Synthetische Reflexion: Zur Stellung einer nach Kategorien reflektierenden Urteilskraft in Kants theoretischer Philosophie 9783110803730, 3110161257, 9783110161250

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Synthetische Reflexion: Zur Stellung einer nach Kategorien reflektierenden Urteilskraft in Kants theoretischer Philosophie
 9783110803730, 3110161257, 9783110161250

Table of contents :
Vorwort
Einleitung: Bloße Reflexion oder Determination
A. Witz und reflektierende Urteilskraft
B. Auch analytische Reflexion und “Determination”. Eine Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft
C. Vorgängige synthetische Reflexion und Determination. Subsumtion der bestimmenden Urteilskraft. Reflexionsbegriffe. Schwierigkeiten des vorgestellten Ansatzes
Hauptteil: Synthetische Reflexion über die Erscheinung
I. Von der Urteilskraft
A. Empirische und transzendentale Urteilskraft
B. Die empirische bestimmende Urteilskraft “in ihrer Reflexion zugleich bestimmend”
C. Vermischtes zu Urteilskraft, Reflexion und Reflexionsbegriffen
D. Exkurs zu Schopenhauers Konzeption der Urteilskraft. Erneut die Reflexionsbegriffe
E. Witz und Scharfsinn als “Aeußerungen der Urtheilskraft”. Das Bemerken von Einerleiheit und Verschiedenheit. Eine Schwierigkeit der in der Anthropologie sich findenden Erklärung der (bestimmenden) Urteilskraft
II. Empirische und kategoriale Bestimmung
A. Von der Autonomie der Sinnlichkeit als solcher
B. Kategoriale Bestimmung der Erscheinung zugleich immer als eine a priori nicht ableitbare empirische Bestimmung der Kategorie
C. Kategoriale Verbindung im Unterschied zum Beisammensein bloßer Wahrnehmungen als solcher
III. Reflexion über die Erscheinung
A. Auslegung und Deutung nach der Kategorie. Apprehension und bloß empirische Apperzeption und sodann erst kategoriale Reflexion der Urteilskraft
B. Einige weitere Kantische Stellen zu dieser Reflexion
C. Die konstitutive und regulative Analogie der Erfahrung als Prinzip der Reflexion über Erscheinung
D. Reflexion nach dem Prinzip des Mechanismus als nach der bereits metaphysisch genommenen Analogie der Erfahrung. Abgrenzung von den Reflexionen der ästhetischen und der teleologischen Urteilskraft
E. Positionsbestimmung einer mechanistisch reflektierenden im Verhältnis zur ästhetischen und teleologischen Urteilskraft jeweils nach den beiden Momenten von Reflektieren überhaupt
F. Genauere Beleuchtung der kategorialen Reflexion überhaupt nach den beiden Momenten von Reflektieren überhaupt
IV. Exposition der Erscheinung
A. Analytische Exposition von Begriffen und synthetische Exposition der Erscheinung: jeweils Urteilsbildung
B. Drei Fälle der Bildung synthetischer Urteile: durch Konstruktion, Observation oder Exposition. Betrachtung von Konstruktion und Observation
C. Exkurs zum Wahrnehmungsurteil: Observation und analytische Reflexion
D. Drei Exponenten a priori als bloße formale Bedingungen der Exposition der Erscheinung
E. Die eigentliche empirische Exposition der Erscheinung nach bloßer formaler Maßgabe der Exponenten a priori. Diese synthetische Exposition quasi “analytisch” verfahrend
V. Die Schlüsse der “reflektierenden” Urteilskraft
A. Erste Abgrenzung der Analogie- und Induktionsschlüsse nach der Analogie der Erfahrung von denjenigen nach dem Prinzip der reflektierenden Urteilskraft selbst als nach der jeweiligen Bedingung a priori derselben. Die empirische Anwendung der Analogie der Erfahrung eine immer nur vorläufige
B. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen überhaupt
C. Zweiter Anlauf einer Abgrenzung der Analogie- und Induktionsschlüsse nach der Analogie der Erfahrung von denen nach dem Prinzip der reflektierenden Urteilskraft. Schlüsse vermittelst der bestimmenden oder wirklich der reflektierenden Urteilskraft selbst
D. Kurze Betrachtung und Einordnung von Peirce’ Konzeption der Abduktion
VI. Begriffsbildung
A. Zielsetzung dieses Kapitels: Vergleichung und Unterscheidung der synthetischen Exposition und der analytischen Komparation, Reflexion und Abstraktion nach den jeweils anzutreffenden beiden Momenten von Reflektieren überhaupt. Materie, Form, Inhalt und besondere logische Form von Begriffen. Bloß empirischer Begriff, Erfahrungsbegriff und empirischer Gattungsbegriff
B. Von der Wahrnehmung zum bloß empirischen Begriff durch analytische Reflexion, vom bloß empirischen Begriff zum Erfahrungsbegriff durch synthetische Reflexion
C. Exkurs: Erfahrungsbegriff und transzendentaler Gegenstand
D. Vom synthetisch gebildeten Erfahrungsbegriff zum empirischen Gattungsbegriff durch analytische Reflexion. Vergleichung und Unterscheidung nach den beiden Momenten von Reflektieren überhaupt
E. Zur De-facto-Bildung empirischer Begriffe: Zweistufigkeit der Reflexion im Unterschied zur bisher zugrundegelegten Dreistufigkeit derselben
Schluß: Versuch einer Auflösung des “Grundproblems”
Anhang 1: Reflexionsbegriffe und Idee einer Beurteilung der metaphysischen Deduktion
Anhang 2: Zur Amphibolieproblematik im Opus postumum
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Namenregister

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Manfred Kugelstadt Synthetische Reflexion

w DE

G

Kantstudien Ergänzungshefte im Auftrage der Kant-Gesellschaft herausgegeben von Gerhard Funke, Manfred Baum und Thomas M. Seebohm

132

Walter de Gruyter · Berlin · New York

1998

Manfred Kugelstadt

Synthetische Reflexion Zur Stellung einer nach Kategorien reflektierenden Urteilskraft in Kants theoretischer Philosophie

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1998

Die Deutsche Bibliothek —

CIP-hinheitsaufnahme

Kugelstadt, Manfred: Synthetische Reflexion : zur Stellung einer nach Kategorien reflektierenden Urteilskraft in Kants theoretischer Philosophie / Manfred Kugelstadt. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1998 (Kantstudien : Ergänzungshefte ; 132) Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-11-016125-7

© Copyright 1998 by Walter de Gruyter GmbH & Co., D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Heinz Stein, Berlin

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich 11, Philosophie/Pädagogik, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 1997 als Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) angenommen. Von stilistischen Verbesserungen einmal abgesehen, habe ich weiter keine Änderungen vorgenommen. Mein Dank und zugleich mein Andenken gelten zuallererst einmal Herrn Prof. Rudolf Malter, der die Fertigstellung dieser Arbeit leider nicht erleben durfte. Ich habe von ihm in so vielfältiger Hinsicht Anregung und Unterstützung erfahren, daß es nur ungerecht sein könnte, die eine oder andere hier gesondert herauszustellen. Prof. Malter war es denn auch, unter dessen Anleitung ich vor vielen Jahren die ersten zaghaften Schritte in der Kantischen Philosophie tun durfte. Aus seinem allen Beteiligten unvergeßlichen, achtsemestrigen Seminarzyklus zur Kritik ging dann schließlich die Themenstellung der vorliegenden Dissertation hervor. Des weiteren fühle ich mich besonders Herrn Prof. Thomas M. Seebohm zu Dank verpflichtet, der nicht nur ganz selbstverständlich nach dem Ableben Prof. Malters die Betreuung der Arbeit auf sich nahm, sondern der sie bereits von Anfang an mit viel Interesse und Rat und Tat begleitet hatte. Herrn Prof. Manfred Baum (Wuppertal) danke ich sehr für die Übernahme des Korreferats sowie für die Befürwortung der Aufnahme der Arbeit in die Reihe der "Ergänzungshefte". In diesem Zusammenhang sind noch einmal Prof. Seebohm und dann natürlich auch Herr Prof. Gerhard Funke zu nennen (dem meine besten Wünsche gelten); mit Herrn PD Dr. Bernd Dörflinger, der hier ebenfalls von Hilfe war, konnte ich so manches auflockernde Gespräch auch über die "Sache" hinaus führen. Ich möchte auch den Verlag Walter de Gruyter & Co. (namentlich Frau Dr. Gertrud Grünkorn, Herrn Dr. Hans-Robert Cram und Frau Grit Müller) hier keineswegs vergessen. Schließlich danke ich Herrn Dr. Matthias Ruppert für die Hilfe bei der technischen Erstellung des Typoskripts sowie dem Deutschen Akademischen Austauschdienst und der Mainzer Zentralen Kommission für die Graduiertenforderung für die Gewährung eines Auslandsund eines Promotionsstipendiums. Nicht zuletzt denke ich aber an meine Eltern, Hedwig und Kurt Kugelstadt, ohne deren großzügige und vorbehaltlose Unterstützung diese Arbeit nie in der vorliegenden Form hätte entstehen können. Mein Vater mußte Weihnachten 1994, gerade neunundfunfzigjährig, sterben - ziemlich genau drei Wochen nach Prof. Malters Tod also. Ich werde diesen lieben, tapferen Mann nie vergessen.

VI

Vorwort

Meiner lieben Freundin Claudia Wiemer danke ich für ihre langjährige "moralische" Unterstützung und überhaupt dafür, daß sie all die Zeit da war. Ich ergreife kurz die Gelegenheit, einige vorbereitende Worte zum folgenden Text zu sagen, der das in dem einen oder anderen Punkt vielleicht nötig hat. Neben einigen stilistischen Unzulänglichkeiten, denen ich mittlerweile aber weitgehend abgeholfen zu haben glaube, dürfte eine wirkliche Verständnisschwierigkeit in der Tat darin begründet liegen, daß sich etwa nach dem ersten Drittel der Arbeit ein gewisser Bruch in der Konzeption findet. Wenn insgesamt vorgeführt werden soll, daß und wie die bestimmende Urteilskraft unter Kategorien "in ihrer Reflexion zugleich bestimmend" verfahrt, so wird das anfangs im Sinne einer wesentlichen Zusammengehörigkeit von bestimmender und reflektierender Urteilskraft gefaßt; man wird sehen, daß sich eine ganze Reihe von Kantischen Stellen auch so lesen lassen. Später ist mir dann erst klargeworden, inwiefern hier gleichwohl eine strikte Trennung jener beiden Untervermögen nach ihren jeweiligen Prinzipien (deren Status) und damit auch nach ihren jeweiligen Reflexionshandlungen anzusetzen sei - wozu zunächst allenfalls dasjenige, was gleich in dem langen Klammereinschub S. 4f. bemerkt ist, hinreichend sein mag. (Es sei ansonsten bereits an dieser Stelle auf die "Vertiefende und berichtigende Erörterung" des fünften Kapitels verwiesen.) Jedenfalls steht zu befürchten, daß der Leser trotz einiger eingestreuter nachträglicher Korrekturen gleich zu Anfang auf eine Schiene gerät, die er in der Folge nie mehr so ganz verlassen kann. Überhaupt aber betrifft das Vorläufige etwa des ersten Drittels nicht etwa jene von Beginn an richtig dargestellten und analysierten Reflexionshandlungen selbst, sondern lediglich ihre Zuweisung zu den jeweiligen Vermögen (die auch gar nicht einmal so häufig selbst thematisch ist). Deshalb meinte und meine ich es verantworten zu können, den Text mit den eingefügten Korrekturen so, wie er nun einmal ist, stehenzulassen. Eine relative Kleinigkeit macht schließlich noch der Umstand aus, daß in den "Schlüssen der Urteilskraft" das eine oder andere vorausgesetzt ist (etwa zu bloß empirischem Begriff und Erfahrungsbegriff), dessen Grundlage sich teils erst, wie ich jetzt sehe, im folgenden Kapitel zur "Begriffsbildung" findet. Das liegt ganz einfach daran, daß diese "Begriffsbildung" schon bis zum Anfang des vierten Abschnitts fertig war, als ich da nicht recht weiterkam. Ich habe dann zwischenzeitlich die "Schlüsse" geschrieben und sie vor die "Begriffsbildung" eingeschoben. Mainz, im April 1998 Manfred Kugelstadt

Inhaltsverzeichnis Vorwort

V

Einleitung: Bloße Reflexion oder Determination

1

A. Witz und reflektierende Urteilskraft

1

B. Auch analytische Reflexion und "Determination". Eine Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft

3

C. Vorgängige synthetische Reflexion und Determination. Subsumtion der bestimmenden Urteilskraft. Reflexionsbegriffe. Schwierigkeiten des vorgestellten Ansatzes

8

Hauptteil: Synthetische Reflexion über die Erscheinung I. Von der Urteilskraft A. Empirische und transzendentale Urteilskraft

15 15 15

1. Transzendentale Urteilskraft und die bloßen formalen Bedingungen der Subsumtion der empirischen Urteilskraft 2. Keine Determination durch die schematisierte Kategorie ohne Reflexion: ein erstes mathematisches Beispiel

16

B. Die empirische bestimmende Urteilskraft "in ihrer Reflexion zugleich bestimmend"

18

1. Bloß reflektierende und bestimmende Urteilskraft in der Ersten Einleitung 2. Unterschiedliche Reflexionen von bloß reflektierender und bestimmender Urteilskraft und unterschiedliche sich ergebende Begriffe C. Vermischtes zu Urteilskraft, Reflexion und Reflexionsbegriffen. . 1. Reflexion überhaupt und Urteilskraft. Die "Überlegung" des Amphiboliekapitels 2. Reflexionsbegriffe und Urteilskraft. Zwei Vorlesungsstellen Und erste vorläufige Erörterung der Amphibolie einer reflektierenden Urteilskraft im Opus postumum D. Exkurs zu Schopenhauers Konzeption der Urteilskraft. Erneut die Reflexionsbegriffe

15

18

23 24 24

27 32

Vili

Inhaltsverzeichnis

E. Witz und Scharfsinn als "Aeußerungen der Urtheilskraft". Das Bemerken von Einerleiheit und Verschiedenheit. Eine Schwierigkeit der in der Anthropologie sich findenden Erklärung der (bestimmenden) Urteilskraft II. Empirische und kategoriale Bestimmung

35 40

A. Von der Autonomie der Sinnlichkeit als solcher

41

B. Kategoriale Bestimmung der Erscheinung zugleich immer als eine a priori nicht ableitbare empirische Bestimmung der Kategorie . .

45

C. Kategoriale Verbindung im Unterschied zum Beisammensein bloßer Wahrnehmungen als solcher

48

III. Reflexion über die Erscheinung

54

A. Auslegung und Deutung nach der Kategorie. Apprehension und bloß empirische Apperzeption und sodann erst kategoriale Reflexion der Urteilskraft

54

B. Einige weitere Kantische Stellen zu dieser Reflexion

58

C. Die konstitutive und regulative Analogie der Erfahrung als Prinzip der Reflexion über Erscheinung D. Reflexion nach dem Prinzip des Mechanismus als nach der bereits metaphysisch genommenen Analogie der Erfahrung. Abgrenzung von den Reflexionen der ästhetischen und der teleologischen Urteilskraft

63

E. Positionsbestimmung einer mechanistisch reflektierenden im Verhältnis zur ästhetischen und teleologischen Urteilskraft jeweils nach den beiden Momenten von Reflektieren überhaupt

69

F. Genauere Beleuchtung der kategorialen Reflexion überhaupt nach den beiden Momenten von Reflektieren überhaupt

78

IV. Exposition der Erscheinung

60

85

A. Analytische Exposition von Begriffen und synthetische Exposition der Erscheinung: jeweils Urteilsbildung

85

B. Drei Fälle der Bildung synthetischer Urteile: durch Konstruktion, Observation oder Exposition. Betrachtung von Konstruktion und Observation

89

C. Exkurs zum Wahrnehmungsurteil: Observation und analytische Reflexion D. Drei Exponenten a priori als bloße formale Bedingungen der Exposition der Erscheinung

91 101

IX

Inhaltsverzeichnis

E. Die eigentliche empirische Exposition der Erscheinung nach bloßer formaler Maßgabe der Exponenten a priori. Diese synthetische Exposition quasi "analytisch" verfahrend V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

107 126

A. Erste Abgrenzung der Analogie- und Induktionsschlüsse nach der Analogie der Erfahrung von denjenigen nach dem Prinzip der reflektierenden Urteilskraft selbst als nach der jeweiligen Bedingung a priori derselben. Die empirische Anwendung der Analogie der Erfahrung eine immer nur vorläufige

126

B. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen überhaupt

136

1. Einschränkende Vorbemerkung 2. Exkurs zum Analogiebegriff überhaupt

136 137

a) Denken nach der Analogie

138

b) Schließen nach der Analogie

142

c) Die "Analogie" der Erfahrung

3. Vergleichende Erörterung von Analogie- und schlüssen

144

Induktions152

a) Einleitung: Zum Aufbau der folgenden vorbereitenden Erörterung von Analogie und Induktion

152

b) Analogie und Induktion als zwei unterschiedliche Schlußweisen äußerlich. Ihre jeweiligen "Arten" äußerlich. Schließlich zwei noch ausstehende Ergänzungen zu zwei im vorliegenden Kontext jeweils streng zu unterscheidenden Verhältnissen

155

aa. Die "Arten" von Analogie und Induktion äußerlich

155

bb. Erste Ergänzung

160

cc. Zweite Ergänzung

165

c) Die scheinbare Logik von Analogie und Induktion: Schlüsse ob paritatem rationis d) Die wahre Logik von Analogie und Induktion: Schlüsse wesentlich ad paritatem rationis. Induktion, reine Analogie, vermischte Analogie . . . aa. Allgemeines zur Logik von Analogie und Induktion bb. Zur Logik der Induktion cc. Zur Logik der reinen Analogie dd. Zur Logik der vermischten Analogie sowie Gesamtergebnis: Der Induktionstyp 13 als der einzig wesentliche Schluß der reflektierenden Urteilskraft ee. Vertiefende Erörterung einer Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft ff. Vertiefende und berichtigende Erörterung des Unterschieds von bestimmender und reflektierender Urteilskraft

173 177 177 183 186

194 195 206

χ

Inhaltsverzeichnis e) Der hypothetische Vernunftgebrauch

211

f) Jäsches Darstellung von Analogie und Induktion. Eine Verwechslung Kants als Ursache der fehlerhaften Behandlung der Analogie in der Logik

.

220

C. Zweiter Anlauf einer Abgrenzung der Analogie- und Induktionsschlüsse nach der Analogie der Erfahrung von denen nach dem Prinzip der reflektierenden Urteilskraft. Schlüsse vermittelst der bestimmenden oder wirklich der reflektierenden Urteilskraft selbst

227

D. Kurze Betrachtung und Einordnung von Peirce' Konzeption der Abduktion

239

VI. Begriffsbildung

242

A. Zielsetzung dieses Kapitels: Vergleichung und Unterscheidung der synthetischen Exposition und der analytischen Komparation, Reflexion und Abstraktion nach den jeweils anzutreffenden beiden Momenten von Reflektieren überhaupt. Materie, Form, Inhalt und besondere logische Form von Begriffen. Bloß empirischer Begriff, Erfahrungsbegriff und empirischer Gattungsbegriff .

243

B. Von der Wahrnehmung zum bloß empirischen Begriff durch analytische Reflexion, vom bloß empirischen Begriff zum Erfahrungsbegriff durch synthetische Reflexion

249

C. Exkurs: Erfahrungsbegriff und transzendentaler Gegenstand . . .

264

D. Vom synthetisch gebildeten Erfahrungsbegriff zum empirischen Gattungsbegriff durch analytische Reflexion. Vergleichung und Unterscheidung nach den beiden Momenten von Reflektieren überhaupt

274

1. Einleitung: Abgrenzung der bisherigen und vorliegenden strukturellen Betrachtung von einer teils empirisch-psychologischen der De-facto-Bildung von Begriffen im folgenden Abschnitt E. sowie kurzer Aufriß des vorliegenden Abschnitts D. . 2. Synthetische und analytische Einheit der Apperzeption als die beiden Formen von Begriffen überhaupt 3. Kurze Erinnerung zur synthetischen Reflexion des Erfahrungsbegriffs. Objektiv-synthetische Einheit des Bewußtseins . . . 4. Der Erfahrungsbegriff eines einzelnen Gegenstands 5. Vergleichung und Unterscheidung der synthetischen Reflexion des Erfahrungsbegriffs und der analytischen Komparation, Reflexion und Abstraktion in Absicht auf den empirischen Gattungsbegriff nach den beiden Momenten von Reflektieren überhaupt. Beleuchtung vornehmlich noch der letzteren logischen Reflexion. Subjektiv-analytische Bewußtseinseinheit . .

274 278 280 281

285

Inhaltsverzeichnis

XI

6. Kurze Schlußbemerkung zur Zweideutigkeit einiger Kantischer Begriffe

289

E. Zur De-facto-Bildung empirischer Begriffe: Zweistufigkeit der Reflexion im Unterschied zur bisher zugrundegelegten Dreistufigkeit derselben

290

Schluß: Versuch einer Auflösung des "Grundproblems"

304

Anhang 1 : Reflexionsbegriffe und Idee einer Beurteilung der metaphysischen Deduktion

313

Anhang 2: Zur Amphibolieproblematik im Opus postumum

329

Zusammenfassung

334

Literaturverzeichnis

335

Namenregister

340

Einleitung: Bloße Reflexion oder Determination A. Witz und reflektierende

Urteilskraft

"Nach einem Leitfaden fortzugehen, gehört nur fleis und Achtsamkeit. Aber den Leitfaden selbst und die abgerissenen Stücke zu finden, wird der Einfalt erfodert, der eben dasselbe im Denken ist, was der Glüksfall in Begebenheiten." (XVIII 55f.)'

Mit diesen Worten beglückwünscht sich Kant zur Auffindung des Leitfadens der Entdeckung aller reinen Verstandesbegriffe. Sie sprechen aus, welche entscheidende Rolle er dem Einfall in Wissenschaften überhaupt beimißt. So schreibt er den Übergang der Mathematik und der Physik vom bloßen "Herumtappen" zur Wissenschaft einer Revolution zu, "die der glückliche Einfall eines einzigen Mannes in einem Versuche zustande brachte" (Β XI). Und die eigene Idee besteht darin, die "Umänderung der Denkart, die ihnen so vorteilhaft geworden ist", in der Metaphysik "wenigstens zum Versuche nachzuahmen" (Β XVI). Es ist aber in Wissenschaften nicht genug, bloß Einfälle zu haben. Denn als Produkte des Witzes2 verdanken sie sich einem der beiden "Talente, die sich gern eine freie und uneingeschränkte Bewegung erlauben, (als Einbildungskraft und Witz,)" die also "in mancher Absicht einer Disziplin bedürfen" und bei denen man "auf den Verdacht eines leichtsinnigen Spiels, mit Einbildungen statt Begriffen, und Worten statt Sachen, leichtlich geraten" kann (B 738). Als ein "eigenthümliches Verähnlichungsvermögen" nämlich "paart (assimiliti)" der Witz auch 1

2

Kantzitate werden unmittelbar im Text nachgewiesen, indem wir die Kritik der reinen Vernunft nach A und Β aus der Ausgabe von R. Schmidt, die übrigen Werke sowie Briefe, Nachlaß und Vorlesungsnachschriften nach der Akademieausgabe unter Angabe von Band-, Seiten- und ggf. Zeilenzahl zitieren. Sollten genauere Angaben aus sachlichen Gründen erforderlich sein, finden sich diese im Text. Hervorhebungen unsererseits werden kursiv, diejenigen Kants aber g e s p e r r t angezeigt, wobei wir mit den übrigen Autoren entsprechend verfahren. Bei der Wiedergabe des handschriftlichen Nachlasses folgen wir den Kriterien der Ausgabe (XIV LIVff.), wonach gleichzeitige ( g ) und spatere (5 ) Zusätze Kants in runden, von ihm selbst gestrichene Stellen aber klein und in eckigen Klammern [xyz] angegeben sind; da diese letzteren gleichwohl keine wirklichen Auslassungen unsererseits ... darstellen, werden sie, falls sie nicht ihrer Bedeutsamkeit wegen als gestrichene Stellen wiedergegeben sind, durch ein in eckige Klammern gesetztes Sternchen [*] besonders gekennzeichnet. Dagegen unterschlagen wir mitten im Text piazierte Hinweise der Herausgeber, etwa auf einen Wechsel der Manuskriptseite, gänzlich. Die in die Ausgabe übernommene Gewohnheit Kants und seiner Zeit, "mm" oder "nn" handschriftlich häufig als einfachen Konsonanten mit überschriebenem waagerechten Strich abzukürzen, findet sich durchgängig in Doppelkonsonanten aufgelöst. Seitenzahlen mit "S." verweisen innerhalb der vorliegenden Arbeit; bloße Zahlen dagegen geben die Seitenzahlen der zitierten anderen Autoren an - was aber ohnehin durch den Kontext immer klar sein wird. Vgl. VII 22116 u. 26324Í, aber auch V 33215 ("Witzeinfitlle").

2

Einleitung

"heterogene Vorstellungen, die oft [sogar, MK] nach dem Gesetze der Einbildungskraft (der Association) weit auseinander liegen" (VII 220), und "eine Sache" wird dann "durch den Witz unter einen Begriff gebracht, die doch nur eine Ähnlichkeit mit ihm hat. Die Ähnlichkeit muß uns zum Erfinden leiten. Der Witz giebt uns Materialien dar" (XXIV 402). Es bedarf also einer Untersuchung (oder wenigstens Überlegung), ob die Einfalle und Erfindungen des Witzes zu Einsichten und Erkenntnissen, ob zunächst vielleicht bloß unwesentliche Identitäten (Spiele mit Worten) zu wesentlichen Identitäten (Begriffen von Sachen) taugen. Eine solche Untersuchung kann aber keinem anderen als dem Vermögen der Einsichten3 in concreto selbst, der Urteilskraft, zukommen, weil der Reflexionsakt, der bestimmt, ob etwas Fall der Regel ist, eben dadurch auch entscheidet, ob etwas Regel zum gegebenen Fall ist. Der Witz nämlich gibt lediglich "aussichten zu Regeln. Urtheilskraft ( s Gründlichkeit) untersucht die Zulanglichkeit dieser Anlaße zu einer Regel. Letztere ist eine Disciplin der [wohl "des"4, MK] ersteren und ist troken" (XV 196). Denn "jener hat Einfälle, diese Macht daraus Einsichten" (XV 195). Nun ist bloße Ähnlichkeit mehr ein Schweben zwischen Einerleiheit und Verschiedenheit als wahre Identität. (Daß drei Körner einen "Haufen" geben, wird sich wohl der Witz, niemals aber die Urteilskraft überreden lassen; aber man "tut immer mehr hinzu, wieviel Körner gehören zum Haufen?" (XXIV 777)). - Sollen also aus Einfallen Einsichten werden, so müssen sie immer schon gleichsam zufälligerweise (ingenium) die schwimmende Grenze von unwesentlichen zu wesentlichen Identitäten überschritten haben. Oder, um im Kantischen Bild zu bleiben, es muß die "Brühe", auf die der Witz "mehr" geht, immer auch schon "Nahrung" für die Urteilskraft enthalten.5 Der Witz aber, als nicht mehr bloßer Witz, muß unvermerkt zum Vermögen, "zu dem Besonderen das Allgemeine zu finden" (XX 210) selbst, er muß zur reflektierenden Urteilskraft geworden sein. Denn so, "wie das Vermögen zum Allgemeinen (der Regel) das Besondere auszufinden U r t h e i l s k r a f t , so ist dasjenige zum Besondern das Allgemeine auszudenken der W i t z (ingenium)" (VII 201). Er ist ja ohnehin, gleich dieser, ein Vermögen, "welches dem Verstände (als dem Vermögen der Erkenntniß des Allgemeinen), so fern er die Gegenstände [nämlich durch auch analytische Vergleichung mit anderen, MK] unter Gattungen bringt, angehört" (VII 220). - Wer hier einen Widerspruch der Begriffe sieht, mag bedenken, ob nicht die Sache selbst einen solchen Übergang notwendig macht und ob es Schuld der Begriffe ist, wenn bloße Worte ihnen nicht folgen können. Sieht man von der Tautologie ab, können sie dies in überhaupt keinem Urteil.

3 4

5

Vgl. VII 22116, XV 191ff. u. 71113Í. Vgl. etwa VII 220, wo die " S t r e n g e der Urtheilskraft ... das Assimilationsvermögen sowohl, als auch den Hang dazu e i n s c h r ä n k t . " Vgl. auch XV 712! 1 f.. Vgl. VII 221: "Der Witz geht mehr nach der B r ü h e , die Urtheilskraft nach der N a h r u n g . "

Bloße Reflexion oder Determination

3

Es bleibt aber ein weiterer Schritt zu tun. Die durch und für den Verstand fixierten Produkte der Reflexion der Urteilskraft, die bloßen Begriffe, dürfen nicht als solche stehenbleiben ("Gedanken ohne Inhalt sind leer" (B 75)). Sie müssen als ein Allgemeines (Unbestimmtes) auf ihr Besonderes gleichsam zurückgeworfen werden, wenn sie sich recht eigentlich als Begriffe von Sachen bewähren wollen. Denn Erkenntnis "reflectirt die Vorstellung auf den Gegenstand" (XXIV 616). Die reflektierende Urteilskraft (oder, was bei ihrer hier im wesentlichen angesprochenen auch schon analytischen oder bloß logischen Reflexion dasselbe ist, der Witz der wesentlichen Identität) bedarf also "nachher der Urtheilskraft 6 , um das Besondere unter dem Allgemeinen zu bestimmen und das Denkungsvermögen zum E r k e n n e n anzuwenden" (VII 220).

Β. Auch analytische Reflexion und "Determination". Eine Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft Um des Folgenden willen machen wir eine Anmerkung, die der möglichen Mißverständnisse wegen auf empirische Begriffe eingeschränkt sei. Wir würden nämlich den letzten Gedanken lieber wie folgt ausdrücken: Die reflektierende Urteilskraft bedarf nicht "nachher" der bestimmenden (sie sind nicht zwei gänzlich verschiedene Vermögen), sondern sie geht vielmehr im Aktus ihrer Reflexion selbst in bestimmende über. (Letzteres gilt, bei empirischen Begriffen, in gewissem subjektiven Sinn jedenfalls für denjenigen Aktus von schon mehreren Reflexionshandlungen, der zur Bildung objektiv gültiger Begriffe führt. Der aber ist, dem gerade Gehörten zum Trotz, überhaupt nur ein solcher der bestimmenden Urteilskraft (S. 32f., Anm. 37).) Denn zu dem Besonderen das Allgemeine zu finden, zu "sehen", daß etwas ein Allgemeines zu einem Besonderen ist (sei das Allgemeine vorher gegeben oder noch zu finden), ist eben die Bestimmung des Besonderen durch das Allgemeine selbst. - Wir wollen dies deutlicher machen und betrachten den Unterschied von bestimmender und reflektierender Urteilskraft genauer: "Urtheilskraft überhaupt ist das Vermögen, das Besondere als enthalten unter dem Allgemeinen zu denken. Ist das Allgemeine (die Regel, das Princip, das Gesetz) gegeben, so ist die Urtheilskraft, welche das Besondere darunter subsumirt, (auch wenn sie als transscendentale Urtheilskraft a priori die Bedingungen angiebt, welchen gemäß allein unter jenem Allgemeinen subsumirt werden kann) b e s t i m m e n d . Ist aber nur das Besondere gegeben, wozu sie das Allgemeine finden soll, so ist die Urtheilskraft bloß r e f 1 e c t i r e η d." (V 179)

6

In der Anthropologie ist "Urtheilskraft" immer die bestimmende (vgl. das Zitat VII 201). Siehe zum Zusammenhang von Witz und Urteilskraft auch die Bestimmung der letzteren Uberhaupt als "Mutterwitz" (B 172) sowie die Rolle einer "durch Erfahrung gewitzigten Urteilskraft" (B 789).

4

Einleitung

Wir bemerken zunächst, daß auch die reflektierende Urteilskraft (wie oben der Witz, durch den eine Sache "unter einen Begriff gebracht" wurde) sich als Vermögen der Subsumtion darstellt. Der erste Satz nämlich redet von Urteilskraft überhaupt, und die reflektierende soll "unter einem Gesetze subsumiren, welches noch nicht gegeben und also in der That nur ein Princip der Reflexion über Gegenstände ist" (V 385). 7 Von dieser als einer bloß reflektierenden Urteilskraft aber (vgl. den letzten Satz), wie sie in der dritten Kritik, wie gesagt, ebenfalls subsumierend eine Rolle spielt, werden wir noch zu reden haben. Wichtig ist aber diese Unterscheidung von bestimmender und bloß reflektierender Urteilskraft 8 hier bereits deshalb (einmal sind Allgemeines und subsumiertes Besonderes, einmal ist nur das Besondere gegeben), weil sie auf den Umstand aufmerksam macht, daß vielleicht keine streng logische, analytische Einteilung vorliegt, sondern daß vielmehr ein Übergang von reflektierender zu darüber hinaus bestimmender Urteilskraft zumindest denkbar ist. (Wie wir noch sehen werden und wie auch bereits gleich zu seinem Anfang anklang, durchziehen noch einige Unstimmigkeiten den ganzen Abschnitt B. dieser Einleitung. Was wir hier fragen wollen oder jedenfalls sollten, ist nicht, ob möglicherweise die "reflektierende" Urteilskraft in die "bestimmende" übergehe. Denn das kann, sofern ihnen ja wesentlich verschiedene, nur subjektiv oder objektiv gültige Prinzipien zugrunde liegen, offenbar niemals der Fall sein. Die Frage muß oder müßte hier vielmehr lauten, ob nicht, indem sie sich von einer bloß reflektierenden abgesetzt findet, bei dieser "bestimmenden" Urteilskraft auch Reflexion vielleicht anzusetzen sei, die in diesem Fall dann aber zu objektiver Bestimmung fuhren würde. Genannte Reflexion der "bestimmenden" Urteilskraft hätte also mit der Reflexion oder den Reflexionen der "reflektierenden" Urteilskraft der dritten Kritik, die wir hier die bloß reflektierende Urteilskraft nennen, nicht das allergeringste (!) zu tun. Und es dürfte also in allem Folgenden bei der "bestimmenden" Urteilskraft und ihren Reflexionen weder an einen Übergang der "reflektierenden" in diese "bestimmende" noch etwa an eine teils "reflektierende" und teils "bestimmende" Urteilskraft gedacht werden. Die "bestimmende" Urteilskraft reflektiert auch, und mehr soll hier zu ihr nicht gesagt sein (siehe auch S. 7f., Anm. 15). So werden auch gleich im folgenden die in diesem Abschnitt B. wohlgemerkt auch bereits thematische, an sich immer nur zusätzliche analytische Reflexion und Subsumtion, bzw. uneigentliche "Determination", der reflektierenden Urteilskraft nach analytischer Bewußtseinseinheit und jene gerade erwähnte synthetische Reflexion und wirkliche Determina7

8

Vgl. zur Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft auch XX 20223f.-2032, 21323ff., 22012 u. 2254 sowie V 29018-29113. Siehe entsprechend auch Liedtke 1964, 3, dem wir Uberhaupt mit die meisten Anregungen zum Phänomen "Urteilskraft" bei Kant verdanken. Vgl. etwa V 1847, 26710, 34113, 40521 und XX 2203 u. 26f„ 22328, 23616 u. 36, 24111, 243l0f., 2506f., 25114, wozu auch häufige Formulierungen wie "bloße Reflexion" oder "bloße Beurteilung" vor allem Begriff gehören. Siehe zu einer "nicht pejorativ-einschränkenden" Bedeutung der Partikel "bloß" bei Kant auch Dörflinger 1988, 22 oder KulenkampfF 57.

Bloße Reflexion oder Determination

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tion qua Subsumtion der bestimmenden Urteilskraft nach objektiv synthetischer Einheit9 noch nicht immer hinreichend deutlich unterschieden und auseinandergehalten. - Man muß diese Bemerkungen und nachträglichen Korrekturen noch eine Zeitlang in Gedanken behalten. Denn diese Unstimmigkeiten, die sich uns erst spät geklärt haben und an denen Kant selbst durchaus ein gut Teil Schuld trägt (etwa S. 297ff., Anmerkung 1), finden sich an einigen wenigen verstreuten Stellen wiederholt noch ein ganzes Stück in den Hauptteil dieser Arbeit hinein.) Ein Mittleres ist zwar insofern ausgeschlossen, als nur die bestimmende, nicht aber die bloß reflektierende Urteilskraft unter einem gegebenen empirischen Begriff einen Fall einer Art oder Gattung (folglich nach nur zusätzlicher analytischer Einheit, dann allerdings doch wieder durch eigentlich reflektierende Urteilskraft, bloß noch wesentlich subjektiv, aber natürlich immer auch schon synthetisch objektiv) von Objekten bereits bestimmt. Es heißt dies jedoch nicht notwendigerweise, daß nicht trotzdem vielleicht diese Determination selbst der unter diesem empirischen Begriff bestimmenden Urteilskraft, die eine Handlung der (dann auch analytischen) Reflexion als einer Vergleichung von Gegenständen mit anderen und mit einem Bewußtsein in der Bildung zunächst des Begriffs ohnehin voraussetzt, eine Reflexion in sich schließt. Diese würde dann etwa in der wieder auch schon analytischen10 Vergleichung des Mannigfaltigen der Anschauung des Gegenstands und seiner Synthesis mit den mannigfaltigen Merkmalen und ihrer gedachten des be-

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Die letztere Reflexion wird in Abschnitt C. dann noch einmal jiir sich zu behandeln sein. Die zuvor genannte auch schon analytische Reflexion, nämlich der logischen Begriffsbildung, wie sie normalerweise vor sich geht, war eine fortgesetzte Vergleichung der Weisen der Synthesis der Apprehension gegebener Erscheinungen mit denjenigen anderer Erscheinungen. Bei dieser läßt sich aber immerhin dem wirklichen Bewußtsein nach nicht für alle Fälle gleichgeltend mit Bestimmtheit ausmachen, ob diese analytische Vergleichung Uberhaupt erst zur ersten Bildung des Begriffs und seines empirischen Schemas führt oder ob nicht vielmehr diese fortgesetzte Vergleichung mit anderen schon mittels einer Vergleichung mit dem (dadurch aber beständig selbst modifizierten) empirischen Schema des Begriffs und über sie laufend jeweils stattfindet. Dieses empirische Schema kann man nämlich prinzipiell immer und strukturell jedenfalls vorgängig bei der erstmaligen Auffassung schon von Erscheinungen, wie auch immer dunkel, haben. Denn es "enthält"./tir sich zunächst wesentlich synthetische und nur der (insofern dann zufälligen) anhängenden Form der möglichen Allgemeinheit äußerlich im Gebrauch nach auch analytische Einheit. Oder genauer: Es begründet lediglich die Möglichkeit einer analytischen Vergleichung mit anderen Erscheinungen wegen der nicht vollständigen Bestimmtheit seines innerlich aber synthetischen Bewußtseins bei wirklich vorkommenden ähnlichen Fällen. Die Bildung des Schemas geschieht in diesem Fall allerdings bereits durch zunächst aber (in Ansehung dessen, was man wegläßt) ganz willkürliche, in noch gesteigertem Maße subjektive als bloß subjektiv gültige Abstraktion ohne Komparation (nämlich ohne Komparation mit Erscheinungen anderer Objekte). Das heißt, es bleibt dann völlig unausgemacht, ob es wirklich noch andere Objekte gebe, für die das entstehende Schema respektive der Begriff ebenfalls passen mögen. - Diese hier aber als zweite angesprochene auch analytische Reflexion ist die Vergleichung der Weise der synthetischen Apprehension der Erscheinung nur eines Gegenstands mit diesem für sich gleichfalls synthetischen Schema des dann jedenfalls schon gegebenen Begriffs, die also jener ersteren Vergleichung gegebener empirischer Vorstellungen mit anderen unter Umständen jeweils zugrunde liegt.

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Einleitung

reits gebildeten und in diesem Sinn gegebenen11 Begriffs und seines empirischen Schemas bestehen. Bestimmende Urteilskraft unter empirischen Begriffen des empirisch gemeinsamen Objektiven verschiedener Naturprodukte wäre dann immer, d. h. auch unter bereits gegebenen Begriffen, eine (wie wir sehen werden, dabei immer auch schon synthetisch) zugleich reflektierende. Denn selbst, wenn man umgekehrt doch einmal vom gegebenen als gerade gedachten Begriff ausgeht - indem man etwa wirklich im landläufigen Sinn etwas sucht -, läßt sich die korrespondierende Anschauung unter anderen nur durch Vergleichung und Bemerken einer Übereinstimmung des Mannigfaltigen sowie seiner Verbindung jeweils von Begriff und Anschauung finden. Wir hätten es also bei der bestimmenden Urteilskraft mit einem der Fälle zu tun, bei denen das isolierende Verfahren Kants nicht so mißverstanden werden darf, als ob die geschiedenen Momente (hier nur Handlungen) nicht dennoch "im Gebrauche gewöhnlich verbunden" wären (B 870). Wir erläutern dies an einem Beispiel. Der Begriff einer "Kiefer" ist bereits gegeben als hervorgebracht; die Urteilskraft wird also in Ansehung seines Gebrauchs (wie gesagt, eher subjektiv und auch genuin objektiv) bestimmend sein. (Dies kann so gesagt werden, wenn man das eine Moment der nur subjektiven, ein Stück weit vielleicht auch willkürlichen "Bestimmung" einer analytischen Einheit im schon objektiv gedachten Empirischen als solchen, daß dies nämlich ein Fall einer Art schon mehrerer ähnlicher Dinge sei, wirklich eine "Bestimmung" nennen will. Denn an sich ist sie ja eine Funktion der logisch und gleichwohl nicht teleologisch bloß reflektierenden Urteilskraft nach ihrem eigenen bloß regulativen, nicht objektiv gültig bestimmenden Prinzip. Des weiteren ist als eine Einschränkung zu nennen, daß man von der gleichfalls teils nur subjektiv gültigen teleologischen Beurteilung speziell eines solchen Naturprodukts einmal ganz abzusehen hat. Es geht hier bei der Beurteilung des bloßen gestalthaften ähnlichen Aussehens zunächst aber auch noch gar nicht um die mechanischen oder auch teleologischen Gesetze seiner Kausalität, die diesem Aussehen und dieser äußeren Form wieder zugrunde 11

Durch diese letztere auch analytische Vergleichung wird der bereits gegebene empirische Begriff unter anderen als korrespondierender im Regelfall gleichwohl erst gefunden. Wenn man den weiteren, wesentlicheren (transzendentalen und nicht bloß empirisch psychologischen) Unterschied des a priori Gegebenen und transzendental Deduzierten und des empirisch schon Hervorgebrachten für einen Augenblick sogar ganz vernachlässigt, so liegt ja eine gewisse Zweideutigkeit in dem Ausdruck, das Allgemeine sei "gegeben". Es kann im Verstand bereitliegen, ohne deshalb im Bewußlsein je schon realisiert zu sein - indem man es etwa anläßlich der Wahrnehmung eines passenden Gegenstands gerade dächte. Umgekehrt kann "das Allgemeine finden" zum einen es bloß im Verstand finden heißen, wobei dann wie oben der gegebene Begriff gleichwohl erst durch Reflexion gefunden werden muß. Es kann aber auch es erst (mithin speziell nun bei den empirisch gemachten Begriffen) aus den Gegenständen ausfinden und bilden heißen. Dabei wird im Grunde jede neuerliche Subsumtion unter einen im Verstand bereits vorgefundenen gemachten Begriff diesen selbst wieder und damit auch sein Schema verändern und weiterbilden (B 756 oben sowie Anm. 10). - Das eigentlich Empirisch-Psychologische hier wird zwar jeweils mit unterschiedlichen Reflexionen, aber es wird mit einer Unterscheidung zugleich von "bestimmender" und "reflektierender" Urteilskraft nichts zu tun haben.

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liegen.) Nun drücken wir aber nicht gleichsam bloß bestimmend einer Eiche, die uns vor Augen kommt, unser Prädikat "Kiefer" auf. Vielmehr vergleichen wir zuvor die Anschauung der Eiche mit diesem Begriff der "Kiefer", wir halten sie zusammen12, und wir bemerken dabei, daß die Blätter, die wir in ihr anschauen, den Merkmalen ("Nadeln"), die wir im Begriff (etwa neben "Stamm" und "Ästen") denken, widerstreiten und daß sie der Form ihrer Apprehension nach verschieden sind. Wir werden also diesen Baum nicht als "Kiefer" bestimmen - wenn auch ansonsten vielleicht als "Baum", sofern sich die Gegenstände der beiden anderen Merkmale in ihm gleichwohl in ihrer gewöhnlichen Anordnung beisammen anschauen lassen. Bestimmende Urteilskraft ist nämlich "das Vermögen unter Regeln zu s u b s u m i e r e n , d. i. zu unterscheiden [will heißen: zu überlegen, durch Reflexion^ zu bestimmen, MK], ob etwas unter einer gegebenen Regel (casus datae legis) stehe, oder nicht" (B 171). Nun sehen wir wirklich eine Kiefer. Wir nehmen sofort wahr (wir urteilen14), daß dieses Mal Anschauung und Begriff dasselbe dem Mannigfaltigen und der Art seiner Verbindung nach enthalten (Einerleiheit, Inneres) und deshalb in Einstimmung sind. Wir bestimmen also diesen Gegenstand (diese Materie) durch unseren Begriff (unsere Form, ihn zu denken) "Kiefer". In allen "Subsumtionen eines Gegenstandes unter einen Begriff' muß nämlich "die Vorstellung des ersteren mit der letzteren g l e i c h a r t i g sein, d. i. der Begriff muß dasjenige enthalten, was in dem darunter zu subsumierenden Gegenstande vorgestellt wird, denn das bedeutet eben der Ausdruck: ein Gegenstand sei u n t e r einem Begriffe enthalten" (B 176).Bisher glich unser Verfahren dem eines Suchenden. Wir gingen von einem gedachten Begriff aus und suchten den korrespondierenden Gegenstand. Das alltägliche Erkennen verfährt in der Regel aber umgekehrt: Wir "sehen" zunächst einen Gegenstand, etwa wieder eine Kiefer, und überlegen dann, was für ein Gegenstand dies ist. (Daß dies in der Regel ohne merkliches Bewußtsein vor sich geht, tut dabei nichts zur Sache.) Wir begegnen aber nicht der ersten Kiefer; im Verstand liegt schon der Begriff der "Kiefer" bereit, und die Urteilskraft wird unter ihm (jedenfalls einem, hier eigentlich aber gerade dem vorgängigen anderen Moment dieses Begriffs der objektiv-synthetischen Einheit nach, was noch deutlicher werden wird15) bestimmende sein. Bevor sie aber bestimmende werden kann, muß sie 12 13

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Dies Baumgartens Übersetzung von "comparatio" (vgl. AA XV 34). Die Reflexionsbegriffe sind die "vier Titel aller Vergleichung und Unterscheidung" (B 325), und zur Anwendung gegebener Regeln "gehört bloß Ueberlegung" (XXIV 883). Dies findet seine Parallele bei der analytischen Vergleichung von Wahrnehmungen untereinander. Denn "die Einerleyheit und Verschiedenheit nehmen wir eigentlich nicht wahr, sondern bemerken sie bey der Vergleichung" (XV 190). Hiermit sind wir bereits auf dem Weg zum Begriff als Merkmal. Vgl. zum Anlaß des an dieser Stelle in der Tat erneut Unlogischen der Gedankenfllhrung S. 32f., Anm. 37, vor allem aber dann S. 195ff., wo das hier noch mit einigen Dunkelheiten Behaftete schließlich deutlich werden wird (Unterpunkt d), Teilabschnitte ee. und ff). Bis dahin wird man

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Einleitung

zuvor reflektierende gewesen sein. Sie muß nämlich zuerst vom gegebenen Besonderen zum Allgemeinen aufsteigen (V 1806), muß das richtige Allgemeine treffen (sie könnte, nicht genügend durch Beispiele geübt, den Baum ja auch für eine "Lärche" halten), bevor sie von diesem wieder zum Besonderen absteigen und es als Fall des Allgemeinen (objektiv und bloß subjektiv gültig: für das zweite Moment dabei nur uneigentlich) bestimmen kann. Sei nun dieses einmalige Auf- und Abgehen eine angemessene Beschreibung dessen, was im Gemüt beim Urteilen, d. h. vor bzw. dann bei dem schließlichen Verknüpfen oder Trennen vorgeht; sei es ein mehrmaliges Hin- und Hergehen und wechselseitiges Vergleichen; sei es gar ein Schweben zwischen Allgemeinem und Besonderem; oder sei es einfach ein "Sehen" des Allgemeinen bereits im je Besonderen und umgekehrt: wir halten fest, daß in der Anwendung zumindest der gegebenen und sogar gerade gedachten empirischen Begriffe auf ihre Gegenstände, wie sie teils auch immer bereits durch genuin, hier aber eher auch noch, wie gesagt, durch bloß subjektiv gültig "bestimmende" Urteilskraft geleistet wird, diese Bestimmung nur mit Reflexion verbunden überhaupt denkbar ist. Wenn es also von der eigentlichen bestimmenden Urteilskraft unter gegebenen Begriffen heißt, sie sei "nur subsumirend" (also nicht etwa "nicht reflektierend"), bedeutet dies demnach nichts anderes, als was an dieser Stelle auch angemerkt ist, daß nämlich das Allgemeine ihr "vorgezeichnet" ist und sie deshalb nicht "nöthig" hat, "für sich selbst auf ein Gesetz zu denken" (V 179) und eines auszufinden. Es heißt aber keinesfalls, daß dieses bloße Subsumieren, und zwar sogar im Ausgang vom gegebenen Allgemeinen, der Reflexion nicht bedarf.

C. Vorgängige synthetische Reflexion und Determination. Subsumtion der bestimmenden Urteilskraft. Reflexionsbegriffe. Schwierigkeiten des vorgestellten Ansatzes Man wird einwenden, daß, wenn wir das Gesagte auf empirische Begriffe einschränkten, für die man es vielleicht noch einräumt, an dieser letzteren Stelle jedenfalls eine bloße Subsumtion unter reine Begriffe des Verstandes (vermittelst seiner Grundsätze und des reinen Schematismus) gemeint sei. Man dürfte ferner sagen, daß sich diese Subsumtion doch als "gleichsam blos mechanisch" vor sich gehend angegeben finde (XX 213f.). Mithin müsse ihr auch, allem Anschein nach, das einer auch reflektierenden Urteilskraft notwendig beiwohnende Moment von Freiheit fehlen - welches Moment freilich allein die Möglichkeit des Irrtums in der noch das eine oder andere Mal nicht ganz richtig die Subsumtion unter einen bereits "gegebenen" Art- oder Gattungsbegriff, sofern dabei das eine Moment der einer logischen Vergleichung mehrerer gleicher Objekte entstammenden analytischen Einheit dieses Begriffs gemeint sein wird, eine "Bestimmung" genannt finden.

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genuinen Bestimmung überhaupt eines Gegenstands (oder von Gegenständen) und nicht nur subjektiv, durch eigentlich "reflektierende" Urteilskraft, bereits einer Art von Gegenständen erklären kann. Zwar wirft auch wirklich, durch ästhetisch bloß reflektierende Urteilskraft zu unterscheiden, ob man richtig unter ihr Prinzip und also nicht unter ein bestimmt und bestimmend Allgemeines subsumiert habe, der logischen bestimmenden Urteilskraft, die "unter objectiven Verstandesbegriffen bloß zu subsumiren" (V 288) hat, "nicht anhängende Schwierigkeiten" auf (V 290). Doch ist nur wenig später präziser von einer "eben sowohl (obgleich nicht so oft und leicht) fehlerhaften Subsumtion der logischen Urtheilskraft unter ihr Princip", nämlich hier die Kategorie als ein objektives Prinzip genauer des Verstandes nur für die bestimmende Urteilskraft, die Rede (V 291). In der Tat wird denn auch unser Hauptanliegen 16 sein darzutun, inwiefern ebenfalls unter Kategorien die Determination der Urteilskraft, die nur dann wirklich eine solche ist, subjektiv durch Reflexion ermöglicht wird. Wir werden es also weniger bereits mit jener schließlichen auch analytischen Reflexion 17 derselben zu tun haben, die in der Bildung eines empirischen Begriffs von numerisch wirklich verschiedenen Naturprodukten zusätzlich nach ihrem eigenen Prinzip oder auch unter einem bereits gebildeten Begriff "bestimmt", was für eine Art Gegenstand etwas sei (eine Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft). Im Blickpunkt wird vielmehr zunächst ihre strukturell vorgängige, sie bereits bei allen empirischen Verschiedenheiten natürlich jeweils identisch weiterhin gleichsam "tragende" synthetische (nach der Kategorie als Prinzip dieser Reflexion) stehen. Diese /categoriale Reflexion aber ist diejenige, die anläßlich gegebener Erscheinung, in der Bildung überhaupt jeweils eines Erfahrungsbegriffs, unter diesem erst wahrhaft bestimmt, daß etwas ein Gegenstand, aber durchaus ebenfalls schon mit empirisch bestimmten Eigenschaften, sei. 16

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Will man einen wohlgemerkt ganz groben und vorläufigen Begriff vom in dieser Arbeit Entwickelten haben, so kann man sich vorstellen, daß hier der Prausssche Ansatz (1971) einer kategorialen Deutung subjektiver Erscheinungen zu bestimmten Erfahrungsobjekten (als "Phaenomena") durch denjenigen Liedtkes, nach dem dabei die Anwendung der schematisierten Kategorie durch eine immer auch reflektierende "bestimmende" Urteilskraft geleistet wird, konkretisiert werde. Es wird also, da der vorliegende Versuch sich zunächst in vielem mit den beiden genannten Positionen berühren wird, nicht an jeder Stelle eigens notwendig sein, auf offenbare Parallelen des ersten Ansatzes jeweils hinzuweisen. Gegen Liedtke wird zu zeigen sein, inwiefern gedachte Reflexion mit der "reflektierenden" Urteilskraft gleichwohl nichts zu tun habe. Was Prauss angeht, so dürfte er zunächst einmal schon damit, daß wir in der Erörterung der empirisch bestimmenden Urteilskraft sozusagen immer bereits mit einem Bein in der empirischen Psychologie stehen müssen, in seinem Zusammenhang nicht eben einverstanden sein. Zweitens aber und grundlegender (obwohl damit verbunden) wird er uns vorwerfen, daß wir beständig von einem Vermittelten statt von einem eigentlich einzig Unmittelbaren, nämlich von subjektiver Erscheinung statt von Erkenntnis, den Ausgang nehmen. Dieser mögliche Vorwurf sei denn auch an dieser Stelle bereits, gleichsam mit veränderten Vorzeichen, wirklich pauschal zurückgegeben. Wenn wir hin und wieder gleichwohl auch diese analytische Reflexion berühren werden, so geschieht dies doch vor allem der Vollständigkeit der Darstellung dieser Handlungen in ihrem Zusammenwirken sowie ferner ihrer Beleuchtung durch Gegenüberstellung wegen.

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Denn die Kategorien, denen Erscheinungen "zur Reflexion gegeben werden" (IV 290)18, "enthalten nichts weiter, als die Einheit der Reflexion19 über die Erscheinungen, insofern sie notwendig zu einem möglichen empirischen Bewußtsein gehören sollen. Durch sie allein wird Erkenntnis und Bestimmung eines Gegenstandes möglich" (B 367). Da ferner Kant "Funktion", hier diejenige der objektivsynthetischen Einheit des Bewußtseins, als die "Einheit der Handlung" (der Urteilskraft) bestimmt, "verschiedene Vorstellungen unter einer gemeinschaftlichen zu ordnen" (B 93) - nämlich diese Vorstellungen erst noch unter die mögliche und insofern "passende" gemeinschaftliche zu bringen -, kann hier bereits ansatzweise deutlich werden, inwiefern diese Handlung der Funktion demnach gleichfalls eine der Reflexion sein oder zumindest mit einer einhergehen sollte. Denn sie ist auch, dieses letztere angehend, eine Handlung der Determination, obwohl diese Determination schon ein bloßes fixiertes Produkt der Reflexion und also subjektiv vielleicht vielmehr eher bereits das bloße Ende einer Handlung ausmacht. Es wird sich, wie gesagt, ergeben, daß wie schon oben neben weiterem, d. h. neben der gleichzeitigen Ausfindung noch des Erfahrungsbegriffs dann auch durch empirische Bestimmung der Kategorie, die zunächst ohne Bewußtsein der objektiven Regel und des Exponenten derselben apprehendierten mannigfaltigen Vorstellungen unter das im letzteren schematisiert enthaltene, selbst erst aufzufindende korrespondierende "Gemeinschaftliche" des Denkens von Objektivität überhaupt des Verstandes durch " Ü b e r l e g u n g der Art der Verbindung" (VII 396) derselben in einem Bewußtsein erst zu bringen sind - d. h. durch eine auch, und zwar hier synthetisch, reflektierende "bestimmende" Urteilskraft. Es sei in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf den zwar skizzenhaften, aber keineswegs nebensächlichen ersten Anhang dieser Arbeit verwiesen. Dieser ruht in seinem synthetischen Teil ganz auf den Ergebnissen ihres einen Hauptteils auf 18

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Vgl. entsprechend IV 288: "der Verstand schauet nichts an, sondern reflectirt nur". Liedtke meint zwar mit vielen anderen, hier sei von einer ganz "weiten Bedeutung von Reflexion" die Rede, die "doch alle Verstandesfunktionen zu umfassen" scheine (Liedtke 1966, 209). Es wird sich aber noch ausführlicher zeigen, daß sich in der Tat "alle Verstandesfunktionen" jeweils auch nur aus den beiden Momenten eines Zusammenhaltens gegebener Vorstellungen untereinander und zugleich dadurch (analytisch oder synthetisch) mit einem Bewußtsein zusammensetzen. Denn die resultierende Verbindung nach analytischer oder synthetischer Einheit ist mit der letzteren, sofort auch sich ergebenden Subsumtion unter die offenbar passende Funktion dieser Einheit immer zugleich schon vollzogen. Wir werden sehen, daß es gänzlich einerlei ist zu sagen, die Kategorien enthielten die synthetische Einheit der Reflexion oder sie enthielten die Einheit der synthetischen Reflexion über die Erscheinung. In gewissem, uneigentlichen Sinn kann ja, wenn man sich an das oben im letzten Absatz gerade Ausgeführte erinnert, gesagt werden, daß sie die jeweils ohnehin identische synthetische Einheit (das intellektuelle Schema) sogar noch der analytischen Reflexion über Erscheinungen enthalten. Es ist dann allerdings bei letzterer nicht an die bloß analytische, mithin noch gänzlich ohne Kategorie als Prinzip der Reflexion, des bloß empirischen Begriffs oder des Wahrnehmungsurteils zu denken. Eigentlich aber ist diese analytische Reflexion, was dabei dann ihr Eigenes betrifft, natürlich schon von der zusätzlichen Funktion des allgemeinen Urteils geleistet, nämlich in der Bestimmung nur noch analytischer Einerleiheit der objektiven empirischen Synthesen.

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insofern, als in ihm dasjenige, was in diesem nur im allgemeinen dargelegt ist, schließlich auch im einzelnen weitergesponnen wird; dadurch findet dann, nebenbei bemerkt, die Richtigkeit dieser Ergebnisse, als notwendiger Voraussetzungen wieder seiner im wesentlichen jedenfalls stimmigen Positionen, umgekehrt aufs neue eine Bestätigung. Ist nämlich wirklich die bestimmende Urteilskraft unter Kategorien eine immer auch reflektierende, so sollte doch auch vielleicht die Anwendung dieser einzelnen Bestimmungsbegriffe des Verstandes (mithin in der Bildung des Größenbegriffs, des Qualitätsbegriffs usw.) durch die korrespondierenden einzelnen Reflexionsbegriffe in einem unmittelbaren Einsehen ermöglicht werden, was denn auch wenigstens in seinen Grundzügen in diesem ersten Anhang vorgeführt ist. Von diesen Reflexionsbegriffen wird also im allgemeinen, etwa mit Rücksicht auf ihre Zugehörigkeit wohl zur Urteilskraft, im Hauptteil durchaus ebenfalls schon hin und wieder zu reden sein. Es wird sich im ersten Anhang des weiteren finden, daß, wenn man die ansonsten für unsere Hauptsache belanglose analytische Reflexion über gegebene Begriffe20 hinzunimmt, sich dadurch ein Licht auf den Grundgedanken der metaphysischen Deduktion werfen läßt. Denn diese Reflexionsbegriffe werden sich uns als ein mögliches Drittes einer mittelbaren Vergleichung der logischen Funktionen der Einheit in den Urteilen (im folgenden kurz "Urteilsformen" und entsprechend "Urteilstafel"), bei denen "vermittelst der analytischen Einheit" (B 105) geurteilt ist, mit denen der objektivsynthetischen Einheit möglicher sinnlicher Anschauungen entdecken. Dagegen wird sich ein zweiter kurzer Anhang mit der Amphibolieproblematik im Opus postumum beschäftigen. Dabei wird aber nicht, wie in der Kritik, vom Fehler des "Intellektualphilosophen" zu sprechen sein. Wir werden es vielmehr mit der im Amphiboliekapitel dieser Kritik nur beiläufig kontrastierend angesprochenen Verwechslung des "Sensualphilosophen" oder, eben im Opus postumum, des bloß mathematisch vorgehenden Naturforschers zu tun haben. Jedenfalls wird es dann um eine Art dieser Verwechslung in dessen speziellem Kontext zu tun sein, nämlich in Gestalt einer Verwechslung des Dynamischen und bloß "Mechanischen". Daß unser Ansatz im allgemeinen sowohl als im einzelnen eine ganze Reihe beträchtlicher Schwierigkeiten aufwirft, von denen hier nur einige kurz skizziert seien, bedarf kaum der Erwähnung. Zunächst ist Erscheinung der "unbestimmte Gegenstand einer empirischen Anschauung" (B 34), der seine Bestimmung, durch die er zum objektiven und bestimmten "Phaenomenon" wird (A 248f.), erst den Kategorien verdankt. Können also überhaupt Prinzipien der ursprünglichen Determination gleichzeitig Prinzipien der Reflexion über Erscheinung sein? Und wie 20

Wir meinen hier nicht die jeweils auf bloße analytische Einerleiheit zielenden analytischen Reflexionen über Erscheinungen in der Bildung ihres bloß empirischen Begriffs (oder eines Wahrnehmungsurteils) oder über die empirischen Inhalte der Erfahrungsbegriffe einzelner Objekte bereits, d. h. mit Bezug auf dieselben, in derjenigen eines empirischen Art- oder Gattungsbegriffs. Von diesen Reflexionen wird im Verlauf dieser Arbeit vorher wiederholt schon zu sprechen sein.

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Einleitung

lassen sich Transzendentales und Empirisches unter dieser Voraussetzung zusammen denken? Sollte die kategoriale Bestimmung der Erscheinung wieder mit Reflexion, als einem wesentlich Nachträglichen, verbunden sein, so miißte doch Erscheinung für sich bereits, nämlich schon vor ihrer kategorialen Bestimmung, ein Bestimmtes (wenn auch kein schon als solcher bestimmter Gegenstand) sein, auf das die Reflexion sich stützen könnte. Die objektive Synthesis aber verführe dann in gewissem Sinn selbst "analytisch"21, d. h. durch aber schon in Synthesis übergehende und sie in der Tat subjektiv ermöglichende Vergleichung der Erscheinung mit dem reinen Schema - wobei aber dann nicht gesagt werden könnte, weshalb überhaupt die Erscheinung mit einem der Schemata übereinstimmen müsse. Oder diese Synthesis setzte wenigstens bereits Analysis derselben, nämlich nun in sensu stricto als eine bloße Komparation ihres subjektiv Mannigfaltigen, voraus. Die Urteilskraft aber, die als transzendentale die Bedingungen der ursprünglichen Bestimmung angibt, müßte dementsprechend zugleich (dann auch als empirische) eine reflektierende sein (nicht die "reflektierende"!). Im übrigen erfüllen zwar, worin ja ihre Amphibolie besteht22, "die reflectirende Begriffe" die im ersten Anhang wichtig werdende Bedingung eines Dritten der Vergleichung von Urteilsformen und Kategorien, daß sie "logisch, mithin blos [*] analytisch, oder transcendental, mithin synthetisch, genommen werden" (XVIII 229) können (und nur syn21

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Um hier nicht bereits im Vorfeld der Untersuchung unnötig für Verwirrung zu sorgen, sei angemerkt, daß diese Vergleichung der mannigfaltigen Teile gegebener Erscheinung mit und (vornehmlich dadurch dann auch untereinander) mittels der schematisierten Kategorie es eigentlich sei, was im folgenden synthetische Reflexion heißen wird. Man wird sie also nicht mit der auf ihr beruhenden und sie je identisch in sich tragenden auch schon analytischen Vergleichung gegebener Erscheinung und ihres Mannigfaltigen mit dem empirischen Schema ihres schon gebildeten objektiven Begriffs verwechseln (Anm. 10). Synthetische Reflexion etwa nach der Funktion des Größenbegriffs und seines Schematismus würde z. B. überhaupt erst zur objektiven Bestimmung der figürlichen Größenverhältnisse der mannigfaltigen Teile der Erscheinung eines Dings nach den drei Raumdimensionen führen. Man bezieht diese aber, mehr nebenbei bemerkt, im gewöhnlichen Erkennen selten einmal bewußt auf Zahlbegriffe im bestimmten Verhältnis auf ein bestimmt gesetztes Maß. Die mannigfaltigen Teile der Erscheinung (etwa einer Rose) dienen sich dabei eher schon -wechselseitig und unbestimmt selbst zum Maß. Die zusätzliche analytische Reflexion würde dann nur noch bestimmen, daß etwas ebenso aussieht - sei es nun dasselbe auch noch gleiche oder sei es ein anderes nur gleiches, was zu unterscheiden ansonsten allerdings selbst wieder einer weiteren synthetischen Reflexion in Absicht auf Bestimmung von objektiver Einheit oder Vielheit noch bedarf. Beim zweiten wäre es etwa um die "Bestimmung" zu tun, daß man es der ähnlichen Weise der Apprehension der mannigfaltigen Teile in ihrer beziehungsweisen Größe und Anordnung zufolge hier gleichfalls mit einer "Rose" zu tun habe. Kant wird zwar nur an einer einzigen Stelle (B 194) einmal von einer synthetischen Vergleichung sprechen. Aber wie anders als "synthetische Reflexion" soll man eine, anders als die analytische, zur Determination einer objektiven Verbindung führende Handlung nennen, die sich in Gestalt der einzelnen dabei synthetisch unter zusätzlichen Bedingungen der Sinnlichkeit genommenen Reflexionsbegriffe vollzieht? Ihre Amphibolie als bloße Zweideutigkeit zunächst besteht darin, und erst die transzendentale Amphibolie gibt Anlaß zu ihr als ihrer (dann erst fälschlichen) Verwechslung, die ihrer Möglichkeit nach also auf der ersteren beruht. Diese Verwechslung wieder, indem sie ihrerseits, wie schon die transzendentale, Ursache eines Scheins ist, hat eine irrige Bestimmung von Gegenständen zur Folge.

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thetisch unter Bedingungen der Anschauung genommen dürften sie die richtige Anwendung der Funktionen der synthetischen Einheit in der Bildung des Erfahrungsbegriffs ermöglichen). Was heißt dann aber, daß sie Begriffe "der bloßen Vergleichung schon gegebener Begriffe" sind,23 wenn diese doch selbst erst einer transzendentalen Synthesis als ihrer Bedingung bedürfen und Erscheinungen auch nicht solche gegebenen Begriffe sind? Kurz, unser Ansatz scheint sich selbst und überhaupt dem Geist der Kantischen Philosophie, wie er sich vor allem in der transzendentalen Deduktion ausspricht, zu widersprechen. - Daß all dem gleichwohl so ist, wird die vorliegende Arbeit in ihrem Hauptteil sowie in ihren beiden Anhängen aufzuweisen versuchen. Wir sind abschließend Rechenschaft schuldig nicht so sehr, weshalb nicht Kant selbst die bestimmende Urteilskraft unter Kategorien als zugleich reflektierende angibt. Denn die gibt er wiederholt24 als solche an. Zu erklären wäre eher schon, weshalb er jenen Zusammenhang im einzelnen zwischen Reflexionsbegriffen und Kategorien nicht deutlich anspricht, sollte er wirklich von so großer Bedeutung sein.25 Im Grunde aber ist die Antwort bereits gegeben: Vermitteln nämlich erstere in einem unmittelbaren Einsehen die Anwendung der letzten auf je einzelne, allenfalls auch reine Fälle, so kann es hiervon, als von einer Handlung der empirischen oder, in der Mathematik schon unter Bedingungen der transzendentalen, jedenfalls ebenfalls nicht transzendentalen Urteilskraft, keine Wissenschaft als Doktrin ge-

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Daß sie "eine ganz andere Natur und Gebrauch" (gleichfalls IV 326) als Kategorien und ansonsten auch Urteilsformen haben, würde unseren Ansatz für sich nicht hindern. Denn was die Anwendung eines anderen vermittelt, ist ihm eben darin, bei aller notwendigen Gleichartigkeit auch gerade, auch ungleichartig. 24 Es wird zwar, soweit wir sehen, nur an einer einzigen ja auch bekannten Stelle heißen, daß diese Urteilskraft "in ihrer Reflexion zugleich bestimmend" verfahre. Der Sache nach wird sich diese Auffassung jedoch des öfteren noch, unter anderem einmal inmitten der transzendentalen Analytik Β 279 mit Bezug auf die Analogien, vorgetragen finden. 25 Immerhin werden die Reflexionsbegriffe "nach dem Leitfaden der Kategorien in eine Tafel gebracht" (IV 326), was sich ohne eine Verbindung schlechterdings nicht tun läßt. Und ihre Amphibolie tritt anläßlich der "Verwechslung des empirischen Verstandesgebrauchs mit dem transzendentalen" auf (B 316). Sie spielen also zwar bei einem falschen, nämlich eigentlich bloß logischen und analytischen formalen, der sich gleichwohl als ein aus bloßen Begriffen materialer, d. h. gerade ohne Sinnlichkeit bestimmt gegenstandsbezogener (XX 280ff.) und dabei sogar erweiternder ausgibt, aber auch bei dem einzig möglichen (synthetisch materialen) Gebrauch der Kategorien eine Rolle (Urteilskraft). Man begegnet hier gleich einer wichtigen Eigentümlichkeit der Reflexionsbegriffe als bloß "respectiver Prädicate" (XVIII 664). Denn was in einer Hinsicht oder Beziehung einerlei ist, läßt sich in einer anderen als verschieden betrachten. Ebenso kann man die formalen synthetischen Prinzipien des Verstandes nun also nach zusätzlichen Bedingungen der reinen Sinnlichkeit, und dabei sogar diejenigen der reinen Mathematik, als solche des theoretisch bestimmten gegenständlichen Denkens gerade als materiale bezeichnen (Β 114, Β 279, VIII 193f.). Deren analytischer Gebrauch unter Abstraktion von jenen sinnlichen Bedingungen würde allerdings wieder der obige bloß formale bleiben. In diesem Sinn könnte man die transzendentale im Unterschied zur formalen (reinen allgemeinen) übrigens geradezu eine materiale Logik nennen.

Einleitung

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ben. D e n n "wie m a n reflektiert, kann m a n nicht lehren" ( X X I V 7 7 2 ) 2 6 . (Urteilskraft ist das V e r m ö g e n , das nur geübt, aber nicht belehrt w e r d e n kann ( B 1 7 2 f f . ) . ) Z w a r kann d i e T r a n s z e n d e n t a l p h i l o s o p h i e , w e n n m a n die Kritik e i n m a l h i n z u r e c h net, außer d e n R e g e l n "zugleich a priori d e n Fall a n z e i g e n , w o r a u f d i e s e a n g e w a n d t w e r d e n sollen"

(und transzendentale

Urteilskraft kann

( B 174f.)). A b e r sie v e r m a g d i e s w i e d e r u m nur in allgemeinen

belehrt

G r u n d s ä t z e n z u leisten, d i e z u n ä c h s t nicht mehr als die b l o ß e n f o r m a l e n gungen

werden

S c h e m a t a und Bedin-

der R e f l e x i o n in der A n w e n d u n g der K a t e g o r i e n dann a u f das e i g e n t l i c h

Empirische

a u s m a c h e n b z w . enthalten. W e l c h e

gegebene Erscheinung

jedoch

unter w e l c h e schematisierte K a t e g o r i e z u s u b s u m i e r e n ist, w i r d d e m n a c h R e f l e x i o n allein a u s m a c h e n k ö n n e n , und w i e d i e s im a l l g e m e i n e n z u d e n k e n sei, w o l l e n wir vor a l l e m anderen vorfuhren. W e r d e n dann s c h l i e ß l i c h auch, in den b e i d e n A n h ä n g e n , g a n z e r h e b l i c h e D u n k e l h e i t e n im e i n z e l n e n b l e i b e n , s o sollte d i e s d o c h kein E i n w a n d sein, w e n n nur h i n r e i c h e n d deutlich g e m a c h t w e r d e n kann, d a ß w i r auch da d e n G r u n d g e d a n k e n richtig a n g e g e b e n haben.

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Diese Stelle ist ein wenig mit Vorsicht zu nehmen, indem eigentlich in ihr nur davon die Rede ist, daß man nicht lehren könne, wie man speziell die Verschiedenheit zu suchen habe. Sie ist nämlich, wobei vor dem "reflektiert" demnach ein "speziell dabei" zu denken ist, in einen Kontext eingebettet, der Induktions- und Analogieschlüsse als zwei (insofern also durchaus "lehrbare" als angebbare) Verfahren der reflektierenden Urteilskraft vorstellig macht, nach denen man ja versuchsweise auf subjektive "Bestimmung" von Einerleiheit auch bereits objektiver empirischer Synthesen ausgeht. Diese subjektiven Verfahrensweisen, die übrigens Jäsche meinen dürfte, wenn er von den durchaus angebbaren "Regeln" spricht, die sagen, "wie wir vorläufig über ein Object urtheilen sollen" (IX 75), können aber natürlich keine Doktrin begründen. Sie sind auch ihrerseits dem Grund ihrer Möglichkeit nach, der im bloß regulativen Prinzip der reflektierenden Urteilskraft selbst zu suchen ist, nicht etwa in einer solchen begründet. Strenggenommen läßt sich, wie man in concreto reflektiert (von der allgemeinen Doktrin der transzendentalen Urteilskraft also abgesehen), überhaupt nicht lehren, sondern nur üben. So nennt ganz entsprechend auch Baumgarten Witz und Scharfsinn als die Vermögen, Einerleiheit und Verschiedenheit zu bemerken und zu beurteilen, nicht eigentliche bloße Vermögen selbst (facultates). Sie heißen bei ihm vielmehr bereits (mithin nur durch Übung und Gewohnheit zu erlangende) Fähigkeiten oder Fertigkeiten (habitus) (S. 36, Anm. 43), welche Benennung also vielleicht auch der empirischen Urteilskraft überhaupt durchaus angemessen wäre. Eine solche Fertigkeit setzt aber das entsprechende Vermögen immer voraus, indem sie nur "durch den oft wiederholten Gebrauch" des letzteren, als ihrer angelegten Bedingung, erworben werden kann (VII 147). - Verstandes- und VernunfXgebrauch übrigens zielen ja jeweils auf Urteilskraft, die also noch dazu in einem ganz anderen Sinn als jene beiden auch ein Vermögen zu nennen ist. Zur Identität etwa von Vernunftgebrauch und Urteilskraft vergleiche man Β 671, wo der fehlerhafte Gebrauch der Vernunftideen einem "Mangel der Urteilskraft" zuzuschreiben ist. Zur entsprechenden Identität von Verstandesgebrauch und Urteilskraft siehe etwa Β 352.

Hauptteil: Synthetische Reflexion über die Erscheinung I. Von der Urteilskraft A. Empirische und transzendentale Urteilskraft 1. Transzendentale Urteilskraft und die bloßen formalen Bedingungen der Subsumtion der empirischen Urteilskraft Wir haben zum Schluß der Einleitung bemerkt, daß die Transzendentalphilosophie außer den Regeln "zugleich a priori den Fall anzeigen" kann, "worauf diese angewandt werden sollen". Sie muß nämlich "zugleich die Bedingungen, unter welchen Gegenstände in Übereinstimmung mit jenen Begriffen gegeben werden können, in allgemeinen, aber hinreichenden Kennzeichen darlegen" (B 175). Die Schematisierung der Kategorien durch transzendentale Urteilskraft scheint deshalb ein Fall einer ohne Reflexion1 bestimmenden Urteilskraft zu sein. Denn ihr Gegenstand ist das reine, empirisch gänzlich unbestimmte Mannigfaltige der Form der inneren Anschauung, das sie demgemäß in offenbar völliger Spontaneität ihrem Gegenstand gegenüber, wenn auch unter ihr fremden Gesetzen, bestimmen kann. Dieser formale (gleichwohl gegenständliche) Gebrauch geht aber nur auf mögliche Erfahrung. Anders gesagt, die transzendentale Urteilskraft ist bloß ein Vermögen, das "a priori die Bedingungen angiebt, welchen gemäß [d. h. mit welchen in Einstimmung, MK] allein unter jenem Allgemeinen subsumirt werden kann" (V 179, vgl. auch V 1837-12 u. 3859-13); sie ist aber nicht dasjenige der eigentlichen empirischen Subsumtion selbst (XX 212l5f). Denn in der Stelle V 183 kann keineswegs, wie Kant will, oder jedenfalls nicht so ohne weiteres, die Angabe der bloßen "Bedingung der Subsumtion" durch transzendentale Urteilskraft2 als Beispiel ftir

1

2

Dies wird sich gleichwohl als unrichtig erweisen. Denn die Spontaneität ist auch hier, erst recht dann bei der Urteilskraft unter mathematischen Begriffen in ihrem reinen Gebrauch, keine absolute. Durch ihre Schematisierung erhält die für sich fast bestimmungslose Zeit, gleichwohl doch auch hier nur nach ihren gegebenen Bedingungen (indem ζ. B. die verschiedenen Teile derselben nicht als zugleich gedacht werden können), Uberhaupt erst bestimmte Bedingungen und gleichsam Strukturen. Mit diesen Bedingungen sind demnach allerdings nun intellektuelle und nur hinzuzudenkende gemeint. Um nur ein noch wiederholt gebrauchtes Beispiel des letzteren zu geben, so ist das Schema der Kategorie der Gemeinschaft das Zugleichsein der inneren Bestimmungen von Substanzen, das sich in der sukzessiven Apprehension als ein solches aber selbst wieder nicht wahrnehmen läßt. (Die Zeit hat ftir sich nur eine Dimension. Aber das anläßlich mehrerer im Raum gegebener Dinge eigentlich nur zu denkende Zugleichsein ist ein Modus derselben.) Sinnli-

16

I. Von der Urteilskraft

e i n e b l o ß e e i n f a c h e Subsumtion

selbst e i n e s mithin s c h o n n a c h seiner b l o ß empiri-

s c h e n S y n t h e s i s irgend korrespondierend

G e g e b e n e n unter d i e K a t e g o r i e gelten.

( S i e ist j e d e n f a l l s n o c h k e i n e S u b s u m t i o n e i n e s e m p i r i s c h b e s t i m m t G e g e b e n e n unter d i e K a t e g o r i e . U n d d i e Zeit, w e n n m a n e s ein w e n i g p a r a d o x a u s d r ü c k e n w i l l , wird

g l e i c h s a m erst durch d i e s e "Subsumtion" unter d i e K a t e g o r i e dieser

"korrespondierend".) D a s V e r m ö g e n der e i g e n t l i c h e n s c h l i e ß l i c h e n

Subsumtion

n ä m l i c h , d a s d i e A n w e n d u n g der s c h o n schematisierten K a t e g o r i e b z w . d e s a u f ihr teils b e r u h e n d e n G r u n d s a t z e s a u f die j e e i n z e l n e , wirkliche

(material

bestimmte)

E r s c h e i n u n g vermittelt, ist e m p i r i s c h e Urteilskraft e b e n unter j e n e n b l o ß Bedingungen

"formalen

der Subsumtion" ( B 3 0 5 ) der transzendentalen. 3

2. K e i n e D e t e r m i n a t i o n durch d i e schematisierte K a t e g o r i e o h n e R e f l e x i o n : e i n erstes m a t h e m a t i s c h e s B e i s p i e l Z u m a n g e s p r o c h e n e n U n t e r s c h i e d einer nur v o r l ä u f i g als "bloß b e s t i m m e n d e " z u b e z e i c h n e n d e n Urteilskraft und einer s o l c h e n , deren D e t e r m i n a t i o n a u f sche

empiri-

B e s t i m m t h e i t e n R ü c k s i c h t n e h m e n m u ß - n ä m l i c h dabei d e f i n i t i v durch R e -

flexion

über d i e s e l b e n in der B i l d u n g ihres E r f a h r u n g s b e g r i f f s -, s e i an dieser

S t e l l e ein B e i s p i e l g e g e b e n . Z u d i e s e m ist aber ausdrücklich a n z u m e r k e n , daß hier

che empirische Bedingung ist hier zunächst die Möglichkeit einer wechselseitigen Folge der im Raum anzustellenden Wahrnehmungen nach einer Regel. 3 Vgl. zur Unterscheidung einer transzendental- und einer empirisch-bestimmenden Urteilskraft Liedtke 1964, 3ff. - Krausser nimmt, was in der Sache die letztere angeht, eine späte Briefstelle, nach der die konkrete empirische kategoriale Zusammensetzung gegebener Erscheinung "durch den Schematism der Urtheilskraft geschieht indem das Z u s a m m e n s e t z e n mit Bewußtsein zum inneren Sinn, der Zeitvorstellung gemäs einerseits, zugleich aber auch auf das Mannigfaltige in der Anschauung gegebene Andererseits bezogen wird" (XII 222f ), zum Anlaß für die folgende Forderung: Das Schema selbst müsse nicht nur "enthalten oder angeben" (Krausser 98) die "Kategorie" sowie "die ' f o r m a l e n B e d i n g u n g e n ' der Sinnlichkeit, 'namentlich des inneren Sinnes', also die Form oder Regel des Anschauens 'Zeit'". (Er meint damit, wenn wir ihn recht verstehen, etwa die Modi ihrer selbst.) Es müsse zugleich immer auch schon "den 'Fall"' angeben, "auf den die jeweilige Kategorie angewendet werden soll. Das heißt genauer: die 'sinnlichen Bedingungen' oder 'Kennzeichen' der Erscheinungen, bei deren [konkretem, MK] Vorliegen die im Schema angegebene Kategorie ... angewendet oder ihre Anwendung 'berichtigt und gesichert' werden soll" (99). Er denkt bei letzterem seinerseits wieder an allgemeine Kriterien, nach denen die Urteilskraft aus der im konkreten Erkennen, d. h. zugleich unter empirisch-psychologischen Bedingungen, wirklich teils an sich zufälligen und häufig gleichsam verworrenen Apprehensionsfolge (etwa wenn man auch nur die Blickrichtung ändert) die dem Schema wirklich und zu Recht entsprechenden Erscheinungen sozusagen würde herausfiltern können. Jedes Schema selbst müsse also bereits "auf je bestimmte (von anderen Schemata verschiedene) Verhältnisse von solchen aktivitätsabhängig variierenden bzw. konstanten und aktivitätsunabhängig variierenden bzw. konstanten Erscheinungen und Erscheinungsänderungen als Kennzeichen Bezug nehmen" (107), deren Anwendung denn auch erst gelernt werden müsse. - Da dies nun aber seinerseits eine Rückfrage ins Unendliche gibt, kann man es aber wohl auch gleich dabei belassen, daß einfach die talentierte und geübte empirisch bestimmende Urteilskraft die bestimmte Anwendung des Schemas, d. h. ohne weitere Kriterien, schon leisten und bewerkstelligen werde.

Α. Empirische und transzendentale Urteilskraft

17

im Gegensatz zu der auf empirische Bestimmtheiten Rücksicht nehmenden nicht etwa von jener transzendentalen, sondern, im folgenden reinen Fall der mathematischen Konstruktion, von einer solchen gleichfalls bereits unter Bedingungen derselben, nämlich bereits in einem konkreten Operieren hier mit Zahlen (Schemata), die Rede ist. Denn die reine Determination der Mathematik durch Konstruktion ist dennoch gleichfalls eine Handlung der empirischen Urteilskraft. Sie ist kein fehlerhafter transzendentaler Verstandesgebrauch und auch kein richtiger im Sinne der Erklärung von Β 80 unten; sie ist auch, worauf es hier vornehmlich ankommt, kein bloßes Schematisieren. Sie ist eine einzelne und bestimmte Handlung der empirischen Urteilskraft, sofern dabei aber bloß die mögliche Form der empirischen Anschauung a priori in concreto fur sich betrachtet wird (reine Anschauung). Die transzendentale Urteilskraft dagegen gibt lediglich in philosophischen Sätzen im allgemeinen an, daß alle Anschauung extensive Größe und daß das Schema der Größe hierbei die Zahl sei - woraus sich aber nicht ein einziger bestimmter mathematischer Satz ableiten läßt. - Hier also nun das angekündigte Beispiel: "Wenn ich mir a priori ein Quadrat denke, so kann ich nicht sagen, dieser G e d a n k e sey Erfahrung; wohl aber kann dieses gesagt werden, wenn ich eine s c h o n g e z e i c h n e t e Figur in der Wahrnehmung auffasse, und die Zusammenfassung des Mannigfaltigen derselben vermittelst der Einbildungskraft unter dem [in diesem Fall durch Reflexion über die Weise ihrer Auffassung erst noch zu findenden, MK] Begriff eines Quadrats denke. In der Erfahrung und durch dieselbe werde ich vermittelst der Sinne b e l e h r t ; allein wenn ich ein Object der Sinne mir blos willkührlich denke, so werde ich von demselben nicht belehrt und hänge bei meiner Vorstellung in nichts vom Objecte ab, sondern bin gänzlich Urheber derselben." (XVIII 318f.)

Zieht man also in Gedanken eine Linie, so kann man sie ziehen, so groß man will (so weit die reine Einbildungskraft vermag). Macht man dagegen "die empirische Anschauung" einer wirklich gezeichneten Linie "durch Apprehension des Mannigfaltigen derselben zur Wahrnehmung" und denkt sie unter dem ihre zunächst wesentlich 4 synthetische Einheit enthaltenden Begriff einer "Linie", so muß man sie zwar "gleichsam" auch zeichnen (siehe Β 162 das Hausbeispiel). Aber dieses Zeichnen ist hier wesentlich ein Nachzeichnen und Verbinden dessen, was sich im Raum immer schon empirisch beisammen5 findet. Und die Linie läßt sich wie jedes reale Objekt, dessen Grund für unser Bewußtsein nicht nur im Verstand in Beziehung auf die reine Form der Sinnlichkeit liegt, in der Apprehension nicht größer machen, als sie (empirisch) ist.

4

5

Dieser Begriff von der bloßen Weise ihrer Auffassung ist unabhängig davon möglich, ob es noch andere Linien gibt, die sich nach zusätzlich sich ergebender analytischer Einheit des Bewußtseins ebenfalls unter ihm erkennen ließen. Der Unterschied von "beisammen" und "zusammen" (dann als verbunden) wird in der Folge noch von Wichtigkeit sein.

18

I. Von der Urteilskraft

Die Einbildungskraft ist nämlich "bei der Auffassung eines gegebenen Gegenstandes der Sinne an eine bestimmte Form dieses Objects gebunden" (V 240). Das heißt, sie ist nicht gänzlich produktiv, sondern auch reproduktiv, denn das empirisch Mannigfaltige, das diese nicht willkürlich bestimmbare Form konstituiert, ist ihr gegeben. (Das Haus hört schlichtweg immer an der gleichen Stelle auf.) Sie ist also als eine "wacAbildende" (B 794) von einer bloß produktiven, als von einer "Urheberin willkürlicher Formen möglicher Anschauungen", zu unterscheiden (V 240), auch wenn ansonsten beide die gleiche Handlung der Synthesis, aber nur der Form und Funktion derselben nach, verrichten (B 271). - Urteilskraft ist das Vermögen der Darstellung eines Begriffs (Fall einer Reget). Sie macht also das eigentlich so zu nennende Vermögen der Darstellung aus, "einem gewissen Begriffe gemäß", der dabei nämlich gegeben sein muß, etwas "in einem Bilde vorzustellen" (B 179). Einbildungskraft dagegen ist das Vermögen der bloßen (blinden) "Darstellung" ohne dieses Bewußtsein der Regel6. Das obige "welchen gemäß" nun (von S. 15) ist in der aus der Einleitung in die Kritik der Urtheilskraft bereits zitierten Passage zur Unterscheidung von bestimmender und reflektierender Urteilskraft der einzige Hinweis darauf, daß in der Anwendung der Kategorie auf Erscheinung eine Übereinstimmung zu beurteilen und also eine Handlung der Reflexion zu vollziehen ist. Die von Kant "blos wegen ihrer für den Text unproportionirten Weitläufigkeit" (XI 396) verworfene Erste Einleitung kann eben um dieser Weitläufigkeit willen deutlicher werden, und dieser wenden wir uns hiermit zu.

B. Die empirische bestimmende Urteilskraft "in ihrer Reflexion zugleich bestimmend" 1. Bloß reflektierende und bestimmende Urteilskraft in der Ersten Einleitung "Die Urtheilskraft kann entweder als bloßes Vermögen, über eine gegebene Vorstellung, zum Behuf eines dadurch möglichen Begrifs, nach einem gewissen Princip zu r e f l e c t i r e n , oder als ein Vermögen, einen zum Grunde liegenden Begrif durch eine gegebene empirische Vorstellung zu b e s t i m m e n , angesehen werden.

6

Vgl. XX 22014-22, V 1923tff. und 384 bzw. 23225. - Es bleibt also bei allen Parallelen, die sich dadurch ergeben, daß die Einbildungskraft ein Teilvermögen der Urteilskraft ist, unrichtig, wenn Mörchen in der Heideggernachfolge herausstellt, Kant habe bei "Urteilskraft" und "Einbildungskraft" von vornherein "ein einheitliches Phänomen im Auge" (174) gehabt, das er dann nur künstlich und nachträglich abstrahierend auseinandergelegt und aufgespalten habe, und diese beiden Ausdrücke dürften als "geradezu synonym" (174) gelten. Was die Einbildungskraft, nach der bloßen Funktion des Größenbegriffs, fiir sich leisten kann, was sie aber auch alles gar nicht mehr leisten kann, wird sich in allem Folgenden noch zeigen. Im übrigen ist dem Heideggerschen Ansatz schon mit treffenden Argumenten von Henrich (1955) begegnet worden.

Β. Empirische Urteilskraft „in ihrer Reflexion zugleich bestimmend" Im ersten Falle ist sie die r e f l e c t i r e n d e , im zweyten die Urtheilskraft." (XX211)

19

bestimmende

Sieht man von empirischen Begriffen ab und beschränkt seine Betrachtung auf reine Verstandesbegriffe (ohne noch zu untersuchen, wie diese wieder zusammenhängen), so ist die Urteilskraft unter "zum Grunde liegenden" Kategorien zweifellos bestimmende. Dabei fällt aber auf, daß nicht, was natürlich auch der Fall ist, die "gegebene empirische Vorstellung" durch den "zum Grunde liegenden Begrif', sondern daß umgekehrt dieser, als ein seinerseits für sich Unbestimmtes (S. 3), durch jene eine Bestimmung erfährt (vgl. auch Β 158). Das ist ein erster Hinweis darauf, daß diese "gegebene empirische Vorstellung" doch selbst bereits ein irgend Bestimmtes sein muß. Daß aber die Urteilskraft unter Kategorien bestimmende ist, bedeutet nicht, und zwar fur die dabei ausgeübten Handlungen nur scheinbar entgegen dem "entweder oder", daß sie nicht dennoch zugleich eine reflektierende ist. - Die Erste Einleitung konzentriert sich zwar, wie überhaupt die dritte Kritik als Kritik einer bloß reflektierenden und bei der ästhetischen speziell auch "reinen Urtheilskraft" (V 179), auf die Darstellung des der Urteilskraft eigentümlichen "Princips der Vorstellung der Natur, als eines Systems für unsere Urtheilskraft, in welchem das Mannigfaltige, in Gattungen und Arten eingetheilt, es möglich macht, alle vorkommende Naturformen durch Vergleichung auf Begriffe (von mehrerer oder minderer Allgemeinheit) zu bringen" (XX 212). Sie spricht jedoch auch die reinen Verstandesbegriffe als Prinzipien der Reflexion an. Denn wenn Kant betont, daß das Reflektieren "für uns eben so wohl eines Princips" bedarf "als das Bestimmen, in welchem der zum Grunde gelegte Begrif vom Objecte, der Urtheilskraft die Regel vorschreibt und also die Stelle des Princips vertritt" (XX 211), so ist schon rein syntaktisch nahegelegt, daß mit letzterem gleichfalls kein anderes als ein Prinzip der Reflexion gemeint sein dürfte. Diesen Sachverhalt verdeutlichen in ihrem Zusammenhang die unmittelbar folgenden drei Absätze (hier als "A", "B" und "C"), von denen der erste ("A") wie folgt lautet: "Das Princip der Reflexion über gegebene Gegenstände der Natur ist: daß sich zu allen Naturdingen empirisch bestimmte B e g r i f f e finden lassen, welches ebenso viel sagen will, als daß man allemal an ihren Producten eine Form voraussetzen kann, die nach allgemeinen, für uns erkennbaren Gesetzen möglich ist. Denn dürften wir dieses nicht voraussetzen und legten unserer Behandlung der empirischen Vorstellungen dieses Princip nicht zum Grunde, so würde alles Reflectiren bloß aufs Gerathewohl und blind, mithin ohne gegründete Erwartung ihrer Zusammenstimmung mit der Natur, angestellt werden." (XX 21 lf.)

Die Struktur der drei Abschnitte ist nun einigermaßen verwickelt und läßt sich überhaupt nicht zu völliger Deutlichkeit bringen. (Im Grunde ist es einzige Aufgabe der vorliegenden Arbeit, dem in ihnen und vornehmlich ihrem zweiten mehr Gemeinten als für verschiedene denkbare Fälle (vor allem S. 274ff.) jeweils ange-

20

I. Von der Urteilskraft

messen Gesagten vielleicht zu etwas größerer Deutlichkeit zu verhelfen.) - Nach der naheliegenden Lesart bilden dieser Absatz ("A") und der übernächste ("C") um den dazwischen stehenden ("B"), den wir gleich noch anführen werden, einen Rahmen. (In diesem Sinn liest sich die zu "A" gehörige Anmerkung, in der sich dieser Aufbau wiederholt, und so ist es im Kontext der dritten Kritik auch gemeint.) Sie betonen beide nämlich die Notwendigkeit eines der reflektierenden Urteilskraft eigenen Prinzips. Und sie setzen dadurch letztere von der unter "allgemeinen Naturbegriffen" (in "B") ab, die eines solchen eigentümlichen Prinzips nicht bedarf. Hiermit erschöpft sich aber zunächst der Unterschied, und die Sache mit dem Text und überhaupt diesen mit sich selbst in Einklang zu bringen, gestaltet sich schwierig. "A" erfüllt nämlich zugleich die Funktion einer allgemeinen Einleitung in "C" und "B", ist also "B" nicht nur entgegengesetzt, und das "alles Reflectiren" am Ende von "A" wird in beiden wieder aufgegriffen und geradezu dichotomisch eingeteilt und spezifiziert.7 Der Unterschied reduziert sich auf ein Reflektieren nach einem der Urteilskraft eigenen, "besondern"8 Prinzip (vgl. "B") in "C" einerseits und ein Reflektieren nach (ihr nicht eigenen) Prinzipien der Reflexion in "B" andererseits. Beim ersten entsteht ein System empirischer Begriffe, nämlich von numerisch verschiedenen Naturprodukten schon in analytischer Vergleichung mit anderen, beim zweiten aber überhaupt erst ein Erfahrungsbegriff "ohne besondere empirische Bestimmung"9. Wie die Urteilskraft in ihrer Reflexion nach ihrem eigenen Prinzip unter den dadurch gefundenen empirischen Begriffen zugleich bestimmende wird, d. h. immerhin subjektiv (als eigentlich aber bloß "reflektierende"), haben wir in der Einleitung bemerkt. Es wurde auch gerade eben erst gesagt, daß beim Bestimmen unter einem bereits "zum Grunde gelegten" (wiederum empirischen) Begriff eben dieser "die Stelle des Princips" der Reflexion vertritt. Diese Reflexion ist ja hier nichts anderes als eine "bloße Vergleichung" (XX 2137) von Anschauung und gegebenem Begriff 10 . Daß aber auch und zunächst die objektive Bestimmung der

7

8

9

10

Es könnte also vielleicht sogar in "A", anders allerdings als in der zugehörigen Anmerkung, von dem auch bereits die erste Kritik einschließenden "Princip der Reflexion" überhaupt über gegebene Gegenstände die Rede sein. Vgl. V 386, wo ebenfalls ein "besonderes Princip der Reflexion" dem durch den Verstand gegebenen "objectiven Princip" (sc. gleichfalls der Reflexion und dann auch Determination) entgegengesetzt ist. Man vergleiche zu diesem letzteren ein wenig irreführenden Ausdruck S. 65, Anm. 77 sowie S. 228f., Anm. 321. Vgl. auch XX 22531 und Β 179 unten. "Bloße Vergleichung" heißt natürlich analytische Vergleichung schon der jeweiligen Synthesis (der Apprehension und Reproduktion bzw. der Apperzeption oder Rekognition). Das heißt, hier liegt eine synthetische Reflexion im Erfahrungsbegiiff zum allerwenigsten bereits zugrunde. Wann hier übrigens überhaupt von einer analytischen Vergleichung nur die Rede sein darf und wann nicht, wird uns noch eigens beschäftigen (S. 195ff., ee.; siehe bes. auch S. 205f., Anm. 285 und ansonsten vor allem S. 259ff., Anmerkung). Bei einer

Β. Empirische Urteilskraft „in ihrer Reflexion zugleich bestimmend"

21

Erscheinung durch den reinen Verstandesbegriff aus Reflexion erwächst, formuliert der angekündigte, für die Richtigkeit unseres Ansatzes entscheidende Absatz "B":

"In Ansehung der allgemeinen Naturbegriffe, unter denen überhaupt ein Erfahrungsbegrif (ohne besondere empirische Bestimmung) allererst möglich ist, hat die Reflexion im Begriffe einer Natur überhaupt, d. i. im Verstände, schon ihre Anweisung [ihr Prinzip oder vielmehr ihre Prinzipien, MK], und die Urtheilskraft bedarf keines besondern Princips der Reflexion, sondern s c h e m a t i s i r t dieselbe [die "Naturbegriffe", MK] a priori und wendet diese Schemata auf jede empirische Synthesis an, ohne welche gar kein Erfahrungsurteil möglich wäre. Die Urtheilskraft ist hier in ihrer Reflexion zugleich bestimmend und der transscendentale Schematism derselben dient ihr zugleich zur Regel, unter der gegebene empirische Anschauungen subsumirt werden." (XX 212) 1 1

Wenn es also im folgenden Absatz "C" heißt, daß die Urteilskraft "zu solchen Begriffen, die zu gegebenen empirischen Anschauungen allererst sollen gefunden werden", eines "eigenthümlichen, gleichfalls transscendentalen Princips ihrer Reflexion" (XX 213) bedarf (wobei doch wohl auch der Erfahrungsbegriff, nämlich in seinem a priori nicht gegebenen oder ableitbaren materialen Teil nach den Kategorien "allererst" gefunden werden muß und nicht etwa mit der bloßen Appre-

solchen analytischen Vergleichung wäre an eine mögliche Vielheit gleicher Objekte wenigstens immer schon zu denken. " Unsere Interpretation berührt sich zwar im ersten Ansatz mit derjenigen Liedtkes. Denn "die empirisch-bestimmende Urteilskraft kann eine reflektierende Urteilskraft heißen, die zu ihrer Reflexion über eine bestimmte Anweisung verfügt" (1964, 137). Es kann aber nicht genug betont werden - was, wie noch deutlich werden wird, von Liedtke alles andere als immer sauber auseinandergehalten wird -, daß hier wirklich nur pointiert von "einer" reflektierenden Urteilskraft gesprochen werden kann. Sie hat nämlich mit "der" reflektierenden Urteilskraft (und ihrer Reflexion), durch die sie nur, und auch bloß in der Regel, in gewissem noch anzugebenden Sinne de facto "eingeschränkt" (137) ist, überhaupt nichts zu tun. Die Rede darf hier also immer nur von der (in ihrer Reflexion zugleich) "bestimmenden" Urteilskraft sein. Aber auch so auf die auch regulativen Analogien der Erfahrung hin modifiziert, die in der Tat die "bestimmte Anweisung" zur Reflexion der bestimmenden Urteilskraft hergeben werden, ist dieser Ansatz zunächst einmal zu Recht einigen schwerwiegenden Angriffen ausgesetzt: "Diese Interpretation hat - abgesehen davon, daß sie am Kantischen Text wohl kaum die Probe besteht - bedenkliche Folgen, insofern dann die objektive Gültigkeit von Erfahrung, da Kant die reflektierende Urteilskraft auf bloß regulative Geltung einschränkt, kaum noch aufrecht erhalten bliebe. Erfahrung wäre dann tatsächlich nur uneigentlich so genanntes Wissen" (Mertens 98 Anm.). Was diese "bedenklichen Folgen" angeht, so geben wir das ganze Argument zu. Das kann aber keinen Einwand gegen den vorgetragenen Ansatz bedeuten, da sich diese Folgen bei Kant selbst, d. h. auch unter den an sich auch konstitutiven Analogien, genau so einstellen werden. Was zweitens die mangelnde Textgrundlage betrifft, werden wir in allem Folgenden hinreichend viele Mosaiksteine zusammentragen, die zwar kein vollständiges Bild ergeben können, die aber, was das Bild offenbar darstellen soll, in ihrer Gesamtheit doch immer sehen lassen. Übrigens erledigt sich hiermit auch gleich ein Einwand, den möglicherweise Guyer 1989 vorbringen könnte. Denn wenn er das im Duisburgschen Nachlaß Vorgefundene, das wir über weite Strecken unserer Erörterung einer "Exposition der Erscheinung" zugrunde legen werden, in vielem zu Recht als eine nur vorläufige Position Kants auffaßt (etwa Guyer 1989, 48), so wird doch gleichwohl dasjenige, was dabei für uns einzig jeweils von Wichtigkeit ist, bis noch ins späte Opus postumum, wie sich zeigen wird, unverändert bleiben.

22

I. Von der Urteilskraft

h e n s i o n s c h o n g e g e b e n als g e b i l d e t ist), s o stellt dabei d a s "gleichfalls" a u f "B" z u r ü c k v e r w e i s e n d j e n e " a l l g e m e i n e n N a t u r b e g r i f f e " als e b e n s o l c h e transzendentalen, der Urteilskraft aber nicht e i g e n t ü m l i c h e n Prinzipien der R e f l e x i o n 1 2 vor. M a n kann d e m n a c h das "gleichsam" nicht betont g e n u g lesen, w e n n d i e s c h e m a t i s c h e S u b s u m t i o n als " g l e i c h s a m b l o s m e c h a n i s c h " 1 3 charakterisiert wird (S. 8). D e n n soll die dann e m p i r i s c h e Urteilskraft die transzendentalen "Schemata a u f j e d e e m p i r i s c h e Synthesis" erst anwenden chung

( s i e h e o b e n "B"), und z w a r durch

Verglei-

mit ihnen als d e n R e g e l n a priori ( A n m . 12), s o m u ß d i e s e e m p i r i s c h e S y n -

t h e s i s d o c h v o n j e n e n u n a b h ä n g i g g e g e b e n sein. V o m W a h r n e h m u n g s u r t e i l aber als einer s o l c h e n bloß e m p i r i s c h e n S y n t h e s i s n o c h o h n e z u s ä t z l i c h g e d a c h t e

objek-

tive V e r b i n d u n g durch die K a t e g o r i e wird n o c h b e i l ä u f i g z u s p r e c h e n sein.

12

In einer im Manuskript gestrichenen Stelle von "C" bemerkt Kant, daß "mit eben demselben Recht" (sc. wie in "B") von den empirischen Formen als solchen gefragt werden müsse (und dies erst ist die Frage der dritten Kritik), "wie und durch welche Reflexion wir zu ihnen, als gesetzmäßigen Naturformen gekommen sind" (XX 213). Die Rede ist hier offenbar also lediglich von einer anderen Reflexion. Kant dürfte diese Stelle mit einiger Sicherheit lediglich aus den folgenden Gründen gestrichen haben: Zunächst kann die reflektierende Urteilskraft ihr Prinzip ja, wie er nur wenige Seiten vorher ausführt, keineswegs als Gesetz, sondern lediglich als eine "subjectiv//nothwendige transscendentale V o r a u s s e t z u n g " (XX 209) geltend machen. Deshalb kann auch die Subsumtion unter nach diesem Prinzip gefundene empirische Begriffe immer nur eine insofern subjektiv gültige "Bestimmung" abgeben. Gerade die Reflexion aber nach Kategorien in "B", von denen Kant in dieser gestrichenen Stelle von "C" als von "transscendentalen Principien", "nach welchen Wahrnehmungen [synthetisch (S. 78ff.), MK] verglichen werden müssen", ja auch ganz seiner jetzigen Absicht zuwider, sofern davon nämlich gerade in "B" bereits gehandelt wurde, weiter redet (nämlich im Plural), führt zur Bestimmung der angesprochenen gesetzmäßigen Naturformen. (Das Prinzip der Urteilskraft geht gar nicht selbst auf mögliche Gesetze, sondern nur noch auf mögliche als findbare Gleichheit von empirischen Gesetzen.) Bei der Bestimmung aber der gesetzmäßigen Naturformen kann eine dann erst nach dem synthetischen, aber nicht objektiven Prinzip der Urteilskraft statthabende analytische Vergleichung dieser Naturformen untereinander, bei der jedoch jene Vergleichung ihrer Wahrnehmungen nach der schematisierten Kategorie umgekehrt jeweils schon mitzudenken ist (nämlich mit ihr und dadurch innerhalb des empirisch Mannigfaltigen dieser Wahrnehmungen auch mittels ihrer), noch gänzlich unberücksichtigt bleiben. Nach analytischer Einheit des Bewußtseins zu bestimmen, daß alle Metalle gewisse Gesetzmäßigkeiten zeigen, macht prinzipiell keine Bestimmung auch nur einer einzigen weiteren, sondern bloß noch einer ähnlichen Gesetzmäßigkeit aus. Das ist denn auch als solches zunächst nur subjektiv von Bedeutung, und es bestimmt für sich keinerlei nexus als eine objektive Verknüpfung wieder zwischen diesen bloß ähnlichen Dingen. Es ist nur noch um eine Erweiterung eines empirischen Gattungsbegriffs um ein Merkmal dessen bloßer analytischer Allgemeinheit nach zu tun.

13

Gerade das "Verfahren nach einer Regel, welches keiner Urtheilskraft bedarf, ist mechanisch" (XV 411). In diesem Sinn läßt sich die obige Frage, ob die transzendentale Urteilskraft etwa ohne Reflexion schematisiere, auch so fassen, ob sie denn überhaupt Urteilskraft sei (S. 25).

Β. Empirische Urteilskraft „in ihrer Reflexion zugleich bestimmend"

23

2. Unterschiedliche Reflexionen von bloß reflektierender und bestimmender Urteilskraft und unterschiedliche sich ergebende Begriffe Ist die Urteilskraft unter reinen Verstandesbegriffen "in ihrer Reflexion zugleich bestimmend", so sind auch die zuletzt (S. 18f.) angegebenen Erklärungen von bestimmender und reflektierender Urteilskraft in Verbindung zu betrachten (das "entweder oder" bezieht sich lediglich auf das "bloßes"). In der Tat sind beide so allgemein gehalten, daß sie zumindest je zwei Lesarten, die ihrerseits im Zusammenhang erörtert werden müssen, nicht nur zulassen, sondern im Licht des in Absatz "B" Gesagten und alles in dieser Arbeit noch Folgenden auch notwendig machen. Es ist nämlich ganz unbestimmt von einer "gegebenen [empirischen] Vorstellung", einem "Princip" und einem "Begrif' die Rede. Reflektiert die Urteilskraft analytisch nach ihrem eigenen Prinzip über gegebene empirische Anschauungen und deren Erfahrungsbegriffe, die nach dem noch Folgenden prinzipiell immer schon ohne dieses Prinzip synthetisch bildbar sind, so entsteht ein empirischer Begriff von (gleichen) Naturprodukten. Ist dieser aber erst einmal ausgefunden (aufgefunden werden muß er auch als ein im Verstand bereitliegender allemal), so hört sie auf, bloßes Vermögen der Reflexion zu sein und wird unter diesem nun gewissermaßen "zum Grunde liegenden" empirischen Begriff zur (hier allerdings, wie gesagt, Wesentlichenteils bloß subjektiv gültig) bestimmenden Urteilskraft selbst. 14 Der für sich noch unbestimmte Begriff aber wird dadurch wieder zu einem Bestimmten, indem er durch Prädikate der empirischen Anschauung bestimmt wird. - Liegt dieser aber sogar als ein im Bewußtsein schon gegenwärtiger "zum Grunde" (ohne erst zu finden, geschweige auszufinden zu sein), so nimmt er selbst als Prinzip der Determination "die Stelle des Princips" der Reflexion, nämlich die korrespondierende Anschauung zu finden15, ein. Was dabei dann die Vergleichung und Beurteilung der Übereinstimmung des Mannigfaltigen sowie seiner Verbindung von Begriff und Anschauung betrifft, ist es gänzlich einerlei, ob man von jenem zu dieser, ist sie einmal gefunden, oder umgekehrt fortgeht. Es läßt sich ja gar nicht denken, erst den einen und dann die andere oder erst diese und dann jenen zu vergleichen. Vielmehr ist beider Einstimmung in dem einen, gleichwohl seiner subjektiven Form nach vermittelst der Reproduktion der Einbildungskraft synthetischen Bewußtsein eines Urteils zu denken. Und das unmittelbare Einsehen, daß Begriff und Anschauung dasselbe enthalten - wobei demnach insofern bloß analytische Einheit der jeweiligen Synthesis im Vorgestellten selbst gedacht wird -, ist bei bestimmender und (nicht bloß)

14

15

Vgl. hierzu aber erneut richtiger S. 7f., Anm. 15. In Rede stehen kann hier nur eine Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft! Wie man sieht, wiederholt sich beim Bestimmen die Zweideutigkeit von "erfinden" und "finden": Die Darstellung ist entweder a priori oder, wie hier, vermittelst auch des empirischen Schematismus nur empirisch möglich. Siehe S. 15ff. und damit im Zusammenhang auch Anm. 1.

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I. Von der Urteilskraft

reflektierender Urteilskraft identisch. Schließlich ist bestimmende Urteilskraft "das Vermögen zu unterscheiden, ob eine Regel an dieser Stelle gebraucht werden soll, also das Vermögen unter eine Regel zu subsumiren" (XXIV 883). Zu unterscheiden aber, ob eine Regel "an dieser Stelle gebraucht werden" kann, macht mindestens Überlegung, nämlich hier eine Vergleichung von "Regel" und "Stelle" (Begriff und Anschauung), erforderlich. Reflektiert die Urteilskraft aber synthetisch als objektiv bestimmende (als "bestimmende") nach reinen Verstandesbegriffen als Prinzipien über gegebene empirische Vorstellung - sei diese nun empirische Anschauung oder sei sie selbst bereits ein aus ihr, die allenfalls einmal die Zustände nur eines Objekts bezeichnen mag und also dann kein zusätzliches Prinzip der Urteilskraft selbst erforderlich macht, gebildeter bloß empirischer Begriff -, so entsteht überhaupt erst ein Erfahrungsbegriff. Denn auch die Kategorien werden sich uns als "empirisch bestimmte Begriffe" (vgl. "A") entdecken. Und das "ohne besondere empirische Bestimmung" ("B") wird demgemäß ebenfalls noch zu erläutern sein - ein weiterer Hinweis darauf, daß "A", wenn nicht dem Kontext, so doch der Sache nach, zu "B" und "C" gleichermaßen hinfuhrt. Wie aber diese Reflexion über die Erscheinung sich zuträgt und wie sich dabei bloß empirischer Begriff (auf der Stufe eines nur subjektiven Wahrnehmungsurteils), Erfahrungsbegriff (er entspricht dem Erfahrungsurteil 16 ) und empirischer Begriff von Naturprodukten unterscheiden (oder nicht) und wieder bedingen, wird uns noch ausführlich beschäftigen. 17 Dagegen seien in den verbleibenden drei Abschnitten dieses ersten Kapitels abschließend einige allgemeine Bemerkungen zur Urteilskraft gemacht. Denn wenn sich vorfuhren läßt, daß diese überhaupt zugleich reflektierend verfährt, muß damit auch die uns vornehmlich interessierende empirische Urteilskraft (unter bereits schematisierten Kategorien) eine zugleich reflektierende sein.

C. Vermischtes zu Urteilskraft, Reflexion und Reflexionsbegriffen 1. Reflexion überhaupt und Urteilskraft. Die "Überlegung" des Amphiboliekapitels " R e f i e c t i r e n (Überlegen) aber ist: gegebene Vorstellungen entweder mit andern, oder mit seinem Erkenntnißvermögen, in Beziehung auf einen dadurch möglichen Begrif, zu vergleichen und zusammen zu halten. Die reflectirende Urteilskraft ist diejenige, die man auch das Beurtheilungsvermögen (facultas dijudicandi) nennt." (XX 211) 1 8

16 17 18

Siehe aufs neue oben "B", wo beide Begriffe im selben Sinn gebraucht sind. Vgl. differenzierter als hier S. 242ff„ bes. S. 274ff. Man vgl. die hier gegebene Erklärung von "Reflectiren", als einer Vergleichung "gegebener Vorstellungen", mit derjenigen, die Kant von den Reflexionsbegriffen gibt. Diese machen Begriffe

C. Vermischtes zu Urteilskraft, Reflexion und Reflexionsbegriffen

25

Wenn man selbst macht, beurteilt man nicht (nämlich etwas schon Gegebenes). Es. ist also eine noch ausstehende Frage, ob die transzendentale Urteilskraft ein "Beurtheilungsvermögen" ist. Soll aber, hiervon abgesehen, Urteilskraft überhaupt als Beurteilungsvermögen verstanden werden, dann muß sie immer zugleich reflektierende sein. "Reflexion und deren Form" ist ja "die eigenthümliche Handlung der Urtheilskraft", durch die sie nämlich "von empirischen Anschauungen zu Begriffen überhaupt strebt" (XX 249). Und hörte sie als bestimmende auf, reflektierende zu sein, so würde sie auch, indem sie demnach ihr Eigentümliches verlöre, aufhören, überhaupt Urteilskraft zu sein. Das eigentlich Neue 19 aber in der dritten Kritik ist nicht die Konzeption einer reflektierenden, sondern die einer bloß reflektierenden oder sogar speziell, im Fall der ästhetischen, einer reinen Urteilskraft. Reflektierende Urteilskraft ist aber, als Beurteilungsvermögen, zugleich das Reflexions- oder Überlegungsvermögen überhaupt. Denn zum einen werden "Reflexion" und "Beurteilung" ganz synonym gebraucht, wenn in der Kritik der Urtheilskraft im selben Sinn von "bloßer Reflexion" und von einer "bloßen Beurtheilung vor allem Begriffe" gesprochen wird (V 289, auch 2814 u. 30625). Zum anderen begegnen wir hier einem in der Einleitung aufgeworfenen Problem wieder, wo j a der Einfall des Witzes einer Untersuchung durch die Urteilskraft bedurfte - welche Untersuchung nun mit "Überlegung" in Verbindung gebracht wird. Denn der "Einfall ist der Anfang des Nachdenkens, Allein der Einfall gehet vor; die phantasie rührt zwar als Einfall am meisten, aber muß gleichwohl die Probe des Nachsinnens und der Überlegung aushalten" (XV 205). 20 Letztere stellt hier nämlich, bei der Begriffs- bzw. Urteilsbildung, nichts anderes als eine subjektive Untersuchung dar. Sie ist also nach der obigen Erklärung eine Vergleichung der "gegebenen Vorstellungen" noch nicht "mit andern" ("Reflectiren" als "comparatio"), sondern zunächst "mit seinem Erkenntnißvermögen" ("reflexio" im engeren Sinn). Denn die "richtige Bestimmung" ihres ersteren als objektiven "Verhältnisses beruht darauf, in welcher Erkenntniskraft sie s u b j e k t i v zueinander gehören, ob in der Sinnlichkeit oder dem Verstände" (B 317).

19

20

der "Vergleichung schon gegebener Begriffe" bzw. der Reflexion Uber "vorkommende Vorstellungen" aus (IV 326 bzw. XVIII 73). Vgl. bereits 1772: "Jeder Mensch dessen Gemilth bewegt oder dessen Gefühl gerührt oder gereizt ist, ist nicht capable mehr zu reflectiren. Hieraus ist klar, daß die Rührung der logischen Vollkommenheit zuwider sey. Denn man muß ganz ruhig seyn wenn man einen Gegenstand richtig beurtheilen soll" (XXIV 367). Aber auch das, was später die logische Reflexion als eine "bloße Komparation" (B 318) der Begriffe werden soll, ist schon 1764 der Urteilskraft zugewiesen, wenn von "Begriffen" die Rede ist, deren "die Urtheilskraft nachher sich bedient, um sie zu vergleichen" (II 270) und, wie man hinzufügen darf, zu verknüpfen oder zu trennen. Zur Identifizierung von "Reflexion" und "Nachdenken" siehe etwa V 30032 bzw. 37522 und VII 39815f.. Die "phantasie" ist hier übrigens bezeichnenderweise, nach der Wolffschule, kein anderes Vermögen als der "sinnliche Witz" (XXIV 104).

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I. Von der Urteilskraft

Überlegung ist sogar bei solchen Urteilen erforderlich, die keine Untersuchung benötigen, weil sie "unmittelbar gewiß sind: ζ. B. zwischen zwei Punkten kann nur eine gerade Linie sein". Und "alle Urteile, ja 21 alle Vergleichungen bedürfen einer Ü b e r l e g u n g , d. i. einer Unterscheidung der Erkenntniskraft, wozu die gegebenen Begriffe gehören" (B 316f.). Oder anders formuliert: "Alle Unmittelbare Warheiten bedürfen keiner Untersuchung ausser eine subiective, ob sie aus Verstände oder Gewonheit [Sinnlichkeit, MK] entspringen, d. i. Überlegung" (XVI 403). Nun wird man vielleicht bezweifeln, ob hier mit Recht die "Überlegung" der reflektierenden Urteilskraft mit der im Amphiboliekapitel der ersten Kritik in Verbindung gesetzt oder gar identifiziert wird - würde dies doch ohne weiteres nahelegen, daß bereits in dieser ersten Kritik die Urteilskraft unter Kategorien als "in ihrer Reflexion zugleich bestimmend" konzipiert wäre und daß die Reflexionsbegriffe sich damit ganz natürlich als die eigentümlichen Handlungen der Urteilskraft zu erkennen gäben. (Ist Reflexion die "eigenthümliche Handlung der Urtheilskraft" und sind die Reflexionsbegriffe die "bloßen Handlungen der Reflexion" (B 334) selbst, so liegt dieser Schluß ja auch nicht fern.) Es würde aber andererseits erklären, weshalb die Behandlung ihrer "Amphibolie", als eine Frage, die zum Teil schon "den empirischen Verstand angeht" (XVII 642), in einen "Anhang" verbannt ist, und zwar wohl speziell zum dritten Hauptstück der transzendentalen Doktrin der Urteilskraft. Wir wollen hier keine Detailanalysen versuchen, sondern nur den Zusammenhang des Amphiboliekapitels mit der reflektierenden Urteilskraft der dritten Kritik plausibel machen, indem wir lediglich einige Parallelen aufzeigen.22 In der Tat ist ja beider Thema "Reflexion" und "Komparation" und dementsprechend Begriffs- und Urteilsbildung, und die transzendentale Überlegung der Kritik der reinen Vernunft ist nur ein Spezialfall der obigen allgemeineren Erklärung von "Reflectiren". In ihr geht nämlich das zweite Moment dieser letzteren, die Vergleichung "mit seinem Erkenntnißvermögen", dem ersten, der Vergleichung "mit andern", vor. Es macht diese comparatio als objektive erst möglich. Denn die "Handlung, dadurch ich die Vergleichung der Vorstellungen überhaupt [mit anderen, MK] mit der Erkenntniskraft zusammenhalte, darin sie angestellt wird, und wodurch ich unterscheide, ob sie als zum reinen Verstände oder zur 21

22

Dieses "ja" heißt "ja bereits": Die Vergleichung geht dem (bestimmend) Urteilen vor, indem sie mit dem Beurteilen zusammenfällt respektive es wohl selbst ist. Vgl. überhaupt, an Gründlichkeit kaum zu überbieten, die immer mit Bezug auf Kant* vorgenommene Darstellung der Entwicklung des ganzen zusammengehörigen Begriffskomplexes "Urteilskraft", "Reflexion", "Vergleichung", "Einerleiheit" und "Verschiedenheit" sowie entsprechend "Witz" und "Scharfsinn" usw. durch die Tradition bei Liedtke 1964, 33 bis 108. Es ist erstaunlich genug, daß Liedtke in seiner Beleuchtung der bestimmenden Urteilskraft als einer immer zugleich reflektierenden nie weiter auch nur fragend auf die Reflexionsbegriffe zu sprechen kommt, sondern daß er gleich zu den regulativen Vernunftideen "abbiegt". (* Bei Reuter etwa, der diese Entwicklung aufs neue nachzeichnet (23 bis 68), vermißt man dies ein wenig. Es ist ein bißchen so, als ob danach sein eigentliches Buch erst anfängt.)

C. Vermischtes zu Urteilskraft, Reflexion und Reflexionsbegriffen

27

sinnlichen Anschauung gehörend untereinander verglichen werden, nenne ich die t r a n s z e n d e n t a l e Ü b e r l e g u n g " (B 317). Daß diese "Unterscheidung der Erkenntniskraft" (B 317) und damit die "Beurteilung dieser Stelle, die jedem Begriffe nach Verschiedenheit seines Gebrauchs zukommt" - wodurch dieser "transzendentale Ort" nämlich "allen Begriffen zu bestimmen" ist (B 324) -, wohl selbst wieder eine Funktion der Reflexion und Determination der Urteilskraft ist, sei hier nur vorläufig angedeutet (S. 31). Immerhin erwächst auch hier diese Determination aus "Beurteilung", und Kant spricht unsere These, daß, was das unmittelbare Einsehen angeht, Reflexion und Determination in eins zusammenfallen, 23 nachgerade wörtlich aus, wenn er "Überlegung" und "Bestimmung" syntaktisch identifiziert. Denn die durch die Reflexionsbegriffe ausgedrückte "Vergleichung der Vorstellungen, welche vor dem Begriffe24 von Dingen vorhergeht", bedarf, wie gesagt, "zuvörderst einer Überlegung, d. i. einer Bestimmung desjenigen Orts, wo die Vorstellungen der Dinge, die verglichen werden, hingehören" (B 325).

2. Reflexionsbegriffe und Urteilskraft. Zwei Vorlesungsstellen und erste vorläufige Erörterung der Amphibolie einer reflektierenden Urteilskraft im Opus postumum Bevor wir gleich zu Textstellen gehen, die eine Zugehörigkeit der Reflexionsbegriffe zu einer immer auch reflektierenden Urteilskraft nach allem Gesagten, wie wir meinen, außer Zweifel setzen, seien hier zwei Passagen aus Nachschriften von Logikvorlesungen der frühen neunziger Jahre einigermaßen unkommentiert wiedergegeben. Diese Stellen lassen sich derart unkommentiert anfuhren, weil sie vieles ansprechen, dem wir noch begegnen werden, einiges auch, was wir schon gehört haben (etwa "Erfindung"), und, nicht zuletzt, weil sie bereits fur sich genommen Licht auf den vorliegenden Zusammenhang werfen. So spielt in beiden das soeben aus dem Amphiboliekapitel angeführte Linienbeispiel zur Erläuterung von unmittelbar gewissen, wenn auch in diesem Fall synthetischen Urteilen 25 eine

23

24

25

Es steht Uberhaupt j a auch hin und wieder "Beurteilung" für "Bestimmung" selbst (beurteilen als etwas). Man wird hier die Parallele zur angesprochenen "bloßen Beurtheilung vor allem Begriffe" einer bloß reflektierenden Urteilskraft nicht verkennen (S. 25). Diese Urteile sind zwar nicht unmittelbar aus den gegebenen Begriffen, aber sie sind immerhin unmittelbar aus der ihnen korrespondierenden Anschauung (insofern also doch immer nur vermittelst derselben) gewiß. Mit anderen Worten, sie bedürfen zur Beurteilung und Bestimmung ihrer Wahrheit jedenfalls keiner mittelbaren Vernunftschlüsse zur Auffindung entlegener Gründe. Ansonsten bestimmt Kant j a ganz richtig, daß "sich nicht ein Begriff mit dem anderen synthetisch und doch unmittelbar verbinden" läßt, "weil, damit wir über einen Begriff hinausgehen können, ein drittes vermittelndes Erkenntnis nötig ist". Es mutet also ohne einige Erläuterung schon ein w e n i g paradox an, daß die Mathematik "vermittelst der Konstruktion der Begriffe in der An-

28

I. Von der Urteilskraft

Rolle. Die erste hilft zudem, sich eine vorläufige Vorstellung davon zu machen, was denn j e n e s "Zusammenhalten" mit dem Erkenntnisvermögen sei; es läuft auf nichts als ein "Probiren", auf eine ursprüngliche Evidenz hinaus. D i e zweite dagegen macht völlig klar, daß wir die reflektierende Urteilskraft (oder vielmehr jedenfalls Reflexion

der Urteilskraft)

ganz zu Recht in den Kontext des Amphibolieka-

pitels gerückt haben. Denn mit sogenannten "judicia reflectentia" beginnt die "Untersuchung". - D i e Stellen lauten: "Man muß unterscheiden untersuchen und überlegen [jeweils Urteilskraft, MK]. Manche Sätze können ohne Untersuchung [und in diesem Fall aus bloßen Begriffen, MK] angenommen werden ζ. B. Ob das ganze Größer sey, als seine Theile. Ob wir hier gleich nicht unterscheiden dürfen: so ist es doch nothwendig zu überlegen, d. i. den Zusammenhang einer Erkenntniß mit unserer Erkenntnißkraft, aus der sie entspringen soll, aufzusuchen. Unser Erkenntnißvermögen ist mannigfaltig, und alle Kräfte deßelben sind im Spiel. Sie laufen alle durch einander, und jedes wirkt bey dem objecte, das sich für dasselbe schickt, und wir suchen immer das gehörige Erkenntnißvermögen dazu auf, ohne daß uns das Mühe macht. Z. E. der Satz zwischen zwey Puncten kann nur eine gerade Linie Statt finden, wird dem Verstände zur Ueberlegung vorgelegt, und die Anschauung probirt, ob man hier nur die eine ziehen kann. Dieses muß man stets thun, selbst bey Erkenntnißen, die nicht nöthig zu haben scheinen untersucht zu werden. Denn wenn ein Erkenntniß entspringt aus dem Einfluß einer Erkenntnißkraft, welche in Ansehung dieses Objectes gar keine Gültigkeit hat: so muß die Erkenntniß entweder weggewiesen, oder suspendirt werden. Ich muß sehen, ob die Sinne, oder der Verstand, oder imagination hier im Spiele sind. Denn darauf beruhen j a alle Irthümer, wenn Sinnlichkeit in den Verstand einfließt." (XXIV 862f.) 26 "[... Judicium praevium ist ein Urteil, was vor der Überlegung vorhergeht - ohne Überlegung kann gar nicht geurteilt werden, aber wohl ohne Untersuchung, was unmittelbar gewiß ist, verstattet auch keine. -] Judicium reßectens, wo man ein Urteil gleich als ein Problem setzt, um die Wahrheit zu untersuchen. Auch zum Suchen muß man ein besondres Prinzip haben. Dies aufzusuchen, gehört Urteilskraft. Man kann sie nicht lehren. Denn wollte man ihm Regeln geben, so gebrauchte er

26

schauung des Gegenstandes die Prädikate desselben a priori und unmittelbar verknüpfen kann" ( B 760). Vgl. die Variante dieser Stelle (XXIV 547). "Ueberlegung ist eine Zusammenhaltung des Erkenntnißes mit der Erkenntnißkraft, woraus sie entspringen soll. Z. E. wenn jemand sagt: zwischen 2 Puncten ist nur eine gerade Linie möglich; so entsteht eine Operation in meinem Gemüt, wodurch ich dieses mit der Anschauung (d. h. hier mit der Erkenntnißkraft) vergleiche und zusammenhalte, ich probire es also gleichsam in Gedanken, und dies geschieht immer wenn wir auch das Erkenntniß nicht untersuchen." Man vgl. diese Erörterung der Urteilsbildung mit dem, was S. 2 4 im Zitat X X 211 zur Begriffsbildung durch reflektierende Urteilskraft im Verstandesgebrauch gesagt ist. - Im übrigen wird man sich durch bloße Worte ("dem Verstände zur Ueberlegung vorgelegt") nicht irremachen lassen. Der auf "Anschauung" bezogene "Verstand" ist Urteilskraft, und "in der U r t e i l s k r a f t werden Verstand und Einbildungskraft im Verhältnisse gegen einander betrachtet" ( X X 223). Aus bloßen Begriffen aber (reinem Verstand) läßt sich ein synthetisches Urteil nicht einsehen. - Zur Urteilskraft als Verstandes- oder auch Vernunftgebrauch siehe etwa Schönrich 223.

C. Vermischtes zu Urteilskraft, Reflexion und Reflexionsbegriffen

29

schon Urteilskraft, um unter dieselben zu subsumieren. Ein judicium praevium geht also vor der Untersuchung; aber mit der Überlegung muß es jederzeit gleichgehen. [Vorläufige Urteile entspringen aus mit Bewußtsein unzureichenden Gründen. G e s c h i c k l i c h k e i t in v o r l ä u f i g e n U r t e i l e n ist e i n e Art K l u g h e i t . Dieses Kapitel ist bis jetzt in der Logik vernachlässigt. Jeder Erfinder muß vorläufig urteilen.] Ich überlege etwas, wenn ich es mit den Gesetzen des Verstandes vergleiche. Es gibt Sätze, die vor aller Untersuchung [aber nie ohne Reflexion, MK] schon iudicia determinantia (bestimmende Urteile) sind, ζ. B. zwischen 2 Punkten ist nur eine gerade Linie möglich. Judicia indemonstrabilia nennet man sie auch - beweislose, unmittelbar gewisse, nicht unbeweisbare - wir werden noch in der Folge davon reden. [Der Hang aus subjektiv allgemeinen Ursachen zu urteilen, objektiv allgemeine Prinzipien zu machen, ist das Vorurteil. -] Judicia reflectentia sind diejenigen, die die Untersuchung einleiten, die da zeigen 1. ob eine Sache einer Untersuchung bedarf, 2. wie ich eine Sache untersuchen soll." (XXIV 737) 27 Mit dem Hinweis, daß wir in der zweiten Passage einer äußerlich neuen Definition von "Überlegen" begegnen (Vergleichung "mit den Gesetzen des Verstandes", nämlich, wie gehabt, mit dem Erkenntnisvermögen), die ihre Wichtigkeit zeigen wird, wenn wir im weiteren Verlauf die Kategorien als Prinzipien der Reflexion über die Erscheinung kennenlernen, 28 wenden wir uns den angekündigten Stellen zu, die eine Zugehörigkeit der Reflexionsbegriffe zu einer immer auch reflektierenden Urteilskraft mit höchster Wahrscheinlichkeit belegen. Wir beschränken uns auf eine allgemeine Skizzierung des Zusammenhangs und die Angabe der im hier Wesentlichen für sich sprechenden Stellen. Das Opus postumum nämlich, soweit es die bekanntermaßen speziell die Urteilskraft betreffende Frage nach der Möglichkeit eines Übergangs vom bereits metaphysisch genommenen synthetisch Formalen des Verstandes zum empirisch Materialen zum Gegenstand hat, 29 enthält gleichfalls eine "Amphibolie der Refle27

Vgl. zu "judicium praevium" die teilweise schon zitierte Stelle XV 195: "Witz: zu vorläufigen, Urtheilskraft: zu bestimmenden Urtheilen. Der Witz belustigt, die Urtheilskraft befriedigt. Jener hat Einfälle, diese Macht daraus Einsichten". Dabei ist " W a h n w i t z " eine "gestörte U r t h e i l s k r a f t " , die falsch auslegt und bestimmt, weil in der Vergleichung "das Gemilth durch Analogien hingehalten wird, die mit Begriffen einander ähnlicher Dinge verwechselt werden" (VII 215). Dagegen entzieht sich der "Vorwitz" der Überlegung oder Untersuchung in falsch verstandenen iudicia praevia, nämlich gleichsam Vorurteilen, ganz, indem man alles "zum voraus wissen will, ehe man sich auf Nachforschungen einläßt," und indem man bestimmende Urteile abgibt oder erwartet, "ehe man noch sich den mindesten Begriff' von der Sache machen kann (B 296f ). Man vgl. hierzu, was wir in der Einleitung (S. Iff.) über den Zusammenhang von Witz und reflektierender Urteilskraft gesagt haben.

28

Gemeint ist hier nicht nur eine Beleuchtung des "daß", wie sie natürlich bereits im vorliegenden ersten Kapitel eine Hauptsache ausmacht. Gemeint ist zugleich dann auch eine genauere Erörterung des "wie" der Handlung bzw. der Handlungen der Reflexion selbst. Daß dort Kant ein Problem und eine "Lücke" sieht, ist eine weitere Bestätigung der Richtigkeit des hier entwickelten Ansatzes, nach dem in der Anwendung der Kategorien die Urteilskraft sich durch Reflexion auf ein irgend unabhängig Gegebenes beziehen muß.

29

30

I. Von der Urteilskraft

xionsbegriffe

d a s Z u s a m m e n g e s e t z t e in der E r s c h e i n u n g mit der Z u s a m m e n s e t z u n g

als e i n e m V e r s t a n d e s b e g r i f f e (der S a c h e d e m O b j e c t an s i c h ) z u v e r w e c h s e l n " ( X X I I 3 3 1 ) . ( I m A m p h i b o l i e k a p i t e l der Kritik

besteht j a die transzendentale A m -

p h i b o l i e g l e i c h f a l l s in einer " V e r w e c h s l u n g d e s reinen V e r s t a n d e s o b j e k t s mit der Erscheinung" ( B 3 2 6 ) . ) B e z e i c h n e t Kant aber im O p u s p o s t u m u m d i e s e A m p h i b o lie in der R e g e l als e i n e der Reflexionsbegriffe,

s o findet s i e sich dort d o c h auch

s c h o n e i n m a l als e i n e " A m p h i b o l i e der B e g r i f f e " ( X X I I 3 2 2 ) o d e r gar als e i n e "der Erfahrungsbegriffe" ( X X I I 3 2 3 ) a n g e g e b e n . D e u t l i c h wird nun der Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n R e f l e x i o n s b e g r i f f e n u n d U r teilskraft, w e n n , a n s o n s t e n z u n ä c h s t alles andere als deutlich, v o n e i n e m tism der Reflexionsbegriffe in d e n Paralogismen

der

"Schema-

der U n t e r s c h e i d u n g d e s S i n n l i c h e n v o m Intellectuellen Ortheilskraft"

( X X I I 3 3 9 ) d i e R e d e ist. D e n n d i e Pro-

b l e m a t i k d e s A m p h i b o l i e k a p i t e l s läßt sich g l e i c h f a l l s j a als e i n e v o n

Paralogismen

a u f f a s s e n ; 3 0 d i e s e e r g e b e n sich n ä m l i c h durch V e r w e c h s l u n g d e s dabei real, d. h. synthetisch unter z u s ä t z l i c h e n B e d i n g u n g e n der A n s c h a u u n g z u n e h m e n d e n und d e s hier f ä l s c h l i c h e r w e i s e g l e i c h w o h l b l o ß l o g i s c h o d e r analytisch g e n o m m e n e n Reflexionsbegriffs,

als d e s "Mittelbegriffs" 3 1 der S u b s u m t i o n unter d i e V e r s t a n d e s -

g e s e t z e ( X V I I I 2 1 8 ) . D i e (dann e b e n f a l s c h e 3 2 ) Subsumtion die maior ist o h n e h i n e i n e A u f g a b e der

Urteilskraft

der m i n o r aber unter

(nach Β 3 6 0 ) - allerdings im

da g e m e i n t e n Fall d e s l o g i s c h e n S c h l i e ß e n s durch B e s t i m m u n g der V e r h ä l t n i s s e v o n g e g e b e n e n Begriffen

und durch Subordination d e r s e l b e n e i n e A u f g a b e

analytisch

Urteilskraft

30

31

32

33

reflektierenden

der

im b l o ß e n B e g r i f f s v e r g l e i c h 3 3 . S c h l i e ß l i c h

Vgl. auch Β 334 unten die "Schlüsse" sowie Β 339 das "Da scheint es nun, es folge daraus". Bei diesen Paralogismen hat man es allerdings mit keinen der Vernunft notwendigen transzendentalen und auf das Unbedingte einer schlechthin ersten Bedingung gehenden Schlüssen zu tun. Die Reflexionsbegriffe sind an dieser Stelle XVIII 218 als Mittelbegriffe der Unterordnung unter die Verstandesbegriffe aufgefaßt - es war gerade ja von einem "Schematism" derselben die Rede. In der Tat werden wir vornehmlich im ersten Anhang unter anderem zu zeigen versuchen, inwiefern diese einzelnen Reflexionsbegriffe synthetisch genommen die Anwendung der einzelnen Kategorien auf Erscheinungen oder auch deren bloße Form durch eine in ihrer Reflexion zugleich bestimmende Urteilskraft vermitteln. Der Reflexionsbegriff ist also "der medius terminus der Subsumtion" (XXII 10528Γ), bei der sich, in Schlußform, ungefähr folgende falsche Subsumtion anläßlich der transzendentalen Amphibolie zutragen könnte: Was numerisch identisch ist, ist Eines (bloße Definition von "Einheit" (etwa Β 402)). Nun sind die uns subjektiv "mehrmalen" dargestellten (B319) Wassertropfen völlig identisch (gesetzt der Einfachkeit halber, dies ließe sich empirisch ausmachen). Also sind sie nur Eines und gehören nicht unter die Kategorie der Vielheit als des numerisch Verschiedenen. Der Fehler besteht in der Verwechslung der numerischen Identität unter zusätzlichen synthetischen Bedingungen der Anschauung, die, und mithin auch deren Verschiedenheiten, der "Intellektualphilosoph" als den Dingen selbst (als bei ihm Verstandeswesen), mit denen er es zu tun zu haben meint, nicht anhängend ansieht, mit der analytischen als bloßen völligen Merkmalsgleichheit der Begriffe in der minor. Vgl. im empirischen Gebrauch, nämlich ohne daß dabei eine transzendentale Amphibolie eine Rolle spielte, für ein ebenfalls in Schlußform dargestelltes Beispiel einer Vermeidung einer solchen falschen Subsumtion unter ein gegebenes Verstandesgesetz a priori durch Bemerken einer Nichtübereinstimmung der apprehendierten Vorstellung mit der allgemeinen Bedingung der bereits (nicht nur analytisch) reflektierten als des Erfahrungsbegriffs S. 58 die Stelle XVIII 120. Siehe hierzu etwa die "Vergleichung" von Β 362.

C. Vermischtes zu Urteilskraft, Reflexion und Reflexionsbegriffen

31

bezeichnet Kant ganz eindeutig "die Selbsttäuschung die empirische Apperzeption fur die intellectuelle in der Zusammensetzung (die a priori nach Principien geschieht) zu nehmen" an anderer Stelle im selben Zusammenhang, wenn auch mit der obigen Bestimmung XXII 331 wohl nicht ganz identisch, 34 als eine "Amphibolie der reflectirenden Urtheilskraft" (XXII 326). Es läßt sich" also wohl von hier aus rückblickend feststellen, daß es in der "transzendentalen Topik" der Kritik auch Urteilskraft ist, die die "Beurteilung", "Überlegung" und "Bestimmung" des Orts der Begriffe vornimmt. Des weiteren sieht man hier doch ganz allgemein schon ein, daß die "Verwechslung des reinen Verstandesobjekts mit der Erscheinung", wie überhaupt jeder Irrtum im Gebrauch (also auch der reinen Verstandesbegriffe), sich nur denken läßt, wenn die Urteilskraft wenigstens teilweise in ihrer Freiheit bleibt, auch einmal falsch unter die Gesetze, durch die sie gebunden ist, zu subsumieren. Teilweise in ihrer Freiheit bleiben aber heißt für die Urteilskraft nichts anderes, als immer auch reflektierende bleiben. Denn die "Urtheilskraft in ihrer Freiheit" ist eben gerade die reflektierende (V 270f.). So nimmt es denn nicht wunder, wenn im besagten Opus postumum der "Fehler in der Topik" sich als eine "Amphibolie der Reflexionsbegriffe eine Anschauung unter einem TiteP5 zu subsumiren zu welchem sie nicht gehört" darstellt (XXII 308). Die folgende Stelle aber, mit der wir hier schließen wollen, wird uns wiederholt noch gesondert beschäftigen: "1. Das Object in der Anschauung. 2. in der Erscheinung subjectiv u. dadurch a priori. 3. in der Warnehmung empirisches Bewustseyn 4 in der Erfahrung w o b e y es durch Zusammensetzung selbst gemacht wird. Gegebenes Object durch Observation u. Experiment - das Formale der Apprehension Apperception Reflexion der Urtheilskraft wobey die Amphibolie ... " (XXII 3 5 3 )

34 35

Vgl. S. 91ff., Abschnitt C., sowie ansonsten auch Anhang 2. Mit diesen "Titeln" sind zwar an dieser Stelle, im Kontext einer allgemeinen Kräftenlehre und ihrer Topik im Opus postumum, verschiedene Arten von Kausalität allein gemeint ("e. g. de finibus bey den organischen Körpern, de causis efficientibus - - ", man denke an den zweiten Teil der dritten Kritik). Aber wir werden im folgenden noch sehen, daß immer, also auch bei der Unterscheidung und Bestimmung der verschiedenen passenden Kategorien selbst und nicht nur der selbst wieder nach dem vollständigen Kategorienschema spezifizierten Arten einer einzigen derselben* (und im Opus postumum eigentlich sogar nur eines Prädikabiliums "Kraft"), Reflexion die Determination durch empirische Urteilskraft ermöglicht. Dies wird unter anderem besonders deutlich S. 56 aus einer Parallelstelle zum oben gleich folgenden Zitat XXII 353 erhellen, die aber in der Anthropologie in einem allgemeinen transzendentalphilosophischen Kontext und nicht nur einem solchen speziell des Übergangs von der Metaphysik der Natur zur Physik steht. (* Das ist im Opus postumum ganz ähnlich wie in der zweiten Kritik (V 66f.).)

32

1. Von der Urteilskraft D. Exkurs zu Schopenhauers Erneut die

Konzeption

der

Urteilskraft.

Reflexionsbegriffe

Schopenhauers Auffassung zu unserer Frage sei hier mehr als Erläuterung denn als Beleg wiedergegeben. - Schopenhauer beschränkt die Rolle der Urteilskraft zunächst auf die einer "Vermittlerin" zwischen dem der Kantischen Urteilskraft unter Kategorien nicht unähnlichen 36 intuitiven Verstand (hier findet das eigentliche Einsehen statt) und der Vernunft als dem Vermögen der bloß abstrakten Begriffe. Es ist nichtsdestoweniger erhellend zu sehen, wie selbstverständlich er die Reflexionsbegriffe der Urteilskraft überhaupt zuordnet, um erst im Anschluß daran, indem eine bloß reflektierende bei ihm keine Stelle findet, den Unterschied von bestimmender und reflektierender Urteilskraft als einen der bloßen Richtung anzugeben. Diese Selbstverständlichkeit ist um so erstaunlicher, als Schopenhauer an anderer Stelle behauptet, die Reflexionsbegriffe seien "ganz und gar beliebig angenommen, und mit gleichem Rechte ließen sich noch zehn andere hinzufügen" (WI 564). Daß er gleichwohl nicht umhin kann, zumindest die ersten beiden Paare in diesen Kontext zu stellen, dürfte also in der Sache seinen Grund haben: "Hingegen das anschaulich Erkannte in angemessene Begriffe für die Reflexion absetzen und fixiren, so daß einerseits das Gemeinsame vieler realen Objekte durch e i n e n Begriff, andererseits ihr Verschiedenes durch eben so viele Begriffe gedacht wird, und also das Verschiedene, trotz einer theilweisen Uebereinstimmung, doch als verschieden, dann aber wieder das Identische, trotz einer theilweisen Verschiedenheit, doch als identisch erkannt und gedacht wird, Alles gemäß dem Zweck und der Rücksicht, die jedesmal obwalten: dies Alles thut d i e U r t h e i l s k r a f t . Mangel derselben ist E i n f a l t . Der Einfältige verkennt bald die theilweise oder relative Verschiedenheit des in einer Rücksicht Identischen, bald die Identität des relativ oder theilweise Verschiedenen. Uebrigens kann auch auf diese Erklärung der Urtheilskraft Kants Eintheilung derselben in reflektierende und subsumirende angewandt werden, je nachdem sie nämlich von den anschaulichen Objekten zum Begriff, oder von diesem zu jenen übergeht, in beiden Fällen immer vermittelnd zwischen der anschaulichen Erkenntniß des Verstandes und der reflektiven der Vernunft." (WI 77f.) 37

36

37

So ist Dummheit, da sie nach beider Auffassung die Anwendung betrifft, bei Kant "Mangel an Urteilskraft" (B 172), bei Schopenhauer aber "Mangel an Verstand", nämlich "Stumpfheit in der Anwendung des Gesetzes der Kausalität" (WI 26). Der Verstand ist ja bei Kant, wie Beck es einmal ausdrückt, mehr der "Inhaber der Begriffe": Denn "der Verstand hat B e g r i f f e , als so viele Regeln, die Objecte zu denken. Urtheilen aber ist, Objecte unter diese Regeln stellen, und ist folglich mit dem: Gegenstände denken einerley". Letzteres ist eine Funktion der Urteilskraft (Beck 2). Die in der Tradition allenthalben, etwa noch bei Bartuschat (ζ. B. 190) oder bei Reuter (227), anzutreffende Einteilung der Urteilskraft "in reflektierende und subsumirende" ist in der Tat keine Einteilung Kants. Der Unterschied ist der einer synthetisch Objekte "bestimmenden" Urteilskraft und einer solchen, die dies nicht tut. Letztere heißt bei Kant die "reflektierende", und sie findet sich bei uns als eigentlich von Kant so genannte oder bloß reflektierende angeführt. Als Funktion einer solchen ist auch, wie sich genauer noch zeigen wird, für dieses eine wohlgemerkt bloß zu-

D. Schopenhauers Konzeption der Urteilskraft. Reflexionsbegriffe

33

N u n f i n d e n wir S c h o p e n h a u e r in einer g e w i s s e n V e r l e g e n h e i t (der S a c h e , w e n n nicht d e m V o r g e b e n nach), w e n n er v o n d i e s e r Urteilskraft "im engern Sinne" ( W I I 9 7 ) e i n e s o l c h e absetzt, d i e " B e g r i f f e nur mit B e g r i f f e n vergleicht", und w e n n er, w a s bei Kant im A m p h i b o l i e k a p i t e l als logische x i o n e i n e b l o ß e K o m p a r a t i o n der Begriffe

oder analytische

Refle-

war, b a l d dieser "Urtheilskraft", bald

aber eher w i e d e r dieser "Vernunft" selbst zurechnet. ( D i e Urteilskraft scheint dadurch bei S c h o p e n h a u e r übrigens z u e i n e r g l e i c h s a m mehrere S t u f e n a u f e i n m a l n e h m e n d e n "Vernunft" z u w e r d e n . ) D i e s e V e r l e g e n h e i t erklärt sich, versteht sich, in u n s e r e m Z u s a m m e n h a n g , w o h l daraus, d a ß der K a n t i s c h e T e x t , d e m e s m e h r u m die Prinzipien

als u m d i e Anwendung

z u tun ist, e i n e explizite

analytischer und synthetischer R e f l e x i o n der

Urteilskraft

Unterscheidung von

wirklich v e r m i s s e n läßt.

D e n n l e d i g l i c h e i n e späte B r i e f s t e l l e setzt die " l o g i s c h e S u b s u m t i o n e i n e s B e g r i f s unter e i n e m höheren", a l s o die analytische Begriffe,

der transzendentalen {synthetischen),

"nach der R e g e l der Identität"

der

n ä m l i c h der " S u b s u m t i o n

eines

e m p i r i s c h e n B e g r i f f s " ( o d e r "der E r s c h e i n u n g e n " ) "unter e i n e m reinen Verstand e s b e g r i f f e durch e i n e n M i t t e l b e g r i f f ' ( " S c h e m a " ) , e n t g e g e n (XII 2 2 4 f . ) . W a s e s aber im z w e i t e n Z u s a m m e n h a n g heißt, E r s c h e i n u n g e n o d e r d a s M a n n i g f a l t i g e d e s Inhalts

v o n deren bloß

e m p i r i s c h e n B e g r i f f e n 3 8 mittels d e s S c h e m a s der Urteils-

sätzliche Moment einer versuchten insofern noch subjektiven "Bestimmung" diejenige einer Einordnung analytisch bereits unter eine Art oder Gattung von Objekten, die nicht wahrhaft eine solche heißen darf, anzusprechen. Denn sie findet ohne wenigstens doch wieder formal a priori bestimmt gegebene und objektiv deduzierte Regel statt. Insofern war es also, wie oben schon einmal kurz bemerkt, durchaus unrichtig - um nur diese vornehmste einiger dort entsprechend sich findenden Unstimmigkeiten anzuführen -, wenn wir im zweiten Abschnitt der Einleitung, wo wir das durch einige dort so vielleicht noch nicht ganz verständliche Klammereinschübe mehr schlecht als recht "repariert" haben, sowie auch später wohl ab und zu noch sagten, daß auch bei noch nicht gegebenem Begriff eine oder eigentlich ja sogar die reflektierende Urteilskraft in bestimmende übergehe (nämlich wenn er dann "gegeben" ist, denn Reflexion der Urteilskraft führt andererseits in der Tat zu wirklicher objektiver Bestimmung). Denn bei Licht besehen hatten wir an dieser Stelle, was wir selbst damals zunächst noch nicht recht deutlich sahen, gerade doch schon jenes zusätzliche Moment bloß noch logischer Affinität im Auge, dem aber eine bloß regulative transzendentale Präsumtion zugrunde liegt. (Der jetzige dritte Abschnitt der Einleitung, in dem die beiden Momente der ob^ektn-synthetischen und sub}ek\iv-analytischen Einheit bereits sauber unterschieden sind, wurde so erst um einiges später geschrieben.) Ansonsten ist jedenfalls, auf welch ersteres es uns eigentlich nur ankommt, die "subsumirende" (bestimmende) Urteilskraft eine immer zugleich reflektierende - sofern nämlich die Subsumtion durch eine Vergleichung des Falls mit der ihrer wenigstens einen, objektiv deduzierten Form der synthetischen Einheit nach a priori gegebenen Regel bewerkstelligt wird. Die "reflektierende" Urteilskraft ist durchaus umgekehrt aber auch eine in gewissem Sinn subsumierende (S. 4ff. sowie S. 9). Was es dabei für die bestimmende heißt, "nur subsumirend" zu sein, haben wir in der Einleitung (S. 8) bemerkt. Im übrigen wird sich, wie ebenfalls schon angedeutet, bei der Erörterung der Schlüsse der reflektierenden Urteilskraft noch einmal Gelegenheit finden, den Unterschied der Subsumtionen der bestimmenden oder eigentlich (nicht ästhetisch oder teleologisch) reflektierenden Urteilskraft deutlicher und teils auch richtiger zu beleuchten. Vgl. dazu dann S. 195ff. die Teilabschnitte ee. und ff. 38

Hier ist im Hinblick auf das weiter unten noch Folgende einschränkend zu bemerken, daß diese Begriffe ansonsten auch selbst als mehrere nur klare bloß empirische Begriffe dann in ihrer subjektiven Reihenfolge gemeint sein könnten. Vgl. S. 245ff., bes. aber dann später dort S. 263, Anm. 379.

34

I. Von der Urteilskraft

kraft 3 9 , mithin durch synthetische

R e f l e x i o n , "synthetisch

z u vergleichen"

und dadurch und darüber erst im B e g r i f f e i n e s O b j e k t s z u verbinden'40

(B 194) wird einer

unserer H a u p t g e g e n s t ä n d e sein. D a j e d o c h in der Tat ein B e m e r k e n einer partialen Identität v o n B e g r i f f e n , und z w a r unter zusätzlicher V e r k n ü p f u n g n a c h F u n k t i o n e n der analytischen

Einheit, und v o n B e g r i f f e n und A n s c h a u u n g e n (unter z u s ä t z l i c h e r

V e r k n ü p f u n g der letzteren n a c h s o l c h e n der objektiv-synthetischen ersteren, w e n n m a n v o m j e v e r s c h i e d e n e n empirischen

Einheit, die d i e

Inhalt abstrahiert, als Er-

f a h r u n g s b e g r i f f e n a c h M a ß g a b e dieser Funktionen o d e r dann j a als d i e s e selbst allgemein

u n d identisch enthalten) nicht d a s s e l b e ist, hält e s j a auch im K a n t i s c h e n

Rahmen schwer, diese beiden Handlungen ohne weiteres demselben

Vermögen

b e i z u l e g e n . S c h o p e n h a u e r s g a n z berechtigte V e r l e g e n h e i t s p i e g e l t in s e i n e m K o n text a l s o nicht m e h r und nicht w e n i g e r als unsere im ersten A n h a n g z u erörternde Frage wider, w i e überhaupt Funktionen der analytischen und s y n t h e t i s c h e n Einheit d i e s e l b e n und d o c h nicht d i e s e l b e n s e i n k ö n n e n . - Er b e s t i m m t v o n der Urteilskraft: "Zwar ist diese auch auf dem Gebiete des bloß abstrakten Erkennens thätig, w o sie Begriffe nur mit Begriffen vergleicht: daher ist jedes Urtheil, im logischen Sinn dieses Worts, allerdings ein Werk der Urtheilskraft, indem dabei allemal ein engerer Begriff einem weiteren subsumirt wird. Jedoch ist diese Thätigkeit der Urtheilskraft, w o sie bloß Begriffe mit einander vergleicht, eine geringere und leichtere, als wo sie den Uebergang vom ganz Einzelnen, dem Anschaulichen, zum wesentlich Allgemeinen, dem Begriff, macht. Da nämlich dort, durch Analyse der Begriffe in ihre wesentlichen Prädikate, ihre Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit auf rein logischem Wege muß entschieden werden können, wozu die Jedem einwohnende bloße Vernunft hinreicht; so ist die Urtheilskraft dabei nur in der Abkürzung jenes Processes thätig, indem der mit ihr Begabte schnell übersieht [also nur schneller?, MK], was andere erst durch eine Reihe von Reflexionen herausbringen." (WII 96f.)

39

Man wird hier erneut nicht über Worte streiten. Als anschauliche Darstellung gehört das Schema der Einbildungskraft an. Mit dem Bewußtsein verbunden aber, daß es anschauliche Darstellung dieser oder jener Funktion des Verstandes sei, ist es der Urteilskraft zuzuordnen. Denn in dieser • werden Einbildungskraft und Verstand in Verbindung betrachtet. Was also der Urteilskraft der sinnlichen Komponente nach angehört, verdankt sie der Einbildungskraft. Und es wird hier zumindest in Ansätzen klar, inwiefern Kant oben (S. 30) von einem "Schematism der Reflexionsbegriffe" sprechen konnte. 40 Dies liegt der nur einen Augenblick später dann auch schon analytischen Vergleichung der gedachten objektiven empirischen Synthesis dieses Erfahrungsbegrijfs mit den mannigfaltigen Teilen der Anschauung des nunmehr aber Dings wieder, in die jene synthetische Reflexion nach der Bildung des ersteren als nach dem eigentlichen ersten empirischen Erkennen selbst in einer ganz anderen Rekognition als einem von jetzt an immer bereits auch wesentlich Wiedererkennen unmittelbar auch gewissermaßen "überkippt", also immer schon gleichbleibend zugrunde: Die synthetische Reflexion nach der Kategorie "trägt" gleichsam die analytische weiterhin jeweils, indem diese Kategorie das bleibende dynamische intellektuelle Gerüst des Erfahrungsbegriffs seinem allerdings nur reinen Teil nach ausmacht (S. 4ff ). Unter diesem Wiedererkennen ist dabei übrigens natürlich Uberhaupt noch kein solches ähnlicher empirischer Synthesen anderer logisch verwandter Objekte zu verstehen, von denen man also bereits einen Begriff solcher objektiver Synthesen als vorher schon gegeben hätte.

E. Witz und Scharfsinn als Urteilskraft. Einerleiheit und Verschiedenheit

35

Zwar findet sich auch bei Schopenhauer die Unterscheidung von analytischer und synthetischer Reflexion (sei es nun der "Urtheilskraft" oder der "Vernunft"), wenn er Begriffe mit einem "todten Behältniß" vergleicht, "in welchem, was man hineingelegt hat, wirklich neben einander liegt, aus welchem sich aber auch nicht mehr herausnehmen läßt (durch analytische Urteile), als man hineingelegt hat (durch synthetische Reflexion)" (WI 277). Aber es wird dabei nicht recht deutlich, wie man sich die letztere vorzustellen habe, da ihm die vereinigenden Prinzipien dieser Reflexion über die Erscheinungen und gleichsam die intellektuellen Fächer zum "Hineinlegen" (samt deren sie erst objektivmachenden Ordnung unter- und Beziehung aufeinander) fehlen - wodurch denn auch jene Begriffe, in welchen alles "neben einander liegt", mehr zu einer Art Rumpelkammer würden. Es ist nämlich ganz gut gesagt, Anschauungen mehrerer Objekte auf ihre Identität zu vergleichen, wenn man nicht weiß, in welcher "Rücksicht"41 sie denn identisch sein sollen. Als eben solche Rücksichten aber, von denen sich bei aller synthetischen Reflexion deshalb nicht ohne Sinnverlust abstrahieren läßt, weil sie ihr immer zugrunde liegen (und wonach es dann etwa auch analytisch im empirischen Begriff schließlich von mehreren gleichen Naturprodukten heißen könnte: Gegenstände von einerlei Quantität oder Qualität), werden wir die Kantischen Kategorien ja noch kennenlernen. Nimmt man hinzu, daß auch Schopenhauers Antipode Fichte der Urteilskraft unausgesprochen die Reflexionsbegriffe zuweist, nämlich sogar der, die "die Aufgabe erhält, einen bestimmten Gegenstand nach einem bestimmten Gesetze zu beobachten, um zu sehen, ob und inwiefern er mit demselben übereinkomme oder nicht", und ob also etwa "magnetische und elektrische Kraft im Wesen einerlei, oder verschieden seyen u. s. w." (Fichte 65), so bedarf dies nach allem, was bisher über den Zusammenhang von Reflexion und Determination bemerkt worden ist, keiner weiteren Erläuterung.

E. Witz und Scharfsinn als "Aeußerungen der Urtheilskraft". Das Bemerken von Einerleiheit und Verschiedenheit. Eine Schwierigkeit der in der Anthropologie sich findenden Erklärung der (bestimmenden) Urteilskraft "Aeußerungen der Urtheilskraft sind auch Witz und Scharfsinn: in jenem ist sie reflektierend, in diesem subsumirend thätig" (WII 98). - Wir nehmen diese Bemerkung Schopenhauers zum Anlaß, einen mehrfach angesprochenen Themenkomplex zu vertiefen. Denn stellen sich Witz und Scharfsinn als die Vermögen, Einerleiheit und Verschiedenheit zu bemerken, dar und drücken wirklich die Re-

41

Siehe erneut oben WI 77f.

36

I. Von der Urteilskraft

f l e x i o n s b e g r i f f e d i e e i g e n t ü m l i c h e n H a n d l u n g e n der Urteilskraft aus, s o l a s s e n s i c h erstere in der Tat nicht anders d e n n als " A e u ß e r u n g e n der Urtheilskraft" a u f f a s sen.42 N u n w o l l e n wir nicht im e i n z e l n e n den w i d e r s p r ü c h l i c h e n und in N a c h l a ß u n d Vorlesungsnachschriften

ohnehin

problematischen

Wortgebrauch

Kants

nach-

z e i c h n e n , der s i c h daraus ergibt, daß er teils die a n g e g e b e n e T e r m i n o l o g i e B a u m gartens, teils aber a u c h d i e L o c k e s v e r w e n d e t (bei d i e s e m ist "judgment" selbst und nicht S c h a r f s i n n das U n t e r s c h e i d u n g s v e r m ö g e n ) ,

teils sie s o g a r

vielfältig

k o m b i n i e r t . 4 3 W i r w o l l e n v i e l m e h r , u m unseren Hauptpunkt, n ä m l i c h d i e Z u g e h ö rigkeit der R e f l e x i o n s b e g r i f f e und damit v o n "Witz" und "Scharfsinn" zur Urteilskraft, nicht aus d e n A u g e n z u verlieren, erneut z w e i b e i s p i e l h a f t e S t e l l e n anführen, d i e a n g e s p r o c h e n e n S c h w i e r i g k e i t e n dabei aber nicht außer acht lassen. D i e erste, in der Kant "Scharfsinnigkeit" s o w o h l d e m "Witz" als auch der "Urtheilskraft" zuordnet - w o b e i alle drei a l s o in m o d i f i z i e r t e r B e d e u t u n g g e n o m m e n sind -, ist z u m T e i l s c h o n in der E i n l e i t u n g b e g e g n e t : "So wie das Vermögen zum Allgemeinen (der Regel) das Besondere auszufinden U r t h e i l s k r a f t , so ist dasjenige zum Besondern das Allgemeine auszudenken der W i t z (ingenium). Das erstere geht auf Bemerkung der Unterschiede unter dem Mannigfaltigen, zum Theil Identischen; das zweite auf die Identität des Mannigfaltigen, zum Theil Verschiedenen. - Das vorzüglichste Talent in beiden ist, auch die kleinsten Ähnlichkeiten oder Unähnlichkeiten zu bemerken. Das Vermögen dazu ist S c h a r f s i n n i g k e i t (acumen), und Bemerkungen dieser Art heißen S u b t i l i t ä -

42

43

Schopenhauer verfährt nicht konsequent, wenn er Schar/sinn bald als "Scharfe des Verstandes im Auffassen der kausalen Beziehungen der mittelbar erkannten Objekte" erklärt (WI 25f), bald wieder recht pauschal mit Witz und Urteilskraft in Verbindung setzt, indem er behauptet, daß "Begriffe mit Begriffen zu vergleichen so ziemlich Jeder die Fähigkeit" habe, während "Begriffe mit Anschauungen zu vergleichen eine Gabe der Auserwählten" sei, da letztere, "je nach dem Grade ihrer Vollkommenheit, Witz, Urtheilskraft, Scharfsinn, Genie" bedinge (WII 77). Dagegen bleibt es selbst beim Witz im pointierten Sinn bei der Grundbedeutung. Ist nämlich der "Ursprung des Lächerlichen allemal die paradoxe und unerwartete Subsumtion eines Gegenstandes unter einen ihm übrigens heterogenen Begriff" (WII 99), so heißt "Witz" eine spezielle "Art des Lächerlichen". Bei ihr sind nämlich "in der Erkenntniß zwei oder mehrere sehr verschiedene reale Objecte, anschauliche Vorstellungen, vorhergegangen, und man hat sie willkürlich durch die Einheit eines beide fassenden Begriffes identiflcirt" (Wl 71). Siehe auch S. 1 Kants Bestimmung des Witzes als eines "Verähnlichungsvermögens". Man vgl. Baumgartens Psychologia empirica: "Habitus identitates rerum observandi est i n g e n i u m s t r i c t i u s d i c t u m " , und "habitus diversitates rerum observandi a c u m e n est" (nach AA XV 22ff. unter "Sectio V. Perspicacia"; letztere, "eine artige oder feine Einsicht", als "acutum ingenium" und umgekehrt "ingenii defectus" als Kennzeichen der Dummheit). - Locke dagegen bestimmt: "For W i t lying most in the assemblage of I d e a s , and putting those together with quickness and variety, wherein can be found any resemblance or congruity, thereby to make up pleasant Pictures, and agreeable Visions in the Fancy: J u d g m e n t , on the contrary, lies quite on the other side, in separating carefully, one from another, I d e a s , wherein can be found the least difference, thereby to avoid being misled by Similitude, and by affinity to take one thing for another" (Locke 156). In diesem letzteren Sinn ist jede Amphibolie ein Fehler der Urteilskraft oder ein beabsichtigtes Spiel des Witzes. Vgl. zu einer Baumgartenschen Variante XXVIII 67 oder auch Β 682, zu einer Lockeschen XXIX 881.

E. Witz und Scharfsinn als Urteilskraft. Einerleiheit und Verschiedenheit

37

t e n : ... A l s o ist die Scharfsinnigkeit nicht blos an die Urtheilskraft gebunden, sondern kommt auch dem Witze zu; nur daß sie im ersten Fall mehr der Genauigkeit halber (cognitio exacta), im zweiten des R e i c h t h u m s des guten K o p f s w e g e n als verdienstlich betrachtet wird: weshalb auch der Witz blühend genannt wird ..." (VII

201)44 Wir führen diese Stelle eines möglichen Mißverständnisses wegen an, indem ihre ersten beiden Sätze, wie übrigens zum Teil auch die Schopenhauerzitate, einen wesentlichen Unterschied der Reflexion von bestimmender und reflektierender Urteilskraft ("Urtheilskraft" und "Witz") nahezulegen scheinen, während wir doch eine Identität der Einsicht bei beiden behaupten. Tatsächlich wird Kant hier ein Opfer seines schwankenden Wortgebrauchs. Denn die allgemeine Erklärung der bestimmenden "Urtheilskraft" des ersten Satzes läßt sich wörtlich verstanden mit der "Bemerkung der Unterschiede unter dem Mannigfaltigen, zum Theil Identischen" nicht ohne weiteres zur Deckung bringen. Die Subsumtion nämlich des Besonderen (und also zum Teil wirklich Verschiedenen 45 ) unter das Allgemeine als je Identische erfolgt unabhängig von der Richtung des Übergangs immer nur trotz, nie aber wegen dieses Verschiedenen. (Man subsumiert nicht eine Eiche unter den Begriff der "Kiefer", weil sie von ihm verschieden ist. Man subsumiert eine Kiefer, obwohl sie von ihm Verschiedenes enthält. Nur unter dieser Einschränkung ist die Spezifikation der Begriffe, für deren Verhältnis untereinander das gleiche gilt, der immerhin wohl subjektiv "bestimmenden", eigentlich aber reflektierenden als bloß subjektiv gültigen (XVI 7598f.) Urteilskraft zuzuschreiben (XX 214f.). Siehe auch Β 676, wo mannigfaltige Vorstellungen eben nur "unerachtet ihrer Verschiedenheit" von ihren gemeinsamen Prinzipien abgeleitet

44

45

Vgl. ähnlich XV 432: "Die Erkentniskrafte sind Witz und Einbildungskraft, so fern sie zum Verstände übereinstimmen. Urtheilskraft ist nur das Vermögen, was [*] beyder Zusammenstimung ( 8 in einem Falle) in concreto möglich macht. Scharfsinn ist das Vermögen, [*] auch die kleine Einstimung oder Wiederstreil beyder zu bemerken, ist also Eigenschaft der Urtheilskraft". Adickes datiert auf 1783/84, der Kontext nimmt aber vieles vorweg, was in der dritten Kritik zum Geschmacksurteil wieder begegnet. Durch dieses Verschiedene kann ja der Begriff dabei auch selbst weitergebildet werden, wenn nämlich gerade dieses dem Begriff noch Verschiedene allen subsumierten Dingen gleichwohl wieder, obzwar bis dahin unbemerkt, gemein ist. Oder es kann durch es auch, wenn dies definitiv nur bei einigen der Fall ist, ein neuer Artbegriff unter dem alten, dann aber als einem solchen Gattungsbegriff zumindest nicht selbst bestimmten und nicht selbst erweiterten Gattungsbegriff begründet werden. Einfacher und deutlicher gesagt: Fügt man zu einem empirischen Begriff ein neu entdecktes Gattungsmerkmal hinzu, so kann eigentlich nur in diesem Fall von einer Erweiterung dieses Begriffs selbst die Rede sein, der sich nämlich seiner Materie und also seiner Sphäre nach, von der man nun bloß noch etwas Neues weiß, überhaupt nicht verändert und in diesem Sinn überhaupt nur derselbe (bloß innerlich veränderte) noch ist. Setzt man dagegen zu jenem selben Begriff ein Merkmal einer spezifischen Differenz hinzu, so wird ein neuer, nämlich niederer Artbegriff mit einer ganz anderen, kleineren Sphäre gebildet. Es kann also von einer Erweiterung wirklich des Gattungsbegriffs selbst, der dabei nämlich gar nicht dieser selbe Gattungsbegriff bleibt, nicht gesprochen werden. Der gleiche als bloß analytisch-identische ist er natürlich in beiden Fällen nicht mehr. Das hier Gesagte wird bei einer beiläufigen Erörterung des Prinzips der Analogieschlüsse, im Fall der versuchten Bildung empirischer Begriffe, noch von Bedeutung sein.

38

I. Von der Urteilskraft

werden.) Ansonsten unterscheidet Kant ja sehr wohl eine "Urtheilskraft der Vergleichung, um die Verschiedenheit warzunehmen", und eine "der Verknüpfung, d. i. der Unterscheidung, ob etwas unter einer Regel des Verstandes steht oder nicht" (XV 713). Letzteres bedarf allerdings auch einer Vergleichung (mit der "Regel des Verstandes", d. h. mit dem Erkenntnisvermögen). Daß Witz und Scharfsinn, nach Baumgarten, lediglich spezielle Äußerungen der Urteilskraft sind (sie decken von acht Reflexionshandlungen lediglich die zwei der Vergleichung im engeren Sinn ab), machen die hervorgehobenen Stellen der nächsten Passage, auch wenn von "Urteilskraft" überhaupt nicht die Rede ist, ungleich deutlicher. Zudem liefert diese Stelle einen ersten Beleg für den Zusammenhang von Reflexionsbegriffen und Funktionen der analytischen Einheit, da das Bemerken der Verschiedenheit ein "negatives Urtheil", das aber der Einerleiheit ein bejahendes ermöglicht. (Es muß anläßlich einer bloßen Vorlesungsnachschrift nicht untersucht werden, weshalb nicht, wie vielleicht erwartet, ein "besonderes" und ein "allgemeines" (B 317). Immerhin liegt hier das Bemerken der Einerleiheit "zum Grunde unserer allgemeinen Begriffe". Wenn aber "die Füchse unter den allgemeinen Begriff vom Hunde" gehörten, so wären alle Füchse Hunde und damit in dieser Hinsicht wesentlich identisch.) - Kant liest in einer Metaphysikvorlesung kurz vor 1781: "Nun haben wir aber auch noch ein Vermögen, Vorstellungen zu vergleichen, und das ist W i t ζ und S c h a r f s i n n . Der W i t z (ingenium) ist das Vermögen, Gegenstände zu vergleichen nach der Verschiedenheit [verschrieben für "Einerleiheit", MK]. Das Vermögen der Uebereinstimmung oder der Einerleiheit liegt zum Grunde unserer allgemeinen Begriffe. In jedem Urtheile erkenne ich, daß etwas entweder unter den allgemeinen Begriff gehöre oder nicht; dies ist ingenium [das "oder nicht" ist bereits acumen, MK]. Ζ. E. ob die Füchse unter den allgemeinen Begriff vom Hunde gehören. So kann man in der ganzen Natur Vergleichung und Uebereinstimmung suchen. Allein wenn ich ein negatives Urtheil habe, wenn ich finde, daß es nicht zu dem allgemeinen Begriffe gehört, sondern von demselben verschieden ist; dann ist das Scharfsinn (acumen). Die Aeußerungen des Scharfsinns sind die, wodurch wir unsere Erkenntnisse bewahren vor Irrthümern, und sie also reinigen, wenn wir sagen, was die Dinge nicht sind. Durchs ingenium erweitern wir aber unsere Erkenntnisse; das ingenium ist also das Erste [man denke an die vorläufigen Urteile, MK], Zuerst mache ich allerhand Vergleichungen; alsdann aber kommt das acumen, und unterscheidet eins von dem andern. So werden zuerst die Menschen nach dem ingenium alles Harte für Steine gehalten haben; hernach aber werden sie allmählig eins von dem andern unterscheiden. Man weiß nicht recht, wozu eigentlich diese Vermögen können gerechnet werden, ob zum untern oder obern Erkenntnißvermögen. Ueberhaupt ist es das obere Erkenntnißvermögen angewandt auf das untere. Sie gehören also wohl zum obern Erkenntnißvermögen." (XXVIII 244f.)

Vorsichtiger als sonst (etwa XX 201) rechnet Kant hier die Urteilskraft (der Sache nach, denn als deren Definition kann der vorletzte Satz, wenn man einmal vom bloßen Begriffsvergleich derselben absieht, nachgerade dienen), damit aber

E. Witz und Scharfsinn als Urteilskraft. Einerleiheit und Verschiedenheit

39

auch die Reflexionsbegriffe dem oberen Erkenntnisvermögen durch Begriffe zu. Wirklich kann man wohl ein Vermögen, das den Übergang zweier anderer vermittelt, nicht eindeutig auf eines von beiden reduzieren ("Einsehen"). So besteht in einer späten Reflexion umgekehrt die "gantze sinnliche [also untere, MK] Vorstellungskraft" aus "Sinn", "Einbildungskraft" und "Vergleichungsvermögen" und letzteres wiederum aus "ingenium", "acumen" und "facultas signandi" (XV 87). Wenn Kant aber in diesem Zusammenhang auch Tieren "judicium sensitivum" nicht abspricht,46 wonach sie sozusagen eine Einerleiheit oder Verschiedenheit bemerken mlißten, ohne es eigentlich zu bemerken (ohne das "Ich denke" des intellektuellen Bewußtseins, gleichwohl sinnliche Vorstellungen vergleichend (XXIX 88828-36)), so kann uns dies, wie wir gleich sehen werden, als Überleitung zum nächsten Kapitel dienen.

46

Vgl. XVII 548: "Die Thiere haben auch facultatem diiudicandi (iudicium sensitivum), aber nicht iudicandi (iudicium intellectuale)."

II. Empirische und kategoriale Bestimmung Kurzer Z w i s c h e n h a l t : P r o b l e m s t e l l u n g und flüchtiger Abriß des w e i t e r e n G a n g s d i e s e r A r b e i t . "Bei der leblosen [vegetierenden 4 7 , MK], oder bloß tierischbelebten Natur, finden wir keinen Grund, irgendein Vermögen uns anders als bloß sinnlich bedingt zu denken" (B 574). Unterschied Kant also soeben eine "Urtheilskraft der Vergleichung, um die Verschiedenheit warzunehmen", oder "der Verknüpfung,,»d. i. der Unterscheidung, ob etwas unter einer Regel des Verstandes steht oder nicht", so kann er hier nur "das erste, ζ. E. Unterscheidung der Grasarten zum Futter", auch Tieren beilegen (XV 713). Dieser Versuch aber, im Vermögen des Übergangs vom Sinnlichen zum Intellektuellen selbst wiederum ein bloß sinnliches und ein intellektuelles Vermögen zu unterscheiden - wobei also das erstere ähnlich der ästhetischen Urteilskraft vor allem Begriff bleibt und überhaupt nicht übergeht oder sich vielmehr im Übergang selbst schwebend befindet -, zwingt Kant zu einer beständigen Gratwanderung in der Terminologie. Denn weiter oben 4 8 hieß es doch, was schon auf diskursives Bewußtsein 4 9 zielte, die Einerleiheit oder Verschiedenheit lasse sich nicht wahrnehmen, sondern nur bei der Vergleichung bemerken. Und demgemäß schleicht sich in einer späten Logikvorlesung bei der Erörterung des Erkenntnisbegriffs eine in der Tat kaum zu vermeidende Doppelsinnigkeit ein. "Erkennen, percipere", bestimmt Kant dort nämlich, "heißt sich etwas in Vergleichung mit andern vorstellen, und seine identität oder Verschiedenheit davon einsehen. Also mit Bewußtsein etwas erkennen. Denn Thiere erkennen auch ihren Herrn aber sind sich dessen nicht bewußt" (XXIV 845f.; vgl. auch IX 655, wo die Tiere aus der Vergleichung auch Gegenstände kennen, aber sie nicht erkennen). Nun mag sich dies bei Tieren verhalten, wie es will - als eine Auffassung Kants ist es doch aus zwei Gründen von Wichtigkeit: Zum einen zeigt sich aufs neue, daß "Urtheilskraft", "Vergleichung" und Einsehen von "identität oder Verschiedenheit" einen Themenkomplex ausmachen und gar nicht zu trennen sind. Denn in dem Abschnitt "Von der reflectirenden Urtheilskraft" der Ersten Einleitung, der uns die Urteilskraft unter Kategorien als in ihrer Reflexion zugleich bestimmend zu erkennen gab, mutmaßt Kant weiter, daß "das R e f l e c t i r e n ... selbst bei Thieren, obzwar nur instinctmäßig, nämlich nicht in Beziehung auf einen dadurch zu erlangenden Begrif, sondern eine etwa dadurch zu bestimmende Neigung vorgeht" (XX 211). Zum anderen aber, und insofern dient uns dieser Punkt als Überleitung, merkten wir doch in der Einleitung an, daß, sollen sich die Kategorien als Prinzipien der Reflexion über die Erscheinung auch nur denken lassen, diese doch selbst schon ein Bestimmtes sein muß. Deshalb ist uns jetzt die Möglichkeit, im Kantischen Rah-

47 48 49

Siehe etwa V 42633, XXI 55821Γ, 54116ff. oder 56715f.. Vgl. S. 7, Anm. 14, aber auch S. 36f. das Zitat VII 201 sowie Anm. 44. " W a r n e h m u n g ist das B e w u ß t s e i n e i n e r E r s c h e i n u n g (vor a l l e m B e g r i f f e ) " (XXIII 28), aber nur Bewußtsein von Erscheinung überhaupt. Ein (begriffliches) Bewußtsein ihrer Verhältnisse zu anderen Erscheinungen oder auch deren des Mannigfaltigen in ihr, Uberhaupt ihrer als einer Erscheinung oder gar als einer Erscheinung, ist damit noch nicht gegeben, und nur von diesem Bewußtsein ist hier die Rede. - In diesen Übergangsbereich würde auch Humes bloß sinnliches "Bemerken" einer Identität unter zusätzlicher subjektiver Verknüpfung durch Gewohnheit fallen, wonach man ohne Einsicht in die Gründe dieser Identität (im Objekt) lediglich "ähnliche Fälle (mit den Thieren auf ähnliche Art)" erwartet (V 12).

Α. Von der Autonomie der Sinnlichkeit als solcher

41

men ein Vermögen als "bloß sinnlich bedingt zu denken", Anlaß, zu fragen, ob nicht auch im menschlichen Erkennen eine Autonomie der Sinnlichkeit dem Verstand gegenüber anzusetzen ist und ob nicht beide also ihre eigenen, gänzlich verschiedenen Bestimmungen bei sich führen. Bevor wir also die Kategorien als Prinzipien der Reflexion über die Erscheinung (oder ihrer Exposition) und damit der Begriffs- und Urteilsbildung erörtern können, werden wir, mehr als eine Vorerinnerung, mit der Herausstellung dieser Autonomie den Anfang machen. Da aber in der Tat diese Auffassung, wonach die Anschauung "der Funktionen des Denkens auf keine Weise" bedarf (B 123),50 dem zu widersprechen scheint, was wenig später über das "Prinzipium" der transzendentalen Deduktion der Kategorien gesagt ist - daß diese nämlich "als Bedingungen a priori der Möglichkeit der Erfahrungen] erkannt werden müssen, (es sei der Anschauung, die in ihr angetroffen wird, oder des Denkens)" (B 126) -, so werden wir des weiteren zu untersuchen haben, ob nicht eine Fehldeutung vorliegt, wenn beide Stellen als einander widersprechend 51 aufgefaßt werden. Der Versuch wenigstens einer Vereinbarung der behaupteten Autonomie mit diesem Grundgedanken der Deduktion wird also den Schluß dieser Arbeit bilden müssen.

A. Von der Autonomie

der Sinnlichkeit

als

solcher

"Das Bewußtsein [das wenigstens mögliche (A 120) und intellektuelle als "ein Bewußtsein des Verstandes" (VII 134) im Gegensatz zum inneren Sinn als der ebenfalls wenigstens möglichen empirischen Apperzeption, MK] ist Princip der Möglichkeit vom Verstände, aber nicht von der Sinnlichkeit" ( X X I X 878). Denn letztere hat ihren Namen als eine Rezeptivität eben von der Art, wie das empirisch Mannigfaltige "ohne Spontaneität im Gemiite gegeben wird" (B 68). (Man kann nicht anders, als, dem jeweiligen Objekt gemäß, eine bestimmte Wahrnehmung anzustellen, wenn man zu einer gewissen Zeit an einem gewissen Ort die Augen öffnet und auf das dann im Gemüt bloß Stattfindende nur attendiert, d. h. es noch nicht vergleicht und verbindet. Dies ist das " P a s s i v e in der Sinnlichkeit" (VII 144). Aber denken kann man dabei vieles Richtige und Falsche, was die Erscheinung als Erscheinung nicht tangiert.) Wenn demnach Erscheinungen "apprehendiert, d. i. ins empirische Bewußtsein aufgenommen werden" sollen (B 202) oder, was von der Seite des Bewußtseins her dasselbe ist, "wenn das Vermögen sich bewußt zu werden, das, was im [von ihm zu unterscheidenden, MK] Gemüte liegt, aufsuchen (apprehendieren) soll", so muß es zwar wirklich "dasselbe affizieren" (B 68). Aber dieses Aufsuchen läßt sich doch nur denken, wenn die Erscheinun-

50

51

Vgl. Β 508, wo "die Naturerscheinungen Gegenstände sind, die uns unabhängig von unseren Begriffen gegeben werden". Das liegt implizit auch dem ganzen vierten Hauptstück der Metaphysischen Anfangsgründe ("Phänomenologie") zugrunde. Schopenhauer etwa spricht in seiner "Kritik der Kantischen Philosophie" von einem "ungeheuern Widerspruch, der durch die ganze transscendentale Logik geht und die eigentliche Quelle der Dunkelheit ist, die sie umhüllt" (WI 521). Wäre der zweite Teil dieses vermeintlichen Widerspruchs verkürzt, wie Schopenhauer ihn nimmt, eine Kantische These, so zöge er ganz zu Recht seinen Schluß, daß dann "die Thiere entweder denken, oder auch nicht anschauen" müßten (in Gruber, 59).

42

II. Empirische und kategoriale Bestimmung

gen, die ja dabei nicht gemacht, sondern nur, durch Synthesis der Apprehension noch subjektiv, verbunden werden, schon vorher "im Gemüte" liegen und sich dort auch finden lassen. Die "sinnlichen Vorstellungen" kommen also immer "denen des Verstandes zuvor" (VII 144, siehe auch Β 30). So kann selbst die Deduktion, die das Gegenteil zu behaupten scheint, von eben diesem Punkt "doch nicht abstrahieren, nämlich davon, daß das Mannigfaltige für die Anschauung noch vor der Synthesis des Verstandes, und unabhängig von ihr, gegeben sein müsse" (B 145). Ist also der Verstand ein Vermögen, ursprünglich zu verbinden, so muß das zu verbindende Material doch, wenn der Ausdruck erlaubt ist, noch ursprünglicher, und zwar unverbunden, aber doch verbindbar (S. 117) gegeben sein. Denn die "reinen sinnlichen Formen" haben zumindest insofern einige Bedeutung, als durch sie "doch wenigstens ein Objekt gegeben wird, anstatt daß eine unserem Verstände eigentümliche Verbindungsart des Mannigfaltigen, wenn diejenige Anschauung, darin dieses allein gegeben werden kann, nicht hinzukommt, gar nichts bedeutet" (B 306). - Oder anders gesagt: "Der Verstand heißt darum nicht das obere Vermögen, weil er vorzüglich, und die Sinnlichkeit nicht das untere, weil sie von geringerem Werthe ist, sondern weil daß, was da behandelt, demjenigen, was behandelt werden soll, a priori steht. Sonst ist Sinnlichkeit ohne Verstand etwas, aber Verstand ohne Sinnlichkeit gar nichts" (XVI 131, vgl. auch VII 19624-28). Wäre nun Sinnlichkeit ohne Verstand ebenfalls "gar nichts" (sie ist blind oder besser gedankenlos52, aber nicht nichts), dann fände im Rahmen der Kritik weder 52

"Blind heißt, wenn man selbst nicht sehen kann; aber auch das, wodurch man nichts sehen kann" (XXVIII 199). Da Kant nun eigentlich von blinden Anschauungen spricht, so meint er natürlich im Sinne eher des zweiten*, daß sie fllr sich (nur in diesem Bild gleichsam "dahinter") keinen Gegenstand sehen genauer als erkennen lassen. Denn ohne eine "Verknüpfung nach allgemeinen und notwendigen Gesetzen" würde Erscheinung "zwar gedankenlose Anschauung, aber niemals Erkenntnis, also für uns [fllr das "Ich denke" (A 125), MK] soviel als gar nichts sein" (A 111). Letzteres ist gleichwohl ganz etwas anderes als "gar nichts", wovon, um eine Anmerkung Kants zu variieren, jeder Zustand der Unaufmerksamkeit, etwa durch eine anders gerichtete Aufmerksamkeit, ein Beispiel geben kann (Β 157f ). So dürfte man sich beim aufmerksamen Lesen dieser Zeilen schwerlich der schwarzen Buchstaben und des weißen Papiers (jedenfalls nicht des Tisches, falls vorhanden, oder der eigenen Hände) bewußt gewesen sein, obwohl natürlich, daß sie im Gemüt gegenwärtig gewesen sein müssen, auf der Hand liegt. Denn widrigenfalls hätte offenbar kein Lesen stattfinden können. Die Aufmerksamkeit, nämlich "Bewußtsein nach Willkühr" (XXIX 878) und als spontane erstes Moment von Freiheit in unserem Erkennen, hat sich ihnen hier durch unsere Bemerkung veranlaßt erst zugewandt. Man sieht dabei, was es heißt, daß die dunklen "die Anzahl unserer klaren Vorstellungen bei weitem übersteigen. Unsere Seele ist gleichsam wie eine Karte, auf der einige wenige Stellen illuminirt sind" (XXIX 879), und das intellektuelle Bewußtsein kann nur wenige der Vorstellungen (Anschauungen, aber auch Begriffe (A 382)), die im Gemüt liegen, und nicht auf einmal, mit der Klarheit oder gar Deutlichkeit seines "Ich denke" begleiten. Übrigens widerspricht dem überhaupt nicht, daß es, wie die transzendentale (und nicht wie hier teils schon psychologische) Betrachtung der Kritik zu zeigen unternimmt, keine Vorstellung geben kann, die das "Ich denke" nicht wenigstens prinzipiell durch eine der Funktionen seiner Realisierung als empirischen Bestimmung begleiten könnte (§ 16). Denn man ist sich einer "Vorstellung nicht immer bewußt, kann sich ihrer jedoch jederzeit bewußt werden" (XXIX 970). Die ganze Schwierigkeit beruht hier darauf, daß es "keine psychologische Dunkelheit" gibt, "die nicht als ein Bewußtsein betrachtet werden könnte, welches nur von anderem, stärkerem überwo-

Α. Von der Autonomie der Sinnlichkeit als solcher d i e erwähnte "bloß tierischbelebte Natur" n o c h a u c h e i n e M ö g l i c h k e i t d e s

43 Traums

statt. Letzterer enthält n ä m l i c h ja, w e n n a u c h nur v o r d e m inneren Sinn, anschaulic h e V o r s t e l l u n g e n , d i e d e n B e d i n g u n g e n , deren "der Verstand zur s y n t h e t i s c h e n Einsicht [Einheit] d e s D e n k e n s b e d a r f ' ( B 123), durchaus nicht g e m ä ß sind. V o m Traum aber ist sehr w o h l die R e d e , w e n n Kant bestimmt, daß o h n e Einheit n a c h transzendentalen B e g r i f f e n W a h r n e h m u n g e n "nichts als ein b l i n d e s S p i e l der V o r s t e l l u n g e n , d. i. w e n i g e r , als ein Traum" wären. Mithin w ü r d e letzterer, als selbst nicht v ö l l i g r e g e l l o s , s o g a r m e h r als ein b l o ß e s " G e w ü h l e v o n E r s c h e i n u n g e n " s e i n ( A U l f . ) . ( S e l b s t d i e s e s w ä r e nicht s c h l e c h t h i n "nichts", s o n d e r n e s w ä r e o d e r b e z e i c h n e t e l e d i g l i c h "kein existirendes

Object"

( X X I 6 0 4 1 Of). E s w ä r e s o u n g e -

fähr d a s j e n i g e , w a s s i c h a n s c h a u e n 5 3 ließe, w e n n ein Z u f a l l s g e n e r a t o r 5 4 Farbflek-

gen wird" (IV 307). Vgl. zu den "Vorstellungen, die wir haben, ohne uns ihrer bewußt zu sein", auch VII 135f. (* Prauss stößt hier ein wenig ins Leere, wenn er das berühmte Kantzitat Β 75 so verstehen will, daß man "ohne Begriffe letztlich g a r n i c h t s sieht" (Prauss 1971, 24, vgl. 34 u. 36) - zumal Β 309 bei einem Weglassen alles Denkens durch Kategorien "aus einer empirischen Erkenntnis" immer noch "bloße Anschauung" als eine "Affektion der Sinnlichkeit in mir" übrigbleibt. Die fälschliche Beziehung auf den ersteren Begriff des "Blinden" dürfte bei Prauss also nachgerade einer der hauptsachlichen Anlässe sein für seine These, daß man subjektive Erscheinung erst ganz vermittelt im Wahrnehmungsurteil, und das heißt ja bei ihm im Vorblick sogar immer bereits auf das wenigstens problematisch kategorial bestimmte Erfahrungsurteil doch wieder, überhaupt zum subjektiven Gegenstand gewinnen könne und auch erst noch müsse. Auch Dörflinger war anfangs der Auffassung, "daß Anschauung ohne Begriff nicht einmal anschaut, der Begriff aber nur leer ist und seines ihm selbst wesentlichen formalen Charakters unbeschadet bleibt" (1991, 113). Mittlerweile findet sich hierzu aber in seiner noch unveröffentlichten Mainzer Habilitationsschrift die folgende Passage, der wir in allem Wesentlichen nur beipflichten können: "Das auf strukturierender Synthesis der Einbildungskraft beruhende Bildersehen kann in einem gewissen Sinn, insofern nämlich begriffslos, noch 'blind' genannt werden, denn in einem solchen Sehen wird in dem Verständnis n i c h t s gesehen, als darin k e i n E t w a s als ein Gegenstand der Erfahrung gesehen wird. ... Der Gegenstand der Erfahrung muß ... zum Bild hinzu g e d a c h t werden, wodurch sich übrigens an der rein anschaulichen Ausprägung des Gesehenen nichts ändert [ganz wie bei uns, MK], und erst durch dieses Hinzudenken ist das Sehen kein gegenstandsblindes bloßes Bildersehen mehr, sondern ein Sehen v o n E t w a s als desjenigen, w o v o n das Bild ein Bild ist. Auf den Gegenstand der Erfahrung hin ist das Bild erst zu beurteilen, so daß es, erst auf Beurteilung beruhend, nicht bloß Bild als solches, sondern Bild von Etwas (und in diesem Sinne nicht blind) sein kann." Allerdings faßt Dörflinger hier ebenfalls noch den Ausdruck des "Blinden" eher in seinem ersteren Sinn auf. Er kommt also zu dem nach dem Obigen vielleicht nicht unbedingt nötigen Schluß, daß "Kants Metapher" von den ohne Begriffe blinden Anschauungen "für mehr als unglücklich gehalten werden muß" (Das Leben theoretischer Vernunft. Eine Untersuchung zur Philosophie Kants. Teil III. 1. Übergang zu Handlungen der Synthesis). Vgl. ebenfalls völlig richtig Körner 4 6 f f , bes. 48, wo ein "Mannigfaltiges ohne synthetische Einheit" durchaus "wahrgenommen aber nicht gedacht werden" kann, "wenigstens nicht in Erfahrungsurteilen", sowie dann 50. Siehe schließlich auch Hoppe 149.) 53

Baumanns führt gegen die Prausssche Position, die in dessen Ausarbeitung vielleicht gar nicht so recht dadurch getroffen werden kann, und damit für dieses Stück auch gegen die unsere an, man habe sich beim Anschauungsbegriff Kants ganz "vom normalsprachlichen Begriff der Anschauung zu lösen" und im Sinne bloßer "erkenntnistheoretischer Funktionsbegriffe" (70) lediglich mit einem "Haben von formlosem Gegebenem" und mit "Modifikationen des abstrakten rezeptiven Subjekts" zu rechnen (71). So könne man auch beim Kantischen Begriff der Erscheinung als dem "unbestimmten Gegenstand einer empirischen Anschauung" (B 34) gleich an "völlige Unbestimmtheit" (83) denken, wie überhaupt wohl Kants Rede von "Anschauungen", "Erscheinungen",

II. Empirische und kategoriale Bestimmung

44

k e n in d e n R a u m projizierte. E r g ä b e n s i c h dabei v o n selbst z w e c k m ä ß i g e G e s t a l ten für d i e Urteilskraft, s o k ö n n t e sie in ihrer R e f l e x i o n , d. h. in d e m V e r s u c h , d a s S p i e l in B e g r i f f e n z u f i x i e r e n , d i e s e D e n n d i e " A u f f a s s u n g der Formen

freie

Regelmäßigkeit sogar schön finden.

in d i e Einbildungskraft kann n i e m a l s g e s c h e -

hen, o h n e d a ß d i e reflectirende Urtheilskraft, a u c h unabsichtlich, sie w e n i g s t e n s mit

ihrem

Vermögen,

A n s c h a u u n g e n auf B e g r i f f e z u b e z i e h e n , vergliche"

(V

190).) In den Prolegomena

b e t o n t Kant ausdrücklich, v i e l l e i c h t der u n t e r s c h i e d l i c h e n

Intensität n a c h nicht g a n z z u R e c h t , daß s i c h in Traum und Erfahrung d i e lichen

anschau-

V o r s t e l l u n g e n ("die a u f G e g e n s t ä n d e b e z o g e n w e r d e n " ) in nichts als der Art

ihrer V e r k n ü p f u n g unterscheiden. Er stellt damit aber a u c h indirekt fest, d a ß sie als a n s c h a u l i c h e V o r s t e l l u n g e n der Arten der V e r k n ü p f u n g d e s V e r s t a n d e s nicht b e d ü r f e n können. nicht

D e r U n t e r s c h i e d n ä m l i c h " z w i s c h e n Wahrheit und T r a u m wird

durch die B e s c h a f f e n h e i t der V o r s t e l l u n g e n , d i e a u f G e g e n s t ä n d e b e z o g e n

w e r d e n , a u s g e m a c h t , denn die sind in beiden

einerlei,

s o n d e r n durch d i e V e r k n ü p -

f u n g d e r s e l b e n n a c h den R e g e l n , w e l c h e d e n Z u s a m m e n h a n g der V o r s t e l l u n g e n in d e m B e g r i f f e e i n e s O b j e k t s b e s t i m m e n , und w i e fern sie in einer Erfahrung beis a m m e n s t e h e n k ö n n e n o d e r nicht" ( I V 2 9 0 ) . Im übrigen m ü ß t e n , k ä m e die e m p i r i s c h e A n s c h a u u n g durch die K a t e g o r i e n z u stande, d i e s e a u c h in ihr l i e g e n und a l s o durch Abstraktion aus ihr z u e n t w i c k e l n

"Mannigfaltigem", "Gegebenem" usw. nur der Popularität und "suggestiven Eingängigkeit" zu Gefallen statthabe (86). - Einem solchen Vorwurf der Plattheit auf Seiten des Lesers (der mit jenem Vorwurf der Popularität des Autors hier ja eigentlich gemeint ist) setzen wir uns mit Prauss und dann wohl auch Schönrich nun dann gerne aus, wenn es unserer Auslegung umgekehrt gelingt, daß man sich unter den Bestimmungen der Kritik vielleicht doch etwas Bestimmtes vorstellen kann. Dabei und dadurch sollen wohlgemerkt aber die ganz beträchtlichen Schwierigkeiten, die mit dieser Auslegung verbunden sind und auf die gerade auch Baumanns in aller Deutlichkeit und Richtigkeit hinweist, keineswegs geleugnet sein. (Wir werden bei dem "Versuch der Auflösung des 'Grundproblems'" noch einmal auf sie zu sprechen kommen. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß wir sie auch nicht letztlich befriedigend auflösen können.) Umgekehrt gesteht Baumanns ja selbst wieder ein, daß nicht eben - was sich durchaus auch schon auf seine obigen Erklärungen erstrecken kann - eine "Begrifflichkeit grundklar sei", die in seinem Sinne bei völliger Unbestimmtheit der "Erscheinung" gleichwohl so etwas meine "wie das 'gegenstands/a'Arfaffektion). Überhaupt darf ungeachtet aller Bemerkungen Kants, wonach sich Art und Zahl der Anschauungsformen und Verstandesbegriffe nicht ableiten lassen, immerhin mit allem Vorbehalt gefragt werden, ob nicht die Beweise der Grundsätze insgesamt darauf hinauslaufen müssen zu zeigen, daß. wenn einmal Raum und Zeit als die Anschauungsformen des Subjekts gesetzt sind, man dann auch diese und genau diese Funktionen des Verstandes ansetzen müsse. Ansonsten bliebe ja gleichsam eine der möglichen Dimensionen oder auch "modi" der ersteren und damit des in ihnen Gegebenen (als die Form der Erscheinung, die Form der Materie der Erscheinung, die formalen Verhältnisse innerhalb der Erscheinung sowie diejenigen derselben zu den Er-

104

IV. Exposition der Erscheinung

transzendentale Subjekt in seiner Analogie keineswegs über diese Regel verfügt wenn sie sich auch in einem anderen Sinn häufig als eine notwendige "Regel" a priori bezeichnet findet. Es verfügt in ihr lediglich über den a priori gegebenen Exponenten der Regel oder das "Principium der Regel" (XVII 647) oder die allgemeine "Norm zur Regel der Erscheinungen überhaupt" (XVII 656). Denn durch Subsumtion der Erscheinungen unter die Analogie werden sie nicht unter diese als die Regel, sondern vermittelst dieser Subsumtion unter einen Erfahrungsbegriff als die durch Reflexion der Urteilskraft nach jenem Prinzip zu dem Besonderen erst zu findende Regel gebracht werden: "Die apperception ist das Bewußtseyn des Denkens, d. i. der Vorstellungen, so wie sie im Gemüthe gesetzt werden. Hiebey sind drey exponenten: l . d e r Verhältnis zum Subiekt, 2. der Verhältnis der Folge unter einander, 3. der Zusammennehmung. Die Bestimmung von a [vom Realbegriff als Apprehension, MK] in diesen momentis der apperception ist die Subsumtion unter einen von diesen actibus des Denkens [wobei Reflexion der Urteilskraft ausmacht, weshalb gerade unter diesen und nicht etwa einen anderen, MK]; man ( g erkennt ihn als an sich selbst bestimmbar und also obiectiv, nemlich) den Begrif a, wenn man ihn unter eine dieser allgemeinen Handlungen des Denkens bringt, vermittelst deren er unter eine Regel kommt. Dergleichen Satz ist ein Principium der Regel, also der Erkenntnis der Erscheinung durch den Verstand, dadurch [*] sie als etwas obiectives betrachtet wird, was [*] an sich selbst gedacht wird unabhängig von der Einzelnheit, darin es gegeben war." (XVII 6 4 7 ) ' "

Was zum anderen aber und vorgängig jenes transzendentale Subjekt selbst angeht, so denkt es seine besagte "subiective Vorstellung (des subiects) selbst" in der reinen Apperzeption als objektive durch dieselben Handlungen, durch die es das Objektive der Erscheinungen erkennt und also bestimmt denkt - was ansonsten dieses reine Subjekt lediglich von seinem jeweils momentanen Dasein und nicht der nur empirisch bestimmbaren Art dieses Daseins behaupten kann (B 157f.). Denn das "Ich bin" (B 138), nämlich als Subjekt oder für mich selbst, des "stehenen und bleibenden Ich" (A 123), das "Ich denke" (B 131) sowie das Denken der

133

kenntnisvermögen selbst) unbestimmt und also als unverbundene "ftlr uns soviel als gar nichts" (gleichwohl nicht nichts (S. 42f., Anm. 52)). Man findet diesen Gedanken, wie auch immer unbestimmt, auch XX 2769f. in dem Ausdruck "nach Verschiedenheit der anschaulichen Vorstellungen der Gegenstände in Raum und Zeit" wieder - noch gar nicht davon zu sprechen, daß in den Metaphysischen Anfangsgründen nach Β 110 Anm. ein Vollständigkeitsbeweis nach Kant selbst geliefert sein soll (vgl. Seebohm 1981, 128 bzw. 137, sowie Seebohm 1988, 12). Vgl. XVII 667: "Man kan zwar vieles sehen, aber nichts verstehen, was erscheint, als wenn es unter Verstandesbegriffe und vermittelst ihrer in Verhältnis auf eine regel gebracht wird". Siehe hierzu auch IV 29735Γ. Zu gegebenen Erscheinungen, deren "Erklärung" beabsichtigt ist, sind nur "zufolge" jener apriorischen Prinzipien der Exposition derselben die nun auch empirischen "Prinzipien, oder die Regel [wie Erdmann demnach ganz richtig annimmt, "die Regeln", und zwar wieder die empirischen schon nach Maßgabe a priori, MK] ihrer Exposition zu suchen" (nur sinngemäß aus Β 510). Dieses geschieht durch die auch reflektierende "bestimmende" Urteilskraft.

D. Drei Exponenten a priori als formale Bedingungen der Exposition der Erscheinung

105

mannigfaltigen Vorstellungen in diesem Ich134 stellen nichts anderes als Ausdrücke für die gleichfalls erwähnten " s u b i e c t i v e n f u n c t i o n e n des Gemiiths" dar. Sie machen darin gleichsam die Keimzellen für die objektiven Analogien der Erfahrung selbst aus: "Wenn etwas apprehendirt wird, so wird es in die function der apperception aufgenommen. Ich bin, ich denke, Gedanken sind in mir. Dieses sind insgesamt Verhaltnisse, welche zwar nicht regeln der Erscheinung geben, aber machen, daß alle Erscheinung als unter Regeln enthalten vorgestellt werde. Das Ich macht das Substratum zu einer Regel überhaupt aus, und die apprehension bezieht iede Erscheinung darauf." (XVII 656)

Nimmt man aber diese beiden Momente zusammen und erinnert sich an dasjenige, was gegen Ende des letzten Kapitels über eine Vergleichung von Erscheinungen mit den Analogien sowie, mittels ihrer, mit anderen gesagt ist, so ergibt sich die Bestimmung des Objektiven als eines "Grundes der Einstimung der Erscheinungen unter ein ander". Es ist mithin in einer "inneren Nothwendigkeit der Erscheinung, da nemlich dieselbe von allem subiektiven losgemacht und [*] durch eine allgemeine Regel (der Erscheinungen) bestimmbar angesehen wird" (XVII 650), gesetzt: "Daher dreyfache Einstimmung: 1. im gemeinschaftlichen subiect, 2. im [*] gemeinschaftlichen Anfange, 3. im gemeinschaftlichen Ganzen." (XVII 650)

Nun scheinen aber, fern davon, die Erscheinung wirklich "von allem subiektiven" loszumachen, diese Bestimmungen des real Objektiven überhaupt jenes Materiale dem intellektual Formalen des Subjekts vielmehr vollends auszuliefern. Eine letzte, das Gesagte insgesamt vorläufig zusammenfassende Passage (die wir bei der Untersuchung einer Vereinbarkeit unserer Thesen mit dem Grundgedanken der Deduktion erneut ansprechen werden) vermag diesen Eindruck nur zu verstärken: "Wie können wir uns denn [die] positiones der postulaten der synthesis a priori vorstellen. Es sind die drey functionen der apperception, welche bey [allem] dem Denken unseres Zustandes überhaupt angetroffen werden und worunter alle Erscheinung deswegen passen muß, weil in ihr keine synthesis an sich selbst liegt, wenn das gemüth solche nicht hinzufügt oder aus den datis derselben macht. Das Gemüth ist sich selbst also das Urbild von [der Möglichkeit] einer solchen Synthesis durch das ursprüngliche und nicht abgeleitete Denken." (XVII 646f.)

Daß dennoch die Urteilskraft in der Anwendung dieses auch regulativ Formalen auf das empirisch Materiale nicht rein (will sagen ohne Reflexion) bestim-

134

Es ist dies ein Denken mannigfaltiger Vorstellungen in nur subjektiver "Gemeinschaft ( c o m m u n i o ) der Apperzeption" als einem bloßen bewußten Beisammensein im Gemtlt vor der Heranziehung zur Bestimmung einer objektiven "Gemeinschaft ( c o m m e r c i u m ) " von Substanzen als anderen Subjekten (B 261).

106

IV. Exposition der Erscheinung

mendens ist, wird sich paradoxerweise, indem sie dies nicht einmal, in der Mathematik, in der Anwendung eines rein konstitutiv136 Formalen auf ein anderes, demselben Subjekt selbst angehöriges (nämlich gleichfalls nur gegebenes und nicht etwa selbst hervorgebrachtes) Formales zu sein vermag, gerade im vorliegenden Kontext wieder besonders deutlich machen lassen.

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136

Eine solche Eigenschaft könnte einem endlichen Erkennen durch wie auch immer "ursprüngliches" Denken, da dieses auf ein Gegebenes angewiesen ist und also "jederzeit Schranken beweist" (B 71), umgekehrt ja auch gar nicht zukommen. Dies mag zur präziseren oder eigentlich hier erst richtigen Bestimmung dessen dienen, was oben (S. 6Iff.) über das Gegensatzpaar "bestimmte konstitutive Prinzipien/'bestimmende Urteilskraft" und "regulative Prinzipien¡reflektierende Urteilskraft" bemerkt ist. Die Urteilskraft verfährt unter bloß konstitutiven, mathematischen Grundsätzen in ihrer synthetischen Reflexion apodiktisch objektiv bestimmend, wobei bloße Fehler aus mangelnder Aufmerksamkeit usw. natürlich ausgeschlossen sind. Sie verfährt zweitens in derjenigen gleichfalls synthetischen unter den einerseits zwar regulativen, aber auch wesentlich konstitutiven Analogien (Uber Erscheinung), wie sich bald zeigen wird, versuchsweise apodiktisch objektiv bestimmend, d. h. in Gestalt einer "wenigstens [aber auch höchstens, MK] präsumirten Allgemeinheit und objectiven Notwendigkeit" (V 12). Sie ist schließlich drittens unter ihrem eigenen, für den logischen Gebrauch überhaupt (übrigens ja auch im teleologischen) nämlich bloß regulativen Prinzip letztlich überhaupt nicht objektiv bestimmend. Sie verfährt in diesem Fall vielmehr nach zusätzlicher analytischer,* d. h. immer wesentlich subjektiver Einheit des Bewußtseins des Empirischen als solchen (einer bloß noch logischen Relation analytischer Einerleiheit schon objektiver empirischer Synthesen bei mehreren gleichartigen wirklichen Objekten, die selbst keine objektive Verbindung ist) zwar ebenfalls wieder versuchsweise, nämlich gleichfalls noch mit InduktionsschlUssen verbunden, aber dieses Mal eben allenfalls subjektiv gültig und auch mehr nötig als notwendig "bestimmend" (eigentlich bloß reflektierend (V 1847)). Die letzten beiden Fälle machten oben die zwei Momente aus, die wir in dem Begriff einer "mechanistisch reflektierenden Urteilskraft" vereinigt betrachteten. - Wenn übrigens Kant in der Kritik (B 691) im Unterschied zu demjenigen, was wir hier eine nur subjektiv gültige (XVI 70915 u. 7598f.) "Bestimmung" nach analytischer Einheit des Empirischen als solchen gemäß dem Prinzip der Urteilskraft nennen, denselben Prinzipien, die de facto im großen, vornehmlich aber im Prinzip der Homogenität, diesem späteren Prinzip der Urteilskraft selbst entsprechen, ganz im Gegenteil eine "objektive, aber unbestimmte Gültigkeit" beilegt (obwohl er j a doch angeblich an dieser Stelle vom regulativen Gebrauch der Vernunftideen spricht, von denen und nicht dem Prinzip der Urteilskraft dieses zweite aber auch einzig wirklich gilt), so findet man alles zur Auflösung dieser Schwierigkeit Notwendige bereits S. 74f., Anm. 90 gesagt. Denn nur die Vernunftideen, die ins Unbedingte als im empirischen Gebrauch lediglich - nur insofern bloß regulativ - ins Unbestimmte "verlängerte", in der Tat aber Kategorien sind, zielen wirklich unmittelbar auf objektive (synthetische) Verbindungen selbst. In ihrem empirischen Gebrauch bleibt denn auch lediglich unbestimmt, wie weit zurück man in der regressiven empirischen Synthesis genuin objektiver Verbindungen gehen könne. Es wird etwa, wobei das für das bloß Regulative daran stehende "etc." eigentlich vor dem ersten "Ursache" stehen müßte, eine "Ursache der Ursache der Ursache" etc. bestimmt, so daß die jeweils gerade erste gefundene Ursache mit der letzten als auch ihrer Wirkung wirklich noch objektiv verknüpft ist. Es wird dabei aber nicht bloß subjektiv Ähnlichkeit von Ursachen gedacht und "bestimmt". (* Die angesprochene teleologische Urteilskraft reflektiert wohlgemerkt synthetisch. Sie denkt also dann auch synthetische Einheit des Bewußtseins. Letztere ist aber natürlich, nach einem bloß regulativen Prinzip, gleichfalls nicht objektiv gültig und bestimmend.)

E. Empirische Exposition der Erscheinung nach Maßgabe der Exponenten a priori

107

E. Die eigentliche empirische Exposition der Erscheinung nach bloßer formaler Maßgabe der Exponenten a priori. Diese synthetische Exposition quasi "analytisch" verfahrend Wenn man die analytische Behandlung der apprehendierten Erscheinung, durch die sie lediglich die Form des Verstandes (der Allgemeinheit) annimmt und von der am Ende dieses Abschnitts erneut zu reden sein wird, als die erste Teilstufe der Reflexion (also in Abschnitt C. nur bis Stufe 3a) nicht schon mitzählt, so läßt sich die Bildung eines Erfahrungsbegriffs aus Erscheinung, ihre eigentliche schließliche Intellektion 3b auch der Materie nach durch synthetische Exposition der Urteilskraft, selbst wieder in zwei Momente auflösen. Denn ist reflektierende Urteilskraft überhaupt das Vermögen, zum gegebenen Besonderen das Allgemeine zu finden, so ist es doch eines, zur Erscheinung χ und zum analytisch aus ihr gefundenen bloß empirischen Begriff als einem Allgemeinen der Wahrnehmung a (d. h. zum a + b von Wahrnehmungen aus bloßer Observation, das seinen ganzen Inhalt dem bei aller Regelmäßigkeit immer nur subjektiven χ verdankt) das korrespondierende Allgemeine von Objektivität des Empirischen überhaupt, den im Verstand bereitliegenden Exponenten b, als das beständige Prinzip der Reflexion und Determination dort zunächst lediglich aufzufinden, jene unter ihn nur zu subsumieren (sie kategorial zu bestimmen) und ihnen einen transzendentalen Inhalt zu geben. Es ist aber etwas anderes, dabei zugleich durch empirische Bestimmung seinerseits des gegebenen Exponenten, indem seine noch leere Form des inhaltlichen oder besser materialen als gegenständlichen Denkens (Schema) durch Prädikate der Erscheinung gleichsam ausgemalt und konkretisiert wird, das je verschiedene Allgemeine des Objekts, den Erfahrungsbegriff a + b (mit der empirischen Variablen χ nur in intellektueller Form von a) als das nach seiner beständigen apriorischen Maßgabe empirisch gemachte Produkt der Reflexion und Determination, aus dieser Erscheinung erst auszufmden und zu bilden. Die deutliche Bestimmung dieses im letzten Abschnitt (S. 104) kurz berührten sowie vorher schon (S. 56) nur beiläufig einmal erwähnten Unterschieds137 ist im folgenden durchaus gegenwärtig zu halten. A n m e r k u n g 1. Wir sprechen vom "bereitliegenden" oder "gegebenen" Exponenten (hier vom Ausleger als vom Prinzip der Exposition, nämlich bereits vom ganzen Grundsatz selbst) natürlich nur als von einem durch reine Synthesis schon hervorgebrachten. Denn genau zu reden, ist nur die Kategorie b, der Exponent im eigentlichen, engeren Sinn als das im ersteren rein gedachte Verhältnis selbst, a priori gegeben (metaphysische Deduktion 137

Wir konnten oben (S. 54ff.) diesen Unterschied im wesentlichen noch vernachlässigen und es bei einer kurzen, vielleicht ein wenig unvermittelten Andeutung desselben bewenden lassen. Es galt nur zu zeigen, inwiefern beides mit Reflexion verbunden sei. S. 55 (XVII 636) und wohl auch S. 56 (VII 396) war eher vom ersten, S. 55 (VII 398) und S. 59 (XVIII 680 u. VII 142) jedenfalls vom zweiten die Rede (S. 60, XXVIII 187 von beidem). Man beachte noch einmal VII 398 die Notwendigkeit vorgangiger Observation vor der Reflexion und Determination.

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IV. Exposition der Erscheinung

(Β 38)). Der transzendentale Grundsatz a + b aber, das b der Exposition der Erscheinung oder der Exponent als Ausleger derselben, ist durch Synthesis a priori, d. h. durch Selbstaffektion gemacht, daß nämlich etwa jedes Geschehen a (im Grundsatz in abstracto gedacht) seine Ursache b habe (B 13). (Die Bedingung seiner reinen Synthesis a + b durch transzendentale Urteilskraft liegt im "concretum" des Subjekts x, d. h., wie gehört, in der Möglichkeit einer objektiven Bestimmung eines in der Form seiner inneren Anschauung Gegebenen "nach allen drei modis derselben" (B 262).) Dabei wird in der gedachten, objektiven empirischen Synthesis durch Exposition der Erscheinung nach seiner Maßgabe vermittelst der empirischen Urteilskraft sein allgemeines a (und so dann auch b) durch die jeweils im "concretum" der Erscheinung χ beobachtete, regelmäßige Folge von Wahrnehmungen a + b (das Geschehen als Apprehension aus bloßer Observation und rein logischer Reflexion der Urteilskraft) konkretisiert und empirisch bestimmt, wodurch es zum konkreten a des jeweiligen Erfahrungsbegriffs a + b wird. Demnach wird bei dieser Bildung des Erfahrungsbegriffs oder Erfahrungsurteils a + b das a das Allgemeine der konkreten Wahrnehmung als das Produkt der bloßen Observation und empirischen Analysis (die regelmäßige nur subjektive empirische Synthesis a + b 138 des bloß empirischen Begriffs oder des Wahrnehmungsurteils nach analytischer oder nur distributiver Einheit des Bewußtseins) sowie der Exponent b das a + b der reinen Synthesis des Grundsatzes sein. Es wird also, indem das erstere, durch analytische Reflexion über die Erscheinung gebildete, durch synthetische Reflexion der Urteilskraft unter den zweiten subsumiert wird und beide sich gegenseitig (empirisch und kategorial) bestimmen, 139 seine 138

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Wenn man also umgekehrt von einer nur subjektiven und zufälligen Reproduktion bzw. Assoziation absieht, d. h. einer solchen, deren Synthesis zu keiner Bestimmung eines Objekts dienen kann, sind hier, um es noch einmal deutlich zu sagen, bei dieser Bestimmung eines realen Objekts dreierlei Verbindungen a + b zu unterscheiden. Es findet sich nämlich erstens eine bloß empirische (Beobachtungs-) Synthesis durch Apprehension und Reproduktion (nur wie die mannigfaltigen Wahrnehmungen apprehendiert wurden) und bloße Komparation. Es finden sich zweitens eine gedachte transzendentale sowie drittens eine gleichfalls gedachte eigentlich empirische als nunmehr aber Erfahrungssynlhests. Letztere kommt zustande durch Subsumtion des Produkts der ersten unter das der zweiten, d. h. als eine Synthesis nach seiner Maßgabe und mithin durch synthetische Reflexion. Wahrend das erste den zweiten konkretisiert, "verklammert" gleichsam dieser zweite das empirisch Mannigfaltige des ersten. Die bei dem Versuch, sich diese wechselseitige Bestimmung deutlich vorzustellen, vielleicht sich einstellende Dunkelheit aber rührt daher, daß wir, einigermaßen verwirrend und so in der Tat nicht ganz richtig, in der Darstellung des Grundsatzes selbst zwar der ersten, in der aber seiner Anwendung und empirischen Bestimmung eher der zweiten von zwei bei Kant beständig durcheinanderlaufenden und tlberdem vielfältig kombinierten (etwa V 1837f.) Weisen der Formulierung jener zweiten Analogie folgen. Diese bedeuten ansonsten aber, indem sie in etwa den beiden Varianten der ersten und der zweiten Auflage entsprechen (A 189 bzw. Β 232), keinen nennenswerten Unterschied in der Sache. Observation und empirische Analysis, wie gesagt, geben jeweils nur ein regelmäßiges Folgen auf zweier subjektiver Wahrnehmungen a + b in einem Gemütszustand. Sagt man nun einerseits, wie wir mit Kant oben in der Darstellung des Grundsatzes, daß jedes (später nur als Wirkung bestimmte) Geschehen a in einem vorigen seine Ursache b habe (siehe erneut Β 13 oder auch S. 116 die Stelle XVII 659f.), so entspricht das hier lediglich für einen neu eintretenden Zustand selbst stehende allgemeine a dieses Grundsatzes nur dem konkreten b der Observation. Dabei wird dessen konkretes a als Fall des (dadurch seinerseits wie auch schon sein a empirisch konkretisierten) allgemeinen und apriorischen b des Grundsatzes bestimmt. Sagt man aber andererseits ein wenig glücklicher mit der zweiten Auflage, daß alle Veränderungen a nach dem Gesetz der Verknüpfung der Ursache und Wirkung geschehen (wobei die Relationskategorie also deutlicher mitsamt ihren beiden Korrelaten als apriorisches b genommen ist), so entspricht wie oben in unserer Darstellung seiner Anwendung das ganze bloß empirische a + b der Observation dem allgemeinen, aber nicht apriorischen

E. Empirische Exposition der Erscheinung nach Maßgabe der Exponenten a priori

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objektive empirische Synthesis von reinen und empirischen Prädikaten ein analytisches Moment haben müssen (S. 91ff. sowie S. 120ff.)· Es versteht sich, daß "logisch", als bloß analytisch und formal im Unterschied zu synthetisch und real, hier für einen engeren Begriff steht, als wenn es oben (S. 70 oder hin und wieder in der Einleitung) als Inbegriff des Intellektualen überhaupt den Gegensatz zum Ästhetischen bezeichnet und also dort auch die Prinzipien einer transzendentalen "Logik" mit begreift. A n m e r k u n g 2 . Zur wenigstens im Kantischen Text nicht immer konsequent gehandhabten Unterscheidung des Gegebenen und Gemachten vergleiche man auch S. 122f., Anm. 169 die Stelle XVI 572 sowie S. 31 das Zitat XXII 353, wo das "Object durch Observation u. Experiment" gegeben und "durch Zusammensetzung selbst gemacht wird". Dies heißt natürlich nicht, daß der über ein irgend Gegebenes immer nur reflektierende und es nach analytischer oder hier synthetischer Einheit des Bewußtseins bestimmende bloß diskursive Verstand eine empirische Materie selbst schaffen könnte. Es heißt vielmehr, daß in den Sinnen und ihrer a priori gegebenen Form empirisch gegebene, durch Synthesis der Apprehension und Reproduktion nur versammelte Erscheinung beim Bemerken durchgängiger Zusammenstimmung mit seinen a priori gemachten140 formalen Exponenten, das von einer Vergleichung jener Erscheinung mit den in diesen enthaltenen, gleichfalls 141 schon a priori gemachten Schemata durch empirische Urteilskraft herrührt, durch bestimmt hinzugedachte und nur insofern "bewirkte" (A 105) Verknüpfung ihres Mannigfaltigen unter ihnen überhaupt erst eine bestimmte empirische Materie (ein Objekt der Erfahrung) wird. Sie kann erst dadurch dann nach dem noch anzusprechenden Kontext vornehmlich des zehnten Konvoluts als "gegebenes" Objekt selbst vorgestellt werden. (Hier kann sich eine Amphibolie von Materie und Form ergeben, nämlich einfach als material gegeben zu betrachten - was in der Tat in einem engeren Sinn selbst im späten Opus postumum, in dem das manchmal j a ganz anders klingt, nur für die Wahrnehmung gilt -, was sich als erkanntes, "gegebenes" Objekt zunächst formalen Verstandesbedingungen der gedachten und also gemachten Verknüpfung derselben verdankt. Die eigentlichen, hier intellektuellen formalen Bedingungen der Möglichkeit werden dabei vom "Sensualphilosophen" bzw. bloß mathematisch operierenden bloß empirischen Naturforscher fälschlicherweise aus den materialen

140

141

(Anmerkung 2, bes. Anm. 143) a des Grundsatzes. Dieses a bezeichnet dabei den Wechsel zweier Zustande, und es konnte also in diesem Sinn von "Veränderung" von uns ebenfalls ein "Geschehen", dort aber noch subjektiv und unverstanden als Apprehension, genannt werden. Die beiden Korrelate des apriorischen b des Grundsatzes aber werden nunmehr auf das konkrete a und das konkrete b der Observation (nämlich als Ursache und Wirkung, dabei gleichfalls die beiden in einem Bewußtsein überhaupt verknüpfend) verteilt. - Im übrigen mUßten, wenn man in einer bereits metaphysischen Betrachtung zugleich auch die Bedingungen des Raumes in den Blick nähme, diese Analysen noch um eine weitere Differenzierung ergänzt werden, wozu man nur S. 168, Anm. 242 vergleiche. Die formalen Exponenten sind nach den Bedingungen von zweierlei a priori Gegebenem und aus ihm gemacht. Das transzendentale Schema verzeitlicht die reine Kategorie, indem es, d. h. eigentlich ja die transzendentale Urteilskraft in seiner Bestimmung, sie nur mit der Form der inneren Anschauung vergleicht und verbindet. Es ist für sich, was, wie Kant zugibt, alles andere als deutlich ist (Β 180Í), so jedenfalls nicht anschaubar. (Das Schema ist kein Bild. Man denke etwa an das Zugleichsein, das sich als ein solches, zumal als ein solches Sein, in der Tat nicht anschauen läßt.) Der transzendentale Grundsatz aber verbindet die so bereits schematisierte Kategorie mit einem Begriff unter Bedingungen der konkreten (reinen oder empirischen) Anschauung.

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IV. Exposition der Erscheinung

der Wirklichkeit, dem gegebenen 1 4 2 als im Gemüt liegenden (B 68) und bloß apprehendierten Wahrgenommenen, abgeleitet. Sie werden dadurch zugleich "sensifiziert", d. h. zu einem seinem Ursprung sowohl als auch seinem eigentlich immer nur hinzugedachten Gegenstand nach, der dann nur bloße subjektive Wahrnehmung sein könnte, wesentlich Sinnlichen gemacht (Anhang 2).) Also nur im vorgenannten Sinn ist das Objekt, damit auch entgegen dem unten S. 247 Gesagten der Erfahrungsbegriff dieser seiner Materie nach, empirisch nach Maßgabe a priori "selbst gemacht". Die reinen Verstandesbegriffe sind mitsamt ihrer zunächst auf rein logischem Weg zu entdeckenden zunächst fur sich bloß logischen (B 186), gleichwohl dann aber auch transzendentalen (B 305) Bedeutung a priori gegeben. Die Rede ist dabei also von demjenigen, was man in Gestalt reiner synthetischer Einheit darin denkt (ohne noch zu betrachten, ob sich so auch etwas bestimmt darunter denken läßt). Die Rede ist nämlich von ihrem durch Analysis in Form einer möglichen Nominalerklärung in ihnen auffindbaren, dadurch nur deutlich werdenden transzendentalen Inhalt. (Beim Substanzbegriff etwa besteht dieser bekanntlich im Gedanken von dem Etwas, das nur als Subjekt und also nur im Verhältnis der Subsistenz auf seine in ihm bloß inhärierenden Prädikate existieren kann (B 300f.).) Dagegen sind die jener empirischen Beurteilung bereits dienenden Schemata und die auf ihnen ihrem reinen Teil nach dann auch beruhenden Grundsätze,143 und zwar bei den 142

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Als ein Beispiel dieser zweierlei Arten des uneigentlich oder eigentlich Gegebenen, die sich beim kritischen Kant durchgängig finden lassen, kann hier Β 144 Anm. dienen. An dieser Stelle vermag erst kategoriale Verbindung " E i n h e i t d e r A n s c h a u u n g " zu bewirken, "dadurch ein Gegenstand gegeben [nämlich formaliter gemacht, MK] wird, welche jederzeit eine Synthesis des mannigfaltigen zu einer Anschauung [mithin noch ohne Synthesis, wenn auch immer synthetisierbar, MK] Gegebenen in sich schließt". Siehe erneut auch Β 145, wo "das Mannigfaltige fllr die Anschauung noch vor der Synthesis des Verstandes, und unabhängig von ihr, gegeben sein" muß, wozu man auch XXII 40720 vergleiche. - Zum doppelten Sinn eines "Gegebenen", wie er sich analog übrigens auch beim Begriff des "Beobachteten" findet,* siehe so bereits bei Paton (Bd. I, 525), bei dem sich ansonsten auch der doppelte Erscheinungsbegriff einer subjektiven Erscheinung und eines objektiven Phaenomenon findet (wie auch bei Vaihinger, Bd. II, 31). Beides wird ja später bei Prauss eine große Rolle spielen. (* Wenn wir wiederholt vorführten, wie bloße Beobachtung gegebener bloßer Erscheinung der analytischen und synthetischen Reflexion vorgehe, so war von Beobachtung oder "Observation" im zweiten, engeren Sinne bloßer Apprehension von Erscheinung die Rede, nämlich von "der unmittelbaren Wahrnehmung der Sinne" (IV 29730Γ) allein (d. h. eben von dem der sinnlichen Anschauung noch ohne Reflexion Gegebenen (IV 29733)). Im Opus postumum ist häufig der erste, weitere Sinn der Beobachtung eines gegebenen als selbst bereits (formal) gemachten Objekts intendiert. Dies dürfte etwa auch im Zitat XXII 353 ganz am Anfang der obigen Anmerkung 2 so gemeint sein, ansonsten aber auch bereits IV 29721 bei der " B e o b a c h t u n g einer Natur, die schon gegeben ist". Der Begriff des empirisch Gegebenen im engeren Sinne, aus dem das andere "Gegebene" durch formale, kategoriale Zusammensetzung erst gemacht wird, findet sich im Opus postumum natürlich auch noch, wozu man nur etwa die Stellen S. 119f, XXII 187 oder besser noch XXII 46323 oder S. 134, Anm. 187, XXII 482f. vergleiche.) Die objektiven Grundsätze, mit Ausnahme zum einen Teil der Axiome der (nämlich einerseits auch bloß reinen) Anschauung, enthalten immer auch einen empirischen Begriff. Gemeint ist mit jenem reinen Teil ζ. B. im Fall der zweiten Analogie also nicht ihr empirischer Begriff des Geschehens oder der Veränderung a, der für sich, dann aber auch nicht als solches oder als solche objektiv erkennbar, einer solchen Bedingung (Schema) überhaupt nicht unterworfen ist (B 122). Siehe dazu Β 3 oben, wo die Analogien Erkenntnisse "a priori, allein nicht rein" sind, "weil Veränderung ein Begriff ist, der nur aus der Erfahrung gezogen werden kann." Vgl. auch XVII 671: "In einem synthetischen Urtheile [hier a priori, sonst wenigstens in einem nicht bloß empirischen nach Maßgabe a priori, MK] könen niemals 2 reine Vernunftbegriffe mit einander in verheltnis stehen, sondern ein reiner Verstandes Begrif [b schon schematisiert gedacht (B 224), MK] mit

E. Empirische Exposition der Erscheinung nach Maßgabe der Exponenten a priori

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Schemata der Analogien durch ein bloßes "analogon der construction" (XVII 671), durch Synthesis a priori der transzendentalen Urteilskraft gemacht. Dabei ist es Aufgabe ihrer Reflexion 1 4 4 , in einer Vergleichung jenes mitsamt seinem reinen intellektuellen Inhalt a priori gegebenen Verstandesbegriffs (welchen zunächst bloß analytisch zu findenden Inhalt sie zu diesem Zweck also immer schon kennen muß) mit der gleichfalls a priori gegebenen Form hier der inneren Anschauung als seinem ihn vorläufig, d. h. zunächst nur der Form nach realisierenden reinen "Stoff"i4i (B 102) im Allgemeinen auszumitteln und zu bestimmen, wie ihm in seinem "am Ende" (B 185) dann empirischen Gebrauch eine Anschauung korrespondierend als mit seinem a priori gegebenen reinen intellektuellen Inhalt übereinstimmend gegeben werden kann (S. 15f.). Genannte Reflexion ist demnach doch auch hier

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einem Begrif unter sinnlicher Bedingung, es sey der Erscheinung oder [wie implizit bei dem Prinzip der Axiome auch der reinen Anschauung zumindest dann in der zweiten Auflage, MK] der Vorstellung a priori." Siehe auch V 1828. Die Reflexionen der transzendentalen Urteilskraft beim Schematisieren, die von der transzendentalen Überlegung des Amphiboliekapitels zu unterscheiden sind, finden sich in der Kritik nicht eigens angeführt. Das Schematismuskapitel (B 182fr.) gibt nur kurz bestimmend ihr bloßes Resultat an. Zum Teil lassen sich diese Überlegungen aber in den Beweisen der Grundsätze finden, wo ja z. B. überhaupt erst gezeigt wird, daß die Substanz in der Erscheinung das Beharrliche sei (vgl. Heidegger 102). Das geschieht allerdings in diesem Fall der Analogie der Erfahrung nicht evident durch unmittelbares Zusammenhalten mit der Form des inneren Sinns (bei welchem man umgekehrt ohne weiteres die bloße Größe im Zählen selbst "konstruieren" kann, indem man in ihr, die ihrerseits auch ansonsten alles im Gemüt Stattfindende nur als ein zunächst Sukzessives zuläßt, dadurch nach und nach eine bestimmte Zeit "erzeugt"). Es vollzieht sich vielmehr durch mittelbares Zusammenhalten vermittelst eines auch diskursiven Aufweises einer anders nicht möglich werdenden durchgängigen synthetischen Einheit der Apperzeption des in ihr empirisch gegebenen Mannigfaltigen nach diesem einen Modus. Die reine Kategorie ist so fern davon, keine Bedeutung zu haben, daß sie es vielmehr ist, die ihren (für sich gleichwohl formalen) Inhalt der bloßen Form der inneren Anschauung überhaupt erst gibt. Der Verstandesbegriff erhält zwar, als so schematisierte Kategorie, dadurch einen "Inhalt" und "Bedeutung" nun als Beziehung auf auch bestimmbare Objekte (B 185, Β 298, Β 304: vgl. S. 264ff , Abschnitt C ). Es wird jedoch umgekehrt diesem seinem reinen "Stoff' als einem gänzlich Gleichförmigen und für sich fast Bestimmungslosen, in dem man also etwas einem Objektiven auch nur Ähnliches schon gar nicht suchen wird, dabei seinerseits dessen transzendentaler Inhalt (B 105) in Gestalt synthetischer Einheit und also bei den Analogien die intellektuelle Struktur der Anordnung möglicher dann objektiver empirischer Prädikate erst erteilt. Folglich kann, wieder entgegen dem unten S. 247 Gesagten, die Form dann schließlich auch noch des Erfahrungsbegriffs in diesem Sinn sogar letztlich als a priori gegeben (etwa XXII 47116) und nicht als gemacht betrachtet werden. - Wir können also gar nicht sehen, inwiefern ein bloßes Denken, das dadurch aber nicht etwa Uber eine für sich nur "leere, negative Möglichkeit" (Seebohm 1988, 16) hinausgelangt, vom Erkennen "keineswegs dadurch verschieden" sein könne, "daß es im Gegensatz zu ihm nur von 'unschematisierten' Kategorien Gebrauch" mache (indem nämlich "in genau dem Maß, in dem es sich dabei der Kategorien gerade als einzelner und gegeneinander jeweils bestimmter bediene, diese schon "darin auch jeweils 'schematisiert' sein" müßten (Prauss 1987, 25)). Es darf doch vielmehr umgekehrt bereits gesagt werden, daß ihre Schematisierung gar nicht erst zu verschiedenen formal bestimmten Schemata geführt hätte, wenn die zunächst nur gedachte Verbindung des reinen Verstandesbegriffs im Grunde selbst so gut wie überhaupt nichts wäre. Es ist noch einmal Seebohm (16f.), der daraufhinweist, inwiefern der reine Kategoriengebrauch etwa einer Kausalität aus Freiheit ja immer noch, freilich in einer bloß logischen Möglichkeit, wenigstens nach dem Satz des Widerspruchs möglich bleibt. Irgendetwas kann sich aber auch nur noch widersprechen oder hier eben nicht, wenn irgendetwas Denkbares dabei immer noch da ist. Denn einer nur sophistischen Ausflucht, der NichtWiderspruch ergebe sich doch gerade darin sehr schön, daß gar nicht erst mehr gedacht werde, muß wohl nicht allen Ernstes begegnet werden.

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IV. Exposition der Erscheinung

wieder in einem Zusammenhalten einer gegebenen Vorstellung mit einem (dem anderen) Erkenntnisvermögen zu suchen (wie XX 211). Die transzendentale Urteilskraft ist also ebenfalls ein "Beurtheilungsvermögen", d. h. eine 146 reflektierende Urteilskraft. Denn man muß auch dann zunächst beurteilen, nämlich die Möglichkeit einer Übereinstimmung und gleichsam eines Zusammenkommens eben dieser Bedingungen selbst, wenn man in einer transzendentalen bloßen Analytik zwar nicht auf empirische Bestimmtheiten Rücksicht nehmen muß (S. 16ff.), aber doch auch nicht gänzlich147 spontan und willkürlich, sondern nur nach den gegebenen Bedingungen der eigenen Erkenntnisvermögen "selbst machen" kann (S. 25). Anderenfalls müßte sich ja auch der rein intellektuelle Inhalt des obigen Substanzbegriffs, als seine logische Bedingung des Denkens, unter zeitlichen Bedingungen willkürlich in das Schema etwa des Größenbegriffs transformieren lassen können. Diese Zahl aber ist sowenig (mit dem Bewußtsein ihrer synthetischen Einheit verbundene) reine zeitliche Darstellung der logischen Vorstellung vom nur als Subjekt und fiir sich und nicht als bloße innere Bestimmung eines

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Man muß dieses "eine", etwa auch im Untertitel vorliegender Arbeit, sehr strikt nehmen, da diese Urteilskraft aufs neue mit der "reflektierenden" Urteilskraft nichts zu tun hat - d. h. wie auch bei der empirischen bestimmenden Urteilskraft und ihrer Reflexion. Liedtke 1964 spricht zwar auch mehrmals vage von "einer reflektierenden, transzendentalen Urteilskraft", die das Schematisieren der Kategorie leisten soll resultierend in "transzendental bestimmender Urteilskraft" (157). Aber es wird doch völlig deutlich, daß er wirklich an die reflektierende Urteilskraft denkt als an eine solche, die "über keine bestimmten Anweisungen [der Reflexion, MK] verfügt" (157) und die nach dem Prinzip einer "postulierten Angemessenheit des Besonderen" (hier aber Reinen) verfährt (162). Das in der reinen Kategorie zunächst nur Gedachte macht aber gerade diese hier wenigstens logisch "bestimmten Anweisungen" aus. Und in gewissem Sinn läßt sich sagen, daß die Zeit durch Anwendung derselben ihr jeweils eigentlich erst "angemessen" wird. Dieses letztere angehend, liegt hier wirklich allerdings, wenn man das oben zur Konstruktion eines Begriffs gleich noch Gesagte auf das Vorliegende nach der Analogie überträgt, ein Problem, nämlich bekanntlich dasjenige einer an sich "kontingenten Harmonie der beiden Erkenntnisquellen" als eines bloßen "kontingenten Faktums" (Baum 1989, 155, siehe etwa auch Bartuschat 24ff., bes. 35f.). Darauf aber geht das Prinzip der Urteilskraft einer subjektiven Zweckmäßigkeit des Empirischen als solchen nicht. Das macht dann auch den ansonsten gar nicht unplausiblen Ansatz Schönrichs problematisch. Schönrich weist, wohl Anregungen Zochers zu einer möglichen "Intrafundierung" durch die Heautonomie der reflektierenden Urteilskraft (die aber gerade wieder eine gewisse Beschaffenheit der Natur im Auge hat) aufgreifend (vgl. Zocher 104ff. bzw. 138ff.) und von der "Idee einer transzendentalen Semiotik" her, die letztlich aufweisenden Überlegungen der Kritik insgesamt der reflektierenden Urteilskraft zu. Dabei sollen diese Überlegungen in einem Denken durch die reinen Kategorien als die Reflexionsbegriffe selbst bestehen. Letztere direkte Identifizierung geht aber ohnehin an Kants Intentionen vorbei · zumal sich immer einmal wieder, wo eine konkrete Zuordnung einer Kategorie zu einem Reflexionsbegriff behauptet ist, Fehler einschleichen. So heißt es 269 bei Schönrich: "Der Gesichtspunkt der Relation mit den Hinsichten des Inneren und Äußeren führt das Ich 'als Subjekt ein und qualifiziert es als etwas, das 'nicht auch als Prädikat eines anderen existieren und gedacht werden könne' und so nur äußerlich 'dem Denken anhänge'" (269). Der Begriff des Als-Prädikat-Anhängens aber ist, als derjenige der Inhärenz, der Begriff gerade der inneren Relation (wie es Schönrich 296 im Anschluß an Reich 89* ja auch selbst dann sagt). Und nur weil dabei nichts ScWecA//iw-Innerliches gedacht ist, was der Ausdruck des /fnhängens in der Tat treffend beleuchtet, wird sie noch lange nicht zur Vorstellung der äußeren Relation selbst. (* Die weitere Behauptung Schönrichs, daß nach Reich im disjunktiven Urteil "das äußere Verhältnis der Urteilsglieder als zu einem Ganzen innerlich gehörend gesetzt" werde (296), findet bei Reich 89 so, als ob da nämlich wieder eine innere Relation gedacht sei, zu Recht keine Entsprechung.)

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Dieses "gänzlich" ist in einem absoluten Sinn und nicht dem nur relativen eben von S. 16ff. zu nehmen.

E. Empirische Exposition der Erscheinung nach Maßgabe der Exponenten a priori

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Subjekts Existierenden, wie umgekehrt das Beharrliche nicht reine Darstellung des Gedankens von demjenigen "Ding" sein kann, das "mit vielen zusammen [d. h. synthetisch, MK] einerlei, d. i. eine Größe" ist (B 288). 148 So hing ganz ähnlich in der Mathematik das Subjekt bei der Konstruktion einer anschaulichen Vorstellung (in einer gleichfalls reinen Reflexion, aber bei der reinen apriorischen Anwendung jenes nach zweierlei a priori Gegebenem a priori gemachten Schemas bereits des Größenbegriffs auf die a priori gegebene Form der äußeren Anschauung) "in nichts vom Objecte ab", sondern war "gänzlich Urheber derselben" (erneut S. 16ff.). Gleichwohl hängt es, sofern es nicht, nur weil es will, ein Dreieck mit einer Winkelsumme von 200° "selbst machen" kann, 149 doch auch dieses Mal wieder von den gegebenen Bedingungen hier des Raums, die dies nicht zulassen, ab. Daß die transzendentale Urteilskraft als "bestimmende" ebenfalls schon eine reflektierende ist, d. h. wie dann auch die empirische unter ihren Bedingungen, sieht man ganz einfach schon daran, daß ihr "Verfahren" beim Schematisieren mit dem der symbolischen Darstellung in der "Form der Reflexion" immerhin "übereinkommt" (V 351), mithin ihm fur sich bereits eine "Form der Reflexion" überhaupt auch zukommt. Dabei kann sie "wenigstens den Principien nach", also als teils freie Urteilskraft vielleicht gleichwohl in deren übergehender Anwendung, d. h. eben im Schematisieren derselben (denn die konkrete Anwendung bereits wieder der Schemata ist keine Handlung der transzendentalen Urteilskraft), "niemals mit sich selbst in Uneinigkeit" geraten (V 385). Nachdem dasjenige, was zu Anfang des kritischen Unternehmens in Frage steht, nämlich die Möglichkeit einer Erkenntnis von Dingen an sich (X 13115-22), einmal aufgegeben ist, kann Transzendentalphilosophie zwar einzig noch im Versuch bestehen, Erscheinung als das in den Anschauungsformen des Subjekts sich darbietende und beobachtbare empirisch Materiale durch ein rational Formales einzuholen (d. h. hier als Erscheinung überhaupt objektiv betrachtet). Sie ist jedoch zugleich immer als der Versuch anzusehen, dieses Materiale, dann als Empirisches als solches (nämlich strenggenommen auch schon bei der grundsätzlich immer möglichen Bestimmung der einzelnen empirischen Gesetze nach bloßen schematisierten Kategorien vor ihrer logischen Vergleichung mit anderen (S. 65, Anm. 77)), den gegebenen intellektualen Prinzipien nicht preiszugeben. Anders formuliert, stellen die Kategorien auch "Schlüssel zu möglichen Erfahrungen" (B 370) in uns dar, so sind doch ihrerseits die Erscheinungen, auf die sie sich beziehen (und die sie wieder auf ein Objekt beziehen), "Gegenstände" zu nennen, zu denen "der Schlüssel nicht in uns und unserem reinen Denken, sondern außer uns"

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Vgl. bereits Christian Wolff, Anfangsgründe, wo sich mit Bezug auf Reflexionsbegriffe und Kategorien folgende Erklärung des "Wesens der Zahl", die bei Kant zur Kategorie der Allheit gehört. findet: Sie bestehe einzig darin, "daß man einerley Einheiten", die natürlich nicht verändert werden dürfen, "etliche mal zusammen nimmt" (39) und daß man dabei und dadurch ausmacht, wie oft sie der ersten zusammengenommen gleich sind (synthetische Reflexion und Determination). Das Gesagte gilt, wenn man den nicht sich widersprechenden Begriff und nicht, wie bei einem sphärischen oder gar Uberhaupt nicht anschaubaren, nur den Ausdruck beibehält oder wenn man nicht einfach die willkürlich gesetzte Maßeinheit verändert, was aber dann auch kein anderes Dreieck gibt.

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IV. Exposition der Erscheinung

(B 508) liegt. Oder für den letzten Punkt genauer zu reden, sie sind, was ihre besondere Gesetzmäßigkeit angeht, solche "Gegenstände", deren "Schlüssel" jedenfalls außer unserem Bewußtsein (B 344) liegt. Die Exposition des Beobachteten zielt demnach auf seine Erklärung oder Explikation (S. 68), und die empirische ("bestimmende") Urteilskraft schickt sich subjektiv in ihrer Reflexion erst an, zur bestimmenden zu werden. Sofern sie hierbei eine auch reflektierende ist, müssen die Erscheinungen, als das die Bedingungen der Determination enthaltende Bestimmbare, das empirisch Allgemeine (des Objekts) in der Observation bereits geben. Denn widrigenfalls könnte die Urteilskraft es in ihrer Reflexion nicht finden. In der Tat verlangen ja, indem der dann Urteilskraft heißende Verstand an ihnen "irgendeine Regel aufzufinden" unternimmt (A 126), diese Erscheinungen nur bestimmt und "erklärt zu werden, soweit ihre Erklärungsbedingungen in der Wahrnehmung gegeben sind" (B 51 lf.). Und nicht die Kategorien als bloße "Titel des Denkens", sondern "nur die Erscheinungen geben uns Begriffe von den Dingen" (XXIX 38). 150 Zugleich dürfen aber die Erscheinungen das empirisch Allgemeine des Objekts in der bloßen Observation nur auf eine solche Weise geben, daß dennoch die Urteilskraft es in ihrer synthetischen Reflexion erst finden muß, d. h., daß das Beobachtete der Exposition und keineswegs nur der Analysis der Weise der bloßen subjektiven Synthesis seiner Auffassung durch die Einbildungskraft noch bedarf.151 Es kann demnach, indem Erscheinungen dieses Allgemeine bestenfalls152, etwa bei einer 150

151

152

Vgl. auch XVII 661, wo beobachtete "Erscheinung, so fern sie die Bedingungen enthält, sich einen Begrif von ihr zu machen" (aptitude zur Regel), nur dadurch Uberhaupt "unter titel des Denkens gebracht werden" kann. Objektive Einheit der Apperzeption nach der synthetischen Einheit der Kategorie setzt noch eine zusätzliche nur zu denkende, ganz andere Synthesis voraus. Man verstellt sich demnach im Ansatz den Blick auf das von Kant Gemeinte, wenn man sich ausdrückt, "im Hinblick auf die Einheit des Selbstbewußtseins" sei ein "Zusammenhang der Vorstellungen nach Gesetzen" bereits "mit Notwendigkeit und stets realisiert" (Hoppe 30). Er ist vielmehr zunächst immer nur bereits realisierbar oder, wenn man sich paradox ausdrücken wollte, er ist immer höchstens bereits so realisiert, daß er als ein solcher aus dieser Realisierung erst noch realisiert werden kann und muß. Freilich fügt Hoppe j a auch hinzu, daß, was das erstere meine, zunächst einmal so noch gar nicht deutlich sei. "Die [objektive, MK] synthesis enthalt das Verhältnis der Erscheinungen nicht in der Warnehmung, sondern im Begriffe" (XVII 667). Wäre in der Wahrnehmung durch Synthesis der Apprehension ein Objektives als ein solches gegeben, so wäre auch zur Erfahrung keine eigentlich* intellektuelle Synthesis des Verstands als ein Korrelat der objektiven Einheit des Selbstbewußtseins mehr vonnöten (allenfalls bloße Analysis (S. 250ff., Anmerkung 1)). Wenn demnach gleichwohl Erscheinungen durchaus so "apprehendiert werden" müssen, "daß sie zur Einheit der Apperzeption zusammenstimmen" (A 126), so heißt dies, da sie nur ihrer Möglichkeit nicht widersprechen dürfen (B 132 unten) und das "Ich denke", auf dessen Wirklichkeit es nicht ankommt (A 117 Anm ), sie nur begleiten können muß, nicht, daß die Einheit der (wirklichen) Apprehension und die der Apperzeption immer zusammenfallen und einerlei sind.** Denn ob in der Apprehension (und Reproduktion) die subjektive empirische Einheit des Bewußtseins, die nur "eine Erscheinung betrifft", den Bedingungen der objektiven (den Kategorien) gemäß als mit ihrer reinen synthetischen Einheit identisch sei oder nicht,*** ist zufällig, indem es auf "Umstände" oder "empirische Bedingungen" ankommt (B 139f.). (Es ist aber wohl auch nicht als "ganz beliebig"

E. Empirische Exposition der Erscheinung nach Maßgabe der Exponenten a priori

11S

Analyse zunächst der Daten unter optimalen Bedingungen eines nachgerade idealen Labors, als ein Allgemeines der Wahrnehmung und, noch dazu und hier noch gar nicht weiter zu problematisieren, nur der bisherigen geben, mit gleichem Recht gesagt werden, daß diese Erscheinungen das Objekt zwar "geben, ohne es dadurch doch als Gegenstand erkennen zu lassen" (V 402). Sofern umgekehrt die empirische Urteilskraft ja "bestimmende" sein soll, muß nichtsdestoweniger das Allgemeine bereits gegeben und nicht erst unter dem Vorbehalt jeweils, es gegebenenfalls wieder zu ändern, als Hypothese zu erfinden sein. Aber es ist klar, daß dieses Allgemeine nur das von Objektivität überhaupt sein werde und daß weiterhin, weil nach dem Obigen die bloße Subsumtion immer bereits mit Reflexion verbunden ist, die Urteilskraft in ihrer Freiheit aber irren kann, die Bildung eines Erfahrungsbegriffs aus Erscheinung durch die Analogien als bloße "praesumtionen der Erfahrung" (XVII 667) immer nur versuchsweise vorgehen könne - zumal wenn, im vorliegenden Fall, das passende a priori gegebene Allgemeine unter anderen zum noch dazu, wie gesagt, nur bis jetzt gegebenen Besonderen gleichwohl erst aufzufinden ist. Denn durch Schlüssel zu Erfahrungen in uns dürfte bei Vorstellungen, zu denen der Schlüssel außer uns liegt, ohnehin wohl "kein sicherer Aufschluß erwartet werden". Wenn dabei dann Kant, das hier kurzerhand Verallgemeinerte einschränkend, bemerkt, dieser Schlüssel sei nur "in vielen Fällen" nicht zu finden (B 508f.), so darf doch, wenn .es um letzte Sicherheit zu tun ist, gesagt werden, daß in den übrigen Fällen der Erfahrung, die einen

(B 238) zu betrachten, da die Apprehension, wenn sie als eine solche und nicht als Einbildung gelten soll, den Bedingungen der Apperzeption immerhin nicht zuwiderlaufen darf.) So kann man, wie in Kants Beispiel, nach Umständen ebensogut (wollte man die subjektive Folge der Apprehension ohne Überlegung schon für die des Gegenstands halten, scheinbar entgegen dem objektiven Verhältnis) zuerst die neu aufgetretene Warme im Zimmer und dann den geheizten Ofen (B 247f.) als umgekehrt wahrnehmen (bemerken). Aber wenn im geheizten Zimmer in der wirklichen Apprehension kein Ofen anzutreffen ist und also die Ursache "überall nicht wahrgenommen" werden kann (B 234), wird man immerhin auf irgendeine Ursache schließen dürfen, die mithin ein Gegenstand möglicher Wahrnehmung und also Erfahrung hätte sein können (falls etwa der Ofen zwischenzeitlich aus dem Zimmer entfernt worden wäre). Denn "nicht die Erscheinungen [die Vorstellungen der Apprehension, MK] stehen unter einer Regel, sondern die o b i e c t e [die empirischen nach Maßgabe der Bedingungen der Beziehung auf das transzendentale, MK], die ihnen zum Grunde liegen. Nach dieser Regel werden sie [die Erscheinungen, MK] exponirt" (XVII 667). - Nach vielleicht mehr als einer bloßen Analogie läßt sich hier dasjenige auf Kant übertragen, was Schulz von der Korrespondenz zwischen Urteil und, bei Kant zu modifizieren, Wirklichkeit bei Thomas sagt: "Die Korrespondenz ist keine Übereinstimmung im Sinne einer Identität, sondern eine Entsprechung im Sinne einer Angeglichenheit, in der eine Verschiedenheit des zueinander in Beziehung Stehenden mitgedacht ist" (184). (* Unter einer eigentlich intellektuellen Synthesis verstehen wir hier eine solche nicht nur der Form und Funktion der Handlung nach durch diejenige des Größenbegriffs.) (** So werden etwa die als zugleich zu denkenden Teile des Hauses nur sukzessiv apprehendiert. Oder es macht auch das im Objekt als beharrlich zu Denkende in der Wahrnehmung als solcher gleichwohl jeweils "eine neue Vorstellung im jetzigen Zustande" (A 103) des Subjekts aus.) (*** Das erstere kann, wie sich beiläufig zeigen wird, eigentlich doch nur bei der zweiten Analogie vorkommen.)

116

IV. Exposition der Erscheinung

"sicheren Aufschluß" demnach erlauben sollen, lediglich an eine wie auch immer hohe Wahrscheinlichkeit gedacht werden könne (Kapitel V.): "Die praesumtion ist keine anticipation, weil sie nicht bestimmt, sondern nur sagt, daß etwas nach einer [demnach durch eine auch reflektierende Urteilskraft] noch zu findenden Regel [dem Erfahrungsbegriff a + b mit durch das j e w e i l i g e empirische χ konkretisiertem a] nach einem gewissen gegebenen exponenten [nämlich durch eine unter b, nämlich dem im Grundsatz a + b gedachten VerstandesbegrifF a priori der Relation, zugleich versuchsweise bestimmende Urteilskraft] bestimbar sey. Sie dient also, diese Bestimmung zu versuchen und die Erscheinung zu exponiren, und ist das principium der Beurtheilung derselben [der synthetischen Reflexion über sie]. Ζ. E. Was geschieht [a in abstracto gedacht], hat in irgend einem Vorhergehenden seinen Grund [b]." (XVII 659f., alle Zusätze von mir) 153

Nun läßt sich bei Kant finden, daß "eine Vorstellung der Einbildungskraft" durch Reflexion der Urteilskraft "auf Begriffe bringen so viel heißt, als sie e x p o n i e r e n " ^ 343). Durch diesen Ausdruck bleibt aber unbestimmt, ob sie hierbei analytisch zu bloß empirischen Begriffen a als einem allenfalls regelmäßig Subjektiven, seinem Inhalt nach wesentlich Sinnlichen oder, von subjektiver oder objektiver Zweckmäßigkeit noch nicht unbedingt zu reden, synthetisch zu Erfahrungsbegriffen a + b als einem gesetzlich Objektiven "erhoben werden" (XX 247). Deshalb nennt Kant die letztere eigentliche Exposition der empirischen Anschauung, durch die sie unter a priori gegebenen "intellectuellen fiinctionen" (Anm. 153) von Objektivität überhaupt "obiektiv vorgestellt, d. i. gedacht" wird (XVII 658) und durch die also Wahrnehmung in Erfahrung respektive ein Subjektives (empirisch gegebenes Sinnliches, d. h. Besonderes) durch Reflexion in ein Objektives (synthetisch Gedachtes oder Allgemeines) verwandelt wird, auch genauer die "intellectuirung der apprehension" (XVII 650) oder die "intellectuation der Erscheinung" (XVII 671). 1 5 4 Dabei ist der bloß empirische Begriff a "eine allgemein 153

154

Vgl. im selben Sinn XVII 663: "Die intellectuellen functionen machen also den Anfang bey der apprehension, allein die specification [das hier empirische χ, MK] giebl uns die Regel der Anwendung dieses Begrifs; daher können bestimmte Regeln der synthesis nur durch Erfahrung gegeben [als auch erkannte und also subjektiv bestimmte Regeln durch Exposition des empirisch Gegebenen gemacht, MK] werden, die allgemeine norm derselben aber [der Exponent als der Ausleger selbst, MK] a priori." Das ist wohlgemerkt natürlich nicht im Sinne ihrer "Intellektuierung" von Β 327 zu nehmen, daß sie nämlich selbst schon ein wesentlich Intellektuelles sei. Man vergleiche hier vielmehr auch S. 46, Anm. 57, sowie A 124, dort allerdings noch anhand eines Beispiels ftlr den bloßen Größenbegriff erläutert, den Ausdruck "intellektuell zu machen". Hierzu kann man wiederum XVII 65911-14 heranziehen, wo bei den "Erscheinungen eines Viereks" (soll man sagen: gleichfalls?) wohl an unterschiedliches perspektivisches Sehen desselben ("optischer Schein") zu denken sein dürfte. Man sieht die Größenverhältnisse aber nicht nur immer, sogar in der reinen* Anschauung, gleichsam "falsch", sondern man sieht sie strenggenommen ja überhaupt nicht. (* Wer kann denn ζ. B. die zwölf durch das Koordinatensystem sich ergebenden rechten Winkel (gewissermaßen gleichzeitig, d. h. ohne daß man dieses Koordinatensystem immer wieder sich drehen läßt) wirklich als rechte anschauen? Vielmehr ist, daß dieser als spitz oder auch jener als stumpf erscheinende Winkel gleichwohl ein rechter sei, immer bloß auch und wesentlich gedacht, was im Grunde aber sogar für jeden der Winkel gilt. - Im korrespondierenden empirischen Fall wäre hier

E. Empirische Exposition der Erscheinung nach Maßgabe der Exponenten a priori

117

sinnliche Bedingung der Warnehmung" oder "das allgemeine der warnehmung" (XVII 655) als eine empirisch bestimmte bloße Rege\mäßigkeit ohne Bewußtsein der Regel, d. h., genauer, ohne Bewußtsein des ohnehin dann in den meisten Fällen eine ganz andere Synthesis denkenden Gesetzes. Zur Bildung eines Erfahrungsbegriffs a + b aus der beobachteten Erscheinung χ werden also nicht ein Bestimmendes b und ein für sich noch gänzlich unbestimmtes zu Bestimmendes x, sondern vielmehr dieses Bestimmende b und zusätzlich ein (qua a) auch nur bestimmt bestimmbares (ein anders bestimmt dann falsch bestimmtes) zu Bestimmendes χ benötigt: "Zu Entstehung einer Regel werden drey Stücke Erfodert: 1. x. als das datum zu einer Regel (obiect der Sinnlichkeit oder vielmehr sinnliche reale Vorstellung). 2. a. die aptitude zur Regel oder die [als das regelmäßige a + b der bloßen Observation im Bestimmbaren χ enthaltene, MK] Bedingung, dadurch sie überhaupt auf eine Regel bezogen wird. 3. b. der exponent der Regel." (XVII 656)

Nun drückt dieser im Grundsatz gedachte Exponent als Prinzip der Intellektion von χ und damit a "das Verhältnis der Zeit (sofern sie alles Dasein in sich begreift) zur Einheit der Apperzeption" aus, "die nur in der Synthesis nach Regeln stattfinden kann" (B 263). Er macht mithin durch empirische Urteilskraft den Übergang von jenem in der ersteren subjektiv Gegebenen (als bloß Beobachteten) zum unter Bedingungen b der zweiten, die er allgemein enthält oder ausmacht, objektiv Gedachten als zu den nach ihrer Maßgabe durch Exposition noch zu findenden Erfahrungsbegriffen. Darin aber ist er zugleich Prinzip der Disposition und der richtigen objektiven "Anordnung der Erscheinungen" (XVII 665). (Man vergleiche S. 85 den "Exponenten" der Rhetorik.) Der Exponent bestimmt nämlich in einem dadurch zu bildenden "Kontext nach Regeln" (B 195) jeder Erscheinung χ "ihre Stelle in der Zeit" (B 262) überhaupt und also im χ der Exposition. Er bestimmt sie nicht im davon mit seiner empirisch bestimmten Zeit unter Umständen ganz verschiedenen χ der Observation, das dabei gerade seine Bestimmung in jenem erfährt. Entsprechend ist die Zeit χ "die sinnliche Bedingung der intellection von a" (S. 89) sowie, in einem, die (ebenfalls nur sinnliche155) Bedingung seiner Disposition:

155

also (A 124) nicht sowohl an den Iranszendentalen als vielmehr an den physischen Begriff der "Erscheinung" als eines Scheins zu denken (XX 269, vgl. auch IV 291 oben), nämlich im Unterschied zu demjenigen, "was in der allgemeinen Erfahrung, unter allen verschiedenen Lagen zu den Sinnen" (B 63), doch auf die gleiche Weise zu denken und zu bestimmen ist.) Die Zeit ist die sinnliche Bedingung, in der, der Exponent aber die intellektuelle, durch die dem empirisch Mannigfaltigen die Stelle zu bestimmen ist. Oder um es genauer zu sagen, die Anschauungsform ist die formale und eine gewisse Ordnung im in ihr gegebenen mannigfaltigen Apprehendierten, ζ. B. eine jeweils wechselweise mögliche Wahrnehmungsfolge, die materiale sinnliche Bedingung der Subsumtion unter jene intellektuelle, nämlich hier unter den Exponenten erst der Bestimmung des Zugleichseins über eine notwendige Wechselwirkung. Das Schema dieses Exponenten wieder ist seine teils zwar ebenfalls schon formale sinnliche Bedingung der Anwendung. Aber diese Form und hier sogar dieses Geformte verdankt sich der Kategorie und bleibt

118

IV. Exposition der Erscheinung "So wird [*] a das allgemeine der w a r n e h m u n g bedeuten, χ die ( g sinnliche) Bedingung des subjects [*] (substratum), darin diese Warnehmung ihre Stelle bekommen soll. Folglich die Bedingung der disposition, b endlich die allgemeine function des Gemiiths, dem a seine Stelle in χ zu determiniren, also den exponent der Verhältnis der Warnehmungen [im Gemüthe gegen ein ander], mithin deren Stelle nach einer [erneut erst zu findenden, M K ] Regel zu bestimmen." (XVII 655) 1 5 6

Es ist aber, weil alle Erscheinungen "in der Zeit geschehen" (XXVIII 202), zur Erkenntnis ihrer als Objekte notwendig, daß ihr empirisch Mannigfaltiges "zuerst auf gewisse Weise durchgegangen, aufgenommen, und verbunden werde" (B 102f.). Dieses "Durchgehen der Erscheinung", das bloße Buchstabieren derselben vor dem Lesen,157 nennt Kant denn auch schon einmal die "Exposition der Erscheinung" selbst (XXVIII 202f.). 158 Dabei stehen der Abfolge der Vorstellungen der Apprehension, die, was immer gerade empirisch als ansonsten selbst wieder exponierbare und synthetisch durchlaufbare Einheit zu einem Bewußtsein für das Bewußtsein häufig tatsächlich mehr kommt159 als gebracht wird, wie die Buchstaben oder Wörter oder gar Wortgruppen beim Lesen subjektiv als Reihe der

dabei ein wesentlich Intellektuelles. So kann ζ. B. jenes Zugleichsein von Akzidenzien verschiedener Substanzen nach einer Regel, d. h. das Schema der Kategorie der Wechselwirkung, als ein solches kein Gegenstand einer möglichen Wahrnehmung sein. Dabei führt das Bemerken eines Zusammenstimmens, wie es größtenteils also und in diesem Fall immer ohne direkte Korrespondenz stattfindet, bei einer Vergleichung jener materialen sinnlichen Bedingung mit dieser formalen (nur teils sinnlichen, ihrer synthetischen Einheit nach aber immer kategorialen) Bedingung zum eigentlichen Übergang vom bloß subjektiv Gegebenen zum Denken eines Objektiven. (Dieser Übergang ist gewissermaßen die Schaltstelle der Intellektion der Erscheinung als das "punctum flexus contrari i " (XXII479) durch Reflexion Uber ihr Mannigfaltiges. Und jene in einer gedachten Verknüpfung resultierende Vergleichung ist als diese synthetische Reflexion selbst anzusprechen.) Die ftlr sich mögliche bloße Einheit der Synthesis der Apprehension, die sich allerdings der Form der Handlung nach vermittelst der bloßen Funktion des Größenbegriffs vollzieht, ist die des subjektiven Beisammenseins desselben in der (auch sukzessiven) Anschauung im Unterschied zum Denken dieser seiner objektiven Verkniipfitng (XVII 64315-18). Übrigens läßt sich als materiale intellektuelle Bedingung, wie wir noch sehen werden, der Gedanke vom transzendentalen Gegenstand auffassen. 156 Vgl. XVII 669: "Es dienen also die Begriffe Substanz, Grund und Gantzes nur dazu, um jeder [Erscheinung] realitaet in der Erscheinung ihre Stelle anzuweisen, indem ein iedes eine function oder [potentz der] dimension der Zeit vorstellt, darin das obiect, was wargenommen wird, soll bestimmt und aus der Erscheinung Erfahrung werden." 157 Es ist hier aber ebensogut an das Durchlaufen ins Kleine oder Uberhaupt der Bedingungen eines gegebenen Bedingten durch regressive (subjektiv gleichwohl wieder progressive (IV 50638)) Synthesis zu denken. Gemeint ist also gewissermaßen das Buchstabieren der Buchstaben, die natürlich auch schon ein Mannigfaltiges enthalten und bei deren obiger Zusammennehmung man von den "gegebenen" Teilen zum Ganzen, nicht aber gleichsam von der Null (oder vom Einfachen) erst zum jeweiligen Teil geht. 158 Vgl. auch Β 536, wo dies immerhin anklingt. 159 Das geschieht durch oft und sogar meistens auch bewußtlose* aber nie, weil dies sich widersprechen würde, durch passive Spontaneität. In diesem Sinn spricht Kant dann gerne ja von "einer" gegebenen Erscheinung - diese sei für sich, unter zufälligen empirischen Bedingungen des Aufmerkens etwa auf Gestalten, dabei so klein oder groß, wie sie will, also ζ. B. auch schon einmal wie die ganze Seite eines Hauses (XXIX 2420-32). (• Vgl. Β 103 unten, Β 130 oben sowie VII 13417.)

E. Empirische Exposition der Erscheinung nach Maßgabe der Exponenten a priori

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Wahrnehmungen (B 238) der sukzessiven Apprehension nach immer eine Reihe a + b + c etc. ausmachen,'60 ein Exponent der objektiven Beziehung auf ein beharrliches Subjekt, einer der objektiven Reihe seiner Zustände und einer der objektiven Aggregation mehrerer Subjekte und ihrer Zustände gegenüber (XVII 649, vgl. auch XXVIII 188). Dem zweiten etwa fällt die Aufgabe zu, einer apprehendierten Erscheinung nicht, wie sie zufällig in der Einbildung gesetzt ist, sondern wie sie im Objekt gesetzt werden muß, ihre "bestimmte Stelle in der Reihe" anzuweisen. Und durch diese objektive oder gedachte Reihenbildung "wird eine ganz andere Reihe gefunden, als die ist, worin der Gegenstand gegeben war" (XVII 666). 161 (Die empirische Urteilskraft leistet, wie gesagt, durch Vergleichung mit den Exponenten unter dem dadurch gefundenen Erfahrungsbegriff die Unterscheidung der subjektiven Verhältnisse der Apprehension162 von den objektiven, die der letztere aussagt.) Was Aggregate von Substanzen in Gemeinschaft betrifft, die "keinen Exponenten einer Reihe haben" (B 441), so werden durch ihren Exponenten die parallel laufenden objektiven Reihen ihrer Zustände zusätzlich untereinander und gleichsam "quer", d. h. nun auf jeden Fall auch durch den Raum hindurch, in Absicht auf Bestimmung von Gleichzeitigkeit im jeweiligen Zeitpunkt weiter vertextet und verknüpft. Es lassen sich also unter der kurz angemerkten und im nächsten Kapitel näher zu beleuchtenden Einschränkung, daß dies immer nur näherungs- und versuchsweise 163 geschehen kann, "aus dem Empirisch//gegebenen synthetische Sätze a 160

161

162

163

Dies gilt auch dann, wenn, ohne daß man wie bei der Apprehension der mannigfaltigen Teile des Hauses (B 235ff.) den Blick willkürlich auf eine andere Stelle richtet, die Wahrnehmungen bei der Beobachtung eines Beharrlichen "selbst identisch sind". Denn das " B e w u ß t s e i n der einen" bleibt, "sofern vom Mannigfaltigen die Rede ist, vom Bewußtsein der anderen [hier nur subjektiv späteren, MK] doch immer zu unterscheiden" (B 131). Sie geben dann also nur der gleichbleibenden Qualität der Empfindung nach ein a + a + a. Siehe aufs neue S. 114f., Anm. 152 das Ofenbeispiel. Man hat es bei der genannten Reihenbildung demnach übrigens wieder mit dem "exponens rationis" der Philosophie in Anlehnung an denjenigen der Mathematik zu tun. Für sich betrachtet noch, d. h. ohne alle zusätzliche Vergleichung und gedachte Verknüpfung und Ordnung, kommen diese subjektiven Apprehensionsverhältnisse ja mehr dem Kantischen "Gewühle" (A 111) im Gemüt als einer kohärenten Erfahrung gleich, z. B. wenn man auch nur einmal den Kopf dreht. "Observation so wohl als Experiment sind nur Methoden das aus der Sinnenvorstellung heraus zu heben was wir versuchsweise hineingelegt haben". Das ist nämlich dasjenige, was wir in der Interpretation gleichwohl "zum Behuf möglicher Erfahrung hineinlegen müssen" (XXII 318) und was wir, genauer gesagt, in der ansonsten überhaupt nicht mehr eigens notwendigen Naturforschung immer doch mit einem a priori nicht angebbaren Mehr an empirischer Bestimmung herausheben. (Ziel ist Physik und nicht nur Metaphysik der Natur.) Daß also Erfahrungsbegriffe (V 174) "zwar gesetzlich erzeugt werden, aber nicht gesetzgebend sind" (obwohl sie die Gesetze ihrer Erzeugung in Gestalt deren notwendiger synthetischer Einheit als nunmehr ihre intellektuelle Struktur dann doch teils, d. h. neben ihren derart angeordneten empirischen Inhalten, enthalten müssen), läßt sich nur dadurch verstehen, daß diese Erzeugung, als eine solche letztlich bloßer Hypothesen, eine immer nur vorläufige, d. h. "sub conditione suspensiva ad interim" (IX 66) bleibt. Es läßt sich empirisch also nicht mit letzter Sicherheit ermitteln, ob nicht doch vielleicht diese vorgeblichen Erfahrungsbegriffe, zumindest ihrem Ursprung und ihrer Gültigkeit nach,* nur

120

IV. Exposition der Erscheinung

priori w e b e n (texere)" dadurch, daß man Erscheinungen unter Kategorien "als Formen ihrer Zusammensetzung (composition)" subsumiert (XXII 187) und sie "nach Verstandesgesetzen exponiert" (B 443) als auslegt. Die Analogien als Exponenten sind dabei die Sätze, diesen Erscheinungen, sofern sie ein Objektives nur "bezeichnen" (B 235) oder "anzeigen" (B 252), den in ihnen liegenden, aber nicht als einen solchen gegebenen objektiven Sinn zu bestimmen. Es wird aber noch zu fragen sein, ob sinnvoll gesagt werden könne, daß dabei die Analogien "Principien der Exposition der Erfahrung oder Erscheinung" seien, 164 gerade "weil sie Principien der Composition der Erfahrung und Erscheinung sind" (XXVIII 477). Da schließlich nach dem oben S. 114ff. Gesagten das "subiectiv allgemeine der apprehension", das der Observation entstammende Allgemeine der Wahrnehmung, "die [materiale sinnliche, MK] Bedingung des obiectiv allgemeinen der intellection" ist (XVII 653) - welche Bedingung die Wahrnehmung dabei enthält165 -;

164

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bloß empirische Begriffe bleiben. Denn es gehört in empirischen Wissenschaften, "worin Erfahrungen sollen principia werden" (XVI 755), "viel dazu auszumachen ob ein empirisches Erkentnis für ein Princip der Erkentnis und einen Erfahrungssatz gehalten werden könne" (XXII 452). Letztlich ist das aber, "wenn man nach aller Strenge urteilen will" (B 675), immer unmöglich. Es kann nur durch "mit einer gewissen Nachsicht" (B 818) gebrauchte Analogie- und Induktionsschlüsse allenfalls annäherungsweise bestimmt werden. Wirkliche Erkenntnis, die mithin synthetisch etwas eigentlich intellektuell Materiales (einen Gegenstand) bestimmt, gibt es demnach eigentlich nur "dem Formalen nach. Das [empirisch, MK] Materiale bleibt unbestimmt" (XXII 343) oder wird allenfalls nach jedenfalls im wesentlichen analytischer Einheit des Bewußtseins eines gleichwohl nur Sinnlichen bestimmt (Wahrnehmungsurteil oder bloß empirischer Begriff nach bloßer bisheriger Generalität der nur subjektiven Synthesis als empirischer Bestandteil dann des präsumierten Erfahrungsbegriffs). (* Diese Begriffe sagen gleichwohl bereits etwas als ein solches nicht Wahrnehmbares aus, etwa ein Zugleichsein oder überhaupt auch schon ein Sein.) Dies ist, nebenbei bemerkt, der Kontext, in dem sie sich S. 60 auch als Prinzipien der Reflexion Uber die Erscheinung bezeichnet fanden. Wenn man nicht im ersten Ansatz den Punkt verfehlen will, der es erlaubt (und notwendig macht), die unter Kategorien "bestimmende" Urteilskraft nach dem einschränkenden und ansonsten doch ganz widersinnigen "gebracht werden müssen" von § 16 Ende als eine zuvor oder dabei reflektierende zu denken,* muß man sehr achtgeben, das hier Gesagte nicht so mißzuverstehen, als ob es dem oben bereits Gehörten, wonach kategoriale Verbindung immer "schon mit" und gleichwohl "nicht in" dem Apprehendierten zugleich gegeben ist (B 161), widerspräche. Denn in den Wahrnehmungen, die nach der Deduktion als intellektuierbar und "exponibel" (nicht selbst schon exponiert (XVII 66715-19)) präsumiert werden dürfen, liegt nur die empirische Bedingung der Intellektion und nicht etwa ein eigentlich Intellektuelles selbst. Wie sollte z. B., indem selbst innerhalb des empirischen Gebrauchs die Sinne die Gegenstände lediglich vorstellen, "wie s i e e r s c h e i n e n , der Verstand aber [erst, MK], w i e s i e s i n d " (B313), und indem "die Bedingungen der M ö g l i c h k e i t d e r E r f a h r u n g " zwar "zugleich Bedingungen der M ö g l i c h k e i t der G e g e n s t ä n d e der E r f a h r u n g " (B 197) als Phaenomena (A 248Í), nicht aber oder nur ganz indirekt und ohnehin nur ihrer möglichen Verbindung nach der Erscheinungen dieser Gegenstände der Erfahrung sind, ein nur denkbares Zugleichsein in der immer sukzessiven Apprehension als ein solches** enthalten sein? (Gemeint war gerade also, in der Terminologie des Opus postumum, die physische und nicht die metaphysische Unterscheidung von Erscheinung und Ding selbst. In Konvolut X. spielt da ja der wenigstens seiner gedachten Relation nach immanente Begriff einer Erscheinung der Erscheinung eine bedeutende Rolle, der aber dabei diese Beziehung lediglich genau von der anderen Seite betrachtet. Denn dort findet sich gerade das der direkt gegebenen Erscheinung durch den Verstand bestimmte Objekt selbst, also nach jener Terminologie der Kritik

E. Empirische Exposition der Erscheinung nach Maßgabe der Exponenten a priori

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da das erste aber bloß analytische und erst das zweite dann synthetische Einheit des Bewußtseins der Verhältnisse im Vorgestellten selbst bezeichnet: so müssen, auch wenn in der Entgegensetzung und Verknüpfung zugleich von "Exposition" und "Composition",166 wie überall im transzendentalen Denken, das Bedingungsverhältnis sich genau umgekehrt findet, "im empirischen Denken, d. i. im Auflösen und Zusammensetzen gegebener Sinnenvorstellungen" (XII 34), Analysis des durch subjektive Synthesis aufgesammelten Gegebenen und objektive Synthesis sich gleichsam berühren (S. 82ff.). 167 Das heißt, die erste muß der zweiten bedingend vorgehen sowie schließlich, was dann das empirische Verstehen selbst ausmacht, auch in sie übergehen. (Der Verstand muß synthetische Einheit "bewirdas "Phaenomenon", eben dadurch in einem gewiß auslegungsbedürftigen, aber keineswegs eine ganzlich neue, geheimnisvolle Auffassung der Transzendentalphilosophie dunkel andeutenden Ausdruck als indirekte Erscheinung oder empirisch genauer als der Gegenstand derselben (XXII 34030) charakterisiert. Es sind wie im obigen Kontext die Formen des Selbstdenkens und der möglichen Selbstaffektion, sich selbst zum Objekt zu konstituieren, durch die dieses Objekt als Ding selbst der Erfahrung hier aber schon der äußeren Sinne konstituiert ist. Bereits in der Zeit vor der ersten Kritik war ja in Anlehnung an dasjenige, was sonst eher einmal der transzendentale Gegenstand heißt, davon die Rede, daß durch die Subsumtion unter den gegebenen Exponenten Erscheinung immanent "als etwas objectives betrachtet wird, was [*] an sich selbst gedacht wird unabhängig von der Einzelnheit, darin es gegeben war" (S. 104, XVII 647).) So ist auch bei der Beobachtung eines als bleibend zu bestimmenden Gegenstands diese Beharrlichkeit, daß dies noch objektiv dasselbe Ding sei, nur hinzugedacht. Denn man hat es bei der Wahrnehmung, der Aufnahme in den inneren Sinn nach, gleichwohl mit sukzessiven Vorstellungen zu tun. Jede derselben macht nämlich, sofern von dieser bloßen Apprehension die Rede ist, bei allem möglichen Gleichbleiben der zur im engeren Sinn objektiven Bestimmung tauglichen subjektiven Sinnesqualitäten*** (sogar vielleicht ihrer bleibenden Anordnung im Raum nach) dennoch "eine neue Vorstellung im jetzigen Zustande" (A 103) aus. Die Beharrlichkeit ist denn auch "weiter nichts, als die Art, uns das Dasein der Dinge (in der Erscheinung) vorzustellen" (B 229), und zwar in einer intellektuellen Vorstellung. - Die Einbildungskraft ist also keineswegs die wesentliche Erkenntnisfunktion. Denn selbst im reinen Schema genauer der Urteilskraft, im ersten Beispiel etwa vom gedachten "Zugleichsein der Bestimmungen" von Substanzen nach einer notwendigen Regel (B 183f.), dominiert die niemals anschaubare Verstandeseinheit, deren bloße Anwendung es auch lediglich vermittelt. Nebenbei bemerkt, enthalt ja der "Grundsatz des Zugleichseins" in der zweiten Auflage einen nicht unerheblichen Fehler, da schon der erste Satz seines "Beweises" klarmacht, daß Substanzen nicht "im Räume als zugleich wahrgenommen werden können" (B 256Í). - Man wird das hier Gesagte erneut nicht so verstehen, als ob bloße Sinnlichkeit deshalb etwa nichts sei oder gebe. Denn was die Bestimmung des einzelnen konkreten Objekts als eines solchen angeht, gibt die Sinnlichkeit vielmehr alles (gleichwohl kein Objekt als ein solches). (* Nach Β 137 oben "können" die Erscheinungen unter Kategorien immer gebracht werden. Aber nach dem hier Gehörten müssen sie auch immer erst noch unter sie gebracht werden. Hierbei läßt sich die Einstimmung mit der jeweils als einer passenden erst aufzufindenden Kategorie nur durch Reflexion beurteilen.) (** Die Rede ist hier also nicht bloß von der nur sinnlichen Bedingung einer wechselseitig möglichen Folge von subjektiven Wahrnehmungen.) (*** Dieses Gleichbleiben ist hier eine sinnliche Bedingung der Anwendung der Kategorie.) 166

"Exposition" und "Composition" sind hier einmal als Auseinander- und Zusammensetzung genommen, d. h., erstere wird mehr nach ihrem vorgangigen auch analytischen Moment betrachtet. Denn eigentlich ist die wirkliche, schließliche Exposition, von der bisher auch nur die Rede war, j a selbst bereits Synthesis, nämlich in diese übergegangen. 167 Man kann hier aufs neue sehen, daß die gedachte, objektive Synthesis eine von der subjektiven ganz verschiedene sein muß, sofern ansonsten jene Handlung des Auflösens und dann nur wieder Zusammensetzens eine ganz leere und sinnlose wäre.

122

IV. Exposition der Erscheinung

ken".) Denn in der Tat soll man Naturgegenstände "durch Beobachtung und [um einen präzisen Begriff nur letztlichm etwa von ihren geäußerten Kräften zu bekommen, MK] Mathematik auflösen und in der Anschauung synthetisch bestimmen" (B 497). Und "ins Innere der Natur dringt [die Begriffe von ihr synthetisch, d. h. nach Prinzipien der objektiven Synthesis, erweiternd, MK] Beobachtung und Zergliederung der Erscheinungen" (B 334): "Wir müssen Begriffe exponiren, wenn wir sie nicht construiren können. Erscheinungen können wir nicht construiren, obzwar Anschauungen. Allein wir müssen Regeln ihrer exposition haben. Diese Regeln [dieses Mal die Analogien selbst, MK] sind wirklich regeln der Erscheinung selbst, aber in so fern das innere derselben [ihre Eigenschaften nach Quantität und Qualität: Bildung eines Erfahrungsbegriffs, MK] in der Auflösung derselben entdeckt werden soll. Die Regeln also der Auflösung der Erscheinungen sind eigentlich die Bedingungen der apprehension, in so fern sie von einer zur andern übergeht [sie durchläuft, MK] und sie [nicht nur, wie sie apprehendiert wurden, MK] coniugirt." (XVII 660f.)

Dieses "Durchgehen der Erscheinung, wo man successive von einem Theile zum andern geht" (XXVIII 202) und sie subjektiv verbindet, ist aber nicht, wie schon S. 88, Anm. 113 gehörte Erklärungen Kants einen Augenblick glauben machen könnten, die in Frage stehende, in Absicht auf objektive Synthesis (im Begriff) und vor ihr stattfindende "Auflösung" oder "Zergliederung" der Erscheinung (weil diese jene Synthesis der Apprehension wiederum voraussetzt oder allenfalls mit ihr parallel geht). Denn da man, was einer Erscheinung "innerlich zukomme", gerade "in allen Teilen des Raumes, den sie einnimmt, und in allen Wirkungen, die sie ausübt", sucht (B 333), ist Teile durchlaufen und subjektiv zusammennehmen noch nicht Merkmale entdecken, und "durch Merkmale löset der Verstand die Anschauungen auf und setzt sie zusammen" (XVI 298)' 69 . Außerdem wäre das 168

169

Wir ziehen hier der Einfachheit halber einen komplexeren Vorgang in eins zusammen. Denn zunächst erlangt man durch mathematische "Auflösung" nur eine exakte Beschreibung der beobachteten bloßen Bewegungen nach Größenbegriffen (d. h. in einer hier schon synthetischen Bestimmung). Erst danach bestimmt man noch zu und aus diesen Bewegungen die entsprechenden verursachenden Kräfte (II 37l22f., vgl. auch Β 690Í). In Ansehung der Analogien der Erfahrung wenigstens bleibt das erstere, wenn es auch die Bewegung richtig bestimmt, ein bloßes Wahrnehmungsurteil. Und diese Bewegung selbst bleibt insofern noch immer "vorerst nur Erscheinung" (IV 291). (Man beschreibt die Bewegung nur genau in ihrer bloß empirischen Regelmäßigkeit wobei diese Regelmäßigkeit eigentlich analytisch ausgemacht wird. Aber man erklärt diese Bewegung dadurch noch nicht (Anhang 2).) Diese Stelle stimmt nur bedingt mit den übrigen zusammen, indem sich in ihnen durch Zergliederung der Erscheinung erst "mehr Merkmale des Begriffs entdecken" (IX 142) lassen, was also dem hier Angesprochenen, das eher ein Späteres in den Blick nimmt, zugrunde liegt. In einer anderen, nachlässig formulierten und so ganz sinnlosen Passage muß der "discursive Verstand" mittels seiner (wohl reinen) Begriffe "viele Arbeit zu der Auflösung und wiederum der Zusammensetzung seiner Begriffe nach Principien verwenden und viele Stufen mühsam besteigen, um im Erkenntniß Fortschritte zu thun" (VIII 389) - und zwar nicht nur der Deutlichkeit gegebener Begriffe nach. Dagegen ermöglicht vielmehr doch, was auch der Sinn der obigen Stelle sein dürfte, Zergliederung der Erscheinung nach Prinzipien der Synthesis, also nicht nur eigentliche Analysis als bloße logische Komparation ihres empirisch Mannigfaltigen, Bildung und Erweiterung der

E. Empirische Exposition der Erscheinung nach Maßgabe der Exponenten a priori

123

gewissermaßen "zerstückelnde" Durchlaufen und wieder Zusammennehmen der Teile einer selbst schon als Einheit apprehendierten Erscheinung, wie es häufig ihrem empirischen Bewußtwerden entsprechen mag, nur der Materie, d. h. dieser gleichsam hypostasierten Erscheinung nach, die immer schon wenn auch dann unbewußte subjektive Synthesis enthielte, so etwas wie "Analysis" und dann wieder "Synthesis". Es ist aber in Wahrheit der subjektiven Form des Bewußtseins nach, auf die es hier einzig ankommt, regressive170 (dabei speziell dekomponierende) und dann wieder progressive Synthesis. Es bleibt demnach, da umgekehrt von der Analysis des sei es auch erst subjektiven Begriffs noch nicht die Rede ist, nichts anderes übrig, als was nach allem Gesagten auch nicht anders mehr zu erwarten stand, daß nämlich in der Auflösung und Zergliederung der Erscheinung vor ihrer synthetischen Bestimmung unter einem Erfahrungsbegriff die Urteilskraft "analytisch" im Sinn von "bloßen verglichenen Warnehmungen" verfährt. Das "Auflösen und Zusammensetzen" findet also im obigen "verglichen und verknüpft" seine genaue Entsprechung (S. 82). Nun kommen, indem die empirischen Erkenntnisse "von dem Zufalle der sich von Zeit zu Zeit darbietenden Warnehmungen abhängen" (XXI 487), an sich die Vorstellungen der Apprehension eher ungeordnet ins Gemüt. Es kommen nämlich, wie gesagt, "in der Erfahrung die Wahrnehmungen nur zufälligerweise zueinander" (B 219). Sie geben in der Apprehension für sich nur selten einmal die Ordnung, wie sie im Objekt zu denken ist - was, da die Apprehension immer sukzessiv ist (B 234), nur im Fall der zweiten Analogie, natürlich aber in Beziehung schon auf die erste als ihre Bedingung, überhaupt möglich wird. Da man also, worauf beim Beobachten achtzugeben und wie es anzustellen sei, noch wissen muß; da ferner bei mehrmaliger Beobachtung durchgängige analytische Einheit aus bloßer Ver-

170

Begriffe und damit wieder objektive, gedachte Zusammensetzung als Verknüpfung der Erscheinung zu Erfahrung. - Immerhin machen auch diese beiden Stellen deutlich, daß im empirischen Denken, d. h. nicht im Anschauen, das mit Analysis zumindest aber auch überhaupt nichts zu tun hat, die Analysis der objektiven Synthesis Vorgeht. Dazu vergleiche man schließlich noch XVI 572: "Erfahrungsbegriffe sind auch gemacht, weil sie das object durch Warnehmungen, die ich willkührlich auflese, bestimmen und zusammensetzen. Aber weil der Gegenstand selbst [als Erscheinung in der Apprehension, MK] gegeben wird, so kan man ihn [in Absicht auf diese Zusammensetzung und vorher, MK] analysiren." Die Einheit jeder Synthesis von Wahrnehmungen oder Begriffen a + b, die also auch der quantitativen zugrunde liegt, ist immer qualitative (B 131). S. 119, Anm. 160 (wo nicht von dieser Qualität die Rede war) sollte nämlich ja das a + a + a nicht 3a bedeuten, sondern nur den subjektiv-synthetischen Satz, daß im Gemüt immer noch a sei. So sind Addition und Subtraktion, wie ansonsten Multiplikation und Division, den Größen selbst nach "Zusammensetzung und Trennung", also gewissermaßen Synthesis und Analysis dem Vorgestellten nach. Sofern aber beim 7 + 5 wie auch beim 1 2 - 5 diese Begriffe a um das jeweils, und zwar nicht aus ihnen allein, zu findende Bewußtsein b zu erweitern sind, müssen dennoch "sowohl Addition als Subtraction" als progressive oder eben auch regressive (d. h. zu den Bedingungen des Gegebenen zurückgehende) "Synthesis" der Vorstellungen betrachtet werden (X 555). Im Unterschied zur logischen "absonderung" durch bloße Abstraktion ist "trennung" als "negative synthesis" (XVI 570) anzusprechen (nicht als Analysis).

124

IV. Exposition der Erscheinung

gleichung der Wahrnehmungen, wenn diese nicht immer schon im Hinblick auf wenigstens mögliche objektive Synthesis nach Prinzipien geschieht, unmöglich ist oder zumindest nicht mit Recht erwartet werden kann, es also selbst schon, und zwar derselben, Prinzipien bedarf, um auch hier zu wissen, wie und woraufhin man ihre beobachteten mannigfaltigen Teile untereinander vergleichen soll: so kann, auch wenn im empirischen Denken Observation und Komparation den Anfang machen, von bloßer Beobachtung und bloßer, logischer Vergleichung jedoch nicht lange die Rede sein. Die "Analogien der Beobachtung" (XVII 668) nämlich sind "Richtmas" und "Grundsatze der Beobachtung" (XVII 660 u. 667) sowie, indem man etwa synthetisch die "Beharrlichkeit" eines Gegenstands "durch verglichene Wahrnehmungen" zu suchen unternimmt (B 251) und indem die Analogien gerade die Prinzipien ausmachten, die sagten, "wie gewiße Vorstellungen unter einander verglichen werden können" (S. 80), Regeln a priori der Auflösung der Erscheinungen (S. 122) in einem. (Dies ist das Buchstabieren der Erscheinung jetzt aber, wie gesagt, nach synthetischer Einheit (B 370).) Für sich entstammt die "Einheit der perception" dem Bemerken der bloßen "Einstimmung der Erscheinungen untereinander" (XVII 661) und also ihrer analytischen Vergleichung. Dabei macht die letztere als eine "bloße Komparation" der mannigfaltigen Vorstellungen mit anderen, wie aber ansonsten auch jede Handlung eines diskursiven Verstands überhaupt, zwar subjektiv gleichfalls ein Zusammenhalten mit und Verbinden in einem Bewußtsein, aber jedenfalls nicht nach einer der oiy'eAf/v-synthetischen Funktionen des Verstandes notwendig. Die zusätzliche Einheit der Intellektion oder hier speziell Exposition aber schreibt sich von dem gleichzeitigen Bemerken ihrer Einstimmung - nämlich in einer bestimmten Einstimmung untereinander auf eine jetzt aber a priori gegebene Weise objektiver Synthesis - "mit der [nunmehr wirklich auch oò/etòv-synthetischen (§ 18), MK] Einheit des Gemüths" her (erneut XVII 661). Sie ergibt sich demnach schon aus demjenigen, was Kant, wenn auch nur an einer Stelle, ihre synthetische Vergleichung nennt (S. 78ff.). (Es ist dabei also vornehmlich und eher bereits wieder von dem obigen zweiten Moment dieser zweiten Teilstufe 3b von "Reflectiren" die Rede, 171 sofern man es auch 171

Die analytische Reflexion bestimmt distributiv ein Identisches, ftlr sich selbst allenfalls Synthetisches in mannigfaltigen Vorstellungen, von welcher Mannigfaltigkeit dann schließlich abstrahiert wird. Die synthetische faßt umgekehrt kollektiv gerade ein mannigfaltiges auch Verschiedenes (von welchem, z. B. einer Ursache und einer Wirkung, nicht abstrahiert wird, wenn auch ansonsten dabei natürlich wieder abstrahiert wird) in einem Bewußtsein zusammen. Beide aber zerfallen, nach den zwei Hauptmomenten von "Reflectiren" überhaupt,* in eine Vergleichung von Vorstellungen mit anderen sowie mit dem Erkenntnisvermögen. Es soll nämlich durch jede Handlung Uberhaupt eines diskursiven Verstandes ein gegebenes Mannigfaltiges zur (analytischen oder synthetischen) Einheit gebracht werden. Es muß sich also auch in beiden Fällen die Reflexion so gut, in der Vergleichung mit anderen, in die Mannigfaltigkeit erstrecken, wie sie auch (durch Zusammenhalten mit einem Bewußtsein und den entsprechenden Prinzipien des Verstandes derselben und damit auch der Realisierung dieses einen Bewußtseins) auf mögliche Einheit dieses Mannigfaltigen sehen und es jeweils zusammennehmen muß. Denn subjektiv ist das "Eines in Vielem", als solches in einem nicht einzelnen Urteil gedacht, der ersteren resultierenden

E. Empirische Exposition der Erscheinung nach Maßgabe der Exponenten a priori

125

auf das Vorgestellte selbst bezieht, und zwar in Absicht auf Bestimmung einer Verbindung genauer bereits im Objekt.) Diese synthetische Vergleichung läßt sich allerdings, wie man auch im gleich Folgenden sehen kann, wenn nicht für sich, so doch in ihrem konkreten versuchten Übergang von jenem Feststellen eines regelmäßigen Beisammenseins in der Wahrnehmung (wenn die an sich zufällige Apprehension sich bereits nach Prinzipien einer möglichen objektiven Synthesis, d. h. auf diese hin vollzieht) zur Bestimmung ihrer Verbindung von dieser nicht leicht mehr unterscheiden. Das war oben ja auch, allerdings mit der transzendentalen Amphibolie als oberstem Grund, der Grund der sensualistischen oder empiristischen Amphibolie. Denn man kann das immer notwendige Stattfinden solcher kategorialer Reflexion zur Möglichkeit dieser gleichwohl schließlich gedachten Bestimmung dann schon einmal nicht bemerken.

Determination natürlich ebenfalls selbst ein kollektives "Vieles in Einem" - und zwar durchaus noch zusätzlich dazu, daß es ein solches kollektives im Vorgestellten selbst zumindest seiner Möglichkeit nach immer auch voraussetzt (§ 16). (Es findet eine Verbindung mannigfaltiger Vorstellungen in einem Bewußtsein statt, wenn auch eben nur nach analytischer Einheit desselben. Es geht hier mehr schon um das "Einige" oder auch "Alle" einer bloßen subjektiven Verbindung als um die, im Fall bereits der objektiven Urteile, jeweils zugleich gedachte hier eben objektive Verbindung selbst (S. 259fF., Anmerkung).) Beidemale, d. h. im analytischen sowohl als synthetischen Fall, wird dabei zugleich übrigens Vieles unter Einem (Begriff) gedacht. (* Wir meinen hier natürlich nicht die beiden Momente von 3b ganz zu Anfang dieses Abschnitts E. (S. 107).)

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft A. Erste Abgrenzung

der Analogie-

und Induktionsschlüsse

nach

der Analogie der Erfahrung von denjenigen nach dem Prinzip reflektierenden

Urteilskraft selbst als nach der jeweiligen

a priori derselben.

Die empirische Anwendung der Analogie

Erfahrung eine immer nur

der

Bedingung der

vorläufige

Man wird erinnern, daß Kant, indem sich nach diesem Kennzeichen der Maßgabe a priori empirisch die Beharrlichkeit einer 172 Erscheinung durch Observation und Komparation und nun auch zusätzlich prinzipiell gerechtfertigte Induktionsschlüsse nicht mit "strenger Allgemeingültigkeit" und "Ausführlichkeit" ausmitteln läßt, als besseres Kriterium zur Bestimmung ihrer Substantialität (demnach im Verbund dann mit einer weiteren Analogie der Erfahrung) die Fähigkeit zu handeln angab (S. 58). Bloß empirisch, wie man in der Behandlung der Wahrnehmung durch bloße Observation und analytische Reflexion dem subjektiven Bewußtsein oder jedenfalls Verfahren nach, dem im vorigen Kapitel zuletzt Gesagten zum Trotz, wirklich zunächst vorgehen mag - ohne aber so noch einen wie auch immer dunkeln 173 Begriff von dem zu haben, was man Uberhaupt sucht -, ließe sich ihre Beharrlichkeit offenbar ja schon gar nicht in Strenge ausmachen. Denn betreffs dieses zweiten, durchaus wohl subjektiv vor- und aufbereitenden Falls einerseits noch des ersteren (eben schließlich der Suche nach Beharrlichkeit, noch nicht zweitens dann der Bestimmung der Substantialität aus Handlung) ist zu sagen, daß in der Tat solchen für den rein empirischen Teil der Erfahrung zunächst bloß logi172

173

Hier ist in der Tat fürs erste noch ausdrücklich von einer Erscheinung die Rede. Das heißt, es sind vorerst dann genauer natürlich die mannigfaltigen Erscheinungen nur eines Objekts als einer Substanz gemeint. Man weiß natürlich auch ansonsten im alltäglichen Erkennen gewöhnlich nicht, daß man unter anderem etwas Beharrliches sucht. Aber wenn plötzlich ein Gegenstand, noch dazu vielleicht ohne jede feststellbare äußere Einwirkung, die an sich aber auch nur auf seinen Zustand geht, ganz verschwände (was sich empirisch allerdings auch nie mit Sicherheit ausmachen ließe), würde man schon bemerken, daß man so etwas jedenfalls nicht sucht. Sollte dabei subjektiv bloße Gewohnheit der nächste Grund sein, so dürfte dieser zu ihrer Möglichkeit doch wieder eine (demnach wenigstens zu präsumierende) Verknüpfung jeweils im Objekt zugrunde liegen. Allerdings bezeichnet dabei dieses "demnach" eine bloße Wahrscheinlichkeitsbeurteilung bereits der empirischen Urteilskraft. Es bezeichnet speziell, indem bei einer bloß empiristischen Vorgehensweise nicht einmal von einer solchen die Rede sein könnte,* eine Wahrscheinlichkeitsbeurteilung immer schon unter teils (ihrer Anwendung nach) konstitutiven als objektiv notwendigen transzendentalen Präsumtionen letztlich der Vernunft selbst. (* Das läßt sich bekanntlich bereits bei Hume lernen, wenn man ihn in aller seiner wenigstens impliziten und teils ja auch expliziten Konsequenz nimmt.)

Α. Erste Abgrenzung zweierlei Analogie- und Induktionsschlüsse

127

sehen Präsumtionen, wollte man in seiner anfangs rein empiristischen, mithin nur analytischen und vorläufigen íwfy'etóv-synthetischen Behandlung gleichwohl ebenfalls bereits durch Induktion auf durchgängige Allgemeinheit noch über das Beobachtete erweiternd schließen, schon die dabei mit Recht angenommenen identischen Mittelbegriffe174 ohnehin fehlen. (Mit anderen Worten, man hätte dann in einer über den allenfalls subjektiven Zwang der Gewohnheit hinaus offensichtlich völlig "willkürlichen Steigerung der Gültigkeit" (B 4) eines bloß beobachteten Regelmäßigen über dieses hinaus geschlossen.) Diese identischen Mittelbegriffe nämlich könnten offenbar nur solche sein, die entweder selbst oder deren allgemeine Bedingungen wenigstens (wie im Fall hier gleich nur der Analogien des Verstandes, die aber zugleich auch einen Teil derselben rein gedacht schon enthielten) eine objektive transzendentale oder ansonsten immerhin eine subjektive 175 Deduktion gestatteten. Letzteres würde dann bei der aber auch nur zusätzlichen, hier noch gar nicht eigentlich 176 thematischen Präsumtion der Urteilskraft selbst gelten, wenn man es nämlich schon mit auf jeweils mehrere Objekte zu beziehenden Erscheinungen nach diesem ganz anderen Uniformitätsprinzip derselben noch zu tun hätte. Von möglichen Fehlern dann und ihren Gründen überhaupt aber (nun schon in eigentlich empirischen Fällen nach Maßgabe oder zusätzlich jedenfalls Bedingung a priori) einer immer wenigstens auch reflektierenden Urteilskraft schon bei ihrer jeweiligen Anwendung im an sich dann legitimen und subjektiv auch notwendigen empirischen mittelbaren Schließen, wären demnach nun solche zu Recht gedachten identischen Mittelbegriffe sogar bereits (immerhin, aber natürlich zunächst auch nur und insofern als solche gleichwohl noch unzureichend, ihrem dann auch selbst reinen Teil nach als Erfahrungsbegriffe) gegeben oder ansonsten wenigstens, beim problematischeren Prinzip der Urteilskraft, als empirische Gattungsbegriffe nach dieser bloßen Bedingung a priori derselben, wie auch 174

175

176

Die genannten identischen Mittelbegriffe wären jedenfalls doch immer notwendig ftlr eine teils aber auch bloß äußerliche Schlußweise in Schlüssen ausdrücklich dann auch auf die übrigen, künftigen Fälle als möglichen Beobachtungen. Das heißt, sie wären notwendig in Schlüssen wieder über die allgemeine Regel selbst hinaus. Sie wären als Mittelbegriffe dabei eher schon im Fall der gegründeten Analogie nötig, und zwar da allein wieder bei der Annahme gleicher innerer realer Relation. Siehe zu diesen hier wohl noch nicht recht nachzuvollziehenden Unterscheidungen und Einschränkungen im folgenden Abschnitt B. Diese Deduktion ist allerdings auch, aus einer Untersuchung von subjektiven Erkenntnisbedingungen, eine transzendentale Deduktion (V 182ff.). Vgl. aber Β 691 unten im Unterschied wieder zu Β 699. Eigentlich und prinzipiell ist die versuchte konkrete Bildung des Erfahrungsbegriffs, wie sich im noch Folgenden zeigen wird, von der weiteren transzendentalen, allerdings bloß subjektiv notwendigen Annahme der Urteilskraft gänzlich unabhängig möglich. Das heißt, seine Bildbarkeit ist nach bloßen Prinzipien der transzendentalen Analytik allein gewährleistet. De facto jedoch setzt wenigstens in der Regel diese Bildung des Erfahrungsbegriffs, der aber dann empirischer Begriff schon von mehreren wirklichen Objekten ist, eine auch diesem letzteren Prinzip gemäße Natur ihrer Möglichkeit nach gleichwohl voraus. Das ist dann nicht nur eine grundsätzlich subjektiv erkennbare Natur überhaupt, sondern eine wirklich subjektiv erkennbare als eine einem endlichen Verstand in der logischen Vergleichung auch noch überschaubare Natur.

128

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

immer schwach, "legitimiert" und in der Idee wenigstens immer empirisch findbar177, muß an sich hierbei zunächst noch gar nicht weiter im allgemeinen gehandelt werden. Denn die Möglichkeit von Fehlern speziell bei jenem Suchen der Beharrlichkeit als gerade dieses empirischen Kennzeichens eben der genannten bloßen Analogie der Erfahrung, d. h. nun also schon speziell im ersten, eigentlich empirischen Fall immer noch des ersteren andererseits nach schon gegebener Maßgabe und Form a priori eines auch ohne Prinzip der Urteilskraft grundsätzlich immer möglichen legitimen selben Mittelbegriffs, nämlich bei nur jeweils ein Ding bezeichnenden Erscheinungen, ist ja von Kant selbst im Obigen ohne weiteres schon eingeräumt worden. Nun haben wir aber im letzten Abschnitt des letzten Kapitels schon beiläufig erwähnt, inwiefern eigentlich immer doch die Bestimmung der Erscheinung jetzt wieder noch nur durch die Analogien als bloße "praesumtionen der Erfahrung", d. h. noch nicht einmal auch schon eine Anwendung jenes bloß regulativen Prinzips der Urteilskraft selbst, von dem wir ja auch schon kurz geredet haben, eine letztlich nur vorläufige bleiben sollte (S. 116). 178 Wirklich ist bei Licht besehen 177

Gemeint sind hier bereits, wie gesagt, empirische Gattungsbegriffe. Diese empirischen Gattungsbegriffe sind in der Idee wenigstens immer möglich und findbar als hier nun aber, was jedenfalls die zusätzliche, nun noch wesentliche zwischen mehreren wirklichen Objekten gedachte analytische Einheit angeht, ohne auch nur formal bestimmt gegebenes Schema gänzlich nur findbar und empirisch machbar. (Hier ist nichts mehr, und sei es auch nur seiner Form nach, a priori gegeben.) Es ist also nicht mehr nur die Rede von den ersteren Mittelbegriffen. Denn diese waren die ihrer wenigstens je gleichen dann auch selbst Form nach, nämlich in Gestalt des mitsamt den Modi a priori seines so aber noch gänzlich reinen Denkens gänzlich a priori gegebenen Begriffs eines Gegenstands möglicher Erfahrung überhaupt, a priori gegebenen sowie sodann aber auch noch ihrer je verschiedenen Materie nach, auf die es ja beim bestimmten empirischen Schließen immer schon wesentlich mit ankommt, nach dieser reinen Form durch bloße Subsumtion refiectendo unter sie gleichwohl erst gefundenen als für diesen Teil auch bereits gemachten empirisch bestimmten Erfahrungsbegriffe überhaupt. Dieses "überhaupt" scheidet übrigens also nicht, wie das im selben Satz kurz vorher genannte noch, eine empirische Bestimmung aus - wodurch der ganze Ausdruck sich ja selbst widerspräche. Es scheidet nur aus, daß vielleicht zusätzlich die so gedachten jeweiligen Erfahrungsgegenstände bereits als solche bestimmter empirischer Arten oder Gattungen bestimmt würden. Es ist um eine bloße jeweilige empirische Konkretisierung und nicht auch noch Spezifizierung der Kategorien in einem logischen System der empirischen Bestimmungen als solcher zu tun (S. 228Γ, Anm. 321). - Ansonsten meinen wir oben gleich weiter unten, um auf eine Zweideutigkeit des Ausdrucks aufmerksam zu machen, bei dem "eigentlich empirischen" Fall natürlich denjenigen wirklicher Erfahrung durch versuchte Ableitung vom Exponenten a priori. In der Folge wird dagegen im Sinn jenes Empirischen als solchen wiederholt auch vom "eigentlich Empirischen" als von demjenigen in der zunächst bloßen subjektiven Wahrnehmung gesprochen werden, was sich von der Kategorie gerade nicht ableiten läßt. 178 Im Verlauf dieses Abschnitts wird zwar deutlich werden, wie offenbar zunächst wirklich "zwei Arten von Notwendigkeit (und Zufälligkeit)" bei Kant zu unterscheiden sind, "nämlich eine faktische Notwendigkeit einerseits und eine kategoriale Notwendigkeit andererseits" (Hoppe 48). Es wird sich aber auch zeigen, daß, sofern die erstere zwar immer nur streng nach Maßgabe der letzteren stattfindet, gleichwohl aber auch wieder in ihrer materialen Konkretisierung nicht letztlich einzuholen ist (nämlich im Versuch eines konkreten empirischen "Habens" von bestimmten Gegenständen und überhaupt von Welt, wie es Hoppe ausdrückt), eine wirkliche Doppelung der Kantischen Begrifüichkeit hier gleichwohl nicht angesetzt werden muß. Es dürfen also auch "die entsprechenden terminologischen Unterscheidungen" (53) von Kant nicht eigentlich eingefordert

Α. Erste Abgrenzung zweierlei Analogie- und Induktionsschlüsse

129

das zweite Kennzeichen der empirischen Substantialität (Handlung), das ja auch damals schon (S. 58) gleichfalls nur eines der "Beobachtung und Beurtheilung" war, nicht besser, aber auch nicht schlechter, als das erste als sinnliche Bedingung des schon gegebenen Exponenten gedachte. Daß nämlich wirklich diese, allerdings auch nur wohl anläßlich wenigstens einigen ihm entsprechenden, für sich selbst aber aus eher zunächst noch bloß analytischer Reflexion bestimmten regelmäßigen Beobachtungen bereits, schon als Fall des Substanzbegriffs der gegebenen ersten Analogie (einer allerdings realen oder genauer selbst transzendentalen179 werden. Die kategorialen Bedingungen allein sind die formalen Bestimmungen alles Faktischen selbst. Aber sie lassen sich dort, jedenfalls für diejenigen nach den Analogien der Erfahrung, nicht in Strenge als diese erkennen. (Kant sagt j a gerade nicht, daß die besonderen Gesetze "nicht von den allgemeinen abgeleitet werden können" (Hoppe 116). Er sagt nur, daß sie nicht vollständig von ihnen abgeleitet werden können. Dadurch wird dann aber auch gar nicht erst behauptet, "daß es im Horizont der Frage nach der Gegenstandsbeziehung unserer Vorstellungen eigentlich allein und ausschließlich auf diesen formalen Apperzeptionszusammenhang" (120) ankomme. Wir können eine solche Behauptung nirgends finden. Denn daß in einer transzendentalen Untersuchung über weite Strecken nur davon als von der apriorischen Bedingung des anderen die Rede ist, heißt nicht, daß dieses andere, um das es doch eigentlich dabei sogar letztlich immer nur zu tun ist,* deshalb etwa geleugnet werden sollte.) Hoppe sagt denn auch, die "kategorialen Motive" des faktischen Habens von Welt könnten bei Kant nur im kategorialen "wissenschaftstheoretischen Kontext" betrachtet werden. Aber wie sie aus diesem "nicht ohne eine gewisse Gewaltsamkeit" immer nur sollen "herauspräpariert" werden können (53), vermögen wir nicht nachzuvollziehen. (* Die Untersuchungen der Bedingungen der Möglichkeit eines durchgängigen Selbstbewußtseins sind doch bloß Vehikel und nicht Selbstzweck, was Hoppe j a gerade Uberzeugend vorzufuhren unternimmt.) 179

Sowohl die Analogien der Erfahrung als auch das Prinzip der Urteilskraft sind selbst zunächst (objektiv oder bloß subjektiv zur Möglichkeit der Erfahrung notwendige) transzendentale Präsumtionen. Das heißt, sie gewährleisten oder postulieren wenigstens einfach, im Fall des zweiten, den möglichen Erfolg der synthetischen oder auch analytischen Reflexion Uber Erscheinungen und sind ihre jeweiligen Prinzipien als allgemeinen Bedingungen. (Im ersten Fall der synthetischen leisten sie die Reflexion, indem jenen Analogien jedenfalls wenigstens formal bestimmt ein Schema derselben, d. h. der Reflexion, korrespondierend gegeben werden kann, sogar selbst. Und diese sind also noch in einem ganz anderen Sinn Bedingungen a priori der wirklich durch sie ihrer einen Form dann nach auch selbst ermöglichten Begriffe. Die letztere, analytische Reflexion ist eine Reflexion über Erscheinungen, sofern diese bereits mehrere ähnliche Objekte und ihre Zustände und nicht etwa nur mehrere ähnliche Zustände desselben Objekts dann in Relation etwa auf solche eines immer selben anderen Objekts dann bezeichnen · wofür die bloße Analogie, und zwar wieder zur echten Gewährleistung, hinreichen würde.) Die in dieser empirischen Anwendung derselben dann erforderlichen auch empirischen Präsumtionen wieder sind entweder reale eines bloßen Erfahrungsbegriffs oder zusätzliche logische Annahmen eines auch noch wirklichen empirischen Gattungsbegriffs. Beim ersten wird versuchsweise ausgemacht, daß wir es hier konkret mit Erscheinungen zu tun haben, die auf bestimmte Weise überhaupt ein Objekt bezeichnen und es also nach einem der Modi seines Denkens empirisch bestimmen können. Es wird also angenommen, daß sie auf ihre bestimmte Weise Fall einer der Analogien oder, wie bei der Bestimmung der bloßen Substantialität als eigentlichen subsistierenden Gegenständlichkeit oder einer Ursache als geäußerten bleibenden Eigenschaft einer Substanz, auch nur eines der Korrelate des Exponenten einer derselben sind. Im zweiten Fall dagegen ist die empirische Präsumtion diejenige, daß gegebene Erscheinungen auch ähnliche als logisch und formal, d. h. ohne weitere objektive Affinität und Verbindung wohlgemerkt untereinander, verwandte Objekte bezeichnen. Dabei findet zusätzlich eine subjektive, bereits auch deren Auswahl wieder nach ein Stück weit willkürliche "Bestimmung" von weiteren empirischen Gattungsmerkmalen statt, die

130

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

Präsumtion der Erfahrung) zunächst ihrerseits nur präsumierte, d. h. hier, nun sogar schon in einer versuchten synthetischen Determination aus entsprechender Reflexion, unter ihn vorläufig subsumierte Erscheinung wirklich die Ursache dieser oder jener jeweils gleich beobachteten Veränderung in sich enthalte;180 daß demnach diese regelmäßige Veränderung nicht vielleicht vielmehr in den je gleichen Begleitumständen (d. h. in anderen handelnden Substanzen als der als eine solche anläßlich dieser regelmäßigen Veränderung zunächst nur präsumierten) oder gar, im Grunde nur ein Spezialfall, in unbemerkten Zutaten des beobachtenden und reflektierenden Subjekts selbst ihren Grund habe: das läßt sich empirisch seinerseits nur durch viele weitere und nun aufs neue schon definitiv auch181

nämlich für alle, bei den InduktionsschlUssen gerade auch ganz noch nicht beobachteten, entsprechenden Gegenstände derselben Gattung gelten sollen.* - Den bloß logischen Präsumtionen dagegen ihrer ansonsten rein empiristischen Behandlung und ihren selben Mittelbegriffen fehlt jede Berechtigung. Denn Gewohnheit allein kann keine solche abgeben. (* Durch die Präsumtion, gewisse Merkmale seien empirische Gattungsmerkmale, ist also zweierlei versuchsweise ausgeschlossen, in dem jeweils eine mögliche Fehlerquelle der durch die Präsumtion der Urteilskraft prinzipiell gerechtfertigten empirischen Schlüsse liegt. Es ist dadurch natürlich zunächst einmal einfach ausgeschlossen, daß diese Merkmale solche einer möglichen spezifischen Differenz seien. Es ist aber ebenfalls und erst recht schon ausgeschlossen, daß sie nicht einmal solche einer spezifischen Differenz in Ansehung eines als gemeinsam nur fälschlich präsumierten Begriffs und nicht etwa bloß, was zum empirischen Schließen als Übertragen aber offenbar auch nichts hilft, in Ansehung eines noch höheren, in der Tat wieder gemeinsamen ausmachen - wie wenn etwa anläßlich der Ähnlichkeit der äußeren Gestalt der Wale mit der der meisten Fische und also der bemerkten Übereinstimmung in durchaus einigen Merkmalen diese Naturprodukte gleichwohl fälschlicherweise, und zwar für dieses zusätzliche Moment analytischer und nicht synthetischer Affinität durch eigentlich reflektierende Urteilskraft, Uberhaupt unter denselben Gattungsbegriff "Fisch" gebracht würden. Man hätte es hier etwa mit einem Analogieschluß zunächst aufgrund von Induktion auf Kiemen der Wale zu tun.) 180

181

Diese Veränderung ist ihrerseits nur dann, und demnach wieder bloß versuchsweise, als Wirkung der Kausalität jener präsumierten Substanz und als Uberhaupt selbst etwas bestimmt Objektives anzusehen, nämlich als Veränderung des wandelbaren Zustands einer anderen, ihr äußeren Substanz passiv. Das Synthetische daran ist das Zusammenhalten der beiden Zustände selbst in ihrer Zeitfolge untereinander (a + b) vermittelst der sie dabei gleichsam "verklammernden" Kategorie. Das Analytische aber ist dasjenige, das ausmacht, daß jenes immer auf gleiche Weise möglich sei was subjektiv allerdings bereits eine Bedingung Uberhaupt des Versuchs einer Anwendung der Kategorie ist, d. h. jedenfalls im Fall der Analogie der Erfahrung. Das erstere ist schon die eigentliche Reflexion des Erfahrungs-, das zweite wäre für sich noch diejenige des bloß empirischen Begriffs. Es ist daran zu erinnern, daß aber auch noch in einem anderen Sinn die Subsumtion des dadurch schon bestimmten einzelnen Objekts (seiner für sich bloßen Anschauung) unter den bereits gebildeten Erfahrungsbegriff durch eine analytische Reflexion geleistet ist, nämlich durch Beurteilung nur gleicher Synthesis empirisch angeschaut sowohl als gedacht oder, genauer, in der Artwendung auf einstimmige empirische Anschauung sowohl als bloß gedacht. Dabei werden demnach allerdings je innerlich die synthetische Einheit seiner Anschauung und diejenige des Begriffs durch die gleiche und eigentlich sogar durch die gleichsam "transportierte" auch noch selbe* synthetische Reflexion bewerkstelligt (S. 4ff., vor allem Anm. 10). Wir sagten ja auch schon, daß die Vergleichung gegebener Erscheinung mit der reinen synthetischen Einheit der schematisierten Kategorie etwas "Analytisches" an sich hat, daß sie aber, sofern dabei auch und wesentlich ihr Mannigfaltiges mittels derselben (d. h. untereinander, ohne daß dabei aber auf bloße Einerleiheit gesehen wäre) zusammengehalten und dann verbunden wird, als synthetisch

Α. Erste Abgrenzung zweierlei Analogie- und Induktionsschlüsse

131

synthetisch mit und mittels der Kategorie182 "verglichene Wahrnehmungen" (B251) unter unterschiedlichen äußeren Bedingungen und wieder, wodurch die Subsumtion bei aller beständig anwachsenden Wahrscheinlichkeit letztlich eine

182

anzusprechen ist. (* Die synthetische Einheit der Anschauung ist die zu ihr gefundene, passende kategoriale dann des Begriffs.) Es ist hier j a eigentlich genauer sogar schon, was auch oben bereits impliziert ist,* an eine Vergleichung mit dem und mittels des nunmehr bereits versuchsweise bestimmten Erfahrungsbegriffs selbst zu denken, der diese Kategorie aber auch als seine fllr sich allein wirklich gewahrleistete eine Form nun enthält. Die zweite Analogie möglicher Erfahrung überhaupt etwa sagt ja nur, daß auf irgendein gewisses χ als Ursache notwendig und also dann auch immer irgendein gewisses gleiches y als seine Wirkung folgen müsse (bloßer Exponent der Regel). Das ist dann natürlich selbst bei schon einem und sogar dem ersten bestimmt gegebenen Korrelat zum bestimmten empirischen Schließen ohne viele Beobachtungen und Vergleichungen bei weitem nicht hinreichend. (Dieser Gedanke ist Β 221 in dem Ausdruck "auf diesem Wege", bei dem ohne weiteren Kontext Uberhaupt nicht klar ist, auf welchem denn, jedenfalls so gemeint, d. h. mit schon einem bestimmt gegebenen Dasein.) Hier aber sind bereits, und zwar seinerseits schon durch Vergleichung ihrer jeweiligen subjektiven Zeitfolgen mit diesem selbst dabei unter anderen gefundenen, offenbar passenden Exponenten, in einem vorläufigen Erfahrungsbegriff ein empirisches bestimmtes a und ein empirisches bestimmtes b als Fälle von χ und y präsumiert. Die vielen weiteren Vergleichungen zwecken dabei natürlich schon darauf ab auszumachen, ob auf das jeweils erneut gesetzte bestimmte a immer auch wieder das bestimmte b folge - was ja Voraussetzung fllr die irgendwann dann sich anschließenden (subjektiv gleichsam "vorläufig endgültigen") bestimmten empirischen Induktionsschlüsse auf Allgemeinheit der zunächst nur vorsichtig vermuteten Regel und damit auch auf alle noch nicht gegebenen Fälle selbst ist. (Im Grunde ist bereits ab der ersten Vermutung als ab dem ersten Einfalt der bestimmten Regel ein dunkler oder jedenfalls, nach entsprechend wenigen regelmäßigen Beobachtungen, noch ganz "zurückhaltender" Induktionsschluß schon vollzogen.) Es sei an die obige, allerdings dort bloß einfach strukturelle Unterscheidung zweier Momente der schließlichen Bildung des Erfahrungsbegriffs erinnert. Sie bestanden im Auffinden des passenden Exponenten einerseits und dadurch zugleich, durch dessen empirische Bestimmung, im Ausfinden des je verschiedenen Erfahrungsbegriffs selbst andererseits (S. 107). Diese Unterscheidung steht mit dem hier nun zum Schluß wenigstens auf ihn** Vorgetragenen in einem engen Zusammenhang. Dabei folgen, in einer teils schon psychologischen Erörterung nun des konkreten Verfahrens dieser Bildung, diese beiden bloßen Momente aufs neue also aber nicht etwa einfach zeitlich aufeinander, sondern sie fallen eher schon (als bloße Momente hier und nicht Stufen) in eins zusammen. - Hier löst sich übrigens auch jene kleine Dunkelheit auf, die vielleicht derjenige bemerkt haben mag, der weiß, daß nicht nur, wie wir oben anhand einiger Textpassagen*** als Hauptsache einseitig noch herausstellten, eine Vergleichung mit den bloßen Analogien der Erfahrung selbst die Unterscheidung von Einbildung und Erscheinung (die nämlich wirklich ein anderes Dasein bezeichnet) ermöglicht, sondern daß dies anderen Stellen zufolge vielmehr auch schon einmal durch ein Beurteilen eines Zusammenhangs bereits mit eigentlich "empirischen Gesetzen" als den empirisch bestimmten Analogien oder vielmehr dann enthaltenen Exponenten geleistet ist (etwa Β 273 unten oder Β 280 oben). Dabei muß aber an gleiche konkrete empirische Gesetze bei mehreren logisch verwandten Objekten auch nach dem Prinzip der Urteilskraft noch nicht unbedingt gedacht werden. (* Wir gaben hier den Erfahrungsbegriff bereits als den notwendigen identischen Mittelbegriff oder, wie es allgemeiner wird heißen müssen, als die par ratio an.) (** Thematisch ist noch nicht der Schluß wieder aus dem Erfahrungsbegriff als ein äußerlich gesehen zweiter Schluß dessen, was man zusammen einen Induktionsschluß dann aber schon ausdrücklich auf auch die restlichen Fälle selbst nennt. Dieser zweite Schluß macht aber, wenn er empirisch je erfolgreich verläuft, der eigentlichen und dort dann wesentlichen Logik dieses Schließens nach bloß einen Teil des Fortschreitens des ersten, seinen bloß empirischen Beweisgründen nach nie vollständigen Schlusses auf den Erfahrungsbegriff aus.) (*** Vgl. S. 80ff. unsere Erörterung der Zitate Β 272 und Β 278f.)

132

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

nur vorläufige bleibt, durch Analogie- und Induktionsschlüsse einer zumindest auch reflektierenden ("bestimmenden") Urteilskraft ausmachen. Was übrigens diese zuletzt erneut genannte Einschränkung angeht, werden wir gleich im folgenden diese, sollen sie mit Recht (wenn auch nur vorläufig) geschehen, 183 immer nur mittelbaren Analogie- und Induktionsschlüsse vermittelst der nach Analogien der Erfahrung als Prinzipien184 in ihrer synthetischen Reflexion zugleich versuchsweise apodiktisch und objektiv bestimmenden Urteilskraft, die uns im hier vorgegebenen Rahmen der "Synthetischen Reflexion über die Erscheinung" vornehmlich interessieren müssen, von den nur zusätzlichen auch mittelbaren, gleichsam "klassischen" als solchen der eigentlich (jetzt noch analytisch) reflektierenden Urteilskraft nach ihrem eigenen subjektiv notwendigen Prinzip als nun aber bloßer Bedingung a priori möglicher dann schon eigentlich von Kant meist so genannter empirischer identischer Mittelbegriffe185 abzusetzen finden. 183

Du Plessis nimmt die Behauptung Kants von Β XXII Anm., die "Zentralgesetze der Bewegung der Himmelskörper" hätten "dem, was K o p e r n i k u s , anfänglich nur als Hypothese annahm, ausgemachte Gewißheit" verschafft, zum Anlaß für die Bemerkung, die Naturwissenschaft sei fllr Kant "nicht als eine bloße Beschäftigung mit Vorläufigkeiten" anzusehen (du Plessis 158). Im strengen Sinne ist das aber immer der Fall, ohne daß deshalb allerdings von einer "bloßen Beschäftigung mit Vorläufigkeiten", als nicht einmal hohen Wahrscheinlichkeiten, gesprochen werden kann oder muß. Daß in Strenge auch die Kopernikanische Weltsicht für Kant immer eine Hypothese bleibt, läßt sich ja in einer ganzen Reihe richtigerer Stellen nachlesen (etwa IX 864). 184 Die Analogien der Erfahrung fungieren hier in einem zweifachen Sinne als Prinzipien. Zum einen sind sie transzendental deduzierte Bedingung a priori der Gewährleistung der jeweiligen Möglichkeit und also des Erfolgs des Reflektierens und Schließens. Zum anderen stellen sie in einem aber auch, anders als dann beim Prinzip der Urteilskraft, in Gestalt ihrer enthaltenen Exponenten schon die a priori gegebene bestimmte Form dann aller Erfahrungsbegriffe als der eigentlichen auch schon versuchsweise nach jener für sich zunächst bloßen Maßgabe material bestimmten selben Mittelbegriffe bereits, und zwar eines ja auch schon konkreten empirischen Schließens äußerlich betrachtet letztlich dann auch wieder aus ihnen, bereit. Es wurde übrigens ja schon erwähnt, daß noch deutlich werden wird, inwiefern diese bestimmten Erfahrungsbegriffe, wie ansonsten dann aber auch die empirischen Gattungsbegriffe, nur in diesem Fall eines "äußerlichen" Schließens (einer bloßen Formsache noch nach einem anderen, wesentlichen Schluß), und genaugenommen dann auch nur beim Analogieschluß und nicht bei der Induktion, Uberhaupt solche identischen Mittelbegriffe und nicht einfach eine gedachte par ratio ausmachen. 185 Wie schon gesagt wurde, sind diese empirischen Begriffe Art- oder Gattungsbegriffe dem empirischen Inhalt mehrerer Erfahrungsbegriffe nach, mithin dabei nach auch analytischer Einheit ansonsten schon objektiver empirischer Synthesen bei mehreren wirklichen Objekten bereits. Diese Erfahrungsbegriffe ihrerseits zunächst sind für sich natürlich gleichfalls vorher schon, wenn auch nicht "besonders" (S. 228f., Anm. 321), empirisch bestimmte und insofern ja ebenfalls erst ausgefundene als teils empirisch gemachte und nicht auch ihrer konkreten, zum bestimmten empirischen Schließen gleichfalls noch notwendigen empirischen Materie nach a priori gegebene Begriffe. Der Genauigkeit halber sei zu letzterem noch angemerkt, daß eigentlich diese genannte Materie, wie noch deutlich werden wird, als Erscheinung oder bloße Wahrnehmung diejenige des bloß empirischen Begriffs ist. (Sie macht die empirische Materie bloß zum Erfahrungsbegriff aus.) Dagegen ist Materie des Erfahrungsbegriffs bereits ein bestimmter Erfahrungsgegenstand selbst. Da aber erstere Materie, d. h. der. gedachte Gegenstand jenes Begriffs, durch den Erfahrungsbegriff dann (indem durch die enthaltene Verstandesfunktion gleichsam unaufhörlich die eine in die andere zweite dynamisch verwandelt wird) selbst auch, d. h. dann Erscheinung eher als das Wahrgenommene, als ein solcher bestimmt wird, ist Erscheinung oder Wahrnehmung in diesem Sinn zugleich auch Materie des Erfahrungsbegriffs. Der bloß empirische Begriff macht ja

133

Α. Erste Abgrenzung zweierlei Analogie- und InduktionsschlUsse S o b e s t i m m t Kant bereits in V o r a r b e i t e n zur Kritik

die A n a l o g i e der Erfahrung,

w a s z u n ä c h s t w i e d e r nur s i e betrifft, als zu deren M ö g l i c h k e i t ihrerseits präsumierte " R e g e l der [dann a u c h empirischen, der E r s c h e i n u n g e n vorläufig

M K ] p r a e s u m t i o n e n als B e u r t h e i l u n g

z u b e s t i m m e n d e n Urtheilen" ( X V I I 6 6 7 ) - w o b e i die

e m p i r i s c h e A n w e n d u n g d i e s e r o b j e k t i v n o t w e n d i g e n Präsumtion d e s der in der D e d u k t i o n d i e Ideen der V e r n u n f t v o n der einen und, als ihrem Korrelat, v o n d e m einen

durchgängig empirisch

B e w u ß t s e i n z u g r u n d e liegen, mit der z u s ä t z l i c h e n bloß Präsumtion der e i g e n t l i c h reflektierenden Urteilskraft,

Verstandes,

m ö g l i c h e n Erfahrung bestimmbaren

subjektiv

notwendigen

w i e g e s a g t , prinzipiell n o c h

nichts z u tun hat. E s ist ( e b e n f a l l s Mitte der s i e b z i g e r Jahre) "wunderbar, w i e ein e m j e d e n bestimmenden

Urteil", v o n d e m in der Erfahrung bei d e n realen

katen der B e s t i m m u n g der Art e i n e s D a s e i n s als v o n e i n e m apodiktisch m e n d e n s t r e n g g e n o m m e n überhaupt nicht die R e d e s e i n kann, "ein vorhergeht" ( X X I X 2 4 ) . A b e r a u c h in der Kritik e m p i r i s c h e ) Erfahrung 1 8 6 "niemals

186

Prädibestim-

vorläufiges

selbst kann j a ( w o h l nicht

bloß

ihren Urteilen w a h r e o d e r strenge, s o n d e r n nur

dann auch einen der beiden Bestandteile des letzteren aus. (Die bloßen empirisch noch unbestimmten Analogien der Erfahrung oder vielmehr die enthaltenen schematisierten Verstandesbegriffe selbst sind, im Verbund mit den ersten beiden Kategorienklassen - nämlich nicht diese ohne jene und vornehmlich nicht ohne Substanzkategorie -, nur die Modi des Denkens eines Gegenstands möglicher Erfahrung überhaupt. Dagegen sind die entsprechenden sogar noch unschematisierten Verstandesbegriffe diejenigen des Denkens des bloß transzendentalen Gegenstands einer möglichen empirischen Anschauung.) Des weiteren ist noch präzisierend zu erinnern, daß, wenn wir hier, wie wohl schon weiter oben einmal, die Form des Erfahrungsbegriffs und damit ja auch des entsprechenden korrespondierenden Gegenstands der Einfachheit halber als a priori gegeben bezeichnen, sie doch eigentlich selbst schon, aber auch nur aus lauter a priori Gegebenem, a priori gemacht ist (S. 109ff„ Anmerkung 2). Hier muß, wie sich zeigen wird, nicht unbedingt ein bloß Empirisches gemeint sein. Es darf nicht einmal gemeint sein, wenn die obige, folgende Annahme irgend mit Recht geschehen soll. Guyer führt denn auch völlig richtig vor, inwiefern die konkrete Anwendung der zweiten Analogie der Erfahrung, in einem Humeschen Induktivismus ohne seinen Skeptizismus, nur mit Induktionsschlüssen einhergehen könne (vgl. auch Hossenfelder 87), ohne daß dies, da diese Analogien nicht ihrerseits nur psychologisch gewonnen und in ihrer allgemeinen Gültigkeit gerechtfertigt sind, den empirischen Behauptungen eines IVissens grundsätzlich Abbruch tue (Guyer 1987, 258f., siehe bereits Kemp Smith 364f). Ein gewisser Abbruch liegt allerdings wirklich darin, daß dieses Wissen nur noch ein wie auch immer hoch wahrscheinliches durch fortschreitende empirische Annäherung zum strengen "immer" des Grundsatzes sein kann - wodurch es dann auch wieder zuviel gesagt ist, für Kant sei gewiß gewesen, daß die "physikalischen Lehrsätze" wirklich "objektive Erkenntnis apriori der gegebenen Dinge enthalten" (Henrich 1953/54, 134). Oder Kant habe gegen Hume betont, "daß wir in der Erfahrung faktisch notwendige Zusammenhänge erkennen" könnten (Hoppe 62). Daraus nun aber umgekehrt den Schluß ziehen zu wollen, man habe es bei Kants Ansatz deshalb mit einer schwachen Antwort auf Hume zu tun. indem im Grunde alles beim alten bleibe, und die konkreten Bestimmungen objektiver Zeitfolgen seien gar nicht gerechtfertigt (Kitcher 177), heißt nachgerade entweder Wahrscheinlichkeit oder buchstäblich nichts zu haben als dasselbe ausgeben. Man drückt sich daher auch gar nicht richtig aus, wenn man sagt, nach Humes Attacke sei zunächst an "mc/rt-hypothetische Wirklichkeitserkenntnis" nicht mehr zu denken gewesen (Röd 20). Es war ja noch nicht einmal mehr gegründet an hypothetische zu denken. Es ist ebenfalls viel zuwenig gesagt, Hume hinterlasse den Eindruck, unsere Erfahrung könne jeden Augenblick chaotisch werden (Bennett 155) - wie aber überhaupt Bennett die Humesche Attacke in ihrer Radikalität später auch so weit aufweicht, bis sie bei Licht besehen gar nicht mehr

134

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

angenommene und komparative A l l g e m e i n h e i t (durch Induktion)" geben (B 3). Und noch im Opus postumum, das man, zumal in den späten Konvoluten, gewiß nicht im Verdacht haben wird, ein "System des a l l g e m e i n e n E m p i ri s m s in Grundsätzen" (V 13) zu propagieren, heißt es, daß (etwa im Fall der zweiten Analogie) die empirische Beurteilung durchaus schon nach reinen Grundsätzen der Möglichkeit der Erfahrung dennoch niemals eine Bestimmung einer Notwendigkeit der Verknüpfung zur Folge haben könne (XXII 483). 187 Man

187

vorhanden ist (161f.), so daß dann auch umgekehrt die gewiß befremdende Radikalitat der Kantischen Antwort gar nicht mehr erst nötig wird. Vgl. XXII 482f.: "Der oberste Satz der Transscendentalphilosophie: 'Wie sind synthetische Erkenntnisse a priori möglich' erweitert zwar das Erkentnis in Ansehung des Objects der reinen Anschauung [der Erscheinung der Erscheinung, von der durch Selbstaffektion und -bestimmung einzig Wissenschaft möglich ist, MK] aber nicht in Absicht auf das empirische Aggregat der Warnehmungen und so geräth das Subject in den Fall zwar des Fortschreitens in Ansehung des Empirischen mithin der Tendenz (Hinweisung) zur Erfahrung [nämlich einzig auch durch Analogieund Induktionsschlüsse, MK] aber nie in den Zustand zu ihr hin zu gelangen. Daß (z. B.) eine Arzeney das Fieber gehemmt oder heilsam gehoben habe kann nicht zu dem Satz berechtigen daß sie es immer thun werde mithin ist die Concomitanz [das noch so regelmäßige Beisammensein, MK] in der Erscheinung der Gegenstände wie sie den Sinnen gegeben sind [so gedacht im analytisch gebildeten Wahrnehmungsurteil, MK] noch nicht hinreichend zur Consequenz daß der eine Zustand [wie sich nur durch eine auch synthetisch nach der zweiten Analogie als Prinzip reflektierende Urteilskraft bestimmen ließe und wie gleichwohl oder, wie man will, eben deshalb nur versuchsweise und allenfalls als wahrscheinlich bestimmt werden kann, MK] die Ursache des anderen sey und es ist Vermessenheit die Gesundheit jemanden zu verbürgen und zwar darum weil dieser Satz a priori gelten und so in seiner Notwendigkeit erkannt werden müßte welche in Ansehung eines Gegenstandes der Erfahrung nie geschehen kann." (Vgl. zum genannten Beispiel XXIV 746. Vgl. auch Β 794, wo die Notwendigkeit des Gesetzes " m ö g l i c h e r Erfahrung" als einer transzendentalen Präsumtion an der jeweiligen letztlichen "Zufälligkeit unserer Bestimmung n a c h d e m G e s e t z e " bei dem Versuch, wirkliche Erfahrung - folglich in einer empirischen realen - zustande zu bringen, nicht das geringste ändert. Vgl. auch XXII 448f. und 498 oben, wobei 44919 vor dem "hippocratisch" oder etwa dem "ohne" erneut ein "nicht" mitzudenken ist. Siehe ausdrücklich auch XXII 71 f. eine Stelle aus dem ganz späten siebten Konvolut.) - Das Verfahren in diesen empirischen Beurteilungen geht hier, bei diesem speziellen Exponenten, mit dem Schluß "post hoc, ergo propter hoc" einher, "der kein sicherer Verstandesschluss, sondern bloss ein Versuch ist, zur Erkenntniss zu gelangen und auf die Ursache eines Dinges zu kommen, ζ. B. das Eulengeschrei beim Tode eines Menschen. Nach diesem glaubt man, dass, wenn ein Zustand auf einen andern gewöhnlich folgt, dieser die Ursache von jenem sei, ζ. B. wenn auf gewisse Witterung gewisse Krankheiten folgen" - welche durchaus mittelbare Schlußart aber so gut "übel gedeutete Wahrnehmungen" geben kann (XXVIII 738f ), wie sie umgekehrt "von ohngefähr treffen" mag (XXVIII 673). Sie ist ja auch der empirischen Beurteilung unabdingbar. Der Grund, dabei falsch zu schließen, besteht in einer Art des logischen Scheins, der immer "aus der Uebereinstimmung des [hier nur sinnlichen, MK] Erkenntnißes mit der Form" (XXIV 531), und zwar genauer mit der bloßen (hier synthetischen) "Form des Verstandes" (XXIV 832), entspringt. Dieser Schein liegt darin, daß die irgend regelmäßige subjektive Folge des Apprehendierten in einer (demnach auch schon synthetischen) Vergleichung mit der bereits schematisierten allgemeinen Bedingung (regelmäßige aber als gesetzliche Zeitfolge in der zweiten Analogie gedacht) des so bereits synthetisch Reflektierten und wenigstens vorläufig, und hier in der Tat fälschlich, als objektiv Determinierten als mit dieser Bedingung einstimmig befunden wird, ohne daß der ersteren allein deshalb schon eine Verknüpfung im Objekt korrespondierte - was einen Spezialfall der Verwechslung des Subjektiven und Objektiven bedeutet. Dieser Schein und damit der Irrtum lassen sich nur durch viele verglichene Wahrnehmungen unter unterschiedlichsten, damit immerhin deren Einfluß ausgeschlossen werden kann, äußeren Bedingungen, d. h. durch Observation und

Α. Erste Abgrenzung zweierlei Analogie- und InduktionsschlUsse

135

vergleiche schließlich auch noch Β 508f., wo es, indem dort "nur von der Gewißheit unserer Urteile in Ansehung der Gegenstände und nicht in Ansehung des Ursprungs unserer [reinen, MK] Begriffe selbst" gehandelt ist, "in der Naturkunde eine Unendlichkeit von Vermutungen" gibt, "in Ansehung deren niemals Gewißheit erwartet werden kann". Dazu merkten wir ja weiter oben (S. 116) schon genauer an, daß dies in letzter Konsequenz, wenn nämlich nicht von bloßer hoher Wahrscheinlichkeit die Rede ist, für alle empirischen Beurteilungen realer objektiver Bestimmungen gilt. Es ergibt sich also nicht nur, daß wir mit unseren Erkenntnissen a priori von den Daseinsarten188 "nie über die Grenze möglicher Erfahrung hinauskommen können" (Β XIX) - was für alle Kategorien gilt. Wir können (subjektiv) nicht einmal mit ihnen innerhalb derselben zur wirklichen Erfahrung, als einer "ganz gewissen Erkenntniß a posteriori" (XX 276), und also zum empirischen Gegenstand jener reinen indirekten "Erscheinung a priori" (XXII 7312) und seiner apodiktischen Bestimmung hinkommen. So spricht Kant denn auch im Opus postumum beständig von einer allenfalls asymptotischen Annäherung der Gewißheit, nämlich der gemachten "Erfahrung" subjektiv, die "mehr ein experiment als Experienz und mehr Observation als sicheres Bewußtseyn" ist (XXII 495), zur durch die nunmehr aber Idee der Erfahrung präsumierten objektiven Notwendigkeit (mithin in Gestalt einer a priori vorausgesetzten durchgängigen Zusammenstimmung der Erscheinungen untereinander gemäß den Analogien derselben). Man vergleiche hierzu etwa XXI 9316f. und XXII 92, bes. Anm., sowie anläßlich des dabei jeweils gleich angetroffenen Baconschen "durch Observation und Experiment" emeut S. 31 die Stelle XXII 353. Da war also bei der "Reflexion der Urtheilskraft" ebenfalls schon bloß an Wahrscheinlichkeitsbeurteilungen durch immer wieder und immer mehr gelungene Vergleichungen der immer wieder nur bisherigen Erscheinungen, demnach auch insofern schon ohne jede Möglichkeit ihrer durchgängigen Bestimmung subjektiv, mit jenen und mittels jener Analogien sowie durch Analogie- und Induktionsschlüsse einer hier, wie mehrmals gesagt, auch reflektierenden Urteilskraft zu denken - von der sensualistischen Amphibolie und also einer bloß empiristischen Behandlung ohne alles mögliche Urteil Uber auch nur Wahrscheinlichkeit noch gar nicht zu reden.

188

Experiment, aber nach objektiven Prinzipien a priori, sowie durch "Behutamkeit" (IX 13326) und lange Zurückhaltung im empirischen, versuchten apodiktisch bestimmenden Urteilen vermeiden. Siehe auch XXII 8f Vorausgesetzt ist bei diesen Erörterungen natürlich, daß man diese im Unterschied zu den beiden mathematischen Grundsätzen tatsächlich nicht evidenten (XVII 672) Analogien der Erfahrung immerhin, wenigstens fUr unsere Kant-immanente Interpretation, einmal anerkennt. Es ist also angenommen, daß man es immer schon mit einer prinzipiell erkennbaren Natur zu tun hat.

136

V Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

B. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen überhaupt 1. Einschränkende Vorbemerkung Bevor wir die eigentlich thematischen Analogie- und Induktionsschlüsse nach den Analogien der Erfahrung als Bedingungen a priori möglicher legitimer identischer MittelbegrifFe 189 von denen nach dem Prinzip der Urteilskraft absetzen und unterscheiden können, ist es vielleicht angebracht, diese beiden Schlußarten nach der Analogie einerseits und durch Induktion andererseits zunächst selbst wieder in einer eher exkursorischen, längeren Vorerinnerung nach ihren Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten zu beleuchten. Sie werden zu beleuchten sein als Schlüsse, wie es im heutigen Nachlaß Kants und demnach auch bei Jäsche einfach heißt, beiderlei zwar "der" reflektierenden Urteilskraft; sie werden sich aber als zwei gleichwohl dabei durchaus unterschiedliche Verfahren zeigen, wesentlich zunächst oder, bei jener Anm. 189 genannten Induktionsart (13), überhaupt nur vom gegebenen empirisch Besonderen auf ein empirisch Allgemeines zu kommen - und zwar angeblich sogar, wenigstens Teilen ihrer jeweiligen Darstellung derselben zufolge, nach ganz verschiedenen Prinzipien ihrer Möglichkeit. Dabei werden zugleich einige durchaus notwendige, teilweise auch Kants Ausführungen (sei es in seinen Notizen oder sei es auch einmal, dies aber dann schon mehr nebenbei gegen Ende dieses Abschnitts B., in der Kritik selbst) berichtigende Erläuterungen zu treffen sein. Wir werden aber diese vorläufige Erörterung der beiden Schlußverfahren, was ganz ausdrücklich zu vermerken ist, nicht, wie an sich billig, aus einem wirklich allgemeinen Standpunkt vornehmen, auf dem mithin keinerlei spezifische Differenzen zu den Schlüssen nach den bloßen Analogien der Erfahrung in der Reflexion etwa über nur je ein Objekt dann bezeichnende bloße Erscheinungen bereits eine wesentliche Rolle spielen dürften. Die Erörterung wird vielmehr speziell anhand von Beispielen derjenigen Schlüsse schon nach dem Prinzip der Urteilskraft selbst (folglich in einer nur zusätzlich noch versuchten, bloßen logischen Klassifizierung mehrerer teils auch noch nicht gegebener, bestimmter Objekte nun bereits, und zwar demnach wirklich durch reflektierende Urteilskraft) durchgeführt werden, und dieses zwar lediglich der bloßen Einfachheit halber und aus den folgenden, eher pragmatischen Gründen. Denn es kann sich am besten natürlich und anfangs auch anders kaum denkbar Kants Auffassung zu den genannten Schlüssen an seinen expliziten Erörterungen derselben selbst (sowie aber dann auch an einigem 189

Solche identischen Mittelbegriffe sind nötig immerhin, wie gesagt, für ein teils schon äußerliches als dann aber als eine reine Formsache aus dem wesentlichen bloß noch folgendes Verfahren dieser Schlüsse. Sie sind jedenfalls nötig mit Ausnahme einer, gleichfalls äußerlich betrachtet, Art von Induktion oder vielmehr, bei Licht besehen, als solche Mittelbegriffe eigentlich überhaupt sogar nur bei der Analogie.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

137

Impliziten in seinem Gebrauch, den er von ihnen macht) dartun lassen. Da nun aber diese Erörterungen in der großen Mehrzahl der Fälle ja, und in der Tat vielleicht ohne jede Ausnahme, die Schlüsse auch und wesentlich nach jenem letzteren Prinzip bereits angehen (denn überhaupt kommen auch jene anderen nach den bloßen Analogien, wie wir sie in einer, wie sich zeigen wird, doch etwas künstlichen Absonderung hier im Auge haben, de facto so wohl kaum einmal vor), so müßten wir ansonsten erstens einmal beständig deren Eigentümlichkeiten und besonderen Bestimmungen diejenigen der Schlüsse nach den bloßen Analogien gegenüberstellen. Diese letzteren besonderen Bestimmungen ließen sich hier aber ohne Weiteres gerade noch gar nicht anführen. Und ohne sie wären gleichwohl jene ersteren spezifischen Differenzen als solche überhaupt nicht zu erkennen. Wir hätten zudem in einem zweiten noch nötigen Schritt, indem wir von beiderlei spezifischen Differenzen dann noch absähen, an jeder einzelnen Stelle diese Erörterungen Kants zunächst gleichsam ins Allgemeine zu übersetzen (d. h. immer noch vor ihrer eigentlichen Diskussion dann wieder), was aber offenbar alles, will man nicht bald gänzlich den Überblick verlieren, so nicht sinnvoll gemacht werden kann. Man wird in der Folge jeweils schon sehen, was diesen Schlüssen allgemein und was ihnen, nach ihren unterschiedlichen Bedingungen und Anwendungen, nur besonders zukommt. Immerhin werden wir durch die hier gewählte, nicht ganz logische Vorgehensweise bei der Vergleichung schließlich der Analogie- sowohl als Induktionsschlüsse nach den Analogien zum einen mit denen nach dem Prinzip der Urteilskraft zum anderen in vielen Punkten bereits um so kürzer sein können (d. h. nach der Darstellung der ersteren, uns vornehmlich ja interessierenden in Abschnitt C.). Denn was dabei die zweiten noch betrifft, wird einiges und in der Tat wohl das meiste zu diesem Zweck dann Notwendige hier schon hinreichend ausführlich behandelt sein.

2. Exkurs zum Analogiebegriff überhaupt Vor den eigentlichen vorbereitenden Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen überhaupt seien aber noch, soweit das teils im Vorgriff sich tun läßt, einige gleichfalls über weite Strecken bloß erinnernde Bemerkungen zum Analogiebegriff überhaupt vorausgeschickt. Dessen vorzeiten verwickelte Tradierung hat bekanntlich zu einem nicht unbeträchtlichen Durcheinander Anlaß gegeben. Man bedenke nur auf einen Augenblick etwa, daß tatsächlich Analogie "nicht etwa, wie man das Wort gemeiniglich nimmt, eine unvollkommene Ähnlichkeit zweier Dinge, sondern eine vollkommne Ähnlichkeit zweier Verhältnisse zwischen ganz unähnlichen Dingen bedeutet" (IV 357). Mithin kann der Analogieschluß, sofern er eine vollkommene Ähnlichkeit zweier Verhältnisse im Gegenteil bei oder auch zwischen vollkommen ähnlichen Dingen präsumiert und versuchsweise be-

138

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

hauptet (jedenfalls in Ansehung aller dabei überhaupt wesentlich in Rede stehenden Eigenschaften und inneren Bestimmungen), ganz offenbar ja nicht, oder zumindest doch nicht von daher, mit Recht ein "Analogie"-Schluß heißen. Jenes Durcheinander läßt sich aber, was immerhin den Gebrauch des Ausdrucks "Analogie" bei Kant allein angeht, ohne große Schwierigkeiten jeweils auflösen. Denn in der Tat sind die gerade gedachten unterschiedlichen Begriffe, nämlich eines gleichen Verhältnisses bei ungleichartigen oder eines gleichen Verhältnisses bei gleichartigen190 Dingen (d. h. ohne oder mit paritas rationis dieser Dinge und ihrer Verhältnisse), schon die beiden einzigen überhaupt bei Kant sich findenden. Sie machen entweder also seine Analogiebegriffe selbst oder wenigstens, im Fall der bloßen Analogien der Erfahrung, ihre verschiedenen alleinigen Momente dann aus.

a) Denken nach der Analogie Die obige Definition IV 357 trifft nur ein bloßes Denken nach der Analogie.191 Dieses aber, bei dem die Urteilskraft die "bloße [formale, MK] Regel der Reflexion" (V 3 52)192 über gewisse Gegenstände auf ganz andere, spezifisch verschiedene anwendet, kann nach beliebigen Verhältnisarten, etwa einer Teil/GanzesRelation, stattfinden. (Eine Definition V 4641 Off., die wie auch eine Stelle XX 280 auf Grund/Folge- bzw. Ursache/Wirkung-Verhältnisse einschränken will, ist zu eng.) Dieses Denken oder auch einfach Vorstellen nach der Analogie, wie gesagt, betrifft "eben den Punkt der Ungleichartigkeit" (V 465) 193 der in ihren bloßen Relationen (etwa XVI 76l23f.) erwogenen Dinge. Es lassen sich dabei in der Hauptsache wieder zweierlei Fälle unterscheiden. Es kann zum einen sein, daß diese Dinge, die dabei mitsamt ihren Relationen für sich erkennbar und bekannt sind, beiderseits gänzliche Ungleichartigkeit zeigen. Ein Beispiel dafür wäre im Fall einer "Analogie zwischen dem rechtlichen Verhältnisse menschlicher Handlungen und dem mechanischen Verhältnisse der bewegenden Kräfte" nach der Relation der Wechselwirkung als gleichen Gegenwirkung gegeben (IV 357f. 190

191

192

193

Für diesen zweiten Begriff eines gleichen Verhältnisses bei gleichartigen Dingen gibt es, soweit wir sehen, kein eigenes Wort. Denn das dabei Gedachte ist mehr als bloß "analog". Vgl. zum Denken nach der Analogie IV 357ff., V 464f., VI 65 Anm. (hierzu V 351ff), XVI 761 sowie XX 280. XVI 761 ist Z. 21, dem oben gleich folgenden zweiten Fall gemäß, natürlich "künstlichen" für "künftigen Beschaffenheit der Dinge der Welt" zu lesen. Vgl. dazu auch V 46512. Diese Regel der Reflexion kann ζ. B. diejenige einer entweder innerlich oder nur äußerlich, mechanisch bestimmenden Kausalität sein - wobei genaugenommen aber die erstere dann selbst bereits bloß nach der Analogie zu denken und schon wegen der Zuordnung gleichsam der nicht korrespondierenden Handlung der Reflexion zu der der Determination gar nicht zu erkennen ist (V 35216-22). Sie kann aber etwa auch die der "Kausalität überhaupt, als Kategorie" sein (XX 280). Vgl. auch V 36111.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen überhaupt

139

Anm.) - weshalb ja auch die Balkenwaage, bei ausgeglichenem realem Widerstreit, Symbol der Gerechtigkeit sein kann. Es ist aber zum anderen natürlich auch möglich, daß eine gewisse Gleichartigkeit und Ähnlichkeit immerhin doch wieder zweier bekannter Dinge überhaupt Anlaß gibt, ein gänzlich unbekanntes sowie ebenfalls gänzlich unerkennbares194 und jedenfalls ungleichartiges X nach der Analogie eines wieder schon bekannten und auch in seiner Relation zu ihm erkannten Korrelats des einen jener beiden Dinge in gleicher Relation zum anderen, aber dabei nicht als selbst seinem Analogon ähnlich, wenigstens zu denken. Hier nun könnte es etwa zum Beispiel dienen, wenn gerade erst wegen der Ähnlichkeit von Organismen mit Produkten der menschlichen Kunst die Ursache der ersteren als Analogon der Vernunft und also als eine jenen Naturprodukten wiederum proportionierte Ursache vorgestellt ist. Jenes Verfahren nun ist theoretisch nutzlos, dieses dagegen, das seinen Zweck nach Anm. 194 (Anfang) allenfalls ja haben würde, sinnvollerweise untunlich. (Wenn Kant die Möglichkeit des zweiten aus der des ersten, übrigens in einem versteckten Analogieschluß, kurzerhand folgert, so schließt das "daher" deshalb nicht, weil man es dann gar nicht mit "einer solchen Analogie" zu tun hat wie bei diesem ersten (IV 3 5 829). 195 Eine par ratio der jeweils nämlich unterschiedlichen Bestimmungen bei beiden Analogien fehlt.) Denn was den zuerst genannten Fall angeht, so wird man doch nicht, was man für sich vollständig (d. h. alle Dinge innerlich und ihre beiderseitigen Relationen äußerlich) erkennt, nach einer bloßen Analogie - einem vermeinten subjektiven Notbehelf ansonsten, wo das gerade nicht möglich ist - auch noch denken wollen. Einer Ähnlichkeit bloßer Verhältnisse liegt ja kein gemeinschaftliches Prinzip zugrunde, das es etwa erlauben 194

Diese Analogie hat im Übersinnlichen ihr eigentliches Feld, zu welchem Feld des an sich unerkennbaren* Übersinnlichen sie gleichwohl auf ihre Weise eine Brücke zu schlagen unternimmt, indem sie bekanntlich auf seine wenigstens subjektive "Faßlichkeit" geht. Es findet sich ansonsten bei Kant aber noch eine auch in anderer Hinsicht vielleicht nicht ganz unproblematische Variante dieses zweiten Verfahrens, mit deren bloßer Erwähnung wir es allerdings, da ihr Eigentümliches nichts weiter hier Wesentliches beisteuert, bewenden lassen wollen. Wir denken an den Fall, in dem gleichfalls eine Ähnlichkeit zweier Wirkungen (der "Kunsthandlungen der Thiere" mit denen des Menschen) Anlaß ist, die ebenfalls unbekannte und für uns auch unerkennbare, aber deshalb nicht übersinnliche Ursache der ersteren ("unter der Benennung eines Instincts") wieder als Analogon der uns innerlich bekannten Vernunft als der Ursache der zweiten zu denken (V 464 Anm.). Mit jener "anderen Hinsicht" spielen wir dabei auf den Umstand an, daß sich zunächst und wenigstens ohne Weiteres nicht eben sehen läßt, weshalb an dieser Stelle, nebenbei bemerkt, einmal aus ähnlichen Wirkungen auf ähnliche Ursachen und weshalb ein anderes Mal trotz Ähnlichkeit gleichfalls von Wirkungen dennoch nicht auf ähnliche Ursachen geschlossen ist (V 46423-32 bzw. V 46414-23). Es wird aber Uberhaupt noch deutlich werden, daß Kant in vielerlei Hinsicht mit seinen Überlegungen zur Natur des reinen, d. h. des nicht wieder mit Induktion vermischten und also dann vielleicht auf ihrem Schlußprinzip beruhenden Analogieschlusses nie so recht mit sich selbst, mithin auch nicht mit der Sache, ins reine gekommen ist. (* Die Möglichkeit einer praktischen "Erkenntnis" eines reinen Verstandesobjekts (Recht), wie sie zum Teil in jenem Beispiel des ersteren Falls von Bedeutung ist, muß im vorliegenden Rahmen nicht näher erörtert werden. Man hätte da ebensogut ein anderes Beispiel anführen können.)

195

Vgl. auch V 4655 das keineswegs zu schenkende "Eben so".

140

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

würde, zusätzlich Bestimmungen der einen auf die anderen Dinge in Analogieschlüssen zu übertragen (im obigen Beispiel also etwa die Trägheit oder auch die Zeitbedingungen der bloß körperlichen Dinge im mechanischen Verhältnis auf Personen im entsprechenden rechtlichen). Tut man dies dennoch, so ist das Äußerung einer Art Mangel der Urteilskraft mit Witz (VII 204), 196 nämlich, schon ganz oben einmal gehört, von Wahnwitz, wobei dann "das Gemüth durch Analogien hingehalten wird, die mit Begriffen einander ähnlicher Dinge [und darum nur ihrer ähnlichen Verhältnisse, MK] verwechselt werden" (VII 215). (Wie wir gleich in zarten Umrissen sehen werden - denn das hier Gesagte hat dieser erste mit dem zweiten Fall auf eine etwas verwickelte Weise 197 doch wieder gemein -, beruht so etwas wie die Astrologie etwa, wenn man alle bloßen Gefühle dabei in Abzug bringt, ganz auf einer Amphibolie letztlich eines einzigen der Reflexionsbegriffe.) Dergleichen Analogien, in die irgend Erkenntniswert zu setzen man sich nicht erlauben darf, können in ihren größtenteils wohl mehr gesuchten als gefundenen und immer dabei nur zufällig sich ergebenden, rein äußerlichen Symmetrien allenfalls einen gewissen ästhetischen Reiz vielleicht haben - wobei diese Symmetrien also, nebenbei bemerkt, nicht sowohl, wie bei der Zusammenstimmung mehrerer empirischer Gesetze zu einem gemeinschaftlichen Prinzip, zugunsten und deshalb potentiell auch mit Lust verbunden (V 184), sondern eher schon, in der Verleitung derselben, zuungunsten wenigstens der logisch reflektierenden Urteilskraft stattfinden. So ist denn auch der dauerhaft entsprechend Gestörte, mit dem gewissermaßen vollends nun das Prinzip der Homogenität durchgegangen zu sein scheint, "wie die Poesie überhaupt schöpferisch" und durch sein bloßes Spiel mit willkürlich-wunderlicher Entsprechung "mehrentheils sehr vergnügt" (die beiden Stellen wieder VII 215).

196

197

Hier ist der bloße Witz und nicht ein selbst schon in eine reflektierende Urteilskraft übergegangener gemeint (S. Iff.). Nach zweitem Nachdenken ist hier gar nichts weiter verwickelt. Denn im ersten Fall ist es einfach ein ausgemacht gleiches bloßes Verhältnis (nur aus Vergleichung der Beurteilungsregeln), und im zweiten behauptet man schlichtweg, wohlgemerkt aber letztlich dann auch nur in einer bloßen /l/s-o6-"Bestimmung" der reflektierenden Urteilskraft, ein ebensolches gleiches bloßes Verhältnis. Ansonsten schlagt sich aber in beiden Relationen jeweils die gleiche Verwechslung nieder (bloß Äußeres ohne Inneres für Äußeres). Eine ganz kleine Dunkelheit mag vielleicht darin liegen, daß bei diesem zweiten ja eines der Korrelate auf einer Seite bestimmt jedenfalls fehlt, von dem sich also nicht bereits wie oben, in einem auf die engere Wortbedeutung eingeschränkten Sinn, abstrahieren läßt, sondern das man dann gar nicht erst allen Ernstes in den Blick nimmt und von dem man von vornherein dabei gänzlich absieht. (In dieser Bedeutung ist dann gleichfalls natürlich wieder noch an ein "Äußeres in abstracto" zu denken.) Die Voraussagen der Astrologie schlagen wir oben übrigens, wenn auch mit einem gewissen Unbehagen, deshalb dem ersten Fall zu, weil man es erstens hier ja wirklich mit beiderseits gänzlich ungleichartigen Dingen zu tun hat und weil zweitens die prognostizierten menschlichen "Konstellationen" in der Zukunft wenigstens immer doch bekannt werden können, insofern also gleichfalls zu den prinzipiell erkennbaren Dingen zu rechnen sind. Man kann diese Voraussagen aber auch, eben sofern dies immer nur in der Zukunft möglich ist, als Fall vielleicht eher des zweiten betrachten.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

141

Was dagegen den zweiten Fall betrifft, so ist ein Denken nach der Analogie hier deswegen ein nur vermeintlicher Notbehelf, weil man, ob ein gleiches Verhältnis vorliege und ob man demnach Uberhaupt nach einer Analogie denke, 198 nur ausmachen und bestimmen könnte, wenn man alle vier beteiligten Dinge nach ihren (inneren) Eigenschaften und nur deshalb dann auch ihre auf diesen gänzlich beruhenden jeweiligen Relationen doch wieder bestimmt erkennen würde. Denn es sind gerade ja jene Eigenschaften, nicht mehr und nicht weniger, die sich in diesen Relationen als die Bedingungen der Möglichkeit derselben bloß äußern (etwa V 483 oben im Fall des Dynamischen und Mechanischen). Würde man dergestalt aber aufs neue alles bereits bestimmt erkennen, so wäre das dann zusätzliche Vorstellen nach der Analogie wiederum nutzlos wie im ersten Fall. Ein bloßer "Verhältnisbegriff" (IV 35829f.) ist nur in abstracto denkbar. Ein Mittel ohne Zweckm etwa wäre nicht einmal, wie vielleicht bei den beiden Amphibolien gleich unten noch, mit auch nur dem geringsten Anschein von Sinn konzipierbar. Wollte man dennoch nun, was Kant auch wieder fernliegt, eine Gleichheit bloßer (nicht nur räumlicher oder zeitlicher) Verhältnisse ohne bestimmte Kenntnis jedes einzelnen der Korrelate wirklich bestimmend behaupten200, so läge dem also eine Amphibolie der Reflexionsbegriffe zugrunde nach dem Schema derjenigen Verwechslungen, mit denen man es bei der Amphibolie der sogenannten moralischen Reflexionsbegriffe in der Metaphysik der Sitten zum einen und bei der Amphibolie des im Dynamischen gründenden wirklich Mechanischen mit einem bloß "Mechanischen" (gleichsam einer Kraüäußerung ohne innere Kräfte), der wir schon kurz begegnet sind, im Opus postumum zum anderen zu tun hat. Diese Verwechslungen laufen nämlich insgesamt darauf hinaus, daß man ein Äußeres ohne Inneres (ein Bedingtes ohne seine Bedingung, eine Relation ohne bestimmte 198

Die weitere Frage zunächst nach dem Dasein eines Korrelats X hat hier ja ihre ganz eigenen Schwierigkeiten. Sie muß jedenfalls einmal vorab bejahend beantwortet sein, was wir aber mit seinen im obigen speziellen Beispiel nicht nur theoretischen Gründen auf sich beruhen lassen. 199 Vgl. V 368 für den speziellen Kontext einer teleologischen Mifwbetrachtung: "Man sieht hieraus leicht ein, daß die äußere Zweckmäßigkeit (Zuträglichkeit eines Dingesfür andere) nur unter der Bedingung, daß die Existenz desjenigen, dem es zunächst oder auf entfernte Weise zuträglich ist, für sich selbst [innerlich betrachtet, MK] Zweck der Natur sei, für einen äußern Naturzweck angesehen werden könne." Siehe auch V 4254-15. 200 Wir lassen dieses Mal dahingestellt sein, was es mit einer bloßen Als-ob-Beurteilung und einem subjektiv nur Sich-faßlich-Machen, von Kant bekanntlich fltr möglich ausgegeben, auf sich hat. Die Frage wäre nämlich, ob man dabei bei Licht besehen nicht eher das eigene Bedürfnis selbst zu fassen bekommt, jenes anderweitig vorausgesetzte Unbekannte durch (strenggenommen aber, als durch ein bloßes "Mittel", nichts vermittelnde) Vermittlung einer abgelösten Relation nur von Bekanntem sich irgend "bestimmt" doch vorzustellen. Ansonsten kann man natürlich gleichwohl einer bloß logischen Möglichkeit nach in noch gesteigertem Maße und hier eigentlich gänzlich willkürlich alles irgend Unbekannte nach einer Analogie sich vorstellen, wenn man es durchaus nicht lassen kann. - Im übrigen ist hier natürlich nicht an dasjenige gedacht, was gleich weiter unten zu den für sich a priori feststehenden bloßen Verhältnissen aller Erscheinungen nach den Analogien der Erfahrung gesagt ist, die ja, wenn man vom eigentlichen Empirischen als solchen einmal absieht, mehr als gleiche bloße Verhältnisse für sich ausmachen respektive, von diesen Analogien her gesehen, begründen.

142

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

Relata, d. h. bei der jedenfalls in diese bloße Relation selbst, die doch selbst gar nichts ist, alles Wesentliche sofort gesetzt ist) statt eines Äußeren mit seinen (im Fall des Mechanischen immerhin komparativ-) innerlichen Bedingungen als ein so gleichwohl hinreichend bestimmtes schon nimmt, indem man also ein Äußeres bloß in der Abstraktion201 mit einem solchen unter Bedingungen seines bestimmten Denkens in concreto verwechselt (Anhang 2).

b) Schließen nach der Analogie Mit der Bemerkung, daß wir mit einem Denken nach der Analogie nicht mehr weiter zu tun haben werden, d. h. wenigstens wo es um seiner selbst willen thematisch wäre, wenden wir uns kurz den Schlüssen aus oder nach der Analogie bei

201

Man könnte hier leicht darauf verfallen, daß die Behauptung von weiter oben, bei der mechanisch/"mechanischen" Verwechslung* liege ein in Vergleichung mit dem Fehler des Intellektualphilosophen völlig andersartiger oder jedenfalls komplementärer des Sensualphilosophen vor, nicht nur ungegründet sei darum, weil sich eine Unterscheidung einer "intellektualistischen" von einer "sensualistischen" Amphibolie so in der Tat nicht findet, sondern daß sie sich an dieser Stelle auch als definitiv unrichtig erweise. Es ließe sich nämlich etwa einwenden, daß doch der Fehler einer fälschlich genommenen Abstraktion augenscheinlich den Verwechslungen gerade des ersteren eigentumlich sei und speziell ihnen j a wesentlich, d. h. ihrem Begriff selbst nach, zugrunde liege (Amphiboliekapitel, vor allem dritter "Anlauf' (B 337ff.)). - Dazu sei vorläufig nur das Folgende angemerkt: Abstrahieren ist zwar "intellektuell" nach Handlung (bloßem Vermögen des Vollzugs derselben) und entsprechend auch Form des Produkts. Es ist aber gleichwohl, ob dabei von einem dem Inhalt und Ursprung nach Sinnlichen oder, eben im Fall des Sensualphilosophen, umgekehrt auch Intellektuellen einseitig abgesehen werde (indem es jedenfalls wo nicht überhaupt gänzlich geleugnet, so doch restlos auf die je andere Seite geschlagen und also "intellektuiert" oder hier "sensifiziert" wird), eine ganz andere, dabei allein wesentliche Frage. Das Wahrnehmungsurteil etwa ist der Form nach ja ebenfalls "intellektuell". Während vom Intellektualphilosophen "dem Dinge nichts eingeräumt" wird, "als was in seinem Begriffe enthalten ist" (B 338), so schränkt umgekehrt, und zwar dem empiristischen Vorurteil gemäß, daß, was nicht durch Sinne komme, auch nichts sei, der Sensualphilosoph es und seine Erkenntnis auf sein Anschauliches ein. (Man hat es dann mit "Anschauungen ohne Begriffen" statt mit "Begriffen ohne Anschauungen" zu tun (B 314).) Und wenn Hume etwa völlig zu Recht sagt, daß er (abgesehen einmal von einem zusätzlichen Gefühl sogar nur) über ein bloßes regelmäßiges Beisammensein hinaus sinnlicher Vorstellungen als solcher beim besten Willen nichts sehen könne,** so wäre dazu aus Kantischer Sicht zu bemerken, daß hier ja auch der Punkt erreicht sei, an dem einem gewissermaßen (mit Hegel zu sprechen) Hören und Sehen vergehen und an deren Statt ein Denken und Erkennen noch ansetzen müsse. Zur blinden und, woran auch die gefühlte "Notwendigkeit" eines Übergangs von einer Vorstellung zur anderen Uberhaupt nichts ändert, für sich gänzlich bedeutungslosen regelmäßigen Synthesis der Einbildungskraft muß sich die nur zu denkende Einheit derselben durch die Kategorie gesellen. (* Will man "äußerlich Maschinen" (XXI 6288) brauchen, so "sind selbst innere bewegende Kräfte der Materie" derselben vonnöten, ohne die sie nämlich gar "kein bewegendes Mittel abgeben" könnten (XXI 628l4ff., vgl. XXII 245). Oben war von einem Mittel ohne Zweck die Rede, hier nun wäre es um ein bewegendes Mittel ohne bewegende Kraft zu tun.) (** Hume spricht hier bekanntlich gleich zu Anfang des Treatise von "impressions" speziell als "sensations". Diese ergeben schließlich, teils immer auch schon reproduziert, das berühmte "bundle of ideas", aber kein Ding und keine als notwendig einsehbare Verknüpfung von Dingen durch Kräfte.)

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen überhaupt

143

gleichen Verhältnissen von nunmehr aber gleichartigen Dingen zu. Wir wollen aber, da von ihnen in der Vergleichung mit den Induktionsschlüssen, in diesen "Vorbereitenden Erörterungen" sowie auch dann noch in Abschnitt C., ausführlich noch zu handeln sein wird, gelegentlich dieser noch einmal bloß vorangeschickten Erörterung zum Analogiebegriff überhaupt fürs erste nur beiläufig daran erinnern, woher sie, die nach dem Bisherigen vielleicht besser noch einfach Gleichheitsschlüsse heißen könnten, gleichwohl ihren Namen führen. Es ist kurz zu beleuchten, woher sie ihn jedenfalls, wenn auch dem ersten Namengeber so vielleicht noch nicht ganz deutlich, führen sollten. Die Antwort liegt bekanntlich in Folgendem. "Gleiche Verhältnisse bei gleichartigen Dingen" bedeutet ja nichts anderes, als daß diesen Dingen und ihren Verhältnissen ein zusätzliches, darin gewissermaßen auch gleiches Verhältnis zu einem ihnen gemeinschaftlichen Erklärungsprinzip, d. h. eben zu einer par ratio jener hier nicht zufälligen Entsprechungen, zugrunde liegt oder, was dasselbe ist, daß sie alle (gleichermaßen) Fälle derselben Regel sind.202 (Wenn man einmal von dem einen Fall ohnehin nur innerlicher Verhältnisse in der vermittelten Vergleichung bloßer ähnlicher Eigenschaften von Dingen absieht und wenn man dann noch, statt an einen Begriff schon ihrer ganzen äußerlichen Relationen nach zugleich, bei realen Verhältnissen, Vermögen und Rezeptivität, an die Begriffe der beiderseits oder auch öfter je beteiligten gleichen Dinge selbst nur denkt, so muß etwas genauer so formuliert werden, daß die Dinge Fälle jeweils derselben Regeln sind.) Ein solches Verhältnis bezeichnet man später aber, und zwar nach der bei diesem logischen Verhältnis eines Begriffs zu seinen Gegenständen dem dictum de omni entsprechenden (oder jedenfalls unmittelbar aus ihm abzuleitenden) notwendigen und formal konstitutiven Regel "consentientia uni tertio consentiunt inter se",203 als eine analogia duorum oder überhaupt auch multorum, eigentlich näm202

203

Im so jedenfalls gemeinten Sinn dieses letzteren wird, auf Aristoteles' Paradigma zurückgehend, der Analogieschluß hin und wieder auch Exempelschluß genannt. Man vgl. hierzu etwa Meiers völlig richtige Erklärung desselben unter diesem Namen (AA XVI 753f.), allerdings dann nach der bloß scheinbaren, der wahren in der Tat gegenläufigen Schlußrichtung, oder auch das "Beispiele" von Β XV ganz unten, wo das (nämlich gleichfalls) "Vernunfterkenntnisse" (Β XVI) die angenommene par ratio ausmacht. Man vgl. ansonsten allerdings auch das "ansteckende" Beispiel wieder der Mathematik von Β 740, wo sich dieses Mal aber die allenfalls mögliche Präsumtion einer paritas rationis, bei unterschiedlichen "zwei Arten des Vernunftgebrauchs" (IV 266) in der Tat, als falsch herausstellt. Überhaupt aber ist die Benennung eines "Exempelschlusses" dem gedachten Begriff nicht wirklich angemessen. Denn "exempla illustrant, non probant. Also gibts keinen Exempelschluß" (XXIV 777). In Wahrheit wird empirisch allerdings natürlich umgekehrt und nur versuchsweise erstens von einer bloßen Einstimmung ihrer Eigenschaften mit anderen erst auf eine Zugehörigkeit von Dingen zu einem gleichen Prinzip sowie zusätzlich zweitens dann aber auch noch auf eine Zugehörigkeit wohl auch einer weiteren Eigenschaft zu diesem empirischen Prinzip zunächst geschlossen (d. h. vor dem weiteren Schluß aus ihm auf die in Ansehung dieser Eigenschaft noch in Frage stehenden gegebenen oder weiteren Dinge selbst zurück drittens wieder). Beim nicht wieder mit Induktion vermischten reinen Analogieschluß ist dabei der zweite Schluß (und damit automatisch auch der dritte) von der genannten Regel allerdings gar nicht mehr abgedeckt, weil da diese

144

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

lieh sogar jeweils omnium cuiusdam generis, respectu tertii. Der Analogieschluß verdankt seinen Namen also nicht sowohl nicht ganz richtig den gleichen Verhältnissen in oder auch schon zwischen den gleichartigen Dingen allein, wie sie für sich auch wieder im gemeinschaftlichen Begriff derselben gedacht sind. Er ist vielmehr nach diesem zusätzlichen Verhältnis derselben, samt ihrer Verhältnisse, auch schon zu diesem Begriff selbst als zu ihrem tertium comparationis benannt oder immerhin zu benennen. In diesem Begriff ist, wie gesagt, anders als beim bloßen Denken nach der Analogie Gleichheit des Grundes eben ihrer schon beobachteten (und angeblich damit gerade auch ihrer noch nicht beobachteten, aber zu erwartenden) Ähnlichkeit versuchsweise subjektiv "bestimmt".

c) Die "Analogie" der Erfahrung Es seien schließlich noch, um unseren kleinen Exkurs zur "Analogie" überhaupt zu einem Ende zu bringen, einige wenige, vorläufige Worte zu den Analogien der Erfahrung gesagt. Deren allgemein gedachte Verhältnisse können sowohl, wie schon in den Beispielen oben, einem bloßen Denken nach der Analogie untergelegt sein, wie sie dann auch, neben dem zusätzlichen Prinzip der Urteilskraft und dabei allerdings nur schematisiert bereits, eine Bedingung a priori möglicher bestimmter empirischer Schlüsse aus der Analogie sein werden. Es ist auch schon erwähnt worden (und das deckt sich nicht eins zu eins mit diesem gerade Gehörten), daß wir bei der Erörterung dieser dynamischen Grundsätze und ihrer gedachten Verhältnisse mit beiden oben angeführten Analogiebegriffen als ihren bloßen Momenten zu tun haben würden - was hier bis auf weiteres zunächst einzig auch vorgeführt werden soll. Wenn denn also in der philosophischen Analogie der Erfahrung, die sich darin von der mathematischen "analogia" unterscheidet, "nicht die Gleichheit zweier q u a n t i t a t i v e n , sondern q u a l i t a t i v e n Verhältnisse" gedacht ist, "wo ich aus drei gegebenen Gliedern nur das V e r h ä 11 η i s zu einem vierten, nicht aber d i e s e s vierte G l i e d selbst erkennen, und a priori geben kann, wohl aber eine Regel habe, es in der Erfahrung zu suchen, und ein Merkmal, es in derselben aufzufinden" (B 222), so muß dabei zuallererst einmal, indem nachgerade Disparates und nur nach weiteren Denkschritten zu Verbindendes gleichwohl in einem Atem genannt ist, 204 in Gedanken hinter dem "kann" eine durchaus starke Zäsur gesetzt

204

weitere Eigenschaft noch Uberhaupt nicht als eine bis jetzt durchgängig oder auch nur irgend einstimmige beobachtet wurde. Siehe hierzu und zu den dabei zusätzlich noch erforderlichen transzendentalen Prinzipien im folgenden ausführlicher die Analysen zur wahren Logik der reinen Analogie. Wie vielleicht auch die eigene Erinnerung bestätigen kann, ist dies etwas, worüber man anfangs immer aufs neue gerne stolpert, sofern man sich die im Schlußteil des Zitats angesprochene kon-

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen überhaupt

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werden. Dabei ist genaugenommen, in einer bloßen Untereinteilung la und lb, im dadurch entstandenen ersten Teilstück nach dem "Verhältnisse" noch einmal ein (allerdings viel schwächerer) Einschnitt zu lesen. Denn es ist hier einer möglichen bloßen Folge, als einer empirischen Anwendung bereits eines in seiner gleichen Gültigkeit in Ansehung alles Empirischen transzendental Deduzierten, von der in Teilstück lb die Rede ist, völlig unvermittelt noch eine ganz andere, gänzlich bestimmte und gänzlich bestimmende (in Teil 2), als ob sich diese ohne weiteres aus jener verstünde oder mit ihr gar eins wäre, an die Seite gestellt. In Wahrheit werden dagegen beide, nämlich eine teils unbestimmte und als mögliche Anwendung bloß theoretisch einmal zu denkende und eine bestimmte, wie sie wirklich in der Erfahrungserkenntnis dann auch stattfindet, erst aus dem gleichen Grund ihrer Möglichkeit begreiflich. Die oben in la gegebene, für sich (ohne vieles vorher und nachher Stehende) zu allgemeine Erklärung einer philosophischen Analogie speziell der Erfahrung205 entspricht zunächst jedenfalls, wie man an lb noch sieht, dem ersten Analogiebegriff der Prolegomena-Definition, wie er beim bloßen Denken nach der Analogie das Schema abgab. Es ist in ihr ein gleiches Verhältnis bei ungleichartigen Dingen oder ohne par ratio gedacht, denn bei gleichartigen Dingen könnte man im Gegenteil, durch einen Analogieschluß, das fehlende Glied selbst angeben. Durch die bloße Analogie der Erfahrung nämlich, öhne Prinzip der Urteilskraft schon, ist ja keine überall und immer zum gegebenen Vielen findbare paritas rationis im Empirischen als solchen transzendental vorausgesetzt, die eine demnach nicht einmal bloß regulativ schon zu denkende Ordnung über die allen Erscheinungen, sofern sie insgesamt Gegenstände möglicher Erfahrung überhaupt bezeichnen, gemeinsamen allgemeinen realen Verhältnisse a priori hinaus begründete. (Es versteht sich, daß jene zunächst noch nicht transzendental präsumierte "paritas rationis im Empirischen als solchen" dabei hier, wie sonst in dieser Arbeit meistens bereits, heißen soll: eine Ordnung zwischen den empirischen Gesetzen je einzelner Dinge und damit auch zwischen ihren durch diese Gesetze je bedingten, realen Verhältnissen nur noch analytischer als logischer Affinität (B 685ff., XX 2106) dieses eigentlich Empirischen nach in Absicht auf ein bloß nominales Natursystem. Die Ordnung dagegen, die in den letzteren allgemeinen realen Verhältnissen besteht bzw. empirisch ihrer Form nach gründet, ist fürs erste nur in einer je synthetischen, zunächst bloß realen transzendentalen Affinität (A 113ff, Β 794) eines wirklichen nexus, und zwar aller einzelnen Gegenstände innerlich und damit dann auch real äußerlich, zu setzen.) Damit ist umgekehrt aber auch schon daran erinnert, daß natürlich gleichwohl diese Einerleiheit aller bloßen objektiven empirischen Ver-

205

krete empirische Anwendung der Analogie in Absicht auf Erfahrungserkenntnis bestimmt vorstellen will. Allem Anschein nach will diese Erklärung eine solche speziell der Analogie der Erfahrung zunächst ja auch noch gar nicht sein. Von deren bestimmter empirischer Anwendung ist aber ganz offensichtlich dann in 2 gehandelt.

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V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

hältnisse nicht, wie oben beim Denken nach der Analogie, eine zufällige oder überhaupt willkürlich nur behauptete, sondern daß sie eine notwendige und durch Deduktion und Beweise a priori ausgemachte ist. Denn es liegt ihr bekanntlich mithin insofern nach dem zweiten Analogiebegriff, ohne daß wir schon von bestimmt möglichen Analogieschlüssen nach den allgemeinen dynamischen Naturgesetzen bei den Erscheinungen je einzelner Objekte redeten - eine wo nicht in empirischen Art- oder Gattungsbegriffen empirische, so doch immer schon transzendentale paritas rationis derselben und Gleichartigkeit zugrunde. (Bei jenen bestimmt möglichen Analogieschlüssen bei einzelnen Dingen wird der zweite Analogiebegriff noch einmal demnach ganz anders und aus dieser transzendentalen paritas rationis in Gestalt, bei Licht besehen, zunächst letztlich, d. h. dem hier wesentlichen aber bloßen Teil eines bloßen Erfahrungsbegriffs nach, auch wieder einer solchen transzendentalen schon folgend im Spiel sein.) Es sind nämlich ja a priori alle Erscheinungen als unter dem transzendentalen206 "Gattungsbegriff" von Gegenständen, wie gesagt, einer möglichen Erfahrung überhaupt enthalten vorgestellt (nach den drei Modi ihrer empirischen Erkenntnis als seiner jeweiligen empirischen Bestimmung, nämlich erst nach dem Prinzip der Urteilskraft dann auch noch durchgängigen Spezifizierung). Dadurch ist ihnen letztlich in ihren ihnen gemeinsamen reinen Arten möglicher Verknüpfung, was insofern eine analytische Einheit aller Erfahrung bei für sich natürlich jeweils otyekln-synthetischen möglichen Verbindungen aus jeweils gleicher Vergleichung mit den Exponenten bezeichnet, potentiell das formal bestimmte "Ich denke" als oberstes hier nicht empirisches selbes Prinzip (par ratio) analytisch bzw., nur subjektiv 207 , ansonsten immer auch synthetisch gemein.20* - Ein zuletzt (in Verbindung auch mit Anm. 207) sich andeutender Unterschied von par oder par und zugleich auch eadem ratio wird übrigens noch wichtig sein. Letztere wird in Gestalt der auf der objektiven Seite (das Ich war das "original aller obiecte") ihr korrespondierenden Konzeption eines sich äußernden selben und überdem unveränderlichen als beharrlich gleichen empirischen Charakters jedes einzelnen Dings stattfinden. Das heißt, es ist noch nicht die Rede nur zusätzlich von einem logisch bloß gleichen als natürlich nicht selben empirischen Charakter bei numerisch verschiedenen, verwandten Dingen nämlich nach dann auch noch genuin empirischer paritas rationis derselben ohne bestimmte Maßgabe a priori.

206

207

208

Auch eher schon metaphysisch und also gänzlich objektiv genommen geben die "allgemeinen Naturgesetze" einen durchgängigen Zusammenhang "unter den Dingen ihrer Gattung nach, als Naturdingen überhaupt", an die Hand (V 183). Wir sprechen hier ja nicht von diesen gerade genannten einzelnen objektiven Verbindungen selbst, deren Mannigfaltiges das "Ich denke" gleichfalls je synthetisch gemein hat. In diesem Fall wird das genannte Mannigfaltige durch das synthetische Gemeinhaben des "Ich denke" jeweils erst objektiv verknüpft, was oben gar nicht (etwa noch einmal) der Fall ist. Vgl. zum analytischen und/oder synthetischen Gemein-Sein von Begriffen S. 124f., Anm. 171 und damit im Zusammenhang S. 259ff . Anmerkung.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen Uberhaupt

147

Jene a priori vorausgesetzte Gleichartigkeit aller Erscheinungen in ihren transzendentalen Gesetzen und Verhältnissen nun (oder daß prinzipiell eine entsprechende mögliche synthetische Ordnung bei den Wahrnehmungen jedes einzelnen Objekts sich antreffen läßt, wie man sich bei der dritten Anwendung dann besser ausdrücken würde) hat dreierlei mögliche empirische Anwendungen dieser Analogien der Erfahrung zur bloßen Folge - wenn man sich im Fall der ersten beiden, alle weiteren da denkbaren Möglichkeiten kurzerhand aus dem Blick lassend, auf die an sich ebenfalls zwar sinnlosen, im Zusammenhang dieses Exkurses aber vielleicht noch irgend erwähnenswerten einschränkt. Sie würde erlauben zwei gänzlich nutzlose Anwendungen eines Denkens nach der Analogie, und zwar bei Gegenständen entweder sogar ganz schon wirklicher oder teils auch nur grundsätzlich jedenfalls immer (aber nicht hierdurch) möglicher Erfahrung. Und sie erlaubt wirklich, was weiter unten ja die Hauptsache sein wird, einen sinnvollen und nun auch empirisch präsumiert notwendigen Gebrauch des Schließens aus der Analogie in Absicht auf gänzlich bestimmte empirische Erkenntnis. Es ließen sich erstens einmal, um mit dem ganz Unsinnigen und so bei Kant auch nirgends Erwähnten den Anfang zu machen, alle nach dem je selben Exponenten derselben bereits erkannten und also bekannten realen empirischen Verhältnisse nach einer Analogie auch noch denken (ζ. B. wie sich verhält die Wärme der Sonne zum Schmelzen dieses Stücks Wachs, so die Wärme der Sonne zum Härten dieses Tons oder das Aufschlagen dieses Steins zum Zerbrechen dieser Fensterscheibe). Zu diesem durchaus zwar bestimmten, aber nichts weiter objektiv und nicht einmal subjektiv als analytisch im Sinn einer wirklichen logischen Verwandtschaft von Dingen selbst in Ansehung ihrer eigentlich empirischen Eigenschaften bestimmenden Gebrauch209 ist kein Wort weiter zu verlieren. Allenfalls ließe sich zu ihm bemerken, daß er dem obigen ersten Fall eines Denkens nach der Analogie entsprechen würde - d. h., wenn man von der transzendentalen paritas rationis und also a priori erkennbaren Notwendigkeit der Übereinstimmung aller hier auch nur empirischen objektiven Verhältnisse ihrer bloßen apriorischen Form nach einmal absieht. Man könnte aber auch zweitens ein im gleichen Verhältnis auf sein schon bekanntes Korrelat selbst aber noch Unbekanntes χ nach der Analogie des entsprechenden der beiden Korrelate eines bereits vollständig erkannten und gegebenen anderen realen Verhältnisses wieder denken, ζ. B.: Wie sich verhält, hier in einer gleichen notwendigen Zeitfolge, das Schmelzen des Wachses b zur Wärme der Sonne a, so das Zerbrechen der Scheibe d zum nicht gegebenen c als noch χ. Man dürfte dies jetzt auch wirklich tun im Unterschied zum oben in dem einen Punkt zum allerwenigsten, daß gleichfalls wieder ein unbekanntes Glied im Spiel wäre, korrespondierenden zweiten Fall - welche mehr als bloß logische Möglichkeit eines Denkens nach der Analogie in dem in lb nun Gesagten implizit enthalten ist und aus ihm folgt. Dieses Denken wäre nämlich deshalb wirklich erlaubt, 209

Das letztere wäre eine Funktion eigentlich aber der reflektierenden Urteilskraft.

148

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

weil man (nach dem in lb expliziert sich Findenden) aus den drei gegebenen Gliedern das bloße für diesen bestimmten Fall konkret empirisch findbare reale Verhältnis zu diesem fehlenden Glied noch für sich allein a priori bestimmt erkennen als antizipieren kann. (Dieses an sich bloße Verhältnis ist hier freilich, insofern vielmehr also bereits zum Teil auch empirisch, in seiner wenigstens gleichsam schon halben Konkretisierung dem aber auch nicht mehr in Frage stehenden und gesuchten rezeptiven Part d nach gleichwohl bereits bestimmt erkannt.) Diese Bestimmbarkeit aber a priori hat den Grund ihrer Möglichkeit bekanntlich wieder darin, daß man gemäß jener transzendentalen Präsumtion ein solches Verhältnis bei allen Erscheinungen, sofern von der Möglichkeit einer empirischen Erkenntnis ihrer objektiven Folge die Rede ist, gänzlich ftir sich als ohne jedes empirisch bestimmt gegebene Glied voraussetzen darf und muß. Man kann demnach auch zu Recht aus dem allgemeinen Gesetz durch Subsumtion des einen teils noch fraglichen Falls auf das dort anzutreffende Verhältnis selbst bestimmt und objektiv insofern auch bereits bestimmend schließen. (Auf das vierte Glied c selbst ist dadurch zunächst nur unbestimmt als auf ein Existierendes χ geschlossen (S. 131, Anm. 182, Β 221).) Daraus allerdings ist im Grunde, um einen an sich ja ganz einfachen Gedanken nicht unnötig noch weiter in die Länge zu ziehen, schon folgendes klar: Es ist klar, inwiefern eine solche in 1 b gedachte Konstellation von dreierlei bereits bestimmt Gegebenem, aus dem also, indem die ersten beiden Glieder einfach ein weiteres Beispiel selbst schon desselben allgemeinen Verhältnisses als des in 2 genannten "Merkmals" geben, keineswegs geschlossen und erkannt wird (S. 143, Anm. 202), zwar ganz zufällig einmal (psychologisch betrachtet) bloßer Anlaß sein mag, jenes fehlende Glied, wenn es um die bestimmte Erkenntnis dann auch noch seiner selbst durch vollständig bestimmte Analogieund ihnen untergelegte Induktionsschlüsse zu tun ist, nach dem nur dann gleichen Exponenten wirklich "in der Erfahrung zu suchen". Denn "aus drei gegebenen Gliedern" heißt natürlich nur: wenn uns etwa drei Glieder schon gegeben sind. Es ist daraus aber ebenfalls schon klar, inwiefern dabei "es", nämlich dieses "vierte Glied" jetzt wieder in Teilstück 2, gar nicht als ein solches viertes,210 sondern, wo überhaupt im empirischen Erkennen, wie hier bei einem bewußten Suchen, ein Glied empirisch bestimmt schon gegeben ist, immer nur als ein zweites dann konkret gesucht wird. Das heißt, es wird als ein "Korrelatum" zu diesem einen gegebenen Glied (B 244, auch Β 222 oben) nach dem Exponenten selbst als dem reinen und noch gar nicht gleichen reinen realen Verhältnis gesucht. Dieser Exponent macht darin eher also einfach ratio als par ratio aus. Man muß bei allem zuletzt Ausgeführten aber immer im Auge behalten, daß hier das zusätzliche Prinzip der Urteilskraft, wie gesagt, zunächst noch gänzlich ausgeblendet bleibt. Es ist nämlich ausdrücklich nicht etwa schon davon gehandelt, ob und wie man in noch viel stärkerem Maße (zusätzlich nach dieser ungleich 210

Vgl. zu diesem Problem etwa Guyer 1987, 69f.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

149

schwächeren transzendentalen Präsumtion) wieder nur versuchsweise bei einem schon bekannten Kausalverhältnis zwischen den Gliedern a und b von einem anderen gesetzten, ähnlichen b' (bei einem anderen Ding) auf eine wohl auch ähnliche Ursache a' schließen könne.211 Demnach helfen offenbar bei dieser schließlich dritten noch möglichen, nun vollständig objektiv bestimmenden Anwendung der bloßen Analogie der Erfahrung jene ersten beiden Glieder a und b zur Bestimmung des "vierten" überhaupt nichts. Denn bei gleichen transzendentalen Verhältnissen läßt sich eine nachgerade unendliche Mannigfaltigkeit der empirischen Bestimmungen als solcher numerisch verschiedener Objekte und also auch ihrer Verhältnisse denken. Und man kann also nur durch viele Vergleichungen der Wahrnehmungen allein des dritten gegebenen Gliedes ausmachen, was vor ihm jeweils vorhergeht, lb dient demnach mehr noch zur bloßen Erläuterung ihres Unterschieds von der mathematischen proportio durch eine Möglichkeit einer so schwerlich vorkommenden empirischen "Anwendung", als daß es wirklich mit ihrem ganz anderen, konkreten empirischen Gebrauch in der versuchten bestimmten Erfahrungserkenntnis zu tun hätte, von dem in 2 schon die Rede ist. (Dieser letztere Gebrauch ist derjenige, um den es uns bald wieder, und dieses ja vornehmlich, gehen wird.) Umgekehrt würde man deshalb, was eben schon angedeutet wurde, anders als bei jenen beiden nutzlosen Anwendungen bei diesem bestimmten und vollständig objektiv bestimmenden Gebrauch, wie er von der bloßen Analogie der Erfahrung an je einzelnen Objekten dann und ihren jeweiligen realen Relationen immer schon möglich ist, statt von einer "Analogie" der Erfahrung besser vom in ihr und durch sie gedachten Exponenten (B 263) selbst sprechen. Denn sie ist zwar als Grundsatz, nämlich verbunden mit dem Bewußtsein durchgängig möglicher analytischer Einheit, daß eine solche formale Relation realer Verknüpfung bei den Erscheinungen aller Objekte und dort auch zu jeder Zeit sich müsse antreffen lassen (ohne daß aber deshalb von empirisch bestimmt gegebenen Objekten als Gliedern auf ein weiteres Objekt selbst und dessen innere Beschaffenheit sich würde schließen lassen), ganz zu Recht als gleiches bloßes Verhältnis verstanden und also auch bezeichnet. Es ist jedoch bei dieser Anwendung am konkreten, einzelnen Fall und demnach gleichsam an nur einer Seite der obigen Analogie nur die bloße Folge jener transzendentalen Präsumtion von Bedeutung, daß ein solches Verhältnis also auch hier bei den Erscheinungen dieses besonderen Objekts dann sich finden lasse. Es läßt sich mithin dabei zunächst aber einfach als reines reales Verhältnis selbst finden, d. h. als eine Weise reiner objektiv-sy/ithetischer Einheit.

211

Zum Problematischen speziell bereits dieser Schlüsse auf eine eigentlich empirische bloße par ratio denke man nur an einen etwas weiter oben so möglich gewesenen, bloß umgekehrten Fall von sogar selber Sonne und Wachs bzw. Ton. Denn die beiden hier affizierten Dinge müssen nicht nur überhaupt zur gleichen empirischen Gattung gehören. Sie dürfen überdies in der Art, wie sie von außen affiziert werden können, auch keine spezifische Differenz aufweisen.

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

150

W o r a u f wir mit all d i e s e n e t w a s u m s t ä n d l i c h e n und s c h o n viel z u w e i t a u f unsere H a u p t s a c h e a u s g r e i f e n d e n Erörterungen v o r l ä u f i g e i g e n t l i c h nur n o c h hina u s w o l l e n , ist aber l e d i g l i c h d i e s e s : Es gilt hier, in A n s ä t z e n z u b e l e u c h t e n , i n w i e fern wirklich, w i e behauptet, bei d i e s e m j e w e i l i g e n Erfahrungsgebrauch d e s ßen

E x p o n e n t e n n o c h e i n m a l der zweite

spielt. (Er spielt allerdings d i e s e R o l l e in einer letztlich hier nun z u n ä c h s t lichenteils,

aber a u c h nur

zunächst

g l e i c h f a l l s n o c h transzendentalen

blo-

A n a l o g i e b e g r i f f g a n z anders s e i n e R o l l e und dann nicht

allein

paritas rationis v o n r e g e l m ä ß i g

M a n n i g f a l t i g e m . D a b e i sind j e d o c h d i e n a c h e i n e m Grund

wesent-

Wesentlichenteils, gegebenem

ihrer g l e i c h e n V e r -

hältnisse e r w o g e n e n a u c h g l e i c h e n "Dinge" vorerst nur g l e i c h e b l o ß e E r s c h e i n u n g e n als s u b j e k t i v e Wahrnehmungen.)

D i e s e s z u B e l e u c h t e n d e hängt mit d e m z u -

letzt E n t w i c k e l t e n a u f f o l g e n d e W e i s e z u s a m m e n : D a n a c h gibt j a der V e r s t a n d in seiner A n a l o g i e der Erfahrung doch

w i e d e r dem

Empirischen

(und m a n ist hier

eher s c h o n e i n m a l versucht, nur dann d e m o b e n S. 145f. G e h ö r t e n z u m Trotz, in der Tat aber auch b l o ß fälschlich, z u s a g e n , dem priori die Regel.

Empirischen

als solchen212)

nur b e d e u t e n : E r s c h e i n u n g e n , s o f e r n sie j e ein D i n g und s e i n e Z u s t ä n d e in (nicht b l o ß a u c h n o c h logischer) bleibendem

a

D a b e i soll j e d e n f a l l s "dem Empirischen" nun fürs erste aber auch

Vermögen

zu

realer

Relation a u f s o l c h e eines j e s e l b e n anderen n a c h handeln

des

ersten

und

bleibender

Fähigkeit

(receptivitas), v o n außen s i c h afFizieren z u lassen, d e s z w e i t e n b e z e i c h n e n . D e n n nach der Analytik der zweiten schen

212

213

allein hat j e d e r e i n z e l n e "Gegenstand der Sinne" ( B 5 6 6 ) , u m bei

A n a l o g i e zu b l e i b e n , e i n e n unveränderlichen

Charakter213

und beständigen

empiri-

seiner Kausalität b z w . a u c h Rezeptivität, w i e er in s e i n e m

Der Verstand war "der Grund empirischer Gesetze", aber er war "nicht der Grund des bestimmten Gesetzes" (S. 48, XVIII 176). Dem ersteren entspricht transzendentale paritas rationis beobachteter Regelmäßigkeiten nach der Analogie der Erfahrung. Beim zweiten ist auch genuin empirische paritas rationis dieser Regelmäßigkeiten im präsumierten Erfahrungsbegriff gedacht, die man zum bestimmten empirischen Schließen schon kennen muß. So sind zwar alle empirischen Gesetze von der Analogie abgeleitet und finden ihrer gleichen, darin aber auch noch transzendentalen Form nach nur auf die Weise der Synthesis der enthaltenen Kategorie statt. Aber die je empirisch bestimmte, materiale Weise und Konkretisierung der kategorialen Ordnung wieder ist nicht a priori ableitbar. Und diese eben meint man, wenn man vom Empirischen als solchen spricht (A 127). Man darf bzw. muß hier noch gar nicht an obige logische Ordnung zusätzlich zwischen den eigentlich empirischen Inhalten schon mehrerer für sich prinzipiell möglicher Erfahrungsbegriffe denken, die schon gar nicht a priori ableitbar ist. Vgl. etwa Β 566f., Β 577 sowie V 18319-21. - Kant verfährt kaum einmal konsequent in der Darstellung dessen (denn was er sagen will, wird gleichwohl deutlich), worauf die Analogien der Erfahrung einerseits und das Prinzip der Urteilskraft andererseits gehen. An der bedeuteten Stelle V 183 nämlich spricht er bereits von einzelnen "Arten" von Gegenständen empirischer Erkenntnis, deren jede "(nach dem Begriffe einer Ursache überhaupt) ihre Regel haben" müsse, "die Gesetz ist", ohne daß sie deshalb auch mit anderen zu bloß höheren empirischen Arten oder Gattungen zusammenstimmen müßten. (Die Notwendigkeit dieses Gesetzes sehen wir wohlgemerkt aber, nämlich seinem empirischen Anteil als einem solchen nach, trotz seiner notwendigen formalen Maßgabe, nach der es durch synthetische Reflexion gefunden wird, nicht ein (V 18323).) Dagegen ist doch die Annahme, daß es Uberhaupt auch nur empirisch allerniedrigste oder vielmehr eigentlich dann isolierte Arten bereits gebe (und nicht etwa, "ein Fall, der sich wohl denken läßt"

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen Uberhaupt

151

bloßen Erfahrungsbegriff unter anderem bestimmt gedacht ist. (Von in einem empirischen Begriff gedachten auch gleichen empirischen Charakteren ist bei der wesentlichen Form desselben ob]ekli\-synthetischer Einheit noch nicht die Rede. Denn die hier wieder sich ergebende Möglichkeit analytischer Einheit ist für sich zunächst nur diejenige des bloß empirischen Begriffs der regelmäßigen Wahrnehmungen der je einzelnen Objekte dann und ihrer Zustände in Verbindung. Sie ist später nun aber, wobei diese Wahrnehmungen teils ja, nämlich jedenfalls bei den beiden anderen Exponenten, ganz anders verbunden sind, schon objektiv und also ansonsten auch synthetisch gedacht als Gesetzlichkeit. Und zwar ist sie noch gar nicht als gleiche, sondern sie ist nur als je selbe und dabei auch noch gleiche Gesetzlichkeit gedacht.) Diese bleibende Eigenschaft aber ist nichts anderes als die erwähnte, im jeweiligen Objekt gedachte (je sogar eadem) par ratio. Diese macht, daß, wenn man nur richtig, in der Bestimmung eines Erfahrungsbegriffs, unter den a priori gegebenen Exponenten subsumiert hat (insofern transzendentale paritas rationis), man dann auch, jedenfalls unter denselben äußeren Bedingungen, bei einem demnach schon bekannten Kausalverhältnis a + b von einem erneut wahrge-

(B 681 ), ohne der Analytik und damit einer prinzipiellen empirischen Erkennbarkeit bereits irgend zu widersprechen, bloß je verschiedene "einzelne Dinge" (B 679 unten, vgl. XX 215f. Anm.)) und daß also doch wieder eine Möglichkeit der Bildung analytisch-allgemeiner empirischer Begriffe der Gegenstande wenigstens dieser Arten schon gegeben sei, eine zusätzliche Präsumtion bereits der reflektierenden Urteilskraft selbst in Absicht auf eine Möglichkeit dann bloß hypothetischen Vernunftgebrauchs (in Gestalt eines Schlusses nach der Analogie). Dies ist nämlich seinerseits ja auch bereits vorausgesetzt, "um die [/tir sich also prinzipiell immer schon möglichen und findbaren, MK] Principien der Erklärung und des Verständnisses des einen auch zur Erklärung und Begreifung des andern" (V 185) Gegenstands einer gleichen Art gebrauchen zu können. Die Analogie der Erfahrung bestimmt nur, daß überhaupt alle Erscheinungen (mithin zunächst auch immer bloß einzelne und noch gar nicht notwendigerweise auch logisch verwandte, vielleicht durchaus "gleichsam isolirte" (XX 21630)) Gegenstände möglicher Erfahrung mit konstanten empirisch bestimmten Eigenschaften und daraus folgenden konstanten jeweiligen realen nexus derselben bezeichnen - wie sich dies immerhin ein wenig konsequenter etwa bei den Ausführungen zum bestimmten empirischen Charakter jedes einzelnen derselben dargelegt findet (B 566ff.). Die Wahrnehmungen dieser Gegenstände könnten nämlich prinzipiell immer, auch ohne jede Verwandschaft des eigentlich Empirischen, einen der Aktus der Konkretisierung des "Ich denke" synthetisch-gemein haben. Denn "ein jeder Gegenstand steht unter den notwendigen Bedingungen der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen der Anschauung in einer möglichen Erfahrung" (B 197). (Diese mögliche synthetische hat zwar selbst schon eine Möglichkeit des Findens und Denkens auch von analytischer Einheit eines dann bereits Objektiven zur Folge, nämlich bei schon mehreren gleichen Wahrnehmungen noch der je selben Objekte einfach zu verschiedenen Zeiten. Aber diese analytische hat mit einer zusätzlich möglichen, gleichfalls analytischen Einheit dieses Ganzen wieder, nämlich eines Denkens numerisch-verschiedener, wirklicher gleicher Dinge und ihrer jeweiligen gleichen möglichen Zustände unter einem empirischen Begriff auch schon einer Klasse derselben, nichts zu tun.) Hieraus ergibt sich übrigens bereits, daß wohl nur sehr wenige der Stellen, die wir später unseren Erörterungen zu den Schlüssen nach den bloßen Analogien der Erfahrung zugrunde legen werden (etwa V 12), wirklich so einseitig auf diese Analogien allein beschrankt gemeint sein dürften, wie sie gemeint sein könnten und wie sie im Licht des hier Gesagten konsequenterweise zunächst immer, da es um versuchte Bestimmung objektiv notwendiger Verknüpfungen (dann ohne jegliche Möglichkeit von Ausnahmen der Regeln) zu tun sein wird, auch gemeint sein müßten.

152

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

nommenen a (im selben ersten Objekt) auf ein erneut wahrzunehmendes b (im selben zweiten) und also auf ein bestimmtes empirisches Glied selbst nach der Analogie schließen kann. Insofern ist es dann teils durchaus auch schon um wesentlich nur gefundene, empirische par ratio zu tun. Diese findet hier nun aber ganz, oder, wenn man will, eben doch wieder nicht so ganz (Anm. 212), nach Maßgabe jener formal bestimmt gegebenen transzendentalen statt.

3. Vergleichende Erörterung von Analogie- und Induktionsschlüssen a) Einleitung: Zum Aufbau der folgenden vorbereitenden Erörterung von Analogie und Induktion Wir sehen zurück auf den Anfang dieses Abschnitts B. (Punkt 1., S. 136f.) und kommen nunmehr zur Vergleichung selbst der Analogie- und Induktionsschlüsse (zunächst noch nur nach dem an sich aber schon bloß zusätzlichen Prinzip der Urteilskraft) untereinander in Absicht auf Bestimmung ihres je Verschiedenen sowie gleichwohl dann auch hier wesentlichen Identischen. Was dieses letztere angeht, so werden beide Schlüsse als mittelbare empirische Schlüsse der reflektierenden Urteilskraft vorzuführen sein. Diese Untersuchung derselben aber wird im großen und, da sich die Trennlinien dabei nicht immer sauber ziehen lassen, nur in etwa folgenden Gang nehmen: Zunächst werden sie, und dieses in aller möglichen Kürze als eine bloße Erinnerung, womit wir es genau zu tun haben, als zwei unterschiedliche Schlußweisen (mit ihren jeweiligen Unterarten) äußerlich vorzuführen sein (in Unterpunkt b) nämlich). Die Unterscheidungen werden dabei nicht weiter getrieben, als sie für den Fortgang der Untersuchung irgend von Bedeutung sind. Allerdings wird sich eine Notwendigkeit zweier selbst nicht ganz kurzer, angehängter Erläuterungen ergeben. Deren erste hat mit dem Gesagten unmittelbar zu tun. Die zweite aber muß, mit einem Kernpunkt dieser ersten durchaus wieder verbunden, vor jeder Möglichkeit einer Erörterung der Logik von Analogie und Induktion unbedingt noch eingeschoben werden. Sodann werden wir diese Schlüsse eben zweitens in Unterpunkt c), und zwar aus den gleichen sofort ersichtlichen Gründen da wirklich nur ganz knapp, in der ihnen zugrunde liegenden identischen, aber auch ihrerseits teils wieder (d. h. nicht dem transzendentalen Prinzip auch dieser teils dann aber bereits auch äußerlichen Schlußweisen schon nach) noch scheinbaren und bloß äußerlichen "Logik" kennenlernen. Sie werden beide nämlich mittelbare empirische Schlüsse ob paritatem rationis oder wegen der Identität des Mittelbegriffs als des empirischen "Princips der Befugniß, so zu schließen" (V 464), sein. Dabei muß mithin dieses empirische

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen überhaupt

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Prinzip doch dann gegeben als zum allerwenigsten, hier214 aber auch höchstens, in einem wahrhaften Übergang und keinem bloßen Fortschreiten zu ihm subjektiv wirklich gefiinden sein. Es wird also durchaus auch der Induktionsschluß, jedenfalls mit Ausnahme einer aber auch äußerlich bereits gänzlich der wahren und dort sogar einzig wesentlichen Logik dieser Schlüsse entsprechenden Art 13 wiederum desselben, als ein Schluß nach der Analogie im Sinne jenes Verhältnisses der besonderen Fälle zu einem gemeinschaftlichen Erklärungsgrund anzusprechen sein. Hinter diesem empirischen Prinzip der Möglichkeit wird selbst wieder das Prinzip der Urteilskraft als transzendentale Bedingung a priori der Möglichkeit des Gebrauchs jeweils, d. h. für jede Art oder Gattung für sich, des bloß logischen dictum de omni bei Gegenständen der Natur stehen (dann aber auch zusätzlich noch "ein" Prinzip der Urteilskraft). Dabei wird allerdings, wie angedeutet, das Prinzip der Urteilskraft auch schon zur eigentlichen Logik von Analogie und Induktion gehören. Wir werden es also bei der Behandlung dieser eigentlichen oder wahren Logik noch einmal und erst wirklich ausführlich ansprechen. An dritter Stelle (d)) wird eine Erörterung, versteht sich, im Kantischen Rahmen, der genannten wahren (nicht strengen) Logik sowohl als damit Schlußweise und da vor allem wieder eigentlichen Schlußrj'cA/twg zu stehen kommen. Denn man schließt bei Licht besehen empirisch natürlich nie (simpliciter) ob paritatem rationis, sondern allenfalls ob paritatem rationis mere praesumtam215 - was ja so auch der wirklichen Intention Kants entspricht. Denn für eigentlich strenge Schlüsse gibt er Induktion und Analogie ja an keiner wenigstens für den vorliegenden Kontext interessanten Stelle einmal aus. Man schließt eigentlich empirisch aber (respektive nämlich) immer doch nur - jedenfalls wesentlichenteils, indem dieser Schluß ob paritatem rationis praesumtam dann rein äußerlich216 als eine 2,4

215

216

Ein a priori Gegebenes, und sei es auch nur seiner einen Form nach, scheidet an dieser Stelle ja, wo es um empirische Gattungsbegriffe als um Begriffe eines hier gleichwohl durchgängig Gemeinsamen dem eigentlich Empirischen nach geht, von vornherein aus. Es ist hier wesentlich noch um angenommene Gleichheit des Grundes und nicht um Gleichheit des an sich gleichfalls jeweils aber schon (nach der Analogie der Erfahrung) bloß angenommenen Grundes zu tun. Wir bedienen uns hier, wie wir gerade bemerken, nicht ganz geschickt des Ausdrucks einer "äußerlichen" Schlußweise und Logik (oder eines "äußerlichen" Verfahrens) von Induktion und Analogie in einem zweifachen Sinne. (Nimmt man ihre gleich anzusprechenden bloßen "Erscheinungsformen" hinzu, so läßt sich hier sogar ein dritter Sinn des "Äußerlichen" ausmachen.) Dieser Ausdruck bezeichnet einerseits einmal ein bloß Scheinbares. Gemeint ist mit ihm dann also, wenn man dabei nicht bloß die zunächst kurz darzustellenden unterschiedlichen gleichsam nur Erscheinungsformen genannter Schlüsse betrachtet (bei denen an "wahr" oder "falsch" anfangs jedenfalls noch gar nicht gedacht ist), sondern bereits die diesen zugrunde liegende gleichwohl selbe "Logik", wie sie auf den ersten oberflächlichen Blick sich ausnimmt oder ausnehmen könnte,* ein wirklich auch Falsches (simpliciter ob paritatem rationis). Er bezeichnet gerade oben aber auch andererseits ein nur Unwesentliches, aber deshalb nicht Falsches. Gemeint ist dann ein durchaus zum wahren Schließen Gehöriges, und zwar als ein als eine bloße Formsache aus dem wesentlichen Teil dieses richtigen Schließens (versuchsweise ad paritatem rationis) einfach formallogisch Folgendes (ob paritatem rationis praesumtam). Dabei würde übrigens dieses zweite, wenn man vom Unterschied eines dann nur vorläufig Angenommenen absieht, auch bei

154

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

bloße Formsache daraus nur folgt - versuchsweise ad paritatem rationis als noch ohne jeden (sei es als einen solchen dann gegebenen oder sei es als einen solchen nur präsumierten) identischen oder überhaupt auch nur Mittelbegriff. Es kann ja auch nur so, aufs neue von jener einen Art der Induktion abgesehen, bei der das ohnedies möglich ist, von Schlüssen der reflektierenden Urteilskraft, vom empirisch Besonderen auf ein empirisch Allgemeines zu kommen (oder vielmehr in aller Strenge eben nicht zu kommen, sondern zu ihm nur beständig fortzuschreiten), gesprochen werden. Ansonsten scheint doch etwa jeder Analogieschluß ein Schluß von Besonderem, und zwar nur über ein als ein gemeinschaftliches gegebenes empirisch Allgemeines und dabei eher schon gleich aus ihm {ob paritatem rationis), auf ein weiteres Besonderes zu sein. Einzig auf solche Weise werden dann auch, was wir demnach viertens beiläufig ebenfalls noch streifen werden, diese Schlüsse der reflektierenden Urteilskraft mit dem in der Kritik so genannten hypothetischen Vernunftgebrauch (Vernunftgebrauch der bloßen Form nach) nicht nur ganz offenbar ja etwas zu tun haben. Sie werden in allem Wesentlichen mit ihm sogar gänzlich identisch2]1 sein. Denn auch dieser Vernunftgebrauch verfährt wieder nach seiner wahren Logik und Schlußweise, wenn man den ganzen Β 674f. dargelegten Vorgang als "hypothetischen Vernunftgebrauch" versteht, keineswegs wirklich zweistufig in Gestalt zweier unterschiedlicher wesentlicher Schlußrichtungen. Wir werden schließlich auch noch fünftens, in Unterpunkt f), einige Worte zu Jäsches Darstellung dieser Schlüsse zu sagen haben. Jäsche hat nämlich, was vornehmlich freilich den Analogieschluß angeht und abgesehen einmal vom wirklich gelungenen Gesamtaufbau, aus den Notizen Kants, und zwar an durchaus mehr als einer Stelle nicht ohne dessen Verschulden, so ohne Sinn und Verstand einen, man mag gar nicht sagen, Text montiert, daß man in ihr, übrigens aber auch nicht recht deutlich in diesen teils unfertigen, teils selbst fehlerhaften Notizen

217

jenem ersteren (ohnehin aber schon Falschen) zusätzlich noch eine Rolle spielen. - Das scheint vielleicht ein wenig kompliziert zu sein, ist es aber nicht. Am besten, man läßt das Ganze einfach auf sich beruhen, da im weiteren Verlauf der Untersuchung vollkommen deutlich werden wird, worauf wir mit diesen Unterscheidungen hinauswollen. (* Das gilt zumal für einige spezielle, da aber manchmal wohl wieder lediglich zu unbestimmte Stellen vornehmlich allerdings auch nur zur ohnehin weit problematischeren Analogie.) Das gilt ohne jede Einschränkung ftlr den hier zunächst einzig ja in Frage stehenden speziellen Fall des hypothetischen Vernunftgebrauchs, in dem die Hypothese ein empirischer Gattungsbegriff (genauer ein empirisches Urteil als der in Ansehung eines Merkmals bloß auseinandergesetzte Gattungsbegriff) seiner immer nur präsumierten analytischen Allgemeinheit nach ist. Vorausgesetzt ist allerdings, daß man dann schließlich zusätzlich auch noch, wie billig, eine nicht schließende reine Analogie (eigentlich dann aber auch die ganze Induktion bloß als solche* noch) ganz außer acht läßt, wozu später noch. (* Es könnte allenfalls ja sein, daß ansonsten eine vermischte Analogie im Grunde zunächst einmal auch als Induktionsschluß schlösse, was dann mit diesem obigen Ausdruck aber nicht mit gemeint wäre. Der Induktionsschluß selbst (d. h. die Art 12b) würde übrigens vielleicht etwas genauer, wie sich zeigen wird, ein hypothetischer Verstandesgebrauch heißen müssen. Dabei ist der Unterschied vom hypothetischen Fermm/fgebrauch aber nicht weiter von Belang.)

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und lnduktionsschlüssen Uberhaupt

155

zunächst allerdings auch bloß zu Kants eigenem Gebrauch, das hier Entwickelte so ohne Weiteres Uberhaupt nicht finden wird. Eine Beleuchtung wenigstens ihrer vornehmsten Dunkelheiten und Unstimmigkeiten (ein Augiasstall sucht seinen Herkules) sollte weiteres Licht auf die vorliegende Thematik werfen. Da wir übrigens gerade von Unstimmigkeiten sprechen, so versteht sich nach dem Gesagten von selbst, daß, indem sich Scheinbares nicht richtigreden läßt, einiges im ersten und vor allem im zweiten Unterpunkt (sowie zu diesem gerade eben schon) mit Bewußtsein auch falsch und ganz widersinnig Dargestellte seine Berichtigung nicht vor dem dritten Unterpunkt d) erwarten kann. Das ist in einem anderen, schwererwiegenden Sinne dann noch einmal zu speziell demjenigen Schluß anzumerken, den wir gleich die reine (nicht nichtempirische) oder später dann auch ungegründete Analogie nennen werden.

b) Analogie und Induktion als zwei unterschiedliche Schlußweisen äußerlich. Ihre jeweiligen "Arten" äußerlich. Schließlich zwei noch ausstehende Ergänzungen zu zwei im vorliegenden Kontext jeweils streng zu unterscheidenden Verhältnissen aa. Die "Arten" von Analogie und Induktion äußerlich Wenn man anfangs nur auf ihre bloßen Formulierungen äußerlich sieht, so finden sich bei Kant mit einer Ausnahme (II) alle nur denkbaren Typen oder Arten von Analogie und Induktion, die sich nämlich aus denjenigen Kombinationsmöglichkeiten der beteiligten Elemente ergeben, bei denen sie noch irgend Analogiebzw. Induktionsschlüsse bleiben. 218 Diese Bestandstücke sind (nach der wahren Logik dieser Schlüsse allerdings dann schon betrachtet) der Fall oder die Fälle, aus dem oder aus denen, die empirisch allgemeine Regel, auf die bzw. aus der dann wieder, sowie der Fall oder die Fälle, auf den oder auf die geschlossen ist. Dabei können die Fälle entweder Dinge oder, in Ansehung ihres dann bloß höheren Begriffs, selbst wieder niedere Begriffe ausmachen. Eine Untereinteilung ergibt sich noch daraus, daß bei jeder allgemeinen Regel Bedingung und Prädikat derselben zu unterscheiden sind (B 360 unten), 219 wozu aber gleich im folgenden einschränkend oder vielmehr erweiternd etwas zu sagen sein wird. - Insgesamt aber besteht der auffälligste und hauptsächliche äußerliche Unterschied zwischen Analogie und Induktion zunächst darin, daß erstere, indem sie von partialer auf totale Gleichheit von Dingen geht, immer auf konkret gegebene Fälle schließt (an denen nur ge218

219

Da hier von Fällen auf Falle, von Fällen auf Regeln und von Fällen über gefundene Regeln auf Fälle geschlossen wird, so bliebe noch die weitere Möglichkeit von Schlüssen aus gegebenen Regeln auf Falle Übrig. Das aber wäre, wo es nicht im Grunde einfach dem dritten entspräche, ganz offensichtlich weder ein Analogie- noch ein Induktionsschluß. Vgl. Β 378f. sowie IX 120ff. bzw. XVI 706ff.

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V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

wisse Eigenschaften subjektiv noch nicht gegeben sind, die dann nach der Analogie auf sie übertragen werden), während bei der zweiten, sofern da überhaupt von den bis jetzt gegebenen Fällen über die allgemeine Regel hinaus ausdrücklich auf auch alle weiteren Fälle geschlossen wird, dies immer nur in Gedanken (mithin gänzlich in abstracto oder allenfalls vermittelst der teils produktiven Einbildungskraft) geschieht. Typ 1 schließt (äußerlich betrachtet) von einem Fall oder Fällen auf einen weiteren Fall oder weitere Fälle, ohne daß diese Fälle als zur selben empirischen Regel gehörig ausgewiesen sind. Typ 2 gibt sie im Gegenteil als Fälle derselben Regel aus. Bei dem letzteren sagt eine Unterart 2a dann lediglich, daß in diesen Fällen die gleiche Bedingung der Regel stattfinde (was eben nichts anderes heißt, als daß sie Fälle überhaupt desselben empirischen Gattungsbegriffs sind) und daß sich deshalb von den einen auf die anderen, oder auch nur von dem einen auf den einen weiteren Fall, schließen lasse. Die andere Unterart 2b expliziert dagegen zusätzlich noch, daß auch das Prädikat als das Bedingte der Regel dem Gattungsbegriff allgemein zukomme (d. h., daß es ihm überhaupt als ein Merkmal zukomme) und daß aus diesem Grund so wie oben auf die weiteren Fälle geschlossen werden könne. Ein dritter "Phänotyp" schließlich, der sich so nur bei der Induktion finden kann, schließt von gegebenen Fällen ausschließlich auf die allgemeine Regel selbst. Wir wollen zu jedem dieser Typen ein Beispiel Kants anführen. Um mit der Analogie zu beginnen, so schließt Al "von partialer Ähnlichkeit zweyer Dinge auf totale" (XVI 757), ohne daß dabei von einer gemeinsamen Regel die Rede wäre. Dieser Schluß geht also einfach "von einigem, was [in] einem Dinge mit andern gemein ist, auf das übrige, das ihm auch mit jenen Gemein seyn werde" (XVI 758). Dagegen stellt derjenige, der durch A2a schließt, Gleichheit der Bedingung einer Regel in Gestalt eines gemeinschaftlichen Gattungsbegriffs fest. Er gibt demnach "Dingen von einer Gattung, an denen [er] man etwas übereinstimmendes kennt, auch das übrige, was er an einem erkennt, an andern aber nicht" (XVI 756). A2b schließlich gibt überdem ein gewisses Prädikat oder gewisse Prädikate als diesem Gattungsbegriffzukommend an und schließt also "von einigen Eigenschaften, darin Dinge von einerley Art zusammen stimmen, auf die übrige, so fern sie zu demselben Princip gehören" (XVI 709). Bei der Analogie sind noch je zwei Varianten zu nennen, die alle drei genannten "Arten" gleichergestalt angehen und deren Unterschiede sich überdem untereinander überschneiden. Zum einen läßt sich, was fur die Erörterung der Logik der Schlüsse der Urteilskraft das bei weitem Wichtigere sein wird, eine reine von einer (nämlich mit einem wesentlichen Bestandstück der Induktion) vermischten Analogie unterscheiden. Dabei lassen wir, ob die letztere auch durch Induktion gegründet sei und also dann bei Licht besehen gar nicht als Analogieschluß (mithin nach dessen Prinzip, wenn

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen Uberhaupt

157

es denn ein solches wird heißen dürfen) schließe, hier noch gänzlich offen über dasjenige hinaus, was weiter oben das eine oder andere Mal dazu schon vage angedeutet wurde. Die erste geht von einem konkret gegebenen Fall 220 auf einen weiteren (aber auch schon einmal auf mehrere konkret gegebene Fälle). Die zweite dagegen schließt ebenso aus einer Vielheit ausnahmslos gleich gegebener Fälle. Jene also, für die die obige Stelle XVI 757 ein Kantisches Beispiel abgeben kann, legt, wenn (dort) zwei Dinge in den Eigenschaften etwa a bis f übereinkommen und das eine noch eine Eigenschaft g besitzt, dieses g auch dem anderen bei (klassischer Analogieschluß bei der inneren realen Relation). Diese wiederum legt gleichfalls zwar einem konkret gegebenen Ding (oder Dingen) mit den Eigenschaften a bis f das g bei, aber nur, sofern alle bisher bekannten Dinge, die in a bis f übereinstimmten, auch das g hatten: Wenn vieles 221 , "was ich von Dingen [*] einer Gattung [*] warnehme, mit einander übereinkommt, so werden sie auch in Ansehung des Übrigen übereinkommen, was [*] mit ienen Bestimmungen iederzeit [d. h. natürlich noch nicht bei dem Ding oder den Dingen, auf das oder auf die erst noch geschlossen werden soll, MK] Verbunden wargenommen war. Schlus aus der analogie" (XVI 755) in Form von A2a (siehe etwa auch V 1222-24). Zum anderen besteht eine zweite Variante wenigstens der Darstellung darin, ob bei den gegebenen Fällen Unterschiede (bei den Typen 2 mögliche spezifische Differenzen) nicht bekannt oder, wie bei gegebenen Artbegriffen als Fällen natürlich immer bereits, definitiv schon bekannt sind. Das wird aber nur ganz beiläufig einmal von Bedeutung sein, indem es, gesetzt den letzteren Fall, nur um so deutlicher vor Augen führen kann, inwiefern sich nach der reinen Analogie nicht schließen läßt - nämlich noch nicht einmal auf bloße Wahrscheinlichkeit gehend unter Voraussetzung durchaus einer der transzendentalen Präsumtion der Urteilskraft 220

221

Auch hier kann durchaus der gegebene Fall bereits ein niederer Begriff sein. Zwar spielt Induktion bei der bekannten Art selbst ganz offenbar eine Rolle. Und es liegt also im Gegebensem des Artbegriffs immer ein gewisses Problem. Aber da hier nicht etwa von allen bisher "bekannten" Arten (vermischte Analogie), sondern aus lediglich einer "bekannten" Art auf eine konkret in Frage stehende weitere Art oder auf weitere Arten geschlossen ist (etwa V 46423-32), so ist dieser Schluß insofern gleichwohl zur reinen Analogie zu rechnen. Bei Kant heißt es hier "wenn alles". Kommen aber alle Dinge bereits in allem Bekannten Uberein, so bleibt Uberhaupt nichts "Übriges" zum Übertragen Übrig. So bedeutet eine bestimmte Formulierungsart der Analogie, wie sie sich fast durchgängig in den Vorlesungsnachschriften zur Logik, aber auch sonst hin und wieder findet, keinen eigentlichen Analogieschluß schon selbst. Sie bedeutet eher schon, was noch zu präzisieren sein wird, die bloße allgemeine Voraussetzung, auf der er dann jeweils erst beruht, wozu man nur die folgende Formulierung betrachten mag: "wenn 2 oder mehr Dinge von einer Gattung in so viel Merkmalen Ubereinkommen die ich habe entdecken können: so schließ ich, daß sie in allen andern Merkmalen, die ich nicht kenne, auch Ubereinkommen werden" (XXIV 594). Der Analogieschluß Uberträgt etwa bei zwei Dingen, die in a bis f übereinstimmten, ein an einem derselben bekanntes g auf das andere Ding. Hier dagegen ist zu zwei Dingen, an denen man bis jetzt nur die Einstimmung in a bis f kennt, gesagt, daß sie in allem übrigen (es sei ein g oder h oder was man wolle) auch Ubereinkommen werden, das sich aber erst, nachdem es bei einem dann schließlich entdeckt sein wird, nach der Analogie auf das andere wirklich übertragen läßt. Das "wenn alles" ist oben also natürlich lediglich im Sinne des ersten Falls der zweiten Variante zu lesen.

158

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

entsprechenden Beschaffenheit der ganzen Natur. Zum ersten vergleiche man XVI 758 ("Wenn zwey Dinge in vielem (8 allem, so viel ich kenne) Ubereinstimmen: so in allem.") den g-Zusatz. Dabei erhellt allerdings aus dem Anm. 221 Gesagten, daß man es so formuliert eigentlich nicht mit einem Analogieschluß selbst zu tun habe (ansonsten reine A l ) . Das zweite findet sich einmal V 464 Anm. in einem Fall A2b, sofern dort eine sich in ihren Wirkungen äußernde Eigenschaft, als Bedingung hier schon einer äußeren realen Relation, von einer bekannten Art auf alle anderen unter demselben Begriff "ungeachtet ihrer specifischen Verschiedenheit" übertragen ist. Bei der Induktion nun könnte 11 etwa wie folgt aussehen: Da alle bisher bekannten Dinge, die in den Eigenschaften a bis f übereinstimmten, auch ein g hatten, so wird auch in allen übrigen Dingen, die a bis f haben werden, ein g sein. Dieser Schluß, wie gesagt, findet sich bei Kant so nicht, und dieses vielleicht (um kurz auf die Logik von Induktion und Analogie auszugreifen) aus den folgenden beiden Gründen. Erstens steht, anders als bei dieser, scheinbar im Fall der Induktion das Interesse des Umfangs im Vordergrund. Mithin ist auch ganz natürlich von Gegenständen derselben Gattung immer schon die Rede. Zweitens scheint umgekehrt wieder bei der Analogie die bisherige partiale Ähnlichkeit in a bis f, die also auch schon einmal eigens (immer) und einzig (in A l ) erwähnt werden kann, mehr mit dem Schluß zu tun zu haben, als es in der Tat der Fall sein kann. Denn ganz wie bei der Induktion (12), bei der man die entsprechende Zugehörigkeit ja auch nicht einfach gewissermaßen "riecht", gibt diese Ähnlichkeit auch hier bloß subjektiv, wenn auch bei Al wieder nur insgeheim, ein Kennzeichen ab, gewisse Dinge (aber auch eigentlich nur zunächst in Ansehung der je gleich bekannten a bis f) überhaupt zur selben empirischen Gattung zu zählen. I2a spricht zunächst wieder nur, wie A2a, die Bedingung einer empirischen analytisch-allgemeinen Regel an. Sie thematisiert also fürs erste bei der Übertragung von Eigenschaften (in Gedanken) auf auch die restlichen Fälle derselben Gattung lediglich eine Zugehörigkeit eben zu einer selben Gattung. Das heißt, es ist zunächst nur von schon irgend gleichartigen Subjekten die Rede: Dasjenige, "das von so vielen einer gewissen Gattung gilt, als ich kenne, wird auch von den Übrigen gelten" (XVI 755). Durch I2b dagegen, das zusätzlich wieder ein allgemeines Prädikat der Regel und also eine Zugehörigkeit eines Merkmals zum Gattungsbegriff in den Blick nimmt und das deshalb über die empirisch allgemeine Regel selbst ausdrücklich dann (wieder nur in Gedanken) auf auch alle restlichen Fälle als ebensolche Subjekte schließt, macht jemand "das, was er von Dingen einer Gattung kennt, allgemein und dehnt es [dadurch, logisch nachher wieder, MK] auf Dinge derselben Gattung, die er auch nicht kennt, aus (synthetisch)" (XVI 765) 222 . 13 zu guter Letzt schließt lediglich auf die (vollständige) empirische 222

Bei den Schlüssen nach dem synthetischen Prinzip der Urteilskraft hat man es durchaus mit einer Erweiterung ("synthetisch"), aber nur auf durchgängig mögliche subjektiv-analytische Einheit

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen Überhaupt

159

Regel selbst, denn "durch die Induction machen wir allgemeine Säzze" (XXIV 679): "Alle Menschen sind sterblich (6 alle Planeten dunkele Körper): ein Schlus aus induction" (XVI 760). - Wegen sprachlicher Zweideutigkeit ist 13 von I2b nicht immer eindeutig zu unterscheiden. Am besten, man rechnet zu I2b nur diejenigen Fassungen, in denen explizit von einem Schluß auf auch alle übrigen oder alle restlichen Dinge und nicht einfach auf alle Dinge gesprochen ist. Wir nähern uns langsam der Erörterung der (zuerst scheinbaren und dann wahren) Logik von Analogie und Induktion. Um nicht von selbst in die Augen Springendes in aller Breite auseinanderzusetzen, sei hier nur angemerkt, daß ganz offenbar das in den Typen 2b Explizierte den Typen 2a und auch wieder 1, gleichsam als Enthymemen, in Gedanken zugrunde zu legen ist. Denn "es kommt hier gar nicht darauf an, was man sagt, sondern was man unumgänglich nöthig hat, dabei zu denken, wenn eine richtige Schlußfolge soll vorhanden sein" (II 50). (Es ist hier gar nicht gedacht an konkretes und bewußtes Denken, sondern an davon ganz unabhängige formal konstitutive logische Strukturen.) Man dürfte zwar vielleicht noch meinen, daß bei den Typen 1 und auch teilweise (nämlich wenigstens das Prädikat angehend) 2a bloße Gewohnheit, und zwar demnach gewissermaßen durch ein "Mittelgefilhl", das Übertragen der Eigenschaft g vermittle. Aber Gewohnheit, die im übrigen allerdings als ein bloß Subjektives kein Prinzip der Möglichkeit desselben abgeben kann, könnte dann ja auch ebensogut bereits der vollständigen Regel in den Typen 2b 223 zugrunde liegen. Wir werden uns also, wenn wir gleich im Anschluß die äußerliche Logik von Analogie und Induktion betrachten (aber auch später bei ihrer wahren), von vornherein auf eine Beleuchtung der "Arten" A2b und I2b beschränken. Von 13 aber, das als einziger Schluß (vom Besonderen auf das analytisch Allgemeine) schon rein äußerlich ohne weiteres der reflektierenden Urteilskraft sich zuordnen Iäßt und das sich auch in Wahrheit als der Schluß schlechthin derselben herausstellen wird, soll erst später wieder bei der Behandlung dieser wahren Logik (sowie schon einmal kurz bei der Überleitung zu ihr) zu sprechen sein.

223

des Bewußtseins vieler objektiver empirischer Synthesen bereits hin, zu tun. Die Analogie- und InduktionsschlUsse nach den Analogien der Erfahrung zuvor werden in Absicht auf eine ebensolche, aber jeweils auf (subjektiv diesen Synthesen entsprechende) mögliche objektiv-synthetische Einheit des Bewußtseins hin, stattfinden. Im Fall der reinen Analogie könnte man sich allerdings nicht an das bisher nur einmal gegebene g selbst, sondern nur an die rein "formale", d. h. einen bloßen Mechanismus des Übergangs begründende Tatsache gewöhnt haben, daß, wann immer man bei einem Ding eine neue Eigenschaft entdeckte, diese sich dann immer auch bei einem selben anderen antreffen ließ.

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

160

bb. Erste Ergänzung Es bleibt etwas zu zwei oben erwähnten Punkten zu bemerken, in denen jeweils, beiderseits sich ganz entsprechend, zwei Verhältnisse subjektiv-analytischer und objektiv-synthetischer Einheit des Bewußtseins zu unterscheiden sind. Für das letztere Verhältnis werden beidemale die drei Exponenten innerer oder (einseitiger oder wechselseitiger) äußerer Relation das intellektuelle Schema abgeben. Einmal werden sie dabei auf eine solche Weise agieren, wie sie sich in den aber schon transzendental224 nach ihren durch sie gedachten Inhalten betrachteten Funktionen allen logischen Urteilens überhaupt finden - wobei der Einfachheit halber nur solche Urteile zu Beispielen dienen werden, die sich letztlich alle schlichtweg nach dem Satz des Widerspruchs einsehen lassen. Ein anderes Mal dagegen, nämlich für den zweiten Punkt, werden sie so ihre Rolle spielen, wie sie in Absicht auf empirisches objektives Urteilen und also auf Verwandlung von Erscheinung in Erfahrung in den Relationskategorien realisiert sind (zweite Ergänzung). Der erste dieser Punkte betrifft die anläßlich der Unterscheidung der Typen 2a und 2b getroffene Aussage, daß jede Regel und also jedes allgemeine Urteil ein Verhältnis von Bedingung und Prädikat denke. Wir gaben das oben schon, mithin da auch auf Β 360 unten bezüglich, als nicht allgemein genug an. Denn eine jede "Regel ist eine Assertion unter einer allgemeinen Bedingung" (IX 121)225. Und Bedingung sowohl als bedingte Assertion können Begriffe, aber auch selbst bereits wieder Urteile sein (vgl. etwa IX 12912), zwischen denen jeweils "objective Einheit des Bewußtseins" (IX 121) gedacht ist. Es ist aber das "Verhältniß der Bedingung zur Assertion, wie nämlich diese unter jener steht", "der E x p o n e n t der Regel". Dabei lassen sich "nur drei Bedingungen"226 objektiv-synthetischer 224

225

226

Ansonsten kann man ja auch etwa das Subjekt von sich selbst aussagen oder das Prädikat zum logischen Subjekt eines Urteils machen, was aber nichts im gedachten Gegenstand bedeutet. Wir beziehen uns hier einfach auf die in diesem Kontext weitgehend zuverlässige Jäsche-Logik. Vgl. ansonsten XVI 706ff. Im bloß logischen Denken geben Qualität und Quantität nur an, ob (oder ob nicht) und fllr wieviele Fälle eine solche objektive Einheit (im Objekt oder zwischen Objekten äußerlich) vorliegt was beides gleichsam mehr der subjektiven "Verwaltung" objektiver Synthesen dient. Aber auch im empirischen realen Denken durch Kategorien werden sie als bloße innere Bestimmungen von Gegenständen (Substanzen) lediglich Bestandstücke eigentlich objektiver Einheit dann erst ausmachen. Wir werden noch sehen, inwiefern selbst die reine Anwendung der Kategorie im Erkennen mathematischer "Gegenstände" nur vermittelst eines analogen Gebrauchs des Substanzbegriffs (in einer Unterscheidung von Gegenstand selbst und inhärierenden Eigenschaften, nämlich hier allesamt bloßen Größen) möglich wird, ζ. B. Alle Dreiecke haben drei Winket. (Dieser Gebrauch ist natürlich nur ein analoger, denn ein Dreieck "ist keine substanz und 3 Winkel kein accidens" (XXIX 769).) Man hat hier übrigens ein weiteres Beispiel für das oben gleich Folgende und uns hier Wesentliche, wonach man es bei der genannten allgemeinen Bedingung, hier wirklich einem Begriff eines Subjekts, nur mit einer logischen Bedingung als einem bloßen Erkenntnisgrund zu tun hat - weshalb einzig sich auch dieses an sich kategorische Urteil ganz unangesehen seiner transzendentalen Logik in hypothetische Form bringen läßt. Denn "unter der Bedingung, daß ein Triangel da ist, (gegeben ist) sind auch drei Winkel (in ihm) notwendigerweise da" (B 622).

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

161

Einheit des Bewußtseins 227 denken, "nämlich: als Subject der Inhärenz der Merkmale [innerlich21*, MK], oder als Grund der Dependenz eines Erkenntnisses zum andern [äußerlich und einseitig, MK], oder endlich als Verbindung der Theile [(äußerlich229 und wechselseitig, MK] in einem Ganzen (logische Eintheilung)" (IX 121). Dabei ist zuletzt die nicht genannte Bedingung selbst der eingeteilte Begriff. - Wir sagen "ob]zkû\-synthetische" Einheit der Apperzeption, obwohl ja an anderer Stelle im Zusammenhang mit der Einheit der logischen Urteilsfunktion im nur begrifflichen Urteilen, im Unterschied zu derjenigen dann der Anschauung durch die Kategorie gedacht, von analytischer Einheit gesprochen ist (B 105). Erstere macht aber die eigentliche, im Urteil als einem solchen (mithin nach seiner Relation) wesentlich gedachte Verbindung mannigfaltigen Bewußtseins in einem aus, ζ. B. etwas von etwas ausgesagt. Letztere wiederum geht bei Licht besehen, indem seine Qualität nur anzeigt, ob oder ob nicht beiderlei Einheiten hier statthaben, 227

Kant sagt einmal, in dieser "objektiven Einheit der Apperzeption der darin enthaltenen Begriffe" (oder zusätzlich wieder Urteile) bestehe die "logische Form aller Urteile" überhaupt (B 140). Er identifiziert sie dort geradezu, in Wahrheit allerdings auch nur anläßlich einer Unterscheidung objektiv oder nur subjektiv gültiger empirischer Urteile, mit ihrer objektiven Gültigkeil (B 142). Dagegen ist zwar gleichfalls in einem Urteil "Gott ist allmächtig" genuin objektive Einheit des Bewußtseins (zwischen Ding selbst und inhärierender Eigenschaft) gedacht. Aber ein solches Urteil ist deshalb allein noch nicht objektiv gültig. 228 Es sind richtiger natürlich dreierlei innere Bestimmungen zu unterscheiden: Das Merkmal des Begriffs dient zum Prädikat im Urteil, und bestimmt ist durch dieses eine Eigenschaft eines Dings selbst. Das wird allerdings, da nicht jedes mögliche Prädikat (wesentliches) Merkmal eines Begriffs ist, gleich noch ein wenig differenzierter zu fassen sein. - Es sei an dieser Stelle wenigstens einmal kurz an diese Unterscheidungen erinnert, da man im dauernden Gebrauch darauf nicht ständig achthaben kann. 229 Es besteht zwar durchaus eine Übereinstimmung von Kategorie der Wechselwirkung und disjunktivem Urteil in einer jeweiligen wechselseitigen Bestimmung äußerlich von ansonsten für sich selbständig Wirklichem oder Möglichem nun aber in Gemeinschaft, nämlich von Substanzen in realer Gemeinschaft im einen Raum vermittelst ihrer gegenseitig geäußerten inneren Kräfte einerseits sowie von Urteilen in logischer Gemeinschaft unter einem Begriff andererseits. Bekanntlich ist jedoch der von Kant eher noch hervorgehobene wohl dunkelste Punkt der metaphysischen Deduktion derjenige, -daß letztere "Gemeinschaft der Erkenntnisse", die zusammen aber wirklich die ganze denkbare Sphäre des eingeteilten Begriffs als ihres dann je selben Subjekts abdecken, ausgerechnet darin liegen soll, "daß sie sich wechselseitig einander ausschließen"·. Die "Erkenntnis aus einer dieser Sphären wegnehmen, heißt, sie in eine der übrigen setzen, und dagegen sie in eine Sphäre setzen, heißt, sie aus den übrigen wegnehmen" (B 99). Dagegen ist im Fall einer Gemeinschaft von Substanzen, "weil in der ersteren etwas ist, darum auch in den anderen" außer ihr etwas durch realen Einfluß gesetzt (und so wechselseitig), "was aus der Existenz der letzteren allein [d. h. bloß innerlich vermöge ihrer jeweiligen Subsistenz, MK] nicht verstanden werden kann" (B 292f.). Gedacht ist natürlich an eine (aber vermöge ihrer bleibenden inneren Eigenschaften als Fähigkeiten, nur so oder auch nur so sich zu wandeln) von außen veränderliche innere Bestimmung derselben. Eine gewisse weitere Plausibilität, d. h. Uber die aus dem bloßen wechselseitigen Folgen äußerlich hinaus, kann sich allenfalls noch daraus ergeben, daß in beiden Fällen die Dinge oder Urteile einander wechselseitig Abbruch tun. Dabei muß allerdings die dritte Analogie, indem ihre vorgestellte Wechselwirkung nun speziell als Gegenwirkung gefaßt ist, schon zum dritten Gesetz der Mechanik konkretisiert sein. Denn einem realen Verhältnis eines realen Widerstreits (a und zugleich -a, actio = reactio) entspricht so ein logisches Verhältnis eines logischen Widerstreits (entweder a oder non a, im bloß logischen Urteilen immer Dichotomie), was offensichtlich aber jene hauptsächliche Dunkelheit weiterhin in sich trägt.

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

162

b l o ß d a s e i n e M o m e n t seiner Quantität

an ( U r t e i l e durch c o n c e p t u s

S i e sagt lediglich, und z w a r d i e s e s Mal e i n e r Regel d a ß b e s a g t e V e r b i n d u n g für hier alle230 R e g e l stehen und a l s o 2 3 1 Fälle

G e g e n s t ä n d e , d i e unter der Bedingung

d e r s e l b e n sind, gleichermaßen

gilt - e i n e

sche A l l g e m e i n h e i t und Einheit, a u f d i e bei mehreren wirklichen Fall v o n nur n a c h d e n Analogien Erfahrungsbegriffen, stände der j e selben

communes).

als einer s o l c h e n w e s e n t l i c h , der analyti-

G e g e n s t ä n d e n im

o h n e Prinzip der Urteilskraft g e f u n d e n e n b l o ß e n

w e n n m a n n ä m l i c h nicht die r e g e l m ä ß i g b e o b a c h t b a r e n ZuG e g e n s t ä n d e in ihren j e w e i l i g e n realen

R e l a t i o n e n im B l i c k

hat, n a c h d e m O b i g e n und F o l g e n d e n z u n ä c h s t n o c h gar nicht g e h o f f t w e r d e n darf. E s m u ß a l s o bei R e g e l n überhaupt

statt v o n B e d i n g u n g und Prädikat a l l g e m e i -

ner v o n e i n e m Verhältnis z w i s c h e n Bedingung

und Bedingtem

gesprochen werden.

D a b e i darf m a n allerdings nicht übersehen, inwiefern "Bedingung", auf das je gleich 232

meinheit

Bedingte,

hier

nur letztere logische

in B e z i e h u n g

als analytische

bedeutet. D e s h a l b lassen sich j a auch u n b e s c h a d e t d e s G r u n d g e d a n -

k e n s der m e t a p h y s i s c h e n D e d u k t i o n , w o n a c h m a n e s mit drei w e s e n t l i c h denen

Allge-

Funktionen z u tun hat, d i e allgemeinen

verschie-

k a t e g o r i s c h e n und die disjunktiven

U r t e i l e , bei d e n e n m a n nur darum dann m o d o p o n e n t e o d e r tollente g l e i c h f a l l s s c h l i e ß e n kann, als quasi

"hypothetische"

aussagen. S o bezeichnen die beiden

Urteile "Alle Körper sind ausgedehnt" und "Wenn e t w a s ein Körper ist, s o ist e s

230

231

232

Beim einzelnen Urteil liegt hier natürlich ein Problem. Denn zwar ist sein Prädikat eine immer wenigstens potentiell analytisch-allgemeine Teilvorstellung, die also für alle weiteren ansonsten schon und nun auch hierin gleichen Gegenstände eines gemeinschaftlichen Begriffs (eines möglichen Zwischenmerkmals) gelten könnte. Es wird jedoch wenigstens durch dieses Urteil selbst eine solche analytische Einheit nicht ausdrücklich ausgewiesen und ausgesagt, wie es im besonderen Urteil dann wenigstens für einige Gegenstände eines Begriffs der Fall ist. In beiden nichtallgemeinen Urteilen allerdings ist der Begriff (oder Name*) des Subjekts nicht (logische) Bedingung der Assertion des Prädikats. Deshalb lassen sich übrigens nur allgemeine kategorische Urteile ohne Umschweife und offenbare Tautologien (transzendental gesehen nur dem äußeren Anschein nach) in hypothetische verwandeln (siehe gleich oben). (* Mit Namen verbindet sich aber auch immer ein Begriff, indem sie "ihrerseits grundsätzlich als Konjunktionen von Charakterisierungen aufzufassen sind" (Henrich 1976, 37).) Die Subsumtion unter die Regel besteht eben bereits in der "Erkenntniß, daß die Bedingung (irgendwo) stattfinde" (IX 121) und nicht notwendigerweise auch schon immer das Bedingte, unter welcher Voraussetzung allein man ja auch überhaupt etwas (dieses Bedingte) zum Schließen zunächst gleichsam übrigbehält (vgl. auch Β 387 oben). Mit den ohnehin daraus nur abgeleiteten Schlüssen vom Nichtstattfinden des Bedingten auf das Nichtstattfinden der Bedingung (etwas ist gar nicht Fall der Regel, ist sie zu Recht angenommen und nicht bei Stattfinden gleichwohl dann der Bedingung so empirisch falsifiziert, d. h. auch wieder erst nach den Schlüssen der Urteilskraft selbst) hat man es bei Analogie- und Induktionsschlüssen selbst nicht zu tun. Gemeint ist, bei analytischen oder allgemeingültigen (sei es auch empirischen) synthetischen Urteilen, lediglich: gesetzt den Fall, es ist ein solches Subjekt oder ein solcher Grund oder ein solcher Gegenstand eines eingeteilten Begriffs gegeben, dann ist auch eine solche Eigenschaft usw. gegeben. So sind im Fall des kategorischen Urteils "Alle Körper sind ausgedehnt" die jeweils dadurch denkbaren Körper natürlich nicht die objektiven Gründe ihrer Ausdehnung, sondern diese ist bloß eine (innere) Eigenschaft derselben.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen überhaupt

163

ausgedehnt"233, die sich mithin nur im bloßen Epiphänomen des sprachlichen Ausdrucks unterscheiden, transzendental als inhaltlich gesehen ganz und gar dasselbe (kategorische) Urteil einer allgemeinen Inhärenz innerlich234 eines je gleichen Prädikats in einem je gleichen Subjekt (einer gleichen Eigenschaft in einem je gleichen Gegenstand selbst). Es ist ein logisch unbedingtes Urteil insofern, als es seinen Grund einzig in sich selbst, d. h. im Begriff seines eigenen Subjekts hat. (Empirisch entsprechen dem die inneren Bestimmungen eines Dings, die nicht, als veränderte oder vielmehr gewechselte Zustände, als bloß auch von außen verursacht bestimmt werden können.) Dagegen ist in dem wirklich zwei Urteile in einseitiger Abhängigkeit äußerlich des Prädikats des zweiten vom ersten Urteil enthaltenden hypothetischen Satz "Wenn eine vollkommene Gerechtigkeit da ist, so wird der beharrlich Böse bestraft" (B 98) dieses zweite nicht etwa im ersten und schon gar nicht, quasi spinozistisch, als eine bloße Eigenschaft enthalten gedacht. Denn jenes Dasein ist logisch auch so möglich, daß überhaupt kein beharrlich Böser existiert. Vielmehr folgt das zweite Urteil, d. h. ein innerlich aus dem Begriff seines Subjekts allein nicht einzusehendes Prädikat desselben, bloß aus dem ersten (gleichwohl auch hier letztlich wieder nach dem bloßen Satz des Widerspruchs). Es folgt nämlich, wenn zusätzlich noch außer diesem ersten das Dasein eines beharrlich Bösen wiederum gesetzt ist: "Wenn eine vollkommene Gerechtigkeit da ist, so wird, wenn ein beharrlich Böser da ist, dieser also bestraft." Eine gleiche Bewandtnis hat es mit dem disjunktiven Urteil "Die Welt ist entweder durch einen blinden Zufall da, oder durch innere Notwendigkeit, oder durch eine äußere Ursache" (B 99) - in dem ansonsten natürlich logisch gesehen die Einteilung (hier des Begriffs eines Daseins überhaupt der Welt) zweimal Dichotomie ist.235 Denn es läßt sich ebenfalls bloß um seiner Allgemeinheit willen auch wie folgt ausdrücken: "Wenn etwas (hier die Welt) da ist, so ist sein Dasein entweder

233

234

235

So formuliert würde dieses Urteil in der "radikal intensionalen Logik" (Seebohm 1974, 862) Kants wohl von vornherein gar keine rechte Stelle und Behandlung beanspruchen dürfen (d. h. in der bloß formalen Logik). Es hatte in seinem "etwas" bereits "mit der Extension eines Prädikates in einem Individuenbereich zu tun" (864). (Vgl. erneut S. 87 das Wegfallen des konkreten x.) Überhaupt wäre aber auch sein ersteres Urteil "Etwas (x) ist ein Körper" nach der engen Kantischen Urteilsdefinition von Β 141* gar kein Urteil. Denn es sagt selbst nur subjektiv und analytisch die Zugehörigkeit eines Dings oder ansonsten auch schon Begriffs zu einer Klasse von Dingen (oder Begriffen) aus. Von der im Begriff des "Körpers" mitgedachten objektiv-synthetischen Einheit, wie sie (nun nach Bedingungen der transzendentalen Logik und nach den gegebenen empirischen Bedingungen) in einem Erfahrungsurteil "Dieser Körper χ ist (so und so weit) ausgedehnt usw." sich äußern ließe, ist in jenem "Urteil" zumindest nicht eigens die Rede. (* Bekanntlich findet sich da ja, "daß ein Urteil nichts anderes sei, als die Art, gegebene Erkenntnisse zur objektiven Einheit der Apperzeption zu bringen" ) Diese gedachte Inhärenz hat nichts speziell mit dem hier analytischen Urteil zu tun. Sie ist genauso bei jedem einzelnen oder besonderen oder allgemeinen synthetischen kategorischen Urteil anzutreffen. Vgl. IX 130, wo "alle wahre Disjunction" lediglich "bimembris" sein kann und also bei Urteilen mit "mehr als zwei Gliedern der Disjunction" in Wahrheit einfach "membra subdividentia" bloß "um der Kürze willen unter die membra dividentia gesetzt" sind.

164

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

in jeder Beziehung zufällig oder notwendig, und wenn sein Dasein notwendig ist, so ist dieses notwendige Dasein entweder innerlich (unbedingt, kategorisch) oder äußerlich (bedingt, hypothetisch) notwendig."236 Im übrigen entspricht nicht dieses 236

Vgl. zu Kausalität und äußerer als hypothetischer Notwendigkeit Β 279f., und zwar vor allem Β 280 unten das "aus irgendeinem gegebenen Dasein (einer Ursache)". (Oben wird sich gleich im Anschluß Kausalität als die äußere reale Relation zu erkennen geben.) Wir werden wohl nie recht verstehen,* weshalb nicht Kant neben dieser äußeren Notwendigkeit der Kausalität auch die zugrundeliegende "innere Notwendigkeit zu beharren" (B 229) der Substanz in der Erscheinung, die insofern ja als wenigstens "empirisch unbedingt" (B 646) anzusprechen ist, als eine {gleichfalls allerdings bloß durch Induktionsschlüsse) empirisch erkennbare Notwendigkeit will gelten lassen (eben Β 279f.).** Denn es läßt sich zwar wirklich nicht "das Dasein der Dinge (Substanzen)" selbst, aber doch immer das auch zukünftige Beharren desjenigen an ihnen, was bis jetzt behante (gewisse Ausdehnung und Undurchdringlichkeit sowohl als Anziehung in dynamischem Verhältnis, nach Quantität und Qualität), als ein "Dasein, was unter der Bedingung anderer gegebener Erscheinungen", eben jenes früher schon Beharrenden, "als notwendig erkannt werden" (B 279) kann, nämlich immerhin subjektiv, bestimmen. (In diesem Subjektiven und im genannten Sinn doch wieder bloß Bedingten mag irgendwo der Grund zu suchen sein, weshalb die "innere Notwendigkeit zu beharren" nicht zur empirisch erkennbaren objektiven Notwendigkeit gezählt ist. Übrigens findet sie wohl durchaus nicht ohne eine gewisse Analogie zur obigen definitiv nur denkbaren "inneren Notwendigkeit" von Β 99 statt, die als "unbedingte" (V 39316) oder "blinde Notwendigkeit" (V 43415) Fatalität wäre (V 391ff.).) In jenem eingeschränkten und ausdrücklich nur empirischen Sinn, wodurch ja dann ein absolut Zufälliges (immanent) im durchgängig möglichen Kontext einer Erfahrung von vornherein ausgeschlossen ist, kann man also auch folgendermaßen einteilen: "Alles, was da ist, ist nothwendig, entweder schlechthin oder bedingter weise, also ut causatum alterius". Hier ist dann das bedingt Notwendige gerade als ein nur solches "zufallig an sich", d. h. innerlich oder fur sich selbst betrachtet eben nicht notwendig (veränderlich) (XVII 684, vgl. Β 290f.). Das heißt, es ist "zufällig, mithin nur durch etwas Anderes [ihm Außeres, MK] als Ursache möglich" (V 448). Ansonsten gilt ja immer schon, wie gesagt, das "in mundo non datur casus" ("blindes Ohngefähr" (B 280) oder Zufälligkeit in jeder Beziehung: "Casus ist die absolute Zufälligkeit" (XVIII 250) oder die unbestimmbare Vorstellung von "Glück" im strengsten Sinne (B 117)). Allerdings ist diese Stelle XVII 684 aus der Mitte der siebziger Jahre mit einiger Vorsicht zu betrachten, da nicht ganz klar wird, ob hier wirklich in einem speziell empirischen Denken mit dem "schlechthin" in der Tat (nämlich doch wieder nur komparativ-) innerlich oder, wie ja auch beim Ausdruck "unbedingt" zweideutig, nicht doch vielleicht absolut als in jeder Beziehung überhaupt gemeint sei (Schicksal). (* Diese Frage stellt sich auch Grunewald 20f. (siehe später dazu bei ihm auch 99). Dessen weitere Untersuchungen führen dazu, daß er die Postulatenlehre der Kritik von einem in den Metaphysischen Anfangsgründen schließlich erreichten Standpunkt zur "Modalität" her gesehen nachgerade umgeschrieben haben will. Paton (Bd. II, 337f.) spricht bei der Notwendigkeit zunächst einfach von Kategorien oder dann (362) von den Analogien überhaupt oder auch (363, Anm. 4) speziell einmal von der dritten Analogie. Für Ewing ist jedes Erscheinungshafte möglich, wirklich und zugleich notwendig (Ewing 147f, vgl. Paton, Bd. II, 339), wobei allerdings immer nur an sein transzendental Formales zu denken ist. Übrigens mag hierin der Grund für die zuletzt emeut von Grunewald (9ff.) beleuchtete Inkonsequenz liegen, daß nicht nur Kant bei der Erörterung des ersten Postulats (B 265ff.) dasjenige, "dessen Möglichkeit nur'aus der Wirklichkeit in der Erfahrung kann abgenommen werden" (B 270), überhaupt auch bloß bereits erwähnt (denn das ist nicht der Möglichkeitsbegriff des Grundsatzes als der einer Bedingung der Form jeder Wirklichkeit erst), sondern daß er teils umgekehrt dort all demjenigen, das nicht schon aus der Wirklichkeit "abgenommen" ist, sogar bereits die reale Möglichkeit abspricht.) ( · • Denn das "Schema der Notwendigkeit ist das Dasein eines Gegenstandes zu aller Zeit" (B 184), und "die Beharrlichkeit" ist eben nichts anderes als "ein Dasein zu aller Zeit" (B 300). Offenbar läßt sich hier der erstere Satz nur per accidens umkehren (übrigens dann natürlich auch der zweite), d. h., nicht jedes "Dasein zu aller Zeit" scheint der Notwendigkeit zu entsprechen. Im Lateinischen unterscheidet Kant denn auch

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

165

hypothetische Verhältnis aus der Allgemeinheit (von Bedingung zu Bedingtem), das überhaupt hier ein Schließen nur ermöglicht, den wechselseitig bei der Kategorie der Gemeinschaft denkbaren realen hypothetischen Verhältnissen zwischen Zuständen von Substanzen äußerlich in Gemeinschaft des Raums und also auch den wechselseitig möglichen Schlüssen von den wandelbaren inneren Bestimmungen der einen auf die der anderen. Es entsprechen ihnen vielmehr (oder sollen ihnen entsprechen nach ihrer objektiven Einheit) die aus ersterem Verhältnis dort zusätzlich sich ergebenden wechselseitig denkbaren hypothetischen 237 Verhältnisse zwischen den so nur in logische Gemeinschaft gesetzten Gliedern der Einteilung und also auch die wechselseitig möglichen Schlüsse vom Stattfinden oder Nichtstattfinden des einen an sich für sich möglichen Glieds auf das Nichtstattfinden oder Stattfinden des anderen für sich möglichen außer ihm. Zu dieser Entsprechung aber ist Anm. 229 bereits alles Nötige gesagt worden.

cc. Zweite Ergänzung Wir kommen zum zweiten vor der Erörterung der Logik von Analogie und Induktion noch kurz anzusprechenden Punkt, von dem wir sagten, daß auch bei ihm zwei Verhältnisse objektiv-synthetischer und subjektiv-analytischer Bewußtseinseinheit zu unterscheiden seien. Dieser Punkt geht die Bemerkung von weiter oben an, anders als beim bloßen Denken nach der Analogie würden im Analogieschluß gleiche Verhältnisse bei (in) oder zusätzlich auch zwischen empirisch gleichartigen Dingen äußerlich gedacht. Gleich anfangs muß man sich vergegenwärtigen, inwiefern besagte logische Struktur auch beim Induktionsschluß2i% als einem Schluß in Wahrheit (entweder zunächst oder überhaupt nur) auf bzw., nur scheinbar, aus der Analogie sich antreffen läßt. Er ist im Sinne des zweiten Verhältnisses aller Dinge und ihrer inneren Verhältnisse selbst oder in ihren realen äußeren Verhältnissen zu ihrem jetzt auch noch gemeinschaftlichen empirischen Erkenntnisprinzip oder, im letzteren Fall, zu ihren je gemeinschaftlichen Erkenntnisprinzipien gleichfalls ein Schluß ad respektive ob paritatem rationis zu nennen. In der Hauptsache gilt es allerdings zweierlei hier herauszustreichen, d. h., wenn man die Sache recht bedenkt, das zuletzt zwischen " a e t e m i t a s " bei dieser und " c o n s t a n s et perdurabile

rerum" bei der Substanz

(B 186).) 237

238

Zunächst ließ sich das disjunktive Urleil "Alle χ sind a oder sie sind non a" in "Wenn etwas χ ist, so ist es a oder es ist non a" Ubersetzen. Beim disjunktiven Schließen spielen zwei weitere dadurch wechselseitig mögliche hypothetische Verhältnisse eine Rolle. Denn "Wenn etwas χ ist, so ist es, •wenn es a ist, nicht non a, und wenn es non a ist, nicht a". Wir sagten oben einmal anläßlich der scheinbaren Logik, einer der Induktionsschlüsse sei kein Schluß aus oder nach der Analogie. Das hat mit dem hier nun auch für die wahre Logik Vorgetragenen aber nichts zu tun. Denn 13 ist doch immer ein Schluß (Uberhaupt nur) auf Analogie und also ad paritatem rationis zu nennen.

166

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

Angeführte entspricht vielmehr bereits (demnach aber nun jedenfalls bei beiden Schlüssen) der zweiten Hauptsache. Erstens geben, wenn nur von realen Verhältnissen die Rede ist, bei den genannten jeweiligen gleichen empirischen Verhältnissen in oder zwischen Dingen, wie schon kurz angemerkt wurde, die drei in den Analogien der Erfahrung vorgestellten Relationen realer Inhärenz innerlich oder realer ein- oder wechselseitiger Dependenz äußerlich das Schema, mithin auch dasjenige der je korrespondierenden objektiv-synthetischen Einheit des Bewußtseins ab. Dieses Verhältnis objektiver Einheit aber ist den hier ja bereits mit empirischen Gattungsbegriffen einer Gleichheit teils239 schon wirklich, teils zwar nur in Gedanken bestimmter Dinge und Relationen befaßten Analogie- und Induktionsschlüssen als solchen, d. h. als Schlüssen eigentlich schon nur noch ad oder ob paritatem rationis, nicht selbst wesentlich. Es ist ihnen nicht selbst wesentlich, obwohl es ihnen natürlich, sofern von gleichen Dingen schon und realen Verhältnissen und nicht etwa bloß von gleichen Erscheinungen im Gemüt (im Raum) die Rede ist, immer bereits gleich untergelegt ist. Wesentlich ist ihnen vielmehr zweitens das nun noch zusätzlich nach dem Prinzip der Urteilskraft immer mögliche und wenigstens subjektiv auch schon "bestimmte" Verhältnis subjektiv-analytischer Bewußtseinseinheit. Das heißt, wesentlich ist ihnen ein gedachtes Verhältnis vieler gleichartiger Dinge schon und realer Verhältnisse zu ihrem bloß noch gemeinschaftlichen empirischen Erklärungsprinzip (par ratio). Dabei sind also ausdrücklich die für all jene Dinge nach den Analogien prinzipiell immer schon möglichen, jeweiligen bloßen Erfahrungsbegriffe, als ihre teils empirischen Erklärungs- und ßesfwi/wM/7gsprinzipien oder "rationes", nach auch noch analytischer Allgemeinheit des Empirischen als solchen an ihnen in einen ansonsten freilich Erfahrungsbegriff bleibenden empirischen Gattungsbegriff eben ihres Gemeinsamen zusammengefaßt vorgestellt. (Ansonsten ist dann natürlich auch, auf die gleiche Weise, eine Reihe von empirischen Gattungsbegriffen bereits, die ja ebenfalls noch Erfahrungsbegriffe geblieben sind, unter nur höheren empirischen Gattungsbegriffen ihres Gemeinsamen zusammengefaßt vorgestellt.) Die Analogie der Erfahrung macht nur, daß überhaupt bei Erscheinungen jeweils von diesem (selben, beharrlichen) empirisch bestimmten realen Subjekt (als Ding selbst) mit diesen nur so wandelbaren inneren Bestimmungen oder von diesem empirisch bestimmten realen Grund in Beziehung auf diese empirisch bestimmte Wirkung oder von diesen empirisch bestimmten realen Subjekten in Gemeinschaft dieser wechselseitigen realen Dependenz in Ansehung ihrer Zustände gesprochen werden kann. Von den Analogie- und In-

239

Beim Analogieschluß fehlt empirisch noch etwas an bekannten Dingen oder Relationen, bei der Induktion fehlen empirisch noch (ganze) Dinge oder Relationen selbst. Hierin ist der Grund zu suchen, weshalb jedenfalls implizit fälschlich ersterem das Interesse des Inhalts sowie letzterer das Interesse des Umfangs jener empirischen Gattungsbegriffe zugeordnet wird.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlQssen Uberhaupt

167

duktionsschlüssen, die zu diesen (versuchten) empirischen genuinen Bestimmungen, und zwar wirklich also der objektiv bestimmenden Urteilskraft, führen, werden wir später ja noch hören. Dagegen präsumiert das Prinzip der reflektierenden Urteilskraft zusätzlich nur noch, daß immer auch von solchen Dingen mit solchen Eigenschaften oder von solchen Ursachen und solchen Wirkungen oder von solchen Dingen in Gemeinschaft solcher Wechselwirkung die Rede sein kann. Dadurch ergeben sich dann ganz wie beim ersten eingeschobenen Punkt drei (hier zwar empirisch) allgemeine Bedingungen analytisch-allgemeiner Regeln in Beziehung auf ihre je bedingten Glieder, Das wird dann seinerseits einzig wieder, worauf es hier ankommt, eine Möglichkeit von Schlüssen nach der Analogie und durch Induktion bei mehreren wirklichen Dingen und Verhältnissen begründen. - Daß bei den beiden äußeren Verhältnissen der Kausalität zugleich immer schon synthetisch ein (ein- oder wechselseitiges) Verhältnis von realer "Bedingung" (Realgrund) zu realem "Bedingten" gedacht ist (vgl. etwa Β 239), hat also selbst mit diesen Schlüssen bereits wesentlich nichts mehr zu tun. Es geht nur um die Gleichheit wieder, zumal bei der Wechselwirkung, wo ja in beiden Richtungen soll geschlossen werden können, 240 der Ursache sowohl als der Wirkung. Da man es aber in diesen Fällen teilweise jedenfalls, und bei der Gemeinschaft immer, mit je zwei gleichartigen Dingen zu tun haben müßte (dem je affizierenden und dem je affizierten Ding), so werden wir uns, da dies die Darstellung nur ganz unnötigerweise komplizieren würde, im folgenden, wie auch schon oben mehr oder weniger stillschweigend geschehen, zur Erläuterung Fällen der inneren Relation (in der Vergleichung bloßer gleichartiger einzelner Dinge nach ihren gleichen beständigen Eigenschaften) zu Beispielen bedienen, wo immer dies möglich ist. Das heißt, wir werden dies tun, wo nicht zu erörternde Kantstellen das Gegenteil notwendig machen sollten. Einige Überlegungen aber noch zu unserer mit durchaus prinzipiellen Schwierigkeiten behafteten Behauptung (die ansonsten die Thematik unseres ersten Anhangs einer Zuordnung der Reflexionsbegriffe hier zu den Kategorien bereits angeht), denjenigen Analogie- und Induktionsschlüssen, die nicht schon, ein- oder wechselseitig, von gleichen Ursachen auf gleiche Wirkungen241 gehen (wobei ganz offenbar ja Relationskategorien das intellektuelle Schema der objektiven Verhält240

241

Beim einseitigen Schluß von Gleichheit der Ursache auf Gleichheit der Wirkung ist es ja nicht unbedingt notwendig, daß das erste affizierende Ding mit dem zweiten in mehr als einer Hinsicht, nämlich als eben nur der einen Eigenschaft etwa g, durch die es hier Ursache ist, gleichartig sei. Will sagen, es ist nicht nötig, daß es mit ihm überhaupt und auch sonst noch zur selben empirischen Gattung gehöre. Es kann so gut die Wärme g der Sonne wie auch dann die eines Ofens sein, die einmal dieses, einmal ein anderes (hier für die Möglichkeit des Schließens notwendigerweise auch ansonsten dem ersten schon gleichartiges) Stück Ton härtet. Im engeren, wörtlichen Sinn gilt das zwar nur für die Analogie. Denn die schließt, wenn eine solche Ursache wieder gegeben ist, daß nun auch wieder eine solche Wirkung sein werde. Dagegen sagt Induktion immerhin aber, daß immer wenn solche Ursachen gegeben sein werden, dann auch wieder solche Wirkungen anzutreffen sein sollten.

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

168

nisse abgeben), liege die noch verbleibende, diesen vorgängige Kategorie

der

R e l a t i o n "der I n h ä r e n z und S u b s i s t e n z (substantia et a c c i d e n s ) " ( B 1 0 6 ) als der V e r s t a n d e s b e g r i f f der B e u r t e i l u n g und B e s t i m m u n g einer inneren

realen

Relation

zugrunde. Z u n ä c h s t läßt s i c h gar nicht v o n der H a n d w e i s e n , d a ß bei b e s a g t e n A n a l o g i e und Induktionsschlüssen s c h l o s s e n ist: " E i n e s

in

a u f g l e i c h e Eigenschaften

von

Dingen

innerlich

v i e l e n , a l s o in allen: induction. V i e l e s

in

ge-

einem

( w a s a u c h in andern ist), a l s o a u c h a l l e s übrige in d e m s e l b e n : A n a l o g i e " ( X V I 7 5 7 ) . ( V g l . a u c h V 4 6 4 A n m . , w o in e i n e m Fall hier nur der A n a l o g i e aus der K e n n t n i s der E i g e n s c h a f t e n einer c h e "Eigenschaften

Art v o n G e g e n s t a n d bei e i n e m anderen a u f g l e i -

in d e m s e l b e n " g e s c h l o s s e n w e r d e n s o l l t e . ) A u c h kann man,

und sei es in b l o ß e r Kenntnis der K a n t i s c h e n T e x t l a g e , s c h l e c h t e r d i n g s nicht in A b r e d e stellen, daß in der Tat so, w i e bei d e n b e i d e n Kausalitäten w e i l s 2 4 2 äußeren, Relation

g e s p r o c h e n w e r d e n darf und muß: " B e g r i f

S i e ist d i e reale eignes

auch im Fall der Substanzkategorie

v o n einer j e -

v o n einer inneren der

Relation

realen

Definition

B e z i e h u n g e i n e s D i n g e s auf e t w a s anderes w a s e n t w e d e r s e i n

Pradicat o d e r an andern

D i n g e n ist.. Jene ist die innere

Relation" ( X X I 4 5 7 f . ) . E i n e wirklich allerdings berechtigte

dieses die

äußere

Frage ist hier dann

lediglich, o b d a s erste mit d e m z w e i t e n sich z u s a m m e n b r i n g e n und

identifizieren

läßt. M i t anderen Worten, e s ist die Frage, o b wirklich s o g ä n z l i c h ( o d e r über-

242

Es wird noch anzuführen und Grund anzugeben sein (Anhang 1), inwiefern und weshalb empirisch auch schon bei der zweiten Analogie, in der eine Zeitordnung, mithin auch schon einmal eine Zeitfolge zweier Zustande desselben Dings innerlich (B 291 f.), das allein wesentliche Kriterium der Realisierung bereits zu sein scheint, "Kausalität" nur bei einem gedachten Einfluß noch von Substanzen (körperlichen Dingen) äußerlich einen brauchbaren und so erst wirklich sinnvollen Begriff bedeuten kann. Der flüssige Zustand des Wassers* ist offensichtlich nicht Ursache des folgenden festen (Β 162f., vgl. auch die drei Beispiele Β 248f.) - worin ja auch Paton (Bd. I, 544f.) bereits Schwierigkeiten findet, die erst Bd. II beleuchtet und beseitigt werden (etwa 239, Anm. 2). Und die Zuordnung einmal (Β 111) des Begriffs des (äußeren) "Einflusses" erst zur Kategorie der Wechselwirkung, bei der vielmehr immer, wie noch zu zeigen sein wird, speziell wechselseitiger Einfluß schon vorliegt, ist schlichtweg falsch. Sie stimmt auch gar nicht mit anderen diesbezüglichen Stellen, etwa der Zuordnung wieder von "Handlung" und "Leiden" zur einfachen Kausalität bereits (B 108), zusammen (vgl. XVIII 14412). (Mit "Handlung" ist actio transiens eben als Einfluß, nicht actio immanens gemeint.) - Es wird gleichfalls und erst recht darzulegen sein, inwiefern, von einigen Kantischen Stellen durchaus so angegeben, die oben gleich erwähnte bloße Beziehung eines Dings als einer Substanz aufs eigne Akzidens selbst (d. h. allem Anschein nach noch nicht einmal notwendigerweise, wie gerade eben wenigstens noch, nur bereits seinen Wechsel angehend) dennoch nicht schon auch als eine von Ursache zu Wirkung und also dann ja, im Grunde ein Unbegriff, als eine Dependenz innerlich angesehen werden kann. (* Nach dem Opus postumum sind auch die irgend in einen bestimmten Raum eingeschlossenen Flüssigkeiten, zu denen dort auch die Gase als die elastischen im Gegensatz zu den tropfbaren Flüssigkeiten gehören, zu den Körpern zu rechnen (siehe auch IV 540). Das gilt, ob man sie nun, wie bei jedem anderen körperlichen Ding, als Substanzen selbst oder ob man sie wieder als diese oder jene Substanzen in Gemeinschaft der Kohäsion auffassen und bestimmen will (d. h. wenigstens durch gedachte mögliche Trennung in Teile, dann selbst Körper (IV 503)). Gemeint ist hier übrigens immer bereits eine und nicht nur die Substanz im Raum als bloß Materie überhaupt.)

Α. Erste Abgrenzung zweierlei Analogie- und InduktionsschlUsse

169

haupt, gerade eben durch XXI 457f. wieder nahegelegt 243 ) die Begriffe von Dingen und ihren Eigenschaften einerseits und von Substanzen und ihren Akzidenzien andererseits zusammenfallen und sich decken. Denn muß man zwar nicht erst die vielen bekannten Stellen bemühen, in denen "Substanz" nichts anderes als "Ding selbst" bedeutet (etwa A 399 unten oder IV 30721), so ist doch im ersten Fall sinnvoll nur von Verhältnissen von Dingen selbst zu ihren bleibenden eigenen244 inneren Bestimmungen die Rede. Dagegen ist im zweiten von Verhältnissen von Dingen selbst zu ihren an sich bloß zufälligen und wechselnden und also (empirisch) nur auch durch Ursachen äußerlich bestimmten inneren Bestimmungen gesprochen. Oder es sind dabei diese letzteren, sofern man hier wirklich doch wohl an Substanz und Akzidens zu denken hat, jedenfalls gemeint. Was zunächst das zweite angeht, so ist es bekanntlich, um ein wenig auszuholen, subjektiv, "vermöge der Bedingungen des logischen Gebrauchs unseres Verstandes, unvermeidlich, dasjenige, was im Dasein einer Substanz wechseln kann, indessen, daß die Substanz bleibt, gleichsam abzusondern, und in Verhältnis auf das eigentliche Beharrliche und Radikale zu betrachten". In diesem nur Subjektiven liegt dann der Grund, weshalb genannte "Kategorie unter dem Titel der Verhältnisse steht, mehr als die Bedingung derselben, als daß sie selbst ein Verhältnis", jedenfalls der Akzidenzien zur Substanz, "enthielte" (B 230). Dabei wäre übrigens dieses letztere mitsamt seinem zugleich wenigstens teils genauer mit Gemeinten, daß Akzidenzien der Substanz "eigentlich nicht subordiniert, sondern die Art zu existieren der Substanz selber" (B 441) sind, für das Anm. 242 Angeführte {zweites Argument) ganz allein schon hinreichend. Akzidenzien können demnach nicht für "aparte existentien, die nur einer basis bedürfen", etwa "wie ein Buch im Bücherschrank" (XXIX 769f.), gelten. Denn auf die Art stellte man Substanzen 243

244

Siehe auch XXIX 794, wo es wenigstens in einer bloßen Vorlesungsnachschrift einmal heißt: "Im Begriff der substanz liegt nichts, als daß sie k e i n e Eigenschaft eines andern Dinges, s o n d e r n e i n Ding selbst ist." Vgl. auch Β 52, an welcher Stelle, wenn dies nach Kant nur anginge, die Zeit "den Gegenständen an sich selbst" als eine (nicht wechselnde) "Eigenschaft", und dieses dann "inhärierend", zukommen würde (IV 50719f. entsprechend der Raum). Beweglichkeit mechanisch, und zwar vermöge seiner ursprünglichen Attraktions- und Repulsionskräfte als "wesentlichen" (IV 5003) oder Grundeigenschaften aller Materie Uberhaupt (auf denen ihre "innere Möglichkeit" bereits beruht (IV 511)), nicht aber Bewegung auch schon noch ist eine Eigenschaft eines Körpers. Erstere ist hier speziell eine "leidende Eigenschaft" (VIII 15326) als eine positive eigene, dynamische Fähigkeit, von außen (immer teils selbst aktiv) sich affizieren zu lassen, und zugleich dabei zu Reaktion.* Beide aber sind vom (Gedanken vom) Ding selbst zu unterscheidende, bloße inhärierende innere Bestimmungen desselben in einem weiteren Sinn. Wenn man an einem zweier sonst ähnlicher, nicht lebendiger Körper noch eine bestimmte Bewegung als ein bloßes inhärierendes Akzidens wahrnimmt (sei sie, in einem anderen respectus, äußerlich nur in Relation auf andere Körper, und zwar nicht bloß, dann dem Körper selbst nicht wirklich beilegbar, phoronomisch betrachtet, oder sei sie innerlich als eine Gestaltänderung), so kann man auf die Existenz dieser inhärierenden Bestimmung auch im zweiten nur bei einer Beobachtung auch noch einer wieder gleichen (äußeren) Ursache bereits nach der Analogie schließen. Von dieser Art von Schluß soll hier aber gerade ja noch nicht die Rede sein. - Zur Unterscheidung von "Eigenschaft" und bloßem "Zustand" vgl. etwa XXI 16525. (* Siehe etwa XXVIII 43329-38, 513f„ 640 oder XXIX 823; vgl. auch IV 536 zweimal das "beide" )

170

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

äußerlich in Gemeinschaft der Wechselwirkung in Ansehung ihrer Akzidenzien jeweils wieder vor. Vielmehr ist im Grunde "substanz mit demjenigen, quod ei inhaeret, einerley" (XXIX 1003, vgl. XVII 53718). Es ist mithin bei jener Beziehung aufs eigne Akzidens gar nicht an eine "Beziehung eines Dinges" wirklich "auf etwas anderes" (s. ο. XXI 457f.), ihm dann ja Äußeres zu denken. - Soviel vorläufig nur dazu, in welchem speziellen und durchaus eingeschränkten Sinne allein beim Substanzbegriff und beim gleichwohl immer gedachten inesse der wechselnden und empirisch zufälligen inneren Bestimmungen von einer inneren realen Relation (nämlich selbst eigentlich noch keiner Relation) gesprochen werden kann. An sich ist, wenn man das "Innere" dabei nicht nur in einer anderen Hinsicht versteht - etwa im Fall einer durchaus wieder äußeren Relation der Kohäsion der Teile eines Körpers innerlich -, der Ausdruck eines inneren Verhältnisses ein Widerspruch. 245 Die Sache geht aber weiter. Denn auch beim ersten wieder sind es dieselben subjektiven Bedingungen des logischen Verstandesgebrauchs, "alles discursiv, d. i. durch Begriffe, mithin auch durch lauter Prädicate zu denken" (IV 333) und zu erkennen, die machen, daß wir noch einmal in Gedanken, und dieses Mal schon gerade nur in Gedanken, alles dasjenige, was wir an körperlichen, materiellen Dingen als jenem empirischen "eigentlichen Beharrlichen und Radikalen" (mithin auch gerade als beharrlich) erkennen, vom eigentlichen Gegenstand als gedachten Subjekt selbst "gleichsam abzusondern" und in Relation der Inhärenz zu ihm wieder zu betrachten haben. 246 Es ist unvermeidlich, obwohl ja dieses empirisch erkennbare beharrliche Reale (B 183), ansonsten nichts anderes als Kraft freilich, bereits "Gegenstand selbst" (A 182) und "das erste Substratum" (Β 340) der wechselnden inneren Bestimmungen sein soll und obwohl es sich in der Tat, indem man ein weiteres Subjekt zu ihm nicht wieder empirisch finden als wahrnehmen kann, als "empirisch unbedingt" (B 646) bestimmen läßt. Daher sind derart allgemeiner gefaßt schlechterdings "alle reale Eigenschaften, dadurch wir Körper erkennen, lauter Accidenzen, sogar die [beharrliche (B 278), MK] Undurchdringlichkeit, die man sich immer nur als die Wirkung [das Wirken (Anm. 242), MK] einer Kraft vorstellen muß, dazu uns das Subject fehlt" (IV 333f.). Dieses Subjekt ist gleichwohl dasjenige, was wir immer wenigstens hinzude/j/fce/j müssen als das "etwas" (x), das wir "durch die bestandige accidentia der undurch245

246

Baumgarten unterscheidet, im ersten Ansatz gar nicht unähnlich, bloße " r e s p e c t u s " als "relationes latins dictae, vel ad extra, vel ad intra", von den eigentlichen " r e l a t i o n e s " dann "strictius dictae, ad extra" (§ 37, vgl. AA XVII 35). So ist denn auch, wenn man von allen bloß anschaulichen Verhältnissen absieht, "unser Verstandesbegriff von [realen, MK] Verhältnissen selbst" nach Kant einzig und allein derjenige, daß bei numerisch verschiedenen Dingen "eines die Ursache von Bestimmungen in dem anderen" (B 342) außer ihm darstellt. So lesen sich auch all diejenigen Stellen, nach denen, was bei Absonderung (in Gedanken) aller Akzidenzien Ubrigbleibt, das ganzlich "leere Substantiale" (XXIII 30) als bloß χ und nicht etwa wenigstens beharrliche Ausdehnung oder Undurchdringlichkeit (Zurückstoßungskraft) oder vornehmlich Anziehung ist. Siehe etwa IV 33317, XVII 71825 oder XX 27018.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen Oberhaupt dringlichkeit"

e r k e n n e n und d a s auch "die der Artziehung"

enthält

(XVII 537).

Z w a r heißt e s i m m e r w i e d e r einmal, w a s v o r n e h m l i c h natürlich in d e n schen

Anfangsgründen

171

Metaphysi-

s o w i e auch aus bekannten p o l e m i s c h e n G r ü n d e n im A m -

p h i b o l i e k a p i t e l Grundtenor ist, der " S t o f f selbst" delt" ( I V 5 2 5 ) . U n d wirklich ist a u c h "alles nichts anderes als "Kraft"

w e r d e "in Grundkräfte

verwan-

an substantzen, w a s wir erkennen",

( X V I I 7 3 9 ) . A b e r "der Satz: das D i n g ( d i e S u b s t a n z )

i s t e i n e Kraft, statt d e s g a n z natürlichen: die S u b s t a n z h a t e i n e Kraft", bleibt uns g l e i c h w o h l "ein allen o n t o l o g i s c h e n B e g r i f f e n widerstreitender" u n d

für

falscher

Satz (VIII 2 2 4 A n m . ) . 2 4 7 Sieht m a n d e n n auch e t w a s g e n a u e r hin, s o e r k e n n e n wir d i e "Substanz

im R ä u m e " selbst,

im U n t e r s c h i e d z u den w a n d e l b a r e n

B e s t i m m u n g e n " ihres Zustandes,

durchaus nicht als,

"inneren

sondern lediglich

"durch

Kräfte, d i e in d e m s e l b e n w i r k s a m sind" (durch Attraktions- und R e p u l s i o n s k r ä f t e ) . U n d wir m ü s s e n d i e s e Kräfte w i e d e r als "Eigenschaften" das der "substantia p h a e n o m e n o n " selbst ( B 3 3 3 ) , mithin als inhärierende

Akzidenzien

( B 3 2 1 ) u n d als e t w a s ,

aufs n e u e nur "innerlich in e i n e m weiteren

zukommt"

Sinne denken. Mit

anderen W o r t e n , wir m ü s s e n sie i m m a n e n t g a n z a n a l o g zur transzendenten B e trachtung v o n Β 3 3 0 als das Innere d e s D i n g s selbst In diesem

nicht nur d e s Zustandes,

s o n d e r n a l s das

Innere

denken.

Sinne, d. h. w e n i g s t e n s n a c h d e m anderen

v o n i m m e r zwei

zu d e n k e n d e n inneren "Verhältnissen" b e i d e m a l e s c h o n aufx,Ui

subjektiv

liegt nun a l s o das

247

Kraft ist die "Kausalität einer Substanz" (B 676), mithin eine "Eigenschaft" derselben, "die sich [und durch die diese sich nur wieder selbst, MK] als Ursache auf eine [mögliche äußere, MK] Wirkung bezieht" (IV 496) und die man auch, sofern sie nicht aktuell geäußert wird,* ein bloßes inneres Vermögen nennt. Sie kann also als ein wesentlich lnhärierendes nicht in aller Strenge fllr ein Subsistierendes selbst genommen werden. Einzig im Opus postumum findet sich die bloße Idee eines aller stofflichen Eigenschaften entkleideten, zugleich alle stofflichen Eigenschaften überhaupt der übrigen Stoffe ermöglichenden Stoffes, nämlich des Wärmestoffs, zu der "die Vernunft um zu einem obersten Grunde der Phänomene der Körperwelt zu gelangen greifen muß" (XXI 253),** bei dem "die Inhärenz als Subsistenz betrachtet wird", bei dem aber auch dann "immer im Cirkel geschlossen" werden muß. Dieser Wärmestoff ist "causalitas phaenomenon", also eine Eigenschaft ("qualitas occulta") als Gegenstand selbst angesehen (XXI 525). Und man könnte ihn die verkörperte dynamische Potenz selbst nennen, wenn sich nur nicht von Verkörperung dabei ja gerade nicht sprechen ließe. (* Das ist im Grunde nur bei lebenden Wesen so möglich (vgl. XVII 762-7). Denn bei einem dynamischen Gleichgewicht eines realen Widerstreits ist die Kraft bei sich nur neutralisierenden Wirkungen gleichwohl geäußert.) (** Hier im Obergang ist notwendigerweise von einem immanenten "obersten Grunde" gehandelt. Ansonsten ist ja das Substantiale, wenn man es nicht, in Verbindung oder dann vielleicht in einigem selbst gar zusammenfallend mit dem Gedanken vom transzendentalen Gegenstand, wieder immanent als ein bloßes Moment der Erkenntnis eines Gegenstands der Erfahrung begreift (sofern er als ein solcher gedacht wird), "das Ding an sich selbst und unbekant" (XVIII 145).)

248

Im Grunde werden auch die wechselnden Akzidenzien bereits unmittelbar auf das als beharrlich gedachte bloße χ und nicht etwa zunächst oder gar nur auf jene beharrlichen Eigenschaften bezogen - wenn sich auch diese Eigenschaften von Kant schon einmal als das empirische "erste Substratum" selbst angegeben fanden. Wir stellen uns aber nicht die Anziehung oder die Undurchdringlichkeit als bewegt oder in Ruhe oder als mit einer gewissen Gestalt an einem gewissen Ort befindlich vor. Wir stellen das Anziehende und Undurchdringliche (das beharrlich subsi-

172

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

intellektuelle Schema des Substanzbegriffs dem gedachten "objektiven" Verhältnis derjenigen Analogie- und Induktionsschlüsse zugrunde, die nur auf Gleichheit von Eigenschaften von Dingen und nicht bereits auf gleiche Ursachen oder Wirkungen gehen. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß hier nur von den Grundeigenschaften aller körperlichen Dinge überhaupt die Rede war, auf die man natürlich nach der Analogie oder durch Induktion nicht erst empirisch schließen muß. Sofern wir aber die besonderen Eigenschaften bestimmter körperlicher Dinge, wie sie sich unter anderem aus der Verbindung der spezifisch verschiedenen Stoffe in ihnen ergeben, hier nur als gleichfalls beständige und beharrliche im Blick hatten und haben, so läßt sich das Gesagte insofern auf den in Frage stehenden Fall ohne weiteres gleichwohl übertragen. Ein Wort noch zum Begriff einer inneren Relation, die bei den beständigen Grundeigenschaften, wie gesagt, erst recht nicht als ein wahrhaftes Verhältnis derselben zu einem (hier jedenfalls ja nur hinzuzudenkenden) Subjekt wirklich noch einmal im Gegenstand sich auffassen läßt - es müßte sonst nachgerade ein Verhältnis zum eigentlichen Gegenstand im Gegenstand dann wieder, "eine bloße Grille" (B 3 3 3)249, gedacht werden. - Die Vorstellung eines inneren Verhältnisses Uberhaupt, dem ein Schlechthin-\nneres als sein wesentliches Korrelat notwendigerweise fehlt, ist die Vorstellung vom Inbegriff. Ein empirisch bestimmter Gegenstand insbesondere ist demnach dasjenige, "dessen Vorstellung ein Inbegriff mehrer dazu [als zu χ innerlich, MK] gehöriger Pradicate ist" (XVIII 676). 250 Dabei muß dieses x, das also besser noch als ideale "Hülle" denn als idealer "Kern" vorzustellen wäre, nun allerdings bereits, im Unterschied zum bloßen Substantiate, als ein beharrliches χ gedacht werden. Es stellt nur unsere intellektuelle251 "Art" dar, "uns das Dasein der Dinge (in der Erscheinung) vorzustellen" (B 229). Es ist demnach nicht der zu suchende eigentliche subsistierende Gegenstand möglicher Erfahrung selbst, sondern es ist nur der eigentliche Gedanke vom subsistierenden Gegenstand einer möglichen Erfahrung selbst. Man hat es also, womit wir zum Ende kommen, bei der inneren realen Relation, wie sich auch gleich im folgenden bei der Beleuchtung der empirischen Schlüsse auf gleiche Eigenschaften von Dingen sehen läßt, mit einer " Verbindung der accidentien", die insofern nämlich als "einander koordiniert" (B441) gefaßt sind, nicht so sehr mit als vielmehr eher schon "in einer substantz" untereinander zu tun (XVII 680, vgl. auch IV 30826).

249

250

251

stierende x, das bestandig Attraktions- und Repulsionskräfte als seine Grundeigenschaften nur äußert) so vor. "Grille ist ein Hirngespinst das sich nicht haschen laßt wie wohl es einen Laut von sich giebt als ob es was wirkliches ausser uns wäre" (XX 367). Siehe auch Β 321, wo die substantia phaenomenon selbst einen "Inbegriff von lauter Relationen" von Kräften, mithin auch nur von Eigenschaften ausmacht. Einbildungskraft gibt bestenfalls ein immer wieder gleiches. Der Verstand dagegen kann nur denken, daß dieses, sogar als verändert, ein immer noch selbes bezeichne. Beharrlichkeit und Uberhaupt Kontinuität sind bereits Kersiam/esvorstellungen der Zeit (als formaler Anschauung).

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

173

c) Die scheinbare Logik von Analogie und Induktion: Schlüsse ob paritatem rationis Wir gehen einige Schritte zurück und kommen zur Erörterung der äußerlichen als scheinbaren Logik von Analogie und Induktion, wie sie sich, deutlicher zumal bei der ersteren und da teils ohne jede rechte Möglichkeit der Ergänzung eines immer wenigstens gemeinten richtigen Sinns, sogar durchaus schon einmal in Kants eigenen Werken findet. Dabei ist zunächst an jene mögliche Zweideutigkeit zu erinnern, daß in einem allgemeineren Sinn (der Beziehung verschiedener Fälle auf einen gemeinschaftlichen Erklärungsgrund) jeder Schluß "ob paritatem rationis" und also auch der Induktionsschluß I2b, dagegen in einem engeren natürlich gerade auch der Analogieschluß auf schon konkret gegebene weitere Fälle ein Schluß aus oder nach der Analogie genannt werden kann. 252 Wir beginnen mit der Analogie. - Wenn man das nur formale und ohnehin vorauszusetzende dictum de omni2ii sowie die hier gleichfalls schon vorausgesetzten Analogien der Erfahrung nicht bereits mitrechnet, so liegen ihr, wie auch dann der Induktion, zwei transzendentale und ein empirisches Prinzip ihrer Möglichkeit, von welch letzterem hier eigentlich zunächst nur zu handeln ist, zugrunde. (Das gleich zu den beiden transzendentalen Prinzipien Gesagte gehört, wie schon angesprochen, durchaus bereits zur wahren Logik beider Schlüsse. Inwiefern das zweite derselben und damit im Grunde auch das erste bei der reinen Analogie gar nicht greifen kann, wird sofort am notwendigerweise Unstimmigen unserer Darstellung und der entsprechenden Kantstellen sowie auch dann in der Folge, bei der Erörterung dieser wahren Logik, in seinen Gründen noch deutlich werden.) Das Prinzip der Urteilskraft sagt bekanntlich ganz im allgemeinen, daß sich zu allen Naturdingen Gattungsbegriffe ihres empirisch Gemeinsamen in einem möglichen logischen Natursystem immer finden lassen. "Ein Princip der Urtheilskraft" (XVI 709), das sich für die Analogie einmal kurz als "similium eadem ßpar) est ratio" (XVI 756) ausgedrückt findet und das auch (und in Wahrheit also sogar nur, wenn eben jedenfalls jene reine Analogie gemeint ist) für die Induktion gelten bzw. richtiger

252 253

Vgl. aber durchaus auch Anm. 238. Meier behauptet in seinem Auszug aus der Vernunftlehre, die Induktion, die deshalb dann als ein nicht unmittelbarer Schluß gesehen wird, lege in Gedanken folgenden "Obersatz" zugrunde: "was v o n e i n e m j e d w e d e n n i e d r i g e m B e g r i f f e b e j a h e t o d e r v e r n e i n e t werden kann, das kann von ihrem höhem Begriffe allgemein bejahet oder verneinet werden" (vgl. AA XVI 75328-31). Dieser Satz ist aber, abgesehen davon, daß er für die Induktion gar nicht ausreicht (indem sein erster Teilsatz doch gerade die eigentliche Frage bleibt), keine immer doch materiale Prämisse bereits. Er ist nur das bloße (tauto-) logische und formale dictum de omni et nullo selbst, dessen gedachte logische Relation, die sich dadurch natürlich in nichts ändert, hier von der anderen Seite, d. h. von unten, lediglich betrachtet wird. Die transzendentalen und also materialen Analogien der Erfahrung sowie auch das gleichfalls transzendentale Prinzip bzw. die transzendentalen Prinzipien der Urteilskraft werden dann in der Tat zusätzlich zum empirischen Satz Prämissen ausmachen.

174

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

ausreichen wird, gibt in der Anwendung schon des ersteren Prinzips wieder allgemein die Beschaffenheit konkret gegebener empirischer Fälle an, die sich auf dieses erste Prinzip beziehen lassen. (Diese "Beschaffenheit" der Fälle ist wohlgemerkt aber nur eine solche möglicher logischer Beziehung derselben aufeinander.) Zu diesen einstimmigen Fällen hat man dadurch im Grunde dann schon, durch die Vergleichung nicht nur untereinander, sondern auch mit "dem" Prinzip der Urteilskraft mittels dieses zweiten Prinzips, einen empirisch durchgängig allgemeinen Gattungsbegriff bereits wirklich gefunden. Dieser empirische Begriff dann, der also für alle Gegenstände der Gattung gilt, ist schließlich das eigentliche konkrete empirische gegebene "Princip der Möglichkeit einer solchen Schlußart" (V 46435f ), d. h. der Analogie (die im Grunde so betrachtet aber vom gegebenen als gefundenen Allgemeinen aufs Besondere gleichwohl auch dabei durch reflektierende Urteilskraft 254 geht). Es wird dergestalt nämlich möglich, daß man Merkmale, die diesem gemeinschaftlichen Begriff als eben der par ratio allgemein zukommen, ob paritatem rationis oder nach der Analogie von einem Ding auf ein anderes, das "zu einer und derselben Gattung" zählt (V 46438), überträgt. Die Analogie schließt also, wie weiter oben schon einmal gehört, "von einigen Eigenschaften, darin Dinge von einerley Art zusammen stimmen, auf die übrige, so fern sie [die "übrige" Eigenschaften255, MK] zu demselben Princip gehören" (XVI 709), was anhand des folgenden Beispiels der (reinen) Analogie noch einmal kurz "erläutert" sei. Man überträgt von einem zweier Dinge, die in den Eigenschaften a bis f übereinstimmen, ein an diesem noch wahrgenommenes g auf das andere. Dieser Schluß würde 256 sich in seiner Logik bei Kant folgendermaßen analysiert finden: "Das [empirische, MK] Princip der Befugniß, so zu schließen, liegt in der Einerleiheit eines Grundes", nämlich die beiden Dinge "in Ansehung gedachter Eigenschaft" g, "so weit wir sie" nach ihren bekannten gemeinsamen Eigenschaften a bis f "mit einander vergleichen, zu einerlei Gattung zu zählen. Es ist par ratio" (V 464 Anm.). - Um es kurz zu sagen: Man rechnet die beiden Dinge wegen der bekannten gemeinsamen Eigenschaften, durch Zusammenhaltung noch mit den beiden Prinzipien der Urteilskraft, zu einer selben Gattung. Man schließt dann, da sie eben zur selben Gattung gehören, daß sie auch im übrigen bei einem schon

254

255 256

Von einer Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft, wie sie wirklich bei der Analogie (auch sogar nach deren wahrer Logik) stattfindet, wird noch eingehender zu handeln sein. Siehe etwa XVI 75722 oder 7618. Wir zerstückeln hier das Kantzitat ein wenig, um es, das ansonsten in allem Wesentlichen aber gleichbleibt und völlig sinngemäß von uns Ubertragen ist, zur "Erläuterung" des obigen Falls einer inneren Relation gebrauchen zu können. Ein Fall der äußeren Relation würde sich, wie gesagt, nur ungleich komplizierter darstellen lassen - zumal sich an der zitierten Stelle nicht einmal ohne weitere Erörterungen sagen ließe, ob man es hier mit einer Relation vielleicht selbst nur der Inhärenz (nur als Bedingung der Dependenz) oder wirklich äußerlich der Dependenz bereits zu tun hat (Anm. 242, wieder zweites Argument). Man findet dieses Zitat in seinem unveränderten Wortlaut nebst einigen kurzen Bemerkungen zu den gedachten inneren und äußeren Relationen S. 191f., Anm. 273 wiedergegeben.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

175

Bekannten übereinstimmen, sofern es nämlich, dies dabei das "Princip der Befugniß", gleichfalls also zum selben Gattungsbegriff zu rechnen ist. Wir hören besser auf, uns noch weiter in diese offenbar nicht schlüssige Argumentation verwickeln zu lassen. Wir haben das auch alles nicht zu verantworten. Es sollte aber vielleicht noch angemerkt werden, daß nur im Fall einer Gleichheit der inneren realen Relation, also ζ. B. nicht beim Schluß von gleicher Ursache auf gleiche Wirkung, statt von einem Schluß ob paritatem rationis ebensogut von einem solchen "um der identitaet des medii termini willen" (XVI 760) gesprochen werden kann. Denn nur bei kategorischen (Vernunft-) Schlüssen, und zwar hier in einem hypothetischen Vernunftgebrauch, wird durch den Mittelbegriff "ein Erkenntniß unter die Bedingung der Regel subsumirt" (IX 123). Im vorliegenden Fall einer empirisch nach bloß regulativem Prinzip a priori zunächst erst (angeblich) gefundenen Regel ist diese Regel nichts anderes als der in Ansehung des bei dem weiteren Fall noch in Frage stehenden Merkmals g, als des logisch Bedingten der Regel, exponierte Mittelbegriff χ selbst ("Alle χ sind g"). Die Subsumtion aber dieses weiteren Falls unter x, d. h., zu erkennen, daß die Bedingung der Regel hier wieder stattfinde, leistet die Urteilskraft durch analytische Vergleichung und Bemerken einer Übereinstimmung seiner konkreten schon bekannten objektiven (inneren 257 ) Synthesis a bis f mit der gleichfalls schon, aber hier natürlich teils selbst erst aus ihm "bekannten" in abstracto und allgemein gedachten ebensolchen "a bis f ' in x. Dadurch kann diesem weiteren Fall dann auch das g als das logisch, und nicht etwa real durch die Eigenschaften a bis f oder auch den Gegenstand χ selbst, Bedingte der Regel beigelegt werden. Übrigens gilt das alles auch schon, und richtiger, für die Induktion I2b - allerdings unter einer diese Subsumtion angehenden Einschränkung. Es gilt mit der Einschränkung, daß bei dieser Induktion nicht nur das Beilegen des g, sondern daß sogar diese Subsumtion oder eigentlich hier nur Unterordnung bereits aller übrigen noch unbekannten Fälle (an denen man sich also a bis f ohnehin wieder denken muß, an denen man sich aber auch alles mögliche Neue und bislang gänzlich Unbekannte noch vorstellen mag) lediglich in Gedanken geschieht - sei es gänzlich in abstracto oder sei es allerhöchstem, im Grunde nur dann aber wieder mit einem wirklich als Mittelbegriff fungierenden empirischen Gattungsbegriff und also in gewissem Sinne dabei doch 2 5 8 wieder eigentlich subsumierend, vermittelst der Einbildung auch. Denn bei der Induktion (I2b) ist ja von weiteren Fällen derselben Regel von vornherein überhaupt nur die Rede. Dadurch wird dann, nebenbei schon zu erwähnen, eine der denkbaren Fehlerquellen bei der Analogie hier gar nicht erst möglich. 257

258

Wie gehört, ist es hier um eine Verbindung nicht eigentlich mit, sondern eher schon in einer Substanz untereinander zu tun. Diese kleine Unstimmigkeit wird der Grund dafür sein, daß wir diese "Variante" von I2b, d. h. mit Einbildung, bei der Erörterung der wahren Logik eher und wohl richtiger der vermischten Analogie schließlich zurechnen werden. Allerdings scheidet bei ihr die oben gleich genannte Fehlerquelle im Grunde ebenfalls wieder noch aus.

176

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

Es stimmt denn auch überhaupt die scheinbare Logik der Induktion I2b mit der eben umrissenen der Analogie, d. h. jedenfalls bereits für den eigentlich hier vorerst nur zu beleuchtenden scheinbaren Teil derselben, beim ersten noch ungenauen Hinsehen immerhin, das wir uns demnach für einen weiteren Moment noch erlauben werden, ohne weiteres überein. Denn "ob paritatem rationis nennt man auch den Schluß nach der Induktion" (XXIV 777). So findet sich in der Kritik, und zwar anläßlich der Erörterung des Beweises von Hypothesen (B 818), in jenem weiteren Sinn eines Schlusses ob paritatem rationis ein "Schluß nach der Analogie" genannt, was nicht etwa (wie ζ. Β. V 1222-24) ein mit Induktion bloß vermischter Analogieschluß ist. Es ist dort vielmehr, nach dem S. 155f. angeführten äußerlichen Hauptunterschied zwischen Analogie und Induktion, wonach die erstere immer auf konkret gegebene Fälle schließt und überträgt, um einen Schluß zu tun, der nicht anders denn als ein wahrhafter Induktionsschluß I2b (auf alle restlichen Fälle) angesprochen werden kann. Es heißt j a auch bei Jäsche dazu dann später, daß hier " d u r c h I n d u c t i o n " geschlossen sei (IX 8516). Wir meinen natürlich den Schluß, der sagt, "daß, wenn so viele Folgen, als man nur immer versucht hat, mit einem angenommenen [Erkenntnis-, MK] Grunde wohl zusammenstimmen, alle übrigen möglichen auch darauf einstimmen werden", d. h., im vorliegenden Kontext, daß dasjenige, was für alle bisherigen Fälle einer empirischen Regel gilt, auch für alle übrigen Fälle gelten wird. - Alle Fälle überhaupt werden also auch hier wieder von der nach den beiden Prinzipien der Urteilskraft bei einer hinreichenden Zahl ähnlicher bereits bekannter Fälle gefundenen und also dann gegebenen gemeinschaftlichen empirischen Regel abgeleitet. Und auf die restlichen Fälle insbesondere wird dabei nach der Analogie, eben aus dem gegebenen als gefundenen gemeinschaftlichen Gattungsbegriff, geschlossen. Es ist an der Zeit, uns allmählich der wahren Logik von Analogie und Induktion zuzuwenden, d. h. immer unter Voraussetzung der transzendentalen Präsumtionen Kants. Denn zu offenbar ist ja erstens (und zum allerwenigsten) bei dieser Induktion I2b der empirische Gattungsbegriff, nämlich das Prinzip der Möglichkeit des Schlusses auf die restlichen Fälle, niemals in aller Strenge gegeben und in einem wirklichen Übergang zu ihm aus einer tatsächlich hinreichenden Zahl von Fällen wirklich gefunden. Vielmehr läßt sich nur ein beständiges Fortschreiten zu ihm als zu einem immer bloß "angenommenen" gleichen Erkenntnisgrund denken. Es kann dann also allenfalls, wie schon weiter oben bemerkt, von einem Schluß ob paritatem rationis praesumtam gesprochen werden. So ist auch bei jenem "einen" Prinzip der Urteilskraft, "daß nämlich vieles [versteht sich, auch sonst in a bis f schon Ähnliche und Gleichartige 259 , MK] nicht ohne Gemeinschaftlichen Grund in einem Zusammenstimmen werde" (XVI 709), der eine bloße Wahrscheinlichkeits259

Wenn man eine rote Rose, eine blutende Wunde, die Morgenröte, reife Kirschen an einem Baum, einen Dompfaff, ein Stück Sandstein usw. beobachtet, so folgt daraus nichts einem Induktionsoder Analogieschluß auch nur Ähnliches.

Α. Erste Abgrenzung zweierlei Analogie- und Induktionsschltlsse

177

erwägung der Urteilskraft bezeichnende Konjunktiv zu beachten, wie er selbstverständlich ebenfalls beim obigen "similium eadem (S par) est ratio" in Gedanken zu ergänzen ist. (Wie es sich ansonsten mit der reinen und vermischten Analogie verhält, bleibe noch für einen Augenblick zurückgestellt.) Was aber zweitens noch weit mehr sagen will, so geschieht diese Annahme des angeblichen Prinzips der Befugnis von I2b natürlich260 selbst sogar bereits, in welchem genaueren Sinne auch besagte Jäschestelle IX 85 hier eigentlich gelesen werden muß, nur durch in I2b gewissermaßen "eingebaute" Induktion 13 zunächst wiederum. (Diese Induktion 13 ist ein Schluß auf eher denn aus der Analogie.) Deren Möglichkeitsprinzip also, das nicht selbst wieder ein durch sie mit Wahrscheinlichkeit eben erst zu findender gleicher empirischer Gattungsbegriff sein kann, wäre zuallererst einmal zu untersuchen, wenn es um dasjenige des ganzen Schlusses I2b, um das es dabei zu tun sein muß, zu tun ist. Von diesem Prinzip also, das nur in einer Verbindung jener transzendentalen Prinzipien der Urteilskraft liegen kann, und nicht von einem selbst schon abgeleiteten empirischen "Prinzip", das demnach gar keines (als ein wahrhaft Erstes) ist, wird in der Folge, d. h. zunächst immerhin für die Induktion, zu handeln sein.

d) Die wahre Logik von Analogie und Induktion: Schlüsse wesentlich ad paritatem rationis. Induktion, reine Analogie, vermischte Analogie. aa. Allgemeines zur Logik von Analogie und Induktion Bei unserer Betrachtung der wahren Logik von Analogie und Induktion wird zu beleuchten und darzustellen sein, inwiefern (oder inwiefern nicht) diese Schlüsse 260

Der eine oder andere wird, prinzipiell zu Recht, hier aber zu Unrecht, als zweifelhaft betrachten, ob eine Annahme von Hypothesen ohne so etwas wie Abduktion zunächst vonstatten gehe und ob man es also bei der obigen Stelle Β 818 mit einem -wahrhaften Induktionsschluß, jedenfalls einem wahrhaften Induktionsschluß allein, überhaupt zu tun habe. Wir sagten aber schon (Anm. 217), daß wir in diesen "Vorbereitenden Erörterungen" bei der Betrachtung des an sich wirklich allgemeineren Kantischen Begriffs des hypothetischen Vernunftgebrauchs von vornherein nur auf präsumiert durchgängig analytisch-allgemeine empirische Gattungsbegriffe, bzw. die entsprechenden Urteile, unser Augenmerk richten. Für diese Hypothesen aber, wie sie als immer nur vorläufig angenommene Erkenntnisgründe j a wohl heißen dürfen, hat das oben Entwickelte seine vollkommene Richtigkeit. (Ihre Zusammenstimmung mit den "so vielen" bereits versuchten Folgen kann hier natürlich nicht verwundern. Denn sie sind ja selbst zuvor einfach analytisch und durch bloßes Zusammenhalten noch mit dem Prinzip der Urteilskraft aus diesen "Folgen", als wieder den subjektiven Erkenntnisgründen ihrer und ihrer Wahrheit in empirischen Schlüssen, gebildet worden.) Wir werden ganz am Ende dieses Kapitels, im Anschluß an unseren Vergleich der Analogie- und Induktionsschlüsse nach den Analogien zum einen mit denen nach dem Prinzip der Urteilskraft zum anderen, kurz Gelegenheit ergreifen, einige Worte zur Konzeption einer Abduktion zu sagen, die sich nämlich an das bis dahin Vorgetragene erst zusätzlich anschließen kann (Abschnitt D.).

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V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

sich als auf allenfalls Wahrscheinlichkeit gehende mittelbare empirische Schlüsse der reflektierenden Urteilskraft auffassen lassen. Dabei werden zugleich jeweils die bei ihnen denkbaren Fehler und Irrtümer aus ihren Gründen erhellen. Wenn wir aber gerade eben mit der Analogie den Anfang machten - sofern nämlich nach seiner scheinbaren Logik der Induktionsschluß (12b) als ein Schluß gleichfalls nach der Analogie vorzuführen war -, so werden wir nunmehr im Gegenteil mit der Induktion zu beginnen haben. Denn zum einen wird sich der Induktionsschluß 13, bei dem auch jene Beleuchtung und Darstellung, mit Ausnahme allerdings auch hier vielleicht des "Empirischen", weiter keine Schwierigkeiten aufwirft, als der Schluß schlechthin der reflektierenden Urteilskraft zu erkennen geben. Zum anderen wird dann aber auch in gewissem, offenbar noch zu erläuternden Sinne von der reinen Analogie, mit deren Erörterung wir sodann an zweiter Stelle fortfahren werden, gesagt werden können, daß sie in Wahrheit zunächst gleichfalls induktiv, jedoch zugleich dabei ohne Induktion verfahre. Dasselbe wird sich dann auch noch, allerdings durchaus ohne die letztere Einschränkung, von der vermischten Analogie behaupten lassen. Diese ist dadurch dann zugleich die durch einzig Induktion auch gegründete zu nennen, wie umgekehrt jene reine als die überhaupt ungegründete Analogie bezeichnet werden kann. Eine nötig werdende vertiefende Erörterung des Begriffs einer Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft, die nicht nur hier vornehmlich (oder eigentlich nur) bei der Analogie, sondern die für die Unterscheidung überhaupt dann auch von bestimmender und reflektierender Urteilskraft von Wichtigkeit ist, wird in diesem Unterpunkt d) den Abschluß machen (Teilabschnitte ee. und ff.). Vorweg aber zu denjenigen angesprochenenen zu beleuchtenden Momenten, die bei allen drei in Rede stehenden Schlüssen gleich, oder für das zweite Moment jedenfalls im dabei Wesentlichen gleich, gelten werden. Daß man es hier erstens überhaupt mit Schlüssen zu tun habe, bedarf nicht ernstlich einer näheren Erwägung. Ganz offensichtlich ist hier immer aus einem Urteil, das etwas bisher schon bei einem bestimmten Objekt oder bei bestimmten Objekten konkret Erfahrenes aussagt, ein ganz anderes, dem noch keine gemachte Erfahrung bei weiteren Gegenständen zugrunde liegt, gefolgert. Inwiefern dabei zweitens auf eine immer zu erwartende Gleichheit des je eigentlich Empirischen dieser weiteren Objekte nicht unmittelbar geschlossen werden kann, d. h. aus jenem eo ipso nicht Uber sich hinausweisenden bisher schon Erfahrenen allein, liegt ebenfalls auf der Hand. Es folgt ja auch aus demjenigen, was weiter oben Uber eine Notwendigkeit eines Prinzips der reflektierenden Urteilskraft als einer zusätzlichen transzendentalen Prämisse vorgebracht wurde: "Sind die Schlüsse der Urtheilskraft unmittelbare Schlüsse? Nein, es liegt ihnen ein Princip der Urtheilskraft zum Grunde: daß nämlich vieles nicht ohne Gemeinschaftlichen Grund in einem Zusammenstimmen werde, daß also das, was ihm so zukommt, aus einem gemeinschaftlichen Grunde werde nothwendig seyn. ( s -Analogie, In-

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

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duction.)" (XVI 709). - Von diesem Prinzip werden wir auch bei der Erörterung der drei einzelnen Schlüsse als Schlüssen der reflektierenden Urteilskraft immer wieder zu handeln haben. Bei der reinen Analogie, die dadurch aber erst recht ein mittelbarer Schluß auch wieder wäre, würde sogar noch ein weiteres Prinzip, das aber nicht als ein solches gelten kann - nämlich nicht einmal, wie das genannte, als subjektiv nötig -, erfordert werden. Das, anders als bei einem apodiktischen Vernunftgebrauch, versuchte Fortschreiten "vom besonderen zum ( s empirisch=) allgemeinen" (oder meist wohl speziell auch "von den individuis zu generibus") (XVI 709), wie es nach ihrer wahren Logik prinzipiell auch bei der reinen Analogie zunächst zu denken sein wird, macht es schließlich drittens möglich, gedachte Schlüsse "empirische Schlüsse" (XVI 755) zu nennen. Es macht es möglich, obwohl ja, wie gehört, eine ihrer Prämissen, die aber dabei nicht als ein wirklicher Beweisgrund angesehen werden kann, ein transzendentaler Satz ist. Dieses transzendentale Prinzip der Urteilskraft nämlich, dessen konkrete Anwendung jenes eine Prinzip derselben nur aussagt und bezeichnet, ist, anders als etwa die regulative, aber zugleich konstitutive Analogie der Erfahrung, ein bloß regulatives Prinzip des Suchens. Das heißt, es ist ein Prinzip ohne wenigstens formal bestimmte Maßgabe, die auch als reine schon die Bedingung eines so anzutreffenden Inhaltlichen bestimmt angeben würde. Es ist also kein Prinzip einer immer wenigstens versuchten wahrhaften Ableitung (mithin dann auch vermittelst der bestimmenden Urteilskraft) von einem schematisch bereits bestimmten Erkenntnisgrund a priori, der durch objektive Deduktion und transzendentalen Beweis "schon a η s i c h g e w i ß und gegeben" (B 674) wäre. Die Analogie der Erfahrung stellt, in Gestalt der je gleich dann enthaltenen schematisierten Kategorie, die eine apriorische Form objektiv-synthetischer Einheit der bloßen Erfahrungsbegriffe bereit. Diese wird durch das eigentlich Empirische zwar ihrerseits je bestimmt und konkretisiert,261 Dabei soll und muß aber auch umgekehrt immer dieses (ansonsten in der Vergleichung untereinander vielleicht je gänzlich verschiedene) eigentlich Empirische von der Kategorie versuchsweise abgeleitet und durch sie a priori bestimmt werden. (Wir werden bei der versuchten Anwendung der Relationskategorien und also bei den Analogieund InduktionsschlUssen nach ihnen allein, die insofern einesteils natürlich, in der Bildung des Erfahrungsbegriffs, auch wieder empirische Schlüsse genannt werden können, einem rationalen und einem nie wirklich hinreichenden empirischen Beweisgrund oder empirischen Beweisgründen begegnen. Wir werden es mithin mit einer Kombination von apodiktischem und hypothetischem Vernunftgebrauch zu tun haben.) Nun nach dem Prinzip der Urteilskraft, das keine objektive Deduktion gestattet, ist es aber bloß noch und wesentlich um die zu erwartende Gleichheit und analytische Verwandtschaft dieser eigentlich empirischen Anteile der jeweili261

Vgl. S. 18f„ XX 211, sowie den sich anschließenden ersten Absatz dort.

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V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

gen Erfahrungsbegriffe zu tun, die dann in einem ansonsten Erfahrungsbegriff bleibenden empirischen Gattungsbegriff gedacht wird. Für diese zusätzliche andere Form analytischer Bewußtseinseinheit und Allgemeinheit läßt sich aber, indem Gleichheit oder Verwandtschaft ja nur etwas gewissermaßen (nicht real) zwischen den Dingen ist, ohnehin schon gar kein bestimmtes Schema überhaupt und also auch kein bestimmtes Schema a priori denken (vgl. ganz entsprechend Β 692ff.). Sie ist in der Tat hier262 auch bloß empirisch, durch die jeweilige Vergleichung, sofern sie denn stattfand, jener für sich bloß empirischen Anteile untereinander, gänzlich "gefunden" - allerdings für einen wirklich allgemeinen Gattungsbegriff durchaus immer durch Zusammenhaltung auch mit jenem bloß regulativen transzendentalen Prinzip, das dabei aber nur subjektiv eine gänzlich unbestimmte Anweisung zum hoffentlich immer gelingenden bzw. je dann wohl gelungenen Suchen ausmachte. Sie ist nämlich gefunden, ohne daß dabei die immer gleich angetroffene bestimmte rationale Form objektiv-synthetischer Einheit, d. h. der Exponent, wesentlich noch eine eigene Rolle gespielt hätte. - Vielleicht wird das noch ein wenig deutlicher werden, wenn wir gegen Ende dieses Unterpunkts von einer Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft sowie sodann auch beiläufig vom hypothetischen Vernunftgebrauch und schließlich noch später von jenen Schlüssen nach den bloßen Analogien im Unterschied zu den vorliegenden bereits nach dem Prinzip der Urteilskraft zu handeln haben. Indem wir nun also vornehmlich noch untersuchen müssen, inwiefern Analogie und Induktion Schlüsse der reflektierenden Urteilskraft seien, werden wir mit der Induktion 13 den Anfang machen. Diese stellt ja schon rein äußerlich, als ein Schluß wesentlich nur ad paritatem rationis (omnium generis), einen Schluß vom gegebenen empirisch Besonderen, nämlich von einer Vielheit einzelner bestimmter Gegenstände oder allenfalls schon Arten, auf eine empirisch allgemeine Regel desselben (und also nicht nur desselben) dar. Dabei werden wir die verschiedenen stattfindenden Handlungen (Reflexionen) sowie, damit verbunden, das hierzu erforderliche Prinzip bzw. die Prinzipien der reflektierenden Urteilskraft anhand unseres obigen Standardbeispiels einer inneren Relation einer näheren Betrachtung unterziehen. Denn auch hier wieder werden wir es mit den beiden Momenten von "Reflectiren", d. h. mit einer Vergleichung und einem Zusammenhalten gegebener Vorstellungen mit anderen oder mit dem Erkenntnisvermögen, "in Beziehung auf einen dadurch möglichen Begrif' (XX 211), zu tun haben. Es sei dabei zunächst dasjenige für sich etwas näher auseinandergesetzt, was weiter oben, durchaus schon zur wahren Logik gehörig, zum Prinzip oder zu den Prinzipien der reflektierenden Urteilskraft gesagt wurde. 262

Es hat zwar jeder Begriff überhaupt, er sei ansonsten empirisch oder rational, als eine nicht durchgängig bestimmte Vorstellung potentielle analytische Einheit als eine seiner beiden Formen, die hier aber nur logisch ist, an sich, wodurch er also prinzipiell fllr mehrere Gegenstände gelten könnte. Hier ist aber bereits davon die Rede, daß er wirklich für mehrere Gegenstände, und zwar für mehrere Gegenstände der Natur, gilt oder gelten wird.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

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Das Prinzip der Urteilskraft ist eine zum empirischen Schließen, d. h. zwar nicht zum bloßen Vergleichen "aufs Gerathewohl und blind", aber doch zur "gegründeten Erwartung" (XX 2125) zugleich oder eigentlich zuvor eines dabei wieder Gleichen, subjektiv ebenso nötige wie ansonsten auch wunderliche transzendentale Voraussetzung. Denn es ist, dieses letztere betreffend, als Uber der gesamten Natur gleichsam wie der Geist über den Wassern schwebend vorgestellt. Zwar wird nämlich durchaus, was zunächst eher dieses zweite nur angeht, durch dieses Prinzip, wenn es schon "keine Erkenntniß der Objecte und ihrer Beschaffenheit [auch nicht in ihren realen Relationen, MK] enthält" (XX 204), eine "Beschaffenheit der Natur" (XX 202) als Ganzer wieder präsumiert. Diese ist jedoch eine Beschaffenheit, deren die Natur als eine Natur und als eine prinzipiell in ihren einzelnen Objekten und deren jeweiligen realen Relationen subjektiv konkret auch schon erkennbare Natur (V 18532) überhaupt nicht bedarf. Denn zu dieser subjektiven Erkennbarkeit werden prinzipiell, wie sich zeigen wird, die Analogien der Erfahrung genügen. Sie ist eine "Beschaffenheit", die lediglich der eingeschränkten konkreten Fassungskraft des menschlichen Intellekts Rechnung trägt durch die sonst weiter nicht zu gründende Präsumtion, daß die immer findbaren empirischen Begriffe (Erfahrungsbegriffe) zugleich immer als empirische Gattungsbegriffe, mithin nach wesentlich auch noch analytischer Bewußtseinseinheit, für eine ganze Anzahl gleichartiger wirklicher Dinge, die dadurch nur leichter zu überblicken sind, gelten werden. Das Prinzip der Urteilskraft macht also lediglich eine bloß subjektiv nötige transzendentale "Bedingung der Möglichkeit der Anwendung der Logik auf die Natur" aus, nämlich der bloß formalen Logik in Gestalt jeweils des dictum de omni. Es ist "ein Princip der Vorstellung der Natur, als eines [möglichen logischen, MK] Systems für unsere Urtheilskraft, in welchem das Mannigfaltige, in Gattungen und Arten eingetheilt, es möglich macht, alle vorkommende Naturformen durch Vergleichung auf Begriffe (von mehrerer oder minderer Allgemeinheit) zu bringen" (XX 212 Anm.). Wichtiger ist aber, wie schon das zuletzt Ausgeführte dem ersten entsprechend, daß natürlich durch eine bloße Vergleichung vorkommender Naturformen (mit anderen), sowie ja auch ansonsten von Gegenständen überhaupt, keine wirklich allgemeinen Begriffe Zustandekommen können. Denn sofern es dabei beim bisher Gemeinen immer bleiben müßte, kann weder überhaupt noch hier fur das empirische Beurteilen, wo Kant das aus bloßer Nachlässigkeit gleichwohl einmal als möglich ausgibt, von der "bloßen Logik" gelehrt werden, "wie man eine gegebene Vorstellung mit andern vergleichen und dadurch, daß man dasjenige, was sie mit verschiedenen gemein hat, als ein Merkmal zum allgemeinen Gebrauch [zum Schließen wieder aus ihm, MK] herauszieht, sich einen Begrif machen könne" (XX 211 Anm.). Man kann auch nicht einfach, wieder im empirischen Denken und im hier Wesentlichen im Grunde ganz dasselbe, sogar im Fall von "schon bekannten empirischen Gesetzen" von Dingen bei weiteren noch unbekannten Dingen

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V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

"die Reflexion in eine bloße Vergleichung mit [jenen, MK] empirischen Formen, für die man schon Begriffe hat, verwandeln" (XX 213) - d. h. in eine Vergleichung da wohl über diese Begriffe laufend. Denn zu offenbar ist fur eine gegründete Erwartung überhaupt der Möglichkeit jeweils allgemeiner empirischer Gattungsund Artbegriffe in einem logischen Natursystem jene Präsumtion der Urteilskraft und also, vor ihrer Vergleichung immer mit anderen, ein zusätzliches Zusammenhalten überhaupt aller Naturformen insgesamt mit der Urteilskraft und ihrem Prinzip vonnöten. Und ebenso offenbar liegen der gegründeten konkreten Erwartung und Vergleichung dann weiterer wohl gleicher Dinge einer einzelnen demnach präsumierten bestimmten Gattung bereits, d. h. zusätzlich zu den schon bekannten gleichartigen Dingen derselben, Induktions- und Analogieschlüsse auf die Allgemeinheit jener bisherigen empirischen Regel bzw. auf ihre Gültigkeit dann auch für weitere Fälle derselben zugrunde. Das Prinzip der Urteilskraft präsumiert also gänzlich im allgemeinen, in Absicht auf eine Möglichkeit eines einigen logischen Systems der gesamten Natur und also einer Anwendung jeweils wieder des dictum de omni, "daß sich zu allen Naturdingen empirisch bestimmte Β e g r i f f e finden lassen" (XX 211). Dabei geht es speziell bereits, wie gesagt, um Begriffe ihres empirischen Gemeinsamen. Ein Prinzip der Urteilskraft, nach dem vieles auch sonst schon Gleichartige (Anm. 259) nicht ohne gemeinschaftlichen Grund in einem Weiteren zusammenstimmen wird, setzt eine solche Beschaffenheit der ganzen Natur bereits voraus. Es gibt, als ein Prinzip und also als eine Regel, wieder im allgemeinen die nun allerdings schon spezielle Bedingung an, wann sich wohl in bestimmten konkret gegebenen Fällen demnach dann nur einer bestimmten Gattung ein durchgängig allgemeiner Begriff ihres empirischen Gemeinsamen wird finden lassen, d. h., wann man ihn im Grunde schon wird konkret gefunden haben: Wenn vieles (Gleichartige) in einem Weiteren zusammenstimmt, dann wird es einen gleichfalls in seinem Gattungsbegriff zu denkenden gemeinschaftlichen Grund dafür geben. Übrigens läßt sich hier ohne weiteres sehen, daß "ein" Prinzip der Urteilskraft nicht nur einfach eine der beiden Prämissen, sondern daß es natürlich den Obersatz des mittelbaren Schlusses derselben darstellt. Denn durch Subsumtion (der reflektierenden Urteilskraft) der beobachteten und untereinander verglichenen ähnlichen Gegenstände zunächst nur unter die Bedingung desselben wird dann erst ihr präsumiert Bedingtes für die in Rede stehenden subsumierten Fälle gefolgert, womit nun der eigentliche Schluß der Urteilskraft auf die empirische allgemeine Regel schließlich vollzogen ist. - Es ist ausdrücklich noch einmal zu erinnern, inwiefern dabei das Prinzip der Urteilskraft immer schon vorausgesetzt ist. Denn ein Prinzip, "daß nämlich vieles nicht ohne Gemeinschaftlichen Grund in einem Zusammenstimmen werde", sagt für sich ja eigentlich nichts über eine Möglichkeit durchgängiger Allgemeinheit Uber das bisher beobachtete Viele hinaus aus.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen überhaupt

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bb. Zur Logik der Induktion Die Anwendung auf die Induktion 13 anhand unseres obigen Beispiels gleicher innerer Relation (der a bis f zu g) ist nun leicht. Vorauszuschicken ist allerdings noch, daß nur durch die Trennung jeder Regel in Bedingung und Bedingtes derselben (hier bei der inneren Relation: alle χ sind g oder wenn etwas χ ist, so ist es g) ein Schließen, und zwar hier zunächst nur auf diese Regel, überhaupt möglich wird. (Das ist übrigens ja auch bei jedem apodiktischen Vernunftgebrauch der Fall, wo gleichfalls bei oder nach der Subsumtion unter die (nämlich zunächst nur Bedingung der) Regel ein Merkmal, d. h. deren Bedingtes, zum weiteren Beilegen zunächst gewissermaßen noch "übrigbleiben" muß.) Dabei kann man, im vorliegenden empirischen Fall, den Umstand, daß viele bisher beobachteten Gegenstände zu einer und derselben Gattung χ gehören, einzig daran erkennen, daß sie alle schon in den bekanntermaßen zur Gattung χ gehörigen Eigenschaften a bis f oder allenfalls in einigen derselben, übereinstimmen. Daran ändert auch nichts, daß hier prinzipiell natürlich jedes der a bis f sozusagen selbst ein g ist, d. h. ein gleichfalls nur durch Induktion bereits als zur Gattung gehörig präsumiertes Merkmal. Man muß diese a bis f zunächst einmal einfach als Gattungsmerkmale annehmen, um überhaupt sagen zu können, daß eine Bedingung einer allgemeinen Regel (alle χ sind g) hier überhaupt stattfinde. Denn gesetzt das Unmögliche, viele Dinge stimmten nur in g überein und sonst weiter in nichts, oder jedenfalls in nicht vielem charakteristischen Empirischen neben g (wie gesagt, Anm. 259), so würde man auf einen falschen Schluß, daß also immer g sein werde, oder auf den sinnigen hier möglichen, daß also alle solchen Dinge, die wieder g haben werden, wieder g haben werden, ohne weiteres verzichten können. Also in aller Kürze zur Anwendung auf 13, nämlich den versuchten Schluß von gegebenem empirisch Besonderem nur auf die empirische allgemeine Regel desselben. Wir rechnen eine ganze Reihe von bisher bekannten Dingen wegen ihrer Einstimmung in den Eigenschaften a bis f (durch Vergleichung mit anderen, aber auch hier dann schon mit dem "einen" Prinzip der Urteilskraft263 noch) zu einer selben Gattung x. Diese Dinge haben aber alle noch, was wieder analytische Reflexion als zunächst bloße Komparation ausmachen kann, eine Eigenschaft g gemein. Hiermit ist aber die Bedingung des "einen" Prinzips der Urteilskraft, daß vieles (schon Gleichartige) in einem zusammenstimmt (im g), erfüllt. Es kann also auch auf das Stattfinden des Bedingten des Prinzips geschlossen werden: Diese Einstimmung wird einen gemeinschaftlichen Grund haben, der als allgemeines Merkmal gedacht in den Gattungsbegriff bis jetzt nur "a bis f 1 aufgenommen wird (alle χ sind g). Das ist alles.

263

Das mag hier fürs erste s o genügen. Es wird aber gleich, wie auch das im vorigen Absatz teils nicht ganz richtig Ausgeführte, bei der reinen Analogie noch genauer zu analysieren sein.

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V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

Hierbei kann man nun, von bloßen Beobachtungsfehlern bereits und Verwechslungen schon beim Vergleichen usw. natürlich abgesehen, wegen der Trennung auch dieser gesuchten und präsumierten empirischen Regel selbst wieder in Bedingung und Bedingtes auf zweierlei Weise irren. Dabei geht der hauptsächliche Irrtum bereits das präsumiert Bedingte an, nämlich das als ein Gattungsmerkmal (d. h. als ein Merkmal des Begriffs selbst) neu angenommene g. Es kann natürlich eine Vergleichung weiterer Dinge derselben Gattung immer ergeben, daß sich anstelle des g, das sich damit selber als eine spezifische Differenz in Wahrheit nur zu erkennen gibt, eine spezifische Differenz etwa h findet, die, wenn sie selten ist, eine Ausnahme von der Regel heißt, deren Bedingung gleichwohl also immer stattfinden muß. 264 (Es gibt natürlich keine Ausnahmen von Regeln. Es gibt immer nur in ihrer präsumierten Allgemeinheit falsche Regeln. Das erste würde gewissermaßen der Natur anlasten, in der dann falsche Gegenstände existieren müßten - das "obwohl" sagt aber immer nur sw¿y'e£//'v-synthetische Einheit des Bewußtseins und in der Tat dabei eigentlich das Geständnis eines Irrtums aus -, was nur dem unbehutsam urteilenden Subjekt mit seinen "sogenannten Regeln" (XXIV 679, vgl. V 1852) in Rechnung gestellt werden kann.) Der zweite mögliche Irrtum, der von diesem hier noch überlagert werden kann, wobei aber dann das g nicht einmal eine spezifische Differenz darstellt, ist in dem Umstand zu suchen, daß trotz einer Einstimmung aller bisherigen Dinge in a bis f (von denen und nicht den beobachteten Dingen man also besser schon mehr hätte) die Bedingung einer Regel gar nicht erst stattfindet. Das heißt, er liegt darin begründet, daß die Dinge trotz ihrer Ähnlichkeit, soweit sie bisher nur untersucht wurde, gar nicht zu einer selben Gattung zu rechnen sind (z. B. nicht Wale zu den Fischen). Hier könnte dann zwar, für das g, sogar zufällig der Materie nach richtig geschlossen werden (z. B. alle "Fische", nämlich auch die Wale, leben im Wasser). Aber der Form nach hätte man dabei doch immer falsch geschlossen. Ob durch 13 mit wirklich angebbarer und quantifizierbarer Wahrscheinlichkeit geschlossen werden kann, lassen wir gänzlich dahingestellt sein. Die Schwierigkeit, die sich bei den Schlüssen nach den bloßen Analogien der Erfahrung so nicht bieten wird, besteht dabei nämlich nicht nur darin, daß das Prinzip der Urteilskraft als ein bloß regulatives und gänzlich unbestimmtes Prinzip gar nicht in aller Strenge sagen kann, ob sich überhaupt eine entsprechende nötige logische Ordnung von einander unterzuordnenden Klassen von Dingen der Natur finde (und, wenn dem so ist, wo, und da jeweils, wie weit). Eine Schwierigkeit liegt vielmehr auch noch darin, daß zusätzlich die entsprechenden individuellen Gegenstände dieser Klassen auch noch räumlich (und ggf. zeitlich) gleichmäßig verteilt existieren müßten, wenn es nach vielen Beobachtungen ohne Ausnahmen zu wirklicher, quantifizierbarer Wahrscheinlichkeit, daß hier ein g wohl fur alle Dinge einer 264

Die Kuh ist keine Ausnahme der Regel, daß alle Vögel fliegen können, der Strauß ist es (als wirklich Fail einer aber falschen Regel, nicht einfach als nicht Fall der Regel).

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen Uberhaupt

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Gattung gelten werde, sollte kommen können. So hätte vielleicht vor Jahrhunderten ein Australier nach einer ganzen Reihe von Beobachtungen wetten mögen, alle Säugetiere müßten einen Beutel haben. Und auch wir können ja nicht wissen, ob wir nicht vielleicht mit allem, was wir empirisch wissen, die "Australier" des Universums sind. - Diese bloße vorsichtige und nur ganz "milde" Einschränkung 265 der Möglichkeit von Wahrscheinlichkeit bei 13 (der Australier hätte ja prinzipiell seinen Beobachtungskreis erweitern können usw.) darf man später nicht mit einer positiv und deutlich einsehbaren gänzlichen Unmöglichkeit derselben im ersten Ansatz bei der reinen Analogie verwechseln. Zur Induktion I2b, die in Gedanken über die empirisch "gefundene" allgemeine Regel auch noch auf alle weiteren Fälle derselben schließt, bleibt nun nichts weiter zu sagen, als daß sie eigentlich ja aus zwei Schlüssen besteht, von denen aber nur der erste wirklich einen Induktionsschluß selbst ausmacht. Zunächst wird durch 13, und dies ist das einzig Wesentliche, auf die präsumiert allgemeine empirische Regel selbst geschlossen (versuchsweise ad paritatem rationis). Hierbei verhält sich demnach alles so wie eben gerade angeführt. Sodann folgt einfach, wie auch bei jedem apodiktischen Vernunftschluß (ob rationem datam), nur nach dem dictum de omni rein äußerlich als eine bloße Formsache266 aus der so allerdings als einer gleichen bloß angenommenen Regel - und also wegen einer nur präsumierten Identität eines empirischen Gattungsbegriffs -, daß das g auch allen restlichen Fällen der Gattung, die man sich nur immer vorstellen mag, wieder zukommen werde (ob paritatem rationis praesumtam). Man hat es mit einem hypothetischen Vernunftgebrauch zu tun mit eben der Wahrscheinlichkeit, die vorher durch 13 erworben wurde. Die par ratio ist also nicht das Prinzip der Möglichkeit der Induktion (13). Sie ist natürlich ganz im Gegenteil ihr Ergebnis und ihre eigentliche Konklusion allein.

265

266

Diese Einschränkung ist jedenfalls respektiv eine vorsichtige und abgemilderte. Denn es finden sich ansonsten hier durchaus viele Dunkelheiten. Übrigens wird wenigstens in der Vorrede der Metaphysischen Anfangsgründe die eigentlich empirische, " h i s t o r i s c h e N a t u r l e h r e , welche nichts als systematisch geordnete Facta der Naturdinge enthält", im obigen Sinne durchaus wirklich noch einmal eingeteilt (wie ja auch dann in den bekannten kleineren Schriften Kants zum Status der Teleologie). Sie besteht nämlich "wiederum aus N a t u r b e s c h r e i b u n g , als einem Classensystem derselben nach Ähnlichkeiten, und N a t u r g e s c h i c h t e , als einer systematischen Darstellung derselben in verschiedenen Zeiten und Örtern" (IV 468). Allerdings ist weder hier noch in der dritten Kritik (auch nicht in genannten kleineren Schriften) fllr eine solche mögliche nicht logische empirische Topik ein Prinzip a priori der reflektierenden Urteilskraft (d. h. aufs neue auf mögliche subjektive Zweckmäßigkeit der Natur hin) formuliert. Das Genannte folgt zumal hier nur in Gedanken, so daß man, wodurch auch gar kein weiterer Irrtum sich einschleichen kann, schwerlich Uberhaupt von einer wahrhaften Subsumtion sprechen kann. Hiermit hängt zusammen, daß, wenn wir oben gleich von einem hypothetischen Vernunftgebrauch sprechen, dies später noch leicht zu modifizieren sein wird.

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V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

cc. Zur Logik der reinen Analogie Wir wollen nun die wahre Logik der reinen Analogie erörtern. Es wird zu untersuchen sein, inwiefern oder inwiefern nicht dieser Schluß einen Schluß der reflektierenden Urteilskraft vom empirisch Besonderen auf ein empirisch Allgemeines darstellt. Anders gesagt, es ist zu beleuchten, inwiefern oder inwiefern nicht auch hier wieder die nötigen Vergleichungen mit anderen sowie mit dem Prinzip der Urteilskraft mittels eines Zusammenhaltens mit dem "einen" Prinzip derselben statthaben. Welche möglichen Fehler sich bei ihm ergeben können und wie es dabei um eine mögliche Wahrscheinlichkeit bestellt sei, wird sich im Verlauf der Untersuchung von selbst ergeben. Die Induktion konzentriert sich wenigstens immer bereits auf die Frage, ob dasjenige (g), was für alle bisher bekannten Dinge einer Gattung gilt, für alle überhaupt und damit auch fiir alle übrigen gelten werde. Will sagen, sie scheint wenigstens nur das präsumiert Bedingte der Regel sofort in den Blick zu nehmen. Und sie schenkt sich sozusagen, daß man es ansonsten und überhaupt schon mit Dingen einer selben empirischen Gattung zu tun habe, was im empirischen Gebrauch aber nicht angeht - wie sich ja auch überhaupt ein Bedingtes als ein solches ohne seine logisch vorgängige Bedingung gar nicht bestimmt denken läßt. Wir haben denn auch schon immerhin angedeutet, inwiefern sich beim seinerseits eigentlich wieder nur versuchten Feststellen des Stattfindens überhaupt der Bedingung einer allgemeinen Regel durchaus ein Irrtum einschleichen kann (Wale als "Fische"). Nunmehr bei der Analogie läßt sich aber nicht länger aufschieben darzulegen (was wir oben also mehr oder weniger stillschweigend noch Ubergangen haben, was nun rückwirkend aber auch bei der Induktion wieder hinzuzudenken ist), inwiefern diese bloße Subsumtion zunächst überhaupt unter eine selbe Gattung χ dabei ihrerseits bereits mit einem Schluß der reflektierenden Urteilskraft einhergeht. Denn eine solche bloße Subsumtion muß ja vor jeder Möglichkeit von eigentlichen, immer bereits das präsumiert Bedingte g angehenden Analogie- und Induktionsschlüssen selbst zunächst einmal jeweils stattfinden. Genannter Schluß stellt aber selbst weder einen Analogie- noch einen eigentlichen Induktionsschluß wieder dar - wenn auch dabei, insofern ein Stück weit dem letzteren immerhin ähnlich vielleicht, fur jedes einzelne der a bis f vorausgesetzt wird, daß es Gattungsmerkmal ist. Andererseits wird dies, wenn man die Sache recht bedenkt, aber auch gerade nur wegen der gemeinschaftlichen Übereinstimmung vieler derselben (sei es sogar nur bei zwei Dingen) vorausgesetzt, was dann und deshalb doch weit mehr nach Analogie gerade umgekehrt wieder aussehen würde. Dieser Schluß mutet vielleicht also zwar eher schon wie ein Analogieschluß sogar denn wie Induktion an. Und Kant behauptet zwar auch einmal, "nach der Analogie" brächten wir "Dinge empirisch unter eine Gattung" (XVI 75815). Aber das ist gleichwohl

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

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nicht der Fall. Denn rechnet man gegebene Dinge wegen ihrer Einstimmung in a bis f, unter Hinzunahme des gleich noch Auszuführenden, erst einmal zu einer selben Gattung, so folgt zwar natürlich ohne weiteres daraus, es müßten nun auch alle (übrigens dann aber auch wieder alle übrigen noch nicht gegebenen derselben Gattung) in allem Übrigen übereinstimmen, das der Gattung allgemein zukommt. Aber diese dann selbstverständliche Voraussetzung ist j a selbst noch kein Analogieschluß267 oder aber dann auch Induktionsschluß wieder selbst. Wir begnügten uns oben bei jenem "einen" Prinzip der Urteilskraft fürs erste mit dem bloßen Hinweis, es mache so, indem offenbar immer schon und zunächst von ansonsten gleichartigem Vielem bereits die Rede sein müsse, nicht den geringsten Sinn. (Wir identifizierten es zudem ohne Umschweife mit der einmal für die Möglichkeit der Analogie formulierten "Regel" (XVI 7564) similium par est ratio (problematisch verstanden).) Bei Licht besehen muß nun also zunächst einmal dieses "eine" Prinzip der Urteilskraft, "daß nämlich vieles nicht ohne Gemeinschaftlichen Grund in einem Zusammenstimmen werde", in zwei Prinzipien, nämlich das hier wirklich genannte und das dabei und zuvor immer schon mit gemeinte, zerfallt werden. Es will j a die Beziehung der gleichen Fälle einer präsumierten empirischen Regel auf das Prinzip der Urteilskraft sowohl nach Bedingung zunächst als auch sodann erst nach Bedingtem derselben vermitteln. Und es wird nur so Prinzip der Analogie- und Induktionsschlüsse dann auch wirklich sein können. Das similium par est ratio läßt in seiner Unbestimmtheit beide hier notwendigen, aufeinander aufbauenden Deutungen zu. Denn die similitudo kann eine Ähnlichkeit von Dingen sowohl in den (subjektiv für das konkrete Erkennen) das Stattfinden wohl einer gleichen Bedingung einer Regel anzeigenden a bis f als auch in den präsumiert Bedingten g meinen. Dagegen nimmt "ein" Prinzip recht eigentlich schon das wohl auch allgemeine Statthaben des letzteren präsumiert Bedingten dann allein in den Blick. - Wir werden dem hier gemeinten richtigen Sinn auch noch zu richtigen Formulierungen verhelfen. Da wir also zunächst von der Präsumtion des Stattfindens überhaupt einer Bedingung einer empirischen allgemeinen Regel zu sprechen haben, so muß man sich vergegenwärtigen, daß man es im Kantischen Rahmen nicht etwa mit nur willkürlich gebildeten Gattungsbegriffen und einem bloßen Nominalismus zu tun hat. Es ist vielmehr j a mit einer bereits vorausgesetzten logischen Einteilung aller Dinge der Natur selbst zu rechnen. Diese soll denn auch, aber nur für die subjektive bloße Beurteilung und mithin auch nicht wirklich realistisch, auf einen intelligiblen, nach der Analogie eines Verstandes268 zu denkenden Grund verweisen (der obige "Geist über den Wassern"). Wäre das erste bei Kant der Fall, so würde, 267

268

Das erinnert den einen oder anderen vielleicht an das S. 157, Anm. 221 Ausgeführte. Es ist aber, wenn man es vergleichen will, hier etwas durchaus anderes gemeint. Die obige Voraussetzung war synthetisch. Diese hier folgt analytisch und ist nachgerade ja tautologisch. Es ist allerdings hier wesentlich schon nur noch an einen analytisch reflektierenden Verstand zu denken.

188

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

indem die par ratio hier ja nichts anderes ist als der empirische Gattungsbegriff selbst, das similium par est ratio nichts weiter als eine alberne Tautologie und mithin ein analytischer Satz sein. Dieser Satz würde dann ungefähr soviel sagen, wie daß ähnliche Dinge gleichartig (nämlich im Grunde genommen dann wieder nur ähnlich) seien. Im Kantischen Kontext ist das similium par est ratio ein problematischer und zugleich subjektiv notwendiger synthetischer Satz. Er will zwar auch wieder sagen, daß ähnliche Dinge wohl gleichartig seien. Dabei meint die Gleichartigkeit natürlich dann aber eine Zugehörigkeit zu einer selben Gattung (von Natur aus) und damit zu einem gleichen möglichen Erkenntnisgrund. Auf diese Zugehörigkeit muß also dann, sofern sie nicht einfach mit ihr bereits zusammenfällt., über die ausgemachte wie auch immer große Ähnlichkeit hinaus hierbei erst noch (mit bloßer Wahrscheinlichkeit) geschlossen werden. Das wiederum der reflektierenden Urteilskraft zuzuordnende Prinzip, das für diesen versuchten empirischen Schluß auf ein Stattfinden wohl (bei gegebenen Dingen) zunächst nur einer gewissen gleichen Bedingung χ einer allgemeinen Regel nötig ist, besteht in der transzendentalen Präsumtion, daß Vieles nicht ohne gemeinschaftlichen Grund in (möglichst) Vielem zusammenstimmen werde (in den a bis f: similium par est ratio). Dabei bedeutet das erste "Viele" nur die Kategorie der Vielheit im bloßen Unterschied zur Einheit (es seien nur zwei oder so viele man wolle, das bleibt sich hier ganz gleich). Hingegen wird sich die Wahrscheinlichkeit des Schlusses allein von dem zweiten wirklich möglichst Vielen herschreiben. Das Prinzip sodann, das für den versuchten empirischen Schluß auf ein Stattfinden wohl auch noch eines (d. h. allgemein) Bedingten der empirischen Regel nötig ist, besteht in jenem "einen" Prinzip, daß (möglichst) Vieles (ansonsten nun schon zu einer Gattung Gehöriges) nicht ohne gemeinschaftlichen Grund in einem (oder auch beliebig mehreren) Weiteren zusammenstimmen werde (im g usw.: similium par est ratio). Dabei wird dieses Mal also die Wahrscheinlichkeit nicht mit der Zahl der bei den bekannten Dingen schon als gemein bekannten Merkmale, sondern sie wird mit der Zahl der dabei schon ausnahmslos in einem weiteren in Frage stehenden Merkmal übereinstimmenden individuellen Fälle der präsumierten Regel wachsen. Nimmt man nun beides zusammen und integriert das erste in dieses "eine" Prinzip, wie es in Wahrheit bei der Induktion ja immer schon zu denken war, so lautet das eine Prinzip der Möglichkeit von Induktion und Analogie, daß (möglichst) Vieles, das in (möglichst) Vielem zusammenstimmt, nicht ohne gemeinschaftlichen Grund in einem (oder beliebig mehreren) Weiteren zusammenstimmen werde (similium par est ratio). Überträgt nun die reine Analogie ein an einem zweier Dinge, die in a bis f übereinkommen, noch wahrgenommenes g auf das andere, so sieht man auf den ersten Blick, d. h. bei bloßer Betrachtung auch nur seiner ganz unbestimmten Fassung "similium par est ratio" bereits, daß hier von diesem Prinzip gar keine Anwendung möglich wird. Es wird von ihm deshalb keine Anwendung möglich, weil

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen überhaupt

189

die beiden Dinge gerade im dabei wesentlich in Frage stehenden g überhaupt keine similia ausmachen. Diese Anwendung ist aber nicht etwa unmöglich, weil das Prinzip falsch wäre. Denn mit dem hat es im Kantischen Rahmen schon seine Richtigkeit so. Sie findet nicht statt, weil die reine Analogie ohnehin einen ganz unmöglichen Schluß darstellt. Denn daß sich empirische Gattungsbegriffe nach dem Prinzip der Urteilskraft immer finden lassen, heißt nicht, daß man sie überhaupt nicht, nämlich durch eine Untersuchung, die hier zunächst eine Vergleichung des aber nur einmal gegebenen g sein müßte, erst zu suchen hätte. Kant bedient sich der Analogie, nebenbei bemerkt, in der Regel wenigstens nur, aber da durchaus gerne, in den einleitenden Passagen seiner Werke - wo dann die eigentliche Untersuchung auf sie immer erst noch folgt269 und wo sie dann, fem davon, selbst schon ein Beweis sein zu wollen, nicht mehr als die erste vielleicht erfolgversprechende Richtung des Suchens anzeigen kann oder jedenfalls soll. Die erste von zwei nötigen Untersuchungen findet noch statt. Die bemerkte Einstimmung beider Dinge in a bis f (aus der bloßen270 analytischen Vergleichung mit anderen) macht es durch zusätzliches Zusammenhalten mit jenem ersten Teilprinzip möglich, diese beiden Dinge versuchsweise überhaupt zu einer selben Gattung zu zählen. Ein Irrtum würde sich dabei, wie gesagt, nicht etwa durch eine größere Zahl beobachteter Dinge verhindern oder korrigieren lassen, sondern nur durch eine größere Zahl an ihnen schon bemerkter gemeinsamer Merkmale, mit der allein die Wahrscheinlichkeit wächst. Unser Fehler mit Fischen und Walen unterlief uns ebenso, ob wir nun an einem Fisch und einem Wal oder ob wir an hunderttausenden von Fischen und Walen immer wieder nur auf die gleichen zufällig einstimmigen a bis f unser Augenmerk richteten. Die Beobachtung auch nur eines weiteren Merkmals, etwa der vertikalen im Unterschied zur horizontalen Ausrichtung der Schwanzflosse, hätte auf die Spur dieses zunächst die Bedingung der Regel betreffenden Fehlers führen können. Bei der zusätzlichen Frage nun aber, ob auch das g der Gattung wohl allgemein und nur deshalb dann auch, nun ob paritatem rationis praesumtam, dem zweiten Ding wieder zukomme, fehlen offenbar die beiden zum Versuch einer Beantwortung nötigen Handlungen der Urteilskraft. Die reine Analogie kann insofern dann, für diesen zweiten beim Analogieschluß insgesamt noch erforderlichen Schluß, auch überhaupt kein Schluß der reflektierenden Urteilskraft, die nämlich dabei gar nicht reflektiert, heißen. (Eigentlich muß hier zunächst nur, wie gerade anklang 269

270

Subjektiv beim Autor Kant ist wohl meistens die eigentliche Untersuchung eine schon gelungene. Die Analogie ist dann mehr ein rhetorisches Stilmittel. Ein Beispiel findet sich etwa Β 79f. : "Weil es nun aber sowohl reine, als empirische Anschauungen gibt, ... so könnte auch wohl ein Unterschied zwischen reinem und empirischem Denken der Gegenstände angetroffen werden." Die jeweiligen synthetischen Reflexionen nach den Kategorien, die diese a bis f in eine Vielheit von beständigen inneren Bestimmungen von Dingen zunächst einmal zusammennehmen, setzen wir dabei j a schon voraus. Es ist in diesen "Vorbereitenden Erörterungen", woran nicht oft genug erinnert werden kann, immer bereits von an sich nur zusätzlichen Reflexionen und Schlüssen die Rede.

190

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

und wie wir gleich zum Ende noch näher zu betrachten haben werden, von einem ersten von bei diesem zweiten Schluß demnach selbst wieder zwei noch nötigen Schlüssen gesprochen werden. Es muß zunächst wieder nur von einem wesentlichen im Unterschied zu einem mit der Subsumtion bereits unter die gleiche Bedingung als eine Formsache dann einfach wieder folgenden Schluß die Rede sein.) Da keine Vergleichung des g mit den g von anderen Dingen und also auch keine Zusammenstimmung "in einem" stattfinden kann, ist auch für dieses Bedingte g der präsumierten ganzen Regel selbst die Bedingung der Subsumtion unter jenes "eine" Prinzip (im obigen "Gesamtprinzip" die Bedingung nicht des Relativsatzes,271, die noch stattfand) überhaupt nicht gegeben. Es kann also auch kein wirkliches und erfolgreiches Vergleichen noch mit diesem Prinzip, mit dem der Fall nämlich nicht übereinstimmt, gedacht werden. Andererseits bleibt hier immer festzuhalten, daß dieser Fall gleichwohl dann gerade für das g, und zwar in einem hier mithin nur ungegründeten Schluß ansonsten doch der "reflektierenden Urteilskraft" zunächst vom Besonderen aufs empirisch Allgemeine, auf dieses Prinzip bezogen wird. Entgegen dem zu Anfang dieses Absatzes Gesagten fehlt in diesem Sinn eines irrtümlichen Zusammenhaltens mit dem Prinzip und einer irrtümlichen Subsumtion die zweite Handlung der Urteilskraft also dann auch wieder nicht. Nachdem also zwar aus all jenen Prinzipien die Zugehörigkeit der Dinge wohl zur selben Gattung, nicht aber die Zugehörigkeit wohl des g zur Gattung sich ausmachen läßt, könnte neben dem Prinzip der Urteilskraft sowie dem ersten Teilprinzip ihres "einen" Prinzips ganz offenbar das zusätzliche "Prinzip" der reinen Analogie einzig in der wieder nichtempirischen Voraussetzung liegen, daß Gegenstände derselben Gattung total gleich sein werden. Das heißt, es könnte nur in einer Voraussetzung zu suchen sein, daß jede empirisch findbare Gattung zugleich eine schlechthin niederste Art sein werde. 272 Das aber kann zunächst einmal schon deshalb, weil es ganz offensichtlich der Voraussetzung des Prinzips der 271

272

Das Bedingte dieses Relativsatzes, daß das erstere "Viele" deshalb wohl Uberhaupt zu einer selben Galtung zu rechnen ist, ist natürlich der Kürze und Übersichtlichkeit halber weggelassen und nur hinzuzudenken. Der konkrete reine Analogieschluß selbst schließt denn auch "von partialer Ähnlichkeit zweyer Dinge auf totale" (XVI 75710), was Kant in seiner Unmöglichkeit noch beim Niederschreiben offenbar selbst gleich aufstößt, indem er in einem gleichzeitigen Zusatz ergänzt, dabei seien natürlich nur "im G a n t z e n , aber nicht g a n t z ähnliche Dinge" (XVI 75712) gedacht und präsumiert. Selbst letzteres aber, wonach immerhin auf eine Einstimmung in den meisten Eigenschaften und also dann wahrscheinlichenveise in einem bei einem schon bemerkten g soll geschlossen werden können, ist schlichtweg eine Nullaussage. Es läßt sich nämlich, die Zahl der gefundenen oder auch nur möglichen Gattungsmerkmale mag so groß gedacht werden, wie sie will, ganz leicht eine bei weitem größere Zahl möglicher noch zu findender spezifischer (oder empirisch gar individueller) Differenzen immer denken. Es gibt, indem prinzipiell beide Zahlen nicht einmal als an sich endliche angenommen werden können, nicht die leiseste Möglichkeit, aus der Beobachtung einer bekannten Eigenschaft g bei nur einem bekannten Gegenstand, den wir in Ansehung von a bis f mit einem anderen zu einer selben Gattung zählen, auch nur mit der geringsten Wahrscheinlichkeit auszumachen, ob das g ein Merkmal dieser Gattung oder einer spezifischen Differenz und also nur einer niederen Gattung als Art der ersteren darstellt.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt Urteilskraft e i n e s i m m e r m ö g l i c h e n l o g i s c h e n Systems

einander

191

untergeordneter

Arten und G a t t u n g e n widerspricht, k e i n e denkbare w e i t e r e "transzendentale" V o r a u s s e t z u n g Kants b e d e u t e n . Es kann d e s weiteren, selbst n o c h u n a n g e s e h e n d e s s e n , insbesondere Vorwitzes

s c h o n gar nicht,

und z w a r als e i n e V o r a u s s e t z u n g

und der Bequemlichkeit,

des

o h n e j e d e U n t e r s u c h u n g und a l s o g l e i c h s a m in e i n e m Kurzschluß e i n e w e i t e r e subjektiv a u c h nur irgend nötige

z u g r e i f e n , als

Voraussetzung gelten - zumal

z u s ä t z l i c h d i e A n n a h m e e i n e s s o l c h e n "Prinzips" durch e i n e Möglichkeit s c h o n von bekannten

spezifischen

bloßen

n a c h d e m ersten B e s t e n , das sich g e r a d e bietet,

Differenzen

durchaus

n e b e n den a b i s f bei j e n e r

zweiten

Variante der A n a l o g i e aufs handgreiflichste ad absurdum geführt ist (S. 1 5 7 ) . D e n n da w ü r d e dann s c h o n bekannter auf totale

Gleichheit

V e r s c h i e d e n h e i t e n "ungeachtet" ( V 4 6 4 2 7 )

geschlossen.

D a nun d i e s e e i n z i g n o c h denkbare, zur M ö g l i c h k e i t der reinen A n a l o g i e n ö t i g e V o r a u s s e t z u n g kein transzendentales Prinzip sein

kann und da g l e i c h w o h l d i e s e

A n a l o g i e v o n partialer a u f totale G l e i c h h e i t z w e i e r D i n g e schließt,

s o folgt, daß

die z u d i e s e m Z w e c k n o t w e n d i g e r w e i s e zu d e n k e n d e paritas

in A n s e h u n g

auch n o c h d e s Bedingten

g, als das empirische

e i n f a c h g e s c h e n k t und angenommen

273

Prinzip der B e f u g n i s , hier g a n z

w e r d e ( o b paritatem rationis gratis

tam). D i e s e r v o r g e b l i c h e S c h l u ß ob paritatem nur ein S c h l u ß ob petitionem

rationis

principii273

rationis

praesum-

darf a l s o bei Licht b e s e h e n

genannt w e r d e n . Er m u ß richtiger anstatt

Kant bemerkt selbst einmal zu einem Beispiel Meiers zu. nach diesem, " v e r s t ü m m e l t e n V e r n u n f t s c h l ü s s e n " ("alle Menschen können irren, also kann ich auch irren") (vgl. AA XVI 75220fr), das also hier sogar ein vermischter Analogieschluß als hypothetischer Vernunftgebrauch ist, bei dem das empirische "Prinzip" ¡a, wenn nicht durch das falsche Prinzip der Analogie, so doch immer durch Induktion wenigstens annähernd gegründet werden könnte, hier liege eine "petitio principa" (XVI 75210) zugrunde. (Übrigens ist, daß zugleich im Zirkel geschlossen werde, nicht richtig. Es wird zwar, nicht eigens erwähnt, vom Besonderen aufs Allgemeine und von diesem wieder zurück aufs Besondere geschlossen. Aber es wird dabei nicht zurück auf das erstere Besondere und aus dem zweiten Besonderen auch noch gar nicht, in einem weiteren Fortschreiten zu ihm, wieder aufs Allgemeine geschlossen.) Vgl. V 464 Anm., wo wir auf die oben (S. 174, bes. auch Anm. 256) angedeuteten Schwierigkeiten zu inneren und äußeren realen Relationen* nicht weiter achthaben: "Aber aus der ähnlichen Wirkungsart der Thiere (wovon wir den Grund nicht unmittelbar wahrnehmen können), mit der des Menschen (dessen wir uns unmittelbar bewußt sind) verglichen, können wir ganz richtig n a c h d e r A n a l o g i e schließen, daß die Thiere auch nach V o r s t e l l u n g e n handeln (nicht, wie Cartesius will, Maschinen sind) und ungeachtet ihrer specifischen Verschiedenheit doch der Gattung nach (als lebende Wesen) mit dem Menschen einerlei sind. Das Princip der Be/ugniß, so zu schließen, liegt in der Einerleiheit eines Grundes, [nämlich, MK] die Thiere in Ansehung gedachter Bestimmung fg, MK] mit dem Menschen, als Menschen, so weit wir sie äußerlich nach ihren Handlungen mit einander vergleichen [entspricht den als gleich bekannten a bis f und kann für das g hier nicht Erkenntnisgrund sein,** MK], zu einerlei Gattung zu zählen. Es ist par ratio." Ohne daß man hier nun alles verwirrende beständige Hin- und Herspringen zwischen präsumierter gleicher Bedingung, präsumiertem gleichem Bedingten sowie (noch dazu, "lebende Wesen", aber auch "Maschinen", zu ganz unterschiedlichen Bedingungen) einfach präsumiertem Verhältnis zwischen Bedingung und Bedingtem bereits im einzelnen auflösen wollte, so sieht man doch unter dem Strich, daß, ob die Tiere in Ansehung auch eines gleichen Grundes ihres dem menschlichen äußerlich bekanntermaßen ähnlichen Handelns (in Ansehung von Vorstellungen) zu den lebenden Wesen zu zählen sind und ob

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

192 e i n f a c h der reinen

A n a l o g i e h e i ß e n . 2 7 4 S o ist, w e n n

d i e überhaupt ungegründete

d i e s e A n a l o g i e "von e i n i g e n E i g e n s c h a f t e n , darin [dann zwei, e i n e r l e y Art z u s a m m e n s t i m m e n , auf d i e übrige" sie zu demselben

Princip

gehören"

MK] Dinge von

E i g e n s c h a f t e n schließt, "so

fern

( X V I 7 0 9 ) , d i e s e s letztere in W a h r h e i t nichts

anderes als d i e e b e n erst g e s t e l l t e eigentliche

Frage

selbst. Es ist n ä m l i c h g e r a d e j a

die Frage, ob d i e nur e i n m a l g e g e b e n e n g u s w . , als k e i n e s p e z i f i s c h e n D i f f e r e n z e n , gleichfalls

zur selben

A n a l o g i e , zum zweiten

Gattung

und nur deshalb

dann

auch,

D i e S a c h e ist damit aber n o c h nicht z u Ende. D e n n erstens m e n e e m p i r i s c h e Regel lichen, benen

Prinzip

Konklusion

der

kann d i e a n g e n o m -

S c h l u ß , n ä m l i c h dafür, w i e m a n vom

a u f sie, d i e j a dabei a u c h nicht gänzlich275

f e n ist, als e i n e m p i r i s c h e s A l l g e m e i n e s überhaupt selbst

nach

für d e n a u c h bei der reinen A n a l o g i e w i e d e r e i n z i g

w i e a u c h i m m e r ungegründeten Besonderen

eben

Ding w i e d e r g e h ö r e n w e r d e n .

erst komme,

sein. S i e m a c h t g e r a d e u m g e k e h r t das Ergebnis a u s . 2 7 6 Zweitens

wesentgege-

aus der Luft g e g r i f n a t u r g e m ä ß nicht und d i e e i g e n t l i c h e

ist automatisch, und z w a r als e i n e reine

Formsache

alle Lebewesen Uberhaupt nach Vorstellungen handeln, hier eben erst die auszumachende Frage und nicht das "Princip der Befugnis, so zu schließen", ist. Vgl. auch XVI 761, wo ansonsten aber beim folgenden Beispiel nicht recht zu entscheiden ist, ob man es mit reiner oder vermischter Analogie zu tun habe: "Wenn an Dingen dasjenige, was wir an ihnen Gewahr werden, [*] als zu einer und derselben Gattung gehörig gedacht werden muß [läßt sich, von der Modalität abgesehen, als erste Frage noch ausmachen, MK], so wird auch das übrige, was zu eben derselben Gattung erfordert wird [ist bei der nicht durch Induktion gegründeten reinen Analogie die bloße Frage erst, MK], obgleich wir es nicht an ihnen gewahr werden, von ihnen praesumirt werden können, ζ. B. Schwämme kommen mit Gewächsen in Ansehung des Wachsthums überein [resultierender Fehler bereits ftlr eine Präsumtion einer gleichen Bedingung einer Regel überhaupt nur, MK]; also nach der analogie mit [pflanzen] ihnen werden sie auch darin mit ihnen übereinkommen, daß sie sich durch Saamen fortpflanzen [falsche Unterstellung auch noch für alle Pflanzen und also für das präsumiert Bedingte der Regel als ein solches, d. h. damit für die Regel selbst, MK]." (* Diese Schwierigkeiten liegen darin, daß hier eine äußere Relation wieder in Dingen innerlich gedacht wird, wobei das durch sie je Bedingte jeweils selbst schon wieder Bedingung weiterer äußerer realer Relation ausmacht. Das heißt, es ist um einen Fall zu tun, bei dem selbst schon Wirkung jeweils Handlung ("Wirkungsart") jeweils respektiv nach außen zunächst nur wieder ist. Die Sache ist also eigentlich gar nicht so kompliziert. Denn in Ansehung der vorgängigen Vorstellung ist die Bewegung meiner Hand Wirkung. In Ansehung der durch sie äußerlich an einem anderen Ding getätigten Wirkung ist sie aber selbst Handlung (Wirken) und also wieder Ursache. Nichtsdestoweniger hätte also aber oben S. 174 die Erläuterung des Analogieschlusses anhand zumal dieses Beispiels der äußeren Relation ganz unnötige Darstellungsschwierigkeiten aufgeworfen.) (** Das Genannte kann schon gar nicht einerlei Erkenntnisgrund sein ("Einerleiheit eines Grundes"). Wenn schon, dann müßte es einfach überhaupt Grund sein. Allein deshalb bereits ist natürlich das oben von uns eingefügte "nämlich" hinzuzudenken.) 274

275 276

Mit der Induktion verglichen, hat die (reine) Analogie in der Tradition ja auch häufig einen ganz schlechten Stand. Für Fritz Mauthner etwa begeht sie den "Fehler des Generalisierens", und er nennt sie einen "Unsinn" und einen nachgerade auch "barbarischen Schluß" (Mauthner 19f.). Es läßt sich auch gar nicht sehen, worin genau (außer der bloßen Behauptung einer Allgemeinheit) diese Analogie sich "eng an die Induktion" anschließen könne, wenn sie doch, "ohne den Umweg über den allgemeinen Satz zu nehmen, vom Einzelnen direkt auf ein anderes Einzelne" schließt (Ziegler 76). Einmal ist das g ja immerhin gegeben. Hier verhält sich demnach alles so wie schon oben S. 185 bei der Induktion I2b.

Α. Erste Abgrenzung zweierlei Analogie- und InduktionsschlUsse

193

wieder nach dem bloßen dictum de omni, das Beilegen des ganz zu Anfang noch fraglichen Merkmals g allein mit der Subsumtion des zweiten Dings unter die Bedingung dieser wesentlich nun aber Konklusion, also gar nicht unter diejenige eines wahrhaften Prinzips, immer schon vollzogen. Mithin kann auch fur jenes zunächst einzig Wesentliche, und damit für den Analogieschluß insgesamt, von einer petitio principii überhaupt nicht gesprochen werden. In der Tat hat denn auch mit diesem wesentlichen Schluß auch hier wirklich vom empirisch Besonderen auf das empirisch Allgemeine das zweite Ding nicht das allerleiseste zu tun. Es ist dies dasjenige Ding, an dem man fürs erste bloß a bis f kennt und auf das dann erst wieder aus der zuvor immer schon angenommenen Regel durch konkrete Subsumtion eines (d. h. hier dieses) dann nur weiteren Falls unter ihre Bedingung geschlossen wird. Dieses zweite Ding kann auch gar nichts mit dem wesentlichen Schluß Zu tun haben (für das Bedingte und damit für die Regel selbst). Es wäre zunächst alles ebensogut bzw. vielmehr -schlecht, wenn es überhaupt nicht vorhanden wäre. Denn im Grunde ist hier schon bei allein einem Ding mit a bis g vorausgesetzt, daß, wenn ein weiteres Ding einen großen Teil der a bis g wieder haben sollte, ihm dann auch das Restliche derselben wieder zukommen werde. Überhaupt, wer würde sich schon der Mühe unterziehen, die wahrscheinliche gleiche Beschaffenheit aller Gegenstände einer Gattung durch viele Vergleichungen und Untersuchungen und schließlich einen Induktionsschluß zu "bestimmen" zu suchen, wenn sie sich viel leichter und ohne alle Umstände durch die Betrachtung im Grunde eines einzigen derselben würde ausmachen lassen? Es liegt hier also zunächst ein (Kurz-) Schluß nicht nur vom Besonderen, sondern sogar vom Einzelnen auf ein empirisches Allgemeines zugrunde. Und ob man sich dann lediglich denkt, dieses Allgemeine werde auch für für alle restlichen Fälle gelten, oder ob man, wie bei der reinen Analogie, auf einen weiteren konkret gegebenen Fall schließt und übertragt, ist für die Logik des Schlusses nicht von Bedeutung. (Eine Ausnahme macht hier allein, wie weiter oben schon gesagt, daß bei diesem Schluß aus der angenommenen Regel im letzteren Fall allein ein zusätzlicher Fehler unterlaufen kann, nämlich beim konkreten Versuch einer Subsumtion unter ihre Bedingung. Etwas anders ist wohl auch, daß allenfalls der zweite Fall konkrete Gelegenheit bietet, jene ansonsten eigentlich auch ohne ihn möglichen falschen Überlegungen anzustellen. Freilich wird, daß es in Ansehung wenigstens der a bis f noch andere gleichartige Dinge, oder jedenfalls ein Ding, empirisch überhaupt gibt, erst durch ihn bestätigt - was aber für alles Weitere hier bei weitem nicht hinreicht.) Umgekehrt, lassen wir bei I2b von den, sagen wir, hundert Fällen der "eingebauten" 13, die schon in a bis f und g übereinstimmen und die ihre Rolle beim auch dort wesentlichen Schluß auf vermutliche Allgemeinheit einer Regel zu spielen haben, nach und nach neunundneunzig weg - wodurch dann die Wahrscheinlichkeit langsam gegen Null zurückgeht -; nehmen wir das

194

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

zuletzt Angeführte, daß es für die Logik beim Schluß aus dem Allgemeinen gar keine Rolle spielt, ob weitere Fälle konkret

gegeben

oder nur in abstracto oder

vorgestellt reiner Analogie nach

vermittelst der Einbildung immerhin vor dem inneren Sinn bestimmt sind, hinzu: so bleibt auch gar nichts anderes als ein Fall ihrem zunächst einzig

wesentlichen

Bestandteil

(ein

in a bis f und g bekanntes

Ding) am Ende übrig. Diese reine Analogie verfährt demnach in gewissem Sinn zunächst auch wieder

induktiv

aber natürlich

chungen

ohne Induktion

"deduktiv",

(im bloßen Gegensatz zu

dann vom Besonderen und sogar Einzelnen

nämlich auch

aufs Allgemeine). Sie geht zugleich

vonstatten, d. h. ohne die hierzu nötigen

zunächst sei es auch nur noch

zweier

Verglei-

in g übereinstimmender Dinge.

Letzteres hatten wir denn auch allein im Auge, als wir ganz zu Anfang dieser "Vorbereitenden Erörterungen" sagten, wir würden es bei Induktion und Analogie mit zwei durchaus

unterschiedlichen

Verfahren zu tun bekommen,

wesentlich

zunächst oder nur (bei 13) vom empirisch Besonderen auf ein empirisch Allgemeines zu gehen.

dd. Zur Logik der vermischten Analogie sowie Gesamtergebnis: Der Induktionstyp 13 als der einzig

wesentliche

Schluß

der reflektierenden Urteilskraft Zur einzig noch verbleibenden

vermischten Analogie

ist damit im Grunde wei-

ter nicht mehr viel zu sagen. Denn nimmt man beim zuletzt genannten Beispiel die

und g zunächst nicht ungegründeten Analogie,

weiteren neunundneunzig Fälle von 13 (in I2b) mit a bis f weg und stellt sich dann, wie auch bei der

reinen

als

einen weiteren mit a bis f allein gegebenen Fall wieder vor, auf den das g nun konkret übertragen werden soll, so hat man damit ein Beispiel zugleich der ver-

mischten

Analogie erhalten. Zu dieser bemerkten wir j a oben schon, sie könne

allein dann auch die (nämlich gleichfalls natürlich nur durch

13) gegründete

Ana-

logie genannt werden. Da man von partialer auf totale Identität von Dingen, mithin nach jenem für einen eigentlichen Analogieschluß zwar nicht

möglichen

"Prinzip" aus

einem Ding

nötigen,

aber auch gar

mit a bis f und g auf das andere, an dem

bis jetzt nur a bis f bekannt sind, nicht schließen kann, so geht das natürlich bei

hundert

entsprechenden ersten Dingen, sofern sich dadurch im Genannten über-

auch nicht an. Die vermischte Analogie wird also zunächst nur als Induktionsschluß 13 auf Allgemeinheit der Regel schließen können. Sie wird danach erst, wie schon in I2b oder der reinen Analogie A2b, aus der nunmehr mit oder ansonsten auch ohne Wahrscheinlichkeit angenommenen empirischen Regel selbst, durch Subsumtion eines weiteren hier konkreten Falls unter sie, das g nach haupt nichts ändert,

der Analogie auf diesen übertragen - d. h. wie auch ansonsten bei jedem Vernunft-

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

195

schluß überhaupt.211 I2b schließt aus jenen Fällen (über die allgemeine Regel), daß immer wenn weitere Dinge a bis f haben werden, sie dann auch immer g haben werden (etwa XXIV 7777-12, dort bezeichnenderweise mit der Analogie zusammengebracht). Gegründete Analogie A2b schließt aus denselben Fällen (über die allgemeine Regel), daß, da nun ein Ding a bis f hat, es nun auch wieder g haben werde. Das ist der ganze verbleibende Unterschied. Nimmt man also die nicht schließende reine (klassische) Analogie ganz aus, so bleibt allein 13 als der Schluß schlechthin der reflektierenden Urteilskraft vom empirisch Besonderen auf das empirisch Allgemeine übrig. Denn das in I2b und gA2b des weiteren noch zu Denkende hat mit diesem Schluß bereits nichts mehr zu tun. Es folgt rein logisch als eine bloße Formsache und also mit genau auch ihrer Wahrscheinlichkeit, sobald die Regel einmal annähernd gefunden ist. Der Unterschied aber dabei zwischen I2b und gA2b betrifft noch einmal eine bloße Formsache und etwas rein Äußerliches. Es macht nämlich für die Logik, wie gesagt, keinerlei wesentlichen Unterschied, ob alle übrigen Fälle in abstracto vorgestellt oder weitere einzelne Fälle konkret gegeben oder auch schon einmal jeweils einzeln vermittelst der bloßen teils produktiven Einbildung bestimmt gedacht werden. Das zuletzt Genannte wäre etwa bei den "nach den Regeln der Verwandtschaft" vorgestellten hyperbolischen Kometenbahnen von Β 691 so der Fall. Dieses letztere Zwischending, bei dem aber wie in I2b das Dasein überhaupt dieses weiteren Falls (oder da weiterer Fälle) selbst noch eine Frage bleibt, ließe sich am besten vielleicht eine gegründete Analogie nur in Gedanken nennen.

ee. Vertiefende Erörterung einer Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft Zum Abschluß unserer Erörterung der Logik von Analogie und Induktion ist es nun einzig noch nötig, das hier und da schon (etwa S. 4ff.) zum Begriff einer Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft Gesagte zu vertiefen. Denn es soll ja, wie sich für den gegebenen speziellen Rahmen dieser "Vorbereitenden Erörterungen" (S. 136f.) in Kants Nachlaß und bei Jäsche zu Recht lesen läßt, der ganze Analogieschluß als ein solcher ein Schluß der reflektierenden Urteilskraft heißen dürfen. Das heißt, er soll nicht etwa nur nach der "eingebauten" wesentlichen (beim reinen zwar ungegründeten) Induktion 13 so zu nennen sein. Das wird offenbar aber nur dadurch möglich, daß sich vorführen läßt, inwiefern in ihm auch wieder die Subsumtion der weiteren konkreten besonderen Fälle unter das zuvor gefundene und dann gegebene Allgemeine (mithin vom Allgemeinen wieder aufs Besondere ge277

Allerdings kann naturlich nur beim hypothetischen Vernunftgebrauch wirklich von einer Übertragung statt einfach von einem Beilegen des g beim apodiktischen Vernunftgebrauch gesprochen werden.

196

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

hend) als eine Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft aufzufassen ist. Denn diese Subsumtion stellt nach dem Obigen zwar eine bloße Formsache, aber darum doch nicht etwa etwas nur Scheinbares dar (S. 153f., Anm. 216). Zunächst einmal muß kurz dargelegt werden, weshalb sich dieses Problem nur bei der Analogie und nicht eigentlich auch bei der Induktion I2b ergibt. An sich denkt man sich ja auch bei letzterer wieder, und zwar aufs neue in einem zweiten, 278 sich als eine bloße Formsache ergebenden Schluß, daß die gefundene allgemeine Regel auch für alle restlichen Fälle derselben gelten werde. Aber in I2b denkt man sich dies eben nur. Es findet dabei gar keine Subsumtion von Fällen, und sei es auch nur in der teils produktiven Einbildung 279 oder sei es auch nur eines bloßen weiteren Begriffs, vermittelst der Urteilskraft statt. (Es muß also für diesen zweiten Schluß von I2b durchaus nicht, wie Kant einmal will, "auf die Bedingung acht gegeben werden", daß man es nämlich wieder mit Gegenständen "von derselben Art" zu tun habe (XVI 757). Nur von solchen ist j a dabei von vornherein überhaupt die Rede.) Im kategorischen Vernunftschluß (Barbara) sind in der minor bestimmte Fälle, ein Ding oder bereits wieder ein Begriff, unter die Bedingung der Regel durch Urteilskraft subsumiert. Man kann deshalb auch den zweiten Schluß des Analogieschlusses auf weitere als solche durch Reflexion zunächst erst wieder ausgemachte bestimmte Fälle einen hypothetischen Ver«Hrt/igebrauch nennen - d. h. den Schluß aus der aus anderen Fällen zunächst immer nur präsumierten allgemeinen empirischen Regel, deren Bedingung dabei zugleich als Mittelbegriff dient. Im (unmittelbaren) Verstandesschluß durch bloße Subalternation von Urteilen (IX 116) folgt zwar nun auch wieder das besondere aus dem allgemeinen Urteil. Es folgt aber, ohne daß dabei ein Mittelbegriff oder überhaupt eine Subsumtion von Fällen durch Urteilskraft die geringste Rolle spielen würde. Man müßte deshalb auch genauer die Induktion I2b nach ihrem zweiten Schluß, d. h. auch hier aus einer empirisch nur angenommenen Regel, eher vielleicht einen hypothetischen Verstandesgtbrauch nennen. Denn es liegt dabei einfach ein Schluß in abstracto von (präsumiert) allen auf einige, nämlich hier dann einfach auf die restlichen Fälle der Regel, vor. Wenn wir also in diesem Kapitel wiederholt, und teils auch ganz allgemein, von einer Notwendigkeit eines als ein gleicher Mittelbegriff und nicht einfach als par ratio fungierenden empirischen Gattungsbegriffs sprachen - von welcher Notwendigkeit wir mithin oben wohl überhaupt noch zuviel Aufhebens machten -, so gilt dies bei Licht besehen, wie auch hin und wieder nachträglich schon angefügt, immer nur für den zweiten

278

279

Man wird sich sehr wohl erinnern, daß im Laufe der obigen Analysen von mehr als zwei stattfindenden Schlüssen die Rede war. Hier ist der Einfachheit halber nur noch ein erster Schluß auf die allgemeine Regel von einem zweiten Schluß jeweils wieder aus ihr unterschieden. Dies ist eben der Grund, weshalb wir am Schluß des vorigen Teilabschnitts sagten, bei auch sogar bereits nur eingebildeten (subsumierten) weiteren Fällen müsse wohl richtiger von einer "Analogie nur in Gedanken" gesprochen werden.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen überhaupt

197

Schluß der Analogie und da ja auch nur bei einem Schluß auf gleiche innere Relation. Indem wir nunmehr also lediglich die Analogie zu betrachten haben, scheint jedoch vornehmlich zweierlei der obigen Bedingung, man müsse es bei ihrem zweiten Schluß (aus der gegebenen als hervorgebrachten allgemeinen empirischen Regel wieder) mit einer Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft zu tun haben, aufs deutlichste zu widersprechen. Da wäre erstens einmal, daß Kant ausdrücklich an einer Stelle die Subsumtion unter einen gefundenen empirischen Begriff als eine Funktion der bestimmenden Urteilskraft ausgibt. Zweitens ist dann aber auch zu nennen, daß sich ja überhaupt und durchgängig in den von Kant selbst verfaßten Schriften (d. h. nicht im heutigen Nachlaß oder bei Jäsche) der Analogieschluß dieser bestimmenden Urteilskraft gleichfalls zugeordnet findet. Das erste, wie gesagt, läßt sich im Text schlichtweg nachlesen: "Zu jedem empirischen Begriffe gehören nämlich drey Handlungen des selbstthätigen Erkenntnißvermögens: l . d i e A u f f a s s u n g (apprehensio) des Mannigfaltigen der Anschauung 2. die Z u s a m m e n f a s s u n g d.i. die synthetische Einheit des Bewußtseins dieses Mannigfaltigen in dem Begriffe eines Objects (apperceptio comprehensiva) 3. [und demnach in seinen Gebrauch unmittelbar schon wieder überschlagend, MK] die D a r s t e l l u n g (exhibitio) des diesem Begrif correspondirenden Gegenstandes in der Anschauung. Zu der ersten Handlung wird Einbildungskraft, zur zweyten Verstand, zur dritten Urtheilskraft erfordert, welche, wenn es um einen empirischen Begrif zu thun ist, bestimmende Urtheilskraft seyn würde" (XX 220). Um beim zweiten hingegen überhaupt erst einmal zu bemerken, daß in Kants eigenen Werken das Denken nach der Analogie der reflektierenden, das Schließen aber jeweils der bestimmenden Urteilskraft zugewiesen ist, 280 muß man in der Regel wenigstens, und zwar vornehmlich wohl aus dreierlei Gründen, schon ein wenig zwischen den Zeilen lesen - obwohl ja immerhin an einer Stelle ganz ohne Umschweife jenem nur der " S c h e m a t i s m d e r A n a l o g i e (zur Erläuterung)", diesem aber, das versuchsweise ausmacht, ob etwas (ζ. B. ein gewisses g) einem weiteren "Gegenstande selbst als sein Prädicat zukommen müsse", der " S c h e m a t i s m d e r Objectsbestimmung (zur Erweiterung unseres Erkenntnisses)" beigelegt ist (VI 65 Anm.). Die genannten drei Gründe sind, wie sich gleich noch genauer zeigen wird, folgende: Erstens ist vom Analogieschluß fast immer nur ex negativo gehandelt, d. h. anhand von Beispielen, bei denen anstatt seiner in Wahrheit jeweils nur ein bloßes Denken nach der Analogie möglich wird. Zweitens findet, daß man es anderenfalls dann mit einem Analogieschluß zu tun haben würde, teils oder sogar allermeistens, außer eben VI 65 Anm. und dann auch noch V 464f., dabei nicht einmal eigens Erwähnung. Drittens schließlich wirft Kant selbst einmal, in einem auch sonst nicht wenig verwickelten Kontext, die hier 280

Vgl. VI 65 Anm., V 35925-361 II, 45513-4583, 46112-46637 und 48228-48519.

198

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

in Rede stehenden Momente einer bestimmenden oder einer reflektierenden Urteilskraft durcheinander. Übrigens kann hier die Zuordnung überhaupt des Denkens nach der Analogie (d. h. ohne ein Denken gerade einer Gleichartigkeit von Dingen selbst) zur reflektierenden Urteilskraft nur so lange kurz verwundern, bis man sich besinnt, inwiefern ja letztlich auch, und zwar in ihrem nur in subjektiver Rücksicht anzunehmenden, bloß regulativ gebrauchten Begriff einer Natur als Kunst (etwa XX 200f. u. 204), ihrer je versuchten empirischen Klassifikation ein Denken nach der Analogie zugrunde liegt - wie auch ansonsten der ästhetischen und teleologischen Beurteilung, bei welch letzterer ja auch nicht objektiv gültig bestimmt wird.281 Im Analogieschluß wird wegen einer präsumierten paritas rationis etwa bei zwei Dingen "nach der Analogie von dem, was dem Ersteren zukommt, daß es auch dem Letzteren beigelegt werden müsse" (VI 65 Anm.), geschlossen. Dabei ist es diesem letzteren "in der eigentlichen Bedeutung beizulegen" (V 46523). Und es ist dadurch zugleich erkannt und bestimmt, "was es an sich selbst sei" (V 465 Anm.). (Dieses im Kontext des Analogieschlusses immer wieder sich findende "an sich" hat natürlich nichts, bzw. bei manchen Beispielen nur zufällig dann auch noch, mit dem ansonsten allenfalls nach der Analogie aber auch nur gedachten "Ding an sich" zu tun. Man unterscheidet dadurch nur dasjenige von einem Denken einer bloßen gleichen Relation zu ihm ohne gemeinschaftlichen Grund, was wirklich "dem Gegenstande selbst [mithin gerade auch in der Erscheinung, MK] als sein Prädicat zukommen" (VI 65 Anm.) soll. Das heißt, dieses "an sich" bedeu-

281

Das bloß regulative Prinzip (die Maxime) der reflektierenden Urteilskraft überhaupt besteht in der Annahme einer subjektiven Zweckmäßigkeit (der Natur für das Erkenntnisvermögen überhaupt*) in einem weiteren Sinne. Es präsumiert nämlich auch bei den teleologischen Urteilen lediglich die Möglichkeit der erfolgreichen Reflexion subjektiv Uber das eigentlich Empirische, ohne dabei und daraus etwas objektiv gültig bestimmen zu können (etwa V 16931, XX 23422, 2354 u. bes. 236122376). Diese subjektive Zweckmäßigkeit im weiteren Sinne ist entweder als formal (subjektiv im engeren Sinne) oder sie ist als material (real oder "objektiv") gedacht. Beide sind wieder innerlich (bei einem Gegenstand) oder äußerlich (relativ zwischen Gegenständen) beurteilt. Die innerlich formale (XX 2329) (oder subjektive (XX 24923)) Zweckmäßigkeit ist Schönheit und ästhetisch beurteilt. Die äußerlich formale (XX 23236) (oder subjektive, die ja auch mit einem Lustgefühl verbunden wurde (V 18725)) besteht in der möglichen empirischen Klassifikation zunächst nur bloßer Natuiformen und ist logisch beurteilt. Sie ist zwar nicht nach Begriffen beurteilt wie in der teleologischen Reflexion. Und die entsprechende, dann analytische Reflexion geschieht zunächst immer nur - insofern gleichfalls Zweckmäßigkeit in der Anschauung - vor dem empirischen Begriff. Aber sie findet doch immer auf mögliche Gattungsbegriffe hin statt. (Wenn Kant XX 249f. jener innerlich formalen das Erhabene als äußerliche formale Zweckmäßigkeit entgegenstellt, so geschieht dies dort nur in einem anderen respectus.) Über innere und äußere reale Zweckmäßigkeit, die uns hier, wie auch die innere formale es nicht muß, nicht weiter interessieren müssen, ist bekanntlich XX 250f. sowie im zweiten Teil der dritten Kritik alles Nötige in hinreichender Deutlichkeit dargelegt. (* Hierdurch sind, anders als in der Einteilung Teicherts (106), das Angenehme oder auch eine formale objektive Zweckmäßigkeit reiner geometrischer Figuren, auf die beide das Prinzip der Urteilskraft ja auch nicht geht, von vornherein ausgeschieden. Die äußerlich formale Zweckmäßigkeit in Absicht auf empirische Klassifikation findet sich bei ihm nicht berücksichtigt.)

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen überhaupt

199

tet dasjenige am Gegenstand, was man nicht nur als "bloß nach der Analogie an ihm gedachte Eigenschaften und Bestimmungen" (V 484f.) auffaßt. Was aber einem Ding wirklich zukommt und ihm theoretisch beizulegen und an ihm als eine Bestimmung zu erkennen ist, ist teils implizit (etwa V 482ff.)> teils aber auch gleich noch explizit der bestimmenden Urteilskraft zugerechnet.) Würden wir also in einem Analogieschluß von dem, wie wir durch Verstand und Willen Ursachen von dadurch gesetzten Zwecken sind, "der Natur a b s i e h t 1 i c h-wirkende Ursachen unterlegen, mithin der Teleologie nicht bloß ein r e g u l a t i v e s Princip für die bloße B e u r t h e i l u n g der Erscheinungen, ... sondern dadurch auch ein c o n s t i t u t i v e s Princip der A b l e i t u n g ihrer Producte von ihren Ursachen zum Grunde legen, so würde der Begriff eines Naturzwecks nicht mehr für die reflectirende, sondern die bestimmende Urtheilskraft gehören; alsdann aber... als Vernunftbegriff eine neue Causalität in der Naturwissenschaft einführen, die wir doch nur von uns selbst entlehnen und andern Wesen beilegen, ohne sie gleichwohl mit uns als gleichartig annehmen zu wollen" (V 360f.). Mit anderen Worten, wir würden ihnen - keine angenommene paritas rationis - diese Kausalität eben nicht in einem Analogieschluß durch bestimmende Urteilskraft wirklich beilegen. Wir würden sie nach der Analogie, in einer bloßen subjektiven Beurteilung, an ihnen nur denken können. So würde auch (V 45523-28), wenn wir uns nur in diesem Fall mittels eines Analogieschlusses anmaßen könnten "einzusehen: daß, obzwar [vielmehr gerade weil, MK] in uns die moralisch-praktische Vernunft von der technisch-praktischen ihren Principien nach wesentlich unterschieden ist, in der obersten Weltursache, wenn sie als Intelligenz angenommen wird, es auch so sein müsse", dieser Schluß für "die bestimmende Urtheilskraft gefällt". V 457374582 wäre ebenfalls ein Schluß "theoretisch-bestimmend", der ausmachte, daß "auch dem Objecte die einzige Art der Möglichkeit [Ursache zu sein, MK] zukomme, die unserm Vermögen zu denken zukommt". Man vergleiche schließlich noch V 45624-30, wo sich findet, daß wir "erstlich" jene "Eigenschaften des höchsten Wesens nur nach der Analogie d e n k e n können. Denn wie wollten wir seine Natur, wovon uns die Erfahrung nichts Ähnliches zeigen kann, erforschen? [In diesem nicht empirischen Fall ist ja keine paritas rationis nach dem Prinzip der Urteilskraft zu präsumieren, MK.] Zweitens [ist nur die Kehrseite ganz desselben Arguments (V 46519-23), MK], daß wir es durch dieselbe[n] auch nur denken, nicht darnach e r k e n n e n und sie ihm etwa [wieder in einem Analogieschluß, MK] theoretisch beilegen können; denn das wäre für die bestimmende Urtheilskraft in speculativer [theoretischer, MK] Absicht unserer Vernunft, um, was die oberste Weltursache an s i c h sei, einzusehen." Vielleicht am allerdeutlichsten aber wird die Zuordnung des Analogieschlusses zur bestimmenden Urteilskraft, wenn Kant V 463ff. einmal eine Stufenfolge "aller theoretischen Beweisgründe" (V 46315) möglicher Beweise anführt. Von einem solchen Beweisgrund ist dann gesagt, daß er, anders etwa als das Prinzip der re-

200

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

flektierenden Urteilskraft, die "nur subjective Gültigkeit" hat (XVI 759), "objectivgtiltig" sein müsse (V 4 6 1 2 1 ) und " U b e r z e u g e , oder wenigstens auf Überzeugung wirke" (V 4 6 1 1 8 ) . Läßt man hier nun alle praktische Überzeugung von vornherein ganz aus der dann einfacheren Rechnung (vgl. V 4 6 2 3 5 - 4 6 3 1 4 ) , so ist ein jeder Beweis, "der auf Überzeugung angelegt ist" (V 4 6 2 3 5 ) , "ein solcher, der, was der Gegenstand an s i c h sei" (V 4 6 2 3 6 f ) , ausmachen soll. Er ist immer auf "Principien für die bestimmende" (V 4 6 3 4 ) Urteilskraft gegründet. Dabei ist der wirklich überzeugende Beweis (eines apodiktischen Vernunftgebrauchs), wie es zuletzt nur genauer hieß, "auf hinreichende Principien für die bestimmende" Urteilskraft gegründet. "Ein Beweis aber wirkt a u f Ü b e r z e u g u n g , ohne noch zu überzeugen, wenn er bloß auf dem Wege dahin geführt wird, d. i. nur objective Gründe dazu in sich enthält, die, ob sie gleich noch nicht zur Gewißheit hinreichend, dennoch von der Art" (V 4 6 3 9 f r . ) sind wie die ersteren und also gleichfalls solche ftlr die bestimmende Urteilskraft. Einzig der Grad des Fürwahrhaltens wird, was nie eine Qualitätsänderung bewirken kann, ein beständig niedrigerer (vgl. V 46322).

"Alle theoretische Beweisgründe reichen nun entweder zu: 1) zum Beweise durch logisch-strenge V e r n u n f t s c h l ü s s e ; oder, wo dieses nicht ist, 2) zum S c h l ü s s e nach der A η a 1 o g i e ; oder, findet auch dieses etwa nicht Statt, doch noch 3) zur w a h r s c h e i n l i c h e n M e i n u n g ; oder endlich, was das Mindeste ist, 4) zur Annehmung eines bloß möglichen [nicht schon wahrscheinlichen, deshalb nicht unwahrscheinlichen, MK] Erklärungsgrundes, als H y p o t h e s e " (V 4 6 3 1 5 f r ) . Ohne uns hier nun auf eine ganze Reihe beträchtlicher Ungereimtheiten282 einer solchen Staffelung einzulassen, so sieht man doch daran, daß sowohl der Beweis mit dem höchsten wie auch noch der mit dem niedrigsten Grad des Fürwahrhaltens, der nur die Möglichkeit beweist, einer durch bestimmende Urteilskraft ist, noch einmal ganz eindeutig, inwiefern auch der Analogieschluß, der verschiedene Dinge in Ansehung einer gewissen "Bestimmung" (V 4 6 4 3 0 ) zu einer und derselben Gattung zählt, wieder dieser bestimmenden Urteilskraft zugeordnet ist. Denn ganz ohne Zweifel ist im "vom Allgemeinen zum Besonderen fortgehenden Beweis" eines apodiktischen Vernunftgebrauchs, in dem unter die objektiv deduzierten und bewiesenen Grundsätze des Verstandes subsumiert wird und ein Gegenstand "durch synthetische Prädicate theoretisch bestimmt werden soll", diese Subsumtion eine solche der bestimmenden Urteilskraft (V 4 6 3 2 8 - 4 6 4 2 ) . Und auch noch bei einer bloßen Hypothese, die zur "Erklärung [Bestimmung, MK] der Möglichkeit einer gegebenen Erscheinung dienen soll", ist das Kriterium dieser zunächst immer wenigstens auszumachenden realen und nicht nur logischen Mög-

282

Der Analogieschluß müßte ja, um nur eine dieser Ungereimtheiten anzudeuten, zwar wahrscheinlicher als wahrscheinlich, aber doch weniger gewiß als gewiß sein. In der Tat verfährt er selbst bereits auch, dieses letztere angehend, bloß hypothetisch. Dabei ist von dem, was oben zur Wahrscheinlichkeit der reinen Analogie gesagt wurde, noch gar nicht die Rede.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen überhaupt

201

lichkeit nicht einfach im Satz des Widerspruchs zu suchen. Es besteht in einer möglichen Darstellung gedachten Begriffs oder Urteils in der Anschauung und also in einer Übereinstimmung auch hier wieder mit den Grundsätzen des Verstandes, d. h. vermittelst der transzendentalen Urteilskraft (V 46612-25). Man vergleiche dazu schließlich auch noch Β 798, wo wir speziell die Analogien der Erfahrung "einer erlaubten Hypothese zum Grunde legen" würden, wozu wir aber später noch kommen werden als zu einer Hauptsache. Es wurde also erstens die Subsumtion unter einen gefundenen empirischen Begriff, die nach dem oben Ausgeführten eine solche der reflektierenden Urteilskraft sein müßte, ganz im Gegenteil als eine Subsumtion der bestimmenden Urteilskraft angegeben. Es wurde zuletzt zweitens überhaupt der Analogieschluß, der ja ansonsten ein Schluß der reflektierenden Urteilskraft sein soll, durchgängig auf die Seite wieder der bestimmenden Urteilskraft geschlagen. Es stellt sich nunmehr also die Frage, ob man es hier mit wirklichen Widersprüchen zu tun habe oder ob sie, dann als bloß scheinbare Widersprüche, sich auflösen lassen. Mit der Beantwortung dieser Frage hat es aber weiter keine Schwierigkeiten, sobald man sich folgendes in Erinnerung ruft: An jedem empirischen Begriff ύηά ja zwei gänzlich heterogene Momente einer gedachten objektiv-synthetischen sowie einer wohlgemerkt zusätzlich gedachten subjektiv-analytischen Einheit des Bewußtseins zu unterscheiden (letztere bei mehreren gleichartigen, wenigstens präsumiert wirklichen Dingen). Dabei ergibt sich die jeweilige nicht nur logische Möglichkeit derselben aus den Analogien der Erfahrung, nämlich im Verbund mit den für sich keine empirischen Gegenstände bestimmenden Kategorien der Quantität und Qualität, einerseits und aus der zusätzlichen Präsumtion der Urteilskraft andererseits dann noch. Die Analogie der Erfahrung ist ein wesentlich auch konstitutiver, objektiv deduzierter und objektiv bestimmender Grundsatz für die bestimmende Urteilskraft. Das zusätzliche zweite Prinzip aber, wie sich fast überall in der dritten Kritik nachlesen läßt, ist ein bloß regulativer, nur subjektiv gültiger und auch nur subjektiv zu deduzierender Grundsatz deshalb "bloß für die reflectirende Urtheilskraft" (V 398). Wenn demnach auch Kant einmal in der ersten Kritik den dort in ihrer Gesamtheit dem vorliegenden Grundsatz entsprechenden Prinzipien durchaus "einige objektive Gültigkeit" (B 692) zubilligt, und zwar ihres aber nur subjektiv nötigen und zweckmäßigen transzendentalen Status wegen, so heißt dies nur folgendes: Es heißt, daß man eine solche mögliche logische Ordnung, die ja auch selbst gar nichts Objektives ist, zwischen den Objekten wirklich voraussetzen müsse, ohne wohlgemerkt dadurch "etwas an ihnen zu b e s t i m m e n " (B 693). Dagegen liegen die Beweise der objektiven Gültigkeit der deshalb konstitutiven Analogien eben darin, daß durch sie und nur durch sie im Gegenteil Erscheinungen auch objektiv, d. h. als Objekte durchgängig zu bestimmen sind.

202

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

Nun entspricht überhaupt immer der Status oder die "Dignität" oder auch die Modalität eines von einem Prinzip abgeleiteten oder auf es bezogenen Begriffs oder Urteils gänzlich dem Status oder auch der Modalität dieses Prinzips selbst. Ist zum Beispiel das Prinzip ein nur problematischer Satz, so können auch der abgeleitete Begriff oder das abgeleitete und gefundene Urteil, dann aber auch wieder deren weiterer Gebrauch, gleichfalls nur als problematisch gelten. Ganz entsprechend müssen auch hier die von der objektiv bestimmenden Kategorie abgeleiteten und durch eine synthetische Reflexion nach ihr als Maßgabe gefundenen empirischen Begriffe, die insofern dann fürs erste bloße Erfahrungsbegriffe nach wesentlich in ihnen bestimmter objektiv-synthetischer empirischer Einheit heißen müssen, bzw. die entsprechenden genuinen Erfahrungsurteile, sowie aber dann auch wieder ihr weiterer Gebrauch, zur bestimmenden Urteilskraft gehören. Dagegen können die nach dem nicht objektiv bestimmenden, nur subjektiv gültigen Prinzip der reflektierenden Urteilskraft durch hier analytische Reflexion gefundenen und auf es bezogenen empirischen Begriffe, die insofern dann zusätzlich als empirische Gattungsbegriffe nach auch noch subjektiv-analytischer Einheit der obigen empirischen Synthesis (nun bereits definitiv bei mehreren wirklichen Dingen) gedacht sind, sowie dann aber auch wieder ihr weiterer Gebrauch, selbst zur reflektierenden Urteilskraft gehören. Die Subsumtion ist hier wesentlich immer, d. h. auch bei bereits gebildetem Begriff und von ihm auf ein weiteres Besonderes gehend, eine Klassifikation. Das nach ersterem schließlich mögliche Urteil "Dies ist ein x" (oder eigentlich einfach "Dies ist x") bezeichnet nach der im Erfahrungsbegriff χ gedachten objektiven Synthesis (etwa wieder a bis g) wesentlich eine Subsumtion der bestimmenden Urteilskraft. Dagegen kann das nach dem zweiten nun zusätzlich noch mögliche Urteil "Dies ist auch ein x", das ja filr dieses weitere Moment der analytischen Einheit wesentlich gar keine objektive Bestimmung mehr aussagt und bei dem die Urteilskraft auch "nicht schematisch, sondern t e c h n i s c h " (XX 213) verfährt, in der Tat auch wieder nur eine Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft bedeuten. Dieses Urteil "Dies ist auch ein x", durch das bei Licht besehen auch gar nichts anderes als jene durch das Prinzip der Urteilskraft präsumierte und hier dann nur an einem Fall in concreto angetroffene äußere subjektive Zweckmäßigkeit ausgesagt ist - nämlich denselben schon gebildeten Begriff einfach auch hier wieder gebrauchen zu können -, ist insofern dann auch als ein bloßes Reflexionsurteil (d. h. ohne objektiven Bestimmungsgrund dahinter) so gut wie das ästhetische oder auch teleologische anzusehen. Da man nun also immer unterscheiden muß, welches jener beiden Momente eines empirischen Begriffs wesentlich gerade in Rede steht, so sieht man hier auf den ersten Blick, inwiefern sich wohl von hier aus betrachtet jene beiden obigen Widersprüche als bloß scheinbare Widersprüche auflösen lassen. Was den ersten derselben angeht, so kann durchaus unbeschadet einer Subsumtion eventuell gleichwohl der reflektierenden Urteilskraft dann im Analogie-

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

203

schluß die Subsumtion unter einen gefundenen empirischen Begriff eine solche der bestimmenden Urteilskraft sein, wenn das objektiv bestimmende Moment objektivsynthetischer Bewußtseinseinheit nach den Kategorien im Blick ist. Wirklich erhält man ja, und zwar betreffs der beiden ersten Handlungen dort, in der obigen Stelle XX 220 (von S. 197) einen kleinen rudimentären und verkürzten Einblick nicht in die logische, sondern in die synthetische Begriffsbildungslehre Kants. (Es ist bezeichnenderweise zunächst auch nur von der Bildung eines Begriffs der mannigfaltigen Erscheinungen "eines Objects" dann die Rede.) Wir haben ganz oben wiederholt bereits dargelegt, inwiefern die " Z u s a m m e n f a s s u n g d. i. die synthetische Einheit des Bewußtseins dieses Mannigfaltigen in dem Begriffe eines Objects" nicht einfach, wie hier kurz angegeben, durch Verstand bewerkstelligt wird. Sie ist selbst bereits, in einem Verstandesgebrauch, durch " Ü b e r l e g u n g der Art [oder hier genauer erst Weise, MK] der Verbindung" des Mannigfaltigen "in Einem Bewußtsein (reflexio)" ermöglicht (S. 56, VII 396). Das heißt, sie wird genauer ermöglicht durch "Reflexion der Urtheilskraft" (S. 31, XXII 353) und dabei wieder durch Reflexion der (nämlich "in ihrer Reflexion zugleich" oder auch schlechthin) "bestimmenden" Urteilskraft (XX 212). Daß hier nun (XX 220) erst die dritte Handlung der " D a r s t e l l u n g (exhibitio) des diesem Begrif correspondirenden Gegenstandes in der Anschauung" der bestimmenden Urteilskraft zugerechnet ist, erklärt sich leicht daraus, daß ja im Grunde diese Handlung nur die Verbindung der ersten beiden Handlungen ausmacht. Denn jenes eigentlich gegebene und aufgefaßte Mannigfaltige der Anschauung ist nunmehr, in einer "Verwandlung" von "Erscheinung in Erfahrung" (IV 5 5 5),283 unter dem nach der Kategorie gefundenen Erfahrungsbegriff als ein gegebener Gegenstand vorgestellt - mithin jetzt aber mit gemachter synthetischer Einheit dieses gegebenen Mannigfaltigen. (Vgl. zum hier zugrundeliegenden zweifachen Sinn von "gegeben" erneut S. 110, Anm. 142.) Es ist hier von einer zusätzlich möglichen Klassifikation und von analytischer Einheit, in einer Überlegung wirklich bereits noch einer Art oder auch Gattung jener teils dann auch schon empirischen Verbindung nun aber gänzlich nach diesem empirischen Bestandteil, überhaupt noch nicht die Rede. Man kann also auch an eine Subsumtion der reflektierenden Urteilskraft dabei noch gar nicht denken. Umgekehrt kommt es aber dann zweitens beim Analogieschluß als einem solchen auf eine Präsumtion auch noch dieser möglichen bzw. wirklichen analytischen Einheit wesentlich an. Überhaupt geht ja auch die reflektierende Urteilskraft gar nicht auf Entdeckung der jeweiligen empirischen Prinzipien (das besorgen die Analogien der Erfahrung), sondern immer bereits nur noch auf gemeinschaftliche

283

Die synthetische Reflexion schlägt also sogleich, das eigentliche Verslehen selbst, in synthetische Determination über. Man wird dies auch hier wieder nicht so verstehen, als ob dadurch etwa gesagt werden sollte, die reflektierende Urteilskraft gehe in die bestimmende Uber. Denn davon kann in der ganzen vorliegenden Arbeit nirgends die Rede sein.

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

204

e m p i r i s c h e P r i n z i p i e n ( V 1857) o d e r "Allgemeinheit o d e r e b e n a n a l y t i s c h e "Einheit

der Principien" ( V

schluß, der präsumiert, das e t w a s an g e w i s s e n D i n g e n bereits Erkanntes stimmtes lich

bei g e w i s s e n anderen "auch so sein müsse"

auch

wieder,

( n ä m l i c h vorher

insofern jeweils

durchaus

s c h o n und nun auch wieder),

aber d a s p r ä s u m i e r e n d e "müsse",

durch

bestimmende

in einer B e z i e h u n g a u f das Prinzip

Licht

besehen

nur

noch

a u f präsumierte

nach d e m

Bestimmung

Gleichheit

objektiver

g e f u n d e n e s gleiches

zip, d. h. unter e i n e n präsumierten c o n c e p t u s communis, insofern unter d e n B e g r i f f einer Klasse

u n d bei

Bestimmung j e w e i l s aber

e m p i r i s c h e s Prin-

ist, als e i n e S u b s u m t i o n

v o n D i n g e n , a u c h w i e d e r nur als e i n e s o l -

Urteilskraft a u f z u f a s s e n .

E s war a l s o e i g e n t l i c h , o b w o h l jeweils

natürlich g e n u i n o b j e k t i v e

g e d a c h t ist - w a s überhaupt die o b i g e Z u o r d n u n g zur bestimmenden 284

Prin-

und a u c h nicht

s o s e i n müsse"). D i e Subsumtion

unter ein n a c h d e m Prinzip der Urteilskraft

Urteils-

Notwendig-

o b j e k t i v e B e s t i m m u n g : Er g e h t wesentlich

( n ä m l i c h e b e n d a ß e s hier "auch

c h e der reflektierenden

der

A b e r der A n a l o g i e s c h l u ß als A n a l o -

g e h t nicht e i g e n t l i c h a u f objektive

e i n f a c h nur a u f präsumierte

aus: Er

m ü s s e " - dabei g e h t w o h l g e m e r k t

g i e s c h l u ß , d. h. j e d e n f a l l s der hier bereits t h e m a t i s c h e zusätzliche zip der Urteilskraft,

Be-

Urteilskraft

und a l s o o h n e j e d e B e d e u t u n g einer a n g e n o m m e n e n objektiven

keit, e i g e n t l i c h bereits nur auf das "auch",284

und

( S . 199, V 4 5 5 ) , hierin natür-

e i n e o b j e k t i v e Bestimmung

sagt damit n ä m l i c h j a , d a ß e s erneut "so sein kraft

18626f.)

der Principien" ( V 1878). Z w a r sagt der A n a l o g i e -

Bestimmung Urteilskraft

Jenes eine Prinzip der reflektierenden Urteilskraft setzte ja voraus, daß bei einer Übereinstimmung vieler Dinge in einer Eigenschaft (jedenfalls sind da bereits bestimmte Dinge und ihre Eigenschaften gemeint) diese Eigenschaft "aus einem gemeinschaftlichen Grunde werde nothwendig seyn" (XVI 709). Diese Notwendigkeit hat mit der objektiven Notwendigkeit einer Regel der Erscheinungen nach den Analogien der Erfahrung nicht das geringste zu tun. Sie bedeutet nur, bzw. leitet sich bei jenen konkreten ahnlichen Fallen von ihr her, die zusatzliche subjektive Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit, wie sie dann auch noch im Prinzip der Urteilskraft in Absicht auf eine Möglichkeit ihrer eigenen Reflexion gedacht ist. Es kann also ganz prinzipiell nicht, wie Mudroch bis ins Opus postumum verfolgt haben will,* Aufgabe der reflektierenden Urteilskraft "die Lösung des Problems der [objektiven, MK] Notwendigkeit der besonderen Gesetze" (Mudroch 42) sein, da ihr hierzu, man mag es drehen oder wenden, wie man will, ein als objektiv bestimmend und gültig deduzierter Ableitungsgrund fehlt. (* Zu dieser falschen Auffassung leistet allerdings Kant selbst beständig Vorschub (Anm. 285). Die empirische Klassiftzierbarkeit in einem logischen Natursystem etwa kann nicht nur nicht, wie Kant gleichwohl behauptet, ein "zureichendes Merkmal empirischer Wahrheit" (B 679) schließlich sein, sie kann überhaupt keines sein. Für Falkenburg (22, Anm. 5) hängt denn auch ganz richtig die Wahrheit und "Objektivität" der einzelnen empirischen Erkenntnisse ganz und gar nicht von einem möglichen (nicht kategorialen) System ab, sondern nur eine (!) Wissenschaft hängt davon ab. Man muß sich dann aber immer vor Augen halten, daß dadurch die Wissenschaftlichkeit gerade in einem solchen transzendentalen Prinzip "begründet" wäre, nach dem man eigentlich nicht streng, bzw. auch überhaupt nicht objektiv, wissen könnte. Daß bis jetzt bei vielen insofern wohl gleichartigen Dingen immer ähnliches a auf ähnliches b folgte, kann nicht gewährleisten, d. h. nicht einmal ftlr einen einzigen dieser individuellen Fälle, daß dies für zukünftige Zustande oder eigentlich zunächst Wahrnehmungen dieser Dinge immer wieder so sein werde. Vielmehr läßt sich das jeweils nur für jeden der einzelnen, "besonderen" Fälle direkt nach der zweiten Analogie der Erfahrung erschließen.)

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

205

erklären und ein Stück weit vielleicht auch rechtfertigen kann -, durchaus falsch,2*5 wenn Kant zumindest V 463ff. explizit den Analogieschluß als einen solchen in 285

Wir werden später noch etwas ausführlicher sehen, inwiefern, und dort auch weshalb, immer wieder vollends der späte Kant mit den beiden Momenten (sei es auch nur präsumierter) objektivsynthetischer Einheit der bestimmenden Urteilskraft einerseits und (präsumierter oder auch durch Vergleichung schon ausgemachter) zusätzlicher empirischer subjektiv-analytischer Einheit der reflektierenden Urteilskraft* durcheinandergerät (S. 297ff., Anmerkung 1). Er wirft sie dabei häufig unter dem Titel einer "reflektierenden" Urteilskraft gewissermaßen in einen Topf. (Vgl. aber auch noch einmal S. ISOf., Anm 213.) So wird man sich, um hier nur ein Beispiel anzudeuten, erinnern, daß Kant im Opus postumum, neben anderen Verwechslungen, die dynamisch/mechanische Amphibolie als eine Amphibolie der reflektierenden Urteilskraft angab. Diese Amphibolie darf aber, als eine Verwechslung einer richtigen und einer falschen genuin kategorialen Beurteilung, d. h , ohne daß dabei an eine mögliche zusätzliche empirische Klassifikation oder an teleologische, geschweige ästhetische Reflexionen zu denken wäre, nichts weniger als eine Amphibolie der reflektierenden Urteilskraft heißen. Auch wir hatten ja im zweiten Abschnitt unserer Einleitung die genannten Momente zunächst noch nicht hinlänglich sauber unterschieden. Wir hatten dort sogar, indem wir damals jenes Kantische Durcheinander (welches der jeweils streng zu unterscheidenden Momente denn an welcher Stelle jeweils gemeint sein solle oder jedenfalls konsequenterweise gemeint sein müßte) noch nicht aufzulösen vermochten, eine Möglichkeit eines Übergangs der reflektierenden in bestimmende Urteilskraft angedeutet,** weil ja wirklich bei der "bestimmenden" Urteilskraft Reflexion zur (sei es ansonsten auch nur versuchten) Bestimmung führt. Man wird sich, wenn wir in jenem zweiten Abschnitt der Einleitung mit unseren nachträglichen Verbesserungen nicht alles bis zum wirklich allerletzten ins reine und Richtige gebracht haben, dies von hier aus gesehen ohne weiteres in Gedanken selbst ergänzen und sortieren können. Übrigens hat ja auch unser obiger Ausdruck einer mechanisch reflektierenden Urteilskraft im Sinne des hier nun Ausgeführten durchaus etwas Verfängliches. Da er zudem nicht einmal eine Klassifikation auch von ansonsten auch noch teleologisch beurteilten Organismen mit abdecken kann, ist es vielleicht am besten, wenn man diesen Ausdruck, aber nicht den dort gedachten Begriff, einfach wieder vergißt. (* Es kann natürlich nur bei der empirischen Klassifikation von analytischer Einheit des Bewußtseins die Rede sein. Das heißt, in dieser Arbeit findet nicht etwa eine allgemeine Zuordnung der analytischen Reflexion zur reflektierenden Urteilskraft überhaupt statt. Die teleologische Reflexion ist ja keine auf Feststellen von empirischen Verwandtschaften ausgehende Handlung. Vielmehr hat sie in einer resultierenden (wenn auch nicht bestimmend erkannten, so doch wenigstens nach der Analogie gedachten) Verbindung von gegebenem Mannigfaltigem in Einem etwas der synthetischen kategorialen Reflexion und da dann auch Determination immerhin Analoges. Der Maßstab der Vergleichung ist dabei der aber nicht schematisch realisierbare, deshalb auch nicht objektiv gültig bestimmende Vernunftbegriff oder nach der Analogie eines Vernunftbegriffs gedachte Begriff eines Dings, in welchem alles wechselseitig Zweck und auch wieder Mittel ist. Dagegen soll dem ästhetischen Urteil, wie schon weiter oben kurz ausgeführt, ein Bemerken einer Analogie, als einer Gleichheit des bloßen Verhältnisses, zwischen dem in der transzendentalen Urteilskraft gedachten bzw. angeschauten und dem anläßlich eines gegebenen Gegenstands angetroffenen Verhältnis von Einbildungskraft und Verstand zugrunde liegen. Und dieses wenn auch nicht fixierbare Bemerken einer Gleichheit, wie gesagt aber bereits eines bloßen Verhältnisses, hat etwas der analytischen Reflexion, d. h. einem Bemerken je gleicher ansonsten Synthesis, in Absicht auf Klassifikation bei mehreren Dingen und realen Verhältnissen selbst immerhin entfernt Ähnliches. Übrigens gilt dies, wenn wir es recht bedenken, vielmehr auch wohl wieder für das Bemerken der Übereinstimmung mit dem Begriff im Teleologischen. Dabei liegt hier dann aber ein wenigstens logisch formal bestimmt Gegebenes der entsprechend dann gedachten Verbindung zugrunde. Es verhält sich damit insofern aber auch gar nicht anders als mit der eigentlich objektiv gültigen synthetischen Reflexion nach der Kategorie. Denn in einem wohlgemerkt wieder uneigentlichen Sinne hatte die ja ihrerseits bereits etwas "Analytisches" an sich (S. 12, Anm. 21). Überhaupt würden wir auf dem mittlerweile erreichten Standpunkt unserer Untersuchung aber auch gar nicht mehr sagen, daß die Subsumtion eines

206

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

eine Reihe aller möglichen Grade des Fürwahrhaltens durch bestimmende Urteilskraft setzte. Denn das weiter oben von uns schon angeführte Kantische Beispiel von V 464 Anm.286 zeigt ganz eindeutig, inwiefern Kant hier durchaus an den Analogieschluß nicht zunächst nach der Analogie der Erfahrung (mithin da wirklich auch vermittelst der bestimmenden Urteilskraft), sondern wie er an denjenigen bereits nach dem Prinzip der Urteilskraft denkt. (Deren beider allenfalls auszumachende jeweilige Wahrscheinlichkeiten sind dabei, als auf ganz heterogenen Prinzipien gegründet, von vornherein überhaupt nicht kompatibel. Insofern ist hier also auch gar nicht wirklich an Grade des Fürwahrhaltens zu denken.) Die bestimmende Urteilskraft macht aus, daß etwas einem Ding beigelegt und an ihm erkannt und bestimmt werden kann und ihm also zukommt. Der hier in Rede stehende Analogieschluß präsumiert dagegen bereits, daß etwas einem weiteren Ding auch beigelegt und an ihm auch erkannt und bestimmt werden könne und ihm also auch zukommen werde. Das heißt, der Analogieschluß, als Analogieschluß, überträgt wesentlich nur gewisse Bestimmungen. Er ist also eigentlich, damit aber auch die Subsumtion der weiteren Fälle, worauf es hier ankam, insgesamt nur, für das dabei noch wesentlich intendierte Moment präsumierter logischer Verwandtschaft, der reflektierenden Urteilskraft zuzurechnen.

ff. Vertiefende und berichtigende Erörterung des Unterschieds von bestimmender und reflektierender Urteilskraft Es ist also, um hier abschließend noch etwas zur Unterscheidung überhaupt von bestimmender und reflektierender Urteilskraft zu sagen, immer nur der Status des Prinzips und schlechterdings nichts anderes, das einem hier noch einfallen könnte,287 was darüber entscheidet, ob man es entweder mit reflektierender oder

286 287

Gegenstands (bzw. seiner Anschauung) bereits unter einen empirischen Begriff durch eine analytische Vergleichung und also durch analytische Reflexion geleistet werde - d. h., auch wenn Kant da einfach von einer bloßen "Vergleichung" spricht (S. 20, bes. Anm. 10***). Wir hatten S. 5, Anm. 10 bei der zweiten "analytischen" Reflexion (sowie bei der entsprechenden im Haupttext) durchaus fälschlicherweise bereits das objektiv synthetische Moment des Begriffs im Blick. Diese Reflexion und diese Subsumtion finden aber beide synthetisch statt. Denn wenn es Β 104 heißt, analytisch würden "verschiedene Vorstellungen u n t e r einen Begriff gebracht", so ist da ausschließlich bereits die auf Identität gehende logische Begriffsbildung bei numerisch "verschiedenen" Gegenstanden gemeint (distributive Einheit: etwas ist woanders auch so). Vgl. statt dessen die nunmehr richtigen Erörterungen zu analytischen und synthetischen Reflexionen und Subsumtionen S. 259ff, Anmerkung.) (** Vgl. etwa S. 7f„ Anm. 15 bzw. entsprechend S. 32f„ Anm. 37.) (*** In der dort erwähnten Stelle Β 179 unten ist ja sogar bei der Vergleichung mit dem Schema einer Kategorie, d. h. bei der Vergleichung mit einer Zahl, einfach von "vergleichen" die Rede.) Vgl. erneut S. 191f„ Anm. 273. Dem aufmerksamen Leser wird hier nicht entgehen, daß wir uns etwa im ersten Drittel der Arbeit einiger der anderen "Kriterien", die oben gleich angeführt werden, hin und wieder selbst fälschlicherweise noch bedienten, wenn es um die Unterscheidung bzw. umgekehrt gerade auch /denti-

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

207

mit bestimmender Urteilskraft zu tun habe. Sie verfährt nämlich entweder nach Prinzipien einer "bloß reflectirenden" oder nach Prinzipien einer "Objecte bestimmenden Urtheilskraft" (V 19428). Dabei sind die letzteren Prinzipien konstitutive Prinzipien, die (theoretisch) durch objektive Deduktion, mögliche transzendentale Schematisierung und transzendentalen Beweis, wie bereits einmal erwähnt, "schon an s i c h g e w i ß und gegeben" und also nicht einfach gegeben sind (B 674, vgl. auch Β 69Iff.). Zunächst einmal ist klar, daß die subjektive Richtung des Übergangs (ob man dem aktuellen Bewußtsein nach "vom Allgemeinen zum Besondern" oder "vom Besondern zum Allgemeinen" gehe (XVI 7597f.)), die allenfalls in einer empirischen Psychologie von Interesse sein könnte, keinen Unterschied einer objektiv bestimmenden oder subjektiv reflektierenden Urteilskraft begründen kann. Denn daß, gehen wir von einem oder mehreren gegebenen Besonderen zum Allgemeinen, dies "nur subiective Gültigkeit" (XVI 7598f ), gehen wir dagegen von eben diesem selben Allgemeinen wieder zu einem dieser selben Besonderen (oder zu einem weiteren Besonderen), dies dann auf einmal objektive Gültigkeit haben soll: eine solche bloße Albernheit wird man Kant nicht unterstellen wollen. Es wurde ganz oben auch schon gezeigt, inwiefern weder das Stattfinden einer Subsumtion noch umgekehrt (nämlich gar nicht umgekehrt) von Reflexion ein Kriterium bedeuten kann. Was insbesondere die letztere betrifft, haben wir ja schon gesehen, daß Kant in der schließlichen Einleitung in die Kritik der Urtheilskraft die Unterscheidungen der ersten Einleitung wohl deshalb verwirft und nach dem Muster der Unterscheidung von apodiktischem und hypothetischem Vernunftgebrauch (B 674f.) 288 abändert, weil die dort noch anzutreffende Erklärung der reflektierenden Urteilskraft, sie sei ein "Vermögen, über eine gegebene Vorstellung, zum Behuf eines dadurch möglichen Begrifs, nach einem gewissen Princip zu re f l e e t i r e n " (XX 211), bei einem objektiv-konstitutiven Prinzip auch die bestimmende Urteilskraft mit abdeckt. (V 2931 iff. ist von der "Reflexion" sowohl der ästhetisch reflektierenden als auch der unter unterschiedlichsten Begriffen bestimmenden Urteilskraft die Rede. Letztere ist der sensus communis logicus.) Aber auch die Unterscheidungen von reflektierender und bestimmender Urteilskraft der verbesserten eigentlichen Einleitung, nach der in Absicht jeweils auf Subsumtion entweder "nur das Besondere gegeben" ist, "wozu sie das Allgemeine finden soll", oder nach der dabei "das Allgemeine (die Regel, das Princip, das Gesetz) gegeben" ist (V 179), bedürfen noch näherer Spezifizierungen des Gegebenseins oder umgekehrt des Findens des Allgemeinen - wobei die subjektiven Richtungen des Übergangs, wie gesagt, ohnehin keine Rolle spielen.

fizierung 2,8

der beiden Vermögen zu tun war. Von letzterer ist mittlerweile ausdrücklich Abstand genommen. Letzterer ist, obwohl die dort genannten Prinzipien einzig dem Prinzip der Urteilskraft wieder nur entsprechen, in der Kritik der reinen Vernunft aber allgemeiner zu denken.

208

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

Bei der bestimmenden Urteilskraft ist zunächst einmal der durch objektive Deduktion als konstitutiv289 ausgewiesene Grundsatz des Verstandes, als Allgemeines, a priori gegeben (oder durch transzendentale Synthesis a priori hervorgebracht), in dem sich der a priori gegebene reine Verstandesbegriff, als Allgemeines, schematisiert enthalten findet. Durch Subsumtion und dadurch Vereinigung des Mannigfaltigen gegebener Erscheinung, vermittelst einer synthetischen Reflexion eines Zusammenhaltens mit der passenden Kategorie, wird diese Erscheinung objektiv bestimmt - wobei das Auffinden subjektiv der a priori gegebenen passenden Kategorie also gleichfalls natürlich der bestimmenden Urteilskraft zukommt. Es wird dadurch zugleich, durch empirische Bestimmung wieder dieser Kategorie, aus der Erscheinung der entsprechende Erfahrungsbegriff - oder ansonsten dann auch das entsprechende Moment empirischer objektiv-synthetischer Einheit des Gattungsbegriffs, nach dem er vorerst nur bloßer Erfahrungsbegriff ist - wieder ausgefunden. (Ist er später einmal, als ein schon ausgefundener, bei den Erscheinungen etwa dieses selben Objekts nur wieder aufzufinden, so ist dies auch keine Handlung der reflektierenden Urteilskraft.) Wir haben es also, indem nicht etwa automatisch eine Beurteilung des Empirischen als solchen eine Beurteilung durch reflektierende Urteilskraft deshalb gleich ist, beim durchaus empirischen Finden des jeweiligen Erfahrungsbegriffs290 mit einer Reflexion der bestimmenden Urteilskraft zu tun. Dabei finden diese Reflexion und dieses Finden aber nach formal bestimmter und objektiv deduzierter Maßgabe a priori statt, die dann auch bei verschiedenen Erfahrungsbegriffen ihre doch wieder a priori gegebene identische 289

290

Kant gibt zwar auch einmal den "Begriff der Urtheilskraft von einer Zweckmäßigkeit der Natur", der nur "als regulatives Princip des Erkenntnißvermögens" fungieren kann (V 197), als ein konstitutives Prinzip "für das Gefühl d e r L u s t u n d U n l u s t " an (V 19626f.*). Aber dieser Begriff ist dabei ein gänzlich unbestimmtes (V 1946) konstitutives Prinzip, das also schon von daher auch nichts bestimmen kann. Umgekehrt gibt durchaus "die teleologisch-gebrauchte Urtheilskraft die Bedingungen bestimmt an, unter denen etwas (ζ. B. ein organisirter Körper) nach der [allenfalls also sogar a priori bestimmt gegebenen**, MK] Idee eines Zwecks der Natur zu beurtheilen sei" (V 194). Diese Bedingungen jedoch, nach denen in einem Naturprodukt alles wechselseitig als Zweck und auch wieder als Mittel muß gefaßt werden können, sind hier nur logisch bestimmt zu geben. Sie sind logisch bestimmt zu geben, ohne daß aber dabei zu einem solchen Begriff ein Schema in der Anschauung und eine objektive Deduktion sich denken ließen. Es mtlßten nachgerade ja die entsprechenden Reihen der Dependenz gewissermaßen gleichzeitig vorwärts und rückwärts in der Zeit, d. h. das je Spätere und schon Vergangene zugleich wieder als das je Frühere, bestimmt zu geben sein. (* Vgl. auch V 1975ff., w o j a a u f j e d e n Fall Z. 8 ein "erfür" ausgefallen sein muß: "Der Begriff der Urtheilskraft von einer Zweckmäßigkeit der Natur ist noch zu den Naturbegriffen gehörig, aber nur als regulatives Princip des Erkenntnißvermögens, obzwar [er für, MK] das ästhetische Urtheil über gewisse Gegenstände (der Natur oder der Kunst), welches ihn veranlaßt, in Ansehung des Gefühls der Lust oder Unlust ein constitutives Princip ist.") (** Vgl. V 19216-19317, bes. Z. 31f. mitZ. 3, sowie XX 23932 u. 2401IÍ.) Das je Materiale und eigentlich Empirische an diesem Erfahrungsbegriff Iäßt sich ja, ohne daß man schon an eine Möglichkeit einer Klassifikation auch noch zu denken hätte, a priori nicht ableiten und ist nicht gegeben. Im Sinne des oben nun richtiger Entwickelten ist übrigens auch klar, daß, wenn wir etwa S. 107 bei der Unterscheidung zweier Momente der Bildung des Erfahrungsbegriffs noch von "reflektierender Urteilskraft" sprachen, in Wahrheit an Reflexion wesentlich der bestimmenden Urteilskraft zu denken ist.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

209

eine wesentliche Form objektiv-synthetischer Einheit ausmacht. Der einesteils wirklich nur empirisch gefundene Erfahrungsbegriff ist seiner objektiv deduzierten Form nach a priori gegeben. Er verdankt sich deshalb der bestimmenden Urteilskraft. Daß hier dann natürlich auch wieder die Subsumtion der Erscheinung, oder vielmehr dann schon eines bestimmten Erfahrungsobjekts, unter diesen teils gefundenen Erfahrungsbegriff als eine Subsumtion dieser bestimmenden Urteilskraft anzusprechen ist,291 versteht sich von selbst. Bei der reflektierenden Urteilskraft nun ist zwar auch ein "Princip"292 als ein Allgemeines zur Subsumtion von Fällen, die bei der durchgängigen Klassifikation vermittelst jenes "einen" Prinzips derselben vonstatten geht, a priori gegeben - und zwar sogar als ein transzendentales Prinzip. Aber es ist ein bloß regulatives und nur subjektiv gültiges Prinzip, dem für keine seiner Anwendungen ein bestimmtes Schema a priori oder eine objektive Deduktion verschafft werden kann. Deshalb kann kein nach ihm gefundener Begriff je objektiv bestimmend werden - oder wieder kein Moment an einem Begriff, das bei der versuchten empirischen Klassifikation von Dingen als subjektiv-analytische Einheit ohnehin nichts Objektives bedeutet und hier in der Tat gänzlich empirisch gefunden ist, d. h. fur dieses Moment ohne jedes empirisch nur aufzufüllende bestimmte Schema a priori. Und auch die Subsumtion dann wieder unter diesen hervorgebrachten und nunmehr insofern gegebenen Begriff (oder wieder unter ihn nach jenem genannten Moment: Subsumtion wesentlich schon nur noch eines solchen Dings) kann nie, und also auch nicht im Analogieschluß als einem solchen, als eine Subsumtion der bestimmenden Urteilskraft gelten. Schließlich und endlich darf auch nicht, wenn es sogar in einer Zeit mindestens schon der dritten Kritik einmal heißt, Analogie und Induktion seien "Schlüsse, zu Vorläufigen, nicht zu bestimmenden Urtheilen zu gelangen" (XVI 709), diese Unterscheidung eines vorläufigen und noch ungewissen (hier vielleicht schon wahrscheinlichen) oder eines nicht nur vorläufigen, sondern apodiktisch gewissen und " d e f i n i t i v e n " (IX 7419) Urteils (oder Begriffs) für eine Unterscheidung dadurch etwa von Urteilen der reflektierenden oder der bestimmenden Urteilskraft genommen werden. Denn es führen ja einerseits, was später noch eingehender zu beleuchten sein wird, in einer versuchten Exposition der Erscheinung kategoriale Beurteilungen zu immer nur vorläufigen bestimmenden Urteilen. Andererseits und umgekehrt würde selbst bei einer empirisch so vielleicht niemals möglichen, abgeschlossenen und vollständigen Vergleichung aller existierenden Gegenstände einer Gattung eine dadurch definitiv und in Strenge nun ausgemachte analytische Einerleiheit in Ansehung eines g natürlich wieder nicht etwas Objektives selbst bedeuten. (Das heißt, sie bedeutete nicht nur immer noch nicht etwas Objektives. Denn hier findet gar keine Annäherung statt.) Sie würde aufs neue nichts anderes als 291 292

Siehe etwa wieder oben S. 197, XX 220. Siehe oben V 179 die Erklärung der bestimmenden

Urteilskraft.

210

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

jene subjektive Zweckmäßigkeit eines Denkens dieser Gegenstände nun bloß noch unter einem gemeinschaftlichen Begriff vorstellen. Geben also jene "gegebenen exponenten" den Bestimmungsgrund ab, eine genuin objektive "Bestimmung zu versuchen" (S. 116, XVII 659f.), und damit den Grund zu Beurteilungen "der Erscheinungen vorläufig zu bestimmenden Urtheilen" (S. 133, XVII 667), so resultieren umgekehrt die Analogie- und Induktionsschlüsse nach dem Prinzip der Urteilskraft nur in Beurteilungen, ganz entsprechend, vorläufig zu reflektierenden Urteilen. Zwar findet sich immer wieder in Nachlaß und Logikvorlesungen jene Unterscheidung von vorläufigen und bestimmenden Urteilen, als von solchen nämlich aber nur, die entweder vor einer Untersuchung vorhergehen oder die auf sie folgen.29i Und sie werden dabei sogar in einer Vorlesungsmitschrift von 1792 zu allem Überfluß auch noch und um die Verwirrung vollzumachen als "judicia reflectentia" und "judicia determinantia" bezeichnet (S. 29, XXIV 737) - wo wir dann vielleicht schon einmal auf den ansonsten abwegigen Gedanken kommen konnten (Anm. 285), die reflektierende Urteilskraft gehe in die bestimmende über oder, im vorliegenden Kontext, sie nähere sich ihr wenigstens durch gegründete Analogie- und Induktionsschlüsse294 asymptotisch an. Aber es finden sich, indem auch hier wieder die Distinktionen kunterbunt durcheinanderlaufen,295 ebensogut solche Stellen, in denen bloße "Wahrscheinlichkeit ein bestimmendes aber nicht apodiktisches Urteil" (XXIV 555) gibt. Das trifft dann immerhin für die Schlüsse nach den bloßen Analogien der Erfahrung, bei denen allein der "Grund des Fürwahrhaltens" auch einer bloßen Wahrscheinlichkeit "o b j e c t i ν g ü l t i g " ist (IX 82),296 den wahren Sachverhalt einmal gänzlich angemessen. Denn nur für diese Schlüsse gibt "probabilitas" dann wirklich "den unzureichenden Grund eines (8 [practisch]) bestimmenden Urtheils", dagegen "certitudo" im Unterschied dazu nur noch "(s den zureichenden) eines ( s [logisch] bestimmenden) Nothwendigen Urtheils" (XVI 434).297 Dabei kann man die beiden von Kant wieder gestrichenen Stellen hier wohl vergessen, und man sollte sie so auf jeden Fall auch vergessen.

293

Vgl. etwa XXIV 545f. oder XXIX 24. Eigentlich und genaugenommen muß bei dieser Annäherung allein von der steigenden Zahl der bloßen diesen Schlüssen vorhergehenden wirklichen Vergleichungen geredet werden. 295 Von Wahrscheinlichkeit und philosophischer Scheinbarkeit, neben anderem, wollen wir dabei erst gar nicht reden. Siehe etwa IX 81 f. 296 Die objektive Gültigkeit des Bestimmungsgrundes findet sich allein bei den Analogien und nicht wieder, wie gesagt, beim Prinzip der Urteilskraft. Dieses dient ja dann auch, wenn auch gleichfalls nur mit Wahrscheinlichkeit, dazu, durch ganz andere empirisch wieder nie vollständige Untersuchungen als Vergleichungen noch etwas ganz anderes Zusätzliches versuchsweise auszumachen. 297 Siehe in diesem Sinne erneut S. 199ff. die Stellen V 461ff. mit ihrer Einordnung da nur des falschen Analogieschlusses. 294

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

211

e) Der hypothetische Vernunftgebrauch "Wenn die Vernunft ein Vermögen ist, das Besondere aus dem Allgemeinen abzuleiten, so ist entweder das Allgemeine schon an sich g e w i ß und gegeben, und alsdann erfordert es nur U r t e i l s k r a f t zur Subsumtion, und das Besondere wird dadurch notwendig bestimmt. Dieses will ich den apodiktischen Gebrauch der Vernunft nennen. Oder das Allgemeine wird nur p r o b l e m a t i s c h angenommen, und ist eine bloße Idee, das Besondere ist gewiß, aber die Allgemeinheit der Regel zu dieser Folge ist noch ein Problem; so werden mehrere besondere Fälle, die insgesamt gewiß sind, an der Regel versucht, ob sie daraus fließen [mit ihr übereinstimmen, MK], und in diesem Falle, wenn es den Anschein hat, daß alle anzugebenden besonderen Fälle daraus abfolgen, wird auf die Allgemeinheit der Regel, aus dieser aber nachher wieder auf alle Fälle, die auch an sich nicht gegeben sind, geschlossen. Diesen will ich den hypothetischen Gebrauch der Vernunft nennen." (B 674f.) Will man, was hier ein "hypothetischer Gebrauch der Vernunft" genannt ist, einer beiläufigen Betrachtung unterziehen, so muß man also auch hier zunächst und im großen einen (von seiner nämlich transzendentalen und nicht nur formalen Logik her gesehen) wesentlichen Schluß auf das präsumiert Allgemeine von einem unwesentlichen und als eine bloße Formsache rein formallogisch ohne weiteres wieder folgenden Schluß ("nachher" dann aus diesem Allgemeinen) unterscheiden. Dabei sei gleich anfangs daran erinnert und danach nicht mehr weiter beachtet, inwiefern eigentlich nur der gegründete Analogieschluß gA2b auf konkret gegebene Fälle, mit seiner wesentlichen "eingebauten" zunächst 13, und nicht der genannte Induktionsschluß I2b "auf alle Fälle, die auch an sich nicht gegeben sind", als ein hypothetischer Vernunftgebrauch zu bezeichnen ist - nämlich nur wenn diese Fälle dann "nachher" wieder konkret gegeben und subsumiert sind (S. 196), was ja vielleicht sogar gemeint sein dürfte. Jener erste, wesentliche Schluß auf das präsumiert Allgemeine zerfällt nun seinerseits wieder in eine erste Annahme und zunächst überhaupt Vermutung dieses Allgemeinen 298 einerseits und in den eigentlichen schließlichen Schluß aufs Allgemeine andererseits. Man hat oder hätte am Ende insgesamt also erstens die Annahme einer Hypothese, zweitens und in der Hauptsache natürlich den Beweis dieser Hypothese sowie drittens und kaum dann mehr der Rede wert den weiteren Gebrauch wieder der Hypothese zu beleuchten. Wollte man dies dagegen zusätzlich gleich auch noch fur alle drei bei Kant sich findenden Arten von erlaubten (empirischen, nicht transzendentalen) Hypothesen tun, so müßte man dabei immer gleich auch noch für die jeweilige Art der Hypothese die Unterschiede der jeweiligen Weisen einer Beurteilung ihrer Übereinstimmung mit den Fällen bzw. "Folgen" und also die Unterschiede der jeweiligen Reflexionen der jeweiligen Urteilskraft in den Blick nehmen. Und zwar müßte man 298

Diese Vermutung des Allgemeinen ist aber etwas, was die Logik schlechterdings nichts angeht, sondern was gänzlich empirisch-psychologisch ist. Es ist von Kant oben auch gar nichts weiter zu ihr ausgeführt.

212

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

das jeweils für alle jene drei Handlungen dann auch wieder tun, wie sie denn für diese, d. h. in deren Abfolge, wenigstens bei den ersten beiden Hypothesen und in der Tat vielleicht auch bei der dritten beständig gleich bleiben. Wir werden uns aber in den vorliegenden "Vorbereitenden Erörterungen", teilweise bloß kurz rekapitulierend, einzig bereits an empirische Gattungsbegriffe, bzw. wieder die entsprechenden Urteile, ihrer immer nur angenommenen durchgängigen Allgemeinheit nach halten,299 wie sie nach den in ihrer Gesamtheit dem Prinzip der Urteilskraft entsprechenden "Prinzipien der H o m o g e n i t ä t , der S p e z i f i k a t i o n und der K o n t i n u i t ä t der Formen" (B 686) durch Induktionsschlüsse 13 gebildet werden. Das wird dann immerhin den Vorteil haben, daß man es dabei wirklich mit einem bloß hypothetischen Gebrauch zu tun hat, der sich mithin dann, anders als bei den beiden übrigen Hypothesen, in Reinform darstellen läßt. Allerdings ließe sich umgekehrt gerade in diesem Fall vielleicht wirklich besser von Schlüssen der reflektierenden Urteilskraft als von einem hypothetischen Gebrauch der Vernunft sprechen. Wir werden uns hingegen noch nicht mit dem vorgängigen, wenigstens teils hypothetischen (da letztlich wirklich auch Vernunft-) Gebrauch beim bloßen Erfahrungsbegriff als einer Art von Hypothese beschäftigen. Dieser Gebrauch wird dann besser erst, die Hauptsache dieses ganzen vorliegenden Kapitels angehend, bei der eigentlichen Erörterung der Analogie- und Induktionsschlüsse nach den Analogien der Erfahrung anzubringen und kurz zu erörtern sein (Abschnitt C.). Wir werden auch erst ganz zum Schluß dieses Kapitels, in Abschnitt D., noch etwas zu denjenigen bei Kant sich findenden Hypothesen zu sagen haben, die sich wenigstens im wesentlichen, wenn wir recht sehen, auf dasjenige gründen, was man heute vielleicht Abduktion nennen würde. Wir werden da zwar vielleicht mit dieser durchaus unbestimmten Konzeption einer Abduktion nicht ganz zu Rande kommen. Wir werden sie ohnehin auch, als für uns eine Nebensache, nur ganz beiläufig ansprechen und dies gar nicht erst wirklich versuchen. Jedoch wird sich so viel mit Bestimmtheit sagen lassen, daß sie sich an jene ersten beiden Hypothesen erst zusätzlich anschließen kann. Sie benutzt diese nämlich bereits in einer Unzahl von versuchsweise wieder kombinierten dunklen mithin analytischen und synthetischen Reflexionen - nämlich bei der Erklärung "normaler", in der Regel einfach komplexerer einzelner Sachverhalte aus ihren Ursachen. Und sie scheint dabei nur auf die erste Annahme überhaupt einer Hypothese zu gehen, was aber dann gar nicht klar ist. Die Prinzipien der Homogenität, der Spezifikation und der Kontinuität der Naturformen machen wieder bloß regulative Prinzipien aus, "weil ihnen kein korrespondierendes Schema der Sinnlichkeit gegeben werden kann" (B 692). Daß sie zusammen im Grunde dem Prinzip der Urteilskraft entsprechen, durch das ja auch nur subjektiv die durchgängige Möglichkeit eines logischen Systems der Natur 299

Schlechterdings jede Hypothese ist eine bloße Idee nach dieser präsumierten

Allgemeinheit.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

213

präsumiert ist, w u r d e bereits g e s a g t . W i r w e r d e n a l s o der E i n f a c h h e i t und K o n t i nuität halber, aber auch, w e i l j e n e Prinzipien der Vernunft

v i e l l e i c h t nicht s o recht

b e i g e l e g t w e r d e n k ö n n e n , 3 0 0 hier s o w i e auch in der F o l g e w e i t e r h i n kurz v o m Prinzip

der Urteilskraft

sprechen. E s sollte aber dabei n o c h , im V o r b l i c k , erwähnt

w e r d e n , i n w i e f e r n e s e i g e n t l i c h d o c h i m m e r nur das Prinzip

der

Homogenität

darin sei, d a s d e m hier t h e m a t i s c h e n h y p o t h e t i s c h e n V e r n u n f t g e b r a u c h einerseits u n d d e n S c h l ü s s e n w i r k l i c h der reflektierenden

Urteilskraft

andererseits j e w e i l s

z u g r u n d e g e l e g t ist. D i e g r u n d f a l s c h e A u f f a s s u n g , n a c h der der nach d e m Prinzip

der

Spezifikation

Analogieschluß

s c h l i e ß e n s o l l , w e r d e n wir erst in unserer

g l e i c h a n s c h l i e ß e n d e n , kurzen B e h a n d l u n g d e s T e x t s der L o g i k Jäsches e i n g e h e n d e r betrachten. W i r w e r d e n s o verfahren, w e i l J ä s c h e erstens ß e n Lapsus samkeit) 300

Kants ( o f f e n b a r nur aus e i n e m a u g e n b l i c k l i c h e n M a n g e l der

- in Gestalt einer leicht n a c h z u v o l l z i e h e n d e n , b l o ß e n

etwas

einen bloAufmerk-

Verwechslung

-

Hier bleiben große, uns jedenfalls nicht befriedigend aufzulösende Dunkelheiten. Es wurde ja bereits vorgeführt (S. 74f., Anm. 90), inwiefern der bloß regulative Gebrauch dieser Prinzipien, dessen Darstellung in der Dialektik insofern überhaupt ein Fremdkörper ist, mit dem regulativen Gebrauch der transzendentalen Vernunftideen nicht das leiseste zu tun hat - außer vielleicht, daß auch hinter der Möglichkeit des ersteren allenfalls regulativ die Idee einer verständigen Weltursache zu denken ist (V 18028). Es ist immer etwas anderes, ein absolut Oberstes einer durchgängig möglichen subjektiv-analytischen Einheit einerseits oder ein absolut Erstes einer durchgangig möglichen objektiv-synthetischen Einheit andererseits regulativ in den Blick zu nehmen (entspricht Anm. 285). Ein Beispiel des ersteren wäre in der Idee einer empirischen Grundkraft gegeben, wo die Reihe des logischen Aufsteigens im Regressus und in der bloßen Abstraktion Uberhaupt nichts Objektives bedeutet und nur subjektive Synthesis erfordert. Als ein Beispiel des zweiten könnte die Idee entsprechend einer ersten Ursache dienen. Denn so weit man nur nach der letzteren Idee wirklich verfährt, gelangt man immer in der Reihe zu genuin objektiven Synthesen und Bestimmungen. Dagegen sagt die erstere nichts anderes als jene nur subjektive Zweckmäßigkeit (hier gleichfalls bei der Kausalität) für die bloße hierbei analytische Reflexion aus, ohne daß dabei und dadurch etwas objektiv bestimmt würde - was insofern dann mit der ästhetischen oder teleologischen, gleichfalls bloß regulativen Beurteilung durchaus sinnvoll zusammenzunehmen ist. Dabei wäre allerdings eine bleibende Frage, ob nicht solche logischen oder analytischen Ideen des ansonsten Empirischen in ihrem Unbedingten und als Prinzipien doch wieder der Vernunft beizulegen wären (wie " r e i n e E r d e , r e i n e s W a s s e r , r e i n e L u f t usw." (B 674)). So heißt es denn auch in der Ersten Einleitung doch wieder noch, das Prinzip der Urteilskraft sei eine Maxime "zum Behuf des [hypothetischen, MK] Vernunftgebrauchs" (XX 219). Umgekehrt ist jeder und also auch dieser bloß logische Vernunftgebrauch ohnehin ein Vernunftgebrauch zunächst immer der bloßen Form nach (B 355ff). Denn kann man die Vernunft "das V e r m ö g e n d e r P r i n z i p i e n " (B 356) schlechthin nennen* und darf im Gegenteil ein nach jenem bloß regulativen Prinzip (bzw. nach jenen bloß regulativen Prinzipien)** "durch Induktion" gänzlich empirisch gefundener Begriff oder Satz "nicht selbst ein Prinzipium" heißen (B 356), so kann ja insofern wieder der Gebrauch desselben in Schlüssen eigentlich auch gar keinen Vernunftgebrauch überhaupt ausmachen. - Wir werden uns, wohl hier am fruchtbarsten, statt auf eine Erörterung der Vermögen auf eine Beleuchtung der gedachten Handlungen konzentrieren. (* Letztlich liegen dann "Prinzipien" schlechthin wirklich allem apodiktischen Vernunftgebrauch, als einem auch materialen Gebrauch aus einem a priori wie auch immer nur in seiner Form bestimmt Gegebenen, zugrunde. Wir werden später wenigstens noch in Ansätzen sehen, wie am ersten Anfang hinter den Grundsätzen des Verstandes in der Deduktion zwischen den Zeilen, ansonsten teils auch nicht nur zwischen den Zeilen, die Idee einer durchgängig möglichen Erfahrung subjektiv und damit, hier, auch objektiv steht.) (* Bloß regulative Prinzipien waren solche ohne einen auch nur in seiner Form bestimmt gegebenen wahrhaften Ableitungsgrund.)

214

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

durch unbesehene oder jedenfalls unbedachte Aufnahme in seine Logik erst gewissermaßen "offiziell" macht. Zweitens stimmt dann diese Behauptung, darin in ihrer Fehlerhaftigkeit nur um so deutlicher zu beleuchten, mit einer weiteren falschen und vollends unsinnigen Behauptung Jäsches in mißlicher wenigstens Konsequenz wieder zusammen. Mit einer Erörterung zunächst einer ersten Annahme und eines ersten Einfalls des empirischen Gattungsbegriffs als eines solchen,301 die für das Bewußtsein subjektiv vielleicht mehr ein Geschehen als eine Handlung zu sein scheinen, wollen wir uns nicht weiter aufhalten. Wir sagten ja schon, daß im Grunde auch hier bereits ein wie auch immer vorsichtiger und zurückhaltender Induktionsschluß 13, aus einer in diesem Fall aber analytischen Vergleichung von Gegenständen mit anderen gleichartigen und durch Zusammenhalten mit dem Prinzip der Urteilskraft (bzw. hier mit dem Prinzip der Homogenität), müsse stattgefunden haben. Wann man die beiden Reflexionen und Übereinstimmungen erstmals bemerkt und wann sie ins Bewußtsein dringen, tut dabei gar nichts zur Sache. Es verhält sich im wesentlichen vielmehr alles bereits genau so, d. h. dann bloß mit einer weiteren Annäherung an das Allgemeine einfach durch mehr etnpirische Beweisgründe, wie wir es gleich zweitens an den Beweisen der vorliegenden Art von Hypothesen sehen werden. Denn in der Tat ist hier auch eine kurze Beleuchtung dieser Beweise unser hauptsächliches Anliegen, da alles übrige nur auf eine Wiederholung des oben bereits in aller Ausführlichkeit Dargelegten hinauslaufen müßte. Außerdem wird alles übrige wieder Interessante, wie gesagt, erst unten in Abschnitt C. folgen. Wenn wir aber erörtern wollen, wie ein empirischer Gattungsbegriff, oder genauer ein entsprechendes allgemeines empirisches Urteil, "als Hypothese zu beweisen" (B 818) ist - wobei in aller Strenge solche allgemeinen "Hypothesen immer Hypothesen bleiben" (IX 85) und auch "am Ende bloße Meinung" (XXIV 746) sind -, so ist zunächst einmal klar, daß sich in diesem vorliegenden Fall nicht mittels eines apagogischen Beweises "durch die Widerlegung des Gegenteils" (B821), durch den ansonsten ein Satz "wohl bewiesen, aber nicht begriffen" (XXIV 893) ist, auf die in Frage stehende Wahrheit des Urteils schließen läßt. Denn die Untersuchungen der Wahrheit des Urteils "Alle χ sind g" und der Falschheit des Urteils "Einige χ sind non g" laufen empirisch ganz auf dasselbe hinaus. (Eine mögliche Falsifikation des ersten durch empirische Verifikation des zweiten ist hier nicht Thema.) Aber solche Urteile lassen sich nicht nur nicht apagogisch oder indirekt nur "per rationes Cognoscendi", sondern sie lassen sich natürlich auch nicht &uf direktem Wege zugleich "per rationes essendi" beweisen diese in einem weitesten Sinne von "Gründen ihrer Möglichkeit" (B 817) zugleich genommen. Als empirische Urteile nämlich sind sie aus "Quellen α priori" (XXIV 444) ja eben nicht zu begreifen. Und sie sind nicht "vermittelst der vollständigen Einsicht in ihre Möglichkeit" (B 819) zu begründen. Es bleibt also, was für die 301

Der Begriff ist durchaus hier schon ein analytisch allgemeiner Begriff.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen überhaupt

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genannte Art von Hypothese natürlich ohnehin keine Frage war, nur der Beweis "a posteriori" übrig durch den "Zusammenhang eines Grundes mit seinen Folgen" (XXIV 826) wieder. Es bleibt der Versuch, zu ergründen, ob das hypothetisch angenommene Urteil "nicht durch die Folgen [hier einfach die Fälle, MK] zu erreichen sei" (B 818). Nun wäre aber dieser "modus ponens, auf die Wahrheit einer Erkenntnis aus der Wahrheit ihrer Folgen zu schließen, nur alsdann erlaubt, wenn alle möglichen Folgen daraus wahr" wären. Das aber auszumachen, ist überhaupt "untunlich" (Β 8 1 8 302 ) und hier ja auch nichts anderes, womit wir wieder am Anfang sind, als gerade die zunächst gestellte Frage selbst. Bevor wir nun gleich hierauf als auf die Hauptsache des Beweises zurückkommen werden, seien noch einige Worte zur dabei zugrundeliegenden Beweisart gesagt, von der in Kants Text nicht ganz klar wird, wohin sie eigentlich gehöre. Es ist hier auch alles ab dem obigen "Nun wäre der modus ponens" bis zum "in demonstrierte Wahrheit verwandelt werden" von Β 819 oben im Grunde selbst wieder bloß hypothetisch und gleichsam nur in Klammern gesagt. Denn hier kann eben, und zwar anders als bei einem "direkten oder ostensiven Beweis" (B 817), sowie aber auch anders als bei einem apagogischen, ohnehin nicht streng geschlossen werden. Durch diese Einklammerung und durch sein nur Hypothetisches ist dann aber das Gesagte, obwohl es in die Erörterung "der Ursache des Gebrauchs apagogischer Beweise in verschiedenen Wissenschaften" (B 818) eingebettet ist, deshalb noch nicht selbst zu diesen apagogischen Beweisen auch schon gerechnet. Von diesen apagogischen Beweisen heißt es denn dann auch, sie seien in der empirischen Naturwissenschaft "mehrenteils unerheblich" (Β 820) 303 und nicht etwa umgekehrt, wie genannter "modus ponens", nachgerade immer unvermeidlich. In der Tat sind ansonsten auch, um es kurz zu machen, die Beweise aus der Wahrheit aller ableitbaren Folgen, was durchaus Sinn macht, zu den direkten Beweisen eines Satzes gezählt, ohne daß dadurch aber von ihnen als von ostensiven Beweisen gesprochen werden könnte. 304 Denn zunächst einmal ist hier ganz offenbar nicht erst apagogisch und indirekt ein Satz durch die Widerlegung seines Gegenteils bewiesen - wobei also ein erster, anderer Beweis der Falschheit dieses Gegenteils zunächst immer vorgehen muß. Es würde vielmehr unmittelbar und direkt durch den hier in Rede stehenden Beweis, wenn er denn nur in Strenge möglich wäre, die Wahrheit des in Frage stehenden Satzes selbst bewiesen. Zugleich müßte aber, und zwar durchaus selbst wenn die Wahrheit aller Folgen empirisch vollständig und in "völliger Gewißheit" (IX 859) auszumachen wäre, von diesem Beweis gesagt werden, was oben auch schon zum apagogischen Beweis

302 303 304

Die Kursivschrift von "modus ponens" findet sich so bereits im Text. Für ein Beispiel gleichwohl siehe etwa IX 5225-27. Vgl. IX 5228-33, wo Jäsche völlig richtigliegt. Siehe etwa auch XXIV 23321f. oder 52827-31, wobei zuletzt Z. 31 vor dem "schließen" ein "in Strenge" zu denken ist.

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V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

bemerkt wurde: Es milßte gesagt werden, daß durch ihn der zu beweisende Satz dann "wohl bewiesen" (nämlich immer nur das bloße gewußte Faktum seiner Wahrheit), aber er mitsamt seiner Wahrheit dadurch (selbst), nämlich in einem apodiktischen Vernunftgebrauch, doch "nicht begriffen" und eingesehen wäre (d. h., daß es so sein müsse). Mit anderen Worten, es wäre zu betonen, daß dieser Beweis wieder, wobei es bei empirischer oder bloß assertorischer Gewißheit (IX 7110) bei Licht besehen ja auch immer bleiben würde,305 "zwar Gewißheit, aber nicht Begreiflichkeiti06 der Wahrheit in Ansehung des Zusammenhanges mit den Gründen ihrer Möglichkeit hervorbringen" (B 817) könnte. Denn man schließt dabei ja nicht etwa einfach regressiv von den Folgen, als Erkenntisgpinátn wieder, auf ihren Grund. Es kann im Gegenteil von diesen Folgen schon ganz richtig gesagt werden, daß sie sich sowohl ihrer Möglichkeit nach als auch natürlich zugleich damit als Erkenntnisio\gsn allein aus diesem Grund müssen herleiten lassen, um hier überhaupt seine Folgen heißen zu dürfen. Wären sie selbst zugleich als seine Erkenntnisgrwwc/e anzusehen, so würde ja auch im Zirkel geschlossen. Man schließt aber auch noch nicht einfach von der Allheit dieser Folgen auf den Grund, indem ja, daß alle seine Folgen (als seine Folgen) und keine anderen sich aus ihm herleiten lassen, a priori ohnehin schon feststeht. Dieser Beweis schließt vielmehr natürlich nur aus der nicht weiter einzusehenden, empirischen " Wahrheit der Folge [aller Folgen, MK] auf die Wahrheit des Grundes" (IX 85). Denn ihrer aller Ableitbarkeit aus einem selbst bloß angenommenen Grund kann offenbar ihre Wahrheit überhaupt nicht begreiflich machen. Das heißt, dieser Beweis stellt einen Versuch dar, "auf die Wahrheit einer Erkenntnis aus der Wahrheit ihrer Folgen" (B 818), die dabei allein den Erkenntnisgrund darstellt (jedenfalls bei der vorliegenden Art bloßer Hypothesen), zu schließen. Wir deuteten aber gerade eben schon an, inwiefern wir an dieser Stelle, sofern hier zunächst nur die Bedingung der formalen Logik (als einer bloßen conditio sine qua non) geklärt und diese zugleich unmöglich je zu erfüllen ist, an den Ausgangspunkt unserer Betrachtung zurückgelangt sind. Denn wenn der genannte direkte Beweis aus der Wahrheit aller Folgen bzw. Fälle nur "mit einer gewissen Nachsicht" zum Beweis einer Hypothese taugt, "indem man den Schluß nach der Analogie einräumt: daß, wenn so viele Folgen, als man nur immer versucht hat, mit einem angenommenen Grunde wohl zusammenstimmen, alle übrigen möglichen auch darauf einstimmen werden" (B 8 1 8)307, so ist dabei natürlich als die einzig wesentliche Frage zu untersuchen, mit welchem Recht und aus welchem Grund man diesen Schluß "mit einer gewissen Nachsicht", die ja auf kein bloßes Wegsehen oder Die-Augen-Verschließen hinauslaufen darf, hier "einräume". Mit anderen 305

306 307

Das Gesagte gilt IX 855 zum Trotz. Da ist in diesem Zusammenhang von apodiktischer Gewißheit die Rede. In unserer Ausgabe findet sich hier fälschlich "Begrifflichkeit". Eigentlich hat man es, und zwar hier, zunächst mit bloßer Induktion 13 und so dann, als mit einer folgenden Formsache, mit 12b bereits zu tun.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen Uberhaupt

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Worten, es wäre zu beleuchten, worin genau, wie es ganz zu Anfang dieses Teilabschnitts schon einmal hieß, der "Anschein" bestehe (mit dem der präsumierte Schluß "auf die Allgemeinheit der Regel" im Grunde schon vollzogen ist), "daß alle anzugebenden besonderen Fälle daraus abfolgen" werden (B 674f.). Das heißt, es wäre zu beleuchten, ob dabei dieser "Anschein", wie es sein muß, in eine wirkliche Wahrscheinlichkeit oder ob er, wie es nicht sein darf, in eine bloße (trügliche) Scheinbarkeit zu setzen sei. Ein für die erstere immer nötiger Rechtsgrund kann nun gewiß nicht in demjenigen bloß Negativen gesucht werden, was sich in Kants Logik, so eher schon ein unfreiwilliger gelungener Scherz und bestimmt nicht Jäsches ernstliche Auffassung, als der Grund dabei angegeben findet. Jäsche führt nämlich an, daß in diesem obigen Fall, in dem "alle Folgen, d i e u n s b i s j e t z t v o r g e k o m m e n s i n d , aus dem vorausgesetzten Grunde sich erklären lassen", schlicht und einfach (noch) "kein Grund da" ist, "warum wir nicht annehmen sollten, daß sich daraus alle möglichen Folgen werden erklären lassen" (IX 85). Ein solcher negativer "Grund" kann eigentlich wohl nicht einmal auch nur für einen scheinbaren gelten. Das gleiche gilt für eine willkürliche Erweiterung über das bis jetzt empirisch durchgängig als regelmäßig Beobachtete hinaus. Denn auch sie kann sich ja in ihrem tiefsten Grunde von einer überhaupt nur willkürlich angenommenen allgemeinen Regel nicht unterscheiden, die mithin sogar ohne jede beobachtete Regelmäßigkeit stattfinden würde. Und auch ein subjektiv nach und nach sich einstellender Zwang aus Gewohnheit, der insofern dann wenigstens dieses bloß Willkürliche vermeiden würde, kann hier natürlich nicht, d. h. in diesem letzteren allenfalls bloß scheinbar, einen (nämlich wirklich einsehbaren) Rechtsgrund der Erweiterung abgeben. Nun ist es eine hinlänglich bekannte und eingesehene Tatsache, inwiefern es mit einer bloß empirischen Deduktion durchgängiger empirischer Allgemeinheit auf schlechterdings keine erdenkliche Weise getan sei. Wo überhaupt ein einsehbarer Rechtsgrund soll gedacht werden können, kann dieser nur in einem (selbst natürlich wieder einsehbaren308) transzendentalen Prinzip liegen. Wir haben aber hier nicht vor, alles dasjenige, was oben schon in aller Ausführlichkeit für die Analogie- und Induktionsschlüsse anhand des (bzw. des "einen") Prinzips der Urteilskraft und seiner Anwendung vorgeführt wurde, nun noch einmal in allen Punkten, unter einer bloßen anderen Benennung eines transzendentalen Prinzips 308

Um diese Einsehbarkeit ist es durchaus mißlich bestellt, was wir aber im gegebenen Rahmen auf sich beruhen lassen. Die subjektive Notwendigkeit einer solchen transzendentalen und unmöglich selbst wieder empirischen Voraussetzung zum empirischen Schließen läßt sich zwar durchaus einsehen, ohne daß man sie dabei aber selbst, ihrer Möglichkeit nach, weiter begreifen könnte. Wenn es in der Kritik noch heißt, "daß die Vernunft hier nicht bettle, sondern gebiete" (B 681), so klingt dies in der dritten Kritik schon um vieles, um nicht noch mehr zu sagen, bescheidener. Da kann sich diese nicht objektiv notwendige und auch nicht eigentlich zur subjektiven Erkenntnis der jeweiligen Objekte notwendige Voraussetzung ja nur zugleich mit einer ihr begegnenden Gunst der Natur denken lassen.

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V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

der Homogenität, lediglich nachzuzeichnen. Denn nach diesem Prinzip lassen sich gleichfalls ja durchgängig allgemeine "gemeinschaftliche Prinzipien" (B 676) des Empirischen immer finden. Wir wollen statt dessen nur zweierlei noch einmal kurz erinnern und bemerken, das für das Vorliegende dabei von Wichtigkeit ist und das einen unmittelbaren Bezug zu ihm hat. Zum einen wurde ja schon gezeigt, wie jener obige "Anschein", nun als wirkliche Wahrscheinlichkeit genommen, einer Allgemeinheit der Regel nur durch das Bemerken einer Übereinstimmung jener regelmäßigen Fälle, so weit sie denn bis jetzt in möglichst großer Zahl bekannt sind, auch mit dem transzendentalen Prinzip der Urteilskraft Zustandekommen konnte. Das heißt genauer, er konnte Zustandekommen vermittelst ihres einen Prinzips, das nun ebensogut die konkrete Anwendung des Prinzips der Homogenität vermitteln kann. Wir würden auch hier bereits mit weiteren Textstellen belegen, daß dabei in der Tat das Beurteilen der Wahrscheinlichkeit in der Anwendung eines Prinzips - sei es hier nun der reflektierenden Urteilskraft selbst oder sei es der Vernunft - eine Funktion wirklich der (hier reflektierenden) Urteilskraft sei. Aber die entsprechenden spärlich sich findenden Stellen, die wir mithin für spätere Erörterungen aufsparen werden, haben dabei ausdrücklich oder unausdrücklich auf die versuchte empirische Anwendung der Kategorien durch mithin zunächst nur bestimmende Urteilskraft Bezug. Zum anderen aber ist hier auch noch einiges zu bemerken, was aufs neue mit dem Status jener Prinzipien als bloß subjektiv nötiger, regulativer (zumal gänzlich unbestimmter und schon deshalb nichts wirklich bestimmender) Voraussetzungen zusammenhängt. Denn dieser Status macht, was alles bei den Schlüssen nach den Analogien der Erfahrung dann nicht so oder jedenfalls nicht allein so sein wird, daß man es hier trotz der transzendentalen Prinzipien wieder mit eigentlich empirischen Schlüssen und mit einem bloß hypothetischen Vernunftgebrauch zu tun hat. Zwar ist im Kapitel "Von dem regulativen Gebrauch der [logischen?, MK] Ideen der reinen Vernunft" durchgängig von einer Ableitung empirischer Gesetze "aus zum Grunde gelegten Ideen" (B 675) die Rede.309 Aber es läßt sich hier, bei der Idee etwa einer Grundkraft zusätzlich nur für das "Grund-" versteht sich, überhaupt kein auch nur in seiner Form (schematisch) bestimmter und objektiv deduzierbarer wirklicher Ableitungs- und Bestimmungsgrund geben (B 69Iff.). Und man kann einen solchen also auch nicht in einem eigentlichen Sinn "zum Grunde legen".310 Mithin darf von einer wirklichen "Ableitung", welcher Ausdruck in der dritten Kritik auch fast ausnahmslos der bestimmenden Urteilskraft vorbehalten bleibt, oder von einem auch nur versuchten Begreifen der gleichen Fälle aus "Gründen ihrer Möglichkeit" (s. ο. Β 817 unten), auf die nur subjektiv-regressiv als 309 310

Vgl. etwa Β 676, Β 679 oben oder Β 694 oben. Es kann kein Schema einer bloßen, hier empirischen, analytischen Einerleiheit gedacht werden, d. h. von "allgemeinen Eigenschaften der Dinge" (B 680) als solchen. Diese analytische Einerleiheit wird nach einem bloß regulativen Grundsatz immer nur empirisch gesucht und gänzlich gefunden.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen Uberhaupt

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auf an sich schon gegebene und gewisse und also dann nur aufzufindende zurückgeschlossen würde, auch nicht eigentlich gesprochen werden. Wenn wenigstens die nicht nur logische Möglichkeit der Hypothese immer schon gewiß sein muß (etwa Β 798 oder V 466), so müßte hier gleichwohl dazu bemerkt werden, inwiefern die Möglichkeit der nach den vorliegenden Prinzipien angenommenen Hypothesen besser vielleicht nur eine "realistische" zu nennen sei - indem nämlich eigentlich nur präsumiert ist, daß sich solche empirischen Gattungsbegriffe oder analytisch-allgemeinen Urteile in der Erfahrung immer finden und genauer dabei nur aus ihr ausfinden lassen. Dagegen wird bei den Hypothesen zunächst nach den a priori feststehenden und objektiv bestimmenden Analogien der Erfahrung diese "realistische" mit der realen Möglichkeit des angenommenen Erfahrungsbegriffs, und damit der Dinge selbst, zusammenfallen, d. h. in einer wahrhaften versuchten Ableitung und hierin letztlich auch einem Begreifen. Anders gesagt, das Prinzip der Homogenität311 bedeutet "nichts weiter, als eine allgemeine Anzeige, daß wir sie zu suchen haben" (B 689) und daß wir sie auch immer, aber als nur subjektiv nötig zu präsumieren, müssen finden können. Sie kann dabei aber nicht, als eine gleichsam nur "ideale" Beschaffenheit lediglich zwischen den Dingen der Natur, a priori bestimmt (geschweige bestimmend) gegeben werden. Und da nach dem Obigen "die Vernunft ein Vermögen ist, das Besondere aus dem Allgemeinen abzuleiten" (B 674), so sollte man sich also doch vielleicht besser, indem hier gänzlich und einzig wesentlich zunächst das Allgemeine aus dem Besonderen "abgeleitet" wird, statt des Ausdrucks eines hypothetischen Vernunftgebrauchs desjenigen der Schlüsse der reflektierenden Urteilskraft bedienen. Es bleibt an dieser Stelle aber, wie gesagt, vieles dunkel. Zum Gebrauch schließlich drittens der hier in Rede stehenden Hypothesen bleibt, sind sie erst einmal gefunden, nichts weiter eigens zu bemerken. Es verhält sich dabei alles gerade so wie bei jedem apodiktischen Vernunftgebrauch - d. h., wenn sie erst einmal mit Wahrscheinlichkeit, und zwar hier durch bloße Induktion 13 nur nach dem Prinzip der Urteilskraft, gefunden sind. Denn auch bei einem apodiktischen Vernunftgebrauch ergibt sich ja das Beilegen auch noch des Bedingten des Prinzips bereits mit der Subsumtion eines Falls, dann aber vermittelst der bestimmenden Urteilskraft, unter seine Bedingung als eine bloße verbleibende Formsache. Das heißt, die Konklusion ist nichts als "die Folgerung, die nur als solche genannt wird. Die Formel vermehrt nicht den Inhalt" (XXI 12). Das einzig im Grunde Wesentliche ist aber auch da zunächst wieder, wie man zu einem hier wirklichen Prinzip gelangt bzw. wie man es als ein solches ausweist.

311

An der zitierten Stelle ist vom Prinzip der Kontinuität die Rede. Das Gesagte gilt aber ebenso für die beiden übrigen bloß regulativen transzendentalen Prinzipien.

220

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

f) Jäsches Darstellung von Analogie und Induktion. Eine Verwechslung Kants als Ursache der fehlerhaften Behandlung der Analogie in der Logik Bevor wir nun zum Abschluß dieser "Vorbereitenden Erörterungen" Jäsches Darstellung der Analogie- und Induktionsschlüsse in seiner "Logik" Kants einer kurzen Betrachtung unterziehen, sei um der Gerechtigkeit willen ausdrücklich angemerkt, inwiefern man dem Urteil des Herausgebers in der Akademieausgabe Max Heinze, nach dem man es bei allen Flüchtigkeiten und Fehlern Jäsches im kleinen und einzelnen wirklich doch mit der im großen richtig dargestellten Logik Kants zu tun habe (vgl. Ak. IX 505), nur beipflichten312 kann - zumal man die Kürze der Zeit der Bearbeitung des über weite Strecken alles andere als unproblematischen Material Kants mit in Rechnung zu stellen hat. An diesem Urteil ändert auch nichts, daß diesem Jäsche ausgerechnet die beiden einzigen Stellen der "Logik", die wir in dieser Arbeit etwas näher erwägen (nämlich neben der genannten Passage später noch eine zur Begriffsbildung), doch ziemlich gründlich danebengeraten sind. Ansonsten läßt sich aber, was die genannten Flüchtigkeiten im einzelnen angeht, immer sehen, wie wenigstens in der Regel häufigen kleinen Nachlässigkeiten im Ausdruck zum Trotz gleichwohl die richtigen Begriffe gedacht sind. Das ist unter anderem so der Fall, wenn man wiederholt vom " S a t z d e s a u s s c h l i e ß e n d e n D r i t t e n " hören muß (etwa IX 53) oder wenn bei einer Hypothese "ein F ü r w a h r h a l t e n d e s U r t h e i l s v o n d e r W a h r h e i t e i n e s G r u n d e s um d e r Z u l ä n g l i c h k e i t der Folgen will e n " (IX 84), statt nämlich für die gegebenen Folgen (vgl. 851-2), vorliegen soll. Wir wollen hier nicht solche Punkte und Mißverständnisse noch einmal aufgreifen, deren Auflösung in den obigen Erörterungen bereits geleistet ist - wie wenn Jäsche das "eine" Prinzip der Möglichkeit von Analogie und Induktion, das so keinen Sinn macht und das zudem die (reine) Analogie nicht mit abdecken kann, einfach übernimmt (IX 132). In der Tat zeigt sich aber daran bereits, inwiefern Jäsche mit der Logik der Analogie offenbar überhaupt nicht, und zwar nicht einmal im ersten Ansatz, zu Rande kommt. Es betreffen auch alle bloßen Flüchtigkeiten sowohl als schweren Irrtümer immer diese Analogie allein - wenn man von einer Stelle einmal absieht, an der beide Schlüsse der reflektierenden Urteilskraft "nicht das O b j e c t , sondern nur die A r t d e r R e f i e χ i o η über dasselbe" (IX 132) bestimmen und nicht richtiger die letztere einfach nur selbst ausmachen sollen.313 312 313

So sieht es etwa auch Seebohm 1974, 871, Anm. 2. Bei Jäsche heißt es hier, die Schlüsse der Urteilskraft seien "nicht Functionen der b e s t i m m e n d e n , sondern der r e f l e c t i r e n d e n Urtheilskraft [was in dieser Allgemeinheit bei Kant schon nicht richtig ist, MK]; mithin bestimmen sie auch nicht das O b j e c t , sondern nur die A r t d e r R e f l e x i o n Uber dasselbe, um zu seiner Kenntniß zu gelangen" (IX 132). Bei Kant liest man dagegen hier, wobei offenbar speziell bei den Schlüssen nach dem Prinzip der Urteilskraft,

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und InduktionsschlUssen überhaupt

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So hängen denn auch die Fehler die Analogie betreffend in ihrem Grunde alle zusammen. Und es werfen in diesem Kontext auch die noch so scheinbaren, an sich zunächst teils wirklich nicht eben schwerwiegenden bloßen Nachlässigkeiten und Kleinigkeiten ihr Licht auf jenes gänzliche Unverständnis Jäsches, wie es dann an einigen weiteren Stellen deutlich zutage tritt. IX 1334-5 schließt die Analogie "von p a r t i c u l a r e r [anstatt natürlich "partialer" (XVI 75710), MK] Ähnlichkeit zweier Dinge auf t o t a l e " , gleich als ob sie hierin ein Schluß vom Besonderen aufs Allgemeine wäre. Man erhält dann als ein Beispiel zur Erläuterung dieser reinen einen Fall der (nach dem Obigen auf einem ganz anderen Schlußprinzip beruhenden) vermischten Analogie: "Dinge von einer Gattung, von denen man vieles Übereinstimmende kennt, stimmen auch in dem Übrigen überein, was wir in einigen dieser Gattung kennen, an andern aber nicht wahrnehmen" (IX 1335-8). Einige Zeilen später soll der "Beweisgrund für die Unsterblichkeit aus der völligen Entwickelung der Naturanlagen eines jeden Geschöpfs ein Schluß nach der Analogie" sein (IX 13313-15). Dagegen ist das Genannte natürlich, der Schluß nach der Analogie, der Beweis selbst und dabei der Beweisgrund nur die "völlige Entwickelung der Naturanlagen eines jeden Geschöpfs" als eine präsumierte empirische par ratio. Das könnte zwar nun auch an dieser Stelle nach einer relativen Kleinigkeit und also dann auch bloßen, an sich unnötigen Krittelei unsererseits vielleicht aussehen - wenn nur nicht im unmittelbar sich Anschließenden gesagt wäre, beim Analogieschluß sei überhaupt keine par ratio, die doch gerade das empirische Prinzip ihrer Möglichkeit ausmacht (d. h., so sie denn möglich ist), vonnöten. Diese direkt sich anschließende Stelle lautet folgendermaßen: "Bei dem Schlüsse nach der Analogie wird indessen [also nicht "indessen", MK] nicht die I d e n t i t ä t d e s G r u n d e s (par ratio) erfordert. Wir schließen nach der Analogie nur auf vernünftige Mondbewohner, nicht auf Menschen. Auch kann man nach der Analogie nicht Uber das tertium comparationis hinaus schließen" (IX 13316-19). und zwar ganz analog dem hervorgehobenen "zu b e s t i m m e n " von Β 693 unten*, das "zu bestimmen" und nicht "das object" mit Betonung zu lesen ist: Diese Schlüsse "sind nichts als Arten, aus besonderen Begriffen zu allgemeinen zu kommen, also der Reflectirenden ( s nicht bestimmenden) Urtheilskraft, mithin nicht das object zu bestimmen, sondern [sie sind, MK] nur die Art [*] der Reflexion Uber dasselbe, um zu seiner Kenntnis zu gelangen. ("sind Schlüsse, zu Vorläufigen, nicht zu bestimmenden Urtheilen zu gelangen. - Analogie und Induction.)" (XVI 709). Zu letzterem ist alles Nötige bereits gesagt worden. Diese Schlüsse hier versuchen auch bereits, zur Kenntnis speziell allgemeiner Gattungseigenschaften zu gelangen. (* Die bloß regulativen transzendentalen "Grundsätze der reinen Vernunft" sollen j a auch in Ansehung der Erfahrungsgegenstände "objektive Realität haben, allein nicht um etwas an ihnen z u b e s t i m m e n , sondern nur um das Verfahren [seine Zielrichtung, MK] anzuzeigen, nach welchem der empirische und bestimmte Gebrauch des Verstandes mit sich selbst durchgängig [analytisch, MK] zusammenstimmend werden kann, dadurch, daB er mit dem Prinzip der durchgängigen Einheit, s o v i e l a l s m ö g l i c h , in Zusammenhang gebracht und davon abgeleitet wird" (B 6 9 3 f ) . Es wurde zuletzt bereits vorgeführt, inwiefern hier weder von einer eigentlichen Ableitung noch von einer objektiven Realität wirklich als einer realen Möglichkeit und empirisch also dann Notwendigkeit gesprochen werden kann, was Kant j a dann später auch selbst nicht mehr tut.)

222

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

Eine solche Behauptung ist nun um so frappierender und unverständlicher, als nicht nur Kant ja immer wieder, sondern als sogar Jäsche selbst kurz vorher gleich dreimal, ohne es offenbar zu bemerken und zu verstehen, von der Notwendigkeit eines gemeinschaftlichen Grundes (IX 1 3 2 l 3 f . bzw. I5f.) bzw. eines selben Prinzips (IX 13228) spricht. Man wäre in der Tat auch versucht, an einen bloßen Fehler des Setzers oder dergleichen zu denken, wenn nicht die genannte, aus zwei unterschiedlichen Reflexionen Kants zusammengebaute Passage ohnehin nicht den leisesten Sinn ergäbe (vgl. XVI 76015-17 3 1 4 bzw. 7 5 8 l 6 f ) . Denn gerade wegen einer im ersten Satz geleugneten präsumierten par ratio wird hier "auf vernünftige Mondbewohner" im zweiten geschlossen. Und fern davon, daß das im dritten Satz Gesagte als eine bloße angehängte Zusatzinformation gelten könnte ("Auch kann man" usw.), macht der zweite Satz, der zur Erläuterung des ersten dienen soll (aber es nicht kann), vielmehr bloß ein Beispiel gerade für das im dritten erst Ausgeführte aus. Denn eben weil wir über das tertium comparationis, hinter dem sich natürlich nichts anderes als jene zwei Sätze zuvor geleugnete par ratio verbirgt, nicht "hinaus schließen" können (indem wir nämlich auch noch die spezifischen Differenzen übertragen würden), können wir nach der Analogie "nur auf vernünftige Mondbewohner" und nicht auch (speziell) "auf Menschen" schließen. Damit sind wir aber genau da, wo wir zum Abschluß dieser "Vorbereitenden Erörterungen" noch hin wollten. Schlösse nämlich wirklich, wie Kant einmal fälschlich behauptet (XVI 75711) und womit er Jäsche vielleicht also sogar zum genannten Fehler verleitet hat, die Analogie "nach dem Princip der S p e c i f i c a t i o n " (IX 1335) von partialer auf totale Gleichheit (und also doch dann wohl eigentlich wieder Homogenität) von Dingen, so dürfte bei einem nach diesem Prinzip der Spezifikation schließenden Analogieschluß eine präsumierte paritas rationis auch überhaupt keine Rolle spielen. Denn daß sich Dinge immer "unter gemeinschaftliche Prinzipien" bringen lassen, ist doch durch das Prinzip der Homogenität umgekehrt einzig gefordert (B 676). Und das Prinzip der Spezifikation geht im Gegenteil ja auf immer zu findende spezifische Verschiedenheiten des Empirischen. Dabei kann man dann natürlich bei zwei Dingen "aber aus dem, worin sie ungleichartig sind," eben "nicht von einem nach der Analogie auf das andere s c h l i e ß e n , d. i. dieses Merkmal des specifischen Unterschiedes auf das andere übertragen" (V 464). 3,4

Diese Stelle lautet in der Akademieausgabe wie folgt: "Wir schließen nach der Analogie nur auf Vernünftige Mondbewohner, nicht auf Menschen; also [will gerade den Grund der Möglichkeit nur des ersteren angeben und folgt nicht etwa aus ihm, MK] wird bey der analogie nur die identitaet des Grundes, par ratio, erfordert." Der hierin Jäsche "korrigierende" Herausgeber des entsprechenden Nachlaßbands der Akademieausgabe entscheidet sich zwischen den (statt des ohnehin auszuschließenden Jascheschen "nicht") offenbar möglichen Lesarten "nur" oder "immer" (vgl. Ak. XVI 76021) ausgerechnet für das wieder sinnlose "nur". Denn fern davon, daß etwa nur eine par ratio benötigt wäre, ist ja im Gegenteil ohnehin gar nichts anderes als sie erforderlich. Und gerade weil sie immer erforderlich ist, kann man dann auch über sie hinaus speziell "auf Menschen" nicht schließen.

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschiüssen Uberhaupt

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Es liegt aber auch der Zuordnung des Prinzips der Spezifikation zum Analogieschluß, wie oben schon einmal erwähnt, eine bloße Verwechslung Kants zugrunde. Wirklich hat nämlich ja das Prinzip der Homogenität immer "das Interesse des U m f a n g e s (der Allgemeinheit) in Ansehung der Gattungen", dagegen das Prinzip der Spezifikation dasjenige "des I n h a l t s (der Bestimmtheit)" empirischer Begriffe im Blick - wo dann "der Verstand im ersteren Falle zwar viel u n t e r seinen Begriffen, im zweiten aber desto mehr in d e n s e l b e n denkt" (B 682). Des weiteren schließt wirklich auch der Induktionsschluß "aus einem theil der sphaera eines Begrifs auf die Ganze sphaera", dagegen wiederum der Analogieschluß "aus einem theil des Begrifs auf die Identitaet des ganzen Begrifs" seinem so vermehrten Inhalt nach (XVI 76010-12). Also liegt auch wirklich dem Induktionsschluß das "Princip der A l l g e m e i n m a c h u n g " 3 1 5 (IX 1332) zugrunde, und also scheint dann allerdings auch nur der Analogie das "Princip der S p e c i f i c a t i o n " zugrunde zu liegen. Die eigentliche Verwechslung gründet hier nun in folgendem. Man kann zwar ganz richtig sagen, daß immer, wenn das Interesse des Umfangs im Blick ist, das Prinzip der Homogenität dahinter steht und daß umgekehrt auch immer, wenn nach dem Prinzip der Homogenität verfahren wird, das Interesse des Umfangs der Begriffe bedient wird. Jedes dieser beiden allgemeinen Urteile läßt sich also simpliciter umkehren. Dagegen wird zwar auch immer, wenn man nach dem Prinzip der Spezifikation reflektiert, das Interesse des Inhalts der Begriffe befördert. Aber es wird deshalb noch keinesfalls immer auch, wenn nur der Inhalt der Begriffe vermehrt wird, nach dem Prinzip der Spezifikation wieder geschlossen (hier ist nur eine conversio per accidens möglich). Man muß bei der Erweiterung eines empirischen (Gattungs-) Begriffs um ein Merkmal nämlich immer sehen, ob man es mit einem neu entdeckten Gattungsmerkmal wirklich dann des Begriffs selbst (d. h. innerlich und der analytischen Einerleiheit) zu tun habe, das dann, nach dem Prinzip der Homogenität gefunden, allen Gegenständen dieser Gattung zukommen soll. Nur davon ist bei Induktion sowohl als Analogie die Rede. Es ist aber gerade umgekehrt auch immer möglich, was in der Kritik allein behandelt ist, daß durch Hinzusetzen eines Merkmals einer spezifischen Differenz zu ihm (mithin hier dann wirklich nach dem Prinzip der Spezifikation) dieser Begriff eigentlich aufhört, er wirklich selbst zu sein. Denn durch eine solche Erweiterung und Bestimmung und Vermehrung des Inhalts desselben gelangt man zu einem niederen Artbegriff unter und also schon außer ihm (S. 37, Anm. 45). Dieser kann dann aber natürlich als ein solcher, d. h. für dieses Merkmal bei einem Gegenstand einer anderen Art der Gattung, den Grund der Möglichkeit eines Analogieschlusses nicht abgeben. 315

Man könnte hier allenfalls noch auf den Gedanken kommen, mit diesem Prinzip der " A l l g e m e i n m a c h u n g " sei vielleicht nicht das der Homogenität der Kritik und also dann auch mit dem vorliegenden Prinzip der " S p e c i f i c a t i o n " gar nicht dasjenige der Spezifikation wirklich wieder dort gemeint. Zur Ausräumung des ersteren vergleiche man aber nur das "aggregat" von XVI 7591 mit dem "Aggregation" von Β 694 unten.

224

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

Es wäre ja auch zu seltsam, wenn man durch das Prinzip der Spezifikation, das ja das Prinzip " d e r A r t e n " ist (B 682), "nach der analogie" dann "Dinge empirisch unter eine Gattung" (XVI 75815) brächte, indem man sie in Ansehung einer gewissen Bestimmung "zu einerlei Gattung zu zählen" (V 46431 f.) versuchte. So ist natürlich auch, wenn wir bei zwei Dingen "nach der Analogie von dem, was dem Ersteren zukommt, daß es auch dem Letzteren beigelegt werden müsse, s c h l i e ß e n (und so seinen Begriff e r w e i t e r n ) " (VI 6526-28) wollen, zunächst einmal immer an eine versuchte Erweiterung des gemeinschaftlichen Gattungsbegriffs um ein Merkmal der Identität zu denken - welche Erweiterung hier bei der reinen Analogie, d. h., wenn nicht schon andere Beobachtungen als die des "Ersteren" dahinterstehen, aber nicht möglich ist. Erst dann kann man als reine Formsache den Begriff, den man vom "Letzteren" bereits hat, um dieses Merkmal der präsumierten Identität auch "erweitern". Wir haben übrigens auch schon vorgeführt, inwiefern die Möglichkeit der reinen Analogie nur auf einem (aber nicht anzunehmenden) zusätzlichen "Prinzip" gründen könnte, daß Gegenstände derselben Gattung total gleich sein müßten und daß also diese Gattung zugleich eine schlechthin niederste Art zu sein hätte (S. 190). Das würde dann aber gerade dem Prinzip der Spezifikation, nach dem "keine Art als die unterste an sich selbst angesehen" (B 683) werden darf, widersprechen. Sieht man sich denn auch die Erörterung der Prinzipien der Homogenität und der Spezifikation in der Kritik noch einmal genauer an, so wird deutlich, daß hier von etwas gehandelt ist, was mit den Analogie- und Induktionsschlüssen überhaupt nichts zu tun hat. In der Kritik ist die Rede von einem in einem logischen Natursystem immer möglichen "Aufsteigen zu höheren Gattungen" durch fortgesetzte Abstraktion einerseits sowie von einem "Herabsteigen zu niederen Arten" (B 686) durch fortzusetzende logische Determination andererseits. Da sind dann in der Tat die Interessen des Umfangs, nach dem Prinzip der Homogenität, und des Inhalts, nach dem der Spezifikation, einander widerstreitende Interessen. Bei Induktion sowohl als Analogie aber bleibt man bei einem gewissen empirischen (gemeinsamen, nur den gedachten Gegenständen oder ansonsten auch niederen Begriffen in der Tat wieder "höheren") Gattungsbegriff, indem beidemale zunächst die wesentliche Frage ist, ob etwas, z. B. ein Merkmal g, diesem Begriff selbst und also innerlich zukomme. (Ein Begriff, als conceptus communis, enthält selbst immer nur Merkmale der Identität.) Es wird also bei beiden Schlüssen ein gemeinschaftlicher Begriff χ um ein Merkmal g versuchsweise erweitert (Interesse des Inhalts), indem zugleich damit aber auch gesagt ist, dies sei ein Merkmal, das allen Gegenständen dieser Gattung zukommen werde (Interesse des hier zwar nicht größeren, aber doch immer ganzen Umfangs dieses Begriffs). Ein solches Merkmal aber wird nach dem Prinzip der Homogenität ausgefunden, das also eo ipso einem Interesse des Inhalts nicht, wie wirklich bei einem Aufsteigen zu höheren Begriffen, widerspricht. Es befördert im Gegenteil als einziges Prinzip das

Β. Vorbereitende Erörterungen zu Analogie- und Induktionsschlüssen Uberhaupt

225

Interesse des Inhalts eines Begriffs selbst, und nicht eines diesem wieder niederen anderen Begriffs außer ihm. Dem Prinzip der Spezifikation umgekehrt ist ja auch gar nicht das Interesse des Inhalts und der Bestimmtheit schlechthin, sondern ihm ist speziell das Interesse "des I n h a l t s (der Bestimmtheit), in Absicht auf die Mannigfaltigkeit der Arten" (B 682), zuzuordnen. Dieses Interesse steht aber, wie gesagt, auch bei der Analogie nicht im Blickpunkt. Man könnte vielleicht noch einwenden wollen, daß doch als Bedingung der Analogie- und Induktionsschlüsse die Möglichkeit ihrerseits eines logischen Systems der Natur, wie es auch durch das Prinzip der Urteilskraft präsumiert ist, immer vorausgesetzt werden mußte, daß aber für diese Möglichkeit eines solchen Systems der Natur das Prinzip der Homogenität keinesfalls ausreicht; "denn, würde es keine n i e d e r e n Begriffe geben, so gäbe es auch keine h ö h e r e n " (B 684). Wir wollen aber, sofern sich das ohne weiteres bereits aus dem zuletzt Dargelegten ergibt, nicht noch einmal genauer beleuchten, inwiefern dies natürlich wieder nichts mit einer Unterscheidung des Analogieschlusses von der Induktion zu tun haben könne. Es kann ganz einfach schon deshalb nichts damit zu tun haben, weil dann offenbar umgekehrt das zu einem ganzen System in der Tat nötige Prinzip der Spezifikation (sowie sogar noch dasjenige der Kontinuität) auch für die Möglichkeit der Induktion wieder Gewähr leisten müßte. Es seien statt dessen in aller Kürze, was aber auch hierauf durchaus sein Licht werfen wird, noch einige Bemerkungen zu einem solchen logischen Natursystem sowie zum Gebrauch der empirischen Begriffe in ihm angehängt. Es gäbe zwar ohne niedere Begriffe auch keine höheren und also auch kein logisches System der Natur. Aber das erstere ist dabei, sofern das System gewissermaßen immer nur "nach oben" ausgerichtet ist,316 lediglich etwas, das man sozusagen, ein Stück weit durchaus eher notgedrungen jeweils, in Kauf zu nehmen hat. (Auch das die Möglichkeit eines solchen Systems voraussetzende Prinzip der Urteilskraft sieht dabei ja wesentlich immer auf eine findbare empirische "Allgemeinheit" (XX 21222) oder "Einhelligkeit" (XX 21230) oder "Gleichförmigkeit" (XX 21320).) Es ist auch überhaupt nicht richtig ausgedrückt, daß etwa in einem solchen System die verschiedenen niederen Begriffe von den höheren 316

So kann im großen auch ganz richtig mit Bartuschat gesagt werden, daß das "Gesetz der Spezifikation nicht das Besondere als Besonderes thematisieren kann, sondern allenfalls ein Besonderes, das so Moment am Allgemeinen (dem Inbegriff) ist, daß es Uberhaupt nur als Besonderes eines vorgegebenen Allgemeinen erscheinen kann" (Bartuschat 50). Dieses Allgemeine ist allerdings natürlich nicht eigentlich "vorgegeben". Insofern liegt hierin natürlich zunächst auch kein Problem, wie Bartuschat unterstellt, einer Beziehung auf die reflektierende Urteilskraft "als ein Vermögen, das das Besondere als solches zu bestimmen [eben nicht zu bestimmen, MK] die Aufgabe hat" (51). Wenn das Besondere nach der Kritik schon "gewiß" (B 674) ist, so ist gleichwohl die Allgemeinheit empirischer Begriffe vieler solcher "Besonderen" gerade noch die Frage. Und es ist also in dieser Hinsicht in der dritten Kritik, Bartuschat zum Trotz, für die mögliche empirische Klassifikation nichts angesprochen, was in der ersten nicht gleichfalls schon thematisiert wäre. Es ist durchaus nicht bereits der Verstand selbst, in dem "die Möglichkeit der Erfahrung als eines Systems" (225), jedenfalls als eines auch noch logischen, begründet wäre.

226

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

"durch mehrere Bestimmung abgeleitet" (B 680) würden. Vielfnehr können sie in nichts anderem als im in ihm bereits bzw. mit ihm noch identischen von ihrem höheren Begriff, der auch insofern dann eigentlich nur gebraucht werden kann, abgeleitet werden. (Hierher gehören, versteht sich aber in der umgekehrten Schlußrichtung sowie bloß präsumiert zunächst nur, Analogie und Induktion.) Sie müssen zusätzlich dann noch, was etwas ganz anderes ist, verschiedentlich bestimmt werden. "Denn die n i e d r i g e m Begriffe können nach dem, was sie Verschiedenes haben, von dem h ö h e r e n niemals abgeleitet werden" (VIII 181 Anm.). Es ist gewiß richtig, daß man bei lauter völlig gleichen Dingen nicht eben von einem logischen System der Natur würde sprechen können. Aber es muß doch auch umgekehrt gesagt werden, daß, obwohl erst durch ein Herabsteigen zu mannigfaltigen Arten "dem System Ausbreitung" zu verschaffen ist (B 683) und obwohl es insofern als System Uberhaupt nur entstehen kann, dadurch zugleich dieses System jeweils aufgebrochen und gleichsam gesprengt wird. Denn ein einiges System ist das ganze nur, sofern sich das oberste gemeinsame Merkmal noch in den allerniedrigsten Begriffen identisch finden läßt. Dagegen wird im Grunde mit jedem gefundenen Merkmal einer spezifischen Differenz (zwar wegen des ersteren Merkmals in diesem System) ein gänzlich neues (Unter-) System begründet - wie denn auch dieses Merkmal der spezifischen Differenz (in Ansehung des höheren Begriffs) für alle seine niederen Begriffe und schließlich Gegenstände natürlich wieder ein Gattungsmerkmal ausmacht. Dieses Gattungsmerkmal ist jedenfalls als ein solches aufs neue nur durch einen lnduktionsschluß 13 nach dem Prinzip der Homogenität gefunden. Und es kann allein dadurch in gegründeten Analogieschlüssen auch wieder gebraucht317 werden. So beruht also in ihrem tiefsten Grunde die fälschliche Zuordnung des Prinzips der Spezifikation zum Analogieschluß auf nichts anderem als einer Amphibolie eines der Reflexionsbegriffe, indem nämlich Kant die beiden Begriffe numerischer und analytischer (oder bloßer Merkmals-) Verschiedenheit in diesem Kontext beständig verwechselt. Wenn es etwa heißt, wir hätten "ebensowohl nur unter Voraussetzung der Verschiedenheiten in der Natur Verstand, als unter der Bedingung, daß ihre Objekte Gleichartigkeit an sich haben, weil eben die Mannigfaltigkeit desjenigen, was unter einem Begriffe zusammengefaßt werden kann, den Gebrauch dieses Begriffs und die Beschäftigung des Verstandes ausmacht" (B 685), so bezieht zwar Kant ausdrücklich die "Verschiedenheit" oder "Mannigfaltigkeit"

317

Es ist wohl so gut wie jeder Gebrauch eines empirischen Begriffs bei Licht besehen selbst schon ein Analogieschluß. Man bedient sich nämlich schwerlich einmal bereits bei der Subsumtion eines gewissen Gegenstands, ζ. B. wenn man bemerkt, daß etwas auch ein "Baum" ist, bereits aller bekannten Merkmale dieses Begriffs. Dazu muß man nur an die innere Beschaffenheit dieses in der Regel bloß von außen wahrgenommenen Baumes denken. Anders gesagt, man hat diese Merkmale wohl kaum einmal alle schon beobachtet. Gleichwohl sind dabei alle restlichen bekannten Gattungseigenschaften, als auch an diesem Gegenstand anzutreffen, im Grunde immer schon vorausgesetzt.

C. Zweite Abgrenzung zweierlei Analogie- und lnduktionsschlüsse

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als eine spezifische oder Merkmalsverschiedenheit unter demselben Gattungsbegriff auf das Prinzip der Spezifikation. Aber da die unter diesem Gattungsbegriff zu denkenden Gegenstände immer nur trotz und keinesfalls etwa wegen ihrer spezifischen Verschiedenheiten ansonsten auch subsumiert werden können (S. 35ff.), ist bei der "den Gebrauch" des conceptus communis ausmachenden genannten "Mannigfaltigkeit" wesentlich zunächst immer nur an eine numerische Verschiedenheit als an eine bloße Vielheit von zu subsumierenden Gegenständen zu denken - wo dann, glichen die sich sogar gleichsam wie ein Ei dem anderen, die Möglichkeit des Gebrauchs ganz desselben Begriffs nur um so leichter sich würde einsehen lassen. Es kann ja überhaupt auch bei Kant der Ausdruck einer "Mannigfaltigkeit" ebensogut für die bloß numerische oder synthetische wie für die nur zusätzliche analytische oder Merkmalsverschiedenheit stehen.318 Zusätzlich ist die letztere übrigens offenbar nur dann, wenn man hier nicht an den Begriff der Veränderung denkt. Zur (prinzipiellen) Möglichkeit von "Verstand" gehört ansonsten hier nicht einmal, nach Grundsätzen der Analytik, die Annahme auch nur einer bloßen numerischen Verschiedenheit. Ob ein zu einem Gegenstand synthetisch bildbarer Begriff auch noch, wirklich als conceptus communis seiner Materie nach, für mehrere gleichartige gelten wird, ist eine ganz andere, dann immer nur zusätzliche Frage.

C. Zweiter Anlauf einer Abgrenzung der Analogie- und Induktionsschlüsse nach der Analogie der Erfahrung von denen nach dem Prinzip der reflektierenden Urteilskraft. Schlüsse vermittelst der bestimmenden oder wirklich der reflektierenden Urteilskraft selbst Wir wollen nun endlich, wie mehrmals schon angekündigt, jene objektiv notwendigen Annahmen des Verstandes319 und die Analogie- und Induktionsschlüsse nach ihnen allein mit der nur subjektiv notwendigen Präsumtion der Urteilskraft selbst und ihren Schlüssen nach dieser, oder zumindest durch sie irgend gerechtfertigt, vergleichen. Zu diesem Zweck werden wir in der Beleuchtung beiderlei transzendentaler Präsumtionen, nämlich zumindest auch regulativer Prinzipien der 318

319

Das erstere "Mannigfaltige" findet sich etwa Β 131 Anm., und zwar bei ausdrücklicher Möglichkeit analytischer Einerleiheit natürlich. Zum zweiten Begriff vgl. man ζ. Β. Β 694 unten, wo mit Bezug auf das Prinzip der Spezifikation von " M a n n i g f a l t i g k e i t " gesprochen ist. Mit diesen Analogien der Erfahrung hatten wir es bis jetzt in diesem Kapitel, von dem in den bloß nachtraglich eingeschobenen obigen "Vorbereitenden Erörterungen" Behandelten zunächst noch einmal ganz abgesehen, bei den wiedergegebenen Kantstellen vornehmlich zu tun (d. h. in seinem Abschnitt Α.). Zumindest im Beispiel des Zitats XXVIII 738f. von S. 134f„ Anm. 187 war aber wenigstens stillschweigend schon eine weitere Annahme über eine Gültigkeit eines Begriffs oder Urteils gleich für ganze "gewisse" Arten von Dingen bereits getroffen, was auch für die dort nur erwähnte Stelle XXII 44918 gilt.

228

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

Reflexion, um der deutlicheren Kontrastierung willen zwei sauber, wenn auch, was in der Regel deren konkrete Anwendung betreffen dürfte, 320 doch eher künstlich voneinander zu trennende Fälle betrachten. Der Einteilungsgrund liegt dabei in einer in den mehrfach erwähnten Absätzen "B" und "C" (S. 19ff.) von Kant getroffenen Unterscheidung, wie wir sie S. 63ff. im für den vorliegenden Zusammenhang Wesentlichen wiedergegeben haben (Abschnitt D., Absätze zwei bis vier desselben). Denn nach dieser vollzieht sich entweder die Reflexion, in der Bildung überhaupt jeweils eines bestimmten Erfahrungsbegriffs durch bestimmende Urteilskraft, nur nach jenen auch konstitutiven Präsumtionen des Verstandes - und dies ganz ausdrücklich, ohne eines weiteren, "besondern Princips" der Urteilskraft selbst zu bedürfen ("B"). Oder sie findet, in der Bildung eines empirischen Begriffs nun jedenfalls von numerisch verschiedenen Naturprodukten durch deren auch analytische Vergleichung, auch noch bzw. hier einfach zweitens durch Zusammenhaltung mit dem bloß regulativen Prinzip der reflektierenden Urteilskraft statt. Nun dürfte aber diese Unterscheidung in Kants nicht empirisch-psychologischem Programm auch wieder mehr strukturell im Sinn einer transzendental-analytischen Zergliederung in einzelne Momente gemeint sein, als daß man wirklich im konkreten Zustandekommen der Erfahrung (d. h. zunächst für den ersten Fall von Bedeutung) an eine derart sauber getrennte Anwendung der Prinzipien zu denken hätte. (Man vergleiche dazu aber erneut differenzierter S. 274ff. die Abschnitte D. und E.) Es sei daher an dieser Stelle bloß andeutungsweise schon angemerkt, daß nur, wenn man zufälligerweise einmal seine Wahrnehmungen an den Erscheinungen desselben individuellen Dings anstellt, es in der Tat keines zusätzlichen Prinzips der Urteilskraft und also keiner präsumierten logischen Verwandtschaft dieses Dings mit anderen seinen empirischen Eigenschaften nach bedarf, um diese seine empirischen Gesetzmäßigkeiten nach den Kategorien allein (subjektiv wirklich, durch Induktionsschlüsse immer vorläufig) zu entdecken. (Das dürfte aber in diesem konkreten Entstehen der Begriffe wohl meistens nur dem bewußt an diesem einen Ding Beobachtungen und Experimente anstellenden Naturforscher begegnen. Allerdings wird dann auch bloß von einer empirischen Bestimmung dieser Kategorien in ihrer eigentümlichen Verbindung (Anhang 1 ) die Rede sein dürfen, durch die sich überhaupt ein Erfahrungsbegriff321 ergibt. Es wird dagegen noch 320 321

Siehe dazu dann das Kapitel zur "Begriffsbildung", Abschnitt E. Wir können das Kantische "überhaupt ein Erfahrungsbegrif (ohne besondere empirische Bestimmung)" aus Absatz "B" durchaus zu Recht als "überhaupt (erst) ein Erfahrungsbegriff (ohne empirische Spezifikation mit Rücksicht auf andere Artbegriffe unter demselben Gattungsbegriff dem empirischen Inhalt nach in einem logischen System, aber durchaus schon mit empirischer Bestimmung)" lesen (S. 65, Anm. 77). Dies erhellt daraus, daß, wollte man die empirischen Bestimmungen aus ihm wegnehmen, dann weder ein Erfahrungsbegriff überhaupt, von dem sich so auch nur in abstracto reden ließe,* noch überhaupt ein Erfahrungsbegriff Ubrigbliebe. Es bliebe allenfalls sein gleichsam intellektuelles Skelett als ein Inbegriff der transzendentalen Schemata der drei im weiteren Sinn objektiven Kategorienklassen in Verbindung, d. h. um die zentrale

C. Zweite Abgrenzung zweierlei Analogie- und InduktionsschlUsse

229

nicht von ihrer empirischen Spezifikation durch empirische Klassifikation mehrerer gegebener Dinge bereits und also durch ein Denken dieser Dinge unter ebenfalls mehreren empirischen Begriffen gesprochen werden können. Diese würden und müßten da nämlich untereinander zusätzlich bereits ein logisches System niederer und umgekehrt ja dann gerade auch höherer und ihnen gemeinsamer Begriffe 322 ausmachen. Im wirklichen Entstehen der Begriffe werden gleichwohl aber, wie Substanzkategorie gruppiert, übrig - wenn man nämlich diesen Kategorien als seinem verbleibenden reinen Inhalt die reinen teils sinnlichen Bedingungen schon ihrer Anwendung dabei gleichwohl noch ließe. Mit anderen, einfacheren Worten, von einem "Erfahrungsbegrif (ohne besondere empirische Bestimmung)" läßt sich unter den genannten Einschränkungen als von einem solchen immerhin noch sinnvoll reden. Dagegen kann ein "Erfahrungsbegrif (ohne besondere, empirische Bestimmung)" - beiderlei Absonderung, wie gesagt, nicht als eine solche bloß in abstracto genommen - eigentlich doch nur die Kategorie selbst sein. Im Grunde ist, was dem Seltsamen und nachgerade Falschen dieses genannten Kantischen Ausdrucks sowie auch entsprechend unserer obigen "Lesart" derselben korrespondiert, "empirische Spezifikation" nur ein äußeres Merkmal (der hier logischen Relation). Es kann einem einzelnen Erfahrungsbegriff, den man besser als empirisch bestimmte oder konkretisierte Kategorie bezeichnet,/«/· sich (d. h. innerlich) also auch gar nicht beigelegt werden. (Diese Spezifikation ist auch etwas, das man dann dem empirischen Begriff selbst bereits, nämlich erneut innerlich, gleichsam gar nicht ansieht und das nur die hier ja schon ausgewiesene Möglichkeit seines wirklichen Gebrauchs äußerlich bei mehreren wirklichen Dingen selbst und nicht bloß verschiedenen Zuständen desselben Dings angeht. Denn in ihm ist eine gleiche, wenn auch schon mit dem ihm also noch wesentlichen Bewußtsein, daß sie eine mehreren wirklichen Objekten analytisch-allgemeine empirische Synthesis im bestimmten Verhältnis zu anderen, vor allem allgemeineren, aber auch spezielleren, sei, verbundene, so doch jedenfalls Synthesis noch gedacht: Der empirische Begriff bleibt ja Erfahrungsbegriff.) In der Tat spricht Kant ansonsten denn auch genauer von einer Spezifikation der Kategorie selbst (bzw. der Kategorien) in Gestalt mehrerer Erfahrungsbegriffe in einem auch logischen (und nicht nur, schon bei jedem einzelnen Ding und auch gültig fllr die ganze Natur, in einem transzendentalen Kategorien-) System von Objekten (etwa XX 21517). Diese Erfahrungsbegriffe heißen dann seiner Terminologie zufolge eben empirische Begriffe von (mehreren) Naturprodukten, in welchen Begriffen genannte Kategorie bei aller Verschiedenheit der bloßen einzelnen Weisen und, untereinander, Arten und Gattungen ihrer empirischen Bestimmung jeweils identisch steckt. (Die empirisch bestimmte Weise zunächst der schon objektiv genommenen Apprehension, wie sie im bloßen Erfahrungsbegrif/ gedacht wird, ist wesentlich bloß synthetisch. Eben dieselbe als eine mögliche oder wirkliche Art dagegen bereits betrachtet, ist immer auch analytisch.) Das gleichsam Schema übrigens dieses zweiten Systems (etwa XX 2092)** ist bloß die innere Systematik der Kategorientafel. Das (wieder nur gleichsam (B 693)) "Schema" dagegen des ersten (Natursystems), das nämlich vom Prinzip der Urteilskraft bloß in einem (der Arten und Zahl der Einteilungen nach) gänzlich unbestimmten Gedanken vorher "gegeben" wird - mithin nicht zur bloßen Subsumtion durch Reflexion nach einer formal schon bestimmten Anweisung, sondern als bloße Bedingung a priori der wie auch immer schwachen "Gewährleistung" ihrer jeweiligen Möglichkeit -, ist ein zusätzlicher logischer Stammbaum. Für dessen je einzelne Glieder, d. h. nur der Form ihrer möglichen objektiven Verbindung nach, war die erstere Systematik immer schon a priori maßgeblich, und sie bleibt es auch weiterhin. (* Das kann aus einer bestimmten anderen Perspektive betrachtet, wie sich S. 274ff. noch zeigen wird, allerdings gleichfalls Sinn machen.) (•* Dazu gehört auch alles, was im Opus postumum zu Elementar- bzw. Lehrsystem gesagt ist.) 322

Daß in einem logischen Natursystem immer gerade auch höhere und gemeinsame empirische Begriffe gebildet sind, ist nach allem weiter oben schon Ausgeführten hier j a deshalb von Wichtigkeit, weil sie nur als solche zum empirischen Schließen, d. h. äußerlich dann wenigstens wieder aus ihnen, dienen können. Allerdings machen sie dabei, im Vergleich mit den bloßen jeweiligen Erfahrungsbegriffen nach den Analogien der Erfahrung, "schwächere" Gründe aus einer auch "schwächeren" Bedingung a priori derselben aus.

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V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

sich später noch zeigen wird, in der Regel alle Erfahrungsbegriffe, d. h. nun auch schon für den zweiten Fall von Bedeutung, sofort als solche empirischen Begriffe des auch schon empirisch Gemeinsamen bereits mehrerer wirklicher Dinge, nach gleich beiden transzendentalen Präsumtionen, gebildet werden. Diese beiden Präsumtionen werden da also nicht zeitlich bloß nacheinander ihre Anwendung finden, wie es prinzipiell ja ebenfalls möglich ist und wie wir es hier um der sauberen Scheidung der Prinzipien und Reflexionen willen vorläufig einzig auch vorführen wollen.) Denn die nur subjektive Notwendigkeit (Nötigkeit) eher aus Gründen der bloßen Ökonomie, eine solche zusätzliche Verwandtschaft seiner empirischen Gesetzmäßigkeiten mit denen anderer Dinge vorauszusetzen und zu suchen (um den zunächst wesentlich synthetische Einheit denkenden Erfahrungsbegriff, den wir von ihm haben und durch den es uns recht eigentlich erst Objekt wird, nach zusätzlicher analytischer Einheit auch als Erkenntnisprinzip anderer wirklich existierender und nicht nur möglicher323 logisch verwandter Dinge ge323

Logisch möglich ist dies zwar immer. Denn der wesentlich synthetische Einheit denkende Erfahrungsbegriff kann die gegebene Unendlichkeit des Mannigfaltigen der Erscheinung oder der Erscheinungen auch nur eines Gegenstands, auf deren Erkenntnis und Bestimmung er gleichwohl ausgeht, nicht in sich aufnehmen. Er sieht mithin durch Abstraktion ohne Komparation* von gewissen Bestimmungen jeweils ab. Und er enthalt also als Begriff immer auch potentiell, seiner bloßen anderen Form nach, analytische Einheit. Oder vielleicht etwas besser ausgedrückt, er hat diese, da sie ihm in der Tat mehr "anhangt" (B 133 Anm.), in seiner nicht durchgangigen Bestimmung immerhin bei sich. (Die mannigfaltigen Momente etwa - selbst Begriffe** - seiner synthetischen Einheit sind ihrerseits bereits verschiedene Merkmale etwa der Ursache oder Wirkung eines folglich logisch auch möglichen allgemeinen Gebrauchs. Letzteres kann dadurch eo ipso dann auch zweitens von der ganzen eigentlich in ihm und durch ihn gedachten empirisch bestimmten Weise der objektiven Synthesis dieser verschiedenen Merkmale gesagt werden.) - Erst das Prinzip der Urteilskraft "präsumirt" nun aber, und zwar bekanntermaßen eigentlich "nur ihr selbst zu Gunsten" (XX 204), daß jene Möglichkeit, die nämlich zunächst bloß, eher notgedrungen, die Form und nicht auch, wie hier bei ihm nun noch, die Materie des Begriffs und nur deshalb dann die Möglichkeit dieser seiner (jetzt auch noch wirklich subjektiv notwendigen und günstigen und in der Tat nunmehr ihrer beziehungsweisen Beschaffenheit sich verdankenden) anderen Form auch betrifft, auch eine reale oder hier vielleicht wirklich besser nur realistische sei. Denn es gewährleistet oder postuliert wenigstens nur subjektiv, und auch bloß im Regelfall der Begriffsbildung auch durch Komparation mehrerer wirklicher Dinge und ihrer Wahrnehmungen mit anderen, die mögliche Erkenntnis von Objekten unter einem ihnen wirklich analytisch gemeinsamen Begriff. Mit dieser Erkenntnis hat es ansonsten aber, da einzig die Kategorie im Verbund dann allerdings schon mit der Funktion des allgemeinen Urteils, nämlich in der Beurteilung dann auch analytischer Einerleiheit der objektiven empirischen Synthesen, jene Bildung in der jeweiligen Reflexion wirklich leistet, außer der Angabe der bloßen Zielrichtung in einer ganz unbestimmten Anweisung, so etwas zu vermuten und zu suchen, selbst nicht das geringste zu tun. Letzteres darf man übrigens also bei der Beurteilung des Status einer Vergleichung von Naturformen mit diesem Prinzip (S. 71), gewissermaßen einer Maßgabe ohne bestimmt gegebenem Maß, niemals aus dem Blick verlieren. (* Hier ist nur von der Komparation mit Erscheinungen anderer Objekte die Rede, nicht aber mit der Kategorie und bei der Analogie speziell, im Unterschied zu den mathematischen Kategorien, auch nicht von der stattfindenden Vergleichung mit solchen anderer Zustande desselben Objekts in Relation etwa wieder zu solchen eines bestimmten anderen über diese Vergleichung mit der Analogie.) (** Für diese Begriffe im synthetischen Erfahrungsbegriff gilt also, wenn sie nicht schließlich eine bloße empirische Wahrnehmungsqualität bedeuten, das oben gleich folgende zweite auch schon wieder. Oder es gilt, wenn sie nicht schließlich,

C. Zweite Abgrenzung zweierlei Analogie- und InduktionsschlUsse

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brauchen324 zu können), liegt der vorgängigen Bestimmung dieses synthetischen Erkenntnisprinzips selbst, nämlich von jenem einen Gegenstand, der dadurch für uns erst ein bestimmter Gegenstand wird, zumindest prinzipiell nicht selbst wieder zugrunde. (In unserer hier noch gewählten Darstellungsart des zweiten Falls hat also die Urteilskraft bereits als solche "gegebene" als schon kategorial bestimmte, einzelne "Gegenstände der Sinne", von denen man also durchaus je schon Erfahrungsbegriffe hat, in einem bloßen logischen Natursystem nach ihrem eigenen Prinzip zusätzlich "blos zu classificiren" (XXII 482). Denn "ein solcher Grundsatz" wie der ihre "schreibt den Objekten kein Gesetz vor, und enthält nicht den Grund der Möglichkeit, sie als solche überhaupt zu erkennen und zu bestimmen" (B 362, vgl. V 169H).) Man mag sich übrigens vielleicht daran stoßen, daß hier also von einer Z)e-/äcfo-Möglichkeit der Bildung eines (Erfahrungs-) Begriffs zu einem gegebenen Gegenstand gesprochen ist - wobei mithin diese Bildung ohne jede analytische Reflexion (jedenfalls Uber Erscheinungen numerisch verschiedener Gegenstände selbst) vor sich geht und wobei sie im wesentlichen zunächst bloß auf Bestimmung von synthetischer Einheit im Objekt325 und noch gar nicht zunächst auf "Bestimmung" von auch analytischer Einheit bloß zwischen Objekten zielt. Man sollte diese Bedenken aber noch eine Weile zurückstellen. Denn diese Möglichkeit wird im nächsten Kapitel (eben S. 274ff.) beiläufig eigens noch zu behandeln sein. Das soll auch dort dann eigentlich nur dazu dienen, anhand eines ansonsten eher an den Haaren herbeigezogenen Grenzfalls den wesentlichen Unterschied von analytischer und synthetischer Reflexion und Determination326 selbst besonders deutlich zu machen. Darüber hinaus ist im gegebenen Rahmen die

324

325

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wie im Begriff der "Linie" (der dabei gleichsam mehr noch zunächst eine Regel der Einbildungskraft als eine Regel schon der Einbildungskraft ist) das Produkt einer elementaren und insofern gleichfalls einfachen, nicht weiter auf andere zurückzuführenden und in sie aufzulösenden synthetischen Handlungsweise der reinen Einbildungskraft bezeichnen. Man wird also trotz der enthaltenen Merkmale nicht etwa eine analytische Einheit wirklich im Erfahrungsbegriff selbst vermuten, nämlich in Ansehung seiner wirklich durch ihn schließlich gedachten Synthesis.) Dieser Gebrauch geht dann bei den noch nicht beobachteten verwandten Dingen - oder wenigstens bei ihren an einigen wenigen oder an nur einem von ihnen, die man ansonsten allenfalls schon kennen mag, noch nicht beobachteten, etwa als bemerkten, bestimmten Eigenschaften noch mit den Schlüssen der eigentlich reflektierenden Urteilskraft einher (I2b bzw. gA2b). Dieser Ausdruck einer "synthetischen Einheit im Objekt" soll auch reale Verknüpfungen äußerlich zwischen Objekten (dann aber als Substanzen) unter sich begreifen. Entsprechend ist bei der oben folgenden "analytischen Einheit bloß zwischen Objekten" an eine analytische Einheit zwischen Objekten entweder einfach als einzelnen Substanzen selbst (zwischen einzelnen Körpern) oder auch schon wieder an eine solche zwischen deren empirisch je bestimmten äußerlichen nexus gedacht. Es ist im obigen hinreichend deutlich gemacht worden, inwiefern die Vereinigung in einem Bewußtsein aus analytischer Reflexion Uber die empirischen Beschaffenheiten von Gegenständen bereits als solche, und zwar als eine Funktion der reflektierenden Urteilskraft, keine eigentlich so zu nennende Bestimmung ausmacht. In subjektivem Sinne kann man sie (ζ. B. "Das sind alles Steine") gleichwohl so bezeichnen. Man hat es hierbei ja nicht einmal mit einer Vereinigung Uberhaupt im Objekt zu tun. wie sie im teleologischen Urteil, mithin gleichfalls nicht bestimmend, nach einer gewissen Analogie immerhin noch gedacht wird.

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V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

Behauptung einer solchen Möglichkeit nicht weiter von Erheblichkeit. Man kann hier vorläufig ebensogut, wie gesagt, an eine Unterscheidung verschiedener Momente bloß in abstracto denken, die im konkreten Entstehen der Begriffe, in der Regel demnach der hier gleich gewählten Darstellung zum Trotz gleichsam "gleichzeitig", Hand in Hand arbeiten und sich überlagern. Wir sagten bereits ganz zu Anfang der "Vorbereitenden Erörterungen", daß wir im vorliegenden dritten Abschnitt C., in der Vergleichung der Analogie- und Induktionsschlüsse nach den Analogien zum einen mit denen nach dem Prinzip der Urteilskraft zum anderen, insofern würden kürzer verfahren können, als sich dort dann alles Nötige zu den letzteren Schlüssen in hinreichender Ausführlichkeit wohl schon vorfinden werde. Nun ist allerdings bei Licht besehen, und zwar teils direkt, teils eher nur indirekt, in diesen zwischenzeitlich bloß eingeschobenen und dabei gewiß etwas ausgeuferten "Erörterungen", sowie ohnehin auch vorher schon in Abschnitt Α., bereits alles Wesentliche, wenn auch verstreut, auch zu den Schlüssen nach den Analogien der Erfahrung bemerkt worden. Wir werden also an dieser Stelle, den zuletzt gerade noch gehörten Ankündigungen ein wenig zum Trotz, das im Grunde auch zu ihnen schon völlig hinreichend Dargelegte in aller möglichen Kürze mehr zusammenzufassen und zugleich zu ordnen haben, bevor wir es dann schließlich wieder, ebenfalls nur noch ganz knapp und in seinen bloßen Hauptmomenten, den Schlüssen der reflektierenden Urteilskraft gegenüberstellen können. Es bedarf kaum der wiederholten Erwähnung, daß nicht nur bereits die versuchte "Bestimmung" durchgängiger Gleichheit beständiger empirischer Gesetze, sondern daß auch zuvor die versuchte Bestimmung durchgängig beständiger empirischer Gesetze jeweils bloß empirisch auf keine Weise möglich wird. (Bloß empirisch findet in beiden Fällen ja "nicht einmal eine Annäherung" (XXI 28710) statt.) Denn ich mag zwar etwa bei einer bisherigen regelmäßigen subjektiven Wahrnehmungsfolge zweier Erscheinungen a und b einfach sagen (IV 30132) oder wollen (IV 29923) oder verlangen (IV 29924), oder allenfalls durch einen subjektiven Zwang der Gewohnheit gedrungen "voraus annehmen, daß in dieser Folge eine [notwendige, MK] Beziehung auf den vorhergehenden Zustand sei, aus welchem die Vorstellung nach einer Regel folgt" (B 243) - nämlich die zweite Vorstellung bei einem zunächst auch immer selben anderen Ding dann erst. Daraus kann aber natürlich keinerlei einsehbarer Rechtsgrund einer solchen Erfahrungsannahme notwendiger und beständiger Verknüpfung im Objekt erhellen, aus der dann "unausbleiblich" (B 268) eine durchgängig beobachtbare Regelmäßigkeit, d. h. ohne jede denkbare Möglichkeit von Ausnahmen dieser Regel, 327 folgen würde. "Nicht die Menge der Fälle worin die Warnehmungen unter einer und derselben [bloß empirisch gefundenen, MK] Regel subsumirt werden können sondern die durchgängige Bestimmung des Objects nach einem Princip kann zu einem 327

Siehe etwa Β 4, A 112, Β 124 oder Β 246.

C. Zweite Abgrenzung zweierlei Analogie- und InduktionsschlUsse

233

solchen Satze berechtigen. Erfahrung ist die Idee welche diese durchgängige Zusammenstimmung [transzendental, MK] präsumirt" (XXII 92 Anm.). 328 Und die Analogien derselben, deren allgemeiner Grundsatz auf der notwendigen synthetischen "Einheit der Apperzeption, in Ansehung alles möglichen empirischen Bewußtseins, (der Wahrnehmung,) zu jeder Zeit" beruht (B 220), enthalten für jeden der drei denkbaren Modi der letzteren die drei Exponenten, durch die allein jene durchgängige (notwendige) synthetische Einheit alles empirischen Bewußtseins, in einer hierzu a priori vorausgesetzten durchgängigen Zusammenstimmung aller Erscheinungen mit bzw. durchgängigen Bestimmbarkeit derselben unter diesen Exponenten, jeweils möglich wird. Diese Analogien sind also, was ja alles hinlänglich bekannt ist, "Prinzipien, nach denen allein übereinkommende Erscheinungen für Gesetze gelten können" (Β XIII). Und "eben dadurch, daß man sagt [wozu man nun befugt ist und was durch eine synthetische Vergleichung mit und mittels der transzendentalen Maßgabe ausgemacht wird, MK]: eine Erscheinung gehört darunter, wird sie aus dem allgemeinen bestimmt und wird objektiv vorgestellt, d. i. gedacht" (XVII 658). Man hat es also natürlich bei der Subsumtion der regelmäßigen Erscheinung unter den "schon a n s i c h g e w i s s e n und gegebenen" (B 674), notwendigen Verstandesgrundsatz und beim Beilegen dadurch auch seiner synthetischen Bestimmung mit einem apodiktischen Vernunftgebrauch vermittelst der bestimmenden Urteilskraft zu tun - was transzendental gesehen eigentlich nur ein Zurückführen der beobachteten Regelmäßigkeit auf die Gesetzlichkeit des Grundsatzes ist. "Unsre Erkenntnisse können" nämlich "Gegenstände der Erfahrung betreffen und die Gewißheit davon kann doch empirisch und rational zugleich sein, sofern wir nämlich einen empirisch [assertorisch, MK] gewissen Satz aus [notwendigen, MK] Principien a priori erkennen" (IX 71) und sofern wir also den ersteren, an sich immer bloß zufälligen Satz aus der Notwendigkeit dieser letzteren ableiten. Nun ist es aber gerade bei den Analogien der Erfahrung, im Unterschied zum auch schon empirischen Gebrauch bloß der konstitutiven mathematischen Kategorien, 329 ganz gut gesagt, es bedürfe hier "nur [bestimmender, MK] U r t e i l s k r a f t zur Subsumtion" und das Besondere werde "dadurch notwendig bestimmt" (B674). Nämlich jene " g e d a c h t e durchgängige Bestimmung kann", als der empirische Gegenstand einer Vernunftidee, "nicht gegeben werden; denn sie 328

329

Man hat es hier nicht etwa mit einem konstitutiven Gebrauch einer Idee der reinen Vernunft zu tun. Es soll in der Analytik, angefangen von der Deduktion bis herab zu den Beweisen der Grundsätze, vielmehr gezeigt werden, wie umgekehrt nur vermittelst der Kategorien, und hier speziell der Analogien, der empirische Gegenstand dieser Idee selbst, aber nur seiner Form nach, konstituiert werden kann. Wenn wir bemerken, daß z. B. eine Bienenwabe die Form eines regulären Sechsecks hat, so läßt sich etwa die Winkelsumme aus Gründen a priori apodiktisch gewiß angeben. Es ist dabei noch gar nicht die Frage, ob eine solche innere Bestimmung (der Substanzbegriff ist insofern ohnehin allerdings schon gedacht) unter allen möglichen äußeren Bedingungen bleiben werde oder, wobei sie dann natürlich einfach nicht mehr Fall jener notwendigen Regel wäre, ob sie veränderlich sei.

234

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

geht ins unendliche empirischer Bestimmungen" (XXI 603). Empirisch steht einer durch die Analogie präsumierten jeweiligen schlechterdings durchgängigen Übereinstimmung der Ordnung der Erscheinungen jeweils eines dann Dings mit ihrem Exponenten eine bestenfalls immer nur bis jetzt durchgängige Übereinstimmung gegenüber. Mithin bleibt natürlich die konkrete empirische Subsumtion eines Beurteilens einer Übereinstimmung von notwendiger Regel und Fall, die deshalb aber nicht etwa eine Handlung der reflektierenden Urteilskraft ist, immer zweifelhaft und subjektiv bloß hypothetisch. Es wurde ja auch bereits bemerkt (S. 134f., Anm. 187), wie die Notwendigkeit schlechthin des Gesetzes " m ö g l i c h e r Erfahrung" an der letztlichen "Zufälligkeit unserer Bestimmung n a c h d e m G e s e t z e " (B 794) nichts ändern kann. Dennoch ist hier offenbar, bei einer anscheinenden als wahrscheinlichen Übereinstimmung möglichst vieler Beobachtungen (ohne Ausnahmen) mit dem Exponenten, von einer völligen Zufälligkeit und Willkürlichkeit330 der Subsumtion nicht die Rede. Und "Erfahrung ist Wamehmung in ihrer durchgangigen Bestimmung erkannt (oder [da dieses nicht in Strenge möglich ist, mit Recht dann immerhin, MK] gedacht) daß man Grund habe anzunehmen sie werde sich in allen Fällen so beweisen" (XXII 492) - wodurch dann also "wenigstens die Vermutung einer Bestimmung aus Gründen, die a priori und vor aller Erfahrung gültig sind" (B 198), ihrerseits gegründet ist. Das "Beurtheilen der Wahrscheinlichkeit" der Richtigkeit der Subsumtion ist aber dabei "kein Werk des Verstandes; sondern der [hier bestimmenden, MK] ürtheilskraft; diese zeigt uns, ob es unter den Regeln des Verstandes stehe, oder nicht" (XXIV 645). (Siehe auch VII 403, als Anmerkung zu VII 20123, den Ausdruck einer "Wahrscheinlichkeit für die Urteilskraft". An letzterer Stelle muß sich dies, wie auch immer locker der Bezug sein sollte, irgend auf die "Verwendung des Verstandes" beziehen.) Übrigens kann durchaus auch hier wieder jenes "eine" Prinzip der Urteilskraft, möglichst Vieles werde 330

Vgl. Β 850: "Ich darf mich niemals unterwinden, zu m e i n e n , ohne wenigstens etwas [hier die bisherige beobachtete Regelmäßigkeit, MK] zu w i s s e n , vermittelst dessen das an sich bloß problematische Urteil [hier das durchgängig anzutreffende Regelmäßigkeit präsumierende bloße Erfahrungsurteil, in dem uns ein Erfahrungsbegriff gegeben ist, MK] eine Verknüpfung mit Wahrheit bekommt, die, ob sie gleich nicht vollständig, doch mehr als willkürliche Erdichtung ist. Das Gesetz einer solchen Verknüpfung muß überdem gewiß sein", und dieses Gesetz ist hier zunächst die bloße Analogie der Erfahrung. Wir haben es also auch hier* immer bereits mit einem Fall zu tun, in dem wir speziell die Analogie der Erfahrung "einer erlaubten Hypothese zum Grunde legen" (B 798, wo, wie auch noch Β 799 oben, Prädikamente und Prädikabilien einzig der Relation Erwähnung finden). - Die insofern schon mehr als bloß logische Möglichkeit einer solchen ansonsten aber vielleicht wieder nur willkürlich angenommenen Hypothese, die in der erkannten Übereinstimmung mit den Analogien allein besteht, ist also ihrerseits zunächst nur bloße conditio sine qua non derselben. Regelmäßige empirische und dabei auch mit ihnen Ubereinstimmende Beobachtungen müssen zusätzlich immer noch dazukommen. (* An komplexere Hypothesen ist hier noch gar nicht gedacht. Denn die Einbildungskraft muß bei den vorliegenden, rein schematisch gefundenen Hypothesen ja nicht eben viel, "unter der strengen Aufsicht der Vernunft, d i c h t e n " (B 798). Sie muß in diesem Fall also nicht ganz frei, oder vielmehr jedenfalls auch nicht relativ sehr frei, spielen.)

Α. Erste Abgrenzung zweierlei Analogie- und InduktionsschlUsse

235

nicht ohne gemeinschaftlichen Grund in einem (hier einer gewissen subjektiven Synthesis bloßer Erscheinungen einzelner Gegenstände zunächst jeweils nur) zusammenstimmen, die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung befördern und vermitteln nur daß dieses Mal dann zunächst die bloße Analogie der Erfahrung und noch nicht das Prinzip der Urteilskraft die transzendental deduzierte Voraussetzung der jeweiligen Findbarkeit und Bestimmbarkeit subjektiv eines solchen gemeinschaftlichen Grundes ausmacht. So hat es, wenn unter den Erscheinungen eines dann erst Dings bis jetzt immer wieder noch, d. h. ohne bisherige Ausnahme, ein gewisses a zu beobachten war, den Anschein und darf nunmehr als wahrscheinlich gelten, daß dieses a ein Fall des schematisierten Substanzbegriffs der ersten Analogie sei und daß es also auch in Zukunft Bestand haben werde (Induktion I2b). Das läßt sich ausmachen, ohne daß freilich dabei, wie gehört, durch derart nicht nur analytisch, sondern auch mit und mittels der offenbar passenden Analogie "verglichene Wahrnehmungen" (B 251) eine strenge Notwendigkeit der Subsumtion ermöglicht würde. Wir wollen als ein zweites Beispiel einen Fall des empirischen Gebrauchs der zweiten Analogie etwas eingehender betrachten. Kant schlägt diesen Fall hier zwar vollends, mithin auch mitsamt dem stattfindenden Analogieschluß gA2b dabei auch wirklich vermittelst der bestimmenden Urteilskraft, dem apodiktischen Vernunftgebrauch zu. 331 Es läßt sich aber immer sehen, inwiefern die damit verbundene empirische Präsumtion, nach Maßgabe der notwendigen transzendentalen, nur zugleich in Gestalt eines hypothetischen Vemunftgebrauchs und also auch immer nur mit Wahrscheinlichkeit möglich ist: "... wir sagen nur, daß wir etwas durch Vernunft erkennen, wenn wir uns bewußt sind, daß wir es auch hätten wissen können, wenn es uns auch nicht so in der Erfahrung vorgekommen wäre; mithin ist Vernunfterkenntniß und Erkenntniß a priori einerlei. Aus einem Erfahrungssatze Nothwendigkeit (ex pumice aquam) auspressen wollen, mit dieser [und aus ihr folgend, MK] auch wahre Allgemeinheit (ohne welche kein Vernunftschluß, mithin auch nicht der Schluß aus der Analogie, welche eine [empirisch nach transzendentaler Maßgabe, MK] wenigstens präsumirte Allgemeinheit und objective Nothwendigkeit ist und diese also doch immer [transzendental, MK] voraussetzt) einem Urtheile verschaffen wollen, ist gerader Widerspruch. Subjective Nothwendigkeit, d. i. Gewohnheit, statt der objectiven, die nur in Urtheilen a priori stattfindet, unterschieben, heißt der Vernunft das Vermögen absprechen, über den Gegenstand zu urtheilen, d. i. ihn, und was ihm zukomme [bestimmende Urteilskraft, MK], zu erkennen, und ζ. B. von dem, was öfters und immer auf einen gewissen vorhergehenden Zustand folgte, nicht sagen, daß man aus diesem [nach der Analogie, MK] auf jenes s c h i i eß e η könne (denn das würde objective Nothwendigkeit und Begriff von einer Verbindung a priori bedeuten), 331

Hierin dürfte auch der Grund zu suchen sein, weshalb Kant oben (S. 200) die Gewißheit des Analogieschlusses noch über diejenige einer wahrscheinlichen Meinung setzte - wobei er den hier vorliegenden Schluß nach der Analogie der Erfahrung dort aber offenbar nicht meinte. Dazu wurde aber schon bemerkt, daß dies ohnehin ja, d. h. auch ohne genannte Verwechslung, nicht angeht.

236

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft sondern nur ähnliche Fälle (mit den Thieren auf ähnliche Art) erwarten dürfe [nämlich eigentlich nicht dürfe, MK], d. i. den Begriff der Ursache im Grunde als falsch und bloßen Gedankenbetrug verwerfen." (V 12)

Inwiefern hier die durchaus schon konkrete, empirische Subsumtion unter die notwendige Analogie der Erfahrung als unter einen wirklichen Beweisgrund a priori einen apodiktischen Vemunftgebrauch ermöglicht, bedarf kaum eigens der Erwähnung. Der Beweis stellt einen direkten als genetischen Beweis, wie gesagt, per rationes essendi in einem aber nur weitesten Sinne (XXIV 234) dar. Denn der Verstand macht, in Gestalt der transzendentalen Einheit der Apperzeption, den Grund der Möglichkeit aller empirischen Gesetze überhaupt aus - damit auch des vorliegenden konkreten Gesetzes, aber wohlgemerkt natürlich nur seiner Form nach hier in einer Bestimmung einer notwendigen Zeitfolge. Ja, er macht diese Gesetze nachgerade dabei - damit auch Erfahrung - immer auch nur selbst. Daß hier zugleich aber auch, in der empirischen bloßen Präsumtion, immer nur hypothetisch geschlossen ist, 332 erhellt daraus, daß der Verstand nicht der Grund der Möglichkeit des (insofern nicht wirklich ableitbaren) empirisch bestimmten Gesetzes sein konnte (S. 48) und daß sich also natürlich ein Verhältnis von Ursache und Wirkung gänzlich a priori nicht " b e s t i m m t erkennen" (B 794) läßt. Es ist empirisch dem erkennenden Subjekt immer nur in seiner (bei numerisch verschiedenen Gegenständen vielleicht je verschiedenen) materialen Konkretisierung gegeben. Dabei muß dann, ob gewisse Erscheinungen überhaupt Fall des Exponenten der zweiten Analogie der Erfahrung sind, durch analytische und vornehmlich dann auch synthetische Reflexion erst einmal ausgemacht werden. (Diese materiale Konkretisierung ist eben dasjenige nicht Ableitbare, von dem wir uns, dem obigen V 12 zum Trotz, niemals "bewußt sind, daß wir es auch hätten wissen können, wenn es uns auch nicht so in der Erfahrung vorgekommen wäre".) Durch analytische Reflexion über die Erscheinung wird eine bloße Regelmäßigkeit zunächst nur einer subjektiv beobachteten Wahrnehmungsfolge etwa a und b festgestellt. Es wird nämlich durch sie ausgemacht, daß das letztere, wie gerade gehört, auf das erste "öfters und immer", aber dabei natürlich immer nur bis jetzt immer, folgt. Durch synthetische Reflexion sodann, d. h. mittels einer Vergleichung mit dem offenbar passenden schematisierten Exponenten, der im allgemeinen sagt, auf ein gewisses χ müsse notwendig und also immer ein gewisses y folgen, werden jene regelmäßigen Wahrnehmungen, die dabei als zusätzliche empirische Beweisgründe nun auch in einem direkten Beweis jetzt aber aus der Wahrheit aller Folgen zugleich dienen, auf das Gesetz a priori als auf den Grund ihrer nun aber nicht vollständigen Möglichkeit subjektiv regressiv zurückgeführt. Inwiefern es hierbei in Strenge dann wieder nur den "Anschein" haben kann und mit bloßer Wahrscheinlichkeit und letztlich nur hypothetisch zu bestimmen ist, "daß alle anzugebenden besonderen Fälle" aus dem so gebildeten Erfahrungsbegriff oder -urteil 332

Siehe zur genaueren Analyse eben dieses Falls erneut S. 128 bis S. 132.

C. Zweite Abgrenzung zweierlei Analogie- und InduktionsschlUsse

237

"abfolgen" (B 674f.) werden (hypothetischer Vemunftgebrauch), liegt nach allem oben schon Ausgeführten auf der Hand. Es ist also auch hier zuerst wieder, allerdings in diesem Fall zunächst nach der bloßen Analogie der Erfahrung allein 333 und durch sie gerechtfertigt, ein Induktionsschluß 13 auf Allgemeinheit einer empirischen Regel anzusetzen, der mithin nun aber nach formal bestimmter, transzendentaler Maßgabe vorgeht. Erst danach kann oder könnte diese Regel die angenommene, hier also nicht nur empirische par ratio des obigen Analogieschlusses gA2b (bei einem erneut konkret gesetzten a) oder ansonsten auch des zweiten Teils eines Induktionsschlusses I2b (speziell nur auf alle zukünftig zu beobachtenden bestimmten Erscheinungen als Fälle in abstracto gedacht) abgeben. Beide folgen aufs neue als eine reine Formsache. Mögliche Fehler und Irrtümer bei jenem Schluß 13 können auch hier wieder einzig aus einer zu geringen Zahl dann vielleicht nur zufälligerweise mit dem synthetischen Reflexionsprinzip übereinstimmender Beobachtungen resultieren. Dabei muß eigentlich aber und richtiger gesagt werden, daß es bei diesem Schluß nach der Analogie der Erfahrung, anders als bei demjenigen dann auch noch nach dem Prinzip der Urteilskraft, prinzipiell gar keine Ausnahmen geben kann. Denn widrigenfalls würde da ja die Natur selbst gleichsam einen "Aussetzer" haben. Und umgekehrt wäre auch, im Kantischen Rahmen, subjektiv die durchgängig mögliche synthetische Einheit des empirischen Bewußtseins unterbrochen - was bei einer ohne weiteres möglichen Ausnahme von der Regel, daß alle Vögel fliegen können, natürlich alles nicht der Fall ist. Ein Beispiel wäre hier vielmehr, wenn die eine immer noch selbe Billardkugel die andere auch immer noch selbe auf einmal nicht mehr in gleicher Weise in Bewegung setzte und also, den Eigenschaften ihrer Substanz nach, ihren beständigen empirischen Charakter als eine präsumierte sogar eadem par ratio 334 geändert hätte. Denn ein Ausbleiben des erwarteten Effekts

333

334

An dieser Stelle sollte vielleicht daran erinnert werden, daß das hier Ausgeführte immer auch mit den Einschränkungen von S. 150f., Anm. 213 Ende zu nehmen ist. Man wird sich vielleicht erinnern (S. 173), inwiefern Kant bei der Kurzfassung jenes "einen" Prinzips der Urteilskraft ein zunächst niedergeschriebenes similium eadem est ratio in ein similium par est ratio verbessert hat ("similium eadem ( 8 par) est ratio" (XVI 756)), welche Korrektur bei den Schlüssen nach dem Prinzip der Urteilskraft auch angebracht und nötig ist. Denn als Vorstellung, die dabei natürlich auch immer eine gleiche ausmacht, ist der vielen Gegenständen gemeinschaftliche Gattungsbegriff zwar immer auch numerisch identisch. Aber die unter ihm gedachten Gegenstände sind numerisch verschiedene, bloß gleiche Gegenstände. Und sie sind natürlich nicht etwa ein bleibender selber Gegenstand, was also durch die zweite Formulierung genauer und richtiger bezeichnet ist. Durch Subsumtion von Erscheinungen zunächst unter die Analogie der Erfahrung werden diese Erscheinungen aber wirklich jeweils auf einen selben (numerisch identischen), bleibenden Gegenstand bezogen. Es werden dabei zusätzlich auch noch gleichbleibende als unveränderliche, beständige Eigenschaften desselben bestimmt, aus denen sich dann auch immer wieder Gleichheit realer Relationen zu je anderen beständigen Gegenständen ergibt, bei denen sich das nämlich ja ebenso verhält. Diese Erscheinungen haben also den gemeinschaftlichen Erfahrungsbegriff, das nun empirisch bestimmte "Ich denke", nicht nur analytisch oder distributiv gemein. Sie haben ihn dabei zusätzlich sogar immer synthetisch und also kollektiv gemein. Es wird also durchaus eadem par ratio der Regelmäßigkeit beobachteter Er-

238

V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

bloß unter anderen äußeren Umständen, d. h. bei einem ganz anderen gemeinschaftlichen Effekt bei nicht hinreichend isoliertem Kausalnexus, kann hier ja eigentlich keine Ausnahme heißen,335 weil unter diesen genau selben Umständen wieder dieser neue gemeinschaftliche Effekt unausbleiblich auch immer wieder folgen müßte. Zur Vergleichung nun schließlich auch noch der Analogie- und Induktionsschlüsse nach den Analogien einerseits mit denen nach dem Prinzip der Urteilskraft andererseits, die im Grunde in allem Obigen auch schon hinreichend geleistet wurde, seien um der Kürze willen nur noch einmal die jeweiligen Hauptmomente schematisch einander gegenübergestellt. Dabei ist als vielleicht Vordringlichstes zu erinnern, daß die zweiten Schlüsse immer nur zusätzlich und nachträglich stattfinden können. Durch die ersten Schlüsse versuchsweise immer schon bestimmte jeweilige Gegenstände dann bereits (d. h. nicht mehr bloße subjektive Erscheinungen) sind nun überdies auch noch lediglich versuchsweise zu klassifizieren. Die Analogie- und Induktionsschlüsse nach den Analogien vollziehen sich vermittelst der bestimmenden, die nach dem Prinzip der Urteilskraft naturgemäß als solche der reflektierenden Urteilskraft. Durch erstere wird ein wesentlich objektiv-synthetische Einheit denkender bloßer Erfahrungsbegriff durch synthetische Reflexion nach den Exponenten gebildet, und zwar als eine allgemeine Hypothese bloß ihrem nur empirisçh zu gebenden materialen Bestandteil nach - wobei demnach aber, ob der formale hier wirklich stattfinde, selbst eigentlich schon eine Frage bleibt. Die beobachtbare Regelmäßigkeit von Erscheinungen wird auf einen a priori vorausgesetzten notwendigen Nexus im jeweiligen Objekt zurückgeführt. Hier werden nun also die erstere durchgängig mögliche synthetische Einheit des Bewußtseins der Erscheinungen der je selben Dinge und die daraus dann folgende immer auch mögliche analytische Einheit durchaus noch ohne jede logische Ver-

335

scheinungen gedacht, nämlich dadurch auch noch im Objekt. · Begriffe überhaupt können, in einem Denken analytischer oder synthetischer Bewußtseinseinheit, ihren gedachten Gegenstanden entweder analytisch oder synthetisch gemein sein. So ist ζ. B., in einem ansonsten wohlgemerkt ganz anders gelagerten Fall, den acht Einheiten der Acht entweder das Bewußtsein der (nämlich immer wieder gleichen) "Eins" oder aber das der "Acht" (nämlich nur zusammen, durch nicht analytisch "gemeinschaftliche Funktion" (A 109) des Verstandes) gemein. Vgl., nicht ganz entsprechend, XXII449: "Wenn ζ. B. in zehn verschiedenen Mischungen die zum Niederschlag einer Auflösung nach chemischen Regeln gehören man das Experiment gleichsam schon zur Demonstration (um noch mehrere Versuche Oberflüßig zu machen) gediehen zu seyn wähnt so kann man im eilften wo ζ. B. etwa ein unbemerkt auf die Instrumente wirkender Einflus der Luftelectricitat im Spiel ist wegen des Erfolgs nicht immer die Gewahr leisten oder ein Arzt den beabsichtigten Erfolg bey (scheinbarlich) gleichen Individuen und Zufällen [wieder Umständen, MK] derselben [nicht, MK] hippocratisch vom Dreyfuße vorhersagen ohne bisweilen in seinen Erwartungen getauscht zu werden". Hier laufen bereits, kombiniert, empirische Präsumtionen von "beständigen Gesetzen" (Β XIII oder Β 794) nach den Analogien einerseits und von Gleichheit auch noch dieser beständigen empirischen Gesetze (ohne Zeitbedingungen) unter dem Begriff einer Klasse nach dem Prinzip der Urteilskraft andererseits durcheinander (S. 205f., Anm. 285). In beiden Fallen kann für beide Momente von Ausnahmen von Regeln hier nicht wirklich gesprochen werden.

D. Kurze Betrachtung und Einordnung von Peirce' Konzeption der "Abduktion"

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wandtschaft der jeweiligen Gegenstände in der analytischen Vergleichung mit anderen ihren empirischen Eigenschaften nach denkbar. Bei den zweiten Schlüssen wird aber zusätzlich auch noch durch diese logische Reflexion, in einem Zusammenhalten auch noch mit dem Prinzip der Urteilskraft, ein empirischer Gattungsbegriff, als gleichfalls eine Hypothese wieder der durchgängigen Allgemeinheit nach, hervorgebracht. Dieses Mal ist die Hypothese aber eine gänzlich empirisch gefundene. Die hierbei nun zu beobachtende Regelmäßigkeit wird ausdrücklich nicht auf einen (weiteren) realen Nexus im Objekt zurückgeführt. Sie wird mehr auf eine "ideale" Beschaffenheit der gesamten Natur zweckmäßig allein für unsere Urteilskraft bezogen. Unter einer bei ersterem empirisch gefundenen jeweiligen eadem par ratio, wie sie im bloßen Erfahrungsbegriff gedacht wird nach objektiv deduzierter und bewiesener Maßgabe a priori, werden prinzipiell keine Ausnahmen möglich. Bei einer im Gattungsbegriff gedachten, gänzlich empirisch gefundenen bloßen paritas rationis kann es Ausnahmen immer geben.

D. Kurze Betrachtung und Einordnung von Peirce ' Konzeption der "Abduktion" Ganz zum Schluß noch, wie weiter oben schon angekündigt, einige flüchtig hingeworfene Bemerkungen zur Peirceschen336 Konzeption einer Abduktion. Diese soll, als angeblich dritte eigene Schlußweise (neben Deduktion und Induktion), das Bilden einer Hypothese im engeren Sinne ermöglichen, indem sie einen konkret gegebenen Zustand aus ihrer zu findenden Ursache zu erklären versucht. (Hierzu ist der Genauigkeit halber zunächst einmal zu sagen, daß im bekannten Bohnenbeispiel, in dem aus dem Wissen, daß alle Bohnen in einem gewissen Sack und nun auch gewisse weitere Bohnen weiß sind, geschlossen wird, diese Bohnen stammten wohl aus diesem Sack, eine Ursache überhaupt nicht bestimmt ist. Die hundert möglichen Ursachen, die dabei eigentlich noch bewirkt haben könnten, daß die Bohnen aus dem Sack auch heraus- und hierhingelangt sind, werden immer nur dunkel hinzugedacht.) Aber eine solche Hypothese, die insofern in unserem Rahmen natürlich auch nicht wirklich als eine dritte Art von Hypothese gelten darf, kann nur durch vielfältige dunkle Kombinationen der ersten beiden wirklich verschiedenen Arten von Hypothesen gefunden werden. Es sind nämlich bloße Erfahrungsbegriffe, als nun auch empirische Gattungsbegriffe bestimmter Dinge und ihrer empirischen Kausalitäten, immer schon vorausgesetzt, aus deren versuchter bloßer Verbindung der beobachtete Zustand als Effekt erklärt werden soll - ein Begriff, der sich auch bei Kant des öfteren findet. Mithin kann die hierbei stattfindende Schlußart auch nicht wirklich für eine eigene Schlußart genommen werden.

336

Vgl. zum hier noch Folgenden Peirce, und zwar zum Bohnenbeispiel etwa 376.

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V. Die Schlüsse der "reflektierenden" Urteilskraft

In der Tat ist auch durch das bloße Umstellen der Prämissen und Konklusionen in einer dritten einzig noch möglichen Anordnung, neben derjenigen bei Deduktion und Induktion, überhaupt nichts gewonnen. Fern davon, daß hierdurch allein der stattfindende Schluß etwa hinreichend analysiert oder formalisiert wäre, muß vielmehr gesagt werden, daß all die tausend Schlüsse und damit analytischen und synthetischen Reflexionen, die, um zu einer solchen Konklusion gekommen zu sein, wirklich, wenn auch meist nur dunkel, stattgefunden haben müssen, noch nicht einmal auch nur erwähnt sind. Die synthetischen kategorialen, beim genannten Beispiel auch teils noch teleologischen Reflexionen und die auch noch analytischen Reflexionen nach dem Prinzip der Urteilskraft, nach denen selbst schon die beständigen und auch schon gleichen Eigenschaften und Kausalitäten von Bohnen und Säcken und allen anderen möglicherweise beteiligten Dingen und Personen versuchsweise ausgemacht sind, werden hierbei immer schon vorausgesetzt. Vorausgesetzt ist ja etwa, daß weiße Bohnen beim Herausnehmen aus einem Sack nicht schwarz werden oder sich in Luft auflösen oder bei Trockenheit nicht zu wachsen anfangen, daß sie einen Sack nicht durchdringen können, sondern irgendwie anders herausgekommen sein müssen, daß nicht überall weiße Bohnen einfach so herumliegen usw. usw. Es ist nur eine versuchte Kombination schon bekannter Grundeigenschaften aller möglichen Dinge und also auch jener Reflexionen, die auszumachen versucht, wie eben der vorliegende bestimmte komplexe Effekt, als ein gemeinschaftlicher, zustandegekommen sein könnte. Das Beurteilen einer Übereinstimmung von Hypothese und Fall ist hier also zwar natürlich ungleich komplizierter als bei der Bildung eines bloßen Erfahrungsbegriffs oder eines empirischen Gattungsbegriffs durch bloße synthetische oder analytische Vergleichungen vieler einfach gleichförmiger Fälle. Aber da sich bei der Abduktion, wenn wir hier recht sehen, die Konklusion nur aus einer dunklen und "ingeniösen" Verbindung derselben als ihren vorausgesetzten und beteiligten Elementen ergibt, kann sie auch, als eine bloße Verbindung derselben, nicht die Benennung einer eigenen Schlußart rechtfertigen. Übrigens könnten auch solche einfach komplexeren Hypothesen wieder nur induktiv, nämlich unter den genau selben zunächst nur angenommen Gesamtumständen immer wieder denselben Effekt gebend, annähernd verifiziert werden. Dabei müßten also die kombinierten analytischen und synthetischen Reflexionen wohl auch immer die gleichen bleiben. Bei Kant werden nach den Analogien der Erfahrung, teils schon bloß hypothetisch, beständige empirische Eigenschaften und Kräfte von Dingen bestimmt. Durch die analytischen Reflexionen nach dem Prinzip der Urteilskraft sind sie dann nur noch als Grundeigenschaften und Grundkräfte ganzer Klassen gleichartiger Dinge gleichfalls nur präsumiert. Aus diesen beiden oder eigentlich schon den letzteren Hypothesen, die ja ansonsten Erfahrungsbegriffe geblieben sind, werden nun diejenigen Präsumtionen gebildet, die man im engeren Sinn "Hypothesen

D. Kurze Betrachtung und Einordnung von Peirce' Konzeption der Abduktion

241

nennt, bei welchen man keine Grundkräfte ersinnt, sondern diejenige, welche man durch die Erfahrung schon kennt, nur auf eine den Erscheinungen angemessene Art verbindet" (II 371). Wenn wir nicht völlig falsch liegen, ist dies aber der ganze Begriff der Abduktion. Diese Grundkräfte werden nämlich zunächst einmal in ihrer "Reinigkeit" gesucht, um erst danach dann "den Anteil, den jede dieser Naturursachen an der Erscheinung hat, gehörig zu bestimmen" (B 674). Allerdings hält Kant,findet sich also allenfalls sogar der Begriff der Abduktion bei ihm bereits, diesen Begriff und ein zunächst bloß analytisches Vorgehen wirklich nicht immer sauber auseinander. Denn ob man irgendwo bloß "durch Vergleichung die versteckte Identität entdecke" oder ob man etwa "nachsehe, ob nicht Einbildung, mit Bewußtsein verbunden, Erinnerung, Witz, Unterscheidungskraft, vielleicht gar Verstand und Vernunft sei" (B 677), ist ganz und gar nicht einfach, wie an dieser Stelle unterstellt, dasselbe Verfahren.

VI. Begriffsbildung V o r b e m e r k u n g . Im folgenden wird eine ganze Reihe teils nur erläuternder, teils aber auch im einzelnen belegender und ausführender sowie getroffene Voraussetzungen rechtfertigender Anmerkungen notwendig werden. Es sei ausdrücklich erwähnt, daß die Entwicklung des eigentlich thematischen Gedankens, dessen Auffassung sie ihrer Länge wegen eher hinderlich sind, ausschließlich im deshalb zunächst vielleicht für sich zu nehmenden Haupttext vorangetrieben wird. Dieser Haupttext kann auf sie, oder jedenfalls auf die allermeisten von ihnen, seines teilweise nur thetischen Charakters wegen aber auch nicht verzichten. Dabei mag ein wenig zur Entschuldigung einer gewissen Unübersichtlichkeit in den Ausführungen sogar dieses bloßen Haupttexts selbst dienen, daß gewiß dasjenige, was Kant zu der häufigen Verlegenheit unseres Verstandes angesichts vielhaltiger "Geistesproducte in der Redekunst und Dichtkunst" bemerkt, auch für eine Erörterung der vielfältigen verborgenen Momente der empirischen Begriffsbildung in ihrem ganzen Zusammenhang gilt. Denn zu dieser muß gesagt werden, daß der Verstand in der Tat auch dabei "oft in Verwirrung" gerät, "wenn er sich alle Acte der Reflexion, die er hiebei wirklich, obzwar im Dunkelen, anstellt, deutlich machen und auseinander setzen" will (VII 144f.). Des weiteren sollte vielleicht noch gesagt werden, daß in diesem Hauptteil der Arbeit natürlich überall schon von "Begriffsbildung" die Rede war, wenn auch meistens eben, d. h. neben kurzen verstreuten Bemerkungen zur Bildung des dem Wahrnehmungsurteil entsprechenden bloß empirischen Begriffs durch analytische Reflexion, von der synthetischen in unmittelbarer Absicht schon auf den bloßen Erfahrungsbegriff. Hier dagegen werden wir diese beiden noch, deren erstere also immerhin eine Voraussetzung des in diesem Hauptteil Besprochenen ausmacht, mit der Begriffsbildungslehre der reinen allgemeinen Logik Kants vergleichen. Und wir müssen dabei vornehmlich jene synthetische von dieser wieder analytischen bei allen Gemeinsamkeiten streng unterscheiden. Diese zwei letzteren werden sowohl strukturell als auch dann schließlich in einer Betrachtung des konkreten Entstehens der Begriffe, wie es in der Regel vor sich geht, in ihrer eigentümlichen Verbindung zu erörtern sein. Dabei wird die Erörterung des konkreten Entstehens der Begriffe mithin teils schon zur angewandten allgemeinen Logik gehören. Diese Erörterung wird demnach, in einer teils schon empirisch psychologischen Untersuchung, nur fragmentarisch zu leisten sein. Übrigens ist, wenn wir die Sache recht bedenken, die analytische Begriffsbildungslehre der reinen allgemeinen Logik im obigen wenigstens implizit gleichfalls schon behandelt worden. Denn in der Konzeption einer "mechanistisch reflektierenden Urteilskraft" einerseits sowie gerade eben im letzten Kapitel, bei der Erörterung der Bildung als Erweiterung der empirischen Begriffe numerisch verschiedener Naturprodukte durch Induktions- und Analogieschlüsse nach dem Prinzip der Urteilskraft selbst andererseits, war eben die logische Reflexion jeweils immerhin gemeint. Um der Genauigkeit willen sei noch angemerkt, daß im Grunde schon da, wie demnach nun erst recht auch hier teils im vorliegenden Kapitel, der Rahmen dieses Hauptteils, nämlich einer synthetischen Reflexion über die Erscheinung, eigentlich bereits gesprengt ist.

Α. Zielsetzung dieses Kapitels und Klärung einiger Begriffe

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A. Zielsetzung dieses Kapitels: Vergleichung und Unterscheidung der synthetischen Exposition und der analytischen Komparation, Reflexion und Abstraktion nach den jeweils anzutreffenden beiden Momenten von Reflektieren überhaupt. Materie, Form, Inhalt und besondere logische Form von Begriffen. Bloß empirischer Begriff, Erfahrungsbegriff und empirischer Gattungsbegriff Die Exposition der Erscheinung nach den Analogien durch " Ü b e r l e g u n g der Art der Verbindung" ihres empirisch Mannigfaltigen "in Einem Bewußtsein" eines Erfahrungsbegriffs zerfiel in die Grundmomente von Reflektieren (Reflexion der Urteilskraft) überhaupt (S. 56). Sie zerfiel in eine Vergleichung jener mannigfaltigen Vorstellungen mit anderen sowie auch mit dem Erkenntnisvermögen (S. 78ff.). 337 Man wird aber in den beiden positiven, nämlich gleichfalls auf Einheit des Bewußtseins in den Vorstellungen zielenden und nicht nur, im Grunde aber lediglich ihre Kehrseite, vom je Verschiedenen derselben absehenden Handlungen der logischen Begriffsbildung Komparation und Reflexion, als einer "Vergleichung unter einander" sowie "mit demselben Bewußtseyn" (XVI 555), leicht diese selben Momente erkennen. Denn in der zweiten ist es nur um einen speziellen Fall der Vergleichung mit dem Erkenntnisvermögen338 zu tun. Diese zweite findet sich zudem, wie allerdings oben beide zusammen, als eine "Überlegung., wie verschiedene Vorstellungen in Einem Bewußtsein begriffen sein können", angegeben (IX 94, vgl. XVI 55512-15). Trotzdem muß wieder gesagt werden, daß die erste Reflexion synthetisch durch Vergleichung des mannigfaltigen Apprehendierten mit dem Schema des Exponenten und, in der Vergleichung untereinander, mittels seiner vonstatten geht, wohingegen die zweite Reflexion nur "analytisch zugeht" (Β 102). Diese zweite fuhrt denn auch zu keiner Bestimmung weiterer Verknüpfungen im Objekt,339 sondern vielmehr gerade ja zu ihrer je fort-

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Sofern sie dort bereits beide dem ersten zugrunde liegen, wird man erneut diese Momente nicht mit den beiden von S. 107 verwechseln. In deren zweitem wird auch die gleichzeitige empirische Bestimmung der durch obige Überlegung gefundenen korrespondierenden Art der Verbindung in einem Bewußtsein Uberhaupt thematisch. Man sollte anfangs zwar meinen, daß alle Vergleichung gegebener Vorstellungen mit dem Erkenntnisvermögen eine solche sinnlicher Vorstellungen mit den Prinzipien eines oder mehrerer der drei intellektuellen Vermögen sein müsse. Aber die gegebene Vorstellung kann auch eine intellektuelle und die Vergleichung eine mit dem sinnlichen Erkenntnisvermögen und seiner Form sein. Das wäre etwa im Verfahren der transzendentalen Urteilskraft beim Schematisieren der reinen Verstandesbegriffe so der Fall oder auch, im Fall des Raums, bei der Überlegung, ob sich ein willkürlich gemachter und so dann "gegebener" Begriff nach seiner zunächst nur gedachten Synthesis konstruieren läßt. S. 75 im Zitat XX 221 ist darüber hinaus einmal von einer Vergleichung einer Vorstellung eines intellektuellen Vermögens, d. h. schon nach seinen Prinzipien, mit einem anderen intellektuellen Vermögen und dessen Prinzip gehandelt. Diese zweite, logische Reflexion gibt zur Bestimmung objektiver Verknüpfung nur scheinbar paradoxerweise subjektiv als die vorgangige Reflexion allerdings dann erst des bloß empirischen

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VI. Begriffsbildung

gesetzten Weglassung. (Steht hier also eine Weglassung schon objektiver Bestimmungen in Rede, so ist das zuletzt Angeführte zumindest beim empirischen Begriff von mehreren wirklichen Naturprodukten so möglich. In dem mag schon von verschiedenen Merkmalen mehrerer prinzipiell vorher schon für sich bildbarer und, wie wir hier bei einer analytischen Vergleichung von Objekten bereits ja annehmen, dann auch wirklich gebildeter Erfahrungsbegriffe abstrahiert sein. Das muß aber, was sich in Abschnitt E. zeigen wird, keineswegs so sein. Wäre dagegen eine Weglassung bloßer subjektiver Wahrnehmungen in Absicht erst auf objektive Bestimmung oder Erweiterung durch spätere kategoriale Synthesis gemeint, so könnte so offenbar noch nicht beim ansonsten allerdings gleichfalls analytisch gebildeten bloß empirischen Begriff gesprochen werden.) Man wird es deshalb nicht unnötig finden, die synthetische Bildung von Erfahrungsbegriffen oder auch Erweiterung derselben dem empirischen, aber schon objektiven Inhalt nach einerseits 340 und den analytischen Ursprung von Begriffen überhaupt, deren Inhalt gegeben oder durch subjektive oder objektive Synthesis und also, bei der letzteren objektiven, durch Konstruktion oder Exposition schon hervorgebracht ist, der bloßen logischen Form nach andererseits zu vergleichen und der sich ergebenden wesentlichen341 Einheit des Bewußtseins nach zu unterscheiden. Es wird ihnen

Begriffs, wie auch schon beim Wahrnehmungsurteil, gleichwohl erst Anlaß. Sie führt also mittelbar dann doch zu ihr. 340 Die genannte synthetische Bildung ist Übrigens, hier aber eher noch bloß notgedrungenermaßen, in ihrem Resultat gleichfalls immer schon, d. h. sogar bei der bloßen kategorialen Reflexion über etwa nur ein Objekt bezeichnende empirische mannigfaltige Vorstellungen, mit Abstraktion verbunden. Der Erfahrungsbegriff ist auch Begriff. 341 Es wird sich zeigen, daß zwar bei der synthetischen Bildung des Erfahrungsbegriffs nach der Kategorie sich "automatisch" und geradezu "unvermeidlich"* auch analytische Einheit ergibt. Das ist sogar, wie gerade eben Anm. 340 gesagt, bei einem einzelnen Objekt ohne Vergleichung mit anderen der Fall. Es wird ebenfalls noch deutlich werden, daß natürlich umgekehrt bei der auch analytischen Bildung des empirischen Begriffs von numerisch verschiedenen Naturprodukten nach dem Prinzip der Urteilskraft immer schon, sofern er selbst noch Erfahrungsbegriff ist, synthetische Einheit des Bewußtseins gedacht ist. Aber diese beiden Einheiten sind jeweils diesen beiden Begriffen (demnach vor allem jedoch im ersten Fall) als einem Begriff überhaupt vom bestimmten Objekt einerseits und, darüber hinaus, als einem Begriff nur noch von ähnlichen Objekten andererseits keineswegs wesentlich. Denn überhaupt ein Objekt zu erkennen oder zusätzlich ein ähnliches nur wiederzuerkennen (mithin lediglich nach derselben Art der vorher schon erkannten objektiven empirischen Synthesis nun bei anderen Gegenständen), sind zwei ganz verschiedene Dinge. Das gleiche gilt schon von der analytischen Reflexion in Absicht auf den bereits deutlichen bloß empirischen Begriff, bei dem es wie auch beim Wahrnehmungsurteil, bei dessen Erörterung wir uns zu diesem Punkt wohl nicht immer ganz eindeutig ausdrückten, zunächst weniger selbst auf die subjektive Synthesis der Einbildungskraft ankommt. Es kommt da vielmehr auf die Bestimmung speziell schon von (für sich natürlich wie auch das Wahrnehmungsurteil diese Synthesis noch enthaltenden und aussagenden) Regelmäßigkeiten und also vielleicht schon bedeutungsvollen und dann auf das Objekt zu beziehenden Verbindungen in der sinnlichen Reihe des bloß Apprehendierten und Reproduzierten an. Die analytische Reflexion sowohl des bloß empirischen als auch des empirischen Begriffs fuhrt nicht etwa selbst zur immer noch gedachten (subjektiv- oder objektiv-) synthetischen Einheit. Sie behält sie, die nämlich jeweils anderweitig ihren Ursprung hat, nun in ihrer wirklichen Gleichheit oder Regelmäßigkeit nur bei. Wesentlich

Α. Zielsetzung dieses Kapitels und Klärung einiger Begriffe

245

dadurch, wie sie darin zusammenwirken, im Prozeß des Entstehens immer anderer und, indem der folgende dem vorigen je eine Reflexion hinzufügt, auch höherer Begriffe zugleich die genaue Stelle oder wenigstens Funktion als Aufgabe zu bestimmen sein. Zu diesem Zweck ist zweierlei zu erinnern. - Erstens enthalten alle Begriffe überhaupt in ihren Merkmalen jeweils, und zwar wieder in eines verbunden, das eine Bewußtsein oder sind es, als nur klare342, selbst, durch das sie, was ihren möglichen Gebrauch begründet, auf verschiedene Gegenstände in Urteilen ihre Anwendung finden können. Die Form derselben ist demnach Allgemeinheit (analytische oder synthetische Einheit) und ihre Materie der jeweils unter ihnen bestimmbare Gegenstand. (Der letztere Ausdruck bedeutet nur dasjenige, worauf sie sich beziehen. Es ist also keineswegs immer, wie schwerlich in den Fällen einer anderen Vorstellung als solcher (A 108 unten) oder eines als Gegenstand gleichwohl nur gedachten und in gewissem Sinn sogar "erkannten" Dreiecks (A 105), ein reales Objekt der Erfahrung gemeint.) Ihr Inhalt, sofern dieser Ausdruck nicht, wie meistens in der Kritik, für diese Materie 343 oder gar für die Beziehung auf sie selbst steht, 344 sind dagegen ihre Merkmale als selbst wieder zumindest klare Begriffe mit jeweils Form und Materie in ihnen. Der Unterschied schließlich der Deutlichkeit (wenn sie einen solchen Inhalt als eine Vielheit von Merkmalen verbunden mit dem klaren Bewußtsein seiner Ordnung haben) oder nur Klarheit (wenn sie ihr einziger Inhalt selbst sind oder, wenn man lieber will, wenn sie keinen Inhalt haben) läßt sich entsprechend als die besondere logische Form bezeichnen. Denn was die erstere betrifft, beruht "in jeder vielhaltigen Vorstellung" und

342

343

344

ist aber natürlich letztere analytische Einheit des Bewußtseins durch sie selbst hervorgebracht. (* Das ist hier zunächst eher noch ein Defizit, indem dabei immer etwas verlorengeht.) Der nur klare Begriff "rot" enthält zwar ein Mannigfaltiges der Materie nach unter sich. Und er kann auch nur im Hinblick auf wenigstens mögliche synthetische Verbindung mit ihm als analytische Einheit denkend gedacht werden (B 133f). Aber er enthält, da eine a priori erkennbare intensive Quantität, als die Form aller Qualität, die jeweilige Qualität selbst nicht berührt (in der Apprehension ja auch gar nicht angetroffen wird (B 210, XXI 45617)), keine Verbindung mannigfaltigen Bewußtseins dem Inhalt nach in sich, und er läßt sich auf keine Weise weiter durch Merkmale deutlich machen. (Der Begriff "dunkelrot" gehört zur Materie unter ihm und er ist in ihm. Der Gattungsbegriff "Farbe" ist auch nicht eigentlich in, sondern über ihm: Gemeint ist bei dieser Deutlichkeit extensive des Inhalts und nicht intensive (IX 59).) Vgl. im übrigen zu den folgenden Unterscheidungen von Form, Materie und besonderer Form der Begriffe etwa XVI 536 u. 63412 sowie zu ihrem Inhalt IX 95 bzw. 140ff. Die reinen Verstandesbegriffe sind nicht "leere" Begriffe ohne (logischen bzw. transzendentalen) Inhalt. Sie sind vielmehr solche bloß ohne bestimmte oder wenigstens der Form nach bestimmbare Materie als ohne entsprechenden Gegenstand (bei uns nämlich nur durch Sinnlichkeit). Das berühmte "Gedanken ohne Inhalt sind leer" (B 75) ist kein analytischer und dann in der Tat bloß tautologischer, sondern es ist ein synthetischer Satz. Denn es will nicht sagen, daß Begriffe ohne Materie keine Materie haben, sondern daß sie ohne sinnliche Materie, ihres logischen oder transzendentalen Inhalts unbeschadet, überhaupt keine bestimmte oder bestimmbare Materie haben. Siehe zu letzterem etwa Β 78ff, bes. Β 83, und zwar im Unterschied ζ. B. zu Β 337ff, wo der Inhalt eines Begriffs wirklich das mannigfaltige in ihm Gedachte bedeutet.

246

VI. Begriffsbildung

also übrigens, wie gleich im folgenden, auch Anschauung 3 4 5 die Deutlichkeit "auf der O r d n u n g [genauer dem Bewußtsein derselben (VII 135lOff), MK], nach der die Theilvorstellungen zusammengesetzt werden" (VII 138). Dagegen geht die Deutlichkeit des Umfangs und also der Materie nach, wie sie zuletzt durch konkrete Beispiele stattfindet, nicht sowohl den Begriff selbst an (denn seine Gegenstände sind nicht in ihm enthalten) als vielmehr schon den wirklichen Gebrauch desselben. A n m e r k u n g . Der klare Begriff, der deutlich nur diesem Umfang und also dem Mannigfaltigen unter ihm nach sein kann, wird demnach zwar lediglich analytische Einheit enthalten können. Aber nur der reine analytische Einheit ohne synthetische enthaltende Begriff (z. B. wieder "rot"), der nicht in weitere Merkmale geschweige damit ein Bewußtsein ihrer Ordnung auflösbar ist, wird umgekehrt auch ein nur klarer sein müssen. Dagegen enthält der deutliche Begriff immer schon zusätzliche synthetische Einheit des Bewußtseins der Merkmale, die nichtsdestoweniger aber eine nur subjektive sein kann. Es sei deshalb, um ein daraus sich ergebendes mögliches Mißverständnis zu vermeiden, noch einmal daran erinnert, daß, wenn wir im folgenden die Einheit desjenigen bloß empirischen Begriffs, der schon Regelmäßigkeit der subjektiv empirischen Synthesis (qualitativ verschiedener Empfindungen) und nicht nur Gleichheit der Empfindungen selbst aussagt (S. 247f.), in einer Hinsicht dennoch auch eine nur analytische (aber nicht wie gerade eben reine analytische) nennen, nicht seine dem Inhalt nach schon deutliche subjektive Verknüpfung zweier Wahrnehmungen a und b in einem Bewußtsein gemeint sei. Denn von der läßt sich dabei, indem es für die Vergleichung selbst einerlei ist, ein "a" oder ein "a + b" mehrmals nur wiederzuerkennen, gänzlich abstrahieren. Gedacht ist vielmehr an das αηα/yfwcA-allgemeine Produkt einer wiederholten Vergleichung der Wahrnehmungen mitsamt ihrer subjektiven Verknüpfung selbst, deren Produkt wiederum, wie gesagt, insofern also immer als (wenn auch für sich schon synthetische) Einheit betrachtet werden kann, mit anderen identischen. Bei dieser analytischen Vergleichung ändert sich denn auch an seinem subjektive Synthesis enthaltenden Inhalt a + b jeweils nichts,346 und es findet keine weitere Verknüpfung, etwa zu "a + b" + "a + b", statt. 345

346

Das oben Ausgeführte gilt auch fllr die Anschauung, sofern man, da sie als Form der Anschauung reine bestimmungslose sinnliche Mannigfaltigkeit enthalt, auf ihre Materie achthat oder sofern man auch eine schon und nur durch den Verstand bestimmte Anschauung als eine formale Anschauung betrachtet. Vielleicht sollte man allerdings beim ersten statt von einer bestimmungslosen besser von einer (durch den Verstand noch) unbestimmten reinen sinnlichen Mannigfaltigkeit reden, da immerhin die Form der Anschauung dem Verstand ihre eigenen Bedingungen, nach denen sie sich nur bestimmen läßt, entgegenbringt. Man denke dazu nur an das oben einmal erwähnte Beispiel des logisch möglichen, aber real unmöglichen Begriffs des "Decaeders". Die analytisch in der Vergleichung entdeckte Regelmäßigkeit, wie gesagt, ist im konkreten Zustandekommen der Erfahrung nichtsdestoweniger meistens erst Anlaß, auf diese Verknüpfung der Wahrnehmungen mehr als auf andere, offenbar nur zufällige (bloß an den subjektiven Umständen der Wahrnehmung liegende (XVI 7573)) Verbindungen erst achtzugeben, und zwar dann in Absicht auf zusätzliche objektive Verknüpfung. Das ist dann sogar so bei einer Vergleichung der Wahrnehmungen der Zustände gleich mehrerer Objekte, wie sie beim wirklichen Entstehen der Begriffe der Normalfall sein dürfte. Man vgl. zu diesem zuletzt Gesagten S. 274ff. die hier noch nicht sinnvoll weiter auszuführende Differenzierung* und Komplizierung des bis dorthin, der bloß strukturellen Hauptlinie der aber auch uneinheitlichen Kantischen Darstellung folgend, de facto (nicht prinzipiell) nun für die konkrete Begriffsbildung in den meisten Fällen wohl vereinfacht und zu "sauber" getrennt Vorgetragenen. (* Diese Differenzierung findet sich lediglich S. 227ff.

Α. Zielsetzung dieses Kapitels und Klarung einiger Begriffe

247

Bei der bloßen Vergleichung und subjektiven Bestimmung zweier identischer oder ähnlicher Wahrnehmungen werden diese ja auch nicht gleichsam zu "rotrot", aber dennoch in einem subjektiv immer synthetischen Bewußtsein, verbunden. Es liegt also bei dem ganz einfachen Merkmal "rot" zwar mögliche synthetische Einheit, nämlich sogar im Vorgestellten 347 selbst und nicht nur der Vorstellungen in einem Bewußtsein (S. 97ff., Anmerkung), im Gebrauch voraussetzende, aber nicht schon, sofern es möglicher Bestandteil erst eines schon deutlichen Begriffs oder eines Urteils ist, selbst enthaltende nur distributive oder analytische Einheit der Apperzeption vor. W a s endlich zweitens

die Art der B e g r i f f e d e m j e w e i l i g e n Ursprung

der o b i g e n

E i g e n s c h a f t e n nach betrifft, s o wird in d i e s e m R a h m e n der E x p o s i t i o n der scheinung des bloß

Er-

hauptsächlich v o n den grob und vorläufig und am ehesten n o c h im Fall empirischen B e g r i f f s nach ihrer Form empirisch

X V I 58411) s o w i e nach der Materie empirisch

gemachte

( I X 14117,

gegebene

(IX 9322, X V I 5 8 4 8 ) z u

n e n n e n d e n B e g r i f f e n die R e d e sein. Für ihren Inhalt,

d. h. fur ihre e i n z e l n e n

Merkmale

als s o l c h e , wird sich das entsprechend verhalten. V o n d e n übrigen B e -

griffen w e r d e n wir nur s o weit hören, als sie entweder an deren Bildung, w i e im Fall der Erfahrungsbegriffe die reinen Verstandesbegriffe, beteiligt sind oder als auch a u f sie d i e l o g i s c h e n Handlungen der Begriffsbildung m ö g l i c h e A n w e n d u n g finden. W i e immer sich nun d i e s e im weitesten Sinn empirischen

B e g r i f f e v o n Kant

gerade b e z e i c h n e t finden, s o lassen sie sich d o c h ohne A u s n a h m e auf drei zurückführen. M a n hat e s nämlich mit e i n e m subjektiven, e i n e m objektiven und e i n e m Begriff, der b e i d e s verbindet, zu tun. D e r bloß empirische B e g r i f f sagt Gleichheit der Qualität der E m p f i n d u n g e n selbst e i n e s Dings)

(ζ. B. "rot", aber n o c h nicht als

s o w i e sodann auch R e g e l m ä ß i g k e i t der subjektiven

Synthesis aus - d. h. dann der Apprehension in der R e i h e n f o l g e

347

348

Eigenschaft empirischen

verschiedener348

bereits einmal, in Abschnitt C. der "Schlüsse der 'reflektierenden' Urteilskraft", in ihren ersten Ansätzen angedeutet.) Es kann hier an eine Verbindung mit verschiedenen anderen Wahrnehmungen, mit anderen Begriffen oder auch mit schon als solchen bestimmten Objekten gedacht werden. Die Empfindungen können sich dabei auch nur in ihrer intensiven Quantität unterscheiden, etwa wenn beim Auftreten oder selbst wieder nur Starkerwerden gewisser anderer Empfindungen (ζ. B. hell oder heller) es regelmäßig wärmer wird. Sie können auch, als nur numerisch verschiedene, beständig - oder jedenfalls immer wieder möglich - gleich bleiben (d. h. nicht nur hier und da und dort gleich vorkommen, wobei auf das hier Angesprochene noch nicht gesehen wird). Das entsprechende Beispiel in den Prolegomena für das erste ("wenn die Sonne den Stein bescheint, so wird er warm" (IV 301)) ist natürlich nur in Ansehung der dabei noch nicht bestimmten speziellen kausalen Verknüpfung kein Erfahrungsurteil. Es ist nicht in Ansehung der beiden Objekte selbst, von denen und deren übrigen sich äußernden Eigenschaften (jedenfalls schon von einigen derselben) man also bereits einen Erfahrungsbegriff und keinen bloßen Begriff eines regelmäßigen Beisammenseins eines ganzen Komplexes verschiedenster Wahrnehmungen hat, ein nur solche bloß empirischen Begriffe enthaltendes und in der Verbindung auch wieder nur einen solchen gebendes bloßes Wahrnehmungsurteil. Das hindert allerdings dann Bennett (132f.) nicht, in einer bloßen Unterlassung von Abstraktion (nämlich unter anderem eben im genannten Beispiel), offenbar allen Ernstes von einem nur weniger objektiven Urteil zu sprechen. Vgl. statt dessen die richtigen Überlegungen von Hoppe 42 bis 45, nach denen im Wahrnehmungsurteil als einem solchen Be-

248

VI. Begriffsbildung

Empfindungen oder Wahrnehmungen. Er denkt also in beiden Fällen analytische Einheit der Vorstellungen dieser Apprehension. Der Erfahrungsbegriff wieder führt diese letztere bloße subjektive Regelmäßigkeit auf reale Verknüpfung im Objekt zurück. Er bestimmt nach Maßgabe der Analogien, beim Bemerken durchgängiger Übereinstimmung349 mit einer von ihnen, im wesentlichen jedenfalls objektiv-synthetische Einheit 350 der gegebenen mannigfaltigen Vorstellungen, die dadurch auf dasselbe bezogen werden. (Es ist nicht nötig, im weiteren jeweils aufs neue daran zu erinnern, daß sich auf diesem Weg und zu diesem Zweck immer nur versuchsweise bestimmende Begriffe oder auch Urteile ergeben.) Der empirische Begriff schließlich von Naturprodukten denkt analytische Einheit derselben und ihrer Erfahrungsbegriffe aus der bloß logischen Vergleichung mit anderen. Diese findet allerdings nach allem Obigen auch durch Zusammenhaltung ihrer insgesamt mit dem synthetischen Prinzip der Urteilskraft statt (S. 74). Dieses Prinzip gewährleistet dabei nämlich die Möglichkeit des Erfolgs dieser analytischen Reflexion (oder präsumiert sie wenigstens in subjektiver Absicht) und gibt der Reflexion die Richtung. Aber es leistet die Reflexion gleichwohl, wie schon einmal gesagt, nicht selbst als ihre Funktion. Der empirische Begriff denkt analytische Einheit mehrerer Naturprodukte und ihrer Erfahrungsbegriffe, sofern jeder der letzteren schon - und also auch der erstere als ein nur im empirischen, wenigstens grundsätzlich vorher schon als gebildet möglichen Anteil seines Inhalts immer weiter "ausgedünnter" Erfahrungsbegriff noch - objektiv-synthetische Einheit enthält. Im übrigen wird sich bei der Erörterung dieser Begriffe die eine oder andere Wiederholung nicht immer vermeiden lassen. Denn bis zum Standpunkt des Erfahrungsbegriffs muß sie den Ausführungen zu Wahrnehmungs- und Erfahrungsurteil (S. 9Iff.) sowie insgesamt denjenigen zu den Schlüssen der Urteilskraft (S. 126ff.) in ihren Grundzügen genau parallel ausfallen.

349

350

ziehung der subjektiven Vorstellungen auf ein Objekt nicht einmal intendiert ist. - Im Grunde ist bei Lichte besehen sogar und strenggenommen der obige erste Fall einer Bestimmung einer Gleichheit der Qualität der Empfindungen selbst (da ohne Änderung ihrer intensiven Quantität), die nämlich ohne ein mehrmaliges, jeweils wenigstens zeitweises Gleichbleiben dieser Empfindungen gar nicht stattfinden kann, nur ein Spezialfall des zweiten einer Beurteilung einer Regelmäßigkeit der subjektiven empirischen Synthesis (immer wieder nur "rot"). Man kann sich gar nicht oft genug vergegenwärtigen, daß diese Übereinstimmung nur in den wenigsten Fällen eine direkte Übereinstimmung als eine unmittelbare Deckungsgleichheit der Ordnung im Apprehendierten und analytisch Reflektierten und derjenigen im schon synthetisch Gedachten darstellt - d. h. genauer im durch dieses Gedachte Gedachten, denn man kann subjektiv auch zuerst an die Wirkung und dann an die Ursache mit dem gleichwohl richtigen Bewußtsein der objektiven Zeitfolge denken. "Denken" ist Übrigens, wie oben ähnlich "Beurteilen", ein Ausdruck, der sowohl den subjektiven Vorgang der Reflexion als auch das schließliche Resultat der objektiven Determination bezeichnet (denken als etwas). Vgl. zur entsprechenden synthetischen Reflexion noch einmal S. 78ff., Abschnitt F. Die Darstellung ist dort vielleicht ein wenig übersichtlicher als im folgenden und zielstrebiger auf den Punkt gebracht. Aber sie ist entsprechend auch inhaltlich ärmer und weniger bestimmt.

Β. Bloß empirischer und Erfahrungsbegriffaus analytischer und synthetischer Reflexion

249

B. Von der Wahrnehmung zum bloß empirischen Begriff durch analytische Reflexion, vom bloß empirischen Begriff zum Erfahrungsbegriff durch synthetische Reflexion E s s e i c + d + a + b + d + b + a + b + c + a + b + d eine Reihe von Empfindung enthaltenden sinnlichen Anschauungen - wenn man dieses Mal auf die Qualität oder allenfalls nur intensive Quantität der Empfindungen selbst achtgibt (S. 119, Anm. 160). Deren jede für sich ist, da sie ihrerseits ein Mannigfaltiges enthält, und sie alle insgesamt sind durch Synthesis der Apprehension und damit Reproduktion ins empirische Bewußtsein (nur des inneren Sinns) aufgenommen. Es ist aber hier die auf logische Deutlichkeit vermittelst der Vereinigung derselben in einem allgemeinen und intellektuellen Bewußtsein eines Begriffs zielende Frage, was durch sie zu denken sei und was sie bedeuten. Dabei bleibt doch ganz offenbar, sofern auch als empirische die Synthesis der Einbildungskraft "noch keine Erkenntnis" gibt, sondern lediglich "die Elemente zu Erkenntnissen sammelt, und zu einem gewissen", aber immer nur sinnlichen351 "Inhalte vereinigt" (B 103f.), dieses empirische Bewußtsein bei aller "Pünktlichkeit" und Weite seiner "Erstreckung" (S. 58, Anm. 71) und also ästhetischen Deutlichkeit352 anfangs immer noch "roh und verworren", so daß es "also der Analysis bedarf' (B 103). Das Produkt aber dieser analytischen Vergleichung ist erst der bloß empirische Begriff, der lediglich "von den Empfindungen abstrahirt"353 ist (XVII 352) und der als selbst deutlicher 351

352

353

Dieser sinnliche Inhalt ist nicht mit dem Inhalt schon eines Begriffs (seinen Merkmalen) zu verwechseln. - Der in der Tat auf die berühmte Haaresspitze gestellte Grundgedanke der Deduktion wird nachher sein, daß sich die entstehende Reihe dennoch von einer ursprünglichen "intellektuellen Synthesis" herschreibt (B 164) - d. h. über die bloße Funktion des Größenbegriffs hinausgehend, deren sie, wie beim Zahlen, als subjektive Reihe immer sukzessiver Vorstellungen ohnehin bedarf (immer eine nach der anderen). Sie verdankt sich dieser Synthesis aber nur der Form der möglichen Verbindung und nicht dem auf das Objekt zu beziehenden empirisch gegebenen Mannigfaltigen der Apprehension nach. Diese "intellektuelle Synthesis" muß also immer irgend schon mit gegeben sein. Sie findet sich aber als eine solche nichtsdestoweniger nicht in ihr. Und sie ist also auch durch ihre Analysis allein, d. h. ohne zusätzliche synthetische Exposition, nicht zu entdecken. Die ästhetische Deutlichkeit besteht in einem Bewußtsein der Ordnung des Mannigfaltigen, wie es, als die "Merkmale" der Anschauung (XX 226f. Anm ), gegeben als subjektiv beisammen ist. Sie besteht nicht bereits in einem Bewußtsein davon, inwiefern in ihm auch ein Regelmäßiges subjektiv gegeben ist. Letzteres Bewußtsein wäre dann erst wenigstens der Form nach intellektuell. Denn der Verstand ist das Vermögen der Regeln. "Zu den Bestimmungen der Empfindungen selbst kann nicht einmal die der Mannigfaltigkeit gehören" (Dörflinger 1991, 103), welchem durch das oben von Kant Gesagte auch kein Abbruch geschieht. (Wie diese Einzelnheit derselben genauer zu verstehen sei, siehe bei Henrich 1953/54, 145f.) Zu Recht ihre wesentliche "bloße Einzelheit einmal angesetzt und Vorstellungen nur so bestimmt gedacht, hatte man es immer mit dem Jetzt einer Empfindung zu tun. Im nächsten Jetzt zu erreichen nur aus Gründen, die nicht in der Empfindung selbst liegen - läge keinerlei Wissen um das erste vor, also auch keines um ihre Kumulation zu Mannigfaltigem" (103). Ob diese "Gründe", die im Objekt liegen, deshalb aber nur im Verstand oder auch nur im Gemüt liegen, das ist bekanntlich eine der schwierigsten Fragen überhaupt die Kantische Philosophie betreffend. Zur "Verwandlung der Empfindungen in Allgemeinbegriffe" vor einer "Verarbeitung" durch

250

VI. Begriffsbildung

Begriff die Anschauungen als seine empirisch gegebene Materie nur logisch deutlich macht. (Der bloß empirische Begriff ist nur ein Begriff der bloßen Form nach. An sich wird Anschauung "nicht durch bloße Auflösung der Verworrenheit", d. h. nicht durch nur analytische Reflexion, in einen Begriff verwände It (XX 279).) Er fügt ihnen nämlich keinen Inhalt über denjenigen, der die bloße apprehendierte Ordnung des Beisammenseins bezeichnet, hinaus hinzu. Und er ist also bei aller logischen Deutlichkeit immer noch nicht als Erfahrungsbegriff (ein Intellektuelles auch der gedachten Materie nach) zu betrachten, dessen Aufgabe in der synthetischen "Deutlichmachung der O b j e c t e " (IX 64) und nicht nur der analytischen "Deutlichmachung" bloßer subjektiver Wahrnehmungsverhältnisse und -synthesen als solcher besteht. Denn an sich lassen sich bereits, wie sie in der Tat auch zufälligerweise subjektiv "zusammengeraten", das c + d oder d + a oder auch c + d + a (um nur die ersten drei Vorstellungen zu betrachten) in ein Bewußtsein eines insofern ebenfalls bloß empirischen Begriffs zusammennehmen. Dieser entspricht hier übrigens dem zufälligen, seiner Quantität nach einzelnen Wahrnehmungsurteil vor aller Vergleichung (S. 97). Dadurch werden aber dann wahrscheinlich "bloß regellose Haufen derselben" entspringen, die so zumindest, d. h. vor aller gezielten Sichtung und Analyse weiteren Materials, zu keiner bestimmten Beziehung auf ein Objekt taugen (A 121). ( / « j e n e r Reihe liegen nur die dann bezogenen und nicht die beziehenden Vorstellungen.) Wenn nämlich die mannigfaltigen Wahrnehmungen "zuerst auf gewisse Weise durchgegangen, aufgenommen, und verbunden" werden müssen, "um daraus eine Erkenntnis zu machen" (B 102), so wird doch dadurch, daß sie auf eine solche Weise (mithin ohne Exposition) verbunden werden, wie sie, sei es sogar schon mit dem Bewußtsein von Regelmäßigkeiten darin, aufgenommen wurden, daraus gewiß noch keine Erkenntnis gemacht. Denn "Wahrnehmungen und ihre Verbindung machen noch keine Erfahrung aus" (XXVIII 673). A n m e r k u n g 1. Der Unterschied der ästhetischen und logischen Deutlichkeit 354 (hier einer weitgehenden ästhetischen Deutlichkeit und gleichzeitigen logischen Verworrenheit vor der Bildung des bloß empirischen Begriffs durch erst noch notwendige Analysis) würde noch deutlicher werden, hätten wir nicht aus Gründen des Kontexts für die später dann bestimmt auf ein Objekt zu beziehenden Vorstellungen die ohnehin gewohnheitsmäßig assoziierten und also in ihrer regelmäßigen Folge hier leichter bemerkten Bezeichnungen a und b wählen müssen. Die vorläufige Unausgegorenheit aber der angesprochenen, eher einführenden Passage Β 102 bis Β 105 (§ 10) schreibt sich von einer dort noch kaum zu vermeidenden Unbestimmtheit der Begriffe "Synthesis" und "Verbindung" und damit des durch sie je vereinigten, zum Teil auch als Materie zu nehmenden "Inhalts" her. Denn zunächst heißt es, die Synthesis der Einbildungskraft, die als empirische später nur noch die dem Inhalt (besser

354

"schon eigentlich a p r i o r i s c h e Elemente", nämlich zunächst nur "durch die bloss l o g i s c h e Reflection", siehe übrigens auch bereits Vaihingen Bd. 1,176. Man vgl. zu diesem Unterschied XX 226f. Anm.

Β. Bloß empirischer und Erfahrungsbegriff aus analytischer und synthetischer Reflexion

251

der Materie) nach sinnliche der Apprehension und damit auch Reproduktion ist, bringe "zuerst eine Erkenntnis hervor". Dagegen ist noch im selben Satz die Rede davon, daß sie nur, wie gehört, "die Elemente zu Erkenntnissen sammelt, und zu einem gewissen Inhalte vereinigt" (B 103), daß sie also eigentlich doch "noch keine Erkenntnis" gibt (Β 104). 355 Die "Erkenntnis in eigentlicher Bedeutung" nämlich verschafft der Verstand (B 103), indem er dabei, wie mehrfach ausgeführt, als Urteilskraft durch eine zweifache (zuerst analytische und dann synthetische) Reflexion verfährt: Er sichtet den durch "bloße Synthesis" (Β 105) der Apprehension und Reproduktion in eine Reihe vereinigten, zunächst nur sinnlichen Inhalt zuerst nur, wohl immer schon beim Zustandekommen der Reihe, auf Regelmäßigkeiten hin. Er ordnet ihn so, in Form des bloß empirischen Begriffs oder ansonsten auch des Wahrnehmungsurteils, fürs erste bloß vor. Das geschieht mithin durch für sich übrigens immer noch "vergebliche" (S. 94, Anm. 121, A 103) Rekognition356 bloßer 355 356

Vgl. auch A 124 oben, wobei vor "Gestalt" ein "bloße" mitzudenken ist. Daß die dreifache Synthesis der Deduktion der ersten Auflage "bekanntlich als e i n e Synthesis zu verstehen ist" (Prauss 1971, 278, vgl. Heidegger 17Iff.), kann nicht eben als ein ausgemachtes Faktum gelten. Hierzu muß man nur die nach wie vor unübertroffene Darstellung bei Gurwitsch 9ff. betrachten. Gurwitsch setzt ebenfalls, übrigens wohl, wie auch Allison 1992, 213ff. bemerkt, entgegen seinen ausdrücklichen eigenen Erklärungen,* hinter der zweiten Synthesis eine strikte Trennlinie - worin Allison dann allerdings auch wieder große Schwierigkeiten sieht. Er kommt auch völlig zu Recht bereits im Kontext der ersten Deduktion, Prauss zum Trotz, auf das Wahrnehmungsurteil zu sprechen (12). Ein solches Wahrnehmungsurteil würde sich natürlich auch ohne jede mögliche schließliche eigentliche "Rekognition" (als Erkenntnis) und also ohne jeden möglichen Erfahrungskontext einer "Rhapsodie" der apprehendierten und reproduzierten Erscheinungen immer bilden lassen (in der unten stehenden "****"-Anm. bis zur Variante 2a desselben). (Daß hier allerdings durchaus auch entwicklungspsychologisch gesprochen werden wenigstens könne und daß teilweise durchaus auch "von zeitlich auf einander folgenden" (12) Stufen gesprochen werden sogar müsse, soll das Gesagte nicht jeden Sinn verlieren, haben wir gegen Gurwitsch schon vorgeführt (S. 100). Es wird auch bei der versuchten "Auflösung des Grundproblems" noch einmal zu thematisieren sein.) Jenes erstere läßt sich allenfalls, wie weiter oben vorgeführt, in gewissem Sinn von den ersten beiden "unzertrennlich verbundenen" Synthesen behaupten. Diese entsprechen zusammen denn auch einzig der nach Prauss 278 in der zweiten Auflage vorgeblich erst sinnvollen " S y n t h e s i s der A p p r e h e n s i o n " von Β 160, nach der diese letztere in der "Zusammensetzung des Mannigfaltigen in einer empirischen Anschauung" besteht, "dadurch Wahrnehmung, d. i. empirisches Bewußtsein derselben, (als Erscheinung) möglich wird". Wir vermögen nicht ganz nachzuvollziehen, wie man unter Rekognition als "dem e m p i r i s c h e n B e w u ß t s e i n der Identität" der "reproduktiven Vorstellungen mit den Erscheinungen, dadurch sie gegeben waren" (A115), nichts anderes als diese Wahrnehmung oder Wahrnehmungen selbst** verstehen könne (132f.). Denn hier ist doch von einem subjektiv-synthetischen Bewußtsein der Identität nur reproduzierter Vorstellungen mit den gerade immer bereits vergangenen Wahrnehmungen bzw. zunächst Erscheinungen gesprochen, denen sie sich als reproduzierte freilich verdanken. Diese bereits reproduzierten Vorstellungen sind keine eigentlichen Wahrnehmungen mehr, sondern Einbildungen. Und dieses Bewußtsein der Identität jedenfalls ist als dasjenige natürlich auch hier bereits eines Urteils***, mit Einheit jenes Bewußtseins, schon gar keine bloße Wahrnehmung mehr. Hier liegt also auch gar kein Problem eines Zusammenfallens von Wahrnehmung und Erfahrung und auch keine vorgebliche "Hypothek" eines später erst in Gestalt des Wahrnehmungsurteils zu klärenden Erscheinungsbegriffs verborgen, das bzw. die etwa Kant in der ersten Auflage der Kritik einfach noch "übergeht" (134) bzw. sich auflastet. Erfahrung ist hier (A 115) im zunächst bloßen Wahrnehmungsurteil**** ¡a auch noch gar nicht einmal zustandegebracht - d. h. vor der kategorialen Verbindung der reproduzierten und fürs erste nur wiedererkannten einzelnen subjektiven Vorstellungen auch noch untereinander und vor der Beziehung dadurch erst auf einen Erfahrungsgegenstand. Es scheint demnach nicht so sehr Kant, sondern vielleicht eher schon Prauss selbst zu sein, der "sich Uber das Wesen der... apprehendierten und ["nur hinten nach" (IV 298), MK] gedeuteten E r s c h e i n u n g e n wie auch des entsprechenden

252

VI. Begriffsbitdung

identischer Wahrnehmungsverhältnisse als solcher (ohne intellektuellen Inhalt und damit ohne intellektuelle Materie, d. h. ohne alle Beziehung auf ein Objekt). Dieser Verstand bringt sodann aber noch zweitens das nunmehr bereits ausgefundene regelmäßige Material durch die Kategorie und also durch auch der Materie des bloß empirischen Begriffs nach, nämlich in ihr oder besser zu ihr, gedachte Verbindung auf objektive Begriffe. Das macht dann erst die "Erkenntnis in eigentlicher Bedeutung" durch Synthesis der Apperzeption aus (Β 103). 357 Dabei erhält dann durch Subsumtion unter diese Kategorie, und zwar vornehm-

B e w u ß t s e i n s , der W a h r n e h m u n g , noch nicht im klaren ist" (135). Viele der "Paradoxien" in Kants Text, die Prauss dann fllr ihn aufzulösen unternimmt (etwa 165), sind denn auch zunächst einmal ohne Not von ihm überhaupt erst hineingetragen worden. (* Vgl. dazu Gurwitsch 11 unten die Einschränkung "oder wenigstens einige" ) (** Man kann nicht sagen, das "Wahrnehmungsurteil" sei durchaus nichts anderes als "gerade die Wahrnehmung s e l b s t " (151), da bei dieser an gedachte Einheit wieder ihres empirischen Bewußtseins noch gar nicht zu denken ist - zwei Begriffe, die gerade auch noch der späte Kant, dem dann angeblich ja ihre Identität endlich aufgegangen ist, unterscheidet. Vgl. etwa aufs neue S. 56, VII 396, wo das überhaupt einzig sinnvoll auf ein Objekt später dann zu beziehende nicht einzelne Wahrnehmungsurteil erst der dritten Stufe der Reflexion gleichwohl bereits über ein empirisches Bewußtsein entspricht. Siehe auch S. 91ff.) (*** Es gibt ganz falsche Vorstellungen, wenn man meint, ein Urteil als ein solches müsse sprachlich realisiert oder auch nur bewußt sein. Damit schließlich an der Oberfläche ein Satz wie etwa auch nur "Dies ist ein Stein" oder "Dieser Stein ist schwer" entstehen kann, muß immer schon eine ganze Vielzahl von subjektiven und objektiven Urteilen stattgefunden haben, die dort alle dunkel mitgedacht sind. So ist übrigens zum Beispiel das erstere Urteil so formuliert, indem es nur subjektiv eine Zugehörigkeit eines Dings zu einer Klasse von Gegenständen aussagt (analytisch), gar kein eigentliches Erfahrungsurteil selbst. Es ist dabei aber natürlich immer schon eine ganze Reihe von Erfahrungsurteilen impliziert, die nämlich eine objektive empirische Synthesis selbst enthalten und dann auch selbst aussagen würden.) (**»* Es sind hier drei in einem engeren Sinn intellektuelle Handlungen, d. h. abgesehen von derjenigen der bloßen Synthesis der Apprehension (mit Reproduktion) nur durch die Funktion des Größenbegriffs und sie voraussetzend, zu unterscheiden. Von ihnen kann erst die letzte zum Erfahrungsurteil führen. Die erste, die insofern auch bereits ein Wahrnehmungsurteil heißen muß, besteht in der subjektiven Identifizierung, wie gerade gehört, reproduzierter anschaulicher Vorstellungen "mit den Erscheinungen, dadurch sie gegeben waren". Das ist auch der vorläufige Begriff der "Rekognition" von A 103 ganz oben, in dem mithin Gleichheit sowohl als subjektiv auch Selbigkeit gedacht sind (bei letzterer deshalb aber nicht etwa "Das ist noch das", sondern einfach "Das war das"). (Im zweiten Satz von A 103 ist ab dem Relativsatz schon von etwas ganz anderem, zusätzlichem die Rede.) Zweitens ist es, wieder noch in einem bloßen Wahrnehmungsurteil, um die "Bestimmung" der subjektiven Verhältnisse dieser apprehendierten und reproduzierten und jeweils wiedererkannten anschaulichen Vorstellungen untereinander zu tun. Es geht um eine Fixierung dieser subjektiven Verhältnisse der apprehendierten und je bereits wiedererkannten Vorstellungen, wie sie (a) zunächst einfach so in ihrer bloßen Folge, aber dann auch (b) gerade mit dem Bewußtsein von Regelmäßigkeiten in der apprehendierten und reproduzierten Reihe gegeben und durch Reflexion zu einem Bewußtsein aufs neue bzw. zusätzlich noch einmal gebracht sind. Paßt nun hier drittens etwas in seiner regelmäßigen subjektiven Folge oder Ordnung unter den Exponenten, so wird dann der präsumierte Übergang zum Erfahrungsurteil vollzogen. - Von dieser nötigen Regelmäßigkeit muß übrigens A 103 oben, wo es auch schon um letzteres geht - bzw. allenfalls zunächst um ein reines objektiv-synthetisches Urteil -, deshalb nicht die Rede sein, weil man es dort nur mit einem bloßen Zählen zu tun hat. Werden aber wirkliche Dinge (oder Teile von Dingen) oder Verhältnisse gezählt, ist ersteres immer schon mitzudenken. Es ist nämlich mitzudenken als eine Voraussetzung für die Bestimmung, daß dabei etwas an jedem einzelnen gezählten Ding, bzw. dieses selbst, (objektiv) bleiben wird usw.) 357

Vgl. zum "auf Begriffe bringen" einer Vorstellung der Einbildungskraft durch Reflexion der Urteilskraft als ihrer Exposition S. 116, V 343. Zum Verhältnis von Auf- und Unter-BegriffeBringen siehe ganz analog auch XXII 316l8ff..

Β. Bloß empirischer und Erfahrungsbegriff aus analytischer und synthetischer Reflexion

253

lieh unter den Exponenten der Analogie, der seiner Materie nach nur sinnliche und empirische Inhalt des bloß empirischen Begriffs in Form von kategorialer synthetischer Einheit desselben im Erfahrungsbegriff noch einen eigentlich gegenständlichen als "transzendentalen Inhalt" (B 105). Im übrigen ist die aller auch empirischen bloßen Synthesis der Einbildungskraft zugrundeliegende Funktion des Größenbegriffs15* gleichwohl eine Wirkung der Spontaneität. Sie verbindet aber das insofern gleichartig Mannigfaltige fürs erste nur so, wie es in seinem bloßen jeweiligen subjektiven Nacheinander gegeben ist und " e r s c h e i n t " (A 124). Und sie leistet dabei weder die Erzeugung eines (zuletzt immer noch ästhetischen (V 251)) Größenbegriffs noch die des Begriffs einer objektiven Relation eines Daseins. Vielmehr begründet sie beider Möglichkeit durch Sammlung der Elemente dazu, indem sie eine eigentlich intellektuelle Synthesis durch empirische Rekognition dann der Bedingungen eines Objektiven, die die schematisierten Kategorien allgemein angeben, mehr vorbereitet, als daß sie selbst eine enthielte. Mithin kann sie, wie oben die Analogie, in dieser wohl so weit sogar bei Tieren noch anzusetzenden bewußtlosen Tätigkeit noch nicht als reiner Verstandesbegriff gefaßt werden. Sie muß zunächst als eine nur subjektive, hier aber noch völlig blinde Funktion des Gemüts oder, wenn man durchaus mit Kant (dann nur konsequenter) so will, des dadurch gleichwohl noch nichts verstehenden Verstandes betrachtet werden (S. 103f., Anm. 132 sowie S. 105). Denn der Verstand ist das Vermögen eben dieser Spontaneität auch schon in der Deduktion der ersten Auflage (A 97). Es ist klar, daß bei dieser regellos das bloße subjektive Nacheinander359 der "jederzeit sukzessiven" (B 234) Auffassung reproduzierenden Funktion der Einbildungskraft weder die gleichfalls empirische, aber regelhafte und ebenfalls schon auf ihr basierende Reproduktion bereits nach "empirischen Gesetzen" der Assoziation, die auf Identitäten und Identitäten von auch räumlichen Verhältnissen in der durch erstere reproduzierten Materie sieht, noch auch die "transzendentale Synthesis" der Einbildungskraft den verschiedenen " K a t e g o r i e n g e m ä ß " gemeint sei (B 152). Denn diese Schemata stellen die Maßstäbe dar, um in der ersteren bloßen Reihe, die sich einer insofern sogar in gewissem relativen Sinn noch vorfigürlichen Synthesis des Gleichartigen verdankt - nämlich der zeitlichen Form der Apprehension nach als ein bloßes ansonsten unstrukturiertes Nacheinander -, ein in seiner (jetzt also der apprehendierten Materie nach und durch diese konstituierten (S. 15ff.)) empirischen Form ihrer reinen, aber zum Teil schon sinnlichen Form durchgängig Korrespondierendes zu entdecken. Zu diesem Zweck leisten dann Assoziation und analytische Reflexion gleichermaßen die notwendige Vorarbeit (Anmerkung 3). Es ist also zwar jene diesen beiden wieder vorgängige Synthesis der Einbildungskraft, als empirisch realisierte die der Apprehension, hier "das erste, worauf wir acht zu geben haben".360 Sie darf jedoch deshalb einer Beurteilung des "Ursprungs unserer Erkenntnis" 358 359

360

Dieser Synthesis liegt wohlgemerkt nicht der Größenbegriff selbst zugrunde. Es ist ebenso klar, daß wir hier stark vereinfachen, sofern wir in einer nicht bereits metaphysischen oder gar physischen, gleichwohl teils empirisch psychologischen Betrachtung unseres Beispiels von den räumlichen Apprehensionsverhältnissen im wesentlichen abstrahieren. Jene Synthesis der Einbildungskraft ist hier jedenfalls, sofern eine Affektion der Sinne, die überhaupt erst ein synthetisierbares Mannigfaltiges gibt, samt ihren Bedingungen a priori ein noch Früheres ausmacht (B 30), das erste wenigstens in seiner Form Intellektuelle. Nach Β 104 ist entsprechend das gegebene Mannigfaltige der Anschauung "das erste" und "die S y n t h e s i s dieses Mannigfaltigen durch die Einbildungskraft" erst "das zweite". Dabei läßt sich, was hier vom reinen Fall der Erkenntnis a priori gesagt ist, zumindest bis zu diesem zweiten, bei allen übrigen Unterschieden, ohne weiteres auf den empirischen Fall der Synthesis der Apprehension des Mannigfaltigen gegebener Erscheinung übertragen. Wir sagen allerdings einschränkend "zumindest bis zu diesem zweiten", weil Kant nicht konsequent in der dritten Stufe jenes reinen Falls schon von ei-

254

VI. BegrifTsbildung

(Β 103), nämlich in sensu stricto, mitsamt der Analysis ihres Produkts, die nur, im vorliegenden Fall, ein regelmäßiges einseitiges Folgen auf von bloßen sinnlichen Vorstellungen als solchen zu Bewußtsein bringt, bei weitem noch nicht als Letztes gelten. Denn sie ist erst "die erste [als schon figürliche dann aber bereits bestimmte,361 MK] Anwendung" des Verstandes auf die Sinnlichkeit und "zugleich der Grund aller übrigen" (B 152) noch nötigen eigentlich intellektuellen Synthesis im Begriff nach subjektiver oder schon objektiver Einheit des Bewußtseins (§ 18). A n m e r k u n g 2. Mehr nebenbei bemerkt, enthält ja auch im zunächst nichtempirischen als reinen sinnlichen Gebrauch, der im Gegensatz zum transzendentalen dann doch wieder ein empirischer Gebrauch ist, die formale Anschauung "eine Synthesis, die nicht den Sinnen angehört" und deren synthetische Einheit gleichwohl "vor allem Begriffe" vorhergeht (bei einer bestimmten formalen Anschauung zumindest vorhergehen kann). Diese Synthesis macht aber, daß eine solche schon (im folgenden ersten Fall noch nicht begrifflich) bestimmte formale Anschauung entweder unter einen durch synthetische Reflexion erst noch gänzlich zu findenden oder auch unter einen dadurch nur erweiterten Begriff gebracht werden kann (B 161f. Anm.).362 Ein Beispiel dieses zweiten wäre etwa im Begriff einer geradlinigen Figur von drei Seiten gegeben, nach dem bei Angabe ζ. B. der drei Seitenlängen eine dann auch schon insoweit begrifflich bestimmte formale Anschauung überhaupt erst hervorgebracht würde. Denn dabei würde dieser schon vorhandene Begriff etwa um die Größen der Winkel lediglich erweitert werden. Wir wollen diesen Gedanken aus einer anderen, vielleicht deutlicheren Perspektive zu beleuchten versuchen. Die formale Anschauung (der Raum als der unbestimmte, a priori gegebene Gegenstand der reinen Anschauung vorgestellt, der als unendliches und, als ein solches, unbestimmbares Ganzes vor allen bestimmbaren oder schon bestimmten (B 37) Teilen desselben vorhergehι/363) setzt als schon einheitliche, aber ansonsten noch gänzlich unbestimmte Anschauung die Funktion des Größenbegriffs, gleichsam in einer reinen vorfigürlichen Synthesis, gleichwohl voraus. Diese Synthesis ist nämlich nur diejenige eines bloßen Beisammen- als

361

362

363

nem "vorkommenden" Gegenstand spricht: Dessen Erkenntnis nach kategorialer synthetischer Einheit setzt dann aber sogar zuvor noch Analysis des durch Synthesis der Apprehension Versammelten voraus. Soviel erneut zur behaupteten Unausgegorenheit des offenbar viel zu schnell niedergeschriebenen Paragraphen 10. In gewissem Sinn leistet die bloße Einheit der empirischen Synthesis der Einbildungskraft nur durch die Funktion des Größenbegriffs - die primitivste, aller anderen zugrundeliegende Gedächtniseinheit, bei der die Vorstellungen "doch nur immer Vorstellungen" bleiben (B 242) - auch schon eine Bestimmung. Denn sie bestimmt und fixiert, wenn auch nur in ihrer subjektiven Reihenfolge, die bloße Sukzession der jeweils apprehendierten Vorstellungen als solcher (als subjektiver (B 233 unten)). In dieser Vorbereitung der Möglichkeit eines Zusammenhaltens eines in ihnen regelmäßig Aufgefaßten, d. h. eines durch analytische Reflexion in ihnen, die dabei aber immer noch bloße Vorstellungen im Gemüt bleiben, als regelmäßig Bestimmten, mit den Schemata als den Produkten der transzendentalen Synthesis der Einbildungskraft* gibt sie den ersten, nur seiner Funktion nach intellektuellen Anlaß zu einer dann auch objektiven, schließlich kategorial gedachten empirischen Bestimmung. (* Bei der transzendentalen Synthesis der Einbildungskraft ist es um eine Verstandeswirkung nach allen Kategorien und als solchen zu tun, und zwar mit den Relationskategorien und dort wieder derjenigen der Substantialität als zentralem Bezugspunkt.) Wir sagten eben bereits, daß dies in diesem reinen und also nur auf den Größenbegriff zielenden Fall aber nicht zunächst durch Analysis eines empirisch Gegebenen, sondern gleich durch kategoriale Synthesis geschehen würde. Vgl. Β 39, XX 419fr. sowie XXVIII 56536f„

Β. Bloß empirischer und Erfahrungsbegriff aus analytischer und synthetischer Reflexion

255

aber schon Nebeneinanderseins reiner Mannigfaltigkeit ohne weitere Verbindung bestimmter reiner oder empirischer Teile darin. Das heißt, sie ist nur diejenige der einigen reinen Ausspannung des Raums selbst. Dabei resultiert jener Widerspruch aus einem Mißverständnis jener gedachten Vernunftidee des absoluten Raums als einer als unendlich gegebenen Größe. Dieser Begriff will ja nicht etwa sagen, daß sich dieses Ganze anschaulich vorstellen läßt. Er meint nur, daß man sich als Produkt keiner noch so weit gehenden Synthesis (insofern doch immer gemachter und "erzeugter" (B 202), aber nur als dadurch bestimmter ansonsten angetroffener Räume364) einen Raum anschaulich vorstellen kann, der nicht von einem größeren eingeschlossen und also nicht selbst schon im Raum wäre. Mit anderen Worten, er sagt, daß die Synthesis an keinen einzigen Punkt gelangen kann, an dem und über den hinaus nicht immer schon Raum, in diesem Sinn gleichwohl dann gegeben, ist (IV 481f.): "Das in indefinitum gedachte wird hier als in infinitum gegeben Vorgestellt" (XXII 11). Bei einer (erst a priori hervorgebrachten, bestimmten) formalen Anschauung aber - hier eines Dreiecks - in der ersteren und nur durch Einschränkung derselben möglich (B 39),365 bei der umgekehrt die bestimmten Teile (Räume) dieses gleichfalls bestimmte oder begrifflich wenigstens bestimmbare relative Ganze (einen Raum) erst möglich machen (B 203), ist zweierlei zu unterscheiden. Sie setzt entweder, was oben dem zweiten Fall entspricht, zusätzlich schon Größenbegriffe selbst voraus, ζ. B. zweier Seitenlängen und des eingeschlossenen Winkels - nämlich um sie als eine in genau diesen und nur diesen Angaben auch schon begrifflich bestimmte und um die übrigen dann auch zu erweiternde überhaupt erst zu konstruieren. Oder aber eine Synthesis durch die bloße Funktion des Größenbegriffs ohne bestimmte Größenbegriffe macht die Bildung überhaupt der Größenbegriffe selbst, dann aber nur durch Nachmessen oder Schätzen nach Augenmaß, immerhin möglich. Es wäre da etwa an ein plan- und wahllos, gleichsam ohne Winkelmesser und nur mit einem Lineal ohne Zentimeterteilung, mehr hingeworfenes als konstruiertes und gleichwohl anschaulich dadurch komplett determiniertes und deutliches Dreieck zu denken. Allerdings wäre dann schon die bestimmte Qualität des Geraden und bei Licht besehen und nach erneutem Nachdenken doch auch hier schon wieder der Begriff dreier in eine Figur zu bringender Linien vorausgesetzt. Da eine reine Anschauung doch wohl immer bereits Begriffe vorauszusetzen scheint, sei ein weiterer Versuch unternommen, unseren jedenfalls im Kontext der Bildung empirischer Begriffe an sich richtigen Gedanken ins rechte Licht zu setzen. Denn die schön figürliche, über die Konturen etwa des Hauses nicht blind hinausschießende Apprehension läßt sich durchaus auch eine empirische Rekonstruktion nennen366 364

365

366

Auch im Raum gegebene Erscheinungen werden ja durch Synthesis der Apprehension nicht gemacht, sondern eben nur aufgenommen und lediglich zu Einem gemacht. Siehe etwa Baum 1991, 66f. Diesem ist ansonsten das dritte mitsamt dem vierten Raumargument zugleich ein Beleg gegen eine transzendentale Realität des Raums, indem man von einem Verstandesding keinen sich notwendigerweise widersprechenden Begriff haben dtlrfe: Vom Raum als von einem totum läßt sich sagen, "daß die besondere Ganzheit eines totum darin besteht, daß es seinen in ihm unterscheidbaren Teilen vorhergeht, während ein compositum aus ihm vorhergehenden Elementen besteht, die nur dadurch zu Teilen wurden, daß die Zusammensetzung dieser Elemente ein Ganzes entstehen ließ. Die Teile eines totum jedoch sind selbst n u r a l s Teile eines ihnen vorhergehenden Ganzen möglich, d. h. sie können nur in einem Ganzen existieren. Daß der Raum ein solches totum ist, geht auch aus den Konstruktionsleistungen hervor, durch die wir geometrische Figuren erzeugen. Sie sind nur im Raum und als Teile des einen geometrischen Raums möglich, der ihre Begrenzungslinien und -flächen umgibt und in dem andere Räume möglich sind" durch weitere "Einschränkung". Siehe etwa den ganz ähnlichen Gedanken bei Heintel/Macho 173.

256

VI. Begriffsbildung

wenn man nur auf die Handlung sieht und wenn man damit nicht sagen will, daß irgendwer oder irgendetwas die Erscheinungen vorher auch konstruiert habe. Also geht doch wenigstens bei einem unwillkürlich imaginierten (aber dann vielleicht nur reproduzierten) Dreieck oder bei der empirischen Auffassung, im einigen Raum, einer in der Tat von jemand anderem gezeichneten Figur, die beide allenfalls mehr schlecht als recht für eine reine Anschauung ohne Begriffe (XX 245i4f.) stehen könnten (die es in einem absoluten Sinn gleichwohl gar nicht geben dürfte), die Synthesis der Einbildungskraft durch die bloße Funktion des Größenbegriffs allem erst zu findenden Begriff überhaupt vor. Jedenfalls ist das bei der Apprehension anderer existierender, nicht konstruierbarer Gegenstände, deren empirische Anschauungen sich auch als empirisch bestimmte formale Anschauungen bezeichnen lassen, so der Fall. Und mit dieser Auffassung hat man es in der Erfahrung, wovon wir im Kontext dieses Kapitels reden, ja auch nur zu tun. Man wird je nach empirischen Umständen der Aufmerksamkeit die ansonsten ganz "fertigen", empirisch voll bestimmten Anschauungen jenes Dreiecks oder der anderen Gegenstände, die insofern dann mitsamt dieser Umgebung eher als eine Erscheinung und als dieses Mal empirisches bloßes Beisammensein aus einer vorfigürlichen Synthesis des bloßen Nach- und Nebeneinanderseins stattfinden, zunächst vielleicht nicht einmal von ihrer Umgebung unterscheiden (Gestaltwahrnehmung, richtiger demnach aber bereits Gestalt bemerken). Diese Unterscheidung setzt dann erst einen wie auch immer dunklen, aber zu der gegebenen Anschauung auch erst passend auf- oder gar aus ihr erst auszufindenden Begriff von der Weise (noch nicht unbedingt Art) ihrer synthetischen Apprehension, wie nämlich dieses oder dann auch so etwas aussieht oder sich verhält, voraus. Respektive sie gibt ihn überhaupt erst (S. 5Iff.). Oder aber sie liefert bei der Auffassung und erstmaligen Unterscheidung von anderen ähnlichen Gegenständen vermittelst der schon regelhaften Reproduktion der Einbildungskraft einen dann bestimmteren und insofern erweiterten (Art-) Begriff. Bei der (reinen) Konstruktion allerdings wird entgegen dem gerade oben Gesagten doch wohl ein wie auch immer dunkler und allenfalls relativ unbestimmter Begriff den Anfang machen müssen. Es kann eigentlich immer nur ein schon gegebener, genauer selbst zunächst nur unter dem Satz des Widerspruchs -willkürlich gemachter Begriff erweitert werden, d. h., wenn er sich überhaupt konstruieren läßt. Nie jedoch wird der Begriff erst komplett hervorgebracht. Dies kann dann immerhin die Richtigkeit der ansonsten bei Kant nicht recht greifbaren Unterscheidung von der und einer formalen Anschauung (im Unterschied also auch bei der ersten von der bloße reine Mannigfaltigkeit gebenden Form der Anschauung) indirekt dadurch bestätigen, daß bei der zweiten jedenfalls, wie Kant doch oben gleichwohl angab, die einer selbst wieder Begriffe voraussetzenden Synthesis entstammende Einheit - nämlich nicht diejenige bloße der formalen Anschauung vermittelst der bloßen Größenfunktion ohne bestimmte Größenbegriffe, bei der dies möglich ist - eben nicht "vor allem Begriffe" vorhergehen kann (erneut Β 161f. Anm.). Das läßt sich ja dann auch XX 22818-22 oder V 24118-24 in der Sache ganz richtig so nachlesen. A n m e r k u n g 3. Wir sagten, die Erörterung dieses Kapitels werde der von Abschnitt C. des vorletzten, zum Wahrnehmungsurteil, zunächst genau parallel ausfallen. Man wird jedoch vielleicht bemerkt haben, daß wir an der Stelle des Übergangs von bloßer empirischer Apperzeption des subjektiv Mannigfaltigen vermittelst der regellosen Reproduktion der Einbildungskraft zum Feststellen bereits von Regelmäßigkeiten in der entstehenden Reihe desselben, mithin dann mit analytischer Einheit jener Apperzeption auch schon im gleichwohl immer noch subjektiven Vorgestellten selbst, eine dort sich findende mögliche Assoziation und also regelhafte Reproduktion schon vor der analytischen Reflexion (S. 94, Anm. 121) übergangen haben (außer kurz in Anmerkung 1). Es läßt sich aber wohl nicht mit Sicherheit ausmachen, ob wirklich Assoziation als der subjektive Grund (A 121), vor-

Β. Bloß empirischer und ErfahrungsbegrifTaus analytischer und synthetischer Reflexion

257

nehmlich regelhafte Teile der apprehendierten und, damit sie als Reihe des bloßen undifferenzierten, subjektiven Nacheinander überhaupt erst entstehen kann, zunächst regellos und "ohne Unterschied" (A 121) reproduzierten Reihe zu reproduzieren und "in die Gedanken zu bekommen" (A 101), und also als sinnliches Mittel zum potentiellen Übergang zur Form des Intellektuellen Rekognition als ein (bewußtes) Bemerken hier von bloßer Identität ermöglicht. Es ließe sich j a gerade umgekehrt vielleicht auch denken, daß selbst bereits ein wie auch immer dunkles "Bemerken" einer Identität, das also in diesem Fall sogar beim angesprochenen iudicium sensitivum der Tiere (S. 39ff.) gleichwohl der analytischen Reflexion entstammen würde, die Möglichkeit, gerade den je identischen (gleichen) oder ähnlichen Teil der Reihe auch nur zu assoziieren und sich an diese Regelmäßigkeit sodann auch zu gewöhnen, als seine Folge seinerseits begründete. Das ist jedoch hier, da ohne Zweifel beides der Bestimmung der (zunächst realen) Affinität des Mannigfaltigen durch synthetische Reflexion vorausliegt, von keinem weiteren Belang. Allerdings müßte man im letzteren Fall, indem in der Tat "der Verstand oft im dunkeln arbeitet", um Irrtum aus dem unbemerkten Einfluß des der Form (der Anordnung) und vielleicht sogar der so angeordneten Materie nach nur ähnlichen sinnlich Gegebenen und also als ein a' + b' vielleicht gleichsam zu Unrecht Reproduzierten auf das objektive Urteil oder den Erfahrungsbegriff zu vermeiden, "suchen zu erfahren, was der Verstand im Dunkeln für reflexionen gemacht hat" (XXIV 536). Denn das wirkliche Bewußtsein ist nicht einmal "Princip der Möglichkeit vom Verstände" (S. 41). Man vergleiche auch VII 134 Anm., wo die Handlungen der Apprehension und der Reflexion, die beide zur Bildung eines Begriffs beitragen, jeweils ohne Bewußtsein stattfinden können - was j a auch fast immer der Fall ist. Wir brachen oben ab, als wir sagten, daß der von den Empfindungen nur abstrahierte bloß empirische Begriff, sofern er das Mannigfaltige nur so verbindet, wie es in der immer sukzessiven Apprehension subjektiv

gegeben

ist, noch kein

Erfahrungsbegriff sein kann. Denn man mag zwar von allem zufälligen oder, w i e bei der Apprehension des Hauses, auch willkürlichen Hin- oder W e g s e h e n oder einer möglichen Abwesenheit des Beobachters (S. 114f., Anm. 152) s o w i e von der Kürze und nur präsumierten Fortsetzung der obigen Reihe immer abstrahieren. Dennoch kann auch dann die auf bloß logische

Deutlichkeit gehende analytische

Reflexion über jene mannigfaltigen Vorstellungen, indem das g e g e b e n e Material nicht mehr hergibt, nur zu dem einzigen Ergebnis kommen, daß in der Reihenfolge der Wahrnehmung a nicht ohne b, b aber durchaus ohne vorhergehendes a sein kann (S. 58). A l s o bleibt dieser bloß empirische Begriff a + b der Ordnung

seines

empirisch gegebenen und durch Synthesis der Apprehension nur versammelten Inhalts, als einem bloßen einseitigen, regelmäßigen Folgen auf subjektiver Wahrnehmungen als solcher, s o w i e diesem Inhalt367

367

selbst und auch der Materie

nach

Wenn wir den Inhalt des bloß empirischen Begriffs als sinnlich, mithin als gegeben bezeichnen, so meinen wir dieses Mal allerdings die Materie und nicht wiederum die Form der Merkmale (S. 247). Denn wir werden erst im folgenden sehen, inwiefern eine Materie in gewissem Sinn auch gemacht sein kann, und zwar entweder als bestimmte formale durch Konstruktion oder als bestimmte reale durch Verknüpfung gegebener Erscheinung unter den Exponenten. Sofern hier aber umgekehrt jedenfalls die Merkmale als solche, nämlich ihrer wesentlichen Form der analytischen Allgemeinheit nach (etwa "rot" im Unterschied zur Bandbreite der subsumierbaren einzel-

258

VI. Begriffsbildung

bloß sinnlich und subjektiv. Nur seine gemachte intellektuelle Form der Allgemeinheit ist analytische Einheit (auf deren Funktion er zumindest als Begriff einzig beruht), die sich einem Bemerken bloßer Regelmäßigkeit des in der subjektiven Synthesis Gegebenen verdankt; dieses Bemerken entstammt dabei wieder, wie mehrfach ausgeführt, einer auf Identität gehenden logischen Vergleichung. Kant nennt ihn, sofern im empirischen Begriff zwar Empfindung (B 74), in diesem bloß empirischen Begriff aber nur Empfindung (gedacht) enthalten ist, in einer späten Reflexion auch den empirischen Begriffenen "der Empfindung'e68. Er unterscheidet ihn, wohl um die sensualistische Amphibolie Lockes oder Humes zu vermeiden, vom empirischen Begriff "der Erkentnis" als dem "Erfahrungsbegrif. Denn "Erfahrung setzt schon [zusätzlich nach den Analogien gebildete, MK] Begriffe der Gesetze voraus (der Natur)" und also synthetische Allgemeinheit oder Einheit als die Form des Erfahrungsbegriffs (Gesetzlichkeit; alle Stellen XVI 549, Refi. 2861). Umgekehrt sind deshalb jene bloß "empirischen Begriffe" (XVI 548) auch analytisch aus der Wahrnehmung9 als "aus den Vorstellungen der Apprehension" (Β 236) und "nicht aus der Erfahrung gezogene, sondern sie zum [empirischen, MK] theil erst möglich machende Begriffe". Und "ein Erfahrungsbegrif setzt schon empirische Begriffe voraus" (erneut XVI 548). Denn auch oben entsprang das Erfahrungsurteil erst durch Zusatz des Verstandesbegriffs zum Wahrnehmungsurteil oder zum "durch Vergleichung" entstandenen bloß empirischen Begriff (S. 83, siehe auch IV 30118-20). Man ziehe hierzu auch S. 33 die Subsumtion des "empirischen Begriffs" unter den reinen Verstandesbegriff in Absicht auf objektive Verknüpfung sowie im selben Sinn S. 119f., Anm. 163 heran. Da findet sich "ein empirisches Erkentnis" von einem "Erfahrungssatz" wesentlich unterschieden.

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nen Empfindungen oder Wahrnehmungen selbst), gleichwohl ihrerseits, und zwar durch (analytische) Komparation, Reflexion und Abstraktion, als gemacht zu betrachten sind, sollte man den obigen Begriff übrigens genauer als "a" + "b" wiedergeben. Ja, man müßte, weil dasselbe, wie oben gleich angedeutet, fllr ihre Anordnung im Begriff gilt (die ansonsten mit dem regelmäßigen Gegebensein in jener der Materie nach sinnlichen Reihe hier aber gänzlich Ubereinstimmt), sogar das Pluszeichen mit Gansefllßchen versehen. Es ist dies offenbar der empirische Begriff der "subjektiven Erscheinungen selbst", den wir, wäre Prauss' Ansatz nur richtig, so in der Tat nicht "besitzen" könnten (Prauss 1971, 306). Letzteres wird dann sogar 316ff. eigens noch "bewiesen", daß nämlich eben "fllr Erscheinungen oder Empfindungen als empirisch-subjektive Gegenstände empirische B e g r i f f e prinzipiell nicht gebildet werden können" (318). Man muß aber Uberhaupt nur versuchen, diese bloß empirischen Begriffe gegen das Wahrnehmungsurteil auszuspielen, wenn letzteres immer bereits ein problematisch entworfenes bestimmtes Erfahrungsurteil (und das heißt dann wirklich auch bereits Erfahrungsbegriffe) enthalten soll. In einer frühen Äußerung Kants geben die Sinne "einzelne Empfindungen", und "der Verstand bemerkt diejenige, welche gemeiniglich zusammen [als beisammen, MK] seyn und in welcher Ordnung sie zusammen seyn" (XVI 493f.). Auf diesem Standpunkt soll das zum Zustandekommen von Erfahrung noch hinreichen. Aber noch im Opus postumum wird ein "empirischer Begrif' nur "aus Wamehmungen erzeugt" (XXII 364), die auch sein einziger Gegenstand bleiben. Und der a priori nach den Kategorien denkbare Kräftebegriff gibt "in der möglichen Anwendung auf empirische Begriffe ein Princip" ab (XXI477).

Β. Bloß empirischer und Erfahrungsbegriff aus analytischer und synthetischer Reflexion

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A n m e r k u n g . In ihrem Zusammenhang lautet die angeführte Passage XVI 548 wie folgt: "Empirische Begriffe sind darum nicht aus der Erfahrung gezogene, sondern sie zum theil erst möglich machende Begriffe. Ein Erfahrungsbegrif setzt schon empirische Begriffe voraus, und [*] "ihn abstrahiren" heißt: was man vorher gedacht hat, absondern." Adickes, für den diese ganze, gleichfalls spätere Reflexion 2858 "keinen Sinn" gibt, möchte hier gleich zweimal "apriorische" für "empirische" gesetzt sehen (vgl. XVI 548i8ff.) - obwohl jene Reflexion 2861, die in ihrer Unterscheidung von empirischem Begriff der Empfindung und der Erkenntnis, wie wir meinen, den Schlüssel zu ihrem Verständnis darbietet, gleich in unmittelbarer Nähe steht. Allerdings können wir mit ihrer Schlußwendung ("ihn abstrahiren" etc., was nach Adickes dann eigentlich doch "sie abstrahiren" heißen müßte), sollte sie als eine Erläuterung des Vorhergehenden und nicht als ein ergänzender Zusatz 370 gedacht sein, ebenfalls nichts Rechtes anfangen. Der Begriff einer "synthetischen Allgemeinheit" aber, wie sie im Gegensatz zur analytischen sowie, als durchaus begriffliche und dem menschlichen Erkennen zudem mögliche und notwendige, im Unterschied auch zum nur problematisch gedachten " S y n t h e t i s c h A l l g e m e i n e n " von V 407 vorzustellen ist, wird vielleicht ebenfalls der Erläuterung und Rechtfertigung bedürfen. Wie die Reflexion, so findet naturgemäß auch die dadurch vollzogene Subsumtion analytisch oder synthetisch und also nach distributiver oder kollektiver Einheit des Bewußtseins statt. (Sofern die Urteilskraft demnach durch Analysis oder Synthesis vorgeht, können ja auch die Reflexionsbegriffe, worin ihre Amphibolie besteht, analytisch oder synthetisch genommen werden (S. 12).) Zunächst einmal werden ohne Zweifel, wie auch hier beim bloß empirischen Begriff, "analytisch", mithin auf bloße Identität hin, "verschiedene Vorstellungen u n t e r einen Begriff gebracht" (B 104) - daß nämlich hier und da und dort in der Reihe der Wahrnehmungen identisch b auf a folgt. Das gleiche, sc. Unter-einen-BegriffBringen, trägt sich dann aber natürlich nach Maßgabe der durch reine Synthesis in einer transzendentalen Logik erzeugten Prinzipien auch synthetisch und dann speziell (nicht in der reinen Mathematik, aber bei gegebenen Erscheinungen) unter einem Erfahrungsbegriff zu. Gedacht ist nunmehr, daß deshalb wohl b, das dadurch erst mit demselben - mithin im Objekt - verknüpft wird, aus a erfolgt. Denn "analytisch//allgemein ist ein Begriff durch den eines [identisch, MK] in Vielem, - synthetischII aber wodurch Vieles [wie Ursache und Wirkung meist auch begrifflich verschiedene,371 MK] in einem als zusammen unter einen Begriff gebracht wird" (XXI 247). Man kann sich die beiden unterschiedlichen Subsumtionen ganz gut dadurch veranschaulichen, daß man sich im ersten Fall, in Form eines Fä-

370

371

Sollte jene SchluQwendung ein ergänzender Zusatz sein, so wäre dann nämlich in ihm erst die vorgangige eigentlich intellektuelle Synthesis explizit in den Blick genommen, die in jenem bloß empirischen Begriff nur potentialiter als eine aptitudo desselben zu ihr qua Einstimmung ohne notwendigerweise Identität enthalten ist (S. 114f., Anm. 152 sowie S. 123). Vgl. XVI 651: "Allgemeine Regeln [*] sind entweder a n a l y t i s c h a l l g e m e i n : indem sie [lediglich, MK] von den Verschiedenheiten abstrahiren [*], oder s y n t h e t i s c h a l l g e m e i n : und diese attendiren auf die Unterschiede, bestimmen doch auch in Ansehung ihrer." - Die synthetisch allgemeinen bestimmen wohlgemerkt bloß auch in Ansehung der Verschiedenheiten, indem sie ebenfalls diese in einem Bewußtsein verbinden. Denn an sich spielt dabei keine Rolle, ob "die Vorstellungen selbst identisch sind, und also eine durch die andere analytisch könne gedacht werden" (B 131 Anm.) oder dann eben nicht. Mit ersterem hat man es etwa bei der objektiv-jjvithetischen Verbindung der Vorstellungen von der Bewegung einer Billardkugel und von einer idealiter dann gleichen Bewegung einer durch sie gestoßenen gleichen Kugel zu tun. Diese sind natürlich nach Ort und Zeit und (numerisch verschiedenem) Subjekt dieser ähnlichen inhärierenden Bestimmungen gleichwohl zu unterscheiden. Ein Beispiel wäre auch das fortgesetzte Addieren jeweils der gleichen Einheit.

260

VI. Begriffsbildung

chers, einzelne gerade Linien vom einen Begriff zu den in einer waagerechten Reihe unter ihm vorgestellten vielen partial gleichen Gegenständen jeweils denkt (distributive Einheit oder "Übereinstimmung" des Begriffs "mit allen divisim" (XXI 54622)). Dagegen kann man sich im zweiten zwischen Begriff und wieder unter ihm befindlichen Gegenständen, statt jenes "Fächers", eine (diese kollektiv in eine Einheit zusammennehmende) waagerechte geschweifte Klammer vorstellen (Übereinstimmung bloß "mit allen conjunctim" (XXI 54 623)).372 Hier sind also (mannigfaltige) Anschauung und Begriff "nicht nach der Regel der Identität logisch", sondern sie sind in Absicht auf eigentliche Erkenntnis "mit einander s y n t h e t i s c h verbunden" (XXII 927-u, vgl. XXII 41713). Man vergleiche auch XXII 4l7f. und XXII 342 373 sowie mit Einschränkungen auch Β 136 Anm. Letztere Stelle ist hier nur mit Einschränkungen genannt, sofern es j a auch synthetische Einheit des Bewußtseins enthaltende Begriffe gibt 374 und sofern gerade diese j a ein Objekt bestimmen (dort nur einen bestimmten Raum oder eine bestimmte Zeit eben durch diese synthetische Einheit). Kant nennt diese eine (dort objektive) Synthesis enthaltenden und direkt aussagenden und bestimmenden und sie nicht nur, wie étwa "rot" als analytische Einheit bezeichnend, in der Wahrnehmung oder im Objekt voraussetzenden Begriffe schon einmal ein wenig verkürzt "synthetische Begriffe" (XVI 548), wozu man des weiteren S. 89 den "synthetischen Erfahrungsbegrif' oder auch Β 267 unten den "synthetischen Begriff" vergleiche (siehe auch XXII 299l7f). Man kann den Unterschied von den analytischen vielleicht auch auf folgende Weise ausdrücken: Zwar kann auch er letztlich doch wieder nur diskursiv durch enthaltene Merkmale etwa der Ursache und der Wirkung und allenfalls verschiedener Zwischenzustände sein. Doch versucht dieser synthetische Einheit der Apperzeption enthaltende Begriff die gegebene Unendlichkeit einer sinnlichen Anschauung wenn nicht (als Begriff) ganz in sich aufzunehmen (B 40), so doch wenigstens einzuklammern und gleichsam einzufangen (Vieles nur idealiter als Alles zusammen in Einem). Insofern kann dann hier von "intuitiver" Allgemeinheit gesprochen werden (Anm. 373) - aber natürlich nur nach der intellektuellen Funktion dieser synthetischen Einheit in einem Begriff. Dagegen ist der analytische Einheit enthaltende Begriff bestrebt, ganz von dieser Unendlichkeit der Anschauung weg- und gleichsam zu ihrem (aber zumindest der Möglichkeit nach in seiner Materie mehrfach vorhandenen) Einfachen, das beim ersteren dann allenfalls auch als ein Teil der Klammer dienen kann, hinzukommen (Eines, das nicht wieder Vieles enthält, in Vielem). Was aber noch einmal das nur analytische Einheit denkende "rot" angeht, so kann es erst durch Bestimmung desselben als einer inhärierenden Eigenschaft einer Substanz, und zwar als empirisches Prädikat, Bestandteil eines insofern erst synthetische Einheit enthaltenden Erfahrungsbegriffs werden - hier eben zwischen Gegenstand selbst und empirisch bestimmter Eigenschaft. Wenn Kant also die Kategorie als das Prinzip dieser synthetischen Einheit umgekehrt selbst ein Analytisch-Allgemeines nennt (S. 47, V 407), so liegt dem nur eine Änderung der Perspektive zugrunde. Denn dabei gerät gerade die allen Erscheinungen 372 373

374

Siehe dazu aufs neue S. 124Í, Anm. 171 sowie S. 237Í, Anm. 334 Ende. Dort heißt es: "Die discursive allgemeinheit (Einheit in Vielem) ist von der intuitiven (Vieles in Einem) zu unterscheiden. Die letztere ist ein Act des Zusammensetzens [sein Produkt, MK] u. collectiv jene des Auffassens und distributiv", d. h. der Bestimmung von bloßer Regelmäßigkeit als analytischer Einheit im Apprehendierten ohne gedachte objektive Zusammensetzung. Diese aber auch nicht ganz richtig benannte Unterscheidung, versteht sich, darf mit der obigen von diskursiver und intuitiver Apperzeption, des Ich der Reflexion und des Ich der Apprehension (S. 92 bzw. S. 97), nicht verwechselt werden. Daß es auch synthetische Einheit der Apperzeption enthaltende Begriffe gibt, ist durch die Stelle Β 136 Anm. natürlich nur dem Anschein nach ausgeschlossen.

Β. Bloß empirischer und Erfahrungsbegriff aus analytischer und synthetischer Reflexion

261

als anschaulichen Vorstellungen einer erkennbaren Natur überhaupt gemeinsame und je identische (mögliche, aber zugleich noch notwendige (§ 16 Ende)) (categoriale Art der Verbindung in den Blick, nämlich im Unterschied zur nicht a priori bestimmbaren, empirisch möglicherweise j e verschiedenen Konkretisierung derselben. (Man vergleiche dazu auch XX 203f. Anm., wo das ihnen gemeinsame Kategoriale der empirischen Erkenntnisse "eine analytische Einheit aller Erfahrung" ausmacht.) In diesem Sinn läßt sich die Kategorie denn auch als allgemeines Kennzeichen (B 175) und also durchaus ebenfalls als (aber für sich selbst synthetisches) Merkmal von Objektivität überhaupt eines sinnlich Gegebenen bezeichnen. Und insofern kann dann ebenfalls von Rekognition, bei aber gleichzeitiger Verknüpfung aus deshalb synthetischer Vergleichung mit diesem "Merkmal", gesprochen werden. Man darf sich hier nur nicht durch folgenden Umstand, in dem sogar ein gewisser Witz liegen mag, verwirren lassen: Einerseits stellen zwar die Kategorien eine analytische Einheit aller empirischen Erkenntnisse der Natur untereinander betrachtet dar. Und zugleich machen doch die nach ihnen gedachten einzelnen objektiven Verbindungen selbst ohne Zweifel jeweils synthetische Einheit des Bewußtseins aus. Andererseits geht aber das Prinzip der Urteilskraft auf mögliche synthetische Einheit dieser selben Erfahrungserkenntnisse wieder untereinander betrachtet (in einem nun zwar gerade auch logischen System jetzt auch des Empirischen). Denn eine entsprechende zusätzliche logische oder analytische Ordnung des kategorial nicht einholbaren empirisch Verschiedenen ist in dem allgemeinen (transzendentalen Gattungs-) Begriff von "Naturdingen überhaupt" (V 183) und im entsprechenden Begriff einer nach Grundsätzen der transzendentalen Analytik prinzipiell immer schon erkennbaren Natur überhaupt gar nicht gedacht. Zugleich sagen allerdings, wie gerade schon angeklungen, die jeweils nach diesem synthetischen Prinzip gefundenen, hier subjektiven Verbindungen selbst nur analytische als distributive Einheit des Bewußtseins einer bloßen zusätzlichen partialen Ähnlichkeit objektiver Synthesen in ihrem empirisch j e Verschiedenen aus (wie gesagt, XX 203f. Anm.) 375 . So ist auch die Bestimmung der kategorialen Einheit als einer nur distributiven (etwa Β 672), also wieder analytischen oder bloß logischen im Unterschied zur kollektiven als realen (XXI 24l4f ), nur eine respektive. Denn für sich betrachtet, d. h. ohne weitere Bezie-

375

Es ist also durchaus vereinfachend und sogar ganz falsch (gibt im Grunde nur den noch auslegungsbedUrftigen Text Kants wieder), wenn Mertens diese Stelle s o liest, "hinsichtlich der zu j e der empirischen Synthesis notwendigen transzendentalen Momente" mache "Erfahrung nur eine analytische Einheit aus, eigentlich synthetische Einheit aber" sei "sie nur in Hinsicht auf die materiale Verschiedenheit des Konkreten" (84) nach dem Prinzip der Urteilskraft. Denn das jeweilige konkrete, teils aber auch bereits nicht ableitbare Empirische findet schon nach Maßgabe einer transzendentalen, kategorialen Synthesis allein statt. Es macht also insofern, aber zunächst nur insofern, auch immer bereits mögliche objektive empirische Synthesis aus. Die (synthetische) Ordnung der empirischen Synthesen bedarf der Präsumtion der Urteilskraft Uberhaupt nicht,* und sie muß gleichwohl, als eine teils genuin empirische, durch kategoriale Reflexion der bestimmenden Urteilskraft in ihrem Materialen jeweils erst annähernd entdeckt werden. Die (analytische) Ordnung dann zusätzlich zwischen ihnen bedarf dieser Präsumtion dagegen schon. (* Der Vorwurf, den Mertens gegen Liedtke vorbringt, er unterschlage, "daß die Reflexion der Urteilskraft j a gerade das nicht bereits v o m Verstand her gedachte sinnlich Gegebene ernst" nehme (95 A n m ), geht also darin ins Leere bzw. greift umgekehrt sogar zu kurz, daß immer auch schon die jeweilige materiale Konkretisierung der transzendentalen Gesetze in einzelnen empirischen Gesetzen (d. h. noch gar nicht durch die reflektierende Urteilskraft) ein nicht a priori streng einholbares Empirisches als solches ausmacht. Die "Erkennbarkeit des j e Einzelnen mit der Fülle besonderer Daten, die begrifflich eingeholt werden müssen", ist durchaus nicht unbedingt bereits "an das Verfahren der reflektierenden Urteilskraft" verwiesen (97).)

262

VI. Begriffsbildung

hung derselben sowie ihrer verbundenen Stücke auf andere,376 ist diese kategoriale Einheit der Apperzeption im Erfahrungsbegriff selbst natürlich eine kollektive und synthetische (A 117 Anm.). - Was hier einen weiteren Grund einer möglichen Verwirrung ausmacht, ist die Tatsache, daß subjektiv allerdings das Denken bloß logischer oder analytischer Bewußtseinseinheit gleichfalls kollektive oder synthetische, aber deshalb keineswegs unbedingt reale, notwendig macht. Ja, subjektiv ist schlechterdings sogar alle intellektuelle Handlung, und also sogar eine bloße Vergleichung ("Zusammenhaltung") vor aller gedachten subjektiven oder auch schon objektiven Verbindung, Synthesis.

Ist nun nach dem oben im Haupttext zuletzt Gesagten der bloß empirische Begriff lediglich Empfindung oder, je nach Zusatz377, Erscheinung respektive Wahrnehmung in abstracto (S. 249, XVII 352), so ist im Gegenteil und wohlgemerkt keineswegs nur von der anderen Seite betrachtet der Erfahrungsbegriff, als die hier erst hinzugesetzte und dann auch empirisch bestimmte Kategorie, ein "Verstandesbegriff in concreto" (B 595). 378 Im Grunde ist aber bisher von kaum etwas anderem als seiner Entstehung durch synthetische Reflexion und Determination der Urteilskraft die Rede gewesen: Dieser Urteilkraft fiel die Aufgabe zu, jene analytisch schon durch Vergleichung von den mannigfaltigen Empfindungen "abstrahirte[n] Begriffe" mittels der schematisierten Kategorien selbst wieder, aber 376

377

378

Diese weitere Beziehung der kategorialen Einheit mitsamt ihren verbundenen Bestandteilen kann etwa auf zweierlei Weise stattfinden. Sie mag sich einerseits im Hinblick auf (wenn auch nur gesuchte) höchste objektive, wieder synthetische Einheit ganzer Reihen nach den Vemunftideen zutragen. Sie kann aber auch andererseits in Absicht auf durchgangig mögliche, gleichfalls wenigstens gesuchte, subjektive analytische Einheit geschehen, nämlich in einer empirischen Klassifikation aus bloßer Vergleichung (ohne weitere Verknüpfung im schon objektiv Vorgestellten selbst) nach dem Prinzip der Urteilskraft. Erscheinung ist Empfindung in Raum und Zeit. Oder sie ist vielmehr, da Empfindung zumindest nicht als solche im Raum stattfindet, räumlich-zeitliche Vorstellung von ihr abhängend (VIII 1844) und durch dieselbe bestimmt und bedingt (empirische Anschauung). Wahrnehmung wieder ist Erscheinung mit Bewußtsein verbunden. Wenn sich nun auch Wahrnehmung nach der Deduktion immer unter einen Begriff muß bringen lassen können, so ist dennoch ihre empirische Apperzeption ein unbegriffliches Bewußtsein (S. 40, Anm. 49). Also sind alle drei, da noch nie ein Mensch einen Begriff gesehen geschweige gefühlt hat (auch keinen Gegenstand als solchen, den man sonst geradezu sehen müßte, ohne ihn zu sehen) nicht intellektuell. Wenn man im alltäglichen Gebrauch sich ausdrückt, man sehe einen Gegenstand, so ist dabei das Hinzudenken des Gegenstands zum bloß subjektiv Wahrgenommenen auch immer schon mit gemeint. Denn das "Denken ist die [aber gewöhnlich unbewußte, MK] Handlung, gegebene Anschauung auf einen Gegenstand zu beziehen" (B 304). Das heißt, es ist die Handlung, durch auch reflektierende Urteilskraft dieses gegebene Besondere unter Begriffe (zunächst unter Funktionen) seiner Bestimmung zu bringen. "Durch Gewohnheit" dann, wie gesagt, "wird diese Reflexion [und Determination, MK] uns geläufig, so daß wir nicht bemerken, daß wir reflectiren; und dann glauben wir, daß es in der sinnlichen Anschauung lieget" (XXVIII 234). Vgl. auch 232, wo, "weil wir uns von Jugend auf angewöhnt haben, uns alles durch die Sinne vorzustellen, wir die Reflexionen des Verstandes Uber die Sinne nicht bemerken, und die Erkenntnisse für unmittelbare Anschauungen der Sinne halten". Es ist also etwas zu einfach gesagt, die "ftlr Erfahrung spezifische Beziehung der empirischen Begriffe auf einen 'transzendentalen Gegenstand'", zu dessen Rolle gleich noch etwas zu bemerken sein wird, stelle "keine zusätzliche Bestimmung der schon vorliegenden empirischen Begriffe dar, sondern" sie mache "deren Begriffscharakter selbst aus" (Zöller 127).

Β. Bloß empirischer und Erfahrungsbegriff aus analytischer und synthetischer Reflexion

263

dann synthetisch*19, "zu vergleichen, [*] zu verbinden oder zu trennen" (XVII 352). Es ist also des weiteren an sich hier nur noch darum zu tun, diese Überlegung der Art der Verbindung in einem Bewußtsein von der analytischen als der zusätzlichen Bedingung des empirischen Begriffs von Naturprodukten als grundsätzlich von ihr, d. h. unter Umständen sogar bei diesem konkreten Zustandekommen von Begriffen, ganz unabhängig abzusetzen (Abschnitt D.)· Dabei wird die analytische Überlegung in der Tat zusätzliche Bedingung des empirischen Begriffs sein, wenn dieser nunmehr ja in einem auch logischen System zu denken ist und wenn er nun jedenfalls ausgewiesenermaßen und nicht nur nach einer ganz leeren Möglichkeit (als bloßen Zufälligkeit) conceptus communis auch seiner Materie nach sein soll. Denn seiner einen Form nach ist er das ansonsten ja immer schon. Jene synthetische Reflexion wird sich allerdings von dieser analytischen nicht als von ihr gänzlich unabhängig absetzen lassen, ohne daß sie mit ihr, im Abschnitt E., dann doch auch wieder in Verbindung zu betrachten wäre. Sie ist mit ihr in Verbindung zu betrachten bei einer Beleuchtung des konkreten Zustandekommens, wie es nun aber normalerweise vor sich geht, sogar von einzelnen Erfahrungsbe379

Diese Vergleichung, sofern sie unmittelbar zur Verbindung führen soll, kann schlechterdings nicht wieder eine analytische sein. Diese ergäbe bestenfalls je höhere Arten und Gattungen bloßer Wahrnehmungen und Wahmehmungsverhältnisse als solcher. Denn von diesen als den je verschiedenen, sich aber gleichwohl zu einem logischen System nach dem Prinzip der Urteilskraft qualifizierenden empirischen und sinnlichen Anteilen der Inhalte bereits verschiedener Erfahrungsbegriffe kann auf diesem Standpunkt, da Uberhaupt erst ein objektiver Begriff gebildet wird, noch nicht die Rede sein. Außerdem entspringt analytisch kein Inhalt eines Begriffs (B 103) und demnach auch kein zusätzlicher, nämlich hier, und zwar durch kategoriale Verbindung, transzendentaler und intellektueller. Allerdings werden denn genauer auch nicht die von der Empfindung abstrahierten Begriffe verglichen (mit anderen). Es wird die Ordnung des mannigfaltigen sinnlichen als subjektiven Inhalts schon jedes einzelnen derselben mit den Schemata aller möglichen objektiven Anordnung und Disposition Uberhaupt zusammengehalten. Denn bei dieser letzteren Vergleichung wieder können verschiedene bloß jeweils eine Empfindung ohne ein zusätzliches synthetisches Bewußtsein ihrer subjektiven Ordnung aussagende Begriffe eigentlich ja nicht sinnvoll gemeint sein.* Dadurch wird beim Bemerken einer durchgängigen Übereinstimmung "die s u b j e k t i v e F o l g e der Apprehension" hier a + b, die jener Begriff als regelmäßige nur aussagt, von einer kausalen Folge im Objekt abgeleitet (B 238) und auf dasselbe bezogen. Oder es könnte etwa auch im Fall einer gleichfalls regelmäßig anzustellenden wechselweisen Folge ein Zugleichsein und wechselseitige Abhängigkeit bestimmt werden. In diesem letzten Fall ist die empirische "Synthesis der Apprehension" der durch synthetische Reflexion zu vollziehenden intellektuellen "Synthesis der Apperzeption" (Vereinigung in einem Bewußtsein durch die Kategorie und zuvor Überlegung dieser Art der Verbindung) zwar ebenfalls "gemäß" (B 162 Anm). Sie ist aber von ihr - erst recht vom Denken schon der synthetischen Einheit derselben im gleichfalls gefundenen Erfahrungsbegriff, nämlich im fixierten Produkt dieser Handlung - als ein subjektives, wenn auch wechselseitiges Folgen im Unterschied zur Bestimmung eines objektiven Nichtfolgens dennoch verschieden. Und sie bedarf also gleichwohl noch dieser letzteren intellektuellen Bestimmung. Man sieht hier besonders deutlich, daß allein durch die Analysis der subjektiven empirischen Synthesis der Einbildungskraft (B 103) kein Erfahrungsbegriff hervorgebracht wird. Die synthetische Einheit, die der Verstandesbegriff schließlich hinzutut, hat noch eine ganz andere (nämlich nur denkbare) Synthesis zur Bedingung. (* Solche nur klaren Begriffe dürfte Kant dort XVII 352 gleichwohl wieder im Auge haben, d. h. in ihrer aber nicht ausdrücklich angesprochenen subjektiven Folge untereinander. Das ist IV 30118-20 übrigens wohl ganz ähnlich gemeint. Vgl. dazu noch XVII 35212.)

264

VI. Begriffsbildung

griffen bereits. Dieses hat dabei vielleicht noch ohne jedes Denken derselben in einem durchgängig möglichen logischen System statt. Diese einzelnen Erfahrungsbegriffe werden dann gleichwohl wahrscheinlich schon wirklich und nicht nur möglicherweise conceptus pluribus obiectis communes ausmachen - und nicht allenfalls pluribus statibus eiusdem obiecti. Und auch die realistische Möglichkeit jenes logischen Systems wird dann im ersteren Fall zumindest für diesen Ausschnitt von Objekten, aus denen sie gebildet wurden, wenigstens stillschweigend nach dem auf diese Materie gehenden transzendentalen Prinzip der reflektierenden Urteilskraft immer schon vorausgesetzt worden sein (wie gesagt, Abschnitt E.). - Es sei deshalb mit Rücksicht auf die obigen Eigenschaften von Begriffen überhaupt zu dieser Bildung des Erfahrungsbegriffs und den dabei beteiligten reinen Verstandesbegriffen, sofern vom zusätzlichen Prinzip der Urteilskraft wenn auch dann de facto meistens, so doch wenigstens prinzipiell dabei noch gar nicht geredet werden muß, nur kurz der folgende dritte Abschnitt zuvor noch hinzugesetzt.

C. Exkurs: Erfahrungsbegriff

und transzendentaler

Gegenstand

Als Begriffe von Gegenständen überhaupt nämlich, die insofern insgesamt die Materie ihres Gebrauchs in Urteilen ausmachen, haben diese Kategorien allgemeine Beziehung, mithin zunächst auch ohne Bedingungen der Sinnlichkeit (B 120), auf alles, was als Gegenstand nur immer gedacht werden kann - er sei, wenigstens für uns, nämlich um ihn zu erkennen, Etwas oder Nichts (B 346). Mit anderen, bekannten Worten, diese Kategorien haben transzendentale Bedeutung (B 305). Diese Beziehung aber, damit auch der Gegenstand, ist entweder unbestimmt und, zumindest theoretisch, zugleich unbestimmbar. Und in Gestalt eines bloßen Denkens der Noumena nicht unter zusätzlichen synthetischen Bedingungen macht sie dann gleichsam eine Beziehung ins Leere aus (real unmöglicher materialer transzendentaler Gebrauch (B 88) 380 ). Oder aber sie ist, sofern im empirischen 380

Kant redet an dieser Stelle zwar vom Problemkreis der Dialektik als der "Lehre" vom fälschlicherweise oder theoretisch jedenfalls doch gänzlich unbefugterweise hypostasierten Vemunftinteresse selbst. Aber die dort angegebenen Merkmale eines transzendenten finden auch auf diesen transzendentalen Gebrauch ihre Anwendung, der sich nämlich dem Status der gedachten bloßen Materie nach von ihm gar nicht unterscheidet. Dabei besteht der transzendentale Gebrauch in der unbestimmten Beziehung auf ein "Feld" ohne "Boden" (V 174f.), die man nicht bloß problematisch gleichwohl für eine bestimmte nimmt. Er ist ein reiner Gebrauch natürlich nicht nur als ein von allem Empirischen, sondern sogar als ein von allem Sinnlichen überhaupt und also auch der Form desselben abgesondertes Denken. Gedacht ist die Idee der Vernunft (B 44, auch V 17523) eines durch keinerlei subjektive sinnliche Bedingung bedingten (insofern unbedingten) Grundes der Erscheinung. Das heißt, gedacht ist der Grund eines eben auch subjektiv Bedingten, wie er, insofern dann schlechthin innerlich betrachtet, ./tir sich selbst sein mag (substantia noumenon, für uns bloß = x). Dieser Gedanke ist also dasjenige für jedes einzelne empirische Ding, was die Idee der Substantialität der Seele, des ersten Paralogismus nach der dritten Kategorienklasse, für das

C. Exkurs: Erfahiungsbegriff und transzendentaler Gegenstand

265

Gebrauch Erkenntnis "in der bestimmten Beziehung gegebener Vorstellungen auf ein [transzendentales,381 MK] Objekt" besteht (B 137), bestimmt oder wenigstens, worauf diese bestimmte Beziehung dem reinen intellektuellen und beziehenden (nicht bezogenen) Teil nach beruht, der Form nach bestimmbar. Letzteres ist der a priori mögliche formale transzendentale Gebrauch (A 94, Β 304) in den Grundsätzen als ein ebenfalls reines, aber schon durch Bedingungen der Sinnlichkeit bestimmtes Denken. Es findet dadurch Erkenntnis a priori der möglichen Form der Phaenomena statt. Die erstere Beziehung aufs Noumenon bleibt eine unbestimmte, da es nur als der (deshalb ohnehin nichtempirische) Gegenstand einer möglichen nichtsinnlichen Anschauung ein positiver, angebbarer Gegenstand und nicht Nichts wäre wenn man von "angebbar" dann überhaupt sprechen könnte. Dagegen ist das Noumenon in negativer Bedeutung, über weite Strecken mit dem Ding an sich der Ästhetik identisch, nichts anderes als der analytisch schon durch den Begriff der Erscheinung notwendiggemachte (B XXVIf., Β 306, A 25If.) und also legitime bloße problematische Gedanke vom erscheinenden Etwas. Der Gebrauch der Kategorie ist dann eigentlich der empirische unter bloßer Abstraktion382 von seiner notwendigen sinnlichen Bedingung, und dieser Gebrauch ist mithin nur in diesem negativen Sinn ein reiner "Gebrauch". - Mit dem Noumenon hat man beim Zustandekommen der Erfahrung, als einer bloßen Verknüpfung gegebener Wahrnehmungen (bzw. als einer Erkenntnis bloß durch verknüpfte Wahrnehmungen), nicht zu tun (B 45). Denn die Frage nach dem diesen Wahrnehmungen korrespondierenden Realen (ihrer "transzendentalen Materie", jenem erscheinenden Etwas (B 182)) als dem materialen Grund derselben ist bereits transzendental. Dagegen ist der "reine Begriff' vom transzendentalen Gegenstand der notwendige Gedanke vom Etwas gegebener Erscheinung. (Er wird also eher schon als

381

382

denkende Subjekt selbst ist (B 402ff ). Oder anders gesagt, man kommt zu beiden auf die gleiche "reduzierende" Weise. Auch in der zweiten Auflage ist hier jedenfalls ein nichtempirisches, d. h. eben transzendentales Objekt gemeint (S. 267ff., Anmerkung 1). Denn alles eigentlich Empirische (durch Empfindung gegebene und apprehendierte anschauliche bloße Vorstellung) wird weder wieder auf sich selbst noch auch auf Seines- bzw. Ihresgleichen bezogen. Vgl. Β 42 bzw. Β 49flf., Β 307, A 252, bes. auch XXII 2321ff.. Bei dieser Abstraktion von den Formen der sinnlichen Anschauung, mithin gleichfalls von den Schemata bereits der Kategorien, bleibt von einem in den ersteren gegebenen und nach den letzteren erkannten Erfahrungsobjekt und seinem Begriff nichts anderes übrig als die in der reinen Kategorie enthaltene formale "Einheit des [Denkens eines Mannigfaltigen" einer möglichen sinnlichen Anschauung überhaupt. Der gleich noch anzusprechende transzendentale Gegenstand, der also nur insofern im jeweiligen Erfahrungsobjekt auch erscheint (und zwar in der jeweiligen Anordnung der gleichfalls übrigbleibenden, aber für sich dann nicht mehr zu habenden Empfindungen in jenen sinnlichen Formen), bedeutet aber lediglich ein Korrelat dieser reinen synthetischen Einheit eines ansonsten nur Vorgestellten. Er ist ein bloßes "Komplement zur Einheit des Selbstbewußtseins" (Baum 1986, 42). Also ist dies ein Punkt, in dem Ding an sich und transzendentaler Gegenstand, nicht aber mit dem Noumenon in positiver Bedeutung, in eins zusammenfallen (B 304 oben).

266

VI. Begriffsbildung

etwas innerhalb383 derselben und zumindest in ihrem je identischen, eigentlich intellektuell Formalen auch als etwas "an" ihr (B 236) gedacht. Nichtsdestoweniger ist er aber in der Erscheinung, als bloßer Vorstellung der Apprehension, nicht als ein solcher gegeben.) Dieser Begriff ist damit eben erst dasjenige, "was inns allen unseren empirischen Begriffen überhaupt" und daher, nebenbei bemerkt, nicht386 denen der reinen Mathematik (S. 270ff., Anmerkung 2) "Beziehung auf einen Gegenstand, d. i. objektive Realität verschaffen kann" (A 109). Will sagen, der transzendentale Gegenstand ist zwar selbst als ein bloß (wenn auch notwendig) Gedachtes kein Gegenstand möglicher Erfahrung. Aber er ist gleichwohl eben darin der reine Gegenstand der Erfahrung. Er geht also als reines Denken einer transzendentalen Materie, d. h. eines nicht selbst wieder anschaubaren Gegenstands der gegebenen empirischen Anschauung, die sich aber mit der angesprochenen "transzendentalen Materie" der "Dinge an sich" (von Β 182) nur als ein gleichfalls Nichtempirisches berührt und die für die letztere lediglich deshalb gleichsam einspringen387 muß, weil diese nach der Ästhetik nicht gegeben388 wer383

Vgl. etwa Paton, Bd. 1,421 oder Adickes lOOff. Genauer zu reden, der transzendentale Gegenstand ist im mit dem bloßen allgemeinen Exponenten des Verstandes (meist zwar ohne Identität) Übereinstimmenden auch als etwas "an" der gegebenen Erscheinung vorgestellt. Denn nach allem Obigen ist diese nicht selbst schon intellektuell, sondern nur intellektuierbar. 385 Ungeachtet des ansonsten Unublichen des Ausdrucks, läßt sich dieses "in" ohne Einbuße von Sinn nicht weglassen - wie in der Akademieausgabe durch Erdmann geschehen. Der "reine Begriff' vom transzendentalen Gegenstand verschafft entweder allen bloß empirischen Begriffen, die dadurch zu Erfahrungsbegriffen werden, bestimmten Gegenstandsbezug. Oder aber er "verschafft", was hier gemeint sein durfte und was mit dem Resultat des ersteren im Grunde ganz identisch ist, in allen Erfahrungsbegriffen als der gleichbleibende reine und intellektuelle Teil des Inhalts derselben bestimmte Beziehung der Materie ihres empirischen Inhalts auf einen Gegenstand. Dabei findet dieser reine intellektuelle Teil ihres Inhalts in Gestalt der einzelnen kategorialen Verbindungen nach den oA/eAfiv-synthetischen Funktionen statt, und zwar neben dem aufs Objekt bezogenen und so erst in einem Bewußtsein überhaupt verbundenen empirischen Inhalt jenes analytisch nur aus der Erscheinung gebildeten bloß empirischen Begriffs. (Die Materie des empirischen Inhalts nunmehr der Erfahrungsbegriffe besteht eben in genannter Erscheinung. Sie wird als bloße Vorstellung der Apprehension erst von hier aus, d. h. erst von ihrer bestimmten Beziehung rückblickend, als der noch unbestimmte, aber bestimmbare Gegenstand dieser selben empirischen Anschauung selbst konzipierbar. Sie wird geradezu der empirisch je verschieden erscheinende transzendentale Gegenstand.) In diesem Sinn könnte übrigens wohl mit gleichem und sachlich in der Tat größerem Recht (wenn man diese obige Stelle A 109 ein wenig "pressen" wollte, indem man sie auf ihren genauen Wortlaut festlegte) das "Uberhaupt", und zwar als ein "Uberhaupt erst", auf das "Beziehung", das dann mit Betonung zu lesen wäre, bezogen werden. Denn das Gesagte gilt eben nicht für alle empirischen Begriffe überhaupt, sondern nur ftlr die objektiven. 386 W j r f m d e n w e n n w ¡ r recht lesen, diesen Gedanken schon bei Zocher 1959,29. 387 Vgl. etwa A 109 und ganz analog XXII 3196-13. Strawson spricht, einen Gedanken von Adickes zu A 105 oben wieder aufgreifend, von einem Surrogat des Dinges an sich (91). 388 Zwar ist die aus der regelmäßigen Art des Gegebenseins der Erscheinung erkannte Verbindung insofern als durch synthetische Reflexion und Determination gemacht zu bezeichnen. Der "transzendentale Gegenstand der Erfahrung" läßt sich aber in einem anderen Sinn als soeben, nämlich nicht als bloß empirisch, durchaus auch als gegeben betrachten (B 523). Er ist, worin wir oben (S. 45) bereits unsere "Grundschwierigkeit" antrafen, immer "schon mit" und gleichwohl als ein solcher "nicht in" der empirischen Anschauung "zugleich gegeben" (B 161). Anders gesagt, er

384

C. Exkurs: Erfahrungsbegriff und transzendentaler Gegenstand

267

d e n kann, mit d e m s c h o n m e h r f a c h e r w ä h n t e n h i n z u g e s e t z t e n intellektuellen u n d "transzendentalen Inhalt"

( B 1 0 5 ) s c h l i e ß l i c h dann a u c h d e s

z u s a m m e n . D e n n als d e s s e n Materie ist nicht j e n e gegebene

Erfahrungsbegriffs

Erscheinung

anzuse-

hen, w e i l d i e s e E r s c h e i n u n g die Materie d e s bloß e m p i r i s c h e n B e g r i f f s , aber darin l e d i g l i c h empirischen des

" S t o f f zumm

Erfahrungsbegriffe" ( B 5 9 5 ) darstellt. M a t e r i e

E r f a h r u n g s b e g r i f f s ist v i e l m e h r ein durch

Gegenstand

( e i n Objekt)

der

Erfahrung.

durch H i n z u d e n k e n d e s transzendentalen

diese Erscheinung zu erkennender

D e s s e n Erkenntnis g e s c h i e h t n ä m l i c h O b j e k t s s o w i e durch e m p i r i s c h e

Be-

s t i m m u n g d e s s e l b e n durch d i e Erscheinung. A n m e r k u n g 1. Dieses transzendentale Objekt ist das empirisch bestimmbare "irgend etwas" von Β XVII. Es kann, indem diese Anschauung durch die Kategorie auf dasselbe bezogen wird, nicht selbst wieder in der empirischen Anschauung gegeben sein. Das heißt, es ist nicht empirisch (A 109). Es läßt sich aber im Unterschied zum N o u m e n o n , sollte dieses ein positiver Gegenstand sein, dennoch von der sinnlichen A n s c h a u u n g nicht trennen (A 250). Und es macht also, wie bekannt, ein notwendiges M o m e n t des immanenten Gebrauchs der Kategorie aus. Daß sein Begriff einer von immanentem Gebrauch ist, läßt sich vielleicht auch daran sehen, daß er fast noch besser als diese selbst der Definition von Erscheinung als dem "unbestimmten Gegenstand einer empirischen Anschauung" (B 34) genügt. Denn "Erscheinung" meint vielmehr meistens doch diese kategorial noch unbestimmte empirische Anschauung selbst und also das später erst, d. h. im Gegenteil schon als kategorial Bestimmtes, als Gegenstand Gedachte - sofern dieser demnach zunächst aber bloß empirisch angeschaut ist. 390 Dagegen kann j a in der Tat der transzendentale Gegenstand als der

389

3,0

ist nur in ihrer zu und aus dieser Anschauung erst noch bestimmt zu denkenden und von ihr unter Umstanden verschiedenen Anordnung, nämlich als das notwendige Korrelat derselben, gegeben. Dabei besteht die Notwendigkeit hier darin, daß keine Vorstellung als solche ohne Gegenstand gedacht werden kann. (Bloße im Raum, und das heißt bei Kant zunächst nichts anderes als im Gemüt, stattfindende Vorstellungen der Apprehension sind keine Gegenstände als Objekte der Erfahrung: Die Ergebnisse der transzendentalen Ästhetik machen so etwas wie Kategorien, d. h. subjektive Begriffe des objektiven Denkens eines immer nur subjektiv als sinnlich Gegebenen, Uberhaupt erst notwendig.) Die besagte Grundschwierigkeit läßt sich daher auch als die Frage formulieren, ob und wie es Sinn mache zu behaupten, daß der transzendentale Gegenstand in der Erfahrung, und sogar vor ihr, gegeben und doch nicht gegeben sei. Vgl. Β 196, wo gegebene Erscheinungen gleichfalls "den Stoff zur äußeren Erfahrung ausmachen". Siehe auch S. 86, XVI 584 sowie etwa XXII 3211 u. 32328 bzw. XXVIII 3746 u. 37414. Weshalb wir an dieser Stelle, und zwar mit Baum 1986 (36f.), den wirklich subtilen Ausführungen von Prauss (1971, 33ff.) zu diesem berühmten und in der Tat kniffligen Kantzitat Β 34 nicht beipflichten können, geht aus unseren Positionen insgesamt sowie aus dem wenigen, was ansonsten zu Prauss selbst bemerkt ist, hervor. Nach diesen Ausführungen wird hier bekanntlich, als die immer wieder beschworene später erst einzulösende Kantische "Hypothek", der Begriff der Erscheinung pointiert als eines subjektiven Gegenstands noch einmal einer empirischen Anschauung angelegt, den man und die man so aber noch gar nicht haben könne. Es ist schon ein wenig verwunderlich, zu sehen, wie immer genau dann, wenn es Prauss' Konzept unterstützen kann, Kant gleichsam auf den Millimeter genau formuliert haben soll - ζ. B. wenn es hier gilt, die offensichtlich intendierten Parallelen zu der "Vorstellung von einem n o c h unbestimmten Gegenstande" von Β 94 zu leugnen und abzuhalten. (Diese Vorstellung ist, wenn man Β 34 mit dazunimmt, "Vorstellung von Erscheinung" als zunächst bloße Anschauung (B 59).) Ansonsten soll er aber dann beständig, im Grunde doch nach Prauss in der ganzen Deduktion der ersten Auflage

268

VI. Begriffsbildung

allerdings nun empirisch "unbestimmte Gegenstand einer empirischen Anschauung" überhaupt angesprochen werden. Dieses ist so möglich, sofern von deren zunächst bloß subjektiv gegebener empirischer Beschaffenheit als solcher abstrahiert wird. Es ist möglich, sowie auch bei der Kant einfach nicht im Ansatz gelingenden Formulierung seiner Wahrnehmungsurteile, fast ganzlich blind herumtappend und seiner eigenen Begriffe allenfalls als halber Ahnungen mächtig verfahren - ein Eindruck, der sich auch Baum wieder aufzudrängen scheint (vgl. 38 oben). Jeder, der mit den Kantischen Schriften vertraut ist, weiß, inwiefern leider, wenn ein Gedanke ein Dutzend mal formuliert ist, man kaum einmal zwei Fassungen findet, die sich wirklich ohne jeden Rest zur Deckung bringen lassen. Es ist also immer erfolgversprechender, den gemeinten Sinn gleichsam in der Mitte zu suchen, als ihn gerade an einem zumal problematischen "Ausreißer" festmachen zu wollen. Dazu kommt dann noch, daß die späteren Erörterungen zum diese "Hypothek" Kants, die j a wirklich wörtlich so noch genommen werden könnte, vorgeblich in einem ersten Schritt erst einlösenden Wahrnehmungsurteil wirklich "eine unausgewiesene Behauptung" bleiben (Seigfried 259) und im Kantischen Rahmen nicht eben zu überzeugen vermögen; das Wahrnehmungsurteil soll ja als ein "Es scheint"-\Jrtei\* mit problematisch bereits entworfenem empirisch bestimmtem Erfahrungsurteil erst seine angemessene Formulierung finden. Dieses "Es scheint"- oder "Mir scheint"-Urteil ist dabei noch überdies, und zwar entgegen dem 211 Gesagten, schon in sich selbst nicht sinnvoll. Es ist ein bloßes Erfahrungsurteil, das unter dem Strich in seiner eigentümlichen Modalität schlicht und einfach gar nicht behauptet wird, wie es noch so oder so herum ein kleines Stück weit im "Anscheinend"- oder im "Scheinbar"-Urteil immer geschieht. Das heißt, es wird nicht etwa nur nicht objektiv behauptet (212). (Es soll gerade darin irgendwie dann der nur subjektiven Gültigkeit des aber immer wahren und zu Recht zu behauptenden Wahrnehmungsurteils in seiner fehlenden möglichen Wahrheitsdifferenz auch nur entsprechen.) Denn die Modalität** dieses bloßen Erfahrungsurteils ist einfach auf der genauen Grenzscheide zwischen problematischem als wahrscheinlichem Bejahen und problematischem als wahrscheinlichem Verneinen angesiedelt. Mit anderen Worten, sie ist gewissermaßen nur auf die absolute Null der bloßen Unentschiedenheit des "Kann-sein-kann-auch-ebensogut-nicht-sein" neutralisiert. Dadurch geschieht dem im Erfahrungsurteil und durch es wesentlich gedachten (wenn auch hier subjektiv nicht behaupteten, vorerst nur gänzlich problematisch genommenen) Gegenstandsbezug aber keinerlei Abbruch. Das "Es scheint"-Urteil ist aber nicht nur in sich selbst nicht sinnvoll (d. h. als Ganzes): Es entspricht in seinem bloßen, etwas gesuchten Sprachspiel sozusagen durch "Verscheinung"*** zur Erscheinung, von allen anderen "Scheinen" 198ff. nicht zu reden - schon gar nicht dem Kantischen Sinn des Wahrnehmungsurteils. Der Ausdruck des "Es scheint" gibt, wenn hier schon, wie bei Prauss, von Sprachgefühl gesprochen werden soll, das Behauptete, daß nämlich durch seinen Zusatz zum Erfahrungsurteil "keinerlei objektive Behauptung" (212) des gesamten Urteils bleibe, auch gar nicht her. Vielmehr kann man bloß darum, weil das schwach positive als vermutende "Anscheinend" dabei offenbar immer schon dunkel mit gemeint wird und anklingt, dies mit dem vorgeblich im Wahrnehmungsurteil umgekehrt immer schon nötigen (aber dann, auch nach Prauss, doch wieder gar nicht erfolgenden?) Vorgriff auf das subjektiv problematisch bestimmte Erfahrungsurteil überhaupt nur, durch eine gewisse Assoziation dann immerhin, zusammenbringen. Zur angeblichen Notwendigkeit oder auch nur konkreten Möglichkeit eines solchen bestimmten (ganz zurückgenommenen) "Vorgriffs" haben wir, wenn wir hier noch recht sehen, S. 95f., Anm. 123 bereits das Nötige bemerkt. (* Das findet sich ansonsten ja auch allgemeiner bei Körner und Strawson, aber auch bei Walsh 197 so.) (** Die jedem Erfahrungsurteil wesentliche Notwendigkeit ist diejenige des in ihm gedachten nexus, d. h. diejenige objektiv-synthetischer Bewußtseinseinheit (z. B. "Die Sonne erwärmt den Stein"). Ob subjektiv ein solcher notwendiger nexus wieder nur präsumiert (V 1217) und also nur gemeint wird oder ob er, wie in Prauss' "Wahrnehmungsurteil" wenigstens seiner Idee nach, noch nicht einmal auch nur gemeint wird, ändert an dieser Qualität des Erfahrungsurteils als eines solchen überhaupt nichts. Wir hätten oben also aber richtiger - "Mir scheint..." - von der bloßen subjektiven Art des Fürwahrhaltens (insgesamt) als von der Modalität des Urteils (nämlich ansonsten selbst) sprechen sollen - zwei Titel, die bei Kant einerseits zwar eng zusammenzugehören scheinen, die aber andererseits doch wieder streng zu unterscheiden sind.) (*** Prauss drückt sich bekanntlich so aus, daß durch den Zusatz des "Es scheint" zum Erfahrungsurteil dieses erst noch

Α. Zielsetzung dieses Kapitels und Klärung einiger Begriffe

269

sofern letzterer also zunächst im allgemeinen nach bloß kategorialer Ordnung, als Korrelat zur ursprünglich-synthetischen Einheit des Bewußtseins, bloß rein gedacht ist. Wäre also das Noumenon der (deshalb nicht bestimmbare) nichtempirische Gegenstand einer nichtsinnlichen Anschauung (substantia noumenon), so ist im Gegenteil das transzendentale Objekt der empirisch bestimmbare (A 251), nichtempirische (gleichfalls nur denkbare und hinzuzudenkende) Gegenstand gerade der sinnlichen Anschauung. Im Grunde ist es aber bloß das gleichbleibend Erfahrung ermöglichende Korrelat des notwendigen Gedankens von der Beziehung der Erscheinung auf ein Etwas als ein "meinem Ich paralleles" anderes Subjekt innerhalb derselben. (Darin macht es gewissermaßen substantia transcendentalis aus (S. 103f., Anm. 132).) Es ist dennoch nicht als solches wahrnehmbar und lediglich, wenn es in abstracto oder eher schon separando fur sich selbst betrachtet wird, ein hypostasierter und in Gedanken gleichsam materialisierter 391 bloßer Reflex der formalen Bedingungen der Apperzeption und also des intellektuellen Teils des obigen formalen transzendentalen Gebrauchs selbst. Das transzendentale Objekt macht speziell, wenn man es selbst und nicht schon seine sich äußernden Eigenschaften im Blick hat, einen Reflex des Substanzbegriffs, der dabei nicht als empirisch brauchbare Kategorie der Substantialität fungiert, 392 als des eigentlichen Begriffs vom Gegenstand aus. Dabei korrespondiert dem bloßen und nur empirisch bestimmbaren Gedanken Ich bin (kann mich dabei zugleich immer nur als Subjekt meiner Gedanken denken), den wir als die Keimzelle dieses Begriffs vom subsistierenden Gegenstand kennenlernten, anläßlich gegebener Erscheinung ein ebenso unbestimmtes und nur empirisch durch diese Erscheinung bestimmbares Etwas ist. (Letzteres heißt hier genauer: Etwas subsistiert, d. h., es existiert für sich und nicht nur als Vorstellung und also bloßes inhärierendes Prädikat (B 404) oder vielmehr bloße Eigenschaft in diesem Ich.) Zwar wird das transzendentale Objekt, das demnach insofern ein bloßes Gegenverhältnis und einen Gegenbegriff zum transzendentalen Subjekt bezeichnet respektive ausmacht (S. 101 ff.) und das wie dieses transzendentale Subjekt als bloßes X zu denken ist (A 109 bzw. Β 404), wie das Noumenon wiederholt auch als der Grund der Erscheinung angesprochen. Doch muß es dabei, der Notwendigkeit eines Zusammengehens von Kohärenz und Korrespondenz wegen, eher schon einmal fur das jeweils gleichbleibende Formale (aber gleichwohl immer eines empirisch Gegebenen394) als ein Korrelat zur natura formaliter spedata einstehen. Es ist nämlich j a "für alle Erscheinungen einerlei" (A 253). Das Noumenon dagegen hat für das je verschiedene Materiale der Erfahrung

391

392

393 394

"verscheint" werden müsse, bevor es dadurch dann als Wahrnehmungsurteil die Erscheinung als solche zum Gegenstand gewinnen könne.) Wir sprechen eben deshalb nur bildlich, weil Materie im Raum gerade diejenige Erscheinung als zunächst empirische Vorstellung ist, deren Gegenstand hier gesucht wird. Dieser transzendentale Gegenstand macht dabei aber "das nur gedachte Gegenüber der Erscheinungen" (Patt 31) aus. Man muß sich dabei vor einer "Hypostasierung der Gegenständlichkeit zum Gegenstand" hüten (Zöller 96). Wenn Kant sagt, daß das transzendentale Objekt nicht durch Kategorien und also auch nicht "als Substanz ... gedacht werden kann" (B 344), so meint er nur sein bestimmtes Denken als Erkennen. Denn da der SubstanzbegrifF unser Begriff vom (für sich bestehenden) Gegenstand selbst ist, so kann es natürlich ohne ihn auch nicht gedacht werden. Es läßt sich allenfalls ohne die Begriffe seiner inhärierenden Eigenschaften innerlich und seiner darauf beruhenden Wirkungsweisen äußerlich als bloßes transzendentales Subjekt denken. Das "substantial [die Substanz ohne inhärierende Eigenschaften, das Schlechthin-lnnerc, das in jeder Hinsicht als für sich selbst existierend gedacht ist, MK] ist das Etwas überhaupt" (XXVIII 563). Vgl. Β 441 und XX 27015-22. Siehe vor allem Β 402 oben. Vgl. etwa A 109Í, A 250f. oder Β 522f.

270

VI. Begriffsbildung

herzuhalten, weshalb sich auch nur dieses Noumenon, wie ebenfalls das Ding an sich, im Plural finden kann und muß. 3 9 5 Es ist klar, daß wir uns mit den obigen deutlich abgegrenzten Bestimmungen von Noumenon und transzendentalem Gegenstand, die doch gleichwohl die Hauptmomente ihrer begrifflichen Unterscheidung enthalten dürften, hier wie im folgenden auf glattes Eis begeben - zumal sie sich auf wenn auch exponierte Stellen stutzen, die im Kantischen Text doch eher in der Minderheit sein dürften. Da sie unseren Hauptpunkt, und auch nur im Fall des letzteren Gegenstands, aber lediglich berühren und vielleicht sogar ganz unnötigerweise aus dem Blick bringen, mögen sie bei aller zugegebenen Dunkelheit und leichtsinnigen Vereinfachung gleichwohl so stehenbleiben. 3 9 6 A n m e r k u n g 2 . Wir warfen oben dem Herausgeber Adickes eine zweifache Veränderung des Kantischen Texts ins gerade Gegenteil vor (S. 259, Anmerkung). Nunmehr setzen wir uns selbst der ansonsten fiir unsere Hauptsache nicht eben notwendigen Verantwortung aus, gleich viermal ein "sinnlich" als ein "empirisch" immerhin präzisiert sehen zu wollen (A 250 Mitte bis A 251 Mitte sowie A 253). Denn der transzendentale Gegenstand ist das nur empirisch durch diese selbst bestimmbare, nichtempirische Etwas = X gegebener Erscheinung (A 108ff., A 2 5 0 f . , A 253). Und in der Beziehung auf ihn besteht die "objektive Realität unserer empirischen Erkenntnis" (A 109). Dabei vollzieht sich diese Beziehung, indem das "Verhältnis in der empirischen Anschauung" (A 110), die dadurch als existierendes, reales Objekt der Erfahrung gedacht ist, unter den Analogien derselben eine Bestimmung erfährt (S. 102f., bes. auch Anm. 129). - Man vergleiche A 109f. die Parallelität der Ausführungen eben mit denen zur zweiten Analogie der Erfahrung (B 234ff.). Man kann deshalb dieses transzendentale Objekt nicht den nichtempirischen "Gegenstand der sinnlichen" (A 250) und also eigentlich dann auch der reinen Anschauung nennen - was dort aber auch im Gegensatz zum Gegenstand der nichtsinnlichen als intellektuellen Anschauung geschieht (Anmerkung 1 ). Man muß es als den Gegenstand speziell der empirischen Anschauung nehmen, indem nämlich diese in ihrem passiv Gegebensein (durch Spontaneität nur Apprehendiertwerden) auf ein solches Anzeige gibt. Denn nicht das wie auch immer schon verzeitlichte Formale des Verstandes allein als die nur intellektuelle Bedingung der Beziehung; auch nicht die von selbst sich verstehende Formgemäßheit des

395

396

Dieser letztere Gedanke, in der Abgrenzung von transzendentalem Gegenstand und Ding(en) an sich, findet sich bekanntlich bereits bei Adickes (etwa 101). Eine Ausnahme ist aber leider in den transzendentalen Gegenständen von A 394 gegeben. Vgl. zu den Schwierigkeiten einer deutlichen Abgrenzung, die bei ihm bekanntlich in einem aber ganz eigenen Sinne dennoch vorgenommen wird, etwa Prauss 1971 und 1974. Siehe aber umgekehrt auch Dörflinger (1991, 106ff ), der den transzendentalen Gegenstand gleichfalls auf das bloße Korrelat zur notwendigen Vereinigung des empirisch Mannigfaltigen (bei uns durch Reflexion der Urteilskraft nach der Analogie in einen Erfahrungsbegriff) in einer Apperzeption hin auslegt, sowie auch Buchdahl 1992, I35ff. Man darf umgekehrt aber auch nicht einfach unterschlagen, inwiefern eine solche eindeutige Abgrenzung vom Ding-an-sich-Begriff nicht nur am Kantischen Text, sondern auch beim Versuch eines konsequenten und "sinnvollen" Denkens der Sache gleichfalls in gewaltige Schwierigkeiten führt. Dazu sei hier nur auf Wundt 207ff. verwiesen. Auch kann zum Praussschen bloß immanenten Ding-an-sich-Begriff durchaus mit einigem Recht gesagt werden, daß dieser dabei im Grunde, mitsamt dem zugehörigen Affektionsproblem, einfach "weginterpretiert" werde (Baumanns 90). Letzteres trifft dann ein Stück weit wenigstens auch noch die sonst plausiblen Auslegungen, die Ding an sich und Erscheinung (als Erfahrungsgegenstand) als zwei Betrachtungsweisen ganz desselben Gegenstands sehen (u. a. Paton, Bd. I, 61 oder ganz eigen überhaupt ja Adickes).

C. Exkurs: Erfahrungsbegriff und transzendentaler Gegenstand

271

Formalen einer willkürlich und spontan nach einem Begriff schon unter dieser formalen Bedingung (hier nur nach Zahlen) selbst hervorgebrachten reinen Anschauung und der in diesem Begriff also bereits gedachten formalen Bedingung selbst: lediglich die Formgemäßheit dieser letzteren, als hier aber nun des Schemas des Exponenten, und der Anordnung eines unwillkürlich durch Empfindung gegebenen Mannigfaltigen, mithin die "receptivitaet der Regel" (XVII 666),357 gibt zur Beziehung selbst desselben auf den nur in diesem Sinn erscheinenden transzendentalen Gegenstand Anlaß. Sie macht damit ihrerseits die objektive Realität des Begriffs von diesem Mannigfaltigen möglich, d. h., der bloß empirische Begriff wird so zum Erfahrungsbegriff. Den (reinen) Gegenstand der reinen Anschauung aber, der durch Denken der formalen Einheit der mannigfaltigen Teile seiner anschaulichen Vorstellung nach bloßen Größenbegriffen gewiß nicht "wirklich wird" (B 245), ausdrücklich einen transzendentalen als nichtempirischen zu nennen, würde ohnehin keinen rechten Sinn machen. Zwar hat demnach auch der mathematische Begriff, wie alle Vorstellungen als solche (A 108f., A 250)398, einen Gegenstand. Dessen notwendige und als eine solche nicht einmal nur präsumierte Einheit, die gleichfalls aus Vereinigung des Mannigfaltigen eben in und unter jenem Begriff durch synthetische Reflexion der Urteilskraft herrührt, ist auch durchaus hier wieder "die formale Einheit des Bewußtseins in der Synthesis des Mannigfaltigen der Vorstellungen" (aber nicht empirisch gegebener nach Analogien der Erfahrung (A 105)). Doch hat dieser Begriff fiir sich, natürlich in einem engeren Sinn als A 2 4 1 Í Anm., gerade "keine objektive Gültigkeit" (B 298). Und der unter ihm durch jene Vereinigung gedachte Gegenstand ist ftir sich, als dieses Mal nur durch den Verstand bestimmte Form der Anschauung "ohne Substanz" (B 347) und bloßes "Hirngespinst" (B 196), auch eher schon Nichts = X. Er macht nämlich ja bloß ein ens imaginarium 3 " und also ein non ens aus, d.h. eigentlich doch "nur die Form von einem Gegenstande" (B271). (Seine mannigfaltigen, aber, wie die Linien eines nur gedachten und imaginierten Dreiecks, dabei synthetisch gemachten Vorstellungen, bei denen man also insofern auch gar nicht eigentlich von "sinnlichen Datis" (A 251) reden könnte, setzen sich durch jene Vereinigung dem Subjekt trotzdem auch hier wieder gegenüber. Und sie verselbständigen sich gegen dasselbe gleichsam, als Gegenstand dann, zumindest auf Augenblicke.) Man wird mithin den 397

398

399

Der Verstand ist der Grund der Regelhaftigkeit überhaupt der Erscheinungen. Es ist im Fall etwa der Apprehension eines Geschehens aber die empirisch bestimmte Regel (einer Anordnung des Mannigfaltigen, sofern es ein reales Objekt bezeichnet), die ihrerseits "uns nötigt, diese Ordnung der Wahrnehmungen vielmehr als eine andere zu beobachten" (B 242). Eben deshalb werden diese Wahrnehmungen erst, als seine Zustande, auf jenes reale Objekt bezogen. Vgl. auch erneut S. 48 die Stelle XVIII176. Man beachte vor allem diese beiden Stellen. In ihnen macht Kant in jeweils gleicher Gedankenführung von den Gegenständen aller Vorstellungen als solcher, und also auch vom Gegenstand der anschaulichen Vorstellungen der reinen Mathematik, zu dem transzendentalen Gegenstand speziell gegebener Erscheinung einen Übergang - was so auch wenigstens etwas besser zur mehrmaligen Bestimmung des letzteren Gegenstands als des Grundes der Erscheinung paßt. Daß sowohl reine als empirische anschauliche Vorstellungen durch Denken synthetischer Einheit derselben unter Kategorien erst zum imaginären oder realen und seiner Existenz nach bestimmten (B 751) Gegenstand = X werden, tut der Notwendigkeit einer Unterscheidung ihrer reinen, gedachten Gegenstände keinen Abbruch. Denn eben dieselbe "transzendentale Einheit der Apperzeption" (A 108) realisiert sich in verschiedenen Funktionen, und erst die Analogie bestimmt die Art eines Daseins. So ist denn auch Uberhaupt in der Passage A 105 ("Triangel als Gegenstand"), die durch ihre sonstige gänzliche Übereinstimmung mit den Ausführungen A 108ff. zur Nichtunterscheidung der beiden reinen Gegenstände Anlaß geben kann, von einem "transzendentalen Gegenstand" noch gar keine Rede. Siehe hierzu auch Baum 1989, 153f.

VI. Begriffsbildung

272

Grund des mathematischen Gegenstands nicht zusätzlich in einem hierbei erneut mit dem Ding an sich sich berührenden transzendentalen Gegenstand als einem Etwas = X suchen, sondern lediglich im Verstand in Beziehung auf die reine Form der Sinnlichkeit. Er entspringt durch willkürliche als willentliche Synthesis des Verstandes. Er entspringt aber nicht durch absolut spontane als in diesem Sinne "willkürliche" Synthesis desselben (B 739 oben). Denn die reine Sinnlichkeit bringt ihm ihre eigenen Bedingungen entgegen, und sie bietet also ein gewisses Analogon zur obigen "receptivitaet der Regel" dar. (Man lasse vier verschiedene Geraden, die nur rechte Winkel zueinander bilden dürfen, denselben Punkt schneiden - was aber der Raum mit seinen "Eigenschaften" (B 40) nicht zuläßt.) Dieser Gegenstand ist also forma intuitus sensitivi substantiata mere intellectu determinata, nämlich, wie etwa bei dem ersteren, möglichen Dreieck, der Raum selbst "als [dann bestimmter, MK] G e g e n s t a n d vorgestellt" (B 160). So hat denn auch die dem Gedanken vom transzendentalen Gegenstand korrespondierende transzendentale Affinität der Erscheinungen, die diese unter formalen Begriffen einer Natur verknüpfbar macht (nexus), mit mathematischen Kategorien zunächst nichts zu tun. Denn diese mathematischen Kategorien ließen sich auch auf ein bloßes "Gewühle von Erscheinungen" sowie auf die anschaulichen Vorstellungen 4 0 0 jedes nur hinreichend deutlichen Traums anwenden, "ohne daß doch daraus jemals Erfahrung werden könnte" (A 111). Das Denken von deshalb nicht realen Objekten im Traum wieder, nach welcher Logik es auch immer vonstatten gehen mag, läuft umgekehrt auch gerade jenen Analogien der Erfahrung zuwider (B 247). Und indem die Schemata dieser Analogien speziell auf die " Z e i t o r d n u n g " gehen (B 184f.), wird "nur dadurch, daß eine gewisse Ordnung in dem Zeitverhältnisse unserer Vorstellungen notwendig ist [d. h. sie als notwendig wenigstens präsumierend durch uns bestimmt wird, MK], ihnen objektive Bedeutung erteilt" (B 242f.). Es ist o b e n zuletzt v o m Objekt

der Erfahrung

Materie bereits d e s Erfahrungsbegriffs nichts anderes als der (aus synthetischer empirische

Begriff.

R e f l e x i o n ) kategorial

bestimmte

bloß

Oder er ist, w a s d i e s e s Mal tatsächlich nur die Kehrseite aus-

macht (S. 2 6 2 ) , die empirisch

bestimmte

d i e s e s Erfahrungsobjekt kategorial Beziehung

die R e d e g e w e s e n als v o n der

(S. 2 6 7 ) . D e r Erfahrungsbegriff ist aber

Kategorie.

bestimmte

G a n z entsprechend ist nun

Erscheinung

- indem nämlich die

derselben auf den transzendentalen Gegenstand, der N o t w e n d i g k e i t

e i n e s Z u s a m m e n f a l l e n s v o n Kohärenz und Korrespondenz w e g e n , e b e n in dieser ihrer Vereinigung

unter der Kategorie geleistet ist. Oder e s ist, im Grunde w i e d e r

g a n z dasselbe, der empirisch 400

401

bestimmte

transzendentale

Gegenstand

(A251).401

Als anschauliche Vorstellungen bedürfen die des Traums sowohl als das "Gewühle" - mit Einheit der Anschauung, wenn nicht der Erfahrung, die eine ganz spezielle Einheit der Anschauung nach den Analogien bloß denkt -, ohnehin der Funktion des Größenbegriffs. Sie erhalten dadurch aber keinen eigentlich intellektuellen Inhalt, d. h. noch nicht einmal nur durch Bestimmung ihrer bloßen Größenverhältnisse durch synthetische Vergleichung mit einer willkürlich gesetzten Maßeinheit bereits. Die beiden mathematischen Kategorienklassen bestimmen zunächst, vor aller Beziehung dieses Sinnlichen auf reale Gegenstände durch jene Analogien (zumal zunächst durch die erstere derselben), ein Sinnliches als ein solches. Sie bestimmen Anschauung oder Wahrnehmung. Der Größenbegriff selbst bleibt dabei, wie gesagt, zuletzt ästhetisch. Siehe zu diesem letzteren Prauss 1971, 93 bzw. Prauss 1974, 102f. Nach Buchdahls scharfsinnigen Analysen liegt hier insgesamt, im Sinne nur subjektiv verschiedener "Interpretationen" ganz desselben Gegenstands überhaupt, ein Wechselverhältnis zwischen transzendentalem Gegenstand und empirisch bestimmtem Erfahrungsobjekt (der Erscheinung) zugrunde. Ein Akt der "Realiste-

C. Exkurs: Erfahrungsbegriff und transzendentaler Gegenstand

273

Ja, es besteht, zumindest als erkanntes und seiner Zusammensetzung nach "ermöglichtes" und nach dreierlei Gegebenem subjektiv geradezu gemachtes Objekt (S. 109ff., Anmerkung 2), in jener bestimmten Beziehung der gegebenen Erscheinung auf den transzendentalen Gegenstand selbst. Denn beide können für sich keinen eigentlichen Gegenstand der Erfahrung ausmachen. Anders gesagt, das Erfahrungsobjekt besteht in der bestimmten Beziehung der für sich noch unbestimmten Anschauung vom Gegenstand (der empirischen Materie zum Erfahrungsbegriff aus bloßer Observation) auf den filr sich noch unbestimmten Gedanken vom Gegenstand (auf die transzendentale und also gleichsam reine Materie zum Erfahrungsbegriff, und zwar durch formale Exposition der ersteren Materie) selbst. Nicht einmal die hierbei gebrauchte auch schon schematisierte Kategorie hat demnach, dieses Mal genauer als Funktion, wie jeder schon objektive Begriff eine bestimmte Beziehung auf ein Objekt. Sie leistet und "verschafft" sie in ihm. Das geschieht eben durch Verbindung des Mannigfaltigen der Erscheinung unter der Analogie und durch Beziehung dadurch dieser Materie ihres empirischen, bestimmten Gebrauchs auf den transzendentalen Gedanken vom Gegenstand derselben. Denn die dabei unter ihr bestimmbare Materie ist lediglich anschauliche empirische Vorstellung. "Die (8 transscendentalen) notionen stellen" aber paradoxerweise gerade in ihrem bestimmten empirischen Gebrauch "nicht Dinge, sondern die Actus des Verstandes vor, sich synthetische Begriffe von Dingen zu machen" (XVI 548). Diese synthetischen Begriffe stellen dann ihrerseits erst diese (dann aber auch theoretisch bestimmten) Dinge selbst vor. Diese Erfahrungsbegriffe erhalten also ihren zusätzlichen transzendentalen Inhalt (in Gestalt des a priori gegebenen reinen Begriffs vom transzendentalen Gegenstand) und ihre einzelnen transzendentalen "Prädikate" nicht "der Anschauung und der Sinnlichkeit, sondern des reinen Denkens a priori" (B 120) (die in ihnen seine je verschiedene empirische Bestimmung von Seiten des Verstandes leisten) rung" kann vom ersten aufs zweite, dagegen ein Akt der "Reduktion" (phänomenologisch gesprochen) kann von diesem wieder auf jenen führen (Buchdahl 1992, 141ff). Ob allerdings wirklich die "transzendentale Materie" von Β 182, als das Reale, das der an sich immer nur einzelnen "Empfindung entspricht" (B 182) und bei der also an einen Erfahrungskontext (145) noch nicht gedacht sein kann, mit derjenigen transzendentalen Materie, die der transzendentale Gegenstand ausmacht, direkt zusammenzubringen ist (wodurch dann allenfalls das Affektionsproblem ganz innerhalb des transzendentalen Rahmens aufzulösen wäre (144)), das scheint uns, einiger unterstützender Kantstellen unbeschadet (etwa Β 522), immer noch eine wenigstens nicht vollends befriedigend zu bejahende Frage zu bleiben. Denn dieser transzendentale Gegenstand bedeutet das Korrelat kategorialer Verbindung gerade nur mannigfaltiger gegebener Erscheinungen nach den Analogien der Erfahrung. Das heißt, er bedeutet das Korrelat einer dann noch ganz anderen "Realisierung" - diese gegebenen Erscheinungen mögen dabei "stammen", woher sie wollen, oder auch gar nicht mehr weiter "herstammen", das ist hier gleichviel. Es müßte ja auch geradezu durch bloße formale Verknüpfung das dabei nur (nur!) Verknüpfte selbst, die jeweilige subjektive Erscheinung bereits mitsamt ihrer "Realität" (durch Empfindung) und nicht erst das Objekt der Erfahrung, seiner- bzw. ihrerseits Uberhaupt erst entstehen. - Eine gegenteilige Position zu vertreten, wirft allerdings bekanntlich wohl mindestens ebensogroße Schwierigkeiten auf.

274

VI. Begriffsbildung

nicht etwa einfach durch Hinzusetzen qua Aggregation weiterer dann nur reiner Merkmale als solcher. Ebensowenig wird den Erscheinungen selbst der gleichfalls a priori gegebene transzendentale Gegenstand als etwas, über das der Verstand als über eine reine und also dann formale "Materie" gleichsam selbst verfügte, einfach hinzugesetzt als beigegeben. Denn der reine Verstandesbegriff macht zwar durchaus einen Begriff aus, "der nicht von der Erfahrung abgezogen ist, sondern auch d e m I n h a l t e n a c h aus dem Verstände entspringt" (IX 92). Sein ganzer Inhalt ist jedoch, indem er nur "reine synthetische Einheit" enthält (B 177) - und zwar als die "Einheit der Reflexion über die Erscheinungen" (B 367) in Absicht auf objektiv-synthetische Begriffe -, nichts anderes als nur "die Form zu reflectiren" (XIX 762). Er ist, als der Inhalt der Funktion, lediglich "die Form des Begriffemachens" (XXVIII 374). In der Bestimmung aber der nur zu denkenden und demnach nun erst eigentlich intellektuellen Anordnung der Erscheinungen nach dieser Funktion der synthetischen Einheit, die also bereits verzeitlicht das reine Schema und gewissermaßen das dynamische Gerüst der Anordnung der dadurch objektiv werdenden, dem bloß empirischen Begriff von diesen Erscheinungen entstammenden empirischen Prädikate im daher gleichfalls deutlichen Erfahrungsbegriff ausmacht, besteht bekanntlich ihre bestimmte Beziehung auf den transzendentalen Gegenstand. Denn die sich auch ergebende analytische Einheit tut nichts zur Beziehung auf das Objekt (nur möglicherweise noch auf Objekte).

D. Vom synthetisch gebildeten Erfahrungsbegriff zum empirischen Gattungsbegriff durch analytische Reflexion. Vergleichung und Unterscheidung nach den beiden Momenten von Reflektieren überhaupt 1. Einleitung: Abgrenzung der bisherigen und vorliegenden strukturellen Betrachtung von einer teils empirisch-psychologischen der De-facto-Bildung von Begriffen im folgenden Abschnitt E. sowie kurzer Aufriß des vorliegenden Abschnitts D. Wir gehen zur letzten noch ausstehenden Hauptsache einer ausführlichen 402 Vergleichung und Unterscheidung des zuletzt behandelten realen und eines nur zusätzlichen, bloß logischen empirischen Verstandesgebrauchs. Um hier gleich genauer zu reden: Letzterer wird dabei der strukturellen Vorgängigkeit nach immer, aber kaum einmal, was ihre De-facto-Bildbarkeit betrifft, im konkreten Ent-

402

Man findet, wie man sich vielleicht erinnern wird, den Ansatz dieser Vergleichung und Unterscheidung und ihre Hauptmomente bereits oben S. 227ff. kurz vorgestellt und erörtert. Das geschah anläßlich der Unterscheidung der Analogie- und Induktionsschlüsse nach den bloßen Analogien der Erfahrung von denjenigen nach der zusätzlichen Präsumtion der Urteilskraft selbst.

D. Empirischer Gattungsbegriff aus analytischer Reflexion

275

stehen der Begriffe (bei dem er nämlich seinerseits meist vorgängig ist), ein wirklich nur zusätzlicher Gebrauch sein. Es ist also zu tun um eine Vergleichung und Unterscheidung jener zunächst nur synthetischen Bildung der Erfahrungsbegriffe dem empirischen und transzendentalen Inhalt nach durch kategoriale Reflexion über die Erscheinung einerseits 403 und der auch analytischen Bildung der empirischen Begriffe dann jedenfalls wirklich numerisch verschiedener Naturdinge der bloßen logischen "Form der Allgemeinheit" (IX 92) nach durch Komparation, Reflexion und Abstraktion nach dem Prinzip der Urteilskraft andererseits. Denn zwar werden beiderlei Begriffe gleichermaßen durch Zusammenhalten gegebener mannigfaltiger Vorstellungen mit anderen sowie mit dem Erkenntnisvermögen, bei beiden auch negativ mit Abstraktion verbunden, hervorgebracht. Sie sind jedoch als Produkte der synthetischen oder auch analytischen Reflexion und Determination (bzw. natürlich nur "Determination") der bestimmenden oder der reflektierenden Urteilskraft nichtsdestoweniger auch wieder zu unterscheiden (S. 2 4 3 f f ) . Das heißt, sie sind zu unterscheiden, sofern sie - jedenfalls in ihrem je Wesentlichen objektiv-synthetische oder, darüber hinaus, auch analytische Einheit der Apperzeption im Vorgestellten selbst enthalten; diese analytische Einheit der empirischen (Gattungs-) Begriffe ist dabei nur subjektiv zur bloßen zusätzlichen Allgemeinheit ihres Gebrauchs zur Erkenntnis auch anderer Gegenstände notwendig. Letzteres ist wohlgemerkt genauer mit Bezug auf eine wirkliche und nicht nur mögliche Vielheit auf einerlei empirische Art synthetisch bestimmter und erkannter Objekte bereits gesagt. Denn bei den ersteren bloßen Erfahrungsbegriffen, bei denen zwangsläufig, d. h. auch bei der Bildung des Begriffs zu einem gegebenen Gegenstand, immer schon analytische Einheit mitentsteht, ist diese Möglichkeit einer Vielheit gleicher Objekte ohne Prinzip der Urteilskraft (sowie aber dann auch noch ohne tatsächliche Vergleichungen mit anderen Objekten) gleichwohl noch eine bloß logische und empirisch also einfach Zufälligkeit. Bei dieser Vergleichung und Unterscheidung werden wir im großen in zwei Schritten vorgehen (Abschnitte D. und E.). Das trägt der angedeuteten Tatsache Rechnung, daß sich in der vorliegenden Darstellung 404 der Kantischen Begriffs403

404

Es wurde bereits vorgeführt, wie diese synthetische Reflexion im Fall der Exposition der Erscheinung aber immer bereits vermittelst einer Vergleichung des mannigfaltigen Inhalts des selbst schon analytisch gebildeten bloß empirischen Begriffs dieser Erscheinung mit den und mittels der Analogien vor sich geht. Diese Darstellung ist nicht nur im Nachlaß und durch Jäsches Mitwirkung ohnehin wieder einmal problematisch. Sie ist auch ansonsten teils noch im Werden begriffen und einfach unfertig, teils aber auch wirklich uneinheitlich. Außerdem liegt sie an keiner Stelle einmal in ihrem ganzen Zusammenhang vor. Eine solche zusammenhängende Darstellung findet sich j a nicht einmal für den bloß synthetischen Teil mit Bezug auf die einzelnen Kategorien in ihrer Verbindung. Wir sind aber fern davon, dem Transzendentalphilosophen einen Vorwurf aus dem zu machen, was allenfalls, nicht hinreichend geleistet zu haben (denn vollständig läßt es sich nicht leisten), dem schon durch Kritik geschulten empirischen Psychologen zur Last zu legen wäre (IV 304). Besteht nämlich die Aufgabe des ersteren in der Auseinandersetzung und Bestimmung der Prinzipien der jeweiligen Reflexion sowie ihrer Möglichkeit und Gültigkeit a priori, so ist doch die Darstellung ih-

276

VI. Begriffsbildung

und Begriffsbildungslehre, bei aller beständigen Vermischung derselben, zwei gleichsam gegenläufige Linien der Gedankenfiihrung entdecken lassen. Dabei müssen wieder eine Haupt- und eine Nebenlinie der Gedankenführung unterschieden werden. Die Hauptlinie dieser Darstellung, der wir auch in allem Obigen einigermaßen konsequent gefolgt sind, spiegelt jene strukturelle Vorgängigkeit der jeweiligen transzendentalen Prinzipien und also auch der prinzipiellen Möglichkeit der Reflexionen nach ihnen wider, wie sie eine transzendentale Analytik (in einem weiteren Sinne) in einer Zergliederung aller reinen Momente der Erkenntnis, sowie in einer Bestimmung ihrer jeweiligen objektiven oder subjektiven Gültigkeit und Notwendigkeit, auseinanderlegen kann. Aus einem bloß solchen Blickpunkt betrachtet, den wir auch in diesem vorliegenden Abschnitt D. der "Begriffsbildung" noch beibehalten werden, liegen die Kategorien und also auch die kategorialen Reflexionen (der bestimmenden empirischen Urteilskraft vermittelst der Bedingungen der transzendentalen) dem immer nur zusätzlichen Prinzip der reflektierenden Urteilskraft und also auch den analytischen Reflexionen derselben, in Absicht dann auch noch auf einen empirischen Gattungsbegriff, offenbar zugrunde. Das heißt, die ersteren Reflexionen werden nach den Grundsätzen der transzendentalen Analytik (nun im engeren Sinne) auch ohne jede zusätzliche Präsumtion der Urteilskraft prinzipiell sogar beim konkreten Zustandekommen der jeweiligen Erfahrungsbegriffe immer schon erfolgreich möglich.405 (Es ist hier zunächst nur, wie gesagt, von der bloßen jeweiligen prinzipiellen Möglichkeit der konkreten Reflexionen geredet und noch nicht davon, wie sie normalerweise vor sich gehen.)

405

rer konkreten Anwendung in Verbindung (unter Bedingungen auch ihrer Wirklichkeit) keiner eigentlich wissenschaftlichen Behandlung fähig. Denn diese Anwendung kann nach empirischen Umstanden etwa der Aufmerksamkeit oder der jeweiligen Absicht usw. ganz unterschiedlich vor sich gehen. Umgekehrt könnte wenigstens der Versuch ihrer Darstellung in Verbindung sehr wohl zur Erläuterung der für sich abstrakten Prinzipien selbst beitragen (Deutlichkeit durch Beispiele). Übrigens laßt sich die Uneinheitlichkeit und nachgerade auch Widersprtlchlichkeit in der Kantischen, fragmentarischen Darstellung, sofern sie nicht einfach auf noch unfertigen Auffassungen beruht, in der Sache gleichwohl meistens auflösen. Denn wie sich sinnvoll zusammen denken läßt, daß einerseits zwar de facto ohne analytische Reflexion schon nach dem Prinzip der Urteilskraft (und ohne entsprechende Beschaffenheit der Natur) selbst "die gemeinste Erfahrung ... nicht möglich sein würde" (V 18732), daß wir aber andererseits, ohne dieses Prinzip zugrunde zu legen, lediglich "über die gemeinste Erfahrung hinaus" (V 1885) keine erkennbare Naturordnung mehr antreffen würden, wird uns im folgenden unter anderem beschäftigen. Die zweite Stelle besagt darin vielmehr ja, daß diese "gemeinste Erfahrung" mithin prinzipiell selbst im konkreten Entstehen der Begriffe durch bloße /categoriale Reflexion offenbar durchaus möglich wäre. Beides wird aber, ohne sich dabei zu widersprechen, in der jeweiligen Linie der Gedankenfiihrung und also nur aus einer jeweils anderen Perspektive betrachtet seinen wahren Sinn haben. Siehe etwa S. 63f., unter anderem die Ausführungen in Anlehnung an jenen Absatz "B", sowie im folgenden den ganzen Abschnitt E. Wenn wir hier sagen, daß grundsatzlich ohne Prinzip der Urteilskraft die kategorialen Reflexionen immer schon möglich werden, so gilt das damit auch fllr die wieder vorgängigen analytischen Reflexionen des jeweiligen bloß empirischen Begriffs, die ja nach dem Obigen im Fall der Anwendung speziell der Analogien der Erfahrung jeweils so nötig sind.

D. Empirischer Gattungsbegriff aus analytischer Reflexion

277

Denn das Prinzip der Findbarkeit auch noch einer nur zusätzlichen Gleichheit beständiger empirischer Gesetze in einem logischen System, die als ein bloßer logischer respectus die respektiven Stücke jeweils doch schon voraussetzt, kann strukturell auf die Prinzipien der Bestimmung zunächst überhaupt einmal dieser beständigen empirischen Gesetze selbst immer nur folgen. Damit kann dann aber auch, wenigstens allem ersten Anschein nach, die entsprechende konkrete analytische Reflexion (in einer bloßen zusätzlichen Klassifikation schon bestimmter Dinge) auf die konkrete jeweilige synthetische Reflexion (zunächst nur über Erscheinungen) gleichfalls erst folgen. So gehen überhaupt schon rein äußerlich die Erörterungen der Analytik denen der beiden Einleitungen der dritten Kritik, bzw. den entsprechenden Erörterungen des "regulativen Gebrauchs der Ideen der reinen Vernunft" in der Dialektik, vor. Und in beiderlei Ausführungen ist jeweils bloß "noch iiberdem"(XX 21227) etwas präsumiert. Wir werden also zwar, in diesem Abschnitt D., bei der Vergleichung der synthetischen Reflexion und vornehmlich bereits Exposition mit der empirischen logischen Komparation, Reflexion und Abstraktion der reflektierenden Urteilskraft in eben dieser Reihenfolge verfahren. Dabei wird naturgemäß das Schwergewicht auf der letzteren, bisher noch nicht eigens näher beleuchteten logischen Reflexion liegen. Gleichwohl muß allem Bisherigen zum Trotz umgekehrt gesagt werden, daß im konkreten Zustandekommen de facto der Erfahrung, unter inneren und äußeren empirischen Bedingungen auch der Wirklichkeit der Anwendung jener Prinzipien, diese Reihenfolge genau umzukehren ist. Wenigstens ist das in der wohl fast ausschließlichen Regel so der Fall. Was es dabei aber in der entsprechenden nicht nur transzendentalen Nebenlinie der Kantischen Darstellung der empirischen Begriffsbildung heißt, daß mit der realistischen Aussicht auf mögliche empirische Analysis (des empirischen Gattungsbegriffs nach dem an sich aber immer schon bloß zusätzlichen Prinzip der Urteilskraft) auch die Aussicht überhaupt erst auf mögliche objektive empirische Synthesis (des Erfahrungsbegriffs) wächst, werden wir erst im abschließenden Abschnitt E. einer eigenen, eingehenderen Betrachtung unterziehen. Da wird sich zeigen, daß sich ohne eine jener ersteren Präsumtion entsprechende Beschaffenheit der Natur, bei aller prinzipiellen konkreten Findbarkeit bereits von Erfahrungsbegriffen, wohl nicht einmal ein einziger auch nur de facto würde finden lassen. Im vorliegenden Abschnitt D. werden wir zunächst aber in folgenden Schritten vorgehen. Als erstes findet sich (Punkt 2.), für unsere Hauptsache so völlig hinreichend,406 eine kurze Beleuchtung von Begriffen überhaupt nach ihren beiden Formen synthetischer und analytischer Einheit, die sich immerhin bei den beiden 406

Ansonsten ist wohlgemerkt aber eine ganze Reihe offenbar sich ergebender Probleme gar nicht erst angesprochen. Es werden in Punkt 2. auch einige an sich hier und da notwendige Differenzierungen und Erweiterungen (bzw. umgekehrt Einschränkungen) des Gesagten für verschiedene Arien von Begriffen, etwa für den obigen bloß klaren Begriff "rot", der Einfachheit halber übergangen.

278

VI. Begriffsbildung

hier in Rede stehenden empirischen Begriffen beide jeweils antreffen lassen (Anm. 406). Daran anschließen wird sich, im dritten Punkt, eine bloße Erinnerung zur kategorialen Reflexion, die, wie wiederholt schon vorgeführt, zur Bestimmung des bloßen Erfahrungsbegriffs nach seiner wesentlichen Form objektiv-synthetischer Bewußtseinseinheit führt. Dieser bloße Erfahrungsbegriff muß sich aber nach allem Obigen zunächst immer nur, ohne Präsumtion der Urteilskraft, zu den konkreten Erscheinungen je einzelner Erfahrungsgegenstände jedenfalls finden lassen können - wobei natürlich ansonsten jeweils empirisch die Frage, was ein einzelner Gegenstand sei, in Abgründe führt. Also muß drittens (Punkt 4.) als eine Einschaltung und mehr zum Übergang dienend die Frage beantwortet werden, ob sich überhaupt zu einzelnen Gegenständen, mithin zunächst ohne logische Komparation, Reflexion und Abstraktion oder immerhin ohne die ersten beiden, ein Begriff als eine ihrer einen Form nach immer schon analytisch-allgemeine Vorstellung bilden läßt. Kant wird diese Frage bejahen. Er wird dabei sogar gleich noch etwas weiter gehen. Es wird sich aber zeigen, wie diese bloße Form analytischer Einheit, die ohne wirkliche Vergleichungen mehrerer Dinge sich ergibt, dem Begriff zur (realistischen) Möglichkeit seines allgemeinen Gebrauchs dabei zunächst überhaupt nichts hilft. Sie hilft ihm jedenfalls ungefähr nur so viel, wie einer Person der ansonsten durchaus legitime Titel eines Königs aller Preußen bei aber nur einem bekannten Untertanen von Nutzen wäre. Viertens und in der Hauptsache wird dann, in einer Vergleichung zusätzlich mit der kategorialen Reflexion, jene eigentlich logische Begriffsbildung durch wirkliche Komparation, Reflexion und Abstraktion der Vorstellungen mehrerer Gegenstände zu beleuchten sein. Dabei wird sich nun endlich aber die dem empirischen Gattungsbegriff als einem solchen wesentliche Form analytischer Einheit zugleich als eine analytische Einheit auch noch nach der gedachten Materie dieses Begriffs ausweisen können (Punkt 5.). Eine abschließende kurze Erörterung einer durchgängigen Zweideutigkeit des Kantischen Erkenntnisbegriffs, sowie ganz entsprechend einiger weiterer Begriffe, wird den Kreis schließen.

2. Synthetische und analytische Einheit der Apperzeption als die beiden Formen von Begriffen überhaupt Man kann in einem gewiß etwas uneigentlichen Ausdruck sagen, die synthetische Einheit des Bewußtseins mache eine Vorstellung Uberhaupt zum concepÍMJ,407 dagegen die analytische Einheit des Bewußtseins nur noch "zum conceptus communis" (B 133f. Anm.). Jene macht dabei dasjenige aus, was ein Begriff eigentlich hat und worin er selbst wesentlich "besteht" (A 103). Diese wiederum,

407

Kant sprach da, wie man sich vielleicht erinnern wird, von der Intellektion

dieser Vorstellung.

D. Empirischer Gattungsbegriff aus analytischer Reflexion

279

ihm darin (und mehr ex negativo) lediglich anhängend (B 133 Anm.), besteht gewissermaßen in eben demjenigen, was er, im Unterschied zur anschaulichen Vorstellung, gerade nicht hat, nämlich durchgängige Bestimmung. Was das erste angeht, so kann uns ja "das Wort Begriff" bekanntlich "schon von selbst zu dieser Bemerkung Anleitung geben", daß er nämlich, im vorliegenden Fall nicht bloß intellektueller Begriffe, 408 im Bewußtsein einer "Einheit der Synthesis" konstruierter oder apprehendierter Sinnenvorstellungen selbst bestehe und zwar auf eine je bestimmte Weise, zu der der reine Verstand die jeweilige Funktion hier eben zunächst nur der synthetischen Einheit bereitstellt (B 93). Denn "dieses eine Bewußtsein ist es, was das Mannigfaltige, nach und nach Angeschaute, und dann auch Reproduzierte, in eine Vorstellung vereinigt" (A 103) ("apperceptio comprehensiva" (XX 220) oder Denken von Vielem in Einem). Der Begriff ist also eine intellektuelle Handlungsanweisung für die und dadurch dann auch Handlungsweise der Einbildungskraft selbst. Es ist demnach auch nur seine gedachte synthetische, als hierin überhaupt wesentliche, und gar nicht die analytische Einheit, vermöge deren er überhaupt nur in der Subsumtion gebraucht werden kann. Diese Subsumtion wird nämlich nur genau dann möglich (B 176), wenn in ihm eben diejenige Weise und dasjenige Verfahren gedacht sind, wie sie als übereinstimmend zum bis dahin nur Mannigfaltigen nunmehr erst einer Anschauung, als seiner Darstellung jetzt, hinzugedacht werden können. Mit anderen Worten, die Subsumtion wird möglich, wenn ein zweimaliges "Vieles in Einem" sich deckt. Eine hier nur zusätzliche "analytische Einheit des Bewußtseins" auf der anderen Seite, die "allen gemeinsamen Begriffen, als solchen," (B 133 Anm.) anhängt (als gemeinsamen, nicht als Begriffen), dient dagegen lediglich noch "zum allgemeinen Gebrauch" (XX 21 l32f.) derselben an numerisch verschiedenen, teils gleichen Gegenständen. Dabei ist also das obige Vieles in Einem selbst wieder als ein (für sich demnach eine Synthesis denkendes und enthaltendes) Eines identisch in Vielem gefaßt. Und das findet mithin in einem zusätzlichen Denken analytischer Einerleiheit (nach der bloß logischen Funktion des allgemeinen Urteils) sowie entsprechend auch in einer Subsumtion nach bloß noch zusätzlicher distributiver Einheit statt. 409 Die Möglichkeit aber überhaupt eines solchen auch noch allgemeinen Gebrauchs eines Begriffs beruht gänzlich wieder auf zwei Bedingungen, wobei sich allerdings die zweite Bedingung eigentlich von selbst versteht. Die erste

408 409

Beim Begriff etwa vom "Recht" ist die Sache ja schon anders gelagert. Vgl. XXIX 889: "Wie sind aber die Begriffe durch Apperception möglich? Dadurch, daß ich mir die [hier bereits analytische, MK] Identitaet meiner Apperception in vielen Vorstellungen vorstelle. Der Begriff ist perceptio communis, z. E. der Begriff vom Körper. Dieser gilt von Metall, Gold, Stein, etc. Darin stelle ich mir eines im Mannigfaltigen vor. Die logische Function desselben besteht in der Allgemeinheit. Diese ist die analytische Einheit der Apperception, und vieles in einem ist die synthetische Einheit derselben." Letzteres ist hier zunächst einmal immer schon, d. h. auch im Begriff des "Körpers" und dabei eigentlich "durch ihn gedacht" (A 106).

280

VI. Begriffsbildung

besteht in jener nicht durchgängigen Bestimmung einer solchen nur diskursiven Vorstellung. Durch die ist sie dieser einen, bloßen logischen "Form nach jederzeit etwas [analytisch, MK] Allgemeines" (A 106). Diese Unbestimmtheit der Vorstellung macht dabei, daß prinzipiell, d. h. einer zunächst aber entsprechend bloß logischen Möglichkeit nach, gleich eine ganze Vielheit von Gegenständen unter sie, die nur dann eigentlich eine Regelm heißen darf, subsumiert werden kann, "die außer ihr noch etwas V e r s c h i e d e n e s an sich haben" (B 133f. Anm.) obwohl sich dieses Verschiedene in der Vergleichung untereinander wieder unterscheiden mag und empirisch wohl auch unterscheiden wird. Die zweite, selbstverständliche Bedingung analytischer Allgemeinheit besteht dann nur noch darin, daß natürlich diese teils unbestimmte Vorstellung bei ihrer Anwendung auf mehrere im Hinblick auf sie gleiche Gegenstände nicht selbst verändert werden darf. Dabei ist dann allerdings ebenso natürlich umgekehrt, daß "nach einer Regel" eine bestimmte "Anschauung jederzeit dargestellt werden" (A 105) und daß diese Regel also überhaupt unverändert beibehalten werden kann, in der Anwendung auf empirische Gegenstände eine alles andere als selbstverständliche Voraussetzung.

3. Kurze Erinnerung zur synthetischen Reflexion des Erfahrungsbegriffs. Objektiv-synthetische Einheit des Bewußtseins Wenn " R e f l e c t i re η (Überlegen)" überhaupt darin bestand, "gegebene Vorstellungen entweder mit andern, oder mit seinem Erkenntnißvermögen [dessen jeweiligen Prinzipien, MK], in Beziehung auf einen dadurch möglichen Begrif, zu vergleichen und zusammen zu halten" (XX 211), so haben wir ja schon gesehen, daß bei der synthetischen kategorialen Reflexion diese beiden Handlungen, eher schon als zwei bloße Momente ganz derselben Handlung, in eins fielen (etwa S. 79f.). Zu dieser kategorialen Reflexion sei vor der Vergleichung später gleich noch mit der zusätzlichen logischen Reflexion des empirischen Gattungsbegriffs vorläufig nur erinnert, inwiefern man sich bei ihr für das erste Moment besser des letzteren Ausdrucks eines Zusammenhaltens als desjenigen eines Vergleichens bedient.411 Wenn nämlich in jener Wahrnehmungsreihe von S. 249 die Erscheinungen a und b immer wieder aufeinander folgten, so ist dabei ja nicht etwa an die Vergleichung der jeweiligen ganzen noch subjektiven Wahrnehmungsfolgen a + b 410

411

Zunächst bedeutete der Begriff nur eine Handlungsweise der Einbildungskraft - verbunden natürlich Übrigens, bei einem auch im weitesten Sinne empirischen Begriff, mit nur reproduzierte empirische Vorstellungen bezeichnenden Merkmalen in jener Anordnung gedacht. Jetzt bedeutet er, sozusagen, zugleich auch noch eine Handlungsart derselben als eine Handlung jeweils "auf einerlei Art" (A 113). Trotzdem hieß es in der Kritik für dieses erste Moment einmal, ohne ein "Verhältnis der Identität" seien Begriffe (etwa des a und des b) in Absicht auf ein synthetisches Urteil untereinander "synthetisch zu vergleichen", nämlich einer "mit einem anderen" (B 194).

D. Empirischer Gattungsbegriff aus analytischer Reflexion

281

untereinander zu denken (d. h. mehrerer a + b je als Einheit genommen). Denn das war zunächst nur die analytische Reflexion des bloß empirischen Begriffs, die in einer Vergleichung wirklich im engeren Sinne bloß ausmachte, daß die Erscheinungen in der subjektiven Apprehension immer gleich aufeinander folgten. Vielmehr ist gemeint, wie dann schließlich auch noch, und zwar gerade mittels der synthetischen Vergleichung mit dem Exponenten des Verstandes (d. h. mit dem Erkenntnisvermögen), das a mit dem b besser in der Tat dann zusammengehalten und dadurch zugleich auch, im Objekt, zusammengenommen und verbunden wird.

4. Der Erfahrungsbegriff eines einzelnen Gegenstands Zur Möglichkeit der Bildung eines Begriffs zu einem einzelnen Gegenstand (ohne logische Komparation und Reflexion) sei angemerkt, daß sich ja jeder Erfahrungsbegriff gänzlich aus solchen Begriffen zusammensetzt, die man vielleicht Produktionsbegriffe einerseits sowie bloße Reproduktionsbegriffe andererseits nennen könnte; erstere sind selbst immer schon mit Reproduktion verbunden (A lOlff.). Diese ersten Begriffe bedeuten all dasjenige eigentlich einzig zu Verstehende und Einzusehende, was man (mit Einschränkungen demnach im Fall der Analogien der Erfahrung) nach den Kategorien selbst machen kann. Oder sie bedeuten dasjenige, was man, in der Anwendung auf ein empirisch Gegebenes, jedenfalls selbst so hätte machen können (S. 16ff.). Würde man davon - wieder etwas anders bei den Analogien - nicht mit der ersten Konstruktion oder mit der ersten Apprehension bereits einen BegriffYabtn können (der Weise einer gewissen Synthesis der Einbildungskraft), so würde man davon auch bei noch so vielen wiederholten ähnlichen Konstruktionen oder Apprehensionen keinen Begriff jemals bekommen können.412 Die zweiten Begriffe dagegen bedeuten nur die eigentlichen empirischen Wahrnehmungen als bloßen Sinneseindrücke und -qualitä-

41

* Dieser Gedanke findet sich ganz entsprechend, wenn auch in seiner in Abzug zu bringenden uneigentlichen Ausdrucksweise, bei Schelling. Für Schelling müssen einer immer mu zusätzlichen logischen Klassifikation in Absicht auf einen conceptus nur noch als communis die eigentlichen Begriffe der jeweiligen Dinge (oder genauer ihrer Anschauung, wodurch sie ftlr uns bestimmte Dinge werden) schon zugrunde liegen: "Denn woher wissen wir denn, daß jene einzelnen uns gegebenen Objekte derselben Art sind, wenn nicht das erste uns schon zum Begriff geworden ist?" (182) Dieser Begriff ist aber die "bestimmte Handlungsweise" (181) der formalen Hervorbringung des bestimmten Objekts. Auch für Heidegger, bei dem "die Anschauung das eigentliche Wesen der Erkenntnis ausmacht" (23) - so daß auch noch die Kantische analytische Reflexion ein "Heraussehen des Einen, darin Mehreres soll Ubereinkommen können", heißt -, ist dieses "Heraussehen" schon ein Abgeleitetes (49). Es müsse jeweils schon empirische Synthesis durch "die reine reflektierende Synthesis" (61) des Verstandes, im Gebrauch einer oder mehrerer seiner "Weisen der Einigung" (71), stattgefunden haben. Das Wesen des Begriffs allerdings setzt Heidegger immer einmal wieder, um ihn gegen die Einbildung auszuspielen (oder auch einfach aus Unverständnis, denn es ist bei ihm dann durchaus von synthetischer Einheit die Rede), in seine (abgeleitete) analytische Einheit.

282

VI. Begriffsbildung

ten. Da man aber hier umgekehrt überhaupt nie etwas verstehen und einsehen, sondern nur gleich reproduzieren (erinnern) und durch analytische Reflexion schlichtweg wiedererkennen kann (nicht erkennen), so bringen offenbar noch so viele weitere gleiche Wahrnehmungen unsere "Erkenntnis" dabei auch dieses Mal gar nicht weiter. Der reinen Konstruktion liegt ja sogar ein Begriff, ζ. B. einer aus drei ihrerseits bereits konstruierten geraden Linien zu bildenden Figur, immer bereits zugrunde. Dieser Begriff kann hier noch überdies, vermittelst eines an der einzelnen Figur Aufzuweisenden, durch allgemeine Bestimmungen erweitert werden. Aber auch in der empirischen Anwendung der Kategorien der Quantität hindert nichts, etwa die Länge eines gewissen Gegenstands (der dieser Länge nach mit weiteren gleichen Gegenständen zu einer Klasse dann auch noch gehören mag oder nicht) durch bloße413 synthetische Vergleichung mit einem willkürlich gesetzten Maß zu bestimmen. Es ist dabei zunächst nur um ein Beurteilen bloß synthetischer Einerleiheit zu tun, nämlich wievielmal zusammengenommen dieses Maß der Länge gleich sei. Das heißt aber, es hindert nichts, einen Erfahrungsbegriff des einzelnen Gegenstands in Ansehung dieser inneren Bestimmung zu bildend Mit den Kategorien der Qualität verhält es sich ebenso. Denn es ließe sich natürlich ohne weiteres der Grad einer gewissen Realität bei einem einzelnen Gegenstand auch dann bestimmen, wenn diesem Gegenstand wieder kein anderer in dieser Hinsicht gleichen würde. Ein Beispiel wäre die Bestimmung, nach zunächst bereits ermitteltem Volumen, des spezifischen Gewichts bei einem Körper aus einem bislang gänzlich unbekannten Stoff durch Anwendung jener Größenbegriffe nun zusätzlich aber auf real einstimmige und widerstreitende Kräfte, wie sie nämlich durch Abwiegen etwa mittels einer Balkenwaage stattfinden könnte. Einzig die empirische Anwendung der wesentlich auch regulativen4,5 Analogie der Erfahrung setzt jene analytischen Reflexionen (des bloß empirischen Begriffs) voraus, will man subjektiv konkret ausmachen, ob hier wohl ein Fall ihrer empirischen Anwendung gegeben sei. Denn das Beurteilen einer Regelgemäßheit kann hier nur über ein Beurteilen einer zuvor immer auch beobachteten empirischen Regelmäßigkeit laufen. Aber auch da wieder kann man, was sich teils bereits aus dem zuletzt Ausgeführten ergibt, bei den Erscheinungen (im obigen Beispiel) etwa nur je eines Gegenstands einen Erfahrungsbegriff immer schon bilden. Es ließe sich zum Beispiel ein Begriff einer wohl notwendigen realen äußeren Verknüpfung 413

414

415

Einzig die empirisch gesetzte, für sich wieder schon synthetische bestimmte Einheit ist zunächst immer auch schon mit analytischer Einheit verbunden gedacht, weshalb ja jeder Größenbegriff einen Vergleichungsbegriff letztlich durchaus dann auch im engeren Sinne ausmacht. Diese Einheit ist mit analytischer Bewußtseinseinheit verbunden gedacht, sofern natürlich das Maß bei der Bestimmung des Begriffs schlichtweg nicht verändert werden darf. Das hat mit allem weiteren oben Ausgeführten aber nichts zu tun. Siehe auch V 370, wo die "Reflexion" bei einer einzelnen wahrgenommenen Figur "an einem Begriffe derselben arbeitet". Bekanntlich läßt sich das Dasein der Erscheinungen nicht konstruieren.

Α. Zielsetzung dieses Kapitels und Klärung einiger Begriffe

283

durch Kausalität und also nur noch ein Begriff einer streng regelmäßigen Veränderung gewisser quantitativer und qualitativer innerer Bestimmungen erlangen, wie sie vermöge ihrer beständigen inneren Bestimmungen geschieht (im zweiten Ding immer zu b hin). Es bedarf nicht erst eigens der Erwähnung, daß dabei jeweils der entstehende Begriff in seiner auch hier bereits sich ergebenden bloßen logischen Form nicht durchgängiger Bestimmung offensichtlich immer bereits conceptus communis heißen darf, dem insofern auch analytische Bewußtseinseinheit "anhängt". Als Begriff kann er ja, wie weiter oben schon einmal gesagt wurde, die je gegebene Unendlichkeit der Erscheinung nicht in sich aufnehmen. Diese bloß logische Möglichkeit analytischer Einheit (der bloßen einen Form nach) reicht Kant dabei aber offenbar nicht aus. Denn er wirft wiederholt 416 die Frage auf, "ob man einen Begrif ohne Vergleichung [von Gegenständen, MK] mit andern und noch vor ihr doch als repraesentationem communem haben könne" - wobei übrigens also, ob man hier überhaupt einen Begriff haben kann, ihm erst gar keine Frage zu sein scheint (XVI 555). Die durchweg bejahende Antwort aber nimmt dabei zwar nur die in der Einbildung konkret vorzustellende Materie, sie nimmt darin gleichwohl immer auch bereits die Materie des Begriffs in den Blick - und dieses nicht nur einfach als eine vorgestellte bloß numerische Verschiedenheit von Gegenständen dieses Begriffs. Im reinen Fall der Konstruktion hat es hiermit auch keine Schwierigkeiten. Denn dabei "korrespondiert", von Kant etwas zugespitzt formuliert, der je einzelne Gegenstand dem Begriff immer "nur als sein Schema" (B 742). Und bei aller zufällig sich ergebenden Verschiedenheit müssen doch alle Gegenstände des Begriffs in demjenigen übereinstimmen, nach dem sie immer wieder erst selbst zustandegekommen sind (d. h. der synthetischen Handlungsanweisung für die Einbildungskraft). 417 Demnach kann in diesem reinen Fall genannte Handlungsanweisung,, die mit den allgemeinen Bedingungen auch der Anschauung und nicht nur des Verstandes in Einstimmung sein muß, zugleich als auch seiner Materie nach aHa/yí/íc/í-allgemeiner "Erkentnisgrund a priori vorgestellt werden vor aller [empirischen, MK] Vergleichung wegen des Vermögens der productiven Einbildungskraft" (XVI 558). Aber in Absicht auf einen auch seiner Materie nach analytisch-allgemeinen empirischen Gattungsbegriff hilft uns jene Fähigkeit der nun wenigstens noch teils produktiven Einbildungskraft, im "Bewustseyn der Möglichkeit der [anschaulichen, MK] Vorstellung auf Mancherley Art" (XVI 556), gleichwohl zu nichts. Man kann zwar immer sagen, daß wir "uns der handlung der imagination ... ganz 416 417

Siehe dazu etwa XV 170, XVI 554ff. oder XXIX 888. Die Gegenstande stimmen ansonsten aber auch noch in dem überein, was aus dem Zustandekommen und seinen Bedingungen (mithin nach Bedingungen des Begriffs sowohl als der Anschauung) allgemein folgt (Β Xll oben). Daraus ergibt sich ja erst die Möglichkeit synthetischer allgemeiner Urteile.

284

VI. Begriffsbildung

allein bewust werden" können, "ohne auf das Verbundene und dessen Eigenthümlichkeit zu sehen" (XVI 556). Trotzdem reicht diese Möglichkeit anders nur imaginierter Gegenstände, die also durchaus bereits über jene logische als zunächst aber gänzlich leere Möglichkeit hinausführt, hier keineswegs hin. 418 Denn ob es solche Gegenstände des Begriffs wirklich dann auch geben werde, bleibt eine bloße Frage. Selbst unter weiterer Voraussetzung bereits des Prinzips der Urteilskraft, nach dem sich ja allgemeine empirische Gattungseigenschaften immer sollten finden lassen, bringt uns, wenn wir in ihr auch "geübt seyn" sollten, die mit der obigen verbundene Fähigkeit, daß "wir eine Vorstellung in ansehung mehrerer unbestimmt denken können" (XVI 558), in dieser Absicht um nichts weiter. Denn man hat es dann immer noch mit einer nur willkürlichen und zufälligen Abstraktion ohne Komparation (wenigstens mit wirklichen Dingen) zu tun, die zuletzt allenfalls im allgemeinen schon gerechtfertigt ist. Es muß so jedoch immer unbestimmt bleiben, welche Bestimmungen man denn wegnehmen müsse, damit der entstehende conceptus communis (der bloßen Form bzw. nur imaginierten Materie nach) auf eine wirkliche Vielheit im noch Verbleibenden wirklich übereinstimmender Dinge wirklich passen könne. Es bleibt also in der Tat nur das Verfahren durch wirkliche logische Komparation, Reflexion und Abstraktion bei vielen Gegenständen übrig, um die bis dahin nur bloßen Erfahrungsbegriffe je einzelner Dinge zusätzlich auch noch als wirkliche empirische Gattungsbegriffe (bloß noch gleicher Gegenstände) entweder nur auszuweisen oder um sie in der Regel eigentlich immer wohl, indem dabei von weiteren Verschiedenheiten jeweils abstrahiert werden dürfte, zu solchen gleichsam weiter zu "verdünnen". Jene bloßen Erfahrungsbegriffe wurden vermittelst einer synthetischen Reflexion der bestimmenden Urteilskraft über bis dahin bloße mannigfaltige Erscheinungen gebildet, nämlich nach der Funktion der synthetischen Einheit. Die zusätzliche logische Reflexion in Absicht auf empirische Gattungsbegriffe geht dagegen jetzt nach dem Prinzip der reflektierenden Urteilskraft vonstatten: Und zwar wird sie durch die Funktion des allgemeinen Urteils (durch eine Funktion der analytischen Einheit bei auch analytischer Reflexion) selbst geleistet, indem nunmehr bereits als solche bestimmte Gegenstände zusätzlich bloß noch klassifiziert werden. Denn ist Funktion "die Einheit der Handlung, verschiedene Vorstellungen unter einer gemeinschaftlichen zu ordnen" (B 93), so haben wir ja schon gesehen, wie die "gemeinschaftliche" Vorstellung den zunächst einmal nur numerisch verschiedenen subsumierten Vorstellungen entweder synthetisch oder hier dann überdies auch noch analytisch gemein sein kann. Beim ersten fand ein Denken von Vielem in hier objektiv Einem statt. Denn in der Form der kategorialen synthetischen Einheit bestand der transzendentale Inhalt des Erfahrungsbegriffs. Beim zweiten nunmehr ist dieses Ganze wieder als Eines identisch 418

Ansonsten dürfte aber in der Tat die Einbildungskraft wohl immer schon bei der ersten Apprehension auch nur eines Gegenstands schematisierend verfahren.

D. Empirischer Gattungsbegriff aus analytischer Reflexion

285

in Vielem vorgestellt, ohne daß dadurch eine Bestimmung eines weiteren nexus erfolgen würde.

5. Vergleichung und Unterscheidung der synthetischen Reflexion des Erfahrungsbegriffs und der analytischen Komparation, Reflexion und Abstraktion in Absicht auf den empirischen Gattungsbegriff nach den beiden Momenten von Reflektieren überhaupt. Beleuchtung vornehmlich noch der letzteren logischen Reflexion. Subjektiv-analytische Bewußtseinseinheit Da wir hier viertens zusätzlich zur Beleuchtung vornehmlich noch der analytischen Reflexion sie mit der synthetischen in einem Arbeitsgang auch noch vergleichen wollen, sei hier noch einmal die zu dieser letzteren Reflexion wohl erheilendste sich findende Kantische Stelle angeführt. Gerade in der Gegenstellung zu ihr läßt sich der Unterschied zur logischen Reflexion, zugleich aber in einer Parallelität mit ihr, besonders deutlich machen. Kant sagte, zur Möglichkeit von " E r f a h r u n g " gehöre "1.) A u f f a s s u n g " der gegebenen Vorstellung (apprehensio) "2.) Β e w u ß t s e y η des Mannigfaltigen in ihr enthaltenen (apperceptio) 3.) Ü b e r l e g u n g der Art der Verbindung dieses letzteren in Einem Bewußtsein (reflexio)" (S. 56, VII 396). Wir haben schon vorgeführt, daß hier die Überlegung und die entsprechende aus ihr resultierende Einheit des Bewußtseins analytisch oder bereits synthetisch stattfinden bzw. genommen werden kann (S. 9Iff., Abschnitt C.). Letztere Bewußtseinseinheit war schon die im Erfahrungsbegriff, erstere war zunächst aber bloß die in einem nur subjektiven bloß empirischen Begriff (oder auch in einem Wahrnehmungsurteil) der Erscheinungen je eines Dings gedachte Einheit. (Das "Ding" war da noch nicht Ding.) Diese Überlegung führte entsprechend auch zu einer Amphibolie eines doppelten Bewußtseins. Es wurde gleichfalls gerade soeben noch einmal gezeigt (was nunmehr von besonderer Wichtigkeit ist), wie die synthetische kategoriale Reflexion selbst wieder in die zwei Momente von " R e f l e c t i r e n " überhaupt (XX 211), eher nämlich als wieder in zwei eigenständige Reflexionen oder Handlungen, zerfällt werden kann (S. 280f., mit Rückbezug auf S. 78ff., Abschnitt F.). Sie zerfiel in eine Vergleichung gegebener mannigfaltiger Vorstellungen mit anderen sowie mit dem Erkenntnisvermögen. Denn man kann offenbar nur dadurch etwas untereinander zusammenhalten, daß man es zugleich dabei immer schon mit einem Bewußtsein (mit Einem Bewußtsein) zusammenhält. Das wird gleich bei der logischen Begriffsbildung aufs neue deutlich werden. Es kann also auch, außer natür-

286

VI. Begriffsbildung

lieh bloß in abstracto, von einem Entweder oder (XX 211l4f.) zweier trennbarer Handlungen gar keine Rede sein.419 Es ist in der Tat auch vor allem dieses letztere, was macht, daß in der Darstellung des nun noch einmal analytischen, "logischen Ursprungs der Begriffe" (XVI 5557), die jetzt aber bereits empirische Gattungsbegriffe schon bestimmter Dinge sind, Kant sowohl als Jäsche beim Versuch einer deutlichen Bestimmung und unterscheidenden Abgrenzung von " C o m p a r a i i o n " und " R e f l e x i o n " (IX 94) in größte Schwierigkeiten geraten. Denn so heißen hier jene im Analytischen entsprechenden bloßen Momente. Allerdings heißen sie auch nur bei Jäsche so sowie in der bloß einen, vornehmlich von Jäsche benutzten Reflexion 2876 (von XVI 555f.). Oder vielmehr, sie werden sogar nur in deren erstem Anlauf von zwei Darstellungsversuchen so genannt. Ob übrigens zuletzt im zweiten Anlauf, in einer "Überlegung des Zusammenhangs zur Einheit des Begrifs" (XVI 556), überhaupt nur das Analytische und Formallogische bereits angesprochen ist, wird dabei nicht so ganz klar - worauf noch zurückzukommen sein wird. Bei Kant soll "1. durch comparation" von Vorstellungen oder Dingen ausgemacht werden, "[wie sie sich in einem Bewußtseyn] wie sie sich zu einander in einem Bewustseyn verhalten" (XVI 5557f). Es soll sodann "2. durch reflexion" sich ergeben, "[wie sie sich gegen einander in einem Bewustseyn verhalten als identisch oder nicht] wie verschiedene in einem Bewustseyn begriffen seyn können" (XVI 55512-15). Außer dem Zusatz "als identisch oder nicht" aber sowie außer dem einmal schon genannten "begriffen" kann man hier zunächst überhaupt keinen rechten Unterschied dieser Erklärungen weiter entdecken.420 Man muß schon die gleichzeitig geschriebenen Kurzfassungen derselben hinzunehmen, um zu sehen, daß im ersten Fall "wie sie sich zu einander in einem Bewustseyn verhalten", dagegen daß im zweiten "wie verschiedene in einem Bewustseyn begriffen seyn können" zu betonen ist. Denn nach diesen Kurzfassungen ist Komparation eine "Vergleichung unter einander" (XVI 55510), hingegen Reflexion Vergleichung "mit demselben Bewustseyn" (XVI 55512f ). Jäsche nun geht in seiner Bestimmung von " C o m p a r a t i o n " , so weit unproblematisch und sogar durchaus empfehlenswert, von der genannten ergänzten Kurzfassung aus. Er verbindet sie dann mit einer weiteren Kantischen Bestimmung von "Compariren". Diese letztere bedeutet an dieser neuen Stelle aber, sofern sie die obigen Momente einer Komparation und Reflexion bereits in einem denkt und enthält, etwas ganz anderes. Denn "reflectiren" hat da seinerseits mit der obigen "reflexion" im hier Wesentlichen gar nichts gemein. Man liest XVI 556 in Refle419

420

Das ist etwas, womit es sich ansonsten bei der analytischen Reflexion des nicht nur klaren bloß empirischen Begriffs ebenso verhalt. Auch Liedtke ist der Auffassung, daß "beide Erläuterungen keinen deutlichen Unterschied zwischen 'reflexion' und 'comparation' erkennen" lassen (1966, 210). Zur Genese dieser Begriffe, wie sie bei Wolff, Baumgarten und Meier je etwas abgewandelt gebraucht sind, siehe Uberhaupt hier Liedtke 1966. Das kann dann auch sein Licht auf die Erklärungen etwa von Anm. 421 werfen.

D. Empirischer Gattungsbegriff aus analytischer Reflexion

287

xion 2878, "reflectiren" heiße, "sich nach und nach der Vorstellungen bewust werden, d. i. sie mit einem Bewustseyn zusammen halten". "Compariren" auf der anderen Seite bedeute, "sie unter einander vergleichen, d. i. mit der Einheit des Bewustseyns zusammen halten". "Reflectiren" steht hier, wie auch ansonsten in den Logikvorlesungen 421 des öfteren, zunächst nur für dasjenige, was sich in der obigen Stelle VII 396 zur synthetischen Begriffsbildung (d. h. in ihren ersten beiden Stufen) als "apprehensio" und "apperceptio" bezeichnet fand. Es steht fur die bloße Aufnahme überhaupt gegebener mannigfaltiger Vorstellungen ins Bewußtsein durch Auffassung und Reproduktion derselben. Kant schiebt denn auch, im durchaus selben Sinne, in jener von Jäsche zunächst einmal benutzten Reflexion 2876 (in einem "g"-Zusatz) noch vor das ursprünglich erste "1. durch comparation" ein eigentliches noch vorgängiges erstes ein: Zunächst müsse doch überhaupt einmal " \. attention: Verhältnis zum Bewustseyn" (XVI 5555f.) stattfinden. 422 Es kann und darf also hier, wie auch bei jenem "reflectiren" von Reflexion 2878, von einem Bewußtsein und von wirklicher Vereinigung in einem Bewußtsein "durch reflexion" noch lange nicht die Rede sein. Jäsche also, wie gesagt, nimmt jene Kurzfassung von "comparation" ("Vergleichung unter einander") mit der beide Momente bereits denkenden Bestimmung von "Compariren" ("sie unter einander vergleichen, d. i. mit der Einheit des Bewustseyns zusammen halten") in eine Erklärung zusammen. (Dieses "d. i. " verrät, daß hier wirklich an eine bloße Unterscheidung in abstracto, nicht aber an eine wirkliche Trennung zu denken ist.) Er gibt dadurch, indem er überdies dem gleichfalls noch von ihm benutzten "Verhältnis" des zuletzt erwähnten neuen "ersten" nicht nur eine ihm da gar nicht zukommende Wichtigkeit verleiht, sondern indem auch in seiner eigenen Bestimmung von einem " Verhältnisse zur Einheit des Bewußtseins" gerade noch abstrahiert sein sollte, im Grunde genommen von " C o m p a r a t i o n " und " R e f l e x i o n " ganz und gar denselben Begriff. Denn "die Vergleichung der Vorstellungen unter einander im Verhältnisse [bereits, MK] zur Einheit des Bewußtseins" und "die Überlegung, wie verschiedene Vorstellungen in Einem Bewußtsein begriffen sein können" (hier in Absicht auf zusätzliche 421

422

Vgl. XXIV 566 vor der Komparation auch nur: "Ich reflectire über Dinge, d. h. ich werde mir nach und nach verschiedener Vorstellungen bewust. oder ich vergleiche verschiedene Vorstellungen mit meinem Bewustseyn" - also ja noch nicht mit einem Bewußtsein! Auch XXIV 654 ist "Reflexion", die dabei wieder vor der "Comparation" zu stehen kommt, bloß "die Aufmerksamkeit auf das Mannigfaltige was in der Anschauung gedacht wird". Jener zweite, spätere Anlauf in Reflexion 2876 (XVI 5561-8) beginnt denn auch mit "I. apprehensio variorum ("Auffassung)". Erst danach kann die eigentliche "reflexio" als eine "Überlegung des Zusammenhangs zur [hier vielleicht synthetischen sowohl als analytischen (Abschnitt E ), MK] Einheit des Begrifa" noch folgen. Übrigens ist hier, in Absicht auf noch nötige speziell auch analytische Einheit (nämlich in einem Absehen dabei immer wohl von Verschiedenheiten), völlig zu Recht von einer apprehensio variorum gesprochen. Das heißt, es ist nicht zunächst einmal einfach von einer apprehensio multorum die Rede, wie es im synthetischen Gebrauch noch unbestimmt heißen dürfte. Denn da kann ja auch, etwa beim Zahlen oder Messen, Synthesis eines gleichartig Mannigfaltigen und dabei in der Tat wieder Gleichen vorliegen.

288

VI. Begriffsbildung

analytische Einheit bereits), unterscheiden sich in nichts mehr Wesentlichem. Ein Unterschied liegt allenfalls noch darin, daß sich das zu letzterem immer auch nötige Sich-Erstrecken in die und dabei Zusammenhalten der Mannigfaltigkeit untereinander, das freilich selbst bereits nur durch Zusammenhalten mit und mittels einer vereinigenden Funktion des Verstandes möglich wird, schlichtweg nicht eigens noch einmal erwähnt findet (IX 94). Es bleibt nun nur noch kurz rekapitulierend am obigen Beispiel zu zeigen, wie demnach auch hier wieder, in einer letzten zusätzlichen analytischen Reflexion über bereits bestimmte Gegenstände und ihre jeweiligen Erfahrungsbegriffe, die beiden bloßen Momente von Reflektieren überhaupt (einer Vergleichung423 mit anderen sowie mit dem Erkenntnisvermögen, hier mit der Verstandesfunktion der analytischen Einheit) ihre Rolle zu spielen haben. Durch synthetische Reflexion nach der Analogie der Erfahrung waren die bis dahin nur subjektiven regelmäßigen Wahrnehmungsfolgen dann erst von Zuständen a und b zweier Substanzen in einem Erfahrungsbegriff a + b objektiv verknüpft worden. Das heißt, das geschah durch synthetische Vergleichung mit dem und mittels des Exponenten der Analogie und in einem Denken von Vielem in Einem424. Finden sich nun auch noch, was ja lapidar ist, nach der Präsumtion der Urteilskraft weitere in Kausalität und Rezeptivität ähnliche Substanzen und also auch ähnliche Verknüpfungen derselben a' + b' usw., so können alle Dinge in ihren realen Verknüpfungen insgesamt unter einen gemeinschaftlichen Gattungsbegriff Α + Β gebracht werden. Das geschieht dadurch, daß sie, in einem Beurteilen jetzt auch noch analytischer "Einerleiheit" (XXIX 8899) jener objektiven empirischen Synthesen, und zwar vermittelst der Funktion des allgemeinen Urteils, untereinander verglichen und nach nun wieder analytischer Einheit dadurch zugleich noch einmal, aber bloß noch "als identisch" (XVI 55513f.), in einem Bewußtsein verbunden werden. (Sie werden wohlgemerkt nur subjektiv, ohne Bestimmung einer weiteren objektiven Verbindung und ansonsten jeweils zu einer Subsumtion nach nur distributiver Einheit dienend, dabei sogar gleichwohl noch einmal als ein Vieles in Einem, nämlich Bewußtsein, gedacht und begriffen. 425 ) Indem wir also

423 424

425

Dieses Mal ist hier wirklich eine Vergleichung im engeren Sinne gemeint (S. 280Í). Es versteht sich, daß dieser Ausdruck in einem weiteren Sinne gedacht ist, als er gleichfalls natürlich speziell bei einer Bestimmung einer inneren realen Relation seine Anwendung findet. Kant redet ja auch häufig, ansonsten doch nicht sinnvoll, von einer Verknüpfung im Objekt, obwohl etwa auch eine Verknüpfung gerade äußerlich zwischen Objekten als Substanzen gemeint sein mag. Ein Beispiel wäre das Urteil: Diese Gegenstände sind rot. Sie sind nämlich zwar alle "rot", und sie werden subjektiv insofern auch durch dieses Urteil in einem Bewußtsein zusammengenommen. Dennoch wird hier wesentlich nur etwas prädiziert, was (gleichermaßen) jedem einzelnen Gegenstand Jtir sich zukommt (mithin nach analytischer, nur distributiver Bewußtseinseinheit). Anders verhält es sich mit dem Urteil: Dies sind drei Gegenstände. Denn da ist offenbar nicht dieser und dieser und dieser Gegenstand jeweils für sich schon "drei". Die analytische Einheit ist als analytische Einheit zugleich selbst synthetische, d. h., sie setzt diese nicht nur in einem ganz anderen

D. Empirischer Gattungsbegriff aus analytischer Reflexion

289

nur noch das analytisch-"d\\%e-/ac/o-Bildung eine gleich beiden transzendentalen Präsumtionen entsprechende Natur immer schon vorausgesetzt sein würde.

296

VI. Begriffsbildung

noch einmal synthetisch "zu vergleichen" und dadurch gegebenenfalls im Objekt "zu verbinden" waren (S. 263). Aber selbst jene Stelle VII 396 von S. 285 läßt sich nunmehr im Sinne des hier zuletzt noch Vorgeführten auslegen. Denn der Singular von "Vorstellung" muß natürlich nicht unbedingt auf ein einzelnes Ding gehen (er kann es ansonsten aber). 438 Es dürfte dadurch dann sogar wirklich von einer Überlegung auch der "Art" und nicht zunächst immer nur Weise "der Verbindung" gesprochen werden. Abschließend kann also etwas festgehalten werden, was Kant in den beiden Einleitungen in die dritte Kritik sowie im Kapitel "Von dem regulativen Gebrauch der Ideen der reinen Vernunft" der ersten nie so recht, oder nur hier und da kurz aufleuchtend einmal, sauber auseinanderlegt: Es kann festgehalten werden, daß sogar bereits in einem solchen obigen Sinne ohne zusätzliche Präsumtion der Urteilskraft immer schon, nämlich bei aller prinzipiellen De-facto-Findbarkeit wenigstens der "besonderen" oder eigentlich ja einzelnen empirischen Gesetze auch ohne diese Voraussetzung, 439 in der wahrscheinlichen Regel dann doch noch nicht einmal für diese einzelnen Gesetze überhaupt jemals konkret "Verstand stattfinden" (B 682) würde. Es würde sich wohl nicht einmal auch nur ein bloßer Erfahrungsbegriff (oder nicht einmal ein einziges Erfahrungsurteil) finden und bilden lassen. (Hier ist demnach noch gar nicht gedacht dann erst auch noch 440 zweitens an eine mögliche durchgängige Klassifizierbarkeit mehrerer Erfahrungsbegriffe. Das heißt, gemeint ist noch nicht eine bloße quantitative subjektive Faßlichkeiä41 mitsamt der Möglichkeit ihres auch analytisch-allgemeinen Gebrauchs.) Denn ohne Prinzip der Urteilskraft wäre es grundsätzlich zwar immer möglich, diese einzelnen Gesetze "gelegentlich" (XX 2 0 9 l O ) wirklich zu entdecken. Aber nach allem Obigen wäre das dann einfach sehr unwahrscheinlich, da man immer wieder zufälligerweise an die je selben Dinge geraten müßte, unterschieden die sich in ihren empirischen Gesetzen immer von allen anderen. Das heißt, es würde "durch Herumtappen unter Naturformen, deren Übereinstimmung unter einander zu gemeinschaftlichen empirischen, aber höheren Gesetzen, die Urtheilskraft gleich438

439

440

441

Für den Fall eines bis jetzt von uns noch nicht erwähnten, für diese "Vorstellung" gestrichenen "Objects" (VII 39613) verhalt sich das ebenso. Siehe dazu V 1808Í, 1818 oder 1885 bzw. XX 20318f. oder 20422f.. Vgl. überhaupt auch noch einmal jenen Absatz "B" von XX 212. "Der Zufall begegnet im Rahmen der genötigten (gefesselten) Natur", wie es Kaulbach einmal formuliert, in diesem Sinne also keineswegs erst darin, daß "die den Bereich der 'wirklichen' Erfahrung ausfüllenden 'besonderen' Gesetze der Natur" sich ohne eine der Präsumtion der Urteilskraft korrespondierende Beschaffenheit derselben "nicht notwendig, sondern zufällig zu umfassenderen Einheiten" schickten (Kaulbach 1982, 268f). Er begegnet bereits da, wo es gilt, überhaupt auch nur diese einzelnen, "besonderen" Gesetze in einer "wirklichen" Erfahrung konkret zu entdecken. Ersteres bleibt freilich für Kant immer die Hauptsache. V 1853lff. findet sich in der Sache ja, daß es auch ohne eine dem Prinzip der Urteilskraft entsprechende Beschaffenheit der Natur um eine prinzipiell immer schon erkennbare Natur zu tun sei. Denn man würde es dann lediglich mit "einem für uns so verworrenen (eigentlich nur unendlich mannigfaltigen, unserer Fassungskraft nicht angemessenen) Stoffe" zu tun haben.

E. De-facto-Bildung empirischer Begriffe: nur Zweistufigkeit der Reflexion

wohl als ganz zufällig ansähe, ... noch zufälliger Präsumtion der Urteilskraft ohnehin Wahrnehmungen

297

sein [d. h. als es auch mit der

noch bleibt, MK], wenn sich b e s o n d e r e

einmal glücklicher

Weise

zu einem

empirischen Gesetze

qualificirten [obwohl natürlich die Analogie der Erfahrung seine prinzipielle Deyâcio-Findbarkeit in Strenge gewährleistet·,

es findet j a auch nur, freilich auf seine

nicht ableitbare empirische Weise, nach seiner hierin konstitutiven Maßgabe priori

statt, MK]; viel mehr aber [zweitens

daß mannigfaltige

empirische Gesetze sich zur systematischen

turerkenntniß in [analytisch, M K ] einer zen

dann erst und nur zusätzlich

Einheit

möglichen Erfahrung i n

der Na-

ihrem

Z u s a m m e n h a n g e schickten" ( X X 210). Unter Voraussetzung

a

noch, MK], gan-

umgekehrt

aber des Prinzips der Urteilskraft ergibt bzw. erhöht sich sogar allein erst eine Wahrscheinlichkeit

der Findbarkeit auch nur jeweiliger Erfahrungsbegriffe,

vor ihrer eigentlich aber bloß weiteren442 gängigen

Klassifikation. Dabei liegt jetzt

dung auch schon eines empirischen

d. h.

und schließlich, in der Idee, auch

durch-

allerdings seiner Bildung, als der Bil-

Gattungsbegriffs,

sondern zugleich die Präsumtion der reflektierenden

nicht nur die

Urteilskraft

Kategorie,

zugrunde.

A n m e r k u n g l . E s durchzieht eine Art Erbfehler die späteren Schriften und Handschriften Kants, wie er sich aber durchaus auch früher hier und da schon, z. B. in der Kritik der reinen Vernunft, angelegt findet.443 Gewiß wirken nach allem zuletzt Vorgeführten die Kategorie und das Prinzip der Urteilskraft in ihrem empirischen Gebrauch, bei der Bildung de facto eines jeden Erfahrungs- bzw. empirischen Begriffs, immer schon zusammen. Sie müssen also in der Tat dabei gleichsam "gleichzeitig" Hand in Hand arbeiten. Das rechtfertigt aber keineswegs Kants Vorgehen, deshalb die Vermögen (damit eigentlich auch die Prinzipien) in eins zu setzen und sie immer wieder einmal, unter dem gemeinschaftlichen Titel einer "reflektierenden Urteilskraft", nachgerade in der Sache selbst zu identifizieren (S. 205f., Anm. 285). Denn er verstößt hierin gegen seine eigene richtige Warnung, nach der es "von der äußersten Erheblichkeit" ist, "Erkenntnisse, die ihrer Gattung und Ursprünge nach von anderen unterschieden sind, zu i s o l i e r e n , und sorgfaltig zu verhüten, daß sie nicht mit anderen, mit welchen sie im Gebrauche gewöhnlich verbunden sind, in ein Gemisch zusammenfließen" (B 870). Daß es aber gerade der Titel einer "reflektierenden" und nicht derjenige einer in ihrer Reflexion zugleich "bestimmenden" Urteilskraft sei, dessen Kant sich dabei bedient (denn die Kategorie ist hier j a gleichfalls immer beteiligt), erklärt sich aus zweierlei Gründen. Es erklärt sich aus jener eigentlich aber nur scheinbaren Zweideutigkeit des Begriffs eines "Empirischen als solchen" (S. 65, Anm. 77) in Verbindung mit einer fälschlichen Behauptung der alleinigen Zuständigkeit der reflektierenden Urteilskraft für die Beurteilung desselben in beiderlei Sinne. Die reflektierende Urteilskraft wäre mithin dann auch in seiner ersten Bedeutung, des Empirischen als solchen zunächst nur j e einzelner Dinge, allein fur es zuständig. 444 Es ist aber vielmehr zugleich auch immer, und nach allem Obigen allenfalls durchaus auch allein einmal (nämlich bei Erscheinungen eben der je selben Dinge), die 442

443 444

Man steigt gewissermaßen nun ja, im möglichen logischen Stammbaum, immer gleich bereits auf einer der höheren "Etagen" ein. Siehe etwa aufs neue S. 213, Anm. 300. Für die ästhetischen oder teleologischen Beurteilungen trifft das teils j a auch zu, nämlich daß die reflektierende Urteilskraft auf das Empirische als solches bei je einzelnen Dingen geht.

298

VI. Begriffsbildung

empirische bestimmende Urteilskraft unter der Kategorie und nicht unbedingt nur445 (oder auch nur auch schon) "die reflectirende", die "zu empirischen Vorstellungen, als solchen, Begriffe sucht" (XX 21226). Es ist ja auch immer wieder schon einmal die Rede von demjenigen, "was die Categorie in Ansehung^erfer besonderen Erfahrung ist" (XX 20422f., vgl. 20827). Die je einzelnen Erfahrungsgesetze finden zwar alle nach formaler Maßgabe der Kategorie statt. Und insofern kann dann durchaus gesagt werden, daß diese einzelnen Gesetze von der Kategorie auch a priori abgeleitet werden können. Aber die dabei nach der Kategorie und mithin immer noch durch in ihrer Reflexion bestimmende Urteilskraft entsprechend zu findende materiale Konkretisierung "jeder besonderen Erfahrung", in der Bildung des entsprechenden Begriffs, ist wieder nicht a priori ableitbar. Oder vielmehr umgekehrt, sie ist auch hier bereits noch nicht (d. h. noch gänzlich vor einer weiteren, analytischen Vergleichung mit anderen) a priori ableitbar. Diese Bildung des "bloßen" Erfahrungsbegriffs macht also insofern jeweils schon eine Beurteilung eines Empirischen als solchen erforderlich. Wie diese Beurteilung aber prinzipiell sogar ohne jede Annahme der reflektierenden Urteilskraft einmal konkret vonstatten gehen kann (Zufall oder Forscher); wie umgekehrt diese zusätzliche Annahme nur eine subjektive Bedingung der Anwendung gleichwohl immer auch der Kategorie ausmacht (sei es sogar bei einzelnen, "besonderen" Gesetzen bloß in der wahrscheinlichen Regel oder sei es beim Versuch schließlich durchgängiger Klassifikation zugleich jeweils auch noch vermittelst dieser Kategorie)·, nichts anderes wurde oben zuletzt vorgeführt. Man wird sich vielleicht an unsere etwas verzweifelten Versuche und Spagatschritte erinnern, jenen Begriff eines nach der Kategorie allein schon möglichen "Erfahrungsbegrifs (ohne besondere empirische Bestimmung)" aus Absatz "B" (von XX 212) mit einer konkreten Möglichkeit bereits empirischer Bestimmung jeweils desselben zusammenzubringen (etwa S. 228f., Anm. 321). Diese Möglichkeit wurde ja gerade aufs neue einmal dargelegt. Wir haben in jener Anm. 321 aber auch schon, und zwar im Hinblick auf das hier nun in Rede Stehende, eingeräumt, daß dieser Ausdruck vielleicht auch einfach gänzlich in abstracto gemeint sein könne. Ein Indiz wäre etwa das vor ihm stehende "überhaupt" (XX 2127Γ). In diesem gar nicht einmal unwahrscheinlichen Fall wäre dann aber Uberhaupt noch von jeder empirischen Bestimmung überhaupt abgesehen. Dagegen nimmt oder nähme erst der folgende Absatz "C" (XX 213iff), aber eigentlich schon im Hinblick auf bloße zusätzliche empirische Klassifikation, auch schon " b e s o n d e r e Erfahrung" in den Blick. Letzteres geschähe nun aber sofort einzig (einzig!) bereits nach dem Prinzip der Urteilskraft - gleich als ob nicht jeweils dabei die Kategorie immer auch ihre Rolle schon bzw. noch zu spielen hätte (d. h. bei der Beurteilung des Empirischen als solchen). Nähme man denn auch, wie es Kant hier also wirklich zu unterlaufen scheint, jenes in Absatz "B" zunächst bloß abstrahierende Absehen von jeder empirischen Bestimmung des Erfahrungsbegriffs auf einmal dann, in "C", für eine wirkliche Trennung, so würde ja die in Absatz "B" bestimmende Urteilskraft (in der Anwendung der Kategorie) nur bis zu deren transzendentalem Schema überhaupt herabreichen können. Das würde aber jeder Kantischen Absicht etwa in der Deduktion oder in den Beweisen der Grundsätze widersprechen. Statt dessen ist natürlich auch bereits an eine Anwendung "dieser Schemata auf jede empirische Synthesis" zu denken, d. h. an eine Subsumtion konkret "gegebener

445

Es kann ja ohnehin sogar gesagt werden, daß die Urteilskraft, als ein bloß subalternes Vermögen, 7tir sich allein keine Begriffe von Gegenstanden hervorbringt" (XX 208). Als bestimmende Urteilskraft bringt sie Begriffe hervor, indem sie sich der Kategorie bedient. Als reflektierende bedient sie sich auch noch der Funktion des allgemeinen Urteils, um diese Begriffe zugleich noch als conceptus communes (der Materie nach) denken zu können. Ihr eigenes Prinzip gibt dabei nur die Reflexionsrichtung an. Es präsumiert zugleich den möglichen Erfolg.

E. De-facto-Bildung empirischer Begriffe: nur Zweistufigkeit der Reflexion

299

empirischer Anschauungen" ("B"). - Trotzdem bleibt dann auf einmal in "C", sowie auch an vielen weiteren Stellen und in vielen weiteren Kontexten nicht nur der dritten Kritik, wenn nur eine Beurteilung des eigentlich Empirischen in den Blick gerät (im Opus postumum etwa bei einem versuchten Übergang zu ihm), diese Beurteilung scheinbar und nach Kant dann wirklich ausschließlich oder wenigstens meistens der "reflektierenden" Urteilskraft überlassen. Das ist aber etwas, was offenbar nicht sein kann. Wir wollen in Kürze einige Beispiele nennen, denen wir in der Sache wohl mehr oder weniger allen, wenn wir es recht übersehen, schon begegnet sind. - Es wurde in jener Anm. 285 als ein Beispiel schon angesprochen, daß im Opus postumum j a nicht einfach von einer Amphibolie der reflektierenden Urteilskraft gesprochen werden kann. Für die hauptsächliche Verwechslung eines Dynamischen oder "Mechanischen" ist das so überhaupt nicht möglich. Denn bei der genannten Verwechslung hat man es mit einem Fehler in der Anwendung allein des Kategorialen (fur das immer wenigstens Moment der bestimmenden Urteilskraft) zu tun - wenn nämlich auch im empirischen Gebrauch gleichzeitig immer schon, wie vorgeführt, der Erfahrungsbegriff als ein empirischer Gattungsbegriff gebildet sein sollte. So heißt es denn auch im Opus postumum durchaus einmal völlig richtig, daß die Naturforschung in der Anwendung der Prinzipien des Übergangs auf das eigentlich Empirische (d. h. in Absicht auf empirische Physik) "Grundsätzen folgt die a priori nach Verstandesbegriffen bestimmend sind" (XXI 168). Allenfalls in einer mehr beiläufig erörterten Amphibolie des genuin Mechanischen und Organischen hätte man dann immerhin für das zweite wirklich mit einer Reflexion der reflektierenden Urteilskraft zu tun. Kant macht auch in diesem Opus postumum, die Betrachtung dieses Natursystems ansonsten ausdrücklich aus der alleinigen Wissenschaft vom Übergang ausschließend (aber diesen Unterschied keineswegs immer beachtend), durchgängig einen "Unterschied zwischen [Linnéschem, MK] Natursystem u. [kategorialem, MK] Doctrinalsystem der Gegenstände der Erfahrung" (XXII 353^ siehe nämlich etwa XXII 48127-48213). Dabei ist die Doppeldeutigkeit dort des letzteren Begriffs (der Erfahrung), die Kant aber im Opus postumum ihrerseits kaum einmal konsequent auflöst oder auch nur erwähnt, 4 4 6 uns vor kurzem erst begegnet. Man hat es j a auch schließlich in diesem Übergang mit einem solchen von den Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft und nicht etwa von der Kritik der Urtheilskraft zur Physik zu tun. Und alles zum Teleologischen Gehörige sollte in ihm j a auch nur als eine eigentlich nicht dazugehörige Ergänzung beigegeben werden. Aber auch in der dritten Kritik selbst finden sich bekanntlich, in der Behandlung der Antinomie der Urteilskraft (V 385fF.), neben den teleologischen die mechanistischen Beurteilungen einmal der reflektierenden Urteilskraft zugeschlagen. Das geschieht angeblich zu Recht wieder wegen der Zufälligkeit der "besondern Gesetze" (V 38621) in Ansehung unseres Verstandes a priori. Dagegen finden eben diese selben kategorialen mechanistischen Beurteilungen sich wiederholt an anderer Stelle völlig richtig der bestimmenden Urteilskraft zugeordnet (etwa implizit XX 204 Anm. oder explizit XX 218 oben). Es ist auch nach allen Beweisen der Analytik sowie der Metaphysischen Anfangsgründe bereits ganz klar, daß die mechanischen Gesetze der Natur auch in den Organismen nicht etwa wieder außer Kraft gesetzt sein können und daß man es in den besonderen Gesetzen der Natur hierin nicht etwa so oder auch ebensogut so finden könne; dadurch läßt sich übrigens

446

Vgl. etwa erneut XXII 92 Anm. Ansonsten kann beim obigen zweiten System (bzw. auch beim Elementarsystem der Kräfte) die "Classeneintheilung a priori nach Begriffen f ü r die Erfahrung" (XXII 405) bestimmt gegeben werden. Dagegen kann sie beim ersteren Natursystem (jedenfalls für das hier in Rede stehende Moment: siehe auch im Gegenteil XXII 406lf.) überhaupt nicht a priori, sondern bestimmt nur aus und "vermittelst der Erfahrung" gegeben werden (XXII 49623f., siehe auch XXII 5033-5).

300

VI. Begriffsbildung

genannte Antinomie gar nicht allein der reflektierenden Urteilskraft viel leichter "auflösen", indem sie als eine solche offenbar gar nicht erst entsteht.*41 Anders gesagt, es ist klar, daß eben diese mechanischen Gesetze selbst in solchen Naturprodukten nur noch zusätzlich bloß regulativ, d. h. wirklich dann erst durch reflektierende Urteilskraft, als in einer gewissen weiteren Verbindung aber nur subjektiv zu betrachten sind. 448 Wäre dies nicht der Fall, so könnte man (d. h. schon Kant-immanent) diese genannten Beweise nur immer wegwerfen. 4 4 9 Es sei schließlich einfach noch einmal kurz erwähnt, inwiefern j a auch pauschal von den Analogie- und Induktionsschlüssen als von Schlüssen der "reflektierenden" Urteilskraft die Rede war, obwohl es in der Sache ganz eindeutig auch solche vermittelst der bestimmenden Urteilskraft gab. Wie man sich erinnern wird, waren das die Schlüsse in der versuchten Anwendung der Analogien der Erfahrung (etwa V 12). (Wir hatten oben mit einer Subsumtion unter einen empirischen Begriff durch reflektierende oder aber natürlich gerade auch durch bestimmende Urteilskraft zu tun.) Auch diese Schlüsse nach ihren jeweiligen transzendentalen Prinzipien überlagern sich natürlich im konkreten Gebrauch. Deshalb lassen sich aber die Vermögen und Prinzipien nicht etwa selbst identifizieren. A n m e r k u n g 2 . Wir setzten oben anläßlich einer beiläufigen Erörterung des ästhetischen Urteils auseinander, inwiefern das mögliche empirische Klassifizierbarkeit postulierende Prinzip der Urteilskraft (einer subjektiven oder formalen Zweckmäßigkeit der Natur "in ihrer Mannigfaltigkeit" (V 18037)) nicht ohne weiteres auch zum Prinzip a priori der Beurteilung von Schönheit (als einer subjektiven oder formalen Zweckmäßigkeit derselben

447

448

449

Vgl. Teichert 111 bis 114, Bartuschat 189f. oder zuletzt noch Zanetti 345. Von letzterer werden auch insgesamt die bei Kant sich ergebenden Schwierigkeiten der "Antinomie" griffig und bündig vorgeführt. Für diese subjektive "Betrachtung" ohne konstitutiven Bestimmungsgrund des Verstandes bedient sich Kulenkampff des Ausdrucks der Beschreibung im Unterschied zum (auch Kantischen Ausdruck) einer wirklichen Erklärung. Es ist aber auch so nach dem Obigen gar nicht richtig ausgedrückt, "auch die Organismen z. B." stünden "grundsätzlich einer mechanistischen Erklärung offen, wenngleich sich zu ihrer angemessenen Beschreibung andere Begriffe anbieten" würden (50). Es ist prinzipiell zunächst einmal falsch zu sagen, daß bei konkret gegebenem "Inhalt der Erfahrung" seine "Subsumierbarkeit unter die Grundsätze eine unbegreifliche, 'glückliche' Thatsache" bedeute (Windelband 521). Allerdings ist das ein Gedanke, in den sich (außer in jenen "lichten" Stellen wie etwa derjenigen von Anm. 441) auch Kant selbst beständig zu verstricken scheint. Kant gibt mithin zu all den falschen Auslegungen, wie daß angeblich durch zusätzlich nötige Annahme des Prinzips der Urteilskraft "die innere Geschlossenheit des objektiv-transzendentalen Gedankens, wie er in der ersten Kritik dargestellt ist, in Frage" gestellt sei (Zocher 1959, 26, Anm. 5), selbst durchaus Anlaß. Allison 1991, der jene Schwierigkeiten der mechanistischen Betrachtung als einer einerseits konstitutiven, andererseits aber bloß regulativen deutlich herausarbeitet, nimmt in seiner versuchten Auflösung ebenfalls von der vorgeblichen Zufälligkeit einer Subsumierbarkeit der Erscheinung unter den nur diskursiven Verstand seinen Ausgang ("contingency of fit" (35)). Diese Auflösung, die in einer Unterscheidung in der Tat eines konstitutiven und eines bloß regulativen Begriffs des "Mechanischen" gesucht werden soll, kann aber schon deshalb nicht recht überzeugen, weil sie sich, den letzteren Begriff betreffend, in ihrem Ansatz auf einer fehlerhaften Auslegung gründet. Daß wir "ein reales Ganze der Natur nur als Wirkung der concurrirenden bewegenden Kräfte der Theile" ansehen können (V 407), setze zwar gewiß die zweite Analogie voraus. Aber es ergebe sich doch weder aus ihr, noch sei es ihr etwa äquivalent. ("Mechanism in this sense certainly presupposes the Second Analogy, but it is neither entailed by nor equivalent to it" (28).) - Man hat es hier aber natürlich mit einem Fall der dritten metaphysischen Analogie zu tun, aus der sich das Genannte zwar nicht vollständig, nämlich in seinem eigentlich Empirischen, aber aus der es sich doch immer a priori ableiten läßt.

E. De-facto-Bildung empirischer Begriffe: nur Zweistufigkeit der Reflexion

301

in ihrer jeweiligen Einzelnheit) dienen kann (S. 72f., Anmerkung). Denn beiderlei (innerliche oder äußerliche formale 450 ) Zweckmäßigkeit wird ohne die jeweils andere offenbar möglich. Eben dieser Punkt ist von Kant einesteils ja auch ganz oder einigermaßen unumwunden eingestanden,451 Er ist allerdings eingestanden mit der (angeblich) rechtfertigenden Bemerkung, die Beziehung eines ästhetischen Urteils über ein Ding auf das anderweitig als subjektiv nötig ja gerechtfertigte Prinzip einer subjektiven Zweckmäßigkeit der Natur sei doch dann auch bei einmal entsprechend 452 gegebenen Produkten derselben "immer m ö g l i c h und erlaubt" (XX 218). Genannter Punkt ist andernteils, an anderen Stellen, aber auch mehr oder weniger stillschweigend einfach übergangen.453 Es wurde dann von uns noch auf eine in ihrer Unbestimmtheit eher schon auf das ästhetische Urteil passende Formulierung des Prinzips der Urteilskraft hingewiesen. Wir meinen die Stelle, "daß sich zu allen Naturdingen", nämlich dann durchaus auch zu den einzelnen derselben, "empirisch bestimmte B e g r i f f e finden lassen" (XX 211). Da dies allerdings prinzipiell nach der bloßen Kategorie immer schon so möglich wird (unter einer gleich noch zu nennenden Einschränkung wieder der faktischen Möglichkeit) und da dann also auch alle Gegenstände der Natur schön sein müßten, wirft diese Formulierung aber ihrerseits, zum allerwenigsten in letzterem, ganz neue Schwierigkeiten auf. Sie ließe sich so gelesen also allenfalls als ein besonderes Urteil ästhetischen Beurteilungen zugrunde legen. Ob dabei allerdings a priori (V 3 5 924), und zwar wegen der subjektiven Notwendigkeit jener äußeren Zweckmäßigkeit zwischen den Naturprodukten, "auch solche als möglich erwartet werden können", die eine innere Zweckmäßigkeit an sich 454 zeigen, die nämlich, "als ob sie ganz eigentlich fur unsere Urtheilskraft angelegt wären, solche specifische[n] 455 ihr angemessene[n] Formen enthalten, welche durch ihre Mannigfaltigkeit und Einheit die Gemüthskräfte (die im Gebrauche dieses Vermögens im Spiele sind) gleichsam zu stärken und zu unterhalten dienen, und denen man daher den Namen s c h ö n e r Formen beilegt" (V 359): das darf doch nach dem Obigen stark bezweifelt werden. Dennoch bietet genannte Formulierung einen Hinweis, wo denn hier wenigstens eine Ähnlichkeit mit der subjektiven äußeren Zweckmäßigkeit liegen könne. Dazu muß man sie allerdings einmal so lesen, "daß sich ... empirisch bestimmte B e g r i f f e finden lassen" - nämlich wieder de facto, und nicht etwa nur prinzipiell bereits allein nach der Größenkategorie. Denn es wird j a nur unter Voraussetzung der subjektiven äußeren Zweckmäßigkeit der Erfolg der bereits analytischen Reflexion der Urteilskraft möglich. (Es wird de facto sogar, mit ihr verbunden, derjenige zugleich dabei der synthetischen nur so möglich, aber demnach eben dann nicht "ohne [analytische, MK] Vergleichung mit andern" (V 21917).) Ebenso können nun gewisse einzelne Produkte innerlich, anders als etwa wild zerklüftete Aggregate, eine solche "Mannigfaltigkeit und [mögliche synthetische, MK]

450 451 452 453 454

455

Siehe S. 198, Anm. 281. Vgl. X X 21811-21 sowie X X 24233 bis X X 24317. Darin, o b dies und worin es entsprechend sei, liegt ja gerade ein Problem. Siehe dazu nunmehr X X 23233 bis 2333, V 1936-13 bzw. 24-29 sowie V 3593-13. Man kann mit Dörflinger 1988 sagen, daß die Subjektivität eines ästhetischen Urteils (etwa diese Rose sei schön) natürlich nicht bedeutet, "daß es keinen Gegenstand habe und etwa auch ohne einen solchen als eine rein innersubjektive SelbstbezUglichkeit statthaben könnte" (156) - wodurch also die Schönheit "gänzlich unabhängig von der Blume sein" (140) würde. Dieses Urteil behauptet vielmehr durchaus "eine B e s c h a f f e n h e i t d e s G e g e n s t a n d e s " (161) oder eine Eigenschaft desselben. Es behauptet aber dabei keine Eigenschaft, die dem Gegenstand (in der Erscheinung) an sich selbst als eine objektive Bestimmung beizulegen wäre. Sie kann dem Gegenstand nur, im obigen Beispiel, als "eine Eigenschaft der Blume f ü r u n s " (162) und für unsere M ö g lichkeit der faktischen synthetischen Reflexion über seine bzw. ihre Gestalt "beigelegt" werden. Zunächst kann hier immer nur von bestimmten oder konkreten Formen gesprochen werden.

302

VI. Begriffsbildung

Einheit" der Weise ihrer Apprehension bedingen, die der Reflexion der Urteilskraft aufs neue subjektiv günstig wäre. Man kann also mit einer Apprehension zu tun haben, die der (nunmehr zunächst aber immer nur eher synthetisch nach der bloßen Funktion des Größenbegriffs oder doch dabei allenfalls nach ganz unbestimmten Begriffen (Anm. 430)) reflektierenden Urteilskraft in einem deshalb sich einstellenden Lustgefühl immerhin ein "Kennzeichen" sein mag, daß die synthetische Reflexion dann auch der wirklich bestimmenden Urteilskraft (nach einem bestimmt gesetzten Maß) bei solchen subjektiv fiir die Apprehension faßlicheren Produkten eher und leichter 456 als bei jenen Aggregaten de facto zur Bildung eines bestimmten Größenbegriffs wenigstens führen könnte457 Darauf kann dann das Kriterium einer "daher auch" (V 21921) noch allgemeinen Mitteilbarkeit dieser unbestimmt-regelmäßigen (nicht rcgdgemäßen) Weise der Synthesis immer nur bereits wieder folgen. Übrigens macht die allgemeine Mitteilbarkeit auch ansonsten, im Logischen, immer nur ein äußerliches45*, bloß sich ergebendes Kriterium (da dann aber der Wahrheit) aus. Au-

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457

458

"Diese Zweckmäßigkeitsrelation [möglicher Auffaßbarkeit, MK] wird" dann nicht mehr, wie Kulenkampff will, "von j e d e r F o r m , sofern sie nur aufgefaßt wird, erfìlllt" (138). Man hat es vielmehr wirklich nun mit einem "erleichterten Spiele" (V 219) von Einbildungskraft und Verstand zu tun. Allerdings ergibt sich dann umgekehrt immer noch das Problem bei den Formen, die sich nur allzuleicht auf den Begriff bringen ließen - nämlich bei den auch nicht wirklich schönen steif-regelmäßigen Figuren. Kant löst dieses Problem eher empirisch psychologisch auf (V 242f.). Da sich wirklich bei einer Zweckmäßigkeit ohne Zweck nicht einmal die erstere als eine solche denken läßt,* ist Kulenkampff der Auffassung, man müsse immer sprechen "von einer Zweckmäßigkeit ohne gegebenen, aber [nicht ohne (!?), MK] intendierten - oder ohne bekannten, aber bezogen auf irgendeinen bestimmten Zweck" (130) - was beides gar nicht das gleiche ist. Es will uns scheinen, daß ein zwar bestimmter, vorerst vielleicht aber gar nicht intendierter Zweck in derjenigen Beschaffenheit der äußeren Form eines Gegenstands die entsprechende Zweckmäßigkeit finden könne, die ansonsten dann der (hier bestimmenden) Urteilskraft ah einem Erkenntnisvermögen, d. h. auch nach bestimmten Größenbegriffen und auf sie hin reflektierend, dienlich sein würde. (* Vgl. S. 141f., wo dem eine Amphibolie eines Reflexionsbegriffs zugrunde gelegen hätte.) Vgl. vor allem Β 848 unten oder VII 12833. Siehe aber auch V 1228 bis 135 sowie 19112-16 (zuletzt das "weil") und XX 23824 bis 23911. Scheffer (225) geht über diesen Unterschied in den Kriterien allzuschnell hinweg. Es sind zwar wirklich "objektive Gültigkeit und notwendige AllgemeingUltigkeit (fllr jedermann) Wechselbegriffe" (IV 298). Aber die letztere als eine notwendige läßt sich doch nur daraus erkennen (und dann auch erst die notwendige Beistimmung zu unserem Urteil einfordern (eben V 191)), daß die objektive Gültigkeit und Notwendigkeit eines Urteils wieder für sich selbst zu erweisen ist.* Im konkreten Gebrauch kann allerdings natürlich, bei empirischen Urteilen, die bisherige allgemeine Einstimmung aller Urteilenden einen zusätzlichen Hinweis bedeuten, daß ein Urteil also wirklich wohl notwendig und objektiv gültig sein werde. Man hat es dann mit einem hypothetischen Vernunftschluß zu tun, d. h. auch da wieder noch von der Wahrheit aller bisherigen Folgen auf die Wahrheit wohl des Grundes, nämlich der Übereinstimmung mit dem Objekt. (* Mit Notwendigkeit und strenger Allgemeinheit eines Urteils, d. h. hier für alle Fälle und nicht für alle Urteilenden, verhält sich dies bereits ebenso. Denn daß sich die Allgemeinheit eines Urteils a priori aus seiner für sich eingesehenen Notwendigkeit sofort ergibt, ist klar. Und des Kriteriums (eines Urteils a priori) der Notwendigkeit kann man sich also auch "abgesondert" bedienen (B 4). Fem davon aber, daß es auch nur "manchmal einleuchtender" sein soll, "die unbeschränkte Allgemeinheit, die wir einem Urteile beilegen, als die Notwendigkeit desselben zu zeigen" (B 4), ist dies doch vielmehr ohne eine Einsicht in die letztere gänzlich unmöglich. Denn wie will man einsehen, daß etwas für alle Fälle einer Regel gelten müsse, wenn man nicht zuvor diese Regel selbst einsieht? So ist es durchaus kein Zufall, wenn Ewing Notwendigkeit und Allgemeinheit zwar zunächst mit Kant als Wechselbegriffe sieht, aber fiir den Gebrauch das letztere Kriterium bei Licht besehen nur als zum Falsifizieren tauglich angibt - wo-

E. De-facto-Bildung empirischer Begriffe: nur Zweistufigkeit der Reflexion

303

ß e r d e m w ä r e zu ihm a u c h d a w i e d e r k e i n e s w e g s m ö g l i c h e Klassifizierbarkeit erforderlich. D e n n die irrtümliche B e h a u p t u n g Kants, d a ß wir o h n e e m p i r i s c h e Klassifizierbarkeit "kein z u r e i c h e n d e s M e r k m a l empirischer Wahrheit h a b e n w ü r d e n " ( B 679), war n u r eine weitere A u s p r ä g u n g o d e r F o l g e j e n e s e b e n a u f g e z e i g t e n "Erbfehlers".

bei er dann eigentlich aber auch zugleich richtig aufs neue die Allgemeinheit aus der Notwendigkeit einzig ableitet: Kant "held rightly that the two entail each other, for, if Β follows necessarily from A, Β must be present whenever A occurs, and unless Β follows from A we have not genuine universality because exceptions are always possible" (Ewing 17). Auch Bennett bemerkt anläßlich einer beiden nicht im Ansatz gerecht werdenden (S. 133f., Anm. 186) Erörterung von Humes und Kants Kausalitätsbegriff, daß letzterer dabei wirklich seiner eigenen Behauptung entgegendenkt: "Obviously, a universal Statement which is necessary is a fortiori true, and so has no exceptions; but Kant seems to think that, conversely, a universal statement can be true without exceptions only if it is necessary" (Bennett 161). Daß es sich aber mit strenger Allgemeinheit im Unterschied zu einfach Allgemeinheit, die doch dann nur noch eine solche bis jetzt sein kann, wirklich so verhalten müsse, tut Bennett in Absicht auf einen Pseudopragmatismus mit dem nicht einmal analogen Gedanken ab, diese beiden Arten von Allgemeinheit auch nur unterscheiden zu wollen, sei nachgerade identisch damit, daß man jemanden erst ab dem dritten Kind in Strenge einen Vater nennen wollte (161). - Es versteht sich, daß hier nirgends, was etwa Hossenfelder 21 als Gegenbeispiel angibt, von doch gleich wieder nur eingeschränkt "streng allgemein" geltenden Urteilen "wie 'Alle Äpfel in diesem Korb sind rot'" (21) die Rede ist. Diese Allgemeinheit läßt sich als solche. wie Hossenfelder j a dann auch anführt, gar nicht einsehen (eben als notwendige). Vgl. zu letzterem auch die richtigen Ausführungen bei Körner (17).)

Schluß: Versuch einer Auflösung des "Grundproblems" Wir beabsichtigen durchaus nicht, jede einzelne der im Verlauf dieser Arbeit sich findenden Fassungen und Formulierungen unseres sogenannten "Grundproblems" im kleinen, d. h. in allen dabei allenfalls wieder notwendig werdenden Differenzierungen, zu beleuchten. Wir werden uns bei der versuchten summarischen Auflösung dieses "Grundproblems" auf eine Betrachtung der wichtigsten derselben beschränken. Dieses Grundproblem lief ja im wesentlichen immer nur auf ganz dieselbe Frage (oder auf dieselben Fragen) hinaus. Es war dies die Frage, ob und wie man, damit sich überhaupt die Anwendung der Kategorie auf Erscheinung als mit synthetischer Reflexion verbunden ansetzen ließ, zugleich eine Abhängigkeit und Unabhängigkeit des Empirischen von der Kategorie bei Kant sich vorstellen könne. So sagten wir einmal anläßlich der Bemerkung, die transzendentale Urteilskraft wisse nur von Objektivität überhaupt, nicht aber vom Objekt, die Auflösung des Grundproblems werde wohl im Aufweis bestehen müssen, wie dieser Unterschied nicht nur ohne Widerspruch, sondern auch sinnvoll gedacht werden könne. Das war aber für das letztere, wie nun in aller Kürze zu zeigen sein wird, noch zu unbestimmt formuliert. Denn man kann sich durchaus bei diesem Kantischen Gedanken selbst und bei allem aus ihm bloß Folgenden deutlich etwas Bestimmtes vorstellen - also auch einen bestimmten, nachvollziehbaren Sinn damit verbinden. Daraus folgt dann aber noch lange nicht, daß man etwa wieder in der Lage wäre, in der letzten Begründung eben dieses Gedankens noch einmal einen weiteren eigentlichen Sinn, der denn auch wirklich zu überzeugen vermöchte, zu sehen. Auf dieses letztere werden wir denn auch zum Schluß nur ganz kurz noch zu sprechen kommen. Was dabei die Sinnhaftigkeit des Kantischen Rahmens selbst angeht, so werden wir diese und damit die Möglichkeit einer Auflösung in einem solchen, letzten Sinne bezweifeln müssen. Wenn aber innerhalb des Kantischen Rahmens, d. h. die Möglichkeit einer Letztbegründung dieses Rahmens wieder, die auch keiner anderen Interpretation gelingt, zunächst einmal außer acht gelassen, sehr wohl ein guter Sinn mit jener Unterscheidung der Abhängigkeit und Unabhängigkeit des Empirischen von der Kategorie zu verbinden ist (wodurch man sich, wie in dieser Arbeit vorgeführt, etwa auch die konkrete empirische Anwendung der Kategorie deutlicher vorstellen kann), so läßt sich insofern nichtsdestoweniger dann sagen, daß das Grundproblem in diesem eingeschränkten Sinne durchaus als aufgelöst gelten kann. Es wäre also nicht unser Kant-immanenter und mit Kants Intentionen, wie wir meinen, restlos zusammengehender Ansatz, sondern es wäre allenfalls der Kantische Rahmen selbst in Frage zu stellen.

Versuch einer Auflösung des "Grundproblems"

305

Inwiefern also innerhalb dieses Rahmens unser Ansatz, und zwar als ein notwendigerweise zu denkendes und von Kant auch gedachtes 1 Komplement, sich nicht nur halten läßt, sondern inwiefern er sogar gedacht werden muß, wird nun in der Hauptsache noch zu erörtern sein. Da zu diesem Zweck im Grunde aber das Wesentliche in allem Obigen bereits, etwa schlichtweg in seinem Funktionieren, vorgeführt wurde, seien im folgenden lediglich die Hauptmomente in ihrer möglichen und nötigen genauen Plazierung im Kantischen Rahmen noch einmal kurz heraus- und zusammengestellt. Machen wir mit dieser genauen Plazierung des von uns Vorgetragenen, wie sie von Kant selbst vorgenommen und bezeichnet ist, gleich den Anfang. - Man dürfte vielleicht der Meinung sein, wir hätten unsere immer 2 auch teils empirisch-psychologischen Erörterungen zu Unrecht, und zwar dabei beständig gegen Kants ausdrückliche Warnungen und Verwahrungen verstoßend, daß bei ihm "nicht von dem Entstehen der Erfahrung die Rede sei, sondern von dem, was [strukturell, MK] in ihr liegt" (IV 304) 3 , in seine eigentlich transzendentalen Betrachtungen hineingetragen. Wir haben diese psychologischen Erörterungen aber niemals, wo dies vielleicht so aussehen könnte, in die transzendentalen Betrachtungen hineingetragen und sie mit ihnen zu einer bei Kant wirklich nicht zu denkenden "transzendentalen Psychologie" vermengt - etwa bei der wiederholten Beleuchtung der verschiedenen Stufen der Apprehension, Reproduktion 4 und analytischen und synthetischen Reflexion und, bei letzterer, Determination. Vielmehr haben wir diese transzendentalen Betrachtungen immer schon ganz vorausgesetzt, um nur noch, einzig in einer bloßen Verbindung mit ihnen, ein Licht auf die konkrete empirische Anwendung der Kategorie durch wesentlich auch empirische Urteilskraft werfen zu können. Die empirische Urteilskraft steht in diesem abgeleiteten 1

Unser Ansatz ist aber, als nicht zu seinem Iranszendentalen "Geschäft" gehörig, ein nur hin und wieder beiläufig und dann zur bloßen Erläuterung dieser transzendentalen Aufgabe allein von Kant berührtes Komplement.

2

Diesem "immer" widerspricht es durchaus nicht, wenn wir erst in Abschnitt E. der "Begriffsbildung" einer bis dahin wesentlich strukturellen Betrachtung eine eigentlich empirisch-psychologische gegenüberstellten. Denn was vorher an Empirisch-Psychologischem immer vorkam (niemals einßoß), war als ein solches für die Betrachtung nicht selbst wesentlich. Es konnte aber, indem bereits von empirischer Urteilskraft gehandelt wurde, auch nicht einfach ganz aus dem Blick bleiben. Vgl. auch IV 29720ff. Kant bemerkt ausdrücklich, daß auch in der Deduktion der ersten Auflage, w o man vielleicht Gegenteiliges festzumachen versucht sein könnte," die "subjektiven Quellen" gleichwohl ja der bloßen Möglichkeit der Erfahrung "nicht nach ihrer empirischen, sondern transzendentalen Beschaffenheit" (A 9 8 ) erwogen sind. Die Bedingungen auch der Wirklichkeit des konkreten Zustandekommens der Erfahrung bleiben also ausdrücklich ausgeblendet. Man hat also bei unseren Betrachtungen immer nur an eine bloße Ergänzung des dort Gesagten (oder jedenfalls einzig dabei Intendierten) und bei uns immer schon Vorausgesetzten mit einer ganz anderen Zielrichtung noch zu denken. Die transzendentale und die empirische Betrachtung bei Kant immer konsequent auseinander zu halten, fällt aber deshalb manchmal schwer, weil sich diese beiden Ebenen bei Kant selbst häufig verbunden, wenn auch niemals eigentlich vermischt finden. (* Das war aber bei unseren Auslegungen niemals die Zielrichtung.)

3 4

306

Schluß

Verstandesgebrauch aber nicht nur unter Bedingungen der transzendentalen der bloßen Möglichkeit. Es ist an einem solchen Verfahren auch überhaupt nichts nur ansatzweise Fragwürdiges und "Unkantisches" zu finden. Denn ganz einfach und selbstverständlich ist, im Unterschied zur reinen Philosophie, die empirische Psychologie (und mit ihr teils dann die empirische in ihrer Reflexion zugleich versuchsweise bestimmende Urteilskraft) "auf die Seite der a n g e w a n d t e n Philosophie" geschlagen. Diese angewandte Philosophie aber ist diejenige, "zu welcher die reine Philosophie [nur zunächst, MK] die Prinzipien a priori enthält, die also mit jener zwar verbunden, aber nicht vermischt werden muß" (B 876). Letzteres haben wir uns auch nirgends, wenn wir recht sehen, zuschulden kommen lassen. Man muß ja ganz im Gegenteil einmal fragen, weshalb Kant jene sogar wiederholten Erinnerungen, es sei bei ihm "nicht vom Entstehen der Erfahrung die Rede", überhaupt so unumgänglich "nöthig" (IV 3042) findet. Der Grund dafür ist natürlich gerade darin zu suchen, dqß bei Kant selbst beständig davon, wie es bei konkreten Beispielen auch gar nicht anders sein kann, die Rede ist (ζ. B. eben bei der Erörterung von Wahrnehmungs- und Erfahrungsurteil). Er will nur nicht dahingehend mißverstanden sein, daß es dabei auf die zusätzlichen eigentlich empirischen, zufälligen (inneren, aber sonst auch äußeren) Bedingungen filr seine transzendentale Absicht auch nur im geringsten ankomme. Denn der transzendentalen Betrachtung mag zwar vielleicht sogar immer etwas "Empirisches b e i g e m i s c h t " sein, sie ist jedoch selbst "von nichts Empirischem a b h ä n g i g " (VIII 184). Von diesen zufälligen Bedingungen, etwa der bei einer konkreten Urteilsbildung je nach Aufmerksamkeit so oder auch so lange Zeit5 beanspruchenden analytischen Reflexion bei der Analogie der Erfahrung immer nur vor der synthetischen Reflexion und Determination, ist der Leser also sofort wieder zu abstrahieren aufgefordert. Er ist aufgefordert, davon zu abstrahieren, ohne daß er sich umgekehrt wieder diese konkrete Anwendung, die nämlich einfach gar nicht selbst thematisch ist und von der es ansonsten auch keine eigentliche Wissenschaft gibt, ohne diese notwendigerweise darüber verstreichende Zeit etwa vorstellen auch nur dürfte (nämlich wenn dann davon, wie bei uns, ausdrücklich "die Rede ist"). Kant sagt denn auch, daß ohne Voraussetzung seiner transzendentalen Erörterungen der Vorgang des konkreten Zustandekommens der Erfahrung "niemals gehörig entwickelt" (IV 304) werden könnte. Und wenn wir diesen Vorgang, eine Kants transzendentalen Prinzipien entsprechende Natur einmal voraussetzend, auch nur einigermaßen 5

Es sei noch einmal daran erinnert, inwiefern nach den Erörterungen zu Wahrnehmungs- und Erfahrungsurteil der konkrete versuchte "Zusatz des VerstandesbegrifTs" (des Exponenten) zur Wahrnehmung erst erfolgen konnte, "nachdem sie durch Vergleichung allgemein gemacht worden" war (S. 100, IV 304). Daraufkam es Kam zwar dabei nicht an. Denn ftlr seine transzendentale Betrachtung mußte dies teils vielmehr schon eine bloße Folge, teils aber auch dabei von diesem Transzendentalen gerade überhaupt nicht einholbar sein. Darauf durfte es uns aber ankommen, und es mußte uns umgekehrt eigentlich auch wieder darauf ankommen.

Versuch einer Auflösung des "Grundproblems"

307

"gehörig" entwickelt und beleuchtet haben, kann die Aufgabe dieser Arbeit im großen als gelöst gelten. - Soviel also zunächst zum Ort unserer Erörterungen im (oder sozusagen im bloßen Anschluß an den) Kantischen Rahmen. Die zweite Frage, die sich, im wesentlichen so bereits in der Einleitung gestellt, vor einer Untersuchung des "Wie" zunächst einmal ergibt und die im Grunde durch das bisher hier Vorgetragene bereits bejahend beantwortet wurde, ist diejenige, çb sich überhaupt die kategorialen Prinzipien der ursprünglichen Determination zugleich als mögliche Prinzipien der abgeleiteten konkreten Reflexion und (wenigstens versuchten) empirischen Determination können auffassen lassen. Es wurde hierauf aber wiederholt schon geantwortet, daß doch vielmehr gerade wieder umgekehrt gefragt werden müsse, wie die Grundsätze und vornehmlich dabei die Analogien der Erfahrung, von denen dies ja durchaus auch so gesagt ist, Prinzipien der Reflexion über die Erscheinungen sein könnten, wenn sie nicht zugleich oder "zuvor" Prinzipien der ursprünglichen Determination wären. Denn widrigenfalls würde sich gar nicht "begreifen" lassen, wie es zugehe und zugehen könne und müsse, daß die nach den schematisierten Kategorien reflektierende empirische "bestimmende" Urteilskraft immer schon ein diesen Kategorien Gemäßes und mit ihnen Übereinstimmendes antreffen werde. Die Analogien konnten ja auch "Principien der Exposition der Erfahrung oder Erscheinung" sein, gerade "weil sie Principien der Composition der Erfahrung und Erscheinung sind" (S. 120, XXVIII 477). Und es wurde ja ebenfalls sehr früh bereits bemerkt, daß wir es nur mit jenem dadurch allein erklärlichen abgeleiteten und dabei selbst versuchsweise ableitenden Gebrauch der Kategorie (des empirischen Suchens und "Findens") zu tun haben würden. Das heißt, es wurde bemerkt, daß wir nicht zunächst auch von dem letzteren ursprünglichen Kategoriengebrauch des ursprünglichen "Hineinlegens", dessen "Wie" dann freilich die eigentliche Frage bleiben muß und auch am Ende bleibt, zu handeln haben würden. (Man vergleiche zu einem solchen zweifachen Verstandesgebrauch bei Kant erneut S. 105 die Stelle XVII 646f. und dabei zu einem (in Ideen gegründeten) "ursprünglichen Denken" etwa auch noch XXI 8828.) Die "Ordnung und Regelmäßigkeit" nämlich dann "an den Erscheinungen, die wir Ν a t u r nennen, bringen wir selbst hinein, und würden sie auch nicht darin finden können, hätten wir sie nicht, oder die Natur unseres Gemüts, ursprünglich hineingelegt" (A 125). Die dritte Frage nach einer gleichzeitigen Unabhängigkeit gleichwohl des Empirischen vom Verstand, die ja vorauszusetzen ist, wenn Reflexion in der konkreten jeweiligen Anwendung überhaupt immer erst wieder noch nötiff sein soll,

6

Man denke etwa aufs neue an den Schluß von § 16 oder an ahnliche Stellen. Nach ihnen kann gesagt werden, daß, obwohl alle gegebenen Vorstellungen bereits unier der ursprünglich-synthetischen Einheit der Apperzeption stehen, diese Vorstellungen gleichwohl immer erst noch darunter "durch eine Synthesis gebracht werden müssen" (Β 136) - nämlich durch eine empirische abgeleitete und versuchte Synthesis. Zunächst kann von ihnen nur gesagt werden, daß sie, in ihrer je

308

Schluß

ist dann diejenige, die die eigentliche Schwierigkeit unseres Ansatzes aufwarf. Sie äußerte sich etwa in den Fragen, wie sich Freiheit und Gebundenheit der empirischen Urteilskraft zusammen denken ließen, wie das subjektive Beisammensein der Erscheinungen bzw. dann Wahrnehmungen von einer transzendentalen, kategorialen Affinität unabhängig und zugleich doch ganz unbestreitbar die bloße Folge sein könne oder was es bedeute, daß eine kategoriale Verbindung immer "schon mit" und gleichwohl "nicht in" den empirischen Anschauungen gegeben sei (B 161 ) 7 . Oder es ist auch ganz einfach gefragt worden, wie bei Kant von bloß empirischen Begriffen gesprochen werden könne. Da aber auch diese Fragen im Verlauf der Arbeit, und gerade auch zuletzt in aller Ausführlichkeit im ganzen Abschnitt E. der "Begriffsbildung" (der bei Licht besehen von überhaupt nichts anderem handelte), schon aufgelöst wurden, seien hier auch dazu nur noch einige wenige, eher bloß rekapitulierende Bemerkungen angefugt. Die "Lücke", in die wir mit unserem Ansatz zunächst einmal stoßen, liegt natürlich in der bei aller Ableitbarkeit a priori gleichwohl nicht vollständigen Ableitbarkeit der eigentlich empirischen Gesetze (B 165). Diese finden also zwar immer nach transzendentaler Maßgabe, aber sie finden auch nur zunächst und nicht allein nach dieser Maßgabe statt. 8 Es ist ja nicht etwa so, daß ich immer wieder nur, mit Prauss zu sprechen, dem gleichen unbestimmten transzendentalen Gegenstand "als dem ganz Anderen meiner selbst" (Prauss 1971, 100) begegnen würde. Es begegnet mir mit ihm zugleich immer, sozusagen, das ganz Andere (oder dann das Eigene) des Anderen. Dessen letztlicher Einholung ist aber transzendentale Subjektivität "bei aller Macht ihrer Intentionalität doch prinzipiell nicht mächtig" (Prauss 1981, 769, vgl. Heidegger 69 u. 221). (Ob dieses Andere, zunächst einmal in seinem Grund nur dem Bewußtsein nicht zugänglich, wieder in oder außer "uns" zu suchen wäre, bleibt sich bekanntlich für Kant gleichviel (B 344f.). Wir glauben nicht, daß wir uns mit der Herausstellung dieses "Anderen", als des Grundes des eigentlich oder bloß Empirischen, dem Vorwurf "eines platten Dualismus von Materie und Form als gleichstufiger erkenntnisbegründender Momente" (Dörflinger 1991, 109) aussetzen. Das heißt, wir sehen nicht, wie dies, recht verstanden, in Ansehung der Konzeption Kants überhaupt

7

gleichen transzendentalen formalen Beschaffenheit, unter diese Einheit immer gebracht "werden können" (B 137). Diese Formulierung spricht allerdings noch einen zusätzlichen zu beachtenden Punkt an. Denn auch wenn die Analysis der "verworrenen" Reihe der apprehendierten empirischen Anschauungen solche Erscheinungen bereits herausgehoben hat, die sich nun direkt zur Subsumtion unter die Kategorie schicken, liegt damit die kategoriale Ordnung immer noch nicht eigentlich in den Anschauungen selbst. Sie bleibt etwas zu ihnen immer nur Hinzuzudenkendes. Vgl. hierzu etwa IV

31112-14. 8

Vgl. zu Notwendigkeit und zugleich Zufälligkeit der besonderen Gesetze fllr das erkennende Subjekt Baum 1986, 159ff.

Versuch einer Auflösung des "Grundproblems"

309

einen Vorwurf bedeuten könne und müsse?) Das zweite Wichtige, das sich aus dieser nicht vollständigen Ableitbarkeit ergibt, ist die Möglichkeit einer unabsehbaren Mannigfaltigkeit der nach der gleichen Maßgabe stattfindenden empirischen Gesetze. Wie dabei diese (sogar durch das Prinzip der Urteilskraft bereits eingeschränkte) Verschiedenheit macht, daß trotz prinzipieller möglicher kategorialer Ordnung ("schon mit") sich dem konkret erkennenden Subjekt de facto die Reihe der Apprehension ("nicht in") als zunächst gänzlich verworren und auch als zufällig darstellen muß, haben wir eben unter anderem in jenem Abschnitt E. der "Begriffsbildung" beleuchtet. Sowohl die Nichtableitbarkeit überhaupt als auch noch die Verworrenheit, aber dann auch gerade wieder die nur analytisch gefundene und dann versuchsweise, noch dazu vermittelst einer beurteilten aptitudo ohne Identität, subsumierte Ordnung in der bloßen subjektiven Apprehensionsreihe, spiegeln sich aber, sofern das Materiale nach Kant in letzter Strenge dabei unbestimmt bleiben muß, zu Recht in einem bloß empirischen Begriff wider. Es sei schließlich noch erwähnt, daß sich ja ohne eine Unabhängigkeit des eigentlich Empirischen von der Kategorie der gesamte § 18 der Deduktion gar nicht würde verstehen lassen. Denn nur unter Voraussetzung dieser Unabhängigkeit kann deutlich werden, wie die subjektive Bewußtseinseinheit (des bloß empirischen Begriffs oder des Wahrnehmungsurteils) von der "allein" (!) objektiven transzendentalen zwar immer abgeleitet sein und wie sie trotzdem dabei ihre "nur subjektive Gültigkeit" und Zufälligkeit nicht verlieren kann (B 140). Das wird nämlich nur unter zusätzlichen empirischen Bedingungen auch der Wirklichkeit der Wahrnehmung und Erfahrung so denkbar. Ansonsten muß doch, was von einem objektiv Gültigen abgeleitet wird, und zwar sofern es von ihm abgeleitet wird, selbst wieder objektiv gültig sein. Um hier zum Abschluß wenigstens einige Worte der Verlegenheit zu jenem ursprünglichen Hineinlegen zu sagen, so vermögen wir dazu und zu den bekannten damit verbundenen Schwierigkeiten nichts Nennenswertes und irgend Überzeugendes beizutragen. Diese Schwierigkeiten sind etwa, ob dies ein "Vorgang" in oder außer der Zeit und dabei in einem individuellen oder "kollektiven" transzendentalen Subjekt sei, was es auf dieser "Stufe" mit dem Affektionsproblem auf sich habe usw. 10 Es will uns aber scheinen, dieses "Hineinlegen" sei vielleicht bei Kant, 9

10

Daß die das eigentlich Empirische gebende und bezeichnende Empfindung "ihren Ort nur innerhalb des Geltungsrahmens der formalen (und als solcher gegenstandskonstitutiven) Bedingungen der Erkenntnis" habe (Dörflinger 1991, 109), nämlich für uns, muß nicht bestritten werden. Ob der Grund der Empfindung aber in diesen formalen Bedingungen (oder auch nur in einem sich diesen gänzlich verdankenden durch sie erst Konstituierten) zu suchen sei, das scheint uns eine im Kantischen Rahmen nicht ohne weiteres zu bejahende Frage zu sein. Siehe zu diesen Schwierigkeiten etwa Paton, Bd. I, 572ff. Hossenfelder (90 bis 92) unterscheidet einmal eine konstitutive von einer interpretativen Synthesis. Man habe sich die erstere etwa so vorzustellen, wie man aus einem wirren Haufen von Bauklötzen Türme baue, dagegen die zweite eher so, wie man beim Betrachten surrealistischer Bilder bald dieses, bald aber jenes hineinlege und nur dazudenke. Hossenfelder entscheidet sich bei Kant dann allein für die letztere Synthesis.

Schluß

310

w o d u r c h dann in g e w i s s e m Sinn auch gar nicht im Zirkeln z u n ä c h s t e i n m a l nichts w e i t e r als ein bildlicher

Ausdruck

argumentiert w ü r d e , ("der Natur

gleichsam

das G e s e t z v o r z u s c h r e i b e n " ( B 159)). Es dürfte ein bildlicher A u s d r u c k s e i n für d i e d e n f o r m a l e n B e d i n g u n g e n einer b l o ß e n transzendentalen

Präsumtion

Vernunftidee

und d a m i t a u c h

objektiv

einer

d u r c h g ä n g i g m ö g l i c h e n Erfahrung

ihrerseits w i e d e r nur präsumierte

entsprechende

w i r k l i c h dann z u a p p r e h e n d i e r e n d e n Erscheinungen.

subjektiv

als

B e s c h a f f e n h e i t aller a u c h S o besteht d e n n a u c h d e m

T o n f a l l n a c h d i e "Begreiflichkeit" der E i n s t i m m u n g der E r s c h e i n u n g e n mit d e n Analogien

d i e s e r Erfahrung, w e l c h e E i n s t i m m u n g wir dabei gar nicht auch

p r o b l e m a t i s i e r e n w o l l e n , mehr in einer M i l d e r u n g der Verwunderung d e s Befremdens

( B 164, IV 4 7 6 A n m . ) , als daß sie einer w i r k l i c h e n

g l e i c h k ä m e . E s ist w o h l m e h r u m e i n e letztlich "zweyer

Vermögen

e b e n desselben

Wesens,

postulierte

noch

( A 114) oder

subjektive

Einsicht Harmonie

in w e l c h e m S i n n l i c h k e i t und V e r s t a n d

z u e i n e m Erfahrungserkenntnisse zusammenstimmen"

( X I 5223ff ), z u tun.

D a ß , sind R a u m und Zeit und K a t e g o r i e n "einmal g e g e b e n " ( X I 5230), räuml i c h - z e i t l i c h e Vorstellungen

nur zur durchgängigen

Einheit d e s B e w u ß t s e i n s z u

Daß dies für das " B e o b a c h t e n " und versuchte Verstehen "einer Natur", die (als aber ursprünglich kategorial immer bereits in ihrer Form determinierte Erscheinung) "schon gegeben ist" (IV 297), völlig zu Recht geschehen kann, haben wir vorgeführt. Man kann aber nicht die schon vorausgesetzte ursprüngliche Synthesis des Hineinlegens einfach Ubergehen oder auch, da das letztere versuchte Verstehen für das konkret erkennende Subjekt in gewissem Sinn ja wieder oder sozusagen noch einmal ein "Hineinlegen" und überhaupt erst eine erste insofern "konstitutive" Bestimmung eines Objekts darstellt, mit dieser nachgeordneten interpretativen Synthesis einfach identifizieren, indem dies an der Kantischen Absicht und Meinung klar vorbeigeht. (Siehe allerdings ausdrücklich den Gebrauch des Ausdrucks "Hineinlegen" im Opus postumum, der sich einer solchen Auffassung wenigstens anzunähern scheint (Anhang 2).) Daß man umgekehrt, eine solche Identifizierung nicht vornehmend und zugleich das ursprüngliche Hineinlegen nicht einfach "bildlich" oder "uneigentlich" (nämlich zugegebenermaßen eigentlich wieder gar nicht) verstehend, konsequenterweise wirklich so etwas wie eine doppelte Affektion zu denken und zugrunde zu legen habe, ist nicht zu leugnen. Und alles bei Kant wörtlich sich Findende einmal zusammengenommen, ist diese Vorstellung einer doppelten Affektion tatsächlich ja der einzig wenigstens konsequente und vor keinem Aspekt einfach die Augen verschließende Ansatz. Aber da man sich dabei wieder vorzustellen hat, wie gewissermaßen der Verstand in seinem jeweiligen abgeleiteten Gebrauch in letzter Strenge sein eigenes ursprüngliches Werk nicht mehr oder nicht noch einmal verstehen kann - nämlich weil immer auch ein "Anderes" (seinerseits in der ursprünglichen Synthesis des durch es "Gelieferten" immer auch schon "Interpretiertes" oder "Umgesetztes"?) beteiligt ist -, so grenzt eine solche Vorstellung ja offenbar wiederum an dasjenige, was ansonsten bei Kant "mit Vernunft rasen" heißen würde. ' 1 Dieser Vorwurf, der ganze "Beweis" gelte nur, wenn Erfahrung möglich sein solle, die doch als ein Faktum wieder bereits vorausgesetzt sei, findet sich unter anderem bei Hossenfelder 18f. referiert. Siehe aber auch bereits den Brief von Ulrich vom 21. April 1785, in dem er Kant fragt, wie er jemandem "kurz und gründlich begegnen" könne, der Kants Argumentation unter Voraussetzung des "Begriffs d e r E r f a h r u n g " der Kritik allenfalls einräume, der aber leugne, "daß der Mensch auf E r f a h r u n g in d e r B e d e u t u n g Rechnung und Ansprüche machen dürfe" (X 402). Ob die mögliche Antwort Kants, Erfahrung sei eine (mithin notwendige) Idee, besser als der Zirkel sei, ist eine andere Frage. Jedenfalls reichen die Antworten IV 474ff. Anm. (zu damit zusammenhängenden Fragen eines sich mit Ulrich einigen "tiefforschenden Recensenten" desselben) an die Radikalität jener Frage gar nicht erst heran.

Versuch einer Auflösung des "Grundproblems"

311

bringen sind, wenn sie durchgängig mit den Analogien der Erfahrung übereinstimmen, läßt sich, im obersten analytischen Satz der Deduktion sowie dann eben in seinen synthetischen Durchführungen, ja allenfalls noch einsehen und "vollkommen erklären" (XI 5231). Daraus folgt dann auch, daß die entsprechenden Untersuchungen nur für solche Gegenstände des möglichen Bewußtseins gelten können (bzw. vielmehr wieder einzusehen sind), die selbst zunächst nichts anderes als Vorstellungen im Gemüt sind, nämlich eben für Erscheinungen. (Der dunkle "Rest" ist das Ding an sich.) Daß aber, worauf dies offenbar immer schon gründet, durchgängige subjektive und objektive Einheit überhaupt möglich sein müsse, läßt sich offenbar gar nicht einsehen - es sei denn, man formuliert es so, daß sie sein solle und daß sie im Einheitsbestreben der Vernunft schlichtweg postuliert sei ("es ist nur e i n e Erfahrung" (A 110, vgl. Β 282f.)). Den entsprechenden späteren Stellen, nach denen "Erfahrung", als eine "subjective absolute Einheit", die bloße "Idee" ist, die nach den Analogien derselben für alle Erscheinungen "durchgängige Zusammenstimmung präsumirt" (XXII 92), sind wir ja schon begegnet. Ob aber die Notwendigkeit dieser Idee eine irgend selbst wieder einsichtige ist, was wir bezweifeln würden (denn in der Tat ist ja " m ö g l i c h e E r f a h r u η g " an sich "etwas ganz Zufälliges" (B 765)), mag ein jeder für sich beantworten. Wie man allerdings meinen kann, im Sinne einer Zocherschen "Intrafundierung" (etwa mit Schönrich) zu einer wahrhaften, tragfähigen Letztbegründung der Erkenntnis zu gelangen, indem man Teile der Erörterungen Kants zur subjektiven Notwendigkeit kategorialer Verbindung übernimmt und indem man zugleich dabei den transzendentalen Idealismus (daß man es nur mit Erscheinungen zu tun habe) fahren läßt, muß völlig unbegreiflich bleiben. Es mag ja immer richtig sein, daß "auch die Erfahrung von der an sich seienden Wirklichkeit von uns 'gemacht' werden" müßte und "uns nicht von selbst zustoßen" könnte (Hoppe 241). Und inwiefern Humes Analyse der menschlichen Erfahrung, läßt man die Idealismusfrage sogar ganz beiseite, einfach zu kurz greift, läßt sich gerade auch bei Kant ja überzeugend lernen. Wie aber, ob man hier bei Kant mit Körner von m'c/jf-trivialen analytischen Sätzen (Körner 55) oder mit Strawson von Notwendigkeit einer Reidentifikation oder sonstwie redet, eine mögliche Letztbegründung der Erkenntnis durch bloße Analyse des Erkenntnisve/vwögera (oder gar des bloßen Begriffs der "Erfahrung") sollte Zustandekommen können, ohne daß das erkennende Subjekt immer zugleich dabei das zu erkennende Objekt ganz (oder wenigstens, wie bei Kant, in seiner bloßen Form immer ganz) in seiner Verfügungsgewalt hätte, ist nicht einzusehen - wozu man etwa die völlig richtigen Erörterungen von Baum 1986 nachlesen kann (160). Und müßte Hume dann auch einräumen, daß zur Erfahrung wirklich mehr gehört, als seine Untersuchungen ergaben, so bliebe es ihm doch auch danach noch ein leichtes, Schönrich und Strawson und Körner (sowie all denjenigen übrigen, die entsprechende Positionen vertreten) auch noch den kritischen "Schlummer zu unterbrechen". Denn ganz offenbar würde sich ebenfalls

312

Schluß

wieder dieses "Mehr" in seiner Notwendigkeit und strengen objektiven Gültigkeit, oder vielmehr überhaupt in seiner objektiven Gültigkeit, nicht vorführen lassen.

Anhang 1 : Reflexionsbegriffe und Idee einer Beurteilung der metaphysischen Deduktion V o r b e m e r k u n g . Es sei ausdrücklich daraufhingewiesen, daß man es in diesem wie auch erst recht noch im nächsten Anhang nur mit einem grob skizzierten Ausblick zu tun habe, der vielleicht manchmal ein wenig die Linie vermissen läßt. Es ist an der Zeit, diese schon reichlich angeschwollene Arbeit zu einem schnellen Abschluß zu bringen. Wenn hier im kleinen und einzelnen (und gerade bei den Urteilsfunktionen teils nicht nur im kleinen) einiges dunkel bleibt und wenn vielleicht auch das eine oder andere oben Angekündigte, das aber dann zweitrangig war, hier keine restlose Auflösung findet, so dürften doch die Hauptsachen, auf die es jetzt noch ankommt, immer deutlich werden. 1. W i r g e h e n a l s o zur ersten n o c h v e r b l e i b e n d e n A u f g a b e 1 e i n e r " V e r g l e i c h u n g der 4 l o g i s c h e n f u n c t i o n e n mit d e n 12 C a t e g o r i e n " ( X X I X 9 8 7 ) : "Dieselbe Funktion, welche den verschiedenen Vorstellungen in e i n e m U r t e i l e Einheit gibt, die gibt auch der bloßen Synthesis verschiedene^] Vorstellungen i n e i n e r A n s c h a u u n g Einheit, welche, allgemein ausgedrückt, der reine Verstandesbegriff heißt." (B 104f.) D a ß d i e s e r S a t z e i n e r Untersuchung d i e Gründe

bedarf, "d. i. einer A u f m e r k s a m k e i t a u f

der Wahrheit" ( B 3 1 6 ) , ist leicht e i n z u s e h e n . D e n n er ist nicht für sich

selbst g e w i ß . U n d er b e d e u t e t allenfalls d o c h bei Kant e i n e unmittelbare, v i e l l e i c h t trügliche Einsicht

in d i e s e S e l b i g k e i t . (Er verdankt sich zunächst

auch bei i h m subjektiv e i n e m b l o ß e n Einfall.2) s u c h u n g a u c h fähig

1

2

aber j e d e n f a l l s

O b er d e s h a l b einer s o l c h e n Unter-

sei, läßt s i c h nicht e b e n s o leicht beurteilen. -

Über die Vollständigkeit der Formen der "Funktionen der Einheit in den Urteilen" (B 94) und ihre Herleitung aus der Bemerkung, daß die Logik "allem Ansehen nach geschlossen und vollendet zu sein scheint" (Β VIII), ist viel gesagt worden. Wir wollen dem nichts hinzufügen. Vielleicht wäre aber indirekt über die Brauchbarkeit der Kategorientafel und deren Obereinstimmung mit der Urteilstafel ein wenig Licht auf diesen dunklen Punkt zu werfen. Es ist dies der Einfall, daß dies dasselbe sein könne oder daß dies vermutlich sogar dasselbe sein dürfte - weil man auch hier bei der versuchten Bestimmung der Natur des Verstandes zunächst, nach einem wie immer an der Spitze stehenden Vernunftinteresse, die Prinzipien nicht ohne Grund vervielfältigen muß. Es sollte sich folglich das eine nicht Gegebene aus dem anderen Gegebenen wohl entdecken lassen. Man hat es also hier anfangs nur mit der vernünftigen Präsumtion zu tun, daß der Verstand eine Natur habe und daß er mithin unter einer bestimmten Zahl von bestimmten (wieder ko- und subordinierten) Gesetzen stehe. Anders gesagt, es wird präsumiert, daß man es im Verbinden nach den Funktionen analytischer oder synthetischer Einheit nicht gleichsam mit zwei gänzlich verschiedenen "Verständen" im selben Verstand zu tun haben werde. Ob sich dann aber hinterher die behauptete Selbigkeit irgend auch bestätigen oder wenigstens etwas näher beleuchten lasse (denn letztlich muß eine Identität oder Übereinstimmung immer unmittelbar eingesehen werden), das ist eine der in diesem Anhang thematischen Fragen. - Vgl. auch IV 323: "Um aber ein solches Princip auszufmden. sah ich mich nach einer Verstandeshandlung

314

Anhang 1

Ganz oben, zu Anfang der Einleitung3, untersuchte die Urteilskraft den Ein/all des Witzes, indem sie ihn als möglichen Begriff mit Anschauungen von Dingen verglich und über deren Einstimmung oder Widerstreit urteilte. War das erste der Fall, so konnte er "als E r k e n n t n i ß g r u n d , d. i. als M e r k m a l " dienen, und diese Dinge waren " u n t e r i h m enthalten" (IX 95). Nun sind aber Kategorien und Urteilsformen selbst die Prinzipien aller synthetischen und analytischen Vergleichung. Sie lassen sich also nicht wiederum durch Begriffe vergleichen, die auf ihnen, als Funktionen, erst beruhen (B 93). Was umgekehrt eine unmittelbare Vergleichung betrifft (also weniger bereits eine Untersuchung als vielmehr eine bloße Überlegung), so ist "dieselbe Funktion" überhaupt nicht als dieselbe, als die reine Funktion selbst, gegeben. Sie tritt immer schon als Funktion der synthetischen oder analytischen Einheit auf (B 105). Denn niemand wird sagen, die Kategorie etwa der Inhärenz und Subsistenz sei identisch in der Form des kategorischen Urteils enthalten. Vielmehr soll in beiden "dieselbe Funktion", aber auf verschiedene Weise, einem anderen Einheit geben. Zudem spricht Kant zumindest bei der Kategorie der Gemeinschaft und der "korrespondierenden Form eines disjunktiven Urteils" vorsichtig bloß von einer "ähnlichen Verknüpfung" (B U l f . ) - seine Kritiker hier gar nicht zu erwähnen. Soll also überhaupt eine Untersuchung stattfinden, ob der Einfall Kants zur Einsicht in die Natur der Sache dienen kann, d. h., ob wir es mit einer bloßen zufälligen (oder eher willkürlich behaupteten) Ähnlichkeit oder mit einer wahren Identität und "völligen Zusammentreffung" (B 159) zu tun haben: wie muß eine solche beschaffen sein? Als mittelbare Vergleichung macht sie zunächst ein Drittes erforderlich. Durch dieses Dritte aber können Kategorien und Urteilsformen nicht auf die Weise der Begriffe verglichen werden. Denn sie sind selbst nicht unter einem anderen enthalten, ohne immer bereits in diesem anderen enthalten zu sein. Dürfte aber das Dritte mit ihnen schon nicht gleichartig sein - Einheit gebenden Funktionen ist nichts gleichartig als sie selbst -, so müßte es mit ihnen doch wenigstens auf je gleiche Weise in Verbindung stehen, sollte sich dadurch indirekt ein Licht auf ihre Identität werfen lassen. Nun äußert sich in ihnen dieselbe Funktion auf die zweifache Weise der synthetischen und analytischen Einheit. Sollte also das Dritte mit ihnen auf je gleiche Weise in Verbindung stehen, so müßte diese gleiche Weise der Verbindung sich selbst wieder auf die zweifache Weise der Synthesis und Analysis

3

um, die alle Übrige enthalt und sich nur durch verschiedene Modificationen oder Momente unterscheidet, das Mannigfaltige der Vorstellung unter die Einheit des Denkens Uberhaupt zu bringen, und da fand ich, diese Verstandeshandlung bestehe im Urtheilen." Die Richtung aber zunächst dieses "Sich-Umsehens" zu entdecken, macht seinerseits einen Einfall erforderlich. Und dieser Einfall ist in der Anm. 3 gleich erwähnten, allgemeiner gehaltenen Stelle XVIII 55f. zur Entdekkung des Leitfadens selbst schon mit gemeint. Man wird übrigens wohl das Eingangszitat XVIII 55f. dieser Einleitung ohne das hier Entwickelte nicht recht würdigen können.

Reflexionsbegriffe und metaphysische Deduktion

315

zutragen. Das heißt, genauer, das Dritte müßte dabei als Synthetisches und Analytisches gleichermaßen auftreten können. Urteilsformen und Kategorien sind aber Formen, und zwar (als Funktionen) Formen des Verstandes. Kant versteht nämlich "unter Funktion die Einheit der Handlung, verschiedene Vorstellungen unter einer gemeinschaftlichen zu ordnen" (B 93). Formen der Sinnlichkeit aber ordnen ihre Materie in sich (B 40) und sind deshalb weder Begriffe noch Funktionen. Urteilsformen und Kategorien sind also Prinzipien des Verstandes für die Urteilskraft, der es zukommt, Begriffe oder Anschauungen als Materien unter diesen Formen (allgemeinen Prinzipien) zu bestimmen. Wir haben in der Einleitung gesehen, daß die Bestimmung von Anschauungen durch empirische Begriffe immer eine Handlung der Reflexion voraussetzte oder in sich schloß. Wir haben gleichfalls im allgemeinen im Hauptteil gesehen, wie eine unter schematisierten Kategorien bestimmende empirische Urteilskraft immer zugleich reflektierend verfahren müsse. Wäre nun auch die Bestimmung von Begriffs Verhältnissen und solchen der Anschauung unter den einzelnen Funktionen der analytischen und synthetischen Einheit nur mit Reflexion verbunden denkbar (oder wenigstens rein philologisch schon als mit ihr verbunden aufzuweisen), d. h., vermittelten die Reflexionsbegriffe, die "bloßen Handlungen der Reflexion" selbst (B 334), als analytische oder bloß logische die Anwendung 4 der Urteilsformen und als synthetische die der Kategorien auf ihre jeweiligen Gegenstände, 5 so hätten diese Reflexionsbegriffe sich eben damit als das von uns gesuchte Dritte einer mittelbaren Vergleichung von Urteilsformen und Kategorien entdeckt. Denn dieselben Handlungen der Reflexion dürften schwerlich wesentlich verschiedene Handlungen der Determination ermöglichen. Jedenfalls könnten diese sich nicht anders unterscheiden, als jene als analytische oder synthetische selbst wieder verschiedene sein müßten. So bestimmt und deutlich nun diese, wie wir meinen, auch richtige Idee ist, so große Schwierigkeiten wirft doch die Zuordnung der Reflexionsbegriffe zu den Kategorien und Urteilsformen im einzelnen bekanntlich auf. Das ist gerade bei den letzteren so der Fall, obwohl Kant da ja sogar den Zusammenhang in der Kritik explizit macht (B 317f.). Interessanter noch ist ohnehin freilich der Zusammenhang mit den Kategorien. Und die Beleuchtung dieses Zusammenhangs ist es denn auch, auf die wir im folgenden vor allem etwas Licht werfen wollen. Dagegen werden wir die Urteilsfunktionen im Anschluß daran kürzer und im Vergleich fast schon ein wenig beiläufig behandeln.

4

s

Inwiefern es im Amphiboliekapitel um die konkrete Urteilsbildung zu tun ist, findet sich bei Malter 1981. 288ff. sowie ausführlicher noch bei Malter 1982, I 3 l f f . dargestellt und vorgeführt. Daß die Reflexionsbegriffe deshalb mit der konkreten Begriffsbildung nichts zu tun haben sollten (Malter 1982, 134f ). vermögen wir nach allem oben Ausgeführten allerdings nicht ganz nachzuvollziehen. Sie drücken j a auch "die Vergleichung der Vorstellungen, welche vor dem Begriffe von Dingen vorhergeht, in aller ihrer Mannigfaltigkeit" (B 325) aus. Im Hauptteil dieser Arbeit sind nur. oder jedenfalls doch im wesentlichen nur, die Voraussetzungen des letzteren Zusammenhangs, und zwar bloß, wie gesagt, im allgemeinen beleuchtet worden.

316

Anhang 1

Es seien zuvor aber noch zwei Punkte angefügt, deren erster kurz den Rahmen rekapituliert, in dem wir uns hier bewegen. Der zweite beleuchtet dann noch knapp, inwiefern auch die Unterordnung und dadurch Verbindung von Begriffen unter den und durch die Urteilsfunktionen (d. h. in der bloß logischen Urteilsbildung) überhaupt auch der Urteilskraft beizulegen ist. Das wird von Kant ja an keiner Stelle so recht deutlich herausgestellt. 2. "Unser Denken ist nur ein reflectiren" (XVIII201). Es ist also ein wesentlich Sekundäres und Abgeleitetes, das als bloßes "Mittel" auf ein unmittelbar Gegebenes angewiesen ist (B 33). Entsprechend sind die Reflexionsbegriffe Begriffe "der bloßen Vergleichung schon gegebener Begriffe" (IV 326). Und ihr "ganzer Sinn" ist nichts anderes "als eine oder andre reflexion, welcher vorkommende Vorstellungen können unterworfen werden" (vgl. XVIII 73) 6 . Im allgemein Logischen sind Begriffe dieses Gegebene, und es bereitet zumindest im allgemeinen keine Probleme, Handlungen der Reflexion und Urteilsformen in Verbindung zu setzen - deutet doch Kant selbst an, daß Reflexion über Begriffe (als der Materie zu Urteilen) die Bestimmung ihrer Verhältnisse unter Funktionen der analytischen Einheit erst möglich macht (wie gesagt B317f.). "Wollen wir ζ. B. das logische Wesen des Körpers bestimmen [was sich als analytisches Urteil ausdrücken ließe, MK], so haben wir gar nicht nöthig die Data hierzu in der Natur aufzusuchen; wir dürfen unsre Reflexion nur auf die Merkmale richten, die als wesentliche Stücke (constitutiva, rationes) den Grundbegriff desselben ursprünglich constituiren" (IX 61). Im synthetischen empirischen Verstandesgebrauch aber sind nicht Begriffe, sondern, wie in aller Ausführlichkeit vorgeführt, "blos Erscheinungen ... dem Verstände zur Reflexion gegeben" (IV 290). Denn die Kategorien "enthalten nichts weiter, als die Einheit der Reflexion über die Erscheinungen, insofern sie notwendig zu einem möglichen empirischen Bewußtsein gehören sollen [womit die obige "Handlung" der Funktion (S. 10, Β 93) gleichfalls eine der Reflexion sein oder zumindest mit einer einhergehen dürfte, indem nämlich das Mannigfaltige unter das zu findende korrespondierende "Gemeinschaftliche" erst zu bringen war, MK], Durch sie allein wird Erkenntnis und Bestimmung eines Gegenstandes möglich" (B 367). 3. Formen der Sinnlichkeit, wie gesagt, ordnen ihre Materie in sich und sind deshalb weder Begriffe noch Funktionen (B 40). Als das "Vermögen zu urtheilen

6

Es wird immer wieder betont, etwa kürzlich noch einmal von Reuter (80) gegen Malter oder Schönrich, daß sich diese Stelle ja auf die Kategorien beziehe, von denen im Umfeld des öfteren als von "reflektierenden" Begriffen die Rede ist, und gar nicht auf die eigentlichen Reflexionsbegriffe. Dies dürfte sich philologisch nicht mehr mit Sicherheit aufklären lassen. Da die Reflexionshandlungen aber in den Kategorien ohnehin enthalten sind, wäre ein solcher abschließender Befund nicht von großem Belang.

Reflexionsbegriffe und metaphysische Deduktion

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selbst" (V 287) aber ist die Urteilskraft, was dem bisher zu ihr Gesagten nur zu widersprechen scheint,7 nicht bloß das Vermögen, Anschauungen unter Begriffe zu subsumieren - und man wird schon nicht so ohne weiteres Funktionen der synthetischen Einheit mit auf ihnen beruhenden Begriffen, im Fall der objektiven, identifizieren. Sie war vielmehr ja ganz allgemein "das Vermögen, das Besondere als enthalten unter dem Allgemeinen zu denken" (V 179). Die Urteilskraft leistet deshalb auch "die Subsumtion eines Begriffs unter den andern" (XXIX 891). Denn auch der Begriff der Spezies ist Fall des Gattungsbegriffs, und die Urteilskraft vollzieht in ihrem "logischen Gebrauch", d. h. im analytischen Urteilen, die Subsumtion von niederen "unter höhere Classen (Gattungen)" (XX 241). Kant weist dementsprechend in der allgemeinen formalen Logik, die von Bedingungen der Anschauung für sich nichts weiß, Urteile gleichfalls der Urteilskraft zu (B 169). So würde ebenfalls, daß die Subsumtion der minor unter die maior (man denke nur an "Barbara") durch die Urteilskraft geleistet wird, einer Voraussetzung widersprechen, die nur Anschauung als ein Besonderes zuließe. Aber das Allgemeine muß, wie angedeutet, Uberhaupt kein Begriff sein. Es wird sehr weit als "die Regel, das Princip, das Gesetz" bezeichnet (erneut V 179). Dergleichen sind nun die Urteilsformen, wie auch ansonsten die Kategorien, allemal. Im übrigen wollen zwar Begriffe dann sagen, was Gegenstände sind. Funktionen aber der analytischen und synthetischen Einheit bestimmen von Begriffen und Anschauungen 8 , was diese durch sie erst werden können. "Subsumierte" also die Urteilskraft nicht Begriffe unter Urteilsformen (denn wenn Funktion "die Einheit der Handlung" ist, "verschiedene Vorstellungen unter einer gemeinschaftlichen zu ordnen" (B 93) und so in einem Bewußtsein zu verbinden, so gilt dies auch für die durch analytische Einheit), so könnte sie auch schwerlich das Mannigfaltige gegebener Anschauungen unter Kategorien vereinigen. Letzteres macht ebenfalls ja, so auch gar nicht konzipierbar, keine Subsumtion von einem Einigen (als Einfachen) unter ein anderes aus. Was aber vielleicht überzeugender ist als alles bisher Gesagte, ist folgende einfache Überlegung. Kant benennt verschiedene geäußerte Kräfte und innerlich Vermögen derselben ja lediglich nach Handlungen, deren Wirkungen (etwa Bilder zu produzieren und zu reproduzieren im Unterschied zum Denken eines Gegen7

8

Bisher haben wir wiederholt, wenn im Kantischen Text von einer Reflexion des Verslandes über anschauliche Vorstellung die Rede war, dies jeweils ohne weiteres (als Verstandesgeèrauc/j) speziell auf die Urteilskraft bezogen mit der Begründung, daß in dieser Urteilskraft ja "Verstand und Einbildungskraft im Verhältnisse gegen einander betrachtet" (XX 223) werden (etwa S. 28, Anm. 26). Hier ist nun im Gegenteil auch davon die Rede, daß selbst im bloß logischen Gebrauch des Verstandes durch Beurteilung der Verhältnisse bloßer gegebener Begriffe (d. h. in einer bloßen Vergleichung und in einem bloßen Zusammenhalten derselben) dieses konkrete Urteilen gleichfalls der Urteilskraft zuzuweisen ist. Vgl. etwa erneut S. 25, Anm. 19. Hier ist von der analytischen Reflexion Uber gegebene Anschauungen, die sich ebenfalls ja rein logisch beurteilen ließen, einmal ganz abgesehen. Der dadurch gebildete Begriff war ja auch einer der bloßen logischen Form nach.

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Anhang 1

stands derselben) "wir mit andern Wirkungen des Gemüths nicht als einerlei erkennen" (also wohl als nicht einerlei (VIII 180)). Da Kant umgekehrt aber bei den Funktionen der analytischen und der synthetischen Einheit der Apperzeption ausdrücklich von denselben Handlungen redet (B 105), sind damit auch eo ipso sowohl die synthetische Reflexion über gegebene Erscheinung als auch die analytische (die bloß logische hier Uber gegebene Begriffe) demselben Vermögen Urteilskraft zugewiesen. Denn daß die erstere Reflexion und Subsumtion durch Urteilskraft geleistet ist, steht ohnehin außer Frage. Lediglich der Ausdruck "Subsumtion" für die Verbindung zweier Begriffe (oder Urteile) unter einer Funktion der analytischen Einheit hat hier etwas Ungewöhnliches. Aber man stört sich an ihm, im Gegensatz zum Fall der Vereinigung unter der Kategorie, wohl lediglich deshalb, weil nur von letzterem bei der Untersuchung der Möglichkeit synthetischer Urteile a priori beständig die Rede ist. An dieses letztere hat man sich im Verlauf der Untersuchung einfach gewöhnt, zumal auch immer die Neigung besteht, die Kategorie als "simplen" Begriff zu nehmen. Aber selbst bei einem solchen ist ja die Subsumtion teils gerade durch die enthaltenen Funktionen der synthetischen Einheit geleistet (d. h. neben den in ihm verbundenen materialen Bestandteilen). 4. Daß in der synthetischen Reflexion über die Erscheinung und also in der Bildung eines Erfahrungsbegriffs der jeweilige Reflexionsbegriff die Anwendung des entsprechenden Bestimmungsbegriffs vermitteln soll, kann eine Stelle aus dem Umfeld des Opus postumum belegen. Zwar taucht auch hier das von Β 317f. berüchtigte "usw." wieder hinter der zweiten Klasse (aber dieses Mal der Kategorien) auf. Doch bezeichnet Kant im selben losen Blatt (XXI 457f.), was wir für die erste dabei ja auch schon ausführlich gewürdigt haben (S. 167ff.), die Kategorie der Relation der Inhärenz9 und Subsistenz als die "innere" und die der (auch wechselseitigen) Kausalität als die "äußere Relation". In den Grundsätzen der Modalität sind die korrespondierenden Reflexionsbegriffe ja ohnehin enthalten. Denn "was mit den formalen Bedingungen der Erfahrung (der Anschauung und den Begriffen nach) übereinkommt, ist möglich", und "was mit den materialen Bedingungen der Erfahrung (der Empfindung) zusammenhängt, ist wirklich" (B 265f.): "Von den respectiven Prädicaten (reflexionsbegriffen) entweder logisch oder real respectiv der Identität in Ansehung des Größenbegrifs der Einstimmung u. Widerstreits in Absicht auf den qualitatsbegrif tte." (XXI 460)

Übrigens zeigt sich hier der Bezug zu einer auch reflektierenden Urteilskraft bis in die Formulierungen hinein - wenn man nämlich dieses "in Absicht a u f ' mit 9

So heißt diese Kategorie in der Kategorientafel ja richtig. Das esse der Akzidenzien ist ein inesse, und man denke emeut an das Komparativ-Innerliche aus lauter Raumesverhältnissen im Amphiboliekapitel.

Reflexionsbegriffe und metaphysische Deduktion

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der bloßen Reflexion der ästhetischen Urteilskraft "ohne Absicht a u f ' einen zu "erwerbenden Begriff" vergleicht (V 190). Wir haben allerdings herausgearbeitet, inwiefern die Bildung des bloßen Erfahrungsbegriffs mit der "reflektierenden" Urteilskraft ansonsten eigentlich nichts zu tun haben kann. Wie man also sagen könne, es fänden sich bei Kant keine expliziten Hinweise auf eine durch die Zuordnung der Reflexionsbegriffe zu den Urteilsformen ja implizierte Zuordnung derselben auch zu den Kategorien, muß unklar bleiben. 10 Es ist ja ganz im Gegenteil so, daß nicht nur überhaupt zu den Kategorien bemerkt ist, sie enthielten "die Einheit der Reflexion über die Erscheinungen" (siehe oben, S. 316, Β 367). Vielmehr lassen sich sogar immer (mit einer Ausnahme, wenn wir recht sehen, bei den Qualitätskategorien) solche Nominalerklärungen der Kategorien finden, die den jeweils korrespondierenden Reflex ions begriff enthalten. So sind die genannten Grundsätze der Modalität ja nichts anderes als "Erklärungen der Begriffe der Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit" (B 266), und die Inhärenz ist die innere reale, und die Kausalität ist die (ein- oder wechselseitige) äußere reale Relation. Und auch, ob etwas "mmmsch-identisch, d. i. Einheit (nicht Vielheit)" (B 402) ist oder ob von ihm " Vielheit und numerische Verschiedenheit" ausgesagt werden kann (d. h. nicht analytische oder Merkmals\dtrA\\SX oder -Verschiedenheit), spricht den erwähnten Zusammenhang in aller Deutlichkeit aus. 5. Die bestimmte Anwendung der Kategorien der Quantität in Absicht auf einen Erfahrungsbegriff, die "in der Beurtheilung der Größe" (V 248) als einer inneren Bestimmung (B 319, XXI 459) eines Gegenstands (einer Substanz) "allemal nur einen Vergleichungsbegriff liefern" (V 248) kann, geschieht nur respektiv in Beziehung auf eine zunächst willkürlich gesetzte Maßeinheit. Deshalb nennt Kant diese Einheit auch einmal "die Categorische" (XXVIII 631). (Beim bloßen Zählen von Dingen äußerlich in der Bestimmung der Anzahl, das wir hier nicht eigens erörtern wollen, verhält sich ansonsten alles, in der Beziehung immer nur auf die "Eins", wie bei der Größenschätzung eines Dings innerlich. Bei letzterer ist denn auch nur beurteilt, "wie vielmal Eines in ihm gesetzt" (B 300) werden kann.) Bei der Einheit als der bloßen Bedingung derselben findet also, wie beim einzelnen Urteil, noch gar keine Vergleichung statt - man müßte denn sagen wollen, daß diese Einheit gewissermaßen beim Messen sich selbst gleichbleiben müsse. In diesem Sinne findet sich dann, Messung, ansonsten bereits "die Bestimmung der Größe eines Dinges durch die [synthetische, MK] Vergleichung mit der Einheit" (XXVIII 570), bestehe in der synthetischen "Hinzuthuung der gleichartigen und gleichen Einheit" (XX 288). Und Größe sei die Bestimmung eines Gegen10

Reuter etwa spricht pauschal von "fehlenden Zuordnungsmöglichkeiten" (223). Er zitiert nichtsdestoweniger 230 die obige Stelle XXI 460 von den "reflexionsbegriffen" als den "respectiven Prädicaten" - wobei er freilich das wie auch immer fragmentarisch eine explizite Zuordnung vornehmende dort noch sich Anschließende einfach Ubergeht und wegläßt.

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Anhang 1

stands, "nach welcher die apprehension seiner Anschauung nur durch die wiederholte Setzung von einerley möglich vorgestellt" werde (XXI 454)." Nun ist vielleicht aufgefallen, daß in der obigen eingerückten Stelle XXI 460 "in Ansehung des Größenbegrifs" nur von der "Identität" und nicht auch von der "Vielheit und numerischen Verschiedenheit" (B 320) die Rede war. Das liegt aber daran, daß man sich bei der Beurteilung der Vielheit als des Begriffs der "Menge" (B 111), und das heißt immer zunächst der "unbestimmten Menge" (XXI 455) bzw. hier eines bloßen Quantums, sozusagen zwar von der Einheit bereits wegbewegt, nämlich zu einem Bedingten. Man hat damit dann allerdings keinerlei bestimmten Begriff etwa schon gebildet (allenfalls denjenigen des Mehr oder hier Größer). Die Bedingung a priori des bestimmten Größenbegriffs, in dem dann erst wieder eigentliche synthetische Einheit durch Bemerken synthetischer Einerleiheit gedacht ist, ist j a die Kategorie der Allheit, in der die "Vielheit als Einheit betrachtet" (B 111) wird und zu der auch die (immer bestimmte) Zahl gehört (B 111). Es ist dann also schließlich der bestimmte Begriff der "Größe" allein derjenige, nach dem "ein Ding mit vielen zusammen einerlei" (B 288) und also nicht analytisch, sondern "zusammengenommen gleich" ist (XXVIII 505, vgl. IV 4893f. u. 19 und 492Í). 1 2 (Man hat es hier wieder mit einer Nominalerklärung der Kategorie zu tun, die den korrespondierenden Reflexionsbegriff enthält.) Das heißt, die Beurteilung, im Zusammenhalten des Maßes mit dem zu messenden Gegenstand, ist eine solche, wie gesagt, synthetischer Einerleiheit überhaupt. 13 Daraus erklärt sich dann auch die entscheidende Rolle von Gleichungen in der auf den Quantitätskategorien beruhenden Mathematik (etwa X 555), die außer beim χ = χ nicht etwa analytische Identität aussagen. 6. "Bey der Qualität", liest man, ist zusätzlich nun, "nach der Scala der Categorien" (XXII 478) und wovon bei der extensiven Größe noch abstrahiert sein konnte, "die Empfindung mit der Anschauung zur empirischen Apperception verbunden aber [immer noch, MK] nicht verknüpft" (XXI 456) - was dann bekanntlich erst durch die Analogien der Erfahrung geschieht. (Qualität ist ebenfalls eine innere Bestimmung (B 319, XXI 459), die im Gedanken des Inbegriffs der Substanzkategorie erst auf einen bestimmten Gegenstand, ihm innerlich zukommend, bezogen wird. Sie ist dann auch noch als seine Kausalität. d. h. als eine Eigen-

11 12 13

Vgl. auch XVIII 149 die Stelle "was vielmal einerley enthalt". Vgl. auch XVI 278. Vgl. zur entsprechenden Subsumtion nach kollektiver und nicht distributiver Einheit erneut S. 259 die Stelle XXI 247, wo "Vieles in einem als zusammen unter einen Begriff gebracht" wurde (hier etwa: χ ist 5 Meter groß). Es ist darum zu tun, eine gewisse "Quantität in Vergleichung mit einer anderen Menge [die dann als Einheit gesetzt ist, MK] zu bestimmen" (XXII 137), und die Urteilskraft ist abermals in ihrer synthetischen Reflexion zugleich bestimmend.

Reflexionsbegriffe und metaphysische Deduktion

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schaft (B 268) in der Relation gegen andere Dinge,14 geäußert.) Alles Reale, das die Empfindung bezeichnet, ist nun aber, wie schon gehört, nichts anderes als Kraft. Und alles, was es an dieser (über die nicht weiter verstehbare Qualität selbst hinaus) im Erfahrungsbegriff zu bestimmen gilt, ist ihre intensive Quantität. Es war oben dabei von einer Beurteilung "der Einstimmung u. Widerstreits in Absicht auf den qualitatsbegrif die Rede (wieder XXI 460). Das muß nun, soll diese Beurteilung zu bestimmten Begriffen der Kräfte führen, mit all demjenigen verbunden werden, was gerade eben zu den Kategorien der Quantität ausgeführt wurde. Wir wollen dies zwar nicht im einzelnen vorführen. Aber es läßt sich sagen, daß letztlich15 der Grad einer Kraft immer nur durch eine real (unter synthetischen Bedingungen des Raumes) widerstreitende gleiche Kraft ermittelt werden kann, die in Beziehung wieder auf ein bestimmtes Maß selbst schon bekannt ist. Die Bildung des Qualitätsbegriffs geht also wieder durch eine synthetische Vergleichung (vermittelst einer zustandegebrachten Konstruktion, was dabei die gedachten Größen der Kräfte angeht) vonstatten. So besteht ja der ganze Begriff der Materie, als der Substanz im Räume, dynamisch betrachtet ohnehin in gar nichts anderem als in einem Verhältnis der Realrepugnanz zweier ursprünglicher Bewegungskräfte (IV 496ff). Und sie hat dadurch immer einen bestimmten Grad des dynamischen Widerstands (auf dem der "mechanische Widerstand" (IV 49623) dann auch gründet), durch den sie "allem Beweglichen widerstehen" (IV 496) kann, das in sie einzudringen versucht. Um noch ein Beispiel zur bestimmten Begriffsbildung zu nennen, so beruht etwa "die Möglichkeit der Schätzung der [intensiven, MK] Quantität der Materie vermittelst einer Waage" (XX 592) wieder darauf, daß man verschiedene einstimmige und widerstreitende Kräfte (über das Hypomochlion) in ein Gleichgewicht bringt. Es läßt sich dann durch synthetisch vergleichende Beziehung wieder auf das gesetzte Maß der Grad dieser Quantität aus dem Experiment errechnen. Daß dabei zur Möglichkeit überhaupt einer Ausübung von Kräften der gerade Waagbalken seinerseits zunächst erst wieder als "mit inneren in dieser geraden Linie gegen einander strebenden und aller Veränderung der Gestalt wiederstehenden Kräften versehen vorgestellt" (XXII 592) werden muß, wird noch kurz Thema unseres zweiten Anhangs sein (Amphibolie des Dynamischen und Mechanischen als eine Amphibolie der Reflexionsbegriffe). -

14

15

Es wurde weiter oben schon vorgeführt, daß der Begriff einer actio immanens unter (auch bereits metaphysischen) Bedingungen möglicher Erfahrung ein Unbegriff ist. Zum Stufenbau der Kategorientafel und ihrer Klassen siehe übrigens ganz analog IV 4767-9. Man kann zwar den Grad einer Kraft auch daraus errechnen, daß man, wenn sie mit einer derRichtung nach einstimmigen bekannten Kraft zu einem gemeinschaftlichen Effekt zusammenwirkt, von dieser Gesamtkraft den Grad der bekannten anderen Kraft subtrahiert. Aber die Gesamtkraft läßt sich ihrerseits nur wieder genau bestimmen, wenn sie mit einer anderen, real widerstreitenden bekannten (im vergleichsweisen Verhältnis wieder zur gesetzten Einheit) in ein Gleichgewicht der Kräfte gebracht werden kann.

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Anhang 1

Es sei durchaus nicht verschwiegen, inwiefern allerdings in dieser Kategorienklasse die direkte Zuordnung der Reflexionsbegriffe der Einstimmung und des Widerstreits zu den Kategorien der Realität und der Negation (d. h., indem diese Begriffe als Kategorien eben nicht nur logisch genommen sind) nicht recht möglich zu sein scheint. Denn real widerstreiten kann einer Realität ja nur eine andere Realität sozusagen mit negativem Vorzeichen, nicht aber die "Negation = 0" (B 217). So kann man auch nicht sehen, wie dann überhaupt die " E i n s c h r ä n k u n g nichts anders als Realität mit Negation verbunden" ( B i l l ) oder "durch Negation afficirt" (XXVIII 398) sein solle, wenn durch die Null eben gar nichts real eingeschränkt werden kann. 7. Was die Relationskategorien angeht, so sei zum Begriff der Inhärenz und Subsistenz, als der inneren realen Relation, der Kürze halber auf die oben (S. 167ff.) schon hinreichend ausführlich geleisteten Erörterungen einer in gewissem Sinn eigentlich sogar zweifachen inneren Relation (der beharrlichen und der wechselnden inneren Bestimmungen) jeweils auf ein gedachtes beharrliches χ verwiesen. Das "per se esse" (XVIII 370) jeder Substanz, vermöge ihrer Subsistera, schließt zunächst schon jede Relation auf etwas Äußeres aus. Und daß die inneren Bestimmungen einer substantia phaenomenon (eines Körpers) allesamt nur "aus äußeren Verhältnissen" bestehen, ändert nichts daran, daß man es hier gleichwohl zunächst immer einmal mit "lauter Komparativ-/nwe/7/cAem" zu tun hat (B 333), das dem Denken einer wirklichen, äußerlichen Relation zu anderen körperlichen Dingen immer schon zugrunde liegen muß. (Kräfte, die, wie auch immer Äomparaf/v-innerlich, nicht da sind, können nicht geäußert werden.) Freilich kann die Reflexion der Urteilskraft gerade auch, oder eigentlich sogar nur, die in ihrer Kausalität geäußerten Eigenschaften ausmachen und versuchsweise bestimmen. Denn wenn wir betrachten wollen, was einer gewissen Substanz "innerlich zukomme", indem wir dieses Innere durch Exposition ihrer Anschauung "in allen Teilen des Raumes, den sie einnimmt, und in allen Wirkungen, die sie ausübt", suchen (B 333), so kann ja auch das erstere (etwa im Betasten oder vermittelst der Lichtstrahlen usw.) nur durch Kausalität, zumindest nämlich immer im Verhältnis auf unsere Sinne, stattfinden. Die bestimmten Erfahrungsbegriffe aber, außer daß es nun noch innerlich auf einen Gegenstand überhaupt erst bezogen und in ihn vereinigt ist, ergeben sich aus einer Verbindung des bisher zu Quantität und Qualität Gesagten mit dem hier gerade kurz Angesprochenen. Quantität und Qualität werden nämlich nun ja erst, sofern sie als innere Bestimmungen immer Quantität und Qualität von Dingen sind, auf bestimmte Gegenstände selbst überhaupt bezogen. Daß im Begriff der Kausalität, obwohl in der bloß transzendentalen Betrachtung zunächst noch nicht davon gesprochen ist, immer schon eine äußere reale Relation gemeint sei, läßt sich nicht nur daran sehen, daß ja Kant in der zweiten Auflage ausdrücklich nachliefert, inwiefern die Kategorien nur unter Bedingungen

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zugleich des Raums Sinn und Bedeutung hätten (B 29Iff.) - wo dann bewiesen werden kann, daß eine eigentlich erkennbare Veränderung der Materie "jederzeit eine äußere U r s a c h e haben müsse" (IV 543). Davon abstrahiert also jene transzendentale Betrachtung der bloßen Zeitbedingungen lediglich.16 Man erkennt es vielmehr unter anderem auch daran, daß der Begriff der Selbstaffektion, nach dem wir "uns nur anschauen, wie wir innerlich affiziert werden", in der Tat "widersprechend zu sein scheint, indem wir uns gegen uns selbst als leidend verhalten müßten" (B 153). Im wörtlichen und strengsten Sinne einer actio immanens ist das zunächst wirklich ein Unbegriff.17 Dieser Widerspruch wird denn auch so aufgelöst, daß (zwar wieder im selben Gemüt oder im selben Subjekt) zwei gleichsam "subsistierende" Instanzen aufs neue unterschieden sind. (Man denke an das "doppelte Ich" von weiter oben.) Deren eine ist dann, insofern doch wieder äußerlich, als auf die andere wirkend vorgestellt, indem ein "synthetischer Einfluß des Verstandes auf den inneren Sinn" (Β 154) gedacht werden muß. An sich ist nämlich dieser Verstand "eine für sich selbst beständige, sich selbst genügsame, und durch keine äußerlich hinzukommenden Zusätze zu vermehrende Einheit" (B 89f). Das ganze Wesen von Kraft, als der Kausalität einer Substanz, besteht denn auch in nichts anderem als in Äußerung und Einflußnahme. Bei Kant heißt es, in Anlehnung an das lateinische influere oder einfach nach dem gemeinten Sinn, häufig ja auch "einfließen in" oder "wirken in" statt "auf' (etwa Β 258, Β 331 oder Β 568). In der Kausalitätskategorie ist der Urteilskraft also die intellektuelle Funktion gegeben, auch noch den äußeren Nexus subsistierender Dinge, d. h. mit ihren durch den Einfluß teils veränderten jeweiligen inneren Bestimmungen, zu beurteilen und zu bestimmen. Das heißt, ihr ist in dieser Kategorie die Funktion gegeben, diesen äußeren Nexus insofern jeweils herzustellen und zu "bewirken". Wir wollten wohl noch etwas ausführlicher vorführen, inwiefern auch bei der Kausalität und nicht erst bei der Wechselwirkung überhaupt ein (äußerer) Einfluß, nämlich bei der letzteren speziell nur ein wechselseitiger Einfluß, gedacht sei (S. 168, Anm. 242). Es mag hier aber mit dem Hinweis auf die Stelle Β 257f. sein Bewenden haben, nach der "das Verhältnis der Substanzen, in welchem die eine Bestimmungen enthält, wovon der Grund in der anderen enthalten ist, das Verhältnis des Einflusses" ist. Da findet sich dann ausdrücklich nur ergänzt, daß ein "Verhältnis der Gemeinschaft oder Wechselwirkung" vorliege, "wenn wechselseitig" das zweite Ding wieder "den Grund der Bestimmungen in dem anderen ent-

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Das war bei der Gemeinschaft oder wechselseitigen Kausalität der Substanzen in Ansehung ihrer inneren Bestimmungen, bei der ein Zugleichsein zu denken ist, von Anfang an nicht möglich. Da ganz allgemein die Substanz mit ihren inneren Bestimmungen im Grunde identisch ist, kann j a auch ansonsten nicht, wie schon gesagt, entgegen einigen der rationalistischen Tradition* noch nahestehenden Kantstellen das Verhältnis der Substanz zu ihren eigenen inneren Bestimmungen, das nämlich gar kein Verhältnis ist. eines der Kausalität sein. Man hat es zunächst mit einem Wirken, nicht aber mit einer Wirkung als mit einem Effekt schon wieder zu tun. (* Siehe etwa Baumgarten §§ 21 Of. (Ak. XVII, 70f.).)

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hält". Und auch Β 568 ist bei der einfachen Kausalität, d. h. bei dem "Gesetz der Verknüpfung mit anderen Dingen" (B 794), von einem Einfließen "äußerer Erscheinungen" in ein anderes erscheinendes "Subjekt" (Substanz) die Rede. Freilich sieht es später j a dann auch so aus, "daß alle äußere Wirkung in der Welt W e c h s e l w i r k u n g " ist (IV 544). Das ist dann auch bei der Bestimmung einer nicht umkehrbaren Zeitfolge, nämlich für den jeweiligen Augenblick, von Bedeutung. 8. Was noch kurz die Reflexion nach den Grundsätzen der Modalität angeht, so ist diese Reflexion bekanntlich die Überlegung, ob ein schon gegebener Begriff, und damit dann ein gedachter Gegenstand desselben, real möglich, wirklich oder notwendig sei. Für die bloße reale Möglichkeit haben wir weiter oben schon gesehen, daß etwa bei einem mathematischen Begriff das Zusammenhalten mit dem Erkenntnisvermögen in einem "Probiren" besteht, ob ein zunächst nur sich nicht widersprechender Begriff sich auch konstruieren lasse. Das war etwa beim Begriff des regelmäßigen Dekaeders nicht der Fall. Allgemeiner ist aber mit dem Grundsatz zu sagen, ein Begriff sei real möglich, wenn in einem Zusammenhalten mit ihnen auszumachen ist, daß er "mit den formalen Bedingungen der Erfahrung (der Anschauung und den Begriffen nach) übereinkommt" (B 265), also wenn etwa in ihm nicht behauptet wird, ein gewisser Vorgang fange in der Erfahrung ohne jede äußere Ursache an ("unmöglich"). Die Überlegung, ob der Begriff nicht nur mit den formalen Bedingungen der realen Möglichkeit, sondern ob er zugleich "mit den materialen Bedingungen der Erfahrung (der Empfindung) zusammenhängt" (B 266) oder dann mit der Wahrnehmung, führt zur Bestimmung der Wirklichkeit seines Gegenstands. Und da hierbei das Materiale mit den formalen Bedingungen in Zusammenhang (B 266, IV 307f.) gebracht werden muß, um es etwa von bloßer Einbildung zu unterscheiden, so ist zugleich seine (subjektiv wenigstens immer präsumierte) Notwendigkeit zu denken. Dabei findet eine wechselseitige ¡categoriale und empirische Bestimmung statt, indem einerseits das Formale das Materiale, andererseits wieder das Materiale das Formale bestimmt bzw. konkretisiert (Notwendigkeit oder Zufälligkeit). Wir wollen nun abschließend noch betrachten, wie die Reflexionsbegriffe, die ja "logisch, mithin blos [*] analytisch, oder transscendental, mithin synthetisch, genommen werden" konnten (S. 12, XVIII 229), in der logischen Urteilsbildung durch Begriffsvergleich im ersteren Sinne "genommen" die Anwendung der Urteilsfunktionen auf irgend (woher auch immer) gegebene Begriffe vermitteln. Zu diesem Zweck ist es zunächst nötig, daran zu erinnern, daß durch diese analytische Reflexion des bloßen Begriffsvergleichs nicht etwa keine im entstehenden Urteil gedachte synthetische Einheit entstünde. Denn die analytische Einheit geht nur die Quantität des Urteils an, die synthetische aber macht die Relation als sein wesentliches Moment aus (S. 161f., bes. auch Anm. 230). So ist gerade im analytischen

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Urteil "Alle Körper sind ausgedehnt", und zwar durch bloßen analytischen Begriffsvergleich, sogar notwendige synthetische Einheit (hier einer inneren Relation) bestimmt - nur daß dabei, in einer streng intensionalen Logik, noch gänzlich offenbleibt (oder bei empirisch gemachten Begriffen einfach nicht mehr beachtet wird), ob sich dieses Urteil auf Gegenstände beziehe oder beziehen könne. Kant sagt denn auch gar nicht (was sich nicht denken ließe), daß die im logischen Urteil gedachte Verbindung selbst eine analytische Einheit ausmache. Er sagt nur, daß sie "vermittelst der analytischen Einheit" (B 105), also durch eine bloße Vergleichung immer nur von conceptus communes (der Form nach), zustande gebracht werde. 18 Will man nun die versuchte Zuordnung der einzelnen Reflexionsbegriffe zu den Urteilsformen angehen, so muß man zunächst einmal die bekannte entsprechende Stelle aus dem Amphiboliekapitel in den Blick nehmen. Diese Stelle macht zwar einerseits einen klaren Beleg aus, indem genannte Zuordnung von Kant da selbst vorgenommen ist. Sie spricht aber auch andererseits - nicht einmal ein vollständiger Satz - diesen Zusammenhang nur teilweise an ("usw."), und sie läßt ihn dann auch nicht einmal wirklich deutlich werden: "Vor allen objektiven Urteilen vergleichen wir die Begriffe, um auf die E i n e r l e i h e i t (vieler Vorstellungen unter einem Begriffe) zum Behuf der a l l g e m e i n e n Urteile, oder der V e r s c h i e d e n h e i t derselben, zur Erzeugung b e s o n d e r e r , auf die E i n s t i m m u n g , daraus b e j a h e n d e , und den W i d e r s t r e i t , daraus verneinende Urteile werden können usw." (B 317f.)

Bei der Quantität des Urteils, wenn man zunächst wieder nur auf das zum allgemeinen Urteil Gesagte sieht, ergibt sich gleich schon einmal das Problem, daß zweierlei gemeint sein könnte. Erstens könnten zwei Begriffe daraufhin verglichen werden, ob einer derselben, wie Kant sich ansonsten häufig auch ausdrückt, identisch im anderen enthalten sei. Es wäre dann partiale Identität eines engeren und eines weiteren Begriffs ausgemacht. Das heißt, es wäre der letztere identisch als ein Merkmal im ersteren gedacht. Das würde zwar auch zu einem allgemeinen (kategorischen) Urteil führen. Es kann hier aber noch nicht so, wenn man das zum besonderen Urteil Ausge18

Zum Synthetischen des analytischen Urteils als Urteils ("apophantische" Synthesis zwischen Subjekt und Prädikat) siehe ganz richtig Heidegger 15 und 28. Falsch liegt Heidegger übrigens aber bei demjenigen, was er die "prädikative Synthesis" nennt. Denn beim "Vorstellen der einigenden Einheit des Begriffes in seinem Prädikatcharakter" - indem dieser Begriff als eine allgemeine Vorstellung '"fiir viele gilt"' - denkt er ganz offenbar an synthetische Bewußtseinseinheit. Es ist mit diesem allgemeinen Vorstellen in Wahrheit aber gerade die analytische Einheit der Apperzeption angesprochen. Und von letzterer wurde bereits mehrfach gesagt, daß man es dabei allenfalls subjektiv mit einem "Umgreifen" und mit synthetischer Einheit des Bewußtseins zu tun habe (alle Stellen 27). Nur subjektiv sind die weiter oben einmal zur Veranschaulichung der analytischen Einheit dienenden fächerartig gezogenen einzelnen Linien gewissermaßen selbst so etwas wie die zur Verdeutlichung der synthetischen Einheit vorzustellende waagerechte geschweifte Klammer (S. 260).

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führte dazunimmt, gemeint sein. Denn da ist das Merkmal der Verschiedenheit, und zwar auch nicht als eines der bloßen Verschiedenheit, im möglichen Subjektbegriff überhaupt nicht gedacht. Es ist nur in einem niederen Begriff, von dem hier aber nicht die Rede wäre, wieder identisch enthalten. Was Kant also zweitens hier wirklich im Auge hat, ist die Vergleichung mindestens zweier und in der Regel mehrerer Begriffe daraufhin, ob sie wieder irgendworin identisch sind (wie die Begriffe der "Wassertropfen" dann sogar in allem) oder ob sie sich teilweise wieder unterscheiden. Es ist also bei den "vielen Vorstellungen unter einem Begriffe", nämlich dann unter dem identischen Prädikatbegriff, an die durch die ersteren teils schon übereinstimmenden "Begriffe" (wodurch sie allein, indem für jedes gemeinschaftliche Merkmal das gleiche schon zu sagen ist, in einen gemeinschaftlichen Subjektbegriff überhaupt wieder zusammenfließen können) gedachten Vorstellungen zu denken. "Bey der identität" also "vergleiche ich zwey subiecte" (oder beim allgemeinen Urteil meist wohl eine ganze Reihe derselben), "die einerley praedicat haben" (XVII 354). Ich vergleiche nicht ein mögliches Subjekt mit seinem möglichen Prädikat. Denn "ohne das Bewußtsein der Einerleiheit einer Vorstellung in vielen Vorstellungen", das sich einer analytischen Vergleichung dieser Vorstellungen hier bereits als Begriffen verdankt, "wäre keine allgemeine Regel möglich" (XXIX 889). Man kann hier sehr deutlich sehen, wie ein Bemerken analytischer Einerleiheit dem allgemeinen Urteil zugrunde liegt (Eines identisch in Vielem). Dagegen hatte man bei der Kategorie der Allheit, sofern da etwas einem anderen zusammengenommen gleich war, an synthetische Einerleiheit zu denken. Das heißt, die von Kant behauptete Selbigkeit der Funktion bestätigt sich darin, daß beidemale eine Einerleiheit zu beurteilen ist, die aber dabei ihrerseits wieder analytisch oder synthetisch gefaßt ist (S. 313 ff.). Nun sagt Kant einmal, er wolle, in Beziehung auf die dabei entsprechende Kategorie der Vielheit, statt von "iudicia particularia" lieber von "iudicia plurativa" gesprochen haben. Man denke da nämlich zwar die "Vielheit ohne Allheit", aber noch nicht ausdrücklich "die Ausnahme von derselben". Er fügt hinzu, "im logischen Gebrauche" könne "man es beim Alten lassen" (IV 301 f.). Im vorliegenden Kontext dagegen wird deutlich, inwiefern man es "im logischen Gebrauche" sogar "beim Alten lassen" muß, soll dort nicht beim "Einige" von einer ganz leeren Limitation die Rede sein und soll nicht die Reflexion, Verschiedenheit zu bemerken, nichts mit dem besonderen Urteil zu tun haben. Denn nur wenn die Vergleichung der teils gleichen Begriffe vieler Vorstellungen (oder auch ihrer selbst als Vorstellungen) ergibt, daß sie sich in diesem oder jenem ausdrücklich bereits unterscheiden (z. B. Bäume in Ansehung von Nadeln oder flachen Blättern), läßt sich sinnvoll von einem logisch besonderen Urteil sprechen: "Einige Bäume haben Nadeln", nämlich einige auch ausdrücklich nicht. Ein Urteil wie "Einige Bäume haben Äste" dagegen macht als ein besonderes Urteil keinen Sinn. - Daß beim ein-

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zelnen Urteil, wie auch bei der Kategorie der Einheit, noch keine Vergleichung stattfindet, wurde bereits erwähnt. Bei Qualität und Relation des kategorischen Urteils liegt aber nun wirklich eine Vergleichung der beiden im Urteil dann verbundenen Begriffe vor. Dabei erklärt dieser Unterschied sich daraus, daß die Quantität des Urteils und damit die wirklich durch es gedachte analytische Einheit (außer beim einzelnen Urteil) sich sozusagen ganz vor der Kopula abspielt, was bei Qualität und Relation dagegen nicht mehr der Fall ist. Zu sehen nun, wie eine im Begriffsvergleich bemerkte und beurteilte logische Einstimmung zu einem bejahenden Urteil und wie ein bemerkter logischer Widerspruch zu einem verneinenden Urteil führen kann, bietet weiter keine Schwierigkeiten. Es ist allerdings dazu zu bemerken, daß der logische Widerspruch (d. h., wenn im Subjektbegriff das kontradiktorische Gegenteil des Prädikatbegriffs sich als Merkmal findet) zu einem verneinenden Urteil vielmehr sogar führen muß, sowie daß bei der bemerkten Einstimmung zwei Fälle möglicher bejahender Urteile unterschieden werden können. Denn da kann ja die Übereinstimmung darin bestehen, daß sich das Prädikat als Merkmal im Subjektbegrifffindet. Und in diesem Fall wird dann im Urteil assertorisch und sogar apodiktisch geurteilt (analytisches Urteil). Es kann aber auch, da Begriffe subjektiv immer erst ein Stück weit bestimmt sind, der Fall eintreten, daß zwar in diesem Subjektbegriff (noch) nicht das Prädikat selbst, aber auch nicht sein kontradiktorisches Gegenteil sich findet. Und im sich ergebenden logisch bloß möglichen Urteil kann dann immerhin problematisch bejaht werden. Da im Grunde dann aber ebensogut problematisch verneint werden kann, ist hier wohl nur an den ersten Fall zu denken. Beim unendlichen Urteil müßte man sich schließlich vorstellen, daß der logische Widerspruch sozusagen ganz in das Prädikat hineingenommen ist, was aber, worüber man nicht streiten muß, ganz dunkel bleibt. Bei der Relation werden die Begriffe oder nun auch schon Urteile daraufhin verglichen, "ob etwas [ein Begriff, MK] in dem Begriffe innerlich enthalten sei, oder [durch ein Urteil äußerlich, MK] zu ihm hinzukomme" (B 335). Hier ermöglicht, wenn das erstere der Fall ist, dies die Bildung eines kategorischen Urteils (hier sogar eines notwendigen analytischen Urteils). Dabei macht also der Subjektbegriff, in dem sich das mögliche Prädikat neben anderen Begriffen schon (aber nur logisch) enthalten findet, wie ansonsten auch der Substanzbegriff einen Inbegriff ms. Und wir müssen also Merkmale daraufhin "unter einander zusammenhalten, ob nicht zum Theil eins die andre in sich schließe" (I 277). Beim zweiten ist nicht etwa vom synthetischen Urteil die Rede, sondern vom logisch zu beurteilenden hypothetischen Urteil (denn es ist hier aufs neue um einen Fall zu tun, in dem "wir bloß logisch reflektieren" (B 335), was nie ein synthetisches Urteil ge-

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ben kann). 19 Dieses hypothetische Urteil kann dann zwar allenfalls wieder aus zwei synthetischen Urteilen bestehen. Aber es muß dabei dann immer ein solches äußeres Verhältnis zwischen ihnen gedacht sein, daß das zweite, d. h. das Beilegen seines Prädikats innerlich, "aus dem Antecedens [logisch, MK] folget" (XXIV 666). Denn "ein synthetischer Satz kann allerdings nach dem Satze des Widerspruchs eingesehen werden, aber nur so, daß ein anderer synthetischer Satz [äußerlich, MK] vorausgesetzt wird, aus dem er gefolgert werden kann, niemals aber an sich selbst" oder innerlich (B 14 und IV 268). Das Setzen des ersten und das Aufheben in einem dieses zweiten muß also einen logischen Widerspruch ergeben ("wenn eine vollkommene Gerechtigkeit da ist, so wird der beharrlich Böse bestraft" (B98)). Siehe hierzu noch einmal oben S. 160ff. und dabei vor allem wieder S. 161, Anm. 229, wo dann auch noch alles Nötige zur "Übereinstimmung" des disjunktiven Urteils mit der Kategorie der Wechselwirkung gesagt ist. Es findet sich da auch bereits vorgeführt, wie sich die problematischen Glieder (Urteile) der Disjunktion wechselseitig äußerlich ihre jeweiligen inneren Bestimmungen als logischen Prädikate bestimmen (d. h. natürlich diejenigen des Subjektbegriffs). Ein bereits gebildetes Urteil schließlich kann als logisch möglich bestimmt werden, wenn es mit der formalen Bedingung dieser logischen Möglichkeit übereinstimmt, d. h., wenn es sich nicht widerspricht. Es kann als logisch wahr bestimmt werden, wenn die Verbindung aus seiner Materie als aus den verbundenen Begriffen oder Urteilen selbst folgt. Es ist dann zugleich immer auch, da bei Kant der Satz des Widerspruchs mit demjenigen des ausgeschlossenen Dritten unzertrennlich verbunden ist, als logisch notwendig anzusehen.

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Im engeren Sinne ist ein analytisches Urteil zwar ein solches, bei dem das Prädikat b im SubjektbegrifF a gedacht ist und das also immer ein kategorisches Urteil "a ist b" ausmacht. Aber in der oben entwickelten Bedeutung kann man durchaus auch von "analytischen hypothetischen Urtheilen" sprechen (XVII 64511 f.).

Anhang 2: Zur Amphibolieproblematik im Opus postumum Es seien zum Abschluß dieser Arbeit, in aller möglichen Kürze, noch einige Worte zur Problematik der Amphibolie der Reflexionsbegriffe in Kants Opus postumum gesagt. Sie schlägt sich, in der hauptsächlich im Übergang von den Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft zur Physik sich ergebenden Verwechslung des Dynamischen und "Mechanischen", als eine Verwechslung des Inneren und Äußeren sowie als eine Verwechslung auch von Materie und Form nieder. Wir wiesen gegen Anfang der Arbeit bereits einmal auf diese Amphibolien hin. Und wir sagten denn wohl auch, daß sich diese Verwechslungen wie in der Kritik der reinen Vernunft auf einer transzendentalen Amphibolie gründen als auf einer "Verwechslung des reinen Verstandesobjekts mit der Erscheinung" (B 326). Wir gaben zum Beleg die Stelle an, nach der die "Amphibolie der Reflexionsbegriffe" im Opus postumum darin besteht, "das Zusammengesetzte in der Erscheinung mit der Zusammensetzung als einem Verstandesbegriffe (der Sache dem Object an sich) zu verwechseln" (XXII 331). Dazu führten wir später dann aber schon an, daß hier noch einmal eine Unterscheidung zu treffen sei. Denn sowohl diese eigentlich bereits sensualistische Amphibolie als auch der Fehler (die Amphibolie der einzelnen Reflexionsbegriffe) des "Intellektualphilosophen" Leibniz gründen ja beide bereits in der transzendentalen Amphibolie, Erscheinung für ein Ding an sich zu halten. Freilich ist die Ähnlichkeit der obigen Formulierung XXII 331 nicht zufällig. Denn es sind ja eben die (dabei reinen) Kategorien als die Begriffe von Gegenständen selbst, die dem Denken des Dinges an sich (als des reinen Verstandesobjekts) zugrunde liegen. Sie eben leisten nun auch, im empirischen Gebrauch und schematisiert, die gedachte Zusammensetzung der apprehendierten Erscheinung zu einem Erfahrungsgegenstand, d. h. zu einem "Object an sich" selbst der Erfahrung (siehe auch Β 313 unten). Und die Amphibolie, von der im Opus postumum gehandelt ist, daß man als bloß mathematischer Naturforscher die bloße (dem Wahrnehmungsurteil entsprechende) subjektive Zusammensetzung des bloß Apprehendierten und allenfalls analytisch Reflektierten mit der zu ihr gedachten und aus ihr bestimmten, d. h. mit der Zusammensetzung bereits nach den Kategorien verwechselt bzw. daß man meint, die erstere Zusammensetzung auch ohne die zweite, die dabei aber stillschweigend angenommen und postuliert als unterstellt ist (IV 47235, XXII 516), nehmen zu können, hat etwas jener transzendentalen Amphibolie durchaus Analoges. -

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Der "Übergang" von den Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft zur Physik, als eine allgemeine Kräftenlehre und im Grunde als ein großangelegter Versuch, den Kategorien einen auch räumlichen Schematismus an die Seite zu stellen,1 untersucht im Anschluß an die "Dynamik" dieser Metaphysischen Anfangsgründe, nach ihren apriorischen Bedingungen und dabei selbst wieder nach dem Schema der Kategorientafel, die der Materie als solcher ursprünglich eigenen als inneren (bleibenden inhärierenden) Kräfte. Diese sind dann als dynamische den auf ihnen allein sich gründenden (geäußerten) mechanischen Kräften (in der bloßen Mitteilung von Bewegung) immer vorgeordnet. Denn "die mechanisch// d. i. von außen bewegende Kräfte (Maschinen) sind selbst nur durch dynamische der Materie innerlich eigene Kräfte möglich" (XXII 245). Kant fuhrt nun anhand einer ganzen Reihe von Beispielen vor, wie man also nicht, als bloß mathematisch vorgehender Naturforscher, in "mechanistischen" Betrachtungen, die im Grunde nur falsch phoronomische sind, ohne physische Erklärungen (d. h. ohne ein "Hineinlegen" 2 zunächst und Dazudenken des Dynamischen) physische Phänomene erklären könne, ohne diese der Materie eigenen inneren Kräfte immer schon vorausgesetzt und, wie gesagt, stillschweigend postuliert zu haben. Anderenfalls ergeben sich nämlich genannte Amphibolien des Inneren und Äußeren bzw. dann auch von Form und Materie. Die erste der beiden Amphibolien, die sich auf die Relationskategorien bezieht, würde darin bestehen, daß man ein Äußeres (im Grunde dann nur die beobachtete und analysierte und allenfalls mathematisch-synthetisch beschriebene und "analysierte" Bewegung 3 ) ohne seine notwendigen (komparativ) inneren Bedingungen nähme (eine Kruftäußerung ohne überhaupt innere, der Materie eigene Kräfte). Das heißt, diese Amphibolie würde darin liegen, daß man sich Handlung der Substanzen, die mithin "aus innerem Princip" geschehen würde (IV 34427), im Grunde aber dann ohne Substanzen selbst vorstellte. Einem eigentlich nur zu denkenden Äußeren, das sich auf einem Inneren als auf seiner Bedingung gründet

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Vgl. XXII 484: "Die metaphysische A. Gr. gehert vor den mathemat. vorher. Diese geben in Vereinigung mit jenen den Schematism der Urtheilskraß nach dem Verhältnis der empirischen Anschauung des Raumes u. der Zeit." Freilich wird der Ausdruck eines "Schematismus" im Opus postumum auch schon einmal einfach im Sinne bloßer "sinnlicher Anschauungen" (XXII 28613) oder einer bloßen "Darstellung" (XXII 5708) genommen. Es ist dann also eigentlich von einer bloßen "Darstellung", die nämlich noch gar nicht Darstellung eines (intellectuellen) Begriffs ist, die Rede. Das ist dann etwa der Fall, wenn "statt der Categorie ihr Schematism im äußeren Sinnenobject unterschoben wird" (XXII 556), d. h. in den weiter oben schon erwähnten Paralogismen der Urteilskraft. Siehe dazu etwa XXII 522: "Nun trat N e w t o n auf und als Philosoph [nicht als bloßer Mathematiker, MK] führend trug er eine mit dem Raum selbst identisch verknüpfte und blos als sensibeler Raum anzusehende bewegende Kraft Gravitations//Anziehung genannt in das Universum hinein". Vgl. XXII 286l0f., 3183ff. und 3226 sowie auch noch das "Beilegen" (IV 4986) oder auch ausdrücklich ursprungliche Beilegen (IV 50910Γ) einer Kraft in den Metaphysischen Anfangsgründen. Vgl. etwa XXII 516l7ff. oder 52114ff..

Zur Amphibolieproblematik im Opus postumum

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(mechanische Kausalität auf der Kraft der Substanz), wäre dann ein bloß "Äußeres" ohne Inneres untergeschoben. Und man hätte von den apprehendierten und beobachteten Bewegungen (als Erscheinungen) gar keinen eigentlichen Erfahrungsbegriff. Von der Seite der Modalität her gesehen stellt sich derselbe Sachverhalt nun so dar, daß man sich das bloß Materiale und Subjektive der im engeren Sinne gegebenen Erscheinung dann ohne die hierzu notwendigen formalen Verstandesbegriffe (vom Gegenstand dieser nur subjektiven anschaulichen Vorstellungen) als gegebene, im Grunde aber nach dieser intellektuellen Form in ihrer Zusammensetzung gemachte Gegenstände selbst vorstellte.4 Man würde sich also ein Materiales (Existierendes) ohne die formalen Bedingungen überhaupt seiner realen Möglichkeit vorstellen. Denn "das E m p f i n d b a r e in der Erfahrungsvorstellung (sensibile) ist der Stoff für die Physik daraus die Erfahrungserkentnis nach einem formalen Princip [hier des Verstandes, MK] durch Beobachtung und Versuch der Naturforschung (observado et experimentum) allererst gebildet werden muß" (XXII 320f.) Das heißt, dieses bloß " E m p f i n d b a r e " ist, analog demnach weiter oben der Materie des Erfahrungsbegriffs, die auch nicht selbst in bloßer subjektiver Erscheinung bestand (S. 267), nicht etwa bereits der Stoff der Physik. Wie also der "Intellektualphilosoph" bestimmte Gegenstände ohne die formalen anschaulichen Bedingungen ihrer realen Möglichkeit annimmt und Raum und Zeit dann umgekehrt sogar (als ihre intellektuellen Relationen) aus dieser gegebenen Materie ableitet, so ist es nunmehr der "Sensualphilosoph", als der nur mathematisch reflektierende und bestimmende Naturforscher, der wiederum von bereits bestimmten Gegenständen seinen Ausgang nimmt, ohne freilich dieses Mal die formalen Bedingungen des Verstandes ihrer realen Möglichkeit zugrunde legen zu wollen. Denn der Begriff der (bloßen) Bewegung ist an sich einer der "zur Sinnlichkeit gehörigen Begriffe" (B 58). Kant schreibt es der "glücklichen Verwegenheit des Newton" zu, "die mathematische Principien der Bewegung zu dynamischen der bewegenden Kräfte" gemacht zu haben (XXII 492) - wobei "dieser Schritt den Newton that" dabei "von ihm in der Qualität eines Philosophen der neue Kräfte auf die Bühne bringt" (XXII 516) getan wurde. Bleibt dieser Schritt dagegen aus, so riskiert man, "durch eine grobe Amphibolie der Reflexionsbegriffe die Philosophie und einen Zweig derselben die Metaphysik zu einem Fache der Mathematik zu machen" (XXII 489). Denn "mathematische Anfangsgründe derN. W. haben es nur mit dem Formate der Bewegung nicht aber mit dem Materiale der ursprünglichen bewegenden Kräfte zu thun" (XXI 292), die eigentlich in ihnen als 4

Siehe etwa XXI 6396(1' oder auch XXII 320. An dieser zweiten Stelle besteht eine mögliche Täuschung darin, "daß, was die Existenz eines Sinnenobjects angeht das empirische Bewustseyn des Objects (die Warnehmimg) für ein Princip der Verknüpfung der Warnehmungen zur Möglichkeit der Erfahrung unmittelbar genommen wird und zwar direct da ein solches nur mittelbar (indirect) geschehen kann", nämlich durch formale, kategoriale Verbindung des dann erst "Zusammengesetzten als eines solchen" (XXI 6399).

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physische aber immer schon vorausgesetzt werden. Die Erkenntnis a priori der Möglichkeit dieser Kräfte geschieht zunächst einmal aber nach formalen Bedingungen und Prinzipien des Verstandes - wenn auch ihrerseits bereits wieder mit Hilfe mathematischer Überlegungen und also teils auch wieder unter formalen Bedingungen der Sinnlichkeit. Dabei sind allerdings die letzteren mathematischen Überlegungen (im Dienste der reinen Philosophie und deren Systematik untergeordnet) von denjenigen jener "mathematischen Anfangsgründe" zu unterscheiden. Ein Beispiel, das Kant immer wieder anfuhrt und erörtert, sind die bloß mathematischen Demonstrationen und nicht zunächst auch immer notwendigen physischen Erklärungen der Hebelgesetze durch Kästner: "Herr H. R. Kästner hat zuerst den Hebel gründlich und scharfsinnig d e m o n s t r i r t ohne, wie es scheint irgend eine physische Eigenschaft und innere bewegende Kraft der Materie hiebey ins Spiel zu ziehen. - Ein materieller Hebel müßte aber doch in Proportion der Länge seiner Ärme eine g e w i s s e D i c k e haben um wenn er an beiden belastet Wird nicht zu brechen zu biegen oder zu reissen. D i e hiezu erforderliche[n] [inneren, M K ] bewegendefn] Kräfte ignorine Herr K. als Mathematiker. D e n materiellen Hebel der jederzeit eine g e w i s s e D i c k e und starren Zusammenhang hat überlies er dem Physiker, nicht ihn zu demonstriren sondern zu erklären, s o gut er es vermag." (XXII 228f., siehe etwa auch XXII 3 3 9 u. 5 5 8 )

Diese versuchte Erklärung unternimmt Kant bekanntlich mit Hilfe des Begriffs (der Idee) des Wärmestoffs - der im Grunde aber lauter dynamische Inhärenz und selbst gar nichts eigentlich Subs ¡stierendes ist. Denn die "Amphibolie zwischen dem mechanischen und dynamischen System weiset bestandig auf einen Elementarstoff und die bewegende Kräfte der Materie im Wärmestoff hin" (XXII 565). Dieser "wunderbare Stoff der Wärme" (XXII 260) soll die dynamischen Eigenschaften aller übrigen Stoffe ermöglichen bzw. selbst darstellen (d. h. abgesehen von der allgemeinen Gravitationsanziehung), indem in ihm die respectus des Inneren und des Äußeren sowie des Formalen und des Materialen jeweils zusammenfallen (und zwar sowohl sinnlich als auch intellektuell genommen). Es sei zum Abschluß wenigstens noch erwähnt, daß sich im Opus postumum, was aber nicht mehr eigentlich die Übergangsproblematik betrifft, nicht nur eine Amphibolie des Dynamischen und bloß "Mechanischen", sondern daß sich dann auch noch eine Amphibolie des eigentlichen Mechanischen und des Organischen findet. 5 Hier kann nun nicht mehr nur ein mechanistisches "System nach Gesetzen der äußerlich einander bestimmenden Ursachen und Wirkungen", dem die inneren dynamischen Prinzipien immer schon zugrunde liegen, sondern hier kann ein System zusätzlich wieder "nach dem Begriff der Endursachen als einander innerlich bestimmenden bewegenden Kräfte statt haben" (XXI 197). In diesem Zusammen-

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Auf weitere, gänzlich beiläufig angesprochene Verwechslungen soll hier nicht mehr eingegangen werden. Siehe etwa XXII 308lf..

Zur Amphibolieproblematik im Opus postumum

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hang muß man an die sich ergebende Antinomie der Urteilskraft der dritten Kritik nicht eigens noch einmal erinnern.

Zusammenfassung Kant unterscheidet bestimmende und reflektierende Urteilskraft. Ziel der Arbeit ist der Aufweis, daß die Subsumtionen der bestimmenden Urteilskraft durch Reflexion geleistet werden. Das heißt, die bestimmende Urteilskraft reflektiert auch, und zwar in einer synthetischen Vergleichung mit den und mittels der Kategorien. Es ist immer wieder betont, daß diese Reflexion der bestimmenden Urteilskraft mit den Reflexionen der reflektierenden Urteilskraft nicht das geringste zu tun hat. Kant spricht denn auch bei letzterer wiederholt von einer bloß reflektierenden (d. h. nicht bestimmenden) Urteilskraft. Genannte ¡categoriale Reflexion über die Erscheinung (der bestimmenden Urteilskraft) wird zunächst einmal kurz im allgemeinen betrachtet und von den Handlungen der eigentlich reflektierenden Urteilskraft abgesetzt. Es folgt eine Erörterung der Reflexion speziell nach den Analogien der Erfahrung, die sich bei Kant als die synthetische Exposition der Erscheinung bezeichnet findet. Eine längere Betrachtung ist dann den sogenannten Schlüssen der "reflektierenden" Urteilskraft gewidmet: Dabei werden die Analogie- und Induktionsschlüsse vermittelst der bestimmenden Urteilskraft von denjenigen der bloß reflektierenden Urteilskraft abermals streng unterschieden. Erstere finden nach den Analogien der Erfahrung statt, und zwar in synthetischen Reflexionen über Erscheinung oder Uber den mannigfaltigen Inhalt des selbst bereits analytisch gebildeten bloß empirischen Begriffs derselben. Ziel ist die Bildung des jeweiligen Erfahrungsbegriffs. Die zweiten tragen sich nach dem Prinzip der Urteilskraft selbst zu, und dieses Mal ist der empirische Gattungsbegriff als ein solcher intendiert. Ganz entsprechend untersucht das letzte größere Kapitel die analytischen und synthetischen und wieder analytischen Reflexionen, die zur Bildung des bloß empirischen Begriffs, des Erfahrungsbegriffs sowie des empirischen Gattungsbegriffs führen. Im Zusammenhang mit der kategorialen, synthetischen Reflexion der bestimmenden Urteilskraft ist auch immer einmal wieder von den sogenannten Reflexionsbegriffen die Rede. Wenigstens in Ansätzen wird deutlich, wie der je einzelne Reflexionsbegriff (der dabei seinerseits synthetisch genommen ist) die Anwendung des je einzelnen Bestimmungsbegriffs, nämlich eben der Kategorie, ermöglicht und vermittelt. Die Urteilskraft verfährt "in ihrer Reflexion zugleich bestimmend" (XX 212).

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Hoffmann, Th. S : 81 Hoppe, H.: 43, 47, 114, 128Í, 133, 247, 289, 311 Hossenfelder, M.: 94, 133, 303, 309f. Hume, D.: 40, 46, 50f„ 95, 99, 126, 133, 142, 258,303,311 Jäsche, G. B.: 14, 136, 154, 160, 176f„ 195, 197, 213ff„ 217, 220ff„ 275, 286f.

Falkenburg, B.: 6 3 , 2 0 4 Fichte, J G.: 35, 103 Friedman, M.: 62 Funke, G.: 62

Kästner, A. G.: 95, 332 Kant, I.: Iff., 10, 12f„ 15, 18Í, 21f„ 24, 26f„ 29ff„ 47ff.. 5 3 f f , 58, 60ff„ 67ff„ 79ff„ 85ff„ 94ff., l O l f f , 106, 1 0 8 f f , 118f., 122, 124, 126, 1 2 8 f , 132ff„ 1 4 1 f , 147, 150, 153ff., 161, 163 f., 167ff., 173 f., 176Í, 181, 185ff., 195ff., 201, 203ff., 210ff., 215, 2 2 0 f f , 226ff„ 235, 237, 2 3 9 f f , 246f„ 249, 25Iff., 256, 258, 260f„ 264, 267ff., 273, 275ff., 281, 283, 285ff„ 292ff„ 296ff„ 313fF.,322f.,325f„ 328ff„ 334 Kaulbach, F.: 62, 296 Kemp Smith, Ν.: 81, 85, 133 Kepler, J.: 95 Kitcher, P.: 133 Körner, St.: 43, 268, 3 0 3 , 3 1 1 Kohler, G.: 67, 7F Kopernikus, N.: 132 Krausser, P.: 16 Krug, W. Tr.: 85 Kulenkampff, J.. 4, 300, 302

Graubner, H.: 99f. Gruber, R.:41 Grünewald, B.: 81, 164 Gurwitsch, Α.: 50, 25If. Guyer, P.: 21, 133, 148

Leibniz, G. W.: 329 Liedtke, M.: 4, 9 f „ 16, 21, 26, 67, 74f„ 112, 2 6 1 , 2 8 6 , 292 Linné, C. von: 299 Locke, J.: 36, 258

Hegel, G. W. F.: 142 Heidegger, M.: 18, 80, 1 1 1 , 2 5 1 , 2 8 1 , 2 9 1 , 3 0 8 , 325 Heintel, P.: 255 Heinze, M.: 92, 220 Henrich, D.: 18, 99, 133, 162, 249 Herkules: 155 Hiltscher, R : 81 Hippokrates: 134,238

Macho, Th.: 255 Malter, R : 315f. Mauthner, F.: 192 Meier, G. F.: 143, 173, 191,286 Mertens, H.: 2 1 , 2 6 1 Mörchen, H.: 18 Mudroch, V.: 63, 74, 204

Cassirer, E.: 95, 103 Descartes, R : 191 Dörflinger, Β.: 4, 43, 72, 79, 249, 270, 301, 308f. Düsing, K.: 67 Erdmann, B.: 104, 266 Ewing, A. C.: 164, 302f.

Newton,!.: 76, 330f.

Namenregister Patón, H. J.: 98, 110, 164, 168, 266, 270, 309 Patt, W : 269 Peirce, Ch. S.: 239 Plaaß, P.: 50 Plessis, S. I. du: 132 Prauss, G.: 9, 43ff„ 50, 62, 80f„ 85, 94ff„ 110f., 251, 258, 2 6 7 Í , 270, 272, 308

Seigfried, H.: 268 Sokrates: 291 Spinoza, B. de: 163 Strawson, P. F.: 266, 2 6 8 , 2 9 1 , 311

Reich, Κ : 112 Reuter, P.: 26, 3 2 , 3 1 6 , 3 1 9 Ritzel, W.: 91, 98 Röd, W.: 133

Ulrich, J. Α. H.: 310

Scheffer, Th.: 302 Schelling, F. W . J . : 2 8 1 Schmidt, R.: 1 Schönrich, G. : 2 8 , 4 4 , 51, 99, 112, 311, 316 Schopenhauer, Α.: 32ff., 41, 53 Schulz, G.: 79f., 115 Schulze, St.: 292 Seebohm, Th. M.: 87, 104, 111, 163, 220

Teichert, D.: 198,300 Thomas v. Aquin: 115

Vaihinger, H.: 110, 250 Walsh, W. H.: 268 Windelband, W.: 300 Wolff, Chr.: 25, 85, 113,286 Wundt, M.: 270 Zanetti, V.: 300 Ziegler, Th.: 192 Zocher, R.: 74, 98, 112, 266, 292, 300, 311 Zöller, G.: 8 1 , 2 6 2 , 269

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Aus dem Inhalt: Das Selbstbewußtsein und die Selbstanschauung. Das Selbstbewußtsein als das Bewußtsein der analytischen Identität des Subjekts — Das Selbstbewußtsein als Bewußtsein seiner selbst als Objekt. Die Entfaltung der Selbstanschauung in dem synthetischen und analytischen Akt. Die Anschauung und das Problem der Gegenständlichkeit im Selbstsetzungsakt — Das Selbstbewußtsein als Selbstanschauung und Selbstdenken — Die Einteilung der Selbstanschauung in die primitive und die derivative. Die transzendentale Funktion des Selbstbewußtseins·. Das Selbstbewußtsein als die entzweite Einheit des Subjekts mit sich selbst.

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DIETMAR HERMANN HEIDEMANN

Kant und das Problem des metaphysischen Idealismus 1998. 23,5 X 16,5 cm. X, 268 Seiten. ISBN 3-11-016231-8 (Kantstudien Ergänzungshefte, Band 131)

Der Streit um Idealismus und Realismus, wie er gegenwärtig in der Erkenntnistheorie ausgefochten wird, beherrscht schon die philosophische Diskussion zur Zeit Kants. Die Auseinandersetzung mit dem metaphysischen Idealismus, der die Existenz der Außenwelt leugnet oder bezweifelt, ist hierbei für die kritische Philosophie Kants von eminenter Bedeutung. Sowohl aufgrund von äußerer Kritik an seiner eigenen Theorie als auch aus systematischen Gründen sieht Kant sich zu Widerlegungen dieses Idealismus-Begriffs gezwungen. In der Untersuchung werden nach dem Aufweis schulphilosophischer Einflüsse auf die Kantische Idealismus-Kritik die zahlreichen Argumentationen Kants gegen den metaphysischen Idealismus rekonstruiert und — auch in Hinblick auf die aktuelle Idealismus-Realismus-Debatte — geprüft. Es wird gezeigt, daß vor allem die seit der KrV (B) neu entwickelte Theorie des inneren und äußeren Sinnes systematische Funktion für die Theorie des Selbstbewußtseins hat und Hauptstütze des Kantischen Beweises der Außenweltrealität ist.

Walter de Gruyter

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