich und breit geschmiedetem Anschnitt als poriger Fläche links oben

Abb. 115: Anschnittflächen an Kybele- (oben) und Attis-Schalen (unten) HI 3 und 4 außen (links) und innen (rechts)

Abb. 116: Rattermarken auf dem Bodenbereich der Attis-Schale HI 4

Abb. 117: Lötfuge des Standrings der Attis-Schale HI 4

Kap. 10

Abb. 118: Röntgenaufnahme der Innenschale vom Rankenbecher 1 HI 5 mit wolkigen Hammerbahnabschlägen

Abb. 119: Röntgenaufnahme des Blattstabbechers 2 HI 8 mit wolkigen Hammerbahnabschlägen und konzentrischen Drückspuren

Abb. 120: Rattermarkenbahnen über den Lötfugen der Füße an den Blattstabbechern HI 7 und 8

Kap. 10

Abb. 121: Innenbecher vom Zehnmaskenbecher 1 HI 13 mit Treibhammerspuren

Abb. 122: Röntgenaufnahme des Innenbechers vom Zehnmaskenbecher 2 HI 14 mit Treibspuren

Kap. 10

Abb. 123: Röntgenaufnahme der Efeubecher HI 20 und 25

Abb. 125: Reste der Gußhaut in den Tiefen der Fußprofilierungen der Efeubecher Abb. 124: ziselierte Riefen am Boden des Efeubechers HI 20 (links)

Abb. 126: Gußdendriten am Griff des cyathus HI 36

Abb. 127: Gußlunker am Griff der Kanne HI 44

Kap. 10

Abb. 128: Röntgenaufnahme des Napfes HI 29 mit konzentrischen Treibspuren (vergleiche Abb. 131)

Abb. 129: Röntgenaufnahme des Napfes HI 32 mit konzentrischen Treibspuren und verdicktem Boden (vergleiche Abb. 130)

Kap. 10 Abb. 130: Napf HI 30/31, am Boden Hammerspuren, außerhalb abgedrehte Oberfläche

Abb. 131: Röntgenaufnahme des Napfes HI 29 von der Seite, der helle konzentrische ‚Ring’ könnte ein aufgelöteter Silberblechstreifen sein

Abb. 132: Napf HI 33 mit schrägen Abschlägen einer Hammerfinne in der Gußhaut und wenigen Drehspuren in der Hohlkehle außen (rechts)

Kap. 10

Abb. 133: Röntgenaufnahme des Ententellers 3 HI 47

Abb. 134: Konturen der Ententeller HI 45-47 übereinander projiziert

Kap. 10

Abb. 135: Röntgenaufnahme des Rankentellers 2 HI 49 mit Fehler bei der Zwickelblüte rechts unten und zwei Füßchen des Typs 2

Abb. 136: Röntgenaufnahme des ‚Ersatz’-Rankentellers 3 HI 50 mit zwei Füßchen des Typs 3

Kap. 10

Abb. 137: Unterseite des ‚Ersatz’-Rankentellers 3 HI 50 mit Negativ der Reliefs unter den Handhaben und Resten der Weichlötungen der peltaförmigen Füße

Abb. 138: Details aus Abb. 137 mit Gußhaut in den Vertiefungen des Negativreliefs

Abb. 139: Röntgenaufnahme des ovalen Tellers 1 HI 51

Abb. 140: Anschnitte am Bodenumbruch an den Schmalseiten der ovalen Platte 1 HI 51

Kap. 10

Abb. 141: Rekonstruktion des Eingußsystems bei den ovalen Platten HI 51-53

Abb. 142: Röntgenaufnahme der runden Platte 1 mit reliefiertem Rand HI 58, es fehlen kleinwolkige Hammerbahnabschläge als Hinweis auf Schmieden

Abb. 143: Platte HI 58, Reste der Gußoberfläche auf der Unterseite des reliefierten Randes

Abb. 144: Platte HI 58, abgedrehte Oberflächenschichten auf der Oberseite

Kap. 10

Abb. 145: Röntgenaufnahme des konischen Gefäßes 1 HI 66, die Pfeile markieren schräg gesetzte Abschläge einer Hammerfinne

Abb. 147: Stauchstrukturen auf den Innenseiten eines Fragmentes von HI 67 (oben) und bei einem aufgezogenen Kupferbecher (unten)

Abb. 146: Röntgenaufnahme eines Fragmentes vom konischen Gefäß 2 HI 67

Kap. 10

Abb. 148: Röntgenaufnahme der Kasserollen 1 und 2 HI 69 (oben) und 70 (unten)

Abb. 149: Röntgenaufnahme der Kasserollen 3 und 4 HI 71 (oben) und 72 (unten)

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Abb. 150: Röntgenaufnahme der Griffe aller vier Kasserollen HI 69-72 (von links nach rechts: 72, 71, 70, 69), Pfeile 1 markieren die Bohrungen von den Probenahmen 1977/78, Pfeile 2 die Montagebohrungen für den Griff

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Abb. 151: CT-Schnitt durch den Lorbeerbecher HI 9 mit sog. Artefakten (Pfeile 2), Pfeil 1: antikes Weichlot zwischen Innen- und Außenbecher

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Abb. 152: CT-Schnitt durch den Sechsmaskenbecher HI 12 (oben) und den großen Napf HI 27 (unten)

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Abb. 153: Dekore auf der Athena-Schale HI 1, Fuß und Emblemring, Maßstab 1:1

Kap. 16

Kap. 16

Abb. 154: Weichlotreste auf der Rückseite des Herakles-Emblems HI 2 (links) und auf der Schale (rechts)

Abb. 155: Attis-Emblem HI 4 (Mitte) sowie Rückseiten des Kybele-Emblems HI 3 mit Bleifüllung (links) und des Attis-Emblems (rechts), Vorderseite des Kybele-Emblems siehe Abb. 27

Abb. 156: Unterseite der Attis-Schale HI 4 mit ausgeschmiedeter Anschnittstelle (vergleiche Abb. 114 u. 115)

Abb. 157: Rankenbecher 2 HI 6 im Vorzustand (links) und nach der Neurestaurierung mit nach unten versetzten Griffen (rechts)

Kap. 16

Abb. 158: Rattermarken am Rand der Innenschale des Rankenbechers HI 6 (oben) und Markierungen an den Griffen (links, vergleiche Abb. 63 bei den Lübsow-Scyphi)

Abb. 159: Lotreste der Griffattaschen am Lorbeerbecher HI 9, seitlich in Umzeichnung

Abb. 160: Vorder- und Seitenansicht des Sechsmaskenbechers HI 12 mit Fuß HI 41 (oben), unten: Innenansicht der Außenschale mit Schmiedespuren, rechts u. links: getriebene Silensmaske innen (links) und außen (rechts)

Kap. 16

Abb. 161: Markierungen über den seitlichen Löwenfellknoten (links) und Rattermarken im abgedrehten Randprofil (rechts) des Sechsmaskenbechers HI 12

Abb. 162: Geschichte eines Fragmentes: links Phase 1 : Zeichnung Holzer 1870, Taf. 8: das Fragment mit kleiner Maske ist noch vorhanden; Mitte Phase 2 : Pernice/Winter 1901 Taf. 15: Fehlstelle mit Ergänzungsblechen geschlossen; rechts Phase 3: während der Neurestaurierung 2005: Ergänzungsblech der Phase 2 in Form des zwischen Phase 1 und 2 verlorenen Fragmentes ausgeschnitten, evt. für das wiedergefundene Fragment

Abb. 163: Hartlötungen an den Griffen HI 17 und 18

Abb. 164: Reste von antiken Weichlötungen an den Efeubechern HI 20 und 25 Abb. 165 (rechts): aus der Achse versetzter Griff am Efeubecher HI 23

Kap. 16

Abb. 166: Strichmarkierungen auf den Außenwandungen des Löwentatzennapfes HI 37 (links) und des kleinen Efeubechers 2 HI 25 (rechts)

Abb. 167: verrutschter Pinolenabdruck am Fuß von Napf HI 30 (links), Gußhautreste auf der Außenseite von Napf HI 34 (Mitte) und ‚Lotfraßstelle’ am Napf HI 35 (rechts)

Abb. 168: Weichlotreste in der Bodenmitte des cyathus HI 36

Abb. 169: Gefäßfuß HI 41, links wird durch die Löcher hindurch die untergefalzte Platte sichtbar, rechts der Falz auf der Innenseite des Fußes (Pfeile) zur Befestigung der ‚Unterlegscheibe’

Kap. 16

Abb. 170: Guß- (links) und Schmiedestrukturen (rechts) an den Griffen HI 42 und 43

Abb. 171: Abdrücke und Lotreste der L-förmigen Füßchen auf den Ententellern HI 45-47

Abb. 172: Reste von den Verlötungen der peltenförmigen Füßchen an den Rankentellern HI 48-50

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Abb. 173: Weichlotreste von den Verlötungen der delphinförmigen Füßchen an den ovalen Tellern HI 51-53

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Abb. 174: kleiner Dreifuß HI 54 mit zwei unterschiedlichen antiken Beinen und der einer Rundbasis (links unter dem rechten Bein im Vordergrund)

Abb. 175: Feil- und Ziselierspuren am cyathus-Griff HI 55

Abb. 176: Reste der Weichlötung auf der Unterseite der Palmettenabdeckung des Kandelabers HI 56 (links) und Unterseiten zweier Kandelaberfüße als mögliche Eingußtrichter (oben)

Abb. 177 (links): Rattermarken am Rand der Platte HI 60 Abb. 178 (rechts): möglicher Anschnitt Abb. 179: Weichlotreste von der Befestigung eines der ursprünglich vorhandenenGriffe

Kap. 16 Abb. 180: Riefelmuster mit Dreieckspunze am Rand der Platte HI 61

Abb. 181: Einsatz des Rankenkraters HI 62 mit Drück-, Dreh- und Treibspuren (vergleiche Abb. 24)

Abb. 182: Lötung des Zierbleches über der unteren Attasche des Volutengriffes vom großen Kantharos HI 63

Abb. 183: Hartlötung der Blüte zur Befestigung des Volutengriffes am Kantharosrand

Abb. 184: Reste der verstifteten Zierblüten am Volutengriff des Kantharos HI 63

Kap. 16

Abb. 185: Riefelschüssel HI 65 vor der Neurestaurierung (links) und reduziert auf Originalfragmente (rechts)

Abb. 187: ziselierter Dekor auf der ‚Eierschalen-Patera’ HI 68

Abb. 188: Lotreste der Attasche für den Röhrengriff plus Fuß an der Eierschalen-Patera HI 68 (links) und von den Lötungen zweier weiterer Füße (oben)

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Abb. 186: Ziselierdekore auf dem konischen Gefäßteil HI 66, Maßstab ca.1:1,4

Kap. 16

Kap. 16

Abb. 189: Eierschalen-Patera HI 68 mit rekonstruierten Rotellen- (links) und Löwentatzenfüßchen (rechts, vergleiche Abb. 22a,b)

Abb. 190: möglicher Anschnitt auf der Innenseite der Kasserolle 1 HI 69

Abb. 191: separat angefertigter Griff der Kasserolle 2 HI 70 (links) mit Guß- (rechts oben) und Schmiedestrukturen (rechts unten)

Abb. 192: Feilspuren im efeublattförmigen Griffdurchbruch der Kasserolle 4 HI 72 (rechts) und Rattermarken in der Riefe unterhalb des Randes (oben)