Taschenatlas Biochemie des Menschen [5., vollständig überarbeitete ed.] 3132417408, 9783132417403

Dieser Taschenatlas ist das ultimative Tool, mit dem du die Biochemie meistern kannst! Das bewährte Taschenatlas-Konzept

825 132 57MB

German Pages 528 [545] Year 2019

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Taschenatlas Biochemie des Menschen [5., vollständig überarbeitete ed.]
 3132417408, 9783132417403

Citation preview

Auf einen Blick

Grundlagen

12

Biomoleküle

38

Stoffwechsel

82

Zellorganellen

204

Molekulare Genetik

240

Gewebe und Organe

278

Ernährung

398

Signalsysteme

414

Wachstum und Entwicklung

460

Anhang

476

Taschenatlas Biochemie des Menschen Jan Koolman Klaus-Heinrich Röhm 223 Farbtafeln von Jürgen Wirth und Nora Wirth

5., vollständig überarbeitete Auflage

Georg Thieme Verlag Stuttgart • New York

1. Auflage 1994 2. Auflage 1997 3. Auflage 2003 4. Auflage 2009

Prof. Dr. rer. nat. Jan Koolman Bergacker 11 35091 Cölbe Prof. Dr. rer. nat. Klaus-Heinrich Röhm Krumme Str. 86 10585 Berlin Gestaltung der Farbtafeln: Prof. Jürgen Wirth, Visuelle Kommunikation, 63303 Dreieich; Nora Wirth, 3karat, Frankfurt Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. chinesische Auflage 2008 1. englische Auflage 1996 2. englische Auflage 2004 3. englische Auflage 2012 1. französische Auflage 1994 2. französische Auflage 1999 3. französische Auflage 2004 4. französische Auflage 2011 1. griechische Auflage 1999 2. griechische Auflage 2007 1. holländische Auflage 2004 1. indonesische Auflage 2002 1. italienische Auflage 1997

1. japanische Auflage 1997 2. japanische Auflage 2007 3. japanische Auflage 2015 1. koreanische Auflage 2008 1. polnische Auflage 2005 1. portugiesische Auflage 2005 2. portugiesische Auflage 2013 1. russische Auflage 2000 2. russische Auflage 2017 1. spanische Auflage 2004 2. spanische Auflage 2012 1. tschechische Auflage 2012 1. türkische Auflage 2002 2. türkische Auflage 2016

Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.

Deine Meinung ist uns wichtig! Bitte schreib uns unter: www.thieme.de/service/feedback.html

© 1994, 2019 Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstr. 14 70469 Stuttgart Deutschland www.thieme.de Printed in Italy Satz: Druckhaus Götz GmbH, Ludwigsburg Druck: LEGO S.p.A., Vicenza Umschlaggestaltung: Thieme Gruppe Umschlagabbildung: PDB-Strukturmodell 1bpx.pdb DOI 10.1055/b-006-161663 ISBN 978-3-13-241740-3 Auch erhältlich als E-Book: eISBN (PDF) 978-3-13-241741-0 eISBN (epub) 978-3-13-241742-7

123456

Geschützte Warennamen (Warenzeichen ®) werden nicht immer besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen oder die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Zu den Autoren Jan Koolman (Bild links) ist in Lübeck geboren und mit dem Seewind von der Ostsee aufgewachsen. Der Besuch des humanistischen Gymnasiums der Hansestadt hat in ihm manche Spuren hinterlassen. Von 1963 bis 1969 studierte er Biochemie an der Eberhard-KarlsUniversität in Tübingen. Für eine Promotion (im Fachbereich Chemie) bei Peter Karlson ging er nach Marburg. Dort begann er, sich mit der Biochemie der Insekten und anderer Evertebraten zu beschäftigen. Er habilitierte sich 1977 im Fachbereich Humanmedizin und wurde 1984 zum Professor ernannt. Seine besonderen Interessensgebiete sind die biochemische Endokrinologie und die Didaktik der Biochemie. Jan Koolman ist mit einer Kunstpädagogin und -expertin verheiratet. Klaus-Heinrich Röhm (Bild in der Mitte) stammt aus Stuttgart. Nach dem Abitur am Evangelisch-Theologischen Seminar in Urach, ebenfalls einer humanistischen Bildungsstätte, fand er nach einem Abstecher in die Physik zum Diplomstudium der Biochemie an der Universität Tübingen. Dort begegneten sich die beiden Autoren zum ersten Mal. Seit 1970 ist Klaus-Heinrich Röhm ebenfalls am Fachbereich

Medizin in Marburg tätig. Er promovierte bei Friedhelm Schneider und habilitierte sich 1980 im Fachbereich Chemie, seit 1986 ist er Professor. Seine Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der Struktur und Funktion von Enzymen aus dem Aminosäure-Stoffwechsel. Klaus-Heinrich Röhm ist mit einer Biologin verheiratet und hat zwei Kinder. Jürgen Wirth (Bild rechts) studierte an der HfBK Berlin und an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Studienschwerpunkte waren Freie Grafik und Illustration. 1963 bis 1977 war Jürgen Wirth an der Ausstellungsgestaltung des Naturkundemuseums Senckenberg in Frankfurt/M. beteiligt. Gleichzeitig war er freier Mitarbeiter bei verschiedenen Verlagen mit Illustration und Grafik für Schulbücher, Sachbücher und wissenschaftliche Publikationen. Er erhielt mehrere Auszeichnungen für Buchgrafik und -gestaltung. 1978 wurde er zum Professor an der HfG in Schwäbisch Gemünd ernannt und 1986 Professor am FB Gestaltung der Hochschule Darmstadt. Seine Arbeitsgebiete sind Wissenschaftliche Grafik/Info-Grafik und Darstellungsmethoden.

5

Vorwort Die Biochemie ist ein dynamisches, rasch wachsendes Fach. Dies versucht der vorliegende Taschenatlas in bildlicher Form zu verdeutlichen. Auf farbigen Tafeln werden grundlegende Inhalte der Biochemie des Menschen behandelt und erläutert. Das Gewicht liegt dabei auf der grafischen Darstellung – die Texte dienen in erster Linie als erweiterte und ergänzende Legende zu den Abbildungen. Die exakte Abgrenzung der Biochemie von ihren Nachbarfächern wie Zellbiologie, Anatomie, Physiologie, Genetik oder Pharmakologie ist schwierig und in vielen Fällen willkürlich. Diese Überlappung der Fächer ist kein Zufall. Der Gegenstand der Betrachtung ist häufig der gleiche – z. B. eine Nervenzelle oder ein Mitochondrium – und nur der Blickwinkel der einzelnen Fächer ist verschieden. In diesem Sinne befindet sich der Taschenatlas der Biochemie mitten unter den anderen Taschenatlanten. Thematisch steht in diesem Atlas die Biochemie des Menschen im Vordergrund, obwohl die Biochemie der Tiere, der Pflanzen und der Mikroorganismen nicht weniger interessant ist. Bei der Stoffauswahl haben wir uns auf Themen konzentriert, die für Studierende der Humanmedizin besonders relevant sind. Dies wird durch die Einbeziehung pathobiochemischer Sachverhalte deutlich. Auch aktuelle Informationen aus dem Gegenstandskatalog des Institutes für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen wurden genutzt. Aufgrund des kompakten Formats des Taschenatlas können nicht alle Inhalte im Detail erläutert werden. Daher ist dieses Werk mit seinem auf Visualisierung fokussierten Konzept als Ergänzung zu ausführlichen Lehrbüchern oder anderen Lehrmedien zu empfehlen. Naturgemäß ist die Biochemie nicht so anschaulich wie beispielsweise die Anatomie. Deshalb verwenden wir zusätzlich zu den üblichen Strukturformeln häufig auch räumliche Modelle der Moleküle. Dabei haben wir in der Regel auf Strukturinformationen zurückgegriffen, die in der Protein Data Bank (PDB) zur Verfügung gestellt sind. Die 3D-Modelle sind nicht nur anschaulicher, sondern verraten in vielen Fällen auch etwas über die Funktion der Mole-

6

küle: So lässt sich beispielsweise die biochemische Wirkungsweise vieler Enzyme besser nachvollziehen, wenn man die räumliche Anordnung der Untereinheiten betrachtet. Außerdem werden die biochemischen Funktionen durch verschiedene Pfeilarten dargestellt: Reaktionspfeile sind grundsätzlich schwarz, Transportpfeile gestrichelt ausgeführt, während blaue Pfeile eine katalytische Wirkung symbolisieren. Dies ist Teil des einheitlichen Gestaltungskonzepts für die Grafiktafeln, deren Regeln auf den hinteren Innenseiten des Umschlags erläutert sind. So werden u. a. auch biochemisch wichtige Stoffklassen sowie Reaktionsräume der Zelle durch farbliche Codierungen unterschieden und Coenzyme als einheitliche Symbole aufgeführt, was die Grafiken auf den ersten Blick verständlich macht. Für die vorliegende 5. Auflage wurde der Taschenatlas überarbeitet und um aktuelle Themen aus den Gebieten Molekularbiologie, Immunologie und Stoffwechselregulation erweitert, ohne vom bewährten Konzept abzuweichen. Unser besonderer Dank gilt Frau Mascha Friedrich, Frau Marianne Mauch und allen anderen im Thieme Verlag engagierten Personen, die fachkundig und mit großem Einsatz dieses Werk gefördert und zur Produktreife gebracht haben. Schließlich danken wir aufmerksamen Leserinnen und Lesern für Anregungen, für kritische und auch anerkennende Kommentare. Auf solche Rückmeldungen sind wir auch weiterhin angewiesen, um den Taschenatlas im Sinne unserer Leserschaft weiterentwickeln zu können. Jan Koolman, Marburg, Klaus-Heinrich Röhm, Berlin und Jürgen Wirth, Dreieich im September 2018 Das Titelbild zeigt einen Komplex aus der humanen DNA-Polymerase β und einem DNAStrang, bei dem die Polymerase einzelne fehlende Nucleotide repariert. (Quelle: PDB-Strukturmodell 1bpx.pdb)

Inhaltsverzeichnis 1

Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12

1.1

Chemie . . . . . . . . . . . . . . . . .

12

Physikalische Chemie . . . . . . .

26

Periodensystem. . . . . . Chemische Bindung . . . Isomerie . . . . . . . . . . . Stoffklassen. . . . . . . . . Chemische Reaktionen. Redox-Prozesse . . . . . . Säuren und Basen . . . .

12 14 16 18 20 22 24

Energetik . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermodynamik . . . . . . . . . . . Katalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . Wasser als Lösungsmittel . . . . . Hydrophobe Wechselwirkungen

26 28 30 32 34

2

Biomoleküle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

2.1

Kohlenhydrate . . . . . . . . . . . .

38

Aminosäuren . . . . . . . . . . . . .

58

Chemie der Zucker . . . . . . . . . Mono- und Disaccharide . . . . . Polysaccharide . . . . . . . . . . . . Glycoproteine und Glycosaminoglycane . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38 40 42

Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . Proteinogene Aminosäuren . . . Selenocystein und nichtproteinogene Aminosäuren . . . . . . . .

58 60

Peptide und Proteine . . . . . . .

64

Lipide . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

Übersicht . . . . . . . . Fettsäuren und Fette Glycerolipide. . . . . . Sphingolipide . . . . . Isoprenoide. . . . . . . Steroide . . . . . . . . .

46 48 50 52 54 56

Übersicht . . . . . . . . . . Proteinstrukturen . . . Strukturproteine . . . . Lösliche Proteine . . . . Proteinmodifizierung .

. . . . .

64 66 68 70 72

Nucleotide und Nucleinsäuren

74

Basen und Nucleotide. . . . . . . . RNA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . DNA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74 76 78

3

Stoffwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

3.1

Enzyme . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

1.2

2.3

2.4 2.2

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

Grundlagen . . . . . . . . . . Enzymkatalyse . . . . . . . Enzymkinetik I . . . . . . . Enzymkinetik II . . . . . . . Allosterische Regulation Hemmstoffe . . . . . . . . . Enzymatische Analyse . . Coenzyme I . . . . . . . . . . Coenzyme II . . . . . . . . . Coenzyme III . . . . . . . . . Coenzyme IV . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . .

. . . . . .

. . . . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . . . . . . . . .

62

44

82 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104

2.5

3.2

3.3

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

Stoffwechselwege . . . . . . . . .

106

Intermediärstoffwechsel I . . Intermediärstoffwechsel II . Regulationsmechanismen I . Regulationsmechanismen II

. . . .

106 108 110 112

Energiestoffwechsel . . . . . . . .

114

ATP . . . . . . . . . . . . . . . . Energetische Kopplung. . Energiekonservierung an Membranen . . . . . . . . . . Übersicht . . . . . . . . . . . .

..... .....

114 116

..... .....

118 120

. . . .

. . . .

7

Inhaltsverzeichnis

3.4

3.5

Oxosäure-Dehydrogenasen. . . . Citratzyklus . . . . . . . . . . . . . . . Citratzyklus: Stoffwechselfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitochondrialer Transport . . . . Atmungskette . . . . . . . . . . . . . ATP-Synthese . . . . . . . . . . . . . . Regulation des Energiestoffwechsels . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . .

122 124

Kohlenhydratstoffwechsel . . .

138

Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . Glycolyse . . . . . . . . . . . . . . . . Hexosemonophosphat-Weg . . Gluconeogenese. . . . . . . . . . . Glycogenstoffwechsel . . . . . . . Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels I . . . . . . . . . . . . Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels II . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . .

. . . . .

138 140 142 144 146

.

148

. .

150 152

Lipidstoffwechsel . . . . . . . . . .

154

Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . Fettsäureabbau: β-Oxidation . Fettsäureabbau: Nebenwege . . Fettsäurebiosynthese . . . . . . . Fettsäurestoffwechsel: weitere Reaktionen . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

154 156 158 160

.

162

126 128 130 132

Biosynthese komplexer Lipide . . Biosynthese von Cholesterol . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . .

3.6

3.7

3.8

. . .

170 172 174

. . . . . .

176 178 180 182 184 186

Nucleotidstoffwechsel . . . . . . 188 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . Nucleotidabbau . . . . . . . . . . Purin- und Pyrimidinbiosynthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nucleotidbiosynthese . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . .

.. ..

188 190

.. .. ..

192 194 196

Porphyrinstoffwechsel . . . . . . 198 Häm-Biosynthese . . . . . . . . . . . Porphyrinabbau . . . . . . . . . . . .

198 200

4

Zellorganellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

4.1

Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . .

204

4.4

Aufbau der Zelle. . . . . . . . . . . . 204 Zellbestandteile und Cytoplasma 206

4.2

4.3

8

Proteinstoffwechsel . . . . . . . . 170 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . Proteolyse . . . . . . . . . . . . . . . Wege des Stickstoffs . . . . . . . . Transaminierung und Desaminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . Aminosäureabbau I . . . . . . . . . Aminosäureabbau II . . . . . . . . Harnstoffzyklus . . . . . . . . . . . Biosynthese von Aminosäuren. Pathobiochemie . . . . . . . . . . .

134 136

164 166 168

Membranen . . . . . . . . . . . . . .

208

Struktur und Bestandteile. Transportprozesse . . . . . . Transportproteine . . . . . . Endo- und Exocytose . . . .

. . . .

208 210 212 214

ER und Golgi-Apparat . . . . . . .

216

Aufbau und Funktionen Proteinsortieren. . . . . . Proteinsynthese am rER Proteinreifung . . . . . . .

216 218 220 222

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

Zellkern und Mitochondrien . . 224 Zellkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitochondrien . . . . . . . . . . . . .

4.5

Vesikel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Lysosomen . . . . . . . . . . . . . . . . Peroxisomen . . . . . . . . . . . . . .

4.6

224 226

228 230

Cytoskelett . . . . . . . . . . . . . . . 232 Komponenten. . . . . . . . . . . . . . Struktur und Funktionen. . . . . . Motorproteine . . . . . . . . . . . . .

232 234 236

Inhaltsverzeichnis 5

Molekulare Genetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.1

Codierung und Expression der genetischen Information . . . .

. . . . .

258 260 262 264 266

Gentechnik . . . . . . . . . . . . . . .

268

Klonieren von DNA. . . . . . . Sequenzieren von DNA . . . . PCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gentechnik in der Medizin .

. . . .

268 270 272 274

6

Gewebe und Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

278

6.1

Verdauungssystem . . . . . . . .

278

Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

328

Übersicht . . . . . . . . Verdauungssekrete . Verdauungsprozesse Resorption I . . . . . . Resorption II . . . . . . Pathobiochemie . . .

. . . . . .

278 280 282 284 286 288

Blut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

290

Funktionen . . . . . . . . . . . Kohlenhydratstoffwechsel Lipidstoffwechsel . . . . . . . Gallensäuren . . . . . . . . . . Biotransformation . . . . . . Cytochrom-P450-Systeme Ethanolstoffwechsel . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . .

. . . . . . . .

328 330 332 334 336 338 340 342

Fettgewebe . . . . . . . . . . . . . .

344

Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . .

344 346

Niere. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

348

Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . Elektrolytausscheidung . . . . . . Stoffwechsel . . . . . . . . . . . . . .

348 350 352

Muskel . . . . . . . . . . . . . . . . . .

354

Muskelkontraktion. . . . . . . . . . Kontrolle der Muskelkontraktion Muskelstoffwechsel . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . .

354 356 358 360

Bindegewebe . . . . . . . . . . . . .

362

Knochen und Zähne . . . Collagene. . . . . . . . . . . Extrazelluläre Matrix I . Extrazelluläre Matrix II. Pathobiochemie . . . . . .

362 364 366 368 370

Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . Gene und Genome. . . . . . . . . Chromatin. . . . . . . . . . . . . . . Epigenetik. . . . . . . . . . . . . . . Nucleinsäure-modifizierende Enzyme. . . . . . . . . . . . . . . . . Replikation . . . . . . . . . . . . . . Transkription . . . . . . . . . . . . Transkriptionskontrolle . . . . . RNA-Reifung . . . . . . . . . . . . .

6.2

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

6.3

240

. . . .

240 242 244 246

. . . . .

248 250 252 254 256

Zusammensetzung und Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plasmaproteine . . . . . . . . . . . . Lipoproteine I . . . . . . . . . . . . . Lipoproteine II. . . . . . . . . . . . . Hämoglobin und Gastransport . Reaktive Sauerstoffspezies . . . . Erythrocytenstoffwechsel . . . . Säure-Basen-Haushalt . . . . . . . Blutgerinnung . . . . . . . . . . . . . Gerinnungshemmung, Fibrinolyse . . . . . . . . . . . . . . . Blutgruppen . . . . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . .

5.2

6.4

6.5 290 292 294 296 298 300 302 304 306 308 310 312

Immunsystem . . . . . . . . . . . .

314

Immunsystem . . . . . . . . . . . . Unspezifische Immunantwort Komplementsystem. . . . . . . . Spezifische Immunantwort . . T-Zell-Aktivierung . . . . . . . . . Antikörper . . . . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . .

314 316 318 320 322 324 326

. . . . . . .

Genetischer Code . . . . . . Translation I. . . . . . . . . . Translation II . . . . . . . . . Antibiotika. . . . . . . . . . . Mutation und Reparatur .

6.6

6.7

6.8

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . .

. . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

240

. . . .

. . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

9

Inhaltsverzeichnis 6.9

Gehirn und Sinnesorgane . . . .

372

Signalübertragung im ZNS . . . . Ruhepotenzial und Aktionspotenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . Neurotransmitter . . . . . . . . . . . Rezeptoren für Neurotransmitter Stoffwechsel des ZNS . . . . . . . . Sehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathobiochemie . . . . . . . . . . . .

372

6.10

Integration des Stoffwechsels. 386 Integration des Stoffwechsels I . Integration des Stoffwechsels II . Integration des Stoffwechsels III. Integration des Stoffwechsels IV Integration des Stoffwechsels V .

374 376 378 380 382 384

386 388 390 392 394

7

Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398

7.1

Nahrungsstoffe. . . . . . . . . . . .

398

Organische Stoffe . . . . . . . . . . . Mineralstoffe und Spurenelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

398

Calciumstoffwechsel . Eisenstoffwechsel . . . Pathobiochemie . . . . Vitamine I . . . . . . . . Vitamine II . . . . . . . .

400

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

402 404 406 408 410

8

Signalsysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414

8.1

Signaltransduktion. . . . . . . . .

414

Übersicht . . . . . . . . . . . Membranrezeptoren . . Ionenkanäle. . . . . . . . . GTP-bindende Proteine Second-Messenger I . . . Second-Messenger II . . Protein-Kinasen und -Phosphatasen . . . . . . . Signalkaskaden . . . . . .

. . . . . .

414 416 418 420 422 424

...... ......

426 428

Hormonsysteme. . . . . . . . . . .

430

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . Plasmaspiegel und Hormonhierarchie . . . . . . . . . . . . . . . .

430

8.2

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

432

8.3

Lipophile Signalstoffe . . . . . . . 434 Wirkungsmechanismus. . . . . . Corticosteroide . . . . . . . . . . . . Sexualsteroide und Menstruationszyklus . . . . . . . . . . . . . . . Stoffwechsel der Steroidhormone . . . . . . . . . . . . . . . . Schilddrüsenhormone. . . . . . .

8.4

. .

434 436

.

438

. .

440 442

Hydrophile Signalstoffe . . . . . 444 Insulin . . . . . . . . . . . . . . . . . Diabetes mellitus . . . . . . . . . Weitere Hormone . . . . . . . . . Catecholamine . . . . . . . . . . . Gewebshormone, Mediatoren Eicosanoide . . . . . . . . . . . . . Cytokine. . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

444 446 448 450 452 454 456

9

Wachstum und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460

9.1

Zellproliferation . . . . . . . . . . .

460

Zellzyklus I . . . . . . . . . . . . . . . Zellzyklus II . . . . . . . . . . . . . . . Apoptose . . . . . . . . . . . . . . . . .

460 462 464

Onkogene. . Tumoren . . Cytostatika . Viren . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

466 468 470 472

10

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476

10.1

Abkürzungen und Akronyme .

476

10.2

Größen und Einheiten . . . . . .

480

10

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 481

Kapitel 1

1.1

Chemie

12

Grundlagen

1.2

Physikalische Chemie

26

1

1 Grundlagen

1.1 Chemie Periodensystem

B. Elektronen-Konfigurationen

A. Biologisch wichtige Elemente

Die chemischen Eigenschaften der Atome und die Art der Bindungen, die sie miteinander eingehen, werden vom Bau ihrer Elektronenhüllen bestimmt. Deshalb sind in Abb. A auch die Elektronen-Konfigurationen der Elemente angegeben. Abb. B erklärt die dabei verwendete Kurzschreibweise. Ausführlichere Darstellungen finden sich in Lehrbüchern der Chemie. Die möglichen Zustände der Elektronen eines Atoms nennt man Orbitale. Sie werden durch eine Zahl, die sog. Hauptquantenzahl und einen Buchstaben (z. B. s, p oder d) gekennzeichnet. Mit zunehmender Elektronenzahl werden die Orbitale der Reihe nach besetzt, wobei sich in jedem Orbital maximal zwei Elektronen aufhalten können, die dann unterschiedlich gerichtete „Spins“ besitzen müssen. In Abb. A ist für jedes Element die Verteilung der Elektronen auf die verschiedenen Orbitale aufgeführt. Zum Beispiel besetzen die 6 Elektronen des Kohlenstoffs (B1) das 1sOrbital, das 2s-Orbital und zwei 2p-Orbitale. Das volle 1s-Orbital entspricht der Konfiguration des Edelgases Helium (He). Dieser Bereich der Elektronenhülle des Kohlenstoffs ist in Abb. A mit „He“ abgekürzt. Darunter ist die Anzahl der Elektronen in den jeweils am rechten Rand angegebenen Orbitale genannt. Die Elektronenhülle des Chlors (B2) setzt sich z. B. aus der des Neons und 7 weiteren Elektronen in 3s- und 3p-Orbitalen zusammen. Im Eisen (B3), einem Übergangsmetall aus der ersten Nebengruppe, ist das 4s-Orbital schon besetzt, obwohl die 3d-Orbitale noch nicht gefüllt sind. An vielen Reaktionen der Übergangsmetalle, z. B. an der Komplexbildung mit Basen und an Redoxreaktionen, sind d-Orbitale beteiligt. Besonders stabile Elektronenanordnungen entstehen, wenn bei Elementen der 2. und 3. Periode die äußerste Schale mit 8 Elektronen voll besetzt ist („Oktett-Regel“). Dies trifft z. B. für die Edelgase zu, aber auch für Ionen wie Cl– (3s23p6) oder Na+ (2s22p6). Nur bei Wasserstoff und Helium genügen schon zwei Elektronen, um das äußere 1s-Orbital zu füllen und damit eine stabile Elektronenkonfiguration zu erreichen.

In der Natur gibt es 81 stabile Elemente. Von diesen kommen 15 in allen Lebewesen vor, 8– 10 weitere wurden nur in bestimmten Organismen nachgewiesen. Die Tafel zeigt die erste Hälfte des Periodensystems, in der alle biologisch wichtigen Elemente enthalten sind. Neben physikalischen und chemischen Daten (Ordnungszahl, relative Atommasse, Gruppenzugehörigkeit und Elektronenkonfiguration) sind auch Informationen über die Verbreitung der Elemente in der belebten Natur und über die Häufigkeit ihres Vorkommens im menschlichen Organismus wiedergegeben. Über 99 % aller Atome im tierischen Organismus entfallen auf nur vier Elemente: Wasserstoff (H), Sauerstoff (O), Kohlenstoff (C) und Stickstoff (N). Wasserstoff und Sauerstoff sind die Komponenten des Wassers, das allein 60– 70 % der Zellmasse ausmacht (S. 206). Zusammen mit Kohlenstoff und Stickstoff sind diese Atome auch Hauptbestandteile der organischen Verbindungen, auf denen die meisten Lebensvorgänge beruhen. Viele Biomoleküle enthalten außerdem Schwefel (S) oder Phosphor (P). Die bisher genannten Makroelemente sind für alle Organismen unentbehrlich. Eine zweite biologisch wichtige Gruppe von Elementen, die insgesamt nur etwa 0,5 % aller Atome im Körper ausmachen, liegt dort fast ausschließlich als anorganische Ionen vor. Zu diesen sogenannten Elektrolyten gehören die Alkalimetalle Natrium (Na) und Kalium (K) sowie die Erdalkalimetalle Magnesium (Mg) und Calcium (Ca). Auch das Halogen Chlor (Cl) ist in der Zelle stets ionisiert. Alle anderen lebenswichtigen Elemente kommen in so kleinen Mengen vor, dass man sie als Spurenelemente (S. 400) bezeichnet. Bei diesen Elementen handelt es sich vorwiegend um NebengruppenMetalle wie z. B. Eisen (Fe), Zink (Zn), Kupfer (Cu), Cobalt (Co) oder Mangan (Mn). Auch einige Nichtmetalle wie Iod (I) oder Selen (Se) zählen zu den essentiellen Spurenelementen.

12

1 Grundlagen

1.1 Chemie

Abb. 1.1 Periodensystem

13

1.1 Chemie Chemische Bindung A. Bindungsarten Chemische Bindungen entstehen durch teilweisen oder vollständigen Austausch von Valenzelektronen zwischen Atomen. Die Tabelle nennt wichtige Bindungsarten und ihre molekularen Grundlagen.

1 Grundlagen

B. Orbital-Hybridisierung Kovalente Bindungen zwischen zwei Nichtmetall-Atomen entstehen, wenn Orbitale (S. 12) beider Atome zu Molekülorbitalen kombinieren, die von je einem Elektron der beteiligten Atome besetzt sind. So besetzen die vier Bindungselektronen des Kohlenstoffs 2sund 2p-Atomorbitale (1a). Das 2s-Orbital ist kugelsymmetrisch, während die drei 2p-Orbitale hantelförmig entlang der x, y und z-Achse ausgerichtet sind. Man sollte also erwarten, dass ein C-Atom mindestens zwei verschiedene Arten von Molekülorbitalen ausbildet. Dass dies i.a. nicht der Fall ist, beruht auf einem Effekt, den man als Orbital-Hybridisierung bezeichnet. Durch Kombination des s-Orbitals und der drei p-Orbitale des C-Atoms entstehen vier äquivalent, tetraedrisch angeordnete sp3Atomorbitale (sp3-Hybridisierung). Überlappen diese Orbitale mit den 1s-Orbitalen von H-Atomen, bilden sich vier äquivalente σ-Molekülorbitale (1b). Aus diesem Grund kann Kohlenstoff vier Bindungen eingehen – er ist vierbindig. Ähnlich wie die vier σ- oder Einfachbindungen im Methan (CH4), kommen Einfachbindungen zwischen anderen Nichtmetall-Atomen zustande. So haben z. B. auch das Hydrogenphosphat-Ion (HPO42-) und das Ammonium-Ion (NH4+) eine tetraedrische Struktur (1c). Eine zweite Art der Orbital-Hybridisierung schließt bei der Bildung der Hybrid-Orbitale neben dem 2s-Orbital nur zwei der drei 2p-Orbitale ein (2a). Man nennt sie deshalb sp2-Hybridisierung. Es entstehen drei äquivalente sp2-Hybridorbitale, die in einer Ebene liegen und miteinander Winkel von etwa 120° bilden. Das verbleibende 2px-Orbital steht senkrecht auf dieser Ebene. lm Gegensatz zu sp3-hybridisierten Atomen bilden sp2-hybridisierte zwei verschiedene Bindungen aus, wenn sie zu Molekülorbitalen kombinieren (2b): Die drei sp2Orbitale gehen σ-Bindungen ein, wie oben beschrieben. Außerdem kombinieren die Elektro-

14

nen in den beiden 2px-Orbitalen, die π-Elektronen, zu einem zusätzlichen, länglichen πMolekülorbital, das über und unter der Ebene der σ-Bindungen liegt. Doppelbindungen bestehen also aus einer σ-Bindung und einer πBindung und sind im Gegensatz zu Einfachbindungen nicht frei drehbar, weil eine Rotation das π-Molekülorbital verzerren würde. Alle Atome liegen in einer Ebene (2c), außerdem kommt es zur E/Z-lsomerie (S. 16). In Biomolekülen häufig sind C = C- und C = O-Doppelbindungen. C = N-Bindungen finden sich z. B. in den Aldiminen, sog. Schiff-Basen (S. 176). Dreifachbindungen, die durch sp-Hybridisierung entstehen, sind in Biomolekülen sehr selten.

C. Mesomerie Viele Moleküle mit mehreren Doppelbindungen sind weit weniger reaktionsfähig als erwartet. Der Grund dafür ist, dass die Doppelbindungen in diesen Strukturen nicht eindeutig zu lokalisieren sind. Ihre π-Orbitale erstrecken sich nicht nur auf den Raum zwischen den doppelt gebundenen Atomen, sondern bilden ein gemeinsames, ausgedehntes π-Molekülorbital (grün). Derartige Strukturen nennt man mesomer, weil sich die tatsächlichen Bindungsverhältnisse durch herkömmliche Formeln nicht sinnvoll darstellen lassen. Man gibt dann – wie in der Abbildung – durch Doppelpfeile verbundene Grenzstrukturen an, in denen die π-Elektronen bestimmten Atomen zugeordnet sind oder symbolisiert die delokalisierten Orbitale durch gestrichelte Linien oder Kreise. Zu den mesomeren Systemen gehören z. B. Carboxylat-Ionen (1) und mesomere Ringsysteme, die man als aromatisch bezeichnet. Ein bekannter Aromat ist das Benzol (empfohlener Name: Benzen) ), in dessen Ring sechs πElektronen delokalisiert sind (2).

D. Heterozyklen Ringsysteme, die neben Kohlenstoff weitere Atomarten (sog. Heteroatome) enthalten, nennt man Heterozyklen. Die Abbildung zeigt biochemisch wichtige Heterozyklen und ihr Vorkommen. Bei aromatischen Ringen sind die an der Mesomerie beteiligten Elektronenpaare blau dargestellt. Nach der sog. Hückel-Regel sind Ringe aromatisch, wenn sie 4n + 2 Elektronen in π-Molekülorbitalen enthalten, z. B. 6 πElektronen für n = 1 und 10 für n = 2.

1 Grundlagen

1.1 Chemie

Abb. 1.2 Chemische Bindung

15

1.1 Chemie Isomerie

1 Grundlagen

A. Isomerie: Definition Als Isomere bezeichnet man Moleküle, welche die gleiche Art und Zahl von Atomen enthalten (also dieselbe Summenformel haben), sich aber in ihrer Struktur unterscheiden. Ist die Verknüpfung der Atome im Molekül verschieden, handelt es sich um Konstitutionsisomere. Beispiele für Konstitutionsisomere sind Leucin und Isoleucin (S. 60) oder Citrat und Isocitrat (S. 124). In Stereoisomeren ist die räumliche Anordnung von Substituenten in Bezug auf eine Bindung verschieden (B, C), oder die Isomerie beruht auf dem Vorhandensein eines chiralen Zentrums im Molekül (D). Verhalten sich Stereoisomere wie Bild und Spiegelbild, spricht man von Enantiomeren, alle anderen Stereoisomere werden als Diastereomere bezeichnet.

B. E/Z-Isomere Doppelbindungen sind nicht frei drehbar. Tragen doppelt gebundene Atome unterschiedliche Substituenten, gibt es deshalb zwei mögliche Orientierungen dieser Gruppen. In Fumarsäure (S. 124), einem Zwischenprodukt des Citratzyklus, liegen die Carboxy-Gruppen auf verschiedenen Seiten der Doppelbindung (Eoder trans-Stellung). In der isomeren Maleinsäure, die im tierischen Stoffwechsel nicht vorkommt, liegen die Carboxy-Gruppen auf derselben Seite der Bindung (Z- oder cis-Stellung). E/Z-Isomere (geometrische Isomere) unterscheiden sich deutlich in ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften, z. B. in ihren Schmelzpunkten (Fp.) und pKa-Werten. Ihre Umwandlung ineinander ist nur durch eine chemische Reaktion möglich, siehe z. B. die cistrans-Isomerisierung von Prolin (S. 222).

C. Konformere Molekülformen, die durch Rotation um frei drehbare Bindungen (z. B. C-C-Einfachbindungen) entstehen, nennt man Konformere. Auch kleine Moleküle können in Lösung viele verschiedene Konformationen einnehmen. In den dargestellten Konformeren der Bernsteinsäure sind die Atome ähnlich angeordnet wie in Fumarsäure bzw. Maleinsäure. In Lösung treten neben vielen anderen auch diese beiden Formen auf, wobei Konformation 1 (oben) wegen des größeren Abstands der COOH-Gruppen

16

günstiger ist und deshalb häufiger vorkommt. Biologisch aktive Makromoleküle wie Proteine oder Nucleinsäuren enthalten Tausende frei drehbarer Bindungen und können deshalb theoretisch extrem viele Konformationen einnehmen. Trotzdem liegen sie meist in nur einer wohl definierten („nativen“) Konformation (S. 70) vor, die durch Wechselwirkungen im Molekül stabilisiert wird (S. 78). Geht die native Konformation eines Makromoleküls durch Denaturierung verloren, verschwindet damit auch seine biologische Aktivität.

D. Optische Isomere Eine weitere Art von Isomerie entsteht, wenn ein Molekül ein chirales Zentrum enthält oder als Ganzes chiral ist. Chiralität (von griech. cheir – die Hand) führt dazu, dass Strukturen auftreten, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten und sich nicht zur Deckung bringen lassen (Spiegelbild-Isomere). Die häufigste Ursache für chirales Verhalten ist das Vorhandensein eines gesättigten Kohlenstoffatoms mit vier verschiedenen Substituenten. Die betreffende Verbindung tritt dann in zwei Formen (Enantiomeren) mit unterschiedlicher Konfiguration auf. Die Enantiomere einer Verbindung haben sehr ähnliche chemische Eigenschaften und lassen sich chemisch nur schwer trennen. Zur Unterscheidung nutzt man die Tatsache, dass sie die Schwingungsebene von polarisiertem Licht in unterschiedliche Richtungen drehen (optische Aktivität, angegeben als spezifische Drehung [α], in Grad, °). Häufig bezeichnet man die Enantiomere eines Moleküls als D- und L-Form (D,L-System, oben). So kommt die rechtsdrehende L-Milchsäure ([α] > 0) in Tieren vor (S. 140), die von Mikroorganismen produzierte, linksdrehende D-Milchsäure ([α] < 0) in Milchprodukten. Eine eindeutige Zuordnung der Konfiguration erlaubt das R,S-System (unten). Dazu bringt man zunächst die Substituenten am chiralen Zentrum nach der Ordnungszahl des mit dem Zentrum direkt verknüpften Atoms in eine Rangfolge (hier: 1 = OH, 2 = COOH, 3 = CH3, 4 = H). Dann blickt man so auf den Tetraeder, dass Substituent 4 (hier H) hinten liegt. Verläuft dann ein Kreisbogen von 1 über 2 nach 3 im Uhrzeigersinn, handelt es sich um die S-Form, sonst um die R-Form. Eine äquimolare Mischung von Enantiomeren bezeichnet man als Racemat.

1 Grundlagen

1.1 Chemie

Abb. 1.3 Isomerie

17

1.1 Chemie Stoffklassen

1 Grundlagen

A. Wichtige Verbindungsklassen Die meisten Biomoleküle sind Abkömmlinge (Derivate) einfacher Verbindungen der Nichtmetalle Kohlenstoff (C), Sauerstoff (O), Stickstoff (N), Schwefel (S), und Phosphor (P). Die in der Biochemie wichtigen Verbindungen von Sauerstoff, Stickstoff und Schwefel lassen sich formal meist von den jeweiligen WasserstoffVerbindungen (Hydriden) ableiten, d. h. von H2O, NH3 und H2S. Phosphor kommt in biologischen Systemen fast ausschließlich in Form von Derivaten der Phosphorsäure (H3PO4) vor. Ersetzt man in den Wasserstoffverbindungen der Nichtmetalle formal eines oder mehrere H-Atome durch andere Gruppen, z. B. durch Alkyl-Reste, erhält man abgeleitete Verbindungen des Typs R-XHn–1, R-XHn–2-R usw. So entstehen z. B. aus Wasser (H2O) Alkohole (R-OH) bzw. Ether (R-O-R). Aus Ammoniak (NH3) erhält man auf diese Weise primäre Amine (R-NH2), sekundäre Amine (R-NH-R) und tertiäre Amine (R-N-R’R’’), während Schwefelwasserstoff (H2S) Thiole (R-SH) und Thioether (R-S-R’) ergibt. Polare Gruppen wie -OH oder -NH2 findet man als Substituenten in vielen organischen Verbindungen. Weil sie weitaus reaktionsfähiger sind als die Kohlenwasserstoff-Strukturen, an die sie gebunden sind, bezeichnet man sie als funktionelle Gruppen. Durch Oxidation der genannten Verbindungen entstehen neue funktionelle Gruppen. So erhält man durch Oxidation eines Thiols ein Disulfid (R-S-S-R). Die zweimalige Oxidation eines primären Alkohols (R-CH2-OH) ergibt zunächst einen Aldehyd (R-C(O)-H), dann eine Carbonsäure (R-C(O)-OH). Durch Oxidation eines sekundären Alkohols entsteht dagegen ein Keton (R-C(O)-R). Charakteristisch für Aldehyde und Ketone ist die Carbonyl-Gruppe (C = O). Die Addition eines Amins an die CarbonylGruppe eines Aldehyds ergibt nach Abspaltung von Wasser ein Aldimin (nicht gezeigt). Aldimine sind Zwischenprodukte im Aminosäurestoffwechsel und dienen u. a. der Verknüpfung von Aldehyden mit Aminogruppen in Proteinen (S. 176). Durch Addition eines Alkohols an die Carbonyl-Gruppe eines Aldehyds entsteht

18

ein Halbacetal (R-O-C(H)OH-R). Zu den Halbacetalen gehören z. B. die Ringformen der Zucker (S. 38). Durch Oxidation entstehen aus Halbacetalen Carbonsäure-Ester. Besonders wichtig sind die Carbonsäuren und ihre Derivate, die man formal durch Austausch der OH-Gruppe gegen andere Gruppen erhalten kann. Tatsächlich werden solche Derivate durch nucleophile Substitution (S. 20) von aktivierten Zwischenverbindungen unter Wasserabspaltung gebildet. Aus Carbonsäuren und Alkoholen entstehen so Carbonsäure-Ester (R-O-C(O)-R). Zu dieser Gruppe gehören z. B. die Fette (S. 48). Analog erhält man aus einer Carbonsäure und einem Thiol einen Thioester (R-S-C(O)-R). Thioester spielen im Stoffwechsel der Carbonsäuren eine herausragende Rolle. Die bekannteste Verbindung dieser Art ist Acetyl-Coenzym A (S. 98). Aus Carbonsäuren und primären Aminen erhält man Carbonsäureamide (R-NH-C(O)-R). Da die Aminosäure-Bausteine der Peptide und Proteine durch Säureamid-Bindungen verknüpft sind, nennt man diese Bindungsart auch Peptidbindung (S. 66). Phosphorsäure (H3PO4) ist eine dreibasige (dreiprotonige) Säure, d. h. sie enthält drei Hydroxy-Gruppen, die H+-Ionen abgeben können. Unter physiologischen Bedingungen ist mindestens eine dieser drei Gruppen vollständig dissoziiert. Die beiden anderen können mit Alkoholen reagieren. Auf diese Weise entstehen Monoester (R-O-P(O)O-OH) bzw. Diester (R-OP[O](O)-O-R’) der Phosphorsäure. Phosphorsäuremonoester finden sich z. B. im Stoffwechsel der Kohlenhydrate (S. 38), während Phosphorsäurediester-Bindungen in Phospholipiden (S. 50) und Nucleinsäuren (S. 74) vorkommen. Verbindungen von Säuren miteinander bezeichnet man als Säureanhydride. Zur Knüpfung von Säureanhydrid-Bindungen (S. 114) ist besonders viel Energie erforderlich. Deshalb spielen Phosphorsäureanhydrid-Bindungen eine herausragende Rolle bei der Konservierung und Freisetzung chemischer Energie (S. 116) in der Zelle. Auch gemischte Anhydride zwischen Carbonsäuren und Phosphorsäure sowie Enolphosphate sind „energiereiche Metabolite“ (S. 116) im Stoffwechsel.

1 Grundlagen

1.1 Chemie

Abb. 1.4 Stoffklassen

19

1.1 Chemie Chemische Reaktionen

C. Additionen/Eliminierungen

Chemische Reaktionen sind Vorgänge, bei denen Elektronen oder Gruppen von Atomen an Moleküle angelagert, zwischen Molekülen ausgetauscht oder innerhalb eines Moleküls verschoben werden. Wir zeigen hier die wichtigsten Reaktionstypen der organischen Chemie an Hand einfacher Beispiele. Elektronenverschiebungen sind dabei durch rote Pfeile gekennzeichnet.

Eine Reaktion, bei der Atome oder Moleküle an eine Mehrfachbindung angelagert werden, bezeichnet man als Addition. Die Umkehrung der Addition, d. h. die Abspaltung von Molekülen unter Bildung einer Doppelbindung, nennt man Eliminierung. Bei der Addition von Wasser an ein Alken wird zunächst ein Proton auf das Edukt übertragen. Das als Zwischenprodukt auftretende, instabile Carbenium-Ion lagert zunächst Wasser an, bevor unter Abspaltung eines Protons der Alkohol entsteht. Die Eliminierung von Wasser aus dem Alkohol (Dehydratisierung) ist ebenfalls säurekatalysiert und verläuft über das gleiche Zwischenprodukt wie die Additionsreaktion.

1 Grundlagen

A. Redox-Reaktionen Bei Redox-Reaktionen (S. 22) werden Elektronen von einem Molekül (dem Reduktionsmittel) auf ein anderes (das Oxidationsmittel) übertragen. Dabei werden häufig auch ein oder zwei Protonen mit übertragen, das entscheidende Kriterium für das Vorliegen einer Redox-Reaktion ist aber der Elektronentransfer. Das Reduktionsmittel wird während der Reaktion oxidiert, das Oxidationsmittel reduziert. Die Abb. zeigt die Oxidation eines Alkohols zum Aldehyd bzw. die Reduktion des Aldehyds zum Alkohol. Übertragen wird dabei ein Hydrid-Ion (S. 22) (zwei Elektronen und ein Proton), das vom Alkohol auf das Oxidationsmittel A übergeht. Das überschüssige Proton wird von einer als Katalysator (S. 30) wirkenden Base B gebunden. Bei der Reduktion des Aldehyds dient A-H als Reduktionsmittel und als Katalysator ist die Säure H-B beteiligt.

B. Säure-Base-Reaktionen Im Gegensatz zu den Redox-Reaktionen werden bei Säure-Base-Reaktionen (S. 24) keine Elektronen, sondern Protonen (H+-Ionen) übertragen. Bei der Dissoziation einer Säure (hier Chlorwasserstoff, HCl) dient Wasser als Protonenakzeptor und geht in das Oxonium (Hydronium)-Ion H3O+ über. Bei der Rückreaktion übernimmt das Wasser bei der Protonierung der konjugierten Base Cl– die Funktion einer Säure. Reagiert die Base NH3 (Ammoniak) mit Wasser, entstehen ein Hydroxid-Ion (OH–) und als konjugierte Säure das Ammonium-Ion (NH4+).

20

D. Nucleophile Substitutionen Eine Reaktion, bei der eine funktionelle Gruppe durch eine andere ersetzt wird, bezeichnet man als Substitution. Je nach Ablauf der Reaktion unterscheidet man nucleophile und elektrophile Substitutionen (siehe Lehrbücher der Chemie). Nucleophile Substitutionen beginnen mit der Addition eines der Moleküle an das zweite, gefolgt von der Eliminierung einer Abgangsgruppe. Als Beispiel für den sogenannten SN2-Mechanismus betrachten wir die Hydrolyse des Esters zu einem Alkohol und einer Säure bzw. die Veresterung einer Säure mit einem Alkohol. Beide Reaktionen werden durch die ausgeprägte Polarität der C = O-Doppelbindung erleichtert. Beim dargestellten Mechanismus der Ester-Hydrolyse wird einem H2O-Molekül durch die katalytisch wirksame Base B ein Proton entzogen. Das entstehende, stark nucleophile OH–-Ion greift das positiv geladene Carbonyl-C des Esters an (1a) und es entsteht ein instabiler, sp3-hybridisierter Übergangszustand. Daraus wird entweder wieder Wasser eliminiert (2b) und der Ester bildet sich zurück oder es kommt zur Eliminierung des Alkohols R-OH (1b) und die freie Säure entsteht. Bei der Veresterung (2) finden dieselben Schritte in umgekehrter Reihenfolge statt. Bei Umlagerungen (Isomerisierungen, nicht gezeigt) werden Gruppen innerhalb ein- und desselben Moleküls verschoben. Beispiele aus der Biochemie sind die Isomerisierungen von Zuckerphosphaten (S. 138) und die Umlagerung von Methylmalonyl-CoA zu Succinyl-CoA (S. 180).

1 Grundlagen

1.1 Chemie

Abb. 1.5 Chemische Reaktionen

21

1 Grundlagen

1.1 Chemie Redox-Prozesse

B. Normalpotenziale

A. Redox-Reaktionen

Die Tabelle zeigt Normalpotenziale biologisch wichtiger Redox-Systeme. Unter Normalbedingungen (alle Konzentrationen – auch die von H3O+ – bei 1 mol · L–1) weist man dem System [2 H+/H2] willkürlich das Normalpotenzial E0 = 0 V zu. In der Biochemie verwendet man meist die entsprechenden Potenziale E0’ bei pH = 7.

Redox-Reaktionen (S. 22) sind Umsetzungen, bei denen die Reaktionspartner Elektronen austauschen. Ähnlich wie bei Säure-Base-Reaktionen, sind an Redox-Reaktionen stets Paare von Verbindungen beteiligt. Ein solches Paar bezeichnet man als Redox-System. Die beiden Komponenten eines Redox-Systems (Aox und Ared) unterscheiden sich durch die Zahl der Elektronen, die sie enthalten. Die elektronenreichere Komponente (Ared) ist die reduzierte, die elektronenärmere (Aox) die oxidierte Form der betreffenden Verbindung. Das sogenannte Redox-Potenzial E eines Systems ist ein Maß für sein Elektronentransfer-Potenzial, d. h. für sein Bestreben, Elektronen abzugeben bzw. aufzunehmen. Die Nernst-Gleichung verknüpft das Potenzial E des Systems mit dem konzentrationsunabhängigen Normalpotenzial E0 und den Konzentrationen der beiden Komponenten. Das Redox-Potenzial (gemessen in Volt, V) hat ein Vorzeichen, es kann negativer oder positiver sein als ein willkürlich gleich Null gesetztes Bezugspotenzial. Bei Redox-Reaktionen überträgt die reduzierte Form des einen Systems (das Reduktionsmittel, Bred) Elektronen auf die oxidierte Form des anderen Systems (das Oxidationsmittel, Aox). Dabei wird das Reduktionsmittel oxidiert und das Oxidationsmittel reduziert. Ein gegebenes Reduktionsmittel kann immer nur bestimmte andere Systeme reduzieren. Potenzialunterschiede zwischen zwei Redox-Systemen lassen sich durch sogenannte galvanische Zellen bestimmen. Dies ist unten am Beispiel der Reaktion Pyruvat + NADH + H+ → Lactat + NAD+ dargestellt. Unter Normalbedingungen hat das System NAD+/NADH + H+ das negativere Potenzial. Deshalb ist in diesem Fall die Rückreaktion (Lactat + NAD+ → Pyruvat + NADH + H+) nicht möglich. Aufgrund ihrer Redox-Potenziale lassen sich Redox-Systeme zu sog. Redox-Reihen ordnen. Spontane Elektronenübertragungen sind nur möglich, wenn das Redox-Potenzial des Donors negativer ist als das des Akzeptors, siehe z. B. die Atmungskette (S. 130).

22

C. Biologische Redox-Systeme In der Zelle werden die meisten Redox-Reaktionen von Enzymen katalysiert, die mit löslichen oder gebundenen Redox-Cofaktoren zusammenarbeiten. Einige dieser Faktoren enthalten Metall-Ionen als redoxaktive Komponente. In diesen Fällen werden meist einzelne Elektronen (e–) übertragen, wodurch das Metall-Ion seine Wertigkeit ändert. Oft treten dabei ungepaarte Elektronen auf, die sich allerdings in d-Orbitalen (S. 12) aufhalten und deshalb weniger gefährlich sind als Einzelelektronen in Nichtmetall-Atomen („freie Radikale“, s. u.). Andere Redox-Systeme bestehen aus Disulfiden (R-S-S-R) und den entsprechenden Thiolen (R-SH). Zur Reduktion eines Disulfids werden 2 e– und 2 H+ benötigt. Dies geschieht in zwei einzelnen Schritten, wobei als Zwischenprodukt ein hoch reaktives Thiolradikal entsteht. In der Zelle gibt es spezielle Schutzsysteme, die freie Radikale unschädlich machen (S. 300). Auch zur vollständigen Reduktion der Flavine FMN und FAD (S. 96) werden 2 e– und 2 H+ benötigt, wobei ein Semichinonradikal als Zwischenprodukt auftritt. Bei der Reduktion bzw. Oxidation von Chinon/Chinol-Systemen treten ebenfalls freie Radikale als Zwischenstufen auf, die jedoch weniger reaktiv sind als Flavinradikale. Die Pyridin-Nucleotide NAD+ und NADP+ (S. 96) wirken stets in gelöster Form. Die oxidierten Coenzyme enthalten einen aromatischen Nicotinamid-Ring, in dem die positive Ladung delokalisiert ist. Die rechte der dargestellten Grenzstrukturen enthält in p-Stellung zum Stickstoff ein an Elektronen verarmtes, positiv geladenes C-Atom. Wird an diese Stelle ein Hydrid-Ion addiert (H–), entstehen die reduzierten Formen NADH bzw. NADPH. Radikalische Zwischenstufen treten dabei nicht auf. Da gleichzeitig ein H+-Ion freigesetzt wird, ist die korrekte Bezeichnung für reduzierte Pyridin-Nucleotide NAD(P)H + H+ und nicht NAD(P)H2.

1 Grundlagen

1.1 Chemie

Abb. 1.6 Redox-Prozesse

23

1 Grundlagen

1.1 Chemie Säuren und Basen

D. pH-Werte im Organismus

A. Säuren und Basen

Die pH-Werte in den Zellen und in der Extrazellulär-Flüssigkeit werden in engen Grenzen konstant gehalten. Im Blut schwankt der pHWert (S. 304) normalerweise nur zwischen 7,35 und 7,45. Dies entspricht einer maximalen Änderung der H+-Konzentration um etwa 30 %. Der pH-Wert des Cytoplasmas ist mit 7,0 bis 7,3 etwas niedriger als der des Blutes. In Lysosomen (S. 228) (pH 4,5–5,5) ist die H+-Konzentration einige hundertmal höher als im Cytoplasma. Extreme Werte findet man im Magen (um pH 2) und im Dünndarm (pH > 8). Da die Nieren Säuren oder Basen ausscheiden können (S. 350), schwankt der pH des Urins besonders stark (pH 4,8–7,5).

Nach der Definition von Brønstedt sind Säuren Stoffe, die Wasserstoff-Ionen (Protonen, H+-Ionen) abgeben können, während Basen Verbindungen sind, die Protonen aufnehmen. Wasser verstärkt die sauren oder basischen Eigenschaften gelöster Stoffe, weil es selbst als Base oder als Säure wirken kann. In wässriger Lösung gibt die Säure HA ein Proton an das Lösungsmittel ab. Dabei entstehen das SäureAnion A– und protonierte Wassermoleküle, (Oxonium-Ionen, H3O+; meist einfach als „H+“ bezeichnet). Basen übernehmen dagegen H+Ionen von Wassermolekülen. Dabei entstehen Hydroxid-Ionen (S. 20) (OH–) und protonierte Basen (nicht gezeigt). Wendet man das Massenwirkungsgesetz auf eine Säure-Basen-Reaktion an, ergibt sich als Gleichgewichtskonstante die Säurekonstante Ka (auch als Ks bezeichnet). Führt man für die Konzentration von H+ und für Ka jeweils die negativen dekadischen Logarithmen pH und pKa ein, ergibt sich die Henderson-Hasselbalch-Gleichung. Sie beschreibt den Dissoziationszustand der Säure in Abhängigkeit vom pH-Wert. Graphisch aufgetragen erhält man die Dissoziationskurve der Säure (unten). Der pKa-Wert des Systems entspricht dabei dem pH-Wert am Wendepunkt der Kurve.

B. Säure-Basen-Paare An Säure-Basen-Reaktionen sind immer Paare aus einer Säure und der zugehörigen konjugierten Base beteiligt. Als Maß für die Säurestärke dient ihr pKa-Wert. Je niedriger der pKa, desto stärker ist die Säure. Starke Säuren sind mit schwachen Basen konjugiert und umgekehrt. So gehört zur sehr starken Säure Chlorwasserstoff die sehr schwache Base ChloridIon, während die sehr schwache Säure H2O mit der sehr starken Base OH– konjugiert ist.

C. pH-Skala Aus dem pKa-Wert des Wassers von 15,7 (B) ergibt sich, dass das Produkt [H+] · [OH–], das sogenannte Ionenprodukt des Wassers, den konstanten Wert von 1 · 10–14 mol · L–1 hat – auch dann, wenn im Wasser zusätzliche Säuren oder Basen gelöst sind. Bei 25 °C enthält reines Wasser H+ und OH– in Konzentrationen von jeweils 1 · 10–7 mol · L–1, es ist neutral und hat einen pH-Wert von 7. Wässrige Lösungen mit höherer H+-Konzentration (0 < pH < 7) sind sauer, solche mit geringerer H+-Konzentration (7 < pH < 14) sind alkalisch.

24

E. Puffer Kurzfristige pH-Änderungen im Organismus werden durch Puffersysteme (S. 304) abgefangen. Dies sind Mischungen einer schwachen Säure HA mit der konjugierten Base A– bzw. einer schwachen Base mit ihrer konjugierten Säure. Ein solches System kann Oxonium-Ionen wie auch Hydroxid-Ionen unwirksam machen. Im ersten Fall (links) bindet die Base A– einen großen Teil der zugesetzten Protonen, und es entstehen HA und Wasser. Werden Hydroxid-Ionen (OH–) zugegeben, reagieren sie mit HA zu A– und Wasser (rechts). In beiden Fällen verschiebt sich in erster Linie das [HA]/ [A–]-Verhältnis, während sich der pH-Wert nur geringfügig ändert. Die Dissoziationskurve (oben) zeigt, dass Puffersysteme bei den pHWerten am wirksamsten sind, die dem pKaWert der Säure entsprechen. Hier ist die Kurve am steilsten und damit die pH-Änderung ΔpH bei einer gegebenen Erhöhung Δc von [H+] bzw. [OH–] am geringsten. In anderen Worten: Die Pufferkapazität Δc/ΔpH des Systems ist im Bereich des pKa-Werts am höchsten. ▶ Weitere Informationen. Nach Lewis sind Säuren elektrophile Atome oder Verbindungen, die Elektronen aufnehmen können, während Moleküle mit freien Elektronenpaaren zu den Basen zählen. Nach dieser Definition gehört z. B. auch die Komplexbildung von MetallKationen mit Liganden wie H2O oder NH3 (S. 32) zu den Säure-Base-Reaktionen.

1 Grundlagen

1.1 Chemie

Abb. 1.7 Säuren und Basen

25

1.2 Physikalische Chemie Energetik Zum besseren Verständnis der Vorgänge, die in lebenden Zellen an der Speicherung und Umwandlung von Energie beteiligt sind, ist es sinnvoll, zunächst die physikalischen Grundlagen zu betrachten.

1 Grundlagen

A. Arbeit und Energie Arbeit und Energie sind verwandte Größen. Beide werden in der Einheit Joule (J = 1 N · m) angegeben. Eine ältere Einheit ist die Kalorie (cal, 1 cal = 4,187 J). Energie ist definiert als die Fähigkeit eines Systems, Arbeit zu leisten. Ein System leistet Arbeit, wenn sich Materie in Richtung eines Potenzialgradienten bewegt. Diese Definition lässt sich am Beispiel der mechanischen Arbeit verdeutlichen (1): Die Erdanziehungskraft bewirkt, dass die Lageenergie (das mechanische Potenzial) eines Körpers umso höher ist, je weiter er vom Erdmittelpunkt entfernt ist. Zwischen einem höher gelegenen und einem tieferen Ort besteht deshalb eine Potenzialdifferenz ΔP. In einem Wasserfall folgt das Wasser spontan diesem Potenzialgradienten und kann dabei Arbeit leisten, z. B. eine Mühle treiben. Arbeit bzw. Energie setzen sich aus zwei Größen zusammen, einem Intensitätsfaktor, dem Maß für die Potenzialänderung und damit für die „Triebkraft“ des Vorgangs (hier ist es die Höhendifferenz), und einem Kapazitätsfaktor, der die transportierte Stoffmenge misst (hier die Masse des Wassers). Im Falle der elektrischen Arbeit (2) ist der Intensitätsfaktor die elektrische Spannung, d. h. die Differenz der elektrischen Potenziale von Spannungsquelle und „Erde“, der Kapazitätsfaktor ist die Menge der fließenden Ladungen. Chemische Arbeit und chemische Energie sind analog definiert. Der Intensitätsfaktor ist dabei das chemische Potenzial eines Moleküls oder einer Kombination von Molekülen. Es wird angegeben als freie Enthalpie G. Reagieren Moleküle spontan miteinander, entstehen Produkte auf niedrigerem Potenzial. Die Differenz der chemischen Potenziale von Edukten und Produkten (die Änderung der freien Enthalpie ΔG) ist ein Maß für die „Triebkraft“ der Reaktion. Der Kapazitätsfaktor der chemischen Arbeit ist die Stoffmenge (in mol).

26

B. Umwandlung und Konservierung von Energie Energie kann in verschiedenen Formen auftreten, so z. B. als mechanische, elektrische, chemische oder Strahlungsenergie. Energie kann man nicht erzeugen oder vernichten, es ist aber möglich, verschiedene Energieformen ineinander umzuwandeln. So wird zum Beispiel in der Photosynthese Lichtenergie in chemische Energie umgewandelt. Umgekehrt wird in den Leuchtorganen verschiedener Tiere eine chemische Reaktion genutzt, um Licht zu erzeugen. Im Muskel (S. 354) wird chemische Energie in mechanische Arbeit und Wärme umgesetzt, während bei der Erzeugung elektrochemischer Gradienten (S. 118) chemische in elektrische Energie umgewandelt wird.

B. Energetik und Verlauf von Prozessen Die tägliche Erfahrung lehrt, dass Wasser niemals spontan von unten nach oben fließt. Ob ein bestimmter Vorgang freiwillig ablaufen kann oder nicht, hängt davon ab, ob die Potenzialdifferenz zwischen End- und Ausgangszustand ΔP = P2–P1 positiv oder negativ ist. Ist P2 kleiner als P1, wird ΔP negativ und der Prozess verläuft freiwillig und leistet Arbeit. Vorgänge dieser Art nennt man exergon (1). Besteht gar kein Potenzialunterschied, befindet sich das System im Gleichgewicht (2). Bei endergonen Vorgängen ist ΔP positiv (3). Ein solcher Prozess läuft nicht spontan ab. Will man endergone Vorgänge erzwingen, muss man sich des Prinzips der energetischen Kopplung bedienen (4). Verbindet man die Massen M1 und M2 durch ein Seil, bewegt sich M1 nach oben, obwohl dieser Teilprozess endergon ist. Bei gekoppelten Vorgängen ist die Summe beider Potenzialdifferenzen ΔPeff = ΔP1 + ΔP2 maßgeblich. Ist ΔPeff < 0, läuft der Gesamtprozess ab. Eine von allen Lebewesen genutzte Speicherform für chemische Energie ist Adenosintriphosphat (ATP) (S. 114). Endergone Vorgänge werden in der Regel durch Kopplung an die stark exergone Spaltung von ATP (S. 116) angetrieben.

1.2 Physikalische Chemie Energetik Zum besseren Verständnis der Vorgänge, die in lebenden Zellen an der Speicherung und Umwandlung von Energie beteiligt sind, ist es sinnvoll, zunächst die physikalischen Grundlagen zu betrachten.

1 Grundlagen

A. Arbeit und Energie Arbeit und Energie sind verwandte Größen. Beide werden in der Einheit Joule (J = 1 N · m) angegeben. Eine ältere Einheit ist die Kalorie (cal, 1 cal = 4,187 J). Energie ist definiert als die Fähigkeit eines Systems, Arbeit zu leisten. Ein System leistet Arbeit, wenn sich Materie in Richtung eines Potenzialgradienten bewegt. Diese Definition lässt sich am Beispiel der mechanischen Arbeit verdeutlichen (1): Die Erdanziehungskraft bewirkt, dass die Lageenergie (das mechanische Potenzial) eines Körpers umso höher ist, je weiter er vom Erdmittelpunkt entfernt ist. Zwischen einem höher gelegenen und einem tieferen Ort besteht deshalb eine Potenzialdifferenz ΔP. In einem Wasserfall folgt das Wasser spontan diesem Potenzialgradienten und kann dabei Arbeit leisten, z. B. eine Mühle treiben. Arbeit bzw. Energie setzen sich aus zwei Größen zusammen, einem Intensitätsfaktor, dem Maß für die Potenzialänderung und damit für die „Triebkraft“ des Vorgangs (hier ist es die Höhendifferenz), und einem Kapazitätsfaktor, der die transportierte Stoffmenge misst (hier die Masse des Wassers). Im Falle der elektrischen Arbeit (2) ist der Intensitätsfaktor die elektrische Spannung, d. h. die Differenz der elektrischen Potenziale von Spannungsquelle und „Erde“, der Kapazitätsfaktor ist die Menge der fließenden Ladungen. Chemische Arbeit und chemische Energie sind analog definiert. Der Intensitätsfaktor ist dabei das chemische Potenzial eines Moleküls oder einer Kombination von Molekülen. Es wird angegeben als freie Enthalpie G. Reagieren Moleküle spontan miteinander, entstehen Produkte auf niedrigerem Potenzial. Die Differenz der chemischen Potenziale von Edukten und Produkten (die Änderung der freien Enthalpie ΔG) ist ein Maß für die „Triebkraft“ der Reaktion. Der Kapazitätsfaktor der chemischen Arbeit ist die Stoffmenge (in mol).

26

B. Umwandlung und Konservierung von Energie Energie kann in verschiedenen Formen auftreten, so z. B. als mechanische, elektrische, chemische oder Strahlungsenergie. Energie kann man nicht erzeugen oder vernichten, es ist aber möglich, verschiedene Energieformen ineinander umzuwandeln. So wird zum Beispiel in der Photosynthese Lichtenergie in chemische Energie umgewandelt. Umgekehrt wird in den Leuchtorganen verschiedener Tiere eine chemische Reaktion genutzt, um Licht zu erzeugen. Im Muskel (S. 354) wird chemische Energie in mechanische Arbeit und Wärme umgesetzt, während bei der Erzeugung elektrochemischer Gradienten (S. 118) chemische in elektrische Energie umgewandelt wird.

B. Energetik und Verlauf von Prozessen Die tägliche Erfahrung lehrt, dass Wasser niemals spontan von unten nach oben fließt. Ob ein bestimmter Vorgang freiwillig ablaufen kann oder nicht, hängt davon ab, ob die Potenzialdifferenz zwischen End- und Ausgangszustand ΔP = P2–P1 positiv oder negativ ist. Ist P2 kleiner als P1, wird ΔP negativ und der Prozess verläuft freiwillig und leistet Arbeit. Vorgänge dieser Art nennt man exergon (1). Besteht gar kein Potenzialunterschied, befindet sich das System im Gleichgewicht (2). Bei endergonen Vorgängen ist ΔP positiv (3). Ein solcher Prozess läuft nicht spontan ab. Will man endergone Vorgänge erzwingen, muss man sich des Prinzips der energetischen Kopplung bedienen (4). Verbindet man die Massen M1 und M2 durch ein Seil, bewegt sich M1 nach oben, obwohl dieser Teilprozess endergon ist. Bei gekoppelten Vorgängen ist die Summe beider Potenzialdifferenzen ΔPeff = ΔP1 + ΔP2 maßgeblich. Ist ΔPeff < 0, läuft der Gesamtprozess ab. Eine von allen Lebewesen genutzte Speicherform für chemische Energie ist Adenosintriphosphat (ATP) (S. 114). Endergone Vorgänge werden in der Regel durch Kopplung an die stark exergone Spaltung von ATP (S. 116) angetrieben.

1 Grundlagen

1.2 Physikalische Chemie

Abb. 1.8 Energetik

27

1.2 Physikalische Chemie Thermodynamik

1 Grundlagen

A. ΔG und chemisches Gleichgewicht Jede chemische Reaktion erreicht mit der Zeit einen Gleichgewichtszustand, in dem Hinund Rückreaktion mit gleicher Geschwindigkeit ablaufen. Das Massenwirkungsgesetz beschreibt die Konzentrationen der Edukte (A, B) und Produkte (C, D) im Gleichgewicht. Die Gleichgewichtskonstante K steht in direkter Beziehung zu ΔGo, der Änderung der freien Enthalpie G (S. 26) der Reaktion unter Standardbedingungen (ΔGo = –R · T · ln[K]). Für beliebige Konzentrationen gilt die darunter angegebene Gleichung. Ist ΔG < 0, läuft die Reaktion freiwillig und so lange ab, bis das Gleichgewicht erreicht ist (d. h. bis ΔG = 0). Bei ΔG > 0 ist eine spontane Reaktion nicht möglich (endergoner Fall) (S. 26). In der Biochemie bezieht man ΔG meist auf pH 7 und deutet dies durch einen hochgestellten Strich an (ΔG0’ bzw. ΔG’). Als Beispiele betrachten wir zwei verschiedene Gruppenübertragungsreaktionen (rechts). Im ATP (S. 114) steht der terminale Phosphat-Rest auf hohem chemischem Potenzial. Seine Übertragung auf Wasser (Reaktion a, unten) ist deshalb stark exergon. Das Gleichgewicht (ΔG = 0) wird erst erreicht, wenn 99,5 % des ursprünglich vorhandenen ATP hydrolysiert sind. ATP und ähnliche Verbindungen haben deshalb ein hohes Gruppentransfer-Potenzial für Phosphat-Reste. Als quantitatives Maß dafür dient das ΔG der Hydrolyse (hier: ΔG0’ = –32 kJ · mol–1). Im Gegensatz dazu erreicht die endergone Übertragung von Ammonium (NH4+) auf Glutamat (Glu, Reaktion b, ΔG0’ = + 14 kJ · mol–1) das Gleichgewicht schon nach 4 % Umsatz, so dass auf diese Weise nur geringe Mengen des Produkts Glutamin (Gln) gebildet werden können. Die effiziente Synthese von Gln aus Glu und NH4+ ist deshalb nur durch energetische Kopplung (S. 116) möglich.

B. Gibbs-Helmholtz-Gleichung Die Änderung der freien Enthalpie ΔG hängt von drei Größen ab, deren Zusammenhang durch die Gibbs-Helmholtz-Gleichung beschrieben wird. Von Bedeutung ist einmal die Reaktionswärme, ausgedrückt als Enthalpieänderung ΔH. Wird bei der Reaktion Wärme frei (exothermer Fall) ist ΔH < 0, wird Wärme verbraucht, ist ΔH > 0 (endothermer Fall).

28

Dass auch endotherme Reaktionen spontan ablaufen können, liegt daran, dass neben der Temperatur T auch die Entropieänderung ΔS eine Rolle spielt. Die Entropie ist eine physikalische Größe, die den Ordnungsgrad eines Systems beschreibt. Sie ist umso größer, je geringer der Ordnungsgrad ist. Nimmt also bei einem Vorgang die Unordnung zu – die tägliche Erfahrung lehrt, dass dies der Normalfall ist – ist ΔS für diesen Vorgang positiv. Will man den Ordnungsgrad eines Systems erhöhen (ΔS < 0), muss man dafür stets Energie aufwenden. Beide Aussagen ergeben sich aus einem wichtigen Naturgesetz, dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik.

C. Enthalpie- und entropiegetriebene Prozesse In der „Knallgas-Reaktion“ (1) reagieren gasförmiger Sauerstoff und gasförmiger Wasserstoff zu flüssigem Wasser. Die Reaktion ist, wie viele Redox-Reaktionen, stark exotherm (d. h. ΔH < < 0). Andererseits nimmt während der Reaktion der Ordnungsgrad zu. Einmal sinkt die Zahl der Moleküle um ⅓, außerdem entsteht aus regellos beweglichen Gasmolekülen eine höher geordnete Flüssigkeit. Wegen dieser Zunahme der Ordnung (ΔS < 0) wird der Term –T · ΔS positiv. Die hohe Reaktionswärme gleicht dies jedoch mehr als aus, und die Reaktion ist stark exergon (ΔG < < 0). Das Auflösen von Kochsalz in Wasser (2) ist endotherm (ΔH > 0), d. h. Gefäß und Flüssigkeit kühlen sich ab. Trotzdem läuft der Vorgang freiwillig ab, weil sich der Ordnungsgrad des Systems erniedrigt. Die Na+- und Cl–-Ionen sind zunächst in einem Kristallgitter fixiert. In gelöster Form dagegen bewegen sie sich einzeln und in zufälliger Richtung durch die Flüssigkeit. Diese starke Abnahme der Ordnung (ΔS > > 0) führt zu einem negativen Term –T · ΔS, der das positive ΔH kompensiert und ein insgesamt negatives ΔG ergibt. Endotherme und trotzdem freiwillig ablaufende Prozesse dieser Art nennt man entropiegetrieben. Vorwiegend entropiegetrieben sind z. B. auch die Bildung von geordneten Lipidstrukturen und Membranen in Wasser (S. 34) sowie die Faltung von Proteinen (S. 70).

1 Grundlagen

1.2 Physikalische Chemie

Abb. 1.9 Thermodynamik

29

1.2 Physikalische Chemie Katalyse Katalysatoren sind Stoffe, die chemische Reaktionen beschleunigen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. In der Zelle wirken im allgemeinen Enzyme als Katalysatoren. Einige Umsetzungen werden durch besondere RNAMoleküle, sogenannte Ribozyme (S. 82), katalysiert.

1 Grundlagen

A. Aktivierungsenergie Die meisten organisch-chemischen Reaktionen laufen in Lösung sehr langsam ab – unabhängig davon, welchen Wert ΔG sie haben. Der Grund ist, dass die Edukte eine bestimmte Mindestenergie besitzen müssen, um überhaupt reagieren zu können. Anschaulich kann man dies durch ein Energiediagramm (1) darstellen (es wurde die einfachste Reaktion A→B gewählt). Das Edukt A und das Produkt B befinden sich jeweils auf einem bestimmten chemischen Potenzial (Ge bzw. Gp). Die Reaktionsenthalpie ΔG entspricht der Differenz dieser Potenziale. Um in B übergehen zu können, muss A zunächst eine Potenzialbarriere überwinden, deren Scheitelpunkt Pa weit über Pe liegt. Die Potenzialdifferenz Ga–Ge ist die Aktivierungsenergie Ea der Reaktion (in kJ · mol–1). Dass A überhaupt in B übergehen kann, liegt daran, dass einzelne Moleküle hier und da ein erheblich höheres Potenzial erreichen, z. B. durch Zusammenstöße mit anderen Molekülen. Ist der dabei gewonnene Energiezuwachs größer als Ea, können diese Moleküle in B übergehen. In (2) und (3) ist die berechnete Energieverteilung für ein solches Molekül-Ensemble dargestellt. Δn/n ist derjenige Bruchteil der Moleküle, welcher die Energie E erreicht oder überschreitet, z. B. haben bei 27 °C etwa 10 % der Moleküle Energien über 6 kJ · mol–1. Der Verlauf der Energiefunktion bei Energien um 50 kJ · mol–1 ist in (3) gezeigt. Bei 27 °C erreichen – statistisch gesehen – nur zwei von 109 Molekülen diese Energie, bei 37 °C sind es schon vier (3).

B. Katalyse: Prinzip Ein Katalysator eröffnet der Reaktion einen neuen Weg. Wenn die dabei auftretenden Übergangszustände geringere Aktivierungsenergien haben als die unkatalysierte Reaktion, wird der alternative Weg (2) schneller

30

durchlaufen – auch wenn die Zahl der Zwischenprodukte größer ist. Da Edukte und Produkte beider Wege identisch sind, wird das ΔG der Reaktion durch den Katalysator nicht beeinflusst. Katalysatoren – auch Enzyme – können die Gleichgewichtslage der katalysierten Reaktion also grundsätzlich nicht verändern. Die häufig anzutreffende Aussage „Ein Katalysator senkt die Aktivierungsenergie der Reaktion“ ist – streng genommen – falsch, da in Gegenwart des Katalysators eine ganz andere Reaktion abläuft als in seiner Abwesenheit.

C. Katalyse der H2O2-Zersetzung durch Iodid Als einfaches Beispiel für eine katalysierte Reaktion betrachten wir die Disproportionierung von Wasserstoffperoxid (H2O2) zu Sauerstoff und Wasser. In der unkatalysierten Reaktion (1a, 1b) zerfällt ein H2O2-Molekül zunächst in H2O und atomaren Sauerstoff [O], der mit einem zweiten Molekül H2O2 zu Wasser und molekularem Sauerstoff (O2) reagiert. Die Aktivierungsenergie Ea für diese Reaktion ist mit 75 kJ · mol–1 relativ hoch. In Gegenwart von Iodid (I–) als Katalysator entsteht statt [O] Hypoiodid (OI–), das mit einem weiteren H2O2Molekül ebenfalls H2O und O2 bildet; 2a, 2b). Dabei wird das I–-Ion wieder freigesetzt und kann erneut in die Reaktion eingreifen. Die niedrigere Aktivierungsenergie der durch Iodid katalysierten Reaktion (Ea = 56 kJ · mol–1) resultiert in einer Beschleunigung der Reaktion um den Faktor 2100, da die Reaktionsgeschwindigkeit exponentiell von Ea abhängt (v ~ e –Ea/R · T). Eine noch viel höhere katalytische Wirksamkeit zeigt die Katalase, ein Enzym, das Zellen vor der toxischen Wirkung von Wasserstoffperoxid (S. 300) schützt. Die Aktivierungsenergie der enzymkatalysierten Reaktion beträgt lediglich 23 kJ · mol–1, was im Vergleich zur unkatalysierten Umsetzung zu einer Beschleunigung um den Faktor 1,3 · 109 führt. Im Gegensatz zu einfachen chemischen Katalysatoren sind Enzyme als Makromoleküle in der Lage, die Reaktanden spezifisch zu binden und räumlich so zu orientieren, dass Bindungsspaltungen und Gruppenübertragungen extrem erleichtert werden (S. 84). Die Katalase ist eines der effizientesten Enzyme überhaupt. Ein einziges Molekül setzt pro Sekunde bis zu 108 (hundert Millionen) H2O2-Moleküle um.

1 Grundlagen

1.2 Physikalische Chemie

Abb. 1.10 Katalyse

31

1.2 Physikalische Chemie Wasser als Lösungsmittel Das Leben, wie wir es kennen, hat sich im Wasser entwickelt und ist immer noch absolut vom Wasser abhängig. Die Eigenschaften des Wassers sind deshalb von fundamentaler Bedeutung für alle Lebewesen.

1 Grundlagen

A. Wasser und Methan Die besonderen Eigenschaften von Wasser (H2O) werden deutlich, wenn man sie mit denen von Methan (CH4) vergleicht. Beide Moleküle haben ähnliche Masse und Größe. Trotzdem liegt der Siedepunkt des Wassers (+ 100 °C) weit über dem des Methans (–162 °C). Wasser ist deshalb bei den Temperaturen der Erdoberfläche flüssig, Methan dagegen gasförmig. Der hohe Siedepunkt des Wassers ist die Folge seiner hohen Verdampfungsenthalpie. Diese wiederum beruht darauf, dass die Elektronendichte im H2O-Molekül ungleich verteilt ist: Zwei Ecken des tetraedrisch gebauten Moleküls sind von freien Elektronenpaaren (grün) besetzt, die beiden anderen durch H-Atome. Die H-O-H-Bindung ist deshalb gewinkelt. Außerdem sind die O-H-Bindungen wegen der hohen Elektronegativität des Sauerstoffs polarisiert. Die eine Seite des Moleküls trägt eine Partialladung d von etwa –0,4 Ladungseinheiten, während die andere entsprechend positiv geladen ist. Die räumliche Trennung von positiver und negativer Ladung macht das Wassermolekül zu einem elektrischen Dipol. Wassermoleküle ziehen sich deshalb wie kleine Magnete an. Beim Verdampfen von flüssigem Wasser müssen diese Wechselwirkungen unter hohem Energieaufwand gelöst werden. Methan-Moleküle besitzen keinen Dipol-Charakter und sind nur durch schwache Wechselwirkungen miteinander verbunden. Deshalb verdampft flüssiges Methan schon bei sehr niedrigen Temperaturen.

B. Wasserstoffbrücken Neben den Dipol-Dipol-Wechselwirkungen tragen auch Wasserstoffbrücken wesentlich zum Zusammenhalt zwischen den Wassermolekülen bei. Dabei handelt es sich um nichtkovalente Bindungen, die nicht nur im Wasser, sondern auch in Proteinen (S. 66) und DNA (S. 78) vorkommen. Man kann Wasserstoffbrücken als Ergebnis einer unvollständigen SäureBase-Reaktion auffassen: Protonen von OH-,

32

NH- oder SH-Gruppen (den H-Brücken-Donoren) treten in Wechselwirkung mit freien Elektronenpaaren von Akzeptor-Atomen (vor allem O, N oder S), ohne das Donor-Atom zu verlassen. Zwar sind die Bindungsenergien von HBrücken mit 10–40 kJ · mol–1 weit geringer als diejenigen von kovalenten Bindungen (etwa 400 kJ · mol–1), da aber H-Brücken im Wasser und in Makromolekülen in großer Zahl vorkommen, tragen sie maßgeblich zur Stabilität solcher Moleküle bei.

C. Struktur von Wasser und Eis In flüssigem Wasser sind die Moleküle in ständiger Fluktuation begriffen. Häufig treten tetraedrisch angeordnete, vernetzte Gruppen von Molekülen, sogenannte Wasser-„Cluster“ auf. Beim Abkühlen erhöht sich der Anteil dieser Cluster, bis das Wasser bei 0 °C zu kristallisieren beginnt. Im Eis sind die meisten Wassermoleküle in einem hexagonalen Kristallgitter fixiert (rechts). Da die Abstände der Einzelmoleküle im festen Zustand im Durchschnitt größer sind als in der Flüssigkeit, ist die Dichte des Eises geringer als die des flüssigen Wassers.

D. Hydratation Im Gegensatz zu anderen Flüssigkeiten ist Wasser ein ausgezeichnetes Lösungsmittel für Ionen. Im elektrischen Feld von Kationen und Anionen ordnen sich die Wasserdipole entsprechend der Ladung des Ions in regelmäßiger Weise an. Sie bilden eine Hydrathülle und schirmen das Zentral-Ion von entgegengesetzt geladenen Ionen ab. So liegen Metallionen häufig als Hexahydrate vor ([Me(H2O)62 + ], rechts). In der inneren Hydratationssphäre solcher Ionen sind die Wassermoleküle praktisch immobilisiert und folgen dem Zentral-Ion. Wasser hat die hohe Dielektrizitätszahl von 78, d. h. die elektrostatischen Anziehungskräfte zwischen Ionen werden durch das Lösungsmittel auf 1/78 des Wertes im Vakuum reduziert. Auch ionisierte, elektrisch geladene Gruppen in organischen Molekülen sind gut hydratisiert und tragen zur Wasserlöslichkeit bei. Neutrale Moleküle mit mehreren Hydroxy-Gruppen wie Glycerol (links) oder Zucker sind ebenfalls gut löslich, weil sie H-Brücken mit Wassermolekülen ausbilden können. Solche Moleküle bezeichnet man als hydrophil („wasserliebend“).

1 Grundlagen

1.2 Physikalische Chemie

Abb. 1.11 Wasser als Lösungsmittel

33

1.2 Physikalische Chemie Hydrophobe Wechselwirkungen Wasser (S. 32) ist ein ausgezeichnetes Lösungsmittel für Ionen und für Stoffe, die polarisierte Bindungen enthalten. Solche Stoffe nennt man polar oder hydrophil („das Wasser liebend“). Dagegen lösen sich Moleküle, die überwiegend aus Kohlenwasserstoff-Strukturen bestehen, nur schlecht in Wasser. Verbindungen dieser Art sind unpolar oder hydrophob („das Wasser fürchtend“).

1 Grundlagen

A. Löslichkeit von Methan Um die Ursachen für die hydrophoben Eigenschaften von Kohlenwasserstoffen zu verstehen, ist es sinnvoll, zunächst die Energetik des Lösungsvorgangs zu betrachten. Im oberen Teil der Abb. sind die Terme der Gibbs-HelmholtzGleichung (S. 28) für den einfachsten Kohlenwasserstoff, Methan, dargestellt. Man erkennt, dass die Überführung von gasförmigem Methan in Wasser exotherm ist (ΔH0 < 0). Trotzdem ist die Änderung der freien Enthalpie ΔG0 positiv (der Vorgang ist endergon), weil der Entropie-Term –T · ΔS0 einen stark positiven Wert hat. Offenbar ist die Entropieänderung ΔS0 negativ, d. h. eine Lösung von Methan in Wasser besitzt einen höheren Ordnungsgrad als Wasser und gasförmiges Methan nebeneinander. Dies beruht zum einen darauf, dass die Methan-Moleküle in der Wasserumgebung weniger beweglich sind. Viel wichtiger aber ist, dass das Wasser um die unpolaren Moleküle herum geordnete, käfigartige Clathrat-Strukturen ausbildet, die – ähnlich wie im Eis – durch H-Brücken stabilisiert sind. Dadurch erhöht sich der Ordnungsgrad des Wassers stark, und dies umso mehr, je größer die Kontaktfläche zwischen Wasser und der unpolaren Phase ist.

B. Der hydrophobe Effekt Die energetisch ungünstige Ausbildung von Clathrat-Strukturen ist die Ursache für einen aus der täglichen Erfahrung wohl bekannten Vorgang – die spontane Entmischung von Öl und Wasser. Beim intensiven Schütteln eines solchen Gemischs bilden sich zunächst viele kleine Öltröpfchen, die jedoch bald wieder von selbst zu größeren Tropfen zusammenlaufen – die beiden Phasen entmischen sich. Ein größerer Tropfen hat eine geringere Oberfläche als mehrere kleine Tropfen desselben Volumens. Beim Entmischen verringert sich deshalb die

34

Kontaktfläche zwischen Wasser und Öl und damit das Ausmaß der Clathratbildung. Deshalb ist ΔS für diesen Vorgang positiv (die Unordnung im Wasser nimmt zu), und der negative Term –T · ΔS macht die Entmischung exergon ΔG < 0) und lässt sie freiwillig ablaufen.

C. Anordnungen amphipathischer Stoffe in Wasser Moleküle, die polare und unpolare Gruppen enthalten, nennt man amphipathisch oder amphiphil. Zu dieser Gruppe gehören z. B. die Seifen (S. 48), die Phospholipide (S. 50) und die Gallensäuren (S. 334). In Wasser neigen amphipathische Stoffe wegen des „hydrophoben Effekts“ (B) zu Anordnungen, bei denen die Kontaktfläche zwischen den unpolaren Molekülteilen und dem Wasser möglichst klein wird. Auf Wasseroberflächen bilden sich meist einschichtige Filme (oben), bei denen die polaren „Kopfgruppen“ dem Wasser zugewandt sind. Seifenblasen (rechts) bestehen aus Doppelfilmen mit einer dünnen eingeschlossenen Wasserschicht. Im Wasser bilden amphipathische Verbindungen je nach Konzentration Micellen, d. h. kugelförmige Aggregate mit nach außen gewandten Kopfgruppen oder ausgedehnte, zweischichtige Doppelmembranen. Die meisten biologischen Membranen (S. 208) sind nach diesem Prinzip aufgebaut. Geschlossene, hohlkugelförmige Membranen nennt man Vesikel. In der Zelle und im Blut dienen sie dem Stofftransport (S. 214). Künstliche Lipidvesikel, sog. Liposomen, werden als Transportvesikel für Arzneistoffe und in der Kosmetik eingesetzt. Die spontane Entmischung von Öl und Wasser kann man verhindern, wenn man dem Gemisch eine stark amphipathische Substanz zusetzt. Beim Schütteln entsteht dann eine mehr oder weniger stabile Emulsion, in der die Oberfläche der Öltröpfchen von amphipathischen Molekülen besetzt ist, die ihr nach außen hin polare Eigenschaften verleihen (nicht gezeigt). Auf diesem Prinzip beruht auch die Emulgierung der Nahrungsfette durch Gallensäuren und Phospholipide im Darm, die eine wesentliche Voraussetzung für die effiziente Verdauung und Resorption von Fetten (S. 286) ist. Auch Cremes und Salben zur Anwendung auf der Haut stellen in der Regel Emulsionen dar, wobei – je nach Zusammensetzung – neben "Öl-in-Wasser"- auch "Wasser-in-Öl"Emulsionen vorkommen.

1 Grundlagen

1.2 Physikalische Chemie

Abb. 1.12 Hydrophobe Wechselwirkungen

35

Kapitel 2

2.1

Kohlenhydrate

38

Biomoleküle

2.2

Lipide

46

2.3

Aminosäuren

58

2.4

Peptide und Proteine

64

Nucleotide und Nucleinsäuren

74

2.5

2

2.1 Kohlenhydrate Chemie der Zucker

B. Reaktionen der Monosaccharide

Die Kohlenhydrate sind natürlich vorkommende Carbonyl-Verbindungen (Aldehyde oder Ketone), die zusätzlich mehrere HydroxyGruppen tragen. Diese Gruppe umfasst einfache Zucker (Monosaccharide) und deren Polymere, die Oligosaccharide und Polysaccharide.

Die Zucker (Monosaccharide) kommen im Stoffwechsel in vielen Formen (Derivaten) vor. Wir besprechen hier einige wichtige Umwandlungsreaktionen am Beispiel der D-Glucose. 1. Mutarotation. Aldosen in der Ringform (A) tragen im Gegensatz zu den offenkettigen Formen an C-1 ein chirales Zentrum. Die entsprechenden isomeren Formen heißen Anomere. Im β-Anomeren (Mitte links) liegen die OH-Gruppe an C-1 (die anomere OH-Gruppe) und die CH2OH-Gruppe (C-6) auf derselben Seite des Rings, im α-Anomeren (rechts) auf verschiedenen Seiten. Die Reaktion, die die Anomeren ineinander umwandelt, heißt Mutarotation. 2. Oxidation und Reduktion. Reduktion des anomeren Zentrums an C-1 liefert den Zuckeralkohol Sorbitol. Oxidation der Aldehyd-Gruppe an C-1 ergibt das Gluconolacton, den intramolekularen Ester (Lacton) der Gluconsäure. Oxidiert man Glucose an C-6, entsteht die sehr polare Glucuronsäure. Sie spielt bei Biotransformationen (S. 336) in der Leber eine wichtige Rolle. 3. Glycosidbildung. Reagiert die anomere OHGruppe eines Zuckers mit einem Alkohol, entsteht unter Wasseraustritt ein O-Glycosid (hier das α-Methylglucosid). Die glycosidische Bindung ist keine normale Etherbindung, weil die OH-Gruppe an C-1 halbacetalischen Charakter hat. Auch Oligo- und Polysaccharide enthalten O-glycosidische Bindungen. Die Reaktion der anomeren OH-Gruppe mit einer NH2- oder NH-Gruppe ergibt ein N-Glycosid (S. 74) (nicht gezeigt). 4. Epimerisierung. In schwach alkalischer Lösung befindet sich die D-Glucose über ein Endiol-Zwischenprodukt (nicht gezeigt) im Gleichgewicht mit D-Fructose und D-Mannose. Glucose und Mannose unterscheiden sich nur in der Konfiguration an C-2. Man bezeichnet solche Paare von Zuckern Epimere und ihre Umwandlung ineinander als Epimerisierung. 5. Veresterung. Mit Säuren können die Hydroxy-Gruppen der Monosacharide Ester bilden. Im Stoffwechsel sind vor allem Phosphorsäure-Ester wie Glucose-6-phosphat und Glucose-1-phosphat von Bedeutung (S. 140).

2 Biomoleküle

A. Monosaccharide: Struktur Das wichtigste natürliche Monosaccharid, die D-Glucose, ist ein aliphatischer Aldehyd mit sechs C-Atomen, von denen fünf eine Hydroxy-Gruppe tragen (1). Da die C-Atome 2 bis 5 chirale Zentren (S. 16) darstellen, gibt es außer D-Glucose noch 15 weitere isomere Aldohexosen (S. 40), von denen in der Natur allerdings nur wenige von Bedeutung sind. Die meisten natürlichen Monosaccharide haben an C-5 dieselbe Konfiguration wie D-Glycerinaldehyd (Glyceral): sie gehören zur D-Reihe. Die in (1) dargestellte offenkettige Form der Glucose findet man in neutraler Lösung bei weniger als 0,1 % der Moleküle. Die Ursache dafür ist eine intramolekulare Reaktion, bei der sich eine der OH-Gruppen des Zuckers an die Aldehyd-Gruppe desselben Moleküls addiert (2). Dabei entsteht ein zyklisches Halbacetal (S. 18). Bei Aldohexosen reagiert bevorzugt die Hydroxy-Gruppe an C-5, und es bildet sich ein 6-gliedriger Pyran-Ring (S. 15). Zucker, die diesen Ring enthalten, nennt man Pyranosen. Reagiert dagegen die OH-Gruppe an C-4, entsteht ein 5-gliedriger Furan-Ring (S. 15). Zur Darstellung von Monosacchariden in der Ringform verwendet man meist die sogenannte Haworth-Darstellung (2), bei der der Ring perspektivisch in der Aufsicht dargestellt wird. Je nach Konfiguration befinden sich die Substituenten an den chiralen C-Atomen dann über oder unter dieser Ebene. OH-Gruppen, die in der Fischer-Projektion (1) rechts liegen, erscheinen in der Haworth-Formel unter der Ringebene, diejenigen links der Kette darüber. Der Pyran-Ring ist nicht eben, sondern nimmt meist die sog. Sesselform ein. In 3 sind zwei häufige Konformationen der D-Glucopyranose dargestellt. In der 1C4-Konformation (unten) stehen die meisten OH-Gruppen – wie in der Haworth-Darstellung – senkrecht zur Ringebene (axiale oder a-Stellung), während in der etwas stabileren 4C1-Konformation (oben) die OH-Gruppen die äquatoriale oder e-Stellung einnehmen.

38

2 Biomoleküle

2.1 Kohlenhydrate

Abb. 2.1 Chemie der Zucker

39

2.1 Kohlenhydrate Mono- und Disaccharide Aus der großen Zahl der natürlichen Monosaccharide sind hier nur die biologisch wichtigen Vertreter aufgeführt. Eingeteilt werden sie nach der Anzahl der C-Atome (in Pentosen, Hexosen usw.) und nach der chemischen Natur der Carbonylfunktion in Aldosen und Ketosen. Auch von den vielen möglichen Disacchariden sind für den Menschen nur wenige von Bedeutung.

2 Biomoleküle

A. Wichtige Monosaccharide Die bekannteste Aldopentose (1), die D-Ribose, ist als Bestandteil von RNA und Nucleotid-Coenzymen weit verbreitet. In diesen Verbindungen liegt Ribose stets in der Furanose-Form (S. 74) vor. D-Xylose und L-Arabinose finden sich in großen Mengen als Bausteine von Polysacchariden in pflanzlichen Zellwänden. Unter den Aldohexosen (1) kommt der DGlucose die größte Bedeutung zu. Ein erheblicher Teil der Biomasse entfällt auf Polymere der Glucose, vor allem auf Cellulose und Stärke. Freie D-Glucose findet man in Pflanzensäften („Traubenzucker“) und als „Blutzucker“ (S. 386) in Tieren. Als Baustein des Milchzuckers (B) ist D-Galactose ein Bestandteil der menschlichen Nahrung. Zusammen mit D-Mannose kommt sie auch in vielen Glycolipiden und Glycoproteinen (S. 44) vor. Phosphorsäure-Ester der Ketopentose D-Ribulose (2) sind Zwischenprodukte des Hexosemonophosphat-Wegs (S. 142) und der Photosynthese. Unter den Ketohexosen (2) ist die DFructose am weitesten verbreitet. In freier Form ist sie in Fruchtsäften und im Honig enthalten. Gebundene Fructose findet man in Saccharose (B) und in pflanzlichen Polysacchariden (z. B. im Inulin). In den Desoxyaldosen (3) ist eine der OHGruppen durch ein H-Atom ersetzt. Neben der an C-2 reduzierten 2-Desoxy-D-Ribose, einem Bestandteil der DNA (S. 78), ist als zweites Beispiel die L-Fucose dargestellt, ein Zucker aus der L-Reihe, der an C-6 reduziert ist. Die acetylierten Aminozucker N-Acetyl-Dglucosamin und N-Acetyl-D-galactosamin (4) sind als Bestandteile von Glycoproteinen häufig anzutreffen. Auch N-Acetylneuraminsäure (Sialinsäure, 5) ist eine charakteristische Komponente von Glycoproteinen. Andere saure Monosaccharide wie D-Glucuronsäure, D-Galacturonsäure und L-Iduronsäure sind typische Bausteine der Glycosaminoglycane des Bindegewebes.

40

Zuckeralkohole (6) wie Sorbitol und Mannitol spielen im gesunden tierischen Organismus keine wesentliche Rolle.

B. Disaccharide Verknüpft man die anomere Hydroxy-Gruppe eines Monosaccharids glycosidisch mit einer OH-Gruppe eines weiteren Zuckers, erhält man ein Disaccharid. Da solche Bindungen in der Natur durch Enzyme gebildet werden, findet man nur jeweils eine der möglichen Verknüpfungsarten (α oder β). Wie bei allen Glycosiden ist in Disacchariden keine Mutarotation möglich. α- bzw. β-verknüpfte Polysaccharide (S. 43) haben deshalb völlig verschiedene räumliche Strukturen. Maltose (1) kommt als Abbauprodukt von Stärke im Malz und im Darm vor. Hier ist die anomere OH-Gruppe eines Glucose-Moleküls α-glycosidisch mit C-4 eines zweiten Glucoserestes verknüpft. Durch α1→1-Verknüpfung zweier Glucosereste entsteht die in Pflanzen, Pilzen und Insekten vorkommende Trehalose (2). Eine β1→4-Bindung zwischen Glucoseresten führt dagegen zu Cellobiose (3), dem Grundbaustein der Cellulose (S. 42). Im tierischen Stoffwechsel spielt Cellobiose keine Rolle. Lactose („Milchzucker“, 4) ist das wichtigste Kohlenhydrat in der Milch der Säugetiere. In Kuhmilch sind etwa 4,5 % Lactose enthalten, Muttermilch enthält bis zu 7,5 %. In der Lactose ist die anomere OH-Gruppe der Galactose βglycosidisch mit dem C-4 einer Glucose verknüpft. Saccharose (5) dient in Pflanzen als Transportform der Kohlenhydrate und lösliche Kohlenhydrat-Reserve. Vom Menschen wird sie als Haushaltszucker wegen ihres intensiv süßen Geschmacks geschätzt. Als Quelle dienen Pflanzen mit hohem Gehalt wie Zuckerrohr oder Zuckerrüben („Rohrzucker“, „Rübenzucker“). Durch enzymatische Hydrolyse des saccharosehaltigen Blüten-Nektars im Verdauungstrakt der Bienen entsteht, katalysiert durch das Enzym Invertase, der Honig, eine Mischung von Glucose und Fructose. In der Saccharose sind die beiden anomeren OHGruppen von Glucose und Fructose glycosidisch verknüpft, sie gehört deshalb zu den nicht-reduzierenden Zuckern.

2 Biomoleküle

2.1 Kohlenhydrate

Abb. 2.2 Mono- und Disaccharide

41

2.1 Kohlenhydrate Polysaccharide

B. Wichtige Polysaccharide

Polysaccharide sind überall in der Natur verbreitet. Nach ihrer Funktion kann man sie in drei Gruppen einteilen. Struktur-Polysaccharide verleihen Zellen, Organen oder Organismen mechanische Stabilität. Wasserbindende Polysaccharide sind besonders stark hydratisiert und verhindern das Austrocknen von Zellen oder Geweben. Reserve-Polysaccharide schließlich dienen als Kohlenhydratspeicher, aus denen sich bei Bedarf Monosaccharide freisetzen lassen. Aufgrund ihres polymeren Charakters sind Reserve-Kohlenhydrate osmotisch weniger wirksam und lassen sich deshalb in großen Mengen intrazellulär speichern.

Die Tabelle gibt einen Überblick über Zusammensetzung und Verknüpfungsmuster der bereits genannten und einiger weiterer wichtiger Glycane. Zu den bakteriellen Polysacchariden gehören neben dem Gerüst-Polysaccharid Murein die Dextrane, Polymere der Glucose, die überwiegend α1→6-verknüpft und α1→3-verzweigt sind. In Wasser bilden Dextrane visköse Schleime oder Gele, die nach chemischer Vernetzung im Labor zur chromatographischen Trennung von Makromolekülen benutzt werden. Dextrane werden auch als Bestandteile von Blutersatzflüssigkeiten (Plasmaexpandern) und Lebensmitteln eingesetzt. Kohlenhydrate aus Algen (z. B. Agarose und Carrageenane) dienen ebenfalls zur Herstellung von Gelen. In der Mikrobiologie wird Agarose seit über 100 Jahren zur Verfestigung von Nährböden verwendet („Agar-Agar“). Der Zusatz von Algen-Polysacchariden zu Kosmetika und Fertignahrung soll die Konsistenz dieser Produkte günstig beeinflussen. Stärke, ein weit verbreitetes pflanzliches Reserve-Polysaccharid ist das wichtigste Kohlenhydrat der menschlichen Nahrung. Pflanzliche Stärke kann aus wasserlöslicher Amylose und wasserunlöslichem Amylopectin bestehen. Sie kommt in Blättern, Früchten, Samen oder Knollen vor. Besonders hoch ist der Stärkegehalt in Getreidekörner (bis 75 % der Trockenmasse), in Kartoffelknollen (etwa 65 %) und in anderen pflanzlichen Speicherorganen. Inulin, ein Polymer der Fructose, wird in der Diät von Diabetikern als Stärkeersatz verwendet. Außerdem dient es als Testsubstanz zur Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate („Clearance“). Chitin, ein Homopolymer aus β1,4-verknüpftem N-Acetylglucosamin, ist die wichtigste Gerüstsubstanz im Panzer von Insekten, Krebsen und Spinnen und damit das häufigste tierische Polysaccharid. Außerdem kommt es in der Zellwand von Pilzen vor. Glycogen, das Reserve-Kohlenhydrat der Tiere (A), wird besonders in Leber und Muskulatur gespeichert. Auf- und Abbau von Glycogen (S. 146) unterliegen einer komplexen Regulation (S. 150) durch Hormone und andere Faktoren.

2 Biomoleküle

A. Polysaccharide: Struktur Polysaccharide, die aus nur einer Art von Monosaccharid aufgebaut sind, nennt man Homoglycane, solche aus verschiedenen Zuckerbausteinen Heteroglycane. Beide Formen können in Form linearer Ketten vorliegen oder verzweigt sein. Als Beispiel für ein verzweigtes Homoglycan ist ein Ausschnitt aus einem Glycogen-Molekül dargestellt. Amylopectin, die verzweigte Komponente der pflanzlichen Stärke hat eine sehr ähnliche Struktur. Beide Moleküle bestehen überwiegend aus α1→4-verknüpften GlucoseResten. Im Glycogen trägt im Mittel jeder 8. bis 10. Rest über eine α1→6-Bindung eine weitere 1,4-verknüpfte Kette aus Glucose-Resten. Dadurch entstehen verzweigte, bäumchenartige Strukturen, die beim tierischen Glycogen kovalent an ein Protein, das Glycogenin (S. 146), gebunden sind. Cellulose, ein lineares Homoglycan aus β1→4-verknüpften Glucose-Resten, ist die weitaus häufigste organische Substanz in der Natur. Fast die Hälfte der gesamten Biomasse entfallen auf Cellulose. Pflanzliche Zellwände bestehen zu 40–50 % aus Cellulose. Der Cellulose-Anteil von Baumwollfasern, einem wichtigen Rohstoff, liegt sogar bei 98 %. CelluloseMoleküle können mehr als 104 Glucose-Reste enthalten (Masse 1–2 · 106 Da) und eine Länge von 6–8 μm erreichen. Für höhere Tiere, also auch für den Menschen, ist Cellulose unverdaulich, aber wichtig als Ballaststoff (S. 278).

42

2 Biomoleküle

2.1 Kohlenhydrate

Abb. 2.3 Polysaccharide

43

2 Biomoleküle

2.1 Kohlenhydrate Glycoproteine und Glycosaminoglycane

B. Oligosaccharid eines Immunglobulins

A. Glycoproteine: Formen

Als Beispiel für die Kohlenhydrat-Komponente eines Glycoproteins ist die Struktur einer der Oligosaccharid-Ketten des Immunglobulins IgG (S. 324) dargestellt. Das Oligosaccharid ist N-glycosidisch mit der Amid-Gruppe eines Asparagin-Restes im Fc-Teil des Proteins verknüpft. Das Oligosaccharid im IgG enthält, wie alle N-vernüpften Kohlenhydrate, eine T-förmige Kern-Struktur aus zwei N-Acetylglucosaminund drei Mannose-Resten (farbig hervorgehoben). Hinzu kommen im vorliegenden Fall zwei weitere N-Acetylglucosamin-Reste sowie ein Fucose- und ein Galactose-Rest. Die Verzweigungsarten sind in Glycoproteinen sehr vielfältig. Wir finden hier neben der β1→4-Verknüpfung auch β1→2 sowie α1→3- und α1→6Brücken.

Viele Proteine an der Oberfläche der Plasmamembran und die Mehrzahl der sezernierten Proteine tragen kovalent gebundene Oligosaccharid-Reste, die im Endoplasmatischen Retikulum und im Golgi-Apparat posttranslational angefügt werden (S. 220). Cytoplasmatische Proteine sind dagegen selten glycosyliert. Glycoproteine (Glycane, Glycokonjugate) können mehr als 70 % Kohlenhydrat enthalten, im Allgemeinen überwiegt aber der Proteinanteil. Nach der Art der Verknüpfung mit dem Protein kann man die Glycoproteine in zwei Gruppen einteilen: N- und O-glycosylierte. Bei N-glycosidisch verknüpften Oligosaccharid-Strukturen unterscheidet man zwei Typen, die durch unterschiedliche Biosynthese-Wege entstehen: Bei der Glycosylierung im ER (S. 220) wird das Protein zunächst mit einem Oligosaccharid verknüpft, das zusätzlich zu der Kern-Struktur sechs weitere Mannose- und terminal drei Glucose-Reste enthält. Die einfachere Form von Oligosaccharid (mannosereicher Typ) entsteht, wenn vom Primärprodukt lediglich die Glucose-Reste abgespalten, jedoch keine neuen Reste angefügt werden. In anderen Fällen werden auch die außerhalb der Kernstruktur befindlichen Mannose-Reste entfernt und durch andere Zucker ersetzt. Auf diese Weise erhält man Oligosaccharide wie die rechts gezeigten (komplexer Typ). Häufig enthalten Glycoproteine vom komplexen Typ am äußeren Ende der Struktur N-Acetylneuraminsäure-Reste, die den Oligosaccharid-Komponenten negative Ladungen verleihen. Bestimmte Glycoproteine auf der äußeren Zelloberfläche und große sezernierte Proteine enthalten anstelle N-glycosidischer Bindungen zu Asparagin-Resten O-glycosidische Bindungen zwischen dem Kohlenhydrat-Anteil und Serin- oder Threonin-Resten des Proteins. Diese Verknüpfung ist weniger häufig als die Nglycosidische. Sie findet sich z. B. in Mucinen (S. 280), die zu 50–80 % aus Kohlenhydraten bestehen, oder im membrannahen Bereich des LDL-Rezeptors (S. 296). Auch die Disaccharidreste des Collagens (S. 364) sind O-glycosidisch mit Hydroxylysin-Resten verknüpft.

44

C. Hyaluronsäure Die Glycosaminoglycane, eine Gruppe saurer Heteropolysaccharide, sind als Bestandteil der Proteoglycane wichtige Strukturkomponenten der extrazellulären Matrix (S. 366). Glycosaminoglycane enthalten als charakteristische Bausteine Aminozucker sowie Glucuronsäure oder Iduronsäure (S. 40). Außerdem sind die meisten Polysaccharide dieser Gruppe in unterschiedlichem Maße mit Schwefelsäure verestert, was ihren sauren Charakter noch verstärkt. Man findet Glycosaminoglycane in freier Form oder als Komponente von Proteoglycanen überall im Organismus. Die Hyaluronsäure, ein relativ einfach gebautes, unverestertes Glycosaminoglycan, besteht aus Disaccharid-Einheiten, in denen NAcetylglucosamin und Glucuronsäure abwechselnd β1→4- und β1→3 verknüpft sind. Durch die ungewöhnliche β1→3-Vernüpfung sind Hyaluronsäure-Moleküle, die einige tausend Monosaccharid-Reste enthalten können, helixartig gewunden. Jeweils drei Disaccharid-Einheiten bilden eine Windung der Helix. Die nach außen gerichteten hydrophilen Carboxylat-Gruppen der Glucuronsäure-Reste sind in der Lage, Ca2 + -Ionen zu binden. Die starke Hydratisierung dieser Gruppen befähigt Hyaluronsäure und andere Glycosaminoglycane, Wasser bis zum 10 000-Fachen ihres Eigenvolumens gelartig zu fixieren. Diese Funktion hat Hyaluronsäure zum Beispiel im Glaskörper des Auges, der etwa 1 % Hyaluronsäure und 98 % Wasser enthält.

2 Biomoleküle

2.1 Kohlenhydrate

Abb. 2.4 Glycoproteine und Glycosaminoglycane

45

2.2 Lipide Übersicht Lipide sind eine große und heterogene Gruppe von Substanzen biologischen Ursprungs, die sich in organischen Lösungsmitteln wie Methanol, Aceton, Chloroform oder Benzen (Benzol) gut lösen. Dagegen sind sie in Wasser nicht oder nur schlecht löslich. Die geringe Wasserlöslichkeit geht auf einen Mangel an polarisierenden Atomen wie O, N, S oder P zurück.

2 Biomoleküle

A. Einteilung Die Lipide lassen sich einteilen in hydrolysierbare, d. h. unter Wasseraufnahme spaltbare, und in nicht hydrolysierbare ▶ Tab. 2.1. Aus der Vielzahl der Lipide können hier nur exemplarische Vertreter genannt werden. Die einzelnen Klassen der Lipide werden auf den Folgeseiten näher behandelt.

B. Biologische Rolle 1. Brennstoff. Lipide sind wichtige Energieträger in der Nahrung. Mengenmäßig stellen sie die bedeutendste Energiereserve (S. 344) der Tiere dar. Vor allem Neutralfette werden als Lipidtröpfchen in spezialisierten Zellen, den Adipocyten, gespeichert. Bei Bedarf werden daraus wieder Fettsäuren freigesetzt, die nach dem Transport zu den verbrauchenden Geweben in den Mitochondrien unter Sauerstoff-Verbrauch zu Wasser und Kohlendioxid oxidiert werden. Dabei entstehen reduzierte Coenzyme, die zur ATP-Produktion in der Atmungskette verwendet werden.

2. Baustoff. Amphipathische Lipide werden von den Zellen zum Aufbau von Membranen (S. 208) benutzt. Typische Membranlipide sind die Phospholipide, die Glycolipide und das Cholesterol. Fette sind nur schwach amphipathisch und deshalb nicht als Membrankomponenten geeignet. 3. Isolator. Lipide sind vorzügliche Isolatoren. In höheren Tieren finden sich Neutralfette zur mechanischen und thermischen Isolierung im subkutanen Gewebe und um verschiedene Organe herum (Baufett). Als Hauptbestandteil der Zellmembranen dienen Lipide der mechanischen und elektrischen Isolierung der Zellen gegenüber ihrer Umgebung. Die Undurchlässigkeit von Lipidmembranen für Ionen ermöglicht den Aufbau des Membranpotenzials (S. 118). 4. Sonderaufgaben. Bestimmte Lipide haben besondere Aufgaben im Organismus übernommen. Steroide, Eicosanoide und einige Metabolite von Phospholipiden besitzen Signalfunktion. Sie dienen als Hormone, Mediatoren und Second-Messenger (S. 430). Andere Lipide bilden Anker, die Proteine an Membranen (S. 210) heften. Als lichtempfindliches Lipid spielt das Carotinoid Retinal eine zentrale Rolle im Sehprozess (S. 382). Einige Lipide kann der Mensch nicht selbst bilden. Als essenzielle Fettsäuren und als fettlösliche Vitamine (S. 408) sind sie unentbehrliche Bestandteile der Nahrung.

Tab. 2.1 Hydrolysierbare und nicht hydrolysierbare Lipide Name

Kern

R1

R2

R3

Fett

Glycerol

Ac

Ac

Ac

Phosphatidat

Glycerol

Ac

Ac

(P)

Phosphatid

Glycerol

Ac

Ac

(P)-Aminoalkohol

Ceramide

Sphingosin

Ac



Sphingomyeline

Sphingosin

Ac

(P)-Aminoalkohol

Cerebroside

Sphingosin

Ac

Zucker

Ganglioside

Sphingosin

Ac

Oligosaccharid

Sulfatide

Sphingosin

Ac

Zucker-Sulfat

hydrolysierbare Lipide Glycerolipide

Sphingolipide

andere

Wachse (Fettsäureester), Sterolester, u. a.

nicht hydrolysierbare Lipide Fettsäuren, Alkane, Carotinoide, Lipidalkohole, Sterole, Steroide, Eicosanoide Ac = Acylrest, (P) = Phosphat-Rest

46

2.2 Lipide Übersicht Lipide sind eine große und heterogene Gruppe von Substanzen biologischen Ursprungs, die sich in organischen Lösungsmitteln wie Methanol, Aceton, Chloroform oder Benzen (Benzol) gut lösen. Dagegen sind sie in Wasser nicht oder nur schlecht löslich. Die geringe Wasserlöslichkeit geht auf einen Mangel an polarisierenden Atomen wie O, N, S oder P zurück.

2 Biomoleküle

A. Einteilung Die Lipide lassen sich einteilen in hydrolysierbare, d. h. unter Wasseraufnahme spaltbare, und in nicht hydrolysierbare ▶ Tab. 2.1. Aus der Vielzahl der Lipide können hier nur exemplarische Vertreter genannt werden. Die einzelnen Klassen der Lipide werden auf den Folgeseiten näher behandelt.

B. Biologische Rolle 1. Brennstoff. Lipide sind wichtige Energieträger in der Nahrung. Mengenmäßig stellen sie die bedeutendste Energiereserve (S. 344) der Tiere dar. Vor allem Neutralfette werden als Lipidtröpfchen in spezialisierten Zellen, den Adipocyten, gespeichert. Bei Bedarf werden daraus wieder Fettsäuren freigesetzt, die nach dem Transport zu den verbrauchenden Geweben in den Mitochondrien unter Sauerstoff-Verbrauch zu Wasser und Kohlendioxid oxidiert werden. Dabei entstehen reduzierte Coenzyme, die zur ATP-Produktion in der Atmungskette verwendet werden.

2. Baustoff. Amphipathische Lipide werden von den Zellen zum Aufbau von Membranen (S. 208) benutzt. Typische Membranlipide sind die Phospholipide, die Glycolipide und das Cholesterol. Fette sind nur schwach amphipathisch und deshalb nicht als Membrankomponenten geeignet. 3. Isolator. Lipide sind vorzügliche Isolatoren. In höheren Tieren finden sich Neutralfette zur mechanischen und thermischen Isolierung im subkutanen Gewebe und um verschiedene Organe herum (Baufett). Als Hauptbestandteil der Zellmembranen dienen Lipide der mechanischen und elektrischen Isolierung der Zellen gegenüber ihrer Umgebung. Die Undurchlässigkeit von Lipidmembranen für Ionen ermöglicht den Aufbau des Membranpotenzials (S. 118). 4. Sonderaufgaben. Bestimmte Lipide haben besondere Aufgaben im Organismus übernommen. Steroide, Eicosanoide und einige Metabolite von Phospholipiden besitzen Signalfunktion. Sie dienen als Hormone, Mediatoren und Second-Messenger (S. 430). Andere Lipide bilden Anker, die Proteine an Membranen (S. 210) heften. Als lichtempfindliches Lipid spielt das Carotinoid Retinal eine zentrale Rolle im Sehprozess (S. 382). Einige Lipide kann der Mensch nicht selbst bilden. Als essenzielle Fettsäuren und als fettlösliche Vitamine (S. 408) sind sie unentbehrliche Bestandteile der Nahrung.

Tab. 2.1 Hydrolysierbare und nicht hydrolysierbare Lipide Name

Kern

R1

R2

R3

Fett

Glycerol

Ac

Ac

Ac

Phosphatidat

Glycerol

Ac

Ac

(P)

Phosphatid

Glycerol

Ac

Ac

(P)-Aminoalkohol

Ceramide

Sphingosin

Ac



Sphingomyeline

Sphingosin

Ac

(P)-Aminoalkohol

Cerebroside

Sphingosin

Ac

Zucker

Ganglioside

Sphingosin

Ac

Oligosaccharid

Sulfatide

Sphingosin

Ac

Zucker-Sulfat

hydrolysierbare Lipide Glycerolipide

Sphingolipide

andere

Wachse (Fettsäureester), Sterolester, u. a.

nicht hydrolysierbare Lipide Fettsäuren, Alkane, Carotinoide, Lipidalkohole, Sterole, Steroide, Eicosanoide Ac = Acylrest, (P) = Phosphat-Rest

46

2 Biomoleküle

2.2 Lipide

Abb. 2.5 Lipide: Übersicht

47

2.2 Lipide Fettsäuren und Fette Fettsäuren sind wichtige Bausteine vieler Lipide. Sie können von allen Organismen synthetisiert werden.

2 Biomoleküle

A. Carbonsäuren Die natürlich vorkommenden Fettsäuren sind Carbonsäuren mit unverzweigten Kohlenwasserstoff-Ketten aus 3 bis 24 Kohlenstoff-Atomen. In Fetten und Membranlipiden sind sie mit Alkoholen (Glycerol, Sphingosin oder Cholesterol) verestert. Geringe Mengen von Fettsäuren findet man auch unverestert, z. B. im Blut. Dann werden sie als freie Fettsäuren bezeichnet. Da freie Fettsäuren stark amphipathische Eigenschaften (S. 34) haben, liegen sie meist proteingebunden vor (S. 292). Die Tabelle zeigt die ganze Reihe der aliphatischen Carbonsäuren, die in Pflanzen und Tieren vorkommen. Als Fettsäuren werden Carbonsäuren mit mindestens 3 KohlenstoffAtomen bezeichnet. In höheren Pflanzen und Tieren treten vorwiegend längerkettige, unverzweigte Fettsäuren mit 16 und 18 C-Atomen auf, also z. B. Palmitin- und Stearinsäure. Die Zahl der Kohlenstoff-Atome der natürlichen Fettsäuren ist meist gerade. Dies beruht auf der Tatsache, dass sie aus C2-Bausteinen aufgebaut werden (S. 160). Manche Fettsäuren enthalten eine oder mehrere isolierte Doppelbindungen, sie sind „ungesättigt“. Häufig vorkommende ungesättigte Fettsäuren sind die Ölsäure und die Linolsäure. Von den beiden möglichen cistrans-Isomeren (S. 16) kommen in natürlichen Lipiden meist die cis-Formen vor; in der E/ZNomenklatur sind dies die Z-Formen (S. 16). Verzweigte Fettsäuren finden sich nur in Pflanzen und Bakterien. Zur genauen Kennzeichnung der Struktur von Fettsäuren verwendet man eine Kurzschreibweise aus mehreren Ziffern, z. B. 18:2;9,12 für Linolsäure. Die erste Ziffer steht für die Zahl an C-Atomen während die zweite die Zahl der Doppelbindungen angibt. Die Positionen der Doppelbindungen folgen hinter dem Semikolon. Wie üblich beginnt die Zählung am Kohlenstoff mit der höchsten Oxidationsstufe (d. h. die Carboxy-Gruppe entspricht C-1). Auch die Verwendung von griechischen Buchstaben ist verbreitet (α = C-2, β = C-3, ω = letztes C, ω3 = drittes C von hinten). Auf Grund unterschiedlichen Verhaltens im Stoffwechsel werden die Fettsäuren häufig in kurzkettige (C3–C6), mittelkettige (C8–C10), langkettige (C12–C18) und sehr langkettige (> C18) eingeteilt.

48

Essenzielle Fettsäuren müssen mit der Nahrung zugeführt werden, weil der Mensch sie nicht bilden kann. Es handelt sich um mehrfach ungesättigte Fettsäuren, und zwar um die C20-Fettsäure Arachidonsäure (20:4;5,8,11,14) und die beiden C18-Säuren Linolsäure (18:2;9,12) und Linolensäure (18,3;9,12,15). Der tierische Organismus benötigt Arachidonsäure zur Synthese von Eicosanoiden (S. 454). Da er zwar fähig ist, Fettsäuren um C2-Einheiten zu verlängern, aber keine Doppelbindungen in den hinteren Teil der Fettsäuren einführen kann (nach C-9), muss Arachidonsäure mit der Nahrung aufgenommen werden. Da sich Linol- und Linolensäure in Arachidonsäure umwandeln lassen, können sie die Arachidonsäure in der Nahrung ersetzen. Den sog. ω-3-Fettsäuren, zu denen neben der pflanzlichen Linolensäure auch Docosohexaensäure (22,6; 4,7,10,13,16,19) und Eicosapentaensäure (20,5; 5,8,11,14,17) aus Fischölen gehören, werden besondere gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben.

B. Struktur der Fette Fette sind Ester des dreiwertigen Alkohols Glycerol mit drei Fettsäuren. Wenn eine einzelne Fettsäure mit Glycerol verestert ist, spricht man von einem Monoacylglycerol (FettsäureRest = Acyl-Rest). Formal kommt man durch Veresterung mit weiteren Fettsäuren über Diacylglycerol zum Triacylglycerol, dem eigentlichen Fett (alter Ausdruck: „Triglycerid“). Da Triacylglycerole keine Ladung tragen, spricht man auch von Neutralfetten. Die drei Acyl-Reste eines Fettmoleküls können sich in ihrer Kettenlänge und der Zahl der Doppelbindungen unterscheiden. Daraus resultiert eine große Zahl an Kombinationsmöglichkeiten für einzelne Fettmoleküle. Aus biologischem Material extrahiert, stellen Fette daher immer Gemische sehr ähnlicher Verbindungen dar, die sich in den Fettsäure-Resten unterscheiden. Nahrungsfette enthalten besonders häufig Palmitin-, Stearin-, Öl- und Linolsäure. In Fetten finden sich ungesättigte Fettsäuren meist am mittleren C-Atom des Glycerols. Die Länge der Fettsäure-Reste und die Zahl ihrer Doppelbindungen beeinflussen den Schmelzpunkt der Fette. Er ist umso niedriger, je kürzer die Fettsäure-Reste sind und je mehr Doppelbindungen sie enthalten. Fette, die bei Zimmertemperatur flüssig sind, werden als Öle bezeichnet, z. B. Olivenöl.

2 Biomoleküle

2.2 Lipide

Abb. 2.6 Fettsäuren und Fette

49

2.2 Lipide Glycerolipide Die meisten Lipide im menschlichen Körper sind zusammengesetzte Verbindungen und liegen als Ester von Fettsäuren mit Alkoholen vor. Ihre Benennung folgt diesen Strukturbausteinen. So gehören alle Lipide, die den dreiwertigen Alkohol Glycerol enthalten, zu den Glycerolipiden. Wenn der Grundbaustein statt des Glycerols ein Sphingosin ist, spricht man von Sphingolipiden (S. 52). Am Glycerol und Sphingosin können nicht nur Fettsäure-Reste hängen. Öfter noch sind es zusätzlich Phosphat-Gruppen oder Kohlenhydrate. Diese Lipide bezeichnet man dann auch als Phospholipide oder Glycolipide.

2 Biomoleküle

A. Struktur der Glycerolipide Fette (Triacylglycerole; 1) sind Ester des Glycerols mit drei Fettsäuren. Als wichtige Energieträger sind sie intrazellulär vorwiegend in Form von Fetttröpfchen gespeichert. Zum Transport sind die unpolaren Fette an Protein gebunden, im Blut z. B. im hydrophoben Inneren von Lipoproteinen (S. 294). Phospholipide sind die Hauptbestandteile biologischer Membranen (S. 208). Ihr gemeinsames Merkmal ist ein Phosphat-Rest, der mit der Hydroxy-Gruppe an C-3 eines Diacylglycerols oder Acyl-Sphingosins verestert ist. Wegen der Phosphat-Gruppe tragen die Phospholipide bei neutralem pH mindestens eine negative Ladung. Zu den Phospholipiden zählen die im Folgenden genannten Glycerophospholipide sowie die Sphingophospholipide der Folgeseite. Die einfachsten Phospholipide sind Phosphorsäureester des Diacylglycerols, die Phosphatidate (Anionen der Phosphatidsäuren; 2). Sie stellen wichtige Zwischenprodukte bei der Biosynthese der Fette und Phospholipide (S. 164) dar. Phosphatidate können auch aus Phospholipiden durch die Wirkung von Phospholipasen freigesetzt werden. Von den Phosphatidaten (Rest = Phosphatidyl-) lassen sich die Phosphatide (3) und andere Phospholipide ableiten. Bei den Phosphatiden ist am Phosphat-Rest ein Alkohol über eine Esterbindung angefügt. Der Phosphat-Rest kann mit einem Aminoalkohol (Cholin, Ethanolamin oder Serin) oder mit dem Cyclohexan-Derivat myo-Inositol verestert sein. Als wichtigstes Beispiel einer solchen Verbindung ist das Phosphatidylcholin (Lecithin, PtdCholin; 4) gezeigt.

50

Sind zwei Phosphatidyl-Reste mit einem Glycerol verknüpft, kommt man zum Cardiolipin (Diphosphatidyl-Glycerol; 6), einem Phospholipid, das nur in der inneren Mitochondrien-Membran vorkommt. Die stark amphipathischen Lysophospholipide (5) entstehen aus Phospholipiden durch enzymatische Abspaltung eines Acyl-Restes. Die hämolytische Wirkung von Bienen- und Schlangengiften beruht zum Teil auf dieser Reaktion. Phosphatidylcholin (Lecithin; 4) ist das häufigste Phospholipid in Membranen. Seine oberflächenaktiven Eigenschaften machen es zu einem wichtigen Bestandteil des LungenSurfactants für die Entfaltung und andauernde Funktion der Lunge. Phosphatidylethanolamin (Cephalin) trägt statt des Cholins einen Ethanolamin-Rest, Phosphatidylserin einen Serin-Rest. Im Phosphatidylinositol ist Phosphatidat mit dem zyklischen Polyalkohol myoInositol verestert. Ein zweifach phosphoryliertes Derivat dieses Phospholipids, das Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat, ist ein besonderer Membranbestandteil, der durch enzymatische Spaltung in zwei Second-Messenger übergehen kann, das Diacylglycerol (DAG) und das Inositol-1,4,5-trisphosphat (InsP3) (S. 422). Eine besondere Gruppe von Phospholipiden sind die Plasmalogene (7). Sie ähneln dem Lecithin oder Cephalin, tragen aber statt der Fettsäure an C-1 des Glycerols einen ungesättigten Fettalkohol in Etherbindung. Plasmalogene und weitere Etherphospholipide mit einem gesättigten Fettalkohol in Etherbindung machen zusammen etwa 18 % aller Phospholipide des Menschen aus. Sie zeigen eine gewebespezifische Verteilung und finden sich z. B. in den Membranen von Myelinscheiden. Bestimmte Plasmalogene spielen eine Rolle als Plättchenaktivierender Faktor (PAF). Außer der negativen Ladung des PhosphatRestes tragen einige Phospholipide weitere Ladungen. Phosphatidylcholin und Phosphatidylethanolamin sind am N-Atom des Aminoalkohols positiv geladen. Nach außen erscheinen diese beiden Phosphatide deshalb neutral. Dagegen sind Phosphatidylserin mit einer positiven und einer negativen Ladung im Serin-Rest und Phosphatidylinositol (ohne zusätzliche positive Ladung) wegen des Phosphat-Restes insgesamt negativ geladen. Dies spielt für die Positionierung innerhalb der Membran (S. 208) eine Rolle.

2 Biomoleküle

2.2 Lipide

Abb. 2.7 Glycerolipide

51

2.2 Lipide Sphingolipide Neben den Phosphoglycerolipiden (S. 50) sind auch Sphingolipide wichtige Membranlipide. Sie kommen in auffällig großen Mengen in den Membranen von Nervenzellen im Gehirn und Nervengewebe vor. In ihrer Struktur weichen Sphingolipide von den bisher besprochenen Membranlipiden ab: Die Aufgabe des Glycerols und eines der Fettsäure-Reste übernimmt Sphingosin, ein Aminodialkohol mit einer ungesättigten, langen Seitenkette. Das Sphingosin entspricht in etwa also einem Monoacylglycerol.

2 Biomoleküle

A. Struktur der Sphingolipide Sphingosin (1) bildet den Grundbaustein der Sphingolipide. Es ist eine ungesättigte, zweifach hydroxylierte Kohlenstoffverbindung mit langem aliphatischem Rest. Die C18-Verbindung wird aus Serin und Palmityl-CoA aufgebaut. Ceramid (2). Wird Sphingosin mit einer einzigen Fettsäure amidartig verknüpft, heißt die entstehende Verbindung Ceramid. Sie ist der Vorläufer aller Sphingolipide. Unter den Phosphosphingolipiden (3) ist das Sphingomyelin (4) das mengenmäßig wichtigste Phosphosphingolipid in Membranen. Es entsteht aus Ceramid durch Einfügen einer Phosphatgruppe und eines Cholin-Restes. Sphingomyelin ist also ein Phospholipid, das dem Lecithin (S. 50) entspricht. Seinen Namen hat es von den hohen Konzentrationen in den Myelinscheiden des Nervensystems. Glycolipide enthalten, wie der Name ausdrückt, Kohlenhydrat-Reste. Sie kommen in allen Geweben vor und zwar vorwiegend auf der Außenseite der Plasmamembran. An dem Ceramid-Rest (Sphingosin + Fettsäure) der Glycolipide hängen Mono- oder Oligosaccharid-Reste. Den Glycolipiden fehlt dagegen der Phosphat-Rest der Phospholipide. Galactosyl-Ceramid und Glucosyl-Ceramid, sog. Cerebroside (5) sind einfache Vertreter dieser Gruppe. Cerebroside, die am Zucker mit Schwefelsäure verestert sind, bezeichnet man als Sulfatide (6). Sie werden besonders in Oligodendrocyten im ZNS synthetisiert. Ganglioside (7) mit einer verzweigten Kette aus mehreren Monosacchariden sind die komplexesten Glycolipide. Ihr charakteristischer Bestandteil ist die N-Acetyl-Neuraminsäure (S. 40) (NeuAc, Sialinsäure;). Glycolipide auf der Zellmembran (S. 208) bilden zusammen mit Glycoproteinen eine hy-

52

drophile Schicht, die als Glycocalyx (S. 220) bezeichnet wird. Unter anderem schützt sie die Zellen vor Verdauung und gegen die unerwünschte Aufnahme lipophiler Substanzen. Die Vielfalt der Glycolipide auf der Plasmamembran dient auch der Zellerkennung und ist verantwortlich für die Ausbildung der verschiedenen Blutgruppen A, B und 0 (S. 310). Glycolipide auf der Zelloberfläche werden auch von Viren und bakteriellen Toxinen, z. B. Choleratoxin, als spezifische Bindungsstellen genutzt, um in die Zellen einzudringen. Krankheiten als Folge einer Störung im Stoffwechsel der Phospholipide sind – wahrscheinlich wegen ihrer zentralen Rolle in Membranen – nicht bekannt. Dagegen gibt es eine Reihe von Sphingolipidosen, bei denen der Abbau der Sphingolipide gestört ist, so dass sich diese anreichern. Betroffen sind besonders Nervenzellen. Der Abbau der Sphingolipide findet durch spezifische Hydrolasen in den Lysosomen (S. 228) statt. Als erstes wird die Kohlenhydratkette der Glycolipide stufenweise verkürzt. Dazu werden außer Enzymen noch SphingolipidAktivatorproteine (SAPs) benötigt, in deren Gegenwart die Glycosidasen erst aktiv werden. Vom Sphingomyelin wird durch eine Sphingomyelinase der Phosphocholin-Rest abgespalten. Das entstehende Ceramid wird dann durch eine Ceramidase in Sphingosin und Fettsäure zerlegt. Von den vielen Krankheiten seien hier nur einige erwähnt: Bei dem Tay-Sachs-Syndrom (Sandhoff-Erkrankung, GM2-Gangliosidose) ist das Enzym Hexosaminidase in seiner Aktivität vermindert oder fehlt. Es löst die glycosidische Bindung von N-Acetyl-Glucosamin und -Galactosamin an Gangliosiden. Wegen der Ablagerung von nicht abgebauten Gangliosiden kommt es zu einer Degeneration des Nervensystems. Bei Morbus Gaucher (Cerebrosidose) (S. 168) ist die β-Glucosidase defekt, die Glucosylceramid zu Ceramid und Glucose spaltet. Das Enzym benötigt das Aktivatorprotein SAP-C. Als Folge der Störung reichern sich Glucosylceramide in Zellen des MonocytenMakrophagensystems an. Bei der Niemann-Pick-Erkrankung ist die Sphingomyelinase oder ihr Aktivatorprotein SAP-C betroffen, sodass sich Sphingomyelin in Monocyten, Makrophagen und Histiocyten anhäuft.

2 Biomoleküle

2.2 Lipide

Abb. 2.8 Sphingolipide

53

2.2 Lipide Isoprenoide

2 Biomoleküle

A. Acetyl-CoA als Grundbaustein der Lipide Obwohl die im pflanzlichen und tierischen Organismus vorkommenden Lipide in vielen verschiedenen Formen auftreten, hängen sie doch biogenetisch eng zusammen: Sie entstehen alle aus Acetyl-CoA, der „aktivierten“ Essigsäure“ (S. 98). 1. Vom Acetyl-CoA führt ein Hauptweg zu den aktivierten Fettsäuren (Acyl-CoA), s. Details (S. 154). Daraus werden dann Fette, Phospholipide und Glycolipide aufgebaut und besondere Fettsäure-Derivate gebildet. In Tieren und den meisten Pflanzen herrscht dieser Weg mengenmäßig vor. 2. Der zweite Weg führt vom Acetyl-CoA zu Isopentenyldiphosphat, dem „aktiven Isopren“, welches der Grundbaustein der Isoprenoide ist. Seine Biosynthese wird im Zusammenhang mit der des Isoprenoids Cholesterol besprochen (S. 166).

B. Isoprenoide Die Isoprenoide leiten sich von einem gemeinsamen Baustein ab, dem Isopren (2-Methyl1,3-butadien), einer methylverzweigten Verbindung mit fünf C-Atomen. Gasförmiges Isopren wird von vielen Bäumen in die Atmosphäre abgegeben, wo es zur Entgiftung von Hydroxylradikalen (S. 300) beiträgt. Aktiviertes Isopren, das Isopentenyldiphosphat, wird von Pflanzen und Tieren zur Biosynthese von linearen und zyklischen Oligo- und Polymeren verwendet. Bei den hier aufgeführten Isoprenoiden, die nur eine kleine Auswahl darstellen, ist jeweils die Zahl der Isopren-Einheiten (I) angegeben. Vom aktiven Isopren führt der Stoffwechselweg durch Dimerisierung zu aktivem Geraniol (I = 2) und weiter zu aktivem Farnesol (I = 3). Hier verzweigt sich die Biosynthese der Isoprenoide. Eine weitere Verlängerung des Farnesols führt zu Ketten mit wachsender Zahl an Isopren-Einheiten, zu Phytol (I = 4), Dolichol (I = 14–24) und schließlich auch zu Kautschuk (I = 700–5 000). Dagegen leitet eine „Kopf-anKopf“-Verknüpfung des Farnesols zum Squalen (I = 6) über, das durch Zyklisierung zu Chole-

54

sterol (I = 6) und dann weiter zu den anderen Steroiden umgewandelt werden kann. Die Fähigkeit, bestimmte Isoprenoide zu bilden, ist meist auf wenige Pflanzen- oder Tierarten beschränkt. So wird Kautschuk nur von einigen Pflanzenarten gebildet, darunter dem Gummibaum (Hevea brasiliensis). Einige Isoprenoide, die der tierische Organismus für den Stoffwechsel benötigt aber nicht selbst aufbauen kann, sind Vitamine: Vitamin A, D, E und K gehören zu dieser Gruppe. Wegen seiner strukturellen und funktionellen Verwandtschaft mit den Steroidhormonen (S. 440) wird die wirksame Form von Vitamin D, das Calcitriol, heute meist den Hormonen zugeordnet, denn die Biosynthese seiner Vorstufe Calciol (= Vitamin D3) ist bei ausreichender Belichtung mit UV-Strahlung auch im Menschen möglich. Der Isoprenstoffwechsel von Pflanzen ist sehr vielfältig. Aus Isopren können viele Arten von Duftstoffen und ätherischen Ölen aufgebaut werden. Als Beispiele sind Menthol (I = 2), Campher (I = 2) und Citronellol (I = 2) gezeigt. Diese C10-Verbindungen gehören zu den Monoterpenen. Analog bezeichnet man Verbindungen aus drei Isopren-Einheiten (I = 3) als Sesquiterpene und die Steroide (I = 6) als Triterpene. Isoprenoide mit Hormon und Signalfunktion bilden eine wichtige Gruppe: Dazu gehören die Steroidhormone (I = 6) und Retinoat (Anion der Retinsäure; I = 3) in Wirbeltieren, sowie die Juvenilhormone (I = 3) in Arthropoden. Auch einige Pflanzenhormone zählen zu den Isoprenoiden, z. B. Cytokinine, Abscisinsäure und Brassinosteroide. Isopren-Ketten werden manchmal als „Lipidanker“ benutzt, um Moleküle an einer Membran zu fixieren. Chlorophyll z. B. trägt als Lipidanker einen Phytyl-Rest (I = 4). Coenzyme mit Isoprenoidanker unterschiedlicher Länge sind Ubichinon (Coenzym Q; I = 6–10), Plastochinon (I = 9) und Phyllochinon (Vitamin K1; I = 4). Auch Proteine (S. 210) können durch Isoprenylierung in Membranen verankert werden. In einigen Fällen wird der Isoprenrest als Element benutzt, um Moleküle chemisch abzuwandeln. Als Beispiel sei das N6-IsopentenylAMP erwähnt, das als modifizierter Baustein in tRNA (S. 76) vorkommt.

2 Biomoleküle

2.2 Lipide

Abb. 2.9 Isoprenoide

55

2.2 Lipide Steroide Die drei wichtigsten Gruppen von Steroiden sind die Sterole, die Gallensäuren und die Steroidhormone. Daneben finden sich besonders in Pflanzen Verbindungen mit Steroidstruktur, die durch ihre pharmakologische Wirkung auffallen: Steroidalkaloide, Digitaloide und Saponine.

2 Biomoleküle

A. Steroid-Grundkörper Den Steroiden gemeinsam ist ein Molekülkern, der aus vier gesättigten Ringen besteht und Steran heißt. (Als Gonan bezeichnet man Sterane, bei denen die Ringe B und C sowie die Ringe C und D jeweils trans-ständig verbunden sind.) Manche Steroide tragen am Ende des Steroidkerns noch eine Seitenkette, wie wir sie beim Cholestan sehen, dem Grundkörper der Sterole.

B. Steroide ▶ Sterole. Sterole sind Steroidalkohole. Sie tragen an C-3 eine β-ständige Hydroxygruppe und besitzen eine oder mehrere Doppelbindungen in Ring B und der Seitenkette; weitere Sauerstoff-Funktionen wie Carbonyl- oder Carboxygruppen fehlen. Das wichtigste tierische Sterol ist das Cholesterol (alter Ausdruck: Cholesterin). In Pflanzen und Mikroorganismen findet man statt des Cholesterols eine größere Vielfalt ähnlicher Sterole, z. B. das Ergosterol, das β-Sitosterol und das Stigmasterol. Cholesterol kommt in allen tierischen Geweben vor, besonders im Nervengewebe. Es ist ein wesentlicher Bestandteil der zellulären Membranen, in denen es die Fluidität regelt (S. 208). Speicher- und Transportform des Cholesterols sind seine Ester mit Fettsäuren. In den Lipoproteinen (S. 294) kommen Cholesterol und seine Fettsäureester mit anderen Lipiden vergesellschaftet vor. Cholesterol (S. 294) ist Bestandteil der Galle (S. 334) und findet sich in vielen Gallensteinen. Seine Biosynthese (S. 166), Stoffwechsel und Transport werden an anderer Stelle behandelt. Besondere Bedeutung haben die cholesterolreichen Lipoproteine vom Typ LDL für die Entstehung von Arteriosklerose, bei der sich im Zusammenhang mit einem zu hohen Cholesterolplasmaspiegel arterielle Gefäßwände verändern. Ernährungsphysiologisch wichtig ist, dass pflanzliche Nahrung arm an Cholesterol ist. Tierische Kost kann dagegen viel Cholesterol enthalten, das besonders in Butter, Eigelb, Fleisch, Leber und Gehirn vorkommt.

56

▶ Gallensäuren. Aus Cholesterol werden in der Leber die Gallensäuren (S. 334) gebildet. Man kann ihre Struktur vom Cholesterol ableiten. Charakteristisch ist die um drei C-Atome verkürzte Seitenkette, deren letztes C-Atom zur Carboxygruppe oxidiert ist. Die Doppelbindung in Ring B ist reduziert und die Ringe A und B stehen cis-ständig (S. 334) zueinander. Am Steroidkern finden sich eine bis drei αständige Hydroxygruppen und zwar in den Positionen 3, 7 und 12. Gallensäuren halten das Cholesterol der Galle als Micellen in Lösung und fördern im Dünndarm die Verdauung von Lipiden (S. 286). Cholsäure und Chenodesoxycholsäure sind primäre Gallensäuren, die von der Leber gebildet werden. Ihre Dehydroxylierung an C-7 durch Mikroorganismen der Darmflora führt zu den beiden sekundären Gallensäuren Lithocholsäure und Desoxycholsäure. ▶ Steroidhormone. Mengenmäßig von geringer, aber physiologisch von großer Bedeutung ist die Umwandlung des Cholesterols in die Steroidhormone (S. 440). Diese bilden eine Gruppe von lipophilen Signalstoffen, die u. a. den Stoffwechsel, das Wachstum und die Reproduktion steuern. Der Mensch besitzt sechs Familien von Steroidhormonen, deren wichtigste Vertreter das Progesteron, Cortisol, Aldosteron, Testosteron, Estradiol und Calcitriol (alter Ausdruck: Calciferol, Vitamin D-Hormon) sind. Diese Steroide tragen, mit Ausnahme des Calcitriols, entweder gar keine oder nur eine kurze, aus zwei C-Atomen bestehende Seitenkette. Charakteristisch ist eine Oxogruppe an C-3 und die dazu konjugierte Doppelbindung an C-4/ C-5 in Ring A. Unterschiede finden sich in den Ringen C und D. Estradiol ist in Ring A aromatisch, seine Hydroxygruppe an C-3 hat deshalb phenolischen Charakter. Calcitriol weicht von den übrigen Wirbeltier-Steroidhormonen ab, es enthält noch das ganze C-Gerüst des Cholesterols, ist aber durch die lichtabhängige Öffnung des Ringes B zu einem sogenannten „Secosteroid“ (Steroid mit geöffnetem Ring) abgewandelt. Ecdyson ist das Steroidhormon der Arthropoden. Man kann in ihm eine frühe Form der Steroidhormone sehen. Auch in Pflanzen kommen Steroide mit Signalfunktion vor.

2 Biomoleküle

2.2 Lipide

Abb. 2.10 Steroide

57

2.3 Aminosäuren Eigenschaften A. Aminosäuren Die Aminosäuren (Aminocarbonsäuren) bilden eine wichtige Gruppe von Biomolekülen mit vielfältigen Aufgaben (B). Je nach Stellung der Aminogruppe unterscheidet man α-, β- und γAminosäuren Die natürlichen Aminosäuren gehören überwiegend zu den α-Aminosäuren (2-Aminocarbonsäuren). Sie bilden u. a. die Bausteine der Peptide und Proteine. Seltener sind β-Aminosäuren (z. B. β-Alanin) und γAminosäuren wie GABA (S. 376). Sie erfüllen besondere Funktionen, z. B. als Bestandteile von Biomolekülen oder als Neurotransmitter.

In der Natur findet man fast ausschließlich L-Aminosäuren. D-Aminosäuren kommen nur in Bakterien vor, z. B. im Murein (als Zellwandbaustein) oder in Peptid-Antibiotika (S. 264). Zur Formeldarstellung chiraler Zentren in Biomolekülen dient die sog. Fischer-Projektion (Mitte). Sie leitet sich aus der 3D-Struktur wie folgt ab: Zunächst dreht man den Tetraeder so, dass die am höchsten oxidierte Gruppe (hier die Carboxylat-Gruppe) oben steht. Dann dreht man weiter, bis die Verbindungslinie von COO– und R (rot) in die Papierebene fällt. Bei L-Aminosäuren steht dann die NH3+-Gruppe links, bei D-Aminosäuren rechts.

D. Dissoziationskurve des Histidins

2 Biomoleküle

B. Funktionen Die α-Aminosäuren dienen in erster Linie als Bausteine von Peptiden und Proteinen. Im genetischen Code (S. 258) sind 20 verschiedene Aminosäuren berücksichtigt. Nur diese proteinogenen Aminosäuren (S. 60) sind regelmäßig in Proteinen zu finden. Einige Aminosäuren werden nach ihrem Einbau in Proteine (posttranslational) weiter verändert (S. 62). Auch in Lipiden können Aminosäuren oder ihre Derivate als Bausteine enthalten sein, z. B. Serin in Phospholipiden und Glycin in Gallensalzen. Einige Aminosäuren wirken selbst als Neurotransmitter (S. 376), während andere als Vorstufen für Neurotransmitter (S. 380), Mediatoren oder Hormone (S. 450) fungieren. Aminosäuren sind zudem wichtige oder sogar essenzielle Bestandteile der Nahrung (S. 398). Bestimmte Aminosäuren sind Vorstufen für andere Metabolite, z. B. für Glucose in der Gluconeogenese, für Purin- und Pyrimidinbasen, für Häm und für andere Moleküle. Einige nicht proteinogene Aminosäuren fungieren als Intermediate beim Auf- und Abbau anderer proteinogener Aminosäuren (S. 184) oder als Zwischenprodukte in anderen Stoffwechselwegen (S. 126).

C. Enantiomere α-Aminosäuren tragen am C-Atom 2 (Cα) vier verschiedene Substituenten. Das α-Atom stellt deshalb ein chirales Zentrum (S. 16) dar, d. h. es gibt zwei verschiedene Enantiomere (L- und D-Aminosäuren). Unter den proteinogenen Aminosäuren ist nur Glycin nicht chiral (R = H).

58

Alle Aminosäuren besitzen mindestens zwei ionisierbare Gruppen, ihr Ladungszustand hängt deshalb vom pH-Wert (S. 24) ab. Die COOH-Gruppen am α-C-Atom sind mit pKaWerten zwischen 1,8 und 2,8 saurer als die einfacher Monocarbonsäuren. Die Basizität der α-Amino-Funktion ist ebenfalls unterschiedlich, ihre pKa-Werte liegen je nach Aminosäure zwischen 8,8 und 10,6. Saure und basische Aminosäuren tragen auch in der Seitenkette ionisierbare Gruppen, deren pKa-Werte in der Abbildung (S. 61) angegeben sind. Als Beispiel für die pH-Abhängigkeit des Ladungszustandes von Aminosäuren betrachten wir die proteinogene Aminosäure Histidin. Außer der Carboxy- und der Amino-Gruppe am α-C-Atom mit pKa-Werten von 1,8 bzw. 9,2 finden wir in der Seitenkette einen ImidazolRest mit einem pKa-Wert von 6,0. Mit steigendem pH ändert sich deshalb die Nettoladung (Summe von positiven und negativen Ladungen) von + 2 nach –1. Bei pH 7,6 verschwindet die Nettoladung ganz, obwohl das Molekül hier zwei fast vollständig ionisierte Gruppen enthält. Diesen pH-Wert nennt man den isoelektrischen Punkt. Am isoelektrischen Punkt ist Histidin zwitterionisch, weil es anionische und kationische Eigenschaften hat. Bei neutralem pH-Wert liegen auch die meisten anderen Aminosäuren zwitterionisch vor. Peptide und Proteine haben ebenfalls isoelektrische Punkte, die je nach Aminosäure-Zusammensetzung sehr unterschiedlich sein können.

2 Biomoleküle

2.3 Aminosäuren

Abb. 2.11 Aminosäuren: Eigenschaften

59

2.3 Aminosäuren Proteinogene Aminosäuren

2 Biomoleküle

A. Proteinogene Aminosäuren Als proteinogen bezeichnet man diejenigen Aminosäuren, für die im genetischen Code Codewörter (Codons) vorgesehen sind (S. 258). Mit wenigen Ausnahmen (S. 62) können nur diese Aminosäuren durch Translation (S. 260) in Proteine eingebaut werden. Die Klassifizierung der proteinogenen Aminosäuren basiert einerseits auf der chemischen Struktur ihrer Seitenketten, andererseits auf deren Polarität. In der Literatur existieren mehrere, etwas unterschiedliche Systeme zur Einteilung der Aminosäuren, die sich in Details von dem hier gebrauchten unterscheiden können. Die Tafel nennt für jede Aminosäure ● die Zugehörigkeit zu den Strukturklassen (aliphatisch, schwefelhaltig, aromatisch, zyklisch, neutral, sauer oder basisch), ● den Namen und die Abkürzung, die aus den ersten drei Buchstaben des Namens gebildet wird (z. B. Histidin, His), ● das zur Platzeinsparung bei der elektronischen Verarbeitung von Sequenzdaten eingeführte Ein-Buchstaben-Symbol (H für Histidin), ● die Polarität der Seitenkette, angedeutet durch farbige Hinterlegung. Die Polarität nimmt von Orange über Gelb und Hellgrün nach Blaugrün zu; ● den pKa-Wert der funktionellen Gruppe in der Seitenkette (rote Zahlen). Fast die Hälfte der proteinogenen Aminosäuren kann vom menschlichen Organismus nicht selbst synthetisiert werden und muss deshalb mit der Nahrung zugeführt werden. Die für den gesunden Erwachsenen essenziellen Aminosäuren (S. 184) sind in der Abbildung durch rote Dreiecke gekennzeichnet. Für Säuglinge und Kleinkinder sind zusätzlich Cystein und möglicherweise Arginin essenziell. Zu den aliphatischen Aminosäuren zählen Glycin, Alanin, Valin, Leucin und Isoleucin. Diese Aminosäuren tragen in der Seitenkette keine Heteroatome (N, O oder S) und enthalten kein Ringsystem. Ihre Seitenketten sind ausgeprägt unpolar. Valin, Leucin und Isoleucin bilden die Gruppe der verzweigtkettigen Aminosäuren (engl. branched-chain amino acids, BCAA). Sie sind alle essenziell. Glycin ist die einzige proteinogene Aminosäure ohne chirales Zentrum. Dagegen enthalten Thr und Ile zwei chirale Zentren. Von den

60

jeweils vier möglichen Stereosiomeren findet man in der Natur allerdings nur (2S,3R)-Threonin bzw. (2S,3S)-Isoleucin. Ebenfalls unpolar sind die schwefelhaltigen Aminosäuren Cystein und Methionin (für Cystein gilt dies allerdings nur im undissoziierten Zustand). Cystein spielt wegen seiner Fähigkeit zur Ausbildung von Disulfidbrücken eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung von Proteinen (S. 70). Zwei durch eine Disulfidbrücke verknüpfte Cystein-Reste werden als Cystin (S. 184) bezeichnet (nicht gezeigt). Die aromatischen Aminosäuren enthalten mesomeriestabilisierte Ringsysteme. In dieser Gruppe hat nur Phenylalanin ausgeprägt unpolare Eigenschaften. Tyrosin und Tryptophan verhalten sich mäßig polar, Histidin sogar stark polar. Der Imidazol-Ring des Histidins wird bereits bei schwach saurem pH-Wert protoniert. Histidin, das nur in der protonierten Form aromatisch ist, kann man deshalb auch den basischen Aminosäuren zuordnen. Die neutralen Aminosäuren tragen Hydroxy-Gruppen (Serin, Threonin) oder Carbonsäureamid-Gruppen (Asparagin, Glutamin). Trotz ihres nicht-ionischen Charakters sind die Amid-Gruppen von Asparagin und Glutamin recht polar. Die Carboxy-Gruppen in den Seitenketten der sauren Aminosäuren Asparaginsäure und Glutaminsäure sind bei physiologischen pHWerten fast vollständig ionisiert. Deshalb bezeichnet man diese Aminosäuren in der Regel als Aspartat bzw. Glutamat. Auch die Seitenketten der basischen Aminosäuren Lysin und Arginin (Klasse VI) sind bei neutralem pH vollständig ionisiert, d. h. positiv geladen. Besonders stark basisch und deshalb extrem polar ist Arginin mit seiner positiv geladenen Guanidinium-Gruppe. Eine Sonderstellung nimmt das zyklische Prolin ein. Seine Seitenkette bildet zusammen mit dem α-C-Atom und der α-NH2-Gruppe einen Fünfring. Aufgrund der Ringstruktur führen Prolinreste in Proteinen zum Abknicken der Peptid-Kette, wichtig z. B. im Collagen (S. 68). ▶ Weitere Informationen. Viele proteinogene Aminosäuren werden im fertigen Protein chemisch verändert. Wichtige Beispiele für derartige posttranslational modifizierte Aminosäurereste werden im Abschnitt über posttranslationale Proteinmodifizierung (S. 72) besprochen.

2 Biomoleküle

2.3 Aminosäuren

Abb. 2.12 Proteinogene Aminosäuren

61

2.3 Aminosäuren Selenocystein und nichtproteinogene Aminosäuren Neben den proteinogenen Aminosäuren (S. 60) gibt es in der Natur viele weitere Verbindungen des gleichen Typs. Sie entstehen z. B. bei Stoffwechselreaktionen (B) oder durch nachträgliche Veränderungen (S. 72) an Aminosäure-Resten in Peptiden oder Proteinen. Die sog. „biogenen Amine“ (C) werden durch Decarboxylierung aus α-Aminosäuren gebildet.

2 Biomoleküle

A. Selenocystein Einige wenige Proteine (beim Menschen sind es etwa 30) enthalten neben den „klassischen“ Aminosäurebausteinen als 21. proteinogene Aminosäure Selenocystein (Sec). Dies ist ein Analoges des Cysteins, in dem der Schwefel durch das reaktionsfähigere Spurenelement Selen ersetzt ist. Aufgrund ihres im Vergleich zur SH-Gruppe des Cysteins deutlich niedrigeren pKa-Werts liegt die SeH-Gruppe in der Zelle überwiegend dissoziiert vor. Bei der Translation Sec-haltiger Proteine wird zunächst die entsprechende tRNA (S. 258) (tRNASec) aus einer besonderen Serin-tRNA gebildet. tRNASec bindet dann am Ribosom an das mRNA-Codon UGA, eigentlich ein Stopp-Codon, das in diesen Fällen jedoch als Signal zum Sec-Einbau interpretiert wird. Sec-haltige Proteine haben in der Regel Redox-Funktionen. Zu ihnen gehören die Glutathion-Peroxidase (S. 302), ein Enzym zur „Entgiftung“ von Lipid-Peroxiden, die Deiodasen (S. 442) und die zur Synthese von DNAVorstufen notwendige Thioredoxin-Reduktase (S. 194).

B. Nichtproteinogene Aminosäuren Von den nichtproteinogenen α-Aminosäuren sind hier nur einige Vertreter aufgeführt. Homocystein ist ein Zwischenprodukt beim Abbau von Methionin (S. 186). Im Vergleich zu Cystein ist seine Seitenkette um eine CH2Gruppe verlängert. Dopa (Abk. von 3,4-Dihydroxyphenylalanin) wird durch Hydroxylierung von Tyrosin gebildet. Es ist ein Zwischenprodukt der Biosynthese der Catecholamine (S. 450) und des braunen Pigments Melanin (S. 180). Die basische Aminosäure Ornithin und das daraus gebildete Citrullin dienen als Zwischenprodukte im Harnstoffzyklus (S. 182).

62

C. Biogene Amine Viele Aminosäuren werden durch Decarboxylierung abgebaut. Dabei entstehen, katalysiert durch Aminosäure-Decarboxylasen [1], primäre Amine, sog. „biogene Amine“. Substanzen aus dieser Gruppe erfüllen im Organismus unterschiedliche Aufgaben. Manche sind Bausteine von Biomolekülen, z. B. das in bestimmten Membranlipiden enthaltene Ethanolamin (S. 50). Cysteamin und β-Alanin sind Bestandteile von Coenzym A (S. 98) und von Pantethein (S. 160). β-Alanin entsteht nicht nur bei der Decarboxylierung von Aspartat sondern auch beim Abbau der Pyrimidinbase Uracil (S. 190). Andere biogene Amine wirken als Neurotransmitter (S. 376), z. B. die vom Glutamat abgeleitete α-Aminosäure 4-Aminobutyrat (GABA). GABA ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter im Gehirn. Seine beruhigende und Angst lösende Wirkung wird durch kleinere Mengen von Alkohol (S. 340) und durch die sog. Benzodiazepine (S. 336) verstärkt. Das durch Decarboxylierung von Dopa (B) gebildete Dopamin ist selbst Neurotransmitter und dient gleichzeitig als Vorstufe der Catecholamine (S. 450) Adrenalin und Noradrenalin. Störungen der Dopaminsynthese in der sog. Substantia nigra des Mittelhirns führen zur Parkinson-Krankheit (S. 384). Auch einige psychiatrische Erkrankungen sind mit Veränderungen des Dopaminspiegels im Gehirn verbunden. Aus Tryptophan wird über 5-Hydroxytryptophan das biogene Amin Serotonin, gebildet, eine Signalsubstanz mit vielen Wirkungen. So reguliert es z. B. den Gefäßtonus und damit den Blutdruck, fördert Darmperistaltik und Thrombocytenaggregation (S. 306) und wirkt als Neurohormon (S. 372) im Gehirn. Histamin (S. 452) ist ein zentraler Faktor bei der Entstehung allergischer Reaktionen (S. 326). Mehrere wichtige biogene Amine werden durch die Amin-Oxidase (Monoamin-Oxidase, „MAO“, Enzym [2]) unter Desaminierung und gleichzeitiger Oxidation zu Aldehyden abgebaut und dadurch inaktiviert. Der weitere Abbau der gebildeten Aldehyde durch Dehydrogenasen [3] führt dann zu den entsprechenden Carbonsäuren (S. 450). MAO-Hemmstoffe spielen eine wichtige Rolle bei der pharmakologischen Beeinflussung des Neurotransmitterstoffwechsels.

2 Biomoleküle

2.3 Aminosäuren

Abb. 2.13 Selenocystein und nichtproteinogene Aminosäuren

63

2.4 Peptide und Proteine Übersicht Verknüpft man Aminosäuren durch Säureamid-Bindungen, entstehen lineare Kettenmoleküle, die bis zu einer Länge von etwa 100 Resten als Peptide (Oligo- und Polypeptide) bezeichnet werden. Polypeptide aus mehr als 100 Aminosäureresten nennt man Proteine.

A. Proteine

2 Biomoleküle

Jeder Organismus enthält Tausende verschiedener Proteine mit unterschiedlichen Aufgaben. Die Abbildung zeigt halbschematisch in etwa 1,5-millionenfacher Vergrößerung die Struktur einiger intra- und extrazellulärer Proteine, um einen Eindruck von ihrer Vielfalt zu vermitteln. Nach ihren Funktionen kann man die Proteine folgendermaßen einteilen: ▶ Strukturproteine. Strukturproteine (S. 68) sind für Form und Stabilität von Zellen und Geweben verantwortlich. Als Beispiel ist rechts ein Ausschnitt aus einem Tropocollagen-Molekül dargestellt. Das ganze Molekül mit Dimensionen von 1,5 · 300 nm hätte im gewählten Maßstab eine Länge von etwa drei Buchseiten. Die Histone (oben rechts) organisieren die Verpackung der DNA im Zellkern und regeln die Transkription. Die Grundbausteine des Chromatins (S. 244), die Nucleosomen, bestehen aus einem Komplex von Histonen, um den DNA gewunden ist. ▶ Transportproteine. Ein bekanntes Transportprotein ist das Hämoglobin der Erythrocyten (links unten). Es erleichtert den Transport von Sauerstoff und Kohlendioxid zwischen der Lunge und den Geweben (S. 298). Auch das Blutplasma enthält zahlreiche Proteine mit Transportfunktion. So transportiert Präalbumin (Transthyretin, Mitte) die Schilddrüsenhormone Thyroxin und Triiodthyronin. Ionenkanäle (Mitte) und andere integrale Membranproteine vermitteln den Transport von Ionen und Metaboliten durch biologische Membranen (S. 212). ▶ Abwehrproteine. Das Immunsystem schützt den Organismus vor Krankheitserregern und körperfremden Substanzen. Als eine wichtige Komponente des Immunsystems ist unten ein Immunglobulin vom Typ G dargestellt. Als Antikörper (S. 324) unterstützt es die spezifische Immunabwehr.

64

▶ Regulatorische Proteine. In biochemischen Signalketten wirken Proteine als Signalstoffe (Hormone) aber auch als Hormon-Rezeptoren. Als Beispiel ist in der Mitte links der Komplex zwischen dem Wachstumshormon Somatotropin (S. 448) und seinem Rezeptor dargestellt. Dabei binden die extrazellulären Domänen von zwei Rezeptor-Molekülen ein Molekül des Hormons. Die Bindung aktiviert die cytoplasmatischen Domänen des Komplexes und führt so zur Weiterleitung des Signals ins Zellinnere (Signaltransduktion) (S. 414). Das Hormon Insulin (unten links) wird an anderer Stelle ausführlich besprochen (S. 444). An der Regulation des Stoffwechsels und an Differenzierungsvorgängen sind DNA-bindende Proteine (Transkriptionsfaktoren) maßgeblich beteiligt (S. 254). Struktur und Funktion des KatabolitAktivator-Proteins (rechts oben) und anderer bakterieller Transkriptionsfaktoren sind besonders gut untersucht. ▶ Katalytische Proteine. Mit über 2000 bekannten Vertretern bilden die Enzyme (S. 82) die zahlenmäßig größte Gruppe von Proteinen. Die kleinsten Enzyme haben Massen von 10–15 kDa. Mittelgroße Enzyme, wie die Alkohol-Dehydrogenase (oben links) liegen bei 100–200 kDa, während die größten, wie die aus 12 Untereinheiten bestehende GlutaminSynthetase, mehr als 500 kDa erreichen können. ▶ Motorproteine. Das Zusammenspiel von Actin und Myosin (S. 236) ist für die Muskelkontraktion (S. 354) und andere Bewegungsvorgänge verantwortlich. Das hexamere Myosin (rechts) gehört mit einer Länge von über 150 nm zu den größten Proteinen überhaupt. Actin-Filamente (F-Actin) entstehen durch die Polymerisation relativ kleiner Untereinheiten (G-Actin). Das mit dem F-Actin assoziierte Tropomyosin und weitere Proteine steuern die Kontraktion. ▶ Speicherproteine (nicht gezeigt). In Pflanzen findet man besondere Speicherproteine, die auch für die menschliche Ernährung wichtig sind, z. B. das Gluten im Getreide. Im tierischen Organismus bilden die Muskelproteine eine im Notfall mobilisierbare Nährstoffreserve.

2 Biomoleküle

2.4 Peptide und Proteine

Abb. 2.14 Peptide und Proteine: Übersicht (nach Goodsell DS, Olson AJ. Soluble proteins: Size, shape and function. Trends Biochem. 1993; 18: 65–68)

65

2.4 Peptide und Proteine Proteinstrukturen

2 Biomoleküle

A. Peptide In Peptiden und Proteinen sind die Aminosäure-Bausteine durch Carbonsäureamid-Bindungen (S. 18) zwischen α-Carboxy- und α-AminoGruppen verknüpft. Man nennt diese Art der Bindung deshalb auch Peptidbindung. Im dargestellten Dipeptid trägt der Serin-Rest eine freie Ammonium-Gruppe, während im Alanin die Carboxylat-Gruppe frei ist. Da die Aminosäure mit der freien NH3+-Gruppe zuerst genannt wird (s. u.), heißt das Peptid SerylAlanin bzw. Ser-Ala oder in EinbuchstabenSchreibweise SA. Wie alle Säureamid-Bindungen ist die Peptidbindung mesomeriestabilisiert und damit eben. Eine Rotation um die C-N-Bindung ist nur unter hohem Energieaufwand möglich, d. h. die Bindung ist nicht frei drehbar. Peptidketten haben eine Richtung und damit zwei verschiedene Enden. Der Amino-Terminus (N-Terminus) trägt eine freie Ammonium-Gruppe, während der Carboxy-Terminus (C-Terminus) durch die Carboxylat-Gruppe der letzten Aminosäure gebildet wird. In Peptiden und Proteinen sind die Aminosäure-Bausteine in der Regel linear verknüpft. Um die Aminosäuresequenz eines Peptids anzugeben, genügt es deshalb, die Drei- oder Ein-Buchstaben-Abkürzungen der Aminosäurereste (S. 61) aneinanderzureihen. Dabei beginnt man stets links mit dem N-Terminus. So hat z. B. das Peptidhormon Angiotensin II (S. 352) die Sequenz Asp-Arg-Val-Tyr-Ile-His-Pro-Phe bzw. DRVYIHPF.

B. Strukturebenen von Proteinen Im Aufbau von Proteinen unterscheidet man verschiedene Strukturebenen, die hier am Beispiel des Hämoglobins erläutert werden. Unter der Primärstruktur eines Proteins versteht man seine Aminosäuresequenz (A). Dargestellt ist eine Sequenz aus der α-Untereinheit des Hämoglobins. Sie umfasst die Aminosäurereste 53–74. Sekundärstrukturen sind durch H-Brücken stabilisierte Bereiche der Peptidkette mit definierter Konformation (C). Die oben angegebene Teilsequenz 53–74 ist zu einer α-Helix gefaltet (C). Als Tertiärstruktur bezeichnet man die aus Sekundärstruktur-Elementen und ungeord-

66

neten Abschnitten aufgebaute, dreidimensionale Konformation eines Proteins. Im Falle der αUntereinheit des Hämoglobins entsteht so eine annähernd rechteckige, kompakte Struktur. Quartärstruktur: Viele Proteine lagern sich aufgrund nichtkovalenter Wechselwirkungen zu symmetrischen Komplexen (Oligomeren) zusammen. Die Komponenten oligomerer Proteine (meist 2–12) bezeichnet man als Untereinheiten oder Monomere. Im Hämoglobin bilden zwei α- (braun) und zwei β-Untereinheiten (grün) ein Tetramer.

C. Sekundärstrukturen Die rechtsgängige α-Helix (αR) gehört zu den häufigsten Sekundärstrukturen. Die Peptidkette ist hier schraubenförmig gewunden. Auf jede Umdrehung der Schraube (Schraubenachse orange) entfallen etwa 3,6 Aminosäure-Reste, die Ganghöhe der Schraube (d. h. die kleinste Distanz zwischen zwei äquivalenten Punkten) beträgt 0,54 nm. Stabilisiert werden α-Helices durch fast lineare Wasserstoff-Brücken zwischen den NH- und CO-Gruppen von Resten, die in der Sequenz jeweils um 4 Positionen von einander entfernt sind (grün punktiert). Zwei weitere, fast gestreckte Konformationen der Peptidkette bezeichnet man als β-Faltblätter, weil die Peptidebenen hier wie auf einem regelmäßig gefalteten Papierblatt angeordnet sind. In Faltblättern können sich HBrücken nur zwischen benachbarten Ketten („Strängen“) ausbilden. Verlaufen die beiden Stränge in entgegen gesetzter Richtung spricht man von einem antiparallelen Faltblatt (βa), laufen sie gleichsinnig, liegt ein paralleles Faltblatt (βp) vor. In beiden Fällen liegen die α-CAtome an den höchsten und tiefsten Punkten der Struktur, und die Seitenketten ragen abwechselnd fast senkrecht nach oben oder unten. Energetisch sind die βa-Strukturen mit ihren fast linearen H-Brücken günstiger. An Stellen, an denen die Peptidkette ihre Richtung ändert, findet man häufig Schleifen (sog. β-Turns). Hier sind vier Aminosäure-Reste so angeordnet, dass sich der Verlauf der Kette in die Gegenrichtung umkehrt. β-Turns werden durch eine Wasserstoff-Brücke zwischen den Resten 1 und 4 stabilisiert. Sie liegen oft zwischen den einzelnen Strängen von β-Faltblättern oder zwischen Faltblattsträngen und α-Helices.

2 Biomoleküle

2.4 Peptide und Proteine

Abb. 2.15 Proteinstrukturen (B. Quelle PDB-Code: 2DN1)

67

2.4 Peptide und Proteine Strukturproteine Faserförmige (fibrilläre) Proteine und Proteinkomplexe dienen als Strukturproteine. Sie verleihen extrazellulären Strukturen mechanische Festigkeit und sind auch am Aufbau des Cytoskeletts (S. 232) beteiligt. Die meisten Strukturproteine enthalten hohe Anteile bestimmter Sekundärstrukturen (S. 66). Aus diesem Grund ist auch ihre Aminosäure-Zusammensetzung meist charakteristisch (s. u.).

2 Biomoleküle

A. α-Keratin Ein Strukturprotein, das überwiegend α-helical vorliegt, ist α-Keratin. Haare (Wolle), Federn, Nägel, Klauen und Hufe der Landtiere bestehen überwiegend aus Keratin. Als Komponente von Intermediärfilamenten (S. 232) ist Keratin ein wichtiger Bestandteil des Cytoskeletts (Cytokeratin). In den Keratinen sind große Teile der Peptidkette rechtsgängig α-helical gewunden. Jeweils zwei Ketten bilden eine linksgängige Superhelix, wie sie auch im Myosin auftritt (S. 354). Die superhelicalen Keratin-Dimere treten wiederum zu Tetrameren zusammen, die weiter zu Protofilamenten mit einem Durchmesser von 3 nm aggregieren. Acht Protofilamente bilden schließlich ein Intermediärfilament mit einem Durchmesser von 10 nm. Haare enthalten ähnliche Keratin-Filamente. So sind in einer einzelnen Wollfaser mit einem Durchmesser von 20 μm in abgestorbenen Zellen Millionen solcher Filamente gebündelt. Die einzelnen Keratin-Helices sind durch zahlreiche Disulfidbrücken (S. 70) quer vernetzt und dadurch zusätzlich stabilisiert. Beim Legen von Dauerwellen macht man sich die chemischen Eigenschaften von Disulfidbrücken zunutze: Zunächst werden die Brücken des Haar-Keratins durch Behandeln mit ThiolVerbindungen reduktiv gelöst. Dann bringt man das Haar in die gewünschte Form und trocknet es heiß. Dabei bilden sich durch Oxidation neue Disulfidbrücken aus, die die Frisur eine Zeit lang erhalten.

B. Collagen In Säugetieren ist Collagen das quantitativ wichtigste Protein; es macht etwa 25 % des gesamten Proteins aus. Collagen (S. 364) kommt in zahlreichen Formen, vor allem im Bindegewebe, vor. Die Aminosäure-Zusammensetzung der Collagene ist ungewöhnlich: Ein Drittel der

68

Aminosäuren entfällt auf Glycin (Gly), je etwa 10 % auf Prolin (Pro) sowie Hydroxyprolin (Hyp) und Hydroxylysin (Hyl). Die beiden letztgenannten Aminosäuren werden erst während der Collagen-Biosynthese durch posttranslationale Modifizierung (S. 72) gebildet. In der Sequenz der Collagene wiederholt sich ständig das Triplett Gly-X-Y (1), wobei Position X häufig von Pro und Y von Hyp eingenommen werden. Der Grund dafür ist, dass Collagen weitgehend als Tripelhelix aus drei einzelnen Collagen-Helices vorliegt, die durch Wasserstoffbrücken zusammengehalten werden (2). In Tripelhelices liegt jeder dritte Rest im Inneren des Moleküls, wo aus sterischen Gründen nur Glycin-Reste Platz finden (3, die GlycinReste sind gelb gefärbt). Hier ist nur ein kleiner Ausschnitt einer Tripelhelix dargestellt. Das ganze Collagen-Molekül ist etwa 300 nm lang.

C. Seiden-Fibroin Seide wird aus Spinnfäden von „Seidenraupen“ (den Larven des Nacht-Schmetterlings Bombyx mori und verwandter Arten) hergestellt. Seidenfäden enthalten elastische und hoch geordnete („kristalline“) Abschnitte und bestehen zu 80 % aus dem Protein Fibroin. Im Fibroin sind antiparallele β-Faltblatt-Strukturen in zahlreichen Schichten übereinander angeordnet (rechts). Da bei Faltblättern (S. 66) die Aminosäure-Seitenketten senkrecht nach oben und unten ragen, passen nur kompakte Seitenketten zwischen die Blätter. In der Tat besteht Fibroin zu über 80 % aus Glycin, Alanin und Serin, den drei Aminosäuren mit den kleinsten Seitenketten. Eine typische repetitive Aminosäure-Sequenz ist (Gly-Ala-Gly-Ala-Gly-Ser)n. Man fand heraus, dass im Fibroin die einzelnen Faltblatt-Ebenen abwechselnd in Abständen von 0,35 nm und 0,57 nm aufeinanderfolgen. Im ersten Falle stehen sich ausschließlich Glycin-Reste (R = H) gegenüber. Die größere Distanz von 0,57 nm kommt durch Abstoßung zwischen den Seitenketten von Alanin- und Serin-Resten zustande. ▶ Weitere Informationen. In der extrazellulären Matrix kommen weitere Strukturproteine vor, die Zellen untereinander und mit der Matrix verbinden oder Gewebe organisieren, z. B. Integrine (S. 366) und Fibronectine (S. 366). Auch die Proteine (S. 232) des Cytoskeletts (S. 236) kann man zu den Strukturproteinen zählen.

2 Biomoleküle

2.4 Peptide und Proteine

Abb. 2.16 Strukturproteine (Quelle PDB; A. 1D7M; B. 4CLG; C. 2CGM)

69

2.4 Peptide und Proteine

2 Biomoleküle

Lösliche Proteine Lösliche Proteine sind komplexer aufgebaut als die faserförmigen, unlöslichen Strukturproteine (S. 68). Die Gestalt löslicher Proteine ist mehr oder weniger kugelförmig (globulär). Globuläre Proteine besitzen in ihrer biologisch aktiven Form eine definierte Raumstruktur (die sog. native Konformation). Zerstört man diese durch Denaturierung (s. u.), verschwindet nicht nur die biologische Wirkung, meist fällt das Protein auch in unlöslicher Form aus. Dies geschieht z. B. beim Kochen von Eiern: Die im Eiklar gelösten Proteine werden durch Hitze denaturiert und ergeben das feste Eiweiß. Um Proteinkonformationen in übersichtlicher (aber stark vereinfachter) Weise darzustellen, bedient man sich oft der sog. Richardson-Diagramme (s. z. B. unten rechts). Darin werden α-Helices durch rote Zylinder oder Spiralen und Faltblattstränge durch grüne Pfeile symbolisiert. Weniger geordnete Bereiche der Kette, einschließlich der β-Schleifen, werden als graue Schlauchabschnitte wiedergegeben.

A. Lösliche Proteine Die native Konformation von Proteinen wird durch eine ganze Reihe unterschiedlicher Wechselwirkungen stabilisiert (1). In allen Proteinen sind Wasserstoffbrücken (S. 32) in großer Zahl an der Aufrechterhaltung der nativen Konformation beteiligt. Sie bilden sich nicht nur innerhalb von Sekundärstrukturen (S. 66) aus, sondern auch zwischen Seitenketten weiter entfernter Reste. Viele Proteine werden zusätzlich durch Komplexbildung mit MetallIonen stabilisiert (S. 88). Besonders wichtig für die Proteinstabilität ist der hydrophobe Effekt (S. 34): Bei globulären Proteinen sind in der nativen Konformation die meisten hydrophoben Aminosäure-Reste im Inneren der Struktur angeordnet, während die Mehrzahl der polaren Aminosäuren in Kontakt mit dem umgebenden Wasser auf der Oberfläche liegt (s. u.). Die einzigen kovalenten Bindungen, die zur Proteinstabilität beitragen, sind Disulfidbrücken zwischen Cystein-Resten. Sie sind vor allem in extrazellulären Proteinen zu finden, da im Inneren der Zelle reduktive Bedingungen herrschen, unter denen Disulfidbrücken gelöst werden (S. 22). Unter physiologischen Bedingungen ist die Faltung der Proteine in die native Form begünstigt. Zum Verlust der nativen Konformation, zur Denaturierung, kommt es bei extremen pH-Werten, bei hohen Temperaturen

70

oder durch Einwirkung von organischen Lösungsmitteln, Detergenzien und anderen denaturierenden Substanzen wie z. B. Harnstoff. Dass ein denaturiertes Protein spontan zur nativen Konformation zurückkehren kann (Renaturierung), wurde zum ersten Mal an der Ribonuclease gezeigt (2), einem Verdauungsenzym (S. 280) aus 124 Aminosäuren. In der nativen Form (unten rechts) finden sich ausgedehnte Faltblatt-Strukturen und drei α-Helices. Die acht Cystein-Reste des Proteins sind zu vier Disulfidbrücken verknüpft. Besonders wichtig für die Katalyse sind die Reste His-12, Lys-41 und His-119 (rosa). Sie bilden zusammen mit weiteren Aminosäuren das aktive Zentrum des Enzyms. Durch Thiole lassen sich die Disulfidbrücken der Ribonuclease reduktiv spalten. Setzt man außerdem Harnstoff in hoher Konzentration zu, entfaltet sich das Protein vollständig. In dieser Form (links) hat es eine Länge von bis zu 35 nm. Im denaturierten Enzym sind polare (grün) und unpolare Seitenketten (gelb) gleichmäßig verteilt. Weil die katalytisch wichtigen Aminosäure-Reste (rosa) im denaturierten Protein zu weit voneinander entfernt sind, um miteinander und mit dem Substrat interagieren zu können, ist das denaturierte Protein völlig inaktiv. Entfernt man Harnstoff und Thiol, bilden sich Sekundär- und Tertiärstruktur spontan zurück. Die Cystein-Reste gelangen dadurch wieder in enge räumliche Nachbarschaft, so dass unter der oxidativen Wirkung des Luftsauerstoffs wieder Disulfidbrücken entstehen können. Auch das aktive Zentrum wird zurückgebildet. Im Vergleich zum denaturierten Protein ist die native Form mit Dimensionen von 4,5 · 2,5 nm erstaunlich kompakt. Die unpolaren Seitenketten (gelb) liegen in diesem Zustand überwiegend im Inneren des Proteins, während die polaren Reste vor allem an der Oberfläche zu finden sind. Diese Verteilung ist – wie erwähnt – die Folge des „hydrophoben Effekts“ (S. 34). Sie trägt wesentlich zur Stabilität der nativen Konformation bei. ▶ Weitere Informationen. Die Struktur löslicher Proteine lässt sich bis ins atomare Detail durch Röntgenbeugung an Proteinkristallen oder durch Magnetresonanzspektroskopie (NMR) bestimmen, während der Aufbau großer Proteinkomplexe, z. B. ganzer Ribosomen, mithilfe der Cryoelektronenmikroskopie untersucht werden kann. Bislang wurden die Strukturen von Tausenden von Proteinen aufgeklärt.

2 Biomoleküle

2.4 Peptide und Proteine

Abb. 2.17 Lösliche Proteine (A. Quelle PDB: 5RSA)

71

2.4 Peptide und Proteine Proteinmodifizierung

2 Biomoleküle

A. Posttranslationale Proteinmodifizierung Die nachträgliche Veränderung von Aminosäure-Resten in fertigen Peptiden und Proteinen bezeichnet man als posttranslationale Modifizierung. Solche Reaktionen, die in spezifischer Weise von Enzymen katalysiert werden und in der Regel nur die reaktionsfähigeren polaren Aminosäure-Reste betreffen, dienen ganz unterschiedlichen Zwecken (s. u.). Viele Modifizierungsreaktionen finden bereits kurz nach der Translation im Endoplasmatischen Retikulum statt (S. 218), andere erst am Wirkort des betreffenden Proteins. Im oberen Teil der Tafel sind die wichtigsten posttranslationalen Modifizierungen in eukaryotischen Zellen in einer Übersicht zusammengestellt. Unten sind einige Produkte von Modifizierungsreaktionen in Formeldarstellung wiedergegeben. Die freie α-Aminogruppe am N-Terminus vieler Proteine kann durch einen Acetyl- oder längeren Acyl-Rest (S. 48), z. B. den MyristylRest (14 : 0), blockiert werden (Acylierung). Man schätzt, dass im tierischen Organismus 80 % aller Proteine N-terminal acyliert vorliegen, wobei lösliche Proteine in der Regel acetyliert sind. Glutamat-Reste können am N-Terminus zum Pyroglutamyl-Rest zyklisieren, während die C-terminale CarboxylatGruppe einiger Peptide und Proteine zum Säureamid umgesetzt sein kann. Die Seitenketten von Asparagin- oder SerinResten (S. 44) werden häufig mit Oligosacchariden verknüpft, sog. Glycosylierung (S. 220). Glycosyliert werden vor allem extrazelluläre Proteine, wobei der Kohlenhydratanteil den Proteinanteil mengenmäßig sogar übertreffen kann. Die funktionelle Bedeutung der Proteinglycosylierung (S. 220) ist noch nicht völlig verstanden. In manchen Fällen ist sie für die korrekte Faltung des Proteins im Endoplasmatischen Retikulum notwendig. Bei Plasmaproteinen (S. 292), die mit Ausnahme von Albumin alle glycosyliert sind, dient der Kohlenhydratanteil u. a. der Erkennung durch Rezeptoren der Leber, während er in Mucinen (Schleimstoffen) (S. 280) und Proteoglycanen (S. 366) die Wasserbindungsfähigkeit erhöht. Die eigentlichen Funktionen glycosylierter Proteine, z. B. die katalytischen Eigenschaften von Enzymen, werden durch den Kohlenhydratanteil in der Regel kaum beeinflusst.

72

Die Phosphorylierung von Proteinen betrifft neben Threonin-Resten vor allem Serinund Tyrosin-Reste, die dadurch in Phosphorsäure-Monoester übergehen. Auch Aspartatund Histidin-Reste werden gelegentlich phosphoryliert. Die Phosphorylierung (S. 426) und Dephosphorylierung (Interkonversion) von Proteinen ist ein zentraler Mechanismus bei der Regulation (S. 110) von Stoffwechsel, Zellproliferation und Zelldifferenzierung. Eine spezielle Modifizierung von GlutamatResten, die Vitamin-K-abhängige γ-Carboxylierung, betrifft besonders Gerinnungsfaktoren. Sie verstärkt die Fähigkeit dieser Faktoren zur Bindung von Ca2 + und ist deshalb essentiell für den normalen Ablauf der Blutgerinnung (S. 306). Besonders häufig modifiziert wird die εAminogruppe des Lysins. Ihre Acetylierung (bzw. Deacetylierung) ist ein wichtiger Mechanismus zur Kontrolle der Genexpression (S. 245) und zur Regulation der Aktivität von Schlüsselenzymen des Intermediärstoffwechsels (S. 395). Auch viele Coenzyme und Cofaktoren sind kovalent mit Lysin-Resten verknüpft. Zu diesen gehören z. B. Biotin (S. 98), Liponsäure (S. 96), Pyridoxalphosphat (S. 176) sowie das beim Sehvorgang als Photorezeptor dienende Retinal (S. 382). Im Collagen und einigen weiteren Proteinen werden Lysin- und Prolin-Reste durch Hydroxylierung modifiziert, um die Bildung stabiler Fibrillen vorzubereiten (S. 364). Die Hydroxylierung von Asparagin-Resten ist an der Reaktion von Zellen auf Sauerstoffmangel (Hypoxie) beteiligt (S. 136). Die kovalente Verknüpfung eines CysteinRestes mit Häm findet sich z. B. in Cytochrom c (S. 132). Auch Flavin-Coenzyme sind manchmal kovalent an Cystein- oder Histidin-Resten von Enzymen gebunden. Disulfidbrücken zwischen Cystein-Resten stabilisieren die Tertiärund Quartärstruktur vieler Proteine. Als Prenylierung bezeichnet man die Verknüpfung der SH-Gruppe von Cystein-Resten mit den Isoprenoiden (S. 54) Farnesol oder Geranylgeranol. Sie dient – ähnlich wie die N-terminale Acylierung – der Verankerung von Proteinen in Membranen (S. 210). Von den Modifizierungen von Tyrosin-Resten ist neben der Phosphorylierung die Iodierung besonders interessant. Sie führt zu den Hormonen Thyroxin und Triiodthyronin (S. 442).

2 Biomoleküle

2.4 Peptide und Proteine

Abb. 2.18 Proteinmodifizierung

73

2.5 Nucleotide und Nucleinsäuren Basen und Nucleotide Die Nucleinsäuren spielen eine zentrale Rolle bei der Speicherung und Expression der genetischen Information (S. 240). Man unterscheidet zwei Hauptklassen: Desoxyribonucleinsäure (engl. deoxyribonucleic acid, DNA) dient ausschließlich der Informationsspeicherung, während Ribonucleinsäuren (ribonucleic acids, RNAs) an den meisten Schritten der Genexpression und der Proteinbiosynthese beteiligt sind. Alle Nucleinsäuren sind aus Nucleotid-Bausteinen aufgebaut, die wiederum aus einer Base, einem Zucker und einem Phosphat-Rest bestehen. DNA und RNA unterscheiden sich in der Art des Zuckers und in einer der Basen.

2 Biomoleküle

A. Nucleinsäure-Basen Die in Nucleinsäuren vorkommenden Basen sind aromatische Heterozyklen, die sich entweder vom Pyrimidin oder vom Purin ableiten. Fünf dieser Basen sind als Hauptkomponenten der Nucleinsäuren allen Lebewesen gemeinsam. Die Purin-Basen Adenin (Abkürzung: Ade, nicht A!) und Guanin (Gua) sowie die Pyrimidin-Base Cytosin (Cyt) kommen in RNA und DNA vor. Dagegen findet sich Uracil (Ura) nur in RNA. In der DNA nimmt Thymin (Thy), das 5-Methyl-Derivat des Uracils, dessen Platz ein. In der DNA höherer Organismen tritt in kleinen Mengen auch 5-Methylcytosin (S. 245) auf. Eine große Zahl weiterer abgewandelter Basen findet man in der tRNA (S. 76) und in anderen RNA-Arten.

B. Nucleoside, Nucleotide Verknüpft man eine Nucleinsäure-Base mit Ribose oder 2-Desoxyribose (S. 40), erhält man ein Nucleosid. So entsteht z. B. aus Adenin und Ribose das Nucleosid Adenosin (1, Abkürzung: A). Die entsprechenden Derivate der anderen Basen heißen Guanosin (G), Uridin (U), Thymidin (T) und Cytidin (C). Ist 2-Desoxyribose die Zuckerkomponente, entsteht ein Desoxynucleosid, z. B. 2’-Desoxyadenosin (dA, nicht gezeigt). In der Zelle ist die 5’-OH-Gruppe der Zuckerkomponente der Nucleoside i. A. mit Phosphorsäure verestert. Aus 2’-Desoxythymidin (dT) entsteht so das Mononucleotid 2’-Des-

74

oxythymidin-5’-monophosphat (dTMP, 2), ein DNA-Baustein. Wird der 5’-Phosphat-Rest eines Mononucleotids über SäureanhydridBindungen mit weiteren Phosphat-Resten verknüpft, erhält man Nucleosid-di- und -triphosphate, z. B. ADP und ATP, wichtige Coenzyme des Energiestoffwechsels (S. 98). Alle diese Nucleosidphosphate fasst man unter dem Begriff Nucleotide zusammen. Zyklische Nucleotide wie das 3’,5’-cyclo-AMP (cAMP, 3) (S. 422) dienen als Second-Messenger in Signalsystemen (S. 414).

C. Oligonucleotide, Polynucleotide Phosphorsäure-Moleküle können miteinander Säureanhydride bilden. Es ist deshalb möglich, zwei Nucleotide über die Phosphat-Reste zu verknüpfen. Dabei entstehen Dinucleotide mit Phosphorsäureanhydrid-Struktur (1). Zu dieser Gruppe gehören die Coenzyme NAD(P)+ und CoA sowie das Flavin FAD (S. 96). Reagiert der Phosphat-Rest eines Nucleotids mit der 3’-OH-Gruppe eines zweiten, entsteht ein Dinucleotid mit PhosphorsäurediesterStruktur (2). Solche Dinucleotide tragen am 5’-Ende einen freien Phosphat-Rest, am 3’-Ende eine freie OH-Gruppe. Man kann sie daher durch Knüpfung von weiteren Phosphorsäurediester-Bindungen um zusätzliche Mononucleotide verlängern. Auf diese Weise entstehen Oligonucleotide und schließlich Polynucleotide. In Nucleosiden und Nucleotiden liegen die Pentose-Reste in der Furanose-Form (S. 38) vor. Zucker und Base sind durch eine N-glycosidische Bindung zwischen C-1 des Zuckers und N-9 des Purin-Rings bzw. N-1 des Pyrimidinrings verknüpft. Diese Bindung ist stets β-konfiguriert (S. 38). Polynucleotide aus Ribonucleotid-Bausteinen nennt man Ribonucleinsäure (RNA) (S. 76), solche aus Desoxyribonucleotid-Monomeren Desoxyribonucleinsäure (DNA) (S. 78). Zur Wiedergabe der Basensequenz von Polynucleotiden schreibt man die Abkürzungen der Nucleosid-Bausteine in 5’→3’-Richtung von links nach rechts. Manchmal deutet man auch die Position der Phosphat-Reste durch „p“ an. Nach diesem System kürzt man z. B. die Struktur des RNA-Segments in Abb. 3 mit ··ApUpG·· oder einfacher mit ··AUG·· ab.

2 Biomoleküle

2.5 Nucleotide und Nucleinsäuren

Abb. 2.19 Basen und Nucleotide

75

2.5 Nucleotide und Nucleinsäuren RNA Die Ribonucleinsäuren (RNAs) sind Polymere aus Nucleosidphosphat-Bausteinen (S. 74), die durch Phosphorsäurediester-Bindungen verknüpft sind. Als Basen enthalten sie vor allem Uracil, Cytosin, Adenin und Guanin, aber auch viele ungewöhnliche und modifizierte Basen, die in tRNAs gehäuft auftreten (C). Alle RNAs werden im Zellkern oder in Mitochondrien durch Transkription (S. 252) von DNA-Sequenzen gebildet. Gene codieren also nicht nur für Proteine, sondern auch für RNAs.

2 Biomoleküle

A. Ribonucleinsäuren (RNAs) Nach ihrer Funktion unterteilt man Ribonucleinsäuren in codierende (cRNAs) und nichtkodierende Arten (ncRNAs). Die einzige codierende RNA der Tiere ist die messenger RNA (mRNA). Ihre Information wird bei der Translation (S. 260) in Proteinsequenzen übersetzt. Daneben gibt es zahlreiche nichtcodierende RNAs, die über 95 % aller transkribierten RNA-Arten ausmachen. Sie sind an allen Phasen der Translation (rRNA, tRNA) sowie an RNA-Modifizierungen beteiligt (snRNA, snoRNA, Riboswitche) oder steuern als Regulatoren die Transkription (miRNA, siRNA u. a.), s. Transkription (S. 252). Weitere RNA-Arten (Ribozyme) haben katalytische Funktionen, z. B. die Peptidyltransferase in der 28S-RNA der Ribosomen (B). ncRNAs aus > 200 Nucleotiden werden als „large ncRNAs“ (lncRNA) bezeichnet. Ihre Funktionen sind noch weitgehend unklar. Analog zum Begriff Genom für die zelluläre DNA, nennt man die Gesamtheit der mRNAs einer Zelle Transkriptom und die der ncRNAs Ribonukleom, während der Proteinbestand einer Zelle als Proteom bezeichnet wird. Messenger-RNAs (mRNA) übertragen genetische Information vom Zellkern ins Cytoplasma. Ihre Transkripte werden noch im Zellkern stark verändert (mRNA-Reifung) (S. 256). Die Längen der mRNAs sind sehr verschieden. Ihre Lebensdauer ist in der Regel kurz, da sie nach der Translation rasch wieder abgebaut werden. Den bei weitem größten Anteil an der zellulären RNA (etwa 70 %) und die längste Lebensdauer aller RNAs haben ribosomale RNAs (rRNAs), die struktureller und funktioneller Hauptbestandteil der Ribosomen sind (B). Die snRNAs (engl. small nuclear RNAs) sind am Spleißen der mRNA-Vorstufen beteiligt. Sie sind mit zahlreichen Proteinen zu „Spleißosomen“ (S. 256) assoziiert. snoRNAs (engl. small nucleolar RNAs) haben Funktionen bei der Prozessierung anderer RNA-Formen, insbeson-

76

dere von rRNA. Riboswitche sind mRNA-Sequenzen, die Metabolite binden und dadurch die Translation des codierten Proteins regulieren.

B. Ribosomale RNA Ribosomen sind große Komplexe aus mehreren RNAs und zahlreichen Proteinen (S. 260). Ribosomale RNAs (rRNAs) werden im Nucleolus durch Transkription aus DNA erzeugt, dort auch prozessiert und schließlich mit Proteinen zu Ribosomen-Untereinheiten zusammengebaut. Die Abbildung zeigt die RNA-Anteile eines menschlichen Ribosoms in korrekter Größe und Form (die ribosomalen Proteine sind nicht dargestellt). Den Kern der beiden ribosomalen Untereinheiten bilden die beiden großen rRNAs (28S-rRNA bzw. 18S-rRNA, grün). Zusätzlich enthält die große 60S-Untereinheit zwei kleinere RNA-Moleküle, die 5SrRNA und die 5,8S-RNA. Zum Größenvergleich ist außerdem eine tRNA dargestellt (rosa). Alle rRNAs haben eine definierte Sekundär- und Tertiärstruktur und enthalten zahlreiche Basenpaarungen. Prokaryotische Ribosomen sind ähnlich aufgebaut wie eukaryotische, unterscheiden sich aber in der Zahl und Größe der rRNAs und ribosomalen Proteine (S. 260).

C. Transfer-RNA (tRNAPhe) Die Transfer-RNAs (tRNAs) fungieren in der Translation (S. 262) als Bindeglieder zwischen den Nucleinsäuren und den Proteinen. Es sind kleine RNA-Moleküle aus 70–90 Nucleotiden (nt), die aus mehreren Schleifen (sogenannten „stem-loop“-Strukturen) aufgebaut sind. Am Ribosom gebundene tRNAs „erkennen“ mit ihrem Anticodon durch Basenpaarung bestimmte mRNA-Codons. Gleichzeitig tragen sie am 3’-Ende (konstante Sequenz: ··CCA) diejenige Aminosäure, die nach dem genetischen Code (S. 258) dem betreffenden mRNA-Codon zugeordnet ist. Die Basensequenz und der Aufbau der für Phenylalanin spezifischen tRNA (tRNAPhe) aus Hefe (1) sind typisch für alle tRNAs. Das Molekül enthält einen hohen Anteil an ungewöhnlichen und abgewandelten Bausteinen (dunkelgrün hinterlegt). Dazu gehören Pseudouridin (Ψ), Dihydrouridin (D), das sonst nur in DNA vorkommende Thymidin (T), sowie viele methylierte Nucleotide wie 7-Methylguanidin (m7G) oder das im Anticodon enthaltene 2’-OMethylguanidin (m2G). Zahlreiche Basenpaarungen, die zum Teil vom üblichen Schema abweichen, stabilisieren die Konformation des Moleküls (2).

2 Biomoleküle

2.5 Nucleotide und Nucleinsäuren

Abb. 2.20 RNA (B. Quelle PDB: 4UG0)

77

2.5 Nucleotide und Nucleinsäuren DNA

2 Biomoleküle

A. Basenpaarung in DNA Die Desoxyribonucleinsäuren (DNAs) sind wie die RNAs (S. 76) polymere Moleküle aus Nucleotid-Bausteinen. Statt Ribose enthält DNA als Zucker allerdings 2’-Desoxyribose, außerdem ist die RNA-Base Uracil in DNA durch Thymin (5-Methyluracil) ersetzt. Auch die Raumstruktur beider Molekül-Arten ist unterschiedlich. Intakte DNA besteht aus zwei Polydesoxyribonucleotid-Molekülen („Strängen“). Jede Base im einen Strang ist mit einer komplementären Base im anderen Strang durch WasserstoffBrücken (S. 32) verknüpft. Dabei ist Adenin komplementär zu Thymin, und Guanin komplementär zu Cytosin. An jedem Basenpaar sind also eine Purin- und eine Pyrimidin-Base beteiligt. Die Komplementarität von A und T bzw. G und C wird verständlich, wenn man die möglichen H-Brücken zwischen den Basen betrachtet. Als Donoren kommen Amino-Gruppen (in A, C und G) und Ring-NH-Gruppen (in G und T) in Betracht. Mögliche Akzeptoren sind Carbonylsauerstoff-Atome (in T, C, G) und StickstoffAtome im Ring. A-T-Paare können deshalb zwei, G-C-Paare sogar drei lineare und damit besonders stabile Brücken ausbilden. Basenpaarungen dieser Art sind allerdings nur möglich, wenn die beiden Stränge unterschiedliche Richtungen haben. Außerdem müssen sie in Form einer rechtsgängigen Doppelhelix umeinander gewunden sein (B). RNA kann wegen sterischer Hinderung durch die 2’-OH-Gruppe der Ribose-Reste keine langen Doppelhelices ausbilden. Ihre Struktur (S. 76) ist weniger regelmäßig als die von DNA. Die Basenpaarung in DNA und RNA dient nicht nur der Stabilisierung der Moleküle. Noch wichtiger ist, dass sie bei Replikation (S. 250), Transkription und Translation die spezifische „Erkennung“ komplementärer Nucleotide ermöglicht.

B. Struktur von B-DNA Die in der Zelle vorherrschende Konformation der DNA (die sogenannte B-DNA) ist in der Abbildung links als Van-der-Waals-Modell dargestellt. Die aromatischen Basen (hellblau) sind annähernd rechtwinklig zur Helixachse im Inneren der Doppelhelix gestapelt. Der zentrale Bereich der DNA-Doppelhelix ist deshalb unpolar. Die Oberfläche des Moleküls ist dagegen wegen der hydrophilen Zucker- und Phosphat-Reste des Rückgrats (dunkelblau)

78

ausgesprochen polar. Zwischen den Strängen liegen auf der ganzen Länge der DNA zwei Einsenkungen, die man als „kleine Furche“ und „große Furche“ bezeichnet. Die schematische Struktur (Mitte) gibt ihre Lage an und macht deutlich, dass die beiden Stränge antiparallel angeordnet sind. Die DNA dient allen lebenden Zellen als Speicher für die genetische Information. Bestimmte DNA-Abschnitte (Gene) (S. 242) werden bei Bedarf in RNAs umgeschrieben, die entweder selbst strukturelle bzw. katalytische Aufgaben wahrnehmen oder als Vorlage zur Synthese von Proteinen dienen. In letzterem Fall codiert die DNA für die Primärstruktur von Proteinen. Die dabei verwendete „Sprache“ hat 4 Buchstaben (A, G, C und T). Daraus lassen sich 64 Wörter („Codons“) aus je drei Buchstaben bilden, die für eine der 20 proteinogenen Aminosäuren stehen oder das Ende des „Textes“ signalisieren (S. 258). Die rechte Abbildung verdeutlicht, dass die beiden Stränge funktionell nicht äquivalent sind: Der Matrizen-Strang ([–]-Strang, „codogener Strang“, hellgrau), ist derjenige, der während der Transkription (S. 252) kopiert wird. Seine Sequenz ist also komplementär zur gebildeten mRNA. Der Sinnstrang ([ + ]-Strang, „codierender Strang“, farbig) hat dagegen – abgesehen vom Austausch von T gegen U – die gleiche Sequenz wie die mRNA. Man ist übereingekommen, Gensequenzen anzugeben, indem man die Sequenz des Sinnstrangs in 5’→3’Richtung liest. In diesem Fall erhält man mithilfe des genetischen Codes (S. 258) direkt die Proteinsequenz (3) in der bei Proteinen üblichen Leserichtung, also vom N-Terminus zum C-Terminus. ▶ Weitere Informationen. Unter bestimmten Bedingungen, z. B. beim Trocknen von B-DNA, kann DNA in die kompaktere A-Konformation übergehen. Dabei bleibt die rechtsgängige Doppelhelix erhalten, die Basen sind aber nicht senkrecht zur Helix-Achse angeordnet, wie in der B-Form, sondern geneigt. In der Zelle kommt A-DNA vermutlich nicht vor. In der Z-Konformation, die in GC-reichen Teilsequenzen innerhalb von B-DNA auftreten kann, ist die Anordnung der Nucleotide völlig verschieden: Die Doppelhelix ist hier linksgängig, ausserdem hat das Rückgrat eine charakteristische Zickzack-Form (daher Z-DNA). DNAAbschnitte in der Z-Konformation haben wahrscheinlich Bedeutung für die Regulation der Genexpression (S. 246), im Einzelnen sind die Zusammenhänge jedoch noch unklar.

2 Biomoleküle

2.5 Nucleotide und Nucleinsäuren

Abb. 2.21 DNA

79

Kapitel 3

3.1

Enzyme

Stoffwechsel

3.2

Stoffwechselwege

106

Energiestoffwechsel

114

Kohlenhydratstoffwechsel

138

Lipidstoffwechsel

154

Proteinstoffwechsel

170

Nucleotidstoffwechsel

188

Porphyrinstoffwechsel

198

3.3 3.4

82

3 3.5 3.6 3.7 3.8

3.1 Enzyme Grundlagen A. Biokatalysatoren

3 Stoffwechsel

Biokatalysatoren sind Stoffe biologischen Ursprungs, die chemische Reaktionen beschleunigen (S. 30). Fast alle Biokatalysatoren sind Enzyme, d. h. Proteine mit katalytischer Wirkung. Es gibt aber auch katalytisch aktive Ribonucleinsäuren, sogenannte Ribozyme (S. 76). Der organisierte Ablauf des Stoffwechsels ist nur möglich, weil jede Zelle über eine eigene, genetisch festgelegte Enzymausstattung verfügt. Erst dadurch entstehen koordinierte Reaktionsfolgen, sog. Stoffwechselwege (S. 106). Auch an vielen Regulationsmechanismen (S. 110) sind Enzyme beteiligt, die auf diese Weise den Stoffwechsel an veränderte Bedingungen anpassen.

B. Spezifität der Enzymkatalyse Die Wirkung der meisten Enzyme ist hoch spezifisch. Dies bezieht sich auf den Typ der katalysierten Reaktion (Wirkungsspezifität) wie auch auf die Art der Verbindungen („Substrate“), deren Umsetzung sie katalysieren (Substratspezifität). Außerdem sind die meisten Enzyme in der Lage, zwischen Stereoisomeren (S. 16) zu unterscheiden (Stereospezifität). In der Abbildung ist dies am Beispiel einer wichtigen Redox-Reaktion dargestellt. Beim Abbau von Glucose in der Zelle entsteht Pyruvat (S. 140), das Anion einer 2-Oxosäure. Unter anaeroben Bedingungen wird Pyruvat mithilfe des Coenzyms NADH (S. 96) weiter zu Lactat, dem Anion der entsprechenden 2-Hydroxysäure reduziert. Unter aeroben Bedingungen verläuft die Reaktion in umgekehrter Richtung. Katalysiert werden beide Umsetzungen durch das Enzym Lactat-Dehydrogenase. Die Lactat-Dehydrogenase ist in Bezug auf ihre Substrate nicht völlig spezifisch. Neben Pyruvat akzeptiert sie auch andere kurzkettige 2-Oxosäuren (bzw. 2-Hydroxysäuren). Wie die Tabelle zeigt, sind die kinetischen Parameter kcat und Km für die Reduktion verschiedener 2Oxosäuren ganz unterschiedlich, siehe Bedeutung dieser Größen (S. 86). Die höchste Wirksamkeit (ausgedrückt als Quotient kcat/Km) hat das Enzym gegenüber Pyruvat (R = CH3). Das Substrat mit der größeren, verzweigten Kette

82

(R = -CH2-CH[CH3]2) wird im Vergleich dazu 200 000-mal schlechter umgesetzt. Da Lactat ein chirales Zentrum enthält, gibt es zwei Enantiomere (S. 16). In Tieren entsteht aus Pyruvat fast ausschließlich L-Lactat, während bei der bakteriellen Milchsäuregärung stereospezifisch das D-Enantiomere gebildet wird.

C. Einteilung der Enyzme Man kennt heute mehr als 2000 verschiedene Arten von Enzymen. Zu ihrer Klassifizierung wurde ein System eingeführt, das die Wirkungs- und Substratspezifität berücksichtigt. Jedes Enzym wird im Enzym-Katalog unter einer vierstelligen EC-Nummer geführt. Die erste Ziffer gibt die Zugehörigkeit zu einer der sechs Hauptklassen an, die nächsten beiden definieren Unterklasse und Unter-Unterklasse, die letzte schließlich die laufende Nummer des Enzyms in der Unter-Unterklasse. So trägt z. B. die Lactat-Dehydrogenase (B) die ECNummer 1.1.1.27 (Klasse: 1 Oxidoreduktasen; Unterklasse: 1.1 CH-OH-Gruppe als Elektronen-Donor; Unter-Unterklasse: 1.1.1 NAD(P)+ als Akzeptor). In den sechs Hauptklassen sind jeweils Enzyme ähnlicher Wirkungsspezifität zusammengefasst: Die Oxidoreduktasen (Klasse 1) katalysieren Redox-Reaktionen (d. h. die Übertragung von Elektronen zwischen Redox-Systemen. Für die Übertragung anderer Gruppen, z. B. von Amino-Gruppen oder Phosphat-Resten, sind Transferasen (Klasse 2) zuständig. Oxidoreduktasen und Transferasen benötigen stets Coenzyme (S. 96). Auch die Hydrolasen (Klasse 3) übertragen Gruppen, Akzeptor ist dabei aber kein Coenzym sondern ein Wassermolekül. Lyasen (Klasse 4, je nach bevorzugter Reaktionsrichtung auch als „Synthasen“ bezeichnet), katalysieren die Spaltung oder Bildung chemischer Bindungen, wobei Doppelbindungen entstehen oder verschwinden. Die Isomerasen (Klasse 5), verschieben Gruppen innerhalb eines Moleküls, ohne dass sich die Summenformel des Substrats ändert. Die durch Ligasen („Synthetasen“, Klasse 6) katalysierten Verknüpfungsreaktionen sind endergon (S. 26) und daher energetisch an die Spaltung von Nucleosidtriphosphaten (meist ATP) gekoppelt.

3.1 Enzyme Grundlagen A. Biokatalysatoren

3 Stoffwechsel

Biokatalysatoren sind Stoffe biologischen Ursprungs, die chemische Reaktionen beschleunigen (S. 30). Fast alle Biokatalysatoren sind Enzyme, d. h. Proteine mit katalytischer Wirkung. Es gibt aber auch katalytisch aktive Ribonucleinsäuren, sogenannte Ribozyme (S. 76). Der organisierte Ablauf des Stoffwechsels ist nur möglich, weil jede Zelle über eine eigene, genetisch festgelegte Enzymausstattung verfügt. Erst dadurch entstehen koordinierte Reaktionsfolgen, sog. Stoffwechselwege (S. 106). Auch an vielen Regulationsmechanismen (S. 110) sind Enzyme beteiligt, die auf diese Weise den Stoffwechsel an veränderte Bedingungen anpassen.

B. Spezifität der Enzymkatalyse Die Wirkung der meisten Enzyme ist hoch spezifisch. Dies bezieht sich auf den Typ der katalysierten Reaktion (Wirkungsspezifität) wie auch auf die Art der Verbindungen („Substrate“), deren Umsetzung sie katalysieren (Substratspezifität). Außerdem sind die meisten Enzyme in der Lage, zwischen Stereoisomeren (S. 16) zu unterscheiden (Stereospezifität). In der Abbildung ist dies am Beispiel einer wichtigen Redox-Reaktion dargestellt. Beim Abbau von Glucose in der Zelle entsteht Pyruvat (S. 140), das Anion einer 2-Oxosäure. Unter anaeroben Bedingungen wird Pyruvat mithilfe des Coenzyms NADH (S. 96) weiter zu Lactat, dem Anion der entsprechenden 2-Hydroxysäure reduziert. Unter aeroben Bedingungen verläuft die Reaktion in umgekehrter Richtung. Katalysiert werden beide Umsetzungen durch das Enzym Lactat-Dehydrogenase. Die Lactat-Dehydrogenase ist in Bezug auf ihre Substrate nicht völlig spezifisch. Neben Pyruvat akzeptiert sie auch andere kurzkettige 2-Oxosäuren (bzw. 2-Hydroxysäuren). Wie die Tabelle zeigt, sind die kinetischen Parameter kcat und Km für die Reduktion verschiedener 2Oxosäuren ganz unterschiedlich, siehe Bedeutung dieser Größen (S. 86). Die höchste Wirksamkeit (ausgedrückt als Quotient kcat/Km) hat das Enzym gegenüber Pyruvat (R = CH3). Das Substrat mit der größeren, verzweigten Kette

82

(R = -CH2-CH[CH3]2) wird im Vergleich dazu 200 000-mal schlechter umgesetzt. Da Lactat ein chirales Zentrum enthält, gibt es zwei Enantiomere (S. 16). In Tieren entsteht aus Pyruvat fast ausschließlich L-Lactat, während bei der bakteriellen Milchsäuregärung stereospezifisch das D-Enantiomere gebildet wird.

C. Einteilung der Enyzme Man kennt heute mehr als 2000 verschiedene Arten von Enzymen. Zu ihrer Klassifizierung wurde ein System eingeführt, das die Wirkungs- und Substratspezifität berücksichtigt. Jedes Enzym wird im Enzym-Katalog unter einer vierstelligen EC-Nummer geführt. Die erste Ziffer gibt die Zugehörigkeit zu einer der sechs Hauptklassen an, die nächsten beiden definieren Unterklasse und Unter-Unterklasse, die letzte schließlich die laufende Nummer des Enzyms in der Unter-Unterklasse. So trägt z. B. die Lactat-Dehydrogenase (B) die ECNummer 1.1.1.27 (Klasse: 1 Oxidoreduktasen; Unterklasse: 1.1 CH-OH-Gruppe als Elektronen-Donor; Unter-Unterklasse: 1.1.1 NAD(P)+ als Akzeptor). In den sechs Hauptklassen sind jeweils Enzyme ähnlicher Wirkungsspezifität zusammengefasst: Die Oxidoreduktasen (Klasse 1) katalysieren Redox-Reaktionen (d. h. die Übertragung von Elektronen zwischen Redox-Systemen. Für die Übertragung anderer Gruppen, z. B. von Amino-Gruppen oder Phosphat-Resten, sind Transferasen (Klasse 2) zuständig. Oxidoreduktasen und Transferasen benötigen stets Coenzyme (S. 96). Auch die Hydrolasen (Klasse 3) übertragen Gruppen, Akzeptor ist dabei aber kein Coenzym sondern ein Wassermolekül. Lyasen (Klasse 4, je nach bevorzugter Reaktionsrichtung auch als „Synthasen“ bezeichnet), katalysieren die Spaltung oder Bildung chemischer Bindungen, wobei Doppelbindungen entstehen oder verschwinden. Die Isomerasen (Klasse 5), verschieben Gruppen innerhalb eines Moleküls, ohne dass sich die Summenformel des Substrats ändert. Die durch Ligasen („Synthetasen“, Klasse 6) katalysierten Verknüpfungsreaktionen sind endergon (S. 26) und daher energetisch an die Spaltung von Nucleosidtriphosphaten (meist ATP) gekoppelt.

3 Stoffwechsel

3.1 Enzyme

Abb. 3.1 Enzyme: Grundlagen (A. Quelle PDB: 5LDH, 299D)

83

3.1 Enzyme Enzymkatalyse Enzyme sind außerordentlich wirksame Katalysatoren. Sie erhöhen die Geschwindigkeit der katalysierten Reaktion (S. 30) auf das 1015fache oder mehr. Zum Verständnis der Mechanismen der enzymatischen Katalyse ist es sinnvoll, zunächst den Ablauf einer unkatalysierten Reaktion zu betrachten.

3 Stoffwechsel

A. Unkatalysierte Reaktion Als Beispiel wählen wir eine Reaktion des Typs A + B → C + D. Die Reaktanden A und B sind in wässriger Lösung von einer Hülle aus Wassermolekülen (Hydrathülle) umgeben und bewegen sich aufgrund der Wärmebewegung in zufällige Richtungen. Sie können nur dann miteinander reagieren, wenn sie in einer für die Reaktion günstigen Orientierung zusammenstoßen. Dies ist unwahrscheinlich und tritt deshalb sehr selten ein. Vor der Umwandlung in die Produkte C + D muss der Stoßkomplex A-B einen Übergangszustand durchlaufen, zu dessen Bildung eine beträchtliche Aktivierungsenergie Ea erforderlich ist (S. 30). Da nur wenige der A-B-Komplexe diese Energie aufbringen können, wird der Übergangszustand noch viel seltener erreicht als der Stoßkomplex. In Lösung wird ein großer Teil der Aktivierungsenergie zur Entfernung der Hydrathülle zwischen A und B verbraucht, aber auch Ladungsverschiebungen und andere chemische Vorgänge innerhalb der Reaktanden spielen eine Rolle. Aufgrund dieser Einschränkungen kommt es in Abwesenheit des Katalysators nur gelegentlich zur Umsetzung und die Reaktionsgeschwindigkeit v ist gering, auch dann wenn die Umsetzung thermodynamisch möglich ist, d. h. wenn ΔG < 0 (S. 26).

B. Enzymkatalysierte Reaktion Dargestellt ist ein sequentieller Mechanismus, bei dem die Substrate A und B der Reihe nach gebunden und auch die Produkte C und D nacheinander abgegeben werden. Ein anderer möglicher Reaktionsverlauf ist der sogenannte „Ping-Pong-Mechanismus“ (S. 86). Enzyme sind in der Lage, die Reaktanden (ihre Substrate) spezifisch im aktiven Zentrum zu binden. Dabei werden die Substrate so orientiert, dass sie die für die Bildung des Übergangszustands (4) optimale Lage einnehmen.

84

Durch Annäherung und Orientierung der Substrate wird also die Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens produktiver A-B-Komplexe stark erhöht. Außerdem werden bei der Substratbindung die Hydrathüllen der Substrate abgestreift. Durch Ausschluss von Wasser herrschen deshalb im aktiven Zentrum des Enzyms während der Katalyse ganz andere Bedingungen als in Lösung. Ein dritter wichtiger Faktor ist die Stabilisierung des Übergangszustandes durch Wechselwirkungen zwischen Aminosäure-Resten des Proteins und den Substraten. Auch Coenzyme und andere Cofaktoren greifen häufig in den Reaktionsverlauf ein. Dies senkt die zur Bildung des Übergangszustandes notwendige Aktivierungsenergie weiter. Zudem übernehmen viele Enzyme während der Katalyse Gruppen von den Substraten oder geben sie an diese ab. Besonders häufig sind Protonen-Übertragungen. Diese Säure-Basen-Katalyse durch das Enzym ist viel wirksamer als der Austausch von Protonen mit Säuren und Basen in der Lösung. In vielen Fällen werden chemische Gruppierungen im Laufe des katalytischen Zyklus vorübergehend kovalent an Aminosäure-Reste des Enzyms gebunden. Diesen Effekt bezeichnet man als kovalente Katalyse, siehe z. B. die Transaminasen (S. 176).

C. Prinzipien der Enzymkatalyse Obwohl es schwierig ist, die Beiträge der einzelnen katalytischen Effekte quantitativ abzuschätzen, hält man heute die Stabilisierung des Übergangszustands durch das Enzym für entscheidend. Entscheidend für die Wirksamkeit der Katalyse ist also nicht die feste Bindung der Substrate (dies würde die Aktivierungsenergie der Reaktion erhöhen und nicht erniedrigen), sondern die des Übergangszustands. Die extrem hohe Affinität vieler Enzyme gegenüber Analogen des Übergangszustandes stützt dieses Konzept, das sich durch eine einfache mechanische Analogie verdeutlichen lässt (rechts): Will man Metallkugeln (die Reaktanden) von der Stelle EA (dem Substratzustand) über den energetisch höher liegenden Übergangszustand nach EP (in den Produktzustand) überführen, muss man den Magneten (den Katalysator) so anordnen, dass seine Anziehungskraft nicht auf EA wirkt (oben), sondern auf den Übergangszustand (unten).

3 Stoffwechsel

3.1 Enzyme

Abb. 3.2 Enzymkatalyse

85

3.1 Enzyme Enzymkinetik I Die Kinetik enzymkatalysierter Reaktionen (die Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von den Reaktionsbedingungen) wird in erster Linie von den Eigenschaften des Katalysators bestimmt. Sie ist deshalb komplexer als die Kinetik unkatalysierter Umsetzungen.

3 Stoffwechsel

A. Michaelis-Menten-Kinetik In Abwesenheit eines Enzyms (links) ist die Reaktionsgeschwindigkeit v proportional zur Konzentration des Stoffes A. Die Konstante k ist die Geschwindigkeitskonstante der unkatalysierten Reaktion. Da die Geschwindigkeitskonstante kcat der katalysierten Reaktion weit höher ist als k, ist auch ihre Geschwindigkeit ve viel größer als v. Die Differenz ve–v wird als Enzymaktivität bezeichnet. Die empfohlene Einheit ist das Katal (kat, diejenige Aktivität, die pro Sekunde 1 mol Substrat umsetzt). Gebräuchlicher, weil praktischer, ist immer noch die Internationale Einheit (U, 1 μmol Umsatz pro Minute). Wie alle Katalysatoren schafft das Enzym E einen neuen Reaktionsweg (rechts): Zunächst wird A an das freie Enzym gebunden. Unter der Annahme, dass sich diese Reaktion im chemischen Gleichgewicht befindet, kann man das Massenwirkungsgesetz anwenden und damit die Konzentrationen [E], [A] und [EA] verknüpfen. Die Michaelis-Konstante Km beschreibt also die Gleichgewichtslage der Substratbindung. Führt man die Gesamtkonzentration des Enzyms [E]g ein und eliminiert [E], erhält man für die Konzentration [EA] den Ausdruck [EA] = [E]g · [A]/(Km + [A]). Die Bildung von B aus EA ist – wie die Umwandlung A→B – eine Reaktion 1. Ordnung, d. h. es gilt v = kcat · [EA]. Kombiniert man diese Gleichung mit dem für EA abgeleiteten Ausdruck, erhält man die Michaelis-Menten-Gleichung v = kcat · [E]g · [A]/(Km + [A]). Die Gleichung enthält zwei Variablen (v und [A]) und zwei Parameter, die nicht von der Substratkonzentration [A] abhängen: Das Produkt kcat · [E]g ist der Grenzwert der Reaktionsgeschwindigkeit bei sehr hohem [A], die sog. Maximalgeschwindigkeit Vmax. Die MichaelisKonstante Km charakterisiert die Affinität des Enzyms zu seinem Substrat. Sie entspricht derjenigen Substratkonzentration, bei der v die Hälfte von Vmax erreicht. Eine hohe Affinität des Enzyms zum Substrat führt also zu einem niedrigen Km-Wert und umgekehrt. Von den beiden Enzymen deren Substratsättigungskurven in den Diagramm 1 und 2 dargestellt sind, hat En-

86

zym b die höhere Affinität zu A, sein Vmax ist dagegen niedriger als das von Enzym a. Das Michaelis-Menten-Modell enthält vereinfachende Annahmen (die Substratbindung befindet sich im chemischen Gleichgewicht, die Bildung von B ist irreversibel, E und EA sind die einzigen Enzymformen). Nur wenn alle diese Annahmen zutreffen, entsprechen Km der Dissoziationskonstante von EA und kcat der Geschwindigkeitskonstanten der Produktbildung. Da sich v asymptotisch Vmax nähert, ist es schwierig, aus Diagrammen von v gegen [A] verlässliche Werte für Vmax und Km abzulesen. Um dies zu umgehen, kann man die MichaelisMenten-Gleichung so umformen, dass die Messpunkte auf einer Geraden liegen. Im Lineweaver-Burk-Diagramm (rechts unten) wird 1/v gegen 1/[A] aufgetragen. Die Schnittpunkte der Ausgleichsgeraden mit den Achsen liefern dann 1/Vmax bzw. –1/Km. Graphiken dieser Art sind zwar anschaulich, zur Bestimmung von Vmax und Km aus experimentellen Daten aber weniger geeignet. Dazu werden heute Computerprogramme eingesetzt, die die MichaelisMenten-Gleichung direkt an die Messpunkte anpassen.

B. Bisubstratreaktion Fast alle Enzyme haben mehr als ein Substrat bzw. Produkt. Andererseits werden selten mehr als zwei Substrate gleichzeitig gebunden. Für Bisubstratreaktionen des Typs A + B → C + D gibt es eine Reihe möglicher Reaktionsabläufe. Neben sequentiellen Mechanismen (S. 84), bei denen alle Substrate gebunden werden, bevor es zur Produktfreisetzung kommt, findet man auch Abläufe, bei denen das erste Substrat A nach der Bindung sofort gespalten wird. Ein Teil des Substrats A bleibt am Enzym gebunden und wird nach Freisetzung des ersten Produktes P1 auf das zweite Substrat B übertragen. Diesen sog. „Ping-Pong-Mechanismus“ nutzen z. B. die Transaminasen (S. 176). Im Lineweaver-Burk-Diagramm (rechts) ist ein Ping-Pong-Mechanismus an der Parallelverschiebung der Geraden bei Variation von [B] zu erkennen. ▶ Weitere Informationen. Viele Enzyme bilden Zwischenprodukte, bei denen ein Teil des Substrats kovalent an das Enzym gebunden ist. Eine derartige kovalente Katalyse findet sich z. B. auch bei den Serin-Proteinasen (S. 172), die Acylenzym-Intermediate bilden.

3 Stoffwechsel

3.1 Enzyme

Abb. 3.3 Enzymkinetik I

87

3.1 Enzyme Enzymkinetik II

B. Coenzyme

Die katalytischen Eigenschaften von Enzymen und damit ihre Aktivität (S. 86) werden von zahlreichen Faktoren beeinflusst, die alle optimiert und kontrolliert werden müssen, wenn man Aktivitätsmessungen in sinnvoller und reproduzierbarer Weise durchführen will. Zu diesen Faktoren gehören physikalische Größen (Temperatur, evtl. Druck), chemische Eigenschaften der Lösung (pH-Wert, Ionenstärke) und die Konzentrationen aller relevanten Substrate, Cofaktoren und Hemmstoffe.

Enzyme, die Gruppenübertragsreaktionen katalysieren, benötigen in der Regel Hilfsmoleküle, sogenannte Coenzyme (S. 96). Ihre Aufgabe ist es, die zu übertragende Gruppe bereitzustellen oder sie im Laufe der Reaktion vorübergehend zu übernehmen. Da Coenzyme für sich allein nicht katalytisch aktiv sind, wäre der weniger gebräuchliche Begriff „Cosubstrate“ eigentlich zutreffender. Im Gegensatz zu den Substraten, für die ein gegebenes Enzym spezifisch ist (S. 82), arbeiten Coenzyme mit vielen Enzymen unterschiedlicher Substratspezifität zusammen. Nach der Art ihrer Wechselwirkung mit dem Enzym unterscheidet man lösliche Coenzyme von prosthetischen Gruppen. Lösliche Coenzyme (1) werden während der Reaktion wie Substrate gebunden, chemisch verändert und dann wieder freigesetzt. Die ursprüngliche Form des Coenzyms wird durch eine zweite, unabhängige Reaktion regeneriert. Als prosthetische Gruppen (2) bezeichnet man dagegen Coenzyme, die fest (manchmal sogar kovalent) an ein Enzym gebunden sind und dieses während der Reaktion nicht verlassen. Der nach Austritt des ersten Produkts am Coenzym gebundene Teil des Substrats wird dann in einer zweiten Reaktion auf ein weiteres Substrat oder Coenzym desselben Enzyms übertragen. Viele Coenzyme sind aromatische Verbindungen, die von tierischen Zellen nicht von Grund auf synthetisiert werden können. Ihre Vorstufen müssen deshalb als Vitamine (S. 408) mit der Nahrung zugeführt werden.

3 Stoffwechsel

A. pH- und Temperaturabhängigkeit der Enzymaktivität Die Wirkung von Enzymen ist stark vom pHWert (S. 24) abhängig. Trägt man die Aktivität gegen den pH-Wert auf, erhält man meist eine mehr oder weniger symmetrische Glockenkurve (links). Das pH-Optimum, d. h. der pH-Wert, bei dem die Aktivität maximal ist, liegt für tierische Enzyme häufig in der Nähe des pH-Wertes der Zellen (also bei pH 7), es gibt aber auch Ausnahmen. So zeigt die im sauren Magenlumen aktive Proteinase Pepsin (S. 280) ein Optimum bei pH 2, andere Enzyme sind bei pH-Werten von über 9 am aktivsten. Die Glockenform der Aktivitäts-pH-Profile entsteht dadurch, dass Aminosäure-Reste mit ionisierbaren Gruppen in der Seitenkette für die Katalyse essenziell sind. Im Beispiel sind dies eine basische Gruppe B (pKa = 8), die protoniert sein muss, um wirksam zu sein, und eine zweite Aminosäure AH (pKa = 6), die nur im dissoziierten Zustand katalytisch aktiv ist. Am pH-Optimum bei 7 liegen beide Gruppen zu etwa 90 % in der aktiven Form vor, bei höheren und tieferen Werten geht jeweils eine der Gruppen zunehmend in den inaktiven Zustand über. Die Temperaturabhängigkeit der enzymatischen Aktivität (rechts) ist in der Regel unsymmetrisch. Mit steigender Temperatur wirkt sich zunächst die Reaktionsbeschleunigung durch die gesteigerte Wärmebewegung der Moleküle aus (S. 30). Bei einer bestimmten Temperatur wird das Enzym dann instabil und seine Aktivität geht innerhalb eines geringen Temperaturintervalls durch Denaturierung (S. 70) verloren. Die Temperatur-Optima von Enzymen aus höheren Organismen überschreiten selten 50 °C, während Enzyme aus thermophilen Bakterien noch bei 100 °C aktiv sein können.

88

C. Metalle als Cofaktoren Auch Metall-Ionen können als Cofaktoren von Enzymen dienen. Ihre Aufgaben sind sehr unterschiedlich: Manche stabilisieren die native Konformation des aktiven Zentrums, andere beteiligen sich an Redox-Reaktionen (S. 22) oder erleichtern die Katalyse, indem sie chemische Bindungen im Substrat polarisieren. Die Tabelle nennt wichtige Beispiele für metallabhängige Enzyme. Metalle mit CofaktorFunktion werden vom Organismus nur in geringen Mengen benötigt. Sie gehören deshalb zur Gruppe (S. 12) der sogenannten Spurenelemente (S. 400).

3 Stoffwechsel

3.1 Enzyme

Abb. 3.4 Enzymkinetik II

89

3.1 Enzyme Allosterische Regulation

3 Stoffwechsel

A. Isosterische und allosterische Enzyme Das Michaelis-Menten-Modell (S. 86) der Enzymkatalyse geht davon aus, dass sich die Raumstruktur (S. 70) des Enzyms (seine Konformation) nicht verändert. Viele Enzyme können jedoch in verschiedenen Konformationen vorliegen, die unterschiedliche katalytische Eigenschaften haben. Allosterische Enzyme erkennt man an S-förmigen (sigmoidalen) Sättigungskurven, die sich durch die MichaelisMenten-Gleichung nicht beschreiben lassen. Im isosterischen Fall (nur eine Enzymkonformation, 1) nimmt die Bindungsstärke (die Steigung der Sättigungskurve, gestrichelte Kurve) mit steigendem [A] stetig ab, weil die Zahl freier Bindungsstellen immer mehr zurückgeht. Bei allosterischen Enzymen (2) nimmt dagegen die Bindungsstärke mit steigendem [A] zunächst zu, weil das freie Enzym von einer weniger affinen Konformation (eckige Symbole) allmählich in eine Form mit höherer Affinität (runde Symbole) überführt wird. Erst bei hohem [A] macht sich wieder der Mangel an freien Bindungsstellen bemerkbar und die Bindungsstärke geht zurück. Die Affinität allosterischer Enzyme ist also nicht konstant, sondern hängt von Art und Konzentration seiner Liganden ab. Hemmstoffe und Aktivatoren (sogenannte Effektoren) beeinflussen die Aktivität allosterischer Enzyme, indem sie bestimmte Konformationen stabilisieren (B). Diese Effekte spielen eine wichtige Rolle bei der Stoffwechselregulation (S. 110).

B. Allosterische Effekte Die allosterische Kontrolle der Enzymaktivität besprechen wir am Beispiel der AspartatCarbamyltransferase (ACTase) des Bakteriums Escherichia coli. Die ACTase ist ein Schlüsselenzym (S. 110) der Pyrimidin-Biosynthese (S. 192) und katalysiert die Übertragung eines Carbamyl-Restes von Carbamylphosphat auf die Aminogruppe von L-Aspartat. Allosterische Enzyme wie die ACTase erkennt man an ihren sigmoidalen Substratsättigungskurven (A). Da in diesen Fällen die Affinität des Enzyms zum Substrat von dessen Konzentration [A] abhängt, gibt man statt der Michaelis-Konstanten Km (S. 86) die Substratkonzentration bei halbmaximaler Geschwindigkeit ([A]0,5) an. Der sigmoidale Verlauf der Kurve wird durch den Hill-Koeffizienten h beschrieben. Für isosteri-

90

sche Enzyme ist h = 1, mit steigender Sigmoidizität nimmt h zu. Allosterische Effektoren beeinflussen – je nach Enzym – die Maximalgeschwindigkeit V, die Halbsättigungskonzentration [A]0,5 und den Hill-Koeffizienten h. Wird vor allem V verändert, spricht man von einem „V-System“. Sehr viel häufiger sind „K-Systeme“, bei denen sich allosterische Effekte nur auf [A]0,5 und h auswirken. Zu dieser Gruppe gehört auch die ACTase. Sie wird durch Cytidintriphosphat (CTP), ein Endprodukt des anabolen Pyrimidinstoffwechsels, gehemmt und durch die Vorstufe ATP aktiviert. Der Inhibitor CTP führt zu einer Rechtsverschiebung der Kurve, wobei [A]0,5 und h zunehmen (Kurve II). Der Aktivator ATP bewirkt dagegen eine Linksverschiebung der Kurve; er verringert sowohl [A]0,5 als auch h (Kurve III). Allosterische Enzyme sind meist Oligomere aus 2 bis 12 Untereinheiten (S. 66). Die ACTase z. B. besteht aus 6 katalytischen (blau) und 6 regulatorischen Untereinheiten (gelb). Letztere binden die allosterischen Effektoren CTP und ATP (grün). Wie auch Hämoglobin (S. 298) kann die ACTase in zwei Konformationen vorliegen, dem weniger aktiven T-Zustand (engl. tense) und dem aktiveren R-Zustand (engl. relaxed). Substrate und Effektoren beeinflussen das Gleichgewicht zwischen beiden Zuständen und führen so zu sigmoidalem Sättigungsverhalten. Mit zunehmender Aspartat-Konzentration wird das Gleichgewicht mehr und mehr zur aktiveren R-Form verschoben. Auch ATP stabilisiert durch Bindung an die regulatorischen Untereinheiten die R-Konformation. Bindung von CTP an die gleiche Stelle fördert dagegen den Übergang in den inaktiven T-Zustand. Die strukturellen Unterschiede zwischen Rund T-Konformation sind im Falle der ACTase besonders dramatisch. Beim T→R-Übergang entfernen sich die katalytischen Untereinheiten um 1,2 nm voneinander, außerdem rotieren die Untereinheiten um die Symmetrieachse. Die Konformationen der Untereinheiten selbst ändern sich dagegen nur wenig. ▶ Weitere Informationen. Allosterische Effekte spielen auch beim Sauerstofftransport durch Hämoglobin (S. 298) eine entscheidende Rolle. Als Effektoren wirken in diesem Fall neben dem Aktivator O2 auch der Hemmstoff 2,3Bisphosphoglycerat.

3 Stoffwechsel

3.1 Enzyme

Abb. 3.5 Allosterische Regulation

91

3.1 Enzyme Hemmstoffe Viele Stoffe greifen in den Ablauf des Stoffwechsels ein, indem sie Enzym-Aktivitäten beeinflussen. Von besonderer Bedeutung sind dabei Enzym-Hemmstoffe (Inhibitoren). Ein großer Teil aller Arzneistoffe wirkt als EnzymInhibitor. Deshalb sind enzymkinetische Experimente ein wichtiger Teil der Medikamentenentwicklung und -prüfung. Auch natürliche Metabolite sind als Hemmstoffe an Regulationsprozessen (S. 110) beteiligt.

3 Stoffwechsel

A. Enzymhemmung Wie in Enzymkinetik II (S. 88) besprochen, wird die Aktivität der meisten Enzyme durch physikalische und chemische Einflüsse in unspezifischer Weise beeinträchtigt. Dazu gehören extreme Temperaturen und pH-Werte sowie organische Lösungsmittel und Schwermetalle. Andere Hemmstoffe beeinflussen spezifisch nur bestimmte Enzyme. Die meisten Inhibitoren wirken reversibel, d. h. sie hinterlassen keine bleibenden Veränderungen am Enzym. Es gibt aber auch irreversible Hemmstoffe, die ihr Zielenzym kovalent und damit permanent modifizieren, z. B. Penicillin (S. 264) oder die Prazole (S. 282).

B. Hemmtypen Die Wirkungsweise eines Hemmstoffs, seinen Hemmtyp, bestimmt man, indem man die Kinetik (S. 86) der ungehemmten und der gehemmten Reaktion vergleicht (C). Auf diese Weise lassen sich z. B. kompetitive Hemmstoffe von nichtkompetitiven unterscheiden. Für die Stoffwechselregulation besonders wichtig ist die allosterische Hemmung (S. 90). Kompetitiv wirkende Inhibitoren (links) sind in der Regel Substratanaloge, d. h. Verbindungen, die in ihren Eigenschaften einem Substrat des Zielenzyms ähneln. Weil Substrat und Inhibitor um die gleiche Bindungsstelle am Enzym konkurrieren (engl. to compete), nennt man den vorliegenden Hemmtyp kompetitiv. Kompetitive Hemmstoffe werden vom Enzym gebunden, können aber nicht weiter umgesetzt werden und besetzen deshalb reversibel einen Teil der vorhandenen Enzym-Moleküle. In Gegenwart des Hemmstoffs braucht man deshalb eine höhere Substratkonzentration, um halbmaximale Geschwindigkeit zu erreichen: die Michaelis-Konstante Km steigt (C). Hohe Konzentrationen des Substrats verdrän-

92

gen den Inhibitor wieder. Deshalb wird die Maximalgeschwindigkeit Vmax (S. 86) durch kompetitive Inhibitoren nicht beeinflusst. Auch Analoge des Übergangszustandes wirken im Allgemeinen kompetitiv. Reagiert ein Hemmstoff mit einer funktionell wichtigen Gruppe des Enzyms, ohne die Substratbindung zu beeinträchtigen, ist der Hemmtyp nichtkompetitiv (rechts). In diesem Fall bleibt Km unverändert, dagegen nehmen kcat und damit auch Vmax ab. Auch irreversible Inhibitoren ergeben formal einen nichtkompetitiven Hemmtyp, weil die Konzentration an aktivem Enzym [E]g abnimmt. Beeinflusst ein Hemmstoff sowohl Km als auch Vmax, spricht man von gemischter Hemmung. Ein Sonderfall der gemischten Hemmung wird als unkompetitiv bezeichnet. Dieser Hemmtyp liegt vor, wenn der Inhibitor Vmax und Km um den gleichen Faktor vermindert. Rein unkompetitive Hemmstoffe sind allerdings sehr selten. Eine mögliche Ursache für diesen Hemmtyp ist die selektive Bindung des Inhibitors an den EAKomplex. Allosterische Inhibitoren binden an separate Bindungsstellen außerhalb des aktiven Zentrums. Dadurch kommt es zu einer Konformationsänderung des Enzymproteins, die indirekt die Aktivität vermindert (S. 90). Allosterische Effekte treten in der Regel nur bei oligomeren Enzymen auf. Die Kinetik solcher Systeme lässt sich mit dem Michaelis-Menten-Modell nicht beschreiben.

C. Hemmkinetik Im Lineweaver-Burk-Diagramm (rechts) lässt sich die Wirkung von Hemmstoffen besonders anschaulich darstellen. Bei dieser Art der Auftragung (1/v gegen 1/[A]) (S. 86) entspricht der Schnittpunkt der Ausgleichsgeraden mit der Ordinaten 1/Vmax, während der Abszissenabschnitt den Wert von –1/Km ergibt. Deshalb schneiden sich die in Abwesenheit (blau) und Gegenwart eines kompetitiven Hemmstoffs (k, grün) erhaltenen Geraden auf der Ordinate (1/Vmax unverändert), während nichtkompetitive Inhibitoren (nk, rot) eine Gerade mit größerem Ordinatenabschnitt aber unverändertem Abszissenabschnitt liefern (1/Vmax erhöht, Km unverändert). Allosterische Inhibitoren machen sich im Lineweaver-Burk-Diagramm durch nach oben gekrümmte Kurven bemerkbar (nicht gezeigt).

3 Stoffwechsel

3.1 Enzyme

Abb. 3.6 Hemmstoffe

93

3.1 Enzyme Enzymatische Analyse Enzyme spielen in der biochemischen Analytik eine wichtige Rolle. In biologischem Material, z. B. in Körperflüssigkeiten, kann man schon kleinste Mengen eines Enzyms durch Bestimmung seiner katalytischen Aktivität nachweisen. Darauf beruht die Serumenzymdiagnostik (S. 104). Enzyme werden aber auch als Reagenzien zur Bestimmung von Metabolit-Konzentrationen, z. B. des Blutzuckerspiegels (C), eingesetzt. Bei den meisten enzymatischen Analyseverfahren bedient man sich der Spektralphotometrie.

3 Stoffwechsel

A. Prinzip der Spektralphotometrie Viele Stoffe absorbieren Licht im sichtbaren oder ultravioletten Spektralbereich. Diese Eigenschaft kann man zur Konzentrationsbestimmung nutzen. Das Ausmaß der Lichtabsorption hängt von der Art und Konzentration des Stoffes, aber auch von der Wellenlänge des verwendeten Lichts ab. Man verwendet daher monochromatisches Licht, d. h. Licht definierter Wellenlänge, das man mithilfe eines Monochromators aus weißem Licht isolieren kann. Monochromatische Licht der Intensität I0 durchstrahlt ein rechteckiges Gefäß aus Glas oder Quarz (eine Küvette), in dem sich eine Lösung des absorbierenden Stoffes befindet. Die Intensität I des austretenden, geschwächten Lichtes wird durch einen Detektor gemessen. Die Absorption A einer Lösung (früher als Extinktion bezeichnet) ist definiert als negativer dekadischer Logarithmus des Quotienten I/I0 (z. B. ist A = 1 wenn I/I0 = 0,1 = 10–1). Das Lambert-Beer’sche Gesetz besagt, dass A der Konzentration c des absorbierenden Stoffes und der Schichtdicke d der Lösung proportional ist. Der Absorptionskoeffizient ε hängt, wie bereits erwähnt, von der Art der Substanz und von der Wellenlänge ab.

B. Aktivitätsbestimmung der Lactat-Dehydrogenase Zur Bestimmung der Aktivität der Lactat-Dehydrogenase (LDH) (S. 82) macht man sich die Tatsache zunutze, dass zwar das reduzierte Coenzym NADH, nicht aber oxidiertes NAD+ bei 340 nm Licht absorbiert. In Abb. 1 sind Absorptions-Spektren (d. h. Auftragungen von A gegen die Wellenlänge) der Substrate und Coenzyme der LDH-Reaktion wiedergegeben. Das unter-

94

schiedliche Absorptionsverhalten von NAD+ und NADH zwischen 300 und 400 nm beruht auf der Veränderung des Nicotinamid-Rings bei Oxidation oder Reduktion (S. 22). Zur Aktivitätsbestimmung gibt man zunächst eine Lösung von Lactat und NAD+ in die Küvette und registriert die Absorption bei einer konstanten Wellenlänge von 340 nm. Die unkatalysierte LDH-Reaktion ist extrem langsam. Deshalb werden erst nach Zugabe des Enzyms messbare Mengen von NADH gebildet, und die Absorption steigt an. Da die Geschwindigkeit der Absorptionszunahme ΔA/Δt nach dem Lambert-Beer’schen Gesetz der Reaktionsgeschwindigkeit Δc/Δt proportional ist, kann man mithilfe des Absorptionskoeffizienten ε bei 340 nm oder durch Vergleich mit Standardlösungen die LDH-Aktivität berechnen.

C. Enzymatische Glucose-Bestimmung Die meisten Biomoleküle zeigen im sichtbaren oder ultravioletten Spektralbereich keine messbare Absorption. Außerdem liegen sie meist als Gemisch mit anderen, ähnlichen Verbindungen vor, auf die chemische Testverfahren ebenfalls ansprechen würden. Beide Probleme kann man umgehen, wenn man mithilfe eines geeigneten Enzyms aus dem zu bestimmenden Metaboliten selektiv einen Farbstoff erzeugt, dessen Absorption man messen kann. Ein zur Kontrolle des Blutzuckerspiegels (S. 386) häufig verwendetes Verfahren zur Glucose-Bestimmung (1) umfasst zwei hintereinander geschaltete enzymatische Reaktionen: Das für Glucose spezifische Enzym Glucose-Oxidase (GOD; gewonnen aus Pilzen) erzeugt zunächst Gluconolacton und Wasserstoffperoxid (H2O2), das im zweiten Schritt, katalysiert durch eine Peroxidase (POD), eine farblose Vorstufe zu einem grünen Farbstoff oxidiert (2). Wenn die in der Probe vorhandene Glucose verbraucht ist, ist die Menge des gebildeten Farbstoffs, die man aus seiner Lichtabsorption ermitteln kann, ebenso so groß wie die ursprünglich vorhandene Menge an Glucose. Die Glucose-Oxidase/Peroxidase-Reaktion lässt sich auch als Schnelltest zur Bestimmung von Glucose im Urin einsetzen (S. 446). Dazu verwendet man käufliche Teststreifen aus Papier, die mit den notwendigen Reagenzien (den beiden Enzymen und der farblosen Vorstufe) getränkt sind.

3 Stoffwechsel

3.1 Enzyme

Abb. 3.7 Enzymatische Analyse

95

3.1 Enzyme Coenzyme I

3 Stoffwechsel

A. Redox-Coenzyme Alle Oxidoreduktasen sind auf die Mitwirkung von Coenzymen (S. 88) angewiesen. Coenzyme mit Redox-Funktion können in löslicher Form (L) oder als prosthetische Gruppe (P) wirken. Je nach Verbindung übertragen sie unterschiedliche Arten von „Reduktionsäquivalenten“ (S. 22) (e-, e– + H+ oder H–). Ihre Normalpotenziale E0’ sind in einer Tabelle bei den Redox-Prozessen (S. 23) angegeben. Die Pyridin-Nucleotide NAD+ und NADP+ (1) sind als Coenzyme von Dehydrogenasen weit verbreitet. Sie transportieren Hydrid-Ionen (S. 22) (2e– und 1 H+) und wirken immer in gelöster Form. NADH überträgt Reduktionsäquivalente von katabolen Stoffwechselwegen zur Atmungskette und dient damit dem Energiestoffwechsel. Dagegen ist NADPH das wichtigste Reduktionsmittel bei Biosynthesen (S. 106). Es entsteht überwiegend im Hexosemonophosphat-Weg (S. 142) und ist u. a. zur Biosynthese von Fettsäuren und Cholesterol sowie zur Biotransformation notwendig. Die Flavin-Coenzyme FMN und FAD (2) enthalten als redoxaktive Gruppe das Flavin (Isoalloxazin), ein dreikerniges N-haltiges Ringsystem, das bei der Reduktion maximal zwei Elektronen und zwei Protonen aufnehmen kann. FMN und FAD tragen am Flavin den phosphorylierten Zuckeralkohol Ribitol (Rit). FAD entsteht aus FMN durch Verknüpfung mit AMP. Funktionell sind beide Coenzyme vergleichbar. Man findet sie in Dehydrogenasen, Oxidasen und Monooxygenasen. Im Unterschied zu den Pyridin-Nucleotiden entstehen bei Reaktionen der Flavine radikalische Zwischenstufen (S. 22). Um Schädigungen von Zellbestandteilen zu vermeiden, bleiben die Flavine deshalb stets als prosthetische Gruppen im Enzymprotein gebunden. Die Funktion von Ubichinon (Coenzym Q, 4) als Überträger von Reduktionsäquivalenten wird in der Atmungskette (S. 130) besprochen. Bei Reduktion geht das Benzochinon Q in das aromatische Hydrochinol (Ubichinol, QH2) über. Die Isoprenoid-Seitenkette des Ubichinons kann unterschiedlich lang sein. Sie hält das Molekül in der Membran, wo es frei beweglich ist. Ähnliche Coenzyme (Plastochinone) finden sich auch in der Photosynthese. Die L-Ascorbinsäure (Vitamin C, 5) ist ein starkes Reduktionsmittel. Sie schützt als Antioxidans (S. 300) in unspezifischer Weise vor oxidativer Schädigung, ist aber auch essenziel-

96

ler Cofaktor verschiedener Mono- und Dioxygenasen. Ascorbinsäure ist beteiligt an der Hydroxylierung von Prolin- und Lysinresten während der Biosynthese von Collagen (S. 364), an der Synthese der Catecholamine (S. 450) und Gallensäuren (S. 334) sowie am Abbau von Tyrosin. Die reduzierte Form des Coenzyms ist eine relativ starke Säure und bildet Salze, die Ascorbate. Die oxidierte Form wird als Dehydroascorbinsäure bezeichnet. In der Liponsäure (5) wirkt eine intramolekulare Disulfidbrücke als redoxaktive Gruppe. Durch Reduktion geht sie in das entsprechende Dithiol über. Liponsäure ist in der Regel als prosthetische Gruppe kovalent mit einem Lysin-Rest (R) des Enzyms verknüpft und wird dann als Liponamid bezeichnet. Liponamid ist vor allem an der oxidativen Decarboxylierung von 2-Oxosäuren (S. 122) beteiligt. Ein vergleichbares Disulfid/Dithiol-System ist auch das Peptid-Coenzym Glutathion (S. 300) (nicht gezeigt). Häm-Coenzyme mit Redox-Funktion (6) gibt es in der Atmungskette (S. 130), in der Photosynthese sowie in Monooxygenasen (S. 338) und Peroxidasen. Hämhaltige Proteine mit Redoxfunktion werden als Cytochrome bezeichnet. In Cytochromen wechselt das Eisen – im Gegensatz zu Hämoglobin und Myoglobin – seine Wertigkeit (zwischen + 2 und + 4). Es gibt mehrere Häm-Klassen (a, b und c), die sich in der Art der Substituenten R1 bis R3 unterscheiden (S. 132). Hämoglobin, Myoglobin und die Häm-Enzyme enthalten Häm b. Zwei HämGruppen vom Typ a finden sich in der Cytochrom c-Oxidase, während Häm c im Cytochrom c vorkommt, wo es über ThioetherBindungen kovalent mit Cystein-Resten des Poteinanteils verknüpft ist. ▶ Weitere Informationen. Die sogenannten Eisen-Schwefel-Cluster (nicht gezeigt) werden bei den Redox-Systemen der Atmungskette (S. 132) besprochen. Es handelt sich dabei um Mehrfachkomplexe aus Eisen und Schwefel (am häufigsten sind Komplexe der Zusammensetzung 4Fe-4S und 2Fe-2S). Zu den selten vorkommenden Redox-Coenzymen gehören außerdem das Tetrahydrobiopterin (S. 180) (THB) und Metallionen, die ihre Oxidationsstufe wechseln können, z. B. die Redoxsysteme Fe3 + / Fe2 + in sogenannten Nichthäm-Enzymen oder Cu2 + /Cu1 + als Cofaktor von Oxygenasen (S. 132).

3 Stoffwechsel

3.1 Enzyme

Abb. 3.8 Coenzyme I

97

3.1 Enzyme Coenzyme II

3 Stoffwechsel

A. Gruppen übertragende Coenzyme I Die Nucleosidphosphate (1) sind nicht nur Vorstufen für die Nucleinsäure-Biosynthese, viele von ihnen haben auch Coenzym-Funktion. Sie dienen der Energiekonservierung und ermöglichen durch energetische Kopplung (S. 116) den Ablauf endergoner Prozesse. Häufig werden Metabolite durch Übertragung von Phosphat-Resten (Phosphorylierung) reaktionsfähiger gemacht („aktiviert“). So liefert die Verknüpfung mit Nucleosiddiphosphat-Resten (vor allem UDP und CDP) reaktionsfähige Vorstufen (S. 102) für die Synthese von Polysacchariden und Lipiden. Die endergone Knüpfung von Bindungen durch Ligasen (Enzymklasse 6) ist stets von Nucleosidtriphosphaten abhängig. Acylreste werden in der Regel durch Übertragung auf Coenzym A (2) aktiviert. In diesem Coenzym ist Pantethein über eine Phosphorsäureanhydrid-Bindung mit 3’-Phospho-ADP verknüpft. Pantethein besteht aus drei amidartig verbundenen Komponenten, dem Pantoinat sowie β-Alanin und Cysteamin, biogene Amine, die durch Decarboxylierung von Aspartat bzw. Cystein gebildet werden. Die Verbindung aus Pantoinsäure und β-Alanin (Pantothenat) hat für den Menschen Vitamincharakter (S. 410). Bei Reaktionen der Thiol-Gruppe des Cysteamin-Restes mit Carbonsäuren entstehen Thioester, z. B. Acetyl-CoA. Diese Reaktion ist stark endergon und deshalb an exergone Prozesse gekoppelt. Thioester stellen die aktivierte Form von Carbonsäuren dar, weil Acylreste im Acyl-CoA auf hohem chemischem Potenzial stehen und sich leicht auf andere Moleküle übertragen lassen. Davon wird im Stoffwechsel häufig Gebrauch gemacht. Thiamindiphosphat (TPP, 3) ist in der Lage, in Kooperation mit Enzymen Aldehyde oder Ketone zu Hydroxyalkyl-Gruppen zu aktivieren und sie dann an andere Moleküle weiterzugeben. Diese Art der Übertragung ist z. B. bei der Transketolase-Reaktion (S. 142) von Bedeutung. Auch bei der Decarboxylierung von Oxosäuren fallen Hydroxyalkyl-Reste an. Sie werden als Aldehyde freigesetzt oder auf Liponamid-Reste von 2-Oxosäure-Dehydrogenasen (S. 122) übertragen. Funktioneller Bestandteil von TPP ist der schwefel- und stickstoffhaltige Thiazol-Ring.

98

Pyridoxalphosphat (4) ist das wichtigste Coenzym im Stoffwechsel der Aminosäuren. Seine Rolle bei Transaminierungen wird ausführlich behandelt (S. 176). Auch an anderen Reaktionen von Aminosäuren wie Decarboxylierungen und Dehydratisierungen ist Pyridoxalphosphat regelmäßig beteiligt. Die hier dargestellte Aldehyd-Form (links) tritt im Allgemeinen nicht frei auf. In Abwesenheit von Substraten ist die Aldehyd-Gruppe mit der ε-Amino-Gruppe eines Lysin-Rests als Aldimin (Schiff-Base) kovalent verknüpft. Pyridoxaminphosphat (rechts) ist ein Zwischenprodukt bei Transaminierungsreaktionen. Durch Reaktion mit 2-Oxosäuren geht es wieder in die Aldehyd-Form über. Biotin (5) ist das Coenzym aller Carboxylasen. Ähnlich wie Pyridoxalphosphat ist es über die Carboxy-Gruppe amidartig mit einem Lysin-Rest der Carboxylase verbunden. Diese Verknüpfung wird durch ein spezifisches Enzym katalysiert. Biotin reagiert mit Hydrogencarbonat (HCO3–) unter ATP-Verbrauch zu NCarboxy-Biotin. Aus dieser aktivierten Form heraus wird Kohlendioxid (CO2) auf andere Moleküle übertragen, in die auf diese Weise eine Carboxy-Gruppe eingeführt wird. Beispiele für biotinabhängige Reaktionen dieser Art sind die Bildung von Oxalacetat aus Pyruvat (S. 126) und die Synthese von Malonyl-CoA aus AcetylCoA (S. 160). „Aktiviertes Methyl“ in Form von S-Adenosyl-Methionin (SAM, 6) ist an vielen Methylierungsreaktionen beteiligt, z. B. an der Synthese von Kreatin (S. 358), an der Umwandlung von Noradrenalin in Adrenalin (S. 450), an der Methylierung von DNA (S. 246). SAM stammt aus dem Abbauweg der proteinogenen Aminosäure Methionin, auf die der Adenosyl-Rest eines ATP-Moleküls übertragen wird. Nach Abgabe der aktivierten MethylGruppe bleibt S-Adenosyl-Homocystein (SAH) zurück, das in zwei Schritten wieder in Methionin umgewandelt werden kann. Zunächst entsteht durch Abspaltung des Adenosin-Restes die nicht proteinogene Aminosäure Homocystein, auf die mithilfe von N5-Methyl-THF erneut eine Methyl-Gruppe übertragen wird (S. 185). Alternativ kann Homocystein auch zu Propionyl-CoA abgebaut werden.

3 Stoffwechsel

3.1 Enzyme

Abb. 3.9 Coenzyme II

99

3.1 Enzyme Coenzyme III

3 Stoffwechsel

A. Gruppen übertragende Coenzyme II Tetrahydrofolat (THF, 3) ist ein Coenzym, das C1-Reste unterschiedlicher Oxidationsstufen übertragen kann. THF entsteht aus dem Vitamin Folsäure (S. 410) durch zweimalige Hydrierung des heterozyklischen Pterin-Rings. Die zu übertragenden C1-Einheiten sind an N-5, N-10 oder an beide der genannten Stickstoff-Atome gebunden. THF und seine Derivate spielen eine zentrale Rolle im C1-Stoffwechsel (S. 194). Die wichtigsten Formen des Coenzyms sind: ● (a) N5-Formyl-THF und (b) N10-Formyl-THF. Der Formyl-Rest beider Verbindungen befindet sich auf der Oxidationsstufe einer Carbonsäure. N10-Formyl-THF liefert während der Synthese von Purinbasen zwei C-Atome des Purinrings (S. 192). ● (c) N5,N10-Methenyl-THF und (d) N5,N10-Methylen-THF. Beide tragen C1-Reste auf der Stufe eines Aldehyds. Das N5,N10-MethylenDerivat entsteht überwiegend aus THF und Serin, das dabei in Glycin übergeht. Es liefert u. a. die Methylgruppe der Thymidin-Nucleotide (S. 194) und ist deshalb für die DNASynthese unentbehrlich. Das bei der Reaktion entstehende Dihydrofolat muss über THF wieder zu N5,N10-Methylen-THF regeneriert werden. Diese Reaktionsfolge ist der Angriffspunkt wichtiger Cytostatika (S. 470). ● (e) N5-Methyl-THF. Diese Verbindung, in der die Methyl-Gruppe auf der Stufe eines Alkohols steht, wird durch Reduktion von N5,N10Methylen-THF (S. 194) gebildet. Sie liefert die Methylgruppe von Methylcobalamin (s. u.) und ist deshalb u. a. unentbehrlich für die Rückbildung von Methionin aus Homocystein (S. 98). Wegen der Bedeutung der Folat-Coenzyme für die DNA-Synthese und damit für die Zellproliferation (S. 460) wirkt sich ein Folsäuremangel besonders auf Zellen aus, die sich rasch teilen, z. B. auf die blutbildenden Zellen im Knochenmark. Andererseits bieten Eingriffe in den THF-Stoffwechsel Möglichkeiten zur Chemotherapie von Tumoren (S. 470). Die Sulfonamid-Antibiotika (S. 264) hemmen das Wachstum von Mikroorganismen, indem sie deren Folat-Synthese beeinträchtigen.

10

Die Cobalamine (4) bilden die chemisch komplexeste Gruppe der Coenzyme. Sie stellen zudem die einzigen Naturstoffe dar, in denen das Übergangsmetall Cobalt als essenzieller Bestandteil enthalten ist. Höhere Organismen können Cobalamin-Coenzyme nicht selbst synthetisieren und sind deshalb auf die Versorgung mit Vitamin B12 (Cobalamin) als Vorstufe angewiesen (S. 410). Der Tagesbedarf an Vitamin B12 beträgt nur 1–2 μg. Da normalerweise die tausendfache Menge in der Leber gespeichert ist, treten Avitaminosen erst sehr spät auf. Zur Behandlung eines Vitamin B12-Mangels wird in der Medizin meist das stabilere Cyanocobalamin eingesetzt. Ein CobalaminMangel beruht häufig nicht auf einer ungenügenden Zufuhr des Vitamins selbst, sondern auf dem Fehlen von „Intrinsic Factor“, einem im Magen gebildeten Glycoprotein, das für die Resorption des Vitamins im Dünndarm notwendig ist. Zentraler Bestandteil der Cobalamine ist der zu den Tetrapyrrolen gehörende Corrinring, in dessen Mitte das Cobalt-Ion koordiniert ist. Eine der Seitenketten des Rings trägt an ihrem Ende ein Nucleotid mit der ungewöhnlichen Base Dimethylbenzimidazol. Liganden des Metall-Ions sind die vier N-Atome der Pyrrolringe, ein Stickstoff des Dimethylbenzimidazols und eine Gruppe X, die metallorganisch, d. h. überwiegend kovalent gebunden ist. Für den Menschen wichtige Cobalamin-Coenzyme sind: Methylcobalamin mit einer Methyl-Gruppe als Gruppe X. Diese Verbindung fungiert als Coenzym von Methyltransferasen. Im menschlichen Stoffwechsel wird sie im Cytoplasma ausschließlich zur Rückbildung von Methionin (S. 194) aus Homocystein benötigt („Remethylierung“). Adenosylcobalamin (Coenzym B12). Dieses Derivat trägt am Metall-Atom einen kovalent gebundenen Adenosyl-Rest. Diese mitochondriale Verbindung ist Coenzym verschiedener Isomerasen, die Umlagerungen nach einem radikalischen Mechanismus katalysieren. Das Radikal entsteht dabei durch die homolytische Spaltung der Bindung zwischen Metall und Adenosyl-Gruppe. Die einzige Reaktion dieser Art im tierischen Stoffwechsel ist die Umlagerung von Methylmalonyl-CoA zu Succinyl-CoA, die den Abbau der ungeradzahligen Fettsäuren und der verzweigten Aminosäuren Valin und Isoleucin abschließt (S. 180).

3 Stoffwechsel

3.1 Enzyme

Abb. 3.10 Coenzyme III

101

3.1 Enzyme

3 Stoffwechsel

Coenzyme IV Viele Coenzyme dienen dazu, wenig reaktionsfähige Moleküle oder Gruppen zu aktivieren. Die Aktivierung besteht in der Ausbildung reaktionsfähiger Zwischenverbindungen, in denen die betreffende Gruppe auf so hohem chemischem Potenzial (S. 26) steht, dass sie in einer exergonen Reaktion (S. 116) auf andere Moleküle übertragen werden kann. Ein bekanntes Beispiel für eine derart aktivierte Verbindung (S. 98) ist Acetyl-CoA (S. 54), die „aktivierte Essigsäure“. ATP und die anderen Nucleosidtriphosphat-Coenzyme übertragen nicht nur Phosphat-Reste, sondern liefern auch die Nucleotid-Komponenten für Aktivierungsreaktionen. Auf dieser Seite besprechen wir Metabolite oder Gruppen, die im Stoffwechsel durch Verknüpfung mit Nucleosiden oder Nucleotiden aktiviert werden.

A. Metabolit-Aktivierung durch Nucleotide 1. Uridindiphosphat-Glucose (UDP-Glucose) Der Einbau weiterer Glucose-Reste in Polymere wie Glycogen oder Stärke ist ein endergoner Vorgang. Die notwendige Aktivierung der Glucose-Bausteine erfolgt in mehreren Schritten, bei denen pro Glucose zwei ATP verbraucht werden. Nach der Phosphorylierung freier Glucose zu Glucose-6-phosphat (a) und Isomerisierung zu Glucose-1-phosphat (b) entsteht durch Reaktion mit Uridintriphosphat (UTP) UDP-Glucose (c), in der die anomere OH-Gruppe an C-1 des Zuckers mit Phosphat verknüpft ist. Diese „energiereiche“ Verbindung (ein Acetalphosphat) erlaubt die exergone Übertragung von Glucose-Resten auf Glycogen (S. 146) oder auf andere Akzeptoren. Die Energetik der Teilreaktionen zeigt, dass sowohl die Bildung von UTP aus UDP und ATP wie die Synthese von UDP-Glucose aus UTP und Glucose-1-phosphat im Gleichgewicht stehen (die Änderung der freien Enthalpie ΔG0’ ist annähernd 0). Angetrieben wird der ganze Vorgang durch die stark exergone Hydrolyse des bei Reaktion d abgespalteten Diphosphats zu zwei Phosphat-Resten (e). Nur dadurch wird die Bildung von UDP-Glucose so exergon, dass sie fast vollständig abläuft. Die Übertragung eines Glucose-Restes von UDP-Glucose auf Glycogen (f) ist mit ΔG0’ = –13,5 kJ · mol–1 ebenfalls deutlich exergon. Die Verschiebung eines Reaktionsgleichgewichts durch die Entfernung

10

eines der Reaktionsprodukte wird im Stoffwechsel häufig genutzt, so z. B. in der PyruvatKinase-Reaktion (S. 140) oder im Harnstoffzyklus (S. 182). UDP-Glucose (S. 330) („aktivierte Glucose“) wird nicht nur zur Glycogen-Synthese verwendet, sondern ist auch die Vorstufe von UDP-Galactose und UDP-Glucuronsäure und damit Ausgangssubstanz für Lactose, Glycosaminoglycane und Glucuronide. Ähnlich wie Glucose kann auch Glucuronsäure von UDP aktiviert werden. UDP-Glucuronat dient u. a. zur Konjugatbildung bei der Biotransformation (S. 336).

2. Cytidindiphosphat-Cholin (CDP-Cholin) Nach einem ähnlichen Prinzip wird der Aminoalkohol Cholin (S. 164) für den Einbau in Phospholipide aktiviert. Cholin wird zunächst durch ATP zu Cholinphosphat phosphoryliert (a), das mit CTP reagiert und dadurch unter Abspaltung von Diphosphat in CDP-Cholin übergeht. Im Gegensatz zur UDP-Glucose (1) wird von CDP-Cholin aus aber nicht freies Cholin übertragen, sondern Cholinphosphat, das mit Diacylglycerol das Phosphatidylcholin (Lecithin) liefert. In ähnlicher Weise wie Cholin werden auch andere Alkoholkomponenten von Phospholipiden aktiviert, so z. B. Ethanolamin und myo-Inositol.

3. Phosphoadenosinphosphosulfat (PAPS) Sulfat-Reste kommen als stark polare, permanent negativ geladene Gruppen in verschiedenen Biomolekülen vor, z. B. in Glycosaminoglycanen (S. 366) und in Konjugaten von Steroidhormonen und Xenobiotika (S. 336). Der Einbau von Sulfat dient vornehmlich dazu, das Wasserbindungsvermögen bzw. die Wasserlöslichkeit der betreffenden Moleküle zu erhöhen. Bei der Synthese von PAPS, dem „aktivierten Sulfat“, reagiert zunächst ATP mit anorganischem Sulfat zu Adenosinphosphosulfat (APS, a), einer Zwischenstufe, die bereits die „energiereiche“ gemischte Anhydrid-Bindung zwischen Phosphorsäure und Schwefelsäure enthält. Im zweiten Schritt wird dann die 3’-OHGruppe des APS unter erneutem Verbrauch von ATP phosphoryliert. Nach der Übertragung des Sulfat-Restes auf OH-Gruppen (c) bleibt schließlich Adenosin-3,5’-diphosphat zurück.

3 Stoffwechsel

3.1 Enzyme

Abb. 3.11 Coenzyme IV

103

3.1 Enzyme Pathobiochemie

3 Stoffwechsel

A. Angeborene Enzymdefekte Angesichts der zentralen Bedeutung der Enzyme für den Ablauf und die Regulation des Stoffwechsels ist es verständlich, dass genetisch bedingte Defekte von Enzymen oder ihr völliger Ausfall schwere Erkrankungen hervorrufen können. Bis heute wurden Hunderte von angeborenen Stoffwechselstörungen dieser Art beschrieben. Da der mütterliche Stoffwechsel Enzymdefekte des Fötus zunächst ausgleichen kann, zeigen sich ihre Symptome in der Regel erst einige Tage oder Wochen nach der Geburt. Insgesamt schätzt man ihre Inzidenz auf einen Fall unter 4000 bis 5000 Lebendgeburten. Heute wird deshalb in dafür ausgerüsteten Kliniken ein Neugeborenen-Screening durchgeführt, bei dem man mithilfe der Massenspektrometrie häufigere Stoffwechseldefekte an ungewöhnlich hohen bzw. niedrigen Konzentrationen bestimmter Metabolite im Blut erkennen kann. Eine frühe Diagnosestellung ist wichtig, weil Folgeschäden reduziert oder ganz vermieden werden können, wenn sofort mit der Therapie begonnen wird. Ist das defekte Enzym Teil eines Stoffwechselwegs, und kann sein Ausfall nicht kompensiert werden, häufen sich im Organismus in der Regel das Substrat des Enzyms (hier B) und u. U. auch dessen Vorstufen (z. B. A) an. Außerdem kann es zu Nebenreaktionen kommen, die sonst keine Rolle spielen (hier die Umwandlung von B in D). Andererseits sind Metabolite, die nach dem defekten Schritt gebildet werden, in ihrer Konzentration vermindert oder fehlen ganz. Die Tabelle nennt für einige häufige Enzymdefekte charakteristische Veränderungen von Metabolitspiegeln. Die einzelnen Stoffwechselstörungen werden jeweils an anderer Stelle ausführlicher besprochen.

B. Serumenzymdiagnostik Normalerweise finden sich im Blut nur geringe Enzymaktivitäten. Kommt es jedoch zu Erkrankungen, bei denen Zellen geschädigt oder zerstört werden, treten intrazelluläre Enzyme ins Blut über und können dort anhand ihrer Aktivität nachgewiesen werden. Dieses Verfahren ist als Serumenzymdiagnostik bekannt. Es erlaubt nicht nur Rückschlüsse auf die Schwere des Gewebeschadens, sondern liefert auch

10

Hinweise auf den Ort der Schädigung, weil einige Enzyme eine charakteristische Organverteilung zeigen. In Abbildung 1 sind schematisch die relativen Konzentrationen diagnostisch wichtiger Enzyme in Leber, Skelettmuskel und Herzmuskel dargestellt. So ist z. B. die Aspartat-Aminotransferase (GOT) in allen drei Geweben in vergleichbaren Mengen vorhanden, während die Glutamat-Dehydrogenase (GLDH) und die Alanin-Aminotransferase (Alanin-Transaminase, ALT, ALAT, GPT) in der Leber stark angereichert sind (S. 176). Dagegen kommt die Kreatin-Kinase (CK) (S. 358) vorwiegend in der Muskulatur vor. Diese Verteilung spiegelt sich auch in der Enzymdiagnostik wider. So steigt nach einem Herzinfarkt, der das Myokard schädigt (2a), die CK-Aktivität im Blut innerhalb von 1–2 Tagen stark an und fällt dann etwas langsamer wieder ab. Auch die Lactat-Dehydrogenase (LDH) und die verwandte Hydroxybutyrat-Dehydrogenase (HBDH) werden freigesetzt. Bei den Transaminasen überwiegt GOT gegenüber GPT. Bei Lebererkrankungen, z. B. einer virusbedingten Hepatitis (2b), ist dagegen die leberspezifischere GPT-Aktivität im Serum deutlich höher als die der GOT. Die Spiegel von alkalischer Phosphatase (aP) und γ-Glutamyltransferase (γGT) ändern sich weniger deutlich. Weitere Enzyme mit Relevanz für die Enzymdiagnostik werden im Abschnitt über Markerenzyme im Plasma und Serum (S. 312) besprochen.

C. Angriffspunkte von Arzneimitteln Abgesehen von den oben besprochenen Aspekten sind Enzyme auch deshalb von hohem medizinischem Interesse, weil sie die wichtigsten Zielmoleküle („Targets“) von Arzneistoffen darstellen. Die Mehrzahl aller Wirkstoffe, die zur Chemotherapie von Erkrankungen eingesetzt werden, bindet spezifisch an funktionelle Proteine und beeinflusst deren Funktion. Wichtige Zielproteine sind neben Enzymen (1, oben), Membrantransporter (links oben) und vor allem Rezeptoren für Hormone (links unten) und Neurotransmitter (rechts unten). Abbildung 2 zeigt, dass diese Proteine zusammen über 90 % aller Arzneimittel-Targets ausmachen. Bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe ist die genaue Kenntnis des jeweiligen Zielmoleküls von entscheidender Bedeutung.

3 Stoffwechsel

3.1 Enzyme

Abb. 3.12 Enzyme: Pathobiochemie

105

3.2 Stoffwechselwege Intermediärstoffwechsel I

3 Stoffwechsel

In jeder Zelle laufen hunderte von chemischen Reaktionen ab, die zusammen den Stoffwechsel (Metabolismus) bilden. Die daran beteiligten chemischen Verbindungen heißen Metabolite. Geordnete Abfolgen chemischer Reaktionen mit hohem Durchsatz, sog. Stoffwechselwege, werden erst durch die Existenz spezifischer Enzyme (S. 82) möglich. Die Stoffwechselleistungen einer Zelle hängen also in erster Linie von ihrer Enzymausstattung ab, die wiederum genetisch festgelegt ist. Eine Reihe zentraler Stoffwechselwege ist den meisten Zellen und Organismen gemeinsam. Diese Wege, die dem Auf-, Ab- und Umbau wichtiger Metabolite sowie der Energiekonservierung dienen, bezeichnet man als Intermediärstoffwechsel.

A. Ernährungsformen Um zu leben, benötigen Zellen organische und anorganische Stoffe sowie Energie. Der tierische (und damit der menschliche) Stoffwechsel repräsentiert nur eine von vielen Ernährungsformen, die sich im Laufe der Evolution entwickelt haben. Nach der Art und Weise, wie die genannten Grundbedürfnisse gedeckt werden, kann man die heutigen Lebewesen in größere Gruppen einteilen. Entscheidende Kriterien sind dabei 1) die Energiequelle (Strahlungsenergie oder chemische Energie?), 2) die zur Speicherung von chemischer Energie in Form von ATP (s. u.) notwendige Elektronenquelle (organische oder anorganische Verbindungen?) und 3) die Herkunft der Kohlenstoffatome (organische Verbindungen oder CO2?). Organismen, die organische Verbindungen aus CO2 aufbauen können, nennt man autotroph („sich selbst ernährend“). Zu dieser Gruppe gehören die Pflanzen und eine Reihe von Mikroorganismen. Grüne Pflanzen z. B. decken ihren Energiebedarf aus Sonnenlicht und nutzen Wasser als Elektronenquelle (B). Sie sind deshalb photolithoautotroph. Die Tiere benötigen organische Verbindungen für alle drei Funktionen und sind deshalb heterotroph („sich von anderen ernährend“), genauer: chemoorganoheterotroph. Extrem anspruchslos sind einige anaerob lebende Archaebakterien, die ihre Bedürfnisse allein aus CO2 und Wasser decken können. Sie sind chemolithoautotroph.

10

B. Autotrophe und heterotrophe Organismen Da die heterotrophen Tiere nur vorgefertigte organische Verbindungen nutzen können, sind sie auf die Stoffwechselleistungen der autotrophen Pflanzen angewiesen (A). Pflanzen liefern ihnen nicht nur organische Moleküle, sondern auch den lebensnotwendigen Sauerstoff. Tatsächlich stammt fast der gesamte in der Atmosphäre vorhandene molekulare Sauerstoff aus der pflanzlichen Photosynthese (links). In der sogenannten Lichtreaktion wird dabei Wasser (H2O) mithilfe des Sonnenlichts in Sauerstoff und „energiereiche“ Elektronen in Form von NADPH umgewandelt. Das reduzierte Coenzym dient dann den Pflanzen dazu, aus CO2 organische Verbindungen wie Glucose aufzubauen (Dunkelreaktion). Die Tiere (aber auch die Pflanzen) nutzen ihren katabolen Stoffwechsel (rechts, siehe C), um Glucose wieder zu CO2 und H2O abzubauen und dabei nutzbare chemische Energie in Form von ATP (S. 114) zu gewinnen. Beide Prozesse kann man – wie in der Abbildung – als geschlossenen Kreislauf darstellen, der nichts anderes bewirkt als die Umwandlung von Lichtenergie in ATP.

C. Stoffwechselwege Im tierischen Stoffwechsel werden organische Vorstufen durch katabole Stoffwechselwege (rote Pfeile) zu kleineren Bruchstücken abgebaut. Der so entstandene „Metabolit-Pool“ aus C2- und C3-Verbindungen wird entweder nach weiteren katabolen Umwandlungen zur Energiegewinnung in der oxidativen Phosphorylierung herangezogen oder durch anabole Stoffwechselwege (blaue Pfeile) wieder zu komplexeren Molekülen aufgebaut. Die katabolen Wege liefern reduzierte Coenzyme, welche sowohl die oxidative Phosphorylierung (in Form von NADH) als auch anabole Wege (in Form von NADPH) mit Elektronen („Reduktionsäquivalenten“) versorgen. In allen Zellen ist Adenosintriphosphat (ATP) (S. 114) die wichtigste Speicherform für chemische Energie. Die exergone Spaltung von ATP ermöglicht durch energetische Kopplung (S. 116) den Ablauf energieabhängiger (endergoner) Prozesse.

3.2 Stoffwechselwege Intermediärstoffwechsel I

3 Stoffwechsel

In jeder Zelle laufen hunderte von chemischen Reaktionen ab, die zusammen den Stoffwechsel (Metabolismus) bilden. Die daran beteiligten chemischen Verbindungen heißen Metabolite. Geordnete Abfolgen chemischer Reaktionen mit hohem Durchsatz, sog. Stoffwechselwege, werden erst durch die Existenz spezifischer Enzyme (S. 82) möglich. Die Stoffwechselleistungen einer Zelle hängen also in erster Linie von ihrer Enzymausstattung ab, die wiederum genetisch festgelegt ist. Eine Reihe zentraler Stoffwechselwege ist den meisten Zellen und Organismen gemeinsam. Diese Wege, die dem Auf-, Ab- und Umbau wichtiger Metabolite sowie der Energiekonservierung dienen, bezeichnet man als Intermediärstoffwechsel.

A. Ernährungsformen Um zu leben, benötigen Zellen organische und anorganische Stoffe sowie Energie. Der tierische (und damit der menschliche) Stoffwechsel repräsentiert nur eine von vielen Ernährungsformen, die sich im Laufe der Evolution entwickelt haben. Nach der Art und Weise, wie die genannten Grundbedürfnisse gedeckt werden, kann man die heutigen Lebewesen in größere Gruppen einteilen. Entscheidende Kriterien sind dabei 1) die Energiequelle (Strahlungsenergie oder chemische Energie?), 2) die zur Speicherung von chemischer Energie in Form von ATP (s. u.) notwendige Elektronenquelle (organische oder anorganische Verbindungen?) und 3) die Herkunft der Kohlenstoffatome (organische Verbindungen oder CO2?). Organismen, die organische Verbindungen aus CO2 aufbauen können, nennt man autotroph („sich selbst ernährend“). Zu dieser Gruppe gehören die Pflanzen und eine Reihe von Mikroorganismen. Grüne Pflanzen z. B. decken ihren Energiebedarf aus Sonnenlicht und nutzen Wasser als Elektronenquelle (B). Sie sind deshalb photolithoautotroph. Die Tiere benötigen organische Verbindungen für alle drei Funktionen und sind deshalb heterotroph („sich von anderen ernährend“), genauer: chemoorganoheterotroph. Extrem anspruchslos sind einige anaerob lebende Archaebakterien, die ihre Bedürfnisse allein aus CO2 und Wasser decken können. Sie sind chemolithoautotroph.

10

B. Autotrophe und heterotrophe Organismen Da die heterotrophen Tiere nur vorgefertigte organische Verbindungen nutzen können, sind sie auf die Stoffwechselleistungen der autotrophen Pflanzen angewiesen (A). Pflanzen liefern ihnen nicht nur organische Moleküle, sondern auch den lebensnotwendigen Sauerstoff. Tatsächlich stammt fast der gesamte in der Atmosphäre vorhandene molekulare Sauerstoff aus der pflanzlichen Photosynthese (links). In der sogenannten Lichtreaktion wird dabei Wasser (H2O) mithilfe des Sonnenlichts in Sauerstoff und „energiereiche“ Elektronen in Form von NADPH umgewandelt. Das reduzierte Coenzym dient dann den Pflanzen dazu, aus CO2 organische Verbindungen wie Glucose aufzubauen (Dunkelreaktion). Die Tiere (aber auch die Pflanzen) nutzen ihren katabolen Stoffwechsel (rechts, siehe C), um Glucose wieder zu CO2 und H2O abzubauen und dabei nutzbare chemische Energie in Form von ATP (S. 114) zu gewinnen. Beide Prozesse kann man – wie in der Abbildung – als geschlossenen Kreislauf darstellen, der nichts anderes bewirkt als die Umwandlung von Lichtenergie in ATP.

C. Stoffwechselwege Im tierischen Stoffwechsel werden organische Vorstufen durch katabole Stoffwechselwege (rote Pfeile) zu kleineren Bruchstücken abgebaut. Der so entstandene „Metabolit-Pool“ aus C2- und C3-Verbindungen wird entweder nach weiteren katabolen Umwandlungen zur Energiegewinnung in der oxidativen Phosphorylierung herangezogen oder durch anabole Stoffwechselwege (blaue Pfeile) wieder zu komplexeren Molekülen aufgebaut. Die katabolen Wege liefern reduzierte Coenzyme, welche sowohl die oxidative Phosphorylierung (in Form von NADH) als auch anabole Wege (in Form von NADPH) mit Elektronen („Reduktionsäquivalenten“) versorgen. In allen Zellen ist Adenosintriphosphat (ATP) (S. 114) die wichtigste Speicherform für chemische Energie. Die exergone Spaltung von ATP ermöglicht durch energetische Kopplung (S. 116) den Ablauf energieabhängiger (endergoner) Prozesse.

3 Stoffwechsel

3.2 Stoffwechselwege

Abb. 3.13 Intermediärstoffwechsel I

107

3.2 Stoffwechselwege Intermediärstoffwechsel II In der Tafel sind die wichtigsten Wege des menschlichen Intermediärstoffwechsels als Flussdiagramm dargestellt, um ihre Wechselbeziehungen und die Rolle zentraler Metabolite und Coenzyme im Stoffwechselgeschehen deutlich zu machen.

3 Stoffwechsel

A. Intermediärstoffwechsel: Übersicht Die polymeren Inhaltsstoffe der Nahrung (Proteine, Kohlenhydrate, Nucleinsäuren sowie Fette, oben) können vom Organismus nicht direkt verwertet werden. Sie müssen zunächst durch Verdauungsenzyme (S. 280) in Monomere (Aminosäuren, Zucker, Nucleobasen und Fettsäuren) zerlegt werden, welche dann von den Zellen der Darmschleimhaut resorbiert und damit dem Stoffwechsel zugänglich gemacht werden. Die mit der Nahrung aufgenommenen Metabolite werden zum großen Teil durch katabole Stoffwechselwege (rote Pfeile) zu kleineren Bruchstücken abgebaut. Die Gesamtheit der so entstandenen Produkte bezeichnet man als „Metabolit-Pool“. Der Pool enthält vorwiegend Moleküle mit 2 oder 3 C-Atomen, von denen mit Pyruvat, coenzymgebundenen AcetylResten in Form von Acetyl-CoA (S. 54) und Glycerol nur drei besonders wichtige Vertreter dargestellt sind. Je nach Stoffwechsellage werden die Moleküle des Metabolit-Pools nach weiteren Abbauschritten zur Energiegewinnung in der oxidativen Phosphorylierung herangezogen (s. u.) oder durch anabole Stoffwechselwege (blaue Pfeile) wieder zu größeren Molekülen zusammengebaut. Die Metabolite des Pools stellen deshalb Bindeglieder zwischen dem Stoffwechsel der Proteine, Kohlenhydrate und Lipide dar. So wird z. B. das beim Abbau von Glucose (3) gebildete Pyruvat zu Acetyl-CoA umgewandelt, aus dem wiederum Fettsäuren (4) und Isoprenoide (5) gebildet werden können. Beide Synthesen benötigen als Reduktionsmittel NADPH, das ebenfalls aus dem Glucoseabbau stammt (1). Auch zur Biosynthese von Glucose durch Gluconeogenese (2) kann Pyruvat herangezogen werden. Noch wichtiger sind jedoch Vorstufen, die aus dem Abbau von Aminosäuren (7) stammen und Glycerol, das beim Abbau von Fetten anfällt. Zum Metabolit-Pool gehören auch die Intermediate des Citratzyklus (6). Dieser zyklische

10

Stoffwechselweg hat katabole und anabole Aufgaben (S. 126): er ist amphibol (violetter Kreis). Abfallprodukte des Abbaus organischer Stoffe im tierischen Stoffwechsel (ganz unten) sind Kohlendioxid (CO2), Wasser (H2O) und Ammoniak (NH3). Der giftige Ammoniak wird durch den Harnstoffzyklus (8) in Harnstoff eingebaut und in dieser Form ausgeschieden (S. 182). Chemische Energie wird von allen Organismen vorwiegend in Form von Adenosintriphosphat (ATP) (S. 114) gespeichert. Zur Bildung von ATP muss Energie aufgewendet werden, d. h. diese Reaktion ist endergon. Andererseits wird bei der Spaltung von ATP in ADP und Phosphat wieder Energie frei. Die exergone Hydrolyse von ATP ermöglicht durch energetische Kopplung (S. 116) den Ablauf energieabhängiger Prozesse. Der quantitativ wichtigste Weg zur ATP-Bildung ist in den meisten Zellen die sogenannte oxidative Phosphorylierung (S. 120). Dabei bilden katabole Stoffwechselwege zunächst eine Reihe verschiedener reduzierter Coenzyme (vor allem NADH und reduziertes Ubichinon, QH2). Von diesen Verbindungen aus werden dann „energiereiche“ Elektronen auf molekularen Sauerstoff übertragen. Diese stark exergone Redox-Reaktion wird durch die Atmungskette (S. 130) katalysiert. Die anfallende chemische Energie wird zunächst zum Aufbau eines elektrochemischen Gradienten (S. 118) genutzt, der wiederum die Energie zur Synthese von ATP (S. 132) aus ADP und anorganischem Phosphat liefert. Die meisten Organismen greifen unter anaeroben Bedingungen, d. h. in Abwesenheit von Sauerstoff, auf ATP zurück, das in der Glycolyse (3) entsteht. Diese weniger effiziente Art der ATP-Bildung bezeichnet man als Gärung (S. 120). Zusätzlich wird Pyruvat zum Gärungsprodukt Lactat reduziert um das in der Glycolyse gebildete NADH zu NAD+ zu reoxidieren (nicht gezeigt). Mikroorganismen bilden auch andere Gärungsprodukte wie Ethanol oder Buttersäure. Während NADH ausschließlich die oxidative Phosphorylierung versorgt, dient NADPH, ein sehr ähnliches Coenzym, als Reduktionsmittel für anabole Wege. NADPH wird vorwiegend im Hexosemonophosphat-Weg (HMW, 1) gebildet (S. 142).

3 Stoffwechsel

3.2 Stoffwechselwege

Abb. 3.14 Intermediärstoffwechsel II

109

3.2 Stoffwechselwege Regulationsmechanismen I Um Bildung und Abbau der Metabolite den physiologischen Erfordernissen anzupassen, werden die Aktivitäten aller Stoffwechselwege genau kontrolliert. Die wichtigsten der an dieser Kontrolle beteiligten Mechanismen zeigen wir hier in einer Übersicht.

3 Stoffwechsel

A. Schlüsselenzyme Als Schlüsselenzyme bezeichnet man Enzyme, die die langsamsten und damit geschwindigkeitsbestimmenden Schritte eines Stoffwechselwegs katalysieren. Ihre Bedeutung lässt sich an einem Beispiel aus der Mechanik verdeutlichen: Die Menge des Wassers, die pro Zeiteinheit durch ein System verbundener Wasserbecken strömt, wird vom Durchmesser des dünnsten Verbindungsrohres bestimmt. Wird dieses erweitert, erhöht sich auch die ausfließende Wassermenge. Ein System dieser Art, das in ähnlicher Form auch bei Stoffwechselwegen vorliegt, nennt man (im Gegensatz zum stabilen chemischen Gleichgewicht) ein Fließgleichgewicht.

B. Grundlegende Mechanismen der Stoffwechsel-Regulation Die Kontrolle des Intermediärstoffwechsels findet auf mehreren Ebenen statt. Die meisten der daran beteiligten Regulationsmechanismen wirken auf Prozesse, welche die Synthese und/oder die Aktivität von Schlüsselenzymen beeinflussen. ▶ Chromatinumbau. Damit ein Gen überhaupt abgelesen werden kann, muss der entsprechende DNA-Abschnitt zugänglich sein. Wie im Kapitel über Chromatin (S. 244) besprochen, trifft dies nur für Gene zu, die im aufgelockerten Euchromatin liegen. Deacetylierung von Histonen (2) und Methylierung der DNA (3) verhindern die Transkription, während Acetylierung (1) und Demethylierung (4) sie begünstigen. ▶ Transkriptionskontrolle. Die Transkription der meisten Gene wird durch Regulatorproteine (Transkriptionsfaktoren) gesteuert, die im Promoter-Bereich der Gene an die DNA binden und die Transkription aktivieren oder hemmen (S. 254). Die Aktivität dieser Faktoren wiederum wird häufig durch Phosphorylierung/Dephosphorylierung (5, 6) bzw. Acetylierung/Deacetylierung (1, 2) reguliert. Auch Metabolite (A, Z) beeinflussen die Transkription von Schlüsselenzmen, entweder direkt oder über die Ausschüttung von Hormonen. Beispiele da-

11

für finden sich z. B. bei der Regulation durch Metabolite (S. 112). ▶ Interkonversion. Schneller als die Transkriptionskontrolle wirkt die Interkonversion von Enzymen. In diesem Fall liegt das Enzym bereits an seinem Wirkort vor, ist aber zunächst noch inaktiv. Erst bei Bedarf wird es durch ein aktivierendes Enzym, welches Aminosäurereste modifiziert, in die katalytisch aktive Form überführt. Wird der Stoffwechselweg nicht mehr benötigt, versetzt ein inaktivierendes Enzym das Schlüsselenzym wieder in die inaktive Ruheform. Diese Modifizierungen bestehen häufig in der Phosphorylierung (5) bzw. Dephosphorylierung (S. 426) des Proteins (6). Die daran beteiligten Protein-Kinasen bzw. Protein-Phosphatasen (S. 426) werden unter dem Einfluss von Second-Messengern (S. 422) oft ihrerseits durch Phosphorylierung/Dephosphorylierung reguliert. Auch die Acetylierung von Proteinen durch Acetyltransferasen (1) bzw. ihre Deacetylierung durch Deacetylasen (2) sowie die proteolytische Aktivierung (S. 172) bzw. Inaktivierung (S. 284) (7) sind verbreitete Interkonversionsmechanismen. ▶ Modulation durch Liganden. Die Feinkontrolle der Enzymaktivität erfolgt durch Liganden (Substrate, Produkte, Coenzyme u. a.), die als allosterische Effektoren (S. 90) die Enzymaktivität modulieren. Häufig beobachtet man eine Hemmung durch unmittelbare Reaktionsprodukte (hier B, Produkthemmung), durch Endprodukte der ganzen Reaktionskette (hier Z, „feed-back“-Hemmung) oder durch Metabolite aus ganz anderen Stoffwechselwegen. Vorstufen einer Reaktionskette (hier X) können durch Aktivierung von Enzymen ihre eigene Verwertung stimulieren. Wichtig für den Fluss durch einen Stoffwechselweg ist auch die Verfügbarkeit von Coenzymen. Wird das Coenzym eines Schlüsselenzyms durch einen zweiten, unabhängigen Stoffwechselweg regeneriert, kann die Geschwindigkeit dieses zweiten Weges die des ersten begrenzen (8), siehe z. B. Regulation des Energiestoffwechsels (S. 134). ▶ Kompartimentierung. Auch der Transport von Substraten und/oder Coenzymen aus einem anderen Zellkompartiment zum Wirkort kann die Aktivität eines Schlüsselenzyms limitieren (9). Manchmal werden auch Schlüsselenzyme selbst in ein anderes Zellkompartiment verlagert und dort durch Inhibitoren festgehalten. Bei Bedarf werden sie dann – als Folge von Hormon- oder Metabolitsignalen – wieder an ihre Wirkorte zurückgebracht, z. B. Glukokinase (S. 150).

3 Stoffwechsel

3.2 Stoffwechselwege

Abb. 3.15 Regulationsmechanismen I

111

3.2 Stoffwechselwege Regulationsmechanismen II

C. Kompartimentierung

Die vorliegende Tafel erläutert die auf der Vorseite besprochenen Prinzipien der Stoffwechselregulation anhand typischer Fälle. Viele weitere Beispiele werden an anderer Stelle im Zusammenhang mit dem Stoffwechsel einzelner Metabolitgruppen besprochen.

Der Stoffwechsel der Fettsäuren ist auf zwei Zellkompartimente verteilt: Der Abbau aktivierter Fettsäuren (Acyl-CoA) durch β-Oxidation findet in der Mitochondrien-Matrix statt, während die Fettsäure-Biosynthese, an die sich die Bildung von Acyl-CoA anschließt, im Cytoplasma abläuft. Auch hier muss durch reziproke Regulation vermieden werden, dass neu gebildete Acyl-CoA-Moleküle sofort wieder abgebaut werden. Dies wird dadurch erreicht, dass Malonyl-CoA, das nur bei laufender Fettsäurebiosynthese in höheren Konzentrationen auftritt, durch Hemmung der Carnitin-Acyltransferase I [5] (S. 156) die Aufnahme von AcylCoA in die Mitochondrien verhindert. Wird die Konzentration von Acyl-CoA dagegen zu hoch, hemmt dieses die Acetyl-CoA-Carboxylase [6], und damit die Bildung von Malonyl-CoA. Dadurch wird die Hemmung des Acyl-CoA-Transports in die Mitochondrien wieder aufgehoben. Ist in der Mitochondrien-Matrix reichlich Acetyl-CoA vorhanden, wird daraus Citrat gebildet, das die Mitochondrien verlässt um im Cytoplasma als Vorstufe für die Fettsäuresynthese zu dienen. Durch Aktivierung der AcetylCoA-Carboxylase fördert Citrat seine eigene Verwertung. Dies ist ein typisches Beispiel für die Aktivierung eines Wegs durch eine Vorstufe („feed-forward-Aktivierung“).

3 Stoffwechsel

A. Transkriptionskontrolle Die Leber ist neben der Niere das einzige Organ, das Glucose nicht nur über die Glycolyse abbauen sondern durch Gluconeogenese (S. 144) auch neu bilden kann. Würden beide Wege gleichzeitig ablaufen, entstünde ein sinnloser Zyklus, der nutzlos ATP verbrauchen und die Hepatocyten schwer schädigen würde. Die reziproke Regulation von Glycolyse und Gluconeogenese stellt sicher, dass nur jeweils einer der beiden Wege abläuft. Sie wird u. a. über die Transkription der Phosphoenolpyruvat-Carboxykinase (PEP-CK, [1]) gesteuert. Die PEP-CK, ein Schlüsselenzym der Gluconeogenese, wird bei Glucosemangel (links) unter dem Einfluss des Glucocorticoids Cortisol vermehrt synthetisiert. Der Mechanismus der Transkriptionskontrolle (S. 254) durch Cortisol wird im Detail auch im Abschnitt über den Wirkungsmechanismus lipophiler Signalstoffe (S. 434) besprochen. Auch das Sirtuin Sirt2 (S. 394) aktiviert die PEP-CK durch Deacetylierung. Steigt der Glucosespiegel wieder, wird Insulin (S. 444) ausgeschüttet, das die Transkription der PEP-CK und damit die Gluconeogenese über die Inaktivierung des Transkriptionsfaktors Foxo hemmt.

B. Interkonversion Besonders komplex reguliert ist die PyruvatDehydrogenase (S. 122) (PDH, [2]), ein Enzym an der Schnittstelle zwischen Kohlenhydratund Lipidstoffwechsel. Die PDH wird durch eine spezifische Protein-Kinase [3] durch Phosphorylierung inaktiviert, und durch eine ebenfalls PDH-spezifische Phosphatase [4] wieder aktiviert. Kinase und Phosphatase wiederum werden durch Hormone und Metabolite reguliert. So aktivieren die Reaktionsprodukte Acetyl-CoA und NADH die Kinase und hemmen die PDH-Aktivität (Produkthemmung). NADH erzielt denselben Effekt auch durch Hemmung der Phosphatase. Auch die Protein-Deacetylase Sirt4 (S. 394) hemmt die PDH. Aktivierende Einflüsse auf die PDH haben Insulin und die Vorstufe Pyruvat, welche beide die Kinase hemmen, sowie Ca2 + , das die Phosphatase aktiviert.

11

D. Regulation durch Metabolite Normalerweise benötigen Zellen nur geringe Mengen an Nucleotiden. Lediglich in der SPhase des Zellzyklus (S. 460) und bei intensiver Transkription werden sie als Nucleinsäurevorstufen massenhaft benötigt. Die Regulation der Purinnucleotid-Biosynthese ist ein gutes Beispiel für Rückkopplungs-(„feed-back“-)Hemmung. Mehrere Schlüsselenzyme des Weges, darunter die „frühen“ Enzyme PRPP-Synthase [7] und die Phosphoribosyl-Aminotransferase [8], werden durch Adenin- und Guanin-Nucleotide allosterisch gehemmt. Deshalb kommt die Neubildung von Purin-Nucleotiden rasch zum Erliegen, wenn die Produkte des Weges nicht sofort in Nucleinsäuren eingebaut werden. Auch die Biosynthese von Pyrimidin-Nucleotiden, u. a. durch die ACTase, wird auf diese Weise gesteuert.

3 Stoffwechsel

3.2 Stoffwechselwege

Abb. 3.16 Regulationsmechanismen II

113

3.3 Energiestoffwechsel ATP Das Nucleotid-Coenzym Adenosintriphosphat (ATP) dient in allen Zellen als wichtigste Speicherform für chemische Energie. Die Spaltung von ATP ist stark exergon. Die dabei frei werdende Energie (ΔG) wird genutzt, um durch energetische Kopplung (S. 26) endergone Vorgänge wie Biosynthesen, Bewegungs- und Transport-Prozesse anzutreiben. Andere Nucleosidtriphosphat-Coenzyme (GTP, CTP und UTP) haben ähnliche chemische Eigenschaften wie ATP, werden jedoch im Stoffwechsel für andere Aufgaben eingesetzt (S. 102).

3 Stoffwechsel

A. ATP: Struktur ATP ist ein Nucleosidtriphosphat, in dem eine Kette aus drei Phosphat-Resten mit der 5’-OHGruppe des Nucleosids Adenosin (S. 74) verknüpft ist. Man kennzeichnet diese PhophatReste mit α, β und γ. Das α-Phosphat ist mit der Ribose durch eine Phosphorsäureester-Bindung verbunden. Bei den Verknüpfungen zwischen den Phosphat-Resten untereinander handelt es sich dagegen um erheblich labilere Phosphorsäureanhydrid-Bindungen. Das eigentlich wirksame Coenzym ist in der Regel der Komplex von ATP mit einem Mg2 + -Ion, das koordinativ an die α- und β-Phosphat-Reste gebunden ist (Mg2 + · ATP4–), der Einfachheit halber spricht man jedoch meist nur von ATP.

B. Hydrolyse-Energien Das in A gezeigte Formelbild der PhosphatReste mit Einfach- und Doppelbindungen gibt die tatsächliche Ladungsverteilung im ATP nicht korrekt wieder. Die Sauerstoff-Atome aller drei Phosphat-Reste sind etwa gleich stark negativ geladen (orange), während die Phosphor-Atome Zentren positiver Ladung darstellen (grün). Der Hauptgrund für die Instabilität der Phosphorsäureanhydrid-Bindungen ist die Abstoßung zwischen diesen negativ geladenen Sauerstoff-Atomen, die bei der Abspaltung eines Phosphat-Restes teilweise aufgehoben wird. Außerdem ist das bei der Hydrolyse von ATP gebildete freie Phosphat-Anion besser hydratisiert und stärker mesomeriestabilisiert als der entsprechende Rest im ATP. Auch dies trägt zum stark exergonen Charakter der ATP-Hydrolyse bei.

11

Die Änderung der freien Enthalpie ΔG0’ (S. 28) der Hydrolyse der Phosphoräureanhydrid-Bindungen beträgt bei pH 7 unter Standardbedingungen –30 bis –35 kJ · mol–1. Welche der Anhydrid-Bindungen im ATP gespalten wird, hat dabei auf den Wert von ΔG0’ nur geringen Einfluss (1, 2). Selbst die Hydrolyse von Diphosphat (4) ergibt noch mehr als –30 kJ · mol–1. Dagegen liefert die Spaltung der Ester-Bindung zwischen Ribose und Phosphat (3) nur –9 kJ · mol–1. In der Zelle ist das effektive ΔG der ATPHydrolyse noch erheblich größer, weil die Konzentrationen von ATP, ADP und Pi viel niedriger sind als unter Standardbedingungen (= 1 mol · L–1) und ATP im Überschuss über ADP vorliegt. Auch der pH-Wert und die Mg2 + -Konzentration beeinflussen den Wert von ΔG. Die physiologische Energieausbeute der ATP-Hydrolyse zu ADP und anorganischem Phosphat (Pi) liegt vermutlich bei etwa –50 kJ · mol–1.

C. Formen der ATP-Bildung Nur wenige Verbindungen enthalten Phosphat-Reste mit einem chemischen Potenzial (S. 28), das hoch genug ist, um sie auf ADP übertragen zu können und dadurch die Synthese von ATP zu ermöglichen. Vorgänge, die anorganisches Phosphat auf ein so hohes Potenzial bringen, nennt man SubstratkettenPhosphorylierungen (S. 116). Reaktionen dieser Art kommen nur in der Glycolyse (S. 140) und im Citratzyklus (S. 124) vor. Der größte Teil des zellulären ATP entsteht nicht auf die eben beschriebene Art und Weise (d. h. durch Tansfer von Phosphat-Resten von organischen Molekülen auf ADP), sondern durch oxidative Phosphorylierung (S. 130). Dieser Prozess findet in Mitochondrien (bei Pflanzen auch in Chloroplasten) statt und ist energetisch an einen Protonengradienten über einer Membran gekoppelt. Diese H+-Gradienten werden durch eine Elektronen-Transportkette aufgebaut und dienen dem Enzym ATPSynthase (S. 132) als Energiequelle zur direkten Verknüpfung von anorganischem Phosphat mit ADP. Die oxidative Phosphorylierung ist – im Gegensatz zur Substratketten-Phosphorylierung – von der Anwesenheit von Sauerstoff (d. h. aeroben Bedingungen) abhängig.

3.3 Energiestoffwechsel ATP Das Nucleotid-Coenzym Adenosintriphosphat (ATP) dient in allen Zellen als wichtigste Speicherform für chemische Energie. Die Spaltung von ATP ist stark exergon. Die dabei frei werdende Energie (ΔG) wird genutzt, um durch energetische Kopplung (S. 26) endergone Vorgänge wie Biosynthesen, Bewegungs- und Transport-Prozesse anzutreiben. Andere Nucleosidtriphosphat-Coenzyme (GTP, CTP und UTP) haben ähnliche chemische Eigenschaften wie ATP, werden jedoch im Stoffwechsel für andere Aufgaben eingesetzt (S. 102).

3 Stoffwechsel

A. ATP: Struktur ATP ist ein Nucleosidtriphosphat, in dem eine Kette aus drei Phosphat-Resten mit der 5’-OHGruppe des Nucleosids Adenosin (S. 74) verknüpft ist. Man kennzeichnet diese PhophatReste mit α, β und γ. Das α-Phosphat ist mit der Ribose durch eine Phosphorsäureester-Bindung verbunden. Bei den Verknüpfungen zwischen den Phosphat-Resten untereinander handelt es sich dagegen um erheblich labilere Phosphorsäureanhydrid-Bindungen. Das eigentlich wirksame Coenzym ist in der Regel der Komplex von ATP mit einem Mg2 + -Ion, das koordinativ an die α- und β-Phosphat-Reste gebunden ist (Mg2 + · ATP4–), der Einfachheit halber spricht man jedoch meist nur von ATP.

B. Hydrolyse-Energien Das in A gezeigte Formelbild der PhosphatReste mit Einfach- und Doppelbindungen gibt die tatsächliche Ladungsverteilung im ATP nicht korrekt wieder. Die Sauerstoff-Atome aller drei Phosphat-Reste sind etwa gleich stark negativ geladen (orange), während die Phosphor-Atome Zentren positiver Ladung darstellen (grün). Der Hauptgrund für die Instabilität der Phosphorsäureanhydrid-Bindungen ist die Abstoßung zwischen diesen negativ geladenen Sauerstoff-Atomen, die bei der Abspaltung eines Phosphat-Restes teilweise aufgehoben wird. Außerdem ist das bei der Hydrolyse von ATP gebildete freie Phosphat-Anion besser hydratisiert und stärker mesomeriestabilisiert als der entsprechende Rest im ATP. Auch dies trägt zum stark exergonen Charakter der ATP-Hydrolyse bei.

11

Die Änderung der freien Enthalpie ΔG0’ (S. 28) der Hydrolyse der Phosphoräureanhydrid-Bindungen beträgt bei pH 7 unter Standardbedingungen –30 bis –35 kJ · mol–1. Welche der Anhydrid-Bindungen im ATP gespalten wird, hat dabei auf den Wert von ΔG0’ nur geringen Einfluss (1, 2). Selbst die Hydrolyse von Diphosphat (4) ergibt noch mehr als –30 kJ · mol–1. Dagegen liefert die Spaltung der Ester-Bindung zwischen Ribose und Phosphat (3) nur –9 kJ · mol–1. In der Zelle ist das effektive ΔG der ATPHydrolyse noch erheblich größer, weil die Konzentrationen von ATP, ADP und Pi viel niedriger sind als unter Standardbedingungen (= 1 mol · L–1) und ATP im Überschuss über ADP vorliegt. Auch der pH-Wert und die Mg2 + -Konzentration beeinflussen den Wert von ΔG. Die physiologische Energieausbeute der ATP-Hydrolyse zu ADP und anorganischem Phosphat (Pi) liegt vermutlich bei etwa –50 kJ · mol–1.

C. Formen der ATP-Bildung Nur wenige Verbindungen enthalten Phosphat-Reste mit einem chemischen Potenzial (S. 28), das hoch genug ist, um sie auf ADP übertragen zu können und dadurch die Synthese von ATP zu ermöglichen. Vorgänge, die anorganisches Phosphat auf ein so hohes Potenzial bringen, nennt man SubstratkettenPhosphorylierungen (S. 116). Reaktionen dieser Art kommen nur in der Glycolyse (S. 140) und im Citratzyklus (S. 124) vor. Der größte Teil des zellulären ATP entsteht nicht auf die eben beschriebene Art und Weise (d. h. durch Tansfer von Phosphat-Resten von organischen Molekülen auf ADP), sondern durch oxidative Phosphorylierung (S. 130). Dieser Prozess findet in Mitochondrien (bei Pflanzen auch in Chloroplasten) statt und ist energetisch an einen Protonengradienten über einer Membran gekoppelt. Diese H+-Gradienten werden durch eine Elektronen-Transportkette aufgebaut und dienen dem Enzym ATPSynthase (S. 132) als Energiequelle zur direkten Verknüpfung von anorganischem Phosphat mit ADP. Die oxidative Phosphorylierung ist – im Gegensatz zur Substratketten-Phosphorylierung – von der Anwesenheit von Sauerstoff (d. h. aeroben Bedingungen) abhängig.

3 Stoffwechsel

3.3 Energiestoffwechsel

Abb. 3.17 ATP

115

3.3 Energiestoffwechsel Energetische Kopplung Unter energetischer Kopplung versteht man einen Mechanismus, bei dem ein energieabhängiger (endergoner) Vorgang funktionell so an einen zweiten, Energie liefernden (exergonen) Prozess gekoppelt wird, dass der Gesamtvorgang freiwillig abläuft (S. 26). So ist z. B. in einer Taschenlampe die endergone Erzeugung von Licht an eine exergone chemische Reaktion gekoppelt, während ein Elektromotor den exergonen Fluss von Elektronen zu endergoner mechanischer Arbeit nutzt.

3 Stoffwechsel

A. Energetische Kopplung Lebende Zellen koppeln endergone Vorgänge aller Art an eine bestimmte chemische Reaktion, nämlich die Spaltung von Adenosintriphosphat (ATP) (S. 114) in ADP und Phosphat bzw. AMP und Diphosphat. ATP und ähnliche Moleküle werden deshalb oft als „energiereiche“ Verbindungen bezeichnet. Dieser Ausdruck ist allerdings missverständlich: Die Bindungsenergien zwischen den Atomen im ATP sind nicht größer als in anderen Molekülen, wohl aber die Energiemengen (S. 28) (gemessen als ΔG), die bei der Phosphat-Übertragung von ATP auf andere Moleküle umgesetzt werden. Um die Gruppenübertragungspotenziale „energiereicher“ Verbindungen einschätzen zu können, vergleicht man willkürlich die Änderung der freien Enthalpie ΔG0’ (S. 28) bei ihrer Hydrolyse (S. 114). Dies bedeutet jedoch nicht, dass ATP bei energetisch gekoppelten Reaktionen tatsächlich hydrolysiert wird. Würde man die ATP-Hydrolyse und einen endergonen Prozess einfach nebeneinander ablaufen lassen, würde die Hydrolyse lediglich Wärme liefern, ohne den endergonen Vorgang zu beeinflussen. Zur chemischen Kopplung müssen beide Reaktionen so verzahnt werden, dass ein gemeinsames Zwischenprodukt entsteht. Dieser Zusammenhang ist hier am Beispiel der Glutamin-Synthetase-Reaktion dargestellt. Die direkte Übertragung von NH4+ auf Glutamat ist endergon (ΔG0’ = + 14 kJ · mol–1), kann also unter Standardbedingungen nicht spontan ablaufen (S. 28). In der Zelle wird die Reaktion in zwei exergone Schritte zerlegt: Zunächst wird der γ-Phosphat-Rest von ATP auf Glutamat übertragen. Dabei entsteht ein „energiereiches“ gemischtes Säureanhydrid. Im zweiten Schritt wird der Phosphat-Rest des Zwischen-

11

produkts durch NH3 substituiert, und es entstehen Glutamin und freies Phosphat. Die Energiebilanz der Gesamtreaktion (ΔG0’ = –17 kJ · mol–1) entspricht der Summe der freien Enthalpieänderungen der direkten Glutaminbildung (ΔG0’ = + 14 kJ · mol–1) und der ATP-Hydrolyse (ΔG0’ = –31 kJ · mol–1), obwohl ATP in Wirklichkeit gar nicht hydrolysiert wurde.

B. Substratketten-Phosphorylierung In der Zelle gibt es nur einige wenige Metabolite, die Phosphat in einer exergonen Reaktion auf ADP übertragen und damit ATP (S. 114) bilden können. Bei ihrer Synthese wird anorganisches Phosphat oder esterartig gebundenes Phosphat in Bindungen mit hohem Phosphatübertragungs-Potenzial überführt. Reaktionen dieser Art bezeichnet man als „SubstratkettenPhosphorylierungen“, weil sie Teilschritte von Stoffwechselwegen („Substratketten“) sind. In der Glycerinaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase-Reaktion, einem Teilschritt der Glycolyse (links), wird die Aldehyd-Gruppe von Glycerinaldehyd-3-phosphat zur CarboxyGruppe oxidiert. Im Laufe der Reaktion wird zusätzlich ein anorganisches Phosphat in das Produkt eingeführt, sodass ein gemischtes Säureanhydrid (1,3-Bisphosphoglycerat) entsteht. Die Phosphopyruvat-Hydratase (Enolase, Mitte) katalysiert die Abspaltung von Wasser aus 2-Phosphoglycerat. Im gebildeten Enolphosphat (Phosphoenolpyruvat) befindet sich der Phosphat-Rest – im Gegensatz zum 2-Phosphoglycerat – auf extrem hohem Potenzial (ΔG0’ der Hydrolyse: –62 kJ · mol–1). Eine dritte Reaktion dieses Typs ist die Bildung von Succinylphosphat, die als Teilschritt der SuccinylCoA-Ligase (Thiokinase)-Reaktion im Citratzyklus vorkommt. Hier wird wieder anorganisches Phosphat in eine gemischte Säureanhydrid-Bindung eingeführt und von dort aus auf GDP oder ADP übertragen. Succinylphosphat ist dabei nur Zwischenprodukt, das vom Enzym nicht freigesetzt wird. In der Literatur wird der Begriff „Substratketten-Phosphorylierung“ uneinheitlich gebraucht. Manche Autoren (auch wir) verstehen darunter die Reaktionen, bei denen Phosphat auf hohes Potenzial gebracht wird, andere verwenden ihn für die nachfolgenden Reaktionen, in denen aus den energiereichen Zwischenprodukten ATP oder GTP gebildet wird.

3 Stoffwechsel

3.3 Energiestoffwechsel

Abb. 3.18 Energetische Kopplung

117

3.3 Energiestoffwechsel Energiekonservierung an Membranen Stoffwechselenergie lässt sich nicht nur in Form „energiereicher“ Verbindungen speichern (S. 116), sondern auch dadurch, dass elektrische Ladungen unter Energieaufwand voneinander getrennt und durch eine isolierende Schicht daran gehindert werden, sich wieder gleichmäßig zu verteilen. In der Technik bezeichnet man ein solches System als Kondensator. Nach dem gleichen Prinzip wird auch an biologischen Membranen Energie gespeichert („konserviert“). Die Membran wirkt als Isolator, als Ladungen fungieren elektrisch geladene Atome und Moleküle (Ionen).

3 Stoffwechsel

A. Elektrochemischer Gradient Innerhalb und außerhalb lebender Zellen sind viele Ionen (Na+, K+, Ca2 + , Cl– u. a.) ungleich verteilt (1). Dies beruht auf aktiven Transportprozessen (B) und auf der Tatsache, dass biologische Membranen selektive, teilweise gesteuerte Ionenkanäle (S. 418) enthalten, die den Durchtritt einzelner Ionenarten kontrollieren. Ob und in welcher Richtung ein gegebenes Ion eine Membran passiert, hängt vom elektrochemischen Gradienten ab, d. h. von den Konzentrationen des Ions auf beiden Seiten der Membran (dem Konzentrationsgradienten) und von der elektrischen Potenzialdifferenz zwischen Innen- und Außenraum, dem Membranpotenzial. Quantitativ wird das Verhalten einer gegebenen Ionenart durch die Nernst-Gleichung ΔΨG = (R · T/F · n) · ln (caußen/cinnen) beschrieben. Dabei ist ΔΨG das Membranpotenzial (in Millivolt, mV), bei dem kein Nettotransport des betreffenden Ions durch die Membran stattfindet (Gleichgewichtspotenzial). Der Faktor R · T/F · n hat für einwertige Ionen bei 25 °C den Wert 26 mV. Damit ergibt sich z. B. aus Tabelle (2) für K+ ein Gleichgewichtspotenzial von etwa –90 mV, d. h. ein Wert in der gleichen Größe wie das Ruhepotenzial. Für Na+-Ionen dagegen ist ΔΨG mit + 70 mV weit höher als das Ruhepotenzial. Na+-Ionen strömen deshalb sofort in die Zelle ein, wenn sich Na+-Kanäle öffnen (S. 374). Das Membranpotenzial ruhender Zellen (Ruhepotenzial) beträgt –50 bis –90 mV, d. h. auf der Innenseite der Plasmamembran herrscht ein Überschuss an negativen Ladungen. Zum Ruhepotenzial tragen vor allem die Kationen Na+ und K+ sowie Cl– und organische

11

Anionen bei (1). Daten zu den Konzentrationen dieser Ionen außerhalb und innerhalb tierischer Zellen und den entsprechenden Permeabilitätskoeffizienten sind in der Tabelle (2) zusammengestellt.

B. Na+/K+-ATPase Die Hauptursache für die ungleiche Verteilung von Na+- und K+-Ionen innerhalb und außerhalb lebender Zellen und damit für ihr Membranpotenzial ist eine aktive Natrium-KaliumPumpe in der Plasmamembran, die unter ATPVerbrauch ständig 3 Na+-Ionen im Tausch gegen 2 K+-Ionen nach außen transportiert. Diese sogenannte Na+/K+-ATPase [1] kommt in allen Zellen vor und ist für einen erheblichen Teil des gesamten ATP-Verbrauchs des Körpers verantwortlich. Die leistungssteigernde Wirkung des Herzglycosids Digitoxin aus dem roten Fingerhut (Digitalis pupurea) beruht auf einer Hemmung der Na+/K+-ATPase. Der katalytische Zyklus der Na+/K+-Pumpe (2) umfasst mehrere Stadien. Zunächst bindet sie auf der Innenseite der Membran 3 Na+-Ionen (oben rechts). Die Phosphorylierung eines Aspartat-Restes in der α-Untereinheit führt daraufhin zu einer Konformationsänderung und zur Freisetzung der Na+-Ionen auf der Außenseite. Im nächsten Schritt werden dort 2 K+-Ionen gebunden. Durch Hydrolyse des Aspartylphosphats kehrt das Enzym in seine Ausgangskonformation zurück und ist nach Freisetzung der K+-Ionen auf der Innenseite bereit, einen neuen Zyklus zu beginnen.

C. Protonengradienten Auch Oxonium-Ionen (S. 24) (H3O+, „H+-Ionen“) können elektrochemische Gradienten bilden. Solche Protonengradienten sind im Rahmen der oxidativen Phosphorylierung entscheidend an der zellulären ATP-Synthese beteiligt (S. 130). Wie bei allen Ionen hängt ihr Energieinhalt vom Konzentrationsgradienten ab, d. h. von der pH-Differenz ΔpH zwischen beiden Seiten der Membran. Außerdem leistet das Membranpotenzial ΔΨ einen Beitrag. Aus beiden Größen ergibt sich die protonenmotorische Kraft Δp, ein Maß für die chemische Arbeit, die der H+-Gradient leisten kann. So liefert z. B. der Protonengradient über der inneren Mitochondrienmembran (S. 132) etwa 24 kJ pro mol H+.

3 Stoffwechsel

3.3 Energiestoffwechsel

Abb. 3.19 Energiekonservierung an Membranen

119

3.3 Energiestoffwechsel

3 Stoffwechsel

Übersicht Als Energiestoffwechsel bezeichnet man die Gesamtheit aller Stoffwechselwege und Reaktionen, die in der Zelle der Bereitstellung chemischer Energie in Form von ATP (S. 114) dienen. Während der Evolution haben sich sehr unterschiedliche Ernährungsformen (S. 106) herausgebildet. Die Tiere und damit auch der Mensch betreiben einen rein chemoheterotrophen Stoffwechsel. Zur ATP-Bildung sind sie auf organische Verbindungen angewiesen, die mit der Nahrung aufgenommen und dann über katabole Stoffwechselwege oxidativ abgebaut werden. Welche Moleküle abgebaut werden können und ob der Abbau partiell oder vollständig verläuft, hängt davon ab, ob molekularer Sauerstoff (O2) verfügbar ist oder nicht. In Gegenwart ausreichender Mengen von O2 (aerober Zustand, 1) können alle Arten von Metaboliten zur Energiegewinnung herangezogen werden. Dazu gehören Glucose, Fettsäuren, Aminosäuren und alle anderen Verbindungen, die sich über katabole Wege in den Citratzyklus einschleusen lassen. In Abwesenheit von O2 (anaerober Zustand, 2) oder bei vorübergehendem Sauerstoffmangel (Hypoxie) bleibt im Stoffwechsel der Säugetiere als einzige Möglichkeit zur ATP-Bildung der Abbau von Glucose über die anaerobe Glycolyse (1a, 1b). Unter aeroben Bedingungen (links) wird ATP fast ausschließlich durch oxidative Phosphorylierung gewonnen (6). Fettsäuren gelangen nach Aktivierung zu Acyl-Co (2) über den Carnitin-Shuttle (S. 156) in die Mitochondrien und werden dort durch die β-Oxidation (4) in CoA-gebundene Acetyl-Reste zerlegt. Glucose wird im Cytoplasma durch die Glycolyse (S. 140) in Pyruvat umgewandelt, welches in der Mitochondrien-Matrix durch oxidative Decarboxylierung (3) weiter zu Acetyl-CoA abgebaut wird. Das im Cytoplasma gebildete NADH erreicht die Mitochondrien-Matrix über den Malat-Shuttle (S. 128). Die gebildeten AcetylReste werden im Citratzyklus (5) zu CO2 oxidiert. Auch der Abbau von Aminosäuren (S. 178) erzeugt Acetyl-Reste oder Produkte, die direkt in den Zyklus einfließen können. Die reduzierten Coenzyme (NADH, QH2) werden über die Atmungskette auf Sauerstoff übertragen. Dabei wird chemische Energie frei, die über einen Protonengradienten zur ATP-Bildung genutzt wird (6). Im anaeroben Zustand (rechts oben) können NADH und QH2 nicht mehr durch die

12

Amungskette reoxidiert werden. Dadurch kommt nicht nur die mitochondriale ATP-Synthese zum Erliegen, sondern fast der gesamte Stoffwechsel der Mitochondrien-Matrix. Dann ist die Zelle völlig auf die ATP-Bildung durch die anaerobe Glycolyse angewiesen. Soll dieser Prozess kontinuierlich ablaufen, muss das im Cytoplasma gebildete NADH ständig wieder reoxidiert werden. Dazu reduzieren tierische Zellen unter anaeroben Bedingungen Pyruvat zu Lactat und geben dieses ans Blut ab. Prozesse dieser Art nennt man Gärungen. Ihre ATPAusbeute ist gering, so entstehen bei der Lactatbildung nur 2 ATP pro Glucose. Will man die Zahl der im aeroben Zustand gebildeten ATP-Moleküle abschätzen, muss man den sog. P/O-Quotienten kennen, d. h. das molare Verhältnis von gebildetem ATP („P“) zu gebildetem Wasser („O“). Während des Transports von zwei Elektronen von NADH über die Atmungskette auf O2 werden nach heutiger Kenntnis etwa 10 Protonen in den Intermembran-Raum transportiert, von Ubichinol (QH2) aus sind es nur 6. Die ATP-Synthase (S. 132) benötigt zur Synthese eines ATP etwa drei H+, sodass maximal P/O-Quotienten von etwa 3 bzw. 2 möglich sind. Legt man diese P/O-Quotienten zugrunde, ergibt sich eine Ausbeute von bis zu 38 ATP pro mol Glucose. Die tatsächliche Ausbeute ist jedoch deutlich niedriger da auch der Transport einiger Metabolite (S. 128) in die Mitochondrien-Matrix und der Austausch von ATP4– gegen ADP3– vom H+-Gradienten angetrieben werden. Die tatsächlichen P/O-Quotienten für die Oxidation von NADH und QH2 liegen daher eher bei 2,5 bzw. 1,5. Mit diesen Zahlen erhält man eine Ausbeute von etwa 32 ATP pro Glucose. Auch dieser Wert ist jedoch nicht konstant, sondern kann durch Entkoppler (UCPs) (S. 134) und andere Mechanismen dem Bedarf angepasst werden. ▶ Weitere Informationen. Die in der Tabelle genannten Regulationseffekte im Energiestoffwechsel betreffen vor allem reversible Wirkungen von Liganden auf Schlüsselenzyme der einzelnen Wege. In letzter Zeit zeigte es sich, dass darüber hinaus NAD+-abhängige ProteinDeacetylasen, sog. Sirtuine, eine zentrale Rolle als Regulatoren des Intermediärstoffwechsels spielen. Der Reaktionsmechanismus dieser Enyzme und wichtige Angriffspunkte im Stoffwechsel werden an anderer Stelle besprochen (S. 386).

3 Stoffwechsel

3.3 Energiestoffwechsel

Abb. 3.20 Energiestoffwechsel: Übersicht

121

3.3 Energiestoffwechsel Oxosäure-Dehydrogenasen

3 Stoffwechsel

Im Intermediärstoffwechsel gibt es Multienzym-Komplexe, welche die oxidative Decarboxylierung von 2-Oxosäuren und die Übertragung des gebildeten Acyl-Restes auf Coenzym A katalysieren. Als Elektronen-Akzeptor fungiert dabei NAD+. Weitere Coenzyme der Reaktion sind Thiamindiphosphat, Liponamid und FAD. Zu den Oxosäure-Dehydrogenasen gehören a) der Pyruvat-DehydrogenaseKomplex (PDH, Pyruvat → Acetyl-CoA), b) der 2-Oxoglutarat-Dehydrogenase-Komplex im Citratzyklus (ODH, 2-Oxoglutarat → SuccinylCoA) und c) Enzyme aus dem Katabolismus von Aminosäuren, z. B. der am Abbau von Valin, Leucin und Isoleucin beteiligte Verzweigtketten-Dehydrogenase-Komplex (S. 180).

A. Pyruvat-Dehydrogenase: Reaktionen Die Pyruvat-Dehydrogenase-Reaktion findet in der Mitochondrien-Matrix statt. Drei verschiedene Enzyme (E1 bis E3) bilden den PDH-Multienzymkomplex (B). [1] Im ersten Schritt katalysiert die PyruvatDehydrogenase [E1] die Decarboxylierung von Pyruvat und die Übertragung des gebildeten Hydroxyethyl-Restes auf Thiamindiphosphat (TPP). Das gleiche Enzym katalysiert dann die Oxidation der TPP-gebundenen Hydroxyethyl-Gruppe zum AcetylRest. Dieser und die gewonnenen Reduktionsäquivalente werden auf Liponamid übertragen. [2] Das zweite Enzym, die DihydroliponamidAcetyltransferase [E2], verschiebt den Acetyl-Rest von Liponamid auf Coenzym A, wobei reduziertes Dihydroliponamid zurückbleibt. [3] Das dritte Enzym, die DihydroliponamidDehydrogenase [E3], reoxidiert Dihydroliponamid unter Bildung von NADH. Die Elektronen werden zunächst von enzymgebundenem FAD übernommen und von diesem dann über eine katalytisch wirkende Disulfidbrücke der E3-Untereinheit (nicht gezeigt) auf gelöstes NAD+ übertragen. Dieser Reaktionsweg ist nur möglich, weil sich das beteiligte FAD im Inneren des E3-Proteins in einer Umgebung befindet, die ihm ein ungewöhnlich niedriges Redox-Potenzial verleiht (S. 23).

12

Die fünf beteiligten Coenzyme sind mit den Enzym-Komponenten in unterschiedlicher Weise assoziiert. Thiamindiphosphat ist nichtkovalent an E1 gebunden, Liponamid ist kovalent mit einem Lysin-Rest von E2 verknüpft, und FAD ist als prosthetische Gruppe an E3 gebunden. NAD+ und Coenzym A sind als lösliche Coenzyme nur vorübergehend mit dem Komplex assoziiert. Wichtig für die PDH-Katalyse sind die räumlichen Beziehungen zwischen den Bestandteilen des Komplexes. Das kovalent gebundene Liponamid-Coenzym ist Teil einer mobilen Domäne von E2 und deshalb sehr beweglich. Dieser sog. Liponamid-Arm schwingt während der Katalyse zwischen E1 und E3 hin und her. Auf diese Weise kann Liponamid sowohl mit dem an E1 gebundenen TPP als auch mit gelöstem Coenzym A und dem als Elektronen-Akzeptor dienenden FAD in E3 in Wechselwirkung treten.

B. PDH-Komplex von Escherichia coli Der PDH-Komplex des Bakteriums Escherichia coli ist besonders gut untersucht. Er hat eine Masse von 5,3 · 106 Da und ist mit einem Durchmesser von über 30 nm größer als ein Ribosom. Der Komplex besteht aus insgesamt 60 Polypeptiden (1, 2): 24 Moleküle E2 (8 Trimere) bilden den würfelförmigen Kern des Komplexes. Jede der 6 Flächen dieses Würfels ist von einem Dimeren aus E3-Komponenten besetzt, während den 12 Kanten des Würfels dimere E1-Moleküle aufliegen. Die tierischen Oxosäure-Dehydrogenasen sind ähnlich aufgebaut, unterscheiden sich aber in der Zahl der Untereinheiten und deren Massen. ▶ Weitere Informationen. Die praktisch irreversible PDH-Reaktion hat eine strategische Position an der Schnittstelle zwischen Kohlenhydrat- und Fettsäurestoffwechsel und liefert zudem Acetyl-Reste für den Citratzyklus. Die Aktivität der PDH wird deshalb streng reguliert. In tierischen Zellen ist die Interkonversion (S. 112) besonders wichtig. Mehrere PDHspezifische Protein-Kinasen inaktivieren die E1-Komponente durch Phosphorylierung, während Protein-Phosphatasen sie wieder reaktivieren. Die Bindung der Kinasen und Phosphatasen an den Komplex wiederum wird durch Substrate und Produkte reguliert.

3 Stoffwechsel

3.3 Energiestoffwechsel

Abb. 3.21 Oxosäure-Dehydrogenasen

123

3.3 Energiestoffwechsel Citratzyklus Der Citratzyklus ist ein zyklischer Stoffwechselweg in der Mitochondrien-Matrix. In acht Schritten oxidiert er Acetyl-Reste (CH3-CO-) zu Kohlendioxid (CO2). Die dabei gewonnenen Reduktionsäquivalente werden auf NAD+ und Ubichinon übertragen und von diesen an die Atmungskette (S. 130) weitergegeben. Weitere Funktionen des Zyklus im Stoffwechsel werden bei den Funktionen des Citratzyklus (S. 126) besprochen.

3 Stoffwechsel

A. Reaktionen Das Acetyl-CoA, das den Zyklus mit Acetyl-Resten speist, stammt vor allem aus der β-Oxidation (S. 156) der Fettsäuren und aus der PyruvatDehydrogenase-Reaktion (S. 122). Beide Prozesse finden ebenfalls in der Mitochondrien-Matrix statt. [1] Im ersten Schritt des Zyklus katalysiert die Citrat-Synthase [1] die Übertragung eines Acetyl-Restes von Acety-CoA (S. 54) auf das Trägermolekül Oxalacetat. Vom Produkt dieser exergonen Reaktion, der Tricarbonsäure Citrat, hat der Zyklus seinen Namen. [2] In der nächsten Reaktion wird Citrat zu Isocitrat isomerisiert. Dabei wird lediglich die Hydroxy-Gruppe innerhalb des Moleküls verschoben. Das entsprechende Enzym heisst Aconitat-Hydratase („Aconitase“, [2]), weil während der Reaktion als enzymgebundenes Zwischenprodukt das ungesättigte Aconitat auftritt (nicht gezeigt). Die Isomerisierung verläuft stereospezifisch und liefert ausschließlich (2R,3S)-Isocitrat. Eisenfreie Aconitase ist als Fe-Sensor auch an der Regulation des Eisenstoffwechsels (S. 404) beteiligt. [3] Nun folgt der erste Oxidationsschritt: Die Isocitrat-Dehydrogenase [3] oxidiert die Hydroxy-Gruppe des Isocitrats zur KetoGruppe. Gleichzeitig wird eine der Carboxy-Gruppen als CO2 abgespalten, und es entstehen 2-Oxoglutarat (alter Name: αKetoglutarat) und NADH. [4] Auch der nächste Schritt zum SuccinylCoA umfasst eine Oxidation und eine Decarboxylierung. Er wird von der 2-Oxoglutarat-Dehydrogenase [4] katalysiert, einen Multienzym-Komplex, der dem PDHKomplex (S. 122) sehr ähnlich ist. Bei dieser Reaktion wird erneut NADH gebildet.

12

[5] Die nachfolgende Spaltung des Thioesters Succinyl-CoA in Succinat und Coenzym A durch die sog. Thiokinase [5] ist stark exergon und wird zur Synthese von ATP (S. 114) genutzt (Substratketten-Phosphorylierung). Gewebe mit vorwiegend anaboler Funktion enthalten ein Isoenzym der Thiokinase, das nicht ATP, sondern GTP bildet, welches als Coenzym für die Gluconeogenese und die Proteinsynthese dienen kann. [6] Durch die bisher beschriebenen Reaktionen wird der Acetyl-Rest vollständig zu CO2 oxidiert. Gleichzeitig wird aber auch das Trägermolekül Oxalacetat zu Succinat reduziert. Drei weitere Reaktionen des Zyklus regenerieren nun aus Succinat wieder Oxalacetat: Zunächst oxidiert die SuccinatDehydrogenase [6] Succinat zu Fumarat. Im Gegensatz zu den anderen Enzymen des Zyklus ist die Succinat-Dehydrogenase ein integrales Protein der inneren Mitochondrienmembran. Sie wird deshalb als Komplex II auch der Atmungskette zugerechnet. Die Succinat-Dehydrogenase enthält FAD als prosthetische Gruppe, eigentlicher Elektronen-Akzeptor der Reaktion ist aber das Ubichinon. [7] An die Doppelbindung des Fumarats wird nun durch die Fumarase [7] Wasser addiert und es entsteht das chirale (2S)-Malat. [8] Im letzten Schritt des Zyklus wird Malat durch die Malat-Dehydrogenase [8] wieder zu Oxalacetat oxidiert, wobei noch einmal NADH entsteht. Damit ist der Kreis geschlossen, und der Zyklus kann erneut beginnen. Da das Gleichgewicht der Reaktion weit auf Seiten des Malats liegt, hängt die Bildung von Oxalacetat durch [8] von der stark exergonen Reaktion [1] ab, die es sofort wieder aus dem Gleichgewicht entfernt. In der Bilanz wandelt der Citratzyklus pro Umlauf einen Acetyl-Rest und 2 H2O in 2 CO2 um. Gleichzeitig entstehen 1 ATP, 3 NADH + H+ und 1 reduziertes Ubichinon (QH2). Durch oxidative Phosphorylierung gewinnt die Zelle aus diesen reduzierten Coenzymen etwa 9 Moleküle ATP (S. 132), zusammen mit dem direkt gebildeten ATP also 10 ATP pro Acetyl-Gruppe.

3 Stoffwechsel

3.3 Energiestoffwechsel

Abb. 3.22 Citratzyklus: Reaktionen

125

3.3 Energiestoffwechsel Citratzyklus: Stoffwechselfunktionen

3 Stoffwechsel

A. Citratzyklus: Funktionen Der Citratzyklus (S. 124) wird oft anschaulich als „Drehscheibe des Intermediärstoffwechsels“ beschrieben. Tatsächlich hat er sowohl katabole als auch anabole Funktionen, er ist amphibol. Als kataboler Weg leitet er die „Endoxidation“ der Energiesubstrate ein. Viele katabole Stoffwechselwege münden in Zwischenprodukte des Citratzyklus oder liefern Metabolite wie Pyruvat oder Acetyl-CoA, die in den Zyklus einfließen können. Dort werden ihre C-Atome zu CO2 oxdiert. Die gewonnenen Reduktionsäquivalente dienen dann der oxidativen Phosphorylierung, d. h. zur aeroben ATP-Bildung (S. 114). Der Citratzyklus liefert außerdem Vorstufen für anabole Wege. Zwischenprodukte des Zyklus werden umgewandelt in ● Glucose (Gluconeogenese, Vorstufen: Oxalacetat und Malat) (S. 144), ● Porphyrine (Vorstufe: Succinyl-CoA) (S. 198), ● Aminosäuren (Vorstufen: 2-Oxoglutarat, Oxalacetat) (S. 184), ● Fettsäuren und Isoprenoide (Vorstufe: Citrat, s. u.). Die Zwischenprodukte des Citratzyklus liegen in den Mitochondrien nur in sehr geringen Mengen vor. Bei der Oxidation von Acetyl-CoA zu CO2 werden sie immer wieder regeneriert, ihre Konzentrationen bleiben daher im zeitlichen Mittel konstant. Anabole Stoffwechselwege, die Intermediate des Zyklus abziehen (z. B. die Gluconeogenese), würden die in den Mitochondrien vorhandenen geringen Mengen in kurzer Zeit verbrauchen, wenn nicht an anderen Stellen wieder Metabolite in den Zyklus einfließen und die verbrauchten Verbindungen ersetzen würden. Umsetzungen, die in dieser Weise den Zyklus auffüllen, bezeichnet man als anaplerotische Reaktionen. Dagegen nennt man Reaktionen, die überschüssige Metabolite aus dem Zyklus abziehen kataplerotisch. Zu dieser Gruppe gehören Transaminierungen, die Oxalacetat und 2-Oxoglutarat verbrauchen (S. 178). Der Abbau der meisten Aminosäuren hat anaplerotischen Charakter (S. 178), weil dabei Intermediate des Zyklus oder Pyruvat entstehen (glucogene Aminosäuren). In der Tat wird

12

die Gluconeogenese überwiegend durch den Abbau von Aminosäuren unterhalten. Ein besonders wichtiger anaplerotischer Schritt im tierischen Stoffwechsel führt von Pyruvat zum Oxalacetat. Diese ATP-abhängige Reaktion wird durch die Pyruvat-Carboxylase [4] katalysiert. Auf diesem Wege können Pyruvat liefernde Aminosäuren und Lactat zur Gluconeogenese herangezogen werden. Acetyl-CoA wirkt dagegen im tierischen Stoffwechsel nicht anaplerotisch. Sein Kohlenstoffgerüst wird im Zyklus vollständig zu CO2 oxidiert und steht deshalb für Biosynthesen nicht mehr zur Verfügung. Weil der Fettsäureabbau ausschließlich Acetyl-CoA liefert, sind Tiere nicht in der Lage, Fettsäuren in Glucose umzubauen. Im Hunger werden deshalb zunächst nicht die Fettreserven angegriffen, sondern Proteine. Die freigesetzten Aminosäuren können, im Gegensatz zu Fettsäuren, den Blutzuckerspiegel aufrechterhalten (S. 392). Der Citratzyklus nimmt nicht nur das Acetyl-CoA aus dem Fettsäureabbau auf, er liefert auch das Material für die Biosynthese von Fettsäuren und Isoprenoiden. Acetyl-CoA, das im Matrix-Raum der Mitochondrien durch die Pyruvat-Dehydrogenase (S. 122) gebildet wird, kann die innere Mitochondrien-Membran nicht passieren. Deshalb wird der Acetyl-Rest durch die mitochondriale Citrat-Synthase mit Oxalacetat zu Citrat kondensiert. Dieses verlässt die Mitochondrien im Antiport (S. 128) gegen Malat (rechts). Im Cytoplasma wird es durch die ATP-abhängige Citrat-Lyase [1] wieder in Acetyl-CoA und Oxalacetat gespalten. Das gebildete Oxalacetat wird durch eine cytoplasmatische Malat-Dehydrogenase [2] zu Malat reduziert, das über den schon erwähnten Antiport ins Mitochondrium zurückkehrt. Alternativ dazu kann Malat durch das „Malat-Enzym“ [3] unter Decarboxylierung zu Pyruvat oxidiert werden. Das gebildete NADPH dient ebenfalls der Fettsäure-Biosynthese. ▶ Weitere Informationen. Pflanzen und Bakterien sind in der Lage, über den sogenannten Glyoxylatzyklus Acetyl-CoA in Succinat umzuwandeln und dieses dann in den Citratzyklus einzuschleusen. Für diese Organismen wirkt deshalb auch der Fettsäureabbau anaplerotisch. In Pflanzen ist dieser Weg in besonderen Organellen, den Glyoxysomen, lokalisiert.

3 Stoffwechsel

3.3 Energiestoffwechsel

Abb. 3.23 Citratzyklus: Stoffwechselfunktionen

127

3.3 Energiestoffwechsel Mitochondrialer Transport Mitochondrien sind von zwei Membranen umgeben (S. 226). Die äußere Membran enthält Porine (S. 226), die Moleküle mit Massen bis zu 10 kDa passieren lassen. Dagegen ist die innere Membran auch für kleine Moleküle undurchlässig (Ausnahmen sind Gase wie O2 und CO2). Alle Substrate des mitochondrialen Stoffwechsels wie auch dessen Produkte müssen deshalb mithilfe spezifischer Transporter durch die innere Membran geschleust werden.

3 Stoffwechsel

A. Metabolit-Transport Richtung und Intensität des Metabolit-Transports durch die innere Mitochondrienmembran hängen von der Stoffwechsellage ab. In der Abb. sind Transportprozesse dargestellt, die im katabolen (links) und anabolen Fall (rechts) die Metabolit-„Pools“ in Cytoplasma und Mitochondrien-Matrix verbinden. Kohlenhydrate werden im Cytoplasma zu Pyruvat abgebaut, welches die Matrix über den Monocarboxylat-Transporter (1) erreicht. Das ebenfalls anfallende NADH wird indirekt über Shuttles (3) aufgenommen (siehe C). Fettsäuren gelangen in Form von Acyl-CoA über den Carnitin-Shuttle (S. 156) (2) in die Matrix. Aminostickstoff erreicht die Matrix überwiegend als Glutamin und Glutamat. Das in der Matrix gebildete ATP gelangt im Austausch gegen ADP ins Cytoplasma. Bei anabolen Stoffwechsellagen werden als Vorläufer der Gluconeogenese bzw. FettsäureBiosynthese vorwiegend Oxalacetat und Citrat aus den Mitochondrien exportiert. Die beteiligten Transporter werden in B besprochen.

B. Transportformen An die Hydrolyse von ATP gekoppelter Transport, d. h. primär-aktiver Transport im engeren Sinne (S. 210), spielt in den Mitochondrien keine wesentliche Rolle. Triebkraft der meisten Transportvorgänge sind der Protonengradient und das Membranpotenzial (S. 118) über der inneren Membran. Durch die 10–100-mal höhere H+-Konzentration im Intermembranraum (S. 130) und die ungleiche Ionenverteilung ist das Potenzial auf der Matrixseite um 180– 200 mV negativer als außen. Dies begünstigt alle Transportprozesse, bei denen in der Bilanz negative Ladung aus der Matrix in den Inter-

12

membranraum oder positive in die Matrix verlagert werden. Wie die Ladungen der transportierten Metabolite (rote Zahlen) zeigen, trifft dies z. B. für die ADP/ATP-Translocase und den Tricarboxylat-Transporter zu. Das im Cytoplasma gebildete Pyruvat (links) wird im Antiport gegen OH– in die Matrix importiert. Dieser Vorgang ist zwar elektroneutral, die OH–-Ionen reagieren aber im Intermembranraum mit den dort vorhandenen H+-Ionen irreversibel zu H2O. Dadurch wird ein Konzentrationsgradient von OH– aufrechterhalten. Auch der Cotransport von Phosphat und H+ über den Phosphat-Transporter wird durch den Protonengradienten angetrieben.

C. Malat- und Glycerophosphat-Shuttle Da für NADH in der inneren Membran kein Transporter existiert, wird cytoplasmatisches NADH auf indirektem Wege in die Matrix importiert. Beim Malat-Shuttle (links), der z. B. in Herz, Leber und Nieren aktiv ist, wird im Cytoplasma durch die Malat-Dehydrogenase [1a] Oxalacetat mithilfe von NADH zu Malat reduziert. Dieses gelangt im Antiport gegen 2-Oxoglutarat in die Matrix, wo das mitochondriale Isoenzym der MDH [1b] Oxalacetat und NADH regeneriert. Letzteres wird durch die Atmungskette reoxidiert, während Oxalacetat, für das in der inneren Membran kein Transporter zur Verfügung steht, zunächst durch die AspartatTransaminase [2a] zu Aspartat transaminiert wird. Aspartat verlässt die Matrix wieder und liefert im Cytoplasma erneut Oxalacetat für Schritt [1a] und Glutamat für den Rücktransport in die Matrix [2b]. In der Bilanz wird NADH ohne ATP-Verbrauch vom Cytoplasma in die Matrix verschoben. Der Glycerophosphat-Shuttle (rechts) ist in der Skelettmuskulatur und im Gehirn höherer Tiere aktiv. Bei diesem Prozess wird cytoplasmatisches NADH dazu verwendet, Dihydroxyaceton-3-phosphat, ein Intermediat der Glycolyse, zu Glycerol-3-phosphat zu reduzieren [3a]. Dieses gelangt durch Porine in den Intermembranraum und wird an der Außenseite der inneren Membran durch die Glycerol-3phophat-Dehydrogenase [3b] wieder zu Dihydroxyaceton-3-phosphat oxidiert. Die Reduktionsäquivalente werden über Ubichinon (Q) an die Atmungskette weitergegeben.

3 Stoffwechsel

3.3 Energiestoffwechsel

Abb. 3.24 Mitochondrialer Transport

129

3.3 Energiestoffwechsel Atmungskette Die Atmungskette ist ein Teilprozess der oxidativen Phosphorylierung (S. 120). Sie katalysiert den stufenweisen Transport von Elektronen von NADH oder reduziertem Ubichinon (QH2) auf molekularen Sauerstoff. Wegen der großen Differenz der Redox-Potenziale von Donor (NADH bzw. QH2) und Akzeptor (O2) ist die Reaktion stark exergon (S. 26). Ein großer Teil der gewonnenen Energie wird zum Aufbau eines Protonengradienten über der inneren Mitochondrien-Membran und dieser schließlich mithilfe der ATP-Synthase zur ATP-Bildung genutzt.

3 Stoffwechsel

A. Komponenten der Atmungskette Die Elektronentransportkette umfasst drei große Protein-Komplexe (Komplexe I, III und IV), die in die innere Mitochondrienmembran integriert sind, und zwei bewegliche Überträgermoleküle, Ubichinon (Coenzym Q) und Cytochrom c. Auch die eigentlich zum Citratzyklus gehörende Succinat-Dehydrogenase wird als Komplex II der Atmungskette zugeordnet. Die ATP-Synthase (S. 132) wird manchmal als Komplex V bezeichnet, obwohl sie nicht am Elektronentransport teilnimmt. Die Komplexe der Atmungskette (S. 132) sind aus zahlreichen Untereinheiten aufgebaut und enthalten proteingebundene Redox-Cofaktoren (S. 96). Dazu gehören Flavine (FMN oder FAD in den Komplexen I und II), EisenSchwefel-Cluster (in I, II und III) und HämGruppen (in II, III und IV). Von den mehr als 80 Polypeptiden der Atmungskette werden nur 13 vom mitochondrialen Genom (S. 136) kodiert. Alle anderen sind kerncodiert und müssen nach ihrer Synthese im Cytoplasma in die Mitochondrien importiert werden. Elektronen gelangen auf verschiedenen Wegen in die Atmungskette. Bei der Oxidation von NADH durch Komplex I gelangen sie über FMN und Fe/S-Cluster zum Ubichinon (Q). Die bei der Oxidation von Succinat, Acyl-CoA, und weiteren Substraten anfallenden Elektronen werden durch die Succinat-Dehydrogenase oder andere mitochondriale Dehydrogenasen über enzymgebundenes FADH2 und das Elektronen transportierende Flavoprotein (ETF) (S. 156) auf Ubichinon übertragen. Ubichinol gibt Elektronen an den Komplex III weiter, der sie über zwei Häm-Gruppen des b-Typs, einen Fe/S-Cluster und Häm c1 auf das kleine HämProtein Cytochrom c überträgt. Dieses transportiert die Elektronen zum Komplex IV, der

13

Cytochrom-c-Oxidase. Die Cytochrom-c-Oxidase enthält als redoxaktive Bestandteile zwei Kupfer-Zentren (CuA und CuB) und die Häme a und a3, über die die Elektronen schließlich zum Sauerstoff gelangen. Bei der 2-ElektronenReduktion von ½ O2 entsteht – zumindest formal – das stark basische O2–-Anion, das durch Bindung von zwei Protonen in Wasser übergeht. An den Elektronenfluss gekoppelt ist der Aufbau eines Protonengradienten (S. 118) durch Komplexe I, III und IV.

B. Anordnung Der Protonentransport durch die Komplexe I, III und IV verläuft vektoriell von der Matrix in den Intermembranraum. Werden Elektronen durch die Atmungskette transportiert, erhöht sich in diesem Raum die H+-Konzentration, d. h. der pH-Wert sinkt dort um etwa eine pHEinheit. Für jedes gebildete H2O-Molekül werden etwa 10 H+-Ionen in den Intermembranraum gepumpt. Ist die innere Membran intakt, erlaubt im Wesentlichen nur die ATP-Synthase (S. 132) den Rückfluss von Protonen in die Matrix. Darauf beruht die regulatorisch wichtige Kopplung von Elektronentransport und ATPBildung (S. 134). Wie erwähnt, sind die Komplexe I bis V alle in die innere Membran des Mitochondriums integriert, stehen jedoch normalerweise nicht miteinander in Kontakt, da die Elektronen durch Ubichinon und Cytochrom c übertragen werden. Ubichinon ist wegen seiner langen, unpolaren Seitenkette in der Membran frei beweglich. Das wasserlösliche Cytochrom c findet sich an der Außenseite der inneren Membran. Die NADH-Oxidation durch Komplex I geschieht an der Innenseite der Membran, also im Matrixraum, wo auch Citratzyklus und βOxidation, die wichtigsten NADH-Lieferanten, lokalisiert sind. Auch die O2-Reduktion und ATP-Bildung laufen in der Matrix ab. Das gebildete ATP wird im Antiport gegen ADP in den Intermembranraum transportiert (S. 128), von wo es über Porine ins Cytoplasma gelangt. ▶ Weitere Informationen. Die ATP-SynthaseReaktion, d. h. die vom H+-Gradienten getriebene ATP-Synthese, ist reversibel. Bei ausreichend hohen ATP-Konzentrationen wirkt das Enzym als ATPase vom F-Typ (S. 212) und pumpt dann Protonen von der Matrix in den Intermembranraum.

3 Stoffwechsel

3.3 Energiestoffwechsel

Abb. 3.25 Atmungskette

131

3.3 Energiestoffwechsel ATP-Synthese In der Atmungskette (S. 130) werden Elektronen von NADH oder Ubichinol (QH2) auf O2 übertragen. Die gewonnene Energie dient zum Aufbau eines Protonengradienten über der inneren Mitochondrienmembran. Die Synthese von ATP schließlich ist an den Rückfluss der Protonen vom Intermembran-Raum in die Matrix gekoppelt.

3 Stoffwechsel

A. Redox-Systeme der Atmungskette Die von NADH abgegebenen Elektronen gelangen nicht direkt zum Sauerstoff, sondern schrittweise. Dabei durchlaufen sie mindestens zehn zwischengeschaltete Redox-Systeme, von denen die meisten als prosthetische Gruppen in den Komplexen I, III und IV gebunden sind. Die große Zahl der am Elektronentransport beteiligten Coenzyme überrascht zunächst. Wie in Redox-Prozesse (S. 22) besprochen, ist jedoch bei Redox-Reaktionen die Änderung der freien Enthalpie ΔG, d. h. die geleistete chemische Arbeit, nur von der Differenz der Redox-Potenziale von Donor und Akzeptor abhängig. Durch das Einfügen weiterer RedoxSysteme ändert sich die Energieausbeute der Reaktion nicht. Im Falle der Atmungskette entspricht die Differenz der Normalpotenziale des Donors (NAD+/NADH, E0’ = –0,32 V) und des Akzeptors (O2/H2O, E0’ = + 0,82 V) einer Energiedifferenz ΔG0’ von mehr als 200 kJ · mol–1. Dieser große Betrag wird in kleinere „Pakete“ zerlegt, deren Größe durch die Differenz der Redox-Potenziale der jeweiligen Zwischenprodukte gegeben ist. Diese Zerlegung ist für die erstaunlich hohe Energieausbeute der Atmungskette von etwa 60 % verantwortlich. In der Abbildung sind die wichtigen RedoxSysteme des mitochondrialen Elektronentransports und ihre ungefähren Redox-Potenziale dargestellt. Diese Potenziale bestimmen den Weg der Elektronen, da die Glieder einer Redox-Reihe (S. 22) nach steigendem RedoxPotenzial angeordnet sein müssen, wenn der Transport spontan verlaufen soll. Im Komplex I gelangen die Elektronen von NADH + H+ zunächst auf FMN (S. 96) und passieren dann mehrere Eisen/Schwefel (Fe/S)Cluster. Diese Redox-Systeme sind nur im Inneren von Proteinen stabil. Je nach Typ enthalten sie 2 bis 6 Eisen-Ionen, die mit anorganischem Sulfid und SH-Gruppen von Cystein-Resten

13

Komplexe bilden. Ubichinon (Coenzym Q) (S. 96) ist ein beweglicher Überträger, der Elektronen von den Komplexen I und II sowie von ETF übernimmt und an Komplex III weitergibt. Auch Häm-Gruppen sind in mehreren Varianten am Elektronentransport beteiligt. Häme vom Typ b entsprechen dem im Hämoglobin (S. 298). Häm c im Cytochrom c ist kovalent mit dem Protein verknüpft, während der Tetrapyrrolring von Häm a isoprenyliert ist und eine Formyl-Gruppe trägt. Im Komplex IV reagieren ein Kupfer-Ion (CuB) und das Häm a3 direkt mit Sauerstoff. Kohlenmonoxid (CO), Cyanid (CN-) und Azid (N3-) blockieren die O2Bindung an den Komplex. Auf dieser Wirkung beruht die hohe Toxizität von CO und HCN (Blausäure). Andere Inhibitoren der Atmungskette wie Rotenon und Antimycin A interagieren spezifisch mit den Komplexen I oder III.

B. ATP-Synthase Die H+-transportierende ATP-Synthase (Komplex V) ist eine komplizierte „molekulare Maschine“. Das Enzym besteht aus zwei Teilen, einem in die Membran integrierten Protonenkanal (Fo, von „Oligomycin-sensitiv“) und einer in die Matrix ragenden katalytischen Einheit (F1). Der Fo-Teil setzt sich aus 12 die Membran durchspannenden c-Peptiden und einer a-Untereinheit zusammen. Der „Kopf“ des F1-Teils wird von je drei α- und β-Untereinheiten gebildet, zwischen denen drei aktive Zentren liegen. Der „Stiel“ zwischen Fo und F1 besteht aus je einer γ- und ε-Untereinheit. Zwei weitere Polypeptide, b2 und δ, bilden eine Art „Stator“. Er fixiert die α- und β-Untereinheiten relativ zum Fo-Teil. Der katalytische Zyklus lässt sich in drei Phasen einteilen, die jedes der drei aktiven Zentren der Reihe nach durchläuft. Zunächst werden ADP und Pi gebunden, dann wird die Anhydridbindung geknüpft, und schließlich wird das Produkt abgespalten. Immer wenn Protonen durch das Fo-Kanalprotein in die Matrix fließen, gehen alle drei aktiven Zentren von ihrem momentanen Zustand in den jeweils nächsten über. Man konnte zeigen, dass die Energie des Protonentransports zunächst in eine Rotation der γ-Untereinheit umgesetzt wird, die wiederum die Konformation der relativ zum Fo-Teil stationären α- und β-Untereinheiten zyklisch verändert und dadurch die ATP-Bildung antreibt.

3 Stoffwechsel

3.3 Energiestoffwechsel

Abb. 3.26 ATP-Synthese

133

3.3 Energiestoffwechsel Regulation des Energiestoffwechsels Nährstoffabbau und ATP-Bildung müssen ständig dem wechselnden Energiebedarf des Körpers angepasst werden. Die Notwendigkeit, Produktion und Verbrauch von ATP zu koordinieren, ergibt sich schon aus der Tatsache, dass die Gesamtmengen an Coenzymen im Organismus gering sind. Der menschliche Körper bildet pro Tag etwa 65 kg ATP, enthält aber insgesamt nur 3–4 g an Adenin-Nucleotiden (AMP, ADP und ATP). Jedes ADP-Molekül muss also täglich viele tausend Mal zu ATP phosphoryliert und wieder dephosphoryliert werden.

3 Stoffwechsel

A. Atmungskontrolle Ein einfacher Regulationsmechanismus, der die ATP-Bildung „automatisch“ dem ATP-Verbrauch anpasst, wird als Atmungskontrolle bezeichnet. Er beruht darauf, dass Citratzyklus (1), Atmungskette (2) und ATP-Synthese (3) über gemeinsame Coenzyme gekoppelt sind. Verbraucht eine Zelle wenig ATP (1), steht in den Mitochondrien kaum ADP zur Verfügung. Ohne ADP ist aber die ATP-Synthase (3) nicht in der Lage, den Protonengradienten über der inneren Membran abzubauen. Dies wiederum hemmt den Elektronentransport in der Atmungskette, sodass NADH nicht mehr zu NAD+ reoxidiert werden kann. Das resultierende hohe NADH/NAD+-Verhältnis hemmt schließlich den Citratzyklus und verlangsamt damit auch den Abbau der Substrate AH2. Umgekehrt stimuliert starker ATP-Verbrauch (2) über den gleichen Mechanismus Nährstoffabbau und Atmungskette. Wird der Aufbau eines H+-Gradienten verhindert, z. B. durch Entkopplung (3, siehe B), laufen Substrat-Oxidation (1) und Elektronentransport (2) viel schneller ab als sonst. Statt ATP entsteht dabei allerdings nur Wärme.

B. Entkoppler Substanzen, die Oxidation und Phosphorylierung funktionell voneinander trennen, bezeichnet man als Entkoppler. Sie bauen den Protonengradienten ab, indem sie H+-Ionen ohne Beteiligung der ATP-Synthase vom Intermembranraum zurück in die MitochondrienMatrix schleusen. Entkoppelnd wirken z. B. Schädigungen der inneren Membran oder lipidlösliche Stoffe, die

13

Protonen durch die Membran transportieren können, z. B. 2,4-Dinitrophenol (1). Ein körpereigener Entkoppler ist das Protein UCP-1 (uncoupling protein I, „Thermogenin“, 2), ein Ionenkanal in Mitochondrien des braunen Fettgewebes. Braunes Fett kommt bei Neugeborenen und in Winterschläfern vor und dient ausschließlich der Wärmebildung. Bei Kälte wird durch Noradrenalin (S. 450) die hormonsensitive Lipase [1] aktiviert (S. 344). Durch die verstärkte Lipolyse entstehen in den Adipocyten große Mengen freier Fettsäuren, die den H+-Transport durch das UCP-1 aktivieren. Dadurch wird der Fettsäureabbau vom ADP-Angebot unabhängig, d. h. er verläuft mit maximaler Geschwindigkeit und setzt nur Wärme frei. Inzwischen wird zunehmend klar, dass es auch in anderen Zellen UCPs gibt, die durch Hormone wie Thyroxin (S. 442) gesteuert werden. Dadurch regulieren sie die Ausbeute an ATP, den sog. Grundumsatz.

C. AMP-abhängige Protein-Kinase Ein weiterer globaler Regulationsmechanismus, der die Aktivität anaboler und kataboler Wege in Abhängigkeit vom ATP-Angebot steuert, beruht auf der Aktivität einer besonderen Protein-Kinase (S. 426), die durch Adenosinmonophosphat (AMP) aktiviert wird. Diese sog. AMP-abhängige Protein-Kinase (AMPK) wirkt vor allem in Leber, Muskulatur und ZNS. Anabole Wege und endergone Prozesse wie die Muskelkontraktion verbrauchen viel ATP und erhöhen dadurch den intrazellulären ADPSpiegel. Steigt dieser an, wandelt die AdenylatKinase [2] (S. 358) vermehrt ADP in ATP und AMP um. Letzteres aktiviert die AMPK, die daraufhin zahlreiche Schlüsselenzyme des Intermediärstoffwechsels phosphoryliert (S. 110). Dadurch werden ATP-verbrauchende anabole Wege gehemmt und ATP-produzierende katabole Wege aktiviert. Steigt der ATP-Spiegel wieder, vermindert dies das Angebot an AMP und damit die Aktivität der Kinase. In der Leber fördert die AMPK z. B. die βOxidation der Fettsäuren und die Ketogenese (S. 332), während die Fettsäure-Biosynthese durch Inaktivierung der Acetyl-CoA-Carboxylase (S. 160) gehemmt wird. Im Muskel fördert die AMPK u. a. die Glucoseaufnahme über eine Aktivierung von Glut-4 (S. 150) und hemmt die Glycogenbildung.

3 Stoffwechsel

3.3 Energiestoffwechsel

Abb. 3.27 Regulation des Energiestoffwechsels

135

3.3 Energiestoffwechsel

3 Stoffwechsel

Pathobiochemie Die in den Mitochondrien lokalisierte oxidative Phosphorylierung stellt in Gegenwart von molekularem Sauerstoff (O2) den größten Teil des zellulären ATP bereit (S. 120). Deshalb sind Organe mit hohem ATP-Verbrauch (Gehirn, rote Muskelfasern u. a.) auf diese effektivere Art der Energiegewinnung angewiesen. Sie sind durch akuten oder chronischen Sauerstoffmangel (Hypoxie, A) und durch Defekte in der Mitochondrienfunktion (B) besonders gefährdet. Vor allem das ZNS aber auch das Myokard werden schon durch kurze Unterbrechungen der O2-Versorgung (bei Schlaganfall bzw. Herzinfarkt) irreversibel geschädigt. Ein besseres Verständnis der biochemischen Prozesse, die dabei in den Zellen ablaufen, könnte die Therapie dieser häufigen Erkrankungen wesentlich verbessern.

A. Hypoxie Bei erhöhtem Bedarf oder verringertem Angebot an O2 wird die Sauerstoffversorgung der Organe durch eine Reihe physiologischer und biochemischer Mechanismen sichergestellt. Ein vorübergehender O2-Mangel lässt sich so ganz oder teilweise kompensieren (1): Die Lunge verstärkt die O2-Aufnahme durch höhere Atmungsfrequenz und größeres Atemzugsvolumen, während das Herz durch schnellere und stärkere Kontraktionen die pro Zeiteinheit transportierte Blutmenge erhöht. In den Erythrocyten sorgen allosterische Effektoren des Hämoglobins wie 2,3-Bisphosphoglycerat (S. 302) dafür, dass vermehrt O2 an die Gewebe abgegeben wird. Längerfristig erhöht sich unter hypoxischen Bedingungen durch die Wirkung von Hormonen wie Erythropoetin (Epo) auch die Zahl der Erythrocyten (der Hämatokrit). Heute weiß man, dass es auch in den Körperzellen Mechanismen gibt, die den Stoffwechsel an eine Hypoxie anpassen. Eine zentrale Rolle spielen dabei Transkriptionsfaktoren (S. 252), die als Hypoxie-induzierte Faktoren (HIF) bezeichnet werden. Am besten untersucht ist der Genaktivator HIF-1α. Er bindet als Komplex mit HIF-1β an die DNA und verstärkt über den Mediator CBP/ p300 (S. 255) die Transkription von Genen, deren Produkte unter hypoxischen Bedingungen benötigt werden. Dazu gehören zahlreiche Enzyme der Glycolyse und anderer Stoffwechsel-

13

wege, aber auch das Blut bildende Hormon Epo (s. o.) und Wachtumsfaktoren, die längerfristig die Gefäßversorgung der Gewebe verbessern. Inzwischen ist geklärt, warum HIF-1α nur bei Hypoxie aktiv ist (2): Bei normalem O2-Angebot (Normoxie, links) hydroxylieren Prolylund Asparaginyl-Hydroxylasen [1] Prolin- und Asparaginreste von HIF-1α. Nach Bindung des VHL-Proteins an das hydroxylierte Protein wird der Komplex durch das Proteasom (S. 172) abgebaut. Fehlt O2 (Hypoxie, rechts) bleibt die Hydroxylierung aus und HIF-1α kann mit HIF-1β zum aktiven Transkriptionsfaktor zusammentreten.

B. Mitochondriale Erkrankungen Neben dem Zellkern enthalten auch Mitochondrien funktionelle DNA (mtDNA) (S. 226). Das mitochondriale Genom macht allerdings weniger als 0,1 % der gesamten DNA der Zelle aus. Beim Menschen besteht die mtDNA aus einem zirkulären Doppelstrang aus 16 569 Basenpaaren, der 37 Gene enthält. Die meisten codieren für RNAs, die zur Translation benötigt werden, und nur 13 für Proteine, die als Untereinheiten in Komplexen der Atmungskette vorkommen. Alle anderen mitochondrialen Proteine sind kerncodiert und müssen nach der Translation in die Mitochondrien importiert werden. Krankheiten, die auf Mutationen der mtDNA zurückgehen, werden als mitochondriale Erkrankungen bezeichnet. Wichtige Störungen dieser Art werden in der Tabelle vorgestellt. Die klinischen Bilder reichen von milden Verläufen bis zu schweren Organschädigungen, die schon im frühen Kindesalter auftreten können. Gewebe mit hohem Energiebedarf sind am stärksten betroffen. Häufige Symptome sind eine Beeinträchtigung der Muskelfunktion (Myopathien) und neurologische Störungen. Eine viel diskutierte (aber noch nicht ausreichend belegte) Theorie führt die zunehmende Degeneration der Organe im Alter auf die Anhäufung von Mutationen im mitochondrialen Genom zurück. Tatsächlich sind Mutationen der mtDNA besonders zahlreich, da in den Mitochondrien mutagen wirkende „reaktive Sauerstoffspezies“ (ROS) (S. 300) in hohen Konzentrationen vorkommen, und gleichzeitig wirksame DNA-Reparaturenzyme (S. 266) fehlen.

3 Stoffwechsel

3.3 Energiestoffwechsel

Abb. 3.28 Energiestoffwechsel: Pathobiochemie

137

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel Übersicht

3 Stoffwechsel

Die Kohlenhydrate bilden eine große Gruppe von Biomolekülen (S. 38), die als Untergruppen die Zucker (Monosaccharide) und deren Polymere (Oligo- und Polysaccharide) umfasst. Von den zahlreichen Monosacchariden (S. 40) werden im tierischen Stoffwechsel nur wenige verwendet. Dazu gehören vor allem die Aldohexose D-Glucose und ihre Derivate sowie D-Galactose, D-Mannose und die Ketohexose DFructose. Pentosen dienen Tieren in erster Linie als Nucleinsäure-Bausteine. Oligosaccharide kommen als Komponenten von Glycolipiden und Glycoproteinen (S. 44) sowie in der Milch vor, während tierische Polysaccharide mit wenigen Ausnahmen als Reserve-Kohlenhydrate fungieren, s. Chitin (S. 42), Proteoglycane (S. 368).







A. Kohlenhydratstoffwechsel: Übersicht Im Zentrum des Kohlenhydratstoffwechsels steht Glucose-6-phosphat, ein Phosphorsäureester der Glucose, der den Ausgangs- oder Endpunkt mehrerer Stoffwechselwege bildet. Glucose und die anderen Zucker (Fructose, Galactose und Mannose) werden als freie Monosaccharide durch passiven oder sekundäraktiven Transport (S. 210) in die Zelle aufgenommen (1) und im Cytoplasma durch Phosphotransferasen (Kinasen) sofort in 6oder 1-Stellung phosphoryliert. Die Phosphorylierung dient dazu, die Zucker in der Zelle festzuhalten, da die Plasmamembran keine Transporter für Zuckerphosphate enthält. ▶ Stoffwechselwege. Glucose-6-phosphat (Glc-6-P) wird – abhängig vom Organ und von den Bedürfnissen der Zelle – in unterschiedlicher Weise verstoffwechselt: ● Benötigt die Zelle ATP und/oder C2- und C3Bausteine wird Glc-6-P über die Glycolyse (2) zu Pyruvat abgebaut. Die Glycolyse ist ein sehr alter Stoffwechselweg, der in nahezu allen Zellen vorkommt. In Abwesenheit von O2 ist die Glycolyse der einzige Weg, der ATP erzeugen kann (anaerobe Glycolyse). In diesem Fall müssen aus Pyruvat Gärungsprodukte gebildet werden – im tierischen Stoffwechsel ist es Lactat – um NAD zu regenerieren. In Gegenwart von O2 wird Pyruvat weiter zu Acetyl-CoA verstoffwechselt (aerobe Glycolyse), während NADH durch die Atmungskette reoxidiert wird.

13





Die Neusynthese von Glucose durch die Gluconeogenese (3) findet fast ausschließlich in Leber und Niere statt. Die wichtigsten Vorstufen sind glucogene Aminosäuren (vor allem Alanin und Glutamin) sowie Lactat und Glycerol. Die Gluconeogenese kann glucoseabhängige Gewebe auch ohne externe Glucosezufuhr wochenlang versorgen. Der oxidative Teil des Hexosemonophosphat-Wegs (HMW, 4a) erzeugt NADPH für anabole Stoffwechselwege sowie Pentosen für die Nucleotidsynthese. Der regenerative Teil des Weges (4b) wandelt Pentosen wieder in Hexosen um oder schleust sie in die Glycolyse ein, wenn zwar NADPH nicht aber Pentosen benötigt werden. Bei reichlichem Glucoseangebot wird Glucose-6-phosphat in Leber und Muskel über Glucose-1-phosphat in die aktivierte Form UDP-Glucose umgewandelt und zum Aufbau von Glycogen verwendet (Glycogensynthese, 5a). Bei Glucosemangel wird gespeichertes Glycogen wieder zu Glucose abgebaut (Glycogenolyse, 5b). Die Glycogenolyse in der Leber hält den Blutzuckerspiegel aufrecht, während sie im Muskel Glucose für die anaerobe Glycolyse liefert. Fructose, die z. B. für die Ernährung von Spermatozoen wichtig ist, kann über den Polyol-Weg (6) aus Glucose gebildet werden. Als Zwischenprodukt tritt dabei der Zuckeralkohol Sorbitol auf. Fructose aus der Nahrung wird über einen besonderen Stoffwechselweg zu Glycerinaldehyd und Dihydroxyaceton-3-phosphat abgebaut (Fructoseabbau, 7). Galactose wird in der Leber nach Phosphorylierung zu Galactose-1-phosphat über das isomere Glucose-1-phosphat in Glucose-6phosphat umgebaut (Galactoseabbau, 8).

▶ Regulation. Bildung und Verbrauch von Glucose-6-phosphat werden durch ein Regulationssystem gesteuert, an dem mehrere Hormone (v. a. Insulin, Glucagon und Cortisol) sowie Metabolite beteiligt sind. Das System stellt u. a. sicher, dass periphere Organe, die ständig Glucose benötigen, über das Blut mit Glucose versorgt werden. Die Steuerung des Kohlenhydratstoffwechsels wird in Regulationsmechanismen II (S. 112), in Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels (S. 150) und in Pathobiochemie (S. 152) ausführlich besprochen.

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel Übersicht

3 Stoffwechsel

Die Kohlenhydrate bilden eine große Gruppe von Biomolekülen (S. 38), die als Untergruppen die Zucker (Monosaccharide) und deren Polymere (Oligo- und Polysaccharide) umfasst. Von den zahlreichen Monosacchariden (S. 40) werden im tierischen Stoffwechsel nur wenige verwendet. Dazu gehören vor allem die Aldohexose D-Glucose und ihre Derivate sowie D-Galactose, D-Mannose und die Ketohexose DFructose. Pentosen dienen Tieren in erster Linie als Nucleinsäure-Bausteine. Oligosaccharide kommen als Komponenten von Glycolipiden und Glycoproteinen (S. 44) sowie in der Milch vor, während tierische Polysaccharide mit wenigen Ausnahmen als Reserve-Kohlenhydrate fungieren, s. Chitin (S. 42), Proteoglycane (S. 368).







A. Kohlenhydratstoffwechsel: Übersicht Im Zentrum des Kohlenhydratstoffwechsels steht Glucose-6-phosphat, ein Phosphorsäureester der Glucose, der den Ausgangs- oder Endpunkt mehrerer Stoffwechselwege bildet. Glucose und die anderen Zucker (Fructose, Galactose und Mannose) werden als freie Monosaccharide durch passiven oder sekundäraktiven Transport (S. 210) in die Zelle aufgenommen (1) und im Cytoplasma durch Phosphotransferasen (Kinasen) sofort in 6oder 1-Stellung phosphoryliert. Die Phosphorylierung dient dazu, die Zucker in der Zelle festzuhalten, da die Plasmamembran keine Transporter für Zuckerphosphate enthält. ▶ Stoffwechselwege. Glucose-6-phosphat (Glc-6-P) wird – abhängig vom Organ und von den Bedürfnissen der Zelle – in unterschiedlicher Weise verstoffwechselt: ● Benötigt die Zelle ATP und/oder C2- und C3Bausteine wird Glc-6-P über die Glycolyse (2) zu Pyruvat abgebaut. Die Glycolyse ist ein sehr alter Stoffwechselweg, der in nahezu allen Zellen vorkommt. In Abwesenheit von O2 ist die Glycolyse der einzige Weg, der ATP erzeugen kann (anaerobe Glycolyse). In diesem Fall müssen aus Pyruvat Gärungsprodukte gebildet werden – im tierischen Stoffwechsel ist es Lactat – um NAD zu regenerieren. In Gegenwart von O2 wird Pyruvat weiter zu Acetyl-CoA verstoffwechselt (aerobe Glycolyse), während NADH durch die Atmungskette reoxidiert wird.

13





Die Neusynthese von Glucose durch die Gluconeogenese (3) findet fast ausschließlich in Leber und Niere statt. Die wichtigsten Vorstufen sind glucogene Aminosäuren (vor allem Alanin und Glutamin) sowie Lactat und Glycerol. Die Gluconeogenese kann glucoseabhängige Gewebe auch ohne externe Glucosezufuhr wochenlang versorgen. Der oxidative Teil des Hexosemonophosphat-Wegs (HMW, 4a) erzeugt NADPH für anabole Stoffwechselwege sowie Pentosen für die Nucleotidsynthese. Der regenerative Teil des Weges (4b) wandelt Pentosen wieder in Hexosen um oder schleust sie in die Glycolyse ein, wenn zwar NADPH nicht aber Pentosen benötigt werden. Bei reichlichem Glucoseangebot wird Glucose-6-phosphat in Leber und Muskel über Glucose-1-phosphat in die aktivierte Form UDP-Glucose umgewandelt und zum Aufbau von Glycogen verwendet (Glycogensynthese, 5a). Bei Glucosemangel wird gespeichertes Glycogen wieder zu Glucose abgebaut (Glycogenolyse, 5b). Die Glycogenolyse in der Leber hält den Blutzuckerspiegel aufrecht, während sie im Muskel Glucose für die anaerobe Glycolyse liefert. Fructose, die z. B. für die Ernährung von Spermatozoen wichtig ist, kann über den Polyol-Weg (6) aus Glucose gebildet werden. Als Zwischenprodukt tritt dabei der Zuckeralkohol Sorbitol auf. Fructose aus der Nahrung wird über einen besonderen Stoffwechselweg zu Glycerinaldehyd und Dihydroxyaceton-3-phosphat abgebaut (Fructoseabbau, 7). Galactose wird in der Leber nach Phosphorylierung zu Galactose-1-phosphat über das isomere Glucose-1-phosphat in Glucose-6phosphat umgebaut (Galactoseabbau, 8).

▶ Regulation. Bildung und Verbrauch von Glucose-6-phosphat werden durch ein Regulationssystem gesteuert, an dem mehrere Hormone (v. a. Insulin, Glucagon und Cortisol) sowie Metabolite beteiligt sind. Das System stellt u. a. sicher, dass periphere Organe, die ständig Glucose benötigen, über das Blut mit Glucose versorgt werden. Die Steuerung des Kohlenhydratstoffwechsels wird in Regulationsmechanismen II (S. 112), in Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels (S. 150) und in Pathobiochemie (S. 152) ausführlich besprochen.

3 Stoffwechsel

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel

Abb. 3.29 Kohlenhydratstoffwechsel: Übersicht

139

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel Glycolyse

3 Stoffwechsel

Die Glycolyse ist ein kataboler Stoffwechselweg im Cytoplasma, der in fast allen Organismen und Zellen vorkommt – unabhängig davon, ob sie aerob oder anaerob leben. Die Bilanz des Weges ist einfach: Glucose wird in zwei Moleküle Pyruvat zerlegt, außerdem entstehen je zwei Moleküle ATP und NADH. In Gegenwart von Sauerstoff gelangen Pyruvat und NADH in die Mitochondrien und werden dort weiter umgesetzt (aerobe Glycolyse). Unter anaeroben Bedingungen müssen im Cytoplasma aus Pyruvat und NADH Gärungsprodukte wie Lactat oder Ethanol gebildet werden, um NAD+ für den Fortgang der Glycolyse zu regenerieren (anaerobe Glycolyse). Im anaeroben Zustand ist die Glycolyse für tierische Zellen die einzige Möglichkeit, ATP zu gewinnen.

A. Reaktionen Die Glycolyse umfasst 10 Einzelschritte, darunter 3 Isomerisierungen und 4 Phosphat-Übertragungen. Die einzige Redox-Reaktion des Weges findet in Schritt [6] statt. [1] Glucose, die über gewebsspezifische Glucose-Transporter (Glut) (S. 212) aus dem Blut in die Zellen gelangt, wird dort sofort zu Glucose-6-phosphat phosphoryliert. Da der Ester die Zelle nicht mehr verlassen kann, ist die Hexokinase [1] ein wichtiges Schlüsselenzym der Glycolyse. Ein Isoenzym in der Leber, die sog. Glucokinase, steht unter der Kontrolle von Insulin und wird u. a. durch Kompartimentierung reguliert (S. 150). [2] Im nächsten Schritt wird Glucose-6-phosphat durch die Glucose-6-phosphat-Isomerase [2] zu Fructose-6-phosphat umgelagert. [3] Nun wird erneut unter ATP-Verbrauch phosphoryliert, und es entsteht Fructose1,6-bisphosphat. Die Phosphofructokinase [3] ist das zweite wichtige Schlüsselenzym des Weges. Ihre Aktivität wird durch Hormone und Metabolite genau reguliert (S. 148). [4] Die C6-Verbindung Fructose-1,6-bisphosphat wird nun durch die Aldolase A [4] in die C3-Verbindungen Glycerinaldehyd-3phosphat (Glyceral-3-phosphat) und das isomere Dihydroxyaceton-3-phosphat (Glyceron-3-phosphat) zerlegt. [5] Beide Produkte stehen, katalysiert durch die Triosephosphat-Isomerase [5], in schnellem Gleichgewicht.

14

[6]

Glycerinaldehyd-3-phosphat wird nun durch die Glycerinaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase [6] unter Bildung von NADH oxidiert. Dabei wird anorganisches Phosphat in das Molekül aufgenommen (S. 114) („Substratketten-Phosphorylierung“), und es entsteht 1,3-Bisphosphoglycerat. Dieses Intermediat enthält eine gemischte Säureanhydrid-Bindung, in der der Phosphat-Rest auf hohem chemischem Potenzial steht. [7] Katalysiert durch die Phosphoglycerat-Kinase [7] wird der „energiereiche“ Phosphat-Rest auf ADP übertragen und es entstehen 3-Phosphoglycerat und ATP. Die ATP-Bilanz ist damit ausgeglichen. [8] Die Phosphoglycerat-Mutase [8], verschiebt nun den verbliebenen PhosphatRest in die 2-Stellung und erzeugt damit das isomere 2-Phosphoglycerat. [9] Durch Abspaltung von Wasser entsteht mithilfe der Enolase [9] aus 2-Phosphoglycerat das Enolphosphat (S. 18). Phosphoenolpyruvat (PEP). Durch diese Reaktion wird auch der zweite PhosphatRest auf hohes chemisches Potenzial gehoben. [10] Im letzten Schritt überträgt die PyruvatKinase [10] diesen Rest auf ADP. Das verbleibende Enolpyruvat lagert sich sofort in das weitaus stabilere Pyruvat um. Die Pyruvat-Kinase-Reaktion ist ebenfalls streng reguliert. Sie gehört neben Schritt 7 und der Thiokinase-Reaktion im Citratzyklus (S. 124) zu den drei Reaktionen, die im tierischen Stoffwechsel unabhängig von der Atmungskette ATP erzeugen können. In der Glycolyse werden zunächst zwei Moleküle ATP zur Aktivierung verbraucht (Schritte 1 und 3). Später werden pro C3-Fragment zwei ATP gebildet (Schritte 7 und 10). Insgesamt bleibt also ein kleiner Nettogewinn von 2 mol ATP/mol Glucose. Nur drei Reaktionen (Schritte 1, 3 und 10) gehen mit hohen Änderungen der freien Enthalpie ΔG einher. In diesen Fällen liegt das Gleichgewicht weit auf der Seite der Produkte (S. 28). Alle anderen Reaktionen sind frei reversibel. Sie werden auch bei der Gluconeogenese (S. 144) in umgekehrter Richtung beschritten, wobei dieselben Enzyme aktiv sind wie beim Glucoseabbau. Die nicht umkehrbaren Schritte 1, 3 und 10 werden in der Gluconeogenese umgangen.

3 Stoffwechsel

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel

Abb. 3.30 Glycolyse: Reaktionen

141

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel Hexosemonophosphat-Weg Der Hexosemonophosphat-Weg (HMW, häufig auch als Pentosephosphat-Weg bezeichnet) ist ein oxidativer Stoffwechselweg im Cytoplasma, der wie die Glycolyse von Glucose-6-phosphat ausgeht. Er liefert zwei wichtige Vorstufen für anabole Prozesse: NADPH, das z. B. für die Biosynthese der Fettsäuren (S. 160) und Isoprenoide (S. 166) benötigt wird, und Ribose-5-phosphat, eine Vorstufe der Nucleotidbiosynthese (S. 192).

3 Stoffwechsel

A. Reaktionen Im oxidativen Teil des HMW (links) wird Glucose-6-phosphat in Ribulose-5-phosphat umgewandelt. Gleichzeitig werden 1 CO2 und 2 NADPH gebildet. Der komplexere regenerative Teil wandelt – je nach Stoffwechsellage – einen Teil der gebildeten Pentosephosphate wieder in Hexosephosphate um oder schleust sie zum Abbau in die Glycolyse ein. In den meisten Zellen werden weniger als 10 % des Glucose-6phosphats über den HMW abgebaut. [1] Der oxidative Teil beginnt mit der Oxidation von Glucose-6-phosphat durch die Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase. Dabei wird zum ersten Mal NADPH gebildet. Das zweite Produkt, 6-Phosphogluconolacton, ist der intramolekulare Ester (Lacton) des 6-Phosphogluconats. [2] Eine spezifische Hydrolase spaltet das Lacton und legt die Carboxy-Gruppe des 6-Phosphogluconats frei. [3] Das letzte Enzym des oxidativen Teils, die Phosphogluconat-Dehydrogenase, spaltet die Carboxylat-Gruppe des 6-Phosphogluconats als CO2 ab und oxidiert gleichzeitig die Hydroxy-Gruppe an C-3 zur OxoGruppe. Neben einem zweiten NADPH entsteht dabei die Ketopentose Ribulose5-phosphat. Durch eine Isomerase wird daraus Ribose-5-phosphat, die Ausgangsverbindung der Nucleotidsynthese (oben). Der regenerative Teil des HMW ist hier nur schematisch wiedergegeben. Seine Funktion besteht darin, die Netto-Produktion von NADPH und Pentosephosphaten dem aktuellen Bedarf der Zellen anzupassen. So ist normalerweise der Bedarf an NADPH weitaus höher als der an Pentosephosphaten. Unter diesen Bedingungen werden durch die dargestellten Schritte aus 6 Ribulose-5-phosphat zunächst 5

14

Moleküle Fructose-6-phosphat und daraus durch Isomerisierung 5 Glucose-6-phosphat regeneriert. Diese können im oxidativen Teil des HMW erneut NADPH liefern. Durch Wiederholung dieser Reaktionen wird schließlich ein Molekül Glucose-6-phosphat zu 6 CO2 oxidiert. Dabei entstehen 12 NADPH. In der Bilanz werden auf diesem Weg also keine Pentosephosphate gebildet. Wird neben NADPH auch Energie in Form von ATP benötigt, hat die Zelle die Möglichkeit, die Produkte des regenerativen Teils des HMW (Fructose-6-phosphat und Glycerinaldehyd-3phosphat) in die Glycolyse einzuschleusen und weiter über Citratzyklus und Atmungskette zu CO2 und H2O abzubauen. Insgesamt entstehen auf diese Weise aus 6 mol Glucose-6-phosphat 12 mol NADPH und etwa 150 mol ATP. Die Aktivität des HMW wird durch Insulin (S. 444) gesteigert. Dadurch wird nicht nur die Geschwindigkeit des Glucoseabbaus erhöht, sondern es wird auch vermehrt NADPH für die Fettsäureund Isoprenoid-Synthese bereitgestellt. Die Reaktionen des regenerativen Teils des HMW sind frei reversibel. Deshalb ist es ohne weiteres möglich, über den regenerativen Teil des Weges auch Hexosephosphate in Pentosephosphate umzuwandeln. Dies kann bei hohem Bedarf an Pentosephosphaten geschehen, z. B. während der DNA-Replikation in der SPhase des Zellzylus (S. 460).

B. Transketolase-Reaktion Bei der Neukombination der Metabolite im regenerativen Teil des HMW sind zwei Enzyme besonders wichtig, die C2- oder C3-Fragmente von einem Zuckerphosphat auf eine anderes übertragen. Die Transketolase [6] katalysiert den Transfer von C2-Einheiten. Auf diese Weise werden z. B. zwei C5-Zucker in den C7-Ketozucker Sedoheptulose-7-phosphat und Glycerinaldehyd-3-phosphat umgewandelt oder umgekehrt (5 + 5 = 7 + 3). Coenzym der Reaktion ist Thiamindiphosphat (TPP) (S. 98), das auch in Oxosäure-Dehydrogenasen (S. 122) vorkommt. In ähnlicher Weise, aber ohne Beteiligung von TPP, katalysiert die Transaldolase [7] die Übertragung von C3-Fragmenten und wandelt so ein Heptosephosphat und eine Triosephosphat in ein Tetrosephosphat und ein Hexosephosphat um (7 + 3 = 4 + 6).

3 Stoffwechsel

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel

Abb. 3.31 Hexosemonophosphat-Weg

143

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel

3 Stoffwechsel

Gluconeogenese Einige Gewebe wie Gehirn und Erythrocyten sind ständig auf die Zufuhr von Glucose (S. 386) angewiesen. Reichen die mit der Nahrung zugeführten Kohlenhydrate nicht aus, kann der Blutzuckerspiegel für einige Zeit durch Abbau von Leber-Glycogen (S. 146) aufrechterhalten werden. Sind diese Vorräte erschöpft, setzt die Neusynthese von Glucose (Gluconeogenese) ein. Auch hierfür ist vor allem die Leber verantwortlich. Daneben besitzen auch die Tubuluszellen der Niere eine hohe Gluconeogenese-Aktivität (S. 352). Vorstufen für die Gluconeogenese sind vor allem glucogene Aminosäuren (S. 178), die vorwiegend aus der Proteolyse im Muskel stammen. Eine weitere wichtige Vorstufe ist Lactat, das in den Erythrocyten und unter O2-Mangel im Muskel gebildet wird. Auch Glycerol aus dem Abbau von Fett kann der Gluconeogenese dienen. Dagegen ist der Umbau von Fettsäuren in Glucose (S. 154) im tierischen Stoffwechsel nicht möglich. Durch Gluconeogenese kann der menschliche Organismus täglich mehrere hundert Gramm Glucose bilden.

A. Reaktionen Viele Teilreaktionen der Gluconeogenese werden von denselben Enzymen katalysiert, die auch in der Glycolyse aktiv sind; siehe zur Nummerierung (S. 141). Die Enzyme [12] bis [15] sind dagegen spezifisch für die Gluconeogenese und werden erst bei Bedarf unter dem Einfluss von Cortisol und Glucagon synthetisiert (S. 148). Während die Glycolyse ausschließlich im Cytoplasma abläuft, sind an der Gluconeognese auch die Mitochondrien und das ER beteiligt. Die Gluconeogenese verbraucht pro Glucose 4 ATP und 2 GTP, d. h. dreimal so viele Nucleosidtriphosphate wie von der Glycolyse erzeugt werden. [11] Lactat als Vorstufe der Gluconeogenese stammt vor allem aus der Muskulatur (Corizyklus) (S. 358) und aus den Erythrocyten. Die Lactat-Dehydrogenase (S. 82) oxidiert es unter Bildung von NADH zu Pyruvat. [12] Die ersten Schritte der eigentlichen Gluconeogenese finden in Mitochondrien statt. Ursache für diesen „Umweg“ ist die Gleichgewichtslage der stark exergonen Pyruvat-Kinase-Reaktion (ΔG = –62 kJ · mol–1) (S. 116). Die Spaltung eines ATP würde nicht ausreichen, um Pyruvat direkt in Phosphoenolpyruvat (PEP) zu

14

überführen. Pyruvat wird daher zunächst über den Monocarboxylat-Transporter (S. 128) in die Mitochondrien-Matrix transportiert und dort in einer biotinabhängigen Reaktion durch die PyruvatCarboxylase zu Oxalacetat carboxyliert. Oxalacetat ist auch ein Zwischenprodukt des Citratzyklus. Alle Aminosäuren, deren Abbau in den Zyklus mündet oder Pyruvat liefert, sind deshalb glucogen (S. 178). Das in der Mitochondrien-Matrix gebildete Oxalacetat wird über Reaktionen des Malat-Shuttles (S. 128) aus den Mitochondrien exportiert. [13] Im Cytoplasma wird Oxalacetat durch PEP-Carboxykinase unter Verbrauch von GTP (nicht ATP!) in Phosphoenolpyruvat umgewandelt. Die weiteren Schritte bis zum Fructose-1,6-bisphosphat stellen die Umkehrung der entsprechenden Reaktionen der Glycolyse dar. Dabei wird für die Bildung von 1,3-Bisphosphoglycerat pro C3-Fragment ein weiteres ATP verbraucht. Zwei Gluconeogenese-spezifische Phosphatasen spalten nacheinander die beiden Phosphat-Reste von Fructose-1,6-bisphosphat ab. Zwischengeschaltet ist die Isomerisierung von Fructose-6-phosphat zu Glucose-6-phosphat, ebenfalls eine Reaktion der Glycolyse. [14] Die durch die Fructose-1,6-bisphosphatase katalysierte Reaktion ist ein wichtiger Regulationspunkt in der Gluconeogenese (S. 168). [15] Das letzte Enzym des Weges, die Glucose6-phosphatase (S. 146) kommt in Leber und Niere vor, nicht aber im Muskel. Sie ist als integrales Membranprotein im Inneren des glatten ER lokalisiert. Spezifische Transporter vermitteln den Eintritt von Glucose-6-phosphat ins ER und die Rückkehr der dort gebildeten Glucose ins Cytoplasma. Von dort wird sie schließlich über den Transporter Glut-2 (S. 212) ins Blut abgegeben. Freies Glycerol, das vorwiegend aus dem Fettabbau stammt, wird zunächst in 3-Stellung phosphoryliert [16]. Das gebildete Glycerol-3phosphat wird durch eine NAD+-abhängige Dehydrogenase zu Dihydroxyaceton-3-phosphat oxidiert [17] und so in die Gluconeogenese eingeschleust. Auch ein FAD-abhängiges mitochondriales Enzym kann diese Reaktion katalysieren („Glycerophosphat-Shuttle“) (S. 128).

3 Stoffwechsel

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel

Abb. 3.32 Gluconeogenese

145

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel Glycogenstoffwechsel Das Polysaccharid Glycogen (S. 42) dient im tierischen Organismus als Kohlenhydrat-Reserve, aus der bei Bedarf Glucosephosphate und Glucose freigesetzt werden können. Die Speicherung von Glucose selbst wäre nicht sinnvoll, weil hohe Konzentrationen das Zellinnere stark hypertonisch machen und zu einem Einstrom von Wasser führen würden. Das unlösliche Makromolekül Glycogen ist dagegen osmotisch wenig aktiv.

3 Stoffwechsel

A. Glycogenhaushalt Der menschliche Organismus kann maximal 450 g Glycogen speichern (S. 386), davon bis zu 150 g in der Leber und fast den ganzen Rest in der Muskulatur. Der Glycogengehalt der anderen Organe ist gering. Das Leberglycogen dient vor allem der Aufrechterhaltung des Blutzuckerspiegels in der Postresorptionsphase (S. 392). Der Glycogengehalt der Leber ist deshalb sehr variabel. Bei anhaltendem Hunger fällt er fast auf Null ab. Danach übernimmt die Gluconeogenese (S. 144) die Versorgung des Organismus mit Glucose. Das Glycogen der Muskeln dient diesen als Energiereserve und ist nicht an der Blutzuckerregulation beteiligt, weil der Muskel keine Glucose-6-phosphatase besitzt und deshalb Glucose nicht ins Blut freisetzen kann. Der Glycogengehalt der Muskulatur schwankt weniger stark als der der Leber.

B. Reaktionen Tierisches Glycogen ist – ähnlich wie das pflanzliche Amylopectin (S. 42) – ein verzweigtes Homopolymer der Glucose. Die Glucose-Reste sind α1→4-glycosidisch verknüpft. Etwa jeder 10. Rest ist zusätzlich über eine α1→6-Bindung mit einer weiteren Glucose verbunden. Diese Verzweigungen werden durch weitere α1→4-verknüpfte Reste verlängert. So entstehen baumartige Strukturen aus bis zu 50 000 Glucoseresten (M > 1 · 107 Da). Das Leber-Glycogen wird nie vollständig abgebaut. Im Allgemeinen werden lediglich die nichtreduzierenden Enden des „Bäumchens“ verkürzt oder – bei reichlichem Glucoseangebot – verlängert. [2] Da das Knüpfen glycosidischer Bindungen zwischen Zuckern endergon ist, wird zunächst durch Umsetzung von Glucose-1phosphat mit UTP die aktivierte Form UDP-Glucose (S. 102), gebildet (2).

14

[3] Die Glycogen-Synthase [3] überträgt nun der Reihe nach Glucose-Reste von UDPGlucose auf die nicht reduzierenden Enden der vorhandenen „Zweige“. [4] Hat die wachsende Kette eine bestimmte Länge erreicht (> 11 Reste) wird an ihrem Ende durch das verzweigende Enzym [4] ein Oligosaccharid aus 6–7 Resten abgespalten und im Inneren derselben oder einer benachbarten Kette in α1→6-Bindung wieder angefügt. Diese Verzweigungen werden dann durch die Glycogen-Synthase weiter ausgebaut. [5] Die verzweigte Struktur des Glycogens ermöglicht die rasche Freisetzung von Zuckerresten. Das wichtigste abbauende Enyzm, die Glycogen-Phosphorylase [5], spaltet vom nichtreduzierenden Ende her nacheinander Glucose-Bausteine als Glucose-1-phosphat ab. Je größer die Zahl dieser Enden ist, desto mehr Phosphorylase-Moleküle können gleichzeitig angreifen. Die Bildung von Glucose-1-phosphat statt Glucose hat den Vorteil, dass kein ATP aufgewendet werden muss, um die freigesetzten Reste in die Glycolyse oder den Hexosemonophosphat-Weg einzuschleusen. [6] + [7] Bedingt durch die Struktur der Glycogen-Phosphorylase, kommt der Abbau jeweils 4 Reste vor den Verzweigungen zum Stillstand. Zwei weitere Enzyme beseitigen diese Haltepunkte: Zunächst wird durch eine Glucanotransferase ein Trisaccharid von der Seitenkette ans Ende der Hauptkette verlagert [6]. Eine 1,6-Glucosidase [7] spaltet dann den verbleibenden, einzelnen Rest als freie Glucose ab und hinterlässt eine unverzweigte Kette, die der Phosphorylase wieder zugänglich ist.

C. Glycogenin Die unlöslichen Glycogenmoleküle sind über das reduzierende Ende mit einem besonderen Protein, dem Glycogenin verknüpft. Glycogenin hat Enzymeigenschaften und katalysiert die kovalente Bindung der ersten Glucose an einen seiner eigenen Tyrosin-Reste und die Verlängerung um bis zu 7 zusätzliche Glucosereste. Erst dann wird die Glycogen-Synthase wirksam und besorgt die weitere Verlängerung.

3 Stoffwechsel

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel

Abb. 3.33 Glucogenstoffwechsel

147

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels I

3 Stoffwechsel

A. Steuerung des Kohlenhydratstoffwechsels Der Stoffwechsel der Kohlenhydrate unterliegt komplexen Regulationsmechanismen, an denen Hormone, Metabolite und Coenzyme beteiligt sind. Das hier gezeigte vereinfachte Schema gilt für die Leber, die im Kohlenhydratstoffwechsel (S. 330) zentrale Funktionen übernimmt. Einige der dargestellten Mechanismen sind in anderen Geweben nicht wirksam. Zu den wichtigsten Leistungen der Leberzellen gehört es, überschüssige Glucose in Form von Glycogen zu speichern und daraus bei Bedarf wieder Glucose freizusetzen (Pufferfunktion). Sind die Glycogenvorräte erschöpft, kann die Leber Glucose durch Neusynthese (S. 144) bereitstellen (Gluconeogenese). Außerdem baut sie, wie alle Gewebe, Glucose über die Glycolyse ab. Diese Funktionen müssen aufeinander abgestimmt sein. So ist es z. B. nicht sinnvoll, dass Glycolyse und Gluconeogenese gleichzeitig ablaufen, und auch Glycogen-Synthese und Glycogenabbau dürfen nicht zur selben Zeit stattfinden. Diese sinnlosen Zyklen werden dadurch verhindert, dass für wichtige Schritte beider Wege zwei verschiedene Enzyme existieren, die nur die anabole bzw. die katabole Reaktion katalysieren und unterschiedlich gesteuert werden. Nur diese Schlüsselenzyme sind hier gezeigt. ▶ Hormone. Zu den Hormonen, die in den Kohlenhydratstoffwechsel eingreifen, gehören die Peptide Insulin (S. 444) und Glucagon (S. 448), das Glucocorticoid Cortisol (S. 436) und das Catecholamin Adrenalin (S. 450). Insulin aktiviert die Glycogen-Synthase [1] (S. 150) und induziert Enzyme der Glycolyse. [3, 5, 7]. Gleichzeitig unterdrückt es die Synthese mehrerer Gluconeogenese-Enzyme [4, 6, 8, 9] (S. 254). Glucagon, der wichtigste Gegenspieler des Insulins, hat die umgekehrte Wirkung: Es induziert Enzyme der Gluconeogenese [4, 6, 8, 9] und reprimiert die Pyruvat-Kinase [7], ein Schlüsselenzym der Glycolyse. Weitere Wirkungen des Glucagons beruhen auf der Interkonversion von Enzymen. Sie werden durch den Second-Messenger cAMP vermittelt. Auf diese Weise wird die Synthese von Glycogen gehemmt [1], der Glycogenabbau dagegen aktiviert [2]. Ähnliche Wirkung auf die Leber hat Adrenalin. Auch die Hemmung der Pyru-

14

vat-Kinase [7] durch Glucagon beruht auf einer Interkonversion. Glucocorticoide, vor allem Cortisol, induzieren alle Schlüsselenzyme der Gluconeogenese [4, 6, 8, 9]. Gleichzeitig induzieren sie Enzyme des Aminosäureabbaus und tragen dadurch zur Bereitstellung von Gluconeogenese-Vorstufen bei. ▶ Metabolite. Hohe Konzentrationen von ATP und Citrat hemmen die Glycolyse durch allosterische Regulation der Phosphofructokinase [5]. ATP hemmt außerdem die Pyruvat-Kinase [7]. Ähnlich wirkt Acetyl-CoA. Alle diese Metabolite entstehen durch Glucoseabbau (Endprodukthemmung). ADP und AMP sind Signale für ATP-Mangel (S. 134), sie aktivieren den Glucoseabbau und hemmen die Gluconeogenese.

B. Fructose-2,6-bisphosphat Eine wichtige Rolle im Kohlenhydratstoffwechsel spielt Fructose-2,6-bisphosphat (Fru-2,6bP). Dieser Metabolit wird in den Hepatocyten in geringen Mengen aus Fructose-6-phosphat gebildet und hat rein regulatorische Funktion: Er stimuliert die Glycolyse durch allosterische Aktivierung der Phosphofructokinase [5] und unterdrückt die Gluconeogenese durch Hemmung der Fructose-1,6-bisphosphatase [6]. Bildung und Abbau von Fru-2,6-bP werden durch ein- und dasselbe Protein katalysiert [10a,b]. Liegt das Enzym unphosphoryliert vor [10a], wirkt es als Kinase und führt zur Bildung von Fru-2,6-bP. Nach Phosphorylierung durch die cAMP-abhängige Protein-Kinase A wirkt es als Phosphatase [10b] und katalysiert nun den Abbau von Fru-2,6-bP zu Fructose-6-phosphat. Das Gleichgewicht zwischen [10a] und [10b] wird durch Hormone gesteuert. Der durch Adrenalin und Glucagon erhöhte cAMP-Spiegel senkt über vermehrte PK-A-Aktivität die Fru2,6-bP-Konzentration und hemmt damit die Glycolyse, während die Gluconeogenese aktiviert wird. Umgekehrt aktiviert Insulin über [10a] die Bildung von Fru-2,6-bP und damit die Glycolyse. Zusätzlich hemmt Insulin (S. 444) die Glucagon-Wirkung durch Senkung des cAMP-Spiegels. ▶ Weitere Informationen. Die Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels durch Sirtuine wird bei der Integration des Stoffwechsels (S. 394) besprochen

3 Stoffwechsel

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel

Abb. 3.34 Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels I

149

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels II Auf dieser Seite besprechen wir weitere Mechanismen, die für die Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels in Leber und Muskulatur von Bedeutung sind.

3 Stoffwechsel

A. Translokation der Glucokinase Die Leber enthält mehrere Formen (Isoenzyme) der Hexokinase. Besonders wichtig ist das hoch wirksame Isoenzym Glucokinase (GK, Hexokinase IV). Bei niedrigem Blutzuckerspiegel ist die GK unwirksam, da sie unter diesen Bedingungen durch Translokation (S. 110) in den Zellkern verlagert und dort an ein regulatorisches Protein (GKRP) gebunden wird. Im mikroskopischen Bild (rechts) ist gut zu erkennen, dass die rot fluoreszierende GK dann in den rundlichen Kernen konzentriert ist (oben). Steigt die Blutglucose stark an, wird die GK innerhalb weniger Minuten wieder zurück ins Cytoplasma transportiert (unten). Das „Verstecken“ der GK im Kern verhindert, dass die bei Glucosemangel durch Glycogenolyse gebildete Glucose intrazellulär in Glucose-6-phosphat umgewandelt wird, das die Zelle nicht verlassen kann. Auch andere Enzyme aus Glycolyse und Gluconeogenese werden durch Translokation reguliert.

B. Regulation des Glycogenstoffwechsels Für die Glucosehomöostase im Organismus ist vor allem die Leber verantwortlich (S. 330). Bei erhöhtem Blutzuckerspiegel nehmen die Hepatocyten Glucose aus dem Blut auf und wandeln sie in Glycogen (S. 42) und andere Metabolite um, während bei Glucosemangel aus dem Glycogenabbau stammende Glucose ins Blut freigesetzt wird. Die Geschwindigkeit der Glycogenbildung wird durch die Aktivität der Glycogen-Synthase (unten rechts) bestimmt, während der Abbau durch die Glycogen-Phosphorylase (S. 146) (unten links) kontrolliert wird. In der Abb. sind Angriffspunkte der Peptidhormone Insulin (S. 444) und Glucagon (S. 448) im Glycogenstoffwechsel in vereinfachter Form dargestellt. Sinkt der Blutzuckerspiegel, wird aus dem Pankreas Glucagon ausgeschüttet, das die Glycogenolyse aktiviert und die Glycogen-Synthese hemmt. Es bindet an Rezeptoren in der Plas-

15

mamembran und führt durch Aktivierung der Adenylat-Zyklase [1] zur Bildung des SecondMessengers cAMP (S. 422). Die durch cAMP aktivierte Protein-Kinase A (PK-A, [3]) hat mehrere Angriffspunkte: Sie inaktiviert durch Phosphorylierung die Glycogen-Synthase und beendet dadurch den Aufbau von Glycogen. Zudem aktiviert sie eine weitere Protein-Kinase [4], die schließlich die inaktive Form der GlycogenPhosphorylase durch Phosphorylierung in die aktive Form überführt, s. Interkonversion (S. 110). Die aktive Phosphorylase setzt aus Glycogen über Zwischenstufen Glucose frei, die ins Blut abgegeben wird. Sinkt der cAMPSpiegel wieder, gewinnen Protein-Phosphatasen [6] die Oberhand, die verschiedene Phosphoproteine der Kaskade dephosphorylieren und damit den Glycogenabbau stoppen und die Glycogensynthese wieder in Gang setzen. Bei hohem Blutzuckerspiegel steigert Insulin die Glycogensynthese und stoppt die Glycogenolyse. Über Zwischenprodukte hemmt es die Protein-Kinase GSK-3 [5] (S. 444) und verhindert so die Inaktivierung der Glycogen-Synthase. Zudem wirkt Insulin dem Glucagon entgegen, indem es durch Aktivierung der cAMPPhosphodiesterase (PDE, [2]) den cAMP-Spiegel senkt. Schließlich aktiviert Insulin bestimmte Protein-Phosphatasen [6] und schaltet so den Glycogenstoffwechsel vom katabolen in den anabolen Modus um.

C. Anaerobe ATP-Produktion im Muskel Der anaerob arbeitende Muskel ist zur ATP-Bildung auf die Glycolyse angewiesen. Dazu nimmt er Glucose über den insulinabhängigen Transporter Glut-4 (S. 212) aus dem Blut auf oder gewinnt sie durch den Abbau von Glycogen. Verschiedene Regulationsmechanismen passen die Geschwindigkeit des Glycogenabbaus der zu verrichtenden Muskelarbeit an: Bei starkem ATP-Verbrauch sammelt sich AMP an, das als Signal für Energiemangel dient. Im Muskel aktiviert es nicht nur die Phosphorylase (1) sondern auch die AMP-abhängige Protein-Kinase (S. 134), die u. a. die Glucoseaufnahme über Glut-4 steigert (nicht gezeigt). Auch das Stresshormon Adrenalin aktiviert die Glycogenolyse über die PK-A (B). Die in der Glycolyse gebildeten H+-Ionen werden im Cotransport mit Lactat ins Blut exportiert.

3 Stoffwechsel

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel

Abb. 3.35 Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels II (A. aus Yáñez AJ, Garcia-Rocha M, Bertinat R et al. Subcellular localization of liver FBPase is modulated by metabolic conditions. FEBS Letters 2004; 577: 154–158)

151

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel Pathobiochemie

B. Glycogenspeicherkrankheiten

Wegen der essenziellen Rolle der Glucose für alle Zellen sind Defekte in zentralen Stoffwechselwegen wie Glycolyse oder Gluconeogenese im Allgemeinen mit dem Leben nicht vereinbar. Dagegen sind angeborene Enzymdefekte (S. 104) im Stoffwechsel von Fructose, Galactose und Glycogen relativ häufig.

Unter dem Begriff „Glycogenspeicherkrankheiten“ oder Glycogenosen fasst man angeborene Störungen des Glycogenstoffwechsels zusammen. Ihre Gesamtinzidenz in Deutschland liegt bei einem Fall unter 10 000 bis 20 000 Lebendgeburten. Man kennt heute mindestens 12 Formen, von denen viele nach ihren Erstbeschreibern benannt sind. Wichtige Glycogenosen, ihre Ursachen und Symptome sind in der Tabelle zusammengefasst. Bei uns entfallen etwa 70 % aller Fälle auf die Typen I, II und VI, während die anderen Formen in der Regel sehr selten sind. Glycogenosen betreffen vor allem Organe mit intensivem Glycogenstoffwechsel, d. h. Leber, Muskulatur oder beide. Häufig (aber nicht immer) führt die Ablagerung großer Mengen an Glycogen zur Vergrößerung und/oder Schädigung dieser Gewebe. Neben Muskelschwäche gehört auch eine Hypoglycämie (erniedrigter Blutzuckerspiegel) zu den typischen Symptomen. Als Beispiel für die Pathogenese einer Glycogenose betrachten wir Typ I (die von-GierkeKrankheit), der bereits 1952 als Enzymdefekt erkannt wurde. Geschädigt ist in diesem Fall die Glucose-6-phosphatase [3] mit der Folge, dass die Leber Glucose, die aus dem Glycogenabbau oder aus der Gluconeogenese stammt, nicht mehr ins Blut freisetzen kann. Die Muskulatur, der das Enzym ohnehin fehlt (S. 146), ist nicht betroffen. Das erste Symptom der Krankheit kurz nach der Geburt ist eine schwere Hypoglycämie, die auf Glucagon nicht anspricht. Hinzu kommen Wachstumsstörungen und eine allmähliche Lebervergrößerung (Hepatomegalie). Da Glucose6-phosphat nicht mehr zu Glucose hydrolysiert werden kann, wird es vermehrt über andere Wege (Glycolyse, Hexosemonophosphat-Weg und Glycogensynthese) verstoffwechselt. Dadurch kommt es neben der gesteigerten Glycogenbildung auch zu einer Lactacidose und zur vermehrten Synthese von Purinbasen, die sich in einer Hyperuricämie (S. 196) äußert. Lipidabbau und die Ketonkörperbildung sind ebenfalls erhöht (Ketonämie). Zum Ausgleich der stoffwechselbedingten Hypoglycämie müssen die Patienten ständig Kohlenhydrate zu sich nehmen.

3 Stoffwechsel

A. Hereditäre Fructoseintoleranz und Galactosämie Der Abbau der Fructose (S. 330) ist zunächst von dem der Glucose unabhängig. Erst im zweiten und dritten Schritt entstehen Produkte, die in die Glycolyse einfließen können. Der häufigste angeborene Defekt dieses Weges ist die sog. hereditäre Fructoseintoleranz (Häufigkeit in Europa 1 : 20 000). Betroffen ist in der Regel die Aldolase B [1], welche das zunächst gebildete Fructose-1-phosphat in Glycerinaldehyd und Dihydroxyaceton-3-phosphat zerlegt. Akute Symptome (Übelkeit, Verdauungsstörungen, neurologische Ausfälle) treten nur auf, wenn die Säuglinge fructosehaltige Nahrung (z. B. Früchte, Honig oder Haushaltszucker) zu sich nehmen. Bei chronischer Verabreichung kann es zu irreversiblen Leberschäden kommen. Die biochemische Ursache dieser Störungen ist eine Verarmung der Zellen an ATP und Phosphat, da zugeführte Fructose zwar phosphoryliert aber nicht weiter abgebaut werden kann. Zudem staut sich Fructose1-phosphat an, das u. a. Glycolyse und Glycogenolyse hemmt. Die Therapie beschränkt sich auf Einhaltung einer möglichst fructosearmen Diät. Die klassische Form der Galactosämie (Häufigkeit 1 : 40 000) beruht auf einem Mangel an Galactose-1-phosphat-Uridyltransferase [2]. Fällt dieses Enzym aus, kann Galactose (S. 330) nicht mehr in die Glycolyse eingeschleust werden. Erhalten erkrankte Neugeborene Milch und damit Lactose (S. 40), reagieren sie mit Erbrechen, Nahrungsverweigerung und Krämpfen. Hinzu kommen Funktionsstörungen von Leber und Niere, die zum Tode führen können, wenn die Krankheit nicht erkannt wird. Im Blut und den betroffenen Organen reichern sich neben dem freien Monosaccharid auch Metabolite wie Galactose-1-phosphat und der reduktiv gebildete Zuckeralkohol Galactitol an, der besonders die Augenlinsen schädigt und die Glycogensynthese hemmt. Die meisten Folgeschäden der Galactosämie lassen sich durch eine galactosearme Diät vermeiden.

15

3 Stoffwechsel

3.4 Kohlenhydratstoffwechsel

Abb. 3.36 Kohlenhydratstoffwechsel: Pathobiochemie

153

3.5 Lipidstoffwechsel Übersicht

3 Stoffwechsel

Unter dem Begriff Lipide fasst man zahlreiche Verbindungen sehr unterschiedlicher Struktur zusammen, deren einzige gemeinsame Eigenschaft ihr ausgesprochen hydrophober (wasserfeindlicher) Charakter ist. Eine Übersicht über die wichtigsten Strukturklassen der Lipide wird bei der Einteilung der Lipide (S. 46) gezeigt. Mit Ausnahme der Isoprenoide (oben rechts) enthalten fast alle Lipide, die im menschlichen Stoffwechsel von Bedeutung sind, als Grundkörper einen Alkohol (Glycerol oder Sphingosin), der mit Fettsäuren und weiteren Komponenten verknüpft ist. Der Stoffwechsel der Fettsäuren steht deshalb im Zentrum des Lipidstoffwechsels.







A. Lipidstoffwechsel: Übersicht Wegen der großen Zahl der Reaktionswege im Lipidstoffwechsel sind Teile des Schemas vereinfacht und nicht alle beteiligten Cofaktoren gezeigt. Während der Auf- und Abbau von Fettsäuren durch lösliche Enzyme katalysiert wird, werden größerer Lipide durch Enzyme umgesetzt, die in Membranen besonders des glatten Endoplasmatischen Retikulums (gER) integriert sind. ▶ Stoffwechselwege ● Bevor Fettsäuren abgebaut oder in andere Verbindungen eingebaut werden können, müssen sie mit Coenzym A zu reaktiveren Acyl-CoA-Derivaten verknüpft werden (Fettsäureaktivierung, 1) ● Der Abbau von aktivierten Fettsäuren durch β-Oxidation (2) findet vor allem in der Mitochondrien-Matrix statt. Er liefert AcetylCoA und reduzierte Coenzyme (NADH und QH2), die zur ATP-Produktion in der Atmungskette genutzt werden. Den Transport von Acyl-CoA in die Mitochondrien besorgt der Carnitin-Shuttle (S. 156) (nicht gezeigt). ● Acetyl-CoA ist auch das Ausgangsmaterial für die Fettsäurebiosynthese (3), die – im Gegensatz zum Fettsäureabbau – im Cytoplasma abläuft. Als Reduktionsmittel dient NADPH, das vorwiegend aus dem Hexosemonophosphat-Weg stammt. Das notwendige Acetyl-CoA wird aus Citrat gewonnen, das aus dem Mitochondrium exportiert wurde (S. 128).

15















Die Fettsäurebiosynthese liefert die gesättigte C16-Fettsäure Palmitinsäure. Längere Fettsäuren werden im glatten Endoplasmatischen Retikulum durch Fettsäureverlängerung (4) synthetisiert, siehe Einzelheiten (S. 162). Der menschliche Stoffwechsel kann in begrenztem Umfang aus gesättigten Fettsäuren ungesättigte herstellen (Fettsäure-Desaturierung, 5). Allerdings ist die Einführung von Doppelbindungen nur bis C-9 möglich. Das wichtigste Produkt der Desaturasen ist Ölsäure. Neutralfette (Triacylglycerole) werden aus Acyl-CoA und Glycerol-3-phosphat durch stufenweise Übertragung von Acylresten synthetisiert (Lipogenese, 6). Als wichtiges Zwischenprodukt tritt Phosphatidat auf, das durch Phosphatabspaltung Diacylglycerol liefern oder weiter zu Phospholipiden umgesetzt werden kann (s. u.). Zum Abbau der Fette (Lipolyse, 7) setzen Lipasen nacheinander die drei Acylreste als Fettsäure-Anionen frei. Die Ausgangsverbindung für alle Steroide ist Cholesterol. Seine Synthese ist ein vielstufiger Prozess, der in der Leber und peripheren Geweben abläuft (Cholesterolsynthese, 8). Die stark amphipathischen Gallensäuren sind die quantitativ wichtigsten Cholesterolabkömmlinge. Sie werden in der Leber synthetisiert (Gallensäuresynthese, 9) und dienen als Emulgatoren für Fette und andere Lipide in Galle und Darm. Die Steroidhormonsynthese (10) ist kompliziert. Sie wird durch spezialisierte Zellen in Hormondrüsen besorgt. Die Ketonkörper (11) sind Produkte des Fettsäureabbaus in der Leber. Vor allem im Hungerzustand (S. 392) dienen sie als wertvolle Energiesubstrate für Muskulatur, ZNS und andere Organe. In der Phosplipidsynthese (12) werden Aminoalkohole oder Inositol auf Phosphatidat und Diacylglycerol übertragen, wobei i. a. aktivierte CDP-Derivate als Vorstufen dienen. Die Sphingolipidsynthese (13) verläuft ähnlich, wobei Ceramid als Vorstufe dient. Im Gegensatz zu den Glycerolipiden tragen die meisten Sphingolipide (S. 52) als polare Komponente anstelle des Phosphats ein Mono- oder Oligosaccharid.

3.5 Lipidstoffwechsel Übersicht

3 Stoffwechsel

Unter dem Begriff Lipide fasst man zahlreiche Verbindungen sehr unterschiedlicher Struktur zusammen, deren einzige gemeinsame Eigenschaft ihr ausgesprochen hydrophober (wasserfeindlicher) Charakter ist. Eine Übersicht über die wichtigsten Strukturklassen der Lipide wird bei der Einteilung der Lipide (S. 46) gezeigt. Mit Ausnahme der Isoprenoide (oben rechts) enthalten fast alle Lipide, die im menschlichen Stoffwechsel von Bedeutung sind, als Grundkörper einen Alkohol (Glycerol oder Sphingosin), der mit Fettsäuren und weiteren Komponenten verknüpft ist. Der Stoffwechsel der Fettsäuren steht deshalb im Zentrum des Lipidstoffwechsels.







A. Lipidstoffwechsel: Übersicht Wegen der großen Zahl der Reaktionswege im Lipidstoffwechsel sind Teile des Schemas vereinfacht und nicht alle beteiligten Cofaktoren gezeigt. Während der Auf- und Abbau von Fettsäuren durch lösliche Enzyme katalysiert wird, werden größerer Lipide durch Enzyme umgesetzt, die in Membranen besonders des glatten Endoplasmatischen Retikulums (gER) integriert sind. ▶ Stoffwechselwege ● Bevor Fettsäuren abgebaut oder in andere Verbindungen eingebaut werden können, müssen sie mit Coenzym A zu reaktiveren Acyl-CoA-Derivaten verknüpft werden (Fettsäureaktivierung, 1) ● Der Abbau von aktivierten Fettsäuren durch β-Oxidation (2) findet vor allem in der Mitochondrien-Matrix statt. Er liefert AcetylCoA und reduzierte Coenzyme (NADH und QH2), die zur ATP-Produktion in der Atmungskette genutzt werden. Den Transport von Acyl-CoA in die Mitochondrien besorgt der Carnitin-Shuttle (S. 156) (nicht gezeigt). ● Acetyl-CoA ist auch das Ausgangsmaterial für die Fettsäurebiosynthese (3), die – im Gegensatz zum Fettsäureabbau – im Cytoplasma abläuft. Als Reduktionsmittel dient NADPH, das vorwiegend aus dem Hexosemonophosphat-Weg stammt. Das notwendige Acetyl-CoA wird aus Citrat gewonnen, das aus dem Mitochondrium exportiert wurde (S. 128).

15















Die Fettsäurebiosynthese liefert die gesättigte C16-Fettsäure Palmitinsäure. Längere Fettsäuren werden im glatten Endoplasmatischen Retikulum durch Fettsäureverlängerung (4) synthetisiert, siehe Einzelheiten (S. 162). Der menschliche Stoffwechsel kann in begrenztem Umfang aus gesättigten Fettsäuren ungesättigte herstellen (Fettsäure-Desaturierung, 5). Allerdings ist die Einführung von Doppelbindungen nur bis C-9 möglich. Das wichtigste Produkt der Desaturasen ist Ölsäure. Neutralfette (Triacylglycerole) werden aus Acyl-CoA und Glycerol-3-phosphat durch stufenweise Übertragung von Acylresten synthetisiert (Lipogenese, 6). Als wichtiges Zwischenprodukt tritt Phosphatidat auf, das durch Phosphatabspaltung Diacylglycerol liefern oder weiter zu Phospholipiden umgesetzt werden kann (s. u.). Zum Abbau der Fette (Lipolyse, 7) setzen Lipasen nacheinander die drei Acylreste als Fettsäure-Anionen frei. Die Ausgangsverbindung für alle Steroide ist Cholesterol. Seine Synthese ist ein vielstufiger Prozess, der in der Leber und peripheren Geweben abläuft (Cholesterolsynthese, 8). Die stark amphipathischen Gallensäuren sind die quantitativ wichtigsten Cholesterolabkömmlinge. Sie werden in der Leber synthetisiert (Gallensäuresynthese, 9) und dienen als Emulgatoren für Fette und andere Lipide in Galle und Darm. Die Steroidhormonsynthese (10) ist kompliziert. Sie wird durch spezialisierte Zellen in Hormondrüsen besorgt. Die Ketonkörper (11) sind Produkte des Fettsäureabbaus in der Leber. Vor allem im Hungerzustand (S. 392) dienen sie als wertvolle Energiesubstrate für Muskulatur, ZNS und andere Organe. In der Phosplipidsynthese (12) werden Aminoalkohole oder Inositol auf Phosphatidat und Diacylglycerol übertragen, wobei i. a. aktivierte CDP-Derivate als Vorstufen dienen. Die Sphingolipidsynthese (13) verläuft ähnlich, wobei Ceramid als Vorstufe dient. Im Gegensatz zu den Glycerolipiden tragen die meisten Sphingolipide (S. 52) als polare Komponente anstelle des Phosphats ein Mono- oder Oligosaccharid.

3 Stoffwechsel

3.5 Lipidstoffwechsel

Abb. 3.37 Lipidstoffwechsel: Übersicht

155

3.5 Lipidstoffwechsel

3 Stoffwechsel

Fettsäureabbau: β-Oxidation Nach der Aufnahme in die Zellen werden die Fettsäuren aktiviert, es entsteht Acyl-CoA (S. 154). Für diese Reaktion gibt es mehrere Acyl-CoA-Synthetasen mit unterschiedlicher Substratspezifität und Lokalisation. Auch der dann folgende Abbauweg der Fettsäuren hängt von ihrem Typ ab. Kurz- (C4–C6) und mittelkettige Fettsäuren (C8–C10) werden mithilfe eines Monocarboxylat-Transporters (S. 129) in die Mitochondrien aufgenommen und dort in der Matrix zu Acyl-CoA aktiviert. Langkettige Fettsäuren (C12–C18) werden an der äußeren Mitochondrienmembran zu Acyl-CoA aktiviert und dann mithilfe des Carnitin-Shuttles durch die innere Mitochondrienmembran transportiert. Dort werden die kurz-, mittel- und langkettigen Fettsäuren durch β-Oxidation abgebaut. Sehr langkettige Fettsäuren (> C18) und verzweigtkettige Fettsäuren werden dagegen in die Peroxisomen (S. 230) transportiert und dort verstoffwechselt.

A. Transport langkettiger Fettsäuren Für langkettige Fettsäuren (C12–C18) gibt es in der inneren Mitochondrienmembran ein gruppenspezifisches Transportsystem. Die AcylGruppen werden in der äußeren Mitochondrienmembran durch Carnitin-Acyltransferase I [1a] auf Carnitin übertragen, bevor sie von einem Acyl-Carnitin/Carnitin-Antiporter als Acyl-Carnitin im Tausch gegen freies Carnitin in die Mitochondrien-Matrix eingeschleust werden. Dort katalysiert das mitochondriale Isoenzym, die Carnitin-Acyltransferase II [1b], die Rückübertragung des Acyl-Restes auf CoA. Dieser Carnitin-Shuttle ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt des mitochondrialen Fettsäureabbaus. Neben langkettigen Fettsäuren hemmt besonders Malonyl-CoA die Carnitin-Acyltransferase (S. 156) und damit die Aufnahme von Fettsäuren in die Matrix. Die Bildung von Malonyl-CoA durch Acetyl-CoACarboxylase ist gewebespezifisch sorgfältig kontrolliert.

B. Fettsäureabbau: β-Oxidation Der Abbau der Fettsäuren in der Mitochondrien-Matrix geschieht durch eine Folge von oxidativen Reaktionen. Diese bilden eine Reaktionsspirale, durch die die aktivierten Fettsäuren schrittweise zu C2-Einheiten als aktivierte Essigsäure (Acetyl-CoA) zerlegt werden. Bei diesem Prozess wird jeweils die CH2-Gruppe des Acyl-Rests an C-3 (dem β-C-Atom) zur Keto-Gruppe oxidiert. Daher rührt die Bezeichnung β-Oxidation. Die anfallenden reduzierten

15

Coenzyme werden der Atmungskette zugeführt. Räumlich und funktionell ist die β-Oxidation deshalb eng mit dem Citratzyklus (S. 124) und der Atmungskette (S. 130) verknüpft. [1] Erster Teilschritt der β-Oxidation ist eine Dehydrierung des Acyl-CoA an C-2 und C-3. Es entsteht ein ungesättigtes Δ2Enoyl-CoA-Derivat mit trans-ständiger Doppelbindung. Die beiden H-Atome werden von der FAD-haltigen Acyl-CoA-Dehydrogenase zunächst auf das Elektronentransferierende Flavoprotein (ETF) übertragen. Die ETF-Dehydrogenase [5] gibt sie von diesem an Ubichinon (Co Q) weiter, eine Komponente der Atmungskette (S. 130). [2] Es folgt die Addition eines Wassermoleküls an die Doppelbindung des Enoyl-CoA (Hydratisierung) unter Bildung von βHydroxyacyl-CoA. [3] In der anschließenden Reaktion wird die OH-Gruppe an C-3 zur Carbonyl-Gruppe oxidiert (Dehydrierung). Dabei entsteht βKetoacyl-CoA, die Reduktionsäquivalente werden auf NAD+ übertragen, das sie an die Atmungskette weiterreicht. [4] Nun wird β-Ketoacyl-CoA durch eine AcylTransferase in Acetyl-CoA und ein um 2 CAtome verkürztes Acyl-CoA zerlegt (sog. „thioklastische Spaltung“). Die β-Oxidation wird von verschiedenen Isoenzymen katalysiert, die auf Fettsäuren unterschiedlicher Länge spezialisiert sind. Zum vollständigen Abbau langkettiger Fettsäuren muss der Zyklus mehrfach durchlaufen werden, für Stearyl-CoA (C18 : 0) z. B. achtmal. Bei vollständigem oxidativem Abbau liefert ein Molekül Palmitinsäure etwa 111 Moleküle ATP, was einer Energie von 5500 kJ · mol–1 entspricht. Diese hohe Energieausbeute macht Fette zur idealen Speicherform metabolischer Energie. Zwischen den Mahlzeiten dient die βOxidation von Fettsäuren vielen Geweben wie Muskulatur oder Nieren der Energiegewinnung, in der Leber dagegen der Erzeugung von Ketonkörpern. Im Gehirn und den Erythrocyten findet keine β-Oxidation statt. ▶ Weitere Informationen. Außer der Carnitin-Acyltransferase, dem wichtigsten Schlüsselenzym des Fettsäureabbaus (A), regulieren auch die Sirtuine 1 und 3 (S. 394) die β-Oxidation. Sirt3 aktiviert die Acyl-CoA-Dehydrogenase durch Deacetylierung, während Sirt1 die Transkription relevanter Gene fördert.

3 Stoffwechsel

3.5 Lipidstoffwechsel

Abb. 3.38 Fettsäureabbau: β-Oxidation

157

3.5 Lipidstoffwechsel Fettsäureabbau: Nebenwege

3 Stoffwechsel

A. Abbau von ungesättigten Fettsäuren Ungesättigte Fettsäuren tragen meist eine cisDoppelbindung in Position 9 oder 12, z. B. die Linolsäure (18 : 2; 9,12). Ihr Abbau verläuft wie der einer gesättigten Fettsäure in den Mitochondrien durch β-Oxidation, bis die C-9-cisDoppelbindung erreicht ist. Da die Enoyl-CoAHydratase nur Substrate mit trans-ständiger Doppelbindung umsetzen kann, wird das entsprechende Enoyl-CoA durch eine Isomerase vom cis-Isomeren in das trans-Isomere umgewandelt [1]. Dann kann der Abbau durch βOxidation weitergehen, bis im nächsten Zyklus ein verkürztes trans-Δ2-cis-Δ4-Derivat anfällt. Dieses lässt sich nicht wie oben isomerisieren, sondern es wird NADPH-abhängig zur transΔ3-Verbindung reduziert [2]. Nach Umlagerung durch die Enoyl-CoA-Isomerase [1] kann schließlich der Abbau über die β-Oxidation zu Ende geführt werden.

B. Weitere Wege zum Abbau von Fettsäuren 1. Fettsäuren mit einer ungeraden Zahl an CAtomen werden wie „normale“ Fettsäuren in den Mitochondrien durch β-Oxidation (S. 156) abgebaut. Dabei entsteht im letzten Schritt der β-Oxidation jedoch statt AcetylCoA Propionyl-CoA. Diese aktivierte C3Carbonsäure, die auch im Aminosäurestoffwechsel entstehen kann, wird zu SuccinylCoA umgewandelt.

2. Der Abbau von Fettsäuren mit Methylverzweigungen, wie z. B. der Phytansäure, beginnt in den Peroxisomen mit einer α-Oxidation (S. 230), bei der eine α-Hydroxylase das α-C-Atom hydroxyliert. Durch weitere Oxidationsschritte wird die Fettsäure zur Pristansäure decarboxyliert. Es folgen Reaktionen der peroxisomalen β-Oxidation, die alternierend Acetyl-CoA und Propionyl-CoA freisetzen. Bei einer Kettenlänge von etwa 8 C-Atomen wird die verzweigtkettige Fettsäure in die Mitochondrien transferiert und dort als mittelkettige Fettsäure weiter abgebaut. 3. In geringem Umfang können Fettsäuren auch im Endoplasmatischen Retikulum durch ω-Oxidation abgebaut werden. Dabei wird die endständige Methylgruppe der Fettsäure durch ein Cytochrom-P450-System (S. 338) hydroxyliert und weiter durch Dehydrogenasen zur Carbonsäuregruppe oxidiert. Die entstehenden Dicarbonsäuren können durch β-Oxidation weiter abgebaut werden bis zu Dicarbonsäuren mit 6 bis 10 C-Atomen. Diese sind hinreichend wasserlöslich, können andernorts als mittellange Fettsäuren abgebaut oder mit dem Urin ausgeschieden werden.

Tab. 3.1

15

Fettsäuren (FS)

Ort der Aktivierung

Transport

Abbau

Reaktionen

kurz- (C4-C6) und mittelkettige (C8-C10) FS

in Mitochondrien (Mitos)-Matrix

in Mitos

β-Oxidation in Mitos



langkettige (C12-C18), gesättigte FS

äußere MitoMembran

Carnitin-Shuttle in Mitos

β-Oxidation in Mitos



überlange FS (≥ C18), methylverzweigte FS Xenobiotika

Membran der Peroxisomen

in Peroxisomen (Pos)

α- und β-Oxidation in Pos → mittel- und kurz-kettige FS, weiterer Abbau in Mitos

Bei β-Oxidation in Pos kein ATPGewinn sondern H2O2-Bildung

ungesättigte, langkettige FS (C12-C18)

äußere MitoMembran

Carnitin-Shuttle in Mitos

β-Oxidation in Mitos

Verschiebung von DB, Reduktion von trans-DB

ungeradzahlige FS, z. B. Margarinsäure (C17)

äußere MitoMembran

Carnitin-Shuttle in Mitos

β-Oxidation in Mitos

Endprodukt: Propionyl-CoA

einige FS und Xenobiotika



im ER

ω-Oxidation im ER

Produkte: C6–C10Dicarbonsäuren

3 Stoffwechsel

3.5 Lipidstoffwechsel

Abb. 3.39 Fettsäureabbau: Nebenwege

159

3.5 Lipidstoffwechsel

3 Stoffwechsel

Fettsäurebiosynthese Sobald die Nahrung einen Überschuss an verwertbarer Energie bereitstellt, bildet der Körper Fettsäuren. Dabei ist Glucose neben Proteinen die wichtigste Quelle. Die Biosynthese der Fettsäuren geschieht hauptsächlich in der Leber und daneben auch im Fettgewebe. Die einzelnen Reaktionsschritte werden von einem multifunktionellen Enzymsystem katalysiert, der Fettsäure-Synthase. Dieses Enzymsystem ist im Cytoplasma lokalisiert und benötigt als Startermolekül AcetylCoA. In einer zyklischen Reaktion wird dieser Acetyl-Rest siebenmal um jeweils eine C2-Einheit verlängert. NADPH dient dabei als Reduktionsmittel. Endprodukt der Reaktion ist die gesättigte C16-Fettsäure Palmitinsäure, die anschließend in andere Fettsäuren umgewandelt werden kann (S. 162).

A. Fettsäurebiosynthese ▶ 1. Reaktionen. Das Schlüsselenzym der Fettsäuresynthese ist die Acetyl-CoA-Carboxylase [1]. Sie liefert das benötigte Malonyl-CoA durch ATP-abhängige Carboxylierung von AcetylCoA. Die Carboxylase ist der Fettsäure-Synthase vorgeschaltet. Das biotinhaltige Enzym wird insulinabhängig durch Dephosphorylierung aktiviert und durch die AMPK (S. 134) inaktiviert. Auch stimulieren Insulin und Glucose über den Transkriptionsfaktor SREBP-1c. Citrat ist ein allosterischer Aktivator. Palmitoyl-CoA, das Endprodukt des Synthesewegs, hemmt allosterisch. Die eigentliche Synthese der Fettsäuren wird durch einen zyklischen Prozess von der Fettsäure-Synthase katalysiert, einem multifunktionellen Enzym (s. u.). Der erste Zyklus der Fettsäuresynthese beginnt mit der Übertragung eines Acetyl-Restes auf die periphere Cystein-Gruppe (Cys-SH; s. u.) [2]. Gleichzeitig kommt es zum Transfer eines Malonyl-Restes von Malonyl-CoA auf die zentrale 4-Phosphopantethein-Gruppe (Pan-SH; s. u.) [3]. Die Kette wird verlängert durch Kondensation des Acetyl- bzw. in späteren Zyklen des Acyl-Restes mit der Malonyl-Gruppe unter gleichzeitiger Decarboxylierung [4]. Die folgenden drei Reaktionsschritte (Reduktion der 3-Oxo-Gruppe [5], Dehydratisierung des 3-HydroxyacylDerivats [6] und dessen erneute Reduktion [7]) entsprechen im Prinzip der Umkehrung der βOxidation, nutzen aber zur Reduktion NADPH statt NADH. Lieferanten des NADPH sind Reaktionen des Hexosemonophosphat-Wegs

16

(S. 126) und das sogenannte Malat-Enzym (S. 126). Der verlängerte Acyl-Rest wird schließlich auf den peripheren Cystein-Rest zurück übertragen [2], so dass der Zyklus durch erneute Beladung des Pan-SH mit einem Malonyl-Rest wieder beginnen kann. Nach sieben Zyklen, bei einer Länge des Acyl-Rests von 16 C-Atomen, wird das Palmitat hydrolytisch freigesetzt [8]. ▶ 2. Struktur der Fettsäure-Synthase. Die Reaktionen der Fettsäuresynthese [2]–[8] finden an einem kompakten Enzymsystem statt, der Fettsäure-Synthase. Bei Wirbeltieren besteht sie aus zwei identischen Peptidketten, die zusammen ein X-förmiges Dimer bilden. Jede Peptidkette (272 kDa) katalysiert alle sieben Teilreaktionen, die zur Palmitat-Synthese notwendig sind. Beide Untereinheiten können einen AcylRest als Thioester an zwei verschiedenen SHGruppen binden: an einem peripheren Cystein-Rest (Cys-SH) und einer zentralen 4’Phosphopantethein-Gruppe (Pan-SH), die dem Coenzym A (S. 98) ähnelt. Pan-SH ist kovalent an einen Proteinabschnitt gebunden, den man als Acyl-Carrier-Protein (ACP) bezeichnet. Dieser Teil fungiert als langer Arm, der das Substrat von Reaktionszentrum zu Reaktionszentrum weiterreicht. Dabei kooperieren die beiden Untereinheiten der FettsäureSynthase. Das Enzym ist daher nur als Dimer funktionsfähig. Räumlich sind die Enzym-Aktivitäten [2]– [8] in Domänen gegliedert. Die Aktivitäten [2] und [3] katalysieren den Eintritt der Substrate Acetyl-CoA/Acyl-CoA und Malonyl-CoA; die anschließende Kondensation der beiden Reaktionspartner [4] dient der Kettenverlängerung. Dann folgen eine Reduktion der OxoGruppe, eine Wasserabspaltung und eine Reduktion der C = C-Doppelbindung. In einem letzten Schritt des Zyklus wird die wachsende Fettsäurekette auf die Startposition (periphere Cys-SH) rückübertragen [2] oder bei passender Länge als Produkt freigesetzt [8]. Die räumliche Zusammenfassung hintereinandergeschalteter Reaktionen in einem einzigen, multifunktionellen Enzym bietet mehrere Vorteile gegenüber getrennten Enzymen: Konkurrenzreaktionen werden verhindert, die einzelnen Reaktionsschritte verlaufen koordiniert wie auf einem Fließband und sie sind auf Grund geringer Diffusionsverluste besonders effizient.

3 Stoffwechsel

3.5 Lipidstoffwechsel

Abb. 3.40 Fettsäurebiosynthese

161

3.5 Lipidstoffwechsel Fettsäurestoffwechsel: weitere Reaktionen

C. Bildung von Arachidonsäure aus Linolsäure

Fettsäuren werden im Körper hauptsächlich in Leber und Fettgewebe synthetisiert (S. 154) oder sie entstammen der Nahrung (S. 286). Sie können vom Körper durch Kürzen, Verlängern oder Einführung von Doppelbindungen in andere Fettsäuren umgewandelt werden. So kann das Produkt der Fettsäurebiosynthese (S. 160), Palmitat, z. B. durch Verlängern in Stearat und noch längere Fettsäuren oder durch Dehydrieren in Palmitoleinsäure übergehen.

Wegen der Unfähigkeit, Doppelbindungen in Fettsäuren hinter C-9 einzuführen, kann der Mensch mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie Linolsäure, Linolensäure und Arachidonsäure nicht aus Acetyl-Resten aufbauen. Die ω6-Fettsäure Linolsäure und die ω-3-Fettsäure Linolensäure sind deshalb essenziell. Die Zählweise der C-Atome von Fettsäuren ist im Kapitel über Lipide (S. 48) beschrieben. Durch Verlängerung um eine C2-Einheit [2] und Einführung von zwei Doppelbindungen [1 und 3] kann aber aus der ω-6-Fettsäure Linolsäure die ω-6-Fettsäure Arachidonsäure aufgebaut werden. Insofern ist diese mehrfach ungesättigte Fettsäure nur dann essenziell, wenn Linolsäure in der Nahrung fehlt. Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren (polyunsaturated fatty acids, PUFA), zu denen die Arachidonsäure, Dihomo-γ-Linolensäure sowie die Eicosapentaensäure (EPA) zählen, werden für die Synthese von Signalstoffen benötigt, die zur Gruppe der Eicosanoide (S. 454) gehören. Linolsäure ist auch der Vorläufer noch längerer mehrfach ungesättigter Fettsäuren des Gehirns und darüber hinaus ein wichtiger Bestandteil von Hautlipiden. Die wichtigste Nahrungsquelle für die mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind pflanzliche Öle und Fisch. Pflanzen können Doppelbindungen auch über C-9 hinaus in Fettsäuren einbauen. Ihre ω-3- und ω-6-Fettsäuren sind deshalb ein wertvoller Nahrungsbestandteil. Fische können selbst keine mehrfach ungesättigten Fettsäuren synthetisieren. Sie akkumulieren diese aber aus ihrer Nahrung. Letztlich stammen auch ihre mehrfach ungesättigten Fettsäuren aus Pflanzen (Plankton). Die von tierischen und pflanzlichen Desaturasen erzeugten ungesättigten Fettsäuren tragen die Doppelbindung stets in cis-Konfiguration. Fettsäuren mit trans-ständigen Doppelbindungen (sog. Transfettsäuren) entstehen in größerem Umfang durch mikrobielle Verdauungsprozesse bei Wiederkäuern und durch Erhitzen, z. B. bei der technischen Raffination von Speisefetten. Ob Transfettsäuren ein gesundheitliches Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen darstellen, ist noch unklar.

3 Stoffwechsel

A. Fettsäureverlängerung Nach seiner Biosynthese wird die C16-Carbonsäure Palmitinsäure als erstes durch ATP-abhängige Aktivierung mit Coenzym A verknüpft [1]. Damit ist die Fettsäure aktiviert. Die Verlängerung des Palmitoyl-CoA und anderer aktivierter Fettsäuren geschieht im Endoplasmatischen Retikulum (ER). Dort kann mithilfe von Malonyl-CoA das Acyl-CoA um zwei C-Atome verlängert werden. Palmitoyl-CoA kann zu Stearyl-CoA (C18) umgewandelt werden und dann zu Arachinsäure (C20). Weitere Reaktionen führen zu den überlangen C22- und C24Fettsäuren. Die Bildung dieser Fettsäuren hat besondere Bedeutung für das Gehirn, in dessen Lipide sie eingebaut werden. Im Unterschied zur Fettsäurebiosynthese an der Fettsäure-Synthase (S. 160) laufen diese Reaktionen im ER in getrennten Schritten an der Fettsäure-CoA-Verbindung ab statt in Bindung an das Acyl-Carrier-Protein (ACP) der Fettsäure-Synthase. Es werden dazu ebenfalls pro C2-Einheit ein Malonyl-CoA und zwei NADPH benötigt.

B. Bildung von ungesättigten Fettsäuren Die Einführung von Doppelbindungen in Fettsäuren durch Desaturasen geschieht ebenfalls im ER und erfordert molekularen Sauerstoff, NADPH und Cytochrom b5. Fettsäure-Desaturasen des Menschen können damit Doppelbindungen zwischen C-9 und C-10 einführen. Dadurch geht, wie im Beispiel gezeigt, Stearinsäure in Ölsäure über oder (nicht gezeigt) Palmitinsäure in Palmitoleinsäure. Andere Positionen, an denen Doppelbindungen im Menschen in Fettsäuren eingeführt werden können, sind C-4, C-5 und C-6. Eine Dehydrierung oberhalb von C-9 ist im Menschen nicht möglich.

16

3 Stoffwechsel

3.5 Lipidstoffwechsel

Abb. 3.41 Fettsäurestoffwechsel: weitere Reaktionen

163

3.5 Lipidstoffwechsel Biosynthese komplexer Lipide Zusammengesetzte Lipide, wie die Neutralfette (Triacylglycerole), Phospho- und Glycolipide, werden über gemeinsame Reaktionswege aufgebaut. Die meisten der beteiligten Enzyme sind mit den Membranen des glatten Endoplasmatischen Retikulums (gER) assoziiert.

3 Stoffwechsel

A. Biosynthese von Fetten und Phosphoglyceriden Die Biosynthese von Glycerolipiden, d. h. Fetten und Phosphoglyceriden, beginnt mit Glycerol-3-phosphat (links unten). In der Leber, der Niere und der Darmmucosa kann es durch Reduktion von Dihydroxyaceton-3-phosphat oder durch Phosphorylierung von Glycerol gebildet werden, das dem Blut entnommen wird. Enzym ist die Glycerol-Kinase. Im Fettgewebe fehlt die Glycerol-Kinase. Deswegen wird dort Glycerol-3-phosphat (S. 344) durch Reduktion des Glycolyse-Zwischenprodukts oder durch Glyceroneogenese erzeugt. Der Verlauf der Glycerolipid-Synthese ist in Leber, Fettgewebe und Darmgewebe gleich: [1] Die Veresterung des Glycerol-3-phosphats mit einer langkettigen Fettsäure ergibt ein stark amphipathisches Lysophosphatidat. Bei dieser Reaktion wird ein Acyl-Rest von der aktivierten Vorstufe Acyl-CoA auf die Hydroxygruppe an C-1 übertragen. [2] Eine zweite Veresterung dieser Art führt zu einem Phosphatidat. An C-2 des Glycerols werden meist ungesättigte Acyl-Reste eingebaut. Phosphatidate (Anionen von Phosphatidsäuren) sind die Schlüsselmoleküle der Biosynthese von Fetten und Phosphoglycerolipiden. [3] Zur Biosynthese von Fetten (Triacylglycerolen) wird der Phosphat-Rest hydrolytisch entfernt. Dabei entstehen Diacylglycerole (DAG). [4] Durch Übertragung eines weiteren AcylRestes auf DAG werden Triacylglycerole gebildet. Damit ist die Biosynthese der Neutralfette abgeschlossen. Von der Leber werden sie in VLDL verpackt und ans Blut abgegeben. In Adipocyten werden sie in Form unlöslicher Fett-Tröpfchen gespeichert. [5] Wie im Abschnitt über die Resorption und Resynthese der Lipide (S. 286) beschrieben, werden im Darmlumen Nahrungsfette vorwiegend zu Monoacylglycerolen abgebaut. Die Zellen der Darmschleimhaut bauen aus ihnen wieder Neutralfette auf. Auch dieser Weg führt über DAG. Schließlich werden die Fette in den Enterocyten

16

in Chylomikronen verpackt und an die Lymphe abgegeben. Auch die Biosynthese der Phosphoglycerolipide geht von DAG aus. Die Kopfgruppe des Lipids (Phosphat mit Alkohol) kann auf zwei Wegen angeknüpft werden: Entweder werden dazu die Kopfgruppe (Weg [6]) oder die DAGGruppe (Weg [7]–[10]) aktiviert. [6] Durch Übertragung eines PhosphocholinRestes auf die freie OH-Gruppe entsteht Phosphatidylcholin (Lecithin). Der Phosphocholin-Rest stammt von der aktivierten Vorstufe CDP-Cholin (S. 102). Entsprechend wird Phosphatidylethanolamin aus CDP-Ethanolamin und DAG gebildet. Phosphatidylserin entsteht aus Phosphatidylethanolamin durch Austausch des Aminoalkohols (nicht gezeigt). [7] Die Biosynthese von Phosphatidylinositol geht nicht von DAG sondern von Phosphatidat aus. Durch Übertragung eines CMP-Restes entsteht zunächst das aktivierte DAG CDP-Diacylglycerol. [8] Substitution des CMP-Restes durch Inositol liefert dann Phosphatidylinositol (PtdIns). [9] PtdIns kommt in der Plasmamembran vor. Dort kann es zu Phosphatidylinositol-4-phosphat (PtdInsP) phosphoryliert werden. [10] Eine zusätzliche Phosphorylierung liefert schließlich Phosphatidylinositol-4,5bisphosphat (PtdInsP2). PtdInsP2 ist die Vorstufe der Second-Messenger 2,3-Diacylglycerol (DAG) und Inositol-1,4,5trisphosphat (InsP3) (S. 422). Auch Cardiolipin (S. 50), das spezifische Lipid der inneren Mitochondrienmembran, entsteht aus CDP-Diacylglycerol durch Übertragung auf ein Phosphatidylglycerol (nicht gezeigt). Weitere Reaktionen dienen dazu, Phospholipide ineinander umzuwandeln, z. B. Phosphatidylserin durch Decarboxylierung in Phosphatidylethanolamin und dieses durch Methylierung mit S-Adenosyl-Methionin in Phosphatidylcholin. Die hier nicht gezeigte Biosynthese von Sphingolipiden beginnt mit der Bildung von Ceramid (S. 52). Dazu werden Serin und Palmitoyl-CoA unter Decarboxylierung verknüpft, dann mit NADPH reduziert, mit einer überlangen Fettsäure als Amid verbunden und durch Dehydrierung in eine ungesättigte Verbindung überführt. Das Ceramid entspricht dem Diacylglycerol. Es kann durch Übertragung von aktivierten Zuckern in Cerebroside und Ganglioside überführt werden oder durch Übertragung von aktivierten Kopfgruppen (s. o.) in Sphingomyelin.

3 Stoffwechsel

3.5 Lipidstoffwechsel

Abb. 3.42 Biosynthese komplexer Lipide

165

3.5 Lipidstoffwechsel

3 Stoffwechsel

Biosynthese von Cholesterol Cholesterol ist ein wesentlicher Bestandteil tierischer Zellmembranen (S. 208). Der Tagesbedarf (etwa 1 g) kann vom Körper vollständig durch Eigensynthese gedeckt werden. Bei gemischter Kost entstammt jedoch nur etwa die Hälfte des Cholesterols der körpereigenen Biosynthese. Diese findet in vielen Zellen des Organismus statt, vor allem jedoch in der Leber (etwa 50 %) und dem Darm; der Rest des Cholesterols wird aus der Nahrung aufgenommen. Der größte Teil des Cholesterols wird in die Lipidschicht der Plasmamembranen eingebaut oder in Gallensäuren (S. 334) umgewandelt, Ein sehr geringer Teil des Cholesterols dient zur Biosynthese der Steroidhormone (S. 440). Außerdem wird bis zu 1 g Cholesterol pro Tag unverändert in die Galle abgegeben und ausgeschieden. Die Absorption von Cholesterol und pflanzlichen Sterolen (S. 56) (Phytosterole) aus dem Darmlumen in die Enterocyten geschieht durch einen noch nicht voll verstandenen Transportmechanismus. Die Phytosterole und ein Teil des Cholesterols werden unter ATPVerbrauch wieder ins Darmlumen zurücktransportiert.

A. Biosynthese von Cholesterol Cholesterol gehört zu den Isoprenoiden (S. 54), deren Synthese von Acetyl-CoA ausgeht. In einer langen und komplizierten Reaktionskette wird aus C2-Bausteinen das C27-Sterol aufgebaut. Man kann die Biosynthese des Cholesterols in vier Abschnitte einteilen. Im ersten Abschnitt (1) entsteht im Cytosol aus drei Molekülen Acetyl-CoA Mevalonat, eine C6-Verbindung. Im zweiten Abschnitt (2) wird Mevalonat in Isopentenyldiphosphat, das „aktive Isopren“ umgewandelt. Im dritten Abschnitt (3) werden sechs dieser C5-Moleküle zum Squalen, einer C30-Verbindung, verknüpft. Schließlich wird Squalen zyklisiert und unter Abspaltung von drei C-Atomen in Cholesterol umgewandelt (4). Bildung von Mevalonat: Die Umsetzung von Acetyl-CoA zu Acetacetyl-CoA und weiter zum 3-Hydroxy-3-methylglutaryl-CoA (3HMG-CoA) entspricht dem Biosyntheseweg der Ketonkörper (S. 332), findet aber nicht wie die Ketonkörpersynthese in den Mitochondrien statt, sondern am glatten Endoplasmatischen Retikulum. Im nächsten Schritt wird die 3-HMG-Gruppe vom CoA abgespalten und gleichzeitig mithilfe von NADPH zu Mevalonat reduziert. Die 3-HMG-CoA-Reduktase ist das Schlüsselenzym der Cholesterolbiosynthese. Sie

16

wird durch Repression der Transkription (Effektoren: Sterole), durch proteolytischen Abbau (Effektoren: Cholesterol und Gallensäuren), sowie durch Interkonversion (Effektoren: Hormone) gesteuert. Insulin und Thyroxin stimulieren das Enzym, Glucagon hemmt es durch cAMP-abhängige Phosphorylierung. Auch bei hoher Zufuhr von Nahrungs-Cholesterol wird die 3-HMG-CoA-Reduktase gehemmt. Bildung von Isopentenyldiphosphat: Mevalonat wird unter ATP-Verbrauch zu Isopentenyldiphosphat decarboxyliert. Aus diesem Baustein werden alle Isoprenoide (S. 54) aufgebaut. Bildung von Squalen: Aus Isopentenyldiphosphat entsteht durch Isomerisierung Dimethylallyldiphosphat. Die beiden C5-Moleküle kondensieren zu Geranyldiphosphat und durch Addition eines weiteren Isopentenyldiphosphats zu Farnesyldiphosphat. Dieses kann durch Kopf-an-Kopf-Reaktion zu Squalen dimerisieren. Farnesyldiphosphat ist auch Ausgangspunkt für andere Polyisoprenoide wie Dolichol und Ubichinon (S. 54). Bildung von Cholesterol: Squalen, ein lineares Isoprenoid, wird unter O2-Verbrauch zu Lanosterol zyklisiert, einem C30-Sterol, aus dem dann in weiteren Reaktionsschritten drei Methyl-Gruppen oxidativ abgespalten werden, wodurch das Endprodukt Cholesterol entsteht. Ein Teil dieser Reaktionen wird von Cytochrom P450-Systemen (S. 338) katalysiert. Der geschilderte Biosynthese-Weg ist im glatten Endoplasmatischen Retikulum lokalisiert. Die notwendige Energie stammt aus den verwendeten CoA-Derivaten sowie aus ATP. Reduktionsmittel bei der Bildung von Mevalonat und Squalen, sowie bei den letzten Schritten der Cholesterolbiosynthese ist stets NADPH. Charakteristisch ist eine Gliederung der Zwischenprodukte des Reaktionswegs in drei Gruppen: CoA-Verbindungen, Diphosphate und sehr lipophile, in Wasser schlecht lösliche Verbindungen (Squalen bis Cholesterol), die in der Zelle an Sterol-Carrier gebunden sind. ▶ Weitere Informationen. Die Transkription vieler Gene für Enzyme der Cholesterol-, Fettsäure- und Phospholipid-Biosynthese wird durch Transkriptionsfaktoren der SREBP-Familie reguliert, die an ein sog. sterol regulatory element (SRE) im Promoterbereich ihrer Zielgene binden. Der Faktor SREBP2 induziert bevorzugt sterolregulierte Gene, aktiviert aber auch die Fettsäuresynthese.

3 Stoffwechsel

3.5 Lipidstoffwechsel

Abb. 3.43 Biosynthese von Cholesterol

167

3.5 Lipidstoffwechsel Pathobiochemie Defekte des Lipidstoffwechsels sind häufig. In vielen Fällen sind sie Begleiterscheinung anderer Erkrankungen, z. B. von Adipositas (S. 346), Diabetes mellitus (S. 446) oder Dyslipidämien (S. 312) und werden dort besprochen.

3 Stoffwechsel

A. Störungen des Lipidstoffwechsels (Beispiele) Primäre Störungen gehen auf genetische Defekte im Lipidstoffwechsel zurück, sekundäre Störungen haben die eigentliche Ursache außerhalb des Lipidstoffwechsels. Die Tabelle gibt einige Beispiele. Leberverfettung, ein Beispiel für eine sekundäre Störung, kann durch einen gesteigerten Alkohoholkonsum (S. 340) ausgelöst werden. Beim Ethanolabbau anfallendes NADH und Acetat hemmen die Gluconeogenese und den Fettsäureabbau. Gleichzeitig werden die Synthese von Ketonkörpern und Fettsäuren stimuliert. Die dabei vermehrt gebildeten Fette können nicht ausreichend ans Blut abgegeben werden, weil der Acetaldehyd die VLDL-Bildung stört. Morbus Gaucher (S. 228) ist mit einer Inzidenz von etwa 1 : 40 000 in Mitteleuropa die häufigste angeborene Lipidspeicherkrankheit. Sie stellt ein Beispiel für lysosomale Speicherkrankheiten dar. Morbus Gaucher wird autosomal rezessiv vererbt. Die Krankheit geht auf einen Mangel an funktionsfähiger Glucocerebrosidase in den Lysosomen von Makrophagen zurück. Das Enzym spaltet dort Glucocerebroside, die hauptsächlich aus Erythro- und Leukocyten stammen, in Glucose und Ceramid (S. 52). Der Enzymmangel in den Makrophagen besonders von Leber, Milz und Knochenmark führt dort zu einer Akkumulation der nicht abgebauten Cerebroside (S. 52). Die Makrophagen schwellen dann an und werden zu sog. Gaucher-Zellen. Es resultiert eine Vergrößerung und Funktionsstörung der betroffenen Organe. Durch Infusion von gentechnologisch erzeugter Glucocerebrosidase ist eine Therapie möglich. Neben Morbus Gaucher treten auch andere Erkrankungen des Sphingosinstoffwechsels (Sphingolipidosen) auf, die alle den Abbau von Sphingolipiden betreffen und zu Ablagerungen führen. Das Refsum-Syndrom ist eine seltene Abbaustörung von Isoprenoiden, die sich durch verschiedene Formen von neurologischen Störungen auszeichnet. Phytol (S. 54), ein Bestandteil des Chlorophylls und anderer pflanzlicher Stoffe, wird in Tieren normalerweise zu Phytansäure oxidiert und diese als verzweigte

16

Fettsäure durch α-Oxidation und anschließende β-Oxidation in den Peroxisomen abgebaut (S. 158). Gestört ist meist die PhytanoylCoA-Hydroxylase, das Enzym der α-Oxidation. Das Atemnotsyndrom tritt bei Neugeborenen auf, die nicht genügend Surfactant in ihren Lungen bilden. Diese Flüssigkeit ist eine Mischung verschiedener oberflächenaktiver Substanzen, vor allem des Phospholipids Lecithin (S. 50). Sie sorgt entscheidend für eine Entfaltung und Formerhaltung der Alveolen der Lunge, damit diese ihre Arbeit aufnehmen kann. Der Transport von Fettsäuren in die Mitochondrien (S. 154) kann an verschiedenen Stellen beeinträchtigt werden. Betroffen sein können Carnitin (S. 156), die beiden CarnitinPalmitoyl-Transferasen oder die AcylcarnitinTranslokase. Die Defekte treten in erster Linie in der Muskulatur auf und führen zu Muskelschwäche, Myoglobinurie und Fettablagerungen. Der MCAD-Defekt ist ein Beispiel für eine erbliche Störung eines Enzyms im Fettsäureabbau. Bei dieser Krankheit ist die Acyl-CoADehydrogenase (S. 156) für mittelkettige Fettsäuren funktionsunfähig. Fettsäuren mit etwa 6–12 C-Atomen häufen sich dann in den Mitochondrien an und stören den Stoffwechsel, besonders den Citratzyklus.

B. Hypercholesterolämie Liegt der Cholesterolspiegel über 200 mg · dL–1 bzw. 5,2 mmol · L–1, so gilt er als erhöht (Hypercholesterolämie; → verstärktes Risiko von kardiovaskulären Erkrankungen). Damit der Spiegel konstant bleibt, werden die Bildung und der Verbrauch von Cholesterol sorgfältig abgeglichen. Es kann über den Transkriptionsfaktor SREP-2 (sterol regulatory element binding protein) die Enzyme seiner Biosynthese kontrollieren. Das wichtigste Enzym ist dabei die HMG-CoA-Reduktase (S. 166). Um den Blutspiegel von Cholesterol zu senken, wurde mit den Statinen eine Gruppe von Pharmaka entwickelt. Sie greifen in die Biosynthese des Cholesterols ein und hemmen die HMG-CoA-Reduktase, das geschwindigkeitsbestimmende Enzym des Biosynthesewegs. Die Formel des gezeigten Statins Pravastatin macht deutlich, dass der Hemmstoff dem Substrat der Reaktion sehr ähnlich ist. Die Statine binden an die HMG-CoA-Reduktase im aktiven Zentrum und hemmen kompetitiv die Bildung von Mevalonat. Solche Statine werden in großem Umfang eingesetzt, um das Risiko für einen Herzinfarkt zu senken.

3 Stoffwechsel

3.5 Lipidstoffwechsel

Abb. 3.44 Lipidstoffwechsel: Pathobiochemie

169

3.6 Proteinstoffwechsel

3 Stoffwechsel

Übersicht Proteine bilden mengenmäßig die wichtigste Gruppe der körpereigenen Makromoleküle. Ein 70 kg schwerer Mensch enthält etwa 10 kg Protein, den größten Teil davon in der Muskulatur. Im Vergleich dazu ist der Anteil der anderen stickstoffhaltigen Verbindungen gering. Der Stoffwechsel der Proteine umfasst zwei große Bereiche: 1. den Auf- und Abbau der Proteine selbst und 2. die Synthese und den Abbau ihrer Bausteine, der proteinogenen Aminosäuren (S. 60). Die Biosynthese der Proteine (S. 220) durch Translation (S. 260) am Ribosom und ihre nachfolgende Reifung im ER sind komplexe Prozesse, die im Rahmen der Molekular- und Zellbiologie behandelt werden. Dagegen sind Biosynthese und Abbau der Aminosäuren Teilbereiche des normalen Intermediärstoffwechsels, die eng mit dem Citratzyklus verknüpft sind.

A. Aminosäurestoffwechsel: Übersicht Trotz der großen Zahl der biochemisch wichtigen Aminosäuren zeigen die katabolen und anabolen Stoffwechselwege der Aminosäuren eine Reihe von Gemeinsamkeiten, die auf den Folgeseiten besprochen werden. Dabei konzentrieren wir uns auf die sogenannten nicht essenziellen Aminosäuren, d. h. Aminosäuren, die der Mensch selbst aufbauen kann. Eine weitere wichtige Unterscheidung ist die zwischen glucogenen und ketogenen Aminosäuren. Glucogene Aminosäuren (im Schema grün hervorgehoben) können als Vorstufe der Gluconeogenese dienen, während ketogene Aminosäuren (orange) Ketonkörper bzw. Acetyl-CoA liefern, die nicht in Glucose umgebaut werden können. ▶ Stoffwechselwege: ● Man schätzt, dass der Mensch täglich 300– 400 g Protein zu Aminosäuren abbaut (Proteolyse, 1). Andererseits wird etwa die gleiche Menge an Aminosäuren wieder in Proteine eingebaut (Proteinbiosynthese, 2). Der hohe Proteinumsatz im Organismus rührt daher, dass viele Proteine mit Halbwertszeiten von 2–8 Tagen relativ kurzlebig sind. Besonders kurzlebig sind Schlüsselenzyme des Intermediärstoffwechsels, die z. T. nach wenigen Stunden wieder abgebaut und durch neue Moleküle ersetzt werden. Dieser stän-

17











dige Auf- und Abbau bietet den Zellen die Möglichkeit, die Mengen und damit die Aktivitäten wichtiger Enzyme rasch dem Bedarf anzupassen. Dagegen sind Strukturproteine wie die Histone oder das Hämoglobin besonders langlebig. Die intrazelluläre Proteolyse geschieht zum Teil in Lysosomen (S. 228). Außerdem gibt es im Cytoplasma sog. Proteasomen (S. 172), die fehlgefaltete oder überalterte Proteine abbauen. Der Abbau der meisten Aminosäuren beginnt mit einer Transaminierung (3). Dabei wird die α-Aminogruppe der Aminosäure auf 2-Oxoglutarat übertragen, das dadurch in Glutamat übergeht, während aus der Aminosäure eine andere 2-Oxosäure entsteht, die weiter abgebaut wird. Umgekehrt besteht der letzte Schritt in den Biosynthesewegen vieler Aminosäuren in einer Transaminierung. In diesem Fall wird eine Aminogruppe von Glutamat auf die entsprechende 2-Oxosäure übertragen. Zur Freisetzung von Ammoniumionen (NH4+) aus Glutamat und zur Regenerierung von 2-Oxoglutarat dient die oxidative Desaminierung (4). Dieser Schritt findet vorwiegend in der Leber statt und bildet eine wichtige Eingangsreaktion für den Harnstoffzyklus (S. 182). Neben der oxidativen Desaminierung gibt es andere Desaminierungen (5). Auch sie liefern NH4+ und eine 2-Oxosäure, z. B. Pyruvat. Der weitere Abbau der durch Transaminierung oder Desaminierung freigesetzen 2Oxosäuren beginnt häufig mit einer oxidativen Decarboxylierung (6). Dabei wird CO2 abgespalten und der verbleibende Acylrest auf Coenzym A übertragen, außerdem entsteht NADH. Die so gebildeten Acyl-CoA-Derivate werden auf verschiedenen Wegen zu Endprodukten abgebaut, die Zwischenprodukte des Citratzyklus sind oder in diesen einfließen können. Ammoniak (NH3) und die mit ihm im Gleichgewicht stehenden Ammoniumionen (NH4+) sind neurotoxisch und müssen daher vor der Ausscheidung in weniger schädliche Produkte umgewandelt werden. Dies geschieht im Harnstoffzyklus (7), einem Stoffwechselweg der Leber. Er wandelt Hydrogencarbonat (HCO3–) und zwei NH4+-Ionen unter Energieverbrauch in Harnstoff um, der über den Urin ausgeschieden wird.

3.6 Proteinstoffwechsel

3 Stoffwechsel

Übersicht Proteine bilden mengenmäßig die wichtigste Gruppe der körpereigenen Makromoleküle. Ein 70 kg schwerer Mensch enthält etwa 10 kg Protein, den größten Teil davon in der Muskulatur. Im Vergleich dazu ist der Anteil der anderen stickstoffhaltigen Verbindungen gering. Der Stoffwechsel der Proteine umfasst zwei große Bereiche: 1. den Auf- und Abbau der Proteine selbst und 2. die Synthese und den Abbau ihrer Bausteine, der proteinogenen Aminosäuren (S. 60). Die Biosynthese der Proteine (S. 220) durch Translation (S. 260) am Ribosom und ihre nachfolgende Reifung im ER sind komplexe Prozesse, die im Rahmen der Molekular- und Zellbiologie behandelt werden. Dagegen sind Biosynthese und Abbau der Aminosäuren Teilbereiche des normalen Intermediärstoffwechsels, die eng mit dem Citratzyklus verknüpft sind.

A. Aminosäurestoffwechsel: Übersicht Trotz der großen Zahl der biochemisch wichtigen Aminosäuren zeigen die katabolen und anabolen Stoffwechselwege der Aminosäuren eine Reihe von Gemeinsamkeiten, die auf den Folgeseiten besprochen werden. Dabei konzentrieren wir uns auf die sogenannten nicht essenziellen Aminosäuren, d. h. Aminosäuren, die der Mensch selbst aufbauen kann. Eine weitere wichtige Unterscheidung ist die zwischen glucogenen und ketogenen Aminosäuren. Glucogene Aminosäuren (im Schema grün hervorgehoben) können als Vorstufe der Gluconeogenese dienen, während ketogene Aminosäuren (orange) Ketonkörper bzw. Acetyl-CoA liefern, die nicht in Glucose umgebaut werden können. ▶ Stoffwechselwege: ● Man schätzt, dass der Mensch täglich 300– 400 g Protein zu Aminosäuren abbaut (Proteolyse, 1). Andererseits wird etwa die gleiche Menge an Aminosäuren wieder in Proteine eingebaut (Proteinbiosynthese, 2). Der hohe Proteinumsatz im Organismus rührt daher, dass viele Proteine mit Halbwertszeiten von 2–8 Tagen relativ kurzlebig sind. Besonders kurzlebig sind Schlüsselenzyme des Intermediärstoffwechsels, die z. T. nach wenigen Stunden wieder abgebaut und durch neue Moleküle ersetzt werden. Dieser stän-

17











dige Auf- und Abbau bietet den Zellen die Möglichkeit, die Mengen und damit die Aktivitäten wichtiger Enzyme rasch dem Bedarf anzupassen. Dagegen sind Strukturproteine wie die Histone oder das Hämoglobin besonders langlebig. Die intrazelluläre Proteolyse geschieht zum Teil in Lysosomen (S. 228). Außerdem gibt es im Cytoplasma sog. Proteasomen (S. 172), die fehlgefaltete oder überalterte Proteine abbauen. Der Abbau der meisten Aminosäuren beginnt mit einer Transaminierung (3). Dabei wird die α-Aminogruppe der Aminosäure auf 2-Oxoglutarat übertragen, das dadurch in Glutamat übergeht, während aus der Aminosäure eine andere 2-Oxosäure entsteht, die weiter abgebaut wird. Umgekehrt besteht der letzte Schritt in den Biosynthesewegen vieler Aminosäuren in einer Transaminierung. In diesem Fall wird eine Aminogruppe von Glutamat auf die entsprechende 2-Oxosäure übertragen. Zur Freisetzung von Ammoniumionen (NH4+) aus Glutamat und zur Regenerierung von 2-Oxoglutarat dient die oxidative Desaminierung (4). Dieser Schritt findet vorwiegend in der Leber statt und bildet eine wichtige Eingangsreaktion für den Harnstoffzyklus (S. 182). Neben der oxidativen Desaminierung gibt es andere Desaminierungen (5). Auch sie liefern NH4+ und eine 2-Oxosäure, z. B. Pyruvat. Der weitere Abbau der durch Transaminierung oder Desaminierung freigesetzen 2Oxosäuren beginnt häufig mit einer oxidativen Decarboxylierung (6). Dabei wird CO2 abgespalten und der verbleibende Acylrest auf Coenzym A übertragen, außerdem entsteht NADH. Die so gebildeten Acyl-CoA-Derivate werden auf verschiedenen Wegen zu Endprodukten abgebaut, die Zwischenprodukte des Citratzyklus sind oder in diesen einfließen können. Ammoniak (NH3) und die mit ihm im Gleichgewicht stehenden Ammoniumionen (NH4+) sind neurotoxisch und müssen daher vor der Ausscheidung in weniger schädliche Produkte umgewandelt werden. Dies geschieht im Harnstoffzyklus (7), einem Stoffwechselweg der Leber. Er wandelt Hydrogencarbonat (HCO3–) und zwei NH4+-Ionen unter Energieverbrauch in Harnstoff um, der über den Urin ausgeschieden wird.

3 Stoffwechsel

3.6 Proteinstoffwechsel

Abb. 3.45 Proteinstoffwechsel: Übersicht

171

3.6 Proteinstoffwechsel Proteolyse Enzyme, die die Hydrolyse von Peptidbindungen katalysieren (Proteinasen und Peptidasen), gibt es nicht nur im Lumen des Magen-DarmTrakts (S. 280), sondern auch auf der Oberfläche von Zellen und im Zellinneren. Neben dem Abbau von Proteinen und Peptiden erfüllen sie weitere, spezialisierte Aufgaben, z. B. bei der Stoffwechselregulation (S. 110), bei der Blutgerinnung (S. 306), bei der Apoptose (S. 464) oder im Rahmen des Komplementsystems (S. 318).

3 Stoffwechsel

A. Proteolytische Enzyme Nach ihrem Angriffspunkt im Substratmolekül unterteilt man die proteolytischen Enzyme in Endopeptidasen und Exopeptidasen. Die Endopeptidasen oder Proteinasen spalten Peptidbindungen im Inneren von Peptidketten. Sie „erkennen“ und binden kurze Aminosäuresequenzen des Proteins und hydrolysieren dann mehr oder weniger spezifisch Bindungen zwischen bestimmten Aminosäureresten. Die Proteinasen werden nach ihren Reaktionsmechanismen klassifiziert. Bei den Serin-Proteinasen (s. C) ist z. B. ein Serin-Rest im Enzym für die Katalyse wichtig, bei den Cystein-Proteinasen ist es ein Cystein-Rest usw. Die Tabelle nennt Beispiele für jede Klasse. Exopeptidasen greifen Peptide vom Ende her an. Peptidasen, die am N-Terminus (S. 66) ansetzen, nennt man Aminopeptidasen, während Carboxypeptidasen den C-Terminus erkennen. Die Dipeptidasen schließlich hydrolysieren nur Dipeptide.

B. Proteasom Die funktionellen Proteine einer Zelle müssen vor Proteinasen geschützt werden, um einen vorzeitigen Abbau zu verhindern. Ein Teil der intrazellulär wirksamen proteolytischen Enzyme ist deshalb in Lysosomen (S. 228) eingeschlossen. Die dort wirksamen Proteinasen werden auch als Cathepsine bezeichnet. Ein zweites, sorgfältig reguliertes System zum Proteinabbau ist im Cytoplasma lokalisiert. Es besteht aus großen Proteinkomplexen (Masse 2 · 106 Da), den Proteasomen. Proteasomen enthalten einen fassartigen Kern, der aus 28 Untereinheiten besteht und einen Sedimentationskoeffizienten (S. 260) von 20S aufweist. Die proteolytische Aktivität (hier als Schere dargestellt) ist im Inneren des fassarti-

17

gen 20S-Komplexes lokalisiert und damit abgeschirmt. Die Öffnungen des Fasses werden durch 19S-Partikel verschlossen, die den Zugang zum Kern kontrollieren. Proteine, die zum Abbau im Proteasom vorgesehen sind (z. B. fehlgefaltete oder überalterte Moleküle), werden markiert, indem sie kovalent mit Ketten des kleinen Proteins Ubiquitin verknüpft werden. Das Ubiquitin wird zuvor durch Einführung reaktiver ThioesterGruppen aktiviert. Mit Ubiquitin markierte („ubiquitinierte“) Moleküle werden vom 19SPartikel erkannt, unter ATP-Verbrauch entfaltet und dann ins Innere des Kerns geschoben, wo der Abbau stattfindet. Ubiquitin wird nicht abgebaut, sondern nach erneuter Aktivierung wiederverwendet.

C. Serin-Proteinasen Eine große Gruppe von Proteinasen enthält Serin im aktiven Zentrum. Zu den Serin-Proteinasen gehören z. B. die Verdauungsenzyme Trypsin, Chymotrypsin und Elastase, viele Gerinnungsfaktoren, sowie das fibrinolytische Enzym Plasmin und seine Aktivatoren. Wie in Schutz vor Selbstverdau (S. 282) beschrieben, werden die Pankreas-Proteinasen als Proenzyme (Zymogene) sezerniert. Ihre Aktivierung beruht ebenfalls auf proteolytischen Spaltungen. Sie ist hier am Trypsinogen, der Vorstufe des Trypsins, im Einzelnen dargestellt (1). Die Aktivierung des Trypsinogens beginnt mit der Abspaltung eines N-terminalen Hexapeptids durch die Enteropeptidase („Enterokinase“), eine spezifische Serin-Proteinase, die in der Membran des Darm-Epithels lokalisiert ist. Das Spaltprodukt (β-Trypsin) ist bereits katalytisch aktiv und spaltet weitere Trypsinogen-Moleküle an den rot markierten Stellen (autokatalytische Spaltung). Auch die Vorstufen von Chymotrypsin, Elastase, Carboxypeptidase A u. a. werden durch Trypsin aktiviert. Das aktive Zentrum des Trypsins ist in Abb. 2 dargestellt. Ein Serin-Rest des Enzyms (Ser195) greift, unterstützt von einem Histidinund einem Aspartat-Rest (His-57, Asp-102), die zu spaltende Bindung nucleophil an (roter Pfeil). Die Spaltstelle im Substrat-Peptid liegt auf der C-terminalen Seite eines Lysin-Restes, dessen Seitenkette während der Katalyse in einer speziellen „Bindungstasche“ des Enzyms (links) fixiert wird.

3 Stoffwechsel

3.6 Proteinstoffwechsel

Abb. 3.46 Proteolyse (C. Quelle PDB: 2TGA)

173

3.6 Proteinstoffwechsel Wege des Stickstoffs

3 Stoffwechsel

A. Stickstoffverbindungen Die N-Atome in biologisch wichtigen Stickstoffverbindungen können Oxidationsstufen zwischen –3 (Ammoniak, NH3) und + 5 (Nitrat, NO3–) annehmen. Während Pflanzen und Mikroorganismen auch höher oxidierte Stickstoffverbindungen nutzen (B), treten im Stoffwechsel der Tiere mit Ausnahme von NO (S. 424) stickstoffhaltige Moleküle überwiegend auf der Oxidationsstufe des Ammoniaks auf. Das gasförmige Ammoniak (NH3), eine mäßig starke Base, steht im Gleichgewicht mit seiner konjugierten Säure, dem Ammoniumion (NH4+). Da der pKa-Wert des Systems bei 9,2 liegt, dominiert beim physiologischen pHWert von 7,4 die Säure NH4+ mit fast 98 % (rechts). Deshalb sprechen wir in diesem Buch nur dann von NH3, wenn wirklich die Base gemeint ist. Während das geladene AmmoniumIon biologische Membranen nicht passieren kann, ist das neutrale NH3 gut membrangängig. Dies ist bei der Ausscheidung von NH3/NH4 + von Bedeutung (S. 352).

durch die Carbamylphosphat-Synthetase [5] so niedrig gehalten, dass keine effektive Synthese von Glutamat möglich ist. Der Mensch ist deshalb völlig auf vorgefertigte Aminosäuren angewiesen, die er mit den Proteinen in seiner pflanzlichen und tierischen Nahrung aufnimmt. Weitere Reaktionen im Stickstoffkreislauf, die NH4+ erzeugen oder verbrauchen, sind ebenfalls Mikroorganismen und Pflanzen vorbehalten. Die Nitratreduktion erzeugt NH4+ aus NO3–, während nitrifizierende Bakterien die umgekehrte Reaktion durchführen. Aus landwirtschaftlicher Sicht ist die Denitrifizierung unerwünscht, da sie wertvolles Nitrat in elementaren Stickstoff umwandelt. Höhere Tiere benötigen spezielle Stoffwechselwege zur Ausscheidung von Stickstoff. Ureotelische Organismen, zu denen der Mensch gehört, bilden Harnstoff (S. 182) und scheiden ihn mit dem Urin aus. Da dies mit einem erheblichen Wasserverlust verbunden ist, wandeln uricotelische Tiere (z. B. Vögel und Reptilien) zur Wassereinsparung Glutamin in Harnsäure um, die in fester Form abgegeben wird.

C. Symbiotische Stickstoff-Fixierung B. Stickstoffkreislauf in der Natur In der Atmosphäre kommt elementarer Stickstoff (N2) in unbegrenzten Mengen vor. Bevor er in den biologischen Stickstoffkreislauf eingehen kann, muss er allerdings zu NH3 reduziert werden (Stickstofffixierung, 4). Dazu sind nur wenige Arten von Bakterien und Blaualgen in der Lage (siehe C). Die meisten Bakterien und Pflanzen können ihren Stickstoffbedarf durch Ammonium-Assimilation decken. Dabei wird NH4+ durch die Glutamat-Dehydrogenase (GDH, [1]) als α-Aminogruppe in Glutamat oder durch die Glutamin-Synthetase [2] in die Amidgruppe von Glutamin eingebaut. Glutamat spielt im Stoffwechsel der Aminosäuren eine zentrale Rolle, weil es bei Transaminierungen (S. 176) als universeller Donor für NH2-Gruppen dient und auf diese Weise die Synthese anderer Aminosäuren ermöglicht. Der Mensch kann seinen Stickstoffbedarf nicht durch NH4+-Assimilation decken, weil seine GDH andere Eigenschaften hat als die von Pflanzen und Mikroorganismen. Außerdem wird in der Mitochondrien-Matrix, wo die GDH lokalisiert ist, die NH4+-Konzentration

17

Stickstoff fixierende Organismen leben frei im Boden oder in Symbiose mit Pflanzen. Von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung ist die Symbiose zwischen Bakterien der Gattung Rhizobium und Hülsenfrüchtlern (Fabales) wie Klee, Bohnen oder Erbsen. Diese Pflanzen erreichen durch die Symbiose einen hohen Proteingehalt und sind deshalb ernährungsphysiologisch wertvoll. In der Symbiose mit Fabales leben die Bakterien als sogenannte Bakteroide in Wurzelknöllchen innerhalb pflanzlicher Zellen. Die Pflanze versorgt die Bakteroide mit Nährstoffen, andererseits profitiert sie vom fixierten Stickstoff, den die Symbionten bereitstellen. Das N2-fixierende Enzym der Bakterien ist die Nitrogenase. Sie besteht aus zwei Komponenten: Ein Fe-Protein, das als Redoxsystem einen [Fe4S4]-Cluster (S. 130) enthält, übernimmt Elektronen vom Ferredoxin und gibt sie an die zweite Komponente, das FeMo-Protein, weiter. Dieses molybdänhaltige Protein überträgt die Elektronen auf N2 und erzeugt so über verschiedene Zwischenstufen Ammonium-Ionen (NH4+).

3 Stoffwechsel

3.6 Proteinstoffwechsel

Abb. 3.47 Wege des Stickstoffs

175

3.6 Proteinstoffwechsel Transaminierung und Desaminierung Beim Abbau von Proteinen fällt Aminostickstoff an, der sich im Gegensatz zum Kohlenstoff nicht zur oxidativen Energiegewinnung eignet. Die Aminogruppen der meisten Aminosäuren werden deshalb, soweit sie nicht für Biosynthesen wiederverwendet werden, zunächst durch Transaminierung auf 2-Oxoglutarat übertragen. Aus dem auf diese Weise gebildeten Glutamat wird in einem zweiten Schritt durch Desaminierung NH4+ freigesetzt, welches schließlich in Harnstoff (S. 182) eingebaut und in dieser Form ausgeschieden wird.

3 Stoffwechsel

A. Transaminierung Unter den NH2-Übertragungsreaktionen sind Transaminierungen (1) besonders wichtig. Sie werden von Aminotransferasen („Transaminasen“) katalysiert und kommen im katabolen wie im anabolen Aminosäurestoffwechsel vor. Bei Transaminierungen wird die Aminogruppe einer Aminosäure (Aminosäure 1) auf eine 2Oxosäure (Oxosäure 2) übertragen. Aus der Aminosäure entsteht dabei eine 2-Oxosäure (a), aus der ursprünglichen Oxosäure eine Aminosäure (b). Die NH2-Gruppe wird vorübergehend von enzymgebundenem Coenzym Pyridoxalphosphat (PLP) (S. 98) übernommen, das dadurch in Pyridoxaminphosphat übergeht. Die Tabelle (2) nennt Beispiele für Aminotransferasen und die an der jeweiligen Reaktion beteiligten Substrate. Sie zeigt u. a. am Beispiel der GABA-Aminotransferase, dass durch Transaminierung auch Aldehyde in Amine oder Amine in Aldehyde umgewandelt werden können. Die Funktion des Coenzyms bei der Transaminierung ist in Abb. 3 im Detail dargestellt. In Abwesenheit von Substraten ist die Aldehyd-Gruppe des Pyridoxalphosphats kovalent an einen Lysin-Rest der Transaminase gebunden (nicht gezeigt). Diese Art von Verbindung bezeichnet man als Aldimin oder „Schiff-Base“. Während der Reaktion verdrängt Aminosäure 1 (AS1) den Lysin-Rest, und es bildet sich ein neues Aldimin. Durch Isomerisierung wird dann die Doppelbindung verschoben. Das so gebildete Ketimin wird schließlich hydrolysiert, und es entstehen die 2-Oxosäure und Pyridoxaminphosphat. Im zweiten Teil der Reaktion laufen diese Schritte in umgekehrter Richtung ab: Pyridox-

17

aminphosphat und die zweite 2-Oxosäure (OS2) bilden ein Ketimin, das zum Aldimin isomerisiert. Zuletzt wird die zweite Aminosäure (AS2) abgespalten und das Coenzym regeneriert.

B. Desaminierung Wird die NH2-Gruppe einer Aminosäure als Ammoniak freigesetzt, spricht man von einer Desaminierung. Dafür gibt es mehrere verschiedene Mechanismen: Bei der hydrolytischen Desaminierung wird die Amidgruppe in der Seitenkette von Glutamin durch eine Glutaminase [2] hydrolytisch gespalten, wobei Glutamat und ein Ammoniumion NH4+ entstehen. In einer analogen Reaktion zerlegen Asparaginasen Asparagin in Aspartat und NH4+. Besonders wichtig ist die oxidative Desaminierung, die im menschlichen Stoffwechsel nur Glutamat betrifft. Bei dieser Reaktion wird die α-Amino-Gruppe der Aminosäure zunächst zur Imino-Gruppe oxidiert, wobei die Reduktionsäquivalente auf NAD oder NADP übertragen werden. Im zweiten Schritt wird dann die Imino-Gruppe hydrolytisch gespalten. Dabei entsteht wie bei der Transaminierung eine 2-Oxosäure. Die oxidative Desaminierung von Glutamat findet vor allem in der Leber statt, wo auf diese Weise, katalysiert durch die Glutamat-Dehydrogenase [3], aus Glutamat 2-Oxoglutarat und NH4+ gebildet werden. Durch eliminierende Desaminierung werden Serin und Threonin zu Pyruvat bzw. 2-Oxobutyrat und NH4+ abgebaut. Bei dieser Reaktion wird – katalysiert durch die Serin (Threonin)-Dehydratase [4] – zunächst ein H2O-Molekül aus der Seitenkette der Aminosäure eliminiert (daher „Dehydratase“). Dabei entsteht ein ungesättigtes Zwischenprodukt, das sich spontan in ein Ketimin umlagert. Dieses wird im zweiten Schritt unter H2O-Aufnahme wie oben zu NH3 und Pyruvat (bzw. 2-Oxobutyrat) hydrolysiert. Auch Histidin wird im ersten Reaktionsschritt des Abbauwegs eliminierend desaminiert. Diese Reaktion folgt allerdings einem anderen Mechanismus als die Desaminierung von Serin und Threonin.

3 Stoffwechsel

3.6 Proteinstoffwechsel

Abb. 3.48 Transaminierung und Desaminierung

177

3.6 Proteinstoffwechsel Aminosäureabbau I Trotz der großen Zahl der proteinogenen Aminosäuren ist die Zahl der Endprodukte, die bei ihrem Abbau entstehen, relativ gering. Zu diesen Produkten gehören vier Intermediate des Citratzyklus (2-Oxoglutarat, Succinyl-CoA, Fumarat, Oxalacetat) sowie Pyruvat. Hinzu kommen Acetacetat und Acetyl-CoA (S. 180).

3 Stoffwechsel

A. Glucogene und ketogene Aminosäuren Da Oxalacetat den Ausgangspunkt der Gluconeogenese (S. 144) darstellt, bezeichnet man Aminosäuren, deren Abbau einen CitratzyklusMetaboliten oder Pyruvat liefert, als glucogene (glucoplastische) Aminosäuren. Mit zwei Ausnahmen (Lysin und Leucin, s. u.) sind alle proteinogenen Aminosäuren glucogen. Mengenmäßig stellen glucogene Aminosäuren die wichtigsten Vorstufen der Gluconeogenese dar. Gleichzeitig wirken sie anaplerotisch, d. h. sie füllen den Citratzyklus auf, um die vom Zyklus ausgehenden anabolen Reaktionen zu speisen (S. 126). Aminosäuren, die beim Abbau Acetyl-CoA oder Acetacetat liefern, heißen ketogene (ketoplastische) Aminosäuren. Die Abbauprodukte lassen sich im tierischen Stoffwechsel nicht in die Gluconeogenese einschleusen, weil es keine Möglichkeit gibt, sie in Oxalacetat oder andere Gluconeogenesevorstufen umzubauen (die C-Atome von Acetyl-CoA werden im Citratzyklus zu CO2 oxidiert und stehen deshalb für die Gluconeogenese nicht mehr zur Verfügung). Ketogene Aminosäuren können aber zur Synthese von Ketonkörpern, Fettsäuren und Isoprenoiden (S. 154) herangezogen werden. Einige Aminosäuren liefern glucogene und ketogene Abbauprodukte. Zu dieser Gruppe gehören Phenylalanin, Tyrosin, Tryptophan und Isoleucin. Nur Leucin und Lysin sind rein ketogen.

B. Abbau der nicht essenziellen Aminosäuren Nicht essenzielle Aminosäuren (S. 184) sind solche, die der menschliche Organismus selbst herstellen kann. Alle Aminosäuren dieser Gruppe werden beim Abbau in höchstens drei Reaktionsschritten durch Desaminierung und/ oder Transaminierung (S. 176) in den Citratzyklus eingeschleust. Glutamat und Aspartat lassen sich durch Transaminierung direkt in

17

Metabolite des Zyklus (2-Oxoglutarat bzw. Oxalacetat) umwandeln. Im Glutamat laufen die Abbauwege von Glutamin, Arginin und Prolin zusammen (siehe auch C), während Cystein, Serin, Glycin und Alanin über Pyruvat abgebaut werden.

C. Stoffwechsel von Glutamat Glutamat steht im Zentrum von Stoffwechselwegen, die dem Auf- und Abbau der Aminosäuren Alanin, Aspartat, Prolin und Arginin dient. Alanin und Aspartat sind mit Glutamat über Transaminierungsreaktionen unmittelbar verbunden. Die daran beteiligten Aminotransferasen (Alanin-Transaminase [2] und AspartatTransaminase [3]) haben wichtige Funktionen im Stickstoffstoffwechsel der Leber (S. 182), Isoenzyme der Aspartat-Transaminase sind außerdem am Malat-Shuttle (S. 128) beteiligt. Die Aktivitäten beider Transaminasen im Blut werden im Rahmen der sog. Serum-Enzymdiagnostik (S. 312) zur Diagnose verschiedener Erkrankungen herangezogen. Abbau und Biosynthese von Prolin und Arginin verlaufen über das gleiche Zwischenprodukt – das zyklische Δ1-Pyrrolincarboxylat. Es wird durch eine NADH-abhängige Dehydrogenase [4] reduktiv aus Glutamat gebildet und steht mit seiner offenkettigen Form γ-Glutamat-Semialdehyd im chemischen Gleichgewicht. Eine weitere Reduktion des Δ1-Pyrrolincarboxylats [5] liefert eine proteinogene Aminosäure mit Ringstruktur, das Prolin. Die Semialdehydform dagegen lässt sich durch Transaminierung der Aldehyd-Gruppe [6] in das nicht proteinogene Ornithin umwandeln. Diese Reaktion zeigt, dass nicht nur 2-Oxosäuren, sondern auch Aldehyde transaminiert werden können. Ein weiteres Beispiel für diesen Reaktionstyp ist die Transaminierung von GABA zu Succinat-Semialdehyd im sog. „GABA-Shunt“ (S. 380). Da Ornithin ein Zwischenprodukt des Harnstoffzyklus (S. 182) ist, lässt es sich durch Reaktionen des Zyklus in Arginin umwandeln. Dies geschieht allerdings nicht in der Leber, sondern in der Niere (S. 352). Würde man dem Harnstoffzyklus der Leber größere Mengen von Arginin entziehen, kämen der Zyklus und damit die NH4+-Entgiftung zum Stillstand. Der Abbau der genannten Aminosäuren verläuft über die gleichen Reaktionsschritte, die alle reversibel sind.

3 Stoffwechsel

3.6 Proteinstoffwechsel

Abb. 3.49 Aminosäureabbau I

179

3.6 Proteinstoffwechsel Aminosäureabbau II Essenzielle Aminosäuren (S. 184) können vom menschlichen Stoffwechsel nicht selbst synthetisiert werden. Da ihr Abbau erheblich komplizierter ist als der der nicht essenziellen Aminosäuren, sind ihre Abbauwege hier nur schematisch dargestellt. Glucogene Aminosäuren sind grün hinterlegt. Rein ketogene Aminosäuren sind durch orange Hinterlegung gekennzeichnet, während Aminosäuren mit glucogener und ketogener Wirkung mit beiden Farben markiert sind. Die Endprodukte des Abbaus glucogener Aminosäuren sind in grüner Schrift wiedergegeben, die Produkte der ketogenen in Rot.

3 Stoffwechsel

A. Abbau der essenziellen Aminosäuren Die Abbauwege der meisten essenziellen Aminosäuren beginnen mit einer Transaminierung, bei der die Aminogruppe unter Bildung von Glutamat auf 2-Oxoglutarat übertragen wird (links). Die so gebildeten 2-Oxosäuren (OS1OS5) werden durch oxidative Decarboxylierung unter Abspaltung von CO2 in CoA-Derivate überführt, die dann auf unterschiedlichen Wegen weiter abgebaut werden. Das Prinzip der oxidativen Decarboxylierung wird am Beispiel der Pyruvat-Dehydrogenase (PDH) besprochen (S. 122). Die am Aminosäureabbau beteiligten Oxosäure-Dehydrogenasen arbeiten ähnlich wie die PDH. So gibt es einen „VerzweigtkettenDehydrogenase-Komplex“ welcher die Umsetzung der aus Valin und Isoleucin gebildeten 2Oxosäuren katalysiert. Threonin wird durch eliminierende Desaminierung (S. 176) in 2-Oxobutyrat (OS6) überführt. Dieser Metabolit entsteht auch beim Abbau von Methionin nach Demethylierung der Thioethergruppe und Übertragung der Thiolgruppe auf Serin unter Bildung von Cystein. Der weitere Abbau von 2-Oxobutyrat zu Succinyl-CoA ist in B ausführlich dargestellt. Für Tryptophan und Histidin existieren besondere Abbauwege. Der aliphatische Teil des Tryptophanmoleküls wird als Alanin abgespalten, während der Abbau des Indolrings AcetylCoA liefert. Histidin wird zunächst eliminierend desaminiert und dann in mehreren Schritten zu Glutamat abgebaut. Die rein ketogenen Aminosäuren Lysin und Leucin liefern beim Abbau ausschließlich Acetacetat und/oder Acetyl-CoA. Im rechten Teil der Abbildung markieren rote Pfeile diejenigen Schritte, die an der Oxidation von Acetacetat

18

bzw. Acetyl-CoA zu CO2 beteiligt sind. Der Abbau von Acetacetat zu Acetyl-CoA ist im Abschnitt über den Ketonkörperabbau (S. 388) dargestellt.

B. Abbau zu Succinyl-CoA Die Abbauwege von Threonin, Methionin, Isoleucin und Valin münden in eine Reaktionsfolge, die 2-Oxobutyrat in Succinyl-CoA umwandelt. Auch der Abbau der Nucleobase Thymin (S. 190) endet hier (nicht gezeigt). Aus 2-Oxobutyrat entsteht zunächst durch oxidative Decarboxylierung [1] Propionyl-CoA, das im nächsten Schritt [2] zu Methylmalonyl-CoA carboxyliert wird. Die abschließende Umlagerung zu Succinyl-CoA wird durch die Methylmalonyl-CoA-Mutase [3] katalysiert. Dieser Schritt ist – abgesehen von der Remethylierung von Homocystein zu Methionin (S. 194) – die einzige Reaktion im tierischen Stoffwechsel, die das von Vitamin B12 abgeleitete Cobalamin (S. 100) als Coenzym benötigt.

C. Tyrosinstoffwechsel Die Aminosäure Tyrosin ist im tierischen Stoffwechsel nicht nur Proteinbaustein, sondern auch Vorstufe mehrerer Hormone und Grundbaustein des braunen Pigments Melanin. Tyrosin gehört zu den bedingt essenziellen Aminosäuren (S. 184), da es durch Hydroxylierung aus dem essenziellen Phenylalanin gebildet werden kann. Die Phenylalanin-Hydroxylase [4] und die Tyrosin-Hydroxylase [6] zählen zu den wenigen Enzymen, die Tetrahydrobiopterin (THB) als Coenzym nutzen. Angeborene Defekte der Phenylalanin-Hydroxylase führen zum Krankheitsbild der Phenylketonurie (S. 186). Eine zweite Hydroxylierung des aromatischen Rings im Tyrosin ergibt L-Dihydroxyphenylalanin (L-Dopa). Weitere Reaktionen führen zu den Catecholaminen (S. 450), einer Gruppe von Signalstoffen zu denen auch Adrenalin gehört. Bei der Oxidation von Tyrosin durch die Tyrosinase [5] ist L-Dopa nur Zwischenprodukt, das vom gleichen Enzym sofort weiter zum o-Dichinon Dopachrom oxidiert wird. Dopachrom polymerisiert dann, unterstützt durch weitere Enzyme, zum braunen Pigment Melanin, das in Haut, Haaren und in der Iris des Auges abgelagert wird, wo es als Lichtschutz und als Antioxidanz dient.

3 Stoffwechsel

3.6 Proteinstoffwechsel

Abb. 3.50 Aminosäureabbau II

181

3.6 Proteinstoffwechsel Harnstoffzyklus +)

Ammoniumionen (NH4 sind toxisch und schädigen vor allem das Gehirn. Deshalb wird ihre Konzentration im Blut normalerweise unter 40 μmol · L–1 gehalten. Dies wird dadurch erreicht, dass NH4+ im Blutplasma nicht frei, sondern als Aminostickstoff von Aminosäuren transportiert wird (S. 388). In der Leber wird aus diesen Aminosäuren wieder NH4+ freigesetzt (A) und dieses in den nicht giftigen Harnstoff eingebaut (B).

3 Stoffwechsel

A. Aminosäurestoffwechsel der Leber Außer der Harnstoffsynthese selbst (B), findet auch die Bildung ihrer Vorstufen (NH4+ und Aspartat, s. u.) in der Leber statt. Der in den Geweben anfallende Aminostickstoff wird im Blut vor allem in Form von Glutamin (Gln) und Alanin (Ala) zur Leber transportiert. Dort wird Gln durch die Glutaminase [3] hydrolytisch zu Glutamat (Glu) und NH3 desaminiert. Die Aminogruppe des Alanins wird durch die AlaninAminotransferase [1] auf 2-Oxoglutarat (2-OG) übertragen. Bei dieser Transaminierung entsteht ebenfalls Glutamat. Aus Glutamat wird schließlich durch oxidative Desaminierung NH3 freigesetzt. Diese Reaktion wird durch die Glutamat-Dehydrogenase [4] katalysiert, ein für die Leber typisches Enzym. Auch Aspartat (Asp), der zweite Aminogruppendonor im Harnstoffzyklus, entsteht aus Glutamat. Die dafür verantwortliche Aspartat-Aminotransferase [2] kommt wie auch die Alanin-Aminotransferase [1] in hoher Aktivität in der Leber vor.

B. Harnstoffzyklus Im Gegensatz zu Ammoniak ist Harnstoff, das Diamid der Kohlensäure, nicht basisch und ungiftig. Der Grund für die fehlende Basizität ist der mesomere Charakter des Moleküls. Die freien Elektronenpaare der beiden StickstoffAtome sind über die ganze Struktur delokalisiert und deshalb nicht mehr in der Lage, Protonen zu binden. Als kleines, ungeladenes Molekül kann Harnstoff biologische Membranen passieren. Außerdem lässt er sich leicht mit dem Blut transportieren und im Urin ausscheiden. Harnstoff entsteht hauptsächlich in der Leber und in geringerem Umfang auch in der Niere in einer zyklischen Reaktionsfolge (dem Harnstoffzyklus). Der Zyklus beginnt in den Mitochondrien und wird im Cytoplasma fortgesetzt. Die beiden Stickstoff-Atome des Harn-

18

stoffs stammen aus NH4+ und Aspartat, die Ketogruppe wird vom Hydrogencarbonat (HCO3–) geliefert bzw. vom CO2, das mit HCO3– im Gleichgewicht steht. [1] Im ersten Reaktionsschritt wird im Mitochondrium aus Hydrogencarbonat (HCO3–) und NH4+ unter Verbrauch von 2 ATP das Carbamylphosphat gebildet. In dieser Verbindung steht der Carbamylrest (-O-CONH2) auf hohem chemischem Potenzial. In Lebermitochondrien macht die Carbamylphosphat-Synthetase 1 [1] etwa 20 % der Matrixproteine aus. [2] Im folgenden Schritt wird der CarbamylRest auf Ornithin übertragen, eine nicht proteinogene Aminosäure die dadurch in das ebenfalls nicht proteinogene Citrullin übergeht. Dieses gelangt über einen Transporter (ORNT1) im Austausch gegen Ornithin ins Cytoplasma. [3] Die zweite NH2-Gruppe des späteren Harnstoff-Moleküls wird von Aspartat geliefert, das mit Citrullin zu Argininosuccinat kondensiert. Für diese endergone Reaktion wird ATP zu AMP und Diphosphat (PPi) gespalten wird. Um das Gleichgewicht der Reaktion zur Seite des Produkts zu verschieben, wird Diphosphat durch Hydrolyse aus dem Gleichgewicht entfernt. [4] Die Abspaltung von Fumarat aus Argininosuccinat führt zur proteinogenen Aminosäure Arginin, die im tierischen Stoffwechsel auf diesem Wege synthetisiert wird. [5] Im letzten Schritt wird aus der Guanidinogruppe des Arginins durch Hydrolyse Isoharnstoff freigesetzt (nicht gezeigt), der sich sofort in Harnstoff umlagert. Außerdem wird Ornithin regeneriert, das über ORNT1 in die Mitochondrien zurückkehrt (1) und dort dem Zyklus erneut zur Verfügung steht. Das in Schritt [4] entstandene Fumarat könnte zwar über cytoplasmatische Enzyme wieder in Aspartat umgewandelt werden (Reaktionsfolge Fumarat → Malat → Oxalacetat → Aspartat), neuere Erkenntnisse zeigen jedoch, dass es vorwiegend zur Gluconeogenese genutzt wird. Die Geschwindigkeit der Harnstoffbildung wird fast ausschließlich über Reaktion [1] gesteuert, indem N-Acetyl-Glutamat als allosterischer Effektor die Carbamylphosphat-Synthetase II aktiviert. Die Konzentration von AcetylGlutamat wiederum hängt vom Arginin- und ATP-Spiegel und von weiteren Faktoren ab.

3 Stoffwechsel

3.6 Proteinstoffwechsel

Abb. 3.51 Harnstoffzyklus

183

3.6 Proteinstoffwechsel Biosynthese von Aminosäuren

3 Stoffwechsel

A. Synthese der nicht essenziellen Aminosäuren Alle Aminosäuren, die durch Transaminierung aus 2-Oxosäuren des Intermediärstoffwechsels entstehen, sowie deren Amide können vom Menschen selbst gebildet werden. Dies sind die Mitglieder der Glutamat-Familie (Glu, Gln, Pro, Arg, abgeleitet von 2-Oxoglutarat), der Aspartat-Familie (darunter allerdings nur Asp und Asn, abgeleitet von Oxalacetat) und Alanin (abgeleitet von Pyruvat). Auch die Aminosäuren der Serin-Familie (Ser, Gly, Cys) können vom Menschen selbst synthetisiert werden. Ein Vergleich des Schemas mit dem Abbau der nicht essenziellen Aminosäuren (S. 179) zeigt, dass viele nicht essenzielle Aminosäuren durch Umkehrung von Reaktionen synthetisiert werden, die auch an ihrem Abbau beteiligt sind. Nicht umkehrbar ist die Desaminierung (S. 176) von Serin zu Pyruvat. Serin entsteht deshalb in zwei Schritten aus 3-Phosphoglycerat, einem Zwischenprodukt der Glycolyse.

B. Aminosäurebedarf Während Pflanzen und Mikroorganismen alle Aminosäuren vollständig aufbauen können, haben die Säugetiere im Verlauf der Evolution die Fähigkeit zur Synthese von etwa der Hälfte der 20 proteinogenen Aminosäuren verloren. Diese unentbehrlichen „essenziellen“ Aminosäuren müssen sie deshalb als Bestandteile von Proteinen mit der Nahrung aufnehmen. So ist der tierische Stoffwechsel nicht mehr in der Lage, die aromatischen Aminosäuren (Phenylalanin und Tryptophan) aufzubauen. Tyrosin (S. 180) ist bedingt essenziell, weil es aus Phenylalanin gebildet werden kann. Auch die verzweigtkettigen Aminosäuren (Valin, Leucin, Isoleucin) sowie Threonin, Methionin und Lysin sind essenziell. Ob Histidin für den Erwachsenen essenziell ist, ist noch nicht abschließend geklärt. Zumindest während des Wachstums scheint eine Zufuhr mit der Nahrung unentbehrlich zu sein. Der Tagesbedarf an essenziellen Aminosäuren hängt stark vom Alter und von der Lebensweise ab. Die Angaben in der Tabelle stellen Mittelwerte für einen gesunden Erwachsenen von 70 kg dar. Bedingt essenzielle Aminosäuren sind solche, die aus einer anderen Aminosäure gebildet werden können, wenn diese in ausreichen-

18

der Menge zur Verfügung steht. Die Tabelle nennt ihre Namen und die jeweiligen Vorstufen. Die ernährungsphysiologische Wertigkeit von Proteinen hängt entscheidend von ihrem Gehalt an essenziellen Aminosäuren ab. Pflanzliche Proteine, z. B. solche aus Getreide, sind oft arm an Lysin oder Methionin, während tierische Proteine alle Aminosäuren in ausgewogenem Verhältnis enthalten (Ausnahme: Collagene). Aber auch Pflanzen, z. B. Sojabohnen, können hochwertiges Protein liefern.

C. Synthese der essenziellen Aminosäuren Die Biosynthesewege der essenziellen Aminosäuren in Mikroorganismen und Pflanzen sind hier nur grob schematisch wiedergegeben. Lysin, Methionin, Threonin und Isoleucin entstehen aus Aspartat. Eine weitere wichtige Vorstufe ist Pyruvat, aus dem Valin und Leucin gebildet werden. Die Synthese der aromatischen Aminosäuren und die des Histidins gehen von Ribose-5-phosphat aus. Alle diese Wege sind komplex und umfassen bis zu elf Reaktionsschritte.

D. Cysteinstoffwechsel Cystein ist die einzige proteinogene Aminosäure mit einer Thiolgruppe (-SH) in der Seitenkette. Zwei Cysteinmoleküle lassen sich über ihre SH-Gruppen oxidativ zum Disulfid Cystin verknüpfen. Die gleiche Reaktion zwischen zwei Cysteinresten eines Proteins führt zu einer intramolekularen Disulfidbrücke. In Proteinen stellen solche Brücken die einzige kovalente Wechselwirkung dar, die die Konformation stabilisiert (S. 70). Allerdings findet man Disulfidbrücken mit wenigen Ausnahmen nur in extrazellulären Proteinen, weil im Zellinneren reduzierende Verbindungen wie Glutathion (s. u.) in so hoher Konzentration vorliegen, dass Disulfide wieder reduktiv gespalten werden. Durch enzymatische Oxidation der Thiolgruppe des Cysteins zur Sulfonsäure entsteht die nicht proteinogene Aminosäure Taurin. Sie kommt in Gallensalzen (S. 334), als Neurotransmitter, aber auch frei im Zellinneren vor. Ein Cysteinrest ist auch zentraler Bestandteil des antioxidativen Tripeptids Glutathion (S. 302). Zur Synthese des Glutathions wird Cystein unter ATP-Verbrauch schrittweise enzymatisch mit Glutamat und dann mit Glycin verknüpft.

3 Stoffwechsel

3.6 Proteinstoffwechsel

Abb. 3.52 Biosynthese von Aminosäuren

185

3.6 Proteinstoffwechsel Pathobiochemie Die meisten Störungen des Aminosäurestoffwechsels betreffen Enzyme, die am Abbau essenzieller Aminosäuren beteiligt sind, oder Aminosäuretransporter. Auch Defekte von Enzymen des Harnstoffzyklus sind relativ häufig (B).

3 Stoffwechsel

A. Defekte im Aminosäureabbau Phenylketonurie. In Europa gehört die Phenylketonurie (PKU) mit einer Inzidenz von etwa 1 : 10 000 (d. h. einem Fall unter 10 000 Lebendgeburten) zu den häufigsten Enzymdefekten überhaupt. Deshalb gehört sie zu den Stoffwechselstörungen, nach denen im Rahmen des sog. Neugeborenen-Screenings routinemäßig gefahndet wird. Die meisten Fälle von PKU beruhen auf einem Defekt der Phenylalanin-Hydroxylase [1]. Da Phenylalanin nicht mehr zu Tyrosin hydroxyliert werden kann, staut es sich im Blut und in den Zellen an und wird durch Nebenreaktionen in Produkte umgewandelt, die normalerweise kaum eine Rolle spielen. Durch Transaminierung von Phenylalanin entsteht das Keton Phenylpyruvat, das u. a. im Urin ausgeschieden wird (daher der Name Phenylketonurie) oder zu Phenyllactat weiter reduziert wird. Ein anderer Nebenweg führt zum Phenylacetat. Das Vorliegen einer PKU lässt sich anhand der stark erhöhten Phenylalaninspiegel im Blut eindeutig nachweisen. Wird die Störung nicht rechtzeitig erkannt, kommt es zu verzögerter geistiger Entwicklung und schließlich zu irreversiblen Gehirnschädigungen. Als Hauptursache gilt die verstärkte Transaminierung von Phenylalanin im Gehirn. Diese verbraucht so viel 2-Oxoglutarat, dass der Citratzyklus und damit die Energieproduktion der Neuronen beeinträchtigt werden. Die Therapie besteht in einer besonderen, phenylalaninarmen Diät, die sofort beginnen und über Jahre aufrechterhalten werden muss. Defekte der Homogentisat-Dioxygenase [3] im Abbauweg des Tyrosins sind Ursache der Alkaptonurie. Das angestaute Substrat Homogentisat oxidiert mit der Zeit nicht enzymatisch zu braunschwarzen Farbstoffen, die sich in den Geweben ablagern und den Urin dunkel färben. Harmloser ist der Albinismus, der meist auf Defekten der Tyrosinase (S. 180) [2] beruht. Das fehlende Melanin resultiert in sehr

18

heller Hautfarbe und weißblonden Haaren mit erhöhter Lichtempfindlichkeit. Bei der relativ seltenen Homocystinurie (2) führt die Ansammlung von Homocystein im Blut durch Schädigung der Gefäßendothelien zu erhöhter Thromboseneigung. Viele Patienten leiden deshalb schon im Jugendalter an Schlaganfällen und koronaren Herzerkrankungen. Weitere Symptome sind Störungen der geistigen Entwicklung und Schädigungen im Auge. Die biochemischen Ursachen liegen in der gestörten Verwertung von Homocystein, einem Zwischenprodukt des Methioninabbaus. Homocystein wird entweder durch die Cystathionin-β-Synthase [4] weiter abgebaut oder durch die Methionin-Synthase [5] wieder zu Methionin remethyliert. Defekte beider Enzyme aber auch Störungen im C1-Stoffwechsel (S. 194) können die Erkrankung auslösen. Ebenfalls selten sind zwei Störungen im Abbau der verzweigtkettigen Aminosäuren. Bei der sog. „Ahornsirupkrankheit“ ist die Verzweigtketten-Dehydrogenase defekt (S. 180). Der Name stammt vom charakteristischen Geruch des Urins nach Ahornsirup oder Maggi. Kann Methylmalonyl-CoA nicht mehr zu Succinyl-CoA isomerisiert werden (S. 180), staut sich die freie Säure an und löst eine metabolische Acidose und andere Symptome aus (Methylmalonat-Acidämie).

B. Defekte im Harnstoffzyklus Der vollständige Ausfall eines der Enzyme des Harnstoffzyklus (S. 182) wäre mit dem Leben nicht vereinbar. Es gibt jedoch eine Reihe partieller Defekte, die jedes Enzym des Zyklus, aber auch den Ornithin/Citrullin-Antiporter (ORNT1) oder das Hilfsenzym AcetylglutamatSynthase betreffen können. Die Störungen dieser Art machen sich durch einen unterschiedlich starken Anstieg der NH4+-Konzentration im Blut (Hyperammoniämie) bemerkbar, der 1–2 Tage nach der Geburt einsetzt. Da NH4+ stark neurotoxisch ist, kommt es in der Folge zu einer schweren Symptomatik mit Erbrechen, Nahrungsverweigerung und Krampfanfällen, die bei einem Teil der Erkrankungen zu Koma und Tod führt, wenn nicht behandelt wird. Die Langzeittherapie besteht in einer lebenslangen eiweißarmen Diät. Außerdem hilft in manchen Fällen die Verabreichung derjenigen Metabolite, die aufgrund des jeweiligen Defekts nicht mehr gebildet werden können.

3 Stoffwechsel

3.6 Proteinstoffwechsel

Abb. 3.53 Proteinstoffwechsel: Pathobiochemie

187

3.7 Nucleotidstoffwechsel Übersicht

Stoffwechselwege:

Nucleotide bestehen aus einer Pentose (Ribose oder Desoxyribose) einer heterozyklischen Base und mindestens einem Phosphat-Rest. Ihre Aufgaben in der Zelle sind vielfältig. Nucleotide dienen nicht nur als Bausteine von Nucleinsäuren, sondern auch als Coenzyme (S. 102) und als Signalmoleküle (S. 422).



3 Stoffwechsel

A. Nucleotidstoffwechsel: Übersicht Da fast alle Zellen Replikation und Transkription betreiben und zudem für ihren Stoffwechsel zahlreiche Nucleotid-Coenzyme benötigen, sind die Stoffwechselwege zur Synthese der Nucleobasen und zu ihrem Einbau in Nucleotide und Nucleinsäuren in allen Geweben vorhanden. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede im Stoffwechsel der Purine und der Pyrimidine. Wichtige Zwischenstufen bei der Synthese von Purin- und Pyrimidinnucleotiden sind in der Formeldarstellung wiedergegeben. Die Purinbiosynthese liefert als erstes vollständiges Nucleotid Inosinmonophosphat (IMP) mit der Base Hypoxanthin. IMP dient nur als Vorstufe für AMP und GMP und als Zwischenprodukt im Purinabbau, kommt aber nicht in Nucleinsäuren vor und wirkt auch nicht als Coenzym. Das erste komplette Pyrimidinnucleotid ist Uridinmonophosphat (UMP). Es ist ein Baustein der RNA und dient nach zweifacher Phosphorylierung zu UTP als Coenzym (S. 102) zur Aktivierung von Zuckern. Die Methylierung von Uracil in 5’-Position liefert Thymidinmonophosphat (TMP). Dieses Nucleotid kommt als Baustein in tRNAs (S. 76) vor. Als DNA-Baustein weitaus häufiger ist Desoxythymidinmonophosphat (dTMP). Die Umwandlung von Uracil in Thymin findet dabei auf der Stufe des Desoxyuridinmonophosphats (dUMP) statt. Die Frage, warum in DNA Thymin statt Uracil vorkommt, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Plausibel ist jedoch folgende Erklärung: Mutagene (S. 266) wie Nitrit können Cytosin zu Uracil desaminieren, das mit A statt mit C paart (S. 78). Wäre Uracil statt Thymin DNA-Bestandteil, ließe sich desaminiertes Guanin nicht von „korrektem“ Uracil unterscheiden, was die Reparatur des Schadens unmöglich machen und so die Mutationsrate enorm erhöhen würde.

18















Die Purin-Biosynthese (1) ist ein langwieriger Stoffwechselweg mit zehn Zwischenstufen. Er beginnt mit 6’-Phosphoribosyldiphosphat (PRPP), an dem der Purinring Stück für Stück zusammengebaut wird. Die Purine gehören zu den wenigen aromatischen Verbindungen, die im tierischen Stoffwechsel von Grund auf gebildet werden können. Angesichts der aufwendigen Synthese des Purinrings ist es nicht verwunderlich, dass Purinbasen in der Regel nicht abgebaut, sondern zu etwa 90 % zur Nucleotidsynthese wiederverwertet werden (Wiederverwertung von Purinbasen, 2). Die Pyrimidin-Biosynthese (3) verläuft anders als die Purinsynthese. Zunächst wird aus nur zwei Komponenten (Carbamylphosphat und Aspartat) der Vorläufer des Sechsrings gebildet. Die Kohlenhydratkomponente wird erst kurz vor Ende des Weges mit dem Ring verknüpft. Zur Synthese der Nucleosiddi- und -triphosphate werden an die Mononucleotide durch ATP-abhängige Kinasen weitere PhosphatReste angefügt (Phosphorylierung, 4 und 5). Replikation (6) und Transkription (7) der DNA sind äußerst komplexe Prozesse, an denen Dutzende von Proteinen beteiligt sind; siehe im Detail Replikation (S. 250) und Transkription (S. 252). Ein wichtiger Teilschritt bei der Synthese von DNA-Bausteinen ist die RibonucleotidReduktion (8). Sie findet auf der Stufe der Diphosphate statt und wandelt Ribose- und Desoxyribose-Reste um. Die RibonucleotidReduktase nutzt einen Radikalmechanismus und ist streng reguliert. Der Purin-Abbau (9) endet beim Menschen und manchen Tiergruppen bei der Harnsäure, einer Verbindung mit intaktem Purinring, die wegen ihrer schlechten Löslichkeit im Körper ausfallen kann. Bei anderen Organismen resultiert der Abbau in besser wasserlöslichen Produkten. Der Pyrimidin-Abbau (10) liefert Endprodukte, die sich problemlos in den Intermediärstoffwechsel einschleusen lassen.

3.7 Nucleotidstoffwechsel Übersicht

Stoffwechselwege:

Nucleotide bestehen aus einer Pentose (Ribose oder Desoxyribose) einer heterozyklischen Base und mindestens einem Phosphat-Rest. Ihre Aufgaben in der Zelle sind vielfältig. Nucleotide dienen nicht nur als Bausteine von Nucleinsäuren, sondern auch als Coenzyme (S. 102) und als Signalmoleküle (S. 422).



3 Stoffwechsel

A. Nucleotidstoffwechsel: Übersicht Da fast alle Zellen Replikation und Transkription betreiben und zudem für ihren Stoffwechsel zahlreiche Nucleotid-Coenzyme benötigen, sind die Stoffwechselwege zur Synthese der Nucleobasen und zu ihrem Einbau in Nucleotide und Nucleinsäuren in allen Geweben vorhanden. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede im Stoffwechsel der Purine und der Pyrimidine. Wichtige Zwischenstufen bei der Synthese von Purin- und Pyrimidinnucleotiden sind in der Formeldarstellung wiedergegeben. Die Purinbiosynthese liefert als erstes vollständiges Nucleotid Inosinmonophosphat (IMP) mit der Base Hypoxanthin. IMP dient nur als Vorstufe für AMP und GMP und als Zwischenprodukt im Purinabbau, kommt aber nicht in Nucleinsäuren vor und wirkt auch nicht als Coenzym. Das erste komplette Pyrimidinnucleotid ist Uridinmonophosphat (UMP). Es ist ein Baustein der RNA und dient nach zweifacher Phosphorylierung zu UTP als Coenzym (S. 102) zur Aktivierung von Zuckern. Die Methylierung von Uracil in 5’-Position liefert Thymidinmonophosphat (TMP). Dieses Nucleotid kommt als Baustein in tRNAs (S. 76) vor. Als DNA-Baustein weitaus häufiger ist Desoxythymidinmonophosphat (dTMP). Die Umwandlung von Uracil in Thymin findet dabei auf der Stufe des Desoxyuridinmonophosphats (dUMP) statt. Die Frage, warum in DNA Thymin statt Uracil vorkommt, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Plausibel ist jedoch folgende Erklärung: Mutagene (S. 266) wie Nitrit können Cytosin zu Uracil desaminieren, das mit A statt mit C paart (S. 78). Wäre Uracil statt Thymin DNA-Bestandteil, ließe sich desaminiertes Guanin nicht von „korrektem“ Uracil unterscheiden, was die Reparatur des Schadens unmöglich machen und so die Mutationsrate enorm erhöhen würde.

18















Die Purin-Biosynthese (1) ist ein langwieriger Stoffwechselweg mit zehn Zwischenstufen. Er beginnt mit 6’-Phosphoribosyldiphosphat (PRPP), an dem der Purinring Stück für Stück zusammengebaut wird. Die Purine gehören zu den wenigen aromatischen Verbindungen, die im tierischen Stoffwechsel von Grund auf gebildet werden können. Angesichts der aufwendigen Synthese des Purinrings ist es nicht verwunderlich, dass Purinbasen in der Regel nicht abgebaut, sondern zu etwa 90 % zur Nucleotidsynthese wiederverwertet werden (Wiederverwertung von Purinbasen, 2). Die Pyrimidin-Biosynthese (3) verläuft anders als die Purinsynthese. Zunächst wird aus nur zwei Komponenten (Carbamylphosphat und Aspartat) der Vorläufer des Sechsrings gebildet. Die Kohlenhydratkomponente wird erst kurz vor Ende des Weges mit dem Ring verknüpft. Zur Synthese der Nucleosiddi- und -triphosphate werden an die Mononucleotide durch ATP-abhängige Kinasen weitere PhosphatReste angefügt (Phosphorylierung, 4 und 5). Replikation (6) und Transkription (7) der DNA sind äußerst komplexe Prozesse, an denen Dutzende von Proteinen beteiligt sind; siehe im Detail Replikation (S. 250) und Transkription (S. 252). Ein wichtiger Teilschritt bei der Synthese von DNA-Bausteinen ist die RibonucleotidReduktion (8). Sie findet auf der Stufe der Diphosphate statt und wandelt Ribose- und Desoxyribose-Reste um. Die RibonucleotidReduktase nutzt einen Radikalmechanismus und ist streng reguliert. Der Purin-Abbau (9) endet beim Menschen und manchen Tiergruppen bei der Harnsäure, einer Verbindung mit intaktem Purinring, die wegen ihrer schlechten Löslichkeit im Körper ausfallen kann. Bei anderen Organismen resultiert der Abbau in besser wasserlöslichen Produkten. Der Pyrimidin-Abbau (10) liefert Endprodukte, die sich problemlos in den Intermediärstoffwechsel einschleusen lassen.

3 Stoffwechsel

3.7 Nucleotidstoffwechsel

Abb. 3.54 Nucleotidstoffwechsel: Übersicht

189

3.7 Nucleotidstoffwechsel Nucleotidabbau Der Abbau von Purinen und Pyrimidinen ist vom Prinzip her unterschiedlich. Purine werden im menschlichen Organismus zu Harnsäure abgebaut und in dieser Form ausgeschieden. Der Purinring bleibt dabei intakt. Im Gegensatz dazu wird der Ring der Pyrimidinbasen (Uracil, Thymin und Cytosin) in kleine Fragmente zerlegt, die wieder in den Stoffwechsel eingeschleust oder ausgeschieden werden können.

3 Stoffwechsel

A. Abbau von Nucleotiden ▶ Purine (links). Das Purin-Nucleotid Guanosinmonophosphat (GMP, 1) wird durch hydrolytische Dephosphorylierung zu Guanosin und dann durch Abspaltung von Ribose-5-phosphat zur freien Base Guanin (Gua) abgebaut. Im nächsten Schritt wird Guanin durch Desaminierung in die Purinbase Xanthin umgewandelt. Im wichtigsten Abbauweg des Adenosinmonophosphats (AMP) wird durch die Adenosin-Desaminase [1] bereits das Nucleotid desaminiert, und es entsteht Inosinmonophosphat (IMP). Aus IMP wird auf ähnliche Weise wie beim GMP die Purinbase Hypoxanthin freigesetzt. Ein- und dasselbe Enzym, die molybdänhaltige Xanthin-Dehydrogenase [2], überführt dann Hypoxanthin in Xanthin und Xanthin in Harnsäure. Bei jedem dieser Reaktionsschritte wird eine Oxogruppe in das Substrat eingeführt. Sie stammt aus dem Wasser, als Reduktionsmittel dient NADH. Früher hielt man die Xanthin-Dehydrogenase für eine Oxidase („Xanthin-Oxidase“), die molekularen Sauerstoff O2 als Cosubstrat verwendet und Wasserstoffperoxid (H2O2) freisetzt. Dies beruht auf Artefakten, die bei der Isolierung von Xanthin-Dehydrogenase aus Geweben auftreten und dem Enzym aufgrund oxidativer und proteolytischer Veränderungen im Reagenzglas die Eigenschaften einer Oxidase verleihen. Fast alle Säugetiere führen den Purinabbau fort, indem sie Harnsäure mithilfe der Uricase unter Ringöffnung zum besser löslichen Allantoin abbauen und dieses ausscheiden. Die Primaten, unter ihnen auch der Mensch, sind zur Bildung von Allantoin jedoch nicht in der Lage. Bei ihnen ist deshalb Harnsäure die Ausscheidungsform der Purine. Dasselbe gilt für Vögel und viele Reptilien (uricotelische Tiere) (S. 174). Andere Tiere bauen Allantoin weiter zu Allantoinsäure oder zu Harnstoff und Gly-

19

oxylat ab. Die schlechte Wasserlöslichkeit von Harnsäure kann beim Menschen zu Problemen führen, wenn der Harnsäurespiegel pathologisch erhöht ist, Hyperuricämie (S. 196). ▶ Pyrimidine (rechts). Beim Abbau der Pyrimidin-Nucleotide werden als wichtige Zwischenprodukte zunächst die Basen Uracil (Ura) und Thymin (Thy) freigesetzt. Beide werden auf ähnliche Art und Weise weiter abgebaut: Der Pyrimidinring wird zunächst reduziert und dann hydrolytisch gespalten. Im nächsten Schritt entsteht unter Abspaltung von CO2 und NH3 als Abbauprodukt von Uracil das β-Alanin, das durch weiteren Abbau in Acetat, CO2 und NH3 zerlegt werden kann. Analog entsteht aus β-Aminoisobutyrat, dem Abbauprodukt des Thymins, über Methylmalonyl-CoA schließlich Succinyl-CoA (S. 180), das in den Citratzyklus eingeschleust werden kann. ▶ Wiederwertungsreaktionen (unten). Die Nucleotide gehören zu den komplexesten aller Metabolite. Ihre Biosynthese (S. 192) ist langwierig und mit hohem Energieaufwand verbunden. Es ist deshalb für die Zellen von Vorteil, wenn Nucleobasen nicht vollständig abgebaut, sondern zur Biosynthese von Nucleotiden wiederverwertet werden. Dies gilt vor allem für die Purinbasen Adenin und Guanin. Im tierischen Organismus werden sie zu etwa 90 % durch Verknüpfung mit Phosphoribosyldiphosphat (PRPP) wieder zu Nucleosidmonophosphaten aufgebaut. Der Anteil der wiederverwerteten Pyrimidinbasen ist sehr viel geringer. Diese Wiederverwertungsreaktionen werden auch als „salvage pathways“ bezeichnet (engl. salvage = Bergung). Die wichtigsten Enzyme zur Wiederverwertung von Purinbasen sind die für Adenin spezifische Adenin-Phosphoribosyltransferase [3] und die Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HGPRT, [4]), die Hypoxanthin in IMP und Guanin in GMP umwandelt. Angeborene Defekte beider Enzyme können schwere Hyperuricämien (S. 196) auslösen. ▶ Weitere Informationen. Im arbeitenden Muskel läuft der sogenannte Purinnucleotidzyklus ab, der aus Aspartat und IMP unter GTP-Verbrauch in zwei Schritten Fumarat bildet, welches anaplerotisch auf den Citratzyklus wirkt. Das entstandene AMP wird dann durch Enzym [1] wieder in IMP umgewandelt.

3 Stoffwechsel

3.7 Nucleotidstoffwechsel

Abb. 3.55 Nucleotidabbau

191

3.7 Nucleotidstoffwechsel Purin- und Pyrimidinbiosynthese Die in den Nucleinsäuren vorkommenden Basen sind Derivate der aromatischen Heterozyklen Purin und Pyrimidin (S. 74). Die Biosynthese dieser Moleküle ist langwierig, aber für fast alle Zellen lebensnotwendig.

3 Stoffwechsel

A. Bausteine der Nucleobasen Der Pyrimidinring wird aus drei Komponenten aufgebaut: Das Stickstoff-Atom N-1 und die Kohlenstoffatome C-4 bis C-6 werden von Aspartat geliefert. C-2 stammt aus HCO3–, und das zweite Stickstoff-Atom N-3 geht aus der Amidgruppe von Glutamin hervor. Die Synthese des Purinrings ist komplizierter: Der einzige größere Baustein ist das Glycin, aus dem C-4 und C-5 sowie N-7 hervorgehen. Alle anderen Atome des Rings werden einzeln eingebaut. C-6 stammt aus HCO3–. Amidgruppen von Glutamin stellen die Atome N-3 und N-9. Als Aminogruppen-Donor für den Einbau von N-1 fungiert Aspartat, das dabei wie im Harnstoffzyklus (S. 182) in Fumarat übergeht. Die Kohlenstoffatome C-2 und C-8 schließlich gehen auf Formyl-Gruppen von N10-FormylTetrahydrofolat (S. 194) zurück.

B. Pyrimidin- und Purinsynthese Zentrale Zwischenprodukte bei der Biosynthese der Nucleinsäure-Bausteine sind die Mononucleotide Uridinmonophosphat (UMP) in der Pyrimidin-Reihe und Inosinmonophosphat (IMP, Base: Hypoxanthin) bei den Purinen. Der Verlauf der Synthese ist für die Pyrimidine und die Purine grundlegend verschieden. Im ersten Fall wird zunächst der Pyrimidin-Ring aufgebaut und dann mit Ribose-5’-phosphat zu einem Nucleotid verknüpft. Dagegen geht die Synthese der Purine unmittelbar von Ribose5’-phosphat aus. An diesem Trägermolekül wird dann der Ring Schritt für Schritt zusammengebaut. Die Vorstufen für die Synthese des Pyrimidin-Rings sind Carbamylphosphat, das aus Glutamin, 2 ATP und HCO3– entsteht (1a), und

19

die Aminosäure Aspartat. Beide Bausteine werden zu N-Carbamyl-Aspartat verknüpft (1b) und dann durch Ringschluss in Dihydroorotat umgewandelt (1c). Bei Säugetieren finden die Schritte 1a bis 1c im Cytoplasma statt und werden durch ein- und dasselbe multifunktionelle Enzym katalysiert. Im folgenden Schritt (1d) wird Dihydroorotat durch eine FMN-abhängige Dehydrogenase zu Orotat oxidiert, das mit Phosphoribosyldiphosphat (PRPP) zum Nucleotid Orotidin-5’-monophosphat (OMP) verknüpft wird. Durch Decarboxylierung entsteht schließlich Uridin-5’-monophosphat (UMP). Die beiden letzten Schritte werden durch dasselbe Enzym, die bifunktionelle UMP-Synthase, katalysiert. Die Purin-Biosynthese geht von PRPP aus (die Namen der Zwischenprodukte sind in der Tabelle angegeben). Der Aufbau des Rings beginnt mit der Übertragung einer Amino-Gruppe, aus der das spätere N-9 hervorgeht (2a). Glycin und eine Formylgruppe aus N10-FormylTHF liefern dann die restlichen Atome des Fünfrings (2b, 2c). Bevor der Fünfring geschlossen wird (in Schritt 2f), werden zunächst die Atome N-3 und C-6 des Sechsrings eingefügt (2d, 2e). Der Aufbau des Rings setzt sich fort mit N-1 und C-2 (2g, 2i). Im letzten Schritt (2j) wird auch der Sechsring geschlossen, und es entsteht Inosin-5’-monophosphat (IMP). Reaktion

Produkt

2a

Phosphoribosylamin

2b

Glycinamid-Ribonucleotid

2c

Formylglycinamid-Ribonucleotid

2d

Formylglycinamidin-Ribonucleotid

2e, f

4-Carboxy-5-aminoimidazol-Ribonucleotid

2 g, h

5-Aminoimidazol-4-carboxamid-Ribonucleotid

2i

5-Formamidoimidazol-4-carboxamidRibonucleotid

2j

Inosinmonophosphat (IMP)

3 Stoffwechsel

3.7 Nucleotidstoffwechsel

Abb. 3.56 Purin- und Pyrimidinbiosynthese

193

3.7 Nucleotidstoffwechsel Nucleotidbiosynthese Die Neusynthese von Purinen und Pyrimidinen liefert die Nucleosidmonophosphate IMP bzw. UMP (S. 192). Aus diesen Vorstufen werden alle anderen Nucleotide und Desoxynucleotide gebildet. Die Nucleotidsynthese durch Wiederverwertung von Basen wird beim Nucleotidabbau (S. 190) besprochen.

3 Stoffwechsel

A. Nucleotidsynthese: Überblick Die Synthese der Purin-Nucleotide (1) geht von Inosinmonophosphat (IMP) aus. Die darin enthaltene Base Hypoxanthin wird in jeweils zwei Schritten in Adenin oder Guanin umgewandelt. Die Nucleosidmonophosphate AMP und GMP werden dann durch Nucleosidphosphat-Kinasen [4] zu den Diphosphaten ADP und GDP und diese schließlich durch Nucleosiddiphosphat-Kinasen [5] zu den Triphosphaten ATP und GTP phosphoryliert. Die Nucleosidtriphosphate dienen als RNA-Bausteine oder fungieren als Coenzyme (S. 98). Die Umwandlung der Ribonucleotide in Desoxyribonucleotide geschieht auf der Stufe der Diphosphate und wird durch die Ribonucleotid-Reduktase [1] katalysiert (C). Die Biosynthesewege der Pyrimidin-Nucleotide (2) sind weniger übersichtlich als die der Purine. Das erste Produkt UMP wird zunächst zum Di- und dann zum Triphosphat UTP phosphoryliert. Erst UTP wird durch die CTP-Synthase [2] in CTP umgewandelt. Da auch die Pyrimidin-Nucleotide auf der Diphosphatstufe zu Desoxyribonucleotiden reduziert werden, muss CTP zunächst durch eine Phosphatase zu CDP hydrolysiert werden, bevor dCDP und dCTP entstehen können. Der DNA-Baustein Desoxythymidintriphosphat (dTTP) wird in mehreren Schritten aus UDP synthetisiert. Die Base Thymin wird auf der Nucleosidmonophosphat-Stufe durch Methylierung von dUMP gebildet. Die für diesen Schritt verantwortliche Thymidylat-Synthase [3] und ihr Hilfsenzym Dihydrofolat-Reduktase (B, Enzym [8]) sind wichtige Zielenzyme von Cytostatika (S. 470).

B. C1-Stoffwechsel Derivate des Coenzyms Tetrahydrofolat (THF) (S. 100) fungieren im Nucleotidstoffwechsel und in vielen weiteren Reaktionen als Überträger von C1-Gruppen. So stammen zwei C-Ato-

19

me des Purinrings vom N10-Formyl-THF. Bei der Methylierung von dUMP zu dTMP durch die Thymidylat-Synthase [7] kommt die Methylgruppe vom N5,N10-Methylen-THF. Die wichtigste Reaktion zur Regenerierung dieses Coenzyms wird von der Serin-Hydroxymethyltransferase [6] katalysiert, die Serin in Glycin umwandelt. Auch die Remethylierung von Homocystein zu Methionin durch die MethioninSynthase (S. 186) [10] ist vom C1-Stoffwechsel abhängig. Die Methylgruppe gelangt dabei von N5-Methyl-THF über Methylcobalamin (S. 100) auf Homocystein.

C. Ribonucleotid-Reduktase Der DNA-Baustein 2’-Desoxyribose wird nicht als freier Zucker synthetisiert, sondern entsteht durch Reduktion von Ribonucleosiddiphosphaten. Diese Ribonucleotid-Reduktion ist ein komplexer Vorgang, an dem mehrere Proteine beteiligt sind. Die notwendigen Reduktionsäquivalente stammen vom NADPH. Sie werden jedoch nicht direkt vom Coenzym auf das Substrat übertragen, sondern durchlaufen zunächst eine mehrstufige Redox-Reihe. Im ersten Schritt reduziert die Thioredoxin-Reduktase [11] über enzymgebundenes FAD ein kleines Redox-Protein, das Thioredoxin. Dabei wird eine Disulfidbrücke im Thioredoxin gespalten. Die entstandenen SH-Gruppen reduzieren wiederum eine katalytisch aktive Disulfidbrücke in der Ribonucleotid-Reduktase [1]. Die so gebildeten freien SH-Gruppen sind die eigentlichen Elektronendonatoren bei der Reduktion der Ribonucleotiddiphosphate. Außerdem ist ein Tyrosinradikal im Enzym an der Reaktion beteiligt. Es erzeugt zunächst ein Substratradikal (1). Dieses spaltet Wasser ab und geht dadurch in ein Radikal-Kation über (2). Durch Reduktion entsteht schließlich der DesoxyriboseRest, und das Tyrosinradikal wird regeneriert (3). Die Regulation der Ribonucleotid-Reduktase ist komplex. Über zwei allosterische Bindungsstellen (a und b) in den R1-Untereinheiten werden Substratspezifität und Aktivität des Enzyms kontrolliert. ATP und dATP erhöhen bzw. vermindern die Aktivität der Reduktase durch Bindung an Stelle a. Andere Nucleotide treten mit Stelle b in Wechselwirkung und verändern dadurch die Substratspezifität des Enzyms.

3 Stoffwechsel

3.7 Nucleotidstoffwechsel

Abb. 3.57 Nucleotidbiosynthese

195

3.7 Nucleotidstoffwechsel Pathobiochemie Störungen im Nucleotidstoffwechsel können Biosynthese und Abbau der Nucleotide betreffen (A). Besonders häufig sind Krankheitsbilder, die mit einem erhöhten Harnsäurespiegel einhergehen. Ursachen und Behandlung der Hyperuricämien werden in Abschnitt B gesondert besprochen.

3 Stoffwechsel

A. Pathobiochemie des Nucleotidstoffwechsels Die Orotsäure-Acidurie ist die häufigste erbliche Stoffwechselkrankheit im anabolen Pyrimidinstoffwechsel. Sie beruht auf Defekten der UMP-Synthase, eines bifunktionellen Enzyms, das im tierischen Stoffwechsel die letzten beiden Schritte der Pyrimidinbiosynthese (S. 193) katalysiert (Schritte 1e und 1f). Das Krankheitsbild ist gekennzeichnet durch Wachstumsstörungen, eine Anämie und die exzessive Ausscheidung von Orotsäure im Urin. Um den Ausfall der Pyrimidinsynthese zu kompensieren, behandelt man mit Injektionen von Uridin oder Cytidin. Mutationen im Gen der Adenosin-Desaminase (ADA) (S. 190) können eine Immundefizienz auslösen, die als SCID (severe combined immunodeficiency) bekannt ist. Die ADA desaminiert nicht nur Adenosin, sondern auch das aus dem DNA-Abbau stammende Desoxyadenosin. Fällt die ADA aus, wird das angesammelte Desoxyadenosin über dAMP zu dATP phosphoryliert, welches die Biosynthese der Desoxynucleotide hemmt. Es kommt zum Untergang von Lymphocyten und damit zur Immunschwäche, der viele Kinder erliegen, wenn sie nicht durch eine sterile Umgebung vor Krankheitserregern geschützt werden. SCID ist bisher eine der wenigen Erkrankungen, bei denen die Gentherapie (S. 274) Erfolge erzielt hat. Die Xanthinurie beruht auf Defekten der Xanthin-Dehydrogenase (S. 190). Als Folge erscheinen große Mengen von Xanthin in Blut und Urin, die zur Steinbildung in Nieren und Harnwegen führen können.

B. Hyperuricämien Die Tatsache, dass der Purinabbau beim Menschen bereits auf der Stufe der Harnsäure (S. 190) endet, ist ungünstig, da Harnsäure und ihre Salze, die Urate, schlecht wasserlöslich sind. Bei hohem Harnsäureangebot oder ge-

19

störter Harnsäureverwertung kann die Harnsäurekonzentration im Blut so stark ansteigen (Hyperuricämie), dass es zur Ablagerung von Uratkristallen im Körper kommt. Der Säurecharakter der Harnsäure ist an der üblichen Formeldarstellung nicht ohne weiteres zu erkennen (1). Wie alle Purine tritt Harnsäure in zwei tautomeren Formen auf, der Lactamform (oben) und der Lactimform (Mitte; Tautomere sind Isomere, die sich nur in der Position von H-Atomen und Doppelbindungen unterscheiden). Die OH-Gruppe an C-8 der Lactimform ist mit einem pKa von 5,8 relativ sauer und kann nach Dissoziation mit Metallionen wie Na+ Salze bilden, die Urate. Die Ablagerung von Uratkristallen in Gelenken bei Hyperuricämien ist Ursache der sehr schmerzhaften Anfälle von akuter Gicht, die häufig im Grundgelenk der Großzehe beginnen („Podagra“). Später kommt es zu chronischen Entzündungen der betroffenen Gelenke und zur Bildung von Gichtknötchen (Tophi) unter der Haut. Für Hyperuricämien gibt es zahlreiche Ursachen (2). In den meisten Fällen ist die gestörte Harnsäureausscheidung in der Niere verantwortlich, die erblich bedingt und durch Alkohol oder andere toxische Substanzen ausgelöst sein kann. Auch die übermäßige Bildung von Harnsäure ist eine häufige Ursache. Sie kann auf stark purinreicher Nahrung (Leber, Fisch, Fleischbrühe) oder auf übermäßigem Purinabbau beruhen, wie er z. B. bei der Therapie von Tumoren auftritt („Tumorlysesyndrom“). Auch eine Glycogenose vom Typ I (S. 152) kann Ursache einer Hyperuricämie sein. Dem seltenen, erblichen Lesch-Nyhan-Syndrom liegt meist ein Defekt der Hypoxanthin-Phosphoribosyltransferase (HGPRT) (S. 190) zugrunde. Die gestörte Wiederverwertung der Purinbasen führt in diesem Fall zu einer Hyperuricämie, die von schweren neurologischen Störungen mit Autoagression begleitet ist. Zur Behandlung von Hyperuricämien eignet sich neben diätetischen Maßnahmen Allopurinol, ein kompetitiver Hemmstoff der XanthinDehydrogenase. Dieses Substratanaloge unterscheidet sich vom Substrat Hypoxanthin lediglich in der Anordnung der Atome im Fünfring. Colchicin (S. 233), ein Wirkstoff aus der Herbstzeitlosen, hindert Leukocyten an der Aufnahme von Uratkristallen und lindert auf diese Weise die chronische Arthritis.

3 Stoffwechsel

3.7 Nucleotidstoffwechsel

Abb. 3.58 Nucleotidstoffwechsel: Pathobiochemie (B. aus Battegay E, Hrsg. Differenzialdiagnose Innerer Krankheiten. Thieme; 2017)

197

3.8 Porphyrinstoffwechsel Häm-Biosynthese Häm, ein eisenhaltiger Tetrapyrrol-Farbstoff, ist Bestandteil O2-bindender Proteine (S. 298) und Coenzym (S. 96) verschiedener Oxidoreduktasen. Die Biosynthese des Häms ist in allen Zellen möglich, geschieht aber überwiegend (zu etwa 85 %) im Knochenmark. Ein geringerer Teil wird von der Leber gebildet. An der Hämsynthese sind Mitochondrien und Cytoplasma beteiligt.

3 Stoffwechsel

A. Biosynthese des Häms Der Aufbau des Tetrapyrrol-Rings beginnt im Mitochondrium. [1] Aus Succinyl-CoA, einem Zwischenprodukt des Citratzyklus, entsteht durch Kondensation mit Glycin und anschließende Decarboxylierung 5-Aminolaevulinat (ALA). Die für diesen Schritt verantwortliche ALA-Synthase ist das Schlüsselenzym des ganzen Weges. Die Synthese der ubiquitär vorkommenden ALA-Synthase 1 (ALAS1) wird durch das Endprodukt Häm reprimiert, bereits vorhandenes Enzym wird durch Hämatin allosterisch gehemmt. Dies ist ein typischer Fall von Endprodukt- oder „feed-back“-Hemmung. Neben der ALAS1 gibt es in Erythroblasten ein spezielles Isoenzym (ALAS2), das unterschiedlich reguliert wird: So führt z. B. Sauerstoffmangel zu verstärkter Transkription des ALAS2-Gens, während Eisenmangel die Translation der ALAS2-mRNA verhindert. [2] 5-Aminolaevulinat verlässt nun die Mitochondrien. Im Cytoplasma kondensieren zwei Moleküle zu Porphobilinogen, das bereits den Pyrrol-Ring enthält. Die Porphobilinogen-Synthase wird durch BleiIonen gehemmt. Bei akuten Blei-Vergiftungen findet man daher erhöhte Konzentrationen von ALA in Blut und Urin. [3] In den nächsten Schritten des Synthesewegs entsteht die für Porphyrine charakteristische Tetrapyrrol-Struktur. Dabei werden, katalysiert durch die Hydroxymethylbilan-Synthase, vier Moleküle Porphobilinogen unter Abspaltung der NH2-Gruppen zu Uroporphyrinogen III verknüpft. [4] Zur Bildung dieser Zwischenstufe ist ein zweites Enzym, die Uroporphyrinogen-IIISynthase, erforderlich. Fehlt dieses Enzym, wird ein „falsches“ Isomeres, das Uroporphyrinogen I, gebildet.

19

Das Tetrapyrrol des Uroporphyrinogens III ist von dem des Häms noch deutlich verschieden. So fehlt das zentrale Eisenatom, und der Ring enthält erst 8 der 11 Doppelbindungen. Außerdem trägt das Ringsystem nur geladene Seitenketten R (4 Acetat- und 4 Propionat-Reste). Da Häm-Gruppen im unpolaren Inneren von Proteinen wirken, müssen die polaren Seitenketten zum größten Teil in weniger polare Gruppen umgewandelt werden. [5] Zunächst werden die vier Acetat-Reste (R1) zu Methyl-Gruppen decarboxyliert. Das gebildete Koproporphyrinogen III gelangt wieder in die Mitochondrien. Die weiteren Schritte werden durch Enzyme katalysiert, die an oder in der inneren MitochondrienMembran lokalisiert sind. [6] Zwei der Propionat-Gruppen werden durch eine Oxidase (R2) in Vinyl-Reste umgewandelt. Mit der Bildung von Protoporphyrinogen IX ist die Modifizierung der Seitenketten abgeschlossen. [7] Im nächsten Schritt wird durch erneute Oxidation das konjugierte π-Elektronensystem des Protoporphyrin IX ausgebildet. [8] Zum Schluss wird zweiwertiges Eisen in den Ring eingebaut. Auch hierfür gibt es ein spezielles Enzym, die Ferrochelatase. Das auf diesem Wege gebildete Häm oder Fe-Protoporphyrin IX findet sich z. B. in Hämoglobin und Myoglobin (S. 358), wo es nichtkovalent gebunden ist, und in verschiedenen Oxidoreduktasen (S. 230). ▶ Weitere Informationen. Man kennt eine Reihe erblicher oder erworbener Störungen der Porphyrin-Synthese, sogenannte Porphyrien, die zum Teil schwere Krankheitsbilder hervorrufen. Viele dieser Erkrankungen führen zur Ausscheidung von Häm-Vorstufen im Stuhl oder im Urin, der dadurch tiefrot gefärbt sein kann. Auch die Ablagerung von Porphyrinen in der Haut wird beobachtet. Durch Lichteinwirkung kommt es dann zur Bildung entstellender, schlecht heilender Blasen. Auch neurologische Störungen sind bei Porphyrien häufig. Möglicherweise gehen die mittelalterlichen Legenden über menschliche Vampire („Dracula“) auf Porphyriepatienten zurück (Lichtscheu, bizarres Äußeres, Verhaltensstörungen, Trinken von Blut zur Aufnahme von Häm, das einige Porphyrie-Formen deutlich bessert).

3.8 Porphyrinstoffwechsel Häm-Biosynthese Häm, ein eisenhaltiger Tetrapyrrol-Farbstoff, ist Bestandteil O2-bindender Proteine (S. 298) und Coenzym (S. 96) verschiedener Oxidoreduktasen. Die Biosynthese des Häms ist in allen Zellen möglich, geschieht aber überwiegend (zu etwa 85 %) im Knochenmark. Ein geringerer Teil wird von der Leber gebildet. An der Hämsynthese sind Mitochondrien und Cytoplasma beteiligt.

3 Stoffwechsel

A. Biosynthese des Häms Der Aufbau des Tetrapyrrol-Rings beginnt im Mitochondrium. [1] Aus Succinyl-CoA, einem Zwischenprodukt des Citratzyklus, entsteht durch Kondensation mit Glycin und anschließende Decarboxylierung 5-Aminolaevulinat (ALA). Die für diesen Schritt verantwortliche ALA-Synthase ist das Schlüsselenzym des ganzen Weges. Die Synthese der ubiquitär vorkommenden ALA-Synthase 1 (ALAS1) wird durch das Endprodukt Häm reprimiert, bereits vorhandenes Enzym wird durch Hämatin allosterisch gehemmt. Dies ist ein typischer Fall von Endprodukt- oder „feed-back“-Hemmung. Neben der ALAS1 gibt es in Erythroblasten ein spezielles Isoenzym (ALAS2), das unterschiedlich reguliert wird: So führt z. B. Sauerstoffmangel zu verstärkter Transkription des ALAS2-Gens, während Eisenmangel die Translation der ALAS2-mRNA verhindert. [2] 5-Aminolaevulinat verlässt nun die Mitochondrien. Im Cytoplasma kondensieren zwei Moleküle zu Porphobilinogen, das bereits den Pyrrol-Ring enthält. Die Porphobilinogen-Synthase wird durch BleiIonen gehemmt. Bei akuten Blei-Vergiftungen findet man daher erhöhte Konzentrationen von ALA in Blut und Urin. [3] In den nächsten Schritten des Synthesewegs entsteht die für Porphyrine charakteristische Tetrapyrrol-Struktur. Dabei werden, katalysiert durch die Hydroxymethylbilan-Synthase, vier Moleküle Porphobilinogen unter Abspaltung der NH2-Gruppen zu Uroporphyrinogen III verknüpft. [4] Zur Bildung dieser Zwischenstufe ist ein zweites Enzym, die Uroporphyrinogen-IIISynthase, erforderlich. Fehlt dieses Enzym, wird ein „falsches“ Isomeres, das Uroporphyrinogen I, gebildet.

19

Das Tetrapyrrol des Uroporphyrinogens III ist von dem des Häms noch deutlich verschieden. So fehlt das zentrale Eisenatom, und der Ring enthält erst 8 der 11 Doppelbindungen. Außerdem trägt das Ringsystem nur geladene Seitenketten R (4 Acetat- und 4 Propionat-Reste). Da Häm-Gruppen im unpolaren Inneren von Proteinen wirken, müssen die polaren Seitenketten zum größten Teil in weniger polare Gruppen umgewandelt werden. [5] Zunächst werden die vier Acetat-Reste (R1) zu Methyl-Gruppen decarboxyliert. Das gebildete Koproporphyrinogen III gelangt wieder in die Mitochondrien. Die weiteren Schritte werden durch Enzyme katalysiert, die an oder in der inneren MitochondrienMembran lokalisiert sind. [6] Zwei der Propionat-Gruppen werden durch eine Oxidase (R2) in Vinyl-Reste umgewandelt. Mit der Bildung von Protoporphyrinogen IX ist die Modifizierung der Seitenketten abgeschlossen. [7] Im nächsten Schritt wird durch erneute Oxidation das konjugierte π-Elektronensystem des Protoporphyrin IX ausgebildet. [8] Zum Schluss wird zweiwertiges Eisen in den Ring eingebaut. Auch hierfür gibt es ein spezielles Enzym, die Ferrochelatase. Das auf diesem Wege gebildete Häm oder Fe-Protoporphyrin IX findet sich z. B. in Hämoglobin und Myoglobin (S. 358), wo es nichtkovalent gebunden ist, und in verschiedenen Oxidoreduktasen (S. 230). ▶ Weitere Informationen. Man kennt eine Reihe erblicher oder erworbener Störungen der Porphyrin-Synthese, sogenannte Porphyrien, die zum Teil schwere Krankheitsbilder hervorrufen. Viele dieser Erkrankungen führen zur Ausscheidung von Häm-Vorstufen im Stuhl oder im Urin, der dadurch tiefrot gefärbt sein kann. Auch die Ablagerung von Porphyrinen in der Haut wird beobachtet. Durch Lichteinwirkung kommt es dann zur Bildung entstellender, schlecht heilender Blasen. Auch neurologische Störungen sind bei Porphyrien häufig. Möglicherweise gehen die mittelalterlichen Legenden über menschliche Vampire („Dracula“) auf Porphyriepatienten zurück (Lichtscheu, bizarres Äußeres, Verhaltensstörungen, Trinken von Blut zur Aufnahme von Häm, das einige Porphyrie-Formen deutlich bessert).

3 Stoffwechsel

3.8 Porphyrinstoffwechsel

Abb. 3.59 Häm-Biosynthese

199

3.8 Porphyrinstoffwechsel Porphyrinabbau

3 Stoffwechsel

A. Abbau von Häm-Gruppen Häm-Gruppen (S. 96) finden sich im menschlichen Organismus überwiegend als prosthetische Gruppe des Hämoglobins in Erythrocyten. Pro Stunde werden im menschlichen Organismus etwa 100–200 Millionen überalterte Erythrocyten abgebaut. Ihr Abbau beginnt im mononucleären Phagocytensytem (MPS) von Milz, Leber und Knochenmark. [1] Nach der Abtrennung des Proteinanteils (Globin) wird der Tetrapyrrol-Ring des Häms zwischen den Ringen A und B durch die Häm-Oxygenase [1] oxidativ gespalten. Die Reaktion benötigt molekularen Sauerstoff und NADPH und liefert das grüne Biliverdin sowie CO (Kohlenmonoxid!) und Fe2 + . Das Eisen steht zur Wiederverwendung zur Verfügung (S. 404). [2] In einer weiteren Redoxreaktion wird Biliverdin durch die Biliverdin-Reduktase [2] zu orangefarbenem Bilirubin reduziert. Die Farbe des Häms und anderer Porphyrinsysteme kommt durch die zahlreichen konjugierten Doppelbindungen zustande. Im Häm liegt eine zyklische Konjugation vor (s. Formel, rot hinterlegt), die durch Reaktion [1] aufgehoben wird. Reaktion [2] trennt das π-System in zwei kleinere getrennte Systeme (s. Bilirubin-Formel, gelb hinterlegt). Den allmählichen Farbwechsel von Blaurot über Grün nach Gelb beim Hämabbau kann man leicht an einem Bluterguss (Hämatom) unter der Haut beobachten. Zum weiteren Abbau wird das Bilirubin mit dem Blut zur Leber transportiert. Da es schlecht wasserlöslich ist, wird es zum Transport an Albumin gebunden. Bestimmte Pharmaka, die ebenfalls an Albumin binden, können zu einem Anstieg des freien Bilirubins führen. [3] Die Hepatocyten nehmen das Bilirubin aus dem Blut auf und konjugieren es im Endoplasmatischen Retikulum mithilfe von UDP-Glucuronsäure zu besser wasserlöslichen Bilirubinmono- und -diglucuroniden. Dazu knüpft die UDP-GlucuronylTransferase [3] esterartige Bindungen zwischen der OH-Gruppe an C-1 der Glucuronsäure und Carboxy-Gruppen des Bilirubins, vgl. Stoffwechsel der UDP-Glucose (S. 330). Die Glucuronide werden durch aktiven Transport in die Galle ausgeschieden und bilden dort die sog. Gallenfarbstoffe.

20

Die Bildung der Glucuronide ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt des hepatischen Bilirubinstoffwechsels. Pharmaka wie z. B. Phenobarbital können sowohl die Konjugatbildung als auch den Transportprozess induzieren. Im Darm wird ein Teil der Bilirubin-Konjugate durch bakterielle β-Glucuronidasen wieder gespalten. Das freigesetzte Bilirubin wird dann über Zwischenstufen zu farblosem Stercobilinogen reduziert, das z. T. wieder zu orange bis gelb gefärbtem Stercobilin oxidiert wird. Die Endprodukte des Gallenfarbstoff-Stoffwechsels im Darm werden größtenteils mit dem Kot ausgeschieden, zum kleineren Teil auch wieder resorbiert (enterohepatischer Kreislauf). Bei starkem Häm-Abbau taucht Stercobilinogen als Urobilinogen im Urin auf, wo es durch Oxidationsprozesse zu Urobilin nachdunkelt. Neben Hämoglobin liefern auch andere Häm-Proteine (Myoglobin, Cytochrome, Katalase, Peroxidase) Häm-Gruppen, die auf dem gleichen Wege abgebaut werden. Sie tragen aber zur täglichen Gallenfarbstoffbildung von etwa 250 mg nur etwa 10–15 % bei.

Weitere Informationen ▶ Hyperbilirubinämien. Ein erhöhter Bilirubin-Spiegel (> 10 mg · L–1) wird als Hyperbilirubinämie bezeichnet. Das Bilirubin diffundiert dann aus dem Blut in die Gewebe der Peripherie und färbt sie gelb (Ikterus oder „Gelbsucht“). Ein Ikterus kann verschiedene Ursachen haben: Wird durch erhöhten Erythrocytenabbau (Hämolyse) mehr Bilirubin produziert, kommt es zum hämolytischen Ikterus. Ist die Konjugation des Bilirubins in der Leber beeinträchtigt, z. B. durch Hepatitis oder Leberzirrhose, entsteht ein hepatozellulärer Ikterus, der mit einer Erhöhung des unkonjugierten („indirekten“) Bilirubins im Blut einhergeht. Ist dagegen der Abfluss der Galle gestört (Verschluss-Ikterus durch Gallensteine oder Pankreaskopftumore) steigt das konjugierte („direkte“) Bilirubin im Blut an. Der in der Regel harmlose Neugeborenen-Ikterus verschwindet nach einigen Tagen von selbst. In schweren Fällen kann allerdings unkonjugiertes Bilirubin die Blut-Hirn-Schranke passieren und zu Gehirnschäden führen (Kernikterus).

3 Stoffwechsel

3.8 Porphyrinstoffwechsel

Abb. 3.60 Porphyrinabbau

201

Kapitel 4

4.1

Grundlagen

204

Zellorganellen

4.2

Membranen

208

4.3

ER und GolgiApparat

216

Zellkern und Mitochondrien

224

4.4 4.5

Vesikel

228

4.6

Cytoskelett

232

4

4.1 Grundlagen Aufbau der Zelle

B. Aufbau einer tierischen Zelle

Die grundlegende Einheit der Organismen ist die Zelle.

Es gibt im Menschen mindestens 200 verschiedene Zellarten. Die Abbildung zeigt die Grundstrukturen einer tierischen Zelle in starker Vereinfachung. Die Angaben über die Anteile der Kompartimente am Zellvolumen (gelb hinterlegt) und ihre Häufigkeit (blau) beziehen sich auf Hepatocyten (Leberzellen) von Säugetieren. Die eukaryotische Zelle ist durch Membranen untergliedert. Nach außen wird sie durch eine Plasmamembran abgegrenzt. Innerhalb der Zelle befindet sich ein großer Raum mit vielen gelösten Bestandteilen, das Cytoplasma. Weitere Membranen unterteilen den Innenraum in Kompartimente (geschlossene Reaktionsräume). Membranumgebene Reaktionsräume der Zelle mit besonderen Funktionen bezeichnet man als Zellorganellen. Die größte Organelle ist der Zellkern (S. 224). Er ist im Lichtmikroskop noch gut zu erkennen. Mit der äußeren Membran des Zellkerns ist das Endoplasmatische Retikulum (ER) verbunden, ein in sich geschlossenes System aus flachen Höhlen und Röhren (S. 216). Eine weitere von Membranen gebildete Organelle, die wie ein Päckchen geschichteter Scheiben aussieht, ist der Golgi-Apparat (S. 216). Endosomen und Exosomen sind bläschenartige Kompartimente (Vesikel), die am Stoffaustausch der Zelle (S. 214) mit ihrer Umgebung beteiligt sind. Für den Stoffwechsel der Zelle besonders wichtige Organellen sind die Mitochondrien (S. 226), die etwa Bakteriengröße haben. Lysosomen (S. 228) und Peroxisomen (S. 230) sind kleinere, kugelförmige Organellen mit Spezialaufgaben. Die ganze Zelle ist durchzogen von einem Gerüstsystem aus Proteinen, das als Cytoskelett (S. 232) bezeichnet wird. Pflanzenzellen besitzen zusätzlich Plastiden, z. B. die Chloroplasten, in denen die Photosynthese abläuft. Im Inneren der Pflanzenzellen befindet sich eine große, flüssigkeitsgefüllte Vakuole. Wie auch Bakterien und Pilze besitzen Pflanzenzellen eine feste Zellwand aus Polysacchariden und Proteinen.

4 Zellorganellen

A. Vergleich von Prokaryonten und Eukaryonten Die gegenwärtig lebenden Organismen lassen sich in zwei große Gruppen einteilen, die Prokaryonten und die Eukaryonten. Vertreter der Prokaryonten sind die Bakterien (Eubakterien und Archaea). Sie sind fast alle Einzeller mit Größen von wenigen μm (10–6 m). Zu den Eukaryonten zählen die Pilze, die Pflanzen und die Tiere. Unter ihnen findet man sowohl Einzeller als auch Mehrzeller. Vielzellige Eukaryonten bestehen aus vielen meist verschiedenen Zelltypen, die auf unterschiedliche Aufgaben spezialisiert sind. Eukaryotische Zellen sind erheblich größer als prokaryotische (Volumenverhältnis etwa 2000 : 1). Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal gegenüber den Prokaryonten ist aber der Besitz eines Zellkerns. Eukaryonten zeigen gegenüber Prokaryonten eine größere Spezialisierung und Komplexität von Struktur und Funktion. Eukaryotische Zellen sind durch Kompartimente strukturiert (s. u.). Der Stoffwechsel und die Synthese von Makromolekülen sind auf diese Reaktionsräume verteilt und werden getrennt gesteuert. In Prokaryonten sind diese Prozesse dagegen einfacher organisiert und räumlich eng gekoppelt. Obwohl Speicherung und Weitergabe der genetischen Information bei Pro- und Eukaryonten nach den gleichen Prinzipien ablaufen, gibt es auch in dieser Hinsicht Unterschiede. Eukaryotische DNA besteht aus sehr langen, linearen Molekülen aus insgesamt 107 bis über 1010 Basenpaaren (bp), von denen nur ein kleiner Bruchteil für genetische Informationen genutzt wird. Die Gene (20 000–50 000 pro Genom) sind bei Eukaryonten in der Regel von nichtkodierenden Bereichen (Introns) unterbrochen. Die eukaryotische DNA ist im Zellkern lokalisiert (Ausnahme: mitochondriale DNA) und bildet dort zusammen mit Histonen und weiteren Proteinen das Chromatin (S. 244). Die DNA der Prokaryonten ist ringförmig, viel kürzer (bis 5 · 106 bp) und im Cytoplasma lokalisiert. Sie wird fast vollständig zur Informationsspeicherung genutzt und enthält keine Introns.

20

4 Zellorganellen

4.1 Grundlagen

Abb. 4.1 Aufbau der Zelle

205

4.1 Grundlagen Zellbestandteile und Cytoplasma Das Gram-negative Bakterium Escherichia coli (E. coli) ist ein in der Regel harmloser, darmbewohnender Symbiont der Säugetiere. Der Aufbau und die Eigenschaften dieses Organismus sind besonders gut bekannt.

4 Zellorganellen

A. Bestandteile einer Bakterienzelle Eine einzelne E. coli-Zelle hat ein Volumen von ca. 0,88 μm3. Davon entfallen jeweils ⅙ auf Membranen und die DNA (das sog. „Nucleoid“). Den übrigen Innenraum der Zelle bezeichnet man als Cytoplasma. Hauptbestandteil von E. coli ist – wie bei allen Zellen – mit 70 % Wasser. Die übrigen Komponenten sind Makromoleküle (Proteine, Nucleinsäuren, Polysaccharide), kleine organische Moleküle und anorganische Ionen. Unter den Makromolekülen haben die Proteine den größten Anteil, auf sie entfallen ca. 55 % der Trockenmasse der Zelle. Es lässt sich abschätzen, dass im Cytoplasma von E. coli etwa 250 000 Proteinmoleküle (durchschnittliche Masse 40 kDa) vorhanden sind. In der etwa tausendfach größeren eukaryotischen Zelle schätzt man die Zahl der Proteinmoleküle auf mehrere Milliarden.

B. Blick in eine Bakterienzelle Die Abbildung zeigt schematisch einen Blick in das Cytoplasma von E. coli. Die Vergrößerung beträgt etwa 1 Million. Ein einzelnes C-Atom hätte bei dieser Vergrößerung die Dimensionen eines Salzkorns, ein ATP-Molekül wäre so groß wie ein Reiskorn. Der gezeigte Ausschnitt entspricht einem Würfel mit der Kantenlänge von 100 nm. Dies ist etwa 1/600 des Zellvolumens von E. coli. Um die Makromoleküle besser sichtbar zu machen, wurden in der Darstellung alle kleinen Moleküle wie Wasser, Cofaktoren und Stoffwechsel-Produkte weggelassen. In dem gezeigten Ausschnitt des Cytoplasmas sind enthalten: ● mehrere hundert Makromoleküle, die für die Proteinbiosynthese notwendig sind, nämlich 30 Ribosomen, mehr als 100 Proteinfaktoren, 30 Aminoacyl-tRNA-Synthetasen, 340 tRNA-Moleküle, 2–3 mRNAs, die eine Länge von etwa 10 Kantenlängen haben, und 6 Moleküle RNA-Polymerase.

20







etwa 330 weitere Enzymmoleküle, darunter 130 Glycolyseenzyme und 100 Enzyme des Citratzyklus. 30 000 kleine organische Moleküle mit einer Masse von 100 bis 1000 Da, wie z. B. Metabolite des Intermediärstoffwechsels und Coenzyme. Sie sind in 10-facher Vergrößerung im Ausschnitt rechts unten gezeigt. und schließlich 50 000 anorganische Ionen. Der Rest ist Wasser.

Das Bild macht deutlich, dass das Cytoplasma ein mit Makromolekülen und kleineren organischen Molekülen dicht angefülltes Kompartiment ist. Es hat wegen der hohen Konzentration an Makromolekülen eine gelartige Konsistenz. Die Abstände zwischen organischen Molekülen sind gering. Sie sind nur durch wenige Wassermoleküle getrennt. Alle Moleküle befinden sich in Bewegung. Wegen ständiger Zusammenstöße kommen sie aber nur ungerichtet voran und nehmen einen zickzackförmigen Weg. Proteine sind wegen ihrer großen Masse besonders langsam. Immerhin legen sie aber in 1 ms eine Strecke von durchschnittlich 5 nm zurück, was etwa ihrer eigenen Länge entspricht. Statistisch gesehen erreicht ein Protein in weniger als einer Sekunde jeden Ort der Bakterienzelle.

C. Wichtige Leistungen des Cytoplasmas In Eukaryonten stellt das Cytoplasma mit etwas mehr als 50 % des Zellvolumens das quantitativ wichtigste zelluläre Kompartiment dar. Es ist der zentrale Reaktionsraum der Zelle. In ihm laufen – häufig in Interaktion mit anderen Kompartimenten – viele Wege des Intermediärstoffwechsels ab, z. B. die Glycolyse, der Hexosemonophosphat-Weg, der größte Teil der Gluconeogenese, der Glycogenstoffwechsel und die Fettsäurebiosynthese. Auch die Biosynthese der Proteine (Translation) (S. 260) findet im Cytoplasma statt. Dagegen sind katabole Wege wie der Fettsäureabbau, der Citratzyklus und die sog. oxidative Phosphorylierung in den Mitochondrien lokalisiert (S. 226). Durch die räumliche Trennung werden sinnlose Zyklen zwischen auf- und abbauenden Reaktionswegen vermieden und es ist eine getrennte Regulation möglich.

4 Zellorganellen

4.1 Grundlagen

Abb. 4.2 Zellbestandteile und Cytoplasma

207

4 Zellorganellen

4.2 Membranen Struktur und Bestandteile

B. Membranlipide

A. Struktur einer Plasmamembran (Ausschnitt)

Das Bild zeigt im Modell einen kleinen Ausschnitt aus einer Membran. Die Phospholipide bilden die wichtigste Gruppe der Membranlipide. Zu ihnen zählen Phosphatidylcholin (Lecithin), Phosphatidylethanolamin, -serin, -inositol und Sphingomyelin, siehe Strukturen (S. 50). Daneben findet sich in den Membranen tierischer Zellen auch Cholesterol (Ausnahme: innere Mitochondrienmembran). Glycolipide wie die Cerebroside und Ganglioside bilden zusammen mit den Glycoproteinen die äußere Zellhülle (Glycocalyx). Die Membranlipide sind asymmetrisch verteilt. Im äußeren Blatt finden sich mehr Ptdcholin und Sphingomyelin. Dagegen treten Ptd-serin und Ptd-ethanolamin vermehrt im inneren Blatt auf. Ptd-inositol kommt nur auf der inneren Seite vor und die Glycolipide nur außen.

Alle biologischen Membranen sind nach einem einheitlichen Muster aufgebaut. Sie bestehen aus einer kontinuierlichen, etwa 5 nm dicken Doppelschicht aus amphipathischen Lipiden, in die Proteine eingebettet sind. Einige Membranen tragen auf der Außenseite zusätzlich Kohlenhydrate, die an Lipide oder Proteine gebunden sind. Die Anteile von Lipiden, Proteinen und Kohlenhydraten sind je nach Zell- und Membrantyp sehr unterschiedlich. Die Membranlipide sind stark amphipathische Moleküle mit einer polaren, hydrophilen „Kopfgruppe“ und einem unpolaren, hydrophoben „Schwanz“. In Membranen werden sie durch einen hydrophoben Effekt (S. 34) und schwache Van-der-Waals-Kräfte zusammengehalten. Sie sind deshalb gegeneinander verschieblich. Dies verleiht den Membranen einen mehr oder weniger flüssigen Charakter. Diese Fluidität der Membranen hängt in erster Linie von ihrer Lipid-Zusammensetzung und der Temperatur ab. Die Fluidität ist umso höher, je größer der Anteil an ungesättigten Lipiden ist. Auch der Gehalt an Cholesterol beeinflusst die Membranfluidität. In lokal begrenzten Bereichen bildet Cholesterol mit Sphingolipiden und bestimmten Glykoproteinen und -Lipiden Mikrodomänen mit besonderen Funktionen, sog. Lipid rafts (Lipidflöße). Wie die Lipide sind auch die Proteine in der Membran beweglich. Werden sie nicht durch besondere Mechanismen festgehalten, schwimmen sie in der Lipidschicht wie in einer zweidimensionalen Flüssigkeit. Man beschreibt biologische Membranen deshalb auch als „flüssiges Mosaik“. Lipide und Proteine lassen sich innerhalb eines Membranblattes leicht verschieben, dagegen ist ein spontaner Wechsel zwischen beiden Blättern („Flip/Flop“) bei Proteinen selten und bei Lipiden (mit Ausnahme von Cholesterol) nur mit Hilfe spezieller Enzyme, sog. Phospholipidtranslokatoren, möglich. Flippasen verschieben bestimmte Phospholipide von der extrazellulären zur cytosolischen Seite, Floppasen ausgewählte Phospholipide in die Gegenrichtung. Scramblasen können negativ geladene Phospholipide hin- und hertransportieren.

20

C. Funktionen der Membranen 1. Die Abgrenzung und Isolierung von Zellen und Organellen durch Membranen bieten einen physikalischen und chemischen Schutz gegen die Umgebung. Eine intakte Plasmamembran ist Voraussetzung für die Konzentrationsunterschiede von Stoffen zwischen Intra- und Extrazellularbereich. 2. Kontrollierter Stofftransport, der das interne Milieu bestimmt und Voraussetzung für die Homöostase ist, d. h. die Konstanthaltung von Stoffkonzentrationen und physiologischen Parametern. Ein selektiver Stofftransport durch Poren, Kanäle und Transporter (S. 212) wird wegen der Abgrenzung der Zellen und Organellen durch die Membransysteme notwendig. 3. Aufnahme extrazellulärer Signale und ihre Weiterleitung an das Zellinnere (S. 414), ebenso die Abgabe von Signalen. 4. Enzymatische Katalyse. An Membranen, also im Grenzbereich zwischen Lipid- und Wasserphase, sind wichtige Enzyme lokalisiert. Dort finden Reaktionen mit unpolaren Substraten statt. Beispiele sind die Biosynthese von Lipiden (S. 164) und der Stoffwechsel von unpolaren Fremdstoffen (S. 336). Auch Reaktionen zur Energieumwandlung wie die oxidative Phosphorylierung (S. 118) finden an oder in Membranen statt. 5. Interaktion mit anderen Zellen zur Fusion und Bildung von Geweben sowie die Verknüpfung mit der extrazellulären Matrix (S. 214). 6. Verankerung des Cytoskeletts (S. 232) zum Erhalt der Zell- bzw. Organellen-Gestalt und als Grundlage von Bewegungsvorgängen.

4 Zellorganellen

4.2 Membranen Struktur und Bestandteile

B. Membranlipide

A. Struktur einer Plasmamembran (Ausschnitt)

Das Bild zeigt im Modell einen kleinen Ausschnitt aus einer Membran. Die Phospholipide bilden die wichtigste Gruppe der Membranlipide. Zu ihnen zählen Phosphatidylcholin (Lecithin), Phosphatidylethanolamin, -serin, -inositol und Sphingomyelin, siehe Strukturen (S. 50). Daneben findet sich in den Membranen tierischer Zellen auch Cholesterol (Ausnahme: innere Mitochondrienmembran). Glycolipide wie die Cerebroside und Ganglioside bilden zusammen mit den Glycoproteinen die äußere Zellhülle (Glycocalyx). Die Membranlipide sind asymmetrisch verteilt. Im äußeren Blatt finden sich mehr Ptdcholin und Sphingomyelin. Dagegen treten Ptd-serin und Ptd-ethanolamin vermehrt im inneren Blatt auf. Ptd-inositol kommt nur auf der inneren Seite vor und die Glycolipide nur außen.

Alle biologischen Membranen sind nach einem einheitlichen Muster aufgebaut. Sie bestehen aus einer kontinuierlichen, etwa 5 nm dicken Doppelschicht aus amphipathischen Lipiden, in die Proteine eingebettet sind. Einige Membranen tragen auf der Außenseite zusätzlich Kohlenhydrate, die an Lipide oder Proteine gebunden sind. Die Anteile von Lipiden, Proteinen und Kohlenhydraten sind je nach Zell- und Membrantyp sehr unterschiedlich. Die Membranlipide sind stark amphipathische Moleküle mit einer polaren, hydrophilen „Kopfgruppe“ und einem unpolaren, hydrophoben „Schwanz“. In Membranen werden sie durch einen hydrophoben Effekt (S. 34) und schwache Van-der-Waals-Kräfte zusammengehalten. Sie sind deshalb gegeneinander verschieblich. Dies verleiht den Membranen einen mehr oder weniger flüssigen Charakter. Diese Fluidität der Membranen hängt in erster Linie von ihrer Lipid-Zusammensetzung und der Temperatur ab. Die Fluidität ist umso höher, je größer der Anteil an ungesättigten Lipiden ist. Auch der Gehalt an Cholesterol beeinflusst die Membranfluidität. In lokal begrenzten Bereichen bildet Cholesterol mit Sphingolipiden und bestimmten Glykoproteinen und -Lipiden Mikrodomänen mit besonderen Funktionen, sog. Lipid rafts (Lipidflöße). Wie die Lipide sind auch die Proteine in der Membran beweglich. Werden sie nicht durch besondere Mechanismen festgehalten, schwimmen sie in der Lipidschicht wie in einer zweidimensionalen Flüssigkeit. Man beschreibt biologische Membranen deshalb auch als „flüssiges Mosaik“. Lipide und Proteine lassen sich innerhalb eines Membranblattes leicht verschieben, dagegen ist ein spontaner Wechsel zwischen beiden Blättern („Flip/Flop“) bei Proteinen selten und bei Lipiden (mit Ausnahme von Cholesterol) nur mit Hilfe spezieller Enzyme, sog. Phospholipidtranslokatoren, möglich. Flippasen verschieben bestimmte Phospholipide von der extrazellulären zur cytosolischen Seite, Floppasen ausgewählte Phospholipide in die Gegenrichtung. Scramblasen können negativ geladene Phospholipide hin- und hertransportieren.

20

C. Funktionen der Membranen 1. Die Abgrenzung und Isolierung von Zellen und Organellen durch Membranen bieten einen physikalischen und chemischen Schutz gegen die Umgebung. Eine intakte Plasmamembran ist Voraussetzung für die Konzentrationsunterschiede von Stoffen zwischen Intra- und Extrazellularbereich. 2. Kontrollierter Stofftransport, der das interne Milieu bestimmt und Voraussetzung für die Homöostase ist, d. h. die Konstanthaltung von Stoffkonzentrationen und physiologischen Parametern. Ein selektiver Stofftransport durch Poren, Kanäle und Transporter (S. 212) wird wegen der Abgrenzung der Zellen und Organellen durch die Membransysteme notwendig. 3. Aufnahme extrazellulärer Signale und ihre Weiterleitung an das Zellinnere (S. 414), ebenso die Abgabe von Signalen. 4. Enzymatische Katalyse. An Membranen, also im Grenzbereich zwischen Lipid- und Wasserphase, sind wichtige Enzyme lokalisiert. Dort finden Reaktionen mit unpolaren Substraten statt. Beispiele sind die Biosynthese von Lipiden (S. 164) und der Stoffwechsel von unpolaren Fremdstoffen (S. 336). Auch Reaktionen zur Energieumwandlung wie die oxidative Phosphorylierung (S. 118) finden an oder in Membranen statt. 5. Interaktion mit anderen Zellen zur Fusion und Bildung von Geweben sowie die Verknüpfung mit der extrazellulären Matrix (S. 214). 6. Verankerung des Cytoskeletts (S. 232) zum Erhalt der Zell- bzw. Organellen-Gestalt und als Grundlage von Bewegungsvorgängen.

4 Zellorganellen

4.2 Membranen

Abb. 4.3 Membranen: Struktur und Bestandteile

209

4.2 Membranen Transportprozesse Membranen enthalten neben den Lipiden auch Proteine. Solche Membranproteine erfüllen verschiedene Aufgaben: sie dienen als Transporter, Kanäle, Rezeptoren, Enzyme oder Strukturproteine und sind entweder fester Bestandteil der Membranen (integrale) oder mit ihnen nur lose verbunden (periphere Membranproteine).

4 Zellorganellen

A. Typen von Membranproteinen Integrale Membranproteine durchspannen die Lipid-Doppelschicht vollständig. Die Bereiche der Peptidkette, die innerhalb der Doppelschicht liegen, bestehen meist aus 20 bis 25 überwiegend hydrophoben Aminosäureresten, die eine rechtsgängige α-Helix bilden. Membranproteine der Typen I und II enthalten nur eine Transmembranhelix, Proteine vom Typ III mehrere. Seltener aggregieren verschiedene Polypeptide der Typen I und II zu einem Transmembranprotein des Typs IV. Proteine der Typen V und VI tragen Lipidanker. Dies sind kovalent mit der Peptidkette verbundene Fettsäuren (Palmitinsäure, Myristinsäure), Isoprenoide (Farnesol, Geranylgeraniol, Dolichol) oder Glycolipide wie Glycosyl-Phosphatidyl-Inositol (GPI). Manche integralen Membranproteine, z. B. die Porine (S. 212), durchdringen die Membran mit antiparallelen Faltblattstrukturen. Wegen ihrer Form nennt man diese Tertiärstruktur „β-Fass“ (engl. β-barrel). Periphere Membranproteine (nicht gezeigt) sind nur von außen an die Membran angelagert. Sie können mit den Kopfgruppen der Phospholipide über Ca2 + -Ionen verbunden oder mit einem integralen Membranprotein über Protein-Protein-Interaktion assoziiert sein. Viele Membranproteine auf der Außenseite von Zellen tragen kovalent gebundene, verzweigte Kohlenhydratketten mit etwa 15 Zuckerresten, sie sind also Glycoproteine.

B. Passiver Transport Membranen grenzen Reaktionsräume ab. Sie sind für die meisten Moleküle undurchlässig. Nur Gase wie O2, N2, und NH3 und kleine, ungeladene Moleküle wie Glycerol oder Harnstoff sowie lipidlösliche Substanzen wie Steroide können Membranen durch freie Diffusion passieren. Dies ist die einfachste Form des Membrantransports. Wird die Diffusion durch integrale Membranproteine wie Kanalproteine oder Transporter unterstützt, spricht man von erleichterter Diffusion:

21

1. Kanalproteine besitzen eine polare Öffnung (Pore), durch die Ionen und andere hydrophile Verbindungen hindurchtreten können. So gibt es z. B. Kanäle (S. 418), die selektiv bestimmte Ionen passieren lassen (Ionenkanäle) und Porine (S. 212), die eher unspezifisch Moleküle bis zu einer gewissen Größe durchlassen. 2. Transporter erkennen und binden die zu transportierenden Moleküle und verhelfen ihnen durch eine Konformationsänderung zum Membrandurchtritt. Diese Proteine (Permeasen) sind damit Enzymen vergleichbar, allerdings mit dem Unterschied, dass sie statt einer enzymatischen Reaktion einen vektoriellen Transport „katalysieren“. Wie Enzyme zeigen sie für jedes transportierte Molekül eine gewisse Affinität (ausgedrückt als Dissoziationskonstante Kd, in mol · L–1) und eine maximale Transportkapazität (V). Die freie Diffusion und die von Ionenkanälen und Transportproteinen geförderten Transportvorgänge folgen stets einem Konzentrationsgradienten, d. h. der Transport geschieht vom Ort der höheren zum Ort der niedrigeren Konzentration. Bei Ionen spielt auch das Membranpotenzial eine Rolle, zusammenfassend spricht man dann vom elektrochemischen Gradienten (S. 118). Es handelt sich bei diesen Prozessen um einen passiven Transport, der stets „bergab“ dem Gefälle eines Gradienten folgt.

C. Aktiver Transport Im Gegensatz dazu kann ein aktiver Transport (1) auch „bergauf“, d. h. gegen einen Konzentrations- oder Ladungsgradienten, stattfinden. Er erfordert dann zusätzlich Energie, die in der Regel durch die Hydrolyse von ATP aufgebracht wird. Transporter sind Enzyme, die zunächst die „Fracht“ (Cargo) auf einer Seite der Membran binden. Durch ATP-abhängige Phosphorylierung wird dann eine Konformationsänderung ausgelöst, die die Fracht auf der anderen Membranseite freisetzt. Ein nicht spontan verlaufender Transportvorgang kann auch durch Kopplung an einen anderen, freiwillig verlaufenden Transportprozess möglich werden (sekundär-aktiver Transport) (2). Die Endocytose (S. 214) (3) ist ein Transportprozess, mit dessen Hilfe Flüssigkeit und Partikel in membranumschlossenen Vesikeln aufgenommen werden. Die Exocytose (S. 214) ist der umgekehrte Prozess.

4 Zellorganellen

4.2 Membranen

Abb. 4.4 Transportprozesse

211

4.2 Membranen Transportproteine

B. Aquaporine

Hier werden Membranproteine dargestellt, die als passive oder aktive Transporter fungieren. Ionenkanäle werden später behandelt (S. 418).

Aquaporine erleichtern die Passage von Wasser durch biologische Membranen. Sie bilden hydrophile Poren, die H2O-Moleküle, nicht aber Ionen und größere Moleküle passieren lassen. Eine besonders hohe Konzentration zeigen die Aquaporine in Erythrocyten und der Niere. Das Aquaporin-2 in den Sammelrohren der Nierentubuli steht unter der Kontrolle des antidiuretischen Hormons (ADH, Vasopressin), das über cAMP die Verlagerung der Kanäle aus dem ER in die Plasmamembran bewirkt (S. 350). Das dargestellte Aquaporin-1 kommt im proximalen Tubulus und in der Henle-Schleife vor, wo es die Rücknahme von Wasser fördert (S. 350). Es enthält acht Transmembranhelices unterschiedlicher Länge und Orientierung. Im Zentrum des Proteins findet sich eine Engstelle, die nur H2O-Moleküle überwinden können.

4 Zellorganellen

A. Glucose-Transporter Die Glucose-Transporter (Glut) transportieren Glucose durch die Zellmembran. Getrieben wird der Transport durch einen Konzentrationsunterschied der Glucose zwischen außen und innen, s. erleichterte Diffusion (S. 210). Die Glut bilden eine Familie verwandter Membranproteine mit unterschiedlicher Organverteilung, Substratspezifität und kinetischen Eigenschaften. Von den 14 verschiedenen Isoformen zeigen Glut-1 und Glut-3 eine relativ hohe Affinität für Glucose (Kd ≈ ca. 1 mM). Sie transportieren außer Glucose auch Dehydroascorbat. Glut-1 kommt in der Plasmamembran fast aller Zellen vor und sorgt für eine Basisversorgung mit Glucose. Er findet sich auch in Erythrocyten, der Blut-Hirn-Schranke und den β-Zellen des Pankreas. Glut-3 versorgt die Neuronen mit Glucose. Glut-2 ist für den Glucosetransport in der Leber verantwortlich und tritt auch in Niere und den Mucosazellen des Darms auf. Diese Form hat eine hohe Kapazität und eine geringere Affinität für Glucose (Kd = 15–20 mM). Deshalb hängt die Geschwindigkeit der Glucoseaufnahme durch Glut-2 stark vom Blutzuckerspiegel ab (normalerweise etwa 4–8 mM). Glut-4 (Kd ≈ 5 mM), der vorwiegend in Muskel-, Fett- und Herzzellen exprimiert wird, unterliegt der Kontrolle durch Insulin (S. 444), das die Zahl der Transporter auf der Zelloberfläche innerhalb weniger Minuten auf das 20– 30-fache erhöht. Glut-5 transportiert bevorzugt Fructose. Die Na+-abhängigen Glucose-Transporter (SGLT1 und 2) (S. 284) auf der luminalen Seite Glucose-absorbierender Zellen (S. 350) von Darm und Niere sind mit den Glut nicht verwandt. Die Abbildung zeigt Glut-1. Er besteht aus einer einzigen Peptidkette, die mit zwölf α-Helices unterschiedlicher Länge die Membran durchspannt. Die Glucose wird von Peptidschleifen gebunden, die auf beiden Seiten aus der Membran ragen.

21

C. Sarkoplasmatische Ca2 +-Pumpe Transport-ATPasen transportieren Kationen, sie sind „Ionenpumpen“. ATPasen vom F-Typ, wie die ATP-Synthase der Mitochondrien (S. 132), nutzen den Transport von H+ zur ATPSynthese. Enzyme vom V-Typ „pumpen“ Protonen unter ATP-Verbrauch in Lysosomen (S. 228) und andere saure Zellkompartimente. Besonders zahlreich sind Transport-ATPasen vom P-Typ. Sie sind ATP-getriebene KationenTransporter. Zum P-Typ gehört auch die dargestellte Ca2 + -ATPase. Sie hat im Muskel die Aufgabe, das zur Auslösung der Kontraktion ins Cytoplasma ausgeschüttete Ca2+ ins Sarkoplasmatische Retikulum (SR) zurückzupumpen (S. 356). Das Molekül (1) besteht aus einer einzigen Peptidkette, die in verschiedene Domänen gefaltet ist. Im Transmembranteil, der von zahlreichen α-Helices gebildet wird, befinden sich Bindungsstellen für zwei Ca2 + -Ionen (blau). ATP wird an die cytoplasmatische N-Domäne (grün) gebunden. Im katalytischen Zyklus des Enzyms (3) lassen sich vier Stadien unterscheiden. Zunächst führt die Bindung von ATP an die N-Domäne zur Aufnahme von zwei Ca2 + in den Transmembranteil (a). Durch Phosphorylierung eines Aspartat-Restes in der P-Domäne (b) und Abdissoziation von ADP kommt es dann zu einer Konformationsänderung, die die Ca2 +Ionen ins SR entlässt (c). Die Dephosphorylierung des Aspartat-Restes stellt schließlich den Ausgangszustand wieder her (d).

4 Zellorganellen

4.2 Membranen

Abb. 4.5 Transportproteine (Quelle PDB; A. 4PYP; B. 1lH5; C. 4H1W)

213

4.2 Membranen Endo- und Exocytose

B. Rezeptorvermittelte Endocytose

Der vesikuläre Transport durch Membranen beruht darauf, dass Membranen Moleküle, Partikel oder eine ganze Zelle vollständig umschließen. Die so gebildeten Vesikel transportieren ihren Inhalt und setzen ihn durch Fusion mit einer anderen Membran wieder frei. Man spricht von Endocytose, wenn der Inhalt der Vesikel in eine Zelle hinein transportiert wird, von Exocytose, wenn Zellinhalt ausgeschüttet wird. Damit die Gesamtfläche der Membranen der Zellen konstant bleibt, sind Endo- und Exocytose eng miteinander gekoppelt.

Eine Grubenbildung der Cytoplasmamembran wird durch das Adapterprotein AP2 ausgelöst, das eine Affinität für Phospholipide und Membranproteine mit besonderen Signalsequenzen besitzt (1). Clathrin-Moleküle lagern sich an AP2 und fördern die Einstülpung der Membran. (2) Bildung des coated pit. Das G-Protein Dynamin sorgt schließlich für ein Abschnüren des Vesikels von der Plasmamembran. (3) Bildung des coated vesicle. Dieses Vesikel verschmilzt mit Endosomen. Dabei werden Clathrin, AP2 und Dynamin freigesetzt (4). Clathrin ist ein dreiarmiges Protein („Triskelion“). Mit ihren Armen lagern sich Chlathrine zusammen und bilden ein Gitterwerk, das die Membran mit ihrem Inhalt umschließt.

4 Zellorganellen

A. Endocytose Zellen können Material aus dem Extrazellularraum durch Endocytose in sich aufnehmen. Transportiert werden u. a. Nahrungsstoffe, Rezeptoren mit ihren Liganden, immunologische Signalstoffe sowie Pathogene und Toxine. 1. Durch Phagocytose werden große, feste Objekte aufgenommen, z. B. Zellen, die durch Apoptose gestorben sind, Bakterien, Viren und Fremdkörper. Die Plasmamembran faltet sich um das Objekt und verschließt es in einer großen Vakuole, die als Phagosom bezeichnet wird. Der endgültige Abbau des Inhalts findet in Lysosomen (S. 228) statt. 2. Durch Pinocytose werden Extrazellularflüssigkeit und darin gelöste Moleküle, z. B. Proteine, aufgenommen. Es bildet sich eine Einstülpung der Plasmamembran. Die flüssigkeitsgefüllte Struktur schnürt sich zu einem Vesikel ab, wandert ins Cytosol und verschmilzt dort mit Endosomen oder Lysosomen. 3. Durch rezeptorvermittelte Endocytose gewinnt der Prozess der Molekülaufnahme eine besondere Spezifität. Die Plasmamembran wölbt sich dabei nach innen (Bildung eines coated pit), schnürt sich ab und bildet ein cytoplasmatisches Vesikel (coated vesicle). An diesem Prozess sind Hüllproteine (coat proteins) beteiligt, von denen das Clathrin am besten untersucht ist (s. u.). Statt Clathrin kann auch Caveolin eine Abschnürung der Plasmamembran verursachen. Dabei bilden sich als Caveolae bezeichnete flaschenförmige Vesikel (nicht gezeigt). Folsäure wird z. B. von Zellen mithilfe von Caveolae aufgenommen, das Lipoprotein LDL, Transferrin und verschiedene Proteohormone (wie EGF) dagegen mithilfe der rezeptorvermittelten Endocytose.

21

C. Exocytose Mit Hilfe der Exocytose geben Zellen vesikulären Inhalt in den Extrazellularbereich ab. So sezernieren Hepatocyten z. B. verschiedene Plasmaproteine ins Blut, Plasmazellen Antikörper und Drüsenzellen Hormone; Nervenzellen schütten durch Exocytose Neurotransmitter in den synaptischen Spalt aus (siehe Grafik). An der Exocytose sind SNARE-Proteine beteiligt. Sie vermitteln das Andocken von Vesikeln an die Membran und die Fusion der Membranen. Zur Ausschüttung von Neurotransmittern aus Nervenzellen in den synaptischen Spalt bindet das v-SNARE-Protein (vesikuläres) Synaptobrevin der synaptischen Vesikel an die t-SNARE-Proteine (target) Syntaxin und SNAP-25 der Zielmembran. An der Exocytose sind das G-Protein Rab3 und das Ca2 + bindende Synaptotagmin beteiligt. Dabei erlebt das Synaptotagmin durch Bindung von Ca2 + eine Konformationsänderung, die die Bildung des SNARE-Fusionskomplexes auslöst. Die Toxine der Bakterien Clostridium tetani und C. botulinum, die bei Wundinfektionen bzw. bei Fleischvergiftungen auftreten können, lösen Wundstarrkrampf und Botulismus aus. Sie hemmen spezifisch die NeurotransmitterFreisetzung an Synapsen. Ihre spezifische Wirkung wird von Zink-Proteasen verursacht, die SNARE-Proteine spalten. Rekombinant hergestelltes Botulinum-Toxin („Botox“), wird u. a. zum Glätten von Hautfalten eingesetzt.

4 Zellorganellen

4.2 Membranen

Abb. 4.6 Endo- und Exocytose

215

4.3 ER und Golgi-Apparat Aufbau und Funktionen Das Endoplasmatische Retikulum (ER) ist ein ausgedehntes, geschlossenes Membransystem aus röhren- oder sackförmigen Strukturen. Im Bereich des Zellkerns geht das ER in die äußere Kernmembran über. Morphologisch unterscheidet man das raue ER (rER) vom glatten ER (gER). Auf den Membranen des rER finden sich Ribosomen, die auf dem gER fehlen. Andererseits ist das gER reich an membrangebundenen Enzymen, die Teilreaktionen des Lipidstoffwechsels sowie Biotransformationen katalysieren.

4 Zellorganellen

A. Raues Endoplasmatisches Retikulum und Golgi-Apparat Das rER (1) ist ein Ort aktiver Proteinbiosynthese (S. 260). Dort werden diejenigen Proteine gebildet, die für Membranen, Endosomen, Lysosomen und den Export aus der Zelle bestimmt sind. Die übrigen Proteine entstehen im Cytoplasma an Ribosomen, die nicht membrangebunden sind. Die am rER (1) synthetisierten Proteine werden nach der Translation gefaltet und modifiziert, s. Proteinreifung (S. 222). Sie verbleiben entweder als Membranproteine im rER oder gelangen mithilfe von Transportvesikeln (2) zum Golgi-Apparat (3). Transportvesikel entstehen durch Abschnürung von Membranen und verschwinden durch Fusion wieder (S. 214). An den Transportprozessen sind GProteine (S. 420) der Rab-Familie beteiligt. Der Golgi-Apparat (3) ist ein komplexes, ebenfalls geschlossenes System von abgeflachten Membran-Säckchen („Zisternen“), die in Stapeln übereinander geschichtet sind. Dort reifen Proteine, werden sortiert und verpackt. Man unterscheidet innerhalb des Golgi-Apparates den cis-, den medialen und den trans-Golgi-Bereich sowie das trans-Golgi-Netzwerk (tGN). In diesen Abschnitten wird die im ER begonnene posttranslationale Proteinmodifizierung fortgesetzt. Vom Golgi-Apparat aus werden die Proteine in Vesikeln zu verschiedenen Zielen der Zelle transportiert, z. B. zu Lysosomen (4) und Peroxisomen, zur Cytoplasmamembran (6) und zu sekretorischen Vesikeln (5), die ihren Inhalt durch Verschmelzen mit der Plasmamembran in den Extrazellularbereich ausschütten, s. Exocytose

21

(S. 214). Der Proteintransport läuft entweder ständig (konstitutiv) ab oder er wird durch chemische Signale reguliert. Die Entscheidung darüber, welchen Weg ein Protein nimmt und ob dieser Transport konstitutiv oder reguliert ist, hängt von Signalsequenzen oder Signalstrukturen ab, die die Proteine wie Adressen mit sich tragen (S. 218). Außer Proteinen transportiert der Golgi-Apparat auch Membranlipide zu ihren Zielen.

B. Glattes Endoplasmatisches Retikulum Bereiche des ER ohne gebundene Ribosomen werden als glattes Endoplasmatisches Retikulum (gER) bezeichnet. In den meisten Zellen ist der Anteil des gER gering. Nur Zellen mit aktivem Lipidstoffwechsel zeigen ein ausgeprägtes gER. Meist ist es aus verzweigten, in sich geschlossenen Röhren aufgebaut. Membranständige Enzyme im gER katalysieren die Synthese von Lipiden wie z. B. die Phospholipidsynthese (S. 164) sowie einige Schritte der Cholesterolbiosynthese (S. 166). In den Hepatocyten ist der Anteil des gER besonders groß. Es enthält Enzyme, die die Biotransformationen katalysieren. Dies sind Reaktionen, bei denen unpolare Fremdstoffe (Xenobiotica) aber auch körpereigene Substanzen, wie z. B. Steroide, chemisch verändert werden, um sie zu inaktivieren und/oder für die Konjugation mit polaren Substanzen vorzubereiten, s. Phase I-Reaktionen (S. 336). An diesen Umsetzungen sind zahlreiche Cytochrom P450-Enzyme (S. 338) beteiligt, die man deshalb als Leitmoleküle des gER betrachten kann. Das gER fungiert auch als intrazellulärer Calciumspeicher, der dazu beiträgt, den Ca2+Spiegel im Cytoplasma niedrig zu halten. Diese Funktion ist im Sarkoplasmatischen Retikulum (S. 356) besonders ausgeprägt, einer spezialisierten Form des gER in Muskelzellen. Zur Freisetzung und Wiederaufnahme von Ca2 + enthalten die Membranen des gER signalkontrollierte Ca2 + -Kanäle und energieabhängige Ca2 + -ATPasen (S. 212). Im gER der Leber läuft außerdem die Hydrolyse von Glucose-6-phosphat zu Glucose (S. 144) durch Glucose-6-phosphatase (S. 153) ab.

4 Zellorganellen

4.3 ER und Golgi-Apparat

Abb. 4.7 ER und Golgi-Apparat: Aufbau und Funktionen

217

4.3 ER und Golgi-Apparat Proteinsortieren Jede eukaryotische Zelle enthält etwa 1010 Proteinmoleküle von ca. 10–20 000 verschiedenen Proteinarten, die spezifisch auf die Bereiche der Zelle wie den gelösten Raum, Membranen und Organellen verteilt sind und dort ihre Aufgaben erfüllen.

4 Zellorganellen

A. Proteintransport Der Transport der Proteine vom Ort ihrer Synthese an Ribosomen zum Ort ihrer Funktion geschieht in vielen Fällen durch Membranen hindurch mithilfe von Poren (Zellkern) (S. 224), Transportkomplexen (Mitochondrien, Peroxisomen) oder mithilfe von Vesikeln (ER, GolgiApparat, Lysosomen, Endo- und Exosomen (S. 214), Plasmamembran, Extrazellularbereich). Um ihren Weg zu finden tragen die Proteine Signale (engl. sorting signals), die von Rezeptoren der Transportmaschinerie gelesen werden. Proteine ohne Signal verbleiben nach ihrer Synthese im Cytosol.

B. Proteinsortieren Die Biosynthese aller Proteine mit Ausnahme einiger in den Mitochondrien gebildeter Proteine beginnt an freien Ribosomen im Cytoplasma (oben). Bald trennen sich jedoch die Wege der Proteine, je nachdem für welches Ziel sie bestimmt sind. Proteine mit einem Signalpeptid für das ER (1), nehmen den sekretorischen Weg (rechts). Proteine ohne dieses Signal gehen den cytoplasmatischen Weg (links). Sekretorischer Weg. Proteine, die ein Signalpeptid für das ER tragen, werden durch die Membran des ER in sein Lumen transferiert (S. 220). Die Anwesenheit zusätzlicher Signalsequenzen und Signalregionen oder ihr Fehlen entscheidet über den weiteren Transportweg. Proteine mit Stopp-Transfer-Sequenzen (4) bleiben als integrale Membranproteine in der ER-Membran stecken. Durch vesikulären Transport gelangen sie dann in andere Membranen. Vom rER führt ihr Weg zum Golgi-Apparat und weiter zur Plasmamembran. Proteine, die im rER verbleiben sollen, z. B. Enzyme, finden mithilfe eines Retentionssignals (2) vom Golgi-Apparat zurück zum rER. Andere Proteine nehmen vom Golgi-Apparat aus den Weg zu den Lysosomen (S. 228) (3), zur Zellmembran (integrale Membranproteine oder konstitutive Exocytose) oder werden von sekretorischen Vesi-

21

keln (8) aus der Zelle transportiert (9, signalgesteuerte Exocytose). Cytoplasmatischer Weg. Proteine ohne Signalpeptid für das ER werden an freien Ribosomen im Cytoplasma synthetisiert und verbleiben in diesem Kompartiment. Besondere Translokationssignale vermitteln den Weitertransport in die Mitochondrien (S. 226) (5), den Zellkern (6) oder die Peroxisomen (S. 230) (7).

C. Translokationssignale Signalpeptide sind kurze Abschnitte am Nbzw. C-Terminus oder innerhalb der Peptidkette. Als Signalregionen bezeichnet man Bereiche auf der Proteinoberfläche, die von bestimmten Abschnitten der Peptidkette oder von verschiedenen Ketten gebildet werden. Signalpeptide und -regionen sind strukturelle Signale, die meist von Rezeptoren auf Organellen erkannt werden. Sie schleusen die Proteine mithilfe weiterer Proteine in die Organellen ein (selektiver Proteintransfer). Strukturelle Signale können auch Enzyme aktivieren, welche die Proteine modifizieren und dadurch ihr weiteres Schicksal bestimmen. Beispiele sind lysosomale Proteine (S. 228) und Membranproteine mit Lipidanker (S. 210). Signalpeptide am N-Terminus werden nach ihrer Nutzung von spezifischen Hydrolasen abgespalten (Symbol: Schere). Bei Proteinen mit mehreren aufeinanderfolgenden Signalsequenzen können dadurch nachfolgende Signale freigelegt werden. Signalpeptide, die mehrfach gelesen werden müssen, werden dagegen nicht abgespalten. Der Transport von Proteinen wird durch das Zusammenspiel von Transportern, Rezeptoren, Translokatoren, G-Proteinen und Enzymen ermöglicht. Proteine, die in Mitochondrien importiert werden sollen, werden von Chaperonen (S. 222) der hsp70-Familie im entfalteten Zustand gehalten. Mit der Biosynthese, Reifung und dem Sortieren der Proteine geht eine Qualitätskontrolle einher. Proteine, die falsch gefaltet sind, werden mit Ubiquitin markiert und in Proteasomen (S. 172) abgebaut. Ein Defekt der Importsysteme in Organellen kann zu Krankheiten führen. Z.B. sind beim Zellweger-Syndrom Importproteine der Peroxisomen (S. 230) defekt. Bei der I-Zellkrankheit ist der Import von Hydrolasen in die Lysosomen (S. 228) gestört.

4 Zellorganellen

4.3 ER und Golgi-Apparat

Abb. 4.8 Proteinsortieren

219

4 Zellorganellen

4.3 ER und Golgi-Apparat Proteinsynthese am rER

B. Proteinglycosylierung

A. Proteinsynthese am rauen Endoplasmatischen Retikulum (rER)

Die meisten extrazellulären Proteine enthalten kovalent gebundene Oligosaccharid-Reste. So sind z. B. alle Plasmaproteine außer Albumin glycosyliert („glyciert“). Zahlreiche Glycoproteine auf der Zelloberfläche bilden zusammen mit Glycolipiden die Glycocalyx (S. 52). Die Kohlenhydrat-Anteile der Glycoproteine werden im Inneren des ER cotranslational auf die wachsende Kette übertragen und dann während der Passage durch ER und Golgi-Apparat in die endgültige Form gebracht. Enzyme, die die Zuckeranteile der Proteine modifizieren, sind besonders für den Golgi-Apparat (S. 216) typisch. N-verknüpfte Oligosaccharide (S. 44) sind stets mit der Säureamid-Gruppe von Asparagin-Resten verknüpft. Erscheint in der wachsenden Peptidkette eine Glycosylierungssequenz (-Asn-X-Ser(Thr)-, X = beliebige Aminosäure), überträgt eine Transglycosylase in der ER-Membran [1] ein vorgefertigtes KernOligosaccharid aus 14 Hexose-Resten en bloc vom Trägermolekül Dolichol-diphosphat auf das Peptid. Dolichol (S. 54) ist ein langkettiges Isoprenoid aus 10–20 Isopreneinheiten, das in die ER-Membran eingebettet ist. Eine Hydroxygruppe am Ende des Moleküls ist mit Diphosphat verknüpft, an dem das Kern-Oligosaccharid in einer längeren Reaktionsfolge aufgebaut wird (im Detail nicht gezeigt). Die Kernstruktur besteht aus zwei Resten N-Acetylglucosamin (GlcNAc), einer verzweigten Gruppe von neun Mannose-Resten (Man) und drei terminalen Glucose-Resten (Glc). Während der Passage des Pro-Proteins durch das ER und den Golgi-Apparat spalten Glycosidasen [2] die Glucose-Reste vollständig und die Mannosen teilweise wieder ab („Trimming“) und erzeugen so Oligosaccharid-Reste vom mannosereichen Typ (S. 44). Im weiteren Verlauf übertragen verschiedene Glycosyltransferasen [3] zusätzliche Monosaccharide (u. a. GlcNAc, Galactose, Fucose und N-Acetylneuraminsäure) auf das mannosereiche Zwischenprodukt und erzeugen damit OligosaccharidReste vom komplexen Typ (S. 44). Die Struktur des fertigen Oligosaccharids ist zellspezifisch und hängt von der Art und Aktivität der jeweils vorhandenen Glycosyltransferasen ab.

Die Proteinbiosynthese (S. 260) (Translation) beginnt für alle Proteine an freien Ribosomen im Cytoplasma (1). Proteine, die aus der Zelle exportiert oder in Lysosomen transportiert werden, sowie Membranproteine des ER, des Golgi-Apparates und der Plasmamembran tragen an ihrem N-Terminus ein Signalpeptid für das ER. Dies ist ein Abschnitt aus 15–60 Aminosäuren, in dem ein bis zwei stark basische Reste (Lys, Arg) in der Nähe des N-Terminus von einer stark hydrophoben Sequenz aus 10– 15 Resten gefolgt werden (S. 218). Sobald das Signalpeptid (rot) auf der Oberfläche des Ribosoms erscheint (2), bindet ein Signal-Erkennungs-Partikel (SRP, engl. signal recognition particle) an die Sequenz und unterbricht zunächst die Translation (3). Es ist ein Ribonucleoprotein mit GTPase-Aktivität. Das SRP bindet dann zusätzlich an einen SRP-Rezeptor in der Membran des rER und fixiert so das Ribosom am ER (4). Danach dissoziiert das SRP von Signalpeptid und SRP-Rezeptor ab und steht für Schritt 3 wieder zur Verfügung. Dieser endergone Prozess wird durch die Hydrolyse von GTP angetrieben (5). Die Translation setzt nun wieder ein. Der Rest des Proteins wird – noch ungefaltet – nach und nach durch einen engen Proteinkanal („Translocon“), der mit den drei Proteinen Sec61α, β und γ gebildet wird, ins Lumen des rER eingeführt (6). Dort spaltet noch während der Translation (cotranslational) eine in der inneren ER-Membran lokalisierte Signalpeptidase das Signalpeptid ab (7). Dieser Schritt erzeugt aus dem Prä-ProProtein ein Pro-Protein, aus dem durch Faltung und posttranslationale Modifizierungen (8) im ER und im Golgi-Apparat schließlich das reife Protein entsteht. Enthält das wachsende Polypeptid ein sog. Stopp-Transfer-Signal (S. 218), bleibt der entsprechende hydrophobe Abschnitt der Kette außerhalb des Translokons in der Membran stecken, und es entsteht ein integrales Membranprotein. Im Verlaufe der Translation kann eine weitere Signalsequenz den Transfer der Kette durch das Translokon wieder in Gang bringen. Die mehrfache Wiederholung dieses Vorgangs ergibt integrale Membranproteine mit mehreren Transmembran-Helices (S. 210).

22

4 Zellorganellen

4.3 ER und Golgi-Apparat

Abb. 4.9 Proteinsynthese am rER

221

4.3 ER und Golgi-Apparat Proteinreifung Proteine, die für den sekretorischen Weg (S. 218) bestimmt sind, müssen sich nach der Translation zunächst im rER in die native Konformation falten. Dabei werden sie von verschiedenen Hilfsproteinen unterstützt.

4 Zellorganellen

A. Proteinfaltung im rER Um Fehlfaltungen der wachsenden Proteine während ihrer Biosynthese zu verhindern, binden Chaperone (s.B) im Lumen des ER an die Peptidkette und stabilisieren sie, bis die Translation beendet ist. Ein wichtiges Chaperon im ER ist BiP (binding protein). Viele sezernierte Proteine, z. B. die Pankreas-Ribonuclease (S. 70) (RNAse), enthalten mehrere Disulfidbrücken, die erst nach der Translation oxidativ aus SH-Gruppen gebildet werden. Die acht Cystein-Reste der RNAse können im Prinzip 105 verschiedene Paarungen eingehen, wobei nur die Kombination von vier Disulfidbrücken (S. 71) ein aktives Enzym liefert. Dagegen können Fehlpaarungen die weitere Faltung blockieren und zu instabilen oder unlöslichen Konformationen führen. Das Enzym Protein-Disulfid-Isomerase [1] hat die Aufgabe, die Einstellung der Gleichgewichte zwischen gepaarten und ungepaarten Cysteinresten zu beschleunigen, damit sich Fehlpaarungen rasch wieder auflösen können, bis das Protein seine endgültige Konformation gefunden hat. Die meisten Peptidbindungen in Proteinen nehmen die trans-Konformation (S. 16) ein, nur Bindungen zu Prolin-Resten (-X-Pro-) können sowohl cis- als auch trans-ständig vorliegen. In der nativen Konformation des Proteins muss jede X-Pro-Bindung die korrekte Konformation (cis oder trans) einnehmen. Da der unkatalysierte Übergang zwischen beiden Formen langsam ist, gibt es im ER Peptidyl-Prolylcis-trans-Isomerasen [2], die die Umlagerung beschleunigen.

B. Chaperone und Chaperonine Die meisten Proteine falten sich im Reagenzglas spontan zur nativen Konformation. In der Zelle, wo sehr hohe Proteinkonzentrationen herrschen (etwa 350 g · L–1), ist dies schwieriger. Im ungefalteten Zustand neigen nämlich die unpolaren Bereiche der Peptidkette (gelb) auf Grund des hydrophoben Effekts (S. 34) dazu, in unlöslichen Produkten zu aggregieren

22

(2). Außerdem sind ungefaltete Proteine durch Proteinasen leicht angreifbar. Zum Schutz von teilweise gefalteten Proteinen gibt es Hilfsproteine, die man als Chaperone (franz. „Anstandsdamen“) bezeichnet, weil sie unreife Proteine vor schädlichen Kontakten bewahren. Einige Chaperone werden unter Temperaturstress vermehrt gebildet und heißen deshalb auch „Hitzeschock-Proteine“ (hsp). Man unterscheidet mehrere hsp-Klassen. Verbreitet sind Chaperone vom Typ hsp70 und sog. Chaperonine vom Typ hsp60 (in Bakterien: GroEL/ ES). Chaperone der Klasse hsp90 haben besondere Schutzaufgaben für Steroidhormon-Rezeptoren (S. 434). Während kleine Proteine die native Konformation oft ohne Hilfe erreichen (1), benötigen größere Moleküle zum Schutz vor Aggregation hsp70-Proteine (z. B. BiP), die als Monomere binden und sich ATP-abhängig auch wieder lösen können (3). Chaperonine bilden dagegen große fassartige Komplexe aus 14 Untereinheiten, in denen sich Proteine, abgeschirmt von der Umgebung, selbständig falten können (4; s. C).

C. Funktion von GroEL/ES Am bakteriellen Chaperonin GroEL wurde die Wirkungsweise von hsp60 im Detail untersucht. Das Fass hat zwei Kammern, die während der Faltung des Gastproteins in der Kammer durch einen Deckel (GroES) verschlossen sind. Angetrieben durch die Hydrolyse von ATP, öffnen und schließen sich die Kammern im Gegentakt, d. h. die Freisetzung des gefalteten Proteins aus einer Kammer ist an die Aufnahme eines ungefalteten Peptids in die zweite gekoppelt. Eine Anhäufung fehlgefalteter Proteine kann Krankheiten verursachen. So verursacht z. B. bei der Sichelzellanämie (S. 312) ein modifiziertes Hämoglobin die Aggregation des Blutfarbstoffes in den Erythrocyten. Bei PrionKrankheiten wie der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung und dem Rinderwahnsinn (BSE) ändert das native Protein PrP seine Konformation in eine polymerisierende Struktur, die die Umwandlung weiterer PrP auslöst. An der Entstehung der Alzheimer-Krankheit (S. 384) ist das Amyloid-β-Peptid Aβ beteiligt, das sich durch Fehlfaltung zu langen Fibrillen polymerisiert, die sich im Gehirn anhäufen, als Plaques ablagern und neuronale Funktionen beeinträchtigen.

4 Zellorganellen

4.3 ER und Golgi-Apparat

Abb. 4.10 Proteinreifung

223

4.4 Zellkern und Mitochondrien

4 Zellorganellen

Zellkern Der Zellkern stellt die größte Organelle der eukaryotischen Zelle dar. Mit einem Durchmesser von 10–20 μM ist er im Lichtmikroskop gut zu erkennen. Er ist Ort der Speicherung, Replikation und Expression der genetischen Information. In der Regel besitzt jede Zelle einen Zellkern. Er fehlt allerdings den Erythrocyten; Myocyten dagegen besitzen viele Zellkerne. Gegen das Cytoplasma ist der Zellkern durch die Kernhülle abgegrenzt, die aus einer äußeren und einer inneren Kernmembran besteht. Die beiden Kernmembranen sind durch den perinucleären Spalt voneinander getrennt. Die äußere Kernmembran geht in das raue Endoplasmatische Retikulum über und ist mit Ribosomen besetzt. Die innere Membran ist auf ihrer Innenseite mit einer Proteinschicht aus Kernlaminen (S. 366) überzogen, an der die Kernstrukturen verankert sind. Der Zellkern ist mit Nucleoplasma gefüllt. Es enthält fast die gesamte DNA der Zelle (etwa 1 % ist mitochondriale DNA). Die Kern-DNA bildet zusammen mit Histonen und GerüstProteinen das Chromatin (S. 244). Nur während der Zellteilung kondensiert das Chromatin zu Chromosomen. In dieser Phase zerfällt auch die Kernhülle. In der Phase zwischen Teilungen, der Interphase, kann man elektronenmikroskopisch dichter gepacktes Heterochromatin von aufgelockertem Euchromatin unterscheiden. Im Bereich des Euchromatins findet aktive Transkription von DNA in mRNA statt. In vielen Kernen fällt ein besonders elektronendichter Bereich auf, der Nucleolus. Die DNA im Nucleolus enthält die Gene für rRNAs in zahlreichen Kopien.

A. Leistungen des Zellkerns Fast die gesamte RNA der Zelle wird im Zellkern synthetisiert. Bei diesem Prozess, der Transkription (S. 252), wird die Information der DNA in RNA umgeschrieben. rRNA entsteht vorwiegend im Nucleolus, während mRNA und tRNA im Bereich des Euchromatins gebildet werden. Auch die enzymatische Verdopplung der DNA, die Replikation (S. 250), findet im Zellkern statt. Die Nucleotid-Bausteine für Transkription und Replikation müssen aus dem Cytoplasma

22

in den Zellkern importiert werden. Ihr Einbau in mRNA führt zu Primärprodukten, die durch Anlagerung zusätzlicher Nucleotide, Spaltung sowie durch Herausschneiden von Introns verändert werden, s. RNA-Reifung (S. 256). Erst wenn diese Vorgänge abgeschlossen sind, können die im Kern gebildeten RNA-Moleküle zur Protein-Synthese (Translation) (S. 260) ins Cytoplasma exportiert werden. Da im Zellkern keine Proteine synthetisiert werden, müssen alle Kernproteine importiert werden: Histone, mit denen die DNA im Chromatin vergesellschaftet ist, sowie die sog. Nicht-Histonproteine (DNA- und RNA-Polymerasen, Hilfs- und Gerüstproteine, Transkriptionsfaktoren und ribosomale Proteine). Die rRNA lagert sich schon im Nucleolus mit Proteinen zu Ribosomen-Vorstufen zusammen. Schlüsselenzyme des Stoffwechsels können reversibel aus dem Cytoplasma in den Zellkern transferiert werden (S. 150). Eine besondere Stoffwechsel-Leistung des Zellkerns ist die Biosynthese von NAD+. Die unmittelbare Vorstufe Nicotinat-Mononucleotid (NMN+), entsteht im Cytoplasma, wird in den Nucleolus transportiert und dort in das Dinucleotid NAD+ umgewandelt. Dieses gelangt schließlich zurück ins Cytoplasma.

B. Transport zwischen Zellkern und Cytoplasma Der Stoffaustausch zwischen Kern und Cytoplasma ist energieabhängig (Verbrauch von GTP), selektiv, gerichtet und reguliert. Er wird von etwa 1000 bis 10 000 Kern-Porenkomplexen pro Zellkern vermittelt, die in der Kernhülle lokalisiert sind. Die Kernporen bestehen aus zahlreichen Proteinen (Nucleoporine), die mehrere miteinander verbundene Ringe unterschiedlichen Durchmessers bilden. Niedermolekulare Substanzen und kleine Proteine durchdringen die Kernporen ohne Schwierigkeiten. Dagegen können größere Proteine (> 40 kDa) nur passieren, wenn sie eine KernLokalisierungssequenz (S. 218) tragen. Sie werden im Cytoplasma von Importinen gebunden und so durch den Porenkomplex eskortiert. Im Kern gebildete mRNA, rRNA und Ribosomen-Untereinheiten gelangen dagegen als Komplexe mit Exportinen durch die Poren ins Cytoplasma. An der Be- und Entladung der Importine und Exportine ist das G-Protein Ran beteiligt (S. 420).

4 Zellorganellen

4.4 Zellkern und Mitochondrien

Abb. 4.11 Zellkern

225

4.4 Zellkern und Mitochondrien Mitochondrien Mitochondrien sind bakteriengroße Organellen (Größe etwa 1 · 2 μm), die in fast allen eukaryotischen Zellen vorkommen. Typisch sind etwa 2000 Mitochondrien pro Zelle, die zusammen etwa 25 % des Zellvolumens ausmachen. Mitochondrien dienen der Energieerzeugung der Zellen und zeigen eine Reihe weiterer Stoffwechselleistungen.

4 Zellorganellen

A. Aufbau der Mitochondrien Mitochondrien sind von zwei Membranen umschlossen, einer glatten, äußeren und einer stark eingefalteten oder röhrenförmigen, inneren Mitochondrienmembran, die eine große Oberfläche hat und den Matrixraum umschließt. Die Falten der inneren Membran werden als Cristae bezeichnet. Zwischen äußerer und innerer Membran befindet sich der Intermembranraum. Anzahl und Gestalt der Mitochondrien sowie die Zahl ihrer Cristae können von Zelltyp zu Zelltyp sehr unterschiedlich sein. Gewebe mit intensivem oxidativen Stoffwechsel, wie z. B. der Herzmuskel, besitzen Mitochondrien mit besonders vielen Cristae. Innerhalb eines Gewebes variiert die Gestalt der Mitochondrien mit ihrem Funktionszustand. Mitochondrien sind wahrscheinlich in einer frühen Phase der Evolution aus aeroben Bakterien entstanden, die mit anaerob lebenden Eukaryonten eine Symbiose eingegangen sind. Diese Endosymbionten-Theorie wird durch viele Befunde gestützt. So besitzen Mitochondrien eine eigene ringförmige DNA (ca. 5 DNAMoleküle pro Mitochondrium) und eigene Ribosomen. Das mitochondriale Genom wurde im Laufe der Evolution immer kleiner. Beim Menschen enthält es noch 16 569 Basenpaare, die für 2 rRNAs, 22 tRNAs und 13 Proteine codieren (S. 136). Nur diese Proteine (meist Untereinheiten von Komplexen der Atmungskette) werden im Mitochondrium hergestellt. Alle anderen mitochondrialen Proteine werden vom Kerngenom codiert und müssen nach der Translation im Cytoplasma in die Mitochondrien importiert werden (S. 218). Auch die Mitochondrienhülle aus zwei Membranen stützt die Endosymbionten-Theorie. Die innere Membran, die sich vom ehemaligen Symbionten ableitet, hat eine Zusammensetzung, die

22

an Prokaryonten erinnert. Sie enthält als einzige Membran das ungewöhnliche Lipid Cardiolipin (S. 50) jedoch kaum Cholesterol (S. 56). Beide Mitochondrienmembranen sind sehr proteinreich. Porine (S. 212) in der äußeren Membran erlauben den Austausch kleiner Moleküle (< 10 kDa) zwischen Cytoplasma und Intermembranraum. Die innere Mitochondrienmembran ist dagegen besonders undurchlässig (Ausnahme für O2 und CO2). Zahlreiche Transporter in der inneren Membran sorgen für den Im- und Export wichtiger Metabolite (S. 128). Mitochondrien vermehren sich nur durch Verdopplung ihrer DNA und Teilung der Organelle. Jedoch müssen dafür viele Proteine aus dem Cytosol importiert werden.

B. Stoffwechselleistungen Mitochondrien werden auch als „Kraftwerke der Zelle“ bezeichnet, weil sie durch oxidative Phosphorylierung (S. 130) den größten Teil des zellulären ATP erzeugen. In der Matrix lokalisiert sind die Pyruvat-Dehydrogenase (PDH), der Citratzyklus, die β-Oxidation der Fettsäuren sowie Teile des Harnstoffzyklus. Mit der inneren Membran assoziiert sind die Atmungskette, die ATP-Synthase sowie Enzyme der Häm-Biosynthese (S. 198). Die innere Membran spielt eine wichtige Rolle bei der oxidativen Phosphorylierung: Da sie für Protonen undurchlässig ist, baut die Atmungskette an ihr einen Protonengradienten auf. In ihm wird die bei der NADH-Oxidation frei werdende chemische Energie konserviert (S. 128). Die ATP-Synthase nutzt dann die im Gradienten gespeicherte Energie zur Bildung von ATP. Auch einige der Transportsysteme (S. 128) hängen vom H+-Gradienten ab. Die undurchlässige innere Mitochondrienmembran sorgt für eine strikte Kompartimentierung von Coenzymen (z. B. NAD+, NADH und CoA) und Metaboliten zwischen dem Matrixraum und dem cytoplasmatischen Raum. Für sie gibt es getrennte Metabolitpools. Neben dem Endoplasmatischen Retikulum haben auch die Mitochondrien die Funktion eines intrazellulären Calciumspeichers. Auch beim „programmierten Zelltod“, der Apoptose (S. 464), spielen die Mitochondrien eine wichtige Rolle.

4 Zellorganellen

4.4 Zellkern und Mitochondrien

Abb. 4.12 Mitochondrien

227

4.5 Vesikel Lysosomen

4 Zellorganellen

A. Aufbau und Inhalt Tierische Lysosomen sind 0,2 bis 2,0 μm große, unterschiedlich geformte Organellen, die von einer einfachen Membran umgeben sind. Pro Zelle findet man einige hundert Lysosomen. In ihrer Membran sind ATP-getriebene Protonenpumpen des V-Typs aktiv (S. 212). Da sie H+ in den Lysosomen anreichern, ist der Inhalt der Lysosomen mit pH-Werten von 4,5–5,0 deutlich saurer als das Cytoplasma (pH 7,0–7,3). Die Lysosomen sind der „Magen“ der Zelle und dienen dem Abbau von Zellbestandteilen. Zu diesem Zweck enthalten sie etwa 40 verschiedene Hydrolasen, die alle Arten von Makromolekülen abbauen können. Leitenzym der Lysosomen ist die saure Phosphatase. Das pHOptimum der lysosomalen Enzyme liegt im Bereich von pH 5. Bei neutralem pH, wie er im Cytoplasma herrscht, sind die lysosomalen Enzyme nur wenig aktiv. Dies scheint ein Schutzmechanismus gegen ungewollte Selbstverdauung der Zelle zu sein, falls die Enzyme einmal ins Cytoplasma austreten.

B. Aufgaben Lysosomen dienen dem enzymatischen Abbau von Makromolekülen und Zellorganellen, die auf verschiedenen Wegen angeliefert werden. Das Beispiel zeigt den Abbau eines gealterten Mitochondriums durch Autophagie. Dazu schließt das Lysosom die Organelle ein (1). Das primäre Lysosom wandelt sich dabei zum sekundären Lysosom um, in dem der hydrolytische Abbau stattfindet (2). Die Spaltprodukte werden an die Zelle zurückgegeben. Residualkörper enthalten schließlich die unverdaulichen Reste des lysosomalen Abbauprozesses. Sie werden entweder durch Exocytose entsorgt oder verbleiben in der Zelle als LipofuscinKörner, die sich mit dem Alter ansammeln Auch für den Abbau der Makromoleküle, die durch Endocytose und Phagocytose aufgenommen werden (S. 214), z. B. Lipoproteine, Proteohormone und Bakterien, sind die Lysosomen verantwortlich (Heterophagie). Sie verschmelzen dazu mit den Endosomen (3), in denen die endocytierten Stoffe angeliefert werden.

22

C. Bildung und Transport lysosomaler Proteine Die primären Lysosomen entstehen im Bereich des Golgi-Apparates. Lysosomale Proteine werden am rER (S. 216) gebildet und dort glycosyliert (1). Die folgenden Schritte (2) sind spezifisch für die lysosomalen Proteine. Endständige Mannose-Reste (Man) werden in einer Zweischritt-Reaktion an C-6 phosphoryliert. Dazu wird zunächst N-Acetylglucosamin1-phosphat auf die OH-Gruppe an C-6 einer endständigen Mannose übertragen und dann N-Acetylglucosamin wieder abgespalten. Lysosomale Proteine tragen aus diesem Grund während des Sortierungsprozesses endständig Mannose-6-phosphat (Man-6-P). In den Membranen des Golgi-Apparates finden sich Man-6-P-spezifische Rezeptoren. Sie erkennen die lysosomalen Proteine an diesem Rest und binden sie (3). Die Rezeptoren werden mithilfe von Clathrin lokal konzentriert. Das erlaubt ein Abschnüren des betreffenden Membranabschnittes und den Transport mithilfe von Transportvesikeln zu Endolysosomen (4), aus denen durch Reifung primäre Lysosomen entstehen (5). Schließlich werden die Phosphat-Gruppen von Man-6-P wieder abgespalten (6). Durch Absinken des pH-Wertes in den Endolysosomen werden die Man-6-P-Rezeptoren von den gebundenen Proteinen befreit (7) und mithilfe von Transportvesikeln zurück zum Golgi-Apparat transportiert (8). ▶ Weitere Informationen. Eine Reihe erblicher Krankheiten beruht auf genetischen Defekten lysosomaler Enzyme, es sind die „lysosomalen Speicherkrankheiten“. Sie betreffen besonders den Abbau von Glycogen (S. 152) (→ Glycogenosen), Lipiden (→ Lipidosen) und Proteoglycanen (→ Mucopolysaccharidosen). Bei diesen Krankheiten häufen sich nichtumgesetzte Makromoleküle oder Abbauprodukte in den Lysosomen an und führen mit der Zeit zu irreversiblen Zellschädigungen. In schweren Fällen kommt es zu einem Ausfall der betroffenen Organe. Typische lysosomale Speicherkrankheiten sind Morbus Gaucher (S. 168) (betroffen: Abbau von Glucocerebrosiden), Tay-Sachs-Syndrom (S. 52) (betroffen: Abbau von Gangliosiden) und Morbus Pompe (S. 153) (betroffen: Abbau von Glykogen).

4 Zellorganellen

4.5 Vesikel

Abb. 4.13 Lysosomen

229

4.5 Vesikel Peroxisomen Peroxisomen sind cytoplasmatische Organellen mit ähnlicher Größe (0,2–0,5 μm) wie Lysosomen. Sie kommen in allen Zellen vor. Leberzellen enthalten etwa 400 Peroxisomen, was ca. 1 % des Zellvolumens ausmacht. Peroxisomen sind von einer einfachen Membran umgeben und enthalten weder DNA noch Ribosomen. Sie entstehen am Endoplasmatischen Retikulum und können sich teilen.

Peroxisomen enthalten Oxidasen [1], die Sauerstoff zu Wasserstoffperoxid reduzieren und dabei verschiedene Substrate oxidieren können. Einige peroxisomale Enzyme nutzen das Wasserstoffperoxid zur Oxidation von Substraten (H2O2 + SH2 → 2 H2O + S), Katalase [2] kann es auch zu Wasser und Sauerstoff zerlegen (2 H2O2 → 2 H2O + O2). Ein Beispiel für die Rolle der Peroxisomen im oxidativen Stoffwechsel ist der Abbau von Ethanol (S. 340) zu Ethanal durch Katalase. Auch Methanol, Formaldehyd, Ameisensäure und Nitrit werden von den Peroxisomen oxidiert und entgiftet. Die gezeigte Katalase ist ein tetrameres Enzym. Zwei der vier Hämgruppen mit einem Eisenatom im Zentrum sind sichtbar.

In Peroxisomen kommt eine alternative Form der mitochondrialen β-Oxidation (S. 156) vor. Der peroxisomale Prozess dient der Verkürzung sehr langkettiger Fettsäuren (> C18) und nicht der Energiegewinnung. Denn in den Peroxisomen werden beim ersten Dehydrierungsschritt der β-Oxidation die Reduktionsäquivalente direkt auf Sauerstoff übertragen. Es entsteht dabei Wasserstoffperoxid, das durch die Katalase (A) entgiftet wird. Die weiteren Reaktionen der β-Oxidation in Peroxisomen ähneln denen in Mitochondrien, auch wenn sich die Enzyme wesentlich unterscheiden. Die Verkürzung der überlangen Fettsäuren um Acetyl-Einheiten bleibt bei einer Länge von C4–C6 stehen. Diese kurzkettigen Fettsäuren werden als Carnitin-Derivate ebenso wie die gebildeten Acetyl-Gruppen in die Mitochondrien transferiert und dort weiter abgebaut. Methylverzweigte Fettsäuren, häufig Derivate von Isoprenoiden, werden durch α-Oxidation um C1 verkürzt (S. 158), damit sie dann durch peroxisomale β-Oxidation weiter abgebaut werden können. Produkte mit einer Länge von etwa C8 werden dann ebenfalls in die Mitochondrien transferiert.

B. Aufgaben

D. Peroxisomale Krankheiten

Peroxisomen sind am oxidativen Abbau von sehr verschiedenen Lipid-Metaboliten und einigen Aminosäuren beteiligt. Dazu nutzen sie molekularen Sauerstoff, der dabei zu toxischem Wasserstoffperoxid (H2O2) reduziert wird. Wichtige Aufgaben der Peroxisomen sind die Verkürzung überlanger (> C18) und methylverzweigter Fettsäuren (S. 158), die Umwandlung von Cholesterol in Gallensäuren (S. 334) und die Synthese von Plasmalogenen (Etherphospholipide) (S. 50). Weitere Aufgaben der Peroxisomen sind die Entgiftung von Glyoxylat durch Umwandlung in Glycin mithilfe einer Glyoxylat-Aminotransferase, der Abbau von neutralen und basischen D-Aminosäuren durch H2O2-bildende D-Aminosäure-Oxidasen, die Hydrolyse von lipophilen Epoxiden und die oxidative Entsorgung von acetyliertem Spermin und Spermidin.

Diese betreffen entweder Schritte der peroxisomalen Biogenese oder einzelne mutierte Enzyme des Peroxisomenstoffwechsels. Das Zellweger-Syndrom ist eine sehr seltene, schwere Erbkrankheit, die durch Defekte der Peroxisomen-Entstehung verursacht wird. Durch das Fehlen von Peroxisomen werden besonders Leber und Gehirn geschädigt. Die Adrenoleukodystrophie geht auf eine Verminderung von ABC-Transportern (S. 342) in der Membran der Peroxisomen zurück. Für die Krankheit ist der Anstieg von überlangen Fettsäuren im Plasma charakteristisch. Das Refsum-Syndrom beruht auf einem Defekt der Phytanoyl-CoA-Hydroxylase, die den ersten Schritt der α-Oxidation von Phytansäure katalysiert. Diese kann dann nicht mehr abgebaut werden (S. 158).

A. Oxidativer Stoffwechsel

4 Zellorganellen

C. Abbau überlanger und methylverzeigter Fettsäuren

23

4 Zellorganellen

4.5 Vesikel

Abb. 4.14 Peroxisomen (A. Quelle PDB-Code: 1DGB)

231

4.6 Cytoskelett Komponenten Das Cytoplasma eukaryotischer Zellen ist von einem dreidimensionalen Gerüstsystem aus Filamenten (Fasern) durchzogen. Dieses Cytoskelett dient dazu, die Form der Zellen aufrechtzuerhalten, die Position der Organellen zu fixieren, Moleküle und Aggregate in der Zelle zu transportieren und die Zelle zu bewegen. Man teilt die Filamente nach ihrem Durchmesser in drei Gruppen ein: die dünnen Mikrofilamente (7–9 nm), die Intermediärfilamente (10–12 nm; IF) und die dicken Mikrotubuli (ca. 25 nm). Alle Filamente sind Polymere aus typischen Proteinbausteinen. Sie sind mit weiteren Proteinen assoziiert.

4 Zellorganellen

A. Actin Actin, das häufigste Protein in eukaryotischen Zellen, ist der Proteinbaustein der Mikrofilamente (Actinfilamente). Actin kommt als monomolekulares globuläres G-Actin und als polymeres filamentöses F-Actin vor. G-Actin ist ein relativ kleines, asymmetrisches Protein (42 kDa). Es kann reversibel zu dem helikalen F-Actin polymerisieren. Dieser Vorgang wird durch ATP gefördert, denn G-Actin trägt ein ATP-Molekül, das im F-Actin langsam zu ADP hydrolysiert wird. Diese ATPase-Aktivität verleiht dem Actin Enzymeigenschaften. Da sich einzelne G-Actin-Moleküle immer in derselben Richtung aneinander lagern, zeigt auch das F-Actin Polarität. Es hat zwei Enden, an denen die Polymerisation unterschiedlich schnell abläuft. Sind die Enden nicht – wie in Muskelzellen – durch besondere Proteine stabilisiert, wächst das (+)-Ende des F-Actins bei einer kritischen Konzentration des G-Actins ständig, während das (–)-Ende gleichzeitig zerfällt („treadmilling“). Mit Pilzgiften kann man diese Teilprozesse blockieren. Phalloidin, ein Gift des Knollenblätterpilzes, hemmt durch Bindung an das (–)-Ende den Zerfall. Dagegen blockieren Cytochalasine durch Bindung an das ( + )-Ende die Polymerisation. Actin-assoziierte Proteine. Im Cytoplasma findet man mehr als 50 verschiedene Proteine, die spezifisch an G- und F-Actin binden. Die Anlagerung an Actin erfüllt vielfältige Aufgaben: Sie kann der Kontrolle des Pools von GActin dienen (Beispiel: Profilin), die Polymerisationsgeschwindigkeit des G-Actins beein-

23

flussen (Villin), die Kettenenden von F-Actin stabilisieren (Fragin, β-Actinin), die Filamente untereinander oder mit anderen Zellkomponenten verbinden (Villin, α-Actinin, Spectrin) oder die Helix-Struktur von F-Actin zerstören (Gelsolin). Diese Proteine werden durch Protein-Kinasen (S. 426) gesteuert.

B. Intermediärfilament-Proteine Die Proteine der Intermediärfilamente (IF), Mitglieder von fünf Proteinfamilien, werden gewebsspezifisch exprimiert. Typische Vertreter sind die Cytokeratine, das Desmin, Vimentin, saures fibrilläres Gliaprotein (GFAP), Neurofilament und die Kernlamine. Diese IF-Proteine haben im Mittelteil eine stabähnliche Grundstruktur, die als Superhelix (S. 68) („coiled-coil“) bezeichnet wird. Als Dimere lagern sie sich in antiparalleler Weise zu Tetrameren zusammen und durch eine gestaffelte Kopf-anKopf-Anordnung werden daraus Protofilamente. Acht Protofilamente bilden ein IF. Im Gegensatz zu den Mikrofilamenten und den Mikrotubuli kommen Proteinmonomere von IF im Cytoplasma kaum vor. Ihre Polymerisation führt zu stabilen Filamenten, die keine Polarität besitzen. Die Bildung der IF wird durch Phosphorylierung/Dephosphorylierung kontrolliert.

C. Tubuline Grundbausteine der röhrenförmigen Mikrotubuli sind α- und β-Tubulin, zwei globuläre Proteine (53 und 55 kDa). Sie assoziieren zu α,β-Heterodimeren, die zu linearen Protofilamenten polymerisieren und einen ringförmigen Komplex bilden. Dieser wächst durch weitere Polymerisation zu einer langen Röhre aus. Pro Windung sind 13 Tubulin-Dimere nötig. Wie die Mikrofilamente sind die Mikrotubuli polare, dynamische Strukturen mit einem ( + )- und einem (–)-Ende. Das (–)-Ende ist meist durch Bindung an das Centrosom stabilisiert. Das ( + )-Ende zeigt dynamische Instabilität. Es kann entweder langsam wachsen oder schnell kürzer werden. Dabei spielt GTP eine Rolle, welches von den Tubulinen gebunden und zu GDP hydrolysiert wird. Mikrotubuli-assoziierte Proteine (MAPs) kontrollieren ihre Struktur und Funktion.

4 Zellorganellen

4.6 Cytoskelett

Abb. 4.15 Cytoskelett: Komponenten

233

4 Zellorganellen

4.6 Cytoskelett Struktur und Funktionen

B. Mikrotubuli

Das Cytoskelett (S. 232) mit seinen assoziierten Proteinen erfüllt drei wesentliche Aufgaben: ● Es stellt das mechanische Gerüst der Zelle dar, das ihr die typische Gestalt verleiht und Membranen und Organellen miteinander verbindet. Das Gerüst hat dynamische Eigenschaften; es wird ständig auf- und abgebaut, um den Anforderungen und veränderlichen Lebensbedingungen der Zelle zu genügen. ● Es ist der Motor für die Bewegung tierischer Zellen. Nicht nur Muskelzellen (S. 354), sondern auch Zellen nichtkontraktiler Gewebe enthalten verschiedene Motorproteine (S. 236), mit deren Hilfe sie sich koordiniert und gerichtet bewegen können. Zellwanderung, Formänderungen beim Wachstum, Plasmaströmungen und die Zellteilung werden von Komponenten des Cytoskeletts ermöglicht. ● Es dient als Schiene für den Transport innerhalb der Zelle. Organellen und andere große Proteinkomplexe können mithilfe der Motorproteine an Filamenten entlangwandern (S. 236).

Gezeigt werden hier die Mikrotubuli einer Zelle. Sie weisen radial von einem zellkernnahen Zentrum, dem Centrosom, aus in alle Richtungen der Zelle. Ständig werden die röhrenförmigen Mikrotubuli an ihrem ( + )-Ende auf- und abgebaut. Das (–)-Ende in der Centriole ist durch Mikrotubuli-assoziierte Proteine (MAP) blockiert (S. 232). Auch das ( + )-Ende kann durch assoziierte Proteine stabilisiert werden, z. B. wenn die Mikrotubuli die Cytoplasmamembran erreicht haben. Die Mikrotubuli sind an der Ausbildung der Zellgestalt beteiligt und dienen als Leitschienen für den Transport von Organellen. Im Zusammenwirken mit den MAPs Dynein und Kinesin können Mikrotubuli mechanische Arbeit leisten (S. 236), z. B. beim Transport der Mitochondrien, beim Bewegen von Cilien (haarähnliche Zellausstülpungen im Lungen-, Darmepithel und Oviduct) und der Flagellen von Spermien. Eine besondere Rolle spielen die Mikrotubuli auch in der Mitosephase der Zellteilung. In Nervenzellen bilden sie das Schienensystem der Axone, an denen der anterograde Transport in die Peripherie zu den Synapsen und der retrograde Transport zurück zum Zellkern stattfinden.

A. Mikrofilamente und Intermediärfilamente Als Beispiel für die Struktur und Funktion der Cytoskelettkomponenten ist schematisch ein Ausschnitt einer Darmepithelzelle mit ihren Mikrovilli gezeigt. Mikrofilamente aus F-Actin durchziehen in geordneten Bündeln die Mikrovilli. Sie sind untereinander durch Actin-assoziierte Proteine (S. 232) verknüpft, insbesondere durch Fimbrin und Villin. Calmodulin und eine Myosin-ähnliche ATPase verbinden die Mikrofilamente seitlich mit der Plasmamembran. Fodrin, ein weiteres Mikrofilament-assoziiertes Protein, verankert die Actin-Fasern an der Basis miteinander, sowie mit der Cytoplasma-Membran und einem Netz aus Intermediärfilamenten. In diesem Beispiel haben die Mikrofilamente eine überwiegend statische Funktion. In anderen Fällen ist Actin an dynamischen Prozessen beteiligt. Dazu gehören die Muskelkontraktion (S. 354), die Zellwanderung, die Phagocytose durch Immunzellen, die Bildung von Mikrospikes und Lamellipodien (Zellausläufer), sowie der akrosomale Prozess bei der Verschmelzung des Spermiums mit der Eizelle.

23

C. Architektur Die komplexe Struktur und netzartige Dichte des Cytoskeletts soll an einer menschlichen Leberzelle verdeutlicht werden, in der die drei typischen Cytoskelett-Komponenten mithilfe von fluoreszierenden Reagenzien sichtbar gemacht wurden: 1. Die aus F-Actin bestehenden Mikrofilamente fluoreszieren blau, 2. die von α- und β- Tubulin gebildeten Mikrotubuli grün und 3. die Intermediärfilamente rot 4. Beim Übereinanderlegen der Bilder sieht man besonders deutlich die unterschiedliche Verteilung der Cytoskelett-Komponenten. Die Mikrotubuli ziehen mehrheitlich von einem zentralen Zentrum ([–]-Ende) in der Nähe des Zellkerns (dunkles Zentrum) zur Peripherie ([ + ]-Ende).

4 Zellorganellen

4.6 Cytoskelett

Abb. 4.16 Cytoskelett: Struktur und Funktionen (C: aus Omary MB, Nam-On K, Guo-Zhong T et al. Heads and tails of intermediate filament phosphorylation: multiple sites and functional insights. Trends Biochem. Sci. 2006; 31: 383‑394)

235

4 Zellorganellen

4.6 Cytoskelett Motorproteine

B. Kinesine

Molekulare Motoren („Nanomotoren“) sind Proteine, die chemische Energie in mechanische Arbeit umsetzen. Als Energie wird die Hydrolyseenergie chemischer Bindungen von Nucleosidtriphosphaten oder die Energie elektrochemischer Gradienten genutzt, um mechanische Arbeit in Form von Konformationsänderungen der Motorproteine zu leisten. Als molekulare Motoren sind neben rotierenden Proteinen, wie in der ATP-Synthase (S. 132), eine ganze Reihe von Enzymsystemen bekannt, die chemische Energie in lineare Arbeit umsetzen, z. B. ribosomale Elongationsfaktoren und RNA- und DNA-manipulierende Enzyme wie RNA- und DNA-Polymerase (S. 248). Im Cytoskelett kommen als Motorproteine Myosine, Kinesine und Dyneine vor (s. u.). Nur diese drei Proteinfamilien werden im engeren Sinn als „molekulare Motoren“ bezeichnet, weil sie für die Muskelkontraktion und Cilienbewegung verantwortlich sind oder Fracht (Cargo) transportieren. Dabei nutzen sie die Energie, die bei der Hydrolyse von ATP frei wird, um sich mithilfe von Konformationsänderungen an Filamenten des Cytoskeletts entlang zu bewegen. Diese Transportprozesse der Motorproteine des Cytoskeletts spielen eine Rolle für die Muskelkontraktion, die Zellteilung, den intrazellulären Transport von Cargo, d. h. von Organellen oder anderen Zellbestandteilen, für die Endound Exocytose und weitere Prozesse.

Kinesine, deren viele Vertreter man in 14 Klassen einteilt, ähneln in der Struktur den Myosinen. Sie bestehen aus zwei schweren und zwei leichten Ketten. Im globulären Kopf der beiden schweren Ketten kann ATP gebunden werden. Die zu transportierende Fracht wird am anderen Ende der Kinesine mithilfe der leichten Ketten gebunden. Kinesine arbeiten als einzelne Moleküle. Sie transportieren ihre Fracht entlang der Mikrotubuli, meistens anterograd in Richtung auf das ( + )-Ende: Vesikel, Organellen, Teile des mitotischen Apparates, Chromosomen, mRNA, Proteine und andere Zellbestandteile.

A. Myosine Der klassische Motor des Cytoskeletts ist das Myosin (S. 354) der Muskelfasern. Seine Polymere besorgen die Muskelkontraktion in Gemeinschaftsarbeit als dickes Myosinfilament durch Interaktion mit dünnen Actinfilamenten (Mikrofilamenten). Die anderen mehr als 40 unkonventionellen Myosine kommen auch in Nichtmuskelzellen vor. Sie transportieren als einzelne Motorproteine eine Fracht entlang von Actin-Filamenten. Gezeigt wird ein Myosin vom Typ V. Es besteht aus zwei schweren und zwei leichten Ketten. Beteiligt sind die unkonventionellen Myosine an der Zellmotilität, der Endocytose, dem Vesikeltransport und der Cytokinese.

23

C. Dyneine Dyneine kommen in zwei Typen vor: 1. in Axonemata von Zellen, die mithilfe von Flagellen und Cilien Bewegung erzeugen (z. B. Lungenepithel, Spermatozooen), und 2. im Cytoplasma. Dyneine sind komplexer aufgebaut als Kinesine und Myosine. Sie bestehen aus etwa zwölf Polypeptiden (total 1,5 MDa). Ihre beiden schweren Ketten enthalten einen planaren Ring, der von sieben Modulen gebildet wird. Die ATP-Bindung und -Spaltung in diesem Bereich führt zu einer Bewegung an den Mikrotubuli. Die ATPase zeigt ein sog. AAA-Motiv (ATPase assoziiert mit verschiedenen zellulären Aktivitäten). Der Umfang der Dynein-Bewegung ist lastabhängig und wird von Dynactin sowie vielen anderen Proteinen kontrolliert. Dyneine sind für den retrograden Transport von Zellbestandteilen von der Zellmembran in Richtung des Mikrotubuli-organisierenden Zentrums (MTOC) zuständig.

D. Wanderung von Kinesin und Dynein an Mikrotubuli Die Abbildung zeigt die beiden Motorproteine Kinesin und Dynein, wie sie Cargo entlang eines Mikrotubulus transportieren, Kinesin in Richtung auf das ( + )-Ende zur Peripherie der Zelle, Dynein zum (–)-Ende in das Zentrum. Die Wanderung ist ATP-getrieben. Kinesine wandern in einem Hand-überHand-mechanismus an den Mikrotubuli entlang (unten). Für jeden Schritt von 8 nm wird ein Molekül ATP zu ADP hydrolysiert. Die cytoplasmatischen Dyneine haben eine lastabhängige Schrittlänge zwischen 8 und 32 nm. Sie hydrolysieren dafür ein Molekül ATP.

4 Zellorganellen

4.6 Cytoskelett

Abb. 4.17 Motorproteine

237

Kapitel 5

5.1

Molekulare Genetik 5.2

Codierung und Expression der genetischen Information

240

Gentechnik

268

5

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information Übersicht Die Molekulare Genetik („Molekularbiologie“) beschäftigt sich mit der Biochemie der Vorgänge, die an der Speicherung, Weitergabe und Expression der genetischen Information beteiligt sind.

5 Molekulare Genetik

A. „Zentrales Dogma“ der Molekularbiologie Erst nachdem die klassische Genetik die Gesetzmäßigkeiten der Vererbung von Eigenschaften („Phänen“) im Prinzip geklärt hatte, erkannte man in den 1950er und 1960er Jahren, welche Rolle Nucleinsäuren und Proteine dabei spielen. Es wurde klar, dass Gene (S. 242) DNA-Abschnitte sind, die in verschlüsselter („codierter“) Form Informationen für den Aufbau von Proteinen oder RNAs enthalten. Das 1958 formulierte „zentrale Dogma“ der Molekularbiologie beschreibt den Informationsfluss bei der Expression der Erbinformation (DNA → RNA → Protein).

B. Expression der genetischen Information Entscheidend für die meisten molekularbiologischen Prozesse ist die Fähigkeit von Nucleinsäuren, spezifische Basenpaarungen (S. 78) miteinander einzugehen. ▶ Speicherung. Die genetische Information aller Zellen ist in der Basensequenz ihrer DNA niedergelegt. RNA als genetisches Material kommt nur in Viren (S. 472) vor. Die meisten Gene codieren für Proteine, d. h. sie enthalten die Information für die Reihenfolge der Aminosäure-Reste eines Proteins (seine Sequenz). Jeder Aminosäure-Rest wird in der DNA durch ein Codewort (Codon) aus drei aufeinander folgenden Basenpaaren (ein Triplett) dargestellt. Auf DNA-Ebene gibt man Codons als Sequenz des Sinn-Strangs (S. 78) gelesen in 5’→3’-Richtung an. So lautet z. B. eines der DNA-Codons (S. 258) für die Aminosäure Phenylalanin TTC (2). ▶ Replikation. Bei der Zellteilung muss die gesamte Information an die Tochterzellen weitergegeben werden. Dazu wird in der S-Phase des Zellzyklus (S. 460) die DNA durch Replikation vollständig kopiert. Jeder Strang dient dabei als Matrize für die Synthese (S. 250) eines komplementären zweiten Stranges (1).

24

▶ Transkription. Zur Expression der genetischen Information muss eine DNA-Sequenz in eine Proteinsequenz umgesetzt werden. Da die DNA nicht selbst an der Proteinsynthese teilnimmt, muss die Information vom Kern zum Ort der Synthese im Cytoplasma übertragen werden. Hierzu wird der Matrizen-Strang im relevanten Teil des Gens in eine hnRNA (engl. heterogeneous nuclear RNA) umgeschrieben (transkribiert). Die Sequenz dieser RNA ist also zu der des Matrizen-Strangs komplementär (3) aber – abgesehen vom Austausch von Thymin gegen Uracil – mit der des Sinn-Strangs identisch. So entsteht aus dem DNA-Triplett TTC in der hnRNA das RNA-Codon UUC. ▶ RNA-Reifung. In Eukaryonten wird die gebildete hnRNA zunächst mehrfach modifiziert, bevor sie als Messenger-RNA (mRNA, 4) den Zellkern verlassen kann. Bei der Reifung der RNA werden überflüssige Sequenzen (Introns) aus dem Molekül entfernt und beide Enden des Transkripts durch Anfügen zusätzlicher Nucleotide modifiziert (S. 256). ▶ Translation. Die reife mRNA gelangt ins Cytoplasma und bindet dort an Ribosomen, die die RNA-Information (S. 76) in eine Peptidsequenz umsetzen. Ribosomen (S. 260) bestehen aus über 100 Proteinen und mehreren rRNAMolekülen (ribosomalen RNAs). Die rRNA spielt eine Rolle als Strukturelement und ist auch an der Bindung der mRNA an das Ribosom und als Ribozym an der Knüpfung der Peptid-Bindung beteiligt. Die eigentliche Informationsübertragung beruht auf der Wechselwirkung der mRNACodons mit einer weiteren Art von RNA, der Transfer-RNA (tRNA) (S. 76). tRNAs präsentieren das zum jeweiligen mRNA-Codon komplementäre Triplett, das sogenannte Anticodon (im Beispiel GAA). Erscheint auf der mRNA das Codon UUC, bindet das Anticodon der Phe-tRNAPhe an die mRNA (5) und bringt so den am 3‘-Ende gebundenen Phenylalanin-Rest in eine Position, in der er die wachsende PolypeptidKette von der benachbarten tRNA übernehmen kann (6). ▶ Aminosäureaktivierung. Vor ihrer Bindung an die Ribosomen werden tRNAs durch spezifische Ligasen mit den richtigen Aminosäuren (S. 258) beladen (7). Die Aminosäure-tRNA-Ligasen sind es, die die Übertragung (Translation) der genetischen Information von der Nucleinsäure-Ebene auf die Protein-Ebene besorgen.

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

241

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information Gene und Genome

C. Genome

Gene sind DNA-Abschnitte, die Informationen zur Synthese einer RNA tragen. Zusätzlich zu den codierenden Bereichen enthalten Gene in der Regel auch Abschnitte, die der Regulation dienen (z. B. den Promoter-Bereich, s. u.), sowie bei Eukaryonten „intervenierende“ Sequenzen (Introns) ohne direkten Informationsgehalt (B). Die gesamte DNA eines Organismus wird als Genom bezeichnet (C).

Enorme Fortschritte bei der DNA-Sequenzierung (S. 270) haben die Möglichkeit geschaffen, die Nucleotidsequenz ganzer Genome zu bestimmen. Inzwischen sind Tausende von Genomen vollständig sequenziert, darunter auch die vieler Menschen. Die vergleichende Analyse dieser Daten brachte unerwartete Ergebnisse. So ist die Gesamtzahl der Gene (linke Achse, rot) des Menschen oder der Maus mit etwa 20 000 nur etwa 3-mal so groß wie die der Hefe und selbst Bakteriengenome können bis zu 6000 Gene enthalten. Pflanzen wie der Reis haben in der Regel einen komplexeren Stoffwechsel als die Tiere und benötigen deshalb eine entsprechend größere Zahl an Genen. Der Einschub („Mausgenom“) zeigt den intakten Zellkern einer Maus, in dem die Chromosomen unterschiedlich angefärbt wurden. Auch was die Genomgröße angeht (rechte Achse, blau), ist das menschliche Genom im Vergleich zu dem anderer Säugetiere unauffällig. Das haploide Genom des Menschen enthält etwa 3,5 · 109 bp (d. h. 3500 Megabasenpaare, Mbp). Sie verteilen sich auf 23 Chromosomen: 22 Autosomen und ein Gonosom (X und/oder Y). Jedes Chromosom (S. 245) besteht aus einem einzigen DNA-Molekül von 50 bis 250 Mbp und assoziierten Proteinen. Körperzellen enthalten zwei Sätze dieser Chromosomen: Sie sind diploid. Nur etwa ein Viertel des menschlichen Genoms entfällt auf echte Gene, Pseudogene und genähnliche Sequenzen (darunter etwa 20 000 für Proteine codierende Gene, 22 000 nicht-codierende Gene, z. B. Gene für ncRNAs (S. 76) und 15 000 Pseudogene). Für Proteine codierende DNA-Abschnitte (Exons, B) machen nur 1–2 % des Genoms aus. Regulatorische Sequenzen belegen 20–40 %, während etwa die Hälfte von repetitiven (wiederholten) Sequenzen, z. B. STR (S. 272), Introns (B) und mobilen Elementen (Transposons) eingenommen wird. Die Funktion vieler nichtkodierender DNA-Abschnitte ist noch unklar. Die Gesamtzahl der Proteine, die der Mensch synthetisieren kann (das Proteom) ist weit höher ist als die Zahl der Gene im Genom, da durch alternatives Spleißen (S. 256) ein Gen für mehrere verschiedene Proteine codieren kann. In dieser Hinsicht ist das „zentrale Dogma“ der Molekularbiologie (S. 240) nicht streng gültig.

5 Molekulare Genetik

A. Genstruktur bei Prokaryonten Mikroorganismen besitzen bei geringer Genomgröße relativ viele Gene (C). Bakterielle Gene enthalten keine Introns und werden oft gruppenweise reguliert. Ein Operon ist ein DNA-Abschnitt, in dem mehrere funktionell verwandte Gene hinter einem gemeinsamen Promoter angeordnet sind. Wird das Operon transkribiert, entstehen gleichzeitig mehrere mRNAs.

B. Genstruktur bei Eukaryonten Das Gen des Gluconeogenese-Enzyms Phosphoenolpyruvat-Carboxykinase (PEP-CK) (S. 144) ist typisch für ein eukaryotisches Gen. Das PEP-CK-Gen der Ratte hat eine Länge von fast 7000 bp (Basenpaaren). Allerdings tragen nur 1863 bp, verteilt auf 10 codierende Abschnitte (Exons, dunkelblau), die Information für die 621 Aminosäuren des Proteins. Der Rest entfällt auf den Promoter (rosa) und Introns (hellblau). Die Promoter-Region des Gens (etwa 1000 bp) dient der Regulation (S. 254). Die Transkription (S. 252) beginnt am 3’-Ende des Promoters („Transkriptionsstart“) und setzt sich fort bis die sog. Polyadenylierungssequenz überschritten ist. Das Primärtranskript des PEP-CK-Gens (hnRNA) hat eine Länge von etwa 6200 bp. An beiden Enden enthält es noch Sequenzen, die nicht translatiert werden (engl. untranslated regions, UTR). Bei der RNA-Reifung (S. 256) werden die UTR sowie die den Introns entsprechenden, nicht kodierenden Abschnitte entfernt, außerdem werden beide Enden modifiziert. Die translatierbare reife mRNA hat nur noch die halbe Länge der hnRNA. Bei vielen eukaryotischen Genen ist der Anteil der Introns noch höher. So hat das Gen für die Dihydrofolat-Reduktase (S. 470) eine Länge von über 30 000 bp. Die Information ist auf 6 Exons verteilt, die zusammen nur etwa 6000 bp lang sind. Mit 2,2 Mbp ist das DMD-Gen eines der längsten im menschlichen Genom. Es codiert für das Muskelprotein Dystrophin.

24

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.2 Gene und Genome (C. aus Stevens TJ, Lando D, Basu S et al. 3D structures of individual mammalian genomes studied by single-cell Hi-C. Nature 2017; 544 : 59–64)

243

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information Chromatin

5 Molekulare Genetik

A. Zusammensetzung Im Zellkern von Eukaryonten (S. 224) liegt die DNA in Form von Chromatin vor. Dabei handelt es sich um Nucleoproteinkomplexe mit einem DNA-Anteil von etwa ⅓. Nur während der Mitose (S. 460) kondensiert das Chromatin zu lichtmikroskopisch sichtbaren Chromosomen, während es in der Interphase des Zellzyklus weitgehend aufgelockert ist. Morphologisch kann man dann dicht gepacktes Heterochromatin und weniger dichtes Euchromatin unterscheiden. Das Euchromatin ist der Ort aktiver Transkription (B). Die Proteine des Chromatins teilt man in Histone und Nichthiston-Proteine ein. Die Histone sind kleine, stark basische Proteine, die direkt mit der DNA assoziiert sind. Sie tragen zur strukturellen Organisation des Chromatins bei und neutralisieren durch ihre basischen Aminosäuren die negativ geladenen PhosphatGruppen der DNA. Dies ergibt eine extrem dichte Packung der DNA im Zellkern, die es möglich macht, die 46 DNA-Moleküle des diploiden Genoms mit einer Gesamtlänge von etwa 2 m in einem Zellkern von 10 μm Durchmesser unterzubringen. Die Aminosäuresequenz der Histone hat sich im Laufe der Evolution kaum verändert. So unterscheiden sich z. B. die H4-Histone von Mensch und Weizen nur in einem einzigen Aminosäurerest. Je zwei Histonmoleküle der Typen H2A (blau), H2B (grün), H3 (gelb) und H4 (rot) bilden einen oktameren Komplex, um den 146 bp DNA in 1,8 Windungen gewickelt sind. Diese Partikel mit einem Durchmesser von 7 nm bezeichnet man als Nucleosomen. An DNA-Abschnitte, die mit den Histon-Oktameren nicht direkt in Kontakt stehen („Linker“-DNA), bindet ein weiteres Histon (H1). Es bedeckt etwa 20 bp und unterstützt dadurch die Ausbildung spiralig gewundener Überstrukturen mit einem Durchmesser von 30 nm, sogenannter Solenoide. Wenn sich während der Mitose das Chromatin zu Chromosomen kondensiert, bilden die Solenoide Schleifen von 200 nm Länge, die schon etwa 80 000 bp enthalten. Die Schleifen sind an ein Gerüst aus Proteinen (Kerngerüst) gebunden, das wiederum etwa 20 Schleifen zu sog. Minibanden organisiert. Eine große Zahl gestapelter Minibanden ergibt schließlich ein Chromosom.

24

Die Nichthiston-Proteine sind sehr heterogen. Zu dieser Gruppe gehören Strukturproteine des Zellkerns, sowie viele Transkriptionsfaktoren (S. 254) und andere Proteine die an bestimmte DNA-Abschnitte binden und die Genexpression und andere Vorgänge steuern.

B. Heterochromatin und Euchromatin Die DNA im Zellkern tritt in zwei Formen auf, die sich elektronenmikroskopisch deutlich unterscheiden: Heterochromatin erscheint in Form kleiner kompakter, gut anfärbbarer Partikel, sogenannter Chromozentren, die im ganzen Kern verteilt oder mit der Kernhülle assoziiert sind. Dagegen ist Euchromatin schlecht anfärbbar und erscheint weitgehend strukturlos. Heterochromatin ist besonders häufig in Zellen, die transkriptionell wenig aktiv sind, während Zellen mit einem hohen Anteil an transkribierbaren Genen und aktiver Proteinsynthese deutlich mehr Euchromatin enthalten. Beim Heterochromatin kann man konstitutive und fakultative Formen unterscheiden. Konstitutives Heterochromatin enthält besonders viele repetitive Sequenzen und scheint auch strukturelle Funktionen zu haben. Dagegen kann im fakultativen Heterochromatin nach lokaler Auflockerung und Umbau auch Transkription stattfinden. Der Chromatinumbau beruht vor allem auf kovalenten Modifizierungen der Nucleosomen. Die Histone im Oktamer tragen N-terminal bewegliche „Schwänze“ aus etwa 20 Aminosäureresten, die aus den Nucleosomen herausragen (A, nur zwei der 8 Schwänze sind in voller Länge dargestellt). Sie sind besonders reich an basischen, positiv geladenen Aminosäureresten (Lysin und Arginin) die an Phosphatgruppen der DNA binden und so die Nucleosomen stabilisieren. Die kovalenten Modifizierungen, die am Chromatinumbau beteiligt sind, werden bei den Chromatinmodifizierungen (S. 246) besprochen. Besonders wichtig sind die Acetylierung von Lysinresten der Histone 3 und 4 sowie die Methylierung von Cytosinresten der DNA. Im Heterochromatin ist die DNA hypermethyliert und damit weitgehend inaktiv, während die Histone gering acetyliert und damit fest an die DNA gebunden sind. Im aufgelockerten Euchromatin findet man das umgekehrte Modifizierungsmuster.

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.3 Chromatin (Quelle: A. PDB: 1AOI. B. nach Plattner H, Hentschel J, Hrsg. Zellbiologie, Thieme; 2017)

245

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

5 Molekulare Genetik

Epigenetik Während der Embryogenese entsteht aus einer einzigen Zelle, der Zygote, ein Organismus aus mehr als 200 Zellarten, die alle dasselbe Genom besitzen aber strukturell und funktionell verschieden sind. Grundlage der zellulären Individualität ist das Epigenom (epi – griech: auf), eine dem Genom übergeordnete Informationsebene, auf der festlegt ist, welche Gene die Zelle nutzt und welche dauerhaft abgeschaltet bleiben. Das Epigenom bildet sich während der Zelldifferenzierung schrittweise heraus und wird von ausdifferenzierten Zellen bei jeder Mitose an die Tochterzellen weitergegeben. Epigenome sind nicht unveränderlich, sondern unterliegen Umwelteinflüssen. Im Labor lassen sich Epigenome mittlerweile gezielt umprogrammieren, was neue Möglichkeiten für die medizinische Therapie eröffnet (B).

A. Chromatinmodifizierungen Die chemische Basis des Epigenoms sind kovalente Modifizierungen des Chromatins, an die Proteine und miRNAs (S. 76) binden, um die Chromatinstruktur und damit die Gen-Transkription zu regulieren. Modifiziert werden vor allem Histone (S. 244) und Cytosinreste in der DNA. Die wichtigsten Histonmodifizierungen sind die Acetylierung von Lysinresten in den N-terminalen „Schwänzen“ der Histone (S. 244) durch Histon-Acetyltransferasen (HAT, [1]) und die ein-, zwei- oder dreifache Methylierung von Lysinen durch Histon-Methyltransferasen (HMT, [3]). Diese Reaktionen lassen sich durch Histon-Deacetylasen (HDAC, [2]) bzw. HistonDemethylasen (HDM, [4]) wieder rückgängig machen. Auch die Phosphorylierung von Serinoder Threoninresten in Histonen kommt häufig vor. Die Effekte dieser Modifizierungen auf die Genaktivität sind komplex und hängen davon ab, welche Reste betroffen sind. In der Abbildung ist dies für Histon H3 exemplarisch dargestellt (rechts). Besonders wichtig sind hier die Lysinreste 4, 9 und 27, die alternativ entweder acetyliert (Ace) bzw. ein-, zwei- oder dreifach methyliert (1 m, 2 m, 3 m) vorliegen können. Während die Acetylierung von K27 und die Zwei- bzw. Dreifachmethylierung von K4 die Transkription fördern („Gen an“), hemmen zwei-oder dreifach methyliertes K4 und K27 die Transkription („Gen aus“).

24

Die 5‘-Methylierung von Cytosinresten in der DNA durch DNA-Methyltransferasen (DNMT, [5]) führt in der Regel zur Abschaltung der betroffenen Gene. Sie findet meist in sog. CpG-Inseln statt. Die Demethylierung von modifizierter DNA (6) ist ein komplizierter mehrstufiger Prozess.

B. Stammzellen Stammzellen sind wenig differenzierte Zellen, die noch nicht auf eine bestimmte Funktion festgelegt (determiniert) sind. Sie können sich durch Mitose vermehren oder durch Differenzierung stufenweise in spezialisiertere Zellarten übergehen. Je nach Differenzierungsgrad bezeichnet man sie als totipotent (diese Eigenschaft haben nur Zygoten), pluripotent oder multipotent. Pluripotent sind z. B. embryonale Stammzellen. Sie sind noch nicht auf einen bestimmten Gewebetyp geprägt. Im Gegensatz dazu sind adulte Gewebsstammzellen multipotent, d. h. sie können sich nur zu Zellen einer bestimmten Linie, z. B. zu Blutzellen, weiterentwickeln. Ausdifferenzierte somatische Zellen bilden bei der Mitose normalerweise nur Zellen derselben Art – sie sind unipotent. Bei der Bildung embryonaler Stammzellen aus Zygoten nimmt der Methylierungsgrad der DNA zunächst stark ab, um dann bei der weiteren Differenzierung wieder anzusteigen. Pluripotente Stammzellen bieten Möglichkeiten für neuartige medizinische Therapien. Allerdings ist das Arbeiten mit embryonalen Stammzellen in Deutschland verboten. Einen Ausweg bietet ein Verfahren, bei dem man durch Transduktion mit retroviralen Vektoren Gene für bestimmte Transkriptionsfaktoren in somatische Zellen einbringt und sie so in induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) umwandelt (1). Da Retroviren das Genom der Zielzelle unkontrolliert verändern können, ist dieses Vorgehen allerdings nicht unproblematisch und klinisch noch nicht einsetzbar. Auch ausdifferenzierte Zellen lassen sich im Labor umprogrammieren (Transdifferenzierung, 3). So ist es z. B. gelungen, Leberzellen in insulinproduzierende β-Zellen umzuwandeln. Eine Option für die Zukunft ist die Herstellung gewebsspezifischer induzierter multipotenter Stammzellen (iMS, 2), mit denen man Gewebsschäden gezielt behandeln könnte.

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.4 Epigenetik

247

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information Nucleinsäure-modifizierende Enzyme Enzyme, die Nucleinsäuren synthetisieren oder modifizieren, sind nicht nur im Zusammenhang mit der Speicherung und Expression der Erbinformation von Interesse. Enzyme aus dieser Gruppe sind auch unersetzliche Werkzeuge zur Sequenzierung und sequenzspezifischen Manipulation von DNA im Rahmen der sogenannten „Gentechnik“ (S. 268).

5 Molekulare Genetik

A. Enzyme im Nucleinsäurestoffwechsel Wie alle biologischen Makromoleküle werden auch Nucleinsäuren durch Hydrolyse (S. 20) abgebaut. Enzyme, die diese Reaktion katalysieren, heißen Nucleasen. Ähnlich wie beim Abbau von Peptiden oder Polysacchariden gibt es Exonucleasen und Endonucleasen. Unspezifische Endonucleasen kommen im Pankreassekret (S. 280) vor (DNasen, RNasen). Die sog. Restriktionsendonucleasen, werden in Abschnitt B genauer besprochen. Enyzme, die vom Kettenende her Nucleotide abspalten, werden je nach Abbaurichtung in 5’→3’- und 3’→5’-Exonucleasen unterteilt. Nucleinsäure-Polymerasen erzeugen komplementäre Kopien von RNA- oder DNA-Strängen. Je nach Vorlage („Matrize“) und Produkt unterscheidet man verschiedene Gruppen. Ungewöhnlich sind die sog. Reversen Transkriptasen, die RNA-Matrizen in DNA umschreiben. Neben ihrer Rolle bei der Vermehrung von RNA-Viren (S. 472) sind sie auch in der Gentechnik (S. 274) von Bedeutung. Auch Ligasen und Polynucleotid-Kinasen werden im Labor eingesetzt. Als Topoisomerasen bezeichnet man Enzyme, welche bei Replikation und Transkription die Konformation der DNA modifizieren. Bakterielle Topoisomerasen sind Angriffspunkte von Antibiotika (S. 264).

B. Restriktionsendonucleasen Bei vielen gentechnischen Verfahren müssen definierte DNA-Fragmente isoliert und mit anderen DNA-Abschnitten neu kombiniert (S. 268) werden (Klonierung). Man benützt dazu Enzyme, die DNA auch in der Zelle schneiden und wieder zusammenfügen. Besonders wichtig sind die sog. Restriktionsendonucleasen, eine große Gruppe von Enzymen, die nur in Bakterien vorkommen und DNA-Doppelstränge sequenzspezifisch spalten.

24

Restriktionsenzyme werden mit Abkürzungen benannt, die auf den Ursprungsorganismus hinweisen. So wurde das Enzym EcoRI aus dem Bakterium Escherichia coli isoliert (daher Eco). Wie die meisten Restriktionsenzyme spaltet EcoRI die DNA-Doppelstränge an einem Palindrom, d. h. einem DNA-Abschnitt, in dem Strang und Gegenstrang (jeweils in 5’→3’Richtung gelesen) dieselbe Sequenz haben, in diesem Fall 5’-GAATTC-3’. EcoRI spaltet die Phosphorsäurediester-Bindungen beider Stränge zwischen G und A. Dadurch entstehen komplementäre überhängende Enden (AATT), die durch Basenpaarung zusammengehalten werden. Man kann sie jedoch leicht trennen, z. B. durch Erwärmen. Kühlt man die Fragmente ab, hybridisieren die überhängenden Enden wieder in der richtigen Anordnung. Durch eine DNA-Ligase lassen sich die Spaltstellen wieder schließen.

C. Wirkungsweise von DNA-Polymerasen DNA-abhängige DNA-Polymerasen benötigen als Matrize eine einzelsträngige DNA. Anhand dieser Vorlage synthetisieren sie, ausgehend von einem bereits an die Matrize gebundenen kurzen RNA- oder DNA-Oligonucleotid (dem Primer), einen komplementären zweiten Strang. Substrate der DNA-Polymerasen sind die vier Desoxyribonucleosidtriphosphate dATP, dGTP, dCTP und dTTP. Bei jedem Schritt wird zunächst das zur augenblicklichen Base im Matrizen-Strang komplementäre Nucleotid durch Basenpaarung gebunden. Dann greift die 3’-OH-Gruppe des zuletzt eingebauten Bausteins im neuen Strang nucleophil den α-Phosphat-Rest des gebundenen Nucleosid-triphosphats an. Dadurch kommt es unter Austritt von Diphosphat zur Knüpfung einer neuen PhosphorsäurediesterBindung. Der beschriebene Mechanismus bringt mit sich, dass die Matrize nur in 3’→5’Richtung abgelesen werden kann, d. h. der neu synthetisierte Strang wächst immer in 5’→3’Richtung. Einen ähnlichen Mechanismus nutzen auch DNA-abhängige RNA-Polymerasen in der Transkription (S. 252). DNA- und RNAPolymerasen sind große Proteine aus zahlreichen Untereinheiten, deren Rolle zum Teil noch unklar ist.

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.5 Nucleinsäure-modifizierende Enzyme

249

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information Replikation Um die Erbinformation bei der Zellteilung an beide Tochterzellen weitergeben zu können, muss vor jeder Mitose eine vollständige Kopie des Genoms (S. 242) hergestellt werden. Dieser Vorgang, der in der S-Phase des Zellzyklus (S. 460) stattfindet, heißt Replikation (kurz für „identische Reduplikation“).

5 Molekulare Genetik

A. Replikationsgabel Die Replikation beginnt an bestimmten Stellen der DNA, den Replikationsursprüngen (Abk. „ori“, von engl. origin) und setzt sich von da in beide Richtungen fort. So entstehen zwei auseinander laufende Replikationsgabeln, in denen beide Stränge gleichzeitig repliziert werden (B). Um große tierische Genome in überschaubarer Zeit replizieren zu können, enthalten sie zahlreiche Replikationsursprünge im Abstand von 10 kbp bis einigen hundert kbp, an denen sich gleichzeitig Gabeln bilden können. Trotzdem dauert die Replikation tierischer Zellen mehrere Stunden. An der Replikation der DNA sind zahlreiche Proteine beteiligt, von denen hier nur die wichtigsten gezeigt sind. In menschlichen Zellen sind dies eine Topoisomerase (Topo I), welche verdrillte DNA entspiralisiert, eine Helicase zur Trennung der beiden DNA-Stränge, einzelstrangbindende Proteine, ein Primasekomplex (Pol α/Primase) und ein Gleitring (engl. sliding clamp oder proliferating cell nuclear antigen, PCNA). Dies ist ein ringförmiger Proteinkomplex (rot) welcher die replizierende Polymerase (Pol δ) während der Replikation auf der DNA festhält. In Tieren gibt es viele verschiedene DNA-abhängige DNA-Polymerasen (Pol) (S. 248). Im Menschen wird das Kerngenom von Pol δ (zum Teil auch von Pol ε) repliziert, Pol γ besorgt die Replikation der mitochondrialen DNA (S. 136), während Pol β für Reparaturprozesse (S. 266) zuständig ist.

B. Verlauf der Replikation Da DNA immer von 3’ nach 5’ abgelesen wird (S. 248), kann während der Replikation nur einer der beiden Stränge, der sog. Führungsstrang (engl. leading strand, violett), kontinuierlich repliziert werden. Für den Folgestrang (engl. lagging strand, hellblau) ist die Ableserichtung der Bewegungsrichtung der Replika-

25

tionsgabel entgegengesetzt (1). Würde auch dieser Strang kontinuierlich repliziert, würde sich die Gabel auflösen. Um dies zu verhindern, wird am Folgestrang der neue Strang zunächst in Stücken synthetisiert, die man nach ihren Entdeckern OkazakiFragmente nennt. Jedes dieser Fragmente beginnt an seinem 5’-Ende mit einem Primer aus etwa 10 RNA-Nucleotiden (grün), die durch die Primase-Aktivität des Pol-α/Primase-Komplexes gebildet werden und als Startsequenz für die DNA-Polymerase dienen. Der Primer wird zunächst durch Pol α und dann durch Pol δ weiter verlängert (2, orange). Nach einigen Tausend Nucleotiden bricht die Synthese ab, und ein weiteres Fragment wird begonnen. Die neu gebildeten Okazaki-Fragmente (OF) sind zunächst noch nicht miteinander verbunden und enthalten zudem am 5’-Ende noch RNA (3). In einiger Entfernung von der Gabel entfernen deshalb die RNase H1 und die sog. Flap-Endonuclease I (FEN1) den RNA-Primer. Die Lücke wird von Pol δ mit DNA-Bausteinen aufgefüllt, bevor sie schließlich durch eine DNA-Ligase geschlossen wird. In den neu entstandenen DNA-Doppelhelices wurde jeweils nur ein Strang neu gebildet, d. h. die Replikation ist semikonservativ. Während in Bakterien pro Sekunde 1000 Nucleotide (nt) und mehr repliziert werden, ist die Replikation in Eukaryonten viel langsamer (etwa 50 nt · s–1), weil die neuen Nucleotide schon kurz nach ihrem Einbau auf korrekte Basenpaarung geprüft werden. Dieses „Korrekturlesen“ wird durch Untereinheiten der Pol δ besorgt, die 3’→5’-Exonuclease-Aktivität (S. 248) besitzen und falsche Bausteine wieder entfernen. Deshalb kommt es im Mittel nur alle 100 000 Nucleotide zu einem Fehler. ▶ Weitere Informationen. In den meisten Körperzellen können die Enden der Chromosomen (die Telomere) bei der Replikation nicht vollständig verdoppelt werden. Deshalb werden sie bei jeder Zellteilung kürzer, bis schließlich keine Replikation mehr möglich ist. Tierische Einzeller, embryonale Zellen, Stammzellen (S. 246) und auch Tumorzellen (S. 468) besitzen eine reverse Transkriptase (Telomerase), ein Ribonucleoprotein, das die Telomere immer wieder ergänzt. Die genannten Zellarten sind daher potenziell unsterblich.

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.6 Replikation

251

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information Transkription Um die in der DNA codierte genetische Information biologisch wirksam werden zu lassen, muss sie zunächst in RNA umgeschrieben (transkribiert) werden (S. 240). Die DNA dient dabei nur als Vorlage, sie wird durch die Transkription nicht verändert. Transkribierbare DNA-Abschnitte, die Informationen für ein definiertes Produkt tragen, nennt man Gene (S. 242).

5 Molekulare Genetik

A. Transkription und RNA-Reifung: Überblick Die Transkription wird durch DNA-abhängige RNA-Polymerasen (S. 248) katalysiert. Sie arbeiten ähnlich wie DNA-Polymerasen (S. 250), bauen aber Ribonucleotide (ATP, GTP, CTP und UTP) und nicht Desoxyribonucleotide in den neu synthetisierten Strang ein. Im Gegensatz zu DNA-Polymerasen benötigen sie keinen Primer. Eukaryotische Zellen enthalten mindestens drei verschiedene Arten von RNA-Polymerasen. Die RNA-Polymerase I synthetisiert RNAMoleküle mit einem Sedimentationskoeffizienten von 45S, (45S-RNA) die als Vorstufe für drei ribosomale RNAs dienen. Produkte der RNAPolymerase II sind hnRNAs, aus denen später translatierbare mRNAs entstehen, sowie Vorstufen von snRNAs. Die RNA-Polymerase III schließlich transkribiert Gene, die für tRNAs, die 5S-rRNA und bestimmte snRNAs codieren. Aus den genannten Vorstufen entstehen dann durch RNA-Reifung (S. 256) funktionsfähige RNA-Moleküle. Die Polymerasen II und III werden durch α-Amanitin, ein Gift des Knollenblätterpilzes, gehemmt.

B. Basaler Transkriptionskomplex Bevor die RNA-Polymerase II die Transkription aufnehmen kann, muss sie mit zahlreichen weiteren Proteinen zum basalen Transkriptionskomplex zusammentreten. Der Komplex entsteht, indem am 3’-Ende des Promoter-Bereichs (S. 242) sog. basale Transkriptionsfaktoren in einer definierten Reihenfolge mit der DNA und dann miteinander und mit der Polymerase assoziieren. Der Vorgang beginnt häufig an einem kurzen DNA-Abschnitt, der wegen seiner typischen Sequenz als „TATABox“ bezeichnet wird. Die TATA-Box liegt, vom Transkriptionsstartpunkt (Initiator, Sym-

25

bol: ) aus gesehen, etwa 25 bp „stromaufwärts“ (d. h. auf der 5’-Seite). Weitere Transkriptionsfaktoren (TF) wie CTF und SP1 unterstützen die Bildung des basalen Komplexes, nachdem sie an etwas weiter entfernte DNAElemente („CAAT-Box“ bzw. „GC-Box“) gebunden haben. Zusätzlich zu diesen Elementen, die in den meisten Promotern vorkommen, gibt es weitere, genspezifische Kontrollelemente, die an der Feinregulation der Transkription beteiligt sind. An diese binden Transkriptionsfaktoren (S. 254), die für ein Gen oder eine Gruppe von Genen spezifisch sind. Weil die genannten „Boxen“ auf den zu transkribierenden Genen liegen, nennt man sie cis-aktive Elemente. Die Transkriptionsfaktoren dagegen sind Proteine, die von ganz anderen Genen codiert werden, sie heißen deshalb trans-aktive Faktoren. Zum Aufbau des basalen Komplexes bindet zunächst der Faktor TFIID an den Promoter. TFIID, ein Aggregat aus zahlreichen Proteinen, enthält u. a. das TATA-Box-bindende Protein (TBP) und TBP-assoziierte Faktoren, sog. TAFs. An diesem Komplex wird mithilfe von TFIIB die RNA-Polymerase fixiert. Vor Beginn der Transkription binden weitere TFs, darunter der Faktor TFIIH, der Helicase-Aktivität besitzt und während der Elongation (B) die DNA-Stränge trennt. Insgesamt sind etwa 35 verschiedene Proteine am basalen Komplex beteiligt.

C. Verlauf der Transkription Am Ende der Initiation (2) wird die Polymerase an einer Domäne im C-terminalen Bereich mehrfach phosphoryliert, löst sich vom basalen Komplex und beginnt, in 3’-Richtung an der DNA entlang zu wandern. In einem kurzen Bereich trennt die Helicase-Aktivität des Komplexes die DNA-Doppelhelix in Einzelstränge. Durch Basenpaarung werden am MatrizenStrang komplementäre Nucleosidtriphosphate gebunden und schrittweise mit dem in 5’→3’Richtung wachsenden Transkript verknüpft (Elongation, 3). Schon kurz nach Beginn der Elongation wird das 5’-Ende des Transkripts durch eine sog. „Kappe“ (S. 256) geschützt. Nach Erreichen der Polyadenylierungssequenz (typische Sequenz: ·AATAA) wird die fertige hnRNA („heterogene nucleäre RNA“) abgespalten (Termination, 4). Kurz darauf beendet die RNA-Polymerase die Transkription und dissoziiert von der DNA ab.

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.7 Transkription

253

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

5 Molekulare Genetik

Transkriptionskontrolle Obwohl alle Körperzellen das komplette Genom enthalten, nutzen sie lediglich einen Bruchteil der dort codierten Information. Ständig transkribiert werden nur sog. „Haushaltsgene“, die für Strukturmoleküle oder Enzyme des Intermediärstoffwechsels codieren. Die meisten Gene werden nur in manchen Zellarten, in bestimmten Stoffwechselsituationen oder während der Differenzierung aktiv. Welche Gene transkribiert werden und welche nicht, wird durch Transkriptionskontrolle gesteuert. Um überhaupt transkribiert werden zu können, müssen Gene zunächst durch Chromatinumbau (S. 246) freigelegt werden. An der Feinkontrolle der Transkription beteiligen sich dann DNA-Elemente (Kontrollelemente, cis-aktive Elemente) im Promoterbereich der Gene und Regulatorproteine (Transkriptionsfaktoren, trans-aktive Faktoren), die an diese Elemente binden und dadurch die Transkription (S. 252) aktivieren oder hemmen. Kontrollelemente mit positiver Wirkung bezeichnet man als Enhancer, solche mit hemmendem Einfluss als Silencer.

A. Transkriptionsfaktoren Das menschliche Genom codiert für über 2000 verschiedene Transkriptionsfaktoren, die man nach der Struktur ihrer DNA-bindenden Domänen in Gruppen einteilt. Die Tabelle nennt wichtige Vertreter genspezifischer Transkriptionsfaktoren sowie Metabolite oder Hormone, deren Wirkung sie vermitteln. Als Beispiele sind die Wechselwirkungen von zwei Faktoren aus der HLH- bzw. bZIP-Gruppe mit der DNADoppelhelix dargestellt. Die Bindung des Glucocorticoid-Rezeptors, eines Zn2 + -Komplexes, an die DNA ist bei dem Aufbau der nucleären Rezeptoren (S. 434) beschrieben.

B. Regulation der PEP-CK-Transkription in der Leber Die Phosphoenolpyruvat-Carboxykinase (PEPCK), ein Schlüsselenzym der Gluconeogenese (S. 144), steht unter der Kontrolle mehrerer Hormone. Cortisol, Glucagon und Thyroxin fördern die Transkription des PEP-CK-Gens, während Insulin sie hemmt.

25

Im Promoter des PEP-CK-Gens wurden bisher mehr als 10 Kontrollelemente identifiziert, die auf etwa 1000 bp verteilt sind (oben). Zu ihnen gehören Hormon-Responseelemente für Glucocorticoide (GRE), Thyroxin (TRE) und Insulin (IRE), sowie das cAMP-Responseelement (CRE), das die Glucagonwirkung vermittelt. Bevor ein Transkriptionsfaktor an sein Responseelement binden kann, muss er direkt oder indirekt durch einen Liganden – hier durch ein Hormon – aktiviert werden. Dies führt häufig zu einer Konformationsänderung und zur Dimerisierung des Faktors, welche erst die DNA-Binding ermöglicht. Im gebundenen Zustand stehen die Dimere in Kontakt mit einem Coaktivator/Mediator-Komplex (hier CBP/p300, PGC-1α und CRTC2), der wie ein Computer die einzelnen Inputs verrechnet (Integration) und das Ergebnis als mehr oder weniger stark aktivierendes oder hemmendes Signal an den basalen Transkriptionskomplex (S. 252) übermittelt. Der Signaltransduktionsweg vom extrazellulären Hormon bis zum funktionsfähigen Transkriptionsfaktor ist von Fall zu Fall verschieden: Die extrazelluläre Bindung von Glucagon an seinen Rezeptor führt intrazellulär zur Bildung von cAMP (S. 422), welches die Protein-Kinase A aktiviert. Diese phosphoryliert den Faktor CREB, der darauf hin dimerisiert und in den Kern wandert. Im Falle von Cortisol (S. 434) bindet das Hormon im Cytoplasma an den Rezeptor (GR) und bewirkt dadurch die Abdissoziation von hsp90 (S. 222). Dies ermöglicht die Dimerisierung des Rezeptors und die Translokation zur Wirkstelle im Zellkern. Der Rezeptor für Thyroxin bildet erst im Zellkern zusammen mit einem sog. Orphan-Rezeptor (TRX) das transaktive Dimere. Die hemmende Wirkung von Insulin auf die PEP-CK-Transkription ist indirekt: Im Hungerzustand – d. h. in Abwesenheit von Insulin – bindet der Faktor Foxo1 (A) als Dimer an das IRE und aktiviert so die Transkription. In Gegenwart von Insulin wird Foxo1 im Cytoplasma phosphoryliert und an der Dimerisierung und Kerntranslokation gehindert. Die Wirkung des Sirtuins Sirt2 auf die PEPCK-Transkription wird im Abschnitt über Sirtuine (S. 394) besprochen.

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.8 Transkriptionskontrolle (A. Quelle PDB: 5DUI, 1DH3)

255

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

5 Molekulare Genetik

RNA-Reifung Bevor die durch RNA-Polymerase II erzeugte hnRNA (S. 252) den Kern verlassen kann, um im Cytoplasma als Matrize für die Proteinsynthese zu dienen, muss sie zunächst mehrfach modifiziert werden. Noch während der Transkription werden beide Enden des Transkripts mit zusätzlichen Nucleotiden versehen (A). Anschließend werden diejenigen Abschnitte herausgeschnitten, die in der DNA den intervenierenden Gensequenzen (Introns) entsprechen (Spleißen, B). Andere Transkripte, z. B. die durch Polymerase I gebildete 45S-Vorstufe der rRNAs (S. 252), werden vor dem Export ins Cytoplasma durch Nucleasen in kleinere Fragmente zerlegt.

A. 5’- und 3’-Modifizierung von mRNA Schon kurz nach Beginn der Transkription wird in Eukaryonten das Ende der wachsenden RNA in mehreren Reaktionsschritten durch eine Struktur blockiert, die man als „Kappe“ (engl. cap) bezeichnet. Bei hnRNAs besteht sie aus einem GTP-Rest, der an N-7 des Guanin-Rings methyliert ist. Der γ-Phosphat-Rest der Kappe ist über eine Ester-Bindung mit der freien 5’OH-Gruppe der terminalen Ribose verknüpft. Nach Erreichen des „Polyadenylierungssignals“ (typische Sequenz: ··AAUAAA··) (S. 252) wird außerdem am freien 3’-Ende des Transkripts ein Polyadenylat-„Schwanz“ aus bis zu 200 AMP-Bausteinen angefügt. Diese Reaktion wird durch eine spezielle Polyadenylat-Polymerase katalysiert. Erst nach diesen Schritten verlässt die mRNA als Komplex mit RNA-bindenden Proteinen den Zellkern. Sowohl die Kappe als auch der PolyASchwanz spielen eine wesentliche Rolle bei der Initiation der eukaryotischen Translation (S. 260), indem sie helfen, die kleine Ribosomenuntereinheit auf der mRNA an der richtigen Stelle zu positionieren. Der Schutz vor vorzeitigem enzymatischem Abbau, den die zusätzlichen Nucleotide bieten, scheint weniger wichtig zu sein.

B. Spleißen von hnRNA: Mechanismus Unmittelbar nach der Transkription werden die Introns der hnRNA entfernt und die Exons zu einer durchgehenden, codierenden Sequenz

25

verknüpft. Dieser Vorgang, das Spleißen, wird im Zellkern von komplizierten RNA-ProteinKomplexen unterstützt, die man als Spleißosomen bezeichnet. Die Bausteine dieser makromolekularen Maschinen sind sog. snRNPs, small nuclear ribonucleoprotein particles, gesprochen: „Snörps“). snRNPs treten in fünf verschiedenen Formen auf (U1, U2, U4, U5 und U6). Sie bestehen aus zahlreichen Proteinen und je einem Molekül snRNA (S. 76). Um die Botschaft der RNA nicht zu zerstören, muss das Spleißen in sehr präziser Weise ablaufen. Anfang und Ende der hnRNA-Introns werden an charakteristischen Sequenzen erkannt (··AGGU·· am 5’-Ende bzw. ··[C,U]AGG·· am 3’-Ende). Wichtig ist auch der sog. Verzweigungspunkt im Inneren des Introns. Seine Sequenz ist weniger konserviert als die der endständigen Spleißstellen, enthält aber stets einen Adenosin-Rest (A). Beim Spleißen greift – unterstützt durch das Spleißosom (C) – die 2’-OH-Gruppe dieses Restes die Phosphorsäurediester-Bindung am 5’-Ende des Introns an und spaltet sie (b). Gleichzeitig wird eine ungewöhnliche 2’→5’-Bindung innerhalb des Introns geknüpft, das dadurch eine lassoartige Form annimmt (c, siehe Formel). Im zweiten Schritt des Spleißvorgangs greift die freie 3’OH-Gruppe am Ende des 5’-ständigen Exons die A-G-Bindung am 3’-Ende des Introns an. Dadurch werden die beiden Exons verknüpft, und das Intron wird in Lasso-Form freigesetzt.

C. Spleißosom Wie oben beschrieben, sind es Reste der hnRNA, die die Bindungsspaltungen und -knüpfungen beim Spleißvorgang bewirken. Als Katalysator wirkt hier also nicht ein Protein-Enzym, sondern die RNA selbst. Katalytisch wirksame RNAs dieser Art nennt man Ribozyme (S. 82). Die Aufgabe der Spleißosomen ist es, durch Basenpaarungen zwischen snRNAs und Abschnitten der hnRNA die reagierenden Gruppen zu fixieren und zu orientieren. Die wahrscheinliche Situation vor dem Angriff des Adenosins am Verzweigungspunkt auf die 5’-Spleißstelle (B, Abb. b) ist im rechten Bildteil schematisch dargestellt. Das snRNA U1 fixiert in dieser Phase die 5’-Spleißstelle, U2 die Verzeigungsstelle und U5 die Enden der beiden Exons.

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.9 RNA-Reifung

257

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information Genetischer Code

5 Molekulare Genetik

A. Der genetische Code Der größte Teil der im Genom niedergelegten Information codiert für Aminosäure-Sequenzen von Proteinen (S. 242). Zur Herstellung (Expression) dieser Proteine muss also ein Text aus der „Nucleinsäuresprache“ in die „Proteinsprache“ übersetzt werden. Von daher stammt der Begriff Translation (Übersetzung) für die Protein-Biosynthese. Das für die Übersetzung geltende „Wörterbuch“ ist der genetische Code. Da es 20 proteinogene Aminosäuren (S. 60) gibt bzw. 21, wenn Selenocystein (S. 62) mitgezählt wird, muss die Nucleinsäuresprache mindestens ebenso viele Wörter (Codons) enthalten, wenn alle benannt werden sollen. Im Nucleinsäurealphabet gibt es aber nur 4 Buchstaben (A, G, C und U bzw. T). Um daraus 20 verschiedene Wörter bilden zu können, muss jedes Wort eine Länge von wenigsten 3 Buchstaben haben (bei 2 Buchstaben gäbe es nur 42 = 16 Möglichkeiten). Tatsächlich bestehen die Codons aus 3 jeweils aufeinander folgenden Bausteinen (Basen-Tripletts). In Abb. 2 ist der Standard-Code in „RNASprache“ (als Sequenz der Tripletts auf der mRNA, gelesen in 5’→3’-Richtung) als Kreisdiagramm dargestellt. Ein Ablesebeispiel findet sich in Abb.1. Das Kreisdiagramm wird von innen nach außen gelesen. So codiert z. B. das Triplett CAU für die Aminosäure Histidin. Abgesehen vom Austausch von U gegen T sind die DNA-Codons auf dem Sinnstrang (S. 78) mit denen auf der mRNA identisch. Da der genetische Code für 20 Aminosäuren 43 = 64 Codons bereitstellt, gibt es für die meisten Aminosäuren mehrere synonyme Codons (der Code ist degeneriert) und entsprechend mehrere tRNAs. Die unterschiedlichen Tripletts für eine gegebene Aminosäure unterscheiden sich nur in der 3. Position. Punktmutationen dieser sog. „Wobble“-Nucleotide (engl. wobble = flattern) führen deshalb nicht unbedingt zum Austausch der codierten Aminosäure. Für zwei Aminosäuren (Methionin und Tryptophan) gibt es nur ein Codon, wobei das Methionin-Codon AUG gleichzeitig den Translationsstart markiert (Startcodon). Deshalb tragen alle am Ribosom synthetisierten Proteine am N-Terminus zunächst einen Methioninrest, der jedoch in der Regel wieder entfernt wird. Drei weitere Tripletts (UAA, UAG und UGA) codieren nicht für Aminosäuren, sondern signalisieren das Ende der Translation (StoppCodons). UGA kann unter bestimmten Bedingungen auch zum Einbau von Selenocystein (Sec) führen (S. 62).

25

Der hier dargestellte Code gilt in der Natur fast universell, nur die Genome der Mitochondrien (S. 136) und die einiger Mikroorganismen weichen etwas davon ab. Deshalb ist es z. B. grundsätzlich möglich, menschliche Proteine in Bakterien zu exprimieren (S. 272).

B. Aminosäure-Aktivierung Für jede der 20 verschiedenen Aminosäuren gibt es einen Typ von Aminosäure-tRNA-Ligase [1], die im Cytoplasma die jeweiligen TransferRNAs (tRNA) (S. 76) mit der zugehörigen Aminosäure beladen. Diese Reaktion, die sogenannte Aminosäure-Aktivierung, ist ein endergoner Prozess und wird deshalb in zwei Schritten mit der Spaltung von ATP gekoppelt. Zunächst wird die Aminosäure vom Enzym gebunden und reagiert dort mit ATP zu Diphosphat und einem „energiereichen“ gemischten Säureanhydrid (Aminoacyl-Adenylat). Im zweiten Schritt, der vom gleichen Enzym katalysiert wird, greift die 3’-OH-Gruppe des terminalen Riboserestes der tRNA (bei anderen Ligasen die 2’-OH-Gruppe) die gemischte Anhydridbindung des Aminoacyl-Adenylats an. Bei dieser nucleophilen Substitution entstehen die beladene Aminoacyl-tRNA und AMP. In Aminoacyl-tRNAs ist die CarboxyGruppe der Aminosäure mit der 2‘- oder 3‘OH-Gruppe der Ribose im terminalen Adenosin der Sequenz ·CCA-3’ verestert. Die Genauigkeit der Translation hängt in erster Linie von der Substratspezifität der Aminosäure-tRNA-Ligasen ab. Falsch eingebaute Aminosäure-Reste werden nämlich später vom Ribosom nicht mehr erkannt. Ein „Korrekturlese-Mechanismus“ sorgt deshalb noch im aktiven Zentrum der Ligase dafür, dass fälschlich eingebaute Aminoacyl-Reste sofort wieder abgespalten werden. Im Mittel tritt nur alle 1300 Aminosäure-Reste ein Fehler auf – eine erstaunlich niedrige Rate, wenn man bedenkt wie ähnlich sich manche Aminosäuren sind, z. B. Leucin und Isoleucin. Für jede der 20 verschiedenen Aminosäuren gibt es einen Typ von Aminosäure-tRNA-Ligase [1], die im Cytoplasma die jeweiligen TransferRNAs (tRNA) (S. 76) mit der zugehörigen Aminosäure beladen. Diese Reaktion, die sogenannte Aminosäure-Aktivierung, ist ein endergoner Prozess und wird deshalb in zwei Schritten mit der Spaltung von ATP gekoppelt. ▶ Weitere Informationen. Im genetischen Code der Mitochondrien codiert AUA für Met (statt für Ile), UGA für Trp (statt für Stopp), während AGA und AGG als Stopp-Codons (d. h. nicht als Arg-Codons) interpretiert werden.

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.10 Genetischer Code

259

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information Translation I Die Biosynthese der Proteine (Translation) läuft, wie auch die Aminosäure-Aktivierung (S. 258), im Cytoplasma ab. Sie wird durch komplexe Nucleoprotein-Partikel, die Ribosomen, katalysiert und verbraucht zur Deckung des Energiebedarfs vorwiegend GTP.

5 Molekulare Genetik

A. Aufbau eines prokaryontischen Ribosoms Ribosomen bestehen aus zwei unterschiedlich großen Untereinheiten, die wiederum aus ribosomaler RNA (rRNA) (S. 76) und einer großen Anzahl relativ kleiner ribosomaler Proteine aufgebaut sind. Es ist üblich, statt der Masse der Ribosomen und ihrer Komponenten Sedimentationskoeffizienten anzugeben, die man aus ihrem Verhalten bei der Zentrifugation berechnen kann. So haben bakterielle Ribosomen einen Sedimentationskoeffizienten von etwa 70 Svedberg (70S), die Werte für die Untereinheiten betragen etwa 30S und 50S (S-Werte sind nicht additiv). Die Ribosomen der Eukaryonten sind ähnlich aufgebaut, aber größer (80S für das komplette Ribosom, 40S und 60S für die Untereinheiten). Die Ribosomen der Mitochondrien (S. 136) und der pflanzlichen Chloroplasten sind mit denen der Prokaryonten vergleichbar. Die Abbildung zeigt die vollständige Struktur eines Ribosoms des Bakteriums Thermus thermophilus im Komplex mit einer kurzen mRNA und drei tRNAs in den tRNA-Bindungsstellen A, P und E (s. B). Man erkennt, dass mRNA und tRNA zunächst an die kleine 30SUntereinheit binden, bevor diese mit der 50SForm zum vollständigen Ribosom zusammentritt. Mit einer Masse von 2,5 · 106 ist das T. thermophilus-Ribosom etwa 40mal so schwer wie ein Hämoglobin-Molekül. Das menschliche Ribsosom ist mit einer Masse von 3,8 · 106 Da noch deutlich größer. Die kleine 40S-Untereinheit besteht aus einem Molekül 18S-rRNA und mindestens 32 Proteinen. Die größere 60S-Untereinheit enthält drei Arten von rRNA mit Sedimentationskoeffizienten von 5S, 5,8S und 28S sowie mindestens 42 Proteine. Zusammensetzung und Struktur der menschlichen rRNA werden im Abschnitt über ribosomale RNA (S. 76) besprochen. In Zellen, die intensive Protein-Synthese betreiben, findet man Ribosomen häufig perl-

26

schnurartig aneinandergereiht als Polysomen. Diese Anordnung entsteht dadurch, dass mehrere Ribosomen gleichzeitig ein mRNA-Molekül translatieren. Die Ribosomen binden zunächst am 5’-Ende der mRNA und wandern während der Translation in Richtung des 3’Endes, bis sie ein Stopp-Codon erreichen und wieder von der mRNA abfallen.

B. Initiation der Translation Die Translation beginnt mit einer Initiationsphase. In Eukaryonten führt sie in mehreren Schritten zum 80S-Initiationskomplex (unten rechts), in dem die mit Methionin beladene Starter-tRNA (Met-tRNAMet) am Startcodon der mRNA gebunden ist. Die Initiation wird von zahlreichen Proteinen unterstützt, von denen die Initiationsfaktoren eIF-1 bis eIF-4 besonders wichtig sind. Zunächst binden die Initiationsfaktoren eIF-1 und eIF-3 an die kleine 40S-Untereinheit. Ein weiterer Faktor (eIF-2) bindet als Komplex mit GTP an die zuvor mit Methionin beladene Met-tRNA, die daraufhin mit der 40S-Untereinheit zu einem Startkomplex zusammentritt (Mitte). Gleichzeitig wird die aus dem Zellkern exportierte mRNA (S. 256), die bis zu diesem Zeitpunkt durch gebundene Proteine vor Abbau geschützt wird (nicht gezeigt), durch den Faktor eIF-4 aktiviert, der an die am 5’-Ende liegende „Kappe“ der mRNA (S. 256) bindet. Die aktivierte mRNA assoziiert daraufhin mit den Startkomplex, allerdings so, dass die Initiator-tRNA noch keinen Kontakt mit dem Startcodon aufnehmen kann. Im nächsten Schritt wandert der ganze Komplex aus 40S-Untereinheit, Met-tRNAMet und den gebundenen Faktoren in 3’-Richtung an der mRNA entlang, bis die tRNA das Startcodon AUG erreicht hat. Diesen ATP-abhängigen Suchvorgang nennt man „Scanning“. Zuletzt bindet die 60S-Untereinheit an den Komplex. Dabei werden die Initiationsfaktoren wieder abgespalten, wobei das an IF-2 gebundene GTP zu GDP und Pi hydrolysiert wird. Im 80S-Initiationskomplex befindet sich die Methionin-tRNAMet in einer Bindungsstelle, die man als Peptidyl-Stelle (P) bezeichnet. Eine zweite Bindungsstelle, die Akzeptor-Stelle (A), ist in dieser Phase der Translation noch nicht besetzt (S. 262).

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.11 Translation I (A. Quelle PDB: 4V5D)

261

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information Translation II Nach der Initiation der Translation (S. 260) wird die Peptidkette um weitere AminosäureReste verlängert (Elongation), bis das Ribosom auf der mRNA ein Stopp-Codon erreicht, und der Prozess abbricht (Termination).

5 Molekulare Genetik

A. Elongation und Termination der ProteinBiosynthese Die Elongation lässt sich in vier Phasen einteilen: [1] Bindung der Aminoacyl-tRNA. Zu Beginn des Elongationszyklus ist die Peptidyl-Stelle (P) des Ribosoms von einer tRNA besetzt, die an ihrem 3’-Ende die ganze bis dahin fertig gestellte Peptidkette trägt (oben links). Nun bindet eine weitere, mit der darauf folgenden Aminosäure beladene tRNA (im Beispiel Val-tRNAVal) (S. 76) über ihr komplementäres Anticodon (S. 258) an das in der Akzeptor-Stelle (A) exponierte mRNA-Codon (hier GUG). Die tRNA bindet als Komplex mit einem GTPhaltigen Protein, dem Elongationsfaktor eEF-1α. Erst wenn das an den Faktor gebundene GTP zu GDP und Phosphat hydrolysiert ist, dissoziiert eEF-1α wieder ab. Da vorher die Bindung der tRNA an die mRNA noch locker ist, wirkt die GTP-Hydrolyse als Verzögerungsfaktor, der eine Überprüfung zulässt, ob die richtige tRNA gebunden ist. Ein weiteres Protein, der Elongationsfaktor eEF-1βγ, katalysiert später den Austausch von GDP gegen GTP und regeneriert so den eEF-1α/GTP-Komplex. eEF1α ist mit den G-Proteinen der Signaltransduktion (S. 420) verwandt. [2] Im nächsten Schritt findet die Synthese der Peptidbindung statt. Die ribosomale Peptidyltransferase katalysiert (ohne ATPoder GTP-Verbrauch) die Übertragung der Peptidkette von der tRNA in der P-Stelle auf die NH2-Gruppe des Aminosäure-Restes der tRNA in der A-Stelle. Die Peptidyltransferase-Aktivität der Ribosomen ist nicht in einem der ribosomalen Proteine, sondern in der 28S-rRNA lokalisiert. Katalytisch aktive RNAs dieser Art bezeichnet man als Ribozyme (S. 82). Man vermutet, dass die wenigen noch erhaltenen Ribozyme Überbleibsel aus der „RNA-Welt“ sind, einer frühen Phase der Evolution, in der die Proteine noch nicht ihre heutige Bedeutung hatten.

26

[3] Nach der Übertragung des wachsenden Peptids auf die A-Stelle dissoziiert die freie tRNA in der P-Stelle ab, und ein weiterer GTP-haltiger Elongationsfaktor (eEF-2/ GTP) bindet an das Ribosom. Die Hydrolyse des GTP in diesem Faktor liefert die Energie für die Translokation. Dabei wandert das ganze Ribosom auf der mRNA um drei Basen in Richtung des 3’-Endes. Die tRNA, welche die Peptidkette trägt, ist relativ zur mRNA stationär und gelangt bei der Translokation in die P-Stelle des Ribosoms, während in der A-Stelle das nächste mRNA-Codon erscheint (hier GUG). Die nun unbeladene Val-tRNA dissoziiert von der E-Stelle ab. Damit ist das Ribosom bereit für den nächsten Elongationszyklus. Erscheint in der A-Stelle an Stelle eines Aminosäurecodons eines der drei StoppCodons (UAA, UAG oder UGA), beginnt die Termination. [4] Zu Stopp-Codons gibt es keine komplementären tRNAs. Stattdessen bindet ein sogenannter Releasing-Faktor (eRF) an das Ribosom. Er katalysiert die hydrolytische Spaltung der Ester-Bindung zwischen tRNA und dem C-Terminus der Peptidkette und setzt so das Protein frei. [5] Die Hydrolyse von GTP durch Faktor eRF liefert die Energie zur Dissoziation des ganzen Komplexes in die Komponenten, die erneut in die Initiation eintreten können. Der Energiebedarf der Proteinsynthese ist hoch: Für jeden Aminosäure-Rest werden vier energiereiche Phosphorsäureanhydrid-Bindungen hydrolysiert. Die Aminosäure-Aktivierung (S. 258) verbraucht zwei energiereiche Bindungen pro Aminosäure (ATP → AMP + PP), während die Elongation pro Zyklus zwei GTP benötigt. Zusätzlich werden für die Initiation und Termination je ein GTP pro Kette aufgewendet. ▶ Weitere Informationen. In prokaryotischen Zellen verlaufen Elongation und Termination der Translation ähnlich wie bei Eukaryonten, während die Initiation einen etwas anderen Weg nimmt. Das Ribosom bindet an eine besondere Bindungsstelle auf der mRNA. Die Starter-tRNA enthält bei Prokaryonten nicht Methionin, sondern N-Formyl-Methionin (fMet). Das „Scanning“ (S. 260) entfällt. Mehrere Schritte der bakteriellen Translation sind Angriffspunkte wichtiger Antibiotika (S. 264).

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.12 Translation II

263

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information Antibiotika Als Antibiotika (Singular: Antibiotikum) bezeichnet man Stoffe, die schon in geringer Konzentration das Wachstum oder die Vermehrung von Bakterien und Pilzen hemmen. Sie sind heute aus der Therapie von Infektionskrankheiten nicht mehr wegzudenken. Substanzen, die nur die Vermehrung von Bakterien beeinträchtigen nennt man bakteriostatisch (bei Pilzen: fungistatisch). Werden die Zielzellen nicht nur in ihrem Wachstum gehemmt sondern abgetötet, spricht man von bakterizider (bzw. fungizider) Wirkung.

5 Molekulare Genetik

A. Antibiotika: Übersicht Fast alle natürlichen Antibiotika werden von Mikroorganismen produziert, vor allem von Bakterien der Gattung Streptomyces und von bestimmten Pilzen. Es gibt aber auch synthetische antibakterielle Wirkstoffe wie die Sulfonamide oder die Gyrase-Hemmer. In der Abbildung sind therapeutisch wichtige Antibiotika und ihre Angriffspunkte im bakteriellen Stoffwechsel dargestellt. Die sogenannten Interkalatoren wie Daunomycin und Actinomycin D (unten) lagern sich in die DNA-Doppelhelix ein und stören damit sowohl die Replikation als auch die Transkription. Da die DNA in allen Zellen gleich ist, sind interkalierende Antibiotika auch für Eukaryonten äußerst toxisch. Sie werden deshalb ausschließlich als Cytostatika (S. 470) verwendet. Synthetische Hemmstoffe der bakteriellen DNA-Topoisomerase II (S. 250), die sog. Gyrase-Hemmer (Mitte), beeinträchtigen die Replikation von Bakterien und damit ihre Vermehrung. Eine große Gruppe von Antibiotika hat ihren Angriffspunkt am bakteriellen Ribosom. Zu den Translationshemmern (links) gehören die Tetracycline‚ die als Breitband-Antibiotika gegen eine große Zahl verschiedener Erreger wirksam sind. Aminoglycoside mit Streptomycin als bekanntestem Vertreter greifen in alle Phasen der Translation ein. Erythromycin beeinträchtigt die normale Funktion der großen ribosomalen Untereinheit. Chloramphenicol, eine der wenigen natürlichen Nitroverbindungen, hemmt die ribosomale Peptidyltransferase. Puromycin schließlich imitiert eine Aminoacyl-tRNA und führt deshalb zum vorzeitigen Abbruch der Elongation. Häufig verwendet werden auch β-LactamAntibiotika (rechts unten). Die Mitglieder die-

26

ser Gruppe, die Penicilline und Cephalosporine, werden von Pilzen synthetisiert und tragen einen reaktionsfähigen β-Lactam-Ring. Sie sind vorwiegend gegen Gram-positive Erreger gerichtet und hemmen die Zellwandsynthese dieser Organismen (B). Die ersten rein synthetischen Antibiotika waren die Sulfonamide (rechts). Als Analoge der p-Aminobenzoesäure greifen sie in die Synthese der Folsäure ein, die als Vorstufe des Coenzyms THF (S. 100) unentbehrlich ist. Transport-Antibiotika wie Gramicidin oder Valinomycin (oben Mitte) haben die Eigenschaften von Ionenkanälen (S. 418). Ihre Einlagerung in die Plasmamembran der Bakterien führt zu Ionenverlusten, die die Zellen schädigen.

B. Penicillin als „Selbstmordsubstrat“ Angriffspunkt der β-Lactam-Antibiotika ist ein Enzym, das für die Bildung der bakteriellen Zellwand unentbehrlich ist. Bei den sog. Grampositiven Bakterien besteht die Zellwand aus langen Ketten des Polysaccharids Murein, die durch kurze Peptide quervernetzt sind. Ein Teilschritt der Bildung der Peptidvernetzungen wird durch die Muramoylpentapeptid-Carboxypeptidase katalysiert. Penicillin und die anderen β-Lactam-Antibiotika ähneln dem Substrat dieses Enzyms (einem Peptid mit der C-terminalen Sequenz D-Ala-D-Ala) und werden deshalb reversibel im aktiven Zentrum der Peptidase gebunden. Dies bringt den β-Lactam-Ring in Nachbarschaft zu einem essenziellen SerinRest des Enzyms. Durch nucleophile Substitution bildet sich eine stabile, kovalente Bindung zwischen Enzym und Hemmstoff, die das aktive Zentrum blockiert. Hemmstoffe dieser Art werden auch als „Selbstmordsubstrate“ bezeichnet, da sie vom Enzym wie Substrate gebunden werden bevor sie es irreversibel inaktivieren. Der Ausfall des Carboxypeptidase führt zur Bildung instabiler Zellwände und dadurch zur Auflösung sich teilender Bakterien. ▶ Weitere Informationen. Ein ständig zunehmendes Problem bei der antimikrobiellen Therapie ist das Auftreten resistenter Krankheitserreger, die auf klassische Antibiotika nicht mehr ansprechen. Wesentliche Ursachen dieser Entwicklung sind die massenhafte Anwendung von Antibiotika in der Tierzucht und Therapiefehler, die zur Selektion resistenter Stämme beitragen.

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.13 Antibiotika

265

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

5 Molekulare Genetik

Mutation und Reparatur Da die Erbinformation in der Basensequenz der DNA niedergelegt ist, wirken die Veränderungen von DNA-Basen oder ihrer Sequenz in der Regel erbgutverändernd (mutagen). Viele Mutagene schädigen auch die Wachstumskontrolle von Zellen und sind dann zusätzlich kanzerogen (S. 468). Genveränderungen (Mutationen) gehören zu den entscheidenden positiven Faktoren der biologischen Evolution. Andererseits würde eine zu hohe Mutationshäufigkeit die Lebensfähigkeit von Einzelorganismen oder ganzen Arten in Frage stellen. Deshalb besitzen alle Zellen Reparaturmechanismen, die den größten Teil der durch Mutation entstandenen DNA-Veränderungen wieder beseitigen (C).

A. Mutagene Agenzien Mutationen können durch physikalische und chemische Einflüsse aber auch durch zufällige Fehler bei der Replikation oder Rekombination der DNA entstehen. Unter den physikalischen Mutagenen ist vor allem die ionisierende Strahlung (γ-Strahlung, Röntgenstrahlung) zu nennen. Sie erzeugt in Zellen freie Radikale (Moleküle mit ungepaarten Elektronen), die extrem reaktionsfähig sind und die DNA schädigen können. Auch kurzwelliges ultraviolettes Licht (UV-Licht) hat mutagene Wirkung, die sich vor allem gegen Zellen der Haut richtet (Sonnenbrand). Die häufigste chemische Veränderung durch UVBestrahlung ist die Bildung von Thymin-Dimeren. Zwei benachbarte Thymin-Basen werden dabei kovalent miteinander vernetzt (2). Dies führt zum fehlerhaften Ablesen der DNA bei Replikation und Transkription. Aus der Gruppe der chemischen Mutagene sind nur einige Beispiele gezeigt: Salpetrige Säure (HNO2, Salz: Nitrit) und Hydroxylamin (NH2OH) desaminieren Basen und wandeln dadurch Cytosin in Uracil und Adenin in Inosin um. Alkylierende Verbindungen (S. 470) tragen reaktive Gruppen, die mit DNA-Basen kovalente Verbindungen eingehen können. Methyl-Nitrosamine (3) setzen das reaktive Methyl-Kation (CH3+) frei, das in der DNA OHund NH2-Gruppen methyliert. Das gefährliche Kanzerogen Benzo(a)pyren, ein aromatischer Kohlenwasserstoff, wird erst im Organismus in die wirksame Form umgewandelt (4). Durch mehrfache Hydroxylierung eines der Ringe

26

entsteht ein reaktives Epoxid, das z. B. mit NH2-Gruppen von Guanin-Resten reagieren kann. Auch freie Radikale des Benzo(a)pyrens tragen zu seiner Toxizität bei.

B. Auswirkungen Salpetrige Säure führt zu Punktmutationen (1). Wird z. B. C in U umgewandelt, paart sich dieses bei der nächsten Replikation mit A statt mit G. Dadurch wird die Veränderung permanent. Mutationen, bei denen eine nicht durch drei teilbare Zahl von Nucleotiden eingeschoben oder entfernt wird, führen zum fehlerhaften Ablesen ganzer DNA-Abschnitte, weil sie das Leseraster verschieben (RasterschubMutation). Dies ist in Abb. 2 an einem einfachen Beispiel gezeigt. Ab dem eingeschobenen C wird die resultierende mRNA bei der Translation anders interpretiert, so dass sich eine völlig neue Protein-Sequenz ergibt.

C. Reparaturmechanismen Ein wichtiger Mechanismus zur Beseitigung von DNA-Schäden ist die Excisionsreparatur (1). Eine spezifische Excisionsendonuclease entfernt dabei einen ganzen DNA-Abschnitt zu beiden Seiten der Fehlstelle. Anhand der Sequenz des Gegenstrangs wird die fehlende Sequenz durch eine DNA-Polymerase ersetzt. Eine DNA-Ligase schließt dann die Lücken wieder. Thymin-Dimere können durch Photo-Reaktivierung entfernt werden (2). Eine spezifische Photo-Lyase bindet an den Defekt und spaltet das Dimere bei Belichtung wieder in zwei Einzelbasen. Ein dritter Mechanismus ist die Rekombinationsreparatur (3, vereinfacht dargestellt). Dabei wird der Defekt bei der Replikation ausgespart. Die Lücke wird durch Verschiebung der entsprechenden Sequenz aus dem korrekt replizierten zweiten Strang geschlossen. Die dadurch neu entstandene Lücke wird durch Polymerase und Ligase aufgefüllt. Schließlich wird der ursprüngliche Defekt wie in Abb. 1 durch Excisionsreparatur beseitigt (nicht gezeigt). Der Ausfall von Reparaturenzymen kann schwere Erkrankungen auslösen. ▶ Weitere Informationen. Zur Beseitigung von Doppelstrangbrüchen in der DNA gibt es zusätzliche Reparaturmechanismen, die beim sog. Genome Editing (CRISPR/Cas) (S. 274) von Bedeutung sind.

5 Molekulare Genetik

5.1 Codierung und Expression der genetischen Information

Abb. 5.14 Mutation und Reparatur

267

5.2 Gentechnik

5 Molekulare Genetik

Klonieren von DNA Der Aufschwung der Molekularen Genetik seit 1970 beruht weitgehend auf der Entwicklung und Verfeinerung von Methoden zur Analyse und Manipulation von DNA. Die sogenannte Gentechnik hat praktische Anwendungen auf vielen Gebieten: Sie stellt neue Methoden zur medizinischen Diagnose und zur Therapie (S. 274) von Krankheiten bereit (B), aber auch die gezielte Veränderung bestimmter Eigenschaften von Organismen ist heute möglich. So lässt sich z. B. durch Einbringen zusätzlicher Gene die Anfälligkeit von Kulturpflanzen gegenüber Schädlingen verringern. Da biologische Risiken bei Eingriffen in Genome nicht völlig auszuschließen sind, ist beim Umgang mit der Gentechnik verantwortungsvolles Handeln in besonderem Maße geboten. Wir geben hier und auf den folgenden Seiten einen kurzen Überblick über wichtige Methoden der Gentechnik.

A. Klonieren von DNA Die meisten DNA-Abschnitte, z. B. Gene, kommen in der Zelle in sehr geringen Mengen vor. Um mit ihnen experimentell arbeiten zu können, muss man zunächst viele identische Kopien („Klone“) herstellen. Das klassische Verfahren zum Klonieren von DNA nutzt die Fähigkeit von Bakterien, kurze ringförmige DNA-Abschnitte, sogenannte Plasmide, aufzunehmen und zu vermehren. Der zu klonierende Abschnitt wird zunächst durch geeignete Restriktionsendonucleasen (S. 248) aus der Ursprungs-DNA herausgeschnitten. Der Einfachheit halber zeigen wir hier die Spaltung nur durch ein Enzym (die Endonuclease EcoRI); in der Praxis verwendet man meist zwei verschiedene Enzyme. Als Vehikel („Vektor“) benötigt man ein Plasmid, das nur eine EcoRI-Spaltstelle enthält. Die PlasmidRinge werden durch EcoRI-Spaltung geöffnet und mit den isolierten DNA-Fragmenten gemischt. Da Fragment und Vektor dieselben überhängenden Enden haben (S. 248), hybridisiert ein Teil der Moleküle so, dass das zu klonierende Fragment in die Vektor-DNA integriert wird. Schließt man nun durch DNA-Ligase die Spaltstellen wieder, entsteht ein neukombiniertes („rekombinantes“) Plasmid.

26

Durch Vorbehandlung einer großen Zahl von Wirtszellen kann man erreichen, dass einige von ihnen das Plasmid aufnehmen (man nennt diesen Vorgang Transformation) und es bei ihrer Vermehrung zusammen mit ihrem eigenen Genom replizieren. Um sicher zu stellen, dass sich nur diejenigen Bakterien vermehren, die das Plasmid enthalten, verwendet man Plasmide, die den Wirtszellen Resistenz gegen ein bestimmtes Antibiotikum verleihen. Inkubiert man die Bakterien in Gegenwart dieses Antibiotikums, vermehren sich dann nur plasmidhaltige Zellen. Aus diesen isoliert man dann nach Vermehrung das Plasmid, spaltet es wieder mit EcoRI und trennt die Bruchstücke durch Agarosegel-Elektrophorese (S. 272). Das gesuchte Fragment kann anhand seiner Größe identifiziert, dann aus dem Gel extrahiert und für weitere Experimente verwendet werden.

B. Überexpression von Proteinen Zur Therapie mancher Krankheiten benötigt man Proteine, die im Organismus in so geringen Mengen vorkommen, dass ihre Isolierung in größerem Maßstab unwirtschaftlich oder unmöglich wäre. Solche Proteine kann man durch Überexpression in Bakterien oder eukaryotischen Zellen gewinnen. Dazu isoliert man die entsprechende mRNA, schreibt sie mithilfe einer Reversen Transkriptase (S. 248) in eine DNA um und kloniert die so erzeugte cDNA (copy-DNA) wie unter A beschrieben in ein Expressionsplasmid. Solche Plasmide müssen außer dem zu exprimierenden Gen einen Replikationsursprung (S. 250) enthalten, der ihre Replikation durch die Wirtszelle ermöglicht. Zur gezielten Transkription des Gens muss außerdem ein induzierbarer Promoter vorhanden sein, z. B. der lac-Promoter. Nach Transformation und Vermehrung geeigneter Wirtszellen löst man durch Induktion eine effiziente Transkription des Gens aus. Durch Translation der gebildeten mRNA in der Wirtszelle entsteht dann das gewünschte Protein in großen Mengen. Auf diese Weise hergestellt werden z. B. Humaninsulin (S. 444), Plasminogen-Aktivatoren zur Auflösung von Blutgerinnseln (S. 308) und das Wachstumshormon Somatotropin (S. 448).

5 Molekulare Genetik

5.2 Gentechnik

Abb. 5.15 Klonieren von DNA (A. Quelle PDB: 1ERI)

269

5 Molekulare Genetik

5.2 Gentechnik Sequenzieren von DNA

B. Sequenzieren von DNA

A. Gen-Bibliotheken

Das klassische Verfahren zur Bestimmung von DNA-Sequenzen ist die sog. KettenabbruchMethode. Dazu kloniert man das DNA-Fragment in einem Vektor (a) aus dem man leicht den codierenden Einzelstrang isolieren kann. Diesen hybridisiert man mit einem Primer, einem kurzen, synthetisch hergestellten DNAFragment, das am 3’-Ende des eingefügten DNA-Abschnitts bindet (b). Ausgehend von diesem Hybrid kann man nun den fehlenden zweiten Strang im Reagenzglas ergänzen, indem man die vier Desoxyribonucleosidtriphosphate (dNTP) sowie eine geeignete DNA-Polymerase zusetzt (c). Der Kunstgriff besteht darin, dass man außerdem kleine Mengen von Didesoxyribonucleosidtriphosphaten (ddNTP) zugibt. Der Einbau eines solchen ddNTP führt zum Abbruch der Zweitstrang-Synthese. Dies kann immer dann geschehen, wenn das entsprechende dNTP eingebaut werden müsste. In der Abb. ist dies am Beispiel von ddGTP im Detail gezeigt. Man erhält in diesem Fall Fragmente, die jeweils den Primer sowie 3, 6, 8, 13 oder 14 zusätzliche Nucleotide enthalten. Man führt vier getrennte Reaktionen mit jeweils einem der ddNTP durch (c) und trennt die Fragmente durch Gelelektrophorese (S. 272) (d), wo sie entsprechend ihrer Länge wandern. Nach Sichtbarmachen (e) liest man die Reihenfolge der Fragmente in den einzelnen Spuren von unten nach oben ab (f) und erhält direkt die Nucleotidsequenz. Ein Ausschnitt aus einem solchen Sequenzgel und die zugehörige Proteinsequenz sind in Abb. 2 gezeigt.

In der Gentechnik ist es häufig erforderlich, einen noch nicht im Einzelnen bekannten DNA-Abschnitt zu isolieren, z. B. um seine Nucleotidsequenz zu bestimmen. Nach einem klassischen Verfahren kann man dazu auf sogenannte DNA-Bibliotheken zurückgreifen. Eine solche Bibliothek besteht aus einer großen Zahl von Vektor-DNA-Molekülen, die unterschiedliche Fragmente von Fremd-DNA enthalten. So wird z. B. eine Bibliothek genomischer DNA angelegt, indem man die GesamtDNA einer Zelle durch Restriktionsendonucleasen (S. 248) in Bruchstücke zerlegt und diese in Vektor-DNA einbaut. Als Vektoren für Gen-Bibliotheken eignen sich z. B. Bakteriophagen (kurz: Phagen) (S. 472). Gen-Bibliotheken bieten den Vorteil, dass man sie durch Hybridisierung mit Oligonucleotiden nach bestimmten DNA-Abschnitten durchsuchen kann. Man beginnt damit, dass man einen kleinen Teil der Bibliothek (105 bis 106 Phagen in einem kleinen Volumen) stark verdünnt und mit Wirtsbakterien mischt und auf einem Nährboden ausstreicht. Die Bakterien wachsen und bilden eine zusammenhängende, trübe Schicht von Zellen. Bakterien, die von Phagen befallen wurden, wachsen weniger schnell. In ihrer Umgebung ist der Bakterien-„Rasen“ weniger dicht: es bildet sich eine runde, klarere Zone, ein sog. Plaque. Die Bakterien in einem solchen Plaque enthalten ausschließlich die Nachkommen eines einzelnen Phagen aus der Bibliothek. Man stellt nun einen Abdruck der Platte auf einer Kunststoff-Folie her und erhitzt diese. Dadurch haftet die Phagen-DNA an der Folie. Inkubiert man sie nun mit einem DNAFragment, das mit dem gesuchten DNA-Abschnitt hybridisiert (einer Gen-Sonde), bindet die Sonde an diejenigen Stellen des Abdrucks, an denen die gesuchte DNA haftet. Die Bindung der Gen-Sonde kann man nachweisen, wenn man sie zuvor chemisch oder enzymatisch markiert hat. Dann isoliert man Phagen aus den positiven Plaques der ursprünglichen Platte und vermehrt sie. Durch Restriktionsspaltung erhält man schließlich größere Mengen der gesuchten DNA. Heute verwendet man zur Konstruktion von Gen-Bibliotheken statt Phagen meist spezielle Plasmide, die in Bakterien oder Hefezellen eingebracht und mit diesen vermehrt werden.

27

▶ Weitere Informationen. Während man früher mit der Kettenabbruch-Methode pro Tag einige hundert Basenpaare sequenzieren konnte, sind es heute dank enormer technischer Fortschritte viele Millionen in wenigen Stunden. Bei der modernen Hochdurchsatz-Sequenzierung erspart man sich das zeitraubende Klonen und die langwierige elektrophoretische Trennung. Stattdessen werden in Sequenzierautomaten zahlreiche DNA-Fragmente an ein Trägermaterial (z. B. kleine Kügelchen) gebunden und parallel sequenziert, wobei der Baseneinbau durch Lichtblitze oder andere empfindliche Verfahren detektiert wird. Die so erhaltenen überlappenden Teilsequenzen werden dann im Computer zusammengesetzt. Auf diese Weise lässt sich heute das komplette menschliche Genom innerhalb eines Tages für weniger als 1000 € sequenzieren.

5 Molekulare Genetik

5.2 Gentechnik

Abb. 5.16 Sequenzieren von DNA

271

5.2 Gentechnik PCR

5 Molekulare Genetik

A. DNA-Elektrophorese Ein technisch einfaches aber sehr effizientes Verfahren zur Trennung von DNA-Fragmenten ist die sog. Gelelektrophorese. Die Beweglichkeit von Molekülen in einem elektrischen Feld gegebener Stärke hängt von der Größe und Form der Moleküle und von ihrer Ladung ab. Im Gegensatz zu Proteinen, bei denen alle drei Faktoren variieren, ist bei Nucleinsäuren das Verhältnis von Masse zu Ladung konstant, da alle Nucleotidbausteine ähnliche Massen haben und jeweils eine negative Ladung tragen. Führt man die Elektrophorese in einem weitmaschigen Trägermaterial durch, das nicht nach Größe und Form trennt, hängt die Beweglichkeit nur noch von der Masse der Moleküle ab. Als Trägermaterial mit dieser Eigenschaft verwendet man in der Gentechnik Gele des Polysaccharids Agarose (S. 42). AgaroseGele sind nicht sehr stabil und werden horizontal in einer Plastik-Kammer gegossen und auch so zur Trennung eingesetzt. Um die getrennten Fragmente sichtbar zu machen, legt man die Gele nach dem Lauf in Lösungen von Ethidiumbromid ein. Dies ist ein Interkalator (S. 264), der nach Bindung an DNA unter UV-Licht eine rosafarbene Fluoreszenz zeigt, während er in wässriger Lösung kaum fluoresziert. Da Ethidiumbromid als mutagen gilt, stehen heute auch weniger toxische Farbstoffe mit vergleichbarer Wirkung zur Verfügung. Der rechte Teil der Abbildung zeigt das Ergebnis einer DNA-Elektrophorese, bei der in Bahn 2 ein Plasmid (S. 268) aus 7,2 kbp (1 kbp = 1000 bp) und in Bahn 1 die durch Spaltung mit einer Restriktionsendonuclease erhaltenen Fragmente (5,6 kbp und 1,6 kbp) aufgetragen wurden. Bahn M enthält DNA-Fragmente bekannter Länge zur Eichung („Marker“).

B. Polymerase-Kettenreaktion (PCR) Die Polymerase-Kettenreaktion ist ein wichtiges Verfahren der Gentechnik, mit dem man beliebige DNA-Abschnitte (S. 268) ohne Restriktionsenzyme, Vektoren und Wirtszellen vermehren („amplifizieren“) kann. Allerdings muss dazu die Nucleotidsequenz des Abschnitts bekannt sein. Benötigt werden zwei Oligonucleotide (Primer), die mit jeweils einem der Stränge auf beiden Seiten des zu amplifizierenden DNA-Abschnitts hybridisie-

27

ren, eine ausreichende Menge der vier Desoxynucleosidtriphosphate und eine spezielle, hitzebeständige DNA-Polymerase. Die Primer werden durch chemische Synthese hergestellt, die Polymerase wird aus thermostabilen Bakterien gewonnen. Zunächst erhitzt man den Ansatz auf etwa 90 °C, um die DNA-Doppelhelix in Einzelstränge zu zerlegen (a). Dann lässt man den Reaktionsansatz etwas abkühlen, um die Hybridisierung der Primer zu ermöglichen (b). Von diesen ausgehend werden nun von der Polymerase in beide Richtungen komplementäre DNA-Stränge synthetisiert (c). Dieser Zyklus (Zyklus 1) wird mit derselben Reaktionsmischung 20–30-mal wiederholt (Zyklus 2 und folgende). Das zyklische Erhitzen und Abkühlen übernehmen computergesteuerte Thermostaten. Schon nach dem dritten Zyklus bilden sich Doppelstränge, deren Länge dem Abstand der Primer entspricht. Ihr Anteil erhöht sich mit jedem Zyklus auf etwa das Doppelte, bis schließlich fast alle neu synthetisierten Abschnitte die richtige Länge haben.

C. DNA-Typisierung Die Möglichkeit, winzige Mengen von DNA durch PCR zu amplifizieren liegt auch der sog. DNA-Typisierung zugrunde. Dieses Verfahren dient dazu, kleine Mengen von biologischem Material, z. B. Spuren vom Tatort eines Verbrechens, eindeutig einer bestimmten Person zuzuordnen. Diese Methode beruht darauf, dass das menschliche Genom nichtkodierende, repetitive DNA-Sequenzen enthält, die von Person zu Person verschieden sind. Beim Menschen gibt es etwa 50 sog. Minisatelliten, die sich durch Verdopplung, Deletionen oder Insertionen in ihrer Länge stark unterscheiden. Sie enthalten sog. short tandem repeats (STR), in denen sich bestimmte Dinucleotide (z. B. -T-X-) vielfach wiederholen. Jedes STR kommt in 5–15 verschiedenen Längen (Allelen) vor, von denen eine Person nur eines oder zwei besitzt. Bestimmt man nach PCR-Amplifizierung der DNA aus der Probe für mehrere STR die jeweiligen Allel-Kombinationen, entsteht ein „genetischer Fingerabdruck“ der Person, von der die DNA stammt. Anhand von Vergleichsmaterial, z. B. Speichelproben, ist dann eine sichere Identifizierung möglich. Auch verlässliche Verwandtschaftsanalysen lassen sich mit dieser Methode durchführen.

5 Molekulare Genetik

5.2 Gentechnik

Abb. 5.17 PCR

273

5.2 Gentechnik Gentechnik in der Medizin In der Medizin gewinnen gentechnische Verfahren zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken immer mehr an Bedeutung. Noch im Entwicklungsstadium befinden sich gentechnische Ansätze zur Behandlung schwerer Erkrankungen (Gentherapie, A). Weitere Verfahren dienen der gezielten Inaktivierung oder Veränderung von Genen. Dazu gehören die sog. RNA-Interferenz (B) und das Genome Editing (C).

5 Molekulare Genetik

A. Gentherapie Viele Krankheiten, z. B. erbliche Stoffwechseldefekte oder Tumoren, lassen sich noch nicht adäquat behandeln. Man sucht deshalb nach Wegen um solche Erkrankungen durch Übertragung von Genen in die betroffenen Zellen zu therapieren (Gentherapie). Bisher sind nur wenige Verfahren dieser Art in der Klinik etabliert. Von den vielen denkbaren Anwendungen der Gentherapie besprechen wir hier nur ein Beispiel: Fällt durch Mutation ein Enzym E1 aus (Mitte), wird sein Substrat B nicht mehr in C umgewandelt und staut sich intrazellulär an. Dies kann zu Zellschädigungen durch B selbst oder durch ein daraus gebildetes toxisches Produkt X führen. Ein Behandlungsversuch mit intaktem Enzym E1 würde scheitern, da Proteine die Zellmembran nicht passieren können. Dagegen ist es im Prinzip möglich, ein Virus (S. 472) als Vektor zu nutzen um ein FremdGen in die Zelle zu schleusen (meist werden Adeno- oder Retroviren eingesetzt). Das Genprodukt könnte das defekte E1 ersetzen oder B in ein harmloses Produkt Y umwandeln. Ein anderer Ansatz nutzt sog. siRNA (B). Im gezeigten Fall ließe sich so z. B. die Synthese von E2 und damit die Bildung des toxischen Produkts X verhindern.

B. RNA-Interferenz Wie im Abschnitt über Ribonucleinsäuren (S. 76) besprochen, wird die Expression von Genen auch durch kleine RNA-Moleküle (ncRNAs) reguliert. Sog. siRNAs (small interfering RNAs) entstehen z. B. aus Virus-DNA durch Replikation und Spaltung mithilfe einer Ribonuclease namens „Dicer“ [1]. Die gebildeten einzelsträngigen RNA-Fragmente aus 21– 23 Nucleotiden treten mit Proteinen zum sog. RISC-Komplex (RNA-induced silencing complex) zusammen und binden dann spezifisch an bestimmte mRNAs. Dies hemmt die Trans-

27

lation der betreffenden mRNA und führt außerdem mithilfe der katalytischen Komponente des Komplexes („Argonaut“, [2]) zu ihrem Abbau, mit der Folge, dass das betreffende Gen nicht mehr wirksam werden kann (daher „silencing“ – zum Schweigen bringen). Die Wirkung von miRNAs ist ähnlich wie die der siRNAs und wird ebenfalls vom RISC-Komplex vermittelt.

C. Genome Editing (CRISPR/Cas) Ein neues, hochpräzises Verfahren zur Veränderungen von Genen wird als Genome Editing bezeichnet. Diese sog. „Genschere“ nutzt Elemente eines Systems namens CRISPR/Cas, das von Bakterien zur Abwehr von Bakteriophagen (S. 472) eingesetzt wird. Im Gegensatz zur Einschleusung von Fremdgenen mithilfe viraler Vektoren (A), bei der der Einbau zufällig erfolgt, lassen sich mit CRISPR/Cas Gene (auch pflanzliche und tierische) gezielt und punktgenau modifizieren. Die entscheidende Komponente des Systems ist eine bakterielle Endonuclease (S. 248) namens Cas9 [3]. Sie ist in der Lage, anhand einer komplementären Führungs-RNA (sgRNA, single guide RNA) neben sog. PAM-Sequenzen (5‘-NGG-3‘) an doppelsträngige DNA zu binden und dann beide Stränge der Ziel-DNA an einer vorgegebenen Stelle zu schneiden. In tierischen Zellen kann der entstandene Doppelstrangbruch auf unterschiedliche Weise repariert werden: Bietet man zusätzlich eine doppelsträngige Donor-DNA an, kann man mithilfe des zelleigenen Reparatursystem (S. 266) HDR (homology directed repair) kurze Sequenzen oder einzelne Nucleotide in die Ziel-DNA einfügen. Fehlt eine Donor-DNA, wird das unspezifische Reparatursystem NHEJ (non-homologous end joining) aktiv und erzeugt Insertionen oder Deletionen, die das Zielgen in der Regel inaktivieren. Bei der praktischen Anwendung des CRISPR/Cas-Systems geht man folgendermaßen vor: Zunächst fusioniert man eine synthetische crRNA, die einen zum Zielgen komplementären Abschnitt enthält, mit einer konstanten trcrRNA zu einer sgRNA, die dann nach Umschreiben in DNA zusammen mit dem cas9-Gen in ein Plasmid (S. 268) kloniert wird. Dieses wird dann – gegebenenfalls zusammen mit einer Donor-DNA – in eine Zielzelle, z. B. eine Stammzelle (S. 246) transfiziert, wo die Komponenten exprimiert werden und die gewünschte Veränderung der DNA hervorrufen.

5 Molekulare Genetik

5.2 Gentechnik

Abb. 5.18 Gentechnik in der Medizin (C. Quelle PDB: 5AXW)

275

Kapitel 6 Gewebe und Organe

6.1

Verdauungssystem

278

6.2

Blut

290

6.3

Immunsystem

314

6.4

Leber

328

6.5

Fettgewebe

344

6 6.6

Niere

348

6.7

Muskel

354

6.8

Bindegewebe

362

6.9

Gehirn und Sinnesorgane

372

Integration des Stoffwechsels

386

6.10

6.1 Verdauungssystem Übersicht Die meisten Bestandteile der Nahrung (S. 398) kann der Organismus nicht direkt resorbieren. Erst nach ihrem Abbau zu kleineren Molekülen ist er in der Lage, die lebensnotwendigen Inhaltsstoffe aufzunehmen. Unter Verdauung versteht man die mechanische und enzymatische Zerlegung der Nahrungsstoffe und die Resorption der Spaltprodukte.

6 Gewebe und Organe

A. Hydrolyse und Resorption von Nahrungsbestandteilen Die Verdauung beginnt im Mund mit der mechanischen Zerkleinerung der Nahrung durch Kauen. Die Enzyme des Speichels dienen eher der Mundhygiene als dem Verdauungsprozess. Im Magen setzt dann der enzymatische Abbauprozess der Nahrungsbestandteile ein. Der Speisebrei wird dazu mit Verdauungsenzymen vermischt, die in den verschiedenen Verdauungssäften enthalten sind oder membrangebunden auf der Oberfläche des Darmepithels vorkommen (S. 284). Fast alle Verdauungsenzyme sind Hydrolasen (Enzyme Klasse 3) (S. 82); sie katalysieren die Spaltung zusammengesetzter Verbindungen unter Aufnahme von Wasser. Proteine werden zunächst durch die Salzsäure (S. 282) des Magens denaturiert, was sie für die Endopeptidasen (Proteinasen) des Magensaftes und des Pankreassekrets leichter angreifbar macht. Die von Endopeptidasen freigesetzten Peptide werden durch Exopeptidasen weiter zu Aminosäuren gespalten. Diese werden schließlich von der Darmmukosa im Cotransport mit Na+-Ionen resorbiert (sekundäraktiver Transport) (S. 210). Für die einzelnen Gruppen von Aminosäuren gibt es jeweils getrennte Transportsysteme (S. 284). Kohlenhydrate kommen in der Nahrung vorwiegend als Polymere (Stärke und Glycogen) vor. Sie werden durch die Pankreas-Amylase zu Oligosacchariden gespalten und dann durch Glycosidasen, die auf der Oberfläche des Darmepithels lokalisiert sind, zu Monosacchariden hydrolysiert. Glucose und Galactose werden in die Enterocyten sekundäraktiv im Cotransport mit Na+-Ionen aufgenommen (S. 284). Außerdem gibt es für Monosaccharide im Darm auch passive Transportsysteme. Nucleinsäuren werden durch die Nucleasen des Pankreas und des Dünndarms (Ribonuclea-

27

sen und Desoxyribonucleasen) in ihre Bausteine zerlegt. Durch weiteren Abbau entstehen die Nucleobasen (Purin- und Pyrimidin-Derivate), Pentosen (Ribose und Desoxyribose), Phosphat und Nucleoside (Nucleobase-Pentose). Diese Spaltprodukte werden von der Darmwand im Bereich des Jejunums resorbiert. Lipide stellen für die Verdauung ein besonderes Problem dar, weil sie in Wasser schlecht löslich sind. Vor dem enzymatischen Abbau müssen sie durch Gallensalze und Phospholipide der Galle emulgiert werden (S. 334). An der Wasser/Lipid-Grenzfläche greift dann die Pankreas-Lipase mithilfe der Co-Lipase die Triacylglycerole (S. 286) an. Spaltprodukte sind Fettsäuren, 2-Monoacylglycerole, Glycerol sowie Phosphat aus dem Phospholipidabbau. Nach der Resorption in die Epithelzellen werden aus Fettsäuren, Glycerol und 2-Monoacylglycerolen wieder Fette resynthetisiert (S. 286) und an das Lymphsystem abgegeben. Leichter verdaulich sind die Lipide der Milch, die bereits als Emulsion vorliegen und z. T. kurzkettige Fettsäuren liefern. Ihre Spaltung beginnt bereits durch Lipasen des Speichels und des Magens. Anorganische Bestandteile wie Wasser und Elektrolyte sowie die Vitamine werden vom Darm direkt resorbiert. Daran können komplizierte Transportsysteme beteiligt sein. Hochmolekulare, unverdauliche Nahrungsbestandteile, z. B. die faserigen Bestandteile der pflanzlichen Zellwände, die vor allem aus Cellulose und Lignin bestehen, passieren den Darm unverändert und bilden neben Zellen der Darmflora und abgestoßenen Zellen der Darmschleimhaut die Hauptmenge der Faeces. Sie tragen als Ballaststoffe durch Wasserbindung und Förderung der Darmperistaltik positiv zur Verdauung bei. Die von den Epithelzellen der Darmwand im Bereich von Jejunum und Ileum resorbierten Nahrungsbestandteile werden über die Pfortader (Vena portae) direkt der Leber zugeführt. Eine Ausnahme machen die Fette, das Cholesterol und die fettlöslichen Vitamine. Sie werden von den Enterocyten in Form von Chylomikronen (S. 286) zunächst an das Lymphsystem abgegeben und gelangen erst über den Milchbrustgang (Ductus thoracicus) ins Blut.

6.1 Verdauungssystem Übersicht Die meisten Bestandteile der Nahrung (S. 398) kann der Organismus nicht direkt resorbieren. Erst nach ihrem Abbau zu kleineren Molekülen ist er in der Lage, die lebensnotwendigen Inhaltsstoffe aufzunehmen. Unter Verdauung versteht man die mechanische und enzymatische Zerlegung der Nahrungsstoffe und die Resorption der Spaltprodukte.

6 Gewebe und Organe

A. Hydrolyse und Resorption von Nahrungsbestandteilen Die Verdauung beginnt im Mund mit der mechanischen Zerkleinerung der Nahrung durch Kauen. Die Enzyme des Speichels dienen eher der Mundhygiene als dem Verdauungsprozess. Im Magen setzt dann der enzymatische Abbauprozess der Nahrungsbestandteile ein. Der Speisebrei wird dazu mit Verdauungsenzymen vermischt, die in den verschiedenen Verdauungssäften enthalten sind oder membrangebunden auf der Oberfläche des Darmepithels vorkommen (S. 284). Fast alle Verdauungsenzyme sind Hydrolasen (Enzyme Klasse 3) (S. 82); sie katalysieren die Spaltung zusammengesetzter Verbindungen unter Aufnahme von Wasser. Proteine werden zunächst durch die Salzsäure (S. 282) des Magens denaturiert, was sie für die Endopeptidasen (Proteinasen) des Magensaftes und des Pankreassekrets leichter angreifbar macht. Die von Endopeptidasen freigesetzten Peptide werden durch Exopeptidasen weiter zu Aminosäuren gespalten. Diese werden schließlich von der Darmmukosa im Cotransport mit Na+-Ionen resorbiert (sekundäraktiver Transport) (S. 210). Für die einzelnen Gruppen von Aminosäuren gibt es jeweils getrennte Transportsysteme (S. 284). Kohlenhydrate kommen in der Nahrung vorwiegend als Polymere (Stärke und Glycogen) vor. Sie werden durch die Pankreas-Amylase zu Oligosacchariden gespalten und dann durch Glycosidasen, die auf der Oberfläche des Darmepithels lokalisiert sind, zu Monosacchariden hydrolysiert. Glucose und Galactose werden in die Enterocyten sekundäraktiv im Cotransport mit Na+-Ionen aufgenommen (S. 284). Außerdem gibt es für Monosaccharide im Darm auch passive Transportsysteme. Nucleinsäuren werden durch die Nucleasen des Pankreas und des Dünndarms (Ribonuclea-

27

sen und Desoxyribonucleasen) in ihre Bausteine zerlegt. Durch weiteren Abbau entstehen die Nucleobasen (Purin- und Pyrimidin-Derivate), Pentosen (Ribose und Desoxyribose), Phosphat und Nucleoside (Nucleobase-Pentose). Diese Spaltprodukte werden von der Darmwand im Bereich des Jejunums resorbiert. Lipide stellen für die Verdauung ein besonderes Problem dar, weil sie in Wasser schlecht löslich sind. Vor dem enzymatischen Abbau müssen sie durch Gallensalze und Phospholipide der Galle emulgiert werden (S. 334). An der Wasser/Lipid-Grenzfläche greift dann die Pankreas-Lipase mithilfe der Co-Lipase die Triacylglycerole (S. 286) an. Spaltprodukte sind Fettsäuren, 2-Monoacylglycerole, Glycerol sowie Phosphat aus dem Phospholipidabbau. Nach der Resorption in die Epithelzellen werden aus Fettsäuren, Glycerol und 2-Monoacylglycerolen wieder Fette resynthetisiert (S. 286) und an das Lymphsystem abgegeben. Leichter verdaulich sind die Lipide der Milch, die bereits als Emulsion vorliegen und z. T. kurzkettige Fettsäuren liefern. Ihre Spaltung beginnt bereits durch Lipasen des Speichels und des Magens. Anorganische Bestandteile wie Wasser und Elektrolyte sowie die Vitamine werden vom Darm direkt resorbiert. Daran können komplizierte Transportsysteme beteiligt sein. Hochmolekulare, unverdauliche Nahrungsbestandteile, z. B. die faserigen Bestandteile der pflanzlichen Zellwände, die vor allem aus Cellulose und Lignin bestehen, passieren den Darm unverändert und bilden neben Zellen der Darmflora und abgestoßenen Zellen der Darmschleimhaut die Hauptmenge der Faeces. Sie tragen als Ballaststoffe durch Wasserbindung und Förderung der Darmperistaltik positiv zur Verdauung bei. Die von den Epithelzellen der Darmwand im Bereich von Jejunum und Ileum resorbierten Nahrungsbestandteile werden über die Pfortader (Vena portae) direkt der Leber zugeführt. Eine Ausnahme machen die Fette, das Cholesterol und die fettlöslichen Vitamine. Sie werden von den Enterocyten in Form von Chylomikronen (S. 286) zunächst an das Lymphsystem abgegeben und gelangen erst über den Milchbrustgang (Ductus thoracicus) ins Blut.

6 Gewebe und Organe

6.1 Verdauungssystem

Abb. 6.1 Verdauungssystem: Übersicht (A. aus Busch W, Balduin Bählamm – Maler Klecksel. Diogenes Verlag, Zürich; 1974)

279

6.1 Verdauungssystem

6 Gewebe und Organe

Verdauungssekrete ▶ Speichel. Die Speicheldrüsen sezernieren ein leicht alkalisches Sekret, das neben Wasser und Salzen Glycoproteine (Mucine) als Gleitmittel, Antikörper und Enzyme enthält. Die αAmylase greift Polysaccharide an und eine Lipase beginnt mit der Hydrolyse von Neutralfetten mit kurz- und mittelkettigen Fettsäuren. Außerdem finden sich im Speichel weitere Komponenten, darunter Haptocorrin, ein Protein, das Vitamin B12 bindet und es bei der Magenpassage vor Salzsäure schützt. Die α-Amylase und das Lysozym, ein Murein-spaltendes Enzym (S. 42), dienen wahrscheinlich weniger der Verdauung als der Kontrolle der bakteriellen Mundflora (S. 362). ▶ Magensaft. Im Magen wird der Nahrungsbrei mit Magensaft durchmischt. Dieses Sekret der Magenschleimhaut (S. 24) ist durch seinen Gehalt an Salzsäure stark sauer (pH 1–3). Es enthält außerdem Schleim (vorwiegend Glycoproteine, sog. Mucine), die die Schleimhaut des Magens vor der Salzsäure schützen, Salze und Pepsinogen (S. 282), das Proenzym („Zymogen“) der Aspartat-Proteinase (S. 172) Pepsin. Außerdem sezerniert die Magenschleimhaut den sog. „intrinsischen Faktor“ (IF). Der Faktor kann Vitamin B12 (den „extrinsischen Faktor“) binden und es vom Haptocorrin übernehmen, wenn dieses im Dünndarm verdaut wird. Der IF ist für die Resorption des Vitamins im Ileum notwendig. Im Magen beginnen Pepsin und verwandte Enzyme die enzymatische Verdauung der Proteine, die 1–3 Stunden dauert. Dann wird der saure Mageninhalt schubweise ins Duodenum (Zwölffingerdarm) entleert, wo er durch das alkalische Pankreassekret neutralisiert und mit Blasengalle vermischt wird. ▶ Pankreassekret. Das Pankreas (Bauchspeicheldrüse) bildet in den Acinus-Zellen ein durch seinen Gehalt an Hydrogencarbonat (HCO3-) alkalisches Sekret, dessen Pufferkapazität ausreicht, die Salzsäure des Magens zu neutralisieren. Im Pankreas-Sekret sind außerdem viele Enzyme enthalten, die die Hydrolyse hochmolekularer Nahrungsbestandteile katalysieren. Alle sind Hydrolasen mit pH-Optima im neutralen oder schwach alkalischen Bereich. Viele werden als Proenzyme („Zymogene“) gebildet, ausgeschüttet und erst im Darmlumen enzymatisch aktiviert (S. 284). Trypsin, Chymotrypsin und Elastase sind Endopeptidasen aus der Gruppe der Serin-Protei-

28

nasen (S. 172). Trypsin hydrolysiert spezifisch Peptidbindungen auf der C-Seite der basischen Aminosäuren Arg und Lys, während Chymotrypsin Peptidbindungen der unpolaren Aminosäuren Tyr, Trp, Phe und Leu bevorzugt. Elastase spaltet vorwiegend auf der C-Seite der aliphatischen Aminosäuren Gly, Ala, Val und Ile. Kleinere Peptide werden von Carboxypeptidasen (S. 172) angegriffen, die als Exopeptidasen einzelne Aminosäuren vom C-terminalen Ende der Peptide abspalten. Die α-Amylase, die wichtigste Endoglycosidase des Pankreas, katalysiert die Hydrolyse von α1→4-Bindungen der polymeren Kohlenhydrate Stärke und Glycogen. Dabei werden Maltose, Maltotriose und einige andere Oligosaccharide frei. Verschiedene pankreatische Enzyme hydrolysieren Lipide, darunter die Lipase mit ihrem Hilfsprotein Co-Lipase (S. 286), die Phospholipase A2 und die Sterol-Esterase. Gallensalze aktivieren die lipidspaltenden Enzyme durch Micellenbildung (s. u.). Mehrere Hydrolasen, insbesondere die Ribonuclease (RNase) und die Desoxyribonuclease (DNase) bauen die in der Nahrung enthaltenen Nucleinsäuren ab. ▶ Galle. Die Leber bildet ein dünnflüssiges Sekret, das nach dem Entzug von Wasser und Salzen in der Gallenblase gespeichert und von dort in das Duodenum ausgeschüttet wird. Die wichtigsten Bestandteile der Galle sind Wasser, anorganische Salze, Gallensäuren und Gallensalze (S. 334), Phospholipide, Gallenfarbstoffe (S. 200) und Cholesterol. Gallensalze emulgieren zusammen mit den Phospholipiden wasserunlösliche Nahrungslipide und aktivieren die Lipasen. Ohne Galle werden die Fette nicht oder nur unvollständig gespalten. Die Folge ist ein sog. „Fettstuhl“. Auch die Resorption der fettlöslichen Vitamine ist dann beeinträchtigt. ▶ Dünndarm-Sekret. Aus den Drüsen des Dünndarms (Lieberkühnsche und Brunnersche Drüsen) werden weitere Verdauungsenzyme in den Darm sezerniert. Zusammen mit Enzymen auf den Mikrovilli der Darmepithel-Zellen (Peptidasen, Glycosidasen u. a.) sorgen sie für die nahezu vollständige Hydrolyse der durch die Endoenzyme vorgespaltenen Nahrungsbestandteile. Damit kann die Resorption der Nahrungsbestandteile beginnen.

6 Gewebe und Organe

6.1 Verdauungssystem

Abb. 6.2 Verdauungssekrete

281

6.1 Verdauungssystem Verdauungsprozesse Nach der mechanischen Zerkleinerung der Nahrung findet der erste intensive chemische Verdauungsprozess im Magen statt. Dazu wird Magensaft sezerniert, der das Produkt mehrerer Zelltypen ist. Belegzellen (Parietalzellen) bilden Salzsäure, Hauptzellen geben Pepsinogen ab und die Nebenzellen schützen die Oberfläche des Magens mit einem Schleim, der sehr große Glycoproteine enthält, die Mucine.

6 Gewebe und Organe

A. Salzsäurebildung Die Sekretion von Salzsäure (H+ und Cl–) durch die Belegzellen ist ein aktiver Prozess, er verbraucht ATP und verläuft gegen einen Konzentrationsgradienten. Denn im Magenlumen mit einem pH von 1 ist die H+-Konzentration etwa 106-mal höher als in den Belegzellen, wo der pH bei 7 liegt. Vorstufen für die exportierten H+-Ionen sind Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O). CO2 diffundiert aus dem Blut in die Belegzellen, wo es durch Carbonat-Dehydratase (Carboanhydrase, [1]), mit H2O zu H+ und Hydrogencarbonat (HCO3–) reagiert. Die H+-Ionen werden von der membrangebundenen H+/K+-austauschenden ATPase [2], einer Transport-ATPase vom P-Typ (S. 212), im Austausch gegen K+ in das Magenlumen transportiert. Das zurückbleibende Hydrogencarbonat wird in einem elektroneutralen Antiport gegen Chlorid-Ionen (Cl–) in das Interstitium und von dort an das Blut abgegeben. Die Cl–-Ionen folgen den sezernierten Protonen durch einen Kanal in das Magenlumen. Die Salzsäure im Magensaft ist für die Verdauung wichtig: Sie aktiviert das Zymogen Pepsinogen zur aktiven Proteinase Pepsin (S. 284). Salzsäure schafft einen optimalen pH für die Pepsin-Wirkung, sie denaturiert Nahrungsproteine, die dadurch von Proteinasen besser angegriffen werden können, und sie tötet Mikroorganismen ab und sterilisiert dadurch den Mageninhalt. Die H+/K+-ATPase lässt sich durch Prazole, z. B. Omeprazol, sehr wirksam hemmen (S. 288).

B. Regulation der Sekretion von Salzsäure, Mucinen und Pepsinogen Die sekretorische Aktivität der Belegzellen (Sekret: HCl), Nebenzellen (Mucine) und Hauptzellen (Pepsinogen) wird durch Neurotransmitter, Hormone und Mediatoren kontrolliert.

28

Es ist erkennbar, dass die Regulation der sekretorischen Aktivitäten des Magens durch ein Netzwerk von Signalwegen geschieht, zu denen sowohl externe Reize (Peptide und Aminosäuren der Nahrung im Magenlumen) als auch interne Reize (Nervus vagus) und eine Rückkopplungsschleife (H+ im Magenlumen) gehören. Die HCl-Sekretion wird durch das Gewebspeptidhormon Gastrin angeregt, das aus den G-Zellen stammt, durch den Mediator Histamin (S. 452), das von den ECL-Zellen sezerniert wird, und vom vegetativen Nervensystem über den Neurotransmitter Acetylcholin. Hemmend wirken das Peptid Somatostatin aus den D-Zellen und bestimmte Prostaglandine (S. 454). Gastrin gehört zur Gruppe der gastrointestinalen Hormone (S. 452). Die Pepsinogenbildung und -Sekretion in den Hauptzellen wird ebenfalls durch Gastrin und Acetylcholin stimuliert. Die Sekretion der Mucine aus den Nebenzellen wird von Acetylcholin, Sekretin und Prostaglandin E1 (PGE1) stimuliert und von Glucocorticoiden gehemmt.

Weitere Informationen ▶ Schutz vor Selbstverdau. Der Magen und das Pankreas geben die meisten proteolytischen Enzyme in inaktiver Form als Proenzyme (Zymogene) ins Duodenum ab um eine Selbstverdauung zu verhindern. Im Magen wird das Pepsinogen in saurer Umgebung durch Abspaltung von Peptiden zu Pepsinen umgewandelt. Da ihr pH-Optimum im sauren Bereich liegt, sind die Pepsine nur bei dem niedrigen pHWert des Magensaftes aktiv. Gegen den Selbstverdau der Magenwand schützen die Mucine durch Bildung eines Schutzfilms. Im Pankreas bieten Proteinase-Inhibitoren einen zusätzlichen Schutz vor den Folgen einer vorzeitigen Aktivierung der Pankreas-Proteinasen. Sollten die Zymogene der Pankreashydrolasen vorzeitig aktiviert werden, dann werden sie durch Komplexbildung mit den Inhibitoren inaktiviert (S. 284). Im Pankreassekret nimmt das Trypsinogen eine Schlüsselrolle ein. Es wird erst im Darm von der Enteropeptidase, einem Membranenzym auf der Oberfläche der Enterocyten, proteolytisch in aktives Trypsin umgewandelt. Dieses aktiviert dann autokatalytisch weitere Trypsinogen-Moleküle und die anderen Proenzyme (S. 284).

6 Gewebe und Organe

6.1 Verdauungssystem

Abb. 6.3 Verdauungsprozesse

283

6.1 Verdauungssystem

6 Gewebe und Organe

Resorption I Die Resorption der Spaltprodukte läuft in erster Linie im Dünndarm ab, nur Ethanol und kurzkettige Fettsäuren werden teilweise schon im Magen resorbiert. Dabei wird der Resorptionsprozess durch die große Oberfläche des Darms erleichtert. Lipophile Moleküle durchdringen die Plasmamembran der Mucosazellen meist durch einfache Diffusion, polare Moleküle benötigen dazu Transporter, siehe erleichterte Diffusion (S. 210). In vielen Fällen beobachtet man auch einen carriervermittelten Cotransport mit Na+- oder H+-Ionen. Dabei treibt das Konzentrationsgefälle der Na+-Ionen (Konzentration im Darmlumen hoch und in den Mucosazellen niedrig) den Import von Nahrungsstoffen gegen einen Konzentrationsgradienten an (sekundär-aktiver Transport) (S. 210).

A. Verdauung von Proteinen und Polysacchariden Die Verdauung der Proteine beginnt im Magen und setzt sich im Dünndarm fort. Nach ihrer Denaturierung durch Salzsäure (S. 282) spalten das Pepsin [1] des Magens und die pankreatischen Proteinasen Trypsin [2], Chymotrypsin [3], Elastase [4] die Polypeptide zu Oligopeptiden. Diese werden von den Carboxypeptidasen A und B [5] weiter hydrolysiert. Beim Proteinverdau wirken die Proteinasen mit ihren unterschiedlichen Substratspezifitäten zusammen. Schließlich werden viele Oligopeptide von Aminopeptidasen [6] am Bürstensaum zu Aminosäuren hydrolysiert. Die wichtigsten verdaubaren Kohlenhydrate der Nahrung sind Stärke, Lactose und Saccharose. Sie werden durch enzymatische Hydrolyse im Dünndarm vollständig zu Monosacchariden gespalten. Die Polysaccharide werden durch α-Amylase [7] hydrolysiert, eine Endoglycosidase des Speichels und Pankreassekrets, die nur α-1,4-glycosidische Bindungen angreift. Dabei entstehen Oligosaccharide (sog. Grenzdextrine), die dann von Exoglycosidasen weiter abgebaut werden. Es handelt sich dabei um die Oligosaccharidasen und Disaccharidasen Glucoamylase [8], Saccharase-Isomaltase [9], Trehalase [10] und β-GlycosidaseKomplex (mit Lactase-Aktivität [11]). Diese Enzyme sind als integrale Membranproteine oder über einen GPI-Anker mit der Plasmamembran des Bürstensaums fest verbunden.

28

Cellulose, Hemicellulose, Lignine, Pectine und ähnliche pflanzliche Kohlenhydrate werden von den Enzymen des Menschen nicht abgebaut.

B. Zymogenaktivierung Verdauungsenzyme, die die Oberfläche des Gastrointestinaltrakts angreifen können, werden als Proenzyme (Zymogene) in den Verdauungstrakt sezerniert und erst dort durch limitierte Proteolyse aktiviert: Pepsinogen wird im Magen durch H+ zu Pepsin umgewandelt (S. 282). Trypsinogen des Pankreassekrets wird erst im Dünndarm durch Enteropeptidase („Enterokinase“) zu Trypsin gespalten. Trypsin aktiviert nun die folgenden Zymogene des Pankreassekrets: Chymotrypsinogen, Proelastase, Procarboxypeptidasen, Prophospholipase A2. Autokatalytisch aktiviert es auch sich selbst. Eine vorzeitige Aktivierung des Trypsinogens im Pankreas wird durch die Anwesenheit eines Trypsininhibitors verhindert.

C. Resorption von Zuckern und Aminosäuren Die freigesetzten Monosaccharide gelangen durch verschiedene zuckerspezifische Transporter in die Zellen des Darmepithels. Ein sekundär-aktiver Transport auf der luminalen Seite dient der Aufnahme von Glucose und Galactose, die von einem Na+-Glucose-Symporter (SGLT) im Cotransport mit Na+ transportiert werden. Der Na+-Gradient wird durch die Na+/K+-ATPase auf der basalen Seite der Zellen aufrechterhalten. Über einen passiv arbeitenden Glucose-Transporter Glut-2 (S. 212) gelangen Glucose und Galactose dann in das Blut. Fructose und andere Monosaccharide werden durch erleichterte Diffusion mithilfe von Glut-5 in die Enterocyten aufgenommen und von Glut-2 an das Blut abgegeben. Auch die Aminosäuren werden von den Enterocyten aus dem intestinalen Lumen durch sekundär-aktiven Transport (Cotransport mit Na+) oder Antiport aufgenommen. Für die einzelnen Aminosäure-Gruppen gibt es dazu gruppenspezifische Transportsysteme. Di- und Tripeptide werden durch einen Cotransport mit H+ aufgenommen und dann intrazellulär von Peptidasen gespalten (nicht gezeigt). Schließlich geschieht die Abgabe der Aminosäuren an das Blut durch erleichterte Diffusion.

6 Gewebe und Organe

6.1 Verdauungssystem

Abb. 6.4 Resorption I

285

6.1 Verdauungssystem Resorption II

B. Resorption und Resynthese der Lipide

Fette, die wichtigste Gruppe von Lipiden in unserer Nahrung, sind schlecht wasserlöslich. Je größer ihre Oberfläche ist, d. h. je besser die Fette zu kleinen Tröpfchen emulgiert sind, desto leichter können sie von Enzymen hydrolysiert werden.

Die Pankreas-Lipase [1] hydrolysiert die Esterbindungen von Fetten (Triacylglycerolen) vor allem in Position 1 und 3 des Glycerols. Dadurch werden Fettsäuren und 2-Monoacylglycerole freigesetzt, die in den Micellen zusammen mit anderen Nahrungslipiden (Lysolecithine, Cholesterol, lipidlösliche Vitamine) verbleiben. Durch Kontakt der Micellen mit den Mikrovilli der intestinalen Epithelzellen werden diese Lipide in den Körper aufgenommen, wahrscheinlich durch Diffusion. Die besser wasserlöslichen kurzen und mittelkettigen Fettsäuren (Länge: C4–C10) können ohne Hilfe der Micellen resorbiert werden. Durch vollständige Hydrolyse der Triacylglycerole wird auch etwas Glycerol freigesetzt und resorbiert. In den Mucosazellen werden die langkettigen Fettsäuren (Länge: C12–C18) durch eine ATP-abhängige Ligase [2] zu Acyl-CoA aktiviert und unter Verwendung des 2-Monoacylglycerols zu Triacylglycerol (Fett) resynthetisiert. Dieser Weg der Fettsynthese (S. 164) unterscheidet sich von der Fettsynthese in Leber und Fettgewebe, die über Phosphatidsäuren verläuft. Die Fette werden von den Intestinalzellen in Form von Chylomikronen verpackt. Dies sind Lipoprotein-Komplexe (S. 294), die die Darmepithelzellen bilden, um die aufgenommenen Lipide in eine wasserlösliche Transportform umzuwandeln. Die Entstehung der Chylomikronen in den Enterocyten beginnt mit der Synthese des Apoproteins B-48 (Apo B-48). Das Protein wird vom gleichen Gen wie das Apo B-100 der Leber codiert. Jedoch ist das Apo-B-48 wesentlich kürzer, weil in seinem Primärtranskript durch RNA-Editing ein Stopp-Codon generiert wird (nicht gezeigt). Die Chylomikronen werden nach ihrer Beladung mit Lipiden durch Exocytose in die Lymphe abgegeben und gelangen unter Umgehung der Leber in den Ductus thoracicus, d. h. ins Blut. Sie transportieren dabei nicht nur Fette, sondern auch Phospholipide, Cholesterol und fettlösliche Vitamine. Kurzkettige Fettsäuren (Länge < C8) z. B. aus den Lipiden der Milch werden nicht in Fette eingebaut, sondern von den Enterocyten direkt an das Blut abgegeben. Sie gelangen so unmittelbar über die Pfortader in die Leber. Das resorbierte Glycerol kann diesen Weg ebenfalls nehmen.

6 Gewebe und Organe

A. Fetthydrolyse Die Spaltung der Fette im Magen-Darmtrakt wird von Lipasen katalysiert, deren wichtigste die Pankreas-Lipase ist. Ihre Substrate, die Fette, sind in der wässrigen Umgebung des Darmlumens jedoch schlecht zugänglich, weil sie wegen des „hydrophoben Effektes“ in der wässrigen Umgebung zu größeren Fetttropfen aggregieren. Hier helfen die amphipathischen Substanzen der Galle, die Gallensäuren (S. 334), Gallensalze und Phospholipide. Sie lagern sich auf die Nahrungslipide und erzeugen eine Emulsion fein verteilter Tröpfchen mit großer Oberfläche. Gemeinsam mit dem Hilfsprotein Co-Lipase vermitteln die Gallensalze die Bindung der Triacylglycerol-Lipase [1] an die emulgierten Lipide. Die Aktivierung der Lipase wird durch eine Konformationsänderung in der C-terminalen Domäne des Enzyms ausgelöst, die das aktive Zentrum freilegt. Die aktivierte Lipase hydrolysiert die Esterbindungen von Fetten. Es entstehen dadurch kleine Micellen (S. 34), deren Bestandteile schließlich von den Enterocyten resorbiert werden. Die Gallensäuren (S. 334) werden ebenfalls resorbiert (im Ileum). Die Verdauung der Lipide erfordert die Kontraktion der Gallenblase und die Sekretion der pankreatischen Enzyme. Beide Prozesse werden durch das Darmhormon Cholecystokinin (S. 452) ausgelöst, wenn Mageninhalt in den Dünndarm übertritt. Lipasen kommen im Speichel, Magensaft und Pankreassekret vor. Die Lipasen zeigen eine gewisse Substrat- und Reaktionsspezifität in Bezug auf die Kettenlänge der Fettsäuren, das pH-Optimum und die Position der Spaltung. Während Triacylglycerol-Lipase auf Fette spezialisiert ist, spaltet Phospholipase A2 (PLA2) bevorzugt Phospholipide in Position C-2 des Glycerols. PLA2 wird im Pankreas als Proenzym (S. 284) gebildet.

28

6 Gewebe und Organe

6.1 Verdauungssystem

Abb. 6.5 Resorption II

287

6.1 Verdauungssystem Pathobiochemie

6 Gewebe und Organe

A. Gastritis und Ulcus Im Magen gibt es ein Gleichgewicht zwischen der Produktion von Salzsäure (HCl) und Mucinen (S. 280). Störungen dieses Gleichgewichts können dazu führen, dass der Magen beginnt, sich selbst zu verdauen. Eine Gastritis (Magenschleimhautentzündung) und im längeren Verlauf ein Ulcus (Magengeschwür) können verschiedene Ursachen haben. Die Mucinbildung wird z. B. durch Glucocorticoide reduziert (Ursachen endogen: Stress; exogen: Medikamente). Auch Hemmstoffe der Prostaglandin-Synthese (nichtsteroidale Antiphlogistika, NSA; z. B. Acetylsalicylat) haben diese Wirkung. Auf der anderen Seite kann eine Hypersekretion von HCl durch eine gesteigerte Vagusreizung (durch Nicotin und Alkohol) oder erhöhte Konzentrationen an Histamin oder Gastrin ausgelöst werden. An der Entstehung von Gastritis und Ulcus ist meist auch noch das säureangepasste Bakterium Helicobacter pylori beteiligt. Die Gabe von säureneutralisierenden Medikamenten (Antacida) ist ein erster Schritt, um die HCl-Konzentration zu mindern. Die Säurebildung lässt sich direkt durch Hemmstoffe der H+/K+-ATPase blockieren, z. B. mit Omeprazol. Diese Hemmstoffe sind sog. Prodrugs. Sie werden erst in saurer Umgebung reaktiv und blockieren dann die Protonen-Pumpe irreversibel durch Knüpfung einer kovalenten Bindung. Antihistaminika (H2-Blocker) wie Ranitidin greifen hemmend in die Steuerung der HClProduktion ein. Helicobacter kann mit Antibiotika bekämpft werden.

B. Störungen der Kohlenhydratverdauung Unverdaute Kohlenhydrate können Bakterien im Dickdarm als Nahrungsquelle dienen. Durch den Stoffwechsel der Bakterien entstehen im Kolon Gase (vorwiegend H2, CO2 und CH4), kurzkettige Fettsäuren und Lactat. Die Gase führen zu Flatulenz (Darmwinde), die Fettsäuren werden von den Mucosazellen des Kolons resorbiert und das Lactat sorgt für eine Retention von Wasser, was eine Diarrhoe (Durchfall) verursachen kann. Besonders verbreitet ist der Lactase-Mangel bei Erwachsenen (= Lactoseintoleranz). Beschwerden lassen sich durch Vermeiden von lactosehaltigen Milchprodukten oder durch die Gabe von magenresistenten Lactase-Präparaten beheben.

28

Weitere Störungen betreffen genetische Defekte von Disaccharidasen des Bürstensaums und von Transportern für einzelne Monosaccharide. Die Folge ist eine Malabsorption der betroffenen Zucker. Beispiele sind eine Saccharoseintoleranz (Störung der Saccharase-Isomaltase) und die intestinale Fructoseintoleranz (Störung des Glut-5) (S. 212). Erbsen, Bohnen und Linsen (Leguminosen) enthalten neben Stärke auch Oligosaccharide aus 1,6-verknüpfter Galactose, die von den Disaccharidasen des Menschen nur unzureichend gespalten werden. Zöliakie (Sprue) ist eine Verdauungsstörung, die von dem Getreideprotein Gluten (Klebereiweiß) verursacht werden kann. Gluten besteht u. a. aus Gliadin, das in den Enterozyten durch eine Transglutaminase so modifiziert wird, dass es eine Entzündung der Darmschleimhaut auslöst, an der das Immunsystem beteiligt ist.

C. Fettblocker und Fettersatzstoffe Um bei starker Adipositas die Kalorienaufnahme medikamentös zu begrenzen, gibt es verschiedene Ansätze. Ein Weg ist, mit Medikamenten die Fettverdauung zu blockieren. Dazu werden Hemmstoffe der Magen- und Pankreas-Lipase, sog. Fettblocker, eingesetzt, z. B. Orlistat (Xenical). Die Nahrungsfette werden dann unverdaut wieder ausgeschieden. Ein zweiter Weg ist, Fette durch Stoffe in der Nahrung zu ersetzen, die den Geschmack und die Konsistenz von Fetten haben, aber unverdaulich sind. Einer dieser Fettersatzstoffe ist Olestra (in Europa nicht zugelassen), eine mit Fettsäuren vollständig veresterte Saccharose (OctaacylSaccharose), die von den Lipasen des Verdauungstraktes nicht gespalten werden kann und deshalb unverändert wieder ausgeschieden wird. ▶ Störungen der Aminosäure-Aufnahme. Die verschiedenen Transportsysteme für Aminosäuren (S. 284) können defekt sein. Bei der Cystinurie ist die Aufnahme basischer Aminosäuren (Arg, Lys, Orn) und des Cystins aus dem Lumen des Darms und dem Primärharn im proximalen Nierentubulus gestört. Bei der seltenen Hartnup-Krankheit ist die Aufnahme neutraler Aminosäuren defekt. Es kommt besonders zu einem Defizit an Tryptophan.

6 Gewebe und Organe

6.1 Verdauungssystem

Abb. 6.6 Verdauungssystem: Pathobiochemie

289

6.2 Blut Zusammensetzung und Funktionen

B. Zelluläre Elemente

Das Blut des Menschen macht etwa 8 % seines Körpergewichts aus. Es besteht aus Zellen und Zellbruchstücken in einer wässrigen Lösung, dem Blutplasma. Der Anteil der zellulären Elemente am Gesamtvolumen, der sog. Hämatokrit, beträgt etwa 45 %.

Die festen Elemente des Blutes sind die Erythrocyten (rote Blutkörperchen), Leukocyten (weiße Blutkörperchen) und die Thrombocyten (Blutplättchen). Die Erythrocyten besorgen den Gastransport im Blut (S. 298). Sie werden in Reaktive Sauerstoffspezies (S. 300) und Erythrocytenstoffwechsel (S. 302) genauer besprochen. Zu den Leukocyten gehören die verschiedenen Formen von Granulocyten, Monocyten und Lymphocyten. Alle haben Funktionen in der Immunabwehr (S. 314). Die neutrophilen Granulocyten, die Monocyten sowie die aus Monocyten abgeleiteten Makrophagen sind Fresszellen (Phagocyten). Sie können eingedrungene Krankheiterreger aufnehmen und abbauen. Die Lymphocyten unterteilt man in zwei Gruppen, die B- und die T-Lymphocyten. B-Lymphocyten produzieren Antikörper, während die T-Lymphocyten die Immunantwort steuern oder virusinfizierte Zellen und Tumorzellen abtöten. Die eosinophilen und basophilen Granulocyten haben besondere Aufgaben bei der Abwehr tierischer Parasiten. Thrombocyten sind Zellbruchstücke, die im Knochenmark aus großen Vorläuferzellen, den Megakaryocyten, entstehen. Ihre Aufgabe ist die Förderung der Hämostase (S. 306).

A. Aufgaben des Blutes

6 Gewebe und Organe

Das Blut ist das wichtigste Transportmedium des Körpers, es dient der Konstanthaltung des „inneren Milieus“ (Homöostase) und ist entscheidend an der Abwehr von Krankheitserregern beteiligt. ▶ Transport. Mit dem Blut werden die Gase Sauerstoff und Kohlendioxid transportiert. Das Blut vermittelt den Stoffaustausch zwischen den Organen und nimmt den Geweben die Stoffwechsel-Endprodukte ab, um sie zur Ausscheidung zur Lunge, Leber und Niere zu transportieren. Das Blut verbreitet außerdem die Hormone (S. 430) im Organismus. ▶ Homöostase. Das Blut sorgt für eine ausgeglichene Verteilung des Wassers zwischen dem Blutgefäßsystem, den Zellen (Intrazellularraum) und dem Extrazellularbereich. Der Säure-Basen-Haushalt (S. 304) wird vom Blut im Zusammenwirken mit Lunge, Leber und Niere reguliert. Auch die geregelte Körpertemperatur hängt vom kontrollierten Wärmetransport durch das Blut ab. ▶ Abwehr. Gegen Krankheitserreger, die in den Organismus eingedrungen sind, setzt sich der Organismus sowohl mit unspezifischen als auch mit spezifischen Mechanismen zur Wehr. Zum Abwehrsystem gehören die Zellen des Immunsystems (S. 314) und bestimmte Plasmaproteine. ▶ Selbstschutz. Um bei Gefäßverletzungen einen Blutverlust zu vermeiden, besitzt das Blut Systeme zur Blutstillung und Blutgerinnung (Hämostase) (S. 306). Auch die Wiederauflösung von Blutgerinnseln (Fibrinolyse) (S. 308) wird vom Blut selbst besorgt.

29

C. Blutplasma: Zusammensetzung Das Blutplasma ist eine wässrige Lösung von Elektrolyten, Nahrungsstoffen, Metaboliten, Proteinen, Vitaminen, Spurenelementen und Signalstoffen. Die flüssige Phase von geronnenem Blut wird als Blutserum bezeichnet. Es unterscheidet sich vom Plasma durch das Fehlen von Fibrinogen und anderen Gerinnungsproteinen (S. 306). Die Zusammensetzung des Blutplasmas wird im klinisch-chemischen Labor häufig bestimmt. Bei den Elektrolyten fallen im Vergleich zum Cytoplasma die relativ hohe Konzentration von Na+, Ca2 + und Cl–-Ionen im Blut auf. Dagegen sind die Konzentrationen von K+-, Mg2 + - und Phosphat-Ionen in den Zellen höher. Auch die Proteine sind intrazellulär höher konzentriert. Die Elektrolyt-Zusammensetzung des Plasmas ähnelt der des Meerwassers, was auf die Evolution aus frühen Lebensformen im Meer zurückgeht. Annähernd isotonisch zum Blutplasma ist die sog. „isotonische Kochsalzlösung“ (NaCl in einer Konzentration von 0,9 Gewichts-%, 0,154 mol · L–1). Eine Liste besonders wichtiger Metabolite und ihrer Konzentrationen im Blutplasma ist rechts zusammengestellt.

6.2 Blut Zusammensetzung und Funktionen

B. Zelluläre Elemente

Das Blut des Menschen macht etwa 8 % seines Körpergewichts aus. Es besteht aus Zellen und Zellbruchstücken in einer wässrigen Lösung, dem Blutplasma. Der Anteil der zellulären Elemente am Gesamtvolumen, der sog. Hämatokrit, beträgt etwa 45 %.

Die festen Elemente des Blutes sind die Erythrocyten (rote Blutkörperchen), Leukocyten (weiße Blutkörperchen) und die Thrombocyten (Blutplättchen). Die Erythrocyten besorgen den Gastransport im Blut (S. 298). Sie werden in Reaktive Sauerstoffspezies (S. 300) und Erythrocytenstoffwechsel (S. 302) genauer besprochen. Zu den Leukocyten gehören die verschiedenen Formen von Granulocyten, Monocyten und Lymphocyten. Alle haben Funktionen in der Immunabwehr (S. 314). Die neutrophilen Granulocyten, die Monocyten sowie die aus Monocyten abgeleiteten Makrophagen sind Fresszellen (Phagocyten). Sie können eingedrungene Krankheiterreger aufnehmen und abbauen. Die Lymphocyten unterteilt man in zwei Gruppen, die B- und die T-Lymphocyten. B-Lymphocyten produzieren Antikörper, während die T-Lymphocyten die Immunantwort steuern oder virusinfizierte Zellen und Tumorzellen abtöten. Die eosinophilen und basophilen Granulocyten haben besondere Aufgaben bei der Abwehr tierischer Parasiten. Thrombocyten sind Zellbruchstücke, die im Knochenmark aus großen Vorläuferzellen, den Megakaryocyten, entstehen. Ihre Aufgabe ist die Förderung der Hämostase (S. 306).

A. Aufgaben des Blutes

6 Gewebe und Organe

Das Blut ist das wichtigste Transportmedium des Körpers, es dient der Konstanthaltung des „inneren Milieus“ (Homöostase) und ist entscheidend an der Abwehr von Krankheitserregern beteiligt. ▶ Transport. Mit dem Blut werden die Gase Sauerstoff und Kohlendioxid transportiert. Das Blut vermittelt den Stoffaustausch zwischen den Organen und nimmt den Geweben die Stoffwechsel-Endprodukte ab, um sie zur Ausscheidung zur Lunge, Leber und Niere zu transportieren. Das Blut verbreitet außerdem die Hormone (S. 430) im Organismus. ▶ Homöostase. Das Blut sorgt für eine ausgeglichene Verteilung des Wassers zwischen dem Blutgefäßsystem, den Zellen (Intrazellularraum) und dem Extrazellularbereich. Der Säure-Basen-Haushalt (S. 304) wird vom Blut im Zusammenwirken mit Lunge, Leber und Niere reguliert. Auch die geregelte Körpertemperatur hängt vom kontrollierten Wärmetransport durch das Blut ab. ▶ Abwehr. Gegen Krankheitserreger, die in den Organismus eingedrungen sind, setzt sich der Organismus sowohl mit unspezifischen als auch mit spezifischen Mechanismen zur Wehr. Zum Abwehrsystem gehören die Zellen des Immunsystems (S. 314) und bestimmte Plasmaproteine. ▶ Selbstschutz. Um bei Gefäßverletzungen einen Blutverlust zu vermeiden, besitzt das Blut Systeme zur Blutstillung und Blutgerinnung (Hämostase) (S. 306). Auch die Wiederauflösung von Blutgerinnseln (Fibrinolyse) (S. 308) wird vom Blut selbst besorgt.

29

C. Blutplasma: Zusammensetzung Das Blutplasma ist eine wässrige Lösung von Elektrolyten, Nahrungsstoffen, Metaboliten, Proteinen, Vitaminen, Spurenelementen und Signalstoffen. Die flüssige Phase von geronnenem Blut wird als Blutserum bezeichnet. Es unterscheidet sich vom Plasma durch das Fehlen von Fibrinogen und anderen Gerinnungsproteinen (S. 306). Die Zusammensetzung des Blutplasmas wird im klinisch-chemischen Labor häufig bestimmt. Bei den Elektrolyten fallen im Vergleich zum Cytoplasma die relativ hohe Konzentration von Na+, Ca2 + und Cl–-Ionen im Blut auf. Dagegen sind die Konzentrationen von K+-, Mg2 + - und Phosphat-Ionen in den Zellen höher. Auch die Proteine sind intrazellulär höher konzentriert. Die Elektrolyt-Zusammensetzung des Plasmas ähnelt der des Meerwassers, was auf die Evolution aus frühen Lebensformen im Meer zurückgeht. Annähernd isotonisch zum Blutplasma ist die sog. „isotonische Kochsalzlösung“ (NaCl in einer Konzentration von 0,9 Gewichts-%, 0,154 mol · L–1). Eine Liste besonders wichtiger Metabolite und ihrer Konzentrationen im Blutplasma ist rechts zusammengestellt.

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut

Abb. 6.7 Blut: Zusammensetzung und Funktionen

291

6.2 Blut Plasmaproteine Mengenmäßig stellen Proteine den größten Teil der löslichen Bestandteile des Blutplasmas. Mit Konzentrationen zwischen 60 und 80 g · L–1 machen sie etwa 4 % aller Körperproteine aus. Zu ihren Aufgaben gehören der Stofftransport, die Regulation des Wasserhaushalts, die Hämostase und die Abwehr von Krankheitserregern.

6 Gewebe und Organe

A. Plasmaproteine Im Plasma des Menschen kommen mehr als 100 verschiedene Proteine vor. Nach ihrem Verhalten in der Elektrophorese (s. u.) teilt man sie grob in fünf Fraktionen ein, die Albumine sowie die α1-, α2-, β- und γ-Globuline. Die historische Einteilung in Albumine und Globuline basiert auf der Löslichkeit der Proteine: Albumine sind in reinem Wasser löslich, Globuline lösen sich dagegen erst in Anwesenheit von Salzen. Das häufigste Protein im Plasma ist mit etwa 45 g · L–1 das Albumin. Durch seine hohe Konzentration trägt es wesentlich zum kolloidosmotischen Druck des Blutes bei und stellt eine wichtige Aminosäure-Reserve des Körpers dar. Albumin besitzt Bindungsstellen für unpolare Substanzen und fungiert deshalb als Transportprotein für langkettige Fettsäuren, Bilirubin, Pharmaka, sowie manche Steroidhormone und Vitamine. Außerdem bindet Serumalbumin Ca2 + - und Mg2 + -Ionen, sowie Zn2 + und Cu2+. Als einziges der wichtigen Plasmaproteine ist es nicht glycosyliert. Zur Albumin-Fraktion gehört auch Transthyretin (Präalbumin), das zusammen mit anderen Proteinen das Hormon Thyroxin und seine Metabolite transportiert. Die Tabelle nennt weitere wichtige Globuline des Blutplasmas, ihre Masse und Funktionen. Die α- und β-Globuline sind am Transport von Lipiden (Lipoproteine) (S. 294), Hormonen, Vitaminen und Metall-Ionen beteiligt. Außerdem stellen sie die Gerinnungsfaktoren, Protease-Inhibitoren und die Proteine des Komplementsystems (S. 318). Die löslichen Antikörper (Immunglobuline) (S. 324) bilden die Fraktion der γ-Globuline. Bildung und Abbau. Die meisten Plasmaproteine werden von der Leber synthetisiert. Ausnahmen sind die Immunglobuline, die von B-Lymphocyten, den sog. Plasmazellen (S. 320), sezerniert werden, und Peptidhormone, die aus endokrinen Drüsenzellen stammen.

29

Außer Albumin sind fast alle Plasmaproteine Glycoproteine. Sie tragen Oligosaccharide in N- und O-glycosidischer Bindung (S. 44). Unter den Zuckerresten tritt als endständiges Kohlenhydrat häufig die N-Acetyl-Neuraminsäure (S. 40) (Sialinsäure) auf. Neuraminidasen auf der Oberfläche der Gefäß-Endothelien spalten nach und nach die Sialinsäure-Reste ab und legen dadurch Galactose-Einheiten auf der Proteinoberfläche frei. Diese Asialo-Glycoproteine („Asialo-“ = ohne Sialinsäure) werden von Galactose-Rezeptoren auf Hepatocyten erkannt und gebunden. Auf diese Weise erkennt die Leber gealterte Plasmaproteine, nimmt sie durch Endocytose auf und baut sie ab. Die Oligosaccharide auf der Proteinoberfläche bestimmen also die Halbwertszeit der Plasmaproteine, welche Tage bis Wochen beträgt. In der Tabelle können nicht alle wichtigen Plasmaproteine aufgeführt werden. Es fehlen z. B. einige Faktoren des Gerinnungssystems und der Fibrinolyse (S. 308), die Komplementfaktoren (S. 318), die Protease-Hemmer α1-Antiproteinase (α1-Antitrypsin) und α2-Makroglobulin sowie verschiedene Lektine (Kohlenhydrat-bindende Proteine). Bei gesunden Personen ist die Konzentration der Plasmaproteine konstant. Erkrankungen von Organen, die an Ihrer Synthese und am Abbau beteiligt sind, können das Proteinmuster verschieben. So lösen z. B. schwere Verletzungen über Cytokine (S. 456) die vermehrte Bildung von Akutphase-Proteinen aus, zu denen u. a. das C-reaktive Protein (S. 316), α1-Antitrypsin, Haptoglobin, Fibrinogen (S. 306) und der Komplementfaktor C3 (S. 318) gehören. Bei bestimmten Erkrankungen verändern sich auch die Konzentrationen einzelner Plasmaproteine (sog. Dysproteinämien). Das zeigt sich häufig in der Elektrophorese.

B. Trägerelektrophorese Proteine und andere elektrisch geladene Moleküle kann man durch Elektrophorese trennen. Unter den verschiedenen Verfahren ist die Trägerelektrophorese auf Celluloseacetat-Folie besonders einfach. Mit ihrer Hilfe lassen sich die Serumproteine, die bei leicht alkalischen pH-Werten wegen ihres Überschusses an negativen Ladungen alle zur Anode (+ -Pol) wandern, in die genannten fünf Fraktionen auftrennen. Nach Fixieren und Anfärben der Proteine mit Farbstoffen kann man die entstehenden Banden durch Densitometrie quantitativ auswerten.

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut

Abb. 6.8 Plasmaproteine

293

6.2 Blut

6 Gewebe und Organe

Lipoproteine I Die meisten Lipide sind kaum wasserlöslich, manche haben jedoch auch amphipathische Eigenschaften, d. h. sie sind sowohl wasser- als auch fettlöslich. Im Blut würden die hydrophoben Triacylglycerole zu Tropfen zusammenlaufen, die Fettembolien hervorrufen. Amphipathische Lipide dagegen würden sich in die Membranen der Blutzellen einlagern und diese auflösen. Zum Lipidtransport im Blut bedarf es daher besonderer Vorkehrungen. Langkettige Fettsäuren (C12–C18) werden im Blut in Bindung an Albumin transportiert. Mittel- (C8–C10) und kurzkettige (C4–C6) sind dagegen wegen ihrer größeren Hydrophilität frei im Blut gelöst (S. 286). Fette, Phospholipide, Cholesterol und seine Ester sowie fettlösliche Vitamine werden in Form von wasserlöslichen Lipoprotein-Komplexen (Lipoproteine) transportiert, die im Blutplasma in mehreren Arten unterschiedlicher Größe und Zusammensetzung vorkommen.

A. Zusammensetzung von LipoproteinKomplexen Die Lipoprotein-Komplexe (Lipoproteine) sind kugel- oder scheibchenförmige Aggregate aus Lipiden und Proteinen, sog. Apolipoproteinen (Apo). Die Komplexe bestehen aus einem Kern von unpolaren Lipiden (vorwiegend Triacylglycerole und Cholesterol-Ester), der von einer etwa 2 nm dicken, einschichtigen Hülle von amphipathischen Lipiden (Phospholipiden und Cholesterol) umgeben ist (s. Folgeseite, Beispiel des LDL). Die Hülle, in die auch die Apolipoproteine eingelagert sind, verleiht der Oberfläche der Partikel polare Eigenschaften und verhindert so ihre Aggregation zu größeren Teilchen. Je umfangreicher der Lipidkern eines Lipoproteins ist, d. h. je mehr unpolare Lipide er enthält, desto geringer ist seine Dichte. Die Lipoproteine werden meist in fünf Gruppen eingeteilt. Geordnet nach abnehmender Größe und zunehmender Dichte sind dies Chylomikronen und die Chylomikronen-Reste, VLDL (very low density lipoproteins), IDL (intermediate density lipoproteins), LDL (low density lipoproteins) und HDL (high density lipoproteins). Der Anteil der Apolipoproteine liegt zwischen 1 % bei den Chylomikronen und über 50 % bei den HDL. Apolipoproteine, von denen in der Tabelle nur die wichtigsten ge-

29

nannt werden, dienen nicht nur der Löslichkeit, sondern fungieren auch als Erkennungsmoleküle für Membranrezeptoren von Zielzellen (Apo B-100 und Apo E) oder als Aktivatoren für Enzyme und Proteine, die am Lipidstoffwechsel und Lipidaustausch beteiligt sind (Apo A-I, A-II, A-IV, A-V, C-I, C-II und D).

B. Transportfunktionen Die Lipoprotein-Klassen unterscheiden sich nicht nur in der Zusammensetzung, sondern auch in der Art ihrer Entstehung und Funktion. Die Chylomikronen (S. 286) werden in der Darmmukosa gebildet und gelangen unter Umgehung der Leber über die Lymphe ins Blut. Sie besorgen den Transport der Nahrungslipide vom Darm zu den Geweben. Ihr charakteristisches Apolipoprotein ist Apo B-48. Im Blut stimulieren HDL die Entladung von Chylomikronen durch Übertragung von Apo E und Apo C-II. Dies geschieht vor allem im Muskel- und Fettgewebe. Dazu aktiviert das Apo C-II der Chylomikronen eine Lipoprotein-Lipase [1], die sich auf der Oberfläche der Gefäß-Endothelien befindet. Dieses Enzym spaltet den größten Teil der Triacylglycerole. Die freigesetzten Fettsäuren werden lokal von den Zellen aufgenommen, das Glycerol wird zur Leber transportiert. Durch die Spaltung ihrer Lipide schrumpfen die Chylomikronen allmählich zu Chylomikronen-Resten (engl. remnants), die schließlich von der Leber mithilfe von Apo E-Rezeptoren aus dem Blut entfernt werden. VLDL, IDL und LDL sind eng miteinander verwandt. VLDL entstehen in der Leber. Sie dienen dem Transport endogen gebildeter Lipide wie Triacylglycerole, Cholesterol und Phospholipide zu extrahepatischen Geweben. Für VLDL charakteristisch ist das Apo B-100. Ähnlich wie die Chylomikronen schrumpfen VLDL unter dem Einfluss der Lipoprotein-Lipase [1] allmählich und gehen dabei in IDL und schließlich LDL über. Auch dieser Vorgang wird durch Transfer von verschiedenen Apolipoproteinen von HDL stimuliert. LDL enthalten gegenüber VLDL und IDL einen deutlich größeren Anteil an Cholesterol und Cholesterol-Estern. Zellen mit einem Bedarf an Cholesterol binden LDL und nehmen die kompletten Partikel durch rezeptorvermittelte Endocytose auf (s. Folgeseite), der Rest wird von der Leber eingesammelt.

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut

Abb. 6.9 Lipoproteine I

295

6.2 Blut Lipoproteine II

6 Gewebe und Organe

A. Funktion und Schicksal von HDL Die Lipoprotein-Gruppe des Blutplasmas mit der höchsten Dichte und der geringsten Größe sind die HDL (engl. high density lipoproteins; siehe Tab. auf Vorseite). Sie entstehen durch verschiedene Prozesse, hauptsächlich durch Biosynthese in Leber und Intestinum. HDL enthalten in ihrer äußeren Schicht Phospholipide, Cholesterol und eine Reihe von Apolipoproteinen wie A-I, A-II, C-I, C-II, D und E. Im Inneren der HDL finden sich Fette und Cholesterol-Ester. Durch Aufnahme von Phospholipiden und Cholesterol aus den Wänden der Blutgefäße wachsen die HDL und gehen aus einer scheibchenförmigen Struktur in eine kugelige Form über. HDL können mit Geweben und anderen Lipoproteinen Lipide und Apolipoproteine austauschen (siehe auch Abb. B auf Vorseite). 1. Durch reversiblen Transfer von Apo E und Apo C-II auf Chylomikronen und VLDL wird deren Reifung und Entladung gefördert. 2. HDL sammeln das in den Geweben gebildete, überschüssige Cholesterol ein und führen es der Leber zur Entsorgung zu (sog. reverser Cholesteroltransport). 3. Dieser Prozess wird dadurch gefördert, dass das von HDL aufgenommene Cholesterol mit Fettsäuren verestert wird. Die gebildeten Ester gelangen wegen ihrer höheren Lipophilie in den Kern des HDL. Diese Acylierung von Cholesterol wird von einer Lecithin-Cholesterol-Acyltransferase (LCAT) katalysiert, die die HDL aus dem Blut aufnehmen. Lieferant für die Acyl-Gruppen ist das Phospholipid Lecithin, das durch Transfer des Fettsäure-Rests von C-2 des Glycerols auf Cholesterol in Lysolecithin übergeht. 4. Mit Hilfe eines Cholesterolester-Transferproteins (CETP) können HDL mit VLDL Cholesterol-Ester gegen Triacylglycerole und Phospholipide austauschen. VLDL leiten die Cholesterol-Ester über IDL und LDL an die Leber weiter. 5. Reife HDL werden von Hepatocyten mithilfe von Rezeptoren für Apo E gebunden, durch Endocytose aufgenommen und endgültig abgebaut. Außerdem besitzen einige Zellen des Körpers, insbesondere die Makrophagen, sog. Scavenger-(„Müllmänner“-)Rezeptoren, mit deren Hilfe HDL und andere Lipoproteine reversibel gebunden werden

29

können, um Ihren Inhalt zu entladen. Scavenger-Rezeptoren haben meist eine hohe Kapazität und eine geringe Spezifität für ihre Liganden. HDL tragen entscheidend dazu bei, den Blutspiegel an Cholesterol zu senken, indem sie das Cholesterol aus peripherem Gewebe einsammeln und direkt oder über VLDL an die Leber liefern. Dort wird das Cholesterol (S. 332) in Gallensäuren umgewandelt oder direkt in die Galle ausgeschieden. HDL werden deshalb im Gegensatz zum LDL als das „gute Cholesterol“ angesehen.

B. LDL-Bindung an den LDL-Rezeptor Für verschiedene Apolipoproteine gibt es Membranrezeptoren, die auf bestimmten Zielzellen von Lipoproteinen zu finden sind. Besonders gut untersucht ist der LDL-Rezeptor, ein sehr großes Membranprotein, das die Proteine Apo B-100 und Apo E spezifisch und mit hoher Affinität bindet. Mit Hilfe des LDL-Rezeptors wird das LDL von Zellen der Peripherie gebunden und endocytiert. Dies ist ein gutes Beispiel für die rezeptorvermittelte Endocytose (S. 214). Der LDL-Rezeptor ist ein Membranprotein mit modularer Struktur. Er besteht aus fünf Domänen. Die äußerste, Cystein-reiche Domäne kann Apo B-100 und Apo E binden, sie dient der direkten Interaktion mit LDL. In saurer Umgebung (nach Endocytose) ändert sich die Konformation dieser Region und führt zu einer Dissoziation des gebundenen LDL. Die zweite Domäne ist homolog zu dem epidermalen Wachstumsfaktor (EFG). Die dritte Domäne enthält N- und O-glycosidisch verknüpfte Oligosaccharide, die offensichtlich dafür sorgen, dass der Rezeptor weit aus der Membran herausragt. Mit der vierten Domäne ist der Rezeptor in der Plasmamembran verankert. Die fünfte Domäne innerhalb der Zellen stellt das C-terminale Ende dar, das für die Endocytose zuständig ist. Die LDL-Rezeptoren werden vom intrazellulären Cholesterolspiegel reguliert. Durch die Endocytose von LDL wird dessen cholesterolreicher Lipidinhalt dem Blut entzogen und von den Zellen resorbiert. Störungen in diesem Prozess führen deshalb zu einer Hypercholesterolämie (S. 168).

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut

Abb. 6.10 Lipoproteine II

297

6.2 Blut Hämoglobin und Gastransport

B. Allosterische Regulation

Die wichtigste Aufgabe der Erythrocyten ist der Transport von molekularem Sauerstoff (O2) von der Lunge in die Gewebe und von Kohlendioxid (CO2) von den Geweben zur Lunge. Die höheren Organismen benötigen dafür Hämoglobin (Hb), weil O2 schlecht wasserlöslich ist. Hb ist auch für den größten Teil der Pufferkapazität des Blutes (S. 304) verantwortlich.

Wie die ACTase (S. 90) kann auch Hb zwei Zustände (Konformationen) einnehmen, die TForm (engl. tense) und R-Form (engl. relaxed). Die T-Form (oben) besitzt eine viel geringere O2-Affinität als die R-Form (unten). Bindet O2 an die T-Form, führt dies zu einer Konformationsänderung, die den Zusammenhalt zwischen den Ketten schwächt. Mit zunehmendem pO2 gehen deshalb mehr und mehr Moleküle in die affinere R-Form über. Verschiedene allosterische Effektoren beeinflussen das Gleichgewicht zwischen T- und R-Form und regulieren dadurch das Bindungsverhalten des Hämoglobins. Die wichtigsten Effektoren sind CO2‚ H+ und 2,3-Bisphosphoglycerat (BPG) (S. 302).

6 Gewebe und Organe

A. Hämoglobin Das Hb des Erwachsenen (Hb A, 1) ist ein Heterotetramer (S. 66) aus vier Globinmolekülen (zwei α- und zwei β-Ketten von je 16 kDa), die unterschiedliche Sequenzen zeigen, aber ähnlich gefaltet sind. Etwa 80 % der Aminosäurereste bilden α-Helices. Jede Untereinheit trägt eine Häm-Gruppe (S. 96) mit einem zentralen Fe2 + -Ion. Bei der Bindung von O2 an das HämEisen (Oxygenierung) ändert sich die Oxidationsstufe des Eisens nicht. Nur selten kommt es zur Bildung von Methämoglobin (Met-Hb, Hb · Fe3 + ), das kein O2 binden kann. Sein Anteil beträgt i. a. nur 1–2 % (S. 302). Vier der sechs Koordinationsstellen des Eisens sind von den N-Atomen der Pyrrolringe besetzt, eine weitere von einem Histidinrest (dem proximalen Histidin), mit der sechsten koordiniert im Oxy-Hb der Sauerstoff bzw. H2O in der Desoxy-Form. Aufgrund von kooperativen Wechselwirkungen zwischen den Untereinheiten (B) steigt die O2-Affinität des Hb mit dem O2-Partialdruck (pO2) an, was zu einer S-förmigen (sigmoidalen) Sättigungskurve (S. 90) führt (2). Die Form der Kurve ist den O2-Partialdrücken im Körper angepasst: Beim pO2 in den Arterien (80–100 mmHg) ist Hb fast vollständig mit O2 gesättigt, während in peripheren Geweben (30–50 mmHg) schon geringe pO2-Verschiebungen den Sättigungsgrad stark verändern (oben, a–c). Dieser Effekt wird durch allosterische Effektoren des Hb (B) noch verstärkt. So führt eine Verdoppelung des normalen CO2 von 40 mm Hg durch Rechtsverschiebung der Kurve auch zu doppelt so hoher O2-Abgabe (unten, vergl. die Strecken a und b). Dieses Phänomen ist als Bohr-Effekt schon lange bekannt.

29

C. Gastransport im Blut Auch am Transport von Kohlendioxid (CO2) zwischen Geweben und Lunge ist Hb maßgeblich beteiligt. Etwa 5 % des CO2 sind als Carbamino-Hb kovalent an den N-Terminus des Hb gebunden (nicht gezeigt). Über 90 % werden in der Peripherie zunächst in das besser lösliche Hydrogencarbonat (HCO3–) umgewandelt (unten). In der Lunge wird daraus wieder CO2 regeneriert, das abgeatmet werden kann. Beide Prozesse sind mit der Desoxygenierung bzw. Oxygenierung von Hb gekoppelt. Desoxy-Hb ist nämlich eine stärkere Base als Oxy-Hb. Es bindet zusätzliche Protonen (etwa 0,7 H+ pro Tetramer) und fördert dadurch in den Geweben die Umwandlung von CO2 in HCO3–, das über einen Antiporter im Austausch gegen Cl– ins Plasma abgegeben mit diesem zur Lunge transportiert wird. Dort verlaufen die beschriebenen Reaktionen in umgekehrter Richtung: Desoxy-Hb wird oxygeniert und gibt dabei Protonen ab. Diese verschieben das HCO3–/CO2-Gleichgewicht und fördern so die Abgabe von CO2. Über den gleichen Mechanismus wird die O2-Bindung an Hb durch H+-Ionen (d. h. den pH-Wert) gesteuert. Ein hoher pCO2 in Geweben mit intensivem Stoffwechsel, erhöht lokal die H+-Konzentration und erniedrigt dadurch die O2-Affinität des Hämoglobins (Bohr-Effekt, s. o.). Dies führt zu verstärkter O2-Abgabe und damit besserer Sauerstoffversorgung. Unkatalysiert ist die Einstellung des Gleichgewichts zwischen CO2 und HCO3– relativ langsam. Im Blut und in anderen Organen wird sie durch das zinkhaltige Enzym Carboanhydrase [1] beschleunigt, das in den Erythrocyten in hoher Konzentration vorkommt.

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut

Abb. 6.11 Hämoglobin und Gastransport

299

6.2 Blut Reaktive Sauerstoffspezies

6 Gewebe und Organe

Aerob lebende Zellen sind zur Energieproduktion auf molekularen Sauerstoff angewiesen. Andererseits entstehen aus O2 ständig kleine Mengen toxischer Substanzen, die man unter dem Begriff reaktive Sauerstoffspezies (engl. reactive oxygen species, ROS) zusammenfasst. ROS sind starke Oxidationsmittel oder extrem reaktionsfähige freie Radikale (S. 22), die Zellen und funktionelle Moleküle schädigen (oxidativer Stress). Erythrocyten sind wegen ihrer Funktion im O2-Transport ständig hohen O2Konzentrationen ausgesetzt und deshalb durch ROS besonders gefährdet.

A. Reaktive Sauerstoffspezies Das Sauerstoff-Molekül (O2) enthält zwei ungepaarte Elektronen, ist also ein Diradikal. Trotzdem ist O2 aufgrund seiner besonderen Elektronenanordnung relativ stabil. Nimmt das Molekül jedoch ein zusätzliches Elektron auf (a), entsteht das sehr reaktive Superoxidradikal (·O2–). Eine weitere Reduktion (b) führt zum Peroxid-Anion (O22–), das Protonen bindet und dadurch in Wasserstoffperoxid (H2O2) übergeht. Der Einbau eines dritten Elektrons (c) führt zur Aufspaltung des Moleküls in die Ionen O2– und O–. Während O2– durch Aufnahme von zwei Protonen Wasser bildet, liefert die Protonierung von O– das besonders gefährliche Hydroxylradikal (·OH). Eine vierte Elektronenübertragung und anschließende Protonierung überführt auch O– in Wasser. Die Bildung von ROS wird z. B. durch Fe2 + Ionen katalysiert. Auch die Reaktion von O2 mit FMN oder FAD (S. 22) erzeugt ständig ROS. Zum Schutz vor ROS dienen neben Antioxidanzien (B) auch Enzyme: Die Superoxid-Dismutase [1] zerlegt („disproportioniert“) zwei Superoxidradikale in O2 und das weniger schädliche H2O2. Dieses wiederum wird durch die hämhaltige Katalase [2] zu O2 und H2O disproportioniert (S. 230). Neben toxischen Eigenschaften werden den ROS auch Signalfunktionen bei der Homöstase physiologischer Funktionen zugeschrieben.

B. Biologische Antioxidanzien Zum Schutz gegen ROS und andere Radikale enthalten alle Zellen Antioxidanzien. Dies sind Reduktionsmittel, die leicht mit Oxidationsmitteln reagieren und dadurch wichtige Moleküle vor Oxidation schützen. Zu den biologischen

30

Antioxidanzien gehören die Vitamine C und E (S. 408), Ubichinol (Coenzym Q) (S. 96) und einige Carotinoide. Auch Bilirubin (S. 200) und Harnsäure (S. 190) dienen dem Oxidationsschutz. Besonders wichtig ist das Tripeptid Glutathion (C).

C. Glutathion Glutathion (S. 185) (Sequenz: γ-Glu-Cys-Gly) enthält eine atypische γ-Peptid-Bindung zwischen Glu und Cys. Redoxaktiv ist die ThiolGruppe des Cysteinrestes. Zwei Moleküle der reduzierten Form (GSH, oben) werden bei Oxidation zum Disulfid (GSSG, unten) verknüpft, das durch Reduktion wieder in zwei Moleküle GSH zerlegtwerden kann. Glutathion kommt in allen Zellen – auch in Erythrocyten – in millimolaren Konzentrationen vor.

D. Membranschutz Besonders anfällig gegen ROS sind die Acylreste in den Lipiden der Erythrocytenmembran, an denen sich Alkylradikale bilden können (L·, nicht gezeigt), die durch Reaktion mit O2 in Lipidperoxidradikale (LOO·) übergehen. Diese Lipidperoxidation löst Folgereaktionen aus, welche mit der Zeit die Membran und das Hämoglobin irreversibel schädigen. Die Abbildung zeigt, wie Lipidperoxidradikale durch Zusammenwirken chemischer Antioxidanzien und enzymatischer Reaktionen in unschädliche Produkte überführt werden können. Das primäre Antioxidanz ist Vitamin E (α-Tocopherol) das wegen seiner hydrophoben Isoprenoid-Seitenkette in der Membran „schwimmt“. Es reduziert das Peroxidradikal zum harmloseren Lipidperoxid LOOH. Dieses wird durch die selenhaltige Glutathion-Peroxidase (S. 62) ([2]) zu unschädlichen Lipidalkoholen (LOH) weiter reduziert. Coenzym der Reaktion ist Glutathion (GSH, C), das dabei zum Disulfid GSSG oxidiert wird. Im letzten Schritt der Redoxkette regeneriert die Glutathion-Reduktase [1] mithilfe von NADPH wieder funktionsfähiges GSH. Das durch LOO· oxidierte Vitamin E, wird ebenfalls durch GSH regeneriert, wobei als weiteres Redoxsystem Vitamin C zwischengeschaltet ist. Während Erythrocyten unter optimalen Bedingungen mehr als 4 Monate überleben können, gehen sie beim Versagen ihrer Oxidationsschutzsysteme innerhalb weniger Tage zugrunde.

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut

Abb. 6.12 Reaktive Sauerstoffspezies

301

6.2 Blut Erythrocytenstoffwechsel

6 Gewebe und Organe

Die Erythrocyten der Säugetiere sind kernlose Zellen mit einem reduzierten Erhaltungsstoffwechsel. Dieser ist im Wesentlichen auf die anaerobe Glycolyse (S. 140) und den Hexosemonophosphat-Weg (HMW) (S. 142) beschränkt. Deshalb sind Erythrocyten nur lebensfähig, wenn sie ständig mit Glucose versorgt werden. Pro Tag verbrauchen die 3 · 1013 Erythrocyten im menschlichen Blut – unabhängig von der Stoffwechsellage – etwa 36 g Glucose und geben etwa die gleiche Menge Lactat ab, das in der Leber durch Gluconeogenese wieder zu Glucose aufgebaut werden kann (S. 392).

A. Erythrocytenstoffwechsel Das in der Glycolyse gebildete ATP dient vor allem der Versorgung der Na+/K+-ATPase (S. 118), die das Membranpotenzial der Erythrocyten aufrechterhält. Auch der allosterische Effektor des Hämoglobins 2,3-Bisphosphoglycerat (B) ist ein Nebenprodukt der Glycolyse. Ein kleiner Teil des in der Glycolyse gebildeten NADH liefert Reduktionsäquivalente für die Reduktion von Methämoglobin (s. u.). Die Hauptaufgabe des Hexosemonophosphatwegs ist die Bereitstellung von NADPH, das benötigt wird, um mithilfe der GlutathionReduktase [3] aus Glutathiondisulfid (GSSG) reduziertes Glutathion (GSH) zu regenerieren. Glutathion, das wichtigste Antioxidanz der Erythrocyten, ist Coenzym der Glutathion-Peroxidase [4]. Dieses Enzym entgiftet H2O2 sowie Lipidhydroperoxide (LOOH), die bei der Reaktion von ROS mit ungesättigten Fettsäuren der Erythrocytenmembran entstehen (S. 300). Die Glutathion-Reduktase gehört zu den wenigen Enzymen mit einen Selenocystein-Rest (S. 62) im aktiven Zentrum. Normalerweise wird O2 nur koordinativ an das Häm-Eisen gebunden ohne mit ihm zu reagieren. Gelegentlich kommt es jedoch zu einer Redoxreaktion, bei der Methämoglobin (Hb·Fe3 + ) und ein Superoxidradikal (S. 300) entstehen. Die Met-Hb-Reduktase [2] reduziert Hb·Fe3 + wieder zu funktionsfähigem Hb·Fe2 + , wobei reduziertes Cytochrom b5 als Elektro-

30

nendonor dient. Dieses wird mithilfe des in der Glycolyse gebildeten NADH durch die Cytochrom b5-Reduktase [1] regeneriert. Das Superoxid-Anion wird durch die Superoxid-Dismutase (S. 300) entgiftet.

B. 2,3-Bisphosphoglycerat Neben H+-Ionen und CO2 (S. 298) ist 2,3Bisphosphoglycerat (BPG) der wichtigste Regulator der O2-Bindung an Hämoglobin. BPG wird in Erythrocyten durch die Bisphosphoglycerat-Mutase [5] aus dem Glycolyse-Intermediat 1,3-Bisphosphoglycerat (S. 140) gebildet und kann durch die Bisphosphoglycerat-Phosphatase [6] als 2-Phosphoglycerat wieder in die Glycolyse eingeschleust werden. Weil dabei die Phosphoglycerat-Kinase-Reaktion umgangen wird, ist der „Umweg“ über BPG beim Vergleich mit der Glycolyse (S. 140) mit dem Verlust eines ATP verbunden. BPG bindet als allosterischer Effektor (S. 90) selektiv an Desoxy-Hb und vergrößert dadurch dessen Anteil am Gleichgewicht. Die Folge ist eine verstärkte O2-Abgabe bei konstantem pO2. Im Diagramm entspricht dies einer Rechtsverschiebung der Sättigungskurve. Ähnlich wirken CO2 und H+-Ionen (S. 298). Die Wirkungen von CO2 und BPG auf die O2-Sättigungskurve sind additiv. Gibt man beide Effektoren zu einer Lösung von reinem Hb, geht Kurve 1 in Kurve 4 über, die der von Vollblut entspricht (S. 298). ▶ Weitere Informationen. Durch geeignete Maßnahmen kann man Spendererythrocyten, die nicht sofort verwendet werden sollen, für Transfusionszwecke bis zu 6 Wochen konservieren. Zunächst trennt man sie von Plasma und Leukocyten und versetzt dann das Erythrocytenkonzentrat zur Stabilierung mit Zusätzen, z. B. in Form einer sogenannten CPDALösung. Das Kürzel „CPDA“ steht für die Komponenten der Lösung, nämlich Citrat, das die Gerinnung hemmt (S. 308), Phosphat, welches zur ATP-Bildung benötigt wird, „Dextrose“, d. h. Glucose als Energiesubstrat für die Erythrocyten, und Adenin, das zur Aufrechterhaltung des ATP-Spiegels beiträgt.

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut

Abb. 6.13 Erythrocytenstoffwechsel

303

6.2 Blut Säure-Basen-Haushalt A. Wasserstoffionen-Konzentration des Blutplasmas Die H+-Konzentration im Blut und im Extrazellularraum liegt bei etwa 40 nM (4 · 10-8 mol · L– Dies entspricht einem pH-Wert von 7,40. Der Organismus ist bemüht, diesen Wert konstant zu halten, da größere pH-Verschiebungen mit dem Leben nicht vereinbar sind. Der Konstanthaltung des pH-Wertes im Blut dienen Puffersysteme, die kleinere Störungen des Säure-Basen-Haushalts abfangen (C). Langfristig ist eine ausgeglichene Bilanz zwischen H+-Produktion bzw. -Aufnahme und H+-Ausscheidung entscheidend. Reicht die Pufferkapazität im Blut nicht aus oder ist der SäureBasen-Haushalt unausgeglichen, z. B. bei Erkrankungen der Niere oder bei Hypo- oder Hyperventilation, kommt es zu Verschiebungen des Plasma-pH-Wertes. Eine Erniedrigung um mehr als 0,03 Einheiten wird als Acidose bezeichnet, eine Erhöhung als Alkalose.

6 Gewebe und Organe

1).

B. Säure-Basen-Haushalt Protonen entstammen weitgehend zwei Quellen: freien Säuren in der Nahrung und schwefelhaltigen Aminosäuren. Die mit der Nahrung aufgenommenen Säuren, z. B. Citronensäure, Ascorbinsäure und Phosphorsäure, geben beim alkalischen pH des Darms Protonen ab. Für die Protonenbilanz stärker ins Gewicht fallen die beim Proteinabbau entstehenden Aminosäuren Methionin und Cystein. Ihre S-Atome werden in der Leber zu Schwefelsäure oxidiert, die durch Dissoziation zu Sulfat Protonen liefert. Auch Reaktionen des Intermediärstoffwechsels können den pH-Wert des Blutes verschieben. Bei anaerober Glycolyse in Muskeln und Erythrocyten wird Glucose unter Freisetzung von Protonen zu Lactat abgebaut (S. 140). Auch die Synthese der Ketonkörper (S. 332) Acetacetat und 3-Hydroxybutyrat in der Leber setzt Protonen frei. Werden diese Säuren in großen Mengen gebildet, z. B. bei Hunger oder Diabetes mellitus (S. 446), belasten sie die Puffersysteme und können zu einer pH-Erniedrigung führen (metabolische Acidosen; Lactacidose [Lactatacidose] bzw. Ketoacidose). Normalerweise sind die gebildeten Mengen aber gering und beeinflussen den Protonen-Haushalt kaum. Durch ihren oxidativen Abbau wird ihr Beitrag zum Protonenhaushalt auch wieder aufgehoben.

30

Protonen können nur von der Niere im Tausch gegen Na+-Ionen ausgeschieden werden (S. 350), nicht aber von der Lunge (s. u.). Im Urin werden die H+-Ionen z. T. durch NH3 und Phosphat abgepuffert.

C. Puffersysteme des Plasmas Die Pufferkapazität hängt von der Konzentration des Puffers und seinem pKa-Wert ab. Die höchste Wirkung wird erreicht, wenn der pHWert dem pKa-Wert des Puffersystems entspricht (S. 24). Zur Pufferung im Blut sind deshalb schwache Säuren mit pKa-Werten um 7 am besten geeignet. Das wichtigste Puffersystem im Blut ist der CO2/Bicarbonat-Puffer. Er besteht aus Wasser, Kohlendioxid (CO2, Anhydrid der Kohlensäure H2CO3), und Hydrogencarbonat (HCO3–, „Bicarbonat“). Die Einstellung des Gleichgewichtes zwischen CO2 und HCO3– wird durch das zinkhaltige Enzym Carbonat-Dehydratase („Carboanhydrase“, [1]) beschleunigt (S. 298). HCO3– und CO2 liegen beim pH-Wert des Plasmas in einem Verhältnis von etwa 20/1 vor. Das im Blut gelöste CO2 steht aber mit dem gasförmigen CO2 in den Lungenalveolen im Gleichgewicht. Das CO2/HCO3–-System ist deshalb trotz des nicht ganz optimalen pKa-Werts von 6,36 (Säurekonstante des CO2) ein leistungsfähiges, offenes Puffersystem. Durch beschleunigte oder verlangsamte Atmung wird die CO2-Abgabe in der Lunge erhöht oder vermindert. Dies verschiebt das CO2/HCO3–-Verhältnis und damit den Plasma-pH-Wert (respiratorische Alkalose bzw. Acidose). Auf diese Weise kann die Atmung Änderungen des pHWertes des Plasmas bis zu einem gewissen Grade kompensieren, sie führt aber nicht zur Ausscheidung von Protonen. Die Plasmaproteine und besonders das Hämoglobin der Erythrocyten stellen aufgrund ihrer hohen Konzentration etwa ¼ der Pufferkapazität des Blutes bereit. Die Pufferwirkung von Proteinen setzt sich aus Beiträgen aller ionisierbaren Seitenketten zusammen. Beim pHWert des Blutes sind die Aminosäuren Histidin (pKa ~6) und Cystein (pKa ~8) besonders wirksam. Auch die zweite Dissoziationsstufe von Phosphat (H2PO4–/HPO42–) trägt zur Pufferkapazität des Blutplasmas bei. Zwar ist der pKa-Wert dieses Systems fast optimal, wegen der niedrigen Gesamtkonzentration des Phosphats (etwa 1 mM) bleibt sein Beitrag aber gering.

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut

Abb. 6.14 Säure-Basen-Haushalt

305

6.2 Blut

6 Gewebe und Organe

Blutgerinnung Nach Verletzungen von Blutgefäßen sorgt die Hämostase für die Minderung des Blutverlustes. Zunächst kommt es durch die Aktivierung von Thrombocyten zur Kontraktion des verletzten Gefäßes und zur Bildung eines losen, aus Thrombocyten bestehenden Pfropfes (Blutstillung). Etwas später wird unter der Wirkung des Enzyms Thrombin polymeres Fibrin gebildet und in den Thrombus eingelagert (Blutgerinnung). Wir besprechen hier nur die Gerinnung. Die vielen Bestandteile des Gerinnungssystems werden in der Fachsprache häufig mit römischen Ziffern gekennzeichnet (z. B. Prothrombin als Faktor II). Wenn die Faktoren aktiviert sind, tragen sie zusätzlich ein „a“ (z. B. Thrombin als Faktor IIa). Bis auf Ca2 + (Faktor IV) sind alle Faktoren Proteine. Die Aktivierung der meisten inaktiven Proteinfaktoren geschieht durch limitierte Proteolyse.

A. Blutgerinnung Die wichtigste Reaktion bei der Blutgerinnung ist die enzymatische Umwandlung des löslichen Plasmaproteins Fibrinogen (Faktor I) in polymeres Fibrin (Faktor Ia), das sich als faseriges Netzwerk im Primärthrombus ablagert. Diese Reaktion wird von Thrombin (Faktor IIa) katalysiert, einer Serin-Proteinase (S. 172), die von Fibrinogen kleine Peptide abspaltet. Dadurch werden Bindungsstellen freigelegt, die die Fibrin-Moleküle spontan zu Polymeren aggregieren lassen. Die anschließende kovalente Vernetzung des Fibrins durch eine Transglutaminase (Faktor XIII) stabilisiert den Thrombus weiter. Normalerweise liegt Thrombin im Blut als inaktives Proenzym vor. Zur Aktivierung des Prothrombins gibt es zwei Wege. Beide stellen Kaskaden enzymatischer Reaktionen dar, bei denen inaktive Proenzyme (Zymogene, Symbol: Kreis) proteolytisch in aktive Proteinasen (Symbol: Kreissektor) umgewandelt werden, die wiederum das nächste Proenzym aktivieren usw. Einige Schritte der Kaskade benötigen zusätzliche Proteinfaktoren (Faktoren III, Va und VIIIa) sowie anionische Phospholipide (PL, s. u.) und Ca2 + -Ionen. Ausgelöst werden beide Wege durch Schäden der Gefäßwand. Beim extrinsischen Weg (rechts) aktiviert das Gewebs-Thromboplastin (Faktor III), ein Membranprotein in den tieferen Schichten der Gefäßwand, den Gerinnungsfaktor VII. Dessen aktivierte Form (VIIa) fördert autokatalytisch

30

seine eigene Bildung und setzt außerdem die aktiven Faktoren IXa und Xa aus ihren Vorstufen frei. IXa erzeugt mithilfe von Faktor VIIIa sowie PL und Ca2 + zusätzliches Xa, das schließlich – unterstützt durch Va, PL und Ca2 + – aktives Thrombin freisetzt. Auch der weniger bedeutende intrinsische Weg (links) wird durch Gefäßverletzungen ausgelöst. Er führt in fünf Stufen über die Faktoren XIIa, XIa, IXa und Xa zur Aktivierung von Prothrombin.

B. Proteinkomplexe Ca2 + und Phospholipide (PL) der Thrombocytenmembran sind an der Gerinnungskaskade beteiligt. Sie führen zur lokalen Komplexbildung mit solchen Proteinen, die Aminosäurereste vom Typ Gla (γ-Carboxyglutamat) (S. 72) enthalten: die Faktoren II, VII, IX und X. Die Gla-Reste finden sich gruppenweise in bestimmten Domänen und stellen über Ca2 + den Kontakt zu den PL der Membran her. Ein Tenase-Komplex (1, links) bildet sich aus den Faktoren IXa und VIIIa und aktiviert dadurch Faktor X zu Xa. Dieser verbindet sich mit Va zu einem Prothrombinase-Komplex (2, rechts), welcher die entscheidende Aktivierung von Prothrombin (II) zu Thrombin (IIa) auf der Thrombocytenmembran katalysiert. Aktives Thrombin wandelt nicht nur Fibrinogen in Fibrin um, sondern fördert auch indirekt seine eigene Bildung, indem es die Aktivierung der Faktoren V und VIII stimuliert. Außerdem katalysiert es die Aktivierung von Faktor XIII und löst so auch die Vernetzung des Fibrins aus. Dadurch wird ein großer Verstärkungseffekt erzielt, wenn die Gerinnung einmal ausgelöst ist. Auch die Fibrinolyse (S. 308) wird von Thrombin ausgelöst, sie setzt allerdings verzögert ein. ▶ Störungen der Blutgerinnung. Es sind verschiedene Defekte bekannt, die die Blutgerinnung verlangsamen. Die häufigste genetische Erkrankung ist ein Mangel an dem von-Willebrand-Faktor des Subendothels der Blutgefäße. Dieser Faktor fördert die Adhäsion von Thrombocyten. Hämophilie A wird durch Fehlen von funktionsfähigem Gerinnungsfaktor VIII verursacht und Hämophilie B geht auf Mutationen im Gen für den Faktor IX zurück. Da beide Hämophilien („Bluterkrankheiten“) X-chromosomal rezessiv vererbt werden, sind praktisch nur Männer betroffen.

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut

Abb. 6.15 Blutgerinnung

307

6.2 Blut Gerinnungshemmung, Fibrinolyse

6 Gewebe und Organe

Die Hämostase (S. 306) durch Bildung von Thromben aus Fibrin und Thrombocyten steht in einem empfindlichen Gleichgewicht mit der Auflösung dieser Thromben durch Fibrinolyse. Störungen dieser Prozesse können auf der einen Seite zu Blutungen durch zu langsame Hämostase führen, auf der anderen Seite zu Thrombosen und Embolien durch erhöhte Tendenz zur Gerinnung. Bei der Gefahr von Thrombosen wird mit Antikoagulanzien in die Gerinnung eingegriffen, bei Herzinfarkt mit Enzymen in die Fibrinolyse.

A. Natürliche Gerinnungshemmung Aktives Thrombin kann seine gerinnungsfördernde Wirkung durch Bindung an Thrombomodulin, ein Membranprotein der Endothelzellen, verlieren. Gebunden besitzt Thrombin dagegen gerinnungshemmende Eigenschaften: es aktiviert Protein C. Dieses bindet an seinen Cofaktor Protein S. Es entsteht dadurch ein APC-Komplex (aktiviertes Protein C), der die Gerinnungskaskade durch Zerstörung der Gerinnungsfaktoren Va und VIIIa blockiert. Im Plasma kommen verschiedene Inhibitoren von Serin-Proteasen vor, die Serpine (Serin-Protease-Inhibitoren) genannt werden. Serpine können sowohl die Enzyme der Gerinnungskaskade als auch der Fibrinolyse (s. u.) blockieren. Sie fungieren dabei als Pseudosubstrate. So wird z. B. Thrombin durch das Serpin Antithrombin III (ATIII) kontrolliert. Die Inaktivierung von Thrombin durch Bildung des Thrombin-ATIII-Komplexes kann entscheidend durch Heparin und ähnliche Glycosaminoglycane (S. 366) gefördert werden, weil diese gleichzeitig an ATIII und Thrombin binden. Dadurch reagiert Thrombin kovalent mit ATIII und wird irreversibel blockiert.

B. Künstliche Gerinnungshemmung Zur Vermeidung von Thrombosen und Embolien kann die Gerinnung verzögert werden. Dies wird durch medikamentöse Gabe von Antikoagulanzien erreicht. Heparin (S. 368), ein Glycosaminoglycan, das in Mastzellen und Bindegewebe natürlich vorkommt, aktiviert das Serpin ATIII (s. o.). Da Heparin im Darm verdaut würde, muss das schnell wirkende Medikament injiziert werden.

30

Wesentlich langsamer wirken dagegen die Vitamin-K-Antagonisten, die oral zugeführt werden können. Sie hemmen die Regeneration von aktivem Vitamin K in der Leber und blockieren dadurch indirekt die γ-Carboxylierung von Glutamat-Resten (S. 72) bei der Biosynthese der Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X und der Proteine C und S. Diese Plasmaproteine können dann keine Ca2 + -Ionen mehr binden und sind funktionsunfähig. Wichtige VitaminK-Antagonisten sind die Cumarine. Gezeigt wird das Phenprocoumon (Marcumar), dessen strukturelle Ähnlichkeit zu Vitamin K (S. 409) offensichtlich ist. Zu den Antikoagulanzien werden auch Hemmstoffe der Thrombocyten-Aggregation gezählt, die als „Blutverdünner“ eingesetzt werden. Ein Wirkstoff dieser Gruppe ist Acetylsalicylat (ASS, Aspirin). Es hemmt über die Prostaglandin-Synthese (S. 454) die Thrombocyten-Aggregation. In vitro lässt sich die Gerinnung von Blut durch Heparin oder Ca2 + -Chelatoren wie Citrat oder EDTA (Ethylendiamin-tetraacetat) verhindern. Die Wirkung der Antikoagulanzien wird durch Bestimmung des INR-Wertes (international normalized ratio) ermittelt, früher auch des Quick-Wertes. Der INR-Wert gibt an, um welchen Faktor die Gerinnungszeit verlängert ist.

C. Fibrinolyse Bei der Fibrinolyse wird der durch die Blutgerinnung entstandene Fibrin-Thrombus (S. 306) durch Plasmin wieder aufgelöst. Plasmin, ebenfalls eine Serin-Proteinase, entsteht durch limitierte Proteolysen aus Plasminogen, das in den Thrombus mit eingebaut ist. Zu den aktivierenden Enzymen gehören der Plasminogen-Aktivator aus der Niere („Urokinase“, uPA) und der Gewebsplasminogen-Aktivator (tissue plasminogen activator, tPA) aus GefäßEndothelien (S. 368). Fibrinolyse-hemmend wirkt dagegen das Plasmaprotein α2-Antiplasmin, das aktives Plasmin im Plasma bindet und dadurch inaktiviert. Urokinase, tPA und Streptokinase, ein bakterieller Aktivator menschlichen Plasminogens, werden klinisch zur Auflösung von Thromben nach Herzinfarkten eingesetzt.

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut

Abb. 6.16 Gerinnungshemmung, Fibrinolyse

309

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut Blutgruppen

B. Blutgruppenverträglichkeit

Bei Bluttransfusionen können Immunreaktionen auftreten, die die transfundierten Erythrocyten des Spenders zerstören. Sie beruhen auf der Präsenz von löslichen Antikörpern gegen bestimmte Oberflächenstrukturen der Erythrocyten. Diese Oberflächenstrukturen treten als sog. Blutgruppen-Antigene auf der Oberfläche von Erythrocyten und vielen anderen Körperzellen auf. Es sind Proteine oder Glycolipide, die sich von Person zu Person unterscheiden können. Man kennt heute über 20 verschiedene Blutgruppensysteme. Klinisch besonders wichtig sind das AB0-System und das Rh-System.

Würden Erythrocyten-Konzentrate der Blutgruppe A in den Kreislauf einer Person der Blutgruppe B transfundiert, dann würde das dort vorhandene anti-A an die A-Antigene der Erythrocyten binden. Die so markierten Spender-Erythrocyten werden dann vom Komplementsystem (S. 318) erkannt und zerstört. Im Reagenzglas beobachtet man bei einer solchen Inkompatibilität von Spender- und Empfängerblut eine Agglutination (Verklumpung) der Erythrocyten. Deshalb sollten im Serum des Empfängers keine Antikörper gegen die Spender-Erythrocyten vorhanden sein. Bei Transfusion von Plasma oder Vollblut sollten im Spenderserum auch keine Antikörper gegen die Empfänger-Erythrocyten vorkommen. Aus diesem Grund werden in der Regel Erythrocytenkonzentrate und kein Vollblut zur Transfusion eingesetzt. Unproblematisch ist die Transfusion von Erythrocytenkonzentraten der Gruppe 0, deren Erythrocyten keine AB0-Antigene besitzen und deshalb nicht mit anti-A oder anti-B im Empfängerblut reagieren können. Umgekehrt können Erythrocyten der Blutgruppe AB nur Empfängern der Gruppe AB verabreicht werden, weil diese als einzige keine Antikörper gegen A-oder B-Antigen besitzen. Vor der Transfusion wird durch eine Kreuzprobe von Spender-Erythrocyten und Empfängerblut geprüft, dass es zu keiner Agglutination kommt. Beim Rh-System wirken Proteine auf der Erythrocyten-Oberfläche als Antigene (nicht gezeigt). Weil das System bei Rhesus-Affen entdeckt wurde, spricht man auch von „Rhesus-Faktoren“. Das Antigen Rhesus D ist besonders weit verbreitet, es tritt bei 84 % aller Weißen auf, die deshalb „Rh-positiv“ sind. Wird ein Rh-positives Kind von einer Rh-negativen Mutter geboren, können fetale Erythrocyten während der Geburt in den Kreislauf der Mutter gelangen und dort zur Bildung von Antikörpern (IgG) gegen das D-Antigen führen. Dies bleibt zunächst ohne akute Folgen für Mutter und Kind. Erst bei einer erneuten Schwangerschaft mit einem Rh-positiven Kind kommt es zu Komplikationen, weil anti-D-Antikörper der Mutter schon vor der Geburt über die Plazenta in das Kind übertreten und dort die Zerstörung der Rh-positiven Erythrocyten des Kindes auslösen können (fetale Erythroblastose). Durch eine Anti-D-Prophylaxe bei der Mutter kann die Erythroblastose des zweiten Kindes aber verhindert werden.

A. Blutgruppen: AB0-System Beim AB0-System wirken die endständigen Kohlenhydrat-Anteile von Glycoproteinen oder Glycolipiden als Antigene. Bei diesem relativ einfachen System gibt es die vier Blutgruppen A, B, AB und 0 (Null). Bei Personen mit den Blutgruppen A und B bestehen die Antigene aus Tetrasacchariden, die sich nur durch einen endständigen Zucker (Galactose bzw. N-AcetylGalactosamin) unterscheiden. Träger der Blutgruppe AB besitzen beide Antigene (A und B). Die Blutgruppe 0 entsteht durch ein Oligosaccharid, dem der endständige Rest der Antigene A und B fehlt (H-Antigen). Molekulare Ursache für die Blutgruppen-Unterschiede sind Mutationen in den Glycosyl-Transferasen, welche den endständigen Zucker auf das KernOligosaccharid übertragen. Das Besondere an dem AB0-Blutgruppensystem ist, dass jeder Mensch Antikörper gegen die im eigenen Blut nicht vorhandenen Oberflächenantigene bildet. Dies geschieht im ersten Lebensjahr vermutlich als Reaktion auf ähnliche Glycostrukturen in Membranen von Darmbakterien. So finden sich bei Trägern der Blutgruppe A Antikörper gegen das Antigen B („anti-B“), und bei Trägern der Gruppe B Antikörper gegen Antigen A („anti-A“). Personen mit Blutgruppe 0 bilden anti-A und anti-B und solche mit Blutgruppe AB keinen der Antikörper. Die Antikörper gegen die Blutgruppenantigene sind vom Isotyp IgM. Sie werden auch als Isoagglutinine bezeichnet.

31

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut

Abb. 6.17 Blutgruppen

311

6.2 Blut Pathobiochemie Von den vielen Krankheiten, die das Blutsystem betreffen, werden im Folgenden nur Anämien, Atherosklerose und Defekte der Lipoprotein-Lipase behandelt.

6 Gewebe und Organe

A. Ursachen von Anämien Die Konzentration von Hämoglobin (S. 298) im Blut zeigt charakteristische Werte für Neugeborene, Männer und Frauen (1). Ein Unterschreiten dieser Konzentration wird als Anämie bezeichnet. Sie kann recht unterschiedliche Ursachen haben (2) und wird deshalb in verschiedene Kategorien eingeteilt, z. B. nach Form und Größe der Erythrocyten und nach der Hämoglobin-Konzentration. Ernährungsbedingte Anämien können auf einen Mangel an Eisen, Folsäure oder Vitamin B12 zurückgehen, die dann bei der Biosynthese des Hämoglobins fehlen (S. 198). Andere Formen der Anämien werden durch Vergiftungen ausgelöst, z. B. mit Blei. Eine weitere Gruppe von Anämien hat ihre Ursache in genetischen Defekten, z. B. bei Mutationen des Hämoglobin-Gens (Hämoglobinopathien) bei Sichelzellanämie und Thalassämien. ▶ Sichelzellanämie. Unter den vielen hundert bekannten Mutationen des Globin-Gens ist die Sichelzellanämie die bedeutendste. Diese Missense-Punktmutation wird durch Austausch einer einzigen Base verursacht: GAG → GTG. Dies führt zum Austausch eines hydrophilen Glutamats in Position 6 der β-Kette gegen ein hydrophobes Valin. Das Sichelzellhämoglobin HbS homozygoter Merkmalsträger ist im Blut schlechter löslich als das HbA Gesunder und tendiert bei Abwesenheit von Sauerstoff durch Aggregation zur Bildung von Fasern, die die Struktur der runden Erythrocyten zu sichelförmigen Zellen verändern. Sichelzellen verklumpen leicht, sind instabiler und werden in der Milz beschleunigt abgebaut. Sichelzellanämie bietet heterozygoten Trägern jedoch eine Resistenz gegen Malaria und ist deshalb in Malariagebieten besonders verbreitet. ▶ Thalassämien. Im normalen Hämoglobin (S. 298) sind die α- und β-Ketten im Verhältnis 1 : 1 vorhanden. Bei Thalassämien ist dieses Verhältnis durch Mutation der Globin-Gene gestört: bei der α-Thalassämie wird zu wenig α-Globin gebildet, bei der wesentlich häufigeren β-Thalassämie zu wenig β-Globin. Homo-

31

zygote Träger leiden an einer schweren Anämie, weil sie keine funktionsfähigen GlobinKetten bilden. Es werden dann weniger und defekte Erythrocyten gebildet. Auch der Abbau der Erythrocyten ist beschleunigt. Die Thalassämien verleihen ebenfalls eine Resistenz gegen Malaria und treten deshalb im Mittelmeerraum gehäuft auf.

B. Markerenzyme im Plasma oder Serum Das Vorkommen von intrazellulären Enzymen im Blutplasma deutet auf eine Schädigung von Gewebe durch Permeabilitätsstörung der Plasmamembran oder auf eine Nekrose hin. Die Enzymanalytik von Plasma oder Serum (S. 104) kann deshalb Hinweise auf die Erkrankung von Geweben liefern. Die Tabelle nennt Beispiele. Manchmal ist die Unterscheidung von Isoenzymen notwendig. Der Quotient der Aktivitäten zweier Enzyme ergibt häufig einen spezifischeren Hinweis auf das betroffene Gewebe (nicht gezeigt). ▶ Weitere Informationen. Atherosklerose ist die der Arteriosklerose (Gefäßverkalkung) zugrunde liegende Veränderung der inneren Oberfläche der Blutgefäße. Sie beginnt mit einer Schädigung der Endothelzellen durch verschiedene Noxen, wie z. B. Bluthochdruck, Rauchen oder erhöhte Konzentrationen von Glucose und Lipoproteinen. Es lagern sich dann Makrophagen an, die mithilfe von Scavenger-Rezeptoren LDL (S. 294) aufnehmen. Diese lipidbeladenen Makrophagen (sog. Schaumzellen) bilden Lipidflecke (engl. fatty streaks) auf der Intima. Durch eine weitere Zellschädigung kommt es zur Entstehung von fibrösen Plaques mit Cholesterolkristallen. Eine dann folgende Einlagerung von Calcium führt zu einer Verkalkung. Diese veränderte innere Oberfläche der Blutgefäße kann die Bildung von Thromben auslösen, wodurch Embolien und Infarkte auftreten. Defekte der Lipoprotein-Lipase (LPL) führen zu Abbaustörungen von Chylomikronen und VLDL. Dadurch steigt der Triglyceridspiegel des Blutes stark an. Auch bei Diabetikern ist die LPL-Aktivität wegen des Fehlens von Insulin erniedrigt. Deshalb sind ihre Spiegel von Blutlipiden häufig erhöht (Hyperlipidämie). Die Bestimmung der Enzymaktivität von LPL im Serum wird durch vorherige Injektion von Heparin (S. 368), das die LPL von den Kapillarwänden ablöst, erleichtert.

6 Gewebe und Organe

6.2 Blut

Abb. 6.18 Blut: Pathobiochemie

313

6.3 Immunsystem Immunsystem Unter Immunität versteht man die Fähigkeit des Organismus, Fremdkörper wie eingedrungene Mikroorganismen, fremde oder eigene, veränderte Gewebe zu erkennen und zu eliminieren. Man unterscheidet dabei eine angeborene von einer erworbenen Immunität.

6 Gewebe und Organe

A. Immunantwort Das angeborene (unspezifische) Immunsystem (links) ist für die frühe Immunantwort auf Krankheitserreger verantwortlich (Reaktion innerhalb von Stunden). Es erkennt für Mikroorganismen typische Strukturen und unterscheidet diese körperfremden von körpereigenen. Rasch kann es eingedrungene Erreger beseitigen. Erste Barriere für eindringende Mikroorganismen ist das Epithel. Dort finden sich Makrophagen, die als Fresszellen Mikroorganismen phagocytieren und Interleukine (S. 456) freisetzen. Im Blut kommen Granulocyten vor, die zur Abtötung von Bakterien fähig sind (B), sowie natürliche Killerzellen (NK-Zellen), die virusinfizierte Zellen abtöten. Als humorale Glieder des angeborenen Immunsystems sind im Blut die Faktoren des Komplementsystems (S. 318), das nach Aktivierung Bakterien lysiert, und die Interferone (S. 456), die die intrazelluläre Virusvermehrung hemmen, und Pentraxine (S. 316) zu finden. Das erworbene (adaptive) Immunsystem (rechts) reagiert auf eingedrungene Fremdkörper langsamer (innerhalb von Tagen). Es ist gegen Antigene gerichtet, die es mit hoher Spezifität erkennt und bindet (Primärantwort). Das System besitzt ein Gedächtnis. Es reagiert bei Zweitkontakt mit demselben Antigen erheblich schneller und intensiver (Sekundärantwort). Die erworbene Immunität wird von Lymphocyten vermittelt. B-Lymphocyten (B-Zellen) produzieren gegen Antigene gerichtete Antikörper (S. 324). T-Lymphocyten (T-Zellen) können spezifisch körpereigene Zellen erkennen, die von Viren, Bakterien und Protozoen infiziert sind, und diese Zellen vernichten. Die Antikörper erkennen ein weites Spektrum unterschiedlicher Antigene (> 1010). Antikörper einer bestimmten Spezifität werden von einem B-Lymphocyten-Klon gebildet, dessen Spezifität genetisch fixiert ist (s. u.). Die

31

Antikörpervielfalt entsteht während der Embryonalentwicklung durch Kombination aus multiplen Genen, durch somatische Rekombination (Auswahl und Verknüpfung von Gensegmenten) und durch somatische Mutation (Punktmutation während der B-Zell-Reifung). Vor Antigenkontakt bilden B-Lymphocyten Antikörper der Klasse IgM und IgD, die auf der Zelloberfläche exprimiert werden. Nach Antigenexposition differenzieren die B-Zellen zu Plasmazellen und sezernieren entweder Antikörper der Klasse IgM, IgG, IgE oder IgA (S. 324). Unabhängig von diesem AntikörperKlassenwechsel bleibt die Bindungsspezifität erhalten.

B. Abtötung von Bakterien durch Granulocyten Granulocyten enthalten Enzyme, die Bakterienmembranen angreifen und toxische Substanzen produzieren. Zur Abtötung werden die Bakterien in Phagosomen aufgenommen. Vesikel mit Enzymen verschmelzen mit den Phagosomen und greifen die Bakterien an: Lysozym (Muramidase) und verschiedene Proteasen machen die Bakterienmembran löchrig. Eine NADPH-Oxidase erzeugt Superoxid-Anionen (O2–). Durch eine Superoxid-Dismutase werden daraus Wasserstoffperoxid und Hydroxylradikale (S. 300) gebildet. Eine Myeloperoxidase lässt Hypochlorit (OCl–) entstehen. Diese toxischen Reaktionsprodukte töten die phagocytierten Bakterien und später auch die Granulocyten selbst.

C. Organe des Immunsystems In den primären Organen des Immunsystems findet die Entwicklung antigenunabhängig statt. Im Thymus bilden sich T-Zellen aus Vorläuferzellen. Dort werden T-Zellen ausgesondert, die gegen körpereigene Antigene gerichtet sind. Die Entwicklung der B-Zellen findet beim Menschen in der fetalen Leber und im Knochenmark statt. Zu den sekundären Organen des Immunsystems zählen die Lymphknoten, in denen eingewanderte dendritische Zellen eine Immunantwort entwickeln, sowie die Milz, in der Antigene aus dem Blutkreislauf abgefangen werden und eine Immunantwort auslösen.

6 Gewebe und Organe

6.3 Immunsystem

Abb. 6.19 Immunsystem

315

6.3 Immunsystem Unspezifische Immunantwort Das angeborene (unspezifische) Immunsystem dient der Abwehr von Pathogenen (Viren, Bakterien und Parasiten), die durch Körperoberflächen (Haut, Respirations- und Verdauungstrakt) in den Organismus einzudringen versuchen. Die Komponenten der unspezifischen Immunabwehr sind im Genom festgelegt und passen sich – im Gegensatz zum adaptiven System (S. 320) – der Art des Pathogens nicht an. Das unspezifische System steht deshalb jederzeit und sofort zur Verfügung.

6 Gewebe und Organe

A. Erste Barrieren Eine erste Barriere des angeborenen Systems bildet die Haut, die durch eine widerstandsfähige Keratinschicht geschützt ist. Außerdem bildet sie Peptide mit bakterizider Wirkung, sog. Defensine. Die sehr viel größeren Oberflächen von Respirationstrakt und Verdauungstrakt sind durch Schleimschichten geschützt. Hauptbestandteile des Schleims sind Wasser, Mineralstoffe und Mucine, d. h. wasserbindende Glycoproteine, die molekulare Netzwerke bilden. Mikroorganismen werden von Mucinen gebunden und durch das Flimmerepithel abtransportiert. Außerdem finden sich im Schleim Defensine und Enzyme wie Lysozym, das Bakterienwände angreift (S. 280), und Lactoferrin, ein eisenbindendes Protein, welches das Wachstum von Bakterien hemmt.

B. Zellen An der unspezifischen Abwehr sind verschiedene Arten von Immunzellen beteiligt: Erkennungszellen, z. B. dendritische Zellen, Makrophagen und Fibroblasten, tragen auf ihrer Oberfläche sog. Pattern recognition receptors (PRRs, C) die an erregerspezifische Strukturen (sog. Pathogen-associated molecular patterns, PAMPs) binden. Dies führt zur Ausschüttung von Cytokinen (S. 456), die cytotoxische Effektorzellen (v. a. Granulocyten, Makrophagen und natürliche Killerzellen) anlocken und aktivieren. Die dadurch entstehende Entzündung wird durch das von Mastzellen ausgeschüttete Histamin unterstützt, welches lokale Blutgefäße erweitert und ihre Wände auflockert. Bestimmte Arten von T-Helferzellen (S. 322) re-

31

gulieren die Entzündungsreaktion. Störungen dieser Regulation können chronischen Entzündungen wie rheumatoider Arthritis oder Morbus Crohn führen.

C. Rezeptoren Die Tabelle nennt wichtige Rezeptoren (PRRs) des angeborenen Immunsystems und die von ihnen erkannten PAMPs. Toll-like Rezeptoren (TLR) der Typen 1, 2 und 4–6 erkennen bakterielle Oberflächenstrukturen wie Lipopolysaccharide (LPS) oder Flagelline, während die in Endosomen (S. 228) lokalisierten TLR der Typen 3 und 7–9 bakterielle DNA oder virale Nucleinsäuren (dsRNA) binden. Andere PRRs erkennen die für Prokaryonten typischen Nterminale N-Formylmethionin-Reste von Proteinen oder Strukturen der Bakterienmembran. ▶ Toll-like-Rezeptoren. Wichtige Vertreter der PRRs gehören zur Familie der Toll-like-Rezeptoren (TLR), von denen im Menschen mehr als zehn verschiedene Typen bekannt sind. Bindung von PAMPs an TLR führt zu deren Dimerisierung und löst damit eine Signaltransduktionskette aus, die über die Transkription verschiedener Cytokine die Entzündungsreaktion in Gang setzt. Die Abbildung zeigt links oben die Struktur von dimerem TLR4 (blau) mit gebundenem bakteriellen Lipopolysaccharid (gelb). Die Transmembranhelices des Rezeptors sind nur schematisch dargestellt. Links unten ist der Komplex der endosomalen Domäne von TLR3 mit gebundener Virus-RNA (grün) gezeigt. ▶ Weitere Informationen. Die Pentraxine bilden eine besondere Familie pentamerer PRRs. Ein wichtiger Vertreter ist das C-reaktive Protein (CRP), ein sog. Akutphase-Protein (S. 292), dessen Blutspiegel in der Klinik zum Nachweis akuter Entzündungen dient. CRP bindet an Phosphocholin-haltige Polysaccharide der Membranen von Bakterien und aktiviert danach das Komplementsystem (S. 318). Die ca. 30 Komponenten dieses Systems gehören ebenfalls zur angeborenen Immunabwehr.

6 Gewebe und Organe

6.3 Immunsystem

Abb. 6.20 Unspezifische Immunantwort (B. Quelle PDB: 3FXI, 3CIY, 2J67)

317

6.3 Immunsystem Komplementsystem

6 Gewebe und Organe

Das Komplementsystem ist ebenfalls ein Teil des angeborenen Immunsystems (S. 316). Es unterstützt die unspezifische Abwehr gegen Mikroorganismen. Das System besteht aus rund 30 verschiedenen Proteinen, den „Komplementfaktoren“, die von der Leber gebildet werden, im Blutplasma vorkommen und dort etwa 4 % aller Proteine ausmachen. Bei Entzündungsreaktionen gelangen die Komplementfaktoren auch in infizierte Gewebe. Das Komplementsystem ist eine sich selbst verstärkende Enzymkaskade, die nach Aktivierung verschiedene Prozesse auslöst: ▶ Opsonierung. Bestimmte Komplementfaktoren (sog. „Opsonine“) binden an eingedrungene Mikroben und markieren diese als Ziele für phagocytierende Zellen (z. B. Makrophagen). ▶ Membranangriff. Komplementfaktoren lagern sich in die Bakterienmembran ein und erzeugen dort Poren, die die Zellen lysieren (s. B). ▶ Immunantwort. Komplementfaktoren stimulieren die Antwort des erworbenen Immunsystems, z. B. durch Bindung von Rezeptoren auf B-Zellen. ▶ Chemotaxis. Fragmente von Komplementfaktoren locken als diffusible Signalstoffe Immunzellen herbei, die die Mikroorganismen angreifen und phagocytieren können.

A. Komplementaktivierung Die Reaktionen des Komplementsystems können auf drei Wegen in Gang gesetzt werden (frühe Phase), die alle auf der Oberfläche von Mikroorganismen stattfinden. Sie laufen jeweils als kaskadenförmige Aktivierung von Serin-Proteasen ab und münden in der Spaltung von Komplementfaktor C3 (C von engl. complement) in C3a u. C3b durch eine C3-Konvertase [1]. ▶ Klassischer Weg. Sind bereits Antikörper gegen den Erreger vorhanden, aktivieren die gebildeten Antigen-Antikörper-Komplexe den klassischen Weg (links). Daran sind die Faktoren C1, C2 und C4 beteiligt. Der klassische Weg wird ausgelöst durch die Bindung des Faktors C1 an IgG oder IgM auf der Oberfläche von Mikroorganismen. ▶ Alternativer Weg. Bei Beginn einer Infektion lösen bakterielle Lipopolysaccharide (Endotoxine) auf der Oberfläche der Erreger den

31

alternativen Weg aus (Mitte). Die Faktoren B und D bilden dabei die reaktiven Komponenten. ▶ Lektin-Weg. Auch Akutphasen-Proteine (S. 292) sind in der Lage, die Komplementkaskade durch Bindung an bakterientypische Kohlenhydrate wie Mannose zu starten. Die Glieder dieses Lektin-Weges (rechts) sind die Komplementfaktoren MBL (Mannose-bindendes Lektin), MASP (MBL-assoziierte Serin-Protease), C2 und C4. Körpereigene Zellen sind durch verschiedene Proteine und Oberflächenmodifikationen auf ihrer Zelloberfläche vor einer Aktivierung des Komplementsystems geschützt, in den meisten Fällen durch Neuraminsäure, einen häufigen Bestandteil von Glycoproteinen und Glycolipiden auf der Zelloberfläche. Die Komponenten der frühen Phase des Komplementsystems sind – ähnlich wie bei der Blutgerinnung – Proenzyme von Serin-Proteinasen, die sich durch limitierte Proteolyse aktivieren. Sie bilden eine sich selbst verstärkende Enzymkaskade. Im Zentrum des Komplementsystems steht Faktor C3, dessen Spaltprodukte C3a und C3b an mehreren Funktionen beteiligt sind. Sie leiten die späte Phase der Komplementaktivierung ein. Die Reaktion legt in C3b eine sehr reaktive Thioester-Gruppe frei, die in nächster Umgebung mit Hydroxy- oder Amino-Gruppen reagiert. Dadurch kann C3b kovalent an Moleküle auf der Bakterienoberfläche binden (Opsonierung, links). Außerdem initiiert C3b eine Reaktionskette, die zur Bildung des membranangreifenden Komplexes (unten) führt. Das kleinere Produkt C3a fördert zusammen mit C4a und C5a (Anaphylatoxine) die Entzündungsreaktion und wirkt chemotaktisch (rechts). Reguliert wird das Komplementsystem durch die Kurzlebigkeit seiner Komponenten und weitere, nicht gezeigte Inhibitoren des Serums.

B. Membranangriff Für die Entstehung des membranangreifenden Komplexes sind die Faktoren C5 bis C9 der „späten Phase“ verantwortlich. Sie erzeugen in der Bakterienmembran eine ionendurchlässige Pore, die zur Lyse der Erreger führt. Ausgelöst wird diese Reaktion durch eine C5-Konvertase [2]. Dieses Enzym hat je nach Art der Komplementaktivierung die Zusammensetzung C4b2a3b oder C3bBb3b und spaltet C5 in C5a und C5b. Der Komplex aus C5b und C6 ermöglicht die Einlagerung von C7 in die Bakterienmembran. An diesen Kern binden C8 und dann zahlreiche Moleküle C9, die die Pore bilden.

6 Gewebe und Organe

6.3 Immunsystem

Abb. 6.21 Komplementsystem

319

6.3 Immunsystem

6 Gewebe und Organe

Spezifische Immunantwort Viren, Bakterien, Pilze und Parasiten, die Wirbeltiere befallen, werden vom Immunsystem erkannt und bekämpft. Auch veränderte körpereigene Zellen, z. B. Tumorzellen, werden in der Regel als fremd erkannt und zerstört. Unterstützt wird das Immunsystem durch physiologische Veränderungen des infizierten Gewebes, die als Entzündung bekannt sind. Diese Reaktion erleichtert es den Immunzellen durch Aussendung von Cytokinen (S. 456), zum Ort der Infektion vorzudringen. Wie auf den Vorseiten beschrieben, sind an der Immunantwort zwei Systeme beteiligt, das angeborene und das erworbene Immunsystem. Das erworbene (adaptive, spezifische) Immunsystem basiert auf der Fähigkeit der Lymphocyten, „auf Verdacht“ hochspezifische Antigenrezeptoren zu bilden, ohne mit dem dazu passenden Antigen jemals in Kontakt gekommen zu sein. Im Menschen gibt es mehrere Milliarden verschiedener Lymphocyten, von denen jeder einen anderen Antigenrezeptor trägt. Erkennt ein solcher Rezeptor „sein“ Antigen, wird der ihn tragende Lymphocyt aktiviert und erfüllt dann seine spezielle Funktion bei der Immunantwort. Man unterscheidet die zelluläre von der humoralen Immunantwort. Für die zelluläre Immunität sind die T-Lymphocyten (T-Zellen) verantwortlich. Sie sind nach dem Thymus benannt, in dem sie entscheidende Schritte ihrer Differenzierung vollziehen. Nach ihrer Funktion unterscheidet man cytotoxische T-Zellen (grün) und Helfer-T-Zellen (blau). Die humorale Immunität geht auf die Aktivität der B-Lymphocyten (B-Zellen, hellbraun) zurück, die in der fötalen Leber und im Knochenmark (engl. bone marrow) reifen. B-Zellen sind in der Lage, nach Aktivierung durch T-Zellen lösliche Formen ihrer spezifischen Antigenrezeptoren, die Antikörper (S. 324), ins Blutplasma zu sezernieren. Das „Gedächtnis“ des Immunsystems wird von Gedächtniszellen repräsentiert. Das sind besonders langlebige Zellen, die aus jeder der genannten Arten von Lymphocyten entstehen können.

32

A. Vereinfachtes Schema der Immunantwort In den Organismus gelangte Erreger, z. B. Viren (oben), werden von Antigen-präsentierenden Zellen (APZ) aufgenommen und proteolytisch abgebaut (1). Die so gebildeten Virusfragmente werden dann mithilfe besonderer Membranproteine (MHC-Proteine) (S. 322) auf der Oberfläche der Zellen präsentiert (2). Zu den APZ gehören die B-Lymphocyten, die Makrophagen und sog. dendritische Zellen wie z. B. die Langerhans-Zellen der Haut. Die auf APZ exponierten Komplexe aus MHC-Protein und Virusfragment werden von T-Zellen erkannt, die den zum Antigen passenden Rezeptor („T-Zell-Rezeptor“) (S. 322) tragen (3). Die Bindung führt zu einer Aktivierung der betreffenden T-Zelle und zu ihrer selektiven Vermehrung (4, „klonale Selektion“). Die Proliferation von Immunzellen wird durch Interleukine (IL) stimuliert. Unter diesem Begriff fasst man eine Gruppe von mehr als 20 Signalstoffen aus der Familie der Cytokine (S. 456) zusammen, mit deren Hilfe Immunzellen miteinander kommunizieren. So geben aktivierte Makrophagen IL-1 ab (5), während T-Zellen ihre eigene Vermehrung und die anderer Immunzellen durch Ausschüttung von IL-2 stimulieren (6). Die aktivierten T-Zellen übernehmen, je nach Typ, unterschiedliche Aufgaben. Cytotoxische T-Zellen (grün) sind in der Lage, virusbefallene Körperzellen oder Tumorzellen zu erkennen und an sie zu binden (7). Dann treiben sie die infizierte Zelle in die Apoptose (S. 464) und töten sie dadurch. Dies erreichen sie durch Sekretion von Perforin und Granzym B. Das Protein Perforin durchlöchert die Plasmamembran der Zielzelle und lässt die Protease Granzym B hinein, die die Apoptose auslöst (8). Alternativ aktivieren Fas-Liganden auf der Zelloberfläche der cytotoxischen T-Zellen Fas auf den Zielzellen und initiieren so die zur Apoptose führende Caspase-Kaskade (S. 464). B-Lymphocyten, die APZ Virusfragmente auf ihrer Oberfläche präsentieren, werden von T-Helferzellen (blau) über ihre T-Zell-Rezeptoren erkannt (9). Von Interleukinen stimuliert, kommt es zur selektiven klonalen Vermehrung derjenigen B-Zellen, die zum Erreger passende Antigenrezeptoren tragen (10). Sie reifen zu Plasmazellen heran (11) und sezernieren schließlich große Mengen löslicher Antikörper (12).

6 Gewebe und Organe

6.3 Immunsystem

Abb. 6.22 Spezifische Immunantwort

321

6.3 Immunsystem T-Zell-Aktivierung Für die Selektivität der Immunantwort ist entscheidend, dass die beteiligten Zellen körperfremde Antigene und Proteine auf anderen Immunzellen sicher erkennen. Dazu besitzen sie Antigenrezeptoren auf der Zelloberfläche sowie Co-Rezeptoren, die die Erkennung unterstützen.

6 Gewebe und Organe

A. Antigenrezeptoren Viele Antigenrezeptoren gehören zur Immunglobulin-Superfamilie. Gemeinsames Merkmal dieser Proteine ist der Besitz von „Immunglobulindomänen“. Dies sind charakteristisch gefaltete Substrukturen aus 70–110 Aminosäuren (S. 324), die auch in löslichen Immunglobulinen (Ig) zu finden sind. Die Abbildung zeigt schematisch einige wichtige Proteine aus der Ig-Superfamilie. Sie setzen sich aus konstanten (braun bzw. grün) und variablen Bereichen (orange) zusammen. Homologe Domänen sind jeweils in der gleichen Farbe dargestellt. An ihrem C-Terminus besitzen die Rezeptoren Transmembran-Helices, mit denen sie in Membranen verankert sind. Auch intra- und intermolekulare Disulfidbrücken sind in den Proteinen der Ig-Familie regelmäßig zu finden. Immunglobulin M (IgM) ist ein Membranprotein auf der Oberfläche von B-Lymphocyten und dient zur Bindung freier Antigene an die B-Zellen. Im Gegensatz dazu binden T-Zell-Rezeptoren Antigene nur dann, wenn sie von einer anderen Zelle als Komplex mit einem MHC-Protein präsentiert werden (s. u.). Die Interaktion zwischen MHC-gebundenem Antigen und T-Zell-Rezeptor wird von Co-Rezeptoren unterstützt. Zu dieser Gruppe gehört CD8, ein Membranprotein, das für cytotoxische T-Zellen typisch ist und an MHC-Proteine der Klasse I bindet. T-Helferzellen nutzen stattdessen CD4 (nicht gezeigt) als Co-Rezeptor und binden an MHC-Klasse II-Proteine. Die Abkürzung „CD“ steht für „cluster of differentiation“. Sie wird benutzt, um eine große Gruppe von Proteinen (> 150) zu benennen, die auf der Oberfläche von Zellen lokalisiert sind und deshalb durch Antikörper nachgewiesen werden können. Außer CD4 und CD8 gibt es auf Immunzellen viele weitere Co-Rezeptoren (nicht gezeigt). Die MHC-Proteine sind Membranproteine von Körperzellen, die antigene Peptide den T-Lymphocyten präsentieren (Antigenpräsentation). Sie sind nach dem „major histocompa-

32

tibility complex“ benannt, dem DNA-Abschnitt, der für sie codiert. Die MHC-Proteine des Menschen werden auch als HLA-Antigene (engl. „human leucocyte-associated antigens“) bezeichnet. Ihr Polymorphismus ist so groß, dass es unwahrscheinlich ist, dass zwei Individuen auf der Erde den gleichen Satz an MHC-Proteinen tragen – es sei denn, sie sind eineiige Zwillinge. MHC-Proteine der Klasse I kommen auf fast allen kerntragenden Zellen vor. Sie interagieren hauptsächlich mit cytotoxischen T-Zellen und sind der Grund für die Abstoßung transplantierter Organe. MHC-Proteine der Klasse I sind Heterodimere (αβ). Ihre β-Untereinheit wird auch als β2-Mikroglobulin bezeichnet. Klasse II-MHC-Proteine bestehen ebenfalls aus zwei Peptidketten, die miteinander verwandt sind. MHC-II-Moleküle sind auf allen antigenpräsentierenden Zellen des Immunsystems zu finden. Sie dienen der Interaktion dieser Zellen mit CD4-tragenden T-Helferzellen.

B. T-Zell-Aktivierung Gezeigt ist die Interaktion einer virusinfizierten Körperzelle (unten) mit einem CD8-tragenden cytotoxischen T-Lymphocyten (oben). Die infizierte Zelle synthetisiert in ihrem Cytoplasma Proteine des Virus, spaltet diese zu Peptiden (1) und transportiert die Peptidfragmente mithilfe eines speziellen Transporters (TAP) ins Endoplasmatische Retikulum (2). Dort werden neu synthetisierte MHC-Proteine der Klasse I mit den Viruspeptiden beladen (3) und dann durch vesikulären Transport auf die Zelloberfläche verlagert (4). Die Viruspeptide werden auf der Oberfläche der α2-Domäne des MHCProteins in einer Vertiefung gebunden (5), die durch ein Faltblatt als „Boden“ und zwei Helices als „Wände“ gebildet wird (s. vergrößerten Ausschnitt). Eine T-Zelle mit dem passenden T-Zell-Rezeptor bindet an den MHC-Peptidkomplex. Sie wird dabei durch mehrere Co-Rezeptoren unterstützt, darunter CD8, das an den invarianten Teil von MHC bindet. Die Bindung des MHCKomplexes an den T-Zell-Rezeptor aktiviert Protein-Kinasen im Inneren der T-Zelle, die eine Kette weiterer Reaktionen auslösen (Signaltransduktion). Schließlich kommt es zur Zerstörung der virusinfizierten Zelle durch den cytotoxischen T-Lymphocyten.

6 Gewebe und Organe

6.3 Immunsystem

Abb. 6.23 T-Zell-Aktivierung (B. Quelle PDB: 1AO7)

323

6.3 Immunsystem

6 Gewebe und Organe

Antikörper Antigenrezeptoren, die von aktivierten B-Zellen (Plasmazellen) (S. 320) gebildet und ins Blutplasma abgegeben werden, bezeichnet man als Antikörper. Sie gehören zur Familie der Immunglobuline (Ig). Antikörper sind ein zentraler Teil der humoralen, erworbenen Immunabwehr. Sie haben selbst keine antimikrobiellen Eigenschaften, unterstützen aber das zelluläre Immunsystem: 1. Sie binden an Antigene auf der Oberfläche von Erregern und verhindern dadurch deren Interaktion mit Körperzellen (Toxinund Virus-Neutralisierung). 2. Sie vernetzen einzellige Erreger zu Immunkomplexen, die leichter von Phagocyten aufgenommen werden können (Agglutinierung). 3. Sie aktivieren das Komplementsystem über den klassischen Weg (S. 318) und fördern dadurch die angeborene Immunabwehr (Opsonierung). Antikörper sind außerdem zu unentbehrlichen Hilfsmitteln in der medizinisch-biologischen Diagnostik und Therapie geworden (Immunfluoreszenz, Immunoassays, monoklonale Antikörper).

A. Klassen der Immunglobuline Die Immunglobuline des Menschen werden in fünf Klassen (Isotypen) eingeteilt. IgA (mit zwei Subklassen), IgD, IgE, IgG (mit vier Subklassen) und IgM sind durch ihre H-Ketten (schwere Ketten) definiert, die man mit den griechischen Buchstaben α, δ, ε, γ und μ kennzeichnet. Von L-Ketten (leichte Ketten) gibt es dagegen nur zwei Arten (κ und λ). IgD und IgE zeigen wie auch die IgG als Tetramere die Struktur H2L2. Lösliche IgA und IgM sind dagegen Multimere, die durch Disulfidbrücken und zusätzliche J-Peptide (engl. joining peptides) zusammengehalten werden. Antikörper haben unterschiedliche Aufgaben: ● IgA kommen vorwiegend im Intestinaltrakt und in Körpersekreten vor. ● IgD sind Rezeptoren auf B-Lymphocyten. ● IgE finden sich nur in geringen Konzentrationen im Blut. Da sie die Degranulation von Mastzellen (S. 452) auslösen können, spielen sie eine wichtige Rolle bei allergischen Reaktionen.

32





IgG machen den Hauptteil (ca. 75 %) der Serumantikörper aus. Sie sind die Träger der Sekundärantwort (S. 314). IgG finden sich im Blut und in der interstitiellen Flüssigkeit. Da sie mithilfe von Rezeptoren die Plazenta passieren können, werden sie auch von der Mutter auf den Fetus übertragen. IgM werden als erste Ig nach Kontakt mit körperfremdem Antigen gebildet, s. Primärantwort (S. 314). Ihre frühen Formen sitzen auf der Oberfläche von B-Zellen, die späteren Formen werden als Pentamere von Plasmazellen sezerniert. Ihre Wirkung richtet sich besonders gegen Mikroorganismen.

B. Struktur des Immunglobulins G Immunglobuline vom Typ G (IgG) sind die quantitativ wichtigsten Antikörper im Blut, wo sie die Fraktion der γ-Globuline (S. 292) bilden. Die IgG (Masse 150 kDa) sind Y-förmige Moleküle, die an den Enden beider Arme Antigene spezifisch binden können. Als Tetramere bestehen sie aus zwei schweren Ketten (H-Ketten; rot bzw. orange) und zwei leichten Ketten (L-Ketten; gelb). Beide H-Ketten sind glycosyliert (violett), vgl. Struktur (S. 44). Mit der Proteinase Papain kann man IgG in zwei Fab-Fragmente und ein Fc-Fragment spalten. Die Fab-Fragmente (engl. antigen binding) bestehen jeweils aus einer L-Kette und dem Nterminalen Teil einer H-Kette, sie können noch Antigen binden. Das Fc-Fragment (engl. crystallizable, kristallisierbar) setzt sich aus den C-terminalen Hälften der beiden H-Ketten zusammen. Dieser Abschnitt dient der Bindung der IgG an Zelloberflächen, der Interaktion mit dem Komplementsystem und dem Transport der Antikörper. Immunglobuline sind modular aus mehreren Immunglobulindomänen aufgebaut (im Schema rechts in Ω-Form dargestellt). Die HKetten der IgG enthalten vier dieser Domänen (VH, CH1, CH2 und CH3), die L-Ketten zwei (CL und VL). Die Buchstaben C und V kennzeichnen jeweils konstante bzw. variable Bereiche. Disulfidbrücken verbinden die beiden schweren Ketten untereinander, sowie die schweren Ketten mit den leichten Ketten. Auch innerhalb der Domänen finden sich Disulfidbrücken, die die Tertiärstruktur stabilisieren. Die Domänen haben eine Länge von etwa 110 Aminosäuren und sind untereinander homolog. Offenbar entstand die Antikörperstruktur durch GenDuplikation. In ihrem zentralen Bereich, der sog. hinge-Region, die wie ein Scharnier funktioniert, sind die Antikörper beweglich.

6 Gewebe und Organe

6.3 Immunsystem

Abb. 6.24 Antikörper (B. Quelle PDB: 1MCO)

325

6.3 Immunsystem Pathobiochemie

6 Gewebe und Organe

A. Allergie vom Typ I Allergien sind überschießende Antworten des Immunsystems auf Allergene – das sind bestimmte Antigene, die eine immunologische Überempfindlichkeit auslösen. Das Immunsystem reagiert bei wiederholtem Kontakt mit Allergenen, die normalerweise harmlos sind, mit entzündungsartigen Prozessen unangemessen heftig. Dabei sind die Schleimhäute, die Atemwege, die Haut und der Gastrointestinaltrakt besonders häufig betroffen. Bei der häufigen Allergie vom Typ I aktivieren die in den Körper eingedrungenen Allergene Antigen-präsentierende Zellen (APZ). Diese bewirken durch Ausschüttung von Cytokinen (S. 456) (besonders IL-10) die Umwandlung von T-Helferzellen vom Typ TH0 zu TH2Zellen, welche weitere Cytokine sezernieren und dadurch B-Zellen aktivieren, Antikörper vom Typ IgE zu produzieren. Das IgE bindet an Fc-Rezeptoren von Mastzellen und induziert ihre Degranulation (S. 452). Dabei werden Mediatoren frei wie Histamin, Cytokine, plättchenaktivierender Faktor und andere. Diese können Broncho- und Darmspasmen, einen Blutdruckabfall, Ödeme und viele weitere Störungen auslösen bis hin zu einem anaphylaktischen Schock. Die beschriebene akute allergische Entzündung wird ergänzt durch eine chronische Entzündungsantwort, bei der Chemokine der TH2Zellen eosinophile Granulocyten anlocken und dazu aktivieren, weitere Signalstoffe sowie Enzyme auszuschütten. Dies kann z. B. zu Asthma führen.

B. Autoimmunerkrankungen Die Fähigkeit, „selbst“ von „fremd“ zu unterscheiden, ist eine wichtige Eigenschaft des Immunsystems. Doch auch beim Gesunden finden sich in geringem Umfang Antikörper und Immunzellen gegen körpereigene Molekülstrukturen. Ihnen fehlen jedoch die costimulatorischen Signale zu einer autostimulatorischen Zerstörung der eigenen Zellen und Gewebe. Diese Toleranz ist bei Autoimmunerkrankungen durchbrochen. Bei Verlust der Immuntoleranz greift das Immunsystem irrtümlich körpereigene Strukturen an und löst Entzündungen aus. Dies führt zu lokalen Zerstörungen oder systemischen entzündlichen Erkrankungen. Die Abbildung nennt eine Reihe organspezifischer und nicht-organspezifischer Autoimmunerkrankungen.

32

Die Ursachen für diese Erkrankungen sind noch nicht völlig verstanden. Eine Beteiligung der genetischen Ausstattung ist wahrscheinlich, denn die Häufigkeit vieler Autoimmunerkrankungen korreliert mit bestimmten Genen des HLA-Systems (Gene für MHC-Proteine) (S. 322). Hinzu kommen Umwelteinflüsse, die zum Ausbruch der Autoimmunerkrankung führen. Eine solche Induktion der Autoimmunreaktion kann z. B. verursacht werden durch eine Infektion mit Viren oder durch Krankheitserreger mit großer Ähnlichkeit zu Körperstrukturen (molekulare Mimikry). Die gegen die Eindringlinge gebildeten Autoantikörper können gegen körpereigene Reste von Zellmembranen, DNA-Fragmenten oder Proteinen gerichtet sein. Sie lagern sich an diese Zielstrukturen an und markieren sie für Abbau und Vernichtung durch Fresszellen oder CD8-positive T-Zellen.

C. Leukämie Leukämien („weißes Blut“) sind maligne Tumorerkrankungen des blutbildenden Systems, bei denen ungewöhnliche Vorstufen weißer Blutkörperchen (Leukocyten) im Blut vermehrt auftreten. Man unterscheidet nach dem klinischen Verlauf chronische und akute Leukämien und nach dem Ursprung des malignen Zellklons myeloische und lymphatische Leukämien. Durch das Auftreten unreifer, funktionsuntüchtiger Vorstufen der Blutzellen im Knochenmark wird die normale Bildung der Blutzellen gestört und es kommt zu lebensbedrohlichen Veränderungen des Blutbildes. Die Abbildung zeigt links das Blutbild eines Gesunden (Leukocyten violett gefärbt) und rechts das eines Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie (CML). Die Zahl der Leukocyten ist stark erhöht und sie zeigen eine ungewöhnliche Morphologie. Die Ursachen der Leukämien werden in einer genetischen Prädisposition, in cytogenetischen Anomalien, bestimmten Viren und einer Exposition mit physikalischen oder chemischen Cancerogenen (S. 468) gesehen, die zur Transformation einer hämatopoietischen Vorläuferzelle führen. Zur Therapie werden Chemotherapeutika (S. 470) und Bestrahlung eingesetzt.

6 Gewebe und Organe

6.3 Immunsystem

Abb. 6.25 Immunsystem: Pathobiochemie (C. normal: nach Gortner L, Meyer S, Hrsg. Duale Reihe Pädiatrie, Thieme; 2018. CML: aus Bacher U, Theml H, Diem H et al., Hrsg. Taschenatlas Hämatologie, Thieme; 2012)

327

6.4 Leber Funktionen Die Leber ist mit 1,5 kg eines der größten Organe des Menschen. Obwohl sie nur 2–3 % der Körpermasse ausmacht, ist sie mit 25–30 % am O2-Verbrauch beteiligt.

6 Gewebe und Organe

A. Leistungen der Leber Die wichtigsten Aufgaben der Leber sind: 1. die Aufnahme von Nährstoffen, die ihr vom Darm her über die Pfortader zugeführt werden; 2. der Stoffwechsel, d. h. die Biosynthese von körpereigenen Verbindungen, ihre Speicherung, Umwandlung und Abbau zu ausscheidbaren Molekülen. Insbesondere ist die Leber für die Biosynthese und den Abbau fast aller Plasmaproteine verantwortlich; 3. die Versorgung des Körpers mit Metaboliten und Baustoffen. Dabei kontrolliert die Leber häufig die Plasmakonzentration dieser Stoffe; 4. die Entgiftung toxischer Verbindungen durch Biotransformation; 5. die Exkretion von Stoffen mit der Galle. 6. die Mitwirkung an der Säure-Basen-Regulation des Körpers; 7. die Aktivierung und Inaktivierung von Hormonen; 8. die Beteiligung an unspezifischen Abwehrvorgängen gegen körperfremde Substanzen und Organismen mithilfe der Kupffer-Zellen.

B. Stoffwechsel der Leber Die Leber greift in den Stoffwechsel praktisch aller Metabolit-Gruppen ein. Ihre Leistungen dienen in erster Linie dazu, Schwankungen in den Konzentrationen dieser Stoffe im Plasma abzufangen, um die konstante Versorgung peripherer Gewebe sicherzustellen (Homöostase). ▶ Kohlenhydratstoffwechsel. Die Hepatocyten nehmen Glucose und andere Monosaccharide aus dem Plasma auf. Die Glucose wird dann entweder in Form des Polysaccharids Glycogen gespeichert oder in Fettsäuren umgewandelt. Bei Abfall des Blutzuckerspiegels schüttet die Leber durch Abbau von Glycogen wieder Glucose aus. Ist der Glycogenspeicher erschöpft, kann Glucose auch mithilfe der Gluconeogenese (S. 144) aus Lactat, Glycerol oder den Kohlenstoffgerüsten von Aminosäuren aufgebaut werden (S. 330).

32

▶ Lipidstoffwechsel. Fettsäuren werden von der Leber aufgebaut. Daraus können dann Fette und Phospholipide gebildet werden, die in Form von Lipoproteinen ans Blut abgegeben werden. Die Leber kann Fettsäuren in Ketonkörper (S. 332) umwandeln und diese wieder ausschütten. Die Leber synthetisiert Cholesterol, das als Bestandteil von Lipoproteinen anderen Geweben zugeführt wird. Überschüssiges Cholesterol wird von der Leber in Gallensäuren (S. 334) umgewandelt oder mit der Galle ausgeschieden. ▶ Aminosäure- und Proteinstoffwechsel. Die Leber kontrolliert die Aminosäurespiegel im Plasma. Überschüssige Aminosäuren werden abgebaut. Der Stickstoff der Aminosäuren wird mithilfe des Harnstoffzyklus (S. 182) in Harnstoff umgewandelt, der über die Nieren ausgeschieden wird. Das Kohlenstoffgerüst der Aminosäuren gelangt in den Intermediärstoffwechsel und dient der Glucosesynthese oder dem Energiegewinn. Außerdem werden die meisten Plasmaproteine (S. 292) in der Leber gebildet und abgebaut. ▶ Biotransformation. Steroidhormone und Bilirubin sowie Pharmaka, Ethanol und andere Xenobiotika werden von der Leber inaktiviert und in stärker polare Metabolite überführt (S. 336). ▶ Speicher. Die Leber speichert Energiereserven und Baustoffe, Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine, darunter Eisen, Retinol und die Vitamine, A, D, K, Folsäure und B12.

C. Zonierung des Leberstoffwechsels Die Hepatozyten, die etwa 60–70 % der Leberzellen ausmachen, sind zentraler Ort des Intermediärstoffwechsels. Zu den anderen Zellen der Leber zählen Epithelzellen, Kupffer-Sternzellen und Stellat-(Ito-)Zellen. In der linken Bildhälfte ist ein Ausschnitt eines Leberläppchens gezeigt. Die Hepatocyten stehen in engem Kontakt mit dem Blut, das aus der Pfortader und den Leberarterien (links) kommend die sog. Sinusoide durchströmt und in den Zentralvenen der Leberläppchen wieder gesammelt wird (rechts). Die Hepatocyten erbringen je nach ihrer Lokalisation entlang der intrahepatischen Kapillaren (Sinusoide) unterschiedliche Stoffwechselleistungen (metabolische Zonierung). Man unterscheidet periportale Hepatocyten (links, rosa) von perivenösen Hepatocyten (rechts, blau).

6.4 Leber Funktionen Die Leber ist mit 1,5 kg eines der größten Organe des Menschen. Obwohl sie nur 2–3 % der Körpermasse ausmacht, ist sie mit 25–30 % am O2-Verbrauch beteiligt.

6 Gewebe und Organe

A. Leistungen der Leber Die wichtigsten Aufgaben der Leber sind: 1. die Aufnahme von Nährstoffen, die ihr vom Darm her über die Pfortader zugeführt werden; 2. der Stoffwechsel, d. h. die Biosynthese von körpereigenen Verbindungen, ihre Speicherung, Umwandlung und Abbau zu ausscheidbaren Molekülen. Insbesondere ist die Leber für die Biosynthese und den Abbau fast aller Plasmaproteine verantwortlich; 3. die Versorgung des Körpers mit Metaboliten und Baustoffen. Dabei kontrolliert die Leber häufig die Plasmakonzentration dieser Stoffe; 4. die Entgiftung toxischer Verbindungen durch Biotransformation; 5. die Exkretion von Stoffen mit der Galle. 6. die Mitwirkung an der Säure-Basen-Regulation des Körpers; 7. die Aktivierung und Inaktivierung von Hormonen; 8. die Beteiligung an unspezifischen Abwehrvorgängen gegen körperfremde Substanzen und Organismen mithilfe der Kupffer-Zellen.

B. Stoffwechsel der Leber Die Leber greift in den Stoffwechsel praktisch aller Metabolit-Gruppen ein. Ihre Leistungen dienen in erster Linie dazu, Schwankungen in den Konzentrationen dieser Stoffe im Plasma abzufangen, um die konstante Versorgung peripherer Gewebe sicherzustellen (Homöostase). ▶ Kohlenhydratstoffwechsel. Die Hepatocyten nehmen Glucose und andere Monosaccharide aus dem Plasma auf. Die Glucose wird dann entweder in Form des Polysaccharids Glycogen gespeichert oder in Fettsäuren umgewandelt. Bei Abfall des Blutzuckerspiegels schüttet die Leber durch Abbau von Glycogen wieder Glucose aus. Ist der Glycogenspeicher erschöpft, kann Glucose auch mithilfe der Gluconeogenese (S. 144) aus Lactat, Glycerol oder den Kohlenstoffgerüsten von Aminosäuren aufgebaut werden (S. 330).

32

▶ Lipidstoffwechsel. Fettsäuren werden von der Leber aufgebaut. Daraus können dann Fette und Phospholipide gebildet werden, die in Form von Lipoproteinen ans Blut abgegeben werden. Die Leber kann Fettsäuren in Ketonkörper (S. 332) umwandeln und diese wieder ausschütten. Die Leber synthetisiert Cholesterol, das als Bestandteil von Lipoproteinen anderen Geweben zugeführt wird. Überschüssiges Cholesterol wird von der Leber in Gallensäuren (S. 334) umgewandelt oder mit der Galle ausgeschieden. ▶ Aminosäure- und Proteinstoffwechsel. Die Leber kontrolliert die Aminosäurespiegel im Plasma. Überschüssige Aminosäuren werden abgebaut. Der Stickstoff der Aminosäuren wird mithilfe des Harnstoffzyklus (S. 182) in Harnstoff umgewandelt, der über die Nieren ausgeschieden wird. Das Kohlenstoffgerüst der Aminosäuren gelangt in den Intermediärstoffwechsel und dient der Glucosesynthese oder dem Energiegewinn. Außerdem werden die meisten Plasmaproteine (S. 292) in der Leber gebildet und abgebaut. ▶ Biotransformation. Steroidhormone und Bilirubin sowie Pharmaka, Ethanol und andere Xenobiotika werden von der Leber inaktiviert und in stärker polare Metabolite überführt (S. 336). ▶ Speicher. Die Leber speichert Energiereserven und Baustoffe, Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine, darunter Eisen, Retinol und die Vitamine, A, D, K, Folsäure und B12.

C. Zonierung des Leberstoffwechsels Die Hepatozyten, die etwa 60–70 % der Leberzellen ausmachen, sind zentraler Ort des Intermediärstoffwechsels. Zu den anderen Zellen der Leber zählen Epithelzellen, Kupffer-Sternzellen und Stellat-(Ito-)Zellen. In der linken Bildhälfte ist ein Ausschnitt eines Leberläppchens gezeigt. Die Hepatocyten stehen in engem Kontakt mit dem Blut, das aus der Pfortader und den Leberarterien (links) kommend die sog. Sinusoide durchströmt und in den Zentralvenen der Leberläppchen wieder gesammelt wird (rechts). Die Hepatocyten erbringen je nach ihrer Lokalisation entlang der intrahepatischen Kapillaren (Sinusoide) unterschiedliche Stoffwechselleistungen (metabolische Zonierung). Man unterscheidet periportale Hepatocyten (links, rosa) von perivenösen Hepatocyten (rechts, blau).

6 Gewebe und Organe

6.4 Leber

Abb. 6.26 Leber: Funktionen

329

6.4 Leber

6 Gewebe und Organe

Kohlenhydratstoffwechsel Glucose ist neben den Fettsäuren und den Ketonkörpern der wichtigste Energielieferant des Organismus. Die Konzentration der Glucose im Blut (der „Blutzuckerspiegel“) wird durch die präzise Kontrolle Glucose-liefernder und -verbrauchender Prozesse bei 4–6 mM (0,8– 1,0 g · L–1) gehalten (S. 386). Glucoselieferanten sind der Darm (Nahrungsglucose), die Leber und die Nieren. Die Leber spielt dabei die Rolle eines „Glucostaten“. Glucose-Transporter vom Typ Glut-2 (S. 212) in der Plasmamembran der Hepatocyten ermöglichen den von Insulin unabhängigen Transport von Glucose und anderen Zuckern sowohl in die Zellen als auch aus ihnen heraus. Im Gegensatz zum Muskel besitzt die Leber das Enzym Glucose-6-phosphatase, das Glucose aus Glucose-6-phosphat freisetzen kann und damit den Export von Glucose ermöglicht. Die Leber ist auch in der Lage, Glucose durch Umwandlung aus anderen Zuckern, z. B. Fructose und Galactose, zu bilden oder aus anderen Metaboliten, besonders Aminosäuren, aufzubauen. Die Umwandlung von Lactat zu Glucose im Corizyklus (S. 358) und von Alanin zu Glucose mithilfe des Alaninzyklus (S. 388) spielt eine besondere Rolle für die metabolische Interaktion mit Erythrocyten und Muskelzellen. Neben Glucose kann die Leber aus Glucose auch andere Zucker wie Fructose, Galactose, Mannose und Ribose sowie Aminozucker wie Neuraminsäure bilden.

A. Stoffwechsel der UDP-Glucose Glucose wird durch Phosphorylierung [1] zu Glucose-6-phosphat aktiviert. Nach Isomerisierung [2] zu Glucose-1-phosphat kann daraus durch Übertragung eines UMP-Restes [3] UDP-Glucose entstehen, das eine Schlüsselstellung im Zuckerstoffwechsel besitzt. Es kann z. B. mit anderen Zuckern über eine glycosidische Bindung verknüpft werden. Durch diese von Transferasen katalysierte Reaktionen entstehen in der Leber z. B. Glycogen oder die Oligosaccharid- und Polysaccharid-Seitenketten von Proteoglycanen, Glycoproteinen und Glycolipiden. UDP-Glucose kann auch zu UDP-Glucuronat oxidiert werden [4], das ebenfalls für die Bildung von Proteoglycanen und Glycoproteinen benötigt wird sowie zur Bildung ausscheidungspflichtiger Konjugate (Glucuronide; Pha-

33

se II der Biotransformation) (S. 336). Außerdem kann UDP-Glucose in der Leber zu UDP-Galactose epimerisiert werden ([5], s. B), aus dem in der Milchdrüse durch Reaktion [6] mit Glucose Lactose gebildet wird. Allerdings wird dieses Disaccharid nur während der Lactation synthetisiert.

B. Fructose- und Galactosestoffwechsel Fructose wird vor allem von der Leber durch Einschleusung in die Glycolyse verstoffwechselt (linke Bildhälfte). Eine besondere Ketohexokinase [1] phosphoryliert Fructose zunächst zu Fructose-1-phosphat. Dieses wird durch eine ebenfalls Fructose-spezifische Aldolase B [2] in Dihydroxyaceton-3-phosphat (Glyceron-3-phosphat) und Glycerinaldehyd (Glyceral) gespalten. Dihydroxyaceton-3-phosphat ist bereits Zwischenprodukt der Glycolyse (Mitte), während Glycerinaldehyd durch eine Triokinase [3] zu Glycerinaldehyd-3-phosphat phosphoryliert werden kann. In geringerem Umfang wird Glycerinaldehyd auch zu Glycerol reduziert [4] oder zu Glycerat oxidiert, das durch Phosphorylierung in die Glycolyse eingeschleust werden kann (nicht gezeigt). Die Reduktion von Glycerinaldehyd [4] verbraucht NADH. Da die Geschwindigkeit des Alkholabbaus in den Hepatocyten durch das Angebot an NAD+ limitiert wird, beschleunigt der Abbau von Fructose den Alkoholabbau (S. 340). Außerhalb der Leber wird Fructose durch Reduktion an C-2 zu Sorbitol und anschließende Dehydrierung an C-1 zu Glucose in den Zuckerstoffwechsel eingeschleust (PolyolWeg; nicht gezeigt). Galactose wird ebenfalls in der Leber aufoder abgebaut (rechte Bildhälfte). Ihr Stoffwechsel beginnt – wie bei Zuckern üblich – mit einer Phosphorylierung zu Galactose-1-phosphat [5]. Der Anschluss an den Glucosestoffwechsel wird durch C-4-Epimerisierung zu Glucose-1-phosphat hergestellt. Dies geschieht allerdings nicht direkt. Vielmehr überträgt eine Transferase [6] einen UMP-Rest von UDP-Glucose auf Galactose-1-phosphat. Dadurch wird Glucose-1-phosphat frei, während Galactose1-phosphat in UDP-Galactose übergeht. Erst dieses wird zu UDP-Glucose isomerisiert [7]. Auch die Biosynthese der Galactose nimmt diesen Reaktionsweg, der bis auf Reaktion [5] frei reversibel ist. Erbliche Defekte der Enzyme [5] oder [6] können zum Krankheitsbild der Galactosämie (S. 152) führen.

6 Gewebe und Organe

6.4 Leber

Abb. 6.27 Leber: Kohlenhydratstoffwechsel

331

6.4 Leber Lipidstoffwechsel Die Leber ist der wichtigste Ort für die Bildung von Fettsäuren, Glycerolipiden, Sphingolipiden, Ketonkörpern und Cholesterol. Der größte Teil dieser Produkte wird an das Blut abgegeben. Im Gegensatz dazu werden die im Fettgewebe synthetisierten Triacylglycerole erst einmal dort gespeichert (S. 344).

A. Lipidstoffwechsel

6 Gewebe und Organe

Der Lipidstoffwechsel der Leber ist eng verknüpft mit dem der Kohlenhydrate und Aminosäuren. ▶ Resorptionsphase (S. 390). Bei guter Versorgung mit Nahrungsstoffen baut die Leber Glucose und andere Monosaccharide über AcetylCoA in Fettsäuren um. Auch aus Chylomikronen, die vom Darm geliefert werden, oder von Fettsäure-Albumin-Komplexen im Blut kann die Leber Fettsäuren aufnehmen. Fettsäuren aus beiden Quellen werden in Glycerolipide, d. h. Fette und Phospholipide, sowie in Sphingolipide umgewandelt. Zusammen mit Apolipoproteinen werden diese in Lipoproteinen sehr niedriger Dichte (VLDL) (S. 294) verpackt und durch Exocytose an das Blut abgegeben. Die VLDL dienen der Versorgung extrahepatischer Gewebe, z. B. des Fettgewebes und der Muskulatur, mit Lipiden. ▶ Postresorptionsphase (S. 392). Bei fehlender Nahrungszufuhr, d. h. bei Fasten und Hungern, wird der Lipidstoffwechsel umgestellt und der Organismus greift auf eigene Vorräte zurück. Das Fettgewebe setzt dann Fettsäuren frei. Sie werden von der Leber aufgenommen und überwiegend in Ketonkörper umgebaut (B) oder zur eigenen Energieversorgung genutzt. Cholesterol kann zwei Quellen entstammen, der Nahrung und der Eigensynthese aus Acetyl-CoA. Ein erheblicher Prozentsatz der körpereigenen Cholesterolsynthese findet in der Leber statt. Ein Teil des Cholesterols wird zur Bildung von Gallensäuren (S. 334) benötigt. Zudem dient es als Baustein für Zellmembranen (S. 208) oder wird mit Fettsäuren verestert und in Lipidtröpfchen gespeichert. Der Rest wird zusammen in Form von LipoproteinKomplexen (VLDL) ans Blut abgegeben und versorgt andere Gewebe. Die Leber trägt auch dadurch zum Cholesterolstoffwechsel bei, dass sie aus dem Blut Lipoproteine (S. 294), die Cholesterol und Cholesterol-Ester enthalten (HDL,

33

IDL, LDL), aufnimmt und abbaut. Die Leber wandelt Cholesterol dann zu Gallensäuren um und scheidet diese ebenso wie unverändertes Cholesterol in die Galle aus (S. 334).

B. Biosynthese von Ketonkörpern Bei einem hohen Angebot an Fettsäuren baut die Leber diese durch β-Oxidation zu AcetylCoA ab und erzeugt damit Ketonkörper. Mit diesen gut löslichen Energieträgern versorgt die Leber extrahepatische Gewebe. Die Ketonkörpersynthese erfolgt ausschließlich in der mitochondrialen Matrix der Leber. Im ersten Reaktionsschritt kondensieren zwei Moleküle Acetyl-CoA zu Acetacetyl-CoA [1]. Die Übertragung einer weiteren AcetylGruppe [2] führt zu 3-Hydroxy-3-methylglutaryl-CoA (HMG-CoA), das durch Abspaltung von Acetyl-CoA [3] in freies Acetacetat übergeht (Lynen-Zyklus). Acetacetat kann durch Reduktion in 3-Hydroxybutyrat umgewandelt werden [4] oder durch nichtenzymatische Decarboxylierung [5] in Aceton übergehen. Zusammen bezeichnet man diese drei Verbindungen als „Ketonkörper“, obwohl 3-Hydroxybutyrat gar kein Keton ist. Weil Reaktion [3] ein H+-Ion freisetzt, kann es bei gesteigerter Ketonkörpersynthese zu einer metabolischen Acidose (S. 304) kommen. Die Ketonkörper werden von der Leber an das Blut abgegeben, in dem sie gut löslich sind. Die Blutspiegel der Ketonkörper steigen bei Hunger an. 3-Hydroxybutyrat und Acetacetat sind dann neben freien Fettsäuren in vielen Geweben (u. a. auch dem Herzmuskel) wichtige Energieträger. Aceton kann nicht verstoffwechselt werden und wird über die Lunge abgeatmet oder mit dem Urin ausgeschieden. Die Einschleusung von Ketonkörpern in den Energiestoffwechsel der extrahepatischen Gewebe wird in Integration des Stoffwechsels II (S. 388) behandelt. Übersteigt die Produktion der Ketonkörper den Verbrauch außerhalb der Leber, kommt es zu einem Konzentrationsanstieg der Ketonkörper im Plasma (Ketonämie) und schließlich auch zu ihrer Ausscheidung mit dem Urin (Ketonurie). Beide Phänomene beobachtet man nach längerem Hungern und bei ungenügend behandeltem Diabetes mellitus Typ I. Eine starke Ketonurie mit Ketoacidose kann zu Elektrolyt-Verschiebungen und Bewusstlosigkeit führen und ist deshalb lebensbedrohend (ketoacidotisches Koma).

6 Gewebe und Organe

6.4 Leber

Abb. 6.28 Leber: Lipidstoffwechsel

333

6.4 Leber Gallensäuren

6 Gewebe und Organe

Ein wichtiges Produkt der Hepatocyten ist die Galle. Sie fördert durch Emulgierung die Verdauung der Nahrungslipide (S. 286) im Dünndarm. Die emulgierenden Bestandteile der Galle sind neben Phospholipiden vor allem Gallensäuren und Gallensalze (s. u.). Die Galle enthält außerdem Wasser und anorganische Salze, auch freies Cholesterol, das auf diesem Weg ausgeschieden wird, und eine Vielzahl körpereigener und körperfremder Substanzen wie Gallenfarbstoffe, die Metabolite von Steroidhormonen und unter Umständen auch Medikamente und ihre Abbauprodukte.

A. Gallensäuren und Gallensalze Gallensäuren sind Steroide aus 24 C-Atomen, die eine Carboxylat-Gruppe und mehrere Hydroxy-Gruppen tragen. Sie werden in der Leber aus Cholesterol (oben) gebildet. An vielen der 14 Schritte ihrer Synthese sind CytochromP450-Enzyme (S. 338) im gER der Hepatocyten beteiligt. Zunächst wird Cholesterol durch eine 7αHydroxylase in 7α-Hydroxycholesterol umgewandelt. Dann wird die Doppelbindung des Cholesterols verlagert. Eine weitere OH-Gruppe kann an C-12 in das Sterangerüst eingeführt werden. Schließlich wird die Doppelbindung reduziert, die Seitenkette um drei C-Atome verkürzt und das terminale C-Atom zur Carboxylat-Gruppe oxidiert. Wichtig ist, dass sich bei der GallensäureSynthese die Anordnung der A- und B-Ringe von trans nach cis ändert. Dies hat zur Folge, dass in den Gallensäuren alle hydrophilen Gruppen auf einer Seite des Moleküls liegen. Während das schwach amphipathische Cholesterol (oben) einen kleinen polaren „Kopf“ und einen ausgedehnten unpolaren „Schwanz“ besitzt, sind die Gallensäure-Moleküle (unten) viel stärker amphipathisch und ähneln Scheibchen mit polarer Ober- und unpolarer Unterseite. Cholsäure und Chenodesoxycholsäure, die sog. primären Gallensäuren, sind die quantitativ wichtigsten Metabolite des Cholesterols. Nach ihrer Biosynthese werden sie zum großen Teil mit Coenzym A aktiviert und dann mit Glycin oder der nicht-proteinogenen Aminosäure Taurin, einem Derivat des Cysteins (S. 184), verknüpft. Die so gebildeten Säureamide bezeichnet man als konjugierte Gallensäuren. Sie haben einen pKa von ~4 (Glycochol-

33

säure) bzw. ~2 (Taurocholsäure) und liegen deshalb weitgehend dissoziiert als „Gallensalze“ vor. Konjugierte Gallensäuren sind also noch amphipathischer als die unkonjugierten Grundkörper.

B. Stoffwechsel der Gallensalze Gallensäuren werden ausschließlich von Leberzellen gebildet (s. A). Der langsamste Schritt ihrer Biosynthese ist die Hydroxylierung in Position 7 durch die 7-α-Hydroxylase (s. o.). Cholsäure und andere Gallensäuren hemmen diese Reaktion (Endprodukthemmung). Die in der Leber vorhandenen Gallensäuren regulieren so die Geschwindigkeit der Cholesterolverwertung. Vor dem Verlassen der Leber wird ein großer Teil der Gallensäuren mit CoA aktiviert und dann mit den Aminosäuren Glycin oder Taurin konjugiert (2, vgl. A). Aus Cholsäure entstehen so Glycocholsäure bzw. Taurocholsäure. Die von der Leber sezernierte Lebergalle wird in der Gallenblase durch Wasserentzug eingedickt (Blasengalle; 3). Darmbakterien produzieren Enzyme, die die Gallensalze chemisch verändern können (4). Die Säureamid-Bindung der Gallensalze wird gespalten, und durch Dehydroxylierung an C-7 entstehen aus den primären Gallensäuren der Leber die entsprechenden sekundären Gallensäuren (5). Der größte Teil (> 95 %) der Gallensäuren des Darms wird im Ileum rückresorbiert (6) und über die Pfortader wieder der Leber zugeführt (enterohepatischer Kreislauf). Dort entstehen aus den sekundären Gallensäuren des Darms wieder Gallensalze, die erneut in die Lebergalle ausgeschieden werden. Von den 15 bis 30 g Gallensalzen, die täglich mit der Galle abgegeben werden, tauchen deshalb nur etwa 0,5 g in den Faeces auf. Das entspricht etwa der täglichen Neusynthese von Cholesterol. ▶ Weitere Informationen. Das mit der Galle ausgeschiedene Cholesterol ist schlecht wasserlöslich. Es bildet in der Galle mit Phospholipiden und Gallensäuren Micellen (S. 34), die es in Lösung halten. Verschieben sich die Mengenverhältnisse von Phospholipiden, Gallensäuren und Cholesterol, können Gallensteine entstehen. Sie bestehen überwiegend aus ausgefallenem Cholesterol (Cholesterolsteine), können aber auch Ca2 + -Salze von Gallensäuren und Gallenfarbstoffe enthalten (Pigmentsteine).

6 Gewebe und Organe

6.4 Leber

Abb. 6.29 Gallensäuren

335

6.4 Leber

6 Gewebe und Organe

Biotransformation Der Organismus nimmt mit der Nahrung oder durch den Kontakt mit der Umwelt über Haut und Lunge Fremdstoffe (Xenobiotika) auf, die natürlichen Ursprungs oder vom Menschen künstlich erzeugt sein können. Manche dieser Stoffe sind giftig, besonders in höheren Konzentrationen. Der Organismus verfügt aber über wirkungsvolle Mechanismen, die Xenobiotika durch Biotransformation zu inaktivieren und dann auszuscheiden. Die Mechanismen der Biotransformation sind denen ähnlich, mit denen körpereigene Substanzen (Endobiotika) wie Gallenfarbstoffe und Steroidhormone inaktiviert und ausscheidungsfähig gemacht werden. Die Biotransformation findet vor allem in der Leber statt, daneben auch in Darm und den Nieren.

A. Biotransformation ▶ Phase-I-Reaktionen (Umwandlungsreaktionen). Die Reaktionen des Typs I führen funktionelle Gruppen in reaktionsträge, unpolare Moleküle ein oder wandeln bereits vorhandene funktionelle Gruppen um. In vielen Fällen wird so erst die Möglichkeit geschaffen, die Fremdstoffe durch Phase-II-Reaktionen mit polaren Molekülen zu konjugieren (s. u.). Meist verringern Phase-I-Reaktionen die biologische Aktivität oder Giftigkeit („Entgiftung“). Andererseits werden manche Wirkstoffe erst durch die Umwandlungsreaktion biologisch aktiv, z. B. Benzo[a]pyren (S. 266), oder sind nach der Umwandlung toxischer als die Ausgangssubstanz („Giftung“). Wichtige Biotransformationsreaktionen der Phase I sind: ● Hydrolytische Spaltungen von Ester-, Etherund Peptid-Bindungen. Das Beispiel (1) zeigt die Hydrolyse des Schmerzmittels Acetylsalicylat. ● Oxidationen: Hydroxylierung, Epoxidbildung, Sulfoxidbildung, Dealkylierung, Desaminierung. So werden z. B. Ethanol zu Ethanal (S. 340), Benzen (Benzol) zu Phenol und Toluol (Methylbenzen) zu Benzoesäure oxidiert. Das Beispiel (2) zeigt die Hydroxylierung des Psychopharmakons Diazepam, das auf diese Weise ausscheidungsfähig gemacht wird. ● Reduktionen: Reduktion von Carbonyl-, Azo- oder Nitro-Verbindungen, Dehalogenierung. ● Methylierungen ● Desulfurierungen.

33

Die Reaktionen laufen in den Hepatocyten am glatten Endoplasmatischen Retikulum ab. Viele werden von Cytochrom-P450-Systemen (S. 338) katalysiert. Diese Monooxygenasen werden von ihren lipophilen Substraten induziert und zeigen meist eine breite Spezifität. ▶ Phase-II-Reaktionen (Konjugatbildung). Reaktionen des Typs II koppeln ihre Substrate (z. B. Bilirubin, Steroidhormone, Pharmaka, Produkte von Phase-I-Reaktionen) über Esteroder Amid-Bindungen an sehr polare, negativ geladene Moleküle. Die beteiligten Enzyme sind ausnahmslos Transferasen, ihre Produkte werden als Konjugate bezeichnet. Die Kopplung mit Glucuronat (GlcUA) als Ooder N-Glucuronid ist die häufigste Form der Konjugatbildung. Coenzym der Reaktion ist Uridindiphosphat-Glucuronat (S. 102), das „aktive“ Glucuronat (S. 330). Die Verknüpfung mit dem Anion Glucuronat macht ein unpolares (hydrophobes) Substrat stärker polar, es wird dadurch ausreichend wasserlöslich und ausscheidungsfähig. Beispiel (3) zeigt die Glucuronidierung von Tetrahydrocortisol, eines Metaboliten des Glucocorticoids Cortisol (S. 436). Auch die Biosynthese von Sulfat-Estern mithilfe von Phosphoadenosinphosphosulfat (PAPS), dem „aktiven“ Sulfat (S. 102), die Verknüpfung mit Glutathion und seltener die Amidbildung mit Glycin und Glutamin spielen für die Konjugation eine Rolle. So wird z. B. Benzoesäure mit Glycin zur besser löslichen und weniger toxischen Hippursäure (N-Benzoylglycin) konjugiert. ▶ Phase-III-Reaktionen. Diese sind transzelluläre, gerichtete Transportprozesse aus dem Blut in die Hepatozyten und aus diesen in die Lebergalle. Beteiligt sind verschiedene Carriersysteme, deren Aktivität durch reversiblen Einbau in Membranen oder durch Genexpression (vermittelt durch den Farnesoid-X-Rezeptor) geregelt wird. Neben dieser biliären Ausscheidung der Konjugate in der Leber (S. 328) werden diese auch renal auf dem Weg über Blut durch Nieren eliminiert. ▶ Weitere Informationen. Zur Entgiftung von Schwermetallen besitzt die Leber Metallothioneine, eine Gruppe cysteinreicher Proteine mit hoher Affinität für zweiwertige Metall-Ionen wie Cd2 + , Cu2 + , Hg2 + und Zn2 + . Diese Metallionen induzieren die Bildung der Metallothioneine über ein spezielles Metall-regulatorisches Element (MRE) im Promoter der Gene.

6 Gewebe und Organe

6.4 Leber

Abb. 6.30 Biotransformation

337

6.4 Leber Cytochrom-P450-Systeme

6 Gewebe und Organe

In der ersten Phase der Biotransformation (S. 336) in der Leber und anderen Geweben werden lipophile Verbindungen, die chemisch wenig reaktiv sind, enzymatisch hydroxyliert. Dies ermöglicht ihre Konjugation mit polaren Substanzen. Die hydroxylierenden Enzyme sind im Allgemeinen Monooxygenasen, die Häm b (Protoporphyrin IX) als redoxaktives Coenzym (S. 96) enthalten. In der reduzierten Form kann dieses Häm Kohlenmonoxid (CO) binden und zeigt dann eine typische Lichtabsorption bei 450 nm. Diese Eigenschaft charakterisiert die Cytochrom-P450-Systeme und gibt ihnen den Namen.

A. Reaktion Cytochrom-P450-abhängige Monooxygenasen (CYP) katalysieren die reduktive Spaltung von Sauerstoffmolekülen (O2). Ein Sauerstoffatom wird dabei auf ein lipophiles Substratmolekül übertragen, das zweite als Wassermolekül freigesetzt. Die notwendigen Reduktionsäquivalente werden von NADPH + H+ geliefert. CYP haben viele verschiedene lipophile Substrate mit endogenem und exogenem Ursprung. Sie sind nicht nur an Phase-I-Reaktionen der Biotransformation von Xenobiotika, Pharmaka und Chemikalien beteiligt, sondern auch am Stoffwechsel von Endobiotika wie Sterolen, Steroidhormonen (S. 440), Gallensäuren (S. 334) und Eicosanoiden (S. 454), ungesättigten Fettsäuren (S. 163) und Retinsäure (S. 54). Diese Substrate können durch die Reaktion hydroxyliert, epoxidiert, dealkyliert, oxydiert oder dehalogeniert werden. Meist wird dadurch ihre Polarität erhöht und ihre Metabolisierbarkeit verbessert.

B. Struktur CYP sind Bestandteil von Elektronen-Transportketten aus mehreren Membranproteinen, die an das Endoplasmatische Retikulum oder die innere Mitochondrienmembran gebunden sind. Das Substrat Sauerstoff lagert sich im aktiven Zentrum des Cytochrom P450 (Cyt P450) an Häm-gebundenes Eisen und wird durch Aufnahme von Elektronen aktiviert. Die Systeme in ER und den Mitochondrien unterscheiden sich durch den Antransport der Elektronen. Im ER überträgt eine Cyt-P450-Reduktase, die FAD und FMN enthält, Elektronen von NADPH auf Cyt P450. In den Mitochondrien

33

transferiert sie eine FAD-haltige AdrenodoxinReduktase vom NADPH erst auf zwei Adrenodoxine, bevor die Elektronen zum Cyt P450 gelangen.

C. Eigenschaften Cytochrom-P450-abhängige Monooxygenasen (CYP) bilden eine Superfamilie, die auf Grund von Homologiekriterien in 18 Familien mit 41 Unterfamilien eingeteilt werden. Im Menschen treten etwa 60 verschiedene CYP-Isoformen mit unterschiedlichen Eigenschaften auf. CYP kommen in allen kernhaltigen Zellen vor, besonders in Leber, Steroidhormon-produzierenden Drüsen, Darm und Lunge. Sie sind am Stoffwechsel lipophiler endogener Metabolite beteiligt, z. B. an der Biosynthese von Cholesterol, Gallensäuren und Steroidhormonen. Mit ihrer Hilfe werden Alkane und Fettsäuren hydroxyliert, um ihren Abbau zu initiieren. Auch katalysieren CYP die Biosynthese von Eicosanoiden aus Arachidonsäure. Die Substratspezifität von manchen CYPIsoformen, die gegen exogene Substanzen wie Xenobiotika und Pharmaka gerichtet sind, ist dagegen geringer und teilweise sogar überlappend. So katalysiert der Isotyp CYP3A4 die Umwandlung etwa der Hälfte aller bekannten Pharmaka. Weitere 20 % der Medikamente werden von CYP2D6, 15 % von CYP2C19 und der Rest von CYP1A2, -2A6 und -2B6 umgesetzt. Während in vielen Fällen die CYP-Reaktion zu einer Inaktivierung von Medikamenten und Fremdstoffen führt (Entgiftung), kann sie in anderen Fällen toxische Verbindungen erzeugen (Giftung). So ergibt die Epoxidierung von Aromaten z. B. Produkte, die sehr reaktiv und häufig toxisch sind (S. 266). Viele Substrate können ihre CYP induzieren (Substratinduktion), z. B. induzieren Barbiturate das CYP3A4 und verwandte CYP. Andere Verbindungen können einzelne CYP-Isotypen hemmen (Enzymhemmung), darunter auch Naturstoffe, wie sie z. B. im Grapefruitsaft vorkommen. Eine Kompetition der Substrate am aktiven Zentrum der CYP sorgt dafür, dass sie ihren Abbau gegenseitig stören (Substratwechselwirkung). Etwa 40 % der CYP-Gene treten als mutiple Allele auf (genetischer Polymorphismus). Deshalb werden bei Patienten große individuelle Unterschiede in der Fähigkeit beobachtet, Medikamente zu metabolisieren („gute“ und „schlechte Metabolisierer“).

6 Gewebe und Organe

6.4 Leber

Abb. 6.31 Cytochrom-P450-Systeme (A. Quelle PDB: 2HI4)

339

6.4 Leber Ethanolstoffwechsel

6 Gewebe und Organe

A. Ethanolspiegel im Blut Ethanol (EtOH, „Alkohol“) wird in geringen Mengen von Darmbakterien produziert und kommt in Spuren in Früchten vor. Alkoholische Getränke enthalten weitaus höhere Konzentrationen. Ihr Alkoholgehalt wird als Volumenanteil (in %) angegeben. Für die Abschätzung der Alkoholaufnahme und des Blutspiegels ist eine Umrechnung in g Ethanol (Dichte: 0,79 kg · L–1) sinnvoll. Eine Flasche Bier (0,5 L mit 4 Vol.-%) enthält z. B. 20 mL = 16 g Ethanol, eine Flasche Wein (0,7 L mit 12 Vol.-%) 84 mL = 66 g Ethanol. Ethanol ist membrangängig und wird schnell resorbiert. Der maximale Blutspiegel wird schon 60–90 min nach dem Trinken erreicht. Die Geschwindigkeit der Resorption hängt allerdings von verschiedenen Umständen ab. Ein leerer Magen, ein warmes Getränk (wie z. B. Grog), die Gegenwart von Zucker und Kohlensäure (z. B. im Champagner) fördern die Resorption von Ethanol, eine schwer verdauliche Mahlzeit verlangsamt sie. Im Organismus wird Ethanol sehr schnell verteilt. Muskulatur und Gehirn nehmen viel auf, Fettgewebe und Knochen dagegen wenig. Näherungsweise stehen dem Ethanol 70 % des Körpers als Verteilungsraum zur Verfügung. Die vollständige Resorption des Ethanols einer Flasche Bier (16 g) führt also bei einem 70 kg schweren Menschen (Verteilung in 70 kg · 70/100 = 49 kg) zu einem Blutspiegel von etwa 16 g/49 kg = 0,33 Promille (7,2 mM). Die letale Konzentration liegt bei etwa 3,5 Promille (76 mM).

B. Ethanolstoffwechsel Hauptabbauort des Ethanols ist die Leber, aber auch der Magen kann Ethanol verstoffwechseln. Der größte Teil des Ethanols wird zunächst durch Alkohol-Dehydrogenase zu Ethanal (Acetaldehyd) oxidiert. Eine sich anschließende Oxidation, katalysiert durch AldehydDehydrogenase, führt zum Acetat. Dieses wird mithilfe der Acetat-CoA-Ligase unter ATP-Verbrauch in Acetyl-CoA überführt, wodurch der Anschluss an den Intermediärstoffwechsel hergestellt ist. Neben der cytoplasmatischen Alkohol-Dehydrogenase tragen in geringerem Umfang auch die Katalase und die induzierbare mikrosomale Alkohol-Oxidase („MEOS“, besonders

34

CYP2E1) (S. 338) zum Ethanolabbau bei. Die Enzyme des Ethanolstoffwechsels liegen als Isoenzyme mit stark unterschiedlichen Eigenschaften vor und sie zeigen einen erheblichen genetischen Polymorphismus. Die Geschwindigkeit des Ethanolabbaus in der Leber wird durch die Aktivität der AlkoholDehydrogenase limitiert. Begrenzend ist die verfügbare Menge an NAD+. Die maximale Abbaugeschwindigkeit (etwa 0,15 Promille/h) wird schon bei kleinen Ethanolkonzentrationen erreicht. Daher sinkt der Ethanolspiegel mit konstanter Geschwindigkeit (Kinetik 0. Ordnung). Der Brennwert des Ethanols beträgt 29,4 kJ · g–1. Alkoholische Getränke können deshalb – besonders bei Alkoholkranken – einen erheblichen Anteil der Energiezufuhr ausmachen.

C. Akute Effekte des Ethanols Der Ethanolabbau führt zu einem erhöhten NADH/NAD+-Quotienten, der den Leberstoffwechsel wesentlich beeinflusst. Im Zentrum der Wirkungen steht die Hemmung des Citratzyklus. Pyruvat wird zu Lactat reduziert und gelangt als solches ins Blut (→ Lactacidose [Lactatacidose]). Der erhöhte Blutspiegel von Lactat hemmt die Ausscheidung von Harnsäure in der Niere (→ Hyperuricämie). Anfallendes Acetyl-CoA dient vermehrt der Synthese von Ketonkörpern (→ Ketoacidose) und Fettsäuren. Gleichzeitig ist der Fettsäureabbau gehemmt. Die Lipidsynthese und Ausschüttung ins Blut steigen (→ Hyperlipidämie). Wegen der Hemmung des Citratzyklus ist auch die Gluconeogenese vermindert. Bei mangelnder Kohlenhydratzufuhr kommt es dann zu einer Hypoglycämie. Wenn dagegen Kohlenhydrate zugeführt werden, können sie wegen der Hemmung der Glycolyse schlechter abgebaut werden (→ Hyperglycämie). Höhere Konzentrationen von EtOH werden auch von CytochromP450-Systemen abgebaut, besonders von CYP2E1. Als Substrat induziert EtOH verschiedene CYP und hemmt gleichzeitig andere CYP (→ Störung des Medikamentenabbaus). Im Gehirn lagert sich EtOH aufgrund seiner amphipathischen Eigenschaften in Membranen ein und beeinflusst Rezeptoren für Neurotransmitter (S. 376). Die Wirkung von GABA wird verstärkt, während diejenige von Glutamat abnimmt.

6 Gewebe und Organe

6.4 Leber

Abb. 6.32 Ethanolstoffwechsel

341

6.4 Leber Pathobiochemie Erhöhter Ethanolkonsum über Jahre hinweg führt zu Schäden der Leber und anderer Organe. Die Grenzwerte liegen für Männer bei einer täglichen Ethanolzufuhr von etwa 60 g, für Frauen bei circa 30 g. Diese Werte hängen stark von Körpergewicht, Gesundheitszustand und anderen Faktoren ab.

C. Transportsysteme der Gallenbestandteile

B. Alkoholinduzierte Fettleber und Leberzirrhose

In der apikalen (kanalikulären) Membran, die Hepatocyten von den Gallenkapillaren trennt, finden sich verschiedene ATP-getriebene Transportsysteme, mit deren Hilfe die Gallebildung geschieht. Sie gehören zu der großen Familie der ABC-Transporter (von engl. ATP-binding cassette), die Lipide, Gallensalze, Pharmaka, giftige Verbindungen oder kurze Peptide gegen einen Konzentrationsgradienten unter Hydrolyse von ATP transportieren. Sie sind aus zwei Membran-durchspannenden Domänen aufgebaut, die für die Translokation ihres Substrates verantwortlich sind, und aus zwei Domänen, die ATP binden und hydrolysieren. Transportsysteme in den Hepatocyten sind MRP2 (multidrug resistance-related protein; 1, Transport von Konjugaten des Bilirubins und Xenobiotika), MDR-1 (multidrug resistance glycoprotein; 2, Kationen, Pharmaka und Xenobiotika), MDR-3 (3, Phospholipide), ABC G5/G8 (4, Cholesterol), BSEP (bile salt export protein; 5, Gallensäuren), NTCP (Natrium-Taurocholatcotransportierendes Polypeptid; 6, Gallensäuren/Na+), OATP (organic anion transport polypeptide; 7, Bilirubin, Anionen/Glutathion), OCT (organic cation transporter; 8, kationische Xenobiotika, Pharmaka), MRP3 und 4 (9, Gallensäuren, Bilirubin-Konjugate).

Da die Lipidsynthese bei andauernder Ethanolzufuhr (S. 340) erhöht ist und der Export von Lipiden mit VLDL vermindert, kommt es zur verstärkten Speicherung von Lipiden in der Leber (Fettleber). Diese Zunahme des Fettgehaltes der Leber (von weniger als 5 % auf mehr als 50 % des Trockengewichtes) ist zunächst reversibel. Bei chronischem Alkoholismus (etwa > 160 g EtOH täglich) werden die Hepatocyten jedoch zunehmend durch Bindegewebe ersetzt (Fibrose). Mit der von Ethanol und anderen Lebernoxen ausgelösten Leberzirrhose erreicht die Leberschädigung schließlich ein irreversibles Stadium, das von einem progressiven Ausfall der Leberfunktionen gekennzeichnet ist. Moderater Konsum mancher

▶ Weitere Informationen. Durch eine Störung des Gallenabflusses aus der Leber kommt es zur Cholestase. Gallensäuren, Bilirubin und andere Bestandteile der Galle werden dann zurückgehalten und schädigen die Hepatocyten, die Konzentrationen der Gallensäuren und des Bilirubins im Blut steigen an. Charakteristisch ist das Auftreten eines Ikterus (S. 200). Cholestase-typische Enzyme im Blut (S. 312) sind alkalische Phosphatase (AP) und γ-GT (S. 104). Extrahepatische Ursachen der Cholestase können Gallensteine oder Tumoren sein. Intrahepatische Ursachen gehen auf Infektionen der Leber, auf Störungen oder angeborene Defekte der Transportsysteme zurück.

A. Langfristige Alkoholwirkungen

6 Gewebe und Organe

alkoholischer Getränke (< 20 g EtOH/Tag) hat möglicherweise eine cardioprotektive Wirkung. Dies wird aber weniger dem Ethanol als Polyphenolen zugeschrieben, die als Antioxidanzien wirken. Genannt seien Resveratrol und Procyanidine, die in bestimmten roten Traubensorten vorkommen.

Viele toxische Wirkungen des Ethanols gehen auf die Anhäufung von Ethanal zurück. Denn dieser Aldehyd reagiert unspezifisch mit Amino-Gruppen von Aminosäuren und Proteinen und mit Thiol-Gruppen. Dadurch wird die Proteinsynthese geschädigt und der Export von Proteinen und VLDL aus der Leber reduziert. Durch die Reaktion mit Glutathion vermindert Ethanal den Schutz vor H2O2 und Radikalen. Die Peroxidation von Lipiden steigt an, Mitochondrien werden geschädigt und die Atmungskette entkoppelt. Diese Schäden begünstigen eine alkoholinduzierte Hepatitis (Leberentzündung). Charakteristische biochemische Anzeichen für eine Hepatitis sind u. a. das Ansteigen der lebertypischen γ-Glutamyltranspeptidase (S. 312) (= γ-Glutamyltransferase, γ-GT,) und der Aminotransferasen ALT und AST (S. 178) im Blut, ein erhöhter Blutspiegel von Bilirubin (S. 200) wegen verminderter Glucuronidierung in der Leber und eine verzögerte Blutgerinnung (S. 306) wegen verringerter Produktion von Gerinnungsproteinen.

34

6 Gewebe und Organe

6.4 Leber

Abb. 6.33 Leber: Pathobiochemie

343

6.5 Fettgewebe Funktionen

6 Gewebe und Organe

Fettgewebe ist ein spezialisiertes Bindegewebe. Es kommt in erster Linie als weißes Fettgewebe vor, dessen Zellen, die Adipocyten, durch eine große Vakuole gekennzeichnet sind, in der Fette gespeichert werden. Weißes Fettgewebe ist der wichtigste Energiespeicher des Körpers, außerdem ist es ein guter Wärmeisolator und mechanisches Schutzpolster. Es ist auch Speicher für Provitamin A (β-Carotin) und Vitamin E (α-Tocopherol). Der zweite, seltenere Typ – das braune Fettgewebe – hat besonders bei Säuglingen eine Bedeutung für die Thermogenese (S. 134).

A. Lipogenese und Lipolyse in Adipocyten ▶ Lipogenese. Bei gutem Nahrungsangebot synthetisieren Adipocyten Fette aus Fettsäuren und Glycerol-3-phosphat [8]. Dazu werden Fettsäuren mithilfe einer Lipoprotein-Lipase (LPL) aus Lipoproteinen (Chylomikronen und VLDL) im Blut freigesetzt und aufgenommen [7]. Die LPL stammt aus den Adipocyten und sitzt auf der Zelloberfläche der Blutgefäße der Adipozyten. Weniger bedeutend ist die Fettsäuresynthese aus Glucose. Diese wird mithilfe des Glucose-Transporters Glut-4 [1] aufgenommen und in die Glycolyse (2) und den Hexosemonophosphat-Weg (3) eingeschleust. Im Verlaufe der Glycolyse entsteht Dihydroxyacetonphosphat (Glyceron-3-phosphat), das mithilfe der Glycerol-3-phosphat-Dehydrogenase [4] zu Glycerol-3-phosphat reduziert wird. Dieses kann auch aus Alanin, Asparaginsäure oder Malat gebildet werden (10). Eine Glycerol-Kinase, wie sie in Hepatocyten vorkommt, besitzen die Adipocyten nicht. Deshalb kann freies Glycerol, das durch die LPL [7] im Blut freigesetzt wird, vom Fettgewebe nicht verwendet werden. Dihydroxyaceton-3-phosphat kann auch über Pyruvat zu Acetyl-CoA umgewandelt (5) und für die Fettsäuresynthese (6) genutzt werden. Der HexosemonophosphatWeg (3) dient der Bildung von NADPH für die Fettsäuresynthese. Nach Aktivierung der Fettsäuren zu Acyl-CoA, werden sie mit Glycerol3-phosphat zu Fetten verknüpft [8], die schließlich in den Vakuolen der Adipocyten gespeichert werden.

34

▶ Lipolyse. Bei Energiebedarf des Körpers läuft dagegen die Lipolyse ab. Durch diesen Prozess werden die Fette der Vakuolen mobilisiert und mithilfe von drei Enzymen schrittweise hydrolysiert: durch die Adipocyten-Triacylglycerol-Lipase, die hormonsensitive Lipase und die Monoacylglycerol-Lipase [9]. Die Produkte der Lipolyse, Fettsäuren und Glycerol, werden an das Blut abgegeben. ▶ Hormonwirkungen. Lipogenese und Lipolyse sind hormongesteuert. Insulin fördert die Lipogenese und hemmt die Lipolyse. Es induziert die Lipoprotein-Lipase [7], dadurch fördert es die Fettsäureaufnahme und senkt den Lipidgehalt des Blutes. Außerdem steigert Insulin die Glucoseaufnahme in das Fettgewebe (1), es fördert die Glycolyse (2) und die PyruvatDehydrogenase-Reaktion [5]. Die Enzyme werden von Insulin über den Transkriptionsfaktor SREBP (S. 166) induziert (8). Gleichzeitig hemmt Insulin die hormonsensitive Lipase [9]. Als Gegenspieler des Insulins sind die Catecholamine (Adrenalin) und das Glucagon die wichtigsten lipolytisch wirksamen Hormone. Sie stimulieren die hormonsensitive Lipase [9]. Wachstumshormon (GH) fördert in Adipocyten die Empfindlichkeit für Catecholamine und senkt die für Insulin. Es steigert dadurch den Blutspiegel von Fettsäuren.

B. Hormone des Fettgewebes Das Fettgewebe ist auch als endokrines Organ aktiv. Es synthetisiert über 100 Hormone und Mediatoren (zusammen als Adipokine bezeichnet), mit denen es u. a. in die Homöostase des Energiehaushalts und des Glucosespiegels eingreift. Bei aktiver Lipogenese und Zunahme der Fette wird das Peptidhormon Leptin ins Blut ausgeschüttet. Dies signalisiert dem Hypothalamus, dass die Fettspeicher gefüllt sind (S. 346). Gleichzeitig fördert Leptin in anderen Geweben den Energieverbrauch und die Thermogenese. Auch Adiponectin senkt wie Leptin den Glucosespiegel. Daneben werden vom Fettgewebe Estrogene und weitere Signalstoffe abgegeben.

6 Gewebe und Organe

6.5 Fettgewebe

Abb. 6.34 Fettgewebe: Funktionen

345

6.5 Fettgewebe Pathobiochemie

6 Gewebe und Organe

A. Adipositas Ein zu hoher Gehalt an Fettgewebe wird als Adipositas (Fettleibigkeit) bezeichnet. Als Maß dient meist der BMI (body mass index), der ermittelt wird, indem man das Körpergewicht (in kg) durch das Quadrat der Körpergröße (in m) teilt. Allerdings kann ein erhöhter BMI auch auf einer ungewöhnlich großen Muskelmasse beruhen. In Industrieländern leiden mehr als die Hälfte der Erwachsenen unter Übergewicht oder Adipositas. Adipositas hat drei Hauptursachen: Eine genetische Disposition, Mangel an körperlicher Aktivität und falsche Ernährung. Eine endokrine Ursache ist selten. Fettleibigkeit ist ein wesentlicher Faktor für die Entstehung einer Insulinresistenz (S. 446). Das sog. Metabolische Syndrom ist gekennzeichnet durch das gleichzeitige Auftreten von Adipositas, hohem Blutdruck, hohem Triglyceridspiegel, niedrigem Lipoproteinspiegel und einer Insulinresistenz. Es stellt ein hohes Risiko für das Auftreten von arteriosklerotischen Komplikationen, insbesondere Herzinfarkt, dar. Die Therapie der Adipositas ist schwierig. Unabdingbar sind eine starke und anhaltende Reduktion der Kalorienzufuhr und eine Erhöhung des Energieverbrauchs durch mehr Bewegung. Zusätzlich versucht man, die Adipositas mit Medikamenten („Appetitzügler“) und in extremen Fällen durch chirurgische Maßnahmen zu reduzieren.

B. Regulation der Nahrungsaufnahme Die Nahrungsaufnahme – und damit auch das Körpergewicht – werden durch ein komplexes System kontrolliert, das noch nicht völlig verstanden ist. Eine zentrale Rolle bei dieser Regulation spielen der Magen-Darm-Trakt und das Fettgewebe, die in Abhängigkeit vom Ernährungszustand Signale an das Gehirn senden, sowie der Hypothalamus, wo diese Signale verarbeitet werden. Einflüsse, welche Hunger erzeugen und damit die Nahrungsaufnahme anregen, bezeichnet man als orexigen; solche, die Sättigung hervorrufen und die Nahrungsaufnahme hemmen, als anorexigen. Auch physikalische, psychische und biochemische Faktoren tragen zur Regulation bei. Physikalische Faktoren sind z. B. die Umgebungstemperatur (so wirkt Kälte orexigen) und der Füllungszustand von Magen und Duo-

34

denum. Psychischen Ursprungs sind emotionale Prägungen, mit denen das sog. „Belohnungssystem“ des Gehirns bestimmte Nahrungsmittel positiv oder negativ belegt. Zu den biochemischen Einflüssen gehören die Blutspiegel von Glucose, Aminosäuren und Lipiden und der Energiestatus der Zellen, der wiederum von der körperlichen Aktivität abhängt. Die Abbildung zeigt in stark vereinfachter Form eine Übersicht über wichtige orexigene (rot) und anorexigene Faktoren (blau) und ihre Wirkungsweise. Das einzige stark orexigene Hormon aus dem Magen-Darm-Trakt ist das in der Magenschleimhaut produzierte Peptid Ghrelin. Beim Fasten ist sein Blutspiegel erhöht und löst ein intensives Hungergefühl aus. Ghrelin wirkt sowohl über den Vagus-Nerv auf den Hirnstamm als auch über das Blut direkt im Gehirn. Auch die Hypothalamus-Hormone Orexin A und Neuropeptid Y (NPY) haben orexigene Wirkung. Ähnliche Effekte zeigen auch die Stoffwechselhormone Thyroxin (S. 442) und Cortisol (S. 436). Die Adipokine Leptin und Adiponectin sind langfristige Signale für gefüllte Fettspeicher (S. 344) und wirken damit anorexigen. Beide Hormone erhöhen außerdem die Empfindlichkeit des Systems für kurzfristige Sättigungssignale aus dem Darm. Zu diesen Signalen gehören die Hormone Cholecystokinin (CCK) (S. 452), Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1) (S. 390) und Peptid YY (PYY). Auch diese Faktoren wirken sowohl auf den Hirnstamm als auch auf den Hypothalamus. Ein gut untersuchtes Beispiel für die gegensätzlichen Effekte von orexigenen und anorexigen Signalen sind die Wirkungen von Ghrelin und Leptin im Nucleus arcuatus des Hypothalamus (oben rechts). Beteiligt sind drei Arten von Neuronen: Die sog. MC4R-Neuronen (benannt nach dem Neurotransmitter Melanocortin 4, MC4) geben im aktivierten Zustand anorexigene Signale an höhere Gehirnzentren ab. POMC-Neuronen aktivieren MC4R-Neuronen durch Ausschüttung von α-MSH (melanozytenstimulierendes Hormon α), während NPY/ AGRP-Neuronen sie durch Ausschüttung von Agouti-related Peptide (AGRP) und GABA (S. 376) hemmen. Die orexigene Wirkung von Ghrelin beruht z. T. auf der Aktivierung von NPY/AGRP-Neuronen und Hemmung von POMC-Neuronen, während das anorexigene Leptin auf beide Neuronen entgegengesetzte Wirkung hat.

6 Gewebe und Organe

6.5 Fettgewebe

Abb. 6.35 Fettgewebe: Pathobiochemie

347

6.6 Niere Funktionen

6 Gewebe und Organe

A. Funktionen der Niere Die Hauptaufgabe der Nieren ist die Ausscheidung von Wasser und wasserlöslichen Substanzen. Eng damit verbunden ist ihre Funktion, den Elektrolyt- und Säure-Haushalt des Organismus zu regulieren (Homöostase). Schließlich erfüllen sie auch Aufgaben im Intermediärstoffwechsel, insbesondere bei der Gluconeogenese und im Aminosäurestoffwechsel (S. 352). Ausscheidung, Homöostase und Stoffwechsel stehen unter der Kontrolle von Hormonen. Auch die Nieren selbst sind an der Bildung mehrerer Hormone beteiligt. Die Nieren werden täglich von etwa 1500 L Blut durchströmt. Daraus werden 180 L Primärharn filtriert. Durch Entzug von Wasser wird das Filtrat auf etwa 1/100 des Ausgangsvolumens konzentriert. Funktionelle Einheit der Niere ist das Nephron. Es besteht aus dem Malpighi-Körperchen (Bowman-Kapsel und Glomerulus), dem proximalen Tubulus, der Henle-Schleife und dem distalen Tubulus, der in ein Sammelrohr übergeht. Die menschliche Niere enthält etwa eine Million Nephrone. Sie bilden den Harn in drei Phasen: Filtration, Rückresorption und Sekretion. ▶ Filtration. Im Glomerulus wird durch Ultrafiltration des Blutplasmas der zum Plasma isotonische Primärharn erzeugt. Die Poren der glomerulären Basalmembran erlauben Substanzen mit Masse unter 15 kDa den ungehinderten Durchtritt. Moleküle mit Massen > 65 kDa, z. B. fast alle Plasmaproteine, können nicht mehr in den Urin übertreten. Die Ausscheidung von Substanzen wird als Clearance bezeichnet. Unter renaler Clearance versteht man dasjenige Plasmavolumen, das pro Zeiteinheit von einer Substanz befreit wird. ▶ Rückresorption. Die meisten niedermolekularen Plasmabestandteile werden aus dem Ultrafiltrat durch Rückresorption ins Blut zurücktransportiert, um Metabolit- und Elektrolytverluste zu vermeiden. Im proximalen Tubulus werden organische Metabolite (v. a. Glucose, Aminosäuren, Lactat und Ketonkörper) durch sekundär-aktiven Transport (S. 210) zurückgewonnen. Die daran beteiligten Transporter sind denen sehr ähnlich, die im Dünndarm für die Resorption der Nahrungsbestandteile verantwortlich sind. Auch HCO3–, Na+, K+, Phosphat und Sulfat werden im proximalen Tubulus durch ATP-abhängige (aktive) Mechanismen rückresorbiert. Die späteren Abschnit-

34

te des Nephrons dienen vor allem der weiteren Rücknahme von Wasser und der geregelten Resorption von Na+ und Cl– (S. 350). ▶ Sekretion. Einige Stoffe werden durch aktiven Transport in den Urin abgegeben. Dazu zählen H+- und K+-Ionen, Harnsäure und Kreatinin, aber auch Pharmaka wie Penicillin. ▶ Hormone. Die Nieren produzieren die Hormone Erythropoetin und Calcitriol und sind durch Ausschüttung des Enzyms Renin an der Bildung von Angiotensin II (S. 352) beteiligt.

B. Urin Menge und Zusammensetzung des Urins hängen von der Ernährung und anderen Faktoren ab und zeigen einen ausgeprägten Tag-NachtRhythmus. Deshalb werden das Volumen und die ausgeschiedenen Stoffmengen meist auf einen Zeitraum von 24 Stunden bezogen („24hUrin“). Der Erwachsene produziert täglich 0,5– 2,0 L Urin, der zu etwa 95 % aus Wasser besteht. Sein pH-Wert schwankt je nach Stoffwechsellage zwischen 4,8 und 7,5 (Mittelwert etwa 5,8). ▶ Elektrolyte. Im Urin finden sich vor allem die Kationen Na+, K+, Ca2 + , Mg2 + und NH4+, sowie die Anionen Cl–, SO42– und HPO42–, außerdem Spuren weiterer Ionen. Na+ und Cl– machen etwa ⅔ aller Elektrolyte im Endharn aus. Ca2 + und Mg2 + kommen im Faeces in noch größeren Mengen vor. Bei Acidosen kann die Ausscheidung von NH4+ stark ansteigen (S. 352). Die Ausscheidung von Na+, K+, Ca2 + und Phosphat (S. 350) wird durch Hormone gesteuert (S. 402). ▶ Organische Bestandteile. Unter den organischen Bestandteilen des Urins stehen stickstoffhaltige Verbindungen im Vordergrund. Harnstoff, der im Harnstoffzyklus der Leber (S. 182) synthetisiert wird, ist die Ausscheidungsform des Aminosäure-Stickstoffs. Bei ausgeglichener Stickstoffbilanz spiegelt die ausgeschiedene Harnstoffmenge den Proteinabbau wider: 70 g Protein in der Nahrung liefern etwa 30 g Harnstoff im Urin. Beim Menschen ist Harnsäure das Endprodukt des Purinstoffwechsels (S. 190). Kreatinin stammt aus dem Muskel, wo es durch spontane Zyklisierung von Kreatin und Kreatinphosphat (S. 358) entsteht. Die Menge der ausgeschiedenen Aminosäuren hängt stark von der Ernährung und der Leberfunktion ab.

6.6 Niere Funktionen

6 Gewebe und Organe

A. Funktionen der Niere Die Hauptaufgabe der Nieren ist die Ausscheidung von Wasser und wasserlöslichen Substanzen. Eng damit verbunden ist ihre Funktion, den Elektrolyt- und Säure-Haushalt des Organismus zu regulieren (Homöostase). Schließlich erfüllen sie auch Aufgaben im Intermediärstoffwechsel, insbesondere bei der Gluconeogenese und im Aminosäurestoffwechsel (S. 352). Ausscheidung, Homöostase und Stoffwechsel stehen unter der Kontrolle von Hormonen. Auch die Nieren selbst sind an der Bildung mehrerer Hormone beteiligt. Die Nieren werden täglich von etwa 1500 L Blut durchströmt. Daraus werden 180 L Primärharn filtriert. Durch Entzug von Wasser wird das Filtrat auf etwa 1/100 des Ausgangsvolumens konzentriert. Funktionelle Einheit der Niere ist das Nephron. Es besteht aus dem Malpighi-Körperchen (Bowman-Kapsel und Glomerulus), dem proximalen Tubulus, der Henle-Schleife und dem distalen Tubulus, der in ein Sammelrohr übergeht. Die menschliche Niere enthält etwa eine Million Nephrone. Sie bilden den Harn in drei Phasen: Filtration, Rückresorption und Sekretion. ▶ Filtration. Im Glomerulus wird durch Ultrafiltration des Blutplasmas der zum Plasma isotonische Primärharn erzeugt. Die Poren der glomerulären Basalmembran erlauben Substanzen mit Masse unter 15 kDa den ungehinderten Durchtritt. Moleküle mit Massen > 65 kDa, z. B. fast alle Plasmaproteine, können nicht mehr in den Urin übertreten. Die Ausscheidung von Substanzen wird als Clearance bezeichnet. Unter renaler Clearance versteht man dasjenige Plasmavolumen, das pro Zeiteinheit von einer Substanz befreit wird. ▶ Rückresorption. Die meisten niedermolekularen Plasmabestandteile werden aus dem Ultrafiltrat durch Rückresorption ins Blut zurücktransportiert, um Metabolit- und Elektrolytverluste zu vermeiden. Im proximalen Tubulus werden organische Metabolite (v. a. Glucose, Aminosäuren, Lactat und Ketonkörper) durch sekundär-aktiven Transport (S. 210) zurückgewonnen. Die daran beteiligten Transporter sind denen sehr ähnlich, die im Dünndarm für die Resorption der Nahrungsbestandteile verantwortlich sind. Auch HCO3–, Na+, K+, Phosphat und Sulfat werden im proximalen Tubulus durch ATP-abhängige (aktive) Mechanismen rückresorbiert. Die späteren Abschnit-

34

te des Nephrons dienen vor allem der weiteren Rücknahme von Wasser und der geregelten Resorption von Na+ und Cl– (S. 350). ▶ Sekretion. Einige Stoffe werden durch aktiven Transport in den Urin abgegeben. Dazu zählen H+- und K+-Ionen, Harnsäure und Kreatinin, aber auch Pharmaka wie Penicillin. ▶ Hormone. Die Nieren produzieren die Hormone Erythropoetin und Calcitriol und sind durch Ausschüttung des Enzyms Renin an der Bildung von Angiotensin II (S. 352) beteiligt.

B. Urin Menge und Zusammensetzung des Urins hängen von der Ernährung und anderen Faktoren ab und zeigen einen ausgeprägten Tag-NachtRhythmus. Deshalb werden das Volumen und die ausgeschiedenen Stoffmengen meist auf einen Zeitraum von 24 Stunden bezogen („24hUrin“). Der Erwachsene produziert täglich 0,5– 2,0 L Urin, der zu etwa 95 % aus Wasser besteht. Sein pH-Wert schwankt je nach Stoffwechsellage zwischen 4,8 und 7,5 (Mittelwert etwa 5,8). ▶ Elektrolyte. Im Urin finden sich vor allem die Kationen Na+, K+, Ca2 + , Mg2 + und NH4+, sowie die Anionen Cl–, SO42– und HPO42–, außerdem Spuren weiterer Ionen. Na+ und Cl– machen etwa ⅔ aller Elektrolyte im Endharn aus. Ca2 + und Mg2 + kommen im Faeces in noch größeren Mengen vor. Bei Acidosen kann die Ausscheidung von NH4+ stark ansteigen (S. 352). Die Ausscheidung von Na+, K+, Ca2 + und Phosphat (S. 350) wird durch Hormone gesteuert (S. 402). ▶ Organische Bestandteile. Unter den organischen Bestandteilen des Urins stehen stickstoffhaltige Verbindungen im Vordergrund. Harnstoff, der im Harnstoffzyklus der Leber (S. 182) synthetisiert wird, ist die Ausscheidungsform des Aminosäure-Stickstoffs. Bei ausgeglichener Stickstoffbilanz spiegelt die ausgeschiedene Harnstoffmenge den Proteinabbau wider: 70 g Protein in der Nahrung liefern etwa 30 g Harnstoff im Urin. Beim Menschen ist Harnsäure das Endprodukt des Purinstoffwechsels (S. 190). Kreatinin stammt aus dem Muskel, wo es durch spontane Zyklisierung von Kreatin und Kreatinphosphat (S. 358) entsteht. Die Menge der ausgeschiedenen Aminosäuren hängt stark von der Ernährung und der Leberfunktion ab.

6 Gewebe und Organe

6.6 Niere

Abb. 6.36 Niere: Funktionen

349

6.6 Niere Elektrolytausscheidung Zusammen mit den niedermolekularen organischen Bestandteilen des Blutplasmas gelangen auch Wasser und anorganische Ionen (Elektrolyte) durch Ultrafiltration in den Primärharn. Von dort werden sie durch passive oder aktive Rückresorption zum größten Teil wieder ins Blut zurückgenommen. Das Ausmaß der Reabsorption entscheidet über die Stoffmengen, die letztlich mit dem Urin ausgeschieden werden.

6 Gewebe und Organe

A. Elektrolyt- und Wasserrückgewinnung ▶ Wasser. Die Rücknahme von Wasser in den Tubuli ist ein überwiegend passiver Prozess, bei dem das Wasser parazellulär osmotisch wirksamen Teilchen folgt, vor allem Na+- und Cl–Ionen. Auf diese Weise wird der größte Teil des filtrierten Wassers zurückgewonnen. Die Feinregulation der Wasserausscheidung (Diurese) findet in den Sammelrohren statt. Hier wirkt das im Hypothalamus gebildete und vom Hypophysenhinterlappen sezernierte Peptidhormon Vasopressin (Adiuretin, antidiuretisches Hormon, ADH). Es fördert die Rücknahme von H2O, indem es über G-Protein-gekoppelte V2-Rezeptoren die Verlagerung von Aquaporin 2 (S. 212) (7) aus dem ER in die Plasmamembran der Endothelzellen bewirkt (Translokation) (S. 218). Beim Fehlen von ADH kommt es zum Krankheitsbild des Diabetes insipidus, bei dem durch verstärkte Diurese bis zu 30 L Endharn pro Tag produziert werden. ▶ H+, HCO3–. Die Niere ist das einzige Organ, das H+- und HCO3--Ionen kontrolliert resorbieren oder ausscheiden kann und spielt deshalb eine zentrale Rolle im Säure-Basen-Haushalt (S. 304). Die Tubuluszellen der Niere sind in der Lage, Protonen (H+) gegen einen Konzentrationsgradienten aus dem Blut in den Urin zu sezernieren, obwohl dort die H+-Konzentration bis zu 1000-mal höher ist als im Plasma. Dazu wird Kohlendioxid (CO2) aus dem Lumen aufgenommen oder intrazellulär durch Abbau von Glutamin (S. 352) erzeugt und zusammen mit Wasser (H2O) mithilfe der Carboanhydrase [1] in ein Proton und Hydrogencarbonat („Bicarbonat“, HCO3–) umgewandelt. HCO3– gelangt im Cotransport mit Na+ zurück ins Plasma (1), wo es zur Basenreserve des Blutes beiträgt, während das Proton durch sekundär-aktiven

35

Transport im Antiport gegen Na+ in den Urin abgegeben wird (2). Beide Transportvorgänge werden von einem Na+-Gradienten angetrieben, der durch die Na+/K+-ATPase (S. 118) [2] aufgebaut wird – sie sind also sekundär-aktiv. Zusätzlich zu diesem Transportmechanismus existiert im distalen Tubulus und im Sammelrohr eine H+-transportierende ATPase vom VTyp (S. 212) [3]. ▶ Na+, K+ und Cl–. Die kontrollierte Rückresorption von Na+, K+ und Cl– aus dem Primärharn ist sehr effektiv, über 99 % dieser Ionen werden resorbiert. Dazu gibt es mehrere Mechanismen: Ein Teil der Na+- und Cl–-Ionen wird im proximalen Tubulus durch die Spalten zwischen den Zellen (parazellulär) aufgenommen. Hinzu kommt der sekundär-aktive Cotransport von Na+ zusammen mit Glucose und Aminosäuren (S. 284) (nicht gezeigt). Beide Wege sind für 60–70 % der gesamten Na+Rückresorption verantwortlich. Im aufsteigenden Teil der Henle-Schleife gibt es einen weiteren, elektroneutral arbeitenden Transporter (3), der ein Na+- und ein K+-Ion zusammen mit zwei Cl–-Ionen aufnimmt. Auch dieser Symport ist sekundär-aktiv. Er wird durch „Schleifendiuretika“ wie Furosemid gehemmt. Im distalen Tubulus folgt ein ebenfalls vom Na+-Gradienten angetriebener Na+/Cl–-Cotransporter (4). Er ist Angriffspunkt des Diuretikums Hydrochlorothiazid (HCT). Im distalen Tubulus und im Sammelrohr steigert das Steroidhormon Aldosteron (S. 436) die Rücknahme von Na+. Wie alle Steroide wirkt Aldosteron vorwiegend über die Stimulierung der Transkription bestimmter Zielgene (Transkriptionskontrolle) (S. 110). Auf diese Weise verstärkt es die Neubildung eines durch Amilorid hemmbaren Natriumkanals (5) sowie die Synthese der Na+/K+-ATPase. Die gesteigerte Na+-Rücknahme ist mit der Retention von Wasser und damit mit einer Erhöhung des Blutdrucks verbunden. Als Antagonist des Aldosterons wirkt das blutdrucksenkende Atriale Natriuretische Peptid (ANP) (S. 448), das im Vorhof des Herzens gebildet wird. Es vermindert die Na+-Reabsorption in der Niere und bewirkt gleichzeitig über cGMP die Erweiterung der Blutgefäße (S. 424).

6 Gewebe und Organe

6.6 Niere

Abb. 6.37 Elektrolytausscheidung

351

6.6 Niere Stoffwechsel

6 Gewebe und Organe

A. Renin-Angiotensin-System Das Peptidhormon Angiotensin II wird nicht in einer Hormondrüse, sondern im Blut gebildet. Die Niere beteiligt sich daran durch Ausschüttung der Aspartat-Proteinase (S. 172) Renin [1]. Renin wird im juxtaglomerulären Apparat als Vorstufe (Prorenin) gebildet, proteolytisch aktiviert und ins Blut ausgeschüttet. Dort greift es Angiotensinogen an, ein Plasmaprotein aus der Gruppe der α2-Globuline, das – wie die meisten Plasmaproteine – in der Leber synthetisiert wird. Etwas Angiotensinogen stammt auch aus dem Fettgewebe. Das abgespaltene Dekapeptid Angiotensin I wird in den Blutgefäßen der Lunge und anderer Gewebe durch das Angiotensin-konvertierende Enzym (ACE, [2]) weiter zum aktiven Oktapeptid Angiotensin II abgebaut. Die Lebensdauer von Angiotensin II im Plasma beträgt nur Minuten, da es rasch durch Peptidasen abgebaut wird. Maßgeblich für den Plasmaspiegel von Angiotensin II ist die Reninfreisetzung, die durch einen Abfall des Blutdrucks oder der Na+-Konzentration im Blut ausgelöst wird. ▶ Wirkungen. Angiotensin II wirkt über GProtein-gekoppelte Rezeptoren auf Nieren, Hirnstamm, Hypophyse, Nebennierenrinde, Gefäßwände und Herz. Durch Vasokonstriktion (Verengung der Blutgefäße) erhöht es den Blutdruck. In der Niere fördert es die Retention von Na+ und Wasser, u. a. durch Stimulierung der Aldosteronsynthese. Im Hirnstamm wird Durstgefühl ausgelöst. In der Hypophyse stimuliert Angiotensin II die Ausschüttung von Adiuretin (Vasopressin) und ACTH. Alle diese Wirkungen führen direkt oder indirekt zu einer Blutdruckerhöhung. Deshalb sind Komponenten des Renin-Angiotensin-Systems wichtige Angriffspunkte („Targets“) für blutdrucksenkende Medikamente.

B. Stoffwechsel Die Nieren haben einen hohen ATP-Bedarf und betreiben deshalb einen sehr aktiven Stoffwechsel. Die wichtigsten Energiesubstrate sind Glucose, Lactat und Glutamin. Die beiden zuletzt genannten Metabolite und Glycerol sind gleichzeitig Vorstufen für die Gluconeogenese, die im proximalen Tubulus mit hoher Aktivität

35

abläuft. Welchen Anteil die Nieren zur Gluconeogenese im Körper beitragen, ist noch unklar (aktuelle Schätzungen liegen zwischen 10 und 50 %). Außerdem übernehmen die Nieren zentrale Funktionen im Aminosäurestoffwechsel, z. B. bei der Synthese und Abgabe von Arginin (s. u.) und Serin. Glutamin (S. 182) ist mit einer Konzentration von 0,5–0,7 mM die wichtigste Aminosäure im Plasma und die bevorzugte Transportform für Aminostickstoff im Blut (S. 388). Der Glutaminabbau in der Niere durch die Glutaminase [5] und die Glutamat-Dehydrogenase [6] liefert nicht nur die Gluconeogenese-Vorstufe 2-Oxoglutarat, sondern auch zwei Moleküle NH4+. Diese spielen bei der Abpufferung von Säuren im Urin eine wesentliche Rolle. Im Mittel scheiden die Nieren täglich 30– 50 mmol H+-Ionen mit dem Urin aus (S. 350). Normalerweise fangen Puffersysteme im Urin (vor allem das System H2PO4–/HPO42–) einen großen Teil der sezernierten Protonen ab, sodass der Urin nur schwach sauer wird (pHWerte über pH 4,8). Bei ernährungsbedingten und vor allem bei metabolischen Acidosen (S. 304) kann die H+-Ausscheidung auf das Zehnfache des normalen Wertes ansteigen. In diesem Fall wird der Glutaminabbau intensiviert, um in den Tubuluszellen zusätzlich Hydrogencarbonat- (HCO3–) und Ammoniumionen (NH4+) freizusetzen. Während die Hydrogencarbonat-Ionen ins Blut abgegeben werden und dort die Basenreserve erhöhen, wird NH4+ mit dem Urin ausgeschieden. Bei Acidosen werden mehrere Enzyme des Glutaminabbaus in der Niere induziert. Dazu gehören nicht nur die Glutaminase und die Glutamat-Dehydrogenase, sondern auch die PEP-Carboxykinase [7], ein Schlüsselenzym der Gluconeogenese. Bei Alkalose ist die renale Bildung von HCO3– und NH4+ dagegen eingeschränkt. Weitere nierenspezifische Stoffwechselfunktionen sind die Biosynthese von Serin (nicht gezeigt) und Arginin. Die Argininbiosynthese der Niere geht von Citrullin aus, das vor allem im Darm gebildet wird. Zwei Enzyme, die auch im Harnstoffzyklus vorkommen ([3] und [4]), bilden daraus Arginin, das ins Blut abgegeben wird um andere Organe zu versorgen. Das im Harnstoffzyklus der Leber synthetisierte Arginin lässt sich nicht abziehen ohne den Zyklus zum Stillstand zu bringen.

6 Gewebe und Organe

6.6 Niere

Abb. 6.38 Niere: Stoffwechsel

353

6.7 Muskel Muskelkontraktion Die Muskulatur ermöglicht Bewegungsvorgänge. Neben der Skelettmuskulatur, die willkürlich kontrahiert werden kann, gibt es den autonom aktivierten Herzmuskel und die ebenfalls unwillkürlich arbeitende glatte Muskulatur. In allen Arten von Muskulatur beruht die Kontraktion auf dem Zusammenspiel der Proteine Actin und Myosin.

6 Gewebe und Organe

A. Organisation des Skelettmuskels Quergestreifte Muskeln bestehen aus parallelen Bündeln von Muskelfasern. Jede Faser ist eine einzige große, mehrkernige Zelle. Ihr Cytoplasma enthält 2–3 μm dicke Myofibrillen, die sich über die ganze Länge der Muskelfaser erstrecken können. Für den Skelettmuskel ist eine Querstreifung der Muskelfasern charakteristisch. Sie wird durch die regelmäßige Anordnung von Molekülen unterschiedlicher Dichte verursacht. Die sich wiederholenden kontraktilen Einheiten, die Sarkomere, werden von Z-Streifen begrenzt, von denen nach beiden Seiten dünne Filamente aus F-Actin (S. 232) ausgehen. In der A-Zone befinden sich zusätzlich parallel gelagerte dicke Filamente aus Myosin. Die H-Bande in der Mitte der A-Zone enthält nur Myosin, während beiderseits der Z-Streifen nur Actin zu finden ist. Myosin ist mit ca. 65 % das mengenmäßig wichtigste Protein der Myofibrillen. Es hat die Gestalt eines Golfschlägers (S. 64) (unten rechts). Das Molekül ist ein Hexamer aus zwei identischen schweren Peptidketten (2 · 223 kDa) und vier leichten Ketten (je etwa 20 kDa). Jede der beiden schweren Ketten bildet am N-Terminus einen globulären Kopf, der sich in einem langen Schwanz fortsetzt, in dem die beiden Ketten in Form einer Superhelix umeinander gewunden sind. Die kleinen Untereinheiten sind im Kopfbereich angelagert. Das Myosin liegt als ein Bündel von vielen hundert, gestaffelt angeordneten Molekülen als „dickes Myosin-Filament“ vor. Sein Kopfteil wirkt als ATPase, die durch die kleinen Untereinheiten moduliert wird. Actin (42 kDa) ist die wichtigste Komponente der „dünnen Filamente“. Es macht ca. 20–25 % der Muskelproteine aus. F-Actin ist auch ein wichtiger Baustein des Cytoskeletts (S. 232). Dieses fadenförmige Polymer steht mit seinem Monomer, dem G-Actin, im Gleichgewicht.

35

Zu den anderen Protein-Komponenten des Muskels gehören Tropomyosin und Troponin. Tropomyosin (64 kDa) lagert sich als stabförmiges Dimer an das F-Actin an und verbindet etwa sieben Actin-Einheiten miteinander. Am Ende des Tropomyosins ist das heterotrimere Troponin (78 kDa) gebunden. Es gibt noch andere muskeltypische Proteine, darunter Titin, mit knapp 3000 kDa das größte bekannte Protein überhaupt, sowie α- und β-Actinin, Desmin und Vimentin.

B. Mechanismus der Muskelkontraktion Das Modell der gleitenden Filamente, auch „Querbrückenzyklus“ genannt, erklärt den Mechanismus der Muskelkontraktion. Danach verkürzen sich die Sarkomere, indem sich dünne und dicke Filamente unter ATP-Verbrauch ineinander schieben. Während der Kontraktion wird der folgende Reaktionszyklus vielfach wiederholt: 1. Im Ausgangszustand sind die Myosin-Köpfe an Actin gebunden. Durch Bindung von ATP löst sich der Myosin-Kopf vom Actin („Weichmacher-Wirkung“ von ATP). 2. Der Myosin-Kopf hydrolysiert das gebundene ATP zu ADP und Pi, hält die beiden Reaktionsprodukte aber zunächst fest. Die ATPSpaltung führt zu einer allosterischen Verspannung des Myosin-Kopfes. 3. Nun bildet der Myosin-Kopf eine neue Brücke zu einem benachbarten Actin-Molekül aus. 4. Das Actin sorgt für eine Freisetzung des Pi und kurz darauf auch des ADP. Dadurch wird die allosterische Spannung des Myosin-Kopfes in eine Konformationsänderung umgesetzt, die wie ein Ruderschlag wirkt. 5. Die Bewegung ist ausgeführt. Solange ATP vorhanden ist, kann der Zyklus von neuem beginnen, so dass die dicken Filamente an den dünnen stetig in Richtung der Z-Scheibe entlangwandern. Jeder Ruderschlag der etwa 500 Köpfe eines dicken Filaments erbringt eine Verkürzung um etwa 10 nm und wiederholt sich bei starker Kontraktion des Muskels etwa 5-mal pro Sekunde. Dadurch wird der gesamte Komplex der dünnen Filamente aufeinander zubewegt, die H-Bande wird kürzer und die Z-Streifen gleiten näher zusammen.

6 Gewebe und Organe

6.7 Muskel

Abb. 6.39 Muskelkontraktion

355

6.7 Muskel Kontrolle der Muskelkontraktion

6 Gewebe und Organe

A. Motorische Endplatte Die Kontraktion der Muskeln wird durch Motoneurone ausgelöst, die an der motorischen Endplatte den Neurotransmitter Acetylcholin (ACh) ausschütten (S. 376). ACh diffundiert durch den schmalen synaptischen Spalt, bindet an den nicotinischen Acetylcholin-Rezeptor auf der Plasmamembran der Muskelzelle (dem Sarkolemma) und öffnet dadurch den im Rezeptor integrierten Ionenkanal (S. 378). Dies führt zu einem Na+-Einstrom, der auf dem Sarkolemma ein Aktionspotenzial (S. 374) auslöst. Das Aktionspotenzial wandert von der Endplatte nach allen Seiten weg und erregt die Muskelfaser vollständig. Mit einer Verzögerung von einigen Millisekunden antwortet der kontraktile Mechanismus darauf mit einer Verkürzung der Muskelfaser.

B. Sarkoplasmatisches Retikulum (SR) Das an der motorischen Endplatte erzeugte Aktionspotenzial wird in der Muskelzelle in einen vorübergehenden Anstieg der Ca2 + -Konzentration im Cytoplasma der Muskelfaser (dem Sarkoplasma) übersetzt. In Ruhe ist der Ca2 + -Spiegel dort sehr niedrig (unter 10– 7 mol · L–1). Das dem ER entsprechende sarkoplasmatische Retikulum (SR) enthält dagegen Ca2 + -Ionen (S. 424) in einer Konzentration von etwa 10–3 mol · L–1. Das SR ist eine verzweigte Organelle, die im Inneren der Muskelfasern die Myofibrillen wie ein Netzstrumpf umgibt (oben am Beispiel einer Herzmuskel-Zelle dargestellt). Der hohe Ca2 + -Spiegel im SR wird durch Ca2 + -transportierende ATPasen (S. 212) aufrechterhalten. Außerdem gibt es dort Calsequestrin, ein Protein (55 kDa), das über saure Aminosäure-Reste zahlreiche Ca2 + -Ionen binden kann. Die Übertragung des Aktionspotenzials auf das SR wird durch transversale Tubuli (T-Tubuli) ermöglicht, die zum Extrazellularbereich offen sind und eine enge Verbindung zum SR schaffen. Das veränderte Membranpotenzial aktiviert Dihydropyridin-Rezeptoren (DHPR), Calcium-Kanäle auf den T-Tubuli, die ihrerseits Ryanodin-Rezeptoren (S. 424) auf dem SR aktivieren. Diese sind ebenfalls Calcium-Kanäle, die sich durch mechanischen Kontakt mit den DHRP oder Bindung von Ca2 + oder anderen

35

Second-Messengern öffnen. Calcium-Ionen treten daraufhin aus dem SR in das Sarkoplasma aus und führen dort zu einem raschen Anstieg der Ca2 + -Konzentration. Dies wiederum veranlasst die Myofibrillen zur Kontraktion (C). Die Auslösung der Kontraktion in Herzmuskeln verläuft ähnlich wie in Skelettmuskelzellen, allerdings spielt das extrazelluläre Ca2 + für den kontraktionsauslösenden Anstieg der intrazellulären Ca2 + -Konzentration eine größere Rolle. In glatter Muskulatur hat das Ca2 + dagegen eine andere Funktion. Den Zellen fehlt das Troponin der Skelettmuskelzellen. Die Aktivierung der Actin/Myosin-Kontraktion verläuft deshalb entweder über das Ca2 + -bindende Caldesmon oder die Phosphorylierung einer kleinen Myosin-Untereinheit. Die Muskelrelaxation ist vom Absenken der Ca2 + -Konzentration auf < 10–6 mol · L–1 abhängig. Dies wird durch dadurch erreicht, dass das Ca2 + von ATP-getriebenen Calcium-Pumpen in das SR und den Extrazellularbereich transportiert wird. Auch 3Na+/Ca2 + -Antiporter tragen dazu bei. Diese Prozesse verbrauchen direkt oder indirekt ATP (S. 424).

C. Regulation durch Calcium-Ionen Im entspannten Skelettmuskel blockiert der Komplex aus Troponin und Tropomyosin den Zugang der Myosin-Köpfchen zum Actin (S. 354). Troponin besteht aus drei verschiedenen Untereinheiten (T, C und I). Der schnelle Anstieg der cytoplasmatischen Ca2 + -Konzentration durch Öffnung der Calcium-Kanäle des SR führt zu einer Bindung von Ca2 + an die CUntereinheit des Troponins, die dem Calmodulin (S. 424) sehr ähnlich ist. Sie löst eine Konformationsänderung des Troponins aus, so dass der ganze Komplex aus Troponin und Tropomyosin sich etwas verschiebt und eine Bindungsstelle für Myosin (rot) freigibt. Dadurch wird der Kontraktionszyklus in Gang gesetzt. Wenn die sarkoplasmatische Ca2 + -Konzentration durch aktiven Transport zurück ins SR schnell wieder erniedrigt wird, verliert Troponin die gebundenen Ca2 + -Ionen und kehrt in den Ausgangszustand zurück, in dem die Bindungsstellen für Myosin am Actin blockiert sind. Die Kontraktion ist beendet.

6 Gewebe und Organe

6.7 Muskel

Abb. 6.40 Kontrolle der Muskelkontraktion

357

6.7 Muskel Muskelstoffwechsel Die Kontraktion der Muskeln (S. 354) ist mit einem hohen Verbrauch von ATP verbunden. Ohne ständige Neubildung wäre bei einer Kontraktion das im Ruhezustand vorhandene ATP in weniger als 1 Sekunde aufgebraucht.

6 Gewebe und Organe

A. Energiestoffwechsel weißer und roter Muskelfasern Skelettmuskeln enthalten zwei Arten von Fasern. Rote Fasern (Typ I-Fasern; rechter Bildteil) eignen sich für Dauerleistungen. Ihr Stoffwechsel ist überwiegend aerob und deshalb von einer ausreichenden O2-Zufuhr abhängig. Für schnelle, starke Kontraktionen sind weiße Fasern (Typ-II-Fasern; linker Bildteil) besser geeignet. Sie sind in der Lage, auch bei O2Mangel genügend ATP zu bilden. Rote Fasern decken ihren ATP-Bedarf weitgehend mit Fettsäuren, die über β-Oxidation und Citratzyklus abgebaut werden, um in der Atmungskette durch oxidative Phosphorylierung (OxPhos) das benötigte ATP zu synthetisieren. Wegen des Sauerstoffbedarfs der Atmungskette besitzen rote Fasern eine Reserve in Form von myoglobingebundenem O2 (s. B). Weiße Fasern (linker Bildteil) besitzen diese O2-Reserve nicht. Genügt ihnen bei hoher Muskelleistung, z. B. Gewichtheben, oder bei sehr schnellen Kontraktionen, wie sie z. B. die Augenmuskeln ausführen, der O2-Nachschub über das Blut nicht mehr, schalten sie von aerobem Stoffwechsel auf anaerobe Glycolyse um. Sie gewinnen ATP dann vor allem durch Umwandlung von Glycogen in Lactat. Dabei setzen sie ihre Vorräte an Glycogen ein, um für die Glycolyse Glucose-6-phosphat zu bilden (S. 146). Das bei der Glycolyse anfallende NADH muss zu NAD+ reoxidiert werden, um den Glucoseabbau und damit die ATP-Bildung aufrecht zu erhalten. Wenn O2 fehlt, geschieht dies durch Reduktion des anfallenden Pyruvats zu Lactat, das ans Blut abgegeben und in der Leber wieder zu Glucose aufgebaut wird (S. 330) (Corizyklus). Nicht gezeigt ist eine weitere ATP-liefernde Reaktion, die in Muskelzellen von einer Adenylat-Kinase (Myokinase) katalysiert wird. Sie disproportioniert zwei Moleküle ADP zu ATP und AMP. Das AMP wird in einer Folgereaktion durch eine AMP-Desaminase weiter zu IMP desaminiert, um das Gleichgewicht der reversiblen Reaktion der Adenylat-Kinase in Rich-

35

tung der ATP-Bildung zu verschieben. Der Konzentrationsanstieg von AMP ist ein entscheidendes Signal für die Bereitstellung von Substraten für den Energiestoffwechsel (S. 134).

B. Myoglobin Die rote Farbe von Muskelfasern geht auf das Häm-Protein Myoglobin zurück, das ihnen als Sauerstoffspeicher dient. Wie die Grafik zeigt, hat Myoglobin eine viel höhere Affinität zu O2 als Hämoglobin (S. 298) und gibt deshalb den gebundenen Sauerstoff erst ab, wenn der O2Partialdruck stark abfällt. Myoglobin übernimmt den Sauerstoff vom Hämoglobin und speichert ihn für den Bedarf der Atmungskette (OxPhos). Als monomeres Protein zeigt das Myoglobin trotz seiner strukturellen Ähnlichkeit zum tetrameren Hämoglobin kein allosterisches Bindungsverhalten für O2.

C. Kreatinphosphat Als wichtigster kurzfristiger Puffer für den ATP-Spiegel wirkt Kreatinphosphat. Sein Vorrat reicht bei starker Muskelarbeit für etwa 9 Sekunden. Bei Überschuss von ATP (ruhender Muskel) wird es durch Phosphorylierung mithilfe einer Kreatin-Kinase aus Kreatin (N-Methylguanidinoessigsäure) gebildet. Im Kreatinphosphat besitzt der Phosphat-Rest ein ähnlich hohes chemisches Potenzial wie im ATP und kann bei Bedarf (arbeitender Muskel) von der Kreatin-Kinase wieder zurück auf ADP übertragen werden. Kreatin und Kreatinphosphat sind chemisch nicht stabil. In einer nichtenzymatischen Nebenreaktion zyklisieren sie langsam zu Kreatinin. Dieses kann nicht mehr phosphoryliert werden. Es wird ins Blut abgegeben und in konstanter Menge, die nur von der Muskelmasse abhängt, mit dem Urin ausgeschieden (täglich etwa 15 mg/kg KG). Bei Urinanalysen wird Kreatinin wegen der konstanten Ausscheidung häufig als Bezugsgröße benutzt.

D. Kreatinsynthese Kreatin stammt nicht aus der Muskulatur, sondern es wird in zwei Schritten in Niere und Leber synthetisiert. Zunächst wird in der Niere die Guanidino-Gruppe des Arginins auf Glycin übertragen, wobei Guanidinoacetat entsteht [1]. In der Leber wird daraus durch N-Methylierung Kreatin gebildet [2].

6 Gewebe und Organe

6.7 Muskel

Abb. 6.41 Muskelstoffwechsel (B. Quelle PDB: 1MBO, 2DN1)

359

6.7 Muskel Pathobiochemie

6 Gewebe und Organe

A. Muskelerkrankungen Bei den angeborenen Muskelerkrankungen stehen Gendefekte von Strukturproteinen (z. B. Dystrophien vom Typ Duchenne und Becker), von Ionenkanälen (Myotonien) und Enzymen (z. B. McArdle-Syndrom) im Vordergrund. Beispiele für erworbene Muskelerkrankungen sind die Erkrankungen des Herzmuskels, insbesondere der Herzinfarkt. Die Duchenne-Muskeldystrophie steht als Beispiel für eine angeborene Muskelerkrankung. Sie wird durch das Fehlen des Muskelproteins Dystrophin verursacht, eines Strukturproteins, das Actin mit Proteinen des Sarkolemms (Zellmembran um die Muskelfasern) verbindet. Die Erkrankung führt zu einem fortschreitenden Muskelschwund. Sie wird durch eine größere Deletion im Dystrophin-Gen verursacht. Die Becker-Muskeldystrophie ist eine mildere Form der Erkrankung, bei der eine Punktmutation im Dystrophin-Gen zu Veränderungen im Protein führt. Beim McArdle-Syndrom ist die GlycogenPhosphorylase des Muskels defekt. Patienten mit dieser Erkrankung sind unfähig, Glycogen abzubauen (S. 146), so dass sich dieses in Muskelzellen anhäuft. Die Phosphorylase der Leber ist nicht betroffen. Erbliche Myopathien können auch durch eine Mutation mitochondrialer Gene verursacht werden, z. B. das MELAS-Syndrom (S. 137), bei dem die mitochondriale tRNA für Leucin verändert ist. Ein Herzinfarkt (Myocardinfarkt) ist gekennzeichnet durch eine Mangeldurchblutung des Herzmuskels, so dass es zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff kommt (Ischämie). Die Cardiomyocyten, die ATP bevorzugt durch oxidativen Stoffwechsel gewinnen, schalten dann auf anaerobe Glycolyse (S. 120) um, wodurch die Konzentration von Lactat und Protonen so stark ansteigt, dass die regelmäßige Kontraktion des Muskels abbricht. Schließlich sterben die Zellen ab (Nekrose). Muskel- und Gehirnzellen enthalten erhebliche Mengen an Kreatin-Kinase (S. 358). Wenn die Zellen beschädigt werden oder absterben, geben sie Kreatin-Kinase ins Blut ab. Das Auftauchen des Myocard-Isoenzyms der Kreatin-Kinase (CK-MB) im Blut ist charakteristisch für einen Herzinfarkt. Seine Analyse im Serum kann daher zur Diagnostik einer Myocardschädigung genutzt werden (S. 312).

36

Muskelkater, ein verzögerter Muskelschmerz von mehrtägiger Dauer, tritt bevorzugt nach ungewohnten Bewegungen auf, bei denen der arbeitende Muskel durch äußere Kräfte gedehnt wird. Diese Kräfte führen zu Sarkomereinrissen vor allem im Bereich der ZScheiben. Der Schmerz entsteht sekundär vermutlich durch Autolyse der zerstörten Faserstrukturen und durch Ödeme. Die Bildung von Milchsäure (Anion: Lactat) scheint keine Rolle zu spielen. Muskelkater ist durch die gleiche Bewegung für mehrere Wochen nicht erneut auslösbar und hinterlässt keine bleibenden Schäden. Durch Dehnen und leichte dynamische Arbeit kann er gemildert werden. Eine wirksame medikamentöse Behandlung ist bisher nicht bekannt.

B. Energielieferanten der Muskelzellen Dies sind im Wesentlichen Glucose, Fettsäuren, und verzweigte Aminosäuren. Dabei unterscheidet sich der Herzmuskel von der Skelett- und der glatten Muskulatur. Der ständig aktive Herzmuskel gewinnt sein ATP vorrangig durch Oxidation von Fettsäuren aus dem Blut, daneben auch von Ketonkörpern, wenn diese verfügbar sind. Glucose wird nur genutzt, wenn ihr Blutspiegel hoch ist und Insulin die Glucose-Transporter (Glut4) der Cardiomyocyten stimuliert. Auch die roten Fasern der Skelettmuskulatur nutzen im Ruhezustand vorwiegend Fettsäuren zum Energiegewinn. Glucose und verzweigte Aminosäuren dienen dann bevorzugt dem Aufbau von Muskelglycogen, das in großen Mengen gespeichert wird (S. 146). Bei Arbeit greift der Skelettmuskel in der ersten Minute auf diese Glycogenspeicher zurück und gewinnt Energie vorwiegend durch anaerobe Glycolyse, bis die Blutversorgung ansteigt und auf oxidativen Stoffwechsel umgestellt werden kann. Dann werden Glucose und Aminosäuren und besonders Fettsäuren oxidativ abgebaut, um ATP über die Atmungskette zu gewinnen. Bei Höchstleistungen kann der Skelettmuskel auf eine zusätzliche ATP-Synthese durch anaerobe Glycolyse zurückgreifen. Der daraus resultierende Abfall des pH-Wertes im Muskel begrenzt jedoch die Arbeitsleistung und führt schließlich zur Erschöpfung. Training der Muskulatur vergrößert langfristig die Glykogenspeicher und erhöht die Zahl und Größe der Mitochondrien.

6 Gewebe und Organe

6.7 Muskel

Abb. 6.42 Muskel: Pathobiochemie

361

6.8 Bindegewebe Knochen und Zähne

6 Gewebe und Organe

Die Familie der Bindegewebszellen leitet sich von mesenchymalen Stammzellen ab. Sie umfassen Fibroblasten, Knorpelzellen und Knochen-bildende Zellen (Osteoblasten), sowie Endothel- und Mastzellen. Die Bindegewebszellen sind auf die Sekretion von extrazellulären Proteinen spezialisiert, insbesondere von Collagenen, mit denen sie die extrazelluläre Matrix (S. 366) aufbauen. So werden Knochen, Knorpel, Sehnen und Bänder gebildet. Der Um- und Abbau dieser Strukturen wird ebenfalls von den Bindegewebszellen geleistet.

A. Knochen Knochen sind eine sehr dichte, spezialisierte Form von Bindegewebe. Neben einer Stützfunktion haben sie die Aufgabe, Calcium- und Phosphat-Ionen zu speichern. Außerdem werden im Knochenmark Blutzellen gebildet. Wichtigster mineralischer Bestandteil der Knochen ist mit etwa 70 % der Apatit, eine Form von kristallinem Calciumphosphat. Apatite sind kationische Komplex-Verbindungen aus drei Ca2 + und drei (PO4)2–-Liganden, denen HPO42–, CO32–, OH–, oder F– als weitere Anionen gegenüberstehen. Je nach Gegenion liegt Apatit als Carbonatapatit Ca10(PO4)6CO3, als Hydroxylapatit Ca10(PO4)6(OH)2 oder als Fluorapatit Ca10(PO4)6F2 vor. Daneben kommen im Knochen auch Erdalkalicarbonate z. B. mit Magnesium vor. Bei Erwachsenen sind mehr als 1 kg Calcium in Knochen gespeichert. Durch die Aktivität von Osteoblasten, und Osteoklasten, wird Ca2 + ständig in die Knochen eingebaut und wieder herausgelöst. Verschiedene Hormone kontrollieren diese Vorgänge: Calcitonin erhöht die Einlagerung von Ca2 + in die Knochenmatrix, Parathyrin (Parathormon, PTH) fördert die Mobilisierung von Ca2 + und Calcitriol verbessert die Mineralisierung (S. 402). Auch Wachstumsfaktoren der FGF-Familie beeinflussen den Knochenstoffwechsel. FGF1 stimuliert die Osteoblasten. FGF23 aus Osteozyten kontrolliert den Phosphatspiegel durch Förderung der PhosphatAusscheidung in der Niere. Die wichtigsten organischen Bestandteile der Knochen sind Collagene (S. 364), hauptsächlich vom Typ I, und Proteoglycane (S. 368). Sie bilden die extrazelluläre Matrix, in die die ApatitKristalle eingelagert werden (Biomineralisation). An diesem Prozess der Knochenbildung

36

sind verschiedene Proteine, darunter Collagene und Phosphatasen, beteiligt. Alkalische Phosphatase findet sich in den Osteoblasten und saure Phosphatase in Osteoklasten. Beide Enzyme können als Markerenzyme (S. 313) der Knochenzellen dienen.

B. Zähne Das Bild zeigt einen Längsschnitt durch einen Schneidezahn, einen der 32 bleibenden Zähne des Menschen. Der Hauptteil des Zahns besteht aus Zahnbein (Dentin). Über das Zahnfleisch ragt die Krone des Zahns, sie ist von Schmelz überzogen. Die Zahnwurzel ist dagegen von Zahnzement umkleidet. Zement, Dentin und Schmelz sind knochenähnliche Substanzen. Ihr hoher Anteil an anorganischer Substanz (etwa 97 % beim Zahnschmelz) gibt ihnen die charakteristische Härte. Die organischen Bestandteile von Zement, Dentin und Schmelz sind vorwiegend Collagene und Proteoglycane. Ihr wichtigster mineralischer Bestandteil ist wie beim Knochen Hydroxylapatit (s. o.). Eine verbreitete Zahnerkrankung, die Karies, wird von Säuren hervorgerufen, die den mineralischen Anteil der Zähne auflösen, indem sie die negativ geladenen Gegenionen im Apatit neutralisieren. Säuren kommen in der Nahrung vor oder werden von Mikroorganismen (z. B. Streptococcus mutans) auf der Zahnoberfläche erzeugt. Beim anaeroben Abbau von Zuckern durch diese Organismen entsteht vor allem Milchsäure. Ein weiteres Produkt des bakteriellen Kohlenhydratstoffwechsels sind die extrazellulären Dextrane (S. 42), unlösliche Polymere der Glucose, mit deren Hilfe sich die Bakterien vor ihrer Umgebung schützen. Bakterien und Dextrane sind Bestandteil der Zahnplaque (Zahnbelag), die sich auf ungenügend gereinigten Zähnen bildet. Lagern sich zusätzlich Ca2 + -Salze und andere Mineralstoffe in der Plaque ein, entsteht der Zahnstein. Der wichtigste Schutz gegen Karies besteht im Vermeiden von Süßigkeiten. Vor allem Kleinkindern sollten stark gesüßte Getränke nicht unkontrolliert zugänglich gemacht werden. Wichtig ist auch die regelmäßige Entfernung der Plaque durch Zähneputzen und die Härtung des Zahnschmelzes durch Fluoridierung. Die vorbeugende Wirkung von Fluorid beruht auf der Tatsache, dass Fluorapatit (s. A) besonders resistent gegen Säuren ist.

6 Gewebe und Organe

6.8 Bindegewebe

Abb. 6.43 Knochen und Zähne

363

6.8 Bindegewebe Collagene Unter den tierischen Proteinen stehen die Collagene mit > 25 % mengenmäßig an erster Stelle, s. Grundstruktur (S. 68). Als charakteristische Bestandteile der extrazellulären Matrix (S. 366) sind die Collagene faserförmige, extrazellulär lokalisierte Strukturproteine, die die Zugfestigkeit der Gewebe garantieren. Ihr Name (wörtl.: „Leimbildner“) stammt von der Gelatine, die durch Kochen von Knochen und Knorpel gewonnen wird.

6 Gewebe und Organe

A. Collagen-Struktur Collagene werden besonders von Bindegewebszellen in großen Mengen synthetisiert. Man kennt inzwischen 28 verschiedene Typen, die durch römische Ziffern unterschieden werden. Ihre Gemeinsamkeit ist eine rechtsgängige Tripelhelix, die von drei sehr langen α-Ketten gebildet wird (S. 68). In der Sequenz der tripelhelicalen Bereiche wiederholen sich immer wieder die Aminosäuren -Gly-X-Y-. Dort ist jede dritte Aminosäure ein Glycin. In den Positionen X und Y findet man häufig die Aminosäure Prolin (Pro), die Position Y wird manchmal von 4-Hydroxyprolin (4Hyp) eingenommen, aber auch 3-Hydroxyprolin (3Hyp) und 5-Hydroxylysin (5Hyl) kommen vor. Diese Aminosäuren sind charakteristische Bestandteile der Collagene. Sie werden erst nach der Protein-Biosynthese posttranslational durch Hydroxylierung (S. 72) der Aminosäure-Reste im Peptidverband erzeugt. Ihre Bildung wird von eisenhaltigen Oxygenasen katalysiert (Prolin- und Lysin-Hydroxylase), deren Funktion durch Ascorbat (Vitamin C) als Reduktionsmittel aufrechterhalten wird. Viele Symptome der Vitamin-C-Mangelkrankheit Skorbut (S. 410) lassen sich durch die gestörte Biosynthese von Collagenen erklären. Die Hydroxyprolin-Reste stabilisieren die Tripelhelix durch Ausbildung von Wasserstoff-Brücken zwischen den α-Ketten. Die Hydroxy-Gruppen des Hydroxylysins werden teilweise mit -Glc oder -Glc-Gal glycosyliert. Die verschiedenen Collagen-Varianten sind gewebetypisch verteilt. Sie bestehen aus unterschiedlichen Kombinationen von α-Ketten (α1 bis α3 mit weiteren Subtypen). 90 % aller Collagene werden von den Typen I (Vorkommen besonders in Haut und Knochen), II (in Knorpel), III (in Fasern des Retikulums) und IV (in Basalmembran) ausgemacht. Nach ihren Eigenschaften lassen sich die Collagene einteilen in:

36

● ● ● ● ● ●

fibrilläre Collagene: I, II, III, V und XI netzbildende: IV, VIII und X mit Fibrillen assoziierte: IX, XII, XIV und XXII perlenschnurartige: VI verankernd: VII transmembranäre: XIII, XVII, XXIII und XXV.

Die Tripelhelix des gezeigten Collagens vom Typ I besteht aus 2 α1(I)- und 1 α2(I)-Ketten. Extrazellulär aggregieren zahlreiche Tropocollagen-Moleküle (Masse 285 kDa) in einer definierten Anordnung zu zylindrischen Fibrillen. Im Elektronenmikroskop (EM) zeigen diese Fibrillen ein typisches Bandenmuster. Vor allem an den Enden sind die Tropokollagen-Moleküle durch kovalente Vernetzung von Lysin-Seitenketten fest miteinander verbunden. Die Zahl dieser Vernetzungen nimmt mit dem Alter zu. Schließlich lagern sich Fibrillen zu CollagenFasern zusammen und vernetzen mit der Zellmembran (S. 368).

B. Biosynthese Das am rER gebildete Collagen-Vorläufermolekül (Prä-Pro-Collagen) unterliegt im rER posttranslationalen Modifizierungen (S. 72). Durch die Abspaltung des Signalpeptids (S. 220) entsteht Procollagen, das an den Enden noch große Peptidabschnitte trägt (1). Zuerst werden die meisten Prolin- und ein Teil der Lysin-Reste des Procollagens hydroxyliert (2). Dann wird das Procollagen an Hydroxylysin-Resten glycosyliert (3). Zwischen den Propeptiden bilden sich intra- und intermolekulare Disulfidbrücken aus (4), was die korrekte Zusammenlagerung der Peptidstränge zur Tripelhelix ermöglicht (5). Erst wenn diese Schritte abgelaufen sind, wird das Procollagen in den Golgi-Apparat transferiert, dort verpackt und durch Exocytose in den Extrazellularbereich sezerniert (6). Jetzt werden die N- und C-terminalen Propeptide (Registerpeptide) proteolytisch abgetrennt (7), es entsteht das Tropocollagen, das durch gestaffelte Anlagerung zu Fibrillen aggregiert (s. A). Schließlich werden einige ε-Amino-Gruppen von Lysin-Resten oxidativ in Aldehyd-Gruppen umgewandelt. Durch Kondensation miteinander bilden sich dann kovalente Vernetzungen zwischen den Molekülen aus (nicht gezeigt). Damit hat Collagen seine endgültige Struktur erreicht, die durch Zugfestigkeit und Proteinase-Resistenz gekennzeichnet ist.

6 Gewebe und Organe

6.8 Bindegewebe

Abb. 6.44 Collagene (A. aus Kühnel W, Hrsg. Taschenatlas Histologie, Thieme; 2014)

365

6.8 Bindegewebe Extrazelluläre Matrix I

6 Gewebe und Organe

Die Zellen eines Gewebes werden durch direkte Kontakte mithilfe von Zelladhäsionsmolekülen wie Cadherinen oder durch eine extrazelluläre Matrix (EZM) zusammengehalten. Diese EZM bildet in vielen Geweben nur einen schmalen Saum zwischen den Zellen, z. B. in Muskel und Leber, in anderen nimmt sie einen breiteren Raum ein. Die EZM gibt vielen Geweben wie der Haut, dem Muskel oder den Glomeruli der Niere ihre charakteristischen Eigenschaften. Besonders ausgeprägt ist die EZM in Bindegewebstypen wie Knochen, Knorpel, Bänder und Sehnen.

A. Extrazelluläre Matrix Die EZM hat sehr unterschiedliche Aufgaben: sie stellt mechanische Verbindungen zwischen Zellen her, sie schafft Strukturen mit besonderen mechanischen Eigenschaften (Zugfestigkeit, Elastizität, Formstabilität) wie in Knochen, Knorpel, Sehnen und Gelenken, sie bildet Filter z. B. in der Basalmembran der Nierenkörperchen, sie trennt Zellen und Gewebe voneinander z. B. zum Gleiten der Gelenke, und sie stellt Leitbahnen bereit, an denen sich wandernde Zellen orientieren. So vielfältig wie die Funktionen der EZM ist auch die chemische Zusammensetzung ihrer Komponenten. Die EZM besteht im Wesentlichen aus Proteinen und Polysacchariden, die von den beteiligten Zellen lokal sezerniert und zu einem komplexen Netzwerk zusammengesetzt werden, das mit der Oberfläche der Zellen verbunden ist. Die Abbildung zeigt in stark schematischer Weise die Hauptkomponenten der extrazellulären Matrix: stabilisierende Faserproteine, vernetzende Adhäsionsproteine, raumfüllende Proteoglycane und EZM-Rezeptoren auf der Zelloberfläche. Unter den Faserproteinen bilden die Collagene die wichtigste Gruppe. Sie treten in sehr verschiedenen Varianten auf (S. 364), die Fasern, Fibrillen, Netze und Bänder bilden können. Ihre charakteristischen Eigenschaften sind Zugfestigkeit und Flexibilität. Andere Faserproteine, das Elastin und Fibrilline, sorgen für die Elastizität der EZM. Adhäsionsproteine stellen die Verbindung zwischen den verschiedenen Bestandteilen der extrazellulären Matrix her. Wichtige Vertreter sind Laminin und Fibronectin (s. C). Diese multifunktionellen Proteine binden an verschiedene andere Matrix-Komponenten. Mit

36

ihrer Hilfe werden die Zellen über Zelloberflächen-Rezeptoren an der EZM befestigt. EZM-Rezeptoren befinden sich auf der Zelloberfläche. Ihre wichtigsten Vertreter sind die Integrine (s. B). Glycosaminoglycane (S. 368) binden auf Grund ihrer Polarität und negativen Ladungen Wasser-Moleküle und Kationen, z. B. die Proteine der EZM. Sie füllen als homogener „Kitt“ die Spalten zwischen den Fasern der EZM.

B. Integrine Integrine sind eine Familie dimerer Membranproteine, die Zellen mit der EZM oder mit Nachbarzellen verbinden. Integrine binden dabei reversibel Proteine, denen häufig eine charakteristische Sequenz mit den Aminosäuren -Arg-Gly-Asp- (RGD-Sequenz) gemeinsam ist, z. B. in Laminin und Fibronectin. Auf der Zellinnenseite sind Integrine im aktivierten Zustand über Talin und einige andere Ankerproteine wie Vinculin mit Actin-Filamenten, d. h. mit dem Cytoskelett, verknüpft. Die Bindung von EZM-Proteinen kann in das Zellinnere signalisiert werden (Outside-inSignal). Umgekehrt können auch Bedingungen in der Zelle nach außen signalisiert werden und die Bindung an Liganden steuern (Insideout-Signal). Integrine kommen also in einer aktiven, bindenden und einer inaktiven, nichtbindenden Form vor. Mechanischer Zug festigt die Bindung von EZM-Proteinen.

C. Fibronectine Typische Vertreter der Adhäsionsproteine sind die Fibronectine. Es sind fadenförmige Dimere aus zwei verwandten Peptidketten (Masse je 250 kDa), die über Disulfidbrücken miteinander verknüpft sind. Die Fibronectine sind in zahlreiche Domänen gegliedert, über die sie an Integrine auf der Zelloberfläche, an Collagene, an Fibrin und an verschiedene Proteoglycane binden. Damit haben die Fibronectine die Eigenschaft eines „molekularen Klebstoffs“. Die Domänenstruktur der Fibronectine entsteht aus wenigen Typen von Peptidmodulen, die sich vielfach wiederholen. Jedes der über 50 Module wird von einem Exon im Gen des Fibronectins codiert. Aus dem hnRNA-Transkript des Fibronectin-Gens werden durch alternatives Spleißen viele verschiedene Fibronectine gebildet.

6 Gewebe und Organe

6.8 Bindegewebe

Abb. 6.45 Extrazelluläre Matrix I

367

6.8 Bindegewebe Extrazelluläre Matrix II

6 Gewebe und Organe

A. Proteoglycane Die Proteoglycane sind riesige Molekülkomplexe aus Kohlenhydraten (etwa 95 %) und Proteinen (etwa 5 %) mit Massen bis über 2 · 106 Da. Ihre flaschenbürstenartige Struktur bekommen sie durch eine Achse aus Hyaluronat. An dieses fadenförmige Polysaccharid (S. 42) sind Proteine angelagert, von denen wiederum lange Polysaccharid-Ketten ausgehen. Diese Polysaccharide gehören zur Gruppe der Glycosaminoglycane (S. 44). Die Glycosaminoglycane sind aus sich wiederholenden Disaccharid-Einheiten aufgebaut, die jeweils aus einer Uronsäure (Glucuronsäure oder Iduronsäure) und einem Aminozucker (N-Acetylglucosamin oder N-Acetylgalactosamin) bestehen (S. 40). Viele der Aminozucker sind mit Schwefelsäure verestert. Die wichtigsten Glycosaminoglycane sind Hyaluronat, Dermatansulfat, Heparin, Keratansulfat und Chondroitinsulfat. Proteoglycane sind wegen ihrer vielen Carboxy- und Sulfatgruppen stark negativ geladen. Sie binden deshalb große Mengen an Ionen, die wiederum große Mengen an Wasser binden. So füllen sie als hydratisiertes Gel die Lücken zwischen den fibrillären Bestandteilen der extrazellulären Matrix. Proteoglycane dienen nicht nur als mechanische Strukturelemente der EZM, sie binden auch andere sezernierte Proteine und regulieren dadurch deren Aktivität.

B. Basalmembran Die Basalmembran ist eine besondere Form der EZM. Als eine dünne Schicht liegt sie unter allen Epithelzellen. Auch umgibt sie einige Zelltypen wie Muskel- und Fettzellen. Die Basalmembran grenzt diese Zellen vom Bindegewebe ab und verbindet sie mechanisch mit ihrer Umgebung. Sie kann die Rolle eines Filters haben (in der Niere), sie steuert die Zellpolarität, organisiert die Proteine der anliegenden Plasmamembran, kontrolliert das Überleben, die Proliferation und Differenzierung von Zellen und dient als Schiene für die Zellwanderung. Hauptbestandteile der Basalmembran sind Collagen Typ IV, Laminin, Nidogen (nicht gezeigt) und das Proteoglycan Perlecan. Daneben finden sich gewebespezifisch noch andere Proteine wie Collagene und Fibronectin.

36

Das EZM-Protein Laminin ist der Organisator der Struktur der Basalmembran. Es ist ein kreuzförmiges Molekül aus drei Peptidketten, die durch Disulfidbrücken zusammengehalten werden. Laminin kann auf der Oberfläche von Zellen mit sich selbst zu einem flächigen Netzwerk aggregieren. Dieses wird dann mit anderen Komponenten der EZM verknüpft. Nidogen und Perlecan fungieren dabei als Bindeglieder, besonders zwischen den Netzwerken von Laminin und Collagen.

C. Abbau von Matrixproteinen Die Komponenten der EZM haben einen sehr langsamen Stoffwechsel. Nur in bestimmten Situationen sind Aufbau und/oder Abbau der EZM beschleunigt, z. B. bei Entwicklungsprozessen, wie Wachstum und Zellteilung, bei Zellwanderung, Entzündung oder Verletzung. Der Abbau der EZM-Proteine geschieht dabei durch spezifische Proteinasen. Unter diesen spielen die Matrix-Metalloproteinasen (MMP) eine herausragende Rolle. Mitglieder dieser Enzymfamilie tragen Zn2 + -Ionen im aktiven Zentrum. Einzelne MMP sind auf den Abbau bestimmter Matrixproteine spezialisiert. Durch den Abbau von Matrixproteinen wird die Struktur der EZM aufgelöst. Dabei können gebundene Gewebswachstumsfaktoren freigesetzt werden, die die Wiederherstellung der EZM und das Wachstum der Gewebe stimulieren. Metastasierende Tumorzellen nutzen MMP zur Loslösung und Wanderung. Neben den MMP spielen Serin-Proteinasen eine Rolle beim Abbau von Matrixproteinen, die wir schon bei der Auflösung von Blutgerinnseln (S. 308) kennengelernt haben. Sie tragen einen Serinrest im aktiven Zentrum (S. 172). Zu nennen sind die Enzyme Plasmin, tPA (tissue plasminogen activator) und uPA (Urokinase). Die Aktivität der Matrix-Proteinasen ist sorgfältig kontrolliert. Dies geschieht durch: 1. Sekretion der Enzyme in Form von inaktiven Vorstufen, die durch limitierte Proteolyse aktiviert werden: Dadurch werden ProMMP zu MMP und Plasminogen zu Plasmin; 2. lokale Begrenzung der Wirkung, indem die Proteinasen an Membranrezeptoren gebunden werden, z. B. MMP und uPA; 3. spezifische Inhibitoren: TIMP (tissue inhibitors of metalloproteinases) hemmen die MMP, Serpine (S. 308) die Serin-Proteinasen.

6 Gewebe und Organe

6.8 Bindegewebe

Abb. 6.46 Extrazelluläre Matrix II (B. nach PDB: David Goodsell, doi:10.2210/rcsb_pdb/mom_2000_4)

369

6 Gewebe und Organe

6.8 Bindegewebe Pathobiochemie

B. Osteoporose

A. Erkrankungen der extrazellulären Matrix

Die Osteoporose ist eine Erkrankung des Knochensystems, bei der das Gleichgewicht zwischen Knochenaufbau und Knochenabbau (Knochenhomöostase) (S. 402) zugunsten des Abbaus gestört ist. Der Rückgang der Knochenmasse durch Demineralisierung führt zu Knochenschmerzen, Verringerung der Körpergröße und spontanen Knochenbrüchen. Die Verringerung der Knochenmasse und Verschlechterung der Knochenarchitektur ist ein normaler, altersbedingter Vorgang. Etwa 50 % aller Menschen im Alter von 70 Jahren oder mehr leiden deshalb an Osteoporose. Eine primäre Osteoporose tritt typischerweise bei Frauen nach der Menopause auf. Ursache ist der durch das Klimakterium bedingte Rückgang der Konzentration von Estrogenen. Wegen des Rückgangs von Androgenen bei alternden Männern kann auch bei diesen eine primäre Osteoporose auftreten. Dabei entfällt die hemmende Wirkung der Steroidhormone auf die Bildung von Cytokinen, die die Osteoblastenbildung und -Aktivität steuern (S. 402). Androgene und Estrogene verhindern so ein Überschießen der Osteoklastentätigkeit. Außer einer genetischen Disposition kommen als Ursachen für eine sekundäre Osteoporose ein Bewegungsmangel, verringerte Bildung von Calciol (wegen UV-Licht- oder Vitamin-D-Mangel) und Fehlernährung (→ Calciummangel) hinzu. Auch ein erhöhter Spiegel an Corticosteroiden wegen Morbus Cushing oder medikamentöser Behandlung kann zur Osteoporose führen und Knochenbrüche auslösen. Die durch den Mangel an Sexualsteroiden bedingte Osteoporose kann durch die Gabe von Steroidhormonen oder SteroidrezeptorModulatoren (spezifische Estrogen-RezeptorModulatoren, SERM) behandelt werden. Auch Bisphosphonate, die von Osteoklasten aufgenommen werden und diese hemmen, werden eingesetzt. Denn Bisphosphonate (Grundgerüst –P–C–P– analog zu Diphosphat – P–O–P–) können nicht von alkalischer Phosphatase gespalten werden. In jedem Fall sind bei Osteoporose die ausreichende Zufuhr von Calcium und Vitamin D (bzw. die körpereigene Biosynthese von Calciol) zusammen mit körperlicher Bewegung wichtig.

Es gibt viele Erkrankungen, von denen die extrazelluläre Matrix (EZM) betroffen sein kann. Sie manifestieren sich besonders oft in Haut, Bindegewebe, Knorpel und Knochen. Formal lassen sich die Erkrankungen in angeborene und erworbene Störungen unterteilen. Die Tabelle nennt Beispiele, um ihre Vielfalt deutlich zu machen. Bei der Osteogenesis imperfecta ist die Biosynthese von Collagen I gestört. Im Prinzip sind davon alle collagenreichen Organe betroffen, aber Knochenfehlbildungen sind besonders auffällig. Meistens ist die Bildung der CollagenTripelhelix durch Ersatz von Glycinen gestört. Beim Ehlers-Danlos-Syndrom ist ebenfalls die Biosynthese von Collagenen betroffen. Hier sind collagenmodifizierende Enzyme defekt, z. B. die Lysyl-Oxidase (Typ V), die Lysyl-Hydroxylase (Typ VI) oder die Propeptid abspaltenden Peptidasen (Typ VII). Bei den Mucopolysaccharidosen ist der Abbau von Glycosaminoglycanen gestört, so dass sich Zwischenprodukte anhäufen. Bei der Epidermolysis bullosa, von der es verschiedene Formen gibt, ist der Verankerungskomplex der Keratinocyten mit der Basalmembran gestört. Ursache können Defekte der Keratine, Collagene, Laminine, des Plectins, Integrins oder der Desmosomen sein. Für die Krankheit charakteristisch sind blasenbildende Hauterkrankungen. Beim Marfan-Syndrom ist das Gen für Fibrillin-1 defekt. Es resultiert eine erhöhte Dehnbarkeit und geringere Reißfestigkeit von Bindegewebsstrukturen. Bei der Glanzmann-Krankheit (Thrombasthenie Glanzmann) ist Integrin defekt, das auf Thrombocytenmembranen als Rezeptor für Fibrinogen fungiert. Es kommt dadurch zu verlängerten Blutungen. Bei der congenitalen Muskeldystrophie ist das Gen für die α2-Kette des Laminins (S. 368) defekt. Ein Fehler der β2-Kette führt zur Blockierung der neuromuskulären Signalübertragung. Laminine sind Heterotrimere und bestehen aus einer α-, β- und γ-Kette mit Isoformen, die zu verschiedenen Lamininvarianten zusammengesetzt werden können. Sie werden entwicklungs- und organspezifisch exprimiert. Osteoporose (B), Skorbut und rheumatoide Arthritis sind Beispiele für erworbene Defekte der EZM.

37

6 Gewebe und Organe

6.8 Bindegewebe

Abb. 6.47 Bindegewebe: Pathobiochemie

371

6.9 Gehirn und Sinnesorgane Signalübertragung im ZNS

6 Gewebe und Organe

A. Aufbau von Nervenzellen Nervenzellen (Neurone) sind erregbare Zellen, die elektrische oder chemische Signale erzeugen und auf solche Signale reagieren können. Sie unterscheiden sich deutlich von anderen Zelltypen. Von ihrem Zellkörper (Soma) gehen zahlreiche verästelte Fortsätze aus. Über Dendriten können Neurone Signale aufnehmen, über ihre Axone können sie diese weiterleiten. Die Axone, die Längen von mehr als 1 m erreichen können, sind in der Peripherie i. A. von Schwann-Zellen umgeben, die sie zur besseren elektrischen Isolierung (S. 208) mit einer lipidreichen Myelinscheide (S. 52) umhüllen. Die Erregungsübertragung findet an Synapsen statt, die einzelne Neurone miteinander, sowie Neurone mit Muskelfasern funktionell verbinden. In den terminalen Axon-Endigungen sind Neurotransmitter (S. 376) gespeichert. Diese Signalstoffe werden auf elektrische Signale hin ausgeschüttet, um benachbarte Neurone oder Muskelzellen zu erregen. Man schätzt, dass jedes der mehr als 1011 Neurone im Gehirn über Synapsen mit mehr als 103 anderen Neuronen in Kontakt steht und insgesamt etwa 1014 Synapsen vorhanden sind. In der Zusammensetzung der Nervenzellen fällt der hohe Anteil an Lipiden auf, die etwa 50 % der Trockensubstanz ausmachen. Vor allem das Spektrum an Sphingolipiden (S. 52) ist sehr breit.

B. Neurotransmitter und Neurohormone Man unterscheidet zwei Gruppen von Neurosekreten: Neurotransmitter werden in den synaptischen Spalt ausgeschüttet, um Nachbarzellen zu beeinflussen (C). Sie haben eine geringe Reichweite und kurze Lebensdauer. Neurohormone werden dagegen an das Blut abgegeben, mit dem sie größere Strecken zurücklegen können.

C. Synaptische Signalübertragung Alle chemischen Synapsen arbeiten nach einem ähnlichen Prinzip. Im Bereich der Synapse ist die Oberfläche der signalisierenden Zelle (präsynaptische Membran) von der Oberfläche der Empfängerzelle (postsynaptische Membran) nur durch einen schmalen synaptischen Spalt getrennt. Erreicht ein Aktionspotenzial

37

(S. 374) die präsynaptische Membran (1), öffnen sich dort integrierte spannungsgesteuerte Ca2 + -Kanäle (2). Ca2 + -Ionen strömen ein und lösen die Exocytose (S. 214) des in der präsynaptischen Zelle gespeicherten Neurotransmitters aus (3). Jedes Neuron schüttet in der Regel nur eine Art von Neurotransmitter aus (4). Neuronen, die Dopamin abgeben, bezeichnet man z. B. als „dopaminerg“, solche, die Acetylcholin ausschütten, als „cholinerg“ usw. Die ausgeschütteten Transmitter diffundieren durch den synaptischen Spalt und binden auf der Gegenseite an Rezeptoren auf der postsynaptischen Membran. Diese Rezeptoren (S. 378) sind integrale Membranproteine, die auf ihrer Außenseite spezifische Bindungsstellen für Neurotransmitter besitzen. Nach der Wirkung, die die Bindung des Transmitters auslöst, teilt man die Rezeptoren für Neurotransmitter in zwei große Gruppen ein (S. 378). Ionotrope Rezeptoren (unten links) sind ligandengesteuerte Ionenkanäle. Wenn sie sich unter dem Einfluss des Transmitters öffnen, strömen aufgrund des Membranpotenzials (S. 118) Ionen ein. Sind es Kationen (z. B. Na+), kommt es zur Depolarisierung der Membran und zur Auslösung eines Aktionspotenzials auf der Oberfläche der postsynaptischen Zelle (5). Auf diese Weise wirken erregende Transmitter, z. B. Acetylcholin oder Glutamat. Strömen dagegen Anionen ein (vor allem Cl–), führt dies zu einer Hyperpolarisierung der postsynaptischen Membran, die die Erzeugung eines Aktionspotenzials erschwert (6). Auf diesem Effekt beruht die Wirkung hemmender Transmitter wie Glycin oder GABA. Eine ganz andere Wirkung entfalten die sog. metabotropen Rezeptoren (unten rechts). Sie interagieren nach Bindung des Transmitters auf der Innenseite der postsynaptischen Membran mit G-Proteinen (S. 420), die ihrerseits die Synthese von Second-Messengern aktivieren oder hemmen (7). Diese aktivieren oder hemmen Protein-Kinasen, die zelluläre Proteine phosphorylieren und dadurch das Verhalten der postsynaptischen Zelle verändern, s. Signaltransduktion (S. 414). Die Wirkung der Neurotransmitter wird sehr schnell dadurch beendet, dass sie enzymatisch abgebaut oder wieder in die präsynaptische Zelle aufgenommen werden (S. 377).

6 Gewebe und Organe

6.9 Gehirn und Sinnesorgane

Abb. 6.48 Signalübertragung im ZNS

373

6 Gewebe und Organe

6.9 Gehirn und Sinnesorgane Ruhepotenzial und Aktionspotenzial

B. Aktionspotenzial

A. Ruhepotenzial

Aktionspotenziale sind Signale, die im Nervensystem zur Übertragung von Informationen dienen. Sie werden durch chemische – seltener elektrische – Reize ausgelöst. Durch Bindung eines Neurotransmitters an einen ionotropen Rezeptor (S. 372) kommt es lokal zu einem kurzfristigen Anstieg des Membranpotenzials von –70 mV auf etwa + 30 mV. Am Ort der Entstehung kehrt das Membranpotenzial zwar innerhalb weniger Millisekunden (ms) wieder auf den Ausgangswert zurück, da aber in diesem Zeitraum benachbarte Membranareale aktiviert werden, pflanzt sich die Depolarisierung fort. 1. Der Vorgang beginnt mit dem Öffnen spannungsgesteuerter Na+-Kanäle (S. 418). Na+-Ionen strömen wegen ihres hohen Gleichgewichtspotenzials (s. A) in die Zelle ein und kehren das Membranpotenzial lokal um (Depolarisierung). 2. Die Na+-Kanäle schließen sofort wieder, so dass der Einstrom von positiven Ladungen nur sehr kurz anhält. 3. Wegen des Anstiegs des Membranpotenzials öffnen sich spannungsabhängige K+-Kanäle und K+-Ionen strömen aus. Außerdem pumpt die Na+/K+-ATPase die eingedrungenen Na+-Ionen wieder nach außen. Dies führt zur Repolarisierung der Membran. 4. Kurzfristig wird durch beide Vorgänge das Ruhepotenzial sogar unterschritten (Hyperpolarisierung). Auch die K+-Kanäle schließen nach wenigen ms. Dann ist die Nervenzelle von neuem erregbar.

Ein charakteristisches Merkmal lebender Zellen ist die ungleiche Verteilung positiver und negativer Ionen auf der Außen- und Innenseite der Plasmamembran. Dies ruft ein sog. Membranpotenzial (S. 118) hervor, d. h. zwischen beiden Seiten der Membran besteht eine elektrische Spannung, die sich nur ausgleichen kann, wenn Ionenkanäle den Durchtritt der ungleich verteilten Ionen erlauben. In Ruhe liegt das Membranpotenzial (präziser: die Membranspannung) der meisten Zellen bei –60 bis –90 mV. Es entsteht vor allem durch die Aktivität der Na+/K+-transportierenden ATPase („Na+/K+-ATPase“), die auf praktisch allen tierischen Zellen vorkommt. Diese ATPase vom P-Typ (S. 212) „pumpt“ unter Verbrauch von ATP 3 Na+-Ionen im Tausch gegen 2 K+-Ionen aus der Zelle hinaus. Ein Teil der K+-Ionen verlässt, dem Konzentrationsgradienten folgend, die Zelle durch Kaliumkanäle wieder, die häufiger offen sind. Da die im Inneren vorherrschenden Protein-Anionen nicht folgen können und auch der Einstrom von Cl–-Ionen von außen nicht möglich ist, entsteht so außerhalb der Zelle ein Überschuss an positiven Ladungen, während innen die negativ geladenen Anionen überwiegen. Für jedes der beteiligten Ionen gibt es ein sog. Gleichgewichtspotenzial (S. 118). Dies ist derjenige Wert des Membranpotenzials, bei dem netto kein Ein- oder Ausstrom des betreffenden Ions stattfindet. Für K+-Ionen liegt das Ruhepotenzial im Bereich des Membranpotenzials, während das Ruhepotenzial von Na+ mit + 70 mV weit darüber liegt. Sobald sich eine Möglichkeit dazu ergibt, strömen deshalb Na+-Ionen spontan in die Zelle ein. Auf dieser Tatsache beruht das Zustandekommen von Aktionspotenzialen (s. B). Die Membran der Nervenzellen enthält Ionenkanäle (S. 418) für Na+, K+, Cl– und Ca2 + . Diese Kanäle sind in der Regel geschlossen und öffnen nur kurzfristig, um Ionen hindurch zu lassen. Man teilt sie ein in Kanäle, die vom Membranpotenzial gesteuert werden („voltage gated“; Beispiel: schnelle Na+-Kanäle), und in Kanäle, die von Liganden gesteuert (S. 418) werden („ligand gated“; Beispiel: nicotinischer Acetylcholin-Rezeptor) (S. 378). Ionenkanäle, die durch mechanische Reize, Temperatur oder Licht gesteuert werden, haben eine geringere Bedeutung.

37

Insgesamt wird im Laufe eines Aktionspotenzials immer nur ein sehr kleiner Teil der Membran depolarisiert. Der Vorgang kann sich daher wiederholen, wenn die Nervenzelle erneut erregt wird. Die Weiterleitung des Aktionspotenzials auf der Oberfläche der Nervenzelle beruht darauf, dass das lokal angestiegene Membranpotenzial benachbarte, spannungsabhängige Ionenkanäle zum Öffnen veranlasst, wodurch sich die Membranerregung als Depolarisationswelle über die ganze Zelle ausbreitet.

6 Gewebe und Organe

6.9 Gehirn und Sinnesorgane

Abb. 6.49 Ruhepotenzial und Aktionspotenzial

375

6.9 Gehirn und Sinnesorgane Neurotransmitter Neurotransmitter sind Signalstoffe, die von Neuronen produziert, in Synapsen gespeichert und auf einen Reiz hin in den synaptischen Spalt ausgeschüttet werden. An der postsynaptischen Membran binden sie an spezifische Rezeptoren und beeinflussen deren Aktivität (S. 372). Cotransmitter sind Signalstoffe, die gleichzeitig mit Neurotransmittern wirken und deren Wirkung modulieren.

6 Gewebe und Organe

A. Wichtige Neurotransmitter und Cotransmitter Die Tabelle nennt die wichtigsten Vertreter der mehr als 100 Mitglieder umfassenden Familie, die als Neurotransmitter oder Cotransmitter fungieren. Es handelt sich um Aminosäuren (AS), AS-Derivate, Peptide, Purine, Acetylcholin sowie die „Gasotransmitter“ NO, CO und H2S. Acetylcholin (ACh), der Essigsäureester des kationischen Cholins (S. 50), wirkt an motorischen Endplatten, wo es Muskelkontraktionen (S. 356) auslöst, in Ganglien des autonomen Nervensystems sowie in cholinergen Neuronen des Gehirns und Rückenmarks (S. 378). Mehrere Aminosäuren (S. 60) haben Neurotransmitter-Wirkung. Besonders wichtig ist die AS Glutamat, die als erregender Transmitter im ZNS aktiv ist. Mehr als die Hälfte aller Synapsen im Gehirn ist glutamaterg. Glycin wirkt dagegen als inhibitorischer Neurotransmitter im Rückenmark und in Teilen des Gehirns. Biogene Amine entstehen aus AS durch Decarboxylierung (S. 62). Zu dieser Gruppe gehört das aus Glutamat gebildete GABA (γ-aminobutyric acid), der wichtigste inhibitorische Transmitter im ZNS. Die Catecholamine Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin (S. 450) leiten sich vom Tyrosin ab, das Serotonin und Melatonin vom Tryptophan und das Histamin vom Histidin. Diese Signalsubstanzen (S. 414) sind Neurotransmitter, manchmal zugleich auch Mediatoren und/oder Hormone. Peptide bilden die größte Gruppe unter den Neurosekreten mit Transmitterfunktion. Manche sind gleichzeitig auch noch Peptidhormone, z. B. Thyroliberin (TRH) oder Angiotensin II. Die meisten Neuropeptide sind kurz (3–30 AS). Viele tragen am N-Terminus einen zu Pyroglutamat (5-Oxoprolin, < G) zyklisierten Glutamat-Rest, während ihr C-Terminus oft als

37

ungeladenes Säureamid (–CONH2) vor dem Abbau durch Peptidasen geschützt ist. Eine besonders interessante Gruppe von Neuropeptiden sind die Endorphine, Dynorphine und Enkephaline. Sie wirken als endogene Opioide, indem sie analgetisch, beruhigend und euphorisierend wirken. Drogen wie Morphin oder Heroin aktivieren die Rezeptoren für diese Peptide. Die Purin-Derivate mit CotransmitterFunktion sind alle Adenin-haltigen Nucleotide oder Nucleoside. ATP wird zusammen mit Acetylcholin und anderen Transmittern ausgeschüttet und reguliert u. a. die Abgabe von Transmittern aus seiner Ursprungssynapse. Die anregende Wirkung von Coffein (1,3,7-Trimethylxanthin) beruht vor allem auf seiner Bindung an Adenosin-Rezeptoren.

B. Schicksal der Neurotransmitter Charakteristisch sind die folgenden Schritte: 1. Biosynthese im Cytoplasma des präsynaptischen Neurons aus leicht verfügbaren Vorstufen (häufig AS) durch charakteristische Enzyme. 2. Aktive Aufnahme in Speichervesikel durch H+-abhängigen Transport. Speicherung manchmal mit Cotransmittern. 3. Ausschüttung des Vesikelinhalts durch Ca2 + -gesteuerte Exocytose (S. 214) in den synaptischen Spalt (S. 372). 4. Wirkung durch Bindung an spezifische Rezeptoren auf der postsynaptischen Membran (S. 378). 5. Schnelle Beendigung der Wirkung durch Wiederaufnahme in präsynaptische Nervenendigungen und Gliazellen, durch Abdiffusion oder durch enzymatische Inaktivierung im synaptischen Spalt (ACh, Neuropeptide). 6. Abbau durch Enzyme (S. 450). Mit Pharmaka kann an verschiedenen Stellen in dieses System eingegriffen werden: ● Durch Hemmstoffe der Transmittersynthese (1), ● durch Agonisten, die die Wirkung an bestimmten Rezeptortypen imitieren (4), ● durch Antagonisten, die die Wirkung an bestimmten Rezeptortypen blockieren (4), ● durch Wiederaufnahme-Hemmstoffe (5), ● durch Hemmstoffe des enzymatischen Abbaus (Schritt 6).

6 Gewebe und Organe

6.9 Gehirn und Sinnesorgane

Abb. 6.50 Neurotransmitter

377

6.9 Gehirn und Sinnesorgane Rezeptoren für Neurotransmitter

B. Acetylcholin-Rezeptoren

Rezeptoren für Neurotransmitter sind in die Membranen postsynaptischer Zellen integriert und kontrollieren dort einen Ionenstrom oder Signaltransduktionsprozesse (S. 414).

Acetylcholin (ACh) bindet an zwei Arten von Rezeptoren. Der sog. nicotinische ACh-Rezeptor spricht auch auf das im Tabak enthaltene Alkaloid Nicotin an. Viele der physiologischen Wirkungen des Nicotins beruhen auf dieser Tatsache. Der nicotinische Rezeptor ist vom ionotropen Typ. Bei Bindung von Acetylcholin öffnet sich der Ionenkanal und lässt Na+-Ionen in die postsynaptische Zelle hineindiffundieren und K+-Ionen heraus (s. A). Die muscarinischen ACh-Rezeptoren (mindestens 5 Subtypen) sind dagegen metabotrop. Ihre Bezeichnung stammt vom Alkaloid Muscarin, das u. a. im Fliegenpilz vorkommt. Muscarin wird wie ACh an den Rezeptor gebunden, aber im Gegensatz zu ACh nicht abgebaut. Es führt deshalb zu einer Dauererregung der Muskulatur. Die muscarinischen ACh-Rezeptoren beeinflussen den cAMP-Spiegel der postsynaptischen Zellen. Die Subtypen M1, M3 und M5 erhöhen ihn, die Subtypen M2 und M4 dagegen senken ihn (s. A).

6 Gewebe und Organe

A. Rezeptoren für Neurotransmitter Die Zahl der bekannten Rezeptoren für Neurotransmitter ist beträchtlich. Die Tabelle nennt lediglich wichtige Vertreter. Nach ihrer Wirkungsweise unterscheidet man zwei große Gruppen. Ionotrope Rezeptoren sind ligandengesteuerte Ionenkanäle (S. 418) (linke Tabelle). Die Rezeptoren für erregende (excitatorische) Transmitter sind in der Tabelle durch ( + ) gekennzeichnet. Sie vermitteln den Einstrom von Kationen, vor allem von Na+. Öffnen sie nach Bindung des Transmitters, kommt es zur lokalen Depolarisierung der postsynaptischen Membran. Hemmende (inhibitorische) Neurotransmitter wie GABA und Glycin lassen dagegen Cl– einströmen. Dies verstärkt das negative Ruhepotenzial der Membran und erschwert die Wirkung erregender Transmitter durch Hyperpolarisierung. Die Signaltransduktion an ionotropen Rezeptoren verläuft schnell. Langsamer sind dagegen die metabotropen Rezeptoren (rechte Tabelle). Sie sind an G-Proteine (S. 420) gekoppelt und beeinflussen über diese die Bildung von Second-Messengern. Rezeptoren, die mit Gs-Proteinen zusammenarbeiten, erhöhen den cAMP-Spiegel in der postsynaptischen Zelle. Solche, die Gi-Proteine aktivieren, erniedrigen ihn. Andere Rezeptoren erhöhen über Gq-Proteine die intrazelluläre Konzentration von Ca2 + -Ionen. Glutamat, GABA, Acetylcholin, Serotonin und ATP können sowohl ionotrope als auch metabotrope Rezeptoren aktivieren. Für die meisten Neurotransmitter existieren mehrere Rezeptor-Subtypen. Zu ihrer Unterscheidung verwendet man Ziffern (z. B. D1 bis D5) oder benennt sie nach Agonisten, d. h. nach Molekülen, die im Experiment den Rezeptor aktivieren. So reagiert ein bestimmter Subtyp von Glutamat-Rezeptoren auch auf NMDA (N-Methyl-D-Aspartat), ein anderer auf die Verbindung AMPA usw..

37

C. Stoffwechsel des Acetylcholins Acetylcholin wird im Cytoplasma des präsynaptischen Axons enzymatisch aus AcetylCoA und Cholin gebildet [1] und in synaptischen Vesikeln gespeichert, von denen jedes etwa 1000 bis 10 000 ACh-Moleküle aufnimmt. Nach der Ausschüttung durch Exocytose (S. 214) gelangt der Transmitter durch Diffusion zu den Rezeptoren auf der postsynaptischen Membran. Sofort beginnt im synaptischen Spalt auch die Inaktivierung von ACh durch Hydrolyse zu Acetat und Cholin. Die Reaktion wird von der Acetylcholin-Esterase katalysiert [2]. Sie beseitigt in wenigen Millisekunden das ausgeschüttete ACh. Das Spaltprodukt Cholin wird von dem präsynaptischen Neuron und von Gliazellen wieder aufgenommen und erneut für die ACh-Synthese verwendet [3]. Hemmstoffe. Wirkstoffe, die den Serin-Rest im aktiven Zentrum der ACh-Esterase [2] blockieren, z. B. das Nervengift E605 (Parathion) und andere Organophosphate, verhindern den Abbau von ACh und lösen so eine spasmische Erregung der postsynaptischen Zelle aus. Im Unterschied dazu hemmt Curare, ein lähmendes Pfeilgift südamerikanischer Ureinwohner, kompetitiv die Bindung von ACh an nicotinische und Atropin die Bindung an muscarinische Rezeptoren. Es kommt dadurch zu einer Muskelrelaxation. In der Augenheilkunde wird Atropin zur Weitstellung der Pupillen eingesetzt.

6 Gewebe und Organe

6.9 Gehirn und Sinnesorgane

Abb. 6.51 Rezeptoren für Neurotransmitter

379

6.9 Gehirn und Sinnesorgane Stoffwechsel des ZNS

6 Gewebe und Organe

Das Gehirn und die anderen Bereiche des Zentralnervensystems (ZNS) haben einen hohen Bedarf an ATP. Obwohl das Gehirn nur etwa 2 % der Körpermasse ausmacht, verbraucht es etwa 15 % des umgesetzten Sauerstoffs und ca. 40 % der Glucose (120–160 g pro Tag). Der hohe Energiebedarf der Neuronen geht vor allem auf ATP-abhängige Ionenpumpen, insbesondere die Na+/K+-ATPase, und andere aktive Transportprozesse zurück, die für die Erregungsleitung notwendig sind. Dem intensiven Stoffwechsel des ZNS dient das glymphatische System, ein spezieller Kreislauf, der Abfallstoffe entsorgt.

A. Energiestoffwechsel des Gehirns Normalerweise ist Glucose der einzige Energieträger, mit dem das Gehirn ausreichende Mengen an ATP gewinnen kann. Lipide können die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren, und auch Aminosäuren stehen im Gehirn nur in begrenztem Maße zur Verfügung (s. B). Die Glucose wird durch Glycolyse erst zu Pyruvat und Lactat und durch Endoxidation des Pyruvats zu CO2 und H2O abgebaut. Dabei bilden Gliazellen in größerem Umfang Lactat, um die umgebenden Neuronen zu versorgen. Da der Glycogenvorrat der Neuronen gering ist, sind sie auf den ständigen Nachschub von Glucose aus dem Blut angewiesen. Ein starker Abfall des Blutzuckerspiegels (Hypoglycämie), wie er z. B. nach einer Insulinüberdosierung bei Diabetikern auftreten kann, führt rasch zum Abfall des ATP-Spiegels im Gehirn. Die Folgen sind Bewusstlosigkeit und weitere neurologische Ausfälle, die zum Tode führen können. Auch Sauerstoffmangel (S. 136) (Hypoxie) beeinträchtigt zuerst das Gehirn. Die Folgen einer kurzen Hypoxie sind noch umkehrbar. Jedoch kommt es innerhalb von Minuten zunehmend zu irreversiblen Schäden und schließlich zum vollständigen Funktionsausfall („Hirntod“). Da der Glucoseverbrauch ein Maß für die Gehirnaktivität darstellt, lassen sich bei Anwendung von 18F-Desoxyglucose aktive Areale mit bildgebenden Verfahren lokalisieren. In Hungerphasen erlangt das Gehirn nach einigen Tagen die Fähigkeit, neben Glucose auch Ketonkörper (S. 332) zur ATP-Bildung zu verwerten. In den ersten Wochen der Hungerphase steigen die Aktivitäten der dazu notwendigen Enzyme im Gehirn stark an. Die Nut-

38

zung von Ketonkörpern spart Glucose ein und reduziert dadurch den Abbau von Proteinen in Muskeln, der im Hunger die Gluconeogenese in der Leber aufrechterhält. Nach einigen Wochen sinkt der Abbau von Muskelproteinen dadurch auf ⅓ des anfänglichen Wertes. Ketonkörper können jedoch im ZNS die Glucose, die dann nur zu Lactat abgebaut wird, nicht vollständig ersetzen.

B. Glutamat, Glutamin und GABA Die proteinogene Aminosäure Glutamat (Glu) und das vom Glutamat abgeleitete biogene Amin 4-Aminobutyrat (GABA) gehören zu den wichtigsten Neurotransmittern (S. 376) im Gehirn. Beide werden im Gehirn selbst gebildet. Außer den Neuronen, die Glu bzw. GABA als Transmitter nutzen, sind auch Gliazellen am Stoffwechsel dieser Substanzen beteiligt. Weil Glutamat und GABA als Transmitter nicht unkontrolliert im Extrazellulärraum auftauchen dürfen, versorgen die Gliazellen (Mitte) die „glutamatergen“ und „GABA-ergen“ Neuronen mit der Vorstufe Glutamin (Gln), das sie mithilfe der Glutamin-Synthetase [1] aus Glutamat erzeugen. GABA-Neuronen (links) und Glutamat-Neuronen (rechts) hydrolysieren das Glutamin zunächst mithilfe der Glutaminase [2] wieder zu Glutamat. Die Glutamat-Neuronen speichern es in Vesikeln und schütten es bei Erregung aus. Die GABA-Neuronen führen den Abbau weiter, indem sie das Glutamat mithilfe der Glutamat-Decarboxylase [3] in den Transmitter GABA überführen. Beide Arten von Neuronen nehmen ihre jeweiligen Transmitter wieder auf. Ein Teil gelangt auch zurück in die Gliazellen, wo Glutamat wieder zu Glutamin amidiert wird. Auch aus GABA kann wieder Glutamat entstehen. Die dazu notwendige Reaktionsfolge, der sog. GABA-Shunt, ist typisch für das ZNS. Eine Transaminase [4] wandelt zunächst GABA und 2-Oxoglutarat in Glutamat und Succinyl-Semialdehyd (–OOC-CH2-CH2-CHO) um. Der Aldehyd wird in einer NAD+-abhängigen Reaktion zu Succinat oxidiert [5], aus dem über Reaktionen des Citratzyklus wieder 2-Oxoglutarat regeneriert werden kann. Die Funktion von Glutamat als erregendem Transmitter im Gehirn ist Ursache des sog. „China-Restaurant-Syndroms“, da Glutamat in der chinesischen Küche häufig als Geschmacksverstärker verwendet wird.

6 Gewebe und Organe

6.9 Gehirn und Sinnesorgane

Abb. 6.52 Stoffwechsel des ZNS

381

6.9 Gehirn und Sinnesorgane

6 Gewebe und Organe

Sehen In der Netzhaut des Menschen kommen zwei Arten von Photorezeptor-Zellen vor, die als Stäbchen und Zapfen bezeichnet werden. Die etwa 1,2·108 Stäbchen sind empfindlich für schwaches Licht, während bei höheren Lichtintensitäten die 6·106 Zapfen für das Farbensehen verantwortlich sind. Am Sehvorgang sind Signalstoffe und Proteine beteiligt: Zunächst löst eine lichtinduzierte cis-trans-Isomerisierung des Farbstoffs Retinal eine Konformationsänderung des Membranproteins Rhodopsin aus. Über das mit dem Rhodopsin assoziierte G-Protein Transducin wird ein Enzym aktiviert, das den SecondMessenger cGMP abbaut. Der Mangel an cGMP führt schließlich zu einer Hyperpolarisierung der lichtempfindlichen Zelle, die von nachgeschalteten Neuronen als verminderte Neurotransmitter-Ausschüttung registriert wird.

A. Lichtinduzierte Signalkaskade Stäbchen sind durch Membranscheiben gegliedert, in die der 7-Helix-Rezeptor Rhodopsin (S. 416) integriert ist. Im Gegensatz zu den anderen Rezeptoren der 7-Helix-Klasse ist Rhodopsin ein lichtempfindliches Chromoprotein. Sein Proteinanteil Opsin enthält den Aldehyd Retinal (S. 408), ein Isoprenoid, das als Aldimin an die ε-Amino-Gruppe eines Lysin-Restes gebunden ist. Die Lichtabsorption des Rhodopsins liegt im sichtbaren Bereich mit einem Maximum bei etwa 500 nm. Damit sind die Absorptionseigenschaften des Sehfarbstoffs der spektralen Verteilung des Sonnenlichts optimal angepasst. Die Absorption eines Photons löst im Rhodopsin eine Isomerisierung der 11-cis-Form zur all-trans-Form des Retinals aus (oben). Dieser photochemische Prozess führt innerhalb von Millisekunden zu einer allosterischen Konformationsänderung des Rhodopsins. In dieser aktiven Konformation bindet das Rhodopsin* (Metarhodopsin II) das G-Protein Transducin (S. 416) und aktiviert es. Die nun einsetzende Signalkaskade veranlasst die Stäbchenzelle, an ihrer Synapse weniger Neurotransmitter (Glutamat) auszuschütten. Die angeschlossenen bipolaren Neuronen melden diese Veränderung als Signal für Licht an das Gehirn weiter. In den Zapfen gibt es mehrere unterschiedliche Zapfenrhodopsine. Alle enthalten Retinal-Moleküle als lichtempfindliche Komponente, deren Absorptionseigenschaften durch die verschiedenen Opsin-Anteile so moduliert sind, dass bestimmte Farben wahrgenommen werden.

38

▶ Dunkel (unten links). Unbelichtete Stäbchen-Zellen enthalten relativ hohe Konzentrationen (70 μM) des zyklischen Nucleotids cGMP (3’,5’-cyclo-GMP) (S. 422), das von einer Guanylat-Zyklase [2] gebildet wird. Das cGMP bindet an einen Ionenkanal in der Stäbchenmembran (unten links) und hält ihn dadurch offen. Der Einstrom von Kationen (Na+, Ca2 + ) depolarisiert die Membran und führt an der Synapse zur andauernden Ausschüttung des Neurotransmitters Glutamat. ▶ Licht (unten rechts). Bindet das vom Licht aktivierte Rhodopsin* an das G-Protein Transducin, führt dies zum Austausch von GDP gegen GTP. Im so aktivierten Transducin* löst sich die GTP-tragende α-Untereinheit vom Rest des G-Proteins und aktiviert eine membranständige cGMP-Phosphodiesterase [1]. Diese hydrolysiert cGMP schnell zu GMP und senkt so innerhalb von Millisekunden den Spiegel an freiem cGMP. Als Folge davon dissoziiert das an die Kationen-Kanäle gebundenen cGMP ab und die Kanäle schließen sich. Da ständig Kationen aus der Zelle gepumpt werden, fällt das Membranpotenzial ab und es kommt zur Hyperpolarisierung der Zelle, die die Glutamatausschüttung unterbricht. ▶ Regeneration. Nach Belichtung stellen mehrere Vorgänge den Ausgangszustand wieder her: 1. Die α-Untereinheit des Transducins* inaktiviert sich durch GTP-Hydrolyse selbst und assoziiert wieder mit der βγ-Untereinheit (S. 420). Dies beendet die Aktivierung der cGMP-Esterase [1]. 2. Die gesunkene Ca2 + -Konzentration sorgt für eine Aktivierung der Guanylat-Cyclase [2], die den cGMP-Spiegel soweit ansteigen lässt, dass sich die Kationenkanäle wieder öffnen. 3. Opsin wird von einer Rhodopsin-Kinase phosphoryliert und bindet das Protein Arrestin. All-trans-Retinal wird nun freigesetzt und enzymatisch zu 11-cis-Retinal regeneriert. Dies geschieht entweder direkt durch eine Isomerase [3] oder nach Reduktion zu all-trans-Retinol [4], Umwandlung in die 11-cis-Form und anschließender Oxidation zu 11-cis-Retinal. Dieses kann dann wieder an freies Opsin binden und steht für den nächsten Zyklus bereit.

6 Gewebe und Organe

6.9 Gehirn und Sinnesorgane

Abb. 6.53 Sehen

383

6.9 Gehirn und Sinnesorgane Pathobiochemie

C. Prion-Krankheiten

A. Erkrankungen des Nervensystems

Auch diese Gruppe von neurodegenerativen Krankheiten beruht auf einer Fehlfaltung von Proteinen. Zu ihnen gehören die CreutzfeldtJakob-Krankheit (CJD) beim Menschen, Scrapie bei Hunden und Schafen, sowie BSE (Bovine spongiform encephalopathy, „Rinderwahn“) bei Rindern. Sie werden von infektiösen Proteinen übertragen, den Prionen (PrP), die in zwei verschiedenen Konformationen auftreten können. Die nicht infektiösen Prionen (PrPC, C für cellular) kommen als normale Proteine in cytoplasmatischen und membranassoziierten Formen von Nervenzellen vor. PrPC können sich sehr selten spontan in Isoformen umwandeln, die Protease-resistenter und weniger löslich sind (PrPSc, Sc für Scrapie). Die beiden Formen haben eine identische Primär-, aber unterschiedliche Sekundär- und Tertiärstruktur (die Abbildung zeigt Modelle beider Strukturen, da die exakten Strukturen der Moleküle zur Zeit noch nicht völlig bekannt sind): PrPc enthalten mehr α-Helices, PrPSc dagegen mehr β-Faltblatt-Strukturen. Das Besondere an den Prionen ist, dass PrPSc-Moleküle als Kristallisationskeime für die Konformationswandlung von PrPC in PrPSc dienen können („Infektion“). Dies ist der Grund für die Pathogenität von PrPSc. Die Umwandlung von PrPC in PrPSc verläuft langsam über Jahre. PrPSc aggregieren dann zu Fasern (Amyloiden) und verursachen den Zelltod infizierter Zellen durch Apoptose. Dadurch kommt es zu neuronalen Ausfällen. Die Übertragung der Prionen kann über die Nahrung geschehen. Da die Prionen von Rind und Mensch recht ähnlich sind, wird vermutet, dass sich Menschen auch an BSE-infiziertem Rindfleisch anstecken können.

Unter den vielen Erkrankungen, die Nervenzellen und ihre Signaltransduktion betreffen, greifen wir in der Tabelle nur einige prominente heraus. Morbus Parkinson wird beim Catecholaminstoffwechsel (S. 450) behandelt.

6 Gewebe und Organe

B. Alzheimer-Krankheit Diese neurodegenerative Krankheit ist histologisch gekennzeichnet durch Alzheimersche Plaques – das sind extrazelluläre, fibrilläre Proteinablagerungen im Gehirn. Sie bestehen aus einem kleinen Peptid von etwa 40 Aminosäuren, dem β-Amyloid (Aβ), das sich zu größeren Aβ-Aggregaten mit β-Faltblatt-Struktur anhäuft, die die Nervenfunktionen stören und Entzündungsprozesse induzieren. Gebildet wird das Aβ durch Proteinasen, die ein Transmembranprotein abbauen, das in Unkenntnis seiner Funktion als β-Amyloidproteinvorläufer (APP) bezeichnet wird. Der normale Abbau des APP geschieht sequenziell durch zwei Proteinasen, die als α- und γ-Sekretase das unlösliche Membranprotein in lösliche Peptide umwandeln. Bei Alzheimer-Patienten wird das APP statt von einer α- durch eine βSekretase angegriffen, die an anderer Stelle spaltet und den Vorläufer für das unlösliche Aβ erzeugt. Intrazellulär lagert sich bei Alzheimer-Patienten auch noch ein hyperphosphoryliertes Strukturprotein in Faserform ab (nicht gezeigt). Dieses sog. τ-(tau)-Protein stabilisiert im Normalzustand die Mikrotubuli von Neuronen. In Fibrillenform behindert es den intrazellulären Transport. Der Zusammenhang zwischen τ-Protein und Aβ ist nicht klar. In beiden Fällen steht biochemisch die Fehlfaltung eines Proteins im Vordergrund. Die Ursache für die Alzheimer-Erkrankung ist bisher nicht bekannt, obgleich es verschiedene Hypothesen dazu gibt (u. a. fehlerhafte Entsorgung von Abfallstoffen durch das glymphatische System, Veränderungen beim Apolipoprotein E, Störungen des Calciumstoffwechsels, Beteiligung von Cu- oder Al-Ionen, Virusinfektionen sowie Feinstaub). Die langsam verlaufende und am Ende letale Krankheit tritt verstärkt im höheren Alter auf. Zwischen dem 65. und dem 85. Lebensjahr nimmt ihre Häufigkeit von etwa 2 % auf mehr als 20 % zu. Diagnostiziert wird sie bisher nur durch neuropsychologische Tests.

38

▶ Myasthenia gravis. Diese Autoimmunerkrankung wird durch Antikörper gegen den nicotinischen Acetylcholin-Rezeptor (S. 378) im Skelettmuskel hervorgerufen. Die Antikörper binden an die Rezeptoren und lösen dadurch die Endocytose und den lysosomalen Abbau der Rezeptoren aus. Patienten mit Myasthenia gravis haben deshalb weniger funktionale Rezeptoren für ACh. Dies führt zu der Unfähigkeit der Muskeln, auf wiederholte Stimulation durch Acetylcholin angemessen zu reagieren. Bei Ruhe kehrt die normale muskuläre Erregbarkeit meist zurück. Zur Behandlung werden Hemmstoffe der Acetylcholin-Esterase (S. 378) und Immunsuppressiva eingesetzt.

6 Gewebe und Organe

6.9 Gehirn und Sinnesorgane

Abb. 6.54 Gehirn und Sinnesorgane: Pathobiochemie (C. aus Huang ZI, Prusiner SB, Cohen FE. Scrapie prions: a three-dimensional model of an infectious fragment. Fold Des. 1996 : 13–19)

385

6.10 Integration des Stoffwechsels

6 Gewebe und Organe

Integration des Stoffwechsels I Im Zentrum des Kohlenhydratstoffwechsels der Organe steht Glucose, die als einziger Energieträger von allen Zellen verwertet werden kann und als „Blutzucker“ den Geweben in nahezu konstanter Konzentration zur Verfügung steht (B). Die Systeme der Blutzuckerregulation haben die Aufgabe, den in weiten Grenzen schwankenden Glucoseverbrauch der Organe (C) zu decken, ohne den Blutzuckerspiegel wesentlich abfallen zu lassen, da vor allem das Gehirn sehr empfindlich auf einen Abfall der Blutglucose reagiert. Anderseits kann in der Resorptionsphase (S. 390) Nahrungsglucose in großen Mengen anfallen, die rasch in Speicherformen überführt werden muss, um den Glucosespiegel nicht zu sehr ansteigen zu lassen.

A. Brennstoffvorräte eines Erwachsenen Der Körper verfügt über erhebliche Reserven an „Brennstoffen“, d. h. an Metaboliten, die zur ATP-Produktion herangezogen werden können. Als Langzeitspeicher dienen die im Fettgewebe gespeicherten Triacylglycerole, die mit einem Brennwert von fast 500 MJ (Megajoule = 1000 kJ) über 80 % der Reserven ausmachen. Fette sind ideale Reservestoffe: Sie lassen sich als unlösliche und damit osmotisch inaktive Tröpfchen speichern. Außerdem haben sie die höchste Energiedichte aller Metabolite (39 kJ/g). Der zweitgrößte mobilisierbare Speicher sind die Proteine der Muskulatur. Im Hunger dienen die durch Proteolyse gebildeten glucogenen Aminosäuren (S. 178) als Gluconeogenese-Vorstufen und können deshalb – im Gegensatz zu den Fettsäuren – den Blutzuckerspiegel über längere Zeit aufrecht erhalten. Das in Muskel und Leber abgelagerte Glycogen dient als rasch verfügbare Quelle für Glucose. Sein Anteil an den Reserven ist mit weniger als 2 % unbedeutend.

B. Blutzuckerspiegel Der Blutzuckerspiegel liegt im nüchternen Zustand bei etwa 5 mmol · L–1 (90 mg · dL–1). Postprandial (direkt nach einer Mahlzeit) kann er kurzfristig auf 7–8 mmol · L–1 steigen (S. 390), während er sich bei anhaltendem Hunger auf

38

einen Wert um 4 mmol · L–1 einpendelt (S. 392). Ein deutlich erniedrigter Glucosespiegel (eine Hypoglycämie) bedeutet – im Gegensatz zu einer vorübergehenden Hyperglycämie – eine akute Gefährdung des Organismus. Deshalb steht einem einzigen blutzuckersenkenden Hormon (Insulin) eine ganze Reihe von Hormonen gegenüber, die ihn erhöhen (Glucagon, Adrenalin, Cortisol u. a., siehe D).

C. Glucoseumsatz der Organe Der basale Glucoseverbrauch des Erwachsenen liegt normalerweise bei etwa 10 g · h–1 (Gramm pro Stunde). Davon entfallen konstant etwa 60 % auf das Gehirn und 10–15 % auf die Erythrocyten. Beide sind auf Glucose als Energiesubstrat angewiesen und nehmen sie insulinunabhängig auf. Weitere Großverbraucher sind die Muskulatur und das Fettgewebe, deren Bedarf allerdings stark schwankt. Die Glucoseaufnahme in beide Gewebe wird über den Transporter Glut-4 durch Insulin (S. 444) stimuliert. Da die Muskulatur zur Freisetzung von Glucose aus Glycogen nicht in der Lage ist (S. 146), ist die Leber neben der Niere der wichtigste Glucoselieferant. Sie gibt normalerweise eine Menge ab, die den basalen Verbrauch von 10 g · h–1 gerade deckt, kann die Glucoseabgabe aber unter dem Einfluss von Glucagon oder Adrenalin für kurze Zeit auf ein Mehrfaches steigern.

D. Hormonwirkungen im Organstoffwechsel Die Tabelle zeigt in einer Übersicht die Wirkungen wichtiger Stoffwechselhormone in Leber, Muskulatur und Fettgewebe. Insulin, das dominierende anabole Hormon, fördert Stoffwechselwege und Transportvorgänge, die den Blutzucker senken, hemmt die Lipolyse und fördert die Biosynthese von Speicherfett und Muskelprotein. Als Antagonisten des Insulins wirken die katabolen Hormone Glucagon, Adrenalin und Cortisol, die Glucose und Fettsäuren aus den Speichern freisetzen und die Gluconeogenese stimulieren. Auch Thyroxin und das Wachstumshormon Somatotropin (nicht gezeigt) erhöhen den Blutzuckerspiegel durch Aktivierung der Gluconeogenese.

6.10 Integration des Stoffwechsels

6 Gewebe und Organe

Integration des Stoffwechsels I Im Zentrum des Kohlenhydratstoffwechsels der Organe steht Glucose, die als einziger Energieträger von allen Zellen verwertet werden kann und als „Blutzucker“ den Geweben in nahezu konstanter Konzentration zur Verfügung steht (B). Die Systeme der Blutzuckerregulation haben die Aufgabe, den in weiten Grenzen schwankenden Glucoseverbrauch der Organe (C) zu decken, ohne den Blutzuckerspiegel wesentlich abfallen zu lassen, da vor allem das Gehirn sehr empfindlich auf einen Abfall der Blutglucose reagiert. Anderseits kann in der Resorptionsphase (S. 390) Nahrungsglucose in großen Mengen anfallen, die rasch in Speicherformen überführt werden muss, um den Glucosespiegel nicht zu sehr ansteigen zu lassen.

A. Brennstoffvorräte eines Erwachsenen Der Körper verfügt über erhebliche Reserven an „Brennstoffen“, d. h. an Metaboliten, die zur ATP-Produktion herangezogen werden können. Als Langzeitspeicher dienen die im Fettgewebe gespeicherten Triacylglycerole, die mit einem Brennwert von fast 500 MJ (Megajoule = 1000 kJ) über 80 % der Reserven ausmachen. Fette sind ideale Reservestoffe: Sie lassen sich als unlösliche und damit osmotisch inaktive Tröpfchen speichern. Außerdem haben sie die höchste Energiedichte aller Metabolite (39 kJ/g). Der zweitgrößte mobilisierbare Speicher sind die Proteine der Muskulatur. Im Hunger dienen die durch Proteolyse gebildeten glucogenen Aminosäuren (S. 178) als Gluconeogenese-Vorstufen und können deshalb – im Gegensatz zu den Fettsäuren – den Blutzuckerspiegel über längere Zeit aufrecht erhalten. Das in Muskel und Leber abgelagerte Glycogen dient als rasch verfügbare Quelle für Glucose. Sein Anteil an den Reserven ist mit weniger als 2 % unbedeutend.

B. Blutzuckerspiegel Der Blutzuckerspiegel liegt im nüchternen Zustand bei etwa 5 mmol · L–1 (90 mg · dL–1). Postprandial (direkt nach einer Mahlzeit) kann er kurzfristig auf 7–8 mmol · L–1 steigen (S. 390), während er sich bei anhaltendem Hunger auf

38

einen Wert um 4 mmol · L–1 einpendelt (S. 392). Ein deutlich erniedrigter Glucosespiegel (eine Hypoglycämie) bedeutet – im Gegensatz zu einer vorübergehenden Hyperglycämie – eine akute Gefährdung des Organismus. Deshalb steht einem einzigen blutzuckersenkenden Hormon (Insulin) eine ganze Reihe von Hormonen gegenüber, die ihn erhöhen (Glucagon, Adrenalin, Cortisol u. a., siehe D).

C. Glucoseumsatz der Organe Der basale Glucoseverbrauch des Erwachsenen liegt normalerweise bei etwa 10 g · h–1 (Gramm pro Stunde). Davon entfallen konstant etwa 60 % auf das Gehirn und 10–15 % auf die Erythrocyten. Beide sind auf Glucose als Energiesubstrat angewiesen und nehmen sie insulinunabhängig auf. Weitere Großverbraucher sind die Muskulatur und das Fettgewebe, deren Bedarf allerdings stark schwankt. Die Glucoseaufnahme in beide Gewebe wird über den Transporter Glut-4 durch Insulin (S. 444) stimuliert. Da die Muskulatur zur Freisetzung von Glucose aus Glycogen nicht in der Lage ist (S. 146), ist die Leber neben der Niere der wichtigste Glucoselieferant. Sie gibt normalerweise eine Menge ab, die den basalen Verbrauch von 10 g · h–1 gerade deckt, kann die Glucoseabgabe aber unter dem Einfluss von Glucagon oder Adrenalin für kurze Zeit auf ein Mehrfaches steigern.

D. Hormonwirkungen im Organstoffwechsel Die Tabelle zeigt in einer Übersicht die Wirkungen wichtiger Stoffwechselhormone in Leber, Muskulatur und Fettgewebe. Insulin, das dominierende anabole Hormon, fördert Stoffwechselwege und Transportvorgänge, die den Blutzucker senken, hemmt die Lipolyse und fördert die Biosynthese von Speicherfett und Muskelprotein. Als Antagonisten des Insulins wirken die katabolen Hormone Glucagon, Adrenalin und Cortisol, die Glucose und Fettsäuren aus den Speichern freisetzen und die Gluconeogenese stimulieren. Auch Thyroxin und das Wachstumshormon Somatotropin (nicht gezeigt) erhöhen den Blutzuckerspiegel durch Aktivierung der Gluconeogenese.

6 Gewebe und Organe

6.10 Integration des Stoffwechsels

Abb. 6.55 Integration des Stoffwechsels I

387

6.10 Integration des Stoffwechsels Integration des Stoffwechsels II Auch im Stoffwechsel der Aminosäuren und Lipide sind die Beiträge der einzelnen Gewebe sehr unterschiedlich. Das Blut beliefert die Organe mit Vorstufen, verteilt ihre Produkte im Körper oder transportiert Endprodukte zur Ausscheidung in Leber und Niere.

6 Gewebe und Organe

A. Organkooperation im Aminosäurestoffwechsel Aminosäuren, die nicht der Proteinsynthese dienen, werden zur Energiegewinnung im Organ selbst abgebaut oder zum Transport im Blut in Glutamin oder Alanin umgewandelt. Glutamin ist mit einer Plasmakonzentration von bis zu 0,8 mM das wichtigste Transportmolekül für Aminostickstoff. Außerdem dient es als bevorzugtes Energiesubstrat für Zellen mit hohem Energiebedarf wie Enterocyten, Leukocyten und die Tubuluszellen der Niere. Zur Bildung von Glutamin wird zunächst die Aminogruppe der abzubauenden Aminosäure unter Bildung von Glutamat auf 2-Oxoglutarat übertragen [4]. Dann wird die γ-Carboxylat-Gruppe des gebildeten Glutamats durch die Glutamin-Synthetase (S. 116) [5] zur Säureamidgruppe amidiert, wobei NH4+ als Stickstoffdonor fungiert. Alanin wird durch die Alanin-Transaminase (ALT, [3]) in einem Schritt aus Pyruvat gebildet, wobei die Aminogruppe vom Glutamat stammt. In Leber und Niere werden Alanin und Glutamin v. A. zur Gluconeogenese (S. 144) verwendet. Dazu wird Glutamin zunächst durch die Glutaminase [2] hydrolytisch zu Glutamat desaminiert, dessen oxidative Desaminierung durch die Glutamat-Dehydrogenase [1] wieder 2-Oxoglutarat liefert (S. 182). Alanin wird durch Transaminierung wieder in Pyruvat überführt (S. 182). Die Muskulatur ist spezialisiert auf den Abbau verzweigtkettiger Aminosäuren (engl. branched chain amino acids, BCAA). Ihr Aminostickstoff wird, wie oben beschrieben, über Glutamat in Glutamin und Alanin eingebaut. Auch das im anaerob arbeitenden Muskel gebildete Lactat wird zum Teil nach Oxidation zu Pyruvat und Transaminierung in Form von Alanin zur Leber transportiert, wo es wieder zu Glucose aufgebaut wird. Funktionell ist dieser sog. Alaninzyklus dem Corizyklus (S. 358) vergleichbar.

38

Die Leber ist das einzige Organ, das Aminostickstoff zur Ausscheidung in Harnstoff (S. 182) einbauen kann (Harnstoffzyklus). Außerdem verwertet sie überschüssige Aminosäuren durch Gluconeogenese (wichtigste Vorstufe ist Alanin) oder Abbau. Die Niere bevorzugt Glutamin als Gluconeogenesevorstufe. Der Glutaminabbau liefert gleichzeitig Hydrogencarbonat (HCO3–) zur Abpufferung von H+-Ionen im Organismus (S. 352). Außerdem versorgt die Niere andere Organe mit Arginin und Serin (S. 352). Die Enterocyten im Darm decken ihren Energiebedarf vorwiegend durch Abbau von Glutamin und Glutamat, deren Stickstoff sie als Alanin ins Blut abgeben.

B. Lipidtransport Am Lipidtransport sind zwei Arten von Komplexen beteiligt: Proteine mit Lipidbindungsstellen (z. B. Albumin, das freie Fettsäuren transportiert) und sog. Lipoproteine. Aufbau und Funktion der Lipoproteine werden ausführlich besprochen (S. 294). Der Darm resorbiert Monoacylglycerole und freie Fettsäuren und baut daraus wieder Triacylglycerole (S. 286) auf, die in Chylomikronen verpackt und an die Lymphe abgegeben werden. Sie werden in der Peripherie mithilfe der Lipoprotein-Lipase [1] zu Fettsäuren und Glycerol abgebaut. Die Leber baut Fettsäuren in Fette um und exportiert diese in Form von VLDL (S. 294). Bei reichlichem Angebot an Fettsäuren bildet sie Ketonkörper (C) (S. 392) und versorgt damit andere Organe (Muskulatur, ZNS). Das Fettgewebe setzt aus Chylomikronen und VLDL Fettsäuren frei und wandelt sie in Speicherfett um. Bei Bedarf setzt es daraus mithilfe der hormonsensitiven Lipase [2] wieder Fettsäuren frei, die von Muskulatur, Leber und anderen Organen verwertet werden.

C. Ketonkörperabbau Der quantitativ wichtigste Ketonkörper ist βHydroxybutyrat (S. 392). Zur Einschleusung in den Stoffwechsel wird es ausschließlich von extrahepatischen Geweben zunächst zu Acetacetat oxidiert [1]. Dieses wird entweder wie üblich mithilfe von CoA und ATP [2] oder durch Übertragung von CoA aus Succinyl-CoA [3] zu Acetacetyl-CoA aktiviert, das über eine Reaktion der β-Oxidation zu Acetyl-CoA abgebaut wird.

6 Gewebe und Organe

6.10 Integration des Stoffwechsels

Abb. 6.56 Integration des Stoffwechsels II

389

6.10 Integration des Stoffwechsels Integration des Stoffwechsels III

6 Gewebe und Organe

Der Zeitraum während und unmittelbar nach der Einnahme einer Mahlzeit wird als Resorptionsphase bezeichnet. In diesem Zeitraum dominieren im Organstoffwechsel Transportvorgänge und Stoffwechselwege, die dem Einbau der im Darm resorbierten Metabolite in Kurzzeit- und Langzeitspeicher (Glycogen, Proteine, Fett) dienen. Das für die Resorptionsphase charakteristische Stoffwechselhormon ist Insulin, dessen Ausschüttung aus dem Pankreas nach einer Mahlzeit auf das 5- bis 10-fache ansteigt (C), während die Sekretion seines Gegenspielers Glucagon um bis zu 50 % zurückgeht (B).

A. Resorptionsphase Das Schema gibt einen Überblick über Vorgänge, die in der Resorptionsphase im Vordergrund stehen. Durch Insulin aktivierte Prozesse sind durch ein „I“ auf grünem Grund gekennzeichnet. Der Darm (oben) gibt in der Resorptionsphase Zucker (vorwiegend Glucose) sowie Aminosäuren ins Blut ab. Der größte Teil gelangt über die Pfortader zur Leber. Fette erreichen das Blut über die Lymphe als Bestandteile von Chylomikronen. Im Intermediärstoffwechsel wirkt die Leber zusammen mit dem Fettgewebe als ausgleichendes Puffer- und Speicherorgan. In der Resorptionsphase speichert sie die ankommende Glucose zunächst in Form von Glycogen. Sind die Glycogenspeicher gefüllt, wird Glucose über die Glycolyse zu Acetyl-CoA abgebaut. Daraus wird über Fettsäuren Fett gebildet und als Bestandteil von VLDL exportiert. Die Synthese von Glycogen und der Umbau von Glucose in Fett werden durch Insulin stimuliert. Aminosäuren werden von der Leber überwiegend durch Gluconeogenese in Glucose umgewandelt, sobald der Insulinspiegel wieder gesunken ist. Das Fettgewebe setzt mithilfe der Lipoprotein-Lipase (LPL) aus Lipoproteinen (Chylomikronen und VLDL) Fettsäuren frei und speichert diese in Form von Triacylglycerolen. Das zur Fettsynthese notwendige Glycerol (S. 344) stammt aus dem Glucoseabbau. Insulin (S. 446) steigert die Glucoseaufnahme über Glut-4 (S. 212) und fördert den Abbau der Lipoproteine und die Synthese von Speicherfett durch Aktivierung der LPL.

39

Auch die Muskulatur nimmt in der Resorptionsphase unter dem Einfluss von Insulin vermehrt Glucose auf und baut sie in Glycogen ein. Außerdem verwertet der Muskel Aminosäuren zur Proteinsynthese. Auch dieser Vorgang wird durch Insulin gefördert. Der Glucoseverbrauch (S. 386) von ZNS und Erythrocyten ist von der Stoffwechsellage unabhängig und bleibt auch in der Resorptionsphase unverändert.

B. Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit Beim Gesunden steigt der Blutzuckerspiegel (S. 386) nach einer Mahlzeit um bis zu 50 % an. Das Pankreas reagiert innerhalb von Minuten durch Freisetzung von gespeichertem Insulin, während der Spiegel von Glucagon abfällt. Dieser ersten Phase der Insulinwirkung folgt nach etwa 30 min eine zweite, die auf der Ausschüttung von neu synthetisiertem Insulin beruht. Die Neubildung von Insulin in den β-Zellen wird durch Gewebshormone aus dem Darm stimuliert, u. a. durch Gastrin, Sekretin und das Peptidhormon GLP-1 (glucagon-like peptide 1). Nach einem oralen Glucosebelastungstest (OGT), bei dem etwa 100 g leicht verdaulicher Kohlenhydrate verabreicht werden, steigt der Blutzuckerspiegel an und fällt bei Gesunden nach 2–3 h wieder auf den Ausgangswert. Bei Patienten mit Diabetes mellitus (S. 446) steigt die Blutglucose zunächst stärker an, um dann erheblich langsamer wieder abzufallen.

C. Regulation der Insulinsekretion Das wichtigste Signal zur Ausschüttung von Insulin (S. 446) aus den β-Zellen des Pankreas ist ein Anstieg der Glucose im Blut. Diese steigert die Glucoseaufnahme über hochaffine Glut-1Transporter (S. 212) und stimuliert damit den Glucoseabbau. Das gebildete ATP schließt einen auswärts gerichteten K+-Kanal (1) in der Plasmamembran und löst dadurch eine Depolarisierung der Membran aus (S. 374). Diese wiederum öffnet spannungsabhängige Ca2 + Kanäle (2) und führt über den Einstrom von Ca2 + zur Exocytose (S. 214) des gespeicherten Insulins. Auch gastrointestinale Homone (B) und einige Aminosäuren regen die Insulinsekretion an (S. 444). Pharmakologisch kann mit oralen Antidiabetika wie den Sulfonylharnstoffen die Insulinsekretion erhöht werden.

6 Gewebe und Organe

6.10 Integration des Stoffwechsels

Abb. 6.57 Integration des Stoffwechsels III

391

6.10 Integration des Stoffwechsels

6 Gewebe und Organe

Integration des Stoffwechsels IV Einige Stunden nach der letzten Mahlzeit setzt die Postresorptionsphase ein, die nach einigen Tagen in die Hungerphase übergeht, wenn die Nahrungszufuhr weiterhin ausbleibt. Dabei kommt es zu massiven Umstellungen im Intermediärstoffwechsel, die in erster Linie dazu dienen, den Blutzuckerspiegel aufrecht zu erhalten. Dies ist überlebenswichtig, da Gehirn, Erythrocyten und andere Gewebe auf die ständige Zufuhr von Glucose angewiesen sind (S. 386). In der Postresorptionsphase stammt der Blutzucker hauptsächlich aus dem Abbau von Glycogen und später aus der Gluconeogenese (B). Bei längerem Hungern steht nur noch die Gluconeogenese zur Verfügung, die durch den Abbau von Proteinen und durch das Glycerol der Fette gespeist wird. Dominierendes Stoffwechselhormon in Postresorptions- und Hungerphase ist das aus den α-Zellen des Pankreas stammende Glucagon, dessen Konzentration im Blut sich verdoppelt, während der Spiegel von Insulin stark zurückgeht.

A. Hungerstoffwechsel Die Abbildung zeigt den Zustand des Intermediärstoffwechsels nach einer Hungerperiode von einigen Wochen. Zu diesem Zeitpunkt ist in der Leber längst kein Glycogen mehr verfügbar (B); dagegen ist die Umstellung des Gehirns auf die Verwertung von Ketonkörpern (s. u.) abgeschlossen. Angriffspunkte von Glucagon und Cortisol sind durch die Buchstaben „G“ bzw. „C“ auf grünem Grund gekennzeichnet. Im Fettgewebe ist die Lipolyse durch die hormonsensitive Lipase (S. 344) aufgrund des hohen Glucagonspiegels voll aktiviert. In dieser Situation werden pro Tag etwa 180 g Fett abgebaut. Etwa 20 % der freigesetzten Fettsäuren werden in der Muskulatur und anderen Geweben zur Energieproduktion genutzt, während 80 % in der Leber in Ketonkörpern umgewandelt werden. Das bei der Lipolyse ebenfalls freigesetzte Glycerol wird zur Gluconeogenese genutzt. Auch im Hunger ist die Leber die wichtigste Quelle für Glucose. die sie durch Gluconeogenese aus Aminosäuren, Lactat und Glycerol erzeugt. Die angegebene Menge von 80 g · d–1 (Gramm pro Tag) ist ein Bruchteil der Glucosemenge, die bei normaler Ernährung oder in

39

der Postresorptionsphase (S. 386) freigesetzt wird (basal 10 g · h–1 = 240 g · d–1). Dagegen ist die Bildung von Ketonkörpern durch die Leber massiv gesteigert. Die Gesamtmenge von 150 g · d–1 wird zu einem Drittel von der Muskulatur genutzt, während zwei Drittel der Versorgung des Gehirns dienen (s. u.). Im Muskel wird in der Postresorptionsphase zunächst viel Protein abgebaut, um die Gluconeogenese in der Leber mit Vorstufen zu versorgen. Da eine so intensive Proteolyse auf Dauer die Muskelfunktionen beeinträchtigen würde, wird sie deutlich reduziert, sobald sich das Gehirn auf die Verwertung von Ketonkörpern umgestellt hat. Das Gehirn deckt seinen Energiebedarf im Hunger überwiegend durch den Abbau von Ketonkörpern (Inset). Nach längerem Hunger reduziert es seinen Glucoseverbrauch um zwei Drittel und verbraucht dann hauptsächlich 3Hydroxybutyrat und etwas Acetacetat (S. 388). Die Nieren tragen im Hungerzustand ebenfalls zur Gluconeogenese bei. Vorstufen sind vor allem Glutamin und Lactat.

B. Herkunft der Blutglucose Die Abbildung zeigt den zeitlichen Verlauf des Glucoseverbrauchs, beginnend mit der letzten Nahrungsaufnahme. Wenn die Nahrungsglucose verbraucht ist, liefert der Glycogenabbau in der Leber 8–12 Stunden lang den größten Teil der Glucose. Gleichzeitig wird bereits die Gluconeogenese aktiviert, die nach 1–2 Tagen die gesamte Glucoseversorgung übernimmt. Wie bereits erwähnt, wird nach etwa einer Woche auch die Gluconeogenese reduziert, um Muskelprotein einzusparen.

C. Metabolitspiegel im Hunger Die Umstellung des Stoffwechsels im Hunger wird auch aus dem zeitlichen Verlauf der Metabolitkonzentrationen im Blut deutlich. Der Blutzuckerspiegel sinkt in den ersten Tagen der Hungerphase auf einen konstanten Wert von 3,5–4 mmol · l–1. Auch die Stickstoffausscheidung im Urin (blaue Kurve) fällt kontinuierlich ab, weil die Proteolyse im Muskel mehr und mehr reduziert wird. Andererseits nimmt der Plasmaspiegel der Ketonkörper dramatisch zu und erreicht nach 3–4 Wochen das Doppelte der Glucosekonzentration.

6 Gewebe und Organe

6.10 Integration des Stoffwechsels

Abb. 6.58 Integration des Stoffwechsels IV

393

6 Gewebe und Organe

6.10 Integration des Stoffwechsels Integration des Stoffwechsels V

B. Stoffwechselregulation durch Sirtuine

Neben der Phosphorylierung und Dephosphorylierung (S. 426) von Serin-, Threonin- und Tyrosinresten durch Protein-Kinasen und -Phosphatasen (S. 426) spielt auch die Acylierung und Deacylierung von Proteinen eine zentrale Rolle bei der Stoffwechselregulation. Neben der Acylierung von N-terminalen αAminogruppen (S. 72), die in der Regel irreversibel ist, ist die reversible Acetylierung und Deacetylierung der ε-Aminogruppen von Lysinresten besonders wichtig. Dafür gibt es spezielle Lysin-Acetyltransferasen (sog. KAT) und mehrere Gruppen von Protein-Lysin-Deacetylasen (sog. KDAC). Da KAT Acetyl-CoA und bestimmte KDAC (sog. Sirtuine, B) NAD+ als Substrate nutzen, sind ihre Aktivitäten vom Energiestatus der Zellen abhängig. In tierischen Zellen sind mehr als 2000 Proteine acetyliert, darunter Histone (S. 244), ribosomale Proteine und viele Schlüsselenzyme des Intermediärstoffwechsels, unter ihnen fast alle Enzyme des Glucosestoffwechsels, des Citratzyklus, der β-Oxidation und des Harnstoffzyklus. Die acetylierte Form ist meist die weniger aktive bzw. weniger stabil. Häufig begünstigt die Acetylierung den Abbau des Enzyms durch Proteasomen (S. 172).

Die Abbildung zeigt wichtige Angriffspunkte der Sirtuine im Intermediärstoffwechsel. Dabei sind Effekte, die auf der Deacetylierung von Transkriptionsfaktoren oder Coaktivatoren beruhen mit „T“ gekennzeichnet, während Vorgänge, die auf der direkten Deacetylierung von Stoffwechselenzymen beruhen, mit „D“ markiert sind. Das Schema bezieht sich hauptsächlich auf die Leber, in anderen Organen können die Effekte unterschiedlich sein. Sirt1 greift in erster Linie in den Glucosestoffwechsel ein. Es unterdrückt die Glycolyse, indem es zusammen mit Sirt6 den Faktor HIF1α (S. 136) inaktiviert und so die Transkription von Glycolyse-Genen hemmt. Außerdem hemmt Sirt1 die Phosphoglycerat-Mutase direkt. Der Effekt von Sirt1 auf die Gluconeogenese hängt von der Stoffwechsellage ab: Normalerweise hemmt es sie durch Inaktivierung von CRTC2/Creb (S. 254). Zudem fördert Sirt1 die Insulinsekretion durch Hemmung von UCP-2 (S. 134). Aktivatoren von Sirt1 wie Metformin werden deshalb zur Behandlung von Diabetes Typ 2 eingesetzt. Nach längerem Fasten stimuliert Sirt1 die Transkription von Gluconeogenese-Genen, indem es die Faktoren PGC-1α und Foxo1 (S. 134) aktiviert (Inset). Die Effekte von Sirt1 auf den Fettsäurestoffwechsel (Aktivierung der β-Oxidation und Hemmung der Fettsäuresynthese) werden v. a. durch die Transkriptionsfaktoren PPARα, PPARγ und SREBP1 (S. 166) vermittelt. Sirt2 (A) fördert die Gluconeogenese durch direkte Aktivierung der PEP-CK. Außerdem hemmt es die Lipogenese durch Repression der Citrat-Lyase. Die mitochondrialen Sirtuine Sirt3 und Sirt4 haben unterschiedliche Angriffspunkte im Energiestoffwechsel. Sirt3 aktiviert u. a. die Glutamat-Dehydogenase, ein wichtiges anaplerotisches Enzym (S. 126), die Isocitrat-Dehydrogenase im Citratzyklus, sowie die Succinat-Dehydrogenase der Atmungskette. Auch die β-Oxidation (S. 156) (durch Aktivierung der LCAD) und die Ketonkörperbildung (S. 332) (durch Aktivierung der HMG-CoA-Synthase 2) werden durch Sirt3 stimuliert. Sirt4, eine Deacylase, inaktiviert die Pyruvat-Dehydrogenase durch Abspaltung von Liponamidresten, während die Deacylase Sirt5 das Glycolyseenzym GAPDH durch Abspaltung von Malonylresten aktiviert.

A. Sirtuine Von den bekannten Lysin-Deacetylasen sind Enyzme der Klasse III, die sog. Sirtuine, besonders wichtig. In höheren Tieren gibt es sieben Arten von Sirtuinen (Sirt1–7), die sich in ihrer intrazellulären Lokalisierung und ihrem Reaktionsmechanismus unterscheiden. Die durch die Sirtuine 1–3 und 5 katalysierte Deacetylierung ist keine simple Hydrolyse. Stattdessen wird der Acetylrest von ε-Acetyllysin unter Freisetzung von Nicotinamid auf den Riboseanteil von NAD+ übertragen. Sirt4 und 6 katalysieren eine ganz andere Reaktion, die ADP-Ribosylierung von Argininresten, während Sirt4 und 5 als Deacylasen neben Acetylresten auch andere Acylreste abspalten können. Die Tabelle nennt für die Sirtuine 1–6 den Reaktionsmechanismus, die intrazelluläre Lokalisierung, sowie wichtige Zielproteine. Die Sirtuine 1, 6 und 7 deacetylieren im Zellkern (K) v. a. Histone (S. 244) und Transkriptionsfaktoren (S. 254). Sirt2 findet sich nicht nur im Kern sondern auch im Cytoplasma (C), wo es in die Stoffwechselregulation eingreift. Die Sirtuine 3–5 sind mitochondrial lokalisiert (M) und regulieren dort v. a. den Energiestoffwechsel.

39

6 Gewebe und Organe

6.10 Integration des Stoffwechsels

Abb. 6.59 Integration des Stoffwechsels V

395

Kapitel 7

7.1

Nahrungsstoffe

398

Ernährung

7

7.1 Nahrungsstoffe Organische Stoffe Eine ausgewogene menschliche Ernährung enthält viele einzelne Komponenten. Dazu gehören Proteine, Kohlenhydrate, Fette, Mineralstoffe, Wasser und Vitamine. Je nach Ernährungsweise kommen diese Stoffe in sehr unterschiedlichen Mengen und Anteilen vor. Da einige Nahrungskomponenten lebensnotwendig sind, müssen sie dem Menschen regelmäßig mit der Nahrung zugeführt werden.

7 Ernährung

A. Energiebedarf Der Energiebedarf des Menschen wird in kJ · d–1 (Kilojoule pro Tag) angegeben. Eine ältere Einheit für Energie ist die Kilocalorie (kcal, 1 kcal = 4,187 kJ). Die angegebenen Zahlen sind empfohlene Werte für normalgewichtige Erwachsene. Der tatsächliche Bedarf wird beeinflusst von Alter, Geschlecht, Körpergewicht und insbesondere der körperlichen Aktivität. So kann bei Leistungssportlern der Bedarf von 12 000 auf über 17 000 kJ · d–1 ansteigen. Es wird empfohlen, etwa die Hälfte der Energie in Form von Kohlenhydraten zuzuführen, maximal ein Drittel in Form von Fetten und den Rest als Protein. Beim Bilanzieren der täglichen Energiezufuhr wird häufig übersehen, dass auch alkoholische Getränke einen erheblichen Anteil stellen können, denn Ethanol (S. 340) hat einen Brennwert von etwa 30 kJ · g–1. Bei einer positiven Energiebilanz durch Überernährung werden Nahrungsstoffe in körpereigene Speicherstoffe (Glycogen, Fette und Proteine) umgewandelt, bei einer negativen Energiebilanz zehrt der Körper von diesen Speicherstoffen.

B. Nahrungsstoffe Proteine liefern dem Organismus Aminosäuren für die körpereigene Proteinbiosynthese. Überschüssige Aminosäuren werden unter Energiegewinn abgebaut (S. 170). Die meisten Aminosäuren sind glucogen, d. h. sie können in Glucose umgebaut werden (S. 178). Proteine sind lebensnotwendige Nahrungsbestandteile, da sie essenzielle Aminosäuren liefern, die der Mensch nicht selbst aufbauen kann. Manche Aminosäuren können sich ge-

39

genseitig in der Nahrung vertreten. So kann der Mensch z. B. das eigentlich essenzielle Tyrosin durch Hydroxylierung aus Phenylalanin bilden und Cystein aus Methionin. Der tägliche Mindestbedarf an Proteinen liegt für Männer bei 37 g und für Frauen bei 29 g, die empfohlenen Mengen sind aber etwa doppelt so hoch. Der Bedarf von schwangeren und stillenden Frauen ist noch höher. Bei den Zahlenangaben spielt die Qualität des Proteins, seine biologische Wertigkeit, eine wesentliche Rolle. Proteine, in denen einige essenzielle Aminosäuren fehlen oder nur in geringer Menge vorkommen, gelten als niederwertig. Von ihnen wird entsprechend mehr benötigt. So enthalten z. B. die Proteine der Hülsenfrüchte nur wenig Methionin, und Weizen- und Maisproteine sind arm an Lysin. Im Gegensatz zu den pflanzlichen Proteinen sind tierische Proteine meist hochwertig (Ausnahmen sind z. B. Collagene und Gelatine). Kohlenhydrate dienen als allgemeine und leicht verfügbare Energiequelle, sind aber nicht essenziell. In der Nahrung kommen sie als Monosaccharide im Honig und in Früchten vor, als Disaccharide in Milch (enthält Lactose) und allen mit Haushaltszucker (Saccharose) gesüßten Nahrungsmitteln. Metabolisch verwertbare Polysaccharide finden sich in pflanzlichen und tierischen Produkten (besonders Stärke und Glycogen). Fette sind in erster Linie wichtige Energieträger der Nahrung. Pro Gramm liefern sie etwa doppelt so viel Energie wie Proteine und Kohlenhydrate. Essenziell sind die Fette als Träger der fettlöslichen Vitamine (S. 408) und als Lieferanten mehrfach ungesättigter Fettsäuren (S. 48), die für die Biosynthese von Membranlipiden und Eicosanoiden (S. 454) benötigt werden. Neben den Fetten gibt es weitere Nahrungslipide (S. 46), darunter auch Cholesterol. Die Mineralstoffe und Spurenelemente sind eine sehr heterogene Gruppe von essenziellen Nahrungsbestandteilen. Man unterscheidet zwischen Makro- und Mikromineralien (S. 400). Vitamine (S. 408) sind ebenfalls unentbehrliche Komponenten der Nahrung. Der tierische Organismus benötigt sie in sehr kleinen Mengen, um aus ihnen Coenzyme und Signalstoffe aufzubauen.

7.1 Nahrungsstoffe Organische Stoffe Eine ausgewogene menschliche Ernährung enthält viele einzelne Komponenten. Dazu gehören Proteine, Kohlenhydrate, Fette, Mineralstoffe, Wasser und Vitamine. Je nach Ernährungsweise kommen diese Stoffe in sehr unterschiedlichen Mengen und Anteilen vor. Da einige Nahrungskomponenten lebensnotwendig sind, müssen sie dem Menschen regelmäßig mit der Nahrung zugeführt werden.

7 Ernährung

A. Energiebedarf Der Energiebedarf des Menschen wird in kJ · d–1 (Kilojoule pro Tag) angegeben. Eine ältere Einheit für Energie ist die Kilocalorie (kcal, 1 kcal = 4,187 kJ). Die angegebenen Zahlen sind empfohlene Werte für normalgewichtige Erwachsene. Der tatsächliche Bedarf wird beeinflusst von Alter, Geschlecht, Körpergewicht und insbesondere der körperlichen Aktivität. So kann bei Leistungssportlern der Bedarf von 12 000 auf über 17 000 kJ · d–1 ansteigen. Es wird empfohlen, etwa die Hälfte der Energie in Form von Kohlenhydraten zuzuführen, maximal ein Drittel in Form von Fetten und den Rest als Protein. Beim Bilanzieren der täglichen Energiezufuhr wird häufig übersehen, dass auch alkoholische Getränke einen erheblichen Anteil stellen können, denn Ethanol (S. 340) hat einen Brennwert von etwa 30 kJ · g–1. Bei einer positiven Energiebilanz durch Überernährung werden Nahrungsstoffe in körpereigene Speicherstoffe (Glycogen, Fette und Proteine) umgewandelt, bei einer negativen Energiebilanz zehrt der Körper von diesen Speicherstoffen.

B. Nahrungsstoffe Proteine liefern dem Organismus Aminosäuren für die körpereigene Proteinbiosynthese. Überschüssige Aminosäuren werden unter Energiegewinn abgebaut (S. 170). Die meisten Aminosäuren sind glucogen, d. h. sie können in Glucose umgebaut werden (S. 178). Proteine sind lebensnotwendige Nahrungsbestandteile, da sie essenzielle Aminosäuren liefern, die der Mensch nicht selbst aufbauen kann. Manche Aminosäuren können sich ge-

39

genseitig in der Nahrung vertreten. So kann der Mensch z. B. das eigentlich essenzielle Tyrosin durch Hydroxylierung aus Phenylalanin bilden und Cystein aus Methionin. Der tägliche Mindestbedarf an Proteinen liegt für Männer bei 37 g und für Frauen bei 29 g, die empfohlenen Mengen sind aber etwa doppelt so hoch. Der Bedarf von schwangeren und stillenden Frauen ist noch höher. Bei den Zahlenangaben spielt die Qualität des Proteins, seine biologische Wertigkeit, eine wesentliche Rolle. Proteine, in denen einige essenzielle Aminosäuren fehlen oder nur in geringer Menge vorkommen, gelten als niederwertig. Von ihnen wird entsprechend mehr benötigt. So enthalten z. B. die Proteine der Hülsenfrüchte nur wenig Methionin, und Weizen- und Maisproteine sind arm an Lysin. Im Gegensatz zu den pflanzlichen Proteinen sind tierische Proteine meist hochwertig (Ausnahmen sind z. B. Collagene und Gelatine). Kohlenhydrate dienen als allgemeine und leicht verfügbare Energiequelle, sind aber nicht essenziell. In der Nahrung kommen sie als Monosaccharide im Honig und in Früchten vor, als Disaccharide in Milch (enthält Lactose) und allen mit Haushaltszucker (Saccharose) gesüßten Nahrungsmitteln. Metabolisch verwertbare Polysaccharide finden sich in pflanzlichen und tierischen Produkten (besonders Stärke und Glycogen). Fette sind in erster Linie wichtige Energieträger der Nahrung. Pro Gramm liefern sie etwa doppelt so viel Energie wie Proteine und Kohlenhydrate. Essenziell sind die Fette als Träger der fettlöslichen Vitamine (S. 408) und als Lieferanten mehrfach ungesättigter Fettsäuren (S. 48), die für die Biosynthese von Membranlipiden und Eicosanoiden (S. 454) benötigt werden. Neben den Fetten gibt es weitere Nahrungslipide (S. 46), darunter auch Cholesterol. Die Mineralstoffe und Spurenelemente sind eine sehr heterogene Gruppe von essenziellen Nahrungsbestandteilen. Man unterscheidet zwischen Makro- und Mikromineralien (S. 400). Vitamine (S. 408) sind ebenfalls unentbehrliche Komponenten der Nahrung. Der tierische Organismus benötigt sie in sehr kleinen Mengen, um aus ihnen Coenzyme und Signalstoffe aufzubauen.

7 Ernährung

7.1 Nahrungsstoffe

Abb. 7.1 Organische Stoffe

399

7.1 Nahrungsstoffe Mineralstoffe und Spurenelemente

7 Ernährung

A. Mineralstoffe Unter den lebensnotwendigen anorganischen Bestandteilen der Nahrung ist Wasser quantitativ der wichtigste. Der Organismus eines Erwachsenen hat einen Tagesbedarf von 2–3 L Wasser, der durch Getränke, das Wasser in festen Speisen und das Oxidationswasser der Atmungskette (S. 130) gedeckt wird. Die besondere Rolle des Wassers für Lebensprozesse wird an anderer Stelle (S. 32) ausführlicher behandelt. Die lebensnotwendigen Elemente kann man in Makroelemente (Tagesbedarf > 100 mg) und Mikroelemente (Spurenelemente, Tagesbedarf < 100 mg) einteilen. Zu den Makroelementen zählen die Elektrolyte Natrium (Na), Kalium (K), Calcium (Ca), Magnesium (Mg) sowie die Nichtmetalle Chlor (Cl), Phosphor (P) und Schwefel (S). Die essenziellen Mikroelemente (S. 12) werden nur in Spuren benötigt. Zu dieser Gruppe gehören Eisen (Fe), Zink (Zn), Mangan (Mn), Kupfer (Cu), Cobalt (Co), Chrom (Cr), Selen (Se), Molybdän (Mo) und Iod (I). Fluor (F) ist zwar nicht essenziell, fördert aber die Gesundheit von Knochen und Zähnen (S. 362). Die Liste der lebensnotwendigen Mikroelemente muss wahrscheinlich noch um Zinn (Sn) und Vanadium (V) erweitert werden. Unklar ist die Bedeutung von Nickel (Ni), Brom (Br), Cadmium (Cd), Barium (Ba), Strontium (Sr), Silicium (Si) und Arsen (As) für Lebensprozesse. In der 2. Spalte der Tabelle ist der durchschnittliche Gehalt an Mineralstoffen einer erwachsenen, etwa 65 kg schweren Person angegeben. Der Tagesbedarf in der 4. Spalte gilt ebenfalls für einen Erwachsenen und nennt durchschnittliche Werte. Kinder, schwangere und stillende Frauen sowie Kranke haben, auf das Körpergewicht bezogen, im Allgemeinen einen höheren Mineralstoffbedarf als Männer. Da der Körper des Menschen viele Mineralstoffe speichern kann, werden Abweichungen von der täglichen Ration über einen gewissen Zeitraum ausgeglichen. Gespeichert werden z. B. Wasser im gesamten Organismus, Calcium in Form von Apatit im Knochen (S. 362), Iod als Thyreoglobulin in der Schilddrüse (S. 442), Eisen als Ferritin und Hämosiderin in Knochenmark, Milz und Leber (S. 404). Speicherort für viele Spurenelemente ist die Leber.

40

In vielen Fällen wird der Stoffwechsel von Mineralstoffen durch Hormone kontrolliert, z. B. die Aufnahme und Ausscheidung von H2O, Na+, Ca2 + und Phosphat (S. 348) oder die Speicherung von Fe2 + und I–. Die Resorption der benötigten Mineralstoffe aus der Nahrung ist in der Regel vom Bedarf und in einigen Fällen auch von der Zusammensetzung der Nahrung abhängig. Ein Beispiel für den Nahrungseinfluss ist das Calcium (S. 402). Seine Resorption wird durch Lactat und Citrat gefördert, dagegen hemmen Phosphate, Oxalsäure und Phytol durch Bildung von Komplexen und unlöslichen Salzen die Aufnahme von Calcium aus der Nahrung. Ein Mangel an Mineralstoffen ist nicht selten und kann recht unterschiedliche Ursachen haben, z. B. einseitige Ernährung, Resorptionsstörungen oder Krankheiten (S. 406). CalciumMangel kann zu Rachitis, Osteoporose und anderen Störungen führen. Ein Chlorid-Mangel wird bei starken Cl–-Verlusten durch Erbrechen beobachtet. Wegen des geringen Vorkommens von Iod in der Nahrung in vielen Gegenden Mitteleuropas ist der Iodidmangel verbreitet und führt zu Kropf (S. 442). Ein Magnesiummangel kann durch Verdauungsstörungen verursacht sein oder durch einseitige Ernährung z. B. bei Alkoholkrankheit. Ein Mangel an Spurenelementen drückt sich häufig in Störungen des Blutbilds, d. h. in Anämien, aus. In der letzten Spalte sind einige Funktionen der Mineralstoffe genannt. Dabei fällt auf, dass die Makroelemente im Organismus fast alle als Baustoffe und Elektrolyte fungieren. An der Signaltransduktion sind Iod (S. 442) (durch Einbau in Iodthyronine) und Calcium (S. 402) als Signalstoffe beteiligt. Die Mikroelemente (Spurenelemente) sind meist Cofaktoren von Proteinen, besonders von Enzymen. Mengenmäßig besonders wichtig sind die Eisenproteine (S. 404) Hämoglobin, Myoglobin, Cytochrome sowie die Fe/S-Cluster. Zink kommt in mehr als 300 verschiedenen Zinkproteinen vor, darunter DNA- und RNAPolymerasen, Proteasen, Dehydrogenasen und Zinkfinger-Proteinen. Kupfer ist Bestandteil von Oxidasen, die Elektronen auf Sauerstoff übertragen. Zu dieser Gruppe gehören Cytochrom-c-Oxidase, Superoxid-Dismutase, Monoamin-Oxidasen, Tyrosinase und Lysyl-Oxidase.

7 Ernährung

7.1 Nahrungsstoffe

Abb. 7.2 Mineralstoffe und Spurenelemente

401

7.1 Nahrungsstoffe Calciumstoffwechsel

7 Ernährung

A. Funktionen des Calciums Der menschliche Körper enthält 1–1,5 kg Ca2 + , den größten Teil davon (etwa 99 %) in der mineralischen Substanz der Knochen und Zähne (S. 362). Neben dieser Rolle als anorganischer Knochenbaustein wirken Ca2 + -Ionen als Second-Messenger (S. 424) in Signaltransduktionswegen. Sie steuern damit die spezifischen Leistungen der Zellen wie Exocytose (S. 214) von Neurotransmittern (S. 372) oder die Muskelkontraktion (S. 356). Ca2 + -Ionen sind als Cofaktor von Enzymen unentbehrlich für die Blutgerinnung (S. 306) (Ca2 + = Faktor IV) und auch manche Stoffwechselenzyme werden durch Ca2 + aktiviert, z. B. Isocitrat-DH, 2-Oxoglutarat-DH und PDH-Phosphatase. Außerdem wirkt extrazelluläres Ca2 + als Stabilisator des Membranpotenzials. Um diese Funktionen des Ca2 + sicherzustellen, sind die intra- und extrazellulären Ca2 + Konzentrationen (S. 424) streng reguliert (s. C). Proteine binden Ca2 + -Ionen als Ca2 + -Komplex über Sauerstoff-Liganden, vor allem über Carboxylat-Gruppen und Carbonyl-Gruppen von Peptidbindungen.

B. Knochenumbau Der Einbau von Ca2 + in die Knochen (Mineralisierung) und die Ca2 + -Mobilisierung aus den Knochen werden von mindestens 15 Hormonen und hormonähnlichen Signalstoffen gesteuert. Sie beeinflussen vor allem die Reifung und die Aktivität von Knochenzellen. Die Osteoblasten deponieren Collagen sowie Ca2 + und Phosphat und schaffen so neue Knochensubstanz, während die Osteoklasten, die sich aus Makrophagen ableiten, H+-Ionen und Collagenasen sezernieren, die die Knochen lokal auflösen (Knochenumbau). Osteoblasten und Osteoklasten aktivieren sich gegenseitig durch Ausschüttung von Cytokinen (S. 456) und Wachstumsfaktoren (S. 448). Dies trägt dazu bei, den Auf- und Abbau von Knochen in der Balance zu halten. Die Ca2 + -kontrollierenden Hormone Calcitriol, Parathyrin und Calcitonin greifen in dieses Wechselspiel der Knochenzellen ein. Parathyrin fördert die Ca2 + -Freisetzung, indem es die Cytokinausschüttung durch Osteoblasten fördert. Die Cytokine wiederum stimulieren die Entwicklung reifer Osteoklasten aus Vorläuferzellen (unten). Calcitonin hemmt diesen Vorgang. Gleichzeitig fördert es die Entwick-

40

lung von Osteoblasten (oben). Die Estrogene hemmen normalerweise die Stimulation der Osteoklasten-Differenzierung durch Osteoblasten. Lässt die Estrogenwirkung nach, überwiegen die Osteoklasten und es kommt zu überschießendem Knochenabbau (Osteoporose) (S. 370). Die Wirkung des Steroidhormons Calcitriol (S. 56) im Knochen ist komplex. Einerseits fördert es die Knochenbildung durch Stimulierung der Osteoblasten-Differenzierung (oben). Dies ist vor allem bei Kleinkindern wichtig, bei denen ein Calcitriol-Mangel zu Mineralisierungsstörungen führt (Rachitis) (S. 406). Andererseits erhöht Calcitriol den Blut-Ca2 + -Spiegel durch verstärkte Ca2 + -Mobilisierung aus dem Knochen. Eine Überdosierung von Vitamin D (Calciol), dem Vorläufer von Calcitriol, kann sich deshalb auf das Skelett ähnlich ungünstig auswirken wie ein Vitaminmangel (Hypervitaminose) (S. 408).

C. Calciumhomöostase Der Ca2+-Haushalt des gesunden Erwachsenen ist ausgeglichen. Pro Tag wird rund 1 g Ca2 + aufgenommen, von dem etwa 300 mg resorbiert werden. Die gleiche Menge wird auch wieder über Darm und Nieren ausgeschieden. Die täglich aus dem Knochen freigesetzten bzw. dort deponierten Ca2 + -Mengen liegen bei etwa 500 mg. Heranwachsende Kinder und schwangere oder stillende Frauen haben einen erhöhten Calciumbedarf. Besonders reich an Ca2 + sind Milch und Milchprodukte, vor allem Käse. Calcitriol und Parathyrin auf der einen und Calcitonin auf der anderen Seite sorgen für einen nahezu konstanten Ca2 + -Spiegel im Blutplasma und im Extrazellulärraum (80– 110 mg · L–1, 2,0–2,6 mM). Knapp die Hälfte davon ist das biochemisch wirksame ionisierte (freie) Ca2 + . Das Peptid Parathyrin (PTH, 84 AS) und das Steroid Calcitriol (S. 56) fördern direkt oder indirekt Prozesse, die den Ca2 + -Spiegel im Blut erhöhen. Calcitriol steigert die Ca2 + -Resorption in Darm und Niere durch Induktion von Transportern. Parathyrin unterstützt diese Vorgänge, indem es die Biosynthese von Calcitriol in der Niere stimuliert. Außerdem fördert es direkt die Rückresorption von Ca2 + in der Niere (S. 348) und die Ca2 + -Freisetzung aus dem Knochen (s. B). Der PTH-Antagonist Calcitonin (32 AS) wirkt auf diese Prozesse gegensinnig.

7 Ernährung

7.1 Nahrungsstoffe

Abb. 7.3 Calciumstoffwechsel (A. Quelle PDB: 1EDM)

403

7.1 Nahrungsstoffe Eisenstoffwechsel A. Verteilung des Eisens

7 Ernährung

Eisen (Fe) ist das quantitativ wichtigste Spurenelement (S. 400). Es kommt im menschlichen Körper in einer Menge von 4–5 g vor – das ist etwa so viel, wie ein ordentlicher Nagel Eisen enthält. Im Körper liegt das Eisen (S. 96) fast vollständig proteingebunden vor. Davon finden sich etwa 73 % in Hämoproteinen (S. 198), vor allem im Hämoglobin (66 %, oben links), Myoglobin (6 %) und in Häm-Enzymen (knapp 1 %). Weitere 1 % sind in Eisen-SchwefelClustern (oben rechts) gebunden, die in der Atmungskette, in der Photosynthese und anderen Redoxketten als Cofaktoren fungieren. Die restlichen 26 % entfallen auf Eisen-Transportund -Speicherproteine (z. B. Transferrin und Ferritin, s. B).

B. Eisenstoffwechsel ▶ Resorption. Der Eisenhaushalt wird durch die Aufnahme kontrolliert (S. 406). In der Nahrung liegt Eisen proteingebunden oder als freies Fe3 + -Ion vor. Von der empfohlenen täglichen Eisenzufuhr von 10 mg, bzw. 15 mg bei Frauen vor der Menopause, werden nur etwa 10–15 % aufgenommen. Denn einige Begleitsubstanzen der Nahrung binden das Eisen irreversibel. Resorbiert werden können nur Fe2 + Ionen. Dazu reduziert eine Ferrireduktase auf der Oberfläche von Darmepithelzellen das Fe3 + zu Fe2 + (engl. ferric → ferrous). Reduktionsmittel in der Nahrung wie Ascorbat (S. 410) fördern deshalb die Eisenaufnahme. In den Enterocyten wird Fe2 + an Mobilferrin und Ferritin gebunden (S. 406). Über Transporter gelangt das Fe2 + ins Blut, wo es von Ferrooxidase (Caeruloplasmin) zu Fe3 + oxidiert und dann von Transferrin gebunden wird. Häm-gebundenes Eisen kann komplett vom Dünndarm resorbiert werden und so wesentlich besser als Eisen aus pflanzlichen Quellen zur Eisenaufnahme beitragen. ▶ Transport. Zum Transport des Eisens im Blut dient das Transferrin, ein β-Globulin mit einer Masse von 80 kDa. Das monomere Protein besteht aus zwei gleichartigen Domänen, die je ein Fe3 + -Ion sehr fest binden können. Normalerweise ist nur etwa ⅓ der Bindungsstellen des Transferrins mit Eisen gesättigt. In Sekreten wie Speichel, Tränen oder Milch finden sich ähnliche Eisentransport-Proteine, Siderocaline und Lactoferrine (unten rechts). Diese Proteine halten die Konzentrationen an freiem Eisen in den Körperflüssigkeiten bei Werten unter 10–10 mol · L–1, denn höhere Eisenkonzentrationen sind toxisch (S. 300). Au-

40

ßerdem verhindert dieser niedrige Spiegel die Vermehrung von Bakterien im Körper, die freies Eisen als essenziellen Wachstumsfaktor benötigen. Transferrin und die Lactoferrine werden, ähnlich wie LDL (S. 294) mithilfe von Transferrin-Rezeptoren durch rezeptorvermittelte Endocytose (S. 214) in die Zellen aufgenommen. ▶ Erythropoiese. Der größte Teil des aufgenommenen Eisens dient im Knochenmark zur Bildung von roten Blutkörperchen. Das Fe2 + wird erst im letzten Schritt der Häm-Biosynthese durch eine Ferrochelatase (S. 198) in das vorgefertigte Tetrapyrrolgerüst eingebaut. ▶ Recycling. Im Blut zirkulieren als Bestandteil der Erythrocyten 2,5 bis 3 g Eisen gebunden an das Hämoglobin (Hämeisen). Im Laufe der Zeit altern die Erythrocyten jedoch. Ihre Flexibilität nimmt durch Schädigung der Membranlipide und des Cytoskeletts ab. Gealterte Erythrocyten werden nach etwa 120 Tagen von Makrophagen der Milz und anderer Organe aufgenommen und abgebaut. Dabei wird der organische Teil des Häms zu Bilirubin oxidiert (S. 200), während das Eisen wieder dem Plasmapool zugeführt wird. Die Menge des täglich beim Hämabbau wiedergewonnenen Eisens übersteigt die aus dem Darm resorbierte Menge bei weitem. ▶ Speicherung. Überschüssiges Eisen wird in Ferritin eingebaut und in dieser Form in der Leber, Milz und Knochenmark gespeichert. Das Ferritin-Molekül besteht aus 24 Untereinheiten und hat die Form einer Hohlkugel (unten links). Es nimmt Fe2 + -Ionen auf, die dabei zu Fe3 + oxidiert und dann im Inneren der Kugel als sog. Ferrihydrat abgelagert werden. Jedes Ferritin-Molekül kann auf diese Weise mehrere tausend Eisenionen speichern. Der Ferritinspiegel im Serum ist ein aussagefähiges Maß für den gesamten Eisenspeicher des Organismus. Er wird deshalb in der Labordiagnostik bestimmt. Überschüssiges Eisen wird vom Ferritin an ein weiteres Speicherprotein, das Hämosiderin abgegeben, aus dem es schlecht mobilisierbar ist. ▶ Ausscheidung (nicht gezeigt). Eisen wird vom Körper über die Fäzes (Galle, intestinale Zellen) wieder abgegeben, und auch mit Urin und Schweiß sowie durch das Abschilfern der Haut. Beim Bluten verliert der Körper mit jedem mL Blut etwa 0,6 mg Eisen. Deshalb haben Frauen im reproduktionsfähigen Alter wegen der regelmäßigen Menstruationsblutung einen erhöhten Eisenbedarf.

7 Ernährung

7.1 Nahrungsstoffe

Abb. 7.4 Eisenstoffwechsel (Quelle PDB; A. 2DN1, 1ACO; B. 1IES, 1LFG)

405

7.1 Nahrungsstoffe Pathobiochemie Erkrankungen durch Fehlernährung sind nicht selten. Unterernährung ist nach wie vor ein weltweites Problem und Ursache vieler Folgeerkrankungen. In entwickelten Ländern ist allerdings meist nicht die Mangelernährung, sondern die Überernährung (S. 346) das größere Problem.

7 Ernährung

A. Mangelkrankheiten Bei den Mineralstoffen ist eine Reihe von Mangelkrankheiten bekannt. Bei Calciummangel kann es zu Osteoporose (S. 370), zu Rachitis bei Kindern und Osteomalazie bei Erwachsenen kommen. Alle drei Krankheiten haben ihre zentrale Ursache aber meist in Störungen des Hormonsystems bzw. Vitaminhaushalts. Ein Selenmangel führt zu verschiedenen Krankheiten, die alle auf das Fehlen der Aminosäure Selenocystein (S. 62) zurückgehen. In Zentraleuropa ist ein Iodmangel häufig, der wegen unzureichender Bildung von Schilddrüsenhormon (S. 442) eine Struma auslöst. Fluoridmangel trägt zum Entstehen von Karies (S. 362) bei. Kupfermangel. Eine seltene erbliche Krankheit ist die Menkes-Erkrankung, bei der ein Kupfer-Transportprotein (Menkes-Protein) an der basolateralen Membran von Mucosazellen defekt ist. Deshalb können Kupferionen nicht an das Blut abgegeben werden. Eisenmangel geht meist auf Eisenverlust durch Blutungen, seltener auf ein unzureichendes Eisenangebot und -aufnahme zurück. Auch bei Wachstum und in der Schwangerschaft kann ein erhöhter Eisenbedarf zu Eisenmangelzuständen führen. Häufig sind davon Vegetarier betroffen, da pflanzliche Kost weniger Eisen enthält und die Eisenaufnahme durch manche Pflanzeninhaltsstoffe noch erschwert wird. In gravierenden Fällen von Eisenmangel führt die verminderte Hämoglobinsynthese zu einer Eisenmangelanämie. Die Erythrocyten solcher Patienten sind kleiner und ärmer an Hämoglobin. Sie werden in der Milz vorzeitig eliminiert.

B. Eisenaufnahme und Hämochromatose Seltener sind Störungen durch erhöhte Eisenkonzentrationen. Sie werden entweder durch eine wiederholte Verabreichung von Bluttrans-

40

fusionen ausgelöst (Hämosiderose) oder sie sind genetisch bedingt (Hämochromatose). Da der Körper kaum Möglichkeiten hat, die Eisenausscheidung zu erhöhen, wird bei diesen Patienten im Verlauf vieler Jahre immer mehr Speichereisen in den Organen abgelagert, bis es schließlich zu schweren Störungen der Organfunktionen kommt, z. B. einer Leberzirrhose. Die einfachste Therapieform zur Verminderung der Eisenkonzentration ist der Aderlass, denn die Hauptmenge des Eisens befindet sich als Hämoglobin in den Erythrocyten des Bluts (S. 404). Die Eisenaufnahme im Darm ist komplex. Das durch enzymatische Reduktion gebildete Fe2 + der Nahrung (S. 404) wird von einem Transporter für zweiwertige Metalle (DMT1) in die Darmepithelzellen transportiert und bindet dort an das Transportprotein Mobilferrin. Bei ausreichender Versorgung mit Eisen überträgt dieses das Eisen auf das Speicherprotein Ferritin (S. 404). Da die Enterocyten nur eine Lebensdauer von wenigen Tagen haben, wird solcherart in den Mucosazellen gebundenes Eisen auch schnell wieder über die Fäzes verloren. Bei Eisenbedarf jedoch wird das Eisen in den Enterocyten durch den Transporter Ferroportin im Zusammenwirken mit dem Protein Hephaestin an das Blut abgegeben und dort von Transferrin (S. 404) gebunden. Die Transportaktivität des Ferroportins bestimmt so die Geschwindigkeit der Eisenaufnahme. Die Zahl der Ferroportin-Moleküle in der Membran der Darmzellen wird durch Hepcidin reguliert, ein Protein, das die Leber bildet und ins Blut abgibt, wenn genügend Eisen vorhanden ist. Hepcidin lagert sich an Ferroportin an und löst eine Internalisierung und lysosomalen Abbau aus. Hepcidin reduziert dadurch die Eisenaufnahme in den Körper. Hypoxie dagegen hemmt die Hepcidin-Ausschüttung. Dadurch wird vermehrt Eisen aufgenommen und es können zusätzliche Erythrocyten gebildet werden. Die Hämochromatose wird meist durch eine Mutation im Gen für das Protein HFE verursacht, das an der Bindung und Internalisierung von Transferrin durch den Transferrin-Rezeptor beteiligt ist. Der Defekt im HFE-Protein täuscht der Leber einen Eisenmangel vor und sorgt für einen niedrigen Hepcidinspiegel, so dass ständig mehr Eisen als benötigt aufgenommen wird.

7 Ernährung

7.1 Nahrungsstoffe

Abb. 7.5 Nahrungsstoffe: Pathobiochemie

407

7.1 Nahrungsstoffe Vitamine I Vitamine sind lebensnotwendige organische Verbindungen, die der tierische Organismus nicht selbst aufbauen kann, obwohl er sie in kleinen Mengen für seinen Stoffwechsel benötigt. Sie sind meist Vorstufen von Coenzymen, in einigen Fällen auch von Hormonen, oder sie wirken als Antioxidanzien. Der Bedarf an Vitaminen wird vom Alter, Geschlecht und physiologischen Bedingungen wie Schwangerschaft, Stillen, körperlicher Belastung und Ernährung beeinflusst. Vitamere sind Verbindungen mit Vitaminähnlicher Struktur und gleicher biologischer Wirkung.

7 Ernährung

A. Vitaminzufuhr Bei gesunder Ernährungsweise ist der Vitaminbedarf des Menschen gedeckt. Vitaminquellen sind die Nahrung und die Darmflora, die allerdings in einem Bereich produziert wird, in dem nur noch schlecht resorbiert wird. Eine Unterernährung, Fehlernährung (z. B. bei einseitiger Kost älterer Menschen, bei Alkoholkranken, bei Fertigkost) oder auch Resorptionsstörungen können zu einer Unterversorgung mit Vitaminen führen, aus der eine Hypovitaminose, in Extremfällen sogar eine Avitaminose resultiert. Auch eine medikamentöse Behandlung, bei der die Darmflora abstirbt, z. B. durch Antibiotika, kann wegen des Ausbleibens der bakteriellen Vitaminsynthese zu Mangel an Vitaminen (K, B12, H) führen. Da nur wenige Vitamine gespeichert werden können (A, D, E, B12), stellen sich bei Fehlen der Vitamine in der Nahrung schon bald Mangelkrankheiten ein, die häufig die Haut, die Blutzellen und das Nervensystem betreffen. Vitaminmangel kann durch Verbesserung der Ernährung und durch Gabe von Vitaminen in Medikamentform ursächlich behandelt werden. Eine Überdosierung von Vitaminen führt nur bei den Vitaminen A, B6 und D zu Hypervitaminosen mit Vergiftungserscheinungen. Im Normalfall wird ein Überschuss an Vitamin schnell wieder mit dem Urin ausgeschieden.

B. Fettlösliche Vitamine Die Vitamine werden in fettlösliche und wasserlösliche eingeteilt. Fettlöslich sind die Vitamine A, D, E und K, die alle zu den Isoprenoiden (S. 54) gehören.

40

Vitamin A (Retinol) ist die Muttersubstanz der Retinoide, zu denen auch Retinal und Retinsäure zählen. Die Retinoide können aus dem Provitamin β-Carotin durch enzymatische Spaltung gebildet werden. Retinoide kommen in tierischer Nahrung vor, β-Carotin dagegen in Früchten und Gemüsen (besonders in Karotten). Retinal ist als Farbstoff des Chromoproteins Rhodopsin am Sehvorgang (S. 382) beteiligt. Die Retinsäure beeinflusst, ähnlich wie die Steroidhormone, die Transkription von Genen im Zellkern (S. 435). Sie wirkt als Differenzierungsfaktor bei Wachstums- und Entwicklungsvorgängen. Ein Mangel an Vitamin A äußert sich in Nachtblindheit, Augenschäden und Wachstumsstörungen. Vitamin D (Calciol, Cholecalciferol) ist die Vorstufe des Hormons Calcitriol (1α,25-Dihydroxycholecalciferol). Calcitriol steuert zusammen mit zwei weiteren Hormonen (Parathyrin, Calcitonin) den Calciumstoffwechsel (S. 402). Calciol kann in der Haut durch eine photochemische Reaktion aus 7-Dehydrocholesterol, einem Zwischenprodukt der Cholesterolbiosynthese (S. 166), gebildet werden. Nur wenn die UV-Bestrahlung der Haut nicht ausreicht und das Vitamin in der Nahrung fehlt, kommt es zu Mangelerscheinungen, die sich als Rachitis bei Kindern und als Osteomalazie bei Erwachsenen manifestieren. In beiden Fällen ist die Mineralisierung der Knochen (S. 362) gestört. Vitamin E (Tocopherol) und verwandte Verbindungen kommen ausschließlich in Pflanzen vor, z. B. in Weizenkeimlingen. Sie enthalten einen Chroman-Ring. Vitamin E hält sich vorwiegend in der Lipidphase biologischer Membranen auf und schützt dort als Antioxidans ungesättigte Lipide vor ROS (S. 300) und anderen Radikalen. Vitamin K (Phyllochinon) und ähnliche Substanzen mit abgewandelter Seitenkette sind in der Leber und Osteoblasten an der γCarboxylierung (S. 308) von Glutamat-Resten von Proteinen beteiligt (S. 72). Betroffen sind u. a. die Gerinnungsfaktoren II, VII, IX, X, Protein C und S sowie das Osteocalcin. Die als Cofaktor der γ-Carboxylase wirksame Form wird aus dem Vitamin durch enzymatische Reduktion erzeugt. Antagonisten des Vitamins K (z. B. Cumarin-Derivate) hemmen diese Reduktion und damit die Carboxylierung. Dies wird zur Unterdrückung der Blutgerinnung im Rahmen einer Thromboseprophylaxe therapeutisch genutzt. Ein Mangel an Vitamin K tritt selten auf.

7 Ernährung

7.1 Nahrungsstoffe

Abb. 7.6 Vitamine I

409

7.1 Nahrungsstoffe Vitamine II

7 Ernährung

A. Wasserlösliche Vitamine Zu den neun wasserlöslichen Vitaminen zählen die Vitamine der B-Gruppe sowie die Vitamine C und H. Vitamin B1 (Thiamin) enthält zwei Ringe, einen Pyrimidin- und einen Thiazol-Ring, die durch eine Methylen-Gruppe verbunden sind. Seine aktive Form ist das Thiamindiphosphat (Thiaminpyrophosphat, TPP) (S. 98), das als Coenzym bei der Übertragung von HydroxyalkylResten (aktiven Aldehyd-Gruppen) mitwirkt: oxidative Decarboxylierung von 2-Oxosäuren (S. 122) und Transketolase-Reaktion (S. 142). Ein Mangel an Thiamin führt zu Beriberi, einer Erkrankung, die durch neurologische Störungen, Herzinsuffizienz und Muskelatrophie gekennzeichnet ist. Vitamin B2, ist ein Komplex aus mehreren Vitaminen: Riboflavin dient als Baustein der Redox-Coenzyme Flavinmononucleotid (FMN) und Flavinadenindinucleotid (FAD). FMN und FAD (S. 96) sind als prosthetische Gruppen Cofaktoren verschiedener Oxidoreduktasen. Eine spezifische Vitaminmangelkrankheit ist nicht bekannt. Folat (S. 100), das Anion der Folsäure, ist zusammengesetzt aus einem Pteridin-Derivat, 4Aminobenzoat und einem oder mehreren Glutamat-Resten. Nach Reduktion zu Tetrahydrofolat (THF) dient es als Coenzym des C1-Stoffwechsels. Ein Folatmangel, der nicht selten ist, führt besonders zu Störungen der Nucleotidbiosynthese und damit der Zellproliferation (→ megaloblastäre Anämie). Nicotinat (Niacin) und Nicotinamid werden für die Biosynthese der Coenzyme (S. 96) Nicotinamidadenindinucleotid (NAD+) und Nicotinamidadenindinucleotidphosphat (NADP+) benötigt (S. 224). Wichtigste Funktion der Coenzyme ist die Übertragung von Reduktionsäquivalenten. Auch die Nutzung zur ADPRibosylierung (S. 394) spielt eine Rolle (S. 420). Der tierische Organismus ist in der Lage, Tryptophan in Nicotinat umzuwandeln, allerdings mit schlechter Ausbeute (etwa 1,5 %). Ein Vitaminmangel manifestiert sich in Hautschäden (Pellagra), Verdauungsstörungen und Depressionen. Pantothenat (S. 98), ein Säureamid aus βAlanin und 2,4-Dihydroxy-3,3’-dimethylbutyrat (Pantoinat), ist die Vorstufe von Coenzym A (S. 98) und Acyl-Carrier-Protein (ACP) (S. 160). Mangelkrankheiten sind selten. Säugetiere sind nicht in der Lage, β-Alanin und Pantoinat miteinander zu verknüpfen.

41

Vitamin B6 besteht aus substituierten Pyridinen, dem Pyridoxal, Pyridoxol oder Pyridoxamin. Das gezeigte Pyridoxal trägt an C-4 eine Aldehyd-Gruppe (-CHO); Pyridoxol ist der entsprechende Alkohol (-CH2OH) und Pyridoxamin das Amin (-CH2NH2). Die aktive Form des Vitamin B6, das Pyridoxalphosphat (S. 98), ist das wichtigste Coenzym des Aminosäurestoffwechsels (S. 176). Auch Glycogen-Phosphorylase (S. 146) enthält Pyridoxalphosphat als Cofaktor. Ein Vitaminmangel ist selten. Vitamin B12 (Cobalamin) enthält ein Tetrapyrrolsystem (Corrin) mit Cobalt als zentralem Atom (S. 100). Es wird ausschließlich von Mikroorganismen synthetisiert. Cobalamin kann im Dünndarm nur resorbiert werden, wenn die Magenschleimhaut den sog. intrinsischen Faktor sezerniert, ein Glycoprotein, welches Cobalamin (= extrinsischen Faktor) bindet und vor dem Abbau schützt. Die Leber kann Vitamin B12 in Mengen speichern, die für mehrere Monate ausreichen. Ein Mangel beruht meist auf dem Fehlen des intrinsischen Faktors und der dadurch ausbleibenden Resorption. Die Folge ist eine Störung der Blutbildung (→ Perniziöse Anämie). Derivate des Cobalamins sind an Umlagerungsreaktionen beteiligt. Vitamin C ist die L-Ascorbinsäure (S. 96) (chemisch: 2-Oxogulonolacton). Menschen, höhere Affen und Meerschweinchen benötigen Vitamin C, weil ihnen das Enzym L-Gulonolacton-Oxidase fehlt, das den letzten Schritt der Umwandlung von Glucose zu Ascorbat katalysiert. Das temperaturlabile Vitamin C kommt besonders in Früchten und Gemüsen vor. Vielen Erfrischungsgetränken und Nahrungsmitteln wird Ascorbinsäure als Oxidationsschutz und zur Geschmacksverbesserung zugesetzt. Im Körper dient Ascorbinsäure als Reduktionsmittel (S. 96) u. a. bei der Collagen-Synthese, dem Tyrosinabbau, der Catecholamin- und der Gallensäure-Synthese. Ein Vitaminmangel manifestiert sich als Skorbut mit Bindegewebsschäden, Blutungen und Zahnausfall. Vitamin H (Biotin) (S. 98) ist über seine Seitenkette im Organismus kovalent mit LysinResten von Enzymen verknüpft, die Carboxylierungsreaktionen katalysieren. Zu den biotinabhängigen Carboxylasen gehören die Pyruvat-Carboxylase und die Acetyl-CoA-Carboxylase (S. 160). Biotin wird mit hoher Affinität (Kd = 10–15 M) und Spezifität von Avidin gebunden, einem Protein, das in Hühnereiweiß vorkommt.

7 Ernährung

7.1 Nahrungsstoffe

Abb. 7.7 Vitamine II

411

Kapitel 8 Signalsysteme

8.1 8.2 8.3 8.4

Signaltransduktion

414

Hormonsysteme

430

Lipophile Signalstoffe

434

Hydrophile Signalstoffe

444

8

8.1 Signaltransduktion Übersicht

8 Signalsysteme

Damit ein multizellulärer Organismus leben kann, müssen seine Zellen in der Lage sein, miteinander zu kommunizieren. Dies findet hauptsächlich mithilfe von extrazellulären Signalmolekülen statt, die über große Entfernung oder nur kurze Strecken wirken können, indem sie an Rezeptoren binden. Die meisten Zellen sind in der Lage, Signale sowohl auszusenden als auch zu empfangen. Die Mechanismen der Signaltransduktion der Organismen folgen gemeinsamen Prinzipien und die beteiligten Moleküle bilden Familien mit hohem Verwandtschaftsgrad. Offensichtlich wurden die Prinzipien früh von der Evolution festgelegt.

A. Signaltransduktion Es gibt hunderte verschiedener Signale für das Zellgeschehen und sie können sehr unterschiedlicher Natur sein. Als chemische Signale sind es Hormone, Neurotransmitter, Mediatoren, Geruchsstoffe, Geschmacksstoffe, Metabolite oder Membrankomponenten anderer Zellen. Auch physikalische Signale können wahrgenommen werden, z. B. Licht, elektrische Impulse, mechanische und thermische Reize. Die Wahrnehmung von Licht ermöglicht z. B. das Sehen der Tiere (S. 382). Am Hören und der Druckregulation ist die Mechanorezeption beteiligt. Ionenkanäle, die auf Aktionspotenziale (S. 374) reagieren, sind Rezeptoren für elektrische Impulse. Die große Mehrheit der Signalstoffe sind hydrophile Moleküle. Sie binden an Rezeptorproteine oder Ionenkanäle auf der Plasmamembran ihrer Zielzellen. Dadurch wird ein Signalweg aktiviert, an dem verschiedene intrazelluläre Signalproteine teilhaben. Schließlich steuern diese die Aktivität von Effektorproteinen und ändern dadurch das Verhalten der Zellen. Solche Effektorproteine können Transkriptionsfaktoren, Stoffwechselenzyme, Komponenten des Cytoskeletts oder Ionenkanäle sein. Während die Steuerung der Zellen durch Änderung der Genexpression Stunden dauert, laufen die Anpassung des Stoffwechsels, die Steuerung von Bewegungsvorgängen und der ionalen Konzentration sehr viel schneller ab (Sekunden bis Minuten). Kleine lipophile Signalmoleküle (links) können in die Zielzellen eindringen und dort an intrazelluläre Rezeptoren binden. Diese sind meist ligandengesteuerte Transkriptionsfaktoren (S. 434).

41

Die Bestandteile der Signaltransduktionskette sind vielfältig miteinander verknüpft. Dies ermöglicht u. a. eine Verstärkung, ein Aufspalten des Signals, Bildung von Netzwerken, Verrechnung mehrerer Signale, positive und negative Rückkopplung, ein Anpassen an die Signalstärke und ein Abschalten des Signals.

B. Vielfalt der Zellantwort Zellen können nur auf ein Signal reagieren, wenn sie den passenden Rezeptor besitzen. Sie sind dann „Zielzellen“. Je nach Zelltyp kann die Antwort auf das Signal ganz unterschiedlich ausfallen. Auf das Hormon Adrenalin (S. 450) antwortet z. B. eine Leberzelle mit einer Steigerung der Glykogenolyse, eine Fettzelle dagegen mit einer Steigerung der Lipolyse und eine Herzmuskelzelle mit einer Erhöhung der Kontraktionsfrequenz. Hinzu kommt, dass die Zellen gleichzeitig einer großen Zahl unterschiedlicher Signale ausgesetzt sind, die sich gegenseitig beeinflussen können. So kommt es zu einer sehr differenzierten, zelltypischen Antwort auf die Signalumgebung, die von Überleben, über Wachsen und Teilen, Differenzieren bis zu Zelltod durch Apoptose reichen kann.

C. Möglichkeiten der Kommunikation Die häufigste Form der Kommunikation über Signale nutzt Membranrezeptoren, denn die meisten Signalmoleküle sind polar und können die Zellmembran nicht durchdringen (1). Kleine, lipophile Signale wie Steroide, Retinsäure und die Gase NO, CO und H2S wirken dagegen über intrazelluläre Rezeptoren, da sie die Zellmembran leicht durchdringen können (2). Bei der Kommunikation des Immunsystems (S. 322) und bei Entwicklungsprozessen können die Signalmoleküle auch fest an eine Zellmembran gebunden sein. Dann ist ein direkter Kontakt zwischen signalisierender Zelle und Zielzelle nötig (3). Schließlich können Zellen auch mithilfe von Zell-Zell-Kanälen, sog. Gap junctions, kleine Signalmoleküle wie cAMP und anorganische Ionen austauschen (4). Die Gap junctions sind wassergefüllte Kanäle, sie bestehen jeweils aus 2-mal sechs ConnexinProteinen.

8.1 Signaltransduktion Übersicht

8 Signalsysteme

Damit ein multizellulärer Organismus leben kann, müssen seine Zellen in der Lage sein, miteinander zu kommunizieren. Dies findet hauptsächlich mithilfe von extrazellulären Signalmolekülen statt, die über große Entfernung oder nur kurze Strecken wirken können, indem sie an Rezeptoren binden. Die meisten Zellen sind in der Lage, Signale sowohl auszusenden als auch zu empfangen. Die Mechanismen der Signaltransduktion der Organismen folgen gemeinsamen Prinzipien und die beteiligten Moleküle bilden Familien mit hohem Verwandtschaftsgrad. Offensichtlich wurden die Prinzipien früh von der Evolution festgelegt.

A. Signaltransduktion Es gibt hunderte verschiedener Signale für das Zellgeschehen und sie können sehr unterschiedlicher Natur sein. Als chemische Signale sind es Hormone, Neurotransmitter, Mediatoren, Geruchsstoffe, Geschmacksstoffe, Metabolite oder Membrankomponenten anderer Zellen. Auch physikalische Signale können wahrgenommen werden, z. B. Licht, elektrische Impulse, mechanische und thermische Reize. Die Wahrnehmung von Licht ermöglicht z. B. das Sehen der Tiere (S. 382). Am Hören und der Druckregulation ist die Mechanorezeption beteiligt. Ionenkanäle, die auf Aktionspotenziale (S. 374) reagieren, sind Rezeptoren für elektrische Impulse. Die große Mehrheit der Signalstoffe sind hydrophile Moleküle. Sie binden an Rezeptorproteine oder Ionenkanäle auf der Plasmamembran ihrer Zielzellen. Dadurch wird ein Signalweg aktiviert, an dem verschiedene intrazelluläre Signalproteine teilhaben. Schließlich steuern diese die Aktivität von Effektorproteinen und ändern dadurch das Verhalten der Zellen. Solche Effektorproteine können Transkriptionsfaktoren, Stoffwechselenzyme, Komponenten des Cytoskeletts oder Ionenkanäle sein. Während die Steuerung der Zellen durch Änderung der Genexpression Stunden dauert, laufen die Anpassung des Stoffwechsels, die Steuerung von Bewegungsvorgängen und der ionalen Konzentration sehr viel schneller ab (Sekunden bis Minuten). Kleine lipophile Signalmoleküle (links) können in die Zielzellen eindringen und dort an intrazelluläre Rezeptoren binden. Diese sind meist ligandengesteuerte Transkriptionsfaktoren (S. 434).

41

Die Bestandteile der Signaltransduktionskette sind vielfältig miteinander verknüpft. Dies ermöglicht u. a. eine Verstärkung, ein Aufspalten des Signals, Bildung von Netzwerken, Verrechnung mehrerer Signale, positive und negative Rückkopplung, ein Anpassen an die Signalstärke und ein Abschalten des Signals.

B. Vielfalt der Zellantwort Zellen können nur auf ein Signal reagieren, wenn sie den passenden Rezeptor besitzen. Sie sind dann „Zielzellen“. Je nach Zelltyp kann die Antwort auf das Signal ganz unterschiedlich ausfallen. Auf das Hormon Adrenalin (S. 450) antwortet z. B. eine Leberzelle mit einer Steigerung der Glykogenolyse, eine Fettzelle dagegen mit einer Steigerung der Lipolyse und eine Herzmuskelzelle mit einer Erhöhung der Kontraktionsfrequenz. Hinzu kommt, dass die Zellen gleichzeitig einer großen Zahl unterschiedlicher Signale ausgesetzt sind, die sich gegenseitig beeinflussen können. So kommt es zu einer sehr differenzierten, zelltypischen Antwort auf die Signalumgebung, die von Überleben, über Wachsen und Teilen, Differenzieren bis zu Zelltod durch Apoptose reichen kann.

C. Möglichkeiten der Kommunikation Die häufigste Form der Kommunikation über Signale nutzt Membranrezeptoren, denn die meisten Signalmoleküle sind polar und können die Zellmembran nicht durchdringen (1). Kleine, lipophile Signale wie Steroide, Retinsäure und die Gase NO, CO und H2S wirken dagegen über intrazelluläre Rezeptoren, da sie die Zellmembran leicht durchdringen können (2). Bei der Kommunikation des Immunsystems (S. 322) und bei Entwicklungsprozessen können die Signalmoleküle auch fest an eine Zellmembran gebunden sein. Dann ist ein direkter Kontakt zwischen signalisierender Zelle und Zielzelle nötig (3). Schließlich können Zellen auch mithilfe von Zell-Zell-Kanälen, sog. Gap junctions, kleine Signalmoleküle wie cAMP und anorganische Ionen austauschen (4). Die Gap junctions sind wassergefüllte Kanäle, sie bestehen jeweils aus 2-mal sechs ConnexinProteinen.

8 Signalsysteme

8.1 Signaltransduktion

Abb. 8.1 Signaltransduktion

415

8.1 Signaltransduktion Membranrezeptoren Zur Aufnahme und Weiterleitung von Signalen sind die Zellen mit Rezeptorproteinen ausgestattet. Die meisten sind in die Plasmamembran integriert, wo sie Signale aus der Umgebung aufnehmen und an das Zellinnere weitergeben. Andere Rezeptorproteine sind in intrazellulären Membranen lokalisiert. Dagegen finden sich Rezeptoren für lipophile Hormone (S. 434) auch im Cytoplasma und dem Zellkern. Insgesamt finden sich im menschlichen Genom mehr als 1500 Gene für Rezeptoren.

8 Signalsysteme

A. Membranrezeptoren Die meisten extrazellulären Signale binden an Rezeptoren auf der Zelloberfläche. Diese Rezeptoren übertragen das Signal in das Innere der Zielzelle. Dafür gibt es verschiedene Rezeptortypen. 1. Ionenkanal-gekoppelter Rezeptor (S. 418) (ligandengesteuerter Ionenkanal, ionotroper Rezeptor). Er dient der schnellen Signaltransduktion elektrisch erregbarer Zellen an der Synapse von Nerven- und Muskelzellen. Seine Liganden sind im Allgemeinen die Neurotransmitter (S. 376). 2. G-Protein-gekoppelter Rezeptor (GPCR; 7Helix-Membranrezeptor). Er steuert indirekt ein Membranenzym oder einen Ionenkanal. Vermittelt wird die Wirkung durch trimere GTP-bindende Proteine (S. 420) (G-Proteine). 3. Enzymgekoppelter Rezeptor (1-HelixMembranrezeptor). Er ist entweder selbst ein ligandengesteuertes Enzym oder er kann sich mit einem Enzym zusammenlagern und dieses aktivieren. Der Rezeptor bindet seinen Liganden an der Außenseite der Membran und aktiviert dadurch ein katalytisches Zentrum auf der Innenseite. Meist wird eine Protein-Kinase (S. 426) aktiviert, die den Rezeptor selbst, aber auch andere Proteine phosphorylieren und dadurch steuern kann. Phosphorylierte Proteinabschnitte sind dann häufig Bindungsstellen für spezielle Adapterproteine, die eine Signalkaskade (S. 428) auslösen. ▶ Mechanismus der Rezeptorwirkung. Die membranständigen Rezeptoren lassen sich in Abschnitte mit unterschiedlichen Aufgaben unterteilen. Die Empfängerdomäne auf der Zellaußenseite enthält Bindungsstellen, die zum Liganden komplementär sind und ihn mit

41

hoher Spezifität und meist hoher Affinität (Kd ≤ 10–8 mol · L–1) binden. Weil die Wirkungsdomäne auf der Innenseite in der Regel durch eine Membran getrennt ist, ist ein Mechanismus zur Signalübertragung zwischen den Domänen erforderlich. Man nimmt an, dass Konformationsänderungen bei der Signalübertragung die entscheidende Rolle spielen. Manche Rezeptoren dimerisieren nach Bindung des Liganden und bringen so die Wirkungsdomänen in gegenseitigen Kontakt (S. 456).

B. G-Protein-gekoppelter Rezeptor (GPCR) Eine große Gruppe als GPCR bezeichnete Rezeptoren wirkt über G-Proteine (S. 420). Sie durchspannen die Membran mit α-Helices 7fach (7-Helix-Rezeptoren). Nach Aktivierung durch Liganden binden und aktivieren sie auf der Zellinnenseite G-Proteine, die daraufhin ein gebundenes GDP gegen GTP austauschen. Dadurch werden die G-Proteine in den aktiven Zustand versetzt. Teile von ihnen binden dann an Enzyme oder Ionenkanäle, die nachgeschaltete Signalmoleküle (Second-Messenger) erzeugen (S. 422). Dabei können die G-Proteine (S. 420), je nach Typ, aktivierend oder hemmend wirken. Die Abb. zeigt den Komplex des Lichtrezeptors Rhodopsin (rot) mit dem zugehörigen GProtein Transducin (grün/blau/violett). Beide Proteine spielen beim Sehprozess (S. 382) eine Rolle. Die GTP-bindende α-Untereinheit (grün) und die γ-Untereinheit (violett) des Transducins sind über Lipide in der Membran verankert (S. 210).

C. Enzymgekoppelter Rezeptor Der Rezeptor für das Hormon Insulin (S. 444) gehört zur Familie der enzymgekoppelten Rezeptoren (1-Helix-Rezeptoren). Diese Proteine durchspannen die Membran mit nur einer αHelix. Die Untereinheiten des dimeren Rezeptors (rot und blau) bestehen aus je zwei durch Disulfidbrücken verbundene Polypeptide (α und β). Die α-Ketten binden gemeinsam das Insulin, während die β-Ketten die Transmembranhelix und am C-Terminus Wirkungsdomänen mit Tyrosin-Kinase-Aktivität enthalten. Diese Rezeptor-Tyrosin-Kinasen (RTK) phosphorylieren im aktivierten Zustand sich selbst und bestimmte Vermittler-Proteine (Rezeptorsubstrate), die Kaskaden von weiteren Phosphorylierungen in Gang setzen (S. 444).

8 Signalsysteme

8.1 Signaltransduktion

Abb. 8.2 Membranrezeptoren (Quelle PDB: B. 3DQB, 1TBG. C. nach Yip CC, Ottensmeyer P. Three-dimensional structural interactions of insulin and its receptor. JBC, 2003; 278(30):27329–32)

417

8 Signalsysteme

8.1 Signaltransduktion Ionenkanäle

B. Zusammensetzung

A. Allgemeines

Die Ionenkanäle sind typische Membranproteine (S. 212), die in der Cytoplasmamembran und in den Membranen einiger Organellen lokalisiert sind. Sie haben eine symmetrische, ringförmige Struktur und bestehen aus vier, fünf oder sechs strukturell ähnlichen Domänen, die entweder wiederholte Einheiten eines einzigen Proteins sind oder getrennte Proteine darstellen. Jede Domäne enthält zwei bis sechs Transmembran-Helices.

Der Durchtritt von anorganischen Ionen durch Membranen wird ermöglicht durch Ionenkanäle, die den passiven Transport realisieren, und durch Ionenpumpen, die Ionen meist unter ATP-Verbrauch gegen einen Konzentrationsgradienten befördern (S. 210). Ionenkanäle sind Membranproteine, die anorganischen Ionen den schnellen Durchtritt durch die Zellmembranen erlauben (= erleichterte Diffusion) (S. 210). Sie werden meist eingeteilt nach dem Ion, für das sie bevorzugt durchlässig sind. Die wichtigsten Ionen, für die es Ionenkanäle gibt, sind die Kationen Na+, K+ und Ca2 + sowie das Anion Cl–. Ionenkanäle für H+ haben eine geringere Bedeutung und Mg2 + nutzt meist Ionenkanäle für andere Ionen. Weitere Einteilungskriterien für Ionenkanäle sind die Art des Stimulus, der für die Öffnung des Ionenkanals verantwortlich ist, die Funktion und die pharmakologischen Eigenschaften. In ihrem Zentrum haben Ionenkanäle eine wassergefüllte Pore, die den Durchtritt von Ionen erlaubt. Im Ruhezustand sind Ionenkanäle geschlossen (unten). Nur selten öffnen sie für einige Millisekunden. Im Mittel sind etwa 0,1 % der Ionenkanäle geöffnet. Die Öffnung der Pore ist meist – aber nicht immer – kontrolliert. Ausgelöst wird sie je nach Ionenkanaltyp entweder durch eine Spannungsänderung an der Membran („spannungsgesteuerte“ Ionenkanäle), durch Liganden („ligandengesteuerte“ I.), durch mechanische Dehnung oder durch eine Temperaturänderung. Die Vielfalt der ligandengesteuerten Ionenkanäle ist besonders groß. Liganden sind häufig Neurotransmitter (S. 376) oder SecondMessenger (S. 422). Die Ionen diffundieren passiv durch die Ionenkanäle. Bei geöffnetem Ionenkanal wird der Ionenfluss angetrieben von der Konzentrationsdifferenz des Ions und der elektrischen Membranspannung. Die Balance dieses elektrochemischen Gradienten bestimmt die Richtung und beeinflusst die Geschwindigkeit des Ionenflusses. Der Ionenfluss kann bis zu 107 Ionen pro Sekunde betragen, was einem elektrischen Strom von 0,5 bis 10 pico-Ampere entspricht. Trotz dieser hohen Durchlässigkeit sind die Ionenkanäle meist sehr selektiv. So lässt z. B. ein K+-Kanal pro 10 000 K+-Ionen nur 1 Na+-Ion durch. Erreicht wird diese Selektivität dadurch, dass die Innenseite der Pore sehr eng ist und mit dem Ion interagiert (s. D).

41

C. Nicotinischer ACh-Rezeptor Viele Rezeptoren für Neurotransmitter fungieren als ligandengesteuerte Kanäle für Na+, K+ und/oder Ca2 + -Ionen. Am besten untersucht sind die nicotinischen Rezeptoren für Acetylcholin (ACh) (S. 378). Sie bestehen aus fünf separaten, aber strukturell eng verwandten Untereinheiten. Jede bildet vier TransmembranHelices, von denen die jeweils zweite an der zentralen Pore beteiligt ist. In der motorischen Endplatte (S. 356) finden wir die Anordnung αβγαδ. ACh bindet im Inneren der Struktur an die beiden α-Untereinheiten und öffnet dadurch die Pore für kurze Zeit (1–2 ms). In ihr sind negativ geladene Reste in drei Gruppen ringförmig angeordnet. Sie sind für die Ionenspezifität des Kanals verantwortlich. Man nimmt an, dass die Bindung des Neurotransmitters die Stellung der Untereinheiten so verändert, dass sich die Pore aufweitet.

D. K+-Kanal Die Abbildung zeigt die tetramere Struktur eines K+-Kanals eines Bakteriums. Die Seitenansicht lässt verschiedene α-Helices der Untereinheiten erkennen. Eine äußere Helix schafft den Kontakt zu den Lipiden der Membran, eine innere Helix bildet den Innenraum des Kanals und eine weitere ist an der Ausbildung der Pore beteiligt. Die Selektivität des Ionenkanals wird durch einen Selektivitätsfilter garantiert. Hier interagieren die K+-Ionen ohne Hydrathülle mit mehreren Carbonyl-Gruppen der Peptidkette. Die negativen Ladungen an Einund Ausgang des Kanals ziehen K+-Ionen an.

8 Signalsysteme

8.1 Signaltransduktion

Abb. 8.3 Ionenkanäle (Quelle PDB; C. 2BG9; D. 1BL8)

419

8.1 Signaltransduktion GTP-bindende Proteine GTP-bindende Proteine (G-Proteine) fungieren als molekulare Schalter. Sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Die großen heterotrimeren G-Proteine übermitteln Signale von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR) (S. 416). Kleine monomere G-Proteine sind an der Signaltransduktion von anderen Rezeptoren beteiligt. Zu ihnen zählen Ras, Ras-ähnliche GTPasen und die Mitglieder der Rho-Familie. Beide Formen von G-Proteinen finden sich als Steuerelemente vieler zellulärer Funktionen wie Stoffwechsel, Transport, Translation oder Zellteilung.

8 Signalsysteme

A. Aktivierung und Inaktivierung von GTP-bindenden Proteinen Wenn sie GTP gebunden haben, sind die GProteine angeschaltet und geben Signale weiter. Da sie eine intrinsische GTPase-Aktivität besitzen, hydrolysieren sie das gebundene GTP langsam zu GDP und schalten sich dadurch ab. Im Komplex mit GDP befinden sich die Proteine dann im Ruhezustand. Die Abschaltung durch die GTPase-Aktivität kann durch GTPase-aktivierende Proteine (GAP; auch RGS für Regulator der G-ProteinSignalübertragung) beschleunigt werden. Um wieder angeschaltet zu werden, müssen die GTP-bindenden Proteine ihr GDP gegen GTP aus dem Cytoplasma austauschen. Dies geschieht mithilfe von Guaninnucleotid-austauschenden Faktoren (GEF).

B. Signaltransduktion durch G-Proteine Große G-Proteine übertragen Signale von GProtein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR, 7-Helix-Rezeptoren) auf Membranenzyme oder Ionenkanäle (S. 416). Die G-Proteine sind Heterotrimere aus drei verschiedenen Untereinheiten (α, β und γ). Die α-Untereinheit kann GDP oder GTP binden (daher der Name „G-Protein“) und besitzt GTPase-Aktivität. 1. Im Ruhezustand tragen die G-Proteine ein GDP. Wenn ein GPCR durch Bindung eines Signalmoleküls angeregt wurde, verändert der Rezeptor seine Konformation derart, dass sich auf der Membraninnenseite das zugehörige G-Protein anlagert. Dies veranlasst die α-Untereinheit des G-Proteins, das gebundene GDP gegen ein GTP auszutauschen. Es wird aktiv. Das G-Protein trennt sich dann vom Rezeptor und zerfällt in die α- und die βγ-Einheit. Beide Einheiten tragen Lipidanker (S. 210), können zwar wegdiffundieren, aber verlassen den Be-

42

2.

3.

4.

5.

reich der Plasmamembran nicht. Solange der Rezeptor seinen Liganden trägt, können weitere G-Proteine aktiviert werden. Die beiden Komponenten des G-Proteins binden an andere Membranproteine und ändern deren Aktivität: Ionenkanäle werden geöffnet oder geschlossen, Enzyme werden aktiviert oder inaktiviert. Z.B veranlasst die aktive α-Untereinheit des GsProteins im Falle des β2-CatecholaminRezeptors durch Bindung an die AdenylatZyklase die enzymatische Bildung des Second-Messengers cAMP. Dieses aktiviert die Protein-Kinase A (S. 426), die ihrerseits weitere Proteine aktiviert oder hemmt. Die interne GTPase-Aktivität der α-Untereinheit hydrolysiert innerhalb von Sekunden bis Minuten das gebundene GTP zu GDP und beendet damit seine Wirkung. Dabei können Hilfsproteine beteiligt sein (Regulatoren der G-Protein-Signalübertragung, RGS = GAP, s. A). Die βγ-Einheit des G-Proteins kann verschiedene Funktionen haben. In der Retina stimuliert sie z. B. eine Protein-Kinase (βARK, nicht gezeigt) dazu, den Rezeptor zu phosphorylieren. Dies reduziert seine Affinität für das Hormon und führt zur Bindung des blockierenden Proteins Arrestin. G-Proteine können Ziele bakterieller Toxine sein. Choleratoxin ist ein Enzym, das vom Darmbakterium Vibrio cholerae gebildet wird und in die Zellen des Darmepithels eindringt. Dort überträgt es ADP-Ribose von NAD auf die α-Untereinheit eines GsProteins, so dass dessen GTPase-Aktivität blockiert wird. Der anhaltend hohe Spiegel an cAMP sorgt dann für einen starken Verlust von Wasser und Cl--Ionen (→ Diarrhoe).

Pertussistoxin des Bakteriums Bordetella pertussis, das Keuchhusten auslöst, katalysiert die ADP-Ribosylierung der α-Untereinheit eines GiProteins (nicht gezeigt). Dies verhindert die Interaktion mit dem GPCR. Dann unterbleibt die hemmende Wirkung von Gi.

C. Wirkung von trimeren G-Proteinen Nach ihrer Wirkung unterscheidet man mehrere Arten von G-Proteinen. Weit verbreitet sind stimulierende G-Proteine (Gs). Sie aktivieren Adenylat-Zyklasen oder beeinflussen Ionenkanäle. Inhibitorische G-Proteine (Gi) hemmen die Adenylat-Zyklase. Die G-Proteine der Familie Gq aktivieren die Phospholipase C-β (S. 422).

8 Signalsysteme

8.1 Signaltransduktion

Abb. 8.4 GTP-bindende Proteine

421

8.1 Signaltransduktion Second-Messenger I Second-Messenger („zweite Botenstoffe“) sind intrazelluläre chemische Signale, deren Konzentration von Hormonen, Neurotransmittern und anderen extrazellulären Signalen kontrolliert wird (S. 414). Sie entstehen aus leicht verfügbaren Substraten und haben nur eine kurze Halbwertszeit. Die wichtigsten Second-Messenger sind cAMP, cGMP, Inositol-trisphosphat (InsP3), Diacylglycerol (DAG), Ca2 + und Stickstoffmonoxid (NO), die wir auf dieser und der Folgeseite behandeln.

8 Signalsysteme

A. Zyklisches AMP (cAMP) Am längsten bekannt ist der Second-Messenger cAMP. Er wurde erstmals als intrazellulärer Signalstoff des Glycogenstoffwechsels (S. 146) erkannt. ▶ Stoffwechsel. Das Nucleotid cAMP (3’,5’cyclo-Adenosinmonophosphat) wird auf der Innenseite der Plasmamembran durch membrangebundene Adenylat-Zyklasen [1] gebildet. Diese sind eine Familie von Enzymen, die ATP unter Abspaltung von Diphosphat (PPi) zu cAMP zyklisieren. Der Abbau von cAMP zu AMP geschieht durch Hydrolyse und wird von cAMP-spezifischen Phosphodiesterasen [2] katalysiert. Diese Enzyme sorgen dafür, dass cAMP schnell inaktiviert wird und seine Konzentration niedrig ist. Methylxanthine wie z. B. Coffein können diese Enzyme hemmen. Dagegen aktiviert Insulin (S. 446) die Phosphodiesterasen und senkt so den cAMP-Spiegel. Die aktuelle Konzentration von cAMP hängt in erster Linie von der Aktivität der AdenylatZyklasen ab. Sie wird durch G-Proteine kontrolliert, die ihrerseits über G-Protein-gekoppelte Rezeptoren von extrazellulären Signalen gesteuert werden. Gs wirkt dabei stimulierend und Gi hemmend (S. 420). Auch der Komplex aus Ca2 + und Calmodulin (S. 424) aktiviert bestimmte Adenylat-Zyklasen. ▶ Wirkung. cAMP stimuliert Protein-Kinasen vom Typ A (PK-A, [3]) allosterisch. Diese Kinasen vermitteln die meisten der cAMP-Wirkungen und steuern damit insbesondere den Stoffwechsel. cAMP aktiviert auch einige Kationenkanäle und steuert über Guaninnucleotid-austauschende Faktoren (GEF) (S. 420) die Funktion von kleinen G-Proteinen.

B. Beispiele für cAMP-vermittelte Hormonwirkungen Die Tabelle zählt Hormone auf, deren Wirkung von cAMP vermittelt wird. Analog zu cAMP fungiert auch cGMP als Second-Messenger. Es hat quantitativ nicht die gleiche Bedeutung wie cAMP. cGMP ist am Sehprozess (S. 382) und an der Signaltransduktion von NO und ANP (S. 424) beteiligt.

C. Inositol-1,4,5-trisphosphat (InsP3) und Diacylglycerol (DAG) Diese Second-Messenger entstehen nicht aus einem Nucleotid, sondern aus einem Membranlipid. Dazu aktivieren G-Proteine von Typ Gq die membrangebundene Phospholipase C-β (PLC-β, [4]). Dieses Enzym erzeugt durch Hydrolyse aus dem zweifach phosphorylierten Membran-Phospholipid Phosphatidylinositolbisphosphat (PtdInsP2) zwei Second-Messenger, nämlich das hydrophile Inositol-1,4,5trisphosphat (InsP3) und das hydrophobe Diacylglycerol (DAG). InsP3 wandert durch das Cytosol zum Endoplasmatischen Retikulum (ER) und öffnet dort InsP3-gesteuerte Ca2 + -Kanäle, die Ca2 + aus dem ER-Speicher ins Cytoplasma strömen lassen (S. 402). Dies lässt den cytoplasmatischen Calciumspiegel abrupt ansteigen. Ca2 + wirkt dann über Calmodulin selbst als Second-Messenger (S. 424) oder als Aktivator von Enzymen wie der Protein-Kinase C. Die Wirkung von InsP3 kann durch folgende Prozesse wieder beendet werden: 1. InsP3 wird durch eine spezifische Phosphatase zu InsP2 dephosphoryliert. 2. Alternativ wird InsP3 durch eine Kinase zu InsP4 phosphoryliert. 3. Der Ca2 + -Spiegel wird durch Pumpen wieder gesenkt (S. 424). Das lipophile DAG verbleibt im Gegensatz zum InsP3 in der Membran und kann dort Protein-Kinasen vom Typ C (PK-C) (S. 426) aktivieren, die in Gegenwart von Ca2 + bestimmte Proteine phosphorylieren und dadurch das Signal weitergeben. Durch Hydrolyse kann DAG auch Arachidonsäure liefern, die selbst Signalstoff ist und aus der die Eicosanoide (S. 454) entstehen.

D. Beispiele für InsP3- und DAG-vermittelte Wirkungen Die Tabelle in D. nennt Signalstoffe, die durch Aktivierung der PLC InsP3 und DAG erzeugen.

42

8 Signalsysteme

8.1 Signaltransduktion

Abb. 8.5 Second-Messenger I

423

8 Signalsysteme

8.1 Signaltransduktion Second-Messenger II

B. Stickstoffmonoxid (NO) als Mediator

A. Calcium-Ionen

Das Gas Stickstoffmonoxid (NO) ist ein kurzlebiges Radikal mit der Wirkung eines lokal wirksamen Mediators und Second-Messengers. Nervenzellen nutzen NO häufiger als Gasotransmitter. Makrophagen und Neutrophile bilden NO bei Entzündungsprozessen in großen Mengen, um eingedrungene Bakterien zu töten.

▶ Calciumspiegel. Auch Ca2 + (S. 402) ist ein Signalmolekül. Seine Konzentration im Cytoplasma ist normalerweise sehr gering (10 – 100 nM), weil sie durch ATP-getriebene Ca2 + -Pumpen und Na+/Ca2 + -Austauscher niedrig gehalten wird. Außerdem binden viele Proteine im Cytoplasma und in den Organellen Calcium-Ionen und fungieren als Ca2 + -Puffer. Bestimmte Signale (z. B. ein Aktionspotenzial, mechanischer Zug oder Second-Messenger wie InsP3 oder cAMP) können einen plötzlichen Anstieg des cytoplasmatischen Ca2 + Spiegels auf 500–1000 nM auslösen, indem sie Ca2 + -Kanäle in der Plasma-Membran (1) oder in der Membran von Endoplasmatischem oder sarkoplasmatischem Retikulum (ER/SR) (2) öffnen. Auch Ryanodin, ein pflanzliches Alkaloid, wirkt im Experiment so auf einen Kanaltyp im ER. Die physiologischen Liganden für den Ryanodin-Rezeptor sind L-Typ-Calcium-Kanäle der Plasmamembran oder Ca2 + -Ionen, die das Calciumsignal verstärken. Durch das Öffnen der Ca2 + -Kanäle steigt der Ca2 + -Spiegel im Cytoplasma jeweils nur sehr kurz an („Ca2 + -Spikes“), es kommt zu Ca2 + -Oszillationen. Bei Erhöhung des externen Signals steigt nicht die Höhe sondern die Frequenz der Spikes. Hohe Ca2 + -Konzentrationen im Cytoplasma wirken auf die Dauer cytotoxisch. ▶ Wirkungen. Die biochemischen Wirkungen des Ca2 + im Cytosol werden von speziellen Ca2 + -bindenden Proteinen („Calcium-Sensoren“) vermittelt, zu denen Calmodulin, die Annexine und das Troponin C im Muskel (S. 356) gehören. Das wichtigste von ihnen ist Calmodulin, ein relativ kleines Protein (17 kDa), das in allen tierischen Zellen vorkommt. Die Bindung von 4 Ca2 + -Ionen (hellblau) macht es zu einem vielseitigen Steuerungselement. Durch eine drastische Konformationsänderung (vgl. 2a und 2b) tritt Ca2 + -Calmodulin mit anderen Proteinen in Wechselwirkung und moduliert deren Eigenschaften. Über diesen Mechanismus steuern Ca2 + -Ionen die Aktivität von Enzymen, Ionenpumpen und Cytoskelett-Komponenten. In einigen Fällen ist Calmodulin fester Bestandteil des regulierten Proteins.

42

▶ Biosynthese (links). NO entsteht in einer Reaktion aus Arginin [1]. Katalysator ist das Enzym NO-Synthase (NOS), von dem es verschiedene Formen gibt, eNOS in Endothelzellen, nNOS in Nerven- und Muskelzellen und iNOS in Makrophagen. eNOS und nNOS werden konstitutiv exprimiert und von Ca2 + -Calmodulin kontrolliert (S. 356), das sich bei einem Anstieg des Ca2 + -Spiegels bildet. iNOS ist dagegen durch externe Signale induzierbar. ▶ Abbau. NO ist membrangängig und es verbreitet sich schnell. Seine Halbwertszeit ist mit 5–10 s sehr kurz. Inaktiviert wird es durch die Reaktion mit Sauerstoff und Wasser. ▶ Wirkung (rechts). Im Endothel durch eNOS gebildetes NO diffundiert in die darunterliegenden Gefäßmuskelzellen und verursacht dort durch Aktivierung der Guanylat-Zyklase [2] die Bildung des Second-Messengers cGMP (S. 422). cGMP löst schließlich über die Aktivierung der Protein-Kinase G (PK-G) die Entspannung der glatten Muskulatur aus. Dadurch werden z. B. die Blutgefäße erweitert. Auch die blutdrucksenkende Wirkung des Hormons Atrio-natriuretisches Peptid (S. 350) (ANP) wird durch cGMP-induzierte Gefäßerweiterung vermittelt. In diesem Fall wird cGMP direkt durch die Guanylat-Zyklase-Aktivität [3] des ANP-Rezeptors gebildet. ▶ Medizinische Aspekte. Das als Medikament gegen Angina pectoris verwendete Glycerintrinitrat („Nitroglyzerin“) setzt in der Blutbahn NO frei und führt dadurch zu einer Vasodilatation. Die Erektion bei sexueller Erregung wird durch lokale Freisetzung von NO ausgelöst. NO erhöht im Penis die cGMP-Konzentration und bewirkt dadurch das Erschlaffen eines Muskels, was das Einströmen von Blut in den Penis fördert. Bei Zurückgehen der Erregung wird das cGMP durch eine cGMP-spezifische Phosphodiesterase schnell wieder abgebaut. Viagra und verwandte Pharmaka verlangsamen diesen cGMP-Abbau durch Phosphodiesterase 5 und erhalten die Erektion.

8 Signalsysteme

8.1 Signaltransduktion

Abb. 8.6 Second-Messenger II (A. Quelle PDB: 3CLN, 2BBN)

425

8.1 Signaltransduktion Protein-Kinasen und -Phosphatasen

8 Signalsysteme

A. Proteinphosphorylierung und -dephosphorylierung Zu den Möglichkeiten der Interkonversion (S. 110) von Proteinen zählt die Veresterung mit einer Phosphatgruppe. Diese Phosphorylierung ist ein vielfach genutzter Mechanismus, um die Aktivität, Struktur und Lokalisation von Proteinen zu steuern. Denn das Einführen von negativen Ladungen durch den Phosphat-Rest führt in vielen Fällen zu einer Konformationsänderung. Außerdem kann die phosphorylierte Region eine neue Bindungsstelle für andere Proteine bilden, z. B. für Adaptermoleküle mit einer SH2-Domäne (S. 428). Proteine können an ihren Serin-, Threoninund seltener an Tyrosin-Resten phosphoryliert werden. Die Enzyme, die diese Reste mithilfe von ATP phosphorylieren können, heißen Protein-Kinasen (PK [1]). Im menschlichen Genom finden sich über 500 Gene für PK, die etwa ⅓ aller Proteine phosphorylieren können. Für die reversible Steuerung von Proteinen ist die Entfernung der Phosphatgruppen ebenso wichtig. Dies geschieht durch Protein-Phosphatasen (PP [2]). PP sind oligomere Enzyme, die aus einer katalytischen (8 Typen) und wenigstens einer regulatorischen Einheit (> 100 Typen) bestehen, welche der PP die Spezifität verleiht. Mit Hilfe von PK und PP werden Proteine in der Zelle reversibel an- und abgeschaltet (Interkonversion) (S. 110). Die Aktivität von PK und PP ist deshalb streng kontrolliert.

B. Einteilung der Protein-Kinasen Die Protein-Kinasen werden nach Art des phosphorylierten Restes eingeteilt. Unter den PK stellen die Serin/Threonin-spezifischen PK die größte Gruppe dar. Sie sind an der Signaltransduktion im Cytoplasma beteiligt und werden häufig nach ihren Aktivatoren benannt. Viel kleiner ist die Gruppe der Tyrosinspezifischen PK. Einige ihrer Vertreter sind Membranrezeptoren („Rezeptor-Tyrosin-Kinasen“), die von externen Liganden aktiviert werden. Daneben gibt es auch „Nicht-RezeptorTyrosin-Kinasen“ im Cytoplasma, die durch Phosphorylierung/Dephosphorylierung reguliert werden. Einige PK können sowohl Ser/Thr als auch Tyr phosphorylieren („PK mit doppelter Spezifität“). Ähnlich werden die PP eingeteilt.

42

Proteine können von PK auch an mehreren Aminosäureresten phosphoryliert werden. Manche PK phosphorylieren sich selbst (Autophosphorylierung) und werden dadurch dauerhaft aktiviert.

C. Protein-Kinase A (PK-A) Am längsten bekannt ist die cAMP-abhängige Protein-Kinase (PK-A). Sie vermittelt die Wirkung des Second-Messengers cAMP (S. 422). Enzyme der PK-A-Familie liegen im inaktiven Zustand als Heterotetramere (C2R2) vor, deren katalytische Untereinheiten (C) durch regulatorische Einheiten (R) blockiert sind (Autoinhibition). Bindet cAMP an die regulatorischen Einheiten, trennen sich die C-Einheiten von den R-Einheiten und werden enzymatisch aktiv. Insgesamt sind vier cAMP-Moleküle notwendig, um eine PK-A vollständig zu aktivieren. Die aktive PK-A phosphoryliert Serin- und Threonin-Reste von mehr als 100 verschiedenen Proteinsubstraten. Dadurch wird die Aktivität von Enzymen, Transkriptionsfaktoren und Ionenkanälen gesteuert. Viele Wirkungen von cAMP verlaufen über die Kontrolle der Transkription. Gene, die von cAMP kontrolliert werden, besitzen in ihrer regulatorischen Region ein cAMP-Response Element (CRE). An dieses kann sich ein CRE-bindendes Protein (CREB) anlagern, wenn es von PK-A phosphoryliert und damit als Transkriptionsfaktor aktiviert wird (S. 254).

D. Protein-Kinase C (PK-C) Diese PK ist Ca2 + -abhängig, daher der Name PK-C. Sie liegt als inaktives Enzym im Cytoplasma vor und wird von den Second-Messengern (S. 422) InsP3 und DAG aktiviert. Dies geschieht dadurch, dass InsP3 die intrazelluläre Ca2 + Konzentration erhöht und DAG als Andockstelle in der Membran dient. Erst an der Membran in Bindung mit Ca2 + -Phospholipid-Komplexen wird die PK-C aktiv. Die Zahl ihrer Substrate ist groß. Einige PK sind integrale Membranproteine, die von außen durch extrazelluläre Signale wie z. B. durch Insulin oder epidermalen Wachstumsfaktor aktiviert werden („Rezeptor-Tyrosin-Kinasen“). Sie werden bei den Membranrezeptoren (S. 416) besprochen. Da Protein-Kinasen besonders bei Krebs dereguliert sein können, sind sie wichtige Ziele für die medikamentöse Behandlung von Tumoren.

8 Signalsysteme

8.1 Signaltransduktion

Abb. 8.7 Protein-Kinasen und -Phosphatasen

427

8.1 Signaltransduktion Signalkaskaden

B. Parallele Signalwege

Die Signaltransduktion (S. 414) läuft meist als Kaskade von hintereinandergeschalteten Reaktionen ab.

Um die Vielfalt und Vernetzung der Signalwege deutlich zu machen, zeigt die Abbildung schematisch fünf parallele intrazelluläre Signalwege. Sie werden von Liganden aktiviert, die über einen G-Protein-gekoppelten Rezeptor (GPCR; links) und eine Rezeptor-TyrosinKinase (RTK; rechts) wirken. Ganz links ist der Signalweg über cAMP (S. 422) dargestellt, daneben der Weg über Ca2 + /Calmodulin. In der Mitte findet sich der Weg des Second-Messengers DAG (S. 422). Rechts daneben ist der MAP-Kinase-Weg sichtbar. Diese bedeutende Signalkaskade beginnt auf der Zellaußenseite mit der Bindung eines Signalstoffs (häufig ein Wachstumsfaktor, auch Mitogen) an eine Rezeptor-Tyrosin-Kinase (RTK). Der Rezeptor phosphoryliert sich selbst an Tyrosinresten. An die Phosphotyrosin-Reste bindet über SH2 das Adapterprotein Grb2. Es koppelt mit SH3 den Guaninnucleotid-austauschender Faktor (GEF) (S. 420) Sos an, der die kleine GTPase Ras durch GDP/GTP-Tausch aktiviert. Diese rekrutiert und aktiviert ein Protein-Kinase-Modul, das aus drei hintereinandergeschalteten Protein-Kinasen (PK) besteht, die meist als Raf, Mek und Erk bezeichnet werden. Erk, die dritte der drei PK, heißt auch MAP-Kinase (Mitogen-aktivierte Protein-Kinase). Diese phosphoryliert dann verschiedene Proteine, darunter andere PK und nach Transfer in den Zellkern auch Regulatoren der Transkription (→ Zellteilung). Von Ras, Raf, Mek und Erk gibt es verschiedene Isoformen, sodass mehrere parallele MAPK-Wege existieren. Der Weg ganz rechts läuft über eine Phosphatidylinositol-3-Kinase (PIns-3-Kinase), die statt Proteine Membranlipide phosphoryliert. Ihre Substrate sind Phosphoinositol-Lipide. Das entstandene Phosphatidylinositol-3,4,5trisphosphat (PInsP3) ist eine Andockstelle für Signalproteine mit der Interaktionsdomäne PH. Z.B. wird dort eine Phosphoinositid-abhängige Protein-Kinase 1 (PDK-1) aktiviert und diese phosphoryliert dann die Protein-Kinase B (PK-B = Akt). Alle Signalwege aktivieren am Ende spezifische Protein-Kinasen (PK), die dann Transkriptionsfaktoren und andere genregulatorische Proteine sowie weitere Zielproteine phosphorylieren und damit aktivieren.

8 Signalsysteme

A. Interaktionsdomänen Um die Partner für eine Protein-Protein-Interaktion zusammenzubringen, besitzen viele Signalproteine Interaktionsdomänen. Mit diesen Kopplungselementen können Signalproteine an bestimmte Strukturelemente anderer Proteine und Lipide binden (1). So binden z. B. Src-Homomologie-2-Domänen (SH2) und Phosphotyrosin-bindende-Domänen (PTB) an phosphorylierte Tyrosin-Reste von aktivierten Rezeptoren und intrazellulären Signalproteinen. Src-Homologie-3-Domänen (SH3) binden dagegen an kurze prolinreiche Peptidsequenzen. Pleckstrin-Homologie-Domänen (PH) lagern sich an geladene Kopfgruppen von Inositolphosphatiden (S. 50), die in der Plasmamembran als Folge eines extrazellulären Signals gebildet werden. Proteine mit dieser Domäne assoziieren deshalb an der Plasmamembran. Darüber hinaus gibt es weitere Kopplungselemente. Wenn ein Signalprotein nur aus Interaktionsdomänen besteht, mit denen es andere Signalproteine zusammenbringt, dann bezeichnet man es als Adapterprotein. Als Beispiele für den modularen Aufbau von Signalproteinen wird die Zusammensetzung von zwei Phospholipasen vom Typ C (PLC) und einem Adapterprotein gezeigt (2). PLC-β (S. 422) wird von GPCR über G-Proteine gesteuert, deshalb besitzt sie die Interaktionsdomäne für G-Proteine. PLC-γ wird dagegen durch Rezeptor-Tyrosin-Kinasen (S. 426) aktiviert. Deshalb trägt sie zwei SH2-Domänen, mit denen sie an Phosphotyrosin-Reste des aktivierten Rezeptors binden kann. Das InsulinrezeptorSubstrat (IRS) (S. 444) kann über eine PTB-Domäne an den Phosphotyrosin-Gruppen des aktivierten Insulinrezeptors binden und mit seinen Phosphotyrosin-Resten selbst als Andockstelle für andere Signalproteine dienen. Proteine, die über Interaktionsdomänen große Signalkomplexe zusammenbringen und ihnen Struktur verleihen, werden als Gerüstproteine bezeichnet. Sie sorgen für die Spezifität multifunktioneller Enzyme und verhindern das Übersprechen zwischen Signalketten, den sog. Cross-talk.

42

8 Signalsysteme

8.1 Signaltransduktion

Abb. 8.8 Signalkaskaden

429

8.2 Hormonsysteme

8 Signalsysteme

Grundlagen Hormone sind chemische Signalstoffe (S. 414). Sie werden in spezialisierten Zellen gebildet, die meist zu endokrinen Drüsen zusammengefasst sind. Die Hormone werden ins Blut ausgeschüttet und von diesem zu den Erfolgsorganen transportiert. Dort üben die Hormone physiologische und biochemische Regulationsfunktionen aus. Gewebshormone (S. 452) sind – im Gegensatz zu den echten Hormonen – nur in unmittelbarer Nachbarschaft der Zellen aktiv, von denen sie sezerniert werden. Die Grenzen zwischen Hormonen und anderen Signalstoffen sind fließend. Als Mediatoren (S. 452) bezeichnet man Signalsubstanzen, die nicht aus speziellen hormonbildenden Zellen stammen, sondern von vielen Zelltypen gebildet werden. Sie üben hormonähnliche Wirkungen auf ihre nächste Umgebung aus. Histamin (S. 452) und die Prostaglandine (S. 454) sind wichtige Beispiele dafür. Neurohormone und Neurotransmitter (S. 376) sind Signalstoffe, die von Nervenzellen produziert und ausgeschüttet werden. Wachstumsfaktoren (S. 452) und Cytokine (S. 456) fördern vor allem Zellproliferation und Zelldifferenzierung.

A. Hormone: Übersicht Die weit über 100 Hormone und hormonähnlichen Stoffe im tierischen Organismus kann man entweder nach ihrer Struktur oder nach ihrer Funktion einteilen. Chemisch gesehen sind die meisten Hormone Aminosäure-Derivate, Peptide und Proteine. Steroide bilden eine kleine Gruppe. Hormone steuern: ● Wachstum und Differenzierung. Dazu gehören die Zellproliferation, die Embryonalentwicklung und die sexuelle Differenzierung, d. h. Prozesse, die sich über längere Zeiträume erstrecken und die Neusynthese von Proteinen erfordern. Deshalb sind auf diesem Feld vor allem Steroid- und Schilddrüsenhormone aktiv, die über Transkriptionskontrolle wirken (S. 434). ● Stoffwechselwege. Zur Stoffwechselregulation sind dagegen rasch wirkende Mechanismen erforderlich. Viele der beteiligten Hormone steuern die Interkonversion (S. 112) von Enzymen. Hormonell reguliert sind vor allem der Auf- und Abbau von Speicherstof-

43





fen (Glycogen, Fett), Stoffwechselwege zur Biosynthese und zum Abbau zentraler Metabolite (Glucose, Fettsäuren u. a.) und die Bereitstellung von Stoffwechselenergie. Verdauungsvorgänge. Sie werden meist durch lokal (parakrin) (S. 432) wirkende Peptidhormone (S. 444) geregelt. Auch Mediatoren, biogene Amine und Neuropeptide sind beteiligt. Homöostase. Streng reguliert sind u. a. die Konzentrationen von Na+, K+, Ca2+, PO43- und Cl– in den Körperflüssigkeiten und die davon abhängigen physiologischen Größen (z. B. der Blutdruck, der Puls). Die beteiligten Hormone wirken vor allem in der Niere (S. 348), wo sie die Rückresorption von Ionen bzw. die Rückgewinnung von Wasser erhöhen oder vermindern.

Manche Hormone beeinflussen die genannten Prozesse nur indirekt, indem sie die Bildung und Ausschüttung anderer Hormone kontrollieren, s. Hormonhierarchie (S. 432).

B. Hormonales Regulationssystem Hormone stehen jeweils im Mittelpunkt eines hormonalen Regulationssystems. Spezialisierte Drüsenzellen synthetisieren sie aus Vorstufen, speichern sie in vielen Fällen und schütten sie bei Bedarf in die Blutbahn aus (Biosynthese). Zum Transport werden die schlecht wasserlöslichen lipophilen Hormone an Plasmaproteine, sog. Hormoncarrier, gebunden. Um die Wirkung der Hormone wieder zu beenden, werden sie durch enzymatische Reaktionen inaktiviert, die zum großen Teil in der Leber oder in der Blutbahn ablaufen (Stoffwechsel). Schließlich werden die Hormone und ihre Metabolite durch ein Exkretionssystem – meistens die Niere – ausgeschieden (Ausscheidung). Alle genannten Prozesse beeinflussen die Hormonkonzentration („Spiegel“) und tragen damit zur Kontrolle des Hormonsignals bei. Den größten Einfluss haben meist Synthese und Ausschüttung. Im Erfolgsorgan empfangen Zielzellen die Botschaft der Hormone. Sie besitzen dazu Hormon-Rezeptoren (S. 416), die das Hormon binden (S. 434). Dadurch wird die Information an die Zelle weitergegeben und eine Antwort ausgelöst (Wirkung).

8.2 Hormonsysteme

8 Signalsysteme

Grundlagen Hormone sind chemische Signalstoffe (S. 414). Sie werden in spezialisierten Zellen gebildet, die meist zu endokrinen Drüsen zusammengefasst sind. Die Hormone werden ins Blut ausgeschüttet und von diesem zu den Erfolgsorganen transportiert. Dort üben die Hormone physiologische und biochemische Regulationsfunktionen aus. Gewebshormone (S. 452) sind – im Gegensatz zu den echten Hormonen – nur in unmittelbarer Nachbarschaft der Zellen aktiv, von denen sie sezerniert werden. Die Grenzen zwischen Hormonen und anderen Signalstoffen sind fließend. Als Mediatoren (S. 452) bezeichnet man Signalsubstanzen, die nicht aus speziellen hormonbildenden Zellen stammen, sondern von vielen Zelltypen gebildet werden. Sie üben hormonähnliche Wirkungen auf ihre nächste Umgebung aus. Histamin (S. 452) und die Prostaglandine (S. 454) sind wichtige Beispiele dafür. Neurohormone und Neurotransmitter (S. 376) sind Signalstoffe, die von Nervenzellen produziert und ausgeschüttet werden. Wachstumsfaktoren (S. 452) und Cytokine (S. 456) fördern vor allem Zellproliferation und Zelldifferenzierung.

A. Hormone: Übersicht Die weit über 100 Hormone und hormonähnlichen Stoffe im tierischen Organismus kann man entweder nach ihrer Struktur oder nach ihrer Funktion einteilen. Chemisch gesehen sind die meisten Hormone Aminosäure-Derivate, Peptide und Proteine. Steroide bilden eine kleine Gruppe. Hormone steuern: ● Wachstum und Differenzierung. Dazu gehören die Zellproliferation, die Embryonalentwicklung und die sexuelle Differenzierung, d. h. Prozesse, die sich über längere Zeiträume erstrecken und die Neusynthese von Proteinen erfordern. Deshalb sind auf diesem Feld vor allem Steroid- und Schilddrüsenhormone aktiv, die über Transkriptionskontrolle wirken (S. 434). ● Stoffwechselwege. Zur Stoffwechselregulation sind dagegen rasch wirkende Mechanismen erforderlich. Viele der beteiligten Hormone steuern die Interkonversion (S. 112) von Enzymen. Hormonell reguliert sind vor allem der Auf- und Abbau von Speicherstof-

43





fen (Glycogen, Fett), Stoffwechselwege zur Biosynthese und zum Abbau zentraler Metabolite (Glucose, Fettsäuren u. a.) und die Bereitstellung von Stoffwechselenergie. Verdauungsvorgänge. Sie werden meist durch lokal (parakrin) (S. 432) wirkende Peptidhormone (S. 444) geregelt. Auch Mediatoren, biogene Amine und Neuropeptide sind beteiligt. Homöostase. Streng reguliert sind u. a. die Konzentrationen von Na+, K+, Ca2+, PO43- und Cl– in den Körperflüssigkeiten und die davon abhängigen physiologischen Größen (z. B. der Blutdruck, der Puls). Die beteiligten Hormone wirken vor allem in der Niere (S. 348), wo sie die Rückresorption von Ionen bzw. die Rückgewinnung von Wasser erhöhen oder vermindern.

Manche Hormone beeinflussen die genannten Prozesse nur indirekt, indem sie die Bildung und Ausschüttung anderer Hormone kontrollieren, s. Hormonhierarchie (S. 432).

B. Hormonales Regulationssystem Hormone stehen jeweils im Mittelpunkt eines hormonalen Regulationssystems. Spezialisierte Drüsenzellen synthetisieren sie aus Vorstufen, speichern sie in vielen Fällen und schütten sie bei Bedarf in die Blutbahn aus (Biosynthese). Zum Transport werden die schlecht wasserlöslichen lipophilen Hormone an Plasmaproteine, sog. Hormoncarrier, gebunden. Um die Wirkung der Hormone wieder zu beenden, werden sie durch enzymatische Reaktionen inaktiviert, die zum großen Teil in der Leber oder in der Blutbahn ablaufen (Stoffwechsel). Schließlich werden die Hormone und ihre Metabolite durch ein Exkretionssystem – meistens die Niere – ausgeschieden (Ausscheidung). Alle genannten Prozesse beeinflussen die Hormonkonzentration („Spiegel“) und tragen damit zur Kontrolle des Hormonsignals bei. Den größten Einfluss haben meist Synthese und Ausschüttung. Im Erfolgsorgan empfangen Zielzellen die Botschaft der Hormone. Sie besitzen dazu Hormon-Rezeptoren (S. 416), die das Hormon binden (S. 434). Dadurch wird die Information an die Zelle weitergegeben und eine Antwort ausgelöst (Wirkung).

8 Signalsysteme

8.2 Hormonsysteme

Abb. 8.9 Hormonsysteme: Grundlagen

431

8 Signalsysteme

8.2 Hormonsysteme Plasmaspiegel und Hormonhierarchie

C. Regelkreis

A. Endokrine, parakrine und autokrine Hormonwirkung

Die Biosynthese und Ausschüttung von Insulin aus den B-Zellen des Pankreas wird durch hohe Glucosespiegel (> 5 mM) im Blut stimuliert (S. 390). Das ausgeschüttete Insulin veranlasst dann u. a. Muskel- und Fettgewebe, Glucose vermehrt aufzunehmen und zu verbrauchen. Dadurch fällt der Glucosespiegel wieder auf seinen Normalwert und eine weitere Ausschüttung von Insulin unterbleibt.

Hormone übertragen Signale, indem sie vom Ort ihrer Bildung zum Ort ihrer Wirkung wandern. Der Transport verläuft meist über das Blut. In diesem Fall spricht man von einer endokrinen Wirkung (1, Beispiel: Insulin). Dagegen zeigen Gewebshormone, deren Zielzellen sich in unmittelbarer Nachbarschaft der Drüsenzellen befinden, eine parakrine Wirkung (2, Beispiel: Hormone des Gastrointestinaltraktes). Wirken Signalstoffe auf die Bildungszelle selbst zurück, spricht man von einer autokrinen Wirkung (3). Autokrine Effekte findet man häufig bei Tumorzellen (S. 468), die auf diese Weise ihre eigene Proliferation stimulieren. Insulin, das in den B-Zellen des Pankreas gebildet wird, wirkt sowohl endokrin als auch parakrin. Als endokrin wirkendes Hormon steuert Insulin den Glucose- und Fettstoffwechsel. Über einen parakrinen Mechanismus hemmt es die Bildung und Ausschüttung von Glucagon aus den benachbarten A-Zellen.

B. Dynamik des Plasmaspiegels Als Signalstoffe zirkulieren Hormone im Blut in sehr niedrigen Konzentrationen (10–12 bis 10–7 mol · L–1). Diese Werte ändern sich periodisch in Rhythmen, die von der Tages-, Monats- oder Jahreszeit oder von physiologischen Zyklen abhängen. Das erste Beispiel zeigt die circadiane Rhythmik des Cortisolspiegels. Als Aktivator der Gluconeogenese (S. 144) wird Cortisol vor allem am frühen Morgen ausgeschüttet, wenn die Glycogenvorräte der Leber gering sind. Tagsüber geht sein Plasmaspiegel wieder zurück. Andere Hormone werden stoßweise und unregelmäßig ins Blut abgegeben. Dann ändert sich ihre Konzentration episodisch oder pulsatil. Dies trifft z. B. für das luteinisierende Hormon (Lutropin, LH) zu. Die Konzentration weiterer Hormone ist ereignisgesteuert. So reagiert der Organismus z. B. auf den erhöhten Blutzuckerspiegel nach Mahlzeiten jeweils mit der Ausschüttung von Insulin. Durch die Kontrolle von Hormonsynthese, -ausschüttung und -abbau wird die Hormonkonzentration im Blut genau geregelt. Dies beruht entweder auf einfachen Regelkreisen oder auf hierarchisch gegliederten Regulationssystemen.

43

D. Hormonhierarchie Hormonsysteme sind häufig miteinander verknüpft. In einigen Fällen entsteht so eine Hierarchie aus über- und untergeordneten Hormonen. Besonders wichtig ist die HypophysenHypothalamus-Achse, die vom Zentralnervensystem (ZNS) kontrolliert wird. Auf stimulierende oder hemmende Reize des ZNS reagieren Nervenzellen im Hypothalamus durch Ausschüttung von aktivierenden oder hemmenden Faktoren, die man als Liberine („releasing hormones“) bzw. Statine („inhibiting hormones“) bezeichnet. Diese Neurohormone erreichen über kurze Blutbahnen die Adenohypophyse und stimulieren (als Liberine) oder hemmen (als Statine) dort die Biosynthese und Ausschüttung von Tropinen. Tropine (glandotrope Hormone) wiederum stimulieren peripher gelegene Drüsen zur Biosynthese von glandulären (= von Drüsen gebildete) Hormonen. Das glanduläre Hormon wirkt schließlich auf seine Zielzellen im Organismus. Außerdem wirkt es auf die übergeordneten Hormonsysteme zurück. Durch diese meist negative Rückkopplung wird die Konzentration der übergeordneten Hormone beeinflusst, es entsteht ein Regelkreis. Viele lipophile Hormone werden durch solche Achsen kontrolliert, z. B. Thyroxin, Cortisol, Estradiol, Progesteron und Testosteron. Im Falle der Glucocorticoide gibt der Hypothalamus das Corticotropin freisetzende Hormon (CRH, Corticoliberin, ein Peptid aus 41 AS) ab, das in der Hypophyse Corticotropin (ACTH, 39 AS) freisetzt. Dieses stimuliert in der Nebennierenrinde die Bildung und Ausschüttung des glandulären Steroidhormons Cortisol.

8 Signalsysteme

8.2 Hormonsysteme

Abb. 8.10 Plasmaspiegel und Hormonhierarchie

433

8.3 Lipophile Signalstoffe Wirkungsmechanismus Zu den lipophilen Signalstoffen, die im Zellkern wirken, gehören die Steroidhormone, das Calcitriol, die Iodthyronine (T3 und T4), die Retinsäuren und bestimmte Lipidmetabolite (Liste s. B). Diese Signalstoffe binden an intrazelluläre Rezeptoren, die als ligandengesteuerte Transkriptionsfaktoren fungieren und – unterstützt durch weitere Proteine – die Transkription von Genen kontrollieren.

8 Signalsysteme

A. Wirkungsmechanismus lipophiler Signalstoffe Nur freie, d. h. nicht an Transportproteine gebundene, Signalstoffe können die Membran durchdringen, um in die Zelle zu gelangen. Im Cytoplasma, manchmal auch erst im Zellkern, treffen sie auf ihre Rezeptoren. Dies sind Proteine die die lipophilen Liganden spezifisch und mit hoher Affinität binden können. Die Rezeptoren werden durch die Bindung des Liganden aktiviert, sie ändern ihre Konformation und sind dadurch in der Lage, als Dimere an DNA-Kontrollelemente im Promoter bestimmter Gene zu binden und von dort aus die Transkription der betreffenden Gene zu beeinflussen, d. h. sie wirken als Transkriptionsfaktoren. Die Abbildung zeigt den Wirkungsmechanismus des Cortisols. Der freie Rezeptor liegt im Cytoplasma als Monomer im Komplex mit dem Chaperon hsp90 (S. 222) vor. Die Bindung von Cortisol an den Komplex führt zu einer Konformationsänderung des Rezeptors, der sich daraufhin vom hsp90 löst, in den Zellkern wandert und die Fähigkeit zur spezifischen Dimerisierung und DNA-Bindung erlangt. Das Dimer des aktivierten Rezeptorkomplexes bindet an Nucleotid-Sequenzen, die als HRE (hormone response element) bezeichnet werden. Das sind kurze, punktsymmetrische DNA-Segmente (Palindrome), die in der Regel als Verstärker-Elemente (Enhancer) die Transkription fördern (S. 254). In der Abbildung ist das HRE für Glucocorticoide (GRE) gezeigt („n“ = beliebiges Nucleotid). Jeder Rezeptor erkennt nur „sein“ HRE und beeinflusst deshalb nur die Transkription von Genen, die sich in Nachbarschaft dieses HRE befinden. Die Erkennung zwischen Rezeptor und HRE beruht auf der Wechselwirkung von Amino-

43

säure-Resten der DNA-bindenden Domänen (s. C) mit den relevanten Basen des HRE (in der Struktur farbig hervorgehoben). Der Rezeptor interagiert nicht direkt mit der RNA-Polymerase, sondern mit einem Coaktivator/MediatorKomplex, der alle Signale verarbeitet und sie an die Polymerase weitergibt. So führt die Hormonwirkung in Minuten bis Stunden zu veränderten Spiegeln von mRNAs für Schlüsselproteine des Zellgeschehens („Zellantwort“). Dagegen werden manche schnellen Effekte (Größenordnung Sekunden bis Minuten) der lipophilen Signale nicht durch Transkriptionskontrolle vermittelt, sondern über die Steuerung von Enzymen der Signaltransduktion.

B. Nucleäre Rezeptoren und ihre Liganden Die Rezeptoren der lipophilen Signalstoffe gehören einer Protein-Superfamilie von Transkriptionsfaktoren an. Zu ihnen zählen die Rezeptoren für lipophile Hormone und Lipidmetabolite. Die Tabelle nennt wichtige Vertreter. Einige Rezeptorproteine, für die man keinen eigenen Liganden kennt, werden als Waisen(engl. orphan)-Rezeptoren bezeichnet. Im aktiven Zustand bilden die Rezeptoren Dimere mit sich selbst (Homodimere) oder mit anderen Rezeptoren (Heterodimere).

C. Modularer Aufbau der nucleären Rezeptoren Die nucleären Rezeptoren sind modular aus Domänen verschiedener Länge und Funktion aufgebaut. Vom N- zum C-Terminus gelesen sind dies die transkriptionsaktivierende Domäne, die DNA-Bindungsdomäne, eine Kernlokalisierungssequenz (S. 218) und die ligandenbindende Domäne. Die Homologie der Rezeptoren ist im Bereich der DNA-Bindungsdomäne besonders groß. Hier besitzen die Proteine Cystein-reiche Sequenzen, die Zink-Ionen koordinativ binden (s. A, Cys gelb, Zn2 + hellblau). Diese Zentren (sog. „Zinkfinger“) stabilisieren die Domänen und unterstützen deren Dimerisierung, nehmen aber nicht direkt an der DNA-Bindung teil. Dafür sind wie bei anderen Transkriptionsfaktoren (S. 254) „Erkennungshelices“ zuständig.

8.3 Lipophile Signalstoffe Wirkungsmechanismus Zu den lipophilen Signalstoffen, die im Zellkern wirken, gehören die Steroidhormone, das Calcitriol, die Iodthyronine (T3 und T4), die Retinsäuren und bestimmte Lipidmetabolite (Liste s. B). Diese Signalstoffe binden an intrazelluläre Rezeptoren, die als ligandengesteuerte Transkriptionsfaktoren fungieren und – unterstützt durch weitere Proteine – die Transkription von Genen kontrollieren.

8 Signalsysteme

A. Wirkungsmechanismus lipophiler Signalstoffe Nur freie, d. h. nicht an Transportproteine gebundene, Signalstoffe können die Membran durchdringen, um in die Zelle zu gelangen. Im Cytoplasma, manchmal auch erst im Zellkern, treffen sie auf ihre Rezeptoren. Dies sind Proteine die die lipophilen Liganden spezifisch und mit hoher Affinität binden können. Die Rezeptoren werden durch die Bindung des Liganden aktiviert, sie ändern ihre Konformation und sind dadurch in der Lage, als Dimere an DNA-Kontrollelemente im Promoter bestimmter Gene zu binden und von dort aus die Transkription der betreffenden Gene zu beeinflussen, d. h. sie wirken als Transkriptionsfaktoren. Die Abbildung zeigt den Wirkungsmechanismus des Cortisols. Der freie Rezeptor liegt im Cytoplasma als Monomer im Komplex mit dem Chaperon hsp90 (S. 222) vor. Die Bindung von Cortisol an den Komplex führt zu einer Konformationsänderung des Rezeptors, der sich daraufhin vom hsp90 löst, in den Zellkern wandert und die Fähigkeit zur spezifischen Dimerisierung und DNA-Bindung erlangt. Das Dimer des aktivierten Rezeptorkomplexes bindet an Nucleotid-Sequenzen, die als HRE (hormone response element) bezeichnet werden. Das sind kurze, punktsymmetrische DNA-Segmente (Palindrome), die in der Regel als Verstärker-Elemente (Enhancer) die Transkription fördern (S. 254). In der Abbildung ist das HRE für Glucocorticoide (GRE) gezeigt („n“ = beliebiges Nucleotid). Jeder Rezeptor erkennt nur „sein“ HRE und beeinflusst deshalb nur die Transkription von Genen, die sich in Nachbarschaft dieses HRE befinden. Die Erkennung zwischen Rezeptor und HRE beruht auf der Wechselwirkung von Amino-

43

säure-Resten der DNA-bindenden Domänen (s. C) mit den relevanten Basen des HRE (in der Struktur farbig hervorgehoben). Der Rezeptor interagiert nicht direkt mit der RNA-Polymerase, sondern mit einem Coaktivator/MediatorKomplex, der alle Signale verarbeitet und sie an die Polymerase weitergibt. So führt die Hormonwirkung in Minuten bis Stunden zu veränderten Spiegeln von mRNAs für Schlüsselproteine des Zellgeschehens („Zellantwort“). Dagegen werden manche schnellen Effekte (Größenordnung Sekunden bis Minuten) der lipophilen Signale nicht durch Transkriptionskontrolle vermittelt, sondern über die Steuerung von Enzymen der Signaltransduktion.

B. Nucleäre Rezeptoren und ihre Liganden Die Rezeptoren der lipophilen Signalstoffe gehören einer Protein-Superfamilie von Transkriptionsfaktoren an. Zu ihnen zählen die Rezeptoren für lipophile Hormone und Lipidmetabolite. Die Tabelle nennt wichtige Vertreter. Einige Rezeptorproteine, für die man keinen eigenen Liganden kennt, werden als Waisen(engl. orphan)-Rezeptoren bezeichnet. Im aktiven Zustand bilden die Rezeptoren Dimere mit sich selbst (Homodimere) oder mit anderen Rezeptoren (Heterodimere).

C. Modularer Aufbau der nucleären Rezeptoren Die nucleären Rezeptoren sind modular aus Domänen verschiedener Länge und Funktion aufgebaut. Vom N- zum C-Terminus gelesen sind dies die transkriptionsaktivierende Domäne, die DNA-Bindungsdomäne, eine Kernlokalisierungssequenz (S. 218) und die ligandenbindende Domäne. Die Homologie der Rezeptoren ist im Bereich der DNA-Bindungsdomäne besonders groß. Hier besitzen die Proteine Cystein-reiche Sequenzen, die Zink-Ionen koordinativ binden (s. A, Cys gelb, Zn2 + hellblau). Diese Zentren (sog. „Zinkfinger“) stabilisieren die Domänen und unterstützen deren Dimerisierung, nehmen aber nicht direkt an der DNA-Bindung teil. Dafür sind wie bei anderen Transkriptionsfaktoren (S. 254) „Erkennungshelices“ zuständig.

8 Signalsysteme

8.3 Lipophile Signalstoffe

Abb. 8.11 Lipophile Signalstoffe: Wirkungsmechanismus (A. Quelle PDB: 1GLU)

435

8.3 Lipophile Signalstoffe Corticosteroide

B. Aldosteron

Die Nebennierenrinde (NNR) bildet zwei Arten von Steroidhormonen, die Glucocorticoide und die Mineralocorticoide und daneben etwas Sexualsteroide.

Die beiden von der NNR gebildeten Mineralocorticoide sind das Aldosteron und das schwächer wirksame 11-Desoxycorticosteron. Die Aldehydruppe an C-18 kann mit der benachbarten Hydroxygruppe an C-11 ein Halbacetal bilden.

8 Signalsysteme

A. Cortisol ▶ Biosynthese. Das Glucocorticoid Cortisol wird in der Zona fasciculata der NNR aus Cholesterol gebildet. Zwischenstufen sind Pregnenolon und Progesteron (S. 440). Wie bei den anderen Steroidhormonen wird das Cortisol unmittelbar nach der Synthese durch Exocytose ins Blut ausgeschüttet, wo es an das Transportprotein Transcortin (CBG) bindet. Die Biosynthese steht unter der Kontrolle des glandotropen Hormons ACTH aus der Hypothalamus-Hypophysen-Achse (S. 432). Sie zeigt einen circadianen Rhythmus mit höchster Aktivität am frühen Morgen. Cortisol kann durch reversible Dehydrierung in das hormonunwirksame Cortison übergehen, das an C-11 statt einer Hydroxygruppe eine Oxogruppe trägt. ▶ Wirkungen. Cortisol hilft dem Körper, sich an Stress und Extremsituationen anzupassen und längere Hungerperioden zu überstehen. Es stimuliert den Abbau von Proteinen (S. 172) zu Aminosäuren (Proteolyse) in extrahepatischen Geweben, besonders im Muskel, und fördert den Umbau der Aminosäuren zu Kohlenhydraten in der Leber (Gluconeogenese) (S. 144) und den Aufbau von Glycogen. Dazu induziert Cortisol in der Leber Schlüsselenzyme des Aminosäure- (S. 170) und Kohlenhydratstoffwechsels (S. 386), (S. 386). Im Fettgewebe fördert Cortisol die Freisetzung von Fettsäuren (S. 344) durch andere Hormone (Lipolyse). Wegen einer katabolen Wirkung auf den extrahepatischen Proteinstoffwechsel resultiert eine negative Stickstoffbilanz und in höheren Konzentrationen wirken Glucocorticoide immunsuppressiv und entzündungshemmend. Diese Eigenschaften werden pharmakologisch genutzt. Da Cortisol in Bezug auf den Glucosestoffwechsel ein Gegenspieler des Insulins ist, können therapeutisch gegebene Glucocorticoide auch eine Glucoseintoleranz und einen Diabetes mellitus auslösen. Anhaltend höhere Hormonkonzentrationen hemmen in Knochen die Tätigkeit von Osteoblasten (→ Osteoporose). In geringem Umfang zeigen Corticosteroide auch eine mineralocorticoide Wirkung.

43

▶ Biosynthese. Die Bildung von Aldosteron in der Zona glomerulosa der NNR verläuft wie die des Cortisols über Pregnenolon und Progesteron. Nach Hydroxylierungen an C-21, C-18 und C-11 wird C-18 zur Aldehyd-Gruppe oxidiert. Sobald Aldosteron ins Blut ausgeschüttet ist, wird es an Transportproteine gebunden, vorwiegend an Albumin. Die Biosynthese von Aldosteron wird durch Angiotensin II (S. 448) stimuliert, eine zentrale Komponente des Renin-Angiotensin-Systems (S. 352). Auslöser ist eine Hypovolämie oder Hyponatriämie. ▶ Wirkungen. Aldosteron wirkt auf die proximalen und distalen Nierentubuli (S. 350). Dort induziert Aldosteron Natriumkanäle, die Na+/K+-ATPase und einige Stoffwechselenzyme. Aldosteron fördert dadurch die Na+-Reabsorption und eine verstärkte Ausscheidung von K+, H+ und NH4+. Aldosteron lässt dadurch den Na+-Spiegel und das Extrazellulärvolumen ansteigen, wodurch sich der Blutdruck erhöht. Auch in Schweiß- und Speicheldrüsen bremst Aldosteron die Na+-Ausscheidung. ▶ Pathobiochemie. Eine Überproduktion von Cortisol ist Ursache des Cushing-Syndroms, das meist auf Mikroadenome in der Hypophyse zurückgeht, die vermehrt ACTH produzieren. Beim Conn-Syndrom ist die Aldosteronbildung erhöht. Ursache kann ein gutartiges Adenom der NNR sein. Das Addison-Syndrom ist dagegen durch eine Unterproduktion von Cortisol gekennzeichnet. Ursache ist meist die Zerstörung von Zellen der NNR durch eine Autoimmunerkrankung. Beim Adrenogenitalen Syndrom (AGS) ist die Biosynthese des Cortisols gestört. Meist liegt ein Gendefekt der 21-Hydroxylase vor. Das fehlende Cortisol führt dann zu einer maximalen Synthese von ACTH, so dass die NNR in großen Mengen die Vorstufen des Cortisols bildet, die zu Androgenen umgewandelt werden.

8 Signalsysteme

8.3 Lipophile Signalstoffe

Abb. 8.12 Corticosteroide

437

8.3 Lipophile Signalstoffe Sexualsteroide und Menstruationszyklus Androgene stellen die Familie der männlichen Geschlechtshormone dar, Estrogene (Follikelhormone) und Gestagene (Progestine; Gelbkörperhormone), die Familien der weiblichen Geschlechtshormone.

A. Androgene

8 Signalsysteme

Das wichtigste Androgen ist Testosteron. Es entsteht beim Mann in den Leydig-Zellen des Hodens. Dort werden auch etwas 5α-Dihydrotestosteron (DHT) und Estradiol gebildet. Die Nebennierenrinde (NNR) von Mann und Frau kann in geringerem Umfang als die Hoden ebenfalls Androgene bilden. ▶ Biosynthese. Die Biosynthese von Testosteron (S. 440) verläuft vom Cholesterol über Progesteron. Sie wird im Hoden stimuliert durch das Luteotrope Hormon (LH) (S. 432), ein Tropin aus der Hypophyse. Aus Testosteron kann durch Reduktion mit einer 5α-Reduktase das DHT entstehen. Dies geschieht sowohl im Hoden als auch in der Peripherie. Beide Androgene werden im Blut an das Sexualhormon-bindende Globulin (SHBG) gebunden, teilweise auch an Albumin. ▶ Wirkungen. Androgene sind für die Bildung, den Erhalt und die Funktion der männlichen Geschlechtsorgane notwendig: Ausbildung der Geschlechtsorgane, Spermienentwicklung in den Sertoli-Zellen, Funktion der akzessorischen Drüsen und Reifung der sekundären Geschlechtsmerkmale. Außer diesen genitalen Wirkungen zeigen auch Androgene extragenitale Wirkungen. Sie wirken auf Muskeln und Knochen anabol und stimulieren den Stoffwechsel (Proteinsynthese, N-Retention).

B. Estrogene Die wichtigsten Estrogene sind Estradiol sowie Estron und Estriol. Ihr Charakteristikum ist der aromatische Ring A und die phenolische Hydroxygruppe an C-3 (S. 56). ▶ Biosynthese. Estrogene werden bei der Frau gemeinsam von den Thekazellen und Granulosazellen des Ovarialfollikels und im Gelbkörper synthetisiert. Geringe Mengen entstehen auch in der NNR und dem Fettgewebe. Die Biosynthese beginnt beim Cholesterol, verläuft über Pregnenolon und Testosteron (S. 440), das mithilfe einer Aromatase in Estradiol übergeht.

43

Wie bei Testosteron wird die Biosynthese durch LH stimuliert. Die Aromatase-Aktivität wird von follikelstimulierendem Hormon (FSH) gefördert. Beim Transport im Blut bindet Estradiol an Albumin und das Sexualsteroid-bindende Globulin (SHBG). ▶ Wirkungen. Wie bei den Androgenen lassen sich bei den Estrogenen genitale und extragenitale Wirkungen unterscheiden. Sie fördern die Entwicklung und Funktion der Gewebe, die an der Reproduktion beteiligt sind, insbesondere von Vagina und Uterus. Auch die sekundären Geschlechtsmerkmale der Frau stehen unter der Kontrolle von Estrogenen. Zusammen mit den Gestagenen sind sie am Ablauf des Menstruationszyklus beteiligt. Im allgemeinen Stoffwechsel haben Estrogene eine anabole Wirkung: Aufbau von Fetten in Leber und Fettgewebe und Einbau von Calcium in Knochen.

C. Gestagene Einziges natürliches Gestagen ist das Progesteron. ▶ Biosynthese. Es entsteht unter der Kontrolle von LH aus Cholesterol (S. 440) und wird im Gelbkörper des Ovars gebildet sowie während der Schwangerschaft in der Plazenta. Im Blut wird es an das Protein Transcortin gebunden. ▶ Wirkungen. Zusammen mit den Estrogenen ist Progesteron am Menstruationszyklus beteiligt. Als das Schwangerschaftshormon bereitet es die Uterusschleimhaut auf die Einnistung des befruchteten Eis vor und sorgt für die Aufrechterhaltung der Schwangerschaft. Erfolgt keine Befruchtung, nimmt die Progesteronbildung und Wirkung durch Rückkopplung mit der Hormonachse (S. 432) wieder ab.

D. Menstruationszyklus Der Menstruationszyklus der Frau ist durch charakteristische Hormonprofile der beiden Steroidhormone Estradiol und Progesteron sowie der übergeordneten glandotropen Hormone der Hyphophyse, LH und FSH, gekennzeichnet. In der Proliferationsphase (Follikelphase) steigt die Konzentration von Estradiol an. Dagegen wird die Sekretionsphase (Lutealphase) von einem breiten Gipfel von Progesteron dominiert. In der Ovulationsphase um den 15. Zyklustag zeigen die beiden Peptidhormone LH und FSH deutliche Gipfel.

8 Signalsysteme

8.3 Lipophile Signalstoffe

Abb. 8.13 Sexualsteroide und Menstruationszyklus

439

8.3 Lipophile Signalstoffe Stoffwechsel der Steroidhormone A. Biosynthese von Steroidhormonen

8 Signalsysteme

Die Steroidhormone werden in steroidogenen Drüsenzellen aus Cholesterol synthetisiert, sie entstehen dabei schrittweise aus seinem Grundgerüst Cholestan (S. 56). Das benötigte Cholesterol entstammt verschiedenen Quellen. Es wird entweder mit Lipoproteinen (S. 294) des Typs LDL in die Drüsenzellen aufgenommen oder von diesen aus Acetyl-CoA selbst synthetisiert (S. 166). Überschüssiges Cholesterol wird in Form von Fettsäureestern gespeichert. Durch Hydrolyse kann Cholesterol daraus wieder mobilisiert werden. ▶ Kontrolle. Die Biosynthese der Steroidhormone wird durch glandotrope Hormone stimuliert, die über GPCR, G-Proteine, AdenylatCyclase und cAMP eine Protein-Kinase A anschalten (S. 416). Die PK-A aktiviert die Cholesterolester-Hydrolase und das StAR-Protein (Steroidogenic acute regulatory Protein), mit dessen Hilfe Cholesterol in die Mitochondrien gelangt. Mit diesem geschwindigkeitsbestimmenden Transfer wird die Biosynthese der Steroidhormone eingeleitet. Welches Steroid dann gebildet wird, hängt von der enzymatischen Ausstattung der jeweiligen Drüsenzelle ab (s. B). So entstehen in den steroidhormonbildenden Zellen Steroide, die sechs Steroidhormonfamilien angehören können. Es sind die Gestagene (Leitsubstanz: Progesteron), die Glucocorticoide (Cortisol), die Mineralocorticoide (Aldosteron), die Androgene (Testosteron), die Estrogene (Estradiol) und die D-Hormone (Calcitriol).

B. Reaktionen Unter den beteiligten Reaktionen sind Hydroxylierungen besonders zahlreich. Sie werden von spezifischen Monooxygenasen („Hydroxylasen“) aus der Cytochrom P450-Familie (S. 338) katalysiert. Hinzu kommen Hydrierungen und Dehydrierungen, sowie Spaltungs- und Isomerisierungsreaktionen. Eine Sonderstellung unter den Steroidhormonen nehmen die Estrogene ein, die als einzige einen aromatischen ARing enthalten. Diese Struktur wird von einer „Aromatase“ gebildet. Erstes wichtiges Zwischenprodukt in der Biosynthese der meisten Steroidhormone ist Pregnenolon (C21). Es entsteht aus Cholesterol

44

(C27) durch zwei Hydroxylierungen und die oxidative Abspaltung der Seitenkette. Die anschließende Dehydrierung der Hydroxy-Gruppe an C-3 und Verlagerung der Doppelbindung von C-5 nach C-4 führt zum Progesteron (C21). Mit Ausnahme von Calcitriol leiten sich die Steroidhormone vom Pregnenolon oder Progesteron ab. So führen drei Hydroxylierungen an den C-Atomen 17, 21 und 11 des Progesterons zum Cortisol (C21). Bei der Synthese von Aldosteron (C21) entfällt die Hydroxylierung an C-17. Stattdessen wird die anguläre MethylGruppe (C-18) zur Aldehyd-Gruppe oxidiert. Bei der Synthese von Testosteron (C19) aus Progesteron wird die Seitenkette vollends oxidativ entfernt. Die schon erwähnte Aromatisierung des A-Rings führt vom Testosteron schließlich zum Estradiol (C18). Die Biosynthese des Calcitriols (S. 402) (C27; Vitamin-D-Hormon) nimmt einen anderen Weg. Sie beginnt bei 7-Dehydrocholesterol, in das eine zusätzliche Doppelbindung in Ring B eingeführt wird. Unter der Einwirkung von UV-B-Strahlung auf die Haut wird dann der BRing photochemisch aufgespalten und es entsteht das Secosteroid Cholecalciferol (Vitamin D3) (S. 408). Zwei Cyt P450-abhängige Hydroxylierungen in der Leber an C-25 und in der Niere an C-1 ergeben schließlich das aktive Vitamin-D-Hormon. ▶ Transport. Für Steroidhormone gibt es Transportproteine im Blut (S. 292). Sie können alle relativ unspezifisch an Albumin gebunden werden. Spezifisch ist dagegen die Bindung von Testosteron und Estradiol an SHBG (Sex Hormone binding Globulin), von Progesteron und Cortisol an Transcortin und von D-Hormonen an Vitamin-D-bindendes Protein.

C. Inaktivierung und Ausscheidung Die Steroidhormone werden vorwiegend in der Leber enzymatisch inaktiviert. Dies geschieht durch Enzymsysteme der Biotransformation (S. 336). Die Reaktionen sind Hydroxylierungen, Oxidation von OH-Gruppen und Reduktion von Oxogruppen. Schließlich werden die Steroidmetabolite zur Ausscheidung noch mit Glucuronsäure oder Sulfat konjugiert (S. 336). Durch die Kombination mehrerer Inaktivierungsreaktionen entstehen viele verschiedene Steroidmetabolite. Diese werden mit dem Urin, z. T. auch mit der Galle ausgeschieden.

8 Signalsysteme

8.3 Lipophile Signalstoffe

Abb. 8.14 Stoffwechsel der Steroidhormone

441

8.3 Lipophile Signalstoffe Schilddrüsenhormone A. Thyroxin (T4)

8 Signalsysteme

Von der aromatischen Aminosäure Tyrosin leiten sich die Schilddrüsenhormone Thyroxin und seine Metabolite ab. Der Grundkörper des Thyroxins heißt Thyronin. Im Thyroxin trägt er an den beiden aromatischen Ringen insgesamt vier Iod-Atome und wird deshalb als 3,5,3’,5’Tetraiodthyronin (T4 = Thyroxin) bezeichnet. Wichtigster Metabolit des Thyroxins ist das 3,5,3’-Triiodthyronin (T3). Es stellt die aktive Form der Schilddrüsenhormone dar. Die Abbildung zeigt T4 links in der Strukturformel, rechts als Kugel-Stab-Modell (Iod-Atome violett) und unten in der Van-der-Waals-Darstellung.

B. Biosynthese der Schilddrüsenhormone Thyroxin und Triiodthyronin werden in der Schilddrüse in den Follikelzellen gebildet. Ihre Biosynthese erinnert an die Biosynthese von Peptidhormonen. Die Follikelzellen synthetisieren ein großes dimeres Glycoprotein, das Thyreoglobulin (2 · 330 kDa), und sezernieren es in das Lumen der Follikel. Dort sammelt sich das Thyreoglobulin als Kolloid und dort wird es iodiert. Dazu nehmen die Follikelzellen Iodid (I-) aus dem Blut auf und konzentrieren es durch Co-Transport mit zwei Na+-Ionen vielfach. Mit Hilfe des Ionenkanals Pendrin gelangt das I- ins Kolloid. Dort wird mit Hilfe von NADPH von einer Thyreoperoxidase[1] H2O2 erzeugt. Die Iodierung des Thyreoglobulins geschieht in zwei Schritten: Die bifunktionelle Thyreoperoxidase oxidiert zuerst I- mithilfe des H2O2 zu I+ (Iodonium-Ion) und lässt dieses dann mit einigen Tyrosin-Resten des Thyreoglobulins reagieren, so dass diese in 3- und 5-Position des aromatischen Rings mit I-Atomen substituiert werden („Organifizierung des Iods“). Auch die Übertragung der iodierten Phenolgruppen zwischen verschiedenen Tyrosin-Resten des Thyreoglobulins wird der Thyreoperoxidase zugeschrieben. In Form dieser makromolekularen Vorstufe ist das Thyroxin im Kolloid gespeichert. Bei T4-Bedarf wird das Thyreoglobulin von den Follikelzellen durch Endocytose aufgenommen und durch lysosomalen Abbau zerlegt. Dabei werden iodierte Thyronine, darunter T3 und T4, frei und an das Blut abgegeben. Pro Tag sezernieren die Zellen der Schilddrüse etwa 80–100 μg Hormon (T4 : T3 etwa 2 : 1).

44

Die geringer iodierten Thyronine werden noch in den Follikelzellen durch Deiodasen vom Iod befreit. T4 und T3 sind im Blut zu mehr als 99 % an Transportproteine gebunden. Nur 0,025 % des T4 und 0,5 % des T3 liegen im Blut frei vor (fT4 und fT3) und sind als Hormone aktiv. Wichtigstes Bindungsprotein des Blutplasmas ist das Thyroxin-bindende Globulin (TBG), daneben binden auch Transthyretin (Präalbumin) und Albumin (S. 292). Die Proteinbindung der Schilddrüsenhormone sorgt für eine ungewöhnlich lange Halblebenszeit von etwa sieben Tagen für T4 und etwa einem Tag für T3. Auch in der Peripherie wird T4 durch Deiodasen zu T3 umgewandelt, der aktiven Form des Schilddrüsenhormons. Dieses zeigt als lipophiles Hormon den gleichen Wirkungsmechanismus (S. 434) wie die Steroidhormone. Kernständige Rezeptoren für das T3 finden sich in sehr vielen Geweben des Körpers. Zur Inaktivierung werden T4 und T3 in Leber und Niere vom Iod durch Deiodasen befreit, von denen einige zu der besonderen Gruppe Selen-haltiger Enzyme (S. 62) gehören.

C. Regulation der Schilddrüsenaktivität Die Schilddrüse unterliegt einer Kontrolle durch die Hypothalamus-Hypophysen-Achse (S. 436). Reize wie Kälte und Stress werden vom Gehirn im Hypothalamus registriert. Als Reaktion darauf sezernieren spezifische Neurone das Hormon Thyroliberin (ThyreotropinReleasing Hormon, TRH), ein kleines Neuropeptid aus nur drei Aminosäuren. Das TRH stimuliert die basophilen Zellen im Hypophysenvorderlappen dazu, das Peptidhormon Thyreotropin (Thyreocyten stimulierendes Hormon, TSH) zu bilden und zu sezernieren. TSH, ein Peptidhormon aus zwei Untereinheiten (92 und 112 AS), kontrolliert die Aktivität der Schilddrüsenzellen. Es stimuliert praktisch alle an der Biosynthese der Schilddrüsenhormone beteiligten Prozesse (s. B). ▶ Wirkungen. Schilddrüsenhormone steuern die Entwicklung des Fetus, sind also klassische Differenzierungshormone; sie fördern den Sauerstoffverbrauch durch Stimulieren der Atmungskette; sie heben den Grundumsatz des Stoffwechsels an und sie erhöhen die Thermogenese, u. a. durch Induktion der Na+/K+-ATPase.

8 Signalsysteme

8.3 Lipophile Signalstoffe

Abb. 8.15 Schilddrüsenhormone

443

8.4 Hydrophile Signalstoffe Insulin

B. Insulin: Signaltransduktion

Insulin ist das wichtigste anabol wirkende Hormon. Es steuert den Stoffwechsel zusammen mit seinen Gegenspielern (S. 386) Glucagon, Adrenalin, Cortisol, Thyroxin und Wachstumshormon. Hier werden die Struktur, Biosynthese und der Wirkungsmechanismus (S. 142) des Insulins behandelt. Seine zahlreichen Wirkungen (S. 148) werden auf der Folgeseite bei der Behandlung des Diabetes mellitus zusammengefasst.

Die vielfältigen Wirkungen des Insulins werden durch Bindung des Hormons an den Insulinrezeptor ausgelöst. Der Insulinrezeptor ist ein α2β2-Tetramer, das im Zellinneren aktivierbare Tyrosin-Kinase-Domänen (S. 416) trägt (Rezeptor-Tyrosin-Kinase). Die Bindung des Hormons aktiviert die intrazelluläre TyrosinKinase-Aktivität des Rezeptors, der daraufhin sich selbst und weitere Proteine (Rezeptorsubstrate) an verschiedenen Tyrosin-Resten phosphoryliert. An die Phosphotyrosin-Reste binden Adapterproteine, die das Signal weitergeben. Langfristiger Natur sind die Wirkungen des Insulins auf die Transkription (linker Bildteil). An das phosphorylierte IRS (InsulinrezeptorSubstrat) binden die Adapterproteine Grb-2 und Sos und stimulieren das G-Protein Ras (S. 420). Ras aktiviert die Protein-Kinase Raf und diese setzt eine Phosphorylierungskaskade in Gang, die über die Kinasen Mek und Erk (anderer Name: MAPK) (S. 428) zur Phosphorylierung von Transkriptionsfaktoren im Zellkern führt. Die schnelleren Effekte des Insulins auf den Kohlenhydrat- und Lipidstoffwechsel kommen ohne die Neusynthese von Proteinen aus (rechter Bildteil). An phosphoryliertes IRS kann außer Grb-2 auch ein dimeres Adapterprotein binden, das dadurch die Aktivität einer Phosphatidylinositol-3-Kinase (PIns3K) erlangt und an der Membran Phospholipide aus der Gruppe der Phosphatidylinositole (S. 422) in 3Stellung phosphoryliert. An diese Reaktionsprodukte bindet die Protein-Kinase PDK-1, wird dadurch aktiv und aktiviert ihrerseits die Protein-Kinase B (PK-B). Diese hat mehrere Wirkungen: PK-B sorgt über AS160 dafür, dass Vesikel mit der Plasmamembran verschmelzen, die den Glucose-Transporter Glut-4 enthalten. Dies führt zum Einbau von Glut-4 (S. 212) in die Membran und dadurch zu verstärkter Glucoseaufnahme in die Muskulatur und ins Fettgewebe. Außerdem hemmt PK-B durch Phosphorylierung die Glycogen-Synthase-Kinase 3 (GSK-3). Da die GSK-3 ihrerseits die GlycogenSynthase durch Phosphorylierung hemmt (S. 150), führt ihre Hemmung durch PK-B zu verstärkter Glycogen-Synthese. Die von PK-B aktivierte Protein-Phosphatase 1 (PP-1) überführt die Glycogen-Synthase durch Dephosphorylierung in die aktive Form (S. 150). Durch Phosphorylierung (S. 112) inaktiviert PK-B den Transkriptionsfaktor Foxo und hemmt dadurch die Transkription von PEP-CK (S. 254).

8 Signalsysteme

A. Struktur und Biosynthese 1. Primärstruktur. Insulin ist ein Peptidhormon aus 51 Aminosäuren (AS). Es besteht aus zwei Ketten, einer A-Kette (21 AS, gelb) und einer B-Kette (30 AS, orange), die durch zwei Disulfidbrücken miteinander verknüpft sind. Eine dritte Disulfidbrücke stabilisiert die Struktur der A-Kette. 2. Biosynthese. Insulin wird von B-Zellen der Langerhans-Inseln des Pankreas produziert. Wie bei Sekretproteinen üblich, trägt die Vorstufe des Hormons, das Präpro-Insulin (1), ein Signalpeptid aus 24 AS (grün), das die Peptidkette ins Innere des Endoplasmatischen Retikulums lenkt. Dort entsteht nach Abspaltung des Signalpeptids und Ausbildung der Disulfidbrücken das Pro-Insulin (2). Dieses enthält außer der A-Kette (gelb) und der B-Kette (orange) noch das C-Peptid mit 35 AS (weiß). Das Pro-Insulin gelangt dann in den Golgi-Apparat und wird dort durch Abspaltung des C-Peptids mithilfe einer Prohormon-Konvertase zu Insulin (3) umgewandelt (limitierte Proteolyse). Schließlich wird das Insulin in Form von zinkhaltigen Hexameren in Vesikeln, den β-Granula, zusammen mit dem abgespaltenen C-Peptid gespeichert (4) und bei Bedarf ausgeschüttet. Die Exocytose von Insulin aus den B-Zellen (S. 432) wird von Glucose stimuliert. Zusätzlich förderlich wirken auch verzweigtkettige AS und gastrointestinale Hormone (S. 390) wie GIP und GLP-1 (S. 452) (Inkretine).

44

8.4 Hydrophile Signalstoffe Insulin

B. Insulin: Signaltransduktion

Insulin ist das wichtigste anabol wirkende Hormon. Es steuert den Stoffwechsel zusammen mit seinen Gegenspielern (S. 386) Glucagon, Adrenalin, Cortisol, Thyroxin und Wachstumshormon. Hier werden die Struktur, Biosynthese und der Wirkungsmechanismus (S. 142) des Insulins behandelt. Seine zahlreichen Wirkungen (S. 148) werden auf der Folgeseite bei der Behandlung des Diabetes mellitus zusammengefasst.

Die vielfältigen Wirkungen des Insulins werden durch Bindung des Hormons an den Insulinrezeptor ausgelöst. Der Insulinrezeptor ist ein α2β2-Tetramer, das im Zellinneren aktivierbare Tyrosin-Kinase-Domänen (S. 416) trägt (Rezeptor-Tyrosin-Kinase). Die Bindung des Hormons aktiviert die intrazelluläre TyrosinKinase-Aktivität des Rezeptors, der daraufhin sich selbst und weitere Proteine (Rezeptorsubstrate) an verschiedenen Tyrosin-Resten phosphoryliert. An die Phosphotyrosin-Reste binden Adapterproteine, die das Signal weitergeben. Langfristiger Natur sind die Wirkungen des Insulins auf die Transkription (linker Bildteil). An das phosphorylierte IRS (InsulinrezeptorSubstrat) binden die Adapterproteine Grb-2 und Sos und stimulieren das G-Protein Ras (S. 420). Ras aktiviert die Protein-Kinase Raf und diese setzt eine Phosphorylierungskaskade in Gang, die über die Kinasen Mek und Erk (anderer Name: MAPK) (S. 428) zur Phosphorylierung von Transkriptionsfaktoren im Zellkern führt. Die schnelleren Effekte des Insulins auf den Kohlenhydrat- und Lipidstoffwechsel kommen ohne die Neusynthese von Proteinen aus (rechter Bildteil). An phosphoryliertes IRS kann außer Grb-2 auch ein dimeres Adapterprotein binden, das dadurch die Aktivität einer Phosphatidylinositol-3-Kinase (PIns3K) erlangt und an der Membran Phospholipide aus der Gruppe der Phosphatidylinositole (S. 422) in 3Stellung phosphoryliert. An diese Reaktionsprodukte bindet die Protein-Kinase PDK-1, wird dadurch aktiv und aktiviert ihrerseits die Protein-Kinase B (PK-B). Diese hat mehrere Wirkungen: PK-B sorgt über AS160 dafür, dass Vesikel mit der Plasmamembran verschmelzen, die den Glucose-Transporter Glut-4 enthalten. Dies führt zum Einbau von Glut-4 (S. 212) in die Membran und dadurch zu verstärkter Glucoseaufnahme in die Muskulatur und ins Fettgewebe. Außerdem hemmt PK-B durch Phosphorylierung die Glycogen-Synthase-Kinase 3 (GSK-3). Da die GSK-3 ihrerseits die GlycogenSynthase durch Phosphorylierung hemmt (S. 150), führt ihre Hemmung durch PK-B zu verstärkter Glycogen-Synthese. Die von PK-B aktivierte Protein-Phosphatase 1 (PP-1) überführt die Glycogen-Synthase durch Dephosphorylierung in die aktive Form (S. 150). Durch Phosphorylierung (S. 112) inaktiviert PK-B den Transkriptionsfaktor Foxo und hemmt dadurch die Transkription von PEP-CK (S. 254).

8 Signalsysteme

A. Struktur und Biosynthese 1. Primärstruktur. Insulin ist ein Peptidhormon aus 51 Aminosäuren (AS). Es besteht aus zwei Ketten, einer A-Kette (21 AS, gelb) und einer B-Kette (30 AS, orange), die durch zwei Disulfidbrücken miteinander verknüpft sind. Eine dritte Disulfidbrücke stabilisiert die Struktur der A-Kette. 2. Biosynthese. Insulin wird von B-Zellen der Langerhans-Inseln des Pankreas produziert. Wie bei Sekretproteinen üblich, trägt die Vorstufe des Hormons, das Präpro-Insulin (1), ein Signalpeptid aus 24 AS (grün), das die Peptidkette ins Innere des Endoplasmatischen Retikulums lenkt. Dort entsteht nach Abspaltung des Signalpeptids und Ausbildung der Disulfidbrücken das Pro-Insulin (2). Dieses enthält außer der A-Kette (gelb) und der B-Kette (orange) noch das C-Peptid mit 35 AS (weiß). Das Pro-Insulin gelangt dann in den Golgi-Apparat und wird dort durch Abspaltung des C-Peptids mithilfe einer Prohormon-Konvertase zu Insulin (3) umgewandelt (limitierte Proteolyse). Schließlich wird das Insulin in Form von zinkhaltigen Hexameren in Vesikeln, den β-Granula, zusammen mit dem abgespaltenen C-Peptid gespeichert (4) und bei Bedarf ausgeschüttet. Die Exocytose von Insulin aus den B-Zellen (S. 432) wird von Glucose stimuliert. Zusätzlich förderlich wirken auch verzweigtkettige AS und gastrointestinale Hormone (S. 390) wie GIP und GLP-1 (S. 452) (Inkretine).

44

8 Signalsysteme

8.4 Hydrophile Signalstoffe

Abb. 8.16 Insulin

445

8.4 Hydrophile Signalstoffe

8 Signalsysteme

Diabetes mellitus Der Diabetes mellitus (DM, „Zuckerkrankheit“) ist eine häufige Stoffwechselkrankheit, die auf einen absoluten oder relativen Mangel an Insulin zurückgeht. Das Fehlen dieses Peptidhormons (S. 444) wirkt sich vor allem auf den Stoffwechsel der Kohlenhydrate und Lipide aus. DM tritt in zwei Formen auf. Beim Diabetes vom Typ I (früher auch: insulinabhängiger Diabetes mellitus, IDDM) werden die insulinbildenden Zellen schon in frühem Alter durch eine vermutlich virusbedingte Autoimmunreaktion zerstört. Der mildere Diabetes vom Typ II (früher auch: nicht insulinabhängige Form, NIDDM) setzt meist erst in höherem Alter ein. Seine Ursachen hängen mit einer Insulinresistenz zusammen, sind im Einzelnen aber noch nicht völlig geklärt.

A. Auswirkungen eines Insulinmangels Die Wirkungen des Insulins auf den Kohlenhydratstoffwechsel werden in Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels (S. 148) besprochen. Vereinfachend kann man sie als Förderung der Glucoseverwertung und Hemmung der Glucoseneubildung beschreiben. Hinzu kommt, dass der Transport von Glucose durch Glut-4 (S. 212) vom Blut in viele Gewebe insulinabhängig ist (Ausnahmen sind Leber, ZNS und Erythrocyten). Auch der Lipidstoffwechsel wird, besonders im Fettgewebe, durch das Hormon beeinflusst. Insulin fördert den Umbau von Glucose in Fettsäuren. Dies beruht vor allem auf der Aktivierung der Acetyl-CoA-Carboxylase (S. 154) und auf vermehrter Bereitstellung von NADPH durch gesteigerte Aktivität des HMW (S. 142). Andererseits hemmt Insulin den Fettabbau über die hormonsensitive Lipase (S. 154). Proteinstoffwechsel: Insulin fördert die Aufnahme von Aminosäuren und vermindert, besonders in der Muskulatur, den Abbau von Proteinen. Die Auswirkungen eines Insulinmangels auf den Stoffwechsel sind in der Abb. durch Sterne gekennzeichnet. Besonders auffällig ist die Erhöhung der Glucosekonzentration im Blut von 5 mM (90 mg · dL–1) auf 9 mM (160 g · dL–1) und darüber (Hyperglycämie, erhöhter Blutzuckerspiegel). In Muskel- und Fettgewebe sind die Glucoseaufnahme und -verwertung bei Insulinmangel beeinträchtigt. Auch in der Leber ist die Glucoseverwertung gestört. Gleichzeitig ist bei Insulinmangel die Gluconeogenese gesteigert, u. a. durch ver-

44

mehrte Proteolyse in der Muskulatur. Dies erhöht den Blutzuckerspiegel weiter. Wird die Kapazität der Niere zur Rückresorption von Glucose überschritten (Plasmakonzentration ≥ 9 mM), kommt es zur Ausscheidung von Glucose mit dem Urin (Glucosurie). Der bei Insulinmangel gesteigerte Fettabbau hat besonders bei DM vom Typ I schwerwiegende Folgen. Die in großen Mengen anfallenden Fettsäuren werden in der Leber zum Teil zur Synthese von Lipoproteinen verwendet (Hyperlipidämie), der Rest wird zu Acetyl-CoA abgebaut. Da der Citratzyklus solche Mengen an Acetyl-CoA nicht aufnehmen kann, werden aus dem Überschuss in der Leber Ketonkörper (Acetessigsäure und 3-Hydroxybuttersäure) gebildet (S. 332). Weil dabei H+-Ionen freigesetzt werden, kann es zu schwerer metabolischer Acidose kommen. Das ebenfalls gebildete Aceton verleiht dem Atem solcher Patienten einen charakteristischen Geruch. Außerdem erscheinen große Mengen von Ketonkörper-Anionen im Urin (Ketonurie). Die durch Insulinmangel bedingten Störungen des Stoffwechsels können im akuten Fall bis hin zum diabetischen Koma und Tod führen.

B. Glycierung Ein DM kann erhebliche Folgeschäden nach sich ziehen, wenn er nicht gut eingestellt wird. Denn erhöhte Blutzuckerspiegel führen langfristig zu Veränderungen an den Blutgefäßen (diabetische Angiopathien), zu Schädigungen der Nieren (Nephropathien) und des Nervensystems (Neuropathien) sowie zu Linsentrübungen (Katarakt). Die Hauptursache für diese diabetischen Spätkomplikationen ist vermutlich die nicht-enzymatische Reaktion der Aldehyd-Gruppe der Glucose mit Aminogruppen von Proteinen, Lipiden und Nucleinsäuren („Glycierung“). So liegen schon beim Gesunden 4–6 % des Hämoglobin A in glycierter Form, d. h. als HbA1c, vor. Sein Anteil steigt bei unbehandelten Diabetikern an und dient als Maß für die Güte der Einstellung des Glucosespiegels. Die Abbildung zeigt die reversible Bildung einer Schiff-Base zwischen Aldehyd und Aminogruppe und die anschließende irreversible Amadori-Umlagerung zu einem glycierten Produkt. Werden langlebige Proteine glyciert, können sie sich weiter zu Endprodukten umlagern, den advanced glycosylation endproducts (AGE).

8 Signalsysteme

8.4 Hydrophile Signalstoffe

Abb. 8.17 Diabetes mellitus

447

8.4 Hydrophile Signalstoffe Weitere Hormone Die Zahl der Hormone im menschlichen Körper ist sehr groß (> 100). Meist handelt es sich bei diesen um Peptidhormone.

8 Signalsysteme

A. Peptidhormone (weitere Beispiele) Einige Peptidhormone wurden bereits erwähnt, darunter Parathyrin und Calcitonin (S. 352), Angiotensin II (S. 352), Insulin (S. 444), Glucagon (s. u.), Leptin (S. 344), Wachstumshormon (s. u.). Lutropin (LH), Follitropin (FSH) (S. 442), Thyreocyten stimulierendes Hormon (TSH) (S. 442) und das adrenocorticotrope Hormon (ACTH) (S. 436). Die Tabelle zählt noch weitere Peptidhormone auf. Vasopressin und Ocytocin sind eng verwandte cyclische Nonapeptide, die von der Neurohypophyse sezerniert werden. Das atriale natriuretische Peptid (ANP) (S. 424) stammt aus dem Herzen und kontrolliert den Natriumund Wasserhaushalt (S. 350). Prolactin bereitet während der Schwangerschaft die Lactation vor und Choriongonadotropin (hCG) sorgt für die Aufrechterhaltung der Schwangerschaft. Da es mit 28 kDa relativ klein ist, taucht es auch im Urin auf und lässt sich dort als Indikator für eine Schwangerschaft nutzen.

B. Glucagon Ein wichtiger Gegenspieler des Insulins ist das Glucagon, ein Peptidhormon aus 29 Aminosäuren. Es wird von den A-Zellen der Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüse synthetisiert. Wie beim Insulin entsteht ein Präprohormon, aus dem durch limitierte Proteolyse erst Proglucagon und dann Glucagon freigesetzt wird, das in Vesikeln gespeichert wird. Die Exocytose von Glucagon wird von Glucose, Insulin und Somatostatin gehemmt. Ein Abfall der Glucosekonzentration auf unter 2,8 mM, wie er bei Nahrungsmangel auftritt, löst die Ausschüttung des Glucagons aus. Seine Halbwertszeit im Blut beträgt nur Minuten. Wichtigstes Zielorgan des Glucagons ist die Leber. Dort bindet es spezifisch an einen 7-Helixrezeptor (GPCR) (S. 416) und löst über ein GsProtein die Bildung von cAMP (S. 422) aus. Ein Anstieg der cAMP-Konzentration führt über die Aktivierung von Protein-Kinase A zu einer beschleunigten Glycogenolyse und einem verminderten Glycogenaufbau (S. 146). Das angestiegene cAMP löst auch einen vermehrten Abbau von Fructose-2,6-bisphosphat (S. 149) aus.

44

Dadurch wird die Glycolyse gebremst und die Gluconeogenese (S. 144) beschleunigt. Diese Umsteuerung des Stoffwechsels geschieht schnell (in Minuten). Langsamer erfolgt die Induktion von Enzymen der Gluconeogenese, die das Glucagon über cAMP durch Aktivierung des Transkriptionsfaktors CREB (S. 254) im Zellkern auslöst. Insgesamt sorgt Glucagon dafür, dass die Leber Glucose ausschüttet statt aufnimmt. Dadurch wird der Glucosespiegel normalisiert, solange die Leber über ausreichend Energiereserven (Glycogen und Substrate der Gluconeogenese) verfügt. Im Fettgewebe wirkt Glucagon als Insulinantagonist über cAMP lipolytisch. Das Präproglucagon wird auch im Darm und Gehirn synthetisiert. Dort entstehen daraus statt des Glucagons zwei Gewebshormone mit anderer Primärstruktur und Wirkung, die Glucagon-ähnlichen Peptide GLP-1 (S. 390) und GLP-2 (S. 452).

C. Wachstumshormon Wachstumshormon (engl. growth hormone, GH = Somatotropin, STH) wird in der Adenohypophyse gebildet. Es steht unter der Kontrolle von zwei hypothalamischen Hormonen: Somatoliberin (GHRH) stimuliert und Somatostatin hemmt. Tiefschlaf und körperliche Aktivität erhöhen die Ausschüttung von GH über das GHRH. Stimulierend auf das GH wirkt auch das Peptidhormon Ghrelin aus der Magenmucosa. Als anaboles Hormon fördert GH das Wachstum und steuert den Stoffwechsel. Teile seiner Wirkungen werden von den Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktoren IGF-1 und IGF-2 (Somatomedine) vermittelt, deren Bildung GH besonders in der Leber induziert. In der pränatalen Entwicklung entstehen und wirken diese beiden Hormone jedoch unabhängig von GH. Postnatal stimulieren GH/IGF im Skelett das Längenwachstum der Knochen bis zur Pubertät. Auch danach werden Osteoblasten und Osteoklasten von GH/IGF stimuliert, um die Knochen lebenslang sich verändernden Bedingungen anzupassen. Im Muskel sorgen GH/IGF für eine Vergrößerung der Muskelmasse. Auch die inneren Organe stehen unter der Wachstumskontrolle dieser Hormone. Auf den Stoffwechsel wirkt GH als Antagonist des Insulins: es hemmt die Glucoseaufnahme, und fördert die Gluconeogenese und Lipolyse.

8 Signalsysteme

8.4 Hydrophile Signalstoffe

Abb. 8.18 Weitere Hormone

449

8.4 Hydrophile Signalstoffe Catecholamine

B. Wirkungen

Die Catecholamine Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin sind biogene Amine, deren gemeinsames Kennzeichen eine Dihydroxyphenyl-Gruppe (engl. catechol) ist. Sie fungieren als Neurotransmitter (S. 376), Noradrenalin und besonders Adrenalin auch als Hormone.

Die Catecholamine wirken durch Bindung an Membranrezeptoren (S. 378). Dopamin ist Neurotransmitter im ZNS und dort an vielen Steuerungs- und Regelvorgängen beteiligt. Noradrenalin und Adrenalin sind sowohl Neurotransmitter von (nor-)adrenergen Neuronen als auch Hormone des NNM. Ihre Wirkung kann als Reaktion auf eine bedrohliche Situation angesehen werden („flight or fight“): Steigerung der Herzfrequenz, Blutdruckerhöhung, Steigerung der Spiegel von Glucose und Fettsäuren im Blut und erhöhte Muskeltätigkeit. Sie dienen so der Anpassung an akuten Stress.

8 Signalsysteme

A. Biosynthese Die Biosynthese der Catecholamine findet im Nebennierenmark (NNM) und in Neuronen des zentralen und peripheren Nervensystems statt. Sie beginnt mit der Aminosäure Tyrosin. [1] Eine Hydroxylierung des aromatischen Rings führt zunächst zu Dopa (3,4-Dihydroxyphenylalanin) (S. 62). Dabei wird das ungewöhnliche Coenzym Tetrahydrobiopterin (THB) genutzt. [2] Die Decarboxylierung von Dopa erfordert das Coenzym Pyridoxalphosphat und liefert das biogene Amin Dopamin, einen wichtigen Neurotransmitter im ZNS. In dopaminergen Neuronen wird die Synthese an dieser Stelle beendet. [3] Die Nebenniere und (nor)adrenerge Neurone führen die Synthese weiter, indem sie Dopamin zu Noradrenalin hydroxylieren. Dabei wirkt Ascorbat (Vitamin C) als wasserstoffübertragendes Coenzym (S. 96). [4] Schließlich entsteht durch N-Methylierung von Noradrenalin das Adrenalin. Coenzym der Reaktion ist S-Adenosylmethionin (SAM) (S. 98). Ob ein Neuron dopaminerg, noradrenerg oder adrenerg ist, hängt also von seiner Enzymausstattung ab. Das NNM enthält alle vier Enzyme; dort werden Noradrenalin und Adrenalin im Verhältnis 1 : 4 gebildet. Im NNM wird die Biosynthese des Noradrenalins und Adrenalins nerval von Acetylcholin und parakrin von Cortisol stimuliert, sowie durch die Endprodukte gehemmt. Nach ihrer Biosynthese werden die Catecholamine zusammen mit ATP, verschiedenen Neuropeptiden und dem Protein Chromogranin in Vesikeln gespeichert und durch Exocytose gemeinsam ausgeschüttet (S. 372). Im Blut stammt das Adrenalin aus dem NNM und das Noradrenalin vorwiegend aus den Endigungen sympathischer Nerven. Die Halbwertszeit der Catecholamine im Blut beträgt nur wenige Minuten. Im synaptischen Spalt wird ihre Wirkung noch schneller beendet. Dies geschieht durch Wiederaufnahme in die präsynaptischen Neurone mithilfe eines Natrium-abhängigen Noradrenalin-Transporters (NET).

45

C. Morbus Parkinson Diese Krankheit ist durch den Untergang von dopaminergen Neuronen in der Substantia nigra gekennzeichnet, die an der Steuerung motorischer Abläufe im Striatum beteiligt sind. Dort wird nicht mehr ausreichend Dopamin ausgeschüttet. Die Folge für den Patienten sind Akinese, Rigor und Tremor. Die ParkinsonKrankheit lässt sich durch Gabe der DopaminVorstufe L-Dopa behandeln, die im Gegensatz zu dem fehlenden Dopamin die Blut-HirnSchranke passieren kann und vor Ort im ZNS durch die Dopa-Decarboxylase (Abb. A [2]) zu Dopamin umgewandelt wird.

D. Inaktivierung Die Catecholamine und andere biogene Amine werden sowohl in Neuronen als auch in nichtneuronalem Gewebe, besonders der Leber, durch enzymatische Reaktionen inaktiviert. Durch die Catechol-O-Methyltransferase (COMT) kann die Hydroxygruppe methyliert werden. Coenzym dabei ist S-Adenosylmethionin. Alternativ kann die Aminogruppe durch eine flavinhaltige Amin-Oxidase (MonoaminOxidase, MAO, Isotyp A und B) zu Aldehyd oxidiert werden. Der entstandene Aldehyd wird entweder zur Säure weiter oxidiert oder zum Alkohol reduziert. Wichtigstes Abbauprodukt von Adrenalin und Noradrenalin ist Vanillinmandelsäure. Die Endprodukte des Catecholaminstoffwechsels tauchen hauptsächlich im Urin auf.

8 Signalsysteme

8.4 Hydrophile Signalstoffe

Abb. 8.19 Catecholamine

451

8.4 Hydrophile Signalstoffe Gewebshormone, Mediatoren

C. Histamin

Zu den hormonähnlichen, extrazellulär wirksamen Signalstoffen zählen die Gewebshormone und Mediatoren. Sie werden von einzelnen Zellen sezerniert, wirken meist lokal, d. h. in unmittelbarer Nachbarschaft ihres Produktionsortes, ohne Transport durch das Blut (parakrine Wirkung) (S. 432).

Histamin ist ein prominenter Vertreter der Mediatoren.

A. Gewebshormone und Mediatoren Die Tabelle nennt wichtige Vertreter der Gewebshormone und Mediatoren und ihre Funktionen.

8 Signalsysteme

B. Gastrointestinale Hormone Diese Peptidhormone des Magen-Darm-Trakts wirken vorwiegend parakrin (S. 432). Zusammen bilden sie das enteroendokrine System. Gastrin wird in den G-Zellen des Magens gebildet. Es stimuliert die ECL-Zellen des Magens zur Sekretion von Histamin (S. 282) (s. auch unten). Cholecystokinin (CCK) wird von den I-Zellen des Dünndarms abgegeben und stimuliert die Azinuszellen des Pankreas zur Sekretion von Pankreasenzymen und HCO3–, die Hauptzellen des Magens zur Sekretion von Pepsinogen und die Gallenblase zur Kontraktion. Sekretin aus den S-Zellen des Dünndarms stimuliert die Epithelzellen der Schaltstücke des Pankreas zur Ausschüttung von Pankreassaft und die Hauptzellen des Magens zur Ausschüttung von Pepsinogen. Serotonin wird in den enterochromaffinen (EC-)Zellen des Dünn- und Dickdarms gebildet. Es stimuliert die Motilität der glatten Muskulatur des Darmtrakts. Somatostatin aus den D-Zellen vieler Bereiche des Magendarmtrakts hemmt die Aktivität anderer endokriner Zellen. Es ist auch ein wichtiger Hemmstoff der Hormonsekretion der Pankreasinseln und der Adenohypophyse. Glucagon-ähnliche Peptide wie GLP-1 (S. 390) und -2 (S. 448) werden in Reaktion auf Glucose von L-Zellen der intestinalen Mucosazellen ausgeschüttet, um dem Körper eine Nahrungsaufnahme zu signalisieren. GLP-1 fördert die Freisetzung von Insulin im Pankreas („Inkretin-Wirkung“) und das Sättigungsgefühl im Gehirn. GLP-2 hemmt die MagensaftSekretion der Belegzellen und beeinflusst die Motilität und Nährstoffresorption des Dünndarms.

45

▶ Stoffwechsel. Als biogenes Amin entsteht Histamin (S. 62) durch Pyridoxalphosphat-vermittelte Decarboxylierung von Histidin. Gebildet wird es in Mastzellen, basophilen Leukocyten, ECL-Zellen (S. 282) des Magens und histaminergen Neuronen des ZNS. In Mastzellen wird Histamin zusammen mit Heparin und neutralen Proteasen in sekretorischen Vesikeln gespeichert und auf Reiz hin ausgeschüttet. Inaktiviert wird Histamin (S. 376) durch N-Methylierung mit einer Histidin-Methyltransferase und/oder durch Oxidation zu Aldehyd und Säure mit Monoamin-Oxidase (MAO), DiaminOxidase (DAO) und Aldehyd-Oxidase. ▶ Wirkungen. Für Histamin gibt es auf seinen Zielzellen vier verschiedene Typen von Membranrezeptoren (H1–H4). H1-Rezeptoren vermitteln die allergische Reaktion der Haut und der Atemwege. Je nach Lokalisation kommt es zu einer Bronchokonstriktion, Vasokonstriktion oder Vasodilatation und Erhöhung der Gefäßpermeabilität. H2-Rezeptoren auf den Belegzellen der Magenmucosa steuern die Salzsäureproduktion. H3-Rezeptoren finden sich im ZNS und auf peripheren Neuronen. Sie sind an der Steuerung von Gehirnfunktionen beteiligt: Schlafen/ Wachen, Kontrolle des Herzkreislaufs und der Hormonachsen, Lernen und Gedächtnis. H4-Rezeptoren kommen auf Mast- und Blutzellen vor und steuern deren Chemotaxis. ▶ Pathobiochemie. Die IgE-vermittelte Ausschüttung von Histamin aus Mastzellen ist entscheidend an der Auslösung von allergischen Reaktionen vom Typ I beteiligt, darunter Asthma bronchiale, Heuschnupfen und Quaddeln. Mit Antihistaminika können einzelne Funktionen des Histamins blockiert werden. So wird Heuschnupfen mit H1-Antagonisten behandelt. Auch der allergische Schock ist ein wichtiger Einsatzbereich für diese Pharmaka. Eine überschießende Salzsäurebildung im Magen lässt sich durch H2-Antagonisten vermindern. Wegen der sedierenden Wirkung einiger Antihistaminika, die die Blut-Hirn-Schranke passieren können, werden diese auch als Schlafmittel eingesetzt.

8 Signalsysteme

8.4 Hydrophile Signalstoffe

Abb. 8.20 Gewebshormone, Mediatoren

453

8.4 Hydrophile Signalstoffe Eicosanoide A. Eicosanoide

8 Signalsysteme

Als Eicosanoide bezeichnet man eine Gruppe autokrin und parakrin wirkender Signalstoffe, die aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren (sog. PUFA) wie der Arachidonsäure (C20, griech. eikosi = 20,) und verwandten Fettsäuren wie Linolensäure (C18), Eikosapentaensäure (C20) und Dokosahexaensäure (C22) hervorgehen. Sie beeinflussen als Mediatoren eine große Zahl physiologischer Prozesse (s. u.). Der Eicosanoidstoffwechsel ist deshalb ein wichtiger Angriffspunkt von Medikamenten. ▶ Biosynthese. Fast alle Körperzellen können Eicosanoide bilden. Ausgangsmaterial sind Phospholipide der Membran, die Arachidonsäure (20 : 4) (S. 48) oder andere PUFA enthalten. Zunächst setzt eine Phospholipase A2 (PLA2, [1]) aus solchen Phospholipiden die Fettsäure frei, z. B. Arachidonat. Die Aktivität von PLA2 ist hormonkontrolliert, sie wird von Glucocorticoiden über das Protein Lipocortin gehemmt. Das gebildete Arachidonat ist selbst schon Signalstoff. Noch größere Bedeutung haben aber seine vielen Metabolite. Vom Arachidonat und seinen Verwandten führen zwei verschiedene Wege zu den Eicosanoiden. Schlüsselenzym des ersten Weges (Cyclooxygenase-Weg) ist die ProstaglandinH-Synthase [2]. Sie bewirkt in einer Zweischritt-Reaktion die Zyklisierung von Arachidonat zu Prostaglandin H2 (PGH2). Der erste Reaktionsschritt der PGH-Synthase wird von einer Cyclooxygenase-Aktivität (COX) katalysiert und führt Sauerstoff in die Fettsäure ein. Der zweite Schritt ist eine Peroxidase-Reaktion. Abhängig von der weiteren Enzymausstattung werden dann aus dem PGH2 verschiedene Prostaglandine, Prostacycline und Thromboxane gebildet, die man zusammen auch als Prostanoide bezeichnet. Charakteristisch für die Prostaglandine ist ein isozyklischer Fünfring, für die Prostacycline noch ein zusätzlicher O-haltiger Fünfring und für Thromboxane ein O-haltiger Sechsring (siehe Formeln). Der zweite Weg (Lipoxygenase-Weg) wird von 5-Lipoxygenasen [3] katalysiert, die aus den mehrfach ungesättigten Fettsäuren verschiedene Hydroxy- und Hydroperoxy-Fettsäuren bilden, u. a. Resolvine und Lipoxine. Durch Wasser-Abspaltung und verschiedene Übertragungsreaktionen entstehen Leukotriene, die alle offenkettige Fettsäurederivate sind.

45

▶ Wirkungen. Eicosanoide wirken über viele, verschiedene Membranrezeptoren in der unmittelbaren Umgebung ihrer Entstehung und zwar sowohl auf die Bildungszelle selbst (autokrin) als auch auf die Nachbarzellen (parakrin). Über 7-Helix-Rezeptoren werden ihre Effekte von den Second-Messengern cAMP, Ca2 + und Inositolphosphaten vermittelt. Je nach Substanz und Rezeptor wirken Eicosanoide hemmend oder stimulierend auf die Kontraktion der glatten Muskulatur, den Blutdruck, die Atmung und Tätigkeit von Darm und Uterus. Im Magen hemmen Prostaglandine über Gi-Proteine die HCl-Sekretion. Gleichzeitig fördern sie die Sekretion von Schleim, der die Magenschleimhaut vor der Säure schützt (S. 282). Weiterhin greifen Prostaglandine in den Knochenstoffwechsel und die Tätigkeit des sympathischen Nervensystems ein. Im Immunsystem sind Prostaglandine wichtig für die Entzündungsreaktion. Unter anderem locken sie Leukocyten an den Ort der Infektion. Auch an der Entstehung von Schmerz und Fieber sind Eicosanoide maßgeblich beteiligt. Die Thromboxane fördern die Thrombocyten-Aggregation und andere Vorgänge bei der Blutstillung (S. 306). ▶ Stoffwechsel. Eicosanoide werden innerhalb von Sekunden bis Minuten inaktiviert. Dies geschieht durch enzymatische Reduktion von Doppelbindungen und Dehydrierung von Hydroxy-Gruppen. Durch den schnellen Abbau ist ihre Reichweite sehr begrenzt. ▶ Weitere Informationen. Die PGH-Synthase [2] kommt in einer konstitutiven Form (sog. COX-I) vor und in einer durch Entzündungsmediatoren induzierbaren Form (sog. COX-II). Acetylsalicylat und andere nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID, nonsteroidal antiinflammatory drugs) hemmen die Aktivität einer oder beider PGH-Synthasen und somit die Synthese der meisten Eicosanoide. Dies erklärt ihre schmerzlindernde, temperatursenkende und antirheumatische Wirkung. Dabei acetyliert Acetylsalicylat irreversibel einen SerinRest in der Nähe des aktiven Zentrums der PGH-Synthase, so dass der Zugang für Substrate versperrt ist. Andere NSAID wirken als kompetitive Hemmstoffe. Auch Nebenwirkungen der NSAID resultieren aus der Hemmung der Eicosanoid-Synthese. So beeinträchtigen NSAID die Blutstillung, weil die Bildung von Thromboxanen in Thrombocyten gehemmt wird. Im Magen verstärken die NSAID die HCl-Sekretion und hemmen gleichzeitig die Bildung des schützenden Schleims.

8 Signalsysteme

8.4 Hydrophile Signalstoffe

Abb. 8.21 Eicosanoide

455

8.4 Hydrophile Signalstoffe Cytokine

8 Signalsysteme

A. Cytokine Cytokine sind hormonähnliche Peptide und Proteine, die von Zellen des Immunsystems und anderen Zelltypen synthetisiert und ausgeschüttet werden. Ihre zahlreichen biologischen Funktionen üben sie in drei Bereichen aus: sie steuern im Wesentlichen die Entwicklung und Homöostase des Immunsystems, sie kontrollieren das Blutzellen-bildende (hämatopoetische) System und sie sind an der unspezifischen Abwehr beteiligt, indem sie Entzündungsprozesse, die Blutgerinnung und den Blutdruck beeinflussen. Allgemein kontrollieren Cytokine Wachstum, Differenzierung und das Überleben von Zellen. Auch an der Steuerung von Schmerz, Fieber und der Apoptose sind sie beteiligt. Die Zahl der Cytokine ist sehr groß, die Tabelle nennt nur einige Vertreter. Häufig werden die Cytokine eingeteilt in Interleukine (IL), Interferone (IFN), Chemokine und Wachstumsfaktoren. Über Interleukine stimulieren Immunzellen die Proliferation und Aktivität anderer Immunzellen (S. 320). Interferone sind an der Virusabwehr beteiligt und hemmen die Proliferation. Chemokine steuern die Chemotaxis und Migration von Zellen. Wachstumsfaktoren regulieren die Differenzierung und stimulieren die Proliferation. Während Cytokine untereinander selten Strukturhomologien zeigen, sind ihre Wirkungen häufig ähnlich. Von den Hormonen (S. 430) unterscheiden sich Cytokine nur partiell: Sie werden von vielen verschiedenen Zellen abgegeben und nicht von definierten Drüsen sezerniert, und sie kontrollieren eine größere Vielfalt von Zielzellen als die Hormone.

B. Signaltransduktion der Cytokine Als Peptide oder Proteine sind Cytokine hydrophile Signalstoffe, die durch Bindung an Rezeptoren auf der Zelloberfläche wirken (S. 416). Die Bindung eines Cytokins an seinen Rezeptor (1) führt über mehrere Zwischenstufen (2–5) zur Aktivierung der Transkription spezifischer Gene (6). Die Cytokinrezeptoren selbst besitzen – im Gegensatz zu den Rezeptoren für Insulin und Wachstumsfaktoren (S. 416) – mit wenigen Ausnahmen keine Tyrosin-Kinase-Aktivität. Nach Bindung des Cytokins (1) assoziieren sie mit sich selbst zu Homodimeren, treten mit anderen Signaltransduktionsproteinen (STP) zu

45

Dimeren zusammen oder fördern deren Dimerisierung (2). Cytokinrezeptoren der Klasse I interagieren mit drei verschiedenen STP (gp130, βc und γc). Die STP binden selbst keine Cytokine, leiten das Signal aber an Tyrosin-Kinasen weiter (3). Da unterschiedliche Cytokine über ihre Rezeptoren das gleiche STP aktivieren können, wird die überlappende biologische Aktivität mancher Cytokine verständlich. Als Beispiel für den Signaltransduktionsweg der Cytokine zeigt die Abbildung, wie der IL-6Rezeptor nach der Bindung seines Liganden IL-6 (1) die Dimerisierung des STP gp130 veranlasst (2). Das Dimere gp130 bindet cytoplasmatische Tyrosin-Kinasen der Jak-Familie („Janus-Kinasen“ mit zwei Kinase-Zentren) und aktiviert diese (3). Die Janus-Kinasen phosphorylieren Cytokinrezeptoren, STP und verschiedene cytoplasmatische Proteine, die das Signal weiterleiten. Außerdem phosphorylieren sie Transkriptionsfaktoren, die als STAT („signal transducers and activators of transcription“) bezeichnet werden. STAT gehören zu den Proteinen mit einer SH2-Domäne (S. 428), die Phosphotyrosin-Reste binden können, sie lagern sich deshalb an die von den Janus-Kinasen phosphorylierten Cytokinrezeptoren an. Wenn die STAT dann auch selbst phosphoryliert werden (4), gehen sie in ihre aktive Form über und bilden Dimere (5). Nach ihrem Transfer in den Zellkern binden sie zusammen mit Hilfsproteinen als Transkriptionsfaktoren an die Promotoren induzierbarer Gene und steuern so deren Transkription (6). Die Aktivität der Cytokinrezeptoren, wird durch Protein-Phosphatasen beendet, die die Phosphotyrosin-Reste hydrolytisch spalten. Einige Cytokinrezeptoren können durch Proteolyse ihre Liganden-bindende extrazelluläre Domäne verlieren (nicht gezeigt). Diese taucht dann im Blut auf und konkurriert dort um die Bindung an Cytokinmoleküle. Das vermindert die wirksame Konzentration der Cytokine im Blut. Anaphylaxie („Cytokinsturm“) ist eine Überreaktion des Immunsystems. Dabei kommt es als Antwort von IgE auf körperfremde Proteine unter Beteiligung des Komplementsystems (Anaphylatoxine C3a, C4a und C5a) (S. 318) zu einer massiven Ausschüttung von entzündungsauslösenden Cytokinen aus Makrophagen, besonders von IL-1, IL-6 und TNF. Sie können einen Kreislaufschock verursachen und zu multiplem Organversagen führen.

8 Signalsysteme

8.4 Hydrophile Signalstoffe

Abb. 8.22 Cytokine

457

Kapitel 9

9.1

Zellproliferation 460

Wachstum und Entwicklung

9

9.1 Zellproliferation Zellzyklus I Alle Zellen im Körper entstehen durch Zellteilung. Dieser Prozess lässt sich untergliedern in das Wachstum der Zellen, das Verdoppeln ihrer Bestandteile wie DNA und Organellen und die eigentliche Teilung. In jeder Sekunde teilen sich in einem Erwachsenen viele Millionen Zellen.

9 Wachstum und Entwicklung

A. Zellzyklus Proliferierende Zellen durchlaufen einen Teilungszyklus (Zellzyklus), der bei Säugerzellen in Zellkultur etwa 24 Stunden dauert. Der Zyklus wird in vier verschiedene Phasen eingeteilt, die in der Reihenfolge als G1-, S-, G2- und M-Phase auftreten. Ausdifferenzierte Zellen teilen sich dagegen nur selten bis gar nicht. Sie haben die G1-Phase verlassen und befinden sich im Ruhezustand, der sog. G0-Phase, in der sie auf Dauer verbleiben können. Unter dem Einfluss mitogener Signale (Wachstumsfaktoren, Cytokine, Tumorviren u. a.) treten manche ruhende Zellen jedoch wieder in die G1-Phase ein, in der Proteine und Nucleotide synthetisiert werden, und beginnen nach Überschreiten eines Kontrollpunktes (s. u.) die Zellteilung. Während der S-Phase wird dann die DNA repliziert (S. 250) und neues Chromatin gebildet. Es folgt die G2Phase, in der weitere Proteine und RNA synthetisiert werden und die Mitose vorbereitet wird. Dabei wird z. B. Tubulin für den Spindelapparat synthetisiert. Morphologisch besonders auffällig ist die kurze M-Phase, in der sich die Chromatiden trennen (= Mitose) und zwei Tochterzellen entstehen (= Cytokinese). M- und S-Phase sind durch Abschnitte getrennt, die man als G1- und G2-Phase (von „gap“ = Lücke) bezeichnet. In der G1-Phase, deren Dauer variieren kann, wächst die Zelle durch Neusynthese von Zellbestandteilen. In der G2-Phase wird die Mitose vorbereitet. Zusammengenommen bezeichnet man G1-, G0-, S- und G2 als Interphase, die sich im Zellzyklus mit der kurzen M-Phase abwechselt. Im Körper teilen sich Zellen der einzelnen Gewebe unterschiedlich häufig. Nervenzellen und Muskelzellen teilen sich normalerweise nicht (es gibt Ausnahmen). Sie befinden sich permanent in der G0-Phase. Zellen anderer Gewebe und Organe teilen sich selten, können aber durch Wachstumsfaktoren zur Zellteilung stimuliert werden (z. B. die Hepatocyten). Dagegen teilen sich Samen- und Knochenmarkszellen sowie Zellen der Haut und des Verdauungstrakts häufig und regelmäßig.

46

Damit der Zellzyklus geregelt abläuft, gibt es Kontrollpunkte (checkpoints), an denen die Zelle entscheidet, ob der Zellzyklus fortgesetzt wird oder nicht. Beim Kontrollpunkt Start im späten Teil der G1-Phase wird entschieden, ob der Zellzyklus ablaufen kann. Der G2/M-Kontrollpunkt am Ende der G2-Phase gibt grünes Licht für die Mitose und der Metaphase/Anaphase-Kontrollpunkt in der M-Phase lässt die Cytokinese beginnen.

B. Kontrolle des Zellzyklus Das Fortschreiten des Zellzyklus wird durch eine Familie von Cyclin-abhängigen Kinasen (Cdk1–6) kontrolliert. Diese sind Ser/Thr-spezifische Protein-Kinasen, die ein Aktivatorprotein aus der Familie der Cycline (Cyclin A–D) binden müssen, um aktiv zu werden. Während die Cdk im Zellzyklus konstant vorhanden sind, unterliegt die Konzentration einzelner Cycline starken Schwankungen (links oben), weil sie phasenspezifisch synthetisiert und nach Ubiquitinierung in Proteasomen (S. 172) schnell wieder abgebaut werden. Dadurch kann eine Cdk nur aktiv werden, wenn ihr passendes Cyclin vorhanden ist. Weitere Mechanismen sorgen für eine zusätzliche Kontrolle der Protein-Kinase-Aktivität der Cyclin-CdkKomplexe (S. 462). Für die einzelnen Phasen des Zellzyklus sind bestimmte Kombinationen von Cyclin-CdkKomplexen typisch. Jeder dieser Komplexe hat spezifische Proteine als Substrate, deren Funktion und Struktur durch Phosphorylierung/Dephosphorylierung gesteuert wird (Tabelle). Zu den Substraten der Cyclin-Cdk-Komplexe gehören Proteine im Zellkern wie Transkriptionsfaktoren, Inhibitoren von Transkriptionsfaktoren und eine Reihe von Enzymen des Zellkerns, die das Chromatin und die DNA verändern, aber auch Proteine des Golgi-Apparats und der Zentrosomen. Mit Hilfe der aktiven Cyclin-Cdk-Komplexe ist ein Überschreiten der drei Kontrollpunkte möglich. Andernfalls bleibt der Zellzyklus stehen. Diese Kontrolle sorgt dafür, dass die sich teilende Zelle eine ausreichende Größe hat, dass die DNA intakt ist und die jeweils vorherigen Schritte des Teilungszyklus vollständig abgelaufen sind.

9.1 Zellproliferation Zellzyklus I Alle Zellen im Körper entstehen durch Zellteilung. Dieser Prozess lässt sich untergliedern in das Wachstum der Zellen, das Verdoppeln ihrer Bestandteile wie DNA und Organellen und die eigentliche Teilung. In jeder Sekunde teilen sich in einem Erwachsenen viele Millionen Zellen.

9 Wachstum und Entwicklung

A. Zellzyklus Proliferierende Zellen durchlaufen einen Teilungszyklus (Zellzyklus), der bei Säugerzellen in Zellkultur etwa 24 Stunden dauert. Der Zyklus wird in vier verschiedene Phasen eingeteilt, die in der Reihenfolge als G1-, S-, G2- und M-Phase auftreten. Ausdifferenzierte Zellen teilen sich dagegen nur selten bis gar nicht. Sie haben die G1-Phase verlassen und befinden sich im Ruhezustand, der sog. G0-Phase, in der sie auf Dauer verbleiben können. Unter dem Einfluss mitogener Signale (Wachstumsfaktoren, Cytokine, Tumorviren u. a.) treten manche ruhende Zellen jedoch wieder in die G1-Phase ein, in der Proteine und Nucleotide synthetisiert werden, und beginnen nach Überschreiten eines Kontrollpunktes (s. u.) die Zellteilung. Während der S-Phase wird dann die DNA repliziert (S. 250) und neues Chromatin gebildet. Es folgt die G2Phase, in der weitere Proteine und RNA synthetisiert werden und die Mitose vorbereitet wird. Dabei wird z. B. Tubulin für den Spindelapparat synthetisiert. Morphologisch besonders auffällig ist die kurze M-Phase, in der sich die Chromatiden trennen (= Mitose) und zwei Tochterzellen entstehen (= Cytokinese). M- und S-Phase sind durch Abschnitte getrennt, die man als G1- und G2-Phase (von „gap“ = Lücke) bezeichnet. In der G1-Phase, deren Dauer variieren kann, wächst die Zelle durch Neusynthese von Zellbestandteilen. In der G2-Phase wird die Mitose vorbereitet. Zusammengenommen bezeichnet man G1-, G0-, S- und G2 als Interphase, die sich im Zellzyklus mit der kurzen M-Phase abwechselt. Im Körper teilen sich Zellen der einzelnen Gewebe unterschiedlich häufig. Nervenzellen und Muskelzellen teilen sich normalerweise nicht (es gibt Ausnahmen). Sie befinden sich permanent in der G0-Phase. Zellen anderer Gewebe und Organe teilen sich selten, können aber durch Wachstumsfaktoren zur Zellteilung stimuliert werden (z. B. die Hepatocyten). Dagegen teilen sich Samen- und Knochenmarkszellen sowie Zellen der Haut und des Verdauungstrakts häufig und regelmäßig.

46

Damit der Zellzyklus geregelt abläuft, gibt es Kontrollpunkte (checkpoints), an denen die Zelle entscheidet, ob der Zellzyklus fortgesetzt wird oder nicht. Beim Kontrollpunkt Start im späten Teil der G1-Phase wird entschieden, ob der Zellzyklus ablaufen kann. Der G2/M-Kontrollpunkt am Ende der G2-Phase gibt grünes Licht für die Mitose und der Metaphase/Anaphase-Kontrollpunkt in der M-Phase lässt die Cytokinese beginnen.

B. Kontrolle des Zellzyklus Das Fortschreiten des Zellzyklus wird durch eine Familie von Cyclin-abhängigen Kinasen (Cdk1–6) kontrolliert. Diese sind Ser/Thr-spezifische Protein-Kinasen, die ein Aktivatorprotein aus der Familie der Cycline (Cyclin A–D) binden müssen, um aktiv zu werden. Während die Cdk im Zellzyklus konstant vorhanden sind, unterliegt die Konzentration einzelner Cycline starken Schwankungen (links oben), weil sie phasenspezifisch synthetisiert und nach Ubiquitinierung in Proteasomen (S. 172) schnell wieder abgebaut werden. Dadurch kann eine Cdk nur aktiv werden, wenn ihr passendes Cyclin vorhanden ist. Weitere Mechanismen sorgen für eine zusätzliche Kontrolle der Protein-Kinase-Aktivität der Cyclin-CdkKomplexe (S. 462). Für die einzelnen Phasen des Zellzyklus sind bestimmte Kombinationen von Cyclin-CdkKomplexen typisch. Jeder dieser Komplexe hat spezifische Proteine als Substrate, deren Funktion und Struktur durch Phosphorylierung/Dephosphorylierung gesteuert wird (Tabelle). Zu den Substraten der Cyclin-Cdk-Komplexe gehören Proteine im Zellkern wie Transkriptionsfaktoren, Inhibitoren von Transkriptionsfaktoren und eine Reihe von Enzymen des Zellkerns, die das Chromatin und die DNA verändern, aber auch Proteine des Golgi-Apparats und der Zentrosomen. Mit Hilfe der aktiven Cyclin-Cdk-Komplexe ist ein Überschreiten der drei Kontrollpunkte möglich. Andernfalls bleibt der Zellzyklus stehen. Diese Kontrolle sorgt dafür, dass die sich teilende Zelle eine ausreichende Größe hat, dass die DNA intakt ist und die jeweils vorherigen Schritte des Teilungszyklus vollständig abgelaufen sind.

9 Wachstum und Entwicklung

9.1 Zellproliferation

Abb. 9.1 Zellzyklus I

461

9.1 Zellproliferation Zellzyklus II Die Kontrolle des Zellzyklus kann man als ein Netzwerk von positiven und negativen Protein-Protein-Interaktionen ansehen, durch die eine Zellteilung ausgelöst wird, wenn alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

9 Wachstum und Entwicklung

A. Kontrolle der Aktivität von Cyclin-abhängigen Kinasen (Cdk) Im Zentrum der Steuerung des Zellzyklus (S. 460) stehen die Cyclin-abhängigen Kinasen Cdk. Ihre Aktivität unterliegt einer strikten Kontrolle und wird auf verschiedenen Ebenen gesteuert: durch Bindung ihrer aktivierenden Untereinheiten, der Cycline, durch Bindung an negative Regulatoren (Cdk-Inhibitoren, CKI), durch Phosphorylierung/Dephosphorylierung, und auch durch Faltung und subzelluläre Lokalisation. Der gezeigte heterodimere Komplex aus Cyclin und Cdk kann, wie auf der Vorseite beschrieben, aus der Kombination verschiedener Cycline (A–D) und verschiedener Cdk (1–6) hervorgehen. Er muss noch spezifisch durch eine Cdk-aktivierende Kinase (CAK, Enzym [3]) phosphoryliert werden, um als Protein-Kinase aktiv zu werden. Bei CAK handelt es sich um einen besonderen Cyclin-Cdk-Komplex (Cdk7/ Cyclin H), der noch ein zusätzliches Protein enthält (Mat1). Andere Phosphorylierungen durch Protein-Kinasen namens Wee1 und Myt1 [1] inaktivieren dagegen die Cdk. Diese Hemmung kann durch die Protein-Phosphatase Cdc25 [2] wieder aufgehoben werden. Die Cdk-Inhibitoren (CKI) gehören zwei Familien an. Vertreter der INK4-Familie binden direkt an Cdk und hemmen sie. Vertreter der Cip/ Kip-Familie binden dagegen an den aktiven Cyclin-Cdk-Komplex. Endgültig inaktiviert wird der Cyclin-CdkKomplex durch Ubiquitinierung des Cyclins [4]. Dies leitet den Abbau des Cyclins in Proteasomen (S. 172) ein. Zurück bleibt die inaktive Cdk für den nächsten Zellzyklus. Protein-Phosphatasen [5] gewinnen dann in der Zelle wieder die Oberhand und dephosphorylieren alle am jeweiligen Zellzyklusschritt beteiligten Proteine, auch die Cdk

B. Retinoblastom-Protein Ein wichtiges Substrat der G1/S-Cdk-Komplexe ist das Rb-Protein (pRb, Retinoblastom-Protein). pRb liegt in der G0- und G1-Phase

46

unphosphoryliert vor. In dieser Form bindet es den Transkriptionsfaktor E2F und blockiert ihn. Durch Phosphorylierung von pRb wird E2F jedoch freigesetzt und kann an regulatorischen Elementen seiner Zielgene die Synthese von Proteinen erhöhen, die für die Replikationsprozesse in der S-Phase benötigt werden, z. B. DNA-Polymerase, Dihydrofolat-Reduktase, Thymidin-Kinase und S-Phase-Cycline. Das pRb durchläuft während des Zellzyklus einen Phosphorylierungs-Dephosphorylierungszyklus (nicht gezeigt). In der G1-Phase liegt es dephosphoryliert vor und hemmt dadurch E2F. Beim Übergang in die S1-Phase wird es phosphoryliert und gibt dadurch E2F frei.

C. Protein p53 Das Protein p53 wird als „Wächter des Genoms“ bezeichnet, weil es bei DNA-Schäden und Stress durch spezifische Protein-Kinasen (ATM oder ATR) aktiviert wird. Phosphoryliertes p53 wirkt als Transkriptionsfaktor und induziert die Synthese des Proteins p21. Dieses wirkt als Cdk-Inhibitor (Cip/Kip-Familie) und blockiert die Wirkung des G1-Cdk-Komplexes, so dass das Retinoblastom-Protein pRb nicht phosphoryliert wird (s. o.). Der Zellzyklus bleibt dann am Übergang zur S1-Phase stehen und die DNA kann in Ruhe repariert werden. Wenn dies erfolgreich geschehen ist, entfällt die Phosphorylierung von p53. Da es in nichtphosphorylierter Form ständig durch Ubiquitinierung den Proteasomen zum Abbau zugeführt wird, häuft es sich in normalen Zellen nicht an. Gelingt es den DNA-Reparatursystemen nicht, die DNA-Schäden zu beseitigen, treibt eine ansteigende Konzentration von phosphoryliertem p53 die Zelle schließlich in die Apoptose (S. 464). pRb und p53 sind die Produkte von Tumorsuppressorgenen (Anti-Onkogenen) (S. 466). Ihr vollständiger Ausfall z. B. durch Mutation führt zu beschleunigter Zellteilung, ein typisches Kennzeichen von Tumoren. Tatsächlich werden somatische Mutationen bei pRb und p53 in mehr als der Hälfte aller Tumoren des Menschen gefunden. Das humane Papillomvirus, das für die Entstehung von Zervixtumoren verantwortlich ist, codiert u. a. für das Protein E6, das mit dem Tumorsuppressorprotein p53 interagiert und seinen Abbau fördert.

9 Wachstum und Entwicklung

9.1 Zellproliferation

Abb. 9.2 Zellzyklus II

463

9.1 Zellproliferation Apoptose

9 Wachstum und Entwicklung

A. Zellproliferation und Apoptose Die Zahl der Zellen eines Gewebes wird im Wesentlichen von zwei Vorgängen kontrolliert, der Zellvermehrung (Proliferation) und dem physiologischen Zelltod, der Apoptose. Beide Prozesse werden durch stimulierende und hemmende Faktoren reguliert, die in gelöster Form wirken (Wachstumsfaktoren und Cytokine) oder gebunden an die Oberfläche von Nachbarzellen präsentiert werden (s. u.). Von der Apoptose wird die Nekrose unterschieden (nicht gezeigt), bei der der Zelltod meist auf eine physikalische oder chemische Schädigung zurückgeht. Die Apoptose ist ein genetisch programmierter Zelltod, der zu einem „sauberen“ Abbau von Zellen und zu ihrer Entsorgung führt. Morphologisch beginnt die Apoptose mit einer Chromatinkondensation und dem Schrumpfen des Zellkerns. Es folgen Veränderungen der Zellmembran (Abschnüren von Bläschen, sog. apoptotic bodies), ein Schrumpfen der ganzen Zelle und die Fragmentierung der DNA. Biochemisches Kennzeichen ist u. a. das Auftauchen von negativ geladenem Phosphatidylserin auf der Cytoplasmamembran. Makrophagen und andere phagocytierende Zellen erkennen dieses Signal und entfernen apoptotische Zellen durch Phagocytose, ohne dass es zu Entzündungserscheinungen kommt. Mit Hilfe der Apoptose wird nicht nur die Ausdehnung der Gewebe (genauer: die Zellzahl) kontrolliert. Durch Apoptose werden auch unerwünschte oder überflüssige Zellen entfernt z. B. während der Embryonalentwicklung, im Immun- oder im Nervensystem. Auch kranke Zellen werden durch Apoptose eliminiert, z. B. Tumorzellen, virusinfizierte Zellen oder Zellen mit irreparabel geschädigter DNA. Ein alltägliches Beispiel dafür ist das Schälen der Haut nach einem Sonnenbrand.

B. Steuerung der Apoptose Im Zentrum des apoptotischen Geschehens stehen die Caspasen (von: cysteinyl-aspartate specific protease), eine Gruppe spezialisierter Cystein-Proteinasen (S. 172), die C-terminal von der Aminosäure Aspartat spalten. Sie bilden eine Enzymkaskade, deren Glieder im Ruhezustand als Procaspasen im Cytoplasma vorliegen und durch limitierte Proteolyse aktiviert werden. Initiator-Caspasen (Caspase-2, -8, -9

46

und -10) sind die Starter der Kaskade. Sie kontrollieren Effektor-Caspasen (Caspase-3, -6 und -7), die wichtige Zellproteine angreifen und spalten. Dadurch wird der Zelltod herbeigeführt. Prominente Substrate der EffektorCaspasen sind die Lamine der Kernhülle, Protein-Kinasen, Transkriptionsfaktoren und Inhibitoren spezieller DNasen, die dann die Kern-DNA fragmentieren. Die Apoptose wird von extrazellulären und intrazellulären Signalen beeinflusst. Der extrinsische Weg der Apoptose wird an der Zelloberfläche durch Liganden ausgelöst, die an Rezeptoren der Tumornekrosefaktor-Rezeptorfamilie (TNFR, sog. „Todesrezeptoren“) binden. Zu diesen gehören die Fas-Rezeptoren, die auf der Plasmamembran der meisten Körperzellen vorkommen. Binden Fas-Liganden an die Fas-Rezeptoren einer Zelle, dann kommt es zu einer Trimerisierung der Rezeptoren. Dies aktiviert im Inneren der Zelle über das Adapterprotein FADD (Fas-associated death domain) die Initiator-Caspase-8, die den apoptotischen Prozess in Gang setzt. Der intrinsische, mitochondriale Weg wird von genotoxischem (DNA-Schäden) (S. 266) oder oxidativem Stress (S. 300) ausgelöst. Dieser sorgt mithilfe von Bcl-Proteinen für eine Permeabilisierung der äußeren Mitochondrienmembran. Dadurch gelangen mitochondriale Proteine ins Cytoplasma. Besonders Cytochrom c löst dort die Caspase-Kaskade aus, indem es an das Adapterprotein Apaf1 bindet und die Bildung eines Apoptosoms fördert, eines radförmigen Heptamers, das die Initiator-Procaspase-9 rekrutiert und zu Caspase-9 aktiviert. Zu der Familie der Bcl-Proteine gehören apoptosefördernde (u. a. Bad, Bak, Bax, Bim und Bid) und apoptosehemmende Proteine (u. a. Bcl-2). Das labile Gleichgewicht zwischen diesen Bcl-Proteinen wird durch Stress in Richtung Apoptose verschoben. Die Spaltung von Bid zu tBid durch Caspase-8 inaktiviert Bcl-2. So ist der intrinsische Signalweg der Apoptoseinduktion mit dem extrinsischen Weg verknüpft und kann ihn verstärken. Extrazelluläre Wachstumsfaktoren sorgen für eine Inaktivierung von Bad oder eine Vermehrung von Bcl-2 und verhindern so eine Apoptose. Schließlich spalten die aktivierten InitiatorCaspasen-8, -9 und -10 Procaspase-3 und setzen dadurch die Apoptosekaskade in Gang.

9 Wachstum und Entwicklung

9.1 Zellproliferation

Abb. 9.3 Apoptose

465

9.1 Zellproliferation Onkogene Onkogene sind Gene, die eine unkontrollierte Zellproliferation auslösen können. Entdeckt wurden sie als virale v-Onkogene in tumorauslösenden Retroviren (Tumorviren). Obwohl viral bedingte Tumoren nicht sehr häufig sind, hat ihre Erforschung entscheidend zum Verständnis der Onkogene und ihrer Funktionen beigetragen.

9 Wachstum und Entwicklung

A. Protoonkogene: Biologische Rolle Protoonkogene kodieren für Proteine, die an der Kontrolle von normalen Wachstums- und Differenzierungsprozessen der Zellen beteiligt sind, z. B. bei der Embryogenese. Die DNA-Sequenz der Protoonkogene kann allerdings so geschädigt werden, dass daraus zelluläre Onkogene, sog. c-Onkogene, entstehen. Dies ist z. B. möglich durch Mutationen (S. 266), Deletionen, Translokationen oder wenn durch Überexpression zu große Mengen des Genprodukts gebildet werden. Zur Überexpression kann es kommen, wenn durch Amplifikation zahlreiche funktionsfähige Kopien des Gens angelegt werden oder wenn das Gen unter den Einfluss eines sehr aktiven Promoters (S. 254) gerät. In der Regel wird ein Schaden der DNA repariert (S. 266) und wenn dies nicht möglich ist, wird die Zelle in die Apoptose (S. 464) geführt und stirbt. Ist allerdings gleichzeitig auch die Kontrolle der Onkogenexpression durch die Produkte der sog. Tumorsuppressorgene (Anti-Onkogene) (S. 462) gestört, kann es zur Transformation und zur ungeregelten Proliferation der Zelle kommen. Ein einzelnes Onkogen führt in der Regel noch nicht zum Verlust der Wachstumskontrolle. Dies tritt erst ein, wenn sich im Laufe der Zeit in ein und derselben Zelle Mutationen und Regulationsdefekte anhäufen. Daran sind sog. Mutatorgene beteiligt (nicht gezeigt), die den Einfluss von defekten Suppressorgenen verstärken. Mutatorgene codieren für Proteine des DNA-Reparaturapparats. Gelingt es dem Immunsystem nicht, die transformierte Zelle zu beseitigen, kann diese im Verlauf von Monaten oder Jahren zu einem makroskopisch sichtbaren Tumor heranwachsen.

B. Onkogenprodukte: Biochemische Funktionen Allen Onkogenen gemeinsam ist, dass sie für Proteine codieren, die an Signaltransduktionsprozessen beteiligt sind. Die Onkogenprodukte

46

können den Zellzyklus steuern, die Apoptose beeinflussen oder die Expression von Genen regulieren. Zur Bezeichnung der Onkogene bildet man Abkürzungen aus drei Buchstaben, die kursiv geschrieben werden (z. B. myc). Nach ihrer Funktion kann man die von Onkogenen codierten Proteine in folgende Gruppen einteilen. 1. Liganden von Rezeptoren, z. B. Wachstumsfaktoren und Cytokine, die die Zellproliferation aktivieren. 2. Membranrezeptoren (S. 416) vom 1-HelixTyp mit Tyrosin-Kinase-Aktivität (RTK), die Wachstumsfaktoren und Hormone binden können. 3. GTP-bindende Proteine und Adapterproteine. Zu dieser Gruppe gehören u. a. die GProteine (S. 420) im engeren Sinne und verwandte Proteine wie Ras, das Produkt des Onkogens c-ras. 4. Rezeptoren für lipophile Hormone vermitteln die Wirkung (S. 434) der Steroidhormone und verwandter Signalstoffe. Sie steuern die Transkription bestimmter Gene. Die Produkte mehrerer Onkogene (z. B. erbA) gehören in diese Superfamilie ligandengesteuerter Transkriptionsfaktoren. 5. Nucleäre Tumorsuppressoren hemmen in ausdifferenzierten Zellen die Rückkehr in den Zellteilungszyklus. Die für diese Proteine codierenden Gene werden wegen dieser Funktion auch als Anti-Onkogene bezeichnet. Zur Rolle von p53 und pRb (S. 462). 6. DNA-bindende Proteine. Eine ganze Reihe von Onkogenen codiert für Transkriptionsfaktoren. Für die Kontrolle der Zellproliferation besonders wichtig sind myc sowie fos und jun. Die Proteinprodukte der beiden letztgenannten Gene bilden als Heterodimer den Transkriptionsfaktor AP-1. 7. Protein-Kinasen nehmen eine zentrale Aufgabe bei der intrazellulären Signalübermittlung wahr. Sie bewirken durch Phosphorylierung von Proteinen eine Veränderung der biologischen Aktivität, die erst durch die Wirkung von Protein-Phosphatasen (S. 426) wieder rückgängig gemacht wird. Das Zusammenspiel von ProteinPhosphorylierung durch Protein-Kinasen und Dephosphorylierung durch ProteinPhosphatasen (Interkonversion) dient der Regulation des Zellzyklus (S. 460) und anderer wichtiger Prozesse. Die Protein-Kinase Raf ist u. a. auch an der Signaltransduktion des Insulins (S. 444) beteiligt.

9 Wachstum und Entwicklung

9.1 Zellproliferation

Abb. 9.4 Onkogene

467

9.1 Zellproliferation Tumoren

9 Wachstum und Entwicklung

A. Teilungsverhalten von Zellen Die Zellen des Körpers stehen normalerweise unter einer strikten „sozialen“ Kontrolle: Sie teilen sich nur so lange, bis sie Kontakt zu Nachbarzellen haben, dann stellen sie ihre Zellteilung durch Kontaktinhibition ein. Ausnahmen von dieser Regel bilden embryonale Zellen (Gewebewachstum), das Darmepithel (ständiger Ersatz), Zellen des Knochenmarks (Bildung von Blutzellen) und Tumorzellen. Die unkontrollierte Zellproliferation ist ein wichtiges Merkmal von Tumoren. Während sich normale Zellen in Zellkultur nur 20- bis 60-mal teilen, sind Tumorzellen potenziell unsterblich und unterliegen nicht der Kontakthemmung. Ein weiteres Charakteristikum ist ihre Resistenz gegen Apoptose. Medizinisch werden benigne (gutartige) und maligne (bösartige) Tumoren unterschieden. Gutartige Tumoren bestehen aus langsam wachsenden, weitgehend differenzierten Zellen. Maligne Tumoren zeigen dagegen schnelles, invasives Wachstum und neigen zur Bildung von Metastasen (Absiedlungen von Tochtergeschwülsten). Die etwa 100 verschiedenen Tumorarten sind zusammen für mehr als 20 % aller Todesfälle in Europa und Nordamerika verantwortlich.

B. Transformation Der Übergang einer normalen Zelle in eine Tumorzelle wird als Transformation bezeichnet. Normale Zellen zeigen alle Merkmale von ausdifferenzierten, für eine bestimmte Funktion spezialisierten Zellen. Sie sind teilungsgehemmt und befinden sich im Allgemeinen in der G0-Phase des Zellzyklus (S. 460). Ihre äußere Form ist vielgestaltig. Sie wird von einem stark strukturierten Cytoskelett bestimmt. Dagegen teilen sich Tumorzellen ungehemmt und sind häufig entdifferenziert, d. h. sie haben manche Eigenschaften embryonaler Zellen angenommen. Ihre Zelloberfläche ist verändert, was sich besonders in einer Störung der Kontaktinhibition durch Nachbarzellen äußert. Das Cytoskelett von Tumorzellen ist umgebaut und häufig reduziert, was ihnen eine rundliche Form verleiht. Die Zellkerne von Tumorzellen können in Form, Zahl und Größe atypisch sein. Für den Nachweis bestimmter Tumoren haben Tumormarker klinische Bedeutung. Dies sind Proteine, die von Tumorzellen vermehrt gebildet (Gruppe 1) oder von ihnen in anderen Zellen induziert werden (Gruppe 2). Zu den Tu-

46

mormarkern der Gruppe 1 zählen tumorassoziierte Antigene, sezernierte Hormone und Enzyme. Die Tabelle nennt dazu Beispiele. Der Übergang aus dem normalen in den transformierten Zustand ist ein mehrstufiger Prozess. 1. Tumorinitiation. Praktisch jede Tumorentstehung beginnt mit einer Schädigung der DNA einer einzelnen Zelle. Der genetische Defekt wird fast immer durch Umweltfaktoren ausgelöst. Dies können tumorauslösende Chemikalien sein (Kanzerogene, z. B. Bestandteile im Teer des Tabaks), physikalische Prozesse. z. B. UV-Licht, Röntgenstrahlung (S. 266), oder in seltenen Fällen Tumorviren (S. 472). Wahrscheinlich erleiden die meisten der ca. 1014 Zellen eines Menschen im Laufe des Lebens solche DNA-Schädigungen, die in der Regel wieder repariert werden (S. 266). Für die Tumorinitiation relevant sind vor allem Defekte von Protoonkogenen (S. 466); sie sind der entscheidende Grund für eine Transformation. Auch der Verlust oder Defekt eines Anti-Onkogens (Tumorsuppressorgen) trägt zur Tumorinitiation bei. 2. Als Tumorpromotion bezeichnet man die bevorzugte Vermehrung einer durch Transformation geschädigten Zelle. Die Tumorpromotion ist ein sehr langsamer Prozess, der viele Jahre dauern kann. Bestimmte Substanzen können sie stark beschleunigen, z. B. die Phorbolester. Sie kommen in Pflanzen (z. B. Wolfsmilchgewächsen) vor und wirken als Aktivatoren der Protein-Kinase C (S. 426). 3. Die Tumorprogression führt schließlich durch Wachstum zu einem makroskopisch sichtbaren Tumor. Überschreiten solide Tumoren eine gewisse Größe, bilden sie ein eigenes Netz von Gefäßen aus, das sie mit Blut versorgt (Angiogenese). Bei der Metastasierung spielen Collagenasen (MatrixMetalloproteinasen, MMP) (S. 368) eine besondere Rolle, die umliegendes Bindegewebe auflockern und dadurch die Absiedlung von Tumorzellen und ihren Übertritt in die Blutbahn ermöglichen. Es gibt sehr unterschiedliche Ansätze zur Tumorbekämpfung. Einige richten sich spezifisch gegen die Tumor-Angiogenese und die Metastasierung. Bei bestimmten Tumorarten werden gezielt Tyrosin-Kinasen mit Inhibitoren gehemmt. Auch der Einsatz von Antikörpern gegen Bestandteile der Krebszellen hat eine große Bedeutung.

9 Wachstum und Entwicklung

9.1 Zellproliferation

Abb. 9.5 Tumoren

469

9.1 Zellproliferation

9 Wachstum und Entwicklung

Cytostatika Tumoren (S. 468) entstehen aus entarteten (transformierten) Zellen, die aufgrund von Gendefekten unkontrolliert wachsen. Die meisten transformierten Zellen werden vom Immunsystem erkannt und beseitigt (S. 320). Ist die körpereigene Abwehr nicht ausreichend wirksam, kommt es zum raschen Wachstum des Tumors. Man versucht dann, seine Vergrößerung durch physikalische oder chemische Therapien zu hemmen. Ein häufig angewandtes Verfahren ist die gezielte Bestrahlung (S. 266) mit γ-Strahlen, die aufgrund ihrer mutagenen Wirkung die Zellvermehrung blockieren. Ein weiterer Ansatz ist die Hemmung des Tumorwachstums durch Chemotherapie. Die dabei verwendeten wachstumshemmenden Substanzen nennt man Cytostatika. Die meisten Cytostatika hemmen direkt oder indirekt die DNA-Verdopplung in der SPhase des Zellzyklus (S. 460). Die erste Gruppe (A) führt zu chemischen Veränderungen der zellulären DNA, die Transkription und Replikation behindern. Eine zweite Gruppe von Cytostatika (B) hemmt die Synthese von DNA-Vorstufen. Leider sind weder die Bestrahlung noch die Chemotherapie selektiv, d. h. sie schädigen auch normale Zellen und sind deshalb häufig von schweren Nebenwirkungen begleitet.

A. Alkylanzien, Interkalatoren Alkylanzien sind Verbindungen, die kovalent mit DNA-Basen reagieren können. Enthält eine solche Verbindung zwei reaktive Gruppen, kommt es zur intra- oder intermolekularen Vernetzung der DNA-Doppelhelix und zum „Verbiegen“ des Doppelstrangs. Als Beispiele sind Cyclophosphamid und der anorganische Komplex Cisplatin gezeigt. Interkalatoren, wie Doxorubicin lagern sich nicht-kovalent zwischen Basen ein und führen so zu lokalen Veränderungen der DNA-Struktur.

B. Antimetabolite Als Antimetabolite bezeichnet man Enzymhemmstoffe (S. 92), die Stoffwechselwege selektiv blockieren. Die Mehrzahl der klinisch wichtigen Cytostatika greift in die Nucleotidbiosynthese (S. 194) ein. Viele sind abgewandelte Nucleobasen oder Nucleotide, die ihre Zielenzyme kompetitiv hemmen (S. 92). Man-

47

che werden außerdem in die DNA eingebaut und behindern dadurch die Replikation. Häufig sind die verabreichten Cytostatika (in der Abbildung durch eine Spritze gekennzeichnet) nicht selbst wirksam, sondern werden erst im Stoffwechsel in die eigentlichen Wirkstoffe umgewandelt. Dies gilt auch für das Adenin-Analoge 6-Mercaptopurin, das zunächst zum Mononucleotid tIMP (Thioinosinmonophosphat) umgesetzt wird [1]. Aus tIMP wird über mehrere Zwischenstufen tdGTP gebildet, das in die DNA eingebaut wird und dort zu Quervernetzungen und anderen Anomalien führt. Das zweite wirksame Folgeprodukt des 6-Mercaptopurins ist S-methyliertes tIMP (S. 192), ein Hemmstoff der Amidophosphoribosyltransferase [3]. Hydroxyharnstoff hemmt selektiv die Ribonucleotid-Reduktase (S. 194). Als Radikalfänger beseitigt er das für die Funktion der Reduktase unentbehrliche Tyrosinradikal. Zwei weitere wichtige Cytostatika sind gegen die Synthese des DNA-typischen Thymins gerichtet, die auf der Stufe der Desoxymononucleotide stattfindet. Das aus 5-Fluoruracil oder dem Nucleosid 5-Fluordesoxyuridin gebildete Desoxymononucleotid hemmt die Thymidylat-Synthase [5]. Dies beruht darauf, dass das Fluoratom am Pyrimidinring nicht durch die Methylgruppe substituiert werden kann. Außerdem wird das Fluoranaloge auch in die DNA eingebaut. Als Hilfsenzym der Thymidylat-Synthase wirkt die Dihydrofolat-Reduktase (S. 194) [6]. Sie ist an der Regeneration des Coenzyms N5, N10-Methylen-THF beteiligt, indem sie zunächst DHF unter NADPH-Verbrauch zu THF reduziert. Das Folsäure-Analoge Methotrexat, ein häufig eingesetztes Cytostatikum‚ ist ein extrem wirksamer kompetitiver Hemmstoff der Dihydrofolat-Reduktase. Er führt zur Verarmung der Zellen an N5,N10-Methylen-THF und damit zum Stillstand der DNA-Synthese. ▶ Weitere Informationen. Um die Nebenwirkungen von Cytostatika zu mildern, werden zurzeit neue Konzepte auf der Grundlage der Gentherapie (S. 274) entwickelt. Man versucht zum Beispiel, Wirkstoffe in Form von Vorstufen (sog. Prodrugs) zu verabreichen, die erst im Tumor wirksam werden („Tumortargeting“).

9 Wachstum und Entwicklung

9.1 Zellproliferation

Abb. 9.6 Cytostatika

471

9.1 Zellproliferation

9 Wachstum und Entwicklung

Viren Viren (Singular: das Virus) sind parasitische Nucleoprotein-Komplexe. Im einfachsten Fall bestehen sie aus einem Nucleinsäuremolekül (DNA oder RNA, niemals beides) und einer Hülle aus Protein. Viren besitzen keinen eigenen Stoffwechsel und können sich deshalb nur mithilfe von Wirtszellen vermehren. Man betrachtet sie deshalb nicht als eigenständige Organismen. Viren, die bei ihrer Vermehrung die Wirtszelle schädigen, sind Krankheitserreger (Pathogene). Zu den von Viren ausgelösten Krankheiten gehören z. B. AIDS, Tollwut, Kinderlähmung, Masern, Röteln, Pocken, Hepatitis, Grippe und Schnupfen.

A. Viren: Beispiele Aus der großen Zahl der Viren greifen wir hier nur einige Beispiele heraus, die alle im gleichen Maßstab dargestellt sind. Viren, die sich nur in Bakterien vermehren, nennt man Bakteriophagen (kurz: „Phagen“). Ein einfach aufgebauter Phage ist M13. Er besteht aus einem einzelsträngigen DNA-Molekül (ssDNA) mit etwa 7000 bp, das von einer Hülle aus 2700 helical angeordneten Protein-Untereinheiten umgeben ist. Die Hülle eines Virus bezeichnet man auch als Capsid, und die gesamte Struktur als Nucleocapsid. M13 wurde in der Gentechnik als Vektor für Fremd-DNA (S. 270) eingesetzt. Der Phage T4 (unten links), eines der größten Viren überhaupt, ist komplexer aufgebaut. Er enthält in seinem „Kopf“ etwa 170 000 Basenpaare (bp) doppelsträngige DNA (dsDNA). Die „Beine“ binden an das Wirtsbakterium, in das der Phage seine DNA injiziert. Das pflanzenpathogene Tabakmosaikvirus (Mitte rechts) ist ähnlich aufgebaut wie M13, enthält aber ssRNA statt DNA. Auch das Poliovirus, der Erreger der Poliomyelitis („Kinderlähmung“) ist ein RNA-Virus. Beim Influenzavirus, dem Erreger der Virusgrippe, ist das Nucleocapsid zusätzlich von einer Hülle umgeben, die sich von der Plasmamembran der Wirtszelle ableitet (C). Die Hülle trägt Virusproteine, die am Infektionsprozess beteiligt sind.

B. Capsid des Rhinovirus Rhinoviren lösen die sogenannten „Erkältungskrankheiten“ aus. Das Capsid dieser Viren hat die Form eines Eicosaeders, d h. eines Körpers

47

aus 20 gleichseitigen Dreiecken. Seine Oberfläche wird von drei verschiedenen Proteinen gebildet, die in Form von Pentameren und Hexameren angeordnet sind.

C. Lebenszyklus des HIV Das menschliche Immunschwäche-Virus (human immunodeficiency virus, HIV) ist der Erreger der Immunschwäche-Krankheit AIDS (acquired immunodeficiency syndrome). Der Aufbau des HIV ähnelt dem des Influenzavirus (A). Das Genom des HIV besteht aus zwei Molekülen ssRNA (je 9,2 kb). Es ist von einem zweischichtigen Capsid und einer proteinhaltigen Hüllmembran umgeben. Das HIV infiziert vorwiegend T-Helferzellen (S. 320) und kann dadurch langfristig zum Versagen des Immunsystems führen. Bei der Infektion (1) verschmilzt die Hüllmembran des Virus mit der Plasmamembran der Zielzelle, und der Kern des Nucleocapsids gelangt ins Cytoplasma (2). Dort wird die virale RNA zunächst in ein RNA/DNA-Hybrid (3) und dann in dsDNA umgeschrieben (4). Diese Reaktionen werden unter Beteilung der RNase H [2] durch die Reverse Transkriptase [1] katalysiert, ein Enzym, das vom Virus stammt. Die gebildete dsDNA wird ins Genom der Wirtszelle integriert (5), wo sie lange inaktiv bleiben kann. Kommt es zur Virusvermehrung, wird zunächst der dem Virusgenom entsprechende DNA-Abschnitt durch Enzyme der Wirtszelle transkribiert (6). Dabei entstehen nicht nur die virale ssRNA, sondern auch mRNAs für die Vorstufen der Virusproteine (7). Diese werden in die Plasmamembran integriert (8, 9) und dort proteolytisch modifiziert (10). Mit der Abschnürung neuer Viren (11) ist dann der Zyklus beendet. Die Gruppe der RNA-Viren, zu der das HIV gehört, bezeichnet man als Retroviren, weil in ihrem Vermehrungszyklus DNA aus RNA entsteht, ein Vorgang, der die übliche Richtung der Transkription (DNA → RNA) umkehrt. Heute lässt sich bei HIV-infizierten Personen der Ausbruch von AIDS durch eine kombinierte Chemotherapie für lange Zeit unterdrücken. Die eingesetzten Wirkstoffe hemmen u. a. die Reverse Transkriptase und die HIV-Proteinase, welche die Modifizierung der Virusproteine (10) katalysiert.

9 Wachstum und Entwicklung

9.1 Zellproliferation

Abb. 9.7 Viren (A. Quelle PDB: 4RHV)

473

Kapitel 10 Anhang

10.1 10.2

Abkürzungen und Akronyme

476

Größen und Einheiten

480

0 1 10.3

Sachverzeichnis 481

10.1 Abkürzungen und Akronyme Abkürzun- Aminosäuren (S. 61) Nucleobasen und Nucleoside gen für: (S. 75) Monosaccharide (S. 41) nucleäre Rezeptoren (S. 435) A A ABC ACE ACh ACP ACTase ACTH

10 Anhang

Ade ADH ADP AGE AIDS Ala ALA ALT AMP AMPK ANP aP APC APP APZ Arg AS Asn Asp AST ATIII ATP AVP b Botox Bp BPG BSE C CaM cAMP CAP CCK

47

Absorption Adenosin ATP-bindende Kassette Angiotensin-konvertierendes (engl. converting) Enzym = Peptidyl-Dipeptidase A Acetylcholin Acyl-Carrier-Protein Aspartat-Carbamyltransferase adrenocorticotropes Hormon = Corticotropin Adenin antidiuretisches Hormon = Adiuretin = Vasopressin Adenosindiphosphat engl. advanced glycosylation endproduct erworbenes Immundefizienzsyndrom (engl. aquired immunodeficiency syndrome) Alanin 5-Aminolaevulinat (ALAT, GPT) Alanin-Transaminase/ Alanin-Aminotransferase Adenosinmonophosphat AMP-abhängige Protein-Kinase (ANF) atriales natriuretisches Peptid = Atriopeptin = atrialer natriuretischer Faktor alkalische Phosphatase aktiviertes Protein C Amyloid-Vorläuferprotein Antigen-präsentierende Zelle Arginin Aminosäure Asparagin Asparaginsäure (ASAT, GOT) Aspartat-Aminotransferase Antithrombin III Adenosintriphosphat Arginin-Vasopressin Basen Botulinum-Toxin Basenpaare Bisphosphoglycerat „Rinderwahn“ (engl. bovine spongiforme encephalophathy) Cytidin Calmodulin 3’,5’-cyclo-AMP Katabolit-Aktivatorprotein Cholecystokinin = Pankreozymin

CD Cdk cDNA CDP CETP cGMP CHE CJD CK CMP CoA COMT CoQ COX CREB CRH CRP CSF CT CTP CYP Cys Cyt d Da DAG dd DH DHT DM DNA DNMT Dopa dsDNA dTMP Ea EA EDTA EGF Epo ER ETF EZM FAD Fd FFA FGF fMet FMN Fp

Differenzierungsmarker (engl. cluster of differentiation) Cyclin-abhängige Protein-Kinase im Zellzyklus (engl. cyclin dependent kinase) komplementäre DNA Cytidindiphosphat Cholesterolester-Transferprotein 3’,5’-cyclo-GMP Cholinesterase Creutzfeld-Jakob-Krankheit Kreatin-Kinase Cytidinmonophosphat Coenzym A Catecholamin-O-Methyltransferase Coenzym Q = Ubichinon Cyclooxygenase engl. cAMP response element binding protein Corticoliberin (engl. corticotropin relasing hormone) C-reaktives Protein Kolonie-stimulierender Faktor Calcitonin Cytidintriphosphat Cytochrom P450-abhängige Monooxygenase Cystein Cytosin desoxyDalton (atomare Masseneinheit) Diacylglycerol di-desoxyDehydrogenase Dihydrotestosteron Diabetes mellitus Desoxyribonucleinsäure DNA-Methyltransferase Dihydroxyphenylalanin doppelsträngige DNA Desoxythymidinmonophosphat Aktivierungsenergie Ethanolamin Ethylendiamintetraacetat epidermaler Wachstumsfaktor (engl. growth factor) Erythropoetin Endoplasmatisches Retikulum Elektronen-transferierendes Flavoprotein extrazelluläre Matrix Flavinadenindinucleotid Ferredoxin freie Fettsäure (engl. free fatty acid) Fibroblasten-Wachstumsfaktor N-Formylmethionin Flavinmononucleotid Flavoprotein (mit FAD oder FMN)

10.1 Abkürzungen und Akronyme

Fuc G GABA Gal GalNAc GAP GCR GDP GEF gER GGT GH GHRH GK Glc GlcN GlcNAc GlDH Gln GLP Glu Glut Gly GMP GOD GOT gp GPCR GPI GPT GSH GSSG GTP Gua HAT Hb HBDH hCG HDAC HDL HDM HGPRT

Schmelzpunkt (engl. fusion point) Friedreich-Ataxie Fructose Fettsäure Folikel-stimulierendes Hormon = Follitropin Fucose Guanosin γ-Aminobutyrat (engl. γ-amino butyric acid) Galactose N-Acetylgalactosamin GTPase-aktivierendes Protein (RGS) Glucocorticoid-Rezeptor Guanosindiphosphat Guaninnucleotid-austauschender Faktor glattes (engl. smooth) Endoplasmatisches Retikulum γ-Glutamyl-Transpeptidase (γGT) = γ-Glutamyltransferase (hGH, STH) Wachstumshormon = Somatotropin Somatoliberin (engl. growth hormone releasing hormone) Glucokinase Glucose Glucosamin N-Acetyl-Glucosamin Glutamat-Dehydrogenase Glutamin Glucagon-ähnliches Peptid Glutaminsäure Glucose-Transporter Glycin Guanosinmonophosphat Glucose-Oxidase Glutamat-Oxalacetat-Transaminase = Aspartat-Aminotransferase Glycoprotein G-Protein-gekoppelter Rezeptor Glucosyl-phosphatidyl-inositol Glutamat-Pyruvat-Transaminase = Alanin-Aminotransferase reduziertes Glutathion oxidiertes Glutathion Guanosintriphosphat Guanosin Histon-Acetyltransferase Hämoglobin Hydroxybutyrat-Dehydrogenase (engl. human) Choriongonadotropin Histon-Deacetylase Lipoprotein hoher Dichte (engl. high-density lipoprotein) Histon-Demethylase Hypoxanthin-Phosphoribosyltransferase

hypoxieinduzierter Faktor Histidin humanes Immundefizienzvirus Hexokinase humanes Leucocyten-assoziiertes Antigen HMG-CoA 3-Hydroxy-3-methylglutaryl-CoA HMT Histon-Methyltransferase HMW Hexosemonophosphat-Weg hnRNA hochmolekulare, nucleäre Ribonucleinsäure HRE engl. hormone response element hsp Hitzeschock-Protein Hyl Hydroxylysin Hyp Hydroxyprolin IDL Lipoprotein mittlerer Dichte (engl. intermediate-density lipoprotein) IDDM insulinabhängiger (engl. insulin dependent) Diabetes mellitus IF Intermediärfilament IFN Interferon Ig Immunglobulin IGF engl. insulin-like growth factor IL Interleukin Ile Isoleucin IMP Inosinmonophosphat INR Messwert zur Blutkoagulation (engl. international normalized ratio) IRS Insulinrezeptorsubstrat InsP3 Inositol-1,4,5-trisphosphat IPTG Isopropylthiogalactosid iMS induzierte multipotente (Gewebs-) Stammzelle iPS induzierte pluripotente Stammzelle JAK Janus-Kinase Ks (Ka) Säurekonstante (engl. acidity constant) KAT Lysin-Acetyltransferase kb Kilo-Basen kcat Geschwindigkeitskonstante einer enzymkatalysierten Reaktion kDa Kilo-Dalton KDAC Protein-Lysin-Deacetylase KG Körpergewicht KH Kohlenhydrat Ki Inhibitorkonstante kJ Kilo-Joule Km Michaelis-Konstante KSS Kearns-Sayre-Syndrom LCAT Lecithin-Cholesterol-Acyltransferase LDH Lactat-Dehydrogenase LDL Lipoprotein geringer Dichte (engl. low-density lipoprotein) Leu Leucin LH luteotropes Hormon = Lutropin LH-RH LH-releasing hormone LPL Lipoprotein-Lipase HIF His HIV HK HLA

477

10 Anhang

Fp FRDA Fru FS FSH

10 Anhang

10.1 Abkürzungen und Akronyme LPS Lipopolysaccharid Lys Lysin LX Leukotrien M mol · L-1 (molare Konzentration) MAK monoklonaler Antikörper Man Mannose MAO Monoamin-Oxidase MAP-Kinasemitogenaktivierte Protein-Kinase MDR engl. multidrug resistance glycoprotein Mitochondriale EncephalomyoMELAS (-Syndrom) pathie, Lactacidose und Schlaganfall-ähnliche Episoden MEOS mikrosomales Ethanol-oxidierendes System Myoklonusepilepsie mit „ragged MERRF (-Syndrom) red fibers” Met Methionin MHC Haupthistokompatibilitätskomplex (engl. major histocompatibility complex) miRNA Mikro-Ribonucleinsäure MMP Matrix-Metalloproteinase MPF Protein-Kinase im Zellzyklus (engl. maturation-promoting factor) mRNA Messenger-Ribonucleinsäure MSH melanocytenstimulierende Hormone = Melanotropine N Nucleotid mit beliebiger Base NAD oxidiertes Nicotinamidadenindinucleotid NADH reduziertes Nicotinamidadenindinucleotid NADP oxidiertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat NADPH reduziertes Nicotinamidadenindinucleotidphosphat NeuAc (NANA) N-Acetylneuraminsäure = Sialinsäure NGF Nerven-Wachstumsfaktor NK-Zellen natürliche Killerzellen nm Nanometer (10-9 m) NNM Nebennierenmark NNR Nebennierenrinde NPY Neuropeptid Y NSAID engl. nonsteroidal antiinflammatory drug nt Nucleotid ODH 2-Oxoglutarat-Dehydrogenase OGT oraler Glucosebelastungstest OxPhos oxidative Phosphorylierung Pa (Pi) anorganisches (engl. inorganic) Phosphat PAF Plättchen-aktivierender Faktor PAMPS engl. pathogen-associated molecular patterns Pan Pantethein PAPS Phosphoadenosinphosphosulfat PCR Polymerase-Kettenreaktion PDE Phosphodiesterase

47

PDGF PDH PEG PEP PEP-CK PFK PG pH Phe PIP2 PK pKa (pKs) PLP PLP POD pO2 PP PPa (PPi) PPR PQ pRb PRL PrP Pro PRPP PS Ptd PTH PUFA Q QH2 R RAR RAS rER RES RFLP RGS Rib RISC RNA rRNA ROS rRNA RTK RXR

engl. platelet derived growth factor Pyruvat-Dehydrogenase Polyethylenglycol Phosphoenolpyruvat Phosphoenolpyruvat-Carboxykinase Phosphofructokinase Prostaglandin pH-Wert (negativer dekadischer Logarithmus der H+-Konzentration) Phenylalanin Phophatidyl-inositol-4,5bisphosphat Protein-Kinase negativer dekadischer Logarithmus der Säurekonstante Ka (Ks) (PALP) Pyridoxalphosphat Pankreas-Lipase Peroxidase Sauerstoff-Partialdruck Protein-Phosphatase anorganisches (engl. inorganic) Diphosphat (Pyrophosphat) engl. pattern recognition receptor Plastochinon Retinoblastomprotein (Rb-Protein) Prolactin Prion Prolin Phosphoribosyldiphosphat Photosystem Phosphatidyl-Rest Parathyrin, Parathormon mehrfach ungesättigte Fettsäure (engl. polyunsaturated fatty acid) oxidiertes Coenzym Q (Ubichinon) reduziertes Coenzym Q (Ubichinol) allgemeine Gaskonstante Rezeptor für Retinsäure Renin-Angiotensin-System raues Endoplasmatisches Retikulum retikuloendotheliales System Restriktionsfragment-Längenpolymorphismus Regulator der G-Protein-Signalübertragung (GAP) Ribose engl. RNA-induced silencing complex Ribonucleinsäure ribosomale Ribonucleinsäure reaktive Sauerstoffspezies ribosomale Ribonucleinsäure Rezeptor-Tyrosin-Kinase Rezeptor X für Retinsäure

S SAH SAM SAP SCID SDS Sec Ser SERM SGLT SH2 SHBG siRNA Sirt sn SNARE snRNA SR SRP ssDNA StAR STAT STH STR T T3 T4 TBG

Svedberg (Einheit des Sedimentationskoeffizienten) S-Adenosylhomocystein S-Adenosylmethionin Sphingolipid-Aktivatorprotein Immundefizienz (engl. severe combined immunodeficiency disease) Natrium-(engl. sodium)-Dodecylsulfat Selenocystein Serin spezifischer Estrogen-RezeptorModulator Natrium-abhängiger GlucoseTransporter Adapterprotein Src-Homologie 2 Sexualhormon-bindendes Globulin engl. small interfering RNA Sirtuine stereospezifische Nummerierung engl. soluble N-ethylmaleinimid sensitive factor attachment protein receptor engl. small nuclear RNA sarkoplasmatisches Retikulum Signal-Erkennungs-Partikel einzelsträngige (engl. single stranded) DNA engl. steroidogenic acute regulatory protein Transkriptionsfaktor (engl. signal tranducer and activator of transcription) (GH) Wachstumshormon = Somatotropin (somatotropes Hormon) engl. short tandem repeat (einer DNA-Probe) Thymidin Triiodthyronin Thyroxin = Tetraiodthyronin Thyroxin-bindendes Globulin

TBP TGF tGN TH THB THF Thr Thy TIMP TLR TNF tPA TPP TRH Tris tRNA Trp TSH TX Tyr U UCP UDP UE UMP uPA Ura UTP UTR UV V Val VLDL vWF ZNS

TATA-Box-bindendes Protein engl. transforming growth factor trans-Golgi-Netzwerk T-Helferzelle Tetrahydrobiopterin Tetrahydrofolsäure Threonin Thymin engl. tissue inhibitor of metalloprotease Toll-like-Rezeptor Tumornekrosefaktor Gewebsplasminogenaktivator (engl. tissue-) Thiamindiphosphat Thyroliberin = Thyrotropin-freisetzendes (engl. releasing) Hormon Tris(hydroxymethyl)aminomethan Transfer-Ribonucleinsäure Tryptophan Thyrotropin, Thyrocyten-stimulierendes Hormon Thromboxan Tyrosin Uridin engl. uncoupling protein Uridindiphosphat Untereinheit(en) Uridinmonophosphat Urokinase Uracil Uridintriphosphat engl. untranslated region ultraviolette Strahlung Maximalgeschwindigkeit (eines Enzyms) Valin Lipoprotein sehr geringer Dichte (engl. very light-density lipoprotein) von-Willebrand-Faktor Zentralnervensystem

479

10 Anhang

10.1 Abkürzungen und Akronyme

10.2 Größen und Einheiten Tab. 10.1 SI Basis-Einheiten Größe

SI Einheit

Symbol

Bemerkungen

Länge

Meter

m

1 Å = 10–10 m = 0,1 nm

Masse

Kilogramm

kg

Zeit

Sekunde

s

Stromstärke

Ampere

A

Temperatur

Kelvin

K

Lichtstärke

Candela

cd

Stoffmenge

Mol

mol

0 K = – 273,2 °C

Tab. 10.2 Abgeleitete Größen

10 Anhang

Größe

48

Einheit

Symbol

Ableitung

Bemerkungen

Frequenz

Hertz

Hz

s–1

Volumen

Liter

L

10–3 m3

Kraft

Newton

N

kg · m · s–2

Druck

Pascal

Pa

N · m–2

1 Bar = 105 Pa, 1 mm Hg = 133.3 Pa

Energie, Arbeit, Wärmemenge

Joule

J

N·m

1 Kalorie (cal) = 4,1868 J

Leistung

Watt

W

J · s–1

Elektrische Ladung

Coulomb

C

A·s

Spannung

Volt

V

W · A–1

Konzentration

Molarität

M

mol · L–1

absolute Molekülmasse

Dalton

Da

1,6 605 · 10–24 g

Molmasse

-

-

kg

relative Molekülmasse

-

Mr

-

Reaktionsgeschwindigkeit

-

v

mol · s–1

dimensionslos

Katalytische Aktivität

Katal

kat

mol · s–1

1 Unit (U) = 1,67 · 10–8 kat

Spezifische Aktivität

-

-

kat · (kg Enz.)–1

üblich: U · (mg Enzym)–1

Sedimentationskoeffizient

Svedberg

S

10–13 s

Radioaktivität

Becquerel

Bq

Zerfälle · s–1

1 Curie (Ci) = 3,7 · 1010 Bq

Tab. 10.3 Vielfache, Fraktionen

Tab. 10.4 Wichtige Konstanten

Faktor

Vorsilbe

Symbol

Beispiel

Konstante

Giga-

G

GHz = 109 Hertz

Allgemeine Gaskonstante R

R = 8,314 J · mol–1 · K–1

109 106

Mega-

M

MPa = 106 Pascal

Kilo-

k

kJ = 103 Joule

10–3

Milli-

m

mM = 10–3 Mol · Liter–1

Loschmidt (Avogradro)Zahl N (Zahl der Teilchen pro mol)

N = 6,0225 · 1023

103 10–6

Micro-

μ

μV = 10–6 Volt

Faraday-Konstante F

F = 96 480 C · mol–1

10–9

Nano-

n

nkat = 10–9 Katal

10–12

Pico-

p

pm = 10–12 Meter

Sachverzeichnis A A-Bande 355 AAA-Motiv 236 AB0-System 310 ABC-Transporter 230, 342 Abhängigkeit, Dopamin 451 Abscisinsäure 54 Absorption 94 Abstinenz 343 Abwehr – Blut 290 – Leber 328 – unspezifische 318 –– Kontrolle durch Cytokine 456 Abwehrprotein 64 Acetacetat 332, 388 – Bildung aus Aminosäuren 181 Acetacetyl-CoA 332 Acetaldehyd 340 Acetat (Essigsäure) 49 Acetat-CoA-Ligase 379 Aceton 332 Acetyl-CoA (aktivierte Essigsäure) 18, 54 – Baustein der Lipide 54 – Bildung 123 –– aus Acetacetat 388 –– aus Ethanol 340 –– in der β-Oxidation 156 – Cholesterolbiosynthese 166 – Fettsäurebiosynthese 160–161 – Intermediärstoffwechsel 109 – Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels 148 – Verbrauch 126 Acetyl-CoA-Acetyltransferase 333 Acetyl-CoA-Acyltransferase 157 Acetyl-CoA-Carboxylase 161 – Aktivierung durch Insulin 446 – Biotin 410 – Schlüsselenzym 155 – Stoffwechselkontrolle 112 Acetyl-Galactosaminyltransferase 311 Acetylcholin (ACh) 356, 376 – Kontrolle der Catecholaminbiosynthese 450

– Kontrolle der Säurebildung im Magen 282 – Muskel 356 – Rezeptor 378, 418 –– Antikörper 384 –– muskarinischer 379 –– Muskel 356 –– nicotinischer 379, 418 – Stoffwechsel 378 – Wirkung über InsP3 und DAG 423 Acetylcholin-Esterase 378 – Hemmstoffe 384 Acetylglutamat-Synthase, Defekt 186 Acetylierung 72 Acetylliponamid 123 Acetyllysin 245 Acetylrest 73 Acetylsalicylat (ASS) 336 – Gerinnungshemmung 308 – Hemmung der PGH-Synthase 454 – Mucinbildung 283 – Wirkungen und Nebenwirkungen 454 Acidose 304 – metabolische 304, 332, 446 – Niere 353 – respiratorische 304 Aconitase 124 – Eisen 89 Aconitat-Hydratase 124 ACP-S-Acetyltransferase 161 ACP-S-Malonyltransferase 161 acquired immunodeficiency syndrome (AIDS) 472 ACTase (siehe Aspartat-Carbamyltransferase) 90 ACTH (Corticotropin) 352, 432, 436 – Angiotensin II 353 – Tumormarker 469 – Wirkung über cAMP 423 Actin 64, 232 – assoziiertes Protein 232 – F- 354 – Filament 235 –– Verknüpfung mit EZM 366 – G- 354 Actinin 232, 354 Actinomycin D 264 Acyl-ACP-Hydrolase 161

Acyl-Carrier-Protein (ACP) 160 – Pantothenat 410 Acyl-CoA 55 – Abbau 157 – Lipidstoffwechsel 155 Acyl-CoA-Dehydrogenase 157 – MCAD-Defekt 168 Acyl-Rest 48 Acylcarnitin 157 Acylcarnitin/Carnitin-Antiporter 156 Acylglycerol-Palmitoyltransferase 165 Acylgycerol-3-phosphatAcyltransferase 165 Acylierung 72, 394 Acyltransferase, Coenzym 99 Adapterprotein 416, 428, 444 – Apaf1 464 – Bezug zu Onkogenen 466 – Endocytose 214 – Signalsystem 429 Addison-Syndrom 436 Addition 20 Adenin 75 Adenin-Phosphoribosyltransferase 190 Adenohypophyse 433 – Sekretion von –– GH 449 –– LH und FSH 439 –– Prolactin 449 –– TSH 443 –– Wachstumshormon 448 Adenosin 74 – Neurotransmitter 377 Adenosin-Desaminase 190 – Defekt 196 Adenosindiphosphat, siehe ADP Adenosinmonophosphat (siehe AMP) 75 Adenosintriphosphat (siehe ATP) 26, 114 Adenosyl-B12 101 Adenosylcobalamin 100 Adenylat-Kinase 135, 358 – Muskel 151 Adenylat-Zyklase 420–422 – Effektorenzym für Neurotransmitter 379 – Glycogenstoffwechsel 151 – Regulation der PEP-CKTranskription 255

481

Sachverzeichnis – Steroidhormonbiosynthese 441 – Steuerung durch G-Proteine 420 Adenylrest 73 Aderlass 406 ADH (antidiuretisches Hormon, Adiuretin, Vasopressin) 212, 350, 352, 437, 448 – Angiotensin II 353 – Wirkung über cAMP 423 – Wirkung über InsP3 und DAG 423 Adhäsionsprotein 366 Adipocyt 46, 344 – Atmungskette 134 Adiponectin 344, 346 Adipositas 288, 346–347 Adiuretin (Vasopressin), siehe ADH ADP (Adenosindiphosphat), Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels 148 ADP-Ribose-Transferase 421 ADP-Ribosylierung 420 ADP/ATP-Translocase 128 Adrenalin 181, 450 – Blutzuckerspiegel 386 – Glucoseumsatz 386 – Glycogenstoffwechsel 150 – Kohlenhydratstoffwechsel 148 – Neurotransmitter 376 – Wirkungen 451 –– Stoffwechsel 386 –– über cAMP 423 adrenerg 450 Adrenodoxin 338 Adrenodoxin-Reduktase 338 adrenogenitales Syndrom (AGS) 436 Adrenoleukodystrophie 230 advanced glycosylation endproduct (AGE) 446 aerober Stoffwechsel 120 AFP (α1-Fetoprotein) 469 Agar-Agar 42 Agarose 42 – Gelelektrophorese 272 Agglutination 310, 324 Agmatin 63 Agonist, Rezeptor für Neurotransmitter 378 Agouti-related Peptide (AGRP) 346 AGS (adrenogenitales Syndrom) 436 Ahornsirupkrankheit 186 AIDS 472

48

Akinese 450 Akt (siehe auch ProteinKinase B) 444 Aktionspotenzial 374 – Muskelzelle 356 – präsynatische Membran 372 Aktivator, allosterischer 90 aktives Zentrum 84 Aktivierung – CYP 338 – Enzym 111 – proteolytische 110 Aktivierungsenergie 30, 84 Aktivität, körperliche, Förderung durch Wachstumshormon 448 Aktivitätsmessung, Enzym 88 Akutphase-Protein 292, 318 – Induktion durch Cytokine 457 Akzeptor-Stelle Transkription 260–261 ALA-Synthase (5-Aminolaevulinat-Synthase) 198 β-Alanin 62, 410 – Abbauprodukt von Pyrimidinen 190 Alanin 59–60, 179 – Abbau 171, 179 – Fibroin 68 – Gluconeogenese 388 – Stickstofftransport 388 Alanin-Aminotransferase (Alanin-Transaminase, ALT, ALAT, GPT) 177–178, 182–183, 388–389 – Diagnostik 104 – Enzymdiagnostik 313 Alaninzyklus 330, 388 Albinismus 186 Albumin 292 – Transport von –– Androgenen 438 –– Bilirubin 200 –– Estrogenen 438 –– Schilddrüsenhormonen 442 –– Steroidhormonen 440 Aldehyd 18 Aldehyd-Dehydrogenase 62, 340, 451 Aldehyd-Oxidase 452 Aldehyd-Reduktase 139, 331 Aldimin (Schiff-Base) 18, 98, 176, 447 Aldohexose 38–39 Aldolase 141, 330 – Fructoseintoleranz 152

– Gluconeogenese 145 – Schlüsselenzym 139 Aldopentose 40 Aldosteron 56, 436, 440 – Angiotensin II 353 – Niere 350 – Rezeptor 435 Alkalimetall 12 alkalisch 24 Alkalose 304 Alkan 46 Alkaptonurie 186 Alken 21 Alkohol (siehe Ethanol) 18, 340 Alkohol-Dehydrogenase 64, 340 – Zink 89 Alkohol-Oxidase 340 Alkoholismus (Alkoholkrankheit) 342 Alkyl-2-Acetylglycerol-Cholinphosphotransferase 165 Alkyl-Rest 18 – Regulation 98 Alkylanzien 470 alkylierende Verbindung 266 Allantoin 190 Allantoinsäure 190 Allergen 326 allergische Reaktion 326, 452 allergischer Schock, Antihistaminika 452 Allolactose 255 Allopurinol 196 Allosterie 90 – Effektor 298 –– cAMP 427 – Hämoglobin 298 – Inhibitor 92 – Regulation 299 ALT, siehe Alanin-Aminotransferase Altern 136 alternativer Weg, Komplementsystem 318 Alzheimer-Krankheit 222, 384 Amadori-Umlagerung 446 α-Amanitin 252 Ameisensäure 49 Amethopterin 471 Amidase 83 Amidierung 73, 337 Amidophosphoribosyltransferase 470 Amilorid 350 Amin 18

Sachverzeichnis – biogenes 62 –– Catecholamine 450 Amin-Oxidase 62 – Kupfer 89 Amino-Terminus 67 Aminoacyl-Adenylat 258 Aminoacyl-tRNA 258 – Bindung 262 – Hemmung 264 Aminoalkohol 50 4-Aminobenzoat (auch p-Aminobenzoesäure) 101, 410 Aminobutyrat-Transaminase 381 4-Aminobutyrat (γ-A., siehe auch GABA) 62 – Gehirnstoffwechsel 380 Aminocarbonsäure, siehe Aminosäure Aminoglycosid 264 Aminogruppe, Übertragung 99 β-Aminoisobutyrat 190 5-Aminolaevulinat (ALA) 198 5-Aminolaevulinat-Synthase 199 Aminopeptidase 172, 281, 284 Aminopropanol 63 Aminosäure 58–60 – Abbau 109, 178–179 –– Defekte 186 – Aktivierung 240, 258 – aliphatische 60 – aromatische 60, 184 – Aufnahme –– Diabetes mellitus 447 –– Störung 288 – basische 60 – Bedarf 184 – Biosynthese 184 – Coenzym 411 – D- 58 –– Peroxisom 230 – Decarboxylierung 62 – essenzielle 60, 180, 184, 398 – Gehalt im Urin 349 – glucogene 170, 178, 398 – ketogene 170, 178 – Konzentration im Blut 291 – Ladung 59 – Leber 328 – Nahrung 109 – Name, Abkürzung 60 – Neurotransmitter 376 – neutrale 60 – nicht essenzielle 170

– nichtproteinogene 62 – pKa-Werte 60 – Polarität 60 – proteinogene 60, 170, 258 – Resorption 284 – saure 60 – schwefelhaltige 60 – Sequenz 66 – Stoffwechsel 120, 170, 177 –– Coenzym 410 –– Leber 182 –– Organkooperation 388 –– Pathobiochemie 186 –– Überblick 171 – Struktur, Strukturklasse 60 – Substrat der Gluconeogenese 144 – Tagesbedarf 184 – Transport 284 – Urin 348 – Verknüpfung mit Citratzyklus 126 – verzweigtkettige 184 –– Stoffwechsel in Muskulatur 360 – zyklische 60 – α- 59 – β- 59 – γ- 59 Aminosäure-Decarboxylase 62 – aromatische 451 Aminosäure-tRNA-Ligase 240, 258 Aminosäurerest, Übertragung 99 Aminostickstoff 182 Aminotransferase 83, 176 – Anstieg bei Alkoholismus 342 Aminozucker 40 – Glycosaminoglycan 368 – Proteoglycane 369 Ammoniak 18, 174 – Ausscheidung 353 – Intermediärstoffwechsel 109 – Konzentration im Blut 291 – pK-Wert 25 Ammoniumion 174, 182 – Assimilation 174 – Gehalt im Urin 349 – Niere 352 – Säurekonstante 25 Ammoniumsalz 19 AMP (Adenosinmonophosphat) 75 – Abbau 190 – Aktivator von AMPK 427

– Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels 148 AMP-abhängige ProteinKinase (AMPK) 134, 427 amphibol 108 – Citratzyklus 126 amphipathisch 34, 294 – Gallensäure 334 – Membranlipid 208 AMPK (AMP-abhängige Protein-Kinase) 134, 427 Amplifikation, DNA 272 – Entstehung von Onkogenen 466 α-Amylase 279, 284 – Enzymdiagnostik 313 – Pankreas 278 – Speichel 280 β-Amyloid (Aβ) 384 β-Amyloidproteinvorläufer (APP) 384 Amylo-1,6-Glucosidase 147 Amylopectin 42 Amylose 43 anabol 107–108, 438, 444, 448 – Androgene 438 – Citratzyklus 126 – Estrogene 438 anaerobe Glycolyse (siehe auch Glycolyse, anaerobe) 120 – Erythrocyten 302 – Muskel 151, 358 – Überblick 139 anaerober Stoffwechsel 120 Analytik, enzymatische 94 Anämie 312 – Eisenmangel 406 – megaloblastäre 410 – Mineralstoffmangel 400 – perniziöse 410 Anaphylaxie 456 Anderson-Krankheit 153 Androgen (siehe auch Testosteron) 438 – Osteoporose 370 – Rezeptor 435 – Wirkungen 438 angeborenes, unspezifisches, Immunsystem 316 Angina pectoris 424 Angiogenese, Hemmstoffe zur Tumorbekämpfung 468 Angiotensin I 352, 437 Angiotensin II 348, 352, 436 – Neurotransmitter 376 Angiotensin-konvertierendes Enzym (ACE) 353, 437

483

Sachverzeichnis Angiotensinogen 352, 437 – Fettgewebe 345 Anhydrid, gemischtes 19 Anion – Gleichgewichtspotenzial 119 – Konzentration 119 – Urin 348 Anker, Membran- 209 Ankerprotein 366 Anode 293 Anomer 38 anorganische – Bestandteile der Nahrung 278 – Ionen, Transport im Blutplasma 293 ANP (atriales natriuretisches Peptid) 350, 424, 448 – Rezeptor 424 Antacida 288 Anti-Onkogen 466–467 – pRb und p53 462 antiapoptotisches Protein 465 Antibiotikum 264 Antichymotrypsin 293 Anticodon 77, 240, 257 Antidiabetikum, orales 390 antidiuretisches Hormon, siehe ADH Antigen – Bindungsstelle 325 – Blutgruppe 311 – Immunsystem 314 – tumorassoziiertes 468 –– Tumormarker 469 Antigen präsentierende Zelle (APZ) 320, 326 Antigenrezeptor 322, 324 – Immunantwort 320 antihämophiler Faktor 307 Antihistaminikum 288, 452 antiinflammatorisch, Cytokine 457 Antikoagulans 308 Antikörper 324 – Blutgruppe 311 – Blutplasma 292 – Exocytose 214 – Immunsystem 314 – Klassenwechsel 314 – Produktion durch Plasmazellen 320 – Serumkonzentration 325 – Speichel 280 – Vielfalt 314 Antimetabolit 470 Antioxidans 96, 300 – Vitamin C 411

48

– Vitamin E 408 antiparallele Peptidstränge 66 Antiphlogistikum 454 Antiplasmin 308 α1-Antiproteinase, Blutplasma 292 antirheumatische Wirkung, Acetylsalicylat 454 Antithrombin III (ATIII) 293, 308 Antitrypsin 293 Apaf1 (Adapterprotein) 464 Apatit 362 APC-Komplex (Gerinnungshemmung) 308 Äpfelsäure (Malat) 125–126 Apo B-48 294 – Chylomikronen 286 Apo B-100 294–295 Apo C-II 294 Apo E 294–295 Apoferritin 405 Apolipoprotein (Apo) 294–295, 332 – Transfer 296 Apoptose 464 – Aktivierung durch p53 463 – Bezug zu Onkogenen 466 – Immunantwort 320 – Kontrolle durch –– Cytokine 456 –– Wachstumsfaktoren 453 – Merkmale 465 – Mitochondrien 226 – Resistenz 468 – Signalantwort 414 – Steuerung 464 Apoptosom 464 APP (β-Amyloidproteinvorläufer) 384 Aquaporin 212, 350 äquatorial 38 Arabinan 43 Arabinose 41 Arachidonsäure 48, 454 – Bildung 163 – essenzielle Fettsäure 399 – Second-Messenger 422 Arachinsäure 49, 162 Arbeit 26 Archaebakterium 205 Arginase 183 – Mangan 89 Arginin 61, 183 – Abbau 179 – Bildung in der Niere 349, 352 – Kreatinsynthese 358

– Niere 353 – NO-Synthese 425 – Stoffwechsel 178 Argininosuccinat 183 Argininosuccinat-Lyase 183 – Defekt 187 – Niere 353 Argininosuccinat-Synthetase 183 – Defekt 187 – Niere 353 Argon, Elektronenkonfiguration 13 Argonaut 274 βARK (Protein-Kinase) 420 Aromatase 438–440 aromatischer Ring 14, 438 Arrestin 382, 420 Arsen 400 Arteriosklerose 56, 312 Arthritis 196, 327 – Defekt der EZM 370 Arylesterase 337 Arzneimittel – Allergie 327 – Angriffspunkt 104 AS160 444 ASAT (siehe Aspartat-Aminotransferase) 177 Ascorbat (Vitamin C) 96, 410 – Catecholaminbiosynthese 450 – Collagenhydroxylierung 364 – Eisenresorption 405 – Mangel 371 – Nahrungsbestandteil 304 Asialo-Glycoprotein 292 Asparagin 61 – Abbau 171, 179 Aspartat 61, 91, 179 – Abbau 171, 179 – Familie 184 – Synthese von Pyrimidinen 192 Aspartat-Aminotransferase (Aspartat-Transaminase, ASAT, AST, GOT) 129, 177, 179, 182–183 – Diagnostik 104, 313 Aspartat-Carbamyltransferase (ACTase) 90 – Stoffwechselkontrolle 112 Aspartat-Glutamat-Transporter 129 AST (siehe Aspartat-Aminotransferase) 177 Asthma bronchiale 326 – Histamin 452 Ataxie 137

Sachverzeichnis Atemnotsyndrom 168 Atherosklerose 312 Atmung, Kontrolle durch Eicosanoide 454 Atmungskette 108, 130–131 – Häm 96 – Komponenten 131 – Mitochondrien 226 – Pathobiochemie 136 Atmungskontrolle 134 Atom 12 – polarisierendes 46 ATP (Adenosintriphosphat) 114 – allosterischer Effektor 91 – Ausbeute 120 – Cotransmitter 376 – Hydrolyse-Energie 114 – Intermediärstoffwechsel 109 – Ladungsdichte 115 – Magnesiumkomplex 115 – Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels 148 – Rolle im Stoffwechsel 107 – Speicherung mit Catecholaminen 450 – Struktur 114 – Synthese 114, 132, 141 – Verbrauch im Harnstoffzyklus 183 – Verbrauch in Gluconeogenese 145 ATP-abhängiges Enzym, Magnesium 89 ATP-Synthase 130–132 – katalytischer Zyklus 133 – Mitochondrien 226 – molekularer Motor 236 ATPase – Actin 232, 354 – Aminosäure-Aktivierung 258 – Calcium transportierende 356 – Dynein 237 – H+-transportierende 229 – H+/K+-austauschende 282 – Kinesin 237 – Na+/K+-transportierende 374 – P-Typ 282 – Transport 211 atriales natriuretisches Peptid (siehe auch ANP) 350, 424, 448 Atropin 378 Ausscheidung 348 Autoimmunerkrankung 326 – Addison-Syndrom 436

– Multiple Sklerose 385 – Myasthenia gravis 384 Autoinhibition, PK-A 426 autokrin 432 – Eicosanoide 454 Autophosphorylierung, Protein-Kinase 426 Autosom 242 autotroph 106 Avidin 410 Avitaminose 408 axial 38 Axon 372 Axonema 236 Azinuszelle, Stimulierung durch CCK 452

B B-Lymphocyt 320 B-Zelle – Allergie 326 – Reifung in Knochen 363 B-Zellen 314 Bad 464 Bak 464 Bakteriophage 270, 472 bakteriostatisch 264 Bakterium – Abtötung 314 – Antibiotikum 264 – Ernährungsformen 107 – Zahnplaque 362 – Zelle 206 bakterizid 264 Bakteroide 174 Ballaststoff 42, 278 Bänder, EZM 366 Barium 400 β-barrel (β-Fass) 210 Barriere, Immunsystem 316 Basalmembran 368 Base 24 – Enyzmhemmung 93 – komplementäre 78 Basen-Triplett 258 Basenaustausch 267 Basenpaarung 78, 240 – DNA/DNA 78 – RNA/DNA 77 basophiler Leukocyt, Histamin 452 Bauchspeicheldrüse (siehe auch Pankreas) 448 Baufett 46 Baumwollfaser 42 Baustoff 46 Bax 464 Bcl-Protein 464 Becker-Muskeldystrophie 360

Behensäure 49 Belegzelle 282 – Hemmung durch GLP-2 452 benigner Tumor 468 Benzenring 14, 61 Benzo(a)pyren, Cancerogen 266 Benzochinon 96 Benzol, siehe Benzenring Benzoylglycin 336 Beriberi 410 Bernsteinsäure (siehe auch Succinat) 16, 117, 125 Bestrahlung 470 Bewegungsmangel 370 Bibliothek, Gen- 270 Bicarbonat, siehe Hydrogencarbonat Bid 464 Bier 341 bile salt export protein (BSEP) 342 biliär 336 Bilirubin 200 – Anstieg bei Alkoholismus 342 – Antioxidans 300 – Konjugatbildung 336 – Transport im Blutplasma 293 – Transportsystem 343 Bilirubindiglucuronid 200 – Transportsystem 343 Bilirubinmonoglucuronid 200 Biliverdin 200 Biliverdin-Reduktase 200 Bim 464 Bindegewebe 362–364 binding protein (BiP) 222 Bindung – Doppelbindung 14 – Energie 32 – N-glycosidische 74 biogenes Amin 18, 62 – Catecholamine 450 – Histamin 452 – Neurotransmitter 376 Biokatalysator 82 Biolumineszenz 27 Biomineralisation 362 Biomolekül 12, 38–39 Biotin 73, 98, 410 Biotransformation 336 – Cytochrom P450 338 – gER 216 – Inaktivierung von Steroidhormonen 440 – Leber 328

485

Sachverzeichnis BiP (binding protein) 222 Bisphosphoglycerat-Mutase 302 Bisphosphoglycerat-Phosphatase 302 1,3-Bisphosphoglycerat 117, 141 – Gluconeogenese 145 2,3-Bisphosphoglycerat (BPG) 302 Bisphosphonat 370 Bisubstrat 86 Blasengalle 280, 334 Blei 198, 312 Blut 290–292 – Diabetes mellitus 447 – Funktionen 290 – pH-Wert 24 – Schutz vor Verlust 290 – Zellen 290 –– Bildung in Knochen 363 – Zusammensetzung 290 Blut-Hirn-Schranke 380, 385 – Bilirubinpassage 200 – Catecholamine 450 Blutbahn, Hormonsystem 430 Blutdruck 346 – Adrenalin 451 – Aldosteron 436 – Angiotensin II 353 – ANP 449 – Eicosanoide 454 – Erhöhung 350–352 –– Catecholamine 450 – hoher 346 – Niere 352 – NO 453 – Vasopressin 449 Bluterguss 200 Blutgerinnung 290, 306 – Störungen 306 – Vitamin K 408 Blutglucose, siehe Blutzucker Blutgruppe 310 – Glycolipid 52 Blutplasma 290–291 Blutplättchen 290 Blutserum 290 Blutstillung 306 – Kontrolle durch Eicosanoide 454 – NSAID 454 Bluttransfusion 310 Blutung 308 Blutverdünner 308 Blutzelle 290 – Bildung in Knochen 363 Blutzucker 40 – Herkunft 392

48

– Spiegel 386, 390 –– Hormonsteuerung 386 –– Kontrolle durch Leber 330 body mass index (BMI) 346 Bohr-Effekt 298 Bor-Gruppe 13 Bordetella pertussis 420 Botenstoffe, zweite (siehe Second-Messenger) 422 Botox 214 Botulismus 214 bovine spongiform encephalopathy (BSE) 222, 384 Bowmann-Kapsel 349 Box, Transkription 252 Bradykinin 453 Brassinosteroid 54 Breitband-Antibiotikum 264 Brennstoff 46 – Reserve, Vorrat 386 Brom 400 Bronchokonstriktion, Kontrolle durch – Eicosanoide 455 – Histamin 452 Brønstedt 24 Brunnersche Drüse 280 BSE (bovine spongiform encephalopathy) 222, 384 BSEP (bile salt export protein) 342 Buttersäure 49

C C1-Gruppe – Coenzym 194, 410 – Stoffwechsel 194 – Übertragung 100 C-Peptid 444 C-reaktives Protein (CRP) 292, 316 C-Terminus 67 C1-Transferase 83, 101 C2-Domäne 429 C3-Konvertase 318 C5-Konvertase 319 CAAT-Box 252 Cadherin 366 Cadmium 336, 400 Caeruloplasmin 293, 404 CAK (Protein-Kinase) 462 Calciol (Calciferol, siehe auch Vitamin D) 56, 408 – Osteoporose 370 – Transport im Blutplasma 293 Calcitonin 362, 402 – Tumormarker 469

Calcitriol (Dihydroxycholecalciferol, siehe auch Vitamin-D-Hormon) 56, 348, 362, 402, 408 – Biosynthese 440 – Rezeptor 435 – Wirkungsmechanismus 434 Calcium 12, 402 – bindende Proteine 425 – Blutgerinnung 306, 402 – Cofaktor 402 – Einbau, Förderung durch Estrogene 438 – Funktionen 403 – Gehalt im Urin 349 – Glycogenstoffwechsel 151 – Homöostase 402 – Ionen 424 – ionisiertes 403 – Kanal 424 – Knochen 402 – Komplex mit Proteinen 402 – komplexiertes 403 – Kontrolle der Kontraktion 356 – kontrollierende Hormone 363 – Konzentration im –– Blut 291, 402 –– Muskel 356 – Mangel 406 –– Osteoporose 370 – Membranpotenzial 402 – proteingebundes 403 – Pumpe 212, 356, 424 – Resorption 400 – Second-Messenger 402, 422 –– für Neurotransmitter 379 – Sensoren 424 – Speicher in Mitochondrien 226 – Spiegel 291, 402, 424 – Spike 424 – Stoffwechsel 402 –– Calciol (Vitamin D) 409 – Tagesbedarf 400 – Wirkungen 424 Calcium-abhängige ProteinKinase (PK-CaM) 427 Calcium-ATPase 356 Calcium/Calmodulin 428 Calciumkanal 418, 421 – InsP3 422 – spannungsgesteuerter 372 Calciumphosphat 362 Caldesmon 356 Calmodulin 235, 424

Sachverzeichnis Calsequestrin, 356 cAMP (3',5'-cyclo-AMP) 74, 420–422, 428 – -abhängige Protein-Kinase 426 – Glucagon 448 – Hormonwirkungen über 423 – Komplex mit CAP 255 – Kontrolle des Glycogenstoffwechsels 150 – Responseelement 254 – Second-Messenger für Neurotransmitter 379 cAMP-Response Element (CRE) 254, 426 cAMP-spezifische Phosphodiesterase 423 – Kontrolle des Glycogenstoffwechsels 150 Campher 54 CAP (catabolite activator protein) 64, 255 cap (Kappe) 256, 260 Caprinsäure 49 Capronsäure 49 Caprylsäure 49 Capsid 472 Carbaminohämoglobin 298 Carbamylaspartat 91 Carbamylphosphat 91, 183 – Synthese von Harnstoff 182 – Synthese von Pyrimidinen 192 Carbamylphosphat-Synthetase 175, 183 Carbenium-Ion 20 Carboanhydrase (siehe auch Carbonat-Dehydratase) 282, 298, 304 – Niere 350 – Zink 89 Carbonat-Dehydratase (siehe auch Carboanhydrase) 282, 298, 304 Carbonatapatit 362 Carbonsäure 18, 48 – Aktivierung, Coenzym 411 Carbonsäure-Ester 18 Carbonsäureamid 18 Carbonsäureanhydrid 19 Carbonyl-Gruppe 18 Carboxy-Biotin 98 Carboxy-Terminus 67 γ-Carboxyglutamat 306 Carboxygruppe, Übertragung, Coenzym 411 γ-Carboxylase 408 Carboxylase – Coenzym 98

– Vitamin H 410 γ-Carboxylierung 72, 308, 408 Carboxypeptidase 172, 280, 284 Cardiolipin 50 – Biosynthese 164 – Mitochondrien 226 Cardiomyocyt 360 Cargo, Transport 236 – Kern 225 – Membran 210 Carnitin 157 – Shuttle 129, 156 –– Mitochondrien 227 Carnitin-Acyltransferase 112, 155, 157 β-Carotin 301 – Fettgewebe 344 Carotinoid 46, 55 – Antioxidans 300 Carrageenan 42 Caspase 464 Catechol 450 Catechol-O-Methyltransferase (COMT) 377, 450 Catecholamin 181, 450 – Fettgewebe 344 – Inaktivierung 450 – Neurotransmitter 376 – Vitamin C 410 – Wirkungen 450 Cathepsin 172, 229, 315 Caveolae 214 CBP/p300 136 CCK (Cholecystokinin) 286, 346, 452 CD4 322 CD8 322 Cdc25 462 Cdk (Cyclin-abhängige Kinase) 462 Cdk-aktivierende Kinase (CAK) 462 Cdk-Inhibitor (CKI) 462 CDP-Cholin 102–103, 164 CDP-Diacylglycerol 164 CDP-Diacylglycerol-Inositol3-Phosphatidyltransferase 165 Cellobiose 40 Cellulose 42 – Verdauung 278, 284 Celluloseacetat-Folie 292 Centromer 245 Centrosom 232 Cephalin 50 Cephalosporin 264 Ceramid 52 – Biosynthese 164

– Lipidstoffwechsel 155 Ceramidase 52 Cerebrosid 46, 52 – Biosynthese 164 – Membran 209 Cerebrosidose 52 CETP (CholesterolesterTransferprotein) 296 cGMP (3',5'-cyclo-Guanosinmonophosphat) 422 – NO 424 – Sehprozess 382 cGMP-spezifische Phosphodiesterase 382 Chaperon 222, 434 Chaperonin 222 Checkpoint 460 Chelator, Calcium 308 Chemikalien – kanzerogene, als Tumorauslöser 469 – Substrate von CYP 338 chemische Energie 27 chemisches Potenzial 26, 117 chemisches Symbol 13 chemoheterotroph 120 Chemokin 456 – Allergie 326 chemolithoautotroph 106 Chemotaxis 318 – Histamin 452 Chemotherapie 470–471 Chenodesoxycholsäure 56, 334 China-Restaurant-Syndrom 380 Chinol 22 Chinon 22 Chiralität 16 – Glucose 39 Chitin 42 Chlor – Elektronenkonfiguration 13 – Tagesbedarf 400 Chloramphenicol 264 Chlorid – Ausscheidung 351 – Gehalt im Urin 349 – Gleichgewichtspotenzial 119 – Konzentrationen –– Blut 291 –– Cytoplasma 119 –– Extrazellularbereich 119 – Magen 282 – Mangel 400 Chloridkanal 375 Chloroplast 204

487

Sachverzeichnis Cholecalciferol (siehe Calciol) 408 Cholecystokinin (CCK) 286, 346, 452 Choleratoxin 52, 420 Cholestan 56 Cholestase 342 – Enzymdiagnostik 313 Cholesterol 54–57, 438 – Aldosteronbiosynthese 437 – Androgenbiosynthese 438 – Biosynthese 155, 166 –– Ethanolstoffwechsel 341 –– gER 216 –– Schlüsselenzym 166 – Cortisolbiosynthese 437 – Estrogenbiosynthese 439 – Fettsäureester 440 – Galle 280, 334 – Gallenstein 334 – Gestagenbiosynthese 439 – Konzentration im Blut 291 – Leber 332 – Membran 208–209 – Steroidhormonbiosynthese 440 – Transport 294, 297 – Transportsystem 343 Cholesterol-Acylester, Transport 297 Cholesterolester-Hydrolase 440 – Schlüsselenzym 155 – Steroidhormonbiosynthese 441 Cholesterolester-Transferprotein (CETP) 296 Cholin 50, 102, 378 Cholin-Acetyltransferase 379 Cholin-Esterase (ChE) 293 – Enyzmdiagnostik 313 cholinerg 372 Cholsäure 56, 334 – Rezeptor 435 Chondroitinsulfat 368 Choriongonadotropin (hCG) 448 Christmas-Faktor 307 Chrom 400 Chromatid 460 Chromatin 244 – Kondensation 465 – Umbau 244, 254 – Zellkern 224 Chromogranin 450 Chromosom 242–244 – Verdopplung, Zellzyklus 461

48

– Zellkern 224 Chylomikron 294 – Leber 332 – Lipidverdauung 286 – Verdauung 278 Chylomikronen-Rest (remnant) 294 Chymotrypsin 172, 280, 284 Chymotrypsinogen 284 Cip/Kip 462 Ciprofloxacin 265 circadian 432, 436 cis-aktives Element 254 cis-Form, Fettsäure 48 cis-trans-Isomer 16, 48 cis-trans-Isomerase 83 Cisplatin 470 Citrat (Citronensäure) 125–127 – Calciumresorption 400 – Gerinnungshemmung 308–309 – Nahrungsbestandteil 304 Citrat-Lyase 127, 155 Citrat-Synthase 124 Citratzyklus 109, 124–126 – Beziehung CytoplasmaMitochondrien 128 – Bilanz 124 – Mitochondrien 226 – Reaktionen 124 – Stoffwechselfunktionen 126 Citronellol 54 Citrullin 62, 183 – Niere 353 Citrullinämie 187 CKI (Cdk-Inhibitor) 462 Clathrat-Struktur 34 Clathrin 214 Clearance 348 cluster of differentiation (CD) 322 CO2, siehe Kohlendioxid Co-Lipase 278–280, 286 Co-Rezeptor 322 CoA, siehe Coenzym A CoA-Transferase, Coenzym 99 Coaktivator 254, 434 coat protein 214 coated pit 214, 297 coated vesicle 214 Cobalamin 100, 410 Cobalt 12, 400 Code, genetischer 258 codogener Strang 78 Codon 77, 240, 258 Coenzym 83, 89, 96–98 – Verfügbarkeit 110

– Vitamine als Vorstufen 408 Coenzym A 98 – Pantothenat 410 – Pyruvat-Dehydrogenase 122 Coenzym Q (siehe auch Ubichinol) 96, 125 – Antioxidans 300 Cofaktor 88, 96 Coffein 376, 422 Cognac 341 coiled-coil – Intermediärfilamente 232 – Myosin 237 Colchicin 196, 233 Colitis ulcerosa 327 Collagen 65, 68, 364 – Basalmembran 368 – Biosynthese 364 –– Störung 370 –– Vitamin C 410 – EZM 366 – Knochen 362 – Sequenz 69 – Struktur 364 – Varianten 364 Collagenase 315 – Metastasierung 468 COMT (Catechol-O-Methyltransferase) 377, 450 Conn-Syndrom 436 Connexin 414 copy-DNA (cDNA) 268 Cori-Forbes-Krankheit 153 Corizyklus 330, 358 Corrinring 100 Corticoliberin (CRH) 432, 437 Corticosteroid (siehe auch Cortisol) 436 Corticosteron 437 – Transport im Blutplasma 293 Corticotropin (siehe ACTH) 432, 436 Corticotropin freisetzendes Hormon (Corticoliberin, CRH) 432, 437 Cortisol 56, 113, 346, 432, 436, 440 – Blutzuckerspiegel 386 – hormone response element 254 – Hungerstoffwechsel 393 – Kohlenhydratstoffwechsel 148 – Kontrolle der Catecholaminbiosynthese 450 – Konzentrationsverlauf 433

Sachverzeichnis – Rezeptor 255, 435 – Stoffwechselwirkungen 386 – Transport im Blutplasma 293 – Wirkungsmechanismus 434 Cortison 436 Cosubstrat, Enzymreaktion 88 Cotransmitter 376 COX (Cyclooxygenase) 454 CPDA-Lösung 302 CpG-Insel 246 CRE (cAMP response element) 254, 426 CRE-bindendes Protein (CREB) 254–255, 426 – Glucagon 448 Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD) 222, 384 CRH (Corticoliberin) 432, 437 Cristae 226 CTP, allosterischer Effektor 91 CTP-Synthase 194 Cumarin 308, 408 Curare 378 Cushing-Syndrom 436 Cyclin 460–462 Cyclin-abhängige Kinase (Cdk) 460 Cyclin/Cdk-Komplex 460–461 – Hemmung durch p21 463 – Substrate 461–462 cyclisches AMP, siehe cAMP cyclisches GMP, siehe cGMP Cyclooxygenase (COX) 454 Cyclophosphamid 470 CYP (siehe auch Cytochrom P450) 338 Cystathionin-β-Synthase, Defekt 186 Cysteamin 62 Cystein 61–63, 185 – -rest, Fettsäurebiosynthese 160 – Abbau 171, 179 – Proteinstruktur 70 – Protonenlieferant 304 – Stoffwechsel 184 Cystein-Proteinase 172, 464 Cystin 184 Cystinurie 288 Cytidin 74 Cytidindiphosphat-Cholin (siehe CDP-Cholin) 103 Cytochalasin 232

Cytochrom – Abbau 200 – Eisen 89, 400 – Häm 96 Cytochrom c 96, 130–131 – Auslöser von Apoptose 464 – Normalpotenzial 23 Cytochrom P450 (CYP) 336–338 – Biotransformation 336 – gER 216 – Isoformen 338 – Steroidhormonbiosynthese 440 – Substrate 339 Cytochrom-b5-Reduktase 163 – Erythrocyten 302 Cytochrom-c-Oxidase 130 – Kupfer 89, 400 Cytochrom-P450-Reduktase 338 Cytokeratin 68, 232 Cytokin 320, 430, 453, 456–457 – -sturm 456 – Allergie 326 – Entzündung 320 – Knochenstoffwechsel 402 – Rezeptor 456 – Signaltransduktion 456 – Zellzyklus 460 Cytokinese 460 Cytokinin 54 Cytoplasma 204–206 – Beziehungen zu Mitochondrien 128 – Leistungen 207 – pH-Wert 24 – Schrumpfen 465 – Teilung, Zellzyklus 461 cytoplasmatischer Weg, Proteinsortieren 218 Cytosin 75 Cytoskelett 204, 232–234 – Membranverankerung 208 – Motorproteine 236 – Signaltransduktion 415 – verändertes 469 Cytosol 214 Cytostatikum 264, 470 cytotoxische T-Zelle 320

D D-Aminosäure-Oxidase 230 D-Zelle (Magen) 283, 452

DAG (siehe auch Diacylglycerol) 48–50, 103, 164, 422, 428 DAO (Diamin-Oxidase) 377, 452 Darm – Aminosäurestoffwechsel 388 – Biotransformation 336 – Eisenstoffwechsel 405 – Kontrolle durch Eicosanoide 454 – Lipidstoffwechsel 388 – Resorptionsphase 390 Darmbakterien 334 Darmepithel 280 – Verdauung 278 Darmflora, Vitamin K 408 Darmperistaltik 62, 452 Daunomycin 265 Deacylierung 394 Dealkylierung 339 – Biotransformation 336 Decarboxylase, Coenzym 99 Decarboxylierung 62 – Coenzym 98 – oxidative 122, 170 Dedifferenzierung 469 Defekt-Bindungsprotein 267 degenerierter Code 258 Dehalogenierung, Biotransformation 336 Dehydratase 176 Dehydratisierung 20, 98 Dehydroascorbinsäure 96 Dehydrogenase 83, 96 – Flavin 96 – mitochondriale 130 Dehydroxylierung 335 Deiodase 62, 442 Deletion 267, 467 Demineralisierung 363, 370 Denaturierung 16 – Enzym 88 – Magenlumen 283 – Protein 70–71 Dendrit 372 dendritische Zelle 314–315 Denitrifizierung 174 Densitometrie 293 Dentin 362 Depolarisationswelle 374 Depolarisierung 374, 378 – postsynaptische Membran 372 Dermatansulfat 368 Dermatomyositis 327 Desaminierung 170, 176, 179–181 – Biotransformation 336

489

Sachverzeichnis – eliminierende 176 – hydrolytische 176 – Mutation 267 – oxidative 176 Desaturase 162 Desmin 232, 354 Desoxyadenosin 74 5-Desoxyadenosylcobalamin 411 Desoxyaldose 40 Desoxycholsäure 56, 334 11-Desoxycorticosteron 436 11-Desoxycortisol 437 Desoxygenierung 298 Desoxyglucose 380 Desoxyhämoglobin 299 Desoxynucleosid 74 Desoxyribonuclease (DNase) 248, 280 Desoxyribonucleinsäure (siehe DNA) 74, 78 Desoxyribonucleosidtriphosphat (dNTP) 248, 270–271 Desoxyribose 40, 194 – Desoxythymidin-5'-monophosphat (dTMP) 74, 188 Desoxythymidintriphosphat (dTTP) 194 Desoxyuridinmonophosphat (dUMP) 188 Desulfurierung 336 Detektor 95 Detergens 70 Dextran 42 – Zahnplaque 362 Dextrose, siehe Glucose DHT (5α-Dihydrotestosteron) 438 Diabetes insipidus 350 Diabetes mellitus 446 – Auslösung durch Cortisol 436 – LPL-Aktivität 312 – metabolische Acidose 304 – OGT (oraler Glucosebelastungstest) 390 – Spätkomplikationen 446 – Typ I, insulinabhängige Form (IDDM) 327, 446 – Typ II, nicht insulinabhängige Form (NIDDM) 446 Diacylglycerol (DAG) 48–50, 103, 164, 422, 428 – Fettsynthese 164 – Hormonwirkungen über 423 – Lipidstoffwechsel 155 – Lipidverdauung 287 – Second-Messenger 422

49

Diacylglycerol-Acyltransferase 165 Diagnostik – Enzym 104 – Serum 94, 312 Diamin-Oxidase (DAO) 377, 452 Diarrhoe 288, 420 Diastereomer 16 Diazepam 337 Dicarbonsäure 158 Dicarboxylat-Transporter 129 Dicer 274 Didesoxyribonucleosidtriphosphat 270 Dielektrizitätszahl 32 Dienoyl-CoA-Reduktase 159 Diester 18, 75 Differenzierung, Kontrolle durch – Cytokine 456 – Hormone 430 – Protoonkogene 466 – Retinsäure 409 – Wachstumsfaktoren 453 Diffusion 210 – erleichterte 284, 418 – passive 418 Digitaloid 56 Dihydrofolat 100, 195, 471 – Coenzym 101 Dihydrofolat-Reduktase 194, 471 – Gen 242 – Hemmstoff 470 Dihydrogenphosphat 19 Dihydroliponamid 122 Dihydroliponamid-Acetyltransferase 122 Dihydroliponamid-Dehydrogenase 123 Dihydroorotat 192 Dihydropyridin-Rezeptor (DHPR) 356, 425 Dihydrouridin 76 Dihydroxyaceton-3-phosphat 141, 144, 330 Dihydroxycholecalciferol (Vitamin-D-Hormon), siehe Calcitriol 5α-Dihydrotestosteron (DHT) 438 2,4-Dihydroxy-3,3’-dimethylbutyrat 410 3,4-Dihydroxyphenylalanin (Dopa) 62, 181, 450 Dimerisierung, Rezeptor 434 Dimethylallyldiphosphat 166

Dimethylbenzimidazol 100 Dinitrophenol 135 Dinucleotid 75 Dipeptid, Transport 284 Dipeptidase 172, 281 Diphosphat (Pyrophosphat) 114 diploid 242 Dipol 32 Dipol-Dipol-Wechselwirkung 32 Disaccharid 40 Disaccharidase 284 Disproportionierung 301 Dissoziationskurve 24 Disulfid (Disulfan) 18, 22 – oxydiertes Glutathion 300 Disulfid/Dithiol 96 Disulfidbrücke 71 – Cystin 184 – Insulin 444 – Keratin 68 – Knüpfung 222 – Liponsäure 96 – posttranslationale Modifizierung 72 – Protein 70, 185 Diurese 350 – Kontrolle durch ANP 449 Diuretikum 350 DMT1 (Transporter für zweiwertige Metalle) 406 DNA (Desoxyribonucleinsäure) 74, 78 – B-Form 78 – Bibliothek 270 – Bindungsdomäne 434 – cDNA 268–269 – Doppelhelix, Vernetzung 470 – Fragmentierung 465 – Furchen 79 – Klonieren 268 – Kontrollelement 434 – mitochondriale 226 – Reparatur 266 – Replikation im Zellzyklus 460 – ringförmige 205 – Rückgrat 79 – Schaden 462, 468 –– Apoptose 464 – Sequenzieren 270 – Trennung 272 – Zellkern 224 DNA-Ligase 251 – DNA-Reparatur 266 – Klonieren 268 DNA-Methyltransferase (DNMT) 246–247

Sachverzeichnis DNA-Polymerase – DNA-abhängige 248–249, 275 – DNA-Reparatur 266 – hitzebeständige 272 – Sequenzieren 270 DNA-Topoisomerase II, Hemmung 264 DNase 248, 280 – Inhibitoren, Substrate der Caspasen 464 Dogma, zentrales 240 Dolichol 54, 166, 220 – Lipidanker 210 Domäne – Adapterproteine 428 – Immunglobulin 324 – Ionenkanal 418 – Rezeptor 434 Dopa 62, 181, 450 Dopa-Decarboxylase 450 Dopachrom 181 Dopamin 62, 450 – Neurotransmitter 376 – Rezeptoren 379 Dopamin-β-Monooxygenase 451 dopaminerg 372, 450 Doppelbindung 159 Doppelhelix 78 Doppelschicht, Membran 34, 208 Doxorubicin 470 Dracula 198 Druck, kolloidosmotischer 292 Drüse – akzessorische, Androgenwirkung 438 – endokrine 430 – periphere 433 Drüsenzelle, Hormonsystem 430 dsDNA (doppelsträngige DNA) 472 Duchenne-Muskeldystrophie 360 Ductus thoracicus 278 – Lipidverdauung 286 Dunkelreaktion 106 Dünndarm – CCK 452 – pH-Wert 24 – Sekret 280 Durchfall 288 Durst, Angiotensin II 353 Dynactin 236 Dynamin 214 Dynein 234, 236

Dynorphin 376 Dysproteinämie 292 Dystrophin 360

E E. coli (Escherichia coli) 206 E/Z-Isomer 16 E2F (Transkriptionsfaktor) 462 E605 (Esterase-Hemmer) 378 Ecdyson 56 ECL-Zelle 283, 452 EcoRI 248, 268 Edelgas 12 EDTA, Gerinnungshemmung 308 EF-Hand 429 Effektor, allosterischer 90, 298 Effektor-Caspase 464 Effektorenzym 417 – Signalsystem 429 Effektorprotein 414–415 Effektorzelle 316 Ehlers-Danlos-Syndrom 370 Eicosaeder 472 Eicosanoid 46–47, 453–454 – Allergie 327 – Biosynthese 454 – Substrat von CYP 338 – Wirkung 454 Eigenschaften, chemische 12 Eiklar 70 Einstrom von Ionen 374 Einzeller 205 Eis 32 Eisen 12 – Ausscheidung 404 – Elektronenkonfiguration 13 – Enyzm 89 – Hämabbau 200 – Haushalt 404 – Mangel 312, 406 – Proteinbestandteil 400 – Proteine 174 – Protoporphyrin 198 – Recycling 404 – ROS 300 – Speicherung 404 – Stoffwechsel 404 – Tagesbedarf 400 – Transport 404 –– im Blutplasma 293 – Verteilung 404 Eisen/Schwefel (Fe/S)-Cluster 96, 130–131, 174, 405 – Atmungskette 131

Elastase 172, 280, 284, 315 Elastin 366 elektrische Energie 27 elektrochemischer Gradient 26 Elektrode 23 Elektrolyt 12, 400 – Ausscheidung 350 – Blut 290 – Rückresorption 350 – Urin 348 Elektronen 12 – Konfiguration 12 – Quelle 106 – Transfer 20 – Transport 132 – Transportkette 130 – Übertragung 20 elektronentransferierendes Flavoprotein (ETF) 157 elektrophil 20 Elektrophorese – DNA 272 – Protein 292 Element 12 Eliminierung 20 Elongation, Transkription 252, 262 Elongationsfaktor 236, 262 Embolie 308, 312 Embryonalentwicklung – Apoptose 464 – Kontrolle durch Hormone 430 Empfängerblut 311 Empfängerdomäne 416 Emulgierung, Gallensäuren 334 Emulsion 34 – Lipidverdauung 286 Enantiomer 16, 58 3'- u. 5'-Ende von Peptid 79 endergon 26–27, 107 Endocytose 210, 214 – LDL 214, 294–295 – rezeptorvermittelte 214, 294–295 – Thyreoglobulin 443 – Transferrin-Rezeptoren 404 – Transport 211 endokrin 432 Endolysosom 228 Endonuclease 248, 268 Endopeptidase 172 – Verdauung 278–279 Endoplasmatisches Retikulum (ER) 204, 216–218 – Aufbau 216 – Fettsäurestoffwechsel 162

491

Sachverzeichnis – Funktionen 216 – glattes (gER) 216 – raues (rER) 220 Endorphin 376 Endosom 204, 228 Endosymbionten-Theorie 226 Endplatte, motorische 356 Endprodukthemmung 110 – Gallensäure-Bildung 334 Energetik 26 energetische Kopplung 26–27, 108, 117 – Rolle im Stoffwechsel 106 Energie 26 – Bedarf 398 – Bilanz 398 – chemische 106, 114 – Diagramm 30 – Dichte 386 – Konservierung 26, 118 – Lieferant 392 –– Muskelzelle 360 – Quelle 106 – Reserve 46 – Speicher, Fettgewebe 344 – Umwandlung 26 – Verbrauch, Fettgewebe 344 energiereicher Metabolit 18, 102, 116 Energiestoffwechsel 114–116, 120 – Gehirn 380 – Muskel 358 –– in Arbeit 361 –– in Ruhe 361 – Regulation 134 –– Sirtuine 394 – Überblick 120 Enhancer 254, 434 Enkephalin 376 Enolase 117, 141 Enolphosphat 18 eNOS (endotheliale NO-Synthase) 424 Enoyl-ACP-Reduktase 161 Enoyl-CoA 157 Enoyl-CoA-Hydratase 157 Enoyl-CoA-Isomerase 159 enterochromaffine Zelle 452 Enterocyt 278, 287 enteroendokrines System 452 enterohepatischer Kreislauf 200, 334 Enterokinase 172, 284 Enteropeptidase 172, 282–284 Entgiftung 336 – CYP 338

49

– Leber 328 – Peroxisomen 230 Enthalpie 26 – Änderung 28 Entkoppler 134 Entropie 28 Entropieänderung 28 Entwicklung, Retinsäure 409 Entzündung 320 – Histamin 453 – Kontrolle durch –– Cytokine 457 –– Eicosanoide 454 – Mediator PGH-Synthase 454 Entzündungsantwort 326 entzündungshemmend 436 entzweigendes Enzym (Glycogenstoffwechsel) 147 Enzym 30, 64, 82–84 – aktives Zentrum 83–84 – Aktivität 86–88 –– Internationale Einheit 86 –– Katal 86 –– Messung 88 – allosterisches 90 – Analyse 94 –– Plasma und Serum 312 – Coenzym 83 – Cofaktor 88 – Defekt 105 –– angeborener 104 – Denaturierung 88 – Diagnostik 104 – Einteilung 82 – Grundlagen 82 – Hauptklassen 82 – Hemmstoff 92 – Hemmung 92 –– CYP 338 – isosterisches 90 – Kaskade –– Apoptose 464 –– Blutgerinnung 307 –– Komplementsystem 319 – Katalyse 82–84 – Kinetik 86–87, 91 – ligandengesteuertes 416 – Membran 208–209 – Mitochondrien 226 – Nucleinsäure modifizierendes 248 – Pankreassekret 280 – Pathobiochemie 104 – Reaktionsmechanismus 86 – Regulation 90, 110 – Rolle im Stoffwechsel 106 – Speichel 280 – Spezifität 82

– Stereospezifität 82 – Substrat 83 –– Spezifität 82 – Translokation 225 – Verdauung 278 – Wirkungsspezifität 82 Enzym-Substrat-Komplex 87 Epidermolysis bullosa 370 Epigenom 246 Epimer 38 Epimerase 83 Epimerisierung. 38 Epinephrin (siehe Adrenalin) 181, 450 episodisch 432 Epo (siehe auch Erythropoetin) 457 Epo (siehe Erythropoetin) 348 Epoxid 230, 336 ER (Endoplasmatisches Retikulum) 204, 216–218 Erbinformation 241 Erdalkalimetall 12–13 ereignisgesteuert 432 Erektion 424 Erfolgsorgan, Hormon 430 Ergosterol 57 Erk (MAPK) 428, 444 Erkältungskrankheit 472 Erkennungshelix 434 Erkennungszelle 316 Ernährung 398–399 – Form 106 Erucasäure 49 Erythroblastose, fetale 310 Erythrocyt 290, 298 – Abbau 200 – Eisen 405 – Förderung der Bildung durch Cytokine 457 – Glucoseumsatz 386 – Konzentrat 302, 310 – Resorptionsphase 390 – Stoffwechsel 302 Erythromycin 264 Erythropoetin (Epo) 348, 457 – Hypoxie 136 Erythropoiese 404 Erythrose-4-phosphat, HMW 143 Escherichia coli 206 Essigsäure (Acetat) 25, 49 – aktivierte (siehe auch Acetyl-CoA) 18, 54, 102 – Säurekonstante 25 Ester 19 – Spaltung 21 Esterase 83 – Hemmstoff 378

Sachverzeichnis Estradiol (siehe auch Estrogen) 56, 438–439 – Kontrolle durch –– hCG 449 –– LH 438 – Rezeptor 435 – Transport im Blutplasma 293 Estriol 438 Estrogen (siehe auch Estradiol) 402, 438 – Fettgewebe 344 – Osteoporose 370 – Rezeptor 435 Estrogen-Rezeptor-Modulator, spezifischer (SERM) 370 Estron 438 ETF (Elektronen transferierendes Flavoprotein) 157 – Atmungskette 131 ETF-Dehydrogenase 157 Ethanal 340, 342 Ethanol 340 – Abbau 340 –– Leberverfettung 168 – Brennwert 340, 398 – Effekte 340 – Energiegehalt 399 – Hyperuricämie 196 – letale Konzentration 340 – Peroxisom 230 – Resorption 284 – Spiegel 340 – Stoffwechsel 340 – Substrat der CYP 339 – Verteilungsraum 340 – Wirkungen 342 – Zufuhr 342 Ethanolamin 50, 62 Ether 18 Etherphospholipid 50 – Peroxisom 230 Ethidiumbromid 272 Eubakterium 205 Euchromatin 224, 244 Eukaryont 204 Excisionsendonuclease 266 Excisionsreparatur 266 exergon 26–27 Exkretion, Leber 328 Exocytose 210, 214 – Insulin 444 – Neurotransmitter 372 – Transport 211 Exon 242 – Spleißen 257 Exonuclease 248 Exopeptidase 172 – Verdauung 278

Exosom 204 Exportin 224 Expressionsplasmid 268 Extinktion 94 extragenitale Wirkung – Androgene 438 – Estrogene 438 Extrazellulärvolumen, Beeinflussung durch Aldosteron 436 extrinsischer Faktor 410 EZM (extrazelluläre Matrix) 362, 366–368 – Erkrankungen 370 – Proteinabbau 368 – Rezeptor 367

F Fab-Fragment 324 Fc-Fragment 44, 324 Fc-Rezeptor, Mastzelle 326 F-Actin 64, 232, 234 FAD (Flavinadenindinucleotid) 96 – Atmungskette 131 – CYP 338 – FAD/FADH2, Normalpotenzial 23 – Pyruvat-Dehydrogenase 122 – Vitamin-B2-Komplex 410 FADD (fas-associated death domain) 464 β-Faltblatt 69 – Seidenfibroin 68 Faltung, Protein 70 Farbe 200 Farbstoff, Entgiftung 337 Farnesol 54 – Lipidanker 210 Farnesyldiphosphat 166 Fas – FADD (fas-associated death domain) 464 – Ligand 464 –– Immunabwehr 320 – Rezeptor 464 Faser 366 – Collagen 364 – Molekül 232 Faserprotein 366 Faserstoff 279 β-Fass (β-barrel) 210 Fe-Protoporphyrin 198 Feder 68 Feed-forward-Aktivierung 112 Feedback-Hemmung 110–111 – Häm-Synthese 198

Fehlernährung 406 Fehlfaltung 384 FeMo-Protein 174 Fenton-Reaktion 315 Ferredoxin 174 – Normalpotenzial 23 Ferrireduktase 404 Ferritin 404–405 Ferrochelatase 404 Ferrooxidase 404 Ferroportin 406 α1-Fetoprotein (AFP), Tumormarker 469 Fett (siehe auch Triacylglycerol und Triglycerid) 46–48, 164 – Anteil im Körper 399 – Biosynthese 164 – Energiegehalt 399 – Ersatzstoff 288 – Hydrolyse im Verdauungstrakt 286 – Leber 332 – Nahrung 109, 398 – Resorption 286 – Stoffwechsel 154 – Transport im Blut 294 Fettblocker 288 Fettgewebe 344–345 – braunes 344 – Brennstoffvorrat 387 – Diabetes mellitus 447 – Estrogensynthese 438 – Funktionen 344 – Glucoseumsatz 386 – Hungerstoffwechsel 392 – Lipidstoffwechsel 388 – Lipogenese 164 – Pathobiochemie 346 – Resorptionsphase 390 – weißes 344 Fettleber 342 – Alkoholkrankheit 343 – Enzymdiagnostik 313 – Glycogenspeicherkrankheit 153 Fettleibigkeit 346 Fettsäure 46–47 – Abbau 156–157 –– Nebenwege 158 – Aktivierung 155, 158 – Biosynthese 109, 160 –– Ethanolstoffwechsel 341 –– Fettgewebe 344 –– Lipidverdauung 287 –– Lokalisierung im Cytoplasma 206 –– Verknüpfung mit Citratzyklus 126 – Desaturierung 155

493

Sachverzeichnis – Energiesubstrat der Muskeln 358 – Entkoppler der Atmungskette 135 – essenzielle 48 – freie 48 – Kontrolle durch Catecholamine 450 – kurzkettige 48, 156–157 –– Lipid-Verdauung 286 –– Resorption 284 –– Stoffwechsel im Kolon 288 –– Transport 294 – langkettige 48, 156–157 –– Transport 294 – Leber 332 – Lipidstoffwechsel 155 – methylverzweigte 159, 230 – mittelkettige 48, 156–157 –– Abbau 168 – Nahrung 109 – Resorption 286 – Rezeptor 435 – sehr langkettige 48, 156–157, 230 – Stoffwechsel 120, 162 –– geschwindigkeitsbestimmender Schritt 156 – Substrat von CYP 338 – Synthese 155 – Transfettsäure 162 – Transport 156 –– Defekt 168 –– im Blutplasma 293 – überlange 162, 230 – ungeradzahlige 159 – ungesättigte 48, 158 –– Abbau 159 –– Bildung 162 – Verlängerung 155, 162 – β-Oxidation 157 Fettsäure-CoA-Desaturase 163 Fettsäure-CoA-Ligase 163 Fettsäure-Synthase 155, 160 Fibrille 366 – Collagen 364 Fibrillin 366 – Defekt 370 Fibrin 306 Fibrin-stabilisierender Faktor 307 Fibrinogen 292, 306 Fibrinolyse 290, 292, 308 Fibroblast 362 Fibroin 68 Fibronectin 366 Fibrose 342

49

Filament 232 – dickes 355 – dünnes 355 – gleitendes 354 Filtration 348 Fimbrin 235 Fingerabdruck, genetischer 272 Fischer-Projektion 38 – Aminosäure 58 – Glucose 39 Flap-Endonuclease 250 Flatulenz 288 Flavin 22, 73, 96, 411 Flavin-Coenzym 96 Flavinadenindinucleotid (siehe FAD) 96 Flavinmononucleotid (siehe FMN) 96 Fliegenpilz 378 flight or fight 450 Fluidität, Membran 208 Fluor – Apatit 362 – Tagesbedarf 400 5-Fluordesoxyuridin 471 5-Fluordesoxyuridin-monophosphat 471 Fluorid – Mangel 406 – Zahnpflege 362 Fluoridierung 362 FMN 96 – Atmungskette 131 – CYP 338 – Normalpotenzial 23 – Vitamin-B2-Komplex 410 5-Fluoruracil 470 Fodrin 235 Folat (Folsäure) 100, 410 – Aufnahme von 214 – C1-Stoffwechsel 195 – Hemmung der Synthese 264 – Mangel 100, 312 Folgestrang 250 Follikel 439 Follikelhormon 438 Follikelphase 438 follikelstimulierendes Hormon (FSH, Follitropin) 438 Follikelzelle 442 Follitropin (FSH) 438 Folsäure (siehe Folat) 100, 410 Formyl-Methionin 262 Formyl-Rest 73 Formylgruppe, Übertragung 101

Formyltetrahydrofolsäure (Formyl-THF) 100, 194 Foxo 112, 254, 445 Fragin 232 Frataxin 137 freie Enthalpie 26 Fremdstoff 336 – Stoffwechsel an Membranen 208 Fresszelle 290, 314 Friedreich-Ataxie (FRDA) 137 Fructose 38–40, 139 – Stoffwechsel 153 –– Leber 330 – Transport 284 Fructose-1,6-bisphosphat 141, 145 Fructose-1,6-bisphosphatase – Gluconeogenese 145 – Regulation 149 – Schlüsselenzym 139 Fructose-1-phosphat, Stoffwechsel der Leber 330 Fructose-2,6-bisphosphat 149 Fructose-2,6-bisphosphatase 149 Fructose-6-phosphat 141 – Gluconeogenese 145 – HMW 143 Fructose-6-phosphat-2Kinase 149 FructosebisphosphatAldolase 331 Fructoseintoleranz 152, 288 FSH (Follikelstimulierendes Hormon, Follitropin) 438 fT3 (freies Triiodthyronin) 442 fT4 (freies Thyroxin) 442 Fucose 40–41 – Blutgruppenantigen 311 Fumarase 124 Fumarat (Fumarsäure) 16, 125 – Aminosäureabbau 178 – Bildung aus Aminosäuren 181 – Fumarat/Succinat, Normalpotenzial 23 fungistatisch 264 fungizid 264 funktionelle Gruppe 18 Furan-Ring 38 Furche der DNA, kleine und große 78 Furosemid 350

Sachverzeichnis G G0-Phase 460 G1-Phase 460 G2-Phase 460 G2/M-Kontrollpunkt 460 G-Actin 232 G-Protein (GTP-bindendes Protein) 417, 420 – Bezug zu Onkogenen 466 – Familie 420 – gekoppelt an GPCR 416 – heterotrimeres 420 – metabotroper Rezeptor 378 – monomeres 420 – Signalsystem 429 – Steroidhormonbiosynthese 441 – Transport zwischen Kern und Cytoplasma 224 – vesikulärer Transport 216 G-Protein-gekoppelter Rezeptor (siehe GPCR) 382, 416 G-Zelle (Magen) 283 – Gastrin 452 GABA (4-Aminobutyrat, γAminobuttersäure) 62 – Ethanolwirkung 340 – Gehirnstoffwechsel 380 – Neurotransmitter 376 – Rezeptoren 379 GABA-Aminotransferase 177 GABA-erg 380 GABA-Shunt 380 Galactitol 105, 152 Galactokinase 331 Galactosämie 105, 152, 330 Galactose 40, 105, 331 – Abbau, Überblick 139 – Biosynthese 330 – Blutgruppenantigen 311 – Rezeptor 292 – Stoffwechsel 153 –– Leber 330 – Transport 284 Galactose-1-phosphat 105, 330 – Galactosämie 152 Galactose-1-phosphat-Uridyltransferase – Enzymdefekt 105 – Galactosämie 152 Galactosidase, Gen 255 Galactosyl-Ceramid 52 Galactosyltransferase 311 Galacturonsäure 40 Galle 280, 334 – Bilirubinausscheidung 200 Gallenblase 452

Gallenfarbstoff 200 – Galle 280 – Gallenstein 334 Gallensalz 334 – Galle 280 – Lipidverdauung 286 – Rezeptor 435 – Stoffwechsel 334 – Verdauung 278 Gallensäure 55–56, 334 – Galle 280 – konjugierte 334 –– Rezeptor 435 – Leber 332 – Lipidstoffwechsel 155 – Lipidverdauung 286 – Peroxisomen 230 – primäre 56, 334 – Rezeptor 435 – sekundäre 56, 334 – Substrat von CYP 338 – Synthese, Vitamin C 410 – Transport im Blutplasma 293 – Transportsystem 343 Gallenstein 334 – Cholestase 342 Gangliosid 46, 53 – Abbau, Defekt 228 – Biosynthese 164 – Membran 209 Gangliosidose 52 Gap junction 419 Gärung 108, 120 Gas – Bildung bei Verdauungsprozessen 288 – Transport im Blut 291, 299 Gaskonstante 29 Gastrin 282, 288, 452 – Stimulierung der Insulinsekretion 390 Gastritis 288 gastrointestinales Hormon 282, 284, 444, 452 Gaucher-Zelle 168 GC-Box 252 GDP (Guanosindiphosphat), G-Protein 420 Gedächtnis – Histamin 452 – Immunsystem 320 Gedächtniszelle 320 Gefäßpermeabilität – Histamin 452–453 – Kontrolle durch Kinine 453 Gefäßverkalkung 312 Gefäßweite, Histamin 453

Gehirn 372–373, 376 – Energiestoffwechsel 380 – Energieversorgung 381 – Stoffwechsel 380 –– Hungerstoffwechsel 392 Gelatine 364 Gelbkörper 438 Gelbkörperhormon 438 Gelbsucht 200 Gelelektrophorese – DNA 270–271 – Protein 292 Gelsolin 232 Gen 240–242 – Bibliothek 270 – Genexpression, Signaltransduktion 415 – Gesamtzahl 242 – kloniertes 271 – multiples 314 – Sequenz 78 – Sonde 270 – Struktur 242 – Technik 268–270 – Therapie 274 –– SCID 196 – Transkription 252 Genetik, molekulare 240 genetischer Code 258 genetischer Polymorphismus 338 genitale Wirkung – Androgene 438 – Estrogene 438 Genom 242 – mitochondriales 136 – Schäden, Apoptose 465 Gentechnik 248, 268–270, 274 Gentherapie 274 gER (glattes Endoplasmatisches Retikulum) 216 Geraniol 54–55 Geranyldiphosphat 166 Geranylgeraniol, Lipidanker 210 Gerinnung (siehe auch Blutgerinnung) 290, 306, 308 – Gerinnungsfaktor 172 – Hemmung 308 – Störungen 306 – System, Blutplasma 292 – Vitamin K 408 Geruchsstoff 414 Gerüst, Cytoskelett 234 Gerüstprotein, Signalkomplex 428 Gesamtstickstoff – Gehalt im Urin 349 – Spiegel 393

495

Sachverzeichnis Geschlechtshormon 438 Geschlechtshormonbindendes Globulin 293 Geschlechtsmerkmal, sekundäres 438 Geschlechtsorgan 438 Geschmacksstoff 414 Geschmacksverstärker 380 Geschwindigkeitskonstante 86 Gestagen (siehe auch Progesteron) 438 – Rezeptor 435 Gewebe-Faktor, Blutgerinnung 307 Gewebs-Thromboplastin 306 Gewebshormon 430, 452 – Darm 390 Gewebsplasminogen-Aktivator 308 Gewebswachstumsfaktor, EZM 368 Gewicht 347 GH (Wachstumshormon, Somatotropin, STH) 64, 448 – Rezeptor 65 – Stoffwechselwirkungen 386 Ghrelin 346, 448 GHRH (Somatoliberin) 448 Gibbs-Helmholtz-Gleichung 28 Gicht 196 Gichtknötchen 196 Gierke-Krankheit 152, 197 Giftung 336 GIP (gastroinhibitorisches Peptid) 444 glandotropes Hormon 440 Glanzmann-Krankheit 370 Glaskörper 44 Gleichgewicht 26 – Konstante 28 – Potenzial 118, 374 Gleitring 250 Gliadin 288 Gliaprotein, saures fibrilläres 232 Gliazelle, Gliazelle, Stoffwechsel 380 Globin, Gen 275 Globulin 292 glomeruläre Filtrationsrate 42, 348 GLP-1 und -2 (Glucagon-ähnliche Peptide) 444, 448, 452 – Stimulierung der Insulinsekretion 390 Glucagon 448

49

– – – –

Blutzuckerspiegel 386 Fettsäurebiosynthese 166 Hungerstoffwechsel 393 Kohlenhydratstoffwechsel 148 – Kontrolle des Glycogenstoffwechsels 150 – Mahlzeit 390 – Postresorptionsphase 392 – Resorptionsphase 390 – Rezeptor 255 – Stoffwechselwirkungen 386 – Wirkung über cAMP 423 Glucagon-ähnliche Peptide (GLP-1 und -2) 444, 448, 452 – Stimulierung der Insulinsekretion 390 Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1) 346 Glucan verzweigendes Enzym (Glucanotransferase) 147 – Glycogenspeicherkrankheit 153 Glucan-Kette, Glycogenstoffwechsel 147 Glucoamylase 284 Glucocerebrosidase 168 Glucocorticoid (siehe auch Cortisol) 436 – Hemmung der –– Phospholipase A2 455 –– Prostaglandin H2-Synthase 455 – Kontrolle der PLA2 454 – Magensäurebildung 282 – Rezeptor 435 glucogen 171, 178–179 – Aminosäure 144 Glucokinase 331 – Kompartimentierung 110, 150 – Regulation 149 – Schlüsselenzym 139 – Translokation 150 Gluconeogenese 109, 144 – Kontrolle durch, Sirt2 394 – ER 216 – Förderung durch Adrenalin 451 – gER 216 – Hormonsteuerung 387 – Kontrolle durch –– Cortisol 436 –– GH und IGF 448 –– Glucagon 448 – Lokalisierung im Cytoplasma 206

– Niere 349, 352 – Postresorptionsphase 392 – Überblick 139 – Verknüpfung mit –– Citratzyklus 126 –– Harnstoffzyklus 182 – Zonierung 329 Gluconolacton 39, 95 Gluconolactonase 143 Gluconsäure 38 Glucose 38, 41, 141 – aktivierte 102 – Aufnahme –– Diabetes mellitus 447 –– GH und IGF 448 –– Hormonsteuerung 387 – Bedarf der Erythrocyten 302 – Belastungstest, oraler (OGT) 390 – Bestimmung 95 – Bildung in Gluconeogenese 145 – enzymatische Bestimmung 94 – Gehirn 380 – Glycogenstoffwechsel 147 – Herkunft 392 – Hungerstoffwechsel 392 – Intoleranz, Auslösung durch Cortisol 436 – Kontrolle durch –– Catecholamine 450 –– Cortisol 437 –– Glucagon 449 –– Insulin 447 – Konzentration im Blut (Spiegel) 291, 392–393 – Mangel 150 – Nahrung 109 – Niere 353 – Stoffwechsel 120 –– Leber 330 –– Regulation durch Sirt1 394 – Transport 212, 284 – Umsatz 386 – Verbrauch 387, 393 Glucose-1-phosphat 38, 103 – Glycogenstoffwechsel 147 Glucose-1-phosphat-Uridyltransferase 331 Glucose-6-phosphat 38, 103, 141 – Gluconeogenese 145 – Glycogenstoffwechsel 147 – HMW 143 Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase 143 – Erythrocytenzerfall 313

Sachverzeichnis Glucose-6-phosphat-Isomerase 141 – Gluconeogenese 145 Glucose-6-phosphatase 144, 216 – Gluconeogenese 145 – Glycogenspeicherkrankheit 153 – Leber 330 – Regulation 149 – Schlüsselenzym 139 Glucose-Oxidase 94–95 Glucose-Transporter (Glut oder SGLT) 212 – Darm 284 – Glut-1 212, 390 – Glut-2 212 – Glut-3 212 – Glut-4 150–151, 212, 345, 444 –– Kontrolle durch Insulin 444 – Glut-5 212 – Leber 345 – Natrium-abhängiger (SGLT) 212, 284 – Störung 288 – β-Zelle 390 Glucosebelastungstest, oraler (OGT) 390 α-Glucosidase 281 β-Glucosidase 52 Glucostat 330 Glucosurie 446 Glucosyl-Ceramid 52 Glucuronat (Glucuronsäure) 39–40, 44, 336 – Proteoglycane 368 Glucuronid – Bilirubin 200 – Stoffwechsel der Leber 330 β-Glucuronidase 200 – Zonierung 329 Glucuronidierung 337 – Zonierung 329 Glucuronyl-Transferase 201, 337 Glut, siehe Glucose-Transporter Glutamat, Familie 184 Glutamat (Glutaminsäure) 61, 179 – Abbau 171, 179 – Desaminierung 177 – Ethanolwirkung 340 – Gehirnstoffwechsel 380–381 – Neurotransmitter 376 – Rezeptoren 379

– Sehprozess 382 – Stoffwechsel 178 Glutamat-Decarboxylase 380 Glutamat-Dehydrogenase (GLDH) 175–177, 183, 389 – Enzymdiagnostik 104, 313 – Niere 353 Glutamat-γ-semialdehyd 179 Glutamin 61, 117 – Abbau 171, 179 – Desaminierung 177 – Gehirnstoffwechsel 381 – Gluconeogenese 388 – Konjugatbildung 336 – Niere 352 – Stickstofftransport 388 – Synthese 117 –– Zonierung 329 Glutamin-Phosphoribosylamidotransferase 113 Glutamin-Synthetase 64, 175, 380, 388 – energetische Kopplung 116 Glutaminase 175–176, 183, 380, 388 – Niere 353 glutaminerg 376, 380 Glutamylcystein 185 γ-Glutamyltranspeptidase (GGT) – Anstieg bei Alkoholismus 342 – Enzymdiagnostik 313 Glutathion (GSH) 96, 184, 300 – Antioxidans 300 – Biosynthese 185 – Erythrocyten 302 – GSSG/2 GSH, Normalpotenzial 23 – Konjugatbildung 336 – Reaktion mit Ethanal 342 – Transportsystem 343 Glutathion-Peroxidase 62, 301 – Erythrocyten 302 – Zonierung 329 Glutathion-Reduktase 300–301 Glutathion-S-Transferase, Zonierung 329 Gluten 64, 288 Glycan 42–43 Glycerat 330 Glycerinaldehyd 330 Glycerinaldehyd-3-phosphat 117

– Gluconeogenese 145 – HMW 143 Glycerinaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase 141 – Gluconeogenese 145 – Substratketten-Phosphorylierung 116–117 Glycerintrinitrat 424 Glycerol 49, 330 – Intermediärstoffwechsel 109 – Lipidstoffwechsel 155 – Lipidverdauung 286 – Substrat der Gluconeogenese 144 Glycerol-3-phosphat, Lipidstoffwechsel 155, 164 Glycerol-3-phosphat-Acyltransferase 165 Glycerol-3-phosphat-Dehydrogenase 129, 345 – Gluconeogenese 145 Glycerol-Kinase, Gluconeogenese 145 Glycerolipid 46, 50 – Biosynthese 164 Glyceroneogenese 345 Glycerophosphat-Shuttle 128 – Gluconeogenese 144 Glycierung 446 Glycin 61 – Abbau 171, 179 – Collagen 68 – Fibroin 68 – Häm-Synthese 198 – Konjugat mit Gallensäuren 334 – Konjugatbildung 336 – Kreatinsynthese 358 – Neurotransmitter 376 – Rezeptoren 379 – Vorkommen im Collagen 364 Glycin-Amidinotransferase 359 Glycocalyx 52, 208, 220 Glycocholsäure 334 – Rezeptor 435 Glycogen 42, 103 – Abbau (siehe auch Glycogenolyse) 146 –– Defekt 152, 228 –– Hormonsteuerung 387 – Brennstoffvorrat 386 – Leber 328 – Muskulatur 358 – Postresorptionsphase 392 – Speicherkrankheiten 152 – Stoffwechsel 146

497

Sachverzeichnis –– Leber 330 –– Lokalisierung im Cytoplasma 206 –– Regulation 146, 150 –– Störung 152 – Synthese 139, 146 –– Hormonsteuerung 387, 448 Glycogen-Phosphorylase 147 – Coenzym 410 – Defekt 360 – Glycogenspeicherkrankheit 153 – Kontrolle 149–150 Glycogen-Synthase 147 – Glycogenspeicherkrankheit 153 – Kontrolle 150 – Regulation 149 – Schlüsselenzym 139 Glycogen-Synthase-Kinase 3 (GSK-3) 444 – Glycogenstoffwechsel 151 Glycogenese (Glycogensynthese) 146 – Überblick 139 Glycogenin 42, 147 Glycogenolyse (Glycogenabbau) 146 – Defekt 152, 228 – Förderung durch –– Adrenalin 451 –– Glucagon 448 – Muskel 151 – Überblick 139 Glycogenose 152, 228 GlycogenphosphorylaseKinase 151 Glycokonjugat 44 Glycolipid 46, 50–51 – Membran 208 – Stoffwechsel der Leber 330 Glycolyse 140 – aerobe 109, 140 –– Fettgewebe 344 –– Glucagon 448 –– Lokalisierung im Cytoplasma 206 –– Reaktionen 140 –– Überblick 139 –– Zonierung 329 – anaerobe 120 –– Erythrocyten 302 –– Muskel 151, 358 –– Überblick 139 Glycoprotein 44, 210, 220 – Blutplasma 292 – gp120 473

49

– – – – – –

gp130 456 Magen 280 Membran 209 saures 293 Speichel 280 Stoffwechsel der Leber 330 – Synthese 220 – Vitamin-B12-Resorption 100 Glycosaminoglycan 44, 368 – Abbau, Defekt 370 – EZM 366 – Gerinnungshemmung 308 Glycosidase 83, 221 – Komplex 284 – lysosomale 229 – saure α-, Glycogenspeicherkrankheit 153 – Verdauung 278 glycosidische Bindung 38, 74 Glycosphingolipid 53 Glycosyl-Phosphatidyl-Inositol (GPI) – Lipidanker 210 – Verdauungsenzyme 284 Glycosyl-Transferase, Blutgruppen 310 Glycosylierung 72 – Collagen 364 – Protein 220 Glycosyltransferase 83, 221 Glyoxylat, Peroxisom 230 Glyoxylat-Aminotransferase 230 Glyoxylatzyklus 126 Golgi-Apparat 204, 216 Gonan 56 Gonosom 242 GOT (siehe Aspartat-Aminotransferase) 177 GPCR (G-Protein-gekoppelter Rezeptor, 7-Helix-Membranrezeptor) 416, 420, 428 – Protein-Kinase 427 – Rhodopsin 382 GPI-Anker (Glycosyl-Phosphatidyl-Inositol-Anker) – LIpidanker 210 – Verdauungsenzyme 284 GPT (Glutamat-PyruvatTransaminase) siehe Alanin-Aminotransferase 177 Gradient, elektrochemischer 26, 118, 210, 418 Gram-positiv 264 Gramicidin 264 Granulocyt 290, 314, 326

– Förderung der Bildung durch Cytokine 457 – Immunsystem 314 Granulocyten/MakrophagenKolonie-stimulierender Faktor (GM-CSF) 457 Granulosazelle 438 Granzym 320 Grb2 (Adapterprotein) 428, 444 Grenzdextrin 284 Grippe 472 GroEL 222 GroES 222 Grundumsatz, Förderung durch Schilddrüsenhormon 442 Gruppenübertragung 28 – Coenzym 98–99 Gruppenübertragungspotenzial 116 GSH, siehe Glutathion GSK-3 (Glycogen-SynthaseKinase 3) 151, 444 GTP (Guanosintriphosphat) – Bildung 125 – G-Protein 420 – Gluconeogenese 144 GTP-bindendes Protein (siehe G-Protein) 417 GTPase 421 – Elongation der Transkription 262 – Exportin 225 – G-Protein 417, 420 – Importin 225 – Termination der Transkription 262 – Transport zwischen Zellkern und Cytoplasma 224 – Tubulin 232 GTPase-aktivierendes Protein (GAP) 420 Guanidin 19 Guanidinium-Gruppe 60 Guanidinoacetat-Methyltransferase 359 Guanin 75, 190 Guaninnucleotid-Austauschfaktor (GEF) 420, 428 Guanosin 74, 190 Guanosinmonophosphat (GMP), Abbau 190 Guanylat-Zyklase 383 – NO 424 Gulonolacton-Oxidase 410 Gyrase-Hemmer 264

Sachverzeichnis H H2-Blocker (Histaminantagonist) 288 H2O2 (siehe auch Wasserstoffperoxid) 30, 89, 300 H+-ATPase – ATP-Synthese 131 – Niere 351 H+/K+-ATPase 89 H-Antigen 310 H-Bande 354 H-Brücke (siehe auch Wasserstoffbrücke) 32 H-Kette (Antikörper) 324 Haar 68 Hagemann-Faktor 307 Halbacetal 18, 38, 436 – Aldosteron 436 Halbmetall 13 Halogen 13 Häm 97, 198–199, 298 – Abbau 200 – Biosynthese 198 –– Mitochondrien 226 – Coenzym 96 – Eisen 405 – Elektronentransportkette 130 – Enzym 404 – Protein 200, 404 Häm a 133 – Atmungskette 131 Häm a3, Atmungskette 131 Häm b 338 – Atmungskette 131 Häm c 133 Häm c1, Atmungskette 131 Häm-Oxygenase 200 Hämatokrit 290 – Hypoxie 136 Hämatom 200 hämatopoetisches System, Kontrolle durch Cytokine 456 Hämochromatose 406 Hämoglobin (Hb) 64, 198, 298 – Abbau 200 – Bindung im Blutplasma 293 – Eisen 400, 404 – Glycierung 446 – HbA1c 446 – Konzentration im Blut 313 – Met-Hb 298, 302 – Puffer 304 – Vergleich mit Myoglobin 358 Hämoglobinopathie 312 Hämolyse 200 Hämophilie 306

Hämoprotein 198, 404 Hämosiderin 404–405 Hämostase 290, 306 Haptocorrin 280 Haptoglobin 292–293 Harnsäure (Urat) 174, 190, 196 – Antioxidans 300 – Ausscheidung 197 – Gehalt im Urin 349 – Konzentration im Blut 291 – Urin 348 Harnstoff 174, 183 – Denaturierung 70 – Gehalt im Urin 349 – Intermediärstoffwechsel 109 – Konzentration im Blut 291 – Synthese, Zonierung 329 – Urin 348 Harnstoffzyklus 109, 170, 182 – Defekt 186 – geschwindigkeitsbestimmender Schritt 182 – Leber 328 – Mitochondrien 226 Hartnup-Krankheit 288 Hauptquantenzahl 12 Hauptsatz der Thermodynamik 28 Hauptzelle 282, 452 Haushaltsgen 254 Hausstauballergie 327 Haut, Collagen 364 Haworth-Darstellung 38 HbA1c (siehe auch Hämoglobin) 446 hCG (Choriongonadotropin) 448 HDL (high density lipoprotein) 294, 297 – Blutplasma 293 – Cholesterol-Transport 296 – Funktion und Schicksal 296 Helfer-T-Zelle 320, 472 – Allergie 326 Helicase 252 Helicobacter pylori 288 Helium, Elektronen-Konfiguration 13 1-Helix-Membranrezeptor (siehe auch Rezeptor-Tyrosin-Kinase, RTK) 416 7-Helix-Membranrezeptor (siehe auch GPCR) 416 – Rhodopsin 382 Hemicellulose, Verdauung 284

Hemmstoff 92 Hemmung 92 – allosterische 92 – Enzym 111 – gemischte 92 – Kinetik 92 – kompetitive 92 – Konstante 93 – Typ 92 Henderson-Hasselbalch-Gleichung 24 Henle-Schleife 349–350 – Wassertransport 212 Heparin 368 – Gerinnungshemmung 308 – LPL-Bestimmung 312 – Mastzellen 452 Hepatitis 472 – Autoimmunerkrankung 327 – Enzymdiagnostik 105, 313 – Ethanol 342 Hepatocyt 204, 328 – Gallensäuren 334 Hepatomegalie, Glycogenosen 152 Hepcidin 406 Hephaestin 406 Heroin 376 Herz – ANP 449 – Frequenz –– Adrenalin 451 –– Catecholamine 450 – Kontraktionskraft, Adrenalin 451 – Muskel 354 –– Energiestoffwechsel 360 – Schwäche, Glycogenspeicherkrankheit 153 Herzinfarkt 308, 346, 360 – Enzymdiagnostik 105 Herzkreislauf, Histamin 452 Heterochromatin 224, 244 Heterodimer, Rezeptor 434 Heteroglycan 42 Heterophagie 228 heterotroph 106 Heterozyklen 14 Heterozyklus, aromatischer 74 Heuschnupfen 327 – Histamin 452 Hexokinase 141, 331 – Regulation 149 – Schlüsselenzym 139 – Translokation 150 Hexosaminidase 52 Hexose 41

499

Sachverzeichnis Hexose-1-phosphat-Uridyltransferase 331 Hexosemonophosphat-Weg (HMW) 109, 142 – Erythrocyten 302 – Fettgewebe 344 – Lokalisierung im Cytoplasma 206 – Überblick 139 HFE (HämochromatoseProtein) 406 HHH-Syndrom 187 HIF-Protein 136 – HIF-1α 394 Hill-Koeffizient 90 hinge-Region 324 Hippursäure 336 Hirntod 380 Histamin 62, 282, 288, 452 – Allergie 326 – Kontrolle durch Gastrin 452 – Neurotransmitter 376 – Rezeptoren 452 – Wirkungen 452 histaminerg 452 Histidin 59–60 – Abbau 171, 179–180 – Desaminierung 176 – Dissoziationskurve 58 – essenzielle Aminosäure 399 – Vorläufer von Histamin 452 Histidin-Methyltransferase 452 Histon 64, 244 – Synthese, Zellzyklus 461 – Zellkern 224 Histon-Acetyltransferase (HAT) 246–247 Histon-Deacetylase (HDAC) 246–247 Histon-Demethylase (HDM) 246–247 Histon-Methyltransferase (HMT) 246 Hitzeschock-Protein (siehe auch hsp) 222 HIV 472 HLA (human leucocyte-associated antigen) 322, 326 HMG-CoA (siehe auch 3-Hydroxy-3-methylglutarylCoA) 166, 332 HMG-CoA-Reduktase 155, 166 HMW (siehe Hexosemonophosphat-Weg) 109, 142

50

Hoden 438 Homocystein 62, 194 – gestörte Verwertung 186 Homocystinurie 186 Homodimer, Rezeptor 434 Homogentisat-Dioxygenase, Defekt 186 Homoglycan 42 Homöostase 290 – Elektrolythaushalt 348 – Energiehaushalt 344 – Kontrolle durch Hormone 430 – Säurehaushalt 348 Honig 40 Hormon 414, 431 – Achse 432 –– Histamin 452 – Antwort 430 – Ausscheidung 430 – Biosynthese 431 – Carrier 430 – glandotropes 432 – glanduläres 432 – Hierarchie 432 – Homöostase 431 – hydrophiles 444–446 – Inaktivierung in Leber 328 – lipophiles 434–435, 442 –– Bezug zu Onkogenen 466 – Magen-Darm-Trakt 453 – Metabolit 431 – Nahrungsaufnahme 346 – Niere 348 – Plasmaspiegel, Dynamik 432 – Proliferation, Wachstum und Entwicklung 431 – Regelkreis 432 – Rezeptor 430 – Sekretion kontrolliert durch Somatostatin 452 – Spiegel 430 – Stoffwechsel 430 – System 430–431 – Transport 291, 431 – Tumorpromoter 469 – Übersicht 430 – Verdauung 431 – Vitamin als Vorstufe 408 – Wirkung 431 – Wirkungsmechanismus 434 hormone response element (HRE) 254, 434 hormonsensitive Lipase 155, 344 – Insulin 446 hsp (Hitzeschockprotein) – hsp60 222

– hsp70 218, 222 – hsp90 222, 434 Hückel-Regel 14 Hüllmembran 472 Hüllprotein 214 human immunodeficiency virus (siehe auch HIV) 472 Hungerphase 392 – metabolische Acidose 304 Hyaluronat (Hyaluronsäure) 43–44, 368 – EZM 367 Hybrid 270 Hybridisierung 271 Hydratation 32 Hydrathülle 32, 84 Hydrid-Ion 18, 20–22 – Übertragung, Coenzym 411 Hydrochinol 96 Hydrochlorothiazid (HCT) 350 Hydrogencarbonat (Bicarbonat) – Konzentration im Blut 291 – Magen 282 – Pankreassekret 280 – Puffer 304 – Transport 298 Hydrogenphosphat, Konzentration im Blut 291 Hydrolase 82, 228 Hydrolyse 115 – enzymatische 278 Hydroperoxyfettsäure 454 hydrophil 32–34 hydrophob 34, 70 Hydroxid-Ion 21 3-Hydroxyacyl-CoA 157 3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydratase 163 3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase 157 3-Hydroxybutyrat 332, 388, 392 Hydroxyalkyl-Gruppe – Thiamindiphosphat 123 – Übertragung 98, 410 Hydroxybutyrat-Dehydrogenase 333, 389 – Diagnostik 104 Hydroxycholesterol, Rezeptor 435 Hydroxydiazepam 337 Hydroxyfettsäure 454 Hydroxygruppe, phenolische 438 Hydroxyharnstoff 470 Hydroxylamin, Mutagen 266 Hydroxylapatit 362, 403

Sachverzeichnis Hydroxylase – 7α-Hydroxylase 334 –– Schlüsselenzym 155 – 11-, 17- und 21-Hydroxylase 437 – Steroidhormonbiosynthese 440 Hydroxylierung 72, 339 – Biotransformation 336 – Gallensäurebiosynthese 334 – Lysin-Reste 364 – Prolin-Reste 364 – Steroidhormonbiosynthese 440 Hydroxylradikal 300 – Granulocyt 314 Hydroxylysin 364 – Collagen 68 HydroxymethylbilanSynthase 199 3-Hydroxy-3-methylglutaryl-CoA (HMG-CoA) 166, 332 3-HydroxymethylglutarylCoA-Lyase 333 3-HydroxymethylglutarylCoA-Reduktase, Schlüsselenzym 155 3-HydroxymethylglutarylCoA-Synthase 333 Hydroxypalmitoyl-ACP-Dehydratase 161 17α-Hydroxyprogesteron 437 Hydroxyprolin 364 – Collagen 68 Hyperammoniämie 186 Hyperbeldiagramm 87, 93 Hyperbilirubinämie 200, 385 Hypercholesterolämie 296 Hyperglycämie 387, 446 – Ethanol 340 Hyperlipidämie 312, 446 – Ethanol 340 Hyperpolarisierung 374, 382 – postsynaptische Membran 372 – Sehprozess 382 Hyperuricämie 190, 196 – Ethanol 340 – Glycogenspeicherkrankheit 153 Hyperventilation 304 Hypervitaminose 408 Hypochlorit, Granulocyt 314 Hypoglycämie 380, 386 – Ethanol 340 – Glycogenosen 152

– Glycogenspeicherkrankheit 153 Hypophyse 433 – Menstruationszyklus 438 Hypothalamus 433 – Nahrungsaufnahme 346–347 Hypothalamus-HypophysenAchse 432 – Schilddrüse 442 Hypoventilation 304 Hypovitaminose 408 Hypoxanthin 188–189, 194 Hypoxanthin-Phosphoribosyltransferase (HGPRT) 190, 471 – Defekt 196 Hypoxie 136, 406 – Gehirn 380

I I-Bande 355 I-Zelle, CCK 452 I-Zellkrankheit 218 IDDM (siehe auch Diabetes mellitus Typ I) 446 IDL (intermediate density lipoprotein) 294 Iduronat (Iduronsäure) 41, 44 – Glycosaminoglycan 368 IEP (isoelektrischen Punkt) 58 IgA 324 – Blutplasma 293 IgD 324 – Blutplasma 293 IgE 324 – Allergie 326 – Blutplasma 293 IGF-1 448 – Fettgewebe 345 IGF-2 448 IgG 65, 324 – Blutplasma 293 – Struktur 325 IgM 324 – Blutplasma 293 Ikterus 200, 342 IL-6, Rezeptor 456 Imidazolring 61 Immunantwort – Begrenzung durch Cytokine 457 – spezifische 320 – Stimulierung durch Komplementfaktoren 318 – unspezifische 316–318 Immundefizienz 196 Immunfluoreszenz 324

Immunglobulin (Ig) 64, 324 – A (siehe auch IgA) 324 – Blutplasma 292 – D (siehe auch IgD) 324 – Domäne 324 – E (siehe auch IgE) 324 – G (siehe auch IgG) 65, 324 – Glycoprotein 44 – Klassen 324 – M (siehe auch IgM) 322, 324 – Superfamilie 322 Immunität 314, 320 immunmodulatorisch, Cytokine 457 Immunoassay 324 Immunschwäche-Virus (HIV) 472 immunsuppressiv 436 Immunsystem 314–315 – angeborenes, unspezifisches 314 – Apoptose 464 – Cytokine 456 – erworbenes, spezifisches 314, 320 – Organe 314 – Überreaktion 456 Immuntoleranz 326 Immunzelle 316 – Zelle 316 Immunzelle, Kontrolle durch Cytokine 456 Importin 224 Inaktivierung – CYP 338 – proteolytische 110 Indolring 61 Induktion 111 – Transkription 268 Infarkt 312 Infektionsverlauf 315 Influenzavirus 472 Information, genetische 78, 240 inhibiting hormone (Statin) 432 Inhibitor 92 – allosterischer 90 Initiation – Transkription 252 – Translation 260 Initiationskomplex, Translation 260 Initiator-Caspase 464 INK4 462 Inkretin 444, 452 iNOS (induzierbare NO-Synthase) 424

501

Sachverzeichnis Inosinmonophosphat 188–190 Inositol 50 Inositol-1,4,5-trisphosphat (siehe auch InsP3) 50, 422 INR-Wert 308 Insertion 267 InsP3 (Inositoltrisphosphat) 50, 164, 422 – Hormonwirkungen über 423 Instabilität, dynamische 232 Insulin 64, 444 – A-Kette 445 – abhängige Gewebe 446 – B-Kette 445 – Biosynthese 444 – Blutzuckerspiegel 386 – C-Peptid 444 – cAMP-Spiegel 422 – Diabetes mellitus 446 – Fettgewebe 344 – Fettsäurebiosynthese 166 – Gegenspieler 444 – Glut-4 212 – Glycogenstoffwechsel 150 – hormone response element 254 – Kohlenhydratstoffwechsel 148 – Konzentrationsverlauf 433 – Mahlzeit 390 – Mangel 446 – Phosphodiesterase 422 – Postresorptionsphase 392 – Primärstuktur 444 – Pyruvat-Dehydrogenase 138 – Resistenz 346, 446 – Resorptionsphase 390 – Rezeptor 255, 427, 444 – Sekretion –– Hemmung durch Adrenalin 451 –– Regulation 390 – Stoffwechselkontrolle 113 – Stoffwechselwirkungen 386 – Wirkungsmechanismus 444 Insulin-ähnliche Wachstumsfaktoren (IGF-1 und -2) 448 Insulinrezeptorsubstrat (IRS) 428, 444 Integrin 366 – Defekt 370 Intensitätsfaktor 26 Interaktionsdomäne 428 Interferon (IFN) 456

50

– Virusvermehrung 314 Interkalator 264, 272, 470 Interkonversion 110–111, 426 – Kontrolle des Glycogenstoffwechsels 150 – Pyruvat-Dehydrogenase 122, 148 – Stoffwechselkontrolle 112 Interleukin (IL) 320, 456 Intermediärfilament 68, 232–233 Intermediärstoffwechsel 106–107 – Leber 328 – Niere 348 – Regulation durch Sirtuine 394 Intermembranraum, Mitochondrien 226 Internationale Einheit, Enzymaktivität 86 Interphase 460 intrinsischer Faktor 100, 280, 410 Intron 240–241 – Spleißen 257 Inulin 40–42 Invertase 40 Iod (Iodid) 12, 30 – Mangel 406 – Schilddrüsenhormone 442 – Tagesbedarf 400 Iodierung 72 Iodonium 442 Iodthyronin 181, 434 Ion – anorganisches, Zellbestandteil 206 – Ausscheidung 350 – Fluss 418 – Konzentration –– Kontrolle durch Hormone 430 –– Steuerung durch Signaltransduktion 415 – Produkt 24 – Pumpe 212, 418 – Verteilung 119 Ionenkanal 64, 264, 418 – Antibiotikum 264 – G-Protein-gekoppelt 417 – ligandengesteuert 372, 378, 418 – Nervenzelle 374 – rezeptorgekoppelt 416 – signalkontrolliert 417 – Signaltransduktion 415 – spannungsgesteuert 374, 418

IRS (Insulinrezeptorsubstrat) 428, 444 Ischämie 360 Isoalloxazin 96 Isocitrat 125 Isocitrat-Dehydrogenase 124 isoelektrischer Punkt (IEP) 58 Isoenzym 360 Isoform, CYP 338 Isolator 46 Isoleucin 61 – Abbau 171, 179–180 – essenzielle Aminosäure 399 Isomer, geometrisches 16 Isomerase 82, 100 Isomerie 16 Isomerisierung 20 – cis-trans- 382 – Cobalamin 411 Isopentenyl-AMP 54 Isopentenyldiphosphat 54, 166 Isopren 54 – aktives 166 – Lipidanker 54 Isoprenoid 47, 54 – Lipidanker 210 – Nahrung 109 Isoprenylierung 54 isosterisch 90 isotonische Lösung 290 Ito-Zelle 328

J J-Peptid 324 Janus-Kinase 427, 456 Joule 26 Juvenilhormon 54

K K-System (allosterischer Effekt) 90 Kalium 12 – Ausscheidung 351 – Enyzm 89 – Gehalt im Urin 349 – Gleichgewichtspotenzial 119 – Konzentration 119, 291 – Tagesbedarf 400 Kaliumkanal 374, 418 Kallidin 453 Kalorie 26 Kälte – Atmungskette 135 – Stimulierung der Schilddrüsenhormone 443

Sachverzeichnis Kanalprotein 210 Kanzerogen 266, 468 Kapazitätsfaktor 26 Kappe (cap) 256, 260 Karies 362, 406 karzinoembryonales Antigen (CEA), Tumormarker 469 KAT (Lysin-Acetyltransferase) 394 katabol 107–108 – Citratzyklus 126 Katabolit-Aktivator-Protein (CAP) 64 Katal 86 Katalase 30, 84 – Abbau 200 – Eisen 89 – Peroxisom 230 – ROS 300 Katalysator 30, 84 Katalyse 30 – kovalente 84 – Säure-Basen- 84 kataplerotische Reaktion 126 Kathode 293 Kation, Urin 348 Kautschuk 54 KDAC (Protein-Lysin-Deacetylase) 394 Kearns-Sayre-Syndrom (KSS) 137 Keratansulfat 368 α-Keratin 68 Keratinocyt 370 Kern (siehe auch Zellkern) 204, 224 – Auflösung 465 – Export 225 – Gerüst 244 – Hülle 224 – Import 225 – Lamin 224, 232 – Lokalisierungssequenz 224, 434 – Membran 224 – Porenkomplex 224 – Protein 224 – Teilung, Zellzyklus 461 – veränderter 469 Kernikterus 200, 385 Ketimin 176 Ketoacidose 304, 332 – Ethanol 340 – Koma 332 β-Ketoacyl-CoA 157 Ketoamin 447 ketogen 171, 178–179 Ketogenese 155, 332 – Zonierung 329 Ketohexokinase 330–331

Ketohexose 40 Keton 18–19 Ketonämie 332 – Glycogenspeicherkrankheit 153 Ketonkörper – Abbau 388 – Biosynthese 155, 332 –– Leber 328 – Blut-pH 304, 332 – Diabetes mellitus 446 – Energiesubstrat der Muskeln 359 – Gehirn 380 – Hungerstoffwechsel 392 – Leber 332 – Lipidstoffwechsel 155 – Spiegel 393 Ketonurie 332, 446 Ketopentose 40 α-Ketosäure, siehe 2-Oxosäure Kettenabbruch-Methode 270 Kettenverlängerung, Fettsäurebiosynthese 160 Killerzelle, natürliche (NK-Zelle) 314 Kinderlähmung 472 Kinesin 234–236 Kinetik von Enzymreaktionen 86–87, 91 Kinin 453 klassischer Weg, Komplementsystem 318 Klebstoff, molekularer 366 Klon 268 – B-Lymphocyt 314 Klonieren 268 Knallgas-Reaktion 28 Knochen 362 – Androgenwirkung 438 – Bildung 362 – Bruch, Enzymdiagnostik 313 – Collagen 364 – EZM 366 – Kontrolle durch –– Eicosanoide 454 –– GH 449 – Schmerzen 370 – Umbau 402 Knochenmark 314 – Eisenstoffwechsel 405 Knollenblätterpilz 232 Knorpel 362 – Collagen 364 – EZM 366 – Zelle 362 Kochsalz 401

– Auflösen von 28 – Lösung, isotonische 290 Kohlendioxid (siehe auch Kohlensäure) – Bildung 123–125 – Transport 298 – Übertragung 99 Kohlenhydrat 38–40 – Anteil im Körper 399 – Chemie 38 – Energiegehalt 399 – Nahrungskomponente 398 – Reserve 146 – Stoffwechsel 138–140 –– Diabetes mellitus 446 –– Leber 328–329 –– Pathobiochemie 152 –– Regulation 139, 148–149 –– Überblick 138 – Verdauung 278, 284 –– Störung 288 Kohlenmonoxid 200 – Bindung an Cytochrome 338 Kohlensäure (siehe auch Kohlendioxid) – Konzentration im Blut 291 – Säurekonstante 25 Kohlenstoff 12 Kohlenwasserstoff 48 Kolloid 442 kolloidosmotischer Druck 292 Kolon 288 Koma – diabetisches 446 – ketoacidotisches 332 Kommunikation, zelluläre 415 Kompartiment 204 Kompartimentierung 110–111 kompetitive Hemmung 92 Komplementarität 78 Komplementfaktor 292 Komplementsystem 314, 318 Komplex der Atmungskette 130 Komplexbildung, Protein/ Metall 70 komplexes Oligosaccharid 44, 220 Konfiguration 16 Konformation – allosterisches Enzym 90 – Änderung, Myosin 354 – Enzym 92 – Glucose 39 – Hämoglobin 298

503

Sachverzeichnis – native 16, 70 – Protein 66, 70 Konformer 16 Konjugat – Bildung 336 – Coenzym 102 – Steroidhormon-Inaktivierung 441 konjugierte Base und Säure 24 Konkurrenz um Substrat 111 – CYP 338 Konservierungsmittel, Entgiftung 337 Konstitutionsisomer 16 Kontaktdermatitis 327 Kontaktinhibition 468 Kontraktion, Muskel 354, 356 Kontrollelement 252–253 Kontrollprotein, verändertes 467 Kontrollpunkt, Zellzyklus 460 Konvertase, Komplementsystem 318 Konzentrationsgradient 210 Kooperativität, Hämoglobin 298 Kopfgruppe, Membranlipid 208 Kopplung, energetische 26–27, 116 Kopplungselement 428 Koproporphyrinogen 198 Körper – Gewicht 346 – Temperatur 290 – Zusammensetzung 399 Korrekturlesen – Replikation 250 – Transkription 258 Kot, Farbe 200 Kraft, protonenmotorische 118 Krankheit, neurodegenerative 384 Kreatin, Synthese 358 Kreatin-Kinase (CK) 358 – Enzymdiagnostik 313 –– Herzinfarkt 360 – Mitochondrien 227 Kreatinin 358 – Gehalt im Urin 349 – Konzentration im Blut 291 Kreatinphosphat 358 Kreuzprobe 310 Kupfer 12 – Atmungskette 131 – Entgiftung 336

50

– – – – –

Enyzm 89 Mangel 406 Proteinbestandteil 400 Tagesbedarf 400 Transport im Blutplasma 293 Kupffer-Sternzelle 328

L L-Kette (Antikörper) 324 L-Zelle 452 Lactacidose (Lactatacidose) 304 – Ethanol 340 – Glycogenose 152–153 – MELAS-Syndrom 137 β-Lactam-Antibiotikum 264 Lactamform 196 Lactase 284 – Mangel 288 Lactat (Milchsäure) 16, 141 – Bestimmung 95 – Bildung im Muskel 151, 358, 361 – Blut-pH 304 – Calciumresorption 400 – Konzentration im Blut 291 – Lactacidose 304 – Niere 353 – Stoffwechsel im Kolon 288 – Substrat der Gluconeogenese 144 Lactat-Dehydrogenase (LDH) 82, 95, 141 – Aktivitätsbestimmung 94 – Enzymdiagnostik 104, 313 – Gluconeogenese 145 – Muskel 151 Lactat/H+-Symport 151 Lactation 449 Lactimform 196 Lactoferrin 404 Lacton 142 Lactose 40 – Abbau, Kontrolle 255 – Bildung 330 – Intoleranz 288 – Operon 255 Lactose-Synthase 331 Ladungsgradient 210 lagging strand (Replikation) 250 Lambert-Beer'sches Gesetz 94 Lamin, Substrat der Caspasen 464 Laminin 366–367 – Defekt 370 Längenwachstum, GH, IGF 448

Langerhans-Insel 448 Lanosterol 166 Lassostruktur 257 Laurinsäure 49 LDL (low density lipoprotein) 294, 297 – Aufnahme 214 – Blutplasma 293 – Cholesteroltransport 296 – Endocytose 214 – Rezeptor 296 – Steroidhormonbiosynthese 440 leading strand (Replikation) 250 Leber 328–330 – Aminosäurestoffwechsel 388 – Biotransformation 336 – Brennstoffvorrat 387 – Diabetes mellitus 447 – Eisenstoffwechsel 405 – fetale 314 – Funktionen 328 – Galle 334 – Gluconeogenese 144 – Glucoseumsatz 386 – Glycogenstoffwechsel 146 – Hungerstoffwechsel 392 – Kohlenhydratstoffwechsel 330 – Kreatinsynthese 358 – Lipidstoffwechsel 332, 388 – Lipogenese 164 – Resorptionsphase 390 – Säure-Basen-Haushalt 304 – Stoffwechsel 328 – Verfettung 168 – Zelle 204 – Zirrhose (siehe auch Zirrhose) 342, 406 Lecithin (siehe auch Phosphatidylcholin) 50, 168 Lecithin-Cholesterol-Acyltransferase (LCAT) 295–296 Leguminosen, Verdauungsstörung 288 Leimbildner 364 Lektin 292 – -Weg, Komplementsystem 318 Leptin 344, 346 Lesch-Nyhan-Syndrom 196 Leserichtung – Nucleinsäuren 74, 78 – Peptid 67 Leucin 61 – Abbau 171, 179–180

Sachverzeichnis – essenzielle Aminosäure 399 Leukämie 326 Leukocyt 290 – Anlockung durch Eicosanoide 454 – Leukämie 326 – Wanderung, Kontrolle durch Kinine 453 Leukotrien 454 Leydig-Zelle 439 LH (luteotropes Hormon, Lutropin) 438 – Konzentrationsverlauf 433 – Wirkung über cAMP 423 Liberin 432 Licht 382, 414 – Absorption 95 – Energie 27 – Energiequelle 107 – monochromatisches 94 Lichtreaktion 106 Lieberkühnsche Drüse 280 Ligand 110 ligand gated (Ionenkanal) 374 Liganden von Rezeptoren – Bezug zu Onkogenen 466 – bindende Domäne 434 Ligase 82, 248 – Coenzym 99 Lignin, Verdauung 278, 284 Lignocerinsäure 49 Lineweaver-Burk-Diagramm 86, 93 linksdrehend 16 Linolensäure 48, 163 – essenzielle Fettsäure 399 Linoleyl-CoA 159 Linolsäure 48, 163 – essenzielle Fettsäure 399 Lipase – Hemmung durch Insulin 446 – hormonsensitive 135, 389 – Lipidstoffwechsel 154 – lysosomale 229 – Pankreassekret 280 – Verdauung 278, 286 Lipid 46–48 – Anker 46, 54, 210 – Aufgaben 47 – Biosynthese an Membranen 208 – Doppelschicht 209 – Eigenschaften 294 – Hydroperoxid, Erythrocyt 302 – komplexes, Biosynthese 164

– Konzentration im Blut 291 – Membran 209 – Metabolit, Transkriptionskontrolle 434 – Peroxid 300 –– Radikale 300 – Peroxidation 300, 342 – Speicherkrankheit 168 – Stoffwechsel 154–155, 216 –– Diabetes mellitus 446 –– Fettgewebe 344 –– gER 216 –– Glucagon 448 –– Leber 328, 332 –– Pathobiochemie 168 – Transport 293, 388 – Verdauung 278 Lipidalkohol 46 Lipidanker 46, 54, 210 Lipidose 228 Lipocortin 454 Lipofuscin 228 Lipogenese 155 – Fettgewebe 344 – Förderung durch Estrogene 438 – Hormonsteuerung 387 – Zonierung 329 Lipolyse 155 – Fettgewebe 344 – Hormonsteuerung 387 – Kontrolle durch –– Adrenalin 451 –– Cortisol 436 –– GH 449 –– IGF 448 Liponamid 96, 122 – Normalpotenzial 23 Liponat (Liponsäure) 73, 96 Lipoprotein (Lipoproteinkomplex) 293–295 – Biosynthese in –– Darm 286 –– Leber 328 – Blutplasma 292 – Lipidverdauung 286 – Steroidhormonbiosynthese 440 – Zusammensetzung 295 Lipoprotein-Lipase (LPL) 294, 312, 344, 389 – Defekte 312 – Fettgewebe 345 – Schlüsselenzym 155 Lipoxygenase-Weg 454 5-Lipoxygenase 454 Lithocholsäure 56 lncRNA (large non-coding RNA) 77

Lösungsmittel 32 – Enzymhemmung 93 – organisches 46 Lunge 298 – Gastransport 298 – Säure-Basen-Haushalt 304 Lupus erythematosus 327 Lust, Dopamin 451 Lutealphase 438 Luteotropes Hormon (Lutropin, siehe auch LH) 433, 438 LXA4 (Eicosanoid) 455 LXE4 (Eicosanoid) 455 Lyase 82, 99 Lycopin 301 Lymphknoten 314 Lymphocyt 314, 320 Lymphsystem 278 Lynen-Zyklus 332 Lysin 61 – Abbau 171, 179–180 – Acetylierung und Deacetylierung 394 – essenzielle Aminosäure 399 Lysin-Deacetylase, Sirtuine 394 Lysin-Hydroxylase 364 Lysophosphatidat 164 Lysophospholipid 50 Lysosom 204, 228 – Abbau von Thyreoglobulin 443 – pH-Wert 24 Lysozym – Granulocyt 314 – Speichel 280 Lysyl-Hydroxylase 370 Lysyl-Oxidase 370 – Kupfer 400

M M-Phase 460 M13 (Phage) 472 Magen 282 – Gastrin 452 Magensaft 280–281 – pH-Wert 24 Magnesium 12 – ATP-Komplex 115 – Enyzm 89 – Konzentration im Blut 291 – Mangel 400 – Tagesbedarf 400 Mahlzeit 390 Makroelement 12–13, 400 α2-Makroglobulin 293 Makromolekül 206 Makrophage 290, 320

505

Sachverzeichnis – Apoptose 464 – Atherosklerose 312 – Förderung der Bildung durch Cytokine 457 – Immunsystem 314 Malaria – Sichelzellenanämie 312 – Thalassämie 312 Malat (Äpfelsäure) 125–126 Malat-Dehydrogenase 124–126 Malat-Enzym 127 Malat-Shuttle 128 Malat/Glutarat-Transporter 129 Maleinsäure 16 Malignität 469 Malonyl-CoA – Fettsäurebiosynthese 161 – Hemmstoff der CarnitinAcyltransferase 157 Maltose 40 Malz 40 Mangan 12 – Enzym 89 – Tagesbedarf 400 Mangelernährung 406 Mangelkrankheit, Vitamine 408 Mannitol 40 Mannose 38–39 – lysosomale Proteine 228 – Stoffwechsel der Leber 330 Mannose-6-phosphat 228 mannosereiches Oligosaccharid 44, 220 MAO (Monoamin-Oxidase) 62, 377, 450–451 – Hemmer 63 – Kupfer 400 MAP-Kinase (MAPK, Erk) 428, 444 MAP-Kinase-Weg 428 MAPKK (MAPK-Kinase, Mek) 428, 444 Marcumar 308 Marfan-Syndrom 370 Margarinsäure 158 Masern 472 Massenwirkungsgesetz 25, 28 Mastzelle – Allergie 326 – Histamin 452 Matrix, extrazelluläre (EZM) 362, 366–368 – Erkrankungen 370 – Proteinabbau 368 – Rezeptor 367

50

Matrix-Metalloproteinase (MMP) 173, 368 – Metastasierung 468 Matrixraum 130, 226 Matrizen-Strang 78 Maximalgeschwindigkeit, Enzym 86 MCAD-Defekt 168 McArdle-Syndrom 153, 360 Mediator 376, 414, 430, 452 – Eicosanoid 454 – Histamin 452 – NO 424 Medikamentenabbau, Wechselwirkung mit Ethanol 340 Mehrzeller 205 Mek (MAPKK) 428, 444 Melanin 105, 181 – Defekt 186 melanozytenstimulierendes Hormon (α-MSH) 346 MELAS-Syndrom 137, 360 Melatonin, Neurotransmitter 376 Membran 208–210 – Angriff durch Komplementfaktoren 318 – Energiekonservierung 118 – Ionenverteilung 119 – Lipid 208 – pH-Differenz 119 – Potenzial 118, 210, 374 –– Steuerung durch Signaltransduktion 415 –– Triebkraft für Transport 128 – Protein 210 –– integrales 209–210, 416 –– Ionenkanal 418 –– peripheres 209–210 –– Synthese 220 –– Typen 211 – Rezeptor 414–415 –– Bezug zu Onkogenen 466 – Schutz 300 – Transfer am rER 217 – Transportproteine 212 – Transportprozesse 210 membranangreifender Komplex 318 Membranrezeptor, Steroidhormonbiosynthese 441 Menachinon 55 Menkes-Erkrankung 406 Menstruation 439 – Eisen 404 – Zyklus 438 Menthol 54

MEOS (mikrosomales, Ethanol oxidierendes System) 340 6-Mercaptopurin 470 MERRF-Syndrom 137 Mesomerie 14 Messenger-RNA (siehe mRNA) 240–241, 253, 256, 263 Metabolisches Syndrom 346–347 Metabolismus (siehe Stoffwechsel) 82–83, 106–108 Metabolit 106 – Aktivierung 102 – Pool 106–107 – regulatorischer 93 – Spiegel 392 –– Veränderungen 104 – Transport 128, 291 Metall 13 – Komplex, Protein 71 – Cofaktor von Enzymen 88 – redoxaktive Komponente 22 – regulatorisches Element (MRE) 336 Metallothionein 336 Metaphase/Anaphase-Kontrollpunkt 460 Metastasierung 468 Methämoglobin (Met-Hb) 298, 302 Methämoglobin-Reduktase, Erythrocyten 302 Methan 32–33 Methenyl-THF 100 Methenylgruppe, Übertragung 101 Methionin 61 – Abbau 171, 179–180 – essenzielle Aminosäure 399 – Methylierung von Homocystein 194 – Protonenlieferant 304 – SAM 98 – Transkriptionsstart 262 Methionin-Synthase 194 – Defekt 186 Methotrexat 470 Methyl-Nitrosamin, Mutagen 266 Methyl-Tetrahydrofolat (Methyl-THF) 195 2-Methyl-1,3-butadien 54 Methylcobalamin (MethylB12) 101, 194, 411 5-Methylcytosin 245

Sachverzeichnis Methylen-TetrahydrofolatReduktase 195 Methylen-Tetrahydrofolsäure (Methylen-THF) 100, 194, 471 Methylengruppe, Übertragung 101 Methylglucosid 38 Methylgruppe 73 – aktivierte 98 – Übertragung 99–100 Methylguanidin 76 Methylguanidinoessigsäure 358 7-Methylguanosin 257 Methylierung – Biotransformation 336 – Catecholaminbiosynthese 450 – Cobalamin 411 – Coenzym 98 – Kreatinsynthese 358 – Thymin 194 Methylmalonat-Acidämie 186 Methylmalonyl-CoA 100 – Abbauprodukt der Pyrimidine 190 – Abbauprodukt von Aminosäuren 181 Methylmalonyl-CoA-Mutase 181 – Defekt 187 Methyltransferase 249 – Coenzym 99–100 5-Methyluracil 78 Methylxanthin 422 Mevalonat 166 Mevalonyldiphosphat 167 MHC-Protein (major histocompatibility complex) 322 Micelle 34 – Bildung 280 – Lipidverdauung 286 Michaelis-Konstante 86 Michaelis-Menten-Kinetik 86 Mikroelement (Spurenelement) 400 Mikrofilament 232–233 Mikroglobulin 322 Mikromineralien, essenzieller Nahrungsbestandteil 399 Mikroorganismus, Immunsystem 314 mikrosomale AlkoholOxidase (MEOS) 340

Mikrotubuli-assoziiertes Protein 232–233 Mikrotubulus 232–233 – Transport 236 Mikrovillus 234 – Darmepithel 280 Milch 40 – Ejektion 449 Milchsäure (siehe auch Lactat) 16, 141 – Karies 400 Milchzucker (siehe auch Lactose) 40 Milieu, inneres 290 Milz 314 – Eisenstoffwechsel 405 Mimikry, molekulare 326 Mineralisierung 362, 402 Mineralocorticoid (siehe auch Aldosteron) 436 – Rezeptor 435 Mineralstoff 400 – Gehalt im Körper 400 – Mangel 400 –– Krankheiten 406 – Nahrungskomponente 398 – Resorption 400 – Tagesbedarf 400 Minibande 244 miRNA (Mikro-RNA) 76 Missense-Punktmutation 312 Mitochondrium 204, 226 – Atmungskette 130 – Beziehungen zum Cytoplasma 128 – Defekte 136 – Funktion 226 – Membran 130, 226 – Struktur 226 – Transportsysteme 129 – Wanderung 235 Mitogen-aktivierte ProteinKinase (MAPK, Erk) 428, 444 mitogenes Signal 460 Mitose 460 Mobilferrin 404–405 Modifizierung – posttranslationale 68, 221 –– Collagen 364 – Protein 72 – Reagens 93 Modul, Fibronectin 366 Modulation, Enzym 110 mol 26 Molekularbiologie 240–242 Molekulare Genetik 240–242 Molekülorbital 14

Molybdän – Enzym 89 – Tagesbedarf 400 Monoacylglycerol 48, 164, 286 – Fettsynthese 164 – Lipidstoffwechsel 155 – Resorption 286 Monoamin-Oxidase (MAO) 62, 377, 450–451 – Hemmer 63 – Kupfer 400 Monocarboxylat-Transporter 129 Monochromator 94 Monocyt 290 Monoester 18 Monooxygenase 338 – Flavin 96 – Häm 96 – Steroidhormonbiosynthese 440 Monosaccharid 38–40 – Resorption 284 Monoterpen 54 Morbus Basedow 327 Morbus Crohn 327 Morbus Gaucher 52, 168, 228 Morbus Parkinson 385, 450 Morbus Pompe 153, 228 Morbus Wegener 327 Morphin 376 Mosaik, flüssiges 208 Motoneuron 356 Motor – Cytoskelett 234 – Protein 64, 236 mRNA (Messenger RNA) 76 mtDNA (mitochondriale RNA) 136 Mucin 280–281 – Gastritis 288 – Sekretionsförderung durch Eicosanoide 44 Mucopolysaccharidose 228, 370 multidrug resistance-related protein (MRP) 342 Multiple Sklerose 327, 385 Mund 278–279 MuramoylpentapeptidCarboxypeptidase 264 Murein 42, 264 Muscarin 378 muscarinisch, AcetylcholinRezeptor 378 Muskel (Muskulatur) 354–356

507

Sachverzeichnis – Aminosäurestoffwechsel 388 – Androgenwirkung 438 – Brennstoffvorrat 387 – Diabetes mellitus 447 – Erkrankungen 360 – Fasern, weiße und rote 358 – GH, IGF 448 – glatte 356 –– Adrenalin 451 –– Kontrolle durch Eicosanoide 454 – Glucoseumsatz 386 – Glycogenstoffwechsel 146 – Hungerstoffwechsel 392 – Kater 360 – Kontraktion 354 –– Kontrolle 356 –– molekularer Motor 236 – Protein 64 – Relaxation 378 – Resorptionsphase 390 – Schmerz 360 – Stoffwechsel 358 – Training 360 Muskeldystrophie 360 – congenitale 370 Muskelschwäche, Glycogenspeicherkrankheit 153 Mutagen, chemisches 266 Mutarotation 38 Mutase, Coenzym 101 Mutation 266, 467 – Entstehung von Onkogenen 466 – mitochondriale Gene 360 – somatische 314 Muttermilch 40 Myasthenia gravis 379, 384 myc-Onkogen 466 Myelinscheide 372 – Entmarkung 385 Myeloperoxidase 315 myo-Inositol 50 Myocardinfarkt (siehe auch Herzinfarkt) 346, 360 Myofibrille 354 Myoglobin 198, 358 – Abbau 200 – Eisen 400, 404 – Häm 96 Myokinase 358 Myopathie 136 Myosin 64, 236, 354–355 – Bindung an Actin 356 – molekularer Motor 236 Myotonie 360 Myristinsäure 49 – Lipidanker 210

50

– Rest 73 Myristylierung 73 Myt1 462 Myxödem 327

N N-Acetyl-D-glucosamin 40 – Blutgruppenantigen 311 N-Acetyl-Neuraminsäure, Gangliosid 52 N-Acetylgalactosamin 40, 311 – Glycosaminoglycan 368 N-Acetylglucosamin, Glycosaminoglycan 368 N-Acetylglutamat 183 N-Acetylneuraminsäure 40 N-Terminus 67 Na+/K+-ATPase (siehe auch Natrium/Kalium-ATPase) 350, 374 Na+/Ca2 + -Antiporter (-Austauscher) 356, 424 Na+/Glucose-Symporter (SGLT) 284 Na+/K+-ATPase (siehe auch Natrium/Kalium-ATPase) 118 Nachtblindheit 408 NAD 96 – Absorptionsspektrum 95 – Biosynthese –– aus Nicotinsäureamid 410 –– aus Tryptophan 410 –– im Zellkern 224 – NAD(P)/NAD(P)H, Normalpotenzial 23 – NADH/NAD-Quotient 340 – Nicotinat 410 – Substrat des Choleratoxins 420 NADH 125 – Absorptionsspektrum 95 – Atmungskette 131 – Bildung 125 – Erythrocyten 302 – Intermediärstoffwechsel 109 – Pyruvat-Dehydrogenase 122 – Rolle im Stoffwechsel 107 NADH-Dehydrogenase 131 NADP 96 – Nicotinat 410 NADPH – Bildung 106, 127 –– HMW 143 – Coenzym der/des

–– Cholesterolbiosynthese 166 –– Cytochom-P450-abhängigen Monooxygenasen 338 –– Desoxyribonucleotidsynthese 195 –– Fettsäurebiosynthese 160 –– Hämabbau 200 –– Reduktion von GSSG 301 –– Ribonucleotid-Reduktase 194 –– Synthese von NO 425 – Erythrocyten 302 – Rolle im Stoffwechsel 107–108 NADPH-Oxidase 315 Nägel 68 Nahrung 108 – Hunger, Signal 346 – Komponenten 398 – Sättigung, Signal 346 – Verdauung 278 Nahrungsmittelallergie 327 Nahrungsstoff (Nährstoff) 398–400 – Aufnahme in der Leber 328 – essenzieller 399 – Stoffwechselfunktionen 399 – täglicher Mindestbedarf 399 – Transport im Blut 291 Nanomotor 236 nativ 16, 70 Natrium 12 – Ausscheidung 351 – Enzym 89 – Gehalt im Urin 349 – Gleichgewichtspotenzial 119 – Konzentration 119, 291 – Reabsorption, Induktion durch Aldosteron 436 – Retention durch Angiotensin II 353 – Tagesbedarf 400 Natrium/Calcium-Antiporter (-Austauscher) 356, 424 Natrium/Glucose-Symporter (SGLT) 284 Natrium/Kalium-ATPase (Na+/K+-ATPase) 118, 350, 374 – Aufbau 119 – Induktion durch Aldosteron 436 – Induktion durch Schilddrüsenhormone 442

Sachverzeichnis – Mechanismus 119 – Substrate Natrium und Kalium 89 Natriumkanal 374, 418 – Induktion durch Aldosteron 436 Natriurese, Kontrolle durch ANP 449 Nebengruppen-Metall 12 Nebennierenmark (NNM) 450 Nebennierenrinde (NNR) 436 – Androgenbildung 438 Nebenzelle 282 Nekrose 464 – Enzymdiagnostik 313 – Herzinfarkt 360 Neomycin 265 Neon, Elektronenkonfiguration 13 Nephron 348 Nernst-Gleichung 22 Nervengift 378 Nervensystem 372–374 – Apoptose 464 – Erkrankungen 384 – sympathisches, Kontrolle durch Eicosanoide 454 Nervenzelle 372 – Energiebedarf 380 Nervonsäure 49 Netzhaut 382 Neugeborenen– Ikterus 200 – Screening 104, 186 Neuraminsäure 40 – Komplementsystem 318 – Stoffwechsel der Leber 330 Neurofilament 232 Neurohormon 372, 430 Neurohypophyse, Ocytocin und Vasopressin 449 Neuron 372 – Energiebedarf 380 Neuropeptid 376 Neuropeptid Y (NPY) 346 Neurosekret 376 Neurotransmitter 372, 376–378, 414, 430 – Abbau 376 – Agonisten 376 – Antagonisten 376 – Aufnahme 376 – Ausschüttung 376 – Biosynthese 376 – excitatorischer 378 – Exocytose 214, 376 – Hemmstoffe 376

– inhibitorischer 376 – Rezeptoren 378 – Steuerung eines Ionenkanals 418 – Synapse 372 – Vorstufen 376 – Wirkung 376 – Wirkungsbeendigung 376 neutral 24 Neutralfett (siehe auch Fett und Triacylglycerol) 48 – Synthese 164 Neutrophile, Anlockung durch Cytokine 457 Niacin 410 Nicht-Histonprotein, Zellkern 224 Nichthiston-Protein 244 nichtkompetitive Hemmung 92 Nichtmetall 12 nichtsteroidales Antiphlogistikum (NSAID) 454 Nickel 400 – Allergie 327 Nicotin 378 – Gastritis 288 Nicotinamid 410 Nicotinamidadenindinucleotid (siehe auch NAD) 96 Nicotinamidadenindinucleotidphosphat (siehe auch NADP) 96 Nicotinat (Nicotinsäure) 410 Nicotinat-Mononucleotid 224 nicotinisch, Acetylcholin-Rezeptor 378, 418 NIDDM (siehe auch Diabetes mellitus, Typ II) 446 Nidogen 368 Niemann-Pick-Erkrankung 52 Niere 348–350 – Aminosäurestoffwechsel 388 – Biotransformation 336 – Diabetes mellitus 447 – Elektrolytausscheidung 350 – Funktionen 348 – Gluconeogenese 144 – Hungerstoffwechsel 392 – Kreatinsynthese 358 – Protonenausscheidung 304 – Säure-Basen-Haushalt 304 – Stoffwechsel 352 Nitrat 174 Nitrifizierung 174

Nitrit 175 Nitrogenase 175 Nitroglyzerin 424 NK-Zelle 314 nNOS (neuronale NO-Synthase) 424 NO 175, 422–423, 453 NO-Synthase (NOS) 424 nonsteroidal antiinflammatory drug (NSAID) 454 Noradrenalin 450 – Entkoppler 134 – Neurotransmitter 376 – Rezeptoren 379 – Wirkungen 451 Noradrenalin-Transporter (NET) 450 noradrenerg 450 Norepinephrin, siehe Noradrenalin Normalgewicht 347 Normalpotenzial 22, 96 – Redox-System 132 Normoxie 137 NSAID (nonsteroidal antiinflammatory drug) 454 Nuclease 248 – lysosomale 229 – Verdauung 278 Nucleinsäure 76–77 – Base 74–75 – modifizierendes Enzym 248 – Nahrung 109 – Polymerase 248 – Stoffwechsel, Enzyme 248 – Verdauung 278 Nucleobase 74 – Bausteine 192 Nucleocapsid 472 Nucleoid 206 Nucleolus 224 nucleophil 20 Nucleoplasma 224 Nucleoporin 224 Nucleoprotein-Komplex 472 Nucleosid 74 – Neurotransmitter 376 Nucleosiddiphosphat-Kinase 194 Nucleosidphosphat 99 – Coenzym 98 Nucleosidphosphat-Kinase 194 Nucleosidtriphosphat (NTP) 74, 82 – Coenzym 102 – Speicherform chemischer Energie 114 Nucleosom 244

509

Sachverzeichnis Nucleotid 74 – Abbau 190 – Bausteine 74 – Biosynthese 194 –– Hemmstoff 470 – komplementäres 78 – Neurotransmitter 376 – Stoffwechsel 188–190 –– Pathobiochemie 196 –– Übersicht 188 Nucleotidyltransferase, Coenzym 99

O O2/H2O, Normalpotenzial 23 O-Glycosid 38 Oberflächenfilm 34 Octa-acyl-Saccharose 288 Ocytocin 448 Ödem 326 Okazaki-Fragment 250 Oktett-Regel 12 Öl 48 Olestra 288 Oligo-1,6-glucosidase 281 Oligomer 66 Oligonucleotid 74 Oligosaccharid 38, 45 – komplexer Typ 44, 220 – mannosereicher Typ 220 – Membran 209 – N-verknüpft 45, 220 – O-verknüpft 45 – Verdauung 284 Oligosaccharidase 284 Ölsäure 48 – Bildung 162 Öltropfen-Effekt 35 Omeprazol 288 Onkogen 466 Operon 242 Opioid, endogenes 376 Opioidpeptid, Rezeptoren 379 Opsin 382 Opsonierung 318–319 Opsonin 318 Orbital 12 – Hybridisierung 14 Ordnungsgrad 28 Ordnungszahl 12 Orexin A 346 Organ, inneres, GH, IGF 448 Organelle 204 organic anion transport polypeptide (OATP) 342 organic cation transporter (OCT) 342 Organifizierung des Iodids 442

51

organische Säuren, im Blut 291 Organophosphat 378 Organversagen, multiples 456 Orlistat 288 Ornithin 62, 179, 183 Ornithin-CarbamylphosphatTransferase 183 Ornithin-Transaminase 179 Ornithin/Citrullin-Antiport 183 – Defekt 186 Orotat (Orotsäure) 192, 196 Orotidin-5’-monophosphat 192 Orotsäure-Acidurie 196 Osteoblast 362, 402 – GH, IGF 448 – Osteoporose 370 Osteocalcin, Vitamin K 408 Osteogenesis imperfecta 370 Osteoklast 362, 402 – GH, IGF 448 – Osteoporose 370 Osteomalazie 406–407 – Enzymdiagnostik 313 – Vitamin-D-Mangel 408 Osteoporose 370, 406 – Auslösung durch Cortisol 436 – Calciummangel 400 – Estrogenmangel 402 Östradiol, siehe Estradiol Ovar 438 Ovarialfollikel 438 Ovulation 439 Oxalacetat 125–126, 179 – Aminosäureabbau 178 – Gluconeogenese 145 Oxalat (Oxalsäure), Calciumresorption 400 Oxidase 83 – Flavin 96 – peroxisomale 230 α-Oxidation 159, 168 – Peroxisom 230 β-Oxidation 109, 155–156 – Zonierung 329 ω-Oxidation 159 Oxidation 22 – Biotransformation 336 – CYP 339 – Steroidhormonbiosynthese 441 Oxidationsmittel 20–21 Oxidationsschutz 300 Oxidationswasser 400 oxidative Desaminierung 170

oxidative Phosphorylierung 107, 114, 130, 358 – Mitochondrien 226 oxidieren 22 Oxidoreduktase 82 3-Oxoacyl-ACP-Reduktase 161, 163 3-Oxoacyl-ACP-Synthase 161, 163 2-Oxobutyrat 181 2-Oxobutyrat-Dehydrogenase 181 2-Oxoglutarat (α-Ketoglutarat) 125, 179 – Aminosäureabbau 178 2-Oxoglutarat-Dehydrogenase 124 2-Oxogulonolacton 410 Oxonium-Ion 21, 24, 118 Oxoprolin 376 Oxosäure-Dehydrogenase 122, 180 2-Oxosäure (β-Ketosäure) 122, 176, 180 – Coenzym 99 OxPhos, siehe oxidative Phosphorylierung Oxygenase 83 Oxygenierung 298 Oxyhämoglobin 299 Oxysterol, Rezeptor 435

P P/O-Quotient 120 p53-Protein 462, 467 p300 254 Palindrom 248, 434 Palmitat (Palmitinsäure) 48 – Fettsäurebiosynthese 160 – Rezeptor 435 – Verlängerung 163 Palmitoleat (Palmitoleinsäure), Bildung 162 Pankreas 448 – A-Zellen 449 – Amylase 278 – B-Zellen 445 – Lipase (PLP) 278, 286 –– Enzymdiagnostik 313 –– Hemmstoffe 288 – Sekret 280 – Stimulierung durch CCK und Sekretin 452 Pankreatitis, Enzymdiagnostik 313 Pantoinat (Pantoinsäure) 410 Pantothenat (Pantothensäure) 410

Sachverzeichnis Papain, Antikörper-Spaltung 325 Papillomvirus 462 PAPS ( siehe auch Phosphoadenosinphosphosulfat) 102 parakrin 432, 452 – Eicosanoide 454 – Histamin 452 Parathyrin (PTH, Parathormon) 362, 402 – Wirkung über cAMP 423 Parietalzelle 282 Partialdruck 298 Pathogen 472 Pathogen-associated molecular pattern (PAMPS) 316 Pattern recognition receptor (PRR) 316 PCR (Polymerase-Kettenreaktion) 272 PDH (siehe auch PyruvatDehydrogenase) 123 PDH-Kinase 113 PDH-Phosphatase 113 PDK-1 (Phosphoinositid-abhängige Protein-Kinase 1) 428, 444 Pectin 284 Pellagra 410 Penicillin 264 Pentose 41 – Nahrung 109 Pentosephosphat, Biosynthese 142 Pentosephosphat-Weg und -Zyklus (siehe auch Hexosemonophosphat-Weg, HMW) 109, 142 Pentraxin 316 PEP (siehe auch Phosphoenolpyruvat) 117, 141 PEP-Carboxykinase (siehe auch PhosphoenolpyruvatCarboxykinase, PEP-CK) 112, 445 Pepsin 280, 284 Pepsinogen 280, 284 – Bildung 282 Peptid 64–65 – Antibiotikum 58 – Bindung 66 –– Insulin 444 –– Synthese 262 – Hormon 448 – Modul, Fibronectin 366 – Neurotransmitter 376 Peptid YY (PYY) 346 Peptidase 83, 172 – Defekt 370

– Zink 89 Peptidyl-Stelle 260–261 Peptidyltransferase 77, 262 – Hemmung 264 Perforin 320 Periodensystem 12 Perlecan 368 Permease 210 – Gen 255 perniziöse Anämie 327 Peroxid-Anion 300 Peroxidase 83, 94, 442, 455 – Abbau 200 – Eisen 89 – Häm 96 Peroxisom 168, 204, 230 – Abbau von Fettsäuren 156 – Krankheiten 230 – α-Oxidation 158 Pertussistoxin 420 Pesticid, Entgiftung 337 Pflanze – Ernährungsform 107 – Zelle 205 Pfortader 278, 328 PGD2 455 PGE2, 2α (Prostaglandin E) 455 PGH2 454–455 PGH-Synthase 454 PGI2 (Prostacyclin I2) 455 pH 24 – Differenz (Protonengradient) 118 – Enzymaktivität 88 – Optimum 88 – Skala 24 – Wert 24 –– Blutplasma 304 –– Magensaft 282 PH (Pleckstrin-HomologieDomäne) 428 Phage 270, 472 Phagocyt 290 Phagocytensytem, mononucleäres (MPS) 200 Phagocytose 214, 464 – Induktion durch Opsonierung 319 Phagosom 214, 314 Phalloidin 232 Phän 240 Pharmakon – Konjugatbildung 336 – Substrat von CYP 338 – Transport im Blutplasma 293 Phase-I-Reaktion 336 Phase-II-Reaktion 336 Phenobarbital 200

Phenolring 61 Phenprocoumon 308 Phenylacetat 186 Phenylalanin 61, 105 – Abbau 171, 179–180 – essenzielle Aminosäure 399 – Stoffwechsel 181 Phenylalanin-Aminotransferase 177 Phenylalanin-Hydroxylase 181 – Defekt 186 – Enzymdefekt 105 Phenylketonurie 105, 186 Phenyllactat 186 Phenylpyruvat 105, 186 Phorbolester 468 Phosphat (Phosphorsäure) 25 – Calciumresorption 400 – Gehalt im Urin 349 – Plasmapuffer 304 – Transport 115, 128 Phosphatase – alkalische (AP) 281 –– Diagnostik 104 –– Enzymdiagnostik 313 –– Osteoblasten 362 –– Osteoporose 370 – InsP3 422 – lysosomale 229 – PDH-spezifische 112 – saure –– Lysosom 228 –– Osteoklasten 362 –– Tumormarker 469 Phosphatid 46, 50 Phosphatidat (Phosphatidsäure) 46, 50 – Fettsynthese 164 – Lipidstoffwechsel 155 Phosphatidat-Phosphatase 165 Phosphatidyl-Cytidyltransferase 165 Phosphatidylcholin (Lecithin) 50, 103, 164 – Membran 209 Phosphatidylethanolamin 50 – Biosynthese 164 – Membran 209 Phosphatidylinositol (PtdIns) 50 – Biosynthese 164 – Membran 209 Phosphatidylinositol-3,4,5trisphosphat (PtdInsP3) 428

511

Sachverzeichnis Phosphatidylinositol-3-Kinase (PtdIns-3-Kinase, PI3K) 165, 428, 444 Phosphatidylinositol-4,5bisphosphat (PtdInsP2) 50, 164, 422 Phosphatidylinositol-4-phosphat (PtdInsP) 164 Phosphatidylserin 50 – Auslöser der Apoptose 464 – Biosynthese 164 – Membran 209 Phosphattransfer 115 Phosphoadenosinphosphosulfat (PAPS) 102–103 – Konjugatbildung 336 Phosphodiesterase – cAMP-spezifische 422 – cGMP-spezifische 421 –– Erektion 424 – Glycogenstoffwechsel 151 – Kontrolle des Glycogenstoffwechsels 151 Phosphoenolpyruvat (PEP) 117, 141 – Gluconeogenese 145 Phosphoenolpyruvat-Carboxykinase (PEP-CK) 112, 445 – Gen 242 – Gluconeogenese 145 – Niere 353 – Regulation 149 – Schlüsselenzym 139 – Stoffwechselkontrolle 113 – Transkription 254 Phosphofructokinase (PFK) 141, 149 – Regulation 149 – Schlüsselenzym 139 Phosphoglucoisomerase 147 Phosphoglucomutase 331 Phosphogluconat-Dehydrogenase 143 6-Phosphogluconolacton, HMW 143 6-Phosphogluconsäure, HMW 143 Phosphoglycerat-Kinase 141 Phosphoglycerat-Mutase 141 2-Phosphoglycerat 117, 141 – Gluconeogenese 145 3-Phosphoglycerat 141 – Gluconeogenese 145 Phosphoglycerid, Biosynthese 164 Phosphoglycosidase, lysosomale Proteine 229

51

Phosphohydrolase, Magnesium 89 Phosphoinositid 429 Phosphoinositid-abhängige Protein-Kinase 1 (PDK-1) 428, 444 Phospholipase 50 – A2 (PLA2) 280, 421, 454 –– Hemmung durch Lipocortin 455 –– Lipidverdauung 286 – C (PL-C) 421, 427 –– Effektorenzym für Neurotransmitter 379 – C-β (PLC-β) 420, 422, 428 –– lysosomale 229 – C-γ (PLC-γ) 428 Phospholipid 35, 46, 50 – Blutgerinnung 306 – Galle 280 – Leber 332 – Lipidstoffwechsel 155 – Lipidverdauung 286 – Membran 208 – Synthese 155 –– gER 216 – Transport im Blut 294–295 – Transportsystem 343 – Verdauung 278 Phosphopantethein, Fettsäurebiosynthese 160 Phosphoprotein-Phosphatase (PP) 426 Phosphopyruvat-Hydratase (Enolase) 116 Phosphor 12 – Tagesbedarf 400 Phosphoribosyl-Aminotransferase 112 Phosphoribosylamin 192 Phosphoribosyldiphosphat 190–191 PhosphoribosyldiphosphatSynthase (PRPP-Synthase) 112 Phosphorsäure (siehe auch Phosphat) 18 – Nahrungsbestandteil 304 – Säurekonstante 25 Phosphorsäureanhydrid 18, 74 – Bindung, Hydrolyse-Energie 114 Phosphorsäurediester 18 Phosphorsäuremonoester 18 Phosphorsäureverbindungen 19

Phosphorylase (siehe auch Glycogen-Phosphorylase) 139, 147 Phosphorylierung 72 – Enzym 110 – Histone 246 – Kaskade 444 – oxidative (OxPhos) 130 –– Muskeln 358 Phosphorylierung/Dephosphorylierung – Cyclin/Cdk-Komplex 462 – Glycogenstoffwechsel, Kontrolle 150 – Pyruvat-Dehydrogenase 113 Phosphosphingolipid 52–53 Phosphotransferase 83 – Coenzym 99 – Defekt 218 – lysosomale Proteine 229 Phosphotyrosin 429, 444 Phosphotyrosin bindende Domäne (PTB) 428 Photo-Lyase 266 Photo-Reaktivierung 266 photolithoautotroph 106 Photometrie 94 Photorezeptor 382 Photosynthese 26, 106 – Häm 96 Photosystem II, Mangan 89 Phyllochinon (siehe auch Vitamin K) 54, 408 – Antagonisten, Gerinnungshemmung 308 Phyllohydrochinon 409 Phytanoyl-CoA-Hydroxylase 168, 230 Phytansäure 159, 168 – Peroxisom 230 Phytol 54 – Calciumresorption 400 – Refsum-Syndrom 168 Phytosterol 166 Phytyl-Rest 54 PIF (Prolactin inhibierender Faktor), Dopamin 451 Pigmentstein 334 Pilz 205 – Antibiotikum 264 Ping-Pong-Mechanismus 86 Pinocytose 214 PIns-3-Kinase 428 PInsP3 428 pKa-Wert 24 PK-A (siehe auch ProteinKinase A) 254, 426 PK-B (siehe auch ProteinKinase B) 428

Sachverzeichnis PK-C (siehe auch ProteinKinase C) 426 PK-CaM (siehe auch Calcium/ Calmodulin-abhängige Protein-Kinase 427 pKa-Wert 61 Plaque (Virus) 270 Plaque (Zahnbelag) 362 Plasma 290 – Enzymanalytik 312 – Expander 42 – Membran 204, 208 – Protein 292 –– Biosynthese 328 –– Exocytose 214 –– Puffer 304 – Zelle 314–315 Plasma-ThromboplastinVorläufer 307 Plasmalogen 50 – Peroxisom 230 Plasmid 205, 268 Plasmin 172, 308, 368 Plasminogen 293, 308 Plasminogen-Aktivator 308 Plastochinon 54, 96 Plättchenaktivierender Faktor (PAF) 50 – Allergie 326 Plazenta 438 – Choriongonadotropin 449 PLC-β (siehe auch Phospholipase C-β) 428 PLC-γ (siehe auch Phospholipase C-γ) 428 Pleckstrin-Homologiedomäne (PH) 428 Pluripotenz, Stammzelle 246 Pocken 472 Podagra 196 polar 34 Poliomyelitis 472 Poliovirus 472 Poly(A)-Schwanz 241, 256 Polyadenylat-Polymerase 256 Polyadenylierungssequenz 253 Polychondritis 327 Polydesoxyribonucleotid 78 Polyisoprenoid 166 Polymerase 248 Polymerase-Kettenreaktion (PCR) 272 Polymorphismus 338 Polymyxin 265 Polynucleotid 74 Polynucleotidase 281 Polyol-Weg 139, 330 Polypeptid 64

Polyphenol 342 Polysaccharid 38, 42 – Hyaluronat 368 – Nahrung 109 – Verdauung 284 Polysom 260 polyunsaturated fatty acid (PUFA) 162 Pompe-Krankheit 153 Pore 210, 418 Porenkomplex, Zellkern 224 Porin 128–129, 210, 226 Porphobilinogen 198 Porphobilinogen-Synthase 198 Porphyrie 198 Porphyrin 198–199 – Abbau 200 – Verknüpfung mit Citratzyklus 126 Postresorptionsphase 392 – Leber 332 postsynaptische Zelle 377 posttranslationale Modifizierung 72, 220, 364 Potenzial 26 – chemisches 26, 30, 117 – Differenz 26 PP (siehe auch Protein-Phosphatase) 426 PP-1 (Protein-Phosphatase 1) 427, 444 Prä-Pro-Collagen 364 Prä-Pro-Protein 220 Präalbumin 64, 292, 442 Präprohormon – Glucagon 448 – Insulin 444 präsynaptische Zelle 372, 377 Pravastatin 168 Pregnenolon 436–438 Prenylierung 72 Prenylrest 73 Primärharn 348–349 Primärstruktur 66 Primasekomplex 250 Primer 248, 251, 270–271 Prion (PrP) 222, 384 Pristansäure 158 Pro-Insulin 444 Pro-Protein 220 Proaccelerin 307 proapoptotisches Protein 465 Procarboxypeptidase 284 Procaspase 464 Procollagen 364 Proconvertin 307 Procyanidin 342

Prodrug 288 – Cytostatikum 470 Produkt 85 – Hemmung 110 Proelastase 284 Proenzym 172, 280 – Magensaft 282 Profilin 232 Progesteron 56, 436–438 – Kontrolle durch hCG 449 – Rezeptor 435 – Transport im Blutplasma 293 Progestin (Gestagen) 438 Prohormon-Konvertase 444 proinflammatorisch, Cytokine 457 Prokaryont 204 Prolactin 448 Proliferation 460, 464 Proliferationsphase 438 Prolin 61, 179 – Abbau 171, 179 – reiche Sequenz 429 – Vorkommen im Collagen 364 Prolin-cis-trans-Isomerase 222 Prolin-Hydroxylase 364 Promille 340 Promoter 242, 253 Propeptid-Peptidase, Defekt 370 Prophospholipase A2 284 Propionacidurie 105 Propionat (Propionsäure) 49, 105 Propionyl-CoA 105 – Abbauprodukt von –– Aminosäuren 181 –– Isoprenoiden 231 –– ungeradzahligen Fettsäuren 158 – Bildung 159 Propionyl-CoA-Carboxylase 181 – Enzymdefekt 105 Prostacyclin 454 Prostacyclin I2 (PGI2) 455 Prostaglandin 454 – Magensäurebildung 282 – Rezeptor 435 – Synthese 454 –– Hemmstoffe 288 Prostaglandin F2α (PGF2α) 455 Prostaglandin H2 (PGH2) 455 Prostaglandin-H2-Synthase (PGH2-Synthase) 454

513

Sachverzeichnis – Hemmung durch –– Glucocorticoide 455 –– NSAID 455 – Stimulierung durch –– Entzündungsmediatoren 455 –– Wachstumsfaktoren 455 Prostaglandin-H2-Synthase (PGH2-Synthase), Hemmung durch, Cytokine 455 Prostanoid 454 prosthetische Gruppe 88 Protease – Allergie 327 – Bindung im Blutplasma 293 – Granulocyt 314 – Speicherung in Mastzellen 452 Proteasom 172 – Abbau von Cyclinen 460 τ-Protein 384 Protein 64–66 – -Protein-Interaktion 428 – Anteil im Körper 399 – biologische Wertigkeit 184, 398 – Biosynthese 260 –– rER 216 –– Tagesumsatz 170 – Brennstoffvorrat 386 – Dephosphorylierung 426 – Disulfidbrücke 185 – Energiegehalt 399 – Faltung 217, 222 – Fehlfaltung 384 – Funktion 65 – globuläres 70 – Glycierung 446 – Glycosylierung 217, 220 – GTP-bindendes (siehe G-Protein) 420 – Halbwertszeit 170 – Interkonvertierung 426 – katalytisches 64 – Kern 71 – lösliches 70 – lysosomales 228 – Mindestbedarf 398 – Modifizierung 72 – Nahrung 109 – Nahrungskomponenten 398 – Oberfläche 71 – Oligomerisierung 217 – pflanzliches 175 – Phosphorylierung 426 –– im Golgi-Apparat 217 – posttranslationale Modifizierung 72

51

– Qualitätskontrolle 218 – regulatorisches 64 – Reifung 222 – ribosomales 260 – Sortieren 218 –– im Golgi-Apparat 217 – Stoffwechsel 170–172 –– Kontrolle durch Cortisol 436 –– Leber 328 –– Übersicht 170 – Struktur 66, 71 – Sulfatieren 217 – Synthese –– am rER 217, 220 –– Zellzyklus 461 – tierisches 175 – Transport 218 –– zum Golgi-Apparat 217 – Überexpression 268 – Verdauung 278, 284 – Wasserstoffbrücke 33 – Wertigkeit 184, 398 – Zuckeranlagerung und -abspaltung 217 Protein C 308 – Vitamin K 408 Protein E6 462 Protein p53 462 Protein S 308 – Vitamin K 408 Protein-Disulfid-Isomerase 222 Protein-Glycosyltransferase 221 Protein-Kinase 426 – -A (PK-A) 254, 422, 426 –– Glycogenstoffwechsel 151 –– Regulation des GlucoseStoffwechsels 149 –– Steroidhormonbiosynthese 441 – -B (PK-B) 427–428 – -B (PK-B, Akt) 444 – -C (PK-C) 422, 426 –– Aktivierung durch Phorbolester 468 –– T-Zell-Aktivierung 323 – -G (PK-G) 424 – AMP-abhängige (AMPK) 134 – ATM 463 – ATR 463 – Bezug zu Onkogenen 466 – CAK 463 – Cyclin-abhängige 460 – mit doppelter Spezifität 426 – Mitogen-aktivierte 428

– – – –

Myt1 463 PDH-spezifische 112 postsynaptische Zelle 372 Pyruvat-Dehydrogenase 122 – Serin/Threonin-spezifische 426 –– Zellzyklus 460 – Signalsystem 429 – Signaltransduktion 415 – Substrat der Caspasen 464 – Tyrosin-spezifische 426 – Wee1 463 Protein-Phosphatase (PP) 426 – Bezug zu Onkogenen 466 – Cdc25 463 – Cytokin-Rezeptor 456 – Glycogenstoffwechsel 151 – PP-1 444 – Pyruvat-Dehydrogenase 122 – Regulation des Glucosestoffwechsels 149 – Serin/Threonin-spezifische 427 – Zellzyklus 462 Proteinase 172, 306 – Abbau von Matrixprotein 368 – Alzheimer-Krankheit 385 – Aspartat- 280 – Blutgerinnung 306 – Inhibitor, Pankreas 282 – lysosomale 229 – Resistenz von Collagen 364 – Serin- 280 proteinogene Aminosäure 58 Proteoglycan 367–368 – Knochen 362 – Stoffwechsel der Leber 330 Proteohormon, Endocytose 214 Proteolyse 172 – Enzymkontrolle 111 – intrazelluläre 170 – limitierte 284 –– Insulin 444 –– Plasminogen und ProMMP 368 – Tagesumsatz 170 Proteom 242 Prothrombin 293, 307 Prothrombinase-Komplex 306 Protofilament 68 Proton 24

Sachverzeichnis – – – – –

Ausscheidung 305, 350 Gradient 118, 128–129 Mitochondrien 226 Transport 130 Triebkraft für Transport 128 – Übertragung 20 Protonenkanal 132 protonenmotorische Kraft 118 Protonenpumpe – Hemmstoffe 288 – Lysosom 228 Protoonkogen 466–467 Protoporphyrin 198, 338 Protoporphyrinogen 198 Prozess, enthalpie-/entropiegetriebener 28 PRPP-Synthase (Phosphoribosyldiphosphat-Synthase) 112 Pseudogen 242 Pseudouridin 76 PTB (Phosphotyrosin-bindende Domäne) 428 Pteridin 101, 410 PUFA (polyunsaturated fatty acid) 162 Puffer 24, 304 pulsatil 432 Pumpe 212 Punktmutation 266, 312 Purin 75, 192 – Abbau 190 –– Störungen 196 –– Überblick 188 – Aufbau 188, 192 – Basen 74 –– Wiederverwertung 188 – Biosynthese 188, 192 – Neurotransmitter 376 – Purinnucleotide, Synthese 194 Puromycin 264 Putrescin 63 Pyran-Ring 38 Pyranose 38 Pyridin-Nucleotid 22 Pyridoxal 410 Pyridoxalphosphat 176, 410 – Catecholaminbiosynthese 450 – Coenzym 98 Pyridoxamin 410 Pyridoxaminphosphat 98, 176 Pyridoxol 410 Pyrimidin 75, 192 – Abbau 190 –– Überblick 188

– Basen 74 – Biosynthese 192 –– Überblick 188 Pyrimidinnucleotid, Synthese 194 Pyroglutamat 376 Pyroglutamyl-Rest 72 Pyrophosphat (Diphosphat) 114 Pyrrolidinring 61 Pyrrolincarboxylat 179 Pyrrolincarboxylat-Dehydrogenase 179 Pyrrolincarboxylat-Reduktase 179 Pyrrolring 100, 198 Pyruvat (Brenztraubensäure) 122, 127, 141, 179 – Aminosäureabbau 178 – Bestimmung 95 – Intermediärstoffwechsel 109 – organische Säuren, im Blut 291 – Substrat der Gluconeogenese 144 – Transport 128 Pyruvat-Carboxylase 127 – Biotin 410 – Gluconeogenese 145 – Regulation 149 – Schlüsselenzym 139 Pyruvat-Dehydrogenase (siehe auch PDH) 123 – Fettgewebe 345 – Interkonversion 112 – Mitochondrien 226 – Stoffwechselkontrolle 113 Pyruvat-Kinase 139, 149 Pyruvat/Lactat, Normalpotenzial 23

Q Quaddel, Histamin 452 Qualitätskontrolle, Protein 218 Quartärstruktur 66 Quecksilber, Entgiftung 336 Querstreifung 354 Quick-Wert 308

R R,S-System 16 R-Zustand 90 Rab-Familie 216 Rab3 214 Rachitis 402, 406 – Calicummangel 400 – Vitamin-D-Mangel 408

Radikal 300 – -Fänger, Hydroxyharnstoff 470 – Flavin-Coenzym 96 – freies 22, 266 –– Metall-Ion 22 Raf 428, 444, 466 Ran 224 Ranitidin 288 Ranvierscher Schnürring 373 Ras 420, 428, 444 – Onkogen 466 Ras-ähnliche GTPase 420 Rasterschub-Mutation 266 Rb-Protein (pRb, Retinoblastom-Protein) 462, 467 Reaktand 84 Reaktion – chemische 20 – enzymatische 87 – gekoppelte 116 – Geschwindigkeit 84 – unkatalysierte 84 reaktive Sauerstoffspezies (ROS) 300 – Mitochondrien 136 rechtsdrehend 16 Recycling, Eisen 404 Redox– Coenzym 96 – Potenzial 22, 133 – Reaktion 20, 22, 132 – Reihe 132, 194 – System 22 –– Atmungskette 132 –– biologisches 22 5α-Reduktase 438 Reduktion 22 – Biotransformation 336 – Steroidhormonbiosynthese 441 Reduktionsmittel 20–21, 96 Reduplikation, identische (siehe auch Replikation) 250 Refsum-Syndrom 168, 230 Registerpeptid, Collagen 364 Regulation – allosterische 90 – Energiestoffwechsel 134 – Kohlenhydratstoffwechsel 148–149 – Mechanismus 110–111 – Stoffwechsel 113 – System, hormonales 430 Regulator der G-Protein-Signalübertragung (RGS) 420 Reifung – Protein 222

515

Sachverzeichnis – RNA 256 Reiz, mechanischer 414 rekombinant 268 Rekombination – fehlerhafte 267 – somatische 314 Rekombinationsreparatur 266 relaxed 298 releasing hormone 432 Releasing-Faktor, Transkription 262 remnant (ChylomikronenRest) 294 Renaturierung, Protein 70 Renin 352, 436, 449 – Kontrolle durch ANP 449 Renin-Angiotensin-System 352, 436 – Niere 349 Reparatur, DNA 266 Replikation 240, 250 – Gabel 250 – Ursprung 250, 268 – Zellkern 224 Repolarisierung 374 Repression 111 Reprogrammierung 246–247 rER (raues Endoplasmatisches Retikulum) 220 Reserve-Polysaccharid 42 Residualkörper 228 Resistenz 268 Resorption 278, 284–285 – Mineralstoffe 400 Resorptionsphase 390 – Lipidstoffwechsel 332 Restriktionsendonuclease 248–249, 268, 270, 272 Resveratrol 342 Retentionssignal 218 Retinal 73, 382, 408 Retinal-Isomerase 383 Retinoat (siehe auch Retinsäure) 54 – 9-cis-, Rezeptor 435 – all-trans-, Rezeptor 435 Retinoblastom-Protein (pRb) 462, 467 – Zellzyklus 461 Retinol 382, 408 Retinol-bindendes Protein 293 Retinol-Dehydrogenase 383 Retinsäure 54, 408 – Rezeptor 435 – Substrat von CYP 338 – Wirkungsmechanismus 434

51

Retrovirus 472 Reverse Transkriptase 268, 472 – Hemmung 472 reverser Cholesteroltransport 296 Rezeptor – Cytokin 456 – enzymgekoppelter 416 – Gen 416 – Histamin 452 – Hormon- 64, 414–416 – Insulin 444 – intrazellulärer 414, 434 – Ionenkanal-gekoppelter 416 – ionotroper 372, 378 – Mannose-6-phosphat 228 – Membran 210, 414–415 – metabotroper 372, 378 – Neurotransmitter 378 –– Synapse 372 – nucleärer 434 – Plättchen-Wachstumsfaktor 427 – Protein-Kinase 416 – Signalsystem 429 – Signaltransduktion 414 – Substrate 416, 444 – Synapse 372 – Tyrosin-Kinase 416, 426–427, 444 – V2- 350 – Waisen- (orphan) 434 – Wirkungsmechanismus 416 – Zelloberfläche 366 Rezeptor-Tyrosin-Kinase (RTK) 416, 426–427, 444 Rezeptorprotein 414–415 RGD-Sequenz 366 Rh-System 310 Rhesus-Faktor 310 Rheuma 327 Rhinovirus 472 Rho 420 Rhodopsin 382, 416 Rhodopsin-Kinase 382 Ribitol 96, 411 Riboflavin 410 Ribonuclease (RNase) 70, 248–249, 280 – Argonaut 274 – Dicer 274 – H 473 Ribonucleinsäure (siehe RNA) 74–75 Ribonucleosid-Reduktase 471 Ribonucleotid 74

– Transkription 252 Ribonucleotid-Reduktase 194 – Hemmung 470 Ribose 40 – Stoffwechsel der Leber 330 Ribose-5-phosphat – HMW 143 – Vorläufer für aromatische Aminosäuren 184 Ribosom 76, 260 – bakterielles, Hemmung 264 – mitochondriales 226 – rER 216 – rRNA 77, 253, 260 Ribozym 30, 82 – Peptidyltransferase 262 – Spleißosom 256 Ribulose 40 Ribulose-5-phosphat, HMW 143 Ribulose-5-phosphat-Epimerase 143 Ribulose-5-phosphat-Isomerase 143 Richardson-Diagramm 70 Riesenwuchs 449 Rifampicin 265 Rigor 450 Rinderwahn 222, 384 RISC-Komplex 274 RNA 74–75 – -Welt 262 – Editing, Apo B-48 286 – hnRNA 240–241, 253, 256 – Interferenz 274 – lncRNA (large non coding RNA) 509 – miRNA 274 – Modifizierung 256 – mRNA 240–241, 253, 256, 263 – Primer 251 – Reifung 240, 252, 256 –– Zellkern 224 – RNA/DNA-Hybrid 275 – rRNA 77, 253, 260 – siRNA 76, 274 – snRNA 76, 253 – Synthese, Zellzyklus 461 – tRNA 240, 253, 258 –– -Virus 472 RNA-Polymerase 256 – DNA-abhängige 248, 252 RNase (siehe auch Ribonuclease) 70, 248–249, 280, 472 Rohrzucker 40

Sachverzeichnis Röntgenstrahlung 266 ROS (siehe auch reaktive Sauerstoffspezies) 300 Röteln 472 rRNA (ribosomale RNA) 77, 253, 260 RTK (Rezeptor-Tyrosin-Kinase) 416, 426–427, 444 Rübenzucker 40 Rückkopplung – Hemmung 112 – negative 432 – Signal 414 Rückresorption 348 Ruderschlag 354 Ruhepotenzial 118, 374 Ryanodin 424 – Muskel 356 – Rezeptor 425

S SN2-Mechanismus 20 S-Adenosyl-Homocystein (SAH) 98 S-Adenosyl-Methionin (SAM) – Catechol-Inaktivierung 451 – Catecholaminbiosynthese 450 – Coenzym 98 S-Phase 460 S-Zelle 452 Saccharase 281 Saccharase-Isomaltase 284 – Störung 288 Saccharose 40 – Intoleranz 288 Salicylat 337 Salpetrige Säure, Mutagen 266 salvage pathway 190 Salzsäure 25 – Bildung 282 – Gastritis 288 – Kontrolle der Bildung durch Histamin 452 – Säurekonstante 25 – Sekretionshemmung durch Prostaglandine 454 – Verdauung 278 SAM, siehe S-Adenosylmethionin Sammelrohr 349–350 Sandhoff-Erkrankung 52 Saponin 56 Sarkolemma 356 Sarkomer 355 Sarkoplasma 356 Sarkoplasmatisches Retikulum (SR) 216, 356

– Calcium 424 Sättigungsgefühl 452 sauer 24 Sauerstoff 12, 300 – Atmungskette 130 – bindende Proteine 198 – Bindungskurve mit Hämound Myoglobin 359 – Förderung des Verbrauchs durch Schilddrüsenhormon 442 – O2/H2O, Normalpotenzial 23 – Partialdruck 298 – Peroxisomen 230 – reaktive Sauerstoffspezies (ROS) 300 – Reserve in Muskeln 358 – Sättigungskurve 299, 303 – Substrat von CYP 339 – Transport 298 – Verbindungen 19 Sauerstoffspezies, reaktive (ROS) 300 Säure 24 – Enzymhemmung 93 Säure-Base 24 – Haushalt, Blut 290, 304 – Katalyse 84 – Niere 350 – Reaktionen 20 –– Leber 328 – Regulation, Leber 328 Säureamid 18 – Neuropeptid 376 – Protein 64 Säureanhydrid 18 Scanning, Translation 260 Scavenger-Rezeptor 296, 312 Schaden, genetischer, Tumorinitiation 469 Scharnier, Antikörper 324 Schaumzelle 312 Schiff-Base (Aldimin) 18, 98, 176, 446 Schilddrüsenfollikel 442 Schilddrüsenhormon 442 – Rezeptor 435 Schlafen, Histamin 452 Schlafmittel, Antihistaminika 452 Schleife 66 – Chromosomen 244 – tRNA 77 Schleifendiuretikum 350 Schleim (siehe auch Mucin), Magen 280 Schlüsselenzym 110 – Fettsäurebiosynthese 160

– Halbwertszeit 170 – Lipidstoffwechsel 155 – Transfer in Zellkern 224 Schmelz 362 Schmerz – Kinine 453 – Kontrolle durch Eicosanoide 454 – Linderung durch Acetylsalicylat 454 Schnupfen 472 Schock 456 – allergischer 452 – Enzymdiagnostik 313 Schwangerschaft – Hormon 438 – Indikator hCG 448 – Progesteronsynthese 438 Schwann-Zelle 372 Schwanz – Membranlipid 208 – Nucleosom 244 Schwefel 12 – Tagesbedarf 400 – Verbindungen 19 Schwefelsäure (siehe auch Sulfat) 44 – Aminozucker 368 – Protonenlieferant 304 Schwefelwasserstoff 18 Schwermetall – Entgiftung 336 – Enyzmhemmung 93 SCID (severe combined immunodeficiency) 196 Scrapie 384 Second-Messenger 416, 422–424 – postsynaptische Zelle 372 – Signalsystem 429 – Steuerung eines Ionenkanals 418 Sedimentationskoeffizient 260 Sedoheptulose-7-phosphat, HMW 143 Sehen 382 – cGMP 422 – Vitamin A 409 Sehne 362 – EZM 366 Seide 68 Seifenblase 34 Sekretase 384 Sekretin 282, 452 – Stimulierung der Insulinsekretion 390 Sekretion 348 Sekretionsphase 438 sekretorischer Weg 218

517

Sachverzeichnis Sekundärstruktur 66 Selbstmordsubstrat 264 Selbstschutz, Blut 290 Selbstverdau 282 Selektivitätsfilter 418 Selen 12, 62 – Deiodasen 442 – Mangel 406 – Tagesbedarf 400 Selenocystein 62–63, 258 – Glutathion-Reduktase 302 Semichinonradikal 22 semikonservativ 250 Sequenz 242 Sequenzieren, DNA 270 Serin 50, 61 – Abbau 171, 179 – Bildung in der Niere 349, 352 – Desaminierung 176 – Familie 184 – Fibroin 68 Serin-Hydroxymethyltransferase 194 Serin-Protease, Komplementsystem 318 Serin-Proteinase 172 – Abbau von Matrixproteinen 368 – Blutgerinnung 308 – Komplementsystem 318 Serin-Proteinase-Inhibitor (Serpin) 308, 368 Serin/Threonin-Dehydratase 177 SERM (Estrogen-RezeptorModulator, spezifischer) 370 Serotonin 62, 452 – Neurotransmitter 376 – Rezeptoren 379 Serpin (Serin-ProteinaseInhibitor) 308, 368 Serum 290 – Enzymanalytik 94, 312 – Enzymdiagnostik 104 Sesquiterpen 54 Sesselform 38 severe combined immunodeficiency (SCID) 196 Sexualhormon bindendes Globulin (SHBG) 438–439 Sexualsteroid 438 sexuelle Differenzierung 430 SGLT (Natrium/Glucose-Symporter) 212, 284 SH2-Domäne 428 – STAT 456 SH3-Domäne 428

51

SHBG (Sexualhormon bindendes Globulin) 438–439 Sheddase 173 short tandem repeat (STR) 272 Sialinsäure 40, 52 Sichelzellanämie 222, 312 Signal 414 – anorexigenes 346–347 – hydrophiles 414, 444–445 – intrazelluläres 422 – Kaskade 428 –– lichtinduzierte 382 – lipophiles 414, 434–435 – Membran 208 – mitogenes 460 – orexigenes 346–347 – Peptid 218 –– Collagen 364 –– Insulin 444 – Protein, intrazelluläres 414 – Region 218 – Sequenz 218 –– Transport 216 – Stärke 414 – Stoff –– Hormon 430 –– Signalsystem 429 – Transduktion 414–415, 421 –– G-Proteine 421 – Translokation 219 – Übertragung –– synaptische 372 –– ZNS 372 – Verrechnung 414 – Verstärkung 414 signal recognition particle (SRP) 220 signal transducer and activator of transcription (STAT) 456 Signalpeptidase 220 Signaltransduktion 416 Signaltransduktionsprotein (STP) 456 Silencer 254 Silicium 400 sinnloser Zyklus 148 Sinnstrang 79, 241, 258 siRNA (short interfering RNA) 76, 274 Sirtuine 394–395 Sitosterol 56 Skelettmuskulatur 354 – Energiestoffwechsel 360 Sklerodermie 327 Skorbut 364, 370, 410 sliding clamp 250

small interfering RNA (siRNA) 76, 274 small nuclear ribonucleoprotein particle (snRNP) 256 SNAP-25 214 SNARE-Protein 214 snRNA (kleine nucleäre RNA) 76, 253 snRNP (small nuclear ribonucleoprotein particle) 256 Solenoid 244 Soma 372 Somatoliberin (siehe auch GHRH) 448 Somatomedin 448 Somatostatin 282, 448, 452 Somatotropin (STH, Wachstumshormon, siehe auch GH) 64, 448 – Rezeptor 65 – Stoffwechselwirkungen 386 son of sevenless (Sos) 428, 444 Sonde 270 Sonnenbrand 266, 464 Sorbitol 38–40, 138, 330 Sos (son of sevenless) 428, 444 sp3-hybridisiert 20 Spalt, synaptischer 373 Spaltung – homolytische 100 – hydrolytische 336 – oxidative, Steroidhormonbiosynthese 441 Spannung 27 – elektrische 374 Spectrin 232 Speichel 278–279 Speicher – Form, chemische Energie 114 – Krankheit, lysosomale 228 – Organ –– Fettgewebe 344 –– pflanzliches 42 – Protein 64 – Stoff, Intermediärstoffwechsel 109 Speicherung – genetische Information 240 – Leber 328 Spektralphotometrie 94 Spendererythrocyt 311 Spermidin, Peroxisom 230 Spermienentwicklung 438 Spermin, Peroxisom 230 Sphärocytose 313

Sachverzeichnis Sphingolipid 46, 52 – Biosynthese 164 – Leber 332 – Lipidstoffwechsel 155 – Nervenzellen 372 – Synthese 155 Sphingolipid-Aktivatorprotein 52 Sphingolipidose 52 Sphingomyelin 52 – Biosynthese 164 – Membran 209 Sphingomyelinase 52 Sphingophospholipid 52 Sphingosin 46, 52 – Lipidstoffwechsel 155 Spiegelbild-Isomer 16 Spike, Calcium 424 Spleißen 242, 256 Spleißosom 76, 256 Spurenelement 12, 400 – Cofaktor von Enzymen 88 – essenzieller Nahrungsbestandteil 399 Squalen 54, 166 Src-Homologie-2-Domäne (SH2) 428 – STAT 456 Src-Homologie-3-Domäne (SH3) 428 Src-Kinase 427 SRP-Rezeptor (signal recognition particle receptor) 220 ssRNA (einzelsträngige RNA) 472 Stäbchen 382 Stammzelle 246–247 – pluripotente 246 StAR (steroidogenic acute regulatory protein) 440 – Schlüsselenzym 155 – Steroidhormonbiosynthese 441 Stärke 42 Start (Kontrollpunkt des Zellzyklus) 460 Startcodon 258–259 Startkomplex, Translation 260 STAT (signal transducer and activator of transcription) 456 Statin (Hormon) 432 Statin (Inhibitor der HMGCoA-Reduktase) 168 Stearinsäure 48, 163 Stellat-Zelle 328 Steran 56 Stercobilinogen 200 Stereoisomer 16

Stereospezifität 82 Steroid 46, 54–55 – Synthese, gER 216 Steroidalkaloid 56 Steroidglucosid 55 Steroidhormon 54–55, 434–436 – Biosynthese 440 – Familien 440 – Inaktivierung 440 – Konjugatbildung 336 – Lipidstoffwechsel 155 – Stoffwechsel 440 – Substrat von CYP 338 – Synthese 155 – Transport 293, 440 – Wirkungsmechanismus 434 steroidogene Zelle 441 steroidogenic acute regulatory protein (siehe auch StAR) 440 Sterol 46, 56 – Carrier 166 – Ester 46 – Substrat von CYP 338 Sterol-Esterase 280 STH (Somatotropin, Wachstumshormon, siehe auch GH) 64, 448 Stickstoff (siehe auch Gesamtstickstoff) 12 – Ausscheidung 174, 392 – Fixierung 174 – Gruppe 13 – Kreislauf 174 – Stoffwechsel 174 – Verbindungen 19, 174 Stickstoffmonoxid (NO) 175, 422–423, 453 Stigmasterol 56 Stoffklasse 18–19 Stoffmenge 26 Stoffwechsel 106–108 – aerob und anaerob 120 –– Zahnplaque 363 – anaboler 106 – Cortisolwirkungen 386 – Hunger 392 – Integration 386, 388, 390 – kataboler 106 – Kohlenhydrate 138 – Kontrolle 113 –– durch Hormone 430 – Leber 328 – Leistungen der Leber 329 – Mitochondrien 226 – Regulation 111 – Steuerung durch Signaltransduktion 415

– Störung 104 – Wachstumshormon 448 – Weg 106–108 –– Regulation 110 – ZNS 380 Stopp-Codon 62, 258, 262 Stopp-Transfer-Signal 220 Stoßkomplex 84 STP (Signaltransduktionsprotein) 456 STR (short tandem repeat) 242, 272 Strahlung – Energie 106 – ionisierende 266 – γ- 266 Streptococcus mutans 362 Streptokinase 308 Streptomyces 264 Streptomycin 264 Stress – Aktivator von ProteinKinasen 463 – Auslöser von Apoptose 464 – Catecholamine 450 – Cortisol 436 – oxidativer 300 – Stimulation der Schilddrüsenhormone 443 Strontium 400 Struktur-Polysaccharid 42 Strukturprotein 64, 68, 170, 364 – Membran 210 Stuart-Prower-Faktor 307 Substantia nigra 450 Substitution, nucleophile 20 Substrat 83 – analoges 93 – Annäherung 84 – Induktion, CYP 338 – Orientierung 84 – Sättigungskurve 90 – Spezifität 82 – Wechselwirkung, CYP 338 Substratketten-Phosphorylierung 114–115 – Citratzyklus 124 – Glycolyse 140 Succinat (siehe auch Bernsteinsäure) 16, 117, 125 Succinat-Dehydrogenase 124, 130 – Atmungskette 131 – Elektronentransportkette 130 Succinat-SeminaldehydDehydrogenase 381

519

Sachverzeichnis Succinyl-CoA 117, 125, 199 – Abbauprodukt von –– Aminosäuren 178, 181 –– Pyrimidinen 190 – Häm-Synthese 198 Succinyl-CoA-AcetacetatCoA-Transferase 389 Succinyl-CoA-Ligase 116 Succinyl-Semialdehyd 380 Sulfat (siehe auch Schwefelsäure) – aktiviertes (siehe auch PAPS) 102 – Gehalt im Urin 349 – Konjugatbildung 336 – Konzentration im Blut 291 Sulfatase, lysosomale 229 Sulfathiazol 265 Sulfatid 52 Sulfatierung 73, 103, 337 – Zonierung 329 Sulfonamid 100, 264 – Antibiotika 100 Sulfonylharnstoff 390 Sulfoxid-Bildung, Biotransformation 336 Summenformel 16 Superhelix 232 Superoxid-Anion, Granulocyt 314 Superoxid-Dismutase 300, 315 – Erythrocyten 302 – Granulocyt 314 – Kupfer 400 – Mangan 89 Superoxidradikal 300 – Erythrocyten 302 Surfactant 168 Svedberg (S) 260 Symbiose 174 sympathisches Nervensystem, Noradrenalin 451 Synapse 372 Synaptobrevin 214 Synaptotagmin 214 Syntaxin 214 Synthase 82 Synthetase 82 π-System, konjugiertes 201

T T-Helferzelle 320, 472 – Allergie 326 t-SNARE 214 T-Zelle 314 – Aktivierung 322 – cytotoxische, Apoptose 465

52

– Förderung der Differenzierung durch Cytokine 457 – Rezeptor 322 T-Zustand 90 T3, siehe Triiodthyronin T4, siehe Thyroxin T4 (Phage) 472 Tabak 468 Tabakmosaikvirus 472 TAF (TBP-assoziierter Faktor) 252 Talin 366 Target (pharmakologisches Zielmolekül) 104 TATA-Box 252 TATA-Box-bindendes Protein (TBP) 252 Taurin 184 – Konjugat mit Gallensäuren 334 Taurocholsäure 334 Tautomerie, Harnsäure 196 Taxol 233 Tay-Sachs-Syndrom 52, 228 tBid 464 TBP-assoziierter Faktor (TAF) 252 Teer 468 Teilung, ungehemmte 469 Teilungszyklus 460 Telomer 245, 250 Telomerase 250 Temperatur 28 – Abhängigkeit, Enzymaktivität 88 – absolute 29 – Enzymhemmung 93 – Optimum 88 – Senkung, Acetylsalicylat 454 tense 298 Termination, Transkription 252, 262 Terminus – C- 66 – DNA/RNA 78 – N- 66 Tertiärstruktur 66 Testosteron (siehe auch Androgen) 56, 438–439 – Rezeptor 435 – Transport im Blutplasma 293 Teststreifen 94 Tetracyclin 264 Tetrahydrobiopterin (THB) 181 – Catecholaminbiosynthese 450 Tetrahydrocortisol 337

Tetrahydrofolat (THF) 100, 194 Tetraiodthyronin (siehe auch Thyroxin, T4) 442 Tetrapyrrol 198 TFIID 252 tGN (trans-Golgi-Netzwerk) 216 Thalassämie 312 Thekazelle 438 Thermodynamik 28 Thermogenese – Fettgewebe 344 – Förderung durch Schilddrüsenhormon 442 Thermogenin 134 Thiamin 410 Thiamindiphosphat (Thiaminpyrophosphat, TPP) 122, 410 – Coenzym 98 – HMW 142 Thiazol-Ring 98 Thioester 18 – Gruppe, reaktive, Komplementsystem 318 – Gruppenübertragung 98 Thioether 19, 61 Thioinosinmonophosphat 470 Thiokinase 117, 124 – Substratketten-Phosphorylierung 116 thioklastische Spaltung 156 Thiol 18, 22, 61 – Glutathion 300 – Proteinstruktur 70 Thiopurin-Methyltransferase 471 Thioredoxin 194 Thioredoxin-Reduktase 62, 194 Threonin 61 – Abbau 171, 179–180 – Desaminierung 176 – essenzielle Aminosäure 399 Threonin-Protein-Phosphatase 427 Thrombasthenie Glanzmann 370 Thrombin 306–308 – Wirkung über InsP3 und DAG 423 Thrombocyt 290 – Aggregation 308 –– Förderung durch Eicosanoide 454 – Aktivierung durch Kinine 453

Sachverzeichnis – Blutgerinnung 306 – Hemmung der Aggregation durch NO 453 – Membran 307 Thrombocytopenie 327 Thrombomodulin 307–308 Thromboplastin 306 Thrombose 308 – Prophylaxe 408 Thromboxan 454 Thrombus 308 – Atherosklerose 312 Thymidin 74–75 Thymidinmonophosphat 188 Thymidylat-Synthase 194, 471 – Hemmung 470 Thymin 75, 78, 190 – Dimer 266 Thymus 314 Thyreocyten stimulierendes Hormon (TSH, siehe auch Thyroliberin) 442 Thyreoglobulin 442 Thyreoiditis Hashimoto 327 Thyreoperoxidase 442 Thyreotoxikose 327 Thyroliberin (TRH, thyrotropin-releasing hormone) 376, 442 Thyronin 442 Thyroxin (T4) 346, 442 – hormone response element 254 – Rezeptor 255 – Stoffwechselwirkungen 386 – Transport im Blutplasma 293 Thyroxin-bindendes Globulin (TBG) 293, 442 Tiefschlaf, Wachstumshormon 448 Tier – Ernährungsform 107 – Zellen 205 TIMP (tissue inhibitor of metalloproteinases) 368 tissue plasminogen activator (tPA) 308, 368 Titin 354 TNF-α (siehe auch Tumornekrosefaktor α) 457, 464 – Fettgewebe 345 Tochtergeschwulst 468 Tochterzelle 460 Tocopherol 55, 301, 408 Todesrezeptor (siehe auch Fas-Rezeptor) 464

Toll-like-Rezeptor (TLR) 316–317 Tollwut 472 Tonsille 315 Tophi 196 Topoisomerase 248–249 Toxin – bakterielles 52, 420 – Neutralisierung 324 – Wirkung auf Exocytose 214 tPA (tissue plasminogen activator) 308, 368 TPP (siehe auch Thiamindiphosphat) 122, 410 Trägerelektrophorese 292 trans 16 – -aktiver Faktor 252–253 trans-Golgi-Netzwerk (tGN) 216 Transacetylase, Gen 255 Transaldolase 143 Transaminase 175–176, 380 Transaminierung 170, 176, 179–181 – Coenzym 98 Transcobalamin 293 Transcortin (CBG) 293, 436–438 Transdifferenzierung 246 Transducin 382, 416 Transfer-RNA (siehe auch tRNA) 76, 240 Transferase 82 Transferrin 404–405 – Aufnahme von 214 – Blutplasma 293 – Rezeptor 406 Transfettsäure 162 Transformation 268, 466–467 Transfusion, Erythrocyten 302 Transglutaminase 306 Transglycosylase 220 Transketolase 143 – Coenzym 99 Transkript, gespleißtes 257 Transkription 240, 252 – Faktor 254 – Anfang 252 – Ende 243 – Faktor 65, 110, 244, 414 –– basaler 252 –– Bezug zu Onkogenen 466 –– E2F 462 –– ligandengesteuerter 434 –– Signaltransduktion 415 –– Substrat der Caspasen 464

– Komplex, basaler 252–253 – Kontrolle 110–112, 254 –– durch Hormone 434 –– Stoffwechsel 112 – Regulation 254 – reverse 467 – Start 243, 253 – Zellkern 224 Translation 240, 258–259, 262 – Ende 243 – Hemmstoff 264 – Lokalisierung im Cytoplasma 206 – rER 220 – Start 243 Translocon 220 Translokation 262 – Enzym 225 – Glucokinase 150 – Signal 218 Translokator 208 Transport – -Antibiotikum 264 – aktiver 210 –– Urin 348 – anterograder 234 – Blut 290 – Catecholamine 450 – Cytoskelett 234 – Formen 128 – Gallensäuren 342 – intrazellulärer 236 – Kapazität 210 – Komplex 218 – Membran 208–209 – Mitochondrien 226 – Molekül, Aminostickstoff 388 – passiver 210 – Protein 212 –– Blutplasma 292 – Prozess, Membran 210 – sekundär-aktiver 210, 350 –– Resorption 284 –– Urin 348 – vesikulärer 214, 218 – zwischen Zellkern und Cytoplasma 224 Transport-ATPase 212, 282 Transporter 210–211 – Mitochondrien 218, 226 – Resorption 284 – zuckerspezifischer 284 – zweiwertige Metalle (DMT1) 406 Transthyretin 292, 442 Traubenzucker (siehe auch Glucose) 40 Trehalase 281, 284

521

Sachverzeichnis Trehalose 40 Tremor 450 Triacylglycerol (siehe auch Fett und Neutralfett) 48–49, 164 – Brennstoffvorrat 386 – Konzentration im Blut 291 – Lipidstoffwechsel 155 – Spiegel 312–313 – Stoffwechsel 154 – Synthese 164 – Transport 297 Triacylglycerol-Lipase 281 – Fettverdauung 286 – hormonsensitive 344 Tricarbonsäure 124 Tricarboxylat-Transporter 128 Triglycerid (siehe auch Triacylglycerol und Fett) 48–49, 164 Triiodthyronin (T3) 442 – Rezeptor 435 – Transport im Blutplasma 293 Trimethylxanthin 376 Triokinase 330 Triosephosphat-Isomerase 141 – Gluconeogenese 145 Tripelhelix 68 – Collagen 69, 364 Tripeptid, Transport 284 Triplett 240 Triskelion 214 Triterpen 54 tRNA (Transfer-RNA) 76 – Defekt in Mitochondrien 360 Tropin 432 Tropocollagen 64, 364 Tropomyosin 64, 354–356 Troponin 354–356 Trypsin 172, 280, 284 Trypsininhibitor 284 Trypsinogen 172, 282–283 Tryptophan 61 – Abbau 171, 178–180 – Biosynthese von NAD 410 – essenzielle Aminosäure 399 – Resorptionsstörung 288 TSH (Thyreotropin) 442 – Wirkung über cAMP 423 Tubuli 349 – transversale 356 Tubulin 232, 237 Tumor 466–467 – Inhibitoren gegen TyrosinKinasen 468

52

– -assoziiertes Antigen 468 – Auslösung 467–468 – Initiation 468 – Leukämie 326 – Marker 468 – Progression 468 – Promoter 469 – Promotion 468 – Suppressor –– Bezug zu Onkogenen 466 –– Gen 462, 466–467 – Targeting 470 – Therapie 470 – Virus 468 – Zelle 468 –– Zellzyklus 460, 467 Tumorlysesyndrom 196 Tumornekrosefaktor α (siehe auch TNFα) 457, 464 β-Turn 66 TXA2 (Thromboxan) 455 TXB2 (Thromboxan) 455 Typisierung, DNA 272 Tyrosin 61, 105 – Abbau 171, 179–180 –– Vitamin C 410 – Biosynthese von –– Catecholaminen 450 –– Iodthyroninen 442 –– Melanin 181 – Stoffwechsel 180 Tyrosin-3-Monooxygenase 451 Tyrosin-Kinase – Membranrezeptor 416, 444 – T-Zell-Aktivierung 323 Tyrosinase 181 – Defekt 186 – Kupfer 89, 400 Tyrosinradikal 194 TΨC-Schleife 257

U Überernährung 347, 406 Überexpression 268, 467 Übergangsmetall 12 Übergangszustand 20, 30, 84 Übergewicht 347 überhängendes Ende 248 Überleben von Zellen – Kontrolle durch Cytokine 456 – Signalantwort 414 Ubichinol (siehe auch Coenzym QH2) 96 Ubichinol (siehe auch Coenzym QH2) 125 – Antioxidans 300

Ubichinol-Cytochrom-cReduktase 131 Ubichinon (siehe auch Coenzym Q) 54, 96, 125, 166, 300 – Atmungskette 131 – Ubichinon/Ubichinol, Normalpotenzial 23 Ubiquitin 73, 172 Ubiquitin-Ligase 463 Ubiquitinierung 460 – Cyclin 462 – p53 462 UCP-1 (uncoupling protein 1 = Thermogenin) 120, 134 UDP (Uridindiphosphat), Coenzym 103 UDP-Galactose 330 UDP-Glucose 102, 330 – Coenzym 103 – Glycogenstoffwechsel 146–147 – Leberstoffwechsel 330 UDP-Glucose-4-Epimerase 331 UDP-Glucose-Dehydrogenase 331 UDP-Glucuronat (UDP-Glucuronsäure) 102, 200, 336 – Stoffwechsel der Leber 330 Ulcus 288 Ultrafiltration 349 ultraviolettes Licht 266 – mutagene Wirkung 266 Umlagerung 20 UMP (Uridinmonophosphat) 188, 192 UMP-Synthase 192 – Defekt 196 uncoupling protein 1 (UCP-1) 134 unkompetitive Hemmung 92 unpolar 34 unspezifische Abwehr 318 Untereinheit – katalytische 91 –– PK-A 426 – regulatorische 91 –– PK-A 426 Unterernährung 406 Untergewicht 347 uPA (Urokinase) 308, 368 Uracil 75, 190 Urat (siehe auch Harnsäure) 174, 190, 196 ureotelische Tiere 174 Uricase 190 uricotelische Tiere 174, 190 Uridin 74

Sachverzeichnis Uridindiphosphat (UDP), Coenzym 103 Uridindiphosphat-Glucose (siehe auch UDP-Glucose) 330 Uridindiphosphat-Glucose (siehe UDP-Glucose) 102 Uridinmonophosphat (UMP) 188, 192 Uridintriphosphat (UTP), Coenzym 103 Uridyltransferase 147 Urin 348 – Analyse, Kreatinin 358 – Diabetes mellitus 447 – pH-Wert 24 – Steroidmetabolite 440 Urobilin 200 Urobilinogen 200 Urokinase (uPA) 308, 368 Uronsäure 368 Uroporphyrinogen 198 Uroporphyrinogen-III-Synthase 198 Uterus 438 – Kontrolle durch Eicosanoide 454 – Menstruationszyklus 438 – Schleimhaut 438 UTP (Uridintriphosphat), Coenzym 103 UTP-Glucose-1-phosphatUridyltransferase 147 UTR (untranslated region) 242 UV-Bestrahlung 408 UV-Licht 440

V v-SNARE 214 V-System (allosterische Regulation) 90 Vagina 438 Vakuole 204, 214, 344 Valeriansäure 49 Valin 61 – Abbau 171, 179–180 – essenzielle Aminosäure 399 Valinomycin 264 Van-der-Waals-Darstellung, Tristearylglycerol 49 Vanadium 400 Vanillinmandelsäure 450 Vasodilatation, Histamin 452 Vasokonstriktion 352 – Angiotensin II 353 – Histamin 452 – Kontrolle durch Eicosanoide 455

Vasopressin (Adiuretin), siehe ADH Vektor 268, 274, 472 – DNA-Molekül 270 Vena portae 278, 328 Verbindung 18 Verdampfungsenthalpie 32 Verdauung 278–280 – Enzym 278 – Kontrolle durch Hormone 430 – Pathobiochemie 288 – Prozess 282 – Regulation durch Hormone 453 – Sekret 280 – System 278–279, 282 Veresterung 337 Verkalkung 312 Verschluss-Ikterus 200 Verzögerungspunkt, Spleißen 257 verzweigendes Enzym (Glycogenstoffwechsel) 147 – Glycogen-Speicherkrankheit 153 Verzweigtketten-Dehydrogenase-Komplex 122, 180 Verzweigungspunkt, RNA 256 Vesikel 34, 204, 214 – synaptisches 373, 378 Viagra 424 Vibrio cholerae 420 Villin 232, 235 Vimentin 232, 354 Vinblastin 233 Vincristin 233 Vinculin 366 virostatisch, Cytokine 457 Virus 472 – Auslöser von Autoimmunerkrankungen 326 – Grippe 472 – Hemmung der Vermehrung durch Cytokine 457 – Hepatitis, Enzymdiagnostik 105 – Immunabwehr 321 – Infektion, Apoptose 464 – Neutralisierung 324 – Peptid, T-Zell-Aktivierung 323 – Tumorauslöser 469 Vitamin 408–410 – Anteil im Körper 399 – Bedarf 408 – essenzieller Nahrungsbestandteil 399

– fettlösliches (lipophiles) 54, 408 –– Lipidverdauung 286 –– Transport im Blut 294 – Mangel 408 – Nahrungskomponente 398 – Vorstufe für Coenzym 88 – wasserlösliches (hydrophiles) 410 Vitamin A (Retinol) 55, 408 – Transport im Blutplasma 293 Vitamin B1 (Thiamin) 410 Vitamin B6 (Pyridoxol, Pyridal, Pyridoxamin) 410 Vitamin B12 (Cobalamin) 100, 181, 410 – Mangel 312 – Methioninsynthese 195 – Resorption 280 – Transport im Blutplasma 293 Vitamin C (Ascorbat) 96, 410 – Antioxidans 300 – Catecholaminbiosynthese 450 – Collagenhydroxylierung 364 – Eisenresorption 405 – Mangel 371 – Nahrungsbestandteil 304 Vitamin D (siehe auch Calciol, Cholecalciferol) 56, 402, 408 – bindendes Protein 293, 440 – Hormon (siehe Calcitriol) 56, 348, 362, 402, 408 – Osteoporose 370 – Transport im Blutplasma 293 Vitamin E (Tocopherol) 55, 408 – Antioxidans 300 – Fettgewebe 344 Vitamin H (siehe auch Biotin) 73, 410 Vitamin K (Phyllochinon) 54, 408 – Antagonisten, Gerinnungshemmung 308 Vitamin-B2-Komplex 410 – Folat 410 – Nicotinat 410 – Pantothenat 410 – Riboflavin 410 Vitamin-B2-Komplex, Folat 100 Vitamin-D-Hormon – Biosynthese 440

523

Sachverzeichnis – Rezeptor 435 VLDL (very low density lipoprotein) 294, 297 – Leber 332 voltage gated 374 von-Gierke-Krankheit 153, 197 von-Willebrandt-Faktor 306

W Wachen, Histamin 452 Wachs 46 Wachstum 468 – Kontrolle durch –– Cytokine 456 –– Hormone 430 –– Protoonkogene 466 –– Wachstumsfaktoren 453 – Retinsäure 409 – Signalantwort 414 – Störung 408 – Wachstumshormon 448 Wachstumsfaktor 430, 453 – Hemmung der Apoptose 464 – Knochenstoffwechsel 402 – MAP-Kinase-Weg 428 – Zellzyklus 460 Wachstumshormon (siehe auch GH, Somatotropin, STH) 64, 448 Wanderung von Kinesin und Dynein 236 Wärmeisolator 344 Wasser 19, 32 – Anteil im Körper 399 – Ausscheidung 350 – Ausschluss 84 – Intermediärstoffwechsel 109 – Lösungsmittel 32 – Nahrungsbestandteil 398–399 – Retention durch Angiotensin II 353 – Rückgewinnung 350 –– Vasopressin 449 – Säurekonstante 25 – Transport durch Membranen 212 – Zellbestandteil 206 Wasserstoff 12 – -Ionen (siehe auch Protonen) 24 –– Konzentration im Blutplasma 304 – Brücke 32 –– DNA 78 –– Protein 66, 70 – Normalpotenzial 23

52

– Übertragung, Coenzym 411 – Verbindung 18 Wasserstoffperoxid 30, 300 – Peroxisom 230 Wechselwirkung, hydrophobe 34 Wee1 462 Wehen 449 Weichmacher 354 – Entgiftung 337 Wein 341 Wertigkeit, biologische 398 Wiederverwertungsreaktion 190 Wirkstoff, Angriffspunkt 104 Wirkungsdomäne 416 Wirkungsspezifität 82 Wobble-Nucleotid 258 Wolle 68 Wundstarrkrampf 214 Wurzelknöllchen 174

X Xanthin 190 Xanthin-Dehydrogenase (Xanthin-Oxidase) 190 – Defekt 196 – Molybdän 89 Xanthinurie 196 Xenical 288 Xenobiotikum 158, 336, 343 – gER 216 – Substrat von CYP 338 – Transportsystem 343 Xyloglucan 43 Xylose 41 Xylulose-5-phosphat, HMW 143

Z Z-Streifen 354 Zahn 362 Zahnbein 362 Zahnplaque 362 Zahnstein 362 Zahnzement 362 Zapfen 382 Zell-Zell-Kanal 414 Zelladhäsionsmolekül 366 Zelle 204 – -Kern (siehe auch Kern) 204, 224 –– Auflösung 465 –– veränderter 469 – Antwort 415 – apoptotische 465 – Aufbau 204 – Bestandteile 206

– Differenzierung 246–247 – galvanische 22 – Gestalt, Steuerung durch Signaltransduktion 415 – Kompartiment 204 – Körper 372 – Oberflächenrezeptor 366 – Organelle 204–205, 208 – Proliferation 464, 469 –– Kontrolle durch Hormone 430 –– Signalantwort 430 –– unkontrollierte 468 – Stamm- 246–247 – Teilung 460, 468 –– Kontrolle durch Wachstumsfaktoren 453 – Tod –– genetisch programmierter 226, 464 –– Mitochondrien 226 –– physiologischer 464 –– Signalantwort 414 – Vermehrung 464 – Wachstum, Zellzyklus 461 – Wand 204 –– bakterielle 264 – Zyklus 460–461 Zellweger-Syndrom 218, 230 Zement 362 Zentralnervensystem (siehe auch ZNS) 380 Zentrosom, Bildung, Zellzyklus 461 Zentrum, aktives 84 Zervixtumor 462 Zielmolekül, Arzneimittel 105 Zielzelle 415, 433 – Hormonsystem 430 Zink 12 – Allergie 327 – Entgiftung 336 – Enyzm 89 – Finger 434 – Insulin 444 – Proteinase, MMP 369 – Proteinbestandteil 400 – Tagesbedarf 400 – Transport im Blutplasma 293 Zinn 400 Zirrhose 342, 406 – Autoimmunerkrankung 327 – Enzymdiagnostik 313 – Glycogenspeicherkrankheit 153 ZNS (Zentralnervensystem) 380

Sachverzeichnis – Resorptionsphase 390 Zöliakie 288 Zona fasciculata 436 Zona glomerulosa 436 Zonierung – Leberstoffwechsel 328 – metabolische 328

Zucker – Resorption 284 – Stoffwechsel, Überblick 139 – Transport 139, 409 Zuckeralkohol 38 Zuckerkrankheit (siehe Diabetes mellitus) 446 Zugfestigkeit, Collagen 364

Zweitstrang-Synthese 270 Zwergwuchs 449 zwitterionisch 58 Zyklus – Menstruations- 438 – sinnloser 112, 148 – Zell- 460–461 Zymogen 172, 280 – Aktivierung 284

525