Derzeit wird die Editio critica maior der Apokalypse vorbereitet, die manche Änderung am Text bringen wird. Die Beiträge
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German Pages 508 [506] Year 2015
Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Zur Editio Critica Maior der Johannesapokalypse
Die neue Edition der Johannesapokalypse. Ein Arbeitsbericht
Textgruppen, Handschriften und Marginalien
The Legacy of Wilhelm Bousset for the Apocalypse’s Textual History: The Identification of the Andreas Text
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte und sein Verhältnis zur handschriftlichen Überlieferung
Das sog. Apk-Fragment GA 2408
Die lateinischen Marginalien von GA 2015
Abschriften des Erasmischen Textes im Handschriftenmaterial der Johannesapokalypse. Nebst einigen editionsgeschichtlichen Beobachtungen
Aus den Versionen
The Sahidic Apocalypse in Early Islamic Egypt
Zur Vorlage und Bedeutung der äthiopischen Bibelübersetzung
Die griechisch-lateinischen Apk-Bilinguen (und andere mehrsprachige Manuskripte der Apk)
Die altnubischen Apk-Fragmente im Bezug zum Teststellensystem der Apk-ECM
Neue Freunde Annäherung an die „Early Modern Greek“ Apk-Hss. der Kurzgefassten Liste
Sprachliches und Spezielles
Alleged Septuagintisms and Semitisms in the Book of Revelation
Die Apokalypse, überliefert mit anderen neutestamentlichen Schriften – eapr-Handschriften
Die Johannesapokalypse in der Buchmalerei des 9.–13. Jahrhunderts – Illustrationsprinzipien im Spiegel von Bildtradition und Geistesgeschichte
Register
Sachregister
Stellenregister
Personenregister
Handschriftenregister
Autorenverzeichnis
Studien zum Text der Apokalypse
Arbeiten zur Neutestamentlichen Textforschung Herausgegeben im Auftrag des Instituts für Neutestamentliche Textforschung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster/Westfalen von David C. Parker und Holger Strutwolf
Band 47
De Gruyter
Studien zum Text der Apokalypse Herausgegeben von Marcus Sigismund, Martin Karrer und Ulrich Schmid
De Gruyter
ISBN 978-3-11-041134-8 e-ISBN (PDF) 978-3-11-041243-7 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-041249-9 ISSN 0570-5509 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. 2015 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Vorwort Die Apokalypse des Johannes war und ist bis heute sicherlich kein leicht zu gebrauchendes Buch. Bisweilen hinderten und hindern die tiefgründige, sich anscheinend aus mehreren Kulturkreisen nährende Motivik sowie manche theologischen Gedanken tiefergehende Verstehensprozesse; nicht zuletzt dürfte die oftmals verschlüsselte und schwer verständliche Sprache des Autors, den die handschriftliche Überlieferung als Theologen bezeichnet, dem Verständnis im Wege gestanden haben. Die kritische Note Luthers „Meyn geyst kan sich ynn das Buch nicht schicken“1 bringt dies pointiert zum Ausdruck. Gleichwohl handelt es sich bei dem letzten Buch der christlichen Bibel um eine der wirksamsten neutestamentlichen Schriften. Umso wichtiger ist es, für die damit anstehende theologische bzw. religionswissenschaftliche und im Übrigen auch literarwissenschaftliche Arbeit einen möglichst zuverlässig edierten und textkritisch belastbaren Text zugrunde legen zu können. Nötig wird die Editio Critica Maior, da die bisherigen, vor ihrem forschungsgeschichtlichen Hintergrund durchaus wertzuschätzenden Textausgaben der Apokalypse nur Texte bieten, die mit zunehmendem Abstand immer mehr Fragen offen lassen. Das Desiderat wurde in den letzten Jahren erkannt und gibt der Apokalypse im Gesamtprojekt der Editio Critica Maior des Neuen Testaments eine besondere Bedeutung. Daher ist an dieser Stelle der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Bewilligung und für die großzügige Förderung eines Langzeitprojektes mit dem Ziel der Editio Critica Maior der Apk zu danken. Der vorliegende Band dokumentiert nicht nur aus der praktischen Editionsarbeit heraus entstandene Erträge der ersten Förderphase dieses Projektes, welches am Institut für Septuaginta und biblische Textforschung (ISBTF) der Kirchlichen Hochschule Wuppertal-Bethel beheimatet ist, sondern auch zahlreiche Beiträge, die in Folge z.T. internationaler Workshops im Kontext des Projektes entstanden sind. In der Summe sollen damit die unterschiedlichen Facetten des Apk-Textes beleuchtet und neue Aspekte für sein Verstehen aufgezeigt werden. Daher finden sich neben Beiträgen zur computergestützten Analyse sowie Bewertung der Textfamilien und Untersuchungen einzelner Handschriften bzw. Handschriftengruppen und den weiteren Versionen – gewissermaßen dem klassischen Fundament einer zukünftigen ECM – auch Darstellungen und Evaluati1
DB 7,404,25f.
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Vorwort
onen zur bislang weitestgehend vernachlässigten, theologiegeschichtlich aber ausgesprochen wirkungsmächtigen Editionsgeschichte dieses Textes; zu sprachlichen Phänomenen, welche bei der Rekonstruktion des Ausgangstextes zu beachten sein werden; und zu Fragen der (ebenfalls bislang weitestgehend unbeachteten) Textabgrenzungen innerhalb der Apk, zu denen u.a. auch bildliche Darstellungen herangezogen werden können, und die zur Neuinterpretation des Apk-Textes anregen. Der vorliegende Band dokumentiert Beiträge bis einschließlich Juni 2013. Weitere werden folgen, ebenso wie ein eigener Band zu „Text und Textwert “ der Apk-Zeugen. Denn zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Sammelbandes wird die Aufnahme und Auswertung von insg. 180 Teststellen aller rund 308 bekannter gr. Apk-Hss. in einer Datenbank beendet sein2 und die Vollkollation/ Transkription aller wesentlicher Zeugen begonnen haben. Der Grundstock für eine Editio Critica Maior, die dann auch den entsprechenden Text in der bewährten Handausgabe des sog. Nestle-Aland (nunmehr 28. Auflage) ersetzen wird, ist damit gelegt. Schon jetzt sei dem ganzen wissenschaftlichen Team des Projektes für seinen engagierten Einsatz, der Kirchlichen Hochschule für ihre freundliche logistische Unterstützung und nochmals der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Ermöglichung dieser Arbeit gedankt. Gedankt sei aber auch ganz besonders allen Autoren und Autorinnen des vorliegenden Sammelbandes für ihre Beiträge und den Herausgebern der Reihe, David Parker und Holger Strutwolf, für die unkomplizierte Aufnahme des Bandes in die Reihe ANTF. Sehr zu danken ist zudem Herrn Dr. Albrecht Döhnert sowie dem Verlagsteam von de Gruyter für die stets freundliche und kompetente Betreuung des Buches, bei dessen Erstellung weitere hilfreiche Hände des ISBTF eingebunden waren, namentlich Mathea Dieker, Kerstin Heider, Stefan Hinsel, Simone Keller, Alexandra Peczek und last but not least Darius Müller. Die Herausgeber
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Der Band zu Text und Textwert wird davon rund 125 Teststellen auswerten.
Inhalt Vorwort
V Zur Editio Critica Maior der Johannesapokalypse
Ulrich Schmid unter Mitarbeit von Martin Karrer Die neue Edition der Johannesapokalypse. Ein Arbeitsbericht
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Textgruppen, Handschriften und Marginalien Juan Hernández Jr. The Legacy of Wilhelm Bousset for the Apocalypse’s Textual History: The Identification of the Andreas Text
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Markus Lembke Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte und sein Verhältnis zur handschriftlichen Überlieferung
33
Marcus Sigismund Das sog. Apk-Fragment GA 2408
135
Marcus Sigismund Die lateinischen Marginalien von GA 2015
147
Darius Müller Abschriften des Erasmischen Textes im Handschriftenmaterial der Johannesapokalypse
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Aus den Versionen Christian Askeland The Sahidic Apocalypse in Early Islamic Egypt
271
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Inhaltsverzeichnis
Martin Heide Zur Vorlage und Bedeutung der äthiopischen Bibelübersetzung
289
Marcus Sigismund Die griechisch-lateinischen Apk-Bilinguen (und andere mehrsprachige Manuskripte der Apk)
315
Marcus Sigismund Die nubischen Apk-Fragmente im Bezug zum Teststellensystem der Apk-ECM
365
Marcus Sigismund Neue Freunde. Annäherung an die „Early Modern Greek“ Apk-Hss. der Kurzgefassten Liste
397
Sprachliches und Spezielles Takamitsu Muraoka Alleged Septuagintisms and Semitisms in the Book of Revelation
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Ulrich Schmid Die Apokalypse, überliefert mit anderen neutestamentlichen Schriften – eapr-Handschriften
421
Monika E. Müller Die Johannesapokalypse in der Buchmalerei des 9.–13. Jahrhunderts – Illustrationsprinzipien im Spiegel von Bildtradition und Geistesgeschichte
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Register Sachregister
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Stellenregister
482
Personenregister
488
Handschriftenregister
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Autorenverzeichnis
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Zur Editio Critica Maior der Johannesapokalypse
Die neue Edition der Johannesapokalypse. Ein Arbeitsbericht ULRICH SCHMID unter Mitarbeit von MARTIN KARRER Eine kritische Edition der Johannesapokalypse (Apk) ist nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine organisatorische Herausforderung. Die wissenschaftliche Herausforderung besteht grob gefasst darin, dass die Textüberlieferung der Apk von der der übrigen Bücher des Neuen Testaments signifikant abweicht. Daher sind zwar die bei der Edition anderer neutestamentlicher Bücher gemachten Erkenntnisse keineswegs zu ignorieren. Dennoch bilden sie keine hinreichende Grundlage für eine methodisch und sachlich zielführende Herangehensweise. Im Folgenden werden wir die beiden genannten Herausforderungen beschreiben und darlegen, wie im Rahmen des hier vorgestellten Editionsprojektes mit ihnen umgegangen werden soll. Ebenso soll skizziert werden, was wir in den bislang knapp zwei Jahren der Arbeit an der Edition erreicht haben.
1. Die Ausgangslage Der sinnfälligste Unterschied zwischen den Überlieferungsverhältnissen der Apk und der übrigen Textüberlieferung des Neuen Testaments besteht in den stark differierenden Zahlenverhältnissen. Für die Katholischen Briefe und die Apostelgeschichte sind rund 600 Handschriften erhalten,1 für das Corpus Paulinum rund 800 Handschriften 2 und für die Evangelien schließlich mehr als 1700. Demgegenüber sind es für die Apk „nur“ 308 bzw. 302 erhaltene Hand-
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Die Zahlen 600 bzw. 607 finden sich in Text und Textwert der griechischen Handschriften des Neuen Testaments, I. Die Katholischen Briefe, Bd. 1. Das Material (ANTF 9), Berlin/New York 1987, XI und Text und Textwert der griechischen Handschriften des Neuen Testaments, III. Die Apostelgeschichte, Bd. 1. Untersuchungen und Ergänzungsliste (ANTF 20), Berlin/New York 1993, 2. Nach meiner eigenen Zählung der Liste in Text und Textwert der griechischen Handschriften des Neuen Testaments, II. Die Paulinischen Briefe, Bd. 1. Allgemeines, Römerbrief und Ergänzungsliste (ANTF 16), Berlin/New York 1991, 2–28, ergeben sich 798 Einträge.
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Ulrich Schmid unter Mitarbeit von Martin Karrer
schriften, die wir zählen.3 Diese relativ geringe Zahl an erhaltenen Handschriften trägt gewiss auch zu einem zweiten deutlichen Unterschied bei, nämlich dem „gespaltenen“ Mehrheitstext. In allen anderen Teilen der neutestamentlichen Textüberlieferung gibt es einen klaren Mehrheitstext, d.h. von dem großen textlichen Konsensus, den die Handschriften des 9.–15. Jh. bieten, weicht in der Regel immer nur eine Minderheit – häufig der älteren Zeugen – ab, so dass die Zahlenverhältnisse immer eindeutig sind. Der Mehrheitstext ist hier durchweg eine absolute Mehrheit jenseits der 70%-Marke. In der Apk hingegen gibt es einen solchen regelmäßigen Konsensus der Mehrheit aller Handschriften nicht. Es stehen sich stattdessen oft zwei große Gruppen jüngerer Handschriften gegenüber, so dass es gelegentlich sogar nur zu relativen Mehrheiten reicht. D.h. die Mehrheit an einer variierten Stelle wird von weniger als 50% aller Zeugen repräsentiert. Dieser Sachverhalt kann dann eintreten, wenn die Überlieferung drei oder mehr Alternativlesarten aufweist. Der gespaltene Mehrheitstext wird in den Nestle-Aland-Ausgaben mit einem doppelten Mehrheitstextsiglum angezeigt; es finden sich A (= eine große Gruppe von Vertretern des Apokalypsekommentars des Andreas von Cäsarea) und K (= eine große Gruppe von sogenannten Koine-Handschriften). Eine weitere Besonderheit der Apk-Textüberlieferung, die vermutlich ebenfalls mit der relativ niedrigen Zahl der erhaltenen Textzeugen einhergeht, ist das Hervortreten von weiteren Handschriftengruppen, seien es Untergruppen der beiden Mehrheitstexte oder auch eigenständige Gruppen. Die beiden maßgeblichen Untersuchungen auf diesem Gebiet sind Concerning the Text of the Apocalypse von H.C. Hoskier 4 und J. Schmids Studien zur Geschichte des griechischen ApokalypseTextes5. Beide Forscher hatten sich darum bemüht, alle zu ihrer jeweiligen Zeit erreichbaren Handschriften der Apk vollständig für deren Gruppierung heranzuziehen. M. Lembke hat jüngst gezeigt, dass die zu Teilen abweichenden Ergebnisse dieser beiden Studien in der Hauptsache auf unterschiedlichen Interpretationen des Gesamtbefundes beruhen. Demgegenüber bestehe in der
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Vgl. hierzu: M. Lembke, Beobachtungen zu den Handschriften der Apokalypse des Johannes, in: M. Karrer/M. Labahn (Hgg.), Die Johannesoffenbarung. Ihr Text und ihre Auslegung (ABG 38), Leipzig 2012, 19–70; sowie die aktualisierenden und weiterführenden Ausführungen von Darius Müller in diesem Sammelband (D. Müller, Abschriften des Erasmischen Textes im Handschriftenmaterial der Johannesapokalypse, im vorliegenden Sammelband, siehe dort insb. Anm. 5). Collations of all Existing Available Greek Documents with the Standard Text of Stephen’s Third Edition, Vol. I–II, London 1929. Teil I: Der Apokalypse-Kommentar des Andreas von Kaisareia (MThS.H 1. Ergänzungsband, 1. Teil): pars I/1: Einleitung, München 1956; pars I/2: Text, München 1955; Teil II: Die alten Stämme (MThS.H 1. Ergänzungsband, 2. Teil), München 1955.
Die neue Edition der Johannesapokalypse. Ein Arbeitsbericht
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Frage der Gruppierungen selber eine beträchtliche Gemeinsamkeit zwischen beiden Forschern.6 Die klassische Planung eines (kritischen) Editionsprojektes sieht – je nach Überlieferungslage des zu edierenden Textes – drei bis vier Schritte vor. Zunächst müssen die Textzeugen ermittelt und beschafft werden. Als Zweites müssen die Zeugen analysiert und in ein Modell der Überlieferung eingeordnet werden, das die jeweiligen Abhängigkeitsverhältnisse abbildet. Wenn es nur einen Textzeugen gibt, der möglicherweise sogar das Autorenexemplar ist, dann kann dieser Schritt auch entfallen. Als Drittes sind die aufgrund des Überlieferungsmodells ermittelten unabhängigen oder jedenfalls wichtigen Zeugen zu transkribieren/kollationieren und die daraus resultierenden Varianten der Überlieferung zu registrieren. In einem letzten Schritt sind die Varianten zu klassifizieren und in einem Apparat dem besten erreichbaren Text beizugeben, der dann als Obertext oder Lesetext hergestellt und begründet wird. Je nach Überlieferungslage und/oder editorischem Konzept kann das entweder der Text der besten/ältesten Handschrift oder aber ein eklektischer Text sein. Im Falle der Editionen neutestamentlicher Texte wird es ein eklektischer Text sein. Die Logistik eines solchen Unternehmens ist für die Apk, wie für die anderen Bücher der griechischen Bibel auch, recht komplex. Es werden große Mengen von Daten erhoben, die verschiedentlich ausgewertet, weiterverarbeitet und nicht zuletzt transparent präsentiert werden müssen. Dabei besteht das Gebot der Transparenz nicht erst am Ende, bei der Präsentation der Ergebnisse. Es ist schon früh von Vorteil, wenn die einzelnen Arbeitsschritte so angelegt sind, dass die Übergabe der Daten vom einen zum anderen Arbeitsprozess durchsichtig bleibt und nicht zur Folge hat, dass frühere Schritte nicht mehr nachvollziehbar sind oder spätere Schritte wieder ganz von vorne beginnen müssen. Wir haben darum versucht, das Projekt der Edition der Apk (Editio Critica Maior) von Anfang an als „fully integrated digital edition“ zu konzipieren.7 Unterstützt wurden wir in diesem Bemühen dadurch, dass die Kolleginnen und Kollegen in Münster und Birmingham viele der dafür notwendigen digitalen Komponenten (Werkzeuge und Standards) im Rahmen ihrer bisherigen Arbeiten entwickelt haben, die wir nun von Beginn an nutzen können – etwas, das ihnen selbst in den bisherigen Editionen der ECM (Kath. Briefe, begonnen Joh und Acta) nicht vergönnt war.
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Vgl. hierzu Lembke, Beobachtungen, 34–41. Vgl. U. Schmid, Transmitting the New Testament Online, in: W. van Peursen/E.D. Thoutenhoofd/ A. van der Weel (edd.), Text Comparison and Digital Creativity, The Production of Presence and Meaning in Digital Text Scholarship (Scholarly Communication 1), Leiden 2010, 189–205.
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Ulrich Schmid unter Mitarbeit von Martin Karrer
2. Die Projektplanung 2.1. Die Schritte bis zur derzeitigen Teststellenarbeit Es ist wohl nicht zuletzt auf das Vorhandensein der genannten Studien von Hoskier und Schmid zurückzuführen, dass die umfangreiche Teststellenarbeit an den neutestamentlichen Büchern, die vom Institut für neutestamentliche Textforschung in Münster veröffentlicht wurde, das letzte Buch des NT nicht mit umfasst. Dennoch kann eine neue wissenschaftliche Edition der Apk in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts nicht lediglich Resultate voraussetzen, die vor mehr als 50 Jahren gewonnen wurden, ohne dieselben einer kritischen Prüfung zu unterziehen – zumal die bisherige Arbeit des Kollationsteams an den Teststellen (s.u.) bereits eine nicht geringe Zahl an Kollationsfehlern der älteren Ausgaben notieren musste. Nicht zuletzt sind zahlreiche neue Handschriften bekannt geworden. Erfreulicherweise sind diese Handschriften inzwischen im INTF Münster als Fotos vorhanden. Unsere Suche nach weiteren Handschriften muss sich während des Projektes fortsetzen. Aber es ist nicht damit zu rechnen, dass noch wesentliche neue Quellen hinzukommen. Kommen wir von dieser Quellenlage zur Teststellenarbeit („Text und Textwert“): Für sie musste ein unabhängiges Datenset erhoben werden, das alle nun bekannten Handschriften der Apk umfasst. Bei der Planung dieses Datensets kam uns der Umstand entgegen, dass wir mit Markus Lembke eine Zusammenarbeit vereinbaren konnten. Lembke beschäftigte sich schon seit 2008 damit, zunächst alle Handschriften, die nicht in Hoskiers Kollationen vertreten sind, an ausgewählten Stellen zu kollationieren. Anschließend sollten die restlichen Handschriften aus Hoskier nachgetragen werden, um so ein vollständiges Datenset zu erhalten. Es verstand sich aus Gründen der Arbeitsökonomie von selbst, dass wir unsere Planungen mit dieser Arbeit abstimmen wollten, damit wir uns gegenseitig kontrollieren können, ohne unnötige Doppelungen produzieren. Nach Prüfung der ursprünglich weniger als 300 Teststellen umfassenden Sammlung Lembkes haben wir aus insgesamt neun Kapiteln der Apk über das ganze Buch verteilt insgesamt 180 Teststellen ausgewählt, die wir vollständig aus den Handschriften selber erfassen wollten. Davon stimmten mehr als 150 mit der Teststellensammlung Lembkes überein. Lembke hat dann seinerseits diese bei ihm fehlenden Teststellen noch in seiner Sammlung nachgetragen, so dass wir jetzt einen Datensatz von aktuell 180 Teststellen haben, der zweimal unabhängig voneinander erhoben wurde. Auf diese Weise können wir nicht nur unsere jeweilige Arbeit kontrollieren, sondern auch die Kollationen Hoskiers, die von Lembke benutzt wurden, überprüfen. Die bisherigen Beobachtungen zeigen, dass der zu Recht für Fehler bei der
Die neue Edition der Johannesapokalypse. Ein Arbeitsbericht
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Wiedergabe der alten Übersetzungen kritisierte Hoskier8 bei den griechischen Handschriften unbeschadet einiger Fehler genauer arbeitet, als seine Kritiker annahmen (durch seine ungewöhnliche Zählung der Handschriften und andere Eigenheiten war die Kontrolle bisher nicht leicht). Zur Erfassung der Teststellen wurde eine MySQL Datenbank erstellt, die über eine Eingabemaske online befüllt werden kann. Lembkes eigene Datensammlung liegt in Excel-Blättern vor, die strukturell gleich aufgebaut sind, so dass wir diese Sammlungen zusammenführen und automatisch vergleichen lassen können. Alle Differenzen müssen dann noch einmal an den Handschriften selbst kontrolliert und entschieden werden. Der dann vorliegende doppelt geprüfte Datensatz wird zur Erstellung von „Text und Textwert der Johannesapokalypse“ verwandt und bildet so die Grundlage für die Auswahl derjenigen Handschriften, die für den Verlauf der Überlieferung maßgeblich geworden sind und darum in einer kritischen Edition der Apk vollständig dokumentiert werden müssen. 2.2. Die künftige Arbeit Auf die Teststellenarbeit folgen Transkription, Kollation, Dokumentation weiterer Zeugen (Übersetzungen, Kirchenväter), Erstellung eines Apparats und Herstellung eines Obertextes mit dem vorgeschlagenen ältesten Text. Eine vollständige Dokumentation der nach der Teststellenarbeit auszuwählenden ca. 100 Handschriften bedeutet in dem vorliegenden Editionsprojekt die Aufnahme von textgliedernden Merkmalen (Initialen, Absätzen, Interpunktion) der ältesten und wichtigsten Handschriften. Es ist bei dem stark parataktischen Stil der Apk gelegentlich unklar, jedenfalls mehrdeutig, wo die für das Verständnis entscheidenden Zäsuren liegen. Wir wollen darum die semantischen Gliederungen der Überlieferung in ihren ältesten und wichtigsten Zeugen zusätzlich dokumentieren. Der Online-Texteditor, mit dem wir die Transkripte der für die Edition ausgewählten Handschriften erstellen werden, lässt dies prinzipiell zu. 9 Die so entstehenden Transkripte mit ihrer TEI kompatiblen XML-Auszeichnung bilden sowohl den Ausgangspunkt des elektronischen Variantenapparats als auch der Onlinepublikation ausgewählter Transkripte selbst, mit der wir schon zeitnah beginnen wollen. Zwei weitere Besonderheiten sind außerdem in Vorbereitung (vgl. Abschnitt 3.): An einigen wenigen ausgewählten Stellen, an denen die Setzung von Akzenten den Sinn entscheidet, sollen die Akzente der Handschriften dokumentiert werden, soweit sich 8 9
R. Gryson (ed.), Apocalypsis Johannis (VL 26/2), Freiburg 2000–2003, 93. Vgl. dazu http://ntvmr.uni-muenster.de/transcribing.
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Ulrich Schmid unter Mitarbeit von Martin Karrer
das bei der Kollation als ertragreich erweist. Ein zusätzlicher Apparat schließlich soll ausgewählte Editionen erfassen. Sobald der Variantenapparat auf der Basis der transkribierten griechischen Handschriften vollständig erstellt ist, werden die Versionen (lateinisch, sahidisch-koptisch, syrisch und an ausgewählten Stelle äthiopisch) sowie die relativ wenigen patristischen Zeugnisse in den Apparat eingebracht. Die Editionen der Vetus Latina und der äthiopischen Apk liegen vor, die der sahidischen kommt gerade zum Abschluss, die der syrischen Apk wird gerade vorbereitet. Ob die äthiopische Apk zusätzliche Forschungen erfordert, wird in den nächsten Jahren geprüft. Als letzten Schritt schließlich werden die Überlieferungsträger und die Varianten evaluiert, so dass auf der Basis einer konsistenten Theorie der Überlieferung eine Hypothese über den Ausgangstext begründet werden kann. Auch dieser abschließende Schritt wird im digitalen Medium erfolgen und dokumentiert werden.
3. Erste Ergebnisse Die bisherigen Arbeiten mit den Handschriften der Johannesapokalypse haben eine Reihe von (Zwischen-)Ergebnissen gezeitigt, die für die weitere Arbeitsökonomie des Gesamtprojektes wichtige Hinweise liefern und darüber hinaus weitere Forschungsfragen ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. a) Abschriften aus Drucken: Eine Reihe von Handschriften wurde von verschiedener Seite verdächtigt, Abschriften aus gedruckten Ausgaben der Apk (zumeist Textus Receptus = Erasmus) zu sein.10 Wir haben diese Verdachtsfälle systematisch überprüft und dabei zusätzliche Teststellen identifiziert, an denen verschiedene gedruckte Ausgaben Sonderlesarten aufweisen, über die sie als Vorlagen eindeutig zu bestimmen sind. Auf diese Weise konnten wir mindestens 12 Handschriften eindeutig als Abschriften des Textus Receptus identifizieren. Da diese präzisen Identifizierungen relativ diffiziler Natur sind, sind wir dazu übergegangen, sämtliche relevanten Druckausgaben des 16. und frühen 17. Jahrhunderts systematisch zu überprüfen. Wir werden unsere Datenbank deshalb mit den Ausgaben von Erasmus (1516, 1519, 1522, 1527, 1535), Complutense (1517), Aldina (1518), Collineus (1534), Stephanus (1550), Beza (1565, 1598) und Elzevir (1624, 1633) ergänzen. Überhaupt ist die Geschichte der Druckausgaben ein hoch spannendes wissenschaftshistorisches Feld, da die Differenzen zwischen den Editionen und die zum Teil heftig 10
Vgl. dazu D. Müller, Abschriften des Erasmischen Textes im Handschriftenmaterial der Johannesapokalypse, im vorliegenden Sammelband.
Die neue Edition der Johannesapokalypse. Ein Arbeitsbericht
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ausgetragenen Kontroversen zwischen den verschiedenen Herausgebern oft ausschließlich oder doch hauptsächlich an der Apk in Erscheinung treten. Das ist neben der ungewöhnlichen Sprachform der Apk insbesondere der unklaren, von den anderen neutestamentlichen Schriften z.T. stark abweichenden Textüberlieferung dieses Buches geschuldet. Diese Überlieferung führte nicht zuletzt zu vielen Konjekturen, die die neutestamentliche Rezeptionsgeschichte erheblich beeinflussten (z.B. prägte Erasmusʼ Fehlrekonstruktion καὶπερ ἔστιν in Apk 17,7 Lutherbibel und King James Bible, oder Bezas Konjektur ἐσόµενος [gegen Erasmus] in 16,5 die King James Bible). Einiges davon wird sichtbar, wenn wir für die aktuell zu erarbeitende kritische Edition die Editionsgeschichte – zumindest der genannten Editionen – mit dokumentieren (z.B. in einem eigenen elektronischen Apparat). b) Apk und Bilder: Die Apk gehört zu den sowohl sprach- als auch bildmächtigsten Texten unserer Kultur. Es ist darum auch nicht verwunderlich, dass sie insbesondere im westeuropäischen Raum die religiöse und politische Phantasie stark beeinflusst hat. Bilderzyklen basierend auf der Johannesoffenbarung finden sich in und an vielen mittelalterlichen Kirchen sowie in Handschriften und Bibeldrucken. Dies gilt jedoch nicht in gleicher Weise für den Bereich der griechisch-sprachigen Kirche und ihrer handschriftlichen Überlieferung. Dennoch finden sich auch in einigen, meist späteren, griechischen Handschriften bildliche Darstellungen von Szenen aus der Apokalypse. Im Augenblick mag es erscheinen, als ob sich diese Darstellungen dem Einfluss westlicher (lateinischer) Vorbilder verdanken. Wir würden dies jedoch gerne von kunsthistorischer Seite abklären lassen. Als Vorbereitung dieser Arbeit halten wir es für hilfreich, wenn wir die bildlichen Darstellungen in unseren griechischen Handschriften systematisch erfassen. Dazu möchten wir die von uns genutzte digitale, auf dem New Testament Virtual Manuscript Room (http://ntvmr.uni-münster.de) basierende Arbeitsumgebung so ausstatten lassen, dass wir die Illustrationen auf den jeweiligen Handschriftenfotos markieren und mit Metadaten versehen können, die ein späteres Aufsuchen der Bilder durch kunsthistorische Fachleute erleichtert. In diesem Zusammenhang möchten wir auch weiterführend die Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker dazu ermuntern, ihrerseits fachspezifische Metadaten zur Verfügung zu stellen, die mit den von uns erhobenen verknüpft werden können. c) „Westlicher Einfluss“: Hinter diesem Stichwort verbergen sich zwei Fragen. Zum einen geht es um die Relevanz des sog. „westlichen Textes“ in der alten Apk-Überlieferung. Denn R. Gryson schlug in seiner Edition der Vetus Latina vor, die AC-Textgruppe böte den westlichen Text.11 Die Prüfung dieser These 11
Gryson, Apocalypsis (s. Anm. 8), bes. 94 mit Anm. 1 und 2.
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Ulrich Schmid unter Mitarbeit von Martin Karrer
ist aufgrund der Handschriftenlage sehr schwierig. Soweit möglich, muss sie im Fortgang des Projekts erfolgen. Zum zweiten geht es um jüngere westliche Einflüsse: Der mögliche Einfluss westlicher Apk-Traditionen auf die griechische Kirche ab dem 15. Jh. lässt sich eventuell auch daran ablesen, dass einige der aus Drucken abgeschriebenen Apk-Handschriften aus Athosklöstern stammen; denn dorthin sind westliche Traditionen gelangt (in der Kunst nicht zuletzt Einflüsse Dürers). Davon ist dann aber wiederum eine Gruppe von Handschriften zu unterscheiden, die weitere ntl. Bücher enthalten und im 16. Jahrhundert entstanden sind. Bei diesen Handschriften wäre zusätzlich zu untersuchen, ob nur die Apk oder auch die anderen Handschriftenteile aus Drucken abgeschrieben sind. d) Bilinguen und eine Trilingue: In der Liste der griechischen ApkHandschriften finden sich auch einige mehrsprachige Handschriften, darunter drei griechisch-lateinische Bilinguen (GA 620 628 1918), eine slavischgriechische Bilingue (GA 2136) und sogar eine griechisch-armenischaltitalienische Trilingue (GA 256). Über die kultur- und textgeschichtliche Bedeutung dieser Objekte orientiert M. Sigismund.12 e) Arethas: Neben den Kommentaren des Ökumenius und des Andreas von Cäsarea zur Apk gibt es in der Tradition noch einen weiteren Kommentar, der dem Arethas, Bischof von Cäsarea (10. Jh.), zugeschrieben wird. Dieser Kommentar ist nur in wenigen Handschriften erhalten, und die Überlieferungslage ist schwierig, da die wenigen Handschriften z.T erheblich voneinander abweichen. Der Apk-Text der Arethas-Textzeugen GA 91 (Paris, BN, gr. 219), GA 617 (Venedig, BM, gr. 546) und GA 2021 (Vatikan, BAV, Reg. gr. 68) wird von uns erfasst und besonders beachtet. Eine deutsche Übersetzung der Edition von A. von Blumenthal wird durch unser Apk-Projekt angeregt und begleitet und kann hoffentlich in der Zukunft abgeschlossen und veröffentlicht werden. f) Als jüngste Teile der griechischen Apk-Überlieferung finden sich einige wenige neugriechische Handschriften (GA 2402, 2114, 2449), die in die Liste der neutestamentlichen Handschriften Eingang gefunden haben und sachlich als Übersetzungen klassifiziert werden müssen. Interessant dabei sind die Kopien der sogenannten Maximos-Apokalypse, eines Kommentars, der vermutlich zu Beginn des 17. Jh. aus den Kommentaren des Andreas und des Arethas kompiliert und ins Mittelneugriechische übersetzt wurde. 13 Das älteste Exemplar ist die sogenannte McCormick-Apokalypse aus der Mitte des 17. Jh., 12 13
M. Sigismund, Die griechisch-lateinischen Apk-Bilinguen (und andere mehrsprachige Manuskripte der Apk), im vorliegenden Sammelband. Vgl. zu den genannten und zu weiteren früh-neugriechischer Apk-Zeugen: M. Sigismund, Neue Freunde. Annäherung an die „Early Modern Greek“ Apk-Hss. der Kurzgefassten Liste; im vorliegenden Band.
Die neue Edition der Johannesapokalypse. Ein Arbeitsbericht
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die eine einzigartige Ausstattung mit 69 z.T. ganzseitigen Miniaturen enthält. Obschon dieser junge Kommentar für die eigentliche Edition der Apk keine Berücksichtigung finden kann, sind wir dennoch aus kunsthistorischen und allgemein historischen Erwägungen, die den Kulturkontakt zwischen dem Westen, dem Balkan und dem östlichen Mittelmeerraum betreffen, daran interessiert, diese Objekte für weitere Untersuchungen bereit zu stellen.14 g) Einige Apk-Handschriften des 12.–14. Jh. bieten Randkommentare und sogar teilweise Interlinearglossen, die nur Auszüge aus den umfangreichen Kommentaren des Andreas, Ökumenius und/oder Arethas darstellen (GA 632, 757, 824, 919, 1248, 1597 u.a.m.). Es handelt sich dabei nahezu ausschließlich um Vertreter der sog. Complutense-Gruppe. 15 Nicht nur die ComplutenseGruppe als Gesamtphänomen, sondern auch diese Untergruppe sollte ebenfalls in der Edition repräsentiert sein, unabhängig davon, was die Teststellenanalysen ergeben. Aufgabe muss sein, festzustellen, ob es wirklich einen stabilen Randapparat gibt, der eine eigene Tradition darstellt. Je nach Überlieferungslage sollte diese Gruppe mit ein bis drei Vertretern dokumentiert werden. Eventuell kann es hier sogar zu einer selbständigen Edition kommen, vergleichbar der Editionen des Ökumenius oder Andreas. In diesem Fall wird es sich primär um eine elektronische Edition handeln, die auf speziell ausgezeichneten elektronischen Transkripten beruht. Das Erstellen solcher Transkripte mit Randapparat ist technisch prinzipiell möglich. Der Transkriptionseditor sieht die Aufnahme von Randapparat und Interlinearglossen vor. Der Aufwand, der dafür angesetzt werden muss, unterscheidet sich jedoch erheblich von dem eines normalen Transkripts. Hier kann zunächst einmal kein Basistext verglichen werden, sondern jedes Kommentarstück, das sich am Rand oder zwischen den Zeilen findet, muss mit den anderen Kommentaren verglichen und an der richtigen Stelle des Transkriptes platziert werden. h) Ursprüngliche Produktionseinheiten: Im Rahmen der Durchsicht der Apk-Handschriften kam es zu einer Überprüfung der ursprünglichen Schriftenzusammenstellungen in den Handschriften, in denen die Apk überliefert ist. Sinn dieser Überprüfung ist es, die physische Überlieferungslage für die Apk in Verbindung mit anderen Schriften zu erkunden. Im Fokus standen dabei einerseits die Handschriften, in denen die Apk im Verbund mit anderen neutestamentlichen Büchern überliefert ist. Hier kam es zu einigen virtuellen Zerteilungen von Handschriften, die keine ursprünglichen neutestamentlichen Pro-
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Vgl. in diesem Kontext auch die Untersuchung der Illustrationen verschiedener Apk-Hss. von M. Müller in diesem Band (Die Johannesapokalypse in der Buchmalerei des 9.–13. Jahrhunderts – Illustrationsprinzipien im Spiegel von Bildtradition und Geistesgeschichte). Vgl. dazu den Beitrag von M. Lembke im vorliegenden Band.
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Ulrich Schmid unter Mitarbeit von Martin Karrer
duktionseinheiten darstellen.16 Andererseits interessieren wir uns auch für die Zusammenhänge der Apk außerhalb neutestamentlicher Bezüge, also die Handschriften, in denen die Apk mit anderen Texten zusammen überliefert wird. i) Für die Minuskelüberlieferung gilt insgesamt, dass sie mit Akzenten (und Spiritus) versehen ist. Normalerweise werden Akzente nicht transkribiert, weil sie nicht Teil des ursprünglichen Textes gewesen sein können, da sie in der Papyrus- und frühen Majuskelüberlieferung fehlen. Dennoch sind Akzente eine wichtige Informationsquelle für die Interpretationsgeschichte des neutestamentlichen Textes. Das bekannteste Beispiel ist sicher die Akzentuierung des Personennamens Ιουνιας in Röm 16,7, wo allein der Akzent darüber entscheidet, ob es sich hier um einen Mann oder eine Frau, und damit um eine potentielle „Apostelin“, handelt. In der Apk gibt es einige Stellen, an denen die Akzentuierung beispielsweise zwischen Präsens und Futur entscheidet, was für die Interpretation große Bedeutung hat. Wir sammeln derartige Fälle und werden noch in der laufenden Projektphase eine Vorlage erarbeiten, die diese Stellen eingearbeitet hat, so dass sie in der nächsten Projektphase für das Transkribieren zur Verfügung steht. k) Sprachliche Besonderheiten der Überlieferung: Die Apk ist für ihr ungewöhnliches Griechisch, die große Zahl von Semitismen bzw. Septuagintismen und ihre Solözismen (ab dem Kasuswechsel in 1,4) bekannt. Das bedeutet eine schwierige Herausforderung in der künftigen Textrekonstruktion. Denn die ungewöhnliche Sprachgestalt kann dazu geführt haben, dass die Überlieferung sekundär durch Verschreibungen entstandene Solözismen duldete, also die befremdende Sprachgestalt an einzelnen Stellen steigerte, aber auch umgekehrt Korrekturen zu einem korrekteren Griechisch veranlasst haben. Um Entscheidungen in dieser Frage vorzubereiten, ist erforderlich, sich frühzeitig mit der Sprache der Apk, ihren Semitismen und Septuagintismen zu befassen. Im vorliegenden Band widmet sich dem T. Muraoka. l) Eine Vollkollation in Zukunft?: Eine Textüberlieferung wie die der Apk, die „nur“ ca. 300 Handschriften umfasst und zugleich mit immerhin ca. 100– 120 Handschriften in der Edition selber repräsentiert sein wird, legt implizit die Frage nach einer Vollkollation des gesamten Materials nahe. Eine solche Vollkollation einer gesamten neutestamentlichen Schrift gibt es unseres Wissens bislang lediglich für den Judasbrief,17 der jedoch nur aus weniger als 30 Versen besteht. Für die Apk liegt ein solches Projekt ebenfalls im Rahmen des Denkbaren. Wir sehen unsere Aufgabe zwar nicht darin, dies auch selber im 16 17
Vgl. hierzu im vorliegenden Sammelband: U. Schmid, Die Apokalypse, überliefert mit anderen neutestamentlichen Schriften – eapr-Handschriften. T. Wassermann, The Epistle of Jude: Its Text and Transmission (CB.NT 43), Stockholm 2006.
Die neue Edition der Johannesapokalypse. Ein Arbeitsbericht
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Rahmen unseres Projektes zu leisten. Wir wollen aber offen sein für diese faszinierende Möglichkeit und jedenfalls unsere Arbeit so gestalten, dass das Material, das wir erheben, einfach ergänzt und weitergenutzt werden kann für eine vollständige Erhebung des Materials. Zugleich wollen wir uns auch dafür einsetzen, dass diese Idee weiter getragen wird und andere Interessenten findet, die sie aufnehmen.
4. Ausblick Für die weitere Gestaltung der Arbeit an der Edition ergeben sich präzise Aufgabenstellungen und neue Herausforderungen. Die Hauptaufgabe für die Phase der Handschriftentranskription wird sein, wie die ambitionierten Pläne zur Erfassung zusätzlicher Merkmale der Handschriften mit der Aufgabe des Transkribierens der Texte möglichst ökonomisch vereinigt werden können. Dies versuchen wir dadurch zu erreichen, indem wir die Merkmale so festlegen, dass sie mit einem Minimum an Auszeichnungsaufwand ein Maximum an eindeutigen Daten liefern. Das bedeutet konkret, dass wir z.B. die Initialen nicht auch noch nach Größe differenzieren, sondern eine Größe vorab definieren, und dass die Interpunktionszeichen, die sich in den Handschriften finden, vorab für die Auszeichnung in einer vereinfachten Schreibweise festgelegt werden. Es geht darum, das für alle Handschriften Geltende in einer reduzierten Auszeichnungsweise festzulegen. Zusätzlich wollen wir einige wenige Handschriften der Complutense-Gruppe mit deren Glossenapparat vollständig transkribieren und damit diese Form eines bislang nicht genauer betrachteten Kommentars zur Apk dokumentieren. Für diese Arbeit gibt es keine Vorlage, so dass wir einen erhöhten Arbeitsaufwand zur Erstellung dieser Transkripte voraussehen. Dennoch können wir auch diesen Arbeitsschritt mit dem Transkriptionseditor durchführen und kommen so zu publizierbaren Daten. Dies ermöglicht uns auch, einen Teil des zusätzlichen Aufwandes dadurch zu kompensieren, dass wir diese und ausgewählte Transkripte anderer Handschriften nach deren Fertigstellung online publizieren. Wir sehen vor, diese Publikation sowohl auf unserer Projektseite (http://apokalypse.isbtf.de) als auch im NT.VMR (http://ntvmr.uni-muenster.de) zu platzieren. Wir versprechen uns dadurch nicht zuletzt auch zusätzliches Interesse an unserer Editionsarbeit, wenn wahrgenommen wird, dass wir frühzeitig erste Ergebnisse in Form von weiteren Handschriftenressourcen zugänglich machen. Dieses Medium – und hoffentlich auch Momentum – wollen wir dazu nutzen, für die Idee einer späteren vollständigen Erfassung des Textes aller Apokalypse-Handschriften zu werben.
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Das alles bedeutet für die nächste Projektphase, in der die (Mehrzahl der) Transkripte erstellt werden wird, dass wir uns um eindeutige Standards, um deren effektive Kommunikation und um eine frühzeitige Kontrolle der Ergebnisse kümmern müssen. Ebenso werden wir in die Bildung einer Communitiy investieren müssen, um auf längere Sicht zusätzliches Interesse für die ApkEdition schaffen zu können, so dass sich dieses Interesse in weitere Mitarbeit an der Edition überführen lässt.
Die neue Edition der Johannesapokalypse. Ein Arbeitsbericht
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Literatur R. Gryson (ed.), Apocalypsis Johannis (VL 26/2), Freiburg 2000–2003. H.C. Hoskier, Concerning the Text of the Apocalypse. Collations of all Existing Available Greek Documents with the Standard Text of Stephen’s Third Edition, Vol. I–II, London 1929. M. Lembke, Beobachtungen zu den Handschriften der Apokalypse des Johannes, in: M. Karrer/M. Labahn (Hgg.), Die Johannesoffenbarung. Ihr Text und ihre Auslegung (ABG 38), Leipzig 2012, 19–70. J. Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes. Teil I: Der Apokalypse-Kommentar des Andreas von Kaisareia (MThS.H 1. Ergänzungsband, 1. Teil): pars I/1: Einleitung, München 1956; pars I/2: Text, München 1955; Teil II: Die alten Stämme (MThS.H 1. Ergänzungsband, 2. Teil), München 1955. U. Schmid, Transmitting the New Testament Online, in: W. van Peursen/E.D. Thoutenhoofd/A. van der Weel (edd.), Text Comparison and Digital Creativity, The Production of Presence and Meaning in Digital Text Scholarship (Scholarly Communication 1), Leiden 2010, 189–205. Text und Textwert der griechischen Handschriften des Neuen Testaments, I. Die Katholischen Briefe, hg. v. K. Aland in Zusammenarbeit mit A. Benduhn-Mertz und G. Mink, Bd. 1. Das Material, (ANTF 9), Berlin/New York 1987. Text und Textwert der griechischen Handschriften des Neuen Testaments, II. Die Paulinischen Briefe, hg. v. K. Aland in Zusammenarbeit mit A. Benduhn-Mertz, G. Mink und H. Bachmann, Bd. 1. Allgemeines, Römerbrief und Ergänzungsliste, (ANTF 16), Berlin/New York 1991. Text und Textwert der griechischen Handschriften des Neuen Testaments, III. Die Apostelgeschichte, hg. v. K. Aland in Zusammenarbeit mit A. Benduhn-Mertz, G. Mink, K. Witte und H. Bachmann, Bd. 1. Untersuchungen und Ergänzungsliste, (ANTF 20), Berlin/New York 1993. T. Wassermann, The Epistle of Jude: Its Text and Transmission (CB.NT 43), Stockholm 2006.
Textgruppen, Handschriften und Marginalien
The Legacy of Wilhelm Bousset for the Apocalypse’s Textual History: The Identification of the Andreas Text JUAN HERNÁNDEZ JR.
1. Introduction Today it is widely accepted that the Apocalypse’s textual history is manifest in four “text-types,” each of which dates to the fourth-century. Credit for the original demarcation belongs to Josef Schmid, whose classic reconstruction remains the standard text-critical position to this day.1 The debt Schmid owes to Wilhelm Bousset, however, is seldom, if ever, recognized. In fact, it is all but forgotten. Yet, it was Bousset who undertook the first systematic effort to identify the Andreas text — one of Schmid’s four “text types” — and it was Bousset who first incorporated it into the Apocalypse’s broader textual history. Schmid built upon these advances, of course, updating and improving Bousset’s work in critical ways; but the original idea of drawing Andreas into the task of reconstruction belongs to Bousset. The appearance of Schmid’s magnum opus would nonetheless eclipse Bousset’s earlier efforts. In fact, every text-critical publication prior to Schmid would be dwarfed by his industry; subsequent publications would not match his investigation. Schmid held the day. Bousset’s work was not fated for obsolescence, however. Schmid’s reconstruction of the Andreas “text type” left one of Bousset’s central claims intact: the claim that a series of the Apocalypse’s later corrections in Codex Sinaiticus (אc/אcc) were made in the direction of the Andreas tradition. The observation constitutes one of Bousset’s lasting, though forgotten, legacies and remains largely unaffected (and unchallenged) a hundred and twenty years later.
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J. Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes, Teil II: Die Alten Stämme (MThS.H 1. Ergänzungsband, 2.Teil), München 1955, 146–151.
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2. Bousset’s “Zur Textkritik der Apokalypse” Bousset’s contribution to the textual history of the Apocalypse is found in a short, forty-four page article titled “Zur Textkritik der Apokalypse.”2 The brief text-critical study laid the foundation for the text of his commentary and set the stage for Schmid’s own textual work. The article is rarely consulted today and few recall that it was the earliest systematic study of the Andreas text. The fact that the title makes no mention of Andreas contributed to its long-term neglect. And yet, it was within its pages that the first attempt was made to identify the archetype behind the Andreas text. Bousset’s short remarkable essay lays claim to a series of “firsts,” each of which is tied to the construction of the archetype. Bousset was the first to make a comprehensive use of minuscules in his reconstruction.3 As such, he was the first to isolate and situate the archetype within the imagined schema of the Apocalypse’s textual history. Bousset was also the first to make a number of critical observations about Codex Sinaiticus and the Andreas text. In particular, he spied a correlation between the codex, its corrections, and the textual tradition of Andreas.4 The readings and corrections of Codex Sinaiticus, therefore, occupy a key place in his reconstruction. Bousset was also the first — and the only one it appears — to argue on the basis of אc that the text behind Andreas was none other than that of the fourth-century martyr Pamphilus, the renowned copyist of Origen’s biblical manuscripts.5 As for Andreas the man, Bousset argued that the archbishop had inherited rather than created the text of his commentary.6 Bousset was the first to broach the question of editorial intervention.
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W. Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, in: idem, Textkritische Studien zum Neuen Testament (TU 11.4), Leipzig 1894, 1–44. Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 2; Schmid, Studien II, 5. Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 35.42–44. This is hinted at on the last page of his article and developed more fully in the piece that follows. The claim of a connection between אc and an exemplar from Pamphilus would not be new and would become quite common. What was distinctive about Bousset’s claim is that he tied the Andreas text to a putative recension by Pamphilus via the אc corrections. Von Soden, of course, would take this to a whole other level, arguing for an I-text on the basis of witnesses that reflect the text of Jerome’s Palestinian codices, which were presumably edited by Origen and published by Eusebius and Pamphilus. See Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 44; idem, Der Kodex Pamphili, in: idem, Textkritische Studien zum Neuen Testament (TU 11.4), Leipzig 1894, 45–73; idem, Die Offenbarung Johannis, Göttingen 1896, 152–154; cf., H. von Soden, Die Schriften des Neuen Testaments in ihrer ältesten erreichbaren Textgestalt hergestellt auf Grund ihrer Textgeschichte, 4 vols., Göttingen 1902–1913. Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 6.
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3. The Argument of “Zur Textkritik der Apokalypse” Bousset did not originally set out to examine the Andreas text; his intent was to examine the source of “emendations” in P and Q.7 Bernard Weiss had argued that the textual tradition of the Apocalypse featured two texts: an unrevised older text, represented by אAC; and a more recent “emended” text, represented by PQ. Together PQ were believed to bear witness to an older “emended” text — preserved more faithfully in Q than in P — over against the unrevised text of אAC.8 Bousset doubted Weiss’s claim of a broad and common foundation for the “emendations” of PQ and embarked upon an exploration of their source(s).9 Bousset thus undertook a comparison of readings in אAC against those of P and Q, focusing on the places where P and Q differed from each other. He found that in nearly every instance the older majuscules preserved the more difficult reading; P and Q, on the other hand, offered a variety of “improvements.” Bousset further discovered that the majority of minuscules sided with Q, leading him to suspect that P and Q were two separate recensions. As such, the two were to be investigated separately. Moreover, since the Q al class of witnesses had been sufficiently explored by Weiss,10 Bousset would devote his attention to P and its allies.11 P would become the cornerstone of the Andreas archetype. Bousset noticed that most of the witnesses aligned with P also preserved the Andreas commentary; P was thus seen as the most important witness to that class, with most of its readings consisting of glosses, mixed readings, or variants influenced by the commentary tradition. P’s textual alignment, coupled with the surplus of manuscript data, suggested that the construction of the archetype was possible — a task of considerable merit for the Apocalypse’s history, even if its textual character proved to be secondary.12 Bousset thus set out to identify and analyze the readings of P and its allies. These were then organized into six groups of witnesses, each of which 7 8 9 10
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For the sake of ease I have kept Bousset’s original labels. The same manuscripts are today designated P = 025 and Q = 046. B. Weiss, Die Johannes-Apokalypse: Textkritische Untersuchungen und Textherstellung (TU 7.1), Leipzig 1891. Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 1–2. Bousset had only two caveats about the completeness of Weiss’s work on Q. First, a clearer distinction ought to have been made between Q’s distinctive features and those it shares with the whole class. Second, Q probably preserves the correct reading more often than Weiss admits. See Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 5. Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 3–6. Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 5–13.
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bore witness to the archetype K,13 each of which preserved it in varying degrees of fidelity.14 A number of ’אs readings were also found to agree with — if not depend upon — K, suggesting a kinship between the two.15 Bousset further confirmed that most of the data for the common foundation of PQ was illusory; the shared basis of the two was very narrow. Where PQ truly stood together they preserved the “original” in over half the cases. Bousset was thus able to distinguish between two later recensions: K (P) and Q rel, each of which possesses its own peculiar character — a distinction that would remain to the present, albeit in another guise.16 Aware of the hypothetical nature of his reconstruction, Bousset concludes the study with a list of אc/אcc corrections made in the direction of K. This final stretch of data demonstrates to Bousset’s satisfaction an actual connection between אand the Andreas tradition; it also offers a window into how some of the earlier “emendations” may have taken place. The אc/אcc corrections (separate and distinguishable from the fourth-century text of the codex) are an analogue for how earlier corrections (no longer distinguishable, orthographically, from the rest of the text) were made in the direction of K. The archetype is thus prior to the fourth-century text and its influence pervades the original transcription and its subsequent corrections. Bousset closes his investigation by inquiring whether the documentary basis of אc’s corrections can be uncovered; at this point, the reader is directed to the next essay: “Der Kodex Pamphili.”17
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K, Bousset’s siglum for the archetype from which Andreas’s text descends, is to be distinguished from K in Schmid’s work, which refers to the Koine tradition. The equivalent of Bousset’s K is Αν in Schmid. See Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 12; cf. Schmid, Studien II, 64 According to Bousset, all of these readings are “secondary,” consisting of clarifying additions, intentional changes for the sake of tense and meaning, harmonization to usage, conjectures, the easing of difficult constructions, the removal of unnecessary material, corrections, and a variety of grammatical improvements. There are also scribal errors, the faithful preservation of the Vorlage, and one reading he cannot explain. Virtually all of these represent some form of deliberate correction. See Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 12–14. Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 35. Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 40–41. The question of אc’s documentary source appears to be tied to the question of authority: “Es wird sich nun weiter darum handeln, ob wir aus andern Quellen noch bestimmen können, nach welchen Auktoritäten der oder die Emendatoren von אihre Korrekturen gemacht haben. Die Frage führt uns hinüber zu der zweiten textkritischen Studie.” See Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 44.
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4. The Limitations of “Zur Textkritik der Apokalypse” The shortcomings of Bousset’s investigation, now over a century old, are understandably many. The data is fraught with errors. Even in his day, Bousset lamented the condition of collations, as well as of incomplete or inaccurate apparatuses at his disposal.18 The field would have to wait another four decades for Hoskier’s comprehensive and expert collations of the majority of the Apocalypse’s available manuscripts to appear.19 Some of the most important manuscript finds, moreover, had yet to be made.20 Bousset thus had to contend not only with imperfect data but with limited data. The inadequacies of Bousset’s method are another challenge. Bousset’s reconstruction assumes a closed textual tradition and he overplays the role of recensional activity to construct the archetype.21 Bousset’s study is a nineteenth-century product. The project is thus beset by a number of flaws. Bousset’s assumption of what constitutes the Andreas text is often wrong. 22 PQ would turn out not to be as representative of Andreas and Koine as he had thought.23 The degree to which the agreements of PQ are traceable to the “original” are overrated.24 And the identification of the Complutensian Group as the most important witness to the Andreas text was mistaken. 25 Further, the dating of Andreas to the second half of the fifth century — a date placing it in closer proximity to
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Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 1n2, 3n2, 10n6, 20, 21n2; Der Kodex Pamphili, 68. H.C. Hoskier, Concerning the Text of the Apocalypse, 2 vols., London 1929. The most notable discovery, of course, is 47, which, as will be shown below, altered our understanding of the Apocalypse’s textual history. Even with this discovery, some of Bousset’s original claims were strengthened rather than weakened. Bousset’s confident reconstruction of the lost archetype of the tradition appears to reflect the logic of a closed tradition. For a discussion of the assumptions behind this approach see M.W. Holmes, Working with An Open Textual Tradition: Challenges in Theory and Practice, in: K. Wachtel/M.W. Holmes (edd.), The Textual History of the Greek New Testament: Changing Views in Contemporary Research (SBL Text-critical Studies 8), Atlanta, GA 2011, 65–78, esp. 70–71. This is no doubt due to his reliance upon Tischendorf’s limited data, which led Bousset to conclude, for example, that the Complutensian Group was the most reliable witness for the text of Andreas. See Schmid, Studien II, 5. Schmid, Studien II, 64–66; cf. idem, Studien zur Geschichte des griechischen ApokalypseTextes, Teil I.1: Der Apokalypse-Kommentar des Andreas von Kaisarea: Einleitung (MThS.H 1. Ergänzungsband, 1.Teil), München 1956, 317. Schmid, Studien II, 85. Schmid, Studien II, 66n3.
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— אwould turn out to be erroneous.26 Finally, Bousset’s claim that Andreas
was reluctant to revise his text was both sanguine and unsubstantiated.27 None of this would prove fatal, however. The identification of an “Andreas text” was an irreversible advance in the history of textual research. The move to examine PQ alongside the minuscules was a decided improvement over Weiss’s study. And Bousset’s uncovering of two recensional forms created the framework for the subsequent — and longstanding — textual groupings: A and K. Surprisingly, Bousset’s overconfident appraisal of the Archbishop’s editorial reluctance, would be substantiated by Schmid, who grounded the claim in actual data.28 Bousset’s contributions — freighted as they are with liabilities — identified strategic and irrevocable areas of research. Three of Bousset’s claims nonetheless merit further scrutiny. The three broach the question of textual consanguinity and represent a concerted effort to uncover early sources for the text of the Apocalypse. These include the claim of a relationship between Sinaiticus (א/אc/אcc) and the Andreas tradition; the proposed connection between Pamphilus and the Andreas text; and the assertion that Origen’s text is identical to that of the Apocalypse in א. The three are interrelated and form a critical part of Bousset’s understanding of the Apocalypse’s textual history. The first is argued primarily in “Zur Textkritik der Apokalypse;” the second in “Der Kodex Pamphili;” the third emerges in Die Offenbarung Johannis. The foundation for each claim is laid in the first article.
5. Codex Sinaiticus and the Andreas Text Codex Sinaiticus surfaces repeatedly in Bousset’s initial study; its import as a witness is evident as one nears the end of his investigation. Three stages can be 26 27
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Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse,” 5, 5n2; cf. Schmid, Studien I, 126, 126n2. According to Bousset, a Bishop like Andreas would not choose just any text, but would recognize a good text when he saw it: “Wir werden weiter vermuten dürfen, dass wenn ein Bischof von Cäsarea einen Kommentar zu schreiben unternimmt, er nicht irgend eine beliebige Handschr. dazu wählte, sondern einen anerkannt guten Text.” Of course, this assumes — rather than proves — that Andreas could recognize a “good” text. It also leaves undefined just what is a “good” text. It is quite possible that Andreas could have chosen a text considered “poor” by modern standards. See Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 6. See Schmid, Studien I, 125–126. Schmid was also willing to concede that the Archbishop may have influenced the text by the introduction of καί when necessary; but the Αν recension itself was believed to be the work of an earlier individual. Schmid went so far as to claim that the recension was the work of someone who corrected all the chapters and may have inherited a small number of the corrections: “Und ihre grosse Zahl zeigt, dass Αν eine Rezension im eigentlichen Sinne, das Werk eines Mannes ist, der den Text durch alle Kapitel durchkorrigiert hat, mag auch ein (kleiner) Teil der Korrekturen von ihm schon vorgefunden worden sein.” See Schmid, Studien II, 53, 53n3.
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discerned. First, אserves — along with A(C )— as a foil to the derivative and recensional natures of PQ. Second, the close relationship between אand the archetype K is established. Third, the corrections of אc/אcc corroborate the claim of a link between אand K. Bousset argued — on the basis of 47 readings — that אand K were related.29 The readings were part of the larger cache of “P class” readings used to construct K archetype. The discovery of ’אs occasional affinities with that class was an unanticipated development; the finding prompted a reconsideration of אand K. Schmid granted that there was a relationship between אand Αν (Schmid’s replacement for K). The nature and details of that relationship, however, were in need of inspection. Twenty-four of Bousset’s readings were certified as having a nearly exclusive connection to Αν.30 Twenty-one additional agreements — distinct from Bousset’s original tally — were also identified.31 The total number of agreements thus remained largely unchanged, despite their altered textual complexion. The majority of these were “obvious corrections” whose steady occurrence ruled out coincidental agreement. The string of common readings suggested to Bousset that אmay have been dependent upon K; in fact, 2 readings proved it.32 Schmid rejected that notion; only 1 of Bousset’s readings could be considered dependent upon K. A single reading, however, was incapable of supporting such a broad claim.33 Sinaiticus was not dependent upon K in either the manner or places Bousset had proposed. The identity of K and its terminological trappings were also in need of review. Schmid offered a more complex scenario. The discovery of 47 enabled him to dispense with the K archetype altogether. Having found that 47 preserved a significant number of agreements with אand Αν, Schmid thought it more likely that the majority of the 45 א-Αν readings went back to the archetype of 47-א. He further thought it probable that an additional influence (x), subsequent to the archetype of 47- אbut alongside Αν, could account for some of the agreements between א-Αν.34 For Schmid, then, the K archetype is partly 29 30 31 32 33
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Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 35. Schmid, Studien II, 121–127. Schmid, Studien II, 121–127. Bousset, Zur Textkritik der Apokalypse, 35–36. “Bousset hat die Beziehung zwischen S und Αν dahin bestimmt, dass S von Αν abhängig sei. Eine wirklich greifbare Bestätigung dieser These bietet nur 4:11, wo S eine seiner häufigen Mischlesarten hat. Aber es ist methodisch unzulässig, aus dieser einen Lesart den Schluss zu ziehen, S habe alle Lesarten, die er mit Αν gegen die übrigen alten Textformen teilt, aus Αν übernommen.” See Schmid, Studien II, 126–127. Isolating this secondary layer, however, was impossible: “S mag daneben wohl an einzelnen Stellen den Einfluss von Αν erfahren haben. Eine Scheidung dieser sekundären Schicht von der älteren der 47-S-Αν-Lesarten ist aber unmöglich. Wir können hier wie in anderen Fällen
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Juan Hernández Jr.
replaced by the archetype of 47-א, which is the source (alongside Αν + x) for most of the agreements of א-Αν. Of the 45 א-Αν readings identified by Schmid, 5 preserve the Urtext.35 Schmid’s thoroughgoing revisions would not extend to Bousset’s data for אc and K. A comparison against Hoskier’s collations confirmed the relationship between אc and K: אc was indeed corrected against a manuscript bearing K (Αν) readings.36 The data would remain the same. And yet, there is a critical difference in Schmid’s reassessment: a new date would be introduced for אc. Bousset — following Tischendorf — dated אc to the seventh-century. Schmid, however, in an apparent misreading of Milne and Skeat’s work, equated the אc corrections with the activity of the fourth-century scribes; אc was thus dated three centuries earlier than Bousset had supposed.37 For Schmid, the corrections disclosed the existence of an early manuscript (contemporaneous with )אthat preserved Αν readings. That certain readings from the Αν tradition predated the fourth-century was already demonstrated by their presence in earlier and/or more reliable witnesses. There was, however, no single fourth-century manuscript to serve as an independent witness to the Αν text. With the re-dating of אc’s corrections, that manuscript was now supplied. Intriguingly, Schmid’s mistaken re-dating of the אc corrections supplied the very thing Bousset sought in his own studies: an ancient source for the Andreas text — a source Bousset would call “Der Kodex Pamphili.”
6. Pamphilus and Andreas The discovery of אc corrections preserving K-type readings prompted Bousset to inquire about their documentary source — a source he suspected was a manuscript from Pamphilus. The grounds for Bousset’s suspicion lie in the scattered colophons of the manuscript tradition (including אc) and in the ancient testimonies that affirm such a connection. The witness of colophons and testimonials alone, however, was insufficient; a textual connection needed to be established. Lacking Pamphilus’s manuscript for comparison, Bousset turned to the agreements of אcH Euthcod — selected for their reported link to the fourth-century martyr — to substantiate the claim. Their collective texts
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wohl das Problem als solches feststellen, müssen uns aber mit seiner Unlösbarkeit bescheiden.” Schmid, Studien II, 127. Schmid, Studien II, 126. The readings are not even listed in Schmid’s work. See Schmid, Studien II, 127–128. For a full account, see Juan Hernández Jr., The Creation of a Fourth-Century Witness to the Andreas Text Type: A Misreading in the Apocalypse’s Textual History, NTS 60 (2014), 106–120.
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held the promise of disclosing an underlying exemplar; a cache of common readings would reveal a Pamphilian source. The second study focuses on the Pauline epistles rather than the Apocalypse; the implications nonetheless extend to the Seer’s work.38 The agreements of אcH Euthcod prove the three to be closely related; their common textual basis identified as “Codex Pamphilus” by Bousset. The regular agreement of particular minuscules with אcH also makes the construction of “Codex Pamphilus’s” archetype possible. Further, the wide distribution of אc H readings assumes an early and well-known textual foundation — evidence of a Pamphilian recension for Bousset. The study also yields new textual groupings for Paul, Acts and the Catholic epistles. Lastly, the data allows for the deduction — on analogical grounds — that the Apocalypse was probably also corrected against “Codex Pamphilus.”39 The claim of a Pamphilian exemplar surfaces nowhere in Schmid’s study; the argument is not even countered.40 The fact that Bousset’s data lie outside the scope of Schmid’s investigation no doubt accounts — in part — for the omission; the Apocalypse’s manuscript tradition was Schmid’s exclusive purview. And yet, Schmid’s comprehensive revisions and occasional refutations of Bousset’s work make the silence over Pamphilus puzzling. It is deafening against Bousset’s subsequent and emboldened claims. Bousset would jettison his guarded conclusion about “Codex Pamphilus” and assert, without equivocation, that the text behind P + Andreas was that of Pamphilus.41 He would 38 39
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Bousset, Der Kodex Pamphili, 71. Such a study would face innumerable hurdles today. Even in its day, Bousset’s claim that a group of manuscripts could disclose the archetype of Codex of Pamphilus faced skepticism. See P. Corrsen, Review of Eduard von der Goltz, Eine textkritische Arbeit des zehnten bezw. sechsten Jahrhunderts, Göttingische gelehrte Anzeigen 161 (1899), 665–680; see also J.A. Robinson, Euthaliana: Studies of Euthalius Codex H of the Pauline Epistles and the Armenian Version, Cambridge 1895; cf. H.S. Murphy, On the Text of Codices H and 93, JBL 78 (1959), 228–237; idem, The Text of Romans and 1 Corinthians in Minuscule 93 and the Text of Pamphilus, HTR 52 (1959), 119–131; E.W. Scherbenske, Canonizing Paul: Ancient Editorial Practice and the Corpus Paulinum, Oxford, 2013, 116–174; L.C. Willard, A Critical Study of the Euthalian Apparatus (ANTF 41), Berlin 2009. Even when there is a manuscript that is covered by Schmid, such as 1739, which was linked by von der Goltz to Pamphilus (following Bousset’s reconstruction in “Der Kodex Pamphili”), Schmid will make no mention of Bousset’s recensional claims. See Schmid, Studien I, 95–96; cf. E. von der Goltz, Eine textkritische Arbeit des zehnten bezw. sechsten Jahrhunderts herausgegeben nach einem Kodex des Athosklosters Lawra (TU 2.4), Leipzig 1899. The rhetoric moves from probability to certainty: “In meinem textkritischen Studien habe ich auf die Verwandtschaft von An. und אc אcc aufmerksam gemacht, und indem ich hier kombinierte, daß der Korrektor von im alten Testament nach einer von Pamphilus geschriebenen Origeneshandschrift korrigiert hat, in den Paulinen mit den ebenfalls nach dem Codex des Pamphilus angefertigten oder nach diesem korrigierten Euthalianischen Text übereinstimmte,
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further claim that P Andreas, אc/אcc, a ae, and Tyconius together disclose the wide influence of Pamphilus; they are indicative of the kind of textual work to come from Origen’s school.42 Schmid’s silence is likely due to the limits of the data. The link between Αν and the putative recensional activity of Pamphilus may have appeared speculative. Further, analogies about the Apocalypse’s textual history, on the basis of other parts of the manuscript tradition, would have been considered problematic; textual relations differ from corpus to corpus — amply demonstrated by Schmid’s comparison of the Apocalypse and the Praxapostolos.43 And yet, Schmid’s apparent reluctance to counter Bousset’s claim may also point to its presumed partial viability. After all, for Schmid, the textual data supports both an early source for the אc corrections (containing Αν readings in the fourth-century)44 and an early creator of the Αν recension (before the appearance of )א.45 Schmid’s unidentified manuscript thus plays the same role as Bousset’s “Codex Pamphilus”: it furnishes an independent witness to the Αν text within/beyond the fourth-century threshold. Further, Schmid’s claim that an unidentified individual created the Αν recension, early in the Apocalypse’s textual history, is not that far from asserting that Pamphilus revised a text that became the basis for the Andreas text. The difference, of course, is that Schmid does not equate the Αν text (produced by early recensional activity) with the unnamed manuscript bearing Αν readings; neither does Schmid connect the two to an historical figure. The triumph of Bousset’s ideas is nonetheless clear. Schmid’s reconstruction — superior to Bousset’s in nearly every respect — dispenses neither with the notion of recensional activity nor of an early source for the אc corrections, both introduced by Bousset. Ironically, Schmid’s problematic re-dating of אc leaves Bousset with the final word on the terminus ad quem for the corrector’s underlying exemplar.
7. Origen and Codex Sinaiticus The quest for the Apocalypse’s early sources is on surer footing with the witness of Origen. Bousset was the first to observe that Origen’s text of the Apocalypse is closely related to ;אhe was even tempted to claim that the immediate
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folgerte ich, daß wir in P An. den Text des Pamphilus hätten.” Bousset, Offenbarung Johannis, 152. Bousset, Offenbarung Johannis, 154. Schmid, Studien II, 31–40. Schmid, Studien II, 127. Schmid, Studien II, 53n3; 127, 150; cf. idem, Studien I, 126.
The Legacy of Wilhelm Bousset for the Apocalypse’s Textual History
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textual basis of אwas identical to Origen’s text. The assertion appears mildly hyperbolic against the backdrop of available data; only a handful of singular agreements are preserved in אOr. The observation is nonetheless legitimate where it can be ascertained; Origen’s text tends to agree with א.46 Schmid’s study would broaden the database for Bousset’s claim; the discovery of the third-century 47 — likely copied when Origen was still alive — would provide an additional witness to ’אs particular text-type. It was now possible —everywhere 47 was extant — to discern between the scribal errors of אand readings belonging the text-type of 47א. The discovery also furnished evidence of how similar Origen’s text was to 47; Origen shares a number of readings with both 47 and א. Consequently, 47 is of value for establishing the text of Origen. Moreover, the fact that 47 is regularly accompanied by a select group of minuscules (and two of the Coptic versions) raises the possibility of determining Origen’s text even where 47 is not extant.47 The prospect underscores the weight of the discovery: the rearranged textual groupings in light of 47 now facilitate deductions about Origen’s text in the absence of 47. Schmid would thus repeat Bousset’s totalizing claim with only a slight modification: “The text used by Origen is on the whole identical with that of 47א.”48
8. Conclusion The importance of Bousset’s work for shaping our understanding of the Apocalypse’s textual history is undeniable. Many of his early, albeit rudimentary, observations were confirmed by subsequent textual research. Even where Bousset’s theories, methods, and data have fallen short, the ideas behind them persist. The strategic grip of Bousset’s original thoughts upon Schmid’s magisterial investigation—which still represents the status quaestionis—appears to have insured their survival into the twenty-first century. The most striking instance is Bousset’s claim of a correlation between the אc/אcc corrections and the Αν text. The fact that the assertion was adopted wholesale by Schmid and spared critical scrutiny means that Bousset’s original claim and its data have reached us, unscathed as it were, from the nineteenth century. The history of textual research must be paid its due. The genealogy of ideas is nearly as important as the genealogy of texts. The reappraisal of Bousset’s contribution (vis-à-vis Schmid) yields a number of items for further an46 47 48
Bousset, Offenbarung Johannis, 157–158, 157n 2. Schmid, Studien II, 110–113. Schmid, Studien II, 248.
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alysis. The dating of the אc corrections, for example, remains an area of some uncertainty. While Schmid was mistaken to date these to the fourth-century and Bousset was faultless to assume they were from the seventh,49 the fact remains that current proposals span the fifth through seventh centuries.50 Securing a fixed paleographic limit would have clear implications for the terminus ad quem of אc’s exemplar(s).51 The implications extend beyond manuscript dates. Both Bousset and Schmid linked the source(s) behind אc — albeit in different ways — to recensional activity; ultimately the Αν text attested by אc was believed to be the product of recensional activity. Today, the connection between text types and recensional activity faces skepticism. The question then becomes: If the Αν recension was not the work of an individual but a process that gradually unfolded, what are the particulars of its textual transmission and how does אc further our understanding of it? The topic has yet to be broached. The outstanding issues underscore the promise of additional text-critical research on the Αν tradition. More can be highlighted. Wilhelm Bousset, in the meantime, deserves full credit for breaking new ground in his day and drawing attention to this particular (and often neglected) stream of the textual tradition. By producing the earliest rudimentary sketches of the Αν text and attempting to identify its place the within the maelstrom of the Apocalypse’s textual history, Bousset not only created the first categories for understanding the Αν text, but also secured a place in future text-critical discussions of the Apocalypse.
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Hernández, Creation of a Fourth-Century Witness, 106–120. Milne and Skeat were originally reluctant to settle on a fixed date: “The C correctors have been assigned by some to the fifth, by others to the seventh, and lack of comparative material enforces caution upon whosoever would decide between the two dates.” (See H.J.M. Milne/T.C. Skeat, Scribes and Correctors of the Codex Sinaiticus, London 1938, 65). Skeat would later opt for the sixth-century (T.C Skeat, Sinaiticus, Vaticanus, and Constantine, JTS 50 [1999], 583–625: 618). The current edition of Nestle-Aland28 places אc ca. the 7th century; cf. D.C. Parker, Codex Sinaiticus: The Story of the World’s Oldest Bible, London 2010, 80. Fresh paleographical analyses of the hand of אc across the entire manuscript are therefore necessary. The nature of the corrections, often consisting of a few letters in cramped corners, may derail our attempts at greater certainty however. (Parker, Codex Sinaiticus, 80). The possibility that the corrector may be deliberately archaizing his hand presents another challenge. A fresh analysis is nonetheless a worthy goal.
The Legacy of Wilhelm Bousset for the Apocalypse’s Textual History
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Literature Bousset, W., Die Offenbarung Johannis, Göttingen 1896. —, Zur Textkritik der Apokalypse, in: idem, Textkritische Studien zum Neuen Testament (TU 11.4), Leipzig 1894, 1–44. —, Der Kodex Pamphili, in: idem, Textkritische Studien zum Neuen Testament (TU 11.4), Leipzig 1894, 45–73. Corrsen, P., Review of Eduard von der Goltz, Eine textkritische Arbeit des zehnten bezw. sechsten Jahrhunderts, Göttingische gelehrte Anzeigen 161 (1899), 665–680. Goltz, E. von der, Eine textkritische Arbeit des zehnten bezw. sechsten Jahrhunderts herausgegeben nach einem Kodex des Athosklosters Lawra (TU 2.4), Leipzig 1899. Hernández, J. Jr., The Creation of a Fourth-Century Witness to the Andreas Text Type: A Misreading in the Apocalypse’s Textual History, NTS 60 (2014), 106–120. Holmes, M.W., Working with An Open Textual Tradition: Challenges in Theory and Practice, in: K. Wachtel/M.W. Holmes (edd.), The Textual History of the Greek New Testament: Changing Views in Contemporary Research (SBL Text-critical Studies 8), Atlanta, GA 2011, 65–78. Hoskier, H.C., Concerning the Text of the Apocalypse, 2 vols., London 1929. Milne, H.J.M./Skeat, T.C., Scribes and Correctors of the Codex Sinaiticus, London 1938. Murphy, H.S., On the Text of Codices H and 93, JBL 78 (1959), 228–237. —, The Text of Romans and 1 Corinthians in Minuscule 93 and the Text of Pamphilus, HTR 52 (1959), 119–131. Parker, D.C., Codex Sinaiticus: The Story of the World’s Oldest Bible, London 2010. Robinson, J.A., Euthaliana: Studies of Euthalius Codex H of the Pauline Epistles and the Armenian Version, Cambridge 1895. Scherbenske, E.W., Canonizing Paul: Ancient Editorial Practice and the Corpus Paulinum, Oxford, 2013, 116–174. Schmid, J., Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes, Teil I.1: Der Apokalypse-Kommentar des Andreas von Kaisarea: Einleitung (MThS.H 1. Ergänzungsband, 1.Teil), München 1956. —, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes, Teil II: Die Alten Stämme (MThS.H 1. Ergänzungsband, 2.Teil), München 1955. Skeat, T.C., Sinaiticus, Vaticanus, and Constantine, JTS 50 (1999), 583–625. Soden, H. von, Die Schriften des Neuen Testaments in ihrer ältesten erreichbaren Textgestalt hergestellt auf Grund ihrer Textgeschichte, 4 vols., Göttingen 1902–1913.
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Weiss, B., Die Johannes-Apokalypse: Textkritische Untersuchungen und Textherstellung (TU 7.1), Leipzig 1891. Willard, L.C., A Critical Study of the Euthalian Apparatus (ANTF 41), Berlin 2009.
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte und sein Verhältnis zur handschriftlichen Überlieferung MARKUS LEMBKE Die Identifizierung von griechischen Handschriften, die in unmittelbarer Verbindung zu gedruckten Ausgaben des Neuen Testaments stehen, ist aus mehreren Gründen relevant. Zum einen interessiert es die Editionsgeschichte, welche Handschriften (Hss.) als Vorlagen bei der Erstellung einer Edition benutzt wurden und wie ihr Text aufbereitet wurde. Zum anderen muss die Textkritik wissen, welche Hss. nicht Teil des normalen Überlieferungsstroms sind, sondern von einer gedruckten Ausgabe abgeschrieben wurden und somit als Quellen für die angestrebte Rekonstruktion des Urtextes ausscheiden. Denn die Berücksichtigung einer Druckkopie als Zeuge für die Bewertung einer Variante oder ihre Notierung im Handschriftenapparat einer kritischen Ausgabe wäre ein grober Verstoß gegen textkritische Grundsätze. Doch dieser ist erst dann vermeidbar, wenn das Verhältnis zwischen Druckausgaben und handschriftlicher Überlieferung hinreichend geklärt ist. So wurden noch in der 3. Auflage des Greek New Testament die ApkHandschriften 296 und 2049 im textkritischen Apparat aufgeführt,1 die aber, wie wir heute wissen, als bloße Kopien gedruckter Ausgaben dort keinesfalls hineingehören.2 Zur Überwindung dieser Problematik benötigen wir ausreichende Informationen über alle Editionen des NT, die alt genug sind, um möglicherweise die handschriftliche Überlieferung beeinflusst zu haben. Dies betrifft vor allem die sog. Complutensische Polyglotte, auch „Complutensis“ genannt (CP), und ihre Nachdrucke, sowie die Ausgaben des Erasmus und seiner 1
2
K. Aland/M. Black/C.M. Martini/B.M. Metzger/A. Wikgren (edd.), Greek New Testament, 3. Auflage, New York/London/Edinburgh/Amsterdam/Stuttgart 1975, 850–851. Die Ausgabe verzeichnet beide Handschriften wiederholt als Zeugen für die Lesart ερχου και βλεπε (Apk 6,1.3.5.7), obwohl sie als Erfindung des Erasmus von keiner einzigen griechischen Hs. gelesen wird außer von Abschriften des Textus Receptus. Hierdurch entsteht der Eindruck, diese Lesart sei regulärer Teil der handschriftlichen Überlieferung. Vgl. R. Borger, NA26 und die neutestamentliche Textkritik, ThR 52 (1987), 1–58, hier: 39, sowie den Beitrag von D. Müller, Abschriften des Erasmischen Textes im Handschriftenmaterial der Johannesapokalypse. Nebst einigen editionsgeschichtlichen Beobachtungen; im vorliegenden Sammelband, 165–267.
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Nachfolger, die als „Textus Receptus“ (TR) zur Grundlage der alten Bibelübersetzungen wurden. Im Zuge der Vorbereitung der Editio Critica Maior zur Apk, die ja nicht nur den Urtext annähern, sondern auch die Textgeschichte der handschriftlichen Überlieferung dokumentieren soll,3 müssen daher alle Apk-Handschriften auf ihre etwaige Beziehung zu gedruckten Ausgaben untersucht werden. Zu diesem Zweck teilt sich vorliegende Studie in folgende Schritte: Nach einer kurzen Einführung in die ersten Drucke (Abschn. 1) beleuchtet ein Rückblick auf die Forschungsgeschichte zum Apk-Text der CP die damaligen Ergebnisse und Irrtümer (Abschn. 2–3), um methodische Schlussfolgerungen für einen Neuansatz vorzubereiten (Abschn. 4). Dieser beginnt mit der Ermittlung der Textform der CP mit Hilfe der Teststellenmethode (Abschn. 5), einer Übersicht der dieser Textform zugehörigen Handschriften (Abschn. 6) und einer Analyse der Textzusammensetzung dieser Handschriften, um etwaige Fremdeinflüsse auf die CP einzuschätzen (Abschn. 7). Es folgt die Ermittlung des Wortlauts der betreffenden Handschriftenfamilie (Abschn. 8) und des gedruckten Textes (Abschn. 9), um die Differenzen zwischen beiden zu ermitteln. Auf dieser Basis werden Kollationen aller infrage kommenden Handschriften an allen differierenden Stellen dokumentiert (Abschn. 10–13). Eine Auswertung dieses Materials gibt erste Hinweise auf Kopien und Vorlagen des gedruckten Textes (Abschn. 14). Weitere Kollationen (Abschn. 15) ermöglichen eine Differenzierung innerhalb der betrachteten Handschriftenfamilie (Abschn. 16), um den Textcharakter der verlorenen Teilvorlage(n) einzuschätzen (Abschn. 17). Anschließend werden Beobachtungen zur Textgeschichte der erhaltenen Teilvorlage wiedergegeben (Abschn. 18) und Rückschlüsse auf die Arbeitsweise der Herausgeber gezogen (Abschn. 19), um schließlich ein Gesamtbild der Überlieferung im Bereich der Vorlagen und Kopien der CP zu entwerfen (Abschn. 20).
3
Die in vorliegender Untersuchung behandelte Handschriftengruppe gehört zwar zu den jüngeren Textformen der Apk, doch ihre Wurzeln gehen auf das erste Jahrtausend zurück. Außerdem gilt: „Bei einer systematischen Durcharbeitung des ganzen Stoffes ist es aber notwendig, die jüngsten Schichten zuerst abzutragen, um auf diese Weise methodisch fortschreitend zu den älteren und ältesten Formen vorzudringen. [...] Und je mehr es gelingt, die jüngeren Formen auf ihre vor ihnen liegenden Vorlagen zurückzuführen, desto mehr verringert sich der Bestand an Textformen, die überhaupt für die Feststellung des ursprünglichen Textes wichtig sind.“ (J. Schmid, Der Apokalypsetext des Arethas von Kaisareia und einiger anderer jüngerer Gruppen, Athen 1936, 3–4).
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte
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1. Die beiden Editiones principes des griechischen Neuen Testaments Fast zeitgleich entstanden die ersten beiden gedruckten Ausgaben des griechischen NT: Das Novum Instrumentum omne von Desiderius Erasmus,4 und das Novum Testamentum grece et latine als fünfter Band der Complutensischen Polyglotte.5 Letztere wurde an der Universität der spanischen Stadt Alcalá de Henares (lat. Complutum) von Francisco Jiménez de Cisneros (lat. Ximenes) finanziert und beaufsichtigt sowie von mehreren Mitherausgebern erarbeitet, unter denen Diego Lopez de Zúñiga (lat. Stunica) der Bekannteste war. Gedruckt wurden etwa 600 Exemplare von A.G. de Brocario.6 Interessant ist das zeitliche Zusammentreffen der beiden Ausgaben: Nachdem der NT-Band der Complutensischen Polyglotte schon gedruckt war (10.01.1514),7 verzögerte sich dessen Veröffentlichung noch mehrere Jahre,8 so dass in der Zwischenzeit Erasmus in Zusammenarbeit mit dem Baseler Verleger J. Froben seine Erstausgabe erarbeiten und veröffentlichen konnte (März 1516). Da der Complutensisband frühestens 1520 (vielleicht erst 1522) zugänglich wurde,9 stehen wir vor dem Phänomen, sozusagen zwei Erstausgaben des griech. NT vor uns zu haben: Die Complutensis war die zuerst gedruckte Ausgabe, das Werk des Erasmus jedoch wurde zuerst publiziert. Aufgrund dieser geschichtlichen Umstände sind die beiden Erstausgaben textlich gesehen unabhängig voneinander entstanden. Erst in späteren Auflagen des Erasmus und des Textus Receptus wurden Lesarten der Compluten4 5
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D. Erasmus (ed.), Novum instrumentum omne, diligenter ab Erasmo Roterodamo recognitum et emendatum [...], Basel 1516. F. Jiménez de Cisneros (ed.), Novum Testamentum Grece et Latine in academia complutensi noviter impressum, Alcalá 1514. Dies ist Band 5 der Biblia complutensis, 6 vols., Alcalá 1514–1517. Vgl. hierzu: P. Schaff, A Companion to the Greek Testament and the English Version, 4. Auflage, New York/London 1903, 232–236; F.H.A. Scrivener, A Plain Introduction to the Criticism of the New Testament. For the Use of Biblical Students, 4. Auflage, vol. II, London/New York/Cambridge 1894, 176–177; B.M. Metzger, Der Text des Neuen Testaments. Eine Einführung in die neutestamentliche Textkritik, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1966, 96– 97; A. Schenker, Art.: Polyglotten, TRE 27 (1997), 22–25, hier: 22–23. Kolophon auf der letzten Seite der Apokalypse (die Complutensis besitzt keine Seitenzahlen): „Anno domini Millesimo quingentesimo decimo quarto. Mensis ianuarij die decimo“. Zum Zeitpunkt der Drucklegung lag noch keine Approbation vor: „Die päpstliche Genehmigung aber traf erst am 22. März 1520 ein; erst hierauf konnte die Ausgabe in Umlauf gesetzt werden.“ (E. Nestle, Einführung in das griechische Neue Testament, 4. Auflage, Göttingen 1923, 61). Offenbar kam es auch unmittelbar nach der Approbation noch nicht zur Publikation, sondern es entstand eine weitere Verzögerung: „[...] even then there was some delay, and the work did not get into general circulation before 1522.“ (Schaff, Companion, 233).
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sischen Polyglotte berücksichtigt und an einzelnen Stellen zur Überarbeitung herangezogen.10 Umgekehrt wurde der Text der CP, mit wenigen Änderungen zum TR hin, mehrmals nachgedruckt, u.a. in der Antwerpener Polyglotte, auch „Biblia Regia“ genannt (1569–1572),11 und in der Pariser Polyglotte (1629– 1645);12 vgl. hierzu Abschn. 9.6.
2. Frühe Versuche, die Textform der CP zu ermitteln Die handschriftliche Grundlage für den Apk-Text des Erasmus, dem die späteren Ausgaben des TR im Wesentlichen folgen, ist bekannt und unbestritten: Es ist der von Reuchlin ausgeliehene Codex, der früher als 1r bezeichnet und später in 2814 umbenannt wurde.13 Dagegen muss die entsprechende Grundlage für den Apk-Text der Complutensis als eher ungeklärt bezeichnet werden. Zunächst ist sogar die Textform dieser Grundlage und somit der CP durchaus umstritten. 2.1. Morels Liste und die Einschätzung durch Matthaei So listet Morel im Anhang seiner Arethas-Ausgabe zahlreiche Stellen auf, an denen sein Text vom TR abweicht.14 In den meisten Fällen wird „seine“ Lesart 10 11
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Vgl. Metzger, Der Text, 103. B. Arias, gen. Montanus (ed.), Biblia Sacra Hebraice, Chaldaice, Graece, & Latine, 8 vols., Antwerpen 1569–1572. Der fünfte Band dieser von C. Plantin gedruckten Polyglotte enthält den NT-Text der CP neben lat. und syr. Versionen. Der siebte Band druckt den NT-Text der CP mit einer lat. Interlinearübersetzung ab. G.-M. Le Jay (ed.), Biblia 1. Hebraica, 2. Samaritana, 3. Chaldaica, 4. Graeca, 5. Syriaca, 6. Latina, 7. Arabica [...], 9 vols., Paris 1629–1645. Der fünfte, zweigeteilte Band enthält im ersten Teil das griech. NT mit Vulgata, einer syr. und einer arab. Version und deren Rückübersetzung. Eine Zeitlang war diese Handschrift verschollen, wurde dann aber wiederentdeckt und von Delitzsch als Vorlage des Erasmus identifiziert. Vgl. F. Delitzsch, Handschriftliche Funde, 1. Heft, Die Erasmischen Entstellungen des Textes der Apokalypse, nachgewiesen aus dem verloren geglaubten Codex Reuchlins, Leipzig 1861. J. Henten/F. Morel (edd.), Oecumenii operum et Arethae in Apocalypsin, vol. II: Oecumenii commentariorum in Novum Testamentum, accesserunt Arethae Caesareae Cappadociae episcopi explanationes in Apocalypsin, Paris 1631. Unter der Überschrift „Loca quaedam, in quibus nostrum exemplar alio modo habet quam ea quae vulgo circumferuntur Graeca exemplaria“ gibt er Erklärungen zu einigen Stellen, an denen seine Ausgabe anders liest als die sonst verbreiteten Exemplare (d.h. TR-Ausgaben). Dabei bezieht er auch die CP und die Vulgata in seine Ausführungen ein. Dieser Anhang besitzt keine Seitenzahlen mehr, beginnt jedoch direkt hinter Seite 860; die zur Apk gehörigen Passagen stehen somit auf S. 862–863.
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte
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von der Complutensis gestützt, d.h. die CP steht oft auf der Seite des ArethasTextes gegen den TR. Zwar erwähnt Morel in seinem abschließenden Fazit, dass dies durchaus nicht immer so ist, sondern die CP gelegentlich auch mit dem TR gegen seinen Arethas-Text liest.15 Aber insgesamt vermitteln die von ihm aufgelisteten Stellen durch das zahlenmäßige Übergewicht den Eindruck einer starken Verwandtschaft zwischen dem CP-Text und seinem ArethasText. Nun sind zu diesem Befund zwei Dinge anzumerken. Zum einen ist die damals verwendete Terminologie aus heutiger Sicht missverständlich. Denn die beiden großen Textformen, denen die Apk-Minuskeln in der Mehrheit angehören, wurden nach ihrer Entdeckung zunächst dem Andreas und dem Arethas zugeordnet: „Für den grössten Gewinn dieser handschriftlichen Studien aber erachten wir die Erkenntniss, dass es zwei charakteristisch verschiedene Textrecensionen der Apokalypse gibt, eine andreanische und eine arethäische“.16 Heute bezeichnet man die zuletzt genannte Textform als KoineText (K), im Apparat von Nestle-Aland (NA) als K verzeichnet,17 während die erstgenannte nach wie vor als Andreas-Text (Αν) bekannt ist, da sie von den Hss. mit dem Kommentar des Andreas von Cäsarea tradiert wird, im NAApparat: A. Nun stimmt der Apk-Wortlaut der Handschriften mit ArethasKommentar, die nur eine kleine Familie umfassen, zum größten Teil mit dem Wortlaut der heute als Koine-Handschriften bezeichneten Zeugen überein.18 15
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„Siquidem multa sunt quae nostrum habet exemplar simul cum exemplari Complutensi, non autem cum reliquis communibus exemplaribus: quaedam vero ne cum Complutensi quidem, interdum tamen haec communia habet cum editione vulgata. Rursum Complutense nonnulla habet sibi soli propria, quaedam vero cum communibus exemplaribus & non nobiscum.“ (ebd., 862). Diese Passage wird auch zitiert in: J.J. Wettstein (ed.), Novum Testamentum Graecum editionis receptae cum lectionibus variantibus [...], vol. II, Amsterdam 1752, 746. F. Delitzsch, Handschriftliche Funde, 2. Heft, Neue Studien über den Codex Reuchlins und neue textgeschichtliche Aufschlüsse über die Apokalypse aus den Bibliotheken in München, Wien und Rom. Nebst einer Abhandlung von S.P. Tregelles, Leipzig 1862, iv. Ähnlich später auch Bousset: „Es zerfallen die Minuskeln zur Apc. wesentlich in zwei Gruppen, die man als Andreas- und Arethasgruppe bezeichnen kann.“ (W. Bousset, [Rezension über] F.H.A. Scrivener, Adversaria critica sacra with a short explanatory introduction, Cambridge 1893, ThLZ 26 (1894), 656–658, hier: 658) B. Aland/K. Aland/J. Karavidopoulos/C.M. Martini/B.M. Metzger (Hgg.), Novum Testamentum Graece, 28. revidierte Auflage (hg. vom Institut für Neutestamentliche Textforschung Münster/Westfalen unter der Leitung von H. Strutwolf), Stuttgart 1993. Zu den beiden Textformen vgl. die Einführung, 23*. „Αρ ist also ein Mischtext, in dem die K-Lesarten bei weitem das Übergewicht haben. Der KTyp ist nur wenig durch Αν-Lesarten oder Sonderfehler verändert.“ (Schmid, Apokalypsetext des Arethas, 7). Daher können die Arethas-Hss. auch als Untergruppe des K-Textes dargestellt werden, vgl. J. Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes, II: Die alten Stämme, München 1955, 27.
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Da diese Begriffsbildung damals aber noch nicht vorhanden war, bezeichnete man den K-Text wegen seines Vorkommens bei Arethas als „Text des Arethas“. So lautete die Frage in damaliger Terminologie, ob die Apk der CP dem Arethas- oder dem Andreas-Text angehört.19 Heute würde man es als Alternative zwischen Koine-Text und Andreas-Text bezeichnen, den Begriff „Arethas-Text“ hingegen speziell für den Wortlaut der Hss. mit ArethasKommentar reservieren, da dieser Wortlaut wenige, aber typische Abweichungen vom K-Text zeigt. Auch wenn Morel hier von seinem Editionstext, also dem tatsächlichen Arethas-Text ausgeht, belegen die von ihm aufgeführten Stellen also aus heutiger Sicht vor allem eine gewisse Verwandtschaft zwischen dem Apk-Text der CP und dem der K-Überlieferung – zumindest scheinbar. Denn zum anderen ist dieser Schluss auch inhaltlich fragwürdig. So kommt Ch.F. Matthaei zu einem entgegengesetzten Ergebnis und ordnet die Apk der CP nicht dem K-Text, sondern dem Αν-Text zu: „Complutensis certo certius ex Andreae exemplo sed satis bono expressa est“.20 Wie ist so eine Diskrepanz in der Beurteilung möglich? Tatsächlich zeigt heute ein Vergleich zwischen K-Text und Αν-Text,21 dass die CP an den differierenden Stellen zu etwa gleichen Teilen mal mit K und mal mit Αν geht.22 Aber in der Stellenauswahl von Morel überwiegen die Übereinstimmungen zwischen K und CP deutlich; offenbar legte Morel selbst den Schwerpunkt seiner Auflistung auf Stellen, an denen der Text seiner Ausgabe (Arethas, also meist K) in seinen Abweichungen vom TR die Unterstützung der CP hat. Denn im Kontrast dazu existieren auch zahlreiche Stellen unter den Abweichungen des Arethas-Textes vom TR, an denen die CP auf der Seite der TR-Lesart und des Αν-Textes steht, gegen den Text des Arethas und der Koine – doch werden sie von Morel seltener genannt. Die Motivation für Morels Stellenauswahl war anscheinend 19 20 21
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Vgl. die Argumentation von F. Delitzsch, Fortgesetzte Studien zur Entstehungsgeschichte der complutensischen Polyglotte, Leipzig 1886, 37. Nach Delitzsch, Fortgesetzte Studien, 37, dort leider ohne Quellenangabe zu Matthaei. Für die Zuordnung von Lesarten zu den beiden Textformen dienen im vorliegenden Beitrag primär folgende Quellen, unterstützt durch eigene Kollationen: für den Αν-Text die Edition von Schmid inklusive Apparat für die Untergruppen (J. Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes, I/2: Text, München 1955), und für den K-Text der Apparat von Hodges-Farstad (Z.C. Hodges/A.L. Farstad (edd.), The Greek New Testament according to the Majority Text, 2. Auflage, Nashville 1985), dessen Angaben eine Zusammenfassung der großen Ausgabe von Hoskier (s. Anm. 32) darstellen und den K-Text als Ma verzeichnen. Da die Wortlaute von K und Αν noch nicht völlig gesichert vorliegen (s. vorige Anm.), können hier keine endgültigen Zahlen genannt werden. Eine erste Durchsicht des vorläufigen Materials ergab etwa 49% Übereinstimmungen mit Αν, 47% Übereinstimmungen mit K und 3% Drittlesarten (bei über 600 Differenzen zwischen K und Αν). Näheres zu der vom ApkText der CP wiedergegebenen Textform s. Abschn. 8.
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sein Bestreben, angesichts der Abweichungen seiner Arethas-Edition vom damals etablierten und angesehenen TR seine eigene Textfassung als gut begründet darzustellen und dem Eindruck vorzubeugen, er habe als Herausgeber den Text leichtfertig emendiert.23 Diese tendenziöse Stellenauswahl erweckt infolgedessen den Anschein, die CP stünde insgesamt seinem ArethasText (bzw. K) deutlich näher als dem TR (und so dem Αν-Text)24 – im Unterschied zu den realen Verhältnissen. Somit kann Morels Zusammenstellung nachfolgende Forscher leicht auf eine falsche Spur führen. 2.2. Die Einschätzung durch Delitzsch und ihre Tücken So ordnet Delitzsch den CP-Text dem Arethas-Text (gemeint: K) zu und widerspricht ausdrücklich der Zuordnung zum Αν-Text durch Matthaei. Er argumentiert zunächst, dass die Lesart der CP in Apk 22,6 των πνευµατων των προφητων „die des Arethas“ sei (d.h. auch K-Text), während der Αν-Text των αγιων προφητων liest.25 Dann zieht er als Maßstab für Zugehörigkeit zum ΑνText vier Lesarten in Cod. Vat. 656 (das ist Minuskel 2036)26 heran und stellt fest, dass diese Αν-Handschrift an allen diesen Stellen (Apk 1,1.2.5.6) vom CP-Text abweicht.27 Doch wissen wir heute, dass der Αν-Text sehr uneinheitlich überliefert ist und daher durch einzelne Exemplare kaum repräsentiert werden kann; so unterteilt J. Schmid die Αν-Hss. in zwölf Untergruppen, und
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Denn er schreibt zu Apk 6,7f: „Idcirco contenti aliquot annotasse loca, ne nostra temeritate putaremur immutasse, reliqua silentio praeteriuimus.“ (Henten/Morel II, 862). Aus heutiger Sicht wäre es natürlich überflüssig, seine K-Lesarten, die doch von zahlreichen Hss. bezeugt sind, mit Hinweis auf ihre Übereinstimmung mit der CP zu rechtfertigen. Der TR kann zwar grob dem Αν-Text zugeordnet werden, aufgrund aller Passagen, die Erasmus unverändert aus seiner Vorlage 2814 übernommen hat, sofern sie zu keinem späteren Zeitpunkt redigiert wurden. Aber diese Αν-Grundlage wird verfremdet durch lateinische Rückübersetzungen, interpolierte Lesarten aus der CP und weitere Abweichungen, die in den gedruckten Text Eingang fanden. Sie machen den TR insgesamt zu einem Mischtext, der gegenüber der handschriftlichen Überlieferung singulär ist. Näheres hierzu bei Müller, Abschriften, 171. Delitzsch, Fortgesetzte Studien, 37. Die Identifizierung der von Delitzsch genannten Codices mit den heutigen Handschriftennummern ist möglich durch die Übereinstimmung in Aufenthaltsort und Signatur, nach K. Aland (Hg.), Kurzgefaßte Liste der griechischen Handschriften des Neuen Testaments, 2., neubearbeitete und ergänzte Auflage (ANTF 1), Berlin/New York 1994, unterstützt durch die Konvertierung der damaligen, auch von Scrivener und Hoskier benutzten Handschriftennummern. Delitzsch, Fortgesetzte Studien, 37.
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diese weichen nicht selten voneinander ab.28 Tatsächlich handelt es sich in den ersten beiden von Delitzsch genannten Fällen gerade nicht um typische ΑνLesarten, sondern um Sonderlesarten der Untergruppe i, der die besagte 2036 angehört. Die CP liest an diesen Stellen zwar gegen i, aber stimmt mit dem eigentlichen Αν-Text überein.29 In den beiden anderen Fällen geht die CP tatsächlich mit K gegen Αν.30 Schließlich zieht Delitzsch Vaticana Palat. 346 (Minuskel 2067) als weitere Αν-Handschrift heran und bemerkt, dass ihre Lesart εµβληθη in Apk 20,15 gegen die CP steht. Doch wiederum handelt es sich um eine Sonderlesart, hier der Untergruppe d, der 2067 angehört. Demgegenüber liest die CP mit Αν und K εβληθη. Seine Argumente, um die CP dem K-Text gegen Αν zuzuordnen, sind also zur Hälfte unzutreffend (Apk 1,1.2; 20,15), weil der Wortlaut des Αν-Textes damals nur ungenau bekannt war und textgeschichtlich in den jeweiligen Hss. stark variiert. Die herangezogenen Codices geben den eigentlichen Αν-Text nur unzureichend wieder, weswegen ihr Zeugnis nur bedingt aussagekräftig ist. Zwar nimmt Delitzsch dieses Problem bei Matthaei wahr, indem er schreibt: „Die Behauptung Matthäi’s [...] beruht auf Unkenntniss des charakteristisch Verschiedenen im Andreas- und Arethas-Text“,31 er ist sich aber offenbar nicht bewusst, dass seine eigene Argumentation unter dem gleichen Mangel leidet. Da dies aber auch an der damals noch unbekannten Uneinheitlichkeit der ΑνÜberlieferung liegt, ist es weniger Delitzsch als dem damaligen Forschungsstand anzulasten. Wenn seine Argumentation für die andere Hälfte der genannten Stellen zutrifft (Apk 1,5.6; 22,6), so beweist das nur, dass der CPText teilweise von Αν abweicht, aber nicht, dass er insgesamt mit K (seinem Arethas-Text) identisch wäre. So muss Delitzschs Versuch, den CP-Text dem Arethas bzw. K zuzuordnen, aus heutiger Sicht als ebenso misslungen bezeichnet werden wie derjenige von Morel. Fazit: Es war die mangelnde Kenntnis der existierenden Apk-Textformen und ihrer Wortlaute, die damals, besonders in der Zeit vor Hoskiers großer
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Hier und im Folgenden werden die Bezeichnungen verwendet, die Schmid für die 12 Untergruppen des Αν-Textes eingeführt hat: a b c d e f g h i l m n (Schmid, Studien II, 26). Zur Uneinheitlichkeit des Αν-Textes: „Der K-Text ist außerordentlich geschlossen überliefert [...] Für die Αν-Überlieferung dagegen ist die größte Zersplitterung bezeichnend.“ (J. Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes, I: Der Apokalypse-Kommentar des Andreas von Kaisareia, I/1: Einleitung, München 1956, 126). Apk 1,1 δια του αγγελου CP K Αν, δι αγγελου 2036 i. 1,2 τον λογον του Θεου CP K Αν, τον λογον 2036 i. Apk 1,5 λουσαντι CP K, λυσαντι Αν 2036 i. 1,6 βασιλειαν ιερεις CP K, βασιλεις και ιερεις Αν 2036 i. Delitzsch, Fortgesetzte Studien, 37.
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Ausgabe,32 eine sachgemäße Verwertung der Kollationen zur Einordnung des CP-Textes verhinderte. Denn man unterteilte die Masse der Minuskeln primär in nur zwei große Textformen (wobei deren Bezeichnung aus heutiger Sicht zusätzlich verwirrt). So konnte man vergeblich darüber streiten, ob der Text der CP dem Αν-Text oder dem K-Text (bzw. „Arethas“) angehört, und konnte so nur zu falschen oder unbefriedigenden Antworten kommen. Weil die Textformen der Apk-Hss. weitaus vielschichtiger sind, ging die damalige Fragestellung von falschen Voraussetzungen aus. 2.3. Boussets Entdeckung und Hoskiers Bezeichnung Erst Bousset erkannte Ende des 19. Jh., dass der CP-Text einer eigenen Handschriftenfamilie angehört, die neben K-Text und Αν-Text eine dritte Textform der Apk darstellt. Er benutzte dazu ein kleines Teststellensystem, das er auf Kollationen von Scrivener anwandte: „Von 44 Stellen, an denen die Andreasclasse Sonderlesarten hat, geht C. 26mal mit der Classe. An 16 von den übrigen Stellen wird die Classe jedesmal auch von der Gruppe 10. 17. 37. 49. 91. 96 im Stich gelassen. Die Verwandtschaft von C. mit dieser ist also zweifellos.“33 Die genannten Hss. lauten in heutiger Bezeichnung (aber Boussets Reihenfolge): 2821 35 432 2023 1957 2041. Später legte Bousset dann eine Gruppierung des gesamten Handschriftenbestands der Apk vor34 und hob die Verbindung zwischen der CP und der genannten Familie noch einmal hervor: „Mit dieser ist die editio Complutensis eng verwandt.“35 Bestätigt und auf eine breitere Grundlage gestellt wurde Boussets Entdeckung schließlich durch Hoskier, der für seine große Apk-Ausgabe nahezu alle damals zugänglichen Apk-Handschriften kollationierte, verzeichnete und gruppierte und somit auch mehr Klarheit in die verschiedenen Textformen und Handschriftenfamilien brachte.36 Hoskier war es auch, der dieser neu entdeckten Familie – aufgrund ihrer textlichen Nähe zur CP – als Erster die 32 33 34
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H.C. Hoskier, Concerning the Text of the Apocalypse. Collations of all Existing Available Greek Documents with the Standard Text of Stephen’s Third Edition, 2 vols., London 1929. Bousset, Adversaria, 658. W. Bousset, Die Offenbarung Johannis, Göttingen 1906, 151–155. Er nennt dort die großen Textformen (bei ihm „Classen“) K und Αν, und als zusätzliche Gruppen 79-28-80-73-99 (heute: 2036 2015 2037 2034 88, das ist Schmids Αν-Untergruppe i – bemerkenswerterweise vom übrigen Αν-Text unterschieden), die Gruppe 35-87-121-68-151-34 (heute: 2018 172 250 2032 2058 424, also Familie 172), die Gruppe 7-16-39-45-69 (heute: 104 336 1918 459 628, also Familie 104) und wieder die oben schon genannte CP-nahe Gruppe, der er noch 2061 und 1075 (seine Nr. 154 und 161) mit Fragezeichen hinzufügt. Ebd., 151. Hoskier, Text.
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Bezeichnung „Complutensian family“ gegeben hat37 (obwohl die Handschriften dieser Familie natürlich schon Jahrhunderte vor der Complutensis existierten). J. Schmid nennt sie entsprechend „Complutenser-Gruppe“;38 mit ihm wollen auch wir die Textform dieser Handschriften im Folgenden mit „Compl“ abkürzen – nicht zu verwechseln mit „CP“, dem gedruckten Text der Complutensis. So viel an dieser Stelle zur Frage nach der Textform der Apk in der Complutensis (näheres dazu ab Abschn. 5). Somit können wir uns jetzt der Frage nach den Einzelhandschriften zuwenden, die als Vorlage für den Druck benutzt oder umgekehrt vom Druck abgeschrieben wurden.
3. Die bisherige Unklarheit korrelierender Handschriften – und ihre Ursachen Während die Handschriften, die dem CP-Druck des hebr. AT, der LXX und der Vulgata zugrunde liegen, ermittelt und untersucht werden konnten,39 ist diese Aufgabe für das griechische NT der CP wesentlich schwieriger. Von dessen Herausgebern wissen wir, dass die benutzten NT-Handschriften aus der apostolischen Bibliothek des Vatikans stammten, doch werden sie nicht näher beschrieben.40 Zwar hat Zúñiga an anderer Stelle ausdrücklich von einer benutzten Vorlage-Hs. gesprochen, dem so genannten „Codex Rhodiensis“.41 Doch dieser enthielt nicht die Apk, sondern nur Apg und Kath. Briefe42 und gilt heute als verschollen.43
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Hoskier, Text I, xxxiii. Schmid, Apokalypsetext des Arethas, 51, sowie Studien II, 28. Vgl. J.H. Bentley, New Light on the Editing of the Complutensian New Testament, BHR 42 (1980), 145–156, hier: 145. Der Prolog „Precedens Greca prefatiuncula in latinum versa“ zu Beginn des NT informiert uns: „non quevis exemplaria impressioni huic archetypa fuisse: sed antiquissima emendatissimaque: ac tante preterea vetustatis: ut fidem eis abrogare nefas videatur: Que [...] Leo decimus pontifex maximus, huic instituto favere cupiens ex apostolica bibliotheca educta misit.“ (CP, vol. 5, ohne Seitenzahl, Abkürzungen aufgelöst). Obige Interpretation dieser Prolog-Passage wird infrage gestellt von: Scrivener, Introduction II, 178, dagegen aber Metzger, Der Text, 98, Anm. 8. Bentley, New Light, 146. F. Delitzsch, Studien zur Entstehungsgeschichte der complutensischen Polyglotte, Leipzig 1871, 30: „Er enthielt die paulinischen und katholischen Briefe.“ Delitzsch, Studien, 31–32. Vgl. die Aussage von Scrivener: „The only one of the Complutensian codices specified by Stunica, the Cod. Rhodiensis (Act. 52), has entirely disappeared“ (Scrivener, Introduction II, 179).
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So stellt sich die Frage nach den als Vorlage für das griechische Neue Testament der CP verwendeten Einzelhandschriften. Es ist vor allem Delitzsch, der dieser Frage nachgegangen ist. Er beschreibt mehrere mögliche Kandidaten für den CP-Text des NT,44 von denen in Bezug auf die Apk drei infrage kommen. 3.1. Delitzsch und 2821 (Cambridge, Univ. Libr., Dd. 9.69) Zu Codex Mori, in heutiger Bezeichnung 2821, schreibt Delitzsch: „Die Uebereinstimmung dieses Textes der Apokalypse mit dem complutensischen ist wirklich frappant“. Um dies zu begründen, gibt er eine „Probe der Lesarten, in welchen Cod. Mori und Complutensis zusammengehen“45; sie werden im Folgenden analysiert. Allerdings basieren diese von ihm genannten Lesarten (14 von ihm gefundene und 15 von Mill übernommene) wie damals üblich auf Kollationen gegen den TR und besitzen daher nur begrenzte Aussagekraft. Denn in der Apk repräsentiert der TR – anders als im übrigen NT – nicht die große Mehrheit der Hss., sondern überwiegend den Αν-Text (d.h. weniger als die Hälfte der Hss.), manchmal sogar kaum bezeugte Sonderlesarten (vgl. Anm. 24). Daher stößt die Kollation einer Apk-Hs. erwartungsgemäß auf zahlreiche Abweichungen vom TR, ohne dass diese etwas über den Charakter der Hs. aussagen. So finden sich Lesarten, in denen eine Handschrift mit der CP gegen den TR liest, zuhauf, ohne dass sich daraus eine nähere Verbindung zwischen dieser Hs. und der CP ableiten ließe. Tatsächlich zeigt eine Analyse der von Delitzsch genannten 29 Stellen (meist 2821 mit CP gegen TR)46, dass diese zum großen Teil nur Unterschiede zwischen dem Αν-Text und dem K-Text betreffen (22 Fälle), oder gar zwischen dem gedruckten TR und der Mehrheit der Handschriften (5 Fälle). Nur in zwei Fällen steht die Übereinstimmung zwischen CP und 2821 auch gegen K und Αν und drückt somit nähere Verwandtschaft zwischen beiden aus (Apk 1,2b α χρη und 1,13 µαζοις). Hier handelt es sich um eine gemeinsame Zugehörigkeit zur Jahre später von Bousset entdeckten Handschriftenfamilie (Compl). Doch keine einzige der aufgeführten Stellen zeigt eine Übereinstimmung von 2821 mit CP gegen diese Familie; seine Aussagen über 2821 treffen also auch auf zahlreiche andere Hss. zu. Letztlich gibt Delitzsch zu, dass es sich bei 2821 wohl nicht um die Vorlage selbst oder eine Kopie der CP
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Ausführlich in den schon genannten Schriften von Delitzsch: Studien (1871), und: Fortgesetzte Studien (1886). Delitzsch, Studien, 33. Ebd. Nur an einer dieser Stellen (Apk 21,1) geht der TR mit 2821 CP.
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handelt, sondern nur um eine Hs. der gleichen Familie.47 Doch ahnte er wohl nicht den Umfang dieser Familie, sonst hätte er die Fragestellung, ob der CPText dem Arethas oder dem Andreas zuzuordnen sei (vgl. Abschn. 2.2.), nicht weiter verfolgt. Seine verfehlte Zuordnung zum Arethas-Text (also K-Text) erklärt auch seine Fehleinschätzung, die Scholien am Rand von 2821 dem Arethas-Kommentar zuzuschreiben.48 In Wirklichkeit stammen sie aus dem Andreas-Kommentar (wie bei vielen Hss. der Compl-Familie, s.u. Abschn. 6.4.). 3.2. Delitzsch und 429 (Wolfenbüttel, Herz. Aug. Bibl., Codd. Aug. 16.7.4°) Bezugnehmend auf die o.g. Lesarten der 2821 kommt Delitzsch dann zum nächsten Kandidaten, Minuskel 429:49 „In fast allen den oben registrirten Fällen stimmt auch Guelpherbytanus C (Apoc. 30, Matthäi’s x der Apok.) mit der Complutensis überein [...] Die beiden Codices sind also mit dem complutensischen Text der Apokalypse gleichmässig versippt.“50 Nun wissen wir heute, dass diese Handschrift 429 zum K-Text gehört,51 also nicht zum Texttyp der 2821; die beiden Codices sind also keineswegs mit dem CP-Text gleichermaßen verwandt. Wie konnte es zu diesem Fehlschluss kommen? Grund ist vor allem ein unglückliches Zusammentreffen der verwendeten Kollationsbasis mit dem speziellen Textcharakter der CP. Dies beginnt schon mit den oben in Abschn. 3.1. betrachteten Lesarten der 2821. Denn die Textform der ComplHandschriften, zu der 2821 CP gehören, ist zu etwa gleichen Teilen aus K und
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„Immerhin finden sich von Mill bei fast durchgängiger Uebereinstimmung beider solche Varianten notirt [...], welche den Gedanken nicht aufkommen lassen, dass diese Apokalypse aus Complutensis abgeschrieben sei, aber die Familienverwandtschaft ist eine so enge, dass wir auf diesen Cod. Mori noch öfter zurückkommen werden.“ (ebd., 34). Delitzsch, Studien, 33: „mit einigen Randscholien des Arethas“. Der Apk-Teil von 429 wurde kürzlich in 2921 umbenannt; doch um Verwechslungen in vorliegendem Kontext zu vermeiden, wird hier ausnahmsweise noch die alte Bezeichnung verwendet. Zur Begründung dieser Umbenennung: U. Schmid, Die Apokalypse, überliefert mit anderen neutestamentlichen Schriften – eapr-Handschriften; im vorliegenden Sammelband, 428. Delitzsch, Studien, 34. Vgl. auch: „der Text der Apokalypse ist allerdings durchaus gleicher Sippe mit dem complutensischen und steht hierin auf gleicher Linie mit dem Cod. Mori.“ (ebd., 32–33). Schmid, Studien II, 27. Innerhalb des K-Textes wird die Hs. dort zur Untergruppe 385429/2921-522-1849-1955-2349/1795 gezählt. Diese Untergruppe beschreibt er genauer in: J. Schmid, Untersuchungen zur Geschichte des griechischen Apokalypsetextes. Der K-Text, Bib. 17 (1936), 11–44, 167–201, 273–293, 429–460, hier: 30–38.
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Αν-Lesarten zusammengesetzt und zeigt nur selten eine dritte Lesart (s.u. Abschn. 8.4.); die verwendete Kollationsbasis (TR) hingegen entspricht primär dem Αν-Text, vermischt mit Sonderlesarten (vgl. Anm. 24). Unter diesen Voraussetzungen ergeben sich im Vergleich dieser Texte hauptsächlich drei Konstellationen von Lesarten: a) 2821 K gegen Αν TR, b) 2821 Αν TR gegen K, c) 2821 K Αν gegen TR-Sonderlesart. Nun umfasst die Kollation von Delitzsch, indem er von seiner oben in Abschn. 3.1. beschriebenen Liste ausgeht, nur Stellen, an denen 2821 vom TR abweicht, da seine Stellenauswahl durch Kollation von 2821 gegen den TR entstanden ist. Die Möglichkeit b) kommt also in Delitzschs Kollation kaum vor. In den anderen beiden Konstellationen aber sehen wir 2821 (somit meist auch Compl CP) stets in Übereinstimmung mit K. Als Folge dieses Umstands besteht Delitzschs Liste (2821 vs. TR) hauptsächlich aus Stellen, an denen 2821 K gegen den TR liest. Unter diesen Umständen wird eine K-Hs. wie 429 natürlich fast immer mit 2821 übereinstimmen; das liegt aber nicht an einer Verwandtschaft zwischen 429 und 2821, sondern an der beschriebenen Stellenauswahl. Denn die Fälle der Kategorie b), in denen 429 K von 2821 Compl CP abweicht, kommen in dieser Stellenliste kaum vor, so dass der falsche Eindruck einer Verwandtschaft zwischen 429 und CP entsteht. Daher ist Delitzschs Feststellung, in „fast allen“ Fällen, in denen 2821 mit der CP vom TR abweicht, würde dies auch für 429 zutreffen, zwar im Rahmen seiner Stellenauswahl richtig. Aber sie gilt dort nicht nur für Minuskel 429, sondern für alle Mitglieder der Compl-Gruppe und noch für die ca. 80 Handschriften des K-Typs, somit für etwa die Hälfte der Gesamtüberlieferung. Dieser Befund ist also nicht signifikant; bei etwa jeder zweiten Apk-Hs. wäre er zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Das Problem liegt darin, dass Delitzsch die 429 nur dort betrachtet, wo 2821 vom TR abweicht. Hätte er auch 429 selbst (oder eine andere K-Handschrift) gegen den TR kollationiert, dann hätte er zahlreiche vom TR abweichende K-Lesarten an Stellen gefunden, an denen 2821 CP mit TR Αν, aber gegen 429 K lesen. Doch durch das von Delitzsch angewandte Vorgehen blieben diese vielen Differenzen zwischen 429 und CP verborgen. Konkret: Wenn Delitzsch schreibt, „in fast allen [...] Fällen“ würde die Übereinstimmung zwischen 2821 und CP auch für 429 gelten, so sind das 24 der (oben in Abschn. 3.1.) genannten 29 Fälle. Außerdem fügt Delitzsch mit Apk 1,8 und 17,8 noch zwei Stellen hinzu, an denen 429 sich ebenfalls wie 2821 verhält.52 An diesen somit 26 von 31 Stellen geht 429 aber nicht nur mit 52
Delitzsch, Studien, 34.
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der CP und ihrer Familie, sondern immer auch mit den vielen K-Zeugen gegen den TR. Daher sind es gerade die restlichen fünf Fälle, in denen sich zeigen würde, ob 429 auch dort mit der CP geht, wo K dies nicht tut. An diesen Stellen würde sich eine engere Verbindung zwischen 429 und der CP erweisen – aber in allen diesen Fällen stimmt 429 nicht mit der CP, sondern mit K überein.53 Fazit: Aufgrund der einseitig ausgewählten Stellen, in Verbindung mit der Textzusammensetzung der Compl-Gruppe, finden sich in Delitzschs Auflistung nur wenige signifikante Stellen, um die CP-nahen Zeugen von den K-Hss. zu unterscheiden. Im Falle der 429 wurden gerade diese Stellen vernachlässigt, indem die Vielzahl der übrigen scheinbar als ausreichend angesehen und die Unausgewogenheit ihrer Auswahl übersehen wurde. Daher ist sein Urteil über 2821 noch zutreffend, das über 429 jedoch verfehlt. 3.3. Delitzsch und 432 (Vatikanstadt, Bibl. Vat., Vat. gr. 366) Den Codex Vaticanus Praxapostolos 366, also Minuskel 432, präsentiert Delitzsch dann als diejenige Handschrift, die am ehesten als Vorlage für die Apk in der CP gedient haben könnte:54 „Es gibt unter allen bekannten Handschriften der Apokalypse keine, welche gleichen Anspruch machen könnte als Quelle der Complutensis zu gelten, wie Vat. 366.“55 Als „Beweis“ für die Nähe zur CP führt er 15 Stellen aus Apk 4 und 17 Stellen aus Apk 21 an,56 wieder auf Basis des TR; sie sind aus heutiger Sicht folgendermaßen zu bewerten. Von den 32 Stellen sind 7 abzuziehen, weil an ihnen 432 nicht mit der CP liest (sie wurden von Delitzsch wohl nur interessehalber erwähnt),57 und 16 nahezu bedeutungslos, weil an ihnen 432 und CP mit der Mehrheit der Hss. () gegen den TR allein bzw. einen Bruchteil der Αν-Überlieferung 53
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Apk 1,2b (και ατινα εισι και α χρη γενεσθαι µετα ταυτα 2821 CP, και ατινα εισι και ατινα χρη γενεσθαι µετα ταυτα Αν, Auslassung 429 K TR), 1,13 (µαστοις 429 K Αν TR, µαζοις 2821 CP), 16,1 (+ και vor εκχεατε 429 K TRSt+Elz, – και 2821 Αν CP), sowie die beiden auch von Delitzsch genannten Fälle 17,17 (τελεσθωσιν 429 K, τελεσθη TR, τελεσθησονται 2821 Αν CP), und 21,1 (απηλθον 429vid K, παρηλθε 2821 Αν TR CP). „[...] so gibt es unter den Handschriften des Vatican einen Praxapostolos, welcher die Quelle für Acten, Briefe und Apokalypse oder doch ein Bestandtheil des kritischen Apparats für diese neutest. Schriften gewesen sein könnte. Es ist Cod. 366 (Act. 72. Paul. 79. Apoc. 37), auf ungeglättetes unfeines Papier in einer Cursivschrift geschrieben, welche frühestens dem 15. Jahrh. angehört ...“ (Delitzsch, Fortgesetzte Studien, 35–36). Ebd., 38. Ebd., 36–37. Apk 4,6 υαλινη 432, υελινη CP; 4,8 και τα τεσσαρα ζωα 432, και τεσσαρα ζωα CP; 4,8 αγιος 3× 432, αγιος 9× CP; 4,9 δωσι 432, δωσει CP; 4,10 βαλουσι 432, βαλλουσι CP; 21,12 εχουσα 2× 432, εχουσαν 2× CP; 21,20 αµεθυσος 432, αµεθυστος CP.
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gehen.58 Hier wird also primär der den meisten Textzuständen gemeinsame Widerspruch zu Erasmischen Sonderlesarten widergespiegelt, der mehr über die Beschaffenheit des TR als über den kollationierten Text aussagt. Doch 6 der von ihm genannten Stellen haben immerhin eine begrenzte Aussagekraft, da sie eine Differenz zwischen K und Αν betreffen, aber mit dem schon in 3.2. beschriebenen Mangel (432 immer mit K).59 Schließlich bleiben 3 Stellen von wirklicher Bedeutung übrig: In Apk 21,16 liest 432 mit der CP vor το µηκος die Worte δωδεκα χιλιαδων δωδεκα, während der TR mit Αν das zweite δωδεκα auslässt und K das erste δωδεκα durch δεκαδυο ersetzt. In 21,18 lesen 432 Kpart. CP οµοιον υελω, aber Kpart. οµοιον υαλω und Αν TR οµοια υαλω. An diesen beiden Stellen werden 432 CP jedoch von der Compl-Familie begleitet, der noch ca. 40 andere Handschriften angehören (s. Abschn. 6), die somit dort ebenfalls größtenteils mit der CP lesen. Durch Aufzählung solcher Fälle wird also noch keine unmittelbare Nähe zwischen 432 als Einzelhandschrift und dem gedruckten Text der CP nachgewiesen, sondern nur eine gemeinsame Familienzugehörigkeit, und diese auch nur andeutungsweise (mit nur zwei Stellen). Die dritte und letzte Stelle ist Apk 21,20: Hier liest 432 mit CP υακινθινος gegen die Mehrheit von K Αν TR und Compl, die einheitlich υακινθος bezeugen. Dies ist also ein ernstzunehmender Hinweis. Erfolgversprechender scheint Delitzschs Hinweis auf eine Transkription des ganzen Kapitels Apk 22 durch H. Scharling zu sein, die nur zwei Differenzen zwischen 432 und der CP ergeben haben soll:60 Apk 22,8 δεικνυντος 432 vs. δειγνυντος CP (Druckfehler), und 22,16 – του (vor ∆αυιδ) 432 vs. + του CP. Eine Überprüfung ergibt zwei weitere Differenzen: Apk 22,1 κρυσταλον 432 vs. κρυσταλλον CP, und 22,10 εστιν 432 vs. εστι CP (Druckfehler). Da ein ganzes Apk-Kapitel zahlreiche Differenzen zwischen K und Αν 58
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Apk 4,3 + και ο καθηµενος ην TR, – 432 CP; 4,3 σαρδινω TR, σαρδιω 432 CP; 4,4 + εσχον (vor επι τας κεφαλας) TR, – 432 CP; 4,5 βρονται και φωναι TR, φωναι και βρονται 432 CP; 4,6 θαλασσα TR Ανpart., ως θαλασσα 432 K Ανpart. CP; 4,8 εν καθ εαυτο ειχον TR, εν καθ εν αυτων εχον 432 Ανpart. CP, εν καθ εν εχον K, εν καθ εν αυτων εχων Ανpart.; 4,8 εσωθεν γεµοντα οφθαλµων TR, εσωθεν γεµουσιν οφθαλµων 432 CP; 4,11 Κυριε TR, ο Κυριος και ο Θεος ηµων ο αγιος 432 K CP, Κυριε ο Θεος ηµων Αν; 4,11 την τιµην και δυναµιν (von F.D. benutzte Ausgabe), την τιµην και την δυναµιν 432 CP TR; 21,11 και ο φωστηρ Ανpart. TR, ο φωστηρ 432 K Ανpart. CP; 21,14 εν αυτοις TR, επ αυτων 432 CP; 21,16 + τοσουτον εστιν (vor οσον), – 432 CP; 21,16 οσον και TR, οσον 432 CP; 21,21 υαλος διαφανης TR, υελος διαυγης 432 Κ CP, υαλος διαυγης Αν; 21,24 και τα εθνη των σωζοµενων εν τω φωτι αυτης περιπατησουσι TR, και περιπατησουσι τα εθνη δια του φωτος αυτης 432 CP; 21,27 κοινουν TR, κοινον 432 CP. Apk 4,5 + τα (vor επτα πνευµατα) Αν TR vs. – τα 432 K CP; 21,13 ανατολης Αν TR vs. ανατολων 432 K CP; 21,13 απο (3×) Αν TR vs. και απο (3×) 432 K CP; 21,15 ειχε καλαµον Αν TR vs. ειχε µετρον καλαµον 432 K CP; 21,15 + και το τειχος αυτης Αν TR vs. – και το τειχος αυτης 432 K CP; 21,16 σταδιων Αν TRpart. vs. σταδιους 432 K TRpart. CP. Delitzsch, Fortgesetzte Studien, 37.
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enthält, ist mit dieser geringen Zahl an Abweichungen bewiesen, dass 432 und CP demselben Texttyp angehören und womöglich auch innerhalb dieser Familie ein enges Verhältnis zueinander haben. Ferner erwähnt Delitzsch, dass bei einer Teilkollation dieses Kapitels der Cod. Vat. 1209 (das ist Minuskel 1957 als Supplement zu 03) auch relativ wenige Abweichungen von der CP zeigt, jedoch mehr als 432.61 Allerdings ist die geringe Anzahl von Differenzen zwischen 432 und der CP in Apk 22 kein so stichhaltiges Indiz, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn wir werden sehen, dass zu dieser CP-nahen Handschriftenfamilie (Compl) ungefähr 40 weitere Handschriften gehören, von denen die meisten den Text ihrer Familie sehr getreu kopieren (Abschn. 6). Diese Textform weicht in Apk 22 nur dreimal von der CP ab, an einer vierten Stelle (Apk 22,1 κρυσταλ[λ]ον) ist sie geteilt – und dies sind genau die o.g. vier Differenzen zwischen 432 und CP. Mit anderen Worten: 432 zeigt an keiner Stelle innerhalb von Apk 22 eine Abweichung vom durchschnittlichen Wortlaut dieser Textform und ist somit dem CP-Wortlaut nicht näher als andere Mitglieder dieser Familie. Um nur zwei Beispiele herauszugreifen: 1637 zeigt in diesem Kapitel lediglich drei Differenzen zur CP, und 1865 vier. Letztere ist in Apk 22 sogar mit 432 buchstäblich identisch. Und obwohl 1637 und 1865 in Apk 22 nur an einer Stelle (22,1) differieren, sind sie (wie wir in Abschn. 16 sehen werden) innerhalb dieser Familie nicht näher miteinander verwandt. Dieser Tatbestand verdeutlicht die außerordentliche Homogenität dieser Handschriftenfamilie und die dadurch verursachte Problematik unserer Aufgabe, in ihr bestimmte Einzelzeugen zu identifizieren. Insgesamt zeigen Delitzschs Kollationen trotz ihrer Schwächen wenigstens, dass 432 dem CP-Text nahe steht (ferner 1957 2821). Allerdings fällt es auf, dass sein Belegmaterial hierfür – am überzeugendsten Apk 21,20 und Apk 22 – sich hauptsächlich auf das Ende der Apk konzentriert (worauf wir in Abschn. 14 noch zurückkommen werden). Wenn Delitzsch daraufhin zu dem Schluss kommt, 432 würde von allen Apk-Handschriften vorrangig als Vorlage infrage kommen, so scheint das mit dem erbrachten Material zwar plausibel gemacht, aber noch nicht ausreichend bewiesen. Schließlich kommt noch ein Hinweis auf die Herkunft der Dokumente hinzu, die den Herausgebern der CP zur Verfügung standen: „wenn ihnen, wie sie in der griechisch-lateinischen Vorrede des N.T. sagen, Leo X wirklich neutestamentliche Handschriften der apostolischen Bibliothek geschickt hat, so wüsste ich nicht, welche andere als diese zwei es gewesen sein könnten [...]“62 61 62
Ebd. Delitzsch, Fortgesetzte Studien, 39. Die zweite Hs., die er erwähnt, ist Codex Vat. 1158, also Minuskel 140, eine Evangelienhandschrift (ebd., 30–35). Zum Prolog vgl. Anm. 40.
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte
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Heute befinden sich drei Hss. der Compl-Gruppe in dieser vatikanischen Bibliothek: 432, 1957 und 2061 (s.u. Abschn. 6.1.). Doch die Frage der Vorlage muss durch Analyse des Textes beantwortet werden. 3.4. Neubeurteilung durch Hoskier Verantwortlich für die beschriebenen Unsicherheiten bei der Beurteilung von Handschriften waren die ungeeignete Kollationsbasis und die damals unzureichende Kenntnis der Handschriftenfamilien und der für sie charakteristischen Wortlaute (vgl. oben Abschn. 2.2.). Seit Hoskiers großer Ausgabe (s. Abschn. 2.3.) existierte eine bessere Grundlage zur Beantwortung der Vorlagenfrage. Nachdem Bousset 1906 zunächst sechs Handschriften (plus zwei mit Fragezeichen) als Mitglieder der CP-nahen Familie identifiziert hatte (s. Anm. 34), konnte Hoskier 1929 diese Anzahl auf 33 erhöhen.63 Doch Hoskier äußert sich skeptisch gegenüber der von Delitzsch als Vorlage favorisierten Minuskel 432 (bei Hoskier Nr. 37): „this MS. 37 was NOT used by Stunica for the press“.64 Er antwortet auf die Aussage von Delitzsch, von allen Hss. könnte 432 am ehesten die Vorlage für die Apk in der CP gewesen sein (s. Abschn. 3.3.): „This is again not so, as the Cambridge Apoc. 10 is nearer to it“.65 So verweist er auf 2821 (seine Nr. 10), schreibt aber: „Apoc. 10 is a MS. now at Cambridge [...] probably not used in 1513 by Stunica, yet it may be a sister will reveal itself to us later and fall in with this group, which will turn out to be Stunica’s exemplar.“66 Auf Hoskiers Hinweis bzgl. einer Schwester von Minuskel 2821 werden wir später noch zurückkommen (s. Abschn. 17.3–4.). Hoskier bietet dann eine Liste mit 34 Lesarten der CP, die nach dem damaligen Stand von keiner einzigen Hs. unterstützt werden,67 und kommt zu dem Fazit: „At first sight one might think that carelessness of printer and bad proof-reading or latinisms were responsible for all this. But, although, in one case [...] v. 7 fin. + βιβλιον may be from latin sources, yet others are distinctly not. No MS. at the end of our labours yields the above errors.“68 Nach Hoskiers Meinung ist also keine der ihm bekannten Apk-Handschriften mit der Vorlage der CP identisch. 63 64 65 66 67 68
Hoskier, Text I, 23, unter „Complutensian fam.“ Ebd., 87. Ebd. Ebd. Hoskier, Text I, 88. In 9.3. werden wir auf diese Liste zurückkommen, später folgen eigene Kollationen zu diesen Stellen (Abschn. 11–12). Ebd.
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Markus Lembke
J. Schmid, der mit seinen umfangreichen Untersuchungen zu den seinerzeit bekannten Apk-Handschriften die Ergebnisse von Hoskier im Allgemeinen noch übertrifft und aktualisiert, scheint der Frage nach der CP-Vorlage nicht weiter nachgegangen zu sein. Er begnügt sich bei seiner Beschreibung von Minuskel 432 mit dem Hinweis: „Vgl. zu dieser Hs, die man seit Fr. Delitzsch vielfach als Vorlage der Complutenser Polyglotte für den griechischen Apk-Text betrachtet, Hoskier I 86–89.“69 So muss die Frage nach der Apk-Vorlage der CP bis heute als ungeklärt gelten.70 Dieses Desiderat der Forschung erfordert eine neue, detaillierte Untersuchung des Complutensischen Apk-Drucks und seiner handschriftlichen Grundlage. 3.5. Die Frage nach Kopien der Drucke; Codex Ravianus (ω110) Ein wenig besser sieht es mit der Identifizierung von Abschriften gedruckter Texte aus. Bekanntlich gelten 296 1668 (=2909) 1894 (=2926) 1903 2049 2066 2072 2075 2136 2619 2669 als Abschriften von Ausgaben des gedruckten TR oder als teilweise von solchen Ausgaben beeinflusst (ferner 2116 als Kopie einer Arethas-Ausgabe).71 Nach ersten Auswertungen unserer Teststellenkollationen gehören auch 1775 1776 1777 in diese Reihe. Eine detaillierte Untersuchung dieser 14 Hss. auf dem neuesten Stand wird in diesem Sammelband publiziert.72 Dagegen ist als Abschrift der CP bisher nur der „Codex Ravianus“ bekannt geworden, der nach Wettsteins Nummerierung auch als ω110 bezeichnet wird73 und u.a. im Rahmen der Diskussion um das Comma Johanneum bekannt geworden ist. Wie Pappelbaum 1785 nachgewiesen hat, ist er eine komplette Abschrift des gedruckten NT der Complutensis, sogar mit Nach-
69 70
71
72 73
Schmid, Apokalypsetext des Arethas, 53. Die Aussagen Hoskiers, auf die Schmid hier hinweist, wurden oben bereits zusammengefasst. Bentley erwähnt in diesem Zusammenhang das Historische Nationalarchiv (AHN) in Madrid mit Katalogeinträgen von Handschriften (Bentley, New Light, 146, Anm. 5), fasst aber zusammen: „But in no case have modern scholars been able to show conclusively that a surviving manuscript served the Complutensian editors. Not for lack of effort, however!“ (ebd., 146). Vgl. u.a. Borger, NA26, 39–40. Vor kurzem wurden die entsprechenden Teile von 1668 und 1894 umbenannt in 2909 und 2926, zur Begründung s. Schmid, eapr-Handschriften, 429– 431, sowie im vorliegenden Beitrag Abschn. 6.2. Müller, Abschriften. Wettstein, Novum Testamentum I, 58–59: „110. Codex Joannis Ravii“.
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte
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ahmung ihrer Buchstabenformen und Akzentuierung.74 Delitzsch hat die Apk des Codex Ravianus kollationiert und gibt Beispiele seiner Lesarten.75 Diese bestätigen die Beobachtungen Pappelbaums und zeigen auch, dass der Codex nicht von einem der Nachdrucke der CP (Antwerpener oder Pariser Polyglotte) abgeschrieben sein kann; denn er kopiert noch fehlerhafte CP-Lesarten, die in jenen Nachdrucken korrigiert sind (vgl. unten 9.6.). Ferner zeigen die von Delitzsch angegebenen Lesarten geringe Einflüsse aus dem TR, aber an anderen Stellen als in jenen Nachdrucken. Demnach scheint der Codex Ravianus direkt aus einer originalen CP abgeschrieben zu sein, mit einzelnen Änderungen nach dem TR (evtl. durch Erinnerung des Kopisten?). Gregory führt den Ravianus daher mit einem entsprechenden Vermerk,76 und in der heutigen Handschriftenliste ist das Objekt nicht mehr berücksichtigt.77 Dies heißt jedoch nicht, dass der Ravianus die einzige handschriftliche Kopie der CP war und keine weiteren Kopien existieren. Das vorhandene Hss.-Material muss auch in dieser Hinsicht vollständig überprüft werden.
4. Zum Neuansatz der vorliegenden Untersuchung Dem in Abschn. 3.4–5. resümierten Erkenntnismangel in beiden Punkten – Vorlagen und Kopien des Apk-Drucks der CP – gilt es nun abzuhelfen. Dabei sollten die Ausführungen in Abschn. 2–3 nicht nur dazu dienen, Ergebnisse früherer Forschungen zu reflektieren und ihre Irrtümer aufzudecken, sondern auch aus ihren Fehlern zu lernen. Daher werden wir zunächst eine möglichst neutrale Auswahl an Teststellen zugrunde legen (Abschn. 5–7), dann die infrage kommenden Hss. an allen differierenden Stellen (CP vs. Compl) kollationieren (Abschn. 10–13) und die Ergebnisse zum Schluss mit Vollkollationen überprüfen (Abschn. 18–19). Um Vorlagen und Kopien der CP durch Analyse ihres Textes identifizieren zu können, müssen wir unterscheiden, aus welchen Quellen die Bestandteile stammen können, aus denen sich der gedruckte Wortlaut zusammensetzt. I. Elemente, die durch Eigenschaften der Vorlagehandschrift(en) bedingt sind, die bei der Textkonstitution der Edition benutzt wurde(n). 74
75 76
77
G.G. Pappelbaum, Untersuchung der Rauischen griechischen Handschrift des Neuen Testaments, Berlin 1785. Vgl. Delitzsch, Studien, 10–12, und Scrivener, Introduction I, 209, Anm. 1. Delitzsch, Studien, 11, Anm. 2. C.R. Gregory, Textkritik des Neuen Testaments, Bd. 1, Leipzig 1900, 153: „auszustreichen [...] Abschrift des N. T. aus der Complutensischen Polyglotte mit einigen Lesarten aus Erasmus und Estienne.“ Aland, Kurzgefaßte Liste.
52
Markus Lembke
Diese sind einzuteilen in: 1) allgemeine Lesarten der Textform, der die Handschrift angehört, 2) Lesarten der speziellen Untergruppe, der die Hs. innerhalb dieser Textform angehört, 3) individuelle Sonder- und Singulärlesarten, die die benutzte Einzelhandschrift aufweist, inklusive Orthographica, Schreibereigenheiten und Abschreibfehler, 4) ggf. Lesarten einer zusätzlichen Vorlage mit evtl. abweichender Textform. II. Elemente, die durch Aktivitäten der Herausgeber des gedruckten Textes bedingt sind. Diese sind einzuteilen in: 5) Auflösung der in den Handschriften vorkommenden Abkürzungen, vor allem der Nomina sacra und der Zahlenbezeichnungen, 6) editorische Textentscheidungen, Eingriffe oder Emendationen an Stellen, an denen die benutzte Vorlage unvollständig, unleserlich oder (tatsächlich oder vermeintlich) fehlerhaft ist,78 ggf. auch Anpassungen an die Vulgata oder Konflationen bei divergierendem Wortlaut mehrerer Quellen, 7) Versehen beim Lesen der handschriftlichen Vorlage, bei der Textkonstitution, bei der Erstellung der Druckvorlage oder in der Setzerei (Druckfehler), 8) ggf. mögliche Berücksichtigung früherer Grundtextausgaben.79 Aus diesen Elementen ergeben sich verschiedene Schritte zur Identifizierung der Apk-Vorlage der CP: basierend auf 1) die Bestimmung der grundsätzlichen Textform der CP, basierend auf 2) die Bestimmung der Untergruppe innerhalb dieser Textform, und basierend auf 3) die Bestimmung der Einzelhandschrift(en) innerhalb dieser Untergruppe.80 Falls im Sinne von 4) mehrere Vorlagen für den gleichen Textabschnitt parallel benutzt wurden, verkompliziert sich die Sachlage: Es wäre zu prüfen, ob Fremdeinflüsse von Zeugen mit 78
79 80
Die Versuche eines Herausgebers, den Text der Vorlagehandschrift an Stellen, die er für fehlerhaft hält, zu korrigieren, können gelingen und zu einem besser bezeugten Wortlaut führen; dann werden die Charakteristika der Vorlage im Druck teilweise verdeckt. Sie können aber auch misslingen und am Text der Überlieferung vorbeigehen; dann kreiert der Herausgeber ggf. Lesarten, die bis dahin keine handschriftliche Bezeugung hatten (oder die bestimmte Handschriften schon unabhängig von der Edition lasen – was dann zu falschen Schlüssen führen kann). Diese achte Quelle kommt natürlich nicht für die Editiones principes infrage, nur für spätere Ausgaben, worunter auch die überarbeiteten Nachdrucke der CP fallen (vgl. 9.6.). Die theoretisch naheliegende Reihenfolge – erst die Textform, dann die Untergruppe, dann die Einzelhandschrift zu bestimmen – werden wir nicht streng einhalten, da noch Wechsel im Verlauf des Apk-Textes zu beachten sein werden, die ein flexibles Vorgehen erfordern (vgl. Abschn. 14).
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte
53
abweichender Textform erkennbar sind; wenn hingegen mehrere Vorlagen derselben Textform benutzt wurden, könnten sie in solcher Vermischung evtl. kaum noch zu identifizieren sein. Während die Elemente 1–4 nicht nur die Vorlagen betreffen, sondern auch in den Kopien des Drucks wiederkehren, finden wir die Elemente 5–8 nur in den Kopien, da sie erst im Verlauf der Edition entstanden sind. Doch solange wir die Vorlage(n) nicht kennen, ist schwer zu unterscheiden, ob eine bestimmte Lesart aus der Vorlage oder aus dem Editionsprozess stammt. Denn das Abschreiben einer Handschrift hat durchaus Parallelen mit der Herstellung einer gedruckten Edition, wenn sich diese in der gängigen Praxis des 16. Jh. pro Textabschnitt hauptsächlich auf eine Handschrift stützt.
5. Der CP-Text im Verhältnis zu den Textformen der Apk-Handschriften 5.1. Die Teststellenmethode in der Apokalypse Die erste Frage bei der Identifizierung der gesuchten Handschriften ist: Welcher Textform bzw. Handschriftenfamilie81 gehören sie an? Eine bewährte Möglichkeit, entsprechende Verwandtschaften zu erkennen, ist die Teststellenmethode:82 Wir vergleichen den CP-Text an bestimmten Stellen mit allen existenten Apk-Handschriften und berechnen dann, wie viele Übereinstimmungen jede von ihnen mit dem gedruckten Text zeigt (geteilt durch die Anzahl der verglichenen Stellen, da diese bei unvollständigen Zeugen variiert). So kann ermittelt werden, welche Hss. dem Druck textlich am nächsten stehen. Hierzu dient im Folgenden ein Datensatz, der alle 290 Apk-Handschriften umfasst, die gegenwärtig (April 2014) bekannt und in ihrem Wortlaut zugänglich sind, d.h. in Aufnahmen dem Institut für neutestamentliche Text81
82
Auf eine begriffliche Unterscheidung zwischen „Gruppen“ und „Familien“ wird hier verzichtet; es ist in jedem Fall eine mehr oder weniger große Anzahl an Handschriften gemeint, die sich in ihrem Apk-Wortlaut ähneln. Der Begriff „Textform“ oder „Texttyp“ bezeichnet den Wortlaut einer solchen Gruppe oder Familie. Diese Methode wurde für die Bücher Mt–Jud angewandt in: K. Aland/B. Aland/K. Wachtel, Text und Textwert der griechischen Handschriften des Neuen Testaments, 5 Bde. (ANTF 9– 11.16–21.26–31.35–36), Berlin/New York 1987–2005. Eine Beschreibung der Teststellenmethode findet sich in K. Aland, Der Text des Neuen Testaments. Einführung in die wissenschaftlichen Ausgaben sowie in Theorie und Praxis der modernen Textkritik, 2., ergänzte und erweiterte Auflage, Stuttgart 1989, 327–342. Im Unterschied zur dort gebotenen Darstellung sind unsere Teststellen nicht vorrangig auf die Ausscheidung „byzantinischer“ Zeugen ausgerichtet (die es in der Apk so nicht gibt), sondern auch für die Unterscheidung verschiedener Texttypen innerhalb der Handschriftenmehrheit geeignet.
54
Markus Lembke
forschung in Münster (INTF) vorliegen oder wenigstens in Hoskiers großer Ausgabe dokumentiert sind.83 Der Datensatz enthält auf der Basis von Hoskier und eigenen Kollationen die Lesarten dieser 290 Hss. an 324 Teststellen, die ausgewählt wurden, um die verschiedenen Textformen bzw. Handschriftenfamilien voneinander unterscheiden zu können.84 5.2. Auswertung nach Übereinstimmungsgraden Das Ergebnis einer elektronischen Auswertung dieses Materials zeigt eine Übereinstimmung des CP-Textes zu 95% mit 757 1503 1637 1740 1745 1771 1864 2554 2723, zu 94% mit 824 986 1072 1075 1248 1328 1746 1865 1903 2041 2352 2431 2434 2656 2821 und zu 93% mit 432 1617 1733 1768 1957 2323, um nur die drei höchsten Werte zu nennen. Es sticht hier keine Handschrift als besonders CP-nah im Kontrast zu den übrigen hervor, denn die CP bleibt verhältnismäßig nahe am handschriftlichen Text und ihre wenigen Differenzen treffen nur selten mit den hier verwendeten Teststellen zusammen. Daher werden wir für die Ermittlung von Einzelhandschriften eine gezieltere Stellenauswahl anwenden (ab Abschn. 11). An dieser Stelle geht es jedoch erst einmal um die grundsätzliche Bestimmung der Textform der CP: Die oben genannten Hss. gehören, wie wir in Abschn. 6.1. sehen werden, alle derselben Familie an.85 Das Ergebnis der Auswertung bestätigt auf objektive Weise die von Bousset vermutete und von Hoskier und J. Schmid präzisierte Zuordnung des gedruckten Apk-Textes der CP zu einer Handschriftenfamilie, die nach KText und Αν-Text die drittgrößte in der Apk-Überlieferung darstellt: dem in
83
84
85
Vgl. M. Lembke, Beobachtungen zu den Handschriften der Apokalypse des Johannes, in: M. Karrer/M. Labahn (Hgg.), Die Johannesoffenbarung. Ihr Text und ihre Auslegung (ABG 38), Leipzig 2012, 19–69, hier: 21. Den 307 Handschriften, die dort aufgelistet wurden, ist die als Apk-Hs. neu entdeckte 1768 hinzuzufügen (s. 6.1.). Von diesen 308 Apk-Hss. sind 13 Hss. abzuziehen, die zwar in Alands Kurzgefaßte(r) Liste registriert sind, aber deren Wortlaut uns noch nicht oder nicht mehr zugänglich ist (339 1757 1785 1806 2116 2136 2435 2648 2663 2664 2776 2845 2849 – hingegen haben wir jetzt Aufnahmen von 2855 und 2864), sowie 5 Hss., die nur einen Apk-Kommentar enthalten (2063 2433) oder auf Neugriechisch verfasst sind (2114 2402 2449). Somit ergibt sich derzeit ein Grundbestand von 290 Handschriften, deren Text für die Untersuchung zur Verfügung steht. Die Kriterien für die Auswahl der Teststellen sind beschrieben bei Lembke, Beobachtungen, 41–53. Zum Verhältnis des hier benutzten Materials zur Wuppertaler Teststellenkollation s. U. Schmid, Die neue Edition der Johannes-Apokalypse. Ein Arbeitsbericht; im vorliegenden Sammelband 3–15, hier: 6–7. Vgl. Schmid, Studien II, 28. Einige der oben genannten Hss. werden bei Schmid noch nicht aufgeführt, gehören aber zu dieser Familie; s. Abschn. 6.1.
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte
55
2.3. erwähnten Compl-Text. Eine vollständige Auflistung und kurze Charakterisierung seiner Mitglieder erfolgt in Abschn. 6. Wenn wir den gedruckten CP-Text nicht mit Einzelhandschriften, sondern mit den jeweiligen durchschnittlichen Gruppenlesarten der verschiedenen Handschriftenfamilien vergleichen, stimmt er an 301 von 311 Teststellen (also zu 97%) mit Compl überein,86 d.h. mit dem Text der in Abschn. 6 beschriebenen Gruppe. Erläuterung: Als durchschnittliche Gruppenlesart werden hier alle Varianten (innerhalb der 324 Teststellen) betrachtet, die von mind. 85% der Gruppenmitglieder unterstützt werden. Stellen, an denen eine Gruppe keine in diesem Sinne einheitliche Lesart hat, sondern auf mehrere Varianten aufgeteilt ist, werden nicht verwertet (im beschriebenen Fall ist Compl an 13 Teststellen gespalten, so dass 311 Stellen verwertbar bleiben). Für die Definition der Compl-Gruppenmitglieder werden die in Abschn. 6.1. bei der Berechnung der Reinheit des Compl-Textes beschriebenen Kriterien angewandt. 5.3. Auswertung durch Gegensatzbildung Allerdings stellt der bloße Übereinstimmungsgrad noch kein ausreichendes Kriterium für die Charakterisierung eines Textzeugen und seine Zuordnung zu einer Textform dar. Denn entsprechend den Gegebenheiten der Textüberlieferung liegen an vielen Teststellen gemeinsame Lesarten mit anderen Textformen vor. Hintergrund hierfür ist, dass die Teststellen für die Apk nicht nur zur Unterscheidung zweier Textformen ausgewählt wurden, sondern zur Identifizierung möglichst vieler Handschriftengruppen. Doch die Anzahl echter Varianten an einer Stelle ist in der Regel geringer als die Anzahl der existierenden Gruppen, so dass innerhalb einer Stelle mehrere Gruppen die gleiche Lesart teilen. So stimmt die CP an 88% der Teststellen mit dem ΑνText überein, ohne dass diese Zahl Ausdruck einer Textmischung zwischen beiden Typen sein muss; denn ähnlich verhält sich auch der handschriftliche Compl-Text selbst (87% mit Αν). Aussagekräftiger ist es daher, wenn wir ausschließlich Stellen betrachten, an denen sich zwei betrachtete Textformen voneinander unterscheiden. Wenn wir z.B. diejenigen Teststellen herausgreifen, an denen Compl-Text und ΑνText differieren, geht die CP nur zu 10% mit Αν und zu 90% mit Compl; gegen die übrigen Textformen geht die CP sogar mindestens zu 98% mit Compl. In diesem Sinne zeigt Tabelle 1 die Werte der CP gegenüber allen 86
Da durch die Ermittlung der Gruppenlesarten die individuellen Abweichungen der Einzelzeugen geglättet werden, ist diese Übereinstimmung etwas höher als im Vergleich mit einzelnen Handschriften (s.o.). Die verbleibenden 3% sind Charakteristika des CP-Wortlauts und werden im Folgenden näher untersucht.
56
Markus Lembke
Textformen der Apk-Überlieferung, die sich im Gesamtbestand der ApkHandschriften finden, d.h. im Wesentlichen die schon von J. Schmid genannten Handschriftenfamilien:87 K-Text, Αν-Text, Compl-Text, ArethasText, Familie 104, Familie 172, auch Familie 1006 als eigene Textform,88 sowie der Ökumenius-Text89 und schließlich eine zusammenfassende Spalte für Hss. mit sog. „altem Text“90. Die Tabellenwerte geben an, zu wie viel Prozent die CP mit Textform X gegen Textform Y übereinstimmt, wenn nur Stellen betrachtet werden, an denen X und Y differieren.91 Tabelle 1: Charakterisierung des CP-Textes durch Gegensatzbildung: Übereinstimmung der CP mit jeder Textform gegen jede andere Textform (in Prozent) CP: mit→ gegen↓
K
Αν
Compl
Areth
f.104
f.172
f.1006
Oik
„alt“
K
-
76
99
63
61
27
35
27
38
Αν
24
-
90
26
35
17
7
5
5
Compl
1
10
-
2
0
1
2
2
0
Areth
37
74
98
-
52
31
28
26
36
f.104
39
65
100
48
-
27
30
27
31
f.172
73
83
99
69
73
-
43
32
40
87 88
89 90
91
Schmid, Studien II, 24–29. Denn es gehören nicht nur 1006 und 1841 und die zweite Hälfte von 911 (früher 2040 genannt) dieser Familie an (so noch Schmid, Studien II, 25), sondern nach den Teststellenkollationen auch 2582, 2625, 2794 und das Fragment 2855. Der Text dieser Familie lässt sich daher heute klarer erfassen als es bislang möglich war. In seinen späteren Ergänzungen erwähnt Schmid zwar 2625, beschreibt ihren Texttyp aber versehentlich unter 2626; s. J. Schmid, Neue griechische Apocalypsehandschriften, ZNW 59 (1968), 250–258, hier: 253. Ihm gehören neben den bekannten Hss. 2053 und 2062 auch 1824, 2350 und 2403 an. Hierfür wurden, in Anlehnung an die Teststellenkollationen, 47 115 01 02 04 2050 2329 2344 2846 verwertet. Diese bilden allerdings keine Familie im engeren Sinne, da sie textlich stark differieren; sie sind eher als selbstständige Zeugen zu betrachten. Um diese Bedingung zu erfüllen, müssen beide verglichenen Textformen an der betrachteten Stelle eine definierte Lesart besitzen (mind. 85% der Gruppenmitglieder übereinstimmend) Da an manchen Stellen eine Textform gespalten liest, ist das nicht an allen Teststellen der Fall. Und auch wenn beide Textformen eine definierte Lesart haben, differieren sie nicht immer. Aus diesen beiden Gründen ist die Anzahl der in dieser Tabelle verwerteten Teststellen in jedem Fall geringer als 324 (abhängig von der Homogenität jeder Textform und von ihrer Nähe zur verglichenen Textform).
57
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte CP: mit→ gegen↓
K
Αν
Compl
Areth
f.104
f.172
f.1006
Oik
„alt“
f.1006
65
93
98
72
70
57
-
35
9
Oik
73
95
98
74
73
68
65
-
38
„alt“
62
95
100
64
69
60
91
62
-
Man sieht, dass die Compl-Spalte (CP mit Compl gegen Y) die einzige Spalte ist, die durchgehend hohe Werte aufweist, mit anderen Worten: Unabhängig davon, welche Textform dem Compl-Text entgegengesetzt wird, in jedem Fall hält die CP an den meisten Teststellen zu Compl. Dies ist bei den anderen Spalten, die die Übereinstimmung der CP mit anderen Textformen gegen die übrigen darstellen, anders. Diese Spalten enthalten zwar vereinzelt (d.h. gegenüber bestimmten Textformen) noch hohe Werte (z.B. die Αν-Spalte max. 95%), aber nie gegen Compl; die Compl-Zeile (CP mit X gegen Compl) enthält daher durchgehend niedrige Werte. Dadurch ist die Zugehörigkeit des CP-Textes zum Compl-Typ endgültig bewiesen. 5.4. Eine mögliche Besonderheit des CP-Wortlauts Darüber hinaus zeigt der gedruckte CP-Text einen etwas erhöhten Anteil an Αν-Lesarten. Bezogen auf Stellen, an denen beide Textformen differieren, liest die CP zu 10% mit Αν gegen Compl (s. Tabelle 1),92 d.h. die CP zeigt etwas mehr Nähe zum Αν-Text als der Durchschnitt der Compl-Handschriften. Ob das Ausmaß dieser Abweichung vom Standard im üblichen Rahmen von Compl-Einzelhandschriften bleibt oder in einem Maße signifikant ist, dass die Suche nach einer zusätzlichen Vorlage mit abweichender Textform (also Αν) nötig wäre, werden wir, nachdem die Mitglieder der Compl-Gruppe gesichtet sind, in Abschn. 7 untersuchen. Denn ein gewisses Maß an Abweichung vom Standard ist zu erwarten: Keine Hs. stimmt überall mit den durchschnittlichen Lesarten ihrer zugehörigen Gruppe überein, sondern sie weicht gelegentlich durch individuelle Eigenarten und Abschreibfehler (Sonder- und Singulärlesarten) von der Gruppenlesart ab. Dies ist kein Symptom für Nichtzugehörigkeit einer Hs. zu einer Gruppe. Für die weitere Charakterisierung des CP-Textes innerhalb der Compl-Gruppe spielen solche Abweichungen jedoch eine
92
Näheres zu dieser Abweichung in Abschn. 7.2.
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Markus Lembke
entscheidende Rolle, weshalb sie Gegenstand der folgenden Kollationen (vgl. hierzu Abschn. 10–13) sind.
6. Die Handschriften der Complutenser Gruppe Da nach diesem Ergebnis sowohl die Vorlagen als auch die Kopien des CPTextes im Bereich der Compl-Handschriften zu suchen sind, benötigen wir zuerst einen Überblick über sämtliche Mitglieder dieser Handschriftenfamilie. 6.1. Die Mitglieder der Gruppe Auf der Basis des genannten Datensatzes kann die Reihe der zur ComplGruppe gehörigen Zeugen vollständiger als bisher angegeben werden. Sie enthält als Neuzugänge, d.h. über die von J. Schmid in seinem Hauptwerk genannten Mitglieder hinaus, die acht Handschriften 1064 1768 2201 2323 2554 2656 2669 2723, da sie zum damaligen Zeitpunkt noch unbekannt oder unzugänglich waren.93 Die Hs. 1768 wurde lange Zeit irrtümlich als apHandschrift geführt94 und daher von Hoskier und Schmid ignoriert, bis sich kürzlich herausstellte,95 dass auch sie die Apokalypse enthält (fol. 224r–249v) und somit als apr-Handschrift zu klassifizieren ist. Insgesamt zeigt die Auswertung der Daten, dass 44 Apk-Handschriften, also 15% des Gesamtbestands, zu dieser Compl-Gruppe gehören oder wenigstens einen mit dieser Textform gemischten Textzustand bieten. Diese sind vollständig in Tabelle 2 aufgeführt.96 Die Spalte „GA“ enthält die Bezeichnung der Handschriften in der heutigen Gregory-Aland Nummerierung,97 93
94 95 96
97
Schmid nennt in Studien II, 28 eine Reihe von 36 Compl-Hss. Doch in Studien II, 24, Anm. 1 erwähnt er noch eine weitere (Lawra 1564, Λ 74), das ist Minuskel 2669, die er genauer beschreibt in: J. Schmid, Unbeachtete und unbekannte griechische Apokalypsehandschriften, ZNW 52 (1961), 82–88, hier: 87–88. Zu einem späteren Zeitpunkt (Schmid, Neue griechische, 250–258) erwähnt er schließlich 2323 (als Nr. 5), 2554 (als Nr. 17, ohne Zuordnung der Textform), 2656 (als Nr. 15, Textform ungenau beschrieben) und 2723 (als Nr. 12). So noch in Aland, Kurzgefaßte Liste, 146. Diese Entdeckung teilte W. Pickering dem Autor in einer E-Mail vom 28.12.2011 mit. Streng genommen müsste auch der in Abschn. 3.5. erwähnte Codex Ravianus (ω110) aufgelistet werden. Doch weil er als erwiesene Kopie der Complutensis nicht mehr in den heutigen Handschriftenlisten geführt wird, wurde auf seine Untersuchung verzichtet. Das ist die Nummerierung in Aland, Kurzgefaßte Liste. Die dort als 2821 bezeichnete Hs. wurde früher als Teil der Hs. 60 angesehen und bezeichnet, ferner war 2041 wohl ursprünglich Teil von 1040. Im Unterschied zu Alands Liste wird ein Teil von 1894 jetzt als 2926 bezeichnet, s. Abschn. 6.2.
59
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte
während „Ho“ die von Hoskier benutzten Nummern angibt.98 Die Spalte „Reinheit des Compl-Textes“ beschreibt das Maß der Übereinstimmung ihrer Lesarten mit dem durchschnittlichen Compl-Text, d.h. mit dessen Gruppenlesarten auf Basis der 324 Teststellen.99 Als Gruppenlesarten von Compl wurden (wie in Abschn. 5.2–5.3.) alle Varianten definiert, die an den Teststellen von mind. 85% der Gruppenmitglieder gelesen werden. Bei Berechnung dieser Prozentgrenze wurden die fünf Hss. mit deutlich gemischtem Text (35 1384 1732 2196 2201) ignoriert, da sie keine guten Repräsentanten dieser Textform darstellen (s. Abschn. 6.3.). Außerdem wurden 757 1903 2656 2669 2926 in den Passagen, in denen sie einer anderen Textform folgen (s. Abschn. 6.2.), ausgespart, um das Ergebnis unverfälscht zu bieten. Die letzte Spalte gibt an, ob die Apk vollständig oder nur in Teilen vorhanden ist (das Wort „vollständig“ ist eingeklammert, wenn ein Teil der Apk klar einer anderen Textform folgt, s. 6.2.). Tabelle 2: Apk-Handschriften als Mitglieder der Compl-Gruppe GA
Ho
Jh.
Ort
Reinheit des Compl-Textes
Apk-Inhalt
35
17
11
Paris
86%
vollständig
432
37
15
Vatikan
96%
vollständig
757
150
13
Athen
1,1–21,9a: 100% 21,9b–22,21: K-Text
(vollständig)
824
110
14
Grottaferrata
100%
vollständig
986
157
14
Athos
99%
vollständig
1064
-
18
Athos
90%
1,1–10,10
1072
160
13
Athos
99%
vollständig
1075
161
14
Athos
99%
vollständig
1248
250
14
Sinai
99%
vollständig
1328
190
14
Jerusalem
99%
vollständig
1384
191
11
Andros
78%
1,1–4,1; 16,16–22,12a
1503
192
14
Athos
100%
vollständig
98 99
Die eingeklammerten Nummern bezeichnen Hss., die Hoskier zwar in Band I seiner großen Ausgabe erwähnt, aber nicht in seinem Apparat in Band II dokumentiert. Ein Wert von 100% bedeutet also nicht, dass die Hs. vom ersten bis zum letzten Buchstaben der Apk mit dem mehrheitlichen Compl-Standardwortlaut (im Sinne von 8.2.) übereinstimmt, sondern nur, dass sie an allen Teststellen mit Compl übereinstimmt. Andererseits ist zu beachten, dass auch andere Textformen teilweise mit Compl übereinstimmen (vgl. 5.3.). Bei einzelnen Handschriften kann der Wert durch Sonderlesarten ihrer speziellen Untergruppe reduziert sein (z.B. bei 1384-1732, vgl. Abschn. 6.3.).
60
Markus Lembke
GA
Ho
Jh.
Ort
Reinheit des Compl-Textes
Apk-Inhalt
1551
212
13
Athos
97%
vollständig
1617
223
15
Athos
99%
1,1–8,8a; 9,14b–11,1a; 13,2–22,21
1637
230
14
Athos
100%
vollständig
1652
(231)
16
Athos
unklar100
1,1–3a
1732
220
14
Athos
75%
vollständig
1733
221
14
Athos
98%
vollständig
1740
229
12
Athos
100%
1,1–20,12a; 21,9b–22,21
1745
227
15
Athos
100%
vollständig
1746
228
14
Athos
99%
1,1–21,25
1768
-
16
Athos
95%
vollständig
1771
224
14
Athos
100%
vollständig
1774
232
15
Athos
98%
2,20b–4,10a; 5,12b–11,19a; 22,7b–21
1864
242
13
Athos
100%
vollständig
1865
244
13
Athos
99%
vollständig
1903
(243)
17
Athos
1,1–5,11: TR 5,12–22,21: 99%
(vollständig)
1957
91
15
Vatikan
99%
vollständig
2023
49
15
Moskau
96%
vollständig
2035
77
16
Florenz
97%
vollständig
2041
96
14
London
98%
vollständig
2061
154
16
Vatikan
92%
vollständig
2196
233
16
Athos
83%
vollständig
2201
(252)
15
Elasson
82%
1,1–20,10; 21,19–22,21
2323
-
13
Athen
99%
1,1–14,10a; 16,8b–22,21
2352
202
15
Meteora
99%
vollständig
2431
-
14
Athos
99%
vollständig
2434
-
13
Zagora
100%
1,1–22,2a; 22,4b–8a
100 Die Hs. 1652 enthält nur noch die ersten 52 Wörter der Apk (bis 1,3 µακαριος ο), und diese stimmen buchstäblich mit dem Durchschnittstext der Compl-Gruppe überein. Eine genauere Bestimmung ihres Textcharakters über die Compl-Zugehörigkeit hinaus ist bei so einem kurzen Text nicht möglich.
61
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte GA
Ho
Jh.
Ort
Reinheit des Compl-Textes
Apk-Inhalt
2554
-
15
2656
-
17
Bukarest
100%
vollständig
Athen
1,1–2,10/12: TR 2,11/13–22,21: 93%
(vollständig)
2669
-
16
Athos
1,1–22,9/10: 97% 22,10/11–21: TR
(vollständig)
2723
-
11
Trikala
100%
vollständig
2821
10
14
Cambridge
99%
vollständig
2926 (1894)
187
r: 16
Jerusalem
1,1–3,12a: TR 3,12b–22,21: 92%
(vollständig)
Wie man sieht, beträgt die Übereinstimmung der meisten Compl-Hss. mit dem durchschnittlichen Compl-Text (im Sinne der oben definierten Gruppenlesarten an den Teststellen) zwischen 95% und 100%. Der Rest setzt sich, bei jedem Einzelexemplar individuell, aus Abschreibfehlern, Singulärlesarten, innerfamiliären Varianten, Fremdeinflüssen usw. zusammen. Dieser relativ hohe Wert spiegelt die überdurchschnittliche Homogenität und Kopiertreue in der Überlieferung dieser Textform wider. 6.2. Texttypwechsel innerhalb des Apk-Textes Es muss aber betont werden, dass nicht alle diese Handschriften durchgehend den Apk-Text der Compl-Textform wiedergeben. In fünf Fällen gibt es einen abrupten Wechsel des Texttyps. 757 bietet bis Apk 21,9 εις εκ των Compl-Text, aber der Rest, ab 21,9 επτα αγγελων (fol. 413r), ist ein zweispaltiges Supplement mit K-Text.101 Der bisher unter der Nummer GA 1894 geführte Apk-Text ist bis Apk 3,12 της πολεως eine Kopie des TR, dann findet ein Bruch statt, der auch optisch sichtbar ist, und ab του Θεου µου της καινης (noch 3,12) spiegelt die Hs. den Compl-Text wider.102 Während der ältere Teil dieser apr-Hs. aus dem 101 Die erste Stelle, an der sichtbar wird, dass es sich um K-Text handelt, ist die Auslassung von των hinter γεµουσας in Apk 21,9. Hoskiers Apparat versäumt es, diese Auslassung durch die Handschriften des K-Textes zu verzeichnen (Hoskier, Text II, 586). 102 Die Hinzufügung von ιδου am Anfang von Apk 3,11 zeigt noch die Orientierung am TR, dann wird auf der nächsten Seite (fol. 6v), ausgelöst durch das wiederholte του Θεου µου in 3,12, die letzte Passage versehentlich doppelt abgeschrieben (Dittographie über zwei Zeilen). Der Schreiber bemerkt dies aber, streicht es durch und fährt dann korrekt mit του Θεου µου της καινης fort. Aber mit diesem Bruch beginnt auch der Compl-Text, wie sich zuerst in Apk 3,14 (εν Λαοδικειας εκκλησιας statt mit TR εκκλησιας Λαοδικεων) zeigt. Vgl. Müller, Abschriften, 186–191.
62
Markus Lembke
12. Jh. stammt, ist die ganze Apokalypse Teil eines späteren Supplements (16. Jh.), welches daher neuerdings als 2926 bezeichnet wird.103 1903 schreibt bis Apk 5,11 vom gedruckten TR ab und verfällt somit auch der Auslassung von και ην ο αριθµος αυτων µυριαδες µυριαδων (am Rand steht zwar µυριαδες µυριαδων ergänzt, aber in anderer Schrift). Ab 5,12 gibt die Hs. den Compl-Text wieder.104 2656 kopiert zunächst den TR, und zwar mindestens bis Apk 2,10, und spätestens ab 2,13 bietet die Handschrift den Complutensischen Text. An welcher Stelle genau der Bruch erfolgt, lässt sich nicht feststellen.105 2669 bietet zunächst Compl-Text, erst ab Apk 22,11 orientiert sich die Hs. überwiegend am gedruckten TR (doch gelegentlich begegnen noch wenige Compl-Lesarten), außerdem liest sie in 22,19 αφερη (Compl: αφελη, TR: αφαιρη) sowie του βιβλιιου (Compl mit : του ξυλου, TR: βιβλου ohne Artikel).106 6.3. Handschriften mit gemischten Textzuständen In sechs anderen Fällen ist der Compl-Typ über den gesamten Apk-Text hinweg mit Lesarten anderer Texttypen vermischt, wobei die Mischungsanteile nicht immer konstant bleiben über den Verlauf des Textes. Eine vorläufige Auswertung des Teststellenmaterials ergab folgende Einschätzungen. Minuskel 35 bietet eine Mischung zwischen Compl und Αν-Text, wobei Compl am Anfang und am Ende, Αν im Mittelteil überwiegt; im Gesamt-
103 Vgl. U. Schmid, eapr-Handschriften, 439. 104 Jene sieben Wörter fehlen bei Erasmus und einigen anderen TR-Ausgaben. Wechselt der Schreiber jetzt die Vorlage, weil er ihre Unzuverlässigkeit bemerkt hat? Denn in Apk 5,12 schreibt er schon εστι το αρνιον, wie Compl und die große Mehrheit liest, während Erasmus 1519 (nach Müller die Vorlage für 1903) das falsche εστιν αρνιον liest (erst spätere TRAusgaben korrigieren dies). 5,13 ist dann spätestens Compl-Text (επι της γης statt mit TR εν τη γη). Vgl. Müller, Abschriften, 191–195. 105 Apk 2,10 ist mit εξ υµων ο διαβολος (statt mit Compl ο διαβολος εξ υµων) noch vom TR kopiert, und 2,13 bietet Compl-Text (vor εν ταις ηµερας wird και, welches NA TR gegen lesen, ausgelassen). Die Verse 2,11–12 hingegen sind im TR, im Compl-Text und in 2656 exakt identisch, so dass eine genauere Lokalisierung unmöglich ist. Vgl. Müller, Abschriften, 195–197. 106 Ob sich der Schreiber von 2669 in Apk 22,10 noch an seiner Compl-Vorlage oder schon am TR orientierte, ist unklar, da der Vers in beiden Quellen identisch lautet: Stephanus 1550 (nach Müller die Vorlage für 2669) und Compl stimmen dort mit 2669 buchstäblich überein, während Erasmus 1516 das ο vor καιρος auslässt. Mehr zu dieser Handschrift bei Müller, Abschriften, 197–199.
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte
63
ergebnis liegt die Hs. in der Mitte beider Textformen. Der Typ des Αν-Textes tendiert zu Untergruppe f, auch Familie 051 genannt.107 Das Paar 1384-1732 bietet überwiegend den Text von Αν-Untergruppe i, mit leichten Einflüssen von Compl, besonders am Anfang, jedoch überwiegt i in jedem Fall klar. In den ersten Kapiteln von 1733 überwiegt ebenfalls der Text der ΑνUntergruppe i, im übrigen und größten Teil des Apk-Textes jedoch bietet die Hs. normalen Compl-Text. 2196 bietet am Anfang der Apk eine Mischung verschiedener Textformen, im Mittelteil überwiegt der Compl-Typ, am Ende überwiegt der K-Text. 2201 bietet eine Mischung zwischen Compl und Αν, wobei keine bestimmte Untergruppe des Αν-Textes zu überwiegen scheint. 6.4. Scholien und Kommentare Erwähnenswert ist, dass in vielen Compl-Handschriften kurze Scholien an den Rand geschrieben sind,108 die sich bei genauer Betrachtung als Exzerpte aus dem Andreas-Kommentar erweisen.109 Die entsprechenden Bezugsstellen im Text sind durch verschiedene Symbole markiert. Es existieren insgesamt 22 Handschriften mit diesen Kurzkommentaren als regelrechten Scholienapparat: 35 757 824 1072 1075 1248 1503 1551 1617 1637 1652vid 1740 1745 1746 1771 1864 2041 2323 2352 2431 2554 2821. Eine einzige Compl-Handschrift (2023) enthält den kompletten AndreasKommentar,110 und eine andere (2035) einen sonst unbekannten Kommentar,111 beide mit alternierender Darstellung. Die übrigen 20 Compl-Hss. besitzen keinen Kommentar.
107 Zu den Untergruppen des Αν-Textes vgl. Anm. 28. 108 Schmid erwähnt diese Scholien bei der Beschreibung von 35 als Αν-Hs. (Studien I/1, 34), und geht mit Bezug auf die betroffenen Compl-Hss. näher auf sie ein (Studien I/1, 86–87), jedoch fehlen 757 1617 1771 in seiner Liste. 109 Die erste Scholie bezieht sich auf die Überschrift und lautet αποκαλυψις η των κρυπτων µυστηριων δηλωσις καταυγαζοµενου του ηγεµονικου, die zweite bezieht sich auf das εδωκεν in Apk 1,1 und lautet το εδωκεν ανθρωπινωτερον, die dritte bezieht sich auf das απο ο ων in Apk 1,4 und lautet παραστατικα της τρισυποστατου θεοτητος, usw. 110 Schmid beschreibt 2023 im Rahmen der Αν-Handschriften der Untergruppe f: „Der Apk-Text ist nach einer Vorlage mit komplutensischem Text überarbeitet, und zwar so gründlich, daß wir praktisch Compl-Text vor uns haben und die Lesarten von f ganz zurücktreten [...] Auch der Kommentartext ist nicht der reine Typ f.“ (Schmid, Studien I/1, 33). 111 Offenbar handelt es sich um eine „griechische Übersetzung des italienischen Kommentars von Federigo da Venezia O.P. (Ende des 14. Jh.)“, wie von G. Stadtmüller nachgewiesen
64
Markus Lembke
6.5. Interlineare Alternativlesarten Als weitere Eigentümlichkeit bestimmter Compl-Hss. ist eine Reihe wiederholt auftretender, interlinearer variae lectiones zu erwähnen. Diese Hinweise erscheinen in Form von Buchstaben, Kürzeln oder Wörtern, die prima manu über der Zeile hinzugefügt sind. Sie werden in einer ganzen Reihe von ComplHandschriften einheitlich überliefert und sind wohl eher als Alternativlesarten denn als Korrekturen zu verstehen. Es handelt sich um Apk 4,8 λεγοντα / λεγοντες, 7,17 ποιµανει / ποιµαινει, 7,17 οδηγησει / οδηγει, 9,5 παιση / πληξη, 14,14 καθηµενον οµοιον / καθηµενος οµοιος, 16,19 επεσαν / επεσον, 17,10 επεσαν / επεσον, 17,16 ερηµωµενην / ηρηµωµενην, 19,10 επεσα / επεσον. Die erstgenannte Lesart steht meist im Text, die zweitgenannte als varia lectio, in Ausnahmen umgekehrt (vgl. Abschn. 13 und 15). Diese Alternativlesarten finden sich vollständig in 1637 1864 2041, überwiegend (mit wenigen Ausnahmen) in 757 824 1503 1617 1771 2431, nur teilweise in 986 1075 1740 1745 2352 2554. Die genannten 15 Hss. besitzen fast alle (mit Ausnahme von 986) auch die Compl-typischen Scholien (vgl. Abschn. 6.4.).112
7. Die Textzusammensetzung der Einzelhandschriften im Vergleich zur CP Nach der grundsätzlichen Zuordnung des Apk-Textes der CP zur ComplHandschriftenfamilie ist – bevor wir unsere Suche auf deren Mitglieder beschränken – zu prüfen, ob noch Einflüsse aus anderen Textformen zu erkennen sind. Zwei Möglichkeiten sind diesbezüglich denkbar: eine gemischte Vorlagen-Handschrift, deren Compl-Text durch andere Einflüsse kontaminiert ist, oder eine weitere Vorlage, die zusätzlich zur Hauptvorlage bei der Textherstellung herangezogen wurde, aber einem anderen Texttyp angehört. 7.1. Anteile anderer Textformen in Compl-Handschriften Die in Abschn. 5 durchgeführte Analyse der Textzusammensetzung des CPWortlauts zeigte einen gegenüber dem Durchschnitt des handschriftlichen wurde (Schmid, Apokalypsetext des Arethas, 53–54; sowie Studien I/1, 91). Die Angabe von Hoskier, es sei der Arethas-Kommentar (Text I, 246), ist ein Irrtum. 112 Eine vollständige Untersuchung dieser systematischen Alternativlesarten wäre wünschenswert und könnte zur Erhellung der Textgeschichte der Compl-Überlieferung beitragen. Möglicherweise gehen sie auf eine Situation zurück, in der zwei verschiedene Textzustände miteinander verglichen wurden.
65
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte
Compl-Textes etwas erhöhten Anteil an Αν-Lesarten. Diese Erscheinung soll nun mit dem Verhalten der einzelnen Compl-Handschriften verglichen werden, um beurteilen zu können, ob jene Charakteristik des CP-Textes im Rahmen der Compl-Überlieferung bleibt oder Fremdeinflüsse aus anderen Textformen verrät. Tabelle 3 zeigt die Abweichungen jeder einzelnen Compl-Handschrift vom durchschnittlichen Text der Compl-Gruppe113 zu den verschiedenen anderen Textformen hin (größere Abweichungen durch Fettdruck hervorgehoben). Im Unterschied zu Tabelle 1, die nur den CP-Text beschreibt (CP mit X gegen Y), werden hier die Texte aller Einzelhandschriften charakterisiert, jedoch nur die Abweichungen von Compl abgebildet (Hs. mit X gegen Compl). Die Tabellenwerte für die Handschriften 757 1903 2656 2669 2926 wurden nur in ihrer Eigenschaft als Compl-Zeugen berechnet, d.h. die Abschnitte, deren Wortlaut von K oder TR kopiert ist (vgl. 6.2.), wurden ignoriert, um die Charakteristik ihres eigentlichen Compl-Textes unverfälscht darzustellen. Tabelle 3: Abweichungen der einzelnen Compl-Handschriften vom Compl-Standard zu anderen Textformen hin (in Prozent) Hs.: mit→ gegen Compl
K
Αν
Areth
f.104
f.172
f.1006
Oik
„alt“
35
10
58
19
13
15
18
15
18
432
4
25
5
7
5
6
3
8
757
0
0
0
0
0
0
0
0
824
0
0
0
0
0
0
0
0
986
0
0
0
0
0
0
1
0
1064
6
25
10
12
3
15
4
0
1072
0
0
0
0
0
0
0
0
1075
0
0
0
0
0
0
1
0
1248
0
5
0
0
1
0
0
0
1328
0
0
0
0
0
1
0
0
1384
3
86
24
5
21
20
16
15
1503
0
0
0
0
0
0
0
0
1551
1
0
1
2
1
0
1
0
1617
0
0
0
0
0
0
0
0
1637
0
0
0
0
0
0
0
0
1732
12
80
25
15
28
25
21
24
113 Bei der Definition der Gruppenlesarten wurden wieder die in Abschn. 5.2. und 6.1. genannten Kriterien angewandt.
66
Markus Lembke
Hs.: mit→ gegen Compl
K
Αν
Areth
f.104
f.172
f.1006
Oik
„alt“
1733
0
5
2
0
1
0
1
0
1740
0
0
0
0
0
0
0
0
1745
0
0
0
0
0
0
0
0
1746
0
0
0
2
1
0
0
0
1768
3
25
5
7
5
5
4
8
1771
1
5
1
2
1
1
1
3
1774
0
0
0
0
0
0
0
0
1864
0
0
0
0
0
0
0
0
1865
0
0
0
0
1
0
1
0
1903
0
6
0
0
0
0
0
0
1957
0
0
0
0
1
1
0
0
2023
1
10
2
0
1
2
1
3
2035
0
0
3
2
1
1
1
3
2041
0
0
0
0
1
0
1
0
2061
1
0
5
4
2
1
3
0
2196
43
11
36
43
26
14
10
14
2201
14
41
11
14
22
21
13
17
2323
0
0
0
0
0
0
1
0
2352
1
0
0
2
0
0
0
0
2431
0
0
1
0
0
0
0
0
2434
0
0
0
0
0
0
0
0
2554
0
0
0
0
0
0
0
0
2656
2
17
4
0
1
1
2
0
2669
1
0
2
2
1
0
0
0
2723
0
0
0
0
0
0
0
0
2821
0
0
0
0
0
0
1
0
2926 (1894)
3
6
7
5
3
7
4
6
Ø
0,6
3,4
1,3
1,2
0,8
1,1
0,8
0,8
CP
1
10
2
0
1
2
2
0
Man sieht hier, dass viele Compl-Handschriften den Wortlaut ihrer Textform sehr präzise wiedergeben und kaum Abweichungen zeigen. Dieser Befund demonstriert die erstaunliche Homogenität in der Überlieferung dieser Familie. Es gibt allerdings ein paar Exemplare, auf die das nicht zutrifft: Das sind die schon in Abschn. 6.3. beschriebenen Abweichler 35 1384 1732 2196 2201, und in abgeschwächter Form noch 432 1064 1768 2023 2656.
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte
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7.2. Eine Nuance Andreas-Text im Textcharakter der CP Was den gedruckten Text der CP betrifft, so sehen wir in der letzten Zeile der Tabelle 3, dass sein Wortlaut mit dem handschriftlich überlieferten Text fast so gut übereinstimmt wie eine „normale“ Compl-Handschrift.114 Die geringfügigen Abweichungen in wenigen Prozentpunkten (0–2%) sind in dieser Größenordnung auch bei anderen Compl-Zeugen zu beobachten und daher nicht signifikant, wie auch ein Vergleich mit den Durchschnittswerten Ø in der vorletzten Zeile zeigt.115 Nur in einem Aspekt ist die Abweichung der CP deutlich größer: Die Übereinstimmung mit dem Αν-Text ist deutlich erhöht, sein Anteil von 10% gegen Compl ist größer als bei den meisten ComplHandschriften. Aber er liegt durchaus noch im Rahmen der ComplÜberlieferung, denn 2023 hat den gleichen Wert und 432 1064 1768 2656 haben einen höheren (ferner natürlich die meisten Hss. mit gemischtem Text, vgl. Abschn. 6.3.). Der genannte Anteil von 10% basiert hier nur auf 2/20 Stellen, so dass dieser Wert nicht sehr genau ist, sondern nur eine Tendenz zeigen kann, die weiterer Überprüfung bedarf.116 Diese verhältnismäßig niedrige Anzahl an verwertbaren Teststellen hat ihre Ursache nicht nur in der relativen Verwandtschaft zwischen Compl und Αν, die die Anzahl der Unterschiede niedrig hält (vgl. Abschn. 5.3.), sondern vor allem in der Inhomogenität der ΑνÜberlieferung, infolge derer nur bei einem Bruchteil der Teststellen eine definierte Gruppenlesart von Αν vorliegt (vgl. Anm. 28 und Abschn. 5.2.). Wenn wir diese Teststellen, an denen die CP mit Αν gegen Compl liest, genauer betrachten, so ist es zum einen die Hinzufügung des και vor τους εν τω ουρανω in Apk 13,6, welches in der Mehrheit von Compl fehlt, und zum anderen die Existenz des ουτως in Apk 18,21, welches die meisten Compl-Hss. gegen die Mehrheit der Gesamtüberlieferung auslassen. Allerdings steht die CP mit diesen Abweichungen nicht allein, denn auch einige Compl-Hss., namentlich 432 1732 1768 1865c 2201 2656, lesen das και, und 35 432 1384 1732 1768 1865c 2023 2201 2656 haben dieses ουτως. (Weitere Αν-Einflüsse und deren Herkunft werden in Abschn. 18 diskutiert.) 114 Allerdings ist die Übereinstimmung nicht so hoch wie bei den 13 besonders reinen Repräsentanten des Compl-Textes, die in dieser Tabelle überhaupt keine Abweichung vom Standard zeigen: 757 824 1072 1503 1617 1637 1740 1745 1774 1864 2434 2554 2723. 115 Die Tabellenzeile Ø gibt den Durchschnitt der in den entsprechenden Spalten angegebenen Werte wieder, jedoch ohne die Werte der „gemischten“ Hss. 35 1384 1732 2196 2201 einzubeziehen. 116 Präzisere Aussagen über den Textcharakter des CP-Textes im Unterschied zur ComplGruppe ermöglicht eine speziell auf diese Fragestellung abgestimmte Reihe neuer Teststellen, wie sie ab Abschn. 8 ermittelt und ab Abschn. 11 angewandt wird.
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Somit ist diese leichte Tendenz der CP zum Αν-Text nicht so groß, dass sie die Annahme einer zusätzlichen Vorlage mit Αν-Text erforderlich macht, sondern sie bleibt im Rahmen der Gesamtüberlieferung des Compl-Textes. Der Text der gedruckten CP scheint sich insofern nicht signifikant vom Text einer durchschnittlichen Compl-Handschrift zu unterscheiden.117 Wir dürfen also annehmen, dass die Vorlage der CP im Bereich der Compl-Hss. zu suchen ist und dass keine Handschriften anderen Typs (auch nicht als parallel verwendete, zusätzliche Vorlage) bei der Konstituierung des Drucktextes verwendet wurden.118 Möglicherweise kann uns aber das geringfügig vom ComplStandard abweichende Profil des CP-Textes erste Hinweise geben, welche Handschriften innerhalb der Compl-Gruppe eine besondere Nähe zur CP zeigen, z.B. die oben erwähnten Zeugen für και und ουτως.
8. Der handschriftliche Apk-Text der Compl-Gruppe 8.1. Notwendigkeit einer spezielleren Stellenauswahl Die bisher benutzten 324 Teststellen wurden zur Identifizierung aller Textformen ausgewählt und waren deshalb geeignet, die Frage nach der Textform der CP grundsätzlich zu beantworten. Doch aufgrund der großen Übereinstimmung zwischen Compl und CP finden sich nur bei wenigen dieser Teststellen Unterschiede zwischen beiden Texten. Die speziellen Charakteristika des CP-Textes, die wir zur Klärung unserer Frage nach Vorlagen und Kopien beleuchten müssen, treten dort nur in kleiner Auswahl in Erscheinung. Daher wollen wir im Folgenden sämtliche Stellen ermitteln, an denen CP und Compl differieren, und alle Compl-Hss. an ihnen kollationieren (vgl. Abschn. 117 Die weitere Untersuchung wird allerdings zeigen, dass der CP-Wortlaut durchaus mehr Abweichungen vom Compl-Standardtext zeigt als eine durchschnittliche Compl-Handschrift (vgl. Abschn. 9.3.). Doch befinden sich diese Differenzen – mit Ausnahme jener leichten ΑνTendenz – zum großen Teil nicht an Stellen mit textgeschichtlich verbreiteten Varianten, weshalb sie nur wenig in der bisher benutzten Teststellenauswahl in Erscheinung treten. Grund dafür ist offenbar ihr spezieller Ursprung in der Herstellung der gedruckten Edition sowie auch in individuellen Eigenarten der benutzten Vorlage. Daher können sie auch nicht als Ausdruck eines Fremdeinflusses durch eine andere Richtung der handschriftlichen Überlieferung identifiziert werden. 118 Man kann einwenden, dass der erhöhte Αν-Anteil im Text der CP ja nicht aus einer entsprechend gearteten Compl-Hs. stammen muss, sondern auch als Auswirkung einer nur geringfügig benutzten Αν-Hs. (zusammen mit einer reinen Compl-Hs. als Hauptvorlage) erklärt werden könnte. Doch werden wir ab Abschn. 14.6. sehen, dass der Einfluss eines der oben erwähnten Compl-Zeugen den erhöhten Αν-Anteil der CP vollständig erklärt. Die textgeschichtlichen Vorfahren dieser Hs. unterlagen allerdings tatsächlich mehrfachen Überarbeitungen nach Αν-Hss. (s. die Beobachtungen in Abschn. 18).
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7.2. und Anm. 116). Mit dieser vollständigen Grundlage haben wir dann optimale Voraussetzungen, um die Frage nach den korrelierenden Einzelhandschriften beantworten zu können.119 8.2. Die Ermittlung des Wortlauts der Compl-Textform Daher muss als Erstes der genaue Wortlaut des gesamten Apk-Textes festgestellt werden, wie er von der Mehrheit der Compl-Handschriften wiedergegeben wird. Zu diesem Zweck wurde zunächst ein vorläufiger Compl-Wortlaut konstruiert anhand des Apparates der Ausgabe von HodgesFarstad (HF),120 der in der Apk das Material von Hoskiers großer Ausgabe zusammenfasst und den Compl-Text als Mc bezeichnet.121 Da dieser Apparat nicht nur ausgewählte, sondern von seiner Konzeption her alle vom Haupttext differierenden Lesarten der wesentlichen Textformen verzeichnet, ist auf diese Weise eine brauchbare Annäherung an den gesuchten Wortlaut möglich. Gegen diesen vorläufigen Wortlaut wurden dann drei repräsentative Compl-Handschriften (1637 1865 2434) vollkollationiert und alle differierenden Stellen122 an weiteren Compl-Hss. kontrolliert, um zu prüfen, ob die Ursache der jeweiligen Differenz in einem Fehler des HF-Apparats (also des vorläufigen Compl-Wortlauts der Kollationsvorlage) oder auf eine individuelle Abweichung der vollkollationierten Hs. von Compl zurückgeht. Als Resultat ergaben sich vier Stellen, an denen es der HF-Apparat versäumt, die vom Haupttext abweichende Compl-Lesart zu verzeichnen: In Apk 9,6 fehlt eine Apparatstelle zur Verzeichnung der Differenz zwischen K-Text (ζητουσιν) und 119 Zwar gelang es Delitzsch trotz ausgiebiger Kollationen nicht, die Apk-Vorlage(n) der CP überzeugend nachzuweisen (vgl. Abschn. 3.1–4. und Anm. 70), so dass Bentley resümiert: „To put it bluntly, it seems unlikely that collations of New Testament manuscripts will tell us much more about the text of the Complutensian New Testament.“ (Bentley, New light, 147). Doch sind heute die verschiedenen Textformen der Apk besser erforscht, so dass die Charakteristika der CP (Sonder- und Singulärlesarten, familienfremde Einflüsse etc.) genauer erkannt und die Kollationen gezielter durchgeführt werden können. 120 Hodges/Farstad, Greek New Testament. Die Textkonstitution dieser oben schon bezüglich der Ermittlung des K-Textes (Anm. 21) erwähnten Ausgabe weicht von derjenigen der meisten kritischen Ausgaben ab (Anzahl der griechischen Zeugen als Hauptkriterium, Bevorzugung des K-Textes), die Brauchbarkeit ihres Apparates bleibt davon unberührt. 121 „Both Hoskier and Schmid refer to this group as ‚Complutensian‘ since it is clearly the text of Mc that was represented in the famous Complutensian Polyglot“ (ebd., xxxv), die zugehörigen Hss. (ebd. xlvi) entsprechen im Wesentlichen unseren Compl-Hss. (Abschn. 6.1.). 122 Als Abweichungen von Compl finden sich im gesamten Apk-Text nur 9 Stellen bei 1637, 8 Stellen bei 1865, und 15 Stellen bei 2434 (offensichtliche Schreiberversehen, Korrekturen und innerfamiliäre Varianten nicht mitgezählt). Die vier Abweichungen des vorläufigen Textes, der als Kollationsvorlage benutzt wurde (s.u.), sind hier nicht mitgezählt.
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Αν-Text (ζητησουσιν), in der Compl mehrheitlich der K-Lesart zuzuordnen wäre. In drei Fällen weicht Compl vom Haupttext und vom K-Αν-Konsens ab, ohne dass dies im Apparat angegeben ist: Apk 12,4 liest Compl τικτειν statt τεκειν, 18,21 lässt der überwiegende Teil von Compl das ουτως aus, und 20,11 bietet Compl die Umstellung zu ο ουρανος και η γη. Diese Fehler im HFApparat gehen nicht auf Hoskier zurück.123 Der Vergleich des an diesen vier Stellen korrigierten Wortlauts mit dem Text von W.N. Pickering, der den Compl-Text als „family 35“ bzw. f 35 bezeichnet und ihn mit Apparat publiziert,124 ergab keine wirklichen Differenzen, sondern lediglich die zu erwartenden, editorisch bedingten Unterschiede durch Nomina sacra, Zahlenbezeichnungen und Ny ephelkystikon (letzteres wurde von Pickering regelmäßig gegen den real existierenden Compl-Wortlaut hinzugefügt, um den Urtext anzunähern). Stellen, an denen Compl geteilt liest, können in diesem Zusammenhang nicht als Differenzen gerechnet werden. Da die vier Fehler des vorläufigen Wortlauts schon bei der Kollation der ersten Hs. gefunden wurden und die beiden anderen Kollationen keine zusätzliche Korrektur mehr erbrachten, ist von noch weiteren Maßnahmen kein Fortschritt mehr zu erwarten, d.h. der Wortlaut kann als gesichert angenommen werden. Allerdings ist zu erwähnen, dass an dieser Stelle keine 100%-ige Genauigkeit in der Ermittlung des Wortlauts nötig wäre. Denn hier, zur Vorbereitung der Kollationen, geht es erst einmal darum, eine Liste der Compl-CP-Differenzen zu erstellen, die im Prinzip vollständig (d.h. nicht selektiv) ist, damit das Ergebnis nicht durch geringe Stellenanzahl oder einseitige Auswahl ungenau wird. Da aber die Bezeugung jeder Stelle anschließend durch Kollation sämtlicher Compl-Hss. genau festgestellt wird (Abschn. 11–13), werden falsche Annahmen über Compl-Lesarten zuverlässig korrigiert; etwaige Ungenauigkeiten im angenommenen Compl-Wortlaut wirken sich somit nur auf die Stellenauswahl aus, nicht auf das Ergebnis der Auswertung.
123 Vgl. Hodges/Farstad, Greek New Testament, 750.759.783.790, dagegen Hoskier, Text ΙΙ, 239.314.505.563. 124 Pickering schreibt dieser Handschriftenfamilie eine besondere Urtextnähe zu und hat ihren Wortlaut daher mit zahlreichen Kollationen ermittelt und untersucht. Online findet sich sein Text unter http://www.walkinhiscommandments.com/Pickering/Greek%20Text/apokalupsis--f35-2.pdf mit Varianten in Compl-Hss. (letzter Abruf: 18.6.2014), sowie unter http://www.walkinhiscommandments.com/Pickering/Greek%20Text/apokalupsis-ff.pdf mit Varianten aus allen Textformen (letzter Abruf: 18.6.2014). Mittlerweile ist dieser Text als komplettes NT in gedruckter Form erschienen: W.N. Pickering, The Greek New Testament According to Family 35, o. O. 2014.
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8.3. Die einheitliche Überlieferung in der Compl-Gruppe Der Grund, weshalb so wenige Zeugen ausreichen, um diesen Wortlaut zu ermitteln (Abschn. 8.2.), liegt – neben der erheblichen Vorarbeit durch Hoskier und Hodges-Farstad für die erwähnte Kollationsvorlage – in der großen Homogenität des Compl-Textes. Die meisten Einzel-Hss. weichen nur selten vom Compl-Standardwortlaut ab (s. Abschn. 6 und 7), und die Überlieferung innerhalb der Gruppe ist selten in Varianten aufgeteilt. Nur an sieben Stellen existiert keine klare Mehrheit, weil Varianten miteinander konkurrieren, die fast gleich stark bezeugt sind: Apk 4,6 κρυσταλλω oder κρυσταλω; 5,8 δʹ oder τεσσαρα; 9,5 πληξη oder παιση; 9,11 Αββαδων oder Αββαδδων; 12,10 Χριστου oder ; 14,14 καθηµενος οµοιος oder καθηµενον οµοιον; 19,10 επεσα oder επεσον (vgl. Abschn. 13 und 15). 8.4. Die Sonderlesarten von Compl gegen K und Αν J. Schmid charakterisiert diese Textform treffend: „Der Compl-Text selbst ist ein Mischtext aus Αν und K und hat nur ganz wenige Sonderlesarten“,125 und: „Charakteristisch für die Gruppe – im Gegensatz zu den meisten übrigen Gruppen des griechischen Apk-Textes – ist das fast vollständige Fehlen von reinen Sonderlesarten.“126 Mit anderen Worten: Der Compl-Wortlaut folgt weitgehend dem Konsens von K und Αν, und wo diese differieren, wählt er eine ihrer beiden Lesarten. Wenn wir versuchen, den Anteil des Αν-Textes am Compl-Wortlaut genauer zu charakterisieren, so zeigt die Teststellenauswertung hauptsächlich eine Nähe zur Αν-Untergruppe f, die vor allem durch 051 2031 2056 2073 2254 repräsentiert wird.127 Demnach stammte die ΑνHandschrift, aus der der Archetyp von Compl ursprünglich in Kombination mit K hervorging, offenbar aus dieser Untergruppe.128 Von dieser Regel, dass Compl zwischen K und Αν wählt, gibt es nur relativ wenige Ausnahmen. Bei diesen Sonderlesarten, die weder K noch Αν entsprechen, handelt es sich vor allem um Folgende: Apk 1,2 ατινα χρη (Αν-Text)] α χρη ⫽ 2,24 βαλω (mit 01) ⫽ 3,2 εµελλες αποβαλειν ⫽ 3,18 κολλουριον (mit 02) ⫽ 3,18 (nach εγχρισον) + επι ⫽ 4,4 (nach 125 Schmid, Studien II, 29. 126 Schmid, Apokalypsetext des Arethas, 54. Zum Nachweis des Textcharakters als nachträgliche Mischung aus K und Αν: ebd., 55–59. 127 Diese Untergruppe wird aufgelistet bei Schmid, Studien II, 26, und näher beschrieben in Studien I/1, 25–34. Ihre Nähe zu Compl bemerkt Schmid, Apokalypsetext des Arethas, 59. 128 So auch Schmid, Apokalypsetext des Arethas, 59.
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επι τους θρονους) + ειδον ⫽ 9,4 (nach ανθρ.) + µονους ⫽ 11,1 (vor λεγων) + και ειστηκει ο αγγελος (mit 01c) ⫽ 11,11 επ αυτους ⫽ 11,18 διαφθειραντας (mit 04) ⫽ 12,3 µεγας πυρρος (mit 02) ⫽ 12,5 ηρπαγη (mit 01) ⫽ 13,2 αρκτου (mit f.1006) ⫽ 15,4 (αγιος) + ει (mit 47 f.1006) ⫽ 15,6 εκ του ουρανου129 ⫽ 18,14 (nach λαµπ.) απωλοντο (mit 01) ⫽ 18,21 – ουτως ⫽ 19,1 ως φωνην οχλου πολλου µεγαλην ⫽ 20,12 (nach βιβλια) ανεωχθησαν ⫽ 20,12 (nach βιβλιον) ανεωχθη ⫽ 20,14 εστιν ο θανατος ο δευτερος ⫽ 21,23 (vor αυτη) + εν (mit 01c) ⫽ 21,24 την δοξαν και την τιµην, ferner die nur von einem Teil von Compl bezeugten Lesarten 4,6 κρυσταλω; 4,8 λεγοντα; 7,5 Ρουβειµ; 9,5 πληξη und 9,11 Αββαδδων. Die genaue Zahl der Sonderlesarten hängt von ihrer Definition ab. Oben sind alle Lesarten aufgelistet, die, zumindest nach dem vorläufigen Material (s. Anm. 21), weder von einem nennenswerten Teil von K unterstützt werden noch Gruppenlesart einer der vier großen Untergruppen des Αν-Textes (c d f i) sind; einzelne Zeugen außerhalb von Compl wurden aber erlaubt. Dieser Bestand wurde mit Schmids Liste der Sonderlesarten verglichen, die 14 Stellen umfasst130 und eine Teilmenge der obigen Aufzählung darstellt. Manche Fälle sind fragwürdig, z.B. ist Apk 3,18 κολλουριον Textlesart von Schmids ΑνEdition131 und wird doch gleichzeitig von ihm als Compl-Sonderlesart genannt (Αν ist hier sehr gespalten). Außerdem nennt Schmid auch einen Fall von Akzentuierung: Compl schreibt in 17,5 überwiegend πόρνων (so auch CP Kpart.) statt πορνῶν (NA Kpart. Αν). Eine endgültige Auflistung aller Sonderlesarten wird erst möglich, wenn die Wortlaute des K-Textes und des Αν-Textes mit allen Untergruppen ermittelt sind; die hierfür notwendigen Vollkollationen stehen gegenwärtig noch nicht zur Verfügung. Manche der genannten Sonderlesarten stellen Konflationen aus K und Αν dar, manche zeigen auch, wie oben angedeutet, Übereinstimmungen mit Lesarten einzelner alter Codices gegen die Mehrheit der Hss. Ob Letzteres Zufall ist oder die Einsicht in alte Dokumente als dritter Quelle bei der Entstehung von Compl verrät oder aber auf Eigenarten der für den Archetypen benutzten K- und Αν-Handschriften zurückgeht, kann erst untersucht werden, wenn die Überlieferung der Apk genauer erforscht ist.132
129 Im NA28-Apparat zu Apk 15,6 ist für K die Lesart οι ησαν angegeben, doch ist diese Hinzufügung kein Ersatz für εκ του ναου (Αν NAtxt) oder εκ του ουρανου (Compl), sondern gehört zu ενδεδυµενοι; insofern wäre für K an dieser Stelle besser eine Auslassung zu verzeichnen. Compl hat εκ του ουρανου und οι ησαν. 130 Schmid, Apokalypsetext des Arethas, 54–55. 131 Schmid, Studien I/2, 43. 132 Schmid, Apokalypsetext des Arethas, 58, führt auch die „alten Lesarten“ in Compl vollständig auf die Synthese von K und Αν zurück und verneint den Einfluss älterer Quellen.
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9. Der gedruckte Apk-Text der Complutensis 9.1. Verschiedene Besonderheiten Die „Vielsprachigkeit“ der Complutensischen Polyglotte ist im NT auf zwei Sprachen beschränkt (Griechisch, Lateinisch), wobei die einander entsprechenden Wörter durch hochgestellte Indizes in beiden Spalten aufeinander verweisen. Die Akzentuierung der griechischen Wörter weicht von der handschriftlichen Tradition ab: Es gibt nur einen einzigen Akzent; dieser sieht aus wie ein Akut oder neugriechischer Tonos und wird auch da benutzt, wo in herkömmlicher Schreibweise ein Zirkumflex oder Gravis steht. Einsilbige Wörter tragen gar keinen Akzent. Der Spiritus wird in keinem Fall gedruckt, das Jota subscriptum auch nicht. Um Unstimmigkeiten oder Missverständnisse zu vermeiden, wird daher in den Kollationen dieses Beitrags generell auf die Akzentuierung verzichtet. Da die Verszahlen des NT erst 1551 eingeführt wurden, ist die lateinische Spalte nicht mit der griechischen durch Verseinteilungen synchronisiert. An manchen Stellen erscheint daher in einer der beiden Spalten eine Reihe von Nullen als Füllzeichen, um die einander entsprechenden Zeilen beider Spalten wieder auf gleiche Höhe zu bringen, wenn die Wiedergabe in einer Sprache mehr Platz benötigt als in der anderen (z.B. aufgrund von Auslassungen).
Abb. 1: Druckbild der CP am Beispiel von Apk 6,10b–11a
9.2. Die Ermittlung des Apk-Wortlauts der CP Der Wortlaut des griechischen Apk-Textes der CP wurde buchstabengenau aufgenommen durch zwei Transkriptionen, die separat voneinander angefertigt und anschließend elektronisch miteinander verglichen wurden, um alle Differenzen (Tippfehler) durch erneute Einsicht in das Original133 zu korrigieren. Auf diese Weise wurde eine möglichst fehlerbereinigte Datei mit dem Wortlaut der gedruckten CP hergestellt und anschließend mit einer 133 Grundlage für diese Arbeit war das fotografische Faksimile der CP in der Hamburger Staatsbibliothek (Titel wie das Original, publiziert: Rom 1983).
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entsprechenden Datei des handschriftlichen Compl-Textes (vgl. Abschn. 8.2.) per EDV verglichen. Durch Überprüfung aller Differenzen am Druck und an den Compl-Hss. fand eine nochmalige Kontrolle statt. 9.3. Die Abweichungen des CP-Wortlauts vom Compl-Typ Auf dieser Basis können die Differenzen zwischen CP und Compl jetzt vollständig angegeben werden. Ein Vergleich dieses Materials mit Hoskiers Auflistung der Sonderlesarten der CP erbrachte auf unserer Seite nichts Neues.134 Die 124 Abweichungen des Drucks vom Handschriftentext werden in Abschn. 10–13 vollständig aufgeführt und können folgendermaßen klassifiziert werden. • • • • •
24 Unterschiede in der Zahlendarstellung (s. Abschn. 10.1.), davon zwei mit gespaltener Compl-Überlieferung, 2 Unterschiede im Ny ephelkystikon (s. Abschn. 10.2.), 23 Stellen mit unbezeugten135 CP-Lesarten (Abschn. 11), 47 Stellen mit schwach bezeugten CP-Lesarten (Abschn. 12) und 28 Stellen mit gut bezeugten CP-Lesarten (Abschn. 13), davon 7 Stellen mit fast mittig gespaltener Überlieferung (s. Abschn. 8.3.), also keiner ernsthaften Abweichung der CP von Compl.
Nicht als Differenzen gezählt wurden die Abkürzungen der Nomina sacra sowie Unterschiede in der Getrennt- oder Zusammenschreibung von Wortkombinationen. Es ist anzunehmen, dass manche dieser CP-Lesarten auf die benutzte Vorlage zurückgehen, während andere der Editionsarbeit entstammen. Daher werden diese Stellen im Sinne von Abschn. 4 (dort besonders der Punkte 2–4 und 6–7) zur Klärung unserer Frage im Folgenden untersucht und (mit Aus-
134 Vgl. Hoskier, Text I, 88. An einer Stelle ist Hoskiers Darstellung irreführend: Zu Apk 6,11 notiert er zunächst die Auslassung von και εδοθησαν εκαστοις στολαι λευκαι (nach dem von ihm benutzten TR-Wortlaut) und dann die Ersetzung von ερρεθη durch εδοθη. In Wirklichkeit lässt die CP einfach die Worte εκαστω στολη λευκη και ερρεθη αυτοις aus (Homoioteleuton). Die vermeintliche Ersetzung durch εδοθη war also nur Schein, verursacht durch missverständliche Einteilung in der CP, wo die Füllzeichen schon vor και εδοθη αυτοις gesetzt wurden, um den Satzbau zu reparieren (s. Abb. 1). 135 Diese Angaben zur Bezeugung beziehen sich allein auf die Compl-Handschriften (jede von ihnen wurde an allen betreffenden Stellen kollationiert). Da hierbei auch jüngere Exemplare berücksichtigt wurden, bezieht sich die angegebene Bezeugung auf den heutigen Stand, nicht auf den Zeitpunkt der Herstellung der Complutensis (somit sind potenzielle Druckkopien eingeschlossen).
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nahme der in Abschn. 10 verzeichneten geringfügigen Fälle) mit ihrer jeweiligen Bezeugung ausgewertet. 9.4. Einige Merkmale des CP-Textes im Vergleich der Textformen Folgende Beobachtungen zum Apk-Wortlaut der CP seien, bevor wir ins Detail gehen, schon an dieser Stelle zusammengefasst (Näheres dazu in Abschn. 11–13). Mit den in Abschn. 8.4. aufgeführten Sonderlesarten der Compl-Gruppe (gegen K und Αν) stimmt die CP in den meisten Fällen überein, mit vier Ausnahmen: Apk 3,2 εµελλες (CP: εµελες); 3,18 κολλουριον (CP: κολουριον); 11,18 διαφθειραντας (CP: -ροντας); 18,21 – ουτως (CP: + ουτως). Folgende der von Compl abweichenden CP-Lesarten finden wir auch in den großen Textformen K und/oder Αν wieder: Apk 3,2 στηριξον mit Αν; 3,5 ουτος mit Kpart. Αν; 4,6 υελινη mit Ανpart.; 4,8 – τα mit Kpart. Ανpart.; 4,10 βαλλουσι mit Ανpart.; 5,10 βασιλευουσιν mit Kpart.; 6,11 αποκτεινεσθαι mit Ανpart.; 7,9 φοινικες mit Αν; 7,10 του θρονου mit Kpart. Ανpart.; 8,3 δωση mit Kpart. Ανpart.; 11,18 διαφθειροντας mit K Ανpart.; 12,17 + του (vor Ιησου) mit Ανpart.; 13,6 + και (vor τους εν τω ουρανω) mit Αν; 16,7 + εκ mit Ανpart.; 16,10 εµασσωντο mit Kpart. Ανpart.; 16,16 – τον (vor τοπον) mit Ανpart.; 18,3 πεποτικε mit Ανpart.; 18,21 + ουτως mit K Αν; 19,6 λεγοντων mit Ανpart..136 9.5. Zur lateinischen Spalte der CP Der lateinische Text scheint nur selten einen Einfluss auf die griechische Spalte ausgeübt zu haben,137 am auffälligsten wohl in Apk 5,6 mit der Hinzufügung von και ιδου (lat. „et ecce“) und in 5,7 mit der Hinzufügung von βιβλιον (lat. „librum“). Denn diese Ergänzungen finden sich zwar im lateinischen Text, aber in keiner einzigen Compl-Handschrift vor dem 16. Jh. (vgl. Abschn. 12). Vielleicht erklärt sich auch das wiederholte εσφαγισµενον 136 Wenn hier die Αν-Lesarten etwas überwiegen, so liegt das teils am speziellen Αν-Einfluss der für die CP benutzten Vorlagehandschrift (vgl. Abschn. 18), teils am Variantenreichtum der stark in Untergruppen zersplitterten Αν-Überlieferung (vgl. Anm. 28). 137 Dies entspricht auch der Beobachtung von Scrivener: „That it was corrupted from the parallel Latin version was contended by Wetstein and others on very insufficient grounds [...] We need not deny that 1 John v. 7, 8 was interpolated, and probably translated from the Vulgate; and a few other cases have a suspicious look [...] yet we must emphatically deny that on the whole the Latin Vulgate had an appreciable effect upon the Greek. This last point had been demonstrated [...] by Goeze [...]“ (Scrivener, Introduction II, 180).
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[sic] als misslungener Versuch, einen Vorlagenfehler mit Hilfe des lat. Textes zu korrigieren (s. Anm. 145). 9.6. Textänderungen in den Nachdrucken Von den Nachdrucken der CP (s. Abschn. 1) wurden die zwei bedeutendsten, die Antwerpener Polyglotte (AP) und die Pariser Polyglotte (PP),138 mit dem originalen CP-Wortlaut verglichen. Im Buchstabenbestand der Apk weicht die AP an 64 Stellen von der CP ab, die PP an 71 Stellen; darunter sind 58 gemeinsame Stellen von AP PP gegen CP, aber nur 19 Differenzen zwischen AP und PP.139 Diese Abweichungen lassen sich folgendermaßen klassifizieren. An 26 Stellen bieten AP und PP gemeinsam eine Korrektur gegenüber einer CP-Lesart, die kaum bezeugt oder offensichtlicher Druckfehler ist.140 An 13 Stellen ändern AP und PP den CP-Text zu einer TR-Lesart hin, die kaum von den großen Textformen (K Αν Compl) unterstützt wird und als TRSonderlesart eher eine Verschlechterung gegenüber der CP darstellt; gerade dadurch wird aber der TR-Einfluss auf diese Nachdrucke deutlich.141 An zehn Stellen ersetzen AP und PP die CP-Lesart durch eine TR-Lesart, doch beide Seiten (CP und TR) haben einen guten Teil der handschriftlichen Überlieferung hinter sich. An zwei Stellen wurde die Korrektur zum TR unvollständig durchgeführt und ist daher kaum bezeugt: In Apk 1,6 wurde mit Αν TR ein και vor ιερεις hinzugefügt, aber davor das βασιλειαν aus K Compl stehen gelassen (Αν TR: βασιλεις), und in 7,11 wurde das von den großen Textformen gut bezeugte ειστηκεισαν der CP zu ειστηκεσαν geändert (TR aber: εστηκεσαν). In Apk 2,1 hat man versucht, die CP-Lesart εκκλησιας Εφεσω durch Einfügung von εν zu korrigieren, aber das Ergebnis entspricht weder dem TR (Εφεσινης εκκλησιας) noch den großen Textformen (einheitlich εν Εφεσω εκκλησιας). In 3,2 hat man die CP-Lesart erfolgreich zur Compl-Lesart εµελλες korrigiert ohne Beihilfe des TR (µελλει). Vielleicht sind auch folgende Lesarten von AP PP auf TR-Einfluss zurückzuführen: die Schreibweise für David (mit TR 138 AP: Arias, Biblia Sacra, vol. VII, 180–191. PP: Le Jay, Biblia, vol. V, 713–791. 139 Zur Vermeidung belangloser Varianten sind Fälle von unterschiedlicher Interpunktion, Akzentuierung oder Zusammenschreibung von Wortkombinationen hier nicht mitgezählt. 140 Diese von Compl abweichenden CP-Lesarten tauchen auch in den folgenden Kollationslisten auf (die meisten von ihnen in Abschn. 11). 141 AP PP mit TR gegen CP: Apk 1,8 + ο vor Κυριος; 2,17 οιδεν] εγνω; 3,15 ης] ειης; 8,13 πετωµενου; 9,11 εφ αυτων; 9,11 Αβαδδων; 10,7 αλλα; 11,5a θελη; 11,5b αυτους θελη; 14,19 την µεγαλην; 17,4 ην] η (vor περιβ.); 17,8 οτι] ο, τι; 19,17 πετωµενοις. So der TR nach Stephanus 1550 und Elzevir 1624, abweichend jedoch Erasmus 1516 in 9,11 (2×); 11,5b; 17,8.
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∆αβιδ statt mit CP ∆αυιδ, in Apk 3,7; 5,5; 22,16), das ουτω in 11,5 und das εστι in 21,8 (letzteres im TR zu Recht, da dort ein Konsonant folgt, aber unpassend im Compl-Wortlaut von CP AP PP). Andererseits finden sich 19 Stellen, an denen AP und PP differieren: An fünf Stellen ist die AP-Lesart fehlerhaft (kaum bezeugt bzw. Druckfehler) und in der PP daher wieder zur CP korrigiert. An sieben Stellen ist umgekehrt die PP-Lesart fehlerhaft, während die AP noch die richtige Lesart der CP bewahrt. An zwei Stellen macht die PP eine berechtigte Korrektur nach dem TR und den großen Textformen, während die AP noch eine Sonderlesart der CP kopiert (9,7 von ητοιµασµενα zu -µενοις, 11,9 von ουχ zu ουκ). An weiteren zwei Stellen hingegen führt die Anpassung an den TR durch die PP vom Text der großen Mehrheit weg (2,19 + και vor τα εσχατα, 14,6 πετωµενον). In Apk 2,19 führt offenbar der Versuch der PP, den CP-Text an die damalige Vulgata anzupassen, zu der kaum bezeugten Reihenfolge πιστιν [...] αγαπην [...] διακονιαν (CP und AP haben mit αγαπην [...] πιστιν [...] διακονιαν, der TR setzt πιστιν an das Ende). In 6,3, wo die AP die CP-Sonderlesart οτι zu Recht in οτε korrigiert, nimmt die PP wieder die Lesart der CP auf. In 8,11 hat die PP die Lesart von CP und AP εγενετο (K Compl) in εγινετο geändert (Αν TR: γινεται). Die Veränderungen des CP-Wortlauts durch die Nachdrucke werden in 14.3. noch eine Rolle spielen, da sie nicht ohne Auswirkung auf Handschriften geblieben sind.
10. Vorbemerkungen zu den Kollationsergebnissen An allen Stellen, an denen der gedruckte CP-Text (Abschn. 9) von der Mehrheit des handschriftlichen Compl-Textes (Abschn. 8) abweicht, wurden die Lesarten der in Tabelle 2 aufgeführten Handschriften anhand von Originalaufnahmen ermittelt. Die Ergebnisse dieser Kollationen sind in Abschn. 10–13 wiedergegeben, später werden auch weitere Varianten innerhalb der ComplÜberlieferung behandelt (Abschn. 15). Um der Vollständigkeit willen seien zunächst (Abschn.10.1–4.) alle Differenzen zwischen Compl und CP erwähnt, die aufgrund ihrer Geringfügigkeit nicht in die spätere Auswertung eingehen, wobei die Stärke ihrer Bezeugung (innerhalb der Compl-Hss.) grob klassifiziert wird.142
142 Zur Auflösung der verwendeten Sammelsigla: Compl = Mehrheit der Compl-Hss.; pm (permulti) = bedeutender Teil der Compl-Hss. (z.B. Hälfte der Gruppe); al (alii) = einige Compl-Hss. (4 bis 12).
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10.1. Zahlenbezeichnungen 4,4 (nach κυκλοθεν του θρονου θρονοι) κδʹ Compl] εικοσιτεσσαρες al CP 4,4 (vor πρεσβυτερους) κδʹ Compl] εικοσιτεσσαρας al CP 4,10 κδʹ Compl] εικοσιτεσσαρες al CP 5,8 δʹ pm] τεσσαρα pm CP 5,8 κδʹ Compl] εικοσιτεσσαρες al CP 7,5 (nach Ιουδα) ιβʹ pm] δωδεκα pm CP 7,5–8 elfmal ιβʹ Compl] δωδεκα al CP 11,2 µβʹ Compl] τεσσαρακονταδυο al CP 11,16 κδʹ Compl] εικοσιτεσσαρες al CP 13,18 χξϛʹ Compl] εξακοσιοι εξηκοντα εξ 2656 CP, εξακοσια εξηκοντα εξ 1732 14,1+3 ρµδʹ Compl] εκατον τεσσαρακοντα τεσσαρες al CP 19,4 κδʹ Compl] εικοσιτεσσαρες al CP 21,17 ρµδʹ Compl] εκατον τεσσαρακοντα τεσσαρων al CP. In ihrer Entscheidung, ob sie Zahlenbezeichnungen ausschreiben oder abkürzen, verhalten sich die Schreiber nicht immer konsequent, sondern wechseln ohne erkennbare Regel zwischen beiden Optionen. Folgende Handschriften verzichten am häufigsten auf die Abkürzung, um die Zahlen auszuschreiben: 1064 1740 1771 1957 2323 2431 2656. 10.2. Bewegliches Ny 5,7 (vor εκ) ειληφεν Compl] ειληφε 2196 2656 CP, ηληφε 1064 22,10 (vor ο αδικων) εστιν Compl] εστι 1072 CP. 10.3. Nomina sacra Nicht bei der Auflistung der Differenzen berücksichtigt werden die standardisierten Abkürzungen der Nomina sacra. Sie sind in den Compl-Hss. so gesetzt, wie es in Minuskelhandschriften üblich ist (mit Ausnahme von 1064, wo sie ausgeschrieben sind). In Abweichung von dieser Regel werden sie in zwei Fällen unterschiedlich dargestellt: 11,15 pm] Χριστου pm CP 12,10 pm] Χριστου pm CP, αντιχριστου 1248.
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10.4. Interpunktion Auch Unterschiede in der Interpunktion, Akzentuierung etc. werden nicht aufgelistet. Ein Fall soll hier trotzdem erwähnt werden: Während der handschriftliche Compl-Text Apk 9,13 mit Μετα ταυτα beginnen lässt („Nach diesen auch der sechste Engel [...]“), wie der K-Text, versteht die gedruckte CP µετα ταυτα als das Ende des vorhergehenden Satzes, wie der Αν-Text („[...] zwei Wehe nach diesen.“). Möglicherweise haben sich die Editoren hier am lateinischen Text orientiert („[...] duo ve post hec. Et sextus angelus [...]“). 10.5. Zeichen und Abkürzungen in den folgenden Kollationen Das Zeichen „–“ kennzeichnet die Auslassung der entsprechenden Wörter, „+“ eine Hinzufügung. „rell“ (reliqui codices) bezeichnet als Zeugen der zugeordneten Variante zusammenfassend alle Compl-Handschriften, die nicht bei den übrigen Varianten genannt sind (dies ist immer die Mehrheit der Compl-Handschriften). Es steht also für die Zeugenreihe: 35 432 757 824 986 1064 1072 1075 1248 1328 1384 1503 1551 1617 1637 1732 1733 1740 1745 1746 1768 1771 1774 1864 1865 1903 1957 2023 2035 2041 2061 2196 2201 2323 2352 2431 2434 2554 2656 2669 2723 2821 2926 abzüglich derer, die an der betrachteten Stelle bei anderen Varianten genannt sind oder als unleserlich angegeben sind (s.u.) oder aufgrund physischer Unvollständigkeit keinen Text haben143. Das Fragment 1652 ist in obiger Zeugenreihe nicht genannt, da es an keiner der untersuchten Stellen Text hat, außer in der Überschrift. Falls unter den rell-Zeugen ein Fall von Exponenten (vid, *, c etc.) auftritt, wird dies in runden Klammern hinter „rell“ vermerkt. „lac“ (lacuna) bezeichnet Zeugen, die an dieser Stelle eine physische Lücke haben, sofern dies nicht eindeutig aus Tabelle 2 hervorgeht (vgl. Anm. 143), wird also nur in den Grenzbereichen verwendet. „ill“ (illegibilis) bezeichnet Zeugen, die an dieser Stelle zumindest nach der verwendeten Aufnahme unleserlich sind.
143 In diesem Sinne ohne Text und daher weder ausdrücklich genannt noch in „rell“ enthalten sind also unvollendete oder unvollständig erhaltene Hss. im Bereich ihrer Lücken (diese sind der Spalte „Apk-Inhalt“ in Tabelle 2 zu entnehmen). Dasselbe gilt für 1903 2656 2669 2926 in Abschnitten, in denen sie vom TR abgeschrieben sind, und für das Supplement zur 757, das von einem K-Text abgeschrieben ist (vgl. Abschn. 6.2.). Diese Sektionen wurden in den genannten fünf Hss. ignoriert, um die spätere Bestimmung ihres Textcharakters innerhalb Compl nicht zu verfälschen (vgl. Abschn. 6.1.).
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„vid“ (ut videtur) kennzeichnet Lesarten, die nicht sicher zu erkennen sind, aber mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angenommen werden können. Die bekannten Exponenten * und c werden bei Korrekturen verwendet, txt und mg bei Randlesarten, v.l. (varia lectio) bezeichnet Alternativlesarten. Im Normalfall sind Letztere vom Schreiber ausdrücklich mit dem Kürzel γρ (für γραφεται) eingeleitet, an den oben in Abschn. 6.5. beschriebenen Stellen handelt es sich jedoch um interlinear hinzugefügte Buchstaben. Ähnliches findet sich in der Hs. 1865, aber an anderen Stellen, aufgrund von Überarbeitung (s. Abschn. 18.1.).
11. CP-Lesarten ohne Bezeugung durch Compl-Handschriften Zunächst seien sämtliche Stellen genannt, an denen der gedruckte CP-Text vom handschriftlichen Compl-Typ abweicht und von keiner einzigen ComplHandschrift unterstützt wird (von Korrekturen betroffene Zeugen nicht mitgezählt144). Das sind folgende 23 Stellen. 1,17: οτι CP ⫽ οτε rell (mit 2023vid 2431vid) 2,1: εκκλησιας Εφεσω CP ⫽ εκκλησιας εν Εφεσω 1064 ⫽ Εφεσω εκκλησιας 2669 ⫽ εν Εφεσω εκκλησιας rell 2,17: κενον CP ⫽ – 2554* ⫽ καινον rell (mit 2554c) 3,2: εµελες 2061* CP ⫽ εµελλον (dann αποθνησκειν) 1384 1732 1733 ⫽ ηµελλες (dann αποβαλλειν) 1768 2196 ⫽ µελλεις (dann das in Compl reguläre αποβαλειν) 2669 ⫽ εµελλες rell (mit 2061c) ⫽ ill 2656 3,5: περιβαλλειται CP ⫽ οτι αξιοι ... εν ιµατιοις λευκοις] – 2669 ⫽ περιβαλειται rell 3,18: κολουριον 757* CP ⫽ κουλουριον 1733 ⫽ κολλουριον rell (mit 757c) 5,12: εσφαγισµενον CP145 ⫽ εσφραγισµενον 1064 2926 ⫽ εσφραγµενον 2196* 2656 ⫽ εσφαγµενον rell (mit 2196c), auch 1774 (noch nicht lac)
144 An Stellen, an denen eine Korrektur vorliegt, also in den folgenden Kollationen zwischen den Exponenten * und c differenziert wird, muss in den elektronischen Auswertungen (Abschn. 14 und 16) aus technischen Gründen jeder Hs. eine eindeutige Lesart zugeordnet werden. In diesen Fällen wurde die ursprüngliche Lesart gezählt, wenn sie von mindestens einer weiteren Handschrift bezeugt ist. Wenn sie jedoch sonst unbezeugt ist, wurde die Korrektur gezählt, weil es sich dann meist um Schreibfehler handelt. 145 Es ist zu beachten, dass in manchen Hss. eine φρ-Ligatur benutzt wird, die das Rho zu einer kleinen Schleife reduziert, so dass es möglicherweise von den Herausgebern übersehen wurde. Die Vorlage der CP könnte demnach (wie 2926) εσφραγισµενον gelesen haben. Das Rho könnte aber auch in einem bewussten Korrekturversuch getilgt worden sein, um das als unpassend wahrgenommene „versiegelt“ in „geschlachtet“ zu verbessern. So scheint es jedenfalls bei Erasmus gewesen zu sein, dessen Vorlage 2814 in Apk 13,8 klar εσφραγισµ. ohne φρ-Ligatur liest, was er aber in den ersten beiden Auflagen durch εσφαγισµ. wiedergibt.
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6,3: οτι CP ⫽ οτε rell ⫽ ill 1903 6,9: εσφαγισµενων 1072* vid CP ⫽ εσφραγισµενων 2926 ⫽ εσφαγµενον 2061* ⫽ εσφαγµενων rell (mit 1072c 2061c) 7,4: των αριθµων CP ⫽ τον αριθµων 2061* ⫽ τον αριθµον rell (mit 2061c) 7,6: Μαναση 2023* CP ⫽ Μανασση rell (mit 2023c) 7,12 (vor ισχυς): – η CP ⫽ + η rell 8,12: τετταρτος CP ⫽ δʹ 35 ⫽ τεταρτος rell 9,17: ωρασει 2926* vid CP ⫽ ορασει rell (mit 2926c vid) 9,17: ιακινθινους CP ⫽ υακινθους 1248* 2323 ⫽ υακινθυνους 1617 2352* 2821 ⫽ υακινθινους rell (mit 1248c 2352c) 11,2: µετρησεις CP ⫽ µετρησης rell ⫽ ill 1903 2656 11,9 (vor αφησουσι): ουχ CP ⫽ ουκ rell (mit 1746vid)146 12,4: µελουσης CP ⫽ µελλουσης rell 13,14: οικονα CP ⫽ εικονην 2061 ⫽ εικονα τω θηριω] εις εικονα το θηριον 2196 ⫽ εικονα rell 15,6: περιεσζωσµενοι CP ⫽ περιεζωσµενοι rell 16,4: εζεχεε CP ⫽ εξεχεε rell (mit 1746vid) 21,20: αµεθυστος CP ⫽ αµεθυσος rell (mit 1733vid) ⫽ ill 1746 2656 22,8: δειγνυντος CP ⫽ δεικνυοντος 1384 1732 2201 2656 ⫽ δεικνυντος rell (aber 2434 schon lac). Aufgrund der fehlenden Bezeugung dieser CP-Lesarten innerhalb der ComplÜberlieferung kann man annehmen, dass sie entweder Singulärlesarten einer verlorenen Vorlage oder Produkt des Editionsprozesses bzw. Druckfehler sind. Aufschluss über eine mit dem CP-Text näher verwandte und heute bekannte Handschrift können diese Stellen also kaum geben.
12. CP-Lesarten mit geringer Bezeugung durch ComplHandschriften Von besonderer Bedeutung sind Stellen, an denen die Lesart der CP deutlich von der Mehrheit der Compl-Hss. abweicht, aber von wenigen Compl-Hss. unterstützt wird. Da es, wenigstens innerhalb der Compl-Überlieferung, keine sehr verbreiteten Varianten sind, könnten diese Lesarten Indizien für eine Verbindung der betreffenden Zeugen zur CP sein. Das trifft, bei einer Grenze von maximal drei Zeugen für die CP-Lesart, auf folgende 47 Stellen zu. Erst ab der dritten Auflage wird das korrekte εσφαγµ. gedruckt. Beide Ausgaben, CP und Erasmus, haben an diesen Stellen im lat. Text „occisus“. Eine Parallele finden wir in Apk 5,6 und 6,9. 146 In 1072 scheint die ganze Zeile neu geschrieben, die erste Fassung ist nicht rekonstruierbar.
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1,3: προφητιας 1064 2196 CP ⫽ προφητειας rell (mit 2323vid) 2,11 (vor Πνευµα): τω 1064147 CP ⫽ το rell148 (auch 2656, vielleicht noch vom TR kopiert) 2,20 (vor Ιεζαβελ): + την 1064 CP ⫽ – την rell ⫽ ill 2656 (noch lac 1774) 3,7 (zwischen κλεισει αυτην und µη ο ανοιγων149): ο 1064 CP ⫽ κλεισει αυτην ει µη ο ανοιγων] κλεισει αυτην και ο κλειων 1384 1732 ⫽ κλεισει αυτην ει µη ο ανοιγων] κλειων και ο κλειων 1733 ⫽ κλεισει αυτην ει µη ο ανοιγων] κλειει και κλειων 2023txt ⫽ ει rell (mit 2023v.l. 2201vid)150 3,12 (nach γραψω επ): αυτου 1064 2656 CP ⫽ αυτω 1733 ⫽ αυτον rell (mit 1384vid), 2926 hier noch als TR-Kopie 3,18 (vor µη φανερωθη): – και 1064 2656 CP ⫽ + και rell 4,8 (vor τεσσαρα ζωα): – τα 1064 2656 CP ⫽ + τα rell 4,9: δωσει 2656 CP ⫽ δοσει 1064 ⫽ δωση 2196 ⫽ δωσουσι 2201 ⫽ δωσι rell 4,10: βαλλουσι 1064vid 151 2023* 2656 CP ⫽ και προσκυνησουσι ... ενωπιον του θρονου] – 2201txt ⫽ βαλουσι rell (mit 2023c 2201mg), auch 1774 (noch nicht lac) 5,6 (nach και ειδον): + και ιδου 1064 2656 CP ⫽ – και ιδου rell 5,6: εσφαγισµενον 1064 1072* vid CP ⫽ εσφραγισµενον 2434* 2656152 2926 ⫽ εσφαγµενον rell (mit 1072c 2434c) 5,7 (nach θρονου): + βιβλιον 1064 2656 CP ⫽ – βιβλιον rell 5,8 (vor κδʹ): – οι 1771* 2196 2656 CP ⫽ + οι rell (mit 1771c) 6,5: εχον 2196 CP ⫽ µελας ... χειρι] – 2926 ⫽ εχων rell ⫽ ill 2656 6,7: τεταρτην σφραγιδα 1064 2656 CP ⫽ σφραγιδα την τεταρτην rell (aber σφραγιδα την δʹ 35) 6,11: εκαστω στολη λευκη και ερρεθη αυτοις] – 1064 2656 CP ⫽ εκαστω στολη λευκη και ερρηθη αυτοις 1746 1957 2431 ⫽ αυτοις εκαστω στολη λευκη και ερρεθη αυτοις] εκαστω αυτων στολη λευκη και ερρηθη αυτοις 1732 ⫽ εκαστω στολη λευκη και ερρεθη αυτοις rell (aber ερεθη 35 1551*, εκαστο 2061) 147 1064 schreibt allerdings oft Omega statt Omikron. 148 2669 hat aber in Apk 2,17, 2,29 und 3,22 wirklich τῶ! 149 Compl und K lesen κλεισει αυτην ει µη ο ανοιγων, wo NA κλεισει και κλειων bietet (in Αν überwiegt κλειει και κλειων). 150 2023 liest ο ανοιγων και ουδεις κλειει και κλειων και ουδεις ανοιξει, dann γρ (für γραφεται), dann και ουτως εν αλλη βιβλω: ο ανοιγων και ουδεις κλεισει αυτην ει µη ο ανοιγων, wobei das ει in der Aufnahme etwas undeutlich ist. 151 Der senkrechte Strich des Alpha in 1064 hat die Form einer langen Spitze nach oben, die als ein zweites Lambda erscheint. Zwar taucht diese Schreibweise auch an anderen Stellen auf, wo kein Lambda gemeint ist, aber der Akut steht hier auf der ersten Silbe, was für βάλλουσι und gegen βαλοῦσι spricht. 152 2656 hat eine Dittographie der ganzen umgebenden Passage (nach εχ. κερ- beginnt es wieder mit του θρονου), wodurch die o.g. Lesart zweimal auftaucht.
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6,11: πληρωθωσι 1064c 2656 CP ⫽ πληρωθωσιν 1064* ⫽ πληρωσουσι 1732 ⫽ πληρωσωσι rell 7,3: αδικησατε 2656 CP ⫽ αδικησηται 1551 2061 2431 2926* ⫽ αδικησετε 1903 ⫽ αδικησητε rell (mit 2926c) 7,5: Ρουβειν 2656vid CP ⫽ Ρουβειµ 1072 1075 1248 1503 1617 1637 1740 1745 1746 1771 2023 2041 2431 2821 ⫽ Ρουβην 1064 ⫽ Ρουβιν 2201 ⫽ Ρουβιµ rell153 7,16: πινασουσιν 1551 2061 CP ⫽ πεινασουσιν rell (mit 757vid) 9,4: αυτοις 1075c 2656 CP ⫽ αυταις rell (mit 1075*) 9,5: βασανισωσι 1064 2656 CP ⫽ βασανισθησονται 35 ⫽ βασανισωσοι 2196 ⫽ βασανισθωσι rell 9,7: ητοιµασµενα 1064 2656 CP ⫽ ητοιµασµενοις rell (aber 1774 ητοιµαµασµενοις) 9,15: και την ηµεραν] – 1064 2656 CP ⫽ και εις την ηµεραν 2196 2201 ⫽ και ηµεραν 35 ⫽ και την ηµερα 1551 ⫽ και την ηµεραν rell 9,21: φαρµακιων 1774* 2669 2926 CP ⫽ φαρµακειων rell (mit 1064c 1774c) ⫽ ill 1064* 11,8: Σωδοµα 2656vid CP ⫽ Σοδωµα 2035 ⫽ Σοδοµα rell 12,5: ποιµανειν 2656 CP ⫽ ποιµενειν 2061* 2431 ⫽ ποιµαινειν rell (mit 2061c) 12,13 (vor γην): – την 2656 CP ⫽ + την rell 12,17 (vor Ιησου): + του 2656 CP ⫽ – του rell 13,15 (vor λαληση): και ινα 2656 CP ⫽ ινα 2201 ⫽ ινα και λαληση η εικων του θηριου] – 2196 ⫽ ινα και rell 13,15 (vor εικων): – η 2656 CP ⫽ ινα και λαληση η εικων του θηριου] – 2196 ⫽ + η rell 13,15: ποιει τους 2656 CP ⫽ ποιησει οσοι εαν 1248 1732 1740 ⫽ ποιησει οσει εαν 2196 ⫽ και ποιηση οσοι εαν ... εικονι του θηριου] – 2926 ⫽ ποιηση οσοι εαν rell (mit 1746vid) 13,15: προσκυνουντας 2656 CP ⫽ και ποιηση οσοι εαν ... εικονι του θηριου] – 2926 ⫽ προσκυνησωσι rell 13,17 (zwischen χαραγµα und το ονοµα): + η 2656 CP ⫽ χαραγµα το ονοµα] χαραγµα του ονοµατος 2201 ⫽ – η rell (mit 1746vid) 14,4 (zwischen οπου und αν υπαγη): + γαρ 2656 CP ⫽ – γαρ rell 14,12 (vor υποµονη): – η 2656 2926 CP ⫽ + η rell (mit 2554vid) 15,2: πυρι µεµιγµενην 2656 CP ⫽ µεµιγµενην πυρι rell 15,6 (zwischen λινον und καθαρον): + και 2656 CP ⫽ – και rell 153 1957 hat eine veränderte Reihenfolge in der Aufzählung der Stämme: Ιουδα Γαδ Νεφθαλειµ Συµεων Ισαχαρ Ιωσηφ Ρουβιµ Ασηρ Μανασση Λευι Ζαβουλων Βενιαµιν. Diese Reihenfolge entsteht, wenn eine Darstellung wie z.B. in 1864 (je zwei Stämme pro Zeile) vom Abschreiber als zweispaltig missverstanden und vertikal gelesen wird.
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15,6 (zwischen καθαρον und λαµπρον): + και 1740* 2656 CP ⫽ – και rell (mit 1740c) 16,7 (zwischen ηκουσα und του θυσιαστηριου): + εκ 2656 CP ⫽ – εκ rell 16,14: παντοκρατωρος 2061 CP ⫽ παντοκρατορος rell (mit 1733vid) 16,16 (vor τοπον): – τον 2196* 2201 2656 CP ⫽ + τον rell (mit 2196c) 20,13 (zwischen ο αδης εδωκαν τους und νεκρους): εαυτων 432 2656 CP ⫽ εν αυτη 1551 2061 2723* vid ⫽ εαυτοις 2926 ⫽ εδωκαν τους εν αυτοις νεκρους] τους νεκρους τους εν αυτοις 1384 1732 ⫽ εδωκαν τους εν αυτοις νεκρους και εκριθησαν εκαστος κατα τα εργα αυτων και ο θανατος και ο αδης] – 1957 ⫽ εν αυτοις rell (mit 1746vid 2723c) 21,10 (zwischen µεγαλην und αγιαν): – την 2656 CP ⫽ και 35 1384 1732 ⫽ και την 2669 ⫽ + την rell (mit 986vid 1746vid) 21,12 (vor τειχος): εχουσαν 2656 CP ⫽ εχουσα rell (mit 1746vid) 21,12 (vor πυλωνας): εχουσαν 2656 CP ⫽ και εχουσα 1384 1732 ⫽ εχουσα rell (mit 1746vid) 22,16 (vor ∆αυιδ): + του 2656 CP ⫽ – του rell ⫽ lac 2201 durch Abriss (2669 hat του, aber nicht aus der CP, sondern aus dem TR).
Die hier mit der CP gegen die Mehrheit genannten Zeugen stehen, wenn sie wiederholt auftreten, im Verdacht, entweder Vorlagen oder Kopien der CP zu sein. Dies ist deutlich zu sehen bei 1064 und 2656, während andere Zeugen nur gelegentlich und somit nicht signifikant mit der CP-Lesart übereinstimmen (Näheres dazu in Abschn. 14).
13. CP-Lesarten mit mittlerer Bezeugung, aber gegen die Mehrheit der Compl-Handschriften An den folgenden 28 Stellen weicht die Lesart der CP zwar von der Mehrheit der Compl-Hss. ab, wird aber von einer gewissen Anzahl von Compl-Hss. unterstützt, und zwar von mindestens vier Hss., aber höchstens der Hälfte der Gruppe. Hier liest die CP zwar nicht die Hauptlesart des Compl-Typs, jedoch eine allgemein in dessen Überlieferung verbreitete Variante. Inscriptio: αποκαλυψις του αγιου αποστολου και ευαγγελιστου Ιωαννου του θεολογου 432 1064 1248154 1328 1384 1732 1733 1740 1768 1865 2723 CP ⫽ αποκαλυψις του αγιου Ιωαννου του θεολογου 35 2196 2323 ⫽ αποκαλυψις Ιωαννου του θεολογου 1957 2035 ⫽ αποκαλυψις του αγιου
154 1248 hängt ihren ersten Kurzkommentar (vgl. Anm. 109) direkt an die Überschrift an, statt ihn auf den Seitenrand zu schreiben, und schließt das Ganze mit dem Kürzel ευο ab, das vielleicht ευλογητος Πατερ bedeutet.
Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte
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Ιωαννου του αποστολου και ευαγγελιστου και θεολογου 2554 ⫽ αποκαλυψις του αγιου αποστολου και ευαγγελιστου Ιωαννου 1746 ⫽ αποκαλυψις του αγιου αποστολου φιλου ηγαπηµενου και παρθενου ευαγγελιστου Ιωαννου του θεολογου 2061 ⫽ – 2023 ⫽ η αποκαλυψις του αγιου Ιωαννου του αποστολου και θεολογου 2201 ⫽ αποκαλυψις του αγιου Ιωαννου του αποστολου και ευαγγελιστου θεολογου rell (inklusive 1652, mit 2352vid) 3,2: στηριξον 432 1384* 1732v.l. 1768 1865v.l. 1957 2023c 2196 CP ⫽ τηρησον 1384c vid 1732txt 1733 ⫽ στηριξων 1064 ⫽ στηρισον rell (mit 1865txt 2023*) ⫽ ill 2656 3,5: ουτος 1064 1384txt 1732txt 1733 2035 2196 2201 2656 CP ⫽ οτι αξιοι ... εν ιµατιοις λευκοις] – 2669 ⫽ ουτως rell (mit 1384v.l. 1732v.l., aber ουτω 1957 2323) 4,6: υελινη 986 1248 1551 1740 2023 2061 2196 2323c 2656 2821 CP ⫽ υαλινη rell (mit 2323* vid) 4,7: πετωµενω 1064 2035 2196 2656 2926 CP ⫽ πετοµενω rell 5,10: βασιλευουσιν 432 1064 1248 1328 2201 2926 CP ⫽ βασιλευσουσιν rell 6,11: αποκτεινεσθαι 1064 1903 2035 2656 CP ⫽ αποκτεννεσθαι 35 2201 ⫽ αποκταινοντες 2196 ⫽ αποκτενεσθαι rell 7,3: µετοπων 1617 1746 2035 2061 2352 2431 2656 2669 CP ⫽ (trotz των) µετωπον 757 ⫽ µετωπων rell 7,9: φοινικες 35 1064 1865v.l. 2201 2656 CP ⫽ φοινικας rell (mit 1865txt) 7,10: του θρονου 1064 1248 1328 1732 1733 1740 1774 2035 2196 2201 2554c 2656 2926 CP (aber 1064 του θρωνου) ⫽ τω θρονω rell (mit 2554* vid) 7,17: ποιµανει 35 1064 1248 1732 1733 1746 1903 2035 2196 2201 2656 2821 2926 CP ⫽ ποιµαινει 432 1072 1551 1617 1768 1774 1865 1957 2061 2323 2434 2669 2723 ⫽ ποιµαινει (txt) & ποιµανει (v.l.) 2023 ⫽ ποιµανει (txt) & ποιµαινει (v.l.) rell 8,3: δωση 986vid 1064 1072 1551 1903 1957 2023 2061 2196 2656 2669 2821 CP ⫽ δωσει rell 8,7: και το τριτον των δενδρων κατεκαη] – 1064 1774 2656 2821 CP ⫽ και το τριτων των δενδρων κατεκαη 1617 1745 ⫽ και των δενδρων το τριτον κατεκαη 2431 ⫽ και το τριτον των δενδρων κατεκαη rell155 9,11 (vor απολλυων): + ο 1064 1248 1740 1746 2656 CP ⫽ – ο rell (mit 1745vid) 9,19: οµοιοι 1248 1740 1745 1746 2023 2431 2821 2926* vid CP ⫽ οµοιαι rell (mit 2926c)
155 2061 lässt im Vorfeld das και το τριτον της γης κατεκαη aus, wohingegen es die verwandte 1551 hat.
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11,18: διαφθειροντας 1328 1774 2035 2201 2656 2926 CP ⫽ διαφθηρονται 2196 ⫽ και διαφθειραι ... την γην] – 1551 2061 ⫽ διαφθειραντας rell 12,17: οργισθη 1072* vid 1551 2061 2196 2656 CP ⫽ και ηνοιξεν ... επι τη γυναικι] – 2926 ⫽ ωργισθη rell (mit 1072c 1746vid) 13,6 (zwischen σκηνην αυτου und τους εν τω ουρανω): + και 432 1732 1768 1865c 2201 2656 CP ⫽ – και rell (mit 1865*) 13,16: µετοπων 2035 2352 2669 2926 CP ⫽ µετωπω 1903* ⫽ µετωπων rell (mit 35vid 1746vid 1903c) 16,10: εµασσωντο 1732 1768 2023 2201 2656vid CP ⫽ εµασωντο rell 18,3: πεποτικε 432 1384 1732 1768 1865c 2656 CP ⫽ πεποκε 986c 2023 ⫽ πεπτωκε 1248c vid 156 1957 2926 ⫽ πεπτωκασι 2196 ⫽ πεπωκε rell (mit 986* vid 1248* vid 1865*) 18,21 (zwischen λεγων und ορµηµατι): + ουτως 35 432 1384 1732 1768 1865c 2023 2201 2656 CP ⫽ – ουτως rell (mit 1865*) 19,4: επεσον 35 432 1248 1328 1384 1732 1733 1740v.l. 157 1768 1865 1957 2035 2554 2656 2723 2926 CP ⫽ επεσαν rell (mit 1740txt)158 19,6: λεγοντων 432 1384 1732 1768 2201 2656 CP ⫽ λεγοντες 1903* 1957 2431 ⫽ λεγοντας rell (mit 1903c) 19,18 (zwischen δουλων und µικρων): – και 432 1328 1733 1768 1865c 2035 2554 2656 2926 CP ⫽ + και rell (mit 1746vid 1865*) 21,6: 432 1551 1865 1903 2023 2035 2061 2196 2323 2656 2821 CP ⫽ αλφα rell 21,20: υακινθινος 432 1768 1865* 2201 2723 CP ⫽ υανκινθος 1551 ⫽ υακινθος rell (mit 1746vid 1865c 2196vid)159 ⫽ ill 2656 22,1: κρυσταλλον 35 1075 1248 1384 1617 1637 1732c 1740 1745c 1771 1864* 1903 2023 2041 2201 2323 2656 2821 CP ⫽ κρυσταλον rell (mit 1732* 1745* 1864c). Die an diesen Stellen mit der CP lesenden Handschriften stehen in keinem unmittelbaren Verdacht, ihre Vorlagen oder Kopien zu sein, da diese Varianten ohnehin eine gewisse Verbreitung zeigen. Aber in ihrer Gesamtheit, d.h. bei
156 1248 hat in die Nähe des zweiten Pi einen kleinen Jota-Strich gesetzt, aber nicht richtig mit dem Pi verbunden, so dass ein leichter Unterschied zur üblichen πτ-Ligatur besteht – Indiz für eine nachträgliche Korrektur oder bloße Schreiberungenauigkeit? 157 In 1740 steht über dem επεσαν ein -ον (analog zu Apk 16,19 und 17,10, wo viele Hss. diese Alternativlesart haben, vgl. Abschn. 15). 158 2196 schreibt versehentlich επεσσαν (ebenso in Apk 17,10, vgl. Abschn. 15). 159 1865 hat über das Wort ein „+“ gesetzt, mit unklarer Bedeutung; auf jeden Fall stehen über dem zweiten ιν Tilgungspunkte, so dass eine Korrektur von υακινθινος zu υακινθος ausgedrückt ist. 2926 fügt dittographisch noch einmal ο ενδεκατος υακιθος [sic] hinzu. 2196 hat υακιθος mit einem waagerechten Strich über dem Jota, vielleicht ein Ny-Strich (obwohl kein Zeilenende), so dass es υακινθος ergibt.
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wiederholtem Vorkommen, kreisen sie den entsprechenden Überlieferungsstrang innerhalb von Compl ein (vgl. Abschn. 15–17).
14. Als Vorlagen oder Abschriften des CP-Textes erkennbare Handschriften 14.1. Zeugen, die in der Gesamtauswertung der Apk dem Wortlaut der CP nahe stehen Die in Abschn. 12–13 genannten 75 Stellen zeigen die CP in einem Gegensatz zur Mehrheit der Compl-Hss. und sind daher geeignet, unter den Compl.-Hss. diejenigen Hss. zu identifizieren, deren Wortlaut dem der CP besonders verwandt ist. Als Zusammenfassung dieses Materials sind in Tabelle 4 alle Handschriften aufgelistet, die dem CP-Text – bei Betrachtung seiner Differenzen zu Compl – insgesamt am nächsten stehen. Sie erscheinen in der Rangfolge ihres Übereinstimmungsgrades nach Prozentwerten.160 Tabelle 4: Die dem CP-Text insgesamt am nächsten stehenden Compl-Handschriften 47 Stellen aus Abschn. 12
28 Stellen aus Abschn. 13
Summe (75 Stellen)
88% (38/43): 2656
88% (22/25): 2656
88% (60/68): 2656
68% (17/25): 1064
73% (11/15): 1064
70% (28/40): 1064
9% (4/47): 2196
73% (8/11): 1384
36% (8/22): 1384
5% (1/20): 1774
44% (12/27): 2201
19% (13/69): 2201
5% (2/42): 2926
39% (11/28): 432 2035
17% (13/75): 2196
4% (2/47): 2061
36% (9/25): 2926
16% (11/67): 2926
2% (1/42): 2201
36% (10/28): 1732 1768
16% (12/75): 432
2% (1/47): 432 1072 1551 1771 2023
32% (9/28): 1248 2196 25% (7/28): 2023 2821
15% (11/75): 2035 13% (10/75): 1732 1768
Schon in Abschn. 12 war erkennbar, dass 1064 und 2656 häufig als einzige Zeugen mit der CP-Lesart gegen die übrigen Hss. stehen. Dieser Eindruck wird durch diese Auswertungstabelle untermauert. Es muss also eine besondere Verbindung und Abhängigkeit zwischen diesen Handschriften und der CP geben. Da 1064 aus dem 18. Jh. stammt und 2656 aus dem 17., können sie keine Vorlagen gewesen sein, sondern kommen eher als Kopien des Drucks 160 In Klammern steht der den Prozentzahlen zugrundeliegende Quotient: Zahl der Übereinstimmungen geteilt durch Zahl der verglichenen Stellen. Letztere ist aufgrund von Lücken und unlesbaren Stellen oft geringer als die Anzahl der Teststellen.
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infrage. Zwar könnte ihr geringes Alter auch durch Abschrift von der Vorlage der CP (bzw. von einer der Vorlage eng verwandten Hs.) erklärt werden; doch diese Möglichkeit werden wir in Abschn. 14.3. ausschließen können. In 1064 ist die ungekürzte Schreibung der Nomina sacra ein weiteres Indiz für die Abschrift vom Druck. Eine Untersuchung dieser beiden Hss. erfolgt in Abschn. 14.3. Die ebenfalls in obiger Tabelle durch hohe Werte auffallende 1384 wird in Abschn. 14.9. analysiert. 14.2. Handschriften-Profile für gering bezeugte CP-Lesarten Um die übrigen, neben 1064 2656 hier ins Blickfeld geratenen Handschriften besser beurteilen zu können, benötigen wir eine differenziertere Darstellung. Daher wurde, um das Material aus Abschn. 12 übersichtlich zusammenzufassen, in Diagramm 1 für jede Hs. eine Zeile gesetzt, wobei Übereinstimmungen mit der CP durch ein schwarzes Kästchen hervorgehoben sind, Nicht-Übereinstimmungen durch ein weißes Kästchen; „-“ kennzeichnet physische Lücken oder Ausschluss von Fremdsektionen im Sinne von Abschn. 6.2., „?“ unlesbare Stellen, „c“ Korrekturen in der einen oder anderen Richtung. Das Profil jeder Hs. läuft von links (1. Stelle: Apk 1,3) nach rechts (47. Stelle: Apk 22,16) in der Reihenfolge des Vorkommens der Stellen im Text. Auf die gleiche Weise fasst Diagramm 2 das Material von Abschn. 13 zusammen. Hierdurch werden die Übereinstimmungsgrade im Vergleich der Hss. untereinander sowie die teilweise im Verlauf des Apk-Textes wechselnden Beziehungen optisch veranschaulicht. 14.3. Die vom Druck abhängigen Handschriften 1064 (Athos, Kutlumusiu, 286) und 2656 (Athen, Nat. Bibl., 3110) Man sieht in Diagramm 1, dass 2656 fast durchgehend mit der CP liest, in abgeschwächter Form auch 1064. Die Eigenarten der CP werden von beiden Hss. sehr deutlich übernommen. In Apk 5,7, wo die CP ειληφε druckt (statt des handschriftlich regulären ειληφεν, da Vokal folgt), kopiert 2656 sogar diesen Druckfehler, und 1064 variiert es zu ηληφε. Trotzdem zeigen beide Hss. gewisse Abweichungen vom CP-Wortlaut (wie schon an den Prozentwerten in Tabelle 4 zu erkennen war). Die nähere Untersuchung zeigt bestimmte Lesarten, die 1064 und 2656 gemeinsam sind, aber vom CP-Text divergieren; sie sprechen gegen ein reines Kopierverhältnis. Als Beispiele seien genannt: Apk 2,1 εκκλησιας εν Εφεσω 1064 (2656 folgt noch TR) gegen Compl (εν Εφεσω εκκλησιας) und CP (εκκλησιας Εφεσω), 3,9 ηξωσι 1064 2656 Complpart.
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Diagramm 1: Handschriften-Profile für schwach bezeugte CP-Lesarten gegen Compl (gemäß Abschn. 12)
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gegen CP Complpart. (ηξουσι), 6,3 οτε 1064 2656 mit Compl gegen CP (οτι), 9,11 Αβαδδων 1064 2656 gegen CP Complpart. (Αββαδων) bzw. Complpart. (Αββαδδων). Stammen 1064 und 2656 also von einer gemeinsamen Vorlage, die den CP-Text mit gewissen Veränderungen kopiert hat? Die Antwort darauf führt nicht zu einer Apk-Handschrift, sondern zu einer gedruckten Quelle. Denn in allen genannten Fällen handelt es sich um die Lesart der Antwerpener Polyglotte, eines Nachdrucks der CP mit geringfügigen Änderungen (vgl. Abschn. 9.6.). Wenn wir über die in Abschn. 11–15 untersuchten Stellen hinaus den gesamten Text der Polyglotten vergleichen, bestätigt sich diese Annahme: Bei Betrachtung aller Stellen, an denen die Antwerpener von der Complutensischen Polyglotte abweicht, lesen 1064 2656 überwiegend mit der AP, nur selten mit der CP (1064: 34-mal mit AP, 3-mal mit CP; 2656: 43-mal mit AP, 7-mal mit CP), und bei Betrachtung der Stellen, an denen die Pariser von der Antwerpener Polyglotte abweicht, lesen sie meistens mit der AP, nur selten mit der PP (1064: 7-mal mit AP, einmal mit PP; 2656: 10-mal mit AP, 5-mal mit PP), wobei sich ein Teil der verbliebenen Abweichungen von der AP bloß als Glättung ihrer offensichtlichen Druckfehler entpuppt. Zwar besteht ein Teil der Differenzen zwischen CP und den Nachdrucken ebenfalls aus Korrekturen von Druckfehlern, können also vom Schreiber der jeweiligen Hs. auch unabhängig von den Nachdrucken vorgenommen worden sein. Aber wenn wir uns auf signifikantere Merkmale konzentrieren, wird das Bild noch deutlicher: 1064 2656 stimmen regelmäßig mit den erst in den Nachdrucken AP PP entstandenen Sonderlesarten oder Anpassungen an den TR überein, aber nicht mit den übrigen TR-Lesarten; sie können daher nicht direkt von der CP abgeschrieben, aber auch nicht unabhängig von den Nachdrucken durch den TR beeinflusst sein.161 Geringer, aber doch ausreichend ist die Anzahl signifikanter Stellen, die für die Zugehörigkeit zur AP gegen die PP sprechen.162 Verdächtig ist allerdings, dass das falsche τω der CP (Apk 2,11), das in AP PP zu το korrigiert ist, in 1064 wieder auftaucht – ein Indiz dafür, dass diese Hs. nicht direkt vom siebten Band der AP abgeschrieben sein kann, sondern 161 Zum Beispiel gehen 1064 2656 mit AP PP gegen CP: Apk 1,6 βασιλειαν και ιερεις; 1,8 λεγει ο Κυριος; 1,16 αυτου χειρι; 2,1 εκκλησιας εν Εφεσω; 2,17 εγνω; 3,9 ηξωσι; 3,15 ειης; 7,1 ταυτα; 9,11 εφ αυτων; 9,11 τον αγγελον; 9,11 Αβαδδων; 10,1 – η vor ιρις; 11,5a θελη; 11,5b αυτους θελη; 14,19 την µεγαλην; 17,4 η vor περιβ.; 21,11 κρυσταλλιζοντι. Abzuziehen sind hier die Fälle, in denen 2656 bis mindestens Apk 2,10 vom TR kopiert ist oder 1064 ab 10,11 keinen Text mehr hat, so auch in der folgenden Anm. 162 Zum Beispiel mit AP gegen PP: Apk 2,19 Reihenfolge αγαπην ... πιστιν ... διακονιαν statt Umstellung; 2,19 – και vor τα εσχατα (ill. 2656); 3,14 + ο vor αµην; 9,7 ητοιµασµενα; 19,4 + οι vor εικοσιτεσσαρες.
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von einem anderen, mit diesem fast identischen Nachdruck?163 In jedem Fall lässt sich schließen, dass 1064 (Apk 1,1-10,10) und 2656 (ca. 2,13-22,21) von der Antwerpener Polyglotte oder einem mit ihr verwandten Nachdruck der CP abgeschrieben sind. 14.4. Sonstige, aber fragwürdige Übereinstimmungen mit der CP; unterschiedliches Verhalten von Vorlagen und Kopien in den Diagrammen Die übrigen Hss. gehen bei den in Diagramm 1 dargestellten Minderheitslesarten fast nie mit der CP; die wenigen Übereinstimmungen, die bei manchen zu finden sind (2061 2196 2926 etc.), scheinen Zufallstreffer zu sein, die auch unabhängig von der CP entstanden sein können. Dieser Befund könnte, für sich betrachtet, den Eindruck erwecken, keine weiteren Hss. stünden dem CP-Text nahe außer den beiden genannten Kopien, d.h. es würde keine Vorlage mehr existieren. Doch dieser Schluss wäre verfrüht. Denn diese Darstellung umfasst nur CP-Lesarten mit Bezeugungsstärken bis zu drei Zeugen, und ein Teil dieser Anzahl wird schon von den o.g. Kopien abgedeckt. Daher können Lesarten einer Vorlage, sofern sie eine gewisse Unterstützung durch andere Hss. besitzen, erst in Abschn. 13 in Erscheinung treten (Diagramm 2). Im Gegensatz dazu finden sich die Druckfehler der Edition, die keine Unterstützung in der eigentlichen handschriftlichen Überlieferung haben, jedoch in den Kopien auftauchen, aufgrund ihrer geringen Bezeugung vorwiegend in Abschn. 12 (Diagramm 1). 14.5. Handschriften-Profile für breiter bezeugte CP-Lesarten In analoger Weise fasst Diagramm 2 das Verhalten der Hss. gegenüber den 28 CP-Lesarten zusammen, die in Abschn. 13 aufgeführt sind. An diesen Stellen zeigen auch Handschriften, die nicht von der CP abhängig sind, gelegentlich Übereinstimmungen mit der CP gegen Compl, weil diese CP-Lesarten innerhalb der Compl-Überlieferung eine gewisse Verbreitung haben. Daher
163 Da 1064 oft Omega und Omikron vertauscht, ist diese Stelle eigentlich nicht beweiskräftig. Aber es wäre ein seltsamer Zufall, wenn der Schreiber durch solche Unachtsamkeit genau den Druckfehler der CP wieder getroffen hätte, der in seiner Vorlage (AP?) schon korrigiert gewesen wäre. Da Plantin außer der Antwerpener Polyglotte noch weitere Nachdrucke der CP veranstaltete, ist damit zu rechnen, dass es eine ganze Reihe ähnlicher Drucke gegeben hat. Nach Schaff, Companion, 235, stellte Plantin solche Nachdrucke her „at Antwerp (1564? 1573, 1574, 1584, 1590, etc.), at Geneva (1609, 1619, 1620, 1628, 1632)“.
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Diagramm 2: Handschriften-Profile für besser bezeugte CP-Lesarten gegen Compl (gemäß Abschn. 13)
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unterscheidet sich diese Darstellung optisch und zeigt wesentlich mehr Übereinstimmungen. Bei den meisten Hss. finden sich Gelegenheitstreffer, die zu erwarten sind, da es sich um mehr oder weniger verbreitete Varianten handelt. Die einzigen Zeugen, die an keiner dieser Stellen mit der CP gehen, sind 757 824 1503 2434. Wenn aber eine Hs. als Vorlage benutzt wurde, müsste sie sich hier nicht durch sporadische Treffer, sondern durch vermehrtes Auftreten von aufeinander folgenden Übereinstimmungen zeigen (also optisch durch schwarze Balken). Das ist – außer bei den Kopien 1064 und 2656 – eindeutig bei den Handschriften 432 und 1768 im letzten Teil des Apk-Textes zu erkennen, wo sie fast durchgehend mit den CP-Lesarten übereinstimmen. Etwas abgeschwächt ist das auch bei 1384 und 1732 der Fall. Ferner zeigen sich in anderen Bereichen der Apk noch kleinere Serien von Übereinstimmungen bei 2196, 2201 und 2821. 14.6. Die Vorlage für das letzte Drittel der Apokalypse: 432 (Vatikanstadt, Bibl. Vat., Vat. gr. 366) Am stärksten ist die durchgehende Übereinstimmung mit den CP-Lesarten im Schlussteil164 von Minuskel 432 (vgl. oben schon in Abschn. 3.3.): 18,3: πεποτικε 432 1384 1732 1768 1865c 2656 CP 18,21: + ουτως 35 432 1384 1732 1768 1865c 2023 2201 2656 CP 19,4: επεσον 35 432 1248 1328 1384 1732 1733 1740v.l. 1768 1865 1957 2035 2554 2656 2723 2926 CP 19,6: λεγοντων 432 1384 1732 1768 2201 2656 CP 19,18: – και 432 1328 1733 1768 1865c 2035 2554 2656 2926 CP 20,13: εαυτων 432 2656 CP 21,6: 432 1551 1865 1903 2023 2035 2061 2196 2323 2656 2821 CP 21,20: υακινθινος 432 1768 1865* 2201 2723 CP. Die 432 ist in diesem Schlussteil der Apk dichter an der CP als die übrigen hier genannten Hss., was auch durch die seltene Lesart εαυτων in Apk 20,13 (schon Abschn. 12) unterstrichen wird. Die Hss. 1384 1732 1768 werden sich in Abschn. 16 als Verwandte von 432 erweisen, wodurch sich ihr vermehrtes Auftreten in obigen Zeugenreihen erklärt. Schlussfolgerung: Minuskel 432 aus dem 15. Jahrhundert ist mit großer Wahrscheinlichkeit die Vorlage der letzten 164 Eine genauere Bestimmung der Grenze (s. Abschn. 14.8.) zeigt, dass es sich um etwa 28– 30% des gesamten Apk-Textes handelt, also zwischen einem Drittel und einem Viertel.
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Kapitel der CP gewesen. Der Aufbewahrungsort der 432 (Vaticana), der den Angaben der Herausgeber entspricht (s. Abschn. 3.3.), unterstützt diese Einschätzung. In der Gesamtauswertung in Tabelle 4 war die Beziehung zwischen 432 und CP noch nicht erkennbar, da die Zahlenwerte für den ApkText als Ganzes berechnet wurden, diese sektionsbezogenen Charakteristika also im Zuge der Durchschnittsbildung verloren gingen. Ein Rest an Unsicherheit dieser Annahme ergibt sich aus der Möglichkeit, dass die aufeinanderfolgenden Übereinstimmungen im Schlussteil eine zufällige Häufung darstellen könnte (wie es in kürzerer Form in 2196, 2201 und 2821 zu beobachten ist). Aus statistischen Gründen ist allerdings so eine Aneinanderreihung, je länger sie ist, desto unwahrscheinlicher, wenn sie zufallsbedingt sein soll. Nur ist die Wahrscheinlichkeit von Lesarten schwer im mathematischen Sinne zu definieren, und bei Kombination mehrerer Lesarten multipliziert sich die Unsicherheit im Ergebnis. Je nach Berechnungsgrundlage kann sich daher für die beobachtete Übereinstimmung ein Wert zwischen 5,7% und 0,022% ergeben.165 Aber in jedem Fall kann ein zufälliges Auftreten dieser Trefferserie in 432 nahezu ausgeschlossen werden; es müssen bestimmte Ursachen für diese Erscheinung vorliegen (ohne dass dadurch die Tatsache der Vorlage als solche bewiesen ist). Die Möglichkeit einer zufälligen Häufung kann auch durch die Ergebnisse in Abschn. 17.2. (Texttypwechsel) und Abschn. 19.1. (Vollkollation) endgültig ausgeschlossen werden. Aus diesem Befund folgt, dass mehr als eine Vorlage benutzt wurde, da 432 nur den Schlussteil erklärt. Doch gehören offenbar alle verwendeten Vorlagehandschriften der Compl-Gruppe an, sonst würden in bestimmten Abschnitten der Apk zahlreiche Differenzen zwischen CP und Compl auftreten (was nach dem in Abschn. 10–13 dokumentierten Vergleich beider Texte – Auflistung aller Differenzen – nicht der Fall ist). Die Frage, ob diese Übereinstimmung der Vorlagen in ihrem Texttyp auf der Absicht der Herausgeber oder auf Zufall beruht, ist schwer zu beantworten.166 165 Für die sieben aufeinander folgenden Übereinstimmungen im Schlussteil von 432 (Diagramm 2) ergibt sich, wenn wir für jede Variante innerhalb einer Stelle die gleiche Trefferwahrscheinlichkeit veranschlagen, eine Wahrscheinlichkeit von 1/5 × 1/2 × 1/2 × 1/3 × 1/2 × 1/2 × 1/3 = 0,14%. Wenn wir die konkreten Bezeugungsstärken der jeweiligen Varianten als Maß für ihre Wahrscheinlichkeit akzeptieren (Anzahl der Zeugen für die Lesart von 432 CP geteilt durch Gesamtzeugenzahl), ergibt sich sogar eine Gesamtwahrscheinlichkeit von 5/41 × 8/41 × 15/41 × 5/41 × 8/41 × 10/39 × 4/39 = 0,00054%. Da 41 Hss. zur Verfügung stehen (mind. 1064 1652 1774 sind hier lückenhaft), müssen die genannten Ergebnisse mit dem Faktor 41 multipliziert werden, um die Wahrscheinlichkeit zu erhalten, dass eine von ihnen (z.B. 432) diese Kombination von Lesarten trifft. 166 Angesichts des mangelnden damaligen Wissens über Textformen der Apk wird es wohl eher Zufall gewesen sein. Denn in den Evangelien folgt die CP dem Text von Kx, im Apostolos
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Überhaupt erscheint unklar, wieso ein Wechsel der Vorlage vorgenommen wurde. Denn gängige Praxis der Textherstellung war im 16. Jh. eher die Zugrundelegung einer Handschrift als Hauptvorlage, an einzelnen Stellen ergänzt durch Emendationen aufgrund einer zweiten Handschrift. Der ApkText der 432 ist vollständig, erfordert also keine Ergänzung. Gab es eine ältere (oder für älter gehaltene) Vorlage, der man weitgehend folgen wollte, die aber am Ende defekt war, so dass man für den Rest auf die relativ junge 432 als Notbehelf zurückgriff (wie Erasmus auf die Vulgata in Apk 22,16b-21)? 14.7. Die Vorlage für die ersten beiden Drittel der Apokalypse Aber welche Handschrift war nun die Vorlage im ersten Teil der Apk? Wenn eine mögliche Vorlage sich in Diagramm 2 so darstellt, wie es bei 432 im letzten Drittel der Fall ist (längerer, durchgezogener Balken), dann167 existiert für die übrigen Kapitel, wo so eine Erscheinung bei keiner Handschrift zu finden ist (außer bei den Kopien), offenbar keine Vorlage mehr unter den im Diagramm dokumentierten Zeugen, d.h. den bekannten Compl-Handschriften. Dieser Schluss wäre nur zu umgehen, wenn für den ersten Teil zwei bekannte Hss. parallel (ergänzend oder abwechselnd) benutzt wurden und daher keine Einzelhandschrift in Diagramm 2 eine so augenfällige Verbindung mit der CP zeigt wie 432 im letzten Drittel. Um dies zu prüfen, untersuchen wir acht Hss., die in den ersten zwei Dritteln des Apk-Textes die meisten Übereinstimmungen mit dem CP-Text zeigen: 1072 1248 1740 1774 2035 2669 2821 2926.168 Sollten zwei dieser Hss. parallel als Vorlagen benutzt worden sein, so müsste ihre Kombination zu einer auffällig hohen Übereinstimmung mit dem CP-Text führen, d.h. an den meisten dieser Stellen müsste sich die CP-Lesart entweder durch die Lesart der einen oder aber durch
hingegen Kr (von Sodens Sigla) – wobei der Zusammenhang zwischen der Compl-Gruppe in der Apk und dem Kr-Typ im übrigen NT fraglich ist (vgl. Schmid, K-Text, 457–459). 167 Diese Folgerung gilt auch, wenn 432 hier noch nicht sicher als Vorlage bewiesen ist (aber vgl. Abschn. 17.2.). Denn derart durchgezogene Balken sind dann zwar noch kein hinreichender Beweis, aber umso mehr eine notwendige Voraussetzung für das Vorliegen einer Vorlagehandschrift. 168 Die Auswahl dieser Hss. basiert auf Tabelle 6 (Abschn. 17.1.). Die Übereinstimmungen sind gemäß Abschn. 13 (Diagramm 2) berechnet. Dort scheinen 2196 2201 ebenfalls Verbindungen mit dem CP-Text zu haben; doch aufgrund ihres gemischten Textes (s. Abschn. 6.3.) zeigen sie insgesamt eine geringere Übereinstimmung und scheiden als Vorlagen aus (vgl. Abschn. 14.9. und 16.4.).
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die Lesart der anderen Hs. erklären lassen. Die entsprechenden Werte169 der möglichen Kombinationen sind in Tabelle 5 aufgeführt. Tabelle 5: Übereinstimmung mit der CP durch Kombination zweier Hss. im ersten Apk-Teil (gemäß Abschn. 13, in Prozent) Übereinst. mit ↓
oder 1072
oder 1248
oder 1740
oder 1774
oder 2035
oder 2669
oder 2821
oder 2926
1072
(10)
45
35
29
50
20
30
53
1248
45
(35)
35
50
65
50
45
53
1740
35
35
(25)
43
60
40
40
53
1774
29
50
43
(21)
57
36
50
50
2035
50
65
60
57
(40)
45
60
53
2669
20
50
40
36
45
(15)
35
53
2821
30
45
40
50
60
35
(25)
59
2926
53
53
53
50
53
53
59
(41)
Während die Einzelhandschriften hier Übereinstimmungen von 10% bis 41% erreichen, führt ihre Kombination zu Werten zwischen 20% und 65%, also lediglich zu Werten, wie sie statistisch zu erwarten sind, ohne diese Hss. als kombinierte Quellen einer Zusammensetzung zum CP-Wortlaut erkennen zu lassen.170 Weder eine Einzelhandschrift noch die Kombination von zwei Handschriften zeigt also eine signifikante Nähe zum ersten Teil des CP-Textes, wie sie bei Vorlagehandschriften zu erwarten wäre und bei 432 im Schlussteil sichtbar ist. Schlussfolgerung: Die Vorlage des ersten Teils des CP-Textes ist verschollen, d.h. sie ist entweder zerstört oder bislang der Textforschung nicht zugänglich geworden. Sie befindet sich jedenfalls nicht unter den 44 in Abschn. 6 genannten Handschriften, die der Compl-Gruppe angehören oder Bezug zu ihr haben.
169 Die häufige Wiederholung gleicher Prozentwerte ergibt sich aus der geringen Anzahl an Teststellen, aufgrund derer sich bestimmte Quotienten wiederholen. 170 Der höchste Wert von 65% für die Kombination 1248-2035 liegt nicht signifikant über den Werten anderer Kombinationen (60%, 59%, 57%, 53% etc.), sondern ist in dieser Größenordnung zu erwarten, da irgendwelche Kombinationen in einer statistischen Verteilung naturgemäß einen höheren Wert haben als andere. Für die Benutzung als Grundlage für den gedruckten Text wäre eher ein Wert in der Größenordnung von über 80% zu erwarten (vgl. 432 mit 7 Übereinstimmungen an den letzten 8 Stellen von Diagramm 2).
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14.8. Zur Lokalisierung des Vorlagenwechsels Die Frage, an welcher Stelle die Vorlage gewechselt wurde, lässt sich nur ungefähr beantworten. Eindeutig muss das τον µεγαν der CP in Apk 14,19 aus der verlorenen Vorlage stammen, da 432 την µεγαλην liest (vgl. die Ausführungen in Abschn. 18.3.). Auch die Auslassung des τον in 16,16 wird noch nicht von 432 unterstützt, wahrscheinlich ist es Lesart der verlorenen Vorlage; zwar könnte es auch Versehen der Herausgeber sein, aber ähnlich verhält es sich auch schon mit εµασσωντο in 16,10.171 Die erste Stelle des Schlussteils, an der die 432 auffällig mit der CP gegen Compl liest, ist 18,3 mit πεποτικε. Somit wird der Vorlagenwechsel irgendwo im Bereich zwischen 16,16 und 18,3 stattgefunden haben. In diesem Zwischenbereich stimmt die CP buchstäblich mit dem Wortlaut der Compl-Mehrheit überein, zeigt also keine besonderen Charakteristika, die eine weitere Eingrenzung erlauben. 14.9. Verzerrungen der Auswertung durch lückenhafte und gemischte Handschriften Die Gesamtbewertung nach Tabelle 4 zeigt auf den ersten Blick eine überraschend gute Positionierung der Hs. 1384; sie steht der CP scheinbar näher als die Teilvorlage 432. Dies basiert nicht auf einer zufälligen Häufung, sondern hat eine tiefere Ursache, die in Diagramm 2 gut zu erkennen ist: 13841732 sind mit 432-1768 verwandt,172 aber die ersten zwei Drittel der Apk, in denen die CP keine besondere Nähe zu 432-1768 zeigt (weil die andere Vorlage benutzt wurde), fehlen zum großen Teil in der unvollständigen 1384. Gerade der Schlussteil der Apk, in dem 432 Vorlage war, stellt prozentual einen großen Teil des von 1384 noch erhaltenen Materials dar, während die vollständige 432 auch mit einem großen Teil, der nicht als Vorlage benutzt wurde, in die Bewertung eingeht. Daher fällt der Übereinstimmungsquotient in der Betrachtung der gesamten Apk für die mit 432 verwandte 1384 günstiger aus als für die Teilvorlage selbst. Wenn wir die Auswertung jedoch nach Sektionen differenzieren, kommen 432-1768 im Schlussteil deutlich vor 1384 und treten im übrigen Bereich gar nicht in Erscheinung (s. Tabelle 6). Aufgrund des Texttypwechsels der CP ist Tabelle 4, die eine Gesamtsumme bildet und nicht nach Textsektionen differenziert, also nur in Bezug auf Kopien der
171 Da diese Lesarten aber auch nicht klar durch jene Hss. unterstützt werden, die sonst der verlorenen Vorlage bzw. dem ersten Teil der CP am nächsten stehen, ist diese Folgerung nicht völlig sicher. 172 Näheres hierzu Abschn. 16, Anm. 194, und Abschn. 18.5.
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CP aussagekräftig, nicht in Bezug auf die Vorlagen. Für Letztere ist Tabelle 6 in Abschn. 17.1. zu bevorzugen. Hinzu kommt, dass der Wortlaut von 1384-1732 aufgrund seiner starken Vermischung mit dem Αν-Text (s. Abschn. 6.3.) weiter vom CP-Text entfernt ist als Tabelle 4 oder 6 zeigen kann. Denn diese Auswertungen umfassen nur Differenzen zwischen CP und Compl und auch innerhalb von Compl; aber 1384-1732 weichen an vielen Stellen, an denen reguläre Compl-Hss. einheitlich mit der CP gehen und die somit nicht in Abschn. 11-15 erfasst sind, von diesem Konsens ab in Richtung ihrer Αν-Untergruppe. Ähnliche Einschränkungen gelten für die in Tabelle 4 enthaltenen, aber ebenfalls gemischten Hss. 2196 2201 (vgl. Abschn. 16.4.). 14.10. Annäherung an die verlorene Vorlage Obwohl die Vorlage des ersten Apk-Teils (im Folgenden X genannt) offenbar verloren ist, können wir versuchen, so etwas wie eine Untergruppe oder nächste Verwandte innerhalb der Compl-Familie zu bestimmen, um die unbekannte Vorlage näher zu charakterisieren. Mit einer entsprechenden Analyse kann auch sichergestellt werden, dass die Konzentration der aufeinander folgenden Übereinstimmungen im Schlussteil von 432 (vgl. Diagramm 2) nicht auf einer zufälligen Serie basiert, sondern wirklich durch einen Wechsel der Vorlage bedingt ist – erkennbar an einem leichten Texttypwechsel des CPWortlauts. Die dafür nötige innere Differenzierung der Compl-Gruppe ist daher Ziel der beiden folgenden Kapitel.
15. Weitere Varianten der Compl-Überlieferung Die in Abschn. 13 untersuchten Stellen waren im Unterschied zu denen in Abschn. 11–12 echte Varianten innerhalb der Compl-Überlieferung. Da wir nur anlässlich der Differenzen zwischen CP und Compl auf sie gestoßen sind, wird es noch weitere, vergleichbare Varianten geben, die aber nicht mit einer CP-Compl-Differenz zusammenfallen. Um die innere Differenzierung der Compl-Gruppe zu vertiefen, sollen auch sie im Folgenden untersucht werden. Gegenwärtig stehen noch keine Vollkollationen aller Compl-Hss. zur Verfügung, um diese Varianten zu finden. Daher greifen wir als Quelle für die Auswahl dieser Stellen auf Pickerings Zusammenstellung f 35 splits in the
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Apocalypse zurück;173 dadurch ergeben sich 38 neue Stellen. Die folgenden Angaben der Zeugen für die Lesarten an diesen Stellen basieren auf eigenen Kollationen (wie in Abschn. 10–13). 2,27: κεραµεικα 432 1384 1503 1732 1746 1768 1864* vid 1865 1957 2196 2201* vid 2431vid ⫽ κεραµηκα 1064 ⫽ κεραµικα rell (mit 1864c 2201c vid) CP ⫽ ill 2656 3,4 (vor ουκ εµολυναν): οι 35 432 1384 1732 1733 1768 1865v.l. ⫽ α rell (mit 1865txt) CP ⫽ ill 2656 3,9: ηξωσι 35 432* 1064 1551 1617 1746 1768 1865txt 1957 2023 2041 2201 2323 2656 2723 ⫽ ηκωσι 1384 1732v.l. ⫽ ηξωσοι 2061 ⫽ αλλα ψευδονται ... ινα ηξουσι] – 2196 ⫽ ηξουσι rell (mit 432c 1732txt 1745vid 1864vid 1865v.l.) CP 4,6: κρυσταλω 757 824 986 1072 1328 1503 1551 1637 1733 1774 1864c 1957 2035 2061 2323 2352 2434 2554 2669 2926 ⫽ κρυσταλλω rell (mit 1864*) CP 4,7: εχων 824 1064 2035 2196 2352 2431 2926 ⫽ εχον το] εχοντι 1551 2061 ⫽ εχον rell CP ⫽ ill 2656 4,8: εχων 824 1064 2035 2061 2196 2926 ⫽ – 1957 ⫽ εχει 1733 2554c ⫽ εχον rell (mit 1617vid 2554* 2656vid) CP 4,8: λεγοντες 35 757 1072 1248 1328 1733 1774 1865mg 1957 2035 2196 2926 ⫽ λεγοντα (txt) & λεγοντες (v.l.) 986 1503 1617 1637 1740 1745 1746 1771 1864 2041 2352 2554 2723 ⫽ λεγοντες (txt) & λεγοντα (v.l.) 2023 2323 ⫽ λεγοντα rell (mit 1865txt) CP 5,13 (vor ηκουσα): και παντας 1551 1732 2061 2323 ⫽ και παντα 2196 ⫽ παντα και 35* vid ⫽ παντας rell (mit 35c) CP 6,4: πυρος 432 1064 1075 1328 1617 1903 2023* 2035* 2196 2201 2323 2821 2926 ⫽ πυρρος rell (mit 2023c 2035c) CP 6,13: ανεµου µεγαλου 1075 1617 1732 2196 2821 ⫽ µεγαλου ανεµου rell CP 7,17: οδηγει 432 1072 1768 1774 1865 1903 1957 2323 2434 2669 2723 ⫽ οδηγησει (txt) & οδηγει (v.l.) 824 986 1503 1637 1771 1864 2041 2352 2431vid 2554 ⫽ ὁδηγεῖσει 1551 ⫽ οδηγησει rell (mit 1746vid) CP 173 Die Brauchbarkeit seines Materials ist von seiner speziellen Sicht der Textgeschichte unabhängig. Es ist online verfügbar unter: http://www.walkinhiscommandments.com/ Pickering/Miscellaneous/f35%20splits%20in%20the%20Apocalypse.pdf (letzter Abruf: 18.6.2014). Alle dort angegebenen Stellen sind in der folgenden Kollation berücksichtigt, sofern sie nicht schon in Abschn. 12–13 behandelt wurden. Die Kollationsergebnisse wurden mit Pickerings Zeugenangaben, die größtenteils auf Hoskier basieren, verglichen und alle Diskrepanzen erneut an den Aufnahmen geprüft.
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9,5: παιση 35 1075txt 1248 1733 1746 1957 2201 ⫽ παιση (txt) & πληξη (v.l.) 757 824 1503 1637 1740174 1745 1771 1864 2041 2352 2431 2554 ⫽ πληξη rell (mit 1075mg) CP 9,6: ζητησουσιν 35 1075 1551* 1732 1746 1768 1771 2023 2061 2201 2323 ⫽ ζητουσιν rell (mit 1551c vid) CP 9,11: Αββαδδων 757 824 986 1072 1328 1637 1733 1774 1864 1903 2035 2041 2352 2434 2554 2669 2723 ⫽ Αβαδδων 1064 1771 1957 2196 2656 ⫽ Αββαδων rell CP 9,20: δυνανται 35 1503 1732 2023 2201 ⫽ δυναται rell (aber 2323 διναται) CP 11,9 (zwischen τρεις und ηµισυ): + και 35 432 1732 1768 2023 ⫽ ηµερας τρεις ... πτωµατα αυτων] – 2061 ⫽ – και rell175 CP 12,3: πυρος 1248* 1903 2196176 2201 2926 ⫽ πυρρος rell (mit 1248c) CP 14,14: καθηµενον οµοιον 35 2196 2434 2669 ⫽ καθηµενον οµοιον (txt) & καθηµενος οµοιος (v.l.) 757 824 1328 1617 1637 1740 1745 1771 1864 2041 2352 2431 2554 ⫽ καθηµενος οµοιος (txt) & καθηµενον οµοιον (v.l.) 1732 ⫽ καθηµενος οµοιος rell CP (aber καθηµενος οµοιως 2061177) ⫽ ill 2656 14,19: την µεγαλην 432 1328 1732 1733 2023c 2035 2554 2656 2926 ⫽ τον µεγαν rell (mit 2023*) CP 15,1 (vor εσχατας): – τας 1075* 1617* 1745 1746 2023178 2431* 2821 ⫽ + τας rell (mit 1075c 1617c 2431c) CP 15,8: εδυνατο 35 1328 2196 2201 2352 ⫽ ηδυνατο rell CP 16,12 (zwischen τον µεγαν und Ευφρατην): + τον 1328 1732 1733c 2023vid 2201 2554 2926 ⫽ ποταµον τον µεγαν Ευφρατην] µεγαν ποταµον Ευφρατην 35 2196 ⫽ ποταµον τον µεγαν Ευφρατην] τον Ευφρατην 2035 ⫽ – τον rell (mit 1733*) CP 16,19: επεσαν 35 2023 2196 2201 ⫽ επεσαν (txt) & επεσον (v.l.) 757 824 1075 1503 1617 1637 1740 1745 1771 1864 2431 2821 ⫽ επεσον (txt) & επεσαν (v.l.) 2041 ⫽ επεσον rell (mit 1384vid) CP ⫽ ill 1903 17,3: ονοµατα 1328vid 1733 2035 2554179 2926 ⫽ γεµον ... και κοκκινον] – 1903 ⫽ ονοµατων rell CP 174 In 1740 steht πληξη zwar nicht interlinear wie die übrigen variae lectiones, sondern am Rand, doch direkt neben dem Bezugswort, das in den Zeilenumbruch fällt. In 1075 steht es jedoch, anders als sonst die Alternativlesarten, unauffällig am Rand. 175 1072 liest γʹ ηµισυ, außerdem scheint die ganze Zeile neu geschrieben (vgl. Anm. 146). 176 2196 liest die Umstellung µεγας πυρ.] πυρος µεγας. 177 In Anbetracht der Akzentuierung (ὅµοιως statt ὁµοίως) ist in 2061 wahrscheinlich das reguläre ὅµοιος gemeint. 178 2023* liest hier πληγας εσχατας επτα, 2023c πληγας επτα εσχατας. 179 Über dem ονοµατα in 2554 steht ein Bogen ähnlich einem ων-Kürzel; soll er eine Korrektur zu ονοµατων anzeigen?
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17,10: επεσαν 35 1745 2023 2196 2201 2821 ⫽ επεσαν (txt) & επεσον (v.l.) 757 824 1075 1503 1617 1637 1740 1746 1864 2041 2431 ⫽ επεσον (txt) & επεσαν (v.l.) 1771 ⫽ επεσον rell (mit 1328vid) CP 17,16: ερηµωµενην 35 1075 1745 1903 2023 2821 2926 ⫽ ερηµωµενην (txt) & ηρηµωµενην (v.l.) 757 824 1503 1617 1637 1740 1864 ⫽ ηρηµωµενην (txt) & ερηµωµενην (v.l.) 986 2041 2431 ⫽ ηρηµωµενην rell (aber ηρηµοµενην 2035) CP 17,16: φαγωνται 1248 1503 1617 1637 1740 1745 1746 1771 2041 2431 2821 ⫽ φαγονται rell CP 19,10: επεσα 35 1248 1551c vid 1740 2023 2061c vid 2196 2201 2323 2821 ⫽ επεσαν 1551* vid 2061* vid 180 ⫽ επεσεν 2926 ⫽ επεσα (txt) & επεσον (v.l.) 757 824 1075 1503 1617 1637 1745 1771 1864 2041 2352 2431vid ⫽ επεσον rell CP 19,12: ειδεν 824 1617 1903 2061 2196 2926 ⫽ οιδεν rell CP 19,14 (zwischen στρατευµατα und εν τω ουρανω): – τα 1551 2061 2196 2323 2926 ⫽ + τα rell CP 19,17 (vor δειπνον): τον 1384txt 1732txt 2035 2656 2926 ⫽ το rell (mit 1384v.l.vid 1732v.l.)181 CP 20,2 (vor διαβολος): + ο 1328 1384 1503 1732 1733c vid 1903 2035 2201 2926 ⫽ – ο rell (mit 1733* vid) CP 20,9: εκυκλωσαν 35* 757c 1384 1732 1903 1957 2926 ⫽ εκυκλευσαν rell (mit 35c 757*) CP 21,11: κρυσταλλιζοντι 35 1248 1740 1771 1864* 2023 2041 2656 ⫽ κρυσταλιζωντι 1957* vid 182 ⫽ κρυσταλιζοντι rell (mit 1746vid 1864c 1957c vid) CP 21,14: εχων 824* vid 1072* vid 1551* vid 1617 2035 2061 2656 2926 ⫽ εχον rell (mit 824c 1072c 1551c vid 1746vid) CP 21,20: σαρδονυξ 35 986 1072 1551 1617 1637 1864vid 2023 2041 2061 2196 2323 2352 2434 2669 2723c vid ⫽ σαρδωνυξ rell (mit 1746vid 2723*) CP ⫽ ill 2656 21,20: εννατος 35* vid 432* vid 183 1551 1617 1903 2023 2061 ⫽ θʹ 986 2035 ⫽ ενατος rell (mit 35c 432c 2041vid) CP ⫽ ill 1746 2656 180 Die Korrekturen in den miteinander verwandten Hss. 1551 und 2061 sehen unterschiedlich aus, aber lassen in beiden Fällen auf dem verwendeten SW-Mikrofilm nicht klar erkennen, welche Lesart ursprünglich und welche Korrektur ist. Die Korrektur von επεσαν zu επεσα ist nur eine Möglichkeit, auch eine Kombination mit επεσον wäre denkbar. 181 1384 und 1732 haben im Text εις τον δειπνον του µεγαλου Θεου, also die Lesart der ΑνUntergruppe i, und am Rand das γρ(αφεται)-Zeichen mit der regulären Compl-Lesart εις το δειπνον το µεγα του Θεου. 182 Ob bei 1957 eine Korrektur von Omega zu Omikron vorliegt oder umgekehrt, ist optisch kaum zu entscheiden.
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22,3: λατρευουσιν 1248 1503 1637* vid 1740 1745* 2035 2201 ⫽ λατρευσουσιν rell (mit 1637c 1745c) CP. Die Auswertung dieses Materials zur Bestimmung aller Beziehungen zwischen den einzelnen Handschriften ist nur mit Hilfe elektronischer Auswertung möglich. Die entsprechenden Ergebnisse werden im folgenden Kapitel wiedergegeben und diskutiert.
16. Die Beziehungen der Compl-Handschriften untereinander und die innere Struktur der Gruppe 16.1. Vorbemerkung zur inneren Differenzierung Die in Abschn. 13 genannten 28 Stellen und die in Abschn. 15 genannten 38 Stellen umfassen Varianten, in denen die Compl-Überlieferung wesentlich geteilt ist. Vergleichbare Compl-Varianten finden wir außerdem noch an 10 Stellen in Abschn. 11–12, und zwar neben der kaum bezeugten CP-Lesart und der Lesart der Compl-Mehrheit.184 Somit stehen insgesamt 76 Stellen zur Verfügung, die geeignet sind, die innere Struktur der Compl-Gruppe zu erkennen und etwaige Untergruppen zu ermitteln. Weitere, vergleichbare Varianten in der Apk-Überlieferung der Compl-Gruppe sind gegenwärtig nicht bekannt, so dass diese 76 Stellen die vorerst umfassendste Basis darstellen.185 Auf dieser Grundlage können wir innerhalb der Compl-Gruppe so weit differenzieren, dass auch eine ungefähre Aussage über den Textcharakter der verlorenen Vorlage X der CP möglich wird. Die übrigen Stellen aus Abschn. 11–12 sind für diesen Zweck nicht geeignet, da an ihnen fast alle Compl-Hss. identisch lesen und somit kaum 183 432 korrigiert im Schreibvorgang: Erst wurde ενν geschrieben, dann das zweite Ny in ein Alpha verwandelt und dann τος weitergeschrieben. 184 Dies sind aus Abschn. 11 die Varianten Apk 3,2 εµελλον, 9,17 υακινθυνους und 22,8 δεικνυοντος, sowie aus Abschn. 12 die Varianten 5,6 εσφραγισµενον, 6,11 ... ερρηθη ..., 7,3 αδικησηται, 7,5 Ρουβειµ, 13,15 ποιησει οσοι εαν, 20,13 εν αυτη und 21,10 και. Diese haben mindestens drei Zeugen (ohne CP-Kopien). 185 Wahrscheinlich existieren kaum weitere Varianten mit wesentlicher Teilung der ComplÜberlieferung, da Pickerings Untersuchung (neben eigenen Kollationen) auf Hoskier basiert, der den gesamten Apk-Text dokumentiert. Doch ist anzunehmen, dass eine Zahl geringer bezeugter Varianten gefunden werden kann, wenn Vollkollationen aller Compl-Hss. zur Auswertung vorliegen. Dann könnte die Compl-Gruppe noch genauer differenziert werden, auch könnte geklärt werden, inwieweit bestimmte Aussagen von Schmid über engere Beziehungen innerhalb der Compl-Gruppe (Apokalypsetext des Arethas, 52), die nur teilweise mit den folgenden Auswertungen übereinstimmen, zu korrigieren sind.
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Unterschiede zwischen den Exemplaren zum Vorschein kommen. Im Gegenteil, hinsichtlich des Ziels, den Textcharakter der CP-Vorlagen innerhalb des Spektrums der Compl-Überlieferung genauer zu lokalisieren, würden die schwach bezeugten CP-Lesarten (Abschn. 12) das Bild verfälschen. Denn es ist anzunehmen, dass diese schwach bezeugten CP-Lesarten zum großen Teil nicht auf die Vorlage zurückgehen, sondern auf editorische Eingriffe und Druckfehler, die sich (fast) nur in Kopien widerspiegeln (vgl. Abschn. 14.4. zum Unterschied zwischen Diagramm 1 und Diagramm 2 in Bezug auf 432). Daher wird an dieser Stelle eine „neutrale“ Darstellung der inneren Differenzierung der Compl-Überlieferung (d.h. ohne spezielle Ausrichtung auf CP-Sonderlesarten) angestrebt. Dies hat auch den Vorteil, unabhängig von unserer Fragestellung Material von allgemeiner Relevanz für die Charakterisierung der Handschriften zu gewinnen. 16.2. Die nächsten Verwandten jeder Einzelhandschrift Auf der Basis der genannten 76 Stellen können die Übereinstimmungsquotienten zwischen beliebigen Hss. elektronisch ermittelt werden: Die Zahl der Übereinstimmungen zwischen zwei Zeugen wird geteilt durch die Zahl der verglichenen Stellen, wobei dieser Vorgang für jede mögliche Zweierkombination von Hss. durchgeführt wird. Das Ergebnis ist für jede einzelne Handschrift eine eigene Liste, die das Verhältnis dieser Hs. zu allen übrigen Hss. mit den entsprechenden Prozentwerten angibt, und zwar in der Reihenfolge ihres Übereinstimmungsgrades, ähnlich der „Ergänzungsliste“ in Text und Textwert. Dem bisherigen Nachteil der Ergänzungsliste, dass der Einfluss des Mehrheitstextes einer tieferen Differenzierung im Weg steht,186 erliegen die folgenden Daten jedoch kaum. Denn die 76 Stellen enthalten nicht vorrangig Lesarten, die von der Mehrheit der Zeugen tradiert werden, sondern betreffen meist eine innerhalb von Compl deutlich geteilte Überlieferung. Dadurch haben sie auch etwas von der Aussagekraft der „Hauptliste“. Im Folgenden sind die Anfänge jeder Liste aufgeführt, d.h. zu jeder Handschrift jeweils die fünf Zeugen, die ihr am nächsten stehen.187 35: 71% 2023, 66% 757 1075 1864 2041 432: 88% 1768, 83% 1865, 82% CP-2, 78% 2723, 70% 1957 757: 93% 1637 1864, 91% 824, 87% 2041, 85% 2352 186 Aland, Der Text, 335. 187 Wenn mehrere Hss. aufgrund von Gleichwertigkeit um den fünften Platz konkurrieren, wurde diejenige Hs. gewählt, die bei Konzentration auf Minderheitslesarten die größte Nähe zeigt.
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824: 91% 757, 87% 1637 1864, 84% 1503 2352 986: 88% 2434, 87% 1072, 84% 757 2352 2669 1064: 73% 2656-1, 61% CP-1, 57% 1903, 56% 2035, 55% 2926 1072: 91% 2434, 87% 986, 86% 1774 2669, 83% 2723 1075: 84% 1745 1771 2821, 82% 1503 1637 1248: 85% 1740, 75% 1746, 72% 1745 1771 2821 1328: 89% 1774, 87% 2554, 82% 1733, 76% 2035 2723 1384: 91% 1732, 65% 1768, 59% 432 1957 CP-2 1503: 89% 1637, 85% 757, 84% 824 1745 1864 1551: 89% 2061, 79% 2323, 78% 1072, 75% 986 1865 1617: 81% 1075, 79% 1637 2041, 78% 757 1745 1637: 93% 757, 92% 1864 2041, 89% 1503 1771 1652: Zu wenige Teststellen 1732: 91% 1384, 70% 1768, 63% 432 1733, 59% 1865 1733: 83% 2554, 82% 1328, 78% 2723, 76% 2434, 75% 1865 1740: 85% 1248, 82% 1637 1745, 81% 1771, 80% 757 1745: 87% 1637, 86% 1771, 84% 1075 1503 2431 1746: 81% 1745, 78% 1075, 76% 1771 1865 2431 1768: 88% 432, 84% 1865, 80% 2723, 77% CP-2, 72% 1957 1771: 91% 2041, 89% 1637 1864, 86% 1745, 85% 757 1774: 89% 1328 2434, 86% 1072, 83% 2723, 81% 2554 1864: 93% 757, 92% 1637 2041, 89% 1771, 87% 824 1865: 93% 2723, 85% 2434, 84% 1768, 83% 432, 80% 1957 1903: 73% 986, 72% 1865, 71% 2434, 70% 1072 1957 1957: 80% 1865 2723, 76% 1072 2434, 74% 986 2023: 75% 2821, 71% 35 1075 2323, 67% 1746 2035: 76% 1328, 74% 1733, 72% 1774, 70% 2926 2554 2041: 92% 1637 1864, 91% 1771, 87% 757, 83% 1745 2061: 89% 1551, 72% 2323, 71% 1072, 70% 986, 68% 2434 2196: 58% 1903 2323, 55% 2061 2821, 54% 1072 2201: 63% 35, 59% 1075 1865 2023 CP-2 2323: 80% 2434, 79% 1551 1865, 76% 986 2723 2352: 85% 757, 84% 824 986 1637 1864 2431: 84% 1745, 82% 1503, 79% 824 1637 2041 2434: 91% 1072 2669, 89% 1774, 88% 986, 86% 2723 2554: 87% 1328, 83% 986 1733 2352 2723 2656-1: 81% CP-1, 73% 1064, 53% 2035, 51% 1551 1732 2656-2: 79% CP-2, 68% 432, 58% 1384 1768, 53% 1732 2669: 91% 2434, 86% 1072, 84% 986, 83% 2352, 80% 2723 2723: 93% 1865, 86% 2434, 83% 1072 1774 2554 2821: 84% 1075, 82% 1745, 77% 1740, 75% 1617 2023
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2926: 70% 2035, 67% 1328 1774, 62% 1733, 57% 1903 CP-1: 81% 2656-1, 61% 1064, 53% 1248, 51% 1740, 49% 2821 CP-2: 82% 432, 79% 2656-2, 77% 1768, 64% 1865, 59% 1384 16.3. Der Texttypwechsel im Wortlaut der CP und der 2656 Wenn der CP-Text in den ersten zwei Dritteln der Apk einer anderen Vorlage folgt als im letzten Drittel (vgl. die Annahmen in Abschn. 14.6–7.), müsste der Texttyp der CP einen leichten Bruch aufweisen und die zugehörige Untergruppe innerhalb von Compl wechseln. Es wäre zwar möglich (nur unwahrscheinlich), dass beide Vorlagen der gleichen Untergruppe angehörten. Doch der umgekehrte Schluss, dass ein erkennbarer Wechsel im Textcharakter des Drucks auf einen Wechsel der Vorlage hindeutet (oder auf eine Hs., die bereits selbst im Blockmix erstellt wurde), lässt sich in jedem Fall ziehen. Um zu prüfen, ob ein solcher Wechsel des Texttyps vorliegt, wurde der CP-Text für die obige Auswertung (Abschn. 16.2.) geteilt und wie zwei unterschiedliche Zeugen behandelt: Der CP-Text von Apk 1,1–16,16 ist als „CP-1“ bezeichnet, der von Apk 18,3–22,21 als „CP-2“. Die Grauzone dazwischen wurde wegen der unscharfen Lokalisierung der Grenze ignoriert (vgl. Abschn. 14.8.). Auf die gleiche Weise wurde die Kopie 2656 in „2656-1“ und „2656-2“ geteilt. Für die Kopie 1064 ist keine Teilung anwendbar, da sie nur die ersten 10 Kapitel enthält. Das Ergebnis zeigt, dass die jeweils nächsten Nachbarn der CP sich in beiden Sektionen deutlich voneinander unterscheiden (vgl. auch Tabelle 6 in Abschn. 17.1.). Die Auswertung bestätigt also den vermuteten Texttypwechsel des CP-Wortlauts. Nur die Nähe der 2656 zur CP bleibt über den Bruch hinweg konstant erhalten, unabhängig von der betrachteten Sektion, d.h. diese Hs. enthält den gleichen Texttypwechsel wie die CP. Dementsprechend differieren ihre nächsten Nachbarn in beiden Sektionen in gleicher Weise wie die der CP. Damit bestätigt sich, dass 2656 als Kopie vom CP-Text abhängig ist bzw. auf ihn zurückgeht. 16.4. Relativität der Prozentzahlen Es ist zu beachten, dass die Zahlen in Abschn. 16.2. ausschließlich auf Stellen basieren, an denen die Compl-Textform geteilt liest. Durch diese Auswahl erscheinen die innerfamiliären Unterschiede sozusagen unter dem Vergrößerungsglas. In den übrigen Passagen stimmen die Handschriften aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Compl-Gruppe in der Regel sehr stark überein, so dass die Übereinstimmungsgrade in der Gesamtheit des Apk-
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Textes nur knapp unter 100% liegen. Dies gilt allerdings nicht für die gemischten Exemplare 35 1384 1732 2196 2201, da diese in den Textbereichen zwischen diesen Stellen durch zahlreiche familienfremde Lesarten von dem Compl-Wortlaut abweichen (vgl. Abschn. 6.3.). Ihr Übereinstimmungsgrad mit reinen Compl-Hss. fällt also – bezogen auf den gesamten Apk-Text – niedriger aus als es im Vergleich mit den Werten anderer Hss. in dieser Darstellung erscheint. 16.5. Zusammenfassende Übersicht Kann das Material in Abschn. 16.2. übersichtlich zusammengefasst werden in einer Reihe von sauber getrennten Untergruppen, denen die verschiedenen Compl-Hss. zuzuordnen wären (so wie dies z.B. für den Αν-Text relativ gut durchzuführen ist188)? Dies ist in der Compl-Überlieferung nicht oder nur sehr begrenzt möglich. Zwar zeigt die obige Liste deutlich unterschiedliche Übereinstimmungsgrade zwischen den einzelnen Hss., jedoch lässt sich aus diesem Zahlenmaterial kaum eine Reihe von Untergruppen ableiten, denen die Handschriften als Mitglieder zugeordnet werden könnten. Die Nachbarhandschriften einer Handschrift haben meist andere Nachbarn als diese selbst, so dass die Verknüpfung von Verbindungen nicht zu einem geschlossenen Umkreis führt, sondern zu immer größeren Entfernungen. Mit anderen Worten: Es bilden sich keine klar umrissenen Cluster, in denen sich bestimmte Mitglieder konzentrieren und abgeschlossene Untergruppen bilden – mit Ausnahme der in Abschn. 16.6. beschriebenen Zweiteilung. Einen Versuch, das Zahlenmaterial optisch widerzuspiegeln, stellt Diagramm 3 dar. Es gibt zwar nur eine grobe Zusammenfassung der Daten, hat aber den Vorteil, einen Überblick und eine erste Orientierung zu bieten. Hier wurden die beiden189 nächsten Verwandten jeder Handschrift ermittelt und mit ihr verbunden.190 Es konnten nicht alle Hss. ab einem bestimmten Übereinstimmungsgrad miteinander verbunden werden, da sonst entweder ein unüber-
188 Zu den Untergruppen des Αν-Textes vgl. Anm. 28. Diese Untergruppen sind von ihrem Text her klar voneinander zu unterscheiden und werden auch durch die Teststellenauswertung bestätigt. Nur wenige Αν-Hss. bieten einen Text, der sich dort nicht einordnen lässt. 189 Wenn aufgrund gleicher Prozentzahlen mehrere Zeugen um den zweiten Platz konkurrieren, wurde derjenige Zeuge ausgewählt, der bei Konzentration auf Minderheitslesarten gewinnt. 190 Die Verbindung erfolgt mit einem Pfeil zum jeweils nächsten Nachbarn, woraus sich in einigen Situationen Doppelpfeile ergeben, in anderen nicht. Denn der Übereinstimmungsgrad einer Hs. mit ihrem nächsten Nachbarn variiert von Fall zu Fall, so dass das Verhältnis des „nächsten Nachbarn“ nicht immer auf Gegenseitigkeit beruht. Im Unterschied zu Diagramm 4 hat die Pfeilrichtung hier keine genealogische Bedeutung.
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sichtliches Gemenge von Verbindungslinien entstehen würde oder aber (je nach Definition der Grenze) einige Hss. ganz unverbunden stehen bleiben würden. Ziel dieses Schaubilds soll jedoch sein, jedem Zeugen eine sichtbare Einordnung und Charakterisierung zu geben. Daher wurde die Zahl der Anbindungen auf zwei festgelegt; manche nennenswerten Verwandtschaften sind somit nur anhand der Verknüpfung mehrerer Verbindungen zu erschließen. Das Maß der Übereinstimmung zwischen zwei Zeugen wird durch die Strichdicke der Verbindungslinie angedeutet. Wo es aber nicht nur um eine erste grobe Übersicht, sondern um genauere Informationen für weitere Schlussfolgerungen geht, ist statt des Diagramms die Auflistung in Abschnitt 16.2. zu bevorzugen. 16.6. Interpretation der Daten; Strukturierung der Gruppe Das Material zeigt den Gesamtbestand der Compl-Hss. deutlich in zwei Hälften geteilt (Diagramm 3): Zum einen haben wir (oben im Bild) die Handschriften, die sich um die drei zentralen Hss. 1328, 1865 und 2434 sammeln. Zum anderen haben wir (unten im Bild) die Hss., die sich um die Zentren 757, 1075, 1637 und 1745 sammeln.191 Diese grundsätzliche Zweiteilung aufgrund des Wortlauts entspricht auch ungefähr der Einteilung aufgrund der Kommentare: Die meisten Hss. im unteren Komplex haben die in Abschn. 6.4. beschriebenen Scholien, die aus Exzerpten des Andreas-Kommentars bestehen, und die meisten Hss. der oberen Hälfte haben diese Bemerkungen nicht.192 Diese beiden Hälften sind nur durch 2352 verbunden,193 die ungefähr in der Mitte zwischen beiden Komplexen steht (die zweite Verbindung über 2201 ist sehr schwach). Darüber hinaus lassen sich Paare, Dreier- und Vierergruppen von Hss. erkennen, aber nicht so, dass sich das Material insgesamt in klar voneinander abgrenzbare Untergruppen aufteilen ließe. Wenn trotzdem im Folgenden gelegentlich von „Untergruppen“ die Rede ist, so als vereinfachende 191 Mit „zentral“ sind hier Handschriften bezeichnet, die in Diagramm 3 durch ihre zahlreichen Verbindungen zu anderen Hss. auffallen. Zwar werden von jeder einzelnen Handschrift aus nur zwei Verbindungen gezogen, aber wenn eine bestimmte Handschrift textlich in der Mitte zwischen vielen Hss. steht, werden von diesen aus die Verbindungen zu jener – dadurch zentralen – Hs. gezogen, so dass Letztere im Ergebnis mit deutlich mehr als zwei Hss. verbunden ist. 192 Es gibt wenige Ausnahmen von dieser Regel: Die etwas vom unteren Komplex abseits stehenden 2023 2201 haben die Scholien nicht (2023 hat aber den gesamten Αν-Kommentar), und 1072 1551 2323 2554, verstreut im oberen Komplex, haben die Scholien (2035 am Rand des oberen Komplexes hat einen anderen Kommentar, vgl. Anm. 111). 193 Der Komplex um 1328 ist nicht als Brücke zwischen beiden Hälften zu verstehen, sondern steht der oberen Hälfte (Komplex um 2434) näher.
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Diagramm 3: Engste Verwandte aller Compl-Handschriften untereinander (gemäß Abschn. 16.2.)
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Bezeichnung für solche Konstellationen erhöhter Verwandtschaft, ohne eine wirklich abgeschlossene Untergruppe zu behaupten. Der Schlussteil der CP findet sich am unteren Rand des oberen Komplexes, verbunden mit seiner Vorlage 432. In die linke untere Ecke wurde der erste Teil der CP mit seinen beiden Kopien platziert, jedoch ohne Anschluss an die Gesamtheit; der Dreier bildet – gemäß der in Abschn. 16.5. beschriebenen, optischen Umsetzung des Zahlenmaterials – eine abgeschlossene Einheit, was sonst im ganzen Schaubild nicht vorkommt. Seine Isolation kann man als Folge des Verlustes seiner Vorlage X interpretieren, die, wenn sie unter den untersuchten und abgebildeten Hss. wäre, wohl die entsprechende Brücke zwischen CP-1 und dem übrigen Handschriften-Bestand hergestellt hätte (so wie CP-2 über 432 mit den übrigen Hss. verbunden ist). Auch sonst fallen einige Hss. aus dem Rahmen und lassen sich nur entfernt dieser Hauptstruktur zuordnen. Dies gilt für das Paar 1384-1732, das aufgrund seiner Nähe zur Αν-Untergruppe i stark vom durchschnittlichen Compl-Text abweicht. Wenn man das Paar trotzdem zuordnen möchte, würde es der Untergruppe 432-1768-1865 am nächsten stehen.194 Ebenfalls abseits durch Αν-Einfluss stehen die Hss. 35 und 2201, die am ehesten in die Nähe von 1075-2023-2821 gestellt werden könnten. Ebenso steht 2196 aufgrund ihres K-Einflusses abseits, die ihr am nächsten gelegenen Hss. 1903 und 2323 sind doch recht weit entfernt. Ferner haben auch 1064, 1903 und 2926 jeweils kaum engere Nachbarn, bieten also eher singulären Text.
17. Annahmen zum Textcharakter der verlorenen Vorlage X 17.1. Nach Sektionen getrennte Auswertung Das Material in Abschn. 13, veranschaulicht in Diagramm 2, führte zur Schlussfolgerung, dass die Herausgeber der CP die Vorlagehandschrift gewechselt haben müssen, etwa zwischen Apk 16,16 und 18,3 (s. Abschn. 14.5–7.). Zwar bietet der CP-Wortlaut der Apk durchgehend den Compl-Typ, doch ist ein leichter Bruch im Textcharakter der CP zu beobachten (vgl. Abschn. 16.3.). Dieser ist offenbar durch die Unterschiede verursacht, die die verwendeten Vorlagen innerhalb des Compl-Typs aufweisen. Um unter diesen 194 1384-1732 sind von allen Andreas-Handschriften diejenigen, die dem Paar 432-1768 am nächsten stehen, und umgekehrt bilden 432-1768 denjenigen Teil innerhalb der ComplGruppe, der mit dem Textzustand von 1384-1732 am ehesten Berührung hat. Dies zeigt die Auswertung der in 5.1. beschriebenen 324 Teststellen, die für die Beurteilung aller Textformen ausgewählt wurden. Zum Hintergrund dieser Verbindung vgl. die Beobachtungen in Abschn. 18.2–5.
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Umständen den genauen Texttyp bzw. die „Untergruppe“ der im ersten Teil der Apk benutzten Vorlage X zu ermitteln, benötigen wir separate Auswertungen für beide Teile der Apk. Denn eine Gesamtauswertung wie in Tabelle 4 verwischt die speziellen Charakteristika beider Textteile, so dass ihre jeweiligen Untergruppen-Zugehörigkeiten unkenntlich würden. Wir benötigen also eine entsprechende Differenzierung innerhalb des Verlaufs des ApkTextes, wie sie bereits in Abschn. 16.2–3. zum Nachweis des Texttypwechsels durchgeführt wurde. Tabelle 6 listet die dem CP-Wortlaut am nächsten stehenden Zeugen nach beiden Sektionen getrennt auf. Grundlage hierfür sind wieder die in Abschn. 16.1. beschriebenen 76 Teststellen, die zur allgemeinen Charakterisierung der Hss. innerhalb der Gruppe geeignet sind, abzüglich fünf Stellen in der Grauzone zwischen Apk 16,16 und 18,3.195 Die trotz der textlichen Homogenität relativ niedrigen Prozentzahlen erklären sich durch die in 16.4. erwähnte Skalierung. Tabelle 6: Die dem Apk-Text der CP am nächsten stehenden Zeugen, nach Sektionen getrennt Apk 1,1–16,16 (49 Stellen)
Apk 18,3–22,21 (22 Stellen)
81% (34/42): 2656
82% (18/22): 432
61% (22/36): 1064
79% (15/19): 2656
53% (26/49): 1248
77% (17/22): 1768
51% (25/49): 1740
64% (14/22): 1865
49% (24/49): 2821
59% (13/22): 1384 1733 2554 2723
45% (22/49): 2035
59% (10/17): 2201
43% (22/49): 1072 2201 2669, (18/42): 2926, (15/35): 1774
55% (12/22): 1328 1732 2821
17.2. Das letzte Drittel des Apokalypsetextes In Tabelle 6 ist wieder deutlich der Texttypwechsel im CP-Wortlaut zu erkennen, da sich die ihm in der ersten Sektion nahe stehenden Zeugen deutlich von denen der zweiten Sektion unterscheiden (vgl. Abschn. 16.3.). Dies betrifft nicht nur 432, sondern auch die übrigen Nachbarn. Dadurch wird erneut bestätigt, dass die Trefferfolge im Schlussteil von 432 (s. Abschn. 14.5– 6.) nicht zufallsbedingt, sondern Ausdruck des im entsprechenden Teil der CP
195 Der Grund, weshalb hier nicht die schwach bezeugten CP-Lesarten aus Abschn. 12 einbezogen werden, ist, dass diese zum großen Teil editorisch bedingt sind. Somit sind sie zur Ermittlung der Vorlage nur wenig und zur Ermittlung des Texttyps der Vorlage gar nicht geeignet (vgl. Abschn. 14.4. und 16.1.).
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vorherrschenden Texttyps ist; andernfalls würde Tabelle 6 in beiden Sektionen die gleiche Untergruppe bzw. die gleichen Hss. auflisten. Die Auswertung der Sektion Apk 18,3–22,21 unterstützt also die in Abschn. 14.6. beschriebenen Beobachtungen. Die starke, alle anderen Zeugen übertreffende Übereinstimmung zwischen 432 und CP-Text bestätigt die Annahme, dass diese Handschrift für den letzten Teil der Apk Vorlage war. Das gute Abschneiden von 1768 basiert auf der Tatsache, dass 432 und 1768 eng verwandt sind (vgl. Abschn. 16.2.). Die weiter unten in der Rangfolge genannten Hss. 1384 1865 2723 sind ebenfalls mit 432-1768 verwandt (vgl. Diagramm 3 und Abschn. 18.1.–18.5.). 17.3. Die ersten beiden Drittel des Apokalypsetextes Die Auswertung der Sektion Apk 1,1–16,16 in Tabelle 6 zeigt die Abhängigkeiten der Hss. 1064 und 2656 vom CP-Text, allerdings mit einigen Einbußen u.a. aus den in Abschn. 14.3. genannten Gründen. Dennoch erreicht keine der anderen Hss. den Übereinstimmungsgrad dieser beiden Kopien mit der CP. Die Situation ist deutlich anders als in Apk 18,3–22,21, wo die Vorlage (432) noch leicht vor der Kopie liegt. Dadurch bestätigt sich, dass die Vorlage des ersten Teils (X) nicht unter den bekannten Hss. ist. In relativ großem Abstand erscheinen dann 1248, 1740 und 2821 als diejenigen Handschriften, die dem CP-Text nach den Kopien am nächsten stehen. Sie bilden offenbar die Untergruppe, der auch die Vorlage zugeordnet werden könnte, wenn ihr Text noch erreichbar wäre. Denn die genannten Hss. bilden eine Einheit: Die nächsten Verwandten von 1248 sind (nach Abschn. 16.2.) 1740 (85%), 1746 (75%) sowie 1745 1771 2821 (jeweils 72%). Wenn wir diese Sektion (Apk 1,1–16,16) noch einmal teilen (1,1–7,17 und 8,1–16,16), um zu prüfen, ob sich noch Anzeichen für eine dritte Vorlage bzw. einen weiteren Wechsel zeigen, so macht sich im zweiten Teil ein stärkerer Einfluss von 1774-2035-2926 bemerkbar. Doch dieser Eindruck muss nicht zwangsläufig auf einen weiteren Vorlagenwechsel hindeuten, sondern kann normaler Fluktuation (aufgrund der durch die Sektionierung relativ geringen Anzahl an Teststellen) oder den Eigenschaften der verlorenen Vorlage entspringen. Denn die Untersuchung in Abschn. 14.7. (Tabelle 5) hat gezeigt, dass die Kombination zweier der nahe stehenden Zeugen keine signifikante Steigerung der Übereinstimmung bringt, wie sie zu erwarten wäre, wenn diese Zeugen, also zwei bekannte Vorlagen, kombiniert worden wären (sei es hintereinander, sei es parallel). Nicht sicher ausgeschlossen werden kann allerdings die Möglichkeit, dass zwei verlorene Vorlagen kombiniert wurden. Dafür würde sprechen, dass die
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beiden Gruppen relativ weit voneinander entfernt stehen, wie Diagramm 3 zeigt. Die Mitglieder der Gruppe 1774-2035-2926 finden sich auch nicht unter den Nachbarn der Gruppe 1248-1740-2821 (s. Abschn. 16.2), im Unterschied zur Rangfolge der CP-Nähe (Tabelle 6). Außerdem lässt die CP einen Wechsel im Verhalten gegenüber den variae lectiones erkennen (s. Abschn. 6.5.): Im ersten Drittel der Apk bietet sie die Textlesarten (Apk 4,8; 7,17a; 7,17b), im zweiten Drittel die Alternativlesarten (9,5; 14,14; 16,19). Allerdings scheint die Verwendung von insgesamt drei Vorlagen (f.1248, f.1774, 432) noch stärker der damals üblichen Textherstellung zu widersprechen als ein einmaliger Vorlagenwechsel. Wurde vielleicht schon Vorlage X aus zwei Quellen zusammengesetzt? Oder hat ein etwas unbedachter Versuch der Mitarbeiter, mehrere Vorlagen zu benutzen, zu solchen, einem Blockmix ähnlichen Schwankungen des Texttyps geführt? Das zur Verfügung stehende Material (Anzahl der Sonderlesarten der CP und der untersuchten Varianten) reicht hier für sichere Schlüsse nicht aus, weder um einen weiteren Vorlagenwechsel innerhalb des ersten Apk-Teils zu verifizieren noch um ihn zu falsifizieren. 17.4. Vergleich des Ergebnisses mit den Einschätzungen durch Delitzsch und Hoskier Im Rückblick auf Abschn. 3.1–4. können wir festhalten, dass Delitzsch und Hoskier jeweils zum Teil Recht hatten. Delitzsch erkannte richtig, keine Hs. käme als Vorlage eher in Betracht als die 432. Er bemerkte aber nicht, dass die Benutzung der 432 als Vorlage sich hauptsächlich auf den Schlussteil beschränkt, denn er schreibt über diesen Codex: „Dass die von ihm gebotene Lesart hie und da nicht acceptiert ist, entspricht dem bis hieher beobachteten Verfahren der Männer von Alcala, welche sich nirgends sklavisch an Eine Handschrift banden“ und gibt ein paar Beispiele aus dem 2., 3. und 5. Kapitel der Apk, wo die CP von 432 abweicht.196 In diesen Kapiteln wurde ja aber nicht 432, sondern (mindestens) eine andere Vorlage benutzt, auch wenn wir diese nicht identifizieren konnten (zur Benutzung zusätzlichen Materials neben 432 vgl. Abschn. 18.2–3.). Jene Abweichungen der CP von 432 sind also nicht, wie Delitzsch vermutet, durch editorische Freiheit, sondern durch eine andere Textgrundlage verursacht. Hoskier hingegen schloss die 432 generell als Vorlage aus: „I find a very close agreement with the Polyglot, yet if Stunica used this MS., he carefully removed all the ‚plain and clear errors‘ in our first list above [...] Almost 196 Delitzsch, Fortgesetzte Studien, 38.
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conclusive proof is afforded at vi. 1 that this MS. 37 was NOT used by Stunica for the press“.197 Hier bezieht sich Hoskier auf seine Liste mit 15 Sonderlesarten der 432198 und weist darauf hin, dass die Lesart der 432 in Apk 6,1 (οτε mit Αν) nicht in der CP erscheint (sie druckt οτι mit K Compl), um zu begründen, dass 432 nicht Vorlage gewesen sei. Doch beide Argumente beweisen nur, dass 432 nicht für den ersten Teil als Vorlage benutzt wurde. Hoskier unterlag einem Fehlurteil, indem er vom Teil aufs Ganze schloss. Denn an den drei Stellen seiner Liste, die zum Schlussteil (etwa ab Apk 17) gehören, stimmt 432 durchaus mit der CP überein, ohne dass dies von Hoskier ausreichend wahrgenommen wurde.199 Wenn also Hoskier Delitzsch widerspricht mit dem Argument, die 2821 sei näher an der CP als die 432 (oben zitiert in Abschn. 3.4.), so mag das im ersten und größten Teil der Apk so erscheinen, gilt aber nicht in jeder Hinsicht.200 Zwar behauptete Hoskier nicht, 2821 sei die Vorlage gewesen, sondern eine Schwester von 2821 würde dafür infrage kommen – worin er mit unserem Ergebnis zur verlorenen Vorlage X in 17.3. (Untergruppe 12481740-2821) übereinstimmt. Aber Delitzschs und Hoskiers gemeinsamer Fehler war, dass sie von der Voraussetzung ausgingen, die Apk der CP basierte (wie es im 16. Jh. gängige Praxis war) nur auf einer Hauptvorlage, und daher nicht mit einem Vorlagenwechsel an einer bestimmten Stelle der Apk rechneten. Dadurch wurde es möglich, dass sie gegensätzliche Aussagen machten.
197 Hoskier, Text I, 86–87. 198 Ebd., 85–86. 199 Das in der 432 etwas unregelmäßig geschriebene πεποτικε in Apk 18,3 wurde von Hoskier verlesen zu πεποπκε. Was er als drittes Pi liest, ist ein Tau mit angehängtem Jota, wobei ein Loch im Papier den Schriftzug berührt (s. Abb. 2 in Abschn. 18.2.). Das µετ αυτου in 21,9 ist schon vom Schreiber zu µετ εµου korrigiert, und das υακινθινος in 21,20 erwähnt Hoskier selbst als Konsens mit der CP. 200 Tatsächlich erscheint in der Statistik (nach dem Material, auf dem die Übereinstimmungslisten in Abschn. 16.2. basieren) die 432 mit 55% sogar über den gesamten Apk-Text gerechnet noch etwas näher an der CP als die 2821 mit 49%. Zwar ist der Schlussteil, in dem 432 zur Anwendung kam, kürzer, aber dafür ist 432 in diesem sehr viel näher an der CP als die 2821 im ersten Teil.
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18. Textgeschichte und Textcharakter der erhaltenen Vorlage 18.1. Die Entstehung des Wortlauts der 1865 (Athos, Philotheu, 1801 [38]) und seine Beziehung zur 432 Bemerkenswerterweise stehen alle acht Korrekturen bzw. variae lectiones,201 die 1865 an den in Abschn. 11–15 untersuchten Stellen zeigt, in auffälliger Verbindung zu Lesarten, in denen die gedruckte CP (bzw. deren Vorlage 432) von der handschriftlichen Compl-Textform abweicht (s. Tabelle 7). Tabelle 7: Verhalten von Korrekturen oder Alternativlesarten in 1865 im Vergleich zu CPCharakteristika Apk
1865* / 1865txt
1865c / 1865v.l.
3,2
στηρισον mit Compl
στηριξον mit 432 1768 CP
3,4
α mit Compl CP
οι mit 432 1768
7,9
φοινικας mit 432 1768 Compl
φοινικες mit CP
13,6
– και mit Compl
+ και mit 432 1768 CP
18,3
πεπωκε mit Compl
πεποτικε mit 432 1768 CP
18,21
– ουτως mit Compl
+ ουτως mit 432 1768 CP
19,18
+ και mit Compl
– και mit 432 1768 CP
21,20
υακινθινος mit 432 1768 CP
υακινθος mit Compl
In der Regel geht die Korrekturrichtung in 1865 von Compl zu CP (Ausnahmen: Apk 3,4 und 21,20), oder von Compl zu 432-1768 (Ausnahmen: 7,9 und 21,20). Wie ist dieser Zusammenhang zu erklären? Die Möglichkeit, 1865 könnte nachträglich durch Einsicht in die CP korrigiert worden sein, scheidet aus, weil das υακινθινος in 21,20 die erste Lesart ist, also im 13. Jh. geschrieben wurde und somit nicht von der CP beeinflusst sein kann.202 Eine genauere Untersuchung zeigt: a) 1865 wurde offenbar zu einem Αν-Text hin überarbeitet,203 denn dies erklärt alle genannten Korrekturen bzw. variae 201 In den meisten Fällen handelt es sich um interlinear über das Wort geschriebene Zeichen, die aber die erste Lesart sichtbar und dominant stehen lassen. Ausnahmen: In Apk 18,3 wurde der Schriftzug manipuliert (s. Abb. 2), in 19,18 das Wort ausradiert und in 21,20 Tilgungspunkte gesetzt. 202 Endgültig widerlegt wird diese Möglichkeit durch das im Folgenden ermittelte Verhältnis zwischen 1865 und 432, aus dem hervorgeht, dass die Korrekturen spätestens im 15. Jh. existiert haben müssen. 203 Welche Αν-Handschrift hier benutzt wurde, lässt sich anhand der wenigen Stellen nicht sicher sagen. Aber die Marginallesart der 1865 zu Apk 2,22 τους εραστας αυτης findet sich als Singulärlesart sonst nur in 2026 (vgl. Hoskier, Text II, 82, dort seine Nr. 59), die Alternativlesart der 1865 in 10,7 τελεσθησεται kommt neben 2038mg ebenfalls nur in 2026 vor, und
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lectiones, und b) der Text der CP-Vorlage 432 enthält fast alle diese ΑνKorrekturen von 1865 und auch fast alle übrigen Sonderlesarten, in denen 1865 von der Compl-Gruppe abweicht (s.u.). Somit scheint der Wortlaut von 1865 die Grundlage für die 432 gebildet zu haben. Denn die Vollkollation von 1865 zeigt insgesamt 24 Differenzen zum durchschnittlichen Compl-Wortlaut, die sich wie folgt darstellen. Es handelt sich um 2 Αν-Lesarten im Text (Apk 1,9 – δια Ανpart.; 8,7 µεµιγµενον), die sich beide auch in 432 finden, sowie um 12 Korrekturen oder v.l. (oft klein und unscheinbar) von Compl zu Αν bzw. zu einer Variante innerhalb von Αν (3,2 στηριξον; 3,4 οι; 3,7 + και κλειων; 6,8 εδ. αυτοις; 7,9 φοινικες; 13,6 + και; 14,6 – αλλον; 18,3 πεποτικε; 18,21 + ουτως; 19,18 – και; ferner 3,9 ηξουσι auch mit Complpart. und 10,7 τελεσθησεται nur mit 2026). Diese wurden in 432 zum regulären Text, mit Ausnahme von drei Alternativlesarten (6,8; 7,9; 10,7), die in ihrer Unauffälligkeit wohl übersehen oder vernachlässigt wurden;204 die v.l. in 3,9 wurde als 432c übernommen. Von den 6 Sonderlesarten, in denen 1865 von Compl abweicht (2,27 κεραµεικα; 4,3 θρονου] ουρανου; 7,11 δʹ; 9,14 επι] εν; 13,18 + του ονοµατος; 21,6 αλφα] ), übernimmt 432 alle außer dem offenkundig fehlerhaften ουρανου; die richtige Lesart θρονου konnte der Abschreiber aus dem Kontext erschließen oder seiner zweiten Quelle entnehmen (s.u. Abschn. 18.2.). Hinzu kommen 3 Lesarten erster Hand (7,14 ελευκαν; 16,18 – ουτω; 21,20 υακινθινος), die innerhalb von 1865 zum üblichen Wortlaut korrigiert wurden. Diese Korrekturen werden in 432 regulärer Text, außer der in 1865 nur durch Tilgungspunkte angedeuteten Korrektur in 21,20. Hierdurch landet dieses υακινθινος schließlich als Sonderlesart in der CP. Auch die falsche Korrektur in 18,19 (von ωρα zu ορα) wurde natürlich nicht von 432 übernommen. So finden sich also die meisten Besonderheiten der 1865 auch in 432 wieder, und die verbleibenden Unterschiede lassen sich leicht durch Eingriffe oder Ungenauigkeiten des Schreibers der 432 erklären – zumal variae lectiones von ihrem Wesen her keine Übernahme verlangen. Auch die Marginallesarten der 1865 (Apk 2,22 τους εραστας αυτης; 4,8 λεγοντες; 9,16 ιππικου; 11,13 τη ωρα) wurden nicht von 432 übernommen, bestätigen aber noch einmal den Einfluss der Αν-Vorlage auf 1865.205 auch die übrigen Abweichungen und Korrekturen der 1865 gegen Compl lassen sich zum größten Teil mit dem Text dieser Αν-Handschrift erklären (Ausnahmen s. Anm. 208). Daher war es wahrscheinlich 2026 (oder eine eng mit ihr verwandte, aber verlorene Hs.), die für die Überarbeitung der 1865 benutzt wurde. Diese Hs. charakterisiert Schmid als eigenwilligen Vertreter der Αν-Untergruppe e (Studien I/1, 24). 204 Seltsamerweise erscheint trotzdem ein φοινικες in der CP, das also nicht von 432 stammen und somit auch nicht auf 1865v.l. zurückgehen kann; vielleicht stammt es von Vorlage X. 205 Korrekturen, Alternativlesarten und Marginalien der 1865 deuten textlich alle in dieselbe Richtung der Überarbeitung, auch wenn sie optisch unterschiedlich ausgeführt sind. Die Frage, ob es sich um mehrere Korrektoren handelt, lässt sich mit unseren SW-Aufnahmen
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Daher besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass 432 auf 1865 zurückgeht. Durch dieses Abstammungsverhältnis finden die in Tabelle 7 dargestellten Konvergenzen zwischen den Korrekturen in 1865 und den auf 432 basierenden Abweichungen des CP-Textes von Compl eine vollständige Erklärung. Die Texte der Handschriften 1957 2434 2723 ähneln zwar dem von 1865 (vgl. Abschn. 16.2.), doch können sie nicht in gleicher Weise die Grundlage für 432 geboten haben. Denn ihnen fehlen zum größten Teil206 die oben genannten Lesarten, in denen 1865 vom Compl-Typ abweicht und die in 432 wiederkehren. Diese drei Hss. sind also zwar in Bezug auf die innerhalb von Compl verbreiteten Varianten mit 1865 verwandt, aber von der speziell in 1865 vorgenommenen Überarbeitung unabhängig. Jedoch muss 2723, die einen der ältesten erhaltenen Compl-Zeugen darstellt, die Grundlage für 1865 gewesen sein, denn die o.g. ungewöhnlichen Lesarten in Apk 4,3; 9,14 und 21,20 sind dort bereits enthalten.207 Erstaunlicherweise sind diese drei Stellen die einzigen Abweichungen der 2723 vom durchschnittlichen Compl-Wortlaut (bei Beachtung der Schreiberkorrekturen, jedoch ohne die in 2723c erscheinende Tilgung des και ο ψευδοπροφητης in 20,10). Insofern könnte 2723 tatsächlich eine direkte Abschrift vom Archetyp der Compl-Gruppe sein. Mit dem Wortlaut dieser 2723 ist 1865 fast identisch, mit Ausnahme der oben beschriebenen Stellen, an denen 1865 zu Αν überarbeitet ist.208 Somit scheint 1865 von 2723 abgeschrieben zu sein, und 432 wiederum auf 1865 zurückzugehen. Demnach stammt auch die Korrektur zu υακινθος in 1865c, die von 432 und CP verpasst wurde, nicht aus der für 1865 zugrunde gelegten Compl-Vorlage, sondern aus der für die Überarbeitung herangezogenen ΑνHs. schlecht beantworten. Hoskier meint: „written with a quite superlative pen or pens, for the scribe exchanges nibs when the writing thickens unduly“ (Text I, 739). 206 Mit Ausnahme von Apk 3,2 στηριξον in 1957 und den im Folgenden erwähnten Sonderlesarten in 2723. 207 Ein weiteres Indiz ist die Erklärung zur Zahl des Antichristen in Apk 13,18 Λαµπετης Τειταν Λατεινος Βενεδικτος, die nach Hoskier singulär in 1865mg steht (Text II, 365), aber exakt so schon am Rand der (nach Hoskiers Zeit entdeckten) 2723 zu lesen ist. Die üblichen ComplScholien bieten hier eine andere, umfangreichere Aufzählung. 208 Es gibt nur zwei Stellen im gesamten Text von 1865, die sich gar nicht mit der Überarbeitung des Textes der 2723 nach 2026 erklären lassen: die o.g. Lesarten in Apk 13,18 und 18,19. Sie weisen entweder auf eine andere Αν-Vorlage hin oder sind vom Schreiber produziert. Zwei weitere der o.g. Abweichungen können auf unklare Schreibweisen der Vorlagen zurückgeführt werden: In 2,27 deutet 2723 eine ει-Ligatur nur schwach an, und in 21,6 zeigt sich 2026 mit ἄλφ [sic] unschlüssig. Ferner ist die Lesart der 1865 in 9,11 Αββαδων zwar eine ComplVariante, aber sie weicht von 2723 (Αββαδδων) ab und erklärt sich stattdessen durch die Überarbeitung nach Αν bzw. 2026.
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18.2. Die weitere Überarbeitung der 432 zum Andreas-Text Allerdings lässt sich der Wortlaut von 432 nicht allein mit 1865 als Grundlage erklären. Es erscheinen an zahlreichen zusätzlichen Stellen Überarbeitungen zu einem Αν-Text hin, der aufgrund der ausreichenden Stellenanzahl in seinem Textcharakter genauer bestimmt werden kann. Bei dieser zur Überarbeitung benutzten Quelle (Y) handelt es sich, wie schon J. Schmid bemerkte, um eine Αν-Handschrift der Untergruppe i:209 An 9 Stellen zeigt 432 eine von Compl abweichende Sonderlesart, die von allen Αν-Untergruppen nur Untergruppe i liest,210 an 20 weiteren Stellen eine Lesart, die allgemeiner in der Αν-Überlieferung verbreitet ist (und meist auch von i gelesen wird). Die Identifizierung der für die Überarbeitung benutzten Einzelhandschrift Y scheitert jedoch daran, dass die für deren Ermittlung relevanten (d.h. von i abweichenden) Sonderlesarten der 432 sich nur verstreut in verschiedenen Hss. finden, keine vereint sie in sich – wahrscheinlich ist das Exemplar verschollen. Insgesamt zeigt die Vollkollation 67 Lesarten, in denen 432 von Compl abweicht, davon 16 Lesarten, die schon aus 1865 stammen (vgl. Abschn. 18.1.), und 29 Lesarten, die als Αν-Varianten wahrscheinlich auf den Einfluss von Y zurückgehen (s.o.). Übrig bleiben noch 22 Abweichungen der 432 von Compl (oft nur minimale oder versehentliche), die auf andere Weise entstanden sein müssen.211 Diese Zahl könnte noch mit Sonderlesarten der für die Überarbeitung benutzten Αν-Handschrift Y zuzüglich etwaiger Nachlässigkeiten des Schreibers von 432 erklärt werden. Wir werden aber sehen, dass zwischen 1865 und 432 noch eine weitere, heute verlorene Compl-Hs. (Z) stand und zu diesen Veränderungen beigetragen hat. Sie enthielt wahrscheinlich, vergleichbar mit 1865, die Überarbeitungsnotizen von Compl zu Αν, die dann von der nächsten Abschrift in den Text integriert werden konnten (s. Abschn. 18.4.). So ist aus 1865 und Y über den Zwischenschritt Z der Text von 432 entstanden.
209 Schmid, Apokalypsetext des Arethas, 53. Auch Hoskier erwähnt Parallelen der 432 mit dieser Untergruppe, die er „21 group“ nennt (Hoskier, Text I, 86). 210 Dies sind im Grunde die schon von Schmid aufgelisteten Fälle (Apokalypsetext des Arethas, 53), nur die dort erwähnte Hinzufügung des το (vor χαραγµα) in Apk 14,9 ist nicht mitzurechnen, da sie auch noch von Untergruppe n gelesen wird. 211 Viele von ihnen wurden schon von Hoskier in seiner Liste „new readings“ aufgeführt (Hoskier, Text I, 85–86). Es kommen noch hinzu: Apk 3,18 περιβαλλη; 5,1 σφαγισιν [sic]; 5,6 εχων; 16,15 γυµνοι; 17,4 – και vor κοκκ. (und κεχρυσωµενην 432c); 18,12 µαργαρειτου; 19,15 αυτοι; 20,8 – ταις, und τεσαρσι [sic] (ohne Fälle von Ny ephelkystikon und Korrekturen im Schreibvorgang). Unter den von Hoskier aufgeführten Lesarten stammen drei schon von 1865 (diese Parallelen mit Hoskiers Nr. 244 wurden dort auch von ihm erwähnt).
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Auf die in 18.1–2. skizzierte Weise kann z.T. zurückverfolgt werden, wie Lesarten der CP, die als Abweichungen von Compl auffallen, über die Abschreiblinie 2723-1865-432 in den gedruckten Text gelangt sind: Apk 21,20 geht schon auf 2723 zurück, 21,6 geht auf 1865 zurück, 3,2; 13,6; 18,3; 18,21; 19,18 sind durch die Korrekturen entstanden, die in 1865 nach einer Αν-Handschrift (evtl. 2026 aus Untergruppe e, vgl. Anm. 203) eingetragen wurden, und 19,6; 20,13 folgen der Bearbeitung, die nach einer unbekannten Αν-Handschrift Y (Untergruppe i) in 432 einfloss. Ein Beispiel dieser Textentwicklung zeigt Abb. 2 anhand von Apk 18,3.
Abb. 2: Apk 18,3 in 2723 (πεπωκε), 2026 (πεποτικε), 1865 (Korrektur von πεπωκε zu πεποτικε), 432 (πεποτικε mit Loch), CP-Druck, v. l. n. r.
18.3. Zum Verhältnis zwischen 432 und CP im ersten Teil der Apokalypse Da 432 an zahlreichen Stellen von Compl zu i hin überarbeitet ist und auch sonst nicht gerade selten von Compl abweicht (s. 18.2.), müsste sich ein größerer Teil dieser Lesarten im CP-Text zeigen, wenn 432 nicht nur im Schlussteil, sondern (wie Delitzsch annimmt) als einzige Vorlage benutzt worden wäre. Eine derartige Glättung durch korrigierende Eingriffe der Editoren (ohne zweite Quelle) ist realistischerweise nicht mehr vorstellbar – und bezeichnenderweise im Schlussteil der Apk auch nicht gegeben (die Editoren folgen auch den Sonderlesarten ihrer Vorlage und korrigieren nur eindeutige Fehler, vgl. Abschn. 19.1–2.). Das zeigt: Die ersten zwei Drittel des CP-Textes lassen sich nicht durch 432 als alleiniger Vorlage erklären, es muss (mind.) eine weitere Quelle verarbeitet worden sein. Diese quantitative Einschätzung bestätigt sich durch Betrachtung konkreter Lesarten. So liest die CP z.B. das neunfache αγιος in Apk 4,8, das zwar Lesart von 1865 Compl K ist, aber in 432 nach der i-Quelle (mit Αν vg) auf dreifache Nennung reduziert ist. Die Herausgeber wären wohl kaum auf die neunfache Nennung gekommen, wenn 432 alleinige Vorlage gewesen wäre. Sie müssen hier eine andere, dem Compl-Typ entsprechende Quelle benutzt haben. Oder wie wären sie auf das grammatisch unerwartete, aber von der Mehrheit bezeugte τον µεγαν (auf την ληνον bezogen) in Apk 14,19 gekommen, wenn sie sich am Text von 432 orientiert hätten, der (nach der i-
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Quelle) das glattere την µεγαλην liest?212 Nur die umgekehrte Richtung wäre als Korrektur durch die Editoren denkbar. Somit kann die Benutzung einer zweiten Vorlage X (neben 432) für den Apk-Text der CP als bewiesen angesehen werden. Selbst die Möglichkeit, 432 wäre für die allerersten Kapitel des ApkTextes als Vorlage benutzt worden, da dies zur Überschrift und zum στηριξον in Apk 3,2 passen würde (vgl. Diagramm 2), ist als eher unwahrscheinlich anzusehen. Denn von den übrigen Lesarten, in denen 432 am Anfang der Apk von Compl abweicht, zeigt sich keine einzige im CP-Text: Apk 1,7 αυτω (nach οψ.), 1,9 – δια (vor τ. µαρτ.), 1,16 – ο (vor ηλ.), 2,18 Θειατηροις, 2,23 νεφρους] νεκρους, 2,27 κεραµεικα. Nur ein Teil davon wäre wohl ohne zweite Quelle korrigiert worden (entsprechend jenem beobachteten Verhalten der Herausgeber). Somit scheinen das στηριξον in Apk 3,2 und das και in 13,6 (falls sie nicht sogar von der verlorenen Vorlage stammen) keine durchgehende Benutzung, sondern nur vereinzelte Seitenblicke in die 432 zu verraten. 18.4. Zum Verhältnis zwischen 432 und 1768 (Athos, Iviron, 771 [643]) Von den 67 Abweichungen der 432 von Compl (vgl. 18.2.) finden sich 36 auch in 1768 wieder. Dies betrifft sowohl von i übernommene Lesarten als auch übrige Sonderlesarten. Hinzu kommt die 88%ige Übereinstimmung in den innerhalb von Compl verbreiteten Varianten (vgl. Abschn. 16.2.). Zwischen beiden Hss. muss also ein näheres Verwandtschaftsverhältnis bestehen. Doch welcher Art ist dieses? Beide Hss. gehen auf 1865 zurück, denn auch 1768 enthält, in regulären Text verwandelt, die spezifischen Korrekturen und Alternativlesarten der 1865 gegen Compl (vgl. Abschn. 18.1.), genau wie 432 (mit einer Ausnahme: 21,6 αλφα statt ). Aber die Möglichkeit, 432 und 1768 könnten beide direkt aus 1865 abgeschrieben sein, scheidet aus, denn von jenen 36 gemeinsamen Abweichungen von Compl gehen nur 15 auf 1865 zurück, die übrigen 21 können sie kaum unabhängig voneinander konstruiert haben. Zeitlich gesehen könnte 1768 eine Abschrift von 432 sein. Denn sie ist auf das Jahr 1519 datiert,213 fünf Jahre nach dem Druck der CP, und zu diesem Zeitpunkt war 432 vielleicht noch nicht nach Rom zurückgekehrt. Aber dagegen spricht, dass 1768 nur einen Teil der Überarbeitung enthält, die in 432 212 Kurioserweise ist dieses την µεγαλην, das als Lesart der 432 den Eingang in die CP knapp verpasste, später doch noch in die Nachdrucke der CP gelangt, und zwar durch den Einfluss des TR (vgl. Anm. 141). 213 Vgl. Aland, Kurzgefaßte Liste, 146. Die letzte Seite der Hs. (fol. 249v) bietet die Angabe ͵ζκηʹ, also das Jahr 7028 nach der byzantinischen Zeitrechnung.
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vorliegt. Dies kann nicht auf korrigierende Eingriffe des Schreibers zurückgezurückgeführt werden, denn auch in eindeutigeren Fällen wie Apk 4,8 und 14,19 (vgl. Abschn. 18.3.) geht 1768 mit 1865 Compl gegen 432. Hinzu kommt, dass 1768 noch zwei Besonderheiten der 1865 bewahrt, die in 432 schon verloren gegangen sind: das τους εραστας αυτης in 2,22 (vgl. Anm. 203) und die Λαµπετης-Notiz in 13,18 (vgl. Anm. 207). Insofern ist der Textzustand von 1768, im Gegensatz zur Datierung, nicht nach 432 zu lokalisieren, sondern eher zwischen 1865 und 432 (was auch durch den genannten Grad an Überarbeitung bestätigt wird). So kann 1768 nicht auf 432 zurückgehen, enthält aber einen Teil der Überarbeitung, die 432 von 1865 unterscheidet. Die plausibelste Möglichkeit, alle Fakten zu vereinen, ist die Annahme einer verlorenen Handschrift Z, die zwischen 1865 und 432 stand und bereits einen Teil der Überarbeitung nach der i-Hs. Y enthielt (vgl Abschn. 18.2.). Deren Text wurde in 432 weiter nach i überarbeitet, von 1768 aber unabhängig kopiert. Das erklärt auch das spätere Datum eines früheren Textzustands. Die Möglichkeit, 432 könnte auf 1768 basieren (bei unterstellter Falschdatierung einer der beiden Hss.) entspricht einem oberflächlichen Vergleich der Textzustände, wird aber durch genauere Betrachtung von Einzelstellen widerlegt. Zum Beispiel bietet 1768 in Apk 4,3 die Lesart θρονου του ουρανου, die das falsche ουρανου der 1865 korrigieren will: Dies lässt sich nicht mit Abschrift von 432 erklären, da 432 bereits richtig zu θρονου korrigiert hat, wodurch kein Anlass zu weiterer Veränderung bestanden hätte. Demnach enthielt die verlorene Hs. Z, die den Text der 1865 teilweise nach i überarbeitet hat und von der sowohl 432 als auch 1768 abgeschrieben sind, noch das falsche ουρανου aus 1865, welches dann beide Korrekturversuche auslöste. Und die Randlesart der 1865 zu 2,22 τους εραστας αυτης fehlt in 432 ganz, wurde von 1768 jedoch in den Text übernommen (nicht als Hinzufügung wie in 2026, sondern als Ersatz für τους µοιχευοντας µετ αυτης, wohl durch Missdeutung der Marginalie). Daher muss die verlorene Hs. diese Worte noch wie 1865mg am Rand geboten und so bei den Kopisten unterschiedliche Reaktionen ausgelöst haben. Ein ähnlicher Fall ist 17,4, wo 432 und 1768 auf unterschiedliche Weise von Compl abweichen, offenbar war ihre gemeinsame Vorlage Z an dieser Stelle fehlerhaft oder missverständlich (vgl. Abschn. 19.1.). Außerdem zeigt die Vollkollation von 1768, dass auch diese Hs. an 11 Stellen überarbeitet ist. Diese Veränderungen tauchen weder in 1865 noch in 432 auf, deuten aber wieder auf eine Αν-Handschrift des i-Typs hin. Ob es sich dabei jedes Mal um die gleiche Hs. handelte oder aus welchem Grund wiederholt die Gruppe i bevorzugt wurde, lässt sich an dieser Stelle nicht klären; die überarbeiteten Hss. 432 und 1768 befinden sich heute an unterschiedlichen Orten, Z ist verloren, so dass die Provenienz keine Spur für ein gemeinsam
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benutztes Dokument bietet. Doch das Ausmaß, in welchem die Hs. Z, die als Hauptvorlage für 432 und 1768 diente, den Wortlaut der 1865 überarbeitet hat, lässt sich durch Vergleich zwischen 1768 und 432 abgrenzen; so kann ihr Text recht genau rekonstruiert werden.214 18.5. Die Paare 432-1768 und 1384-1732 So haben wir nun zwei Handschriften-Paare, die sich komplementär zueinander verhalten: 1384-1732 bieten den i-Text, leicht nach Compl überarbeitet, und 432-1768 bieten den Compl-Text, leicht nach i überarbeitet.215 Das erklärt die schon angedeutete Verwandtschaft zwischen beiden Paaren (Diagramm 3 und Anm. 194). Es legt auch die Frage nahe: Stammen beide Überarbeitungsrichtungen möglicherweise aus derselben Produktionsstätte? Haben wir in 1384 oder 1732 möglicherweise gerade das Exemplar Y, nach dem 432 überarbeitet wurde? Eine gemeinsame Provenienz dieser Hss. ist nicht erkennbar. Die zweite Frage muss verneint werden, denn auch wenn 1732 als i-Text (also wenig überraschend) mit allen neun iSonderlesarten der 432 übereinstimmt, so gibt es doch andere Αν-Lesarten (und Teilvarianten innerhalb von Αν) in 432, die sich nicht durch Benutzung der 1732 erklären lassen (Apk 6,1 οτε; 12,6 υπο; 13,1 ονοµα; 16,4 + εις; 20,13 εαυτων).216
19. Der Wortlaut der Vorlagen und die Arbeit der Editoren Zum Abschluss wollen wir unser Ergebnis zu den beiden Vorlagen genauer prüfen und dabei ggf. Einsichten in die Arbeitsweise der Herausgeber gewinnen. Zu diesem Zweck vergleichen wir zunächst den vollen Wortlaut der 432 mit dem handschriftlichen Compl-Text und dem gedruckten CP-Text unter
214 Die Abweichungen der Hs. Z von Compl sind, zusätzlich zu denen ihrer Vorlage 1865, die den Hss. 432 und 1768 gemeinsamen: 1,16 – ο; 3,18 περιβαλλη; 3,20 – και; 6,13 αποβαλλει; 7,11 εαυτων; 9,12 ερχονται; 9,12 + αι; 9,15 + µερος; 10,4 οσα; 10,5 ~ γης ... θαλασσης; 11,4 + επι; 11,5 αποκτειναι; 11,8 + εασει; 11,9 + και; 12,6 υπο; 13,14 – τους εµους; 14,8 + ης; 14,9 + το; 15,6 ναου; 16,4 + εις; 19,6 λεγοντων (ferner der o.g. vermutliche Fehler in 17,4). 215 Beides wurde, natürlich mit Ausnahme von 1768, schon bemerkt in Schmid, Apokalypsetext des Arethas, 53. 216 Für die ältere 1384 ist diese Einschätzung schwieriger, da aufgrund der Unvollständigkeit der Hs. viele Stellen nicht nachzuprüfen sind. Von den o.g. Stellen ist in 1384 nur Apk 20,13 erhalten und liest dort, mit 1732 1768 Compl, das reguläre εν αυτοις gegen 432 CP.
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der Fragestellung: Inwiefern lässt sich aus der Benutzung der 432 der Wortlaut der CP erklären? 19.1. Die Sonderlesarten der Vorlage im letzten Drittel der Apokalypse Die Hs. 432 weicht in Apk 16,16–22,21 an folgenden Stellen vom Normaltext der Compl-Gruppe217 ab (aufgeführt sind alle buchstäblichen Differenzen). 17,4 (nach περιβεβληµενη πορφυραν): και κοκκινον κεχρυσωµενη Compl CP] κοκκινην κεχρυσωµενη 432*, κοκκινην κεχρυσωµενην 432c (jeweils – και). Die CP druckt den üblichen Wortlaut (Compl mit ) και κοκκινον κεχρυσωµενη. Entweder wurde die Lesart der 432 von den Editoren (mit oder ohne Hilfe der Vorlage X) korrigiert, oder diese Stelle befindet sich überhaupt noch vor dem Vorlagenwechsel. 18,3: πεπωκε Compl] πεποτικε 432 CP. Die Herausgeber folgen der Lesart von 432 und weichen dadurch vom Compl-Standard ab. Vgl. hierzu Abb. 2. 18,12: µαργαριτου Compl CP] µαργαρειτου 432. Für den gedruckten Text wird die übliche Schreibweise () hergestellt, wohl aus orthographischen Gründen (evtl. unterstützt durch Blick in die zweite Vorlage). 18,21 (nach λεγων): – ουτως Compl] + ουτως 432 CP. Die Editoren übernehmen das Wort von 432, während es im Compl-Standard ausgelassen ist. So wird der vollständige Wortlaut wiederhergestellt, wie ihn auch die ältesten Zeugen und wiedergeben.218 19,6: λεγοντας Compl] λεγοντων 432 CP (mit Ανpart. und 02). 19,8: περιβαληται Compl CP] περιβαλληται 432. Die Editoren korrigieren dies zur Lesart von Compl und , vielleicht weil der Aorist angemessener erscheint oder aufgrund der zweiten Vorlage. 19,15 (vor ποιµανει): αυτος Compl CP] αυτοι 432 (οι hochgestellt am Zeilenende219). Der gedruckte Text korrigiert den Fehler der Vorlage.
217 Maßstab ist der von der Mehrheit der Gruppenmitglieder überlieferte Wortlaut (Abschn. 8). Stellen, an denen diese in nahezu gleichstark bezeugte Varianten gespalten ist (nach Abschn. 13 und 15: Apk 16,19; 17,10; 17,16; 19,4; 19,10; 21,20; 22,1), sind hier nicht berücksichtigt, da diese Lesarten keine wirkliche Abweichung von Compl, d.h. keine Auffälligkeit darstellen. Die CP stimmt dort mit 432 überein, mit Ausnahme von Apk 22,1 (s. Abschn. 19.4.). 218 Da 432 letztlich auf 1865 zurückgeht und diese Hs. das ουτως erst als Korrektur auf Basis einer Αν-Hs. einführt (vgl. Abschn. 18.1.), dürfen wir schließen, dass die Existenz des ουτως in 432 nicht Überbleibsel einer alten Schicht von Compl ist, sondern nachträglicher (wenn man so will: textkritischer) Bearbeitung des in Apk 18,21 fehlerhaften Compl-Textes entstammt. 219 Zumindest sieht der senkrechte Strich wie ein Jota aus. In gleicher Weise scheint in Apk 16,15 am Zeilenende γυµνοι (statt -ος) zu stehen.
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19,18 (vor µικρων): + και Compl] – και 432 CP. Die Editoren folgen der Lesart der Vorlage mit nur wenigen Compl-Hss. 20,8: ταις τεσσαρσι Compl CP] τεσαρσι (– ταις) 432. Die Herausgeber ergänzen das fehlende ταις und das zweite Sigma, aufgrund der zweiten Vorlage oder ihres eigenen sprachlichen Verständnisses, und stellen somit den regulären Wortlaut wieder her. 20,13 (nach ο αδης εδωκαν τους): εν αυτοις Compl] εαυτων 432 CP. Die Editoren folgen der Lesart der Vorlage, die sich nur in sehr wenigen Hss. findet. 21,6: αλφα Compl] 432 CP. Auch hier folgt der gedruckte Text der Schreibweise der Vorlage (mit wenigen Compl-Hss.). 21,20: υακινθος Compl] υακινθινος 432 CP. Vgl. hierzu Abschn. 18.1. Ferner sind einige Versehen erkennbar, die der Schreiber noch im Schreibvorgang zum regulären bzw. mehrheitlich überlieferten Wortlaut hin korrigiert hat.220 19.2. Umgang der Herausgeber mit den Sonderlesarten ihrer Vorlage Die Kollation in Abschn. 19.1. bestätigt, dass 432 im Schlussteil der Apk als einzige Vorlage oder zumindest als Hauptvorlage der CP benutzt wurde. Denn die Herausgeber haben zwar ein paar individuelle Fehler dieser Vorlage geglättet (Apk 18,12; 19,8; 19,15; 20,8), aber ansonsten ihre wesentlichen Varianten und Sonderlesarten beibehalten. Die Einflüsse der Αν-Untergruppe i im Text der 432 (mindestens in Apk 18,3; 18,21; 19,6)221 konnten damals natürlich noch nicht als solche erkannt werden und sind daher unverändert in den Drucktext übergegangen. Dasselbe gilt für die Einflüsse aus 1865 (Apk 19,18; 21,6; 21,20). An vereinzelten Stellen sind auch außerhalb des Schlussteils Αν-Lesarten der 432 in den Druck gelangt (Apk 3,2; 13,6). Die somit auf verschiedenen Überlieferungslinien basierenden Bausteine des CP-Wortlauts finden sich später auch in den verschiedenen Nachdrucken der CP wieder; 220 Apk 20,9 πυρ 432c (432* ill.), 20,10 βασανισθησονται 432c (-σωνται 432*), 21,8 τοις 432c (δε 432*), 21,9 εµου 432c (αυτου 432*), 21,13 βορρα 432c (βορα 432*), 21,20 ενατος 432c (εννατος 432*). 221 Zusätzlich zu diesen drei Lesarten könnten von den in 19.1. beschriebenen Abweichungen der 432 gegen Compl durchaus noch weitere auf die benutzte Handschrift Y zurückgehen, wenn es deren individuelle Sonderlesarten gegen die Mehrheit von i sind. Denn solange diese Hs. nicht identifiziert ist, sind ihre Abweichungen von i unbekannt, d.h. nur klare i-Lesarten können in 432 als Einfluss von Y sichergestellt werden, aber weitere Einflüsse sind möglich (zum Verhältnis zwischen i und 432 s. 18.2.).
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deren wenige Anpassungen an den TR, wie in der Antwerpener und Pariser Polyglotte, ändern nichts an dieser grundsätzlichen Textzusammensetzung (vgl. Abschn. 9.6.). 19.3. Keine physischen Spuren der Benutzung? Allerdings sieht man dem Codex seine Verwendung als Druckvorlage äußerlich kaum an. Delitzsch selbst wendet ein, „dass Cod. 366 keine Randbemerkungen, Correcturen und wie auch 1158 keinerlei Spuren des Gebrauchs enthält: so steht unsere Vermuthung, dass das die zwei neutest. Codd. seien, welche die Complutenser in Händen hatten, allerdings auf schwachen Füssen.“222 Eine Prüfung dieses Sachverhalts ist uns durch die vorhandenen SW-Aufnahmen der 432 nur eingeschränkt möglich. Zwar sind im ganzen Apk-Teil durchgehende, etwa buchstabengroße Löcher im Papier erkennbar, die schon im vorigen Buch (Hebr) einsetzen, doch müssen diese nicht auf die Verwendung in Alcalá zurückgehen (Bücherwurm?). Angesichts des Beweismaterials im Textvergleich wird man aus mangelnden Gebrauchsspuren wohl eher den Schluss ziehen dürfen, dass die Herausgeber mit ihrer Vorlage entsprechend behutsam umgegangen sind. Vielleicht haben sie eine Transkription der 432 für ihre Zwecke angefertigt223 und ihre editorischen bzw. textkritischen Anmerkungen auf dieser Kopie statt auf dem Original notiert.224 19.4. Fehlleistungen der Herausgeber gegen ihre Vorlage Die Editoren haben, wie im Schlussteil der Apk sichtbar wird, nicht nur Irrtümer der Vorlage korrigiert (vgl. 19.2.), sondern umgekehrt auch selbst Fehler oder zumindest Abweichungen von Compl produziert. Da diese sich 222 Delitzsch, Fortgesetzte Studien, 39. Der erwähnte Cod. Vat. 1158 ist GA 140 und enthält nur die Evv. 223 „It is obvious, however, that in the course of twelve years (1502–14), Ximenes may have obtained transcripts of codices he did not himself possess“ (Scrivener, Introduction II, 179, Hervorhebung durch Scrivener). Zur Herstellung einer Transkription zwecks Druckvorlage vgl. Müller, Abschriften, 171. 224 Für diese Möglichkeit spricht, dass einige auffällige Vertauschungen bzw. Falschpositionierungen im Text der CP sich durch missverstandene Notizen auf so einer Transkription erklären würden, z.B. die merkwürdige Tatsache, dass 432 zwar in Apk 6,1 οτε mit Αν gegen Compl CP (οτι) liest, aber die CP zwei Verse später umgekehrt οτι gegen 432 Compl (οτε) druckt. Hinzu kommen die der handschriftlichen Überlieferung fremden Umstellungen der CP in 13,15 και ινα und 15,2 πυρι µεµιγµενην.
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nicht in der Vorlage 432 finden, gehen sie auf die Herausgeber oder den Setzer zurück (es sei denn, sie entspringen ausnahmsweise dem Einfluss der anderen, verlorenen Vorlage). Zu diesen Lesarten gehören (ab Apk 18,3 gerechnet): 21,10 Auslassung des την zwischen µεγαλην und αγιαν; 21,12 zweimal jeweils εχουσαν statt εχουσα; 21,20 αµεθυστος statt αµεθυσος (wohl nach orthographischem Verständnis, kaum nach zweiter Vorlage, da die meisten Hss. das Tau auslassen); 22,1 κρυσταλλον statt κρυσταλον; 22,8 δειγνυντος (Druckfehler); 22,10 εστι statt εστιν (Druckfehler, da Vokal folgt); 22,16 Hinzufügung des του vor ∆αυιδ (zweite Vorlage oder Tendenz der Herausgeber225). Streckenweise entfernt sich der Wortlaut der CP kaum weiter vom Compl-Standard als der einer normalen Compl-Handschrift, doch insgesamt liegt die Anzahl der Abweichungen in der CP erkennbar über dem Durchschnitt der (meist sorgfältig und fehlerarm abgeschriebenen) ComplHandschriften.226 19.5. Zusammensetzung des CP-Textes aus mehreren Quellen Wie wir für das letzte Drittel der Apk anhand des Wortlauts der 432 nachvollziehen konnten (vgl. Abschn. 19.1–4.), halten sich die Herausgeber der CP, von gelegentlichen Korrekturen fehlerhafter Lesarten der Vorlage und von eigenen Druckfehlern abgesehen, in der Regel an ihre handschriftliche Vorlage. Das gilt auch dort, wo die Vorlage vom regulären Wortlaut der Compl-Gruppe abweicht. Die verwendete Vorlage wurde aus unbekanntem Grund ein oder zweimal gewechselt (s. hierzu Abschn. 17.2–3.). Allerdings geht die erste auffällige Variante der CP (Apk 3,2 στηριξον) nicht mit 12481740-2821 oder 1774-2035, sondern mit 432, bei der Überschrift ist es unklar.227 Dennoch ist sicher, dass für die Anfangskapitel nicht 432 als Hauptvorlage benutzt wurde (s. hierzu Abschn. 18.3.). Fazit: Für den größten Teil der Apk wurde eine verlorene Vorlage X vom Typ 1248 benutzt, vielleicht auch eine weitere vom Typ 1774, für das letzte Drittel die 432, doch
225 Auch der TR fügt hier den Artikel hinzu, aber gemäß seiner Vorlage 2814, ihm folgend die im Schlussteil der Apk vom TR beeinflusste 2669, sonst keine Compl-Hs. (außer der CP/APKopie 2656). Auch in Apk 12,17 fügt die CP den Artikel vor Ιησου hinzu, ohne einen einzigen Compl-Zeugen (außer wieder der Kopie 2656). Möglicherweise meinten die Herausgeber, in solchen Fällen den Artikel ergänzen zu müssen? 226 Vgl. die geringe Anzahl an Abweichungen in den vollkollationierten Exemplaren (Anm. 122). 227 Zwar stimmt die Überschrift der CP mit 432 überein, aber auch mit 1248-1740, nicht jedoch mit 2821. Somit wissen wir nicht, welche Vorlage für die Überschrift benutzt wurde und ob vielleicht beide Vorlagen übereinstimmten.
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gilt diese Aufteilung nicht absolut. Im ersten Teil zeigt sich mit στηριξον in Apk 3,2 und mit der Hinzufügung des και in 13,6 ein punktueller Einfluss der 432. 19.6. Rückschlüsse auf Lesarten der verlorenen Grundlage X Wie oben gezeigt, übernimmt die CP in den meisten Fällen die Lesarten der Vorlage, wenn es sich um echte Varianten der Überlieferung handelt (anders bei Fehlern in Vorlage oder Editionsprozess). Daher können wir annehmen, dass die meisten der in Abschn. 13 aufgeführten CP-Lesarten in Apk 1,1– 16,10 der verlorenen Vorlage entsprochen haben, besonders dann, wenn sie von 1248, 1740 und/oder 2821 bezeugt werden. Dies betrifft offenbar die CPLesarten υελινη in Apk 4,6, βασιλευουσιν in 5,10 (obwohl so auch 432 liest), δωση in 8,3, die Hinzufügung des ο in 9,11 und das οµοιοι in 9,19. Eher mit dem Einfluss der Untergruppe 1774-2035-2926 lassen sich hingegen die CP-Varianten ουτος in 3,5, πετωµενω in 4,7, αποκτεινεσθαι in 6,11, µετοπων in 7,3 und 13,16 sowie διαφθειροντας in 11,18 erklären. Die verbreiteten (und daher weniger signifikanten) CP-Varianten του θρονου in 7,10 und ποιµανει in 7,17 werden sogar von beiden Untergruppen bezeugt, die Auslassung von και το τριτον των δενδρων κατεκαη durch Homoioteleuton in 8,7 von deren Einzelhandschriften 1774 und 2821. Wie in Abschn. 17.3. erwähnt, könnte sich die Grundlage für die ersten zwei Drittel der Apk (X) evtl. aus zwei Hss. zusammengesetzt haben, da Einflüsse aus beiden Untergruppen erkennbar sind. Bei drei Lesarten der CP lässt sich schwer sagen, ob sie aus dieser Grundlage X stammen oder Produkt der Herausgeber bzw. des Setzers sind, da diese Lesarten sich nicht in jenen Hss. finden, die sonst der verlorenen Vorlage nahe sind; die Differenzen betreffen aber jeweils nur einen einzigen Buchstaben (Apk 7,9 φοινικες, 12,17 οργισθη und 16,10 εµασσωντο). Die meisten der in Abschn. 12 verzeichneten, also kaum bezeugten Lesarten stammen wahrscheinlich nicht von der Vorlage, sondern von den Produzenten der CP (abgesehen von vereinzelten Einflüssen des lat. Textes, vgl. Abschn. 9.5.).228 Auf diese Weise lässt sich der Wortlaut von X mit Hilfe der CP bis auf wenige Stellen rekonstruieren.
228 Da sich dies in Bezug auf die nachgewiesene Vorlage 432 so verhält und auch aus dem in Abschn. 14.4. genannten Grund plausibel ist, kann vermutet werden, dass dasselbe auch im Bereich der unbekannten Vorlage(n) gilt.
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19.7. Fazit zur Vorgehensweise der Herausgeber Sicher ist, dass die Herausgeber für die Apk mehrere Vorlagen benutzt und die jeweils verwendete Hauptvorlage an einer oder zwei Stellen gewechselt haben, unklar sind die Gründe hierfür. Im Endeffekt scheint der Wortlaut der CP in einer Art Blockmix zusammengesetzt zu sein, ergänzt durch gelegentliche Quereinflüsse. Die allgemeine Beobachtung zur Vorgehensweise: „Die Editoren benutzten jeweils eine Haupthandschrift, die sie im wesentlichen reproduzierten und im Vergleich mit einer anderen Handschrift korrigierten“229 muss also in Bezug auf die Apk modifiziert werden, da keine „Haupthandschrift“ über den gesamten Wortlaut beibehalten wurde. Als eine dieser Haupthandschriften lässt sich 432 identifizieren, über Anzahl und Anwendungsbereich der übrigen Quellen können, da sie sich nicht unter den heute existenten und zugänglichen Hss. befinden, keine sicheren Aussagen getroffen werden.
20. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Als eindeutiges Ergebnis der Kollationen an Stellen mit CP-ComplDifferenzen kann festgehalten werden, dass 1064 und 2656 im Apk-Text jeweils von einem der Nachdrucke der Complutensis abgeschrieben sind. Es handelt sich um voneinander unabhängige Kopien, da jede einen Teil des CPTextes enthält, der in der anderen fehlt: 1064 umfasst Apk 1,1–10,10, da die Hs. nicht zu Ende geschrieben wurde, und 2656 ist erst ab ca. 2,13 zu betrachten, da der Anfang vom TR abgeschrieben ist. Diese beiden Hss. treten in ihrer Eigenschaft als Abschriften eines Complutensischen Druckes an die Seite des Codex Ravianus (ω110) und sind daher vom regulären Hss.-Material der Apk zu trennen. Als handschriftliche Reproduktionen eines gedruckten ApkTextes sind sie für die Textkritik wertlos. Außerdem deuten alle Ergebnisse darauf hin, dass die Papierhandschrift 432 aus dem 15. Jh. als Teilvorlage für die CP benutzt wurde, primär im letzten Drittel des Apk-Textes, aber nicht nur dort. Aus dem Textcharakter der 432 resultieren auch die (schon in Abschn. 5.4. erwähnten) gelegentlichen Einflüsse des Αν-Textes auf den CP-Wortlaut, die über die Compl-typische Mischung aus K und Αν hinausgehen. Die Grundlage X für den übrigen Teil der CP (etwa Apk 1–16) ist, wie auch der Codex Rhodiensis für andere NT-Schriften, verloren oder jedenfalls
229 Schenker, Polyglotten, 23.
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nicht unter den heute bekannten und zugänglichen Hss.230 Unklar ist, ob hierfür eine oder zwei Vorlagen verwendet wurden, denn der Texttyp der CP tendiert im ersten Drittel der Apk eher zur Handschriftengruppe 1248-17402821, im zweiten Drittel eher zur Gruppe 1774-2035-2926; doch in keinem Fall bestehen stärkere Übereinstimmungen dieser CP-Teile mit existenten Hss. (vgl. Abschn. 14.7. und 17.3.). Genaueres lässt sich an dieser Stelle nicht sagen; durch Vollkollationen der genannten Textzeugen könnten die genealogischen Beziehungen im Umfeld der verlorenen Vorlage(n) möglicherweise weiter erhellt werden, um präzisere Schlüsse zu erlauben. Des Weiteren konnten auf der Suche nach der Vorlage einige textgeschichtliche Zusammenhänge aufgedeckt werden. Da es sich bei Compl um eine relativ junge und homogene Gruppe handelt, lässt sich der Wortlaut ihres Archetyps gut durch die quantitative Mehrheit der Gruppenmitglieder annähern; die Einzelhandschriften weichen in unterschiedlichen Richtungen von diesem Mittelpunkt ab. Durch Analyse ihrer Abweichungen vom Archetyp lässt sich z.T. erkennen, ob diese Zeugen durch Abschreibfehler, eigenständige Eingriffe in den Text oder Überarbeitung nach einer Hs. anderen Texttyps vom Archetyp abweichen (vgl. Abschn. 18). Auf diese Weise lassen sich genealogische Beziehungen zwischen Hss. dieser Gruppe rekonstruieren und Einblicke in deren Textgeschichte gewinnen. Als Endergebnis dieser Untersuchung sind in Diagramm 4 die Beziehungen zwischen Vorlagen, Kopien und gedruckten Ausgaben zusammengefasst. Wir sehen hier, wie die handschriftliche Überlieferung bereits nach wenigen Kopierphasen ein deutlich kontaminiertes Textgepräge entwickelt, das nur durch Detailarbeit wieder zu entwirren ist. Dies lässt sich an folgendem Verlauf der Überlieferungslinien illustrieren. Offenbar ist der Apk-Text der CP aus zwei oder drei Vorlagen zusammengesetzt. Diese entsprechen alle der ComplTextform, und deren Archetyp wurde bei seiner Entstehung bekanntlich aus einem K-Text und einem Αν-Text der Untergruppe f zusammengesetzt (s. Abschn. 8.4.). Eine der Vorlagen der CP (432) ist zusätzlich nach einer Hs. Y der Αν-Untergruppe i überarbeitet, nachdem sie über das Zwischenstadium Z ihren Ursprung in der Compl-Hs. 1865 hatte. Letztere wiederum enthält sichtbare Korrekturen und Alternativlesarten, die auf eine Überarbeitung nach einer Hs. vom Typ 2026, also nach Αν-Untergruppe e, hindeuten (s. Abschn. 18.1–4.). Die Herkunft der entsprechenden Lesarten im CP-Text ließe sich kaum klären, wenn uns nicht die Texte der Handschriften 432 und 1865 zur Verfügung ständen, durch die sich diese Αν-Einflüsse zurückverfolgen lassen.
230 13 der mit GA-Nummern registrierten Apk-Handschriften stehen mangels Aufnahmen noch nicht (oder nicht mehr) für die Untersuchung zur Verfügung (s. Anm. 83).
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Hinzu kommt, dass die o.g. 1064 und 2656 nicht direkt von der CP, sondern jeweils von einem ihrer Nachdrucke abgeschrieben wurden. In diesen Nachdrucken wurde der CP-Text geringfügig an den TR angepasst; der TR aber steht (abgesehen von diversen Sonderlesarten) vor allem der ΑνUntergruppe a nahe, der die von Erasmus benutzte Vorlage 2814 angehört.231 Somit finden wir in den Kopien 1064 und 2656 Elemente aus vier verschiedenen Untergruppen des Αν-Textes (a, e, f, i), die zu unterschiedlichen Zeitpunkten in ihre Überlieferungslinie einflossen. Auch hier gilt wieder: Ohne dieses textgeschichtliche Hintergrundwissen wäre der Textcharakter der CPNachdrucke und ihrer Abschriften weder zu verstehen noch zu definieren. Doch durch die Kollation der beteiligten Hss. konnte das, was sich bei ausschließlichem Blick auf das Endresultat als bloße Kontamination darstellen würde, zumindest teilweise in der Entstehungsgeschichte rekonstruiert werden. All diese Zusammenhänge sind in Diagramm 4 dargestellt, allerdings mit mehreren Vereinfachungen. Denn der Wortlaut des TR ist in späteren Auflagen auch durch die CP und durch zusätzliche Hss. beeinflusst, so dass verschiedene TR-Ausgaben unterschieden werden müssten. Auch die bei den Überarbeitungen möglicherweise benutzten Zwischenglieder (z.B. zwischen Z und 432) sind nicht eingezeichnet. Außerdem ist offen gelassen, ob die Grundlage X für die ersten beiden Drittel der Apk aus einer oder zwei Vorlagen bestand und ob es sich bei der Quelle für die wiederholten Überarbeitungen nach i wirklich um eine einzige Hs. Y handelte. Auch wenn Einzelheiten der Textgeschichte unsicher sind, ist das Gesamtbild dieses Bereichs der Überlieferung deutlich und lässt ein hohes Maß an mehrfachen Textmischungen aus verschiedenartigen Quellen erkennen.
231 Schmid, Studien I/1, 1–6.
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Diagramm 4: Genealogische Beziehungen der handschriftlichen und gedruckten Quellen rund um den Apk-Text der CP
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Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte
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—, Der Apokalypsetext des Arethas von Kaisareia und einiger anderer jüngerer Gruppen, Athen 1936. —, Untersuchungen zur Geschichte des griechischen Apokalypsetextes. Der K-Text, Bib. 17 (1936). 11–44, 167–201, 273–293, 429–460. U. Schmid, Die Apokalypse, überliefert mit anderen neutestamentlichen Schriften – eapr-Handschriften; im vorliegenden Sammelband, 421–441. —, Die neue Edition der Johannes-Apokalypse. Ein Arbeitsbericht; im vorliegenden Sammelband, 3–15. F.H.A. Scrivener, A Plain Introduction to the Criticism of the New Testament. For the Use of Biblical Students, 4. Auflage, 2 vols, London/New York/Cambridge 1894. J.J. Wettstein (ed.), Novum Testamentum Graecum editionis receptae cum lectionibus variantibus [...], 2 vols., Amsterdam 1751–1752.
Das sog. Apk-Fragment GA 2408 MARCUS SIGISMUND Nicht wenige Manuskripte halten bei genauerer Betrachtung Überraschungen parat, welche die für Außenstehende zuweilen stupide anmutende Arbeit eines Handschriften-Kollationators zu einem spannenden Geschäft werden lassen. Hierzu zählen z.B. die falsche oder fehlende Identifikation von Texten sowie die Aufnahme dieser Daten in die Bibliothekskataloge, oder aber auch die fälschliche Klassifikation von Texten im Rahmen von Sammelverzeichnissen. Der folgende kleine Beitrag beschäftigt sich mit so einem Fall und wird mit dem Plädoyer schließen, die Handschrift GA 2408 von der sog. „Kurzgefassten Liste“1 zu streichen.
1. Hintergrund GA 2408 bezeichnet ein einzelnes Folium (fol. 18) aus der Sammelhandschrift Codex Barocciani 48, welche sich nunmehr im Besitz der Bodleian Library der Universität Oxford befindet.2 Die bisherige Einordnung von GA 2408 als Fragment der Apokalypse erfolgte offenkundig unter dem Einfluss des
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2
Elektronisch unter: http://ntvmr.uni-muenster.de/liste (letzter Abruf: 21.1.2013); gedruckt: K. Aland /M. Welte /B. Köster /K. Junack, (Hgg.), Kurzgefasste Liste der Griechischen Handschriften des Neuen Testaments, Zweite, neubearbeitete und ergänzte Auflage (ANTF 1), Berlin/New York 1994. Der Codex gehört somit zur umfangreichen Sammlung griechischer Manuskripte des venezianisch-kretischen Mathematikers und Späthumanisten Francesco Barozzi (1537–1604), die später von seinem Neffen Iacopo Barozzi (1562–1617) übernommen wurde. Die Bibliothek beschreibt den inhaltlichen Umfang und den Weg der Barocci-Sammlung wie folgt: „The manuscripts are wide-ranging in date and subject-matter, and many retain their early Greek or Cretan bindings. The collection was brought to England by Henry Featherstone in 1628. On 26 Jan. 1629 the manuscripts were deposited with William Laud at London House. At his instigation they were purchased by William Herbert, 3rd earl of Pembroke, Chancellor of Oxford University, and by him presented through Laud to the University in May that year.“ (http://www.bodley.ox.ac.uk/dept/scwmss/wmss/online/medieval/ barocci/barocci.html [letzter Abruf: 21.1.2014]).
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Bibliotheks-Kataloges von Henry O. Coxe.3 Dieser verzeichnet als Inhalt der Sammelhandschrift zunächst mit der laufenden Nummer 1 „Nicephori Gregorae ad dominam Helenam, Imperatricem palaeologam, quaestionum solutiones philosophicarum“ und listet die vermeintlichen neun Traktate dieses Werkes mit Überschrift und Incipit auf.4 Als Nummer 2 im Barocc. 48 listet der Katalog für fol. 18 ein „Excerptum ex Apocalypseos libro cap. v. i. seqq.“ Handschriftlich ist rechts von moderner Hand „= Gregory 2408“ nachgetragen. Hoskier nimmt das vermeintliche Apk-Fragment unter dem Siglum „28**“ in seine Kollation auf, macht aber keinerlei Angaben zum Manuskript. Da er für seine Kollation der Nummer 28 (= GA 2015) den Anhang der Edition des Codex Augiensis von Scrivener5 auswertet (dort im Bereich der Apk Siglum n), ist es sehr wahrscheinlich, dass Hoskier auch im Falle von GA 2408 auf Scrivener basiert (s. dazu u.). Bereits hier wird deutlich, wie sich die Zuordnung des Kataloges fortschreibt. Denn Scrivener vermerkt zu Barocc. 48: „Mr Coxe describes its general contents in his Catalogue“,6 und fügt unmittelbar hieran die Fußnote an: „On fol. 18 (paper, of the 14th century) are five verses of the Apocalypse (v. 1–5) differing in several places from the text of the copy I have called n. The readings of this small fragment are cited as n2.“7 Vollkommen fehl geht Josef Schmid im Versuch seiner „Ergänzungen und Richtigstellungen zu Hoskiers Material“8, wenn er das Manuskript 2408 als ein
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Vgl. zum Folgenden: H.O. Coxe, Catalogi codicum manuscriptorum Bibliothecae Bodleianae partis secundae fasciculus primus, Oxford 1858 (reprinted with numerous corrections and additions, and an historical introduction by R. W. Hunt by the Library in 1973). Verwendet wird die online im elektronischen Sammelkatalog (http://www.bodley.ox.ac.uk/dept/scwmss/ wmss/online/medieval/barocci/barocci.html [letzter Abruf 21.1.2014]) unter der Handschrift abrufbare pdf-Version. Es handelt sich hierbei um die Schrift „Solutiones quaestionum“ des Nicephorus Gregoras, bei der Barocc. 48 der älteste der vier erhaltenen handschriftlichen Zeugen ist. Allerdings gehören nur Barocc. 48 fol. 1r–13v hierzu. Fol. 15r–18r bieten das eigenständige Traktat περὶ ἑπτὰ ἀριθµοῦ des Nicephorus Gregoras, dazwischen steht (vom Katalog als an das achte Traktat der Solutiones angehängte Excerptum gelistet) ein Auszug aus der Schrift Ὑπερ του δωρου, προς Παιονιον des Synesios von Kyrene. Vgl. hierzu die betreffenden Nicephorus Editionen: P.L.M. Leone, Nicephori Gregorae “Antilogia” et “Solutiones Quaestionum”, Byz 40 (1979), 471–516, dort insb. 474 mit Anm. 1; F. Sbordone, Lʼebdomadario di Niceforo Gregora, RIGI 20 (1936), 125–142. F.H.A. Scrivener, An Exact Transcript of the Codex Augiensis, Cambridge/London 1859. Ebd., LXXVII. Ebd. So die Formulierung des Untersuchungszieles in: J. Schmid, Unbeachtete ApokalypseHandschriften, ThQ 117 (1936), 149–187, hier: 150.
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Blatt bezeichnet, welches aus einer verlorenen Apokalypse-Handschrift stamme.9 Nach Schmid fand das Manuskript anscheinend keinerlei Beachtung, was die Charakterisierung als Apk-Handschrift gefestigt hat. Sieht man von den eigenständigen Recherchen des Autors ab, so verzeichnet weder der elektronische Sammelkatalog der Bodleian Library10 noch die HandschriftenKartierung des Institutes für Neutestamentliche Textforschung in Münster neuere Arbeiten zum Manuskript GA 2408. Ebenso findet sich kein neuerer Eintrag in der Bibliography of Greek New Testament Manuscripts von J.K. Elliott.11
2. Identifizierung Die fälschliche Einordnung als handschriftliches Apk-Fragment dürfte zum einen im Wesentlichen darauf zurückzuführen sein, dass dieser Abschnitt des Ms. im Katalog von Coxe die laufende Nummer 2 erhielt und so als eigenständiger Inhalt firmiert, zum anderen darauf, dass dem dort verzeichneten Incipit zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Denn dieses macht explizit deutlich, dass es sich um ein Excerpt aus einem Origenes-Text handelt: ἐκ τῆς Ἰωάννου ἀποκαλύψεως, ὅτι κέκλεισται καὶ ἐσφράγισται ἡ θεία γραφή· Ὠριγένους. Geht man dieser Spur nach, so lassen sich die zweite Hälfte des Incipits und das Apk-Zitat schnell als Auszug aus der Philocalia des Origenes identifizieren. Es handelt sich methodisch betrachtet somit um die Wiedergabe einer Kirchenvater-Schrift, und nicht um ein eigenständiges ApkZeugnis. Erschwert wird die Einordnung durch die Tatsache, dass das PhilocaliaExcerpt im Schreibbild unmittelbar an das letzte Kapitel des vorangegangenen Nicephorus-Traktates περὶ ἑπτὰ ἀριθµοῦ angehängt ist, und dieser gesamte 9
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Dass Schmid ausschließlich an die engere handschriftliche Apk-Überlieferung denkt, wird dadurch deutlich, dass er fortfährt: „Es gibt unter den übrigen Apk.-Hss. keine, in die es sich einfügen läßt“ (ebd. 151). In seinen umfangreichen „Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes“ (München 1956) geht Schmid ausweislich seines Registers nicht auf GA 2408 ein. S.o. Freilich ist hierzu anzumerken, dass Elliott auch die Kollation Scriveners und deren Übernahme durch Hoskier nicht vermerkt. Vgl. aber dennoch J.K. Elliott, A Bibliography of Greek New Testament Manuscripts. Second Edition (MSSNTS 109), Cambridge 2000; ders., Supplement I to J.K. Elliott, A Bibliography of Greek New Testament Manuscripts, NT 46 (2004), 376–400; ders., Supplement II to J.K. Elliott, A Bibliography of Greek New Testament Manuscripts, NT 49 (2007), 370–401; ders., Supplement III to J.K. Elliott, A Bibliography of Greek New Testament Manuscripts, NT 52 (2010), 272–297.
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Block durch einen größeren Freiraum (von ca. 3–4 Zeilen) vom Rest des besagten Traktates abgehoben wurde. Gleichwohl legt die kritische Edition von περὶ ἑπτὰ ἀριθµοῦ nahe, dass das Philocalia-Zitat kein ursprünglicher Bestandteil des Nicephorus-Traktates war. Aus der folgenden Analyse werden sich weitere Indizien hierfür ergeben. Was freilich ungeachtet dessen bleibt, ist das Faktum, dass GA 2408 als Zitat der kirchlichen Literatur und nicht als eigenständige Apk-Handschrift zu gelten hat.
3. Äußere Form Die Betrachtung erfasst die äußere Form und den Text des Manuskriptes auf Basis einer elektronischen Version des schwarz-weiß Mikrofilms,12 welches seitens des Institutes für Neutestamentliche Textkritik in Münster vorgehalten wird. Für die Untersuchung undeutlicher Passagen und für die Bestimmung der Schreiberhände wurde der ImageAnalyzer (Meesoft) in der Version 1.33 verwendet. Kurz vor Drucklegung des vorliegenden Beitrages ermöglichten neue elektronische Fotos, die bestehenden Ergebnisse zu verifizieren.13 Der im Rahmen des vorliegenden Beitrages zur Diskussion stehende Textblock ist durch eine ca. 3–4 Zeilen umfassende Textfreilassung von dem vorangegangenen abgegrenzt und fällt durch die vergleichsweise dicke Stärke der Schrift ins Auge. Der Textblock beginnt mit einem links ausgerückten Auszeichnungsbuchstaben. Die drei (in der folgenden Transkription gekennzeichneten) Teile des zur Diskussion stehenden Textes scheinen auf dem ersten Blick von einem Schreiber zu stammen, sind aber in ihrer Art und der verwendeten Tinte deutlich unterschiedlich. Zudem lassen sich im Detail kleine Unterschiede ausmachen, welche für die Tätigkeit mehrerer Schreiber sprechen, deren „Font“14 sich aber so ähnlich ist, dass man von einem gemeinsamen Skriptorium ausgehen darf.
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Zum Zeitpunkt der ersten Arbeiten am vorliegenden Beitrag befanden sich die elektronischen Fotos zum Auftakt der Mikrofilmscans von GA 2015 (Objekt-Nr. 32015) und folglich auf den gleichen Mikrofilm abgelichtet. Der Vorschlag des Autors, zumindest die elektronischen Fotos entsprechend der Ausgangsobjekte zu trennen, wurde durch Mitarbeiter des Institutes für Neutestamentliche Textkritik positiv aufgenommen, so dass die Scans des Fragmentes nun unter der NT.VMR-ID 32408 abgerufen werden können. Es handelt sich hierbei um hochauflösende Farbaufnahmen, die im Rahmen des Polonsky Foundation Digitization Project erstellt wurden. Die erste Seite von GA 2408 findet sich unter: http://viewer.bodleian.ox.ac.uk/icv/page.php?book=ms._barocci_48&page=39 (letzter Abruf 14.8.2014). Dabei zeigt die Schrift in allen Teilen die typischen Charakteristika der jungen Majuskel, wie sie zum Ausgang des 14./ Beginn des 15.Jh. üblich war.
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Abschnitt I stammt sehr wahrscheinlich vom Schreiber des vorangegangenen Traktates, wie sich leicht an den unzial anmutenden Formen des Alphas und des markant geschwungenen Deltas, aber auch am Schriftschwung z.B. des Zetas und des Lambdas ersehen lässt. Schreiber 1 verfügt aber – auch dies kann man am Lambda, aber auch am Epsilon schön verfolgen – über ein breites Repertoire an Schriftarten, die er ohne erkennbare Konsequenz verwendet. Die Schriftform des Abschnittes III wirkt auf dem ersten Blick der des Abschnittes 1 recht ähnlich, unterscheidet sich aber im Schriftzug einzelner Buchstaben. Dies ist besonders deutlich beim Beta, welches der Schreiber 2 nach unten links ausschwingt, wohingegen Schreiber 1 den Ausschwung links aufwärts zum Ausgangsstrich zurückführt. Aber auch der Neigungswinkel des kursiven Delta ist ein deutliches Indiz. Das durch rote Tinte abgesetzte Incipit (Abschnitt II) ist dem Schreiber 2 zuzuordnen. Ein klares Indiz ist der (allerdings durchaus variable) Schriftzug des Kappa sowie die Übereinstimmung im Schriftzug von ἐσφραγϊσατι (Zeile 6) und σφραγϊσµένον (Zeile 9). Während Abschnitt I (Zeilen 1–4) vergleichsweise sorgfältig geschrieben wurden, wirkt die Schrift in den beiden anderen Abschnitten etwas unsauber und fahrig, gleicht darin aber den Resten des oben auf fol. 18 recto endenden Traktates. Es handelt sich somit nicht um eine spezifische Eigenart des Schreibers 2. Neben Abschnitt II finden sich die hervorstehenden großen Initialbuchstaben der Abschnitte I und II mit roter Tinte ausgeführt. Zudem findet sich in Abschnitt I zusätzlich (und parallel) zur bestehenden Punktation eine ebensolche in roter Farbe. Der Abschnitt I hebt sich durch eine tiefschwarze, klar linierende Tinte hervor. Die schwarze Tinte des Abschnittes III wirkt dagegen eher leicht verblasst und ähnelt derjenigen des vorangehenden Traktates.
4. Transkription Das folgende Transkript ist zeilengenau, ahmt aber nicht den Blocksatz und die Buchstabenlaufweite der Vorlage nach. Die Akzentuierung entspricht der des Manuskriptes, jedoch wurde die Position des Akzentes dem aktuellem Gebrauch angepasst.15 Nicht eigens hervorgehoben werden im Bereich der ApkWiedergabe die Iotae, die eine Art I-Punkt zu tragen scheinen. Das Iota-
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Z.B. kommt in diesem Text (wie in vielen anderen Manuskripten auch), der Gravis von τὴν auf dem Ny zu stehen, da das Eta an die Oberlinie geht; bei ἔσωθεν kommt der Akzent auf dem Sigma zu stehen.
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Subscriptum wird im Ms. nicht verwendet. Wie bei den Akzenten wird diese Tatsache nicht vermerkt, wenn Unterschiede zum NA27/28 festzustellen sind. Das Sigma im Wortabschluss findet sich vom Autor des vorliegenden Beitrages stillschweigend zu einem Schluss-Sigma abgewandelt, sofern die normale Sigma-Form verwendet wird. Der bzw. die Schreiber zeigen sich hier inkonsequent. Hochgestellte Buchstaben und (die wenigen) Ligaturen werden nicht kenntlich gemacht sondern stillschweigend aufgelöst. Die zusätzlichen rubrizierten Satzzeichen im Abschnitt I werden nicht aufgenommen. Die Transkription beginnt nach dem Absatz/ Leerraum auf fol. 18r. Die vom Autor des vorliegenden Beitrages zugefügten Zahlen kennzeichnen Abschnitt und Zeile. I 1 Ἡ σκηνὴ τοῦ µωυσέος κατεσκευάσθη ἐν µησὶν ἑπτά: I2 ὁ δὲ ναὸς τοῦ σολοµῶντος, ἐν ἔτεσιν ἑπτὰ I3 καὶ µησὶν ἑπτά· ὑπὸ δὲ ζοροβάβελ I4 ἀνωκοδοµήθη ἔτεσιν ἑπτά: II 5 + ἐκ τῆς ἰωάννου ἀποκαλύψεως . II 6 ὅτϊ κέκλεισται καὶ ἐσφράγϊσται ἡ θεία γραφὴ:· III 7 Καὶ εἶδον τὴν δεξϊὰν τοῦ καθηµένου ἐπὶ τὸν θρόνον III 8 βϊβλίον γεγραµµένον ἔσωθεν καὶ ἔξωθεν κατε III 9 σφραγϊσµένον σφραγίσιν ἑπτὰ· καὶ εἶδον ἄγγελον III 10 ἰσχυρὸν · κηρύσσοντα ἐν φωνῆ µεγάλη· τίς ἄ III 11 ξῖος ἀνοῖξαι τὸ βιβλίον καὶ λῦσαι τὰς σφρα III 12 γίδας αὐτοῦ· καὶ οὐδεὶς ἠδύνατο ἐν τῶ οὐ(ρα)νὼ
ὡρϊ16 γένους
fol. 18v: III 13 III 14 III 15 III 16 III 17 III 18 III 19
16 17
ο̣ὔ̣τε ἐπὶ τῆς γῆς οὔτε ὑποκάʖτʖω τῆς γῆς, ἀνο̣ῖξαι τὸ βιβλίον· καὶ ἔκλαιον ὅτϊ οὐδεις[`...]17 εὑρέθη ἄξιος ἀνοῖξαι τὸ βιβλίον οὔτε βλέπειν αὐτό· καὶ εἷς τῶν πρεσβυτέρων λέγει µοι µὴ κλαῖε· ἰδοὺ ἐνίκησεν ὁ λέων ἐκ τῆς φυλῆς Ἰούδα· ἡ ῥίζα ∆ᾱδ· ἀνοῖξαι τὸ βϊβλίον· καὶ τὰς ἑπτὰ18 σφραγίδας αὐτοῦ:~
Sic. Deutlich genug lässt sich erkennen, dass das Sigma des οὐδεὶς fortgeführt und mit zwei bis drei weiteren Zeichen verbunden ist, zu denen auch der Akzent zu gehören scheint. Die bisherigen Editionen vermerken hierzu keinen Befund und notieren lediglich die Variante εὑρέθη ἄξιος.
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5. Kollationen Ein nicht zu unterschätzender Wert des Manuskriptes liegt sicherlich darin, dass die wenigen Zeilen für gleich drei Texte von textkritischer und textgeschichtlicher Bedeutung sind. GA 2408 kann daher gegen drei maßgebliche Editionen (Nicephorus Gregoras περὶ ἑπτὰ ἀριθµοῦ; Origenes Philocalia; Neues Testament) kollationiert werden. 5.1. Nicephorus Gregoras: περὶ ἑπτὰ ἀριθµοῦ (hier: Abschnitt I, Zeile 1–4), kollationiert gegen Ed. Sbordone Die Transkription ist weitestgehend deckungsgleich mit der kritischen Edition, die neben Barroc. 48 auf einer weiteren Handschrift (Neapel, Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III., gr. 18* [olim Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. Suppl. gr. 69]) basiert. Sbordone rekonstruiert bzw. coniecturiert den Schluss ἀνωκοδοµήθη ⟨ἐν⟩ ἔτεσιν ἑπτά, und vermerkt im Apparat „ἐν restitui“.19 5.2. Apk-Zitat (Abschnitt III, Zeile 7–19) kollationiert gegen NA27/28 und BYZ Ed. Robinson - Pierpont20 V 5,1: Zeile 7: εἶδον τὴν δεξιὰν] εἶδον ἐπὶ τὴν δεξιὰν NA27 BYZ Zeile 7: τὸν θρόνον] τοῦ θρόνου NA27 BYZ V 5,2: Zeile 10/11: ἄξῖος ἀνοῖξαι cum NA27] ἄξιός ἐστιν ἀνοῖξαι BYZ V 5,3: Zeile 12: ἠδύνατο] ἐδύνατο NA27 BYZ Zeile 13/14: οὐρανὼ οὔτε] οὐρανῷ οὐδὲ NA27 : οὐρανῷ ἄνω, οὔτε BYZ 18
19 20
Oder ἑπτιὰ? Das Tau setzt jedenfalls weit in der Oberlinie an (so wie der Schreiber es macht, wenn er eine Buchstabenkombination mit Tau schreibt) und wird im senkrechten Strich unterbrochen. Sbordone, Lʼebdomadario, 4. Kollationiert wurde gegen B. und K. Aland (Hgg.), Novum Testamentum Graece, 27. Auflage, Stuttgart 2001 (die 28. Auflage [Stuttgart 2012] bietet den gleichen Text); M.A. Robinson/W.G. Pierpont (edd.), The New Testament in the Original Greek: Byzantine Textform, Southborough, MA 2005.
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Zeile 14: ἀνοῖξαι τὸ βιβλίον] add. οὔτε βλέπειν αὐτό NA27 BYZ V 5,4: Zeile 14: καὶ ἔκλαιον] καὶ ἔκλαιον πολύ NA27 : καὶ ἐγὼ ἔκλαιον πολύ BYZ Zeile 14/15: ὅτι οὐδεὶς [...] εὑρέθη ἄξιος ἀνοῖξαι] ὅτι οὐδεὶς ἄξιος εὑρέθη ἀνοῖξαι NA27: ὅτι οὐδεὶς ἄξιος εὑρέθη ἀνοῖξαι BYZ V 5,5: Zeile 16: εἷς τῶν πρεσβυτέρων] εἷς ἐκ τῶν πρεσβυτέρων NA27 BYZ Zeile 17: λέων ἐκ] λέων ὁ ἐκ NA27 BYZ Zeile 18: ἀνοῖξαι cum NA27] ὁ ἀνοίγων BYZ Die Kollation des vorliegenden Ms. von Hoskier erweist sich als weitestgehend, aber nicht durchgehend korrekt, und muss daher – ungeachtet aller Verdienste dieser Ausgabe – als problematisch charakterisiert werden. So vermerkt Hoskier in Apk 5,4 nicht die Omission von πολύ (NA27 BYZ) bzw. von πολλά, was sich an dieser Stelle im Leittext seiner Edition findet. Dieser Fehler dürfte auf die Verwendung der Scrivener-Edition zurückzuführen sein, die als Lesart von n2/ GA 2408 πολύ vermerkt.21 Überdies liest der Hoskier-Leittext in diesem Vers ἀνοῖξαι καὶ άναγνὼναι τὸ βιβλίον, so dass eine Omission des καὶ άναγνὼναι zu verzeichnen wäre. Auch dies findet sich im Apparat Hoskiers nicht. Fälschlicherweise wird dort in 5,5 die Omission des zweiten ἐκ statt des ersten notiert. Es fehlt auch die Notierung der Auslassung des Verbs λῦσαι, welches laut dem Hoskier-Leittext im letzten Teilvers von 5,5 nach dem καί stehen sollte. Beide Varianten werden im Übrigen ebenso wie die Omission von καὶ άναγνὼναι in Apk 5,4 von Scrivener verzeichnet, so dass diese Fehler Hoskier angelastet werden müssen. 5.3. Origenes: Philocalia-Zitat (Abschnitt II u. III, Zeile 5–19), kollationiert gegen Ed. Robinson Z. 6: angesichts der durch die Tintenfarbe ersichtlichen Komposition der Überschrift aus der Angabe (Z. 5) sowie der Zitatangabe (Z. 6) ist m.E. hier von einer zwar an der Vorlage orientierten, aber nicht zwanghaft an dieser verhafteten Wiedergabe auszugehen. Der Text der Überschrift des cap. II, in der sich das Apk-Zitat befindet, lautet in der nach wie vor maßgeblichen Editi-
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Was sich allerdings ebenfalls nicht verzeichnet findet.
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on von Robinson:22 ὅτι κέκλεισται καὶ ἐσφράγισται ἡ θεία γραφὴ. άπὸ τοὺ εἰς τὸν α’ ψαλµὸν τόµου. Die Kürzung der Überschrift durch den Schreiber von GA 2408 ist überaus zweckmäßig, da er nicht auf einen Abschnitt der Psalmen, sondern aus der Apk rekurriert. Für eine potentielle Neuedition der Philocalia m.E. festzuhalten ist die Tatsache, dass GA 2408 bei κέκλεισται die Mehrheitslesart stützt, und die Addition µὲν der Hss. B eine Singulärlesart bleibt. In der Philocalia folgen nun zunächst die Wiedergabe des Origenes von Exodus 28,32 und Apk 3,7f. Hierauf folgt die transkribierte Stelle. Z. 7 εἶδον] ἐπὶ add. Robinson (s.o. analog NA27 BYZ) Textkritisch ist auffallend, das GA 2408 sämtliche im Apparat der Philocalia genannten Varianten nicht unterstützt, es sich somit um einen recht guten Zeugen dieses Textes zu handeln scheint. Der Ausfall des ἐπὶ in Zeile 7 stellt eine zu vernachlässigende Singulärlesart dar. Festgehalten werden darf insbesondere, dass GA 2408 keine der Epiphanius-Varianten aufgreift, und mit den obengenannten kleineren Ausnahmen mit dem rekonstruierten Text bzw. mit den Hauptzeugen ABD geht.23
6. Zum Aufbau des Gesamtabschnittes Die Anfügung eines Abschnittes aus der Apokalypse verwundert im Kontext eines Traktates zur Zahl sieben wenig. Isidor von Sevilla verweist im Liber Numerorum24 im Kapitel bzgl. der Zahl sieben25 auf nicht weniger als 6 Stellen aus der Apokalypse.26 Jedoch kann eine literarische Abhängigkeit von Isidor 22 23
24 25 26
J.A. Robinson (ed.), Philocalia of Origen: the text revised, with a critical introduction and indices, Cambridge 1893, hier: 36. A = Patmos, Kloster Agiou Ioannou Theologou, 270, saec. X; B = Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana, Gr. 47, saec. XI; D = Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana, Gr. 122, datiert auf 1343 n.Chr. Die Edition von Robinson bietet eine umfangreiche Einleitung, in der sich die Textgeschichte und die Bezeugung des Textes mustergültig aufgezeigt finden. Zu den Hss. vgl. p. XIIIss. Vgl. auch das Stemma auf p. XXVIs. Das Stemma sowie eine Auflistung aller Hss. findet sich auch unter den zahlreichen hilfreichen Internetseiten von Roger Pearse: http://www.tertullian.org/rpearse/manuscripts/origen_philocalia.htm (letzter Abruf 23.1.2014). Isidor v. Sevilla, Liber numerorum qui in sanctis scripturis occurunt, PL 83, pp. 179–200 (no. 220–248). D.i. cap. VIII (p. 186ss.), Abschn. 34–47. Konkret handelt es sich um die sieben Gemeinden (Abschn. 38); die sieben Leuchter (Abschn. 42), die sieben Sterne (Abschn. 43; in PL 83 aus einem offenkundig drucktechnischen
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negiert werden, da die in GA 2408 zuvor genannten atl. Belegstellen sich dort nicht finden, obgleich Isidor zahlreiche atl. Beispiele für die Zahl sieben anbringt.27 Sbordone vermutet, dass bereits dem Kopisten des Nicephorus-Traktates das abschließende Kapitel zu kurz erschien und er es daher vom Rest des Traktates durch den großen Freiraum abtrennte.28 Eine Begründung für den Anschluss des Philocalia-Auszuges mit dem Apk-Text umgeht Sbordone, indem er diesen Teil des Manuskriptes nicht erwähnt. Aus der Sicht der vorliegenden Untersuchung scheint dies insofern gerechtfertigt, als die Erweiterung sehr wahrscheinlich von einem weiteren, allerdings zeitnahen Schreiber vorgenommen wurde. Gleichwohl stellt sich die Frage nach der Motivation des Ergänzers. Eine Lösung muss spekulativ bleiben. Evtl. erachtete auch er das nunmehr abgehobene Schlusskapitel des Traktates als zu kurz und fügte aus seinem Wissen heraus einen weiteren klassischen biblischen Ort als Beleg hinzu. Dankenswerter Weise – und wissenschaftlich ausgesprochen lauter – machte er dabei aber kenntlich, dass dieser Abschnitt nicht aus dem Nicephorus-Traktat stammt, sondern aus der Philocalia abgeschrieben wurde.
7. Zusammenfassung Die Beobachtungen lassen sich thesenartig wie folgt summieren: 1. GA 2408 ist kein Fragment einer Apokalypse-Handschrift, und daher aus rein methodisch-systematischen Erwägungen heraus aus der Liste der ApkHandschriften zu entfernen. 2. Das Manuskript ist stattdessen fortan im Kontext der PhilocaliaÜberlieferung des Origenes zu beachten. Hier unterstützt es im Apk-ZitatAbschnitt die rekonstruierte Lesart der kritischen Edition und stellt sich somit dort neben die Haupthandschriften. 3. GA 2408 bleibt über den Umweg der Philocalia des Origenes ein wichtiger Zeuge für die Apk-Textgeschichte und Textrekonstruktion. Zwar ist der Textbestand des Fragmentes zu klein, um es in das Gesamt der PhilocaliaÜberlieferung einordnen zu können, jedoch spricht der kurze überlieferte Abschnitt für eine große Nähe zu den erhaltenen Hauptzeugen. Somit steht GA 2408 auch in unmittelbarer textlicher Nähe zum Archetyp der Philocalia, was
27 28
Versehen als ein weiterer Abschn. 42), die sieben Siegel (Abschn. 43), die sieben Engel, die Posaune spielen (Abschn. 43), und die sieben Plagen der Endzeit (Abschn. 43). Dagegen findet sich kein Verweis auf die Apk in den zahlreichen Beispielen zur Zahl Sieben in der Oratio XLII des Gregor v. Nazianz (PG 36, 431 Abschn. 2–4). Vgl. Sbordone, Lʼebdomadario, 17.
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wiederum den textgeschichtlichen Wert für die Rekonstruktion des ApkTextes erhöht. 4. Steht GA 2408 dem Philocalia-Archetyp nahe, so findet sich hier ein Text der Apk überliefert, wie er spätestens zum Zeitpunkt der Kompilation der Philocalia (350–360 n.Chr.), möglicherweise auch schon zur Zeit des Origines selbst, aus dessen Schriften die Philocalia exzerptiert sind, gelesen wurde. Wir erhalten somit einen chronologischen Fixpunkt für diese Textform.29 GA 2408 könnte so indirekt eines der ältesten erhaltenen Textzeugnisse der Apk darstellen. 5. Dieser Befund wird umso interessanter, als GA 2408 in Apk 5,4 eine Variante zu bezeugen scheint, die bislang in den Editionen nicht vermerkt wird. Eine umfangreichere Untersuchung dieses Folios scheint daher nicht nur aus Sicht der Apk-Textforschung wünschenswert.
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Hierbei ist freilich wie bei allen Kirchenväterschriften zu beachten, dass die PhilocaliaTradition in den biblischen Zitaten möglicherweise durch die parallel laufende Überlieferung des biblischen Textes beeinflusst wurde. Gleichwohl darf diese Schwierigkeit nicht zur apriorischen These verführen, der Text sei gegenüber der engeren biblischen Manuskripttradition minderwertig.
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Literatur B. Aland/K. Aland (Hgg.), Novum Testamentum Graece, 27. Auflage, Stuttgart 2001. K. Aland /M. Welte/B. Köster/K. Junack (Hgg.), Kurzgefasste Liste der Griechischen Handschriften des Neuen Testaments, Zweite, neubearbeitete und ergänzte Auflage (ANTF 1), Berlin/New York 1994. H.O. Coxe, Catalogi codicum manuscriptorum Bibliothecae Bodleianae partis secundae fasciculus primus, Oxford 1858. J.K. Elliott, A Bibliography of Greek New Testament Manuscripts. Second Edition (MSSNTS 109), Cambridge 2000; ders., Supplement I to J.K. Elliott, A Bibliography of Greek New Testament Manuscripts, NT 46 (2004), 376–400; ders., Supplement II to J.K. Elliott, A Bibliography of Greek New Testament Manuscripts, NT 49 (2007), 370–401; ders., Supplement III to J.K. Elliott, A Bibliography of Greek New Testament Manuscripts, NT 52 (2010), 272–297. P.L.M. Leone, Nicefori Gregorae “Antilogia” et “Solutiones Quaestionum”, Byz 40 (1979), 471–516. J.A. Robinson (ed.), Philocalia of Origen: the text revised, with a critical introduction and indices, Cambridge 1893. M.A. Robinson/W.G. Pierpont (edd.), The New Testament in the Original Greek: Byzantine Textform, Southborough, MA 2005. F. Sbordone, Lʼebdomadario di Niceforo Gregora, RIGI 20 (1936), 125–142. J. Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes, (MThS.H, 1. Ergänzungsband), München 1956. J. Schmid, Unbeachtete Apokalypse-Handschriften, ThQ 117 (1936), 149–18. F.H.A. Scrivener, An Exact Transcript of the Codex Augiensis, Cambridge/ London 1859.
Die lateinischen Marginalien von GA 2015 MARCUS SIGISMUND Der hohe textkritische wie auch textgeschichtliche Wert der lateinischen Bibelübersetzung der Apk bedarf im Rahmen eines Sammelbandes zur Editio Critica Maior der Johannesoffenbarung keiner Begründung. Theologiegeschichtlich von besonderer Bedeutung sind in diesem Kontext die lateinischgriechischen Bilinguen, welche uns einen Einblick in die exegetische und textkritische Arbeit der Schreiber und Kopisten bzw. der Nutzer geben, und uns so zeigen, wie der Text der Apk in den jeweiligen kulturellen Kontexten verstanden wurde, und wo offenkundig theologisches Konfliktpotential existierte. Leider sind bislang nur drei lateinisch-griechische Bilinguen bekannt.1 Umso wertvoller ist in Addition zu diesen drei Zeugen das Manuskript GA 2015, welches am Rand des griechischen Apk-Textes lateinische Marginalnotizen aufweist.
1. Das Manuskript GA 2015 Bei GA 2015 handelt es sich um das Manuskript Oxford, Bodleian Library, Barocc. 48, fol. 51v–74r. Hoskier und die alte Gregory-Nummerierung sowie das gr. NT von Wettstein verwenden das Siglum 28, von Soden notiert die Handschrift mit α 1550, Scrivener benutzt das Siglum n. GA 2015 überliefert den griechischen Text von Apk 1,1–17,4. Der ApkZeuge ist Teil einer Sammelhandschrift mit Texten recht unterschiedlichen Charakters, die als kleine Quarto vorliegt. Die diversen Texte sind von unterschiedlichen Händen auf unterschiedlichen Beschreibstoffen geschrieben. Der griechische Apk-Text wurde von einem Schreiber auf Papier gefertigt. Die Kopie ist auf das 14. oder 15. Jh zu datieren.2
1 2
Siehe den Beitrag „Die griechisch-lateinischen Apk-Bilinguen (und andere mehrsprachige Manuskripte der Apk)“ im vorliegenden Sammelband. Vgl. zur Beschreibung F.H.A. Scrivener, An Exact Transcript of the Codex Augiensis, Cambridge/London 1859, lxxvii s.
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Die Behandlung der lateinischen Marginalnotizen (im Folgenden GA 2015Marg) ist typisch für den Umgang der älteren Forschungsliteratur mit derartigen Beigaben. Hoskier hält sich in seinen Ausführungen zur Hs. sehr kurz und verweist auf die Arbeit Scriveners (s.u.), ohne auf die Marginalien hinzuweisen.3 Auch Schmid erwähnt die lateinischen Randnotizen nicht, sondern vermerkt vielmehr, dass die Handschrift keinerlei Kommentar enthalte.4 Er fällt damit hinter Scrivener zurück, der die lateinischen Anmerkungen immerhin in einem Nebensatz erwähnt: „A few corrections seem prima manu, but several are very recent, as are some Latin notes which disfigure the margin.“5
2. Paläographische Einordnung und inhaltliche Identifizierung der lateinischen Zugaben 2.1. Paläographische Einordnung Die Marginalnotizen beschränken sich auf die ersten beiden Seiten des ApkTextes, der in seiner Grundanlage eher nicht als Basis für einen Marginalkommentar konzipiert war. Sie verteilen sich auf alle Randbereiche, wobei der obere Rand der Überschrift (s.u. no. 1) vorbehalten bleibt. Zwei kurze lateinische Notizen finden sich darüber hinaus supralinear in den griechischen Textblock eingefügt. Die Marginalnotizen bemühen sich nicht um eine herausstechende Sauberkeit6 und sind (wie sich zeigen wird) ausgesprochen stichwortar-
3
4
5 6
Vgl. H.C. Hoskier, Concerning the Text of the Apocalypse: Collation of All Existing Available Greek Documents with the Standard Text of Stephen’s Third Edition Together with the Testimony of Versions, Commentaries and Fathers, 2 vols., London 1929, hier: vol. I, 55. Die Handschrift GA 2015 bietet übrigens auch eine recht interessante Verszählung, die komplett durchläuft. Zur Vers-/Stichenzählung allgemein vgl.: http://www.skypoint.com/ members/waltzmn/Divisions.html [letzter Abruf: 13.8.2014], wonach die Apk nach der üblichen Zählung 1800 Stichoi, nach dem Claromontanus 1200 Stichoi besitzt; vgl. auch F.H.A. Scrivener, A Plain Introduction to the Criticism of the New Testament, fourth edition, ed. E. Miller, vol. I, London 1894, 68. Vgl. J. Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes. Teil 1: Der Apokalypse-Kommentar des Andreas von Kaisareia (MThS.H, 1. Ergänzungsband), München 1955, 53. Franz Delitzsch, auf den Schmid verweist, erwähnt mehrfach Barocc. 48, ohne aber auf das Manuskript näher einzugehen (vgl. aber F. Delitzsch, Handschriftliche Funde: Neue Studien über den Codex Reuchlins und neue textgeschichtliche Aufschlüsse über die Apokalypse aus den Bibliotheken in München, Wien und Rom, Band 2, Leipzig 1862, insb. 28 und 36 Anm. 1 und 43). Scrivener, Codex Augiensis, lxxvii s. Als Indiz hierfür kann z.B. auf die unterschiedliche Ausführung der et-Ligatur & in no. 17 und die Formvarianz des Deltas (zu beachten ist der Neigungswinkel des senkrechten Stri-
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tig. Die Kombination von Form und Inhalt deuten daher zusammen am ehesten auf ein privates Arbeitsexemplar bzw. „Kommentar-Clipboard“, welches nie vollendet wurde. Der Schreiber der lateinischen Notizen verwendet eine humanistische Kursive, die in der Art vieler ihrer Ligaturen und Abkürzungen eine Hand des 15. Jh. nahelegt. Die Marginalnotizen haben keinerlei Signalzeichen bzw. graphische Ankerpunkte im fortlaufenden Apk-Text. 2.2. Inhaltliche Einordnung Es handelt sich bei den Marginalnotizen recht eindeutig um Zitate aus den lateinischen Bibelkommentaren des Victorinus von Pettau (3. Jh.)7 und des Apringius von Beja (6. Jh.)8. Da sich beide Werke im Kommentar des Beatus von Liébana (8. Jh.)9 integriert finden und eine explizite Einzelzuweisung in GA 2015 fehlt, darf davon ausgegangen werden, dass alle Zitate dem Kommentar des Beatus entnommen wurden. Gleichwohl eröffnet sich die Möglichkeit, die Marginalnotizen sowohl gegen die Edition von Beatus als auch gegen jene von Victorinus und Apringius zu kollationieren. Denn weder die Edition von Victorinus,10 noch die von
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8
9 10
ches bei weitestgehend gleichbleibender Schriftzugführung des Buchstabenbauches; s. insb. no. 17 und 18) verwiesen werden. Zu Victorinus vgl. einleitend K.H. Schwarte, Art.: Victorinus von Pettau, 3LACL (2002), 718f. (ältere Editionen und weitere Sekundärliteratur s. ebd.) sowie die Vorbemerkungen Haussleiters in der Edition (s.u. Anm. 10., ebd. XXIV s.). Sein Commentarius in apocalypsin verfasste er ca. 260 n.Chr. und somit kurz nach der valerianischen Verfolgung. Textkritisch und textgeschichtlich ist der Kommentar schwierig zu fassen, da neben der Urform eine von Hieronymus redigierte Rezension vorliegt, welche nicht nur sprachliche Überarbeitungen vornahm sondern auch die chiliastische Auslegung des 1000jährigen Reiches des Victorinus durch eine spiritualistische ersetzte (in apoc. 20). Besonders interessant ist, dass die Hieronymus-Überlieferung ihrerseits in zwei Rezensionen zerfällt, die sich u.a. im zitierten Text der Apk unterscheiden. Zu Apringius vgl. einleitend E. Reichert, Art.: Apringius von Beja, 3LACL (2002), 54f. (ältere Editionen und weitere Sekundärliteratur s. ebd.) und die Vorbemerkungen Grysons in der Apringius-Edition (s.u. Anm. 11, ebd. insb. 13–17). Der Tractatus in apocalypsin ist nur noch für die Apk-Kap. 1,1–5,7 und 18,6–22,21 erhalten und lag bereits im 8. Jh. Beatus von Liébana nur noch fragmentarisch vor, was außerordentlich zu bedauern ist, hebt doch Isidor von Sevilla die Qualität des Kommentars gegenüber seinen Vorläufern hervor (Isidor, vir. ill. 30) und zeigt sich Braulio von Saragossa im 7. Jh. bemüht, ein Exemplar zu erhalten (ep. 25). Lediglich ein einziges Manuskript des 12. Jh. dient heute neben den Zitaten bei anderen Kirchenvätern als Zeuge des Textes. Zu Beatus vgl. einleitend P.K. Klein, Art.: Beatus v. Liébana, LMA 1 (1980), 1746–1747. Victorini episcopi Petavionensis Opera, ed. J. Haussleiter (CSEL 49), Wien 1916.
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Apringius11 oder die von Beatus12 nimmt GA 2015Marg auf. Auch die Vetus Latina Edition13 übergeht diesen Zeugen. Da aber die genannten Kirchenväter ganz herausragende Zeugen der frühen lateinischen14 wie auch mittelbar der griechischen Textgeschichte der Apokalypse sind, scheint eine nähere Betrachtung und Edition der Marginalnotizen mehr als gerechtfertigt.
3. Edition der lateinischen Marginalnotizen 3.1. Basis Die folgende kleine Edition erfolgt auf Basis einer elektronischen Version des schwarz-weiß Mikrofilms, welche seitens des Institutes für Neutestamentliche Textkritik in Münster vorgehalten wird. Für die Untersuchung undeutlicher Passagen und für die Bestimmung der Schreiberhände wurde der ImageAnalyzer (Meesoft) in der Version 1.33 verwendet. 3.2. Paläographische Bestimmung Überschrift und Einträge stammen eindeutig von einer Hand. Die Schrift könnte man als eine humanistische Kursive charakterisieren.15 Vor dem Hintergrund der Handschriftengeschichte16 ist festzuhalten, dass die Einträge keiner11 12
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16
Variorum auctorum commentaria minora in Apocalypsin Johannis quae omnia recognovit et commentario critico instruxit R. Gryson (Corpus Christianorum.SL CVII), Turnhout 2003. Beati Liebanensis Tractatus de Apocalipsin cura et studio R. Gryson adiuvante M.-C. de Bièvre (Corpus Christianorum.SL CVII B), Turnhout 2012; die dort aufgenommen Manuskripte finden sich gelistet auf pp. XIV–XVI, die dort aufgenommenen Fragmente auf pp. LXI–LXIII. Apocalypsis Johannis, ed. R. Gryson (Vetus Latina. Die Reste der Altlateinischen Bibel 26/2), Freiburg 2000–2003; die dort aufgenommenen griechischen und lateinischen Manuskripte finden sich gelistet auf den Seiten 98f. Vgl. so schon J. Haussleiter, Beiträge zur Würdigung der Offenbarung des Johannes und ihres ältesten lateinischen Auslegers, Victorinus Pettau, Greifswald 1900. Zum Problem der Benennung humanistischer Schriften vgl. eingehend J.P. Gambert, Italienische Schrift – humanistische Schrift – Humanistenschrift, in: J. Autenrieth/U. Eigler (Hgg.), Renaissance und Humanistenhandschriften, München 1988, 63–70. Der Codex gehört somit zur umfangreichen Sammlung griechischer Manuskripte des venezianisch-kretischen Mathematikers und Späthumanisten Francesco Barozzi (1537–1604), die später von seinem Neffen Iacopo Barozzi (1562–1617) übernommen wurde. Die Bibliothek beschreibt den inhaltlichen Umfang und den Weg der Barocci-Sammlung wie folgt: „The manuscripts are wide-ranging in date and subject-matter, and many retain their early Greek or Cretan bindings. The collection was brought to England by Henry Featherstone in 1628. On
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lei Charakteristika der Secretary- oder der Chancery-Schrift aufweisen,17 wohl aber Züge der italischen Humanistenkursive zeigen. Die Form zahlreicher Ligaturen dürfe in Verbindung mit der Schrift selbst als Indizien für eine Datierung der Marginalien in das ausgehende 15. Jh. angesehen werden.18 Die Einträge scheinen daher im Kontext des Hauses Barocci vorgenommen worden zu sein. Der Schreiber verwendet zahlreiche gängige Abbreviaturen, ohne den Text allzu stark zu verschlüsseln. Orthographische Besonderheiten lassen sich nicht ausmachen. 3.3. Transkript und Anmerkungen In der folgenden Transkription finden sich Ligaturen und vergleichbare Abbreviaturen dem allg. Usus gemäß nicht extra gekennzeichnet sondern i.d.R. stillschweigend aufgelöst; u/v werden dem heutigen Gebrauch angepasst. Die Kollation berücksichtigt nur Varianten in Wörtern, die von den Marginalnotizen geboten werden. Die Kürzungen gegenüber den Vergleichstexten werden in der Kollation nicht notiert. In der Kollation werden als Siglen verzeichnet (für eine vollständige Liste der Hss. und älteren Editionen s. d. jeweiligen Editionen): Editionen: ed. GrysonApr ed. GrysonBeat ed. HausleiterVict ed. HausleiterHier
17 18
s. Anm. 11 s. Anm. 12 s. Anm. 10; dort die Victorinus-Spalte s. Anm. 10; dort die Hieronymus-Spalte
26 Jan. 1629 the manuscripts were deposited with William Laud at London House. At his instigation they were purchased by William Herbert, 3rd earl of Pembroke, Chancellor of Oxford University, and by him presented through Laud to the University in May that year.“ (http://www.bodley.ox.ac.uk/dept/scwmss/wmss/online/medieval/barocci/barocci.html [Abruf: 26.7.2012]). Vgl. hierzu auch die paläographischen Beispiele des UK government's official archive unter http://www.nationalarchives.gov.uk/palaeography/default.htm [Abruf 9.8.2012]. Die Verwendung der Ligatur & verhindert jedenfalls eine Datierung in die vorhumanistische Zeit (s. dazu B. Bischoff, Paläographie des römischen Altertums und des abendländischen Mittelalters [Grundlagen der Germanistik 24], Berlin 21986, 196); ein typisches LigaturenBeispiel für das 15. Jh. wäre die Form der con-Ligatur (in no. 2), siehe dazu Laut Capelli (op. cit., 55). Denkbar ist freilich, dass diese Schrift von späterer Hand imitiert wurde. Hier wäre aber nach dem Motiv zu fragen.
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Victorinus Hs.: A Codex Ottobonianus lat. 3288 A (15. Jh.) a Codex Ottobonianus lat. 3288 B (15. Jh., eine Abschrift von A) α Codex Vaticanus 3546 (16. Jh., eine Abschrift von a) Apringius Hs.: K Kopenhagen, Det Arnamagnæanske Institut, Arnamagnæanske Legat 1927 AM. 795 4to, fol. 24v–97v (Herkunftsort Spanien?, 12. Jh.) Beatus-Hss.: E El Escorial, Biblioteca del monasterio, &.II.5 (San Millán de la Cogolla, um 1000 n.Chr.) F Berlin, Staatsbibliothek, theol. lat. fol. 561 (Mittelitalien, 1. Hälfte des 12. Jh.) H Madrid, Real Academia de la Historia, Aemil. 33 (aus Kastillien, letztes Viertel des 10. Jh.) L Lissabon, Arquivo Nacional da Torre do Tombo, Casa Forte 160 (Lorvao 43) (San Mamed de Lorvão, 1189 n.Chr.) O Burgo de Osma, Bibliotheca del Cabildo de la Catedral, 1 (Sahagún, 1086 n.Chr.) P Paris, Bibliothèque National de France, lat. 8878 (Saint-Sever-surl’Adour, 11. Jh.) Q Paris, Bibliothèque National de France, n.a.lat. 1366 (Navarra, Ende des 12. Jh.) R Roma, Biblioteca dell’Academia Nazionale dei Lincei e Corsiniana, 40.E.6 (Sahagún, erste Hälfte des 12. Jh.); bei Gryson trägt dieses Ms. das Siglum K, was aber angesichts des Siglums des einzigen Apringius-Zeugen misslich erscheint Zur besseren Orientierung werden zu jedem Eintrag der Apk-Bezugsteilvers (in der Vulgata-Version19) sowie die jeweiligen Bezugsstellen der Kommentare beigegeben.
19
Biblia Sacra Vulgata editio quinta, ed. R. Weber/B. Fischer/R. Gryson, Stuttgart 2007.
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fol. 51v / NT.VMR-image20 20: no. 1) Position: oberer Rand, links neben der gr. kephalaion-Angabe Text:
revelatio secretorum21
no. 2) Position: linke Spalte, erster Eintrag Apk-Bezugsvers: 1,1c et significavit mittens per angelum suum servo suo Iohanni Bezugsstelle: Apringius I 21–25 (ed. GrysonApr p. 33f.) et Beatus 1.2.6 (ed. GrysonBeat p. 60) Text:
no(n) cogitatio(n)e concepta : se(d) p(er) veritatis su(a)e nu(n)tiu(m)
Kollation: Keine Abweichungen zu den beiden edierten Texten von Apringius und Beatus. Der Text der Marginalnotiz zeigt sich hier wie auch im weiteren Verlauf lediglich gegenüber der Vorlage gekürzt, die Wortreihenfolge bleibt (sofern nicht anders vermerkt) bestehen. Festzuhalten ist aber: concepta cum ed. GrysonBeat] accepta O* no. 3) Position: im laufenden Text auf Höhe der Marginalnotiz no. 2, superlin. dem gr. Text δουλω αυτου. Apk-Bezugsvers: 1,1c et significavit mittens per angelum suum servo suo Iohanni Bezugsstelle: Apringius I 24 (ed. GrysonApr p. 33f.) et Beatus 1.2.6 (ed. GrysonBeat p. 60) Text:
p(ro)batissimo
Kollation: Keine Abweichungen zu den beiden edierten Texten von Apringius und Beatus. 20 21
The New Testament Virtual Manuscript Room (http://ntvmr.uni-muenster.de/manuscriptworkspace): ID 32015 (letzter Abruf 17.4.2014). Denkbar und inhaltlich reizvoll wäre auch eine Auflösung des Ꝝ mit recipe als typisches segno convenzionale des 15. Jh.; vgl. A. Cappelli, Dizionario di abbreviature Latine ed Italiane, Mailand 1929 (repr. Mailand 1987), 411. Für eine derartige Phrase finden sich aber keine Parallelen, so dass hier davon Abstand genommen wurde.
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no. 4) Position: rechte Spalte, erster Eintrag Apk-Bezugsvers: 1,2a: qui testimonium perhibuit verbo dei Bezugsstelle: Apringius I 26–31 (ed. GrysonApr p. 34) et Beatus 1.2.7 (ed. GrysonBeat p. 60) Text:
p(rae)dicavit filiu(m) dei
Kollation: Keine Abweichungen zu den beiden edierten Texten von Apringius und Beatus. Festzuhalten ist aber: praedicavit cum ed. GrysonApr et ed. GrysonBeat ]22 pr(a)edicabit HO no. 5) Position: linke Spalte, zweiter Eintrag Apk-Bezugsvers: 1,3a: beatus qui legit et qui audiunt verba prophetiae et servant quae in ea scripta sunt Bezugsstelle: Apringius I 32–36 (ed. GrysonApr p. 34) et Beatus 1.2.10 (ed. GrysonBeat p. 61) Text:
p(er)fectio est23 quae legeris & audiveris : opere sanc(tum)
Kollation: perfectio cum ed. GrysonApr et ed. GrysonBeat]24 profectio K est] om. ed. GrysonApr et ed. GrysonBeat audiveris] audierat ed. GrysonApr : audieris ed. GrysonBeat opere sanctum] om. ed. GrysonApr : opere facere coneris ed. GrysonBeat no. 6) Position: rechte Spalte, zweiter Eintrag, zum Teil in den Textblock mit hineingeschoben Apk-Bezugsvers: Apk 1,3c: tempus enim prope est Bezugsstelle: Apringius I 37–39 (ed. GrysonApr p. 34) et Beatus 1.2.11 (ed. GrysonBeat p. 61)
22 23 24
Freilich liest die Beatus-Edition predicauit (die Edition des Apringius praedicauit). Oder id est/ hoc est; Ligatur ⸓ . Möglicherweise greift die Marginalie aber das erste Vorkommen des Wortes (perfectionem) auf.
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Text:
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p(er)ficientibus ea: non longu(m) t(em)p(u)s. remunerateonis : sed div[ini]25 donu(m) vicin[um]
Kollation: ea] enim H
sed divini donum vicinum] sed vicinium dici esse divini muneris donum ed. GrysonApr et ed. GrysonBeat (sine variationibus)
no. 7) Position: linke Spalte, dritter Eintrag Apk-Bezugsvers: Apk 1,4a: qui est et qui erat et qui venturus est Bezugsstelle: Apringius I 64–70 (ed. GrysonApr p. 35) et Beatus 1.2.21 (ed. GrysonBeat p. 62) Text:
in deo (e)n(im) semp(er) esse est. moys(en) ego sum qui su(m)
Kollation: in deo cum QO ed. GrysonApr] Ideo GrysonBeat no. 8) Position: Supralinear im Text, am Ende des gr. Textes von 1,4c Apk-Bezugsvers: Apk 1,4c : qui est et qui erat et qui venturus Bezugsstelle: Victorinus 1 (ed. Hausleiter Vict/Hier p. 16f.) et Beatus 1.2.31 (ed. GrysonBeat p. 64)26 Text:
ad iudicandu(m)
no. 9) Position: rechte Spalte, dritter Eintrag Apk-Bezugsvers: Apk 1,4c: et a septem spiritibus qui in conspectu troni eius sunt Bezugsstelle: Apringius I 77–91 (ed. GrysonApr p. 35f.) et Beatus 1.2.32f. (ed. GrysonBeat p. 64f.)
25 26
Der Rest dieses Wortes verschwindet wie auch das letzte Wort der folgenden Zeile in der Bindungsfalz. Vgl. auch das Commemoratorium de Apocalypsis Johannis a Theodulpho auctum, I 4 (ed. Gryson p. 305 Z. 22) zum Lemma qui venturus est: ad iudicium.
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Text:
sp(irit)us unus at(ue)27 id(em) est28 sed virtut[ibus]29 septiformis. invisibilis incorporeus sp(iritu)s intellect[um] spiritus sapie(ntiae)
Kollation:
sed virtutibus cum K] sed in virtutibus edd. GrysonApr et GrysonBeat invisibilis] invisibilis et edd. GrysonApr et GrysonBeat : om. K; allerdings ist die
kürzere Lesart in der vorliegenden Hs. aufgrund der Position an der Buchfalz nicht zu sichern. spiritus intellectum| spiritus sapientiae] spiritus sapientiae et intellectus edd. GrysonApr et GrysonBeat (die Marginalnotiz orientiert sich möglicherweise am weiteren Text, wo es heißt ut per intellectum et sapientiam rerum; allerdings lesen dort bei Beatus LORF sapientiam et intellectum (sic!). Daher liegt hier vielleicht doch eine echte Variante vor. no. 10) Position: Marginalbereich unten Apk-Bezugsvers: Apk 1,5a: et ab Iesu Christo, qui est testis fidelis Bezugsstelle: Apringius I 92–99 (ed. GrysonApr p. 36) et Beatus 1.2.37f. (ed. GrysonBeat p. 65f.) Text:
testimoniu(m) suis divinis rebus p(er) susceptu(m) ho(m)i(n)em : reddens. & passionem suam & sanguinem interveniens p(ro) peccatis nostris . fidele testimonium deo patri deferret.
Kollation:
passionem] passione edd. GrysonApr et GrysonBeat suam] sua edd. GrysonApr et GrysonBeat &] ac edd. GrysonApr et GrysonBeat sanguinem cum Q] sanguine edd. GrysonApr et GrysonBeat nostris cum edd. GrysonApr et GrysonBeat] om. E*
27 28 29
Fälschlich p statt q (vid.). S. oben Anm. 23. Text verschwindet im Buchfalz (s.o).
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fol. 52r / NT.VMR-image 30: no. 11) Position: linke Spalte, erster Eintrag Apk-Bezugsvers: 1,5a: et ab Iesu Christo, qui est testis fidelis, primogenitus mortorum et princeps regum terrae Bezugsstelle: Apringius I 101–110 (ed. GrysonApr p. 36) et Beatus 1.2.40 (ed. GrysonBeat p. 66) Text:
primogenitus resurrexit
Kollation:
primogenitus] primogenitus (mortuorum) om. K no. 12) Position: rechte Spalte, erster Eintrag Apk-Bezugsvers: 1,7a: ecce venit30 in nubibus, et videbit eum omnis occulus, et qui eum pupugerunt Bezugsstelle: Victorinus (p. 19,13–15) ap. Beatus 1.3.1 (ed. GrysonBeat p. 70) Text:
qui p(ri)mo suscepto ho(m)i(n)e venit occ(u)ltus : in maiestate & gl(or)ia ve(n)it manifestus ad iudicandum
Kollation: suscepto] in suscepto GrysonBeat venit cum aα] veniet HaussleiterVict/Hier GrysonBeat manifestus ad iudicandum] ad iudicandum manifestus GrysonBeat manifestus] manifestius A no. 13) Position: linke Spalte, zweiter Eintrag Apk-Bezugsvers: 1,7bc (vgl. Sach 12,10) Bezugsstelle: Apringius I 125–139 (ed. GrysonApr p. 36) et Beatus 1.3.3 (ed. GrysonBeat p. 70) Text:
30
plangent se
Gryson, Beat, liest p. 68 und 70 veniet!
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Kollation: Keine Abweichungen zu den beiden edierten Texten von Apringius und Beatus. no. 14) Position: linke Spalte, dritter Eintrag Apk-Bezugsvers: 1,9a: ego Iohannes, frater vester et particeps in tribulatione et regno et patientia in Iesu, fui in insula, quae appellatur Pathmos propter verbum Dei et testimonium Iesu Bezugsstelle: Apringius I 185–196 (ed. GrysonApr p. 39) et Beatus 1.3.17 (ed. GrysonBeat p. 73) Text:
p(ar)ticeps
Kollation: Keine Abweichungen zu den beiden edierten Texten von Apringius und Beatus. Allerdings kommt der Begriff im betreffenden Abschnitt in den diversen grammatischen Formen mehrfach vor, z.T. auch mit Varianten. Es ist aber davon auszugehen, dass der Schreiber der Marginalien das Hauptstichwort aufgriff. no. 15) Position: linke Spalte, vierter Eintrag Apk-Bezugsvers: Apk 1,9 (s.o.) Bezugsstelle: Apringius I 185–196 (ed. GrysonApr p. 39) et Beatus 1.3.18 (ed. GrysonBeat p. 73f.) Text:
tempore claudii caesaris
Kollation:
tempore claudii c(a)esaris] Claudii Cesaris (Caesaris Apr.) tempore edd. GrysonApr et GrysonBeat : cessaris E no. 16) Position: rechte Spalte, zweiter Eintrag Apk-Bezugsvers: Apk 1,9 (s.o.) Bezugsstelle: Apringius I 196–206 (ed. GrysonApr p. 39) et Beatus 1.3.20 (ed. GrysonBeat p. 74) Text:
pro suscipiendo regno : & patientiam addidit.
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Kollation:
suscipiendo cum ed. GrysonBeat] suscipido P* : suspiciendo R : suscipiendum K
regno cum edd. GrysonApr et GrysonBeat] regnum P* K &] om. edd. GrysonApr et GrysonBeat addidit cum edd. GrysonApr et GrysonBeat] addit L no. 17) Position: rechte Spalte, dritter Eintrag Apk-Bezugsvers: 1,9b: fui in insula, quae appelatur Pathmos Bezugsstelle: Apringius I 201–206 (ed. GrysonApr p. 39) et Beatus 1.3.21 (ed. GrysonBeat p. 74) Text:
p(ro)p(ter) p(rae)dicationem eua(n)gelii & fidele testimonium. de d(o)m(in)i n(ost)ri deitate
Kollation:
testimonium cum edd. GrysonApr et GrysonBeat] testimonio O deitate] deitatem E* K no. 18) Position: rechte Spalte, vierter Eintrag Apk-Bezugsvers: 1,10: in spiritu dominica die Bezugsstelle: Apringius I 207–219 (ed. GrysonApr p. 39f) et Beatus 1.3.22–24, insb. 24 (ed. GrysonBeat p. 74f.) Text:
non corpore : sed sp(irit)u q(u)i(a) dom(ini)ca die : divinis t(antu)m rebus divinis of̣ fic̣ị[is]
Kollation:
dominica die] in dominica die edd. GrysonApr et GrysonBeat : in dominica in die F* divinis tantum] divini statum P* tantus rebus] rebus tantum F : om. rebus E*: tantus eius E2 : tantum rebus edd. GrysonApr et GrysonBeat divinis officiis] sacris officiis edd. GrysonApr et GrysonBeat
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4. Zusammenfassende Beobachtungen Der zum Teil massiv stichwortartige Charakter der Marginalnotizen erschwert eine textkritische und textgeschichtliche Einordnung, zumal sich die Kommentierung auf gerade einmal 10 Verse der Apk und 18 Einträge erstreckt. Gleichwohl fällt auf, wie häufig GA 2015Marg mit dem Text der kritischrekonstruierten Editionen von Apringius und Beatus zusammengeht (zu Victorinus s.u.). Es handelt sich somit – bei aller quantitativer Beschränktheit – um einen ganz vorzüglichen Textzeugen für die frühe lateinische und griechische Textgeschichte der Apk und ihrer Auslegung. Zu verweisen ist pars pro toto auf no. 3, no. 13, no. 14 und vor allem auf jede Stellen, an denen handschriftliche Varianten im Apparat der jeweiligen Editionen nachgewiesen werden können, wie etwa no. 2 (concepta statt accepta), no. 4 (praedicavit statt praedicabit) und no. 17 (testimonium statt testimonio). Gerade diese Nähe zum modernen rekonstruierten Text lässt bei den wenigen Abweichungen aufhorchen. Dies gilt z.B. für einige Wortumstellungen. Da die Notizen grundsätzlich der vorgegebenen Wortfolge der lateinischen Kommentare folgen, ist anzunehmen, dass hier keine Anpassung des notierenden Schreibers vorliegt, sondern dass er diese Wortfolge in seiner Vorlage vorfand. Diese Varianten sind somit fortan bei der Rekonstruktion der zur Diskussion stehenden Kommentare zu beachten. Zu verweisen ist insb. auf die Umstellungen sed divini [erg. muneris] donum vicinum statt sed vicinium dici esse divini muneris donum (no. 6), spiritus intellectum spiritus sapientiae statt spiritus sapientiae et intellectus (no. 9), manifestus ad iudicandum statt ad iudicandum manifestus (no. 12) und tempore Claudii Caesaris statt Claudii Caesaris tempore (no. 15). Zu beachten sind vor allem Varianten des GA 2015Marg, die sich anderweitig aus dem Kontext nicht erklären lassen. Dies gilt u.a. für audiveris und für die Phrase opere sanctum in no. 5; ein wichtiges, m.E. zukünftig zu beachtendes Detailzeugnis für das Verhältnis der Apringius- zur Beatus-Tradition ist die Lesart in deo (no. 7), die GA 2015Marg mit den Beatus-Hss. QO und Apringius gegen ideo (GrysonBeat) teilt. Zu überdenken wäre für künftige Apringius-Editionen auch die Tatsache, dass GA 2015Marg in no. 9 mit sed virtutibus die Lesart des einzigen handschriftlichen Apringius-Zeugen (K) gegen die Edition bestätigt. In diesem Zusammenhang ist auf no. 11 und no. 16 zu verweisen, wo GA 2015Marg gegen K liest, was belegt, dass die Marginalnotizen keiner K unmittelbar nahestehenden Vorlage entstammen. Weitere Varianten lassen sich aus dem Kontext der Eintragung erklären. So könnte das gegenüber den Editionstexten zusätzliche „est“ in no. 5 eine Art Doppelpunkt darstellen, oder aber – was m.E. wahrscheinlicher ist – eine grammatisch angepasste Adaption des im Originaltext vorangehenden „sit“.
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Auch die in der Victorinus-Passage (no. 12) zu beobachtenden Abweichungen von der Edition bzw. von der Überlieferung lassen sich aus dem Kontext erklären, so reagiert das venit möglicherweise auf den so lautenden ApkAusgangstext. Es ist jedoch bezeichnend, dass diese Lesart kein Spezifikum des GA 2015Marg darstellt, sondern bereits in der Victorinus-Tradition als Variante existiert. Auffällig sind einige wenige Stellen, an denen GA 2015Marg mit Apringius gegen Beatus geht. Dies könnte anzeigen, dass Beatus ursprünglich den Apringius-Text bot, und sekundär kontaminiert wurde. Gleichwohl ist ebenso gut denkbar, dass GA 2015Marg eine Vorlage verwendete, die ihren Beatus-Text mit Hilfe einer Apringius-Ausgabe im Sinne deren Textform korrigiert hatte. Für die dritte, allerdings theoretische Option, nach der GA 2015Marg selbst eine Verbesserung ihrer Beatus-Vorlage vorgenommen hätte, ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte. 31 Über die genannten Detailbeobachtungen hinaus ist die lateinische Randkommentierung von GA 2015Marg freilich nicht nur als Textzeuge von sehr hohem Wert. Sie ist zugleich ein markantes Zeugnis, wie zur Zeit des Wechsels von spätem Mittelalter zur frühen Neuzeit mit der Apk gearbeitet wurde, wenngleich sich über das Ziel der Kommentierung nur spekulieren lässt. Der Charakter eines persönlichen Arbeitsexemplars ist von der äußeren Form her naheliegend, gleichwohl nicht zu beweisen. Warum der Schreiber zwei Notizen supralinear einfügt, und andere in den Marginalbereich setzt, muss genauso spekulativ bleiben wie sein Grundanliegen. Es zeigt sich aber mit GA 2015, dass eine bilinguale Auseinandersetzung mit dem Apk-Text im 15. Jh. möglich war und stattfand. Dass man hierbei auf lateinische Kommentare der alten Kirche zurückgriff, überrascht inhaltlich nicht, beweist aber einmal mehr, dass die Möglichkeit, auf alte Quellen zurückzugreifen, im 15. Jh. noch (oder wieder) ausgesprochen gut gewesen sein muss. Zusammenfassend führt die Betrachtung der lat. Marginalangaben von GA 2015 neben den Detailergebnissen zu zwei wesentlichen Schlussfolgerungen: Erstens sind bei der Rekonstruktion von Text und Textgeschichte der Apk neben dem Haupttext die Marginalangaben von nicht zu unterschätzender
31
Wie schwer die Frage der gegenseitigen Kontaminierung zu entscheiden ist, zeigt sich z.B. an no. 17 s.v. deitate. Die Variante deitatem existiert sowohl in der Apringius als auch der Beatus-Tradition, so dass eine Beeinflussung erwogen werden könnte. Andererseits ist diese Variante leicht als Kopierfehler zu erklären, da es lediglich eines versehentlichen Ausrutschens der Feder bedarf, der vom folgenden Kopisten als Nasal-Abbreviatur interpretiert wird.
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Bedeutung. Gerade hier scheinen zahlreiche alte Textzeugnisse verborgen, die sich als Teil der Kommentierung bewahren konnten. Zweitens warnt diese Tatsache davor, sein textkritisches Heil primär in alten Handschriften zu suchen. Zwar soll deren Zeugenwert nicht bestritten werden. Es ist aber gut möglich, dass junge Handschriften einen alten, von Textkontamination unbeeinflussten Textstamm jenseits der Hauptüberlieferung bewahrt haben.
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Literatur Apringius: Variorum auctorum commentaria minora in Apocalypsin Johannis quae omnia recognovit et commentario critico instruxit R. Gryson, (Corpus Christianorum.SL CVII), Turnhout 2003. Beatus: Beati Liebanensis Tractatus de Apocalipsin cura et studio R. Gryson adiuuante M.-C. de Bièvre (Corpus Christianorum.SL CVII B), Turnhout 2012. Victorinus: Victorini episcopi Petavionensis Opera, ed. J. Haussleiter (CSEL 49), Wien 1916. Vetus Latina der Johannesapokalypse: Apocalypsis Johannis, ed. R. Gryson (Vetus Latina. Die Reste der Altlateinischen Bibel 26/2), Freiburg 2000– 2003. Vulgata der Johannesapokalypse: Biblia Sacra Vulgata editio quinta, ed. R. Weber/B. Fischer/R. Gryson, Stuttgart 2007. --B. Bischoff, Paläographie des römischen Altertums und des abendländischen Mittelalters (Grundlagen der Germanistik 24), Berlin 21986. A. Cappelli, Dizionario di abbreviature Latine ed Italiane, Mailand 1929 (repr. Mailand 1987). F. Delitzsch, Handschriftliche Funde: Neue Studien über den Codex Reuchlins und neue textgeschichtliche Aufschlüsse über die Apokalypse aus den Bibliotheken in München, Wien und Rom, Band 2, Leipzig 1862. J.P. Gambert, Italienische Schrift – humanistische Schrift – Humanistenschrift, in: J. Autenrieth/U. Eigler (Hgg.), Renaissance und Humanistenhandschriften, München 1988, 63–70. H.C. Hoskier, Concerning the Text of the Apocalypse: Collation of All Existing Available Greek Documents with the Standard Text of Stephen’s Third Edition Together with the Testimony of Versions, Commentaries and Fathers, 2 vols., London 1929. P.K. Klein, Art.: Beatus v. Liébana, LMA 1 (1980), 1746–1747. E. Reichert, Art.: Apringius von Beja, 3LACL (2002), 54f. J. Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes. Teil 1: Der Apokalypse-Kommentar des Andreas von Kaisareia (MThS.H, 1. Ergänzungsband), München 1955. K.H. Schwarte, Art.: Victorinus von Pettau, 3LACL (2002), 718f. F.H.A. Scrivener, An Exact Transcript of the Codex Augiensis. Cambridge/ London 1859.
Abschriften des Erasmischen Textes im Handschriftenmaterial der Johannesapokalypse Nebst einigen editionsgeschichtlichen Beobachtungen DARIUS MÜLLER Die Suche nach der ursprünglichen Textgestalt der Apk ist bekanntlich „an Rätseln nicht gerade arm“.1 Wie es sich mit Rätselfragen im Allgemeinen verhält, benötigen auch solche der Apk-Textkritik mitunter reichlich Zeit zu ihrer Lösung. Derweil lassen sich nach zwei Jahren intensiver Forschung einzelne Randphänome präziser erläutern, als dies bislang möglich war. Im Rahmen der Teststellenkollation zur anstehenden Editio Critica Maior der Apk (Apk-ECM) fielen unter anderem solche Objekte auf, die wegen ihrer teils kuriosen Textfassung aus sämtlichen Apk-Hss. hervortreten. Hierzu gehören insbesondere die Abschriften des Erasmischen Textes (ErT) im textgeschichtlichen Material der Apk.2 Problematisieren wir diesbezüglich den Hss.-Bestand der Apk (1.) und erläutern methodisches Vorgehen zur Identifizierung fraglicher Dokumente sowie die dazu eigens angelegte Kollation (2.). Im Mittelpunkt stehen sodann Hinweise zu äußeren Merkmalen (3.) von Abschriften des ErT und detaillierte Beschreibungen der betreffenden Hss. (4./5./6./7.), ehe wir zentrale Erträge unserer Untersuchung nennen (8.).
1. Einführung – der Handschriftenbestand der Apk Nach gegenwärtigem Kenntnisstand überliefern in toto 308 griechische Hss. ganz oder fragmentarisch die Apk, wovon nach Abzug der Objekte GA 1757 2063 2114 2402 2433 2449 noch 302 verwertbare Textzeugen übrig bleiben.3 1
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M. Karrer, Der Text der Johannesapokalypse, in: J. Frey/J.A. Kelhoffer/F. Tóth (Hgg.), Die Johannesapokalypse, Kontexte – Konzepte – Rezeption (WUNT 287), Tübingen 2012, 43– 78, hier: 43. Zum Begriff „Erasmischer Text“ (ErT) s.u. §2.1. Zum Gesamtbestand griechischer Apk-Hss. s. M. Lembke, Beobachtungen zu den Handschriften der Apokalypse des Johannes, in: M. Karrer/M. Labahn (Hgg.), Die Johannesoffenbarung. Ihr Text und ihre Auslegung (ABG 38), Leipzig 2012, 19–69, bes. 20–25. Lembke listete damals 307 Hss. In der Zwischenzeit kam die Apk von 1768 hinzu, die bislang als
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Von ihren Enden aus betrachtet stellt sich die Apk-Überlieferung so dar, dass den zumindest für ntl. Verhältnisse wenigen Quellen der ersten fünf Jahrhunderte (18 24 47 85 98 115 אA C 0163 0169 0207 0308) ein erheblich umfangreicherer Teil des Hss.-Inventars gegenübersteht, der erst seit dem 16. Jh. entstand. Hierbei handelt es sich laut „Kurzgefaßte Liste (KGFL II)“ um insgesamt 58 Objekte:4 GA 61 296 522 1064 1652 1704 1775 1776 1777 1824 1903 2029 2033 2034 2035 2038 2044 2046 2047 2049 2051 2052 2061 2064 2066 2068 2071 2072 2076 2077 2078 2082 2083 2116 2136 2196 2254 2258 2350 2361 2403 2435 2594 2619 2656 2663 2664 2667 2669 2681 2743 2759 2776 2843 2847 2891 29095 29266
Damit beziffern sich die sehr jungen Dokumente auf anteilig 18,9% am Hss.Bestand der Apk, wohingegen die frühen Textzeugen bis einschließlich des 5. Jh. lediglich 4,3% ausmachen. Erschwerend kommt hinzu, dass letztere zumeist nur fragmentarisch erhalten sind: z.B. 18 mit Apk 1,4–7 und 0163 mit 16,17–20.7 Wiewohl die Rekonstruktion des ursprünglichen Wortlautes der Apk ohnedies schon genug Probleme bereitet, kommen solche Hss. hinzu, bei denen es sich nicht um genuine Hss., sondern genauerhin um handgeschriebene Reproduktionen gedruckter Ausgaben des NT handelt. Schon Gregory vermutete
4
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ap Hs. geführt wurde: s. K. Aland, Kurzgefaßte Liste der griechischen Handschriften des Neuen Testaments, 2., neubearbeitete und ergänzte Aufl. (ANTF 1), Berlin/New York 1994, 146. Von diesen insgesamt 308 Hss. sind sogleich sechs Objekte zu tilgen: a) 1757 Apk mittlerweile verschollen, b) 2063 sowie 2433 enthalten nur den Andreas-Kommentar ohne Lemmatext und c) 2114 2402 und 2449 bieten den Apk-Text in frühneuzeitlichem Griechisch und gehören deshalb zu den sog. Versionen: s. dazu M. Sigismund, Annäherung an die „Early Modern Greek“ Apk-Hss. der Kurzgefassten Liste (in diesem Band). Weitere Hinweise zum Hss.-Material der Apk bei M. Lembke, Der Apokalypsetext der Complutensischen Polyglotte und sein Verhältnis zur handschriftlichen Überlieferung (in diesem Band), 54, Anm. 83. Die Auflistung basiert auf den Datierungen der Online-Ausgabe der KGFL (II) am INTF: http://ntvmr.uni-muenster.de/liste; vgl. ferner K. Aland, Liste. Während vorliegende Untersuchung die geläufigen GA-Nummern vorzieht, können die äquivalenten Hss.-Nummern von H.C. Hoskier (Concerning the Text of the Apocalypse: Collations of all existing available Greek Documents with the Standard Text of Stephenʼs third Edition together with Testimony of Versions, Commentaries and Fathers. A complete Conspectus of all Authorities, 2 vols. [I/II], London 1929) mühelos anhand folgender Sigelkonkordanzen aufgelöst werden: M. Lembke, Beobachtungen, 62–69; und J.K. Elliot, Manuscripts of the Book of Revelation collated by H.C. Hoskier, in: New Testament Textual Criticism. The Application of Thoroughgoing Principles, ed. by J.K. Elliot (NT.S 137), Leiden/Boston 2010, 133–144. Ehemals GA 1668; s. unten §6.5. und U. Schmid, Die Apokalypse, überliefert mit anderen neutestamentlichen Schriften – eapr-Handschriften (in diesem Band), 429f. Vormals GA 1894; s. unten §5.1. und Schmid, Apokalypse (in diesem Band), 430f. Zu diesem Problem der Apk-Überlieferung für die moderne Textkritik s. Karrer, Text, 53–57.
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gelegentlich, ob nicht einige dubiose Hss. Kopien gedruckter Texte seien.8 Seither wurden von der Forschung GA 296 1903 2049 2066 2072 2075 2116 2136 2619 2669 2909 2926 mehr oder weniger fundiert als Teil- bzw. Komplettabschriften des ErT benannt.9 Sofern sich diese Klassifikationen bestätigen, sind diese Dokumente von den konventionellen Apk-Hss. zu separieren, um textgeschichtliche Auswertungen davon zu entlasten und möglichen Verzerrungen der Apk-Überlieferung vorzubeugen. Weiterhin ist zu untersuchen, 1. ob bislang unentdeckte ErT-Kopien unter den Apk-Hss. existieren, 2. inwiefern einzelne Abschriften des ErT je für sich signifikante Besonderheiten aufweisen, und 3. in welchem Ausmaß die junge Apk-Überlieferung auf dem ErT basiert. Wenngleich primäres Ziel in der Identifizierung von Abschriften des gedruckten Textes liegt, dient vorliegende Studie nicht ausschließlich dazu, irrelevante Textzeugen zu eliminieren. Im Gegenteil leistet sie ebenso einen Beitrag zur Analyse dieses jungen textgeschichtlichen Materials, das bislang zum Teil nur marginal erschlossen ist: Hoskier waren von den sehr jungen Apk-Hss. immerhin noch 17 Hss. (1064 2361 2403 2435 2594 2619 2656 2663 2664 2667 2669 2681 2743 2759 2776 2843 2847) vollkommen fremd und auch Schmid erwähnte die meisten der genannten Objekte nur rudimentär in späteren Aufsätzen (vgl. Anm. 10 und 11). Damit sind sie wissenschaftlich kaum erschlossen. Dass vermeintliche Abschriften des gedruckten Textes wissenschaftlich keine ernsthafte Rolle spielten,10 ist hinsichtlich der Rekonstruktion des ursprünglichen Apk-Textes zu begrüßen, stellt aber gleichzeitig ein Desiderat der Forschung dar. Obgleich neben den Editionen des ErT auch andere Druckausgaben des griechischen NT im 16. Jh. entstanden, zu denen ebenfalls Abschriften im Hss.-Bestand der Apk existieren,11 konzentrieren wir uns ausschließlich auf Reproduktionen des 8
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So beispielshalber zur Apk von GA 296 fragend: „ex editis?“: C.R. Gregory, Novum Testamentum Graece. Ad antiquissimos testes denuo recensuit, Apparatum criticum apposuit, Editio octava critica maior, Vol. III Prolegomena, Pars altera, Leipzig 1894, 522; ferner C.R. Gregory, Textkritik des Neuen Testaments, 3. Bde., Leipzig 1900–1909, 177. Entsprechende Notizen bei: Hoskier, Text I, 8.179.479.566.575.724.737.745; J. Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes. 1. Teil: Der Apokalypse Kommentar des Andreas von Kaisareia. Einleitung (MThS.H 1. Ergänzungsband), München 1956, 12f.; J. Schmid, Unbeachtete und unbekannte griechische Apokalypsehandschriften, ZNW 52 (1961), 82–88, hier: 88; J. Schmid, Neue griechische Apocalypsehandschriften, ZNW 59 (1968), 250–258, hier: 255; und ferner R. Borger, NA26 und die neutestamentliche Textkritik, ThR 52 (1987), 1–58, hier: 39f. Beiläufig angemerkt bei Borger, NA26, 40. Daneben existieren auch Abschriften der Complutensischen Polyglotte oder mit ihr eng verwandter Editionen: GA 1064 und 2656 ab Apk 2,13; s. dazu Lembke, Apokalypsetext (in diesem Band) 81–84 u. 88ff.; und §5.3. unten.
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ErT. Die je andersartigen Textgestalten verschiedener Drucktraditionen – z.B. die der Complutensischen Polyglotte – machen es unmöglich, sie hier eigens zu berücksichtigen.
2. Vorüberlegungen und Aufbau der Kollation 2.1. Der Begriff „ErT“ Anstelle des geläufigen Begriffs Textus receptus12 favorisiert vorliegende Studie den Terminus Erasmischer Text (ErT); hauptsächlich weil der Wortlaut in den einzelnen Ausgaben dieser Textgestalt zwischen 1516 und 1633 noch erheblich variiert. Er bildete sich erst allmählich aus, indem mit den verschiedenen Editionen Druckfehler behoben, vielerlei Passagen redigiert und vorzugsweise Lesarten aus der Complutensischen Polyglotte interpoliert wurden.13 Gleichfalls enthalten die betreffenden Editionen Lesarten, die gewissermaßen als „erasmisch“ zu charakterisieren sind. Diese Textfassungen besitzen keinerlei Stütze griechischer Hss. vor dem 16. Jh., wurden erst von Erasmus 1516 geschaffen (s. §2.3. und §2.4.) und blieben weitgehend unverändert in allen Editionen dieser Textgestalt bishin zum Textus receptus erhalten. So bietet sich der Terminus Erasmischer Text als Bezeichnung für die frühe Editionsphase dieser Textgestalt bis 1633 hin an, um sie behelfsmäßig vom späteren Editionsstadium des Textus receptus ab 1633 zu differenzieren.14
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Der Begriff Textus receptus ist einem Satz aus dem Vorwort der Elzevir-Edition von 1633 entlehnt: „Textum ergo habes, nunc ab omnibus receptum: in quo nihil immutatum aut corruptum damus“ (S.2 des Vorwortes Z.21–24). In Hinsicht auf die Apk gewährt anhängende Kollation grundlegende Einblicke in die Textentwicklung der einzelnen Editionen, die andernorts deutlich zu vertiefen wären. Zum Gebrauch des Begriffs „Erasmischer Text“ s. beispielshalber B.F. Westcott/F.J.A. Hort, The New Testament in the Original Greek. Introduction and Appendix, London 1882, 11f.; F.G. Kenyon, Handbook to the Textual Criticism of the New Testament, Second Edition, London 1912, 269–272; und ferner M. Heide, Der einzig wahre Bibeltext? Erasmus von Rotterdam und die Frage nach dem Urtext, 5. verbesserte und erweiterte Auflage, Nürnberg 2006, 19–26. Vgl. hierzu außerdem S.P. Tregelles, An Account of the Printed Text of the Greek New Testament: with Remarks on its Revision upon critical Principles together with a Collation of the critical Texts of Griesbach, Scholz, Lachmann, and Tischendorf, with that in common Use, London 1854, 35: „[…] ‚Textus Receptus,‘ as applied to the text of the Greek Testaments in common use, in the supposition that they were accurate reprints of the Elzevir editions.“
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2.2. Methodisches Vorgehen Methodisch erfolgt die Identifizierung von Abschriften des ErT auf einem dreischrittigen Verfahren: 1. Anfangsverdacht: verdächtige Anfertigung der Objekte im 16. Jh. oder später, d.h. kontemporär zum gedruckten Text. 2. Formale Charakteristika, die auf Reproduktion einer Edition des ErT hindeuten. 3. Übereinstimmung mit Singulärlesarten und spezifischen Textfassungen, die der Schreiber ausschließlich aus dem ErT kopiert haben kann. Die beiden ersten Schritte stellen freilich nur anfängliche Verdachtsmomente dar, die letztendlich aufgrund der mit den Editionen des ErT gemeinsamen Lesarten dieser Textform gegenüber der restlichen Hss.-Tradition als Spezialfälle der Apk-Überlieferung zu verifizieren sind. Das Schwergewicht liegt also auf dem letzten Schritt, dem wir unsere Aufmerksamkeit in erster Linie widmen. Um die Eigenheiten des erasmischen Apk-Textes zu verdeutlichen, genügt schon ein kurzer Einblick in dessen Textherstellung. 2.3. Erasmus und die Textherstellung der Apk Die Anfertigung des Apk-Textes zum Druck stellte Erasmus vor erhebliche Schwierigkeiten, die er nicht immer adäquat zu bewältigen vermochte. Bekanntlich stand ihm 1516 zum Druck der Apk lediglich eine einzige griechische Hs. zur Verfügung,15 namentlich GA 2814 (Augsburg, Universitätsbibliothek, I.1.4.1), die er von seinem Freund Reuchlin entliehen hatte. Reuchlin hatte sie zuvor aus der Bibliothek des Dominikanerklosters zu Basel mitgenommen.16 Wie Erasmus wirklich über seine Apk-Hs. dachte, lässt sich nur schwer ermessen. Vermutlich wusste er aber um ihre Schwächen. So betonte er Alter und Gewicht seiner Quelle erst, als sein Apk-Text in der Kritik stand. Derweil bezeichnete er die Hs. z.B. 1532 als „vetustissimo codice Graeco,
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So Erasmus selbst in H.J. de Jonge (ed.), Apologia respondens ad ea quae Iacobus Lopis Stunica taxaverat in prima duntaxat Novi Testamenti aeditione (ASD IX/2), Amsterdam/Oxford 1983, 262 Z. 574–576; und A.J. Brown, Novum Testamentum ab Erasmo recognitum IV, Epistolae Apostolicae (Secunda Pars) et Apocalypsis Johannis (ASD VI/4), Leiden/Boston 2013, 3–6. Brown, Novum Testamentum, 4. Durch Kardinal Johannes von Ragusa kam der Codex aus dem Osten vermutlich über Konstantinopel nach Basel; dazu Schmid, Studien I, Einleitung, 2f. Fernerhin hat 2814 in 2186 anscheinend eine sehr eng verwandt Schwester-Hs., die daher in nachstehender Kollation ebenfalls berücksichtigt wird. Zum Verhältnis beider Hss. s. Schmid, Studien I, Einleitung, 7f.
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quem dixisses ante mille annos scriptum“,17 um sie eigens zu würdigen und damit die Majorität seines Apk-Text gegenüber dem der Complutensischen Polyglotte in Anspruch zu nehmen.18 Selten unterrichtete Erasmus die Leserschaft darüber, wie viele Textlücken, Schreiberversehen und andere Eigentümlichkeiten in 2814 vorliegen, die ihn verschiedentlich zu redigierenden Texteingriffen nötigten. Laut Schmid hat 2814 bestenfalls marginalen textkritischen Wert, da die Apk durch zahlreiche Fehler, namentlich Itazismen und Orthografika, sowie etliche Textauslassungen arg korrumpiert ist: „Tatsächlich läßt sich zum Ruhme der Hs wenig sagen. Sie stammt von einem wenig gebildeten und nachlässigen Schreiber […].“19 Mangels anderer Quellen griff Erasmus zur Aufarbeitung seiner Apk-Vorlage umfänglich auf die lateinische Version zurück, um mit deren Hilfe auch durch zahlreiche Rückübersetzungen lückenhafte griechische Passagen aufzufüllen bzw. unklare Stellen zu glätten.20 Allgemeine Bekanntheit erlangte die von Erasmus selbst berichtete Rekonstruktion des Apk-Schlusses 22,16–21,21 der in 2814 wegen eines Blattverlustes fehlt. Weil weiterhin eine Art Textharmonie zwischen griechischer und lateinischer Version zu seinen editorischen Prinzipien gehörte,22 finden sich zudem unzählige Angleichungen an den lateinischen Wortlaut im griechischen Text, zumal Erasmus die lateinische Fassung ggf. favorisierte.23 Hinzu kommen etliche Transkriptionsfehler, die bei der Abschrift des Apk-Textes aus 17
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Das Zitat stammt aus: J. LeClerc (ed.), Declarationes ad censuras Lutetiae vulgatas (LB IX), Reprint: Hildesheim 1962, 867 F. Über das Alter von 2814 besteht aufgrund moderner paläografischer Untersuchungen kein Zweifel, wonach sie ins 12. Jh. datiert wird; vgl. exemplarisch Aland, Liste II, 211; und Brown, Novum Testamentum, 4. Hierzu die Diskussion bei Brown, Novum Testamentum, 4. Schmid, Studien I, Einleitung, 5. Einen Eindruck von der Textherstellung der Apk durch Erasmus gibt D. Müller, Erasmus und die Sonderlesarten des Textus Receptus der Apokalypse, in: J. Elschenbroich/J. de Vries (Hgg.), Worte der Weissagung. Studien zu Septuaginta und Johannesoffenbarung (ABG 47), Leipzig 2014, 159–187. Vgl. den Wortlaut der Annotationes im entsprechenden Abschnitt (H. Holeczek, Erasmus von Rotterdam Novum Instrumentum, Basel 1516, Faksimile-Neudruck mit einer historischen, textkritischen und bibliografischen Einleitung, Stuttgart 1986, 625): „Quanquam in calce huius libri, nonnulla verba repperi apud nostros, quae aberant in Graecis exemplaribus, ea tamen ex Latinis adiecimus.“ M.L. van Poll-van de Lisdonk, Annotationes in Novum Testamentum, pars quarta (ASD VI/8), Amsterdam u.a. 2003, 80 Z. 680f.: „Nos quod in Graecis codicibus reperimus, vertimus, ne Latina discreparent a Graecis.“ P.S. Allen/H.M. Allen, Opus Epistolarum Des. Erasmi Roterodami, Tomus III 1517–1519, Oxford 1913, Nr. 860, 58–61: „Graecorum lectionem licet ubique verterimus non tamen ubique probamus: quin nostram alicubi praeferimus, semper indicantes ubi scriptores orthodoxi Latini cum Graecis consentient aut dissentient.“ Einige Proben dieser Anpassungsarbeit des Erasmus an die lateinische Version finden sich bei Müller, Sonderlesarten, §3.2.
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dem Andreas-Kommentar von 2814 durch seinen Mitarbeiter aufkamen.24 Ein derartiges Transkript war notwendig, weil sich die Katene ohne durchgehenden Apk-Text nicht als Vorlage für die Typografen eignete und Erasmus seinem Freund Reuchlin versprochen hatte, den Codex unversehrt und völlig intakt zurückzuschicken.25 Mit den Editionen der Jahre 1519–1535 integrierte Erasmus außerdem Lesarten der Aldina (1518)26 und schließlich auch solche der Complutensischen Polyglotte (ab 1527 mit Er4) in seinen Apk-Text.27 Nimmt man all dies zusammen, schuf er in den Jahren 1516–1535 auf Grundlage – des Andreas-Textes (NA28: A) nach GA 2814, – lateinischer Rückübersetzungen wie Paralleleinflüssen, – unkorrigierter Transkriptionsfehler und – eingearbeiteter Aldina- wie Complutense-Lesarten durch fünf Editionen einen überaus kuriosen Mischtext der Apk. Weil jener bis dato textgeschichtlich unbekannt ist, fällt er überaus eklatant aus der konventionellen Hss.-Überlieferung heraus.28 Daran anknüpfend lässt sich das Relationsverhältnis „Druck-Abschrift“ im Gegenüber zur regulären Texttradition vergleichsweise präzise erschließen. 24
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Mit der Transkription des Apk-Textes aus dem Andreas-Kommentar von 2814 betraute Erasmus einen Mitarbeiter aus Basel, der allerdings namentlich unerwähnt blieb: „Ex eo contextu verba describenda curavimus“ (E. Rummel [ed.], Responsio ad annotationes Eduardi Lei [ASD IX/4], Amsterdam u.a. 2003, 278, 28). In der Forschungsliteratur kursiert die Vermutung, ob es sich bei der fraglichen Person vielleicht um den Humanisten Heinrich Glarean handelt: s. F. Delitzsch, Handschriftliche Funde, 1. Heft, Die erasmischen Entstellungen des Textes der Apokalypse, nachgewiesen aus dem verloren geglaubten Codex Reuchlins, Leipzig 1861, 6; A. Bludau, Die beiden ersten Erasmus-Ausgaben des Neuen Testaments und ihre Gegner, BSt(F) 7/5, Freiburg i.Br. 1902, 16; und E. Nestle, Einführung in das Griechische Neue Testament, 3., umgearbeitete Auflage, Göttingen 1909, 4. Auf fehlerhafter Transkription beruhen beispielsweise die Varianten ἐφεσίνης in 2,1 und ἀκάθαρτητος πορνείας in 17,4; hierzu Brown, Novum Testamentum, 540.621; und Müller, Sonderlesarten, §3.3. P.S. Allen/H.M. Allen, Opus Epistolarum Des. Erasmi Roterodami, Tomus II 1514–1517, Oxford 1910, Nr. 300, 33–36; und G. Dörner, Johannes Reuchlin, Briefwechsel, Bd. 3, Stuttgart 2007, Nr. 246, 28–32. Die im Jahr 1518 besorgte Ausgabe der Aldus-Druckerei ist eine Rarität unter den Editionen des ErT und umfasst bei zweispaltigem Format neben dem NT ebenso die Septuaginta. Das NT beruht vorwiegend auf der Erstausgabe des Erasmus, wie aus der vorangestellten Widmung und zahlreichen reproduzierten Druckfehlern hervorgeht: vgl. z.B. Apk 2,10 παραθῇτε; 3,2 στήρηξον; 12,2 βαζανιζοµένη und 14,2 κιθαραζόντων. Sie wurde zudem nach Hss. der Biblioteca Nazionale Marciana (GA 205 209 2045 2886) überarbeitet; vgl. die Auflistung bei Brown, Novum Testamentum, 16. Dokumentation bei Brown, Novum Testamentum, 11–17. Detaillierte Hintergründe zu einzelnen Lesarten finden sich bei Delitzsch, Funde I, 19–58; Heide, Bibeltext, 86–111; und ausführlich Brown, Novum Testamentum, 513–670.
172
Darius Müller
2.4. Spezifische Lesarten des ErT in der Apk Bis zu welchem Grad manche Varianten tatsächlich Singulärlesarten des von Erasmus hergerichteten Apk-Textes sind, lässt sich mithilfe gegenwärtig zugänglicher Editionen vielfach nur schwer ermessen.29 Deshalb muss die lesartenbasierte Identifikation von Abschriften des ErT in zwei Unterschritten erfolgen: 1. Schritt: Im Rahmen der Wuppertaler Teststellenkollation zur Apk-ECM haben sich die im Anhang unter A) aufgeführten Textformen als erasmische Sonderlesarten erwiesen, die abgesehen von belanglosen Einzelfällen in keiner griechischen Hs. vor dem 16. Jh. auftreten, d.h. sie stehen ohne Legitimation der Hss.-Tradition im Apk-Text. Für Klarheit sorgt die Angabe „et al.“ (und andere) als Hinweis, dass neben den genannten noch eine unspezifische Anzahl weiterer Hss. die betreffende Lesart bezeugt. Wo dieser Vermerk nicht erfolgt, ist hingegen jede erreichbare griechische Hs. explizit als Textzeuge aufgeführt. Dies bedeutet: Sofern zu einer bestimmten Variante keine Hs. vor dem 16. Jh. als Textzeuge zitiert ist und die besagte Textfassung daher zuerst im ErT auftritt, handelt es sich um eine Sonderlesart des Erasmus ohne Stütze der Hss.-Überlieferung. Dieses Vorgehen soll die Kollation entlasten und erfolgt lediglich in Abschnitt A), da hier anders als unter B) nahezu das komplette Hss.-Material vor Augen liegt.30 Mit Ausnahme von den genannten Lesarten in Apk 2,19; 2,22 und 18,17, die zumindest 2186 und/oder 2814 lesen, sind demnach folgende Lesarten als genuin erasmisch einzustufen:
29
30
Als problematisch erweist sich z.B. die Bezeugung erasmischer Lesarten in den kritischen Editionen C. von Tischendorf (ed.), Novum Testamentum Graece: ad antiquos testes denuo recensuit, apparatum criticum omni studio perfectum. Editio Septima Critica Maior, vol. I/II, Leipzig 1859; und ders. (ed.), Novum Testamentum Graece: ad antiquissimos testes denuo recensuit, apparatum criticum omni studio perfectum. Editio Octava Critica Maior, vol. I/II, Leipzig 1869/1872. So gab von Tischendorf 1859 noch unspezifisch „minusculi multi“ u.ä. als Zeugen für diverse erasmische Varianten an, wohingegen er 1872 infolge der Kritik am erasmischen Apk-Text durch Delitzsch (1861) weitgehend auf diesen Hinweis verzichtete. Stattdessen wurden einzelne Lesarten zögerlich dem Anschein nach als ohne Stütze griechischer Hss. („sine teste ut vid.“) verzeichnet oder fragend mit dem Hinweis „cum?“ als bis dato zeugenlos ausgewiesen. Belassen einen die Tischendorfʼschen Ausgaben im Unklaren, trägt auch die umfangreiche Kollation Hoskiers nur bedingt zur Auffindung von Sonderlesarten des ErT in der Apk bei, da dessen Bezeugung erst mühsam aus dem Negativapparat eruiert werden muss (s. exemplarisch 2.4). Derzeit beruhen die im vorliegenden Beitrag gewonnenen Erkenntnisse auf einer Datenmenge von ca. 290 kollationierten Hss., die in der Datenbank der Wuppertaler Teststellenkollation zur Apk bislang erfasst wurden (Stand 30.09.2013). Die Angaben wurden mit einem zweiten Datenset von Markus Lembke abgeglichen, wonach die unter A) aufgeführten Varianten tatsächlich unbezeugte Singulärlesarten des ErT sind.
Abschriften des Erasmischen Textes
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2,3: κεκοπίακας καὶ οὐ κέκµηκας; 2,19: ἀγάπην – διακονίαν – πίστιν31; 2,22: ἐγὼ βάλλω32; 4,3 καὶ ὁ καθήµενος ἦν; 5,10: βασιλεύσοµεν; 6,1.3: ἔρχου καὶ βλέπε; 6,11: ἑκάσταις/ἑκάστοις; 13,10: αἰχµαλωσίαν συνάγει εἰς αἰχµαλωσίαν ὑπάγει; 14,9: τρίτος ἄγγελος; 18,17: ἐπὶ τῶν πλοίων ὁ ὅµιλος33; 21,6: γέγονεν ἐγώ εἰµι.
Treten die angegebenen Lesarten also in Objekten aus der Zeit nach Erasmusʼ Apk-Textherstellung auf, können sie ausschließlich durch Einfluss bzw. Abschrift des ErT verursacht in die betreffende Hs. gelangt sein. 2. Schritt: Um die Datenbasis zu amplifizieren, wurden im zweiten Schritt unter B) verschiedene signifikante Lesarten des ErT ergänzend berücksichtigt. Eine ausführliche Übersicht derartiger Textfassungen findet sich bei Brown,34 die mit Blick auf unsere spezielle Fragestellung geringfügig selektiert wurde: NA28] ErT: 1,11: ἐκκλησίαις] + ταῖς ἐν Ἀσίᾳ35; 2,2: ἐπείρασας τοὺς λέγοντας] ἐπειράσω τοὺς φάσκοντας; 2,17: οἶδεν] ἔγνω; 2,20: ἀφείς] ἐᾷς36; 2,20: καὶ διδάσκει καὶ πλανᾷ] διδάσκειν καὶ πλανᾶσθαι; 2,24: τοῖς λοιποῖς] καὶ λοιποῖς; 3,5: ὁµολογήσω] ἐξοµολογήσοµαι; 4,4: καὶ ἐπί] καὶ ἔσχον ἐπί37; 5,14: προσεκύνησαν] + ζῶντι εἰς τοὺς αἰωνας τῶν αἰώνων; 6,11: ἐδόθη] ἐδόθησαν; 6,15: οἱ ἰσχυροί] οἱ δυνατοί; 9,10: κέντρα] + ἦν; 9,14: ὁ ἔχων] ὅς εἴχε; 9,16: ἤκουσα] καὶ ἤκουσα; 12,7: τοῦ πολεµῆσαι µετά] ἐπολέµησαν κατά; 13,4: τῷ δράκοντι ὅτι ἔδωκεν] τόν δράκοντα ὅς ἔδωκεν; 14,5: εἰσιν] + ἐνώπιον τοῦ θρόνου τοῦ θεοῦ; 14,8: Βαβυλών] + ἣ µεγάλη; 15,3: τῶν ἐθνῶν] τῶν ἁγίων; 15,5: ἠνοίγη] ἰδού ἠνοίγη; 16,5: δίκαιος] + κύριε; 16,7: ἤκουσα] + ἄλλου; 17,4: τὰ ἀκάθαρτα] ἀκάθαρτητος; 17,13: διδόασιν] διαδιδώσουσιν; 17,16: καὶ τὸ θηρίον] ἐπὶ τὸ θηρίον; 17,17: τελεσθήσονται οἱ λόγοι] τελεσθῇ τὰ ῥήµατά; 19,17: συνάχθητε] συνάγεσθε; 19,21: τῇ ἐξελθούσῃ] τῇ ἐκπορευοµένῃ; 21,9: ἦλθεν] + πρὸς µε; 22,11: ὁ ῥυπαρὸς ῥυπανθήτω] ὁ ῥυπῶν ῥυπωσάτω; 22,16: ὁ πρωϊνός] ὀρθρινός; 31
32 33 34 35
36
37
Die Wortstellung ἀγάπην – διακονίαν – πίστιν wird unter sämtlichen griechischen Hss. vor dem 16. Jh. ausschließlich von 2186 und 2814 bezeugt, woher sie in den ErT einging (s. auch Anm. 16). Das emphatische ἐγώ vor βάλλω steht allein in 2814 interlinear als Korrektur, die ohne Hinweise für den Leser in ErT übernommen wurde; s. hierzu Müller, Sonderlesarten, §3.3. Die Textfassung ἐπὶ τῶν πλοίων ὁ ὅµιλος tritt unter sämtlichen Apk-Hss. vor dem 16. Jh. allein in 2186 und Erasmusʼ Vorlage 2814 auf, woher sie in den ErT einging. Brown, Novum Testamentum, 20. Eine erweiterte Auflistung von spezifischen Lesarten des ErT findet sich bei Müller, Sonderlesarten, §1. Der Zusatz ταῖς ἐν Ἀσίᾳ tritt unabhängig vom ErT allein in GA 2026 auf, die an dieser Stelle aber offenbar von der lateinischen Version beeinflusst ist; s. dazu Brown, Novum Testamentum, 8. Auch innerhalb der lateinischen Tradition ist der Zusatz quae sunt in Asia vergleichsweise jung; zur Bezeugung s. R. Gryson, Vetus Latina, Die Reste der altlateinischen Bibel, Bd. 26, Apocalypsis Johannis, Freiburg 2000, 130. Bei Hoskier fehlt GA 522 im Apparat z.St., die somit vermeintlich als Zeuge für den ErT zu werten ist. Die Hs. wurde aber vergessen unter „Hiant“ zu erwähnen: Ihr fehlen die Verse Apk 2,12–23. Ohne handschriftliche Belege fügte Erasmus 1519 ἔσχον in den Text von Apk 4,4 ein. Diese Lesart wird zwar nicht von Brown erwähnt, ist aber besonders charakteristisch für den ErT; s. dazu §5.2.
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Darius Müller
22:17 ἔρχου – ἔρχου – ἐρχέσθω] ἔλθε – ἔλθε – ἐλθέτω; 22,18: µαρτυρῶ ἐγὼ] συµµαρτυροῦµαι γάρ; 22,19: ἀπὸ τοῦ ξύλου] ἀπὸ βίβλου; 22,21: πάντων] πάντων ὑµῶν
Zu sämtlichen gelisteten Lesarten wurde Hoskiers Kollation positiv ausgewertet,38 wonach sie lediglich marginale bzw. gar keine Legitimation griechischer Hss. vor dem 16. Jh. haben und daher in jüngeren Objekten höchstwahrscheinlich auf Abschrift des ErT basieren. Werden im Folgenden also wiederholt typische oder singuläre Lesarten des ErT zur Beweisführung bemüht, sind damit solche Varianten gemeint, die laut Wuppertaler Teststellenkollation und Positivauswertung der Kollation Hoskiers ansonsten weitgehend unbezeugt ausschließlich in Erasmusʼ Apk-Text auftreten. Schließlich wurden noch solche Stellen hinzugenommen, die in Relation zu den charakteristischen Lesarten des ErT Rückschlüsse auf die exakte Vorlage einer Reproduktion des gedruckten Textes erlauben (s. z.B. Apk 8,11 im Anhang unter B]). So besteht letztlich die Möglichkeit, einzelne Hss. als Kopien einer bestimmten Edition zu identifizieren. Weil dies für die fünf Editionen des Erasmus besonders schwierig ist, sind unter C) sämtliche charakteristischen Lesarten (vorwiegend Druckfehler) jeder seiner Ausgaben gesondert erfasst. 2.5. Positivauswertung erasmischer Lesarten in der Kollation Hoskiers am Beispiel von Apk 5,14 Die Schwierigkeiten der Positivauswertung von Hoskiers Kollation seien kurz an einem Beispiel demonstriert, das veranschaulicht, wie akribisch dessen Angaben im Einzelfall zu prüfen sind und ggf. sogar zu falschen textgeschichtlichen Informationen führen: NA28 προσεκύνησαν
38
Tabelle 1: Bsp. zur Positivauswertung der Kollation Hoskiers
2814
ErT griechisch
προσεκύνησαν
προσεκύνησαν ζῶντι εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων
Erasmusʼ lateinischer Text adoraverunt viventem in secula seculorum
Die Kollation Hoskiers erleichtert die Suche nach Hss., die den ErT bezeugen, nicht sonderlich: Denn Hoskier wählte den ErT nach der Editio Regia (1550) als Leittext und kollationierte demgegenüber ausschließlich negativ, an welchen Stellen die Textzeugen davon abweichen. D.h. die Positivbezeugung des ErT wird nicht explizit aufgelistet, sondern muss durch Abzug aller anderweitig verwerteten Hss. zu einer Variante erst mühsam erschlossen werden; s. hierzu Heide, Bibeltext, 89 Anm. 174.
Abschriften des Erasmischen Textes
175
In Apk 5,14 hat der ErT nach προσεκύνησαν den Zusatz ζῶντι εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Er fehlt in 2814, aus welchem Grund Erasmus ihn erst in Anlehnung an das lateinische viventem in saecula saeculorum schuf. Die lateinische Vorlage tritt bereits im versäumten Artikel τῷ buchstäblich zum Vorschein, wie er eigentlich stehen müsste (vgl. Apk 4,10). Schon Bengel äußerte deswegen Zweifel an der Ursprünglichkeit des ErT.39 Wettstein präzisierte wenig später, er würde gegen das Zeugnis aller bekannten griechischen Hss. im ErT stehen („contra omnes codices Graecos“).40 Bei von Tischendorf treffen wir auf das bekannte Problem (s. Anm. 29), dass die Lesart in den Apparaten der jeweiligen Editionen von 1859 und 1872 völlig unterschiedlich ausgezeichnet wurde. Indes von Tischendorf 1859 noch „cum min. mu.“41 als Zeugen aufgeführt, vermerkte er 1872 „add. ζῶντι (sic male vertit Erasm pro τῷ ζῶ.) εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων“.42 Schließlich nannte Gryson GA 296 2045* 2049 als Zeugen für die erasmische Einfügung,43 die er aus Hoskiers Kollation entnahm.44 Diese besagt explizit, dass abgesehen von GA 296 2045* und 2049 sämtliche griechischen Hss. die Phrase ζῶντι εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων auslassen. Wie wir noch feststellen werden, sind 296 und 2049 Abschriften des ErT (s. §6.1. und §6.2.), deren Zeugnis aus diesem Grund völlig wertlos ist. Es verbleibt also allein 2045* als vermeintlicher Textzeuge für den erasmischen Zusatz. Die Autopsie der Hs. ergibt allerdings, dass die prima manus von 2045 den Vers Apk 5,14 vollständig auslässt und stattdessen am Ende von 5,13 den Zusatz ἀµήν liest (vgl. NA28 z.St.). Dieses ἀµήν wurde im Nachhinein von einem Korrektor elidiert, der gleichzeitig am linken Seitenrand in margine den fehlenden v.14 ohne ζῶντι εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων nachtrug (vgl. fol. 15v =
39
40
41 42 43
44
J.A. Bengel, Η ΚΑΙΝΗ ∆ΙΑΘΗΚΗ. Novum Testamentum Graecum ita adornatum ut textus probatarum editionum medullam margo variantium lectionum in suas classes distributarum locorumque parallelorum delectum, apparatus subiunctas criseos sacrae millianae […], Tübingen 1734, 804: „Additamentum ex Latino Graecum prodit omissus τῷ articulus.“ J.J. Wettstein, Η ΚΑΙΝΗ ∆ΙΑΘΗΚΗ. Novum Testamentum Graecum editionis receptae cum lectionibus variantibus codicum MSS., editionum aliarum, versionum et Patrum nec non commentario pleniore ex scriptoribus veteribus Hebraeis, Graecis et Latinis, Historiam et vim verborum illustrante, Tomus I, Amsterdam 1751, 127. Von Tischendorf, Novum Testamentum, 1859, 617. Freilich ohne weiteres Material zu kennen, schloß sich Delitzsch (Funde I, 30) dem Urteil Wettsteins an. Von Tischendorf, Novum Testamentum, 1872, 937. Gryson, Apocalypsis, 93 und 298 z.St. Er notierte ausdrücklich im Vorwort, dass die Informationen zum griechischen Text im Wesentlichen auf der Kollation Hoskiers beruhen. Dies gilt ebenso für die Edition von Brown; s. Brown, Novum Testamentum, 23f. Vgl. Hoskier, Text II, 164.
176
Darius Müller
NT.VMR-PageID 390 [abgerufen am 30.09.2013]).45 Weil also weder die erste Hand noch der Korrektor von 2045 die erasmische Einfügung bieten, wird sie in Wahrheit von keiner bei Hoskier berücksichtigten griechischen Hs. vor dem 16. Jh. bezeugt und ist deswegen im obigen Sinne als signifikante Lesart des ErT einzustufen (s. §2.4.). Obgleich Hoskier lediglich die Eintragung von 2045 in Unordnung geriet, beweist unser Beispiel trotzdem, wie sorgfältig seine Kollation im Zweifelsfall zu prüfen ist. Er vermerkte unmittelbar nach dem Zitat von Apk 5,14 zuerst richtig die Auslassung des besagten Verses durch 2045* und dessen Ergänzung in margine durch 2045c, nannte aber danach 2045* nochmals als Zeugen für die erasmischen Einfügung an der entsprechenden Stelle am Ende der Apparateinheit. Liest man also nur die letzte Eintragung, versteht sich leicht aufgrund punktueller Lektüre der Kollation Hoskiers, wieso Gryson 2045* als Zeugen für den erasmischen Zusatz nennt. 2.6. Aufbau anhängender Kollation Als Referenzgrößen für den ErT wurden folgende Editionen von 1516 bis 1633 verglichen: Tabelle 2: Übersicht aller im Anhang kollationierten Drucke des ErT von 1516–1633
Bibliografische Kurzangabe und ggf. Bezeichnung des Drucks Novum Testamentum Grece et Latine in academia complutensi noviter impressum, ed. Francisco Kardinal Jiménez de Cisneros Alcalá 1514. Bezeichnung: Complutensische Polyglotte. Novum Instrumentum omne, diligenter ab Erasmo Roterodamo recognitum & emendatum, […], Basel 1516. ΤΑΝΤΑ ΤΑ ΚΑΤ ΕΞΟΧΗΝ ΚΑΛΟΥΜΕΝΑ ΒΙΒΛΙΑ ΘΕΙΑΣ ∆ΗΛΑ∆Η ΓΡΑΦΗΣ ΓΑΛΑΙΑΣΑΤΕ ΚΑΙ ΝΕΑΣ. […], ed. Franciscus Asulanus et alii, Venedig 1518. Bezeichnung: Aldina. Novum Testamentum omne, multo quam antehac diligentius ab Erasmo Roterodamo recognitum, emendatum ac translatum, […], Basel 1519. Novum Testamentum omne, Tertio iam ac diligentius ab Erasmo Roterodamo recognitum, […], Basel 1522.
45
Siglum CP
Er1 Ald
Er2
Er3
Zur Vereinfachung erfolgt an besonders relevanten Stellen neben der usuellen Folio-Angabe der Verweis auf die fotografische Reproduktion (PageID) im New Testament Virtual Manuscript Room (NT.VMR) 2.0, abrufbar unter http://ntvmr.uni-muenster.de/home.
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Abschriften des Erasmischen Textes
En Novum Testamentum, ex Erasmi Roterodami recognitione, […], Basel 1527.
Er4
Η ΚΑΙΝΗ ∆ΙΑΘΗΚΗ. ed. Simon de Colines (genannt Colinaeus), Paris 1534. Novum Testamentum iam quintum accuratissima cura recognitum ab Des. Erasmo Roter. […], Basel 1535. ΤΗΣ ΚΑΙΝΗΣ ∆ΙΑΘΗΚΗΣ ΑΠΑΝΤΑ. ed. Robert Estienne (genannt Stephanus), Paris 1550. Bezeichnung: Editio Regia. Iesu Christi Domini Nostri Novum Testamentum, […], ed. Théodore de Bèze (genannt Beza), Genf 1565. Iesu Christi domini nostri Novum Testamentum, […],ed. Théodore de Bèze (genannt Beza), Genf 1598. Η ΚΑΙΝΗ ∆ΙΑΘΗΚΗ. Novum Testamentum. […], ed. Bonaventura et Abraham Elzevir, Leiden 1624. Η ΚΑΙΝΗ ∆ΙΑΘΗΚΗ. Novum Testamentum. […], ed. Bonaventura et Abraham Elzevir, Leiden 1633.
Col Er5 St
Bez1 Bez4 Elz1 Elz2
Obwohl die Complutensische Polyglotte wegen ausgebliebener päpstlicher Approbation erst 1520/22 in den Buchhandlungen stand, war dem Kolophon zufolge der Druck des ntl. Bandes (Tomus V) bereits am 10. Januar 1514 abgeschlossen.46 Aus diesem Grund steht sie der Liste voran und veranschaulicht als Bezugsgröße die Sonderstellung des ErT in der Apk. So lässt sich leicht erkennen, an welchen Stellen spätere Editoren Lesarten aus der spanischen Ausgabe in den ErT interpolierten. Für die vorliegende Untersuchung wurden im Hinblick auf ihre Textgestalt folgende Drucke des ErT zurückgestellt: 1. die kleinformatigen Editionen von Stephanus der Jahre 1546 und 1549, 2. seine berühmte erste Ausgabe mit durchgängiger Verszählung von 1551 und 3. die Oktavausgaben Bezas (1565, 1567, 1580, 1590, 1604 und posthum 1611) sowie dessen großformatigen Drucke von 1582 und 1588/89.47 46 47
Im Kolophon des fünften und ntl. Bandes der Complutensischen Polyglotte heißt es wörtlich: „Anno domini Millesimo quingentesimo decimo quarto. Mensis ianuarii die decimo.“ Einführende Informationen zu den Drucken des ErT finden sich bei: Tregelles, Account, 19– 36; F.H.A. Scrivener, A plain Introduction to the Criticsm of the New Testament for the Use of biblical Students, Vol. II, London 41894, 173–195; H.C. Hoskier, A full Account and Collation of the Greek Cursive Codex Evangelium 604 (with two Facsimiles) Egerton 2610 in the British Museum, London 1890, 11ff.; B.M. Metzger/B.D. Ehrman, The Text of the New Testament: Its Transmission, Corruption, and Restoration, New York/Oxford 2005, 137–152; K. Aland/B. Aland, Der Text des Neuen Testaments, Einführung in die wissenschaftlichen Ausgaben sowie in Theorie und Praxis der modernen Textkritik, 2., ergänzte und erweiterte
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Darius Müller
Falls Unklarheit darüber bestehen sollte, welche Edition des ErT einer Hs. vorlag, werden diese Ausgaben gezielt konsultiert. Der Aufbau der Kollation stellt sich folgendermaßen dar: 2,2: αποστολους 2049 et al.] αποστολους ειναι 61* 2075 2186 2669 et al. CP : ειναι αποστολους 296 1776 1777 1894 1903 2060 2066 2072 2619 2656 2909 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : ιουδαιους ειναι 1775: Lacuna 2814 ||
Nach der Stellenangabe (Apk 2,2) steht zur Orientierung der Lemmatext im unakzentuierten Wortlaut von NA28, worauf – falls vorhanden – sämtliche Hss. wie Editionen folgen, die diesen Text ebenfalls lesen. Nach der eckigen Klammer folgen die einzelnen Textvarianten mit dazugehöriger Bezeugung, die mittels Doppelpunkt voneinander abgegrenzt werden. Mit einfachem Vertikalbalken (|) werden Varianteneinheiten innerhalb eines Verses getrennt und ein doppelter Vertikalbalken (||) markiert das Versende. Obwohl einzelne Hss. Kopien einer bestimmten Edition sind und infolgedessen eigentlich dieser nachstehen müssten, sind aus Gründen der Übersichtlichkeit zunächst sämtliche Hss. in numerischer Reihenfolge und danach die Editionen gemäß ihrem Publikationsdatum aufgelistet. Zur Entlastung der Kollation und Vermeidung belangloser Varianten wurde außerdem weitgehend auf Akzentsetzung verzichtet – es sei denn, sie betrifft spezifische Varianten, die sowohl im ErT als auch den Hss. auftreten. Tabelle 3: Übersicht weiterer Angaben nachstehender Kollation
*
prima manus
hochgestelltes c hochgestelltes mg
Korrektur Marginalnotiz oder Alternativlesart, während der ursprüngliche Text unberührt blieb Marginalie zur Korrektur des ursprünglichen Textes
hochgestelltes cmg hochgestelltes s Lacuna hiat/hiant
Supplement Irrtümliche Auslassung eines Textabschnitts oder Verlust durch Beschädigung der Hs. Betreffender Text war soweit ersichtlich niemals Teil der Hs.
Auflage, Stuttgart 1989, 13–17; E. Armstrong, Robert Estienne, Royal Printer, An Historical Study of the Elder Stephanus, Revised Edition (CSRT 6), Cambridge 1986, 136–138; und ferner J. Krans, Beyond what is Written, Erasmus and Beza as Conjectural Critics of the New Testament (NTTS 35), Leiden/Boston 2006, 195–246.
Abschriften des Erasmischen Textes
179
2.7. Allgemeine Identifizierung der Abschriften des ErT in der Apk Verbinden wir schließlich die im Appendix unter A) und B) zusammengetragenen Belege aus Teststellenkollation und Positivauswertung der Kollation Hoskiers, sind die Objekte GA 296 1775 1776 1777 1894 1903 2049 2066 2072 2619 2656 2669 und 2909 eindeutig als Abschriften bzw. Teilabschriften des ErT einzustufen.48 Damit werden die bisherigen Beobachtungen der Forschung grundsätzlich bestätigt, nicht jedoch ohne sie zu erweitern (1775 1776 1777) bzw. zu korrigieren (2075). Dieser Befund ist im Folgenden durch detaillierte Analysen der betreffenden Hss. eingehend zu erläutern.
3. Formale Merkmale von Abschriften des ErT Wie eingangs vermerkt, spielen formale Auffälligkeiten zur Identifikation einer Abschrift des ErT allenfalls eine untergeordnete Rolle. Denn sie besitzen insgesamt kaum Aussagekraft, weswegen an dieser Stelle lediglich solche Indizien notiert werden, die in den oben genannten Objekten auch tatsächlich vorkommen (§2.7.). 3.1. Nomina sacra Formale Anzeichen einer Reproduktion des ErT begegnen z.B. in GA 2909. Bereits Hoskier fiel die Eigenheit auf, dass in 2909 sakrale Nomen wie ἰησοῦς, χριστός oder ἄνθρωπος durchgängig ausgeschrieben sind,49 die ansonsten als sog. Nomina sacra in Majuskeln wie Minuskeln mit oberlaufendem Strich abgekürzt werden: , , ς usw.50 Der Gebrauch von Nomina sacra ist geradezu typisch für christliche Schreiber, so dass er üblicherweise in allen Handschriftenarten aufrtitt (vgl. z.B. 18 01 02 1006 2053) und ebenso in 2814 Anwendung fand. Es handelt sich offenbar um ein spezifisches Charakteristi48
49 50
Die Hss. GA 2116 und 2136 sind von der bisherigen Untersuchung (Stand 30.09.2013) ausgenommen, da am INTF keine fotografischen Reproduktionen dieser Objekte vorliegen. Mit Blick auf 2116 ist der Hinweis de Grootes zu berücksichtigen, dass sie womöglich aus der Arethas-Edition von Donatus Veronensis (1532) kopiert wurde; vgl. M. de Groote, Die σύνοψις σχολική zum Apokalypse-Kommentar des Arethas, Nebst einem Anhang: Die handschriftliche Überlieferung des Apokalypse-Kommentras des Arethas, SE 34 (1994), 125–134: hier 134. Hoskier, Text I, 724. Nomina sacra sind ein Spezialfall verbreiteter Kontraktionsabkürzungen, bei denen nur Anfang und Ende eines Wortes unter Ausfall mittlerer Buchstabengruppen geschrieben werden; vgl. z.B. „dr“ für „doctor“.
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kum gedruckter Ausgaben des NT, sakrale Nomen unverkürzt zu bieten. Sie wurden sowohl von Erasmus als auch den Herausgebern der Complutensischen Polyglotte ausgeschrieben gedruckt. Augenscheinlich verfolgte Erasmus dies jedoch nur in der griechischen Spalte konsequent, während im lateinischen Text gelegentlich Nomina sacra begegnen.51 Die Beweggründe für diese Druckgestaltung können hier nicht eigens beleuchtet werden und blieben allenfalls spekulativ, Aus- und zusätzlich Großschreibung dürften aber für verstärkte Aufmerksamkeit sorgen. Freilich treten auch im handschriftlichen Material der Apk Ausnahmen auf, bei denen sakrale Nomen unverkürzt geschrieben wurden. Nichtsdestotrotz sticht ihre permanente Ausschreibung in 2909 heraus, wie folgende Übersicht zweier beliebig gewählter Referenzobjekte demonstriert: Tabelle 4: Nomina sacra in GA 2057 2061 2909 und Er1–Elz2 am Bsp. von Apk 1
Apk 1,1 1,1 1,2 1,2 1,4 1,5 1,6 1,8 1,9 1,9 1,9 1,13
NA28 ιησου χριστου θεος θεου ιησου χριστου πνευµατων ιησου χριστου θεω κυριος ο θεος ιησου θεου ιησου ανθρωπου
2057 υ υ θ θ ι χ πν ι χ θ κ ο θ ι χ θ ι αυ
2061 υ υ θ θ ι χ πν ι χ θ κ ο θ χ ι θ ι χ αυ
2909 ιησου χριστου θεος θεου ιησου χριστου πνευµατων ιησου χριστου θεω
Er1–Elz2 ιησου χριστου θεος θεου ιησου χριστου πνευµατων ιησου χριστου θεω
ιησου χ θ ιησου χριστου ανθρωπου
ιησου χριστου θεου ιησου χριστου ανθρωπου
ο κυριος
ο κυριος
GA 2057 (15. Jh.) und 2061 (16. Jh.) belegen exemplarisch, dass es im 15./16. Jh. gängiger handschriftlicher Praxis entsprach, Nomina sacra zu verwenden. Hiervon hebt sich 2909 unverkennbar ab. Bis auf zwei Ausnahmen in Apk 1,9 (ἰησοῦ χ und θ), die wohl jeweils dem Zeilenende zum Erhalt des Blocksatzes geschuldet sind, verzichtete der Schreiber auf Nomina sacra. Fraglos kann es sich hierbei um eine Gepflogenheit des Kopisten handeln, welche aber über die prinzpielle Gleichförmigkeit mit dem gedruckten Text nicht hinwegzutäuschen vermag. Denn die von 2909 und dem ErT gelesene Variante λέγει ὁ κύριος anstatt λέγει κύριος ὁ θεός (Apk 1,8) nährt den Verdacht, dass sich hier keineswegs eine Schreibergewohnheit, sondern präzise Vorlagentreue niederschlug. Die Lesart λέγει ὁ κύριος des ErT geht entweder auf fehlerhafte Transkription zurück, bei der Erasmusʼ Mitarbeiter die zusammenhängenden 51
Vgl. z.B. dn̅s für dominus in Er1 bei Apk 1,8.
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Nomina sacra κ (κύριος) und θ (θεός) von 2814 verlas, oder basiert auf einem Druckfehler der Typografen, die ihrerseits versehentlich das Transkript entstellten. In jedem Fall blieb der Lapsus unkorrigiert, der keinerlei Bezeugung griechischer Hss. vor dem 16. Jh. aufweist.52 Die Lesart λέγει ὁ κύριος stammt daher in 2909 aus dem ErT (s. §6.5.), dem der Schreiber hier folgte. 3.2. Moderne Verszählung Robert Stephanus führte mit seiner Edition von 1551 die moderne Verszählung für sämtliche Schriften des NT ein, die nachkommende Drucke mit nur geringfügigen Abweichungen wiederholten.53 Schon Hoskier wies auf einzelne ApkHss. hin,54 die diese Verszählung als Bestandteil der originären Produktionseinheit enthalten. Wie im Fall von GA 1777 (s. §7.3.) muss die Versnummerierung nicht notwendigerweise anhand arabischer Zahlzeichen analog zu den Druckausgaben erfolgen, sondern kann je nach Vorliebe auch vermittels griechischer Ziffern auftreten. Freilich lässt sich keinesfalls ausschließen, dass ein Kopist eventuell ältere Hss. vorliegen hatte und gleichsam während der Abschrift oder bei Fertigstellung seiner Hs. am Kolumnenrand die Verszählung aus einer nebenliegenden Edition beifügte. Folglich ermöglichen derlei Auffälligkeiten keine endgültigen Aussagen darüber, ob es sich bei besagten Hss. tatsächlich um Abschriften gedruckter Editionen handelt. Die moderne Verszählung der gedruckten Apk findet sich jedenfalls in 1776 1777 2072 und 2136. Gehaltvollere Texte wie einschlägige Vorworte oder Widmungsschreiben aus den Editionen, die die Identifikation von Abschriften des gedruckten Textes erheblich erleichtern würden, bleiben in den Hss. aus; entweder weil auch die betreffende Ausgabe auf derartige Beigaben verzichtete (vgl. z.B. Col) oder das fragliche Objekt zu einem Supplement gehört, für das nur bestimmte 52
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Hierzu Hoskier, Text II, 36f.; und Brown, Novum Testamentum, 517. Unpräzise ist weiterhin Grysons Anführung von GA 2050 als Zeuge für die Auslassung von ὁ θεός (vgl. Gryson, Apocalypsis, 123), weil ihr nach τέλος der komplette Ausdruck λέγει κύριος ὁ θεός fehlt. Zur Versabgrenzung des Stephanus s. Gregory, Textkritik II, 884; und Metzger, Text, 150. Bei Gregory findet sich außerdem eine kurze Dokumentation von Abweichungen in der Verszählung zwischen einzelnen Ausgaben des NT. Bekanntlich fügte Stephanus die Verseinteilung auf einer Reise von Paris nach Lyon ein („inter equitandum“), weswegen sich um ihr Aufkommen einige Anekdoten ranken; s. A.T. Robertson, An Introduction to the Textual Criticism of the New Testament, New York 21928, 100. So zu GA 2136 s. Hoskier, Text I, 745. Hierzu auch K. Treu, Die griechischen Handschriften des Neuen Testaments in der UdSSR, eine systematische Auswertung der Texthandschriften in Leningrad, Moskau, Kiev, Odessa, Tbilisi und Erevan (TU 91), Berlin 1966, 260f. Der Befund lässt sich derzeit allerdings nicht verifizieren (s. Anm.48).
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Teile aus dem Druck reproduziert wurden. Dennoch begründen die vorfindlichen Auffälligkeiten einen Anfangsverdacht, den es zu erhärten oder umgekehrt zu entkräften gilt.
4. Athos, Iviron, 546 (GA 2075 und 2075s) – Keine Abschrift des ErT Die Beschreibung des Dokuments im Katalog von Lampros fällt verhältnismäßig knapp aus. Bis auf den sachlichen Hinweis Ἑρµηνεία εἰς τὴν Ἀποκάλυψιν und Datierung ins 15. Jh. wird nichts Erwähnenswertes über das Objekt mitgeteilt.55 GA 2075 ist eine sehr stark beschädigte Papier-Hs. mit 161 Blättern bei einer Spalte zu 27–28 Zeilen. Sie enthält mit dem Apk-Text zu Katenen vermischt den Arethas-Kommentar. Beim Neubinden wurde der Codex arg in Unordnung gebracht, unterdessen Apk 1,1–11 restlos verloren ging.56 Die inhaltliche Reihenfolge der Apk in 2075 ist folgendermaßen zu rekonstruieren:57 1,12–2,17 (154r–161v); 2,17– 3,8 (147r–153r); 3,9–4,7 (139r–146v); 4,8–6,1 (131v– 138v); 6,2–6,14 (123r–130r); 6,15–7,16 (fol. 115r–122v); 7,17–9,4 (108r–115v); 9,5–21 (101r–107v); 10,1–11,6 (92r–99v); 11,7–12,6 (84r–91r); 12,7–13,4 (76r–83v); 13,5–14,8 (68r–75r); 14,9–15,7 (62r–67v); 15,8–16,19 (53v–60v); 16,20–17,18 (45r– 52v); 18,1–19,4 (37r–44v); 19,5–21 (29r–36v); 20,1–13 (20v–27v); 20,13–15 (11r/v); 21,1–19 (12v–19v); 21,19–27 (7r–9v); 22,1–3 (10r/v); 22,3–21 (2v–5v).
Neben ausführlichen Korrekturen (s. fol. 57v oder 113v) wurde der Codex umfangreich restauriert. Zahlreiche Blattbeschädigungen und -verluste dokumentieren seinen schlechten Erhaltungszustand. Die Ursachen sind verschiedener Natur, resultieren aber vielfach aus Wasserschäden (fol. 91r) und Restaurationsbemühungen (fol. 86), um die vom Wasser lädierten Seiten zumindest teilweise zu erhalten. Einige Blätter waren augenscheinlich in einem so desolaten Zustand, dass man sie kurzerhand im Zuge der Neubindung wegwarf und an entsprechender Stelle erneuerte: Fol. 3–5, 62 und 67 mit 22,3–21; 14,9–11 und 15,3–7 sind spätere Supplemente, die gut ersichtlich auf hellerem Papier hergerichtet wurden. Zum Teil legte man die Supplementseiten auf Reste des alten Materials auf, wodurch die Reparaturbemühungen an der Hs. plastisch 55
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Vgl. S.P. Lampros, Catalogue of the Greek Manuscripts on Mount Athos, vol. II, Cambridge 1900, 169. Zur Datierung s. Schmid, Überlieferung, 74; Aland, Liste, 166; de Groote, σύνοψις, 134; und Hoskier, Text I, 575. Dass sich auf dem heutigen fol. 154r bereits Apk 1,12 befindet, übersahen Hoskier, Schmid und de Groote, deren Informationen zufolge 2075 erst mit 1,13 auf fol. 154v beginnt; vgl. Hoskier, Text I, 575; Schmid, Überlieferung, 74; und de Groote, σύνοψις, 134. Das Objekt wurde von mir im NT.VMR 2.0 vollständig indiziert.
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zum Vorschein kommen. Im Grunde spaltet sich die mutilierte Hs. dadurch in zwei Textzeugen zu 2075 und 2075s auf, zumal die supplementierten Seiten (2075s) nicht etwa aus einem anderen Codex entnommen, sondern eigens für 2075 angelegt wurden. Die besagten Stücke knüpfen nach vorne und hinten exakt an die von der Beschädigung betroffenen Stellen an. Das Layout von 2075s unterscheidet sich deutlich von 2075:58 In älteren Teilen der Hs. wurden Apk-Text und Kommentar prägnant voneinander abgesetzt, indem man die Lemmata einrückte und zusätzlich mit Diplés markierte. Auf den Supplementseiten stehen Apk-Text und Kommentar dagegen unmittelbar hintereinander und werden bestenfalls durch Tilde „:~“ am Ende voneinander abgehoben. Der Apk-Text wurde aber wahrscheinlich mit hellerer (eventuell rötlicher) Tinte geschrieben, da er auf den Schwarzweiß-Fotografien im NT.VMR eine Nuance blasser als der Kommentar erscheint. Die supplementierten Seiten stammen allesamt aus der Hand eines nachlässigen Kopisten und enthalten erstaunlich viele orthografische Fehler (s. etwa ἄλος 14,9; ἐνόπιον 15,4; τοὺς αἰῶνα τῶ αἰῶνων 22,5; τιρῶν 22,7). Nicht selten war der Schreiber gezwungen, sich eigenhändig zu korrigieren; vgl. αὐτόν zu αὐτῶ in 14,11. Die Textgestalt von 2075s ist im Prinzip ein unbeschriebenes Blatt: Schmid machte in Bezug darauf gar keine und Hoskier nur sehr knappe Angaben.59 Letzterer meinte gewissen Einfluss des ErT auf 2075s zu erkennen,60 woran Borger wohl anknüpfte und die Hs. als dessen Teilabschrift aufzählte.61 In Wirklichkeit stellt sich der Befund jedoch entschieden komplexer dar: 14,9: αλλος αγγελος τριτος 2075s] τριτος αγγελος ErT 15,3: ο βασιλευς των εθνων 2075s] ο βασιλευς των αγιων ErT 22,16: ο πρωινος 2075s] ορθρινος ErT 22,17: ελθε – ελθε – ελθετω 2075s und ErT 22,17: λαµβανετω το υδωρ 2075s und ErT 22,18: σηµµαρτυρω γαρ 2075s] συµµαρτυρουµαι ErT 22,19: απο του ξυλου της ζωης 2075s] απο βιβλου (της) ζωης ErT
Dieser Übersicht zufolge weist 2075s ausschließlich in Apk 22,17.18 mit ἔλθε – ἔλθε – ἐλθέτω und λαµβανέτω τὸ ὕδωρ62 sowie der Singulärlesart 58
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Eine präzise Zeilenzählung ist unmöglich, weil jedes supplementierte Blatt variiert und gelegentlich sogar Passagen des Kommentars wegen Platzmangel im Querformat an den Seitenrand gesetzt wurden (vgl. fol. 67v = NT.VMR-PageID 1430 [abgerufen am 30.09.2013]). Schmid beschränkte sich auf kurze Angaben der Hs., die nicht mal die Supplemente erwähnen; vgl. Schmid, Überlieferung, 74; und Schmid, Studien I, Einleitung, 97. Hoskier, Text I, 575. Borger, NA26, 39. Die Lesart λαµβανέτω wurde in nachstehender Kollation nicht aufgenommen, weil die letzten Verse der Apk durch Erasmusʼ Rekonstruktion nach der lateinischen Version ohnehin etliche Sonderlesarten aufweisen. Hoskier (Text II, 640) nannte abgesehen von den verdächtigen Abschriften des ErT neben 2075s allein GA 1795 (Apk = 2349) als Zeuge für diese Variante,
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σηµµαρτυρῶ γάρ eine charakteristische Nähe zum ErT auf.63 An den restlichen Stellen weicht 2075s vom ErT ab, was nicht zuletzt die eigentümlichen Lesarten τίς σε ἅγιος εἶ in 15,4 sowie καὶ ἐξῆλθεν καὶ εἶπέν µοι, + διὰ µέσου τοῦ τὴν ὀπτασίαν ἐωρακότος ἰωάννου und τὰ µέλλοντα γενέσθαι jeweils in 22,6 unterstreichen.64 Weil 2075 den Arethas-Kommentar tradiert und 2075s vermutlich ins 16./17. Jh. zu datieren ist, bietet sich eine Vergleichsprobe bei 22,6 mit den frühen Editionen des Arethas-Kommentars von Donatus (Verona 1532; D), Hentenius (Antwerpen 1545; H), Florentinus (Basel 1552; F) und Morellus (Paris 1631; M) zu den betreffenden Stellen an:65 και εξηλθεν και ειπεν µοι 2075s] om. και εξηλθεν D H F M + δια µεσου του την οπτασιαν εωρακοτος ιωαννου 2075s] om. D H F M τα µελλοντα γενεσθαι 2075s] α δει γενεσθαι εν ταχει D H F M
2075s weicht jeweils eklatant von den gedruckten Arethas-Kommentaren ab, wonach der Kopist unmöglich eine jener Editionen kopiert haben kann. Ganz im Gegenteil beruhen die fraglichen Varianten auf handschriftlicher Überlieferung: + διὰ µέσου τοῦ τὴν ὀπτασίαν ἐωρακότος ἰωάννου 051 2031 2056 und τὰ µέλλοντα γενέσθαι 051 2031 2056 2073 2254.66 Einzig die Lesart καὶ ἐξῆλθεν καὶ εἶπέν µοι tritt laut Hoskier in keiner anderen Hs. als 2075s auf.67 Weil sämtliche angeführten Textzeugen Andreas-Hss. sind, hat man vielleicht zur Restauration der Hs. gar keinen Arethas-, sondern einen Andreas-Kommentar benutzt. Wahrscheinlich fasste man wie später auch Gregory68 und von Soden (Siglum Αν68) das ganze Objekt 2075 als Andreas-Kommentar auf. Diese Fehlzuweisung ist insofern verständlich, als dass infolge der Codexbeschädigung angrenzend zu den ersten Versen der Apk gleichfalls Überschrift und Prolog des Arethas-Kommentars in Verlust gerieten. Auch die Unordnung des Codex wirkte sich mit ziemlicher Sicherheit nicht förderlich auf die Identifizierung der Kommentartradition aus. Im Einklang damit kommt auch dem Zusatz καὶ ἐξῆλθε keine gravierende Bedeutung zu, der unter Umständen bloß wegen einer missverstandenen κεφάλαιον-Angabe in den Apk-Text hineinglitt:
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so dass deren Bezeugung äußerst schmal ausfällt und sie im Prinzip keine ernsthafte Stütze der Hss.-Überlieferung hat; vgl. dazu ferner Brown, Novum Testamentum, 668. Hoskier (Text II, 640) liest irrig συµµαρτυρῶ. Der zweite Buchstabe des Wortes ist jedoch ein η, wie sich aus einem Vergleich mit anderen Stellen des Supplements ergibt. Bei Hoskier (Text II, 624) irrtümlich τὰ µέλλοντα τὰ γενέσθαι; es fehlt aber in 2075s der zweite Artikel. Zu den Arethas-Ausgaben s. Schmid, Überlieferung, 79–81. Vgl. zu den obigen Angaben Hoskier, Text II, 622f. Hoskier, Text II, 622. Gregory, Textkritik II, 324.
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Abb.1: GA 2073 (fol. 129r) Apk 22,6. ε
Wie der Ausschnitt aus GA 2073 z.St. illustriert, kann die Abkürzung ϗ .ξ für κεφάλαιον 69 bei flüchtiger Lektüre leicht zu καὶ ἐξῆλθε verlesen werden. Dies kann folgendermaßen geschehen sein: Zuerst fasste man das Graphem ϗ, das analog als Ligatur für καί begegnet, tatsächlich als καί auf. Anschließend zog man das hochgestellte ε mit ξ zusammen, so dass es als Abbreviation für ἐξῆλθε gelesen wurde. Weil sich die Variante nicht aus dem umstehenden Kommentar – weder bei Andreas noch Arethas – erklärt, scheidet jener definitiv als Quelle für die Textfassung aus. Es kommt allenfalls noch selbstständiges Handeln des Schreibers infrage, woraus die Lesart hervorging. Unbeschadet ihrer fraglichen Herkunft fügt sich die Lesart bruchlos in die Charakteristik von 2075s ein und ist als Singulärlesart ohnehin kaum aussagekräftig. Gehen wir daher einen Schritt weiter: 14,9: αλος αγγελος τριτος 2075s] τριτος αγγελος ErT 14,9: προσκυνει το θηριον 2075s] το θηριον (τω θηριω) προσκυνει ErT 14,10: ενωπιον αγγελων αγιων 2075s] ενωπιον των αγιων αγγελων ErT 14,11: εις αιωνα αιωνων αναβαινει 2075s] αναβαινει εις αιωνας αιωνων ErT
Nachweislich hat 2075s also auch im Abschnitt Apk 14,9–11 keine signifikanten Lesarten des ErT bzw. weicht unverkennbar von ihm ab. Insgesamt deutet die Textgestalt von 2075s in keiner Weise auf Abschrift irgendeiner Ausgabe des ErT hin, zumal sich Einflüsse des ErT wenig gravierend auf punktuelle Kontamination bei Apk 22,17f. beschränken. Demnach sollte der Zeuge zum konventionellen Hss.-Bestand der Apk gerechnet werden. Im Hinblick auf weitere Auswertung der Hs. sei zum Schluss angemerkt, dass Hoskier gelegentlich Verwechselungen bei der Zitation von 2075 und 2075s unterliefen: So schlug er etwa den Abschnitt Apk 15,3–7 dem originären Codexbestand 2075 zu, obwohl er eigentlich 2075s angehört.69 Des Weiteren notierte er bei Apk 15,4 zwar das Ausbleiben von σε nach φοβηθῇ gegenüber dem ErT τίς οὐ µὴ φοβηθῇ σε, vergaß aber dessen Einfügung nach τίς am Anfang des Verses zu erwähnen:70 2075s liest nämlich τίς σε οὐ µὴ φοβηθῇ. Diese Fassung wird von 47 und ( אom. µή) textgeschichtlich früh bezeugt, findet sich ansonsten aber nur in wenigen anderen Minuskeln (z.B. 1006 1841 1854). Damit weckt 2075s zumindest stellenweise textgeschichtliches Interesse. In 69 70
Hoskier notierte im entsprechenden Abschnitt jeweils 171 im Apparat und nicht wie an vergleichbaren Stellen 171sup; vgl. Hoskier Text II, 401–411. Hoskier, Text II, 403 z.St.
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dieses Gefüge von 2075s reihen sich gleichermaßen die Berührungen mit der Andreas-Tradition ein, wohingegen 2075 den Arethas-Kommentar überliefert.
5. Teilabschriften des ErT unter den Apk-Hss. 5.1. Jerusalem, Orthodoxes Patriarchat, Saba, 676 (GA 1894 bzw. 2926) Bei diesem Objekt handelt es sich um eine Pergament-Hs. mit Praxapostolos und Apk auf 263 Blättern bei einer Spalte zu 28–33 Zeilen. Nach genauerer Betrachtung fallen die Apk (1r–36v), eine dem Praxapostolos vorgeschaltete Lektionartabelle (37r–47r) sowie die Abschnitte Acta 1,1–4,21 (47v–60v) und Hebr 11,12–13,25 (251r–257r) auf, die allesamt zu einem späteren Zeitpunkt in den Codex eingebunden wurden. Die betreffenden Textstücke wurden auf Papierbögen supplementiert.71 Der mutilierte Codex zerfällt folglich in zwei Teile, wobei sich der ältere Pergamentteil auf die fol. 61r–250v erstreckt und mit der GA-Nummer 1894 in der Liste der ntl. Hss. steht. Die supplementierten Teile haben mit 21 Zeilen und schmalerer Kolumne ein sichtlich anderes Format und stammen aus späterer Hand, derzufolge sie ins 16. Jh. zu datieren sind.72 Auf dem letzten ungezählten Papierblatt erfahren wir etwas mehr über Herkunft und vor allem Alter des Supplements, wonach der Codex endgültig am 12. Juni 1550 in der Sabba-Lawra bei Jerusalem fertiggestellt wurde.73 Offensichtlich benötigte der Schreiber weniger Platz als veranschlagt. Denn er musste den Text auf den vorgebundenen Seiten gegen Ende erheblich strecken (vgl. ab fol. 57r), damit der Anschluss an den alten Teil der Hs. bruchlos gelingt. Infolgedessen wurden die Supplemente wie schon bei 2075s keiner Hs. entnommen, sondern eigens für 1894 angefertigt. Auch der Teil mit Hebr 11,12ff. fügt sich nahtlos an den mittelalterlichen Grundstock des Codex an. Ob die Apk vormals Bestandteil von 1894 war, lässt sich nur vermuten, keineswegs jedoch mit Gewissheit sagen. Da keine älteren Teile der Apk im Codex erhalten sind, liegen zumindest beide Alternativen im Bereich des Möglichen. Jedenfalls erhielt das Supplement aufgrund dieser 71
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Auf den Folios 257v–263r befindet sich ferner die ἀποδηµίαι παύλου τοῦ ἀποστόλου und auf 263r die Beschreibung µαρτύριον τοῦ ἁγίου παύλου τοῦ ἀποστόλου. Eine detaillierte Auflistung der Bestandteile des Codex steht bei A. Papadopoulos-Kerameus, ΙΕΡΟΣΟΛΥΜΙΤΙΚΗ ΒΙΒΛΙΟΘΗΚΗ, vol. 2., St Petersburg 1894, 644f. Die nachträgliche Einbindung von Acta 1,1–4,21 und Hebr 11,12–13,25 übersah von Soden, der zu α 210 und α 1670 lediglich die Folios 1–36 als Ergänzung späterer Hand erwähnt; vgl. H. Freiherr von Soden, Die Schriften des Neuen Testaments in ihrer ältesten erreichbaren Textgestalt hergestellt auf Grund ihrer Textgeschichte, 1. Bd. Untersuchungen, 1. Abt. Die Textzeugen, Göttingen 1911, 225.248. Hierzu Gregory, Textkritik III, 1186. Ein Transkript findet sich bei Papadopoulos-Kerameus, ΙΕΡΟΣΟΛΥΜΙΤΙΚΗ, 645.
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Charakteristik jüngst am INTF mit GA 2926 eine eigene Bezeichnung (s. Anm. 6). Laut einer kurzen Notiz am Ende der Lektionartabelle (fol. 47r) war ein gewisser Νεόφυτος ἱεροµόναχος Κύπριος II. Schreiber des Supplements.74 Es bestehen allerdings gewisse Zweifel darüber, inwieweit er den kompletten Zusatz verantwortet oder lediglich die Lektionartabelle beitrug.75 Der Schreibstil des letztgenannten Teils weist markante Unterscheide zu den biblischen Stücken auf, die vorrangig an den Buchstaben β, ε, θ, ρ, τ, φ und ψ ersichtlich werden. Daneben finden sich auch Ähnlichkeiten, wie die Buchstaben η und π sowie die Bindung von κ durch kleinen Unterschwung dokumentieren. Gemeinsam ist beiden Teilen außerdem häufiger Gebrauch von Ligaturen und die Bindung des Zirkumflex an υ und ω durch Verlängerung des letzten Hochschwungs mit Haken nach rechts. Entweder verwendete Νεόφυτος ἱεροµόναχος Κύπριος II. für beide Teile unterschiedliche Schreibstile, wobei derjenige der biblischen Stücke ordentlicher ausfiel, oder aber – was wahrscheinlicher ist – die Teile stammen aus demselben Skriptorium von verschiedenen Schreibern. Da andere Personen jedoch unerwähnt blieben, entsteht der Eindruck, Νεόφυτος ἱεροµόναχος Κύπριος II. habe sozusagen als „Hauptkopist“ des Skriptoriums die komplette Hs. restauriert. Hoskier urteilte über den Schreiber „Rather carelessly written“.76 Mittels Transkriptionsprobe von Apk 1,1–9 lässt sich diese Beobachtung präzisieren: Namentlich war der Kopist überaus anfällig für Itazismen (ἀρχί bei 1,8) und verwandte Lautfehler (προτότοκος bei 1,5). Hinzukommen orthografische Fehler und nachlässige Omissionen (z.B. ψευδῆς 2,277 oder om. καὶ οὐ κέκµηκας 2,3; vgl. fol. 3r = NT.VMR-PageID 70 [abgerufen am 30.09.2013]), die wiederholt supralinear oder in margine korrigiert wurden (ψευδεῖς/+ καὶ οὐ κέκµηκας). Die Korrekturhand hebt sich augenfällig von der Schreiberhand ab und ähnelt derjenigen der Lektionartabelle, wodurch unsere obige Vermutung an Substanz gewinnt. Wahrscheinlich korrigierte Νεόφυτος ἱεροµόναχος Κύπριος II. die biblischen Stücke und avancierte deshalb als hauptverantwortli74
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Vgl. dazu von Soden, Schriften I/1, 225; und M. Vogel/V. Gardthausen, Die griechischen Schreiber des Mittelalters und der Renaissance (Beiheft zum Zentralblatt für Bibliothekswesen 33), Leipzig 1909, 332. Papadopoulos-Kerameus (ΙΕΡΟΣΟΛΥΜΙΤΙΚΗ, 644) sieht darin den Restaurator des Codex, womit allerdings keine Aussage über den Schreiber getroffen wird. Hoskier, Text I, 610. Hoskier fasste bei Apk 2,2 eine Korrektur zu ψευδης nicht richtig auf; ihm zufolge wurde allein der fehlende Akzent zu ψευδῆς nachgetragen; s. Hoskier, Text I, 610; und Hoskier, Text II, 56. Unverständlich bleibt allerdings, weshalb der Korrektor nicht einfach den Akzent ergänzte, sondern nochmals die komplette Silbe -ῆς oberlinig schrieb. Die Schwierigkeit liegt in der Interpretation des Graphems, das eine ει Ligatur ist und somit als -εῖς gelesen werden muss. Die Korrektur z.St. lautet also korrekt ψευδεῖς.
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cher Diorthotes zum Restaurator des gesamten Zusatzes. Charakteristisch für den Kopisten der Apk sind ferner Bemühung um kurzen Schreibstil und Suprapostion des Tau bei Artikeln (s. z.B. fol. 1r).78 Über die Textgestalt von 2926 äußerte sich Hoskier disparat: Eingangs sah er die Hs. sehr nahe am gedruckten Text, wovon sie aber zunehmend abweiche. In hinteren Teilen der Apk wurden schließlich Lesarten des Αν-Textes („Erasmian“) und der Complutense-Gruppe („Complutensian“) vermischt. Er urteilte folglich „Certainly not copied from printed text, […]“,79 schrieb aber später „This Ms. 2926 with 296 and 2049 must not accorded any weight whatsoever. They are Printed Text.“ An die letzte Einschätzung Hoskiers anknüpfend dokumentiert nachstehende Kollation bis einschließlich Apk 3 durchgängig typische Lesarten des ErT, vgl. z.B. 1,8; 1,11; 2,2; 2,13; 2,19; 2,22; 3,1; 3,7. Hierbei handelt es sich durchweg um Textfassungen mit nur geringer oder gar keiner Stütze griechischer Hss. vor dem 16. Jh., was insbesondere auf die Varianten in Apk 2 zutrifft. Demzufolge kommt einzig der ErT als Vorlage für die betreffenden Kapitel in Betracht. Gleichwohl verwies Hoskier im Abschnitt Apk 1–3 auf einige Abweichungen vom ErT,80 die sich jedoch bei genauerer Prüfung als simple Schreibfehler erweisen und keineswegs auf fremden Einfluss hindeuten. Eine Gruppe setzt sich aus Itazismen und Lautfehlern zusammen, mit denen in Abschreibprozessen naturgemäß zu rechnen ist: ἀρχί bei 1,8 nannten wir bereits; es kommen αἴσχατος für ἔσχατος (1,11); ξίλου für ξύλου (2,7); βαθύ für βαθέα (2,24); ἐξοµολογήσωµαι für ἐξοµολογήσοµαι (3,5); ἐνώπιων für ἐνώπιον (3,5) und δίδωµοι für δίδωµι (3,9) hinzu. Dazu gesellen sich fahrlässige Auslassungen einzelner Buchstaben, die teilweise zu bizarren Lesarten führten: αἱπτά für αἱ ἑπτά (1,20) und πειράσω anstatt ἐπειράσω (2,2). Die Lesart πειράσω erweckt zwar den Anschein einer regulären Futurform als urwüchsige Variante der Texttradition, die aber laut Hoskier allein von 2926 z.St. gelesen wird.81 So beruht sie doch eher auf einem Lapsus des Kopisten, der das anlautende Epsilon achtlos überging. Dies bekräftigen nicht zuletzt die Textfassungen ακούσαντες für ἀκούοντες (1,3); ὁ κοινωνός für συγκοινωνός (1,9) und κόσµον für κόπον (2,2), zu denen ebenfalls keine weiteren Belege existieren. Da also an78
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Die Supraposition von Tau ist typisch für Schreiber des 16. Jh.; s. H. Hunger, Repertorium der griechischen Kopisten 800–1600, 1. Teil, Handschriften aus Bibliotheken Großbritanniens, B. Paläografische Charakteristika (Veröffentlichungen der Kommission für Byzantinistik III/1B), Wien 1981, 9f. Das Phänomen begegnet aber auch schon teilweise in Hs. des 12./13. Jh. (s. z.B. 2814). Hoskier, Text I, 610. Hoskier, Text I, 610. Hoskier, Text II, 55. Auch Schmid (Studien I, Text, 24) bringt keine weiteren Zeugen für diese Lesart bei.
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derweitige Quellen ausscheiden, trägt der Schreiber offenbar selbst für die korrumpierten Formen Verantwortung. In Apk 1,9 ist das Zögern des Kopisten sogar evident, indem er unverständlicherweise nach dem Artikel ὁ zwei Buchstabenlängen Raum ließ, bevor er zu κοινωνός ansetzte. Die geschilderten Differenzen zwischen 2926 und dem ErT decken sich letztlich mit den Beobachtungen aus der anfänglichen Transkriptionsprobe und dem Urteil Hoskiers, wonach der Kopist äußerst ungeschult und nachlässig war. Dass in Apk 1–3 unbeschadet davon der ErT als Vorlage diente, bestätigt nicht zuletzt ein Korrekturvorgang bei 2,3. Der Schreiber überging dort zunächst wegen Homoioteleuton nach κεκοπίακας den spezifisch erasmischen Zusatz καὶ οὐ κέκµηκας,82 der nachträglich in margine mit deutlichem Ergänzungszeichen am unteren Seitenrand angefügt wurde. Es stellt sich also die Frage: Welche Edition des ErT diente dem Kopisten als Vorlage der ersten 2½ Kapitel der Apk von 2926? Angesichts oben erwähnter Fertigstellung des Codex im Jahr 1550 entfallen folglich alle danach gedruckten Ausgaben, sprich St bis Elz2. Da 2926 in Apk 2,5 beispielsweise ἔρχοµαί σοι τάχει liest, Col aber ἔρχοµαί σοι ταχύ hat, können wir auch diese Edition leicht eliminieren. Genauso mühelos lässt sich Ald aussortieren, die z.B. in Apk 2,14 die verrutschte Wortstellung τῷ ἕν Βαλάκ hat, wohingegen 2926 ebenfalls singulär ἕν τῷ Βαλέκ bietet. Es verbleiben daher die fünf erasmischen Ausgaben. Hiervon scheiden Er4 und Er5 ebenfalls direkt aus, die beispielshalber mit ἐπ αὐτόν in 1,7; τῇ καλουµένῃ in 1,9 und πειρασθῆτε in 2,10 Textfassungen haben, die in 2926 nicht enthalten sind. Von den restlichen Editionen Er1 Er2 und Er3 kann noch unmittelbar Er1 zur Seite gelegt werden, weil 2926 keine der signifikanten Druckfehler dieser Editionen reproduzierte (vgl. im Appendix C.1.1). Unter Berücksichtigung der aufgeführten Unachtsamkeiten des Schreibers ist auch nicht davon auszugehen, dass er sie allesamt eigenständig behob. Schließlich sorgt unter Berücksichtigung des bisherigen Ausschlussverfahrens folgende vereinfachte Auflistung für Klarheit: 2
1,11: εγω 2926 Er3] βγω Er 1,13 χρυσην 2926 Er3] χρυσυν Er2 1,16 οξεια 2926 Er3] οξια Er2 2,3 εβαστασας 2926 Er3] εβαπτισας Er2 2,21 µετενοησεν 2926 Er3] µετανοησεν Er2 3,2 ευρηκα Er3] ευρικα 2926 Er2
Die Stellenauswahl legt nahe, Er3 als Vorlage von 2926 zu Apk 1–3 anzusehen. Wir formulieren hier bewusst vorsichtig, da der Kopist aufgrund seiner etlichen Fehler die tatsächliche gedruckte Vorlage womöglich überdeckt. Bei 82
Hierzu Brown, Novum Testamentum, 523. Demnach ist καὶ οὐ κέκµηκας eine Angleichung an die lateinische Version, die jeder Legitimation der griechischen Hss.-Überlieferung entbehrt.
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3,2 liest 2926 zwar in Übereinstimmung mit Er2 εὕρικά, was aber vermutlich als weiterer Itaszismus zu verbuchen ist. Demgegenüber spricht die schwerer wiegende Variante ἐβάστασας (2,3) gegenüber ἐβάπτισας von Er2 deutlich für Er3 als Vorlage. Damit überwiegen Qualität und Quantität gradueller Übereinstimmung von 2926 mit Er3 im Abschnitt Apk 1–3 sämtliche übrigen denkbaren Vorlagenkonstellationen. Ab Apk 3 lässt die Frequenz typischer Lesarten des ErT in 2926 merklich nach, bis sie mit 3,15 weitgehend in den Hintergrund treten. Anstelle des erasmischen εἴης liest 2926 hier die übliche Variante ἦς der Hss.-Tradition, der sie von jetzt an bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Βαβυλὼν ἡ πόλις ἣ µεγάλη in 14,8 oder λαµβανέτω in 22,17) mehrheitlich folgt. Selbst wenn Er3 anscheinend nie völlig beiseite gelegt wurde, tritt der Vorlagenwechsel zugunsten einer Hs. bzw. anderen Quelle als dem ErT angesichts einer Textkonfusion bei 3,12 dennoch eindeutig zutage: Auf fol. 6r enden die letzten zwei Zeilen mit den Worten καὶ ἔξω οὐ µὴ ἐξέλθῃ ἔτι καὶ γράψω ἐπ αὐτὸν τὸ ὄνοµα (om. τοῦ θεοῦ) µου καὶ τὸ ὄνοµα τῆς πόλεως und auf fol. 6v beginnen in den ersten beiden Zeilen mit τοῦ θ µου καὶ ἔξω οὐ µὴ ἐξέλθῃ ἔτι καὶ γράψω ἐπ αὐτὸν τὸ ὄνοµα. Folglich greift der Beginn von fol. 6v vermutlich wegen des zweifachen τοῦ θεοῦ µου in 3,12 vorerst hinter das Ende von fol. 6r zurück. Der doppelte Text wurde jedoch unmittelbar im Anschluss elidiert, so dass im zweiten Anlauf nach einer Leerzeile der Fortgang der Apk korrekt ans Ende von fol. 6r anknüpft: τοῦ θ µου τῆς καινῆς Ἰλ ἡ καταβαίνουσα ἐκ τοῦ οὐρανοῦ ἀπὸ τοῦ θεοῦ µου καὶ τὸ ὄνοµά µου τὸ καινόν. Wiewohl der Befund äußerst faszinierend ist, müssen Überlegungen hinsichtlich möglicher Motive für den abrupten Vorlagenwechsel spekulativ bleiben: 1. Vielleicht fand sich erst ab Apk 3,12 eine adäquate handschriftliche Vorlage, wobei unter allen erhaltenen Apk-Hss kein exakt dazu passendes Objekt existiert. Am nächsten kommt dem Sachverhalt die Hs. GA 1918, welche die Apk beginnend mit 3,17 überliefert. 2. Eventuell geschah der Vorlagenwechsel auch ungeplant, wofür die Irritation spricht, zunächst den Textanschluss gegenüber fol. 6r verfehlt zu haben. 3. Nicht völlig unwahrscheinlich sind textliche Erwägungen, welche zum Entschluss führten, die ErT-Vorlage weitgehend auszutauschen. Man erkannte womöglich nach Abschrift von ca. 2½ Kapiteln die groben Unstimmigkeiten des ErT im Vergleich zum Zeugnis herkömmlicher Hss. und griff deshalb auf vertrautes Material zurück, um die Kopie des ApkTextes zu komplettieren. Es trat vielleicht noch eine gewisse Skepsis gegenüber den damals jungen Druckerzeugnissen hinzu, die die Entscheidung zum Vorlagenwechsel bestärkte.
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Ab Apk 3,13 weisen erste Ergebnisse der Teststellenkollation auf GA 1328 1774 und 2035 als nächste Verwandte von 2926 hin. Alle drei sind jedoch insgesamt so weit entfernt, dass keine von ihnen als direkte Vorlage von 2926 im zweiten Teil der Apk in Betracht kommen – wahrscheinlich ging diese verloren. Letztendlich hat GA 2926 allenfalls marginales textkritisches Gewicht, ist aber textgeschichtlich von Apk 3,12 an durchaus zu berücksichtigen. Ab hier folgt sie nicht mehr in erster Linie dem ErT, sondern anscheinend handschriftlicher Überlieferung.83 Dennoch tauchen vereinzelt Reminiszenzen des ErT auf (vgl. etwa λαµβανέτω in 22,17), die dafür sprechen, dass jener nicht gänzlich als Vorlage verdrängt wurde. Sie scheinen aber weniger auf weiträumiger Abschrift als mehr lokal begrenzter Kontamination zu basieren. 5.2. Athos, Xiropotamu, 243 (GA 1903) GA 1903 ist ein zweispaltiger Minuskelcodex, der auf 250 Papierblättern mit je 25 Zeilen Praxapostolos und Apk umfasst.84 Die Apk befindet sich als Bestandteil der originären Produktionseinheit auf den fol. 226r–249v und wurde abgesehen von wenigen echten Fehlern ordentlich kopiert. Unmittelbar nach der Apk (fol. 249v) folgt ein kurzer Kolophon, der von anderer Hand geschrieben wesentliche Informationen über die Hs. mitteilt: Sie wurde demnach im Kloster Ξηροποτάµου von einem Schreiber (γραφεύς) namens Ἀντώνιος οἰκτρός im August des Jahres 1636 (ζρµδ µῆνι αὐγουστι) fertiggestellt.85 Die Datierung der Hs. in der KGFL II folgt dem Kolophon.86 Da aber die Hand, die den Kolophon verfasste, nicht mit dem eigentlichen Schreiber der Apk identisch ist, bleibt unklar, zu welchem Zeitpunkt die Apk tatsächlich fertiggestellt wurde. Der Befund spricht insgesamt dafür, dass die Hs. im Jahr 1636 nochmals grundlegend übearbeitet wurde. Bis schließlich der Kolophon die endgültige Fertigstellung der Hs. besiegelte, wurden zuvor die κεφάλαια der AndreasTradition als übergeordnetes Gliederungssystem zur Apk eingefügt (NA28 innerer Seitenrand; vgl. z.B. bei Apk 3,1 κεφάλαιον ζ´ [7]) und stellenweise Korrekturen in Randmarginalien angebracht (z.B. in 5,11; 14,8; 18,23). 83
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Nach Hoskier scheidet die Complutensische Polyglotte als Vorlage aus, da 2926 zu häufig abweicht und wichtiger noch dem Zeugnis griechischer Hss. folgt; s. hierzu Hoskier, Text I, 610f; und Lembke, Apokalypsetext, 80f. Lampros zitierte zwar aus dem direkt der Apk nachstehenden Kolophon (fol. 249v), gab aber lediglich den Praxapostolos als Inhalt des Codex an; vgl. S.P. Lampros, Catalogue of the Greek Manuscripts on Mount Athos, vol. 1, Cambridge 1895, 217 (Nr. 2576). Der Schreiber des Kolophons ergänzte auch nachträglich die Inscriptio, die er vermutlich der ab Apk 5 benutzten Vorlage entnahm. Aland, Liste II, 155.
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Über den Apk-Text von 1903 äußerte bereits Gregory seine Bedenken: „? ich bin nicht ganz sicher über die Apok“.87 Hoskier präzisierte wenig später den Sachverhalt folgendermaßen: „At any rate the Ms. is a most impure mixture, the first four chapters and a half being in all probability copied from the printed Aldine edition […], and thenceforward an exemplar of the Complutensian type is followed to the end.“88
Zum Beweis der anfänglichen Abhängigkeit vom ErT sei im Appendix auf die Stellen 1,7; 2,1; 2,2; 2,3; 2,13; 2,20; 2,22; 4,8; 4,10 und 5,10 verwiesen. Mit Blick auf die definitive Fertigstellung des Dokuments im Jahr 1636 lässt sich anders als bei 2926 keine Edition unmittelbar wegen ihres Publikationsdatums als Vorlage zu den ersten 4½ Kapitel der Apk von 1903 ausklammern, wenngleich aufgrund einer genauen Analyse des betreffenden Abschnitts ausschließlich die ersten drei erasmischen Editionen sowie Ald und Col infrage kommen. Denn 1903 fehlen markante Lesarten, die in späteren Editionen beginnend mit Er4 nach der Complutensischen Polyglotte in den ErT interpoliert wurden (vgl. z.B. 1,7; 2,1 und 2,13 im Appendix). Über Hoskiers Einschätzung, der in Ald die Vorlage des ersten Apk-Abschnitts von 1903 sah, gibt folgende Übersicht Auskunft:89 1,4 ος Er1 Ald] ο 1903 Er2 Er3 Col 1,11 εγω 1903 Er1 Ald Er3 Col] βγω Er2 1,13 χρυσυν Er1 Er2] χρυσουν 1903 Ald : χρυσην Er3 Col 1,16 οξια Er1 Ald Er2] οξεια 1903 Er3 Col 2,3 εβαπτισας 1903 Er1 Ald Er2] 2,3 εβαστασας Er3 Col 2,5 µετανοησεις Er1 Ald] µετανοησης 1903 Er2 Er3 Col 2,10 παραθητε Er1 Ald ] πειραθητε 1903 Er2 Er3 Col 2,10 γης Er1] 2,10 ζοης Ald : ζωης 1903 Er2 Er3 Col 2,20 ιεξαβελ Er1] 2,20 ιεξαβηλ Ald ιεζαβηλ 1903 Er2 Er3 Col 3 2,21 µετανοησεν 1903 Er1 Ald Er2] µετενοησεν Er : om. µετενοησεν Col 1 2 3 3,1 ζωης Er ] ζης 1903 Ald Er Er Col 3,2 στηρηξον Er1 Ald] στηριξον 1903 Er2 Er3 Col 3,2 ευρικα Er1 Ald Er2] ευρηκα 1903 Er3 Col 3,15 φυχρος Er1] ψυχρος 1903 Ald Er2 Er3 Col 3,16 ουδε Er1 Ald] ουτε 1903 Er2 Er3 Col 3,18 κουλλουριον Er1 Ald] κολλουριον 1903 Er2 Er3 Col 4,4 και επι Er1 Ald] και εσχον επι 1903 Er2 Er3 Col 4,6 εµπροσθεν Er1 Ald Col] εµπροσθε 1903 Er2 Er3
Demzufolge enthält 1903 bei 18 maßgeblichen Belegstellen lediglich 3 bzw. 6 gemeinsame Lesarten mit Er1 oder Ald, weshalb beide infolge quantitativer 87 88 89
Gregory, Textkritik III, 1187. Hoskier, Text I, 737. Vgl. Hoskier, Text I, 737.
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Auswertung als Vorlage entfallen. Trotz formaler Ähnlichkeit des zweispaltigen Drucks kann also Ald keinesfalls als potenzielle Vorlage des fraglichen Abschnitts bestätigt werden. Sicherlich machte Hoskier mit Recht auf die Lesart χρυσοῦν in 1,13 aufmerksam,90 die neben 1903 ausschließlich Ald bezeugt. Demgegenüber steht in Apk 4,4 mit ἔσχον eine gewichtige Ergänzung, die der Schreiber bei Ald als Vorlage ohne Anhalt am Text eingetragen hätte. Letzteres ist schon deswegen zweifelhaft, weil ansonsten keine vergleichbaren Eingriffe in den Text seiner Vorlage auftreten. Möglicherweise verlas der Kopist also χρυσῦν aus einer anderen Vorlage zu χρυσοῦν. Immerhin unterlief derselbe Fehler auch den Herausgebern der Ald, die das mit eigenwilliger Ligatur gedruckte χρυσῦν in Er1 als χρυσοῦν auffassten.91 Die Hinzufügung von ἔσχον in 4,4 hat ihren Ursprung in einer sprachlichen Imponderabilität, da der Akkusativ ἐπὶ τὰς κεφαλὰς αὐτῶν στεφάνους χρυσοῦς nicht zum vorherigen Verb περιβεβληµένους (περιβάλλω) passt, das regulär mit Dativ konstruiert wird. Wahrscheinlich aus dem Empfinden heraus die Konstruktion durch eine adäquate Verbalaussage zu glätten, setzte Erasmus mit der zweiten Ausgabe von 1519 ἔσχον analog zu habebant der lateinischen Version in den griechischen Wortlaut.92 Mithilfe dieser Ergänzung wird der Akkusativ sozusagen sprachlich vorbereitet. Dass der Schreiber von 1903 gleichsam bei der Abschrift von Ald diesen komplexen Denkprozess eigenständig wiederholte, ist höchst unwahrscheinlich. Infolgedessen scheiden Er1 sowie Ald als mögliche Vorlagen von 1903 aus, denen beide das eingeschobene ἔσχον in Apk 4,4 noch fehlt. Außerdem reproduzierte 1903 keinen der einschlägigen Druckfehler beider Ausgaben (s. C.2.1.), was ebenfalls dafür spricht, sie als Vorlage von 1903 beiseitezulegen. Die verbliebenen Editionen Er2, Er3 und Col halten sich ungefähr die Waage, wobei Er3 mit 15 Übereinstimmungen einmal mehr mit 1903 übereinstimmt. Dies liegt hauptsächlich am Druckfehler βγω (1,11) von Er2, dessen Korrektur sich von selbst erschließt. Weil die Übereinstimmungen in 2,3 und 2,21 mit Er2 deutlich mehr ins Gewicht fallen als die identische Schreibweise εὕρηκα in 3,2 mit Er3/Col anstelle des Itazismus εὕρικα, kommt Er2 insgesamt als die plausibelste Vorlage für den ersten Teil der Apk von 1903 in Betracht. Ähnlich wie 2926 dokumentiert auch 1903 den Vorlagenwechsel in Apk 5,11–13 recht augenfällig. Der Text lautet an der fraglichen Stelle wie folgt: 11
Καὶ εἶδον καὶ ἤκουσα φωνὴν ἀγγέλων πολλῶν κύκλοθεν τοῦ θρόνου καὶ τῶν ζῴων καὶ πρεσβυτέρων καὶ χιλιάδες χιλιάδων 12λέγοντες φωνῇ µεγάλῃ ἄξιόν ἐστι τὸ ἀρνίον τὸ ἐσφαγµένον λαβεῖν τὴν δύναµιν καὶ πλοῦτον καὶ σοφίαν καὶ ἰσχὺν καὶ τιµὴν καὶ 90 91 92
Hoskier, Text I, 737. Erasmusʼ Vorlage 2814 liest χρυσῆν, wobei die beiden letzten Buchstaben verschmiert leicht zu χρυσῦν verlesbar sind. So Brown, Novum Testamentum, 540.
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δόξαν καὶ εὐλου̣ γίαν 13καὶ πᾶν κτίσµα ὃ ἐν τῷ οὐρανῷ καὶ ἐπὶ τῆς γῆς καὶ ὑποκάτω τῆς γῆς καὶ ἐπὶ τῆς θαλάσσης […]
Das Fehlen des Artikels τῶν vor πρεσβυτέρων (5,11) entspricht noch dem ErT,93 woraufhin der Vorlagenwechsel bei 5,13 mit ἐπὶ τῆς γῆς eindeutig zum Vorschein kommt. Denn der ErT lautet durchgängig z.St. dativisch ἐν τῇ γῇ. Nach 5,11.12 verlieren sich die Spuren des ErT in 1903 restlos, was sogleich durch das Ausbleiben der erasmischen Zusätze ζῶντι εἰς τοὺς αἰωνας τῶν αἰώνων in 5,14 und καὶ βλέπε in 6,1 dokumentiert wird. Bei 5,11 findet sich zudem eine Randkorrektur der Kolophon-Hand (vgl. fol. 231v = NT.VMR-PageID 4700 [abgerufen am 30.09.2013]), die nach πρεσβυτέρων die Worte µυριάδες µυριάδων anfügte. Dieser Zusatz beruht auf der Wendung καὶ ἦν ὁ ἀριθµὸς αὐτῶν µυριάδες µυριάδων, die erst später von Colinaeus und später wieder Beza im Rückgriff auf die Complutensische Polyglotte in den ErT adaptiert wurde.94 Bemerkenswerterweise fehlt der Zusatz in der Editio regia. Dass es sich hier im Hinblick auf die Mehrheit der Hss. um einen fragmentarischen Nachtrag handelt, geht vielleicht auf die benutzte Vorlage zurück oder entspringt einer möglichst diskreten Korrektur des ErT, diesen nicht übermäßig mit Textformen konventioneller Hss. zu vermischen. Bis Apk 5,11 treten jedenfalls keine vergleichbaren Eingriffe in die Abschrift des ErT von 1903 auf, die ihn nach anderer Vorlage redigieren würden. Obwohl erst Apk 5,13 dezidiert vom ErT abweicht, dürfte sich der Vorlagenwechsel dennoch bei 5,11.12 ereignet haben. Er wird gewissermaßen durch eine Randglosse anderen Texttyps markiert. Eine präzisere Lokalisierung ist nicht möglich, da der ErT von Apk 5,12 nur marginal von der Hss.-Tradition divergiert.95 Wir halten also fest: Der Schreiber von 1903 kopierte eingangs höchstwahrscheinlich Er2 bis etwa 5,11f. Hier erfolgte ein Vorlagenwechsel, 93
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Vielfach überging Erasmus griechische Artikel, die in 2814 enthalten sind; vgl. z.B. 5,12; 8,11; 10,9 u.ö. Delitzsch (Funde I, 23) hielt pointiert fest: „Der griech. Artikel ist Erasmus schwächste Seite.“ Die kürzere Textfassung καὶ τῶν πρεσβυτέρων καὶ χιλιάδες χιλιάδων in Apk 5,11 hat ihren Ursprung in Erasmusʼ Vorlage 2814, der er hiermit weitgehend folgte. Allein τῶν πρεσβυτέρων restaurierte er nach der lateinischen Version, das 2814 ebenfalls fehlt. Die Textfassung mit µυριάδες µυριάδων, um die Erasmus definitiv durch Laurentius Valla wusste, notierte er lediglich in den Anmerkungen zu Apk 5,11 unter dem Hinweis „Laurentius legit“; vgl. hierzu Laurentii Vallae viri tam graecae quam latinae linguae doctissimi, in Novum Testamentum annotationes, apprime utiles, ed. Erasmus Roterodamus, Basel 21526, 341; und ferner Holeczek, Novum Instrumentum, 673. Einzig bemerkenswerte Variante von Er1 und Ald ist ἄξιός für ἄξιόν. Textgeschichtlich wird ἄξιός lediglich durch Codex A sowie Minuskel 1626 (eine Athos-Hs. aus dem 15. Jh.) bezeugt; s. Hoskier, Text II, 159. Brown (Novum Testamentum, 548) vermutet, dass die Lesart auf einen Lapsus von Erasmusʼ Mitarbeiter zurückgeht, der während der Transkription die in 2814 am Ende stehende ον-Ligatur zu -ος verlas. Erasmus redigierte den Text mit der zweiten Auflage 1519 zu ἄξιόν, dem auch 1903 folgt.
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der gleichsam durch eine Randmarginalie markiert ist. Welche Vorlage dann benutzt wurde, bleibt unklar. 1903 setzt jedenfalls ab 5,13 mit ComplutenseText fort.96 5.3. Athen, Nationalbibliothek, 3110 (GA 2656) Das Objekt GA 2656 umfasst auf 316 Papierblättern die vier Evangelien und die Apk bei einer Spalte zu 20 Zeilen.97 Sie stammt aus einer Hand und wurde laut Kolophon im Jahr 1650 (316v) fertiggestellt. Die fotografische Reproduktion der Hs. im NT.VMR ist von dermaßen miserabler Qualität, dass wir uns hier auf wenige Angaben zu ihrer Textfassung beschränken müssen. Mit diesem Problem sah sich bereits Schmid konfrontiert: „Weil der Text in der photografischen Reproduktion äußerst schwer lesbar ist, muß ich mich mit der Angabe begnügen, daß hier ein Mischtext vorliegt, weil ich neben 98 K-Lesarten auch ein paar Αν-Lesarten (aber keine Complut.) feststellen konnte.“
Unbeschadet seiner grundsätzlichen Einschätzung der Hs. übersah Schmid, dass 2656 eingangs auch typische Lesarten des ErT enthält: vgl. 1,9; 1,11; 2,1; 2,2; 2,3 im Appendix. Weil diverse unleserliche Passagen hinzukommen und der Schreiber gelegentlich seine Vorlage nachlässig kopierte (z.B. Auslassung von ὁ vor λέγει κύριος in Apk 1,8), lässt sich nicht mit Bestimmtheit feststellen, in welchem Ausmaß 2656 auf dem ErT beruht. Bei Apk 2,13 weicht sie offensichtlich vom ErT ab, indem sie καί vor ἐν ταῖς ἡµέραις auslässt, statt ἐµαῖς die Variante ἐν αἷς liest (so allerdings auch St fortlaufend) und am Ende die übliche Wortstellung ὁ σατανᾶς κατοικεῖ anstelle von κατοικεῖ ὁ σατανᾶς bietet.99 Später in 2,17 hat sie jedoch mit ἔγνω wiederum eine Variante, die nachweislich auf Erasmus zurückgeht. Erasmusʼ Vorlage 2814 lässt den Relativsatz ὃ οὐδεὶς οἶδεν εἰ µὴ ὁ λαµβάνων aus, den er anhand der lateinischen Version quod nemo scit nisi qui accipit mit ὃ οὐδεὶς ἔγνω εἰ µὴ ὁ λαµβάνων wiederherstellte. Mit ἔγνω produzierte er dabei eine der griechischen Hss.-Tradition bis dato völlig fremde Variante. In deren Hintergrund stehen vermutlich philologische Erwägungen, wonach ἔγνω als Äquivalent für das 96 97
98 99
Genaueres hierzu bei Lembke, Apokalypsetext, 62. GA 2656 war Hoskier völlig unbekannt und wurde zuerst von Schmid (Apocalypsehandschriften, 257 [Nr 15]) für die ntl. Wissenschaft erschlossen. Zu obigen Angaben vgl. ferner Aland, Liste, 202. Schmid, Apocalypsehandschriften, 257 (Nr. 15). Die Aussage Schmids, 2656 enthalte keine Complutense-Lesarten, erweist sich als Fehlurteil; vgl. Lembke, Apokalypsetext, 62. Weil die Wortstellung des ErT κατοικεῖ ὁ σατανᾶς in Apk 2,13 weder auf 2814 ὁ σατανᾶς κατοικεῖ noch auf Erasmusʼ lateinischer Version satanas habitat beruht, handelt es sich am ehesten um einen unverbesserten Lapsus der Schriftsetzer, die die Wortfolge vertauschten.
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lateinischen scit geeigneter erschien als das übliche οἶδα.100 Die Auswertung der Kollation Hoskiers bestätigt: abgesehen von 296 2049 2656 lesen alle berücksichtigten Hss. entweder mehrheitlich οἶδεν oder εἶδεν.101
Dieses ἔγνω taucht allerdings als eine Art Fremdkörper aus dem ErT in Nachdrucken der Complutensischen Polyglotte auf, die Lembke als Vorlagen für den zweiten Teil von 2656 ausmacht.102 Vieles spricht im Endeffekt dafür, dass 2656 ab Apk 2,13 einer anderen Vorlage als dem ErT folgt. Der Verdacht erhärtet sich, da 2656 ab hier einen zur Complutensischen Polyglotte und ihren Nachdrucken gleichartigen Text bezeugt. So liest sie beispielsweise im nachfolgenden v.14 nicht die charakteristische Fassung ἐν τῷ Βαλὰκ βαλεῖν des ErT, sondern τὸν Βαλὰκ βαλεῖν wie der Complutense-Text und das Gros der Hss. Umgekehrt finden sich aber in 2656 nachweislich bis Apk 2,10 eine Reihe origineller Lesarten des ErT,103 die der Complutense-Tradition fremd sind. Im Abschnitt 2,11f. sind beide Textformen nahezu identisch. Es lässt sich daher keine Aussagen treffen, welcher 2656 in diesem Bereich genau folgt. Damit scheidet aber auch eine Quelle der Complutense-Tradition als durchgängige Vorlage aus. Eventuell lagen dem Schreiber schon zu Beginn verschiedene Drucke vor, wonach er die Apk kopierte. Dies würde auch erklären, wieso sich keine eindeutigen Hinweise auf einen Vorlagenwechsel wie in 2926 oder 1903 finden und die unterschiedlichen Textgestalten teilweise vermischt auftreten, bis schließlich ab 2,13 die Complutense-Tradition als Hauptvorlage fungierte. Aufgrund besagter fotografischer Schwierigkeiten und dem relativ geringen Textumfang lässt sich die Vorlage von Apk 1,1–2,12 lediglich annäherungsweise erfassen. Mit Blick auf Apk 1,16 und 2,5 (s. im Appendix) stimmt 2656 am ehesten mit dem späteren Editionstadium des ErT überein, zumal einschlägige Lesarten der frühen Editionen fehlen.104 Insgesamt verdichten sich Bez1 bis Elz2 als potenzielle Vorlagen von 2656 bis einschließlich Apk 2,12 mit leichtem Übergewicht gegenüber Col und St. Genauere Aussagen sind nicht möglich, da die betreffenden Ausgaben im fraglichen Passus kaum 100 101 102 103
Hierzu auch Brown, Novum Testamentum, 527. Hoskier, Text II, 74. Lembke, Apokalypsetext, 88f. In Apk 1,2 hat 2656 die Variante οἶδε, der laut Hoskier lediglich 385 mit οἶδα und 792 mit οἶδεν in etwa gleichkommen. Weil allerdings beide Dokumente ansonsten von 2656 abweichen, scheiden sie als mögliche Vorlagen aus. 104 Vgl. z.B.: Apk 1,7 om. 1αυτον Er1–3 Ald Col (2656 αυτον) | εξεκεντισαν Er1–3 Ald Col (2656 εξεκεντησαν) | om. επ αυτον Er1–3 Ald Col (2656 επ αυτον) || 1,9 om. τη καλουµενη Er1–3 Ald Col (2656 τη καλουµενη) || 1,11 θυατειρας Er1–3 Ald Col (2656 θυατειρα) || 1,13 χρυσουν (2656 χρυσην) || 2,5 µετανοησεις Er1 Ald (2656 µετανοησης) || 2,9 πτωχιαν Er1–3 Ald Col (2656 πτωχειαν) || 2,10 παραθητε Er1 Ald | πειραθητε Er2 Er3 (2656 πειρασθητε) || 2,18 θυατειραις Er1–3 Ald Col (θυατειροις).
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untereinander differieren. Bis möglicherweise qualitätvollere Aufnahmen der Hs. zugänglich sind, schließen wir daher mit dem vorläufigen Ergebnis, dass 2656 im Abschnitt Apk 1,1–2,12 der Textgestalt von Bez1 bis Elz2 näher als allen übrigen gedruckten Vorlagen oder bekannten Hss. steht. 5.4. Athos, Lavra, Λ´ 74 (GA 2669) Die Apk-Hs. GA 2669 befindet sich im Sammelcodex Athos, Lavra, Λ´ 74 auf den fol. 331–369, der Berichte über die Kirchenväter (τῶν ἁγίων πατέρων) Paladios (fol. 1–204) und Theodoret (fol. 205–330) vorstehen.105 Sie umfasst also 39 Papierblätter bei einer Spalte zu 18 Zeilen.106 Ihr Schreiber war ein gewisser Νικηφόρος,107 wie aus dem knappen Kolophon im Anschluss an die Apk hervorgeht (fol. 369v). Es fehlt eine präzise Zeitangabe über die Fertigstellung der Hs., wobei sie mit breitem Konsens ins 17. Jh. datiert wird.108 Die Textfassung der Apk gehört laut Schmid zum Complutense-Text,109 den 2669 allerdings nicht in Reinform bietet. Ab 22,11 treten nämlich erkennbar an ὁ ῥυπῶν ῥυπωσάτω signifikante Lesarten des ErT auf. Erasmus schuf diese Lesart, als er den in 2814 fehlenden Passus καὶ ὁ ῥυπαρὸς ῥυπανθήτω ἔτι καὶ ὁ δίκαιος δικαιοσύνην ποιησάτω ἔτι aus der lateinischen Version rekonstruierte. Zwar wären nach Positivauswertung der Kollation Hoskiers GA 296 1774 2030 und 2049 als Zeugen für die erasmische Lesart zu verbuchen,110 allerdings sind diese Informationen nicht valide: Die nunmehr bekannten Objekte 296 und 2049 sind als Abschriften des ErT ohnehin völlig wertlos (s. §6.1. und §6.2.). Aber auch 1774 (15. Jh.) und 2030 (12. Jh.) sind keine Zeugen für den ErT, da Hoskier jeweils vergaß, sie an den entsprechenden Stellen im Apparat zu notie-
105 S. hierzu S. Eustratiades, Catalogue of the Greek Manuscripts in the Library of the Laura on Mount Athos, with Notices from other Libraries (HThS 12), Cambridge, MA 1925, 277. Im NT.VMR befinden sich abgesehen vom letzten Blatt der vorstehenden Schrift über Theodoret (fol. 330v) allein die Blätter der Apk als fotografische Reproduktion. 106 Auch diese Hs. war Hoskier unbekannt und wurde für die ntl. Wissenschaft zuerst durch Schmid (Apokalypsehandschriften, 87) erfasst; zu obigen Angaben s. auch Aland, Liste, 202. 107 Um welchen Νικηφόρος es sich handelt, lässt sich kaum absehen; s. H. Schmuck, Griechischer Biographischer Index/Greek Biographical Index, Bd. 3 N–Z, München 2003, 810–812. 108 So die Datierungen von Eustratiades, Catalogue, 277; Schmid, Apokalypsehandschriften, 87; und desgleichen Aland, Liste, 202. 109 So Schmid, Apokalypsehandschriften, 87. Genauere Ausführungen zu 2669 als Teil der Complutense-Familie bei Lembke, Apokalypsetext, 62. 110 Vgl. Hoskier, Text II, 630.
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ren.111 Damit steht Erasmusʼ Rekonstruktion letztlich ohne Legitimation der Hss.Tradition im ErT.
Allem Anschein nach kam es in Apk 22,11 zu einem Vorlagenwechsel: In 22,9 weicht 2669 mit σύνδουλος εἰµι anstatt σύνδουλός σού γὰρ εἰµι noch deutlich vom ErT ab. Am Ende von 22,10 stimmt sie zwar mit der erasmischen Lesart ὅτι ὁ καιρὸς ἐγγύς ἐστιν überein, die aber gleichlautend in etlichen Hss. sowie Erasmusʼ Vorlage auftritt und infolgedessen keine Aussagekraft in irgendeine Richtung besitzt.112 Schließlich sind mit 22,11 Lesarten des ErT definitiv nachweisbar. Der Bruch mit der bisherigen (handschriftlichen) Vorlage wird quasi durch das Ausbleiben der beiden letzten κεφάλαια-Angaben ο (71) und β (72) der Andreas-Tradition bei Apk 22,10 und 22,16 (vgl. hierzu den inneren Seitenrand in NA28) bestätigt, die zuvor kontinuierlich an den entsprechenden Stellen auftreten – so z.B. noch für κέφαλαιον 70 bei 22,8. Der Textbefund von 2669 bringt am Ende der Apk einige Beschwer mit sich, weil anscheinend Lesarten des ErT vereinzelt ohne erkennbaren Grund interpoliert wurden und stetig mit solchen der herkömmlichen Hss.-Tradition alternieren: vgl. 22,16; 22,17; 22,18; 22,19; 22,21 im Appendix unter B). Textfassungen wie ὀρθρινός (22,16) und συµµαρτυροῦµαι (22,18) unterstreichen eindeutig, dass Varianten des ErT über 22,11 hinaus begegnen. Abgesehen von den im Appendix gesammelten Textfassungen hat 2669 mit λαµβανέτω in Apk 22,17 und ἀφαιρήσει in 22,19 zwei weitere Lesarten, die definitiv auf erasmischer Rekonstruktion beruhen.113 Parallel dazu befinden sich im direkten Umfeld mit ἔλθε – ἔρχου – ἐρχέσθω (22,17) und ἀπὸ τοῦ βίβλου τῆς ζωῆς (22,19) kuriose Mischtexte, die nicht zuletzt durch die Inkongruenz zwischen dem Artikel τοῦ und dem Bezugswort βίβλου illustrativ hervortreten. Insgesamt weist 2669 am Ende der Apk eine ungewöhnlich skurrile Textgestalt auf, die sich am plausibelsten durch Benutzung von Stephanusʼ Editio Regia erklärt. Bekanntermaßen enthält sie einen umfänglichen Randapparat, in dem Stephanus Lesarten aus zwei Hss. (ιε΄ ιζ΄) sowie der Complutensischen Polyglotte (α΄) dem ErT beiseite stellte.114 Betrachten wir sämtliche Differenzen von 2669 gegenüber dem ErT, deckt sich der Befund mit diesen Randlesarten: 111 1774 liest wie die Mehrheit der Hss. ὁ ῥυπαρὸς ῥυπαρευθήτω (fol. 13r = NT.VMR-PageID 280 [abgerufen am 30.09.2013]) und 2030 lässt die Worte ὁ ῥυπαρὸς ῥυπανθήτω ἔτι καί (fol. 209r = NT.VMR-PageID 130 [abgerufen am 30.09.2013]) vollständig aus; vgl. dagegen Hoskier, Text II, 631. 112 2814 liest ὅτι ὁ καιρὸς ἐγγύς ἐστιν, das Erasmus unverändert übernahm; vgl. ferner Schmid, Studien I, Text, 258 z.St. 113 Zu λαµβανέτω in Apk 22,17 s. oben Anm.62. Laut Brown (Novum Testamentum, 668f.) steht auch ἀφαιρήσει in Apk 22,19 ohne Stütze irgendeiner griechischen Hs. im ErT. 114 Zu den von Stephanus zitierten Hss. in der Editio Regia s. J.K. Elliot, Manuscripts cited by Stephanus, NTS 55 (2009), 390–395.
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22,11: ο δικαιος δικαιωθητω St] ο δικαιος δικαιοσυνην ποιησατω 2669 St / α´ ιε´ 22,12: και ιδου ερχοµαι 2669 St] om. και St / α´/ιε´ 22,15 εξω δε 2669 St] om. δε St α´ ιε´ 22,16: ορθρινος 2669 St] ο πρωινος St / α´ ιε´ 22,17: ελθε – ελθε – ελθετω St] ερχου – ερχου – ερχεσθω St / | ελθε – ερχου – ερχεσθω 2669 α´ ιε´ 22,17: και ο θελων 2669 St] om. και St / α´ ιε´ 22,18: συµµαρτυρουµαι γαρ 2669 St] µαρτυρω εγω St / 22,18: εαν τις επιτιθη προς ταυτα επιθησει 2669 St] εαν τις επιθη επ αυτα επιθησαι α´ St α´ ιε´ 22,19: αφαιρη St] αφελη St / | αφερη 2669 α´ 22,19: αφαιρησει 2669 St] αφελοι St α´/ιε´ 22,19: βιβλου St] του ξυλου St | του βιβλου 2669 α´ ιε´ 22,21: υµων St] των αγιων 2669 St /
Demnach folgt 2669 im fraglichen Abschnitt Apk 22,11ff. zumeist mit dem ErT der Editio Regia, während sämtliche Abweichungen mit etwaigen Randlesarten übereinstimmen. Vor diesem Hintergrund erklären sich auch dubiose Mischtexte wie ἀφέρη,115 ἔλθε – ἔρχου – ἐρχέσθω und τοῦ βίβλου verhältnismäßig gut, die der Schreiber augenscheinlich dadurch schuf, dass er zwischen Haupttext der Editio Regia und ihren Marginalien beliebig changierte. Wir halten also fest: Der fragliche Vorlagenwechsel ist sicher erst in Apk 22,11 zu lokalisieren und entspringt wahrscheinlich Beschädigung oder Unlesbarkeit der bisherigen Vorlage. Ab 22,11ff. kopierte 2669 die Editio Regia, woher sich sowohl signifikante Übereinstimmungen mit dem ErT als auch Abweichungen davon begründen. Gleichwohl letztere auch von griechischen Hss. gedeckt werden, stimmen sie unabhängig davon ohne Ausnahme mit Lesarten aus dem Randapparat der Editio Regia überein und dürften daher am ehesten hier ihren Ursprung haben. Freilich wären auch andere Vorfahren-NachfahrenRelationen denkbar wie etwa Benutzung zweier Vorlagen oder Ergänzung einzelner Lücken nach dem ErT, jedoch legt die aufgezeigte Erklärung die vorfindliche Textgestalt von 2669 am simpelsten dar.
115 Bei ἀφέρη ist nicht ausgeschlossen, dass es sich um einen itazistischen Schreibfehler handelt, bei dem der Diphthong αι irrtümlich zu ε wurde.
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6. Komplettabschriften des ErT unter den Apk-Hss. 6.1. Bibliothèque nationale de France, Gr. 123/124 (GA 296) Bei dem Objekt GA 296 handelt es sich um eine Vollhandschrift des NT in zwei Teilbänden (BnF Gr. 123 und 124).116 Der erste Tomus beinhaltet auf 257 Pergamentblättern die vier Evangelien bei einer Spalte zu 20 Zeilen, wobei der zweite Band auf 303 Pergamentblättern bei gleichem Format Acta bis Apk umfasst. Ob Ἄγγελος Βεργίκιος (†1569), wie Vogel/Gardthausen noch angaben, 117 weiterhin als Schreiber beider Codices anzusehen ist, lässt sich angesichts neuerer paläografischer Untersuchungen von Gamillscheg/Harlfinger kontrovers diskutieren.118 Beide rechnen die fraglichen Codices nicht mehr zu seinen Werken. Augenfällige Übereinstimmung im Schriftbild zwischen den Schreibergewohnheiten Ἄγγελος Βεργίκιος119 und 296120 wie rechtsgeneigte Schrift, Schreibung einzelner Buchstaben zu großen halboffenen Kreisen (z.B. ο, ρ, σ), gelegentliche Supraposition des Tau und regelmäßige Verknüpfung der Akzente mit Buchstaben (vorwiegend υ und ω) deuten zumindest darauf hin, den Schreiber von 296 in dessen zeitlicher Nähe oder sogar direktem Umfeld zu suchen. Weitergehende Beobachtungen sind an anderer Stelle zu vertiefen, da sie hier zu weit führen würden. Ein breiter Konsens besteht über die Datierung der Hs. ins 16. Jh.121 Bisweilen wurde das am Ende der Apk stehende und verschnörkelt geschriebene 116 Früher Colbert. 6583 und 6584. 117 Zum Schreiber s. M. Vogel/V. Gardthausen, Schreiber, 2–6, bes. 4. Hiermit stimmen auch die Angaben der Bibliothèque nationale de France überein, die in Ἄγγελος Βεργίκιος den Kopisten besagter Codices sieht: „XVI s. Copié par Ange Vergèce. Aprch. 257 fol. Peint. (Colbert. 6583.)“, s. NT.VMR-PageID 50 [abgerufen am 30.09.2013] und „Archives et Manuscrits“ (http://archivesetmanuscrits.bnf.fr/ead.html?id=FRBNFEAD000021307 [abgerufen am 30.09.2013]). Vgl. auch Scrivener, Introduction, 231 (Nr. 124); E. Legrand, Bibliographie Hellénique des XVe et XVIe Siècles, Ou Description raisonnée des Ouvrages publiés en Grec ou par des Grec aux XVe et XVIe Siècles, accompagnée de Notices biographiques, Tables chronologiques, Notes, Documents et Index, Tome I, Paris 1962; Gregory, Textkritik I, 177; Hoskier, Text I, 179; und Schmid, Studien I, Einleitung, 12. 118 E. Gamillscheg/D. Harlfinger, Repertorium der griechischen Kopisten 800–1600, 2. Teil, Handschriften aus den Bibliotheken Frankreichs und Nachträge zu den Bibliotheken Großbritanniens, A. Verzeichnis der Kopisten (Veröffentlichungen der Kommission für Byzantinistik III/2A), Wien 1989, 25–27. GA 296 bzw. die beiden Pariser Codices finden sich nicht an entsprechender Stelle unter den Werken des Ἄγγελος Βεργίκιος. 119 Zu den Schreibergewohnheiten von Ἄγγελος Βεργίκιος s. H. Hunger, Repertorium, 9f. 120 Zum exemplarischen Vergleich wurde fol. 269v gewählt (= Apk 1,4–11). 121 Vgl. Gregory, Textkritik I, 177; Hoskier, Text I, 179; Aland, Liste, 64; und ferner Bibliothèque nationale de France „XVI siècle“ (http://archivesetmanuscrits.bnf.fr/ead.html? id=FRBNFEAD000021307 [abgerufen am 30.09.2013]).
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ἀµήν (s. fol. 303v = NT.VMR-PageID 11410 [abgerufen am 30.09.2013]) als Datierung auf das Jahr 1428 gedeutet. Dem widersprach schon Gregory und bewertete das Graphem als typischen Schluss des Ἄγγελος Βεργίκιος.122 Insoweit jener als Schreiber von 296 zur Diskussion steht, weist diese Beobachtung entweder doch auf ihn als Kopisten hin oder verstärkt die These, die Hs. vielleicht in dessen Umfeld zu verorten. Das ἀµήν als Datumsangabe zu deuten, ist jedenfalls aus zwei Gründen schwierig: Zum einen bliebe unverständlich, warum die Buchstaben als Zahlzeichen mit Spiritus und Akzent versehen wurden, so dass man problemlos ἀµήν liest. Zum anderen gehört es offenbar wie etwa in א046 2053 zum Textbestand der Apk,123 da mit einem ebenfalls grafisch gestaltetem τέλος der eigentliche Buchschluss erst noch folgt.124 Erst im Anschluss daran wären Informationen zur Datierung oder Schreiber des Codex zu erwarten, die letztlich aber ausbleiben. Mit Blick auf die Textgestalt von 296 fragt die KGFL (II) „aus Druck abgeschrieben?“125 Diese Anmerkung geht auf Gregory zurück, der schon 1894 die Frage aufwarf: „ex editis?“126 Hoskier präzisierte später, dass 296 in Anbetracht diverser Differenzen zu Er1–3 und Ald auf Druckausgaben nach 1522 beruhen müsse. Dem schloss sich Schmid an und plädierte schließlich dafür, 296 mitsamt drei weiterer Dokumente (2049 2136 2909) „aus der Liste der handschriftlichen Zeugen zu streichen“.127 Bevor wir uns nun der Apk-Textgestalt von 296 zuwenden, sei eingangs noch auf bemerkenswerte Kopfstücke einiger ntl. Schriften hingewiesen.128 So wurde auch der Apk ein Ornament vorangestellt, welches mittig die Inscriptio ἀποκάλυψις τοῦ ἁγίου ἰωάννου τοῦ θεολόγου liest und ringsum mit schlichten floralen Verzierungen gestaltet wurde (vgl. fol. 269r = NT.VMR-PageID 10720 [abgerufen am 30.09.2013]). Der Wortlaut des Incipit besagt zunächst 122 So Gregory, Textkritik I, 177. 123 NA28 nennt als Zeugen für die Hinzufügung von ἀµήν namentlich א046 051s 1611s 1854 2030 2050 2053 2062 2344 2377 , wohingegen die Auslassung lediglich durch A 1006 1841 belegt wird. 124 Hoskier (Text II, 647) überging das als τέλος zu lesende Graphem (fol. 303v = NT.VMRPageID 11410 [abgerufen am 30.09.2013]), womit er allein die Gottesehrung τῷ θεῷ δόξα als eine Art Subscriptio zu 296 angab. Weil τέλος und τῷ θεῷ δόξα in 296 unverbunden nebeneinander stehen, muss man sie jedoch als doppelten Buchschluss betrachten, den der Schreiber ungeachtet seiner Vorlage Col, der τέλος fehlt, offenbar selbst herstellte: zur Bezeugung in den Hss. Hoskier, Text II, 647; und Schmid, Studien I, Text, 267f. 125 Aland, Liste, 64 Anm. 2. 126 Gregory, Novum Testamentum, 522; und ferner Gregory, Textkritik I, 177. 127 Schmid, Studien I, Einleitung, 12 Anm. 2. 128 Der Online-Katalog der BnF weist nur beiläufig auf die Ornamente in 296 hin: „Peint.“; vgl. http://archivesetmanuscrits.bnf.fr/ead.html?id=FRBNFEAD000021307 [abgerufen am 30.09. 2013].
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wegen seiner breiten Bezeugung wenig über die Herkunft der Hs. aus.129 Wenn man aber bedenkt, dass 296 eventuell eine gedruckte Ausgabe kopierte, dezimiert es die fraglichen Vorlagen erheblich. Von den Editionen des ErT haben nämlich nur Er2 Er3 Er4 und Col eine gleichlautende Inscriptio. Berücksichtigt man ferner Hoskiers o.g. Einschränkung, bleiben allein Er4 und Col als mögliche Vorlagen übrig. Werden schließlich noch die Stellen Apk 1,9; 3,15; 8,11; 11,5 und 18,17 im Appendix einbezogen, kommt allein Col als potenzielle Vorlage infrage.130 An den genannten Stellen steht 296 gemeinsam mit Col und CP oder allein nebst Col gegen alle übrigen Ausgaben des ErT sowie gegen die Hss.-Tradition, weshalb im Endeffekt Col als einzig plausible Vorlage der Apk von 296 verbleibt. Exemplarisch seien zur Beweisführung zwei spezifisch „colinäische“ Textfassungen in Apk 8,11 und 18,17 erläutert:131 1. In Apk 8,11 liest Col eine Variante, die von sämtlichen übrigen Ausgaben des ErT abweicht, ohne dabei mit der Complutensischen Polyglotte oder irgendeiner Hs. übereinzustimmen. Colinaeus veränderte den erasmischen Wortlaut καὶ γίνεται τὸ τρίτον132 in Anlehnung an καὶ ἐγένετο τὸ τρίτον τῶν ὑδάτων zu καὶ ἐγένετο τὸ τρίτον, indem er einerseits ἐγένετο anstatt γίνεται schrieb und anderseits den partitiven Genitiv τῶν ὑδάτων am Ende weiterhin ausließ. Damit schuf er auf Basis des ErT und vermutlich der Complutensischen Polyglotte einen kuriosen Mischtext, den 296 einzig aus Col kopiert haben kann. Denn soweit sich bei Hoskier ersehen lässt, existiert keine griechische Hs. vor dem 16. Jh., die Colinaeusʼ Lesarten stützt.133 2. Dasselbe trifft auf die Lesart καὶ ναῦται καὶ ὅσοι τὴν θάλασσαν ἐργάζοντες in Apk 18,17 zu. Auch sie steht ohne Legitimation griechischer Hss. in der Ausgabe von Colinaeus,134 der das in den frühen Editionen Er1 Er2 Er3 und Ald fehlende καὶ ὅσοι in den ErT einwebte, ohne weitere Eingriffe in den 129 Vgl. Hoskier, Text II, 26. 130 So schon Hoskier, Text I, 179: „Therefore Vergecius […] copied Colinaeus.“ Bei der Begründung gerieten ihm allerdings die Publikationsdaten von Erasmus zweiter und dritter Ausgabe durcheinander: („[…] we could date this MS. about 1522, the date of Erasmus IId edition […]“). Es muss sich entweder um Erasmusʼ dritte Auflage von 1522 oder um dessen zweite von 1519 handeln. Wahrscheinlich rekurrierte Hoskier aber auf die Edition von 1522. 131 Vgl. hierzu die entsprechenden Stellen im Anhang unter B). 132 Strenggenommen handelt es sich bei dem Präsens γίνεται um keine spezifisch erasmische Variante, da sie zuweilen von einigen Hss. sowie Erasmusʼ Vorlage 2814 gelesen wird; vgl. ferner Schmid, Studien I, Text, 92 z.St. 133 Hoskier, Text II, 227. Hoskier vermerkte 2065 vorsichtig als Zeugen für die Auslassung von τῶν ὑδάτων („159vid.“). Dabei liest 2065 unzweideutig καὶ γίνεται τὸ τρίτον τῶν ὑδάτων (vgl. fol 42r = NT.VMR-PageID 870) und hätte eigentlich bei γίνεται Erwähnung finden müssen, wo sie allerdings fehlt. 134 Vgl. Hoskier, Text II, 499.
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Text vorzunehmen. Er behielt beispielsweise das erasmische ἐργάζοντες bei,135 obwohl ihm die Complutensische Polyglotte die herkömmliche Textfassung ἐργάζονται anbot, die Erasmus später mit Er4 selbst integrierte. Augenscheinlich redigierte Colinaeus den ErT lediglich ausschnittsweise nach der Complutensischen Polyglotte oder anderweitigen Quellen, während er ihn ansonsten größtenteils völlig intakt ließ. Letztlich schuf Colinaeus damit überaus auffällige Lesarten, die abgesehen von seiner Edition ausschließlich in deren Abschrift 296 auftreten. Auch wenn die von Colinaeus integrierten Ausschnitte mit der Complutensischen Polyglotte identisch sind, stellt sich dennoch die Frage, ob er zur Überarbeitung des ErT griechische Hss. konsultierte. Die betreffenden Textfassungen sind weitgehend ambivalent, da sie sowohl in der Hss.-Tradition als auch der Complutensischen Polyglotte auftauchen. Hoskier nahm 296 deswegen in seine Kollation auf, um Col mit der Hss.-Überlieferung zu verbinden und etwaige verdächtige Objekte aufzuspüren.136 Mit keinem Wort verstand er 296 jedoch als genuine Apk-Hs. Es irritiert daher, dass sie noch in der aktuellen Auflage des „Textual Commentary on the Greek New Testament“ an manchen Stellen zitiert wird.137 Aufgrund des exklusiven Verwandtschaftsverhältnisses zwischen 296 und Col sowie ihrer geografischen (beide Paris) und zeitlichen Nähe lässt sich außerdem erwägen, ob es sich bei 296 nicht eventuell um die Druckvorlage handelt, wonach Colinaeus seine Ausgabe herstellte. Hiergegen sprechen allerdings zwei gravierende Einwände: Die bei Hoskier zitierten Abweichungen von 296 gegenüber Col erklären sich deutlich unkomplizierter, wenn 296 Col reproduzierte als umgekehrt. Es ist weitaus wahrscheinlicher, dass der Kopist von 296 bei Abschrift von Col einige Fehler produzierte, die naturgemäß in jedem Abschreibprozess auftreten (z.B. Apk 12,14 unten), und gelegentlich Lesarten aus der Hss.-Tradition nach seiner Erinnerung einwebte (etwa Apk 10,7 µέλλῃ), als dass die Typografen gewissermaßen bei Drucklegung den von Colinaeus erstellten Text in dieser Weise veränderten. Hinzu kommen die aufwendig gestalteten Kopfstücke, die in einer Druckvorlage keinen Sinn ergeben würden.
135 Die erasmische Variante ἐργάζοντες hat keinerlei Grundlage in irgendeiner griechischen Hs. und basiert auf Erasmusʼ Bemühen, den Text nach Ausfall von καὶ ὅσοι sprachlich zu glätten; so Brown, Novum Testamentum, 633. 136 Hoskier, Text I, 180: „Some twenty new readings of 57 with or without Colinaeus will hardly help us to connect them with MSS. which they could have consulted, except where they conspire in errors or slips.“ 137 Vgl. z.B. B.M. Metzger, A Textual Commentary on the Greek New Testament, A Companion Volume to the United Bible Societies´ Greek New Testament, Stuttgart 22007, 667 zu Apk 6,1.
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Kehren wir also zu den bei Hoskier registrierten Abweichungen von 296 gegenüber Col zurück. Sie basieren zumeist auf Fehlern bzw. selbstständigen Korrekturen des Schreibers, die naturgemäß wenig Aussagekraft besitzen. Auf welche Art Lesarten Hoskier in dieser Angelegenheit verwies, sei an ein paar Stichproben verdeutlicht: 1. In Apk 15,1 hat 296 z.B. ἐν αὐταῖς statt ἐν αὐτοῦς von Col. Die Abweichung stellt eine berichtigte und bereits durch den Druck evozierte Korrektur des Kopisten dar. Denn weder steht ἐν im Griechischen mit Akkusativ, sondern i.d.R. mit Dativ,138 noch hat αὐτοῦς mit Zirkumflex den richtigen Akzent, der eigentlich ein Akut bzw. Gravis (αὐτούς) sein müsste. Beides spricht dafür, eher αὐταῖς als αὐτοῦς zu lesen. So scheint αὐτοῦς ein Druckfehler zu sein, bei dem die Typografen versehentlich eine αῖ-Ligatur zu οῦ auflösten. 2. Die Auslassung der Präposition ἐν vor λιµῷ in Apk 6,8 beruht auf Parablepse, da sie im direkten Umfeld mehrfach vorkommt. Dass diese Nachlässigkeit zufällig mit Codex אsowie GA 522 2070 2305 zusammentrifft,139 hat textgeschichtlich keinerlei Gewicht, zumal Codex אmitsamt 23 weiteren Minuskeln anders als 296 die Präposition ἐν erneut vor θανάτῳ übergeht. 3. Gelegentlich hat 296 wie in Apk 12,14 mit εἰς τὸν αὐτῆς belanglose Nonsense-Lesarten, die im konkreten Fall aus einem Augensprung wegen Homoioteleuton herrührt. Der Schreiber überging bei Kopie der Phrase εἰς τὸν τόπον αὐτῆς offenkundig direkt nach τόν das gleich endende Substantiv τόπον. Diesem Eindruck nach eignen sich die von Hoskier benannten Lesarten kaum dazu, die Überarbeitung des ErT durch Colinaeus anhand von 296 mit handschriftlichen Quellen zu verbinden. 4. Zudem bezichtigte Hoskier Colinaeus einiger Fehler, die in Wirklichkeit gar keine sind. So gab dieser etwa in Apk 5,6 für Col und 296 an, sie würden beide die fehlerhafte Variante τὰ ἀπογελλόµενα statt τὰ ἀποστελλόµενα lesen. Er monierte deshalb: Colinaeus habe keine sonderlich qualitätvolle Editionsarbeit geleistet, die sich oftmals nicht besser als diejenige von Erasmus darstelle.140 Ein Blick in die Edition verrät allerdings, dass Col an besagter Stelle korrekt die Variante τὰ ἀποστελλόµενα hat, wobei die Buchstabenverbindung στ in klassischer Stigmaligatur vorliegt. Hoskier unterlief offenkundig derselbe Lapsus wie dem Kopisten von 296, der bei zügiger Abschrift die Ligatur zu γ verlas. 138 Vgl. BDR §218. 139 Hierzu Hoskier, Text II, 177. 140 Hoskier, Text I, 180: „He [sc. Colinaeus] did not like τα απεσταλµενα […], so he, (followed by Vergecius) writes τα απογελλοµενα, whereas Complutensian has αποστελλοµενα with B and most cursives. […] Surely Colinaeus was not much better than Erasmus.“
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Letztendlich konnte Hoskier also nicht aufklären, ob und welche Apk-Hss. Colinaeus zur Überarbeitung des ErT konsultierte. Dies hat aber keinerlei Auswirkung auf die Einschätzung Schmids, 296 weiterhin als Abschrift des ErT in jedem Fall vom konventionellen Hss.-Material der Apk zu separieren. 6.2. Athen, Parlamentsbibliothek, 45 (GA 2049) Die Apk-Hs. GA 2049 befindet sich mit 23 Pergamentblättern auf den fol. 232–254 bei einer Spalte zu 24 Zeilen als einzige ntl. Schrift in einem Sammelcodex. Zu Beginn sei auf drei kleine Skizzen am Ende der Hs. hingewiesen, die eine Art Engel mit zwei Federflügeln, anthropomorphem Gesicht wie Nimbus, einen nach rechts zum Engelsbildnis hinaufblickenden Menschen und einen Fuß darstellen (s. fol. 254r = NT.VMR-PageID 470 [abgerufen am 30.09.2013]). Die Zeichnungen kamen offensichtlich später hinzu, weil sie mit vormals angebrachten Verzierungen am Apk-Schluss kollidieren. Sie stehen an dieser Stelle ohne erkennbaren Bezug zum Apk-Text, sind aber vielleicht durch Apk 22,8 motiviert.141 Dass die Bebilderung nicht dort erfolgte, mag am geringen Platz auf den Seitenrändern liegen, der erst am Ende der Apk im ausreichenden Maß vorhanden war. Auf den Seiten 230v und 231r vor der Apk befindet sich Lampros zufolge ein Kolophon, wonach die Hs. angeblich aus der Hand des Kopisten Ιωάσαφ ἱεροµόναχος stammt.142 Weil der Kolophon jedoch mitten im Sammelcodex steht und der Befund mangels fotografischer Reproduktion im NT.VMR nicht überprüft werden kann,143 ist offenzuhalten, ob die Apk und zwei weitere nachstehende Werke tatsächlich von besagtem Schreiber angefertigt wurden. Eine nachträgliche Erweiterung des Sammelcodex wäre immerhin denkbar. Das Schriftbild der Apk ist unauffällig, sorgfältig gearbeitet und daher angenehm lesbar. Verglichen mit kontemporären Dokumenten handelt es sich um eine durch Klarheit und Übersichtlichkeit geprägte Hs. des 16. Jh.144
141 Vgl. Apk 22,8: κἀγὼ Ἰωάννης (Mensch) […] ἔπεσα προσκυνῆσαι ἔµπροσθεν τῶν ποδῶν (Fuß) τοῦ ἀγγέλου (Engel). 142 Vgl. hierzu die Angaben bei Lampros, Κατάλογος, 493. 143 Am INTF liegen lediglich Aufnahmen zur Apk vor, ansonsten enthält der Codex keine ntl. Schriften. 144 D. Harlfinger, Zu griechischen Kopisten und Schriftstilen des 15. und 16. Jahrhunderts, in: M.J. Glénisson/M.M.J. Bompaire/J. Irigoin (edd.), La Paléographie Grecque et Byzantine (Centre National de la Recherche Scientifique 559), Paris 1977, 327–362, hier: 327. Zur Datierung s. außerdem Gregory, Textkritik I, 323; S.P. Lampros, Κατάλογος τῶν κωδίκων τῶν ἐν Αθηναῖς Βιβλιοθήκων πλὴν τὴς Εθνικής (ΝΕΟΣ ΕΛΛΗΝΟΜΝΗΜΩΝ II), Athen 1905, 491– 493, hier: 491; und Aland, Liste, 164.
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Anlässlich diverser Lesarten, die scheinbar unabhängig vom ErT in 2049 stehen, behagte Hoskier die Textgestalt erheblich. In der Konsequenz seiner Beobachtungen datierte er das Dokument vorbehaltlich ins 15. Jh., sah es als Schwester von 2814 und zusätzliche Vorlage des Erasmus an.145 Seine Entscheidung zur Umdatierung der Hs. rechtfertigte er in erster Linie mit dem teils majuskelähnlichen Schreibstil des Kopisten.146 Tatsächlich treten in 2049 gelegentlich anachronistische Buchstabenformung bei Gamma, Eta und Schlusssigma auf, worin sich auch die Scriptio continua imitierende Drängung der Buchstaben und Wörter einreiht. Derlei Eigentümlichkeiten sind jedoch kein zwingendes Argument gegen die Datierung von Gregory, Lampros, Schmid und Aland ins 16. Jh., da sie sich bei etlichen Kopisten dieser Zeit finden. Sie haben daher lediglich eine sehr begrenzte Beweiskraft, 2049 früher als ins 16. Jh. zu datieren.147 Nicht zuletzt sind die bei Apk 6,10; 6,17; 7,13; 15,4; 18,18 auftretenden Fragezeichen-Semikola eindeutiges Indiz für eine späte Herstellung der Hs., wie selbst Hoskier einräumen musste.148 Sie decken sich allesamt mit Er4 Er5 und den Stephanus-Ausgaben. Unabhängig davon, dass Schmid Hoskiers paläografische Beschreibungen für unbrauchbar hielt,149 schwankte letzterer auch selbst bei seiner Einschätzung von 2049. Zuletzt stufte Hoskier sie doch als Reproduktion des gedruckten Textes ein und drängte darauf, den Sachverhalt nochmals auszuloten.150 Hieran knüpfte Heide an, der zu dem Ergebnis kam, dass 2049 definitiv eine Kopie des ErT ohne ernsthaften Fremdeinfluss anderer Quellen ist: „Die wenigen Abweichungen der Hs. vom TR sind auf Schreiberversehen zurückzuführen und lassen keinen fremden Einfluß erkennen. Deswegen ist sie zweifelsohne eine Abschrift des erasmischen Textes.“151
Diese Klassifikation von 2049 wird grundsätzlich durch anhängende Kollation bestätigt. Wie jedoch die Abschrift des ErT genau einzuschätzen ist, 145 So Hoskier, Text I, 474f. Vor allem die Annahmen, 2049 für eine Schwester von 2814 und zusätzliche Vorlage des Erasmus zu halten, sind fragwürdig, da Erasmus selbst mehrfach darauf hinwies, nur ein griechisches Exemplar zur Erstellung des Apk-Textes benutzt zu haben; vgl. hierzu Heide, Bibeltext, 105–109. Zudem belegen folgende Stellen aus dem Appendix, dass 2049 unmöglich eine Schwester von 2814 sein kann: Apk 1,8; 1,9; 1,11; 2,19; 4,8; 5,10; 14,9; 18,17. 2049 stimmt demnach nur dann mit 2814 überein, wenn der Wortlaut von 2814 auch in den ErT einging (vgl. 2,19; 18,17), wohingehen sie mehrheitlich gemeinsam mit dem ErT gegen das Zeugnis von 2814 steht. 146 Zu beiden vgl. Hoskier, Text I, 474. 147 Hierzu Harlfinger, Kopisten, 334 u. 348 (Abb. 11). 148 So auch Hoskier, Text I, 474. 149 J. Schmid, Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypse-Textes, 2.Teil: Die alten Stämme (MThS.H 1. Ergänzungsband), München 1955, 8 Anm. 1. 150 So Hoskier, Text I, 477.615. 151 Heide, Bibeltext, 295.
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zeigt exemplarisch bereits eine Omission bei Apk 1,5: Der Kopist überging καὶ λούσαντι ἡµᾶς infolge von Homoioteleuton nach ἀγαπήσαντι ἡµᾶς152 und schloss die Lücke anschließend mittels Eigenkorrektur, indem er καὶ καλέσαντι ὑµᾶς in margine anfügte. Die Lesart besitzt keinen textgeschichtlichen Wert (ὑµᾶς vermutlich itazitisch für ἡµᾶς), da sie ausschließlich von 2049cmg bezeugt wird und sich dementsprechend schlecht in die handschriftliche Überlieferung einordnen lässt.153 Als Korrektur eignet sie sich ohnehin nicht als Argument gegen die Reproduktion des ErT, weil unklar bleibt, auf welcher Vorlage sie erfolgte. Die Korrekturvorlage muss keineswegs zwangsläufig mit derjenigen der ursprünglichen Abschrift identisch sein. Abgesehen davon folgt 2049 auf der ersten Seite dem ErT inklusive seiner Sonderlesarten: vgl. z.B. λέγει ὁ κύριος (1,8) und ὁ καὶ ἀδελφός (1,9).154 Es treten aber zahlreiche weitere offenkundige Schreibfehler in 2049 auf, die die Kopie des ErT teilweise arg defigurieren: Auslassung von ὡς πρόσωπα ἀνθρώπων bis ὀδόντες αὐτῶν (Apk 9,7–8), Omission von τὰς ἑαυτῶν φωνάς bis ἤµελλον γράφειν (10,3–4) und Lücke ὀλίγον bis καὶ ὁ δράκων ὅτι (12,12–13). Hinzu kommen Itazismen wie ἴδα statt οἴδα (3,15), Auslassungen einzelner Buchstaben κέµηκας statt κέκµηκας (2,3), ἀκινθίνους statt ὑακινθίνους (9,17), orthografische Missgeschicke wie ἔµφοµβοι für ἔµφοβοι (11,13) oder ἀρίον anstatt ἀρνίον (14,1), Schwäche für die Endung αι, die häufig zu α verschrieben wurde λέγουσα statt λέγουσαι (11,15), Vertauschungen der Wortfolge καρδίας καὶ νεφρούς statt νεφροὺς καὶ καρδίας (2,23) und Herstellung verunglückter Formen ὃς τε ἀκτάνθη anstatt ὃς ἀπεκτάνθη (2,13), κατοικοιτήριον statt κατοικητήριον (18,2) oder το πάσιον für τοπάζιον (21,20).
Vor diesem Hintergrund lassen sich auch von Hoskier explizit angeführte Differenzen zwischen 2049 und dem ErT beurteilen: Auf Itazismus beruht z.B. bei Apk 22,21 der Wechsel von ὑµῶν des ErT zur Lesart ἡµῶν in 2049, die zufällig mit GA 2050 zusammentrifft.155 Weil beide Hss. sonst keine ausschlaggebenden Gemeinsamkeiten aufweisen, hat diese Besonderheit letztend152 Dass Erasmus λύσαντι von 2814 wahrscheinlich nach dem lateinischen lavit in λούσαντι umwandelte (so Delitzsch, Funde I, 20; und Brown, Novum Testamentum, 516), ist hier völlig unerheblich, zumal λούσαντι eine breite handschriftliche Überlieferung besitzt; vgl. Schmid, Studien I, Text, 16 z.St. 153 Vgl. Hoskier, Text II, 33. Die Kollation nennt keinen weiteren Textzeugen. 154 Der Mitarbeiter von Erasmus fügte καί anscheinend versehentlich ein. Die Kritik von Delitzsch (Funde I, 21) „baarster Missverstand“ wirkt demgegenüber mehr als überzogen: 2814 wurde an dieser Stelle massiv am rechten Seitenrand beschädigt, wodurch Textteile verlorengingen und vom abbrevierten κεί[µενον] lediglich das κ stehenblieb. In dieser Form steht es unmittelbar im Apk-Text und lässt sich daher leicht als καί-Ligatur verlesen; vgl. 2814 fol. 5r (= NT.VMR-PageID 170 [abgerufen am 30.09.2013]). 155 Merkwürdigerweise notierte Hoskier 2049 und 2050 nicht mit einer eigenständigen griechischen Variante (etwa µετὰ πάντων ἡµῶν), sondern führte sie als Zeugen für den lateinischen Wortlaut cum nobis omnibus (Hoskier, Text II, 646) an.
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lich keine Konsequenz. Es folgen solche Umbildungen von 2049 gegenüber dem ErT, die Hoskier pointiert mit griechischen Hss. unterstrich:156 9,11: εφ εαυτων 1854 9,11: αββαδδων 3 Hss. der Complutense-Familie 13,3: εθαυµαστη 2028 2044 13,5: εξουσιαν 2029 2919 (früher 181)
1. Wieso Hoskier gerade die Textfassung ἐφ’ ἑαυτῶν als Beleg gegen die Abschrift des ErT nannte, ist unverständlich. Es handelt sich nämlich um eine Korrektur mit unklarer Herkunft, die daher keine Aussagekraft in irgendeine Richtung besitzt. Der Schreiber kopierte ἐφ’ αὐτῶν aus seiner Vorlage (= ErT), das nachträglich redigiert wurde: Derweil man äußerst gedrungen ein ε zwischen φ und α einschob, wurde ebenso der Spiritus lenis über υ durchgestrichen und durch Spiritus asper über α ersetzt. Aufgrund des Befundes ist nicht sicher erkennbar, ob die Korrektur durch den Kopisten oder einen späteren Korrektor erfolgte. Selbst wenn sie vom Schreiber stammen sollte, muss sie nicht notwendigerweise auf der originären Vorlage basieren. Denn eventuell wurde zur Korrektur eine völlig andere Quelle benutzt. Ob diese nun mit 1854 oder verwandten Hss. identisch ist, hat hinsichtlich der ursprünglichen Vorlage keine Relevanz. 2. Als genauso gehaltlos erweist sich die orthografische Variante ἀββαδδών im Vergleich zu ἀβαδδών des ErT, wofür Hoskier unspezifisch drei Hss. der Complutense-Familie als Textzeugen angab. Laut seiner Kollation kennt die Hss.-Tradition unzählige Variationen von ἀβαδδών (so auch NA28), indes 2049 an entsprechender Stelle nicht einmal erwähnt wird.157 3. Bei ἐθαυµάστη in 2049 anstatt ἐθαυµάσθη des ErT dürfte es sich um einen Lautfehler handeln, der kaum von Bedeutung ist. Er wird zwar durch wenige griechische Hss. bekundet,158 die aber sonst keine relevanten Berührungspunkte mit 2049 haben. Zudem fügt sich der Lapsus wunderbar in die bislang dargestellte Charakteristik von 2049 ein. 4. Kommen wir also zu ἐξουσίαν für ἐξουσία des ErT, das sich über explizit genannte Hss. hinaus noch in drei weiteren Dokumenten (GA 256 368 2048) findet.159 Die Modifikation ist so marginal, dass sie kaum ins Gewicht fällt. Sie muss gemessen am ErT nicht einmal auf fremden Einfluss beruhen, sondern kann ebenso durch Parallelen aus 13,2 und 13,4 motiviert sein, die jeweils mit ἐξουσίαν formulieren.
156 157 158 159
Alle Stellen bei Hoskier, Text I, 475. Hoskier, Text II, 246. Hoskier, Text II, 337. Vgl. die Angaben bei Hoskier, Text II, 340.
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Demzufolge eignen sich die von Hoskier angeführten Lesarten kaum als beweiskräftige Argumente gegen die Kopie des ErT durch 2049, zumal jeweils verschiedene Hss. als Textzeugen für die Differenzen angeführt wurden. Es gibt offenkundig zum ErT keine ernsthafte Alternative als Vorlage, auf deren Grundlage sich die vorfindliche Textgestalt von 2049 plausibler erklären würde. In Anbetracht der zum Teil ungenauen Schreibarbeit des Kopisten von 2049 bestehen ernsthafte Schwierigkeiten, die exakte Vorlage unter den Ausgaben des ErT zu identifizieren. Definitiv fehlen ihr aber sowohl signifikante Textänderungen der späten Editionen Bez1 bis Elz2 (vgl. z.B. Apk 2,5; 6,11; 7,3; 7,10; 8,11; 11,1) als auch typische Lesarten der Ausgabe von Colinaeus (s. 1,9; 3,15; 8,11; 11,5; 18,17). Weitere Einschränkungen lassen sich aus folgender Übersicht gewinnen: 1,7: om. επ αυτον Er1–3 Ald] επ αυτον 2049 Er4+5 St 2,18: θυατειραις Er1–3 Ald] θυατειροις 2049 Er4+5 St 4,4: om. ειδον τους Er1–3 Ald] ειδον τους 2049 Er4+5 St 5,9: om. τω θεω Er1–3 Ald] τω θεω 2049 Er4+5 St 7,9: om. και φυλων Er1–3 Ald] και φυλων 2049 Er4+5 St 9,4: om. µονους Er1–3 Ald] µονους 2049 Er4+5 St 11,18: φθειροντας Er1–3 Ald] διαφθειροντας 2049 Er4+5 St 14,1: καιοµενον Er1–3 Ald] γεγραµµενον 2049c Er4+5 St | γεγραµενον 2049* 16,17: om. µεγαλη Er1–3 Ald] µεγαλη 2049 Er4+5 St 17,16: καυσουσιν Er1–3 Ald] κατακαυσουσιν 2049 Er4+5 St 22,2: αποδιδοντα Er1–3 Ald] αποδιδουν τον 2049 Er4+5 St
In Anschluss hieran kommen am ehesten die Ausgaben Er4 Er5 und St als mögliche Vorlage von 2049 in Betracht. Hierfür plädierte schon Hoskier, sofern 2049 doch auf gedruckter Vorlage basieren sollte.160 Darauf Bezug nehmend erfolgt eine umfangreiche Sonderkollation, in der speziell solche Stellen berücksichtigt sind, an denen die Editionen Er4/Er5 vom Stephanus-Text differieren. Ergänzend wurden hierzu die frühen Editionen von Stephanus der Jahre 1546 (St1) und 1549 (St2) verglichen: 2,1: εν µεσω 2049 St1 St2 St] επι µεσω Er4 Er5 2,13: ηµεραις] + εµαις Er4 Er5 | + εν αις 2049 Er4mg Er5mg St1 St2 St 4,5: εκπορευονται 2049 St1 St2 St] εκπορευοντο Er4 Er5 5,3: ουδε υποκατω 2049 St1 St2 St] και υποκατω Er4 Er5 6,1: µιαν St2 St] εν 2049 Er4 Er5 St1 6,11: αυτοις εκαστω] εκασταις 2049 Er4 Er5 St1 | εκαστοις St2 St 7,3: αχρι σφραγισωµεν 2049 St1 St2] αχρι σφραγιζωµεν Er4 Er5 | αχρις ου σφραγιζωµεν St 8,12: σκοτισθῇ 2049 St1 St2 St] σκοτίσθη Er4 Er5 160 Hoskier, Text 474: „The matter really narrows down to a copy of Er.4. 5 […].“
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9,4: ουκ εχουσιν Er4 Er5] ουκ εχουσι 2049 St1 St2 St 9,5: βασανισθησονται 2049] βασανισθησωνται Er4 Er5 St1 St2 | βασανισθωσι St 9,6: ου µη ευρησουσιν] ουκ ευρησουσιν Er4 Er5 | ουχ ευρησουσιν 2049 St1 St2 St 9,11: ονοµα αυτω 2049 St1 St2 St] ονοµα εαυτω Er4 Er5 10,4: και µη αυτα γραψης] και µη ταυτα γραφης Er4 Er5 St1 St2 | και µη ταυτα γραψης St | και µη ταυτα γραφεις 2049 10,7: οταν µελλη 2049 St1 St2 St] οταν µελλει Er4 Er5 11,4: ελαῖαι St2 St] ἔλαιαι Er4 Er5 St1 | ελαίαι 2049 11,7: το θηριον το αναβαινον St] το θηριον αναβαινον 2049 Er4 Er5 St1 St2 11,7: αποκτενει St] αποκτανει 2049 Er4 Er5 St1 St2 11,10: ευφραινονται] ευφρανθησονται St | ευφρανουνται 2049 Er4 Er5 St1 St2 13,5: λαλουν 2049 St1 St2 St] λαλον Er4 Er5 14,7: φοβηθητε 2049 St1 St2 St] φοβειθητε Er4 Er5 14,11: εις αιωνας αιωνων αναβαινει] αναβαινει εις αιωνα αιωνων 2049 Er4 Er5 St1 St2 | αναβαινει εις αιωνας αιωνων St 15,1: εν αυταις 2049 St1 St2 St] εν αυτοις Er4 Er5 17,8: καὶ παρέσται] καίπερ ἔστιν Er4 Er5 | καίπέρ ἐστιν 2049 St1 St2 St 18,1: αλλον 2049 Er4] om. Er5 St1 St2 St 19,6: εβασιλευσεν κυριος St] εβασιλευσε κυριος 2049 Er4 St1 St2 | εβασιλευεν κυριος Er5 20,4: πεπελεκισµενων 2049 St1 St2 St] πεπλεκισµενων Er4 Er5 21,12: πυλωσιν 2049 St1 St2 St] πυλωσι Er4 Er5 21,20: αµεθυστος 2049 St1 St2 St] αµεθυσος Er4 Er5 21,23: φαινωσιν 2049 Er4 St1 St2 St] φαινουσιν Er5
Wie insbesondere aus den Belegstellen 2,1; 4,5; 5,3; 9,11; 14,7; 19,6; 21,20 und 21,23 hervorgeht, weicht 2049 deutlich von Er4/Er5 ab und entspricht gleichzeitig dem Stephanus-Text. Demnach können die beiden ersten Ausgaben als weniger wahrscheinliche Vorlagen von 2049 zurückgestellt werden. Sodann zeigen die Lesarten ἕν (6,1), ἑκάσταις (6,11), ἄχρι σφραγίσωµεν (7,3) und ευφρανοῦνται (11,10), dass 2049 augenscheinlich nicht die Editio Regia, sondern eine der früheren Ausgaben von Stephanus kopierte. Freilich nicht ohne Differenzen sprechen Anzahl (23 von 26) und Kombination (s. z.B. 6,1; 19,6; 21,23) der Übereinstimmungen tendenziell für St1 als Vorlage von 2049. Konzentrieren wir uns also im Folgenden darauf, inwiefern sich verschiedene Differenzen zwischen 2049 und dem ErT auf Basis von St1 erklären lassen oder im Gegenzug auf eine andere Vorlage hindeuten: 1. Zu besagten Abweichungen gehört unter anderem die Lesart βασανισθήσονται in Apk 9,5 anstatt βασανισθήσωνται, die entweder dem verunglückten Druckbild von St1oder schlicht einem phonetischen Irrtum
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des Kopisten entspringt.161 Eine konkrete handschriftliche Vorlage lässt sich jedenfalls in Anbetracht der marginalen Lautdifferenz kaum stichhaltig gegen St1 begründen. Die übrigen Editionen lesen wie St1 βασανισθήσωνται und können sie damit nicht überbieten. 2. Gleiches gilt für die Lesart γράφεις (2049) anstelle von γράφῃς (St1) in 10,4, die wohl zu den unzähligen Itazismen des Schreibers gehört. Wenngleich viele Andreas-Hss. γράφεις haben,162 steht St1 als Hauptvorlage außer Frage, da allen fraglichen Hss. umgekehrt signifikante Lesarten des ErT fehlen. Sollte γράφεις doch kein Itazismus sein, entstammt die Variante allenfalls partieller Erinnerung des Kopisten an die Hss.-Tradition. Da die anderen betreffenden Editionen ebenfalls γράφῃς lesen, stechen sie St1 keineswegs aus. 3. Die Einfügung von ἄλλον in Apk 18,1 zu εἶδον ἄλλον ἄγγελον gegenüber St1 εἶδον ἄγγελον rückt ihrerseits wieder Er4 als eventuelle Vorlage in den Fokus.163 Ob die Zufügung von ἄλλον in 2049 auf spezieller Vorlage beruht, erscheint angesichts des mehrheitlichen Zeugnisses für ἄλλον ἄγγελον zumindest fraglich.164 Der Schreiber von 2049 trug es wahrscheinlich erneut nach seiner Erinnerung ein oder ließ sich von Parallelen wie 7,2; 10,1 und 14,6 mit ἄλλον dazu verleiten, es gleichermaßen in 18,1 zu bieten.165 Die meisten Differenzen zwischen 2049 und St1 sind offenbar Schreiberversehen oder unbedeutende Interpolationen aus Erinnerung an handschriftliche Zeugnisse, die in keinem Fall zwangsläufig gegen St1 und zugunsten einer bestimmten anderen (gedruckten) Vorlage von 2049 sprechen. Würde man diesen Weg einschlagen, nähmen die Differenzen zu 2049 in anderen Bereichen um ein Vielfaches zu. Auch mit Blick auf die Hss.-Tradition bleiben sämtliche Lesarten strittig, so dass kein spezifisches Objekt gegen St1 in den Fokus rückt. Weitaus komplexere Stellen werden demgegenüber mühelos auf Basis von St1 verständlich:
161 Im Druckbild von St1 erscheint Omega an dieser Stelle beinahe wie Omikron. Zur Bezeugung von βασανισθήσωνται und βασανισθήσονται s. Hoskier, Text II, 238; und Schmid, Studien I, Text, 96. 162 Zur Bezeugung von γράφεις s. Hoskier, Text II, 270. 163 Tatsächlich fehlt ἄλλον erst ab Er5 im ErT, das Erasmus zuvor entgegen seiner Vorlage 2814 nach dem lateinischen alium ergänzt hatte. 164 Z. St. Hoskier, Text II, 469. Abzüglich der Hss., die den Zusatz ἄλλον nach ἄγγελον stellen, lassen lediglich sechs Hss. ἄλλον aus. 165 Die kurze Wendung εἶδον ἄγγελον tritt textkritisch gesichert nur in Apk 5,2 und 20,1 auf. Derweil wird sie aber in 5,2 gelegentlich um ἰσχυρόν und in 20,1 durch gewichtige Einzelzeugen wie אca ( *אhat korrumpiert αγγε) und 2050 bezeugt um ἄλλον vermehrt.
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1. Beispielsweise hat 2049 in Apk 12,7 die Lesart ἐπολέµησαν µετά entgegen dem üblichen erasmischen Wortlaut ἐπολέµησαν κατά, die aber mit St1 übereinstimmt. Bei ἐπολέµησαν handelt es sich um eine erasmische Sonderform ohne Stütze griechischer Hss.,166 woraus Stephanus in Anlehnung an die Complutensische Polyglotte (πολεµῆσαι µετά) mit ἐπολέµησαν µετά eine bezeichnende Mischform produzierte, die 2049 schließlich aus St1 übernahm. Anderweitige handschriftliche Belege für die Textfassung von 2049 existieren unter den bekannten Dokumenten jedenfalls nicht. 2. Analog ist es in 2049 um den Ausfall von ἰδού vor ἡ οὐαί bei Apk 11,14 bestellt, dementgegen die meisten Ausgaben des ErT ἰδοὺ ἡ οὐαί lesen. Da laut Hoskier die Omission von ἰδού gar nicht im gedruckten Text auftreten würde („but not Editt.“), 167 nannte er primär einige Hss., die wie 2049 ebenfalls nur ἡ οὐαί ohne vorheriges ἰδού lesen. Er übersah dabei aber augenscheinlich, dass auch den Editionen Er5 St1 und St2 vielleicht infolge eines Druckfehlers jeweils ἰδού fehlt. Somit ist der Ausfall von ἰδού in Wahrheit kein Argument gegen die Abschrift des ErT durch 2049, sondern im Gegenteil ein klarer Hinweis auf die fragliche Vorlage unter den Ausgaben des ErT. Im Ganzen beruht 2049 also trotz verbliebener Fragwürdigkeiten am wahrscheinlichsten auf Abschrift des ErT und zwar nach Stephanusʼ erster Ausgabe von 1546 (St1). Durch zahllose Fehler und verschiedentlich aus Erinnerung interpolierter Lesarten der Hss.-Tradition defigurierte der Kopist seine Abschrift des ErT solchermaßen, dass die gedruckte Vorlage erst nach intensiver Begutachtung seiner Arbeit erkenntlich wird. Damit bestätigt sich die Klassifikation von Schmid und Heide, 2049 als Kopie des ErT anzusehen, die infolgedessen bei der textkritischen Auswertung des Hss.-Materials der Apk zur Herstellung der ECM keine Berücksichtigung finden darf. Wie 2049 aber eindrucksvoll belegt, eignen sich vorliegende Abschriften des ErT insbesondere wegen ihrer eindeutigen Vorlagenkonstellation hervorragend dazu, sog. „Scribal Habits“ zu studieren. Sie dürften einen einzigartigen Einblick in Schreibergewohnheiten des 16./17. Jh. gewähren. 6.3. Biblioteca Apostolica Vaticana, Ottoboniani Gr. 283 (GA 2066) Das Objekt GA 2066 ist eine Papierhandschrift mit 123 Blätter bei einer Spalte zu 22 Zeilen. Gemäß Kolophon ist sie auf den November des Jahres 1574 datiert (fol. 123r = NT.VMR-PageID 2490 [abgerufen am 30.09.2013]) und 166 Hierzu Brown, Novum Testamentum, 589. 167 Hoskier, Text I, 475.
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stammt aus der Hand eines Kopisten namens Ἰωάννης Εὐριππιώτης aus Chios (ἀπὸ Χίου).168 Wie ein Vermerk auf der Rectoseite des Vorsatzblattes anzeigt, befand sich der Codex einstmals in der Hss.-Sammlung des Johannes Angelus Dux ab Altaemps.169 Der ebenfalls auf dem Vorsatzblatt nachträglich angebrachte lateinische Titel „Divi Andreae Caesariensis expositio in Apocalypsim Joannis“ und das auf fol. 1r stehende griechische Incipit „τοῦ […] ἀνδρέου ἀρχιεπισκόπου καισαρείας καππαδοκίας ἑρµηνεία εἰς τὸν ἀποκάλυψιν“ verraten zudem, dass 2066 mit dem Apk-Text in Katenenform ebenso den AndreasKommentar enthält. Besitzvermerk und lateinischer Titulus stammen aus derselben Hand, die vermutlich einem Bibliothekar des Herzogs von Hohenems angehört.170 Die Hs. selbst weist mindestens zwei Korrekturgänge auf: Genauerhin begegnen neben Emendationen des Schreibers oder eines zeitnahen Korrektors auch solche einer späteren Hand (vgl. z.B. fol. 9v). Die Korrekturen entfallen primär auf den Kommentar und weniger auf den Apk-Text; vgl. aber 1,11 (fol. 6r). Mittels eckiger Klammern setzt die KGFL (II) bei 2066 ein handfestes Signal und weist das Objekt damit als Kopie des gedruckten Textes aus.171 Wie dem Schweigen Gregorys und von Sodens über den Apk-Text von 2066 zu entnehmen ist, war ihnen das Dokument anscheinend unverdächtig. Erst Hoskier fiel die eigentümliche Apk-Textgestalt auf, die seiner Einschätzung zufolge auf dem ErT basiert.172 Folglich ignorierte er die Hs. in seiner Kollation.173 Schmid präzisierte später, dass die Apk nach dem gedruckten Text kopiert wurde, der Kommentar aber handschriftlicher Überlieferung entspringt.174 168 Von dem Schreiber sind noch drei weitere, nicht biblische Codices, datiert in die Jahre 1571, 1576 und 1580 erhalten; vgl. Vogel/Gardthausen, Schreiber, 171; E. Gamillscheg/D. Harlfinger/P. Eleuteri, Repertorium der griechischen Kopisten 800–1600, 3. Teil Handschriften aus den Bibliotheken Roms mit dem Vatikan, A. Verzeichnis der Kopisten (Veröffentlichungen der Kommission für Byzantinistik III/3A), Wien 1997, 103, Nr. 271; sowie Hunger, Repertorium, 70, Nr. 163. 169 Der Vermerk „Ex codicibus Joannis Angeli Ducis ab Altaemps“ befindet sich üblicherweise in Hss., die ehemals Eigentum des Herzogs von Hohenems waren. Vgl. hierzu A. Maier, Zur Geschichte eines berühmten Manuskripts (Vat. lat. 3978), in: Ausgehendes Mittelalter, Gesammelte Aufsätze zur Geistesgeschichte des 14. Jahrhunderts II, hg. v. A. Maier (SeL 105), Rom 1967, 141–156, hier, 150. 170 Zur paläografischen Beschreibung der Hs. s. E. Feron/F. Battaglini, Codices Manuscripti Graeci Ottoboniani, Bibliothecae Vaticanae, Rom 1893, 155. 171 Aland, Liste, XVII und 164. Mit eckigen Klammern werden in der KGFL (II) Hss. kenntlich gemacht, die entweder kaum ntl. Text enthalten oder gedruckten Text reproduzieren. Da 2066 den Apk-Text vollständig enthält, muss sich der Hinweis zwangsläufig auf Abschrift des ErT beziehen. 172 Hoskier, Text I, 389. 173 Vgl. Hoskier, Text II, 27 unter „non conlati“. 174 So Schmid, Studien II, Stämme, 20.
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Schließlich bezeichnete er das Objekt prägnant als „Unikum unter sämtlichen Andreas-Hss.“175 Für die Konstellation, dass in 2066 der Andreas-Kommentar mit dem gedruckten Apk-Text verbunden ist, sind mehrere Erklärungsmodelle denkbar: 1. Der Apk-Text war in der Kommentarvorlage so stark beschädigt bzw. unlesbar, dass man notgedrungen auf eine zweite Vorlage für den ApkText zurückgreifen musste. Der ErT bot sich deswegen an, weil er aufgrund seiner diversen Ausgaben leicht zugänglich war. 2. Die Kommentarvorlage enthielt den Apk-Text erst gar nicht, sondern war wie beispielsweise GA 2433 eine reine Kommentar-Hs. Auch in diesem Fall wäre man gezwungenermaßen auf eine zweite Vorlage für den ApkText ausgewichen. 3. Eventuell enthielt die Vorlage beide Texte einwandfrei, wobei der ApkText bewusst gegen den einer gedruckten Edition eingetauscht wurde. Würde dies tatsächlich zutreffen, dürfte sich darin eine gewisse Hochschätzung für den edierten Apk-Text ausdrücken. Vielleicht erachtete man ihn als zeitgenössischen Standard für besonders qualitätvoll, weshalb er bevorzugt anstelle der handschriftlichen Überlieferung kopiert wurde. Wie sich noch zeigen wird, spricht der Befund durchaus für diese These. Als problematisch erweist sich nicht nur die beispiellose Kombination aus Andreas-Kommentar und Apk in Form des ErT, sondern auch die Kommentarvorlage als solche, die ebenfalls einige Beschwernisse aufwirft und sich nicht einwandfrei bestimmen lässt. Schmid vermutete, dem Kopisten diente ein Andreas-Kommentar in Rahmenform als Vorlage, woher sich die vielzähligen unüblichen Abgrenzungen zwischen Apk-Text und Kommentar begründen. 176 Gegen Ende ging außerdem noch die Andreas-Vorlage aus, weswegen die fehlenden Kommentarstücke zu Apk 22,8f. und 22,11ff. kurzer Hand nach einem Arethas-Kommentar ergänzt wurden.177 Würde es sich bei der Vorlage tatsächlich um einen Rahmenkommentar handeln, bliebe fraglich, wieso gerade der Apk-Text unleserlich war bzw. fehlte, so dass man ihn gegen den gedruckten Text eintauschte. Diese Erklärung reicht nicht aus, um die Gegebenheiten der Hs. stichhaltig aufzuklären. Denn in der Regel sind die Seitenränder einer Hs. für Beschädigungen oder Verschmierungen anfällig (vgl. z.B. GA 82 u.a.), wodurch vorwiegend die Lektüre des Kommentars erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Aus diesem Grunde hätte man auch zuerst den Apk-Text 175 Schmid, Studien I, Einleitung, 46. 176 Schmid, Studien I, Einleitung, 48; und zur Gliederung des Andreas-Kommentars vgl. Schmid, Studien I, Text, 29. So zog der Schreiber etwa den Abschnitt καὶ τῷ ἀγγέλῳ (2,12) bis ἐν ταῖς ἡµέραις (2,13) zusammen (fol. 11r), wohingegen der Einschnitt regulär bei ὁ θρόνος τοῦ σατανᾶ (2,13) erfolgt. 177 Schmid, Studien I, Einleitung, 46.
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kopiert, damit der auf den Seitenrändern angebrachte Kommentar nicht über Gebühr verschmiert. Wiederum kommen unsere Überlegungen zum genauen Hergang der Zusammenfügung von Apk und Kommentar sowie zur Entstehung der Hs. kaum über Spekulationen hinaus, da die Kommentarvorlage von 2066 allem Anschein nach in Verlust geriet.178 Offenbar war sie aber von minderer Qualität, was einige Lücken im Kommentar belegen, die der Schreiber während der Abschrift überging und entsprechend Platz ließ (vgl. fol. 76–78, 99v und 100r). Dies wirft folgende Frage zu Schmids Beobachtungen auf: Warum ergänzte der Kopist am Ende, jedoch nicht inmitten der Hs. ausgebliebene Stücke des Andreas-Kommentars nach dem Arethas-Kommentar? Eventuell waren also die in 2066 befindlichen Schlusspartien des Arethas-Kommentars schon in der Vorvorlage verankert, so dass sie der Kopist einfach aus seiner Kommentarvorlage übernahm. Gleich von welcher Seite wir 2066 begutachten, sind ihre Hintergründe ebenso außergewöhnlich wie undurchsichtig. Mit Blick auf die Vorlage für den Apk-Text plädierte Schmid für den Stephanus-Druck von 1550, namentlich die Editio Regia.179 Dem gingen drastische Einschränkungen durch Hoskier voraus, die letztendlich aber wenig zur Erhellung der Sachlage beitragen: Im Wesentlichen berief er sich auf die Variante ἰεζάβελ in Apk 2,20, wonach 2066 keinesfalls auf den Drucken des Erasmus, der Ald, Col und Bez1 basieren könne.180 Sie lesen entweder ἰεξαβέλ (Er1), ἰεξαβήλ (Ald), ἰεζάβηλ (Er1c Er2) oder ansonsten ἱεζάβηλ.181 Ungeachtet vielzähliger orthografischer Varianten, die in der Hss.-Tradition kursieren, eignet sich diese Stelle in keiner Weise zur Auffindung der gedruckten Vorlage des Apk-Textes von 2066. Würde man der Argumentation Hoskiers folgen, entfiele gleichermaßen die von Schmid erwogene Editio Regia als letzte verbliebene Vorlage, die ἱεζάβηλ liest. Wenn wir aber den Befund aus der Gegenrichtung betrachten, scheint die Lesart ἰεζάβελ ihren Ursprung im vorangegangenen Kommentarteil zu haben. Der Schreiber platzierte nämlich den betreffenden Abschnitt entgegen regulärer Ordnung nach ἀλλ᾽ ἔχω κατὰ σοῦ ὀλίγα (2,20ErT),182 wodurch er zunächst die Variante ἰεζάβελ des Kommentars kopierte (fol. 12v = NT.VMR-PageID 280 [abgerufen am 30.09.2013]). Im 178 179 180 181
Hierzu Schmid, Studien I, Einleitung, 48. Schmid, Studien I, Einleitung, 46. Hoskier, Text I, 389. Die Lesart ἰεξαβέλ von Er1 entstand vermutlich durch fehlerhafte Transkription, bei dem das in 2814 missratene ζ zu ξ verlesen wurde. Die Korrektur in den Errata von Er1 zu ἰεζάβηλ erfolgte scheinbar recht willkürlich und wurde von den Herausgebern der Ald mit dem Haupttext zu ἰεξαβήλ vermischt. Ab Er3 druckte man ἱεζάβηλ, während die Endung -άβηλ unverändert im ErT erhalten blieb. 182 Normalerweise steht der betreffende Kommentarabschnitt in Andreas-Hss. erst nach dem Versende εἰδωλόθυτα; vgl. Schmid, Studien I, Text, 32 z.St.
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Anschluss daran übernahm er sie offenbar geradewegs in den Apk-Text, ohne dabei den ErT umfangreicher zu bearbeiten. Mit ἐᾷς und διδάσκειν καὶ πλανᾶσθαι stehen zugleich charakteristische erasmische Textformen im direkten Umfeld.183 Obwohl sich die exakte Vorlage nur überaus mühevoll herausschälen lässt, steht die Abschrift der Apk nach dem ErT durch 2066 außer Frage: Der Datierung ins Jahr 1574 zufolge können aus zeitlichen Gründen immerhin die Ausgaben Bez4 (1598) sowie Elz1 (1624) und Elz2 (1633) als Vorlagen ausgeschlossen werden. Gleiches trifft auf Bezas Auflagen von 1582 und 1589 sowie seinen kleinformatigen Editionen der Jahre 1580, 1590 und 1604 zu.184 Aufgrund folgender Lesarten lassen sich außerdem Er1 Ald Er2 Er3 (1,7; 2,24; 7,9; 12,10; 17,16; 22,2) und Col (3,15; 8,11; 11,5; 18,17) aussortieren, die in 2066 jeweils fehlen (Lemma NA28] Varianten): 1,7: οψεται αυτον 2066 Er4 Er5 St] om. αυτον Er1 Ald Er2 Er3 Col 1,7: κοψονται επ αυτον 2066 Er4 Er5 St] om. επ αυτον Er1 Ald Er2 Er3 Col 2,24: θυατειροις 2066 Er4 Er5 St] θυατειραις Er1 Ald Er2 Er3 Col 3,15: ης Col] ειης 2066 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Er5 St 7,9: εθνους και φυλων 2066 Er4 Er5 St] om. και φυλων Er1 Ald Er2 Er3 Col 8,11: και εγενετο το τριτον των υδατων] | και γινεται το τριτον 2066 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Er5 St | και εγενετο το τριτον Col 11,5: θελει Col] θελη 2066 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Er5 St 12,10: κατηγορος 2066 Er4 Er5 St] κατηγορων Er1 Ald Er2 Er3 Col 17,16: κατακαυσουσιν 2066 Er4 Er5 St] καυσουσιν Er1 Ald Er2 Er3 Col 18,17: ναυται και οσοι την θαλασσαν εργαζονται 2066 Er4 Er5 St] ναυται την θαλασσαν εργαζοντες Er1 Ald Er2 Er3 | ναυται και οσοι την θαλασσαν εργαζοντες Col 22,2: αποδιδουν 2066 Er4 Er5 St] αποδιδοντα Er1 Ald Er2 Er3 Col
Weil 2066 zudem einschlägigen Lesarten der Edition Bez1 fernbleibt (vgl. z.B. 4,10; 7,10; 8,11; 10,4; 10,7; 11,1; 11,7; 11,10 im Appendix),185 fällt auch sie als Vorlage außer Betracht. Daran anknüpfend bestätigt die nächste Sonderkollation mit Er4 Er5 St (Editio regia) und den Stephanus-Editionen von 1546 (St1) wie 1549 (St2), dass 2066 vorzugsweise den genannten Editionen nahesteht: 2,13: ηµεραις] + εµαις Er4 Er5 | + εν αις 2066 Er4mg Er5mg St1 St2 St 4,5: εκπορευονται 2066 St1 St2 St] εκπορευοντο Er4 Er5 5,3: ουδε υποκατω 2066 St1 St2 St] και υποκατω Er4 Er5 6,1: µιαν 2066 St1 St2 St] εν Er4 Er5 183 Zu den erasmischen Sonderformen ἐᾷς und διδάσκειν καὶ πλανᾶσθαι s Brown, Novum Testamentum, 529. 184 Zu den Kleinausgaben von Beza s. Metzger, Text, 151; und Krans, Written, 202f. 185 Bei Apk 2,24 stimmt 2066 zwar mit Bez1 überein, die als einzige Edition des ErT die Lesart λέγω τοῖς λοιποῖς bietet. Allerdings wiegen die Abweichungen zu Bez1 deutlich schwerer, zumal die Lesart durch diverse Hss. breit bezeugt ist; vgl. Hoskier, Text II, 85.
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6,11: αυτοις εκαστω] εκασταις 2066 Er4 Er5 | εκαστοις St1 St2 St 8,13: µεσουρανηµατι 2066 St1 St2 St] µεσουρανησµατι Er4 Er5 9,6: ου µη ευρησουσιν] ουκ ευρησουσιν 2066 Er4 Er5 | ουχ ευρησουσιν St1 St2 St 9,11: ονοµα αυτω 2066 St1 St2 St] ονοµα εαυτω Er4 Er5 11,4: ελαῖαι 2066 St2 St] ἔλαιαι Er4 Er5 St1 11,7: αποκτενει St] αποκτανει 2066 Er4 Er5 St1 St2 11,10: ευφραινονται] ευφρανθησονται St | ευφρανουνται 2066 Er4 Er5 St1 St2 13,5: λαλουν 2066 St1 St2 St] λαλον Er4 Er5 14,7: φοβηθητε 2066 St1 St2 St] φοβειθητε Er4 Er5 15,1: εν αυταις St1 St2 St] εν αυτοις 2066 Er4 Er5 15,3: κυριε ο θεος St] κυριος ο θεος 2066 Er4 Er5 St1 St2 16,6: εξεχεαν St] εξεχεον 2066 Er4 Er5 St1 St2 18,2: εν ισχυρα] εν ισχυει 2066 Er4 | εν ισχυι Er5 St
Die zahlenmäßig höchste Übereinstimmungsrate hat 2066 mit St2, obgleich sich diese Edition keineswegs sicher als Hauptvorlage für den Apk-Text festmachen lässt. Das Schwergewicht zur Identifizierung der Vorlage kommt solchen Varianten zu, die nachweislich auf Erasmusʼ Textherstellung der Apk beruhen und daher allein aus dem ErT kopiert sein können: vgl. 6,11; 9,6; 11,10; 15,1; 15,3; 18,2.186 Etliche Lesarten, die 2066 entgegen Er4 und Er5 gemeinsam mit dem Stephanus-Text hat, sind Verbesserungen nach der Complutensischen Polyglotte, die genauso in der Hss.-Tradition auftreten und möglicherweise von dort interpoliert sind. Zumeist hat St2 denselben Wortlaut wie Er4. St2 unterscheidet sich aber bei 6,11; 9,6; 15,1; 18,2 durch Überarbeitung in Richtung Complutensische Polyglotte, aus welchem Grund 2066 insgesamt dem ErT von Er4 etwas näher steht. Umgekehrt könnten sich manche Modifikationen von St2 aus betrachtet als Schreiberversehen erklären: 1. So wären z.B. ἑκάσταις statt ἑκάστοις (6,11) und ἐν αὐτοῖς statt ἐν αὐταῖς (15,1) als Schreibfehler zu bewerten, die aber für den vergleichsweise akkuraten Kopisten untypisch sind. Erschwerend kommt hinzu, dass sie definitiv mit dem Textzeugnis von Er4/5 überstimmen, was an der Vorlagenkonstellation St2/2066 zweifeln lässt. 186 Die Bezeugung der fraglichen Lesarten fällt folgendermaßen aus: 6,11 ἑκάσταις 296 2049 (vgl. Hoskier, Text II, 181); 9,6 οὐκ εὑρήσουσιν sine teste (vgl. Hoskier, Text II, 239); 11,10 εὐφρανοῦνται 296 2049 (vgl. Hoskier, Text II, 295); 15,1 ἐν αὐτοῖς 2186 2814 (vgl. Hoskier, Text II, 399); 15,3 κύριος ὁ θεός 296 2200 (vgl. Hoskier, Text II, 402); 18,2 ἐν ἰσχύει sine teste (vgl. Hoskier, Text II, 470). Demzufolge sind die Varianten 9,6 und 18,2 völlig ohne handschriftliche Bezeugung sowie 6,11 und 11,10 werden lediglich durch zwei Abschriften des ErT bezeugt (s. §6.1. und §6.2.). Der Wortlaut 15,1 beruht auf einer Sonderlesart von 2814 und 2186, der ansonsten von keiner Hs. geteilt wird. Etwas komplexer stellt sich 15,3 dar, weil Hoskier GA 2200 als Textzeugen für die erasmische Variante κύριος nannte. Tatsächlich muss die Lesart von 2200 wegen eines Wasserschadens als unsicher eingestuft werden, da der Text am rechten Seitenrand zerstört ist (s. fol. 280r = NT.VMR-PageID 5530 [abgerufen am 30.09.2013]). Damit eignet sich 2200 weder als Zeuge für noch gegen den ErT.
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2. Gleiches träfe auf οὐκ εὑρήσουσιν statt οὐχ εὑρήσουσιν (9,6) zu, da der Schreiber sonst derartige orthografische Besonderheiten vor aspiriertem Anlaut des Folgewortes zuverlässig beachtete (vgl. z.B. οὐχ εὑρέθη/οὐχ εὑρέθησαν in 14,5; 16,20; 20,11; 20,15). 3. Lautfehler, namentlich Itazismen unterliefen ihm hingegen gelegentlich (vgl. etwa βασιλεύσωµεν für βασιλεύσοµεν in 5,10 oder ggf. ἐν ἰσχύει statt ἐν ἰσχύϊ in 18,2), die aber naturgemäß in jedem Schreibprozess auftreten und damit nur wenig Aussagekraft in irgendeine Richtung besitzen. Letztendlich besteht noch keine Sicherheit darüber, auf welcher Quelle die spröde Apk-Textgestalt von 2066 genau basiert. Die ohnedies schon komplexe Sachlage wird ferner durch diverse allein im Appendix verzeichnete Abweichungen von sämtlichen Editionen des ErT erschwert: vgl. 1,4; 1,8; 1,9; 2,1; 2,24; 4,3; 4,8; 5,14; 8,7; 8,11; 9,16; 10,1; 12,17; 14,8. Einige Varianten müssen nicht notwendigerweise auf fremden Einfluss hindeuten, sondern entspringen vielleicht eigenständigen Korrekturen des Schreibers. Hierzu gehören beispielsweise logische Ergänzungen fehlender Artikel bei 5,14; 9,16; 14,8. Daneben können einfache Fehler wie Ausfall des Artikels τοῦ bei 12,17 auftreten. Ob es sich aber z.B. in 4,8 bei ἔχον (2066) anstelle von εἴχον (ErT) tatsächlich um ein Versehen handelt, ist Ermessensfrage. Denn ἔχον wird durch vielzählige Hss. als Nebenform zu ἔχων bezeugt,187 woher es problemlos in die Abschrift des gedruckten Textes eingedrungen sein kann. Anders als Schmid konstatierte, erklären sich keineswegs sämtliche Differenzen gegenüber dem ErT unkompliziert als Lapsus oder selbstständige Korrektur des Schreibers.188 Im Gegenteil treten in 1,4; 1,8 und 2,1 gewichtige Textformen auf, die zweifellos auf eine andere Vorlage als den ErT hindeuten.189 Freilich bietet sich im Sinne Schmids die Editio Regia als Vorlage für die widersprüchliche Apk-Textgestalt von 2066 an, da der Kopist leicht anhand ihrer Marginalien einige Varianten der Hss.-Tradition in den ErT interpolieren konnte. Allerdings erhöht sich in diesem Fall das Spektrum derjenigen Stellen gravierend, an denen 2066 erasmische Sonderlesarten liest, die Stephanus längst nach der Complutensischen Polyglotte redigiert hatte. Weil sie aber ansonsten unbelegt sind, können sie unmöglich aus anderen Quellen als dem ErT stammen. Davon abgesehen verbleiben einige Differenzen von 2066 gegenüber dem ErT, die keine Grundlage in den Randlesarten der Editio
187 Zur Bezeugung von ἔχον s. Hoskier, Text II, 132; und Schmid, Studien I, Text, 52. 188 Schmid, Studien I, Einleitung, 48: „Von den vielen Sonderlesarten […] sind die meisten reine Fehler oder selbständige Korrekturen, die keinerlei fremden Einfluß erkennen lassen.“ 189 Die Omission von καί in 1,9 entspricht zwar der Textfassung von Col, die jedoch aus anderen Gründen als Vorlage entfällt. Wahrscheinlich ließ der Schreiber es nach seiner Erinnerung bzw. anderer Vorlage aus.
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Regia aufweisen (vgl. z.B. 2,24; 4,3; 10,1). So fällt sie auch in dieser Hinsicht als Hauptquelle außer Acht. Weil sich der Apk-Text also weder allein auf Basis des ErT, der herkömmlichen Hss.-Tradition, der Kommentarvorlage, noch anderweitiger Druckausgaben erklärt, drängt sich die Vermutung auf: Der Apk-Text resultiert aus Kombination mehrerer Vorlagen.190 Gemessen am bislang aufgedeckten Befund besteht die simpelste Erklärung darin, von Er4 oder St2 als Hauptvorlage auszugehen, woraus die typischen Lesarten des ErT kopiert wurden. Diese vermischte der Schreiber, wo es ihm möglich war oder er es für angebracht hielt, mit Lesarten einer zweiten, wahrscheinlich handschriftlichen Vorlage, die einfachheitshalber mit der verlorenen Kommentarvorlage in Rahmenform identisch ist. Die umsichtige Kopie des Kommentars, die bei Unlesbarkeit entsprechende Leerstellen ließ, dürfte immerhin gewissenhaftes Arbeiten des Schreibers attestieren. Demnach hätte man zunächst absichtlich den handschriftlichen gegen den gedruckten Apk-Text eingetauscht und gleichsam während der Kopie doch wieder mit Lesarten aus der Kommentar-Hs. angereichert. Auf diesem Weg gewinnt das spröde Nebeneinander von signifikanten Übereinstimmungen wie Abweichungen von dem ErT in 2066 jedenfalls deutlich an Plausibilität, ohne dass man eine dritte Vorlage neben Kommentar und gedrucktem Text hinzunehmen müsste. Letztendlich bekundet 2066 einen sonderbaren Apk-Mischtext, der sich am ehesten durch Verknüpfung mehrerer Quellen erklärt. Angesichts der zahlreichen Sonderlesarten des ErT ändert sich an der bisherigen Einschätzung der Hs. jedoch nichts; sie ist weiterhin als dessen Abschrift von den konventionellen Apk-Hss. zu separieren. Nichtsdestotrotz ist das bisherige Bild der Hs. dahingehend zu präzisieren, dass anstelle erasmischer Textformen vielfach Lesarten der herkömmlichen Hss.-Tradition auftreten. Woher jene im Einzelfall stammen, ist häufig noch unklar. Sie deuten aber insgesamt darauf hin, dass der Kopist den Apk-Text mindestens aus zwei Vorlagen erstellte. Es spricht vieles dafür, in 2066 eine spezielle Produktion zu sehen, die auch unter den Abschriften des ErT als „Unikum“ auffällt. Sie reizt deshalb zu weiteren Spezialstudien, die sich der Aufgabe widmen, die Zusammensetzung des ApkTextes genauer zu beleuchten.
190 Die durchgängige Abschrift des Apk-Textes nach einer Andreas-Edition scheidet aus, weil die erste gedruckte griechische Ausgabe 1596 in Heidelberg erschien; vgl. Schmid, Studien I, Einleitung, 121. Obwohl der Schreiber von 2066 am Ende Auszüge des Arethas-Kommentars kopierte (s.o FN 169), entfallen auch dessen frühe Drucke (z.B. 1532) als Hauptvorlage für den Apk-Text, weil ihnen dort typische Lesarten des ErT fehlen.
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6.4. New Haven, CT, Yale University Library, MS. 246 (GA 2619) GA 2619 ist eine kleinformatige Hs. aus dem 18. Jh.,191 die auf 96 Papierblättern Acta und Apk bei einer Spalte zu 22 Zeilen enthält. Weil ein Kolophon oder vergleichbare Informationen am Ende ausblieben, lässt sich kaum etwas Genaueres über ihre Herkunft berichten. Allerdings zeigt ein umfangreicher Korrekturenapparat, dass die Hs. eine Geschichte hat. Expungierungen, deutliche Streichungen und Berichtigungen in Marginalien, die sowohl am Kolumnenrand als auch interlinear stehen können, geben Auskunft darüber, wie intensiv an der Apk von 2619 gearbeitet wurde. Hinzufügungen sind zudem mittels unterlinigem Ergänzungszeichen exakt platziert. Vielfach wurde der Apk-Text auf diese Art und Weise redigiert (vgl. z.B. fol. 66v), wobei man einige Verbesserungen zusätzlich mit der Abbreviatur „Alʼ“ („alias“; „anderswo“ vgl. z.B. 66v) bestückte.192 Unterschiede zwischen Korrekturen mit oder ohne diesen Hinweis sind nicht erkennbar, da der Befund jeweils deckungsgleich ist: Lesarten im Haupttext wurden getilgt und in margine korrigiert. Sämtliche Korrekturen stammen aus derselben Hand, die entweder dem Schreiber selbst oder einem zeitnahen Bearbeiter der Hs. gehört. Schreibstil und Schriftbild der Verbesserungen weisen nur marginale Differenzen zum Haupttext auf, die nicht notwendigerweise auf eine andere Hand hindeuten müssen, sondern ebenso von der Buchstabendrängung wegen des geringeren Platzes am Seitenrand herrühren können. Mit Blick auf den Apk-Text erkannte Schmid unmittelbar aufgrund charakteristischer Lesarten, dass es sich bei 2619 um eine Abschrift des ErT handeln muss.193 Ein adäquater Hinweis durch eckige Klammern fehlt allerdings in der KGFL (II), obwohl Schmid nachdrücklich forderte, das Dokument „aus der Liste der NTlichen Hss. zu streichen“.194 Jener blieb vermutlich deswegen aus, weil fraglich ist, ob auch Acta nach dem ErT oder doch nach einer anderen Quelle kopiert wurde. Anhängender Kollation zufolge kann an der Klassifikation Schmids kein ernsthafter Zweifel bestehen, denn ohne gewichtige Differenzen enthält 2619 sämtliche typischen Textfassungen des ErT in der 191 Zur Datierung s. Schmid, Apocalypsehandschriften, 255; und Aland, Liste, 199. Lange Zeit blieb 2619 der Wissenschaft verborgen: Sie fehlt bei von Soden, Hoskier und K.W. Clark, A Descriptive Catalogue of Greek New Testament Manuscripts in America, Chicago, IL, 1937, 374f. Es sind lediglich drei Objekte der Yale University beschrieben: 49 50 und ein Diatessaron-Fragment. 192 Man könnte vermuten, der Hinweis beziehe sich auf die Aldina-Ausgabe. Weil sich die mit diesem Kürzel angegebenen Lesarten jedoch nicht mit ihrem Text decken, fällt diese Erwägung außer Betracht. 193 S. hierzu die Ausführungen und kurze Auswahl erasmischer Lesarten bei Schmid, Apocalypsehandschriften, 255. 194 Aland, Liste, 199; und Schmid, Apocalypsehandschriften, 255.
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Apk. Lediglich im Abschnitt 7,14–8,11 treten lokal begrenzt Textformen auf, die entgegen dem ErT der üblichen Hss.-Tradition entsprechen: 7,14: αυτας 2619*] στολας αυτων 2619c ErT 8,7: και το τριτον της γης κατεκαη 2619*] om. 2619c ErT 8,11: και εγενετο το τριτον των υδατων] και γινεται το τριτον των υδατων 2619* Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : και γινεται το τριτον 2619c Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Er5 St
Es handelt sich hierbei um Einzelfälle, die zugleich mit κύριέ µου (7,14)195 und πολλοὶ ἀνθρώπων (8,11)196 im direkten Umfeld durch typische Lesarten des ErT gerahmt sind. Der ErT wurde also keineswegs zugunsten einer anderen Vorlage verdrängt. Da die fraglichen Lesarten zudem textgeschichtlich weit verbreitet sind, lassen sie sich kaum einer bestimmten Quelle zuordnen. Der Schreiber webte sie also wahrscheinlich nach seiner Erinnerung ein, die restlos durch Korrektur nach dem ErT beseitigt wurde (Streichung und Verbesserung in margine). Das Auffinden der Vorlage von 2619 unter den Editionen des ErT bereitet keine Schwierigkeiten, zumal ihr Schreiber selbst einige Druckfehler der vorliegenden Edition reproduzierte. Aus einem präzisen Vergleich geht hervor, dass 2619 signifikanten Überarbeitungen nach der Complutensischen Polyglotte späterer Ausgaben fernbleibt und gleichzeitig dem frühen Editionsstadium des ErT entspricht: vgl. z.B. 1,16; 2,1; 4,5; 5,3; 6,1; 8,12; 9,4; 9,5; 9,11; 10,4; 10,7; 11,4; 11,7; 11,10 im Appendix. Außerdem fehlen 2619 Sonderformen von Col (s. 1,9; 3,15; 8,11; 11,5; 18,17 im Appendix), die damit ebenfalls als potenzielle Vorlage außer Acht fällt. Folgende zweigeteilte Übersicht schafft Klarheit: 2619 steht erstens näher an Er1–3 und Ald als an Er4/5, während sie zweitens insbesondere den Ausgaben Er1 und Er2 folgt (s. vor allem 2,3; 6,11; 8,10; 9,21; 17,10 19,14). Gleichwohl die Aldina der Erstausgabe des Erasmus sehr nahe steht, fällt sie als Vorlage von 2619 leicht hinter Er1 zurück. Sie bietet einige Textformen, die aus der Hss.-Überlieferung in den ErT interpoliert wurden, aber in 2619 nicht auftreten (vgl. z.B. 18,22; 19,14): 1,7: οψεται 2619 Er1–3 Ald] + αυτον Er4–5 1,9: τη νησω 2619 Er1–3 Ald] + τη καλουµενη Er4–5 2,18: θυατειραις 2619 Er1–3 Ald] θυατειροις Er4–5 195 Die Auslassung von µου wird neben Codex A nur von einer Handvoll Minuskeln bezeugt (vgl. Hoskier, Text II, 209), stimmt aber mit 2814 überein. 196 Die Omission des Artikels τῶν ist charakteristisch für den ErT und basiert auf fahrlässiger Transkription von 2814, die unkorrigiert in sämtlichen Editionen erhalten blieb. Abgesehen von 1732 und 2065, die Hoskier mit Fragezeichen in seiner Kollation notierte (Text II, 227), bezeugen alle übrigen Textzeugen den Artikel. Nach erneuter Autopsie zeigt sich jedoch, dass 2065 den Artikel τῶν als Ligatur am Ende der Zeile hat und er in 1732 nachträglich supralinear ergänzt wurde. Weil keine Unterschiede im Schriftbild erkennbar sind, dürfte es sich um eine Eigenkorrektur des Schreibers handeln, der ihn zuerst versehentlich wegen Homoioteleuton überging.
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5,8: επεσαν 2619 Er1–3 Ald] επεσον Er4–5 7,2: αδικηναι 2619 Er1–3 Ald] αδικησαι Er4–5 9,2: ανεβη 2619 Er1–3 Ald] + καπνος εκ του φρεατος ως Er4–5 12,4: φαγη 2619 Er1–3 Ald] καταφαγη Er4–5 14,1: καιοµενον 2619 Er1–3 Ald] γεγραµµενον Er4–5 15,8: εν τω ναω 2619 Er1–3 Ald] εις τον ναον Er4–5 16,18: και επι 2619 Er1–3 Ald] om. και Er4–5 19,14: ηκολουθουν 2619 Er1–3 Ald] ηκολουθει Er4–5 21,20: βηριλλιος 2619 Er1–3 Ald] βηριλλος Er4–5 2,3: εβαπτισας 2619* Er1 Ald Er2] εβαστασας 2619cmg Er3 2,21: µετανοησεν 2619 Er1 Ald Er2] µετενοησεν Er3 6,11: αναπαυσωντο 2619 Er1 Ald Er2] αναπαυσωνται Er3 8,10: διεφθαρησεν 2619 Er1 Ald Er2] διεφθαρη Er3 9,6: φευγει 2619* Er1 Ald Er2] φευξεται 2619cmg Er3 9,21: ου 2619 Er1 Er2 Er3] ουτε Ald 11,9: αφιουσι 2619* Er1 Ald Er2] αφησουσι 2619cmg Er3 13,8: εσφαγισµενου 2619 Er1 Ald Er2] εσφαγµενου Er3 16,16: αρµαγεδων 2619 Er1 Er2 Er3] αρµαγεδωµ Ald 17,10: οι 2619 Er1 Er2 Er3] και οι µεν Ald 18,7: κερασατε 2619* Er1 Ald Er2] τοσουτον δοτε 2619cmg Er3 1 18,22: ακουσθη 2619 Er1 Er2 Er3] εισακουσθη Ald 19,14: ενδεδυµενοι 2619 Er1 Er2 Er3] ενδεδυµενα Ald 21,25: ουκ 2619 Er1 Er2 Er3] ουκετι Ald
Obgleich der Befund jetzt weniger eindeutig wird, ist trotzdem eine gewisse Tendenz zu erkennen: Gemessen an Sonderformen und Druckfehlern der beiden ersten Erasmus-Ausgaben (s. im Appendix unter C.1) stimmt 2619 mehrheitlich mit Er1 gegen Er2 überein: 2,5 µετανοησεις || 2,10 παραθητε || 4,6 εµπροσθεν || 10,4 2ελαλησεν || 14,1 om. εκατον || 16,11 ελκεων || 16,12 om. αγγελος || 18,14 η οπωραι || 20,6 εχι || 20,13 αυτοις || 21,8 φαρµακοις
Zunächst sei mit ἑλκεῶν statt ἑλκῶν (16,11) ἐλάλησεν statt ἐλάλησαν (10,4) und ἔχι statt ἔχει (20,6) auf einige Druckfehler der Erstausgabe hingewiesen, die 2619 gemeinsam mit ihr hat und Erasmus bereits in der zweiten Auflage korrigiert hatte. Hinzukommen in Apk 2,10; 14,1; 18,14 Textfassungen,197 die praktisch von keiner griechischen Hs. vor dem 16. Jh. bestätigt werden und allenfalls noch in Ald als Nachdruck aus Er1 auftreten. Die Aldina kommt aber aus bekannten Gründen nicht als Vorlage infrage (s. 18,22; 19,14). Schauen wir uns daher die eben genannten Belegstellen etwas genauer an: 197 Die angegebenen Lesarten in 2,5; 4,6; 16,12; 21,8 sind kennzeichnend für Er1, aber keine Sonderlesarten des ErT, sondern basieren auf 2814. Speziell die Omission von ἄγγελος, das Erasmus 1519 nach angelus eintrug (16,12), und φαρµάκοις statt des späteren φαρµακεῦσιν (21,8) gehen auf 2814 zurück und deuten auf Er1 als Vorlage von 2619 hin.
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1. In 2,10 hat 2814 die seltene Variante πειραθῆτε, die Er1 als Druckfehler in Form von παραθῆτε bietet. Erasmus korrigiert 1519 zunächst zu πειραθῆτε und 1527 dann zur üblichen Form πειρασθῆτε in Richtung Complutensische Polyglotte. Die Lesart παραθῆτε bezeugt laut Hoskier keine Hs. vor dem 16. Jh.,198 wonach der Kopist von 2619 sie lediglich aus Er1 (oder Ald, die aber entfällt) kopiert haben kann. 2. Die Zahlangabe ἑκατὸν τεσσαράκοντα τέσσαρες in 14,1 bietet 2814 in numerischer Form ρµδ´, die Er1 um ἑκατόν (ρ´) verkürzte. Erasmus holte es bereits mit der zweiten Edition von 1519 nach. Hoskier vermerkt explizit, dass allein Er1 und Ald die Omission von ἑκατόν bekunden.199 3. Schließlich schafft eine sprachliche Konfusion in 18,14 Klarheit: Entgegen 2814 ἡ ὀπώρα … ἀπῆλθεν formuliert Er1 in 18,14 missglückt ἡ ὄπωραι ... ἀπῆλθον. Der Schreiber von 2619 erkannte offenbar die Numerusdifferenz bei der Kombination von ἡ ὄπωραι und verbesserte den Artikel ἡ folgerichtig zu ἁι. Mit Er2 schuf Erasmus in Angleichung an Ald wiederum mit ἡ ὀπώρα … ἀπῆλθον eine grammatisch unmögliche Verbindung, bevor er in Er4 anhand der Complutensischen Polyglotte noch ἀπῆλθον zu ἀπῆλθεν redigierte. Es gelang also erst nach drei Anläufen, einen sprachlich sinnvollen und korrekten Text herzustellen. Da die pluralische Lesart ὄπωραι in keiner bei Hoskier berücksichtigten Hs. auftritt und auch nicht von der Aldina (ὀπώρα) wiederholt wurde,200 kann sie der Schreiber von 2619 letztendlich nur aus Er1 entnommen haben. Die Kombination aller vorgebrachten Indizien beweist damit: 2619 ist eine Kopie der Editio Princeps des Erasmus. Demgegenüber fallen die wenigen Differenzen bzw. Korrekturen zwischen Vorlage und Abschrift bei dieser Konstellation kaum ins Gewicht, da sie keinen fremden Einfluss erkennen lassen und naturgemäß in jedem Abschreibprozess auftreten können. Legt man hingegen einen anderen Druck wie die Aldina oder Erasmusʼ zweite Ausgabe als Vorlage von 2619 zu Grunde, würden sich die Differenzen erheblich vermehren, weshalb diese Konstellationen entschieden weniger plausibel sind. Werfen wir am Schluss noch einen gezielten Blick auf die Korrekturen zur Apk von 2619 (2619*] 2619c/mg/cmg): 2,3: εβαπτισας] εβαστασαςcmg (mit „Alʼ“ markiert) 2,10: παραθητε] πειραθητεcmg 4,4: και] + εσχονcmg
198 Vgl. Hoskier, Text II, 65. 199 Hoskier, Text II, 367. 200 Hoskier, Text II, 493. Allein GA 2024 hat mit ὀπῶραι eine ähnliche Variante wie Er1. Genau zu beachten ist die Akzentsetzung, die deutlich von Er1 und 2619 abweicht. Vermutlich entstand die Variante in 2024 aufgrund eines Schreibfehlers am Ende des Wortes, bei dem der Hochschwung des α künstlich verlängert zu ι wurde.
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8,9: κτισµατων] + των εν τη θαλασσηcmg 9,6: φευγει] φευξεταιcmg (mit „Alʼ“ markiert) 10,2: βιβλαριδιον] βιβλιδριονmg (mit „Alʼ“ markiert) 14,11: τω θηριω] το θηριονcmg 18,7: κερασατε] τοσουτον δοτεcmg
Diese kurze Zusammenstellung stellt freilich keine Gesamtauflistung dar, sondern eine Auswahl bestimmter Korrekturen, mit deren Hilfe sich ihre Vorlage identifizieren lässt. Wie Belege in 2,10; 4,4; und 14,11 zeigen, wurden etwaige Lesarten wiederum aus dem ErT kopiert. Sofern nicht mehrere Quellen zur Überarbeitung benutzt wurden – wofür sich keinerlei Indizien finden –, spricht einiges für Er3 als Korrekturvorlage: 1. Es fehlen einschlägige Modifikationen späterer Ausgaben des ErT nach der Complutensischen Polyglotte, die erst mit Er4 erfolgten. Hätte man eine dieser Ausgaben benutzt, dürfte beispielsweise in 2,10 nicht πειραθῆτε, sondern müsste πειρασθῆτε in margine stehen, das sich ab Er4 in sämtlichen Editionen des ErT befindet. Weil Ald bekanntlich παραθῆτε aus Er1 wiederholte, scheidet sie als Korrekturvorlage aus. 2. Die Lesart πειραθῆτε kommt zwar in einigen Hss. genauso vor, denen aber signifikante erasmische Variante wie ἔσχον in 4,4 fehlen (s. §5.2.). Weil πειραθῆτε innerhalb des ErT lediglich in Er2, Er3 und Col auftritt, muss es sich bei der Korrekturvorlage also um einen dieser Drucke handeln. 3. Daran anknüpfend gibt die Zusammenschau zweier Stellen aus 14,9.11 einen gewissen Aufschluss über die Korrekturvorlage von 2619: 14,9: τῷ θηρίῳ προσκυνεῖ Er1–3/2619 14,11: προσκυνοῦντες τὸ θηρίον Er3/2619cmg
Zunächst bot Erasmus an beiden Stellen προσκυνέω in Verbindung mit Dativ τῷ θηρίῳ, während er in 14,11 bereits mit seiner dritten Auflage an die übliche Akkusativformulierung τὸ θηρίον anpasste, es in 14,9 aber erst mit der vierten Auflage tat.201 Col hat hingegen in 14,11 noch τῷ θηρίῳ wie Er1+2, so dass auch sie letztlich als Korrekturvorlage entfällt. 4. Manche Korrekturen von 2619 begegnen schon in den Errata von Er2 und später im Haupttext von Er3 (z.B. 9,6; 18,7), andere stehen jedoch definitiv erst mit Er3 im ErT (etwa 2,3; 8,9; 10,2; 14,11). Fassen wir diese Beobachtungen zusammen, erscheint Er3 als plausibelste Quelle für die Überarbeitung der Apk in 2619. Demnach wechselte man die ursprüngliche Vorlage, die bereits ein Druck ist, zur Korrekur zugunsten einer weiteren Edition des ErT. Diese Begebenheit macht 2619 zu einem beispiellosen Unikat unter sämtlichen Apk-Hss. Über die genauen Hintergründe, wieso man die Abschrift eines Druckes nach einem anderen korrgierte, lassen sich 201 Zu 14,9 s. Brown, Novum Testamentum, 604f.
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allerdings nur Vermutungen anstellen. Klare Aussagen werden dadurch erschwert, dass dem Befund keine einsichtige Systematik zu entnehmen ist. Dies trifft insbesondere auf den in manchen Marginalien angebrachten Vermerk „Alʼ“ zu: Beispielsweise steht βιβλίδριον in Er3 wie in 2619 mit „Alʼ“ markiert am Kolumnenrand, während sich ἐβάστασας bei 2,3 im Haupttext von Er3 befindet, das 2619 jedoch wiederum mit „Alʼ“ gekennzeichnet in margine hat. Vielleicht ließ sich der Korrektor durch Er3 anregen und markierte einige Korrekturen mit diesem Hinwies, um sie besonders zu gewichten. Immerhin bedeuten ἐβάστασας für ἐβάπτισας (2,3)202 oder φεύξεται gegenüber φεύγει (9,6)203 erhebliche Einschnitte, die den Text inhaltlich betreffen und verändern. Als gesichert erweist sich, dass 2619 auf Kopie von Er1 beruht und anschließend nach Varianten aus Er3 redigiert wurde. Aus diesem Grund ist sie als Abschrift des ErT vom genuinen Hss.-Material der Apk zu trennen. 6.5. Athos, Panteleimonos, 15 (GA 1668 bzw. neu 2909) Laut KGFL (II) handelt es sich bei dem Objekt 2909 um eine mutilierte eaprHs. mit 317 Blättern, wovon 112 Papierblätter ein Supplement aus dem 16. Jh. sind,204 das im Gegensatz zum älteren Teil mit 27 statt 31 Zeilen beschrieben wurde und mit 2909 jüngst am INTF eine eigene GA-Nummer erhielt. Unter anderem wurde die Apk vollständig nachgetragen, wobei fraglich ist, ob sie vormals überhaupt Bestandteil der Hs. war.205 Weil die supplementierten Teile nach vorne und hinten präzise an die von der Beschädigung betroffenen Verse anschließen, wurden sie offenbar eigens zu diesem Zweck angefertigt. Damit zielte die Aufarbeitung des Codex zumindest auf die Herstellung einer exhaustiven Hs. des NT ab. Wegen zahlreicher unscharfer Abbildungen der im NT.VMR eingestellten fotografischen Reproduktion sind einige Passagen leider unleserlich, so dass sie in nachstehender Kollation mit „illegibilis“ ver202 Die Variante ἐβάπτισας übernahm Erasmus aus seiner Vorlage. Die Korrektur zu ἐβάστασας gab er in den Annotationes als seine Konjektur aus, die jedoch in Wahrheit aus einem Brief von Stunica stammt, der Erasmus die Textform aus einer für die Complutensische Polyglotte benutzten Hs. zitierte. Zu weiteren Hintergründen s. Brown, Novum Testamentum, 522f. 203 Dass Erasmus 1522 in 9,6 das Präsens φεύγει seiner Vorlage in Richtung Aldina zu Futur φεύξεται änderte, ist leicht verständlich, da sämtliche umstehenden Verben ebenfalls in Futur stehen (vgl. ζητήσουσιν und ἐπιθυµήσουσιν). 204 Auf den ersten Blick scheint das Supplement ins 15. Jh. zu gehören (so Lampros, Catalogue II, 283), aber Gregory (Textkritik III, 1169) und von Soden (Schriften I/1, 109) datierten es übereinstimmend ins 16. Jh., dem auch Aland (Liste, 141) folgte. 205 Gregory (Textkritik III, 1169) stufte das Objekt lediglich als eap-Hs. ein. Weiterführende Hinweise bei Schmid, Apokalypse (in diesem Band), 429f. Ergänzt wurden außerdem: Mt 1,1–25,31 und 1Kor 6,5 bis Ende Apk.
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merkt werden mussten (s. z.B. fol. 305v = VMR-PageID 6180 [abgerufen am 30.09.2013]). Zur Gestalt der Apk machten weder Gregory noch von Soden verwertbare Aussagen. Erst Hoskier wurde die Textgestalt von 2909 bewusst, der die Hs. daraufhin mit „Copy of a printed Text“ überschrieb und schließlich in seiner Kollation unberücksichtigt ließ: „We have not burdened our apparatus with the readings of this document.“206 Alle im Appendix verglichenen Stellen belegen zweifelsohne, dass 2909 eine Reproduktion des ErT ist. Sie enthält sämtliche Singulärlesarten und typischen Varianten dieser Textform. Überhaupt machte ihr Kopist nur wenige Fehler (vgl. 8,13; 10,7), die naturgemäß in jedem Abschreibprozess auftreten können und sich im konkreten Fall mühelos auf Grundlage des ErT erklären.207 Namentlich handelt es sich um gewöhnliche Omissionen wegen Homoioteleuton (etwa 7,10; 16,6) und vereinzelte selbstständige Korrekturen (χοῦν statt χνοῦν 18,19), die auf keinen verifizierbaren Fremdeinfluss der Hss.-Tradition hindeuten. Die Variante χνοῦν in Apk 18,19 wird neben den fünf erasmischen Editionen und Col lediglich noch von Minuskel 2065 gelesen. Dass Erasmus die Hs. bekannt war, 208 ist höchst unwahrscheinlich. Demgegenüber wird χοῦν beinahe von sämtlichen 209 Apk-Hss. bezeugt, so dass die Korrektur letztendlich wohl aus Erinnerung an das mehrheitliche Zeugnis der Apk-Überlieferung erfolgte.
Auch hinsichtlich der Vorlage von 2909 äußerte sich Hoskier sehr präzise und nannte Er3: „[…] it is a servile copy of Erasmusʼ third edition of 1522.“ Folgende Stellen im Appendix bestätigen, dass 2909 ebenso wie 2619 dem frühen Editionsstadium des ErT entspringt: 1,16; 2,3; 7,2; 8,13; 14,7; 16,2; 16,18; 18,10; 18,17; 21,12; 21,13. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich ein abermals mühseliges Ausschlussverfahren. Es genügt der Verweis auf die dazu bei 2619 zusammengetragenen Stellen (s.o. 6.4), die das Ausbleiben markanter Textänderungen nach der Complutensischen Polyglotte ab Er4 sowie typischer Lesarten von Ald und Col in 2909 belegen. Demzufolge kann 2909 letztlich nur eine Kopie der Editionen Er1–Er3 sein (s. bes. 21,12), wobei Er3 leichtes Übergewicht hat. Mit ἐβάστασας (2,3) und φοβειθῆτε (14,7) folgt 2909 zwei frühen Textänderungen gegenüber Er1 und Er2, die Erasmus mit Er3 vornahm. Hoskier zufolge ist φοβειθῆτε eine Sonderlesart der Editionen Er3 Er4 und Er5, die in keiner griechischen Hs. vor dem 16. Jh. auftreten.210 Daraus ergibt sich folgender Begründungszusammenhang: Weil 2909 in den meisten Fällen ge206 Zitate stammen aus Hoskier, Text I, 724. 207 So bereits Hoskier, Text I, 724: „There are a few, very few errors, as is natural in copying twenty-two chapters […].“ 208 Dazu Brown, Novum Testamentum, 633. 209 Zur Bezeugung s. Hoskier, Text II, 501. 210 Vgl. Hoskier, Text II, 376.
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meinsam mit Er1 Er2 Er3 von Er4 Er5 abweicht, an den früh redigierten Stellen 2,3 und 14,7 jedoch Er3 Er4 Er5 entspricht, besteht die höchste Übereinstimmung zwischen 2909 und Er3. Dieses Bild verfestigt die Zusammenschau zweier schon bekannter Stellen (s. §6.4.), die Erasmus zunächst verschieden überarbeitete: 14,9: τῷ θηρίῳ 2909 Er1 Er2 Er3] τὸ θηρίον Er4 Er5 14,11: τῷ θηρίῳ Er1 Er2] τὸ θηρίον 2909 Er3 Er4 Er5
Erasmus setzte an beiden Stellen anfangs in Abhängigkeit von προσκυνέω den Dativ τῷ θηρίῳ, den er zu unterschiedlichen Zeiten durch den üblichen Akkusativ τὸ θηρίον ersetzte. Vieles spricht also dafür, in 2909 eine Reproduktion von Er3 zu sehen. Den endgültigen Beweis erbringen solche Lesarten, die 2909 ausschließlich mit Er3 gemeinsam hat. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Druckfehler, die weder in anderen Ausgaben des ErT noch der Hss.Tradition auftreten (s. im Appendix unter C.1):211 6,8: οἶδον 2909 Er3 statt εἶδον 6,15: χιλίαρχι 2909 Er3 statt χιλίαρχοι 9,3: ἔχωσιν 2909 Er3 statt ἔχουσιν 17,4: χεχρυσοµένη 2909 Er3 statt κεχρυσοµένη 22,11: ἀδικισάτω 2909 Er3 statt ἀδικησάτω
Freilich reproduzierte 2909 nicht sämtliche Druckfehler aus Er3: Der Schreiber fasste z.B. das beim Setzen verunglückte ἄνοι θρωπ korrekt als ἄνθρωποι auf (16,18) oder transkribierte οὐραυοί verständig mit οὐρανοί (12,12).212 Nichtsdestotrotz unterstreichen die angeführten Varianten, wie genau 2909 teilweise dem Apk-Text von Er3 folgt und deshalb kein Zweifel bestehen kann, sie als deren Kopie einzustufen. Sofern in den unleserlichen Partien keine unbemerkten Fremdeinflüsse vorliegen und deshalb die bisherigen Beobachtungen zu korrigieren sind, stellt 2909 die akkurateste Abschrift einer Ausgabe des ErT unter sämtlichen Apk-Hss. dar. Selbst wenn doch noch anderweitige Textformen auftauchen sollten, ändert dies nichts an der Tatsache, dass 2909 aufs Ganze gesehen eine Abschrift des ErT ist und deswegen vom konventionellen Hss.-Material der Apk zu separieren ist.
211 Schon Hoskier (Text I, 724) genügten solche Stellen zum Beweis, dass 2909 auf Er3 basiert. 212 Mit ἑστῶτα statt ἑστῶτας (15,2) und ἀναστάση statt ἀναστάσει (20,6) hat Er3 zwei Druckfehler, die zufällig mit einzelnen Minuskeln zusammentreffen; vgl. Hoskier, Text II, 400.555.
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7. Spezialfälle: Neue Abschriften des ErT und Marginalien in GA 61 Die drei sehr jungen Objekte GA 1775 1776 1777 waren als Kopien des ErT seither unbekannt und zeichnen sich durch besondere Charakteristika aus, die sie zu regelrechten Spezialfällen nicht nur unter den Abschriften des ErT, sondern sämtlichen Apk-Hss. machen. Hierzu gehört auch GA 2072, die zwar als Abschrift des ErT längst bekannt ist (s. Anm. 9), aber dieselben Eigenheiten wie die eben genannten Objekte aufweist. Ihre bisherige wissenschaftliche Erschließung fällt äußerst schmal aus: Gregory beschränkte sich auf grundlegende Angaben zu Umfang, Maße sowie ggf. Datierung und Kopisten. Die Hss. 1775 1776 und 1777 sind bei von Soden gar nicht und 2072 (Αν80) nur marginal erfasst. Hoskier bemühte sich, das Wissen um die betreffenden Objekte zu vermehren, scheiterte aber am zugänglichen Material; ihm standen lediglich defektive fotografische Reproduktionen der Hss. zur Verfügung. Schmid wiederum konnte die Hss. überhaupt nicht selbst in Augenschein nehmen und berief sich daher explizit auf die Hinweise bei Gregory und Hoskier.213 Umso erfreulicher ist es, dass mittlerweile im NT.VMR lückenlose fotografische Reproduktionen der Dokumente vorliegen, die ihre Neuerschließung ermöglichen. Dabei kommen völlig neue und teils ungeahnte Erkenntnisse ans Licht. 7.1. Athos, Panteleimonos, 110 (GA 1775) Das Objekt GA 1775 umfasst 275 Papierblätter bei einer Spalte mit 23 Zeilen und ist auf das Jahr 1847 datiert.214 Neben dem Apk-Text enthält die Hs. in Katenenform einen Kommentar, zu dem laut Überschrift anscheinend neben Andreas auch andere Auslegungstraditionen verwertet wurden: ἀνδρέου σοφοῦ ἀρχιεπισκόπου καππαδοκιας καὶ ἑτέρων ἑρµηνεία εἰς τὴν ἀποκάλυψιν ἰωάννου τοῦ θεολόγου (vgl. fol. 52r). Formal treten Berührungen mit der AndreasTradition vor allem anhand der κεφάλαια-Angaben (κφ: β = Apk 1,9 fol. 54r) hervor, die regelmäßig mit denen üblicher Andreas-Hss. übereinstimmen. Dass aber keinesfalls ein gewöhnlicher Andreas-Kommentar vorliegt, zeigt sich an – der über 45 Seiten (fol. 5r–50v) langen vorangestellten Präfatio, die umfänglich in das Werk einführt (προλεγόµενα τῆς βίβλου ταύτης [fol. 5r]), 213 Schmid, Studien I, Einleitung, 91–93. 214 Die fotografische Reproduktion im NT.VMR endet ungewöhnlich mit der Rectoseite 275, an deren unterem Rand aber explizit vom Schreiber mit τέλος der Textschluss markiert ist; vgl. auch Lampros, Catalogue II, 293.
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– der abweichenden Gliederung, die um Einzelexegese jedes Verses bemüht ist (vgl. z.B. fol. 52r–53v = Apk 1,1–7), – und eingeschalteten Exkursen wie beispielsweise zum Propheten Joel (περὶ τῆς κοιλάδος […] τοῦ προφὴτης ἰωήλ fol. 179r) inklusive LXX-Zitat von Joel 2–3 (fol. 182r–183r) mitsamt ergänzenden prophetischen Auslegungen (ἑρµηνεὶα τῶν ἄνωθεν προφητειῶν fol. 183v). All diese Besonderheiten fehlen konventionellen Andreas-Kommentaren.215 Der Apk-Kommentar endet auf fol. 275v, woran bis zum Codexende eine polemische Schrift mit dem Titel περὶ τῆς ἀπάτης τοῦ λαοπλάνου ἀντιχρίστου µωάµεθ anschließt. Hoskiers Beschreibung der Hs. fällt etwas diffus aus und besagt, dass 1775 lediglich Apk 1,1–13; 4,4–7 und 19,19–21 überliefert. Aus diesem Grund verzeichnete er das Dokument mit dem Hinweis „frag.“ als bruchstückhaften Textzeugen in seiner Kollation.216 Gleichwohl sich die Erschließung verhältnismäßig mühevoll gestaltet, umfasst der Codex in Wahrheit deutlich mehr Apk-Text, als Hoskier angab.217 Damit wird seine Aufarbeitung letzten Endes obsolet. 1775 bietet den Apk-Lemmatext in ungewöhnlicher Form oftmals auszugsweise, d.h. lediglich Anfang und Ende eines Verses bzw. kurzen Abschnitts sind mit wenigen Worten umrissen (s. z.B. Apk 2,1–7 fol. 56r). Übersprungene Partien werden mit runden Klammern und/oder Vermerk „κτλ (καὶ τὰ λοιπά)“ kenntlich gemacht. Dieses Phänomen dürfte im Wesentlichen der späten Entstehung der Hs. im Jahr 1847 geschuldet sein, als der Apk-Text anhand zahlreicher Publikationen leicht zugänglich war und dementsprechend in bekannter Gestalt vorgesetzt ist. Dies dürfte vorwiegend der Platzersparnis dienen, anderweitig erreichbare Informationen wegzulassen. Die Leserschaft bekommt hierdurch zwar eine ungefähre Ahnung, wo sie sich im Apk-Text befindet, die Aufmerksamkeit wird jedoch auf den Kommentar gelenkt. Dies macht es im Prinzip unmöglich, die Apk-Textgestalt valide zu ermitteln. Wie anhängende Kollation zeigt, schwankt 1775 zwischen Lesarten des ErT und solchen herkömmlicher Hss.: vgl. exemplarisch 1,4; 1,8; 2,1; 2,2; 2,22; 3,1; 3,7; 5,4; 6,1; 8,11; 9,14; 10,4; 13,3; 13,10; 13,16; 14,8; 14,9; 14,11; 17,8; 17,13; 18,1; 20,5; 22,3; 22,16; 22,21. Diesem Befund zufolge hat der Schreiber von 1775 offenbar keine zur vorliegenden Studie kollationierte Ausgabe des ErT reproduziert, gleichwohl die Häufigkeit signifikanter Lesarten des ErT in der zweiten Hälfte ab Apk 10 215 Für die ntl. Wissenschaft freilich interessanter ist ein Exkurs zu 1Thess, der ebenfalls mit einigen Zitaten des Briefes angereichert wurde (fol. 250r–257v). Die Einordnung der Hs. als Andreas-Kommentar in der Datenbank „Pinakes“ greift zu kurz: vgl. http://pinakes. irht.cnrs.fr [abgerufen am 30.09.2013]. 216 Hoskier, Text I, 725f. 217 Die Hs. wurde von mir im NT.VMR vollständig indiziert.
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erheblich zunimmt. Die betreffenden Varianten stehen überwiegend der Textgestalt von St bis Elz2 (vgl. 10,4; 14,11; 17,8; 18,1) nahe, keineswegs ohne gelegentlich davon abzuweichen (z.B. 20,5). Am nächsten steht 1775 anscheinend der Editio Regia (St) mit ihren Randmarginalien, die aber im Endeffekt nicht als alleinige Vorlage für den Apk-Text in Betracht kommt: 1. Es erklären sich nicht sämtliche Differenzen zwischen 1775 und dem ErT auf Grundlage der Editio Regia und ihren Randlesarten (vgl. etwa 2,2; 2,22; 3,1; 3,7; 6,1; 8,11; 9,14). 2. Es bleibt unklar, wieso der Schreiber erst ab Apk 10 mehrheitlich dem ErT folgt. 3. Außerdem können die κεφάλαια-Angaben der Andreas-Tradition nicht aus der Editio Regia stammen, die dort gar nicht enthalten sind. Unter Umständen liegt mit 1775 ein zu 2066 (s. §6.3.) vergleichbares Dokument vor, bei dem Lesarten des ErT und der Hss.-Überlieferung aus verschiedenen Quellen vermischt wurden. Die genaue Zusammensetzung des ApkTextes bereitet einige Beschwer, da im Gegensatz zu 2066 bei 1775 auch der Kommentar weitgehend unerschlossen ist. So bleibt es weiteren Spezialstudien vorbehalten, aufzuklären, inwieweit die Apk von 1775 aus ErT und handschriftlicher Überlieferung zusammengewoben wurde. Erste Beobachtungen der Teststellenkollation zeigen, dass der Apk-Text von 1775 vorrangig in der ersten Hälfte der Andreas-Tradition nahesteht. Womöglich benutzte man auch andere Editionen als Grundlage für den Apk-Text, denkbar ist z.B. ein gedruckter Andreas-Kommentar. 218 Evident ist zumindest, dass eine Quelle der Andreas-Überlieferung nahestand, woraus sich die spezifischen Bezüge zu dieser Tradition wie κεφάλαια-Angaben und namentliche Erwähnung im Titel ergeben. Weil der ErT spätestens ab Apk 10 aufgrund signifikanter Textformen (s. 13,10; 14,9; 17,8; 17,13; 22,3; 22,16) deutlich in Erscheinung tritt, sollte das Dokument in jedem Fall von der genuinen Hss.-Tradition separiert werden. Zudem sorgt die auszugsweise Zitierung des Apk-Textes ohnedies für gravierende Probleme und erschwert die Identifikation der Vorlage zusätzlich, womit sie im Ganzen die Auswertung des Hss.-Bestandes unnötig belasten würde. Bemerkenswert ist bei dieser und den drei folgenden Hss. weniger die streckenweise oder vollständige Abschrift der Apk nach dem ErT, sondern primär die darin enthaltenen Kommentare, die nahezu unbekannt sind. Sie weisen zwar hin und wieder Berührungen mit alten Auslegungen von Ökumenius, Arethas und vorzugsweise Andreas auf, bieten aber im Prinzip völlig neue
218 Zu denken ist hier vor allem an die von Theoklitos Pharmakides 1845 besorgte Ausgabe des Andreas- und Arethas-Kommentars; s. hierzu Schmid, Studien I, Einleitung, 122.
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Kommentare, deren exegetischer Ansatzpunkt offenbar im Apk-Text nach modernen Druckausgaben bzw. dem ErT liegt. 7.2. Athos, Panteleimonos, 271 (GA 1776) Das Objekt wird auf dem Deckblatt präzise ins Jahr 1791 datiert und umfasst auf 410 Papierbögen bzw. 820 Seiten219 zu einer Spalte mit 27 Zeilen die Apk eingewoben in einen riesenhaften Kommentar τοῦ ταπεινοῦ ἀρχιεπισκοπόυ µύρων τῆς λυκίας καὶ ἀποστολικοῦ ἱεροκήρυκος ἰωάννου λινδίου.220 Allein Blattzahl und Format des Codex dokumentieren die gewaltigen Ausmaße der Hs., die noch imposanter erscheinen, wenn man die versweise und anfänglich sogar wortweise Exegese des Apk-Textes einbezieht. So erstreckt sich z.B. die Auslegung von 1,4 über insgesamt fünf Seiten (4–8) oder diejenige zu 1,16 auf mehr als 11 Seiten (81–91). Tendenziell neigte der Kommentator und womöglich Schreiber des Codex gegen Ende zu kürzeren Kommentierungen,221 wobei die versweise Auslegung durchgehend erhalten blieb. Die Untergliederung der Kommentarstücke erinnert an den Arethas-Kommentar. Wie aber ein genauer Vergleich mit der Arethas-Edition von Cramer belegt,222 sind weder Aufbau noch Wortlaut des Kommentars mit der Arethas-Tradition identisch. Im Gegensatz zu 1775 fehlen in 1776 selbst formale Bezüge zur Andreas-Tradition (etwa κεφάλαια-Angaben), obgleich textliche wie inhaltliche Bezüge zu dessen Kommentar durchaus denkbar sind. Da aber weder Titel, Gliederung, Umfang noch andere Anzeichen auf die Ökumenius-, Andreas- oder Arethas-Tradition hindeuten, scheint hier gewissermaßen ein eigenständiger Kommentar vorzuliegen. Dieser Befund deckt sich zum Teil mit demjenigen zu 1775, wonach es sich erneut um eine unbekannte respektive neue Kommentarform handelt, deren wissenschaftliche Aufarbeitung noch gänzlich aussteht.223 Hoskiers Beschreibungen der Hs. sind unbrauchbar, weil ihm offenbar eine defektive fotografische Reproduktion vorlag. Er wusste nämlich nur um den Apk-Text bis inklusive 1,3 µακάριος ὁ ἀναγινώσκων (S. 3 = NT.VMR-PageID 219 Die Hs. wurde produktionsseitig nicht foliiert, sondern paginiert. Es erfolgen daher im Folgenden stets Seitenangaben; s. dazu auch Lampros, Catalogue II, 347. 220 Dem Codex sind außerdem noch einige Briefe beigegeben, die sich augenscheinlich auf den Kommentar beziehen; s. Lampros, Catalogue II, 347. Ein genaueres Studium dieser Beigaben klärt vielleicht einige Hintergründe zu dem Kommentar bzw. der Hs. als solche auf. 221 Diese Vermutung verfolgte auch Lampros, Catalogue II, 347. Das Deckblatt weist zudem auf Beziehungen des Autors ἰωάννης λινδίος zum Athos-Kloster Iviron hin: ὄντος ὑπερορίον ὑπὸ νεοφύτον ἐν τῇ ἱερᾷ καὶ σεβασµίᾳ µονῇ τῶν ἰβήρων. 222 J.A. Cramer (Hg.), Catena in Epistolas Catholicas, accesserunt Oecumenii et Arethae Commentarii in Apocalypsin, Oxford 1840. 223 Schmid (Studien I, Einleitung, 92) vermerkte lediglich die Unbekanntheit des Verfassers.
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240 [abgerufen am 30.09.2013]) und den Fortgang des Kommentars ab S. 728 (= NT.VMR-PageID 7530 [abgerufen am 30.09.2013]), der allerdings weit hinter das Ende der Apk (S. 642 = NT.VMR-PageID 6670 [abgerufen am 30.09.2013]) zurückgreift. In Wahrheit überliefert 1776 den Apk-Text abgesehen von 22,21 lückenlos,224 d.h. anders als 1775 auch nicht auszugsweise, und setzt ihn mittels größerer und eingerückter Schrift gut erkennbar vom Kommentar ab. Demzufolge ist Hoskiers Vermerk „another late and incomplete text“225 unzutreffend und die eckige Klammer um das Objekt in der KGFL (II) in diesem Sinne falsch.226 Ein augenfälliges Indiz zur Textform der Apk stellt die moderne Verszählung des Stephanus dar, die 1776 durchgängig enthält. So können die eckigen Klammern um 1776 erhalten bleiben. Wie die im Appendix zusammengestellten Belegstellen typischer und singulärer Lesarten des ErT beweisen, wurde die Apk offensichtlich vom gedruckten Text abgeschrieben: vgl. exemplarisch 1,11; 2,1; 2,2; 2,3; 2,5; 2,14; 2,19; 2,22; 5,10; 5,14; 6,1; 6,11; 7,10; 8,11; 10,4; 11,1; 14,9; 14,11; 15,3; 17,8; 18,17. Der Apk-Text entspricht dem späten Editionsstadium Bez1 bis Elz2 (s. z.B. 2,1; 2,14; 6,11; 7,10; 8,11; 11,1; 14,11; 17,8). In Apk 2,14 (τὸν Βαλάκ) und 2,24 (λέγω τοῖς λοιποῖς) stehen zwei Lesarten, die zwar nicht sonderlich signifikant für den ErT sind, aber in Rekurs auf den übrigen Befund zeigen, dass 1776 wahrscheinlich auf den Elzevir-Editionen bzw. deren Nachdrucken basiert (vgl. 2,24). Sehr viel präziser lässt sich die Vorlage nicht greifen, weil der ErT mit Elz2 tatsächlich zum Textus receptus wurde und fortan allenfalls geringfügig innerhalb verschiedener Ausgaben differiert. Eventuell griff der Schreiber von 1776 also auf eine zeitgenössische Edition als Vorlage zurück. Verschiedentlich begegnen zwar minimale Abweichungen vom ErT (vgl. 2,5 Omission von ταχύ), die jedoch über die prinzipielle Abhängigkeit vom gedruckten Text nicht hinwegtäuschen können. Auch die wenigen Schreibfehler (s. etwa οὗ πληρώσανται 6,11 oder 18,17) und Korrekturen (z.B. 5,14 Einfügung des Artikels τῷ)227 fallen kaum ins Gewicht und können die Reproduktion des ErT bzw. Textus receptus nicht in Zweifel ziehen. Im Gegenteil sind sie durch den ErT veranlasst (s. οὗ πληρώσονται oder ζῶντι εἰς τοὺς αἰωνας τῶν αἰώνων), da sie an Lesarten anknüpfen, die ausschließlich in dieser Textgestalt begegnen. Wie zuvor ist die Zusammensetzung von Apk-Text und unbekanntem Kommentar höchst faszinierend und reizt zu weiteren Studien. Leider hat die fotografische Reproduktion von 1776 im NT.VMR eine teils miserable Qualität, der im günstigsten Fall der größer geschriebene Apk-Text zu entnehmen 224 225 226 227
Auch 1776 wurde von mir komplett indiziert. Hoskier, Text I, 726. Vgl. Aland, Liste, 147. Zur Einfügung des Artikels τῷ in Apk 5,14 s. §2.5. oben und 7.4 unten.
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ist. Demgegenüber verschwindet der Kommentar häufig in Unlesbarkeit.228 Für uns bleibt aber zunächst als wesentliches Ergebnis festzuhalten, dass der ApkText von 1776 auf dem ErT fußt und das Objekt deswegen vom herkömmlichen Hss.-Material zu trennen ist. 7.3. Athos, Panteleimonos, 523 (GA 1777) Das Objekt umfasst 68 beschriebene und nummerierte Papierseiten zu einer Spalte und wird ins 19. Jh. datiert.229 Die Fotografien der Hs. enden mit dem leeren Blatt fol. 70r, geben aber zu erkennen, dass der Codex deutlich mehr als die im NT.VMR eingestellten Seiten enthält. Zudem ist die in der KGFL (II) genannte Zeilenzahl von 26 nur bedingt korrekt, da sowohl bei Apk 2,24 als auch bei 4,1 jeweils ein Layout- und Schreiberwechsel vorliegt (fol. 33v = NT.VMR-PageID 690 [abgerufen am 30.09.2013] und 43r = NT.VMR-PageID 880 [abgerufen am 30.09.2013]): Schreiber A: Bis Apk 2,23 ist die Hs. von einer Hand im Format zu 26 Zeilen geschrieben (bis fol. 32v). Schreiber B: Danach folgt auf fol. 33r ein Textstück des zweiten Schreibers, das auf der Hälfte der Seite abbricht und mittels großen Kreuzes (X) elidiert wurde. Auf der folgenden Seite (fol. 33v) schreitet der Text weiterhin von zweiter Hand mit 31 Zeilen voran,230 ohne dass evident ist, woran der Text eigentlich anschließt. Der Wortlaut stimmt weder mit dem getilgten Text überein noch knüpft er an das Ende von fol. 32v an. Die erste Hand bleibt fortan weg, während der zweite Kopist Kommentar und Apk-Text bis inklusive 3,22 schrieb. Schreiber C: Dort liegt erneut ein Schreiberwechsel, bei dem es ebenfalls zu einigen Irritationen kam. Es wurde zunächst eine Seite freigelassen (42r = NT.VMR-PageID 860 [abgerufen am 30.09.2013]), dann eine kurze unleserliche Notiz angefügt (42v = NT.VMR-PageID 870 [abgerufen am 30.09.2013])231 und letztendlich der Kommentar sowie Apk-Text bei 4,1 von einer dritten Hand im Format zu 33 Zeilen fortgesetzt (43r).
228 Bei Apk 3,20f. (S. 227 = NT.VMR-PageID 2480–2500 [abgerufen am 30.09.2013]) scheinen sich während der Aufnahme die Lichtverhältnisse geändert zu haben, da die Abbildungen ab hier deutlich dunkler und ggf. unlesbar werden. 229 Zur Datierung: Lampros, Catalogue II, 389; und Aland, Liste, 147. 230 Die Lokalisierung des Schreiberwechsels durch Hoskier „Another hand writes on p. 4“ (Text I, 727) ist undurchsichtig. 231 Die kurze Notiz stammt von keinem der drei Schreiber, sondern geht auf eine weitere Hand zurück, die danach aber nicht wieder auftritt.
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Schreiber D: Die Hand der Notiz kopierte zwar keinen Apk-Text, ist aber dennoch als vierte Hand zu werten, weil sie mit keinem der übrigen Schreiber identisch ist. Sämtliche Schreiber gehören vermutlich demselben Skriptorium an und pflegten einen sehr unordentlichen Stil, der für einen schwer lesbaren Text sorgte. Inwiefern die verschiedenen Schreiber sich gegenseitig korrigierten, stellt eine offene Frage dar. Immerhin begegnen gelegentlich Korrekturen zum Kommentar (s. z.B. 47r = NT.VMR-PageID 760 [abgerufen am 30.09.2013] zweite Zeile), wohingegen der Apk-Text innerhalb der kollationierten Stellen keine evidenten Verbesserungen aufweist. Der dreifache (bzw. vierfache) Schreiberwechsel ist für sich genommen schon bemerkenswert, stellt aber nur eine der vielen Besonderheiten des Codex dar. Merkwürdigerweise nannte Lampros einen gewissen ∆ωροθέου Βουλησµᾶ als Schreiber des Codex, der sich jedoch mit Blick auf den Befund gar nicht verifizieren lässt. Nirgendwo auf den Bildern im NT.VMR findet sich eine Notiz, die Lamprosʼ Information entsprechen würde.232 Die Hs. beginnt auf der ersten Textseite unmittelbar mit dem Apk-Zitat von 1,1–3 (fol. 1r = VMRPageID 40). Darüber befinden sich lediglich die kurze Kapitelangabe „κεφ α´“ links und rechts daneben der Vermerk „Ἰωάν:“. Schließlich bricht sie hinter 10,11 ohne nachstehenden Kolophon ab, so dass einschlägige Anmerkungen zu den Schreibern von 1777 im Codex selbst gänzlich ausgeblieben sind. Ebenso enthält die eigenartige Notiz von vierter Hand – soweit sie sich entziffern lässt – keine Informationen, woher oder unter welchen Umständen die Hs. entstand. Den endgültigen Schluss der Hs. in 10,11 beobachtete Hoskier eher zufällig korrekt, da allem Anschein nach seine Fotografien wiederum defektiv waren. Er hatte lediglich auf die ersten drei und die letzte Textseite Zugriff,233 wonach er Apk 1,1–3 und 10,7–10 lesen konnte. Der abrupte Schluss frappiert, da er keineswegs von Beschädigung herrührt, sondern der Text seltsamerweise gefolgt von einigen leeren Blättern inmitten einer begonnenen Seite endet (vgl. fol. 68v = NT.VMR-PageID 1390 [abgerufen am 30.09.2013]). Gemeinsam mit der Apk enthält die Hs. einen Kommentar, den Lampros Θεοδωρήτου Κύρρου zuwies.234 Schmid hielt dies für einen Irrtum,235 zumal die Hs. selbst keinerlei Hinweise enthält, um welchen Kommentar es sich de facto handelt. Wie angedeutet, fehlen Intitulationen, aus denen hervorginge, welcher 232 Lampros, Catalogue II, 389. 233 Hoskier, Text I, 727: „The next page is numbered 68, while the previous one is numbered 2.“ Anders als Hoskier sehen konnte, folgen nach Apk 1,1–3 nicht zwei Seiten, sondern tatsächlich insgesamt acht volle Seiten Kommentar (fol. 1v–5r). Schon dies dürfte belegen, wie umfänglich der Kommentar ursprünglich angelegt war. 234 Lampros, Catalogue II, 389. 235 Schmid, Studien I, Einleitung, 92.
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Kommentar in 1777 vorliegt. Hoskier hielt es immerhin für möglich,236 dass der Kommentar sowohl die Andreas- als auch Arethas-Tradition verwertet, ohne mit ihnen irgendwie identisch zu sein.237 Dies geht bereits aus einer kurzen mit runden Klammern markierten Einschaltung in den Apk-Text von 1,2 hervor (fol. 1r = NT.VMR-PageID 40 [abgerufen am 30.09.2013]), in der ein primär durch Andreas (ἀνδρέα καισαρέως) und Arethas (ἀρέθα) überkommener Zusatz καὶ ἅτινά εἰσι καὶ ἅτινα χρὴ γενέσθαι µετὰ ταῦτα zitiert wird (vgl. NA28 z.St.). Beide Personen sind in Form von Quellen für die Texttradition namentlich genannt, wobei die Lesart mit weiteren Variationen angefüllt wurde. Als eigentümlich erweisen sich ferner in den Kommentar eingeschaltete Anmerkungen (α, β, γ, usw.) in der Gestalt von Fußnoten, die nicht etwa Textkorrekturen sind, sondern Querverweise innerhalb des Kommentars auf bestimmte Abschnitte oder Begriffe darstellen (vgl. fol. 1r unten = NT.VMR-PageID 40 [abgerufen am 30.09.2013]). Offensichtlich liegt also im Wesentlichen ein zu den beiden zuvor beschriebenen Codices vergleichbarer Kommentartyp eines derzeit unbekannten Autors und dreier Schreiber vor. Mit Blick auf weitere Analysen wäre vorrangig zu untersuchen, auf welche Tradition sich die Auslegung bezieht und ob angesichts der drei verschiedenen Schreiber auch entsprechende Brüche im Kommentar auftreten. Im Hinblick auf den Apk-Text reiht sich das Dokument in die bisherigen Beobachtungen nahtlos ein: Frappierend tritt die moderne Verzählung hervor. Sie ähnelt als solche zwar nicht unbedingt zeitgenössischen Editionen, weil sie kontinuierlich über Kapitelgrenzen hinweg und mittels griechischer Ziffern erfolgte, basiert aber auf der üblichen Verseinteilung des Stephanus. Dies ergibt sich aus einem genauen Vergleich der Versabgrenzungen, die abgesehen von wenigen Ausnahmen nach vorne und hinten mit denen des Stephanus identisch sind. Dieses Indiz wird endgültig durch die Textform der Apk bestätigt. Aufgrund des geringen Textumfangs, der Hoskier zugänglich war, konnte er nicht erkennen, dass die Apk von 1777 eine Abschrift des ErT ist. Davon in Unkenntnis zitierte er die wenigen Varianten aus Apk 1,1–3 und 10,7–10 im Apparat: „I have entered the few readings available in the collations.“238 In diesem ohnehin schmalen Textbereich (1,1–3 und 10,7–10) ist die Hs. vergleichsweise unauffällig, so dass ihr eigentlicher Textwert verborgen bleibt. Die Aufnahmen des Objektes im NT.VMR, wonach sie Apk 1,1–10,11 vollständig umfasst,239 ermöglichen eine Neuerschließung der Hs. Demzufolge entspricht der Apk-Text unzweifelhaft dem Editionsstadium des ErT nach Bez1 236 Hoskier, Text I, 727. 237 Vgl. etwa den Wortlaut der Auslegung zu Apk 1,1–3 (fol. 1r–5v) mit demjenigen des Andreas und Arethas; es finden sich weder lexikalische noch inhaltliche Übereinstimmungen. 238 Hoskier, Text I, 727. 239 Wiederum wurde das Dokument vollständig von mir im NT.VMR indiziert.
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bis Elz2. Um die Untersuchung an dieser Stelle abzukürzen, sei auf die maßgeblichen zu 1776 angeführten Lesarten des ErT verwiesen (s. §7.2.), denen 1777 im Grunde ausnahmlos bis zum Ende bei Apk 10,11 folgt. Genauerhin divergiert 1777 minimal an drei im Appendix berücksichtigten Stellen vom ErT: 2,3; 2,20 und 5,14: 1. Die Lesart κεκοποίακας καὶ οὐ κέκµηκας statt κεκοπίακας καὶ οὐ κέκµηκας (2,3) dürfte auf einfachem Itazismus beruhen. Er erklärt sich ausschließlich auf Grundlage des ErT, da der Zusatz καὶ οὐ κέκµηκας ansonsten in keinem Textzeugen auftritt.240 2. Auch die orthografische Verbesserung von ἰεζάβηλ zu ἰεζάβελ bei 2,20 hat keine gravierende Bedeutung. An ihr lässt sich ohnehin kaum fremder Einfluss festmachen (s. §6.3.), sondern sie geht wahrscheinlich auf eine selbstständige Korrektur des Schreibers zurück. 3. Gleiches gilt für die korrigierende Einfügung des Artikels τῷ in 5,14 vor ζῶντι εἰς τοὺς αἰωνας τῶν αἰώνων, die sich schon in 1776 fand (s. §7.2.) und auch in 2072 wiederkehrt (s. §7.4.). Weil der Zusatz ζῶντι εἰς τοὺς αἰωνας τῶν αἰώνων ausschließlich im ErT von 5,14 auftritt (s. §2.5.), hat die Überarbeitung letztlich ihren Anlass im ErT selbst. Erwähnenswert ist ferner die Lesart τὸν λόγον anstelle des üblichen τοὺς λόγους in Apk 1,3. Sie hat keinen Urpsrung im ErT und wird lediglich von den Codices א046 sowie einer handvoll Minuskeln überliefert.241 Eine dieser Minuskeln ist GA 1678, die sich ebenfalls im Athos-Kloster Panteleimonos (Codex 770) befindet. Eventuell wusste man um diese Hs., so dass τὸν λόγον entweder aus Erinnerung oder partiellem Abgleich mit 1678 in 1777 eingefügt wurde. Letzteres scheint sogar etwas wahrscheinlicher, da der erste Abschnitt auch weitere nach anderen Quellen verglichene Lesarten enthält, die im Fall von 1,2 (s.o.) – also kurz zuvor –sogar explizit benannt wurden. Wir können also festhalten, dass 1777 eine Kopie des ErT bzw. Textus receptus ist. Der Apk-Text entspricht dem Editionstadium Bez1 bis Elz2. Auch wenn er gelegentlich nach anderen Textzeugen überarbeitet wurde, ist 1777 dennoch von der herkömmlichen Hss.-Überlieferung zu trennen. Insgesamt haben die Differenzen zum Textus receptus kaum Gewicht, sondern sprechen für ihn als Vorlage von 1777 (vgl. etwa 2,3; 5,14).
240 Hierzu Brown, Novum Testamentum, 523. 241 Die Entstehung der Variante ist leicht erklärt und rührt wahrscheinlich durch Paralleleinfluss von 1,2 ἐµαρτύρησεν τὸν λόγον her.
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7.4. Athos, Dochiariu, 81 (GA 2072) Ganz ähnlich wie die vorherigen Objekte enthält auch 2072 einen imposanten Kommentar mitsamt Apk-Text auf über 281 Papierblättern bei einer Spalte zu 30–32 Zeilen. Ein Kolophon datiert die Hs. ins Jahr 1798 und erwähnt einen gewissen ἱεροδιδάσκαλος κύριος Θεοδώρητος als ihren Schreiber (s. S. 281 = NT.VMR-PageID 8020 [abgerufen am 30.09.2013]). Vergleichbar zu 1776 sind in 2072 die Seiten produktionsseitig paginiert. Der Kommentar als solcher wird von einer umfangreichen, als Widmungsschreiben (τοῖς […] ἐν χω ἀδελφοῖς) stilisierten Einleitung242 und einer nachstehenden Inhaltsübersicht (πίναξ s. NT.VMR-PageID 7860 [abgerufen am 30.09.2013]) gerahmt, die Überschriften jedes einzelnen Abschnitts seitengenau aufführt. Ohne über das beachtliche Ausmaß der Hs., welche die Umfänge typischer Andreas-Kommentare bei Weitem übersteigt, oder über zahlreiche andere Eigentümlichkeiten ins Stocken zu geraten, wies von Soden den Kommentar der Andreas-Tradition zu.243 Wie sich jedoch bereits aus kurzer Oberflächenanalyse ergibt, kann der Kommentar unmöglich mit demjenigen des Andreas (oder Ökumenius bzw. Arethas) identisch sein. Hierfür lassen sich folgende Argumente anführen: 1. Schon im Titulus von 2072 blieb der namentliche Hinweis auf die Person des Andreas aus: ἑρµηνεία τῆς ἱερᾶς ἀποκαλύψεως τοῦ ἀποστόλου καὶ εὐαγγελιστοῦ ἰωάννου τοὺ θεολόγου (vgl. Vorsatzblatt Versoseite = NT.VMR-PageID 40 [abgerufen am 30.09.2013]). Die Überschrift des Andreas-Kommentars wird zugegebenermaßen in einigen Variationen überliefert, der Hinweis ἀνδρέου ἀρχιεπισκόπου καισαρείας καππαδοκίας ἑρµηνεία tritt jedoch konstitutiv in allen betreffenden Hss. auf – sofern sie das Incipit enthalten.244 2. Dem Kommentar fehlt ebenso die aus der Andreas-Tradition bekannte Gliederung in λόγοι und κεφάλαια. 2072 hat demgegenüber ein ganz eigenes Ordnungsschema, das keinerlei Bezüge zum Andreas-Kommentar aufweist (s.u.). 3. Ferner wurden beispielsweise entgegen dem herkömmlichen AndreasKommentar die sachlich zusammengehörenden Einleitungsverse Apk 1,1– 3 getrennt voneinander ausgelegt und der inhaltliche wie sprachliche Zusammenhang Apk 1,12–16 zu drei Blöcken zergliedert kommentiert (1,12– 13; 1,14–15 und 1,16). Die einzelnen Abschnitte werden jeweils durch ei242 Hierzu Lampros, Catalogue I, 243. 243 So von Soden, Untersuchung, 288. Die Hinweise bei Gregory (Textkritik I, 324) beschränken sich auf wenige Angaben zu Alter und Schreiber des Codex, geben aber keine Auskünfte zum Kommentar. 244 Vgl. die Übersicht bei Schmid, Studien I, Text, 7.
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ne ausführlich formulierte Überschrift eingeführt, die bereits verdichtete Kommentierungen darstellen und ebenfalls in keiner konventionellen Andreas-Hs. auftreten. 4. Völlig unbekannt sind der Andreas-Tradition außerdem präzise im Text lokalisierte (α β etc.) und versgenaue biblische Querverweise, die in regelmäßigen Abständen am Ende eines Kommentarabschnitts stehen (vgl. etwa S. 51 = NT.VMR-PageID 2620 [abgerufen am 30.09.2013]) und sich ggf. auf das ganze NT erstrecken (z.B. µαθ [Mt]; ἰωάν [Joh]; ροµ [Rom]; κοριν [Kor]; ἐφες [Eph]). 5. Dies gilt gleichermaßen für längere Zitate dogmatischer Texte oder Kirchenväterschriften (vgl. S. 51 = NT.VMR-PageID 2620 [abgerufen am 30.09.2013]), die mittels eigener Überschrift inklusive Werkangabe und Diplés augenfällig markiert sind. Wie schon aus der Strukturanalyse des Kommentars deutlich hervorgeht, beweist ein Abgleich des Kommentars von 2072 mit dem Wortlaut des Ökumenius, Andreas oder Arethas endgültig, dass er keinem von diesen auch nur ansatzweise gleichkommt.245 Freilich sind damit inhaltliche Rezeptionen jener Traditionen keineswegs ausgeschlossen, aber es handelt sich nach Lage der Dinge um keinen Ökumenius-, Andreas- bzw. Arethas-Kommentar. Ganz im Gegenteil hat der Kommentar ein ähnliches Gepräge wie diejenigen aus 1775 1776 und 1777, die im Prinzip neue, teils modern anmutende griechische Kommentare zur Apk sind. Es stellt sich daher die Frage: Wieso schlug von Soden den Kommentar der Andreastradition zu? Womöglich wusste er lediglich anhand des Katalogeintrages bei Lampros um die Hs., in dem sich keine Informationen zum Apk-Kommentar der Hs. finden. Dem würde ebenfalls entsprechen, dass von Soden weder auf Format noch Umfang des Codex einging, die auch bei Lampros weggelassen sind.246 Ohne detaillierte Kenntnis der Hs. liegt es aufgrund der Häufigkeit des Andreas-Kommentars sicherlich auf der Hand, die ἑρµηνεία τῆς ἱερᾶς ἀποκαλύψεως dort zu verorten. Relativ jäh endet der Codex mit Apk 22,19. Die genauen Umstände sind unklar, rühren aber wahrscheinlich von einem Blattverlust her, zumal die Bindung des Codex stark in Mitleidenschaft gezogen ist. Hierauf deutet zumindest die fotografische Reproduktion am INTF hin. Weil nach dem Blatt mit Apk 22,19 (S. 564 = NT.VMR-PageID 7850 [abgerufen am 30.09.2013]) im jetzigen Erhaltungszustand der unpaginierte Pinax folgt, gibt ein Bruch in der Paginierung leider diesbezüglich keinen validen Aufschluss. 245 Vgl. hierzu die gängigen Editionen von Cramer (Arethas), Schmid (Andreas) und de Groote (Ökumenius). 246 Lampros, Catalogue I, 243.
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Es verblüfft sicher nicht mehr, dass der Apk-Text auf Kopie des ErT basiert.247 Handfestes Indiz ist die in arabischen Zahlen angebrachte Verszählung des Stephanus als Bestandteil der ursprünglichen Produktionseinheit. Sie erfolgte jedoch nicht kapitelweise (vgl. 1776) – wie man erwartet –, sondern analog zu 1777 wurden mithilfe der Verszählung bestimmte Blöcke als eine Art übergeordnetes Gliederungsschema geformt: 1. Block) Apk 1,1–3,22 [V. 1–71]; 2. Block) 4,1–6,17 [V. 1–42]; 3. Block) 7,1– 9,21 [V. 1–52]; 4. Block) 10,1–13,18 [V. 1–75]; 5. Block) 14,1–16,21 [V. 1–28]; 6. Block) 17,1–18,24 [V. 1–42]; 7. Block) 19,1–20,10 [V. 1–31]; 8. Block) 20,11– 22,15 [V. 1–25]; 9. Block) 22,16–19 [V. 1–4].
Ein simpler Abgleich mit NA28 zeigt: Die Verssumme jedes Blocks ist mit der Gesamtzahl aller Verse der jeweils umfassten Kapitel der modernen Verseinteilung identisch: z.B. 20 (Apk 1) + 29 (Apk 2) + 22 (Apk 3) = 71 Verse. Die Anzahl von 71 Versen entspricht der Verzählung von 2072 bei Apk 3,22. Zudem stimmt die in 2072 vorfindliche Gliederung mit der Verzählung in griechischen Ziffern von 1777 bis zum dortigen Ende Apk 10,11 überein und ist ein nächster bedeutsamer Anhaltspunkt für den noch genauer zu erforschenden Zusammenhang der Kommentar-Hss. Obwohl 1776 anders als 1777 und 2072 eine modernen Ausgaben vollends entsprechende kapitelweise Verszählung hat, greift auch sie auf dasselbe Gliederungsschema zurück. Lediglich an den mit 1777 und 2072 deckungsgleichen Einschnitten 1,1; 4,1; 7,1; 10,1; 14,1; 17,1 und 19,1 treten in 1776 ornamentartige Verzierungen auf, die entsprechend einen neuen Abschnitt hervorheben. Dass analoge Ornamente bei 20,11 und 22,16 ausbleiben, unterstreicht den sonstigen Eindruck, dass die Hs. nicht einwandfrei zu Ende geführt wurde. Ohne ins Detail gehen zu müssen, genügt zum Beweis ein Abgleich mit den charakteristischen Lesarten des ErT (§2.4.), wonach 2072 diese Textform unzweifelhaft reproduziert. Wie die entsprechenden Stellen im Appendix zeigen, folgt sie dem ErT ohne gravierende Abweichung. Aus den zu 1776 angeführten Stellen geht eindeutig hervor, dass 2072 mehrheitlich dem späten Editionstadium von Bez1 bis Elz2 (vgl. Apk 2,1; 2,14; 2,24; 6,11; 7,10; 8,11; 11,1; 14,11; 17,8) und insbesondere der Textfassung von Elzevir nahesteht (s. §7.2.). Wir beschränken uns also darauf, die wenigen Abweichungen der im Appendix aufgenommenen Lesarten zwischen 2072 und dem Textus receptus zu nennen: Apk 4,10; 5,14; 17,4; 21,2; 21,20:
247 Schon Hoskier (Text I, 566) merkte an, dass der Apk-Text von 2072 anscheinend vom gedruckten Text herrührt. Er schloss das Objekt deshalb von der Kollation aus. Mit Bezug auf Hoskier wiederholte Schmid (Studien I, Einleitung, 92) diesen Vermerk, wonach er in Form von eckigen Klammern um das Dokument in der KGFL (II) übernommen wurde; vgl. Aland, Liste, 166.
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1. Die defizitäre Lesart προσκυνήσου in 4,10 dürfte von einem einfachen Schreibfehler herrühren, der keinerlei Bedeutung hat. Der Kopist überging nachlässig die Endung σι, wodurch er eine ansonsten unbezeugte NonsensLesart schuf.248 2. Die Ergänzung des Artikels τῷ vor ζῶντι εἰς τοὺς αἰωνας τῶν αἰώνων in Apk 5,14 ist längst bekannt (s. §7.2. und §7.3.) und als sprachliche Glättung einzuordnen, die ihren Hintergrund in der Parallele 4,10 hat. Womöglich geht sie aber gar nicht unmittelbar auf den Schreiber von 2072 zurück, sondern beruht auf der zugrunde liegenden Vorlage. Dieselbe Modifikation des ErT tritt nämlich jeweils in 1776 1777 und 2072 auf und ist damit ein weiterer Beleg für ihre enge Beziehung. Dieser Konnex hat nicht nur geografischen Ursprung, sondern kehrt offenbar auch inhaltlich wieder. Bemerkenswert ist in jedem Fall, wie nah beieinander die Objekte archiviert sind: 1776 wie 1777 im Athos-Kloster Panteleimonos und 2072 nur unweit davon im Kloster Dochiariu. 3. In Apk 17,4 hat 2072 die morphologisch verunglückte Lesart ἀκαθάρτοτητος, die laut Hoskier nicht anderweitig belegt ist und deswegen höchstwahrscheinlich auf einem Lapsus des Schreibers beruht.249 Eventuell geriet der Kopist bei Abschrift des dubiosen ἀκαθάρτητος aus dem ErT ins Schwanken und transkribierte zunächst ἀκαθάρτο-(ς), bemerkte aber beim zweiten Hinsehen den anders lautenden Text und fügte ohne Eingriff in den ersten Versuch zügig -τητος an. Letztlich kann die Textfassung von 2072 nur auf dem ErT basieren, weil jener mit ἀκαθάρτητος hier eine Singulärlesart hat.250 4. Der Wortlaut καὶ ἐγὼ Ἰωάννης εἶδον τὴν πόλιν τὴν ἁγίαν in Apk 21,2 ist gleich in mehrfacher Hinsicht eine Spezialfassung des ErT, woran auch die Einfügung des Artikels ὁ in 2072 vor Ἰωάννης nichts ändert. Hoskier vermerkte explizit, dass weder die Disposition von εἶδον vor πόλιν noch die Einfügung von ἐγὼ Ἰωάννης in irgendeiner griechischen Hs. abgesehen von den Abschriften des ErT 296 (§6.1.) und 2049 (§6.2.) vorkommt.251 Der Hergang spiegelt möglicherweise eine gewisse Vorliebe des Schreibers wieder, den Eigennamen mit Artikel zu bieten. Dieselbe Einfügung tritt nämlich genauso in Apk 22,8 auf (vgl. S. 566 = NT.VMR-PageID 7770 [abgerufen am 30.09.2013]). An dieser Stelle wurde der Artikel allerdings im Nachhinein flüchtig ausradiert, wobei der ursprüngliche Text 248 Bei Hoskier (Text II, 137) sind keine Belege für προσκυνήσου verzeichnet. 249 Vgl. Hoskier, Text II, 448 z. St. 250 Das Wort ἀκαθάρτητος existiert in der griechischen Sprache überhaupt nicht; s. zur Variante auch Brown, Novum Testamentum, 621. 251 Vgl. dazu Hoskier, Text II, 572; und weitere Hintergründe zum ErT bei Brown, Novum Testamentum, 650f.
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καὶ ἐγὼ ὁ Ἰωάννης ὁ βλέπων noch gut erkennbar ist. Ob die Einfügungen des Artikels ὁ in 21,2 und 22,8 jeweils vor Ἰωάννης in 2072 tatsächlich auf handfestem Fremdeinfluss oder doch nur Eigenständigkeit des Schreibers beruhen, lässt sich kaum mit Bestimmtheit feststellen. Allzumal mit Blick auf die letzte Variante scheint beides im Bereich des Möglichen zu liegen – zumindest wird ὁ Ἰωάννης von 205 209 und 2045 bezeugt.252 5. In 21,20 hat 2072 mit ἀµέθυσος eine echte Variante im Vergleich zum ErT bzw. Textus receptus, der seit der Editio Regia durchgängig ἀµέθυστος lautet. Ungeachtet der Bezeugung von ἀµέθυσος in früheren Ausgaben des ErT (Er3 Er4 Col Er5) werden beide Lesarten durch die Hss.-Tradition gedeckt, weshalb die Fassung von 2072 keinerlei Aussagekraft in irgendeine Richtung besitzt. Nicht mehr im Rahmen der Kollation enthalten, aber dennoch erwähnenswert ist schließlich der Passus ὅσα τε εἶδεν καὶ ἤκουσε καὶ ἅτινα ἐισί και ἅτινα γενέσθαι µετὰ ταῦτα in Apk 1,2. Der erste Teil ὅσα τε εἶδεν entspricht dem ErT, den der Schreiber um καὶ ἤκουσε und den vorwiegend aus der AndreasTradition bekannten Zusatz καὶ ἅτινα ἐισί και ἅτινα γενέσθαι µετὰ ταῦτα vermehrte. Es bleibt unklar, worauf die Konstruktion zurückgeht. Denn die Einfügung καὶ ἤκουσε findet sich nicht im ErT und tritt lediglich minimal variiert in der auf das Jahr 1685 datierten Athos-Hs. GA 2077 (Iviron, 508) auf,253 die zugleich den Arethas-Kommentar enthält.254 Fernerhin nannte 1777 (19. Jh.) die Lesart leicht abgewandelt in Form einer textkritischen Anmerkung unter explizitem Verweis auf Arethas: τοῦ ἀρέθα […]: ὅσα τε εἶδεν καὶ ὅσα ἤκουσε καὶ ἅτινα δεῖ γενέσθαι µετὰ ταῦτα (s. oben 6.3). Inwiefern 1777 und 2072 auf das Zeugnis von 2077 oder einer verlorenen gleichartigen Hs. rekurrieren, lässt sich an dieser Stelle nicht absehen, scheint aber immerhin möglich zu sein. In jedem Fall ist dieser Befund als weiterer Beleg für die Verbundenheit beider Codices zu werten. Obwohl der Apk-Text von 2072 durch geringfügige Änderungen des Schreibers modifiziert wurde, kann aufgrund nachstehender Kollation kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, sie als Abschrift des späten ErT bzw. Textus receptus einzustufen. Etwaige Abweichungen fallen demgegenüber kaum 252 Vgl. Hoskier, Text II, 625. 253 Die betreffende Textstelle lautet in 2077 ὅσα τε εἶδεν καὶ ὅσα ἤκουσε καὶ ἅτινα ἐισί και ἅτινα δεῖ γενέσθαι µετὰ ταῦτα (vgl. fol. 12r = NT.VMR-PageID 200 [abgerufen am 30.09.2013]). Nochmals eigens ist der Befund für die Textfassung der Arethas-Edition Cramers (1844) zu bewerten: ὅσα τε εἶδεν καὶ ὅσα ἤκουσε; s. Cramer, Catenae, 183; und ferner Hoskier, Text II, 30. 254 Hierzu Schmid, Überlieferung, 74ff. In 2077 ist der eigentliche Arethas-Kommentar um den Prolog und Epilog des Andreas erweitert; vielleicht sahen Gregory (Textkritik I, 324) und von Soden (Αν71) deswegen das Objekt als Andreas-Kommentar an.
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ins Gewicht und greifen nur vereinzelt anderweitige Texttraditionen auf (s. Apk 1,2 und 21,10). Diese müssen nicht zwingend auf fremden Einfluss hindeuten, sondern können ebenso aus Erinnerung des Schreibers in 2072 eingedrungen sein. 7.5. Dublin, Trinity College, Ms. 30 (GA 61) Bei GA 61 handelt es sich um eine 471 Papierblätter umfassende Vollhandschrift des NT, deren Kopist(en) unbekannt sind.255 Die Apk befindet sich auf den fol. 443r–469v. Der Codex wird übereinstimmend von Gregory, Schmid, sowie der KGFL (II) ins 16. Jh.256 datiert und ist in mehrfacher Hinsicht für die ntl. Text- und Editionsgeschichte bedeutsam. Als eine von bislang acht bekannten Hss. enthält sie den griechischen Wortlaut des sog. Comma Iohanneum, eines in erster Linie durch die lateinische Tradition überlieferten trinitarischen Zusatzes in 1Joh 5,7–8.257 In der ersten Edition von 1516 verzichtete Erasmus auf diese Passage, ergänzte sie aber wohl nach dem Zeugnis von 61 mit der dritten Auflage 1522.258 Mit Blick auf die Apk wird kontrovers diskutiert, ob sie erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Codex eingebunden wurde: Brown kam zu dem Ergebnis, dass sie ursprünglicher Bestandteil der Produktionseinheit ist und eine Kopie der Apk von GA 69 darstellt.259 Zuvor hatte Schmid jedoch herausgestellt, dass die Hs. von insgesamt vier Schreibern stammt (A: Mt–Mk; B: Mk– Joh; C: Acta + Briefe; D: Apk) und die Apk offenbar erst um 1580 nachträglich in den Codex eingebunden wurde.260 Fernerhin sah er in 69 lediglich eine Schwester von 61 und nicht deren Vorlage, wozu er auf unzählige Differenzen 255 Zu den Hintergründen des Codex s. Brown, Novum Testamentum, 27–110. Metzger (Text, 146) gab einen gewissen Franziskaner-Mönch Froy als Kopisten des Codex an: „the Greek manuscript had probably been written in Oxford about 1520 by a Franciscan friar named Froy“. Bei dieser Person handelt es sich aber keineswegs um den Schreiber, sondern um den ersten Eigentümer der Hs. – so Brown, Novum Testamentum, 41ff. 256 Gregory, Textkritik I, 321; J. Schmid, Untersuchungen zur Geschichte des griechischen Apokalypsetextes, Der K-Text, Biblica 17 (1936), 273–293, hier: 284; und Aland, Liste, 50. Hiermit stimmen auch neuere paläografische Untersuchungen der Hs. überein; s. hierzu B. Crostinis angefertigte Beschreibung des Codex am Trinity College von 2010. 257 Eine Auflistung der griechischen Textzeugen steht bei Metzger, Text, 147. 258 Zur Diskussion s. Heide, Bibeltext, 56–85; und Brown, Novum Testamentum, 34–41. 259 Obwohl 69 ebenfalls eine Vollhandschrift des NT ist, wurde sie nach Brown (Novum Testamentum, 110) nur für die Apk von 61 als Vorlage benutzt; die übrigen Schriften rühren von anderen Hss. her: Mt–Mk GA 152; Lk–Joh GA 58; Acta und Briefe GA 326. 260 So Schmid, Untersuchungen, 284–286. Die Identifizierung der Schreiber von Schmid stimmt exakt mit Browns Lokalisierungen der Vorlagenwechsel überein.
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zwischen beiden Dokumenten hinwies: s. etwa 2,17: τοῦ µάννα 61] τοῦ φαγεῖν µάνα 69.261 Wir können die Kontroverse an dieser Stelle zurückstellen, halten aber fest: zentrale Fragen zu Geschichte und Text beider Codices sind noch nicht endgültig beantwortet. Unsere Aufmerksamkeit gilt einer bestimmten Art von Marginalien, die primär auf den Seitenrändern und gelegentlich interlinear im Text der Apk begegnen. Sie lassen sich unabhängig von den eben erläuterten Problemen untersuchen. Weil die Apk generell durch zahllose Korrekturen (Expungierungen, Streichungen, Radierungen) und andere Eigenheiten (Verwandtschaft mit älteren Textzeugen wie אA und C) auffällt, wurden im Rahmen der ApkECM zu deren Erschließung vorzügliche Farbaufnahmen des Objektes besorgt und in den NT.VMR eingepflegt. Die hier im Fokus stehenden Marginalien bilden einen separaten Typ und unterscheiden sich dezidiert von anderen Bearbeitungsschichten der Apk. Sie haben folgende Charakteristik: 1. Ihr Vorkommen beschränkt sich auf die ersten Blätter der Apk, wobei sie ab Apk 5 gar nicht mehr vorkommen. 2. Strittig ist, auf welche Hand die Randlesarten zurückgehen. Der Schreiber selbst fügte sie nicht ein, dafür sind die Unterschiede im Schriftbild zu gravierend. Die Drängung der Buchstaben auf dem schmalen Seitenrand erschwert aber die Entscheidung, ob sie von einem Korrektor desselben Skriptoriums oder einem unwesentlich späteren Bearbeiter anderer Herkunft stammen. Gleichzeitiges Auftreten von Gemeinsamkeiten (s. δ κ ν ω) und Unterschieden (s. α γ θ λ Schlusssigma) deuten jedenfalls darauf hin, dass die Marginalien zeitnah nach Niederschrift des Apk-Textes angebracht wurden. Dieser Frage wäre genauer nachzugehen, wenn auch andere Hintergründe des Codex und speziell der Apk untersucht werden. 3. Es existieren nirgendwo Anzeichen eines Vorlagen- oder Schreiberwechsels, der etwa durch andere Tintenfarbe oder Stil ersichtlich würde. Aus diesem Grund besteht kein Zweifel, dass sämtliche Lesarten diesen Typs auf dieselbe Hand und Quelle zurückgehen. 4. Obwohl die betreffenden Marginalien präzise mit differenzierten Verweiszeichen im Text verankert sind, gehen an den entsprechenden Stellen keine korrigierenden Eingriffe in den originären Wortlaut wie Expungierungen oder Streichungen voraus. Gewissermaßen stehen ursprüngliche Lesart und Marginal-Lesart damit zwar koordiniert, aber letztlich unbestimmt nebeneinander. So ist in keiner Weise ersichtlich, welche Funktion ihnen genau zukommt. Womöglich sind sie als Alternativlesarten intendiert, ohne explizit als solche markiert zu sein.
261 Aufzählung relevanter Stellen bei Schmid, Untersuchungen, 293.
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Um diesen Befund unverkürzt zu repräsentieren, wurde jede betreffende Textfassung im Appendix anhand eines hochgestellten mg schlicht als Marginal-Lesart dokumentiert: s. 1,4; 2,1; 2,3; 2,13; 2,14; 2,17; 2,24; 3,2; 3,7; 3,15; 4,5; 4,8; 4,10. Die Auflistung nennt keineswegs alle Marginalien von 61 bis inklusive Apk 4, sondern will beispielhaft ihren eigentlichen Textwert aufzeigen. Der Befund wirkt auf den ersten Blick ambivalent: Einerseits begegnen wie bei 1,8 mit ἀρχὴ καὶ τέλος 61mg als Einfügung nach τὸ ὦ in 61 Varianten, die in diversen konventionellen Hss. auftreten. Andererseits entsprechen die Marginalien regelmäßig typischen Lesarten und sogar Sonderformen des ErT (s. 2,1; 2,3; 2,13; 2,24; 3,15; 4,5).262 Sämtliche Marginal-Lesarten diesen Typs können infolge von 2814 aus dem ErT stammen, so dass in Übereinstimmung mit den bisherigen Beobachtungen nicht notwendigerweise verschiedene Quellen für ihre Herkunft angenommen werden müssen. Führt man im Gegenteil den Befund zusammen, lässt er einzig den Schluss zu, dass sie generell einem Druck entnommen wurden. Hierfür plädierten schon Schmid und Brown, die keine Zweifel an der Herkunft der fraglichen Randlesarten aus dem ErT hatten.263 Wie einige besonders markante Stellen zeigen, wurden die MarginalLesarten offenbar nach der Erstausgabe von Erasmus eingetragen; s. exemplarisch 3,1 und 4,10: 1. Die präsentische Variante προσκυνοῦσιν inklusive ν-mobile haben laut Hoskier lediglich Er1, nachgedruckt Ald und GA 792,264 während Erasmusʼ Vorlage 2814 sowie die Mehrheit der Textzeugen futurisch προσκυνήσουσιν liest.265 2. Wie schon Schmid herausstellte,266 wird die Sonderform ὅτι ζωῆς bei 3,1 ausschließlich von 2814 und Er1 gelesen. Erasmus änderte den Text zur zweiten Auflage nach Ald zu ὅτι ζῇς. Nimmt man folglich beide Stellen zusammen, erhärtet sich der Verdacht, dass der Glossator von 61 die Marginal-Lesarten sehr wahrscheinlich aus der Editio princeps des Erasmus kopierte, die als einziger Textzeuge beide spärlich bezeugten Varianten in Kombination enthält. 262 Diese Beobachtung machte schon Schmid, Untersuchungen, 286. 263 Brown, Novum Testamentum, 102. 264 Zur Bezeugung vgl. Hoskier, Text II, 137. Das Zeugnis von 792 ist wenig aussagekräftig, da die komplette nachstehende Passage τῷ ζῶντι εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων καὶ βαλοῦσιν τοὺς στεφάνους αὐτῶν ἐνώπιον τοῦ θρόνου ausgelassen ist (vgl. fol. 116v = NT.VMR-PageID 2370 [abgerufen am 30.09.2013]). 265 Zur Variante s. Brown, Novum Testamentum, 543. Im Hintergrund der im Prinzip unbezeugten Variante προσκυνοῦσιν dürfte Erasmusʼ lateinischer Text adorant stehen, der nach Gryson (Apocalypsis, 265) eine schlechte innerlateinische Überlieferung hat. 266 Schmid, Untersuchungen, 286.
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Unabhängig davon, ob die Marginal-Lesarten nun Er1 oder einem anderen Druck entnommen sind, basieren sie in jedem Fall auf dem ErT. Dementsprechend sind sie textgeschichtlich irrelevant und mit Blick auf Auswertungen des Hss.-Bestandes der Apk zu ignorieren. Trotzdem sind sie bemerkenswert, weil man offensichtlich die handschriftliche Überlieferung punktuell mit dem ErT abglich und gewisse Unterschiede in margine notierte. Dabei hatte der gedruckte Text jedoch nicht solches Gewicht, handschriftliche Zeugnisse zu verdrängen, sondern wurde sozusagen als Nebenform an den Rand des eigentlichen Apk-Textes gestellt. Warum dieses Phänomen gerade in 61, einer ohnehin editionsgeschichtlich belasteten Hs. auftaucht, wäre in entsprechenden Spezialstudien zu vertiefen.
8. Schlussbemerkungen Obwohl ein Großteil der beschriebenen Hss. längst als Abschriften des ErT bekannt sind, konnte unsere Untersuchung die bisherigen Beobachtungen deutlich vertiefen, ggf. erweitern und in einigen Fällen sogar korrigieren. Fassen wir also wesentliche Ergebnisse zusammen und ziehen Konsequenzen für die weitere Arbeit am Hss.-Material der Apk: – Mit GA 1903 2656 2669 und 2926 existieren vier Teilabschriften des ErT im Hss.-Bestand der Apk: 1903 folgt dem ErT bis Apk 5,11.12 nach Er2; 2656 bis 2,12.13 nach dem Editionsstadium Bez1–Elz2; 2669 ab 22,11 der Editio Regia unter Einbezug ihrer Randmarginalien; und 2926 bis 3,11 nach Er3. Der Wechsel von einer handschriftlichen Vorlage zur Editio Regia rührt bei 2669 am ehesten von Beschädigung oder Unlesbarkeit der vorliegenden Hs. her. In den übrigen Fällen sind kaum exakte Aussagen über den Hergang des Vorlagenwechsels möglich. Eventuell waren keine handschriftlichen Vorlagen zu den betreffenden Abschnitten vorhanden oder aber textliche Bedenken führten dazu, den als zu dubios empfundenen ErT zugunsten anderer (womöglich handschriftlicher) Quellen einzutauschen. Unabhängig davon ist der Vorlagenwechsel in 1903 und 2926 augenfällig durch Textirritationen bzw. Glossen markiert. – Daneben wurden mit 296 1776 1777 2049 2066 2072 2619 und 2909 acht Komplettabschriften des ErT in der Apk identifiziert: 296 = Col; 2049 = Stephanusʼ erste Auflage von 1546; 2066 = Er4 oder Stephanusʼ zweite Auflage von 1549; 2619 = Er1; 2909 = Er3; 1776 1777 und 2072 = Editionsstadium von Bez1–Elz2 bzw. Textus receptus. Mit Blick auf 1777 ist einschränkend festzuhalten, dass sie nach Apk 10,11 abbricht. Bis dahin wurde der Apk-Text aber durchgängig vom ErT bzw. Textus receptus abgeschrieben.
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Problematisch einzuordnen ist 1775, die im ersten Teil der Apk bis Kapitel 10 mehrheitlich eher der Hss.-Überlieferung als dem ErT nahesteht. Allerdings bietet sie den Apk-Text häufig nur auszugsweise, so dass sich ihr Textwert ohnehin nur schwer bestimmen lässt. Ab Apk 10 treten jedenfalls typische Lesarten des ErT vermehrt auf, die ab hier auf eine Abschrift dieser Textform hindeuten. Insofern handelt es sich bei 1775 mit Blick auf den Apk-Text eher um eine Teil- als Komplettabschrift des ErT. – Augenscheinlich wurde keine bestimmte Edition als Vorlage favorisiert. Lediglich Er3 sticht etwas heraus, da sie 2926 als Teilvorlage diente, von 2909 komplett reproduziert und in 2619 als Vorlage für diverse Korrekturen konsultiert wurde. Obwohl aktuellere Ausgaben zugänglich waren, kopierte man auch in späterer Zeit frühe Editionen des ErT. Dies belegt exemplarisch 2619 aus dem 18. Jh., die von Er1 abschrieben wurde. Neben den allgemeinen Ergebnissen haben sich in erster Linie folgende Objekte als besonders interessant erwiesen, die sogar lohnenswert für weitere Spezialstudien sind: – Das Objekt 2075 hat einige supplementierte Seiten, die als eigenständiger Textzeuge zu bewerten sind. Sie wurden eigens für 2075 angefertigt und gehen wahrscheinlich auf eine andere Quelle als die originäre Abschrift zurück. Zumindest deuten die Kommentarstücke darauf hin, die nicht mehr aus dem Arethas-, sondern dem Andreas-Kommentar stammen. Da Kommentar und Apk-Text bruchlos direkt ineinander geschrieben wurden, spricht vieles für eine Vorlage, nach der die supplementierten Seiten erstellt wurden. Die betreffenden Seiten werden bis auf Weiteres mit 2075s bezeichnet. In der Literatur kursiert die Information, 2075 sei eine Reproduktion des gedruckten Textes. Dies trifft jedoch nicht zu, da weder 2075 noch 2075s auf Kopie bzw. Teilabschrift des ErT beruhen. Einflüsse dieser Textform treten lediglich lokal begrenzt in Apk 22,17f. auf, während die übrigen Teile der Hs. vollkommen frei von erasmischen Lesarten sind. Beide Textzeugen sind also weiterhin zum konventionellen Hss.-Material der Apk zu rechnen. – 2619 stellt ein Unikat unter sämtlichen Abschriften des ErT in der Apk dar. Denn ihr Text wurde nicht nur nach dem ErT kopiert, sondern zugleich mithilfe einer weiteren Edition redigiert. Die genauen Hintergründe, wieso man die Abschrift der Apk nach Er1 durch etliche Randlesarten aus Er3 anreicherte, konnten hier nicht aufgeklärt werden. Als problematisch erwies sich der Sachverhalt, dass einige Glossen unsystematisch durch den Vermerk „Al.“ hervorgehoben sind. Der Befund erfordert letztlich die Betrachtung aller Randlesarten, woran weitere Analysen der Hs. anknüpfen sollten. –
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2066 ist in mehrerlei Hinsicht ein Unikum und textlich gesehen das am meisten faszinierende Objekt aller Kopien des ErT: Die Abschrift des ErT wurde hier mit dem Andreas-Kommentar nach handschriftlicher Vorlage verbunden, wobei in den Apk-Text auch Lesarten der Hss.-Tradition eingedrungen sind. Die genauen Mischverhältnisse sowie die handschriftliche Vorlage, die neben dem ErT benutzt wurde (eventuell der Apk-Text aus dem Kommentar), sind unklar geblieben und wecken deswegen das Interesse an einer Spezialstudie. – Die Neuerschließung der Hss. 1775 1776 1777 2072 führte zur Entdeckung bislang unbekannter griechischer Kommentare zum Apk-Text, die lediglich periphere Bezüge zu den bekannten Kommentartraditionen des Ökumenius, Andreas und Arethas aufweisen. Ihr exegetischer Ausgangspunkt bildet offenbar der Textus receptus, wonach die Apk jeweils kopiert wurde. Diverse Gemeinsamkeiten der Objekte 1776 1777 deuten zudem darauf hin, dass sie enger miteinander verwandt sind. Es wäre sicherlich voreilig von einer eigenständigen Athos-Kommentartradition zu sprechen, aber formale wie inhaltliche Übereinstimmungen und die lokale Eingrenzung auf den Athos (Panteleimonos = 1775 1776 1777 und Dochiariu = 2072) reizen verstärkt dazu, weitere inhaltliche Untersuchungen in diese Richtung anzustreben. Schließlich kommen folgende Einzelheiten hinzu, die für sich erwähnenswert sind: – Abgesehen von 296 2066 und 2619 sind alle Kopien oder Teilabschriften des ErT im Osten beheimatet. Die handschriftliche Reproduktion des westlichen, allmählich zum Standardtext der Apk avancierenden ErT im Osten, ist gewissermaßen als Kulturimport zu verstehen. So wie griechische Hss. über die Jahre von Ost- nach Westeuropa gelangten, verhielt es sich umgekehrt mit dem gedruckten Apk-Text in der Gestalt des Erasmus. Mit Vorliebe wurden Abschriften des ErT bzw. Textus receptus auf dem Athos angefertigt (1903 1775 1776 1777 2072 2669 2909), wobei mit vier Objekten (1775 1776 1777 2909) das Kloster Panteleimonos eine regelrechte Tradition in dieser Hinsicht pflegt. – Editionsgeschichtlich höchst interessant, aber textgeschichtlich zu vernachlässigen sind die als Alternativlesarten eingetragenen Marginalien des ErT bis einschließlich Apk 4 in Minuskel 61. Insgesamt sind also vier bzw. fünf (1775) Teilabschriften und acht vollständige Reproduktionen des ErT überkommen und infolgedessen vom konventionellen Hss.-Material der Apk zu trennen. Blicken wir aber noch kurz auf die eingangs dargelegte Hss.-Lage der Apk zurück: So basieren von den 58 sehr jungen Hss. lediglich acht Objekte in der Apk durchgängig auf dem ErT, d.h. etwa 13,8% des fraglichen Materials. Nimmt man die fünf Teilabschriften hinzu, steigt der
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Anteil endgültig auf 22%. Folglich entstand mit 78% jedoch noch immer der Großteil auf Grundlage anderer Quellen – um nicht zu sagen in vielen Fällen älterer griechischer Hss. Mit Blick auf die Ergebnisse von Lembke kommt aus dieser Zeit lediglich GA 1064 als Reproduktion der Complutensischen Polyglotte hinzu (s. Anm. 11). Hinzu kommt der zweite Teil der Apk von 2656, der ebenfalls zum Großteil eine Reproduktion der Complutensischen Polyglotte bzw. einer ihrer Nachdrucke ist. Sie fällt aber nicht mehr ins Gewicht, da sie im ersten Teil des Apk-Text bereits als Abschrift des ErT identifiziert wurde. Alle übrigen Hss., die bislang kollationiert wurden, enthalten keinerlei verdächtige Stellen oder Anzeichen, aus einem Druck kopiert zu sein. Somit können wir festhalten, dass griechische Hss. trotz gedrucktem und emendiertem Apk-Text weiterhin als reliabele Quellen der Apk galten. Insofern sind auch die vielen jungen Apk-Hss. keineswegs a priori als minderwertige Textzeugen zu betrachten, sondern abzüglich der Kopien des ErT und GA 1064 sowie der Rest von 2656 präzise auf ihren Textwert hin zu untersuchen.
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Appendix: Kollationen A) Sonderlesarten des ErT innerhalb der Wuppertaler Teststellenkollation der Apk Erklärung: Lemma nach NA28 und Textzeugen] Varianten: 1,4 απο ο ων 2186 2814 2669 et al. CP] απο του ο ων 61mg 91 296 617 1064 1775 1776 1777 1903 1934 2014 2049 2072 2077 2402 2429 2594 2619 2656 2759 2909 2926 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : απο ιε θεου ο ων 61* 2066 et al. St : hiat 2075.267 2,2 αποστολους] αποστολους ειναι 61* 2075 2186 2669 et al. CP : ειναι αποστολους 296 1776 1777 1903 2060 2066 2072 2286 2302 2619 2656 2909 2926 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : ιουδαιους ειναι 1775 : Lacuna 2814 || 2,3 και ου κεκοπιακες] και κοπιακας 2186 2814 et al. : κεκοπιακας και ου κεκµηκας 61mg 296 1776 1903 2066 2072 2619 2656 2909 2926mg Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : κεκοπιακας 2926* : κεκοποιακας και ου κεκµηκας 1777 : κεκοπιακας και ου κεµηκας 2049 : και ουκ ιε/ις εκοπιασας 61* 2075 2669 et al. CP St : Lacuna 1775 || 2,5 ερχοµαι σοι 1776 et al.] + ταχύ 61 296 1775 1777 2072 2075 2186 2656 2669 et al. CP Col Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : + ταχεῖ 2814 : + τάχει 1903 2049 2066 2619 2909 2926 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Er5 St || 2,13 ηµεραις] + εµαις 61mg 296 1903 2619 2814c 2909 2926 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : + εν αις 296 1775 1776 1777 2049 2066 2072 2186 2656 2669 2814* et al. CP Er4mg Er5mg St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : + αις 61* 2075 || 2,14 τω Βαλακ] εν τω Βαλακ 1903 2049 2066 2619 2814 2909 Er1 Er2 Er3 Er4 Col Er5 St : τω εν Βαλακ Ald : εν τω Βαλαακ 61mg 296 2028 2033 2068 2186 : εν τω Βαλεκ 2926 : τον Βαλακ 1776 1777 2072 2075 α/ιε 2656 2669 et al. CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : εν τω βαλααµ τον Βαλακ 1775 et al. : την βαλαακ 61* : τον Βαλαακ 61*c || 2,19 την αγαπην και την πιστιν και την διακονιαν 61 2075 2656 2669 et al. CP] την αγαπην και την διακονιαν και την πιστιν 296 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2186 2428 2619 2814 2909 2926 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1775 || 2,22 βαλλω 61 1775 2075 2186 2669 2814* CP] εγω βαλλω 296 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2619 2814cmg 2909 2926 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : illegibilis 2656.
267 Wie die Kollation zeigt, handelt es sich bei der Einfügung von τοῦ nach ἀπό strenggenommen um keine Sonderleart des ErT. Die Lesart erscheint dennoch hier, weil Erasmus sie offenbar unabhängig von der Hss.-Tradition und entgegen dem Zeugnis seiner Vorlage 1516 in den Apk-Text einfügte. Vgl. dazu Brown. Novum Testamentum, 515. Außerdem illustriert die Stelle, dass einzelne Lesarten, die die Forschung bislang als „Erfindung“ des Erasmus einstufte (so Delitzsch, Funde I, 20), mitunter neu bewertet werden müssen.
Abschriften des Erasmischen Textes
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4,3 και ο καθηµενος 61 2066 2075 et al.] om. 1775 2186 2656 2669 2814 α/ιε 2926 et al. CP St : + ην 296 1776 1777 1903 2049 2072 2619 2909 Er1 Ald 2 3 4 Er Er Er Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 || 4,8 εχων 61* 2814 2656 et al.] εχον 1775 2066 2075 2186 2669 2926 et al. CP : ειχον 01 61mg 296 1776 1777 1903 2049 2072 2619 2909 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2. α/ιε 5,10 βασιλευσουσιν 2075 2186 2656 2669 2814 et al. St ] βασιλευουσιν 61 2926 et al. CP : βασιλευσοµεν 296 1776 1777 1903 2049 2072 2619 2909 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : βασιλευσωµεν 2066. 6,1 ερχου 1903 2186 2656 2669 2814 2926 CP] + και ιδε 61 1775 2075 et al. : + και βλεπε 296 1776 1777 2049 2066 2072 2619 2909 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 || 6,3 ερχου 61 1903 2075 2186 2814 2656 2669 2926 et al. CP] + και ιδε 1775 et al. : + και βλεπε 296 1776 1777 2049 2066 2072 2619 2909 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 || 6,11 αυτοις εκαστω 61 1775 1903 2669 2926 et al.] αυτοις 2075 2186 2656 2814 et ιε al. CP St : εκασταις 296 2015 2049 2066 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col 5 Er : εκαστοις 1776 1777 2072 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 | πληρωθωσιν] πληρωσωσι ιε/ις 61 2075 : ου πληρωσωσι 1903 2814c 2669 2926 et al. St : ου πληρωσω 2186 α 2814* : ου πληρωθωσι 1775 2656 CP St : ου πληρωσονται 296 1777 2015 2049 2066 2072 2619 2909 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : ου πληρωσανται 1776. 13,10 αιχµαλωσιαν εις αιχµαλωσιαν υπαγει] αιχµαλωσιαν συναγει 2186 2814 : αισχµαλωσιαν συναγει εις αισχµαλωσιαν υπαγει Er1 : αιχµαλωσιαν συναγει εις αιχµαλωσιαν υπαγει 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : αιχµαλωσιαν υπαγει 61 1903 2075 2656 2669 2926 et al. CP : hiat 1777 || 13,16 δωσιν 61 2656 2669 2926 α ιε CP St ] δωσι 1903 : δωσει 2049 2186 2814 : δωσωσιν 2075 St : δωση 296 1775 c 1 1776 2066 2072 2073 2254 2286 2329 2619 2909 Er Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777. α/ιε 14,8 αλλος αγγελος δευτερος 1903 2669 2926 et al. CP St ] αλλος δευτερος αγγελος 2075 2186 2814 et al. : αλλος αγγελος 61 69 296 1775 1776 2038 2049 2066 2072 2619 2909 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : αγγελος αλλος δευτερος 2656 : hiat 1777 || 14,9 αλλος αγγελος τριτος α/ιε 1903 2656 2669 2926 et al. CP St ] αλλος αγγελος 61 2186 2814 et al. : αλος s αγγελος τριτος 2075 : τριτος αγγελος 296 1775 1776 2049 2066 2072 2077 2619 2909 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777. 18,17 ο επι τοπον πλεων 61 et al.] ο επι των πλοιων πλεων 1903 2656 2669 α/ιε 2926 et al. CP St : επι των πλοιων πλεων 2075 et al. : επι των πλοιων ο οµιλος 296 2049 2066 2072 2186 2619 2814 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : επι του πλοιων ο οµιλος 2909 : επι των πλοιων οµιλος 1776 : Lacuna 1775 : hiat 1777.
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21,6 γεγοναν εγω ειµι] γεγονα 61 1903 2656 2669 2814 2926 et al. CP α/ιε St : γεγονα εγω 2075 : γεγονεν εγω ειµι 1775 1776 : γεγονε εγω ειµι 296 2049 2066 2072 2619 2909 Er1Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 21,13 νοτου – δυσµων 61 1775 1776 2049 2066 2072 2075 2656 2669 CP Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] δυσµων – µεσηµβριας 2186 2814 et al. : µεσηµβριας – δυσµων 296 2619 2909 Er1Ald Er2 Er3 Col : δυσµων – νοτου 2926 : νοτου – Lacuna 1903 : hiat 1777 || 21,19 χαλκηδων 61 1775 1903 2072 2075 2669 2926 et al. CP Ald St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] χαλκη̣ δων 1776 : καλκιδων 2619c 2909 Er1 Er2 Er3 Er4 Col Er5 : χαλκιδων 296 2049 2186 2814 : καλκηδων 2066 : κακκιδων 2619* : hiat 1777 || 21,20 αµεθυστος 61 1775 1776 2049 et al. CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] αµεθησος Er1 Ald Er2 : αµεθυσος 296 1903 2066 2072 2075 2186 2619 2669 2909 2926 et al. Er3 Er4 Col Er5 : hiat 1777. B) Signifikante Lesarten des ErT und Identifikationsstellen einzelner Editionen 1,4 ο ην 61 296 1775 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2186 2619 2656 2669 2814incert. 2909 2926 CP Er2+c Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] ος ην Er1 Ald : hiat 2075 || 1,8 λεγει κυριος ο θεος 61 1775 2066 2186 2669 2814 α/ιε CP St ] λεγει ο κυριος 296 1776 1903 2049 2072 2619 2909 2926 Er1 Ald Er2 3 Er Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : λεγει κυριος 2656 : hiat 2075 || 1,9 ο α/ιε/ις ] ο και αδελφος 1776 αδελφος 61 296 1775 2066 2186 2669 2814 CP Col St 1 1777 1903 2049 2072 2619 2656 2909 2926 Er Ald Er2 Er3 Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 2075 || 1,11 εκκλησιαις 61 2186 2669 2814 CP] + ταις εν ασια 296 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2619 2656 2909 2926 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1775 : hiat 2075 || 1,16 εν τη δυναµει 61 1776 1777 2049 2066 2072 2075 2186 2656 2669 2814 CP Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] εν δυναµει 296 1903 2619 2909 2926 Er1 Ald Er2 Er3 Col : Lacuna 1775. α/ις 2,1 εφεσω 61 1775 2066 2075 2669 CP St ] εφεσιων 2186 2814 : εφεσινης 296 1776 1777 1903 2049 2072 2619 2656 2909 2926 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 | εν µεσω 61 1776 1777 2049 2066 2072 2656 2669 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] επι 2186 2814 : επι µεσω 61mg 296 1903 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : Lacuna 1775 2075 || 2,2 επειρασας τους λεγοντας 61 2075 2186 2669 CP] επειρασω τους φασκοντας 296 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2619 2656 2909 2926 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1775 2814 || 2,3 εβαστασας 61* 296 1776 1777 2049 2066 2072 2075 2619cmg 2565 2669 2909 2926 CP Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] εβαπτισας 61mg 1903 2186 2619 2814 Er1 Ald Er2 : Lacuna 1775 || 2,13 ο σατανας κατοικει 61 1775 2075 2186 2656 2669 2814 CP] κατοικει ο σατανας 296 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2619 2909
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2926 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 || 2,17 οιδεν 61* 1775 2075 2186 2669 CP] εγνω 61mg 296 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2619 2656 2909 2926 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna α/ιε 2814 || 2,20 οτι αφεις 61 2075 2669 CP St ] ολιγα οτι εας 296 1776 1777 incert. Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 1903 2049 2066 2072 2619 2909 2926 4 1 2 Bez Elz Elz : ολιγα οτι αφηκας 1775 : Lacuna 2186 2814 : illegibilis 2656 | α/ιε ιεζαβελ 61 1775 1777 2066 2075 2186 2669 2814 CP St ] ιεξαβελ Er1 : ιεξαβηλ Ald : ιεζαβηλ 296 1903 2049 2072 2619 2909 2926 Er1c Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : ιεζαρηλ 1776 : illegibilis 2656 | διδασκει και πλανα 61 1775 2075 2186 2669 2814 CP] διδασκειν και πλανασθαι 296 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2619 2909 2926 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : illegibilis 2656 || 2,24 λεγω τοις λοιποις 2066 2075 2186 2669 2814 CP Bez1] λεγω 61* 1775 : λεγω και τοις λοιποις Bez4 : λεγω και λοιποις 61mg 296 1776 1777 1903 2049 2072 2619 2909 2926 Er1 Ald Er2 Er3 α/ιε/ις : illegibilis 2656. Er4 Col Er5 St Elz1 Elz2 : λεγω λοιποις St 3,1 οτι ονοµα 61 1775 2075 2186 2669 2814incert. CP] οτι το ονοµα 296 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2619 2909 2926 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : illegibilis 2656 || 3,2 εµελλον] εµελλεν 2075 : εµελλε̣ν̣ α/ιε/ις : µελλει 61mg 296 1776 2814c : µελλεις 2669 : εµελες CP : ηµελλες 61* St 1 1777 1903 2049 2066 2072 2619 2909 2926 Er Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1775 2186 2814* : illegibilis 2656 || 3,5 α/ιε/ις ] εξοµολογησοµαι 296 1776 1777 οµολογησω 61 2075mg 2656 2669 CP St 1 1903 2049 2066 2072 2619 2909 Er Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : εξοµολογησωµαι 2926 : Lacuna 1775 2075* 2186 2814 || 3,7 κλειων 1775 2075 2186 2814] om. 61* 2669 CP : κλειει 61mg 296 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2619 2909 2926 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 2656 || 3,15 ης 61* 296 2075 2186com 2669 2814com 2926 CP Col] ειης 61mg 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2619 2656 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1775 2186txt 2814txt || 3,18 κολλ[ο]υριον] κουλλουριον 2186 2814 Er1 Ald : κολλουριον 61mg 296 1776 1777 1903 2049 2072 2619 2656 2669 2909 2926 Er1c Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 ιε Bez4 Elz1 Elz2 : κολλυριον 61* 1775 2066 2075 St : κολουριον CP. 4,5 εκπορευονται 61* 296 1775 1777 2049 2066 2072 2075 2186 2656 2669 2926 CP Col St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] εκπορευοντο 61mg 1903 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Er5 : εκπορευοντα̣ ι ̣ 2814 : πορευοντα 1776 || 4,10 προσκυνησουσιν 61* 1775 2186 2814 2926] προσκυνουσιν 61mg 2619 Er1 Ald : προσκυνουσι 296 1903 2049 2066 2909 Er2 Er3 Er4 Col Er5 St : προσκυνησουσι α/ιε 1777 2075 2656 2669 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : προσκυνησου 2072 : illegibilis 1776. 5,3 ουδε υποκατω 1777 2049 2066 2072 2186 2656 2669 2814pon. ad fin. 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] και υποκατω 296 1903 2619 2909 Er1 Ald Er2
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Darius Müller
Er3 Er4 Col Er5 : ουτε υποκατω 61 1775 2075 : illegibilis 1776 || 5,4 πολυ 61 α/ιε/ις ] πολλοι 2814 : πολλα 296 1776 1775 2075 2186 2656 2669 2926 CP St 1777 1903 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 || 5,14 οι πρεσβυτεροι 61 1903 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP] οι εικοσιτεσσαρες πρεσβυτεροι 296 1776 1777 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1775 | και α/ιε προσεκυνησαν 61 1903 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP St ] + ζωντι εις 1 2 3 τους αιωνας των αιωνων 296 2049 2619 2909 Er Ald Er Er Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : + τω ζωντι εις τους αιωνας των αιωνων 1776 1777 2066 2072 : Lacuna 1775. 6,1 µιαν 61 1775 1776 1777 1903 2066 2072 2075 2656 2669 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] ενος 2186 : εν 296 2049 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : Lacuna 2814 || 6,15 ισχυροι 61 1775 1903 2075 2656 2669 2926 CP α/ιε St ] δυνατοι 296 1776 1777 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 2186 2814. 7,2 αδικησαι 61 296 1775 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] αδικηναι 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 || 7,3 αχρι σφραγισωµεν 2049 2066 2814] αχρι σφραγισοµεν 2186 : αχρι σφραγιζωµεν 1903 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Er5 : αχρις ου σφραγισωµεν 61 296 1776 1777 2072 2075 2656 2669 2926 CP Col α/ιε/ις Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : αχρις ου σφραγιζωµεν St : Lacuna 1775 || 7,10 τω St θεω ηµων τω καθηµενω επι τω θρονω 61 1775 1903 2669] τω καθηµενω επι του θρονου θεω ηµων 2186 2814 : τω θεω ηµων τω καθηµενω επι του θρονου 1776 α/ιε 1777 2072 2656 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : τω καθηµενω επι του θρονου του θεου ηµων 296 2049 2066 2619 2909c Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St : τω καθηµενω επι θρονου του θεου ηµων 2909* || 7,14 αυτας 1903 2186 2619* α 2656 2669 2814 2926 CP St ] om. 61 2075 : στολας αυτων 296 1776 1777 c 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : στολας αυτας αυτων Ald : Lacuna 1775. 8,7 και το τριτον της γης κατεκαη 61 1775 1903 2066 2075 2186 2619* ιε 2656 2669 2926 CP St ] om. 296 1776 1777 2049 2072 2619c 2814 2909 Er1 2 3 4 5 Ald Er Er Er Col Er St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 || 8,11 και εγενετο το τριτον των υδατων 61 1775 1903 2075c 2656 2669 CP] και εγενετο το τριτον τω […] δατων 2075* : και γινεται το τριτον των υδατων 1776 1777 2072 2186 2619* α/ιε 2814 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : και γινεται το τριτον 2049 2066 2619c 2909 1 Er Ald Er2 Er3 Er4 Er5 St : και εγενετο το τριτον 296 Col : και εγενετο τριτον 2926* : om. και εγενετο τριτον 2926c | πολλοι των ανθρωπων 61 1775 1903 2066 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP Ald] πολλοι ανθρωπων 296 1776 1777 2049 2072 2619 2909 Er1 Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 || 8,11 απεθανον 61 1775 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2619 2656 2669 2814 2909 2926 CP Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2]
Abschriften des Erasmischen Textes
259
απεθανο̣ν̣ 296 : απεθανεν Er1 || 8,12 σκοτισθῇ 61 296 1775 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP Ald Col St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] σκοτίσθη 2619 2909 Er1 Er2 Er3 Er4 Er5 || 8,13 µεσουρανηµατι 61 296 1777 1903 2049 2066 2072 2075 2656 2669 2926 CP Ald Col St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] µεσουρανισµατι 2186 2619 2814 2909c Er1 Er2 : µεσουρανησµατι Er2c Er3 Er4 Er5 : µεσουρανισµασι 2909* : Lacuna 1775 : illegibilis 1776 | τριων 61 296 1777 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2619c 2656 2669 2814 2926 CP Col Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] τρειων 2619* 2909 Er1 Ald Er2 Er3 : Lacuna 1775 : illegibilis 1776. 9,4 ουκ εχουσιν 61 2619 2814 2909 Er1c Ald Er2 Er3 Er4 Er5] εχουσιν Er1 : ουκ εχουσι 296 1775 1776 1777 2049 2066 2072 2075 2186 2656 2669 2926 CP Col St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 || 9,5 βασανισθησονται 2049 2814] βασανισθησωνται 2186 2619 2909 Er1 Er2 Er3 Er4 Er5 : βασανισθωσι 296 1776 1777 1903 2066 2072 2075 2669 2926 Ald Col St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : βασανισωσι 2656 CP : βασανισθωσιν 61 : Lacuna 1775 || 9,6 ου µη ευρησουσιν α/ιε 1775 1903 2075 2656 2669 2926 CP] ου µη ευρησωσιν 61 2186 2814 St : ουκ 1 2c 3 4 5 ευρησουσιν 1776 2066 2619* 2909 Er Ald Er Er Er Col Er : ουκ ευρισουσιν Er2 : ουχ ευρησουσιν 296 1777 2049 2072 2619c St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 | φευγει 2619* 2814 Er1 Er2] φευξεται 61 296 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2075 2619c 2656 2669 2909 2926 CP Ald Er2c Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : […]γει 2186 : Lacuna 1775 || 9,10 κεντρα 61 1903 2075 2186 2656 2669 α/ιε 2814 2926 CP St ] κεντρα ην 296 1776 1777 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 2 3 4 Ald Er Er Er Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1775 || 9,11 ονοµα αυτω 61 1775 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] ονοµα εαυτω 296 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 || 9,14 ο εχων 61 1775 1903 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP] ος ειχεν 2619 Er1 Ald : ος ειχε 296 1776 1777 2049 2066 2072 2909 Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 || 9,16 των στρατευµατων 61 1903 2066 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP] στρατευµατων 296 1776 1777 2049 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : του στρατευµατος 1775 || 9,18 απεκτανθησαν 61 296 1775 1776 1777 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2619 2656 2669 2814 2909 2926 CP Er1 Ald Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] απεκτανθησε Er2. 10,1 της κεφαλης αυτου 61 1775 1903 2066 2075 2186 2619* 2656 2669 2814 2926 CP] της κεφαλης 296 1776 1777 2049 2072 2619c 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 || 10,4 και µη αυτα γραψης 61 2075] και µη ταυτα γραφης 296 2066 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : και µη ταυτα γραψης 1775 1776 1777 2072 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : και µετα ταυτα γραφεις 1903 2186 2656 2669 2814 2926 CP : και µη ταυτα γραφεις 2049 || 10,7 οταν µελλη 61 296 1776 1777 1903 2049 2072 2186 2669 2814 CP St
260
Darius Müller
Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] οταν µελλει 2066 2075 2619 2656 2909c 2926 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : οταν µελει 2909* : οταν µελλι. 11,1 ραβδω λεγων 296 1775 2049 2066 2075 2186 2619 2814 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St] ραβδω και ειστηκει ο αγγελος λεγων 61 1903 2656 α 2669 2926 CP St : ραβδω και ο αγγελος ειστηκει λεγων 1776 2072 Bez1 Bez4 1 2 Elz Elz : hiat 1777 || 11,4 ελαῖαι 61 1776 1903 2066 2072 2075 2669 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] ἔλαιαι 296 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : ελαίαι 1775 2049 2814c/mg : Lacuna 2186 2814* : illegibilis 2656 : hiat 1777 || 11,5 θελει 61 296 1903 2075 2186 2669 2814 2926 CP Col] θελη 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1775 : illegibilis 2656 : hiat 1777 || 11,7 το θηριον το αναβαινον 61 1775 1776 1903 2066 2072 2075 2186 2656 2814 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] το θηριον αναβαινον 296 2049 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : hiat 1777 | αποκτενει 61 1775 1776 1903 2072 2075 2656 2669 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] αποκτανει 296 2049 2066 2619 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : Lacuna 2814 2186 : illegibilis 2909 : hiat 1777 || 11,9 βλεπουσιν 61 1903 2075 2186 α/ιε 2656 2669 2814 2926 CP St ] βλεψουσιν 296 1775 1776 2049 2066 2072 1 2 3 4 2619 Er Ald Er Er Er Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : illegibilis 2909 : hiat 1777 || 11,10 ευφραινονται 2186 2814] ευφρανθησονται 61 1775 1776 1903 2072 2075 2656 2669 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : ευφρανουνται 296 2049 2066 2619 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : illegibilis 2909 : hiat 1777. 12,3 επτα διαδηµατα 61 1903 2075 2656 2669 2926 CP] διαδηµατα 2186 2814 Er1 Er2 : διαδηµατα επτα 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 Ald Er2c Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : illegibilis 2909 : hiat 1777 || 12,7 α/ιε πολεµησαι µετα 61 1903 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP St ] 1 2 επολεµησαν κατα 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er Ald Er Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 12,14 αι δυο πτερυγες 2186 2814] δυο πτερυγες 61 296 1775 1903 2049 2066 2072 2075 2619 2656 2669 2909 2926 CP Er1 Ald Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : δυω πτερυγες 1776 : hiat 1777 || 12,17 µαρτυριαν ιησου 61 1903 2075 2669 2926] µαρτυριαν του ιησου 2186 2656 2814 CP : µαρτυριαν του ιησου χριστου 296 1776 2049 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : µαρτυριαν ιησου χριστου 2066 : Lacuna 1775 : hiat 1777. 13,1 κερατα δεκα και κεφαλας επτα 61 1903 2075 2656 2669 2926 CP] κεφαλας επτα 2186 2814 : κεφαλας επτα και κερατα επτα Er1 Ald : κεφαλας επτα και κερατα δεκα 296 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 13,3 και µιαν 61 1903 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP] και ειδον µιαν 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 13,4 τω δρακοντι οτι εδωκεν] τον δρακοντα ος εδωκεν 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : τω δρακοντι τω δεδωκοτι
Abschriften des Erasmischen Textes α/ιε
261
1903 2075 2656 2669 2926 CP St : τω δρακοντι τω δοντι 61 : Lacuna 2186 2814 : hiat 1777 || 13,5 λαλουν 61 296 1776 1903 2049 2066 2072 2075 2656 2669 2926 CP Col St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] λαλον 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Er5 : Lacuna 1775 2186 2814. 14,1 εκατον τεσσερακοντα τεσσαρες 296 1903 2049 2066 2072 2619c 2656 2909 CP Er2 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] εκατον τεσσερακοντα τεσσαρι̣ς Er3 : τεσσερακοντα τεσσαρες 2619* Er1 Ald : εκατον τεσσερακοντα 1775 : ρµδ 61 2075 2669 2814 2926 : Lacuna 2186 : hiat 1777 | το ονοµα αυτου και 61 1903 2075 2656 2669 2926 CP] om. 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2814 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 14,5 εισιν 61 1903 2075 2814 2926] εισι 2656 2669 CP : + ενωπιον του θρονου του θεου 296 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1775 2186 : hiat 1777 || 14,7 φοβηθητε 61 296 1776 1903 2049 2066 2072 2075 2656 2669 2814 2926 CP Ald Col St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] φοβησθητε 2619 Er1 Er2 : φοβειθητε 2909 Er3 Er4 Er5 : Lacuna 1775 2186 : hiat 1777 || 14,8 βαβυλων η µεγαλη 61 1903 2075 2669 CP] η µεγαλη βαβυλων 2186 2814 : βαβυλων η πολις η µεγαλη 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 2926 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 | παντα τα εθνη 61 1775 1903 2066 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP] παντα εθνη 296 1776 2049 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : illegibilis 2072 : hiat 1777 || 14,9 προσκυνει το θηριον 61 1903 2075s 2656 2669 2926 CP] τω θηριω προσκυνει 296 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Col : το θηριον προσκυνει 1775 1776 2049 2066 2072 2186 2814 Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 14,11 εις αιωνας αιωνων αναβαινει 1903 2656 2669 CP] αναβαινει εις αιωνα αιωνων 296 2049 2066 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : αναβαινει εις αιωνας αιωνων 1775 1776 2072 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : αναβαινει εις τους αιωνα των αιωνων 2926 : εις αιωνα αιωνων αναβαινει 61 2075s 2186 2814 : hiat 1777. 15,1 εν αυταις 61 296 1775 1776 1903 2049 2072 2075 2656 2669 2814 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] εν αυτοις 2066 2186 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Er5 : εν αυτους Col : hiat 1777 || 15,3 κυριε ο θεος 61 1776 1903 2072 2075s 2186 2656 2669 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] κυριος ο θεος 296 2049 2066 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : κυριε παντοκρατωρ 2926 : Lacuna 1775 : hiat 1777 | βασιλευς των εθνων 61 1903 2075s 2186 2656 2669 2814 α/ιε 2926 CP St ] βασιλευς των αγιων 296 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 2 3 Ald Er Er Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1775 : hiat 1777. 16,2 απηλθεν ο πρωτος 61 1776 1903 2049 2066 2072 2656 2669 2814 2926 CP Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] απηλθεν πρωτος 296 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Col : απηλθε πρωτος 2619 : ο πρωτος 1775 : Lacuna 2075 2186 : hiat 1777 α/ιε || 16,5 δικαιος ει 61 1903 2075 2656 2669 2814 2926 CP St ] δικαιος κυριε ει 1 2 3 4 296 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er Ald Er Er Er Col Er5 St Bez1 Bez4
262
Darius Müller
Elz1 : Lacuna 2186 : hiat 1777 || 16,6 εξεχεαν 61 1775 1776 1903 2072 2075 2656 2669 2814 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] εξεχεον 296 2066 2619 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : Lacuna 2186 2909 : illegibilis 2049 : hiat 1777 || 16,7 ηκουσα 61 1903 2075 2669 2926] ηκουσα εκ 2656 2814 CP : ηκουσα αλλου 296 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1775 2186 : hiat 1777 || 16,18 εγενετο επι της γης] εγενοντο και επι της γης 296 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Col : εγενοντο επι της γης 61 1776 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1775 : hiat 1777. 17,4 πορφυρουν και κοκκινον 61 2075] πορφυραν και κοκινον 2814 : πορφυρουν κοκινον 2926 : πορφυραν και κοκκινον 2565 2669 CP : πορφυρα και κοκκινω 296 1776 2049c 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : πορφυρα και κοκκινα 2049* : Lacuna 1775 1903 2186 : α/ιε hiat 1777 | τα ακαθαρτα 61 1903 2075 2656 2669 2814 2926 CP St ] 1 2 3 4 5 ακαθαρτητος 296 1776 2049 2066 2619 2909 Er Ald Er Er Er Col Er St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : ακαθαρτοτητος 2072 : Lacuna 1775 2186 : hiat 1777 || 17,8 1το θηριον 61 1903 2075 2656 2669 2814 2926 CP] 1θηριον 296 1775 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 2186 : illegibilis 1776 : hiat 1777 | καὶ παρέσται 61 1903 2075 2656 α/ιε/ις ] καὶ παρέστι 2814 : καίπερ ἔστιν 296 2066 2909 Er2 Er3 2669 2926 CP St 4 5 Er Col Er : καίπέρ ἐστιν 2049 St Bez1 Elz1 Elz2 : καίπερ ἐστίν 2072 : καίπερ ἐστί 1775 1776 2619 Er1 Ald Bez4 : Lacuna 2186 || 17,13 διδοασιν 61 1903 α/ιε 2075 2186 2656 2669 2814c 2926 CP St ] διασιν 2814* : διαδιδωσουσιν 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 17,16: και το θηριον 61 1903 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP] επι το θηριον 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 17,17 τελεσθησονται οι λογοι του θεου 1903 2186 2656c 2669 2814 2926 CP] τελεσθησον οι λογοι του θεου 2656* : τελεσθη τα ρηµατα του θεου 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : τελεσθησονται τα ρηµατα του θεου Ald : τελεσθωσιν οι λογοι του θεου 61 2075 : hiat 1777. 18,1 αλλον αγγελον 296 1903 2049 2066 2186 2619 2656 2669 2909 2926 α/ιε CP Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col St ] αγγελον 61 1775 1776 2072 2814 Er5 St Bez1 4 1 2 Bez Elz Elz : αγγελον αλλον 2075 : hiat 1777 || 18,2 εν ισχυρα 61 1903 2075 2656 2669 2926 CP] ισχυρα 2186 2814 : εν ισχυει 2066 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 : εν ισχυι 296 1775 1776 2049 2072 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 18,5 εκολληθησαν 61 1903 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP α/ιε St ] ηκολουθησαν 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 18,10 τον φοβον 61 1776 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP Er4 Er5 St Bez1 Bez4
Abschriften des Erasmischen Textes
263
Elz1 Elz2] φοβον 296 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Col : Lacuna 1775 : hiat 1777 || 18,17 ναυται και οσοι την θαλασσαν εργαζονται 61 1776 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] ναυται την θαλασσαν εργαζοντες 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 : ναυται και οσοι την θαλασσαν εργαζοντες 296 Col : Lacuna 1775 : hiat 1777 || 18,19 χουν 61 1775 1776 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2656 2669 2814 2909 2926 CP Ald St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] χνουν 296 2619 Er1 Er2 Er3 Er4 Col Er5 : hiat 1777. 19,17 τω ηλιω 61 1775 1776 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] ηλιω 296 2619 2909 Er1 Ald Er2 ιε Er3 Col : hiat 1777 | δευτε συναχθητε 61 1903 2075 2656 2669 2926 CP St ] δευτε 2186 2814 : δευτε και συναγεσθε 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 19,21 του καθηµενου 61 1775 1776 1903 2049 2066 2072 2186 2656 2669 2814 2926 CP Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] καθηµενου 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Col : hiat α/ιε 1777 | εξελθουση 61 1903 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP St ] 1 2 3 εκπορευοµενη 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er Ald Er Er Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777. 20,4 πεπελεκισµενων 61 1775 1776 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2669 2814 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] πεπλεκισµενων 296 2619 2656 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : hiat 1777 || 20,5 εζησαν 61 1775 1903 2075 2656 α 2669 2926 CP St ] ανεστησαν 2186 2814 : ανεζησαν 296 1776 2049 2066 2072 1 2619 2909 Er Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 | χιλια ετη 61 1776 1903 2049 2066 2072 2075 2186 2656 2669 2814 2926 CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] + αχρι 296 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 : Lacuna 1775 : hiat 1777. α/ιε 21,2 και την πολιν 61 1903 2075 2186 2656 2669 2814 CP St ] και εγω 1 ιωαννης ειδον την πολιν 296 1775 1776 2049 2066 2619 2909 Er Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : και πολιν 2926 : και εγω ο ιωαννης ειδον την πολιν 2072 : hiat 1777 || 21,9 ηλθεν 61 1903 2075 2186 2656 2669 2814 α/ιε 2926 CP St ] ηλθεν προς µε 2619 Er1 Ald Er2 : ηλθε προς µε 296 1775 1776 2049 2066 2072 2909 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 21,12 πυλωσιν 61 1775 1776 1903 2049 2066 2072 2669 2926c CP St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] πυλεωσι 2619 2909 Er1 Er2 Er3 : πυλεωσιν 2075 2186 2814 : πυλωσι 296 Ald Er4 Col Er5 : om. 2926* : illegibilis 2656 : hiat 1777 || 21,14 το τειχος 61 1775 1903 2049 2066 2072 2075 2656 2669 2926 CP Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] τειχος 296 1776 2186 2619 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Col : illegibilis 2814 : hiat 1777 || 21,16 µηκος αυτης 296 1775 1776 1903 2049 2066 2072 2619c 2656 2669 2909 2926 CP Ald Er2c Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2] µηκος αυτου 2619* Er1 Er2 : µηκος αυτη 61 : Lacuna 2186 2814 : hiat 1777 | οσον 61 1903 2075 2186 2669 2926 CP] τοσουτον εστιν οσουτον 2619* Er1 Er2 : τοσουτον εστιν οσον 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619c
264
Darius Müller
2909 Ald Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 2814 : illegibilis α/ιε 2656 : hiat 1777 || 21,24 1και 61 1903 2075 2669 2926 CP St ] + τα εθνη των c σωζοµενων εν τω φωτι αυτης 296 1775 1776 2066 2072 2814 2619 2909 Er1 Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : + τα εθνη των σωζοµενων τω φωτι αυτης 2186 : τα εθνη των σωζωµενων εν τω φωτι αυτης 2049 Ald : και εδειξε µοι τα εθην των σωζοµενων εν τω φωτι περιπατησουσιν αυτης 1775* : illegibilis α/ιε 2656 : hiat 1777 || 21,27 κοινον 61 1903 2075 2186 2656 2669 2926 CP St ] 1 κοινων 2814 : κοινουν 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777. α/ιε 22,3 καταθεµα 61 1903 2186 2656 2669 2814 2926 CP Er4mg St ] 1 2 3 4 καταναθεµα 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 Er Ald Er Er Er Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 22,9 ειµι 61 1903 2075 2186 2656 2669 2814 CP] γαρ ειµι 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2909 2926 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : hiat 1777 || 22,11 ο ρυπαρος ρυπανθητω] ο ρυπων ρυπωσατω 296 1775 1776 2049 2066 2072 2619 2669 2909 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : ο ρυπαρος α ρυπαρευθητω 61 1903 2075 2656 2926 CP St : Lacuna 2186 2814 : hiat 1777 α/ιε s || 22,16 ο πρωινος 61 1903 2075 2656 2926 CP St ] ορθρινος 296 1775 1776 1 2 3 2049 2066 2072 2619 2669 2909 Er Ald Er Er Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 2186 2814 : hiat 1777 || 22,17 ερχου – ερχου – ερχεσθω 61 1903 α/ιε 2186 2656 2926 CP St ] ελθε – ελθε – ελθετω 296 1775 1776 2049 2066 2072 s 1 2075 2619 2909 Er Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : ελθε – ερχου – ερχεσθω 2669 : Lacuna 2814 : hiat 1777 || 22,18 µαρτυρω εγω 61 1903 α/ιε 2186 2656 2926 CP St ] συµµαρτυρουµαι γαρ 296 1775 1776 2049 2066 1 2072 2619 2669 Er Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : σηµµαρτυρω γαρ 2075s : Lacuna 2814 : illegibilis 2909 : hiat 1777 || 22,19 απο α/ιε του ξυλου της ζωης 1903 2075s 2186 2656 2926 CP St ] απο βιβλου ζωης 296 1 2 3 2619 Er Ald Er Er Col : απο βιβλου της ζωης 1775 1776 2049 2066 Er4 Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : απο του βιβλιου της ζωης 61c 2669 : Lacuna 2072 2814 : illegibilis 2909 : hiat 1777 || 22,21 µετα παντων 61 1903 2075s 2186 2656 2669 2926 CP] µετα παντων υµων 296 1775 2049 2066 2619 Er1 Ald Er2 Er3 Er4 Col Er5 St Bez1 Bez4 Elz1 Elz2 : Lacuna 1776 2072 2814 : illegibilis 2909 : hiat 1777.
Abschriften des Erasmischen Textes
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C) Besondere Lesarten einzelner Editionen des ErT C.1. Ausgaben des Erasmus C.1.1. Singulärlesarten im Vergleich der fünf Editionen des Erasmus Er1: Apk Inscriptio ιοαννου του || 1,4 ος || 2,5 µετανοησεις || 2,10 παραθητε || 2,10 γης || 2,20 ιεξαβελ || 3,1 ζωης || 3,2 στηρηξον || 3,15 φυχρος || 3,16 ουδε || 3,18 κουλλουριον || 4,4 om. εσχον || 4,6 εµπροσθεν || 5,12 αξιος || 5,13 λεγοντες || 6,8 ακουλουθει || 7,1 κρατουντες || 7,17 om. και εξαλειψει – αυτων || 8,7 χαλατα || 8,10 ος || 8,11 απεθανεν || 9,4 om. ουκ || 9,7 οµοιµατα || 9,16 αυων || 10,4 τα || 10,4 2ελαλησεν || 11,6 υατος || 12,2 βαζανιζοµενη || 13,1 2επτα || 13,7 πολµον || 13,10 1/2αισχµαλωσιαν || 14,1 om. εκατον || 14,2 κιθαραζοντων || 14,9 τω θηριω || 14,14 υιος || 14,19 ελαβεν || 15,4 οις || 16,8 οτε || 16,10 βασειλεια || 16,11 ελκεων || 16,12 om. αγγελος || 17,5 τη || 18,3 αντης || 18,14 η οπωραι || 18,19 οναι οναι || 18,19 επλουτησαν || 19,10 εµπεσα || 19,17 ορνιοις || 20,6 εχι || 20,12 τοσι || 20,13 αυτοις || 21,8 φαρµακοις || 22,8 ιωαννες Er2: Apk 1,11 βγω || 5,12 ασφαγµενον || 9,6 ευρισουσιν || 9,18 απεκτανθησε || 12,1 ουραυω || 14,1 εστως || 14,9 τω θυριω || 16,2 προσκηνουντας || 17,7 θυριου || 19,3 αλληκουια || 19,10 επεσα || 19, 17 ορνοιοις || 19,17 µεσουρανησµατι || 21,20 τοπαζιος || 22,2 ποιυν || 22,10 στφραγισης || 22,19 αφελει Er3:268 Apk 6,8 οιδον || 6,15 χιλιαρχι || 7,7 1δωδεκα || 9,3 εχωσιν || 12,12 ουραυοι || 14,9 τω θηριω || 15,2 εστωτα || 16,18 ανοι θρωπ || 17,4 χεχρυσοµενη || 19,9 ο || 20,6 ανασταση || 22,11 αδικισατω Er4: Apk 5,1 το || 7,1 τεσαρας || 7,12 ηµ || 8,2 εστη || 9,20 ειδολα || 10,10 το || 12,1 ιβ || 12,9 µεγαςς || 12,17 οργισθη || 14,15 τω || 15,4 κηριε || 19,6 εβασιλευσε κυριος || 21,23 φαινουσιν || 22,19 λογον Er5: Apk Inscriptio ιωαννου || 4,4 εικοσι και τεσσαπρες || 4,10 εικοσι και τεσσαπρες || 5,1 των || 5,8 εικοσιτεσσαρες || 10,6 ωµωσεν || 11,14 om. ιδου || 11,16 εικοσι και τεσσαρες || 12,1 η || 14,19 ετρυγυσε || 16,16 αρµαγεδδων || 18,1 om. αλλον || 18,2 ισχυι || 19,4 εικοσι και τεσσαρες || 19,6 εβασιλευεν κυριος || 20,11 ουχ || 22,17 νηµφη C.1.2. Gemeinsame Lesarten von Er1 und Er2 Apk 1,13 χρυσυν || 1,16 οξια || 2,3 εβαπτισας || 2,21 µετανοησεν || 3,2 ευρικα || 6,11 αναπαυσωντο || 8,9 om. των εν τη θαλασση || 8,10 διεφθαρησεν || 8,13 µεσουρανισµατι || 9,6 φευγει || 11,2 εξωθεν || 11,2 om. 2αυτους || 11,6 εν παση || 268 Über die genannten Lesarten hinaus gibt Brown (Novum Testamentum, 600) noch ε µη (14,3) als Druckfehler von Er3 an. Ein genauer Vergleich mit der Originalausgabe zeigt allerdings, dass Er3 ganz normal εἰ µή liest.
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Darius Müller
11,9 αφιουσι || 11,14 om. 1η || 12,3 om. 2επτα || 12,5 ποιµενειν || 12,13 ειδον || 12,13 εδιωξα || 12,15 om. ταυτην || 13,8 εσφαγισµενου || 13,12 κατοικυντας || 14,6 µεσουρανισµατι || 14,7 φοβησθητε || 14,7 προσκυνησετε || 14,11 τω θηριω || 14,16 τον || 17,4 κεχρυσωµενη || 17,16 ερηµωµενην || 18,2 ορνιου || 18,4 om. εξ αυτης || 18,7 κερασατε || 18,12 πορφυρου || 19,18 om. 2σαρκας || 20,12 ηνοιχθησαν || 20,12 ηνοιχθη || 21,12 ιβ || 21,13 βορα || 21,16 αυτου || οσουτον || 21,20 αµεθησος || 22,10 om. ο C.1.3. Gemeinsame Lesarten von Er3–5 Apk 1,13 χρυσην || 1,16 οξεια || 2,3 εβαστασας || 2,21 µετενοησεν || 3,2 ευρηκα || 6,11 αναπαυσωνται || 8,9 των εν τη θαλασση || 8,10 διεφθαρη || 8,13 µεσουρανησµατι || 9,6 φευξεται || 11,2 εξω || 11,5 2αυτους || 11,6 αυτα || παση || 11,9 αφησουσι || 11,14 1η || 12,3 2επτα || 12,5 ποιµαινειν || 12,13 ειδεν || 12,15 ταυτην || 13,8 εσφαγµενου || 13,12 κατοικουντας || 14,6 µεσουρανησµατι || 14,7 φοβειθητε || προσκυνησατε || 14,11 το θηριον || 14,16 το || 17,16 ηρηµωµενην || 18,2 ορνεου || 18,4 εξ αυτης || 18,7 τοσουτον δοτε || 18,12 πορφυρας || 19,10 επεσον || 19,17 ορνεοις || 19,18 2σαρκας || 20,12 ηνεωχθησαν || ηνεωχθη || 21,12 1 δωδεκα || 21,13 βορρα || 21,16 1αυτης | οσον || 21,20 αµεθυσος || 22,8 ο C.1.4. Gemeinsame Lesarten von Er2 und Er3 Apk 2,10 πειραθητε || 13,18 om. 2τον C.1.5. Gemeinsame Lesarten von Er1 und Er3 Apk 14,9 τω θηριω C.1.6. Gemeinsame Lesarten von Er1–3 Apk 1,7 om. 1αυτον | εξεκεντισαν | om. επ αυτον || 1,9 om. τη καλουµενη | om. 2δια || 1,11 σµυρνην | θυατειρας || 1,13 om. επτα || 1,16 om. 2τη || 1,18 om. αµην || 1,20 om. αι || 2,9 πτωχιαν || 2,18 θυατειραις || 2,24 θυατειραις || 3,4 οι || 3,14 om. 1ο || 4,4 om. ειδον τους || 4,8 λεγοντες || 5,1 2του || 5,4 om. εγω || 5,5 om. 1εκ || 5,6 om. 3επτα || 5,8 επεσαν || 5,9 om. τω θεω || 6,8 om. 1αυτου | υπο || 7,2 αδικηναι || 7,6 2δωδεκα || 3δωδεκα || 7,7 2δωδεκα || 3δωδεκα || 7,8 1δωδεκα || 2 δωδεκα || 3δωδεκα || 7,9 om. και φυλων || 7,11 επεσαν || 7,13 om. εισι || 7,16 om. 2 ετι || 8,2 om. τους επτα || 8,6 om. οι || 8,13 ουαι ουαι | τρειων || 9,2 om. εκ του φρεατος ως καπνος || 9,4 om. µονους | om. του θεου | om. αυτων || 9,12 om. ετι || 9,13 om. 3του || 10,2 ηνεωγµενον || 10,6 om. και την γην και τα εν αυτη || 11,2 και || 11,8 om. 3και || 11,9 τα πτωµατα αυτων και οι εκ των εθνων || 11,11 αυτοις
Abschriften des Erasmischen Textes
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|| 11,16 om. 2οι || 11,18 φθειροντας || 12,1 σελυνη || 12,4 om. αυτου | om. του ουρανου | φαγη || 12,9 om. µετ αυτου || 12,10 κατηγορων | αυτους | om. 3ηµων || 13,2 om. ην || 14,1 καιοµενον || 14,6 om. αλλον || ευαγγελισαι τους καθηµενους || 14,8 om. του θυµου || 14,12 om. του θεου || 14,13 om. 2αυτων || 14,15 τη φωνη || om. 2του || 15,4 om. σε || 15,6 om. 2και | om. περι || 15,8 εν τω ναω || 16,1 om. του θεου || 16,2 om. ο || 16,5 om. των υδατων || 16,12 om. 2αυτου || 16,17 om. µεγαλη || εκ || 16,18 και επι || 16,20 om. 1και || 17,1 υδατων || 17,3 om. κεφαλας επτα και || 17,7 και του εχοντος || 17,12 ουκ || 17,16 καυσουσιν || 18,3 2αυτης || στρηνου || 18,4 ινα || 18,10 om. τον || 18,11 εαυτοις || 18,12 γοµος || om. και σηρικου | om. και µαρµαρου || 18,13 θυµιαµα || 18,14 1απηλθον | ευρησεις || 18,17 om. και οσοι | εργαζοντες || 18,23 om. και φως λυχνου ου µη φανη εν σοι ετι || 19,1 om. µεγαλην || 19,3 om. αυτης || 19,5 εξηλθεν || 19,6 om. 1ως || 19,7 om. αυτου || 19,9 om. γραψον || om. του γαµου || 19,10 και των εχοντων | om. 2του || 19,11 om. καλουµενος || 19,14 ηκολουθουν || 19,17 om. τω || 19,18 αυτω || 19,20 βληθησονται || 19,21 om. 1του || om. τα || 20,3 εδησεν || 20,8 om. 2του || 20,10 om. 1ο || 21,4 om. 1ετι || 21,6 om. του || 21,11 om. ως λιθω || 21,12 πυλεωσι || 21,13 µεσηµβριας || 21,14 om. το || 21,20 βηριλλιος || 21,23 om. εν αυτη || 21,24 om. και την τιµην || 21,26 om. και οισουσι – αυτην || 22,2 αποδιδοντα || 22,14 πυλεωσιν || 22,16 om. επι | om. η | om. 2ο || 22,18 om. εαν || 22,19 om. εαν | om. 2 της | om. εκ της || Subscriptio om. τελος C.1.7. Gemeinsame Lesarten von Er4 und Er5 Apk 1,7 1αυτον | εξεκεντησαν | επ αυτον || 1,9 τη καλουµενη | 2δια || 1,11 σµυρναν | θυατειρα || 1,13 επτα || 1,16 2τη || 1,18 αµην || 1,20 αι || 2,9 πτωχειαν || 2,10 πειρασθητε || 2,13mg εν αις || 2,15mg οµοιως || 2,18 θυατειροις || 2,24 θυατειροις || 3,4 α || 3,14 ο || 4,4 ειδον τους || 4,8mg καθεν αυτων εχον | λεγοντα || 5,4 εγω || 5,5 1εκ || 5,6 3επτα || 5,8 επεσον || 5,9 τω θεω || 6,8 1αυτου || 7,2 αδικησαι || 7,6 2ιβ || 3ιβ || 7,7 2ιβ || 3ιβ || 7,8 1ιβ | 2ιβ | 3ιβ || 7,9 και φυλων || 7,11 επεσον || 7,13 εισι || 7,16 2ετι || 8,2 τους επτα || 8,6 οι || 8,13 ουαι ουαι ουαι | τριων || 9,2 εκ του φρεατος ως καπνος || 9,4 µονους | του θεου αυτων || 9,12 ετι || 9,13 3 του || 10,2 ανεωγµενον || 10,6 και την γην και τα εν αυτη || 11,2 οτι || 11,8 3και || 11,9 και εθνων τα πτωµατα αυτων || 11,11 επ αυτους || 11,16 2οι || 11,18 διαφθειροντας || 12,1 η σεληνη || 12,4 αυτου | του ουρανου | καταφαγη || 12,9 µετ αυτου || 12,10 κατηγορος | αυτων | 3ηµων | 13,2 ην || 14,1 γεγραµµενον || 14,6 αλλον | om. τους καθηµενους || 14,8 του θυµου || 14,9 το θηριον || 14,12 του θεου || 14,13 2αυτων || 14,15 om. τη | 2του || 15,4 σε || 15,6 2και | περι || 15,8 εις τον ναον || 16,1 του θεου || 16,2 ο || 16,5 των υδατων || 16,12 2αυτου || 16,17 µεγαλη | 1απο || 16,18 επι || 16,20 1και || 17,1 των υδατων των || 17,3 κεφαλας επτα και || 17,7 του εχοντος || 17,12 ουπω || 17,16 κατακαυσουσιν || 18,3 2της γης | στρηνους || 18,4 και ινα || 18,10 τον || 18,11 επ αυτη || 18,12 γοµον | και σηρικου | και
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µαρµαρου || 18,13 θυµιαµατα || 18,14 1απηλθεν | ευρησης || 18,17 και οσοι | εργαζονται || 18,23 και φως λυχνου ου µη φανη εν σοι ετι || 19,1 µεγαλην || 19,3 αυτης || 19,5 εξηλθε λεγουσα || 19,6 1ως || 19,7 αυτου || 19,9 γραψον | του γαµου || 19,10 των εχοντων | 2του || 19,11 καλουµενος || 19,14 ηκολουθει || 19,17 τω || 19,18 αυτων || 19,20 εβληθησαν || 19,21 1του || τα || 20,3 εκλεισεν || 20,7mg οταν τελεσθη || 20,8 2του || 20,10 1ο || 20,12mg θρονου || 21,4 1ετι || 21,6 του || 21,11 ως λιθω || 21,12 πυλωσι || 21,13 νοτου || 21,14 το || 21,20 βηριλλος || 21,23 εν || αυτην || 21,24 και την τιµην || 21,26 και οισουσι – αυτην || 22,2 αποδιδουν τον || 22,3mg καταθεµα || 22,14 πυλωσιν || 22,16 επι || η | 2ο || 22,18 εαν || 22,19 εαν | 2 της | εκ της || Subscriptio τελος C.2. Signifikante Lesarten anderer Editionen des ErT C.2.1. Gemeinsame Lesarten von Er1 und Ald in Abweichung zu anderen Editionen des TR Er1: Apk 1,4 ος || 2,5 µετανοησεις || 2,10 παραθητε || 3,1 ζωης || 3,1 στηρηξον || 3,16 ουδε || 3,18 κουλλουριον || 4,4 om. εσχον || 4,6 εµπροσθεν || 5,12 αξιος || 5,13 λεγοντες || 6,8 ακουλουθει || 7,1 κρατουντες || 7,17 om. και εξαλειψει – αυτων || 12,13 εδιωξα || 13,1 2επτα || 14,1 om. εκατον || 14,2 κιθαραζοντων || 14,9 τω θηριω || 14,14 υιος || 14,19 ελαβεν || 18,19 επλουτησαν 20,13 αυτοις || 21,8 φαρµακοις || 22,8 ιωαννες C.2.2. Einige Sonderlesarten der Ald Apk 2,10 ζοης || 2,20 ιεξαβηλ || 7,14 αυτας αυτων || 12,2 βαζανιζωµενη
Aus den Versionen
The Sahidic Apocalypse in Early Islamic Egypt CHRISTIAN ASKELAND1 While the larger Eastern church excluded John’s Apocalypse, the Coptic church employed the Apocalypse in liturgical and literary texts, offering an unbroken tradition of its use from the earliest period. This paper will explore the nature of the Sahidic Apocalypse as scripture, with special attention to results gleaned from the forthcoming Editio Critica Maior underway at the Kirchliche Hochschule Wuppertal/Bethel.
1. The Apocalypse and Canon If the New Testament canon were a set of books arranged on a conceptual bookshelf, the Apocalypse of John would be that last book on the end which perpetually falls on its side — threatening the fall of the remaining collection. The history of the place of the Apocalypse as Christian scripture is enigmatic, but can briefly be reduced to two or perhaps three problems.2 First, according to the earliest patristic sources, the Apocalypse and its reception was center stage in a battle between, on the one hand, chiliasts and literal interpreters, and, on the other hand, amillenialists and allegorical interpreters.3 The third-century Egyptian pope, Dionysius of Alexandria, prominently argued against his friend and colleague, Nepos of Arsinoë, against the apostolic authorship of Revelation, in essence nudging the text outside the apostolic circle of the New Testament corpus. Second, according to the extant Greek witnesses, the Byzantine 1 2
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My sincere thanks extend to Heinzgerd Brakmann and Alin Suciu for their comments on this article. This synopsis weighs only the considerations relevant before the advent of the printing press. Notably, John Calvin never wrote a commentary on Revelation, and Luther’s first Bible editions cited concerns about its status among the other apostolic and prophetic writings, arranging the Apocalypse as an appendix with other antilegomena (Hebrews, James and Jude). M. Hasitschka/K. Huber, Die Offenbarung des Johannes im Kanon der Bibel, in: J.M. Auwers/H.J. de Jonge (edd.), The biblical canons (BEThL 163), Louvain 2003, 607–618; W.C. Weinrich (ed.), Revelation (ACCS 12), Grand Rapids, MI 2005, xvii–xx; T. Niklas, Probleme der Apokalypserezeption im 2. Jahrhundert, in: J. Verheyden/T. Nicklas/A. Merkt (edd.), Ancient Christian interpretations (NTOA 92), Göttingen 2011, 28–45.
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and tradition excluded the Apocalypse from their lectionary traditions. Continuous text Apocalypse manuscripts do not appear in the Greek tradition until the fourteenth century.4 Similarly, the Peshitta tradition excluded the Apocalypse as well as certain Catholic epistles, although subsequent Syriac translations (Philoxenian, 508 CE; Harklean, 616 CE) included these texts.5 The third possible issue reflects the character of the Greek textual tradition and has only now been thoroughly researched by Markus Lembke, collaborator with the Wuppertal-based Apokalypse-Projekt-DFG. While the wider New Testament was transmitted in a somewhat standardized form known as the Byzantine textual tradition, the Apocalypse text seems to have been excluded from whatever process created the larger Byzantine tradition. More specifically, fourteenth century and later Apocalypse texts which appear in the Byzantine Kr tradition do not share with one another the kind of internal textual stability of the larger tradition. While these reasons led to the exclusion of the Apocalypse in the East, what held for the Syriac church and for Byzantium was not true for Coptic Egypt during the early Islamic era. Although the reasons behind its acceptance remain uncertain, the extant manuscript tradition clearly demonstrates that, by the sixth century, the Egyptian church was treating the text of the Apocalypse as an integral part of its biblical canon. The following paragraphs will evaluate the extant manuscripts and the settings for which they were created and used.6
2. Chronological distribution With respect to a timeframe, the earliest manuscript, a series of Fayumic fragments, probably dates to the seventh to eighth centuries based upon its format, dialect and Alexandrian majuscule influences.7 In stark contrast, the preemi4
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Although scholars have not yet examined the late emergence of the Apocalypse into the Byzantine tradition, the present Wuppertal-based DFG project will no doubt shed light on the relevant manuscripts and their historical context. For an extensive survey of the Syriac Apocalypse tradition, cf. M. Heide, Die syrische Johannes-Apokalypse, in: M. Karrer/M. Labahn (edd.), Die Johannesoffenbarung: ihr Text und ihre Auslegung (Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte 38), Leipzig 2012, 71–81. Unfortunately, the current examination excludes Greek manuscripts which were produced in Christian Egypt (e.g. 18.24.43.47.85.98.115 ℵ A B W), and no doubt used by Coptic-speaking Christians. For example, Crum published the Greek Apocalypse fragment BL Or. 2241 (43) with other materials related to the Coptic monastic community at Wadi Sarga; W.E. Crum/H.I. Bell (edd.), Wadi Sarga (Coptica 3), Hauniae 1922, 43–45. Coquin argued that these fragments were “anciens” on account of the peculiar Chima. The two column layout is more typical to manuscripts following the Islamic conquest, and the biblical majuscule script has Alexandrian features in Kappa and Lambda, likewise suggesting
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nent Sahidic Apocalypse manuscript is without a doubt an almost-complete paper codex which was purchased with a group of manuscripts whose colophons indicate a provenance in Edfu between approximately 982–1004.8 Most Sahidic Apocalypse manuscripts which have survived the ravages of time have done so through the ancient library at the White Monastery at Sohag. Based upon the colophons in other manuscripts from the White Library, these codices were created during the tenth to twelfth centuries — most probably in the tenth to eleventh centuries.9 One White Monastery manuscript (sa 652) contains peculiar features which suggest a date of approximately 920–940.10 Table 1: Chronological distribution fa 23 (Fayum) 600–799 CE sa 664 (Bawit) 500–899 CE sa 652 (Touton, Fayum) 900–949 CE 900–1199 CE ≅20 White Monastery MSS sa 42 (Edfu) 982–1004 CE
Unlike the wider Coptic biblical tradition, perhaps only one manuscript exists which could be dated theoretically to the 4th–5th centuries, although a later date is at least as likely.11 This lack of attestation, however, is perhaps not surpris-
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an Islamic era date. R.-G. Coquin, Deux fragments fayoumiques, in: J.-M. Rosenstiehl (ed.), Études coptes III: troisième journée d’études, Musée du Louvre, 23 mai 1986 (Cahiers de la bibliothèque copte 4), Louvain 1989, 21–31: 26. Fayumic apparently began a precipitous decline in the 8th century. L. Depuydt, Catalogue, Louvain 1993, lxv. N.B., however, Pierpont Morgan M 614. B. Layton (ed.), Catalogue, London 1987, xxvi–xxx. In a summary of van Lanschoot’s work, Tito Orlandi lists the manuscripts with dated colophons as follows: 20 from the 10th century, 21 from the 11th century, and 7 from the 12th century. T. Orlandi, The Library of the Monastery of Saint Shenute at Atripe, in: A. Egberts/B. P. Muhs/J. van der Vliet (edd.), Perspectives on Panopolis: An Egyptian town from Alexander the Great to the Arab Conquest. Acts From an International Symposium Held in Leiden on 16, 17 and 18 December 1998 (Papyrologica Lugduno-Batava 31), Leiden 2002, 211–231: 5–7. A scriptorium located in the ancient city of Touton produced numerous manuscripts with dated colophons which survive from the Monastery of the Archangel Michael (Phantoou) during the years 861–914, and thereafter for the White Monastery from 920–940. Naturally, the undated manuscripts in the collection could come from shortly before or after these dated manuscripts, but the clustering of the dated manuscripts suggests that they were probably from essentially the same period. In addition to occasional colophons, this source marked its manuscripts with uniquely paired marginal flourishes and obeloi. Depuydt, Catalogue, cxv; C. Nakano, Indices, Journal of Coptic Studies 8 (2006), 147–159. S. Torallas Tovar (ed.), Biblica coptica montserratensia (Orientalia Montserratensia 2), Barcelona 2007, 119–121, pl. xxxii; P.Monts.Roca inv. 1244+1245, DVCTVS: National
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ing, since few Coptic manuscripts can be dated to this period with any certainty.12 As scholars consider the nature of the Coptic biblical tradition, two dates are particularly significant. Although an independent Coptic church originated with the 451 condemnation of the Council of Chalcedon, the division was not finalized until after the Muslim conquest in 641, at which time Benjamin I became the first legally recognized miaphysite pope. The period of time comprising the 7th–8th centuries remains a blind spot in terms firmly dated Coptic literary manuscripts. The extant manuscripts from the 10th–11th centuries suggest a prior tradition which was not fundamentally different. This probability is supported by the Fayumic leaves which date within two centuries of the Islamic invasion.
3. Where and for what were these manuscripts used? The manuscript evidence suggests that the Apocalypse was not a local phenomenon within one section of Egypt, even if this reconstruction relies on a small number of manuscripts. The Fayumic fragment as well as the fragmentary Touton manuscript (sa 652) suggest that the Apocalypse existed in the Fayum, although notably the extensive remains of the Archangel Michael Monastery at Phantoou preserve no Apocalypse manuscripts. The Archangel Michael Monastery, however, possessed at least one codex with a commentary on the Apocalypse.13 Except for the Nile Delta region whose climate is not favorable to the preservation of manuscripts, the text was clearly present not only in the heart of Upper Egypt at Sohag, but also as far south as Edfu. Even farther south, one could note the two Nubian Apocalypse leaves found at Kasr
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Papyrological Funds [accessed 26 October 2012]. For example, Hans-Gebhard Bethge will be publishing a Pauline Epistles codex purportedly found with the Tchacos codex. The most significant sources of 4th century Coptic are the heterodox manuscripts from Nag Hammadi and the Dakhleh Oasis. The present author is preparing a survey of the various issues involved in the dating of early Coptic manuscripts which will appear in the collected papers of the European Research Council, New Contents for Old Texts Project led by Hugo Lundhaug of the University of Oslo. This manuscript which contains pseudo-Proclus of Constantinople’s “Encomium on the twenty-four elders” and pseudo-Cyril of Alexandria’s “Encomium on Revelation 7–12,” appears to have the telltale markings of the Touton scriptorium; Depuydt, Catalogue, 301–305, no. 157. For an Italian edition of Pierpont Morgan 591, cf. T. Orlandi (ed.), Omelie copte, Turin 1981. N.B., the White Monastery also possessed Cyril’s commentary on Revelation, fragments of which are being edited by Victor Ghica (BnF Copt 131³ ff. 58–61 and 131⁷ f. 63).
The Sahidic Apocalypse in early Islamic Egypt
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Ibrim.14 Later manuscripts from the Classical Bohairic lectionary tradition cite the Apocalypse, although not as extensively as the Sahidic tradition, a fact which will be discussed below. Coptic Apocalypse manuscripts survive in diverse formats which suggest a variety of applications.15 At least seven fragments once derive from smaller format codices which laypeople or clergy could have privately read and studied. In particular, these codices use a single column and their leaves are approximately half the size of their larger counterparts. The London Apocalypse codex, sa 42 (26 × 14 cm), which is the best-preserved Apocalypse witness, is one of only two paper codices containing the Apocalypse. The second bestpreserved codex, sa 32 (8 × 7 cm), is a particularly small codex, which was written on parchment and preserves only about 80% of the Sahidic Apocalypse. Two leaves from the Bibliothèque nationale de France (sa 662) preserve a palimpsest with the Apocalypse text crudely written over an earlier narrative text. One small fragment, sa 666, must have been an excerpt created as either a writing exercise or for a single-use in a liturgical context. This scrap preserves the description of the heavenly Jerusalem (Apc 21:19–22:1), and perhaps suggests the sort of Apocalypse material which would have been interesting to an Egyptian reader. Five Sahidic liturgical manuscripts demonstrate that the Apocalypse was consistently read in worship along with the other New and Old Testament scriptures.16 The boundary between lectionary manuscript and continuous text manuscript blurs further, when the Coptic tradition is considered. Approximately eight large-format codices are extant, although only though a small number of their original leaves. Four of these codices contain overt or implied lectionary notations, indicating that the literary manuscripts were used in liturgical settings of some sort. For instance, a scribe referenced the third Saturday of the month Phaôphi (October)17 in a leaf from a continuous text manuscript from Vienna (K 9619). The ink is apparently the same as that used in the main text, although the scribe has used a sloping pointed majuscule script for the note. The use of this 14
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J.M. Plumley/G.M. Browne (edd.), Old Nubian texts from Qaṣr Ibrīm , 3 vols, vol. 1, London 1988, 32–39; G.M. Browne (ed.), Bibliorum Sacrorum versio paleonubiana (CSCO 547), Louvain 1994, 52–62. Cf. M. Sigismund, Die altnubischen Apk-Fragmente im Bezug zum Teststellensystem der Apk-ECM, in this volume. sa 32, 42, 396L, 662, 663L, 664, 665. sa 666 was probably not part of a continuous manuscript. sa 294L, 394L, 396L, 663L, 667L. H. Buchinger, Die Johannes-Apokalypse, in: J. Verheyden/T. Nicklas/A. Merkt (edd.), Ancient Christian interpretations of ‘violent texts’ in the Apocalypse (NTOA 92), Göttingen 2011, 216–266: 218–219. R.S. Bagnall, Practical help, in: R.S. Bagnall (ed.), The Oxford handbook of papyrology, Oxford 2009, 179–196: 181.
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script for marginalia and colophons is standard in manuscripts during this period. In two other cases, lectionary notation was apparently added later. sa 652, which was created in the Touton scriptorium, was the victim of a later act of lectionary vandalism, which is to say that a scribe crudely added associated Psalter readings in the lower margin. In the case of the regal codex 46, a recurring set of enigmatic markings which appear to postdate the original text seem to reference some sort of division to the text, perhaps lectionary sections. Naturally, the most obvious witnesses to the liturgical role of the Apocalypse are the Sahidic lectionary manuscripts themselves, of which at least three survive.18 The paper codex sa 294L, which preserves approximately twelve leaves, is the most extensive witness to a Sahidic lectionary. The second most important manuscript is sa 394L, three leaves of a parchment codex. Colophons divide the scribe’s artfully presented text into readings, also indicating the scheduled dates of for each lectionary reading. Thirdly, a final lectionary scrap contains a few verses of the Apocalypse, but will hopefully be eventually identified with other related leaves (sa 667L). In stark contrast to the eloquent ductus of sa 394L, the simpler sloping inclined majuscule typica (sing. typicon, “pericope list”), sa 396L and 663L, abbreviate the lectionary readings, only citing a chapter and including the first words of the section.19 These manuscripts are probably the counterpart to the continuous text manuscripts with section markings, and explains how practically the Coptic church might have used manuscripts in church services. Some practical conclusions are evident from the diverse Sahidic Apocalypse manuscripts discussed here. First, the White Monastery Library preserved many continuous manuscripts, perhaps twenty, of the Sahidic Apocalypse, and the text was clearly known throughout Egypt. Although this is comparably less well-attested than the more popular Sahidic New Testament texts,20 the number is larger than what would be expected of non-biblical texts. Second, confirming this probability, the presence of the Apocalypse within the Sahidic lectionary tradition shows that this text was read alongside other core scriptures. Third, the witness of the typicon leaves and the coordinate marginal
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For an extensive survey of Coptic liturgical manuscripts, cf. H. Brakmann, Der Gottesdienst der östlichen Kirchen, ALW 53 (2011), 138–270: 238–242. U. Zanetti, Leçons liturgiques au Monastère Blanc: six typika, Bulletin de la Société d’archéologie copte 46 (2007), 231–304: 255–262 and 263–267. For a tally of published New Testament witnesses, cf.: C. Askeland, The Coptic versions of the New Testament, in: B.D. Ehrman/M.W. Holmes (edd.), The text of the New Testament in contemporary research. Essays on the status quaestionis, Leiden 22012, 201–230.
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notations in other manuscripts demonstrate that the continuous text manuscripts were also used in liturgical contexts.21
4. Why was the Apocalypse received into the Sahidic tradition? The origins of the Sahidic lectionary tradition are obscure. The earliest Egyptian liturgical manuscripts are only slightly older than their counterparts from the Byzantine tradition.22 Theoretically, the Sahidic liturgical systems arose some time in the seventh to ninth centuries — no earlier than the Byzantine system and no later than the earliest Sahidic manuscripts. With regard to passage choice and arrangement, no clear pattern is recognizable among the Apocalypse citations, although several passages emerge multiple times in the extant witness, sometimes clearly on different days.23 The “witnesses clothed in white” passage (Apc 7:13–8:3) appears three times in sa 294L, and once more in sa 663L on a different date. Two manuscripts cite the message to the church at Philadelphia (Apc 3:19–4:6), again on different days.24 Finally, two different manuscripts cite the Apocalypse passage in which an angel with a scythe is sent to harvest the grapes of wrath (Apc 14:6–12). Speculating about such citations is dangerous, particularly given the fragmentary preservation of the Sahidic lectionary tradition. Obviously, however, one could note that the Apocalypse as a complete text reflects a church which perceives itself as being persecuted by imperial forces and challenged by false religion. This situation would have been familiar to the Egyptian church during the Islamic era, but even as much so, perhaps, during Roman or Byzantine rule. The Egyptian church conceived of itself in terms of martyrdom, dating its foundation not to its founding apostle Mark, but rather to the ascension of 21 22
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As was the case with gospel manuscripts, e.g. sa 140. H. Brakmann, Fragmenta GraecoCopto-Thebaica, OrChr 88 (2004), 117–172: 154. “Dort war festgestellt worden, daß sowohl unter den Lektionaren wie unter den Texthandschriften kein Zeuge für das byzantinische Lektionssystem existiert, der in eine Zeit vor das 8. Jh. datiert werden kann. Und damit korrespondiert nun in ganz auffälliger Weise, daß sich aus der Struktur dieses Lesesystems und dem Versuch seiner historischen Fixierung ergibt: Dieses Lesesystem ist mit größter Wahrscheinlichkeit erst im Laufe des 7. Jhs. zu seiner Ausformung gelangt und kann uns daher nur in den Hss vom 8. Jh. an überliefert sein.” K. Junack, Zu den griechischen Lektionaren, in: K. Aland (ed.), Die alten Übersetzungen des Neuen Testaments: die Kirchenväterzitate und Lektionare. Der gegenwärtige Stand ihrer Erforschung und ihre Bedeutung für die griechische Textgeschichte (ANTF 5), Berlin 1972, 498–591: 541–542. Dates and precise passage length are not always clear. The following verse numbers are approximations offered here for the facility of the reader. sa 294L, Borg.copt. 109 fasc. 88.
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Diocletian and the associated persecutions.25 The existence of Sahidic texts of pseudo-Cyril of Alexandria’s commentary on Revelation supports the hypothesis that Egyptian acceptance of the Apocalypse could have been influenced by the Monophysite controversy of the 5th–7th centuries. In this context, the text could have been used by Egyptian partisans against their imperial religious counterparts. Naturally, the Egyptian church suffered under Islamic rule, although violent attacks against Christians were not a widespread issue until the end of the eighth century. In the ninth century and later, Islamic persecution became severe, although the most egregious instances of violence were sporadic.
5. Citing the Apocalypse as scripture In his Thirty-Ninth festal letter (367 CE), Athanasius includes the Book of Revelation, listing the canon as found in most modern Bibles.26 Notably, this text is better preserved in the Coptic tradition than in Greek.27 Cyril of Alexandria, the father of Egyptian miaphysism, cited the Apocalypse as scripture (Apc 6:9),28 using it to clarify the apostle John’s understanding of the divine logos (Apc 1:8)29 and to demonstrate that only God is worthy of worship (Apc 22:9).30 The writings of Shenoute and Besa essentially ignore the Apocalypse, while frequently citing the wider New Testament.31 With respect to the issue of
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R.S. Bagnall/K.A. Worp, The chronological systems of Byzantine Egypt, Leiden 2004, 67– 68; W. Clarysse, The Coptic martyr cult, in: M. Lamberigts/P. van Deun (edd.), Martyrium in multidisciplinary perspective: memorial Louis Reekmans (BEThL 117), Louvain 1995, 377– 396; A. Papaconstantinou, Historiography, hagiography, and the making of the Coptic ‘Church of the Martyrs’ in early Islamic Egypt, DOP 60 (2006), 65–86; L. MacCoull/K.A. Worp, The era of the Martyrs, in: M. Capasso/G. Messeri Savorelli/R. Pintaudi/M. Gigante (edd.), Miscellanea Papyrologica in occasione del bicentenario dell’edizione della Charta Borgiana, Firenze 1990, 375–408. Ep.fest. Add. 39:5. D. Brakke, A new fragment, HThR 103 (2010), 47–66; D. Brakke, Canon formation, HThR 87 (1994), 395–419. Καίτοι τὸ τῆς Ἀποκαλύψεως βιβλίον ἡµῖν συντιθεὶς ὁ σοφὸς Ἰωάννης, ὃ καὶ ταῖς τῶν Πατέρων τετίµηται ψήφοις, τὰς τῶν ἁγίων ψυχὰς ὑπ’ αὐτὸ τὸ θεῖον τεθεᾶσθαι θυσιαστήριον, διεβεβαιοῦτο σαφῶς. Ador., vol. 68, 433, ll. 21–24. Ths., vol. 75, 37, ll. 8–18. Ths., vol. 75, 252, l. 8 The principle exception is the reference to God “wiping every tear from their eyes,” which could be Apc 7:17 or Is 25:8. Likewise, the phrase “he who has an ear, let him hear” (Apc 2:7 etc.) could be a citation of several New Testament texts. M.K.H. Kuhn, A fifth-century Egyptian abbot, JThS n.s. 5 (1954), 36–48 (40–41). H. Wiesmann (ed.), Sinuthii Archimandritae,
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canon, their silence is deafening and no doubt echoes the concerns of earlier Egyptian theologians. This silence, however, would not last. By the end of the sixth century, the Chalcedonian controversy had erupted into violent schism in Egypt, and, in this context, the text of Revelation emerges as an anti-Byzantine weapon. Stephen of Hnēs attributed the following words to the sixth-century Coptic monk Apa Apollo (Apc 9:1–2): I saw, said John in his Apocalypse, a star that had fallen from heaven. The pit of the abyss was opened. Smoke of a great fire went up. The sun and the air became dark through the smoke of the pit, the pit of the impiety which the rulers had gathered up who had come together to Chalcedon. This very pit of the abyss was opened again in the days of the Emperor Justinian.32
Egyptian miaphysite citation of the Apocalypse may have occurred in the immediate context of the Council of Chalcedon. According to the Coptic Panegyric on Macarius, Dioscorus, bishop of Alexandria (444–451) was travelling to Chalcedon, when he heard of the following vision which his colleague Macarius had dreamed: I saw him who opened a gate of darkness. He called, saying: “Ancient serpent, come out!” And at once I saw a large black dragon who emerged with a papyrus tome transfixed in his mouth. I heard a voice coming from within the dragon, saying “Pulcheria, Pulcheria, take this to yourself and give it to Marcian, for the sixth day is finished. He who reads, let him understand.” At once I saw the woman whose name was called, and she, having straightened out her purple (robe), took it to herself. I saw her give it to another beside her. I saw little snakes coming out of the dragon’s mouth. They went to where the man held the papyrus. They encouraged him. He commanded that all the bishops of every land be assembled. I saw all the bishops of every place who boarded the ship, how they threw away their crowns and fled.33
Various historical details suggest a sixth-century authorship for this encomium, in which the Byzantine empress and her husband are used by Satan to assemble Chalcedon.34 The vision ends with the Alexandrian bishop reluctantly receiving the crowns forsaken by the other (heretical) bishops. Following the Islamic invasion of 641, Islam displaced Chalcedonian dogma, posing a new challenge to thee Egyptian church. Although the first decades of the Islamic era may have felt more like a liberation, by the 8th cen-
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vol. 3 (CSCO 96), Louvain 1953, 152; H. Wiesmann (ed.), Sinuthii Archimandritae, vol. 4 (CSCO 108), Louvain 1952, 134. I am grateful to Heike Behlmer for her insight here. Panegyric of Apollo 8. M.K.H. Kuhn (ed.), A panegyric on Apollo, vol. 2 (CSCO 395), Louvain 1978, 10–11. My thanks extend to Joseph Sanzo who brought this citation to my attention. Panegyric on Macarius 2.4–5. For the above translation, cf. D.W. Johnson, A Panegyric on Macarius (CSCO 416), Louvain 1980, 7–8. Johnson, A Panegyric on Macarius, 8–11.
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tury taxes were raised and Christians began to convert to Islam in earnest. Direct testimony to this period is scarce, but at least one pseudonymous source suggest that the Apocalypse continued to inform the Egyptian worldview. In a Coptic homily pseudonymously attributed to the Athanasius of Alexandria, one finds the following vaticinium ex eventu: First, that nation will destroy the gold [coinage], upon which is the image of the cross of our Lord God. All lands which are under them will be induced to strike their own gold [coinage], upon which will be written a bestial name, making six hundred and sixty-six in its number and its name.35
Similarly, John bishop of Nikiu, whose Coptic history survives mostly in an Ethiopic translation wrote (circa 690 CE): And now many of the Egyptians who had been false Christians denied the holy orthodox faith and life-giving baptism, and embraced the religion of the Moslem, the enemies of God, and accepted the detestable doctrine of the beast, this is, Mohammed, and they erred together with those idolaters, and took arms in their hands and fought against the Christians.36
6. Reading the Apocalypse in worship Although the controversy began with the Council of Chalcedon (451), the split was finally codified with the Islamic invasion and the recognition of Benjamin I as the official Egyptian primate. From a literary-historical perspective, the seventh and eighth centuries are difficult to reconstruct. However, during this period, a distinctly Egyptian liturgical tradition developed, contemporaneous to Byzantine and other eastern traditions. The Pierpont Morgan manuscript M 575 preserves a Coptic antiphonary which amalgamates various biblical texts into choral texts. This antiphonary repeatedly incorporates Apocalypse passages,37 and has an aggressively antiChalcedonian rhetoric.38 An extensive variety of art and literature supports the prominence of three feasts which directly interact with scenes from the biblical Apocalypse, which can only be briefly mentioned here. First, on the 8th of Hathor, Copts celebrated the feast of the four living creatures as referenced in
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B. Witte, Die Sünden der Priester und Mönche (Arbeiten zum spätantiken und koptischen Ägypten), Altenberge 2009, 73–74: 187 (M 602, 38b:2–17). R.H. Charles (trans.), The Chronicle of John, London 1916, 201 (cxxi:10, 201). M. Cramer/M. Krause, Das koptische Antiphonar (Jerusalemer Theologisches Forum 12), Münster 2008, 66–67, 104–105, 109–119, 303 (1:18, 4:2–5:14, 21:2; 21:10–14; 21:16). Cramer/Krause, Das koptische Antiphonar, 29–30.
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Ezekiel, Isaiah and the Apocalypse.39 Similarly, the Feast of the Twenty-Four Elders (or priests) occurred on the twenty-fourth of Hator. These individuals represented a heavenly priesthood and angelic beings whose names reflect the 24 letters of the Greek alphabet.40 Finally, on the twelfth of every month, a feast of the Archangel Michael was celebrated. Although the Archangel Michael appears in Daniel and Jude, the twelfth chapter of the Apocalypse was clearly a key text; the present survey can not only allude to the extensive citation of the Apocalypse in literature related to the Archangel.41 Michael enjoyed a role perhaps equal to the Virgin Mary in the Coptic tradition, and an extensive number of Coptic homiletic texts are extant concerning him from the remains of the Hamuli monastery which bore his name.42 Notably, among the Hamuli texts, a Sahidic commentary by Pseudo-Chrysostom survives which covers chapters four through twelve — precisely those chapters which relate to these three feasts.43 The Apocalypse enjoyed an important role in the lectionary cycle of the White Monastery. The Sahidic Apocalypse was read throughout the year on Saturdays,44 but received special attention during Easter, during which time it was read alongside various Old Testament prophetic texts.45 sa 651, the provenance of which remains unclear, apparently contained the text of 39
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M. Kupelian, On the four apocalyptic creatures, in: Y.N. Youssef/S. Moawad (edd.), From Old Cairo to the New World: Coptic studies presented to Gawdat Gabra on the occasion of his sixty-fifth birthday (Colloquia Antiqua 9), Louvain 2013, 97–110; P. van Moorsel/M. de Grooth, The lion, the calf, the man and the eagle, Bulletin Antieke Beschaving 52–53 (1977– 1978), 233–245; P. van Moorsel, The Coptic apse, in: J. Leclant/J. Vercoutter (edd.), Études nubiennes: colloque de Chantilly, 2–6 juillet 1975 (IFAO, Bibliotheque d’étude, 127), Cairo 1978, 325–333. A. Maresca, Le due omelie sui 24 Vegliardi, in: T. Orlandi (ed.), Quattro omelie copte (TDSA 60), Milan 1977, 56 and 93. Archangel Michael homilies composed by eleven different authors survive from the Hamuli find, Depuydt, Catalogue of Coptic manuscripts in the Pierpont Morgan Library, 697. The same is true on a smaller scale with homilies on the four living creatures and the twenty-four elders. M. van Esbroeck, Michael the Archangel, Saint, in: A.S. Atiya (ed.), Coptic encyclopaedia, New York 1991, 1616–1620. Throughout the relevant literature, Apocalypse citations are abundant. Pierpont Morgan, M 591. Tito Orlandi understands this text in the light of the first Arab persecutions or the first Coptic rebellions, with the Arabic invasion as the phase of the antichrist. Orlandi, Omelie copte, 125. For Leslie MacCoull, the background and date remain unclear, MS. Morgan 591, StPatr 20 (1989), 33–39 (38). E.g, Zanetti, Leçons liturgiques au Monastère Blanc, 264–267. D. Atanassova, Zu den sahidischen Pascha-Lektionaren, in: M. Immerzeel/J. van der Vliet (edd.), Coptic studies on the threshold of a new millennium: proceedings of the Seventh International Congress of Coptic Studies, Leiden, August 27–September 2, 2000, 2 vols., vol. 1, Louvain 2004, 607–620.
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Melito’s Peri Pascha after the Apocalypse, further commending an association with Easter liturgy. So far as the Archangel Michael monastery’s lectionary system is extant, it basically agrees with the medieval and modern Bohairic liturgical calendar.46 In the Bohairic system, the Apocalypse is read in toto on Holy Saturday,47 and also arises in the consecration of churches48 as well as in various responsive readings.49
7. Arabic Era Apocalypse traditions In the thirteenth century, Bohairic thoroughly displaced Sahidic as the official dialect, and the Coptic language as a whole was in precipitous decline. The biblical Apocalypse, as well as other Apocalyptic literature, enjoyed continued interest, and some traditions from this period probably derive from the seventh to eighth centuries. At least eleven Bohairic Apocalypse manuscripts have survived, dating from 1200 to 1834.50 The Curzon Gospels catena manuscript is the earliest extensive witness to the Classical Bohairic biblical tradition, dated by colophon to 888 CE.51 The commentaries on the various gospel passages in this manuscript cite other scriptures as well as patristic sources. The Apocalypse appears in several instances, most prominently in the discussion of Mark 13 and the destruction of the temple.52 During the Coptic golden age (13th century), Ibn Kātib Qaysar and Būlus al-Būshī both composed Arabic commentaries on the Apocalypse,53 and both argued that the number 666 could be calculated from their own Coptic formulation of the name Mohammed ⲙⲁⲙⲉⲧⲓⲟⲥ. Stephen Davis demonstrates that this tradition dates to the early Islamic period, noting the already-cited passages from John of Nikiu and the
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Matthias Schulz’s forthcoming Münster PhD dissertation will demonstrate that the White Monastery used a distinct system from the Archangel Michael monastery, and that the later survives within the Bohairic tradition to this day. G. Viaud, La prière d’Abou Ghalumsis, OrSyr 12 (1967), 109–116; O.H.E. Burmester, The Egyptian or Coptic Church, Cairo 1967, 293–294; A. Sidarous, La Pâque sainte, ProcheOrient Chrétien 17 (1967), 3–43: 23; H. Takla, Liturgical use of the Book of Revelation, Saint Shenouda Coptic Quarterly 1 (2005), 19–25. Apc 2:7.23, 22:11. G. Horner (ed.), Service for the consecration, London 1902, 90. Burmester, The Egyptian or Coptic Church, 403. A.A. Vaschalde, Ce qui à été publié, Le Muséon 45 (1932), 117–156: 124–125. χρόνος τῶν ἁγίων µαρτύρων , P. de Lagarde (ed.), Catenae in Evangelia Aegyptiacae quae supersunt, Göttingen 1886, iv–v. ⲙ: ⲉⲑⲃⲉ ϯⲥⲩⲛⲧⲉⲗⲓⲁ, de Lagarde, Catenae in Evangelia Aegyptiacae quae supersunt, 105–107. S.J. Davis, Introducing an Arabic Commentary on the Apocalypse: Ibn Kātib Qaysar on Revelation, HThR 101 (2008), 77–96: 82.
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Apocalypse of Ps.-Athanasius.54 According to Davis, Ibn Kātib Qaysar’s commentary presents John the revelator in a manner which contrasts with Mohammed the prophet.55 In this same period, the apocalyptic genre endures within Coptic literature with texts such as the Apocalypse of Samuel of Qalamūn,56 the letter of Pisuntios of Qeft,57 the Fourteenth Vision of Daniel58 and the Apocalypse of Peter (Book of the Rolls)59.60
8. Conclusions Egyptian Christians from at least the seventh century onwards venerated the Apocalypse of John as a core scriptural text, deploying its imagery as a theological weapon against their enemies and publically celebrating the text within their worship services. In Egypt, its reading influenced several important feasts and most notably a unique veneration of the Archangel Michael. This Egyptian storyline, which dates from the Greek bishop Athanasius of Alexandria until the Arabic commentator Ibn Kātib Qaysar, offers a millennium of Apocalypse reception. One is hardly surprised to discover that the modern Coptic church continues this tradition to this day.
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Davis, Introducing, 77–96: 84–85. Ps.-Athan., Apc. 9:9, Witte, Die Sünden der Priester und Mönche, 73–74, 187; T. Orlandi, Un testo copto, in T. Orlandi/F. Wisse (eds.), Acts of the Second International Congress of Coptic Studies, Roma, 22–26 September 1980, Rome 1985, 225–233. Davis, Introducing, 96. J. R. Zaborowski, From Coptic to Arabic, Medieval Encounters 14 (2008), 15–40; J. R. Zaborowski, Egyptian Christians, OrChr 87 (2003), 100–115. “Et ce nom est Mamadanous (Moḥammed) dont le nombre, lettre par lettre, est en copte six cent soixante-six, et c’est le nom de leur prophète qu’ils invoquent.” A. Périer, Lettre de Pisuntios, évèque de Qeft, à ses fidèles, Revue de l’Orient chrétien 19 (1914), 302–323 (318). H. Tattam, Prophetae Majores in dialecto linguae Aegyptiacae, Memphitica seu Coptica, 2 vols., vol. 2, 1852, 386–404. Esp., verse 56, “… that king whose name makes 666 in number and who is called three names which are these: ⲙ̅ⲁ̅ⲙ̅ⲉ̅ⲧ̅ⲓ̅ⲟ̅ⲥ̅, ⲭ̅ⲁ̅ⲗ̅ⲗⲉ̅ ̅ and ⲥ̅ⲁ̅ⲣⲁ ̅ ̅ⲡ̅ⲓ̅ⲇ̅ⲟⲥ̅ .̅ ” All three names add up to 666. The author also mentions ⲙⲁⲙⲉⲧⲓⲟⲥ as the name of the beast, B. Roggema, Biblical Exegesis and Interreligious Polemics, in: D. Thomas/T. Khalidi/G.J. Reinink/M. Swanson (edd.), The Bible in Arab Christianity (The History of Christian-Muslim Relations 6), Leiden 2006, 131– 150: 143. Although the author only notes two Apocalypse passages in two apocalyptic works (Apc 9:6 [Ps.-Athan.] and 13:18 [Ps.-Athan., 14th vision of Daniel]), for a wider examination, cf. H. Suermann, The use of biblical quotations, in: D. Thomas/T. Khalidi/G.J. Reinink/M. Swanson (edd.), The Bible in Arab Christianity (The History of Christian-Muslim Relations 6), Leiden 2006, 69–90. Similarly, cf. J.M. van Lent, The nineteen Muslim kings in Coptic apocalypses, Parole de l’Orient 25 (2000), 643–693.
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Christian Askeland
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Zur Vorlage und Bedeutung der äthiopischen Bibelübersetzung MARTIN HEIDE1 In dem bekannten Standardwerk Der Text des Neuen Testaments von Kurt und Barbara Aland erfahren wir unter der Kapitelüberschrift „Die Übersetzungen ins Armenische, Georgische, Äthiopische“, die äthiopische Bibelübersetzung sei „in ihrem Charakter noch umstrittener“ als die Übersetzungen ins Armenische und Georgische. Während aber bei letzteren offensichtlich nicht von einer unmittelbaren griechischen Vorlage ausgegangen werden kann, gestehen die Autoren zu, dass zumindest einzelne äthiopische Bücher des Neuen Testaments aus dem Griechischen geflossen sein könnten: „Für die Evangelien ist die Frage unentschieden, ob die Übersetzung aus dem Griechischen oder dem Syrischen erfolgte. Für die Übersetzung der Apostelgeschichte scheint es eine griechische Vorlage gegeben zu haben, für die Katholischen Briefe scheint eine griechische Vorlage sicher. Für die Offenbarung meint man sogar, eine griechische Vorlage nicht nur festgestellt zu haben, sondern sie auch präzisieren zu können“.2
Diese zurückhaltenden Äußerungen sind z.T. dadurch zu erklären, dass von den äthiopischen Büchern des Neuen Testaments bis 1988 nur das Buch der Offenbarung3 und das Ende des Markusevangeliums4 in einer kritischen Edition vorlag. Ähnliche Überlegungen, ebenfalls im Anschluss an die armenische und georgische Version, finden sich fast unverändert von der 1. Auflage von B.M. Metzgers The Text of the New Testament von 1964 bis in die durch B.D. 1
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Ich möchte Herrn Prof. Stefan Weninger (Philipps Universität Marburg), Herrn Prof. Curt Niccum (Abilene Christian University), Herrn Prof. Aaron Butts (Catholic University of America) und Herrn Prof. Alessandro Bausi (Universität Hamburg) für Ihre hilfreichen Kommentare und Literaturhinweise danken. K. u. B. Aland, Der Text des Neuen Testaments, Stuttgart 11982, 21989, 213. 216. Hervorhebungen vom Verf. J. Hofmann, Die äthiopische Übersetzung der Johannesapokalypse (CSCO 281/282, Script. Aeth. 55/56), Louvain 1967. B.M. Metzger, The Ending of the Gospel according to Mark in Ethiopic Manuscripts. in: J. Reumann, Understanding the Sacred Text: Essays in Honor of Morton S. Enslin on the Hebrew Bible and Christian Beginnings, Valley Forge 1972, 165–180; vgl. ders., New Testament Studies: Philological, Versional, and Patristic (NTTS 10), Leiden 1980, 127–147.
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Ehrman 2005 überarbeitete Fassung.5 Erst in D.C. Parkers An Introduction to the New Testament Manuscripts and Their Text von 2008 findet man den schlichten Hinweis „The New Testament was translated from Greek into Ge‘ez“.6 Weit informativer als diese Einleitungen, die sich vornehmlich dem griechischen Text widmen und den alten Übersetzungen daher nur einen sehr begrenzten Platz einräumen können, sind die Aufsatzsammlungen zu den Versionen. J. Hofmann, der Herausgeber der äthiopischen Offenbarung, die „ohne Zweifel aus einem griechischen Text übersetzt wurde“, schrieb 1972 in seinem Beitrag zu dem ANTF-Band Die alten Übersetzungen des Neuen Testaments, die Kirchenväterzitate und Lektionare: „Für das lateinische, syrische, saʿidische, bohairische Neue Testament ist die Frage nach der Sprache der Vorlage längst entschieden: für diese Versionen kommt nur ein griechischer Text in Betracht. Nicht so beim äthiopischen Neuen Testament, denn da ist die Frage noch offen, ob alle seine Teile aus dem Griechischen übersetzt wurden oder ob vielleicht die Evangelien aus dem Syrischen übertragen wurden. Es muß ja schon, wie gesagt, jeder Buchkomplex gesondert untersucht werden.“7
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„Opinion also differs as to whether the translators made use of a Greek or Syriac original“ (The Text of the New Testament. Its Transmission, Corruption and Restoration. Oxford 1 1964, 84; 42005, 120). B. D. Ehrman hat den Text des Kapitels „The Ethiopic Version“ im Vergleich zur 3. bzw. 1. Auflage nur geringfügig überarbeitet. Untersuchungen „of the earlier form of the Ethiopic version disclose a mixed type of text, predominantly Byzantine in complexion but with occasional agreement with certain early Greek witnesses (P46 and B) against all other witnesses“. Diese Feststellung blieb von der 1. (S. 84) bis zur 4. Auflage (S. 121) unverändert und lässt den Leser über die Quellen dieser Untersuchung, bzw. der benutzten äthiopischen Textgrundlage im Dunkeln. „The earliest known manuscript, a codex of the four Gospels, dates from the thirteenth century“, ebenfalls von der 1.–4. Auflage unverändert und schon aus F.G. Kenyon, Handbook to the Textual Criticism of the New Testament, 2. Aufl. London 1912, 194, bekannt, hätte allein schon aufgrund von B.M. Metzgers, The Early Versions of the New Testament. Their Origin, Transmission, and Limitations, Oxford 1977, 224– 225, korrigiert werden müssen. D.C. Parker, An Introduction to the New Testament Manuscripts and Their Text, Cambridge 2008, 124. Angesichts der nachfolgend relativ ausführlich und aktuell gestalteten Bibliographie zur arabischen Version, die in Birmingham erfreulicherweise große Aufmerksamkeit erfahren hat, wundert man sich allerdings, weshalb zur äthiopischen Version nur R. Zuurmonds Beitrag von 1995 erscheint (The Ethiopic Version of the New Testament. The Text of the New Testament in Contemporary Research: Essays on the Status Quaestionis, Grand Rapids 1995, 142–156) und anstelle der bis dato verfügbaren kritischen Editionen nur ein Hinweis auf „The Leiden Armenian [sic!] Lexical Textbase“ erfolgt. J. Hofmann, Das Neue Testament in äthiopischer Sprache, in: K. Aland (Hg.), Die alten Übersetzungen des Neuen Testaments, die Kirchenväterzitate und Lektionare (ANTF 5), Berlin 1972, 350–351.
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Auch B. M. Metzger hat in The Early Versions of the New Testament die Äthiopische Version ausführlich dargestellt8 und versucht, den Textcharakter der Vorlage aufgrund der damals (1977) zur Verfügung stehenden Daten zu bestimmen. Nach den Darstellungen Metzgers zu urteilen, sind die „textual affinities“ des äthiopischen Neuen Testaments in griechischen Vorlagen zu finden (232–238), auch wenn dies aufgrund der unzureichenden Forschungslage nur bedingt festgestellt werden könne. Erst das Kapitel „The Question of the Syriac Influence“ (238–240), das die damals bekannten Anhaltspunkte für eine syrische Vorlage der Evangelien skizziert, läßt ihn zögern: „Confronted by such diversity of opinions, one can appreciate Hofmann’s cautions – and altogether realistic – evaluation: ‚The question of the Vorlage of the Ethiopic Gospels is open and doubtless will remain so for a long time‘“ (239–240). Die Argumente für eine syrische Vorlage der äthiopischen Evangelien begannen mit J. Gildemeister, der die äthiopische Version für K. Tischendorfs Editio critica maior untersucht hatte. In einem Brief aus dem Jahre 1882 an C. R. Gregory führt er als Hauptgrund die anscheinend dem Syrischen entlehnten Fremdwörter der äthiopischen Bibel an: „Daraus folgt, dass die ersten christlichen Lehrer der Habessinier und die Schöpfer ihrer Kirchensprache Syrer gewesen sein müssen, dass jene Ausdrücke schon eingebürgert waren, als die Übersetzung aus dem Griechischen gemacht ward, und diese kann also nicht auf die ersten alexandrinischen, also griechischen Bekehrer zurückgeführt werden. Es sind zwei getrennte Zeitperioden, die der Bildung jener kirchlichen Sprache und die der Übersetzung anzunehmen.“9
Gregory hat sich aber dieser Meinung nicht angeschlossen, sondern blieb bei Dillmanns Darstellung einer griechischen Vorlage der gesamten äthiopischen Bibel.10 Alle bis in die 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts untersuchten Bücher der äthiopischen Bibel deuten doch einmütig auf eine griechische Vorlage für die gesamte Bibel hin. Bereits ein Blick in die verschiedenen Einleitungen zu den Bänden der Septuaginta Vetus Testamentum Graecum des Göttinger Septuaginta-Unternehmens ist aufschlussreich. Denn diejenigen Bücher des äthiopischen Alten Testaments, die bisher kritisch ediert wurden und daher sowohl eine Aussage über ihre Vorlage als auch über ihre Textgeschichte ermöglichen, wurden offensichtlich von der Septuaginta aus übersetzt. Die Vorlage muss eine Textform gehabt haben, die von den frühen Handschriften א, B oder A (Sinaiticus, Vaticanus oder Alexandrinus) bekannt ist. So schrieb 8 9 10
B.M. Metzger, The Early Versions of the New Testament. Their Origin, Transmission, and Limitations, Oxford 1977, 215–256. C.R. Gregory, Textkritik des Neuen Testamentes, Leipzig 1902, 555. Gregory, op.cit., 553.556.
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Jellicoe bereits 1968 zusammenfassend über die äthiopische Übersetzung des Alten Testaments: „A Greek original may now be regarded as almost certainly established, though the exemplar is much less certain. Close textual affinities with B have been claimed, the chief exception being Judges where it follows the A group.“11
Manchmal sind die „textual affinities“ sogar einigermaßen genau zu orten. Nach der Untersuchung des äthiopischen Buches Jeremia konnte Schäfers nachweisen, dass der von den ältesten äthiopischen Handschriften bezeugte Text weitgehend auf einer Vorlage vom Typ des Codex Sinaiticus basiert.12 J. Ziegler13 hat die Schlussfolgerung Schäfers‘ dahingehend präzisiert, dass der älteste äthiopische Jeremiastext sogar eine relativ „reine“ Version des Codex Sinaiticus bietet, indem er nicht dessen zahlreichen Singulärlesarten und Korruptelen folgt. Auch für das Neue Testament – und damit für die ganze äthiopische Bibel – wurde schon oft darauf hingewiesen, dass die bis dato bekannten ältesten Texte auf griechischen Vorlagen beruhen müssen: „On a priori grounds it is unlikely that the Bible should have been translated very much later than the introduction of Christianity; on internal evidence it is clear that the Ethiopic Bible was, in the first instance, translated directly from the Greek. I am aware that some scholars are not yet convinced that such was really the case. I can only say that all the evidence known to me leads to this 14 conclusion, and that no evidence to the contrary has come to my knowledge.“
Die ältesten uns noch erreichbaren äthiopischen Handschriften wurden im 12. Jh. oder etwas früher (s.u.) niedergeschrieben. Jedoch hat die Christianisierung des äthiopischen Reiches von Aksum schon in der ersten Hälfte des 4. Jh. begonnen. Um 550 schrieb der spätantike Kaufmann und Indienreisende Κόσµας Ἰνδικοπλεύστης in seiner Topographia Christiana, Aksum und das ganze Umland (Ἀξώµην τε καὶ πᾶσαν τὴν περίχωρον) sei christlichen Bekenntnisses (III, 66). Die frühesten Textzeugen einer äthiopischen Bibelübersetzung sind Inschriften, die z.T. bis ins 6. Jh. zurückreichen, aus den Psalmen, Hiob, Jesaja und den Evangelien15 zitieren und dabei einen Text bieten, der nur ge11
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S. Jellicoe, The Septuagint and Modern Study, Oxford 1968, 265. Dazu bemerkte M.A. Knibb rund 30 Jahre später: „the evidence is too well established to need exemplification here“ (Translating the Bible. The Ethiopic Version of the Old Testament, Oxford 1999, 19). J. Schäfers, Die Äthiopische Übersetzung des Propheten Jeremias, Freiburg 1912, 72–91. 156–170. J. Ziegler, Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum vol. XV: Jeremias Baruch Threni Epistula Jeremiae, Göttingen 21976, 32. H.J. Polotsky, Aramaic, Syriac, and Ge‘ez, JSST 9 (1964), 1–10, hier: 2. S. Uhlig, Art.: Bible, Encyclopaedia Aethiopica I (2003), 563–564. Zu den Inschriften zählen z.B. die äthiopische Inschrift von Mārib (ca. 525 n.Chr.), in der Ps 19,8–9; 65,16–17 (nach LXX-Zählung) und Mt 6,33 zitiert werden. Vgl. W.W. Müller, Zwei weitere Bruchstuecke der aethiopischen Inschrift von Marib, in: R. Degen/W.W. Müller/W. Röllig (Hgg.), Neue
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ringfügig von den ältesten äthiopischen Handschriften abweicht. Äthiopische Handschriften oder Handschriftenfragmente aus dieser frühen Zeit gab es jedoch bislang nicht. Überraschenderweise wurde aber 2010 in einigen Zeitungen16 gemeldet, eine Überprüfung der sogenannten Gärima-Evangelien erlaube eine Datierung in das 6. Jh oder früher. Diese Handschriften mit dem Text der vier Evangelien stammen aus einem der ältesten kirchlichen Zentren der christlichen Frühzeit, dem Kloster Ǝnda Abba Gärima in der Nähe von Adwa (Provinz Tǝgray). Bei näherer Betrachtung muss jedoch zwischen Illustrationen, die in diese Evangelien aufgenommen wurden und sowohl kunsthistorisch als auch nach der C14Methode in die Mitte des ersten Jahrtausends datieren, und dem eigentlichen Text der Evangelien unterschieden werden.17 Die Schrift ist nach paläographischen Kriterien nicht einfach zu datieren, da die schwierigste Periode die der ersten Schriftzeugen ist, und Abba Gärima I und III dieser Zeit zuzuordnen sind. Frühere Textzeugen gibt es nur in Form von Inschriften. Abba Gärima I und III wurden zwischen dem 9. und 13. Jh. niedergeschrieben und beruhen offensichtlich auf einer griechischen Vorlage.18 Abba Gärima II ist auf jeden Fall jünger als diese beiden Handschriften und wurde im 13.–14. Jh. kopiert.19 Nach wie vor gelten die Gärima-Handschriften I und III als die ältesten Textzeugen der äthiopischen Evangelien. Eine „Übertragung der Evangelien aus dem Syrischen“, wie sie J. Hofmann noch zumindest für denkbar hielt, galt eigentlich schon im 19. Jh. als äußerst unwahrscheinlich20 und wird inzwischen ausgeschlossen. Sowohl die äthiopischen Bücher des Alten als auch die des nun weitgehend erforschten Neuen Testaments sind zuerst aus dem Griechischen übersetzt worden, bevor andere Einflüsse an Raum gewannen. Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament bietet der älteste äthiopische Text manchmal Ungereimtheiten, die nur durch Missverständnisse der
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Ephemeris für Semitische Epigraphik, Band 1, Wiesbaden 1972, 59–74; s. auch Knibb, The Ethiopic Version of the Old Testament, 46–54. M. Bailey, Discovery of Earliest Illuminated Manuscript, The Art Newspaper 214 (June 2010), 46. A. Bausi, Art.: Ǝnda Abba Gärima, Encyclopaedia Aethiopica II (2005), 284–286. A. Bausi, The “True Story” of the Abba Gärima Gospels, Comparative Oriental Manuscript Studies Newsletter 1 (2011), 17–21; S. Uhlig, Äthiopische Paläographie (AethFor 22), Stuttgart 1988, 144–177; vgl. auch D.M. Davies, The Dating of Ethiopic Manuscripts, JNES 46 (1987), 287–307. Uhlig, Äthiopische Paläographie, 116–118; A. Bausi, Writing, Copying, Translating: Ethiopia as a Manuscript Culture, in: Jörg B. Quenzer et al. (Hgg.), Manuscript Cultures: Mapping the Field, Berlin 2014, 37–77, hier: 48f. L. Hackspill, Die Äthiopische Evangelienübersetzung, ZA 11 (1896), 117–196. 367–388; Gregory, op. cit., 553.556.
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griechischen Vorlage erklärt werden können.21 Die meisten Eigennamen wurden aus dem Griechischen transkribiert, manchmal sogar inklusive ihrer Casusendungen. Der Textcharakter der Bücher des Neuen Testaments lässt sich zwar nicht einer bestimmten griechischen Handschrift zuordnen, entspricht aber dem, was wir aus der Zeit des 4.–6. Jh erwarten würden: in den Acta, den Katholischen Briefen und den Gefangenschaftsbriefen überwiegen „alexandrinische“ oder frühe Lesarten, in den Evangelien finden sich vorwiegend frühe byzantinische Lesarten. Die grundsätzliche Dreiteilung der äthiopischen Überlieferung in a) Handschriften, die unmittelbar auf der griechischen Vorlage beruhen, b) Handschriften, die der ersten arabischen oder der „vulgären“ Rezension und c) Handschriften, die der „zweiten arabischen“ oder „akademischen“ Rezension unterliegen, hat sich seit den Arbeiten des Äthiopisten und Alttestamentlers A. Dillmann als nützlich erwiesen,22 auch wenn Umfang und Charakter dieser Revisionen von Buch zu Buch variieren und besonders in den Evangelien mit weiter untergliederten Revisionsstufen gerechnet werden muss. Unmittelbare syrische Einflüsse sind in der ersten Überlieferungsphase kaum vorhanden. Sie sind erst während der Phase (b) über das Arabische vermittelt worden,23 und zwar durch arabische Handschriften, die einer späteren Version als der arabischen versio antiqua angehören. Denn auch die älteste Schicht der arabischen Evangelienhandschriften wurde offensichtlich aus dem Griechischen übersetzt, bevor durch verschiedenartige spätere Revisionen syrische Einflüsse an Raum gewannen, bzw. eine syrische Vorlage benutzt wurde.24
1. Die aramäischen Lehnwörter im äthiopischen Bibeltext Nach dem grundlegenden Artikel von T. Nöldeke25 über die aramäischen und hebräischen Lehnwörter im Äthiopischen hat H. J. Polotsky26 einige der auch 21 22 23 24
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Für die Evangelien vgl. besonders Zuurmond, Novum Testamentum Aethiopice: The Synoptic Gospels. Part 1: General Introduction (AethFor 27), Stuttgart 1989, 49–56. 92–106. E. Hammerschmidt, Äthiopistik an deutschen Universitäten, Wiesbaden 1968, 41. W. Witakowski, Art.: Syrian influences in Ethiopia, Encyclopaedia Aethiopica IV (2010), 782–784. H. Kashouh, The Arabic Versions of the Gospels. The Manuscripts and Their Families (ANTF 42), Berlin 2011, 326–330. Die ältesten arabischen Handschriften bieten zahlreiche Übereinstimmungen mit dem „alexandrinischen“ und dem D-Text („family B“), andere folgen dem byzantinischen Text („family A“). Spätere Versionen wurden zur Pešiṭtā hin korrigiert („family C“) oder beruhen, direkt oder indirekt, auf einer Vorlage in Form der Pešiṭtā („families G–K“). T. Nöldeke, Lehnwörter in und aus dem Äthiopischen, in: ders. (Hg.), Neue Beiträge zur semitischen Sprachwissenschaft, Strassburg 1910, 32–46.
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aus dem Syrischen bekannten Worte in den frühesten äthiopischen Evangelientexten genauer untersucht, wie z.B. ሃይማኖት, haymanot „Glaube“. Dieser Begriff dient oft zur Wiedergabe von πίστις. Neben anderen Lehnwörtern war er von J. Gildemeister27 (s.o.) als Beleg für eine syrische Herkunft (ܬܗ haymānūṯā) angesehen worden. ሃይማኖት kann aber genausogut dem aramäischen הימנוּתאhāymānūṯā, später hēmānūṯā, entlehnt worden sein und hat damit zwar einen westsemitischen, aber nicht notwendigerweise syrischen Hintergrund.28 Außerdem sind einige dieser Lehnwörter nur aus dem Aramäischen bekannt, wie z.B. መጽወተ mäṣwätä „Almosen geben“, das entweder von aramäisch ִמ ְצוְ ָתאmiṣwəṯā „Almosen“ oder dessen Pluralform ִמ ְצוָ ָתא miṣwāṯā entlehnt ist,29 und von dem Nöldeke seinerzeit sagte: „Dies Wort würde allein genügen, jüdischen religiösen Einfluss bei den alten Abessiniern zu konstatieren.“30 Diese Lehnwörter sind also vielmehr (jüdisch)-aramäischen denn christlichen Ursprungs und fanden außerdem, wie schon A. Dillmann vermutete, vor der Übersetzung der äthiopischen Bibel Aufnahme in den äthiopischen Sprachschatz. Sie können daher nicht als Beleg dafür angesehen werden, dass der äthiopischen Bibel eine syrische vorgelegen habe. Gerade diese Hypothese wurde aber in der neutestamentlichen Textforschung von F. Burkitt und vor allem von A. Vööbus forciert.31 A. Vööbus ging davon aus, die
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Polotsky, Aramaic, Syriac, and Ge‘ez, JSST 9 (1964), 1–10. S. auch Knibb, The Ethiopic Version of the Old Testament, 28–29. Gregory, Textkritik des Neuen Testamentes, 554–555. T. Nöldeke formulierte vorsichtig: „allem Anschein nach christlich“ (Nöldeke, Lehnwörter in und aus dem Äthiopischen, 35). A. Dillmann‘s Lexicon Linguae Aethiopicae, Gießen 1865, 14, bemerkte jedoch zu ሃይማኖት, „ab Aramaeis petitum“, und im Vorwort, sie seien durch „Aramaeis et Judaeis Aramaice loquentibus“ nach Äthiopien gebracht worden (xxii). Polotsky (op.cit., 7) weist außerdem darauf hin, dass ሃይማኖት bei weitem nicht konsequent der Wiedergabe von πίστις dient und daher nicht als spezifisch christlicher Begriff gelten kann. So wird es z.B. im Römerbrief nur 8 (von 28) mal zur Wiedergabe von πίστις verwendet, dagegen in der LXX 28 (von 45) mal. W. Leslau, Comparative Dictionary of Ge‘ez, Wiesbaden 1987, 371; S. Weninger, Der Wortschatz des klassischen Äthiopisch, in: B. Burtea (Hg.), Studia Semitica et Semitohamitica, Festschrift für Rainer Voigt anläßlich seines 60. Geburtstages am 17. Januar 2004 (AOAT 317), Münster 2005, 465–488, bes. 472–473. Nöldeke, Lehnwörter in und aus dem Äthiopischen, 36. M.A. Knibb, Art.: Bible Vorlage: Syriac, Hebrew, Coptic, Arabic, Encyclopaedia Aethiopica I (2003), 565. Neuere Proponenten einer syrischen Vorlage, oder zumindest von entscheidendem syrischen Einfluß, und im weiteren Verlauf der Überlieferung auch von „westlichen” Einflüssen, sind M.-E. Boismard und A. Lamouille, Le Texte occidental des Actes des apôtres. Reconstitution et réhabilitation (2 vols.; Synthèse 17), Paris, 1984. Édition nouvelle entièrement refondue (Études bibliques NS 40), Paris, 2000. Die von ihnen für die Apostelgeschichte vorgebrachten Thesen sind jedoch von C. Niccum gründlichst widerlegt worden: The Ethiopic Version and the ‚Western‘ Text of Acts, in: J.W. Childers/D.C. Parker (edd.),
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sogenannten „Neun Weisen“ hätten syrische Vorlagen für die Übersetzung des Neuen Testaments ins Äthiopische benutzt. Ihrer Herkunft nach aus verschiedenen Provinzen des Byzantinischen Reiches, kamen die Neun Weisen zwischen dem Ende des 5. und dem Beginn des 6. Jh. nach Aksum. Ihre Entsendung steht wohl in Verbindung mit den Entscheidungen des Konzils zu Chalcedon (451). Ihre Namen, so vermutete A.Vööbus und vor ihm schon andere, müssen syrischen Ursprungs gewesen sein.32 Dies wurde mit den angeblich syrischen Lehnwörtern in Verbindung gebracht, mit anderen Worten: Die Herkunft und die Namen der Neun Heiligen, zusammen mit syrischen Lehnwörtern in den frühesten Bibeltexten, könnten, so die Argumentation von Vööbus, auch auf umfangreiche syrische Einflüsse, evtl. gar eine direkte syrische Vorlage der Evangelien hindeuten, die in dieser Zeit übersetzt wurden, und an der diese syrischen Weisen beteiligt waren.33 Spätere Revisionen könnten dann die offensichtlichen griechischen, koptischen und arabischen Einflüsse des Textes erklären. Diese These, obwohl schon durch den oben zitierten Artikel von H. J. Polotsky erschüttert, erklärt die Vorsicht, mit der sich J. Hofmann34 und B. M. Metzger zur Vorlage der äthiopischen Version äußerten. Sie ist aber nun durch die Arbeiten R. Zuurmonds am Matthäus-35 und Markusevangelium36 und M. Wechslers37 am Johannesevangelium umfassend widerlegt worden. Zum einen
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36 37
Le Texte Occidental des Actes des Apôtres. Transmission and Reception: New Testament Text-Critical and Exegetical Studies, New Jersey 2006, 69–88. I. Guidi, La Chiesa abissina, Oriente Moderno 2 (1922), 123–128, bes. 125–126; vgl. A. Brita, Art.: Nine Saints, Encyclopaedia Aethiopica III (2007), 1188–1191; ausführlich P. Marrassini, Ancora sul problema degli influssi siriaci in età aksumita in: L. Cagni (ed.), Biblica et Semitica. Studi in memoria di Francesco Vattioni (Series Minor 59), Napoli 1999, 325–337; idem, Once again on the question of Syriac influences in the Aksumite period, in: A. Bausi (ed.), Languages and Cultures of Eastern Christianity: Ethiopian (The Worlds of Eastern Christianity: Ethiopian [300–1500] 4), Farnham 2012, 209–220. A. Vööbus, Early Versions of the New Testament. Papers of the Estonian Theological Society in Exile (PETS) 6, Stockholm 1954, 243–269; idem, Die Spuren eines älteren äthiopischen Evangelientextes, PETS 2, Stockholm 1951; s. auch idem, Ta’āmera Iyasus. Zeuge eines älteren äthiopischen Evangelientypus, Orientalia Christiana Periodica 17 (1951), 462–467. Hofmann (Das Neue Testament in äthiopischer Sprache, 353–359) geht zwar auf die Thesen Vööbus‘ ausführlich ein, schließt sich ihr aber nicht an. Gleichwohl meint er, manche Eigennamen, nicht nach griechischem, sondern nach semitischem Vorbild transkribiert, würden „ein verwirrendes Bild“ bieten (358), obwohl die meisten Eigennamen klare Züge einer griechischen Transkription aufzeigen. S. dazu weiter unten. R. Zuurmond, Novum Testamentum Aethiopice: The Synoptic Gospels. Part 1: General Introduction. Part 2: Edition of The Gospel of Mark (AethFor 27), Stuttgart 1989; vgl. bes. 119–123. R. Zuurmond, Novum Testamentum Aethiopice: The Synoptic Gospels. Part 3: The Gospel of Matthew (AethFor 55), Wiesbaden 2001. M. Wechsler, Evangelium Iohannis Aethiopicum (CSCO 617, Scr. Aeth. 109), Louvain 2005.
Zur Vorlage und Bedeutung der äthiopischen Bibelübersetzung
297
hat A. Vööbus die äthiopischen Handschriften nicht kritisch in ihrer ganzen Überlieferungsbreite untersucht bzw. untersuchen können, zum anderen sind syrische Einflüsse eben kaum in den ältesten, sondern erst in den späteren Handschriften feststellbar. Und selbst dort, wo sie in den ältesten Handschriften vereinzelt zu finden sind, können sie doch aufgrund der langen Überlieferungszeit vom etwa 5. bis zum 12. Jh. ohne weiteres durch sekundären Einfluss aufgenommen worden sein. Die syrischen Lehnwörter im äthiopischen Bibeltext sind bis auf sehr wenige Ausnahmen38 korrekterweise als aramäische Lehnwörter zu bezeichnen, die schon vor der Bibelübersetzung in den Sprachschatz des Äthiopischen Aufnahme gefunden hatten. Was die Neun Weisen angeht, so sind nur zwei dieser Weisen ihrer Herkunft nach im weitesten Sinne aus Syrien, ihre Namen sind eher westsemitischen denn syrischen Ursprungs, und darüber, ob sie überhaupt an der Übersetzung der Bibel beteiligt waren, gibt es keine sichere frühe Bezeugung.39
2. Die nach semitischem Vorbild transkribierten Personennamen im äthiopischen Neuen Testament Manche der transkribierten Personennamen des äthiopischen Neuen Testaments erwecken zwar den Anschein, Entlehnungen der syrischen Bibel zu sein, sind aber bei näherer Betrachtung vielmehr das Ergebnis eigenständiger Entwicklungen des äthiopischen Textes. So wies J. Hofmann40 darauf hin, der Spitzname des Petrus, Βαριωνᾶ41 (Mt 16,17), liege merkwürdigerweise sowohl in der syrischen als auch in der äthiopischen Bibel in Übersetzung vor, in der Form ወልደ፡ዮና፡ wäldä yona bzw. ܗ ܕbəreh dəyonā „Sohn des Jona“, während doch solche Namen sonst aus dem Griechischen transkribiert würden (Βαρτιµαῖος በርጢሜዎስ bärṭimewos Βαρθολοµαῖος በርተሌሜዎስ bärtälemewos)42. Ist demnach der äthiopische Name ወልደ፡ዮና፡ eine Übersetzung des syrischen ܗ ܕ ?43 In Joh 1,42 wird der 38 39 40 41
42 43
Knibb, The Ethiopic Version of the Old Testament, 28; vgl. E. Ullendorff, Ethiopia and the Bible, Oxford 1967, 120–125. Marrassini, Ancora sul problema degli influssi siriaci in età aksumita, 325–337; s. auch Knibb, The Ethiopic Version of the Old Testament, 24–26. Hofmann, Das Neue Testament in äthiopischer Sprache, 358. Zu Spitznamen dieser Art aus der Zeit des zweiten Tempels s. J. Naveh, Nameless People, IEJ 40 (1990), 108–123; vgl. auch T. Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity, Part I: Palestine 330 BCE – 200 CE (TSAJ 91), Tübingen 2002, 18. 143. Erst in späteren Handschriften erscheint በርተሎሜዎስ bärtälomewos. W. Witakowski, Syrian influences in Ethiopia, 783.
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„bürgerliche“ Name Petri genannt, nämlich υἱὸς Ἰωάννου. Bereits im späteren byzantinischen Text wurde jedoch das alte, „alexandrinische“ υἱὸς Ἰωάννου in Joh 1,42 mit υἱὸς Ἰωνᾶ harmonisierend an eine wörtliche Übersetzung von Βαριωνᾶ in Mt 16,17 angepasst. Gleichzeitig näherten sich manche Handschriften in Mt 16,17 dem Text von Joh 1,42 an, indem sie Βαριωνᾶ zu βὰρ Ἰωνᾶ auflösten, um damit Ἰωνᾶ unzweifelhaft als Patronym des Petrus darzustellen. Wenn wir also bereits in den griechischen Handschriften solche Harmonisierungsversuche beobachten, warum sollten sie nicht auch im Syrischen und Äthiopischen stattgefunden haben? Die äthiopische versio antiqua (A-Text), sich daran orientierend, bietet in Joh 1,42 ebenfalls ወልደ፡ዮና፡, ebenso das Syrische (ܗ ܕ). Es ist also fraglich, ob, ausgehend von einer Übersetzung von ܗ ܕ, im Äthiopischen die Harmonisierung von Mt 16,17 nach Joh 1,42 ging. Sie kann genauso gut in der umgekehrten Richtung verlaufen sein (entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem), denn ወልደ፡ዮና፡ (Joh 1,42; Mt 16,17) ist eine ganz normale Übersetzung der byzantinischen Lesart υἱὸς Ἰωνᾶ (Joh 1,42). Im äthiopischen B-Text44, der an Alter und Bedeutung der versio antiqua nur in wenigem nachsteht, finden wir in Mt 16,17 sogar die „alexandrinische“ Lesart (υἱὸς Ἰωάννου) von Joh 1,42, nämlich ወልደ፡ዮሐንስ፡, und damit einen klaren Hinweis auf eine Anpassung von Mt 16,17 an Joh 1,42. Wie aber verhält es sich mit den übrigen äthiopisch transkribierten Namen des Neuen Testaments, bei denen „ein semitisches Vorbild die Mitverantwortung trägt“?45 Auch R. Zuurmond hat die in den Evangelien vorkommenden Eigennamen aufgelistet. In einigen Fällen haben die äthiopischen Übersetzer semitische Namen unter Beachtung ihrer ursprünglichen Form transkribiert,46 jedoch ist eine syrische Vorlage dafür nicht zwingend anzunehmen.47 Grundsätzlich gilt, dass die syrische Version bis auf wenige Ausnahmen alle griechischen Eigennamen mit semitischem Hintergrund auch in dieser Form transkribiert,48 während die äthiopische Version nur mit einer kleinen Auswahl von Personennamen so verfährt. Nimmt man die etwa 40 Namen aus Mt 1 – angesichts des zu diesem äthiopischen Evangelium vorliegenden kritischen Textes
44 45 46 47
48
Zuurmond, The Gospel of Matthew, 173. Hofmann, Das Neue Testament in äthiopischer Sprache, 358. Zuurmond, Novum Testamentum Aethiopice: The Synoptic Gospels. Part 1: General Introduction, 95–99. C. Niccum meint zu diesen und anderen Personennamen der äthiopischen Bibel: „This phenomenon has yet to be explained adequately, but it does not require a Syrian presence during translation or in the process of transmission“ (The Bible in Ethiopia: The Book of Acts, Cambridge 2014, 23). Vgl. den Artikel von P. Schwen, Die syrische Wiedergabe der neutestamentlichen Eigennamen, ZAW 31 (1911), 267–303, bes. 299, auf den mich freundlicherweise Prof. Jan Joosten (Strassburg) aufmerksam machte.
Zur Vorlage und Bedeutung der äthiopischen Bibelübersetzung
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ein guter Testfall49 – so wird man feststellen, dass nur wenige äthiopische Namen unmittelbar nach semitischem Vorbild transkribiert wurden. Schließt man weiterhin solche Namen aus, bei denen man die Frage offen lassen muss, ob die Transkription auf einer semitischen Form beruht oder unmittelbar aus dem Griechischen erfolgte,50 so erhält man folgende Liste:51 Griechisch Ἀβραάµ Ἰούδας Ἰακώβ Ἰσαάκ Ἰωσήφ Ἑζεκίας Ἐλεάζαρ Μανασσῆς
49
50
51
Syrisch
ܗܡܐ ݂ ܘܕ ݂ ܒ ݂ ܐ ݂ ܪܐ
ʾaḇrāhām yīhūḏā yaʿqoḇ ʾīsḥāq yosef ḥezaqyā ʾelīʿāzār mənašē
Hebr.-Aramäisch
ַא ְב ָר ָהם הוּדה ָ ְי קֹבֲ ַי יִ ְצ ָחק יוֹסף ֵ ִחזְ ִקיָּ ה זָ רָ ֶא ְל ְמנַ ֶשּׁה
Äthiopisch
ʾaḇrāhām
አብርሃም
ʾabrəham
Mt 1,1
yəhūḏā
ይሁዳ
yəhuda
Mt 1,2
yaʿăqōḇ
ያዕቆብ
yaʿəqob
Mt 1,2
yiṣḥāq
ይስሐቅ
yəsḥaq
Mt 1,2
yōsef
ዮሴፍ
yosef
Mt 1,16
ḥizqiyyā
ሕዝቅያስ
ḥəzqəyas
Mt 1,9
ʾɛlʿāzār
አልዓዛር
ʾalʿazar
Mt 1,15
mənaššɛ̄
ምናሴ
mənase
Mt 1,10
Nur die Form der in den frühesten äthiopischen Handschriften vorkommenden Namen (versio antiqua oder A-Text) nach der Ausgabe Zuurmond, Novum Testamentum Aethiopice: The Synoptic Gospels. Part 3: The Gospel of Matthew, wird hier berücksichtigt. Einer der von A.Vööbus vorgebrachten Argumente für einen syrischen Ursprung der äthiopischen Bibel ist ein Einschub mit mehreren Personennamen in der äthiopischen Übersetzung von Mt 1,8, die sich sonst nur in der altsyrischen Übersetzung (syrc), und in umgekehrter Reihenfolge in Lk 3,23ff. des Codex D findet (Vööbus, Early Versions of the New Testament, 261). Jedoch wird dieser Einschub von den ältesten äthiopischen Handschriften gerade nicht überliefert (Zuurmond, op.cit., 34–35). Abgesehen davon sind selbst die Namen dieser Addition, wie J. Hofmann (Das Neue Testament in äthiopischer Sprache, 355–356) gezeigt hat, aus dem Griechischen und nicht aus dem Syrischen transkribiert worden. – Eine Diskussion der in der Apostelgeschichte transkribierten Namen findet sich bei Niccum, The Bible in Ethiopia: The Ethiopic Book of Acts, 20–46. Wie z.B Ἐλιακίµ; vgl. ܐʾelyāqīm, ֶא ְליָ ִקיםʾɛlyāqīm und ኤልያቄም ʾelyaqem. Unsicherheiten in Bezug auf die Herkunft des jeweiligen äthiopischen Personennamens entstehen u.a. dadurch, daß das Äthiopische griechisches κ standardmäßig mit ቅ q wiedergibt, griechisches χ mit ክ k, griechisches τ mit ጥ ṭ und griechisches θ mit ት t; vgl. A. Dillmann, Grammatik der äthiopischen Sprache, 21899 [Reprint Graz 1959], § 25–27; P. Marrassini, Once again on the question of Syriac influences in the Aksumite period in: Bausi, A. (ed.), Languages and Cultures of Eastern Christianity: Ethiopian (The Worlds of Eastern Christianity: Ethiopian [300– 1500] 4), Farnham 2012, 209–220: 209.213f. Die syrische Überlieferung berücksichtigt syrcur, syrsin, und die Pešiṭtā. Da im späteren Westsyrisch die Vokale ū und o zu ū zusammenfallen, wird bei der Transkription der syrischen Eigennamen die frühere, dem Hebräisch-Aramäischen nähere Form angenommen. Zur Aussprache bzw. Transkription der äthiopischen Namen s. M. Argaw, Matériaux pour l’étude de la prononciation traditionnelle du guèze (Éditions recherche sur les civilisations: „mémoire“ no 44), Paris 1984, 89–141.
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1. አብርሃም könnte sowohl nach hebräisch-aramäischem52 als auch nach syrischem Vorbild geprägt worden sein. Vom Namen ַא ְב ָר ָהםgibt es zwar in der frühesten Zeit in Palästina keine Belege, er war aber in anderen Gegenden relativ häufig anzutreffen. So ist er auch durch einen in Saba regierenden äthiopischen Vasallenkönig bekannt (regierte 531–542 n.Chr.), dessen Name in vier sabäischen Inschriften in der Form ʾbrh (Abraha) Erwähnung findet.53 2. Dem Namen ይሁዳ diente die hebräisch-aramäische Form als Vorbild. 3. Das Gleiche gilt für den Namen ያዕቆብ, der eher nach hebräischaramäischem als nach syrischem Vorbild geprägt worden ist. 4. ይስሐቅ ist nicht syrischen Ursprungs ()ܐ, die Vorsilbe deutet vielmehr auf die hebräisch-aramäische Form hin. Eine der Form ይስሐቅ analoge Bildung ist bereits aus dem AT bekannt ( יִ ְשׂ ָחקJer 33,26; Amos 7,9.16; Ps 105,9) sowie aus Qumran.54 Die unterschiedliche Schreibung mit ś anstelle von ṣ reflektiert dialektale Gegebenheiten55 bzw. beruht auf einer ursprünglich anzusetzenden Wurzel *ḍḥq, die bereits im Hebräischen zu ṣḥq bzw. śḥq verschoben wurde.56 Letztere Wurzel ist, in gleicher Bedeutung wie im Hebräischen, auch aus dem Äthiopischen bekannt. Außerdem dürfte eine weitere Entwicklung der Form ישׂחקzu יסחקbzw. איסחק, das dann dem syrischen ܐentspräche, bereits im Aramäischen erfolgt sein.57 5. Bei den ursprünglich auf yo- anlautenden Personennamen beginnt der äthiopische Name, sofern er über das Griechische vermittelt wurde, gewöhnlich mit der Silbe ʾiy- (Ἰωράµ ኢዮራም ʾiyyoram; Ἰωαθάµ ኢዮአታም ʾiyyoʾatam; Ἰωσίας ኢዮስያስ ʾiyyosəyas etc.); ansonsten wird die Silbe unֵ Ἰωσήφ ዮሴፍ yosef; vgl. יוֹחנָ ן ָ Ἰωάννης mittelbar wiedergegeben (יוֹסף ዮሐንስ yoḥannəs). ዮሴፍ ist hier mit der hebräisch-aramäischen Form gleichlautend. 52
53
54 55 56 57
Mit dieser Bezeichnung soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die hier behandelten Personennamen zwar einen hebräischen Ursprung haben, aber in der Spätantike von einer hauptsächlich aramäisch-sprachigen jüdischen Bevölkerung vermittelt wurden; s. dazu weiter unten. Vgl. S. Honigman, Abraham in Egypt: Hebrew and Jewish-Aramaic Names in Egypt and Judaea in Hellenistic and Early Roman Times, ZPE 146 (2004), 279–297; Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity, Part I, 5; Part II, 5–6. 58; Part III, 4. 63; Part IV, 4. 53–54; A. Sima, Art.: Abraha, Encyclopedia Aethiopica I (2003), 42f. 4QPsJuba (4Q225), Fragm. 2, col. I, 10–11; Fragm. 2, col. II, 1ff.; 4Q234 (vgl. Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity. Part I, 174–175). H. Bauer/ P. Leander, Historische Grammatik der hebräischen Sprache, Band I, Halle 1922, 28; G. Bergsträsser, Hebräische Grammatik, Teil I, Nachdruck Hildesheim 1983, 88. R.M. Voigt, Die Laterale im Semitischen, Welt des Orients 10 (1979), 109–110. Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity. Part I, 174.
Zur Vorlage und Bedeutung der äthiopischen Bibelübersetzung
301
6. ሕዝቅያስ beruht eindeutig auf der hebräisch-aramäischen Form, unter Anfügung einer griechischen Endung, bzw. er gibt die griechische Form unter Rückgriff auf die hebräisch-aramäische Wurzel wieder. 7. አልዓዛር ist auf jeden Fall nicht dem Syrischen entlehnt. Die Anfangssilbe ʾaist auffällig, könnte aber durch den sehr nah verwandten und häufig anzutreffenden Namen Lazarus beeinflusst sein. 8. ምናሴ könnte zwar auch nach griechischem Vorbild (Μανασσῆς) transkribiert worden sein, aber die fehlende griechische Endung und der fehlende Vokal in der ersten Silbe fallen auf 58 und sprechen eher für syrischen oder hebräisch-aramäischen Ursprung. Für keinen dieser Personennamen muss das Syrische zwingend als Quelle angenommen werden, und einige Namen sind sogar direkt aus dem HebräischAramäischen eingeflossen. Bemerkenswert ist nun an diesen Personennamen nicht nur, dass mit ihnen größtenteils aus dem Alten Testament bekannte Personen benannt waren, sondern auch und vor allem, dass sie zu den beliebtesten jüdischen Personennamen der Spätantike zählen.59 Gerade die Namen der Patriarchen waren auch außerhalb Palästinas beliebt, besonders in Ägypten.60 In den Kreis dieser spätantiken Personennamen gehört auch „Simon“, der wohl populärste jüdische Name,61 vgl. ִשׁ ְמעוֹןΣίµων ስምዖን səməʿon oder səmʿon, und ܢ šemʿon. Σίµων ist eigentlich ein griechischer Name,62 der mit der griechischen Form des ihm sehr ähnlichen jüdischen Namens ִשׁ ְמעוֹןverschmolzen wurde. Die LXX bzw. Josephus transkribieren die hebrä58
59 60 61
62
Dieser Name kommt auch in der Form Μνασῦς vor; Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity, Part I, 118f.; vgl. H. Cotton (ed.), Corpus Inscriptionum Iudaeae/Palaestinae. Volume I: Jerusalem. Part 1: 1–704, Berlin 2010, 349, no. 328. So schon grundsätzlich Zuurmond, Novum Testamentum Aethiopice: The Synoptic Gospels. Part 1: General Introduction, 127, ohne dies jedoch näher auszuführen oder zu belegen. T. Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity. Part III: The Western Diaspora 330 BCE – 650 CE (TSAJ 126), Tübingen 2008, 4. In Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity, Part I, 56–57 (vgl. dies., Part II: Palesָ ְ י179, für tine 200–650 (TSAJ 148), Tübingen 2012, 47), werden für זָ רָ ֶא ְל177, für הוּדה יוֹסף ֵ 231, und für ִשׁ ְמעוֹן257 Belege angegeben. Zu den nicht so häufigen, aber immer noch gut belegten Namen zählen קֹבֲ ַ( י45 Belege, Part II: 61), ( יִ ְצ ָחק11, II: 62), ( ִחזְ ִקיָּ ה26, II: 13) und ( ְמנַ ֶשׁה15, II: 5). Nun scheint die Statistik der Personennamen in Palästina für die äthiopische Bibelübersetzung nicht gerade aussagekräftig zu sein. Jedoch wurden schon vor, und erst recht nach der Zerstörung des zweiten Tempels viele Bewohner Palästinas im gesamten Mittelmeerraum und darüber hinaus zerstreut, sodass einige Namen auch in weit voneinander entfernt liegenden Gegenden gleichermaßen beliebt waren. Die oben angegebenen Namen wird man daher auch in der westlichen und östlichen Diaspora finden, vgl. Part III– IV (Part IV: The Eastern Diaspora 330 BCE – 650 CE (TSAJ 141), Tübingen 2011). W. Pape/G.E. Benseler, Wörterbuch der griechischen Eigennamen, Braunschweig 31911, 1393–1394 .
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isch-aramäische Form mit Συµεών bzw. Σεµεών,63 und nur geringfügig davon abweichend, aber nicht in ihrer griechischen Form (dann wäre ሲሞን simon zu erwarten), taucht sie dann auch im Äthiopischen auf (ስምዖን). Sehr wahrscheinlich ist die Schreibweise dieser Namen, in ähnlicher Weise wie die der westsemitischen Lehnwörter, durch spätantiken jüdischen Einfluss noch vor Beginn der äthiopischen Bibelübersetzung vermittelt worden. Dafür sprechen auch manche Hybridformen, bei denen einer ursprünglich semitischen Form eine griechische Endung angefügt wurde, wie ሕዝቅያስ (s.o.), ָ Ἰωάννης ዮሐንስ yoḥannəs, denn die griechischen Formen oder „Johannes“ יוֹחנָ ן waren neben den hebräisch-aramäischen Formen häufig anzutreffen,64 und es finden sich sogar aus dem Griechischen in das Aramäische zurücktranskribierte Namen wie יואנס.65 Von den Namen der zwölf Apostel erscheinen, mit Ausnahme von Matthäus (Μαθθαῖος ማቴዎስ matewos), dessen hebräisch-aramäische Form außergewöhnlich vielgestaltig war,66 nur solche in ihrer semitischen Form, die sich auf beliebte hebräisch-aramäische Namen zurückführen lassen: ስምዖን ይሁዳ ያዕቆብ ዮሐንስ Σίµων Ἰούδας Ἰάκωβος Ἰωάννης (Mt 10,2–4).67 Mit einem weiteren beliebten jüdischen Namen der Spätantike war der Hohepriester Ἀννάς (Joh 18,13) benannt. Dessen Name erscheint in äthiopischer Transkription als ሐና ḥanna und entspricht damit weder der syrischen ( ḥanān) noch der griechischen Form. Hier hat der Äthiope prima facie die zugrundeliegende maskuline Form des Namens ( ) ָחנָ ןmit der femininen Form ( ָחנָּ ה, vgl. 1Sam 1,2) verwechselt. Jedoch ist Ἀννάς die übliche griechische Wiedergabe des von ֲחנַ נְ יָ הabgeleiteten jüdisch-aramäischen Namens ָחנָּ ה oder ָחנָּ א, der nicht nur als femininer, sondern in der Spätantike auch als (gegenüber der ursprünglichen Form verkürzter) maskuliner Name Verwendung fand.68 Die äthiopische Form entspricht daher zumindest einer in späterer Zeit dem Namen Ἀννάς zugrundeliegenden semitischen Form. Dagegen wird Ἀνανίας („Ananias“, Apg 5,1 etc.; vgl. ḥananyā) bis auf die fehlende erste Silbe mit ናንያ nanya in Anlehnung an ֲחנַ נְ יָ הtranskribiert. Man ist versucht, ናንያ mit der im spätantiken Jüdisch-Aramäisch vorkommenden Form נָ נִ י 63 64 66 67
68
Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity, Part I, 226. Ilan, op.cit., 134–138; Part II, 107–110; Part III, 105–108; Part IV, 86–87. 65 Ilan, Part II, 107. Ilan, op.cit., 194, Fußn. 48. Der Name Θωµᾶς ቶማስ אוֹמה ָ ( ְתIlan, op. cit., 416; II 480; III 681; IV: kein Beleg) war relativ selten, „Bartholomäus“ ist eine Hybridform aus bar- und Πτολεµαῖος (Ilan, op. cit., 304). Ilan, op.cit., 241; Part II, 87–88; Part III, 90; Part IV, 72–75; G.H. Dalman, AramäischNeuhebräisches Handwörterbuch zu Targum, Talmud und Midrasch, Göttingen 1938, 153; B. Kosowsky, Thesaurus nominum quae in Talmude Babylonico reperiuntur ( אוצר השׁמות )לתלמוד בבלי, Tomus II, Jerusalem 1977, 498–501.
Zur Vorlage und Bedeutung der äthiopischen Bibelübersetzung
303
(Kurzform zu ) ֲחנַ נְ יָ הzu erklären,69 aber wahrscheinlich entstand die äthiopische Form unabhängig davon. Auch Μαναήν (Apg 13,1), die griechische Form von Menachem, gehört in diesen Kreis beliebter jüdischer Namen der Spätantike.70 Dieser Name erscheint syrisch als manaʾyel, äthiopisch aber als ምናሔ mənaḥe.71 Er entspricht damit weitgehend der hebräisch-aramäischen Form ְמנַ ֵחםmənaḥem. Hofmann verweist außerdem auf den Namen ኤርምያስ72 ʾerməyas, der aufgrund der ersten Silbe dem Syrischen ( )ܐܪund nicht dem HebräischAramäischen ( יִ ְר ְמיָ הוּbzw. )יִ ְר ְמיָ הentlehnt zu sein scheint und dann durch Anfügung von -s (vgl. Ἰερεµίας) gräzisiert wurde. Jedoch ist die aramäische Transkription dieses Namens in der Form ארמיהbereits inschriftlich aus der Synagoge Dura-Europos bekannt;73 die Vermittlung der Schreibweise muss also nicht über die syrische Bibel gelaufen sein. Eine auffällige Besonderheit stellt der Name ኢየሱስ ʾiyyäsus „Jesus“ dar. Obwohl יֵ שׁוּעin der Spätantike ein sehr beliebter jüdischer Personenname war,74 wurde offensichtlich zur eindeutigen Identifikation die griechische Form Ἰησοῦς transkribiert, und nicht, wie im Syrischen, mit ܥ yešūʿ auf die semitische Form zurückgegriffen. Das Umgekehrte musste der Name Βαριησοῦς (Apg 13,6) erleiden, der syrisch zu baršūmā entstellt wurde, äthiopisch aber der semitischen Form angeglichen wurde: በርየሶዕ bäryäsoʿ. Daneben gibt es einige wenige Namen, die zwar nicht als spätantike jüdische Personennamen bekannt waren, aber gleichwohl im Judentum eine wichtige heilsgeschichtliche Rolle spielten, wie ኖኅ noḫ „Noah“ (vgl. Νῶε ܚ noḥ, נוֹחnōḥ) und ብዔዝ bəʿez „Boas“ (vgl. Βοές, aber Βοόζ in den späteren byzantinischen Handschriften; vgl. ݁ bāʿāz und זַֹ בּbōʿaz) und zumindest konsonantisch nach semitischem Muster transkribiert wurden. 69
70 71 72 73 74
J. Levy, Wörterbuch über die Talmudim und Midraschim, vol. III., Berlin 1924, 401; M. Jastrow, Dictionary of the Targumim, Talmud Babli, Yerushalmi and Midrashic Literature, Reprint New York 1992, 914. S. auch J. Naveh/P. Shaked, Amulets and Magic Bowls. Aramaic Incantations of Late Antiquity, Jerusalem 31998, 283: der Name נניist in B4 ( נני בר )קימתאeindeutig als maskuliner Name erkennbar und in B9 ( )יהודה בר נניkönnte er femininen oder maskulinen Geschlechts sein, jedoch kann in B4 ein Schreiberfehler vorliegen, und es kann ein ansonsten häufiger femininer Name persischen Ursprungs gemeint sein (Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity, Part IV, 242; vgl. Dalman, AramäischNeuhebräisches Handwörterbuch 271). Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity, Part I, 56. 185–188 (46 Belege); Part II, 145–147 (19 Belege); Part III, 135–136 (18 Belege); Part IV, 106 (1 Beleg). Niccum, The Bible in Ethiopia: The Book of Acts, 22. Hofmann, Das Neue Testament in äthiopischer Sprache, 359. Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity, Part IV, 100–101. Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity, Part I, 56. 126–133; Part II, 47. 103–106; Part III, 63. 103–105; Part IV, 85–86.
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Ein weiterer Name dieser Art ist አሞጽ ʾamoṣ „Amos“.75 In Lk 3,25 dient er zur Wiedergabe von Ἀµώς. In Mt 1,10 folgt der Äthiope mit አሞጽ der „alexandrinischen“ Lesart Ἀµώς, die hier auf einer entsprechenden Transkription der LXX für ָאמוֹןberuht (2Kön 21,18–19.23–25; 2Chr 33,20–25). In Mt 1,10 gibt die syrische Überlieferung die byzantinische Lesart Ἀµών mit ܢܐ ʾamon wieder, in Lk 3,25 dagegen wird Ἀµώς mit ܨ ʿamoṣ transkribiert. Die äthiopische Überlieferung geht hier also einen eigenen Weg. Bereits durch Interpretation bestimmter jüdischer Auffassungen76 und nach einigen frühkirchlichen77 Traditionen, so auch in der äthiopischen Übersetzung,78 wurde der alttestamentliche Name አሞጽ sowohl mit dem Vater des Jesaja ( )אמוץals auch mit dem Propheten Amos ( )עמוסidentifiziert. Beide Personen werden in der LXX mit Ἀµώς wiedergegeben, was wohl dann auch in Mt 1,16 und Lk 3,25 die Schreibung አሞጽ hervorrief. Es ist auffällig, dass አሞጽ, in Analogie zu מוֹסָ , anscheinend auch als (seltenes) Lehnwort in der Bedeutung „Last“ vorkommt.79 Ein weiteres Lehnwort, dass schon in früher Zeit Eingang in die äthiopische Sprache gefunden hat, aber kaum, bzw. erst im Amharischen proָ ֵכּkēfā, syrisch duktiv war, könnte ኬፋ kefa sein (vgl. Κηφᾶς, aramäisch יפא kefā), denn die versio antiqua von Joh 1,42 hat durch eine gegenüber dem Griechischen invertierte Reihenfolge neu definiert, was bekannt ist und was erklärt werden muss: አንተ፡ትሰመይ፡ጴጥሮስ፡ዘበትርጓሜሁ፡ኬፋ „du wirst Petrus genannt werden, was übersetzt heißt Kefa.“80 Die in spätantiker Zeit durch jüdisch-aramäischen Einfluss vermittelten Lehnwörter und Personennamen sollten allerdings nicht mit den späteren Israel-imitierenden Tendenzen innerhalb der äthiopischen Kirche, bzw. mit den Betä Ǝsraʾel in Verbindung gebracht werden.81 Gleichwohl ist es unstrittig, 75 76
77 78 79 80
81
Hofmann, Das Neue Testament in äthiopischer Sprache, 357. Talmud Megilla 15a: „Wird der Name des Propheten und der Name seines Vaters genannt, so ist er Prophet und Sohn eines Propheten; wenn nur sein Name und nicht der seines Vaters, so ist er Prophet, aber nicht Sohn eines Propheten“; vgl. F. Delitzsch, Commentar über das Buch Jesaja, Leipzig 41889, 40. Clemens Alexandrinus, Stromata I, § 118,1; Ascensio Jesajae 4,22; vgl. R. Payne Smith, Thesaurus Syriacus, Vol. 1–2, Oxford 1879–1901, 228. 2910. Dillmann, Lexicon Linguae Aethiopicae, 1416–1417; Ascensio Jesajae 4,22. Leslau, Comparative Dictionary of Ge‘ez, 26. R. Zuurmond/C. Niccum, The Ethiopic Version of the New Testament, in: B.D. Ehrman/M. Holmes (edd.), The Text of the New Testament in Contemporary Research: Essays on the Status Quaestionis (NTTSD 42), Leiden 22013, 231–252, hier: 237, Fußn. 24; Leslau, Comparative Dictionary of Ge‘ez, 276. In Mt 10,2 folgt jedoch die äthiopische Übersetzung eng der griechischen („Simon, der Petrus genannt war“), im Gegensatz zur syrischen („Simon, der Kefa genannt war“). H. Brakmann, Το παρα τοις βαρβαροις εργον θειον. Die Einwurzelung der Kirche im spätantiken Reich von Aksum, Bonn 1994, 172–185; F.C. Gamst, Art.: Judaism, Encyclopaedia Aethiopica III (2007), 303–308.
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dass es in der Spätantike Kontakte zwischen aksumitischen Christen und Juden gegeben haben muss.82 Wäre die Schreibung dieser Namen über die syrische Bibel vermittelt worden, bliebe völlig unklar, warum nur diese und nicht andere Personennamen nach semitischem Muster transkribiert wurden. Gab es aber, wie die Vermittlung der aramäischen Lehnwörter zeigen und wie nun allgemein anerkannt wird, vor der Übersetzung der äthiopischen Bibel Kontakte zur jüdischen Kultur, so ist es nichts Besonderes, dass mit diesem Kulturkontakt auch eine begrenzte Anzahl hebräisch-aramäischer Personennamen in den äthiopischen Wortschatz aufgenommen wurde. Auf diese Möglichkeit hat grundsätzlich schon R. Zuurmond hingewiesen. Außerdem hat R. Zuurmond einige weitere, hier nicht behandelte Personennamen, Ortsnamen und Lehnwörter diskutiert.83
3. Die griechische Vorlage des äthiopischen Neuen Testaments R. Zuurmond hat bereits 1995 in seinem Aufsatz The Ethiopic Versions of the New Testament84 nach Darlegung nicht weniger Indizien konstatiert: „The matter of the provenance of Eth must be considered settled: it was Greek“ (150). Einige Jahre darauf hat er den Forschungsstand erneut knapp zusammengefasst,85 waren doch nun kritische Editionen der Katholischen Briefe,86 der Paulinischen Gefangenschaftsbriefe,87 des Römerbriefs,88 des Matthäus-89 und des Markusevangeliums90 verfügbar.91 Demnach sind die Indizien für eine griechische Vorlage der gesamten äthiopischen Bibel stärker denn je. Inzwi82 83 84
85 86 87 88 89 90 91
Brakmann, op.cit., 173. Vgl. Zuurmond, Novum Testamentum Aethiopice: The Synoptic Gospels. Part 1: General Introduction, 92–129. R. Zuurmond, The Ethiopic Version of the New Testament, in: B.D. Ehrman/Michael Holmes (edd.), The Text of the New Testament in Contemporary Research: Essays on the Status Quaestionis, Grand Rapids 1995, 142–156. R. Zuurmond, Art.: Bible Vorlage: Greek, Encyclopaedia Aethiopica I (2003), 564–565. J. Hofmann /S. Uhlig, Novum Testamentum Aethiopice: Die Katholischen Briefe (AethFor 29), Stuttgart 1993. S. Uhlig/H. Maehlum, Novum Testamentum Aethiopice: Die Gefangenschaftsbriefe (AethFor 33), Stuttgart 1993. T. Abraha, La Lettera ai Romani: Testo e commentari della versione etiopica (AethFor 57), Wiesbaden 2001. R. Zuurmond, Novum Testamentum Aethiopice: The Synoptic Gospels. Part 1: General Introduction. Part 2: Edition of The Gospel of Mark (AethFor 27), Stuttgart 1989. R. Zuurmond, Novum Testamentum Aethiopice: The Synoptic Gospels. Part 3: The Gospel of Matthew (AethFor 55), Wiesbaden 2001. Vgl. dazu und zu früheren Editionen der äthiopischen Bibel auch S. Weninger, Art.: Ge‘ez Bible Editions, Encyclopaedia Aethiopica I, 569–571.
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schen liegen weitere Bücher des äthiopischen Neuen Testaments in einer kritischen Ausgabe vor,92 die das von Zuurmond gezeichnete Bild der äthiopischen Bibel, ihrer Vorlage und ihren textkritischen Nutzen bestätigen. Der Text der ältesten Handschriften (Version A) ist im Matthäus-Evangelium den Codices B und Θ nahe, in der Version B dem frühen byzantinischen Text.93 Auch das Markusevangelium folgt dem byzantinischen Text, hat aber in den ersten Kapiteln einige auffällige Beziehungen zum Codex W94 und bietet darüber hinaus einige D-Lesarten. In den Briefen ist der Äthiope durch die alte Textform geprägt, mit einer Minderheit von byzantinischen Lesarten.95 Im Johannesevangelium liegen bei den ältesten äthiopischen Handschriften „alexandrinische“, D-Lesarten und frühe byzantinische Lesarten zu fast gleichen Anteilen vermischt vor,96 die Apostelgeschichte ist hauptsächlich von den alten Zeugen geprägt, mit einigen byzantinischen Lesarten.97 Den äthiopischen Schriften des Neuen Testaments haben dabei nur zum Teil, wie z.B. der Offenbarung,98 bestimmte (und uns noch bekannte) griechische Handschriften vorgelegen (hauptsächlich Codices A C). Die äthiopischen Übersetzer scheinen entweder mehrere Handschriften als Vorlage benutzt zu haben, oder solche Handschriften, die ihrerseits den Prozess der mannigfaltigen Kontamination erlitten hatten.99 Im Falle der Offenbarung ist der Text der älteren äthiopischen Handschriften gleichförmiger überliefert als Hofmann vermutete, und deutet auf eine bereits in der versio antiqua gefestigte Überlieferungstradition hin.100 Hofmann hatte nur eine begrenzte Anzahl derjenigen Handschriften zur Verfü92
M. Wechsler, Evangelium Iohannis Aethiopicum (CSCO 617, Scr. Aeth. 109), Louvain 2005; T. Abraha, The Ethiopic Version of the Letter to the Hebrews (StT 419), Vatikan 2004 (vgl. zu den vom Autor behandelten möglichen arabischen bzw. syrischen Einflüssen auf die versio antiqua die Rezension von S. Weninger, Aethiopica 8 (2005), 279–283); C. Niccum, The Bible in Ethiopia: The Book of Acts, Cambridge 2014. 93 Zuurmond und Niccum, The Ethiopic version of the New Testament, 240. 94 Zuurmond, The Textual Background of the Gospel of Matthew in Ge‘ez, 37; ders., Novum Testamentum Aethiopice: The Synoptic Gospels. Part 1: General Introduction. Part 2: Edition of the Gospel of Mark, 130. 95 Zuurmond, Art.: Bible Vorlage: Greek, Art.: Encyclopaedia Aethiopica I (2003), 564–565; Uhlig/Maehlum, Novum Testamentum Aethiopice: Die Gefangenschaftsbriefe, 49–59; Hofmann/Uhlig, Novum Testamentum Aethiopice: Die Katholischen Briefe, 41–49. 96 M. Wechsler, Evangelium Iohannis Aethiopicum (CSCO 617, Scr. Aeth. 109), Louvain 2005, XVI. 97 Niccum, The Bible in Ethiopia: The Book of Acts, 50–51. 98 J. Hofmann, Die äthiopische Johannes-Apokalypse kritisch untersucht (CSCO 297, Subs. 33), Louvain 1969, 38–66. 99 Niccum, The Bible in Ethiopia: The Ethiopic Book of Acts, 47–48. 100 Das hier Gesagte zur Offenbarung habe ich im wesentlichen Prof. Curt Niccum zu verdanken.
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gung,101 die zur versio antiqua gezählt werden können, und hat seine Aufmerksamkeit oft den Lesarten der späteren Handschriften gewidmet, die schon weitergehende Rezensionen erlitten hatten. Das Alter der versio antiqua ist schwierig zu bestimmen. Der griechische Text könnte durchaus dem 4.–6. Jh. zugeordnet werden, jedoch ordnen alle bisher bekannten äthiopischen Handschriften in der Einleitung dieses Buch dem Bischof Johannes (d.h. Chrysostomos) von Konstantinopel zu.102 Der eigentliche Text der Offenbarung scheint aber von dieser relativ späten Tradition weitgehend unberührt zu sein. Da Hofmann sehr an der griechischen Vorlage interessiert war, gab er manchmal nicht dem frühestmöglichen äthiopischen Text den Vorzug, sondern solchen Lesarten, die aus der späteren arabischen Rezension hervorgegangen waren (die ihrerseits indirekt auf eine bessere bzw. bekannte griechische Lesart hinwiesen). So hat der Text der Hofmann’schen Edition, wie auch die alte Edition von T. Platt, in Apk 1,3 ወዘየዐቅብ „und der da bewahrt“, das zwar auf καὶ τηροῦντες beruht, aber in den ältesten äthiopischen Handschriften nicht bezeugt ist. In Apk 1,16 wäre nach ähnlichen Kriterien በኀይል anstelle von በኀይሉ zu bevorzugen. Letzteres beruht zwar auf αὐτοῦ, aber die ältesten äthiopischen Handschriften bieten በኀይል. In Apk 2,7 und 3,22 wird durch die Addition von ሰሚዐ wohl in Anlehnung an Mt 11,15 harmonisiert („wer Ohren hat zu hören“). Diese Harmonisierung findet sich jedoch schon in den ältesten äthiopischen Handschriften und müsste daher eigentlich im Editionstext erscheinen. Beispiele dieser Art wird man im gesamten Editionstext nicht wenige finden, besonders in schwierigen Stellen der äthiopischen Überlieferung wie Apk 13,16. Hofmann hat angesichts der Handschriften, die ihm vorlagen, mit seiner Arbeit gewissermaßen den Grundstein für eine kritische Edition des gesamten äthiopischen Neuen Testaments gelegt. Der Text der Handschriften ist in dieser Edition genauestens dokumentiert. Außerdem hat er dem Leser einen umfangreichen textkritischen Kommentar zur Verfügung gestellt.103 Sein Interesse an der griechischen Vorlage hat ihn jedoch manchmal dazu bewogen, den 101 Zum Teil wären diese Handschriften damals aus europäischen Bibliotheken ohne weiteres zu beschaffen gewesen, zum Teil sind durch die neueren Sammlungen der Ethiopian Manuscript Microfilm Library (EMML) und des Ethiopic Manuscript Imaging Projects (EMIP) zahlreiche weitere Handschriften bekannt geworden. S. im Detail, zum Stand von 1989, Zuurmond, Novum Testamentum Aethiopice: The Synoptic Gospels. Part 1: General Introduction. Part 2: Edition of The Gospel of Mark, 2–3. Hofmann benutzte nach eigenen Angaben (Hofmann, Die äthiopische Übersetzung der Johannesapokalypse (CSCO 281), Vorwort) die bei Gregory, Textkritik des Neuen Testamentes II, Leipzig 1902, verzeichneten äthiopischen Handschriften (559–565). 102 Hofmann, Die äthiopische Übersetzung der Johannesapokalypse (CSCO 281), 1. 103 Hofmann, Die äthiopische Johannes-Apokalypse kritisch untersucht (CSCO 297).
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äthiopischen Handschriften den Vorzug zu geben, die zu den späteren korrigierenden Revisionen gezählt werden müssen. Deswegen muss eine Auswertung seiner Edition für die neutestamentliche Textforschung mit der nötigen Umsicht geschehen und ggf. unter Zuhilfenahme weiteren Handschriftenmaterials, das Hofmann entweder nicht benutzt hatte oder das noch nicht bekannt war, verifiziert werden. Dass überhaupt, um die äthiopische Version für die neutestamentliche Textkritik nutzbar zu machen, Vorsicht walten muss, ist schon lange bekannt.104 Die ältesten äthiopischen Bibelhandschriften weisen im Alten wie im Neuen Testament ähnliche Charakteristika auf. Es handelt sich um eine sehr freie Übersetzung mit entsprechend freier Wortstellung im Satz. Typisch sind auch Ergänzungen (besonders von Personalpronomen), Omissionen und paraphrasierende Freiheiten, sofern der Sinn dadurch in der Zielsprache besser ausgedrückt werden konnte. In manchen Büchern bzw. an manchen Stellen ist es aufgrund dieser Sachlage schwierig, den äthiopischen Text bekannten griechischen Handschriften bzw. Lesarten zuzuordnen.105 Zudem ist die äthiopische Sprache selbst schon aufgrund der ihr eigenen freien Satzstellung nur bedingt in der Lage, die griechische Sprache so wiederzugeben, dass eine Vorlage daraus zweifelsfrei rekonstruiert werden könnte. In den letzten Jahren hat die Erforschung der äthiopischen Bibel einen enormen Aufschwung erfahren. Zahlreiche neue biblische Handschriften wurden entdeckt und können vor allem in der EMML (Ethiopian Microfilm Manuscript Library) und durch die mittels des EMIP (Ethiopic Manuscript Imaging Project) erfassten Handschriften eingesehen werden. Zwar sind diese meistens erst der späteren Zeit zuzuordnen, jedoch finden sich unter ihnen genügend Exemplare der frühen Zeit (12.–14. Jh.), die ggf. Nachträge zu den bisher erschienenen Editionen rechtfertigen würden.
4. Schlussfolgerung Somit ist aus heutiger Sicht, angesichts der zunehmend erforschten Textbeschaffenheit des äthiopischen Neuen Testaments, aus dem anfangs zitierten 104 S. Uhlig, Art.: Biblical text criticism, Encyclopaedia Aethiopica I (2003), 568–569; J. Hofmann, Limitations of Ethiopic in Representing Greek, in: B.M. Metzger (ed.), The Early Versions of the New Testament. Their Origin, Transmission, and Limitations, Oxford 1977, 241– 256; Knibb, The Ethiopic Version of the Old Testament, 55–86; Zuurmond and Niccum, The Ethiopic Version of the New Testament, 244. A. Juckel, Rezension von Uhlig u. Maehlum, Novum Testamentum Aethiopice: Die Gefangenschaftsbriefe; Hofmann, Novum Testamentum Aethiopice: Die Katholischen Briefe, OLZ 90 (1995), 412. 105 Tedros Abraha, The Ethiopic Version of the Letter to the Hebrews, 7–8. 93–94.
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„scheinen“ und „meinen“ eine feste Gewissheit geworden. Die ältesten Handschriften des gesamten äthiopischen Neuen Testaments sind tatsächlich aus dem Griechischen übersetzt worden, und keine der bisher dagegen vorgebrachten Gründe halten einer kritischen und differenzierten Untersuchung stand. In den Band IV der Editio critica maior wurden die äthiopischen Lesarten bis jetzt mit aufgenommen und es ist zu hoffen, dass die Herausgeber auch in den zukünftigen Faszikeln zumindest der von K. Aland in Aussicht gestellten Vorgehensweise entsprechen, „äthiopische Lesarten anzuführen, wenn sich herausstellt, daß sie für den griechischen Text von Bedeutung sind.“106
106 Hofmann, Das Neue Testament in äthiopischer Sprache, 345.
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Die griechisch-lateinischen Apk-Bilinguen (und andere mehrsprachige Manuskripte der Apk) MARCUS SIGISMUND Die wenigen erhaltenen Bilinguen (bzw. Trilinguen) der griechischen Apokalypse-Überlieferung sind in mehrfacher Hinsicht von ausgesprochen hohem Wert, haben bislang aber nur sehr geringe Beachtung gefunden. Eine Sammlung des diesbezüglichen Materials, die sich hier im Wesentlichen auf die gr.lat. Apk-Tradition fokussieren möchte, und eine Diskussion der daraus resultierenden Forschungsperspektiven scheint daher mehr als gerechtfertigt. Kaum einer näheren Ausführung bedarf die kulturhistorische und theologiegeschichtliche Bedeutung der Bilinguen, dokumentieren diese doch im wahrsten Sinne des Wortes greifbar als Manuskript die Auseinandersetzung eines Kulturkreises mit einem anderen; und es ist bedauerlich, dass wir im Regelfall keine genaueren Angaben über die Entstehung der jeweiligen Handschriften besitzen, sondern nur aufgrund der anzunehmenden Datierung und geographischen Verortung allgemeine Aussagen zu machen vermögen. Bislang methodisch m.W. nicht reflektiert ist die textkritische Bedeutung der mehrsprachigen Handschriften. Diese liegt freilich nicht in irgendwelchen Optionen für die Rekonstruktion eines sog. „Originaltexts“ oder eines „Ausgangs-“ bzw. „Eingangtextes“,1 sondern in ihrer Rolle als textgeschichtliche Ankerpunkte. Denn bei der Herstellung einer Bilingue sind zwei Optionen denkbar: entweder wurde a) eine der Sprachversionen als Ausgangspunkt genommen und direkt übersetzt. In diesem Fall darf angenommen werden, dass der zu übersetzende Referenztext entweder eine generell autoritative oder für den konkreten Benutzungsfall herausragende Bedeutung besaß. Oder aber b) zwei autoritative Versionen bzw. „Standardeditionen“ wurden gegenübergestellt. In beiden Fällen erhalten wir Momentaufnahmen der textgeschichtlichen Entwicklung, die es uns ermöglichen, neben dem jeweiligen Textstatus die Prozesse der Textveränderung und der Textnormierung zum einen chronolo-
1
Die methodische Problematik dieser Konzepte findet sich eingängig reflektiert bei: M.W. Holmes, What Text Is Being Edited? The Editing of the New Testament, in: J.S. Kloppenburg/J.H. Newman, Editing the Bible. Assessing the Task Past and Present (SBL Resources for Biblical Study 69), Atlanta, GA, 91–122.
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gisch und geographisch zu verorten und in der weiteren Folge zum anderen besser zu verstehen.
1. Mehrsprachige Manuskripte jenseits der gr.-lat. Bilinguen Die folgende Vorarbeit konzentriert sich im Kern auf die gr.-lat. Bilinguen. Die anderen mehrsprachigen Manuskripte seien aber an dieser Stelle wenigstens benannt, soweit sie durch die elektronische Version der sog. Kurzgefassten Liste2 (KGFL) aufgeführt werden oder dem Autor des vorliegenden Beitrages aus eigenen Lesefrüchten oder Kollationsarbeiten bekannt sind.3 1.1. Obj.-ID 32136: eine gr.-kirchenslavische Bilingue (Новый Завѣтъ грекославянскій) Bekannt ist bislang lediglich eine junge Bilingue des 16./17. Jh. Da die Apokalypse nicht zum genuinen Bestandteil des kirchenslavischen Kanons gehört, verwundert diese dünne Überlieferungslage zunächst einmal nicht. Gleichwohl ist kulturhistorisch auf mehrere Phasen der bewussten Rezeption der gr. und lat. Bibel zu verweisen, so dass mögliche weitere Funde nicht a priori ausgeschlossen werden sollten.4 Bei der genannten gr.-sl. Bilingue handelt es sich um GA 2136, d.i. Moskau, Staatliches Historisches Museum, S. 26 (olim. Synodalbibliothek 26, olim. Sabbas 472).5 Das Ms. wird in der Edition von Hoskier unter der Nummer 247 behandelt und im Verzeichnis von Sodens unter der Nummer ε 700
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Abrufbar unter: http://ntvmr.uni-muenster.de/liste (Abruf 5.4.2013). Spezialkataloge werden ad loc. genannt. Nach wie vor unentbehrlich sind freilich die Übersichten bzw. die Editionen von: H.C. Hoskier, Concerning the Text of the Apocalypse, 2 vols., London 1929; H. Freiherr von Soden, Die Schriften des Neuen Testaments in ihrer ältesten erreichbaren Textgestalt, 2 vols., Berlin/Göttingen 1902–1913. Zur Textgeschichte der kirchenslavischen Apokalypse vgl. immer noch grundlegend: V. Oblak, Die kirchenslavische Übersetzung der Apokalypse, in: Archiv für slavische Philologie 13 (1891), 321–361. Wertvolle Ergänzungen bieten: A.A. Alekseev/O.P. Lixačeva, K tekstologičeskoj istorii drevneslajanskogo Apokalipsia, in: Materialy i soobščenija po fondam Otdela Rukopisnoj i Redkoj Knigi, vol. 3, Leningrad 1985 (1987), 8–22 (kyrill.). Zusätzlich lässt ein Zettel auf dem Ms.-Rücken erkennen, dass der Codex zeitweilig die Nummer 41 trug. Der Ledereinband trägt den den Inhalt treffend beschreibenden Rückenaufdruck Новый Завѣтъ грекославянскій. Vgl. K. Treu, Die griechischen Handschriften des Neuen Testaments in der UDSSR. Eine systematische Auswertung der Texthandschriften in Leningrad, Moskau, Kiev, Odessa, Tbilisi und Erevan (TuT 91), Berlin 1966, hier: 260.
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gelistet.6 Auffällig ist freilich, dass die Handschrift in den Verzeichnissen von Matthaei7 keine Erwähnung findet. Daher wurde der Codex möglicherweise erst später der Sammlung zugefügt und darf nicht a priori im kulturhistorischen Gründungszusammenhang der Synodalbibliothek interpretiert werden.8 Von gleicher Hand findet sich in der Sammlung der Synodalbibliothek noch die ebenfalls bilinguale Nr. 27 (olim 473, auch dieser Codex ist bei Matthaei nicht gelistet).9 Der Katalog der kirchenslavischen Apk-Textzeugen von Grünberg erfasst die vorliegende Handschrift nicht.10 Aus der Perspektive der jüngeren kirchenslavischen Forschungsgeschichte ist zu notieren, dass diese Handschrift bislang unbeachtet geblieben ist. Dies ist möglicherweise auf ihr geringes Alter zurückzuführen, da die aktuelle kirchenslavische Apk-Textforschung naturgemäß an der Rekonstruktion der frühesten kirchenslavischen Textform interessiert ist.11 Da dem Institut für neutestamentliche Textforschung in Münster derzeit nur Microfilme zu den Evangelien vorliegen (jedoch hochauflösende elektronische Fotos der fehlenden Passagen bei der besitzenden Institution angefragt wurden), muss eine Unter6
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J. Schmid (Studien zur Geschichte des griechischen Apokalypsetextes. I. Teil: Der Apokalypse Kommentar des Andreas von Kaisareia. Einleitung [MThS.H, 1. Ergänzungsband], München 1956) verzeichnet die Hs. in Fußnote 2 auf den Seiten 12f. und votiert für eine Streichung aus der Liste der handschriftlichen Zeugen, „weil aufgrund der Untersuchungen Hoskiers kein ernsthafter Zweifel daran möglich ist, daß sie aus Druckausgaben abgeschrieben sind.“ (ebd.). Soden vermerkt in seiner Liste s.n. ε 700 schlicht „Nicht schematisiert“. Vgl. Chr. Fr. Matthaei: Accurata codicum Graecorum MSS. bibliothecarum Mosquensium sanctissimae synodi notitia et recensio, 2 vols., Leipzig 1805; Index codicvm manvscriptorvm graecorvm bibliothecarvm mosqvensivm sanctissimae Synodi ecclesiae orthodoxae graeco-rossicae, St. Petersburg 1780; Notitia codicum manuscriptorum Graecorum Bibliothecarum Mosquensium sanctissimae synodi ecclesiae Orthodoxae Graeco Rossicae, Moskau 1776. Vgl. hierzu Treu, Handschriften, 232–235. Trotz alledem dürfte der Ursprung der Handschrift im Kontext der Bibelrevisionsbemühungen der zweiten Hälfte des 17. Jh. zu suchen sein. Vgl. hierzu H.R. Cooper, Slavic Scriptures. The Formation of the Church Slavonic Version of the Holy Bible, London 2003, 145–164; N.H. Trunte, Ein praktisches Lehrbuch des Kirchenslavischen in 30 Lektionen. Zugleich eine Einführung in die slavische Philologie. Band 2: Mittel- und Neukirchenslavisch (Slavistische Beiträge 370), München 2001, 348– 354. Vgl. Treu, Handschriften, 261. K. Grünberg, Die kirchenslavische Überlieferung der Johannes-Apokalypse, Frankfurt a.M./Berlin/Bern/New York/Paris/Wien 1996, dort der Katalog pp. 185–215. Vgl. u.a. Grünberg, Überlieferung (dort u.a. eine Übersicht über alle 187 bekannten kirchenslavischen Apk-Zeugen und einer eingehenderen Beschreibung von 34 Hss.), sowie ders. (Bearbeiter)/B. Panzer (Hrsg.), Die Apokalypse. Edition zweier Hyparchetypen (Die Slavische Sprachen 59; Kritische Ausgabe Altbulgarischer Texte [KAAT; auch unter dem Titel: Die Methodbibel] 11), Salzburg 1998, wo sich 8 ausgewählte Hss. zweier Textfamilien aufgenommen finden.
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suchung der beiden Apk-Texte dieses interessanten Objektes zurückgestellt werden. Zu erwarten ist aber, dass die Bilingue eine Textform der ostslavischen (also russischen) Rezension bietet.12 Das in das 17. Jh. zu datierende Gesamtmanuskript ist ausweislich der einschlägigen Kataloge eine Sammelhandschrift und umfasst 479 Blätter (Papier; Wasserzeichen: Harlekinskopf mit Wappen13). Nach kleineren Theologumena bietet der Codex das komplette NT – abweichend von der älteren kirchenslavischen Kanongrenze – in der Folge Evangelien, Acta, Paulinen u. Deuteropaulinen, Katholische Briefe und Apokalypse. Zwischen Acta und den Paulinen ist eine apokryphe Darstellung des Martyriums der Apostel Petrus und Paulus eingeschoben (foll. 285–290). Der in regelmäßigen, aber ungezählten Quaternionen gebundene Codex ist 320 mm hoch und 205 mm breit und bietet im neutestamentlichen Abschnitt 34 Zeilen in zwei Kolumnen. Der Text ist laut Treu mit schwarzer Tinte geschrieben, wobei Überschriften und Initialen durch rote Tinte hervorgehoben werden. Die jeweiligen Spalten umfassen einen Textspiegel von 26 x 14,5 cm. Die gr. Spalte liegt jeweils innen, die slavische außen. Der slavische Text ist in kyrillischer Schrift, der gr. Text in einer späten, weitestgehend aufrechten und leicht gerundeten Minuskel gehalten. Die Apokalypse ist in die neuzeitlichen Kapitel und Verse unterteilt.14 In den untersuchten biblischen Partien des Codex beginnen die einzelnen Verse a linea und sind kapitelweise fortlaufend durchnummeriert. Zu Beginn jedes neuen Kapitels findet sich in der slavischen Spalte eine Überschrift. Die griechische Textform der Apk dieses Zeugen ist bislang nicht dezidiert untersucht. Hoskier vermutet eine Abschrift von einer gedruckten Edition, ohne diese postulierte Vorlage namhaft zu machen. Er verweist lediglich auf vier Varianten aus dem ersten Kapitel, die allesamt in gedruckten Editionen nachweisbar sind.15 Treu notiert den Codex mit guten Gründen als unkorrigierte Abschrift des Codex 19 dieser Sammlung.16 Jedoch enthält die Nummer 19 keine Apk, so dass die diesbzgl. Vorlage woanders gesucht werden muss. Auffällig ist vor dem Hintergrund der slavischen Apk-Überlieferungstradition, dass der biblische Text ohne den Kommentar des Andreas geboten wird. Dies könnte ein Indiz sein, dass der Codex zu jener Traditionslinie gehört, deren Ausgangspunkt in der Übersetzung des NTs im Čudov-Klosters im 12
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Im Gegensatz zur südslavischen, d.h. serbischen. Der Zeitpunkt der Übersetzung der Apokalypse ist bislang ungeklärt, ebenso die Frage, ob Methodius, der traditionell als Übersetzer des NTs gilt, hieran beteiligt war. Vgl. hierzu Baldur Panzer im Vorwort zu Grünberg/Panzer, Apokalypse, V–VI, hier: VI. Vgl. Treu, Handschriften, 260. Vgl. hierzu Hoskier, Text I, 745. Vgl. Hoskier, Text I, 745. Vgl. Treu, Handschriften, 261.
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14. Jh. gesucht wird.17 Allerdings fällt auf, dass einige Zeugen des slavischen Apokalypse-Textes innerhalb der Synodalbibliothek von Moskau den ApkText ohne Kommentar bieten.18 Der spezifische kulturhistorische Wert liegt nicht zuletzt darin, dass wir hier einen Zeugen haben, anhand dessen wir prüfen können, welche griechischen Textformen bei der diesbzgl. Rezeption eine Rolle spielten, und welche Textformen daher als Basis für die an das Griechische anpassende Revisionstätigkeit der russischen Editoren der kirchenslavischen Bibel russischer Rezension in Frage kommen. 1.2. Obj.-ID 30256: eine gr.-armenische-altitalienische Trilingue Es handelt sich hierbei um den ins 11./12. Jh. zu datierenden Pergamentcodex Paris, Bibliothèque Nationale, Armen. 27 (9) (olim. Regius 2247).19 Hoskier notiert diesen Text mit der Nr. 109, Soden mit α 216 (ferner zu vermerken sind die alte Gregory-Nr. 102 und Scrivener 109). Das Manuskript umfasst in seinem letzten erfassten Erhaltungszustand20 323 Blätter mit den Maßen 289mm (hoch) x 225mm (breit).21 Notiert werden zwei Spalten zu 36 Zeilen. Auffällig sind freilich den gesamten Codex hindurch ein vergleichsweise breiter Außenrand auf den einzelnen Blättern, sowie die Tatsache, dass der Schriftspiegel vielfach in die Bindungsnut hineinmündet. Es ist daher diskutabel, ob der Manuskriptblock, zumindest in einem Teil der Blätter,22 nicht nachträglich beschnitten wurde. Die Apk beginnt auf fol. 293r. Das zuvor auf fol. 292v eingetragene Kolophon nennt Nerses von Lampron, Bischof von Tarsus, als 17 18
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Zu dieser Überlieferungslinie vgl. Grünberg/Panzer, Apokalypse, XIII–XVII. D.s. 915 (1499 n.Chr.); 21 (Gennadiusbibel); 30 (1570–1571 n.Chr.); 888 (Anf. 16. Jh.). Text und Kommentar bieten die Mss. 356 (Mitte 16. Jh.); 548 (Anf. 17. Jh.); 106 (17. Jh.). Angaben nach dem Katalog von Grünberg, Überlieferung. Dort nicht näher spezifiziert sind die Nrr. 105; 316; 330 (alle 16. Jh). Eine ältere Beschreibung bietet J.P.P. Martin, Introduction à la critique textuelle du Nouveau Testament: Partie pratique, 6 vols., Paris 1882–1886, hier: Volume 6, Description technique des manuscrits grecs relatifs au Nouveau Testament, conserve's dans les bibliothèques de Paris. Supplément aux Leçons sur la critique textuelle du Nouveau Testament, 660–661. Angaben nach der sog. elektronischen Kurzgefassten Liste des INTF Münster: http://ntvmr.uni-muenster.de/liste (Abruf 8.4.2013). Eine Übersicht der enthaltenen armenischen Titel bietet: R.H. Kévorkian/A. Ter-Stépanian (avec le concours de Bernard Outtier et de Guévorg Ter-Vardanian), Manuscrits arméniens de la Bibliothèque nationale de France: catalogue, Paris 1998, Sp. 40–42 (vgl.: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k209464p/f57.image [Abruf 8.4.2013]). Die klar zu erkennende Linierung auf den ersten fols. spricht freilich dafür, dass zumindest diese Blätter zweispaltig geplant waren.
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Schreiber, was sich aufgrund anderer Mss. dieses Schreibers verifizieren und in das letzte Viertel des 12. Jh. datieren lässt.23 Dem Kolophon zufolge habe Nerses im hohen Alter das Griechische für sich entdeckt und die biblischen Texte neu ins Armenische übertragen.24 Da sich die Geschichte der Handschrift aber bis zu ihrem Erwerb durch die Franzosen im Jahr 1730 in Konstantinopel25 nicht weiter verfolgen lässt, kann man über die altitalienische Ergänzung nur mutmaßen. Am wahrscheinlichsten dürfte der kulturhistorische Kontext in den Handelsbeziehungen der drei italienischen Städte Genua, Pisa und Venedig mit dem Königreich Kleinarmenien im 13. Jh. zu suchen sein, da für diese Zeit Handelsstützpunkte mit eigenem Recht und eigenen Kirchen u.a. in Ayas, Tarsus, Adana und Mamistra nachweisbar sind.26 Weniger wahrscheinlich – aber zu bedenken – ist als möglicher Hintergrund die franziskanische Missionstätigkeit infolge des (erfolgslosen) Unionsvertrages von Armenischer und Römisch-Katholischer Kirche von 1198 n.Chr. Jedoch wäre in diesem Fall vielleicht eher eine klassische VulgataBilingue zu erwarten. Der griechische Text ist in einer gefälligen Minuskel gefasst; der armenische in einer größeren, vergleichsweise runden Bologir.27 Beide Schriften sind in etwa gleich groß, was dazu führte, dass das Armenische zuweilen recht kompakt geschrieben scheint. Dies ist möglicherweise ein Indiz dafür, dass die Gesamtaufteilung von der griechischen Spalte ausgehend erfolgte, und das armenische in einem zweiten Arbeitsschritt zugefügt wurde. Die armenische Textform der ntl. Texte jenseits der Apk wird von Conybeare, der den Text als Ms. 3 führt, als die mesropische identifiziert.28 Die armenische Apk-Spalte wurde von einer weiteren Hand überarbeitet und in Kongruenz zur neresischen Rezension gebracht.29 Bereits zuvor wurden kleinere Abschnitte von einem weiteren Korrektor bearbeitet. Conybeare erwägt, dass dieser Korrektor identisch mit jener Hand ist, die für die nachträgliche Zufügung der Volgare verantwortlich war.30 Dies ist jedoch nicht zu belegen. 23
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Vgl. Fr.C. Conybeare, The Armenian version of Revelation and Cyril of Alexandria's scholia on the incarnation and epistle on Easter, edited from the oldest Mss. and englished, Oxford 1907, 69. Eine engl. Übersetzung des Kolophons bietet Conybeare, Armenian version, 69. Vgl. Kévorkian, Manuscrits arméniens, 40. Vgl. A.A. Bournoutian, Cilician Armenia, in: R.G. Hovannisian (ed.), The Armenian People From Ancient to Modern Times. vol. I: The Dynastic Periods: From Antiquity to the Fourteenth Century, New York 1997, 283–290. Zur armenischen Schrift vgl. Conybeary, Armenian version, 69. Vgl. Conybeare, Armenian version, 69. Vgl. Conybeare, Armenian version, 70. Vgl. Conybeare, Armenian version, 70.
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Wenngleich GA 256 in der Kurzgefassten Liste als gr.-arm. Bilingue geführt wird, so wird man m.E. in weiten Teilen des Manuskriptes, insb. mit Bezug auf die Apokalypse, von einer Trilingue sprechen dürfen, wenngleich dies möglicherweise nicht dem allerersten Konzept der Produktion entsprach. Denn neben der griechischen und der armenischen Spalte findet sich als dritte Spalte eine Volgare bzw. altitalienische Version.31 Diese Trilingualität lässt sich in weiteren Teilen des Manuskriptes beobachten. Z.B. wird der Jakobusbrief ebenfalls als Volgare-Version mitgeführt, und zwar zunächst im unteren Marginalbereich,32 aber bereits auf der folgenden Seite als eigenständige, leider nur fragmentarisch erhaltene Spalte.33 Gerade dies deutet aber als weiteres Indiz darauf hin, dass der Block sekundär beschnitten wurde. Da der Schriftspiegel der altitalienischen-Spalte hier nur ca. 62,5% der Spaltenbreite der ungefähr gleichbreiten gr. und armen. Spalten beträgt, könnte man vermuten, dass die altitalienische-Spalte nachträglich eingefügt wurde. Die Schrift wirkt aber etwa gleichgroß der Griechischen, und so wusste der Schreiber evtl. auch schlicht bei der Einrichtung der Hs. um den Platz, den er benötigte. Eine Linierung ist auf den Aufnahmen dieser Blättern z.T. nur sehr schwach zu erkennen und z.T. nicht vorhanden und lässt so keine gesicherten Rückschlüsse über die Einrichtung des Außenrandes zu. Allerdings ist auf den folgenden, jeweils dreispaltigen bzw. dreisprachigen Blättern34 zu erkennen, dass die gr. und die altit.-Spalte weitaus enger aneinander liegen als die gr. und die arm. Spalte. Es steht daher zu vermuten, dass es sich ursprünglich um eine mit einem breiten Marginalbereich ausgestattete, möglicherweise zur Kommentierung vorgese-
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Ich verwende im folgenden Volgare und altitalienisch synonym, da sich bislang kein Periodisierungsmodell sprachwissenschaftlich durchsetzen konnte. Eine Übersicht über die wesentlichsten Modelle bietet: Mochel, Andreas, Italienische Sprachgeschichte (Philologia. Sprachwissenschaftliche Forschungsergebnisse 78), Hamburg 2005, 44–50. Vgl. im NT.VMR das Bild (img.) 1590 (Jak 1,1–6). Img. 1600 (Jak 1,6–14, Volgare lediglich 1,14 erhalten). Img. 1610–1730. Img. 1740 beginnt mit einer Subscriptio zum Jakobusbrief; ab hier ist das Manuskript zunächst wieder bilingual gr.-arm., ab img. 1770 (fol. 84r) wieder trilinguar. Jedoch beginnt der dreisprachige Bereich, analog wie beim Jakobusbrief, bereits eine Seite früher (img. 1760) im unteren Marginalbereich mit dem Beginn des 1Petr. Ebenfalls analog wie zuvor bricht die Volgare am Ende vom 1Petr ab (img. 1910), und setzt erst nach der Hypothese mit dem 2Petr (img. 1940, hier Seitenbeginn) wieder ein. Dieses Schema zieht sich bis zur Apokalypse durch. Zu verweisen ist noch auf img. 2310, da hier die Beschädigung auch den altit.-Teil im unteren Marginalabschnitt betrifft, was belegt, dass die mehrfach im Codex vorliegende rechteckigen Beschädigungen kein Grund dafür sind, dass er für den sekundären Eintrag einer volkstümlichen Übersetzung verwendet wurde. Ab img. 2630 folgt nach üblichem Vorgehen der Römerbrief. Hier finden wir freilich mit img. 2870 und 2880 (fol. 139) einen längeren Abschnitt aus der Mitte eines ntl. Textes im unteren Marginalbereich, wobei der Blattabschnitt rechts offenkundig vor Eintragung dieser Version erfolgte.
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hene Bilingue handelte, die nachträglich um die dritte, volkstümliche Sprache ergänzt wurde.35 Die altital. Spalte ist geschrieben in einer ordentlichen und schmucklosen Minuskel mit Eigenarten vor allem der Humanistica Cursiva (einstöckiges a; gerades (Minuskel-)d; Unterlänge des g schleifenförmig; Oberlängen immer ohne Schleifen). Dies fällt insofern auf, als von den 16 bei Leonardi36 verzeichneten Mss. 9 in einer Textualis und 4 in einer Mercantesca geschrieben sind (keine Nennung bei den anderen). Da dieses Textzeugnis bislang nicht beachtet wurde und z.B. in der Liste der Volgare-Apokalypsen bei Leonardi fehlt,37 erlaube ich mir ein Transkript der Volgare-Version im Appendix dieses Beitrages beizugeben, zumal eine Untersuchung der altitalienischen Textform m.W. bislang aussteht. Die bi- bzw. trilinguare Apk des Manuskripts liegt mit Lacunae in Apk 5,7–16,4 und 19,16–fin. vor. Die Volgare-Version bricht jedoch bei Apk 4,1 aus unerklärlichen Gründen ab. Der Volgare-Text gehört mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu keiner bekannten Volgare-Textrezension im direkten Sinne. Gewisse Ähnlichkeiten zur Zeugengruppe FP6 R1250 V177 lassen sich aber nicht von der Hand weisen.38 Exemplarisch lässt sich dies anhand der Leitstellen Leonardis aus den Kapiteln 1 und 2 aufzeigen:
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Zur Geschichte der altitalienischen Bibelversionen vgl. L. Leonardi, Versioni e revisioni dell'Apocalisse in volgare. Obiettivi e metodi di una ricerca, in: ders. (ed.), La Bibbia in italiano tra Medioevo e Rinascimento/ La bible italienne au Moyen Âge et à la Renaissance: atti del convegno internazionale, Firenze, Certosa del Galluzzo, 8–9 novembre 1996, Florenz 1998, 37–92. Siehe Anm. 35. Leonardi listet insgesamt 16 Zeugen auf (Versioni e revisioni, 53–55). Die GA 256 nahestehenden Zeugen sind: FP6 (Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale, Pal. 6; saec. XIV), R1250 (Florenz, Biblioteca Riccardiana, 1250; saec. XV) und V177 (Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Capponi 177; saec. XIV–XV). Für alle weiteren Zeugen siehe die Übersicht bei Leonardi. Noch zu prüfen wäre eine Abhängigkeit von den frühen Drucken der volgarizzamenti, wie etwa: Niccolo Malermi, Biblia in lingua volgare, Venedig 1471 (zwei Bände, von Wendelin von Speyer gedruckt).
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1,5: primogenitus mortuorum primo genito di morti primo ingenerato dei morti primo generatore die morti primo ingenito de’ morti primo genito dei morti primo genito nella generatione dei morti 1,7: ecce venit cum nubibus ecco quel uene cō le neuole ecco che viene la nuvola ecco che vienne coi nuvoli
Vg GA 256 ω F39 F56 FP6 R1250 V177 P4 P2
Vg GA 256 R1252 Ly S9 rell.
1,7: qui eum pupugerunt. Et plangent se super eum quelli che pensano . ⁊ allora piangera sopra de lui quelli che piansero piagneranno quelli che piansero allora piageranno sopra ssé quelli che ʼl punsero allora piageranno sopra sé quelli che punsero piageranno sé sopra lui quelli che ʼl punsero et piageranno sé sopra di lui quelli che ʼl punsero allora piageranno sé sopra lui 1,8: ego sum alfa et omega io sō alpha ⁊ o io sono A e Ç[eta] io sono alfa et o
Vg GA 256 R1252 Ly F39 F56 S9 P2 P4 rell.
Vg GA 256 ω FP6 R1250 V177 P2 P4
1,8: et qui venturus est omnipotens ⁊ uēera omnipotēte et quale dé venire tutto potente et quale dee venire omnipotente
Vg GA 256 ω P2 P4 FP6 R1250 V177
1,9: frater vester et particeps in tribulatione uostro fratello ⁊ participi uole (?) nele tribulatiōe fratello vostro et parçonieri nella tribolatione
Vg GA 256 ω P2 P4
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fratello vostro e partefice nella tribolatione fratello vostro e partefice et conpangno nella tribulatione vostro fratello e chonpagnio nella tribolaçione 1,10: Philadelphiam philadelphia fela delila fiadelfia filadelfia
Vg GA 256 R1252 Ly S9 FP6 V177 rell.
2,2: et invenisti eos mendaces ⁊ trouasti li busiardi et trovastili mençonieri et trovastili bugiardi
Vg GA 256 ω P2 P4 FP6 R1250 V177
2,13: scio ubi habitas io so doue douer [sic] tu habiti io sono la virtù abiti io so là ove tu abite
Vg GA 256 R1252 Ly S9 rell.
2,29: quid spiritus dicat q̅lo c̅hl spirito dice quello spirito dica quello che lo spirito dica
Vg Ga 256 R1538 V249 rell.
R1658 FP6 R1250 V177
Auffällig ist zum einen sprachlich die vergleichsweise noch große Nähe zum Lateinischen. Auffällig ist aber auch zum anderen die mehrfache Schreibung von ph an Stellen, an denen die Vg den Buchstaben f bietet. Ein Einfluss der griechischen Tradition (nicht zwangsläufig vom parallel laufenden Text) ist naheliegend. Der Begriff „busiardi“ könnte ein Indiz auf Verbindungen zum piemontesischen Dialekt sein, vermag aber alleine keine hinreichende Beweislast zu tragen. Die drei Spalten stehen textlich für sich. Insb. ist festzuhalten, dass die altitalienische Textform keine direkte Übersetzung einer der beiden anderen Spalten ist, wie einige markante Lesarten des ersten Kapitels belegen:
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1,8: Io sō alpha ⁊ o . prīcipio ⁊ fine . disse el Signor dio che fu ⁊ era. ⁊ uēera omnipotēte] diese längere Lesart, die wir auch aus der gr. Tradition kennen, entspricht der Vg, wird aber hier nicht von der gr. Spalte geboten, wo wir lesen Ἐγώ εἰµι τὸ Ἄλφα καὶ τὸ Ὦ, λέγει κύριος ὁ θεός, ὁ ὢν καὶ ὁ ἦν καὶ ὁ ἐρχόµενος, ὁ παντοκράτωρ. Auch das Armenische bietet hier die kürzere Lesart. Vgl. die textkritisch sensible Übers. von Conybeare: And he saith, I am Ayb and I am Qe, saith the Lord who is unto aeons, and who is about to come, Lord almighty. 1,9: la testimōiāza de Iesu χ̅ρo̅ ] die um Christo längere Lesart, die im Übrigen in der VL bekannt ist, geht gegen Vg (testimonium Iesu), findet sich nun aber im Gegensatz zum ersten Beispiel auch in der gr. Spalte µαρτυρίαν Ἰησοῦ ησοῦ χριστοῦ χριστοῦ und Arm: testimony of Jesus Christ. 1,11: chiesie. ad epheso] hier bietet die altital. Spalte nun einen kürzeren Text als die Vg: ecclesiis, quae sunt in Asia, Epheso; auch hier ist die Parallele in der gr. Spalte vorhanden: ἐκκλησίαις, εἰς Ἔφεσον (entspr. dem üblichen gr. Text); Arm: churches in Ephesus. 1,18: in secula seculorum. Amen] Die Vg omitiert das amen. Die gr. Spalte bietet: τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων, ἀµήν (entspr. dem norm. Byz); die arm. Spalte omitiert das amen. In der Summe ist deutlich, dass keine Orientierung am Armenischen stattfindet. Zwar zeigen sich Parallelen zur griechischen Spalte. Jedoch lassen sich alle hier genannten Beispiele auch gut aus der lateinischen Tradition heraus erklären und das erste Beispiel belegt zur Genüge, dass keine Anpassung an die gr. Spalte intendiert ist. 1.3. „Fehlende“ Bilinguen Keine Einträge zur Apk verzeichnet die elektronische Kurzgefasste Liste für: g-arab, g-l-arab, g-k-arab; g-k, g-sa und g-t, sowie zum Zeitpunkt der Abfassung noch fälschlicherweise (s.o.) für g-sl. Allerding vermag diese Liste die gedruckte noch nicht zu ersetzen. Sie befindet sich offenkundig noch im betaStadium: Im Abruf vom 23.4.2013 notierte sie ausschließlich 628 als g-lBilingue der Apk, im Abruf vom 23.2.2015 wies sie immerhin 620 und 628 entsprechend aus. Als problematisch darf in diesem Zusammenhang markiert werden, dass der Webseite keinerlei Versionsnummer/ Statusangabe des Datenbestandes der elektronischen KGFL zu entnehmen ist.
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2. Die gr.-lat Bilinguen - Übersicht 2.1. Obj.-ID 30620 Bei dieser Objekt-Nummer39 handelt es sich um die Hs. Conv. Soppr. 150 der Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz. Von Soden führt diesen Zeugen unter dem Siglum α 207, Hoskier unter der laufenden Nummer 180. Die Handschrift wird von Hoskier in das 12.–13. Jh., von der KGFL in das 12. Jh. datiert und bietet die Katholischen Briefe, die Apokalypse (vollständig) und die Paulinen (wobei der Hebräerbrief auf Philemon folgt). Der griechische Text wird von Hoskier in die unmittelbare Verwandtschaft mit der Hs. GA 1918, d.i. Hoskier 39 gestellt (s.u.). Ob dies zutrifft, wird im Rahmen von TuT sicherlich bald verifiziert oder falsifiziert werden können. Nicht unwahrscheinlich ist vor allem aber eine Verwandtschaft der lateinischen Spalten beider Hss., denn beide omittieren z.B. Apk 5,4 (näheres s.u.). Die Apokalypse ist zweisprachig aufgebaut, die lateinische Spalte befindet sich jeweils rechts. Der lat. Text selbst ist in einer bastardisierten Humanistica formata gehalten, es finden sich aber auch einige wenige Korrekturen von weiterer, m.E. kaum jüngeren Hand in einer Bastarda. (Das Griechische ist als mittlere Minuskel den codices vetusti zuzuweisen.) Unklar muss bleiben, ob sich beide Spalten in irgendeiner Form beeinflussen. Festgehalten werden darf, dass die lat. Spalte jedenfalls am Ende von 2,16 einer Ergänzung/ längeren Lesart der gr. Spalte nicht folgt (dort add. καὶ ἐν τῇ ἀπειλῇ ἡ φιλανθρωπία; NT.VMR-img. 650, Iota subscr. von mir zugefügt). Umgekehrt findet in Apk 1,3 (NT.VMR-img. 600) die Addition von ταύτης hinter τοὺς λόγους τῆς προφητείας zwar eine gewisse Äquivalenz im verba prophetiae libri hujus der lat. Spalte. Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine alte Lesart, die sich nicht nur bereits in den Vetus Latina-Zeugen gig harl sowie bei Vict. und Prim. nachweisen lässt, sondern laut dem Apparat von Hoskier auch in der koptischen und syrischen Tradition sowie den gr. Hss. 367 922/1380 1611 (d.s. in dieser Reihenfolge Hoskier 23 151 111) und der Oekumenius-Gruppe 205340 2062 (d.i. Hoskier 146-155) belegt ist. Stärker wiegt die Lesart τοῦ ᾃδου für (τοῦ) ∆αυίδ in Apk 3,7, die in der lat. Spalte in inferni ihre Parallele findet (NT.VMR-img. 670). Allerdings ist auch diese Variante in der gr. Tadition gut belegt. Weitere (wie die vorangegangenen bereits bei Hoskier verzeichneten) Exempla verstärken das disparate Bild: so folgt die lat. Spalte nicht der parableptischen Omission von τοῦ θρόνου καὶ τῶν τεσσάρων ζῴων, καὶ ἐν µέσῳ in 39
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Beschreibungen des Ms. finden sich bei Hoskier, Text I, 595f.; C.R. Gregory, Textkritik des Neuen Testaments, vol. 1. Leipzig 1900, 276.; ders., Die griechischen Handschriften des Neuen Testament. Leipzig 1908, 69. Dort akzentuiert τοῦ άδου.
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Apk 5,6 (dort [NT.VMR-img. 710]: throni et quattuor animalium et in medio). Zu verweisen ist über Hoskier hinaus auf den Ausfall von Vers 5,4 in der lateinischen Spalte (in der gr. Spalte sogar auf ungefähr gleicher Spaltenhöhe geboten).41 Die Gesamtausstattung der Seiten kann als gehoben bezeichnet werden. Sowohl die gr. als auch die lat. Spalte weisen bei wichtigen Einschnitten Auszeichnungsbuchstaben in roter Tinte auf, wobei die der lat. Spalte Großformatiger gestaltet sind (vgl. den Beginn von Kap. 7; NT.VMR-img. 750). Zuweilen übermalt der rote Auszeichnungsbuchstabe den gleichen Buchstaben der ersten Hand (so bei Vers 8,8 auf NT.VMR-img. 780; Apk 8,10 auf NT.VMRimg. 790). Folglich ist diese Auszeichnung in einem weiteren Produktionsschritt geschehen. Einer eigenen Untersuchung wäre die Kapitelauszeichnung der Hs. wert. Sowohl Schriftform als auch Tinte machen es sehr wahrscheinlich, dass hier zwei Auszeichner am Werk waren. Die verlässlichere stammt vom Korrektor, der im Text auch mit dunklerer Tinte einzelne Worte korrigierte oder nachzog. Es existieren aber auch Kapitelnummern im Randbereich der lat. Spalte (abweichend vom Korrektor rechts der Spalte, also außen) von erster Hand. Diese entsprechen aber vielfach nicht der heutigen Zählung. So wird Kap. 8 in marg. des Verses 8,5 notiert (NT.VMR-img. 780; richtig dagegen die GA 620cor eine Seite zuvor). Kap. 12 beginnen sowohl Schreiber als auch Korrektor mit Apk 11,19 (NT.VMR-img. 870). Der Korrektor markiert diesen Einschnitt auch in der gr. Spalte.42 Es ist nicht immer sicher zu entscheiden, ob eine Korrektur des Korrektors oder eine Korrektur des Schreibers im Verlauf des Schreibprozesses vorliegt. Letztere sind freilich nachweisbar. Z.B. setzte der Schreiber in Apk 11,19 (NT.VMR-img. 870) mit th zu thornitrua an, rasierte dann aber das th und schrieb in Anschluß an die Rasur tornitrua.
41 42
Übrigens bietet auch Ms.1918 in der gr. Spalte den im Lat. ausgefallenen Vers. Die Handschrift ist ohnehin vor dem Hintergrund der Abtrennungen, aber auch der textkritischen (?) Arbeit mittelalterlicher Schreiber ausgesprochen interessant. Ein Beispiel für die Textabtrennung liegt in Apk 21,18 vor: hier macht der Schreiber nach 21,18a einen deutlichen Absatz; der folgende Auftakt wird rubiziert. Inhaltlich ist dieses Vorgehen nachvollziehbar, da im weiteren Verlauf die Stadt beschrieben wird. Moderne Bibelausgaben nehmen diese Abtrennung aber nicht mehr vor. Eine eigene Untersuchung wert wären die weiteren Beigaben, z.B. das f-artige Zeichen auf NT.VMR-img. 930. Es könnte sich um eine textkritische Notiz handeln, da hier ein gegenüber dem Gr. und auf jeden Fall gegenüber der Standart-Vg längerer Text vorliegt. Das Zeichen findet sich auch auf NT.VMR-img. 950 (cap. 14,13 fin.), ohne nachvollziehbare Bedeutung. Mit Bezug auf die Produktion von Bilinguen sei noch angemerkt, dass GA 620 die lat. Schlussphase soweit erkennbar immer unter der gr. Spalte wiederholt.
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2.2. Obj.-ID 30628 Bei dieser Objekt-Nummer,43 die in Teilen der Forschung fälschlich als die einzige (sic) gr.-lat. Apk-Bilingue geführt wird,44 handelt es sich um die Handschrift Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Ottob. gr. 258,45 die von von Soden unter dem Siglum α 400 und von Hoskier wie schon von Scrivener unter der Nummer 69 geführt wird. Sie wird auf das 14. Jh. datiert46 und bietet ntl. Schriften in der Reihenfolge: Apg, Kath. Briefe, Pl. Briefe (Hebr nach Philem) und Apk. Der Codex scheint eine bewegte Geschichte erlebt zu haben, denn laut der Beschreibung von Cozza-Luzi vermerkt eine Notiz in margine superiori des fol. 1: „deficiunt 4 evagelia, et 7 capita de actibus apostulorum“, fol. 3 beginnt mit Kap. 2 der Acta. Dabei sind fol. 1 und 2 offenkundig aus einem älteren Codex des 12. Jh. übernommen, um die Lacuna am Anfang von GA 628 zu schließen. Cozza-Luzi vermerkt ferner, dass der griechische Text der Bilingue nicht immer von derselben Hand stamme. Die Apokalypse beginnt auf fol. 198r (zuvor fol. 197r–v die Prologe) und bricht mit Vers 18,22 und fol. 216v (Ende des erhaltenen Codex) ab.47 Die Bilingue verläuft in zwei parallelen Kolumnen. Die gr. Spalte befindet sich stets auf der Innenseite des Codex, das Lateinische stets außen.48 Die 43
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Beschreibung bei Hoskier, Text I, 221–226; vgl. auch von Soden sub sigl. α 400 (op. cit., pp. 479, 526) und die ältere Beschreibung in: G. Cozza-Luzi, Codices manuscripti graeci ottoboniani Bibliothecae Vaticanae descripti praeside Alphonso cardinali Capecelatro archiepiscopo Capuano, London 1893, 145. Vgl. ferner E. Feron/F. Battaglini, Codices manuscripti graeci Ottoboniani, Rom 1893, 145. (Vgl. auch grundlegend: A. Allgeier, Die Psalmen der Vulgata. Ihre Eigenart, sprachliche Grundlage und geschichtliche Stellung, Paderborn 1940). Vgl. so W. Berschin, Griechisch-lateinisches Mittelalter. Von Hieronymus zu Nikolaus von Kues, Bern/München 1980, 50 mit Anm. 77. Eine neuere Beschreibung und zahlreiche Literaturhinweise finden sich auch bei G. de Gregorio, Tardo Medioevo Greco-latino: Manoscritti Bilingui D’Oriente e D’Occidente, in: F. Magistrale/C. Drago/P. Fioretti (edd.), Libri, Documenti, Epigrafi Medievali: Possibilità di Studi Comparativi. Atti del Convegno internazinale di studio dell’Associazione italiana dei Palaeografi e Diplomatisti: Bari, 2–5 ottobre 2000 (Studi e Richerche 2), Spoleto 2002, 17– 136, hier: 89 mit tavv. XIV–XVIb. Die Datierung folgt hier den Angaben des INTF Münster. Vgl. zur Datierung aber auch Gregorio, Tardo Medioevo, 89; A. Allgeier, Beiträge zur Geschichte des Griechischen vor dem Humanismus, in: Biblica 24 (1943), 261–288 (dort p. 263 das Votum zur Datierung auf das 14. Jh.) und Prof. Elize (Rom) apud Berschin, Mittelalter, Anm. 77 auf S. 58): „in keinem Fall humanistisch“. Cozza-Luzzi (op. cit. a.O.) datiert das Manuskript auf das 15. Jh. Interessanterweise verfügt die Apk auch über zwei gr. Prologe und ein lat. Argumentum. Der gr. Prolog wurde nicht von der lateinischen, aber doch in der gleichen Zeit (oder ein wenig später) zugefügt. Diese Hand fügte wohl auch die Marginalbemerkungen ein. Vgl. Gregorio Tardo, 90 Anm. 155; 93. Hoskiers Notiz, Gregory irre (Text I, 221) und die Versionen würden in ihrer Position alternieren, ist somit falsch.
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Schriftform der lateinischen Spalte ist typisch für die italienische Schreibertradition:49 es handelt sich um eine eher klein gefasste Gotica mit rundem und leicht gebrochenem Schriftzug. Die griechische Spalte der Apk ist vom zweiten der insgesamt drei Schreiber50 des Ms. geschrieben. Seine Schrift entspricht jener Epoche und wird von Gregorio zutreffend als „abbastanza accurata, talora con tratteggio pesante“ beschrieben.51 Aufgrund codicologischer und paläographischer Erwägungen vermutet Gregorio eine süditalienische Provenienz.52 Es handelt sich bei dieser Handschrift um die textgeschichtlich vielleicht spannendste Bilingue, denn wie bereits Hoskier beobachtet, hat ab dem 14. Kapitel der Apk eine weitere Hand in den griechischen Text eingegriffen und stellenweise an den lat. Text angepasst. Ein typisches Beispiel der anpassenden Zugabe der dritten Hand ist in Apk 14,8 die Addition von ἐκείνη nach Βαβυλῶν (sic), augenscheinlich das lateinische illa aufgreifend (NT.VMR-img. 4130). Aufällig auch in Apk 16,7 die Ergänzung von ἀλλοῦ bei gleichzeitiger Expungierung des τοῦ θυσιαστηρίου (im lateinischen Pendant ausgelassen; NT.VMRimg. 4160). Normalerweise wird diese Anpassung supralin. vorgenommen. An mindestens einer Stelle ändert die dritte Hand aber auch durch Radierung den laufenden Textbestand, so in Apk 18,12 die Änderung von (σκεῦος ἐκ) ξύλου zu λίθου (was zwar auch eine innergriechische Korrektur sein könnte, aber hier doch eher als Korrektur analog zu lat. vasa de lapide zu verstehen sein dürfte; NT.VMR-img. 4210).53 Jedoch bleiben derartige Änderungen sporadisch und man kann keinesfalls von einer systematischen Anpassung sprechen. Andernfalls hätte er die eher mäßig bezeugte Lesart ∆άν statt Γάδ in Apk 7,5 ändern müssen, da die lat. Spalte eindeutig Gad bietet. Hoskier bietet einige weitere Beispiele, wo eine Anpassung an den lat. Text zu erwarten gewesen wäre.54 Wir finden auch zahlreiche Alternativlesarten (wohl von weiterer Hand), die mit dem Kürzel „ g‘ “ offenkundig auf die Form des griechischen Textes verweisen wollen,55 sowie eine Anzahl weiterer Alternativlesarten der ersten Hand, die sich eher auf die lateinische Tradition konzentrieren.56 49 50 51 52 53
54 55 56
Vgl. so die Einschätzung Gregorios, Tardo Medioevo, 92. Vgl. Gregorio, Tardo Medioevo, 92. Gregorio, Tardo Medioevo, 92. Einige besonderen Merkmale listet auf: Gregorio, Tardo Medioevo, 93. Vgl. Gregorio, Tardo Medioevo, 93f. Diese (aufgrund ihrer Prägnanz hier aufgegriffenen) Beispiele schon bei Hoskier, Text I, 222. Auf den genannten Scans (und den weiteren foll.) finden sich aber jeweils noch weitere schöne Beispiele für die Arbeit dieser dritten Hand. Vgl. Hoskier, Text I, 222. Siehe hierzu die Kollation unten. Z.B. in 3,1. Vgl. die Kollation unten.
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Rätselhaft bleibt, wieso keine stärkere Anpassung erfolgt ist, denn bereits bei der Herstellung der Bilingue scheint man zweisprachig gearbeitet zu haben. Anders ist es nicht zu erklären, dass Apk 14,17 in beiden Kolumnen omitiert ist. Zuweilen finden sich Kapiteleinteilungen von weiterer Hand. So wird auf fol. 213r (NT.VMR-img. 4150) in der lateinischen Spalte das Kapitel 16 notiert und in der gr. Spalte eine Markierung einfügt. Da nur Schwarzweiß-Scans vorliegen, ist es nicht möglich zu entscheiden, ob dies vom Rubrikator stammt, oder von einer weiteren Hand. Die Schrift wirkt m.E. nicht viel jünger als die des Schreibers der lat. Spalte. 2.3. Obj.-ID 31918 Bei dieser Objekt-Nummer57 handelt es sich im Kern um den Codex Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. gr. 1136. Der Zeuge trägt bei von Soden das Sigel α 403 und bei Hoskier sowie Scrivener die Nummer 39. Das Manuskript wird von der KGFL als Ganzes auf das 13. oder 14. Jh. datiert (zur Apk s. aber unten). Teile der ursprünglichen Handschrift wurden im Laufe deren Geschichte offenkundig ausgelöst, konnten aber als Teil der Hs. Rom, Vat. gr. 1882 (dort foll. 93–96) identifiziert und am ursprünglichen Ort wieder eingefügt werden.58 Dieser Zeuge, der die alte Gregory-Nummer 114 (Scrivener 115; von Soden α 1375) trug, findet sich daher nicht mehr in den jüngeren Listen.59 Überhaupt scheint die Hs. eine sehr bewegte Geschichte zu haben, denn Hoskier berichtet, dass dieser Codex wohl bei den römischen Bibliothekaren als verschollen galt, und erst auf mehrfachen Drängen Hoskiers wieder 57
58
59
Hoskier, Text I, 98–103; 388; die weitere Literatur zu diesem Codex finden sich gesammelt in: P. Canart, Codices Vaticani Graeci Codices 1745–1962, vol. I, Vatikan 1971, 472–488, ders., Codices Vaticani Graeci Codices 1745–1962, vol. II, Vatikan 1973, LII; ders./V. Peri, Sussidi bibliografici per i manoscritti greci della Bibliotheca Vaticana (Studi e Testi 261), Vatikan 1970, 542, 654. Die m.W. letzte Beschreibung der Handschrift findet sich in: Giuseppe De Gregorio, Tardo Medioevo, 124–128 mit tavv. XXV–XXVI. Vat. gr. 1136 fol. 2v endet auf 6,17 ἦλθεν ἡ ἡµέρα; Vat. gr. 1882 beginnt im direkten Anschluß auf fol. 93r mit ἡ µεγάλη τῆς ὀργῆς αὐτοῦ und endet auf fol. 96v mit 13,12 und den Worten τοῦ θηρίου πᾶσαν, Vat gr. 1136 schließt fol. 3r unmittelbar an mit ποιεῖ ἐνώπιον αὐτοῦ. Vat. gr. 1882 wird in der Datenbank Pinakes beschrieben mit „Script. superior (folia bis rescripta); haec folia partem efficiebant cod. Vat. gr. 984; ff. 93–96 reposita sunt in cod. Vat. gr. 1136 ubi ff. 3–6 efficiunt; ff. 102–103 uacua“ (http://pinakes.irht.cnrs.fr/rech_manusc/ resultManuscrit/filter_ville/351/filter_depot/633/filter_cote/Vat.%2Bgr.%2B1882; letzter Abruf: 23.4.2013). Dennoch wäre in einer Liste textgeschichtlich sensibel u.U. vielleicht genauer auszuformulieren: BAV, Vat. gr. 1136 (60 fols.) und Vat. gr. 1882, fol. 93–96 (so auch die Kurzgefasste Liste).
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lokalisiert werden konnte.60 Der Pergament-Codex61 bietet laut Hoskier nach der Apokalypse das Leben des Paulus und die Paulusbriefe.62 Das Format beträgt nach der elektronischen KGFL 250 mm x 170 mm;63 die Zeilenzahl der gr. Spalte beträgt i.d.R. 46. Die Apokalypse von GA 1918 beginnt mit einer Lacuna von Apk 1,1–3,17 (fol. 1–3). Hoskier datiert den Apk-Part vergleichsweise früh (s. dagegen unten) auf das 12. oder 13. Jh.64 Die Vorlage des gr. Apk-Textes war wohl, wie laut Hoskier aus einigen typischen Schreibfehlern hervorgeht, eine Unciale. Zahlreiche Fehler in der Deklination, insb. von αὐτός, sind für Hoskier ein Hinweis auf ein italienisches Scriptorium.65 Der Apk-Text ist ferner laut Hoskier verwandt mit der laut elektronischer KGFL verschollenen66 GA 336 (Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. theol. 1252a. Hoskier-Nr. 16). Die komplette Apokalypse von GA 1918 war, wie die Kolumnen belegen, als Bilingue mit ca. 60 Zeilen pro Seite geplant, der lateinische Text endet jedoch auf fol. 5 recto oben mit Apk 17,4. Die lateinische Spalte ist flüssig in einer eher kleinen Gotica italiana rotunda geschrieben; die Abkürzungen sind konventionell und überaus zahlreich. Paläographisch ist der lat. Apk-Text auf das 14. Jh. zu datieren.67 Der Schreiber der griechischen Spalte ist ein anderer;68 er verwendet eine konservative, 60 61 62
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67 68
Vgl. Hoskier, Text I, 98. Gregorio (Tardo Medioevo, 124) bescheinigt dem Pergament wie auch der Bearbeitung des Beschreibmaterials eine eher mindere Qualität. Abweichend hierzu allerdings die Beschreibung F.H.A. Scriveners in seiner Liste der Paulinen (A Plain Introduction to the Criticism of the New Testament, Cambridge 1861, 202): „85. (Apoc. 39) Vat. 1136 [xiii] fol., contains first the Apocalypse (beginning iii. 8) with a Latin, version, then St Paul's Epistles, ending 1 Tim. vi. 5, with many unusual readings.” Gregorio vermutet (Tardo Medioevo, 125), dass der Apk ursprünglich die Kath. Briefe vorangegangen seien. Die Folge Kath. Briefe – Apk - Paulinische Briefe fänden sich auch in der sog. Biblia Aprutina (Vat. lat. 10220, saec. XIV). Hiervon abweichend freilich Gregorio, Tardo Medioevo, 124 Anm. 238: 260 mm x 170/175 mm. Vgl. Hoskier, Text I, 98. Vgl. ebd. Als verschollen kennzeichnet die Handschrift auch: Krüger, Nilüfer, Katalog der Handschriften der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg (Die theologischen Handschriften der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, 2), Hamburg/Hauswedell 1985, 1. Unter dem Siglum 1252b führt die Bibliothek laut Katalog eine Kapsel mit einigen Photos, die der Photograph Dührkoop für Hoskier angefertigt hatte, u.a. von fol. 55v, wo die Apk beginnt. Die Handschrift selbst wurde von Jof. Fr. Armand von Uffenbach um 1715 aus Beständen der Ciampini-Bibliothek ersteigert. Sie bietet die Reihenfolge Katholische Briefe, Apk, Paulinen, Acta. Vgl. so Gregorio, Tardo Medioevo, 126. So auch schon Gregorio, Tardo Medioevo, 126.
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ebenfalls kleine Schrift, die Gregorio als eine typische italo-griechische bezeichnet, und der Region um Otranto zuweist.69 Die griechische Spalte, deren Schrift Gregorio – abweichend zu Hoskier (s.o.) – auf die erste Hälfte des 14. Jh. datiert, entstand offenkundig zuerst (s.u.).70 Auffällig ist in der Einrichtung der Handschrift, dass sich das Griechische stets auf der Rechten, das Lateinische auf der Linken befindet. Das Manuskript gehört damit zu einer Gruppe von Codices, die durch diese Einrichtung auffällt, aber bislang vor allem im Bereich der Psalter-Bilinguen beachtet wurde.71 Der Abbruch des lat. Textes vor Ende des Griechischen belegt vollends, dass die Griechische Spalte zuerst geschrieben wurde. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass das Lateinische sich in der Versausrichtung am griechischen Fortlauf orientiert. Ob beide Spalten dennoch vom gleichen Schreiber bearbeitet wurden, ist schwer zu sagen, und keinesfalls a priori auszuschließen.72 Auffällig sind einige Inkonsequenzen der lat. Spalte. So finden sich etwa die Schreibweisen throno und trono, in Apk 3,21 sogar innerhalb eines Verses. Eine Anpassung der beiden Spalten erfolgt m.E. nicht. Pars pro toto sei als Indiz auf die Omission von viginti in Apk 4,10 verwiesen, die nicht mit Hinblick auf die griechische Kolumne korrigiert wird. Auch die Korrekturhand versucht keine Anpassung. Vielmehr zeigen die Marginalergänzungen, insb. jene in Apk 1,11, an, dass sich der Korrektor nicht an der gr. Spalte orientiert hat Interessant ist noch festzuhalten, dass in der lat. Spalte die sieben Posaunen im Marg.-Bereich durch mehrere Zeichen extra gekennzeichnet sind.73
3. Die griechischen Spalten der gr.-lat. Bilinguen Die Zugehörigkeit der griechischen Spalten zu bestimmten Textformen wird sich im Zuge der Arbeiten an Text und Textwert (TuT) ergeben, und sollte hier 69 70 71
72
73
Vgl. Gregorio, Tardo, Tardo Medioevo, 126 mit einer Beschreibung spezifischer Merkmale. Vgl. ebd. Als Beispiel für diese Einrichtung bilingualer, lat.-gr. Handschriften angeführt findet sich Vat. gr. 1136 aber bei: A. Cataldi Palau: Manoscritti greco-latini dell‘ Italia meridionale. Un nuovo Salterio vergato da Romano di Ullano, in: C.M. Mazzucchi/C. Pasini (edd.), Nuove ricerche sui manoscritti greci dell'Ambrosiana: Atti del Convegno, Milano, 5–6 giugno 2003, Mailand 2004, 37–78; hier: 66. Vgl. hierzu grundlegend: P. Radiciotti, Il problema del digrafismo nei rapporti fra scrittura latina e greca nel medioevo, in: O. Kresten/Fr. Lackner (edd.), Régionalisme et Internationalisme. Problèmes de Paléographie et de Codicologie du Moyen Âge. Actes du XVe Colloque du Comité International de Paléographie Latine (Vienne, 13–17 septembre 2005), Wien 2008, 19–34. Vgl. NT.VMR-img. 110.
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nicht vorweggenommen werden. Gleichwohl stellt sich die eher historische Frage, ob für die gr.-lat. Bilinguen ein bestimmter Texttyp bevorzugt wurde, und ob es demnach erlaubt ist, aufgrund der Sachlage die Arbeitshypothese einer spezifischen, in Italien umlaufenden gr. Textform zu verfolgen. In diesem Kontext lässt sich festhalten, dass die gr. Spalten der drei Bilinguen einen recht gleichmäßigen Text zu bieten scheinen, soweit es die 180 Teststellen, welche für die Erarbeitung von TuT erhoben wurden, erkennen lassen (endgültiges wird sich freilich erst auf Basis der Vollkollationen sagen lassen).74 Berücksichtigt man vorsichtshalber nur die Stellen, an denen die Lesarten aller drei Hss. in der gr. Spalte sicher sind, so umfasst das Panel 106 Variationseinheiten. Aus dieser Gruppe weicht GA 620 nur einmal ab (1,1%); GA 1918 vier Mal (4,24%). GA 628 bietet in 17 Fällen eine eigene Lesart. In 77 dieser Variationseinheiten bieten die drei Bilinguen die gleiche Lesart, d.s. 81,62%. In 7 Variationseinheiten (7,42%) bieten alle drei Texte eine eigene Lesart. Diese knapp 82% Übereinstimmung erscheinen im Vergleich zu anderen Handschriftenverbindungen als ein vergleichsweise niedriger Wert. Man muss hier aber berücksichtigen, dass der fragmentarische Charakter zweier der Bilinguen das statistische Ergebnis verfälscht. So ist über die oben genannten Zahlen hinaus zu berücksichtigen, dass die Mss. GA 620 und 1918 an weiteren 24 Variationseinheiten lediglich 2 Mal auseinandergehen, die Mss. GA 620 und 628 in weiteren 35 Fällen ebenfalls 2 Mal. Dabei belegt letzteres, dass diese Differenzen z.T. minimal bzw. textgeschichtlich kaum signifikant sind: So liest GA 620 in Seg-ID 1 (Apk 1,2) και ατινα εισιν και χρη γενεσθαι µετα ταυτα, GA 628 και ατινα εισι και χρη γενεσθαι µετα ταυτα. In Seg-ID 19 (Apk 2,5) bietet GA 620 µετανοησεις, GA 628 µετανοησης (also beides Konj. 2. Sg. Aor. act.,75 GA 620 in der epischen Form, GA 628 wie ΝΑ28). Ob die Variante auf eine bewußte Änderung der Form zurückgeht oder aufgrund eines Versehens vor dem Hintergrund einer zeitlich bedingten Aussprachetradition von -εις/-ης entstand, ist für die vorliegende Fragestellung unerheblich. Jedenfalls weicht der jeweilige Text der griechischen Spalten der Bilingue nicht grob voneinander ab. Dies fordert dazu auf, diese Mss. in der folgenden Projektphase gezielter auf Übereinstimmungen und Abweichungen untereinander und in Korrelation mit den jeweiligen lateinischen Spalten zu untersuchen. Möglicherweise wird so eine geographisch und chronologisch fixier-
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Zum Teststellensystem und der hiermit in Verbindung stehenden Datenbank siehe die Ausführungen von U. Schmid/M. Karrer, Die neue Edition der Johannesapokalypse. Ein Arbeitsbericht, im vorliegenden Band pp. 3–15, dort insb. Abschn. 2.1. Theoretisch könnte es sich bei µετανοησεις freilich auch um 2. Sg. Fut. akt. Ind. handeln, aber auch das wäre eher eine Nebenform.
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bare gr. Textform erkennbar, vielleicht lässt sich so aber auch ein tieferer Einblick in die Arbeitsweise der Schreiber und Kopisten der Bilinguen gewinnen.
4. Kollation der gr.-lat Bilinguen 4.1. Prolegomenon Da keine der drei bislang bekannten Bilinguen in den Editionen des lateinischen Bibeltextes aufgenommen wurden, erscheint eine Kollation gerechtfertigt. Die Kollation erfolgt gegen den Text der Biblia Sacra Vulgata editio quinta,76 ed. Weber/Fischer/Gryson. Ziel ist die Darstellung der textkritisch substantiellen Varianten bzw. Lesarten. Ebenso wie bei Weber/Fischer/Gryson werden daher orthographische Varianten (wie z.B. hec für haec)77 und offenkundige Schreibversehen i.d.R. nicht aufgenommen und Orthographica in den aufgenommenen Lesarten regularisiert (dies betrifft insb. die Schreibung von e statt ae; die Varianz von y und i sowie ph und f).78 Ebenso werden Abbreviaturen nicht eigens vermerkt. Der Apparatus folgt ansonsten den üblichen Vorgaben.79
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Stuttgart 2007. Der Text ist identisch mit dem der editio quarta, Stuttgart 1994. In der 5. Auflage deutet Gryson an, dass sich altlateinische Lesarten sehr lange gehalten haben, und die Textgeschichte der Vulgata verwickelter ist, als es der Apparat der Editio minor erkennen lasse (p. XXII). Gleichwohl hält er an den von B. Fischer als besonders gewichtig erkannten Mss. als Hauptzeugen fest, lediglich die Reihenfolge des Wertes sei zu ändern: „Für die Offenbarung ist ohne Frage G der beste Zeuge, gefolgt von A und erst an dritter Stelle F.“ (ebd.). Die 5. Auflage der Stuttgarter Apk-Vg unterscheidet sich von der 4. vor allem durch stärkere Berücksichtigung des Codes Legionensis (Siglum Λ), der bis dahin zu den sekundären Zeugen gezählt wurde. Zu beobachten bei GA 620 und 628. Eine weitere typische und sprachgeschichtlich bedingte Variante ist z.B. die Endung -ciam für -tiam (z.B. bei patientiam - fast immer pacienciam (620 und 628), oder analog tribulationem > tribulacionem (620), in Apk 2,7 vom Korrektor verändert zu tribulationem. Überhaupt fällt in 620 auf, dass der Korrektor vielfach durch ein kleines Häkchen aus dem c ein t macht und so die Endung leicht verbessert. Weitere typische und in der Regel nicht eigens vermerkte Lautveränderungen sind die Verwendung von f für ph, z.B. in Apk 2,7 blasfemaris für blasphemaris in GA 620, i für y (z.B. Apk 2,7 sinagoga sathane für synagoga satan(a)e), ebenfalls in GA 620. Diese Regel wird an Stellen unterbrochen, wo auffällige Orthographica Verbindungen oder Unterschiede der drei Zeugen aufscheinen lassen. Konkret wurden die international gebräuchlichen Richtlinien zugrunde gelegt, wie sie sich niedergelegt finden in: A. Dondaine, Abréviations latines et signes recommandés pour l'apparat critique des éditions de textes médiévaux, in: Bulletin de la Société Internationale pour l'Étude de la Philosophie Médiévale, 2 (1960), 142–149.
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Dabei ist anzumerken, dass mit Ausnahme von GA 620 lediglich Schwarzweissfotos von z.T. schlechter Qualität vorliegen. Daher ist im Fall von GA 628 nicht immer klar zu unterscheiden, ob hier eine Korrekturhand eingegriffen hat, oder eine Eigenkorrektur des Schreibers vorliegt. Noch schwieriger verhält es sich mit den Aufnahmen von GA 1918, die teilweise nicht einmal eine grundsätzlich sichere Lesung des lateinischen (wie griechischen) Textes ermöglichen. Die folgende Kollation von 1918 steht daher unter großem Vorbehalt. Aufgenommen wurden nur Varianten bzw. Lesarten, deren Lesung zu gewährleisten war. Von argumenta ex silentio ist daher abzusehen. Eine Kollation der Hs. bereits im jetzigen Projektstatus war ungeachtet der Ausgangslage jedoch unumgänglich, um eine erste textgeschichtliche Einordnung vornehmen und die Anschaffung neuer hochauflösender Aufnahmen rechtfertigen zu können. Sollten Korrekturen an der Kollation nötig sein, so werden diese in einem folgenden Projektband dokumentiert werden. Zusätzlich zu den Varianten der drei Bilinguen werden in geschweiften Klammern die Vg-Zeugen vermerkt, welche laut der editio quinta diese Lesart ebenfalls bieten. Es handelt sich hierbei um folgende Zeugen: A C F G I S r Λ Φ c o
Amiatinus, Florenz, Bibl. Mediceo-Laurenz., Amiatino I; saec. VIII, Northumbria. Cavensis, Cava, Archivio della Badia I (14); saec. IX, Hispania. Fuldensis, Fulda, Landesbibl., Bonifatianus I; anno 547, Capua. Sangermanensis, Paris, Bibl. Nat., lat. 11553 ; saec. IX, Paris. Rom, Bibl. Vallicelliana B. 25II; saec. VIII–IX, Latium oder Rom. St. Gallen, Stiftsbibl. 2; saec. VIII; St. Gallen. Ravenna, Archivio arcivescovile, sine siglum; saec. VI; Region um Ravenna. Legionensis, León, S. Isidor, anno 960, Monasterium Valeranicensus. Consensus codicum Φ iuxta exemplar Alcuini exaratorum. Für die Einzelzeugen s. die editio quinta. Editio Clementina, Biblia Sacra Vulgatae Editioinis Sixti Quinti iussu recognita (et auctoritate Clementis Octavi edita), Rom 1592/1593/1598. Oxforder Edition. I. Wordsworth/H.I. White/H.F.D. Sparks, Novum Testamentum Domini nostri Iesu Christi latine secundum editionem S. Hieronymi, Oxford 1889–1954.
Vetus Latina Lesarten werden nicht systematisch verzeichnet sondern dienen lediglich in Einzelfällen als zusätzliches textgeschichtliches Indiz. Sie sind entnommen der kritischen Ausgabe von Gryson.80 Als Siglen finden sich:
80
R. Gryson, Apocalypsis Johannis (Vetus Latine. Die Reste der altlateinischen Bibel 26), Freiburg i.Br. 2000–2003.
336 VLC VLI VLK VLS
Marcus Sigismund später (4./5. Jh.) afrikanischer Text, wie u.a. bei Primasius. Text, wie er im Codex Gigas aufgenommen wurde. Revision eines afrik. VL-Textes nach dem Gr.; ab dem 4. Jh. in Europa nachweisbar. alter afrikanischer Text, wie u.a. bei Cyprian und ps.-cyprianischen Texten des 3. Jh. Text des Tyconius. Revision eines afrik. VL-Textes nach dem Gr.
4.2. Kollation 1,1: significavit] add. deus 620 ║ 1,2: quaecumque] praem. in his {Λ} | fin.] add. in marg. infer. et quae sunt et quae fieri debetur 620cor : add. et quae sunt et debet fieri post haec 628 ║1,3: audiunt] audit 620 | prophetiae] add. libri huius (libri expung. cor.) 620 : add. huius 628 {add. huius GA Φ co} | servant] servat 620 {c} | add. in marg. (sine notam in textu) g‘ et au[diunt] prophetiae quae in ea scripta 628 ║1,4: sunt] transp. post qui 4° 628 | gratia] gratiam 620 ║ 1,5: ab] a 620 628 | dilexit nos] add. in marg. infer. et absolvit nos / et a peccati turpitudine lavit. effusione [2 litt.] suficatis sanguinis et aquae · et fecit nos regale sacerdotium 620 : add. et solvit et a peccati(s) foedum [vel. foedibus] lavit. de effusione [litt. incert.] sanguinis et aquam et aquam [sic] et fecit nos regnum et sacerdotum terrae 62881 ║ 1,6: nostrum regnum] transp. 620 {Φ} : nos regnum et 628 {c} ║ 1,7: plangent] praem. tunc 628 ║ 1,8: A et ω] a.ω. 620 : alpha et ω 628 | principium et finis] om. 628* (add. verba incert. supralin. man. recent.) | qui est] praem. et 628║ 1,9:82 frater vester] transp. 628 | in tribulatione] a tribulatione 620 | iesu 1°] iesu christo 628 {cf. christo iesu c} | fui] add. in spiritum 620 (expung. cor.) | patmos] pathmos 620 628 | iesu 2°]83 add. christi 628║ 1,10: spiritu] spiritum sacrum 620 | vocem] transp. post audivi 628 ║ 1,11:84 dicentis] loquentis 620 : post loquentis rasura et cor. ego α et ω de 620cor, idem add. in marg. infer. primus et ultimus : add. mihi. Ego alpha et w primus et novissimum. 628 | ecclesiis] add. quae sunt in asia 620 628 {c} | zmyrnam] smirnam 620 | thyatiram] thiathiram 620 : thyaaram 628 |
81 82 83
84
In marg. findet sich noch eine nicht mehr rekonstruierbare Notiz, die mit hic ansetzt. Am linken Seitenrand finden sich auf Höhe von Vers 9 noch lateinische Notizen, die jedoch infolge der Beschneidung der Seite unvollständig und nicht mehr zu rekonstruieren sind. Nicht klar zu deuten ist die Korrektur in 620. Möglicherweise möchte die Korrekturhand hier ein Christe eingefügt sehen. Die unter der Korrektur befindliche pr. man. ist nicht mehr zu eruieren, umfaßte aber 1–2 litt. Am linken Seitenrand finden sich auf Höhe von Vers 10 noch lateinische Notizen, die jedoch ebenfalls infolge der Beschneidung der Seite unvollständig und nicht mehr zu rekonstruieren sind.
Die griechisch-lateinischen Apk-Bilinguen
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laodiciam] lauodiciam 620 ║ 1,12:85 sum 1°] om. 628 ║ 1,13: candelabrorum] add. aureorum 620 628 {G Φ c} | zonam auream] çona aurea 620 628 {ΛSC c} ║ 1,14: alba] add. munda et 620 : add. et 628 {add. et GI Φ co} | velut] velud 620 : tamquam in textu et velud supralin. 628 {cf. tamquam c} ║ 1,15: orichalco] auricalco 620cor (auri- de prim. man.) : auricalco86 libani 628 ║ 1,16: dextera sua] add. manu 628 (sub manu lineam duxit) | gladius] add. acutus 620 | utraque] praem. ex 620 : 628 | acutus] om. 620 ║ 1,17: - ║ 1,18: vivus] praem. sum 628 | saeculorum] add. amen 628 ║ 1,19: ergo] om. 628 ║ 1,20: quas] quae 628 (vid.) {Λ} 2,1:87 angelo] praem. et 620 628 {ΛΦ}| septem 2°] om. 628 ║ 2,2:88 laborem] add. tuum 620 628 | apostolos] add. esse 620 628{ΛC Φ c} ║ 2,3: patientiam habes et sustinuisti] et sustinuisti ille et patientiam habes 628 ║ 2,4: te] add. pauca 628 ║ 2,5: tibi] add. cito 620 ║ 2,6: sed] add. et 620 | quia] quoniam (vid.) 620 (q de cor.) | nicolaitarum] nicolaytarum 620 : nicholaitarum 628 ║ 2,7: aurem] aures audiendi 628 (sub audiendi lineam duxit) {cum mult. patres eccl.} | ei] om. 620 {ΛΦ c}89 ║ 2,8: zmyrnae] smirnae 620 628 ║ 2,9: scio] add. opera tua et 620cor 628 {cum Primasius} | tuam 1°] om. 628 | se] om. 628 ║ 2,10: nihil] nichil 620 628 | diabolus] add. aliquos 628 {c} ║ 2,11: aurem] aures 620 : aures audiendi 628 (sub audiendi lineam duxit) ║ 2,12: rompheam] trofeam 620 | utraque] ex utraque 620 628 ║ 2,13: scio] add. opera tua et 628 | negasti] deficisti 620 | diebus] add. illis 628 {c} | antipas] sic 620 : anthipas 628 | habitat] habitabat 620 ║ 2,14: adversus] adversum 628 | quia] om. 620 | balac] sic 620 : balach 628 | edere] praem. et 628 : add. de sacrificiis idolorum 628 ║ 2,15: nicolaitarum] nacholaitarum 620 : nicholaitarum 628 ║ 2,16: quo minus] cominus 628 : add. si autem non supralin. 628? | venio] veniam 620 628 | mei] add. et in minis miperrodia (vid.?) 62890 ║ 2,17: aurem] aures 620 628 : add. audiendi 628 | spiritus] om. 628 | ei manna] om. ei 620 {Λ Φ c} : ei edere de manna 628 (sub edere de lineam duxit) | calculo] calculum 620 {cf. in calculum A} ║ 2,18: oculos] 85
86
87 88 89 90
Auffällig ist die klare graphische Auszeichnung des Beginns von Vers 12 in Ms. 628, als ob hier ein neues Kapitel begönne. Ms. 620 ist hier dezenter, aber auch hier ist der erste Buchstabe des Verses (E von et) rubriziert. Über dem Wortschluss befindet sich ein schwer deutbares Zeichen, das ggf. mit gr(aecus) aufgelöst werden könnte, und dann einen Verweis auf den so lautenden gr. Text wäre. Allerdings scheint das libani von erster Hand zu stammen. Kreuzmarkierung vom lat. Korrektor im gr. Text von 620. Auffallend: falsche Satzzeichen sind von der weiteren Hand ausgestrichen worden! Möglicherweise bevorzugt auch eine weitere Hand von 628 die Omission, denn das Wort scheint unterstrichen. Eine Addition reagierend auf die gr. Spalte? Dort findet sich jedenfalls die längere Lesart και εν τη απειλη η φιλανθρωπια.
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Marcus Sigismund
praem. suos 620 (prim. s de cor.) : ad. suos 628 | ut] tamquam 620 628 {A Φ c}| orichalco] auricalco 620 628 : add. libani 62891 ║ 2,19: et caritetem et fidem] transp. 620 628 {Φ c}| ministerium] misterium 620 {cf. mysterium FS} ║ 2,20: adversus] adversum 628 | te] add. pauca 620 628 {c} | hiezabel] ieçabel 620 628 | propheten] prophetam 620cor sub ras. | docere] et docet 620cor sub ras. | praem. et 628 | seducere] seducit vel seduat 620cor sub ras. (prim. man. sedu[…]) : add. meos92 628 | idolothytis] ydolo thitis 620 : ydolotitis 628 | add. in marg. infer. 628 g’ permittis uxorem tuam ieçabel qui se dicit propheten ṣịṇịṣ ḍọc̣ẹṛẹ ẹṭ ̣ṣẹḍục̣ẹṛẹ servos meos manducaṛẹ idolo93 tuam et [ca. 8 litt.] ║ 2,21: - ║ 2,22: ecce] praem. et 620 | mitto] mittam 628 {c} | moechantur] mechantur 620 628 | maximam] add. erunt 620 628 {Λ c} | eius] suis 620 628 {ΛI Φ c} ║ 2,23: in morte] in mortem 620 {FAIS Φ} | renes et corda] transp. 628 | vestra] sua 620 628 {C c} | 2,24: habent] hab. 620cor sub ras. (ca. 8 litt.) | altitudines] altitudinem 620 628 : add. gr. (-)nes 628? | dicunt] dicit 620 ║ 2,25: - ║ 2,26: - ║ 2,27: tamquam] praem. et 620 628 ║ 2,28: - ║ 2,29: aurem] aures 620 : add. audiendi 628 (sub verbo lineam duxit) {G} 3,1:94 ecclesiae sardis] transp. 628 | vivas] sic 628 cum lect. alt. (-)is supralin. {cf. Primasius, Beatus} ║ 3,2: invenio] inveni 620 628 {cum mult. codd., i.e. cod. caraf. gig. haf Prim. Beat. (lemm. II.5.1) et gr. εὕρηκα} | opera tua] transp. 628 ║ 3,3: veniam] add. ad te 620 628 {A Φ c} | fur] om. 628 | nescies] nesciens 628{I} : -s sub ras. (prim. man. –ns (?)) 620cor ║ 3,4: habes pauca] transp. 628 | inquinaverunt] coinquinaverunt 628 {VLC} | ambulabunt] ambulant 620 {FAS Φ; VLcodd.}║ 3,5: init. V 5b (et conf. – eius 1°) om. 628, sed add. supralin. pr. man.95 ║ 3,6: aurem] aures 620 628 : add. audiendi 628 (sub verbo lineam duxit) ║ 3,7: philadelphiae] filadelfi(a)e 620 : phyladelphi(a)e 628 | David] inferni 620 628 : david supralin. 628* | cludit 1°] claudit 620 628 | et cludit] et claudit 620 (om. et {AI Φ co}) 628 ║ 3,8: opera tua] transp. 628 | ostium] hostium 620 628 | cludere] claudere 620 628 | verbum meum] transp. 628 ║ 3,9: dabo] add. tibi 628 | synagoga satanae] add. tibi 620 ║ 3,10: te servabo] transp. 620 {FS c} | ab] add. ex. supralin. 628? | terra] terram 620 {cf. in terram AI} ║ 3,11: venio] praem. ecce 620 628 {FAS Φ c} ║ 3,12: columnam] columpnam 620 628 | eum] illum 628 | dei mei 3°] om. 628 ║ 3,13: aurem] aures 620 {FS Φ} ║ 3,14: - ║ 3,15: - ║ 3,16: nec frigidus nec 91 92 93 94 95
Das Wort ist unterstrichen; der Wortlaut ist analog zu der gr. Spalte, und die Schreibweise ist auffällig, da sie von der Norm abweicht. Ein offenkundiges Versehen, da meos auch „richtig“ hinter servos kommt. Genauerhin ydolo. Der Versbeginn ist im gr. Text von der weiteren lat. Hand nochmals (es scheint über ein älteres Zeichen) deutlich mit einem Kreuz markiert. Infolge Blattbeschnitt leider nicht mehr vollständig, man liest: et confitebor no[men …].
Die griechisch-lateinischen Apk-Bilinguen
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calidus] transp. 628 ║ 3,17: tu] om. 628 | et caecus et nudus] transp. 628 ║ 3,18: a me aurum] aurum a me 628 ║3,19: aemulare] einulare 1918 ║ 3,20: ecce] add. ego 628 | ostium] hostium 620 628 | aperuerit] add. mihi 628 {c} | ipse] ille 620 191896 ║ 3,21: sedere] sede 620 : sedere 620cor ║ 3,22: aurem] aures 620 628 {FS Φ} : add. audiendi 628 4,1: ostium] hostium 620 628 ║ 4,2: statim] praem. et 628 {c} | sedis] sedes 620 628 {o}97) ║ 4,3: sardini] sardinis 628 {c} | visioni] visionis 628 {AI} | zmaragdinae] smagradinis 620 ║ 4,4: super] supra 1918 | vestimentis] stolis 628 ║ 4,5: procedunt] procedebant 628 {c} | tonitrua] thonitrua 1918 : thronitrua 620 | thronum] add. eius 628 ║ 4,6: init. – sedis] om. 628* 98 | simile] similis 628 cum lect. alt. (-)e supralin. ║ 4,7: - ║ 4,8: habent] habebant 620 628 1918 {AIS Φ c; VLI} | sunt] erant 628 | die et] die ac 620 628 1918 {A c; VLC I} | deus] add. sabaaoth 62899 (sub verbo lineam duxit)100 | venturus] -e- de 620cor ║ 4,9: animalia] praem. quattuor 620 628 1918 | viventi] -e- de 620cor | saecolorum] add. amen 620 1918101 ║ 4,10: procident] procedebant 620 628 {A Φ} | viginti quattuor] om. viginti 1918 | adorabunt] adorabant 620 628 {FAC Φ c} | mittent] mittebant 620 628 {Φ c} ║ 4,11: domine et deus] om. et 620 628 1918 | gloriam et honorem et virtutem] virtutem et gloriam et honorem 628 | virtutem quia tu creasti omnia] om. quia tu creasti 1918 | propter] add. lect. alt. supralin. g’ per 628 | voluntatem tuam] transp. 620 1918 5,1: - ║ 5,2: - ║ 5,3: caelo] add. supra 628? ║ 5,4: om. versus in col. lat. 1918 | quoniam] quia 620 | nec] neque 620 628 | videre] respicere 620 628 | eum] illum 620 ║5,5: dicit] dixit 620 628 ║ 5,6: septem] praem. solvere 620 628 {ΛSC Φ c} | et quattuor animalium et in medio ] om. 628* 102 | spiritus] praem. septem 620 628 1918 ║ 5,7: accepit] add. librum 628 {ΛC Φ c} | de 2°] in 620 628{ΛIC cο} | throno] add. librum 620 1918 {FS Φ c} ║ 5,8: aperuisset] add. g‘ accepisset 628 | coram] in conspectu 628*, coram supralin. 628 (pr. man.) | 96
Diese Lesart könnte theoretisch eine Anpassung an die gr. Spalte sein (konkordante Übersetzung des Personalpronomens), es gibt diese Lesart aber auch schon in der VL bzw. bei Kirchenvätern. 97 Im Apparat der Stuttgarter Edition nicht verzeichnet. 98 Möglicherweise von unklarer Hand im äußerern Marginalbereich nachgefügt, aber bis auf wenige Buchstaben nicht mehr zu erkennen, da Blatt beschnitten. 99 Ähnlich Rufinus. 100 Die längere Lesart σαβαωθ findet sich auch in der gr. Spalte. 101 Amen gibt es als Vg-Variante, aber laut Grysons-Edition nicht in der VL. 102 Aber offenkundig direkt von erster Hand im äußeren Marg-Bereich nachgetragen (leider durch Blattschnitt bis auf wenige Buchstaben verloren).
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Marcus Sigismund
agno] agni cum lect. alt. (-)o supralin. de pr. man. 628 ║ 5,9: cantant] cantabant 628 {c} | novum canticum] transp. 620 628 1918 {Λ Φ c} | es] add. domine 620 1918 {Φ c} : add. domine deus noster 628 | accipere] accipe 1918 (vid.) | aperire] solvere 628 | omni] om. (vid.)103 1918 ║5,10: eos] nos 620 628 1918 {FΛS Φ c} | regnabunt] regnabimus 628, add. supralin. g’ (-)unt 628* {cf. regnabimus c}║ 5,11: et animalium et seniorum] transp. 628 | milia milium] add. in marg. superior: al’ miliorum milia 628? ║ 5,12: dicentium voce magna] voce magna dicentium 620 1918 ║ 5,13: super terram] praem. quae 620 628 {Φ} | sub terram] praem. quae sunt 620 {cf. praem. quae C} : subtus terram 628 1918 (praem. quae) {nonnulli mss. et Bedamss.} | sunt in mare] in mare est 628 | in ea] in eis 628 : om. (vid.) 104 1918 : add. sunt 620 628 1918 : in throno] super thronum 628 | saeculorum] add. amen 628 1918 ║ 5,14: init. – amen] om. 1918 | seniores] praem. vigintiquattuor 620 628 1918 {Φ c} | ceciderunt] add. in facies suas 620 628 1918 {Φ c}105 | adoraverunt] add. viventem in saecula saeculorum 628 {c} 6,1: signaculis] sigillis 628 {FSC c} | dicentem] dicens 620cor (dicen[ras. 1–2 litt.] pr. man.) 628 {cf. dicens Λ c} | veni] add. et vide 620 628106 1918 {Φ c} ║ 6,2: albus] album 628 | illum] eum 620 628 1918 | arcum] arthum 620 ║ 6,3: sigillum secundum] transp. 628 : veni] add. et vide 620 1918 {Λ Φ c} : add. et vidi 628 ║ 6,4: et 1°] add. ecce equus 1918 | rufus] rubeus 1918 | illum] eum 620 628 1918 | sumeret] add. ut summeret 620, expung. (de man. graec.?) | et 3°] sic 620*, sed ras. de 620cor | interficiant] add. supralin. al‘ (-)ent 628 ║ 6,5: vidi] vide 620 628 1918 {ΛC Φ c} | stateram in manu ea] in manu ea stateram 620 : in manu sua stateram 1918 ║ 6,6: dicentem] dicentium 628107 | bilibres 1°] bilibris 620 628 1918 | hordei] ordei 620 628 1918 | denario] add. uno 628108 | et vinum et oleum] transp. 628 1918 ║ 6,7: vidi] vide 628 1918 ║ 6,8: et 1°] add. supralin. de pr. man. 620 | desuper] super eum 620 628 1918 {FAIS c} | nomen] add. est 620 | inferus] infernus 620 628 1918 {FΛIS Φ r c} | fame] 103 An betreffender Stelle ist aber (wie an so vielen Stellen) ein entspr. Spatium. Ob hier mit anderer Tinte Wörter hervorgehoben werden sollten, und dies nicht zur Ausführung kam, oder aber die Tinte verblaßt bzw. schlicht auf den Aufnahmen nicht zu erkennen ist, wäre an neuen Photos oder dem Original zu überprüfen. 104 Entsprechendes Spatium (s.o.); siehe hier exemplarisch für diese Erscheinung NT.VMR-img. 50. 105 Diese Variante zeigt exemplarisch auf, dass in 620 keine Anpassung erfolgte, da die gr. Spalte diese Erweiterung nicht mitträgt. 106 Analog zum ερχου και ιδε der gr. Spalte? Die lat. Zeichensetzung zeigt klar, dass dieser Part zu 6,1 gehört. 107 Mit vielen anderen codd. Dies ist einer der Leitfehler, der zeigt, dass 620 und 628 nicht aus einer Linie stammen, denn 620 liest dicentem (wie AC Φ o). 108 So auch Primasius und einige codd.
Die griechisch-lateinischen Apk-Bilinguen
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praem. et 620 628 ║ 6,9: quintum sigillum] transp. 620 1918 {ΛSS c} | subtus] sub 620 1918 {GΛ} | altare] add. dei 620 628 (sub verbo lineam duxit) 1918 | dei] domini 620 1918 | habebant] habebat (vid.?) 1918 ║ 6,10: magna] a ex. cor. super lit. expung. 1918 | iudicas] iudicio 1918 | vindicas] praem. non 628 {c}109 : vindica 1918 | habitant in terra] sunt in terra habitant 1918 | in terra] terram 628 {S} ║ 6,11: tempus adhuc] transp. 628 {Λ co} | conservi eorum] numerus conservorum suorum 628 {cf. numerus conservorum SC} | illi] post illi ras. 1 lit. 620 ║ 6,12: sextum] septum 628 | terraemotus] praem. ecce 620 1918 {Φ c} | factus est magnus] magnus factus est 628 {c} | factus est niger] transp. 628 | tamquam] quam expung. de alt. man. 620cor? | facta est] transp. 1918 | sicut sanguis] om. (vid.)110 628 ║ 6,13: caeli] de caelo 628 (de cor. pr. man. sublin., cum nota supralin.) {c} | mittit] om. (vid. [Spatium]) 1918 | vento] a vento 620 628 1918 {FS Φ c} ║ 6,14: - ║ 6,15: servus] suus 628 ║ 6,16: super thronum] supra thronum 620 {Λ Φ} ║ 6,17: ipsorum] add. supralin. g’ ipsi 628 7,1: post] praem. et 628 | flaret] flarent 620 {FS Φ c} : faflarent 628 : add. g’ (-)ret supralin. 628 | ventus] om. 620 628 ║ 7,2: alterum angelum] transp. 628 ║ 7,3: terrae neque mari] et mari terrae 620 1918 : terrae et mari 628 {terrae et mari AΦ c} ║ 7,4:111 centum quadraginta 620, partim de man. cor. (pr.m.: ce[…|…]dragginta) | signati] add. supralin. ultimo vel ultima sunt 628? | ex] de man. cor. 620║ 7,5: milia 2° und 3°] add. signati 620 628 1918 {AIC Φ c} ║ 7,6: milia 1°, 2° und 3°] add. signati 620 628 (2° u. 3°) 1919 {AIC Φ c} | Nephtalim] neptalim 620 628 1918 | ex tribu Manasse] om. 628112 ║ 7,7: milia 1°, 2° und 3°] add. signati 620 628 1918 {AIC Φ c} | Symeon] simeon 620 | Issachar] ysachar 620 628 1918 ║ 7,8: milia 1° und 2°] add. signati 620 628 1918 {AIC Φ c} ║ 7,9: vidi] add. et erat 628 | dinumerare nemo] transp. 620 1918 | gentibus] om. 628 | populis et linguis] transp. 620 1918 | et in consp.] om. et 620 1918 {ΛC Φ c} | stolas albas] stolis albis 620 628 1918 {ΛC Φ c} ║ 7,10: - ║ 7,11: - ║ 7,12: sapientia] praem. sunt 1918 ║ 7,13: dicens mihi] de cor. man. super ras. 620 | dicens] dicit 1918 : et dixit 628 ║ 7,14: et dixit] om.
109 Ein weiterer schöner Leitfehler, denn 620 liest klar ohne non. 110 Man erkennt aber noch ein blasses Zeichen am Zeilenende. 111 Wie auf fast allen Seiten des Ms. 620 ist hier jemand mit dunklerer Tinte nachgegangen und hat sich von Punkt zu Punkt (da diese nachgezeichnet sind) vorgearbeitet. Auf p. 32/ NT.VMR-img. 760 kann man in der 5. Zeile von unten schön sehen, dass der Korrektor zumeist nur nachzieht. Er zieht dort das di von dicentes nach. Am Pergament ist gut zu erkennen, dass keine Radierung erfolgte, allerdings war hier vorher wohl eine Lücke, denn er muss einen weiten Strich von di zu centes ziehen. 112 Fehlt auch im gr. Text von 628.
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Marcus Sigismund
et 628113 | veniunt] venerunt 620 {omn. mss.-FGo} | tribulatione magna] transp. 1918 | stolas] stola 620 | et dealbaverunt eas] om. 620, sed add. de man. incert. in marg. infer. (cum nota) ║ 7,15: qui sedet in throno] qui sedet ex thronum 628, add. g’ qui sedes (vid.) in trono 628? | habitabit] habitat 620 628 1919 ║ 7,16: sitient] scicient 620* 628 : sicient (= sitient) 620cor ║ 7,17: deducet] deduces 628 (vid.) | eos] illos 620 1918 | vitae fontes] transp. 1918 | ex] ab 620 628 1918 {Φ c} 8,1: media] dimedia114 628 ║ 8,2: stantes in conspectus Dei] in conspectum throni stantes 628 | et datae – tubae] om.115 628 ║ 8,3: altare 1°] add. dei 620 | ut daret] add. de 620 {Λ Φ c}: add. illi de 1918 | altare 2°] add. dei 1918 ║ 8,4: coram] in conspectu 628* (expung.), coram supralin. 628? ║ 8,5: turibulum] add. aureum 628 | terram] terra 620 | tonitrua] ante verbum ras. 2 litt. (th) 620 | fulgora] fulgura 620 628 1918 | terraemotus] add. magnus 620 628 1918 {Φ c} ║ 8,6: paraverunt] praeparaverunt 628 {c} ║ 8,7: primus] add. angelus 620 628 1918 {cum omn. mss.-GΛC}116 | mixta] mixtus est 620 1918 | in terram] in bis117 1918 | arborum conbusta] arborum concremata 628 {c} ║ 8,8: - ║ 8,9: creaturae] add. in mari 628 | habent] habebat 620 : habant 628 (vid.) : habebant 1918 {Φ c} | pars] partis 628 (vid.) ║ 8,10: - ║ 8,11: 118 absinthius] abscintius 620 : absynthium 628 : abscincius 1918 | absinthium] abscinthium 620 1918 : absynthium 628 | hominum] sic 628, sed add. supralin. (-)es : homines 620 1918 {FS Φ} ║ 8,12: ut] praem. ita 620 628 1918{Φ c}119 | et diei – similiter] et tertia pars non luceret diei et noctis similiter 628 | nox] nocte 620 118 : noctis 628120 ║ 8,13: terra] terram 620 1918 {cf. in terram ΛIS : super terram A } | tubae] om. 620 1918 (sub tubae lineam duxit 628) {ΛS Φ} 9,1: abyssi] abissi 620 628 1918 ║ 9,2: abyssi] abissi 620 628 1918 | putei] add. (intralin. in spatio) g’ de puteo 628? ║ 9,3: fumo] add. putei 620 {F Φ c}: fussio putei 1918 : praem. putei 628 | in terram] in terra 620 | potestas] 113 Wohl aus Versehen beim Seitenumbruch. 114 Genauerhin dimidia. 115 Möglicherweise liegt der Text aber im abgeschnittenen linken Marg.-Bereich. Dort sind noch der Rest einer Ligatur und illis sowie in einer weiteren Zeile ein nicht zu identifizierendes Wortende zu erkennen. 116 Der Schreiber von 1918 setzt et pri am Ende des Abschnittes an, sieht dann wohl den Abstand im gr. Text und lässt mehrere Zeilen frei. Vgl. NT.VMR-img. 100. 117 Versehen beim Seitenumbruch. 118 In 1918 findet sich zum Versschluss eine Art Halbmond-Icon. 119 Wie VLK. in seiner VL-Edition notiert Gryson ita ut auch als Leittext der Vg! 120 So auch VLS.
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secund. -s de cor. super ras. 1 lit. 620 : potestatem 1918 | potestatem] om. 1918 ║ 9,4: frontibus] add. eorum 620 1918 : add. suis 628 {FGS Φ co} ║ 9,5:121 eos] illos 1918 | cruciarentur] cruciarent 620 628 {c} | ut] ut sic (ut supralin. de pr. man.) 628 ║ 9,6: mors ab ipsis] ab illis mors 628 ║ 9,7: similitudines ex cor. 620 | lucustarum] locustarum 620 : laustarum 628 | in proelium] ad proelium 628 {Λ} | earum] eorum 628 {Α} ║ 9,8: habebant] habebat 1918 | leonum] dentes leonum 628{Λ c} ║ 9,9: curuum] curui 1918 (vid.) | equorum] om. 628 | bellum] bello 1918 ║ 9,10: aculei] add. erant 620 628 1918 {FS Φ c} | potestas] praem. et 628 {c} ║ 9,11: super se regem] transp. 628 | abyssi] abissi 620 628 | hebraice] ebraice 620 628 | Abaddon] ab adlon 628 | apollyon] apollion 620 : appolion 628122 | habet] om. 620 | abiit] ex habiit (620*) cor. | et latine – Exterminans] om. 628 in textus, sed add. in marg. dext. per pr. man. ║ 9,12: ecce] praem. et 620 628{GC Φ c}123 | adhuc] om. 628 | fin.] add. post huius 628 (vid.) ║ 9,13: et 2°] om. 628 (vid.) | audivi] ex audivit cor. 620 per ras. t | unum] unam 620 628 {C c} | cornibus] praem. quattuor 628 {c} ║ 9,14: habebat] habat 628 (vid.) {cf. habet A} | eufrate] eufraten 620 628 1918 ║ 9,15: in] inter 628 ║ 9,16: equestris] add. erant 1918 | equestris exercitus] transp. 628 | vicies] vigesies 628 | dena] praem. et 628 ║ 9,17: sedebant] sedebat 620 | habentes] habebant 628 {IS co} | hyacinthinas] iacinthinas 620 628 | de ore (d’ ore) de cor ; post d ras. 1 lit. 620 ║ 9,18: ab] et 628{cf. et ab Λ c} | occisa – hominum] om. 628 | procedebat] procedebant 628 {cf. quae procedebant de c} ║ 9,19: in ore] in ore ex in hore 620cor | illorum] eorum 620 1918 {ASC Φ cο} | his] hiis 628 ║ 9,20: his plagis] transp. 628 | aerea] herea 620 1918 | neque 3°/4°] nec (vid.) 628 ║ 9,21: neque ter] nec (vid.) 628 10,1: amictum] om. (vid. [Spatium]) 1918 : amictum cor. ex aḍ(-) 628* | iris] ex hiris 620cor (ras. h) : hiris 1918124 : yris 628 | columna] columpna 620 628 1918 ║ 10,2: supra] super 620 {FAS co} ║ 10,3: quemadmodum] add. qui vel quod 1918 | voces – tonitrua V. 4] om. 628125 ║ 10,4: tonitrua 1°]126 add. voces suas ego 620 : add. voces suas et ego 1918 {add. voces suas IΦ : add. 121 Auf Höhe des Verses befindet sich eine Randnotiz, die jedoch abgeschnitten und nicht mehr rekonstruierbar ist. 122 628 lässt hier ein großes Spatium. 123 1918 ist an dieser Stelle nicht rekonstruierbar. 124 1918 hat offenkundig die Vorlagenlesart bewahrt. 125 Im linken – leider abgeschnittenen – Marginalbereich befindet sich ein längerer, nicht mehr lesbarer Eintrag, der wahrscheinlich die Auslassung addiert, denn es befindet sich eine Markierung sublinear an der Omissionsstelle. 126 Bei tonitrua hat die pr. m. von 620 th angesetzt, die Buchstaben dann radiert und danach das richtige Wort geschrieben.
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voces suas ego c} : tronitrua 1918 | tonitrua 2°] tronitrua 1918 | et noli] om. et 620 ║ 10,5: angelum] angelus 620 628 1918 {Λ Φ c}| suam] add. dexteram 628 1918 ║ 10,6: saeculorum] add. amen 628 | et ea quae in illo] et ea quae in eo 628 | et quae in eo] et ea quae in ea 620 628 1918 (ea 2° cor. ad eo de man. incert.) {cf. ea quae in eo A Φ co} ║ 10,7: coeperit] ceperit 620 1918 | et] om. 620 628 {cum omn. mss.-GAΛ} | mysterium] misterium 620 628 1918 ║ 10,8: vox quam audivi] audivi vocem 620 1918 {c}: vocem audivi 628 : add. iterum 628*, sed sub verbo lineam duxit | vade] add. et 620 1918{c} | supra terram] super terram 620 ║ 10,9: 127 abii] ex habii (ras. h) 620cor : habii 1918128 | librum] libellum 628 | dicens] et dixi 620 1918 | dicit] dixit 620 628 1918 {c} | accipe] add. libellum 628 {add. librum co}| tuum] om. 628 (vid.) | in ore] in ore ex in hore 620cor ║ 10,10: eum] illum 628{c} | in ore] in ore ex in horem 620cor | meo] om. 628 ║ 10,11: dicunt] dicit 1918 {omn. mss.-GAC o (dicunt) c (dixit) } | prophetare populis] transp. 628 11,1: dicens] et dictum est mihi + 2 litt. {cf. et dictum est mihi c} | surge et metire] om. 628 | om. (tem-)plum dei 1918 (vid.)129 ║ 11,2: metieris] meciaris 628 | eum] illud 628 {Λ c} ║ 11,3: et dabo] om. 1918 | meis] add. septem propheti(a)e 620 1918 | saccos] saccis 620 628 {Φ c} : om. (vid. [Spatium]) 1918 ║ 11,4: hii] hiis 628 (vid.) | duo] duae 620 {omn.-GA} | candelabra] add. lucentia 628 | domini] dei 628 ║ 11,5: eos 1°] eis 620 1918 | de ore ex de hore 620? | eorum] illorum 620 1918 {ΛC} | eum] eos 628 ║ 11,6: cludendi caelum] caelum claudendi 628 | cludendi] claudendi 620 | caelum] add. nubibus 620130 1918 | sanguinem] sanguine 628 (vid.) | omni – voluerint] quotienscumque voluerint omni plaga 628 ║ 11,7: abysso] abisso 620 628 : abiso 1918 (vid.) | eos] illos 620 628 1918 {A Φ cο}| occidit] vincet 628 ║ 11,8: eorum 1°] add. iacebunt 620 628 1918 {Λ Φ c} | Aegyptus] egyptus 620 628 : egiptus 1918 | dominus] deus 628 | eorum 2°] illorum 628 ║ 11,9: sinunt] sinent 620 628 1918 {c; VLI} ║ 11,10: illis] illas 620 : illos (vid.) 1918 {FSC cο} | iucundabuntur] iocundabuntur 620 | inhabitant] habitant 620 {AI Φ}: habitabant 628 (vid.) {c} ║ 11,11: dies tres] transp. 628 | intravit] sic 620cor (620* hab. intra[ras 3 litt.] et intrabit (expung. cor.; verbum prim. erat intrabit ?) : intrabit 1918 : intrabit, add. supralin. g‘ (-)vit 628 | qui viderunt] quia viderunt 602cor, quia vi sup. ras. ║ 11,12: et 1°] om. 620* (add. 620cor) | nube – 127 Bei 628 ist in diesem Vers hier, wie auch in 10,2, aufgrund der Abkürzung nicht zu entscheiden, ob libellum oder librum. Es ist aber eine einheitliche Ligatur, daher ein Begriff in diesen Versen; die Endligatur für librum ist im Regelfall bei dieser Hand eine andere. 128 Die Lesart ist i.V.m. der von 620 ein weiteres Indiz, dass 1918 die Vorlage überliefert (s.o.). 129 Versehen beim Seitenumbruch? 130 Eine der besonders augenfälligen Stellen, an denen keine Anpassung der beiden Spalten stattfindet, da die lat. Lesart von 620 nicht mit der entsprechenden gr. analog geht.
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illos] templum + spatium 25 litt. | illos] eos 620 {FS} | eorum] illorum 620 ║ 11,13: civitatis] civitatatis 620131 : terraemotus + 16 litt. Spatium + civitatis cecidit 1918 | septem] septuaginta 620* : septem 620cor ║ 11,14: abiit (antehac ras. 1 lit. [habiit ?]) 620 : bis 628 : habiit 1918 | ecce vae tertium] vae tertium ecce 628 ║ 11,15: septimus angelus] transp. 1918 | saeculorum] add. amen 628132 {C c} ║ 11,16: - ║ 11,17: deus] add. noster 628 {G} | eras] add. et qui venturus es 628 (et qu ven[...]) 1918 {c et mult. mss., i.e. cod. caraf.} | quia] qui 620 628 1918 {A Φ} ║ 11,18: iratae sunt gentes] gentes iratae sunt 628 | iudicari] iudicare 628 (vid.), add. supralin. g’ (-)di (vid.) | corruperunt] corripuerunt 620 ║ 11,19:133 dei] domini 1918 | arca] archa 620 628 1918 | eius] domini, add. eius supralin. 628 | fulgora et voces] transp. 628 | fulgora] fulgura 620 1918 | voces] add. tonitrua 620 (th- 620*, sed ras.) {cf. VLK I} : add. et tonitrua 1918 : add. post transp. et tonitra, add. terraemotus (vid.) supralin. 628 12,1: paruit] apparuit 620 628 1918 {omn. mss.-GAΛ} | corona] ex coronas 620*/cor? : coronas 1918 ║ 12,2: clamat] clamabat 620 628 1918 {FS Φ c} ║ 12,3: init. – caelo] om. (vid. [spatium]) 1918 | magnus rufus] transp. 628 ║ 12,4: om. (vid. [spatium]) ante muliere 1918 | eius] ipsius 628 | tertiam] septinam 628 | devoraret] devorarent 628 (vid.) ║ 12,5: peperit] pepit 628 | erit] erat 628 {c} ║ 12,6: ibi] om. 620 1918 | pascant] pascat 620 628 1918 | mille] quinque 1918 | sexaginta] post verbum del. VI 620?║ 12,7: proelium] scilencium 620*, expung. prim. man., tum denique scrip. proelium : add. magnum 628 {c} | michahel] michael 620 628 1918 ║ 12,8: non] om. 1918 ║ 12,9: satanas] sathanas 620 628 1918 | universum orbem] transp. 628 | illo] eo 628 ║ 12,10: illos] eos 620 1918 ║ 12,11: animam suam] animas suas 620 628 1918 {omn. mss.-GAI} ║ 12,12: descendit diabolos] transp. 620 1918 ║ 12,13: ║ 12,14: duae alae] transp. 628 {c} : alae supralin. de pr. m. 620 ║ 12,15: aquam] om. 620 1918 ║ 12,16: adiuvit] sic 620cor : et adiuvit om. (vid.)134 1918 | de] ex 620 1918 ║ 12,17: et 1°] om. 620 1918 | abiit] cor. ex habiit 620 | | dei] eius 1918 ║ 12,18: harenam] arena 620 1918 {cf. harena FI Φ}: arenam 628 13,1 : mare] mari ex maria cor. 620 : mari 628 ║ 13,2: bestiam] bestia cor. ex bestiam 620 : bestia 628 {cf. GIC co} : alia bestia 1918 | ursi] praem. pedes 628 {c} | os] ex hos cor. 620 | suam] add. et tronum eius (sub verbis lineam 131 Letzte Silbe vom Korrektor nachgezogen. 132 Auffällig gerade bei dieser Formel: das amen findet sich nicht analog in der gr. Spalte. 133 620 notiert hier den Beginn von Kap. 12; auch in 628 findet sich eine dies implizierende Auszeichnungsinitiale. 134 Entsprechendes, eigentlich längeres Spatium.
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duxit) 628 ║ 13,3: et 1°] add. vidi 620 628 1918 {FS Φ c} | suis] eius 620 1918 {FS Φ} | quasi] tamquam 620 1918 : post occisum 628 | mortem] morte 620 1918 | admirata] ammirata 620 1918 ║ 13,4: quia] qui 620 {IS c} ║ 13,5 : os supralin. 620 {cf. om. FS} | blasphemiae] blasphemias 628 {I c} | menses] mensibus 620 1918 | quadraginta] xl et (et expung.) 628 | potestas] add. bellum (sub verbis lineam duxit) 628 | duo] duobus 620 628 1918 ║ 13,6: deum] dominum 620 1918 | caelo] caelis 620 1918 ║ 13,7: ei] illi 628 {C c} | populum et linguam] transp. 620 1918 ║ 13,8: adorabunt] adoraverunt 620 1918 {Φ c} : adoravunt 628 (vid.), add. supralin. g’ (-)bunt | eum] eam 628 {GS c} | inhabitant] habitant 628 1918 {AIC} | terram] in terra 628 ║ 13,9: aurem] aures 620 628 1918 {FS Φ} ║ 13,10: captivitatem 1°] add. duxerit 620 628 1918 {I Φ c} | occiderit] occidit 628 | eum] illum (expung. pr. man.), add. deum 628 ║ 13,11: similia] simlia 620cor (620* incert.) : similis 1918 ║ 13,12: facit] fecit 620 1918 {GAI Φ co} | eam] ea 620 628 1918{ΛC Φ co} | mortis] add. eius 628 (sed expung.) ║ 13,13: faceret de caelo] transp. 628 ║ 13,14: terram] in terram 620 1918 {Φ} : in terra 628 | vixit] vix̅ 620 1918 : revixit a plaga gladii 628 (a – gladii expung.)║ 13,15: ut daret] dare 628 | imagini] imaginis 620 1918 | ut et loqatur imago bestiae] om. 628 | loquatur] loquebatur 620 1918 | faciat] faciet 620 1918 {FΛS Φ} | quicumque] praem. ut 620 1918 {FΛS Φ} ║ 13,16: liberos et servos] transp. 628 | caracter] caracterem 620 628 1918 {ΛS c} ║ 13,17: possit] om. 1918 | habet] habent vel habunt 620 : habat 628 (vid.) | caracter] caracterem 620 628 {GΛIS c} : caracta 1918 | nomen] nominis 620 1918 {FΛSC Φ o} : praem. aut 628 {c} | bestie] ex cor. 620 : om. 1918 | nominis] bis (secund. expung.) 620 ║ 13,18: sapientia est] transp. 620 1918 | numerum] add. nominis 620 1918 | enim] add. bestiae, sed expung. verbum 620 : add. bestiae + 2. litt. incert. 1918 | est 3°] om. 620 1918 {C c} | sescenti] sexcenti 620 628 1918 14,1: ecce] add. audivi (expung.) 620 | illo] eo 628*, sed expung. per prim. man. et add. illo {cf. eo c} ║ 14,2: tonitrui] ex thronituri 620cor | cithaoedorum] citharicorum 620 1918 : chytaredorum 628 ║ 14,3: quasi] om. 628 | discere] dicere 620 628 1918 ║ 14,4: hii qui] et 620 : hii sunt qui 628 (sub sunt qui lineam duxit) : om. qui 1918 | sequuntur] sicut 1918 : secuntur 628 | abierit] ierit 620 628 1918 {FS Φ c} | empti] ex emti 620cor | hominibus] ex hominibus 620cor : ex ominibus 628rubr : ominibus 1918 {hominibus GΛ Φ co} ║ 14,5: ore ex hore 620 | macula] add. enim 628 {SC c} | fin.] | add. ante thronum (tronum 628) dei 620 628 1918 {S c} ║ 14,6: alterum angelum] angelum 620cor (620* incertus) : alterum 1918 | tribum et linguam] transp. 620 (1918 incert.) ║ 14,7: dicens] post et voce magna 628 | deum] dominum 628 {c} | venit] advenit 620 1918 | mare] add. et omnia quae in ei (eis 620) sunt 620 1918 {sicut VL} : add. et omnia quae in [..] in marg. 628? ║ 14,8:
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angelus] add. alia secundus supralin. 620cor? | secutus] add. eum 620 628 1918 | dicens] add. voce (?) magna interlin. pr. man. 620 : add. voce magna 628 (sub verbis lineam duxit)135 | deum] dominum 628 | potionavit] potavit 620 628 1918 {AC Φ c} | omnes gentes in] om. (vid. [spatium]) 1918 ║ 14,9: alius] om. 620 628 1918 {ΛΦ c} | acceperit] acceper (vid.) 620 | sua 1°] suo 620 ║ 14,10: et 1°] om. 620 | bibet] bibit 620 {cf. biberit FS Φ} | qui] quod 628 {c} | mixtus] mixtum 628 {c} | mero] vino 620 | ipsius] ex. cor 628? | sanctorum] suorum 620 ║ 14,11: eorum] eius 620 | ascendit] ascendet 620 {GΛIC Φ c} : transp. prae saec. saecolorum 628 {c} | nominis eius] transp. 620 ║ 14,12: est] transp. post hic 628 ║ 14,13: scribe] om. 620 | amodo] add. enim 620 : requiescant] sic 620cor (requiescat 620* ?)║14,14: - ║ 14,15: alter] alius 628 {c} | de templo] add. supralin. g’ caelo 628136 | super] supra 628*, cor. per expung. 628? {cf. supra Λ} | tuam] add. acutam 620 1918 | hora] ora 620 ║ 14,16: in terram] in terra 620 1918 | messa est] messuit 620 628 1918 {FΦ c} | terra] terram 620 628 {F Φ c} ║ 14,17: versus om. 628 in lat. et graec. col.! ║ 14,18: angelus] add. exiuit 620 628 1918 {Λ c} | qui] om. (vid. [spatium]) 628 | supra] super 628 {ΛC} | ignem] add. et aquam 628 | magna] add. ad eum 620 628 1918 {Λ Φ co} | habebat] habet (vid.) 620 1918 {cf. A} | dicens] om. 1918 | tuam acutam] transp. 620137 | eius] terrae 628 ║ 14,19: suam] add. acutam 620 1918 {c} | in terram] om. 620 : in terra 628 | -miavit vineam om. (vid. [sed spatium]138 1918 ║ 14,20: et calcatus – civitatem] transp. post equorum 628139 | sescenta] sexcenta 620 628 15,1: - ║ 15,2: vicerunt] vicerit (vid.) 1918 | bestiam et] om. (vid. [spatium]) 1918 | illius] eius 620 1918 {Φ c} | illius] eius 620 | eius] illius 620 (non 1918!) : om. (vid.)140 628 ║ 15,3: cantant] cantantes 620 628 1918 {omn. mss.-G} | Mosi] moysi 620 1918 (vid.) : om. 628 | dicentes] dicentis 620 | mirabilia] add. est 628 | verae] add. sunt 628 {ΛS c} ║ 15,4: quis] praem. domine 628 | timebit]: add. te 620 628 1918 {Φ co} | nomen] om. (?)141 628 | pius] add. es 620 628 {FSΛ Φ c} : add. est 1918 | quoniam omnes – conspectu 135 Die entsprechende längere Lesart findet sich auch in der gr. Spalte von 628. 136 Eine sehr schöne Stelle für den Textvergleich, da hier auch im Griechischen eine Variationseinheit ist. 628 col. gr. liest ουρανου gegen NA28 ναου. 137 1918 bietet den Text der editio Stuttgartiensia. 138 Der Abbruch mittem im Wort ist ein starkes Indiz, dass die Hs. nicht so häufig omitiert, sondern hier ein Problem mit der verwendeten Tinte (oder der Photographie) vorliegt. 139 Die gleiche Umstellung findet sich auch in der gr. Spalte! 140 Möglicherweise war das eius in den Marg.-Bereich vorgeschoben und ist dem Blattschnitt zum Opfer gefallen. 141 Möglicherweise in den Marg.-Bereich vorgeschoben und dem Blattschnitt zum Opfer gefallen.
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tuo] om. 1918 | manifestata] manifesta 620 1918 {FIS Φ c} ║ 15,5: templum] add. dei 628 (sub verbo lineam duxit) ║ 15,6: mundo] add. et 628 ║ 15,7: unus] unum 620 628 {c} | septem angelis] transp. 620 1918 ║ 15,8: templum] add. dei 628 | fumo] a fumo 620 1918 | maiestate] magestate 620 16,1: septem angelis] om. 628 | ite et] om. et 628 ║ 16,2: abiit] ex habiit cor. 620? | in terram] om.142 in 628 | homines]143 omnibus 620 1918 : omnes 628 (vid.) | habent] habebant 620 628 1918 | eos] praem. in 628 {A c} | himaginem 620* (h expung.) : ymaginem 628 1918 ║ 16,3: secundus] add. angelus 628 {c} | tamquam] sicut 1918 : transp. prae. sanguis 628 | anima] et omnia 1918 | in mari] in mare 620 ║ 16,4: tertius] add. angelus 628 ║ 16,5: audivi] audi 620 (audivi 620cor) | aquarum] quartum 620 628 1918 {FS Φ} | iustus es] add. domine 628 {c} | qui es et qui eras] qui eras et es 620 : qui eras 1918 | quia] qui 620 1918 {FΛC Φ c} | sanctus] om. 620 (sed hab. 1918) ║ 16,6: prophetarum] add. eius 628 | fuderunt] effuderunt 628 {co cum VLC} | digni] praem. ut 620 1918 : praem. quia (vid.) ut (sed expung.) 628 ║ 16,7: altare dicens] alterum dicentem 620 628 1918 {A} ║ 16,8: quartus] add. angelus 628 {c} | in solem] in sole 620 1918 | aestu] aestus 620 | adficere] affligere 620 1918 {Φ c} | adficere homines et igni] et igni affligere homines 628 | igni] ignem 620 1918 ║ 16,9: homines] om. 1918 | blasphemaverunt] add. homines 628 | habentis] habentes 620 1918 {GAS} | has] om. 620 1918 ║ 16,10: quintus] add. angelus 628 {c} | conmanducaverunt] conmederunt 620 : comederunt 1918 ║ 16,11: doloribus] add. suis 628 ║ 16,12: sextus] add. angelus 620 628 {c} | praepararetur] praeparetur 620 {AΛS}║ 16,13: de ore draconis et de ore bestiae] transp. 620 1918 | pseudoprophetae] add. exisse 628 (sub verbum lineam duxit) ║ 16,14: et] praem. qui 628 | totius terrae] terrae vel orbis (sub verbis lineam duxit) totius 628 | diem] add. illum 628 ║ 16,15: init.] praem. et 620 628 1918 ║ 16,16: congregavit] congregabit 620 1918 {G Φ c} | Hermagedon] magedon 620 1918 {F Φ} ║ 16,17: septimus] add. angelus 628 {c} | templo] add. caeli 628 ║ 16,18: voces et tonitrua] transp. 628 | tornitrua] ex thornitrua cor. 620cor | factus est] transp. 1918 : om. 628 | numquam] non 628 {VLS I} ║ 16,19: et civitas] om. (vid. [spatium]) 1918 | in memoriam] in memoria 620 {FGIS Φ} | dare ei] om. ei (?)144 628 ║ 16,20: - ║ 16,21: sicut] om. 628 | facta est] add. plaga eius (sub verbis lineam duxit) 628
142 Wohl Versehen beim Seitenumbruch. 143 Ein auffälliges Detail: im Gr. in allen drei Mss. eindeutig die Phrase ἐπὶ τοὺς ἀνθρώπους. 144 Möglicherweise der Bindung zum Opfer gefallen.
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17,1: ostendam] ex hostendam cor. 620? | damnationem] dapnacoeorum 620* : dampnatoeorum 620cor : dampnationem 628 1918 | quae] qui 620 ║ 17,2: inhabitant] habitant 620 628 1918 | prostitutionis] fornicationis 628*, sed expung. et add. prostitutionis supralin. man incert. ║ 17,3: - ║ 17,4: - ║ 17,5: ║17,6: de sanguine 2°] sanguine sanctorum 628 ║ 17,7: mihi] michi 620 | tibi dicam] transp. 620 {c} | capita septem] transp. 628 | decem cornua] transp. 620 {omn. mss.-FG} ║ 17,8: bestiam] bestia 620 | fuit] add. supralin. g’ erat (vid.) 628 {cf. VLI} | ascensura] asentura 620 | abysso] abisso 620 628 | ibit] add. supralin. g’ itura 628 {VLC var} | quia] quae 620 {FSΦ c} ║ 17,9: septem sunt] transp. 628 ║ 17,10: alius] praem. et 620 628 ║ 17,11: quae erat] om. (?)145 628 ║ 17,12: accipiunt] accipient 620 628 {C Φ c} | tradunt] tradent 620 628 {omn. mss.-AI} ║ 17,13: - ║ 17,14: et electi] om. et 620 ║ 17,15: - ║ 17,16: et bestiam] 628: in bestia {c} : add. et supralin. 628? | nudam] add. facient illam 628 | igne congremabunt] transp. 628 ║ 17,17: eorum] ipsorum 620 | consummentur] assummentur 628146 ║ 17,18: mulier] mulierem 620 {F Φ} 18,1:147 magnam] magnum 620 ║ 18,2: forti] fortitudine 628 {Λ c}148 | cecidit bis] cecidit 620 | et custodia 2° – inmundae] om. 628, sed spatium : alia man. add. verbum incert., expungit, et add. et orribilis in spatium | fin.] add. et odibilis 628 {cf. hic verba post inmundae ΛC c} ║ 18,3: de irae] de vino irae 628 {c} | fornicationis – gentes] bis, sed secund. expung.149 620 | divites] sic 620cor ((-)it(-) supralin.): dives 620* ║ 18,4: illa] add. potestate 620 | ut ne] et ne 620 628 {ΛΙC Φ c} | sitis] scitis 620 ║ 18,5: iniquitatum] iniquitatem 628 ║ 18,6: sicut] add. et 628{A c} | reddidit] add. vobis 620 628 {Φ c} | duplicate] add. illi 628 ║ 18,7:150 videbo] video 628 ║ 18,8: et igni] om. et 620 | conburetur] conburentur 620 | iudicavit] iudicabit 628 {ΛISC co} ║ 18,9: super illam reges terrae] transp. 628 ║ 18,10: - ║ 18,11: amplius] ampliusque (vid.) 628 | merces] (-)es super ras. 620cor | 18,12: mercem] sic 620cor (ex mercedem ? {sic Φ c}) {cf. merces FSC co} | margaritis] margaritae 620 {ΛSC co} : margariti 628 {AI} | byssi] bissi 620 628 | serici] sirici 620 | cocci] add. supralin. (-)ni 628(pr. man.?) | thyinum] tenum 620 | de] ex 620 ║ 18,13: 145 Könnte auch der Bindung zum Opfer gefallen sei, wäre dann aber extrem in den Marg.Bereich hineingeschrieben worden. 146 Auf Höhe des Verses sichtbar sind Reste von nicht mehr rekonstruierbaren Randnotizen. 147 In 628 (NT.VMR-img. 4200) am Versende von jüngerer Hand nachgetragen et odibilis et (?) orribilis. Am linken Rand der Col. findet sich ein Verweis-(?)Zeichen. 148 Das folgende voce trägt einen Oberstrich über dem e. Dies scheint aber versehentlich geschehen und keine bewußte Abkürzung zu sein, da der Schreiber ansonsten eine eindeutige mLigatur verwendet. 149 Offenkundig versehentlich auf neuer Seite wiederholt und von erster Hand durchgestrichen. 150 628 durch Blattschaden im Versbeginn lacunös.
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iumentorum et ovium] transp. 628 ║ 18,14: poma tua] pompae tuae151 620 : tua supralin. 628* | desiderii] desideria 620 | animae] add. tuae 628 {c} | discesit] discescerunt 620 : discescerunt 628 {I Φ c} | clara] praeclara 620 {FΦ c} | illa] illam 620 | invenient] sic 620cor ? ║ 18,15:152 horum] hominum 620 ║18,16: byssino] bisso 620 {cf. bysso Φ c} | et purpura] om. et 620 | deaurata est] om. est 620 | lapide] praem. de 620 ║ 18,17: omnis 2°] omnes 628 {AS Φ o} | navigat] navigant 628 {GAS Φ o} | maria] in mari 620 628{Φ c} ║ 18,18: locum] sic 628 (sub verbo lineam duxit), add. fumum {cf. fumum VLCS} | civitati] civitatis 620 ║ 18,19: lugentes] add. et 620 {A Φ} | civitas] add. illa 620 628 {Φ c} | habent] habebant 620 {c} | desolata] dissoluta 620 ║ 18,20: eam] eum 620 : ea 628 ║ 18,21: molarem magnum] transp. 620 | et ultra iam non invenientur] et iam non invenientur ultra 628 ║ 18,22: in te 1°.2°.3°] in ea 620 {SC Φ} | in te amplius 1°] amplius in ea 628, add. supralin. g’ te | omnis 2°] add. quibus (vid.) 620 : praem. et 628 | in te 2°] in ea 628, add. supralin. te ║ 18,23: tibi] in te 620 { c} ║ 18,24: in ea] in te 620 19,1: salus] add. laus 620 {cf. laus pro salus Φ c} ║ 19,2: sunt eius] transp. 620 {Λ Φ} ║ 19,3: dixerunt] dixit 620 | eius] om. 620 | ascendit ex ascendet (?) 620cor ║ 19,4: - ║ 19,5: magni ex magna 620cor ║ 19,6: turbae sicut Vged 620 {G co} | tonitruum magnorum] tonitrui magni 620 (th- (?) 620*) | dominus] om. 620 ║ 19,7: ei] deo 620 ║ 19,8: cooperiat] quooperiat 620 ║ 19,9: ad ex. cor 620cor | vera dei] transp. 620 ║ 19,10: adorarem] (-)ra(-) supralin. 620 | dicit] 620* : dixit 620cor | testimonium 2°] praem. solum 620 | Iesu est] transp. 620 ║ 19,11: fidelis 620cor . fidelix 620* | vocatur] om. 620 {Λ Φ c} | iustitia] iustitiam 620 ║ 19,12: - ║ 19,13: vestem] veste 620 {GΛC c} | aspersam] aspera 620* : aspersa 620cor {GΛC c} | vocatur] vocabatur 620 {FS Φ} ║ 19,14: byssinum album mundum] bisso alba munda 620 ║ 19,15: eos] eas 620 {C c} | calcat torcular] transp. 620 ║ 19,16: - ║ 19,17: caeli] caelum 620 | venite] add. et 620 {c} ║ 19,18: - ║ 19,19: - ║ 19,20: adprehensa] apprehensa 620 | ipso] ipsam 620* (Korrektur unklar) | seduxit] seducit 620 ║ 19,21: 20,1: - ║ 20,2: adprehendit] apprehendit 620 ║ 20,3: clusit] clausit 620 | post] praem. et 620 {Λ Φ c} ║ 20,4: animas] praem. vidi 620153 | caracterem] add. eius 620 {FASΦ co} ║ 20,5: ceteri] et cetera 620 ║ 20,6: in his] praem. et 620 ║ 20,7: quattuor angulos] transp. 620 | harena] arena 620 ║ 20,8: 151 Genauerhin ponp(a)e tu(a). 152 Blatt von 628 bei Ende V. 14 und V. 15 in lat. Spalte beschädigt. 153 Die Stelle belegt schön, dass beide Spalten unabhängig voneinander stehen. Die längere lat. Lesart von 620 gibt es zwar als griechische Variante. Diese wird aber hier von der gr. Spalte nicht geboten!
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circumierunt] circuerunt (vid.) 620 ║ 20,9: eos 2°] om. 620 ║ 20,10: pseudoprophetes] pseudoprophetae 620 {FΛ Φ} ║ 20,11: magnum candidum] transp. 620 | aspectu] conspectu 620{AC co} ║ 20,12: - ║ 20,13: mortuos 1° und 2°] add. suos 620 {Λ} | inferus] infernus 620 {ΛS c} ║ 20,14: inferus] infernus 620 {FΛ c} | haec] et 620 ║ 20,14b.15: deloc.154 620 21,1: abiit ex habiit 620 ║ 21,2: init. – novam vidi] et ego iohannes vidi civitatem sanctam (?) iherusalem155 novam 620 {Φ c (sanct. civ.)} ║ 21,3: habitabit] habitavit 620 {AS} | eorum deus] transp. 620 ║ 21,4: quae] quia quae 620 | prima] add. sunt 620 | abierunt ex habierunt 620 ║ 21,5: dicit] add. mihi 620 {F Φ c} ║ 21,6: a et ω] om. et 620 | sitienti] scitienti 620 | vivae] vitae 620 ║ 21,7: - ║ 21,8: mors secunda] transp. 620 ║ 21,9: uxorem agni] transp. 620 ║ 21,10: ostendit] hostendit 620║ 21,11: lapidi 2°] om. 620 ║ 21,12: portis] portas 620 | inscripta] scripta 620 {cum omn. mss.-GA c} ║ 21,13: et 1°.2°] om. 620 {FΛS} ║ 21,14: agni] praem. et 620 {F Φ} ║ 21,15: ║ 21,16: et 2°] om. 620 | mensus] recte 620*, messus 620cor | civitatem] 620cor (pr. man. incert. : civitatis?) ║ 21,17: murus] muros 620 {ΛC Φ} ║ 21,18: - ║ 21,19: iaspis] iaspidis 620 {FΛS Φ} | secundus] sic 620*, secundibus (vid.) 620cor sapphyrus] safirus 620 | carcedonius] calcidonius 620 628 | zmaragdus] smagradus 620 ║ 21,20: sardinus] sardius 620 {S Φ c}| chrysoprassus] chrisopassus 620 ║ 21,21: platea] plateae 620 {F Φ} ║ 21,22: - ║ 21,23: inluminavit] illuminat 620 | est agnus] transp. 620 ║ 21,24: per lumen] in lumine 620 {Φ c} | adferent] afferent 620 | honorem] add. gentium 620 ║ 21,25: cludentur] claudentur 620 ║ 21,26: adferent] afferent 620 ║ 21,27: in ea] add. omne in mundum 620 | coinquinatum] quo inquinatum 620 | et] om. 620 {A Φ} 22,1: - ║ 22,2: in] sic 620 * : del. 620cor | et 1°] om. 620 {F} | adferens] afferens 620 | singula reddentia] singulos redens 620 {Φ co} ║ 22,3: - ║ 22,4: - ║ 22,5: lumine 2°] om. 620 {Φ} | inluminat] illuminabit 620{c} ║ 22,6: et vera sunt] sunt et vera 620 {c} | spirituum] spiritus 620 ║ 22,7: venio] nemo 620 ║ 22,8: - ║ 22,9: deum] praem. solum 620 ║ 22,10: prophetiae] om. 620 ║ 22,11: iustus iustitiam] deloc.156 1918 ║ 22,12: - ║ 22,13: ego] add. sum 620 154 V. 20,14b –15 in 620 in marg. unten! Der Rubrikator hat das anscheinend nicht recht kapiert und zeichnet den Absatz wie ein Kapitelauftakt aus. In der lat. fortlaufenden Notiz unter der gr. Spalte ist das Ende des eigentlichen Textes (mare iam non est) freilich richtig festgehalten. 155 Direkte Eigenkorrektur ihlr zu ihrlm. 156 et iustus i(u)stic wurde auf Seite 52 begonnen (NT.VMR-img. 1160), aber von erster Hand durchgestrichen; dann auf folgender Seite vergessen und (von weiterer Hand?) unten in marg. nachgetragen.
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{F Φ c} | a et ω] om. et 620 ║ 22,14: portis] per portas 620 {AS Φ c} ║ 22,15: et 3°] om. 620 | amat] amant 620 ║ 22,16: - ║ 22,17: spiritus] sponsus 620 | et qui audit dicat veni et] om., sed add. in marg. infer. de pr. man. (sine et secund. {om. et 4° etiam GA Φ}) 620 | sitis] scitit 620 ║ 22,18: omni audienti] transp. 620 | adposuerit] appos[u]erit 620* : apposierit 620cor | adponet] apponet 620║ 22,19: libri prophetiae] transp. 620 | deus partem eius] eius patrem deus 620 | ligno] libro 620 {FS Φ c} ║ 22,20: - ║ 22,21: omnibus] add. vobis amen {Λ Φ c} ║ 22,fin.] explicit apocalipsis Iohannis 620
5. Die lateinischen Spalten der gr.-lat. Bilinguen Wenngleich sich aufgrund des fragmentarischen Charakters von GA 1918 und der oben skizzierten Problematik der Kollations-Vorlage eine absolute Quantifizierung verbietet, so ist doch die Nähe des jeweiligen lateinischen Textes der beiden Handschriften GA 620 und 1918 bei Sichtung des Kollationsapparates augenscheinlich und bedarf keiner weiteren Begründung. Da einige auffällige Orthographica in GA 620 von weiterer Hand korrigiert wurden, nicht aber in der paläographisch später zu datierenden Hs. GA 1918, liegt die These nahe, dass GA 1918 kein direkter Abkömmling von GA 620 ist, sondern beide Manuskripte Kopien einer gemeinsamen Vorlage darstellen.157 GA 628 besitzt mit diesen beiden Zeugen viele gemeinsame Lesarten, weicht aber auch häufig von deren Lesart ab. Daher stammen die drei Handschriften als Gruppe wahrscheinlich nicht von einer gemeinsamen Vorlage ab, sondern lassen sich auf mindestens zwei Textvorlagen zurückführen. Sicherlich am interessantesten ist dabei die Vorlage bzw. die Textform der beiden Hss. GA 620 und 1918. Legt man den Apparat der editio quinta zugrunde, so gehen GA 620.1918 (von nachvollziehbaren Kopierfehlern einer der beiden Hs. abgesehen) oder eine der beiden Hss. in insgesamt 137 von 155 dokumentierten Fällen mit der Textrezension des Alkuin. An vier dieser Stellen verzeichnet die editio quinta Φ als die einzige Zeugengruppe (s. Kollation zu Apk 1,6; 5,13; 13,14; 22,5). 19 Mal verzeichnet die editio quinta als Zeugen einer Lesart Φ c,158 also mit Alkuin-Rezension und editio Clementia zwei Ecksteine der mittelalterlichen Vulgataüberlieferung. Nur 18 Mal weichen sie von dokumentierten Alkuin-Lesarten ab.159 Stellt man ferner in Rechnung, dass GA 157 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die weitere Hand schwer zu datieren ist, so dass unter Umständen die Korrektur auch erst nach der Abschrift erfolgt sein kann. 158 Siehe die obige Kollation zu 2,19; 4,10; 5,9; 5,14 (bis); 6,1; 6,12; 7,17; 8,5; 8,9; 8,11; 11,3; 13,8; 15,2; 16,8; 18,6; 18,17; 18,19; 21,24. 159 5,13: sub terram] 620 liest wie die editio quinta sub terram, Φ terra. Da ausweislich des Apparates der VL-Edition von Gryson hier alle Φ-Manuskripte diese Variante bieten, scheint
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620.1918 Lesarten bieten, die sich nicht auf die Alkuin-Rezension zurückführen lassen, so liegt die Einschätzung nahe, dass GA 620 und 1918 eine Art mittelalterlichen Standardtext bieten, der letztendlich in der Alkuin-Rezension fußt, aber durch Lesarten (wohl nicht selten durch Mehrheitslesarten) kontaminiert oder anderweitig aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen angepasst wurde. Die Tatsache, dass viele dieser ursprünglichen Alkuin-Lesarten später durch die Clementina quasi autoritativ bestätigt wurden, belegt den (trotz Kontamination immer noch) hohen Textwert der beiden Bilinguen. Mehr noch: ihre nachweislich starke Fundierung in der Alkuin-Rezension lässt die Bewertung zu, dass es sich bei den beiden Bilinguen um bislang übersehene, wenngleich späte (und leider zu nicht unwesentlichen Anteilen kontaminierte) Zeugen der Alkuin-Rezension handelt. Sie sind fortan bei entsprechenden Untersuchungen zu berücksichtigen, zumal die editio quinta Φ nur verzeichnet, wenn die Gruppe in sich konform ist. Möglicherweise liegt bei verschiedenen Lesarten eine Parallele in einzelnen Φ-Handschriften vor (vgl. exemplarisch Apk 7,1: super quattuor angelus 620 mit ΦVZ gegen supra quattuor angelus ΦETMG). Auch GA 628 bietet anscheinend einen – wengleich anders gearteten – mittelalterlichen (wissenschaftlichen?) Standardtext, was sich nicht zuletzt aus 620 hier von der Mehrheitslesart beeinflußt. 6,12: vidi] Gryson vermerkt + et für AΦ. Dies wäre der zweite Fall, in dem 620 nicht der Alkuin-Rez. (sondern der Mehrheitslesart) folgt. In der Tat bietet diese Lesart auch hier alle Alkuin-Hss., wobei E* korrigiert wurde und sekundär den edierten Text bietet. 7,1: super quattuor angelus] laut Gryson liest die AlkuinRezension hier supra quattuor angelus; 620 bietet hier deutlich super. Im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Fällen ist hier die Sachlage aber nicht eindeutig: die Beuroner Ausgabe der VL weist im Apparat für supra nur aus: ΦETMG. Folglich bieten ΦVZ super. 7,3: terrae neque mari] et mari terrae 620 1918 versus terrae et mari A Φ c. 9,4: frontibus] add. eorum 620 1918 vs. add. suis FGS Φ co; immerhin erfolgt hier eine Texterweiterung, ein Wechsel der Pronominalform ist insgesamt typisch für die drei Bilinguen. 9,11: habet] 620 omitiert, Φ liest (wie später die Clementina) habens nomen. 12,2: pariat] die Gruppe der Bilinguen liest mit der Mehrheit der Mss. und wie die ed. quinta pariat statt pareat wie AS Φ. Eine Beeinflussung durch den Mehrheitstext ist auch hier wahrscheinlich. 12,8: Gruppe liest eorum amplius gegen amplius eorum AI Φ. 14,10 bibet] 620 liest hier bibit statt des bei FS Φ bezeugten biberit; auch hier scheint ein Einfluss durch die Mehrheitslesart wahrscheinlich. 16,7: altare dicens] alterum dicentem 620 628 1918 mit Ms. A gegen ab altari dicens Φ; diese Variationseinheit ist aber reich an Lesarten. 17,17: Gruppe folgt nicht FS Φ, die ein non nach dem ersten ut addieren. 18,17: das zweite omnis wird von 620 geboten, steht damit aber gegen das bei AS Φ (und 628) überlieferte omnes; wahrscheinlich folgt 620 hier ebenfalls der Mehrheitsüberlieferung. Im selben Vers geht zwar 628, nicht aber 620 mit GAS Φ (navigant statt 620 navigat. 19,20: pseudopropheta 620 gegen pseudoprophetae F Φ. 21,6: 620 folgt nicht der add. von et nach factum est von F Φ. 21,16: 620 omitiert nicht wie ΛS Φ eius. 21,23: inluminavit] illuminat 620 gegen die Alkuin-Überlieferung, die hier mit der Mehrheitslesart geht; es handelt sich um eine unbedeutende Formenvarianz. 22,6: spirituum] spiritus 620 vs. spiritum FIS Φ.
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der Tatsache ableiten lässt, dass 38 für GA 628 spezifische160 Lesarten ihr Pendant dem Apparat der editio quinta zufolge lediglich in der Clementina (und in keinem weiteren Hauptzeugen) finden.161 Der Text von GA 628 weist also viele Lesarten auf, die später in der ersten kirchlich-autoritativen VulgataAusgabe der frühen Neuzeit als ursprünglich angesehen wurden. Auffällig am Text von GA 628 ist die im Vergleich zu GA 620.1918 recht große Anzahl kleinerer Umstellungen. Es finden sich darüber hinaus zahlreiche Lesarten, die ausweislich der bisherigen Editionen als Singulärlesarten zu werten sind. Ob einige der Varianten von GA 628 unter Einfluss der griechischen Spalte entstanden, ist schwer einzuschätzen. Die gegenseitige Wahrnehmung der beiden Spalten ist in GA 628 zwar grundsätzlich evident (s.o.); aber einige markante Varianten sprechen zumindest gegen eine konsequente Beeinflussung des lat. Textes durch die gr. Spalte.162 So liest GA 628 in Akp 3,22 – quasi cf. Mk 4,9 – qui habet aures audiendi audiat etc.163 Die gr. Spalte liest an entsprechender Stelle aber Ὁ ἔχων οὖς ἀκουσάτω κτλ.
160 D.h. Lesarten, die 620.1918 nicht bieten, wohl aber 628. 161 S. die Kollation zu: 1,6; 2,10; 2,22; 3,20; 4,1; 4,3; 4,5; 5,5; 5,11; 6,10; 6,12; 6,13; 8,6; 8,7; 9,10; 9,13; 10,10; 12,5; 12,7; 12,14; 13,2; 13,17; 14,7; 14,10 (bis), 14,11; 14,15; 16,3; 16,5; 16,8; 16,12; 16,17; 17,16; 18,3; 18,14. 162 Eine solche potentielle Beeinflussung ist zudem methodisch behutsam an jeder einzelnen Variante zu überprüfen, um Überinterpretationen zu vermeiden. Ein klassischer Fall der Forschungsgeschichte wäre die Arbeit von Vogels, der aus Stellen wie Apk 3,8 οἶδά σου τὰ ἔργα, in cod. Sinaiticus umgestellt zur Singulärlesart οἶδά τὰ ἔργα σου, schloss, dass der cod. Sinaiticus lateinisch beeinflusst sein müsse, folge dies doch der lateinischen Satzstellung scio opera tua (so Vg und I). Ein weiterer Beleg ist die Addition des Sinaiticus von ω vor ὄνοµα αὐτῷ in 9, 11, was Vogels als Anpassung ans lateinische cui nomen interpretiert (H.J. Vogels, Untersuchungen zur Geschichte der lateinischen Apokalypse-Übersetzung, Düsseldorf 1920, hier: 12 und 17). So faszinierend die Idee einer lateinischen Beeinflussung bereits der ältesten griechischen Zeugen ist, so wenig überzeugend sind die vorgebrachten Beispiele. 163 Die Lesart findet sich auch im Cod. Oxoniensis (Laud. Lat. 43; saec. XII–XIII) und der sog. recensio postuma des Beatus-Apk-Kommentars.
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6. Zusammenfassende (und ausblickende) Betrachtung Die hier vorgestellten Bi- bzw. Trilinguen ermöglichen einen interessanten Einblick in die kultur- wie auch textgeschichtliche Dimension der ApkÜberlieferung. Wenngleich bislang für das gesamte Material belastbare Indizien zur konkreten historischen Verortung fehlen, so zeichnen sich doch geschichtliche Kontexte ab, in denen die Suche nach weiterer Apk-Überlieferung – sei es in Form weiterer mehrsprachiger Manuskripte, sei es in Form der Rezeption durch die weitere exegetische bzw. homiletische Literatur – lohnen dürfte. Dazu gehört zum einen das Feld der kirchenslavischen Literatur, insbesondere die Frage der Rezeption der Apk und die Frage der griechischen Vorlagen in den unterschiedlichen kirchenslavischen Übertragungen bzw. Bibelrevisionen. Da eine Fokussierung auf griechische Vorlagen vor allem im Kontext russischer Bibelübertragungen und –revisionen evident ist, scheint hier die Suche nach weiteren Zeugnissen besonders aussichtsreich. Die historische Existenz mehrerer Klöster der russischen Orthodoxie auf dem Athos mag hierbei ein Ausgangspunkt für textgeschichtliche Arbeitshypothesen sein. Jedoch darf der Autor des vorliegenden Beitrages anmerken, dass er in digitalisierten Katalogen ehemaliger Moskauer Klöster erstaunlich viele Werke lateinischer, d.h. westlicher Autoren vorgefunden hat, so dass auch eine Aufnahme westlicher biblischer Texttraditionen nicht a priori ausgeschlossen werden darf. Für die Frage der Rekonstruktion des griechischen Apk-Textes ist dieser Forschungskomplex zwar wenig ertragreich. Im Falle der russischen Bibelrevisionen zeigt die Rezeption bestimmter (noch zu bestimmender) griechischer Vorlagen aber auf, welche Textform zum Zeitpunkt der Rezeption als autoritativ angesehen wurde. Auch ist nicht a priori auszuschließen, dass griechische Lesarten über diese Textlinie erhalten blieben, die anderweitig vom der restlichen Überlieferung verdrängt wurden. Vor diesem Hintergrund ist die bislang bekannte gr.-kirchensl. Bilingue u.U. ein wichtiger Zeuge, da sie wichtige Hinweise zu liefern vermag, ob (und ggf. wie) die parallele Rezeption beider sprachlicher Versionen den kirchenslavischen Text beeinflußt haben. Gleiches gilt für die gr.-arm.-altit. Trilingue. Ihr spezifischer historischer Wert liegt aber vor allem in der Tatsache, dass sie den Austausch und die Verbreitung der bezeugten sprachlichen Versionen für das 11./12. Jh. materiell bezeugt. Dies ist ein Aspekt, der in der Textforschung bislang unberücksichtigt geblieben ist, aber sicherlich weiterer Betrachtung lohnt. Denn je besser sich Textformen bzw. Textstadien chronologisch und geographisch verorten lassen (in diesem Fall die gr. Spalte von GA 256 und die nach Nerses revidierte armen. Version), um so eher erklärt sich u.U. die Entstehung von Varianten in den jeweiligen Versionen.
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Ga 256 ist aber darüber hinaus ein bislang unberücksichtigter, aber fundamental wichtiger Zeuge für die Entstehung der volkssprachlichen italienichen Bibel, der Volgare. Sicherlich bedarf es noch weiterer Untersuchungen zum einen der historischen Hintergründe, die zur (nach gegenwärtigem Forschungsstand zumindest mutmaßlich nachträglichen) Addition dieser Version in der gr.-arm. Bilingue geführt haben, zum anderen der sprachlichen Eigenschaften dieses Volgare-Textes. Paläographische Erwägungen und die Tatsache, dass der Text insgesamt noch nahe an der Sprache der Vulgata orientiert scheint, deuten aber auf eine recht frühe Textform der Volgare hin. Möglicherweise – entsprechende sprachlich-historische Untersuchung durch die italoromanische Sprachforschung seien hier angeregt – handelt es sich bei GA 256 um das älteste Zeugnis eines altitalienischen Bibeltextes. Besonders deutlich wird die Wahrnehmung der jeweils anderen Version in den gr.-lat. Bilinguen, die darüber hinaus auch ein wichtiges Zeugnis für die Geschichte der Vulgata-Überlieferung sind. Alle drei Bilinguen dokumentieren in ihrer lateinischen Spalte den Weg der lat. Überlieferung hin zur Textform der Clementina, aber GA 620.1918 sind darüber hinaus auch späte (und bislang übersehene) Vertreter der Alkuin-Rezension. Das ausgerechnet diese, in diesen drei Mss. gleichermaßen sichtbare Textformung für die bilinguale Textarbeit verwendet wurde, weist auf ihre Bedeutung bzw. ihren autoritativen Stand im 13./14. Jh. hin. Vice versa ist anzunehmen, dass auch in den jeweiligen gr. Spalten (deren Text ebenfalls ein recht großes Maß an Einheitlichkeit aufweisen) eine Art „Standardtext“ jener Epoche verwendet wurde. Dies fordert dazu auf, diese Mss. in der folgenden Projektphase gezielter auf Übereinstimmungen und Abweichungen untereinander und in Korrelation mit den jeweiligen lateinischen Spalten zu untersuchen. Noch zu prüfen ist – die paläographische Einschätzung einer süditalienischen Provenienz legt dies zunächst nahe –, ob es sich um eine geographisch abgrenzbare Textform handelt. In diesem Fall wäre ein geographisch wie chronologisch klar fixierbarer Ankerpunkt für eine griechische Textausformung gewonnen. Auffällig ist auch die gemeinsame chronologische Entstehung der Bilinguen im 13. und 14. Jh. Der Befund könnte aus dem zufälligen Erhalt dieser Mss. resultieren, harmoniert aber auch mit kirchengeschichtlichen Prozessen dieser Epoche und könnte daher ein Indiz für eine breitere interkulturelle Rezeption der Apk sein. Die bilinguale Textarbeit fällt jedenfalls materialiter in den jeweiligen Bilinguen, insb. in der weiteren Hand von GA 628, stark ins Auge. Ob hierin theologische Tendenzen dieses Bearbeiters sichtbar werden, steht außerhalb des Fokus des vorliegenden Beitrages. Derartige Spuren im Manuskript zeigen aber auf, dass die griechische und die lateinische Textgeschichte immer wieder
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Interdependenzen aufweisen, die es bei der Beurteilung von einzelnen Varianten wie auch der Textgeschichte als solche zu beachten gilt. Für eine stärkere textgeschichtliche Berücksichtigung der Bilinguen – zumal in der Überlieferung der Apk – darf daher eindrücklich geworben werden.
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Appendix: Transkript der Volgare-Version Die altitalienische Spalte der Edition findet sich als Transkript bereits in der Edition der armenischen Apokalyse bei Conybeare.164 Da diese jedoch nicht überall greifbar sein dürfte, und Conybeare die Frage nach möglichen Korrelationen von Gr. und altital. Text nicht aufwirft (vgl. oben Abschnitt. 1.2.), folgt abschließend ein Transkript. Die Edition Conybeares wurde sorgfältig anhand der Fotos des INTF geprüft, bedurfte aber nur geringer Verbesserung. Auf eine Kenntlichmachung der Zeilenumbrüche wurde verzichtet, im Gegensatz zu Conybeare sind zur besseren Orientierung aber fol.-Wechsel und die ntzl. Kapitel bzw. Versnummern notiert. Evangelistae Revelatio Sancti Ioā. Revelatione de lesu Christo . la qual dete lo dio a manifestargli soi servi . che bisogno esser presto . ⁊ egli significo mandando per langelo suo al seruo suo Ioāne . 2) el quale diede testimōiāz agla parola de dio . ⁊ a la testimōiāza de iesu χ̅ρo̅ quāta uide . 3) beato che lege ⁊ a chi udino le parole de la questa profetia . ⁊ a chi cōseruāolo īperho il tempo e a presto : 4) Joāne a sette chiesie che. sō in asia Gratia a uoi ⁊ pace da quel che e . ⁊ che era , ⁊ che de uēire . ⁊ da la parte de sette spiriti li quali son nel conspecto di suo throno . 5) ⁊ de parte de Iesu χ̅ρ̅o . el quale e testimōio fidele . primo genito di morti . ⁊ principe di re de la terra . el qual nei ha amato . ⁊ ha ne lauato da li peccati nostri nel suo sangue . 6) ⁊ ha ne fatto Regno . ⁊ Sacerdoti a dio ⁊ p̅re suo . al qual sia gloria . ⁊ imperio in secula seculorū : am̅. 7) Ecco quel uene cō le neuole . ⁊ uedera lo ogni ochio . ⁊ quelli che pensano . ⁊ allora piangera sopra de lui tutte le tribu de la terra : ⁊ certi cosi sara . 8) Io sō alpha ⁊ o . prīcipio ⁊ fine . disse el Signor dio che fu ⁊ era . ⁊ uēera omnipotēte . 9) Io Ioāne uostro fratello . ⁊ participi uole (?) nele tribulatiōe ⁊ regno ⁊ i patientia de Iesu χ̅ρ̅o . Io fu ī insula la qual fu appellata patmos . per la parola de dio ⁊ per la testimōiāza de Iesu χ̅ρ̅o 10) Io fu ī spirito nel di de la dominega . ⁊ uidi dopo me una uoce grāde cōe uoce de tuba 11) la qual diceua . chel che tu uedi scriui nel libro . ⁊ māda a sette chiesie . ad epheso . ⁊ Smirna . ⁊ Pergamo . ⁊ thiatire . ⁊ Sardis . y philadelphia . ⁊ laodicia . 12) ⁊ io me uolsi per uedere la uoce che parlaua ⁊ si ado uolto io uidi sette cādelieri de auro . 13) ⁊ in mezo de sette cādelieri de auro simile al filio lo de homo . uestito de uesta linea sacerdotale . cincto ale mamelle de cintura doro . 14) el suo capo ⁊ li sui capilli . erāo bianchi cōe lana biācha . ⁊ cōe neue . ⁊ li ochii soi cōe fiama de foco . 15) ⁊ li sui pedi simili al aurichalco . cōe lardēte nele fornace . ⁊ la sua uoce cōe uoce de molte aque . 16) ⁊ haueane la sua mane dextra . ⁊ stelle . ⁊ da la sua boca usciua el coltello I) 1)
164 S. 70ff.
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aguzo , dūa parte ⁊ dal altra . ⁊ la sua facia luceua cōe sole nela sua uirtu . 17) ⁊ habiādo ueduto q̄ llo caschai ali soi piedi cōme morto. et egli pose la sua mano dextra sopra dime dicendo . non hauer paura . Io sō el primo ⁊ ultimo . 18) ⁊ uiuo ⁊ fu morto . ⁊ ecco che sō uiuente in secula seculorum. Amen. ⁊ ho le chiaue de la morte ⁊ del inferno : 19) Scriui a dūque quelle cose che hai uedute . ⁊ quelle c̄h sono . ⁊ quelle c̄h bisognia esser fatte dopo queste : 20) el sacram̅to delle sette stelle el qual uedisti nela mia dextra . ⁊ li sette cādelieri doro. Sette stelle sō li āgeli de sette chiesie . ⁊ le sette cādelieri son le sette chiesie. II) 1) Et al angello de la chiesia de epheso scriue . questo dice . quel che tiene sette stelle ne la sua mā dextra . el qual ua ī mezo de sette cādelieri doro . 2) Io so lopera tua . ⁊ la fatica . ⁊ la tua patientia . ⁊ tu nō poi sostenere li mali hōni . ⁊ prouasti quelli iqūli si dicōo ch̅ sō apostoli ⁊ non son . ⁊ trouasti li busiardi . 3) ⁊ hai patientia . ⁊ hai sostenuto per el mio nome . ⁊ n̅ hai mācato . 4) ma contra di te ho poche cose . perche hai abādōato la tua prima carita. 5) Ricordate dūque ūde tu sei caduto . ⁊ fa penitentia ⁊ fa le prime opere . se n̅ . io uegnero a te . ⁊ mouero el cādeliero tuo del loco suo . se tu non farai penitentia . 6) ma hai hauato questo bēne che tu hauerai ī odio li facti de nicolaiti : li qual ⁊ io ho hauto ī odio . 7) Chi ha orechie oda quel c̅hl spirito dice a le chiesie . al uincitore . daro a māgiare del legno de la uita el quale ī paradiso de dio mio . 8) A lāgelo de la chiesia de Smirna scriui . questo dice el prīo ⁊ lultimo. el qual fu morto ⁊ uiue . 9) Io so la tribulatioōe ⁊ la tua pouerta, ma tu sei riche . ⁊ sei biastemato da q̅lle i q̅uli dicōo c̄h sō iudei ⁊ n̅ sono . ma sono synagogi de satana. 10) Nō hauer paura de quelle cose le qual tu dei sostenere . ⁊ ecco el diauolo e de esser posto ī prigione . acio che uoi state prouati ⁊ hauerete tribulatiōne diece di. Sii fidele ī sino a la morte . ⁊ io te daro la corona de uita . 11) chi ha orechie oda chel spirito sācto dice a le chiesie . quello che uincera non sara offeso dela morte secūda : 12) A lāgelo de la chiesia di Pergamo scriui . questo dice quello che ha la spatha aguza de ūa parte ⁊ de laltra . 13) Io so doue douer [sic] tu habiti . doue e la sedia di satāa . ⁊ tu tiene el mio nome ⁊ n̅ negasti la fede mia . ⁊in q̅l di Anthipas fu testimonio mio fidele. el qūl fu occisso appesso de uoi la doue satanas habita . 14) Ma io ho cōtra dite poche cosse cōciosia che hai li cōsilii di q̅lli c̅h tiene la doctrina de balaā el q̅l īsegno a balach de metere scandalo auanti li figli de Israel mangiare ⁊ fornicare . 15) cosi hai tu q̅lli i q̅lī tiene la doctrintae di nicolaiti . 16) Simelm̅te fa penitentia . Si n̅ io uignero ti tosto . ⁊ pugnaro cō essi nel cortello de la boca mia . 17) chi ha orechie oda q̅l chel spirito dice a le chiesie . Al uincitore daro māna abscōdito . ⁊ daro a lui (?) uno carbunculo biāco ⁊ ī le calculo uno nōe nouo scritto . el qual ni uno n̄ sa saluo colui chel receue . 18) Et a lāgelo de la chiesia de thiatire scriui . q̅sto dice el figliolo de dio el q̅l ha ochii come fiāma de foco . ⁊ li soi pedi sono simili al aurichalco . 19) Io ho cognosciuto la tua opera ⁊ la tua carita ⁊ la fede ⁊ el misterio ⁊ la patientia . ⁊ sarāo piu le ultime tue opere
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che le prime . 20) Ma ho cōtra dite poche cose . perche permette la femina iezabel. la q̅ūl se dice c̅h lei profetiza a maestrare ⁊ seducere li mei serui . fornicar ⁊ mangiar dele oblatiōe deli idoli . 21) ⁊ holi dato tempo da far penitentia 7 n̅ se uol repentire da la sua fornicatiōe . 22) Ecco io la metto in lecto ⁊ q̅lli īq̅lli fornicano cō essa sarāno in maxima tribulatiōe . se n̄ farāno penitentia dele sue opere. 23) ⁊ li soi figlioli occidero ī morte . ⁊ questo sanno tutte le chiesie chio scrutatore de core ⁊ le rene . ⁊ daro aciascaduno de uoi secondo lopere sue : Dico dūque 24) tutti uoi altri che sete a thiatire . ciascaduno que n̅ ha questa doctrīa ⁊ che n̅ hāno cognosciuto la superbia de satanas . secondo che dice . Io n̅ mandaro sopra de uoi altra graueza . 25) ma q̅l che hauete tenete ī sīno c̅h uignero . 26) ⁊ q̅l che uincera ⁊ obseruara ī sino a la fine la mia opera . daro a lui potesta sopra la gente . 27) ⁊ regera quelli ī bachera de ferro ⁊ come vaso de terra separara quelli . 28) cosi cōe io receuto dal pre mio . ⁊ daro a lui la stella matutīa . 29) chi ha orechie oda q̅lo c̅hl spirito dice a le chesie : III) 1) Et a langelo de la chiesia de Sardis scriue . q̅sto dice q̅l c̄h ha sette spiriti di dio . ⁊ sette stelle . Io so le tue opere perche tu hai nome che tu uiui ⁊ sei morto . 2) Sii uigilante ⁊ empie li mācam̅ti perche doueuana mori . Perche n̅ ho trouato le tue opere perfecte in āci de dio . 3) habi in m̅te cōe tu hai receuto . ⁊ fa penitentia . Se tu non uigilarai io uegnaro a te cōe furo ⁊ n̅ cognoscerai in che hora uegniro a te . 4) ma tu hai pochi nomi in Sardis īq̅li n̅ hāno imbratate (?) le uestimente sue ⁊ uegnerāo cō mi in uestimente bianche perche sono degni 5) quel chi uincera cosi. sara uestito de uestimente bianche ⁊ n̅ desfaro el nome sue delibro de la uita . ⁊ cōfessaro el nome suo dinanci al pr̅e mio ⁊ dinanci a li sui angeli : 6) quel che ha orechie. oda q̅l spirito dice a le chiesie . 7) ⁊ al angelo de la chiesia de filadelfia scriue : q̅sto dice q̅llo el qual sie sc̅to ⁊ uero che ha le chiaue de dauid. el q̅l apre ⁊ nesuno serra . serra e nesuno apre . 8) io so le opere tue . ⁊ eccoc̅h io daro dinanci a te la porta aperta . la q̅l nesuno porra serrare perc̅h tu hai pochi uirtu ⁊ hai seruato la parola mia . ⁊ hai negato el nome mio : 9) ecco chio daro de la synagoga de satana. īqli si dicono esser iudei ⁊ non sono . ma mētino . ecco chio faro c̅h uignarano ⁊ adorarao dinanci ali tui piedi ⁊ saperāo chio te ho amato : 10) cōcio sia che tu hai seruato la parolo dela patientia mia . ⁊ io seruaro a temptatiōe c̅h ha a uenire al mōdo : a prouare qelle che abitano in terra: 11) Ecco che uēgo presto tiene quel che tu hai. a cio che alcūo n̅te toglia la corōa tua . 12) q̅lc̅h uincera faro colūna nel tēpio de dio mio . ⁊ fori n̅ usciza ma piu . ⁊ scriuero sopra di q̅llo el nōe del dio mio . ⁊ el n̅oe dela citta del dio mio. dela noue leruslēm . la qual descēde del cielo del dio mio . ⁊ el nome mio nouo 13) chi ha orechie oda q̅l c̅hl sp̅to dice ale chiesie. 14) Et al angelo dela chīsa de laodicia dicia [sic] scriue . q̅sto dice el testimōio fidele ⁊ uero . el qūl e principio dela creatura de dio. 15) Io so le opere tue perc̅h n̅ sei frigido ne caldo . uolesse dio c̅h tu fusti frigido o ū caldo. 16) Ma perc̅h tu sei tepido ⁊ n̅ sei frigido ne caldo . Io
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cōinciaro a euomer te fori de la boca mia . 17) perc̅h tu dice io son richo . ⁊ n̅ ho bisognio de alcuno . ⁊ n̅ sai c̅h tu e misero ⁊ miserabile . ⁊ pouero ⁊ cieco ⁊ nudo : 18) A dūque io te cō seglio c̅h tu debi cōprar da mi affogato ⁊ probato . a cio c̅h tu deuenti richo . ⁊ tu te uestirai cō le ueste bianche acio c̅h n̅ apare la confusiōe de la nudita tua . ⁊ onge li toi ochii de colore a cio tu uedi . 19) io castigo ⁊ reprendo q̅lli ch amo. Ama adūque ⁊ fa penitentia . 20) Ecco io sto al uscio ⁊ batto . se alcuno odera la uoce mia ⁊ aprira mi la porta ītraro a q̅llo . ⁊ cēaro cō esto ⁊ lui meco . 21) ⁊ q̅l chi uincera daro a sedere meco nel throno mio . 22) quel che ha orechie oda c̅hl sp͞to dice ale chīse. IV) 1) Dopo q̅ste cose uidi ⁊ ecco luscio aperto.
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Die altnubischen Apk-Fragmente im Bezug zum Teststellensystem der Apk-ECM MARCUS SIGISMUND
1. Einführung und Fragestellung Von der Johannes-Apokalypse sind in der altnubischen Version nur geringe Reste erhalten, die sich durch Gerald Browne philologisch mustergültig ediert finden.1 Die bisherige textkritische Einordnung der Fragmente ist jedoch insofern wenig aussagekräftig, als sie Browne vom Text des NA26 (Kurt und Barbara Aland [Hgg.], Novum Testamentum Graecae, Stuttgart 1979) ausgehend mit den Editionen WH (B.F. Westcott / F.J.A. Hort [edd.], The New Testament in the Original Greek, 2nd ed., Cambridge – London 1896) und TR (Η ΚΑΙΝΗ ∆ΙΑΘΗΚΗ, London 1976) vergleicht, und nur in Ausnahmefällen, insb. bei auffälligen Varianten zu den genannten Ausgaben, weitere Zeugen anführt. Dabei soll der von Browne in seiner praefatio (p. VII) geäußerte Eindruck, dass der altnubische Text im Bereich der Apk sehr oft („saepissime“; ebd.) mit den codd. A C und 2053 („testibus alexandrinis“) sowie Αν („testibus textum Andreae caesariensis commentarii praebentibus“, ebd.) gehe, keinesfalls unter Generalverdacht gestellt werden. In der Tat wäre dieses Ergebnis vor dem historischen Hintergrund der Bibelverbreitung in den numidischen Königreichen,2 nämlich der Mission direkt von Byzanz aus, sogar zu erwarten (s.u.). Gleichwohl darf methodisch eingewandt werden, dass sich Browne für die Varianten und Lesarten ausschließlich auf die Angaben des NA26 beruft, was angesichts der Tatsache, dass es sich um eine Handausgabe und nicht um eine Editio Critica Maior handelt, als problematisch charakterisiert werden muss.
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G.M. Browne, Bibliorum Sacrorum Versio Palaeonubia (CSCO 547; subs. 87), Leuven 1994. Zu beachten sind drei unabhängige Königreiche: Nobadia (im Norden; zwischen dem ersten und zweiten Nilkatarakt; Hauptstadt war Pakhoras); Alodia (im Süden; Hauptstadt Sōba, nahe dem heutigen Khartum) und zwischen beiden Makuria (Hauptstadt Dongola). Die genauen Grenzen sind unklar. Vgl. hierzu B.M. Metzger, The Christianization of Nubia and the Old Nubian Version of the New Testament, in: ders., Historical and Literary Studies. Pagan, Jewish, and Christian (New Testament Tools and Studies VIII), Leiden 1968, 110–122: 112 mit Verweis auf L.P. Kirwan, Notes on the Topography of the Christian Nubian Kingdoms, JEA 21 (1935), 57–62.
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Das nunmehr in Angriff genommene Projekt einer Editio Critica Maior (ECM) der Apk bietet die Möglichkeit, die Reste der altnubischen JohannesApokalypse einer textkritischen und textgeschichtlichen Revision zu unterziehen.
2. Historischer Hintergrund der altnubischen Bibelübersetzung Wenngleich der spezifische historische Hintergrund des altnubischen Bibeltextes seitens der Bibelwissenschaft bislang kaum erforscht ist, so darf doch mit einem sehr hohen Grad an Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Übertragung direkt aus dem Griechischen erfolgte. Angesichts insgesamt dreier altnubischer Reiche mit einer je eigenen Geschichte der Christianisierung3 bleiben verallgemeinernde Aussagen über die Verwendung der griechischen Sprache zwar bis zu einem gewissen Grad spekulativ. Es kann jedoch als gesichert angenommen werden, dass die offizielle Korrespondenz- und Verwaltungssprache der altnubischen Königreiche ab etwa dem 6. Jh. das auch sonst viel verwendete Koptische war,4 welches aber erst ab dem 10. Jh. die paläo3
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Mit Hinblick auf die textgeschichtlichen Zusammenhänge ist aus dem Gesamt der interessanten altnubischen Kirchengeschichte hervorzuheben, dass erste Missionierungen möglicherweise bereits ab dem Ende des 4. Jh. aus der angrenzenden römischen Kolonie Philae erfolgten, eine systematische Christianisierung aber erst um 545 n.Chr. auf Initiative eines monophysitischen Priesters namens Julian mit Unterstützung der Kaiserin Theodora erfolgte. Wenn die Ausführungen der Hauptquelle, Johannes von Ephesus, korrekt sind, sandte Kaiser Justinian unmittelbar darauf eine Gegenmission aus, die den Chalcedischen Glauben verkünden sollte. Als Folge dieser beiden (sich bekämpfenden) Aktionen vertraten die Königreiche Nobadia und Alodia den monophysitischen, Makuria den katholischen bzw. melkitischen Glauben. Vgl. hierzu die Ereignisse paraphrasierend, Metzger, Christianization, 113–118; die Kirchengeschichte des Johannes in engl. Übersetzung: The Third Part of the Ecclesiastical History of John, Bishop of Ephesus, now first translated from the original Syriac by R. Payne Smith, Oxford 1860, hier: IV, 6–9 und 49–53 (d.s. pp. 251ff. und 315ff.; syrischer Text: E.W. Brooks (ed.), Iohannis Epheseni Historiae Ecclesiasticae pars tertia (CSCO 105; Script. syri 54), Louvain 1936 (repr. 1952). Jedoch stammen weitere wichtige Hauptakteure der Christianisierung aus dem alexandrinisch-ägyptischen Milieu, und über lange Zeit hinweg unterstanden die Bistümer Nubiens dem alexandrinischen Patriarchat (vgl. hierzu H. Brakmann, Defunctus adhuc loquitur. Gottesdienst und Gebetsliteratur der untergegangenen Kirche in Nubien, ALW 48 (2006), 283–333, hier: 284–287). Daher muss die Option eines koptischen Einflusses theologie- wie textgeschichtlich immer bedacht werden. Neben Handelskorrespondenzen finden sich auch zahlreiche koptische Grabinschriften, Ostraca und Graffiti. Zur Multilingualität in den altnubischen Königreichen vgl. insb. G. Ochała, Multilingualism in Christian Nubia: Qualitative and Quantitative Approaches, Dotawo: A Journal of Nubian Studies 1 (2014), 1–50 (d.i. Article 1, online unter der URL (letzter Abruf 5.9.2014): http://digitalcommons.fairfield.edu/djns/vol1/iss1/1; vgl. auch M. Khalil/C. Miller, Old Nubian and Language Uses in Nubia, in: Égypte/Monde arabe, Première série,
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bzw. altnubische Sprache endgültig verdrängte.5 Die Sprache der christlichen Liturgie6 innerhalb der geographischen Grenzen dieser drei Reiche war indes eindeutig das Griechische und blieb dies bis in das 12./13. Jh.7 Insofern wundert es nicht, das Griechische als Vorlage der altnubischen Version vorzufinden. Die bisher gefundenen altnubischen Bibeltexte8 legen nahe, dass vor allem Texte der Tagesliturgie übersetzt wurden,9 aber auch Übersetzungen kompletter biblischer Bücher existierten.10 Die Tradierung griechischer Bibeltexte und ihre Übertragung ins Paläo- bzw. Altnubische wurde abgesehen vom liturgischen Bedürfnis u.U. gefördert durch die arabische Eroberung Ägyptens 641 n.Chr.,
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Les langues en Égypte, mis en ligne le 08 juillet 2008. Online unter der URL: http://ema.revues.org/index1032; insb. die Abschnitte 15–19 (letzter Abruf 17.10.2012). Vgl. so schon J.M. Plumley/C.H. Roberts, An Uncial Text of St. Mark in Greek from Nubia, JTS 27 (1976), 34–45, hier: 34; vgl. ausführlich hierzu: St. Burstein, When Greek was an African Language (Frank M. Snowden Jr. Annual Lectures), Washington D.C. 2006. Inwieweit das Griechische darüber hinaus als lingua franca verwendet wurde, wird kontrovers diskutiert. Skeptisch zeigt sich P.L. Shinnie (Multilingualism in Medieval Nubia, in: A. M. Abdalla (ed.), Studies in Ancient Languages of the Sudan. Khartoum 1974, 41–47, hier: 45): „the use of Greek was more limited (than the use of Coptic) and its use for other than religious purposes cannot be demonstrated.” Pro lingua franca argumentiert T. Hågg in: Some Remarks on the Use of Greek in Nubia, in: Nubian Studies, Proceeding of the Symposium for Nubian Studies, ed. by M. Plumley, Cambridge, 1978, 103–107. Auf jeden Fall darf dem Griechischen eine große Bedeutung zugesprochen werden. Khalil/Miller (Old Nubian and Language Uses, Abschnitt 16) verweisen darauf, dass griechische Schriftwechsel zwischen nubischen Königen nachweisbar sind. Es erscheint auch bezeichnend, dass sich selbst nach der kulturellen Isolation der christlichen nubischen Reiche infolge der islamischen Expansionspolitik das Griechische eigenständig als „Nubian-Greek“ weiterentwickelte. „The Greek which occurs in Nubian inscriptions, graffiti or documents is often described as "barbarcus", "chaotic", "vulgar" (Hågg, 1978) and the hypothesis of a Nubian Greek variety or even a pidginized Greek has been advanced. However, there are different levels of Greek according to the material and the proficiency of the writer. Ecclesiastic Greek appeared to be free of influence from Old Nubian or Coptic but graffiti and inscriptions represent a more unformal level. Many graffiti are a mixture of Greek and Old Nubian and reflect popular use.” Khalil/Miller, Old Nubian and Language Uses, Abschnitt 19. Vgl. Ochała, Multilingualism, 45 und passim; Brakmann, Defunctus adhuc loquitur, 328– 331; Khalil/Miller, Old Nubian and Language Uses, Abschnitt 16; Plumley/Roberts, Uncial Text, 34. Eine gute Übersicht findet sich nun bei R. Werner, Das Christentum in Nubien: Geschichte und Gestalt einer afrikanischen Kirche, Münster 2013 (zgl. Diss. Marburg 2011), 200–201. Vgl. Plumley/Roberts, Uncial Text, 34. Die materiellen Reste lassen zumindest Rückschlüsse auf ein komplettes Johannesevangelium, dem noch ein weiteres Evangelium vorgeschaltet war, und einen Psalter zu. Vgl. hierzu Werner, Christentum in Nubien, 201 mit Anm. 12. Eine Übersicht über alle liturgiegeschichtlich bedeutenden Funde inkl. christlicher Schriften bietet nach Fundorten systematisch verzeichnet Brakmann, Defunctus adhuc loquitur, 289–300.
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welche die altnubischen Reiche vom byzantinischen Reich trennte und zu einer gewissen textgeschichtlichen Isolation führte. Textgrundlage waren anscheinend Manuskripte, die in das 5. und 6. Jh. zurückgehen, und vielfach eine byzantinische Hand verraten.11 So würde es nicht – Brownes These aufgreifend – verwundern, wenn die altnubische Tradition jener griechischen am nächsten stünde, welche im Bereich der Apk zum Ausgangspunkt des sog. Mehrheitstextes wurde, nämlich dem Text, der auch von Andreas von Caesarea für seinen Kommentar verwendet und letztendlich durch diesen Kommentar weit verbreitet wurde.
3. Die altnubische Bezeugung der Apk Die Textzeugen der altnubischen Apk stammen möglicherweise nicht ausschließlich, aber doch mehrheitlich aus dem nördlichen Reich Nobadia, was einerseits textkritisch im quantitativen Sinne bedauerlich sein mag, andererseits textgeschichtlich eine klare politische Charakterisierung der Trägergruppe ermöglicht. Textkritisch bedauerlich und methodisch als Problem zu markieren ist die Tatsache, dass sich die Textzeugnisse nicht überschneiden: IN I, 8 IN I, 9 fr.1
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Apk 7,15–8,8 Qasʖr Ibrīm, Kathedrale12 Apk 14,6–15 Qasʖr Ibrīm, Kathedrale13 Apk 6,8–9 und 6,15–7,1 Fundort unbekannt14
Das bei Plumley/Roberts (Uncial Text) edierte Fragment ist ein Beispiel hierfür. Es handelt sich hierbei aber eher nicht um ein Lektionar sondern um eine Evangeliumvollschrift zur „praktischen“ theologischen Arbeit. U.a. ist dort das Jes-Zitat in Mk 7,6 durch Diplé ausgezeichnet (vgl. ebd., 36). Vgl. auch das zusammenfassende Statement von Metzger (Christianization, 122): „If one may generalize on the basis of such limited amount of textual data, it appears that the Old Nubian version was made from a Greek text which was predominately Byzantine in character, but which preserved a mixture of other readings as well.” Vgl. hierzu J.M. Plumley/ G.M. Browne, Old Nubian Texts from Qaṣr Ibrīm, vol. I, London 1989; LTON 44–63 + BzS 5 (1990), 32f. Es handelt sich um ein vorder- und rückseitig beschriebenes Pergamentblatt im Format 18,6 x 16,1 cm. Vgl. hierzu ebd. sowie die Erstpublikation: J.M. Plumley, A Medieval Nubian Literary Text, STB 2 (1980), 34–41. Es handelt sich um ein vorder- und rückseitig beschriebenes Pergamentblatt im Format 20,0 x 16,0 cm. D.i.: Berlin, Ägyptisches Museum, P. 13998; Pergamentfragment, 4x4 cm. Der Ankauf erfolgte 1908 durch Schäfer in Assuan. G.M. Browne listet die Fragmente aufgrund seiner Korrespondenz mit dem Museum 1980 als verschollen (vgl. An Old Nubian Fragment of Revelation, in: StudPap 20 [1981], 73–82); vgl. so jüngst auch Werner (Christentum in Nubien, 202, Anm. 35). Vgl. zum Ms. F.Li. Griffith, The Nubian Texts of the Christian Period (APAW.PH 8), Berlin 1913, 55; LTON 76f.
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IN I, 8 und IN I, 9 stammen wahrscheinlich aus einem Codex, so dass wir summa summarum lediglich zwei altnubische Zeugen der Apk besitzen. Eine Datierung ist bei beiden Zeugen aufgrund der Fundlage15 nicht möglich.16 Aber die archäologischen Befunde der Zerstörungen des Shams ed-Dawla Feldzuges 1172/72 n.Chr. machen dieses Datum als terminus ante quem wahrscheinlich.17 Hinzu kommt aber noch ein Apk-Zitat aus Cyrill von Jerusalem (bzw. Ps.Chrysostomos), In quattuor animalia:18 IN II, 16 iv 1–10 Apk 4,4.9–10
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Qasʖr Ibrīm19
Zwar ist bei IN I, 8.9 sicher, dass diese aus der Kathedrale (ehem. Church 1) stammen. Plumley/ Browne (Old Nubian Texts I, 1) beschreiben die Fundlage aber eher ungenau für alle in IN publizierten Texte mit „scattered in a few centimetres of dust overlying the pavement of the nave of the Cathedral of St. Mary”. W.Y. Adams (Qasr Ibrim. The Earlier medieval Period [Ees Excavation Memoir 89], London 2010) spricht mit Bezug auf die religiösen Texte in Qaṣr Ibrīm von Funden „in the Cathedral“ (ebd., 245) bzw. „in the Cathedral and its vicinity“ (p. 244), bezieht sich aber nicht auf bestimmte Schriften. Vgl. Adams, Qasr Ibrim, 242: „An obvious caveat applies to all such dating“. Vgl. mit Bezug auf die anderen Sprachdokumente vom gleichen Fundort Adams, Qasr Ibrim, 242: „The numerous Greek and Coptic fragments found in and around the Cathedral were almost certainly burned and scattered at the time of the Shams ed-Dawla raid. No other known event would have caused the amount of burning exhibited by these documents. But many of them – especially those on parchment – were undoubtedly precious texts that were generations and perhaps even centuries old at the time of their destruction.” Von einem Wiederaufbau der Kathedrale und ihrer erneuten Zerstörung im Zuge der Ottomanischen Eroberung Ägyptens durch bosnische Söldner im Jahre 1528 n.Chr. gehen dagegen Plumley/ Browne (Old Nubian Texts I, 1) aus. Dies verwundert ein wenig, da der von Plumley selbst 1964 veröffentlichte Grabungsbericht aufzeigt, dass die vermutlich der Bosnischen Besatzungszeit zuzuschreibenden Gebäude über der Zerstörungsschicht liegen, in der die Manuskriptfunde gemacht wurden. In diesem Grabungsbericht vermutet Plumley zudem, dass die Zerstörung der Kirche durch ein Erdbeben erfolgte (vgl. M. Plumley, Qaṣr Ibrim̂ 1963–1964, JEA 50 (1964), 3–5, hier: 3; zu den Grabungsschichten vgl. auch ders., Qaṣr Ibrim̂ 1966, JEA 52 (1966), 9–12). Das Encomium existiert zudem in einer koptischen, einer arabischen und einer äthiopischen Version, und wird dort jeweils fälschlicherweise Johannes Chrysostomos zugeschrieben. Vgl. hierzu J.L. Hagen, „The Great Cherubs“ and his Brothers. Adam, Enoch and Michael and the Names, Deeds and Faces of the Creatures in Ps.-Chrysostomos, On the Four Creatures, in: N. Bosson/A. Bouvarel-Boud'hors (edd.), Actes du huitième Congrès international d'études coptes, Paris, 28 juin–3 juillet 2004, vol. II (OLA 163), Leuven 2007, 467–480, hier: 468. Vgl. hierzu Plumley/Browne, Old Nubian Texts II, 22–25; Erstpublikation durch G.M. Browne, New Texts in Old Nubian from Qasr Ibrim (III), in: STB 7 (1985), 14–29. Der patristische Text ist durch eine arabische Version bekannt.
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Die folgende textkritische Analyse beschränkt sich auf die direkten Textzeugnisse und lässt das Zitat aufgrund der eigenen Textgeschichte des patristischen Textes außer Acht.20
4. Textkritische/ textgeschichtliche Analyse Um den Wert der altnubischen Überlieferung und ihre Stellung im Gesamt der textgeschichtlichen Entwicklung einschätzen zu können, ist ein Abgleich mit der gesamten Apk-Überlieferung vorzunehmen. Da die ECM – dem klassischen Vorgehen folgend – die Text- und Überlieferungsgeschichte mit Hilfe eines Teststellensystems evaluiert, liegt es nahe, die altnubischen Reste vor dem Hintergrund dieser Teststellen zu betrachten. Dabei ist als methodisch-problematisch zu notieren, dass lediglich 16 der 180 Teststellen im altnubischen Text überliefert werden. Andererseits ist dies im Verhältnis zur in