Studien zur antiken Literatur und Kunst [Reprint 2018 ed.] 9783110823516, 9783110001396

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Studien zur antiken Literatur und Kunst [Reprint 2018 ed.]
 9783110823516, 9783110001396

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
I. Mythologie und Heldensage
Lachende Götter
Kritische Untersuchungen zur Geschichte der Heldensage
II. Griechische Literatur
De fine Odysseae (Retractationes I i )
Besprediung: Altionische Götterlieder deutsch von Rudolf Borchardt
Prometheus - Pandora und die Weltalter bei Hesiod
Das Proömium der Theogonie
Besprechung: Hesiodi Carmina recensuit Felix Jacoby Pars I: Theogonia
De Homeri Hesiodique certamine (Retractationes I 2)
Die griechische Tragödie und das Tragische
Πολλà τà δειƲά (Sophokles, Antigone 332-375)
Review: Plato's Earlier Dialectic by Richard Robinson
Review: Plato's Theology by Friedrich Solmsen
Δίç χαί τϱίς τò χαλόν
Plato Phaedrus 245 A
Akademische Randglossen
Geschichtswende im Gedicht. Interpretation historischer Epigramme
A new Epigram by Damagetus
Besprechung: Der Kranz des Meleagros von Gadara Auswahl und Übertragung von August Oehler
Besprechung: Die Dionysiaka des Nonnos deutsch von Thassilo von Scheffer
Die Chronologie des Nonnos von Panopolis
ΥΠΟΘΗΚΑΙ
Heracliti fragmentum 124
Retractationes I 3-8
III. Lateinische Sprache und Literatur
Persona
Retractationes II 9 - 1 1
The Epicurean Theology in Lucretius' First Prooemium (Lucr. I. 44-49)
Pattern of Sound and Atomistic Theory in Lucretius
Statius: An den Schlaf
IV. Musik und Metrik
Zur Entwicklungsgeschichte griechischer Metren
Die Echtheit der Melodie zu Pindars Erstem Pythischen Gedicht
Pindar oder Kircher?
Noch einmal zur Echtheit der Pindar-Melodie
Besprechung: Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff Griechische Verskunst
Zum Plautinischen Hiat
V. Archäologie
Zur Frühgeschichte des Argivischen Heraions
Zur New Yorker Nekyia
Documents of Dying Paganism. Textiles of Late Antiquity in Washington, New York, and Leningrad
VI. Deutsche Literatur
Aristophanes in Deutschland
Rhythmen und Landschaften im zweiten Teil des Faust
VII. Polyhistorie
Athanasius Kircher und Leibniz. Ein Beitrag zur Geschichte der Polyhistorie im XVII. Jahrhundert
VIII. Persönliches
Zu Hermann Useners i oostem Geburtstag
Erinnerung an Georg Loeschcke
Erinnerung an Wilamowitz
Epigrammata
Paul Friedländer: Publikationen
Register
Neuzeit: Autoren- und Sachregister
Antike: Autoren- und Sachregister
Metrische Analysen
Stellenregister

Citation preview

PAUL FRIEDLÄNDER STUDIEN ZUR ANTIKEN LITERATUR UND KUNST

PAUL F R I E D L Ä N D E R

STUDIEN ZUR ANTIKEN LITERATUR UND KUNST

WALTER D E GRUYTER & CO. BERLIN 1969

A r d u Y - N r . 42 12 691

©

1969 by W a l t e r de Gruyter & C o . , vormals G . J . GÖsdien'sdie Verlagshandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — K a r l J . Trübner — V e i t 8c C o m p . , Berlin 30 Alle Kedite des Nadidrucks, der photomedian ¡sehen Wiedergabe, der Obersetzung, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien, auch auszugsweise,

vorbehalten.

S a t z und Drude: H . Heenemann K G , Berlin — Printed in Germany

Vorwort Dieses Buch, das ich erst in hohem Alter erscheinen lasse, hat eine lange und etwas mühselige Vorgeschichte. Man kann sich kaum vorstellen, wie weit von echtem Austausch im Felde der klassischen Studien ich in Kalifornien gelebt habe. Seit der Emeritierung im Jahre 1949 (dies war damals ein absolutes Ende der Lehrtätigkeit) war leider der Austausch mit Studenten und auch Kollegen sehr erschwert, und es war trotz freundschaftlicher Beziehungen kein ausführliches Zusammenarbeiten mehr möglich. Briefwechsel mit den wenigen europäischen Freunden und Kollegen konnte das nicht ersetzen. Nur Weniges ist zu sagen von dem, was ich an den einzelnen Aufsätzen geändert oder ihnen hinzugefügt habe, von der Rechtschreibung und kleineren stilistischen Änderungen abgesehen. Durchgreifende Änderungen waren ausgeschlossen; trotzdem schien es mir in einigen Fällen richtig kurz auf spätere Forschung hinzuweisen, meinen Standpunkt deutlicher zu machen oder auch zu korrigieren. So ist in Nr. z, „Kritische Untersuchungen zur Geschichte der Heldensage", der letzte Abschnitt neu wie auch in Nr. 3, „De fineOdysseae", der deutsch geschriebene Teil und in Nr. 10, itolXä xä öeiva, der Abschnitt: „Zur Musik". Zu Nr. 30, dem Aufsatz zu Pindar Pythien I und zu Nr. 39, der Fauststudie, ist einiges im Text und in den Anmerkungen zur Interpretation und zur Sachkenntnis hinzugefügt worden. Der Teppich der Hestia Polyolbos, besprochen in Nr. 37, „Documents of Dying Paganism", hat seit der ersten Auflage eine wichtige Änderung erfahren: die Entfernung eines eingeflickten Stückes. Dies hat mir eine bessere Deutung vorzuschlagen erlaubt, die ich schon im Hermes L X X X V I I , Heft 4, 1959, S. 389 fr., dargelegt habe. Dieser Aufsatz ist in den Text hineingearbeitet worden, und alles nicht mehr Angemessene wurde gestrichen. Zuletzt noch einige Worte von dem Antrieb zu diesen „Opuscula varia humaniora", wie dieses Buch zuerst heißen sollte: Trotz mancher Auslassungen scheint es mir dodi mehr zu enthalten als die bloße Summe der verstreuten Aufsätze. Außer antiker Literatur bringt dieser Band noch einiges von ihrem Nachleben in Deutschland und auch Archäologisches, so meinen frühen Aufsatz zum altertümlichen Heraion und, aus neueren Jahren, die Studie zum spät-antiken Gewebe der Hestia

VI

Vorwort

Polyolbos in den „Documents of Dying Paganism". Auch habe ich mich nicht gescheut, eine so wichtige Frage wie die Echtheit der Pindar-Melodie wieder ins Rollen zu bringen und mich damit an mir ganz neue Probleme zu wagen. So kam ich dazu, die umstrittene Persönlichkeit des Athanasius Kircher etwas genauer zu studieren und in seiner riesigen Korrespondenz herumzusuchen. Dabei geriet ich auf einen unpublizierten Brief von Leibniz an Kircher, und, diese Korrespondenz verfolgend, konnte ich ein noch unbekanntes Stück deutscher Geistesgeschichte erhellen, das in diesen Band aufgenommen ist. Der Aristophanes-Aufsatz und die Goethe-Studie haben dasselbe Bestreben. Diese zeigt, wie Elemente aus der Antike, aus Dante und Shakespeare sich im Zweiten Teil des Faust verbinden. Die Analyse der Rhythmen ergänzt die Interpretation des Wortgehalts und macht dessen Fülle erst klar. Der Rahmen der Landschaft ergänzt den Text in anderer Weise. Ich bin dem Verlag Walter de Gruyter & Co. dafür dankbar, daß er den Druck schnell und sorgfältig durchgeführt hat. Mein Dank gebührt auch den gelehrten Gesellschaften, den Herausgebern und Verlegern, die bereitwilligst den Neudruck meiner Schriften gestattet haben, ebenso den Museen und Instituten, durch deren Entgegenkommen angemessene Reproduktionen von Werken in ihrem Besitz in diesem Band erscheinen.

Los Angeles, California, den 24. September 1968

Paul Friedländer

Inhaltsverzeichnis I Mythologie und Heldensage Lachende Götter Kritische Untersuchungen zur Geschichte der Heldensage

3 19

II Griechische Literatur Homer und Homerisches

De fine Odysseae (Retractationes I i )

57

Besprechung: Altionische Götterlieder, deutsch von Rudolf Borchardt

59

Hesiod

Prometheus - Pandora und die Weltalter bei Hesiod Das Proömium der Theogonie Besprechung: Hesiodi Carmina recensuit Felix Jacoby. Pars I: Theogonia De Homeri Hesiodique certamine (Retractationes I 2)

65 68 8x 105

Tragödie

Die griechische Tragödie und das Tragische öeiva (Sophokles, Antigone 332-375)

N O X X Ä TOI

107 183

Plato

Review: Plato's Earlier Dialectic by Richard Robinson Review: Plato's Theology by Friedrich Solmsen Aig xai TQ15 TO xaXov PlatoPhaedrus245A Akademische Randglossen

193 203 206 210 212

Epigramme

Geschichtswende im Gedicht. Interpretation historischer Epigramme 213 A new Epigram by Damagetus 237 Besprechung: Der Kranz des Meleagros von Gadara. Auswahl und Übertragung von August Oehler 242

Inhaltsverzeichnis

Vili Nonnos

Besprechung: Die Dionysiaka des Nonnos, deutsch von Thassilo von Scheffer

246

Die Chronologie des Nonnos von Panopolis

250

Maximen YÜO0HKAI

264

Textkritik Heracliti fragmentum 124 Retractationes I 3-8

312 313 III

Lateinische Sprache und Literatur Sprachliches Persona Lucretius Retractationes II 9 - 1 1 The Epicurean Theology in Lucretius' First Prooemium (Lucr. I. 44-49) Pattern of Sound and Atomistic Theory in Lucretius

321 325 328 337

Statins An den Schlaf

354 IV Musik und Metrik

Zur Entwicklungsgeschichte griechischer Metren

369

Die Echtheit der Melodie zu Pindars Erstem Pythischen Gedicht . . . . Pindar oder Kircher? Noch einmal zur Echtheit der Pindar-Melodie Besprechung: Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff. Griechische Verskunst Zum Plautinischen Hiat

395 437 448 453 459

V Archäologie Zur Frühgeschichte des Argivischen Heraions Zur N e w Y o r k e r N e k y i a

473 481

Inhaltsverzeichnis

Documents of Dying Paganism Textiles of Late Antiquity in Washington, New York, and Leningrad

IX

488

VI Deutsche Literatur Aristophanes in Deutschland Rhythmen und Landschaften im zweiten Teil des Faust

531 572

VII Kircher und Leibniz Athanasius Kircher und Leibniz Ein Beitrag zur Geschichte der Polyhistorie im X V I I . Jahrhundert 6 j 5 VIII Persönliches Zu Hermann Useners ioostem Geburtstag Erinnerung an Georg Loeschcke Erinnerung an Wilamowitz Epigrammata Paul Friedländer: Publikationen

675 677 681 682 683

Register Neuzeit: Autoren- und Sachregister Antike: Autoren- und Sachregister Metrische Analysen Stellenregister

691 696 702 703

I Mythologie und Heldensage

Lachende Götter Laughter in the presence of an Egyptian sphinx or an Assyrian bird-beast was inconceivable; but it was perfectly natural in Olympus, and it made the gods companionable. Edith Hamilton, Greek Mythology

1934 Bei den homerischen Phäaken singt der Sänger Demodokos zum Reigentanz der Jünglinge ein Lied, eine ballata, von der Liebe des Ares und der schönbekränzten Aphrodite (VIII 266 ff.). Die Geschichte fängt gar nicht leichtfertig an: Ares schändete das eheliche Bett des Fürsten Hephaistos. Mit bewundernder Spannung folgen die Hörer den zauberischen und listigen Vorbereitungen des göttlichen Schmiedes, sehen sie den alles schauenden Helios auch dieses Geheimnis an den Tag bringen. Mit einem Gefühl des Grauens vernehmen sie das schreckliche Klagen des betrogenen Gottes: hätten ihn, den Lahmen, doch die Eltern nicht erzeugt! Und sie werden sich die ernste Lehre aus Göttermunde gesagt sein lassen: übles Tun gedeiht nicht, der Langsame holt den Schnellen ein, der Ehebrecher muß Sühnegeld geben! Aber über alles breitet sich die Heiterkeit, wenn Hephäst die Götter zu Zeugen seiner eigenen Schande herbeiruft, - wenn er als ein nicht nur kunstreicher sondern auch lebenserfahrener Gott die Werbegeschenke von Zeus zurückhaben will, - wenn die Götter sich an der Tür sammeln, das im Netz gefangene Paar besehen, ihr „unauslöschliches Gelächter" lachen, — wenn sie den Fall ernst und vergnüglich und mit Teilnahme besprechen und sich von neuem das Lachen unter ihnen regt. Man nennt diese Geschichte einen Götterschwank, und wirklich könnte sie in einem altitalienischen Novellenbuche stehen, würde aus der Welt der leicht lebenden Götter in die bürgerliche der leichtlebigen Florentiner übertragen von ihrem Zauber vieles verlieren, aber wenig von dem Gerüst des Geschehens: man müßte nur aus Hephäst einen kunstreichen, ältlichen und in Liebesdingen plumpen Handwerksmeister in Florenz oder Pistoja machen, aus Aphrodite sein junges leichtfertiges Weib, und aus Ares einen frischen adligen Herrn. Ein ganz später Ableger also sei das, pflegt man zu sagen, am Gewächs des griechischen Epos, Sproß einer | [Die Antike X , 1934, 209-226.]

4

Mythologie und Heldensage

[210¡211]

unfromm gewordenen Zeit, die ihre Götter nicht mehr ernst nahm. Hier spreche jenes Ionien, das schon von der Aufklärung gekostet habe und einige Generationen später die Philosophie erzeugen wird. So mag man heute geneigt sein dieses Stück kostbarer Poesie geistesgeschichtlich einzuordnen. Aber liegen dem nicht sehr moderne Wertungen zu Grunde? Gewiß ist diese echt phäakische Geschichte von urtümlicher Heroenzeit schon weit entfernt, gewiß wird in ihr ein Wunschtraum ionischer Griechen Gestalt wie in dem Phäakenvolk überhaupt. Gewiß, diese Götter benehmen sich recht menschlich, die Zuhörer werden heiter, sogar Odysseus, der vorher beim Heldengesang dahinsdimolz in Tränen, hat seine Freude an dem heiteren Lied. V o r allem aber lachen doch die Götter selbst. Heißt das, daß die Menschen diese Götter nicht mehr ernst nehmen? W i r sehen doch zu allererst, daß diese Götter sich nicht ganz ernst nehmen. Aber wird ihnen dadurch von ihrer Timé, wie die Griechen sagen, etwas geraubt: ihrem Amt, ihrem Herrschaftsbereich, ihrer einem jeden eigentümlichen Wirkensmacht? Hephäst wird hintergangen. Ares und Aphrodite hintergehen. Aber beide kommen ans Ziel, der Gott der ganz Krieg und die Göttin die ganz Liebe ist. Hephäst, ganz Künstler, Erfinder, siegt mit seiner List und Kunst, wenn er auch in der Liebe unterliegt, die ja nicht seines Amtes ist. Die unbeteiligten Götter lachen ihr unauslöschliches Gelächter und geben damit den Hörern das Zeichen, es ihnen nachzutun. Poseidon als würdiger Oheim löst den Knoten. N u r Zeus läßt sich in diese Familienirrungen nicht hineinziehen. Abbruch geschieht den Göttern doch nur, wenn man sie moralisch nimmt. Aber wer erlaubt uns das? „Die Götter sind an sich weder sittlich noch unsittlich, sondern losgesprochen von diesem Verhältnis, absolut selig" 1 . Sie sind „die Kinder der Unendlichkeit und hinweg über den traurigen Ernst des Erkennens des Guten und Bösen, aus welchem der Begriff der Schuld entspringt" 2 . Durch das Gelächter wird keiner von ihnen in seiner Timé gemindert. Ares geht am Schluß nach Thrakien, in das rauhe Nordland, das ganz „voll von Ares" ist: er bleibt der wilde Kriegsgott. Aphrodite gewinnt nur noch in dem was sie eigentlich ist, zumal wenn man auf das Gespräch zwischen Apoll und Hermes hört: „Hermes, möchtest du in starken drückenden Banden gefesselt im Bette liegen bei der goldenen Aphrodite?" „Möchte ja dieses | geschehen, Apollon, möchten dreimal so viele Fesseln mich umfangen, und mögt ihr Götter zuschauen und alle Göttinnen auch noch: aber ich wollte liegen bei der goldenen Aphrodite!" Damit aber auch jeder Fleck von ihr abgewaschen werde, sehen wir sie zuletzt nach Cypern in ihr Heiligtum gehen, nicht mehr die „wohlbekränzte" oder die „Tochter des Zeus" zubenannt, sondern die „Lächlerin". Dort in Paphos baden sie die Anmutsgöttinnen, salben sie mit dem ö l der Unsterblichkeit 1 Schelling, Philosophie der Kunst, Werke V 396. 2 W . v . Humboldt, Gesammelte Schriften I I I 1 54.

[2111212]

Lachende Götter

5

und ziehen ihr schöne Kleider an, „ein Wunder zu schauen". Damit schließt die Geschichte ( V I I I 366). Aphrodite ist an ihrer heiligen Stätte, zu neuem Wirken bereit. Aus vielen Zeugnissen, literarischen und bildlichen, kennen wir einen alten Göttermythos, mit dem die eben nacherzählte Geschichte zusammenhängt. Hephäst, das lahme Götterkind, wird um seiner Häßlichkeit willen von Hera aus dem Olymp geworfen. Er lernt die Schmiedekunst und schickt der Götterkönigin einen Zauberthron mit unsichtbaren Fesseln. Sie setzt sich darauf und kann sich nicht mehr erheben. Die Götter beraten, wie man den Hephäst heraufholen und ihn zwingen könne, die Fesseln zu lösen. Hera setzt Aphrodite zum Preise. Ares unternimmt das Wagnis. Aber Hephäst treibt ihn mit Feuerbränden zurück, und Athene lacht ihn aus. Was dem Krieger mißlang, gelingt dem Dionysos. Von seinem Wein berauscht, von seinen Satyrn umschwärmt, auf seinem Maultier sitzend wird der lahme Gott auf den Olymp zurückgeführt. Dort löst er die Hera und empfängt Aphrodite zum Lohn. Daß ein altionischer Götterhymnos homerischer Art so erzählte, ist Vermutung, wenn auch sehr wahrscheinliche. Jedenfalls hat man in Dichtung und bildender Kunst der älteren Zeit diese Geschichte immer wieder dargestellt. Ist sie unehrerbietig gegen die Götter, wie manches daran scheinen mag? Aber es war ja Kultdichtung die sie formte, und Tempelschmuck der sie darstellte. Hera w i r f t den Hephäst aus dem Olymp? Aber das gehört zu den Umgangsformen dieser gewalttätigen Götteraristokratie und bringt ihn auf den Weg seiner Bestimmung. Die Rache an der Mutter ist sein gutes Recht und ist zugleich die Probe seiner zauberischen Kunst. Und wenn er trunken gemacht werden muß, so tut das seiner eigensten Timé keinen Eintrag, erhöht vielmehr die Kostbarkeit dieses Fanges und ist noch ein Preis auf die Macht des Dionysos dazu. Ares versucht Aphrodite zu gewinnen, Hephäst gewinnt sie: man sieht, wie hier der Götterschwank der Odyssee anpaßt, mit dem wir begannen, und wie er noch besser verständlich wird, wenn man ihm die eben erzählte Geschichte vorausgehen läßt. Vielleicht erscheint uns das Lied von Ares' und Aphrodites Heimlichkeiten, zum Tanz gesungen, um eine Stufe »weltlicher' gegenüber dem Mythos von Hephästs Heimholung, den wir doch als Götterhymnos kennen. Aber schwankhaft ist auch dieser, und nichts könnte hindern auch jenen als Teil eines Hymnos zu denken, am wenigsten das was wir als komisch daran empfinden. Denn beim Götterfest zu lachen war keine Sünde sondern zuweilen sogar heiliges Gesetz. In der Ilias ( X X 4 ff.), kurz vor dem Entscheidungskampf zwischen Hektor und Achill, greifen die Götter ein in den Krieg. Zeus donnert gewaltig, Poseidon erschüttert die Erde und die Berge, und der Fürst der Unterwelt springt entsetzt von seinem Thron - Verse die die antike Kunstkritik als Musterbeispiel des „Erhabenen" anführt. Als aber dann

6

Mythologie und Heldensage

[212j213]

die Götter zu zweien gegeneinander in den Kampf gehn (32 ff.) - nach Art homerischer Helden wird alsbald und nicht nur einmal der Schritt vom Erhabenen zum Lächerlichen gemacht, und wieder sind es Ares und Aphrodite, an die vor allem das Lachen sich heftet. Da ist zuerst ( X X I 387) eine Begegnung zwischen dem rohen Kriegsgott und der starken Tochter des großen Vaters, Athene, die den Gegner in den Sand streckt. Dort liegt er plump, riesenhaft. Athene aber lacht und ruft ihm Hohnworte zu. Aphrodite kommt, führt den Stöhnenden aus dem Kampf. Athene geht ihnen nach, und sie freut sich in ihrem Sinn. Aphrodite wird von ihr mit einem Schlag auf die Brust getroffen, so daß sie hinstürzt und den Ares mit sich reißt. Athene aber ruft wieder Worte des Triumphes und des Hohnes über die Liegenden. Was macht das Komische dieser Szene aus? Versuchen wir einige Züge herauszuheben. „Eine Verfehlung oder Entstellung die ohne Schmerz ist und nicht vernichtet", so hat Aristoteles das „Lächerliche" definiert. Das Hinfallen ist ja schon an sich immer noch das einfachste Beispiel des Lächerlichen - „es ist eine Art mechanischer Starrheit, dort wo man aufmerksame Geschmeidigkeit und lebendige Biegsamkeit zu finden wünschte" (Bergson, Le Rire). Riesenhaft ist der stürzende Gott, sieben Hufen Landes bedeckend. Und wieder findet man das Komische in der Nachbarschaft des Erhabenen, oder noch richtiger Erhabenes und Komisches miteinander innerlich verschmolzen, wenn diesen Goliath die Göttin hinstreckt, die er noch eben beschimpft hat, und wenn dabei seine eigene Rede voll | ist von Erinnerungen an die frühere Niederlage, die er derselben Göttin verdankt. Dazu nehme man das Grotesk-Widersprüchliche im Wesen und Tun der Götter: der Kriegsgott als Verwundeter, die Liebesgöttin als Krankenpflegerin. Das ungleiche Paar das miteinander stürzt. Der doppelte Sturz, da doch die Wiederholung („die periodische Wiederholung eines Wortes oder eines Vorgangs") von je zu den Mitteln der Komödie gehört. Man wird auch nicht gern an bloßen Zufall denken, wenn hier dieselben beiden Götter nebeneinander liegen, die wir im Liede des Demodokos auf einem lieblicheren Lager beieinander fanden. Und jedenfalls wird dieser Gedanke die Heiterkeit noch vermehren. Uber allem dies, daß es eben Götter sind, die sich so menschlich aufführen. — In dieser Götterschlacht gibt es noch eine andere scherzhafte Begegnung: zwischen Hera und Artemis, die der Krieg der Menschen auf die entgegengesetzte Seite getrieben hat ( X X I 479 ff.). Hera schilt die Jüngere „Hündin ohne Scheu", daß sie ihr, der Mächtigeren, zu begegnen wage, und verweist sie auf das was ihres Amtes ist. Wenn sie aber ihr, der Hera, im Kampf begegne, werde sie sehen, wer stärker sei. Damit schlägt sie ihr den Bogen um die Ohren, „lächelnd", und die Geschlagene flieht davon zum Vater Zeus. Der zieht sie auf seine Kniee, fragt sie „süß lachend" was ihr begegnet sei. Sie darf sich ausklagen auf seinen Knien.

[213j214]

Lachende Götter

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So wird der Götterkampf zur Familienszene. Aber man überhöre in alledem nicht die Worte, mit denen Hera Artemis auf das verweist was ihres Amtes ist: „Den Frauen hat dich Zeus zur Löwin bestellt und hat dir gegeben zu töten welche du willst. Fürwahr besser ist es für dich in den Bergen das Wild zu jagen . . . " Hera und Zeus mögen sie als Kind behandeln, wenn sie die Rangordnung verkennt, „gegen Stärkere mit Gewalt kämpft" und die Grenzen ihres Machtbereiches überschreitet. Innerhalb dieses Bereiches ist sie mächtig und furchtbar, und keinem Gott, geschweige einem Menschen, käme es in den Sinn, ihr als Todesgöttin der Frauen und als Herrin des Wildes die Ehre zu versagen, weil Hera sie lächelnd geschlagen und Zeus sie lachend getröstet hat. Aber erinnern wir noch einmal an den größeren Zusammenhang, in dem diese und die andern Einzelbegegnungen stehen. Am Anfang des 20. Gesanges der Ilias, kurz bevor der Entscheidungskampf zwischen Achill und Hektor anheben wird, versammeln sich die Götter, feierlicher als sonst von Themis, der Setzerin aller heiligen Ordnung, zusammenberufen. Zeus gibt ihnen die Teilnahme am Kampfe frei: das ist der Inihalt seines Beschlusses, und damit wird alles Folgende vorbereitet. Aber wichtiger ist hier dieses: die Menschen, sagt er, kümmern ihn noch im Untergang. Und dann: er selbst will auf dem Olymp bleiben und anschauend seinen Sinn erfreuen. Die Erde dröhnt, der Himmel drommetet. Zeus hört es auf dem Olymp sitzend. Und auf lacht ihm das Herz vor Lust, wie er die Götter zum Kampfe zusammenstoßen sieht. Nicht gefühllos schaut der höchste Gott auf die Schicksale der Menschen, weder hier noch sonst. Kurz vorher war er von Mitleid gepackt - „es jammerte ihn in seinem Herzen" - , als sein Sohn Sarpedon mit Patroklos zum tödlichen Kampf zusammenprallte. Und erst Hera mußte ihm diese menschliche Regung ausreden und ihn an das vorbestimmte Schicksal erinnern, dem am wenigsten Er sich widersetzen dürfe. So bekümmert ihn jetzt der Tod der Helden, den er voraus weiß. Aber darein mischt sich die Lust über das Schauspiel zu seinen Füßen. Die Kämpfe der Menschen und der Götter werden ein Drama für den höchsten Gott. Sein Gefühl ist aus Lust und Weh gemischt, wie Piaton es von dem Betrachter der Tragödie und Komödie sagt und vollends von dem, der des Lebens gesamter Tragödie und Komödie zuschaut. Ein beinahe unfaßbar hoher Aspekt des Daseins, den man mit dem Dichter wünschte teilen zu können: die Kraft, zugleich innerlichst teilzunehmen an menschlichem Tun und Leiden und doch anschauend und lachend darüber zu sein. — Die Götterschlacht gilt vielleicht vielen noch als ein spätes Stück homerischer Poesie. Aber man frage sich, wo denn dieses Lachen der Götter n i c h t ist. Am Schluß des ersten Gesanges, dessen Alter kaum bestritten wird, steht jene Götterszene, die an dem Namen des „homerischen Gelächters" vor allem schuld ist (I 493 ff.). Der Kampf der Helden ist entbrannt, der viele kühne Lebensgeister

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Mythologie und Heldensage

[214/215]

dem Hades hinwerfen wird, der Kampf um ein Ehrengeschenk, um eine Sklavin, um ein beinahe Nichts. Achill sitzt abseits in seinem Groll. Seine göttliche Mutter bittet den Zeus um Rache für den Beleidigten. Zeus nickt ihr sein J a zu mit jener Bewegung seiner Brauen, die den großen Olymp erschüttert. Aber im Augenblick bevor er in der kleinsten Bewegung seine Macht und Würde am stärksten offenbart, geschieht etwas ganz anderes. Er hat auf die erste Ansprache der Thetis geschwiegen. Sie spricht zum zweiten Mal, fordert Entscheidung. „Denn du brauchst didi ja nicht zu fürditen." Da bricht er los in großem Mißmut: du willst mich mit Hera auseinanderbringen. Immer zankt sie mit mir im Kreise | der Götter und sagt, daß ich den Troern helfe. So schickt er die Bittende fort, „damit Hera nichts merke". Er ist also doch nicht so ohne Furcht, wie Thetis gemeint - oder gesagt - hatte. Wir tun einen Blick in die ehelichen Häkeleien des Götterfürsten. Dann winkt er mit den Brauen, und im Augenblick ist vor der Erhabenheit dieses Zeichens seine Schwäche vergessen (I 528-30). Zeus tritt in die Gesellschaft der Götter, die in seinem Hause versammelt sind (531 ff.). Alle stehen vor ihm von den Sitzen auf, keiner wagt es, ihm die Ehrerbietung zu versagen. Er setzt sich, und sogleich beginnt Hera ihn mit Stichelreden zu reizen. - „Noch niemals", so hatte Agamemnon kurz vorher den Kalchas gescholten, hast du mir ein tüchtiges Wort gesagt. „Immer" beliebt es dir mir Übles zu weissagen. Rechtes hast du mir „noch nie" gesagt. - „Immer", sagt jetzt Hera zu Zeus, ist es dir lieb hinter meinem Rüdken Geheimes zu entscheiden. „Noch niemals" hast du mir freundwillig gesagt was du denkst. Zeus antwortet ruhig und würdig. Alle seine Gedanken dürfe sie nicht erfahren, wenn sie auch seine Gattin sei. Was er aber überhaupt mitteilen könne, das würde niemand anders eher erfahren als sie. Sie aber zankt weiter, frauenhaft keifend. Schon lange frage ich dich „überhaupt nichts". (Eben hatte sie ihn gefragt.) Bedenke nur bei dir allein, was du willst! (Eben hatte sie ihm das Geheimnis zu entwinden gesucht.) Dann mit scheinbarem Wechsel des Tones, wie besorgt: jetzt fürchte ich ganz schrecklich, es möchte dich bereden die silberfüßige Thetis. (Bereden den Götterkönig, den Wissenden, den Erfüller des Schicksals!) Und dann zum Zeichen daß sie weiß, wonach sie eben noch so listig gefragt hat: in Luft gehüllt saß sie bei dir und faßte deine Knie. Ich meine, du hast ihr Gewährung zugesagt. Dem Streit macht der Fürst mit scharfem Einspruch ein Ende. Besessene, immer „meinst du" (so nimmt er mit Betonung ihr „ich meine" auf) und nie entgeht dir was ich tue. (Das also hat ihn am meisten gereizt, daß die Frau hinter sein Geheimnis gekommen ist.) Dann aber setzt er seine Macht gegen ihre Klugheit: tun wirst du nichts können, sondern wirst (wenn du etwas zu tun versuchst) dich mir nur mehr entfremden. Und er schließt mit dem Befehl: sitze ruhig und gehorche mei-

[2151217]

Lachende Götter

9

nem Wort! und mit dem drohenden Appell an die Kraft seiner Hände, der darum nicht minder gewaltsam ist, weil diese Hände das feierlidie Beiwort „die unnahbaren" erhalten. Helden entzweiten sich über ein beinahe Nichts. Ihr Zwist, der vie|len Männern das Leben kostet, erfüllt das große Gedicht. Wenn Götter sich über das Schicksal von Völkern entzweien, so gibt das einen ehelichen Zank - der sich sogleich in Gelächter auflösen wird. Hephäst, schon als hinkender Handwerker so etwas wie komische Person unter der adligen Göttergesellschaft, redet zum Frieden: unerträglich daß ihr beide um sterblicher Menschen willen hadert und Kampfeslärm unter Göttern erregt. Und keine Freude wird mehr sein an edlem Mahl, da das Niedrigere die Oberhand gewinnt. „Das Niedrigere": will sagen der Bezirk der menschlichen Dinge. Also im Munde des Gottes, dieses göttlichen Spaßmachers, wird der große Gegenstand des Gedichts, der Kampf der Helden, „niedrig", gemessen nicht einmal an der Existenz der Götter überhaupt, sondern an der Freude ihres Mahles. So anders sehen sich dieselben Dinge an, wenn der Dichter sie aus der Höhe der Götter betrachtet, dieser adligen Herren, die sich von dem Zwist ihrer Hörigen unverständigerweise haben berühren lassen. Aber selbst das wäre noch zu ernst. Hephäst mahnt die Mutter, dem Vater entgegenzukommen, damit er „uns nicht das Mahl verwirre". Sie könne ihn mit schmeichelnden Worten uns gnädig stimmen. Und er reicht ihr den Becher und redet ihr zu: ertrage! Er mag nicht sehen wie sie geschlagen wird. Schon einmal hat er ihr beistehen wollen, und da hat Zeus ihn am Fuß gepackt und auf die Erde hinabgeschleudert. Einen ganzen Tag ist er durch die Luft geflogen, bis er bei Sonnenuntergang fast ohnmächtig auf Lemnos ankam. Dort haben die Sintier ihn gepflegt. So spricht Hephäst. Hera lächelt, und lächelnd nimmt sie aus der Hand des Sohnes den Becher. Der Dichter hätte nicht zweimal mit solchem Nachdruck von ihrem Lächeln geredet, wenn es nicht etwas bedeuten sollte. Lächeln ist vieldeutig. Aber wir vernehmen darin: Anteilnahme und Eifersucht, Groll und Furcht haben sich gelegt, sie hat ihre Überlegenheit wiedergewonnen. Und vielleicht deutet es schon voraus. Jedenfalls werden wir seiner zu gedenken haben. Wir werden sie noch ein paarmal lächeln sehen. Dann geht Hephäst als Mundschenk bei den Göttern herum und gießt ihnen Nektar ein, der hinkende Schmied spielt die Rolle der holden Hebe, und das „unauslöschliche Gelächter" erhebt sich unter ihnen. Nach dem Lächeln der Königin das Gelächter der seligen Götter. Im Lachen über ein Nichts offenbart sich diese Seligkeit. „ S o " - in solcher selig heiteren Laune - schmausen sie den ganzen Tag, und nun vollzieht sich | das Mahl, die begleitende Musik, der Sonnenuntergang und der Gang zum Schlafgemach mit jener homerischen Regelmäßigkeit, die das Zeichen leiblicher Gesundheit und guten Gewissens ist. Wir erfahren neben-

10

Mythologie und Heldensage

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her, daß Hephäst es war, der den Göttern ihre Häuser „mit wissendem Sinn" gemacht hatte, derselbe den wir seine Mutter so klug beraten und unter den Göttern mit so tiefer Absicht den Lustigmacher spielen sahen. Ganz zuletzt sucht Zeus sein Lager auf, neben ihm schläft die golden thronende Hera. So endet fürs erste in wiederhergestelltem Einklang der Zwist der Götter über dem Streit der Menschen. Ein bedeutender Indologe hat das olympische Gelächter homerischer Götter an dem abgründigen Lachen des indischen Gottes messen wollen und dabei die Heiterkeit über Hephäst, den Ungetümen Hinkebold, eine flache Lache genannt (H. Zimmer). Aber zugegeben daß die Griechen oberflächlich sind gemessen an den Tiefen des Orients, und daß sie oberflächlich sein wollen, so dringt doch eben jene Deutung der Hephästszene selbst nicht tief genug. Und die Metaphysik dieses olympischen Gelächters leuchtet erst auf, wenn man es über den zehntausend Schmerzen der Achäer erklingen hört. Schon in diesem ersten Gesang der Ilias war das Lachen im Begriff sich an Zeus selbst heranzumachen, als Hera ihn durchschaut mit der überlegenen Klugheit des Weibes und nur der Appell an seine Armeskraft ihm den Sieg gibt. Aber daß der höchste Gott für einen Augenblick nur dies einzusetzen hat, soll man darüber nicht lächeln? War es etwa auch darum, daß Hera gelächelt hat? Und nun wird dieser Sieg weiblicher Klugheit zu einer eigenen epischen Szene: „Trug an Zeus" heißt ein Gesang der Ilias, und wieder ist diese Truggeschichte eine Episode innerhalb des ernstesten Geschehens. Hera sieht vom Olymp aus, wie Poseidon drunten den Griechen hilft, und sie freut sich. Drüben auf dem Idagebirge sieht sie den Zeus sitzen, verhaßt ist er ihr in der Seele. D a bedenkt sie, wie sie ihn täuschen könne, und sie beschließt ihn mit Liebessehnsucht zu erfüllen. Sie geht zu Aphrodite, erzählt ihr eine erfundene Geschichte, bittet sie um ihre Hilfe. Aphrodite - „die das Lächeln liebende" - gibt ihr den Zauberriemen, den sie selbst trägt, und versichert ihr: du wirst erreichen, was du in deinem Sinne denkst. Hera lächelt. Sie denkt etwas ganz anderes als sie der Aphrodite gesagt hat. Aber sie freut sich der guten Vorbedeutung, und sie nimmt j ihren Sieg über Zeus schon vorweg. Lächelnd steckt sie den Liebesgürtel an ihren Busen. Heras Fahrt geht weiter. Sie trifft den Schlafgott. Ihm darf sie nichts vorreden. Aber ihre Bitte und ihr Versprechen - sie verspricht ihm einen Göttersessel - fruchtet dafür auch nicht sogleich. Hypnos hat schon einmal den Zeus auf Heras Wunsch zur Unzeit eingeschläfert. Als Zeus dann erwachte, war er ergrimmt und hatte die Göttin im Hause hin- und hergeworfen. (Also wieder eine olympische Gewaltszene.) Und den Schlafgott hätte er damals ins Meer geschleudert. Aber die Nacht hat ihn gerettet, die Bändigerin der Götter und Menschen. Denn Zeus scheut sich etwas zu tun, was gegen ihren Sinn wäre. (Vor der großen Ordnung der

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Natur, vor dem Dunkel, dem seine eigene lichte Dynastie entstammt, hat der höchste Gott Ehrfurcht.) Hera macht ein zweites Angebot: sie verspricht ihm eine der Anmutsgöttinnen mit feierlichem Eide. (So wie sie vielleicht in jenem alten Hephäst-Hymnos die Aphrodite als Preis für ihre eigene Lösung ausgesetzt hat.) Hera kommt zu Zeus. So wie er sie sieht, umhüllt ihm Eros den dicht gefügten Sinn. (Also der Zauber wirkt sofort.) Hera erzählt ihm „listig sinnend" dasselbe Märchen, das sie der Aphrodite erzählt hat. Zeus sdilägt ihr vor, sie sollten gelagert sich der Liebe erfreuen (mit fast denselben Worten, wie Ares sie im Phäakenlied zu Aphrodite sprach). Sie antwortet ihm „listig sinnend": einer der Götter könne sie sehen und hingehen und es allen Göttern sagen. (Also sie sagt eigentlich J a und denkt das Geschehen weiter aus, so wie es sich im Phäakenliede vollzieht.) Zeus redet ihr zu: eine goldne Wolke wolle er um sie beide hüllen, durch die nicht einmal Helios durchscheinen könne. (Man denkt an Helios den Merker im Phäakenliede.) Dann die herrliche Schilderung: Zeus nimmt Hera in seine Arme, und die Erde läßt ihnen Gras und Blumen hochwachsen. Eine goldne Wolke entzieht sie der Welt. Aber die Listensinnende hat erreicht, daß zugleich die Welt dem Zeus entzogen ist. Sie hat nicht umsonst gelächelt, als ihr bei Aphrodite der erste Schritt gelang. Der Lenker der Geschicke ist für eine Weile aus der Lenkung entfernt. Unter Poseidons Führung drängen die Achäer ihre Feinde über den Graben zurück. Hektor wird von Aias schwer getroffen. D a erwacht Zeus auf dem Gipfel des Ida neben Hera, er fährt auf und umfaßt mit einem Blick was geschehen ist. Furchtbarer Blick. Drohende Rede. Er droht ihr Schläge und erinnert sie, wie er sie früher aufgehängt und ihr | die Füße mit goldnen Ambossen beschwert, ihr um die Hände unzerreißbare goldne Fesseln gebunden hat. Liebe und Lager wird ihr nichts helfen. Hera erschauert und schwört einen feierlichen Eid bei Erde Himmel und Styx, beim Haupte des Zeus und bei ihrer beider ehelichem Lager: sie ist nicht schuld, daß Poseidon den Troern schadet und den Achäern hilft. Jetzt ist das Lächeln an Zeus. Ihr Schwur, so vorsichtig gefaßt, daß er hart am Meineid vorbeistreift, zeigt ihre Unterwerfung an. Die „Täuschung des Zeus" war ein kurzes Zwischenspiel bei den Göttern. Zwischen einem Lächeln der Hera und einem Lächeln des Zeus vollzog sich das Ganze. Drunten bei den Menschen aber wechseln Sieg und Niederlage die Partei. Dann sitzt Hera bei den Göttern. Sie lacht mit den Lippen, aber die Stirn über ihren schwarzen Brauen erheitert sich nicht: gegen die Ubermacht des höchsten Gottes vermögen die göttlichen Einzelkräfte nichts auf die Dauer; sie müssen sich widerwillig fügen. Man pflegt zu sagen: durch das Gewebe dieser Geschichte könne man hindurchsehen auf eine ältere ernste Dichtung von der „heiligen Hochzeit" des Zeus und der Hera. Ein späterer Dichter habe das umgesetzt in burlesken Ton. Und die schönen Verse, in denen die Erde unter dem

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Mythologie und Heldensage

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Götterpaar frisch sprießendes Gras und tauigen Lotos und Krokos und Hyakinthos dicht und weit emportreibt, läßt man wohl aus jener ursprünglich edleren Fassung übernommen sein. Aber was liegt solcher Umdeutung wieder zu Grunde als ein moralisches Werturteil? Die Geschichte ist wahrhaft urtümlich genug mit jenen riesenhaft maßlosen Zügen, um derentwillen Giambattista Vico gerade im Homer die früheste Menschheit wiederzufinden meinte: „Menschen, an Schwäche des Verstandes beinahe Kinder, an Stärke der Phantasie wie Frauen, an aufwallender Leidenschaft wie Jünglinge von großer Heftigkeit" 3 . Angesichts solcher urtümlicher Gestaltung, in der wieder das Erhabene und das Komische nahe beieinander sind, kann es nicht erlaubt sein, eine angeblich edlere und reinere Geschichte jenseits der epischen zu erfinden und die so erfundene für ursprünglicher zu halten. D a ß Zeus den großen Mächten des natürlichen Lebens unterliegt, dem Eros, der „alle Menschen und alle Götter bändigt", oder dem Allbezwinger Schlaf, ist nichts was ihn in seiner Würde herabsetzt. Im Gegenteil. In einem N u ist seine Macht wiederhergestellt. Gerade dadurch daß sie einen Augenblick eingeschläfert war, ist sie nach dem Erwachen um so unwiderstehlicher. Sein Lächeln aber ist der Genuß dieser erneuten Majestät. | Wilamowitz hat in seinem großen letzten Werk immer wieder den Satz vertreten, daß „Mythos" und „Glaube" auseinanderzuhalten sei. Mythos sei Dichtung und also freies Spiel, Glaube sei innerste Angelegenheit. Die homerischen Gedichte, die wir betrachtet haben, könnten diese Uberzeugung auf den ersten Blick nur stärken. Denn was hat für unsre Begriffe das Abenteuer von Ares und Aphrodite mit Religion zu tun? Dennoch ist fraglich, ob solche Trennung richtig ist. Gibt es einen „Glauben" der Hellenen jenseits von Kult, Bild und Mythos überhaupt? Homer und Hesiod haben den Griechen ihre Götter geschaffen, sagt Herodot. Im Mythos sind sie lebendig gegenwärtig, anschaubar, den zuerst der Dichter und dann der Bildner formt. U n d wenn in dieser mythischen Schöpfung viel Spiel ist, so haben die Griechen längst vor Piaton, der es formulierte, gewußt, daß Spiel und Ernst Geschwister sind und daß von den höchsten Dingen der Mensch nicht anders reden könne als in einer Mischung von Ernst und Scherz. Der griechische Mythos, der im Homer seine erste große Gestalt gewinnt, diese Weltansicht, mehr als das: diese Weltschöpfung hat als notwendigen Klang, ohne den das Ganze nicht Zusammenklang wäre, gerade inmitten des majestätischen Ernstes das göttliche Spiel, das göttliche Mitspielen und Dreinspielen, das göttliche Lächeln und Gelächter. Die Ilias erzählt von den ernstesten und vernichtendsten Dingen, von dem was den Menschen jener Zeit höchstes Anliegen und Muster menschlichen Daseins war. Aber diese Welt wird erst ganz, wenn das Lachen der Götter immer wieder f ü r Augenblicke hineinklingt. 1

La Scienza nuova III i.

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Der modernen Homerkritik und Religionswissenschaft gelten wohl zu allermeist diese komischen Klänge als Verfall eines ursprünglichen Ernstes. Schon Johann Georg Hamann hat es besser gewußt: „Wenn Diderot", sagt er (5 Hirtenbriefe, 1763), „das Burleske und Wunderbare als Schlacken verwirft, so verlieren göttliche und menschliche Dinge ihren wesentlichsten Charakter. Brüste und Lenden der Dichtkunst verdorren. Das |xo>eöv der homerischen Götter ist das Wunderbare seiner Muse, das Salz ihrer Unsterblichkeit. Die Torheit der levcov öaifxovicov, die Paulus den Atheniensern zu verkündigen schien, war das Geheimnis seiner fröhlichen Botschaft. Das aocpamQov des ganzen Newton ist ein kindisches Possenspiel gegen den Päan einer Morgenstunde; und das Burleske verhält sich zum Wunderbaren, das Gemeine zum Heiligen, wie oben und mitten, hinten und vorn, die hohle zur gewölbten Hand." - | Der schärfste Einschnitt in der Geschichte der griechischen Religion fällt an die Grenze des 6. zum 5. Jahrhundert, da Xenophanes von der Position des philosophischen Pantheismus den ersten folgereichen Stoß gegen die homerische Götterwelt führt. Man weiß, wie in der Sophistik sein Grundsatz: „Ganz sieht er, ganz denkt er, ganz hört er", - er, nämlich der Allgott - vergessen wird und von dem Kampf gegen das Partikulär-Göttliche nur noch der Zweifel an allem Göttlichen überhaupt oder die Verneinung übrig bleibt. Auch der Spott wirkt nach. Die Neger, so hatte Xenophanes gespottet, bilden ihre Götter plattnäsig und schwarz, die Thraker blauäugig und rotblond. In einer Komödie des Aristophanes kommt ein Triballergott auf die Bühne, so ein recht wüster Gott aus wildem Thrakerstamm, der sich in der guten Gesellschaft der Griechengötter nicht zu benehmen weiß. Sicher war er ausstaffiert, wie die Griechen diese Nordländer kannten. Man kann gar nicht anders als sich an Xenophanes erinnern. So ist gewiß die philosophische und sophistische Götterkritik ein Bestandteil des aristophanischen Götterspottes. Aber ist das alles? Ist das Komische dieser Götter im Ganzen als kritischer Hohn auch nur entfernt begreifbar? Wenn jene Götterkritik des philosophischen Pantheismus auf der einen Seite die Skepsis der Sophisten nach sich zieht, so hat sich auf der andern dasselbe fünfte Jahrhundert mit einer bis dahin unerhörten Leidenschaft auf die Gottsuche gemacht: in der Tragödie. Nun aber geschieht etwas für die Griechen ungemein Bedeutsames. Indem der Lebensernst sich unendlich vertieft, verstärkt sich wie zum Ausgleich die komische Leidenschaft. Aus der Vorform der Tragödie, die Ernstes und Komisches noch ungeschieden in sich enthielt, hat Aischylos die ernste Tragödie geschaffen. Aber er hat das lustige Spiel der Satyrn von ihr abgetrennt und neben sie gestellt. Schon daß die Heroen und Göttersöhne in die Gesellschaft dieser Waldteufel gebracht wurden, war ein Spielen mit ihrer Würde. Und wie wenig man sich vor den allerhöchsten Personen scheute,

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zeigt ein Abglanz dieses frühen Satyrspiels auf einer bemalten Trinkschale des Brygos: Im innern Rund ein feierliches Bild aus dem heroischen Kreise. Auf den Außenseiten tolle Begebnisse aus der Silenenwelt. Die nackten, geilen Gesellen wollen mit gezückter Waffe der Götterbotin Iris zu Leibe und gar der Himmelsherrin selber. Gewiß, Hera wird von Hermes und Herakles geschützt, und auch Iris wird im letzten Augenblick durch | Dionysos gerettet werden. Aber schon das was geschieht ist derb genug, und derb werden die Reden sein, die sich über die Göttinnen hermachen. Es ist als ob die wachsende Schroffheit der tragischen Situation, wie Sophokles sie heraufführt, jene höchste Einsamkeit der einzelnen tragischen Gestalt - es ist als ob sie einen noch stärkeren Ausgleich gefordert hätte. Neben der Tragödie erwuchs im Dienste desselben Dionysos die Komödie, und in ihren ekstatischen Wirbel werden auch die Götter hineingerissen. In den Vögeln des Aristophanes, der Utopie der Wolkenkukuksstadt, die die Stadt- und staatsflüchtigen, gegenwartsflüchtigen Menschen gründen, verwirklicht sich als Spiel ein uralter Menschenwunsch, ein Wunsch wie im Märchen vom Fischer und seiner Frau: Gott zu werden, Zeus zu werden. Der griechische Mythos hatte an Salmoneus, an Keyx - sie nennen sich Zeus und ihre Gattin Hera - diesen Wunsch und seine verderblichen Folgen gestaltet. Die griediische Weisheit wußte wohl, warum sie immer wieder vor solchem Streben warnte: suche nicht Zeus zu werden! Die Komödienutopie spielt mit seinem Gelingen. Ein kecker Mensch im Bunde mit den Vögeln schneidet den Göttern Opferdampf und Gebetshauch ab, zwingt die Belagerten zur Ubergabe, nimmt ihnen die Herrschaft. Wer wird hier verspottet? Die Menschen? Die Götter? In der Wolkenkomödie verkündet der Schüler der neumodischen Weisheit als sein frisch gelerntes Wissen im Streit mit dem Vater: (Sohn:) So gibts einen Zeus? (Vater:) Es gibt ihn! (S:) Nicht! Es gibt ihn nidit, So wahr Gott Wirbel herrscht und den Zeus vertrieben hat. Hier geht der Hieb gegen die Nachzügler der ionischen Naturphilosophie. Ähnlich trifft in den Vögeln, als mit feierlichen Worten die neue Weltentstehungslehre verkündigt, das Geschlecht des Zeus entthront, das Reich der Vögel gegründet wird, den Sophisten Prodikos ein Pritschenschlag (692). Und der Vergleich des Himmelsgewölbes mit einem Badetrog erinnert lustig an die modernsten naturphilosophischen Verstiegenheiten (1001). Das Phantasiespiel des Aristophanes ist durch die neumodische Weisheit angestachelt und ohne sie nicht denkbar. Aber dann hören wir die großen Klänge religiöser Verkündigung - zum Spiel freilich umgebildet - , die der entgötternden Physik grade entgegengesetzt sind. |

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Die Götter also werden blockiert, und Prometheus der Götterfeind kommt als Überläufer, um zu verraten, daß es „mit Zeus zu Ende ist". Aber er hat eine fürchterliche Angst vor dem Auge eben dieses Zeus, kommt bis über den Kopf verhüllt, für den Fall daß der Himmel unbewölkt sein sollte, und läßt einen Sonnenschirm über sich halten, damit die Götter ihn nicht sehen. Und wenn die Götter sich schließlich den Vögeln unterwerfen, so tun das ihre fragwürdigen Abgesandten, der barbarische Triballergott, der Fresser und Schürzenjäger Herakles, und der allzu demokratisch auf das Majoritätsprinzip eingeschworene Poseidon, in überaus menschlicher Weise. Die mögen den Olymp so gut oder schlecht vertreten, wie athenische Gesandte oftmals in Athen: solche Exemplare hat gerade auch Aristophanes auf die Bühne gebracht. Am Schluß kommt der Sieger mit der göttlichen Braut an der Hand - Basileia heißt sie, „Herrscherin" oder die Person gewordene „Herrschaft" —, er führt den Blitz des Zeus, wird als der Götter höchster angerufen. So schwer dieser Schluß uns Heutigen eingehen mag, selbst dies wurde nicht als Asebie empfunden, sondern als Spiel. Ist das religiöse Schlaffheit? Undenkbar! Denn jene Zeit war ja überempfindlich in Dingen der Götterverehrung. Mit Polizei und Gericht suchte man die väterliche Religion festzuhalten, die Prozesse häuften sich gegen alles was nach „Gottlosigkeit" schmeckte. Man hatte das religionsgefährliche Buch des Protagoras verbrannt. In ein paar Jahren wird man den Sokrates wegen Unfrommheit den Schierling trinken lassen. Von einem Asebieprozeß gegen irgendeinen Komödiendichter ist nichts bekannt. Den Spott über Menschen haben die Menschen sich meist gefallen lassen. N u r selten haben die empfindlichsten, wenn sie die Macht hatten, das Vorrecht der Komödie auf grenzenlose Narrenfreiheit anzutasten gesucht. Das Spiel mit den Göttern haben die Athener niemals ernst genommen. Wie sie darüber etwa dachten, entnehme man einer Philosophenanekdote etwas späterer Zeit 4 : Als den Stoiker Kleanthes von der Bühne herab ein Spottvers traf, habe er gesagt: dergleichen könne ihn nicht anfechten, wo doch Dionysos und Herakles sich nicht kränken ließen von dem Spott und Schwatz der Dichter. Man muß das nur aus der „Unerschütterlichkeit" der Stoiker in das Gelächter der aristophanischen Zeit übersetzen, so ahnt man deren Uberzeugung: auch die Götter würden mitladien über ihr eigenes Komödienabbild. Denn mindestens Dionysos ist Zuschauer der Tragödien, Satyrspiele, | Komödien, die in seinem heiligen Bezirk an seinen Festen aufgeführt werden. Sein Priester sitzt im Ehrensessel bei den Aufführungen, sein altes Kultbild zieht jedes Jahr an den Großen Dionysien neu in den Tempel dicht am Theater ein. Darauf daß er leidenschaftliche Freude an den Tragödien hat und unstillbare Sehnsucht nach der nun abgelaufenen Zeit 4

Diogenes Laertius 7, 173.

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der großen Tragödiendichter, beruht die Erfindung der aristophanischen Frösche. Es ist gar nicht zu zweifeln, daß damit die Uberzeugung der Athener ausgedrückt war. In den Fröschen also tritt Dionysos selber auf. Zu seiner eigenen üppigen Festtracht trägt der Weichling Löwenfell und Keule des Herakles, und Herakles kann sich gar nicht fassen vor Lachen über die Maskerade des göttlichen Bruders. Der versteckt darin seine komische Feigheit, die doch auf jeder Station seiner gefahrvollen Unterweltsreise wieder ausbricht, um sich in ebenso komische Anmaßung zu verwandeln, sowie die Gefahr vorüber ist. Wenn der Bühnengott in seiner Not den eigenen Priester in der Ehrenreihe der Zuschauer anruft: „Beschütze midi, Priester, daß ich mit dir heut zechen kann!" oder wenn er im erbärmlichsten Moment vor den gehäuften Scheit- und Drohreden des Höllentorwarts die Herrschaft über sein Gedärm verliert, so kann man sich das Entzücken des athenischen Theatervolkes denken. Dionysos selbst aber erkannte das Komödienrecht an, nur entschiedener als jeder athenische Politiker „Und gesetzt daß auch die Götter philosophieren, wozu mich mancher Schluß schon gedrängt hat" — schreibt Nietzsche (Jenseits von Gut und Böse 294) - „so zweifle ich nicht, daß sie dabei auf eine übermenschliche und neue Weise zu lachen wissen und auf Kosten aller ernsten Dinge! Götter sind spottlustig: es scheint, sie können selbst bei heiligen Handlungen das Lachen nicht lassen." Im Demeterhymnos wird erzählt, wie die Göttin Mutter auf der Suche nach ihrer Tochter ohne zu lachen und ohne Speise und Trank dasitzt, bis die Dienerin Iambe durch viele Späße die Trauernde dahin bringt „zu lächeln und zu lachen". So beginnt der Wandel im Wesen der Göttin und damit der Wandel im Wesen der Welt. Das ist eine ätiologische Geschichte, sagt man. Eine frühe Zeit habe den seltsamen Kultbrauch erklären wollen, daß bei den eleusinischen Mysterien (wie in manchem andern Kult) die Festordnung an bestimmter Stelle Spöttereien verlangte. Aber mit diesem wissenschaftlichen Begriff des Ätiologischen wird man seltener eine wirklich zureichende Deutung solcher Dinge erreichen, als | unser rationales Denken wahrhaben will. Auch hier wird weniger ein dauernder Kultbrauch durch einen einmaligen mythischen Vorgang erklärt. Vielmehr wird durch die Erzählung der heiligen Geschichte wie andrerseits durch die Vollziehung der heiligen Riten eine Kommunion gestiftet zwischen den Mysten und den Herrinnen der Weihen. Der Geweihte erneuert jedes Jahr das göttliche Schicksal. In seiner Trauer spiegelt sich die göttliche Trauer, in dieser die seine wechselweise. Wie die Göttin fastet er, trinkt dann den Mischtrank, wird durch Späße erheitert. Aber zugleich hört die Göttin selbst diese Späße, diese Iamben, und erheitert sich an ihnen. Denn im alten Hymnos wird von eben jener Iambe gesagt: „die der Göttin denn auch künftig den Sinn erfreute". Und dieses Künftig kann nur auf die jedesmal sich wieder-

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holende Festesfeier gehen. So also verstand das 7. Jahrhundert diese Scherze im Mysterienkult, und man sollte vielleicht heut nicht klüger sein wollen. Für einen seltsamen Brauch in der Festfeier des rhodischen Herakles gilt Ähnliches. Dem Herakles „Rindschmauser", so lautete das Kultgesetz, wird jedes Jahr unter Scheltreden ein Stier geopfert. Denn Herakles selbst, so erzählte die Kultlegende, hat einem Bauern den Stier aus dem Pflug gespannt und verzehrt, und der Bauer hat auf einem Berg dabeigestanden und den Heros beschimpft. Auch hier genügt nicht die moderne Deutung, daß die Legende eine Ätiologie des Kultbrauchs sei. Ein antiker Bericht (bei Lactanz) sagt es uns richtiger: Herakles selbst hat diesen Kult eingerichtet und hat angeordnet, daß der Priester immer dieselben Schimpfreden beim Opfer verwenden solle. „Denn niemals habe er lustiger gespeist." Also der Gott selbst hat seinen Spaß an diesen Schimpfreden — was sie auch ursprünglich einmal „bedeutet" haben mochten - , weil sie ihm nichts anhaben können und ihm grade darum den Genuß des Mahles erhöhen, jedes Jahr von neuem. Und wie es von Demeter und Herakles ausdrücklich gesagt wird, so gilt es auch von Dionysos: man sieht ja auf den Vasen, wie er gern von den äffischen Gebärden seiner Satyrn umgeben ist. Aus den Bocksprüngen der wilden und lustigen Waldmenschen erwächst das Bühnenspiel, am Fest des Dionysos zu seiner und des Volkes Lust aufgeführt. Wenn der Bühnen-Dionysos sich possierlich benimmt, so lacht über dem Volk im Theater der zuschauende Gott. Weder bei Homer noch bei Aristophanes ist das Lachen über die Götter ein Zeichen unfromm gewordenen Sinnes. Die homerischen Götterlszenen sind nicht „spät", sondern sie gehören zum festen Bestände der homerischen Dichtung, das Lachen der Götter zum Bestände der homerischen Welt. Die aristophanischen Komödien mögen über einem verfallenden Leben stehen und viel davon spiegeln: sie stehen doch d a r ü b e r und sind selbst das Gegenteil von Verfall. Denn wenn der griechische Dichter oder seine Zuhörerschaft über die Götter lacht, dann haben immer zuerst und zuletzt - und also am besten — die Götter über sich selbst gelacht. Man wird sich nun nicht mehr mit der flachen Selbstverständlichkeit begnügen, daß die anthropomorphische Kunstreligion der Griechen sich in dem Götterlachen ein anmutig gefährliches Ornament geschaffen habe. Man muß versuchen dieses Lachen ernster zu nehmen und wird dabei Schellings Spuren folgen dürfen 5 . Wie die platonische Idee „Grenze" und „ewiges Sein" zugleich ist, so ist jeder Gott innerhalb seiner Timé, das ist innerhalb seiner Begrenzung, unendlich wirksam. Endlich ist er durch diese Begrenzung selbst, dadurch daß er eben dieser bestimmte Gott, diese 5

Philosophie der Kunst, Werke V 394.

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Mythologie und Heldensage

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Gestalt gewordene Macht ist. So ist das was die Griechengötter auszeichnet vor allen andern, ihre Form Gestalt Grenze Menschlichkeit, eben dieses ist es, was unausweichlich in der Berührung von Endlich und Unendlich das Lachen aufklingen läßt. Denn „das Lachen" - sagt Jean Paul6 „bleibt ewig im Gefolge der geistigen Endlichkeit . . . sowohl der anschauenden als der angeschaueten Endlichkeit bleibt, eben als einer, die Täuschung des komischen Stellen-Wechselns fort und anhängend, nur eine andere auf höherer Stufe; und noch über einen Engel ist zu lachen, wenn man der Erzengel ist". Der wahre Dionysos lacht - und das Theater mit ihm - über sein Bühnenzerrbild und damit unter anderm auch über das was dem attischen Spießbürger Götter und Menschen sind. Die Olympier - und Homers Hörer mit ihnen - lächeln und lachen über die göttlichen Sonderkräfte, die die Grenze ihres Sonderseins vergessen. Selbst Zeus wird dem Dichter, der sein Bild für Augenblicke allzusehr nach dem Bild irdischer Herrscher geformt hat, nicht verwehren, über das so geformte wiederum zu lächeln. In gestuftem Neben- und Übereinander nähert sich die Vielfalt hellenischer Göttergestalten dem was die Griechen „das Göttlidie" nennen. Und vielleicht ist auch das Lachen ein Symbol dieser Transzendenz. |

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Vorschule der Ästhetik § 30.

Kritische Untersuchungen zur Geschichte der Heldensage 1914

1. Argonautensage Die Untersuchung hebt bei den Korinthiaka des Korinthers Eumelos an*. In diesem Epos war Aietes Sohn des Helios und der Antiope, und ihm gehörte Ephyra, das spätere Korinth. ,Das gab er dem Bunos (nach dem die Hera ,vom Berge', Hera Bunaia ihren Namen tragen sollte) zur Hut, bis er selbst oder ein Sohn von ihm oder ein Enkel wiederkehre. Er aber ging nach Kolchis/ Es bedarf keiner Ausführung, daß Aietes nach Aia-Kolchis, nicht nach Korinth gehört, daß er also künstlich dorthin versetzt worden ist, von wo er durch ein seltsames Mittel wieder gelöst werden muß. Ebenso klar ist, daß dieser Anfang ein Ende erfordert, von dem er erst bedingt wird: Medea muß nach Korinth kommen in ihr ,angestammtes Reich'. Und wenn nun die Uebersiedlung von Kolchis nach Korinth nicht aus dem korinthischen Epos, sondern aus der Prosaschrift angeführt wird, die gleichfalls unter dem Namen Eumelos stand und sich zu dem Epos verhielt etwa wie Akusilaos zu Hesiod, so ist doch für das fragliche Motiv die Herkunft aus dem Epos unabweislich. Zwischen dem Fortgang des Aietes und der Heimkehr der Medea liegt die Argonautensage, die, bevor Eumelos sie am Anfang und am Ende erweiterte 1 , mit der Ausreise des Phrixos begann und mit der Heimkehr Jasons nach Iolkos endete. Dieser vorkorinthische Schluß wird ja noch in dem Anhang der hesiodischen Theogonie (992 ff.) vorausgesetzt. D a ß die vorkorinthische Schicht ionisch, genauer gesprochen | milesisch ist2, wird den meisten heut eine selbstverständliche Wahrheit sein. Auch haben wir in den kümmerlichen Resten, die uns von Eumelos geblieben sind, deutliche Indizien für seine milesische Vorlage. Das erste ist allgemeinerer Natur. 'O 5' (pxEto KoAy.iöa yaiav liest man in dem zu Anfang [Rheinisdies Museum N . F. L X I X , 1914, S. 299-341.] * Epic. Graec. Fragmenta ed. K i n k e l 187 ff. V g l . R - E V I 1080 f. (Bethe). 1 Unsere Erkenntnis ist notwendigerweise schematisch. Es ist natürlich denkbar, daß der Sdiluß auf einer älteren Entwicklungsstufe hinzugefügt wurde als der A n f a n g . A b e r wir können getrost und wir müssen sogar die korinthische Zeit unter dem N a m e n „Eumelos" zusammenfassen. 2 Ein derartiger Ausdruck ist natürlich nur so gemeint, daß Milet als Zentrum gedacht wird. Wenn man Milet sagt, schließt man Priene nicht aus. A b e r auch Samos ist nicht sdiarf geschieden, und die Strahlen gehen noch weiter.

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Mythologie und Heldensage

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erwähnten Fragment (Frg. z, 8). Nun betrachte ich es als so gut wie ausgemacht, daß die Heimat des Aietes ursprünglich Aia - „Land" — hieß und im Märchenlande beim Aufgang der Sonne lag 3 ; so fühlt man es noch bei Mimnermos (Fr. n ) . Der zweite Name - Aia fj KoX/i; pflegt Herodot zu sagen — ist so in die Sage hereingekommen, daß man das Märchenland Aia mit dem wirklichen Lande Kolchis am Ostrand des Schwarzen Meeres glich 4 . Wieder zweifelt wohl niemand, daß die Milesier es gewesen sind, die an dem östlichsten Ziel ihrer Pontusfahrten den Herrschaftssitz des Sonnensohnes Aietes wiederfanden. Phasis ist j a geradezu als milesische Gründung bezeugt (Steph. Byz.). Die zweite Angabe, die darauf hinführt, daß der Korinther Eumelos ein milesisches Epos benutzt hat, ist, so unscheinbar sie wirkt, vielleicht noch beweisender. Bei ihm nämlich (und ihm folgte darin Aristoteles) wurde Sinope eine Tochter des Asopos genannt 5 . Was das bedeutet, ist klar, sowie man die Sagen von den Asopostöchtern überblickt 6 . Kerkyra wird von Poseidon | geraubt, Aigina von Zeus, Salamis wieder von Poseidon, Rhode von Helios. Jede wird nach der Insel gebracht, die von ihr den Namen bekommt, und gebiert dem Gott einen Sohn, der auf der Insel herrscht. Nun drücken diese Sagen in mythischer Form ersichtlich die Beziehung der betreffenden Insel zur Nordostecke des Peloponnes aus. Die Rhodier stammen j a aus der Argolis; Kerkyra ist korinthische Kolonie; für Aegina fehlt die geschichtliche Ueberlieferung, und nur die Sage belehrt uns; die salaminische steht unter dem Einfluß der äginetischen wie Salamis unter dem von Aegina. Wenn nun Eumelos die Sinope unter die Asopostöchter rechnete, so mußte er sie vom Flusse Asopos vermutlich durch Apoll entführen und Mutter des Syros werden lassen 7 . D a ist das Vorbild der eben genannten Sagen, für den korinthischen Dichter wohl 3

W i l a m o w i t z hat in seiner Einleitung zur Medea (wie ehedem H . D . Müller, M y t h o logie der griechischen Stämme I I 3 2 9 ) in A i a das Totenland gesehn und sich in dieser Hinsicht auf Wackernagel berufen, der in den Vermischten Beiträgen zur griechischen Sprachkunde (Basel 1 8 9 7 ) 4 ff. den N a m e n "AiÖt)5 versuchsweise mit a i a zusammengebracht hatte. A b e r Wackernagel selbst spricht sich sehr vorsichtig aus, und mit der Theorie v o n W i l a m o w i t z scheint es mir (trotz Malten, K y r e n e 1 2 0 ) nicht zu stimmen, daß Aietes Sohn des Helios, des lichten Gottes, ist.

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Maas, H e r m e s 1 8 8 9 , 699 fr. G ö t t . Gel. A n z . 1 8 9 0 , 3 5 2 , hat Kolchis vielmehr als ein griechisches W o r t genommen ( = Chalkis) und kühne Sdilüsse auf diese Hypothese gebaut. Dagegen spricht die Doppelheit A i a r| Ko).%iv EQIOIIVIOV, nach der E r z ä h l u n g v o n der G e b u r t jioXüxpojtov, at(j.uXo|xf|xriv, Xri'iaxriQ', tXaxfjpa ßotov, r)YT)X0Q' ÖVEIQCÜV, vuxxög öji(D;tT|TfjQa, JXUXT|86XOV, og xay' EHEXXEV ajwpavEEiv xXuxa egya |I£x' äftavaxoiai öeoloiv. W e n n sich hier die beiden Charakteristiken ergänzen, so ist in archaischer Poesie, die nur dem Augenblicke mit aller K r a f t lebt, ohne das G a n z e v o n einem P u n k t e aus überschauenden Blickes zu organisieren, sehr begreiflich, d a ß an beiden Stellen g a n z ähnliches bis z u wörtlicher Übereinstimmung gesagt w e r d e n kann. D a f ü r ist der P a n h y m n u s ( X I X ) besonders bezeichnend, dessen Dichter zu A n f a n g den G o t t schildert als alYiJt68r)v, öixeguxa, (piXoxQotov, og T äva iucrr| 8ev8pr)evT' ä^vöig cpoixäi xopori^EOi vu|i.q>aig und gleich nach der G e b u r t mit fast denselben W o r t e n TEXE 8' EV IXEYOIQOIOIV 'EpixEirii tpiXov mov acpap xEoaxconov LÖEadai, aiYUtoöriv, SixEpcoxa, jioXiixQoxov, i)8uYEX(i>Ta. So w i r d es denn niemanden mehr v e r w u n d e r n , d a ß im H e s i o d proömium der Geburtsgeschichte eine Schilderung des Wesens nicht nur vorangeht, sondern auch folgt, und d a ß sich die beiden Schilderungen, in denen natürlich v o m Gesang der Musen die R e d e | sein m u ß , vielfach berühren, ohne doch einander so nahe zu k o m m e n w i e im Panhymnus, und ohne einander so z u ergänzen w i e im Hermeshymnus. Diese z w e i t e Schilderung, die sich mithin gleichfalls als typisch ergibt, u m f a ß t die

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Gruppe, Über die hesiodisdie Theogonie 31, und Ellger, Programm 8, athetiren V. 5 8/9, weil die Nennung des vollen Jahres dem Naturgesetz widerspreche. Aber es ist kaum zweifelhaft, daß die Stelle vielmehr als wichtiger Beleg den bekannten Beispielen anzureihen ist, w o eviavxo5 noch nicht = exog ist, sondern allgemein einen bestimmten Zeitraum bedeutet.

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Griechische Literatur

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Verse 60-67 1 2 . Sie sind formal unentbehrlich. Denn die seltsame Ordnung der Satzteile in 60-62, w o die Ortsbestimmung T U T Ö O V DJT' DXQOTATRIG xoQuqpfjs vicpÓEVTog 5OXi)|iJioii von dem Verbum getrennt und an das Ende gestellt ist, erklärt sich nur so, daß auf den Anschluß des folgenden evda gerechnet war 1 3 . U n d wenn, um den Inhalt zu berühren, die Rede erst auf den Wohnsitz, dann auf die Gefährten der Musenschar kommt, so bieten sich hierfür Entsprechungen genug: für den Wohnsitz die Hymnen auf Apollon (III) 141 ff., Hestia ( X X I X ) 9, Pan ( X I X ) 6 ff., für die Gefährten Pan 19: avv 8é acpiv T Ò T E vujiepai O P E C M Ä Ö E G . . . ¡jiXjtovxai.. Nachdem die Geburt des Hermes berichtet und eine Charakteristik seiner Vielgewandtheit angeschlossen worden ist, wird erzählt, was er weiter tat (20): og xaì ÈJTEÌ ÖR| U.R]xnòg À N ' àdavàxcov T)ÓQE yuioov O Ù X É T I 8T)QÒV E X E I T O fiévcov ÌEQOH EVI H X V C D I ài.}.' O Y ' dvai|ag ^T]TEI ßoag 'AjióXAajvog. Er findet die Schildkröte und macht sich ein Instrument aus ihrer Schale, fteòg 8' wtò xaXòv « E I Ò E V . . . à|itpi Aia K D O V Ì & T ) V xaì MaiàSa xaXXuié8iXov, w o denn der Dichter noch einmal anklingen läßt, was er zu A n f a n g erzählt hat: wie die Eltern des Gottes sich zusammenfanden. Bei Hesiod ist es ähnlich bis in die Einzelform hinein; so gleich am A n f a n g (68) ai TÒT' iaav itpòg " O X D L W O V 1 4 ayaX XüiaEvcu Ò M xaXfji, und auch sie besingen ihren Vater. N u r der Einzug der neugeborenen Göttinnen in den O l y m p kann im Hermeshymnus keine genaue Parallele haben, weil durch den Z w a n g der Fabel Hermes erst später emporsteigt. Aber gerade dieses Motiv, die Einführung in den Götterhimmel, haben die Hymnen gar nicht selten, und es schließt sich dann ganz naturgemäß der Geburtsgeschichte an. Im Panhymnus ( X I X ) trägt Hermes den Neugeborenen in den Kreis der Unsterblichen, die freuen sich alle, und davon bekommt das Kind den Namen: Ilàva 8é |xiv xaXéeaxov O T I (ppéva jtäaiv ETEQ^E. Und im kleinen Aphroditehymnus (VI) vernimmt man, wie die Göttin aus dem Schaum geboren

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6 5 und 67 vertragen sich f ü r unser Empfinden sehr schlecht. T r o t z d e m w ü r d e ich auf 67 ungern verzichten, w e i l 68 an ihn besser anschließt als an 66, u n d idi möchte glauben, d a ß um des scharfen Anpassens w i l l e n der V . 67 v o m Dichter als n o t w e n d i g e m p f u n den w u r d e . Meist w e r d e n 6 3 - 6 7 mit W o l f athetirt; v g l . Ellger, P r o g r a m m 8. M a n streitet, ob Evfta sich auf Pierien oder auf den O l y m p beziehe. A l s ob das ein U n t e r schied w ä r e . G e b o r e n sind sie in Pierien nahe dem G i p f e l des O l y m p s . D o r t nämlich in Pierien oder auf dem O l y m p (nur - streng genommen - nicht auf der Spitze) haben sie ihre W o h n u n g u n d ihre G e f ä h r t i n n e n . jiQÒg "OXu^Ttov, d. h. in den Kreis der Götter, ziehen sie erst dann ein.

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V g l . Schömann, D i e hesiod. Theogonie 304. M a n hat d a r a n A n s t o ß genommen, d a ß dieser Z u g z u m O l y m p dem A u f e n t h a l t auf dem O l y m p , w i e er in 37 ff. vorausgesetzt w i r d , widerspreche. D a s ist implicite schon widerlegt, u n d nur der Deutlichkeit halber weise idi n o d i einmal darauf hin, d a ß am A n f a n g die allgemeine Schilderung steht, die die Musen auf dem O l y m p singen läßt, nachher ebenso typisch die Geburtsgeschichte und der E i n z u g in den O l y m p . - TÒTE in V . 68 nimmt den Faden der E r z ä h l u n g w i e d e r auf und weist a u f die Z e i t nach der G e b u r t (ubi primum natae erant W o l f a. h. 1.). D a s ist n o t w e n d i g , w e i l die im Praesens gehaltene Schilderung 6 3 - 6 7 dazwischengetreten ist.

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Das Proömium der Theogonie

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wird, wie die Hören sie empfangen und schmücken und sie schließlich in den Chor der Götter und den Palast ihres Vaters geleiten. So ist denn auch dieser Teil des hesiodischen Proömiums typisch, und daß die Musen abermals singen, entspricht nur ihrer Natur und darf niemanden befremden. Man frage sich doch, ob der Dichter sie etwa stumm in den Olymp einziehen lassen konnte. „Dies also sangen die Musen15, die neun Töchter des Zeus," | und darauf werden ihre Namen genannt. Für die Namensnennung an dieser Stelle ließe sich der Panhymnus nur von fern vergleichen, und man wird vielleicht zugeben müssen, daß hier ein individueller Zug vorliegt, ganz im Geiste des alles benennenden Hesiod. Wie man denn längst darauf aufmerksam gemacht hat, daß die Namen dort fehlen, wo man sie im Gedicht erwarten müßte (915 ff.), eben weil sie im Proömium schon genannt waren. An die Aufzählung schließt sich eng verbunden ein Preis der göttlichen Kraft, die in den Musen waltet, der äQerai und ti|iai. Kalliope wird durch den füllenden Versschluß rj 6e jtQocpEQEa-cciTTi ecmv ditaasiov herausgehoben und an sie ist alles Folgende angeschlossen mit dem verbindenden Vers 16 : f| yäg xai ßaaikevaiv äfx' aiöoioioiv öjtr]5ei. Der „König", den die Göttinnen bei der Geburt gnädig anschaun, der besitzt die Macht der Sprache und wirkt dadurch beim Streit auf dem Markt. Das ist die Gabe der Musen. Denn wenn auch die Sänger von Apoll und den Musen stammen und die „Könige" (nicht von ihnen, sondern) von Zeus, so verleihen doch die Musen (allen, also auch den von Zeus stammenden „Königen") die Macht der Rede. (Und so mächtig sind die Musen:) Wenn einer in Kummer ist, dann tröstet ihn der Sänger 17 . - Daß nun ein solcher Teil, der von den 15

16 17

TCtix' äga Moioat asiSov (7$) scheint nicht scharf anzupassen, nachdem das letzte, was vorhergeht, gar nicht klar als Inhalt des Musensanges bezeichnet war. Aber die angeführten Worte in ihrem Bezug auf das vorhergehende ¿nvEvaai? (70) machen eben die dazwischenstehenden Sätze deutlich als das, was sie sein sollen. (Richtig hierin Ellger, Programm 1 1 , dem ich freilich sonst nicht folge.) Dies befremdet; aber doch nur, wenn man den aus homerischer Technik gewonnenen Maßstab an Hesiod legt. Ganz ähnlich unhomerisch ist das ojg eqpato nach indirekter Rede Erga 69. Ich nehme bei dieser Gelegenheit ausdrücklich die in den Philol. Unters. X I X 42 f. ausgesprochene Athetese von Erga 60-69 zurück und glaube sagen zu dürfen, daß wieder nur unsere willkürlichen, an homerischer Technik erwachsenen Forderungen schuld sind, wenn wir es nicht ertragen, daß Befehl (60-68) und Ausführung (69-82) ungenau zusammen stimmen. Freilich würde Homer das anders machen. Die Inconcinnität bei Hesiod könnte sogar als Fortschrittssymptom gelten. [Vgl. Aly, Rhein. Mus. L X V I I I , 1 9 1 3 , $52, mit dem ich hier zusammentreffe, so sehr wir sonst in der Gesamtauffassung und den Einzelheiten auseinandergehen. Correcturzusatz.] Das nennt man besser Bindeglied oder Gelenk oder Scharnier als gerade „Flickvers". Die Struktur der Verse 93-100 glaube ich zu verstehen, so wenig dem Dichter eine völlig klare Construktion der complicirten Gedankenreihe gelungen, ist. Vier Gedanken sind es, die man sich schematisch so vergegenwärtigen kann: 1 a. Die Könige stammen von Zeus. 1 b. Wenn sie von den Musen begnadet werden, sind sie beredt.

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Griechische Literatur

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K r ä f t e n (äpejxai) der Gottheit redet, gleichfalls typisch ist, kann leicht gezeigt werden. Im Hermeshymnus ist er redit ausgedehnt und steht am Ende ( 5 2 5 ff.) des Ganzen wie bei Hesiod. N u r ist eine Weiterbildung darin eingetreten, daß nicht der Dichter, sondern A p o l l dem neuen Gotte Hermes den Umkreis seines künftigen Wirkens bezeichnet. D a s Ursprüngliche haben wohl die kurzen H y m n e n auf die Dioskuren ( X X X I I I ) und auf Hestia ( X X I X ) bewahrt, von denen der erste A n r u f u n g , appositionelle Prädikation, Geburtsgeschichte, alles ganz kurz, dann etwas ausführlicher die Wirksamkeit gibt, während der zweite yeQaq xai xi|xr]v unmittelbar der A n r u f u n g hinzufügt. Schließlich ist ganz allein von diesem M o t i v der Hekatehymnus unserer Tbeogonie ( 4 1 1 ff.) erfüllt, der freilich notgedrungen in wichtigen Punkten v o m homerischen T y p u s abweicht. U n d wesentlich ist es, zuletzt auf die Stelle der Tbeogonie zu verweisen, w o die Entmannung des Uranos und die Entstehung der Aphrodite erzählt wird. Das ist kein H y m n u s , sondern ein epischer Bericht. A b e r er ist gewiß nicht ohne Beziehung zur Hymnentradition, und er vereinigt Geburtsgeschichte ( 1 8 8 - 1 9 5 ) , N a m e n ( 1 9 5 - 2 0 0 ) " , Z u g in den O l y m p ( 2 0 1 - 2 0 2 )

2 a. Die Dichter stammen von Apoll und den Musen. 1 b. Sie sind von den Musen begnadet und haben die Gabe des Gesanges. In der Übereinstimmung von 1 b und 2 b liegt das Verbindende der Gedankengruppen, die Zusammengehörigkeit von „König" und Sänger, die zwar verschiedenen Ursprung haben, denen aber die Musen ähnliche Gaben verleihen. Hesiod bringt die Reihenfolge 1 b, 2 a, 1 a, 2 b. Der Gedanke an die Dichter drängt sich ihm vor; man begreift, daß er da mit seinem Gefühl am stärksten beteiligt ist. HEtdxQOJia £QY ..17. 05 jiavTEOtn fiETaitpeitei äftctväTOiaiv. ' " ' ' [05 xäMaaxog ev äftavaxoiai dsolai, A.i)aineA.rig jtävxcov te Oecov jtävxcov x' Avdjjdmcov 6apvaxai sv axfidecai vöov xal ejcupgova ßouXr|V.]

Warum begnügt er sidi nicht mit Petitdruck? Warum geht seine Feindschaft gegen diese Verse so weit, sie auch noch in eckige Klammern zu setzen? Daß Aristoteles V. 121/2 nicht gelesen habe, ist unbeweisbar: dieses Negative wenigstens kann man gegen Jacoby mit Zuversicht aussprechen. Aristoteles exzerpiert ersichtlich, und so wenig man sidier sagen kann, was er nach Tai' evgiiioTEQvog las, so wenig kann man beweisen, daß seine Vorlage hinter der Prädikation 05 jiäai (¿ETajigEJiEi äftavätoiaiv nichts mehr gebracht habe. Die entgegengesetzte These Jacobys beruht auf seiner Vorliebe für jene angeblich hesiodische Schlußformel, die von irgend jemandem nichts anderes als seinen Vorrang prädiziere, wenn er nämlich nur den einen Vorrang habe, in einer Reihe an letzter Stelle zu stehen. Darüber ist früher bei Kalliope gesprochen worden. Und wie dort scheint es mir auch hier zum mindesten ganz unerweislich, daß Hesiod sich begnügt habe, den Vorrang des Eros zu behaupten, ohne ihn zu demonstrieren. Die Alten haben diesen Eros als den „kosmogonischen" verstanden, von den Orphikern an über Parmenides und Empedokles zu Piaton und Aristoteles, den Stoikern und Neuplatonikern. Welcker (Hesiodische Theogonie 1 1 2 ) hat diese Deutung nicht umstürzen, sondern ergänzen wollen, als er an den Steinphallos von Thespiai erinnerte. Wenn er freilich diesem Gott einer urtümlichen Bauernreligion kosmogonische Bedeutung beilegte (Götterlehre I 350), so wird ihm darin kaum mehr jemand folgen. J a , heut möchte man weiter gehen und auch dem Hesiod nur noch die Huldigung für seinen heimischen Gott übrig lassen und die „kosmogonische" oder hesiodisch zu sprechen | „theogonische" Bedeutung seines Eros ganz leugnen (Kern, Rel. der Griechen 250). Auch Jacoby ist dem geneigt; „höchstens darf man auch hier fragen, ob die überraschende Einführung des heimischen Gottes der Zeugung in den Kreis der Urgötter durch V. 120 gewissermaßen begründet und gleichzeitig stark gefühlsbetont werden sollte; und diese Frage läßt natürlich keine beweisbare Antwort mehr zu, so gern man sie bejaht". Ich glaube, man kann hier zuversichtlicher reden - wenn man nur die eine Voraussetzung macht, daß Hesiod etwas Sinnvolles und Bedeutendes schuf. Erst Chaos, dann Gaia und dann — ein böotisdier Götterfetisch, der „seine hervorragende Stellung

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Griechische L i t e r a t u r

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ganz einfach der Tatsache verdankt, daß er für Hesiod ein heimischer Gott war" (Jacoby, a . a . O . 166): ist das nicht eben zu - einfach? So einfach, daß recht besehen gar kein Sinn und Zusammenhang mehr übrig bleibt? Warum dann grade Eros, da es doch viele heimische Götter gab? Heißt das nicht, sich das Religions- und Geistesgeschichtliche dieser Stelle geradezu verschließen, indem man sich auf das Zufällige und heimatlich Enge zurückzieht? In Wahrheit hätte der nichts-als-böotisdie Eros neben Chaos und Gaia überhaupt keinen Sinn bei Hesiod, und Sinn hätten erst die Späteren hineingebracht, und zwar einen Sinn, von dem alle Folgezeit zehrt seit der Orphik bis auf Dante. Also wieder wäre Hesiod ganz unwichtig und wichtig wäre erst sein unbekannter Bearbeiter? Aber um es offen zu sagen: an diesen Hesiod glauben wir nicht, und daß Hesiod selbst dem Eros eine Bedeutung geben wollte neben und mit den Urmächten Chaos und Gaia, das ist keine Annahme, sondern das steht einfach da, weil das Gegenteil hieße: acinteaftai eiti tivog dXoviag. Daß er den Eros-Phallos von Thespiai kannte, oder vorsichtiger zu sprechen, einen epichorischen Kult von dieser Art, ist gewiß. Dann aber kann man den Vorgang im allgemeinen nur so denken, daß er diesem Steinfetisdi theogonische Macht verlieh. Ob das geschehen konnte durch die für sich allein kaum halb verständlichen Worte ognäai n.Eta;tQEjrEi äftavatoioi? Ob nicht sowohl diese im besonderen wie die Nennung des Eros an dieser Stelle im allgemeinen erst sinnvoll wurden durch 121/2? Jacoby hat an den homerischen Wendungen Anstoß genommen, die sich in diesen Versen häufen („ausgesprochener Centocharakter"). Aber ist das, was er übrig läßt, og jcavTEaai |.i£TcuTQejtei ädavätoiai weniger homerisch? J a , man kann weiter gehen. Wenn man sich vorzustellen sucht, wodurch sich denn Hesiod ermächtigt fand, den thespischen Steindämon so hoch zu erheben, so muß die Antwort lauten: durch Homer. Mit dem, was man in einem böotischen Bauernkult Eros nannte, schloß sich ihm zusammen, was Homer Eros nennt, die Macht, die dem Zeus wie dem Paris itwivag | (PQEVAG D|I(PEXÄXIN|>EV oder EVI ATRJÖEAAI JIEQURPOXUFREIG eöaixaaaev (3 2 9 4 . 315. 1^442.). Notwendig sind 1 2 1 / 2 nicht nur darum, weil sie 120 erst verständlich machen, nicht nur darum, weil sie die Erhebung des Eros zum Range eines Urgottes erst rechtfertigen, sie sind auch notwendig - und das ist gleichsam die Probe aufs Exempel - weil das .o|j.r]ÖT}g? Und warum das alles? Weil Jacoby nicht zugeben will, daß hier „der Moment, w o Aphrodite aus dem Meere emporsteigt (ex 6' eßri 194), als ihre Geburt bezeichnet wird (yevto 199)". Das sei Harmonistik. Wie aber, wenn Harmonistik hier wie sonst etwas höchst Berechtigtes wäre, nämlich das Bestreben des Interpreten, die amovía, das Gefüge seines Textes zu begreifen? A n unserer Stelle muß man nur sehr physiologisch denken, | um zu sehen, was der alte Dichter gewollt hat. Die nr)5sa fallen ins Meer, nicht der „ausgeblutete Fleischlappen", wie Jacoby (Hermes 61, 181) fälschlich versteht, und w i r werden bald sehen, aus welchem Selbsterhaltungstrieb er so mißverstehen mußte. Es ist nämlich falsch, daß die nr)8ea den ácpoóg erregen (a. a. O . 177) - wie soll man das verstehen? Vielmehr: „rings um das Glied erwuchs (erhob sich) der weiße Schaum von dem göttlichen Fleische her" (ä|xqpl öe Xeuhó; acpQÖg out' áftavátov XQoög üjqvuto). Man kann am Gegensatz zum Orpheustext (Frg. 125 K . ajitpi öe tolai Xevxög ejujtXcüoucuv éXíaaEto jtavtófrEv ácpgóg) noch schärfer sehen,, was im Hesiodtext auch so unwidersprechlich deutlich wäre: daß der Schaum, der „vom Fleische her erwuchs", nur der Same sein kann, mag man sich auch hinterdrein „ringsherum" Meeresschaum ansetzend denken. „In diesem", offenbar: in diesem Schaume, wurde ein Mädchen ernährt, wuchs heran. Der Schaum ist so etwas wie ein Mutterschoß, in dem sich neues Leben bildet. Dann nähert sich er oder sie, der áqpeóg oder die v.ovQr\, das ist nicht sicher zu sagen, „er", wenn man twi 5' éví xovgti áftpÉ otiyht] in Strophe und Gegenstrophe — jieqwv viji' oiö|j.aaiv = jispicpgaSTig avr]Q: einen Sinneseinschnitt, der sich metrisch nicht fassen läßt, vielmehr das metrische Gebilde in zwei Teile zerschneidet, von denen keiner eine metrisch sinnvolle Einheit abgibt. Dieser Widerspruch ist nur festzustellen. Deuten läßt er sich (vorläufig) nicht. Sinnvoll deutbar hingegen ist der metrische Umbruch aus dem äolischen Teil in die Iamben, Umbruch, auch wenn der „Enhoplier" als eine A r t Ubergang erscheint. Das Gradeaus des Hinüberdringens (jteQcov) inmitten der brüllenden und sich um und über das Schiff wölbenden Wellen gibt der neue Rhythmus wieder, und in demselben Rhythmus drückt sich aus die Unerschütterlichkeit der Erde gegenüber der Bewegung, die sich an ihr vollzieht: eine daktylische Reihe symbolisiert diese neue Bewegung. So steht der iambische Tetrameter in einem rhythmischen Gegensatz sowohl nach vorn wie nach hinten. Diese Wendung nach zwei Seiten bedingt den scharfen Einschnitt hinter oiöjxaaiv. Warum er freilich an diese metrisch kaum erklärliche Stelle zu stehen kam, dafür wissen wir auch jetzt keine Deutung. Nach den Daktylen trimetrische „iambische" Klausel mit schweren Synkopen, wobei der N a m e „iambisch" nur als vorläufiges Verständigungsmittel stehe. Nicht zufällig ist der Anklang an den Ithyphallicus. Boedkh4 wollte die beiden schweren Silben: Strophe [jutsi- Antistrophos ovqei-, an die daktylische Reihe anhängen. Damit überhörte er den starken Einschnitt nach ETog in der Strophe und nach ¡¡uyov in der Antistrophos, und er ließ den schweren spondeischen Einsatz verloren gehen. Aber er hörte den ithyphallischen Abschluß, den man bei der Benennung als Iamben zu 4

Des Sophokles Antigone, 1843, 30.

[57158]

Ilo/.Xa ra 8eivd

185

überhören in Gefahr ist. Die Reihe als ganze gehört doch wohl zu der Klausel tö rtüv 6r) xMovoiv äXyoi, die Wilamowitz, Verskunst 250 f. in nicht redit treffendem Zusammenhang behandelt hat. Der spondeische Beginn an unserer Stelle zeigt das Irrtümliche seiner Behauptung: die erste Silbe sei immer kurz. Hier wirkt gerade der schwere spondeische Einsatz stark. In ihm und dann | überhaupt in dem rhythmischen Gegensatz der Klausel gegen die vorhergehenden Daktylen zeigt sich nach der unaufhörlichen Bewegung der Pflüge die schwere Arbeit des Gespanns. In der Gegenstrophe steht an derselben Stelle, wo in der Strophe der Seefahrer seinen geraden Weg fuhr, „der umsichtige, einsichtige Mann", wo in der Strophe die feste Erde stand, das Überlegene seiner Listen. Auch hier die Festigkeit in Iamben gegeben. Auch hier ähnliche Wendung gegen das, was vorhergeht, und das, was folgt. Die Jagd auf Vögel, Landtiere, Fische vorher in Glykoneen, das wilde Getier der Berge und die Bändigung des Rosses in Daktylen. Als schwerer Abschluß, dem pflügenden Roß in der Strophe entsprechend: der ungebändigte Bergstier. Zweites Strophenpaar. Drei Prosodiaka, das dritte um ein iambisches Metron erweitert: so Wilamowitz und Schroeder. Keiner von ihnen wird diese Erweiterung mechanisch genommen, den Anklang des dritten erweiterten Prosodiakon an den alkaischen Zehnsilber überhört haben. Dieses erste Stück mit den vielen Doppelsenkungen drückt in der Strophe die Wendigkeit der Sprache und des Denkens, in der Gegenstrophe den Erfindungsreichtum aus. Freilich in der Gegenstrophe schon mehr als das: auch die Entscheidung zwischen Übel und Gut. Das folgende große iambische Stück gibt in der Strophe zunächst den Häuserbau, also etwas weit Standfesteres als die geistige Bewegung vorher; in der Antistrophos die Festigkeit von Gesetz und Recht. Dann weiter in Strophe und Antistrophos das rhythmisch unüberhörbare Gegenüber jtavtoxcoeog-ajtoQog und xnjiL-To/.ig-a^oXig. Die Festigkeit der fortschreitenden Iamben entspricht in Strophe und Antistrophos dem Gedanken, was keiner Ausführung mehr bedarf. Die starken Synkopen fallen sehr ins Ohr. An diesen Synkopestellen scheinen mit Vorliebe besonders bedeutende Wörter zu stehen: Strophe tpsiiyEiv Antistrophos bvoqxov, Strophe "Aiöa Antistrophos T6?.|iag. Scharf hebt sich zuletzt ab in der Strophe |un.JiE(peaaTai, in der Antistrophos og taö' eqöei, dort noch einmal die Fülle des erdenkenden Sinnes, hier noch einmal das Entscheidungsvolle des Handelns in ein einziges Metron zusammengefaßt. 2. Zur Musik Uber die Musik eines griechischen Chorliedes oder Einzelgesanges können wir nur von fern weniges ahnen. Pindars Pythien I ist eine einzigartige Ausnahme, die gar nicht genug studiert werden kann, wenn

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Griechische Literatur

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auch hier das „Echtheitsproblem" für viele den Weg versperrt. Aber wenn man bedenkt, daß „Accent" eine Ubersetzung von JiQoatpöia ist, so müssen die traditionellen Accente, wie mechanisiert auch immer, etwas von der Sprachmelodie wiedergeben. Versuchen wir es mit IloXXd xa öeiva, indem wir nur dort die Accente einsetzen, w o sie in Strophe und Gegenstrophe auf derselben Silbe stehen.

Str. und Antistr. i Str.

Vers 1 . . . av&QtoJtov . . . neXei OQvidcov . . . oyei

Ant.

1

. ..

Str.

2

. . . JIEQOV JCOVTOV . . . Xei|A£ßitp VOXCp

Ant.

2

. . . edvr) j i ö v t o u . . . EivaXiav qruaiv

Str.

4 • . . jtEQCov i m ' o i ö j i a a i v ö e w v t e

Ant.

4 • ..

Str.

5 • . . a x a ( x a t a v airotgiiETai

Ant.

5

Str.

6 . . . exog eig Exog

Ant.

6

. . auxpiXocpov ¡¡vyov

Str.

7

. . IJlJtEtCp Y E V E l JtoXElJCDV

Ant.

7

..

. .

jiEQiqpQaöf)s avriQ. xpaxEi 8e

ooecrcrißäxa Xacriaii/Eva

o v q e i o v x' ax(ir)xa x a ü p o v

Str. und Antistr. 2 Str.

Vers 1 . . . xal cpfteyna y.ai ave|xöev

Ant.

1 . . . aoqpov ti to ht)xov6ev

Str.

2 . . . qjQovrina v.ai affxirvöfioug

Ant.

2 . . . TEXva.5 unep eXiuö' e/cov

IloXXa xa Öeiva

[58]

187

Str.

3 • . . OQYÜg eöiödlato xai öuaauküv

Ant.

3 •.

Str.

4 • . . rcaycov . . . ßeXri

Ant.

4 • . . vo(.iot)g . . . öixav

Str.

5 • . . jtavtojtoQOc; • ajiopog

Ant.

5 • . . mpuioXig • änoXig

Str.

6

..

Ant.

6

.. IrvEati ToX(xag %ä.Qiv |WIT' E^OI jiaQEtmog

Str.

7

. . voacov 8' afxrixävcov cpir/ag ovurtEqppaaTai

Ant.

7

..

. TOTE (XEV

xaxov aXXox' en eaMov

TO HEXXOV

EJI' OVÖEV

OT TO

EQJIEI

egxeTai

|ii| y.aXov

• 'Aiöa |i6vov A>TT|Qiov und àxgoaTTigiov sind z w e i ganz verschiedene Wörter, die man nicht vermengen darf. - Z u den Ä u ß e r u n g e n Piatons, mögen sie echt sein oder anekdotisch, siehe W . K r a n z , Platónica, Philologus 102, 1958, 80 ff. ( = Studien zur antiken Literatur, 1967, 320 ff.). U m den zweiten „ V e r s " als Vers z u retten, verweist ihn P. Maas (ebendort S. 83 A n m . 1) in die Kaiserzeit - höchst u n w a h r scheinlich. W e n n wir keine authentischen Ä u ß e r u n g e n Piatons vor uns haben, so sind die W o r t e doch wahrscheinlich gleichzeitig oder w e n i g später.

Geschichtswende im Gedicht Interpretation historischer Epigramme Eduardo Norden septuagenario

i. Die

A

(Hephaestio cap. 4 pag. Diehl = Preger 152):

Tyrannenmörder

15

Consbr.

=

Simonides

76

*H [liv' 'Aftrivaioiai (pocog vevefl' f|vix' 'ApiaxoYEITCOV "Iroiag/ov xai 'AQp.66105. „Das ist", sagte Wilamowitz (Sappho und Simonides, 2 1 1 ) , „keine Inschrift, aber es ist in sich abgeschlossen; wir haben offenbar einen Trinkspruch in elegischer Form". Von diesen drei Thesen ist die erste und die dritte falsch, die zweite vielleicht richtig. Aber aus den Irrtümern großer Männer soll man bekanntlich lernen. Daß das Distichon zu einem Monument und dann also der Tyrannenmördergruppe gehöre, war wegen des Citats 2ifi(oviöris ei EJUYQa|x[xaxa)v „citiert von Hephästion aus sehr alter Quelle" (Wilamowitz) - immer schon wahrscheinlich1 und ist jetzt wohl allem ernsten Zweifel entrückt durch die Basisecke von der Agora 2 mit den beiden Pentameterschlüssen: J'Aßixoöiog. JjraxQiÖa y^v e-&exr|v. | Dabei gibt das zweite Distidion wieder ein neues Problem auf, das uns nachher beschäftigen muß. Die Tyrannenmördergruppe gehört keinem vorher bestehenden Genos der Plastik an: Das sind keine Götter oder Heroen, keine Grabfiguren, keine Anatheme, keine Kuroi. Sondern Auftraggeber und Künstler haben hier gemeinsam ein neues Genos begründet, „das erste volkstümlich-poli[Studi italiani di Filologia Classica X V , 1 9 3 8 , S. 8 9 - 1 2 0 . ] 1

2

Warum Stobaeus, Ecl., I, 8, 2 2 : 2t(i,ümör|; EJTIYQAJI^OITCOV • 8 TOI xpovo? ö86vxa? nat ndvxa tprixsi x a l x a ö w a i o x a x a „sicherlich nicht aus einemEpigramm genommen" sein könne (Wilamowitz a. O.), leuchtet nicht ein. Die Zeit hat, wie sich weiterhin zeigen wird, eine große Bedeutung in den echten Aufschriften. Amer. Journ. Ardi., 1 9 3 6 , 190; Hesperia, 5, 1 9 3 6 , 3 5 5 ff.

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Griechische Literatur

[90/91J

tische Monument der Weltgeschichte" (nach der Formel Julius Langes3) geschaffen. Ebenso unerhört die Aufschrift, unser Distichon: Das ist keine Grabinschrift, keine Weihinschrift, überhaupt kein gegebenes Genos griechischer Epigrammatik. Emphatisches anstelle eines schlicht feststellende evOüSe oder oiöe, keine Gottheit der das Denkmal geweiht wird, kein Stifter. Aber die neue dichterische Form drückt in eigenster Weise den Sinn des ganz neuen politischen Ehrenmales aus. Daß es „Licht wurde", steht genau an derselben Versstelle wie im Homer O 699 |xaXa öe aqpi «powg yevet1 äncpoTegcoftEv. Aus Homer stammt auch die den Griechen so vertraute Vergeistigung des Lichtes zur Rettung A 797 ai xev Ti cpocog Aavaoloi vevr^ai. Und an dem wesentlich homerischen Klang ändert es kaum etwas, daß die Steigerung „großes Licht" - hier noch eindringlicher gemacht durch die Trennung der beiden zusammengehörigen Worte - uns sonst erst in der Tragödie begegnet4. Mit diesem homerischen Klang ist in Harmonie der heroische Charakter des Monuments: die Größe und die Nacktheit der Gestalten. Episch ist auch der Aufruf r| verstärkt durch (xaXa oder nsya (z. B. $ 54-5 u jconoi, r\ azya •ftaina x68' öcpdaXuoicriv ÖQÜ^ai- | n&Xa 5r) TgtÖEg |j.£*/aXr]TOv te xoqojv EQEÖia(j.aTa Aristophanes Wolken 300 ff. Wäre xaXXixopog als vereinzeltes Schmuckwort \ gebraucht, so dürfte man die hier versuchte Ausdeutung nicht wagen. Aber 'EXXdöog dy.gonoXiv, xaXXixogon, jiatQiöa geht ersichtlich in scharfer Gegenüberstellung auf den Vorrang in den Werken des Krieges und des Friedens. Wie wenig Spartas Anspruch gegründet war, lehrt die Geschichte. Unter dem Vierzeiler folgt in einem besonderen Pentameter die Dichtersignatur. Es ist die älteste auf einer Inschrift. Was es sonst dergleichen gibt, ist viel später35. Was bedeutet also das Ungewöhnliche, daß Ion von der Insel Samos sich hier nennt? Doch wohl dieses: Geist und Tat sind geschieden. Lysander kann Athen niederwerfen und den Anspruch auf seine Nachfolge erheben. Aber formulieren muß ihm diesen Anspruch eine ionische Feder, die er sich kauft. So hat ihm seinen Plan zu einem Verfassungsumsturz ein gewisser Kleon von Halikarnass, wieder ein Ostgrieche, in die Form einer Denkschrift bringen müssen. j. Untergang der griechischen Freiheit K

(Hiller, 73 = Preger, 271): OiÖE jiätQag evExa acpetegag elg 8f)Qiv eöevto öitXa xai avtutdXcov Cßpiv ajiecrxEÖaaav • |xaßvä|j.£voi 8" ägErfjg xai ögifiaxog ovv. Eaacoaav ijru/dg, aXX* 5Ai8t]v xoivöv e'Öevto ßpaßf], owexev 'EXXt|vcdv, wg [i/r) tvyöv avyzvi MvxEg öouXoaxivTig anyeQav ajupig Excoaiv üßQiv. yaia öe itatgig exei xoXjioig rcöv nXelaxa xajxovxcov aci)[i,ax°, Eitsi "9vr|Toig ex Aiög t^öe xgiaig|xt)8ev ¿(iagTEiv eoti -ö-ecov xai jtavta xaxoQ-Ooiv EV ßlOTTjl, ¡xolpav 8' oi)Tl CpuyElV EJIOQEV.

** Plutardi, Apophth. Lacon. inc., p. 232 E . »5 Wilhelm, Oesterr. Jahresh. II, 239.

[1101112]

Geschieh tswende im Gedicht

229

Daß der Text des Gedichtes schwer entstellt sei, scheint fast allgemeine Annahme 36 . Möglich, daß an dieser Annahme etwas Richtiges ist, - obgleich uns grade die Kritik an einigen |Änderungsversuchen zum besseren Verständnis des Gedichtes führen soll. Wir gehen dabei aus von einer offenbar treffenden Beobachtung von Wilamowitz, der den Stimmungsausdruck des Gedichtes rühmt und dann hinzufügt: „Die Form steht nicht auf gleicher Höhe". Wenn das aber so ist, dann wird vielleicht mandies, was einem am Wortlaut befremdlich vorkommt, lieber zu verstehen und nach seinem Stimmungsgehalt zu befragen als abzuändern sein. Die beiden ersten Disticha entsprechen dem Typus der vierzeiligen Polyandria-Aufschriften wie O I Ö E nap' EvQuniöovTa Hiller, 42, Oiöe nag' 'EM.r|(jjiovTOv Hiller, 52, Oiöe itargav jioXiiöaxQOT Anth. Pal., V I I 242 (vgl. oben S. 225). V . 1-2. Sie gingen in den Kampf für ihr Vaterland und warfen die feindliche Uebermacht zurück, ndtgag evexa acpstEgag, so ist es überliefert, und so ist es richtig. Denn so heißt es in dem homerischen Vorbild P 157/58 01 JIEQI jtaTQris | avögaai öva|ieve£ffai . . . öfjQiv E-ÖEVTO. So heißt es auch immer wieder im Epigramm: itegLrorcpiöogwAeaaft' fißrjv Hiller, 47, yäg W I E Q Hiller, 68, OIÖE itatgav . . . G V Ö ^ E V O I Anth. Pal., VII, 242, Jtaxgiöa Quonivoug Anth. Pal., VII, 255, 'Aßöiqgcov jtgoftavovta Anth. Pal., V I I , 226. So sagt auch Demosthenes: W I E Q TOÜ 8F|[xov öe(xevog zä onXa ( X X I , 145) und Lykurg (§43) ojtAci {TEIIEVOV IIUEQ tfjg natpifiog. (Formal klingt TOIJOÖE ITÄTGRIG EVExa otpETEgag an xotjaö' dQExfjg Evexa atEqpavoig Hiller, 61 an.) „Sie gingen für ihre Vaterstadt in den Kampf" ist stärker, einfacher und richtiger als „sie gingen fern von ihrer Vaterstadt in den K a m p f " , Jidtpag HEV Ixag aqpetEQag, nach H . Weils Konjektur, die Wilamowitz rühmt, Hiller übernimmt. s'ig örjgiv E Ö E V T O öjiXa aber ist eine für den Stil dieses Gedichts vielleicht charakteristische Verschmelzung eines Homerismus öfjgiv E Ö E V T O (P 158, siehe oben) mit einem militärischen Fachausdruck sig td£iv M E V T O TÄ ojtla37. V . 2. Der Angriff der Feinde ist als Sßgig, gewaltsame Störung des Rechtszustandes, empfunden. cuiEaxeöaaav, sie wiesen ihn ab (ajto-), indem sie die einheitliche K r a f t des | Stoßes zerstreuten. Von ndtpag Ivsxa bleibt genug im Bewußtsein, um Jid-cgag zu äjto- hinzuzuhören. Durch die Änderung exdg bekäme dieser Satz keine größere Deutlichkeit, als er ohnehin hat. H . Weil (a. O . 29) ist „erstaunt die Niederlage in einen Sieg umgedeutet zu finden". Aber gerade das hat Lykurg getan: EI 6E öei jtagaöotÖTatov ^ E V E I T O I V , dXri^eg Ö E , E X E I V O I vixamsg ajtEÜavov (in Leoer., § 49). „Das Gefühl der Niederlage ist beschwichtigt", Wilamowitz, a. O. 215. Indem sie dem Feinde entgegentraten, haben sie (trotz ihrer Niederlage) die K r a f t seines Stoßes zersplittert und abgewandt. 3 Vgl. die Unzahl der älteren Änderungsversudie bei Preger, Inscr. Gr. metr. zu Nr. 271. Ferner U. v. Wilamowitz, Sappho und Simonides, 214. 37 Xenophon, Anab., II, 2, 8; vgl. audi die Stellen aus den Rednern.

230

Griechische Literatur

[1121113]

V . 3-4. Sie fielen im K a m p f e . Dies der allgemeine Sinn des Distichons. ¡.ictQvdnEvoi steht unerschütterlich am Anfang. Es stammt aus dem Typus Hiller 42, 52 (s. o.), den man sich hier erweitern sieht. Die Anschauung „ K a m p f " scheint in ihre scharf gegensätzlichen Komponenten auseinander zu treten: age-cri Mannheit, Bewährung, und 6sl|j.a Schrecknis, Schrecken, Furcht. Alle vorgeschlagenen Änderungsversuche - 01961% xai 8eiy(xaTog, öicc ÖEiyna-rog, xaid &Eiy|j.aTog, öi/a 8ei|xaTog, ageco; xai. Xrinatog, agecag te xai ai|iaxog, pivriaa^evoi 6' dg£Tf|g xai Xf]uaiog, [xaiofiEvoi 5' dgETfjg iaoöai|xovog, dpvu|X£vot 8' apexriv b'v/a öaL|iovog — werden nur die scharfe Polarität der überlieferten Worte deutlicher hervortreten lassen38. Der grammatische Bezug der beiden Genetive ist freilich nicht sofort eindeutig klar 39 . Gehören sie zu otix eadcocrav? Aber dann könnte ex kaum fehlen 40 . Andere wollten sie von ßgaßrj abhängig machen, so daß oux eaämaav apuxag, ä ) l ä als öid iieoou stünden 41 . Vielleicht muß man sich herbeilassen, mit einer gewissen gleitenden Unbestimmtheit der grammatischen Beziehungen zu rechnen, die man tadeln mag, aber | verstehen kann und etwa zu den Eigentümlichkeiten grade dieses Gedichtes wird zählen dürfen. |xaQva(i£voi gibt die allgemeine Situation, dann folgen in einem Genetiv, der seine Bestimmung noch erwartet, die beiden Komponenten dieses Kampfes. Mit eadoaav bekommen diese beiden Genetive zunächst eine halbe und noch unbestimmte Beziehung, w o das ex nur darum fehlen kann (freilich auch fehlen muß), weil erst das letzte Wort ßpaßfj die Genetive eindeutig festlegt. Eine solche Vagheit des Ausdrucks ist dem Verfasser dieses Epigramms vielleicht zuzutrauen. Gewiß ist Präzision eine dichterische Tugend, aber nicht die einzige, und sicher nicht die seine. Jedenfalls heben die Änderungsversuche, durch die man größere grammatische Klarheit hat erzielen wollen, eben schon durch ihre Mannigfaltigkeit einander auf und verweisen auf den überlieferten Text. Die älteren von ihnen sollen hier nicht erörtert werden. Aber daß der Wilamowitzsche äoETr] 5' ex ÖEinatog oiix Eadmas i|>ir/.dc nicht nur gewaltsam sondern falsch ist, das lehrt die Besinnung auf die ursprüngliche Form die hier umgestaltet wird: wteoav rjßryv (iaQvd|xsvoi (Hiller, 47, 52). Daraus folgt a) daß uaQva|i£voi nicht zu aneay.eöaaav gehört, b) daß o w ¿adcooav im Plural erhalten bleiben muß, w o f ü r auch die sprachliche Symmetrie oiix Ecracoaav u).}J eOevto spricht.

38

t^t' ä X x % t)8e cpoßoio Ilias P 42 verglich Spengel. D a ist die Polarität nicht ganz dieselbe, aber Polarität ist es auch.

39

Man hat sogar in der Verzweiflung versucht, sie zu ¡aaQvdiiEvoi zu ziehen: „kämpfend um Tapferkeit und Furcht"!

40

i x jioXe|ioi> koawoe A 7 5 2 , aacbaetov £x ito^£|j.oio P 3 0 9 ; es ist ja nicht „befreien v o n " wie Soph. Antig. 1 1 6 2 ao'jaa; E/ftotüV x ^ o v a . „ K ä m p f e n d haben sie über Tapferkeit und Furcht nicht die Lebenden als xpitai, sie haben ihr Leben nicht gerettet, sondern den xoivög " A i 5 t i s als Schiedsrichter aufgestellt", so Spengel.

41

[1131114]

Geschichtswende im Gedicht

231

Im zweiten Distichon also w i r d das einfache „sie fielen im K a m p f e " ausgestaltet z u starkem, b i l d h a f t e m und gefühlsbeladenem Ausdruck. D e r K a m p f ist ein Gegenüber v o n dg£tr| und öeina. In diesem K a m p f sind sie gefallen und hinabgestiegen in den H a d e s , der als K a m p f r i c h t e r z u entscheiden w e i ß , ob sie auf der Seite v o n &qett| oder v o n ÖEi|xa gestanden haben, xoivog, weil omnes eodem cogimur (Hör., c. II, 2, 25) in communen locum (Plaut., Cas., 21), Tryv xow|v dxaQrciTOV (Kaibel, 534, 2), xoivog ;iäai Xijxrjv 'Aiörig (Leonidas, A . Pal., V I I , 452), xoivog dveiXciTO öai|uov (Kaibel, 404), eig xoivöv "Aiörjv jidvxeg filoucriv ßporoi ( A . Pal., V I I , 335). A l s o etwas Weites und Tröstliches scheint dem B e i w o r t xoivog innezuwohnen. V . 5 - 6 . D e n T o d erlitten sie f ü r die Freiheit v o n g a n z Hellas, ouvexev 'EXXrjvcuv steht parallel dem A n f a n g itdxgag | evExa aqpEXEgag, und gerade diese Ähnlichkeit hat z u Ä n d e r u n g e n in v . 1 geführt. A b e r es ist ja ein klarer Unterschied (auf dem schon Spengel hinwies): sie gingen f ü r ihr V a t e r l a n d in den K a m p f - sie starben f ü r die Hellenen. D a ß diese Stuf u n g nicht noch ausdrücklich sichtbar gemacht w i r d („ne f u t ce que p a r une simple c o n j o n c t i o n " , H . Weil), m a g man bedauern, aber h a t man anzuerkennen. Übrigens t r i f f t es sich gut, d a ß w i r sie ähnlich aus der späteren Epitaphienliteratur belegen können: Lysias Epit., § 68 etoVriaav yaq (x£ydXr)v jtoioivxEg xr)v 'EXXaöa ov |xövov voteq xrjg avtcäv atoxriQiag xivövveijeiv, aXXd xai vxeq xrjg xwv jtoXsiiiwv (das ist hier etwas anders pointiert) EXEtr&Epiag djtofrvriiaxEiv. V e r b i n d e man damit aus dem demosthenischen Epitaphios § 23 öti f) n&aa xrjg 'EXXaöog aga sXEufkgi« ev xaig twvöe xcöv avÖQtüv ^ir/aig öieooh'Cexo oder aus dem Epitaphios des H y p e r e i d e s § 16 01 Tag eciutcüv ipu/ug EÖcoxav xoteq xrjg xcöv 'EXXr)va)v EXsuOegiag. Für die Freiheit: das ist wieder mit einer Fülle starker W o r t e gesagt. A n tvyov avyevi MvxEg ist mannigfach gerüttelt w o r d e n (SiivxEg, Oevxwv, ösiaav, £uyuh axy.Eva öövxeg). A b e r es ist eine alte Formel 4 2 , die hier e t w a s variiert und vielleicht auch w i e d e r nach der Weise dieses Dichters in einem eigenwilligen Sinn v e r w e n d e t w i r d . D i e Hellenen standen in G e f a h r , sich das Joch auf den N a c k e n legen z u lassen, oder eigentlich: z u legen. E r sagt nicht gradezu ftqxEvoi, aber man soll w o h l hören: durch ihre eigene P o l i t i k waren sie daran, das Joch aufgelegt z u bekommen. D a n n hätten sie um die Schultern (d(xcpig nach homerischem V o r b i l d Y 468, das Bild des Joches klingt also noch weiter) die traurige Knechtschaft. öouXomjvr}g k a n n z u t,vyov und m u ß z u vßgiv gezogen werden. Knechtschaft ist üßeig, w i e der abgewiesene A n g r i f f , der auf K n e c h t s d i a f t zielte, vßpig w a r , v . 2, und w i e es ttjv 'EXXdöa ecoqoov iißgi^ouivrjv im demosthenischen Epitaphios § 28 v o n den Gefallenen heißt. In dem ganzen Verse aber klingt stark die ältere Elegie an, und damit nicht nur ein literarisches V o r b i l d , sondern eine ganze Gefühlssphäre: öouXocruvT|v axuYEQav dixcpißaXoiaa xdgoa singt Andromache bei Euripides (Andr. 110). | 42 Hesiod ExH 815 {uro t^ir/öv atr/cva oder av%tvi deivai ßouaiv.

232

Griediische Literatur

[115j116]

V. 7-8. Hatte sich der Blick von Athen auf Hellas geweitet, so kehrt er nun zum Vaterlande zurück. Die Mutter Erde, die Heimaterde hat in ihren Schoß die Leiber der Gefallenen wieder aufgenommen43, tüv jdeioxa xaixovTcov derer, die am meisten gelitten haben (ovö' et (xaXa itoXXa X A N O I T E 0 2 2 ) . Man denkt an Y)(XSTEQCDV naftecov in dem anderen Chaironeia-Epigramm L. Aber unvermeidlich hört man zugleich in xanov-tcov die Toten aus dem formelhaften Hexameterschluß Homers siSoiXa y.a|i6vTCüv. Es sind die, die das größte Leid nicht nur erlitten, sondern ausgelitten haben. V. 8-10. Die allgemeine Gnome „denn alle müssen sterben" würde das vierte Distichon schließen und das Ganze abrunden, etwa wie Kaibel 1 0 7 9 ngog ÖE fiitov Moigtig ofrug E X E I öwaaiv. Man setze das ein und sehe, wie das Gedicht abfällt, und wie recht der Dichter getan hat, den Schluß mächtig ins allgemeine zu weiten. Und wieder ist der genaue Sinn unter den gefühlsbeladenen Worten schwer festzulegen, wie die Mannigfaltigkeit der Interpretationsversuche zeigt (von den mannigfaltigen Änderungsversuchen nicht zu reden). Hier einige Fragen, um diese Mannigfaltigkeit anzudeuten: Gehört rjöe otpiaig zum Vorigen oder zu dem Allgemeinen was folgt? Ist zu Gcuagteiv hinzuzudenken ßpotoiig, oder sind es die Götter selbst, zu deren Wesen es gehört keinen Fehl zu begehen? Wo dann im zweiten Falle ev ßioxrji „im Menschenleben" bedeuten und zum Folgenden gehören müßte44. Beginnen wir mit dem Schluß. Das Vorbild ist Homer 2 488 noipav ö' cnkiva Shelve, TETI|XEVOV EvftaSe xptijrai Ti|x6xpnoY xoXjtcoi xuöiävEiga xövig. AITCOXWV yap jiaiai xaxgaq IIJIEP eig EQIV ¿Aftcbv d)Y a f t 0 5 f j vwäv I ^ E X e r) T E Ö v a v a i . JIUTTEI 8' EJJ. JTQO|XAXOIAI XIJKO|X JIATQI ^IIQIOV aXyog • aXXa ta naiÖEiag ovv. ajtEXQimtE r.aXa, Tuptatov ÖE Aaxaivav evi axEgvoiai cpuXaaacov gfjcriv tav OCQETAV EIXETO JIPOADE ßiov. This inscription has been published by the Berlin epigraphist Günther Klaffenbach in his "Bericht über eine epigraphische Reise durch Mittelgriechenland und die ionischen Inseln" (Sitzungsb. der Preuß. Akad. der Wiss., Phil.-hist. Klasse, 1935, p. 719) with a few important remarks. The stone, a cubical block, is lost so that, for the text, we depend on the copy of the local schoolmaster. Exact as this apparently is, one would be glad to get at the original, if only to inspect the shape of the letters. The editor cautiously proposes a dating in the third century B. C . In particular he points to the attack of the Aetolians on Thyrreum in 220 reported by Polybius (IV, 6, 2; 25, 3). This conjecture will become almost certain in the course of our investigation. The editor stresses one bold expression in the middle of the plain style of the poem: r.uöiavEiQa xövig. In Homer this epithet qualifies iidy/n or DYOGRI in the sense of Ö O L & ^ O V A A TOXI; avSpag1. But here it means rather [American Journal of Philology LXIII, 1942, S. 78-82.] 1

So the Periphrasis of the Iliad in Scholia in Homeri Iliadem ex recensione Immanuelis Bekkeri (Berlin, 182J). Hesychius: xuöi&VEipa- |X8yciXou; xal EV86|OUS TOXI; ävöga? jtoioüaa.

238

Griechische Literatur

[ 7 8 / 8 0 ]

8ola'Copivr| tut5 avSgcov "glorified by men" | though, of course, the two meanings are not strictly separated. For the second use Liddell and Scott give a single citation which will set us on the right track: xvSidveipa itatgis is used of Sparta by the epigrammatist Damagetus, Anthologia Planudea, I, i. The similarity of the two expressions and the identity of their metrical position-both in the second half of the first pentameter-are striking. Furthermore, examination of the other nine or ten epigrams which in the Anthologia Palatina and the Planudea bear the name of Damagetus will show definite relations both linguistic and historical to the new inscription. The time of Damagetus has long since been fixed at 220 B. C. and the following years 2 . Anth. Pal., V I I , 438 memorializes the death of an Achaean Machatas killed in a battle against the Aetolians: 8gi(i,i)v ETC AhwAoIg avticpeQcov reoXefiov. The battle has been located in the War of the Allies, 220-217 B. C 3 . It is a part of the events related by Polybius, IV, 6, 1 6 - 1 9 . The defense of Ambracia mentioned in another epigram of Damagetus, Anth. Pal., VII, 2 3 1 , cannot by itself be dated with the same certainty. But the report of Polybius, IV, 61 makes it easy to connect it with the events just mentioned. Philip V of Macedonia in 219 led an expeditionary force into the territory of Ambracia (eig tt)v twv 'Ajipgaxioncov xwgav) of which the Aetolians had taken possession and which the Epirotes claimed as their own. In Anth. Pal., V I I , 541 Damagetus celebrates one Chaeronides of Elis killed in a battle at the Achaean Trench (jieqI -tacpQov 'Ay.aitSa), which battle, though unknown, may easily fit into the same group of events. Anth. Pal., V I I , 432 is written in honor of a Spartan killed in a battle over Thyrea against the Argives. The epigram alone leaves the time uncertain; the sympathies of the poet are decidedly in favor of Sparta. In the political struggles and troubles about 220 B. C. Damage|tus seems to hold a definite position: he is hostile to the Aetolian League, his sympathies are with the Achaean League, Sparta, and Ambracia. The author of the new epigram is anti-Aetolian, his sympathies are with the Acarnanian League and with Sparta. Now let us proceed with the stylistic comparison. Damagetus, V I I , 541 begins: "E8' ayopewaq • f| |ioqov f| vfocav, ZEV, jio?.e|.ioio 5i5oi> 2

Fr. Jacobs, "Catalogus poetarum epigrammaticorum," Anthologia Graeca, X I I I , p. 880. G. Knaack in F. Susemihl, Gesdhichte der griechisdien Literatur in der Alexandrinerzeit, II, p. 547. R. Reitzenstein in R.-E., IV, col. 2027. C f . the pertinent annotations in Anthologia Graeca, ed. H . Stadtmueller. 3 C f . J . Belodi, Griediisdie Geschichte, III, 2, § 140; C . A . H., V I I , pp. 763 ff. (W. W. Tarn).

[80(81]

A new Epigram by Damagetus

239

where the pentameter marked by the sharp antithesis recalls the second pentameter of the new epigram, the beginning of the hexameter resembles jiwiTEi 8' e(x itQO(iay.oi0i v. j , and Ieivtiv . . . xoviv (instead of yrjv) in v. 6 matches xi)8idvEiga xovig ( = vfj), xovig coming both here and there at the end of a pentameter. C f . also oftveiriv . . . xoviv in Damagetus, V I I , 497. Damagetus, V I I , 231 has in the first distidi more than one resemblance. The first hexameter: w5' vkeq 'A^Ppaxtag . . . daiti6' aeipag agrees with the second hexameter of the new poem: . . . Jidtpag wtsp elg egiv eMJcov,

and the first pentameter: with

TfiftvanEV f| (pEtiyEiv eiAex' 'AQiaxayogag „ . . . t] vixav i^eXe rj xeflvavai

of the second pentameter, while eiXexo occurs in the same metrical place of the last pentameter. One may finally compare the beginning of Damagetus, V I I , 432 6 ' ¿ x w c i a noXX' ¿YopeijOEig. 4 7 1 / 2 Evfb)fiocuvT) yag

äptaxT] |

ftvrixoi;

dvOodutoi;, xaxoOriuoaivri 8e x a x i a x t ) . 3 1 7 - 9

drei Verse, die mit anaphorischem alöcb; beginnen; d a entsprechen

sind

5 - 7 mit drei-

maligem £EG a n derselben Versstelle. ( V g l . noch N o r d e n , A g n o s t o s T h e o s 2 5 9 A . 3 ) . 22

D i e s ist ersichtlich der Z u s a m m e n h a n g , w i e das denn z. B . die K o m m e n t a r e

von

Sittl u n d W a l t z richtig gesagt haben. M a n m u ß sidi nur g e g e n w ä r t i g halten, daß jedes M a h l ein O p f e r

voraussetzt,

(natürlich mit gewissen A u s n a h m e n ) .

und

d a ß es kein

Opfer

gibt ohne

Mahlzeit

YÜO0HKAI

[569j570]

273

Geben ist gut, rauben ist schlimm. Eine freiwillige Gabe, auch wenn sie groß ist, freut den Geber. Nimmt man aber jemandem etwas, so macht es ihm Verdruß, wenn es auch wenig ist 23 . (-360) Denn wenig zu wenig gelegt gibt zuletzt viel und Sparen bringt Wohlstand. ( - 3 6 7 ) Doch muß man vernünftig zu sparen verstehen. (369) Man muß auch nicht (durch falsche Sparsamkeit verleitet) den verabredeten Lohn einbehalten 24 . (370) (Bei einer Verabredung) sei vorsichtig auch gegen den Bruder und übe M a ß in Vertrauen und Mißtrauen! (372) Vertraue deinem Weibe nicht und laß sie nicht deine Vorratskammer durchstöbern 25 ! (—375) (Von Y^vri-xaXiri zu itaig-olxog:) Einen Sohn soll man haben, das fördert den Reichtum; doch können auch mehrere Söhne für den Wohlstand nützlich sein. (-380) | Wenn du also Wohlstand haben willst, so richte dich nach den folgenden Regeln - und damit beginnt der „Bauernkalender". Kann demnach kein Zweifel bestehen bleiben, daß hier ein vom Dichter gewollter Zusammenhang vorliegt, so müssen wir das Ergebnis unserer Erörterungen folgendermaßen formulieren: Der Dichter hat mittels einer eigentümlichen Form, die er entweder übernahm oder selber schuf, zwei in sich zusammenhängende, voneinander aber gesonderte Partien seines Werkes durch eine lange Reihe von Sprüchen verbunden. Wie bei einer Kette ist der gleichsam starre und einheitliche Zusammenhalt fortlaufender Erörterung in eine Vielzahl von Einzelgliedern aufgelöst, so daß locker und doch zugleich unlösbar ein Glied an dem andern hängt. Die Gedankenverbindung von Spruch zu Spruch ist assoziativ, fast nirgends schwer zu finden, hier loser, dort fester. D i e formale Verknüpfung kann fehlen, kann aber audi durch eine Partikel herbeigeführt

23

D i e schwierigen Verse 3 5 7 - 3 6 0 (ganz falsch z. B . Steitz, W e r k e und T a g e 1 0 8 f., und die Interpunktion und Schreibung bei R z a d i ) sind nur dann zu verstehen, w e n n man die innere Inkonzinnität und den äußeren Parallelismus der F o r m (d. h. die archaische Gestaltung

des Gedankens)

erkennt. " O 5

äv

£§EXCOV ÖÄ>, XALPEI TÖII

b w g w i . I m folgenden aber muß man w i e so häufig statt des 0 5 6E xev einsetzen eciv 5 e Tic;. D e n n das H e r z gehört natürlich nicht dem N e h m e r , sondern dem andern, dem genommen w i r d . A l s o zu A n f a n g 0 5 |IEV

yag

XEV

noch 0 7 E x a l |x£ya. D e r Gegensatz ist in 3 6 0 r.ai

&vr\g

edeXcov . . . 8cor|i. Bleibt

TE OJIIHQÖV EOV, der Sinn also

ganz deutlich: w e n n er auch etwas G r o ß e s gibt. S o w i r d man x a l |XEYU unmittelbar zu ö(i>r|i ziehen. D a n n ist 8ye

überschüssig. A b e r ein solches S a t z und V e r s a u f -

füllendes 8VE ist im E p o s gar nicht selten, z . B . T 4 0 9 , Z 1 6 8 . S o hier EMXCDV OYE et volens quidem. 24

W a r u m in 3 7 0 durch dvÖjjl tpiXcoi der Geltungsbereich eingeschränkt w i r d ,

weiß

ich nicht. D e r Ü b e r g a n g nach 3 7 1 f ü h r t w o h l v o n EipriHEVog zu EJU (idp-njpa O s a d a i . 25

U m die E h e f r a u handelt es sich, nicht um eine buhlerische D i r n e , w i e Steitz a. a. O . in

erklärt. N u r so ist der Z u s a m m e n h a n g mit dem Folgenden gewahrt.

denn auch ytivcuxi, nicht "yuvai£i, in 3 7 5 .

Daher

274

Griechische Literatur

[570j571]

werden. Der Gedanke ist oft in einer einzigen Zeile knapp zusammengeschlossen, hier und da verlangt er einen zweiten Vers, um sich auszubreiten. Auch eine genauere Durchführung, zumal eine Angabe des Grundes oder ein Hinweis auf die Folgen, tritt bisweilen hinzu, und einige Male erweitern sich die Einzelsentenzen wieder zu etwas längerer Darlegung, so daß dann größere Stücke zusammenhängenden Nachdenkens in die Spruchreihe eingesprengt erscheinen (320—335, 356-360). In dem Ganzen, das den Titel "Egya xai 'H^eßon führt, findet sich, wie hier anhangsweise erinnert werden muß, noch eine zweite gnomische Partie sehr verwandter Struktur: sie verbindet bekanntlich den an den „Bauernkalender" angehängten „Schifferkalender" mit den „Tagesregeln" (762 ff.). Der „Schifferkalender" ist das letzte, was man mit Gewißheit dem Hesiod zuschreiben darf. Enthält er doch eins der wichtigsten Selbstzeugnisse des Dichters. Von dem, was nun noch folgt, wüßte ich nicht, wie man den Beweis des hesiodischen Ursprungs erbringen wollte. Auf alle Fälle scheint es so, als wenn eine Fortsetzung über die "Egya hinaus in dem ursprünglichen Plan, den wir aufgezeigt haben, nicht vorgesehen war 26 . Dann ergibt sich aber, daß der Fortsetzer des Grundbestandes, mag es schon Hesiod selbst oder ein anderer alter Dichter gewesen sein, | den Übergang zu dem neu anzufügenden Teil, den cH(XEQai, geradeso gemacht hat, wie der Übergang von der zusammenhängenden Paränese zu dem „Bauernkalender" durch Hesiod bewirkt worden war. Als ,Yjtoürjxai' habe ich in der Uberschrift das hesiodische Gedicht bezeichnet im Hinblick auf die jetzt verlorenen Xipcovog 'Yjtoftfjxai, die ja auch unter Hesiods Namen standen, bis Aristophanes von Byzanz sie athetierte27. Wir wissen durch Pindar (Pyth. V I 19 ff.), daß Chirons Mahnungen an seinen Zögling Achill gerichtet waren, und Pindar zitiert aus ihnen den Satz: vor allem müsse man den Zeus ehren, nächst ihm die Eltern. Die Scholien geben den „ A n f a n g " des Gedichts, vor dem man freilich noch eine Einleitung vermuten möchte: „Merk dir nun alles wohl! Das erste, wenn du ins Haus kommst, sei ein Opfer an die Götter." Pindar zitiert nicht gerade diese Stelle, aber in der gleichen Gegend des Gedichts werden die Sprüche gestanden haben, auf die er sich bezieht. Und die Analogie mit den "Epya leitet ebenso wie die Betrachtung des Überlieferten (jiqojtov (xev) auf die Vermutung, daß auch in Chirons Mahnreden ein inneres Band die Sprüche verknüpft haben werde 28 . Dar26

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Schon das könnte zweifelhaft sein, ob nicht der „Schifferkalender" eine spätere Erweiterung, dann freilich eine sicher hesiodische Erweiterung ist. Die Erga werden (apellativisdi) wcodfjiuii genannt in dem Epigramm I G V I I 4 2 4 0 (Hoffmann, Epigrammata 349) jtei/frojiEvouH ßpoxoig Ojiodrixai? 'Hai65oio evvonia •/.o'ioa x' Kaar|i 91), während das Wort maräg in dem unmittelbar vorhergehenden Vierzeiler gleichsam nur verhüllt enthalten ist und rein in den Versen 74, 77, 80 zutage tritt. D i e Gnome 87/8 macht also aus dem, was hervorgeht, eine Mahnung: „Liebe mich nicht mit Worten, während du im Innern anders gesinnt bist!" U n d der Vierzeiler 89-92 verstärkt das noch: „Entweder liebe mich oder sei mein erklärter Feind 5 7 !" M a n sieht, daß es sich nicht um eine wenn auch geschickte Sammlung fertiger Sprüche handelt, sondern daß die Gedankenbewegung sich schrittweise von Spruch zu Spruch vollzieht. 93—100. Das achtzeilige Elegeion nimmt mit seinen beiden ersten Distichen den vorhergehenden Gedanken auf: „Wer vor deinen Augen anders redet als hinter deinem Rücken, der ist kein wahrer Freund." Die zweite H ä l f t e des Gedichts bringt den Gegensatz, wendet ihn aber nach einer anderen Richtung: „Sondern der soll mir Freund sein, der den Gefährten zu ertragen weiß, wenn er auch einmal beschwerlich wird 5 8 ." N u n ist sehr lehrreich zu beobachten, wie hier die Form dem Dichter einen Rahmen gibt, den er ausfüllen muß. Das achtzeilige Schema fordert die Teilung | in der Mitte (mit a U a ) ganz analog dem vorhergehenden Vierzeiler, der mit öe das zweite Distichon in Gegensatz zum ersten bringt, oder den vorher besprochenen Z w e i - und Vierzeilern, die nach dem

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Vaticanus O metrisch zurechtzumachen. M a n w i r d also von dem eüooi- absehen müssen, wie sich denn etipr|v ayaftibv oBtco x a l tcöv x a x w v . Wieder geben Hiller-Crusius die bessere Gliederung in 2 Stücke von 2 und 4 Zeilen, während bei Bergk und Hudson-Williams ein einheitlicher Sediszeiler erscheint. E s ist mir zweifelhaft, ob die Ausgaben richtig interpretieren, indem sie das dvxl xaaiyvriTOU zu q>£pei ziehen. O b es nicht eher zu cpü.o; in 97 gehört, „er soll ein Freund sein, der mir einen Bruder ersetzt, soviel gilt wie ein Bruder?" D a f ü r spricht auch die Parallele fr 546 ä v t i xaar/VT)Tou S;eivo$ fr' Ixettj? te tetuxtcu.

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Schema ju|jiot£ . . . äX/.a . . . gebaut sind59. Da nun aber der Gedanke in seiner einfachsten Form nicht ausreichte, um den gegebenen Raum zu füllen, so mußten beide Teile etwas gestreckt werden. Das geschieht beim ersten Male, indem nach archaischer Satzstruktur der vorangeschickte Nebensatz auf den Hauptsatz noch einmal in leichter formaler Variante folgt (r)v ti; . . . , Hauptsatz, 05 v.z . . ,)60, und es geschieht das zweitemal durch die breit ausgesponnene Mahnung: „Merk dir das!" So ist klar, daß hier ein einheitliches und in sich abgeschlossenes Stück vorliegt. 1 0 1 - 1 2 8 . Gedanken über die Wahl des Freundes gehen weiter. Freilich scheint ein kleiner Abstand von dem letzten Achtzeiler zu den beiden nun folgenden Stücken zu sein, in denen der Gedanke: „Schließ keine Freundschaft mit einem Schlechten'!" durchvariiert wird. Zuerst spricht ein Vierzeiler diese Mahnung aus und begründet sie. Daran schließt sich ein Achtzeiler, in dem gezeigt wird, wie töricht es sei, „Schlechten" Gutes zu tun. Nun wissen wir ja, daß der Dichter von der Warnung vor den „Schlechten" ausgegangen war. Dann war er auf die Forderungen gekommen, die er an den echten Freund stelle. Jetzt lenkt er wieder zurück, und man könnte den Ubergang etwa so ergänzen: „Falsche Freunde dieser Art findest du eben unter den ,Schlechten'." Hinter allen diesen Mahnungen steckt ja gewiß mehr „aktuelles" Interesse, als wir zu ahnen imstande sind, und so kann leicht auch irgendeine Beziehung, die minder allgemein war als die angegebene, den kleinen Abstand überbrückt haben. Von diesem Achtzeiler führen drei Einzeldisticha zu einem Zehnzeiler hinüber. Die erste dieser drei Gnomen faßt noch einmal zusammen, was das Vorhergehende ergab: „Mache keinen Schlechten' zu deinem Freund und Gefährten!" Das war notwendig, weil zuletzt von den „Guten" die Rede war, jetzt aber mit den „Schlechten" fortgefahren werden sollte. Es folgt nun die kurz formulirte Erfahrung: „Bei Speise und Trank sind viele deine Gefährten, im Ernst nur wenige" - wobei etaipoi formal an Etatgov anhakt. Aber wenn man nun entschlossen ist, alle diese Mahnungen zu ] beherzigen, so bleibt noch die Frage, ob man es kann. „Nichts ist schwerer zu erkennen als ein unechter Freund", sagt die dritte Gnome und schlägt ganz vortrefflich mit dem Worte xißör|Xog einen Ton an, der dann in dem Gedicht "/quooC uißöri^oio zur Melodie wird 61 . Bis V. 128 ist ein deutlich nachweisbarer Zusammenhang. Der Umgang mit den „Schlechten" wird widerraten. Dann wird die politische Wandlung geschildert, die diese „Schlechten" emporgebracht hat. Vor diesen Menschen soll man sich hüten. Mit wenigen, guten und treuen soll man umgehen. Doppelzüngigkeit ist verwerflich. Mit den Schlechten soll man keine Freundschaft knüpfen. Freilich ist es schwer, echt und unecht herausS9 Vgl. s. j8i. «0 Vgl. S. 579. 6 1 Derselbe Ton klingt audi in dem Stück 963-970.

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zuerkennen. - Das geht nicht in straffer Disposition vorwärts, aber es ist ein unterbrochenes Sichbewegen des Gedankens, und niemals sagt eine Gnome oder ein Gedicht sei es etwas völlig Disparates, sei es dasselbe oder gar weniger als das, was vorausgeht. 1 2 9 - 1 3 2 . Zwei Einzelgnomen folgen, die weder untereinander noch mit dem bisher Erörterten etwas gemeinsam zu haben scheinen. Die erste ist auch in sich schwierig: „Wünsche dir nicht apetr), d. h. Ruhm, Glanz und alles, was zu einer standesgemäßen Existenz gehört, und nicht Reichtum (in dem Sinne von ,Mammon', wie ihn auch der Plebejer haben kann): nur tú/t] möge dem Manne zuteil werden 62 ." Die rir/r], die wohl tö to'/elv, den Segen der Götter, meint, kann freilich auch agEtr| und Reichtum einbeziehen. Aber die sollen nicht als einzelne Güter erstrebt werden, sondern man soll warten, bis der Segen von oben auch diese Gaben spendet. Daß man so etwas verstehen muß, lehrt manches in dem anschließenden Abschnitt. 133/4: „Niemand ist an Gewinn und Verlust schuld, nur die Götter." 139: „Dem Menschen wird nicht, was er wünscht", sondern (142) „die Götter vollenden alles nach ihrem Willen." Der Zusammenhang mit dem Folgenden ist mithin so deutlich, daß der kurz vorangestellte, gleichsam thematische Spruch dann erst recht eigentlich klar wird. Hingegen nach rück|wärts kann ich keine Verbindung erkennen, die von den Erörterungen über echte und unechte Freunde zu Glanz, Reichtum und Glück hinüberführte. Also ist hier eine Pause im Fortgang und ein vollkommenes Neueinsetzen oder aber eine Lücke in der Uberlieferung zu constatieren. D a weiß ich keine sichere Entscheidung. Und zweifelhaft bleibt auch das Urteil über die Gnome 1 3 1 / 2 . Denn wenn die vorhergehende, wie wir sahen, durch das Gedicht 13 3 ff. aufgehellt wird, so scheint diese fühlbare Verbindung vielmehr der Satz zu unterbrechen: „Nichts ist besser als Vater und Mutter, denen Recht und Gerechtigkeit wert ist", was doch wohl bedeutet: es ist segensreich, wenn einem das Elternhaus die Grundsätze der Rechtlichkeit einprägt. Ganz isoliert steht freilich auch dieser Gedanke nicht, da in 145 der Wert der „Frömmigkeit" hervorgehoben, in 146 vor der „Ungerechtigkeit" gewarnt, späterhin in die Betrachtung die fißpi? einbezogen wird ( 1 5 1 . 15 3), die ja den Gegensatz zur 5ixr) bildet 63 . Man kann auch darauf hinweisen, wie die Begriffe „Rechtlichkeit" und „Segen" in der hesiodischen Ethik verknüpft sind (ExH 225 ff., 280 ff.). Was aber Schwierigkeiten macht, ist die Beobachtung, daß ein unmittelbarer und klar ausgesprochener Zusammenhang die Gnome 1 3 1 / 2 durchaus nicht an dieser Stelle festbindet. Die ursprüngliche Ordnung möge hier durch Auslassungen irgendwie gestört sein, ist die Annahme, auf die man zuerst verfällt, und die 62

S o sind %QT)uaTa und äqett| in 1 4 9 / 5 0 gegenübergestellt, eü^EO als „rühme dich" zu fassen, empfiehlt sich nicht. Schon der O p t a t i v vévoixo spricht dagegen, ebenso 1 4 $ ßoiUeo, auch das Distichon 6 5 3 f. Ich habe eine Zeitlang gedacht, das Distichon bittei höhnisch aufzufassen. A b e r das läßt sich nicht halten.

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vielleicht manchem zusagen wird. Man darf aber fragen, ob nicht hier vorklingend zwei Motive, der Wert der Tii/rj und der Wert der öixr|, angeschlagen werden, die dann das Folgende ausführt und durchspielt. Darüber gleich noch ein Wort. 133-148. Bleibt also dort einiges ungewiß, so ist nun auf eine längere Strecke hin die Ubersicht um so ungehinderter. Die Elegie Oxiöeig Kiiqv' äxr)5 haben wir schon in ihrer Beziehung zu der Gnome 129/30 betrachtet. „Niemand ist selbst schuld an Verderb oder Gewinn, sondern die Götter." Das wird nun ausgeführt und rundet sich zum Ganzen, indem der Schluß wieder auf den Anfang zurückweist: „Die Götter vollenden alles nach ihrem Sinne64." | Davon scheint freilich der Vierzeiler, der nun folgt (143-146) 65 , im Gedanken recht entfernt zu sein: „Niemand kann, ohne daß die Götter es sehen (und strafen, fügt man hinzu), die Heiligkeit des Gastes und des Schutzflehenden verletzen. Lieber fromm und arm sein, als ungerechten Reichtum haben." Die Brücke, die zu dem vorhergehenden Achtzeiler hinüberführt, sieht etwa so aus: Die Götter vollenden alles nach ihrem Sinn, gewiß, aber doch nicht nach Willkür, sondern sie machen einen Unterschied zwischen dem Frommen und dem Ungerechten. Man denke nur wieder an Hesiod, der ausdrücklich sagt: wer sich gegen den Schutzflehenden und den Gast vergehe, dem zürne Zeus selber und gebe ihm zuletzt für sein „ungerechtes" Tun schlimmen Entgelt (ExH 327 ff.). Man darf aber wohl noch einen Schritt weiter zurückgehen. Von der öixri war ja schon in dem vorher erörterten Distichon 131/2 die Rede. Da klingt aöixtog 7QT]|xaTa jtaad[xevog in 146 wörtlich an. Und es sieht nun wirklich so aus, als wären in 129/30 und 131/2 die beiden Begriffe der •n>xri und der öixr] in knapper Prägung hingestellt worden, um dann in den beiden größeren Gedichten, die tuxti in 133—142, die öixr| in 143-146, eingehender behandelt zu werden. Dieser letzte Vierzeiler enthält aber noch einen anderen Hinweis, dem wir folgen müssen. Das zweite Distichon soll offenbar positiv den Rat 63

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Das gegensätzliche Begriffspaar SixTi-üßgig ist aus Hesiod bekannt: ExH 213. 214225-238. Zum Gedanken (auch für 161 ff.) vgl. man das Stobaeusexzerpt ex tüjv 'Aoioto^evou IIudaYopixcciv äxQoda£ü)v bei Diels, Vorsokratiker 45 D 11. 147/8 sind wohl unecht. Usener hatte das Distichon beanstandet (Jahrb. f. kl. Phil. C X V I I 69 = Kl. Sehr. I 248), weil der Hexameter von Aristoteles als Sprichwort bezeichnet, von Theophrast bald dem Theognis, bald dem Phokylides zugeschrieben wird, und weil der Pentameter inhaltslos sei. Vgl. Reitzenstein, Epigramm und Skolion 66 f. Mir wäre das noch nicht entscheidend; denn wir werden sehen, daß Theognis älteres und schon geformtes Gut übernimmt, und daß er gelegentlidi einen inhaltslosen Pentameter macht, ist auch nicht zu bezweifeln. Wohl aber ist der Gebrauch von üoett) und ¿70^05 in rein moralischem Sinne dem Theognis fremd. ocgETr) hat bei ihm so viel vom aristokratischen Standesideal, daß er schwerlich die ganze &qett] in die „Gerechtigkeit" setzen konnte. Und gewiß war nicht jeder Rechtliche für ihn ¿Yadög, wenn er auch wohl umgekehrt der Meinung war, daß nur ein oivriQ ä v a d o ; „gerecht" sein könne.

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geben, der aus dem negativ geformten Erfahrungssatz des ersten Distichons folgt. Nun kann man wohl aus diesem Erfahrungssatz den Schluß ziehen: „Also sei lieber fromm!" Aber ein Übergang auf fremdes Gebiet geschieht schon mit den Worten „auch bei geringem Vermögen" und vollends mit der gegensätzlichen Ausführung „als reich zu sein und sich ein Hab und Gut durch Ungerechtigkeit gewonnen zu haben". Die «creßeia wird also nach einer andern Seite hin entwickelt als am Anfang geschah66. Das muß man scharf erfassen, zu erklären ist es nicht schwer. Denn im folgenden wird auf weite Strecken von Reichtum und Armut geredet. Zu diesem Folgenden also vollzieht sich die Wendung innerhalb des Vierzeilers. Das ist von höchstem Wert für das Verständnis des ganzen Werkes, dessen Komposition wir verfolgen. Denn es zeigt uns, daß auch scheinbar in sich abgeschlossene Elegien nur durch die Beziehung auf einen größeren Zusammenhang verständlich werden, also nur im Hinblick auf diesen verfaßt sein können. Mithin wird noch gewisser, was uns schon wahrscheinlich war, daß hier an eine Anthologie, auch an eine Anthologie des Dichters Theognis nicht gedacht werden darf, sondern nur an eine einheitliche Dichtung. 1 4 9 - 1 5 4 . Mit xpiinata schließt 146 und beginnt die Gnome 149/jo, der erste von drei Zweizeilern. Daß Gewinn und Verlust Göttergabe sei, war in dem Gedicht Ovöeig Ruqv5 ¿irrig ausgeführt worden. So heißt es jetzt, indem der Dichter auf die ihn beherrschenden Vorstellungen von den Edlen und den Geringen zurückkommt: „Geld gibt die Gottheit auch dem ganz ,Schlechten1, dgetri hingegen haben nur wenige", nämlich die &Y irreq' EÖwxa, die höchst persönlich von dem Ruhme spricht, der den Namen des Kyrnos im Liede des Dichters über Räume und Zeiten tragen werde 80 . Das will sich zunächst gar nicht mit dem, was vorhergeht, zusammenfügen, nicht mit den von uns ausgesonderten Versen und nicht mit den Gedanken über die Wandelbarkeit des Betragens. Aber dann hat man noch nicht beachtet, daß all der Ruhm, den der Dichter seinem Kyrnos verheißt, ja erst die eine Seite der Sache ist. Die andere kommt nur in dem letzten Distichon zutage, ganz knapp und herb gegenüber dem klingenden Reichtum der 79

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Aus den beiden ersten ist in 1 0 7 1 - 4 eine einzeilige Gnome gemacht worden. Da w i r d das schöne, alte Polypenbild ausgelöscht, das bekanntlich einer epischen Vorlage (wie ich, Argolica 54 A . 32, vermutet habe, der Melampoeie) entstammt. Hudson-Williams hat das schöne Gedicht sehr mißhandelt. Seine Umstellungen sind ganz willkürlich, und der V o r w u r f des „Unkünstlerischen" ist ein gefährlicher Pfeil. Die Athetese v o n 253/4 mußte oben im Text zurückgewiesen werden.

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vorausgesandten Töne, aber vielleicht um so wirksamer: „Ich aber bekomme von dir nicht die geringste Rücksicht und Ehrerbietung (aE66g), sondern wie einen kleinen Jungen täuschest du midi mit Redensarten." Wenn man sich diese Anklage einprägt, und alles andere nur als den vorangestellten Kontrast nimmt (avxao in 253 entspricht dem nev in 237), dann findet man fast ohne Suchen den Zusammenhang mit jenen Sprüchen von der Versatilität des Geistes und besonders mit deren Abschluß, den ich vorhin im Auge zu behalten riet. „Klug sein können wir auch," hieß es da, „aber mancher (d. h. ich) will eben nicht in unanständiger Weise vorwärtskommen, während anderen Hinterlist und Treulosigkeit eher gefällt." Mit den „anderen" wird er aus Kyrnos zielen, und niemand darf bestreiten, daß sich die Elegie 2ol (xev syd) jueq' eöcoxa trefflich dazu schickt, nämlich wenn man den Nachdruck, wie sich gebührt, auf das letzte Distichon legt. J a man mag ohne Scheu 237 an 226 anfügen, wenn sich auch die Möglichkeit nicht völlig ablehnen läßt, daß etwa mit dem Eindringen der fremden Stücke 227-236 ein ursprüngliches Bindeglied verdrängt worden sei. Diese große Elegie kann offenbar nicht, wie man gemeint hat, ein Schlußgedicht sein. Man müßte denn - und das hat man auch getan das letzte Distichon abtrennen oder athetieren81. N u n | liegt dazu auch nicht der mindeste positive Grund vor, und der Zusammenhang ist ausgezeichnet. Wer diese ganz persönliche Anklage „interpoliert" haben solle und zu welchem Zweck, das fragt man ebenso vergebens wie bei den Anfechtungen, die in Hesiods "Epva gar manche der individuellsten und an persönlichem Erlebnis reichsten Stellen erlitten hat. Und vor allen Dingen ergab sich uns, daß erst der angefochtene Schluß die Elegie mit den vorausgehenden Gedanken in Verbindung setzt und so ihren Platz rechtfertigt. Daß der harte, kurze und unmotivierte Vorwurf gegen den Freund nicht das Ende des Gedichtes sein kann, versteht sich von selbst; notwendig mußte sehr Persönliches als Erklärung folgen. Aber nun reißt für eine weite Strecke die einheitliche Gedankenkette ab. Das berühmte „delische Epigramm" xdXXiotov tö öiv.aiötatov gehört weder dem Theognis, noch paßt es, was wichtiger ist, an diese Stelle. Dann folgt ein Mädchenlied und dann die Reste eines Liebesgedichtes, dann eine Gnome über die Armut und so fort: die Ordnung ist völlig, aber auch völlig gelöst. Nicht daß in diesem Wirrsal theognideisches Gut durchaus fehlte. Ein paar Sprüche an Kyrnos sind da, ein Bruchstück wie 289 ff. vüv öe xa Tüjv ayaUchv xaxa yiyvtxax, ecft^a xaxoiaiv weist durch Gedanken und Stimmung auf den Aristokraten von Megara. Doch sei dieses

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S o Welcker, Theognidis reliquiae 46 f. und Hudson-Williams, der S. 192 von einer clumsy interpolation spricht!

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Trümmerfeld hier nicht durchforscht, sondern erst dort wollen wir die Untersuchung aufnehmen, wo mit 329 eine neue Ordnung beginnt82. 329—366. Zunächst eine zweizeilige Gnome: „Der Kluge, der das gerade Recht zur Seite hat, holt, auch wenn er langsam ist, den Schnellen ein." Dann ein anderes Distichon: „Geh ruhig den Mittelweg 83 !" Das hat scheinbar zu dem Vorhergehenden geringe Beziehung; aber das „ruhig" weist auf das „langsam" zurück, und in dem Zweizeiler 335/6 werden die beiden Gedanken hinterdrein verschmolzen, wie wir das schon einmal (bei 153) in solcher ) Spruchfolge sahen: „Eile nicht zu sehr (knüpft an 329 an), der Mittelweg der sicherste (knüpft an 331 an), und so wirst du das Gut erreichen, das so schwer zu gewinnen ist." Dann muß man freilich den beiden dazwischenstehenden Zweizeilern ihren Platz streitig machen. Sie sprechen in verschiedenem Sinne über das cpeiryeiv und könnten somit eine Art Komplement zu dem öicdxelv in 329 geben. Aber darüber hinaus sehe ich nicht, was sie an dieser Stelle sollen. Von 337 an ist dann der Zusammenhang ohne große Mühe in seiner Einheit nachzuweisen. Wenn bisher etwas rätselhaft von dem Verfolgen, vom klugen Benutzen des Mittelweges, vom geraden Recht die Rede war, so vernehmen wir jetzt eine deutlichere Sprache. Ein Vierzeiler zuvörderst (337-40): „Zeus, gib mir, daß ich Freund und Feind entgelten lasse, was sie an mir getan84!" Diesen Gedanken führt der folgende Abschnitt (341-50) fort. Das glühende Begehren nach Rache kehrt hier wieder, am Schluß bis zum Blutdurst gesteigert, und jetzt erfährt man die Ursache solches Hasses: Schlimmes hat er erduldet, Feinde haben ihm Hab und Gut geraubt; wie dem Hund, der einen reißenden Fluß durchschwömmen hat, so ist ihm alles entfahren, was er besaß. Ganz ungezwungen fügt sich dazu der Wunsch an Frau Armut (3 51-4), sie möge ihn verlassen und nicht immer sein elendes Leben teilen. Dann (355-60) eine Aufmunterung, in der Form an Kyrnos, in der Sache an sich selbst gerichtet: „Habe Mut im Unglück, es wird auch wieder anders kommen. Und laß deine Schwäche nicht zu sehr merken!" Nun 3 zweizeilige Gnomen: „Leid bedrückt, Rache erhebt." Wie soll man das Ersehnte erreichen? „Fange den Feind durch schöne Reden; dann räche dich!" Und noch genauer: „Halt dich im Zaum, sprich immer freundlich! Nur das Temperament der Schlechten' ist allzu hitzig (das der ,Guten' ist, wie ich gefordert habe)."

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3 2 3 - 8 „Laß dich nicht durch irgendwelche Verleumdung dazu bringen, einen Freund aufzugeben!" Die öiaißoXiri könnte irgendwie mit dem a-iataig in 254 zusammengebracht werden. Aber das bleibt natürlich durchaus zweifelhaft, und es ist festzuhalten, daß wir über den Zusammenhang des bis 254 reichenden Teiles mit dem, der 329 beginnt, vorläufig gar nichts wissen. „Und gib suum cuique!" Das ist jetzt in seinem Zusammenhang nicht zu verstehen und beweist damit auch, wenn es noch nötig wäre, daß vorher das Echte fehlt. Verwandt ist Solon elg eauxov 516.

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3 6 7 - 3 9 8 . Damit endet wieder ein bestimmt nachweisbarer Zusammenhang. D e r nächste Vierzeiler ( 3 6 7 - 7 0 ) könnte freilich durch das Stichwort voüg noch f ü r angeschlossen gelten, so weit er inhaltlich abliegt. Allein dann folgt eine Kyrnosgnome ( 3 7 1 / 2 ) , die hier ganz fremdartig wirkt, wenngleich sie an sich echt sein mag. U n d nun w i r d in einer großen Elegie das Problem der Theodicee aufgerollt. Die vorwurfsvolle Frage ergeht an Zeus, w a r u m er | denn mit Gerechten und Ungerechten auf gleiche A r t verfahre, und weiter w i r d geschildert, wie den Gerechten Armut trifft, und wie ein Leben in Armut das Wesen des Menschen verwüsten kann 8 5 . D a fehlen gewiß die Berührungen zu dem nicht, was w i r als theognideisch erkannt haben. Aber einmal sind diese Gedankengänge längst abgeschlossen, und sowenig wir an eine systematische Anordnung denken dürfen, sowenig liegt irgendein Anzeichen d a f ü r vor, daß an dieser Stelle von neuem zu solchen Betrachtungen zurückgelenkt werden sollte. U n d auch von der ursprünglichen Ordnung abgesehen darf man mit voller Zuversicht sagen, daß dieses Stüde nicht dem Theognis von Megara angehört. D e r hätte schwerlich den Gegensatz auf den Gerechten und Ungerechten hingewendet, viel eher auf den „ G u t e n " und den „Schlechten", und hätte schwerlich den Gedanken entwickelt, daß A r m u t den Sinn auch der „ G u t e n " zur Sünde führe und sie Lug und Trug lehre. Sondern viel eher ist in seinem Geiste das Stück 3 9 3 - 8 : „ I n der Armut zeigt sich erst der ,Gute' und der Niedrige. D e r eine denkt immer gerecht, der andere hat ebensowenig Verstand im Unglück wie im Glück." Mit jener großen Elegie wiederum sind die beiden Stücke 7 3 1 - 4 2 und 7 4 3 - 5 2 eng verwandt in Gedanken und Stimmung. Bergk hat f ü r diese Partien den N a m e n Solon vorgeschlagen. Die Attribution w i r d man schwerlich vertreten können 84 . Solon tröstet sich mit der Gewißheit, daß auf Sünde S t r a f e folgt, und nimmt es als Schickung hin, wenn bald der Sünder selbst, bald seine schuldlosen Kinder und Kindeskinder die Sünde büßen müssen. Dieser Unbekannte hingegen empfindet das schon als ungerecht und hadert deshalb mit Zeus. E r hat die ruhige Sicherheit des solonischen Glaubens verloren und quält sich wie Hiob mit den Fragen nach Gottes Gerechtigkeit und nach dem Verhältnis von Verdienst und Glück. D a ß hier eine eigenartige, von Solon ebenso wie von Theognis durchaus verschiedene Persönlichkeit spricht, ist unverkennbar. Mit 367 also setzt wieder nicht-theognideische Dichtung ein, das betrachte ich als erwiesen. N u n aber müssen w i r das zuletzt | herausgehobene Bruchstück der „Mahnrede an K y r n o s " (329-66) noch einmal überschauen. „ V o n Rache", so könnte der Titel lauten. Natürlich läßt 85

3 7 3 - 3 9 2 mit Ausschluß von 3 8 1 / 2 . Dies sah schon Emperius (nach Bergks Angabe), von den Neueren ist erst Hudson-Williams gefolgt.

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Vielleicht ist derjenige, dem die Umarbeitung einer solonischen Elegie in den Versen I 9 7 f f . gehört, identisch mit dem Verfasser der in Rede stehenden Partien. A b e r das ist unerweislich.

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sich dieses Kapitel nicht etwa dort ansetzen, wo der Faden des Gedichts zuletzt für uns abriß, bei jenem Vorwurf an Kyrnos „du täuschest mich" (254). Wohl aber erkennt man ohne Mühe, daß der Dichter auch hier an den allgemeinen Regeln, die er gibt, durch höchst persönliches Schicksal beteiligt ist, zumal er ja geradezu von dem Verlust seiner Habe berichtet. Nun entsinnen wir uns, wie der zweite Hauptabschnitt das Thema der Armut sehr eindringlich behandelte. So wird jetzt noch deutlicher, daß es seine Armut gewesen ist, von der der Dichter sprach, und jedes Wort bekommt damit eine viel lebendigere Kraft. Ja, vielleicht ist es nicht zu kühn, in den „Schlechten", der in die Höhe gekommenen Masse, diejenigen zu sehen, die an seinem Unglück schuld sind. Erkennen wir so einen inneren Zusammenhang der auseinandergerissenen Teile, so ist es freilich nicht möglich, zu bestimmen, auf welchen Wegen der Dichter sie verbunden hat, oder auch nur annähernd abzuschätzen, ob die Verbindung mit 50 oder 100 oder mehr Versen hergestellt war. 629-654. Dies ist noch eine Kette zusammengehöriger Gnomen, die sich aufzeigen läßt. Es genüge, die Schlagworte anzugeben, damit der Zusammenhang deutlich werde. Auf der einen Seite stehen die Begriffe V0C5, 7vd)|xr), ßouXr), dazu tritt aiötog und etwa noch eXrcig. Auf der anderen Seite erkennt man dnjtXaxiri, cm], djirixaviri, avaiÖEui, jteviri. Schließlich eiSvoog, exaigog und erögog. Sehr wohl kann diese Spruchreihe im großen und ganzen intakt sein, und eine Ursache, an der Autorschaft des Theognis zu zweifeln, sehe ich nicht, während z. B. in dem durch das Stichwort oivo; gekennzeichneten Abschnitte 496-510 zum mindesten die Verse 503-8 schon durch die Anrede an Onomakritos andern Ursprung verraten. Aber das erhaltene Stück ist doch zu klein, als daß man imstande wäre, zu sehen, wo das Ganze hinaus soll und wie es etwa mit den übrigen Stücken der Theognisdichtung zusammenhängen könnte. 753-756. Man hat vermutet87, daß das „Schlußgedicht des | Florilegs" oder, wie es nach unserer Anschauung vielmehr heißen müßte, die Schlußverse der theognideischen „Mahnrede an Kyrnos" in dem Vierzeiler Taita jiorfh&v, cpiX' exaios erhalten sei. Dieser ist ohne Zusammenhang mit dem, was vorausgeht. Denn das müßte nach seinen Anfangsworten Lehre und Mahnung sein. Es sind aber tatsächlich jene leidenschaftlich zweifelnden Ergüsse an Zeus, von denen vorher die Rede war. Wir haben sie dort dem Theognis abgesprochen. Um so eher kann ihm der fragliche Vierzeiler gehören, der hinter ihnen keine passende Stelle hat. Und daß es ein Schlußgedicht ist, ergibt sich nicht nur aus dem Rat „diese Worte stets 47

Geyso, Studia Theognidea, Diss. Straßb. 1892. Der Verfasser vertritt die Florilegtheorie, und die Zusammenhänge, denen er unter diesem Gesichtspunkte nachgeht, sind vielfach mehr herbeigezwungen als ohne Vorurteil gefunden. Aber damit soll nicht geleugnet werden, daß die Arbeit manche gute Beobachtungen enthält, und der Versuch, den Zusammenhang des Ganzen nachzuweisen, ist trotz des falschen Prinzips und der Übertreibungen anzuerkennen.

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zu bedenken" und aus der daran geknüpften Verheißung; es spricht dafür auch, daß dann mit den Gebeten an Zeus und Apoll ein neues, völlig selbständiges Gedichtbuch zu beginnen scheint88. So wäre es denn in der Tat sehr verlockend, diese vermutlich theognideischen Schlußzeilen dem „Mahngedicht an Kyrnos" zuzuweisen. Eine Schwierigkeit freilich, die nicht verhüllt werden darf, enthalten die Worte: „Dies lerne und erwirb dir auf redliche Weise Geld!" Wir wissen nicht, ob Gelderwerb ein so wichtiger Punkt in der Dichtung war, um einen Abschluß dieser Art zu rechtfertigen. Es muß also bei der Möglichkeit bewenden. Wir stehen am Ende einer langwierigen Untersuchung, deren Ergebnis noch einmal kurz zu überblicken wäre. In der Theognissammlung ist uns, zu Anfang unvermischt, später in immer wachsendem Maße mit fremdartigem Gut durchsetzt, ein Buch des Theognis von Megara erhalten. Es beginnt mit einem Prolog, nennt dann als „Siegel" den Namen des Dichters und führt mit einer Verkün|digung „ich will euch raten" zum eigentlichen Thema. Wir erfahren von der socialen Umwälzung, die sich in der Stadt vollzogen hat, und vernehmen Ratschläge über den Verkehr mit Menschen und über die Wahl des Gefährten und Freundes. Dann springt die Erörterung zum Thema „Reichtum und Armut" über, bezeichnet beides als Gottesgabe und warnt vor den schlimmen Folgen, besonders vor der Verbindung adligen Blutes mit der neuen Geldsackaristokratie. Nach einer Lücke stehen Mahnungen zu List und Schlauheit, dann die große Rede an Kyrnos von dem Ruhm, den der Gefeierte durch den Dichter haben werde, und von dem schlechten Lohn, den er ihm mit seiner „Täuschung" zahle. Hier bricht es ab. Noch ein größeres Stück ist weiterhin erhalten, von der Armut, in die der Dichter durch seine Feinde gekommen sei, und wie man sich rächen könne. Sonst gibt es nur kleinere Brocken und vielleicht das Schlußgedicht. Das Buch setzt einzelne Stücke, vom Zweizeiler bis zur umfänglichen Elegie, meist ohne jede Verbindung aneinander. Ist es darum ein „Florileg" oder eine „Ausgabe der gesammelten Gedichte", vom Verfasser selbst hergestellt und eingeleitet? Vieles spricht dagegen. Wir erkennen einen deutlichen Gedankenfortschritt durch die einzelnen Teile, einen deutlichen Zusammenhang der Teile untereinander. Wir können dem großen abgesprengten Brodken seine notwendige Beziehung zu dem erhaltenen Anfang des Werkes nachweisen. Kaum jemals sagen zwei 88

E s stammt von einem megarisdien Dichter, und die einleitenden Elegien weisen auf das J a h r 480. O b man es dem Theognis von Megara zuschreiben will, hängt davon ab, wie man den A n s a t z der Chronographen auf ungefähr Ol. 58 beurteilt. Beloch, Jahrb. f. Phil. 1 8 8 8 , 7 3 1 , und v . W i l a m o w i t z in der Literaturgeschichte v e r lassen dieses D a t u m zugunsten der Datirung auf den Persersturm, während z. B . E d . M e y e r , Gesch. d. A l t . I I I § 2 1 2 , daran festhält und daher die betreffenden Elegien des Jahres 4 8 0 einem anonymen megarisdien Dichter gibt. G a n z unerlaubt scheint es mir, wenn Bergk P L G I I 4 1 9 7 , Rohde K l . Sehr. I 1 24, Hudson-Williams 10 f., die in 7 6 4 und 7 7 5 erwähnte Persergefahr in die Mitte des V I . Jahrhunderts setzen.

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Gedichte ganz dasselbe, nirgends finden wir einen Sprung auf fremdes Gedankengebiet, wenigstens in den Teilen, die uns als unversehrt gelten dürfen. Wohl aber haben wir wiederholt beobachtet, daß zwei Gnomen scheinbar ohne Zusammenhang nebeneinandergestellt wurden, und daß dann erst eine dritte die Beziehung der beiden und die Bedeutung für das Ganze aufklären mußte. Und an ein kurzes Gedicht erinnern wir uns, das zwar formal in sich geschlossen war, aber überhaupt nur dadurch seinen Sinn erhielt, daß in ihm der fortschreitende Gedanke des Ganzen nach einer anderen Seite umbog. Dies alles schließt ein „Florileg" völlig aus, macht aber auch die Annahme, hier lägen „Gesammelte Gedichte" vor, so gut wie unmöglich. Man sehe nur zum Vergleich Goethes Reimsprüche durch. Gewiß hat sich da nah Verwandtes vielfach zusammengefunden. Aber wo eine größere Reihe in Form und Inhalt zusammenhängt, wie etwa die Farbensprüche in dem Abschnitt „Gott, Gemüt und Welt", da | kann an einheitlicher Entstehung auch gar kein Zweifel sein. Doch bleiben wir in der antiken Literaturentwicklung, um zu fragen: gibt es überhaupt solches Werk, das durch Proömium, „Siegel" und Ankündigung als einheitlich bezeichnet wird, auch in seinem Gedankenzusammenhang einheitlich ist, und das doch eine Sammlung darstellt? Ich wüßte keins zu nennen 89 . Wohl aber weiß jeder, welches die nächste Analogie für das Theognisbuch ist: das sind Hesiods "Egya. D a haben wir dieselbe Verbindung in sich geschlossener Einzelteile zu einem Ganzen, haben dieselbe Mischung allgemeiner Lehre und höchst persönlicher Aussprache 90 , haben auch neben längeren Abschnitten zusammenhängender Erörterung jenes Fortspinnen des Gedankens durch aneinandergereihte Sprüche, wobei nur dem Stichos bei Hesiod naturgemäß das theognideische Distichon entspricht 91 . Gewiß sind auch Unterschiede vorhanden. Bei Theognis ist die formale Isolierung der Teile noch etwas stärker. Sodann fehlt das Mythische, und die Didaktik des „Bauernkalenders" hat bei ihm auch nichts Entsprechendes. Was aber wollen diese Abweichungen gegenüber der großen Ähnlichkeit besagen? N u n hat ja für Hesiods Werk Kirchhoff den Gedanken durchzuführen versucht, es sei eine vom Dichter selbst nachträglich veranstaltete 89 90

91

Den Stephanos des Meleager als Kontrast heranzuziehen, ist lehrreich. Man darf als wahrscheinlich annehmen, daß uns bei Theognis gerade von dem Persönlichen mancherlei verloren gegangen ist. So etwas wie 805 ff. geht natürlich auf ein bestimmtes Ereignis. Fälle, wo solche Entsprechung wirklich nachzuweisen ist, sind bekanntlich vorhanden. Man vgl. Theogn. 831/2 mit Erga 372. Und der Vierzeiler 425-8 II&VTCOV Hev nf| «püvai ist so gut wie sicher aus den zwei Hexametern erweitert, die im 'Ayy '0|J.r|(jou xal 'Haiööou stehen. Es ist bedauerlich, daß Hudson-Williams 2587 noch immer den Alkidamas für den 'Aydiv verantwortlich macht nach dem, was Ed. Meyer i. d. Z. X X V I I , 1892, 377, bewiesen hat. Vgl. auch Busse, Rhein. Mus. L X I V 113, und Allen, Journ. Hell. Stud. X X X I 1254, dem ich aber nicht zustimme. Bakchyl. V 160 scheint aber auf Theognis zurückzugehen, da er den Pentameter paraphrasiert.

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Griechische Literatur

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Sammlung eigener älterer Poesien. Die These ist, wenn auch keineswegs allgemein aufgegeben, doch in Wahrheit widerlegt und unhaltbar. Unsere Darlegung in Kapitel I hat selbst für jene lange, verbindende Gnomenreihe die Zugehörigkeit zum Plan des Dichters erwiesen. Daß die Erga (bis zum „ Schifferkalender" oder | mindestens bis zum „Bauernkalender" einschließlich) von vornherein als einheitliche Dichtung konzipiert sind, daran kann heute nicht mehr gezweifelt werden. Des Theognis „Mahnreden an Kyrnos" stehen literarisch in der Reihe, die von Hesiods „Mahnreden an Perses" eröffnet wird. Die inneren Schwierigkeiten, die sich auftun, sobald man das Buch des Theognis als Sammlung auffaßt, sind vorher dargelegt worden. Jetzt zeigt sich, daß die literargeschichtliche Einordnung zu demselben Ergebnis führt. Mag immer dieses oder jenes einzelne Stück selbständig entstanden sein: einmal ist doch im Geist des Dichters der Plan des Ganzen aufgetaucht, und dann sind in der Beziehung auf diesen Plan des Ganzen die Einzelteile vom kurzen Spruch bis zur ausgeführten Elegie geformt und aneinandergefügt worden. Es sind eigenartige Gebilde, diese 'Yjtoftrjxai, und die Antinomie, daß wir hier einerseits eine Reihe selbständiger, abgeschlossener Gedichte vor uns haben, und daß solche Einheiten wiederum Teile eines umfangreicheren Ganzen sind, bleibt bestehen. Aber dies gerade freut, neue Gestalten zu begreifen, und niemand darf glauben, daß unsere Kenntnis den Reichtum antiker Literaturformen ganz umfasse oder alle Möglichkeiten erschöpft habe: JtoXXod l-iopqpai tcüv öainovicov. j.

Demokrit

Daß sich die poetische Form der 'Yjiodijxai, wie wir sie, schärfer als in der Regel geschieht, bei Hesiod und Theognis herausgearbeitet haben, in der Prosaliteratur fortsetzt, in den Paränesen an Demonikos und N i kokles und noch in den ú-tottetixoí Xóyoi der späteren Zeit, ist bekannt genug92. Hier soll nur über eine der ältesten unter diesen prosaischen wtoflfjxai einiges gesagt werden, nicht als ob sich viel Neues darüber ermitteln ließe, aber weil wir meines Erachtens zuversichtlicher urteilen können, als es gegenwärtig den Anschein hat. Euseb gibt im XIV. Buch der Praeparatio ein großes Stück kluger und scharfer Polemik wieder, die Dionysios „der Große", Bischof von Alexandrien, gegen Epikurs Lehre richtete93. Dort wird in einem | Zusammenhang, der hier nichts austrägt, der Vorrang geistiger Betätigung dadurch dargetan, daß selbst Demokrit ihn anerkenne mit dem Satz ßovXeadai ¡lä^Aov [úav evqeiv amoXoyíav r| tr^v ITeqocóv oí ßaaiXeiav •yEvÉafrat. 92

J . Bernays, Ges. A b h . I 266 ff. Wendland, Anaximenes von Lampsakos 81 fT. «3 Über Dionysios s. Harnack, Chronologie der altchristl. Literatur I I $ 7 ff. Die für Demokrit in Betracht kommenden Stücke bei Diels-Kranz, Fragmente der V o r sokratiker 68 [ j j ] B 1 1 8 . 1 1 9 .

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Und diese Erwähnung des verfehmten Namens benutzt der heilige Mann, um einen Angriff gegen den Philosophen einzufügen, der sonst so verkehrte Ansichten aufgestellt und den „ Z u f a l l " zum beherrschenden Prinzip der Weltentstehung gemacht habe. Freilich habe er ihn vom Menschenleben ausgeschlossen, wie den Anfangsworten seiner „iijtoflfjxai" zu entnehmen sei. Dionysios zitiert nur einen Satz und fährt dann mit eigener Polemik fort, während uns das Demokritfragment in vollständigerer Form bei Stobaeus erhalten ist 94 . Ob i)jtoftf|y.ou als Schriftentitel gemeint sei oder rein appellativ „Mahnungen" bedeute, darüber läßt sich nichts Gewisses ausmachen, und das Urteil schwankt, ob die Schrift zu einem der durch Thrasyll erhaltenen Titel gehöre oder ob wir in ihr eine aus Demokrits Werken ausgezogene Spruchsammlung zu erkennen hätten 95 . Genaueres Betrachten des erhaltenen Bruchstücks möchte jedoch eine Entscheidung möglich machen. Sei es also zunächst vorgelegt: avftgcojioi TÚJCT1S eiöcdXov éjtXáaavTO ngcxpaaiv I8ír|g äßou/.ir|c;. ßaia yág .?iT)v x a l Ä.T]if|i E / E a d a i . Inschr. v . Olympia 2 a i £e (ir)jiidEiav x d ^ixaia, oq (XE710XOV xEXog ey.oi x a l xoi ßaaiXäEg, ^ ¿ x a jivaig x a d n o x i v o i F i x a a x o g . I. v . O. 7 ai 6 e xig n a p xö vgaqpog 8 i x d 6 6 o i . . .

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jetzt der Gegensatz zu folgen: „Den größten Anteil an Gerechtigkeit und Tüchtigkeit hat der, der die größten Ehrenstellen würdig ausfüllt 123 ." 264 schließt nicht unmittelbar an. Ich lasse dahingestellt, ob Demokrit hier einen Gedankensprung gemacht hat, oder ob etwas fehlt, und bezeichne, wie sich ein Übergang finden läßt: (Liegt nicht die Gefahr nahe, daß jemand sein Amt nur äußerlich „würdig" verwaltet und in Wahrheit der Gewinnsucht oder Begier, y.EQÖEi f| t|öovfii, nachgibt? Für ihn gilt die Mahnung:) „Man soll sich vor den andern nicht mehr schämen als vor sich und soll zur Maxime seines Handelns machen124, nichts ,Ungeschicktes' zu tun." Mit diesem Schlußwort dvEitixriÖEiov paßt vortrefflich das Anfangswort von 265 rwv rpaoTriiiEvwv zusammen. „Des Verfehlten gedenken die Menschen mehr als des Gelungenen. Mit Recht. Denn wie die Rüdsgabe eines Depositums kein besonderes Lob verdient, wohl aber das Gegenteil Strafe, so steht es auch mit dem Beamten. Denn er ist nicht gewählt, um es schlecht zu machen, sondern gut." Dieser Spruch ist von entscheidender Wichtigkeit. Denn in ihm vollzieht sich eine Gedankenbewegung von dem allgemeinen Begriff des Handelnden auf den besonderen des Beamten, eine Bewegung, die erst gerechtfertigt wird durch den Bezug auf etwas außerhalb dieser Gnome Liegendes. Dies ist sicher der Spruch, der nun folgt: toiig agxovTag schließt an töv ap/ovxa, wie ä ö i x E i v an xaxwg jtoif|acov. A m besten erklärt sich | aber jene Gedankenbewegung dann, wenn schon vorher von Beamten die Rede war, so daß dieser Begriff eigentlich vorschwebt, d. h. also, wenn 262/3 vorherging, so ist 261 bis 266 im wesentlichen als Einheit erwiesen mit starker Korruptel in 263 und vielleicht einer Lücke nach diesem Spruch. Zuletzt 275-278. Der sachliche Zusammenhalt ist so eng, daß Natorp die Sprüche beieinanderlassen mußte und nur die Ordnung geändert hat. Mir scheint mindestens bei den ersten dreien durch Stobaeus auch die echte Abfolge gewahrt. 2yy. Kindererziehung ist eine heikle Sache. 276: (Darum) soll man keine Kinder zeugen 125 . 277: Will man (aber) durchaus einen Sohn haben, so mag man einen adoptiren. Hängt dies vortrefflich aneinander, so scheint nicht ganz so scharf der Anschluß an 278. „Die Menschen halten es für eine Naturnotwendigkeit, eigene Kinder zu haben. Daß es in der Tat xcrta cpvaiv geschieht, beweist die Verbreitung des Triebes über alle Lebewesen, zumal bei dem Fehlen jedes Nützlichkeitsgrundes. Im Gegenteil bereiten die Kinder viele Mühsal, und nur bei dem Menschen kommt die Hoffnung auf einen gewissen Vorteil hinzu 126 ." 123 D e r Zusammenhang führt so auf die Herstellung von G o m p e r z ö Tina? dijiü); xäq nev'nJtag Tameucov. 124

D e r Ausdruck schien mir treffend (vofiov xr\i \puxrji x a O e a T ä v a i sagt Demokrit), und

125

Jtalöag xxäaOcn ist im Gegensatz zu dem allgemeinen Jiaiöa itoir|aaaöai (277) auf

ich freue mich nun zu lesen, d a ß N a t o r p S. 102 gerade hier auf K a n t verweist. leibliche Nachkommenschaft zu beziehen. D a s ergibt sich aus 278 ex^ova

xxäzai.

126 Sollte das voni^ov jtEJtoir)Tai nicht in einem Gegensatz zur «pvimg stehen, so daß man den ^6(10; darin hört?

310

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Griechische L i t e r a t u r

Allerdings ist der Anschluß dieser Gnome etwas lockerer als die Verbindung unter den ersten dreien. Aber sie würde als Gegensatz zu 277 vortrefflich passen, und mit einem „hingegen" wäre der Bezug hinreichend gekennzeichnet. Demokrit empfiehlt Adoption. Die Menschen hingegen ziehen leibliche Nachkommenschaft vor, und diese menschliche Eigenart hat ihren Grund in der Natur. So ist es denn am wahrscheinlichsten, daß auch hier 4 Gnomen in ursprünglichem Zusammenhange vorliegen, so wie Demokrit sie angeordnet hat, um seine Gedanken in altüberlieferter Form schrittweise vorzutragen. Noch für andere kürzere Partien ließe sidi ein ähnlicher Nachweis erbringen127. Davon soll hier abgesehen werden, und der Blick wendet sich nun noch einmal auf den zurückgelegten Weg. Wir | haben Klarheit darüber gewonnen, daß ein echtes Werk des Demokrit entweder xmodijy.ai geradezu hieß oder doch unter diese Schriftengattung gehörte, und daß es praktische Spruchweisheit in sinnvoller Anordnung enthielt, vermutlich einen großen Teil der unter Demokrits Namen erhaltenen Sprüdie. Audi hat sich herausgestellt, daß wir noch streckenweis den ursprünglichen Zusammenhang fassen. Diesen Ergebnissen gegenüber ist es vielleicht von geringerer Bedeutung, zu wissen, mit welchem der von Thrasyll aufgezählten Titeln diese Hypothekai zu identifizieren sind. IIuftaYÖQTig und Ilegi tü)v ev "Aiöou kommen natürlich nicht in Betracht, ebensowenig die 'Y1ton.vrij.1aTa r)iHxa (was immer das gewesen sein mag); denn wion.vrnj.aTa und tijtoöfpcai unterscheiden sich begrifflich und grundsätzlich. I T e q I Tfj; t o ü aoqpoü ö i a f r e a i o g und wohl auch jieqi d v S p a y a f t i a c ; f| iteoi aQETfjg lassen an eine stärker theoretische Absicht denken, als sie einer Spruchsammlung innewohnt. So bleibt 'A[xaM>eiT|g xgQag, das Lortzing ehedem, ohne Nachfolge zu finden, mit den wToftijxai identifiziert hat, und T q i t o y e v e i o , der Natorp die Mehrzahl der Gnomen zuteilen wollte. Entscheiden läßt sich nicht, ein klein wenig mehr Gewicht hätte vielleicht die Gleichung 'Yjiaüfjxai = T p i T o v e v e i a 1 2 8 . Denn mögen die Titel von Demokrit selbst stammen oder von Späteren, jedenfalls war „Füllhorn" zur Zeit des Plinius und Gellius poetischer Name für Sammlungen von Lesefrüchten, wie man sie damals liebte. Das weist also nach etwas verschiedener Richtung. Andrerseits wurde in der T q i t o y e v e i ö dieser Göttername allegorisch auf die cppovriaig gedeutet, und es hieß von der: -/ivETai ö e e x t o ö < P q o v e i v x g i a xavxa • xö s i Ä.oYi^ecr&ai, t o e i X e y e i v v.ai t ö j i g a t T E i v a S e i . Nun ist es ja gerade die cppovriaig, deren siegreiche Herrschaft über den Zufall wir in den Eingangsworten der 'Yno^fjxat gepriesen fanden. So nimmt denn das negative Moment aus der Wagschale des „Füllhorns" etwas

127

Z . B. 1 7 8 - 8 0 ,

2 2 7 - 9 . A u c h in der D e m o k r a t e s s a m m l u n g

sind ja

Zusammenhänge

kenntlich. A b e r man k a n n bei dem C h a r a k t e r dieser A u s w a h l nicht d a f ü r einstehen, d a ß auch nur 2 S p r ü d i e ursprünglich so a u f e i n a n d e r g e f o l g t seien, w i e sie jetzt folgen. 128 N a t o r p hat sie nicht v o l l z o g e n , aber er hat im übrigen w o h l das Richtige gesehen.

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YTI09HKAI

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fort, und das positive bringt der Tritogeneia ein schwaches Mehrgewicht. Gewiß, eine endgültige Entscheidung läßt uns die Dürftigkeit des Materials nicht fällen. Vielleicht aber wird dieser Mangel dadurch einigermaßen ausgeglichen, daß wir eine Seite der demokriteischen Schriftstellerei und die historische Entwicklungsreihe der 'YiwiHixai schärfer erfaßt haben.

Heracliti fragmentum 1 2 4 1942 Heracliti fragmentum 124 J . B. McDiarmid primus recte interpretatus est in A J P vol. L X I I , pp. 492 sqq. Sed neque O A E L XEXU^EVCOV Graece dici neque 0 xcdXia-tog nomine carere posse mihi videtur. Via recta ostenditur figuris illis Heracliteis nidf)xcov o xa)haxog (frag. 82) et avftptbjKov o aoqximiTog (frag. 83). Sic igitur emendandum: oagt; Ewfj(i) xexv|xev(ti avdg(i)ji)a)v o xaAAiaxog. Si ponis scriptum olim fuisse avtov compendio trito, librarius etiam facilius ab altero v ad alterum transilire poterat haplographia vulgata, ut tres tantummodo litterae o8oxfjiaiv cum scholiastae interpretatione oi 8è ralg èvéSpaig 8ià tò jtpoa8Éxeafrai. Quoniam vero non de occultis insidiis apud Archilodium res est sed de aperta pugna, quid accurate signifìcet Sóxog (8oxóg) vel 8oxr) inquiramus. 8óxog pertinet ad verbum SéxEaftai (sicut TÓvog, jiópog ad v. teìvo), iteigco, axojtóg ad v. axéjrroixai), 8éxovtcu autem in pugna viri, in venatione ferae adversarium (E 238, M 147). Nomen Andocidis, quod Atticos e poesi epica accepisse et praepositionis apocope et forma metrica — v^v^— demonstrant, eodem videtur pertinere. èv 8óxoicji igitur nisi fallor de eo proelii sive tempore sive loco adhibetur, | ubi hostis hostem 8Éxetai. In mentem venit illius Homerici àvà jitoAé^oio yetpiiQag, quod apud Hesychium vertitur tù (xéaa -trig (paXcr/yog. èv toig (xéaoig trig cpaXayyog: sic verba Ardiilochi haud scio an recte interpreter2.

4. In Archilochi frg. 74 Immerito interpretes, Immisdiium aio (Philol. 49) et Hauvettium, in hoc fragmento opinantur Lycambam induci, ut poetam defendat ab adversaras. Aristoteles vero in Rhetorices III c. 17 his praemissis èjteiSri evia jteQÌ avxov léyeiv t\ èjùqptìovov f| (xaxQoXoyiav r\ àvTiXoyiav exei xai iiìeqì aXXov f) XoiSopiav f| àyeoixiav, eteqov XP*) Xáyovxa jioieìv inter exempla [Hermes L X I V , 1929, S. 378-384.] 1 2

Cf. Liddeli Scottique lexicon s. v. Soxóg. Assentit Wilamowitz. Glaube der Hellenen II 113, qui tarnen praefert: èv òoxfjioiv.

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Griechische Literatur

[3791380J

affert Archilochi iambum, in quo patrem de filia verba facere apertis verbis enuntiat. Jiepì akkov igitur, non Jtepl atixoC loquitur poeta personatus. Sequitur ut rj Xoiöogiov ri avpoudav evitare studeat, cui obnoxius fuisset, si locutus esset ex suo ore. Iam omnia plana sunt. D i f f a m a t u r fìlia, sed ita ut ipse pater obiurgationes effundens fingatur. H o c iam Hermannus Fraenkel in egregia ilia dissertatione Notitiis Societatis Gottingensis insertae, cui titulus est Eine Stileigentümlichkeit der frühgriechischen Literatur ( N G G 1924, 81), tam breviter quam recte pronuntiavit. Sed ne hic quidem argutias plane videtur explicavisse. N a m cum filia per genitorem d i f f a matur, diffamatur genitor una cum filia. Ingeniosissime et acerbissime amborum diffamationem coniunxit poeta. H i c ut alias autem videntur errare qui putent de L y c a m b a Neaeraque — nam de his sine dubio res est in Archilochi versibus mentionem fieri ante simultatem exortam. Fecit indignatio ob fractum foedus versus 3 .

y In Sapphus c. 2, 9 Digamma litterae „Aeolicae" olim exemplum insigne invenire sibi videbantur grammatici in his Sapphus verbis àXkà xà|i |xèv yXùaaa eaye. Hodie formam Fé(F)aye constat adiumento carere, quoniam quam arctis finibus usus litterae F apud Aeoles circumscriptus sit demonstraverunt Maasius in Socratis vol. V i l i p. 20 et Lobelius in Sapphus editionis (Ox. 1 9 2 5 ) p. X X V I I I sqq. C u m Lobelio igitur hiatum notante redeundum ad priorum rationem, ut qui vario modo mutaverint litteras traditas. Atque Catullus quidem quidnam verbis „lingua sed torpet" expresserit, parum elucet, Cobeti coniectura nénayt debilitari sententiam in propatulo est, graviores mutationes | oblivione transgredi praestat. A t desiderabat olim pronomen personale Isaac Vossius (xà^i |x£Ù). Horatius quoque (c. I V 1) in versu „cur facunda parum decoro inter verba cadit lingua silentio" haud scio an potius „linguam" pronomine instruxisset, nisi iam versu antecedenti „cur manat rara meas lacrima per genas" pronomen contineretur. Quaerendum igitur, an tali vocula hiatus possit evitari. Iam quam late pateat elisio dativorum n(oi) a(oi) F(oi) apud Aeoles exposuitpostMaasium Lobelius p. L X I . Itaque haud spernenda fortasse quam proponimus coniectura àXXà xà[i |xèv yi.&aaa (jì') eaye.

3

C f . Lasserre, Mus. Helv. I V 1947, 1 sqq.

[380¡38 í J

Retractationes I 3-8

6. De Tyrtaei

315

Eunomia

Tradit Aristoteles 4 Tyrtaeum Eunomiam condidisse wtò tòv Meootiviaxòv jioXejxov. A d d i t occasionem:ftXiß0|A£voiyág TivEg 8ià tòv hóXe|iov t||ìodv àvàftaaxov jtoieìv tt|v -/mpav. Aristoteli, qui elegiam totam manibus tenebat, utique fides habenda, non huius aetatis doctis, qui suis argumentis confisi ad sextum saeculum carmen revocare studuerunt 5 . De vetusta Lacedaemoniorum re publica testimonium gravissimum non ad nostram opinionem redigendum est, immo opinio ad testimonium conformanda. Rem publicam longinquo bello vehementer turbatam in pristinum ordinem reducere poeta animo proposuit. Proposito quo modo steterit, e fragmentis servatis elucet. In frg. 2 admonet populum de rebus antiquitus gestis, de Iovis tutela, de sorte Heraclidarum regum consociata cum D o riensium gente. In frg. 3 a (Diehl) constituta rei publicae versibus exprimit, ut de iure regis senatus populi ánimos audientium moneat, deumque legem sanxisse et in initio et in fine profitetur. Imperium regibus datur, quos non aQ'/ayixag sed ßaaiMjac; nominari Kahrstedtius 6 minus esset miratus, si non solum iuris publici sed etiam rei metricae rationem habuisset. Regibus additur senatus (v. 5), senatui populus (v. 5. 6). In fine verbis 8r|(j.oi> 6è jtXriftEi vìxt]v xaì xaQTog sjiEcr&ai ultima verba rhetrae vetustae öajxto 8è xvQÍav f|p.Ev xaì xqótos exprimi consentaneum est. Versu 6 num recentior illa Polydori et Theopompi rhetra (ai 8è oxoXiàv ò Sànos eXoito, Plut. Lyc. 6) exprimatur - id quod Toepffero visum est7. - | in medio relinquamus. Restat distichon v. 7/8, cui nihil respondet in textu rhetrae, haud facile quicquam respondere poterat in lege ulla constituta: iubetur populus honeste loqui, iuste agere, nunquam insidiari rei publicae. Deleri possunt v. 7 et 8. Sed delendo nihil proficimus, proficimus interpretando. His enim versibus id ipsum confirmatur, quod apud Aristotelem de turbato statu rei publicae traditum legimus. Videmus poetam rhetrae sua mónita inculcantem, ut ánimos illorum mitiget, qui t||[ow àvàSacrrov toieìv ttiv xwpav. Aristoteles interpretationem, interpretatio Aristotelem confirmat. Postremo in breviorem horum versuum formam inquirendum est, quae apud Plutarchum traditur (3 b). Inter hanc et ampliorem illam Diodori quae ratio intercedat, varie disceptaverunt viri docti. Breviorem formam vetustiorem esse post Busoltium (Gr. Staatsk. I 46 sqq.) Bervius (Gnom. I 309) statuit, Diehlius in contrariam sententiam videtur transisse, Ehrenbergius (p. 126) rem in ambiguo relinquit. Mihi certissimum videtur formam breviorem ex ampliore eaque genuina decurtatam esse ad usum, ut ita dicamus, puerorum rei publicae moribus institutisque studentium. 4 Poli:. V 6 = Tyrt. frg. 1 Bergk. s C f . Ehrenbergi librum Neugründer des Staates et quae oblocutus est Bervius in Gnomonis vol. I C f . etiam Wilamowitzium in Actis Acad. Berol. 1918, 734. 6 Griech. Staatsrecht I 127. 7 Beitr. zu gr. Altert. 351.

316

Griediisdie Literatur

[381¡382]

Diodori formam e maiore quodam contextu resolutam esse iam particula yag evincitur. In breviore forma non solum finis rhetrae (v. 9) resectus est, sed etiam ea quae ad turbam civitatis pertinere supra evincebamus. Relinquitur quasi nuda constitutio potestatum duobus distidiis inclusa, antecedit unum distidhum sanctionem Apollinis continens. Tenemus carmen memoriale tarn perfectum quam ieiunum. 7. In Solonis c. 1 De universo carmine denuo disputare ne post Wilamowitzi (S. u. S. 257) Reinhardtique (Rh. M. 1916) quidem egregias curas supervacaneum esse e Perottae conamine elucet, qui etiamnunc elegiam antiqua stili severitate insignem pro centone e diversis pannis consarcinato habet (Atene e Roma 1925). Hodie de una quaestiuncula critica verba faciemus, sitne genuinum distichon 39/40 necne. Delevit illud quidem Bergkius. Athetesin argumentis fulsit Wilamowitzius, quem primum extruso illo dilucidam reddidisse duarum eXjuScdv (37/38. 41/42) symmetriam Reinhardtus ait. Fraenkelius8 acute inquisivit de illius elegiae contextu, e quo in Solonis carmen invasisse distichon 39/40 arbitratur. Haec omnia corruerunt, ubi primum tradita rectissime se habere et ab ipso Solone prodisse tibi persuaseris. | Argumentis e sermone petitis ne ipse quidem Wilamowitzius videtur nimium tribuisse (p. 260). Solo bis utitur forma Attica eIvcxi (i, 5. 19, 9), adhibet x«Xa tQya ( 1 , 2 1 ) ita, utabrevis in thesi quam hodie vocant exstet, simulque xaXov ¿Tap (1, 24) ita, ut a longe in arsi9. Eundem in fine versus ponere potuisse e^nevai a^lP (1, 39), eundem xai -zaXog (1, 40) ita ut a longa thesin expleat, nemo negabit, qui deliberaverit poesin elegiacam prodisse ab epica et imbutam esse colore Homerico, apud Homerum vero e|x|xevai alhov similiaque multa in usu esse nec minus xc&ov ita positum, ut nullo discrimine sive arsin sive thesin expleat. Quot et quas formas epicas Solo sibi indulserit, discere quam decernere malo. (Rem tractavit Riedy duobus programmatis Monacensibus, quibus de Solonis elocutione quatenus pendeat ab exemplo Homeri fuse egit.) Formae verborum igitur quoniam nihil valent ad quaestionem diiudicandam, ad ipsam interpretationem nos convertamus. Iam mihi videntur ii qui Soloneam distichi 39/40 originem impugnaverunt parum reputavisse, quod eAiug non solum spes est rei futurae vel gerendae, sed saepe pertinet ad praesens tempus, ita ut verbum SoxeI tam in v. 39 quam in v. 42 facile explicari possit verbo ¿tau^ei. Somniantes vero fingit poeta mortales et de futuris rebus, valetudinem dico divitiasque, et de praesentibus, forti8 9

Hermae vol. 62 p. 256. C f . Pelissier, De Sol. verb, copia.

[382j383]

Retractationes I 3 - 8

317

tudine atque corporis forma. Si paulum declinare distidium 39/40 a directa via perhibebis, haud obloquar. Sed cave ne ad amussim redigas contortum vetusti carminis cursum. Extrinsecus postremo argumentum repetendum est, ut comprobetur non modo non offendere versus 39/40, sed ne posse quidem abesse. N a m que in sex versibus a 37 ad 42 res est de valetudine [ 1 ] , de fortitudine [2], de puldiritudine [ 3 ] , de divitiis [4]. Convertas mentem ad clarissimum scolion (Bergk P L G I I I p. 645, 8), in quo bona hominis enumerantur: sunt valetudo (iiyiaiveiv) [ 1 ] , pulchritudo (cpuàv xaXòv vevéaftai) [2], divitiae ( J I X O U T E Ì V ) [ 3 ] iuventus cum amicis (f)ßctv ( X E X A tcùv cpiXaiv) [4]. Convertas ad bonorum tabulam, quae est in Piatonis Legibus (6 31 C): sunt xe valetudo (ir/ieia) [ 1 ] , pulchritudo (xàXXog) [ 3 ] , robur (i«x*>g àgó^wv xaì et? tàg aXXag xivr)OEig xà> acófiati) [2], divitiae (itAoitog) [4]. (Tria bona sunt in Menexeno 246 E, in Rep. 491 C , in Philebo 26 B.) Hanc seriem ne apud Solonem quidem delere licet. Immo Solo antiquissimus testis exstat illius qui postea viget bonorum popularium catalogi. Quoniam ad Platonem res rediit, fac memineris munerum inde | a mercatore usque ad medicum seriem, quae Solonis versibus 43 ad 62 continetur, eandem quamvis inverso ordine redire in Phaedro dialogo (p. 248|DE), quam rem in libro de Platone I 225 = I 2 207 = I 3 208 paucis attigimus. 8. In Callimachum

Ox. 2079

Callimacheis nuper repertis post Pfeifferum (in Hermae voi. 63) subvenire paucissimis locis contigit. — In v. 5 supplementum éX[icraco nequeo redarguere. Tarnen unice verum esse non concedo. Haud scio an praestet ÈX[aiivco. Ludum puerilem respicit poeta non alium fonasse atque in epigr. 1 : xr)v -/.ara oavròv IXa, ita ut suam artem cum turbinum ludo comparantes adversarios fingat. - In v. 8 [ocpoitEpov] vix convenit. N a m quamquam alibi ó qpfróvog dicitur ipsorum TrjxEiv TCOV qyftovegùv o ^ a t a xaì xQaòir)v (APal. X I 193), tamen „scire" Teichines suum iecus liquare vereor ut aptum sit. Liquare sciunt iecus eorum quos visu vitant. xaì yàg TÒ ßXE[i|xa xaì T T ) V àvanvor)v xaì xr|v S L Ó A E X T O V aiiiùv (seil, T Ù V ßaaxavov È X Ó V T O O V oa>.|ióv) J T P O O 0 E X O | J . É V O D G x r| X E a FT a 1 xaì voaelv ait Plutarchus Quaest. conv. V 7 , 1. Temptabam igitur [àXXóxQiov] vel [àvTiitàXcov]. Quamquam [¡loùvov éóv] minus displicere quam [acpwitEoov] non negaverim. Maximi momenti est removere cruces a Pfeiffero versui 33 adpictas, id quod non mutando fit sed interpretando. 32 33 34 35

èyò ò' eìtiv ovlaxvs, ó jtTEQÓEig, a jidvTtog iva yrjeag, iva öpooov . . . f)v ¡xèv àstòcu jtQcbxiov èx öirig f]ÉQog Etöap löcov, audi TÒ 8' èxòiioijH XTX.

318

Griechische Literatur

[383¡384]

„In cicadarum numero esse mihi placet, ah omnino ut senectutem, ut rorem . . . hunc quidem ex aere pro cibo hauriens cantem, illam vero rursus exuam." Grammatici antiqui illud 5 sic accipiunt, ut ipsum per se (vel rectius cum vocula iva coniunctum) significet elfte vel qi.ov. Dubito quam adcurate. Nobis a potius eadem quae in Homerico ilio a ösiloi et apud Romanos et in nostra lingua interiectio est, iva simpliciter coniunctio finalis. Qui vero antiquum interpretem - nam ab uno ceteri pendent quam nos sequi mavult, post v. 32 gravius interpungat. Discrimen haud ita magnum, quamquam vereor ne a poetae Consilio sic paulo longius recedas. In papyro certe post v. 32 punctum non est. Quae exposui conveniunt fere cum iis quae Huntius (Class. | Rev. X L I I 6) et Rostagnius (Riv. di filol. V I 22) protulerunt, neque post illos rem rursus tetigissem, nisi Pfeifferus tam enixo studio contra dixisset. Cuius auctoritatem ne videar parvi aestimare, pauca adnotare e re erit. 1) cmy^r) quae est in papyro post bgóaov cum mea explicatione optime quadrat. - 2) senectutem et rorem artissime cohaerere cum cicadis constat et a Pfeiffero ipso bene exponitur (p. 324). ögoaov igitur addubitare non ausim. - 3) pronomen f|v |iév, quod a participio pendet ex usu notissimo, ne quis cum verbo aeiöco coniungat pronuntiando cavebis haud difficulter. C f . ut unum exemplum forte praesto factum adferam Plat. Phileb. 2 j D crunnETga zaì av|xcpa)va evftelaa àpifr^òv aitEgyatetai, ubi in proclivi est dirimere aij|icp(Dvu a participio, àgiftuóv a verbo finito. - 4) in eo quod Pfeifferus quamvis dubitanter commendai (iva yr\Qarsw < jiQÖacojtov wie a&rpa < " A t p o i t o s , dann tpersu < *cprsu. V g l . Skutsch bei P a u l y - W i s s o w a V I 7 8 7 / 8 . Die Änderung im Wortausgang könnte man durch Angleichung des griechischen Wortes an etr. -««¿-Bildungen erklären, falls man nämlich solche Form schon fürs Etruskische und nicht erst fürs Lateinische ansetzt, w a s idi allerdings für angemessen halte.

324

Lateinische Sprache und Literatur

[167¡168]

liehen Stil ihrer Wandmalerei (Mon. d. Inst. X I tav. 25) kaum später als 500 gerückt werden darf. Das spricht im Verein mit dem Fundort durchaus für unmittelbare Entlehnung des etruskischen Wortes aus dem Griechischen. Zweitens muß man darauf hinweisen, daß die Frühgeschichte des römischen Bühnenwesens mit einem an sich dürftigen Tatsachenmaterial arbeitet und nicht einmal auf unbefangener Auffassung dieses Materials beruht, sondern es durch bewußte Parallelisierung mit dem griechischen Entwicklungsgang in trügerisches Licht setzt. Niemand also darf mit Entschiedenheit bestreiten, daß etwa vor den oskischen Atellani schon die tuskischen histriones Masken nach Rom gebracht hätten. Aber selbst wer dies für unerlaubte Willkür gegen die Uberlieferung hält, kann bei der Übernahme des etruskischen Wortes ins Lateinische bleiben, wenn er sich vergegenwärtigt, wie lebhaft in Camjpanien etruskischer Einfluß, wie stark die Sprachmischung war (W. Schulze, Zur Gesch. lat. Eigennamen 62 u. sonst), und wie spät das etruskische Idiom dort erloschen ist (Nissen, Ital. Landesk. II 682). Demnach wäre es schließlich auch nicht unmöglich, etruskischen Namen und oskische Sache mit einander zu verbinden. Der dossennus in der Atellane trägt eine Bezeichnung, deren „latinischer" Ursprung recht zweifelhaft ist4, deren Endung mindestens - trotz Buecheler5 - stark ans Etruskische erinnert. Aber mag hier auch der Weg im einzelnen gewesen sein, welcher er wolle, einiges ist sicher oder doch sehr wahrscheinlich. Dazu gehört, daß die Maske auf dem römischen Theater zuletzt die griechische Maske ist, ob nun Etrusker oder Osker als Vermittler zu betrachten sind. Die oskische Posse bezieht ihre Maske von den Griechen. Denn sie stammt entweder überhaupt vom Phlyax ab oder ist zum mindesten aufs stärkste von diesem beeinflußt (vgl. Bethe, Proleg, zur Gesch. d. Theaters 293 ff.). Nicht minder fest steht es, daß die Bühnenmaske der Etrusker mit deren gesamter höheren Kultur und Kunst nur von den Griechen stammen kann. Ob also Osker oder Etrusker oder beide die Maske nach Rom gebracht haben, jedenfalls ist es die griechische Maske. Dazu paßt aufs beste das Ergebnis der Sprachbetrachtung, die in dem Worte persona eine Entlehnung aus dem Griechischen erkennt. Und wenn nun die Römer nachweislich ihre Theatermaske zunächst nicht unmittelbar von den Griechen übernahmen, sondern auf Umwegen, so stimmt dazu nicht minder gut die Beobachtung, daß auch das sprachliche Zeichen für den Gegenstand nur als indirekte, vermutlich durch die Etrusker vermittelte Entlehnung aus dem Griechischen aufzufassen ist. 4

5

Bekanntlich deutet man dossennus in der Regel als dors-ennus, während im Gegensatz dazu W. Schulze a. a. O. 283 das Wort als „etymologisch dunkel" bezeichnet. Rh. Mus X X X I X 420. - TT]ßEwa ist doch wohl etr. Lehnwort im Griechischen. Dafür spricht auch die Notiz im Et. M. und bei Phot. s. v. rrißEwa, wo das Wort nicht wie in den Glossen gewöhnlich als 'Pcofiaixf) eaör|; erklärt wird, sondern die Erklärung lautet: lnáxiov x^-öl^g o cpoooíai Ti>qqt)voí (so Buecheler statt des überlieferten •njpavvoi).

Retractationes I I 9 - 1 1 1932 9. De Lucre ti vv. I 44-49 De versibus conclamatis, quos inde a Manilio ad Dielesium usque omnes fere editores deleverunt, nondum diiudicatum esse apparet, quondam nuper oblocuti sunt Bignonius Italus (RivFil. 1919 - in volumine insania bellica dehonestato) et O. Regenbogen (HumGymn. 1930, 100; Lukrez [1932] 69). Qui quamquam poetam ipsum, non interpretem, hanc versuum seriem addidisse merito pronuntiaverunt, a vera ratione eo mihi videntur aberrare, quod ille in lacuna post v. 49 supponenda intercidisse poetae allegoricam Veneris explicationem autumat, hie Lucretium suos versus margini adscripsisse, quos cum reliquo prooemio nondum ad finem peracto postea concinnaret. Consentiunt igitur hi quoque cum ceteris eo, quod vv. 44-49 cum antecedentibus insequentibusve concinere negant. Ego contra omnes meam opinionem defendam simplicem et propter ipsam simplicitatem haud scio an veram: vv. 44-49 suo loco et uno tenore cum ceteris a Lucretio positos esse, ita ut neque ante neque post eos ullum lacunae indicium iure deprehendatur. Errant autem in eo interpretes omnes, quod horum versuum indolem, quibus Epicuri xvgia 8ó|a prima a Lucretio concipitur, e secundo libro (vv. 646 sqq.) explanare conantur. Illic enim vanae hominum religioni quamvis eximie allegoriae ope elucidatae Epicuri vera ratio (v. 645) expressis verbis opponitur. Quodcontra in libro I nulla significatur oppositio. Vix ultimus versus (49) huius seriei ita intellegi potest, haudquaquam debet, ut contradicere videatur hymno in Veneris honorem concepto.Nam plane aliud vel,ut clarius loquamur, plane contrarium inter hunc hymnum versusque omnis enim per se . . . interest atque inter eosdem in libro II versus illumque de Magna Matre locum. In libro I enim verbum principale, quo cum antecedentibus coniunguntur, pax est (id quod iam Bignonius sensit, non ad finem persecutus est): tu sola potes tranquilla pace | iuvare mortales 31 — petens pacem 40 - summa cum pace 45. (Neque casu fit, quod verba talibus in rebus v. 43 similitudinem habent cum verbis semota ab nostris rebus v. 46.) Rogatur Venus a poeta, ut pacem donet, quippe quae sola pacem donare possit. Exponitur a philosopho deorum naturam in ipsa pace constare. Hoc unum vix Epicurus ipse asseclas vetare [Hermes LXVII, 1932, S. 43-46.]

326

Lateinische Sprache und Literatur

[44 ¡45]

poterai ne deos rogarent: pacem. taCt' ovv öeXe naì aìtoi tòv $eòv a $éXei xaì EOTiv axnóg, ut Porphyrii verbis utar (ad Marcellam 13). Nihil igitur contrarii Lucretius — ut taceamus de fabuloso ilio interprete! - versus 44—49 habere voluit cum antecedentibus, immo his illos fulcimento esse. Tribus versibus (44-46) praedicatur deorum naturam in pace constare. Quod alteris tribus (47-49) probatur: removentur enim a dis non modo dolor metusque (47) sed etiam ii affectus, quos deorum proprios iudicare solet falsa religio, gratam voluntatem dico, quae hominum bene factis paratur, et iram. Sed ne in ultimo quidem versu quicquam invenies, quo preces Lucreti impugnari potius quam fulciri iure perhibeas. Iam demonstrabimus versus addubitatos etiam cum insequentibus coire in unum contextum. Atque primum hic quoque repetitione quadam verborum ad conexum recte aestimandum perducimur. Semota ab nostris rebus est natura deorum (v. 46), semotum a curis ut animum praebeat, Lucreti verbis paulo post (v. 51) Memmius rogatur. Eadem igitur pace vel vel àraga^ig., qua cum antecedentibus coniungi vidimus versus addubitatos, nunc cum insequentibus eos coniungi videmus. Rogatur Venus, ut pacem condonet Romanis. Rogationi fulcimento est xuQÌa òó|a prima. Tunc ad Memmium se convertii Lucretius, quem tali securitate fruiturum sperat, ut sapientiae vacet aures praebere.

10. De prooemio

Lucretiano

De prooemio universo indefessis doctissimorum curis pauca addere liceat, ut solito facilius dispiciatur sententiarum nexus et partium necessaria concinnitas. Neque casu fit, quod tam laboriose et diverse interpretum sententiae distrahuntur. Quod nequaquam fieret, si de Augusteae aetatis poemate ageremus. Lucretius contra nondum dereliquit vetustioris artis duritiem et semitas contortas. Prooemiorum propria haec sunt, ut cum Aristotele loquamur: ejtcuvog, öelyna -toi Xóyou, tà jtpòg tòv àxgoatr)v. Lucretius tres laudationes esse voluit: Veneris [ 1 ] Epicuri [2] Enni [3]. Ter | Memmium appellai opusque ei offert vel commendai: vv. 26 sq. [a] 50 sq. [b] 136 sqq. [c]. In tres partes argumenti propositionem discerpsit, ita ut primo [a] argumentum generale quam brevissimum poneret v. 25, deinde singulare iterum bipartito distribueret v v . 54 sqq. [ß] et 127 [7]. Haec autem cur tam mirifice digesserit, intellegi nequit nisi ex universa prooemii ratione. Universa prooemii ratio repetenda est ex Epicuri Sententiarum decima prima: eì (rr|dèv rjiiag al xwv iìetewqojv vjco\|hou f|vó>xXouv xaì al jieqì flavàtov, UT) note jiQÒg r|(iàg fi ti, . . . ofix av jtgocreÖEOHEfta (pvaioXoyiag. Qua sententia cum indoles totius quodammodo carminis signifìcatur, tum prooemii piane continetur: agitur enim de rerum natura [A], impugnatur religio [B] ; agitur de illa, ut haec impugnetur.

[45¡46]

Retractationes I I 9 - 1 1

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Tres partes prooemii dignoscuntur, si modo semitam paulo rigidiorem reddere licet simulque cognitu faciliorem. Pars I (vv. 1—61) est de natura [A], pars II (vv. 62-126) de falsa religione [B], in parte III (vv. 1 2 7 145) revertitur poeta ad naturam [A]. In parte I ineunte secundum legem prooemiorum illud de natura argumentum formam hymni [ 1 ] induit. Depingitur autem Venus primum (vv. 1-27) sub imagine deae íúaecog, deinde (vv. 28-49) praedicantur de ea quae Epicurus in Sententia prima Ttp naxapícp ácpftáptcp tribuit. Harum particularum utrique inculcantur et singulae Memmi appellationes et singulae argumenti propositiones ([a a] vv. 25—27, [b ß] vv. 50-61), adeo ut in fine totius partis I oculis subiciatur Natura creans eiusque materies. Postquam in parte I illud de natura argumentum [A] ad culmen elatum est — simulque novam quandam religionis formam progenuit - , derepente in parte II ad religionem veterem impugnandam [B] transitur. Parti II inseruntur (vv. 66-79) laudes Epicuri [2], qui religionem impugnare docuit,et (vv. 1 1 7 - 1 2 6 ) Enni [3],qui,quamvis falsa protulerit de animarum natura, tamen ut princeps poeseos Latinae honoribus ornatur. In fine autem haec altera prooemii pars revertitur ad rerum naturam (v. 126), cui pars III tota incumbit, ita ut tertiam argumenti propositionem [y] et tertiam Memmi allocutionem [c] adsciscat. Iungitur prooemium cum ipso poemate quattuor versibus (146-149). In his argumentum duplex, quod antea in tres partes principales prooemii evolutum dispeximus, rursus in unum | enuntiatum coartatur sicut in Epicuri Sententia X I : religionem diruit naturae ratio. 11. Lucr. I yj8 Quorum utrumque quid, a vero iarrt distet habes. Versum truncum sic praebent Oblongus, Quadratus, Schedae Vindobonenses unanimiter. Temptabat corrector Oblongi habe(bi)s. At displicet tempus futurum, quoniam in priore libri I parte „utrumque" demonstratum est, scilicet nihil de nihilo gigni nihilque ad nihilum interire. Rectum videtur habe(mu)s, qui exitus hexametri commendatur versu V I 7 1 1 item in multis hoc rebus dicere habemus.

The Epicurean Theology in Lucretius' First Prooemium (Lucr. I. 44-49) 1939

In the History of the Prooemium — an important history which has still to be written - the first hundred and fifty lines of Lucretius will always claim a place as one of the outstanding examples of this genre. The material of the building and the ground-plan, the construction of the parts and the ornaments: all are extraordinary. The history of its interpretation is a less glorious chapter. The address to Venus-Nature after the first "predications" usual in hymns1 unfolds into an Hellenistic parenthesis: the description of her triumphant entry at spring-time. The address slides into a short first propositio thematis de rerum natura (25) and a short first dedication Memmiadae nostro (26). The request necessary to such a hymn reads: aeternum da dictis diva leporem (28). The address takes a second start. In the midst of the unrest of the present times - belli fera moenera (32), patriai tempore iniquo (41) Venus is invoked as the sublime mistress of Mavors armipotens. This second request unfolds into the Hellenistic picture of Mars lying in the lap of Venus, embracing and embraced2. The request itself is: grant us peace! (40) | Then the invocational hymn gives place to six (twice three) verses (44-49), containing the Epicurean theology. The famous first xupia 5o§a of Epicurus: To [xay.&giov y.ai äqyüapxov oike aiito jtoaYiicrta e'xei otke a)J.a> [Transactions of the American Philological Association L X X , 1939, S. 368-379.] 1 2

Cf. Ed. Norden, Agnostos Theos (Leipzig, Teubner, 1913), 150, 350. C f . the pictures of Aphrodite and Adonis: E. Pfuhl, Malerei und Zeichnung der Griechen (München, Bruckmann, 1923), § 642, Fig. 594 (Meidias-Painter); Fig. 669 (Pompeii). Dionysos and Ariadne: L. Curtius, Die Wandmalerei Pompejis (Leipzig, Seemann, 1929), Fig. 193 (Villa Item). Cista Praenestina, No. 54.135 Walters Art Gallery, Baltimore (shown to me by Miss Dorothy K. Hill). Ares and Aphrodite: Curtius, op. cit., /rontispiece; Pfuhl, op. cit., Fig. 668 (Pompeii). These and other kindred pictures and the passage of Lucretius must be added to the collections of Eduard Schwyzer, "Der Götter Knie - Abrahams Schoss," in 'Avtiöiopov, Festschrift Jacob Wackernagel gewidmet (Göttingen, Vandenhoeck, 1924), 292 f. They may modify his judgement: " U m den Geliebten im Schosse der Geliebten und den umgekehrten Fall zu finden, muß man im Abendlande im allgemeinen in tiefere Kreise des Lebens und der Literatur hinabsteigen."

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The Epicurean Theology in Lucretius' First Prooemium

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jtapEXEi... is rendered as closely as possible in Latin verses; the peaceful existence of the Epicurean gods is formulated in such a solemn manner that the sorrowless life of those dethroned potentates becomes a thing of envy. This theology is followed by an address to the human addressee. The poet asks his attention, free from cares, for the true knowledge of Nature (50-53). A second and more detailed propositio thematis culminates in the fundamental conception of the atom and deals with its different names — res in nominibus — (54-57, 58-61). The first main part of the prooemium has reached its goal. As early as the Juntina of 1 5 1 2 the six verses dealing with the Epicurean theology (44-49) were simply omitted on the advice either of Jovianus Pontanus, the Academician of Naples, or of his pupil Michael Marullus, the Italianized Byzantine, both of them poets, humanists, and enthusiastic students of Lucretius3. Philologists of such high rank as Isaac Vossius and Carl Lachmann have stabilized this judgment and given sufficient reason for it: a "lector frustra curiosus" had written the lines in the margin of his copy in order to show that the invocation to Venus clashes with the Epicurean doctrine of the gods inaccessible to all human influence. Only in recent years has it been seen that the verses may not be athetized. I will not repeat the arguments of Bignone and Regenbogen4. | They held that the six verses had been put into the margin by Lucretius himself at a later period of his career when he intended either to change or even to destroy the conception of his own prooemium. I once tried to demonstrate5 that these verses are in their right place, connected with what precedes and with what follows as strictly as one can expect in this art which is not classical art but, rather, Hellenistic and archaic at once6. But I must now go much further: Thesse six verses are the 3

C f . the edition of Munro, Introduction to Notes, I, 3rd edition, 5 ff. An attractive picture of Marullus is given by Ivo Bruns, Vortrage und Aujsatze (Miindien, Beck, 1905), 380 ff. See, also, G. D. Hadzsits, Lucretius and His Influence (cf. note 14) 258 ff. 4 E. Bignone, "Nuove ricerche sul proemio del poema di Lucrezio," Rivista di Filologia X L V I I (1919), 423 ff.; O. Regenbogen, Lukrez (Leipzig, Teubner, 1932), 65 ff. Bignone conjectures that Lucretius intended to bridge the contradiction by an allegorical explanation of his myths of Venus. Regenbogen's dramatization of the struggle between poet and philosopher results in the hypothesis that the philosopher was about to destroy the loftiest piece of his poetry when his death or suicide saved it. In line with Bignone and Regenbogen is the "restoration" by N . H. Romanes, Further Notes on Lucretius (Oxford, Blackwell, 1935), 7. s "Retractationes II," Hermes L X V I I (1932), 43 ff. I wish to enforce what I have said in that article. 6 On the archaic character of the composition I agree with F. Jacoby, "Das Proomium des Lucretius," Hermes L V I (1921), 17 ff.: "Wir miissen die Arbeitsweise anerkennen, die innerhalb des als Ganzes entworfenen Planes die einzelnen Gedanken und Glie-

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Lateinische Sprache und Literatur

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systematic culmination of the whole prooemium, which without them would miss not alone its poetic unity but also its purpose as a piece of Epicurean doctrine. To be sure, the almost unanimous verdict of critics must have some reason. There is a discrepancy: on the one hand, the poet's prayers to Venus and his pictures of her; on the other, the philosopher's dogma of the serene and inaccessible goddess. Y e t this is the fundamental discrepancy in the philosopher-poet himself, a feature so well known to every sensitive reader that no further word about it is necessary7. But, this granted, one must at once face the other side: | Lucretius has done all he could to unite the hymn and the theology. The whole hymn is so laid out that peace becomes more and more its ruling idea. Even in the first picture, Venus at spring-time, features occur which the prooemium of the third book will introduce again in the vision of the peaceful Epicurean Olympus. Here (i,6 ff.): te, dea, te fugiunt venti, te nubila caeli tibi rident aequora ponti placatumque nitet diffuso lumine caelum.

There (III. i 8 f f . ) : divum numen sedesque quietae, quas neque concutiunt venti nec nubila nimbis aspergunt innubilus aether large diffuso lumine ridet.

The second picture of Venus, in the prooemium, glorifies her victory: Mars is painted as devictus volnere amoris; he hangs on her lips: eque tuo pendet ... ore; she enfolds him: circumfusa super71. This picture is encircled by the twice repeated word pax. The ritual formula 8 of hymn der in sich zu Perioden abrundet, diese einzelnen Perioden von meist sehr beträchtlichem U m f a n g aber unverbunden" - I would say: unconnected or loosely connected "nebeneinanderstellt und es dem Leser überläßt, sich den logischen Zusammenhang, die verbindende Partikel oder den Zwisdiengedanken zu ergänzen. . . . " 7 It is remarkable that Regenbogen (op. cit., see note 4), w h o deals so extensively with the duality of poet-philosopher, misapplies this principle in dealing with the problem of Omnis enim. ... M a y I add that the book of Regenbogen spares me the trouble of quoting the long bibliography. 7 a C f . M . de Montaigne, Les essays, I I I . j , "Sur des vers de V i r g i l e " : C e que Virgile dit de Venus et de Vulcan, Lucrece l'auoit dit plus sortablement de la iouissance desrobee d'elle et de Mars. . . . Quand ie rumine ce, reiicit, pascit, inhians, molli, fovet, medullas, labefacta, pendet, percurrit, et ceste noble, circumfusa. ... i'ay desdain de ces menues pointes et allusions verbales qui nasquirent depuis etc. 8 C f . Norden, op. cit. (see note 1), 153, 350.

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The Epicurean Theology in Lucretius' First Prooemium

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and prayer heralding the invoked goddess, justifying the invocation, is here: nam tu sola potes tranquilla pace iuvare / mortales. The ritual request in which the hymn culminates is here: suavis ... loquellas / funde petens placidam Romanis, incluta, pacem. In the theology the words summa cum pace are strongly emphasized, which is the more important as in Epicurus' first Kvgia 8o£a they have no verbal equivalent at all. So it is evident that Lucretius has done all he could to harmonize the mythology and the theology®. The word enim (44)®" is the symbol of his conviction that this harmonizing of what after all is discrepant had succeeded xard TO Suvcrtov JROIRIXFI. The philosopher in Lucretius would never have conceded to the poet the text of the prooemium printed in almost all modern editions. Leaving the last word to the beautiful but dangerous mythology would have seemed impiety to the follower of Epicurus. The six verses labelled in our manuscripts and - who knows? — perhaps already in Lucretius' manuscript TO MAKAPION KAI A$0APTON are his endeavor to interpret his myth in the light of his philosophy. The theology is also bound to the following part of the prooemium. If the six verses are dropped, the sense of the address to the addressee becomes very superficial. Animum ... semotum a curis adhibe veram ad rationem: that would mean "Turn your mind free from the cares of the present political situation to the true reason of the Epicurean system." But this interpretation would be against very real convictions of Lucretius. In a beautiful passage of his second prooemium he points out that real fears and sorrows of men nec metuunt sonitus armorum nec fera tela audacterque inter reges rerumque potentes versantur.

So it is obvious that the curae from which he wishes to withdraw his Memmius are not personal and political cares. That he cannot do, nor can Memmius, since he is a Roman official. But in the very midst of these occupations he can really be semotus a curis, i. e. from the real sorrows. Curae in the daily | sense is not in opposition to vera ratio.

9

M y statement, loc. cit. (see note j), 43, has been followed by J . Martin in his edition of Lucretius (Leipzig, Teubner, 1934) but opposed by Friedrich Klingner in the book of K . Büchner, Beobachtungen über Vers und Gedankengang bei Lukrez (Berlin, Weidmann, 1936), 105. His argument is that peace in the Roman empire and peace in the realm of the gods are entirely different. The obvious reply is that the peace of God, though entirely different, is and must be the example of all human peace or there would be no use in talking about divine peace at all. 91 It is understood that enim refers not to the immediately preceding lines 4 1 - 4 3 but to 38-40 and ultimately even to 29-32.

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Lateinische Sprache und Literatur

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T h e question is h o w the real Tagaxr) can be changed into real ycdrivianog. quid dubitas quin omnis sit haec rationis potestas? ( 1 1 . 5 3 ; cf- 59 ff-)- S o this address t o Memmius, which forms the end of the first great p a r t of the prooemium, receives its light f r o m the preceding theology. This connection is not only a personal one established b y Lucretius. W e find almost the same trend of thought in E p i c u r u s ' letter to H e r o dotus ( 8 0 - 8 2 ) : T h e main trouble in the human soul, says the Master, is the belief that these celestial bodies are divine: ev tw xavxa aay.apia xe 6o|ateiv xai cicpOapta; a n d - b u t that is missing in this passage of Lucretius - t h a t death is f e a r f u l . S o the right insight into the nature of physics and of TO ¡xaxoiQiov xai acpdaptov w i l l help us to reach our aim: TO ¿Tagaxov xai naxapiov rpcov. These v e r y expressions of E p i c u r u s show b y their verbal similarity that his theology is not meant to put the G r e e k gods into retirement as exservice rulers, but to establish them as the images and prototypes of the Epicurean sage. Y o u must f o l l o w this model o f the naxapiov " a t aqpOaptov-so w e must read between the lines or in the g a p which Lucretius purposely left between 4 4 - 4 9 and 50 f f . - y o u must f o l l o w it in order to reach TO druQay.ov xal naxagiov in y o u r o w n soul -ut nihil impediat dignam dis degere vitam, as Lucretius says in a later verse ni.332)-^r|aEis be cog fteog ev dvftgcbjtoig, in the w o r d s of Epicurus to his Menoeceus ( E p i s t . 111, end) 1 0 . B u t the radiation of the six verses is still more extensive: their theology is bound even to a later passage of the great prooemium. W i t h a sharp, fresh s t a r t - a n astonishing a s y n d e t o n - I feel it a v e r y beautiful harshness, though other critics h a v e censured it as " i n t o l e r a b l e ' ^ - t h e 1° C f . also Epicurus, Frag. 602, Usener; Diogenes Oenoand., Frag. L X I I I , William. C f . Heinze's Commentary to Lucretius III.322; Diels, "Ein epikureisdies Fragment iiber Gotterverehrung," Sitzungsb. PreujS. Ak. Wiss., Phil.-hist. Klasse (1916), 893 ff. 11 Regenbogen, op. cit. (see note 4), 77; Biidiner, op. cit. (see note 9), 1 1 5 . A similar harshness, though not so sharp (and, I feel, not so beautiful), occurs in 102: Tutemet. . . . I stress the judgment of R . and B., as it shows how carefully one must distinguish between what is an observation ("harsh") and what is a judgment of personal taste ("unsupportably harsh"). Philology is full of this confusion. Incidentally, the thesis of Biichner, 166 if., that the praise of Epicurus, 62-79, is a later piece of poetry than the other prooemium, is refuted by the fact that ilia reltgio in 8 2 - 8 3 ' s understandable only as a clear reference to the fight against religio in 62-79 (cf. especially 63 and 78). Biidiner has seen this weak point in his thesis and tries to overcome it - in vain. metus ille in III.37 is quite different, ille being in close relation to the relative clause qui vitam turbat ab imo. The observation of Biidiner that the enjambement has in the praise of Epicurus a treatment different from the other parts of the prooemium is right, but proves only that the difference of style means also difference in the technique of enjambement. Against the arguments of Regenbogen (op. cit. [see note 4], 68), designed to prove that I.1-43 and 50-61 represent the first (though unfinished) plan of the first prooemium, I have strong objections (cf. also Biidiner, op. cit. [see

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second part of the \ prooemium opens: Humana ante oculos foede cum vita iaceret . . . One does not know whither the thought will turn, until one is aware that the nightmare of the all-oppressing Religio is overcome by the savior Epicurus. Well, this struggle against the wrong theology which emphasizes the praise of Epicurus derives its right to appear in the whole of this prooemium from the statement of the right theology. Lucretius could not struggle against the one before having stated the other. Humanity crushed down under the weight of Religio, Religio lowering from heaven upon mortals-this aspect is exactly the contrast to the peaceful eternity of the |J.ay.aQiov xal acpOagtov, far removed from our concerns, wanting nothing from us, not | moved by anger. And this view is precisely one of the trophies which triumphant Epicurus had brought back from his victorious campaign: finita potestas denique cuique (to everyone and most of all to the gods) / quanam sit ratione atque alte terminus haerens. And the last words of this triumphal hymn nos exaequat victoria caelo are not merely the emphatic expression of a feeling: they gain their systematic sense in the Epicurean system, if we think again of the Master's words i;r|a£lS 8e ¿5 ftsog ev dv^Qcbitoig-which one can neither understand nor fulfil without the right knowledge about t o naxdQiov xai acpftaQtov. Epicurus has overcome the wrong Religio, but it always remains. So the praise of the Master is followed by the struggle against this ever-menacing power. And again-the philosophical intensity of this struggle is invalidated (though the personal and poetical intensity may persist), if its systematic foundation, the right theology, is broken off. Observe the philosophical direction of the beautiful example of falsa Religio, the sacrifice of Iphigenia. The leaders of Greece-ductores Danaum delecti, prima vivorum (one hears bitter criticism in these words and the implied contrast with the genuine Greek leader, Epicurus)-have stained the altar of the goddess, turparunt sanguine foede. Before the altar in sadness stood the father and the citizens, in fear and despair note 9], 1 1 5 ) : (1) " V e r s 55 disserere incipiam läßt bei unbefangener Interpretation keinen Z w e i f e l daran zu, daß die Sadibehandlung nun beginnen soll." Whether incipiam means after seven verses or after ninety-five verses, unbiased interpretation cannot decide. The small word " n u n " is a dangerous addition of the interpreter; (2) " . . . d i e Verse 58-61, deren terminologische Feststellungen vernünftigerweise nur den Zweck haben können, nicht zu einem Elogium auf Epikur überzuleiten, sondern der Sadibehandlung die Grundlage zu geben." I do not see w h y these verses must reasonably have one of these two purposes. I think they have a third, to bring the first main part of the prooemium to its goal, i. e. to the statement of what reality is. For the sake of method I stress the f a c t : in both cases emphatic words make up for the shortcoming of argument: "bei unbefangener Interpretation," "vernünftigerweise." - I still think that I have demonstrated, although in a somewhat schematical w a y , the plan of the whole prooemium {loc. cit. [see note 5], 44 f.).

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the daughter. She was sacrificed at the altar casta, inceste. The indignation of the poet receives its strength from the theology: summa cum pace ... semota ab nostris rebus ... nil indiga nostri, nec bene promeritis (like a sacrifice) capitur neque tangitur ira (such as these Greeks imputed to Trivia virgo). The right theology as the foundation of the philosopher's struggle against superstition-impiety not on the part of those who fight against the popular beliefs, but on the part of the believers-this trend of thought, of course, is not established by Lucretius, but by Epicurus himself. The beginning of his letter to Menoeceus (123) proves it and therefore proves the indispensability of the six verses: | Epicurus 123 tòv deòv £(¿>ov «cptìuQTOv xal (iaxÓQiov vojú^aw, [itjftèv |XT)TE rfjg àtpdaoaiag ódXÓTgiov |rr|T£ xfj; uaxaQióxrixog òvoìheiov aùtà) jtQÓaajtxe . . . fteol uèv yàg elaiv . . . oiou; 8' aùtovi; oi noi.Xoì vo|it£ouaiv ow eiaiv . . . daeßrig 5è ov% ó toùc; tùW jioì.Xùtv Sóija; àvaigcòv, àXV ò t à ; Ttòv jioXXwv 5ó|a; öeotg nQoaá.Txcov

Lucretius I TO MAKAPION KAI A3>OAPTON omnis enim per se . . . 44-49 as did the ductores Danaum 84 if. and the vates 102 fi. oppressa . . . sub Religione 63 Religio pedibus subiecta 78 ne forte rearis/ impia te rationis inire elementa 80-81 quod contra saepius illa/ Religio peperit scelerosa atque impia facta 82-83

Finally I feel-I stress the subjectivity-I feel the radiation of the six theological verses in a very beautiful word near the end of theprooemium: noctes vigilare serenas. Severas coniecit Bentley-one of his sacrileges against beauty. "Serenas seems merely a poetical epithet," says Munro. On the contrary! As a mere poetical epithet (if such a thing exists in genuine poetry) it would be senseless. Did Lucretius work only in good weather? Serenas becomes ingenious and beautiful at the same time when it is understood of the poets' spiritual landscape. Serenitas is not the clearness of star and moonlight; its light is the same as in the following words: clara tuae possim praepandere lumina menti. Serenus in Lucretius is linked with tranquillus and placidus: II.8 : sapientum tempia serena; II.1093 f.: prò sancta deum tranquilla pectora pace quae placidum degunt aevom vitamque serenam; III.292 f.: pacati status aeris ille, pectore tranquillo fit qui voltuque sereno.

O f course, noctes vigilare serenas understood as I have explained it would be understandable without the six verses. But the beautiful ex-

[376j378]

The Epicurean Theology in Lucretius' First Prooemium

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pression gains philosophical value when one hears in it that serenity of the sage of which the overtone is the serenity of the gods. | For the theology of Epicurus has not only the aim of calming the human mind and freeing it from fear. A t the same time it provides the adept with the highest example of life to be followed. Thus it is a definite purpose of Lucretius to give in every one of his prooemia 12 a positive statement about the existence either of the gods or of the philosopher or of both. In Prooemium n he praises édita doctrina sapientum templa serena (II.8)

and the view thence of the unrest of human life. This serenity and aloofness recall the divine existence, and when nature desires utqui corpore seiunctus dolor absit, mente fruatur iucundo sensu cura semota metuque (II.17 fT.),

these very words recall the theology of the first prooemium. Prooemium 111 presents the Epicurean Olympus and the nature of its inhabitants: apparet divum numen sedesque quietae semperque innubilus aether integit, et large diffuso lumine ridet neque ulla res animi pacem delibat tempore in ullo.

Prooemium v praises the Master, who fluctibus e tantis vitam tantisque tenebris in tarn tranquillo et tarn clara luce locavit.

This serenity and bright light of the philosopher's life reflect the "far diffused light" of the Epicurean Olympus. The Master is worthy of ranking with the gods whose nature he | himself has declared with a divine tongue (v.j2ff.). Prooemium vi combines the praise of Epicurus, who has demonstrated . . . bonum summum quo tendimus omnes (26),

with the statement that the tranquil peace of man depends upon right insight into the calm peace of the gods (68-79). So the theology of the 12

Except the prooemium of book I V . But it is known (cf. J. Mewaldt, "Eine Dublette in Budi I V des Lucrez," Hermes X L I I I [1908], 286 ff.) that the poet himself transposed this prooemium from its place into the first book. So the beginning of book I V is in no definite state at all.

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Lateinische Spradie und Literatur

[3781379]

first prooemium is linked not only with the other parts of the same prooemium but also with all the other prooemia of the same poem. George Santayana in his penetrating essay on Lucretius 13 deals in a sympathetic manner with the religion of the Epicureans, who "admitted the existence of gods in the quiet space between those celestial whirlpools which form the various worlds," living "the serene life to which Epicurus aspired." He imagines a poet who "should have found an inexhaustible fund of poetry in this conception of the immortals leading a human life, without its sordid contrarieties and limitations, eternally young, and frank, and different!" But then he ends by stating that Lucretius was not this poet and why he was not. "Lucretius was too literal, positivistic, and insistent for such a delicate task. He was a Roman. Moral mythology and ideal piety, though his philosophy had room for them, formed no part of his poetry." The deficiency, however, is not in the poem but in the interpretation of Santayana. It was the fault of the modern editors that he did not find the Epicurean theology in the heart of the first prooemium. Otherwise he would not have overlooked this thread in the tissue of the whole poem (1.1015; 11.646fF.; m . i 8 f f ; v.82ff.; 146fF.; 165fF.; 309fF.; vi.58fF.; 68fF.) 14 . He would not have failed to hear such grandiose and ardent invocations as: | II.434 ff.: tactus enim, tactus, pro divum numina sancta, corporis est sensus . . . II. 1093 ff.: nam pro sancta deum tranquilla pectora pace, quae placidum degunt aevom vitamque serenam.

Nor would he have forgotten that Lucretius intended to discuss fully the "nature of the gods" and that only death prevented him from fulfilling his promise (v.i 5 5): quae tibi posterius largo sermone probabo.

13

14

George Santayana, Three Philosophical Poets, Lucretius, Dante, and Goethe (Cambridge, Mass., Harvard University Press, 1910), 62 ff. Cf. George D . Hadzsits, Lucretius and His Influence ( N e w York, Longmans, 1935), chapter V I I : Lucretius and Religion; E. E. Sikes, Lucretius, Poet and Philosopher (Cambridge, University Press, 1936), chapter VI: Epicurean T h e o l o g y .

Pattern of Sound and Atomistic Theory in Lucretius 1941 Rosamund E. Deutsch in her Bryn Mawr dissertation "The Pattern of Sound in Lucretius" (1939) has pointed an excellent lesson for the reader of the poet: Read aloud, accustom your ear to the music of this language, hear the alliterations, assonances, rhymes, the similarities and the contrasts of sounds, the repetition of words, be it in a single verse or in two or spread over five or fifteen or fifty, and you will have an experience to be equalled with few other poems at least in European literature. This lesson I want to pursue. My suggestion is not meant to "explain" the music of the vowels and consonants. The whole of it can be explained as little as can the lilies of the field; but many of the facts which Miss Deutsch has collected and sifted with care and love admit of an explanation and require it,-as Lucretius himself has stated. The explanation is to be found in an important point of his theory of language (which is after all the theory of Epicurus and the old Atomists). It is well known that he considers "nature" and "utility" as the factors at work in the genesis of speech, nature producing the sounds, utility moulding the names of things (Lucretius, V, 1028 f.) 1 . This origin, he states, is quite natural and not at all mysterious, as experience shows the first step even in dogs, horses, and birds. His passage dealing with the "language" of animals (1056 ff.) is a masterpiece of his art of expressive sounds. At the beginning one feels the dogs' lips move in canuM cuM priMuM Magna MolossuM Mollia ricta freMunt, their teeth uncovering in Duros N»D«NTi ¡xev noXeiioug outcoaafiEvri |xet' e|xov tov cpiXot) xoqbvoov und schließt elxe tö ÖQä^a vaXrjv Trjg eaitepag aiiaylai. Der Anfang ist —ww—ww—w — ww—ww— — w—w , der Schluß5 ist —ww—ww —w—w . Das Lied setzt ersichtlich — oder unüberhörbar — mit zwei Enhopliern ein, denen die ithyphallische Klausel folgt. Ob man die beiden Enhoplier so trennt, wie ich angenommen habe, oder lieber — ww— die Wortteilung an die Hand geben würde, ist gleidigültig. Jedenfalls steht eine stumpf endende Form unsrer Reihe vor dem Ithyphallikon. Die Strophe Hepta 750 ff. stellt die Bildungen "ww— w als offenbar gleichwertig zusammen. Ähnlich Aristophanes Wespen 1 5 1 8 - 2 7 . Und wenn im Oid. Kol. 1080 ff. fünf Epitrite abgeschlossen werden durch die Klänge aidEpiag vscpeAag xiigaoufx' ävarft' ävamov deiogr]aaaa tovixöv 0|i|xa — ww—ww — w —w —^— ^ w w so kann auch der Strophensdiluß 1 3 0 - 2 in den Persern nicht anders gedeutet werden als ^ —w— w — WW — UU— —W — W , d. h. ein konventionell als iambischer Trimeter bezeichneter Vers geht voran (wie er bei Sophokles folgt), ihn nimmt der unvorsilbige und stumpf endende Enhoplier mit seiner Klausel auf 6 . Alle die Formen, die 4

5 6

Nicht eigentlich 2 Trochäen, wie v . W i l a m o w i t z , Herakles I I ! 1 9 2 will und mit ihm Leo, Plaut. C a n t . 20 2 . Richtig Kaibel zur Elektra S. 1 4 6 ; Schroeder, Sophoclis C a n t i c a 28. Daß - v j von — w — ^ — nicht getrennt werden d a r f , lehrt z. B. die Strophe Perser 8 j 2 ff., w o die erste H ä l f t e v o n der kürzeren, die zweite H ä l f t e von der längeren F o r m abgeschlossen w i r d . — « — d a s ist w a s übrigens beweisen würde, daß das Ithyphallikon nicht (wie Leo a. O . 63 will) ein äolisches K o l o n ist. E s ist sicher viel älter als die selbständige Ausbildung der äolischen G a t tung. Wenn man nämlidi die vorhergehenden D a k t y l e n abtrennen darf. Die Skolien der 7 Weisen (Hiller-Crusius, A n t h . L y r . 3 3 3 f . Diehl, A n t h . L y r . I I 1 9 0 f.) haben als Abschluß in deutlicher Identität die Formen:

ävÖQWv ävaftwv TE x.ax.cjv TE voCg M8wx' 'iXtyxov. XoXei, 6ix6[«)dov e/ouaa xaQÖiai vor)[ia. jtoXAaxi ßXaßegav £^EXa(ii))£v äaz-i\Q.

[325j327]

Zur Entwicklungsgeschichte griechischer Metren

373

hier sowohl den Daktylepitriten benachbart wie auch | außerhalb solcher Gesellschaft als Enhoplier vor Ithyphallikern auftreten, finden wir als die „daktylische" Silbengruppe („d") mit den Epitriten („e") gepaart in den daktylepitritischen Gedichten wieder7. Sie zu trennen ist unmöglich. Damit sind die „¿"-Glieder der Daktylepitriten in ihrer Natur erkannt und eingeordnet. Soweit kann ich in allem Wesentlichen (sdieint mir) mit Schroeder gehen8, und ich hätte bewiesene Dinge nicht von neuem vorgetragen, wenn mir nicht daran läge, für die nun folgenden Untersuchungen eine sichere Operationsbasis zu gewinnen. Nach zwei Seiten nämlich will ich mich von hier aus wenden: einmal soll nachgewiesen werden, daß „Ionisirung" nicht nur in Daktylepitriten wirksam gewesen ist, sondern als wichtiges Motiv für die Entwicklungsgeschichte griechischer Metrik auch sonst betrachtet werden muß. Und zweitens will ich zeigen, worin sich meine Ansicht über die Daktylepitriten von der Schroederschen sondert. Es handelt sich um die Auffassung des „Epitrits", und damit sei begonnen. II. Die Epitrite Schroeder stellt sich die Entwicklung, wenn ich ihn recht verstehe, so vor: Ursprüngliche Enhoplier werden ionischer Messung unterworfen. Sie entwickeln danach von sich aus ionische Metra, die zu den enhoplischen Gebilden hinzutreten und allmählich anstatt der anlautenden Kürze eine (irrationale) Länge bekommen, also zu Epitriten werden: < WW . Erste Stufe (—^ww-ww-Zweite Stufe — ww— ww Dritte Stufe — ww— ww Vierte Stufe —

ww

Der Versuch, so die Entwicklung zu zeichnen, läßt sich als falsch dartun. Falsch ist zunächst die Beurteilung des sog. „Epitrits", den um seinerschweren Endsilbe willen Schroeder wie übrigens auch Leo und andre als verkappten ionicus a minore ansehn. Dafür könnten Fälle sprechen, wenn — w mit 7

Und wenn ein derartiges Gedidit anfängt Aavaov

xoQäv XotgiTE?

8

jioXiv «yXoioflgovaiv te itevxriy.ovTa

w — ww — w — w | — w j — VJ — w — Nem. X (womit Prometh. j 4 $ ff zu vergleichen ist), so wird man das von der Form, die vorhin im Oid. Tyr. 1096 (und noch näher Hippol. 755 ¿itöpeucag e|j.civ ä v a a a a v ¿Xßicov an' olxcov) als Enhoplier bezeichnet wurde, nicht trennen wollen. Daß gerade ein daktylepitr. Gedicht so beginnt, ist vielleicht nicht Zufall. N u r kann ich ihm nicht folgen, wenn er (Aesch Cant. 43) das Ithyphallikon in daktylepitritischen Liedern als ein stammfremdes Element bezeichnet.

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Musik und Metrik

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^w antistrophisch geglichen wird, oder wenn der Ioniker an einem Platz steht, den nach normalem Gebrauch ein Epitrit füllen sollte. D a aber alle sechszeitigen Maße einander entsprechen, da auch— w ursprüngliches - u u - u u ersetzt, so liegt kein Anlaß vor, die Entsprechung — w :w w anders zu beurteilen und für das eigentliche Wesen des Epitrits zu verwerten. Vielmehr ist dessen Ableitung aus dem steigenden Ioniker darum unrichtig, weil der Epitrit wohl die Auflösung w u u - U aber nicht w w —wv/ kennt. Mit andern Worten: es gibt keinen sicheren Fall, in dem man die vierte Silbe des „zweiten Epitrits" (des „Kaoixög") aufgelöst fände, während es Beispiele genug dafür gibt, daß die angeblich irrationale erste Länge eben diese Auflösung gestattet. Die Tatsachen scheinen mir so eindeutig, daß Schröders Versuch, seine Hypothese durch die darunter gebaute vom jaixvcona zu stützen, Ablehnung verdient. Die Epitrite sind keine Trochäen, so viel ist richtig. Sonst würde sich die konsequente Längung der vierten Silbe nicht erklären. Aber sie haben „trochäischen" Gang, d. h. ihre wirklich auflösbaren Längen, das was man mit dem Ausdruck unsrer „Affektrhythmik" 9 ihre Hebungen nennen kann, sind die erste und dritte Silbe. Was also ist der Epitrit? Kein Ioniker, der auf der jüngeren, ionischen Entwicklungsstufe der Enhoplier zu diesen hinzugetreten wäre durch innere Krystallisation. Ein Vers, dessen Wesen trotz seines Vorkommens unter Ionikern ionischem Rhythmus widerspricht, muß aus einer vorionischen Periode heruntergeerbt sein: das ist, wie vorhin bei den „Daktylen", so auch hier wieder bei den Epitriten der methodische Leitsatz, dem ich folge 10 . | Bleiben zwei Möglichkeiten: entweder sind die Epitrite, welches nun auch ihre Natur sei, von außen an die Enhoplier herangetreten, um mit diesen durch den Proceß der „Ionisirung" zu den Daktylepitriten verschmolzen zu werden. Oder aber die Verknüpfung von Enhoplier und Epitrit ist etwas Ursprüngliches, was längst vor dem Ionisirungsproceß statt hatte. Daß allein diese zweite Möglichkeit das Richtige trifft, läßt sich mit leichter Mühe nachweisen. Denn das „daktylische" und das „epitritische" Element der nach ihnen beiden benannten Strophen findet sich auch außerhalb ihrer verbunden: — — tj— ^ .Das ist das Enkomiologikon, das Hephaistion (c. x j , io) ein „berühmtes" Maß nennt und aus Alkaios und Anakreon belegt. Die metrische Analyse der daktylepitritischen Strophen, die in den Pindar-Scholien vorliegt, rechnet mit dieser Größe durchaus11. D a nun niemand auf den Gedanken kommen 9

10

D e r N a m e stammt v o n Nietzsche und w i r d v o n ihm als Gegensatz zur antiken Zeitrhythmik verwendet: Gesammelte Briefe I 3 7 5 f. E s liegt mir fern zu leugnen, daß man mit Sdiroeders „Triolen" (Vorarbeiten 1 0 2 ) erklären kann, wie denn die sdieinbar 7-zeitigen Metra dem ionischen G a n g der Verst angepaßt sind. A b e r das geht eben den nachträglichen Proceß der Anpassung an und ergibt nichts für die Entstehung die uns hier beschäftigt.

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Zur Entwicklungsgeschichte griechischer Metren

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kann, dieses Maß sei aus den Daktylepitriten entlehnt, so ist bewiesen, daß die Verbindung des „daktylischen" und des „epitritischen" Elements vor die Entstehung der daktylepitritischen Strophen hinaufreicht. Was ist nun das Enkomiologikon? Daß die Reihe ionischen Ursprungs sei, - u u - j u u - ü - u , wird man nicht behaupten wollen angesichts der Gründe, mit denen vorhin ionischer Ursprung der eng verwandten Daktylepitriten abgelehnt worden war. Also ist das Enkomiologikon vielleicht eine Einheit, verwandt dem alkaisdien Zehner —ww—ww— w ?Ich glaube das nicht12, erstens weil die syllaba anceps auf eine Fuge deutet, und noch mehr, weil ja in daktylepitritisdien Gedichten neben der bisher von uns betrachteten Form gleichberechtigt die andre steht, in der die epitritische Einheit vorangeht, nicht folgt. (—)—w w w —(—). Hephaistion (XV n ) nennt diese Reihe, wenn sie vorsilbig ist und stumpf endet, Iambelegos und belegt sie aus Pindar mit dem ausdrücklichen Vermerk, in stichischem Gebrauch habe er sie nicht gefunden. | Daß sie aber nicht erst aus Daktylepitriten isolirt ist, beweist einmal das Vorkommen solcher Gebilde im Drama: fAT)Jt(o OTEva|r]ig : aKKä jtüpaai yooi. Ion 768. jigiv av ixdOco^Ev : ayyEkiax tiva |xoi; tig ä ßa/.oCaa jtgcoTa; : Efiöv xö yeQag. Bakchen 1179. Haxaig' 'Ayaiir) : xXr|i^oixE'&' ev {kdaoic;. (Vgl. Ion 1483/4 — xi $oißov aiiöaig; : xqvjct6(X£vov Xexog f|vvdadriv). Und sodann die anscheinend engste Verwandtschaft dieser Reihe ^ w w —ww— mit dem alkaischen Elfer ww —w—. w Das Enkomiologikon also, um zurückzukehren, ist keine Einheit, sondern zusammengesetzt aus dem „daktylischen" Teil (d) und dem „epitritischen" (e). Daß d identisch ist mit dem Enhoplier, darf ich wohl nun als ausgemacht rechnen. Was aber ist der Epitrit? Einen einfachen Trochäus in ihm zu sehen, verwehrt die mit ziemlich weitgehender Consequenz durchgeführte Beschwerung der letzten Silbe. So glaube ich denn nicht fehl zu gehen, wenn ich die Deutung ausspreche: Enh. + Epitr. Enh + Ithyph.

(—)—ww —ww (—)— — ww

—w — w —w

gehört zu als

kürzere Nebenform. Man muß diese Reihen in eine umfänglichere Gruppe hineinstellen. Pind. Pyth. III gibt als Strophenende ww — ww — w — w—w———, Enh. 11

12

Das scheint Hanssen unbekannt zu sein, der nach Bergk (Griech. Literaturg. II 1 3 7 ) die Daktylepitrite aus dem Enkomiologikon herleitet, nidit ohne entschieden unrichtige Auffassungen besonders auch über Ioniker (Philologus LI). Eher ließe sich die Ähnlichkeit zwischen beiden Zeilen so erklären, daß der alkaische Zehner eine Ausgestaltung des ursprünglich freien (enhoplisdien) Vierhebers sei, die unter dem Einfluß des Enkomiologikons zustande kam.

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Musik und Metrik

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+ Ith.; Pind. N e m . I I I gibt gleichfalls als S t r o p h e n e n d e ^ w — w — w — w — w — E n h . mit männlich schließendem I t h y p h a l l i k o n ; dieselbe F o r m Soph. Trach. 880 (— ayzxXiüixaxa jtgög ye JTQÄ|IV : eijte TIBI (IÖQWI.) Auch das synkopirte I t h y p h a l l i k o n nach voraufgehendem Enhoplier, das oben belegt wurde, könnte man heranziehen — w Andrerseits gehört hierher die Klausel, die l ä n g e r ist als das Ithyphallikon, genannt „ L e k y thion", an sich ebenso w e n i g iambisch oder trochäisch zu messen w i e das Ithyphallikon 1 3 : — — w — A n t h . Pal. X I I I 11 („Sincoviöov"). | tig eixova tävä' ävefh|xev; AajQieug ö ©ouQiog. ov Toöiog ysvog rjv; val, jtgiv cpuyeiv yz itatpiSa. Bakch. Io 3/4 05 av jtanä IIiEgiöcov Xaxr|ai 5üjga Mouaäv. 13/4 öööv jiaga KaXXiöjtag Xaxoiaav e^oyov yegag. W o z u sich als V a r i a n t e f ü g t : — — — w — ^ — w— Aisch. H i k . 75/6 dEQiag anö yäg, ei tig « m XT|5E[A6V. Ein paar Beispiele mögen die Überzeugung v o n der V e r w a n d t s c h a f t aller dieser Klauseln noch stärken. Hephaistion stellt in dem K a p i t e l „ A s y n a r t e t e n " ( X V 16/7) nebeneinander Ar|(i,r]Tßog ayvrig x a i KÖQrjg | xr|v jtavr]Y\jQiv aeßcov ( A r c h i l . )

und 'Etüiog f|vi/.' ijuiotag | e|EXa[iA|)EV äcrnriQ (Eurip.), d. h. ein iambisches Dimetron einmal mit dem L e k y t h i o n , das z w e i t e M a l mit dem I t h y p h a l l i k o n als Klausel; w o man etwas Wesentliches verwisdit, w e n n man die Verse als iambische Tetrameter mit unterdrückter Senkung bezeichnen wollte. Entsprechend steht der Vers Anakreons TÖV XUQOJIOIÖV T)Q0JJ,R|V

STQOITTIV e i XO|RR|0EI

neben dem Kratineion Eike xiaao'/aix' äva%, y.aip' ecpacrx' 'Excpavuörig (Heph. X V 20/1), und g a n z ähnlich zeigen die Strophen Perser 864 f f . und 879 ff. je einmal das L e k y t h i o n und je einmal das Ithyphallikon als Abschluß längerer Reihen 1 4 . W i e nahe sich L e k y t h i o n und stumpfes oder „katalektisches" Ithyphallikon (oder „ H y p o d o c h m i o s " ) stehen, lehrt e t w a ein Lied w i e Pindars N e m . V I I , in dem nebeneinander v o r k o m m e n ("H)pag yeveteiQa texvcov ävev aeftev ov cpäog ov fielaivav ÖQaxevteg etiqpgovav —

— w — —i JIX&XTQCDI öwoxcov), Soph. Trach. 102 ein' & xQaxioxevwv v.ax o(i.(xa. (Stellensammlung in Schroeders großer Pindarausgabe S. 298.) So lange man in dem Epitrit ein trochäisches (oder iambisches) Metron sieht, muß das „Penthemimeres" ein Ärgernis oder eine Torheit scheinen. Wir haben jene Erklärung über Bord geworfen, und wirklich, ordnet sich denn das fünfsilbige Maß nirgends ein? Nun, nach dem, was wir heut wissen, wird uns doch die Verwandtschaft von zum Reizianum w oder ZJ—k^^i nicht absurd erscheinen. Zugleich geht aus w dem Nebeneinander von ^ und — hervor, wie notwendig es war, den Epitrit streng vom Trochäus zu sondern. Doch unser Penthemimeres läßt sich noch in einen weiteren Zusammenhang rücken, der sein Wesen deutlicher macht. Hephaistion (XV 2) bemerkt zu der uralten archilochischen Langzeile 'Egaa^oviSri..., daß die „Späteren" nicht streng an dem Einschnitt zwischen Enhoplier und Ithyphallikon festhielten. In der Tat, wenn er aus Kratin citirt: Xalg' d> |iey' äxQEioyeXcog 0(uXe taig eiußSaig, T?is f|n.ETE£>ag aoepiag xQiTT|g, ixQiaxe jtdvxcov • EtiSaiiiov' exv/.xe ae (irjtrig txgicDV tpocpriaig,

so gestattet nur der letzte Vers die Teilung —ww während die andern männlichen Einschnitt haben 19

1 ——w——. w — w

Wo man die Zeile zum sechsten Mal erwartet, steht nach der Überlieferung dfjxav ioaTEcpävoJv öeäv exem Moiaäv, also Enh. + Ith. Ich kann es nicht mit v. Wilamowitz, Hermes X X , als „unmöglich" bezeichnen, daß der Dichter in der letzten Zeile vom Schema bewußt abgewichen sei. Auch das deäv neben dem Adjectiv scheint mir nicht unerträglich, wenngleich Pindar Moioai iojtX6xa(xoi und dergleichen zu sagen pflegt. Natürlich k o n n t e der Verfasser des Epigramms so dichten, wie Wilamowitz ihn dichten läßt (obgleich Dionysos nicht eigentlich hierher gehört und mit deög undeutlich genug bezeichnet wäre); warum er so dichten m u ß t e , leuchtet nicht ein.

[335j337]

Zur Entwicklungsgeschichte griechischer Metren

381

—^ . Es erscheint mir müßig zu fragen, welche Form die ältere sei. Vielmehr muß festgestellt werden: wenn der erste Kurzvers klingend endet, so beginnt der zweite fallend; endet der erste stumpf, so beginnt der zweite steigend. Dies als Regel, womit nicht gesagt sein soll, daß es keine Ausnahmen gegeben habe. Für männlichen Ausgang mit fallender zweiter Halbzeile haben wir Beispiele angeführt (S. 376 f.), und das Umgekehrte: weiblicher Ausgang und steigende zweite Halbzeile, ist zum mindesten denkbar 2 0 . N u n wird es niemandem in den Sinn kommen, das Glied w — — jener Kratinverse von — M zu trennen, also zu meinen, das eine Mal hätten wir ein katalektisches iambisches Dimetron, das andre Mal ein Ithyphallikon, das weder iambisch noch trochäisch sein kann. Sondern ersichtlich ist auch w — w — w — ^ nicht dipodisch aufzufassen, sondern ist seiner Structur nach dem Ithyphallikon unbedingt gleich. Jetzt ist aber klar, wenn richtig vorhin der Epitrit zum Ithyphallikon in Beziehung gesetzt wurde (—w : — w—w ), daß dasselbe Verhältnis zwischen dem „Penthemimeres" und dem „vorsilbigen Ithyphallikon" obwaltet ( — w ). Wir müssen also auch w urteilen, daß es gleichgültig ist, ob man teilt ( — ) — w w —^ oder ( — ) — v ^ v ^ — w . Besser ausgedrückt: in dem ursprünglichen Langvers waren beide Möglichkeiten vorhanden (und daneben noch die dritte (—)— w Kai jioXuxaQjraxaxag {HjxE öeanoivav X^ovog Pyth. I X str. 7, und vielleicht sogar die vierte (—) — w w — xj tj—KJ ). 21 . Aber für die Stufe der Daktylepitriten hat die Frage nach einer Fuge ihren Sinn verloren, weil beide Kurzzeilen eng verwachsen sind. Wie ist nunmehr das Vorangehen der epitritischen Glieder aufzufassen? Neben ww—w——w—w muß nach der aus Kratin belegten Fugenverschiebung stehen . Versetzt man diese beiden Kurzzeilen, so ergibt sich das aristophanisch-volkstümliche Verspaar: ävoiSjov D O J T D ^ O U ¡XE, Ö I Ä toi ae jtovovg Ix® (Ekkl. 971). Es handelt sich wie so o f t um Langverse, die aus zwei Halbzeilen bestehen: Uns ist in alten maeren wonders vil geseit. Die beiden Kurzzeilen können gleidigeformt sein. Häufiger findet man sie in der Weise differenziert, daß der Charakter der einen durch einfache, der der | andern durch doppelt gesetzte Senkungen bestimmt wird. Steht die Form mit den einfachen Ich meine, y X w e t a (¿STSQ, O Ö T O I Buvajioti X P E X T ] v TÖV iax6v gehört hierher; darüber später Cap. III 3 S. 348. 21 Das Praxilleion sieht in den beiden Beispielen, die Heph. V I I 8 citirt, so aus 8eI tev?(o Xöyov' SidjtEigd toi ßgoxcov e'Xeyxoc;.

22

23

24

Wenn man das einen u r s p r ü n g l i c h e n iambischen Trimeter nennt, so zertritt man alle feinen Besonderheiten, die Fuge sowohl wie die Verschiedenheit der beiden Versteile. Hingegen halte ich es für überaus wahrscheinlich, daß hier die A n r e g u n g zu solchen synkopirten Iamben liegt: — . V o n hier aus versteht man vielleicht das Vorkommen des „Adoneus" in Daktylepitriten, Ol. V I ep. 3 d|icp6xEQOv (idvTiv x' ayaftdv x a t öoupl [idpvaadai xö x a i . . . - w — - u u — ^ - Ol. X ep. 8 eiupue? oox' a l d w v dXdwrii; — —u . M a n könnte ja zur N o t statt Reiz. + Reiz. + Ithyph. so abteilen: Reiz. + Enh. + Epitr., doch sehr wahrscheinlich ist das nidit. - Hier will idi anfügen, daß man con-

384

Musik und Metrik

[339/340]

Eine genaue Umkehrung dieser Form, Reiz. + Ith., weiß ich nidit aufzuzeigen. Aber man kann neben ihr die Langzeile Reiz. + Lekythion construiren, kann sie sogar aufweisen in Bakchylides V I 45: öi' oaaa jidpoiftev | dixiteXotgocpov Keov, und ich möchte glauben, daß der iambisdie Trimeter mit der -to[i-fi jisvihijH[iEgr)s aus eben dieser Reihe entstanden ist 25 : tauft'

EYavcoftriv

61a toCto toüqyov '

xai cpiXcö toiig tititeag ä§iov jag 'EXXaöi (Aristoph. Ach. 7 f.)

Dann läge eine ungefähre Umkehrung vor in der häufigen Verbindung dim. iamb. + Reiz 26 . w— Acharner 840 f| owocpavtrig aXXog oi — ixcb^tov ocaÖEÖeitai27. 846 xoi) Iwtdxcov a' 'YicsQßoXog öixcüv dvaitXrjaei. 842 o^tov xaxöv tojy [xaaxaXäv .-ratQog TgaYaoaioi) 858 nXeiv T] TQiaxovft'r)|X8Qag toü (J.r|v6g kxaoxov und mit jener Verschiebung der Kompositionsfuge um eine Stelle 28 Aias 408 Jtäg 5e atgatog ÖbiaXtog av |xe 426 'EXXaviöog t a vOv 8' ati(xog

/eiqi qpovEiioi t£ip.ai.

In diesen Fällen w a r die Halbzeile mit den Doppelsenkungen kürzer als die iambisch-trochäisch einherschreitende. Nehmen wir das umgekehrte Verhältnis: die Halbzeile mit den Doppelsenkungen in normaler Länge, die mit den einfachen Senkungen gekürzt, so haben wir die Formen, von sequenterweise die gar nicht seltene Form

Eur H i k . 619 = 627

25

KodXiy.oeov ô e â ç iiÔwç Xutoûoai àXkà tpößcov n U m ç äÖE jiqüjtoi (andre Beispiele 1126 = 1134, 1131 = 1138, 1145 = 1152, Soph. Tradi. 525) als fallendes, stumpfes Reizianum mit ithyph. Clausel deuten könnte. A b e r das will ich nicht vertreten. Durch Einführung des dipodischen Princips. Daneben wäre natürlich die Herleitung des Trimeters mit ècp{h"||j.i|j,£QTiç aus dem Enhoplier mit stumpfem Ithyph. gegeben vj _ w _ w _ _ uu w

Soph. Trach. 880 axeiXicoraTa jiqôç ye ngä^iv: eine Ttöi [xopcoi.

Pind. P y t h . X Strophenschluß àyayzïv

èjti-x.cu^iav àvÔQœv x/.utàv Sita.

antistr. t ô ôè avyyEvkç, ä[ißeßaxEV ïxveoiv jkxtqôç.

26

27 28

Wenn hier das erste und dritte Beispiel „komische" d. h. primitive Trimeter untadliger Bildung sind, so müßte man mir den zwingenden Beweis erbringen, d a ß Z u f a l l im Spiel ist. Bis das geschieht, werde ich weiter z u Usener stehen. Die Reihe trim. iamb. + Reiz. (Arist. NEQp. 1345-50 = 1391-96, Theokr. ep. 17) halte idi für eine Weiterbildung, ebenso wie ich mir die archilochische Epodenform trim. iamb. + penthem. dact. entstanden denke aus dim. iamb. + penth. dact., und ebenso wie ich die längeren daktylischen Reihen v o r schließendem Ithyph. oder Lekythion erkläre aus der Erweiterung eines oder der Verschmelzung mehrerer enhoplischer Glieder. Die Fuge ist w i t z i g in das W o r t ot - jic&Çcov hineingelegt. Vgl. den oben ausgeschriebenen A n f a n g von Bakchylides' Io, S. 382.

[340/341

]

Zur Entwicklungsgeschichte griechischer Metren

385

denen wir ausgingen und zu denen wir nun wieder zurückgelangt sind. Und auch hier wieder denselben Wechsel der Halbzeilen: (—)—WW — WW —W (—)—WW — WW— W (—)—W —WW — WW—(—) w— WW — WW—(—) Damit ist dieser Teil unsrer Darlegung beendet. Es zeigte sich, daß die sogen, daktylepitritischen Strophen als Elemente Langzeilen verarbeiten, die ihrerseits zusammengewachsen sind aus einem enhoplischen Gliede und einem Epitrit, Ithyphallikon, Lekythion, „iambischen D i metron", in dieser Abfolge oder in der umgekehrten. Solche Langverse waren von alters her geläufig, in den daktylepitritischen Strophen sind sie zu größeren Gebilden vereinigt und, das ist das Wichtigste, der ihnen ursprünglich fremden ionischen Messung unterworfen worden. Dieser Ionisierungsprozeß hat zunächst die Auswahl des Gliedes bestimmt, ungeeignete ausgeschieden, minder geeignete (wie das Ithyphallikon) zurückgedrängt. E r hat ferner die übernommenen Glieder verändert, indem nunmehr in ziemlich weitem Umfang ein 6-zeitiges Metron mit einem andern 6-zeitigen tauschen konnte. Er hat sodann die Syntax der Glieder verändert, indem die Vervielfältigung nicht mehr an den früheren Schranken halt machte. Und er hat schließlich, wenn auch in beschränktem Maße, Metren eingefügt, die mit den ursprünglichen Langzeilen nichts mehr zu tun haben. I

III.

Ionisierung

In diesem Kapitel soll gezeigt werden, daß für den angenommenen Vorgang, die nachträgliche Ionisirung ursprünglich nicht-ionischer Glieder oder die Anpassung solcher Glieder an das ionische Maß, auch sonst Analogien vorhanden sind. Mir scheint hier ein Motiv zu liegen, bestimmt, in der Entwicklungsgeschichte griechischer Metrik eine bedeutsame Rolle zu spielen. i . Unter Philadelphos hat Sotades seine S o t a d e e n „erfunden", unzweifelhaft ionische Tetrameter mit zweisilbiger Katalexis: xiva töv itaXaicüv iatoQicöv öeXet' eaowoiaai; aeicov ¡i£?ar|v ITr|).ia8a 6e|iov xat' (üfiov. eig oix 6oir)v TQU(iaXir|v tö xevtqov xi15 eotiv ejiaQ|xa. 8. r|CTcocpQocruvr)JtägEcruv, a v ixEtQrjig a e a u t o v . |

8 ist ein untadliger Enh. + Ith 30 ; 1 hat den Enhoplier erhalten, das Ithyphallikon ionisch aufgelöst ( statt — w — w — — ) ; 3 1 ; umgekehrt ist es bei 2, w o das Ithyphallikon deutlich wird, während zwei reine Ioniker an Stelle des Enhopliers getreten sind; 4 endlich ist ganz ionisirt, und nur das Schwänzchen — w erinnert an die ithyphallische Natur des Ausgangs. Dieses deutliche Beispiel von Ionisierung oder ionischer Umdeutung nicht-ionischer Glieder über die hellenistische Zeit hinaufzudatieren haben wir an sich kein Recht, und gewiß wird es am wahrscheinlichsten sein, daß Sotades hier selbständig gewesen ist. Dennoch ließe sich fragen, ob nicht eine ganz ähnliche Entwicklung bei demselben Maße schon für ältere Zeit angenommen werden muß. Aus Hephaistion ( X I I 4) wissen wir, daß Anakreon tön ßgaxwaTaXr)5tTixMi (nämlich xETQa(iETQCDi lamxwi) oXa aia[iata awE-Orjv.EV' ¡ievdXüH ÖT]i>Te |j,' eptog exm|>ev wate xaXxeiig ji£?kExei, xein^pfol1 eAovaev Iv xapä8(3r|i. Das ist ' — —kj—w] . Leider können wir nicht sagen, ob das Schema Varianten hatte oder starr durch die „ganzen Lieder" durchgeführt war. Aber deutlich klingt das Ithyphallikon heraus (genauer noch: das vorsilbige Ithyphallikon, s. o.), und es muß die Möglichkeit offen gehalten werden, daß Anakreon nicht in freier Erfindung 2 reine ionici a minore mit dieser Schlußklausel zu einem ionischen Tetrameter verband, sondern daß seine Form die Umbildung eines Prosodiakon war, etwa:

v^w— kj
- qeí, te - alg |

Das Kolon besteht metrisch aus 3 Epitriten: der erste tritt als Spondeus auf (wie der Schluß der vorhergehenden Zeile, vielleicht also ajtovÖEiog HEitcDv), der zweite ist vollständig, der dritte katalektisch: 1—^ 1 . Die Wortgliederung ist nicht überall gleichartig. Das Anfangs— wort entweder 3- oder 2-silbig, das Schlußwort 2- oder 3-silbig, so daß folgende Einschnitte sich herausheben: entweder /—oder — /-w l y ~ . Der melodische Einsatz wieder höher als der Schluß der vorhergehenden Zeile, diesmal eine kleine Terz höher. Die melodische Linie setzt mit dem schweren doppelten c' ein, steigt dann zur unteren Grenze des oberen Tetrachords hinab und dann das Tetrachord in Sekundenschritten hinauf. Also die entgegengesetzte Bewegung zu der am Anfang herrschenden. Das tragende Wort ist in der Strophe aoiöoi: man erinnert sich, daß in Kolon 2 a das Wort Moiaäv den ersten starken Anstieg trug. Dann schrittweise Rückkehr zur unteren Grenze des oberen Tetrachords. Z e i l e 4 a. e' d'

c' c

h a a

g

a

á - yt|- ai-zó-gcov ó-jtó-Tav gi-jtaí-ai xa-Taa-xó-n-E-vog'

a h a

jipo-oi-(ií-cov xai 7019 ß i - a -

Z e i l e 4 b. Fassung I Fassung I I

1 , J

,

djx-ßo-Xa; -tag "A-qt}S

a

hí {

tev - x^i? xga - /eí-

^ ° C c' c h

h a h a h g

e-Xe-Xi - ^o-|J,É-va ava-vEu-ÖE Ai-jráv

Die Zeile besteht metrisch aus einer daktylischen Reihe am Anfang, 2 Epitriten, und einer daktylischen Reihe am Schluß: WW— W— W |

I

Der melodische Einsatz liegt diesmal eine Quarte höher als der Schluß des Kolon 3, so daß das ganze erste daktylische Glied als einheitliches melodisches Komma in Sekundenschritten von der oberen Grenze des oberen Tetrachords bis tief in das untere zum g hinabsinken kann. Bemerkenswert, daß bei den beiden Doppelkürzen -av/ó- und ojió- die Melodie auf derselben Stufe bleibt 53 . Das Wort jtQooi(xúov legt in leichtem Auf und 53

Vgl. dazu Anm. 52.

416

[27/29]

Musik und Metrik

A b die Melodie als Ganzes etwas höher. Die Bewegung a h a hat ihre Analogie in dem Schluß des Kolon 3. Wie das Wort ngooinicov | eine Sekunde über dem Schluß von öjtötciv einsetzt, so das Wort «nßo/.ag eine Terz über dem Schluß von jtgooinicov. Dann aber schreitet ot|ißoXäg mit 3 großen Sekundenschritten empor bis zur oberen Grenze des oberen Tetrachords: einer jener Aufstiege, die innerhalb der so durchaus absteigenden Linien besonders stark empfunden werden. Auch jetzt gehört das Wort demselben Bezirk an wie vorher Moiaäv und aoiöoi. Dazu kommt hier, daß man in dem musikalischen Terminus avaßoXr)54 die K r a f t des „Werfens" und die Richtung des „Empor" immer hat durchhören können, te-u/tiic; springt eine reine Quinte hinab, um dann eine neue Aufwärtsbewegung zu beginnen. Aber hier setzt nun in ¿XeXi,to|ieva die Doppelüberlieferung ein. Fassung I wiederholt noch einmal den Schlußton h von tevxtiis, steigt, fällt, steigt, so daß derselbe Abschluß h a h entsteht, den wir schon aus dem Ende von Zeile I und von Zeile 2 a kennen. Fassung I I drückt die Doppelkürze ¿ X e - durch ein doppeltes c aus, wie auch vorher in unserem Kolon die Doppelkürzen der ersten daktylischen Reihe auf denselben Tonhöhen lagen. Der Abstieg c ' h a g wird an vorletzter Stelle unterbrochen durch die Emporbewegung von a nach h mit dem Ergebnis, daß die große Terz h g einen sehr unerwarteten Abschluß bringt 55 . Die Entscheidung für eine der beiden Fassungen läßt sich hier noch nicht geben, sondern wenn überhaupt erst aus Kolon j gewinnen. Zeile

j.

Fassung I Fassung I I

g c' c' h -/ai tov aix-M-a-Tav &Y - Xe - v jbi - Ttai - oi x a - T a o - %(> - (jle - vo?. xal yap ßi - a-

¿(1 - ßo - Xi? Tooi[xicov a|xßoAag TEÌiXTiis ÈXeXi£o|xÉva. xaì tòv aìx(xatàv xEgauvòv aßEWÜEig. | In den anderen Strophen werden die Widersprüche stärker, in Ant. 1 sind es sechs, in Ant. 3 sind es sieben, in Ant. 4 sind es acht. Aber eine genaue Statistik aufzustellen hat kaum einen Zweck. Denn zu objektiver Gewißheit ist hier nicht zu kommen. Auf der einen Seite kann man sagen: Es spricht für eine gewisse Rücksicht auf die Sprechmelodie, daß grade in der ersten Strophe die Übereinstimmungen so sehr viel zahlreicher sind als die Widersprüche. Denn die erste Strophe wird allemal die Muster- und Meisterstrophe sein. Aber man kann auch sagen: Der Widerspruch der andern Strophen beweist, daß die Ubereinstimmungen in der ersten Strophe Zufall sind. Und wer so denkt, wird sich auch nicht widerlegt fühlen durch den Hinweis darauf, daß es bei einem Künstler wie Pindar eigentlich keinen Zufall gibt. Bleibt die dritte unter den vorhin aufgestellten Möglichkeiten: daß eben in dem Gegeneinander und Miteinander von Sprechmelodie und Gesangmelodie das musikalische Gesetz beschlossen gewesen sei. Aber über Allgemeinheiten ist hier wohl vorläufig nicht hinauszukommen und man wird abwarten müssen, ob der von E. Wolff ausgesprochene Satz sich zu irgendeiner Gewißheit erheben läßt86: „Die ethische Wirkung muß nun darin bestanden haben, daß in jeder Strophe die gleiche tongeschlechtliche Melodie eine verschiedene Wortmelodie durchdrang . . . " | 85

84

Rechnet man die melodischen Gipfel auf xaì, piv und xaì dazu - wozu man nach Anm. 3 wohl ein Recht hätte - , so werden es 1 1 Fälle statt 8. Wolff-Petersen, Das Schicksal der Musik 33.

436

Musik und Metrik § 10.

[53]

Abschluß

Bleibt also das letzte unsicher, so ist doch mit Nachdruck zu sagen, daß diese Unsicherheit den vorher gewonnenen Ergebnissen keinen Schaden tut. Bedenke man jetzt noch einmal alle Zusammenhänge, die sich zwischen Wort, Melos und Metrum haben aufweisen lassen, so wird hier ein einziges Mal bei Pindar etwas von jener Einheit, die man immer gefordert hat, wirklich faßbar: der Einheit von gesungenem Wort, Instrumentalbegleitung und Reigenbewegung - so viel uns auch jetzt noch zu voller Verwirklichung fehlt. Aber man wird nun an dem antiken Ursprung der Melodie nicht mehr zweifeln. Mehr als das: man wird auch an dem pindarischen Ursprung kaum noch zweifeln können. Denn nur dem Dichter selbst war jene Einheit so sehr als ursprüngliche Konzeption gegeben, daß sie noch uns vielfach fühlbar und hier und da faßbar wird. Hätte ein späterer Grieche die Melodie zu Pindars Text gemacht, so würde sie weder mit den Worten noch mit dem Metrum dermaßen zur Einheit zusammengehen. Selbst wir — das ist wohl nicht zu viel gesagt müßten die Brüche spüren.

Pindar oder Kircher? 1935 Näqpe xat ni(ivaao öutiaxeiv

„Weil" - nach einem Worte Boeckhs (Philolaos 4) - „nur die Unechtheit, niemals aber die Echtheit einer Sdirift überzeugend erwiesen werden kann", ist der Angreifer allemal in gesicherterer Stellung als der Verteidiger. Auch wird sich der Philologe, wenn er zwischen zwei Vorwürfen wählen muß, lieber hyperkritisch als unkritisch nennen lassen. Aber es handelt sich schließlich nicht um uns Philologen, sondern darum, ob es in dem Bezirk, den unsere Wissenschaft zu verwalten hat, eine Pindarmelodie gibt oder nicht. Kann man - unter dem methodischen Vorbehalt Boeckhs — die Echtheit „beweisen", d. h. sie von außen und innen her wahrscheinlich machen, indem man zugleich die Gegenargumente widerlegt, so ist der Gewinn noch größer, als wenn ein neuer Tragödienpapyrus gefunden oder ein neuer Tempel ausgegraben würde. Denn Tragödien und Tempel gibt es viele, Pindarmelodien günstigenfalls eine. Deshalb, nicht aus Rechthaberei, muß hier auf die Kritik von Maas und MüllerBlattau (Hermes 70 S. 1 0 1 ff.) geantwortet werden 1 . Es sei | gleich gesagt, daß Maas nicht in den Kern der Frage vordringt, weil er sie schon vorher durch äußere Gründe in verneinendem Sinne entschieden zu haben meint. An das Wesentliche würde die Argumentation von Müller-Blattau rühren, wenn seine musikalischen Vergleiche so unanfechtbar wären, wie sie uns anfechtbar erscheinen2. Zum Text und zur Überlieferung 1. Daß Kircher den Pindartext aus der Ausgabe des Er. Schmid (1616) nimmt, hat A . Rome zuerst ausgesprochen und damit das alte Urteil „Fälschung" neu zu begründen gesucht. Da ich dieselbe Beobachtung ge[Hermes L X X , 1935, S. 463-472.] 1

1

Die Abhandlung Die Melodie zu Pindars Erstem Pythisdien Gedicht, BerSädisAk. 1934, 4. Heft, wird vorausgesetzt und nur soweit nötig mit „Ber." zitiert. Außer Maas und Müller-Blattau haben sich bisher geäußert: im wesentlichen zustimmend Vetter, ZtsdirMusikwiss. 17, 1935, 1 2 1 ff., und W. Fisdier, PhW. 193$, 965 ff.; ablehnend Mountford, CIRev. 1935,62, und Kaiinka, PhW. 1935, 961 ff. A. Rome hat seinen früheren Aufsatz aus Les Etudes Classiques 1, 1932, verteidigt und den meinen ritterlich bekämpft ebenda 4, 1935, 337 ff. H . Birtners Bemerkungen „Zur Melodie" (Hermes 70, S. 472 ff.) werden hier nicht wiederholt.

438

Musik und Metrik

[464)465]

macht, aber mich gehütet hatte dieselbe Folgerung zu ziehen, so muß doch wohl Romes Schluß weniger bündig sein, als er manchen erscheint. In der Tat, ist es nicht ein seltsamer Schluß: weil Kircher den Text aus einer gedruckten Ausgabe („S") nimmt, kann er die Noten nicht aus jenem fraglichen Kodex („M") genommen, er muß sie gefälscht haben? Versuchen wir immerhin, die echten Bedenken, die der Tatbestand erregen kann, darzustellen und zu prüfen, a) Wer den Text einem Druck entnimmt, ohne das zu sagen, handelt unehrlich. Also sind ihm auch die Noten nicht zu glauben. - Aber unehrlich wäre so etwas doch nur bei einem Philologen. Kircher, der ein sehr mittelmäßiger Hellenist und gar kein Philologe war, tat das für ihn einzig Natürliche, wenn er auf irgendeiner Stufe seiner Arbeit S zur Hand nahm. Den Text schrieb er aus S ab - vielleicht richtiger: änderte er nach S (denn es ist keineswegs unmöglich, daß die schauderhaften Textfehler seine Abschrift von M spiegeln) weil es seine Kräfte überstieg, den griechischen Schriftzeichen, die er sich aus M notiert hatte, ohne S einen Sinn abzugewinnen. Es ist ja gewiß, daß er ihnen auch mit S keinen abgewann, da er nicht ein- sondern zweimal druckt jteiöovTai 8' aoiöol oa^a airv Ayriaixopov. Die Übersetzung schrieb er aus S ab, weil er den Text weder in der Handschrift noch im Druck ohne Eselsbrücke verstehen konnte. J a wer weiß, ob er ihn selbst mit der Übersetzung verstand, wenn er druckt Obtemperans vero, et concentores ... statt Obtemperant vero et concentores . . . b) Die Noten schneiden mit dem Seitenende von S ab, also dort, wo sie in M - wenn M existiert hat - nur durch den allerseltsamsten Zufall aufgehört haben könnten. Nun darf man freilich solche Möglichkeit nicht unbedingt verneinen, aber man soll doch wohl auch nicht ohne Zwang mit ihr rechnen. Man müßte also als wahrscheinlicher ansetzen3, daß die Noten weiter gegangen wären, entweder bis zum Satzende rivgog oder am ehesten bis zum Ende der Strophe. Wie soll jemand, der einen so kapitalen Fund macht, einen Teil davon umkommen lassen? Das ist unglaublich. Also hat Kircher, der, durch das Seitenende in S getäuscht, die Strophe bei aßEvviJEig zu Ende glaubte, die Musik bis eben dahin gefälscht. - Zur Antwort könnte man auf den Hymnus des Gregor von Nazianz verweisen, von dem Kircher aus einer Handschrift desselben Klosters i Vs Zeilen mit mittelalterlichen Noten veröffentlicht hat und nicht mehr (Ber. 12). Denn nur Proben wollte er - leider! - geben, nicht Publikationen. Freilich muß die Gregor-Probe in ihrer Echtheit erst verteidigt werden (s. u. Abs. 6). Und wichtiger als diese Analogie ist der Nachweis, wie | störend es für Kircher war, wenn - immer die Wirklichkeit von M vorausgesetzt - die Notenzeichen noch über oßsvvijEig hinausgingen. Nach3

Ber. 20 habe ich, wie das wissenschaftliche Pflicht schien, beide Möglichkeiten gleichmäßig erwogen. Z u welcher ich mehr neige, kann nicht fraglich sein und sage ich jetzt ausdrücklich. Wenn Kaiinka mich an die erste „glauben" läßt, so widerlegt ihn der Satz, den er aus meiner Abhandlung ausschreibt.

[465]

Pindar oder Kirdier?

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dem er auf den unglücklichen Gedanken verfallen war, daß die Vokalund die Instrumentalnoten sich antistrophisch entsprächen, war seine „Gegenstrophe" schon bei aßewtieig um 7 Silben oder Noten zu lang, und er mußte durch mühsame Arithmetik die Gleichheit herstellen. Bis JtvQog kamen noch 6, bis zum Ende der Strophe gar 30 Silben hinzu, d. h. das ausgetüftelte Responsionssystem wäre völlig in die Brüche gegangen. Der Selbsterhaltungstrieb des Systems also hielt ihn bei der willkommenen Täuschung fest, daß mit oßEvvwi; die „Gegenstrophe" zu Ende sei, und ermächtigte ihn zu dem, was uns heute so arg scheint: zur Preisgabe der Noten hinter aßsvviiEig. Gesetzt also, Kircher hat in S. Salvatore M vor Augen gehabt, so schrieb er die Noten mit darunterstehendem Text ab - den Text vielleicht unvollständig und gewiß sehr fehlerhaft - , zog in seiner römischen Studierstube S heran und entnahm daraus, als er sein Druckmanuskript herstellte, den Text (oder Teile des Textes) und die Ubersetzung4. Die überschüssigen Noten ließ er unter den Tisch fallen5. Daß er so verfuhr, ist, wenn auch schändlich, so doch rationell. Aber haben die, die ihn zum Erfinder der Noten stempeln, sich klargemacht, welche Unbegreiflichkeit sie ihm zumuten? Wenn er Noten und Text in M fand, so brauchte es für seinen Zweck nicht mehr, als daß er den Text in S oberflächlich identifizierte und soweit nötig ausschrieb. Wenn er die Noten erfand, so mußte er den Text, den er sich dazu aussuchte, doch erst einmal genau ansehen. Daß er nicht umblätterte, wenn die Seite mit oßgvvijeig ohne Punkt - und mit dem Kustos devotem! - abschloß, ist im ersten Fall für unsereinen schwer begreiflich, im zweiten ist es zehnmal unbegreiflicher. So beweist die Art, wie S benutzt ist, in der Echtheitsfrage entweder nichts, oder sie sagt aus, daß die Noten nicht auf Grund von S gefälscht sind. 2. Es ist längst gesagt, daß der Wechsel von Instrumental- und Vokalnoten sonst so nicht vorkommt. Aber auch daß es ganz unerlaubt ist, daraus auf Unechtheit zu schließen. Wenn man in unserem mehr als dürftigen Vorrat antiker Notenbeispiele Einzigartiges für unecht erklären will, so athetiere man den Orestes-Papyrus und den Berliner Notenpapyrus (Ber. 39). Daß die Pindarnoten „offenbar" von demselben stammen, der die unsinnige Teilung in Strophe und Gegenstrophe erfunden hat, ist eine Behauptung ohne Beweis. „Offenbar" kann sich Kircher die unsinnige Responsion gerade darum ausgedacht haben, weil er in M die beiden Notensysteme hintereinander angewendet fand. Er machte sich ganz ohne Not Gedanken darüber: wie verhält sich das Vokal- zu dem 4

5

In der Biblioteca Vittorio Emmanuele ist, wie W. Kranz für mich feststellte, ein Exemplar von S, das aus dem Collegio Romano stammt. Eintragungen hat es nicht. Will man glauben, daß er die Möglichkeit gehabt hätte, M und S unmittelbar nebeneinander zu legen - sei es, daß er in Messina ein Exemplar von S auftrieb, oder daß er M in seinem Gepäck mit nach Rom nahm - , so wird die Sadie noch einfacher. Er hätte dann die Noten überhaupt nur bis aßEWÜei; abgeschrieben.

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Instrumentalstück? und gab auf die falsch gestellte Frage die einfachste aber verkehrteste Antwort: sie sind einander gleich, d. h. sie sind antistrophisch. Zu dieser Illusion verhalf ihm, in ihr erhielt ihn das flüchtig betrachtete Seitenbild von S mit dem Schluß bei aßevvveig. 3. In der Bemerkung xöpog eig xuftagav beruht der falsche Akzent auf das falsche u auf Kirchers lateinischer Aussprache und Schreibart. Den auffälligen Gebrauch von elg, also ein Syntaktikum, mit diesen Orthographicis auf dieselbe Stufe zu stellen, liegt keine methodische Nötigung vor. Warum soll man eigentlich eig als Kirchers Ubersetzungswort für das lateinische ad ansehen, wo ihm doch, grade weil er wenig Griechisch konnte, itgög näher gelegen haben wird, so wie es heutigen Schülern näher liegt? Nicht aus einem Übersetzungsfehler des 17. Jahrhunderts, sondern aus echtem, spätantikem Sprachgebrauch ist elg für itgög zu begreifen. XOQ05 eis xift&eav hat eine genaue Parallele in dem eg netag öe xoücpa ßaivcov des epidaurischen Pan-Hymnus, den Maas etwa ins vierte vorchristliche Jahrhundert setzt6. Latte aber hat gerade in diesem eg für Jigog ein Zeichen spätantiken Ursprungs aufgewiesen neben anderen sprachlichen und sachlichen Indizien7. So wird xogog elg xifragav spätes, echtes Griechisch weit eher als modernes Übersetzergriediisch sein. Aber angenommen selbst, die drei Worte seien von Kircher, so wäre die Unechtheit der Musik immer noch nicht bewiesen. Denn sie stehen nur in Abdruck B, nicht auch in A (Ber. 18 f.). Es wäre also gar nichts Erstaunliches, wenn sie Zusatz des Herausgebers wären. Sie wirklich dafür zu erklären hindert vor allem eins: der Gebrauch von £ig. So muß der Verteidiger der Echtheit für diesen Hinweis von Maas besonders dankbar sein. 4. ayXaiag schreibt und mißt Kircher dreisilbig. Daß dieser Fehler auf der lateinischen Aussprache Aglaja beruhe, ist allenfalls möglich. Selbst damit wäre die Unechtheit des Ganzen nicht bewiesen. Denn gesetzt, Kircher fand in M cr/Xaiag mit 4 Noten, so lag ihm, dem lateinisch Redenden, vielleicht die dreisilbige Aussprache nahe, und er ließ eine Note von den vieren unter den Tisch fallen. Freilich notwendig oder auch nur wahrscheinlich ist das nicht. Wenn das poetische Wort gelegentlich in Prosa vorkommt, bei Xenophon, Aelian, Julian, Themistios, so drucken unsre Ausgaben fast immer ein viersilbiges äylata. Ebenso druckt man bei den Mythographen den Charitennamen. Selbst dem attischen Kriegsschiff ATAAIA gab Boeckh und gibt jetzt Kircher (JG. II III ed. min. 2, 1 Nr. 1622 1. 597) die beiden Pünktchen über dem Iota. Aber im Ernst: hat das 4. Jahrhundert, hat die Kaiserzeit das poetische Wort in der Prosa 6

P. Maas, Epidaurische H y m n e n (SchrGesKönigsbg. 1 9 3 3 , 1 3 0 ) .

7

G G A . 1 9 3 4 , 408. Nebenher: im M e t e r - H y m n u s scheint mir richtig keqavvdv '¿ßalle x a l x a tunjtav' £Xä|ißave,

nexgag ÖLegriaae y.ai

tu. tiiujtov' ¿Xd^ßavE.

D a steht das orgiastische Paukenschlagen für den wiederholten Donner - bezeichnend f ü r diesen Stil, der Glätte mit Bombast vereint. M a a s 1 4 1 verkennt ihn seltsam, wenn er archaische Prosa vergleicht. Antoninische Plastik heranzuziehen wäre richtiger.

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Pindar oder Kirdier?

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drei- oder viersilbig gesprochen? Niemand weiß das. Meist wird man dodi wohl àyXata gesagt haben ûç ôixaia, 'Arrivata. Die Schrift jedenfalls unterschied das nie. Und so konnte irgendein Abschreiber 500 oder auch 1500 Jahre vor Kircher auf die natürlichste Weise eine Note weglassen, weil er die vier Zeichen über dem scheinbar dreisilbigen Wort für ein Versehen hielt8. Haplographie mochte hinzukommen: Boeckh hat ja ©r die Schlußreihe der alcäischen Strophe, die das Übergehen der Daktylen in den trochäischen Fall nur in verkürzter Weise zeigt - ^ w - u u - u - u 5 das Praxilleion — w w — v^hier, den sapphischen und den alkäischen Elfsilbler dort — w—w—ww—w | w — w—ww—w— > die sich alle nur durch andere Regelung der Doppelsenkungen von den bekanntesten Grundformen der Daktyloepitrite unterscheiden; den Jambelegos w — w — w — und das Enkomiologikon — — w — d i e jenen Grundformen geradezu gleich lauten; schließlich Choriamben — — und Joniker ww— I > die doch nicht zufällig jenen Liedern bei Pindar beigemischt sind und nicht zufällig in ihrer Zusammensetzung die häufigste daktylische Reihe — — jener Lieder ergeben. Nicht einen recht einfachen „Ursprung" zu konstruieren, sondern den Reichtum möglichst vieler Beziehungen sprechen zu lassen, scheint uns gefordert. Noch eine andere Aufgabe wartet auf | die Erfüllung. Wilamowitz hat, wie schon gesagt, mit bewußter und berechtigter Beschränkung sowohl die Musik wie die gesamte rhythmische Theorie bei Seite gelassen. Wir haben von der antiken Musik wenig, und es gehören zu dem Verständnis des Wenigen Kenntnisse, die so selten sind, daß die Berliner Akademie neuerdings einen Papyrus mit Musiknoten veröffentlicht hat, ohne daß sie anscheinend einen Deuter dieses Rätsels finden konnte. Aber wir besitzen doch immerhin die Gedichte des Mesomedes und Seikilos und die delphischen Hymnen mit ihren Tönen, besitzen, wenn auch sehr trümmerhaft, eine Komposition aus dem euripideischen Orestes und vor allem besitzen wir die Noten zu dem Eingang von Pindars erhabenstem Chorlied, eine Komposition, die nicht nur den Musikhistorikern Ambros, Riemann, Gevaert durchaus für echt gilt, sondern die auch Boeckh und Westphal für echt hielten. Wie sollten diese Kompositionen, durch einen Metriker gedeutet, der Musik versteht und, von Bach und Beethoven bewußt sich befreiend, in jene alte Tonwelt eintaucht, nicht auch für die Auffassung der Metrik wichtig sein, da doch Wort, Rhythmus und Melodie hier nur verschiedene Äußerung einer einheitlichen Bewegung sind? Und dann die rhythmische Theorie: Wilamowitz gesteht selbst, daß er sie für die Metrik nicht nutzen könne, und gibt nur einige Textverbesserungen, zum Zeichen daß er den Aristoxenos nicht vernachlässigt habe. Aber das genügt nicht. Die antike metrische Theorie ist in dem Gesamt der musikalisch-rhythmischen Theorie erwachsen. Wilamowitz

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hat uns ihre Anfänge - in dem Einleitungskapitel über die metrischen Theorien der Hellenen - bei Dämon, dem „Gefährten" des Sokrates, aufgewiesen, dessen bedeutende Lehre von dem Zusammenhang zwischen Musik und Politik noch bei Piaton deutlich nachwirkt. Von Aristoxenos haben wir direkt und indirekt faßbare Doktrin, die noch ganz unmittelbar in die Zeit der lebendigen Kunstübung hineingehört. Sie scheint in ihrer Lehre von Arsis und Thesis, äußerlich in der Bezeichnung der Thesen, auf das genaueste mit den erhaltenen Resten antiker Musik zu stimmen. Ein tiefer Einblick in den verborgenen Bau des griechischen Verses muß hier noch zu finden sein. Wer das Zauberwort einmal zu sprechen weiß, wird uns vielleicht über das, was | Metrik leisten kann, und über das Bedeutende, was Wilamowitz in seinem Werke geleistet hat, noch weit hinausführen. Aber das sind Blicke in die Zukunft. Und gerade wer eine Erweiterung und Vertiefung für möglich und für geboten hält, wird warnen müssen, daß der feste Boden der Erfahrung und das innige Zusammenleben mit den Texten je verlassen werde, wie es in einzigartiger Weise die neue „Griechische Verskunst" zeigt. Wir können sie nicht kritisieren. Das verlangte ein Buch, und wir würden uns dieser Aufgabe gar nicht gewachsen fühlen. Wir können nur dankbar und bewundernd bekennen, was Wilamowitz uns für das lebendige Verständnis griechischer Verskunst und damit griechischer Kunst überhaupt gelehrt hat und durch dieses Buch auch spätere Generationen lehren wird, die niemals das Glück hatten, aus seinem Munde den Zauber griechischer Verse klingen zu hören.

Zum Plautinischen Hiat 1907 Diese Darlegung macht den Versuch, eine zusammenhängende Ansicht über den plautinischen Hiat zu entwickeln. Freilich alle Hiate umfaßt sie nicht: sie ist auf diejenigen beschränkt, die an bestimmten V e r s s t e 11 e n haften, und sieht von denen ab, die an gewisse W o r t f o r m e n gebunden sind. Darum bleibt naturgemäß auch das Problem der Verschleifung ganz außer Acht; wie ich denn überzeugt bin, daß unserer Hauptfrage in weiter Ausdehnung anders beizukommen ist. Wir kennen jetzt, glaube ich, abgesehen von dem wohl allgemein anerkannten Hiat in der Diärese plautinischer Langverse auch im Senar einen Hiat: nämlich nach der vierten Hebung. Er wird gesichert durch die syllaba anceps, die an gleicher Stelle legal ist, und durch charakteristische Wortformen, wie sie sonst nur am Versende vorkommen 1 . Er wird ferner gesichert durch die parallele Erscheinung im trochäischen Septenar, der ebenfalls vor schließendem Hiat, syllaba anceps und besondere Wortformen zuläßt. Er wird schließlich gesichert durch die parallele Erscheinung im Saturnier, dessen zweite Kola: „insece vorsutum" und „aut ibi ommentans" zu den Senarschlüssen „fingere fallaciam" und „improbi edentuli" die vollkommenste Analogie abgeben2. Diese Entsprechung des Saturniers bestätigt nun aber, wie mir scheint, nicht nur, sondern erklärt auch jene Eigenart des Dialogverses, die in griechischer Technik ohne jede Entsprechung ist. Wenn man in dem bezeichneten Einschnitt eine Nachwirkung | der dipodischen Bildung sieht3, so hat man mit einer ganzen Reihe von Schwierigkeiten zu kämpfen: Einmal paßt die Erklärung tatsächlich nur für den Senar. Man müßte demnach annehmen, daß der trochäische Langvers die Bildung vom Senar übernommen habe, daß also Trochäen ganz anders als Jamben von ihrer ursprünglich dipodischen Bildung jede Spur verloren hätten. Und was schwerer wiegt: Die Eigenheit des römischen Verses ist es ja grade, daß er die dipodische Bildung verwischt; wie kann er sie da in e i n e m Stück [Rheinisdies Museum L X I I , 1 9 0 7 , S . 7 3 - 8 5 . ] 1

1 3

Luchs, Studemunds Studia I 2 2 f . ; Leo, Plaut. Forsch. 3 0 9 ; zuletzt mit eindringender P r ü f u n g des gesamten Materials: Jacobsohn, Quaest. Plautinae (Goettingen 1904). Diese Arbeit ist mein Ausgangspunkt. Leo, D e r Saturnische Vers S. 2 1 . Leo, Saturn. 2 1 3 .

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Musik und Metrik

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über die griechische Kunstübung hinaus zu so unerhörter Stärke steigern? Zudem wäre man genötigt, für den Saturnier einen Einfluß vom Dialogverse her anzunehmen. Nun ist ja solcher Einfluß an sich natürlich nicht ausgeschlossen4. Aber hier liegt es doch klar, wie Hiat und syllaba anceps im zweiten Saturnierkolon nur als Spezialfälle innerhalb einer weiter greifenden Erscheinung gelten können. An jener Stelle ist in der Mehrzahl kunstgerechter Saturnier Verseinschnitt vorhanden, der an dem gesetzmäßigen Einschnitt im ersten Kolon seine Entsprechung findet5; und solcher Diärese kommt eben syllaba anceps und Hiatus zu. Im lateinischen Dialogvers kann ebensowenig wie natürlich im griechischen6 davon die Rede sein, daß Wortschluß an der in Betracht kommenden Versstelle auch nur bevorzugt würde. Ich halte es mithin für evident, daß der Hiat vor schließendem in Senar und Septenar aus der Saturniertechnik stammt. Wer diesen Hiat anerkennt, gesteht damit zu, daß es an bestimmten Stellen der Dialogverse, auch abgesehen von den Diäresen in Langzeilen, legitime Hiate giebt. Man scheint sich nicht recht klar gemacht zu haben, was diese Erkenntnis für das gesamte Problem bedeutet. Es i s t aber klar, daß der allgemeine (der einzige!) Einwand 7 gegen den Hiat, „er vertrage sich nicht mit der sonst herrschenden Synalöphe", tatsächlich gefallen ist, wenn die Schauspieler an derselben Versstelle einerseits impertire honoribüs, rus uxorem abdüxerö - andrerseits fingere fallaciam nicht nur, sondern auch improbi edentuli sprechen konnten. Wir sehen, wie die Verstechnik der römischen Dramatiker den trochäischen Septenar als einen Senar mit vorgesetztem creticus betrachtet, ganz wie das die spätere Theorie auch tut8. Ich möchte nun bitten, folgende Schemata zu vergleichen (in denen der Doppelstrich die Hiatstelle angiebt): Septenar — —w — w ||— w — Saturnier ^ —^ — w— II«*;—w Senar ^ — — — ^ Jj^—— Die Uebereinstimmung von Septenar und Saturnier beruht nicht nur auf dem entsprechenden und entsprechend behandelten Einschnitt vor schließendem ^ — w ( - ) , sondern auch in dem Zusammenfallen und der gleichmäßigen Behandlung des Haupteinschnittes. Es bestätigt sich also die 4

Leo PI. F . 78 2 deutet nach dieser Richtung. Leo, Saturn. - Einen neuen Erklärungsversuch madit Thulin, Italische sakrale Poesie und Prosa (Berlin 1906) 36 ff. Dagegen Leo D L Z 1906 Sp. 1 9 5 1 , vielleicht zu scharf. Aber das läßt sich nicht im Vorbeigehn erledigen. 6 Die Versspielerei des Kastorion (Athen. X 4 5 5 ) wird man mir wohl nicht als Gegenbeweis bringen. 7 Dagegen z. B. auch Maurenbrecher, H i a t und Verschleifung 149. 8 Ritsehl, Einl. z. Trinummus p. C C X X X I I sqq., ders. Rhein. Mus. I 285. 5

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Zum Plautinischen H i a t

längst geäußerte Vermutung 9 , daß die Zulassung des Hiats in der Diärese des Septenars an der Beeinflussung durch den Saturnier die Erklärung findet, die sich aus griechischer Technik nicht gewinnen läßt. Nun zeigen aber die drei Schemata, wenn man die Einschnitte vor schließendem ) zusammenfallen läßt, daß den übereinstimmenden Haupteinschnitten im Septenar und im Saturnier die semiquinaria des Senars entspricht, dh. die Hauptcäsur, in der notorisch viel mehr Hiate vorkommen, als an irgend einer anderen Versstelle 10 . Wer | den Hiat leugnet, weil er sich mit der Synalöphe nicht vertrage, der irrt: die beiden vertragen sich. Wer den Hiat leugnet, weil er dem Wesen der Cäsur widerspreche, sieht sich zwar nicht vor die ganz schwierige Frage gestellt, welches das Wesen der Cäsur ursprünglich, dh. im Griechischen sei; wohl aber vor die andere, wie denn die Metrik der römischen Szeniker die Cäsur aufgefaßt habe. Ich bestreite rundweg, daß wir a priori darüber irgend etwas aussagen können. Durch syllaba anceps ist der Hiat in der semiquinaria leider nicht zu rechtfertigen, wohl aber wird er gestützt durch die Analogie des Septenars, der seine Diärese und den heut von niemandem (glaub ich) bestrittenen Hiat in der Diärese an derselben Stelle hat, wo der Senar seine semiquinaria und den heut von fast allen bestrittenen Hiat in der semiquinaria. A n derselben Stelle, sag ich, nämlich wenn man von hinten rechnet, wozu die gleichmäßige Formung jenes Einschnittes vor schließenden yj— oder, wenn man will, die Auffassung des Septenars als eines creticus mit folgendem Senar uns ein volles Recht giebt. Eine weitere Stütze, und zugleich den zureichenden Grund für diese Erscheinung giebt dann die Analogie des Saturniers mit dem Hiat zwischen Camena und insece. Saturnier, Senar und Septenar schließen - w - H w - w ( - )

' K l o t z , Grundzüge römischer Metrik 142. 146. Derselbe K l o t z , der „die Hiate in den Senarzäsuren prinzipiell mit Entschiedenheit" v e r w i r f t (S. 166). - Ich möchte bei dieser Gelegenheit bemerken, daß ich mein in diesem A u f s a t z entwickeltes Prinzip - freilich ohne jede Schärfe und ohne eigentliche Einsicht in das Wesen - angedeutet finde bei Below D e H i a t u Plautino ( i 8 8 j , Berliner Diss., auf die ich durch Maurenbrediers Resume [a. O . ] aufmerksam wurde). Below notiert einige (wirkliche und vermeintliche) Übereinstimmung zwischen Dialogversen und Saturniern und schließt dann: „haec autem omnia Plauto cum Saturniis consociata sunt. In his autem versibus multa hiatus exempla ante oculos habuit: num mirum est ipsum quoque quibusdam licentiis in hiatu admittendo usum esse?" Dann folgen Verkehrtheiten. 1 0 Für die in A und P gemeinsam überlieferten Partien des Poenulus hat Leo PI. F. 4 die Rechnung aufgemacht. Ich selbst zählte z. B. Stich. Pseud. Persa Merc.

semiqu. 9 (6 in AP) 8 (7 in AP)

semis. 4 (3 in A P ) 3 (i in AP)

1

1

4 (oder j )

6 (oder 5)

2

6

nach 4 (3 in A P )

sonst je 1 - 2 je 1 - 2 je 1 - 2 je 1 - 3

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Musik und Metrik

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sie haben alle drei an der (durch Doppelstrich) bezeichneten Stelle einen Einschnitt mit den besprochenen Eigentümlichkeiten, und haben alle drei vor diesem schließenden Kolon ihre Hauptfuge mit legitimem Hiat. Mit anderen Worten: Der Senar ist von Andronicus und Naevius nach der Analogie ihrer Saturnier, die Senarcäsur nach Analogie der Saturnierdiärese interpretiert und behandelt worden. Es ist selbstverständlich, daß der semiquinaria die semiseptenaria folgen muß. Mich dünkt, auch das Wie ist nun nicht mehr schwer zu finden. Denn wenn man schon im Senar einen Verwandten des Saturniers sah und also die Cäsur in dem neu übernommenen Verse so behandelte, als wäre sie die Hauptfuge ] des Saturniers, dann war ein Unterschied zwischen jrevdrini|xeqt]5 und scpi)ri|xi|X£Q^5 nicht wohl möglich, um so weniger, als blande hominem compellabo || hospes hospitem (salutat...) ja tatsächlich mit virum mihi Camena die engste äußere Aehnlidikeit hat 11 . Für den trochäischen Septenar folgt aus der Zusammenordnung W———"-»II- W — W — — w—; w — — w — w|| — w — w — die Legalität des Hiats vor s c h l i e ß e n d e m u n d es gehört in der Tat schon etwas wie Verzweiflung zu einem Verfahren, das selbst in Fällen wie venibunt servi supellex fundi || aedes omnia; venibunt quiqui licebunt praesenti pecunia (Men. 1158) oder quarta invidia, quinta ambitio, sexta || obtrectatio, septimum periurium, (Euge!) octava indiligentia nona iniuria . . . . (Persa j 57) die vermeintliche Lücke verkleistert13. Auch die nächsten Schritte auf dem gleichen Wege sind nodi ohne erhebliche Schwierigkeit. Für den Hiat nach der zweiten Senkung im Senar findet man eine lange Reihe von Beispielen14, Bestätigung giebt wieder der Septenar — v^l— ; ' — * ' | ] — W — W—W—W — wobei man sich in Erinnerung rufe, daß die Form — W— 11

12 13

14

—^ — fl tòv " A t t i v xal aÙTT| toCtov r/ouaa èqÓ)|ì,evov . . . Minucius Felix 22, 1 : (Cybele) quae adulterum suum... exsecuit. Lactantius, Divin. Inst. I, 17, 7: Deum Mater amavit formosum adulescentem et eundern cum paelice deprensum exsectis virilibus semivirum reddidit. Paulinus Nolanus 3 2,82 : pastor, castum servare pudorem / qui voluit sprevitque deam, cui saeva viriles / abscidit partes, ne quando tangeret ille / alterius thalamum qui noluit eius adire. Fulgentius, Mitolog. I l i , 5 : Mater ipsa ... formosum adulescentem cum paelice deprensum in deliciis habuit, et quia fidem non praestiterat ademptis genitalibus efjeminavit. (These and other quotations are from the collections of H . Hepding, Attis.)

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Documents of Dying Paganism

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is not thrown back quite so far, and her chin rests upon her left hand. The ecstatic movement of the sister is, one may say, merged with the gesture of the sorrowful onlooker, known already from the vases of the fifth century B. C. 30 It is an ecstasy passing into meditation and dejection. The old Greek skill in combining different states of mind in one action has not diminished in this late period. The object of this sadness can only be the event at the right side of the picture. But why should a Corybantian woman give up her Corybantic deportment? And what is the object in her right hand, where the arm is hanging down so differently from the aggressive right arm of her sister? One might think of a cymbal; but one cymbal alone does not make sense-aeraque .. . aere repulsa, says Ovid (Fasti I V , 184),-and cymbals have a different appearance and are carried in a different manner 31 . It is an apple; one recognizes the blossom end. The same sort of fruit, besides, hangs down as an ornament from the vine at the bottom of our panel. The apple thrown to a person as a token of love is well known from Greek custom and poetry; the Greeks even coined a special word for this "apple-throwing" ((xtiXopoXeiv)32. The girl, then, was going to throw the apple to Attis: malo me (Galatea) petit lasciva puella, he might have said ;with Vergil. One might imagine that she has done | such a thing before, though this would be a modern biographical approach without regard to the more symbolical language of ancient art blending different phases of action. The apple rather makes her the lover of the boy in whose direction she looks. She is the girl who has aroused Cybele's jealousy, the hamadryad in the tale of Ovid, who calls her Sagaritis (Fasti I V , 229), though one cannot be assured that this was always her name. It is not even essential that she be named at all; she may have been just an anonymous nymph of the mountain wilds or an attendant of the Great Mother. N o w the structure of the whole becomes still clearer. Cybele intervenes, dividing the two parts of the picture, separating the loving woman from the aggressive one and the beloved youth. The arm of the goddess with the stone is raised-one comprehends it now-in a threatening, not merely a majestic, gesture. She is indeed the "threatening Cybele" (minax Cybele), as Catullus ( L X I I I , 84), the "dread goddess" 30

Furtwaengler-Reidihold, Griediisdie Vasen, Vol. Ill, pi. 138 (cf. pp. 102, 12$); Monumenti... dall'Istituto di Corresp. Arch., Vol. X, pi. LIII, no. 1 (Reinadi, Repert. des Vases, Vol. I, p. 217, no. 6); Pfuhl, Malerei und Zeichnung der Griechen, Vol. Ill, pi. 219, no. $$9. 31 See, e.g., Antioch-on-the-Orontes, Vol. Ill, pi. 79, fig. 169. 32 Aristophanes, Clouds 997 (uriA-cp ijito jiopvi&tou) cum sdioliis; Plato, Epigr. 2, 1 (tot |j.r)Xq) fiaXXo) oe); 3, 1 (nfjX.ov ey.0701" 198 „Reality of being" 198 Synopsis-theory 199 jTSgiaYwyil „Unity of Plato's thought" 198 Naturgesetz (Natural Law): Platonischer Ursprung des Begriffes 205 Platonische Bewegung zum Licht 582; 593

Gestirn-und Seelenbewegung 635 Plautus: Trin. 658 348 Plinius 507 Plutarch 2 0 1 ; 206 1 ; 2 1 9 ; 303; 3 1 5 ; 317 Polybius 237 f. I V 6, 2; 25, 3 237 IV 6, 1 6 - 1 9 ; 61 238 Polygnot 4830; 484; 613 Porphyrius 326 Poseidippus 241 Proclus hat vornonnianische Verstechnik in seinen Hymnen 255 fr. In Rem publ. Comment. 2101 In Cratylum Comment. 492; 498 In Parmenidem Comment. 498 f.; 501 f. Procopius: beschreibt Wandmalereien in Gaza 523^ Prodikos 14 Protagoras 15 Prudentius jiö53 Quintilian

346 2 0 ; 605

Rabula codex 489 Rhianus (Anth. Pal. V I 173, 3 f.)

525

Sacramentarium Serapionis 494 1 8 Sappho frgg. 60, 65, 84 277 carm. 2, 9 314 Scholien zu Pindar Olymp. X I I I 74 30 Parmeniskos Schol. zu Eur. Med. 264 3i Aristides Scholien 220 Moschopulos: zu Hesiod Theog. 225 ff. 2667 zu Callimachus Oxyr. 2079 3 1 7 ff. (von Wifstrand restituiert) cf. auch Apollonius Rhodius Scribonius 352 Scriptores Historiae Augustae 591 f.; 601 Seikilos Liedchen 3 9 7 : 4 1 6 : 4 5 7 Senar: Andronicus und Naevius behandeln ihn analog dem Saturnier 462 Seneca 109; 1 2 7 ; 156; 303; 363 Simonides 206; 2 1 3 ; 2 1 6 ; 234; 269 Sokrates 15 Päan im Gefängnis gedichtet: einziger Hymnus, der mit Abschiedsgruß beginnt 70

Antike: Autoren- und Sachregister Solon Frg. I Elegie etg eauxov (Musenelegie) 191 f.; 278M; 292 f.; 295M; 296; 316 Sophokles 133-153 Aias 148 f.; 158; 177 Antig. 144 ff. Elec. 1 3 4 - 1 4 1 ; Vergl. mit Elec. in Aesch.Choeph. 134 fr.; mit Eur. Elec. 169 f. Oed. Col. 152 f.; Oed. Rex 141 ff. Philoct. 141; 149 f.; 1 0 8 1 , 1 1 2 3 ¡83; 207; 362 f. Tracbin. 48; 150 ff.; 158 Höchste Einsamkeit des tragischen Helden 14; 153 Vergleich mit Aesdiylus 133 f. Religiosität 178 Frgg. 280 N 2 , 832 N 2 zu Xpovog 234 Frg. 587 23 „Antig. 332-375" „IIoM.d td öeivä" 183-192 „Sphragis": als Beweis für die Echtheit von Theognis' Dichtung 277 f.; 279 43 Statius „An den Schlaf" 354-365 Statius und Vergil 354 f. Stephanus Byzantius 20 Stobaeus 290 71 ; 291 7 2 ; 305 f.; 309 Ecl. I 8, 40 a 234 zu Xpövog Strabo 3 4 2 " Suidas 45; 250 f.; 253 Symbol of circle and sphere 495 Synesios 388

701

Taurobolia 526 Thebais 34-53 passim Theodosius I 50S63 Theodosius II 250 Theognis 66; 222; 2404; 275-300 Theophrastus 353; 312 Thukydides 22; 44; 216 Tragische Ironie 142 Tyrannenmörder 213 ff. Tyrtaeus 222 20 ; 239 ff. Eunomia 315 f. Varro 3 4 2 " ; 348; 493; 524 Vergil 344; 357ff.; 517; 582; 587 Begegnung mit Statius 354 ff. Mosaik aus Hadrumetum 507 f. Verrius 323 Vesta 493 Vorsokratiker5 47 A 4 § 6 191 22 C 3 234 88 B 25, 33 234 (Kritias zu Chronos und ewige Weltzeit) 8 8 B 1 8 234 68 (55) B 18b 350M 44 (32) B 7 492 (zu Philolaus) Xenophanes

13

Zeus Laphystios (Athamas vor Opferung am Altar gerettet) 26

Metrische Analysen Aeschylus Hiket. 75 f. 376 Pers. 130-132 372 864 if., 879 if. 376 974 f. = 988 f. 380 Sept. 750 if. 372 Anth. Pal. X I I I 376 X I I I 28 37817; 379 X I I I 6 Theokr. ep. 22 388 Aristophanes Ach. 7 f., 840, 842, 846, 858 Ecc. 971 393 34 Pax 774 372 Vesp. 1518-27 372 Euripides Bacc. 519 391 " 7 9 375 Ion 768 f. 375 1483 f. 375 Med. 410 if. 371 Pindar Isth. I l l 390

Nem. II 378 III 376 V ep. 1 3737 V str. 6 380 V I I 376 f. VIII 390 Pyth.l 413-35 passim HI

384

375

IV 370 I X str. 7 381 X 3842s Sappho (Berl. Klass. Texte V. 2, S. 15 if.) 388 f.; 392 Scolia der 7 Weisen (Diehl, Anth. Lyr. II 19° f-) 37 2 ® Sophokles Ant. 332-375 183-187 Oed. Col. 1080 372 Oed. R. 463 383 467 if. 393 1086 372 Trad0. 102 380 880 376

Stellenregister Ardiilochus frgg. 67 a, 74 3 1 3 f. Aristophanes: Nub. 546 207 Callimadius Oxyr. 2079 3 1 7 f. Damagetus (Epigramm) 237 ff. „De fine Odysseae" 57 f. „De Homeri Hesiodique certamine" 105 f. Empedocles frag. 25 207 Epigramme 1) Die Tyrannenmörder (A) 213 ff. 2) Die frühe Perserzeit (B-H) 217-222 (H: zu Spartiaten bei den Thermopylen 220 ff.) 3) Ende der Perserkriege (I) 222 ff. 4) Sturz Athens (J) 227 f. 5) Untergang der griechischen Freiheit ( K - M ) 228 ff.; 233 fr. Galen: Jtegl i|njxfj5 Jtaflwv, p. 16, 6 M 208 Heracliti frag. 124 3 1 2 Hesiod: Theog. 31 83 3 2 , 3 8 - 5 2 89 f. 37-39 91 f. 33$

84

Kyros 251 f. Lucretius „Retractationes" II ( 9 - 1 1 ) 325-327 9) Lucretius I 44-49 325 f. 10) De prooemio Lucretiano 326 f. 1 1 ) Lucretius I 758 327 Prooemia I - V I 334 f.

„Noctes serenas" (Prooemium I) 334

Lucretius I 942-IV 1 7 (zu „stacto") 3$2 Lucretius V I 857 f. 352 f. Lucretius (Appendix I) „Orthographica" 350 f. Nonnos Dionys. 16, 321 2 5 1 ; 20, 372 252; 3 7 , 2 - 4 *57 2 2 Parmenides 8, 26 84 Pindar Nem. V I I 104 207 Piaton Gorgias 498 E 207 f. Meno 87 B 196 Nomoi V I 754 C, X I I 956 E 208 Phaedo 63 D E, 1 1 7 A B , 206-209, 101D 194 Pbaedrus 235 A 207; 245 A 210 f. Philebus 25 D 318 Staat 343 A 194 Aristoteles-Vita, Codex Marcianus 212 Sappho carm. 2, 9 314 Seneca Here. fur. 1065 ff. Solon carm. 1 316 Sophokles Antig. 332-375 183-192 Philok. 1238 207 Theophrastus Frag. I I I 4, 38 353 Tyrtaeus Eunomia 315

Paul Friedländer Piaton 3 Bände. Groß-Oktav. Ganzleinen je D M 38,— Band 1

Seinswahrheit und Lebenswirklichkeit 3., durchgesehene und ergänzte Auflage Mit 8 Tafeln und 1 Titelbild. X , 438 Seiten. 1964 Band 2

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Berlin 30