Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen: Ein kompakter Überblick als Einführung in die Theoretische Festkörperphysik [1. Aufl.] 978-3-658-23832-2;978-3-658-23833-9

Dieses essential bietet einen kompakten Einstieg in die Theorie der Fermiflüssigkeit für Physikstudierende im Hauptstudi

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Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen: Ein kompakter Überblick als Einführung in die Theoretische Festkörperphysik [1. Aufl.]
 978-3-658-23832-2;978-3-658-23833-9

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Michael Kinza

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen Ein kompakter Überblick als Einführung in die Theoretische Festkörperphysik

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Michael Kinza

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen Ein kompakter Überblick als Einführung in die Theoretische Festkörperphysik

Michael Kinza Heidenheim, Deutschland

ISSN 2197-6708 ISSN 2197-6716  (electronic) essentials ISBN 978-3-658-23832-2 ISBN 978-3-658-23833-9  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-23833-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Spektrum © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa­ tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Spektrum ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Was Sie in diesem essential finden können

• Eine Einführung in die Grundlagen von Landaus Fermiflüssigkeitstheorie • Ausführliche Rechnungen, die Schritt für Schritt nachvollzogen werden können • Einen Ausblick auf die mikroskopische Basis der Fermiflüssigkeitstheorie

V

Vorwort

Das vorliegende essential richtet sich an Studierende der Physik, welche mit den Grundlagen der Quantenmechanik und der statistischen Physik vertraut sind. Es behandelt die Grundlagen der Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen, welche von dem Physiker Lew Landau im Jahr 1956 entwickelt wurde. Als ,,Standardmodell“ der Metallphysik können mit dieser wesentliche elektronische Eigenschaften von Metallen bei sehr tiefen Temperaturen erklärt und verstanden werden. Sie bildet daher den Ausgangspunkt für einen tieferen Einstieg in die theoretische Festkörperphysik und ist Bestandteil jeder grundlegenden Vorlesung zu diesem Gebiet. Im ersten Kapitel werden wir zunächst auf die Sommerfeld-Theorie der Metalle eingehen, in welcher die Elektronen eines Metalls als freies Elektronengas modelliert werden. Obwohl die Coulomb-Wechselwirkung der Elektronen hierbei ad hoc vernachlässigt wird, können erstaunlicherweise viele Eigenschaften von Metallen mit diesem Modell bereits qualitativ richtig beschrieben werden. Den Grund hierfür liefert die Fermiflüssigkeitstheorie, welche das Bild freier Elektronen durch das Konzept des Quasiteilchens ersetzt. Es folgt eine ausführliche Herleitung der spezifischen Wärme, der Kompressibilität und der Spin-Suszeptibilität einer Fermiflüssigkeit. Im Vergleich zur Sommerfeld-Theorie bewirken die Wechselwirkungen lediglich eine Modifizierung einiger Parameter, der Landau-Parameter. Abschließsend wird noch kurz auf die mikroskopische Basis der Fermiflüssigkeitstheorie eingegangen. Für weitere Details der Fermiflüssigkeitstheorie sei auf die weiterführende Literatur verwiesen. Sehr informativ sind beispielsweise die Skripte (1) und (2), welche auch bei der vorliegenden Darstellung als Quelle dienten. Die mikroskopische Basis der Fermiflüssigkeitstheorie ist sehr ausführlich in (4) dargestellt.

VII

VIII

Vorwort

Der Verfasser dankt Frau Lisa Edelhäuser für die Unterstützung bei der vorliegenden Arbeit. Heidenheim im Juli 2018

Michael Kinza

Inhaltsverzeichnis

1 Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Sommerfeld-Theorie der Metalle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1.1 Grundzustandsenergie und Zustandsdichte. . . . . . . . . . . . . . 1 1.1.2 Sommerfeld-Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.1.3 Spezifische Wärme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.1.4 Spinsuszeptibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.2 Landaus Theorie der Fermiflüssigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.2.1 Lebensdauer eines Quasiteilchens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.2.2 Statistik der Quasiteilchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.2.3 Spezifische Wärme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.2.4 Effektive Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.2.5 Landauparameter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1.2.6 Kompressibilität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.2.7 Spinsuszeptibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1.3 Mikroskopische Theorie der Fermiflüssigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1.3.1 Das Quasiteilchengewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1.3.2 Spektrale Dichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1.3.3 Effektive Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1.4 Grenzen der Fermiflüssigkeitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

IX

1

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen

Die Fermiflüssigkeitstheorie für Metalle geht auf den russischen Physiker Lew Landau (1908–1968) zurück. Mit dieser können wesentliche Eigenschaften von Metallen, beispielsweise das Verhalten der Wärmekapazität bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt, erklärt werden. Diese Eigenschaften können zwar auch im Rahmen der Sommerfeld-Theorie, in welcher die Elektronen eines Metalls als freies Elektronengas modelliert werden, beschrieben werden. Dennoch bleibt in dieser Beschreibung ungeklärt, weshalb die starke Wechselwirkung der Elektronen, die sich ja aufgrund ihrer negativen Ladung abstoßen, dabei scheinbar vernachlässigt werden kann. Eine Erklärung hierzu liefert die Fermiflüssigkeitstheorie. Im Folgenden werden wir uns aber zunächst mit der Sommerfeld-Theorie beschäftigen.

1.1

Sommerfeld-Theorie der Metalle

1.1.1

Grundzustandsenergie und Zustandsdichte

In der Sommerfeld-Theorie (nach dem Physiker Arnold Sommerfeld (1868–1951)) werden die Leitungselektronen eines Metalls als freies Fermigas modelliert. Für die Beschreibung der Eigenschaften eines Metalls bei sehr tiefen Temperaturen, spielt der Grundzustand dieses Fermigases eine wichtige Rolle. Wir nehmen an, dass das Fermigas aus N Elektronen besteht, wobei N von der Größenordnung der Avogadrokonstante N ∼ 1023 ist. Im Grundzustand besetzen diese, gemäß dem Pauli-Prinzip, die energetisch niedrigsten N Einteilchenzustände. Aufgrund der isotropen Energie-Dispersion (k) = (|k|) bilden die

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1

2

1

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen

besetzten Zustände im k-Raum dann eine Kugel, deren Radius durch den FermiImpuls k F gegeben ist. Die dazugehörige Energie ist die Fermi-Energie  F = (k F ). Damit können wir auch die Grundzustandswellenfunktion angeben, welche durch    † †  N (1.1) ck,↑ ck,↓ |0 0 = k |k| k F , |k | < k F , |k − q| > k F und |k + q| > k F (vgl. Abb. 1.1b). Aufgrund der Energieerhaltung gilt dann weiterhin (wir definieren ξk = k −  F ): ξk + ξk = ξk−q + ξk +q > 0. Da ξk < 0 ist und ξk > 0 sehr nahe an Null liegt (der entsprechende Zustand also sehr nahe an der  Fermi-Kante), folgt dass |ξk | < ξk ebenfalls ungefähr Null ist.  Da ξk +q > 0 und ξk−q > 0 liegen auch die Streuzustände |k − q und k + q nahe an der Fermikante. Die beiden Summen in (1.36) sind also jeweils auf eine kleine Schale um die Fermioberfläche der Größe ∝ k −  F eingeschränkt, sodass sich insgesamt 1 2 τk ∝ (k −  F ) ergibt. Wer sich mit dieser Abschätzung begnügen will, der kann an das Ende des Abschnitts springen. Das wesentliche Resultat haben wir damit schon kennengelernt. Für denjenigen, dem bei Abschätzungen unwohl ist und sich lieber an glasklaren Rechnungen orientiert, folgt nun die genaue Berechnung der Summen in Gl. (1.36). Als erstes führen wir dabei die Summe über k aus. A(ωq,k , q) =

 k

  f k0 (1 − f k0 +q )δ k−q − k − (k − k +q )

V = (2π)3



  d3 k f k0 (1 − f k0 +q )δ k +q − k − ωq,k

(1.37)

12

1

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen

  2 wobei ωq,k = k − k−q = 2m 2kq − q2 . Das Integrationsgebiet ist hierbei durch den Faktor f k0 (1 − f k0 +q ) auf die graue Fläche in Abb. 1.2 eingeschränkt. Die Integrationsgrenzen scheinen zunächst sehr kompliziert. Wir werden aber sehen, dass die Delta-Funktion die Integration sehr erleichtert. Zunächst transformieren wir das Integral in Zylinderkoordinaten, wobei die Achse des Zylinders in Richtung des q-Vektors liegt. Die k’-Koordinate parallel zu dieser Achse bezeichnen wir  . Der Integrand hängt nicht von der als k  , die dazu senkrechte Koordinate als k⊥ Winkelkoordinate ab, sodass wir diese Integration leicht ausführen können, was einen Faktor 2π ergibt. Damit ergibt sich der Integralausdruck V A(ωq,k , q) = (2π)2



k1

k2

  dk⊥ k⊥



kF

0

 dk  δ

2 qk  2 q2 + − ωq,k 2m 2m 2mω

 (1.38)

−q2

q,k  = fest (gestrichelte Die Delta-Funktion legt den Wert von k  auf k ,0 2q   )2 Linie in Abb. 1.2). Die Integrationsgrenzen von k⊥ sind dann durch k12 = k 2F −(k ,0  + q)2 gegeben. Die Integration von (1.38) ist nun leicht ausund k22 = k 2F − (k ,0 4V 1 √ m 2m F zuführen. Mit der Zustandsdichte an der Fermi-Kante g( F ) = (2π )2 3

k F m

ergibt sich

A(ωq,k , q) =

g( F )ωq,k 2qv F

und der Fermi-Geschwindigkeit v F =

Abb. 1.2 Integrationsgrenzen bei der Berechnung des Integrals (1.37)

(1.39)

1.2 Landaus Theorie der Fermiflüssigkeit

13

Damit haben wir den ersten Teil der Berechnung der Lebensdauer τ1k in (1.36) schon einmal hinter uns gebracht. Es verbleibt die Summe über q auszuführen   1 2π  0 A(ωq,k , q) = |V (q)|2 1 − f k−q τk   q,s

 ω 2π g( F )  q,k 0 = |V (q)|2 1 − f k−q  vF q q   ω g( F )V q,k 0 = d3 q|V (q)|2 1 − f k−q 2 (2π) v F q

(1.40)

0 festgelegt: Die Integrationsgrenzen werden wiederum durch den Faktor 1 − f k−q Es wird nur über q-Werte integriert, die außerhalb einer Kugel mit Radius k F um k liegen. Hieraus ergeben sich die beiden Bedingungen (1) k 2 ≥ (k − q)2 und (2) (k−q)2 ≥ k 2F . Wenn wir die q-Integration in Kugelkoordinaten ausführen und mit θ q den Winkel zwischen k und q bezeichnen, ergibt sich aus (1) cos(θ ) ≥ 2k ≡ cos(θ1 ) k 2 −k 2 +q 2

F und aus (2) cos(θ ) ≤ ≡ cos(θ2 ). Damit sind die Integrationsgrenzen der 2kq θ -Integration festgelegt und wir erhalten das Integral

1 g( F )V = τk 2πv F g( F )V = 2πv F



 dq|V (q)|2 q 2 



cos(θ1 )

cos(θ2 )

d cos(θ ) (2k cos(θ ) − q)

1 dq|V (q)| q − (2k cos(θ ) − q)2 4k  2 g( F )V 1  2 dq|V (q)|2 k − k 2F . = 2πv F 4k 2 2

θ2 θ1

Wenn wir nun k durch k F nähren, ergibt sich g( F )V m 1 ≈ (k −  F )2 τk 2πv 2F 4

 dq|V (q)|2 .

(1.41)

Das Integral über q erstreckt sich formal von 0 bis ∞. Der Limes q → ∞ entspricht dabei beliebig kleinen Längenskalen, was für einen Festkörper aber unrealistisch ist. Es macht daher Sinn das Integral nach oben durch einen Cutoff, der zum Beispiel einer inversen Gitterkonstante entspricht, abzuschneiden. Interessanter ist der Limes q → 0, der beliebig großen Längenskalen entspricht. Da wir uns anfangs auf eine kurzreichweitige Wechselwirkung beschränkt haben, stellt dieser Limes für uns kein Problem dar. Bei langreichweitigen Wechselwirkungen wie etwa der

14

1

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen

Coulomb-Wechselwirkung V (q) ∝ q12 divergiert hingegen das Integral, sodass die Lebensdauer des Quasiteilchens → 0 geht. Als wichtigstes Resultat dieses Abschnitts können wir festhalten Lebensdauer eines Quasiteilchens 1 ∝ (k −  F )2 τk

(1.42)

Die Lebensdauer wird daher für Teilchen an der Fermi-Energie beliebig groß. Genauer kann man dann von einem langlebigen Quasiteilchen sprechen, wenn dessen Energie k −  F sehr viel größer als seine Verfallsrate ist, wenn also gilt lim

k → F

/τk =0 (k −  F )

(1.43)

Aufgrund von (1.42) ist dies erfüllt.

1.2.2

Statistik der Quasiteilchen

Das physikalische Verhalten eines Metalls wird von Zuständen mit vielen Quasiteilchen bestimmt, zu deren Beschreibung man die Methoden der statistischen Mechanik benötigt. Landau zeigte, dass diese Beschreibung mit nur wenigen Grundannahmen möglich ist. Mit n k,σ bezeichnen wir die Besetzungszahl eines Einteilchenzustands mit Impuls k und Spin σ . Im Grundzustand sind alle Einteilchenzustände unterhalb der Fermienergie besetzt. Wir können diesen also durch   eine Theta-Funktion n 0k,σ =   F − k,σ beschreiben. Eine Anregung aus diesem Grundzustand ergibt sich dann durch die Differenz δn k,σ = n k,σ − n 0k,σ .

(1.44)

Diese Differenz beträgt für Quasiteilchen-Anregungen δn k,σ = 0, 1 und für Quasiloch-Anregungen δn k,σ = 0, −1. Landau nahm nun an, dass man die Energie eines Vielteilchen-Zustands nach diesen Anregungen δn k,σ entwickeln kann, also E [δn] =

 k,σ

   1 0 k,σ − μ δn k,σ + δn k,σ u σ,σ  k, k δn k ,σ  + ... 2  k,k σ,σ 

(1.45)

1.2 Landaus Theorie der Fermiflüssigkeit

15

0 Hierbei ist k,σ die Dispersion der nichtwechselwirkenden Elektronen und u σ,σ     k, k beschreibt die Quasiteilchen-Wechselwirkung. Aufbauend auf dieser Annahme ist es nun möglich, zu einer thermodynamischen Beschreibung der Quasiteilchen bei endlichen Temperaturen überzugehen. Der Ausgangspunkt hierbei ist die großkanonische Zustandssumme der Quasiteilchen

⎞⎤ ⎛   ⎟⎥ ⎢ ⎜  0   1 ⎥ ⎜ k,σ − μ δn k,σ + exp ⎢ δn k,σ u σ,σ  k, k δn k ,σ  ⎟ ⎠⎦ ⎣−β ⎝ 2  ⎡



ZGK =

δn k ,σ , 1 1 δn k ,σ ,... 2 2

k,σ

k,k σ,σ 

(1.46) Aufgrund des Wechselwirkungsterms ist die Ausführung der Zustandssumme sehr schwierig. Wenn die Schwankungen der Besetzungszahlen δn k,σ um den Erwartungswert δ f k,σ = δn k,σ  allerdings nur sehr gering sind, können wir eine Mean-Field-Näherung machen. Hierzu schreiben wir δn k,σ = δ f k,σ + (δn k,σ − δ f k,σ ) und berücksichtigen in der Summe nur Terme linear in δn k,σ − δ f k,σ . Damit ergibt sich ZGK =



 exp − β

δn k ,σ , 1 1 δn k ,σ ,... 2 2



⎡ 0 ⎣k,σ

−μ+

 k ,σ 

k,σ

  1 +β δ f k,σ u σ,σ  k, k δ f k ,σ  2 







u σ,σ  k, k δ f k ,σ  ⎦ δn k,σ 

 (1.47)

k,k σ,σ 

Da der Wechselwirkungsterm in (1.47) nach der Mean-Field-Nährung nicht mehr von den n k,σ abhängt, kann er vor die Summe gezogen werden. Außerdem führen wir die Größe k,σ ein. Dies ist die Energie, die benötigt wird, um ein Quasiteilchen mit Impuls k und Spin σ oberhalb der Fermi-Energie hinzuzufügen. 0 + k,σ = k,σ

 k ,σ 

  u σ,σ  k, k δ f k ,σ 

(1.48)

Der zweite Term beschreibt hierbei die Wechselwirkung mit den übrigen Quasiteilchen. Damit ergibt sich

16

1

ZGK =

 k,k σ,σ 

=

 k,k σ,σ 

    1  exp β δ f k,σ u σ,σ  k, k δ f k ,σ  2

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen

 

    exp −β k,σ −μ δn k,σ

δn k ,σ , k,σ 1 1 δn k ,σ ,... 2 2

(1.49)          1 1 + exp −β k,σ − μ sk,σ exp β δ f k,σ u σ,σ  k, k δ f k ,σ  2 k,σ

(1.50) Die Größe sk,σ ist = +1 für Quasiteilchen und = −1 für Quasilöcher. Mit (1.47) können wir den Erwartungswert der Besetzungszahl δ f k,σ = δn k,σ  bestimmen.     1  1 δ f k,σ = exp β δ f k,σ u σ,σ  k, k δ f k ,σ  ZGK  2 k,k σ,σ 





⎢  ⎥      ⎥ ⎢ exp −β k,σ − μ δn k,σ ⎥ δn k,σ ⎢ ⎦ ⎣ δn ,

(1.51)

k,σ

k1 ,σ1 δn k ,σ ,... 2 2

Der Wechselwirkungsterm kürzt sich dabei heraus und wir erhalten das gleiche Ergebnis wie bei freien Elektronen δ f k,σ =

  sk,σ 1       = −   F − k,σ exp βsk,σ k,σ − μ + 1 exp β k,σ − μ + 1 (1.52)

Man beachte, dass Gl. (1.52) auf der rechten Seite über k,σ wiederum von δ f k,σ abhängt. Die Lösung muss daher selbstkonsistent bestimmt werden.

1.2.3

Spezifische Wärme

Wir hatten im Abschn. 1.1.3 gesehen, dass die spezifische Wärme freier Elektronen im Sommerfeld-Modell durch CV =

π2 g( F )k 2B T 3

(1.53)

1.2 Landaus Theorie der Fermiflüssigkeit

17

gegeben ist. Im Folgenden werden wir nun einen ähnlichen Ausdruck für die spezifische Wärme der Quasiteilchen ausrechnen. Dabei gehen wir von dem Energie-Funktional (1.45) aus, wobei wir die Besetzungszahl δn k,σ durch deren Erwartungswert δ f k,σ ersetzen.  ∂ E [δ f ]  CV = ∂ T V,N ⎡ ⎤ =

 ⎥    ∂ ⎢ 1 0 ⎢ k,σ − μ δ f k,σ + δ f k,σ u σ,σ  k, k δ f k ,σ  ⎥ ⎣ ⎦ ∂T 2  k,σ

=

  ∂δ f k,σ k,σ − μ ∂T

k,k σ,σ 

(1.54)

k,σ

Hierbei ist    ∂δ f k ,σ   sk,σ  ∂δ f k,σ sk,σ  sk,σ eβsk,σ (k,σ−μ) k,σ − μ − u σ,σ  k, k = & '2 2 ∂T kB T kB T ∂T k’,σ  eβsk,σ (k,σ−μ) + 1  sk,σ ∂μ + kB T ∂ T  1  eβsk,σ (k,σ −μ) k,σ − μ ≈ & (1.55) '2 2 kB T eβsk,σ (k,σ −μ) + 1 Bei tiefen Temperaturen dominiert der erste Term in der eckigen Klammer, sodass wir den zweiten und dritten Term gegenüber diesem vernachlässigen. Eingesetzt in (1.54) ergibt sich: CV =

 k,σ

=

 k,σ

2 1  k,σ − μ & 2 kB T

eβsk,σ (k,σ −μ) eβsk,σ (k,σ −μ) + 1

2 1  eβ (k,σ −μ) − μ  k,σ & '2 kB T 2 eβ (k,σ −μ) + 1

'2

(1.56)

Wenn wir die k-Summe in ein Integral über die Energie  umformen, ergibt sich

18

1

 CV =

d g() ˜

mit der Zustandsdichte g() ˜ = tung der Fermi-Funktion

d d

1 eβ(−μ) ( − μ)2  2 2 kB T eβ(−μ) + 1

( k,σ



(1.57)

  δ k,σ −  . Das Integral enthält die Ablei-

f () = − k B1T

1 CV = − T

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen

eβ(−μ)

[eβ(−μ) +1]2

. Damit folgt

d g() ˜ ( − μ)2 f  ()

(1.58)

Mit der Sommerfeld-Entwicklung (1.15) gelangen wir schließlich zum Endergebnis

Spezifische Wärme einer Fermiflüssigkeit CV =

1.2.4

π2 2 g(μ)k ˜ BT 3

(1.59)

Effektive Masse

Um einen Ausdruck für die Zustandsdichte der Quasiteilchen g( ˜ F ) zu erhalten, werten wir das entsprechende Integral aus. g˜ ( F ) =



δ (k −  F )

k,σ

 V d3 kδ (k −  F ) (2π)3  V = 2 dkk 2 δ (k −  F ) π  δ (k − k F ) V  dkk 2  ∂ = 2  (k F ) π ∂k

=2

Mit der Definition der effektiven Masse m ∗    k F 1  ∂ v F =  (k F ) = ∗  ∂k m

(1.60)

(1.61)

1.2 Landaus Theorie der Fermiflüssigkeit

19

ergibt sich g( ˜ F) =

V m∗k F π 2 2

(1.62)

In einem translationsinvarianten System können wir eine Beziehung zwischen der effektiven Masse m ∗ und der Quasiteilchenwechselwirkung u σ σ  (k, k ) herleiten. Hierzu stellen wir uns vor, dass alle Quasiteilchen einen Impuls q erhalten (mit |q| klein gegenüber dem Fermi-Impuls k F ). Dann ergibt sich die QuasiteilchenVerteilungsfunktion zu 0 δ f k,σ = f 0 (k + q, σ ) − f 0 (k, σ ) ≈ q∇k f k,σ

(1.63)

Nun betrachten wir den Teilchenfluss der Quasiteilchen, dessen Flussdichte durch JQP =



vk,σ f k,σ

(1.64)

k,σ

gegeben ist. Hierbei ist vk,σ die Geschwindigkeit der Quasiteilchen, welche sich nach vk,σ =

1 ∇k k,σ ⎛

⎞  1   1⎝ 0  = ∇k k,σ + ∇k u σ σ  k, k δ f k ,σ  ⎠    

(1.65)

k ,σ

berechnet. Damit ergibt sich: JQP =

1  1 0 f k,σ + f k,σ ∇k u σ σ  (k, k )δ f k ,σ  ∇k k,σ    k,σ

=

1  1 0 0 f k,σ δ f k,σ + + δ f k,σ ∇k k,σ ∇k u σ σ  (k, k )δ f k ,σ     k,σ

=

k,k σσ

k,k σσ

1  0 1 ∇k k,σ δ f k,σ + ∇k u σ σ  (k, k )δ f k ,σ  f k,σ    k,σ

k,k σσ

(1.66)

20

1

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen

Hierbei haben wir die Gl. (1.44) und (1.48) benutzt. Im zweiten Term ersetzen wir  ( nun die Summe k durch das Integral (2πV )3 dk und integrieren partiell, sodass

0 wandert. Danach schreiben wir das die Ableitung ∇k zur Verteilungsfunktion f k,σ Integral wieder als Summe.

JQP =

1 1  0 ∇k f k,σ u σ,σ  (k, k )δ f k ,σ  ∇k k,σ δ f k,σ −    k,σ

=

k,k σσ

1 1      ∇k k,σ δ f k,σ + ∇k k ,σ  δ k ,σ  −  F u σ,σ  k, k δ f k,σ    k,σ

k,k σσ

(1.67)     0 =∇   − In der letzten Zeile haben wir ∇k f k,σ k F k,σ = −∇k k,σ δ  F − k,σ     und die Relation u σ,σ  k, k = u σ  ,σ k , k benutzt. Mit Gl. (1.65) folgt weiter: JQP =



vk,σ δ f k,σ +

k,k σσ

k,σ

=



    vk ,σ  δ k ,σ  −  F u σ,σ  k, k δ f k,σ

 k  k     δ f + δ k ,σ  −  F u σ,σ  k, k δ f k,σ , k,σ ∗ ∗ m m  k,σ

(1.68)

k,k σσ

k wobei wir in der zweiten Zeile die Geschwindigkeit vk,σ durch m ∗ ausgedrückt haben. Dieser Schritt ist gerechtfertigt, da δ f k,σ stark um die Fermischale konzentriert ist. Im zweiten Schritt berechnen wir den Teilchenfluss im Elektronenbild. Aufgrund der Eins-zu-Eins-Korrespondenz zwischen Elektronen und Quasiteilchen ergibt sich hier die Flussdichte, da alle Elektronen den gleichen Impuls q tragen, zu

JP =

 k  k N q = f k,σ = δ f k,σ m m m k,σ

(1.69)

k,σ

mit der Elektronenmasse m. Da beide Standpunkte äquivalent sind, ist der resultierende Strom in (1.68) und (1.69) identisch, JQP = JP . Der Vergleich beider Ausdrücke ergibt

1.2 Landaus Theorie der Fermiflüssigkeit

   kk   m∗ u σ,σ  k, k 2 δ k ,σ  −  F =1+ m kF  

21

(1.70)

k ,σ

Dabei haben wir auf beiden Seiten das Skalarprodukt mit k gebildet und benutzt, dass die Impulse auf der Fermifläche liegen.    2V Mit der Zustandsdichte g( ˜ F ) = (2π 4π dkk 2 δ k −  F können wir nun )3 diesen Ausdruck weiter vereinfachen. Da die Vektoren k und k beide auf der Fermifläche liegen ist die Wechselwirkung effektiv nur von  dem Winkel zwischen beiden Vektoren θ abhängig und wir schreiben u σ,σ  k, k = u σ,σ  (cos(θ )). Damit ergibt sich    m∗ V  dk  k 2 du σ,σ  (cos(θ )) cos (θ ) δ k −  F =1+ 3 m (2π) σ  +1  g( ˜ F) (1.71) d(cos(θ ))u σ,σ  (cos(θ )) cos (θ ) =1+ 4 −1  σ

1.2.5

Landauparameter

Wenn kein äußeres Magnetfeld anliegt, können wir Spin-Rotationsinvarianz annehmen. Die Wechselwirkung kann dann in eine symmetrische und eine antisymmetrische Kombination zerlegt werden. u ↑,↑ (k, k ) = u ↓,↓ (k, k ) = u s (k, k ) + u a (k, k )

(1.72)

u ↑,↓ (k, k ) = u ↓,↑ (k, k ) = u s (k, k ) − u a (k, k )

(1.73)

Wie wir bereits im vorigen Abschnitt benutzt haben, hängt die Wechselwirkung, da die Impulsvektoren auf der Fermifläche liegen nur vom Winkel zwischen k und k ab. Wir können die Wechselwirkung daher nach Legendrepolynomen entwickeln. u s (cos(θ )) = u a (cos(θ )) =

∞  l=0 ∞ 

u ls Pl (cos(θ ))

(1.74)

u la Pl (cos(θ ))

(1.75)

l=0

Die Invertierung dieser Beziehung lautet

22

1

u ls =

u la =

2l + 1 2 2l + 1 2



+1

−1



d (cos(θ )) Pl (cos(θ ))

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen

u ↑,↑ (cos(θ )) + u ↑,↓ (cos(θ )) 2 (1.76)

+1

−1

d (cos(θ )) Pl (cos(θ ))

u ↑,↑ (cos(θ )) − u ↑,↓ (cos(θ )) 2 (1.77)

s/a

Die Wechselwirkung u l hat die Einheit Energie. Da wir aber mit einer dimensionslosen Größe arbeiten wollen, multiplizieren wir diese mit der Zustandsdichte g( ˜ F ). Damit erhalten wir ˜ F )u ls , Fls = g(

Fla = g( ˜ F )u la .

(1.78)

Diese werden als Landau- oder auch Fermiflüssigkeitsparameter bezeichnet. Da P1 (cos(θ )) = cos(θ ) können wir nun Gl. (1.71) umschreiben zu m∗ 3 1 = 1 + g( ˜ F) m 3 2 1 = 1 + F1s 3



+1

−1

d (cos(θ )) P1 (cos(θ ))

u ↑,↑ (cos(θ )) + u ↑,↓ (cos(θ )) 2 (1.79)

Die Wärmekapazität (1.59) ergibt sich damit zu CV =

1.2.6



π2 m∗ 0 1 g˜ ( F ) k 2B T = C V = 1 + F1s C V0 3 m 3

(1.80)

Kompressibilität

Als Nächstes berechnen wir die Kompressibilität einer Fermiflüssigkeit, welche definiert ist als  1 ∂ V  κ= − (1.81) V ∂ p T,N Betrachten wir zunächst den Fall freier Elektronen. Die Verschiebung der Einteilchen-Energien bei Änderung des äußeren Druckes ergibt sich zu

1.2 Landaus Theorie der Fermiflüssigkeit

0 δk,σ =

0 ∂k,σ

∂p

23

δp

∂k ∂ V 0 δp = ∇k k,σ ∂ V ∂p    0 vk,σ

− 13

k V

−V κ 0

1 0 v kκ 0 δp 3 k,σ 2 0 0 = k,σ κ δp 3

=

(1.82)

Die Verschiebung der renormierten Quasiteilchen-Energien bei Änderung des äußeren Druckes ergibt hingegen δk,σ =

2 k,σ κδp 3

(1.83)

Andererseits ergibt sich mit Gl. (1.48) 0 + δk,σ = δk,σ

 k ,σ 



  ∂ f k ,σ  u σ,σ  k, k δ   ∂k ,σ  k ,σ k ,σ       − u σ,σ  k, k δ k ,σ  −  F δk ,σ 

0 = δk,σ + 0 = δk,σ

  u σ,σ  k, k δ f k ,σ 

(1.84)

k ,σ 

Wenn wir nun dass k auf der Fermioberfäche liegt, ergibt sich mit  berücksichtigen,  0 = 2 1 + 1 F s  κ 0 δp nach Gleichsetzen von (1.83) und (1.84) δk,σ F 1 3 3

     1 u σ,σ  k, k δ k ,σ  −  F κ κ = 1 + F1s κ 0 − 3 k ,σ 

1 ˜ F )u s0 κ = 1 + F1s κ 0 − g( 3 Mit F0s = g( ˜ F )u s0 erhalten wir

(1.85)

24

1

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen

Kompressibilität einer Fermiflüssigkeit   1 + 13 F1s κ 0 κ= 1 + F0s

1.2.7

(1.86)

Spinsuszeptibilität

Nun verbleibt noch, die Spinsuszeptibilität der Fermiflüssigkeit zu bestimmen. Wir legen hierzu ein homogenes Magnetfeld B = Bez an, sodass sich die Quasiteilchenenergie um δk,σ = −g

     μB B μB B u σ,σ  k, k δ f k ,σ  = −g˜ σ+ σ + O B2 2 2  

(1.87)

k ,σ

verschiebt. Hierbei bezeichnet g˜ den renormierten g-Faktor. Den zweiten Term können wir folgendermaßen umformen  k ,σ 

=



k ,σ

=

  u σ,σ  k, k δ f k ,σ 

  ∂ f k ,σ  u σ,σ  k, k δ   ∂k ,σ  k ,σ 



k ,σ

    μB B  σ u σ,σ  k, k δ k ,σ  −  F g˜ 2 

(1.88)

Damit erhalten wir die Beziehung g˜ = g − g˜

 k ,σ 

= g − g˜

 σ

= g − g˜ F0a

    u σ,σ  k, k δ k ,σ  −  F σ  1 2g˜  ( )  σ F 2 ≈g( ˜ F)



+1 −1

d (cos(θ ))

u σ,σ  (cos(θ )) σ  2 (1.89)

1.2 Landaus Theorie der Fermiflüssigkeit

25

und damit g˜ =

g 1 + F0a

(1.90)

Die Magnetisierung ergibt sich zu M=

gμ B  σ δ f k,σ 2 k,σ

gμ B  ∂ f k,σ = σ δk,σ 2 ∂k,σ k,σ

=

g 2 μ2B 4

g( ˜ F)

1 B 1 + F0a

(1.91)

Damit erhalten wir das finale Ergebnis

Spinsuszeptibilität einer Fermiflüssigkeit χ=

1 s g 2 μ2B 1 ∂M 0 1 + 3 F1 = χ = g( ˜ F) ∂B 4 1 + F0a 1 + F0a

(1.92)

wobei χ 0 die Suszeptibilität des freien Fermigases ist. Wie im Sommerfeld-Modell berechnen wir abschließend noch das WilsonVerhältnis (1.33) einer Fermiflüssigkeit, also das Verhältnis der magnetischen Suszeptibilität und der Proportionalitätskonstanten der spezifischen Wärme. 1 χ0 3(gμ B )2 1 + F0a γ0 4π 2 k 2B 1 = 1 + F0a

R=

(1.93)

Anders als im Fall nichtwechselwirkender Elektronen ist das Wilson-Verhältnis also von 1 verschieden. Die Größe der Abweichung kann dabei zur Charakterisierung der Fermiflüssigkeit dienen.

26

1

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen

1.3

Mikroskopische Theorie der Fermiflüssigkeit

1.3.1

Das Quasiteilchengewicht

Die Beschreibung der Quasiteilchen, die wir bislang betrachtet haben, beruhte auf wenigen phänomenologischen Grundannahmen. Im Folgenden werden wir verstehen, welche mikroskopische Beschreibung diesen Grundannahmen entspricht. In Abschn. (1.2.1) haben wir das Prinzip der adiabatischen Kontinuität eingeführt, das sich als grundlegend für das Quasiteilchenkonzept herausgestellt hat. Es erlaubte eine Eins-zu-Eins-Beziehung des wechselwirkenden und des nichtwechselwirkenden Systems herzustellen. Diese Beziehung können wir durch eine unitäre Transformation darstellen.   0 = U |0    k, σ = U |k, σ 

(1.94) (1.95)

Hierbei bezeichnet |0  den Grundzustand des wechselwirkungsfreien Systems (die Fermikugel), welcher durch die unitäre  Transformation U mit dem Grundzustand des wechselwirkenden Systems 0 verbunden ist. Ebenso wird die Einteilchen  † |0  auf die Anregung k, σ des wechselwirkenden SysAnregung |k, σ  = ck,σ tems abgebildet. Aufgrund des Prinzips der adiabatischen Kontinuität ist Letztere durch die gleichen Quantenzahlen  k, σ charakterisiert. In Abschn. (1.2.1) haben wir die Lebensdauer des Zustands k, σ berechnet  und  gesehen, dass diese bei niedrigen Temperaturen hinreichend groß ist, um k, σ als Quasiteilchen auffassen zu können. In diesem Sinne schreiben wir     k, σ = a † 0 k,σ

(1.96)

† † . Dieser hängt mit ck,σ , welcher mit dem Quasiteilchen-Erzeugungsoperator ak,σ die „richtigen“ Elektronen beschreibt über die Transformation † † ak,σ = U ck,σ U −1

(1.97)

zusammen. † im Um ein Maß dafür zu haben, „wieviel“ des ursprünglichen Elektrons ck,σ Quasiteilchen enthalten ist, definieren wir das sogenannte Quasiteilchengewicht als  †  überlapp des Quasiteilchenzustands k, σ und der Anregung ck,σ 0 :

1.3 Mikroskopische Theorie der Fermiflüssigkeit

)   †  Z k = | 0  ak,σ ck,σ  0 |2 .

27

(1.98)

† Wenn wir ck,σ durch die Quasiteilchen-Anregungen beschreiben ergibt sich der allgemeine Ansatz † = ck,σ

*

† Z k ak,σ +

 k2 ,k3 ,k4 k+k2 =k3 +k4

A(k3 , σ4 ; k3 , σ3 |k2 , σ2 , k, σ )ak†4 ,σ4 ak†3 ,σ3 ak2 ,σ2 + ... (1.99)

† enthält die Entwicklung noch einen endlosen Neben dem nackten Quasiteilchen ak,σ Schwanz von Quasiteilchen-Quasiloch-Anregungen. Mittels dieser Entwicklung können wir bspw. die Impulsverteilung der Elektronen im Grundzustand berechnen. Wir erhalten

  )  † n k,σ = 0  ck,σ ck,σ 0   )  † ak,σ 0 + Kontinuum = Z k 0  ak,σ



(1.100)

=(−k )

Der Kontinuums-Beitrag resultiert hierbei aus den Quasiteilchen-QuasilochAnregungen der Entwicklung (1.99). Die Quasiteilchen-Besetzungsfunktion bei T = 0 ist durch eine Theta-Funktion gegeben (vgl. Abschn. 1.2.2). An der FermiEnergie hat also die Impulsverteilung der Elektronen einen Sprung der Größe Z k F (s. Abb. 1.3).

Abb. 1.3 Wie im Fermigas hat die Impulsverteilung n k bei k = k F einen Sprung (für die Temperatur T = 0). Dieser ist allerdings im Vergleich zum Fermigas um den Faktor Z k F reduziert

28

1

1.3.2

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen

Spektrale Dichte

Um die spektrale Dichte der Fermiflüssigkeit besser zu verstehen, betrachten wir die Green’s Funktion der Elektronen auf der reellen Frequenzachse, wobei die Wechselwirkungseffekte durch die Selbstenergie (ω, k) beschrieben werden. G (ω, k) =

1 ω − 0 (k) − (ω, k)

(1.101)

Aus dieser ergibt sich die Spektraldichte (Setze S(ω, k) = − π1 Im(ω, k)) 1 A(ω, k) = − ImG(ω, k) π 1 1 ω − 0 (k) − Re(ω, k)−iπ S(ω, k) = − Im π ω − 0 (k) − Re(ω, k) + iπ S(ω, k) ω − 0 (k) − Re(ω, k)−iπ S(ω, k) S(ω, k) = (1.102) (ω − 0 (k) − Re(ω, k))2 + (π S(ω, k))2 ..

Die Fermioberflache ist definiert durch ω = 0. Wenn wir 0 (k) auf der Fermioberfäche = 0 setzen, folgt Re(ω = 0, k) = 0. Um einen Ausdruck für die Spektraldichte nahe der Fermioberfläche zu erhalten, entwickeln wir Re(ω, k) = ∇k Re(k F , 0)(k − k F ) + ∂ω Re(k F , 0)ω

(1.103)

In (1.102) eingesetzt, ergibt sich A(ω, k) =

S(ω, k) (ω(1 − ∂ω Re(k F , 0)) − 0 (k) − ∇k Re(0, k F )(k − k F ))2 + (π S(ω, k))2

(1.104)

Mit der Abkürzung Z˜ k F = (1 − ∂ω Re(k F , 0))−1 schreibt sich dies als A(ω, k) = Z˜ k F

Z˜ k F S(ω, k)

(ω − Z˜ k F 0 (k) − Z˜ k F ∇k Re(0, k F )(k − k F ))2 + (π Z˜ k F S(ω, k))2

(1.105)  + † ck,σ Mit diesem Ausdruck kann nun erneut die Impulsverteilung n k,σ = ck,σ berechnet werden.

1.3 Mikroskopische Theorie der Fermiflüssigkeit







−∞ 0

n k,σ = =

29

dω A(ω, k)n F (ω, k) dω A(ω, k)

−∞

(1.106)

In der zweiten Zeile haben wir T = 0 ausgenutzt. Wenn wir annehmen, dass S(ω, k) nicht stark von ω abhängt, dann beschreibt Gl. (1.105) eine Lorentzkurve der Breite π Z˜ k F S(ω, k). Die Breite der Lorentzkurve ist durch die inverse Lebensdauer des Quasiteilchens gegeben, welche für k → k F verschwindet, so dass A(ω, k) sich einer Delta-Funktion annährt. Für k → k − F liegt diese im Integrationsgebiet von (1.106). Für k → k + liegt sie dagegen außerhalb. Wie in der Betrachtung zuvor, F ergibt sich ein Sprung in n k,σ der Größe Z˜ k F . Der Vergleich mit dem Ergebnis des vorigen Abschnitts liefert die Beziehung Z k F = Z˜ k F =

1 . 1 − ∂ω Re(k F , 0)

(1.107)

Das Quasiteilchengewicht kann also aus der elektronischen Selbstenergie berechnet werden.

1.3.3

Effektive Masse

Die Position des Lorentz-peaks definiert eine effektive Einteilchenenergie (k) = Z k F 0 (k) − Z k F ∇k Re(0, k F )(k − k F )

(1.108)

Unter Ausnutzung der sphärischen Symmetrie folgt ∇k Re(0, k F ) = Re(0, k F ) und 0 (k) =

k F (k−k F ) , m

(k) = Z k F

kF k F ∂k

so dass man (k) schreiben kann als

1 ∂k Re(0, k F ) + k F (k − k F ) m kF

(1.109)

Wenn wir nun (k) mit der effektiven Quasiteilchenenergie (1.48) assoziieren und F) mit der effektiven Masse m ∗ (vgl. Gl. (1.61)), ausnutzen, dass (k) = k F (k−k m∗ folgt

30

1

Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen

m∗ 1 − ∂ω Re(0, k F ) = m 1 + kmF ∂k Re(0, k F )

(1.110)

Damit sieht man, dass auch die effektive Masse m ∗ aus der Selbstenergie berechnet werden kann. Die Korrespondenz der phänomenologischen Parameter der Fermiflüssigkeitstheorie zu mikroskopischen Größen kann auch für die effektiven Quasiteilchen-Wechselwirkungen hergestellt werden. Dies werden wir hier allerdings nicht weiter verfolgen und verweisen auf weiterführende Literatur (siehe z. B. [3]).

1.4

Grenzen der Fermiflüssigkeitstheorie

In vielen Fällen bricht das Konzept langlebiger Quasiteilchen zusammen, sodass die entsprechenden Systeme nicht mehr mit der Fermiflüssigkeitstheorie beschrieben werden können. Ein wichtiges Beispiel hierfür bilden eindimensionale Systeme (bspw. QuantenDrähte), welche durch kollektive Ladungs- und Spin-Anregungen charakterisiert werden. Während die Quasiteilchen einer Fermiflüssigkeit eine feste Ladung und einen festen Spin besaßen (wie man es von Teilchen erwartet), pflanzen sich in eindimensionalen Systemen Ladungs- und Spin-Anregungen unabhängig voneinander fort, was zum Phänomen der Spin-Ladungs-Trennung führt. Dies kann mit der Theorie der Luttinger-Flüssigkeiten erklärt werden. Eine Einführung in diese findet sich bspw. in [5]. Ein anderes Beispiel, in dem die Fermiflüssigkeits-Theorie zusammenbricht sind Supraleiter. Der Physiker Leon Cooper zeigte 1956, dass der Grundzustand eines Elektronengases mit einer attraktiven Elektron-Elektron-Wechselwirkung nicht durch eine scharfe Fermikante beschrieben werden kann. Stattdessen kann das System Energie durch Bildung sogenannter Cooper-Paare gewinnen. Diese sogenannte Cooper-Instabilität bildet die Grundlage der BCS-Theorie zur Beschreibung konventioneller Supraleitung, die bspw. in [6] behandelt ist.

Was Sie aus diesem essential mitnehmen können

• Mit dem Sommerfeld-Modell, in dem die Elektronen eines Metalls als Gas modelliert werden, können Eigenschaften eines Metalls bei tiefen Temperaturen qualitativ richtig beschrieben werden. • Der Einfluss der Wechselwirkungen kann mit Landaus Theorie der Fermiflüssigkeit untersucht werden, welche das Bild freier Elektronen durch das Konzept des Quasiteilchens ersetzt. Bei der Berechnung von Messgrößen, wie der Wärmekapazität oder der Spin-Suszeptibilität führen die Wechselwirkungen im Vergleich zum Sommerfeld-Modell lediglich zur Modifizierung einiger Parameter, der Landau-Parameter. • Die Eigenschaften der Quasiteilchen können auch mikroskopisch berechnet werden.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 M. Kinza, Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23833-9

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Literatur

1. Sigrist, M.: Solid state theory, spring semester. http://edu.itp.phys.ethz.ch/fs10/sst/Notes. pdf (2010). Zugegriffen: 28 Juli 2018 2. Bühler-Paschen, S., Mohn, P.: Festkörperphysik II. TU-Verlag, Wien, (2016/17) 3. Negele, J.W., Orland, H.: Quantum many particle systems. Addison-Wesley, Redwood City (1988) 4. Coleman, P.: Introduction to Many Body Physics. Cambridge University Press, Cambridge (2015) 5. Bruus, H., Flensberg, K.: Many Body Quantum Theory in Condensed Matter Physics: An Introduction. Oxford Graduate Texts, Oxford (2004) 6. Altland, A., Simons, B.: Condensed Matter Field Theory. Cambridge University Press, Cambridge (2010)

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 M. Kinza, Theorie der Fermiflüssigkeit in Metallen, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23833-9

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