Studien zu den platonischen Nomoi

The classical study on Plato's Laws by the German scholar Gerhard Müller.

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German Pages 194 [196] Year 1951

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Studien zu den platonischen Nomoi

Table of contents :
Einletung, 1
Hinführung zum Problem, 7
Der Stil der Nomoi und der Stil der Epinomis, 98
Das Staatsideal der Nomoi, 131
Schluss: Zusammenfassende Thesen und Erörterung der Aporie, 184
Register der Plotonstellen, 191

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tTEMATA MONOGRAPHIEN ZUR KLASSISCH'EN AlT'ERTUMSWISSENSCHAFT REFT 3

GERHARD l\ltJLLER

STUDIEN ZU DEN PtATONISCHEN

NOMOI

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VERLAG C·H·BECK MÜNCHEN .~

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ZETEMATA MONOCRAPfllEN ZUR KLASSISCHEN

ALTERTUMSWISSENSCIJAFT

IN GEMEINSCUAFT KARL O'OCRNER, BELLFRIED

DAIILMANN, ALFRED HEUSS

RERAUSCECEBEN ERIcn

BURCK

MIT

VON

UND HANS DILLER HEFT 3

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STUDIEN

ZU DEN

PLATONISCHEN

NOMOI

VON

GERHARD

C.U.BECK'SCUE

MOLLER

VERLAGSB MüNCHEN

UCHUANDLUNG 1951

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VORWORT Die vorliegende Untersuchuug erscheínt hier in der Form, in der sic im Winterseroester 1946/47 der Philosophischea Fakultilt zu Kiel als Habilitatienssclmít vorgelcgen hnt. Inewiscbea erschieu Jaegera Bchundlung dcr Nomoi im dritten Bnnd der "Pnidcin" [Berlín 19-17). Da die voo mir angewondete Betracbtungsweisc von der Jaegers vallig abweieheod ;Sl, scheint mi, der Verzic},t auf eine nachtrllglich einzuarheitende Auseínundersetaung mit J ilgers Ioterpretatiooen gerechtfertigt. Soweit mir dus Thema hetrefl'eode auelündlsche Literatur BUS den Jahren seit 1939 oicht zur Kenotnis gekommen ist, mlill ieh um Naebsicht bitten. Es sei mir erlaubt, dem Dnnk, den ich anlañlich der Poblikation meiner Arbeit lehhaft empfinde, aueh llffeotlich Ausdruck zu geben. Ieh habe zu dankco: der Notgemein.schaCl der Deutschen Wissensebnft [ür cinco hohen ZuschuB zu dco Druckkosten und den Herreo Herausgebern, Erieh Burck und Hans Dillcr in Kiel, nicht nur fur die Aufnahme mciner Schrift in die "Zetemata", soudern auch für vielerlei freundliche Hilfe VOl und hei dcr Drucklegung. Aro Losen der Korrek:tmen beteiligte sich auch mein Freund Wolf Steidle in Wünburg, Kiel, im J uli 1951 Gcrhard

Müller

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INHALT Einl~itUDg IlinfUbru.ng

ZWJl

Problem

.

7 1

Dio Philcsopbíe

der Nomoi .

13 JI

Der SliJ der Nomoi und der Stil der Epinomia

98

111

Da. Staa18idenl der Nomoi .

. . . . . . . . . 131 SebJull

Zusammenfoasende Tbesen und ErOrterung der Aporie .

184

Register der Plotonstellcn.

191

. . . . . . . . . ..

09445

EINLEITUNG lIinfü/&ru"8 ::um Problem. Es innieht zuviel behauptet, wenn man die Nomoi das oro wenigsten erforschte Werk Platons neunt, Sie nnhmen in der Geschichtc de. neueren Pllltou!orsclJUug iromC1cine eigentümlíche SondersteUung ein, Schleiermacher, der mit seincr Übcrsotzung diese Platou!orscbung erolfnetc, liol) sic III'S; ratsüohlieh fügen sic sieh in das von ibm erfallte Bild der einheitlichen platoníschen Philosopbie nieht ein. Dio philesopbischen Beeonderheíten und sonstigen MlIngel des \Verkes veránlal)ten Edunrd Zeller in seiner seharfainnigen Jugendllrbeit ("Platonische Studien", 1839), os ..Is GnDri~es dem Platon abeusprechen, naehdem schon Fr. Ast, ein groBor Kcnner Plntons und vortrcffJicher Emendator seines Textes, mit einem Angriff auf die Echtbeit der Nomoi vorangegangen war ("Platons Lobeo und Schriften", 1818). Doch .hielt ZeUer in seiner groBen, dos Ja1u:hundert beherrschenden Darstellung der grieebisehen Phílosophie seine Athetese nicht aufrecht, Man kann freilich nicht sagen, daJl er cinc übcrzeugende Erkliirung aUes einst Anstilíligen und cine positivelnterprctation des ganzen Werkes an ibre SteUe setzte. Vielmebr schwachte el" nur die Scharfe seiner Kritik ah, legre sieh vieles Absonde.licbe zurecht und schob, was dann noeh blieb, auf das hohe Alter, das Platon bei del" Ahfnssung des Werkes hatte, oder auí den unvoUcndeten Zustand des von PIaton nicht mehr herausgegebenen Textes. Alles dies aber tat el nicht in eíner systematiseben Auseinandcrsetzung mit seinen eigenen AuísteUungen, vielmehr groOteoteils in deo Anmerkungeu unte. dem Text seiner Darstellung des Lebrgebaltes der Nomoi ("Die Philosophie der Grieebcn", H, 4. Aull. 1889,946 ff.). Daílauf diese Weise das Problcm mehr bcíseitegescheben als durelagefochten wurde, war CiD UnglOek für die Erforschung der Nomoi. Seitdem sind aie nümlich, mit al) ihren Besonderbeiten, beinabo in einer Art von Halbdunkcl Iiegengeblieben. Mao gewehnte sieh viclfach, ihre Sonderstellung auzuerkennen, sic aber gleíchzeitig doch fUr irgendwie hurmonierend mit den früheren Werken Plntons zu halten, oboe dos Besondere und dos irgendwie Hnrmonierende genau abaugrenzen und das VerhUltnis zu erklüren.

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8

Hinführung

:lIm

Problem

Für den von K. Fr. Hermann begründeten entwicklungageschicht-> Iichen Zwcig der Platonforschung ("Gilscruchte und System der plato-s nischen Philosophle", 1839) war von vomherein das Bestreben maC·· gebend, die gedankllchen Besonderheiten der Nomoi aus einer lerstena Pbase philosophischor Entwieklung Pintona begrciflich zu machen .. Von diesem Standpunkt nus mullten die kritiscbcn Einwilnde in Zelíerss Jugcndarbeit am entschiedensten abgelehnt werden. Bis heute gibt eas die beiden Moglicbkciten der Erklfiruog: entwcder man fOgt die Nomoii harmonisiercnd eíuer cínhcítlichou Konzeption der platouíschen Philo·· sophie ein! odcr man versteht ihre Besonderbeiten gcnelisch,2 wobeii die Verbindung beíder MUglicbkcitcn nabeliegeud und notwendig ist,. denn dio Entwícklung Platons muB immer als oinem einheitlichen Ríchtungsaínn untcrworfen gcdaeht werden, Es dnrf gesngt werden, daB cine eindrucksvolle und sich durchsetzendc Lesuug des spcaiclleu Problema der omoi ven keinem Stendpunkt aus vorgehracht wurde. Dcn.n WiJamowit7. in seiner Platon· biograpbie ricbtet sein Interesse eingestnndenermnílen nicht nuf das Philosophischc, sondcm auf das Bíographiscbe. Ohne genauc AnaJyse des dogmatlschen Gehaltes aber konnen die Nomoi nicbt letatlich beurteilt werden, Eine groBe Zahl von Arbeiten beschaftigte sich mit der schwierigen Komposition des Werkes. litre mit sachlicheu Sebwierigkeiten verkoppclten Absonderlichkeíten wurden von 1. Bruns (..Plateas Gilsetze vor und naeh der Herausgabe durch Philippos von Opus", Wcimar 1880) in Verbi.ndung gebracht mit einer antiken Überlieferung (Diog. Laert. ID 37 und Suidas s. v. cptA6Goret.icren. J n ;= «~OI.VI."von gewaluger Übergewalt des Kricgcs tiberwUltígt" (man widcrsteht der Vcrsuehang, T.OAt¡.t(!:>zU I

OcroclbcFtI.lIJic8~vor 756d JO: jl.t"ov jl.ov«px"'ij, "",1 31ljl.oxpo",,,ij,r.oA,nl«"

1" v 1tep! 1t«aa.', cXa~f3&IQ(vCSV'l"WV = -rwv .xaef3wv, wo die Beziehung auf Myli>v durch die Parcllolstellc 908a 7 widerlegt wird: =pl .xat:f3UIXII8' 6v-.li>v = .xatf3wv oV'!"wv. 908 a 3: awn¡?Ea.~ l:ve'/..a. -rOL'; 1tOAAOLv GW¡LtiTIi>Vzur Bezeichnung emes gewóbnlichen Gefllngnisses. 783 a 3: Ó m:pt "ti¡v -roíi y&\Iou,; >t x"l -runo< .lOd Einzclou.fdhMJog 876. I h6chOl u.,..,hor( OUl.

0010~4 167

sielenden Staates werden und 80 deo Staat rettea. Das bcstlltigt sich sueh dUJ'Cbdas oegative Komploment des Gildankena: es gibt aber "kein Mittel zur Rcttung" (7 L4n 7), WCIlD Begierden uad Lüste den Staat regieren.! Die innere Cebroohouheir des GilinbegrüTca der Nomoi, die durchgehcod ist, wirel nuoh hier wieder wirksnm. Dcr Ceiat ist, eincr3t1iu Saehwissen, zIIhUoh8t narrouomlscbee, nndrcreciu aber dureb die Sehau des Kcamos zur ethischen FObrung befllhigt; docb geailgt diese seine Kraft nícht, scndern nimmt ein ungoiniges, etbisehes Vermllgea su Hilfe, Dieses Zwitterwesen 8011, als Gilsctz inkaroiert, den Nomoistont lenkea. Der innere Zcrfnll des BegrüTilsy.tems erlaubt UDS nicht mchr, den Zusn.nmenhnng swiscben Kosmosscbuu uad ethiseher Beherrscbung zu seben, nuf deo doch in der Erllrterung 96l a-968 a dor stllrkste Anspruch erhoben wird, ungeachtet desscn, doB er jo dureh dio Ancrkeooung der volkatümlíehen Tugenden (9680 2) gleichzeitlg gelcugnet wird. Alioli in der Explikation des Fundamentalsatzes lrOl latent dieselbe Schwíerigkeit RUJ. Es wird nuo, obwohl alles Weseotlicbe klargeworden iat, docb 714 b 1 neu eingesetzt, mit einer der 8tercotypen Wendungon, die immer wiederkebren uod austauscbbar wareo: "Wir müssen BIso folgenden Cedankengang prüfen, ob wir ihm geborcben oder wie wir- uos verhalten wolleo." ach dem cinco Ziol dos gereehten Staates und seiner Gilsetl!e wird ouo gefragt, das 80 vielfuch verkannt wird, Die Sacb1age voo 963 d Ir. ist parallel, Die Ialsehe Gilgcoansicbt ersebeint in der Positioo des Kallikles aus Gorgias 483-484, daB gerecht der Nutzeu des Maebthabers sei. Ebenso bieB es jo 713 a, die besteheodeo Verfassungco seien nur -kratien, Eme wirk1iche dialektische Widerlegung wie im Gorgias lindet die íalsehe Posirion hier nicht; sic wird ausfilbrlich parapbrasiert, mit dem pindariscbc02 8txottwv 'tb f3u,(Ó~ot~OV a\l8 dcr AxiomentaIel • 'l'ux1¡v ••• 1¡3Qvw.",,1 i"'&UI.&IWV opeyo¡.rengt~ StOck. Denn 96l n vc.rweiat dnrnur zurUek. UIU ¡hu uochnwl, zu trlnulcm. Elw05 Derorligts kao,o nUlO doch uicht Unvollcndung ncnnen. aondcrn ti ¡.st tin KUtlJl .. 1 Sehon

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(.hler.

dj. Spit •• de. StA.le. ecin 801ltO.Klllrliclo i.t 632. ein

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D•• SI.auid.al de, Nomoi

nahm, wird hier seltsam hinten angehlingt an cine auf ungeheueren Stoff bereits angewendete TugendpbiJosopbie als deren Vollendung, wenigstens der Idee nach ; in Wahrheit mu6 man doch recht mühselig die Verbindung nacbtrllglich herstcllcn, wie wir es im ersten Kapitel taten, lo den Staat hinein wirkt Theologio im Grunde nur in der Cestnlt der zablreichen Kulte und cines gegenüher der gebaltenen Frihnmigkeit, die aus aUen früheren \Verken Plntons sprícht, ungeheucr gesteigerten superscitlüsen GebRTens. Aber dos bezieht sich auf die Glltter der Volksreligíon, jn selbst auf tyrrbcnische und kyprischc Kulte (7380); die GUttor dos Kosmos sind nicht einbczogen (771 b sind die COlter des Tierkreises gemeinr), geschweige denn, da6 das tbeologische Prinzip emsthaft siob politiscb auswirkte. Bei der Behnndlung der Verfassungsfrage werden die beiden doriechen Staaten als wahrhnfte Staaten gerühmt (712e), weil sic keinem der Typen mOglicher Verfaasungen entsprechen, sondem diese Typen zu mischen schcinen (712d). Durch die Mischung von drei politischen Faktoren rerteten nach 691d fT. Zeus und Lyknrg! Sparta. Dngegen stellen Atben und Persien Extreme dar, jenes der Freibeit. dieses del' Knechtschaft. Eine Mittc zwischen diesen Extremen ist die richtige Verfassung (698ab, 701e, 7560 9).Q Da das historisch Vorliegende für die Nomoi Wabrlleits- und Beisplelscharakter hat (683e 1011'.), müBte eigentlich diese ideale Míschverfassung das Prinzip des Staates werden, Es gibt aber zwar beim Wahlsystem (756e 9) die Mischung des demokratiscben Loses mit del' timokratischen Abstufung der Wahlrecbte, aber sonst wírd das Mischungsprinzip nicht auf die Verfassung des Nomoistuatea angewendet. (Prak-tisch Ist dieser 5taat keineswegs cine ¡ucón¡.;, sondem unüberbietbar despotisch und geradezu inquisitorísch.) Allerdi.ngs geuie13en im Gesprilch des ersren Buches die dorischen Gesetze eine so ungemeine Hochachtung.s dall sie mit den verI Die Suche noeh dem drillCll Rcttcr 692. 3 (vsl. England z. Sto) ÍJl gan. übu6ü.rig: Zeu. in ee wieder. De' Cedunke glcil>et nlimli.h gonz in der in den Nomoi üblichee Art VOIIl drittcn in der RcibenIolgo eu der Foemel übe.r: •.driuer RClte.ru bc.i der

Líbatioe,

ut

• Der uristctelischo fL'GÓ'"l~-BogriJl' in den NotOoi Ichon "Ollil! Ru.gebildet. Eo scheínt naheliegend zu 8chliellcn, duB der fLéll.~,~-BcgrilT "erschwunden ..ielmogzum Kosmos bedenkt, muD mau zugeben, dall dio Cbarakterisieeung des Stames als des zweltbes ten der Würde und dom Anspruch des vo¡¡~widcespricht. Nun iSl aber, wie wir zeigreu, die ALstltflLOgvom Insritutionelten aus gcmeint. Die Institutionen in der Politeia erscheineu vollkommon, weil einheitstiftcnd, abcr zur Vcrwirklichllng uugceignct. Andrerseits haben die 'omoi doch das mit der Politeiu gCll\einsalll, dall ein hüchstes Gcistprinzip den Staat begründen 8011. Fnktísch ist das GciStpri07.ip der ~omoi nur zu vcrsteheu uls oiu Ahfall uud cine Veriiullcrlichung des echten aus der Politeia. Abor die Nomoi sclbst dürften es darum doch me das zweitbeste nennen ; wenn sie vom ersteu, zweircn und drirten Staat der Tugcnd nach redeu {739bl, desavouieren sie sicb selbst, Es besreht cm \Vidersprucb zwischen Geist und lnstitution, der wesentlich und Symptom der konatituuouellen inneren Gebrochenbeit der Nomoi ist. Die Instrturionen sind hier eben nicht axiomatisch aus dem Geistpcinzip abgeleitet, sondern baben ihr cigenes Schwergewicht, das der Raricnalisierung widerstreht. Von hier aus neluneu wir zu dem vielbcredetcn Problem des dritten Staates Stellung. Zuniichst ist es einfach nicht ricbtig, was Wilamowitz (I 651 A.) undFriedliinder {II 625 A.4l behaupten, da!lS""""paevoú¡L