Subartu: Beitraege zur Kulturgeschichte und Völkerkunde Vorderasiens

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Subartu: Beitraege zur Kulturgeschichte und Völkerkunde Vorderasiens

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H

BEITRÄGE

ZUR

/

KULTURGESCHICHTE

UND VÖ LK ER KU N D E VORDERASIENS

VON

ARTHUR UNGNAD i g i q - . n|

>

BERLIN UND LEIPZIG

WALTER DE GRUYTER & CO. V O R M A LS G. J. GÖSCHEN’SCHE VER LA G SH AN D LU N G — J. GUTTENTAG, VERLAGS­ B UCH H AND LU NG — GEORG R E IM E R — K A R L J. TR Ü B N E R — V EIT & COMP.

1936

A r c h iv - N r . 41 24 36

D ru ck von Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35

Printed in Germany

Vorwort. In meiner populären Broschüre »Die ältesten Völkerwande­ rungen Vorderasiens« (Breslau 1923) hatte ich mich dahin aus­ gesprochen, daß das Land Subartu mit seiner der »armenoiden« Rasse angehörigen Bevölkerung für die Kulturgeschichte Vorder­ asiens weit größere Bedeutung gehabt habe, als man nach den bisherigen Darstellungen annehmen zu können glaubte. Meine Ausführungen stützten sich auf eigene Untersuchungen, zu denen H u g o W i n k l e r s Aufsätze über »Suri« in der Orientalistischen Literaturzeitung (1907) die erste Anregung geboten hatten. Die Resultate der Ausgrabungen des F r e i h e r r n M a x v o n O p p e n ­ h e im auf dem Teil Halaf und dem Gebelet el-Beda konnte ich nur als eine Bestätigung meiner Ansichten auffassen. Von anderer Seite jedoch fanden diese Ansichten nur wenig Zustimmung, ja geradezu Ablehnung. So hielt ich es für notwendig, den ganzen Fragenkomplex noch einmal aufzurollen und nach allen Seiten hin zu beleuchten. Um auch Fernerstehenden die Möglichkeit zu geben, sich ein U rteil über diese Materie zu bilden, schien es mir ratsam, nach einer allgemein orientierenden Einleitung (§§ I — 23) zunächst die Q u e lle n selbst sprechen zu lassen, soweit diese mir zugänglich und bekannt waren (§§ 24— 100), und erst im Anschluß daran meine Ergebnisse (§§ 101— 138) zusammenzufassen. Da die be­ handelten Fragen nicht nur den Keilschriftforscher, sondern auch den Historiker, Religionsgeschichtler, Archäologen und Anthro­ pologen angehen, so mußte ich stellenweise etwas weiter aus­ greifen, als es der »Fachmann« vielleicht für nötig erachten möchte. Ich bin mir auch vollkommen klar darüber, daß ein einzelner in allen Fragen, die hier mitspielen, nicht selbst »Fachmann« sein kann, und da,ß sich vieles erst durch gemeinsame Arbeit weiter klären wird.

IV

Vorwort.

Aber selbst auf die Gefahr gelegentlicher Verirrungen hin mußte es einmal gewagt werden, in dieses Neuland weiter ein­ zudringen, zumal gerade in letzter Zeit durch die vorgeschicht­ lichen Funde im Vorderen Orient das allgemeine Interesse für das in Frage kommende Gebiet besonders geweckt worden ist. Dieses Gebiet ist räumlich und zeitlich so umfangreich, daß es noch vieler Arbeit bedarf, um es genauer zu erforschen. Vor allen Dingen sind neue Ausgrabungen im oberen Mesopotamien in großem Umfang ja nur auf dem Teil Halaf unternommen worden. Die von Freiherrn v o n Oppenheim längst geplante weitere Durchforschung der tiefen Schichten des Teil Halaf und die Aus­ grabung des dicht dabei gelegenen Ruinenhügels Fecheria, unter dem aller Wahrscheinlichkeit nach die Hauptstadt der arischen Mitannierkönige des zweiten vorchristlichen Jahrtausends be­ graben liegt, konnten leider infolge der wirtschaftlichen Schwierig­ keiten unserer gegenwärtigen Zeit noch immer nicht in Angriff genommen werden, obwohl diese Arbeiten die weittragendsten Resultate verheißen; und viele andere kulturell bedeutsame Städte Mesopotamiens kennen wir bisher nur aus den spärlichen literari­ schen Quellen, ohne sie mit irgendeinem der zahlreichen Ruinen­ hügel identifizieren zu können. Unter diesen Umständen wäre es gewiß vorsichtiger gewesen, noch weitere Pionierarbeiten abzuwarten, ehe man einen Versuch wagte, das unbekannte Land gewissermaßen zu überfliegen und aus einer Vogelperspektive aufzunehmen, die wichtige Einzel­ heiten noch gar nicht genau erkennen läßt. Ich hätte diesen Versuch auch nicht gewagt, wenn F r e i h e r r v o n O p p e n h e i m mich nicht immer wieder ermutigt und manche äußere Schwierig­ keiten durch stete Hilfsbereitschaft beseitigt hätte, wofür ihm hier mein wärmster Dank ausgesprochen werden soll. Meine frühere Meinung über die Bedeutung Subartus hat sich nicht geändert: nach wie vor halte ich den subaräischen Kulturkreis für einen Faktor in der Entwicklung des Alten Orients, den man schon jetzt nicht beiseite lassen kann, auch wenn sich sein Wert infolge allzu vieler unbekannter Größen einstweilen nur näherungsweise bestimmen läßt. Sollte dieser W ert in den folgenden Ausführungen wenigstens soweit richtig bestimmt sein, daß er allgemein als vorhanden anerkannt und berücksichtigt wird, so wäre dieses mein größter Lohn für die oft mühsame

Vorwort.

V

und undankbare Aufgabe, an die ich mich trotz allem gewagt habe. Fast vollständig abgeschlossen war diese Arbeit bereits vor drei Jahren; doch immer wieder verhinderten allerlei Schwierig­ keiten die Veröffentlichung. Inzwischen ist mancherlei neues Material, dessen Einarbeitung nur bis zu einem bestimmten Grade möglich war, hinzugekommen, das einerseits meine Ansichten in mancher Hinsicht zu stützen, andrerseits, soweit es von abweichen­ den Voraussetzungen ausgeht, sie nicht zu erschüttern vermag. Falkensee bei Berlin im Juli 1936. A. Ungnad.

Inhaltsübersicht. I. E in le itu n g . .

S eile

§

i.

Indogerm anen.................................................................................................

i

§ § § § § § § § § § § § § § § §

2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.

Rasse und H eim a t.................................................... .................................... Nordische R a s s e ............................................................................................. Mediterrane R asse: westische, ham itische und orientalische Rasse Sprachen der nordischen R a s s e ................................................................ Sprachen der mediterranen R a s s e ............................................................ Rasse der Sumerer (aralische R a s s e ) .................................................... . Sumerer in B ab ylon ien ................................................................................ Vorgeschichtliche Perioden in B ab ylon ien .............................................. Kurzschädel in B a b y lo n ie n ........................................................................ Urheim at der Sumerer: religionsgeschichtliche M om ente.................... Urheimat der Sumerer: philologische M om en te.................................... Innerasiatische Kurzschädelrassen............................................................ Steilschädelrassen in Europa und A s i e n ........................................ .. Dinarische und vorderasiatische Rasse .................................................. Kaukasussprachen. H a ttis c h ...................................................................... Eigenschaften der vorderasiatischen Steilschädelrasse........................

i 2 3 4 5 6 7 8 9 9 11 13 13 14 14 16

§ 18.

Sch ädelm essun gen .........................................................................................

17

§19.

Iran und E la m ..............................................................................................

18

§ 20. § 21. § 22.

K a s s ite n ........................................................................................................... Rassen in Iran und E lam ........................................................................ A nfänge der Zivilisation in V o rd era sien ................................................

*9 20 20

§ 23.

Bedeutung S u b a rtu s.....................................................................................

22

II. Q u e lle n . § 24.

S U .E D E N =

§25.

Sumer, sü b ir...................................................................................................

25

§ § § §

Sumer, Sumer, Sumer, Sumer,

subar................................................................................................... sugir, s a g ir ....................................................................................... h u b u r ..................................................................................... ............ mir (?) und nutyu&a ( ? ) ................................................................

25 25 26 27

§ 29. § 30.

O rt Subar bei E rid u .................................................................................... Subartu zur Zeit des Lugal-an ni-m undu................ ................................

28 31

§ 31. § 32.

Subartu zur Zeit des Eannatum I .......................................................... Subartu in dem Landstraßenverzeichnis aus A ss u r ............................

37 39

26. 27. 28. 28a.

akkad. S u b a rtu ..................................................................

24

§ 33.

Subartu

zur Zeit des Sarru-kin I .............................................................

41

§ 34.

Subartu zur Zeit des N aräm -Sin ..............................................................

43

VIII

Inhaltsübersicht.

§ 35.

Subartu zur Zeit des I b i-S in .....................................................................

45

§§ 36. § 38. § 39. § 40.

3 7 - Subartu zur Zeit ^ a m m u r a p is ......................................................... Subartu zur Zeit der A m a r n a -B r ie fe ........................................................ Subartu in den B o ghazkö i-T exten .............................................................. Subartu zur Zeit des letzten K aätiliaä......................................................

45 4g 5x

§ § § §

Subartu Subartu Subartu Subartu

52 53 53 54

41. 42. 43. 44.

zur zur zur zur

Zeit des Nabu-aplu-usur........................................................ Zeit des Nabü-kudurri-usur.................................................. Zeit des N abü -n a’i d ................................................................ P er se r ze it..................................................................................

§ 45. § 46.

Die Subaräer Die Subaräer

zur Zeit des Asur-uballit I und des Adad-nirari I ... zur Zeit des Sulmänu-aäared I ...........................................

55 55

§ 47. § 48.

Die Subaräer Die Subaräer

zur Zeit des Tukulti-N im urta I ........................................ zur Zeit des Tiglathpilesar I ...............................................

55 57

§ 49. § 50.

Die Subaräer zur Zeit des Tukulti-N im urta I I und desA§ur-näsirapli I I .................................................................................................... 5 s Subartu zur Zeit des A sa rh a d d o n ..............................................................

59

§ 51.

Subartu in der synchronistischen G e s c h ic h te .........................................

59

5 2- 5 3 - Subartu in geographischen L is te n ..................................................... 54— 5 7 - Subartu in religiösen T e x te n .............................................................. 58— 61. Die Götter von Su b artu ......................................................................

60 6l 64

§§ 62— 84. Subartu in astrologischen O m en texten ............................................ § 85. Der König von Subartu in O m entexten.................................................... § 86. Gutium in O m en texten ..................................................................................

69 86 g^

§§ §§ §§

§ 87.

Der König »der Gesamtheit« in O m e n te x te n .........................................

89

§ § § § §

88. 89. 90. 91. 92.

Subartu = Assyrien in astrologischen B erichten.................................... Subartu in nicht-astrologischen O m en texten ........................................... Subartu in Listen verschiedener A r t .......................................................... Subaräische Glossen in W ö rterlisten ................................................. Subaräische P flan zenn am en .............................................................

92 g3 g^ g^ gg

§ § § § § §

9394. 9596. 97. 98.

Sklaven aus Subartu in Verträgen der H am m urapizeit....................... Subaräer als Angestellte in Listen der H am m u rap izeit....................... Subaräer in Briefen der h a m m u r a p iz e it................................................. Sklaven aus Gutium in Urkunden der H am m u rap izeit....................... Subaräer in Urkunden des dritten Reiches von U r ....................... . Subaräer in assyrischen R echtsurkunden...........................................

99 101 i Q2 103 105 I06

§ 99. Sbr in alphabetischen Keilschrifttexten aus R as S a m r a .................... 107 § 100. Subartu außerhalb der Keilschriftliteratur............................................. 108

III. Ergebnisse. § 101. § 102.

Die sumerischen und akkadischen Namen S u b a rtu s ........................... subar und fyubur.....................................................

109 IIO

§ 103.

Subartu und lupfcc..............................................................

IIO

§ 104.

Subartu und E la m ..................................................

113

§10 5. § 106.

Subartu als politischer B e g r if f ............................................... W . '. '. '. '. " '. Umfang Subartus bei Lugal-an ni-m u ndu ........................................

114

§ 107.

Umfang Subartus zur Zeit des Reiches von A k k a d ............................

§ 108. § 109. § 110.

Um fang Subartus zur Zeit des dritten Reiches von U r ................ .... 119 Um fang Subartus zur H a m m u ra p izeit................................................... X1g Subartu und M ita n n u ................................................................................ ’ I2I

§111. § 112.

Der subaräische König und das Land gubarü-Subria . . . ! ! ! . ! . . ! . 122 Das Land der Subaräer in assyrischen Königsinschriften..................... 123

1x7

IX

Inhaltsübersicht.

Seite

§ 113 .

Subartu bei A sarhaddon............................................................................

125

§ 114.

Subartu in spätassyrischer Zeit =

125

§115. § 116. § 1 17 . § xi8 .

D ie subaräischen Glossen und der Brief des Tuäratta von Mitannu D a s sog. »Mitanni« und die subaräischen S p rach reste...................... Die Hurrier und das H u rritisch e............................................................. Hurritisch oder S u b a r ä is c h ? .....................................................................

126 128 129 i 32

§ 119.

Subaräisch-hurritische Eigennamen in vorhurritischer Z e it ..............

135

§ 120.

Subaräische Eigennam en in Keilschrifttexten aus babylonischem G e b i e t ......................................................... .................................................. 138

§ 121.

Subaräische Eigennamen in Keilschrifttexten aus subaräischem G e b ie t......................................................... *................................................... 142

§ 122.

Begründung des Mangels an Quellen älterer Zeit aus dem Kern­ gebiet und dem W esten Su b a rtu s........................................................... 151

§ 123.

Assyrien........................................

§ 124.

D ie Bedeutung der hurritischen Sprachreste von Boghazköi für die Bestim m ung des subaräischen Sp rachgeb ietes.................................... 152 D ie subaräische Sprache von U g a r i t ................ .................................... 155

§ 125. § 126. § 127.

U m fang des subaräischen Sprachgebietes im zweiten Jahrtausend 157 D ialekte innerhalb des S u b a rä isc h e n ..................................................... 163 Urartäisch und S u b a rä isc h ...................................................................... 164

§ 128. § 129. § 130.

D ie G ötter Tesup und H epet ................................................................. 166 W eitere subaräische G o tth e ite n ............................................................... 169 D ie G ötter von U g a r i t ............................................................................. 171

§ 131. § 132.

D ie Rasse der Subaräer ........................................................................... 173 D ie Subaräer und ihre B u n tk e r a m ik .................................................... 177

§ § § § § §

W eitere Zeugnisse für die materielle Kultur A lt-Subartus ............ D ie K u n st der S u b a r ä e r ........................................................................... D ie religiösen Vorstellungen der S u b a r ä e r ................................ ...... W eitere Bemerkungen zur Geisteskultur der S u b aräer.................... D ie kulturgeschichtliche Bedeutung der subaräischen Rasse . . . . . Zusammenfassende Betrachtungen über die Bedeutung des suba­

179 182 187 190 193

räischen Kulturkreises

195

133. 134. 135. 136. 137. 138.

U n g n a d , Subartu

.............................................................................

b

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R

Sh Sin SPAW SS TCL Th UMBS VS W ZKM YOR YOT ZA ZDM G ZDPV

=

Sitzungsberichte in Omentexten, s. S. 69,

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der Preußischen Akademie der Wissenschaften.Berlin. Anm. 2.

= T extes cuneiformes. Musee du Louvre. Paris. in Omentexten, s. S. 69, Anm. 2. = T h e University Museum.Publications ofthe Babylonian Section. Philadelphia. = Vorderasiatische Schriftdenkmäler. Leipzig. = Wiener Zeitschrift für die K unde des Morgenlandes. = = = =

Wien.

Y a le Oriental Series. Researches. N ew Haven. Y a le Oriental Series. T exts. N ew Haven. Zeitschrift für Assyriologie. Leipzig. [N. F . = Neue Folge.] Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Leipzig.

= Zeitschrift des deutschen Palästina-Vereins.

Leipzig.

I. Einleitung. 1. Als gegen Ende des 18. Jahrhunderts das Sanskrit in Europa bekannt wurde, das man noch lange für die älteste indo­ germanische Sprache hielt, und als etwas später Franz B o p p die Grundlagen für die vergleichende Sprachwissenschaft schuf, lag es für eine Zeit, die von Vererbungswissenschaft noch nichts wußte, und die Rassenfragen nur gefühlsmäßig, aber nicht wissen­ schaftlich zu beurteilen imstande war, nahe, die Urheimat der Indogermanen im mittleren Asien zu suchen. Erst die Rassen­ forschung und die europäische Vorgeschichtswissenschaft haben diesen Glauben erschüttert; aber noch 1925 konnte ein so be­ deutender Forscher wie Eduard M e y e r sich dahin äußernI), daß »der Annahme, welche die H e im a t d e r In d o g e r m a n e n im Ostseegebiet oder überhaupt in Europa sucht, von geschicht­ licher und geographischer Seite her die schwersten Bedenken gegenüberstehen«. 2. Heute wird kaum jemand mehr daran zweifeln, daß die in d o g e r m a n is c h e n S p r a c h e n das arteigene Gedankengut der n o r d is c h e n R a s s e (homo europaeus Linne) darstellen. Es ist eine biologische Tatsache, daß Rassen sich dort am reinsten er­ halten, wo sie entstanden sind. Das erklärt sich sehr einfach daraus, daß Rassen das natürliche Erzeugnis ihrer Umgebung sind, allerdings nicht in dem Sinne, daß die Umwelt die Rasse hervorbringt, wie man einige Zeit lang annehmen zu dürfen glaubte: das Leben im Gebirge, dachte man, bringe runde Schädel und dunkle Haare hervor, das Leben im Flachlande dagegen lange Schädel und helle Haare. Dieser Standpunkt ist in dieser all­ gemeinen Formulierung längst überwunden2). Eine Rasse ent­ J) D ie Volksstäm m e Kleinasiens, das erste Auftreten der Indogermanen in der Geschichte und die Probleme ihrer Ausbreitung. S P A W 1925, X V I I I , S. 256. 1) D ie Versuche S t o c k a r d s an Amphibien, über die C. U . A r i e n s K a p p e r s in seiner trefflichen Introduction to the Anthropology of the Near E a s t in Ancient and R ecen t Tim es (Amsterdam 1934), S. 3, berichtet, lassen es allerdings als möglich U n g n a d , Subartu

1

2

I. Einleitung (§ i — 3 ).

steht vielmehr dann *), wenn eine abgeschlossene, gleichartige Menschengruppe unter der Einwirkung der Umwelt durch A u s ­ le se der für diese Umwelt geeigneten Einzelwesen und durch A u s m e r z e der ungeeigneten sich den durch die Umwelt gegebenen Verhältnissen immermehr anpaßt, sodaß schließlich diese Um­ welt die Heimat für sie wird, in der sie sich körperlich und seelisch am wohlsten fühlt. Daraus ergibt sich wiederum, daß, wenn Angehörige einer Rasse in artfremde Gebiete verschlagen werden, in denen sich bereits andere Rassen befinden, deren eigentliche Heimat diese neuen Gebiete sind, die fremde Rasse von vorn­ herein in erheblichem Nachteil gegenüber der ansässigen älteren Rasse steht; und da gesellschaftsgeschichtliche Vorgänge sich viel schneller auswirken als biologische, so findet die zugewanderte Rasse in artfremdem Gebiet in der Regel nach kurzer Blütezeit ihren Tod: die eingesessenen Elemente, die für den K am pf ums Dasein viel besser ausgerüstet sind, setzen sich wieder durch, merzen die artfremden aus und stehen schließlich doch als Sieger da, auch wenn sie, wie das oft geschieht, geistige Errungenschaften der eingewanderten Rasse wie Sprache und andere Kulturgüter sich angeeignet haben. 3. Die n o r d is c h e R a s s e hat sich nur im Nordwesten Europas verhältnismäßig rein bewahrt. Alle ihre Eroberungs­ züge nach Süd und Ost haben in der neuen Heimat die Rasse nicht erhalten können. So tritt sie in Indien, Persien und Armenien nur wenig in Erscheinung2), und auch im Süden und Osten Europas verschwindet sie mehr und mehr 3). Alles dieses sind .Gebiete, denen eine nordische Herrenschicht ihre Sprache aufge­ erscheinen, daß in dieser Formulierung insofern ein richtiger Gedanke steckt, als Mangel, bzw. Überfluß an Jod auf die Schilddrüse und diese wiederum auf die Entw icklung des Knochengerüstes Einfluß hat, und zwar derart, daß Mangel im Laufe von Jahrtausenden zur Kurzköpfigkeit, Überfluß zur Langköpfigkeit führen konnte. J) Über diese Fragen unterrichten am besten die Arbeiten von H a n s F . K . Rassenkunde des deutschen Volkes (München 1922), Rassenkunde Europas (München 1924), Rassenkunde des jüdischen Volkes (München 1930), v o n denen zahlreiche neue und vermehrte Auflagen erschienen sind. 3) Die sich bei den heutigen Iraniern (besonders bei Kurden und Persern) noch häufig findende Mesozephalie (Index 78— 79) möchte ich im Anschluß an D j a w a c h i s w i l i und K a p p e r s ( a .a .O ., S. 82 11.) als E rb gu t nordischen ( K a p p e r s »skythischen«) Einschlags ansprechen. Dagegen ist der In dex 72— 73 kaum »Indo-Aryan« (a .a .O .) , sondern aralisch (s. u. S. 6, Anm . 4). 3) Ebenso erging es im alten Vorderasien vorchristlicher Zeit den nasischen Hethitern und den arischen Mitanniern, über die noch zu handeln ist, sowie in Ostturkestan den Tocharern, die außerhalb unserer Betrachtungen bleiben. G ünth er,

I. Einleitung (§ 3. 4).

3

zwungen hat, die allerdings auch ihrerseits durch den Einfluß der unterworfenen Rassen ihre eigentümliche Umbildung er­ fahren hat. 4. Ergibt sich schon hieraus, daß Rasse und Sprache für die Zeiten, in denen Rassenmischungen in größerem Umfange statt­ fanden, zwei ganz verschiedene Dinge sind, so hat man doch lange Zeit hindurch Rasse und Sprache nicht streng getrennt, wie man dies hätte tun müssen, wenn man den Ergebnissen der Rassenforschung mehr Aufmerksamkeit geschenkt h ä tte 1). So findet man nicht nur Verwechslung von indogermanisch sprechen­ den Menschen mit nordischer Rasse, man spricht nicht nur von Slaven, wenn man slavisch redende Menschen m eint2), die rassisch ganz verschieden zusammengesetzt sind, sondern man findet dieselbe Verwirrung auch hinsichtlich des Begriffes »Sem iten«. So bringt H. G r e s s m a n n in seinen Altorientalischen Texten und Bildern zum Alten Testament 3) wiederholt Abbildungen syrischer und palästinensischer Menschen aus ägyptischen Dar­ stellungen, die er als »Semiten« bezeichnet, ohne sich klar zu machen, daß Semitisch eine Sprachbezeichnung ist, und daß wir über die Sprache der dargestellten Menschen aus den dazugehörigen Denkmälern gar nichts erfahren, ja er spricht geradezu von typisch semitischem Gesichtsausdruck und semitischem Typus, ohne sich selbst Rechenschaft zu geben, was er damit meint 4). Ebenso unklar ist der Begriff des »Typus der Amoriter«, wenn man ihn, wie Greßmann es tut, »rein rassenmäßig betrachtet« 5). S e m itis c h ist eine Sprache und keine Rasse. »Rein rassenmäßig« gehören die semitisch redenden Völker zum großen Teil der orientalischen Rasse an, einer Unterart der langschädligen, langköpfigen und dunkelfarbigen m e d it e r r a n e n , die man gewiß mit O t t o R e c h e 6) in drei Untergruppen teilen kann: 1. homo mediterraneus, var. europaea (oder w e s t is c h e R a s s e ), 2. homo mediterraneus, var. africana (oder h a m it is c h e R a s s e ), und 3. homo mediterraneus, 1) Vgl. die f ü r ihre Zeit bedeutungsvolle A rbeit von F e l i x v o n L u s c h a n , Völker, Rassen, Sprachen. Berlin 1922. j ) So wird von Staatsmännern in slavisch redenden Ländern immer wieder v o n einer gar nicht existierenden »slavischen Rasse« gesprochen! 3) Zweite Auflage, Berlin-Leipzig 1927. , 4) V gl. S. 6 (zu A b b . 19), S. 31 (zu A b b . 86), S. 37 (zu A bb. 107). 5) V gl. S. 7 (zu A b b . 22) und S. 35 (zu A b b . 102). 6) Literatur in R e c h e s Aufsätzen unter den betreffenden Stichworten in E b e r t s R eallexikon der Vorgeschichte, B d .V .

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I. Einleitung ( § 4 . 5).

var. orientalis (oder o r i e n t a l i s c h e 1) R a sse ). Alle drei2) stellen augenscheinlich eine Weiterentwicklung des diluvialen Löß­ menschen, des homo aurignaciensis, dar. Eine vierte Unter­ abteilung tritt uns möglicherweise in den alten Sumerern ent­ gegen, deren Rasse man als homo mediterraneus, var. sumerica oder geradezu als s u m e ris c h e R a s s e bezeichnen kann 3). Andere heute semitisch redende Völker gehören vorzugsweise der Rasse an, die man als armenoide oder vorderasiatische bezeichnete, und die R e c h e homo tauricus nennt, während ich sie als subaräische Rasse bezeichnet habe 4). Es ist also erstes Gebot, bei volks- und rassengeschichtlichen Untersuchungen Sprache und körperlich­ seelische Erscheinungsform (Rasse) streng zu unterscheiden, wenn man sich verständlich machen will. 5. In ältesten Zeiten, als die Welt noch dünn besiedelt war, gab es zweifellos Gegenden, in denen Menschen so vollkommen abgeschlossen hausten, daß sie sich zu einer besonderen Rasse herausbilden konnten. Zu den rassisch bedingten Eigenschaften gehört aber die Sprache, und in abgeschlossenen Gebieten haben Menschen derselben A rt auch einmal dieselbe Sprache geredet. Diese Zeiten liegen aber in den Kulturländern lange vor dem Beginn ihrer Geschichte. Als arteigene Sprache der nordischen Menschen kann mit ziemlicher Sicherheit das U r in d o g e r m a n is c h e gelten: es hat also eine Zeit gegeben, in der die Begriffe I n d o ­ g e r m a n is c h und N o r d is c h sich deckten. Aber die anderen 1) Die Bezeichnung ist leicht irreführend. D a Amurru die älteste historisch nachweisbare Heim at der »Semiten« war, empfiehlt es sich, sta tt von »orientalischer« von »amurritischer« Rasse zu sprechen. *) Der Zusammenhang der orientalischen Rasse m it der westischen und der hamitischen erscheint immerhin noch fraglich zu sein. Der Schädelindex von Phönikiern, Karthagern und heute noch verhältnism äßig rein erhaltenen Stämmen orientalischer Rasse (besonders Beduinen) weist nach K a p p e r s ( a .a .O ., S. 43 ff.) auf einen charakteristischen Index um 77, während er bei westischer und ham itischer Rasse erheblich niedriger (um 72) liegt. A uch das »occiput en chignon« (wulst­ artige Erhöhung am Hinterschädel) scheint nur für die orientalische Rasse charak­ teristisch zu sein ( K a p p e r s , S. 50). 3) V gl. unten § 7 ff. In diesem Falle würde es kaum zu Verwechslungen führen, daß man auch die dieser Rasse arteigene Sprache sumerisch nennt, zumal wir hier noch in den Anfängen der Forschung stehen. Immerhin müssen wir bedenken, daß ein Babylonier, der einen sumerischen Namen trägt, hiermit noch nicht als Angehöriger der sumerischen Rasse erwiesen wird, Babylonien war ja seit uralten Zeiten der gegebene Boden für Rassenmischungen. [Daß man die Rasse der Sumerer besser m it »aralischer Rasse« bezeichnen sollte, ist S 6 Anm. 4, dargelegt.] ' * 4) Siehe meinen A ufsatz »Rassenfragen des A lten Orients« in der Deutschen Allgemeinen Zeitung vom 21. Februar 1932.

I. Einleitung (§ 5. 6).

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europäischen Rassen, die in vieler Hinsicht der nordischen unter­ legen waren, haben, meist unter dem Zwange der Sieger, die Sprache der Nordmänner angenommen. 6. Aber- auch diese anderen Rassen müssen einmal ihre art­ eigene Sprache gehabt haben. Von der S p r a c h e d e r w e s tis c h e n R a s s e des homo mediterraneus (var. europaea) scheint keine Spur mehr zu existieren, es müßte denn sein, daß das Baskische, wie manche Kenner behaupten, der letzte Rest der alt-iberischen Sprachen ist, während andere, wie H e i n r i c h W i n k l e r , es weniger wahrscheinlich mit den Kaukasussprachen oder gar dem UralAltaischen in Verbindung brach ten 1). Die kümmerlichen Reste des Alt-Iberischen und der damit verwandten Sprachen der alten Pikten, Skoten und anderer europäischer Völker mediterraner Rasse genügen nicht, das Rätsel der Sprache dieser Rasse zu lösen. Beachtenswert ist es, daß diese nicht-indogermanischen Sprachen von dem indogermanischen Keltischen aufgesogen worden sind, und so mag sich manche westische Eigentümlichkeit, nachdem sie in das Keltische eingedrangen war, in diesem erhalten haben. Tatsächlich finden sich im W ortschatz sowohl des Baskischen als auch des Keltischen allerlei Elemente, die nach Afrika hinw eisen3). Allerdings wäre es verkehrt zu glauben, daß sich diese vor-indogermanischen Sprachen unter Einfluß afrikanischer Sprachen entwickelt hätten. W ir müssen vielmehr annehmen, daß einmal, als das Mittelmeer Europa und Afrika 3) noch nicht ganz trennte und Nordafrika noch nicht fast völlig von der Wüste erobert war, der mediterrane Mensch sich im Mittelmeergebiet — wo dies dort geschah, werden wir wohl nie erfahren — entwickelte, und daß auch er eine arteigene Sprache besessen hat. Das Auf­ hören jeder Landverbindung zwischen Europa und Afrika hat wohl die erste Spaltung des homo mediterraneus bewirkt und so den europäischen von den anderen Zweigen getrennt. Die Grund­ sprache des mediterranen Menschen werden wir demnach uns aus den Sprachen verständlich machen können, die noch heute 1) So in den Aufsätzen: Das Baskische und der vorderasiatisch-mittellän­ dische Völker- und Kulturkreis (Programm, Breslau 190g) und L a langue basque et les langues ouralo-alta'iques (1917). *) V gl. zuletzt F . v o n d e n V e l d e n , D er nordafrikanische Untergrund der keltischen Sprachen. Litterae Orientales, H eft 55 (Leipzig 1933). 3) Ü ber eine Land brücke von Tunis nach Italien und vielleicht auch von Marokko nach Spanien zur Würmperiode (letzte Eiszeit) vgl. H . P e a k e & H . J. F l e u r e , H unters and A rtists (Oxford 1 9 2 7 ) , S. ig ff.

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I. Einleitung ( § 6 . 7).

hauptsächlich an Angehörigen dieser Rasse haften, d. h. an den h a m it is c h e n u n d s e m i t is c h e n 1) S p r a c h e n . 7. Eine schwierige Frage ist es, ob man auch die S u m e r e r , die ältesten uns geschichtlich greifbaren Bewohner Babyloniens, zur mediterranen Rasse rechnen darf. Die Schädelfunde aus den Ausgrabungen daselbst zeigen eine Gestalt, die von der des medi­ terranen Typus kaum abw eicht3). Im ferneren Asien sind solche Schädel sonst nirgends als urheimisch nachweisbar: die Sumerer können deshalb unmöglich Verwandtschaft mit den kurzköpfigen uralaltaischen und mongolischen Völkern Asiens zeigen, wie man das vor den Schädelfunden vielfach annahm. Wenn man auch neuer­ dings Verwandtschaft der sumerischen Sprache mit dem Semiti­ schen feststellen zu können glaubte 3), so sind die Ergebnisse dieser Untersuchungen doch noch zu unbefriedigend, als daß sie als gesichert angenommen werden könnten. Die Trennung der Sumerer von den alten mediterranen Völkern muß, wenn sie wirklich der mediterranen Rasse zuzuzählen sind 4), schon so *) Der immerhin erhebliche Unterschied zwischen hamitischer und orien­ talischer Rasse hinsichtlich des Schädelindexes g ib t indes zu Bedenken Ver­ anlassung; s. S. 4, Anm. 2. *) V gl. besonders Sir A r t h u r K e i t h , Report on the H um an Remains (Publications of the joint Expedition of the British Museum and of the Museum of the University of Pennsylvania to Mesopotamia. U r E xcavations, Vol. I. A l-'U b aid , b y H . R . H a l l and C. L. W o o l l e y [Oxford 1927], S. 214^.), L. H . D. B u x t o n und D . T h . R i c e , R eport on the H um an Remains a t K ish in Journal of th e R oyal Anthropological Institute L X I (London 1931), S. 5 7 ff. sowie L. H . D . B u x t o n in A A A X V I I I , S. i o i f . — Vgl. je tzt auch K a p p e r s , a. a. O., S. io 7 f., n o f f . Ganz neuerdings hat K e i t h auch die Schädel der Sub-ad und des M es-kalam-dug aus Ur, die wohl dem E nde des 2. Reiches von U r angehören (s. S. 35, Anm . 4), einer genauen Untersuchung unterzogen (bei C. L. W o o l l e y , U r Excavations, Vol. I I [London 1934]. S. 400ff.). Sie sind durchaus »mediterran« m it Schädelindex 72.5! 3) V gl. V . C h r i s t i a n , D ie sprachliche Stellung des Sumerischen, Babyloniaca X II , S. 9 7 ff. und E . F o r r e r in J A 1930 (Okt.-D ez.), S. 244, der indes zu ganz unhaltbaren Folgerungen gelangt, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen und können. 4) K a p p e r s ’ Untersuchungen (S. 94ff-)> der zum ersten Male die Schädel (im SO des Kaspischen Meeres) herangezogen hat, die bis ins 4* vorchristliche Jahrtausend hinaufreichen, lassen eine hyperdolichozephale Urbevölkerung (Index um 72) erkennen, die ihren Ursprung in der Gegend des Aralsees gehabt haben dürfte, sich weiterhin aber nach SO über die Täler des Am u (Oxus) und Syr bis nach Indien und nach S W bis nach Babylonien ver­ breitet hat. In dieser Rasse, die K a p p e r s als »Caspian Indo-Aryans« (dunkelhaarig!) bezeichnet, möchte ich die sumerische Rasse wiedererkennen, nicht die indo­ arischen Satemleute. Man könnte diese Rasse im weitesten Sinne als a r a l i s c h e Rasse kennzeichnen. Die Verbindung nordischer Völker m it dieser Rasse h at wohl hauptsächlich zur Um gestaltung des Indogermanischen zum arischen Zweig bei­ getragen. Beziehungen zu den mitteleuropäischen Neolithikern sind nicht von der Hand zu weisen (vgl. die Übersichten bei K a p p e r s , Fig. 6 8 ). Die geschichtlichen Zusammenhänge harren noch der Deutung. L iegt ein noch unbekannter Vorv Pn Tepe Hissar bei Dam ghan

I. Einleitung (§ 7. 8)..

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früh stattgefunden haben, daß alle Versuche, ihre Sprache mit anderen mediterranen Sprachen in Verbindung zu bringen, wenig Aussicht auf Erfolg haben werden. E s wäre sogar möglich, daß die Sumerer sich bereits zu einer Zeit von den übrigen medi­ terranen Völkern getrennt haben, als diese noch der Aurignac­ Stufe nahestanden, sodaß sie als eine besondere Gruppe den vereinigten mediterranen Völkern gegenüberzustellen wären. Unser Material ist indes noch zu kümmerlich, als daß man diesen Ge­ danken weiter verfolgen könnte. E r soll nur ausgesprochen werden, um künftigen Untersuchungen eine Anregung zu geben. 8. Von archäologischer Seite ist es noch immer nicht ge­ lungen festzustellen, ob die S u m e r e r die ersten Bewohner B aby­ loniens waren, sobald dieses Alluvialgebiet überhaupt für mensch­ liche Besiedlung in Frage kam, oder ob sie andere Ureinwohner erst unterworfen, vielleicht auch vollständig vertrieben haben. Heimisch können sie ihrer Rasse nach im eigentlichen Vorderasien, abgesehen etwa vom Mittelmeergebiet *), nicht sein, das steht fest. Aber wie und wann sind sie in die Mündungsgebiete des Euphrat und des Tigris gelangt ? Die eine Möglichkeit wäre die, daß sie in einer Zeit, als die das babylonische Schwemmgebiet umgebenden Teile Asiens wenig bevölkert waren, dort einwanderten und das un­ bewohnte Neuland als Entdecker in Besitz nahmen. Hierfür würde sprechen, daß die vorgeschichtlichen Kulturreste, die sich in Babylonien bis auf den Urboden hinab verfolgen lassen, eine gewisse Beständigkeit zeigen und eine Entwicklungsreihe auf­ zustellen ermöglichen, die anscheinend keine gewaltsame Unter­ brechung voraussetzt. H. F r a n k f o r t 2) hat sich für die An­ nahme erklärt, daß die archäologischen Funde keine sumerische Einwanderung in das Land verrieten, seitdem das Land besiedelbar gewesen sei. Die Sumerer wären demnach die ersten Menschen stoß mediterraner Völker vor, oder gehört diese Verbreitung in die älteste Vor­ geschichte des homo aurignaciensis ? Sind alle Satemsprachen das Kreuzungs­ produkt nordischer Rasse m it dieser ändern? 1) In Südpalästina sind bereits in der mittleren Steinzeit (Mesolithicum) mediterrane Menschen nachweisbar; vgl. D . A . E . G a r r o d , A Mesolithic Industry: T h e N atufian of Palestine, Journal of the Anthropol. Inst. L X I I (i9 3 2). s - 267> wo auf A . K e ith , N ew Discoveries Relating to the A n tiq u ity of Man, S. I 9 9 ffverwiesen wird. Näheres konnte ich über die anthropologischen Tatsachen nicht feststellen. *) Archaeology and the Sumerian Problem (Chicago i 9 3 2)> S. 40fi. Indes ist er später durch die Untersuchungen von P. D e l o u g a z (s . S. 10, Anm . 1) wieder von seiner Meinung abgekommen.

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I. Einleitung ( § 8 . 9).

auf babylonischem Boden gewesen. Für diese Annahme würde auch der Umstand sprechen, daß bei den von der Deutschen Notgemeinschaft unternommenen Ausgrabungen in W arka, dem alten Uruk, in der vorgeschichtlichen, sehr alten, noch metall­ freien Schicht X IV in einer Höhe von -f- 7.79 m eine L a n g ­ s c h ä d e lle ic h e gefunden worden i s t J). Ließe sich beweisen, was aber m. E. nicht möglich ist, daß diese Leiche tatsächlich zeitlich der Schicht angehört, in der sie lag, sodaß sie nicht etwa in einer sehr viel späteren Periode erst in diese Schicht versenkt worden ist, so müßten Langschädel schon vor der Ubaid-Periode in Babylonien gehaust haben, und dafür kämen dann zunächst die Sumerer in B e tra ch t2). 9. Andererseits weisen aber die verschiedenen Schichten, wie sie sich namentlich in W arka feststellen lassen, manche Eigen­ tümlichkeiten auf, die sich nicht einfach mit geradliniger Entw ick­ lung der K ultur erklären lassen. Die der älteren U b a id - P e r io d e zeitlich folgenden Schichten, die man als U r u k - o d e r W a r k a P er io de zusammenfassen kann, stellen einen so augenfälligen Bruch mit der Vorzeit in der Keram ik dar, daß selbst F r a n k f o r t den Einfluß einer fremden Kulturprovinz nicht abstreitet: er denkt dabei an anatolischen Einfluß. In der Uruk-Periode liegt auch der älteste Tempelbau, bei dem sich ein T e m p e ltu r m (Zikurrat) nachweisen ließ (um 4000 v. Chr.), während vorher von solchen Bauten keine Rede sein kann. Das scheint mir sehr be­ deutungsvoll zu sein (§ 11). Die zeitlich folgende G e m d e t N a s r - P e r io d e könnte mit ihrer Buntkeramik stilistisch irgendwie mit der Ubaid-Periode Zusammenhängen, und zwar so, daß beide Perioden schließlich gemeinsamen Ursprungs sind, auch wenn die jüngere nicht in gerader Linie von der älteren abstammt. Die Gemdet NasrKeramik steht augenscheinlich ebenso wie jene ältere Phase, die der Ubaid-Periode, in verwandtschaftlichen Beziehungen zu nordmesopotamischen Elementen. Beide scheinen von diesen ab­ , r n « J \ JoR^ r N’ Dri^ e r vorläufiger Bericht über die von der Notgem einschaft der Deutschen W issenschaft in U ruk unternommenen Ausgrabungen ( A P A W 1932) Berichte verwiesen" * * Zeit in

S° nStigen E rSebnisse dl^ e r Ausgrabungen sei auf diese

r I T "6 aUCh mÖff

daß Lan Sschädel v e r e i n z e l t in neolithischer ,BabyIonlen emgesickert sind. Vermutungen wird man jedoch erst auf­ stellen können, wenn die Schädelmessungen vorliegen.

I. Einleitung (§ 9— 11).

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geleitet zu sein. Indes müssen hier erst eingehende weitere Unter­ suchungen Klärung schaffen. 10. Besondere Beachtung verdient die Tatsache, daß sich in der nordbabylonischen Stadt K is unter dem sogenannten »flood level« armenoide K u r z s c h ä d e l gefunden h a b e n 1), die demnach nicht von Sumerern herrühren können*). Hierdurch wird die Zweirassigkeit Babyloniens schon in vorgeschichtlicher Zeit er­ wiesen. Sind diese Kurzköpfe eingewandert, als die Sumerer bereits im Lande ansässig waren? Bedeutet die Uruk-Periode den Einbruch einer anatolischen kurzköpfigen Bevölkerung 3), oder ist gerade umgekehrt die Buntkeramik der Ubaid-Periode, die durch die völlig abweichende Uruk-Keramik von der mit ihr verwandten Gemdet Nasr-Periode getrennt ist, das arteigene Erzeugnis einer kurzköpfigen Menschenschicht? Diese und ähn­ liche Fragen erheben sich, ohne daß es möglich wäre, schon jetzt eine entscheidende Antwort zu geben 4). Da die Sumerer ihrer Rasse nach nicht Ureinwohner des alten Vorderasiens sein und auch nicht vor der Landwerdung des Alluvialgebietes der zwei Ströme etw a in den umliegenden höher gelegenen Bergländem der Nachbarschaft als Ureinwohner gelebt haben können, sodaß sie allmählich von dort herabsteigen und das neu entstehende Kulturland in Besitz nehmen konnten, da wir ferner in Babylonien schon in alter Zeit auch Kurzköpfe antreffen, so liegt die Annahme nahe, daß diese letzteren mit größerem Recht als die ersten Besiedler des Landes zu gelten haben als die Sumerer. 11. R e l ig i o n s g e s c h i c h t li c h e Erwägungen deuten eben­ falls darauf hin, daß die Sumerer nicht die ältesten Bewohner Babyloniens gewesen sind. W ir bemerkten schon oben (§9), daß sich der älteste Tempelturm erst in der Uruk-Periode nach­ weisen läßt. Vorher waren solche Bauwerke unbekannt, sei es, daß eine ältere Urbevölkerung andere religiöse Vorstellungen hatte, sei es, daß man mit den damals vorhandenen Hilfsmitteln nicht imstande war, derartige Bauten zu errichten. Wie dem auch *) V gl. die A bbildung bei S t e p h e n L a n g d o n , E xcavation s a t K ish (Paris Der von B u x t o n vermessene Schädel Nr. 6 h at den In dex 82. *) Ebensowenig aber auch von mediterranen Semiten, s. § 4. 3) So F r a n k f o r t , a . a . O ., S. 3 4 ff . 4) M ir scheint aber die von F r a n k f o r t , S. 1 8 , abgelehnte M öglichkeit (»either are th e Sumerians arrived a t the beginning of the Uruk period and are responsible for those features which differentiate it from the preceeding A l- ‘ Ubaid period«) die größere Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. 19 2 4 ), PL X L V II.

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I. Einleitung (§ n ) .

sei, der Tempelturm, der einen künstlichen Berg darstellt, ist charakteristisch für das Gotteshaus der sumerischen Religion ge­ wesen und ist es geblieben bis in die spätesten Zeiten hinein, als die Sumerer längst von den semitisch sprechenden Akkadern auf­ gesogen waren. Auch nach dem nördlich gelegenen Assyrien ist der Tempelturm zugleich mit sumerischer Kolonisation und K ultur gelangt, nicht aber weiter westlich nach Mesopotamien, Syrien und Kleinasien. Man könnte annehmen — und man hat dies auch bereits getan — , daß die Sumerer glaubten, ihre Götter hausten in den Gebirgen, die das Zweistromland im Osten einrahmten. Aber diese Gebirge waren doch gar zu weit von den ältesten A n­ siedlungen in Babylonien entfernt: sind es doch von Uruk bis an die Ausläufer des persischen Randgebirges etwa 200 km W eges! Außerdem pflegen primitive Völker ihre Götter stets in ihrer Mitte zu wähnen und nicht in einer für damalige Verhältnisse sehr be­ trächtlichen Entfernung. Und wie sollen die Sumerer auf den Gedanken gekommen sein, daß nun plötzlich die Götter, die weitab wohnten, auf ihre künstlichen Berge kommen würden, wenn sie doch nicht im Lande selbst ihre himmlische W ohnstätte hätten? Wären die Sumerer wirklich schon vor der Uruk-Periode im Lande gewesen, so müßte man annehmen, daß sie in der ältesten Zeit ihre Götter anders verehrt hätten und dann in unerklärlicher Weise erst zu der Vorstellung gekommen wären, die Götter aus ihrer Bergheimat durch Errichtung von künstlichen Bergen ge­ wissermaßen fortzulocken. Das ist alles höchst unwahrscheinlich. Es spricht also viel dafür, daß die Sumerer aus einer Gegend einwanderten, in der sie Gelegenheit hatten, die Götter auf Bergen zu verehren 1), und daß sie dann, als sie in die Ebene kamen, ') Die Vorstellung war augenscheinlich die, daß die G ötter von unzugäng­ lichen Berggipfeln aus zu den Menschen hinabstiegen. Der H ochtem pel spielt dabei die Rolle eines Vorbaues, durch den die G ottheit eintritt, um auf geheiligtem W ege (später auf Treppen) in den Tieftem pel hinabzuschreiten. V gl. hierzu W . Andrae, Das Gotteshaus und die Urform des Bauens im A lten Orient (Studien zur Bauforschung, H eft 2 , Berlin 1 9 3 0 ) , S . 1 7 f.; A . S c h o t t , Z A N . F . V I, S. 1 0 ; J. Jordan, D ritter vorläufiger Bericht über die . . . in Uruk unternommenen Ausgrabungen (A P A W 1 9 3 2 , Nr. 2 ), S. 2 4 t . — In einem Tiefland wie Babylonien konnte ein V olk nicht auf derartige Gedankengänge verfallen. Trotzdem nim m t Andrae an, der babylonische Tem pel habe sich organisch aus dem Rohrm attenbau entwickelt. Das ist ganz unmöglich. Neuerdings h at P. D elougaz, Plano-convex Bricks and the Methods of their E m ploym ent (O IS, Nr. 7, Chicago 1 9 3 3 ) , S. 2 5 0 . überzeugend nachgewiesen, daß die Technik des Bauens m it planokonvexen Ziegeln eine durch die geologischen Verhältnisse aufgezwungene Nachahm ung des Bauens m it Steinen ist, und daß die ovale Form der Umfassung eines der ältesten

I. Einleitung

(§ n . 12).

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in der die Berge so fern waren, ihren Göttern die Stufentürme als Ersatz für ihre B e r g h e ilig t ü m e r erbauten. Daß sie solche Gedanken zwar bei der vor der Ubaid-Periode liegenden Besied­ lung mitbrachten, aber jahrhundertelang, bis in die Uruk-Periode hinein, nicht verwirklicht haben sollten, ist bei dem in geschicht­ licher Zeit erwiesenen konservativen Charakter ihrer Religion ganz unglaubhaft und auch an sich ganz unwahrscheinlich. Dies beweist meines Erachtens, daß die Sumerer in der Ubaid-Periode noch nicht in Babylonien gewesen sein können. 12. Auch p h ilo lo g is c h e Erwägungen sprechen dafür, daß die Sumerer aus einer Gegend eingewandert sind, in der das Ge­ birge in greifbarerer Nähe lag, als dies in Babylonien der F all war. So heißt bei ihnen der Ostwind geradezu »Gebirgswind« {im kura). Bei einer derartigen Entfernung des Gebirges, wie das im Zweistromland der F all ist, hätten die sprachschöpferisch so begabten Sumerer gewiß eine treffendere Bezeichnung für den Ostwind gefunden. Meine V erm utung1), daß sie früher einmal in der Oxusebene an den westlichen Ausläufern des Pamir gehaust haben, hat auch von der meteorologischen Seite her etwas für sich2), wenn auch zugegeben werden muß, daß dies nur ein Versuch sein sollte, diese kaum lösbaren Fragen anzuschneiden. Immerhin bringen die neuen Untersuchungen K a p p e r s ’ (s . oben S. 6, Anm. 4) eine Bestätigung meiner Theorie von der Herkunft der Sumerer aus dem Oxusgebiet. Die Völkerwanderungen, die aus West-Turkestan hervorgegangen sind, finden jedenfalls ihre E r­ klärung in den klimatischen Veränderungen daselbst, die durch die P ü m p e l l y - Expedition aufgeklärt worden sind 3). Daß auch Beziehungen zwischen der sumerischen und chinesischen Bilder­ schrift vorhanden sind, glaube ich nicht in Abrede stellen zu Gebäude dieser A rt in K h afaje nur in einem H ügelland ihren Ursprung haben kann; demnach müssen die Sumerer diese bis in die Z eit des Reiches von A kkad beliebte Technik aus einem H ügelland eingeführt haben und können nicht Autochthonen sein. E ine Schwierigkeit ergibt sich dabei insofern, als die Zikurrat (Uruk, Schicht V I) sehr viel älter ist als die Verwendung planokonvexer Ziegel, die erst nach der ö em det N asr-Schicht auf kommt. D aß sich diese Schwierigkeit durch eine zweimalige sumerische Einwanderung lösen läßt, durch die auch die beiden H aupt­ dialekte des Sumerischen eine Erklärung finden dürften, kann hier nur angedeutet werden. 1) A . U n g n a d , D as Wesen des Ursemitischen (Leipzig 1925), Anhang, S. 2 5 ff. 2) S. v o n F i c k e r , Klim atologische Bemerkungen über Turkestan. Jahres­ bericht 1925 der Leipziger Gesellschaft für Erdkunde. 3) V gl. den übersichtlichen Bericht von L. W . K in g in seiner H istory of Sumer and A kkad (London 1910), S. 351 ff.

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I. Einleitung (§ 12).

können I). Auch dies würde dafür sprechen, daß die Sumerer, als sie die Anfänge ihrer Schrift schufen, nicht in Babylonien saßen, wo uns diese Schrift, was allerdings unseren mangelhaften Kenntnissen zugeschrieben werden kann, schon in einer nicht mehr ganz primitiven Form entgegen tritt. Außerdem gibt es zu denken, daß die Chinesen das W ort für Rind augenscheinlich dem Sumerischen entlehnt h ab en 2), in dem gu{d) das männliche Hausrind bezeichnet. Daß auch die Indogermanen ihr W ort für Rind (*guöu-) dem Sumerischen entnommen haben, dürfte eben­ falls sicher sein 3), und dies ist vielleicht für den W eg bezeichnend, den die Sumerer, die ältesten Rinderzüchter der W elt, einmal von ihrer Urheimat im Mittelmeergebiet (?) 4) an eingeschlagen haben, bis sie in Babylonien landeten 5). Aber alles dies sind Fragen, die mit unseren bescheidenen Mitteln nicht gelöst werden können. Weiter gibt von philologischer Seite her die Tatsache zu denken, daß die N a m e n a lt b a b y lo n is c h e r O r te sich aus dem Sumerischen schlechterdings nicht erklären lassen. Hierauf haben besonders B. M e i s s n e r 6) und E. A. S p e i s e r 7) hingewiesen. Wären die Sumerer die ersten Einwanderer gewesen, so müßten die Orte, an denen sie sich ansiedelten, doch auch sumerische Namen tragen, die wir trotz unserer immerhin noch beschränkten Kenntnis des Sumerischen als solche erkennen würden. Aber uralte Namen von Siedlungen wie S u r ip p a k , U r u k , L a r a k , Z im b ir u. a. finden vom Sumerischen aus keinerlei Erklärung und deuten eher darauf hin, daß ihre Gründer aus den östlichen und nordöstlichen Bergländem, wo wir ähnliche Namen häufig antreffen 8), in die Alluvialebene hinabgestiegen sind. Hierdurch ') A . U n g n a d , Sumerische und chinesische Schrift. W Z K M 34 (1927), S. 76ff. 2) A - C o n r a d y , A lte westöstliche Kulturwörter, B S G W , P h il - hist ' K l. 7 7 j H eft 3. A ls Grundwort für R ind wird im Chinesischen *ngud oder *gud angesetzt. 3) G. I p s e n , Sumerisch-akkadische Lehnwörter im Indogermanischen Indo­ germanische Forschungen 41, S. 1 7 4 ff. *) Vgl. § 7. 5) Also etwa über Südrußland und Südsibirien ins O xusgebiet? 6) A fO V , S. 8. ' ) Mesopotamian Origins (Philadelphia 1930), S. 38ff. , c . . , A BeS° nders finden wir solche Nam en in E lam im Nordosten von A lt-Sum er (budbabylomen). — E s sei hier schon bemerkt, daß ich B a b y l o n i e n (arab Iraq-el-‘Arabi) von M e s o p o ta m ie n (el-Gezire; römische Provinz Mesopotamia) unterscheide. (Die Grenze liegt etw a beim 34. Breitengrade zwischen Euphrat Tl8n s -) Babylonien als Südmesopotamien zu bezeichnen, ist mißlich und zührt zu leicht zu Irrtümern.

I» Einleitung (§ 12— 14).

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würde auch die Verwandtschaft der ältesten babylonischen Keramik, die der Ubaid-Periode (§9), mit der etwa gleichzeitigen von Elam und weiter nördlich und nordwestlich davon gelegenen Gegenden (West-Iran, Assyrien, Mesopotamien) eine befriedigende Erklärung finden. 13. Daß die in Babylonien gefundenen Kurzschädel einer Rasse angehören, die mit in n e r - und o s t a s ia t is c h e n K u r z s c h ä d e ln verwandt ist, muß stark bezweifelt werden. Dieser homo brachycephalus tritt uns bekanntlich in Europa bereits in der Steinzeit entgegen T). E r ist dort in Zeiten, wo Gebiete von der heimischen nordischen Rasse verlassen waren, allmählich eingesickert und h at sich in zwei Formen bis heute erhalten : als dunkle alpine oder ostische und als helle ostbaltische Rasse, deren Aufhellungs­ erscheinungen vielleicht auf eine Mischung mit der CromagnonRasse hindeuten. Urheimat dieser Rassen ist wohl das fernere Asien, und die ihr arteigenen Sprachen sind die mongolischen einerseits und die ural-altaischen und die finnisch-ugrischen andererseits, deren gegenseitige entfernte Verwandtschaft doch wohl nicht in Abrede gestellt werden kann. In vorgeschichtlicher Zeit wird man Menschen dieser Rassen auf vorderasiatischem Boden keineswegs erwarten. Sie scheiden für unsere Betrach­ tungen völlig aus. 14. Ganz anders steht es mit einer weiteren kurzköpfigen Rasse, die sich von der innerasiatischen wesentlich unterscheidet. Während nämlich diese letztere durch runde Schädel und kurzes Gesicht gekennzeichnet ist, so daß man ihre Angehörigen geradezu als Kurzköpfe bezeichnen kann, hat die erstere Schädel, die hinten steil emporsteigen und wie abgehackt aussehen, so daß man sie S t e i lk ö p f e nennen könnte (homo apotomocephalus). In Asien sind diese Steilköpfe heute noch zahlreich anzutreffen vom m itt­ leren Kleinasien an über Armenien hin bis an das Kaspische Meer. Von Kleinasien erstrecken sie sich südlich nach Syrien und Palästina hin, vom Kaukasus nordwestlich bis an den D o n 2). Auch in Europa sind Steilköpfe häufig vom Balkan nordwestlich über die dinarischen Alpen bis in die Zentral- und Nordalpen nach Österreich und Bayern hinein. Eine Scheidewand zwischen *) Näheres in G ü n t h e r s Schriften (s. oben S. 2 , Anm. 1 ) . V gl. die gute Übersicht über die vorderasiatische Rasse bei G ü n t h e r , Rassenkunde des jüdischen Volkes, der auch die seelischen Eigenschaften der Rasse eingehend behandelt hat. a)

14

I. Einleitung (§ 14— 16).

diesen beiden Teilen, dem asiatischen und dem europäischen, bildet das westliche Kleinasien und der östliche Balkan. Dennoch müssen diese beiden Teile in Osteuropa und Westasien in vor­ geschichtlicher Zeit einmal zusammengehangen haben. Ich habe die Vermutung ausgesprochen *), daß der Riß erst entstanden ist, als nordische Völker von ihren europäischen Wohnsitzen nach Süden aufbrachen, um Neuland zu suchen und zu erobern. Die erste V ö lk e r w a n d e r u n g dieser A rt war die uns schon fast geschichtlich greifbare d e r L u w ie r (besser vielleicht Luier), die im Anfang des dritten vorchristlichen Jahrtausends, möglicher­ weise aber auch schon früher, den Balkan und Westkleinasien überschwemmten und sich auch wahrscheinlich über die west­ lichen Mittelmeerinseln bis nach Nordafrika hinein ergossen2). Ihnen sind die Steilschädel, soweit sie sich nicht unterwarfen, ausgewichen, die einen weiter nach Asien hinein, die anderen in die Gebirgslandschaften Südeuropas. 15. Dieser Bruch der rassischen Einheit hat durch Auslese und Ausmerze im Laufe der Jahrtausende dazu geführt, daß die Steilschädelrasse sich in zwei Gruppen teilte, die jetzt körperlich und namentlich seelisch auffallende Unterschiede darbieten. Der europäische Zweig entwickelte sich zu der sogenannten d i n a r i ­ s ch e n R a s s e , die wohl im harten Kampfe ums Dasein nicht nur einen gestählten, widerstandsfähigen Körperbau von beträcht­ licher Länge und eine länglichere Gesichtsform ausbildete, sondern auch Eigenschaften zur Entfaltung brachte, die geradezu im Gegensatz zu ihrer Schwesterrasse, der v o r d e r a s i a t i s c h e n , wie diese uns gegenwärtig im allgemeinen vor Augen tritt, stehen: Tapferkeit, Zuverlässigkeit und innere Vertiefung. Gemeinsam verblieben ist beiden Teilen nicht nur ihre musikalische Begabung, sondern auch ihre zähe Ausdauer, nur daß diese sich bei der dinarischen Rasse mehr zum Guten, bei der vorderasiatischen mehr zum Schlechten entwickelt hat: man denke namentlich an den Üblen Ruf, den der Armenier als Geschäftsmann sogar im Orient hat. 16. Während in Europa diese Grundrasse ihre arteigene *) Deutsche Allgemeine Zeitung vom 21. Februar 1932. E in weiterer Beweis ist die Verwandtschaft des Blutindex der dinarischen Rasse (2, 28) m it dem der Armenier; vgl. für Westasien und Nordafrika die Tabelle der Blutindices von L . W . P a r r in K a p p e r s ’ Anthr., S. 185. D ie von P a r r selbst untersuchten 3080 Armenier hatten den Index 2, 31. >) A . U n g n a d , Lu wisch= Lykisch, Z A N . F . I (1924), S. iff.

I. Einleitung (§ 16).

15

Sprache vollständig aufgegeben und die Sprache späterer E r­ oberer angenommen hat, erhielt sie sich in Asien in den Gebieten, in denen auf Grund des Übergewichts dieses Zweiges noch in der Gegenwart wenigstens ein Teil ihrer Heimat gelegen haben muß, im Kaukasus. Von heutigen K a u k a s u s s p r a c h e n , die hierhin gehören, seien nur das Georgische, das Lasisch-Mingrelische, das Abchasische, das Awarische und das Tschetschenische genannt. Große Gebiete dieser Rasse haben ihre arteigene Sprache zugunsten erobernder Völker aufgegeben, so die Armenier, die indogermanisch reden, weite Teile der asiatischen Türkei, die das ural-altaische Türkisch angenommen haben, und Syrien-Palästina, wo das mediterrane (?) Semitisch sich durchgesetzt hat. Alle diese E r­ oberungen fremder Rassen, die nicht wenig zur Ausbildung der schlechten Seiten der vorderasiatischen Seele der Unterjochten beigetragen haben mögen, Hegen im Lichte der Geschichte. W ir müssen aber auch annehmen, daß in vorgeschichtlicher Zeit bereits durch die luwische Eroberung Westkleinasiens ein nordischer Ein­ schlag in die Grundbevölkerung hineingeraten ist, der aber später bis auf wenige Reste wieder ausgemerzt worden ist. In Klein­ asien finden wir vor der Einwanderung der sogenannten Hethiter, namentlich in der Gegend der späteren Hauptstadt des Hethiter­ reiches und nördlich davon, eine Sprache, die bisher noch mit keiner anderen Sprache in nähere Beziehungen gebracht werden konnte, d a s H a t t is c h e oder — zum Unterschied von der indo­ germanischen Sprache der sogenannten Hethiter — das Protohattische *). Die wenigen erhaltenen Sprachreste genügen weder, nm eine Verwandtschaft m it kaukasischen Sprachen der vorder­ asiatischen Rasse zu erweisen, noch rechtfertigen sie die phantasie­ vollen Schlußfolgerungen, die E. F o r r e r gezogen h a t 2), der das Hattische mit dem Sumerischen verbindet und eine besondere 1) E . F o r r e r , D ie Inschriften und Sprachen des Hatti-Reiches, Z D M G 76 (1922), gab zuerst eine Übersicht über das geringe Material, das uns für das H attische zu Gebote steht (ebd., S. 228f.). 2) In einer M itteilung an die Soci£t) Über Am m anu oder Ammananu vgl. E . H o n i g m a n n in R A ss I, S. 96. J) So ist wohl zu lesen; die Stelle ist etwas beschädigt, und die Ausgabe scheint Su, nicht su lesen zu wollen. Die Schreibung m it S ist in altbabylonischen Texten häufig; vgl. besonders §§ 93. 9 5 ! 3) N icht klar; »sie« (fern, sing.) könnte sich nur auf »Beute« beziehen. 4) Nach H. W in c k l e r (OLZ 1907, Sp. 347) handelt es sich vielleicht um die Zeit der Käm pfe zwischen Assyrien und den kassitischen Herrschern von Babylonien im 15. Jahrhundert.

II. Quellen (§ 56. 57).

63

•ü ardatu iz-zi-ib etla ummu eli marti bäb-Sd id-dil namkur bäb-ttiki a-na qe-reb SXJ.BIR4ki ü mät aS-Sur*' ir-ru-ub Sarru bdb-üi** a-na rube as-Surkt busä ekalli-Su namkur-Su a-na qe-reb [ ......... k]' uS-te-es[-se (Rest zerstört) »Selbiger Fürst wird Schlimmes erleben; sein Herz wird nicht froh werden: während seiner Herrschaft werden Kam pf und Schlacht nicht aufhören. Zu jener Regierungszeit wird ein Bruder den ändern auf essen; die Leute werden ihre Kinder für Silber losschlagen. Die Länder werden allzumal in Verwirrung geraten. Der Mann wird das Weib verlassen, und das Weib wird den Mann verlassen. Die Mutter wird gegen die Tochter ihre Tür zuriegeln. Die Habe Babylons wird nach Subartu und Assyrien hineinkommen. Der König von Babylon wird dem Fürsten von Assyrien den Besitz seines Palastes (und) seine Habe nach dem Lande [......... ] *) hinausgehen lassen.« 57. In dem Epos vom Pestgott E r a 2) rühmt sich dieser Gott der furchtbaren Taten, die er vollbringen will, mit diesen Worten 3) : tam-tim tam-tim su-bar-ta su-bar-tu ds-sur-a ds-su-ru e-la-ma-a e-la-mu-ü kas-sa-a kaS-su-ü su-ta-a su-tu-ü qu-ta-a qu-tu-ü lu-ul-luba-a lu-ul-lu-bu-ü ma-a-ta ma-a-ta bitu Mtu a-me-lum a-me-lum ahu ahu la i-gam-mi-lu li-na-ru a-ha-mes ü ar-ka ak-ka-du-ü lit-ba-am-ma nap-har-sü-nu U-sam-qit-ma li-ir-ma-a na-gab-sü-un »Das Meer(land) soll das Meer(land), Subartu soll Subartu, Assyrien soll Assyrien, der Elam it soll den Elamiten, der Kassit den Kassiten, der Sutäer den Sutäer, der Gutäer den Gutäer, der Lullubäer den Lullubäer, ein Land das andere, ein Haus das andere, ein Mensch den ändern, ein Bruder den ändern nicht schonen, (sondern) sie sollen sich gegenseitig totschlagen. Hernach aber *) W as zu ergänzen ist, bleibt unklar, doch wohl entweder »Subartu« oder »Assyrien«. *) V gl. P. J e n s e n , Assyrisch-babylonische M ythen und Epen (Berlin 19 0 0 ), S. 66 f. E ine Sam mlung und Neubearbeitung aller T ex te dieses Epos lieferte E . E b e l i n g , Der akkadische M ythos vom Pestgott E ra (Berlin 1 9 2 5 ) . 3) E b e l i n g , a. a. O ., S. 3 2 f., w o auch die Textvarianten gebucht sind.

64

XI. Quellen (§

57— 59).

soll sich der Akkader erheben, sie alle zu Boden strecken und sie allzumal niederwerfen.« 58. Über die religiösen Vorstellungen der Subaräer erfahren wir aus babylonisch-assyrischen Keilschrifttexten nur weniges. In der aus Assurbanipals Bibliothek stammenden Götterliste K 4340 usw. (CT X X IV ,JV s. II 5), wo Namen des babylonischen Hauptgottes E n lil, aufeezählt werden, war auch mitgeteilt, wie dieser Gott in SU .BIR /* genannt wurde. Leider ist der Name selbst abgebrochen, sodaß nur noch zu lesen ist: [..................... ] *) do. S U .B IR 4U. 59. In diesen aus spätassyrischer Zeit überlieferten Götter­ listen werden vor allem Götter aus solchen Fremdländern mit babylonischen gleichgesetzt, die für Babylonien besondere Bedeu­ tung hatten, und das sind außer Subartu vor allem noch Elam (N IM .M A ki) und Amurru (M A R .T U M), da diese, wie wir noch sehen werden2), neben Babylonien selbst die »vier Weltteile« aus­ r) D aß wir dku-mar-bi als den Nam en des G ottes zu ergänzen haben, der dem babylonischen E n lil entspricht, kann kaum zweifelhaft sein. Denn einer­ seits wird in der hethitisch-akkadischen Bilingue K U B I V 1, K ol. I V 22 und 24 der G o tt den-Ul m it dku-mar-bi(-iS) »übersetzt«, andererseits wissen wir aus dem großen G ötterkatalog I I I R 66, Kol. V I I I 37, daß dku-mar-bi der G o tt von T edi (äHe-di, älter Taidi) war, einem der H auptorte des Mitannulandes. Besonders w ichtig ist ein mythologischer T e x t aus Boghazköi (K U B X I I 65), in dem Kum arbi und sein Vezier (am^suhkallu, Z. 18) auftreten, ersterer dku-mar-bi (Z. 5. 17), letzterer dmu-ki-$a-nu (Z. 5), bzw. im D a tiv dmu-ki-Sa-ni, geschrieben. D aß Mukisanu der Vezier des Kumarbi war, lehrt auch Bo. 2033, Kol. I I 19, veröffent­ licht von F . T h u r e a u - D a n g i n in Syria X I I (Paris 1931), S. 250 (jetzt vollständig K U B X X V I I 1), ein Text, der auch sonst W ertvolles bietet. E s handelt sich um Brotopfer, N I N D A .S I G , die verschiedenen Göttern, die m it hurritisch-subaräischen Namen angeführt werden, zukommen. E s heißt (Z. 1 7 0 .): 1 N I N D A .S I G dun-du-ru-um-ma-an dI $ T A R (lies dSauika s. u .)-wet dS U K K A L K [ I .M I N ] 1 N I N D A .S I G dte-nu dU (lies dte$up)-up-pi Su{?)-uk-tal( 7)-li K U -a S K [ I .M I N ] 1 N I N D A .S I G dmu-ki-$a-nu dku-mar-bi-ni-wii am‘ lS U K K A L [ K I .M I N ] 1 N I N D A .S I G diz-zum-mi dA .A -w e, “™ I S U K K A L K U -a S [ K I .M I N ] x N I N D A .S I G dli-ip-pa-ru-ma dU D (lies dSimike)-wee am*lS U K K A L [ K I .M I N ] 1 N I N D A .S I G dfru-pu-u$-d[u-k]ar-ra dhi-£u-u-e-ni-wee amilS U K K A L K [U -a S K I .M I N ] ' 1 schmales B rot: der G o tt Undurumman, der Vezier der G öttin Sauäka, d e r ­ gleichen] ; 1 schmales B rot: der G o tt Tenu, der Vezier (?) des Gottes T e ä u p , ......... des­ gleichen] ; 1 schmales B rot: der G o tt Mukiäanu, der Vezier des Gottes Kumarbi, [des­ gleichen] ; 1 schmales B rot: der G o tt Izzummi, der Vezier der G öttin A j a , ......... [des­ gleichen] ; 1 schmales Brot: der G o tt Lipparuma, der Vezier des Gottes Simike, [desgleichen]; 1 schmales Brot der G o tt Hupuädukarra, der Vezier des G ottes H i s ü , .......... [desgleichen]. >) § 62 ff.

65

II. Quellen (§ 59).

machen. Wie wir nun neben vollerem N IM .M A H häufiger N IM ki oder gar bloßes N I M (letzteres z. B. CT X X V 12, Kol. III iff.), neben M A R .T U kt häufiger M A R ki oder bloßes M A R (letzteres z. B . CT X X V 18, Kol. II 16) finden, so muß SXJki oder bloßes S U Abkürzung für S U . B I R sein *). Deswegen gehören auch noch einige weitere Angaben der Listen hierher, die von besonderer Bedeutung sind. CT X X V 16, wo Namen des Wettergottes aufgezählt werden, lesen wir (Z. 18): Jte-es-su(!)-up I I S U i{ »Tessup (ist) derselbe (in) Su(bartu).« K A V 173 bringt Namen der Göttin Istar. Hier heißt es Z. 23: [. . . -]us-ka K I .M I N S U . Diese Zeile ist durch den ebenfalls Istamamen bietenden Text CT X X V 17, Kol. II, Z. 4, wo nur dsa-u§-[. . . .] erhalten ist, zu ergänzen zu [ dsa-]us-ka K I .M I N SU , d. h. »Sauska (ist) dieselbe (in) Su (bartu).« Besonders wichtig ist CT X X V 18, Rs. II, wo Äquivalente des W ortes i-[lum ] »Gott« genannt sind. Z. 11 gibt: e-ne I I S U ki nap I I N IM U t>ene (ist) dasselbe (in) Su (bartu), nap (ist) dasselbe (in) Elam.« Eine weitere Gleichung findet sich CT X X V 11, Kol. II 31; das-tu-u-pi-nu dZ A .M A L .M A L (lies dIlbaba) dB A R (d.i. dNimurta) S U »Astüpinu (ist) Ilbaba (oder) Nimurta (in) Su (bartu).« Astüpinu wird also dem Sohne des Gottes Enlil, Nimurta, der in der alten Stadt K is unter dem Namen Ilbaba verehret wurde, gleichgestellt. Es ist wohl kaum zweifelhaft, daß er mit einem hurritisch (-subar äischen) Gotte identisch ist, der in Boghazköi-Texten unter dem Namen das-ta~pi-en (z. B. K U B X 92, K ol. V , Z. 11) oder daS-ta-pi-i[n] (so K U B X X V 46, Kol. III, Z. 5) begegnet2). In demselben T ext finden wir (Z. 35): dzi-za-nu dnin-urta ina S U »Zizanu (ist) Nimurta in Su (bartu).« 1) F ü r älteren Gebrauch der Abkürzung S U = §§ 68. 91. *) V gl. auch § 130. U n g n a d , Subartu

Subartu s. § 97; vgl. auch

5

66

II. Quellen (§ 59. 60).

Zizan ist uns sonst als ein Gott der Stadt Der bekannt, die etwa 70 km nördlich des am Tigris gelegenen Küt-el-Amära bei dem heutigen Bedreh zu suchen i s t I). E r begegnet häufig in babylonischer Literatur, was bei den engen Beziehungen zwischen Babylonien und Der nicht zu verwundern ist*). Auch Z. 37 desselben Textes hat scheinbar einen subaräischen Götternamen: dla-hu-ra-til I I ina S [U J Lahuratil (ist) derselbe (d.i. Nimurta) in Su (bartu).« Da aber Lahuratil als ein elamischer Gott wohlbekannt i s t 3), so ist diese Gleichung sehr verdächtig. Entweder sind die Spuren von S U doch nicht so sicher, wie die Ausgabe angibt, zumal alle folgenden Zeilen ina N IM »in Elam« bieten, oder es liegt hier ein Versehen des Verfassers der Liste vor. 60. Zwei weitere Gleichungen, die ebenfalls Bedenken er­ regen, finden sich CT X X V 35, Rs., Z. 26 und 27, wo wir lesen: -si dlugal-gir-ra S U H -si dmes-lam-ta-e S U H. Es werden also zwei subaräische Götter den babylonischen Zwillingsgöttem der Unterwelt Lugal-girra und Meslamtae 4) gleichgesetzt. Ein Duplikat dieses Textes ist CT X X V 37, Vs., Z. 22f., wo es heißt: dpa-ar-si dlugal-gir-ra dnergal ina [. . . . dna-ga( ?)-ar-si dmes-lam-ta-e-a dnergal ifna . . . »Parsi (ist) Lugal-girra (oder) N ergalin [Subartu], Nagarsi (?) ist Meslamtaea (oder) Nergal [in Subartu].« Die erste Zeile ergänzt den ersten T ext mit Sicherheit, die zweite jedoch vereinbart sich nicht mit den dortigen Spuren, die eher zu [. . . . -i]r ( ?)-si ergänzt werden können. S tatt Jna-ga(7 )~ ar-si wäre auch dna-ü( 7 )-ar-si denkbar. Jedenfalls sind die Namen nicht einheitlich überliefert. Wir möchten wenigstens einen Ver­ such zur Erklärung der Gottesnamen wagen. In dem schon oben (S. 64, Anm. 1) zitierten Götterkatalog I) Vgl. die Angaben E . F . W e i d n e r s in A fO I X , S. 97. s) Nachweise bei A . D e i m e l , Pantheon Babylonicum (Rom 1914), S. 133, Nr. 1353. 3) Vgl. D e i m e l, a . a .O ., S. 1 6 1 , Nr. 1798; C. F r a n k , Z A X X V I I I , S. 327, Anm. 2. 4) Vgl. D e im e l, a . a .O ., S. 1 6 5 , Nr. 1 8 9 6 u n d S. 1 8 0 , Nr. 2 1 4 5 ; T h u r e a u D a n g i n , JRA X V I , S. 1 4 9 .

II.

Quellen (§ 60).

67

finden wir außer Kum arbi noch zwei weitere Götter der Stadt Tedi genannt (III R 66, Kol. V III, Z. 3 9 I ) : dna-par-bi und dDI-ma-nu-ha. Beide Götter finden wir auch in den um 1350 geschlossenen Verträgen zwischen dem Hethiterkönig Suppliluliuma und dem König von Mitannu Mattiuaza (KBo I, Nr. 1 — 3) als Eideshelfer des letzteren unter anderen Göttern erw ähn t:). KBo. I 3, Rs., Z. 25 ( = W e i d n e r , S. 54, Z. 42) wird dna-pär-bi genannt, und am Anfang derselben Zeile dsa-ma-an-mi-nu-he, ebenso K B o I 1, Rs., Z. 57 dna-ftar-WA (lies -wi), Z. 56 dsa-ma-an-mi-nu-hi. K B o I 2, Rs., Z. 32 wird statt dessen dsa-[ma-ajn-mi-nu-he geschrieben. D a das Zeichen D I auch den Lautwert sd hat, haben wir den Götternamen in III R 66 dsa-ma-nu-ha, nicht ddi-ma-nu-ha zu lesen. Aus Samanminuhe konnte leicht durch Silbenellipse — oder auf Grund einer Aussprache Samanmnuhe — Samanuhe, Samanuha werden. Hieraus wurde schließlich Samnuha. Unter diesem Namen (sa-am-nu-ha) erscheint er neben der Göttin Gubäba (Kußrißr)) als Stadtgott von Sadikanni, das sicher mit ‘Arbän am Westufer des mittleren Chabur identisch i s t 3), auf dem Tonzylinder des Bel-eris aus Assur (um 1000) 3). Als dsaam-nu-ha (oder -hu) begegnet er noch in spätassyrischen Eigen­ namen 4). Auch ein Fürst von Sadikanni heißt Jsd-ma-nu-hasar-iläni, d .h . »Samanuha ist der König der Götter«: er huldigte dem Assyrerkönig Asur-näsir-apli II im Jahre 883 5). Der ebenfalls in den Verträgen genannte Gott N a p a r b i oder N a p a r w i, der eine Aussprache Naparbhi oder Naparfi voraussetzt, erinnert nun sehr an den Gott Nagarsi der Götter­ liste. Es wäre wohl denkbar, daß ein Abschreiber einer baby­ lonischen Vorlage einen etwas beschädigten Text falsch abge­ schrieben hat. Ein babylonisches WA konnte, namentlich wenn es nicht ganz erhalten war, als S I verlesen werden. D a die betreffenden Namen der Götterliste nicht einwandfrei überliefert und zu lesen sind, muß jedenfalls mit der Möglichkeit einer Emendation ge­ 1 Der T e x t ist bearbeitet von E . F . W e i d n e r , Politische Dokum ente aus Kleinasien (Boghazköi-Studien, 8. und 9. Heft, Leipzig 1923), S. 2 ff. *) V gl. zuerst F . H o m m e l , Geschichte Babyloniens und Assyriens (Berlin 1888), S. 557, Anm . 1. 3) Veröffentlicht von E s s a d N a s s o u h i in M A O G Bd. 3, H . 1 — 2. 4) K . L . T a l l q v i s t , Assyrian Personal Names (Helsingfors 1914), S. 191. 5) Annalen I, Z. 78.

68

II. Quellen (§ 60. 61).

rechnet werden. Dann wäre es auch denkbar, daß der Gott Parsi oder [. . i]rsi irgendwie aus einem bekannten Namen verderbt ist. Die Endsilbe könnte durch das folgende Nagarsi beeinflußt worden sein. Ein Gott, dessen Namen mit par beginnt, findet sich ebenfalls in den genannten Verträgen. K B o I 3, Rs., Z. 26 (= W e i d n e r , S. 54, Z. 43) lesen wir: dpar-da-a,-hi dlsu-ü-da »der Gott Partähi von der Stadt Süta«. E r steht hier an einer Stelle hinter babylonischen Gottheiten, an die er wohl erst nach­ träglich geraten ist. Dies wird auch durch K B o I 1, Rs., Z. 57 bestätigt, wo er hinter dem Gotte Tesup von Irrite aufgeführt wird: dpa-ar-t[a-hi äliu-ü]-ta. An der Richtigkeit der Ergänzung kann trotz des Fehlens einiger Zeichen kein Zweifel bestehen. Auf ihn folgt in diesem Texte der Gott Naparwi ohne Ortsangabe. W ir haben also hier Partähi und Naparwi ebenso nebeneinander wie in der Götterliste Parsi (?) und Nagarsi (?). Es wäre ein merkwürdiger Zufall, wenn es sich da nicht um dieselben G ott­ heiten handeln sollte 1). Der Einwand, daß Naparwi als Gott von Tedi nachgewiesen ist, also nicht wie Partähi ein Gott von Suta sein könne, ist natür­ lich nicht stichhaltig, denn in Tedi ist ja Kum arbi der Haupt­ gott; und wie das allgemein im alten Orient üblich ist, sind Neben­ götter irgendeiner Stadt oft Hauptgötter einer ändern. Bedenk­ licher ist höchstens, daß III R 66 Partähi nicht neben Naparbi genannt wird. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß III R 66 nach Samanuha abbricht, so daß auch noch andere Götter von Tedi aufgeführt sein konnten. 61. Sehr zu bedauern ist es, daß in dem aus Kär-TukultiNim urta nördlich der Stadt Assur stammenden R itualtext K A R 137 in Z. 12 der Vorderseite nicht angegeben wird, wie die Götter von Subartu heißen, denen bestimmte Gaben geweiht werden; es steht nur da: 3 abnime* ilimd mät su-ba-ri »3 Steine (für) die Götter von Subar(t)u.« J) D ie Textverderbnis wäre also folgendermaßen entstanden: ursprünglich pa-ar-ta(l)-fyi(I) und n a -pa (l)-a r-pi(l), dann: pa-ar-ta-lii und na7pa-ar-SI, weiter: pa-ar-SI und na-U -ar-SI. Falls letzteres'in der Götterliste zu lesen ist, würde sich die Verlesung eines PA. zu U ohne Schwierigkeit aus der Schrift der Hammurapizeit erklären.

II. Quellen (§ 62).

69

62. Häufig wird Subartu in einer Kategorie der religiösen Literatur erwähnt, die wir hier näher betrachten müssen, nämlich in den Omentexten, aber fast nur in den Omen astrologischer A r t J). Immer wieder begegenen uns vier geographische Bezeichnungen, die für diese Literatur besondere Bedeutung haben: 1. A k k a d , d. i. Babylonien selbst, 2. E la m , d. i. das Land im Osten B aby­ loniens, dessen eine Hauptstadt Susa, im Südosten der persischen Stadt Dizful, in langjähriger Arbeit von den Franzosen ausgegraben wurde, 3. A m u r r u , das, wie schon die Bezeichnung für »Westen« amurru lehrt, vor allem das westlich von Babylonien gelegene Gebiet sein muß, und 4. S u b a r t u , meist S U .B IR 4ki geschrieben, für das auch häufig Gutium eintritt. Diese vier Länder bilden im Grunde die damals bekannte W elt: sie sind die »vier W elt­ teile« (kibrät arba'i) der alten Babylonier. Über ihre Lage berichten am besten Texte, die sich mit Naturereignissen befassen, die geo­ graphisch näher bestimmt werden sollen. So lesen wir in dem T ext A X X II , Z. iff.* ) : [summa äa]dad ina urfat sär süti rigim-sü id d i: I I . . [ . . . .] ina mät akkadeh ibassi: ebüru issir: saharu ibaSsi-ma . summa dadad ina urfat sär iltäni rigim-sü id di: I I ina mät s[ubartiii3) ............ ] summa Jadad ina urfat sär sade rigim-sü id d i’. I I ina mät elamtiki l .............. 7

summa dadad ina urfiat sär amurri rigim-sü id di: I I ina mät amurrik%l ............] »[Wenn] der W ettergott in südlichem Gewölk sein Gebrüll erhebt, (so geschieht) dasselbe . . [......... ] wird im Lande Akkad ') Diese T e x te sind uns fast ausschließlich aus Abschriften der Bibliothek Assurbanipals bekannt. Die Entstehung einzelner Teile dieses Omenwerkes geht aber sicher bis in die Zeit des Reiches von A kkad zurück; vgl. § 82. *) Der Übersichtlichkeit halber wählen wir folgende Abkürzungen: a) aus Ch. V i r o l l e a u d , L ' Astrologie Chaldeenne (Paris 1908ff.): Sin = H eft 1 (Texte Cuneiforme, Sin) und H eft 5 (Transcription); Sh = H eft 2 (Shamash) und H eft 6; Ish = H eft 3 (Ishtar) und H eft 7; A = H eft 4 (Adad) und H eft 8; S = Supplement, H eft 9 und 10; S S = Second Supplement, H eft 1 1 — 13; b) T h = R . C. T h o m p s o n , The Reports of the Magicians and Astrologers of Niniveh and B abylon (London 1900). 3) W o nichts weiter bem erkt wird, ist stets das Ideogramm S U . B I R ^ i geschrieben.

70

II. Quellen (§ 62. 63).

vorhanden sein; die Ernte wird gedeihen; . . . -Getreide wird vorhanden sein und . . [......... ]. Wenn der W ettergott in nördlichem Gewölk sein Gebrüll erhebt, (so geschieht) dasselbe im Lande S [u b a r tu ........ ]. Wenn der W ettergott in östlichem Gewölk sein Gebrüll erhebt, (so geschieht) dasselbe im Lande Elam Wenn der W ettergott in westlichem Gewölk sein Gebrüll erhebt, (so geschieht) dasselbe im Lande Amurru [........ ].« Ein Gewitter im Süden *) bedeutet also Fruchtbarkeit für Akkad, eins im Norden solche für Subartu, eins im Osten solche für Elam und eins im Westen solche für Amurru. Das entspricht durchaus der allgemeinen Erfahrung, daß ein Gewitter dort, wo es hinkommt, die Ernte fördert. Subartu ist hier richtig der Norden, wie man das von vornherein erwartet. 63. In einem anderen Text ist davon die Rede, daß der Mond drei Höfe hat, die durch ein Tor unterbrochen sein können (SS X V , Z. ioff.). Die notwendigen Ergänzungen sind auf Grund der Symmetrie vollkommen sicher: Summa-maa) ( I ) 3) bäb-Sü ana Säri I fteti II-ü bäbu lä iraSsi III-sü bäb(-Süp) ana Säri I I fteti mät akkadükt ana mät subartikt itebbe-ma abikti subartikt isakkanan ana mät elamtiki u mät amurrikl lä ite h h e k a k k e ”“1 mät akkadekt eli kakkeme subarti** idanninumeS [Summa]-ma I bäb-sü ana Säri I I fteti II-ü bäbu lä irassi III-sü bäb-sü ana Säri I fteti mät subartukt [ ana mä]t akkadehi itebbe-ma abikti mät akkadeht iSdkkanan ana mät elamtikt u mät amurri lä ite h h e [k a k k e ]"“ mät subarti eli kakkeme! mät akkadehi idanninume! [summa-ma I bäb-Sü ana Säri I I I ftjeti II-ü bäbu lä iraSsi III-Sü bäb-Sü ana Säri 777 / fteti kakkeme elamtikt eli kakkemd mät amurri idanninumei [Summa-ma I bäb-Sü ana Sari I I I 1 fteti II-ü ] bäbu lä iraSSi III-Sü bäb-Sü ana Säri I I I fteti kakkeme amurrikt eli kakkem‘* [elamtiki idanninume!] 1) Daß die Himmelsrichtungen m it den unsrigen übereinstimmen und nicht etwa 450 davon abweichen, haben O. N e u g e b a u e r und E . F . W e i d n e r in A fO V I I I , S. 269 nachgewiesen. *) W ohl besser &ummama. 3) F ehlt im Text.

II. Quellen (§ 63. 64).

71

»Wenn (es so ist, d. h. der Mond drei Höfe hat) und das Tor (des ersten) nach Süden geöffnet ist, der zweite kein Tor hat, das Tor des dritten aber nach Norden geöffnet ist, so wird sich A kkad gegen Subartu erheben und eine Niederlage Subartus be­ wirken. Auf E lam und Amurru bezieht es sich nicht. Die Waffen Akkads werden über die Waffen Subartus siegen. [Wenn es] so ist und das Tor des ersten nach Norden geöffnet ist, der zweite kein Tor hat, das Tor des dritten aber nach Süden geöffnet ist, so wird sich Subartu [gegen] Akkad erheben und eine Niederlage Akkads bewirken. Auf Elam und Amurru bezieht es sich nicht. Die [Waffen] Subartus werden über die Waffen Akkads siegen. [Wenn es so ist und das Tor des ersten nach Osten ge] öffnet ist, der zweite kein Tor hat, das Tor des dritten aber nach Westen geöffnet ist, so werden die Waffen Elams über die Waffen Amurrus siegen. r ^ [Wenn es so ist und das Tor des ersten nach Westen geöffnet ist, der zweite] kein Tor hat, das Tor des dritten aber nach Osten geöffnet ist, so werden die Waffen Amurrus über die Waffen [Elams siegen].« Das Tor des ersten Hofes zeigt also durch seine Richtung das siegreiche Land an. Wieder ist Subartu der Norden, Akkad der Süden, Elam der Osten und Amurru der Westen J). 64. Auch Ish X X V I, Z. 22ff. liegt dieselbe Richtung zugrunde, nur ist es fraglich, ob der Ländername als »Subartu« oder »Gutium« oder »Subartu und Gutium« zu ergänzen ist: Summa kikü ina oral}nisanni innamir-ma sä sdr süti lä [innamir] ina mät akkadehi G A N .Z I lä issir ub-bu-tü [ibassi(?)] Summa Hkü ina arabnisanni innamir-ma sä iär iltäni lä innamir ina [mät subartiki(? )] G A N .Z I Id issir nisumd Um märemeI-Si-na [ikkalumei] summa Hkü ina ara(fnisanni innamir-ma Sä Sär lade lä innamir ina mät elamtik> [ K I .M I N ] summa Hkü ina arabntsanni innamir-ma §ä Mr amurri lä innamir ina mät amur[ri K I .M I N ] 1) Anders S. X X I , Z. i5 ff., wo die später (§ 66 b) zu erörternde nicht irdische Anordnung auch bei Mondhöfen gebraucht wird (Süd = Elam , Nord = A kkad, O st = Subartu, W est = Amurru).

72

II. Quellen (§ 64— 66 a).

Wenn der Pegasus *) im Monat Nisan gesehen wird, ohne daß der südliche Teil [gesehen wird], so wird die Vegetation in A kkad nicht gedeihen, Not [wird herrschen (?)]. Wenn der Pegasus im Monat Nisan gesehen wird, ohne daß der nördliche Teil gesehen wird, so wird die Vegetation in [Su­ bartu (?)] nicht gedeihen; die Leute [werden] die Bezahlung für ihre Kinder [verzehren]. Wenn der Pegasus im Monat Nisan gesehen wird, ohne daß der östliche Teil gesehen wird, so [(geschieht) dasselbe] in Elam . Wenn der Pegasus im Monat Nisan gesehen wird, ohne daß der westliche Teil gesehen wird, so [(geschieht) dasselbe] in Amurru.« Die Stelle des Sternbildes also, die unsichtbar ist, weist die Richtung einer kommenden Mißernte an. Wieder ist A kkad Süden, Elam Osten, Amurru Westen und das ergänzte Land Norden. 65. Das Omenwerk, aus dem diese Orakel genommen sind, dürfte erst allmählich die jetzige Form erhalten haben. Dafür spricht auch der Umstand, daß manche Omina statt Subartu ein anderes nördliches Gebiet, nämlich Gutium, setzen. So A X X , Z. 10ff., wo von Gewittern die Rede ist: [Summa [Summa [Summa [Summa

birjiq müSi ina Sär Süti ib-riq dadad irahis biriq] müSi ina Sär iltäni ib-riq dadad mät gu-ti-i irahis birjiq müSi ina Sär Sade ib-riq äadad mät elamti irahis biriq] müSi ina Sär amurri ib-riq dadad mät [amurri irahis]

»[Wenn] ein nächtlicher [Bli]tz im Süden der W ettergott (Akkad) überschwemmen. [Wenn] ein nächtlicher [Blitz] im Norden der W ettergott Gutium überschwemmen. [Wenn] ein nächtlicher [Bli]tz im Osten der W ettergott Elam überschwemmen. [Wenn] ein nächtlicher [Blitz] im Westen der W ettergott [Amurru überschwemmen].«

aufblitzt, so wird aufblitzt, so wird aufblitzt, so wird aufblitzt, so wird

66 a. Eine Vertauschung zwischen Elam und Subartu, die vielleicht auf ein Versehen zurückgeht, finden wir A X X X I I I , Z. 13 ff.: Summa ümu idi Sär Süti ü-pa-a i-ta-rim huSah Sarri akkadeki ü-kalla m ......... J) Die Abgrenzung des Sternbildes scheint nicht ganz m it der modernen zusammenzufallen. W örtlich übersetzt heißt das Sternbild »das Feldstück«.

II. Quellen (§ 66a— c).

73

Summa ümu idi Sär iltäni ü-pa-a i-ta-rim huSah Sarri elamtiH ü-kal-lam......... Summa ümu idi Sär Sade ü-pa-a i-ta-rim huSah Sarri subartiH ü-kallam . . . . . . Summa ümu idi Sär amurri ü-pa-a i-ta-rim huSah Sarri amurriki ü-kal-lam......... »Wenn ein W etter die Südseite mit Gewölk bedeckt, so zeigt dies Hungersnot des Königs von A kkad an. Wenn ein W etter die Nordseite mit Gewölk bedeckt, so zeigt dies Hungersnot des Königs von Elam an. Wenn ein W etter die Ostseite mit Gewölk bedeckt, so zeigt dies Hungersnot des Königs von Subartu an. Wenn ein W etter die Westseite mit Gewölk bedeckt, so zeigt dies Hungersnot des Königs von Amurru an.« 66b. Jedenfalls ist diese Einteilung sonst nicht zu belegen, was sehr für einen Fehler spricht. Sie hat auch nichts damit zu tun, daß in Omen, die von Finsternissen handeln, die Einteilung des Gestirns selbst eine andere ist als die Einteilung bei irdischen Vorgängen. A uf dem Monde ist der Norden Akkad. Dies erklärt sich leicht daraus, daß der Himmel gewissermaßen als Spiegelbild der Erde — und umgekehrt — gedacht wurde. In einem Spiegel­ bild sind zwei Richtungen vertauscht, die beiden anderen aber blei­ ben. Deshalb wird Amurru, das für den Babylonier die Blick­ richtung bedeutete (§ 69), immer für den Westen gebraucht. Man sollte nun meinen, daß Elam für den Osten gelte und Subartu für den Süden. In der Deutung von Verfinsterungen ist aber Elam der Süden und Subartu der Osten. Ob hier eine andere Rezension zugrunde liegt, oder ob uns noch unklare Vorstellungen die Ver­ anlassung zu dieser Anordnung gaben, läßt sich nicht entscheiden. Immerhin zeigen auch diese Texte die Bedeutung Subartus für die geographischen Vorstellungen der Alten. 66 c. Zunächst geben wir einen Text, der von einer Mond­ finsternis am 14. Nisan in der ersten Nachtwache handelt (Sin X X V I, Z. 5 ff.), wobei wir einige für uns überflüssige Einzelheiten übergehen: Summa ina arabnisanni um X I V kam ina massarti barärUi atalü Sitkun-ma atalü Suätu du--um [ina Sär amJurri ippuh-ma namir'r Sarru amurri mursa dan-na imarras-ma mät-su huSah Se’i im m ar.........

74

II. Quellen (§ 66 c. 67).

[Summa ina arabntJsanni um X I V kam ina massarti barartti atalü Sitkun-ma K I .M I N ina Sdr iltdni ippuh-ma namir,r Sarru akkadeht K I .M I N mdt-su huSah Se’i im m ar......... Summa ina ara-nisanni um X I V iam ina massarti barartti atalü Sitkun-ma K I .M I N ina Sdr Sade ippuh-ma namirtr sarru subartikt K I .M I N (mdt-su) J) huSah Se’i im m ar......... Summa ina ara^ntsanni üm X I V kam ina massarti barartti atalü Sitkun-ma K I .M I N ina Sdr Süti ippuh-ma namir" [Sarru ela]mtiht K I .M I N mdt-su huSah Se’i immar »Wenn am 14. Nisan in der ersten Nachtwache eine Ver­ finsterung (des Mondes) stattfindet, wobei diese Verfinsterung sehr dunkel ist, es dann aber [im WJesten aufleuchtet und hell wird, so wird der König von Amurru an schwerer Krankheit erkranken und sein Land Hungersnot an Getreide erleben. [Wenn] am 14. [Ni]san in der ersten Nachtwache eine Ver­ finsterung stattfindet, wobei (diese Verfinsterung sehr dunkel ist), es dann aber im Norden aufleuchtet und hell wird, so wird der König von Akkad dasselbe (erleiden und) sein Land Hungersnot an Getreide erleben. Wenn am 14. Nisan in der ersten Nachtwache eine Verfinste­ rung eintritt, wobei (diese Verfinsterung sehr dunkel ist), es dann aber im Osten aufleuchtet und hell wird, so wird der König von Subartu dasselbe (erleiden und sein Land) Hungersnot an Ge­ treide erleben. Wenn am 14. Nisan in der ersten Nachtwache eine Verfinste­ rung eintritt, wobei (diese Verfinsterung sehr dunkel ist), es dann aber im Süden aufleuchtet und hell wird, so wird [der König von El]am dasselbe (erleiden und) sein Land Hungersnot an Getreide erleben. 67. Ebenso werden die Richtungen in SS L V II, Z. 26ff. be­ handelt, wo von besonderen Glanzerscheinungen am Jupiter die Rede ist: Summa kSA G .M E.G A R ina massarti barartti ana Sdr iltdni muS-ha Sakin reS mät akkadekl ra-pa-du isabatiai Summa kSAG .M E .G A R ina massarti quabliti ana Sdr iltdni muS-ha Sakin qabal mdt akkadeki ra-pa-du isabatiai Summa kSAG .M E .G A R ina massarti Sdt-urri ana Sdr iltdni muS-ha Sakin isid mdt akkadekl ra-pa-du isabbathat J) Fehlt im T ext.

II. Quellen (§ 67— 69).

75

»Wenn der Jupiter in der ersten Nachtwache nach Norden zu einen Glanz hat, so wird den oberen Teil von Akkad Raserei ergreifen. Wenn der Jupiter in der mittleren Nachtwache nach Norden zu einen Glanz hat, so wird die Mitte von Akkad Raserei ergreifen. Wenn der Jupiter in der Morgen wache nach Norden zu einen Glanz hat, so wird den unteren Teil von Akkad Raserei ergreifen.« Mit genau den gleichen Worten wird Z. 29— 31 Elam (mät elamtuki) behandelt, nur daß statt Norden Süden (sär süti) gesetzt ist. Z. 32— 34 folgt ebenso Amurru (mät amurrikl)\ die Himmels­ richtung ist hier Westen (sär amurri). Zuletzt kommt Subartu (subartuh%) mit der zerstörten Himmelsrichtung Osten (sär sade). 68. W ir können also das System bei diesen Beobachtungen ohne weiteres feststellen. Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Kommentaren, die ausdrücklich diese Prinzipien auf stellen. So bietet SS C X V III (81,7— 27,22), Z. 2 2 !: sär süti mät elamtuki: sär iltäni mät akkadüht: sär sade mät subartu u mät gu-ti[-i:] sär amurri mät amurri »Süden ist Elam , Norden ist Akkad, Osten ist Subartu und Gutium, Westen ist Amurru.« Man beachte, daß hier Subartu mit Gutium gepaart ist. Ebenso SS X I X , Z. 17, wo der Anfang zerstört ist. Dagegen hat ein Kommentar zu Omen, die zwar eine Sonnenfinsternis behandeln, aber W ert auf die dabei herrschende Windrichtung legen, die irdische Einteilung, die wir oben bei den sonstigen Wetterprognosen besprochen haben. SS X X X I X , Z. 6 sagt: Sär I I (d. i. iltäni) sar4 subartikt (hier abgekürzt STJkt) l ) sär I I I (d. i. sade) mät elamtukt »Norden ist der König von Subartu, Osten ist Elam.« 69. Die nicht irdische Einteilung liegt auch vor, wenn nicht nach Himmelsrichtungen, sondern nach der Lage geordnet ist, wobei zu berücksichtigen ist, daß der Babylonier in diesem Falle nach Westen blickte. SS C X V III, Z. 24L heißt es: imitti sin akkadükt Sumelti sin mät elamtukt elät sin mät amurri arkat sin mät subartukt u mät gu-ti-i »Die rechte Seite des Mondes (N) ist Akkad, die linke Seite des Mondes (S) ist Elam , die obere Seite des Mondes (W) ist Amurru, die hintere Seite des Mondes (0 ) ist Subartu und Gutium.« 1) V gl. besonders § § 5 9 - 9 7 -

76

II. Quellen (§ 69— 71).

Dieselbe Einteilung hat Th 268 Vs., Z. 11 f., wo nur statt elät phonetisch e-la-a-ti und statt arkat »Rückseite« Sap-la-a-ti »die unteren Teile« = »die Unterseite« geschrieben ist. 70. Eine ganz andere Ordnung finden wir bei den Jupiter­ erscheinungen SS L V III, K 6119, Kol. II, Z. 4ff.: Summa kSA G .M E .G A R ana fiäni-Sü a-dir kakkeme! mät sub[arti ............0 Summa kSA G .M E ,G A R ana arki-Sü a-dir kakkem‘* mät elamtih

l ........... Summa kSA G .M E .G A R ana imitti-Sü a-dir kakkemes' mät akkadei% [ ........... Summa kS AG .M E .G AR ana Sumelti-Sü a-dir kakkemei mät amurrikt [ ........... »Wenn der Jupiter nach vorn zu verdunkelt ist, so werden die Waffen von S u b [artu ........... ] *). Wenn der Jupiter nach hinten zu verdunkelt ist, so werden die Waffen von Elam [........... ]. Wenn der Jupiter nach rechts zu verdunkelt ist, so werden die Waffen von Akkad [........... ]. Wenn der Jupiter nach links zu verdunkelt ist, so werden die Waffen von Amurru [...........].« Hier ist augenscheinlich die Richtung nach Norden genommen, wie bei irdischen Vorgängen; aber Elam und Akkad sind vertauscht, da ja sonst Elam rechts und A kkad hinten liegen müßte. Ob ein Versehen vorliegt, läßt sich noch nicht entscheiden, da auch sonst Abweichungen von der Regel Vorkommen. W ir müssen im Auge behalten, daß die § 66 behandelte nicht irdische Anordnung zu­ nächst nur für Mondfinsternisse galt; es ist daher sehr wohl möglich, daß für andere Fälle Prinzipien galten, die wir infolge der Lücken­ haftigkeit des Materials noch nicht übersehen können. 71. So finden wir Sh X IV , Z. 22 f. umgekehrt wie in den so­ eben besprochenen Jupiterorakeln vorn Elam und hinten Gutium (statt Subartu, s. 0. §65). Summa itti-Sü ana fä n i SamaS ni-du nadi Sarru elamtiu [im ät(?)] Summa itti-Sü ana arkat SamaS ni-du nadi Sarru gu-ti-i [imät(?) ] *) Ergänze etwa (nach J. A . K n u d t z o n , Assyr. G ebete an den Sonnengott [Leipzig 1893], Nr. 68, Rs. 15 ): i-mar-ri-ru. *) Ergänze etwa »bitter (gefährlich) werden«.

II. Quellen (§ 7 1— 73).

77

»Wenn neben ihm (d. h. dem Sonnenhofe) vor der Sonne ein Auswurf Hegt, so wird der König von Elam [sterben (?)]. Wenn neben ihm hinter der Sonne ein Auswurf liegt, so wird der König von Gutium [sterben (?)].« K urz darauf wird in demselben Texte (Z. 25f.) die rechte Seite dem König von Esnunna (östlich von Baghdad) und die linke Seite dem König von Subartu zugesprochen. Ein Kommentar für Planetenorakel (Ish X X X IV , Z. 17) setzt — für uns noch rätselhaft — den Osten mit Akkad, den Westen mit Subartu gleich: itätmeS sit-samsi mät akkadekt ität ereb-samsi mät subartiki »Die (hier in Frage kommenden) Orakel des Sonnenaufgangs (beziehen sich auf) Akkad, die Orakel des Sonnenunterganges (auf) Subartu.« 72. Zusammenfassend können wir folgende Schemata auf­ stellen, wobei wir nach unserer Anschauung den Norden oben setzen und Subartu mit S, Babylonien (— Akkad) mit B, Elam mit E und Amurru mit A abkürzen: 1. irdische Orakel: S A E B mit einer Ausnahme (A X X X III, oben §66a): E A S B 2. Mondeinteilung bei Finsternissen: B A lis-kib-b[u] oder fis-kib-l[i], König vom Zederngebirge«. E r dürfte einer der Fürsten (»Isakku«) Subartus gewesen sein, die dem Könige nach derselben Inschrift aus Ur (§34) Tribut brachten. Diese Stelle zeigt zugleich, daß Subartu damals in einzelne Fürstentümer zerfiel; König selbst, d. h. sar Subarti oder Zar kissati, war der jeweilige Großkönig von Akkad. In Subartu dürfte dieser jedoch an allen wichtigen *) U m 2500 (s. S. 36 unten). *) Der Euphrat, den N aräm -Sin auf diesem Zuge vielleicht bei Karkemiä, dem heutigen öerabis, überschreiten mußte, gehörte sicher noch zu subaräischem Gebiete. Über den subaräischen Namen des Euphrat (Urut, Urat, Arat) vgl. bereits § 91 gegen Ende. 3) Ebenso K ol. I, Z. 22. 4) K B o I I I 13 ( = B o T U I I 3), Vs., Z. 13.

118

II I . Ergebnisse (§ 107).

Punkten Festungspaläste gehabt haben. Ein solcher stand auch in Pir H üseyin1), etwa 100 km nnö. von D iab ek r2), und von dort stammt die berühmte Stele mit dem Bildnis des Königs, deren Inschrift leider stark verstümmelt ist. Wahrscheinlich gehörte dieses später zu Subria (§ 103) gerechnete Gebiet einst­ mals zum alten Subartu. Die sonstigen Inschriften aus der Zeit des Reiches von Akkad ergeben nichts über den Umfang Subartus; denn von dem § 32 mitgeteilten Texte ist es einerseits unsicher, ob er sich auf Sargon von Akkad (um 2600) oder Sargon von Assur (um 2000) bezieht, andererseits ist gerade der Teil, in dem von Subartu gehandelt wird, zum mindesten in den darauf folgenden Zeilen, nicht in Ord­ nung. Es wäre wohl möglich, daß, wie S. 40 ausgeführt ist, im Originaltext die Ausdehnung Subartus mit den Worten »vom Libanon bis Turukki« (im nordwestlichen Zagros) angegeben war, aber sicher ist das nicht. Zu dieser östlichen Grenze würde auch stimmen, daß in Z. 3 Subartu irgendwie mit Anzan (Ansan) ver­ bunden wird, das, wie wir sahen 3), wenigstens zur Zeit des dritten Reiches von Ur mit Subartu in Personalunion stand. W as die 120 Meilen der »Straße des Landes Subartu« betrifft, so ergibt sich bei Ansetzung der babylonischen Meile zu 10,8 km eine Länge von fast 1300 km. Nun ist aber, wie schon die 180 Meilen der Straße von A kkad zeigen, rebit hier K ollektiv (etwa Straßennetz) zu fassen, und wir wissen nicht, wieviel Straßen durch Subartu gingen! Wenn nur eine Hauptmilitärstraße — etwa von D a­ maskus über Hama, Aleppo, Karkemisch, Harran, Räs-el-'Ain (Teil Halaf), Singär — nach Mossul anzunehmen ist, mit einigen weiteren Abzweigungen nach bedeutenderen Gegenden Mesopota­ miens, so würde sich die angegebene Länge 4) verstehen. Da aber alle Grundlagen noch unsicher sind, bleibt nur zu hoffen, daß uns ein günstiges Geschick einmal das Original dieses Textes bescheren möge, das alle Schwierigkeiten in dieser Hinsicht be­ seitigen wird. *) L. W . K i n g , A H istory of Sumer and A kkad (London 1910), S. 244t. und J. P . N a a b in Istanbul A sa n a tik a Müzeleri nesriyati X I I (Istanbul 1934), S . 3off. ’ *) Also nicht mehr w eit vom M urad-Su, dem Quellfluß des Euphrat, dem subaräischen U rut; vgl. § 91 gegen Ende. 3) §§ 85- 87. 104. 4) Die Entfernung von Dam askus bis Mossul auf dem genannten W ege beträgt knapp 1000 km.

II I . Ergebnisse (§ 108. 109).

119

108. Die sehr dürftigen historischen Quellen der Zeit des dritten Reiches von Ur finden wenigstens durch zwei Nachrichten einige Bedeutung. Die eine (§35) berichtet von der Eroberung Hamazis, das noch nicht sicher lokalisiert werden kann, aber wahrscheinlich in der Gegend von Tauq oder K ifri im Osttigrisland zu suchen ist, durch den Fürsten Zigulae von Subartu zur Zeit des Ibi-Sin 1). W ir sehen, daß sich in dieser Zeit der Einfluß des »Weltteils« Subartu bis über den Tigris hinaus erstreckte. Subartu muß damals eine besondere Blütezeit erlebt haben; denn die andere Nachricht, die uns die Omentexte geben (§§87.104), zeigt, daß Subartu und Ansan wenigstens zeitweilig unter ein e m Herrscher gestanden haben. Dieser hatte den Titel sar kissati, und er wird es auch gewesen sein, der die in Omentexten (§87) erwähnte Zerstörung von Ur zusammen mit Elam durchführte. Allerdings wird dieses Großreich nicht allzu lange bestanden haben, da der § 85 mitgeteilte Omentext die Wahrsagung enthält: »Der Thron von Ansan und Subartu wird umgeworfen werden.« W ir können nur vermuten, daß es nach Zerstörung des Reiches von U r (2187) zu Zwistigkeiten zwischen den Verbündeten gekom­ men ist, wobei Elam obsiegte, bis dessen Vorherrschaft im Vorderen Orient 1925 durch Hammurapi wieder beseitigt wurde. 109. Hammurapi muß durch seinen Sieg über Elam auch Subartu wenigstens soweit in seine Gewalt bekommen haben, daß er sich als Herrscher aller vier Weltteile bezeichnen zu dürfen glaubte. Die Datenlisten (§ 36) nennen als Verbündete gegen ihn: 1. Elam von Marhasi an, d. h. das Gebiet vom Oberlauf des unteren Zab südöstlich; 2. Subartu; 3. Gutium, d. h. das Land zwischen mittlerem Tigris östlich bis ins Gebirge hinein; 4. Esnunna, dessen H auptstadt in dem heutigen Teil Asmar etwa 50 km nnö. von Baghdad begraben liegt, und 5. Malgü, das auch im Osttigrisland gesucht werden muß, dessen zurzeit noch strittige Lage für unsere Fragen indes kaum Bedeutung hat. Hammurapi zählt seine Gegner nicht nach geographischen Gesichtspunkten auf, sondern nach ihrer Bedeutung. D a es aber sehr wahrscheinlich ist, daß die Feindesländer einen zusammenhängenden Kom plex gebildet haben, kommen für die östliche Grenze Subartus nur Marhasi und Gutium in Betracht; die Grenze ist also dieselbe, die auch in der Inschrift des Lugal-anni-mundu (§ 106) voraus­ *) U m 2200 (s. S. 36 unten).

120

II I . Ergebnisse (§ 109).

gesetzt ist. Über die westliche Ausdehnung Subartus schweigt Hammurapi vollkommen. W ir werden anzunehmen haben, daß er sich mit dem östlichsten Teil dieses Landes begnügen mußte: N in iveh x) war wohl der nördlichste und zugleich westlichste Punkt seines Reiches, der Anspruch darauf erheben konnte, zu Subartu gerechnet zu werden, und auch dieses Stückchen war, wie die Namen des 32., 33., 37. und 39. Jahres zeigen, keinesfalls sicherer Besitz. Seine Angabe in der Formel des 32. Jahres, daß er »das Ufer des Tigris bis zum Land Subartu hin eroberte«, kann in der Verbindung mit Esnunna und Gutium kaum anders ver­ standen werden, als daß er Teile Subartus, die am Tigris lagen, also etwa die Gegend um Niniveh, in seine Hand gebracht hat. Von einer wirklichen Beherrschung Subartus bis zum Zedernwald, wie sie Naräm-Sin ausgeübt hat, kann jedenfalls keine Rede sein. Auch die § 37 behandelte Expedition des Königs nach Subartu, das hier zwischen Gutium und Tukris genannt wird, kann sich nur bis ins Nachbargebiet von Niniveh erstreckt haben. W ir sind ihm aber besonders dankbar dafür, daß er die ihm unverständliche Sprache des unterworfenen Gebietes einer besonderen Erwähnung beachtenswert hält. Wenn während der Hammurapi-Dynastie häufig Sklaven und Sklavinnen aus dem Lande Subartu erwähnt werden (§§ 93— 95), ebenso wie auch solche aus dem benachbarten Gutium begegnen (§96), so handelt es sich jedenfalls teils um solche, die durch die kriegerischen Verwicklungen in Gefangenschaft geraten waren, teils um solche, die durch den Sklavenmarkt auf Zwischenwegen nach Babylonien gelangten. Hier könnten Angaben über die Heimat solcher Sklaven Auskunft über den Umfang des gesamten Subartulandes geben, wenn einmal zahlreichere Texte dieser Art uns zur Verfügung stünden. Bisher wird nur in zwei Fällen (§ 93) bei Sklavinnen der subaräische Ort genannt, aus dem sie stammen, und beide Ortsnamen sind in ihrer Lesung unsicher: bei dem einen Ort (CT X X X III 41) sind alle drei Zeichen der Schreibung fraglich, und es läßt sich kein sonst bekannter Ort ermitteln, für den die Lesung einigermaßen passen würde. Der andere (TD 147) wird mit den Zeichen bi-Aa-rakt geschrieben. Wie das Ortsdeter­ minativ zeigt, das im allgemeinen nur bei solchen Städten gebraucht wird, die als Kultzentren wichtig waren, kann es sich nicht um einen ') V gl. S. 49, Anm. 3.

II I . Ergebnisse (§ 109. 110).

221

ganz unbedeutenden Ort handeln. Wir vermuteten oben, daß in dem Namen das biblische Pethör am Sagur steckt. Ist dies richtig, so würde die Stelle auch für die Hammurapi-Zeit etwa die gleiche Ausdehnung des Landes Subartu im Westen bezeugen, wie sie für die Zeit des Reiches von A kkad (§ 107) erwiesen ist. Für die Ostgrenze von Subartu läßt sich vielleicht aus dem §95 mitgeteilten Brief (A JSL X X X I I , S. 285) folgern, daß diese nicht allzuweit von Esnunna (Teil Asmar) entfernt gewesen sein konnte, da diese Stadt nach dem Briefe besondere Bedeutung für den Handel mit subaräischen Sklaven gehabt haben muß *). 110. Die großen Umwälzungen in Vorderasien, die auch der Dynastie Hammurapis ein Ende machten, und die in erster Linie durch das Vordringen des Hethiterreiches2) und das Eindringen der arischen Mitannier bedingt waren, hatten auch Subartu stark in Mitleidenschaft gezogen. Jedenfalls tauchen, sobald unsere Quellen wieder einsetzen, ganz andere politische Namen im alten Subartu auf: wir finden zwischen Zederngebirge und dem persischen Rand­ gebirge jetzt hauptsächlich das Reich Mitannu 3) und die Hurrierländer, daneben aber in dem eigentlichen Syrien Mittel- und Klein­ staaten wie Aleppo, Karkemisch u. a. Eine Zusammenfassung des Gebietes unter dem Namen Subartu ist nunmehr unbekannt oder wenigstens ungebräuchlich. Sehr wohl möglich ist es, daß der Name Subaru an dem Lande haften blieb, das als ein Bestandteil des alten Subartu diesen Namen bis in spätassyrische Zeiten fest­ gehalten hat, an Subria im Norden von Diarbekr (§ 103). Die Amarna-Briefe bezeichnen jedenfalls mit Subaru das Mitannureich oder einen Teil desselben (§ 38). Denn wenn in den genannten Briefen Beschwerde gegen den König von Mitannu geführt und darüber geklagt wird, daß Streitwagen, Rosse und Soldaten, die eigentlich dem Pharao unterstanden, an das Land Subaru (bzw. Süru, § 103) ausgeliefert worden seien, so muß Subaru dem Befehl des Mitanniers untertan gewesen sein. Wenn sich auch aus den Briefen kein bestimmter Anhalt dafür gewinnen J) V gl. auch § 120f. 2) Mursil I eroberte 1758 Babylon. 3) M eist M itanni genannt; aber dieses ist der von mät abhängige Genetiv zum N o m inativ M itannu. Noch verkehrter ist es, die Bevölkerung des Landes als die M itanni (wie die Somali, die Suaheli) zu bezeichnen. Das wäre so, als ob w ir die Griechen als »die 'EAAdSos« bezeichnen wollten. W ir nennen daher die Einw ohner des Reiches von M itannu »die Mitannier«.

122

III. Ergebnisse (§ 110. m ) .

läßt, daß das Gebiet von Diarbekr und nördlich davon damals mitannisch gewesen sei, so ist dies doch immerhin sehr wahrschein­ lich. Ausgrabungen, die es bestätigen könnten, fehlen hier ja noch ganz und gar, so daß wir nicht in der Lage sind, die Grenzen dieser politischen Einheit Subaru genau festzulegen. Von Wasukanni, dem assyrischen S ik ä n i1), das jedenfalls unter dem Ruinenhügel Fecherija bei Räs-el-‘Ain begraben liegt *), und dessen Ausgrabung eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Zeit darstellt, liegt Subaru = Subria nur rund 100 km entfernt, und es wäre wohl denkbar, daß der Mitannierkönig gerade deshalb jene in den Amarnabriefen genannten Streitkräfte in das im N. und NO. seiner Hauptstadt gelegene Land bringen ließ, um dort, ohne vom Pharao beobachtet zu werden, zu einem Krieg gegen diesen zu rüsten. m . Sehr zu bedauern ist es, daß der aus Boghazköi stam­ mende Brief K B o I 20 (§39), der mehrfach den »subaräischen König« erwähnt, so fragmentarisch erhalten ist, daß wir nicht zu sicheren Schlüssen komgien können. Hier ist der subaräische König gewiß nicht mit dem König des Mitannierlandes identisch; denn da der betreffende Brief frühestens zur Zeit des Assyrerkönigs Adad-nirari I. (etwa 1316— 1280) geschrieben ist, der dem Mitannierreich ein Ende machte, wie die Erwähnung dieses Königs (Vs., Z. 9) zeigt, so kann der subaräische König nur einen Teil des alten Mitannierreiches in Händen gehabt haben, und das wäre dann das in § 110 erwähnte Gebiet bei Diarbekr. Im wesent­ lichen dürfte bereits E. F o r r e r 3) die Verhältnisse richtig er­ kannt haben, wenn er annimmt, daß der Name des alten Subartu hier nur noch auf einen kümmerlichen Restbestand beschränkt ist. Daß der Herrscher dieses Landes den alten Königstitel sar !) D. O p it z in Z A N . F . I I I , S. 2ggß. — W asukäni m u ß t e zu *Asukäni und dieses k o n n t e zunächst zu *Sukäni werden; vgl. noch außer den von O p it z enannten Fällen Am asaki neben M asaki (RAss I, S. 9 3 ) , Aäimänum neben imänum (im Nam en des 3. Jahres des Gim il-Sin), R ap häa neben A rraphäa (E. E b elin g in M A O G V I I 1/2, S. 27) und weitere Beispiele bei E . U nger, IA M N X I I , S. 46. E ine Theorie für hattischen Ursprung eines solchen a-protheticum läß t sich jedenfalls gegen Kretschm er (G lotta X X I , S. 86ff.) nicht rechtfertigen; denn dazu ist diese Erscheinung viel zu verbreitet. — Der weitere Übergang von *Sukäni zu Sikäni beruht wohl auf einer im Assyrischen auch sonst nachweis­ baren Beeinflussung durch den Zischlaut, der Vorliebe für i zeigt (*Sukäni zu *Sükäni zu Sikäni). *) M a x F r e ih e r r v o n O p p e n h e im , Der Teil H alaf (Leipzig 1 9 3 1 ) , S. 4 0 . 56ff. u. ö. 3) R A ss I, S. 258ff.

G

III. Ergebnisse (§ m .

112).

123

kiSSati zeitweilig für sich beansprucht haben mag, und daß die urartäischen Herrscher diesen Titel gerade mit dem Besitz von Süra (= Subria) verknüpften, ist bereits § 103 auseinander­ gesetzt worden. Deshalb wird auch in dem anderen in § 39 herangezogenen Brief K B o I 22 das Land Subaru mit der in den Amarnatafeln (§110) genannten Provinz Subaru des Mitannierreiches identisch sein. Die uns sicher bekannten geographischen Namen dieses Briefes sind zwar lediglich Halpä (= Aleppo) und Qinsa = Qades (bei Homs). Die Lage von Qiswadna ist immer noch umstritten *), und es ist hier unmöglich, auf diese Frage näher einzugehen. Ich halte es aber für sicher, daß die Stadt Kumanni in Qiswadna ») mit dem kappadokischen Comana — am Saros (Saris) bei Schahr — identisch ist und nicht mit dem pontischen Comana am Iris 3). D a sich dieses Subaru zeitweilig westlich bis an das Euphratknie (nö. von Malatia) erstreckt haben könnte, so sind die Entfernungen der im Brief angegebenen Gegenden ungefähr h a r m o n i s c h 4 ) . Wie dem auch sein mag, es fehlt jeder Grund, Subaru hier für Assyrien zu halten; denn die Gleichsetzung des assyrischen Reiches mit Subartu wird erst im 7. Jahrhundert üblich und ist hier wohl durch die intensive Beschäftigung mit der babylonischen Wissenschaft, namentlich den astrologischen Texten, veranlaßt worden: das altbabylonische Weltbild, mit dem man sich damals auch in Assyrien eingehend beschäftigte, verlangte es, daß man Assyrien seine Stellung unter den vier Weltteilen gab, und da konnte nur Subartu, auf dessen Gebiet sich der assyrische Staat aufgebaut und erweitert hatte, in Frage kommen. 112. Von den Königen des mittleren assyrischen Reiches bis Tiglathpilesar I (§48) erwähnt nur dieser das Land Subartu in Verbindung mit Angriffen der Kasker und Urumäer auf Städte dieses Landes, das, wie der König hervorhebt, dem Gotte Asur untertan war. Wahrscheinlich spielt Tiglathpilesar hier auf das ») D ie Meinungen schwanken zwischen Pontus und G olf von Issos! *) D a ß die Begriffe Qiswadna und Kum anni sich teilweise decken, letzteres also eine S ta d t von Qiswadna war, zeigt K B o II, 3, Vs., Kol. I, Z. 1, verglichen m it K ol. IV , Z. 14; s. F . H r o z n y in Boghazköi-Studien, H eft 3, S. 62, Anm. 6. 3) V gl. dazu H . T h . B o s s e r t in A fO V I I I , S. 305, der das in der Nähe von Kum anni liegende D attassa m. E . richtig m it A & 5 occtoc, das nach Cassius Dio X X X V I 12, 2 bei dem kappadokischen Comana lag, identifiziert. 4) H albä- Qinsa etw a 200 km, H albä-Kum anni etw a 250 km, Subaru Kum anni und Subarü-H albä je etw a 250 km.

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III. Ergebnisse (§ 112).

politische Erbe an, das durch die Besiegung des einen großen Teil Subartus umfassenden Mitannierreiches seitens der Assyrer (um 1300) auf Assyrien gekommen war. Weniger wahrscheinlich ist es, daß er Subartu hier auf das spätere Subaru (Subria) be­ schränkt, was durch die Erwähnung von Alzi und Burulumzi im Anfang des betreffenden Abschnittes als möglich erscheint, da diese Distrikte mit der mitannischen Provinz Subaru (§ 110) im engsten Zusammenhang stehen. Dagegen ist das »Land der Subaräer«, das er hier augen­ scheinlich als einen den Ländern A l z i *) und Burulumzi über­ geordneten Begriff gebraucht, jedenfalls nicht das alte Subartu vom Tigrisgebiet bis zum Zedernwald, sondern nur ein recht be­ scheidener Teil davon. So werden wir die in assyrischen Königsinschriften erwähnten Subaräer, die neben Lullubäern, Gutäern und K assiten 2) ge­ nannt werden (§§ 45ff.), auf die Bewohner dieses »Subaräerlandes« zu beschränken haben. Bedenken könnte nur die Tatsache erregen, daß Tukulti-Nimurta I (§47) in seiner Inschrift K A H II 61, Z. 30 die öfter genannten Kreise des Subaräerlandes einzeln mit Namen nennt und dann nicht in der Form einer Apposition, sondern mit Hilfe der Konjunktion ü »und« »den weiteren Um­ kreis des Subaräerlandes« anschließt. Das soll aber gewiß nicht heißen, daß die angeführten Kreise nicht zum Subaräerland ge­ hörten; vielmehr will der König sagen, daß er außer den be­ treffenden Kreisen auch alles andere Gebiet, das zum Subaräerlande gehörte, sich unterwarf 3). Unter diesen Umständen ist es fraglich, ob die in der syn­ chronistischen Geschichte (§ 51) begegnende ziemlich unklare Grenzbestimmung ul-tü sa-si-li mät su-ba-ri besagen will, daß Sasili, das in der Nähe des unteren Zab gelegen ist, zum »Subaräer1) Über Alzi, die armenische Provinz A rznik (Arzanene), ursprünglich das Land zwischen oberem Tigris, Murad-Su und dem Wansee, s. E . F o r r e r und E . U n ger in R Ass I, S. 8 8 ff. Nachdem sich der Name Subria für das G ebiet von A lzi durchgesetzt hatte, blieb der Nam e A lzi an einem Kreis des alten Gebietes haften, der nicht bedeutender war als Burulumzi und die anderen Kreise des Subaräerlandes, wie wir sie etwa in den Inschriften Tukulti-N im urtas I (§47) aufgezählt finden. 2) Diese sind natürlich die unter kassitischen Königen stehenden Babylonier. 3) W ieweit sich dies nach Osten erstreckte, geht aus den Texten nicht hervor. Unwahrscheinlichkeit ist es mir jedoch, daß das Zentrum der Subaräer dieser Zeit bei Kerkuk gelegen habe, wie S . S m i t h , E a rly H istory of Assyria (London 1928), S. 281 annimmt.

III. Ergebnisse (§ 112 — 114).

125

lande« gehörte. Jedenfalls fehlt uns jeder Beweis dafür, daß dieser Begriff in assyrischer Zeit jemals so weit gefaßt worden ist. 113. Erst Asarhaddon (§50), der in Schrift und Sprache seine babylonische Gelehrsamkeit zum Ausdruck bringt, holt mit absichtlichem Zurückgreifen auf altbabylonische Vorstellungen neben anderen alten Titeln auch den Titel »König von Subartu« wieder hervor. Mit solchen Bestrebungen steht der Herrscher ganz im Gegensatz zu seinen Vorgängern, namentlich dem zwei Jahrhunderte älteren Asur-näsir-apli II (§49); kommt doch bei letzterem ein bewußter Gegensatz zu babylonischer Kultur und ein absichtliches Hervorheben national-assyrischen Denkens, das sich besonders auch in der rein assyrischen Sprache seiner In­ schriften zeigt, zum Ausdruck. Inzwischen aber hatten sich die Zeiten geändert: die assyrische Renaissance unter Asur-näsir-apli II konnte sich mit der Ver­ feinerung der Bildung nicht halten. Nicht mehr in den Errungen­ schaften der eigenen Kulturentwicklung suchte man Befriedigung; vielmehr galt das alte Kulturland Babylonien — ähnlich wie bei uns im 18. Jahrhundert Frankreich — als das Musterland für Sitte, Sprache und Bildung. Man schrieb nicht mehr assyrisch, sondern babylonisch — allerdings meist in einer assyrischen Schriftform — , und die babylonische Gelehrsamkeit fand in Assyrien allgemein Eingang, seitdem Babylonien politisch ein Teil des assyrischen Weltreiches geworden war r). 114. Unter den Wissenschaften, die in Assyrien gepflegt wurden, nahm die babylonische Astrologie eine hervorragende Stellung ein. Das zeigen uns nicht nur die vielen Abschriften solcher Texte, die sich in der Bibliothek Asurbanipals (668— 626)' gefunden haben, sondern auch zahlreiche Berichte über astro­ nomische Beobachtungen dieser Zeit, denen astrologische Deu­ tungen auf Grund des großen babylonischen Omenwerkes zugefügt sind, über das §§ 62 ff. eingehend gehandelt ist. Wir sahen, daß dieses Werk in seinen Grundzügen auf die Zeit des Reiches von A kkad (um 2500) zurückgeht, und so ist auch die Einteilung der W elt in die vier Teile Akkad, Elam, Amurru und Subartu in den politischen Verhältnissen jener Zeit begründet. Naräm-Sin (§ 107) !) Asarhaddons V ater Sanherib (Sin-ahhe-riba) hatte zwar 689 Babylon zerstört und dieses Reich dem seinigen einverleibt. Aber das Vordringen b aby­ lonischer K u ltu r nach Assyrien ließ sich durch diesen Gewaltstreich nicht auf­ halten.

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II I . Ergebnisse (§ 114. 115).

versteht unter Subartu das ganze Gebiet von Elam bis zum Zedemwalde, und so wurden astrologisch alle Erscheinungen, die auf die nördlich von Babylonien gelegenen Gebiete hinweisen, auf Subartu bezogen: Subartu wurde somit ein mehr oder weniger geographi­ scher Begriff für »Nordland«. Für Babylonien gehört Assyrien, das weder zu Akkad, noch zu Elam, noch zu Amurru gerechnet werden konnte, ohne Frage in die Gebietssphäre des alten Subartu1) , und wir sehen aus astrologischen Berichten (§ 88), daß Deutungen, die das große Omenwerk auf Subartu bezieht, von dem Assyrerkönig auf sein eigenes Land bezogen werden. Subartu und Assyrien wurden auf diese Weise gleichbedeutend, sodaß der § 53 behandelte geographische Text »das Land Subartu« mit dem »Land Assur«, d .h . Assyrien, identifizieren konn te3). Diese Gleichsetzung von Subartu mit Assyrien blieb auch nach dem Untergang des Assyrerreiches bestehen: dies zeigen die in §§ 4 1— 43 behandelten Inschriften der Chaldäerkönige, die diese Tatsache so klar zum Ausdruck bringen, daß wir hier nicht noch einmal darauf zurückzukommen brauchen. Mit dem Perserreich verschwindet der Begriff Subartu für uns noch nicht vollständig, wenn auch sein Umfang nicht näher zu bestimmen ist: das zeigt die Erwähnung von Subaräem neben Kimmeriern zur Zeit des Kambyses (§ 44). Wie sich dann weiter­ hin der alte Name Subar in der griechischen Form Zupioc erhalten haben dürfte, ist § 103 dargelegt worden. Es muß auch hier noch einmal betont werden, daß unser Material noch zu spärlich ist, um eine lückenlose Geschichte der Entwicklung von Subar zu Zvpia liefern zu können. Soviel aber ergibt sich mit Sicherheit, daß sumerisch Subir und die davon abgeleiteten Bezeichnungen schon frühzeitig politische Begriffe gewesen sind, die je nach den Zeitverhältnissen einen ganz verschiedenen Umfang gehabt haben. 115. Wenn wir nunmehr dazu übergehen, die ethnischen Ver­ hältnisse des Landes Subir-Subartu zu betrachten, so empfiehlt es sich, von der S p r a c h e dieses Gebietes auszugehen. Zwar sind ') V gl. bereits §§40. 53. 2) Umgekehrt haben die Perser das ursprünglich subaräische Gebiet, da es beim Untergang des Assyrerreiches zu diesem gehörte, und namentlich auch, weil seine letzte H auptstadt Harran auf subaräischem Boden lag, AOura genannt, das die griechischen Schriftsteller dann m it ’ Aacrupicc Wiedergaben; vgl. E . H e r z ­ f e l d in A M I I (Berlin 19 2 9 !), S. 81. So war der Verwechslung von ’ Ao'aupta m it Zupfoc Tü r und Tor geöffnet, und man versteht es, daß T h . N o e l d e k e letzteres als eine Abkürzung aus ersterem erklären wollte.

III. Ergebnisse (§ 115).

127

Sprache und Rasse Begriffe, die sich durchaus nicht immer decken (v gl- § 4 ); wenn wir aber, von dem gegenwärtigen Verbreitungs­ gebiet der Kaukasussprachen ausgehend, feststellen müssen, daß in Subartu, soweit unser Material zurückreicht, eine Sprache ge­ sprochen wurde, die ihrem Geiste nach ebenfalls zu den Kaukasus­ sprachen gehört, so gewinnt die Wahrscheinlichkeit Boden, daß auch dieses Gebiet zur eigentlichen Heimat der Rasse gehört, der die Kaukasussprachen arteigen sind: der Rasse der vorder­ asiatischen Steilköpfe (§§ 14 ff.). Schon längst waren einzelne Glossen in spätassyrischen Wörterverzeichnissen bekannt geworden, die durch den Zusatz S U . B I R f , häufiger abgekürzt S U * oder S U , als Fremdwörter aus dem Lande Subartu gekennzeichnet waren (§91). Auch bei Götter­ namen war dieselbe Tatsache festzustellen (§59). Als dann unter dem Tafelfund von El-Amarna z) ein Brief des Mitannierkönigs Tusratta (Anfang des 14. Jahrhunderts) in rätselhafter Sprache, aber in lesbarer Keilschrift auf tau ch te3), erkannte. P. J e n s e n als erster 3), daß ein sprachlicher Zusammenhang zwischen ein­ zelnen jener Glossen und Wörtern dieses Briefes bestünde. Da er aber einige Glossen — wie sich immer mehr herausstellt, zu Un­ recht 4) — aus dem Semitischen deuten zu können glaubte, ver­ trat er die Ansicht, daß man in S U sowohl »mitannisch« als auch eine mit dem Assyrischen verwandte Sprache gesprochen habe. E r nannte die Sprache »Mitanni«; richtiger bezeichneten sie die beiden Assyriologen, die sich gleichzeitig mit ihm zuerst der Ent­ zifferung derselben zuwandten, als »Mitani-Sprache« 5) bzw. »language of Mitanni« 6). Denn daß es sich um die Sprache handle, die im Lande Mitannu einheimisch war,lag aufder Hand. Dieser Name für die Sprache hat sich bis indieneueste Zeit hinein er­ halten 7). J) E n td e c k t wurden die Tafeln gegen E nde 1887. 2) Veröffentlicht von H . W i n c k l e r und L . A b e l , Der Thontafelfund von el A m am a (Mitteilungen aus den Orient. Sammlungen d. K gl. Museen zu Berlin, 1889), N r. 27; neu herausgegeben von O. S c h r o e d e r in V S X I I , Nr. 200. 3) V gl. besonders Z A V I , S. 6off. 4) V gl. bereits § 9 1 . 5) R . W . B r ü n n o w in Z A V , S . 2ogff. 6) A . H . S a y c e in Z A V , S . 26off. 7) F . B o r k spricht im A fO I X (1934), S. 137, woselbst er die Bezeichnung »Subaräisch« ablehnt, von der Um schrift »des Mitani«: »das Mitani« (Gen. des Landesnamens M itannu) ist jedenfalls ebenso verkehrt, wie wenn wir »das Helleni­ sche« als »das Hellados« (Gen. des Landesnamens Hellas) bezeichnen wollten; v g l. S. 1 2 1 , A nm . 3.

128

III. Ergebnisse (§ 116).

116. Die Entzifferung der Sprache wurde besonders durch L. M e s s e r s c h m i d t 1) und F. B o r k 2) gefördert. Letzterer ver­ suchte namentlich in die formenreiche Verballehre Ordnung zu bringen 3), ohne daß, seine allzu schematischen Aufstellungen nun wirklich als durch die Textdeutung gesichert erwiesen wären. Dagegen ist sein Beweis dafür, daß das sogenannte Mitannische in seinem Aufbau nur aus dem Geist der uns bekannten Kaukasus­ sprachen heraus verständlich wird, durchaus geglückt. Schon M e s s e r s c h m i d t 4) erkannte, daß sich die neue Sprache nicht auf das Mitannureich beschränkte: in einem aus Dunip 5) stammenden Am arnabrief6) findet sich eine ganze Anzahl von Glossen, deren Verwandtschaft mit der Sprache Tusrattas klar zutage tritt. Es muß also auch dort, fern von Mitannu, diese Sprache im 14. Jahrhundert lebendig gewesen sein. Auch in ganz entgegengesetzter Richtung fanden sich ihre Spuren, so in Urkunden aus Tarkelan und Weranschehir (bei Kerkuk), die ins Berliner Museum gelangten 7) und deren Personennamen M e s s e r s c h m id t schon lange vor ihrer Veröffentlichung8) als »mitannisch« erkannt hatte. Ganz überraschend war das A uf­ tauchen ebensolcher Namen in Urkunden aus Nippur, die der späteren Kassitenzeit (14. und 13. Jahrhundert) angehörten, und die F. B o r k 9 ) zuerst analysierte. Wenn bei diesen Glossen und Namen eine Beziehung zu dem Reiche von Mitannu zeitlich noch möglich war, so war eine solche ausgeschlossen bei Urkunden mit genau ebenso gebildeten Namen, die entschieden v o r die Zeit der Gründung dieses Reiches fielen, wie solchen aus der Zeit Hammurapis I0) oder noch älteren aus der Zeit des dritten Reiches von Ur 11). Die Sprache »mitannisch« 1) 2) 3) 4)

M itanni-Studien, M V A G I V (1899), S. 175!!. Die Mitannisprache, M V A G X I V 1/2 (1909), S. iff. Einen guten Überblick b ietet A . G u s t a v s in R V V I I I , S. 2 1 9 ff. Die Sprache von Dunib in M V A G I V (1899), S. 2930. 5 ) H eute Dunipe oder Dunibe, etwa 30 km sö. von H am a; s. R . D u s s a u d Topographie historique de la Syrie (Paris 1927), S. lo g f. 6) I. A . K n u d t z o n , Die E l-Am am a-Tafeln, Nr. 59. 7) E ine weitere, die nach London kam, veröffentlichte T h . G. P i n c h e s 1896 in C T II 21. Den Charakter der sich dort findenden Personennamen erkannte F. H o m m e l bereits 1904 in seinem Grundriß der Geographie und Geschichte des alten Orients, S. 43, Anm. 1. 8) V S I (1907) 106— 110. 9) O L Z 1906, Sp. 588ff. 10) A . U n g n a d , Urkunden aus D ilb at in B A V I 5 (1909), S. 8ff. ” ) F. T h u r e a u - D a n g i n , R A I X (1912), S. 4; F. H o m m e l , Mitanni-Namen in den Drehem-Tafeln, in O L Z 1913, Sp. 3040.

II I . Ergebnisse (§ 116. 117).

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zu nennen, ist daher ein Anachronismus J). Man könnte zwar die Bezeichnung »mitannisch« auf den im Reiche Mitannu ge­ sprochenen Dialekt dieser Kaukasussprache beschränken; aber hierdurch wären Verwechslungen mit der Sprache der arischen Mitannierkönige, die doch wohl auch den Landesnamen aus ihrer Sprache geprägt haben, möglich, ebenso wie ja auch der Name ihrer Hauptstadt Wasukanni arisch ist2). Wenn auch diese arische Sprache nur noch in einigen Resten — wie Eigennamen und Sport­ ausdrücken — überliefert ist und, sicher auf den kleinen Kreis einer Herrenschicht beschränkt, zur Zeit Tusrattas vielleicht sogar schon ganz als Verständigungsmittel ausgestorben war, so wäre für diese arische Sprache der Name »IVfitannisch« m. E. viel angemessener als für die damals im Verkehr übliche Kaukasussprache, zumal da jene weder indisch noch iranisch ist, sondern als eine dritte selb­ ständige arische Sprache auch eines besonderen Namens bedarf 3). 117. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß einige mit dem Zusatz »Subartu« versehene Glossen assyrischer Vokabulare in dem Briefe Tusrattas als Wörter jener »mitannischen« Kaukasus­ sprache begegneten 4), und daß — worauf noch zurückzukommen sein wird — die in dieser Sprache begegnenden Götternamen mit den ebenfalls durch den Zusatz »Subartu« versehenen Götter^ namen babylonisch-assyrischer Götterlisten (§§ 58— 60) überein­ stimmten, wobei vor allem der Name des Hauptgottes Tesup sozusagen als »Leitfossil« diente, glaubte ich berechtigt zu sein, diese Sprache als »subaräisch« zu bezeichnen 5), und dies um so mehr, als die zuerst von P. J e n s e n für den Gebrauch einer semitischen Sprache in Subartu vorgebrachten Gründe (§115) sich nicht als stichhaltig erwiesen 6). J) D a der N am e Mitannu vor dem unter arischen Herrschern stehenden R eiche von M itannu völlig unbekannt war, liegt es nahe, diesen Namen der Sprache der Reichsgründer zuzuteilen. Der älteste uns bekannte Herrscher Saussatar (um 1 5 0 0 ) nennt sich Sar ma-i-te-ni (s. den von E . S p e i s e r in JA O S 49 [ 1 9 2 9 ] , S. 2 6 9 ! !. behandelten B rief des Königs an seinen Vasallen Ithija, K önig von Arrapha). D ie E ntw icklung von Maiten zu M itan (aeg. min), das genauer wohl M itän zu lesen wäre, ist noch dunkel. 2) J. F r ie d r i c h im A rch iv für Keilschriftforschung I I (1925), S. 121. 3) V gl. V . L e s n y im A O r IV , S. 257!!. 4) V or allem ene »Gott« (§59) und hijaroha »Gold« ( § 9 1 ) ; weiter auch aStu, das allerdings nach den Glossaren (§9 1) eine »Tempelfrau« zu bezeichnen scheint, während im Tusratta-Briefe aSti »Ehefrau« bedeutet. ) D ie ältesten Völkerwanderungen Vorderasiens (Kulturfragen, H eft 1, Breslau 1923), S. 5 ff.; vgl. bereits B A V I 5 (1909), S. 8ff. 6) D ie § 92 behandelten Pflanzennamen können, auch soweit sie semitisch U n g n a d , Subartu

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130

II I . Ergebnisse (§ 117).

Ganz neue Gesichtspunkte traten zutage, als die fortschreitende Entzifferung der Boghazköitexte uns mit einer Sprache bekannt machte, die ihrem ganzen Wesen nach diesem »Subaräischen« so ähnlich war, daß es möglich war, einen Text dieser A rt aus dem uns allerdings immer noch recht unvollkommenen bekannten »Subaräischen« des Tusrattabriefes zu erklären1). Es ist dies das »Hurritische« oder »Hurrische«, bei dem bereits F. H r o z n y 2) »Anklänge an die Mitanni-Sprache« feststellen konnte. Daß dieses in akkadischen Boghazköitexten besonders in der Verbindung K U R uruH U R .R I »das Land von H.« und L Ü meS H U R .R I »die Leute von H.« begegnende W ort 3) H U R .R I, das sicher einen Genetiv darstellt, nichts mit den Ariern von Mitannu zu tun hat, wie es die frühere Lesung H A R .R I statt H U R .R I möglich erscheinen ließ, ist heute eine gesicherte T at­ sache. Gegen die an sich mögliche Lesung H A R .R I sprachen bereits allerlei Gründe; endgültig erwiesen ist die richtige Lesung durch die Schreibung hu-ur-la-as von Bo 837 4), das eine häufig belegbare nasisch-hethitische Bildung von demselben Wortstamm darstellt. Wie I.N A K U R .K U R ? IA uruH U R .R I »in den Ländern von H.« (so K B o IV 4, Kol. IV 61) mit I.N A K U R M I. J T .T A . A N .N I »im Lande Mitannu« (so K B o III 4, Kol. I 16) wechselt, so wechselt nasisches hur-la-as K U R -e (d. i. utne), das demnach die nasische Übersetzung von K U R .K U R % f'A uruH U R . R I darstellen muß (so K U B X X I V 4, Vs. 17), mit K U R URUM I. I T .T A .A N .N I (so K U B X X I V 3, Kol. II 27). Von diesem hurla- ist weiterhin ein W ort hurli-li gebil­ det, das häufig vor Texten steht, die in mitannischem K auka­ sisch oder, wie wir sagen, in Subaräisch abgefaßt sind, also in der Sprache der Menschen, die auf Nasisch hurla-Leute heißen. H. E h e l o l f 5) war auf Grund der nasischen Form zunächst durchaus berechtigt, die Sprache »hurlisch« und nicht »hurrisch« anmuten, nicht für den Gebrauch einer semitischen Sprache in Subartu in A n ­ spruch genommen werden; denn gerade bei fremdländischen Pflanzen kommen oft, wie ja unsere Pflanzennamen zur Genüge beweisen, die sonderbarsten Volks­ etymologien und Verdrehungen vor. *) A . U n g n a d , Das hurritische Fragm ent des Gilgamesch-Epos, Z A N . F . I, S. i 3 3 ff. s) M D O G 56 (19x5), S. 42. 3 ) Das Material h at F . Som mer, D ie A hhijavä-Urkunden (A B A W , N eue Folge 6, 1932), S . 42ff. gesammelt. 4) S om m er , a. a. O., S . 383. 385. 5) O L Z 1929, Sp. 323, Anm . 1.

I I I . Ergebnisse (§ 117).

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zu nennen. Indes zeigt sich immer deutlicher, daß sowohl akkadisch H U R. R I als auch nasisch hurla- irgendwie mit dem in Tusrattas Brief häufig begegnenden (K U R ) hur-ru-u-he (I 6; III 6) und (K U R ) hur^wu-u-he (I 11. 19; II 68; III 113; IV 127) *) Z u ­ sammenhängen3), und daß demzufolge das l ein nasisches Form­ element sein muß, das der Endung -he in hurruhe, hurwuhe unge­ fähr entspricht, also etwa »zugehörig zu« bedeutet 3). Sommer hat bereits darauf hingewiesen 4), daß die Eigentümlichkeiten, die wir hinsichtlich der Determinierung des Wortes H U R .R I finden 5), ein Beweis dafür sind, daß weder H U R .R I noch hurla- von Haus aus ein politisch-geographischer Begriff ist. Was es ursprünglich bedeutet, ist noch nicht zu ermitteln; als Ausgangspunkt für die Untersuchung müßte man wohl das einheimische Wort hurwu, hurru des Tusrattabriefes nehm en6). Denn es ist schwer ein­ zusehen, warum die »Hurwuhe« selbst für sich ein akkadisches W ort zur Kennzeichnung ihres Landes und ihrer selbst gewählt haben sollten. Schon deshalb wird H roznys Zusammenstellung von H U R .R I mit Akk. hurru 7) »Loch« abzulehnen sein. Möglich wäre es nur, daß die Akkader selbst volksetymologisch an etwas derartiges gedacht haben 8). Vorläufig läßt sich nur soviel sagen, daß hurwu, hurru ur­ sprünglich ein Abstraktbegriff war, der etwa »Bund«, »Union« oder etwas ganz anderes bedeutet haben kann. Von diesem Worte bildet das Nasische die Form hurla- (etwa »der Bündner« o. ä.) 9), J) B o r k um schreibt harrohe, harwohe. 2) K U R ma-a-ds-ri, das fast stets neben ( K U R ) hur-r/wu-u-he begegnet, verhält sich (z. B. I V 129) zu diesem, wie K U R M I .Z I .I R .R I zu K U R M I . I . I T . T A .A .A N .N I (so I I I 1 0 4 I). Masri ist also augenscheinlich der in Mitannu ein­ heimische N am e für Ä gypten , während K U R M I . Z I .I R .R I als ideographisch geschriebene Form anzusprechen ist. So wird auch ( K U R ) bw-r/wu-u-M den­ selben Begriff in einheimischer Fassung ausdrücken wie K U R M I . I . I T . T A . A .A N . N I als akkadisches Ideogramm. 3) Diese Bedeutung h at auch sonst h in hurritischen T exten; vgl. z. B. das von E . F o r r e r in Z D M G 76, S. 227 gebrachte Beispiel [ U R J U H A . A T . T U uh-e e-weg-er-ne »die zu H attu gehörigen Herrscher« = »die hattischen Herrscher«. 4) a. a. O., S. 46. 5) Vielfach fehlt jedes Determ inativ, so daß wir H U R .R I , K U R H U R .R I und U R U H U R .R I unterschiedslos nebeneinander haben. 6) Dieses begegnet wohl auch als Elem ent in Personennamen; vgl. a-ri(-ih) hur-me/mi [ G a d d , R A X X I I I , S. 72] (lies Ari-hurwe), gebildet wie A ri-Tesup u. ä. " 7) A O r I I I , S. 287. " 8) V gl. auch § 131. 9) D ann wäre auch hurru-he, hurwu-he als »die zum Bund (o. ä.) Gehören­ den« zu deuten.

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II I . Ergebnisse (§ 117 . 118).

und von diesem ;weit er hurlili (etwa »das Bündnerische«) zur Bezeichnung der Sprache dieser Menschen. Wir können hier nicht näher auf die Frage eingehen, inwieweit die Begriffe H U R .R I und Mitannu sich decken, zumal dieses eingehende Untersuchungen über die Geographie der BoghazköiTexte erheischen würde, die zurzeit schwerlich etwas Endgültiges zutage fördern würden. Jedenfalls ist es kaum richtig, wenn H rozny l) die griechische Einteilung von Mesopotamien in Osrhoene (vom Euphrat östlich bis zum Chabur) und M ygdonia2) (vom Chabur östlich bis zum Tigris) mit dem alten Namen Hurri und Mitannu in Zusammenhang bringt und dabei das Hurriland mit Osrhoene identifiziert. Dagegen spricht vor allem, daß sich, wie eben gezeigt, die Begriffe Mitannu und Hurriland wenigstens teilweise decken: Mitannu kann auch als Hurriland bezeichnet werden. Da wir aber auch von H u rri-L ä n d e rn in der Mehrzahl hören 3), erscheint Hurriland gegebenerweise als der übergeordnete Begriff: das Land Mitannu ist eins der Hurriländer und dürfte zeitweilig die Hegemonie in diesem Staatenbund gehabt haben. Die Frage, wieweit sich diese Hurriländer namentlich nach Norden und Osten ausgedehnt haben und wie sich jeweilig ihre Stellung zum Reiche Mitannu gestaltete, kann nur in größerem Zusammen­ hang behandelt werden. 118. Neuerdings hat sich E. S p e i s e r 4), ohne auf die Einzel­ heiten einer Beweisführung für die Gleichung »Hurritisch« = »Mitannisch-Subaräisch« einzugehen, dahin ausgesprochen, daß von Subaräern als einer ethnischen Einheit überhaupt keine Rede sein könne, und daß die Hurrier erst durch eine A rt »Völker­ wanderung« zu Beginn des 2. Jahrtausends in ihre mesopotamischen Sitze gelangt seien 5). Seine Behauptung 6), daß Subartu ') A O r I, S. 97. 2) Die durchaus mögliche Gleichsetzung von Mitannu und M ygdonia hat m. W . zuerst F . B o r k ausgesprochen. 3) Vgl. K U R . K U R H U R . R I K B o I V 14, Kol. I I 10; [ K U ] R . K U R M E $ H U R . R I K U B X I V 17, Kol. I I 32 u. ö. 4) E thnie Movements in the Near E a st in the Second Millenium B . C. (A A S O R X I I I [1933]. S. 13— 54). 5) Wenn ich auch S p e is e r s Folgerungen ablehnen muß, so soll doch nicht verschwiegen werden, daß seine A rbeit eine Fülle anregender Gedanken enthält. Jedoch kann ich es ebensowenig verhehlen, daß diese A rbeit in der G esam t­ beurteilung des Subaräerproblems einen R ückschritt darstellt gegenüber seiner Auffassung der ethnischen Verhältnisse in seinem Buche ‘Mesopotamian Origins* (Philadelphia 1930), in dem er den Subaräern mehr Gerechtigkeit angedeihen ließ. 6) S. 23.

II I . Ergebnisse (§ 118).

133

'was used as a land-name beginning with the third millenium’, ist schon genügend widerlegt worden 1): Subartu war nicht nur ein Ländername, sondern auch ein politischer Begriff. Ebenso .unverständlich ist seine Behauptung, daß erst in der Zeit der Assyrerkönige von »Subaräern« die Rede se i2), und daß 'in the early texts 3) there is no reference to »Subareans« as such’ 4). H at doch S p e i s e r selbst in seinen ‘Mesopotamian Origins’, S . 102ff., zwei Texte der Hammurapizeit eingehend behandelt, in denen von Subaräern die Rede ist! Dazu kommt noch das weitere Material, das wir in §§ 55 und 93— 95 zusammengestellt haben. Subaräer hat es also auch in ‘early times’ gegeben: selbst bereits zur Zeit des dritten Reiches von Ur (um 2200) sind die als lü S U bezeichneten Leute zweifellos Subaräer. Ich kann mir nicht vor­ stellen, was S p e i s e r sonst unter diesen versteht, da er sich über diese Frage nirgends geäußert hat. Und wenn in noch älteren Texten »Subaräer« als solche nicht Vorkommen, so ist das sicher ein Zufall, der in der Dürftigkeit der Quellen begründet ist. Eine andere Frage ist es natürlich, ob diese alten »Subaräer« die Sprache gesprochen haben, die die assyrischen Lexikographen als Sprache von Subartu bezeichneten, und die mit der Sprache identisch sein müßte, die die Hethiter Hurritisch nannten. Was zunächst den Namen der Sprache selbst anbetrifft, so ist m. E. die Benennung von dem Standpunkt abhängig, den man einnimmt. Die Babylonier brachten sie mit den Subaräern in Verbindung, weil Subartu das Land war, das im Norden an das ihrige angrenzte, die Hethiter dagegen mit den Hurriern, weil diese ihre Nachbarn im Osten waren. Wie diese selbst ihre Sprache genannt haben, wissen wir nicht. Es liegt also derselbe Fall vor wie beim Deutschen, das auch von seinen Nachbarn verschieden bezeichnet wird (Allemand, German, Nemecky). W ir müssen uns aber bei Betrachtung der ethnischen Verhältnisse auf einen b e s t im m t e n Standpunkt stellen, und dieser war bisher stets der der Babylonier. Dieser Standpunkt ist durch die Geschichte der Assyriologie, durch die Reichhaltigkeit des Materials, das über Jahrtausende hinwegreicht und durch die hervorragende J) § 105.

2) s. 23.

3) E r meint doch dam it wohl auch T e x te aus der Hammurapizeit.

4) S. 22, 23 und 25: ‘I t is a fact th a t later Assyrian kings referred to the Hurrians b y the new ly coined (sic!) term Subart'.

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II I . Ergebnisse (§ 118).

kulturelle Stellung des Landes, das trotz aller neuen Funde die Wiege der vorderasiatischen Geisteskultur bleibt, bedingt. Wollten wir nunmehr die Terminologie der hethitischen Inschriften zur Grundlage nehmen, müßten wir auch die Bezeichnung »Akkadisch« für die semitische Sprache Babyloniens fallen lassen, da ja die nasisch-hethitischen Texte diese Sprache mit pa-bi-li-li (d. h. bdbilili) x) »Babylonisch« bezeichnen, was von ihrem Standpunkt aus durchaus verständlich ist. Weiter gebe ich sowohl Speiser als auch A. Goetze 2 ) durchaus darin Recht, daß es vor dem 2. Jahrtausend keine »Hurrier« in den später von ihnen bewohnten Gebieten gegeben habe. Sicher bezeugt sind sie erst seit Mursil I (um 1750), der nicht nur Babylon und Aleppo zerstörte, sondern auch »alle Hurriländer vernichtete« 3 ). In etwa diese Zeit fällt wohl, wie auch E. Forrer annimmt, der Text BoTU II, Nr. 21 (= KBo III 60), der die Hurrierkönige Ju-wa-an-ti, 1ü-ru-ti-it-ti, Iar-wi-[. . ] und Jü-wa-ga-az-za-ni 4 ) als Verbündete gegen die Hethiter er­ wähnt, deren Namen, nebenbei bemerkt, nicht gerade hurritisch klingen. Mir will es scheinen, als ob man mit der Annahme einer hurrischen Völkerwanderung einen Fehler etwa derart machen dürfte, wie wenn wir behaupten würden, die Preußen wären um 1700 n. Chr. aus dem Samlande bis ins Rheinland vorgestoßen. Hurru ist, wie oben (§ 117) bemerkt, überhaupt kein Volksname, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach ein Abstraktbegriff, wie »Bund«, »Union« o. ä. Diese Union kam gewiß erst zustande, nachdem das Hethitertum eine immer drohendere Gefahr für 1) So schon L. W . K i n g , H ittite T ex ts (London 1920). Nr. 5, K ol. I, 15; ebenso mehrfach in einem neugefundenen R itu altext, auf den H . G . G ü t e r b o c k in M D O G 72 (1933), S. 42 aufmerksam macht. V gl. ferner B o T U I I 6 ( = K B o I I I 21), Kol. I V 12. 2) Z A N . F . V I I (1933), S. 245: »Die historische Überlieferung liefert näm­ lich keinen A nhalt dafür, daß Hurriter vor 1900 in Obermesopotamien gelebt und geherrscht haben.« 3) B o T U II, Nr. 20 ( = K B o I I I 57). Kol. I I 1 5 i.: [ S A LÜMEShuJr-la-aS-Sa [ K U R . K U R ME$ fru-m]a-an-da har-ik-ta (lies har-ni-ik-ta). V gl. ferner die Chronik B o T U II, Nr. 23, § 8. 9, übersetzt von J. F r ie d r i c h in A O 24, 3, S. 7. W ohl noch älter ist der in B o T U I I 12 A ( = K B o I I I 34), Kol. I 24f. berichtete Sieg des »Palastangehörigen« Sandaä über die Hurrier (hur-la-aS-Sa [ tar]-ah-ta) ; es handelt sich hier wahrscheinlich um Ereignisse aus der Zeit des H attusil I, des Vaters des Mursil I; s. E . F o r r e r , a. a. O., S. 6* und 1 1 * . Unsicher ist es auch, ob der in B o T U II 17 B ß ( = K B o I I I 54), Z. 8 erwähnte Krieg gegen die Hurrier v o r MurSili I anzusetzen ist (so F o r r e r , S. 9*). 4) Das folgende - ja ist wohl nasisch »und«.

I I I . Ergebnisse (§ 118. 119).

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seine Nachbarn wurde. Möglicherweise hängt dieser Staaten­ bund m it den Eroberungen der nordisch-arischen »Mitannier« zusammen, die, wohl in kleinen, aber auserlesenen Scharen ein­ dringend, die Herrschaft in dem damals zersplitterten Subartulande an sich rissen. In jedem Bezirk, der eine Einheit zu bilden geeignet war, ergriffen solche nordischen Männer die M ach t1), blieben aber in Beziehungen zueinander, indem sie — ganz in nordischer Weise — einen Staatenbund gründeten, dessen Ober­ haupt, der Bundeskönig (LU G A L H U R .R I), in den uns klarer erkennbaren Zeiten der Herrscher von Mitannu war. Allerdings werden wir aus den Zeiten nach 1500, wo sich die Geschichte des alten Subartulandes erst wieder ein wenig aus dem Dunkel abzu­ heben beginnt, kein klares Bild für die vorhergehenden Jahr­ hunderte gewinnen können, um so weniger, als einige Jahrhunderte meist vollauf genügen, ein mengenmäßig schwaches Eroberervolk der Urbevölkerung zu assimilieren: Tusratta wird von nordischem Geiste kaum viel mehr als den Namen haben, und zwischen ihm und anderen orientalischen Despoten können wir keinen Unter­ schied feststellen. Richtig ist es also, daß die Hurrier erst zu An­ fang des zweiten Jahrtausends in die Geschichte eintreten: vor der Bildung dieses Staatenbundes konnte es keine Hurrier geben. Wie es aber auch vor der Gründung des Königreichs Preußen keine deutschen Preußen gegeben hat, sondern diese als Branden­ burger, Kurmärker usw. auf treten, so sind m. E. die Hurrier auch nicht plötzlich vom Himmel gefallen, sondern ihre Ahnen ver­ bergen sich unter einer anderen Bezeichnung. Dieses muß sich notwendig so verhalten, wenn wir Menschen, die ihren Namen nach als Hurrier anzusprechen wären, in hurrischen Gebieten antreffen, ehe es »Hurrier« gegeben hat, und das ist tatsächlich der Fall. 119. D ie s e s V o r k o m m e n h u r r it is c h e r N a m e n v o r d e r G r ü n d u n g d e r h u r r is c h e n U n io n wird von den Ver­ tretern der Hurrier-Hypothese, nach denen vor dem Anfang des zweiten Jahrtausends die hurritische Sprache und eine eigene K ultur und Kunst in Mesopotamien nicht bestanden haben, 1) R este solcher alten Bundesstaaten zur A m am azeit sind wohl Ziribasan im Ostjordanland (s. K n u d t z o n , E l-Am arna-Tafeln, S. 1294) m it seinem einen arischen Nam en tragenden Fürsten A rtam anja und ein noch nicht bestimmbarer südpalästinischer K lein staat m it dem ebenfalls arischen Fürsten Subandu; s. A . U n g n a d , Völkerwanderungen, S. 11.

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III. Ergebnisse (§ 119).

überhaupt nicht in Rechnung gestelltI). Da es aber dieser Hypo­ these den Todesstoß gibt, müssen wir hier die Einzelheiten näher betrachten. Wenn das sichere Material auch nicht sehr umfang­ reich ist, was seinen Grund in der Beschaffenheit unserer Quellen hat, so genügt es doch vollkommen, um zu zeigen, daß die B aby­ lonier diese vorhurrischen Hurrier als »Subaräer« bezeichneten. Wir wenden uns zunächst zu Zigulae (§35), den Fürsten von Subartu (!) zur Zeit des Ibi-Sin (um 2200). Sein Name müßte als hurritisch angesprochen werden, wenn dies geschicht­ lich möglich wäre. Gerade die »Hurriernamen« von Nuzi bei Kerkuk aus dem 15. Jahrhundert bieten reiches Material für die Erklärung jenes Namens. Wenn wir diesen auch noch nicht »über­ setzen« können, so ist seine Bildung doch klar: er enthält einen Stamm zig(zik) 2), ein Erweiterungselement -ul-, und eine Endung -ae, die vielleicht hypokoristischer Art ist. Für den Stamm zik genügt es, auf die Nuzi-Namen zi-gi und zi-ik-ku-ja — letzterer mit einem sehr häufigen hypokoristischen Suffix -ja versehen — hinzuweisen 3). Das Erweiterangselement -ul- finden wir z .B . in dem Namen ak-ku-li-en-ni 4) (akk-ul-enni). Hier liegt die Wurzel ak vor, für die der Brief des Tusratta etwa die Bedeutung »bestimmen« an die Hand gibt. In unabgekürzter, noch sinn­ voller Form haben wir den Namen ak-ku-te-sup, der etwa be­ deutet »vom Gott Tesup bestimmt«, ein theophorer Name wie unser Theodor. Auch diesen Namen finden wir mit -ja abgekürt in a-gi-ja (aki-ja). Wie sich dem Sinne nach die Abkürzungen akija und akkulenni unterscheiden, wissen wir noch nicht; in akkulenni tritt jedenfalls ein auch sonst nachweisbares Element -enni 5) an den durch -u l-6) erweiterten Stamm. Die Endung ') Die Tatsache, daß das akkadisch-sumerische Gasur ( = N uzi bei Kerkuk) wenig Ausbeute an subaräischen Nam en bietet, darf keinesfalls zu so schwer­ wiegenden Folgerungen verwertet werden, wie sie S p e i s e r (A A S O R X I I I , S. 240.) vorbringt. Das alte Gasur ist deutlich eine babylonische M ilitär- und H andels­ kolonie, in der die Eingeborenen eine sehr untergeordnete Rolle gespielt haben dürften. l ) Das Hurritische trennt anscheinend stim m hafte und stimmlose L au te nicht. 3) Belege bei C. J. G a d d , Tablets from K irkuk, R A X X I I I (1926), S. 82. 4 ) G a d d , a. a. O ., S. 72. W o Belege oben nicht gegeben sind, wolle man die Liste G a d d s heranziehen. 5) Vgl. die Bildungen von der W urzel an »geben«: a-ri-te-Sup (z .B . bei A . T. C l a y , Personal Nam es [ Y O R I], S. 58) etwa »von Tesup gegeben«; ab ­ gekürzt a-ri-ja; m it erweiterndem Elem ent b finden wir ari-b in Namen wie a-ri-ibSarri und m it -enni: a-ri-bi-en-ni (d .i. ari-b-enni). 6) Vgl. auch den Nam en K ikkule § 121, 6.

II I . Ergebnisse (§ 119).

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-ae endlich ist außerordentlich häufig; wir verweisen nur auf die Namen a-ga-ab-ta-e (VS V II 76, Z. 12), ü-na-ab-ta-e (neben ü-nabte-sup), ut-tuk-ta-e, wi-ir-si-ja-e (JAOS 47, S. 56, Nr. 20). Der Name du-li-'ja (§97) eines Subaräers (!) aus derselben Zeit wie Zigulae ist mit dem »hurritischen« Suffix -ja gebildet, das wir schon kennen gelernt haben. W ir treffen denselben Namen auch in Nuzitexten *). Die Wurzel ist dul (tul), und dulija ist aus einem Vollnamen wie Tul(i)-Tesup verkürzt; diesen Namen treffen wir wohl in der ägyptischen Unterschrift tr-tsb an, die C la y * ) zwar als Tur-Tesup wiedergibt, die aber auch T ul(i)Tesup gelesen werden kann, da die ägyptische Schrift l und r nicht unterscheidet. Aus dem 14. Jahrhundert finden wir 3) den echt hurritischen Namen du-ul-bi-se-en-ni 4), bei dem der Stamm dul wiederum mit -b- erweitert ist 5). Auch bei anderen Subaräernamen, die in § 97 angeführt sind, läßt sich die »hurritische« Herkunft wahrscheinlich machen6). So erinnert ku-zu-zu 7 ) an ku-uz-zu (PBSch I 61, Z. 38), ku-uz-za-zi (PBSch I 26, Z. 19) und ku-uz-za-ri ( G a d d , S. 77). — Se-bi erinnert an den von gleicher Wurzel mit -ja gebildeten Namen Se-bi-'ja (z. B. PBSch I 50, Z. 21. 31). Für ma-da-ti-na kann auf ma-at-te-sup (PBSch I 19, Z. 26; 87, Z. 30) und ma-ti-ja ( G a d d , S. 78) verwiesen werden. Auch ohne eine hier nicht durchführ­ bare eingehende Untersuchung dieser sämtlich aus dem Lande Subartu stammenden Personennamen ergibt sich soviel mit Sicher­ heit, daß wir in S u b a r t u s e lb s t bereits vor dem zweiten Jahr­ tausend Namen finden, die in der Sprache abgefaßt sind, die wir stets subaräisch genannt haben. Wie unsere Gegner sich mit diesen Namen abfinden, ist mir jedenfalls rätselhaft; als »hurritisch« können sie sie nur mit Hilfe eines Anachronismus bezeichnen. Dasselbe gilt auch für den Namen der subaräischen Sklavin ') G a d d , a . a . O ., S. 7 4 . 2) a. a. O., S. 140. 3) U M B S I I 2, Nr. 11, Z. 9. 4) Sen bedeutet »Bruder«, wie der Brief des T u sratta zeigt. Vgl. weiter den hurritischen Nam en dül-bi-^U-pa-aS ( = dteSupaS) K U B X X V I I 43, Z. 12. 5) V gl. S. 136, Anm . 5. 6) Ich verdanke Herrn Pastor A . G u s t a v s , der ja der beste Kenner subaräischer Nam en ist, mehrere der weiterhin angeführten Zitate. 7) Dieser »Subaräer« ku-zu-zu ist wohl m it B . L a n d s b e r g e r (ZA N . F. I, S. 229) m it dem aus Mardaman stammenden gu-zu-zu (lü ma-ar-da-ma-an&) identisch (Nies, U r D y n a sty Tablets Nr. 92, Z. 17). Also muß Mardaman, das sicher im Osttigrisgebiet lag, damals zu Subartu gerechnet worden sein. Vgl. S. 139 und 144.

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II I . Ergebnisse (§ 119. 120).

Ummi-Hepet (§93). Auch ohne unseren späteren Ausführungen über die Götter Subartus (§ 128ff.) vorzugreifen, können wir als gesicherte Tatsache behaupten, daß Tesup der Hauptgott der »Hurrier« war, und daß seine Gattin Hepet oder Hepa dieselbe Rolle neben diesem spielte wie etwa in Babylon Sarpanitu neben Marduk oder in Nippur Ninlil neben Enlil. Wenn nun eine Sklavin aus Subartu (!) den allerdings in akkadische Form gegossenen Namen Ummi-Hepet (»meine Mutter ist Hepet«) führt, so wird man den Schluß ziehen müssen, daß damals, d. h. 1843 v. Chr., Hepet eine wichtige s u b a r ä is c h e Göttin gewesen sei. Hier kommen wir bereits an den Beginn des zweiten Jahrtausends, d. h. in eine Zeit, in der die Hurrier anfingen, ihre Rolle zu spielen. Der Vertrag nennt die Sklavin aber nicht eine Hurrierin, sondern eine Subaräerin. Daraus läßt sich ebenso wie aus den vorher genannten Beispielen nur folgern, daß die Hurrier für die B ab y­ lonier »Subaräer« waren. Überhaupt bieten die babylonischen Quellen an keiner Stelle die Bezeichnung »Hurriland« oder »Hurrier«. Man kann kaum die Schuld auf die Dürftigkeit der Quellen schieben; denn auch in den Texten, die in der Kassitenzeit entstanden sind, wie die religiösen Dichtungen, die §§ 56. 57 behandelt worden sind, werden die Hurrier nicht genannt. Das Gedicht von der babylonischen Not (§ 56), das wahrscheinlich aus dem 15. Jahrhundert oder etwas später stammt, spricht davon, daß die Habe Babylons nach Subartu und (!) Assyrien fortgeschleppt werden soll. Es identifiziert nicht, wie spätere Texte es tun, Assyrien mit Subartu, sondern stellt beide nebeneinander. Subartu ist hier augenschein­ lich ein Gebiet, das damals zu den Hurriländern gehörte, und doch werden diese nicht erwähnt; ebensowenig auch in dem Gedicht vom Pestgott (§57), wo doch Gelegenheit gewesen wäre, neben Meerland, Subartu, Assyrien, den Elamiten, Kassiten ( = B aby­ loniern unter kassitischer Herrschaft), Sutäern, Gutäern und Lullubäern auch die Hurrier zu erwähnen! Den Begriff Hurriland kennen eben die Babylonier nich t: es war und blieb für sie Subartu, bis in die Zeiten, als Assyrien die Erbschaft Subartus antrat. 120. Eigennamen in babylonischen Texten, die »hurritische«, d. h. »subaräische« Bildung aufweisen, und die vor die Zeit des Hurrierbundes fallen, kann man deshalb nicht als zufällige, irgend­ woher versprengte Vorläufer der sogenannten »Hurrierwanderung«

II I . Ergebnisse (§ 120).

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erklären, sondern sie sind so zu erklären, daß aus dem Nachbar­ lande Subartu nicht nur Sklaven, sondern auch freie Subaräer in Babylonien einwanderten, um dort ihrem Geschäft nachzugehen: Babylonien h at sich ja nie mit chinesischen Mauern umgeben und hat Handel und Wandel stets großzügig betrieben und, soweit es die politischen Verhältnisse gestatteten, Landesfremden, die ja auch ihrerseits zur Belebung der Wirtschaft beitrugen und den Wohlstand des Landes hoben, die größten Freiheiten eingeräumt. Deshalb finden wir zu allen Zeiten, in denen der Wohlstand B aby­ loniens durch eine Fülle von Verträgen bezeugt ist, auch Subaräer mit Namen genannt. Zuerst *) ist dies der Fall in der Zeit des dritten Reiches von Ur (um 2200)2). Ein Mann, der Sohn des Tahi-sen (da-hi-is-se-en) aus der Stadt Setirsa (lü Ze-ti-ir-sakt), der Gen. TD 3) 5515, Rs. i f . mit Gold verzierte Bronzegeräte liefert, wird hier als vollwertiger Geschäftsmann behandelt. Sein Name ist so »hurritisch«, wie er nur sein kann. E r ist aber sicher kein versprengter Vorläufer der Hurrier, sondern ein Subaräer, auch wenn es zurzeit noch nicht möglich ist, seine Heimatstadt Setirsa in Subartu zu lokalisieren. Ebenso erscheint ein gewisser Tahis-ari (da-hi-is-a-ri) Gen.TD 5607 (!), Rs. 1 und 4689, Vs. 12 in Verbindung mit Hammellieferungen in derselben Weise wie zahlreiche einheimische Babylonier; auch sein Name ist subaräisch. Ebensoder eines Mannes aus dem noch nicht lokalisierten Mardaman: Nagdam-ari (na-ag-da-ma-ri lü mar-da-ma-an** Gen.TD 5500, Rs. 1) 4). Ein Mann namens Nawar-sen (na-wa-ar-se-en) Gen.Tr.D., Nr. 83, Vs. 8, der als »Salbpriester der Göttin Ninhursaga« be­ zeichnet wird und aus Nawar stammt (lü na-wa-arki), spendet im zweiten Jahre des Königs Ibi-Sin eine silberne Spange von 8 Sekel Gewicht. Sein Heimatland läßt sich bestimmen: Nawar, später Namar; es war sowohl Nachbarland von Esnunna (= Tuplias) 5) als auch von Gutium 6) und wird in der Gegend östlich von Hanikin zu suchen sein. In demselben T ext (Vs. 1) spendet ein Sohn des Sebba (se-ib-ba) aus der noch unbekannten Stadt J) In den weniger zahlreichen Urkunden der früheren Jahrhunderte wird man vielleicht auch einmal sicher subaräische Namen finden, sobald die Erforschung der Sprache weiter fortgeschritten ist. 2) F . H o m m e l , O L Z 1913, Sp. 305; F . T h u r e a u - D a n g i n , R A I X (1912), S. 4. 3) Z u den Abkürzungen s. S. 105, Anm . 5. 4) F ür Kuzuzu aus Mardaman (bzw. Subartu) vgl. S. 137, Anm. 7. 5) W . F . A l b r i g h t , J A O S 45, S. 2 15 L 6) F . T h u r e a u - D a n g i n , R A X X V I I , S. 13.

140

I I I . Ergebnisse (§ 120).

Puli (fiu-li**), dessen Name von dem des Subaräers Sebi (s. S. 137) etymologisch kaum zu trennen sein wird, ebenfalls eine silberne Spange. Diese Stellen genügen, um zu zeigen, daß jene »hurritische« Namen tragenden Leute keine Vorläufer der Hurrier gewesen sein können, deren Stammsitze in unbekannten Fernen gelegen haben sollen. Sie sind nach allem, was wir sehen, durchaus kultivierte Zeitgenossen der Babylonier. Den gleichen Eindruck erhält man auch von den subaräische Namen führenden Personen, die uns in Verträgen und Listen aus D i l b a t i n der Zeit des Königs Ammizaduga (1809— 1789) ent­ gegentreten. Besonders interessant ist der Name Tessup-ari (dte-e$-su-up- a-ri), den wir aus dem »Hurritischen« gut über­ setzen können: »der Gott Tesup hat (das Kind) gegeben«, also etwa = Theodor. Er begegnet als vollgültiger Zeuge auf einem Schuldschein (VS V II 72 [HG III 230], Z. 10), ist also alles andere als ein hurrischer Barbar. Wir müssen ihn vielmehr als zivili­ sierten Subaräer gelten lassen. In einer anderen Schuldurkunde (VS V II 76 [HG III 557], Z. 12) begegnet ein gewisser Wedumliblut als Zeuge, der einen gut akkadischen Namen trägt: »Möge der Einzige am Leben bleiben«; er ist aber der Sohn eines Agabtae (a-ga-ab-ta-e)2). Ein weiterer Sohn gewiß desselben Agabtae heißt (VS V II 125 [HG III 657], Z. 31) auf gut akkadisch Samasmagir und begegnet in einer Feldkauf urkunde als Zeuge. W ir werden wohl anzunehmen haben, daß Agabtae als Kaufmann nach Babylonien kam, in Dilbat eine freie Bürgertochter heiratete und seine Kinder akkadisch »taufte«. E r hatte sein Heimat­ gefühl ebenso verloren, wie etwa ein Deutscher, der nach Amerika auswandert, sich dort verheiratet und seine Kinder Tommy und Bobby nennt. Übrigens finden wir den Namen fast in derselben Form als a-ga-ab-ta-ha sehr viel später wieder: es heißt so 3) ein Flüchtling aus H aligalbat 4) (mu-un-na-bi-tum ha-li-gal-ba-tu-ü) ,

*) A . U n g n a d , Urkunden aus Dilbat, B A V I 5 (1909), S. 8ff. J) W urzel ak (s. § 119) m it Erweiterungselement b ( ag-ab), ferner t + hypokoristischer Endung -de (§ 119). Das vor -ae stehende t ist vielleicht eine A bkür­ zung des Gottesnamens Tesup, so daß der Vollname Agab-TeSup wäre. 3) D P II, S. 9 5 ­ 4) Haligalbat oder Hanigalbat deckt sich im wesentlichen m it Mitannu. Tusratta braucht jedenfalls diese Bezeichnung (EA, Nr. 29, Z. 49) ohne ersicht­ lichen Unterschied für Mitannu. Dennoch aber muß ursprünglich ein Unter­ schied gewesen sein, wahrscheinlich in der Weise, daß H anigalbat lediglich Meso­ potamien umfaßt, während Mitannu der politische Nam e des ganzen Reiches ist, von dem H anigalbat nur einen Teil — allerdings wohl den wichtigsten — dar-

III. Ergebnisse (§ 120).

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dervaUS vdem ehemaliSen Mitannureich zur Zeit des Kassitenkönigs Kastilias, des letzten seines Namens (etwa 1 2 4 9 — 1242), wahr­ scheinlich vor den assyrischen Eroberern, nach Babylon floh. Dieser Mann könnte mit Fug und Recht auch als Hurrier be­ zeichnet werden, da ja Hanigalbat-Mitannu in den ~Kreis der ^lurriländer hineingehört. W ir verweisen schließlich noch auf den m den Dilbat-Texten begegnenden, einen subaräischen Namen führenden Töpfer H ubida (hu-bi-da), der V S V II 126 (HG V 1384), Z. 2 unter »Leuten des Palasttores« angeführt wird, also augen­ scheinlich ein wegen seiner Kunstfertigkeit in der Keramik J) bei Hof geschätzter Handwerker war. Diese Beispiele mögen genügen, um wenigstens einige Streiflicher auf die Stellung subaräischer Menschen im Kulturleben Babyloniens während der Zeit um 1800 zu werfen. Als über 400 Jahre später zur Zeit der Kassitenkönige die Urkunden aus Babylonien sich wieder zu häufen beginnen, treffen wir in diesen, die fast ausschließlich aus Nippur stammen, wiederum eine reiche Fülle von Leuten mit »hurritischen«, d. h. subaräischen Namen 2). A. T. C l a y hat in seinen Personal Names of the Cassite Period 3) die in solchen Namen, die er »Hittite-Mitannian« nennt, begegnenden Elemente gesammelt 4), wozu sich inzwischen natur­ gemäß allerlei Berichtigungen nötig machen. Die ältesten dieser Namen begegnen wohl in Texten aus der Zeit des jüngeren Kurigalzu (etwa 1344— 1320), d. h. in einer Zeit, als sich das Reich von Mitannu seinem Ende näherte. So finden wir, um nur ein Beispiel zu geben, in einer Rechnungsliste aus dem 17. Jahr des Kurigalzu (UMBS II 2, 11), die über Ausgaben des Tempels der Göttin Ninlil berichtet, neben rein babylonische Namen tragenden Angestellten auch eine ganze Anzahl solcher mit echt subaräischen Namen wie a-gi-te-sub (Z. 1 5 f.), a-gi-is-si (Z. 7), du-ul-bi-se-en-ni (Z. 9; vgl. S. 137), U-en-nu-na (Z. 14). Das Bild, das wir aus den Urkunden der Hammurapizeit gewannen, ändert sich durch stellt. N ach der endgültigen Eroberung von M itannu durch die Assyrer fällt H an igalbat, oder wenigstens der Rechtsanspruch auf dieses Land, an Assyrien. Tuäratta w ar K ö n ig von M itannu und K ön ig von H anigalbat etwa in der W eise wie W ilhelm II. Deutscher Kaiser und K ö n ig von Preußen war. *) Über die subaräische Töpferkunst v g l. § 132. 2) D as M aterial is t veröffentlicht von A . T . C l a y in B E X I V . X V und U M B S I I 2. 3) N ew H aven 1912 ( = Y O R I). 4) a. a. O., S. 28flf.

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II I . Ergebnisse (§ 120. 121).

diese Urkunden der Kassitenzeit nicht: auch hier treten die Suba­ räer ohne erkennbare Unterschiede neben einheimischen B aby­ loniern auf, auch hier finden wir eine ganze Anzahl von Leuten mit subaräischen Namen, die ihren Kindern akkadische gegeben haben, wie Agija, den Vater von Nimurta-nadin-sumi (BE X IV 114, Z. 15) und von Mindi-iballut (UMBS II 2, i n , Z. 27). Ein Teil dieser Subaräer, die wir in diesen Zeiten auch Hurrier nennen könnten, und die zum großen Teil ehemalige Angehörige des Mitannureiches gewesen sein dürften, hat sich wohl aus rein wirt­ schaftlichen Gründen in Babylonien ansässig gemacht, andere aber werden auch, wie es das Beispiel des bereits erwähnten Agabtaha zeigt, infolge der politischen Unruhen, die damals Mesopotamien andauernd erschütterten, die alte Heimat verlassen und in Babylonien eine neue gefunden haben. Eine eingehende Bearbeitung des Materials, auf die wir hier verzichten müssen und auch können, dürfte noch allerlei interessante Einzelheiten zutage fördern. Uns liegt jetzt vor allem ob, den Spuren der Subaräer im dritten Jahrtausend weiter nachzugehen, wo von Hurriern als solchen noch gar keine Rede sein kann. 121. Während die bisher behandelten Träger subaräischer Namen des dritten Jahrtausends entweder geradezu als Angehörige Subartus bezeichnet wurden (§ 119) oder aber sich in Babylonien eine A rt Bürgerrecht erworben hatten (§ 120), finden wir solche auch in Gebieten, die in engstem Zusammenhang mit Subartu stehen, ohne daß dieses Land erwähnt wird. Es handelt sich hier meist um das Osttigrisland, teilweise sogar um Länder, von denen es fraglich ist, ob sie je mit dem Subartu des Naräm-Sin •eine politische Einheit gebildet haben. Es sind Randgebiete Subartus, deren Verhältnis zu dem Hauptlande ähnlich gewesen sein mag, wie das Verhältnis gewisser mitteleuropäischer Klein­ staaten — Schweiz, Holland, Österreich — zum Deutschen Reich. Wie diese ihrer Bevölkerung nach deutsch sind, ohne eine politische Einheit mit dem großen Nachbarn zu bilden, so dürften auch, -wenigstens zeitweilig, gewisse Randstaaten Subartus politisch mehr oder weniger unabhängig, ihre Bevölkerung aber im wesent­ lichen subaräisch gewesen sein. Subaräische Bevölkerung läßt sich nun für folgende Gebiete nachweisen: 1. Nawar, Urkis und Hawilum bilden das Herrschergebiet des Ari-sen (a-ri-si-en), Sohnes des Sadar-mat (sd-dar-ma-at),

II I . Ergebnisse (§ 1 2 1 ) .

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der durch die Bronzetafel von Samarra bekannt geworden i s t x). Die Schrift dieser Urkunde weist sie in die Zeit zwischen dem Reich von A kkad und dem dritten von Ur, d. h. um 2400. Der Name Ari-sen ist deutlich subaräisch, aus den bekannten Wurzeln ar- »geben« und sen »Bruder«, die beide im Tusratta-Briefe häufig begegnen, zusammengesetzt, und auch Sadar-mat dürfte derselben Sprache angehören: die Wurzel mat ist uns bereits in § 119 be­ gegnet. Nawar oder Namar ist jedenfalls im Osttigrisland zu suchen2), und zwar wohl in der Gegend östlich von Hanikin: es grenzt an Gutium und Esnunna. In späterer Zeit (um 2200) finden wir einen Priester Nawar-sen aus Nawar, dessen Name ebenfalls subaräisch ist (§ 120). Wenn wir zur Hammurapizeit davon hören, daß subaräische Sklaven besonders in Esnunna zu kaufen waren (§ I09)> so darf man wohl vermuten, daß es sich dabei vor allem um Sklaven aus Nawar und den benachbarten Gebieten gehandelt hat. Daraus würde sich weiter ergeben, daß die Babylonier auch die Bewohner dieser Gebiete als Subaräer bezeichneten 3). Daß nicht nur die herrschende K aste von Nawar subaräisch war, zeigt der Name des Verfertigers der Bronzetafel von Samarra: Saum-sen (sä-um-si-en). Über die Lage von Urkis und Hawilum läßt sich nichts Ge­ naueres sagen. E. F o r r e r 4) lokalisiert ersteres in der Gegend von Kirmansahän und berichtet auch von einer althethitischen Legende, die den Kam pf des Gottes Kumarbi von Urkis 5) gegen den Gott Tesup von Kum m ija zum Gegenstand hat. Beide Götter sind subaräisch6), und so bietet diese Göttersage, wenn auch ihre Entstehungszeit ungewiß bleibt, eine Bestätigung für den subaräi­ schen Charakter des hier behandelten Gebietes. 2. In einer neubabylonischen Abschrift 7) einer Inschrift NarämSins (um 2530), des Enkels Sargons von Akkad, deren Authentität anzuzweifeln kein Grund vorliegt, finden wir die Gegner des x) F . T h u r e a u - D a n g i n , R A I X , S. iff. 2) V gl. bereits S. 139. 3) V gl. S. 137, Anm . 7. 4) J A 1930, S. 238f. 5) E in Mann aus Urkis zur Z eit des Pür-Sin von U r (kurz vor 2200) führt den m it der E nd u ng -ari gebildeten subaräischen Nam en ann-ari (an-na-ri lü ur-kiSki) Gen. T D 5565, Vs. 2. Für -ari v g l. bes. § 121, 5. 6) S. u. §§ i2 9 f. 7) A . B o i s s i e r , R A X V I , S. 161 ff.

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III. Ergebnisse (§ 121).

Königs mit Namen verzeichnet. Ein Babylonier aus K is steht an der Spitze der Koalition, dann folgt (Rs., Z. 13) Putti-madal (pu-ut-ti-ma-da-al) , der König von Simurru (si-mu-ur-ri-im), und Ingi (?) (in-gi oder in-mds), der König vom Lande Namar (ma-at na-ma-arki). Mit dem Namen des Herrschers von Namar, über dessen Lage und subaräische Bevölkerung in etwas späterer Zeit in Abschnitt 1 gehandelt worden ist, läßt sich nichts anfangen, da die Lesung nicht feststeht. Putti-madal dagegen ist zweifellos subaräisch. Es liegt hier dieselbe Wurzel put- vor, die u. a. in dem Namen der Putu-Hepa, der aus Qiswadna stammenden Gattin des Hethiterkönigs Hattusil III, begegnetJ). Der zweite Bestand­ teil (ma-da-al) enthält gewiß die schon oben begegnende Wurzel mat. W ir treffen also in Simurru einen Herrscher mit subaräischem Namen. Der Ort liegt wahrscheinlich bei Altun-Köprü an der Straße von Kerkuk nach A rb ela 2), also auch im Osttigrisland. Ob der Name des Herrschers von Mardaman, Duhsusu (du-uhsu-su) subaräisch ist (Rs., Z. 19), läßt sich noch nicht mit Sicher­ heit feststellen, ist aber w ah rsch einlich 3), zumal ein Mann aus Mardaman zur Zeit des Königs Pür-Sin von U r (vor 2200) den Namen na-ak-da-ma-ri 4) trägt, der in charakteristisch subaräischer Weise auf -ari endet. In demselben T ext 5) wird auch ein gewisser ki-ri-pu-ul-me aus Simurru (lü si-mu-ru-umki) genannt, dessen Name ebenfalls subaräisch sein dürfte. Mardaman wird deshalb nicht allzuweit von Simurru gelegen haben, jedenfalls zweifellos im Osttigrisland6). 3. In der Gegend von Tuz-Churmati, etwa 70 km ssö. von Kerkuk, wurde ein Backstein vom Palast des Puhija (pu-hi-ja), des Königs des Landes Hursit (hu-ur-Si-tim) , gefunden 7). Der Schrift nach gehört dieser T ext in den Ausgang des dritten Jahr­ 1) Über diese W urzel vgl. besonders A . G u s t a v s , O L Z 19 11, Sp. 341 ff. 2) B. M e i s s n e r , O L Z 1919, Sp. 70; W . F . A l b r i g h t , JA O S 45, S. 209 f. 3) Reduplikation finden wir o ft bei Personennamen auf subaräischem G ebiet; vgl. A . G u s t a v s , M A O G I (1928), S. 67. Indes ist dies kein absolut sicheres K rite­ rium, wie T h . J . M e e k in einer Abhandlung über die Namen der in N uzi gefundenen altakkadischen T ex te (R A X X X I I [1935], S. 51 ff.) gezeigt hat. 4) G en .TD 5500, Rs., Kol. I 1. Vgl. auch S. 137, Anm. 7 und S. 139. 5) Rs., Kol. I 9. 6) In die gleiche Gegend gehören auch die noch nicht zu bestimmenden Ortschaften des T extes G en .T D 5500 gu-ma-ra-Si** (Vs., Kol. I I 5) und Sa-ri-itfiu-umM (Vs., Kol. I I 3), wo ebenfalls subaräische Bevölkerung nachweisbar ist, wie die aus diesen Orten stammenden Personen d£ul-gi-a-ri, bzw. ki-da-ni zeigen. Zu letzterem vgl. den analog gebildeten Nam en des Subaräers ki-ma-ni ( § 9 7 )7 ) V . S c h e l l , R T X V I , S . 186; vgl. T h u r e a u - D a n g i n , S A K , S. 172.

I I I . Ergebnisse (§ 121).

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tausends, also zweifellos vor die Zeit der Hurrier. Des Königs Name endet auf -ja, das, wie wir § 119 sahen, als hypokoristisches Element sowohl bei akkadischen als auch bei subaräischen Namen begegnet. Man könnte zwar bei püh an ein akkadisches pühu »Ersatz« denken, zumal ein Name pu-hu-um belegt i s t I). Da aber diese Wurzel im Akkadischen in der Namenbildung sonst nicht beliebt ist, könnte pu-hu-um auch ein akkadisch behandelter Fremdname sein. Jedenfalls ist die Wurzel puh in subaräischen Namen nach­ weisbar, so in pu-uh-Se-en-ni (N ippur)2) und pu-hi-se-en-ni (Kerkuk) 3), die beide mit dem Worte sen »Bruder« zusammenge­ setzt sind. Auch in Kerkuktexten finden wir hierfür die Abkürzung pu-hi-ja 4). D a uns auch sonst, wie gezeigt, in dieser Gegend subaräische Namen begegnen, so dürfte auch unser Puhija ein Subaräer gewesen sein. 4. Die Stele von Derbendi-Seihän 5) (etwa 30 km n. von Kasri-Sirin an der iranisch-iraqischen Grenze), die wohl älter als die Zeit des dritten Reiches von Ur (2281— 2170) ist, stammt von einem Herrscher, dessen Name selbst zerstört i s t 6): Z. i f . lesen wir x-ba-ni\-bi-ri-ni 7), dann folgt Z. 3 ! mär ik-ki-\ib-sa-ah(?)-ma-at(?). Dieser Name Ikkib-sahm at(?) ist sicher subaräisch: er hat in seinem ersten Bestandteil die Wurzel ik, die wiederum mit b erweitert ist. Für ik- vgl. noch den auf -ja gebildeten »hurritischen« Kosenamen ik-ki-ja aus N u z i8). Der zweite Teil des Namens muß noch fraglich bleiben, da die Lesung nicht feststeht; vorläufig möge man den ebenfalls in Nuzitexten belegten 9) gi-el-se-eh-wa vergleichen, der unserem ikkib-sahmat(?) durchaus parallel gebaut ist: die erste Hälfte bildet die (hier nicht durch b erweiterte) Wurzel gel(kel), die nach dem Tusrattabriefe etwa dem akkadischen sullumu »heil machen« entspricht, die zweite ist ein theophorer Bestandteil Uhwa, der mit unserem sahmat(?), das auch sahwat gelesen werden *) *) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9)

C T I I 10a, Z. 22. A . T . Cla y, Y O R I, S. 66. C. J. Gadd, R A X X I I I , S. 74. Ebendort. V . Scheil, R T X I V , S. 10 5 f.; Thureau-Dangin, S A K , S. 172. Ich benutze eine mir von E . H e r z f e l d überlassene Abschrift des Originals. T rotz des Trennungsstriches wohl e in Nam e, ebenso wie Z. 3 f. G a d d , S. 76. • G a d d , S. 75.

U n g n a d , Subartu

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I 1 1 - Ergebnisse (§ 121).

könnte, etymologisch verwandt oder gar identisch sein dürfte, vorausgesetzt, daß die Lesung richtig ist. 5. Ein König von Ganhar etwa zur Zeit des Endes des dritten Reiches von Ur oder kurz nachher (zwischen 2200 und 2100) hat uns seinen Namen auf einem Siegel überliefertx) : er nennt sich iluki-sa-a-ri. Wenn wir nicht annehmen wollen, daß dieser gewiß recht unbedeutende Herrscher sich selbst als göttlich betrachtet hat, wie die großen Könige von Ur es taten, so wäre der erste Bestandteil des Namens eine Gottheit M s; der zweite ist das sehr häufige subaräisch-hurritische ar(i) »geben«, das gerade in dieser Verwendung in Nuzitexten nachweisbar ist; vgl. si-mi-qa-a-ri »der Gott Simike hat gegeben«, na-wa-ra-ri »(das Land) Nawar (s. o.) hat gegeben«, ni-nu-a-ri »(die Stadt) Ninua hat gegeben«, ar-raap-ha-ri »(das Land) Arrapha hat gegeben«. Möglich, daß -ari in solchen Fällen einfach die Herkunft angab: »der von Nawar« usw. Jedenfalls ist an dem subaräischen Charakter des Namens nicht zu zweifeln. Ganhar, das mit Urbillum (Arbela), Simurru (Altun-Köprü) und Lulubum 2) von König Sulgi von Ur in seinem 46. Jahre gründlich zerstört wurde, nachdem er es bereits in seinem 25., 32. und 34. Jahre erobert hatte, muß jedenfalls auch in dem Gebiet östlich des Tigris gelegen haben, etwa in der Gegend von K ifri. Sicheres läßt sich zurzeit noch nicht sagen. Immerhin führt uns auch die Inschrift des Kisari in ein Gebiet mit subaräischer Bevölkerung, das sich dem bereits besprochenen anschließt. 6. Assur, die älteste Hauptstadt des späteren Assyrerreiches, muß einst auch auf subaräischem Sprachgebiet gelegen haben. Das ist schon an sich wahrscheinlich, da es nur etwa 80 km von ' Altun Köprü (Simurru) entfernt lag 3) . Außerdem aber berichten die Inschriften der Assyrerkönige, daß ein Herrscher Uspia (uspi-a 4) und a-us-pi-a 5 )) den Tempel des Gottes Asur in der Stadt 1) Collection de C l e r q , Nr. 12 1; T h u r e a u - D a n g i n , S A K , S. 174. 3) D ie Südgrenze des Lullubu-Landes, dessen K ön ig An-nu-ba-ni-ni (um 2400 ?) uns eine Stele bei Seri-pul (s. ö. von Zohäb) hinterlassen h at (S A K , S. 172), dürfte nördlich von Zohäb laufen. Die Nordgrenze reichte nach E . F o r r e r (JA 193° . S. 237) bis ans Meer; nach F o r r e r wäre dam it das Kaspische Meer gemeint, doch käme auch der Urmiasee in Frage. 3) Im übrigen vgl. S. 148 f. 4) K A H I 13 (A O B I, S. i2 o f.), Kol. I I I , Z. 33. 5) K A H I 13, a. a. O .,'V arian te.

III. Ergebnisse (§ 121).

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Assur, und ein Herrscher K ikia (ki-ki-a) *) die Stadtmauer ge­ gründet haben soll. Die Namen dieser beiden, die auch in der neu­ gefundenen Königsliste aus Niniveh angeführt sind und nach dieser wahrscheinlich chronologisch besser als bisher eingereiht werden können 2), habe ich bereits 19093) unter Hinweis auf die zur Kassitenzeit begegnenden Namen ki-ki-ja und ki-ki-ja-en-ni 4), die sicher subaräisch-hurritisch sind, als »mitannisch« erklärt, wofür wir heute »subaräisch« sagen müßten. Wenn diese Fürsten nach der neuen Königsliste auch nicht die ersten Herrscher von Assur sind, so erweisen ihre Namen doch eine starke subaräische Schicht für die Zeit, in die sie gehören. Daß der Name ki-ki-a subaräisch ist, kann keinem Zweifel unterliegen 5); er enthält eine auch im Briefe Tusrattas begegnende Wurzel kik 6), und stellt eine Koseform für einen Vollnamen wie Kik-Tesup dar. Ein solcher ist inzwischen durch A . T. C la y auf einem Siegelzylinder, der etwa in die Mitte des zweiten Jahrtausends zu setzen ist und dem hurritisch-subaräischen Kreise angehört, nachgewiesen worden: ki-ik-dI M 7), wobei dI M die oft belegte ideographische Schreibung des Gottesnamens Tesup ist. Einen weiteren Namen, den C la y an fü h rt8), ki-ki-te-sup, konnte ich nicht näher feststellen. Von der Wurzel kik- ist ferner mit dem Erweiterungselement -ul-, das wir bereits bei dem Namen Zigulae (§ I:t9 ) besprochen haben, der Name des Verfassers des bekannten nasisch-hethitischen Werkes über den Rennsport und die Be­ handlung der Pferde 9) Kikkule (k ik+ u l+ e) gebildet, dessen A b­ stammung aus dem Lande Mitannu ja ausdrücklich bezeugt i s t 10). Es ist deshalb unverständlich, weshalb S. Smith in seinem sonst so richtig urteilenden Buche ‘E arly History of A s sy ria '11) der Er­ klärung dieses Namens aus dem Subaräischen ablehnend gegen­ übersteht. r) K A H I 63 (A O B I, S. 34f.), Z. 5 ; und unv. T e x t Salmanassars I I I (A O B I , S. 36, A nm . 3). *) V gl. A fO I X , S. 146. 3) B A V I 5, S. 13. . 4) B E X I V 37, Z. 6; bzw. B E X I V 9 1a , Z. 8a (Additions). 5 ) V gl. auch A . G u s t a v s , M A O G I V (1928), S. 6yi. 6) ki-ka-e I V 63. 7 ) L. D e l a p o r t e , Catalogue des cylindres orientaux . . . de la Bibliothfeque N atio n ale (Paris 1910), N r. 495, Z. 3. 8) Y O R I, S. 99. 9 ) B earbeitet von B. H r o z n y , A O r H I , S. 431 ff. i») K U B I 13, Kol. I, Z. i f . ” ) Besonders S. 112. 139. 376t.; ebenso G a d d , R A X X I I I , S. 67, Anm. 44.

10*

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II I . Ergebnisse (§ 121).

Es ist gewiß nicht zu leugnen, daß der Name des Uspia noch nicht so einwandfrei erklärt werden kann wie der seines Zeitgenossen Kikia. Aber er ist ihm vollkommen parallel gebildet, und wenn jener subaräisch ist, so liegt kein Grund vor, diesen anders zu beurteilen. Nun begegnet allerdings derselbe Name in der Form us-fi-a auf »kappadokischen« Urkunden von Kanes (Kültepe bei Kaisarie) aus dem Anfang des zweiten Jahrtausends I). Wenn wir daneben auch Namen wie ki-ki und ki-ki-i finden*), so können wir nur schließen, daß auch in Kleinasien subaräische Elemente zu dieser Zeit anzutreffen sind. Also nicht: weil in kappadokischen Tafeln derartige Namen begegnen, können sie nicht subaräisch sein, sondern: wenn sie dort begegnen, müssen sie subaräisch sein! Es wäre ja auch sehr sonderbar, wenn die Stadt Assur, die, wie wir sahen, von subaräischem Sprachgebiet umgeben war, ursprünglich nicht zu diesem gehört haben sollte. W ir müssen hierbei noch darauf hinweisen, daß auch in Sasru, das in dieser Gegend gelegen haben muß, ein mit der Wurzel ar- »geben« zu­ sammengesetzter subaräischer Name Ari-dubuk (a-ri-du-bu-uk lü sa-as-ruki) 3) im 8. Jahre des Pür-Sin von U r [etwa 2207] belegt ist. Dieser Ort begegnet auch in zwei Jahresnamen (Sulgi, Jahr 43 [etwa 2221] und Pür-Sin, Jahr 6 [etwa 2209]), wo berichtet wird, daß Sasru zerstört wurde 4). Neben der gewöhnlichen Schrei­ bung sa-as-mkl 5) finden wir auch Sa-aS-su-ru*’, $a-5 ü-ru-umk‘, sa-su-ru-umM und as-sü-ruki 6). Wir sehen daraus zum mindesten, daß die Aussprache des Ortsnamens sehr schwankte. W ill man a§-M-ruki nicht einfach als Schreibfehler ansehen, so bliebe nichts anderes übrig, als Sasru für die einheimische Form des babyloni­ schen Assur zu betrachten. Der Name Assur könnte dadurch entstanden sein, daß die semitisch sprechenden Babylonier, die ja schon zur Zeit des Reiches von Akkad hier eine Festung innegehabt haben müssen 7), das nicht semitische Sasur als sa-a$ur »die (Stadt)

1)

1,

z.

c c c III 113336, Vs., 19. J) Belege bei F. J. S t e p h e n s , Personal Names of Cappadocia (Y O R X I I I 1, S. 51). 3) Gen. T D 5500, Vs., K ol. II, Z. 1. 4) Derartige Zerstörungen von Ortschaften waren jedenfalls n icht sehr umfangreich: zwischen 2 Zerstörungen liegen nur 12 Jahre! 5) Vgl. meinen A ufsatz »Datenlisten« in R A ss II, S. 142 f., wo die Z ita te an­ geführt sind. «) Y O T IV , Nr. 97, letzte Zeile. 7) In der Form a-£ürki wird die Stad t siebenmal in den gewiß aus der Z ei des Reiches von A kkad stammenden T exten aus Gasur-Nuzi erwähnt; s. die Stellen

I I I . Ergebnisse (§ 121).

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von Asur« auffaßten. Es ist denkbar, daß diese Volksetymologie den Namen des Stadtgottes Asur 1), der anfangs eine ganz un­ bedeutende Rolle spielte, erst geschaffen hat. Jedenfalls hat man bis in späteste Zeiten den Namen von Stadt und Land stets mit dem Namen des Gottes in Verbindung gebracht. Erwiesen wäre die Gleichung Sasru = Assur allerdings erst dann, wenn auch die Lage von »Sasru« als identisch mit der von »Assur« erwiesen werden könnte, was bisher infolge Mangels an Material unmöglich ist. 7. Es könnte auffällig erscheinen, daß die Gegenden, in denen subaräische Namen des dritten Jahrtausends anzutreffen sind, sämtlich im äußersten Osten des von Naräm-Sin bis zum Zedern­ gebirge gerechneten Subartulandes liegen. Jedenfalls sind vom westtigridischen Subartu bisher keine solchen Namen zu belegen. Das hat aber seinen guten Grund: es fehlt nämlich jedes Material, und es muß fehlen, weil die Herrscher von Ur, die uns das Material fast ausschließlich übermittelt haben, Mesopotamien selbst niemals in ihrem Besitz gehabt haben. So läßt sich also aus dem erklär­ lichen Mangel an Quellen kein Schluß dahin ziehen, daß westlich des Tigris keine subaräische Bevölkerung gesessen2), daß vielmehr erst eine Völkerwanderung im zweiten Jahrtausend diese dorthin geführt habe 3). Unter diesen Umständen ist es besonders wertvoll, daß wir wenigstens aus dem Anfang des zweiten Jahrtausends Quellen besitzen, die uns an den äußersten Westrand Subartus führen: die kappadokischen Tontafeln von Kültepe bei Kaisarie, dem alten Kanes4). Hier sind wir aber bereits weit nordwestlich von dem bei Th. J. M e e k , Old Akkadian, Sumerian, and Cappadocian T exts from N uzi (Cambridge, U. S. A ., 1935), S. X L I I . 1) D ie Lesung Aäir ist unberechtigt; s. E . E b e l i n o , R Ass I, S. 196. 2) A . G o e t z e , Kleinasien (München 1933), nimm t an (vgl. Zeittafel, S. 199), daß vor 2000 nur Amurriterstaaten in »Obermesopotamien« existiert hätten. Dafür fehlt aber jeder Beweis. E s ist gewiß möglich, daß sich die amurritischen Semiten, die sich in Babylonien A kkader nannten, bei ihrem Vordringen auch in Mesopotamien stellenweise vorübergehend zu Herrschern aufgeworfen haben. A ber das besagt nichts für die Grundbevölkerung. Oder hält G. die Buntkeram ik­ leute vom Teil H alaf, von N iniveh usw. für Am urriter? Ein »Kulturbruch« ist aber in Mesopotamien in der Zeit, die hierfür in Frage käme, nicht nachweisbar, wir dürfen getrost sogar sagen: nicht vorhanden. 3) Gegen eine Beschränkung Subartus auf osttigridisches Gebiet spricht entscheidend auch die Tatsache, daß uns ein speziell subaräischer Nam e des Euphrat (Urut u. ä., s. § 91 gegen Ende) überliefert ist. Das von der dritten Dynastie von U r beherrschte subaräische G ebiet hat aber m it dem Euphrat absolut nichts zu tun. Schon daraus ergibt sich, daß Subartu weit größer war, als es nach den Inschriften dieser Zeit erscheinen könnte. 4) Material bei A . G o e t z e , a. a. O., S. 61— 76.

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III. Ergebnisse (§ 121).

Subartu des Naräm-Sin. W ir dürfen dort von vornherein nicht viel Subaräisches erwarten. Außerdem müssen wir berücksichtigen, daß wir weder von den kleinasiatischen, noch von den subaräischen Dialekten, die es gewiß in größeren Mengen gegeben hat, mehr als das Allernotdürftigste wissen. Erst wenn wir die subaräischen Sprachen einmal genauer kennen, werden wir ein zuverlässiges Urteil uns zu bilden imstande sein. Immerhin begegnen uns in Kültepetexten eine ganze Reihe von Namen, die wir für subaräisch zu halten genötigt sind, solange sich das Gegenteil nicht beweisen läßt. Wir müssen sogar damit rechnen, daß noch viele andere, die wir heute nicht erklären können, sich später als subaräisch herausstellen werden. Daß diese Subaräer mit den assyrischen Handelskolonisten (der assy­ rischen »Hansa«) nach Kleinasien gekommen sind, ist mir wenig wahrscheinlich; denn in Assur selbst bildeten die herrschende Schicht in dieser Zeit Semiten, und die subaräische Urbevölkerung dürfte teils ausgerottet, teils versklavt und teils aufgesogen worden sein. Deshalb halte ich es für das Wahrscheinlichste, daß wir selbst in so entfernten Gebieten noch mit Überschneidungen durch subaräische Bestandteile zu rechnen haben1). Wenn wir »kappadokische« N am en2) wie Agabsi (a-ga-ab-si) und Agia (a-gi-a, a-ki-a-a) mit sicher hurritisch-subaräischen Namen wie Agabse (a-gab-se, daneben a-gab-se-en-ni, a-gab-ta-ha) Und Agija (a-gi-ja, daneben a-gi-te-sup) aus babylonischen Quellen der Kassitenzeit 3) Zusammenhalten, so gehört eine große Dosis Skepsis dazu, ihre etymologische Gleichheit abzustreiten, zumal wir auch in Nuzi 4) ganz entsprechende Namen antreffen (Akabsenni, Akab-sewa, A kija, Akku-Tesup). Ebenso finden wir Arija (a-ri-a) in Kültepe, Babylon (a-ri-ja, daneben a-ri-te-sup) und Nuzi (a-ri-ja, daneben a-ri-ma-at-qa, ar-si-mi-ka u. a.); Buza (bu-za) in Kültepe und Nuzi (bu-ü-za); K iki (ki-ki, ki-ki-i) in Kültepe, Assur (Kikija) und anderwärts (s. o. S. 147); K ilija *) V gl. auch § 125, 10. 11. 2) W ir halten uns an die Sammlung der Eigennamen von F . J. S t e p h e n s (Y O R X I I I 1), die inzwischen in mancher H insicht verbessert und erweitert werden könnte. E in eingehendes Studium der kappadokischen Tafeln zum Zweck der Namenforschung, das hier nicht beabsichtigt ist, wird noch manches Interes­ sante zutage fördern. — Weiteres Material neuerdings bei I. J. G e l b , Inscriptions from Alishar (Chicago 1935), S . 13t. 3) Gesammelt von A . T. C l a y (Y O R I). V gl. auch § 120. 4) Vgl. die Liste von G a d d , R A X X I I I , S. 71 ff.

II I . Ergebnisse (§ 121.

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(ki-li-a) in Kültepe neben Kil-Tesup (ki-il-te-sup) in Babylon und Gilija (gi-li-ja, daneben gi-el-te-sup ) in Nuzi. Die schon oben (unter 5) besprochene Endung -ari finden wir ebenfalls in Kültepetexten; vgl. Titin-ari (di-di-na-ri), Kuz-ari (ku-za-ri), Kulzi-ar (ku-ul-zi-ar) I). Namen wie Ewerija (e-we-ri-a) und Ewerni (e-we-er-ni) 2) wird man kaum vom hurritisch-subaräischen ewre (ib-ri), ewer »König« 3) trennen dürfen. Subaräische Götternamen wie Tesup haben sich als Namens­ element bisher noch nicht in Kültepetexten gefunden; aber das kann Zufall sein und sich aus der geringen Anzahl subaräischer Namen gegenüber den echtassyrischen erklären. 122. Das Material, das uns für die Kenntnis des Subaräischen im dritten und im Anfang des zweiten Jahrtausends bis zum Ende der Hammurapizeit, d. h. bis etwa 1800, zur Verfügung steht, be­ schränkt sich durchweg auf Eigennamen. Es genügt aber, um zu beweisen, daß die Sprache Subartus, wie sie uns in späteren babylo­ nischen Glossaren entgegentritt, bereits in den ältesten uns ge­ schieh tlich faßbaren Zeiten diesen Namen mit Recht verdient. Wenn sie bisher nur im äußersten Osten Subartus nachweisbar ist 4), so liegt das an der A rt unserer Quellen. Wir können solche nur in den Gebietsteilen erwarten, die mit Babylonien in engster Ver­ bindung standen. Die Eroberungszüge des Reiches von Akkad, das einem Einfall der den Subaräern benachbarten Gutäer 5) erlag, haben jenen gewaltigen Länderkomplex; schwerlich dem babylonischen Kulturkreise einzuverleiben verm ocht; erst während des dritten Reiches von Ur werden diese kulturellen Beziehungen 1) J. L e w y , D ie K ü ltepetexte aus der Sammlung Frida H ahn (Berlin 1930), S. V I I I . 2) J. L e w y , D ie Keilschrifttexte aus Kleinasien (Texte und Materialien der . . . . . H il p r e c h t Collection, Leipzig 1932), S. 12. 3 ) V gl. B o 2359 + B o 3 °5 4 ( F o r r e r , B o T U II, S. 25*), passim; TusrattaBrief, passim. 4) Abgesehen von den assyrischen T exten aus Kültepe und den benachbarten Gegenden (§ 121, 7). 5) E s ist zweifelhaft, ob die Gutäer vor der Zeit des Naräm-Sin, wo sie — von der als historischen Quelle nicht einwandfreien Inschrift Lugal-anni-mundus abgesehen, — zuerst auftauchen, so eng den Subaräern benachbart waren, wie das später der F a ll war. Ihre Sprache, von der uns nur in einigen Eigennamen kümmerliche R este erhalten sind, läß t sich bisher nicht als Kaukasussprache erwei­ sen, m ag es aber doch sein. E h e sich diese Frage einigermaßen beantworten läßt, müssen wir m it der M öglichkeit rechnen, daß die Gutäer erst in der M itte des dritten Jahrtausends, etw a vom Osten her, in den Bereich des Vorderen Orients geraten sind. D ie Annahme, sie seien blond und nordischer H erkunft gewesen, ist bereits § 96 als unhaltbar abgelehnt worden.

152

II I . Ergebnisse (§ 122. 123).

stärker, aber selbstverständlich nur in den Teilen des subaräischen Sprachgebietes, die in engsten politischen Beziehungen zu B aby­ lonien standen, und das war eben lediglich der Osten. Nach dem Westen Subartus sind diese Könige von Ur niemals vorgedrungen, wenigstens soweit wir das wissen. A uf keinen F all haben sie, selbst wenn sie Feldzüge dorthin unternommen haben sollten, dauernde politische Erfolge gehabt. Das Einströmen babylonischer K ultur führte dann auch zur Einführung der Keilschrift im Osten Subartus. Vielleicht hat auch schon die Gutäerherrschaft, die doch immerhin über ein Jahrhundert dauerte, die kulturellen Beziehungen zwischen Babylonien und Ostsubartu befestigt. Um 2200 sind diese bereits so stark, daß babylonische Schrift und Sprache dort allgemein bekannt waren. In dem K e r n g e b ie t S u b a r t u s , dem e ig e n t lic h e n M e s o p o ta m ie n w e s t lic h d e s T ig r is , waren dem Vordringen babylonischer Kultur politische Schranken vorgeschoben. Gewiß haben die kulturellen Fortschritte der Zeit auch nicht vor solchen Schranken haltgemacht. Aber die K ultur Subartus wird sicherlich mehr dem subaräischen Volkstum angepaßt gewesen sein, als es im Osttigrislande der Fall war. Vor allem dürfte der fremden akkadischen Sprache und damit auch der Keilschrift der Eingang in dieses Gebiet verwehrt gewesen sein. Ob sich jemals Keilschrift­ texte des dritten Jahrtausends in den Teils des zentralen Subartu, also etwa im Chaburquellgebiet, finden werden, kann man wohl mit Recht bezweifeln. Die Herrscher dieser Zeit werden kaum, wie im 14. Jahrhundert Tusratta von Mitannu, ihre Geistes­ kinder in ein fremdes Gewand gesteckt haben. 123. In engerer Verbindung mit babylonischer K ultur als Mesopotamien standen seit den Eroberungszügen des Reiches von Akkad der holz- und erzreiche äußerste Westen des subaräischen Gebietes und die Teile Kleinasiens, die sich jenseits des Zedern­ gebirges anschlossen. Sie wurden aber nicht auf dem Wege über Mesopotamien erobert und erschlossen, sondern auf dem über Amurru am Euphrat. Hier bildete der Euphratstaat Maeri, dessen Zentrum bei Albu-Kem al lag, wohl lange Zeit hindurch das Tor, durch das babylonische Bildung weiter nach Westen vordrang. So blieb auch hier das subaräische Kernland, vor allem das Chabur­ quellgebiet, außerhalb des direkten Einflusses babylonischer

I I I . Ergebnisse (§ 123).

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K ultur, auch wenn es zeitweilig von Babylonien abhängig war wie unter Naräm-Sin (§ 107). Nach Kleinasien aber drang der Gebrauch von Keilschrift und babylonisch-akkadischer Sprache zusammen mit der politisch­ kommerziellen Entwicklung vor und erweist sich im zweiten Jahrtausend, als die Quellen wieder zu fließen beginnen, als ein bedeutsamer Kulturfaktor. Man hatte inzwischen erkannt, daß man nicht nur die Sprachen Babyloniens, d. h. das Sumerische und das Akkadische, in Keilschrift schreiben konnte, sondern daß auch die einheimischen Sprachen sich dieses Ausdrucksmittels m it Erfolg bedienen könnten: die Keilschrift ward somit Allgemein­ gut Westvorderasiens und eroberte schließlich auch das eigentliche Subartu. Diesem Umstand verdanken wir einerseits den subaräi­ schen Brief Tusrattas von Mitannu, andererseits aber auch eine ganze Anzahl von Texten aus dem Archiv von Boghazköi, die zum Teil ausdrücklich als »hurritisch« (hurlili, § 117 ; bezeichnet sind. D a sich dieses Hurritisch als eng verwandt mit der Sprache Tusrattas erweist, und da Mitannu selbst zu den Hurriländern gehört, so kann man den Brief Tusrattas auch nach hethitischem Sprachgebrauch als »hurritisch« bezeichnen. Das Hurritische ist jedenfalls lediglich eine zeitlich begrenzte Stufe des Subaräischen. W ie weit es sich von dem Subaräischen des dritten Jahrtausends unterscheidet, und wie weit dialektische Verschiedenheiten auf dem umfangreichen Gebiete der Hurrierstaaten auftreten, ist eine Frage, die wir heute noch nicht lösen können x), zumal die aus Boghazköi stammenden hurritischen Sprachreste einer Inter­ pretation noch die größten Schwierigkeiten entgegensetzen 2). Wir stehen hier noch in den allerersten Anfängen und werden erst weiterkommen, wenn uns ein umfangreicheres Material zur Ver­ fügung steht. Zu erhoffen ist dies von den künftigen Ausgrabungen des Freiherrn von O p p e n h e i m s in Fecherija, das aller Wahr­ scheinlichkeit nach die Hauptstadt Wasukanni des Mitannierreiches J) Jedenfalls lä ß t sich das hurritische Fragm ent des Gilgamesch-Epos, das ich Z A N . F . I, S. 133 ff. behandelt habe, m it H ilfe des Tusrattabriefes einigermaßen verständlich machen. D abei ist zu berücksichtigen, daß wir diesen Brief bisher nur in den gröbsten Zügen verstehen. E in klarer Sinn lä ß t sich oft für umfangreiche A bsch nitte nicht gewinnen, wie man schon an B o r k s Übersetzungsversuch (M VA G I 9 ° 9 , i/ 2« S. 850.) erkennen kann. So sinnlos und verworren, wie es danach erscheint, dürfte sich selbst der etwas geschwätzige Tuäratta nicht ausgedrückt h aben ! 2) V gl. auch das Urteil E . F o r r e r s in Z D M G 76 (1922), S . 225L, der sich seit langem um die Entzifferung dieser hurritischen T e x te bemüht.

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I I I . Ergebnisse (§ 123).

war. Hier sind diplomatische Archive in hurritischer Sprache, sumerisch-akkadisch-hurritische Glossare, religiöse und literarische Texte, wie das Gilgameschepos, und vieles andere zu erwarten. Daß die Ungunst der Verhältnisse die Ausnützung der Grabungs­ konzession bisher immer wieder verhindert hat, bedeutet für die Wissenschaft einen unermeßlichen Schaden. Der Umstand, daß hurritische Texte in Boghazköi, der einsti­ gen Hauptstadt Hattusa des Hethiterreiches, gefunden worden sind, kann nun allerdings nicht als Beweis dafür dienen, daß man dort einmal hurritisch (subaräisch) gesprochen hat, wie etwa der Gebrauch des Sumerischen im babylonischen K ult den lebendigen Gebrauch dieser Sprache in Babylonien zur Voraussetzung hat. Hattusa gehörte einst gewiß zum Gebiet der Sprache, die in den Boghazköitexten mit hattili bezeichnet wird, also des Hattischen, das weder mit dem Nasisch-Hethitischen noch mit dem Hurritischen erkennbare Verwandtschaft z e ig t1). Vielmehr dürfte die Sache so liegen, daß nicht nur Teile im Osten des Hethiterreiches eine subaräische Grundbevölkerung besaßen, vor allem die Gebiete Östlich, südlich und nordöstlich des Amanus, sondern auch sonst zahlreiche kulturelle Beziehungen zwischen den Hethitern und den subaräisch-hurritischen Nachbarn bestanden. Soweit K ultstätten alter subaräischer Gottheiten auf hethitischem Reichsgebiet lagen, war es selbstverständlich, daß ihre Rituale im Archiv der H aupt­ stadt gesammelt wurden; aber auch Gottheiten vom Osten, der unseres Wissens nie zum Hethiterreich gehört hat, fanden Eingang in diese Rituale, weil sie in den subaräisch bevölkerten Gebieten des Hethiterreichs in hohem Ansehen standen. Es sei nur daran erinnert, daß wir Rituale für die Göttin von Niniveh, deren Name mit dem Ideogramm der babylonischen Istar geschrieben, aber nach § 58 sicher Sauska gesprochen wurde, besitzen2), in denen die hurri­ tische Sprache verwendet ist, ein Beweis dafür, daß auch Niniveh einst zum subaräischen Sprachgebiet gehört und kultisch eine besondere Bedeutung gehabt hat. Wenn wir nun den K u lt der Sauska von Niniveh auch auf hethitischem Reichsgebiet, z. B.

1) Der praefigierende Charakter der Sprache (vgl. E . F o r r e r , Z D M G 76 S. 228ff.) scheint die Zugehörigkeit zu den Kaukasussprachen auszuschließen, wenn auch in dieser Frage zurzeit noch nichts Entscheidendes behauptet werden kann; vgl. § 16. *) Vgl. K U B X 63, Kol. V I 13: DTJP IIK A M § A * i S T A R URUne. nu-wa. N ach Kol. I I 9 (hu r-l[i-lij) folgt ein hurritisches Gebet.

III. Ergebnisse (§ 123. 124).

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in der Stadt Sam uha1) antreffen2), so besagt das nichts für eine Wanderung der Hurrier nach Westen; vielmehr liegen die Ver­ hältnisse wohl ähnlich wie in Babylonien, wo die Hauptgottheiten bestim m ter, Städte auch an anderen Orten Verehrung genossen. Und wenn im K ult von Samuha hurritisch gesprochen wurde 3), so Hegt die Folgerung am nächsten, daß es zum altsubaräischen Sprach- und Kulturgebiet gehört hat. 124. Ein weiteres Gebiet subaräischen Sprachtums haben die Ausgrabungen von Ras Samra, dem alten Ugarit (in der Nähe von Latakie am Mittelmeer), erschlossen 4). Hier fand sich ein Vokabular in Keilschrift 5), das um 1400 geschrieben sein dürfte. Es enthält neben dem sumerischen und akkadischen T ext auch eine Übersetzung in eine weitere Sprache, deren Verwandtschaft mit dem Hurritischen klar zu erkennen i s t 6). W ir finden die Genetivpartikel -wa wie im Tusratta-Brief 7) (abgek. T), die auch als Adverbialendung dient, also ursprünglich wohl einen Lokativ bezeichnete. Ein hervorhebendes Suffix -nt, das auch unsern be­ stimmten Artikel vertritt, entspricht dem ganz ähnlich gebrauchten -ne 8) bei T. Beim Verb finden wir ein Bildungselement s dem Stamme beigefügt. Während es aber bei T stets mit u (lies 0) an den Stamm tritt, haben wir in Ugarit (abgek. U) neben seltenem -us- 9) (lies wohl -os-) häufiger -4 s- und -a$- I0), und während bei T diese -os-Formen stets etwas Geschehenes bezeichnen, finden wir sie in U auch mit akkadischem Praesens wiedergegeben. Einige Beispiele mögen genügen. Die Wurzel Ml bedeutet bei T »Auftrag geben, befehlen, sagen«, entspricht also akk. qebü; so auch in U. Während aber bei *) D ie L age der S tad t ist noch immer unbestimmt; G o e t z e , Kleinasien, S. 68 lokalisiert sie zwischen oberem H alys und oberem Euphrat. а) F ür den K u lt der i S T A R ( = Sauska) in Sam uha und anderen hethitischen Orten v g l . G o e t z e , Kleinasien, S. 1 2 5 . 3) V gl. B. H r o z n y , A O r IV , S. 120. 4) V gl. §99. 5) F . T h u r e a u - D a n g i n , Vocabulaire de Ras-Sham ra, Syria X I I (Paris 1931), S. 236ff. und PI. L — L I I . б) A uch unter den Personennamen von U garit aus dieser Zeit ist das hurritische Elem ent stark vertreten; vgl. F . T h u r e a u - D a n g i n in Syria X V (1 9 3 4 ) , S. 1440. 7 ) Vgl. zum G en etiv-Lokativ -wa B o r k , Mitannisprache (M V A G 1909, 1/2), S. 22 f. 8) Vgl. B o r k , a. a. O., S. 45. 9) ti-pu-Sa (d. i. tip-oS-a) = ü-dan-na-an (I 21). I0) Vgl. ki-ba-Su (I 3 1); sa-wa-Sa- = u-mal-lu-ü (I 22).

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I I I . Ergebnisse (§ 124).

T nur Formen auf -os-, wie hi-ü-lu-si . . . (hill-os-i . .), nicht aber solche auf -is- oder -as- begegnen 1), wird in U hi-li-su mit iq-bi »er gab Auftrag« gleichgesetzt (I 1 5 ) 2)- Die Wurzel tan hat bei T (mit M e s s e r s c h m i d t ) die Bedeutung »machen«; in U wird eine W urzel tin mit akk. epesu »machen« gleichgesetzt: ti-ni-su = ippu-us »er macht« (I 20). Während aber alle Formen mit -s- bei T Vergangenheit bezeichnen 3), gibt tin-is-u ein Praesens wieder 4). Hier dürfte mindestens in der anders vokalisierten Wurzel (tin gegenüber tan) eine dialektische Verschiedenheit bestehen; aber auch der Gebrauch von -s- zeigt eine Abweichung, die wohl kaum auf unsere mangelhaften Kenntnisse der Sprache Tusrattas zurück­ zuführen ist. Verbalformen auf -sate, -site, -sute werden inU ebenfalls durch die Vergangenheit wiedergegeben; vgl. pi-su-su-te — ih-ri »er grub« (III 22). Falls solche Formen überhaupt etwas mit ^-Bildungen bei T zu tun haben, so ist jedenfalls ihre Funktion eine andere; denn bei T bezeichnen sie Aorist-Futur 5). Formen auf -lam wie e-di-la-lam (U I 30) gibt es bei T nicht, ebensowenig sind die negierenden Partikeln -ki und -ja-mi daselbst nachweisbar; vgl. U I 16: (hi-li)-su-ki = ul iq-bi und U I 18: (pa-li)-ja-mi = ul iq-bi. Da der Wortschatz sowohl bei T als auch in U nur ein kärg­ liches Material darstellt, sind sichere Vergleiche nur selten möglich; vgl. außer hil- und pal- noch ti-is-ni = lib-bu »das Herz« (U II 27) mit tis- in derselben Bedeutung bei T (oft). Alles in allem scheint der Dialekt von Ugarit schwerwiegende Abweichungen von der Sprache des Mitannierkönigs aufzuweisen. Es ist deshalb kaum möglich, daß dieses »Hurritisch« erst mit einem Vordringen der Hurrier nach Westen, das kaum vor 1700 stattgefunden haben könnte, nach Ugarit gelangt ist. Wäre dies der Fall, so hätte der kulturelle Zusammenhang der hurritischen Sprachen keine derartige Dialektentwicklung zugelassen. Des­ 1) Vgl. hier und im Folgenden den Index von M e s s e r s c h m i d t , MitanniStudien (M V A G 1899, 4). 2) Ebenso pa-li-Su = iq-bi; die W urzel pal bedeutet bei T wohl »anfragen«, »fordern«. 3) V gl. ta-a-nu-u-Sa (d. i. tanoSa) »er machte« (T I 85; I I I 106); ta-a-nu-Sa-a-ü (d. i. tanoSau) »ich machte« (T I 58; I V 32); dagegen Praesens ta-a-na-ti (tanau) »ich mache« (II 92). 4) Ebenso mi-di-Su = i-laq-qal (I 14); ti-pu-Sa = w-dan-na-an (I 21). 5) B o r k , S. 51.

II I . Ergebnisse (§ 124. 125).

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wegen halte ich die Sprache von Ugarit für die Reste einer westsubaräischen Sprache, die schon lange vor dem zweiten Jahrtausend in Ugarit gesprochen wurde. Und wenn auch in Dunip bei Hama ein subaräischer Dialekt gesprochen wurde, wie wir bereits § 116 sahen, so ist dieses eine weitere Stütze für unsere Annahme, daß eine subaräische Bevölkerung bis an das Mittelmeer hin als ein­ heimisch zu gelten hat. Für eine hurritische Völkerwanderung, die erst im zweiten Jahrtausend weit von Osten her den vorderen Orient überflutet haben sollte, fehlt jede Voraussetzung. Gewiß mögen die Hurrier in der für uns bisher inschriftlosen Zeit des Hethiterreiches nach 1650 ihre Herrschaft auch auf dieses Gebiet übertragen haben, wie G o e t z e annim m tI). Dieses Vordringen erklärt sich aber zur Genüge aus der Wucht der arischen Völker­ welle, die im Anfang des zweiten Jahrtausends nach Vorderasien gelangte. Diese arischen Herrscher waren es, die sich die subaräische Bevölkerung unterjochten, ihren Zwecken dienstbar machten und nun an ihrer Spitze weitere Eroberungszüge unternahmen2) ; und es ist durchaus wahrscheinlich, daß sie um 1650 auch Teile des althethitischen Reiches in ihre Hände brachten. Aber für die An­ nahme einer selbständigen Wanderung von Völkern vorderasiatischer (d. h. subaräischer) Rasse neben dieser geschichtlich nicht zu leugnenden arischen Wanderung, die noch dazu dieselbe Richtung von Osten nach Westen gehabt haben müßte, sehe ich keine Grundlagen. 125. Wenn wir im Westen Subartus zu dieser Zeit, d. h. hauptsächlich dem 15. und 14. Jahrhundert, zahlreiche subaräische Namen finden, so können diese wenigstens teilweise einer subaräi­ schen Urbevölkerung zugeschrieben werden; andererseits ist aber auch damit zu rechnen, daß der unter arischer Führung stehende Hurrierbund bei Vorstößen, die er nach Westen, Nordwesten und Südwesten unternahm, in eroberten Gebieten als Regenten seine eigenen Staatsangehörigen einsetzte, und diese entnahm er nicht allein der inzwischen wohl schon recht dünn gewordenen arischen Herrenschicht, sondern auch der subaräischen Grundschicht, soweit diese sich jener angepaßt hatte. Daher läßt sich aus dem Vorkommen subaräischer Namen bei politisch bedeutenden Persön­ lichkeiten in dieser Zeit nicht ohne weiteres auf subaräische Ur­ J) Kleinasien, S. 79 u. ö. *) V gl. auch § 125.

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III. Ergebnisse (§ 125).

bevölkerung schließen: solche Subaräer können auch durch Eroberungszüge aus den Stammländem, namentlich Mitannu, dorthin verschlagen sein, wo wir sie nunmehr antreffen. Personen m it subaräischen Namen *) finden wir in der Mitte des zweiten Jahrtausends hauptsächlich in folgenden Randgebieten Syriens, Palästinas und Kleinasiens: 1. In D u n ip regierte a-ki-dI M 2), ein Bruder des Königs Takuwa (ta-ku-wa) von N ija 3). Im Vertrage des Hethiterkönigs Suppiluliuma mit dem Mitannierkönig Mattiuaza wird jener a-git-dU-up 3) geschrieben, so daß die Lesung Aki(t)-Tesup fest­ steht. Die Wurzel ak ist subaräisch (§ 119), ebenso der Gott Tesup. Auch drei der Mitverschworenen des Aki-Tesup (Hismija, Pirrija und Niruwäbi) tragen subaräische N am en 4), desgleichen ein mit ihnen verbundener Kleinfürst von Arahti namens A kija (a-ki-ja) 5). Wir erwähnten bereits (§ 116), daß der Brief aus Dunip zahlreiche subaräische Glossen enthält. Dunip wird deshalb altsubaräisches Gebiet sein wie Ugarit. 2. Nach U g a r it dürfte nach Ausweis der erhaltenen Sprachproben (§ 124) das Subaräische nicht erst durch die Eroberungen der Hurrier vorgedrungen sein. Auch hier begegnen uns subaräische Personennamen6) wie der des »Herrn« Aki-hinni (a(?)-ki-hiin-ni). Ob die subaräisch sprechende Bevölkerung von Ugarit geradezu als »der Stamm von Subaru« ('e lf sbr)bezeichnet wird (§ 99), muß dahingestellt bleiben, da wir über den Umfang dieses Begriffes zu dieser Zeit nicht unterrichtet sind. 3. In Qatna (= Misrife, 35 km ssö. von Hama) heißt der Fürst zur Amarnazeit Akizzi (a-ki-iz-zi) 8), was ein ebenfalls mit der Wurzel ak gebildeter Name ist, an den ein häufig begegnendes Suffix -izzi angetreten ist. Ein anderer Herrscher heißt Eweri-sarri ( e-we-ri-sar-ri) 9), dessen Name auch in der in Ugarit gebräuch­ lichen semitischen Silbenschrift überliefert i s t 10). Der Name be­ *) Vgl. auch A . G u s t a v s , Mitanni, R V V I I I , S. 223 t. *) E A 59, Z. 15. 18. 3) So K B o I 1, Vs. 31. — ^ ism ija usw. ebd., Z. 32t. 4) A . G u s t a v s in Ä Z 64 (1929), S. 54ff. 5) Auch ein Bote aus einer unbestimmten nordsyrischen S tad t (?) führt diesen Namen (E A 30, Z. 3). 6) V gl. C h . V i r o l l e a u d , Syria X (1929), S. 304. 7) E A 5 2 — 5 5 . Z. 2; 57, Z. 2. 8) Ch. V i r o l l e a u d , Syria X I , S. 331. 9) P . D h o r m e , Syria X I V , S. 2 3 5 . 10) V gl. E . F . W e i d n e r , Boghazköi-Studien 8, S. 10, Anm. 4.

III. Ergebnisse (§ 125).

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deutet wohl »der König ist Herr«; ßwri (ip-riJ »König« begegnet oft in Tusrattas Brief; für sarri vgl. unter 4. 4. In Nija, das wohl in der Nähe von Hama zu suchen i s t l ), herrschte (s. oben 1) Takuwa, dessen Name durch den Vollnamen Takib-sarri (ta-ki-ib-sar-ri)*), eines Mannes aus Nuhasse, als subaräisch erwiesen wird. Die Wurzel ist tak, die in letzterem Namen noch durch ib erweitert ist; und sar ist ein weitverbreitetes Element in subaräischen Namen, das wohl ein Lehnwort aus dem akkadischen sarru »König, Herr« darstellt. 5. Aus Nuhasse (zwischen Hama und Aleppo) haben wir soeben den Namen Takib-sarri angeführt. Ein König von Nuhasse selbst führt den mit derselben Wurzel gebildeten Namen Taku (ta-ku; E A 51). 6. Mit derselben Wurzel gebildet ist auch der Name eines Fürsten Tägi (ta-a-gi und ta-gi), der einen Angriff auf Jerusalem plante (EA 289, Z. 11 ff.). W ir kommen hiermit bereits nach Südpalästina. 7. Der Fürst von Jerusalem selbst heißt A R A D -c’hi-ba (auch -dhe-ba geschrieben; so E A 286). Die Göttin Heba, Hepa, Hepet ist nun die Gattin des subaräischen Hauptgottes Tesup (§ 128). Daher ist es wahrscheinlich, daß das Ideogramm A R A D in diesem Falle mit dem subaräischen Wort für »Diener« wiederzugeben ist. A. G u s t a v s vermutete 3) die Lesung PutiHeba. 8. Nach Nordpalästina führen uns Urkunden aus Teil Ta'annek (Thaanach) 4), die etwa der Amarnazeit angehören. Hier be­ gegnen die uns bereits bekannten Namen A kija (a-ki-ja und a-gi-ja), Taku (ta-a-gu), A R A D -dhi-ba (s. unter 7) und dazu noch eine ganze Anzahl anderer, deren subaräischer Charakter außer Zweifel steht. Wenn sich daneben akkadische, kanaanitische und — seltener — andere Namen finden, so beleuchtet diese T at­ sache das Völkergemisch, das Mitte des zweiten Jahrtausends in Palästina herrschte. Ob Palästina selbst subaräische Urbevöl­ kerung gehabt hat, läßt sich indes noch nicht entscheiden. Hier könnte der subaräische Einfluß erst durch die Eroberungszüge 1) K B o I 2, Vs. 21. 2) Ü ber die allerdings fragliche Bezeichnung Subartus als nu-ha-Sa^ vgl. § 28 a. 3) O L Z 19 11, Sp. 341 ff. 4) V gl. A . G u s t a v s , Die Personennamen in den Tontafeln von Teil Ta'annek, Z D P V 50 (1927), S. i f f . ; 51, S. 16 9 ff.

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III. Ergebnisse (§ 125).

der Hurrier eingedrungen sein. Eingehende Untersuchungen über diese Frage wären sehr erwünscht. 9. Im Königreich Amurru, das sich zur Amarnazeit auf das Gebiet nördlich von Beirut, den Libanon und Antilibanos be­ schränkte, finden wir mehrere Herrscher mit subaräischen Namen, so Penti-sina, mit dem der Hethiterkönig H attusil III einen Vertrag abschließt. Der Name wird phonetisch bi-en-te-si-na x) oder ba-an-di/ti-si-(in-)ni geschrieben, ideographisch aber Z A G .SE S, d. h. »Stütze« + »Bruder«. Das Wort für »Bruder« lautet aber im Tusrattabrief sin, womit bewiesen ist, daß der Name hurritisch oder subaräisch sein muß. Das Ideogramm ZA G bedeutet in akkadischen Namen imittu »Stütze, Stärke«, und eine Wurzel pent- scheint im Tusrattabrief die Bedeutung »stark sein, ob­ siegen« zu haben. Der Name Penti-sina dürfte daher zu über­ setzen sein »Der Bruder ist Stütze« o. ä.2). Auch der Name eines anderen Herrschers von Amurru TuppiTesup (diib-bi-dU-up) 3) ist, wie der Gottesname zeigt, subaräisch. Der erste Bestandteil begegnet z. B. in dem abgekürzten Namen Tuppija (dub-bi-ja) auf Kerkuktafeln 4). Auf Grund der Gleichung tu-pu-e = akk. dannu im Vokabular von Ras Samra (II 23) dürfte die Wurzel tup »stark sein« bedeuten. Auch der Vater des TuppiTesup führte einen mit Tesup zusammengesetzten Nam ens). 10. Die soeben besprochene Wurzel pent- finden wir in einer mit -b- erweiterten Form im Namen des Schwiegervaters des Hethiterköriigs Hattusil III, des Priesters Pentib-sarri (pi-enlin-tiib-sar-ri), der ebenso gebildet ist wie der unter 4 genannte Name Takib-sarri. Seine Tochter Putu-Hepa (pu-du-hi-pa), deren Name ebenfalls subaräisch ist und wohl »Dienerin der Göttin Hepa« bedeutet 6), wurde Hattusils Gattin. Pentib-sarri lebte in Lawazantija, einer Stadt in Qiswadna 7). Dieses Land, dessen Hauptstadt Kumanni am Saris uns bereits bekannt i s t 8), muß eine subaräische Grundbevölkerung gehabt haben, wie auch der Umstand zeigt, daß dort subaräische Gottheiten die Hauptrollen spielen (§ 128). r) S. die Stellen bei E . F . W e i d n e r , Boghazköi-Studien 8, S. 126, Anm . 3. *) V gl. auch A . G u s t a v s , O L Z 1912, Sp. 300fr. 3) K U B I I I 14, Vs. 2. 4) G a d d , R A X X I I I , S. 7 4 . 5) Ir (?) -TeSup; vgl. W e i d n e r , Boghazköi-Studien 8, S. 7 8 , A nm . 5 . 6) V gl. A . G u s t a v s , O L Z 19 11, Sp. 342. 7) V gl. A . G o e t z e , M V A eG 1934, 2, S. 12 und 1 5 f. 8) S. 123, Anm . 2 f.

II I . Ergebnisse (§ 125).

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11. Durch Heirat mit subaräischen Frauen dürfte auch schon vor der Zeit des Hattusil III subaräisches Blut in die hethitische Königsfamilie hineingekommen sein, soweit wir aus Namen Schlüsse zu ziehen berechtigt sind. So führt der Enkel des Suppiluliuma der von seinem Oheim Mursil II zum König von Aleppo ein­ gesetzt wurde, den Namen Rimi-sarruma (ri-mi-LUGAL-ma) 1), womit man ri-mu-ja und ri-mu-LUGAL in Kerkuktexten 2) vergleichen kann, und wahrscheinlich waren es zwei Brüder des Telibinu, des Vaters des Rimi-sarruma, die die Namen Asmusarruma (as-mu-sar-ru-ma) und Taki-sarruma (ta-ki-sar-ru-ma) führten 3), von denen der letztere mit der schon mehrfach vor­ gekommenen Wurzel tak- gebildet ist. Der Urenkel Suppiluliumas, der von seinem Oheim Hattusil III entthront wurde, führt eben­ falls einen subaräischen Namen: Urhi-Tesup (ur-hi-dU-up), der auch unter den subaräischen Namen in Babylonien zur Kassitenzeit als ur-hi-te-sup begegnet, und für den auch die Kurzform Urhija (ur-hi-ja) vorkommt 4). Die Wurzel urh dürfte »fest sein« bedeuten; denn wir finden in dem Vokabular von Ras Samra (§124) die Gleichung ur-uh-ze — akk. ki-nu ( I I 22). 12. Zeigen bereits die soeben behandelten Namen hethitischer Fürsten, daß wir aus solchen, wenn sie vereinzelt auf treten, keine Schlüsse auf den Charakter der Urbevölkerung ziehen können, so gilt das noch mehr von denjenigen subaräischen Namen, die wir abseits vom eigentlichen Stammlande gelegentlich antreffen. Mit den uns im einzelnen noch völlig dunklen Eroberungszügen der Hurrier, die, wie wir glauben, mit dem Einfall der Arier in Vorderasien in engster Verbindung stehen (S. 157), kamen suba­ räische Namensträger bis in die entferntesten Gegenden 5). Die Eroberung Ägyptens durch die asiatischen Hyksos wird gewiß richtig mit diesen Eroberungszügen in Verbindung gebrach t6), und wir wollen nur darauf hinweisen, daß der bedeutendste Hyksos*) V gl. E . F . W e id n e r , Boghazköi-Studien 8, S. 80, Anm . 2. *) G a d d , R A X X I I I , S. 79. 3) D ie Lesung ergibt sich aus B o T U II, Nr. 24, Kol. V 13 f. und Nr. 29, Z. 8. 1 1 ; vgl. dazu F o r r e r , ebd., S. 19*. 4) C la y , Y O R I, S. 142. 5) Vgl. auch den ägyptischen Beam ten Pahüru zur Zeit der Amarna-Briefe (E A, S. 1566), dessen ägyptischer N am e geradezu »der Hurrier« bedeutet; s. auch D . O p i t z , Z A N . F . II, S. 81. 6) V gl. dazu auch E . A . S p e is e r , E thnie Movements in the Near E ast in the Second Millenium B. C., A A S O R X I I I , S. 46ff. U n g n a d , Subartu

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162

III. Ergebnisse (§ 125).

könig Chian (lavvas) augenscheinlich einen subaräischen Namen hat: ha-ja-ni wird in dem §9 1 behandelten Vokabular K 2040 -f- S 2052 als das Wort angeführt, das in der Sprache von Su (bartu) »klein« b ed eu tet1). Chian (Hajan) wäre demnach »der Kleine«, vielleicht eine Gestalt wie die des »kleinen Korporals« Napoleon. Auch die Horiter (XoppaToi) des Alten Testaments, die nach Gen. 14, 6 bis zum Gebirge Seir am Toten Meere wohnten, können von den Hurriern nicht getrennt w erden2). Aber da die Be­ zeichnung Hurrier, wie wir § 117 sahen, weder eine ethnologische noch geographische, sondern lediglich eine politische Bedeutung hatte, so läßt sich über ihr Volkstum nichts aussagen. Im Osten drangen in der Mitte des zweiten Jahrtausends Subaräer bis nach Elam vor, und wir finden dort 1341 einen Herrscher mit subaräischem Namen Hurba-tilla (hu-ur-ba-ti-la) auf dem Thron 3). D a uns jedoch alle Einzelheiten über diesen nur ephemeren Vorstoß fehlen, läßt sich nicht sagen, wie er in die Entwicklung des Vorderen Orients eingereiht werden muß. Jedenfalls befinden wir uns hier in der Endzeit subaräischer Blüte. Daß die subaräische Sprache den politischen Untergang Subartus nicht teilte, zeigt eine interessante Notiz in der großen Prisma-Inschrift Tiglathpilesars I (um 1100) anläßlich seines Feldzuges gegen Kadmuh im NO. Mesopotamiens. Der Assyrerkönig berichtet (II 25ff.) von der Gefangennahme des feindlichen Königs: Iki-li-dte-sup mär ka-li-dte-sup sa fir-ru-pi i-sa-si-ü-su-ni, d. h. »Kili-Tesup, Sohn des Kali-Tesup, den sie Irrupi nennen«. Nicht nur sind die beiden Personennamen subaräisch, sondern auch ir-ru-pi ist ein subaräisches Wort in Keilschriftgewand, das in Texten aus Nuzi als irwi begegnet, und zwar in dem Namen ir-pi-LTJGAL, der Erwi-sarri zu lesen ist. Schon G a d d 4) hat erkannt, daß der erste Bestandteil dieses Namens mit dem aus Tusrattas Brief bekannten subaräischen Wort ewri identisch ist. Der Name ist demnach der gleiche wie der oben (unter 3) be­ sprochene des Herrschers von Qatna Eweri-sarri, nur m it Um­ stellung von w und r, die wohl eine dialektische Eigentümlichkeit ') H ajan begegnet in späterer Zeit oft auf subaräischem Gebiet als Personen­ name. 2) Über die Horiterfrage vgl. S p e i s e r , a. a. O., S . 26S., der manche beachtens­ werte Anregungen gibt. 3) Vgl. F. W . K o e n ig , Geschichte Elam s (AO 29, 4), S. 13. i6 f. 27. 4) R A X X I I I , S. 77.

I I I . Ergebnisse (§ 125. 126).

163

ist. Deshalb wird irrupi (erruwi) die assyrische Wiedergabe des subaräischen Titels des Kili-Tesup sein. Da er mit diesem Titel von seinen Untertanen angeredet wurde, glaubten die Assyrer, es handle sich hier um einen besonderen Namen des Herrschers. 126. Zur Feststellung besonderer Dialekte innerhalb des Subaräischen fehlen zurzeit noch fast alle Unterlagen. Sicher hat sich die Sprache im Laufe der Jahrtausende stark verändert, sodaß im Osten Subartus anders gesprochen wurde als im Westen. Nach unserem spärlichen Material scheinen wesentliche Unter­ schiede zwischen der Sprache der Eigennamen des dritten Jahr­ tausends (§§ 1 19 ff.) und der des Briefes von Tusratta nicht zu bestehen, ebensowenig wie zwischen dieser letzteren und den als hurritisch bezeichneten Texten aus Boghazköi. Unterschiede müssen aber bei der großen Zeitspanne, die diese Sprachreste trennt, vorhanden gewesen sein. Andererseits zeigt die Sprache von Ugarit (§ 124) so tief­ greifende Verschiedenheiten von den übrigen subaräischen Sprach­ denkmälern, daß sie sich schon frühzeitig vom Hauptstamm ge­ trennt haben muß, was wohl auch in der politischen Entwicklung begründet ist. Wir werden deshalb am besten Ost- und Westsubaräisch zu unterscheiden haben. Ersteres tritt uns in seiner ältesten Form zufällig nur in den Osttigrisländern entgegen (§ 121). Wenn aber im zweiten Jahrtausend fast dieselbe Sprache im Reich Mitannu und noch weiter westlich begegnet, so wird nicht der äußerste Osten das Zentrum dieses Sprachgebietes darstellen, sondern weiter westlich gelegene Gebiete, über deren Sprache im dritten Jahrtausend wir zurzeit nichts wissen. W ill man nicht seine Zuflucht zu einer durch nichts begründeten »Völkerwanderung der Hurrier« nehmen, so bleibt m. E. nichts anderes übrig, als das Gebiet, in dem die Sprache noch im 2. Jahrtausend die Landes­ sprache ist, als den Mittelpunkt subaräischer Sprache und K ultur anzunehmen, d a s C h a b u r q u e llg e b ie t , in dem a u c h T u s ­ r a t t a s H a u p t s t a d t W a s u k a n n i la g . Hier, wo die Aus­ grabungen des Freiherrn v o n Oppenheim j ) eine uralte Kultur zutage gefördert haben, die nirgends einen »Kulturbruch« erkennen läßt, muß das Herz Subartus liegen, nicht in Nuzi bei K e rk u k 2). r) V gl. vorläufig sein Bu ch »Der T eil Halaf« (Leipzig 1931) und die erweiterte englische A usgabe desselben (London 1932). 2) S p e is e r s Behauptung (A A S O R X I I I , S . 24), daß N uzi ‘in the heart of Su bartu ’ lag, muß man entschieden bestreiten.

164

JII. Ergebnisse (§ 126. 127).

Gerade das östliche Subartu ist von jeher den Eroberungsgelüsten babylonischer Herrscher besonders ausgesetzt gewesen, und wenn die dort gefundenen Texte aus der Zeit des Reiches von Akkad nur wenige uns klar erkennbaren subaräischen Namen aufweisen, so Hegt das an den poHtischen Verhältnissen: die Unterworfenen spielen selten eine RoHe im poHtischen und wirtschaftlichen Leben ihrer Zeit. Sie treten erst wieder hervor, nachdem sie sich den Verhältnissen gefügt und sich mehr oder weniger assimüiert haben, wie dies zur Zeit des dritten Reiches von Ur der F all gewesen sein dürfte I). 127. Noch weit größere Unterschiede als zwischen Ost- und Westsubaräisch bestehen zwischen einer ihrem Wesen nach kauka­ sischen Sprache und den bisher behandelten subaräischen Dialek­ ten: wir meinen das U rartäische2), die Landessprache des Reiches von Urartu, das seit dem 8. Jahrhundert den Assyrern die größten Schwierigkeiten bereitete, bis es diesen um 640 unterlag. Eine Vergleichung des Urartäischen mit den bisher behandelten subaräischen Sprachresten muß deshalb als fast hoffnungsloses Unternehmen gelten, weil wir bisher alle diese Sprachen nur in den gröbsten Umrissen kennen und verstehen. Das gilt schon vom W ortschatz: dieser macht allerdings beim Urartäischen einen ganz anderen Eindruck als bei den subaräischen Dialekten. Aber das kann teilweise an dem äußerst beschränkten Material Hegen, das uns zur Verfügung steht. Hätten wir von altindogermanischen Sprachen nur einen Brief Ciceros und einige griechische Dialekt­ inschriften, so wären die Schwierigkeiten einer Vergleichung genau ebensogroß. Immerhin bietet der Wortschatz wenigstens zwei Gleichungen, die kaum als Zufall gelten können: die sub. Wurzel ar- »geben« finden wir als aru- im Urartäischen, und das sub. Wort *) Ebensowenig beweisen die archäologischen Ergebnisse von Teil Billa unweit Khorsabad, daß es dort vor den sog. hurritischen Schichten keine Subaräer gegeben hat (S p e is e r , a. a. O., S. 24f.). Die Schlußfolgerungen sind hier nicht richtig. Man darf nicht von der These ausgehen, daß bestimmte Grabungsschichten, die in N uzi die T ex te m it den vielen subaräischen Eigennamen gebracht haben, nun die charakteristisch subaräischen Schichten gewesen sind. Sie sind nur charak­ teristisch »hurritisch«. Aber die Hurrierzeit bringt m it ihrer arischen Herrscher­ schicht und deren Expansionsbestrebungen ganz neue Momente in die subaräische Kultur, auf der sie aufbaut. E s wäre im Gegenteil nicht verständlich, wenn diese Umwälzungen an N uzi und Teil Billa, die zeitweilig beide zum Reiche Mitannu gehört haben, spurlos vorübergegangen wären. 2) E s genügt hier, auf die vorzügliche Arbeit von J. F r ie d r ic h , Einführung ins Urartäische (M VAeG 1933, 3) zu verweisen.

III. Ergebnisse (§ 127).

165

ewri »König« erscheint als euri in der Bedeutung »Herr« I). Auch das Wort für »Kanal« ist in beiden Sprachgruppen annähernd das gleiche: urartäisch pili *) findet sich als pa-la im Vokabular von U garit ( I I I 18 = akk. pal-gu). Nun ist pala wohl ein Lehnwort aus akkadischem palag und stellt damit eine ältere Form dar als pili. Letzteres kann demnach nicht direkt aus palag entstanden sein, sondern muß sich erst innerhalb der Geschichte der urartäischen Sprache selbst aus pala entwickelt haben. In der Formenlehre finden sich Übereinstimmungen nicht nur allgemeiner A rt in der Häufung der uns als »Endungen« erscheinenden Bindepartikeln, sondern auch solche, die eine engere Verwandtschaft zu begründen scheinen. Ein Satz wie urart. Haldi-se aru-ni »der Gott H. hat gegeben« würde in der Sprache Tusrattas Haldi-s ar-osa lauten. Die Formen aru-ni und ar-osa haben dabei nur die Wurzel gemeinsam. Aber für Ugarit ist uns die Form e-d[i]-ni (I 26) »er hat gegeben« überliefert von einer anderen Wurzel et, die irgendwie gleichbedeutend mit ar- sein muß. Hier finden wir also dieselbe Endung -ni, die sich sonst in der Sprache Tusrattas nicht findet, wie im Urartäischen. In Verbindungen wie Ispuini-se Sardüre-hini-se »I., der Sohn des S.«, wörtlich »Ispuini - f Subjektspartikel, Sardüre + zugehörig + Subjektspartikel« (also grob gefaßt »der Sardurische Ispuini) 3) haben wir die subaräische Zugehörigkeitspartikel -hi, vermehrt um deiktisches -ni, das in Ugarit geradezu als bestimmter Artikel gebraucht wird. Die Wiederholung der Partikel (-s) ist typisch Subaräisch und — Kaukasisch. Ein D ativ auf -e 4) ist in Ugarit mehrfach belegt; vgl. (ti-is)-di »sein Herz« (akk. lib-ba-su), (ti-is)di-e aber = ana Vib-bi-iu (II 28f.). Alle diese Übereinstimmungen, die wir hier nur ganz kurz streifen können, dürften kaum Zufall sein, zumal das Material auf beiden Seiten so dürftig ist. Man darf gewiß behaupten, daß diese Übereinstimmungen umfangreicher sind als die, die sich bei dem Vergleich eines Cicero-Briefes mit attischen Inschriften er­ geben würden, wenn man sonst kein lateinisches oder griechisches Material zur Verfügung hätte. Zweifellos ist die Trennung zwischen dem Subaräischen und Urartäischen früher erfolgt als etwa die J) *) 3) 4)

F r ie d r ic h , F r ie d r ic h , F r ie d r ic h , F r ie d r ic h ,

a. a. O., S. 34. 51. a. a. O., S. 25. S. 22. § 59.

166

III. Ergebnisse (§ 127. 128).

zwischen dem Ugaritischen und der Sprache Tusrattas; aber eine Verwandtschaft zwischen beiden Gruppen abzustreiten, liegt m. E . keine Veranlassung vor. So wird auch der urartäische Gottesname Teseba (dte-e-i-h-ba-a-se) x) nicht eine bloße Übernahme des subaräischen Tesup, sondern alt-subaräisches Stammgut sein, zumal gerade dieser Gott m. W. nirgends sonst in einen fremd­ artigen Kreis übergetreten i s t 2). 128. Gerade der Gottesname Tesup kann als ein »Leitfossil« für subaräische Sprache und Kultur gelten. Er begegnet m. W. in keinem Personennamen, der nicht subaräischer Natur ist. E r ist der Hauptgott der Hurrier, wie namentlich Tusrattas Brief II 65 ff. zeigt, wo Tesup (te-e-es-$u-pa) dem Hurrierbunde (hur-wuu-he) gegenüber dieselbe Stellung einnimmt wie Amän-Ammon Ägypten gegenüber. In den babylonischen Götterlisten wird er mit dem Wettergott Adad gleichgesetzt (§59), der seinerseits vor allem mit den Ideogrammen dU und dI M geschrieben wird. Mit der Verbreitung babylonischer Schrift nach den westlichen Län­ dern drang auch diese ideographische Schreibung ein, die für uns den großen Nachteil bietet, daß sie jeden W ettergott bezeichnet, mag er heißen, wie er will. So ist der dU oder dI M »der Herr des Landes Hatti«, sicher nicht Tesup zu lesen, sondern vielleicht Zahpuna3), und in anderen Ländern haben jene Ideogramme wiederum eine andere Aussprache, von der wir oft nur auf Grund angefügter Endungen sagen können, daß sie weder Tesup noch Zahpuna sein kann. Sicher ist die ideographische Lesung als Tesup immer dann, wenn ein phonetisches Komplement wie -up beigefügt ist (dU-up, bzw. dI M-up) ; denn es wird keinen anderen Wettergott geben, dessen Name ebenfalls auf -up endigt. Dürfen wir, wenn uns ein W ettergott von Mitannu begegnet, mit einiger Sicherheit behaupten, daß er Tesup hieß, so wird die Frage nach dem Namen schwerer zu beantworten sein, wenn es sich um einen Wettergott auf hethitischem Reichsgebiet handelt, z. B. den W ettergott von Aleppo (Halpa). Auch hier helfen phonetische Komplemente wie z. B. in der hurritischen Fassung ') F r i e d r i c h , S. 43 f. E r wird nur einmal phonetisch, sonst — wie Tesup — m it dem Ideogramm des W ettergottes ( dI M ) geschrieben. 2) Vgl. neuerdings auch die A rbeit F r i e d r i c h s »Zum Subaräischen und Urartäischen« (Miscellanea Orientalia dedicata A n t o n i o D e i m e l , Rom 1935, S. I 2 2 f f .) , die hier nicht mehr berücksichtigt werden konnte. 3) F . S o m m e r , Boghazköi-Studien 10, S. 49.

II I . Ergebnisse (§ 128).

167

URUhal-pa-wa-an dTJ-up, was nur »und Tesup von Halpa« be­ deuten kann 1). Wenn noch dazu dieser Tesup hier in einem hurritischen T ext erscheint, so muß auch Aleppo dem subaräischen Gebiet zugesprochen werden. Auch dU URUhal-ap in der Liste der hethitischen Schwurgötter in den Verträgen des Suppiluliuma mit M attiuaza von M itannu2) ist demnach Tesup zu lesen. Bestätigt wird dies noch dadurch, daß die Gemahlin des Tesup, Hepet, in demselben Text als Göttin von Aleppo auftritt 3): dhe-pet URUhal-pa. Diese Göttin scheint ihrem Wesen nach keiner babylonischen Göttin so entsprochen zu haben, daß man für sie ein Ideogramm verwenden konnte. So erklärt es sich auch, daß die Sklavin Ummi-Hepet in CT X X X I I I 41 (s. § 93), die uns in ihrem Namen den ältesten inschriftlichen Beleg für diese subaräische Gottheit überliefert hat, als sie ihren zweifellos ursprünglich suba­ räischen Namen ins Akkadische übersetzen ließ, den Namen der Göttin nicht ebenfalls veränderte, sodaß hier einer der seltenen hybriden Personennamen entstand. Die Göttin Hepet wird uns deshalb eine noch bessere Führerin durch subaräisches Gebiet sein als ihr Gatte Tesup. W ir finden sie in dem soeben erwähnten Vertrage auch als Göttin von Uda und Qiswadna. Sollte ersteres wirklich = Y6r| sein, das von R a m s a y in der Nähe des heutigen Karabunar südlich des Tattasees lokalisiert wird 4), so hätten wir hier die westlichste Stelle subaräischer K ultur noch weit über den Taurus hinweg. Qiswadna endlich ist uns als subaräisches Sprachgebiet bereits in § 125, 10 bekannt geworden; die Hepet von Kumanni 5) ist natürlich mit der Hepet von Qiswadna identisch. Weitere K ultstädte der Hepet fanden sich in Hurma, Wasuduwanda, Abzisna, Sulupassa und K ä ta p a 6), Orten, deren Lokalisierung noch Schwierigkeiten bereitet. Daß Hepet besonders im Zederngebirge verehrt wurde, zeigt ein Gebet an die Sonnengöttin von Arinna, in dem diese beiden Göttinnen als wesensgleich betrachtet werden 7). Es heißt hier: »Sonnengöttin von Arinna, aller Länder Königin! Im Lande J) E . F o r r e r , Z D M G 76, S. 226. 2) So K B o I 1, R s., Z. 42. 3) Rs., Z . 46. V gl. auch K U B V I 45, K ol. I 43: * U ^ ^ h a -la -a p dhS-pit URUha-la-ap. 4) V gl. L. R . M a y e r , Index of H ittite Names (London 1923), S. 47. 5) A . G o e t ze , Kleinasien, S. 124. 6) G ö t z e , a. a. O., S. 124L 7) K U B X X I 2 7 , Kol. I 3ff.; vgl. G o e t z e , a . a . O . , S. 1 2 9 .

168

III. Ergebnisse (§ 128).

H atti bestimmtest du (dir) den Namen cSonne von Arinna’ , hinwiederum in dem Lande, das du zu dem der Zeder m ach testr), bestimmtest du (dir) den Namen ‘Hepet’ «. Das Zedernland kann kein anderes sein als das Land des Zederngebirges, des Amanus (§ 107). Hier muß die Verehrung der Hepet uralt sein, und ich halte es für völlig ausgeschlossen, daß diese erst durch eine — meiner Meinung unbegründete — Hurrierwanderung im Anfang des zweiten Jahrtausends irgendwoher dorthin verpflanzt worden sei. Haben wir die drei Tatsachen: 1. das Zederngebirge gehört bei Naräm-Sin zu Subartu, 2. zur Hammurapizeit trägt eine Sklavin aus Subartu einen mit Hepet gebildeten Namen (§ 93); 3. das Zedemland gilt als Heimat der Hepet, so kann man nur schließen, daß Hepet schon im dritten Jahrtausend — •und dann jedenfalls auch vorher — die Göttin des Zederngebirges war. Der Zedernberg heißt auch im Gilgamesch-Epos (V 6) »die Wohnstätte der Götter, das Heiligtum der Ernini«, nur daß hier der den B aby­ loniern unverständliche Name der Göttin vom Dichter durch einen bekannten ersetzt wird, in dem man, wie schon P. J e n s e n 2) bemerkt hat, eine Beziehung zur »Zeder« (erenu) erkennen konnte. Dieses Wortspiel mit dem Namen ist selbstverständhch eine E r­ findung des babylonischen Dichters und besagt nichts über den einheimischen Namen der Göttin des Zederngebirges, der eben Hepet war. Warum der Name der Göttin statt Hepet in einzelnen Fällen Hepa lautete, ist noch nicht klar. W ir finden diese Form in den Namen der mitannischen Prinzessinnen Gilu-Hepa und TatuHepa (he-e-pa oder he-pa geschrieben), des Fürsten von Jerusalem (‘ihe-ba, dhe-ba, § 125, 7) und der Gattin Hattusils III (hS-pa, § 125, 10). Vielleicht liegen hier dialektische Verschiedenheiten vor. Unter den Schwurgöttern des Mitannierreiches wird Hepet (Hepa) nicht genannt, vielleicht deshalb, weil sie zufällig an den dort erwähnten Orten keinen eigenen K ult besaß, dieser viel­ mehr durch den ihres Gatten Tesup mitvertreten wurde. Daß dI M oder dU hier 3) überall Tesup gelesen werden muß, kann nicht fraglich sein. Demnach wurde Tesup im Mitannierreiche besonders verehrt J) ku-it utnS* G lS .E R I N -a S i-ja-at. *) K B V I 1, S. 444. 3) K B o I 1— 3.

II I . Ergebnisse (§ 128. 129).

1. 2. 3. 4. 5.

169

als »Tesup, Herr von Himmel und Erde«, als »Tesup, Herr des kurinni *) der Stadt Kahat«, als »Tesup, Herr der Stadt Uhusuman«, als »Tesup, Herr der Stadt Wasukanni«, als »Tesup, Herr des kamari(bi) 2) der Stadt Irrite«.

Von diesen Orten muß K ahat damals die Hauptstätte des Tesup-Kultes gewesen sein; denn »vor Tesup, dem Herrn des kurinni von Kahat« wurde jedesmal ein Vertragsexemplar depo­ niert 3). Während Wasukanni erst von den arischen Herrschern gegründet sein dürfte, muß K ahat älter sein. Seine Lage ist nur annähernd zu bestimmen: es kann nicht weit von Nesibin gelegen haben 4 ) . Es wäre eine verlohnende Aufgabe, die Ruinen von Kahat festzustellen; hier sind reiche Funde auch aus der älteren Zeit Subartus zu erwarten 5), während die von O p p e n h e im geplanten Ausgrabungen in Wasukanni ( = Fecherija), der politischen Haupt­ stadt des Landes, in der ebenfalls Archive verborgen liegen müssen, die »arische Zeit« wieder vor uns erstehen lassen dürften. 129. Die Götter des Mattiuaza-Vertrages stellen sicher nur eine Auswahl der in Mitannu verehrten subaräischen Gottheiten dar. Umso mehr ist es zu bedauern, daß von diesen ein Teil ideo­ graphisch geschrieben wird wie Sonnen- und Mondgott, sodaß wir ihre eigentlichen Namen nicht erfahren. Gelegentlich helfen uns hier die Rituale aus Boghazköi weiter. So erfahren wir aus ihnen, daß der Sonnengott (dUD) Simike hieß, also mit einem Gotte identisch ist, der auch im Tusrattabrief eine Rolle spielt (dsi-mi-i-gi) 6). Bei anderen Götterideogrammen kann es zweifelhaft erschei­ nen, ob sie subaräische Äquivalente hatten, oder ob es sich um Auf­ nahme babylonischer Gottheiten in das subaräische Pantheon handelt. Daß letzteres tatsächlich vorkam, zeigt die Nennung des Gottes Ea, »des Herrn der Weisheit« in jenen Verträgen, der J) Bedeutung dieses wohl hurritischen Wortes unbekannt; man könnte an »Archiv« denken, s. u. *) Ebenfalls ein hurritisches W ort. D a es gelegentlich m it dem Determ inativ für »Stadt« geschrieben wird (K B o I 3, R s. 25), könnte es »Festung« o. ä. bedeuten. 3) K B o I 1, R s. 36 ( = I 2, R s. 14); K U B I I I 17, Rs. 7. 4) V gl. E . F . W e i d n e r , Boghazköi-Studien 8, S. 28, Anm. 2. 5) E s ist sehr wohl möglich, daß nach der ersten Zerstörung der Teil H alafStadt, die m it dem Eroberungszuge des Mursil I in direkter oder indirekter Ver­ bindung stehen könnte (vgl. O p p e n h e im , Der Teil H alaf, S. 57), K a h at die subaräische Tradition des T eil H alaf fortsetzte. 6) V gl. C .-G . v o n B r a n d e n s t e i n in K U B X X V I I , Vorwort, S. IV .

170

III. Ergebnisse (§ 129).

in der Schreibung d£ .A K B o I 3, Rs. 23 begegnet, während er I 2, Rs. 31 und I 1, Rs. 55 d£ .A .L U G A L geschrieben wird. Im Brief Tusrattas wird dieser Gott ganz phonetisch de-e-a-sar-ri (I 77. 101) geschrieben, woraus sich ergibt, daß er mit seinem akkadischen Namen als Ea-Sarri »König Ea« in das subaräische Pantheon aufgenommen worden ist. Welche geschichtlichen Vorgänge der­ artige Entlehnungen möglich gemacht haben, entzieht sich noch völlig unserer Kenntnis. Daß sie nur durch eine gewisse Sucht, möglichst viele Gottheiten in dem eigenen Pantheon zu vereinigen, zu erklären seien, ist kaum wahrscheinlich. Eher möglich erscheint es mir, daß diese Gottheiten zur Zeit der Eroberung von Subartu oder Teilen dieses Landes durch die Herrscher von A kkad wie Naräm-Sin zugleich mit deren Städtegründungenx) ins Land gelangten, dort ihre K ultstätten erhielten, allmählich auch bei den subaräischen Untertanen Zutrauen fanden und schließlich im Lande blieben, als die babylonische Oberherrschaft ein Ende fand. Diese Erklärung kann aber nur als eine von vielen Möglich­ keiten angesehen werden, solange wir über die ältere Geschichte Subartus so gut wie garnichts wissen. Über einige andere Gottheiten, die in den Verträgen begegnen, ist bereits in § 60 gehandelt, so über Samanminuhe, Naparwi und Partähi. Von weiteren subaräischen Gottheiten, die eine hervorragende Stellung einnahmen, ist vor allem Sauska zu nennen, die Göttin von Niniveh, die auch Tusratta in seinem Briefe erwähnt (I 76; III 98), und die sich vielfach hinter dem Ideogramm dI S T A R verb irg t2). Auf hethitischem Reichsgebiet wurde sie in Samuha verehrt, das m. E . auch noch zum subaräischen Sprachgebiet zu rechnen ist 3). Auch die »Istar von Samuha«, die Schutzgöttin des Hethiterkönigs H attusil III, wird meist ideographisch dI $ T A R geschrieben, findet sich aber auch in phonetischer Schreibung als d§a-wuu-u§-ga und in halbphonetischer als dI$ T A R -p u ( = wü)-u§ga 4 ) , so daß wir kein Recht haben, sie »Istar« zu nennen: sie hieß §a(w)uska. Andere subaräische Gottheiten, die sich ebenfalls, wenigstens teilweise, hinter Ideogrammen verbergen dürften, sind K u m a r b i, ') *) 3) 4)

Vgl. V gl. Vgl. Vgl.

Pir-Hüsseyin (S. 118) I § 59. ^ S. 155 sowie B . H r o z n y in A O r IV , S. 120 . B r a n d e n s t e in , a. a. O., S. II I .

II I . Ergebnisse (§ 129. 130).

171

der dem babylonischen Enlil gleichgesetzt wird x) und besonders in T e d i2) und in Urkis 3) verehrt wurde, wie ein Mythus bezeugt, der den Kam pf des Kum arbi von Urkis mit dem Tesup von Kummija zum Gegenstand hat 4), und A s t a p e n 5), der mit dem baby­ lonischen Gotte Nin-urta, dem Sohne des Enlil, identifiziert wird. Die Ritualtexte aus Boghazköi machen uns außer mit diesen bedeutenderen Gottheiten auch mit einer ganzen Anzahl kleinerer und kleinster bek an n t6), die im einzelnen zu sammeln eine lohnende Aufgabe wäre. 130. Von besonderer Bedeutung ist es, daß wir rein subaräische Götter auch in Ugarit wiederfinden, wo nach Ausweis des § 124 behandelten Vokabulars ein subaräischer Dialekt gesprochen wor­ den sein muß. Der Text, welcher in der dort neben der Keilschrift gebräuchlichen Buchstabenschrift geschrieben ist, wurde von B. H r o z n y in AO r IV , S. 118 ff. einer eingehenden Bearbeitung unterzogen. Es finden sich hier, wenn wir von der noch un­ sicheren Zeile 1 absehen, nacheinander folgende Gottheiten auf­ gezählt : 2. cnt, wohl sicher die wie E a (§ 129) ins subaräische Pantheon übergegangene babylonische Gottheit Antu, die Gattin des Himmelsgottes Anu. 3. smg, der subaräische Sonnengott Simike (§ 129) 7). 4. nbdl, wohl sicher mit H r o z n y für nbdg8) verschrieben, begegnet u. a. in einem Ritual aus Qiswadna (KBo V 2), wo er (Kol. III 4) als dnu-pa-ti-ig zwischen Astape[n] (III 3) und Wisaisaphi (III 4) erscheint; desgleichen in einem R itual aus Samuha (K U B X X V II 1, Kol. I 62) zwischen Astapen und dU.GUR, welch letzteres das Ideo­ gramm für Wisaisaphi sein könnte 9). V gl. S. 64, Anm . 1. а) L age unsicher, aber wohl in der N ähe von Mardin, vgl. E . F . W e id n e r , Boghazköi-Studien 8, S. 26, Anm. 2. 3) Im Osttigrisland; s. S. 143. 4) V gl. E . F o r r e r , in J A 1930, S. 238L 5) V gl. S. 65. б) V gl. den S. 64, A nm . 1, m itgeteilten T ex t, der die »Veziere« bestimmter G ötter nennt. 7) Der Umstand, daß tonlose und tönende L au te (hier g und k) wechseln, beruht auf einer sich allgemein findenden Eigenart des Subaräischen. 8) A uch Syria X , pl. 64, Nr. 4, Z . 50 scheint nbdg zu begegnen; indes ist das erste Zeichen fragüch. 9) Für weiteres Material vgl. H r o z n y , a . a. O.

172

II I . Ergebnisse (§ 130).

5. psiph ist der Gott Wisaisaphi, den wir soeben kennengelernt haben. Neben dwir sa-i-$a-ap-hi wird er auch pi-sa-sa-ap-hi geschrieben, z. B. in K U B X X V 47, Kol. I 13, einem Texte, der ausdrücklich als hurritisch bezeichnet w ir d 1). 6. hbt ist zweifellos Hepet, die auch im Ritual aus Qiswadna als dhe-pü kurz nach Wisaisaphi folgt (KBo V 2, Kol. I I I 7). 7. ’eshr ist die ursprünglich babylonische Gottheit Ishära, die in demselben Ritual als dis-ha-a-ra nach Hepet aufgezählt wird. 8. ’aln folgt auch im Ritual aus Qiswadna als Alläni (dal-laa-ni) auf Ishära. Die folgende Zeile 9 des Textes aus Ugarit, die hdn(-)H hdlrs . . . bietet, bereitet noch mancherlei Schwierigkeiten. Es ist aber H r o z n y gewiß zuzustimmen, wenn er hdn und hdlr den subaräi­ schen Göttern Hutena (dhu-te-na) und Hutellurra (dhu-te-il-lu-ür-ra) gleichsetzt, die z. B. in einem Ritual der Sauska von Niniveh (KU B X 63, Kol. I 5) nebeneinander begegnen, ebenso auch in dem Ritual aus Samuha (K U B X X V 1, Kol. II 42f.). Weiter scheint sich auf der schlecht erhaltenen Rückseite des Textes (Z. 4) der Gott Astapen als ’asib wiederzufinden, aller­ dings ohne das auslautende n, das aber auch gelegentlich in Boghazköi-Ritualen fehlt, so in dem Ritual aus Samuha (K U B X X V II 1, Kol. I 62), wo das-ta-bi ebenso vor Nupatig erscheint wie im Ritual von Qiswadna (s. oben unter 4) Außer diesen subaräisch-hurritischen Göttern erscheinen noch Kumarbi und §a(w)uska in Texten aus Ugarit als kmrb2) und SwSk 3). Wenn wir hier auch nicht näher auf das subaräische Pantheon eingehen können, so ist doch soviel klar, daß dieses in U garit keine wesentlich andere Gestalt gehabt haben kann als in Qiswadna, Samuha und Mitannu selbst — • einschließlich Niniveh und dem Land östlich des Tigris bis Kerkuk, wo ja auch subaräische G ott­ heiten begegnen. Fügen wir die Tatsache hinzu, daß im Osttigris­ gebiet im dritten Jahrtausend auf Grund der Eigennamen die subaräische Sprache weiteste Verbreitung zeigt (§ 121), so können wir nur dann eine einheitliche subaräische Grundbevölkerung von

‘ ) Für weiteres Material v g l. H r o z n y , a. a. O . J) Syria X , pl. 64, Nr. 4, Z. 6f. 3) Syria X , pl. 7 4 . 7 5 , Nr. 34 - f 4 5 , Z. 2. 1 2 . 1 4 (s. H r o z n y , a. a. O . , S. 1 2 7 , Anm. 1).

III. Ergebnisse (§ 130, 131).

173

dem persischen Randgebirge über Mesopotamien bis nach Klein­ asien und ans Mittelmeer in Abrede stellen, wenn wir zu einer durch nichts erwiesenen Völkerwanderung unsere Zuflucht nehmen. 131. D a dieses Gebiet mit demjenigen zusammenfällt, in dem wir, allerdings stark vermischt, noch heute die Rasse als Grund­ rasse antreffen, als deren arteigene Sprache die kaukasischen Dialekte angesehen werden müssen *), zu denen wiederum auch das Subaräische — und im weiteren Sinne auch das Elamische — zu rechnen i s t 3), so bleibt schon an sich keine andere Möglichkeit, als dieses Volk mit seiner von indogermanischen, semitischen, aber auch sumerischen Dialekten abweichenden Sprache und seinem eigenartigen Pantheon mit der Rasse zu identifizieren, die alle Wahrscheinlichkeit für sich hat, den Grundstock jener Gebiete zu bilden, wollen wir nicht eine neue Unbekannte in unsere Rechnung einführen, wozu wir bei dem gegenwärtigen Stand unserer Kennt­ nisse keine Veranlassung haben. Leicht zu lösen wäre die Frage nach der Grundrasse Mesopo­ tamiens und der im Westen, Norden und Osten angrenzenden Gebiete, wenn wir aus der Frühzeit, etwa dem dritten Jahrtausend und vorher, ein genügendes anthropologisches Material hätten. Aber das ist leider nicht der Fall. Vereinzelte Schädelfunde aus dem in Frage kommenden Gebiete können an sich schon wenig besagen, und dazu hat man bis vor kurzem dieser Frage zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, als daß man sicher datierbares und einwandfrei bearbeitetes Material zu näheren Untersuchungen zur Verfügung hätte. Das gilt auch von den Schädelfunden aus Assur, die zurzeit in dem anthropologischen Museum des Kaiser­ Wilhelm-Institutes (Berlin-Dahlem) aufbewahrt werden. Diese haben, soweit ich dies bei einer Besichtigung feststellen konnte, etwa zur Hälfte langschädligen Typus, zur anderen Hälfte jedoch steilschädligen, ein Umstand, der eine Rassenmischung zwischen orientalisch-amurritischer und vorderasiatisch-subaräischer Rasse anzeigt 3). Solange aber das Material nicht bearbeitet und das A lter der einzelnen Schädel, soweit dies überhaupt möglich ist, fest­ gestellt ist, kann man keine weitgehenden Schlüsse daraus ziehen. 1) V gl. §§ i 4 ff. 2) V gl. F . B o r k , M V A G 1 9 0 9 , 1 /2 , S. 68ff. 3) Ob sich unter den Langschädeln auch hyperdolichozephale der aralischen Rasse (Sumerer; v g l. S. 6, Anm. 4) finden, können erst die noch nicht vor­ liegenden Messungen erweisen.

174

II I . Ergebnisse (§ 131).

Die literarischen Quellen versagen fast völlig für eine Beurtei­ lung der Rassenverhältnisse der uns hier interessierenden Gebiete. Nur eine einzige Nachricht ist uns erhalten, die sich in der jüngeren akkadischen Fassung jener Sage findet, die mit einem »König von Kutha« in Verbindung s te h t*). Die betreffende Stelle, in der von Feinden des babylonischen Königs — wahrscheinlich im Ge­ biete des Osttigrislandes — die Rede ist, findet sich in der aus Assurbanipals Bibliothek (um 650) stammenden Rezension. Die feind­ lichen Krieger werden danach beschrieben2) als Leute mit Leibern von Höhlenvögeln (ftag-ri is-sur hur-ri) und Gesichtern von Raben (a-ri-bu fta-nu-sü-un). Sie müssen also einen Rassentyp dargestellt haben, der den langschädligen Babyloniern auffallend, ja sogar unsympathisch und so unheimlich erschien, daß man sie als Brut der Unterweltsgöttin Tiämat ansah. Als »Rabengesichter« könnte man nun in der T at die oft sehr auffallenden Physiognomien der vorderasiatischen Rasse mit ihren langen, oft schnabelartigen Nasen und zurückfliehenden Stirnen bezeichnen, die auch den Abendländern so abschreckend erschienen, daß sie sich ihre Teufel­ gestalten danach bildeten 3). Das tertium comparationis in dem Vergleich der Körpergestalt jener Menschen mit der eines »Höhlen­ vogels«, wörtlich »Vogel des Erdlochs« (hurru), entgeht uns noch, da dieser Vogel seiner A rt nach nicht näher zu bestimmen ist. Sollte es sich um eine Eulenart 4) handeln, so könnte die gedrungene Gestalt 5) der vorderasiatischen (subaräischen) Rasse den Vergleich veranlaßt haben, bei dem möglicherweise noch ein Wortspiel hinzu­ kommt. Denn wenn auch die Bezeichnung »Hurrileute« für die Angehörigen jenes Staatenbundes bisher in babylonischen Texten nicht nachweisbar ist, so war sie doch bei den vielfachen diplomati­ schen Beziehungen Babyloniens mit den anderen vorderasiatischen Staaten gewiß nicht unbekannt, und man konnte volksetymologisch »Hurrileute« nur als »Leute des Erdloches« deuten. Hat der Dichter bei dem Vergleich mit dem issür hurri tatsächlich an die Hurrier

•) V gl. hierzu H. G. G ü t e r b o c k in Z A N . F . V I I I , S. 19 u. 650. D ie Sage behandelt wohl das E nde der Dynastie von Akkad. 2) V gl. den T e x t bei P. J e n s e n , K B V I 1, S. 292, K ol. I, Z. 11 f. 3) V gl. H . F . K . G ü n t h e r , Rassenkunde des jüdischen Volkes (Mün 1930). S. 36. 4) N ach H . E h e l o l f (Bogh.-Studien 10, S. 5 9ff.) jedoch »Steinhuhn«. 5) Vgl. auch die zahlreichen menschlichen Darstellungen auf den Denkmälern des Teil H alaf!

II I . Ergebnisse (§ 131).

175

gedacht, so muß dieser Teil der Dichtung etwa in der Mitte des zweiten Jahrtausends entstanden sein. Gegenüber diesem fast vollständigen Schweigen der Literatur, das ja begreiflich ist, r e d e n d ie K u n s t d e n k m ä le r e in e u m so b e r e d t e r e S p r a c h e . Es ist das Verdienst F. v o n L u s c h a n s , den Zusammenhang der menschlichen Darstellungen auf letzteren m it den modernen Menschen vorderasiatisch-subaräischer— oder wie L u s c h a n sagte: armenoi'der — Rasse als erster klar hervorgehoben zu haben *). Daß er den vorderasiatischen T yp der Denkmäler den Hethitern zuschrieb, war erklärlich, solange man den Begriff »Hethiter« noch nicht genau fassen konnte. »Hethiter« sollte auch für uns, um es zu wiederholen, ein lediglich politischer Begriff sein = »Angehörige des Hethiterreiches«. In diesem weiten Reiche, das uns besonders in seiner Blütezeit (1400— 1200) bekannt ist, gab es aber Vertreter verschiedener R assen2). Die eine dem Indogermanischen verwandte Sprache redenden Hethiter, die sich selbst Nasier nannten, dürften nordischer Her­ kunft 3) gewesen sein, sich aber früh mit einheimischen Kleinasiaten vermischt haben. Welcher A rt diese selbst waren, steht noch dahin. Wie W. M. K r o g m a n durch Messungen an den Schädeln von Alishar H üyük festgestellt hat 4 ) , begegnet dort in der Periode von Alishar II/III (also in der Zeit vor 2000) 5) eine besondere Form von Rundschädeln (Index 82,5 im Durchschnitt), die nicht mit den Steilschädeln der vorderasiatischen Rasse identisch sein soll, und die K r o g m a n mit den kaukasischen Georgiern in Ver­ bindung bringt. Ob diese besondere Rassenform, die allerdings der vorderasiatisch-subaräischen nahe verwandt i s t 6), etwa den Hattiern, den vomasischen Bewohnern jener Gegenden zuzu­ schreiben ist, läßt sich noch nicht mit Sicherheit erweisen. Jeden­ falls hat neben der langköpfigen Rasse der Nasier 7) eine rund­ *) Besonders z) Vg1- § 16.

in Völker, Rassen, Sprachen (Berlin 1922), S. 142 ff.

3) V gl. aber auch Anm . 7.

4) Bei E . F . Schmidt, The Alishar H ü yü k Seasons of 1928 and 1929, P art I I (O IP X X , Chicago 1933)» S. 12 2 ff. Neuerdings bequem zugänglich bei K a p p e r s , Anthrop., S. 35. 5) a. a. O., S. 128. 6) K a p p e r s hält die Schädel indes für armenoid; nach der S. 35 gegebenen Übersicht ist der Durchschnittsindex 83,74, also fast identisch m it dem der Armenier B u n a k s (84,04). 7) D ie vier Schädel der hethitischen Periode (IV) von Alishar (s. K a p p e r s , S. 106) haben einen Durchschnittsindex von 72, sind also nicht nordisch (Index 79),

176

II I . Ergebnisse (§ 131).

köpfige, doch wohl armeno'id-vorderasiatische, im nördlichen Hethiter-Reich existiert. Zum großen Hethiterreich gehörten aber auch Gebiete, die nach Ausweis ihrer Sprachen und Gottheiten subaräisch waren. Diese »Hethiter« sind also sprachlich als Subaräer zu bezeichnen, und gerade diese sind es, die auf den sog. »hethitischen« Denk­ mälern fast ausschließlich begegnen. »Hethiter« sind diese Menschen nur, soweit sie Angehörige des Hethiterreiches w a ren 1). Wenn wir aber denselben Typus auch in Gegenden finden, die niemals dem Hethiterreich angehört haben, so ist eine Bezeichnung »Hethi­ ter« unmöglich. Sendjirli und Kerkemisch konnte man noch als »hethi tisch« bezeichnen, den Teil Halaf aber nie und nimmer, und gerade hier begegnen wir den »armenolden Hethitern« in Hülle und Fülle. Zur Not würde sich auch da noch eine Bezeichnung »hethitische Kunst« rechtfertigen lassen, wenn wir nach weisen könnten, daß die Kunst jener Denkmäler auf hethitischem Reichs­ gebiet ihren Ursprung gehabt hätte. Das wird aber niemand mehr im E m st behaupten -), und das klargestellt zu haben, ist eins der Hauptergebnisse der Ausgrabungen des F r e i h e r r n v o n O p p e n ­ h e i m 3). Ist es also unmöglich, den armenold-vorderasiatischen Menschentyp vom Teil Halaf als »hethitisch« zu bezeichnen — und ebensowenig kann dieser für die arische Herrenschicht des Mitannureiches in Anspruch genommen werden •») — so wird es wohl nicht anders gehen, als daß man ihn, wie das die Anthropologie mit den noch heute lebenden Vertretern dieses Typus tut, der oder einer dort heimischen Grundrasse zuspricht. Dasselbe gilt auch vom assyrischen Typus, der auf zwei Komponenten zurückgeht, von denen die eine der orientalischen, die andere L u s c h a n s armenolder

sondern mediterran-aralisch (s. oben, S. 6, Anm. 4). Man muß weiteres Material abwarten, ehe man sich zu schwerwiegenden Schlußfolgerungen über Rasse und H erkunft der Xasier wird entscheiden können. 1) Die Terminologie des A lten Testam ents fu ß t im wesentlichen auf dem politischen Begriff. Menschen, die im ehemaligen Hethiterreich zu Hause sind, gelten als »Hethiter« ohne Rücksicht auf ihre Rasse. Anthropologische Begriffe darf man im A T nicht erwarten. 3) Vgl. E . H e r z f e l d , Der T eil H alaf und das Problem der hettitischen K un st (AMI V I 3/4, Berlin 1934), S. i n ff. 5) W ir können hier keine Beschreibungen der Denkmäler des T eil H ala geben und verweisen deshalb auf die Vorpublikation M a x F r e ih e r r v o n O p p e n ­ h e im s , Der Teil H alaf (Leipzig 1931) sowie auf die erweiterte englische Ausgabe (London 1932). 4) ü b er die nach A . M o o r t g a t (Mitt. der Berl. Mus. L I, 1930, Xr. 3) in den Bereich der arischen Herrenschicht zu stellende Bronze des Berliner Museums, die so unarisch ist wie nur möglich, vgl. H e r z f e l d , a. a. O., S. 11S, A nm . 2.

III. Ergebnisse (§ 131. 132).

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Rasse zuzuschreiben ist *). Armenoiid sind auch die Urartäer, die man früher Chalder nannte; auf den Bronzetoren von Balawat (etwa 847) zeigen sie »ein ausgesprochen hethitisches Profil« *), wir würden sagen: ein ausgesprochen subaräisches. Wollen wir kein völlig unbekanntes x einführen, so sind wir gezwungen, für den Rassentypus der Steindenkmäler von Sendjirü, Karkemisch, Teil Halaf, der Urartäer usw. die V o r b e v ö l k e r u n g der im 2. Jahr­ tausend eingewanderten Indogermanen (Arier) in Anspruch zu nehmen, die auch ins Osttigrisland hinüberreichte, jene Vorbevölke­ rung mit arteigener Sprache und arteigenen Göttern, für deren rassische Grundlage nur der v o r d e r a s i a t i s c h - s u b a r ä i s c h e T y p u s in Frage kommt. W ill man das nicht zugeben, so bleibt einem nichts anderes übrig als zu erklären: »Sprache und Pantheon von Subartu spiegeln den Geist einer Rasse wieder, die völlig ver­ schollen ist, und die keine Spuren ihres ehemaligen Daseins weder in dem noch heute lebenden Menschenmaterial noch in den Denk­ mälern hinterlassen hat.« Dann ist natürlich jede weitere Dis­ kussion unmöglich, und die Wissenschaft hat sich auf ein totes Geleis verfahren. 132. Eine gleiche Beurteilung ergibt sich bei der Betrach­ tung der k u l t u r g e s c h i c h t l i c h e n E n t w i c k l u n g jenes Ge­ bietes, das die Babylonier als Subartu bezeichnen. Schon in vor­ geschichtlicher Zeit (um 5000) finden wir hier eine so eigenartige Ausbildung der Töpferkunst, daß wir sie nur als arteignes Produkt einer durch gleichartige geistige Beschaffenheit ausgezeichneten Rasse anzusehen vermögen. Wir meinen die sogenannte B u n t ­ k e r a m i k 3), die weder eine sumerische noch eine »semitische« Schöpfung sein kann, da wir gerade in den Gebieten, wo sie in frühester Zeit und in größter Vollendung uns entgegentritt, weder Sumerer noch »Semiten« als heimisch uns zu denken vermögen. D a wir uns nicht dazu verstehen können, mit jener Unbekannten x zu experimentieren, bleibt bei dem gegenwärtigen Stande unseres Wissens nur die Möglichkeit übrig, die vorderasiatisch-subaräische Rasse als die Schöpferin jener Buntkeramik anzusehen, die dann ’ ) O b als dritte Komponente noch die aralisch-sumerische zu erkennen ist, können erst die Messungen der Schädel aus Assur klarstellen. 2) H . H ü s in g , M itt. d. Anthropol. Ges. in W ien 46, S . 231. 3) Ich kann hier nur meine eigenen Eindrücke kurz anführen. Näheres bleibt der A rbeit des verstorbenen H u b e r t S ch m id t Vorbehalten, die F reih err v o n O ppen h eim demnächst herausgeben wird. U n g n a d , Subartu 12

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III. Ergebnisse (§ 132).

allerdings eine weite Verbreitung über ihr Ursprungsland hinaus und allenthalben in der »Fremde« eine individuelle Gestaltung gefunden haben dürfte. Die Buntkeramik des Teil Halaf hat vielfach mangels fester chronologischer Anhaltspunkte eine um Jahrtausende fehlgehende Bewertung gefunden. Es sei nur daran erinnert, daß R. D u s s a u d r) sie zugleich mit den Bildwerken ins Ende des zweiten Jahrtausends setzen wollte, ein warnendes Beispiel für die Tatsache, daß die Wissenschaft trotz ernst gemeinter Untersuchungen sich gelegent­ lich um über die Hälfte der Zeit irren kann, die für die K ultur­ geschichte des Orients überhaupt zur Verfügung steht: die Anfänge der Töpferei liegen beim Teil Halaf nicht 3000 Jahre vor unserer Zeit, sondern mehr als 6000. Das haben die systematischen Aus­ grabungen von M. E. L. M a l l o w a n 2) in Niniveh und dem dicht dabei gelegenen Arpachiye 3) ergeben. Hier zeigt sich mit aller Klarheit, daß die mit bestimmter Teil Halaf-Ware identische Keramik von Niniveh II c 4) in großer Fülle auch dem Teil Halaf zu eigen ist. Wenn jedoch M a l l o w a n Niniveh I bis II b noch älter als Teil Halaf ansieht und die Keram ik des letzteren erst mit Niniveh II c beginnen läßt 5), so ist dies ein Irrtum, der daraus entstanden ist, daß dem Forscher kein Vergleichsmaterial vom Teil Halaf zur Verfügung stand: denn dieselbe handgefertigte, mit einfachen gemalten Mustern ver­ zierte alte Ware ist auch auf dem Teil Halaf gefunden worden, wie es im Teil Halaf-Museum zu Berlin, Franklinstr. 6, zu ersehen ist, und wie es die Publikation H. S c h m i d t s , die F r e i h e r r von O p p e n h e im jetzt bearbeitet, im einzelnen zeigen wird. Zeitlich stehen wir hier weit vor der babylonischen Ubaid-Periode (§9), also schätzungsweise um das Jahr 5000. Gerade der Teil Halaf dürfte das Ausgangszentrum der mesopotamischen — ■ wir können dafür auch sagen subaräischen — Töpferkunst gewesen sein, und er gibt uns, namentlich mit Hilfe von Niniveh und J) Syria X I I , S. goff. ») Vgl. besonders seinen A u fsatz: T h e Prehistoric Sondage of Nineveh, 1931— 1932 in A A A X X (1933), S. 1 2 7 ff. 3) Vgl. Illustrated London News 4908 (13. V . 1933), S. 686 und 4926 (16. IX . I 9 33 ). S . 1436f . ; vgl. auch die gute Übersicht bei V . G. C h i l d e , N ew L igh t on the most A ncient E a s t (London 1934), S. 250S. Ganz neuerdings haben die A u s­ grabungen in Tepe Gawra völlig gleichartige R esultate ergeben; s. Bulletin of the American Schools of Oriental Research 58 (1935), S. 5 und 9. 4) Die Zahlen gehen von unten (früh) nach oben (spät). 5) A A A X X , S. 161.

II I . Ergebnisse

(§ 132. 133).

179

Arpachiye erst die Möglichkeit, die weitere Entwicklung der Bunt­ keramik zu verfolgen. Dieses im einzelnen zu tun, kann hier schon deshalb nicht unsere Aufgabe sein, weil die große Publikation der O p p e n HEm’schen Funde noch nicht vorliegt. Betonen wollen wir nur, daß die so plötzlich in großer Vollendung in Subartu auftretende Buntkeram ik beweist, auf welcher Höhe diese hier schon in ältester Zeit gestanden hat, und welche Bedeutung sie für das vorgeschicht­ liche Vorderasien gehabt haben muß. Wenn wir überhaupt mit gegebenen Größen rechnen und keine neuen Unbekannten ein­ führen wollen, so bleibt uns kein anderer Weg offen, als diese einzigartige Entwicklung der Töpferei den Ureinwohnern jenes Gebietes zuzuschreiben, d en S u b a r ä e r n 1). Daß die Töpfer­ arbeiten aus Subartu, wenn auch ihre einzigartige Kunst all­ mählich immer mehr verfallen war, doch noch in historischer Zeit geschätzt wurden, zeigt die Tatsache, daß noch in der Hammurapizeit Gefäße aus Karkemisch nach Babylonien importiert w urden2). Auch scheinen subaräische Töpfer sich damals be­ sonderer Beliebtheit erfreut zu haben 3). 133. Trotz des hohen künstlerischen Standes der Keramik in Subartu, steht diese anfangs noch mitten in der Steinzeit. Das älteste Kupferstück, das datierbar ist, gehört in den Anfang der Periode III von Niniveh, d . h . in die Ubaid-Periode 4). Ähnlich mögen die Verhältnisse auch auf dem Teil Halaf liegen. Chemische Untersuchungen der auf subaräischem Gebiete gefundenen Kupfer­ gegenstände sind m. W. noch nicht derart ausgeführt worden, daß man aus ihnen einwandfreie Auskunft über den Ursprungsort der verwendeten Metalle erhalten könnte. Daß aber gerade Subartu gegenüber dem von Steinen und Metallen entblößten babylonischen J) W enn wir »Subaräer« auch im Sinne von »vorderasiatischer Rasse« gebrauchen, so erscheint uns dies um so weniger bedenklich, als dieser Terminus n icht so leicht zu Versehen führen kann wie der der »Vorderasiatischen Rasse« oder der des Homo Tauricus ( R e c h e ) . Die »Vorderasiaten« könnte man leicht m it anderen Bewohnern Vorderasiens verwechseln, und der Taurus um faßt nur «in kleines G ebiet dieser Rasse. W enn die Babylonier in Omentexten Subartu geradezu für den Norden gebrauchen, so ist der Terminus Homo Subaraicus, d. h. »der im Norden Babyloniens heimische Mensch« ganz entsprechend unserem Terminus »Nordischer Mensch« gebildet. J) So in der Prozeßurkunde C T I I 1. 6 (H G I I I 735) aus der Zeit des A m m i­ zaduga (um 1800), in der Z. 8 ein »Vorratstopf von 2/3 K ur Inhalt aus Karkemisch fka-ar-ka-mi-su-ü)« erwähnt wird: V3 K u r sind etwa 170 Liter. 3) V gl. S. 14 1. 4) M a l l o w a n , A A A X X , S. 145.

12*

180

III. Ergebnisse (§ 133).

Alluvialland eine große Bedeutung für die Metallwirtschaft der ältesten Zeit gehabt haben dürfte, wird durch seine Lage direkt südlich umfangreicher Erzlagerstätten J) wahrscheinlich gemacht. Jedenfalls ist die Metallkultur des armenisch-kaukasischen Hoch­ landes sehr a l t a), und es ist daher wahrscheinlich, daß die Subaräer nicht nur Vermittler von metallischen Rohstoffen, sondern auch von Fertigfabrikaten gewesen sind. Für die älteste Kupferzeit fehlen uns hier noch alle Vorarbeiten. Dazu kommt noch die Schwierigkeit, daß Metallgegenstände ebenso wie solche aus Stein ihrer Fundlage nach nur einen terminus ad quem liefern. Töpfer­ waren, die einmal zerbrochen waren, konnte man als solche kaum weiter gebrauchen; Metall- und Steinobjekte waren nicht nur viel dauerhafter, sondern konnten immer wieder umgearbeitet und verwendet werden. Man wird damals auch zerbrochene Metall­ sachen nicht in den Kehricht geworfen, sondern sorgfältig auf­ gehoben und bei Gelegenheit neu geformt haben. Nur dann, wenn ein Ort durch eine plötzliche Naturkatastrophe vernichtet wurde, darf man reichere Funde an Metallgegenständen erwarten, während solche bei einer kriegerischen Zerstörung willkommene Beute der Sieger wurden. Für spätere Zeiten, das Ende der Hammurapi-Dynastie, wird die Verwendung subaräischer Metallarbeiter wenigstens durch eine § 94 mitgeteilte Notiz wahrscheinlich gemacht. Dieselben Schwierigkeiten treten der Erforschung der Ge­ schichte derjenigen Gebrauchsgegenstände entgegen, die aus leicht zerstörbarem Material wie aus Holz und Stoffen hergestellt wurden. Unter diesen Umständen ist es bedeutungsvoll, daß die älteste Darstellung eines Streitwagens mit achtspeichigem Rade auf einem Teil Halaf gef äß 3) begegnet, das jedenfalls nicht später als in die Ubaid-Periode gehört. Es ist demnach wahrscheinlich, daß man dort den Wagen auch zu Transportzwecken frühzeitig benutzt hat. In der § 90 angeführten sumerisch-akkadischen Liste von Lastwagen und Teilen von solchen, die zwar aus späterer Zeit überliefert ist, deren Original jedoch, wie dies bei all diesen

l) Vgl. H . Q u ir in g s »Karte der Kupfer- und Eisenerzlagerstätten im Lande der Nairi (Chaldi, Chalyber)« in seinem A ufsatz: Über die älteste Verwendung und Darstellung von Eisen und Stah l (»Technikgeschichte«, Bd. 22 [1933]),. Tafel 3. 3) H. Q u ir i n g , a. a. O., S. 35. 3) O p p e n h e im , Teil H alaf, Tafel 5 1 , Fig. 8 u n d V . G. C h i l d e , a. a. O . , T afel XXX.

II I . Ergebnisse (§ 133).

181

Listen der F all sein dürfte, in die sumerische Zeit des dritten Jahrtausends zurückgehen wird, finden wir den »subaräischen Lastwagen« neben dem elamischen und gutäischen besonders hervorgehoben. In einer ähnlichen Liste (§90) werden subaräische Woll­ arten neben solchen aus Maeri, Elam, Gutium, Amurru und Hana genannt, ein Zeichen dafür, daß in Subartu wenigstens in der Zeit, der das Original dieser Liste angehörte, die Wollweberei in hoher Blüte stand. Wenn es auch hier nicht möglich ist, die Grundzüge der materiellen K ultur Subartus von den ältesten Zeiten an selbst nur in den Hauptpunkten zu verfolgen, so ergibt sich doch bereits aus den wenigen Andeutungen, die wir gegeben haben, daß Subartu von Beginn seiner Vorgeschichte an kein Barbarenland war, das von nomadischen Jägerstämmen durchstreift wurde. Allein die Buntkeramik dieses Gebietes beweist schon für die älteste Zeit eine Höhe seßhafter Kultur, die sich gewiß noch weniger von der Babyloniens unterscheiden würde, wenn uns günstigere Umstände ein reichlicheres Material hinterlassen hätten. Zu der Ubaid-Zeit, also der allerältesten Periode Babyloniens, war die K ultur in Subartu sicherlich höher als dort, wie sich dieses aus einem Vergleich der viel höher stehenden und dennoch älteren Buntkeramik des Teil Halaf sowie der von Niniveh und Arpachiye mit der der Ubaid-Zeit Babyloniens ergibt. Künftige Ausgrabungen auf subaräischem Gebiet, die Arbeit für Genera­ tionen erfordern, werden dem bisherigen Mangel unserer Kennt­ nisse der materiellen K ultur Subartus allmählich abhelfen. F r e ih e r r von O p p e n h e im ist bei seinen Ausgrabungen in der Buntkeramikschicht bereits auf Reste starker Mauern, die sicherlich zu palastartigen Bauten gehört haben, gestoßen x). Die bisherigen Ausgrabungen auf dem Teil Halaf haben in erster Linie die genauen Untersuchungen der oberen Schichten, d. h. der aramäischen Kapara-Periode und der assyrischen Guzanazeit gebracht. D ie W i s s e n s c h a f t m u ß j e t z t g e b i e t e r i s c h v e r la n g e n , daß n u n m e h r b a l d ig s t die s y s t e m a t i s c h e n A u s g r a b u n g e n a u ch auf die tie fe n S c h ic h t e n m it der B u n t k e r a m i k des T e i l H a la f a u s g e d e h n t werden. Die gewaltige Menge an Buntkeramik des Teil Halaf und der r ) O p p e n h e i m , Teil H alaf, S. 235.

182

III. Ergebnisse (§ 133.

134).

Umstand, daß nur hier allein an ein und demselben Orte die E n t­ wicklung der Buntkeramik von Beginn bis zur letzten Dekadenz verfolgt werden kann J), hebt an sich schon die Bedeutung des Teil Halaf hervor. An anderer Stelle wurde bereits ausgeführt, daß im Chaburquellgebiet der Zentralpunkt von Subartu während langer Zeit zu suchen i s t 2), ebenso wie ja hier auch die H aupt­ städte des mitannischen Subartu oder Hurrierlandes und des aramäischen Landes Pale gestanden haben. Ebenso wie die dringend notwendigen Ausgrabungen in Fecherija-Wasukanni 3) werden die systematischen Untersuchungen der tiefen Schichten des Teil Halaf zweifellos die so schwierigen Probleme über die älteste Zeit der Geschichte und der Geistes­ kultur des riesigen von den Babyloniern als Subartu bezeichneten Gebietes einer Lösung näherführen. Das ist jedenfalls sicher, daß kein Platz für solche Untersuchungen geeigneter sein dürfte als gerade das Chaburquellgebiet mit seinen beiden Ruinenstätten Teil Halaf und Fecherija-Wasukanni. 134. Ehe wir dazu übergehen, wenigstens einige Bemerkungen über die Geisteskultur Subartus zu geben, müssen wir Stellung nehmen zu der Frage, welcher Zeit die von F r e i h e r r n v o n O p p e n ­ h e i m auf dem Teil Halaf und auf dem Gebelet el-Beda entdeckten und ausgegrabenen Steinskulpturen angehören. Diese sind jetzt sämtlich im Original oder Gipsabguß sowie in den rekonstruierten großen Fassaden in dem Teil Halaf-Museum zu Berlin, Franklin­ straße 6, ausgestellt 4 ) . Noch niemals sind bei einer Ausgrabung im Vorderen Orient — von denen der assyrischen Hauptstädte späterer Zeit abgesehen — so viele Steinbilder, Rundstatuen und Orthostaten, zum Teil in größten Ausmaßen, zutage gefördert worden wie auf dem Teil Halaf. Außerdem aber wurden hier eine Menge von Skulptur­ resten gefunden, die nicht zu den von Kapara bei seinen Bauten verwendeten Steinbildern gehören 5). *) Vgl. H u b e r t S c h m i d t in O p p e n h e im , T eil H alaf, S . 258. a) Vgl. oben S. 163. 3) Vgl. oben S. 153. 4) Vgl. Führer durch das T eil Halaf-Museum, M ax Freiherr von Oppenheim­ Stiftung (Orient-Forschungsinstitut), Berlin 1934. 5 ) Vgl. O p p e n h e i m , T eil H alaf, S. 4 0 / 4 1 und Führer durch das T eil H alafMuseum, Sammelnummern 3 0 1 — 3 0 3 , 3 5 3 — 3 7 3 . D ie ungeheure Menge des V o r ­ gefundenen Skulpturenmaterials spricht schon an sich für die Bedeutung des Teil H alaf in seiner Blütezeit.

III. Ergebnisse (§ 134).

183

Gehören diese Steinskulpturen trotzdem in die Zeit des K apara1), in dessen »Tempelpalast« die meisten von ihnen gefunden sind, so läßt sich für die Gedankenwelt Subartus wenig oder gar nichts aus ihnen schließen. Sind sie aber, wie es auch E. H e r z f e l d 2 ) mit dem Ausgräber verficht, Erzeugnisse des dritten Jahrtausends, so kann ihre kulturgeschichtliche Bedeutung gar nicht über­ schätzt werden. Ich habe mich bereits in meinem Aufsatz »Tier­ kapellen« in der O p p e n h e im -Festschrift 3) dahin ausgesprochen, daß es auf Grund der zahlreichen Sonderbeweise und der Fund­ umstände geradezu unmöglich ist, daran zu zweifeln, daß Kapara nicht der Verfertiger der von ihm verwendeten Steinbilder und insbesondere der kleinen Orthostaten ist, zu denen auch die Tier­ kapellen gehören. Die vielfachen Spuren einer Wiederverwendung der Reliefs durch Kapara sind einfach nicht wegzuleugnen 4) und können nicht als nebensächlich unberücksichtigt bleiben 5). Daß die Inschriften Kaparas, welche sich auf einer Reihe der Steinbilder finden, erst nachträglich zugefügt sind, kann keinem Zweifel unterliegen 6). Schon an und für sich ist es unwahrschein­ lich, daß die Dynastie des Kapara, die zweifellos erst durch einen Vorstoß aramäischer Nomaden ins Land kam, innerhalb so kurzer Zeit eine derartige Macht entfaltet haben sollte, daß ein Bauwerk mit weit über zweihundert teilweise kolossalen Steinskulpturen unter ihrer Führung aus dem Nichts entstehen konnte, von den anderen Steinbildern, die nicht zu dem »Tempelpalast« Kaparas gehören und den in der späteren Schicht gefundenen Resten so vieler weiterer Skulpturen ganz zu schweigen. Mögen manche die Skulpturen für noch so roh oder provinzial halten, unter K apara oder seinem Vater kann dieser reiche bildhauerische Schmuck nicht erst entstanden sein. Auch die Skulpturen des *) D as wirkliche D atu m der Zeit Kaparas steht immer noch nicht fest, da weder er selbst noch sein Land Pale in der Keilschriftliteratur erwähnt werden. A m wahrscheinlichsten ist mir B. M e i s s n e r s Ansetzung ins 12. Jahrhundert im A nh an g V zu den K eilschrifttexten in O p p e n h e im , Teil H alaf, S. 266. 2) Zuerst im A nhang I von O p p e n h e im , Teil H alaf, S. 225 ff. 3) A u s fünf Jahrtausenden morgenländischer K u ltu r (Berlin 1933), S. 1 3 6 ! ; ferner in meiner Besprechung des Teil H alaf-Buches von O p p e n h e im in Z D M G 85 (i9 3 i). S. 3720. 4) O p p e n h e im , a. a. O ., S. 127S . 5) H e r z f e l d in A M I V I, 3/4, S. 182. 6) H e r z f e l d , a. a. O ., S. 184. Übrigens tragen eine ganze R eihe von Stein­ bildern des Teil H alaf, wie die des Kultraumes vom Stadtpalast, die beiden thronenden Göttinnen, der Riesensonnenvogel vom »Tempelpalast« u. a. die Kapara-Inschrift nicht.

184

III. Ergebnisse (§ 134).

Kölner Doms sind nicht erst unter Kaiser Wilhelm I. entstanden, weil zu seiner Zeit die letzte Hand an das Bauwerk gelegt worden is t ! Wollte man aber wirklich glauben, daß die Teil Halaf-Steinbilder aus der Zeit der Dynastie Kaparas stammen, so bliebe nichts anderes übrig, als anzunehmen, was ja auch in der Regel geschehen ist, daß sie provinzielle Nachahmungen assyrischer oder babylonischer Kunst seien. Daß eine solche Annahme aber allem widerspricht, was wir von der Entwicklung vorderasiatischer Kunst wissen, hat E. H e r z f e l d m. E . zwingend nachgewiesen. Wir haben es hier vielmehr, wie auch schon der Ausgräber richtig hervorgehoben hat, mit dem Ausdruck einer vollkommen eigen­ artigen Kunst zu tun, die von der sumerisch-babylonischen und der assyrischen Kunst grundverschieden ist, nämlich mit der subaräischen. In der späten Datierung der Teil Halafskulpturen w irkt die auf bloßer Annahme, nicht auf Schichtenbeobachtung beruhende Datierung der älteren Sendjirlibildwerke O. P u c h s t e i n s nach T), der diese in den Anfang des ersten vorchristlichen Jahrtausends setzen wollte. Nirgends haben Ausgrabungen bisher einen un­ bedingt sicheren Anhaltspunkt für die Zeit gegeben, in der diese Bildwerke angefertigt worden sind. Ein Monumentalbau, wie es derjenige gewesen sein muß, in dem die großen Götterstatuen vom Teil Halaf einmal gestanden haben müssen, war »für die Ewigkeit« bestimmt. Sein Skulpturenschmuck wird nicht alle hundert Jahre erneuert; er bleibt erhalten, bis einmal der Bau durch höhere Gewalt (Erdbeben, feindliche Invasion o. ä.) zerstört wird. Dauert die Besiedlung des Ortes und damit die Tradition trotzdem an, so wird ein Neubau keine Neuschaffung von Götterbildern und Schmuckreliefs veranlassen: man verwendet das Material, das für die Bevölkerung einen ideellen kostbaren Wert besaß, von neuem, soweit es nicht durch rohe Hand oder durch N atur­ katastrophen zerstört war. Fehlt jede Möglichkeit einer philologisch-historischen D a­ tierung der Teil Halaf-Skulpturen und von solchen aus ihnen kulturell verwandten Stätten, so bleibt für ihre zeitliche Be­ stimmung nur die s t i l k r i t i s c h e M e t h o d e , die E . H e r z f e l d angewandt und mit durchschlagenden Gründen gegen seine An­ J) H e r z f e l d , a . a .O .,

S. u s f .

II I . Ergebnisse (§ 134).

185

greifer verteidigt h a t 1). Ihr zufolge gehören die Denkmäler des Gebelet el-Beda in die Gemdet Nasr-Zeit (§9), die Teil HalafSkulpturen selbst, je nach ihrem Stil, in die Zeit zwischen Mesilim und Ur-Nammu, d. h. etwa zwischen 3000 und 2300 2). Bestätigt wird diese Ansetzung noch durch ein in der Gemdet Nasr-Schicht zu Uruk-W arka gefundenes Basaltrelief 3), das uns zum ersten Male die Höhe zeigt, auf der die Reliefkunst in Babylonien im letzten Viertel des vierten Jahrtausends gestanden hat. Der Stil dieser Kunst war bereits durch die B lau-Denkmäler 4) bekannt. Was bei der menschlichen Darstellung des Warka-Reliefs, aber auch zahlreicher anderer Denkmäler dieser Epoche (ein­ schließlich der BLAuschen), besonders auffällt, ist der Umstand, daß diese Menschen in ihrem Äußeren so gar nichts aufweisen,’ was als Schönheitsideal einer langköpfigen Rasse, zu der sowohl die Sumerer 5) als auch die A k k a d e r 6) Babyloniens gerechnet werden müssen, gelten könnte. Sie haben große fleischige gebogene Nasen, fliehende Stirnen und zugespitzte Lippen, ganz ähnlich wie die auf den Teil Halaf-Denkmälern, stellen also ganz augen­ fällig vorderasiatisch-subaräischen Typus dar. Wir werden des­ halb schon aus diesem Grunde nicht umhin können, wenigstens in der Gemdet Nasr-Periode das Vorhandensein subaräischer Elemente in Babylonien anzuerkennen 7). Diese dürften aber schon vor dem Eintreffen der Sumerer im Lande gesiedelt haben. Denn wenn, wie wahrscheinlich, die ältesten Kulturreste B aby­ loniens nicht den Sumerern zuzuschreiben sind, so würden wir nur wieder eine Unbekannte einführen, wollten wir diese Reste einer anderen Rasse als der subaräischen zuschreiben. Auch die Buntkeramik, namentlich das Verhältnis der Ubaid-Ware zu der von Niniveh I I I 8) und der entsprechenden des Teil Halaf, zeigt deutlich das starke Vorhandensein subaräischer Elemente im *) Der Teil H alaf und das Problem der hettitischen Kunst (AM I V I 3/4 [1 934]). S. i i i — 223. 2) H e r z f e l d , a . a . O . , S. 154; vgl. ferner ebd. S. 1 5 2 f. und i y i f f . 3) Veröffentlicht von A . N o e l d e k e , D ie Ausgrabungen der Notgemeinschaft der Deutschen W issenschaft in Uruk (Warka) [Berlin 1933], S. 100. Vorher bereits in A tlan tis, Juli 1933, S. 444. 4) L . W . K i n g , H istory of Sumer and A kkad (London 1910), S. 65, Anm . 5 (Tafel bei S. 62). 5) Oben S. 6, Anm . 4. 6) § 4 ­ 7) V gl. auch § 10. 8) V gl. M a l l o w a n in A A A X X , S. 131.

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III. Ergebnisse (§ 134).

ersten Aufbau der babylonischen Kultur. In Babylonien hat sich dann durch die sumerischen Einwanderungen eine eigene K ultur, die sumerische, entwickelt. In Subartu dagegen hat die altsubaräische K ultur immer weiter bestanden. In dem riesigen Subartu, einschließlich großer Ausstrahlungsgebiete, sind die Darstellungen auf den Bildwerken, größeren Steinskulpturen, kleinen Kunstgegenständen, Siegelabrollungen usw. erstaunlich gleichmäßig. In ihnen spiegelt sich die subaräische K ultur wieder. In einzelnen Gebieten sind es mehr Großfunde, in anderen jene Kleinfunde, die uns über die körperliche Beschaffenheit, die Geistesart, die Religion, das tägliche Leben usw. der alten Subaräer wenigstens einigermaßen aufklären. Auf dem Teil Halaf, in Sendjirli, Karkemisch und anderweits sind es vor allem die kleinen Orthostaten; in Kleinasien, im Osttigrisland, in Assur sind es in erster Linie Siegelzylinder. Die letzteren haben einen mehr oder weniger einheitlichen Typus; sie stammen in der Mehrzahl aus einer verhältnismäßig späten Zeit, vor allem der Mitte des zweiten Jahrtausends v. Chr.1). ' Motive und Darstellungsformen der subaräischen K unst haben sich zum Teil bis in die nachchristliche Zeit erhalten. Im ersten Jahrtausend v. Chr. finden wir sie in der urartäischen Kunst, die im Grunde genommen nichts weiter ist als eine Sonder­ entwicklung der subaräischen. So begegnen wir hier in der Nach­ barschaft von Van Kleinkunstgegenständen mit G reifen2), die dem Riesengreifen und dem Riesensonnenadler des Teil Halaf 3) ganz verwandt sind. Auf dem Nemrud-Dagh 4) bei U rfa sind an dem Grabhügel des Antiochus von Kommagene im 3. Jahr­ hundert v. Chr. die hellenisierten drei altsubaräischen H aupt­ 1) Vgl. G. C o n t e n a u , Les Tablettes de Kerkouk et les Origines de la Civilisation Assyrienne in B abyloniaca I X (1926), S. 69f f.; G. C o n t e n a u , L a G lyptique Syro-H ittite, H au t Commissariat de la Republique Frangaise, Bibliothäque Archeologique et Historique, Tom e II (Paris 1922). Ich bin aber überzeugt, daß man auch die in den assyrischen Handelskolonien in Kleinasien, besonders in K ültepe und Alishar, gefundenen Siegel und Abdrücke als »altassyrisch« (nicht klein­ asiatisch) betrachten muß: sie sind von den assyrischen Händlern m itgebracht worden und nicht von Einheimischen in Kleinasien hergestellt. 2) Vgl. den Bronzegreifen der Berliner Sammlung V A 775 (C. F . L e h m a n n ­ H a u p t , Materialien zur Geschichte Armeniens und Mesopotamiens, S. 96/97. Fig. 66): Herkunftsort: Toprakkaleh bei Van. 3) Führer durch das Teil Halaf-Museum, Nr. 9 (S. 31) und Nr. 224 (S. 62). Von diesen altsubaräischen Vorbildern ist auch der assyrische Greifenkopf aus dem 1. Jahrtausend (A. L a y a r d , Niniveh and Babylon, S. 362) abgeleitet. 4) O p p e n h e im , Teil H alaf, S. 2 i 8 f . ; K . H u m a n n und O . P u c h s t e i n , Reisen in Kleinasien und Nordsyrien (Berlin 1890), S. 2340.

II I . Ergebnisse (§ 134. i 35).

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gottheiten: Tesup-Zeus, Hepet-Kommagene, Simike-Helios in ganz ähnlicher Weise aufgestellt wie auf dem Gebelet el-Beda. Der Tesup mit der A x t und dem Blitzbündel in den Händen auf dem Stier hat sich als Jupiter Dolichenus bis in die Zeit Konstantins erhalten. Während aber in der babylonischen K ultur subaräischer Einfluß nur bis in die Anfänge der historischen Zeit (um 3000) reicht, ist dieser in der a s s y r i s c h e n zu einem maßgebenden Faktor geworden. Durch H e r z f e l d s Untersuchungen ist es er­ wiesen, daß nicht die Denkmäler Subartus von Assyrien beeinflußt sind oder gar nichts weiter als assyrische Provinzialkunst (provincial-backwater) J) darstellen, sondern daß umgekehrt Subartu gegenüber Assyrien der gebende Teil w a r 2): »Der malerische Stil ist dort das sumerische Erbe, die bildhauerische Ausführung die hettitische (wir würden sagen: die s u b a r ä i s c h e ) Kompo­ nente« 3). Wir können auf diese Fragen nicht näher eingehen, möchten aber betonen, daß wir erst dann H e r z f e l d s Auffassung der Dinge abzulehnen vermöchten, wenn seine Gegner sich zu einer begründeten Widerlegung entschließen. Über den Einfluß Subartus auf andere Gebiete des Vorderen Orients, namentlich Elam, wird man sich erst dann eine Vor­ stellung machen können, wenn zahlreiche noch fehlende Einzel­ untersuchungen über die verschiedensten Fragen angestellt sind. 135. Soviel ist jedenfalls schon jetzt klar, daß in vorgeschicht­ licher Zeit Subartu nicht von der übrigen vorderasiatischen Welt isoliert war. Dauernder wechselseitiger Verkehr wird einen Aus­ tausch der materiellen Güter zur Folge gehabt haben. Was die Grundlagen der geistigen K ultur angeht, so werden diese im ganzen alten Orient einer gewissen Einheitlichkeit nicht ermangelt haben. Unterschiede betreffen mehr die Form als den Inhalt. Über die Religion des ältesten Subartu bis zum 3. Jahrtausend wissen wir einstweilen noch sehr wenig. Immerhin sind in der Buntkeram ik des Teil Halaf schon Hinweise auf den K u lt der subaräischen H auptgötter erkennbar. Ich erinnere an die zahl­ *) A . W . L

in N ew Statesm an (8. V I I . 1933). A u ch O p p e n h e im hat bereits m it R echt darauf hin­ gewiesen, daß die assyrische K u n st keine selbständige ist, vielmehr Elem ente der subaräischen und der babylonischen verbindet. Das assyrische Stam m land m it den H auptstädten Assur, Niniveh usw. gehörte früher zu Subartu. (Führer durch das T eil Halaf-Museum, S. 15.) 3) H e r z f e l d , S. 165. aw rence

*) H e r z f e l d , S. 1 6 0 ff.

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II I . Ergebnisse (§ 135).

reichen Darstellungen von Stierköpfen und überhaupt von Stier­ figuren, an die weiblichen Idole und an Sonnendarstellungen1). In der Götterwelt der uns besser bekannten folgenden Zeit tritt uns bei den Subaräern derselbe Anthropomorphismus entgegen, der die babylonische Religion auszeichnet: die Götter sind Menschen mit potenzierten Kräften und Fähigkeiten und werden auch als Menschen dargestellt. Sie gehen, wie diese, Ehenein und erzeugen Kinder. An der Spitze der Göttergesellschaft steht Tesup, der Herr von Himmel und Erde. Wenn die Babylonier ihn mit ihrem W ettergott Adad identifiziert haben, so trifft das gewiß nur e i n e Seite seines Wesens, aber wohl die bedeutungsvollste. In den Ländern, die weniger und nur ergänzungsweise auf künstliche Bewässerung angewiesen waren, hing Gedeih und Verderb der Bewohner von dem himmlischen Regen ab. Ohne Regen gab es keine Früchte für die Menschen, keine Kräuter für das Vieh. Die Fruchtbarkeit der Erde war vom Regen abhängig, und so wird man sich schon früh dieses Naturgeschehen mit einer heiligen Ehe zwischen dem Himmelsgott und der Mutter Erde erklärt haben. Andererseits dachte man sich auch unerklärliche Naturkräfte aus dieser Ehe hervorgegangen. Auf dem Teil Halaf dürfte jedenfalls neben dem göttlichen Ehepaar Tesup und Hepet als dritter der Sonnengott Simike (§129) die höchste Verehrung gefunden haben. W ir begegnen dieser Göttertrias mehrfach auf dem Teil Halaf, so im Kultraum des Stadtgebietes2) und vor allem in den drei Kolossalstatuen des »Tempelpalastes«. Hier stehen diese Götter auf ihren heiligen Tieren. Diese Vorstellung, die wir schon auf dem Gebelet el-Beda antreffen, ist, wie bereits F reih err von Oppenheim erkannt hat 3), im subaräischen Kulturkreis entstanden und nur dort selbst und in den Gebieten, die in seinem Ausstrahlungsbereich liegen, zu finden: im sumerischen (baby­ lonischen) Kulturkreise ist sie nicht bodenständig. Wenn wir sie auch im eigentlichen Hethiterreiche, in Jasylykaja, antreffen, so erklärt sich das daraus, daß die Schöpfer der Skulpturen von Jasylykaja 4) stark unter subaräischem Einfluß standen (§ 125,11), 1)

Näheres hierüber in den in Kürze zu erwartenden Ausführungen von O p p e n h e im und H u b e r t S c h m i d t . *) V gl. O p p e n h e im , T eil H alaf, S. 17 0 ff. 3) E bd., S. 2x4. 4) Vgl. dazu H . G . G ü t e r b o c k in M D O G 73 ( i9 3 5 )> S. 34: es kommen die Herrscher nach Suppiluliuma in Frage.

F r e ih e r r

von

I I I . Ergebnisse (§ 135).

189

vor allem H attusil III, der in seiner Jugend Priester der Sauska von Samuha (§129) w a r 1), das auf subaräischem Gebiete lag, und der auch eine Subaräerin, Putu-Hepa, die Tochter eines Priesters aus dem subaräischen Qiswadna (§125, 10) heiratete. Durch ihn — aber auch bereits durch seine unmittelbaren Vor­ gänger bis Suppiluliuma — wird daher subaräischen Gebräuchen und Vorstellungen besondere Pflege zuteil geworden sein: Hattusil hebt ja immer wieder Sauska von Samuha als die von ihm vor allem verehrte Gottheit hervor. Und wenn in einer »GelübdeInschrift«2) dem Hethiterkönig im Traum eine auf einem Löwen stehende Gottheit erscheint, so zeigt schon der Name der Traum­ deuterin he-pa-SE 3), daß es sich um subaräische Vorstellungen handelt, nicht um solche, die dem Glauben der indogermanischnasischen Schicht entwachsen sind. Neben den rein menschlich gestalteten Göttern, die im Gegen­ satz zu Ägypten für ganz Vorderasien charakteristisch sind, finden wir auf subaräischen Denkmälern auch Mischgestalten mannig­ fachster A rt dargestellt, deren Glieder in buntem Wechsel allen möglichen Tiergattungen mit Einschluß des Menschen entnommen sind 4). Besonders zahlreich und vielseitig sind diese auf dem Teil Halaf. Auch diese Mischgestalten fallen in das Gebiet der Religion, und wenn auch ihre Erklärung im einzelnen noch mannigfachen Schwierigkeiten unterliegt, so dürften auch sie sinnlich nicht wahrnehmbare Naturvorgänge (Gewitter, Winde, Krankheiten u. a . ) zum Ausdruck bringen 5). Solche Versinnbildlichungen sind auch der babylonischen Religion nicht fremd. Aber sie sind hier auf einige feste Formen beschränkt — ebenso wie in Ägypten — , während sie in Subartu in M a s s e n begegnen6). Sie beherrschen die subaräische Kunst in einer Weise, die für sie geradezu charakte­ ristisch ist. Schon aus diesem Grunde müssen wir annehmen, daß man es im subaräischen Kreise zuerst gewagt hat, derartige Phantasiegeschöpfe künstlerisch darzustellen. *) V gl. besonders H attusils Bericht in der Bearbeitung von A . G o e t z e , M V A e G 30 (1925), §§ 2 ff. 2) K U B X V 5(!), K ol. I I 39ff.; s. F . S om m er, Kleinasiatische For­ schungen I, S . 340. 3) Vielleicht Hepa-ari zu lesen ? 4) V gl. besonders E . U n g e r , Mischwesen im R V V I I I , S . 19 5 ff. 5) V gl. meinen A ufsatz »Von Engeln und Teufeln« in der Deutschen A llg. Z tg . vom 6. I. 1932. 6) H e r z f e l d , A M I V I 3/4, S . 1 8 8 ff.

190

III. Ergebnisse (§ 135. 136).

Auch wenn es hier nicht möglich ist, auf die Einzelprobleme der subaräischen Kunst einzugehen, was H e r z f e l d bereits teil­ weise getan hat, so steht doch soviel fest, daß der Kulturkreis, dem sie entsprungen ist, seine Eigenart gegenüber dem baby­ lonischen überall zeigt, daß er demnach als ein besonderer K ultur­ kreis dem babylonischen zur Seite t r i t t J). E s ist sehr zu bedauern, daß im G egensatz zu B ab ylon ien bisher erst ein verschwindend kleiner T eil des subaräischen G e­ bietes archäologisch durchforscht ist. W ir haben bereits w ieder­ holt auf die N otw endigkeit der F ortsetzung der Ausgrabungen des F reih e rrn v o n Oppenheim im Chaburquellgebiet hingewiesen. A ber außerdem besitzen M esopotamien, N ordsyrien usw. noch gew altige Mengen von Ruinenhügeln, von denen viele zweifellos den subaräischen Perioden angehören. W ir sind einstweilen noch nicht einm al in der Lage, die w ichtigsten altsubaräischen O rte zu lokalisieren, geschweige denn, daß diese system atisch ausgegraben wären. B is je tz t ist wenigstens schon das erreicht, daß w ir uns darüber klar sein können, daß tatsächlich neben der babylonischen K u ltu r, ebenso a lt und ebenso w ichtig wie diese, die subaräische existiert hat. D ie g r o ß e u n d w a h r e B e d e u t u n g d e r s u b a ­ r ä i s c h e n K u l t u r werden w ir aber erst ermessen können, nach­ dem weitere system atische Ausgrabungen in Subartu vorgenom m en sein werden.

136. Bei dem Fehlen i n s c h r i f t l i c h e r Funde älterer Zei auf dem ureigenen Boden der subaräischen K ultur sind wir über diese bisher nur ganz mangelhaft unterrichtet, da nur ein Teil­ gebiet des geistigen Lebens in den Kunstdenkmälern zu uns spricht. Erst in der Zeit des Mitannierreiches, das aber schon den Nieder­ gang Subartus bedeutet, lassen uns die Briefe Tusrattas, be­ sonders der subaräisch geschriebene, und die Urkunden aus der Gegend von Kerkuk nähere Einblicke in das geistige Leben des Landes tun. Aber hier ist die K ultur bereits in hohem Grade international: Tusratta bedient sich mit einer Ausnahme im Ver­ kehr mit dem Pharao der babylonischen Diplomatensprache, und auch die Urkunden aus Nuzi sind in einem »Küchen-Akkadisch« verfaßt, das höchst wahrscheinlich nur als gelehrte JuristenJ) N u r in der Bezeichnung dieses Kulturkreises weiche ich von H e r z f e l d a b : E r nannte ihn »hettitisch« (zuletzt A M I V I 3/4, S. 141 f.), ohne sich der Mög­ lichkeit zu verschließen, daß »subaräisch« die zutreffendere Bezeichnung wäre.

III. Ergebnisse (§ 136).

191

spräche zu bewerten ist. Die Schrift ist in dieser Zeit überall die Keilschrift. D a erhebt sich die F rag e: hat man in Subartu vor Einführung der Keilschrift überhaupt keine Schrift gehabt? Eine Schrift, die man nicht auf Steindenkmälern zu verewigen gewohnt war, die man nicht wie die Keilschrift auf dauerhaftem Material zu schreiben pflegte, kann sehr wohl für uns restlos verloren gegangen sein. Daß man in Boghazköi solch vergängliches Material neben dem Ton verwendete, wird gelegentlich angedeutet, so in dem T ext K U B X X V I 32, der von der Vereidigung des »Ober-Holz­ schreibers« (GAL D U B .S A R G lS , Kol. I, Z. 2) handelt. Haben die Subaräer eine eigene Schrift gehabt, so käme dafür nur die sogenannte »hethitische Bilderschrift« in Frage. Die älteste bisher datierbare Urkunde in dieser Schrift ist das Siegel des Hethiterkönigs Suppilulium a1) (um 1375). Die scheinbar noch älteren des Tabarna, der nicht = Labarna (um 1800) zu sein braucht, und des H uzzija (um 1650) haben, wie J. F r i e d r i c h 2 ) gezeigt hat, keine durchschlagende Beweiskraft für eine frühere Verwendung der Bilderschrift auf hethitischem Reichsgebiet. Daß aber die Hethiterkönige des 14. Jahrhunderts eine solche Bilderschrift erfunden haben sollten, ist schon deshalb gänzlich unwahrscheinlich, weil die soviel bequemere Keilschrift von ihnen damals schon dauernd benutzt wurde. Woher haben sie aber jene genommen ? Es ist da sehr auffällig, daß diese Schrift gerade in der Zeit erscheint, als die Regenten von Boghazköi aus Gründen, die uns noch unbekannt sind, für die subaräischen Reichsteile eine besondere Vorliebe zeigen, wie das schon die im Königshause begegnenden subaräischen Namen 3) erkennen lassen. H attusil III (um 1300) wurde von seinem Vater dem Dienst der Sauska von Samuha geweiht, deren Priester er war 4). Samuha lag aber auf subaräischem Reichsgebiet! Von den in den letzten Jahren teilweise mit großem Erfolg betriebenen Interpretationen der syrisch-kleinasiatischen Hiero­ glypheninschriften kann man möglicherweise die Lösung des z) H . G. G ü t e r b o c k in M D O G 73 (1935), S. 34. 3) D L Z 1933» Sp. i i 2 i f . ; vgl. dazu H . G . G ü t e r b o c k in M D O G 72 (1933), S. 46. W enn das Siegel des H uzzija doch authentisch sein sollte, so ist es beachtens­ wert, daß der N am e des Königs allem Anschein nach subaräisch ist. Zum Suffix-ja v g l. § 1 1 9 . 3) V gl. § 1 2 5 , 10. ix . 4) S. S. 170 und S. 189.

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III. Ergebnisse (§ 136).

R ätsels erhoffen, obwohl diese eine ganz späte »Renaissance« darstellen. D ie Frage, w elche Sprache sie zum A usdru ck bringen, kann indes immer noch nicht als entschieden b etrach tet werden *). W ährend H . T h . B o s se rt 2) V erw andtschaft m it dem H urritischen und der Sprache von R as Sam ra feststellen zu können glaubte, nehmen andere Interpreten V erw andtschaft m it dem Nasischen an oder halten die Sprache der Inschriften geradezu für Luw isch. Restlos geklärt scheint m ir dieses immer noch n ich t zu sein. E s ist das auch bei dem geringen A lter der uns bisher bekannten H iero­ glyp hen texte nicht von unm ittelbarer B edeutung. D ie F rage nach dem U rsprung der »hethitischen« B ilderschrift kann erst gelöst werden, wenn uns ein glücklicher U m stand T e x te aus älterer Z eit beschert und diese entziffert werden können. D as w ird vielleicht der F a ll sein, wenn m an einm al das alte Sam uha entdeckt und ausgräbt. D er T eil H alaf h at jedenfalls die Hoffnung, alte B ilder­ schrifturkunden zutage zu bringen, nicht erfüllt, w as jedoch, wie bereits F re ih e rr von Oppenheim hervorgehoben h a t 3 ), darauf zurückgeführt werden könnte, daß hier — wie in anderen subaräi­ schen Gebieten, — in der ältesten Z eit die Steinbilder nich t m it Inschriften versehen worden sind, und daß im übrigen au f v e r­ gänglichem M aterial geschrieben wurde, das der B odenfeuchtigkeit nicht standhalten konnte, oder das, wie z. B . B leistreifen, später anderw eitig b en u tzt wurde. E s ist jedoch zu hoffen, daß w enig­ stens aus der späteren Zeit, in welcher die K eilsch rift in G ebrauch war, durch w eitere Ausgrabungen neue H ieroglyphen-Inschriften und wom öglich größere Bilinguen zutage kom m en werden, die uns w ertvolle Ü berraschungen bringen. D as g ilt in erster L inie auch für W asukanni (Fecherija), das zw ar, w ie sein arischer N am e zeigt, w ohl eine Neugründung der arischen H errenschicht war, aber als Residenz von M itannu sicher, ähnlich wie B oghazköi, große A rch ive gehabt haben m uß.

Daß wir in solchen Archiven allerlei Überraschungen erwarten können, hat uns Boghazköi gezeigt: es sei nur an das Bruchstück eines althurritischen historischen Textes 4) und an das des HuwawaJ) Vgl. die gute Übersicht von E . H . S t u r t e v a n t in Language I X

(1933),

S . 273 ff.

J) Santas und Kupapa (M AOG V I 3), S. 68. 77. 3) Teil H alaf, S. 55. 4 ) Bearbeitet von E . F o r r e r in B o T U II, S. 2 5 * , herausgegeben in K U B X X V I I 38.

I I I . Ergebnisse (§ 136. 137).

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Epos J) erinnert. Wenn uns das Huwawa-Epos einmal besser bekannt ist, werden wir uns ein Urteil erlauben können, ob das Gilgamesch-Epos die Episode von dem furchtbaren Huwawa (Humbaba), der im Zedernwalde hauste und in alter Zeit sogar Uruk bedroht h a t 2), dem subaräischen Sagenkreise entnommen ist. Dies müßte allerdings schon sehr früh geschehen sein, da bereits die alte sumerische Fassung des Gilgamesch-Epos die HuwawaEpisode kennt 3). Andrerseits scheint das Gilgamesch-Epos in seiner hurritischen Fassung, von der uns, wie erwähnt, ein Bruch­ stück überliefert ist, von dem Huwawa-Epos noch getrennt ge­ wesen zu sein, da es ausdrücklich als »das (Epos) von Gilgamesch«4) bezeichnet wird. 137. Es kann hier nicht unsere Aufgabe sein, dem Problem der subaräischen K ultur weiter nachzugehen, da dies eine Fülle von Einzeluntersuchungen erfordern würde. Jede neue Ausgrabung auf subaräischem Gebiete muß Verschiebungen des Gesichtsfeldes bringen, die unsere zurzeit noch sehr nebelhafte Aussicht in vielen Punkten verändern werden. Worauf es uns hier ankam, war die Forderung, einen einheitlichen Standpunkt zu gewinnen, von dem aus wir das Problem betrachten können; denn ein solcher muß gewonnen werden, sollen sich nicht die schon heute erkennbaren Aufgaben in zusammenhanglose Einzelheiten verlieren. Allein der Teil H alaf hat so gewaltiges Material geliefert, daß H e r z f e l d mit Recht bemerkt: »Was er (der Teil Halaf) Neues gebracht hat, ist so viel und groß, daß es wenig Teilgebiete der orientalischen Archäologie gibt, die es nicht unmittelbar berührte, kaum eines, das es nicht mittelbar beträfe 5).« Aber der Teil Halaf ist durchaus noch nicht fertig ausgegraben; und welche Fülle von weiteren Fund­ stätten birgt der Boden Mesopotamiens noch außer dem Teil H alaf! Man könnte der Meinung sein, daß es unter diesen Verhält­ nissen verfrüht wäre, überhaupt einen einheitlichen Standpunkt einzunehmen, daß es besser wäre, das Material lediglich zu sammeln 1) K B o V I 33 = K U B V I I I 61. N ach der Tafelunterschrift hieß dieses E p o s: Sa dhu-wa-wa. 2) So wohl nach dem altsumerischen T e x t bei S . L a n g d o n , B E X X X I 31, Vs., Z. 13 f. Zur Übersetzung v g l. A . S c h o t t , Das Gilgam esch-Epos (Leipzig bei Reclam , 1934), S. 84 (II 16). 3 ) In der Form dhu-wa-wa, begegnet der Unhold in dem T e x t Kish 1 9 3 2 , 1 5 5 (S. L a n g d o n , J A 1 9 3 2 , S. 9 1 4 ) , Rs. I I 1 8 . 4) Sa dgibil-ga-meS: K U B V I I I 60, Unterschrift. 5 ) H e r z f e l d , a. a. O., S. 112. U n g n a d , Subartu 13

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II I . Ergebnisse (§ 137).

und abzuwarten, was die Zukunft bringt. Aber sollen wir uns wirklich dieser Meinung anschließen? Schon das historische und sprachliche Material, das bisher vorliegt, und das wir bei unserer Untersuchung in den Vordergrund stellen mußten, widerspricht einem solchen standpunktlosen Standpunkt. Dieses Material läßt aber auch jetzt keinen anderen Stand­ punkt zu als den, den ich schon 1923 eingenommen habe *). Die Subaräer, die sich durch Rasse, Sprache, K ultur und politische E nt­ wicklung von den Nachbarvölkern scharf abheben, müssen die Urbevölkerung nicht nur Mesopotamiens, sondern auch der west­ lich bis ans Mittelmeer und bis nach Kappadokien hinein und der östlich mindestens bis an das persische Randgebirge reichenden Gebiete gewesen sein. Im Norden dürfte auch Armenien in diesen Kreis einbezogen werden müssen. Die subaräische Rasse besteht bis auf den heutigen Tag in diesen Gebieten oder kommt, soweit Mischungen mit anderen Rassen stattgefunden haben, immer wieder zum Durchbruch. Es gilt dieses auch für die Juden, die wesentlich auf eine Mischung von subaräischer (vorderasiatischer) mit orientalischer (amurritischer) Rasse zurückzuführen sind. Sie stehen in dieser Hin­ sicht den Assyrern besonders nahe, bei denen eine Mischung dersel­ ben Grundrassen anzunehmen ist. Gewisse Einzelheiten des assy­ rischen Charakters, der sich von dem sumerisch-babylonischen, aber auch vom hethitischena) scharf unterscheidet, namentlich seine Grausamkeit, die sowohl in der Kriegsführung als auch im Recht 3) zutage tritt, dürften subaräisches Erbteil sein. Auch der Gebrauch des reinen Dezimalsystems, den die assyrischen Urkunden gegenüber dem babylonischen Sexagesimalsystem zeigen, läßt auf subaräi­ schen Ursprung schließen. In Babylonien finden wir das Dezimal­ system besonders in den Urkunden der Gemdet Nasr-Zeit4), und gerade in dieser Zeit ist subaräischer Einfluß auf Babylonien auch sonst nachweisbar in Rasse 5), Buntkeram ik6) und Kunst 7). *) Die ältesten Völkerwanderungen Vorderasiens. Kulturfragen, H eft 1 (Breslau 1923), S. 8. 2) Vgl. A . G o e t z e , Kleinasien, S. 121. 3) Vgl. bereits K ohler -U n g n a d , Assyrische Rechtsurkunden (Leipzig 1913), S. 466. 4) V gl. F . T h u r e a u - D a n g in , R A X X I X , S. 22 f. 5) V gl. § 10. 6) V gl. § 22. 7) Vgl. § 134.

I I I . Ergebnisse (§ 138).

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138. Wenn wir auch den Schleier, der über die Anfänge der K ultur des Vorderen Orients gebreitet ist, bisher nur an wenigen Stellen lüften können und uns darüber klar sein müssen, daß ein so riesiger Länderbezirk, dem die »Wissenschaft des Spatens« nur einen verschwindenden Bruchteil seiner Geheimnisse entreißen konnte, noch ungezählte Überraschungen in seinem Schöße bergen wird, so bricht sich doch schon heute die Erkenntnis Bahn, daß d ie S u m e r e r d o r t n i c h t d e n e i n z i g e n K u l t u r f a k t o r d e r a l l e r ä l t e s t e n Z e i t d a r s t e l l e n x). Es ist noch ein anderer Faktor vorhanden, von dessen Wert und Bedeutung man sich vor allem deshalb keine rechte Vorstellung machen konnte, weil man im allgemeinen der Meinung war, daß die Babylonien im Norden und Nordwesten begrenzenden Gebiete mehr oder weniger in finsterster Barbarei steckten. N ur wenige Forscher wagten die auf allgemein-kulturgeschichtliche Erwägungen gegründete Mei­ nung zu vertreten, daß der sogenannte »Fruchtbogen« Nordsyriens und Mesopotamiens seinen natürlichen Bedingungen zufolge für die Entwicklung einer seßhaften Wohnkultur mit Ackerbau, Viehzucht und Gewerbe geradezu prädestiniert gewesen s e i 3). B e stätig t wurden diese Verm utungen durch die sich gegen­ seitig ergänzenden Ausgrabungen von F reiherrn M ax von O ppen ­ heim a u f dem T e i l H a l a f und von M. E . L . M allowan in N i n i ­ v e h - A r p a c h i y e , die den Beweis brachten, daß schon vo r der ältesten vorgeschichtlichen Z eit Babyloniens, der Ubaid-Periode, im eigentlichen Mesopotamien und an dessen Randgebieten eine K u ltu r blühte, die keineswegs als p rim itiv angesehen werden kann 3). E s ist unm öglich, diese K u ltu r den Sumerern zuzu ­ schreiben, da gerade die Zeiten, in denen uns die Sumerer historisch greifbar werden, einen Stand der m ateriellen K u ltu r zeigen, der nicht gradlinig von der mesopotam ischen (subaräischen) K u ltu r abzuleiten ist. A uch die orientalische Rasse, zu der die Sem iten gehören, kom m t für diese K u ltu r nicht in Frage. Mag auch ih r V orstoß nach Norden und Osten zu Beginn des dritten Jahrtausends vereinzelte Scharen nach M esopotamien getrieben 1) V gl. z. B . A . S chott in D L Z 1932, S. 1065:8. sowie E . H ein r ic h in A tlan tis V , S. 443/44 zu der Siegelabrollung auf ungebranntem Ton aus der Zeit der p ik to graphischen Schrift und zu dem Basaltrelief aus der Gem det N asr-Zeit aus U rukW arka. 2) V gl. S. 2 1. 3) Näheres s. § 132.

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haben, so entbehrt die Annahme, daß Jahrtausende vorher bereits Völker orientalischer Rasse im Chaburquellgebiet und am Tigris bei Niniveh seßhaft geworden seien und dort eine Wohnkultur gegründet hätten, jeder geschichtlichen Wahrscheinlichkeit. Es hieße eine neue Unbekannte einführen, wollte man die Teil HalafKultur einer anderen Rasse zuweisen als derjenigen, die wir als heimisch in jenen Gebieten ansehen müssen: der vorderasiatischsubaräischen. Sprechen nun einerseits zahlreiche Gründe dafür, daß die Sumerer die Anfänge ihrer K ultur nicht in Babylonien selbst geschaffen haben *), und reiht sich andrerseits die UbaidPeriode Babyloniens in die Entwicklung der mesopotamischen K ultur ein, so können wir daraus nur schließen, daß es Angehörige der v o r d e r a s i a t i s c h - s u b a r ä i s c h e n R a s s e waren, die als erste das Alluvialland von Euphrat und Tigris besiedelten, sobald dieses dem Meere entstiegen war. L ag doch dieses Land gewisser­ maßen vor der Tür ihrer Heimat! Sie brauchten nur den Fluß­ läufen zu folgen, um das so fruchtbare Land, das zunächst nieman­ dem gehörte, selbst in die Hand zu nehmen. Als später — wahrscheinlich in der Uruk-Periode — der erste sumerische Einfall nach Babylonien erfolgte, wurde augenschein­ lich die alte Bevölkerung nicht ausgerottet, sondern vermischte sich mehr oder weniger mit den Eindringlingen. Nur so wird es sich erklären, daß die ältesten menschlichen Darstellungen auf sumerischem Gebiete, besonders das Relief von W arka aus der Gemdet Nasr-Periodea) auffallend vorderasiatisch-subaräischen Typus tragen. Wie das Verhältnis der beiden Rassen im einzelnen gewesen ist, entzieht sich noch unserer Kenntnis. Indes scheint es so gewesen zu sein, daß, je weiter man nach Süden kommt, der vorderasiatisch-subaräische Einfluß um so geringer wird. In den Skelettfunden der Königsgräber von Ur ist dieser jedenfalls nicht mehr nachweisbar 3). Seit Beginn der historischen Zeit (um 3000) beschränkte sich der vorderasiatisch-subaräische T ypus.fast ausschließlich auf das Land, das die Sumerer in ihrem Hauptdialekt Subir, die semitischen Akkader S u b a r t u nannten 4), und dessen Name sich in unserm *) V gl. § 7 ff. ») S. 185. 3) V gl. einerseits die Schädel von K is (S. 9, Anm. 1), andererseits die von U r (S. 6, Anm . 2). 4 ) V gl. §101 f.

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Syrien bis auf den heutigen Tag erhalten haben dürfte r). Während die Sumerer in einem älteren Dialekt unter Sugir, Sagir auch noch Elam einschlossen2), das, wenigstens teilweise, eine Subartu verwandte Bevölkerung gehabt haben wird 3), wurde der Name Subir-Subartu seit der Zeit des Eannatum (um 2700), in der unsere Quellen reichlicher zu fließen beginnen, nur noch auf das Gebiet westlich von Elam bezogen4). Naräm-Sin (um 2500) eroberte Subartu, das an das noch zu Elam gerechnete Marhasi angrenzte, bis zum Zedernwald, dem Amanus 5). Hiermit ist indes noch nicht gesagt, daß sich das eigentliche Subartu nicht noch weiter nach Kleinasien, Armenien6) und Syrien hinein erstreckte. Denn NarämSin will ja nur die Grenzen seiner Machtsphäre angeben. D a die geschichtlichen Quellen dieser Zeit für die Bestimmung des vollen Umfanges des subaräischen Gebietes versagen, sind wir gezwungen, die Bevölkerungsverhältnisse der späteren Zeit heran­ zuziehen. Diese erweisen in Syrien und großen Teilen Kleinasiens eine subaräische Bevölkerung 7). Allerdings würden hieraus keine Rückschlüsse auf die alte Zeit gezogen werden können, wenn es erweisbar wäre, daß die Anwesenheit subaräischer Volkselemente in jenen Gebieten nur auf spätere Einwanderungen aus anderen Gegenden zurückzuführen ist. Die Annahme einer solchen Völker­ bewegung im Anfang des zweiten Jahrtausends von Osten nach Westen, deren Träger die Hurrier gewesen sein sollen, entbehrt aber, wie oben eingehend gezeigt worden i s t 8), jeder Grundlage. Nach allem, was wir wissen, sind die Hurrier ein politischer Bund von Völkern vorderasiatisch-subaräischer Rasse unter einer arischen Herrenschicht gewesen. Schon ehe diese »Hurrier« in die Geschichte eintreten, begegnen uns auf subaräischem Gebiete eine ganze Anzahl von Personennamen, die man ebensogut als subaräische wie als hurritische bezeichnen könnte 9). Daß sich diese mit Sicherheit 1) V gl. § 103. 3) V gl. § 104. 3) V gl. § 20. 4) V g l. § 105. 5) V gl. § 107. 6) D ie Tatsache, daß der Quellfluß des Euphrat Murad-Su augenscheinlich einen subaräischen Nam en (Urut, Urat, Arat) führt, nämlich den des E uph rat selbst, spricht dafür, daß das G ebiet des Murad-Su als zu Subartu gehörig be­ trach tet werden muß. V gl. § 91 gegen Ende. 7) V gl. besonders § 124t. 8) V gl. § 1 1 8 . 9) V gl. § n g f f .

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nur auf 'osttigridischem Gebiete nachweisen lassen, hängt mit der Beschaffenheit unserer Quellen zusammen: die babylonischen Könige haben nach dem Reiche von A kkad nicht mehr über die westlichen Teile Subartus geherrscht1), und infolgedessen haben die babylonischen Quellen keine Veranlassung, über die außerhalb des Reiches liegenden Verhältnisse Bericht zu erstatten 3). Die doppelteVölkerwelleindogermanischer Eroberer von Westen (Luwier, Hethither) 3) und Osten (Mitannier) machten jedem politischen Einfluß Babyloniens auf Subartu ein jähes Ende: neue politische Namen treten in die Geschichte ein, und der Begriff Subartu bleibt nur an einem kleinen Teil des einst so großen Gebietes haften 4). Die uns begegnenden Namen vorhurritischer Zeit auf dem Gebiet des alten Subartu, wie es etwa zur Zeit des Naräm-Sin bestanden hat, zeigen deutlich, daß sie von den Babyloniern selbst der Sprache Subartus zugerechnet wurden 5): es ist dieselbe Sprache, die man nach Bekannt werden des Briefes des Mitannierkönigs Tusratta ungenau als »Mitannisch« bezeichnete 6), dieselbe Sprache, die die Boghazköitexte auf Grund der politischen Ver­ hältnisse ihrer Zeit »hurritisch« zu nennen berechtigt sind 7). Wenn solche Namen auf subaräischem Gebiete schon zu einer Zeit begegnen, in der von einem Hurrierbund noch keine Rede sein kann 8), so empfiehlt es sich für uns, die Sprache nach dem Lande zu bezeichnen, in dem sie heimisch ist, nach Subartu, wie es auch die Babylonier folgerichtig getan haben. Auch die G ö t t e r S u b a r t u s , die gleichzeitig die Götter der Hurrier sind, finden wir so, wie die Babylonier sie uns als Götter Subartus überliefert haben, auf subaräischem Gebiete überall wieder, auch schon in vorhurritischer Z eit 9). Sie zeigen uns ebenfalls den Umfang subaräischen Gebietes an, das sich im zweiten Jahrtausend bis nach Ugarit in Syrien und bis nach Kappadokien r) N ur aus dem westlichen Grenzgebiet Subartus in Kleinasien (Kültepe) haben wir im Anfang des zweiten Jahrtausends Quellen, und diese bringen uns wenigstens einige subaräische Namen, wie es bei einem solchen Übergangsgebiet ja auch kaum anders zu erwarten ist. V gl. § 121, 7. 2) Vgl. §108 f. 3) V gl. § 16. 4) V gl. § n o f f . 5) Vgl. § 115. 6) Vgl. § 116. 7) Vgl. § 1 1 7 . 8) V gl. § 119. 9) Vgl. § i2 8 ff.

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hin erstreckte. Daß die Ausdehnung subaräischer Kultur erst den Hurriern zuzuschreiben sei, muß als eine durch nichts erweisbare Behauptung abgelehnt werden. Machen bereits Sprache und Pantheon es wahrscheinlich, daß die Bewohner Subartus sich ihrer Rasse nach von den benachbarten Völkern unterschieden haben, und daß wir in ihnen die Vorfahren der heutigen vorderasiatischen (armenoiden, taurischen) Rasse zu erkennen haben, so wird diese Annahme durch anthropologische Momente bekräftigt. Vor allem sind es die Kunstdenkmäler subaräischen Gebietes, die uns einen Rassentyp zeigen, der dem vorderasiatischen völlig entspricht, so daß wir geradezu von einer s u b a r ä i s c h e n R a s s e sprechen können J). Hier haben die Aus­ grabungen des F r e i h e r r n v o n O p p e n h e i m auf dem Teil Halaf und Gebelet el-Beda klar erwiesen, daß dieser Rassentypus nichts mit den »Hethitern« zu tun hat, deren Herrschaft sich nie bis ins Chaburquellgebiet erstreckte. Umgekehrt hat sich vielmehr subaräisches Volkstum bis ins Hethiterreich hinein erstreckt: große Gebiete desselben hatten subaräische Grundbevölkerung. D a man durch die Denkmäler zuerst auf die Subaräer des hethitischen Reichsgebietes aufmerksam wurde, nannte man sie fälschlich »Hethiter«, ohne sich darüber klar zu sein, daß »Hethiter« ein rein politischer Begriff ist. Die subaräischen Teile des Hethiterreiches sind nur die westlichsten Ausläufer des subaräischen Gebietes, ebenso wie die Gegenden des Osttigrislandes bis nach Urartu hin die östlichsten Ausläufer Subartus darstellen. Als Zentrum des Subaräertums ist mit größter Wahrschein­ lichkeit das Chaburquellgebiet mit dem Teil Halaf anzusehen, der uns auch das umfangreichste archäologische Material geliefert hat. Als ältestes davon ist in erster Linie die massenhafte B u n t k e r a m i k zu nennen, die uns jetzt eine relative zeitliche Bestimmung dieser ältesten K ultur Vorderasiens erm öglicht2). Da bisher nur ein kleiner Teil des gewaltigen Ausgrabungskomplexes untersucht ist, ist damit zu rechnen, daß künftige Ausgrabungen, die unbedingt gefordert und gefördert werden müssen, uns weitere wichtige Auf­ schlüsse über die älteste K ultur Subartus geben werden, und zwar nicht nur über ihren materiellen, sondern auch über ihren geistigen r) V gl. § 131. 3) V gl. § 1 3 2 .

III. Ergebnisse (§ 138).

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G eha lt 1). Von letzterem erhalten wir erst aus späterer Zeit Kunde: durch die Steinbilder des Gebelet el-Beda und des Teil Halaf selbst. Die vielfach auf Vorurteilen beruhende falsche zeit­ liche Beurteilung, die die Teil Halaf-Skulpturen erfahren haben, sodaß man sie teilweise bis an den Anfang des ersten vorchristlichen Jahrtausends hinabgesetzt hat, ist teils durch den Ausgräber selbst, vor allem aber durch E . H e r z f e l d s eingehende stilkritische Unter­ suchungen richtig gestellt worden2) : sie sind die wertvollsten Zeugen für die urtümliche, arteigene K ultur der subaräischen Rasse und zeigen, daß der subaräische Kulturkreis, der uns bereits durch seine Buntkeramik als ein maßgebender Faktor des alten Vorderen Orients entgegentritt, als selbständig neben dem baby­ lonischen anerkannt werden muß. Namentlich verdankt die Kunst Assyriens einen großen Teil ihrer Eigenart der K ultur Subartus, auf dessen Boden das Zentrum des assyrischen Reiches lag. Auch im Hethiterreiche hat sich namentlich in dessen letzter Zeit der Einfluß der subaräischen Reichsteile in hohem Maße geltend gemacht: H attusil III war seiner geistigen Einstellung nach ein »subaräischer Hethiter« 3). Es ist sehr wohl möglich, daß auch die sogenannte hethitische Bilderschrift, die ihrem ganzen Wesen nach keine Erfindung des ausgehenden zweiten Jahrtausends sein kann, eine Renaissance altsubaräischer K ultur bedeutet, die durch die Vorliebe der späthethitischen Herrscher für das Subaräertum hervorgerufen worden ist 4). Da aber der Boden des gewaltigen Subartu bisher nur wenig vom Spaten berührt ist, können wir uns von der wahren Bedeutung dieses Landes für die Kulturgeschichte des Vorderen Orients noch kein in allen Einzelheiten klares Bild machen. Soviel ist aber schon heute zu erkennen: Die K ultur des Vor­ deren Orients ist nicht allein eine Schöpfung der Sumerer, wenn wohl auch die wertvollsten geistigen Errungenschaften dieser K ultur ihnen zugeschrieben werden müssen. Auch das außerhalb des Alluviallandes von Euphrat und Tigris gelegene Mesopotamien nebst den im Westen, Osten und Norden angrenzenden Gebieten hat, bereits ehe die Sumerer in Babylonien einwanderten, eine ') 2) 3) 4)

V gl. V gl. V gl. V gl.

§ § § §

133. 134. 135. 136.

I I I . Ergebnisse (§ 138).

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besondere K ultur besessen, die wir in ihren Ausmaßen und Aus­ wirkungen erst allmählich zu erfassen vermögen, nämlich die s u b a r ä i s c h e . Sie spiegelt die Eigenart einer besonderen Rasse, der vorderasiatischen oder besser »subaräischen« wieder, deren Sprache ebenfalls als arteigenes Produkt ihres Geisteslebens zu werten ist. Trotz des verschwindend geringen Umfanges von Aus­ grabungen auf dem Gebiete Subartus zeigt es sich, daß diese K ultur ihre eigene Entwicklung gehabt hat, die uns auf ihrem Höhepunkt ganz charakteristisch auf dem Teil Halaf im Chaburquellgebiet vor Augen tritt. Sie hat zweifellos einen großen Anteil an der Entwicklung des Alten Orients gehabt, den im einzelnen festzustellen erst die Zukunft ermöglichen wird. Die Aufmerksam­ keit auf diesen Kulturfaktor zu lenken, war unsere Aufgabe; und wenn wir uns auch nicht verhehlen wollen, daß wir heute noch manche Einzelheiten schief oder gar unrichtig beurteilen dürften, so wird unsere Arbeit doch nicht vergeblich gewesen sein, falls sie dazu beitragen sollte, die Aufmerksamkeit der Wissenschaft auf den bisher fast ganz vernachlässigten Kulturkreis gelenkt zu haben, der uns hier beschäftigt hat: den s u b a r ä i s c h e n .

Index für wichtige Stellen. (Die Ziffern bezeichnen die Seiten.) A dab 32. Adad-nirari I 51. 55. A gabtae 140. ajarahi 96. A kkad 34. 69. 81. 82. Akkader 185. Akkadisch 16. Aleppo 51. 123. 134. 166. A lläni 172. A lzi 124. Amanus 117. Amarnatafeln 49. Am mizaduga 82. Amurriter 149. Amurru 69. 81. 160. A nsan 61. 81. 87. 89. 90. 114. 118. 119. Antiochus von Komma­ gene 186. Antu 171. Arallu 110. A rat 97. Arier 130. 161. Arinna 167. Ari-sen 143. Arman 51. Armenien 197. Arpachiye 178. Arrapha 104. 116. Asarhaddon 59. 125. Assur 146. Assyrer 194. Assyrien 52. 54. 61. 92. 93. 123. 126. 187. A ita p en 171. 172. Astrologie 125. astu 96. Astüpinu 65. Asur-ah-iddina 59. 125. Asur-nä§ir-apli II 59. 125. Asur-uballit I 55. babilili 134. Babylon 134. Babylonisch 134. Bilderschrift 191.

Blau-Denkmäler 185. Blutindex 14. Boghazköi 51. 130. 153. Buntkeramik 21. 177.199. Chaburquellgebiet 163. Chian 162. Comana 123.

152.

D attassa 123. Der 81. Derbendi-Seihän 145. Dezim alsystem 194. D ilbat 101. 140. Dulia, Dulija 106. 137. Dunip 158. Eanna 116. Eannatum 35. 36. 37. 114. E b la 51. E lam 18. 69. 81. 84. 114. 119. ene 65. Enlil-nirari 60. Erzlagerstätten 180. Esnunna 81. 82. 103. 119. 121. 143. Euphrat 97. Fecherija 122. Ganhar 146. Gasur 136. Gebelet el-Be