Strategisches Management in Museen: Mit Change Management und Balanced Scorecard aktiv gestalten [1. Aufl.] 9783839428436

Venture into more strategy in museums! Future museums can actively create with the use of Balanced Scorecards and Change

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Strategisches Management in Museen: Mit Change Management und Balanced Scorecard aktiv gestalten [1. Aufl.]
 9783839428436

Table of contents :
Inhalt
Danksagung
Zusammenfassung
Abbildungen
Tabellen
Abkürzungen
1 Ausgangslage
1.1 Hintergrund
1.2 Wissenschaftliche Einordnung des Forschungsgegenstands Museum
1.3 Besonderheiten im Museumsmanagement
1.4 Wissenschaftliche Einordnung des Forschungsgegenstands BSC
1.5 Forschungsstand des Einsatzes der BSC und ihrer Ausprägungen
1.6 Zielsetzung und Erkenntnisinteresse
1.7 Methodisches Vorgehen und Aufbau
2 Strategisches Management und Museen in öffentlicher Trägerschaft
2.1 Begriffsbestimmungen
2.2 Controlling in Museen in öffentlicher Trägerschaft
2.3 Balanced Scorecard (BSC) – ein strategisches Managementsystem
2.4 Gesamtbetrachtung der BSC als strategisches Managementinstrument im Kontext von Museen in öffentlicher Trägerschaft
2.5 Kritische Betrachtung der BSC
3 Einsatz des Change Managements zur Einführung der BSC in Museen in öffentlicher Trägerschaft
3.1 Untersuchung zu der Verbreitung, dem Einsatz und den Erfahrungen mit dem strategischen Instrument BSC in Museen in Deutschland
3.2 Einsatz des Change Managements zur Unterstützung der Implementierung der BSC
3.3 Zusammenfassung der Voraussetzungen vor Beginn der Implementierung
4 Anwendungsmöglichkeit der BSC in Projekten in Museen in öffentlicher Trägerschaft
4.1 Projekt und Projektmanagement
4.2 Aufbau einer PSC zur ganzheitlichen Projektsteuerung
4.3 Pilotprojekt des Einsatzes der PSC in einem Projekt der Stiftung Jüdisches Museum Berlin (JMB)
4.4 Zusammenfassung des Pilotprojekts
5 Fazit und Ausblick
Literatur
Anhang mit Anhangsverzeichnis

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Michaela Conen Strategisches Management in Museen

2014-11-24 08-34-47 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 022e383221771434|(S.

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4) TIT2843.p 383221771458

Michaela Conen (Dr. phil.), Kultur- und Medienmanagerin, ist Inhaberin der Agentur CULTURE PARTNERS und als Beraterin tätig. Bis März 2014 war sie Leiterin der Stabsstelle Corporate Performance Management beim Jüdischen Museum Berlin.

2014-11-24 08-34-47 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 022e383221771434|(S.

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4) TIT2843.p 383221771458

Michaela Conen

Strategisches Management in Museen Mit Change Management und Balanced Scorecard aktiv gestalten

2014-11-24 08-34-47 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 022e383221771434|(S.

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4) TIT2843.p 383221771458

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2015 transcript Verlag, Bielefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Lektorat & Satz: Michaela Conen Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar Print-ISBN 978-3-8376-2843-2 PDF-ISBN 978-3-8394-2843-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

2014-11-24 08-34-47 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 022e383221771434|(S.

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4) TIT2843.p 383221771458

Inhalt

Danksagung | 7 Zusammenfassung | 9 Abbildungen | 11 Tabellen | 15 Abkürzungen | 17 1 Ausgangslage | 19 1.1 Hintergrund | 23 1.2 Wissenschaftliche Einordnung des Forschungsgegenstands Museum | 27 1.3 Besonderheiten im Museumsmanagement | 37 1.4 Wissenschaftliche Einordnung des Forschungsgegenstands BSC | 46 1.5 Forschungsstand des Einsatzes der BSC und ihrer Ausprägungen | 49 1.6 Zielsetzung und Erkenntnisinteresse | 56 1.7 Methodisches Vorgehen und Aufbau | 57 2 2.1 2.2 2.3 2.4

2.5

Strategisches Management und Museen in öffentlicher Trägerschaft | 65 Begriffsbestimmungen | 66 Controlling in Museen in öffentlicher Trägerschaft | 87 Balanced Scorecard (BSC) – ein strategisches Managementsystem | 94 Gesamtbetrachtung der BSC als strategisches Managementinstrument im Kontext von Museen in öffentlicher Trägerschaft | 114 Kritische Betrachtung der BSC | 118

3

Einsatz des Change Managements zur Einführung der BSC in Museen in öffentlicher Trägerschaft | 121 3.1 Untersuchung zu der Verbreitung, dem Einsatz und den Erfahrungen mit dem strategischen Instrument BSC in Museen in Deutschland | 121 3.2 Einsatz des Change Managements zur Unterstützung der Implementierung der BSC | 131 3.3 Zusammenfassung der Voraussetzungen vor Beginn der Implementierung | 149 4

4.4

Anwendungsmöglichkeit der BSC in Projekten in Museen in öffentlicher Trägerschaft | 151 Projekt und Projektmanagement | 152 Aufbau einer PSC zur ganzheitlichen Projektsteuerung | 160 Pilotprojekt des Einsatzes der PSC in einem Projekt der Stiftung Jüdisches Museum Berlin (JMB) | 166 Zusammenfassung des Pilotprojekts | 194

5

Fazit und Ausblick | 195

4.1 4.2 4.3

Literatur | 199 Anhang mit Anhangsverzeichnis | 221

Danksagung

Die vorliegende Arbeit wurde 2013 vom Institut für Kultur- und Medienmanagement (KMM) an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg (HfMT) als Dissertation angenommen und mit „magna cum laude“ bewertet. Den Entstehungsprozess meiner Dissertation haben viele ermöglicht und begleitet, denen ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen möchte. Zuallererst ist hier mein akademischer Betreuer Herr Prof. Dr. Boll zu nennen, den ich als Doktorvater sehr zu schätzen gelernt habe. Die Zusammenarbeit mit ihm war ungemein inspirierend, dafür gilt ihm mein herzlicher Dank. Herrn Prof. Dr. Höhne bin ich sehr verbunden, weil er mir als Zweitgutachter durch seine Doktorandenkolloquien neue Aspekte aufgezeigt hat und meine Arbeit signifikant positiv beeinflusste. Ich bedanke mich ebenfalls bei der Museumsleitung des Jüdischen Museums Berlin, ohne deren Hilfe meine praxisnahe Dissertation nicht möglich gewesen wäre, den Museen, die an meiner Befragung teilgenommen haben und dem Deutschen Museumsbund e.V. für die Zusammenarbeit im Rahmen meiner Online-Umfrage. Abschließend gebührt der größte Dank meinem Mann Stefan, der mich in jeder Hinsicht unterstützt hat und meinen Kindern Rahel und Ben. Berlin, im Oktober 2013 | Michaela Conen, M.A.

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit rückt die Balanced Scorecard (BSC) als strategisches Managementinstrument für Museen in öffentlicher Trägerschaft in den Fokus der Betrachtung und untersucht sie auf ihren Nutzen, ihre Eignung sowie auf ihre Anwendbarkeit als Project Scorecard (PSC) in Museumsprojekten in öffentlicher Trägerschaft auf theoretischer Ebene – jedoch ebenfalls praxisorientiert in Form einer Beschreibung des Pilotprojekts. Die erfolgreiche Einführung der BSC erfordert weiterhin einen geplanten Wandel innerhalb der Einrichtung. Daher wird das Change Management in die Betrachtung inkludiert und eine eigens im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelte Change-Management-Konzeption vorgestellt. Die Erarbeitung der damit verbundenen strategischen Prozesse und das Selbstverständnis eines strategischen Managements in Museen in öffentlicher Trägerschaft stellen die Basis der Überlegung dar, da die BSC die Implementierung bereits bestehender Strategien unterstützt und nicht die Strategieentwicklung. Dementsprechend wird zur ganzheitlichen Betrachtung ein Strategieansatz zur Strategieentwicklung und den dazugehörenden Prozessen aus der Vielfalt der Methoden herausgearbeitet und dient u. a. als Basis und Voraussetzung für die Einführung der BSC. Auf diese Weise soll ein theoretischer Denkrahmen geschaffen werden, wie die BSC in Museen in öffentlicher Trägerschaft eingesetzt werden kann und wie Change Management die Veränderungsprozesse dabei unterstützt. Im Rahmen einer Online-Umfrage, gerichtet an die Verwaltungsleitungen in Museen in Deutschland, wird zudem der Verbreitungsgrad und Kenntnisstand zur BSC untersucht.

Abbildungen

Abb. 1: Zentrale Herausforderungen für das Museumsmanagement in den nächsten Jahren | 20 Abb. 2: Anzahl der Museen in Deutschland nach Trägerschaft | 24 Abb. 3: Öffentliche Kulturausgaben (Ausgaben in Mrd. Euro) in Deutschland von 2005-2010 | 34 Abb. 4: Die Kulturförderung der Wirtschaft in Deutschland nach Förderformen im Jahr 2008 | 35 Abb. 5: Das Systemmodell im Neuen Steuerungsmodell | 40 Abb. 6: Das Systemmodell im Neuen Steuerungsmodell und die beispielhafte Möglichkeit der Übertragung dieses Konzepts auf Museen in öffentlicher Trägerschaft | 42 Abb. 7: Grundmodell für das kommunale Management | 44 Abb. 8: Potenzial der BSC als strategisches Managementinstrument | 48 Abb. 9: Verwendung einzelner Management- und Steuerungsinstrumente sowie Gründe für deren Einführung | 53 Abb. 10: Nutzung einzelner Management- und Steuerungsinstrumente und Anteil der zufriedenen Nutzer | 54 Abb. 11: Forschungsstrategie/quantitative Methode | 59 Abb. 12: Forschungsstrategie/qualitative Methode | 60 Abb. 13: Kurzüberblick der Kapitel | 63 Abb. 14: Vier-Stufen-Modell für den Umgang mit Stakeholdergruppen | 76 Abb. 15: Stakeholder-Portfolio | 78 Abb. 16: Prozess des strategischen Managements für Museen | 82

12 | S TRATEGISCHES MANAGEMENT IN MUSEEN

Abb. 17: Aufgaben- und Verantwortungsteilung zwischen Controller und Manager | 90 Abb. 18: BSC als ganzheitliches strategisches Führungs- bzw. Managementsystem | 97 Abb. 19: Die vier Perspektiven der BSC nach Kaplan und Norton | 100 Abb. 20: Kombination der Bewertungsverfahren | 106 Abb. 21: PDCA-Zyklus von Deming zur ständigen Verbesserung von Prozessen | 109 Abb. 22: Ergebnisse zu der Frage: „Ist die BSC in Ihrem Museum im Einsatz?“ | 123 Abb. 23: Geplante BSC des Museums für Kommunikation Berlin | 124 Abb. 24: Ergebnisse auf die Frage: „Wo sehen Sie Anzeichen für einen Strukturwandel im Museumssektor?“ | 126 Abb. 25: Ergebnisse auf die Frage „Wie reagiert Ihre Einrichtung auf die veränderten Rahmenbedingungen?“ | 127 Abb. 26: Ergebnisse auf die Frage: „Welche Rolle spielen bei Ihnen Fundraising und Sponsoren geförderte Projekte?“ | 127 Abb. 27: Ergebnisse auf die Frage: „Haben Sie ein Leitbild und eine darauf aufbauende Strategie in Ihrer Einrichtung?“ | 128 Abb. 28: Ergebnisse auf die Frage: „Sind Sie der Ansicht, dass das Leitbild bzw. die Strategie in Ihrer Einrichtung ausreichend transparent für Ihre Mitarbeiter ist?“ | 129 Abb. 29: Ergebnisse auf die Frage: „Haben Sie vor, ein Leitbild und eine darauf aufbauende Strategie für Ihre Einrichtung zu entwickeln?“ | 130 Abb. 30: Ergebnisse auf die Frage: „Sind Sie persönlich der Auffassung, dass es Verbesserungspotenzial der Strategieumsetzung in Ihrer Einrichtung gibt?“ | 130 Abb. 31: Aspekte der Change-Management-Konzeption | 134 Abb. 32: Anforderungen an Change Agents | 138 Abb. 33: Inhalte und Maßnahmen der Kommunikation im ChangeManagement-Prozess | 147 Abb. 34: Projektmanagementprozess | 155 Abb. 35: PSC als ganzheitliches Managementinstrument | 161

A BBILDUNGEN

Abb. 36: Der PDCA-Zyklus von Deming übertragen auf das Projektcontrolling | 165 Abb. 37: Stakeholder des Projekts | 168 Abb. 38: Auszug Stakeholderanalyse | 171 Abb. 39: PSC des Projekts „Hardware und Multimediatechnik zur Entwicklung eines mobilen Museums“ aus dem Jahr 2011 | 172 Abb. 40: Die Mission des Jüdischen Museums Berlin | 174 Abb. 41: Die Vision des Jüdischen Museums Berlin | 174 Abb. 42: Projektstrategie des Projekts „Hardware und Multimediatechnik zur Entwicklung eines mobilen Museums“ | 175 Abb. 43: Stakeholder-Projektportfolio | 176 Abb. 44: Ausschnitt aus der Übersicht der Projekt Scorecard des Projekts und Darstellung der Stakeholderkennzahlen | 180 Abb. 45: Ausschnitt aus der Übersicht der Projekt Scorecard des Projekts und Darstellung der Finanzkennzahlen | 181 Abb. 46: Ausschnitt aus der Übersicht der Projekt Scorecard des Projekts und Darstellung der Mitarbeiterkennzahlen | 186 Abb. 47: Ausschnitt aus der Übersicht der Projekt Scorecard des Projekts | 190 Abb. 48: Ausschnitt aus der Übersicht der Projekt Scorecard des Projekts und Darstellung der gesamten Kennzahlen | 191 Abb. 49: Darstellung der PSC als ganzheitliches Steuerungsinstrument im Projekt des JMB | 193

| 13

Tabellen

Tab. 1: Tab. 2: Tab. 3: Tab. 4: Tab. 5: Tab. 6: Tab. 7: Tab. 8:

Struktur der öffentlichen Kulturpolitik in Deutschland im Überblick | 32 Denkschulen zum strategischen Management und Interpretationen für Museen in öffentlicher Trägerschaft | 69 Vorteile und Gefahren der BSC | 119 PSC mit vordefinierten Wertungsbereichen | 173 Übersicht der Kennzahlen zur Stakeholderperspektive und ihre Parameter im Projekt | 178 Übersicht der Kennzahlen zur Finanzperspektive und ihre Parameter im Projekt | 182 Übersicht der Kennzahlen zur Mitarbeiterperspektive und ihre Parameter im Projekt | 184 Übersicht der Kennzahlen zur Prozessperspektive und ihre Parameter im Projekt | 187

Abkürzungen

BDI BHO BKM BSC DIN EFRE ESF EU GG HTW ICOM IGC INTERREG JMB KGSt LEADER

LHO LoB MS NSM NPM PDCA

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Bundeshaushaltsordnung Bundesregierung für Kultur und Medien Balanced Scorecard Deutsches Institut für Normung Europäischer Fonds für regionale Entwicklung Europäischer Sozialfonds Europäische Union Grundgesetz Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin International Council Of Museums International Group of Controlling Europäische Territoriale Zusammenarbeit Jüdisches Museum Berlin Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung frz. Liaison entre actions de développement de l'économie rurale, dt. Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft Landeshaushaltsordnung Leistungsorientierte Bezahlung Microsoft Neues Steuerungsmodell New Public Management Plan-Do-Check-Act

18 | S TRATEGISCHES MANAGEMENT IN MUSEEN

PSC Q1, Q2, Q3, Q4 SWOT VOB VOF VOL

Project Scorecard Quartal 1, Quartal 2, Quartal 3, Quartal 4 Strength, Weaknesses, Opportunities, Threats Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen

1 Ausgangslage

Strategisches Management stellt für viele Museen kein Fremdwort mehr dar – vereinzelt werden bereits Management- und Steuerungsinstrumente in Museen eingesetzt.1 Ihre Relevanz besteht darin, dass Museen sich grundlegenden Veränderungen in Zeiten sinkender öffentlicher Zuschüsse, steigender Budgetdefizite, den damit verbundenen Sparmaßnahmen2 als auch veränderten Rechenschaftspflichten gegenüber Drittmittelgebern 3 ausgesetzt sehen. Am Rheinischen Museumstag in Köln 2011 klagte Regine Zeller, Vorsitzende des Verbands Rheinischer Museen, dass in finanziell schlechten Zeiten immer zuerst bei der Kultur gestrichen würde. Länder und Gemeinden würden der gesamten Kulturförderung ohnehin nur 1,9 Prozent ihrer Ausgaben widmen. Stephan Sensen, Museumsleiter mehrerer Museen in Nordrhein-Westfalen, äußerte an dieser Stelle, dass er gleichermaßen wenig optimistisch in die Zukunft blickt. „Wir stehen erst am Anfang einer katastrophalen Entwicklung.“ Das Aus – selbst für große und traditionsreiche Häuser – zeige: „Es gibt kein ewiges Leben für Museen.“ Viele steuerten auf ihren finanziellen Kollaps zu. Waren 1993 noch 60 Prozent der Museen in öffentlicher – zumeist kommunaler – Trägerschaft, sind es Sensen zufolge aktuell nur noch 55 Prozent. Die Kommunen selbst sind pleite. Ebenfalls nimmt die Konkurrenz auf dem Freizeitmarkt zu und die Angebote von Museen müssen mit Blick auf die divergenten Anspruchs1

Vgl. Modernes Museumsmanagement (2012), S. 18. http://www.uni-potsdam.de/

2

Vgl. Speier-Werner (2006), S. 140, Bemmé (2011), S. 9.

u/ls_puma/files/proeller_et_al_2012_museum.pdf. 3

Vgl. Modernes Museumsmanagement (2012), S. 12. http://www.uni-potsdam. de/ u/ls_puma/files/proeller_et_al_2012_museum.pdf.

20 | S TRATEGISCHES MANAGEMENT IN MUSEEN

gruppen kontinuierlich weiterentwickelt werden. Dazu stellt Volker Rodekamp, Präsident des Deutschen Museumsbundes e.V., auf der Tagung fest, „wir sind gut beraten, die wachsende Konkurrenz auf dem Freizeitmarkt ernstzunehmen.“ Auch Unternehmen, Verbände oder Einkaufszentren beherrschten inzwischen „die Kunst des Exponierens.“ Museen sollten in „erlebnisorientierter Atmosphäre“ Informationen vermitteln und ihre multimedialen Angebote noch erweitern. Das Negativ-Image, Museen seien für Besserverdiener und -wisser bestimmt, müsse weg. „Beim Run auf die Fördertöpfe könne man selbstbewusst auf die Rolle als kulturelle Leistungsträger verweisen.“ 4 Diese Sichtweise im Hinblick auf die zentralen Herausforderungen der nächsten Jahre für Museen und demzufolge auch das Museumsmanagement wird durch eine Umfrage bestätigt. Durchgeführt wurde sie von der Universität Potsdam am Lehrstuhl Public & Nonprofit Management im Zeitraum von Juni bis August 2011 und richtete sich an Verwaltungsleiter in Museen in unterschiedlicher Trägerschaft im deutschsprachigen Raum. Die folgende Abbildung (siehe Abb. 1) fasst die zentralen Herausforderungen zusammen. Abb. 1: Zentrale Herausforderungen für das Museumsmanagement in den nächsten Jahren

Quelle: Modernes Museumsmanagement (2012), S. 165 4

Vgl. Höcke-Groenewegen (2011), http://www.kunstzweitmarkt.de.

5

Vgl. http://www.smb.museum/ifm/dokumente/materialien/mat66.pdf.

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| 21

Zudem hat sich das Aufgabenspektrum von Museen neben ihren originären Aufgaben wie dem Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln kontinuierlich erweitert.6 Sie sollen eigene Einnahmen erwirtschaften, mit Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen kooperieren, im Stadtmarketing präsent sein und auf diese Weise Touristenströme anlocken. Des Weiteren sollen sie Veranstaltungen mit Event-Charakter anbieten, neue Zielgruppen erschließen und besucherorientiert arbeiten.7 Diese Zielvorgaben sind zu erfüllen, um als Kulturbetrieb erfolgreich am Markt bestehen zu können und aussichtsreich hinsichtlich Fördermitteln zu konkurrieren. Zur Umsetzung ihres erweiterten Aufgabenspektrums wird die Initiierung von Kulturprojekten und die Anwendung des Projektmanagements als dynamischer Handlungsansatz immer wesentlicher werden, da „traditionelle, streng hierarchisch aufgebaute Organisationen immer weniger in der Lage sein werden, komplexe Probleme schnell und erfolgreich aus eigener Kraft zu bewältigen.“8 Aufgrund der daran geknüpften sowohl quantitativen als auch qualitativen Anforderungen an Museen ist das Museums- und Projektmanagement in Kulturprojekten strategischer und transparenter zu gestalten. Zur strategischen Ausrichtung gehört jedoch nicht nur die präzise Formulierung von Leitbildern und Strategien, 9 sondern auch deren Realisierung. Insbesondere in diesem Aspekt bestehen die größten Defizite, da der Versuch, eine vorhandene Strategie sinnvoll umzusetzen, in der Praxis oft scheitert.10 An dieser Stelle setzt das strategische Steuerungsinstrument – die Balanced Scorecard (BSC) – an. Mit ihrer Hilfe können Organisationen zum einen ihre Strategie erfolgreich implementieren sowie umsetzen und zum anderen die implementierte Strategie fortlaufend überprüfen. Ebenfalls können durch die fortlaufende Überprüfung der Strategien notwendige An-

6

Vgl. Klein (2009), S. 33 ff.; Deutscher Museumsbund e.V. (2011), S. 14. http:// www.museumsbund.de/de/das_museum/geschichte_definition/aufgaben_des_ museums/.

7

Vgl. ebenda.

8

Bemmé (2011), S. 122.

9

Vgl. Deutscher Museumsbund e.V. – Leitfaden zu Erstellung eines Museumskonzepts (2011), S. 4. http://www.museumsbund.de/fileadmin/geschaefts/doku mente/Leitfaeden_und_anderes/LeitfadenMuseumskonzept_2011.pdf.

10 Vgl. Ehrmann (2003), S. 14.

22 | S TRATEGISCHES MANAGEMENT IN MUSEEN

passungen vorgenommen werden und so Veränderungen der Ausgangssituation berücksichtigt werden. 11 Strategisches Museumsmanagement und seine Realisierung steht allerdings immer in Abhängigkeit zu der Umsetzungsebene, den Mitarbeitern.12 In diesem Zusammenhang fördert Change Management die „Entwicklungsfähigkeit“ der Mitarbeiter sowie der Organisation13 hin zu einer „lernenden Organisation“14 und bietet Veränderungsprozessen einen unterstützenden Rahmen. Diese Bedingungen aufgreifend, rückt die vorliegende Arbeit die BSC als strategisches Managementinstrument für Museen in öffentlicher Trägerschaft in den Fokus der Betrachtung. Sie untersucht die BSC auf ihren Nutzen, ihre Eignung sowie auf ihre Anwendbarkeit als Project Scorecard (PSC) in Kulturprojekten der Einrichtung auf theoretischer Ebene, aber auch praxisorientiert in Form der Beschreibung eines Pilotprojekts. Dabei wird das Change Management15 in die Betrachtung zur Unterstützung des „geplanten Wandels“ 16 innerhalb der Organisation, welche eine derartige

11 Vgl. dabei setzt sich die BSC hauptsächlich mit der bestehenden Strategie auseinander. Durch fortlaufend bestehendes Feedback wird ein fortlaufender Lernprozess ermöglicht (Double-Loop) (vgl. Kühnle (2003), S. 70). Die BSC dient daher hauptsächlich der Strategierealisierung und nicht zu deren Entwicklung. 12 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht. 13 Klein (2011), S. 64. 14 Vgl. ebenda. 15 Change Management ist die Planung und Steuerung des Wandels, was dazu verhelfen soll, „auch unter Bedingungen von Unsicherheit die Entwicklung von Unternehmen bewusst zu gestalten“ (vgl. dazu Steiger/Hug, (2003), S. 260). Change Management wird von Thom folgendermaßen definiert „Das Konzept des Change Management umfasst alle geplanten, gesteuerten und kontrollierten Veränderungen in den Strukturen, Prozessen und (sofern dies möglich ist) in den Kulturen sozioökonomischer Systeme. Ein integriertes und differenziertes Veränderungsmanagement beschäftigt sich u. a. mit Fragen der Organisation des Personalmanagements, der Unternehmensführung sowie der Kommunikation und Information.“ Thom (1995), S. 870. 16 Dabei umfasst „geplanter Wandel“ alle geplanten und gesteuerten Veränderungen mit dem Ziel der Optimierung oder Veränderung von organisationalen Mus-

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Implementierung mit sich bringt, aufgenommen. Die Entwicklung der verbundenen strategischen Prozesse und das Selbstverständnis eines strategischen Managements in Museen in öffentlicher Trägerschaft stellen die Basis der Überlegung dar, da die BSC die Implementierung bereits bestehender Strategien unterstützt und nicht die Strategieentwicklung. Insofern wird zur ganzheitlichen Betrachtung ein Strategieansatz zur Strategieentwicklung und der dazugehörigen Prozesse aus der Vielfalt der Methoden herausgearbeitet und dient u. a. als Basis sowie Voraussetzung für die Implementierung der BSC. Auf diese Weise soll ein theoretischer Denkrahmen geschaffen werden, wie die BSC in Museen in öffentlicher Trägerschaft eingesetzt werden kann und wie das Change Management diese Veränderungsprozesse unterstützt.

1.1 H INTERGRUND Der Fokus der Untersuchung ruht auf den Spezifika von Museen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. Von den insgesamt 6.304 in Deutschland existierenden Museen sind über die Hälfte – präzise 55 % (3.438) – in öffentlicher Trägerschaft organisiert (bspw. staatliche Träger, Kommunen, Landkreise oder andere Formen des öffentlichen Rechts, wie bspw. öffentlich-rechtliche Stiftungen). 17 42,1 % sind in privater Trägerschaft (davon sind bspw. ca. 1.778 in Vereinen organisiert) und 3,4 % befinden sich in gemischter, d. h. öffentlich und privater Trägerschaft. 18 Folgende Abbildung (siehe Abb. 2) stellt die Verteilung der Museen in Deutschland nach Trägerschaft aus dem Jahr 2011 im Detail dar.

tern, d. h. bspw. Strategien, Strukturen oder Kulturen (vgl. dazu Nippa, (1997); Porras/Robertson, (1992); Stutz, (1991)). 17 Vgl. Institut für Museumsforschung (2011), Heft 66, S. 35. http://www.smb. museum/ifm/dokumente/materialien/mat66.pdf. 18 Vgl. ebenda.

24 | S TRATEGISCHES MANAGEMENT IN MUSEEN

Abb. 2: Anzahl der Museen in Deutschland nach Trägerschaft

Quelle: Institut für Museumsforschung (2011), Heft 66, S. 3319

Dabei stehen immer mehr Privatinitiativen im musealen Bereich in Konkurrenz mit den traditionsreichen öffentlichen Kunstmuseen, 20 die ausschließlich aus privaten Mitteln und ohne Zuschüsse der öffentlichen Hand betrieben werden. Noch nie zuvor wurden derartig viele Ausstellungshäuser von Privatpersonen gegründet wie heute.21 Beispiele hierfür sind das Museum Würth, die Sammlung Goetz, die Fondation Beyeler, das Essl Museum, das Museum Frieder Burda, die Langen Foundation, das Museum Ritter, die Kunsthalle Weishaupt, das Museum Biedermann oder der me Collectors Room Berlin.22 Museen in privater Trägerschaft, welche keine öffentlichen Mittel erhalten, können die Gewinnorientierung stärker in den Mittelpunkt rücken. Sie sind freier im Aufbau ihrer internen Struktur, können betriebswirtschaftliche Instrumente flexibler anwenden und sind daher dynamischer in ihrem planerischen Handeln. Dies steht im Gegensatz zu Museen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. Sie sind den politischen und rechtlichen Vorgaben, der Bundes19 Vgl. http://www.smb.museum/ifm/dokumente/materialien/mat66.pdf. 20 Dieser Trend lässt sich seit den 90er Jahren im Bereich der Bildenden Kunst in der deutschsprachigen Museumslandschaft beobachten. 21 Ridler (2012), S. 9-10. 22 Ridler (2012), S. 9-10.

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oder Landeshaushaltsordnung, 23 dem Vergaberecht, 24 kameralistischer Haushaltsführung, Aufbau in Hierarchien, welche der öffentlichen Verwaltung ähneln, verpflichtet. Ihre Mittelzuweisungen erhalten Museen in öffentlicher Trägerschaft entweder vom Bund, den Ländern oder Gemeinden und je nach Zuordnung erfolgt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit bzw. die Prüfung der den Rechtsnormen entsprechenden Mittelverwendung durch die jeweilige Aufsichtsbehörde. Die Gewinnorientierung, d. h. die Gewinnerzielungsabsicht, steht dabei nicht im Mittelpunkt, sondern der öffentliche Kulturauftrag, eine gesetzliche Auflage für öffentlich-rechtliche Institutionen.25 Sie können daher weniger dynamisch agieren. Nichtsdestotrotz können sich Museen dem Druck, wirtschaftlicher und strategischer zu handeln, nicht entziehen, u. a. aufgrund der zuvor aufgeführten Veränderungsprozesse – und auch hier sei das wirtschaftliche Denken und Handeln, wie der Kulturausschuss der Kultusministerkonferenz bereits 1996 zur Lage der Museen feststellte, das Gebot der Stunde.26 Für Museen bedeutet jedoch wirtschaftliches Denken und Handeln nicht gleich erwerbswirtschaftliches Handeln, also Handeln mit der Absicht der Gewinnerzielung. In der öffentlichen Diskussion wird „Wirtschaftlichkeit“ oft mit „Erwerbswirtschaftlichkeit“ gleichgesetzt, auch wo es um den öffentlichen Auftrag geht, zum Gemeinwohl beizutragen.27 Wirtschaftliches Handeln im öffentlichen Kontext meint, die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln (Ressourcen) anzustreben. 28 Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist dabei in der Bundes- und Landeshaushaltsord-

23 Vgl. Rechtsgrundlagen aus der LHO, BHO. http://www.gesetze-im-internet.de/ bho/BJNR012840969.html. 24 Vgl. Gesetze der VOL, VOF, VOB. http://www.bmwi.de/DE/Service/gesetze, did=191324.html. 25 Vgl. Steiner/Grimm (1984), S. 12 ff. 26 Vgl. Heinrichs (1993), S. 1. 27 Vgl. Wirtschaftlichkeit, Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Beitrag im OnlineVerwaltungslexikon (2012) (http://www.olev.de/w/wirtsch.htm) 28 Vgl. Wirtschaftlichkeit, Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Beitrag im OnlineVerwaltungslexikon (2012) (http://www.olev.de/w/wirtsch.htm)

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nung – (BHO)29 (LHO)30 – verankert und für Museen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft verbindlich. Weiterhin regte die globale Reformbewegung in der Verwaltung in den 80er Jahren mit dem Steuerungsmodell „New Public Management“ (NPM)31 bereits diese Sichtweise für den öffentlichen Sektor an. Im Zuge der Veränderungen in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland in den 90er Jahren und des Einsatzes von betriebswirtschaftlichen PerformanceManagement-Instrumenten32, wie dem „Neuen Steuerungsmodell“ (NSM),

29 Vgl. Regelung auf Bundesebene BHO § 7 Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, Kosten- und Leistungsrechnung: (1) Bei Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Diese Grundsätze verpflichten zur Prüfung, inwieweit staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten durch Ausgliederung und Entstaatlichung oder Privatisierung erfüllt werden können. (2) Für alle finanzwirksamen Maßnahmen sind angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen. Dabei ist auch die mit den Maßnahmen verbundene Risikoverteilung zu berücksichtigen. In geeigneten Fällen ist privaten Anbietern die Möglichkeit zu geben, darzulegen, ob und inwieweit sie staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten nicht ebenso gut oder besser erbringen können (Interessenbekundungsverfahren). (3) In geeigneten Bereichen ist eine Kosten- und Leistungsrechnung einzuführen. 30 Vgl. einzelne ähnlich lautende gesetzliche Regelungen finden sich auf Länderebene unter § 7 LHO jeweiligen Bundeslandes http://www.jusline.de/index.php? cpid=f92f99b766343e040d46fcd6b03d3ee8&lawid=148&paid=7. 31 Das NPM stellt eine globale Reformbewegung in öffentlichen Einrichtungen dar, deren theoretische Wurzeln in der Public-Choice-Theorie und der Managementtheorie zu finden sind. Dabei hängt ihre jeweilige konkrete Ausgestaltung stark davon ab, welche dieser Theorien stärker betont wird. Konzepte mit starkem Bezug zur Public-Choice-Theorie betonen den Bürokratieabbau und stärkeren Rückzug der Politik. Liegt der Bezug in der Managementtheorie, wird die Erweiterung der bürokratischen Handlungsspielräume betont (vgl. Müller/ Papenfuß/Schaefer (2009), S. 13-14). 32 Performance Management umfasst alle Maßnahmen zur Definition und Messung von Erfolgskenngrößen sowie zur Ausrichtung sämtlicher strategischen und operativen Aktivitäten auf eine erfolgreiche Zielerreichung hin (vgl. Gmür/Schauer/Theuvsen (2013) S. 9).

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entwickelt von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) als Modell der strategischen Steuerung der Verwaltung,33 entstanden neue Anspruchshaltungen gegenüber Museen, ökonomische Betrachtungsweisen anzunehmen. Im Zuge der Betrachtung von Kulturinstitutionen unter einer ökonomischen Perspektive hat sich in diesem Zeitraum das Kultur- und das Museumsmanagement als Teildisziplin etabliert. Zur weiteren Betrachtung folgt sowohl die wissenschaftliche Einordnung des Forschungsgegenstands Museum, ihre Begriffsbestimmung als auch die Beschreibung ihrer Organisation und Betriebsnatur – um anschließend auf die Darstellung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen von Museen in öffentlicher Trägerschaft, ihren Besonderheiten im Museumsmanagement und deren Problemstellung in Bezug auf die Erfolgsmessung qualitativer Ziele sowie deren Problemstellung in Hinblick auf Veränderungsprozesse einzugehen.

1.2 W ISSENSCHAFTLICHE E INORDNUNG DES F ORSCHUNGSGEGENSTANDS M USEUM Fragestellungen zum Forschungsgegenstand Museum können sich aus sozial- und kulturwissenschaftlichen sowie kulturmanagerialen Bereichen ergeben und sind der „Vielgestaltigkeit des Untersuchungsphänomens“ 34 geschuldet. Daher entzieht sich der Forschungsgegenstand Museum einer eindeutigen Zuordnung in eine akademische Disziplin. 1.2.1 Museumsbegriff nach ICOM In der Bundesrepublik Deutschland existieren keine gesetzlichen Regelungen darüber, was ein Museum ausmacht und worin der Auftrag oder die Aufgaben von Museen bestehen. Der Begriff „Museum“ ist nicht geschützt. Aus diesem Grund hat ICOM Deutschland (International Council Of Mu33 Vgl. das NSM ist primär ausgerichtet auf eine Verwaltungsmodernisierung (Binnenmodernisierung). Es ist ein Modell zur strategischen Steuerung von Verwaltungen vor allem im kommunalen Bereich (vgl. Müller/Papenfuß/Schaefer (2009), S. 15-16). 34 Baur (2010), S. 7.

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seums) in Zusammenarbeit mit dem Vorstand des Deutschen Museumsbundes e.V. im Februar 2006 das mit den regionalen Museumsämtern und verbänden sowie mit dem Institut für Museumskunde abgestimmte Grundsatzpapier „Standards für Museen“ verabschiedet. Diese Standards sollen keine „Mindeststandards“ ausmachen, sondern bieten eine Orientierung für eine qualifizierte Museumsarbeit in Deutschland. Im Vordergrund stehen die fünf originären Kernaufgaben des Museums: Sammeln, Bewahren, Forschen, Vermitteln und Ausstellen – wobei die vierte Kernaufgabe „Vermitteln“ dem Ausstellen gegenüber gleichwertig gestellt wird. Die Dokumentation wird dem Forschen zugeordnet. Weitere Aspekte ergänzen die Kernaufgaben, wie bspw. eine dauerhafte institutionelle und finanzielle Basis, ein transparentes Leitbild und Museumskonzept, ein nachhaltiges Museumsmanagement sowie qualifiziertes Personal. 35 Ein Museum wird nach den ethischen Richtlinien des ICOM, Artikel 2 – Definitionen, wie folgt beschrieben:36 1. Ein Museum ist eine gemeinnützige, ständige, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zu Studien-, Bildungs- und Unterhaltungszwecken materielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschafft, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt. a) Diese Definition des Begriffs „Museum“ soll ohne jede Einschränkung gelten, jeweils unabhängig von Trägerschaft, territorialem Charakter, Betriebsstruktur oder Ausrichtung der Sammlungen der betreffenden Einrichtung.

35 Vgl. ICOM/Deutscher Museumsbund e.V. (2006), S. 4. http://www.museums bund.de/fileadmin/geschaefts/dokumente/Leitfaeden_und_anderes/Standards_fu er_Museen_2006.pdf. 36 Vgl. ICOM 2002. Anm.: Ethische Richtlinien von ICOM. Definition der Begriffe „Museum“ und „qualifiziertes Museumspersonal“. Auszug aus den ICOMStatuten, die am 5. September 1989 auf der 16. ICOM-Vollversammlung in Den Haag, Niederlande, verabschiedet und am 7. Juli 1995 auf der 18. ICOM-Vollversammlung in Stavanger, Norwegen, sowie am 6. Juli 2001 auf der 20. ICOM-Vollversammlung in Barcelona, Spanien, ergänzt wurden. http://icom. museum/the-vision/statements/.

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b) Zusätzlich zu den als „Museen“ ausgewiesenen gelten auch folgende Einrichtungen als Museen im Sinne dieser Definition: Beispielsweise i) natürliche, archäologische und völkerkundliche Denkmäler und Stätten sowie historische Monumente und Stätten mit Museumscharakter, die materielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschaffen, bewahren und zugänglich machen; ii) Einrichtungen, die Pflanzen- und Tiersammlungen besitzen und lebende Exemplare von Pflanzen und Tieren ausstellen, wie botanische und zoologische Gärten, Aquarien und Vivarien; iii) Wissenschaftszentren und Planetarien; iv) gemeinnützige Kunstgalerien, Institute für Restaurierung und Konservierung sowie Ausstellungsräume, die ständig von Bibliotheken und Archiven unterhalten werden; v) Naturparks; vi) internationale, nationale, regionale oder lokale Organisationen, Ministerien oder Behörden, die für Museen im Sinne dieser Definition zuständig sind; vii) gemeinnützige Institutionen und Organisationen, die mit Bewahrung, Forschung, Lehre, Ausbildung, Dokumentation oder anderen mit Museen und Museumskunde in Verbindung stehenden Aufgaben betraut sind; viii) Kulturzentren und andere Institutionen, die Pflege und Erhalt materieller und immaterieller ererbter Güter fördern (Kulturerbe/Living Heritage und gestalterische Aktivitäten auf digitalem Gebiet); ix) alle anderen Institutionen, denen der Vorstand (Executive Council) nach Konsultation des Beratenden Ausschusses (Advisory Committee) ganz oder teilweise die Eigenschaften eines Museums zubilligt, oder solche Instituti-

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onen, die Museen und qualifiziertes Museumspersonal durch museologische Forschung, Lehre oder Ausbildung unterstützen. 2. Qualifiziertes Museumspersonal bezeichnet alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Museen oder anderen der Definition in Artikel 2 (1) entsprechenden Einrichtungen, welche in irgendeinem für die Leitung oder Funktion eines Museums relevanten Bereich ausgebildet wurden oder über entsprechende Berufserfahrung verfügen, sowie Selbstständige, welche die „Ethischen Richtlinien für Museen von ICOM“ anerkennen und für als Museen geltende Einrichtungen fachlich oder beratend tätig sind. Dies gilt nicht für Personen, die mit für Museen und ihre Dienstangebote benötigten kommerziellen Produkten und Geräten Handel treiben oder für sie werben. 1.2.2 Organisation und Betriebsnatur von Museen in öffentlicher Trägerschaft Das Museum ist keine einfach zu definierende Organisation. Die Bestimmungsmerkmale einer Organisation, u. a. Ziel, Größe, Ressourcen und Mitglieder, können sich je nach Museum äußerst divergent darstellen.37 Laut der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) ist die öffentliche Kultureinrichtung „[ihrer] Anlage nach ein Betrieb“ und es gilt, ihre „Betriebsnatur voll zu entfalten“, indem sich administratives Denken zum betriebswirtschaftlichen Denken wandelt.38 Daher benötigt der Kulturbetrieb der Zukunft zunehmend Entrepreneurship. 39 Anschließend werden hierzu die aktuellen kulturpolitischen Rahmenbedingungen in rechtlicher und finanzieller Hinsicht beschrieben. 1.2.2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen In der Bundesrepublik Deutschland bilden Bund, Länder und Gemeinden zusammen ein dreigliedriges System öffentlicher Kulturpolitik. Die politi-

37 Vgl. Studiengang Museumsmanagement-Organisation und Organisationsstruktur in Museen. http://www.kultur.uni-hamburg.de/volkskunde/Lehrver/1999/dau schek.html 38 Vgl. Klein (2011), S. 57. 39 Vgl. Klein (2011), S. 58.

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sche Verantwortung wird von den gesetzgebenden Organen des Bundes sowie der Länder und den Selbstverwaltungsgremien der Kommunen sowie ihren für Kultur zuständigen Ausschüssen wahrgenommen. Für die fachliche Umsetzung sind die Regierungsbehörden (Kulturministerien) bzw. die Verwaltungen der Kommunen (Kulturdezernate) zuständig. Entsprechend der Verfassung liegen die staatlichen Aufgaben und Kompetenzen für Kulturpolitik bei den Ländern – soweit das Grundgesetz (GG) keine anderen Regelungen enthält (Artikel 30 GG). Deutsche Kulturpolitik ist föderal und dezentral organisiert. Neben Bund und Ländern haben die kommunalen Gebietskörperschaften, Städte und Landkreise eine eigene Kulturverantwortung im Gesamtgefüge der öffentlichen Zuständigkeiten. Auf Bundesebene wurde 1998 das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und somit ein zentraler Ansprechpartner für Kultur auf Bundesebene geschaffen.40 Die Kulturpolitik wird von den Prinzipien Dezentralität, Subsidiarität und Pluralität und Liberalität bestimmt. 41 Die politischen Handlungsebenen verhalten sich komplementär zueinander. Kennzeichnend ist weiterhin das Prinzip der „Regierungsferne“ – bei gleichzeitig hoher Gewährleistungs- und Finanzierungsverantwortung der öffentlichen Hand.42 Folgende Tabelle (siehe Tab. 1) zeigt die Struktur der öffentlichen Kulturpolitik in Deutschland im Überblick.

40 Vgl. Wagner (2007). http://www.miz.org/static_de/themenportale/einfuehrungs texte_pdf/02_Musikfoerderung/wagner.pdf. 41 Vgl. Klein (2009), S. 146. 42 Vgl. ebenda.

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Tab. 1: Struktur der öffentlichen Kulturpolitik in Deutschland im Überblick Ebenen der öffentlichen Kulturpolitik

Bund

Länder

Kommunen

Institutionen/ Gremien der Legislative und Exekutive

Bundesregierung; Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Auswärtiges Amt, Bundesministerium für Bildung und Forschung u. a. Ministerien / Bundestag: Ausschuss für Kultur und Medien im Bundestag / Bundesrat: Ausschuss für Kulturfragen im Bundesrat

16 Landesregierungen und Landtage Kulturausschüsse in allen Landtagen, Kultur-/Kultusministerien i. d. R. zusammen mit anderen Ressorts, darin: Kulturabteilungen

Kommunale Verwaltungen und Ratsversammlungen/Kreistage in ca. 13.500 Gemeinden und 439 Landkreisen, Kulturausschüsse in größeren Städten, Kulturreferate/dezernate i. d. R. in Kombination mit anderen Aufgaben, darin: Kulturämter, Kulturinstitute

Kompetenzen

Allgemeine Gesetzgebung als Rahmenbedingung für das kulturelle und künstlerische Schaffen (bspw. Steuerund Sozialrecht); spezielle Gesetzgebung im künstlerischen Bereich (bspw. Urheberrecht, Filmförderung); fachliche Zuständigkeit vor allem in der auswärtigen Kulturpolitik

Vorrangige Kulturkompetenz (Kulturhoheit) der Länder entsprechend Art. 30 des Grundgesetzes (GG); Gesetzgebung in einzelnen Sparten mit Spezialbereichen (bspw. Kulturraumgesetz Sachsen, Bibliotheksgesetze, Weiterbildungsgesetze)

Keine gesetzgebende Kompetenz, aber: grundsätzlich verbrieftes Recht, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln“ (Art. 28 und 2 GG), Erlass von Förderrichtlinien, Gebührenordnungen, Zielvereinbarungen etc., auch: Kulturentwicklungsplanung

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an das Europäische Kulturportal43

1.2.2.2 Finanzielle Rahmenbedingungen Laut Kulturfinanzbericht 2012 fielen im Jahr 2009 über ein Drittel (35,4 %) der gesamten Kulturausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden für Theater und Musik an. Weitere 18,0 % flossen in die Finanzierung der Museen und 15,1 % in die der Bibliotheken. Für die sonstige Kulturpflege wurden

43 Vgl. Europäisches Kulturportal http://ec.europa.eu/culture/portal/sites/members/ germany_de.htm.

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13,0 % aufgebracht.44 Der Abstand zwischen dem Etat für Theater und Musik sowie dem Etat für Museen betrug insofern über 17 %. Der Abstand betrug 2005 über 15 %45 und erhöhte sich um 2 %. Insgesamt wurden daher im Jahr 2009 über 2 % weniger Etat der gesamten Kulturausgaben für Museen zur Verfügung gestellt als noch 2005. Vergleicht man die Ausgabenstruktur der Körperschaften, so zeigten sich divergente Schwerpunkte in der Kulturfinanzierung, welche den verschiedenen Aufgabensetzungen geschuldet waren. Die Hauptausgabenlast der Gemeinden entstand 2009 durch die Finanzierung von Theatern und Musik (44,0 % aller Gemeindemittel für kulturelle Angelegenheiten). Zweitgrößter Bereich waren die Museen (19,1 %) und drittgrößter die Bibliotheken (16,9 %).46 Der Abstand zwischen dem Etat für Theater und Musik sowie dem Etat für Museen betrug insofern über 25 %. Im Jahr 2005 betrug er über 20 %.47 Insgesamt wurde im Jahr 2009 über 5 % weniger Etat von den Gemeinden für Museen zur Verfügung gestellt als noch 2005. Bei den Ländern lagen die Theaterausgaben 2009 mit 37,4 % an den Länderkulturausgaben insgesamt signifikant vor den Ausgaben für Museen (16,1 %) und Bibliotheken (9,9 %).48 Der Abstand zwischen dem Etat für Theaterausgaben und dem Etat für Museen betrug insofern über 21 % – im Jahr 2005 über 20 %.49 Insgesamt wurde daher im Jahr 2009 über 1 % weniger Etat für Museen von den Ländern zur Verfügung gestellt als noch 2005. Für Museen, Sammlungen und Ausstellungen stellten Bund, Länder und Gemeinden im Jahr 2009 Mittel in Höhe von 1,6 Milliarden Euro zur Verfügung. Dies waren 18,0 % der gesamten öffentlichen Kulturausgaben.

44 Vgl. Kulturfinanzierungsbericht (2012), S. 12-13. https://www.destatis.de/DE/ Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/Kultur/Kulturfinanzbericht 1023002129004.pdf?__blob=publicationFile 45 Vgl. Hirschle (2011), S. 3-4. 46 Vgl. Kulturfinanzierungsbericht (2012), S. 12-13. https://www.destatis.de/DE/ Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/Kultur/Kulturfinanzbericht 1023002129004.pdf?__blob=publicationFile (01.07.2013). 47 Vgl. Hirschle (2011), S. 3-4. 48 Vgl. Kulturfinanzierungsbericht (2012), S. 12-13. https://www.destatis.de/DE/ Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/Kultur/Kulturfinanzbericht 1023002129004.pdf?__blob=publicationFile 49 Vgl. Hirschle (2011), S. 3-4

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Im Vergleich zu 1995 erhöhten sich die Aufwendungen der öffentlichen Haushalte für diesen Bereich bis 2009 um 37,9 % und gegenüber den Vorjahren um 4,0 %.50 Es lässt sich demgemäß zwar insgesamt ein Anstieg der öffentlichen Kulturausgaben beobachten, jedoch wird ebenfalls ein Rückgang der öffentlichen Kulturausgaben im Museumssektor seit 2005 deutlich. Folgende Abbildung (siehe Abb. 3) stellt die Gesamtentwicklung der öffentlichen Kulturausgaben in Deutschland dar. Abb. 3: Öffentliche Kulturausgaben (Ausgaben in Mrd. Euro) in Deutschland von 2005-2010

Quelle: Statistisches Bundesamt, Kulturfinanzbericht (2010), S. 2551

Durch private Kulturfinanzierung – also durch Einnahmen öffentlicher Einrichtungen aus privaten Quellen, wie bspw. private Haushalte, Wirtschaft, durch Stiftungen und andere private Organisationen ohne Erwerbszweck – wurden 2009 schätzungsweise unmittelbare Einnahmen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro erzielt. Dies entsprach 14,15 Euro je Einwohner. Mit den Einnahmen finanzierten die öffentlichen Kultureinrichtungen

50 Vgl. ebenda. 51 Vgl. Kulturfinanzbericht (2010), S. 25. https://www.destatis.de/DE/Publikatio nen/Thematisch/BildungForschungKultur/Kultur/Kulturfinanzbericht1023002 129004.pdf?__blob=publicationFile.

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20,5 % ihrer Ausgaben (unmittelbare Ausgaben ohne Zahlungen an den nicht öffentlichen Bereich).52 Abb. 4: Die Kulturförderung der Wirtschaft in Deutschland nach Förderformen im Jahr 2008

Quelle: Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI. Unternehmerische Kulturförderung in Deutschland, S. 1653

Darüber hinaus war die Projektförderung die zweithäufigste Bezuschussung in der Kulturförderung durch die Wirtschaft in Deutschland im Jahr 2008. Daran wird ersichtlich, welches Potenzial für die Akquise von Drittmitteln für Kulturprojekte für Museen besteht. Folgende Abbildung (siehe Abb. 4) zeigt weitere Bereiche der Kulturförderung der Wirtschaft in Deutschland. Weiterhin ist zu konstatieren, dass der Anteil von Museen in

52 Vgl. Kulturfinanzierungsbericht (2012), S. 78-79. https://www.destatis.de/DE/ Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/Kultur/Kulturfinanzbericht 1023002129004.pdf?__blob=publicationFile. 53 Vgl. Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI. Unternehmerische Kulturförderung in Deutschland, S. 16.

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öffentlicher Trägerschaft im Jahr 2010 um 3 % im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist (von 58,5 % auf 55 %).54 Aufgrund der dargelegten Ausgangslage für Museen in öffentlicher Trägerschaft ist das wissenschaftliche Interesse an der wirtschaftlichen Betriebsführung von Kultur- und Museumsbetrieben sowie ihren Parametern für Erfolg und Erfolgsmessung immer weiter gestiegen. Eine Vielzahl von Publikationen55, Studien und wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit dem Management von Kulturbetrieben im Allgemeinen und Museen im Besonderen auseinandersetzen, belegen dies. Publikationen und Arbeitskreise, wie der Arbeitskreis Verwaltungsleitung des Deutschen Museumsbundes e.V.,56 der Arbeitskreis Museumsmanagement im Freilichtmuseum am Kiekeberg,57 steuern ihre Beiträge zu möglichen Problemlösungen für die zentralen Herausforderungen im Museumsmanagement bei. Dabei unterstützt das Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin durch seine Veröffentlichungen in seinen Mitteilungen die museumsrelevante Forschung.58 Neueste Umfragen belegen die vermehrte Nut-

54 Statistisches

Bundesamt,

Kulturfinanzbericht

(2010),

S. 58. https://www.

destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/Kultur/Kulturfinanzbericht1023002129004.pdf?__blob=publicationFile. 55 Vgl. Publikationen des Fachverbands für Kulturmanagement wie bspw. Bekmeier-Feuerhahn, van den Berg, Höhne, Keller, Koch, Mandel, Tröndle, Zembylas (2009), (2010), (2011), (2012), (2013) sowie Baumgarth (2008). 56 Dies belegen Tagungen des Arbeitskreises Verwaltungsleitung des Deutschen Museumsbundes e.V. zu den Themen wie „Höhere Qualität?: Zur Bewertung musealer Arbeit“ (2004), „Museen gestalten Zukunft – Perspektiven im 21. Jahrhundert“ (2006), „Was macht ein Museum erfolgreich?“ (2007), „Museen in der Informationsgesellschaft“ (2008). 57 Der Arbeitskreis beschäftigt sich mit den strategischen Erfolgsfaktoren in den Bereichen, wie bspw. Personalmanagement, Corporate Identity-Strategien, zielgruppenorientiertes Museumsmanagement, Zielfelder, Marktchancen und Qualitätsmanagement. Publikationen zu diesen Feldern sind zahlreich, vgl. dazu bspw. Dreyer/Wiese (2010), Dreyer/Wiese (2004), Heinze (2009), John (2003), Koch (2002), Riebe (2007), Rump (2001), Bendixen (2011), Klein (2008), Klein (2009), John/Dauschek (2008). 58 Zu seinen Berichten vgl. dazu Leikam/Opitz/Sager/Wahl (2008), Bristot (2007), Bröckers (2007).

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zung von sowohl einzelnen Management- und Steuerungsinstrumenten, wie bspw. strategische Planung, Leitbild, interne Budgetierung, Maßnahmen zur strategischen Umsetzung, Konkurrenzanalyse, interne Zielvereinbarungen, Zielvereinbarungen mit Trägern, strategische Analyseinstrumente, Personalcontrolling, Leistungskennzahlen, als auch der BSC in Museen (siehe Kapitel 1.5.3). Diese müssen sich an den Besonderheiten des Museumsmanagements orientieren.

1.3 B ESONDERHEITEN

IM

M USEUMSMANAGEMENT

Zu den Besonderheiten, welche es im Museumsmanagement für Museen in öffentlicher Trägerschaft zu berücksichtigen gilt, ist, dass sie vor allem dem gesellschaftlichen und kulturellen Auftrag verpflichtet sind. Dies wirkt sich auf das Museumsmanagement folgendermaßen aus. Im Gegensatz zu gewinnorientierten Unternehmen, die primär von den Kundenwünschen und Erwartungen ausgehen,59 nach dem Motto „Was will der Kunde? Wir machen es,“ 60 ist der Ausgangspunkt für Überlegungen des Managements in öffentlich-rechtlichen Museen der Kulturauftrag und wie dieser potenziellen Besuchern nahegebracht werden kann – unter Berücksichtigung der Einhaltung der Wirtschaftlichkeit und Gesetzmäßigkeit der Geldmittelverwendung. Des Weiteren sind Museen Dienstleistungsanbieter.61 Die Beschaffenheit der Dienstleistung, welche die Merkmale Immaterialität, Unteilbarkeit, Heterogenität, Vergänglichkeit und Besitzlosigkeit62 aufweist, stellt eine weitere von dem Museumsmanagement zu berücksichtigende Besonderheit dar. Ebenfalls ist der transparente Umgang mit Drittmitteln von erheblicher Bedeutung sowie die Einhaltung unterschiedlicher Regularien und deren effiziente Handhabung sowie ihre klare Darstellung im Berichtswesen des Museums im Hinblick auf regelmäßige Prüfungen der Geldmittelverwendung durch die jeweiligen Aufsichtsbehörden. Das Museum als Organisation bedarf daher eines Zielsystems, das seine Spezifika berücksichtigt. Ziele einer Organisation können als Zwecke, um de-

59 Vgl. McLean (1997), S. 41. 60 Vgl. ebenda, S. 41. 61 Vgl. Heinze (2009), S. 89. 62 Vgl. McLean (1997), S. 53.

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rentwillen eine Organisation gegründet wird und die eine Organisation erreichen möchte, definiert werden. 63 Aufgrund des Schwerpunkts hinsichtlich der qualitativen Komponenten der Formal- und Sachziele in Museen in öffentlicher Trägerschaft ist es schwieriger, Ziele zu operationalisieren und ihren Erfolg – also die Zielerreichung – zu messen. Zudem sind für die Definition von Erfolgsmaßstäben die wichtigsten Stakeholder (Anspruchs- und Interessengruppen) einzubeziehen (siehe Kapitel 2.1.4) und ihre Erwartungen an die Organisation. Zu den Stakeholdern von Museen in öffentlicher Trägerschaft gehören bspw. Politik, EU, Bund, Länder, Kommunen, aber auch Universitäten sowie selbstverständlich Besucher, Sponsoren, Förderer etc. Diese Aufzählung ist nicht abschließend und je nach Organisation individuell zu erstellen. In diesem Zusammenhang haben Organisationen mit vielfältigen internen Herausforderungen zu kämpfen. 1.3.1 Managementdefizite in Museen in öffentlicher Trägerschaft Folgende Managementdefizite des öffentlichen Sektors – dementsprechend auch von Museen in öffentlicher Trägerschaft – unterscheiden sich nach Horváth & Partner kaum von denen der Privatwirtschaft und lassen sich ihrer Meinung nach mit der BSC lösen.64 Dies gilt es, im Weiteren zu untersuchen (siehe Kapitel 2.4). 1.3.1.1 Fehlende Umsetzung der Strategie In Museen in öffentlicher Trägerschaft bedarf es der Betrachtung von strategischen Zielen und deren Umsetzung durch die Mitarbeiter. Diese Ausgangssituation ähnelt insofern jener der Privatwirtschaft: • • •

Wie lassen sich Ziele mit strategischen Aktionen verknüpfen? Wie ist die Zielerreichung zu überprüfen und zu messen? Wie macht man die Zusammenhänge zwischen Zielen transparent?

63 Vgl. Büschges/Abrahams (1997), S. 94. 64 Vgl. Horváth & Partner (2001), S. 377-380.

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1.3.1.2 Fehlende strategische Kennzahlensysteme Zwar existiert in Museen in öffentlicher Trägerschaft keine vergleichbare Tradition in Bezug auf Kennzahlensysteme wie in der privaten Wirtschaft, doch spätestens seit Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung in einigen Bereichen besteht auch hier eine unübersichtliche Datenflut. Daher werden Instrumente für das Controlling benötigt, welche die vorhandenen Informationen strukturieren, verdichten, die (strategisch) relevanten Kennzahlen identifizieren und in den strategischen Fokus rücken. Aus Daten müssen Führungsinformationen werden, welche über die reine Finanz- und Kostensicht hinausgehen. 1.3.1.3 Bedarf an einem funktionierenden Berichtswesen In öffentlich-rechtlichen Museen ebenso wie in der Privatwirtschaft bedarf es eines funktionierenden Berichtswesens, damit wichtige Informationen für die Entscheidungsträger erkennbar sind. Es besteht folglich Bedarf an einer institutionalisierten, regelmäßigen und relevanten Berichterstattung. 1.3.1.4 Fehlende Transparenz der externen Berichterstattung Die externe Berichterstattung besitzt für öffentlich-rechtliche Museen eine noch größere Relevanz als für den privatwirtschaftlichen Bereich. Es besteht eine gesetzliche Pflicht, über Aktivitäten und Ressourcenverteilung Rechenschaft abzulegen. In der Museumspraxis findet jedoch nur selten eine transparente Verknüpfung zwischen der Geldmittelvergabe und den damit verbundenen Zielen statt. Die Betrachtung der Managementdefizite zeigt, dass „die Herausforderungen, welche die Entwicklung der BSC im privatwirtschaftlichen Bereich notwendig gemacht haben, […] uns in ähnlicher Form auch im öffentlichen Sektor [begegnen]. So können zum Beispiel zwei Kernprozesse, welche das New Public Management derzeit durchläuft, nämlich die Entwicklung von Leitbildern und die Bestimmung von Produkten über die BSC miteinander verknüpft werden.“65

65 Horváth & Partner (2001), S. 380.

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1.3.2 Problemstellung in Bezug auf die Erfolgsmessung qualitativer Ziele Erfolg im betriebswirtschaftlichen Kontext in Unternehmen bedeutet „eine positive Wirkung oder Folge von Handlungen oder Entscheidungen,“ 66 welche zur Gewinnerzielung führen. Die Messung des Erfolgs erfolgt insofern darüber, ob Gewinne oder Verluste für das Unternehmen entstehen. Aus den dargelegten Besonderheiten des Museumsmanagements ergibt sich dementsprechend die Frage, wie sich qualitative Ziele und deren Erfolg in Museen messen lassen. Betrachtet man das Museum, wie bereits erläutert, als öffentlichen Kulturbetrieb im Sinne der Definition des KGSt, so müssen zur Konkretisierung seiner organisationalen Ziele, deren Erreichung als Erfolg gewertet werden kann, eine Auswahl von Ersatzkriterien gebildet werden, um den Einsatz von Instrumenten und die Bildung von Maßnahmen bewerten sowie beurteilen zu können. Vor der Darstellung möglicher Ersatzkriterien folgt eine Beschreibung, was unter einer ökonomischen Zielsetzung im öffentlichen Kontext verstanden werden kann. Grundlage dazu ist das in den Verwaltungen eingeführte Systemmodell im NSM im Kontext von öffentlichen Kulturbetrieben. Abb. 5: Das Systemmodell im Neuen Steuerungsmodell

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schlosser (2006), S. 21

Effektivität und Effizienz sind wesentliche Aspekte im NSM. In der vorhergehenden Abbildung (siehe Abb. 5) betrifft Effektivität Outcome und 66 Neckel (2004), S. 63.

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drückt aus, in welchem Maße die erbrachten Leistungen (Output) Wirkungen erzielen. Effizienz benennt das Verhältnis zwischen der Leistung, dem Output und den dafür verbrauchten Ressourcen, dem Input, also einer Input-Output-Relation.67 Übertragen auf Museen in öffentlicher Trägerschaft meint Input die Ressourcen des Museums, d. h. die Zuwendungen, die es erhält (Geldmittel), Mitarbeiter etc. Mit System (Throughput) sind weiterhin die Prozesse und Strukturen, bspw. die Rechtsträgerschaft, Arbeitsschwerpunkte, interner Aufbau etc., des Museums gemeint. Den Output stellen die Produkte und Leistungen des Museums dar. Vom NSM wird zur Orientierung ein Produktbuch für Museen empfohlen.68 Übertragen auf Museen können Produkte und Dienstleistungen, bspw. ihre bereits beschriebenen Kernaufgaben, nach ICOM sein: Sammeln, Bewahren, Forschen, Vermitteln und Ausstellen, wobei die vierte Kernaufgabe, „Vermitteln“, dem Ausstellen gegenüber als gleichwertig angesehen wird. Die Dokumentation wird dem Forschen zugeordnet. Weiterhin existieren der Museumsshop, interne und externe Events, interne Bildungsprogramme, bspw. in Zusammenhang mit den Ausstellungen, aber auch externe Bildungsprogramme in Form von bspw. Kooperationen mit Schulen und je nach individueller Ausrichtung weiteren Produkten und Dienstleistungen, wie bspw. die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen durch innovative Projekte. Der Outcome stellt die Ergebnisse der Produkte und Dienstleistungen des Museums dar und deren Wirkung bspw. auf die Stakeholder (bspw. auf Besucher, neue Zielgruppen, Mitarbeiter etc.). Die folgende Abbildung (siehe Abb. 6) fasst die zuvor beschriebenen Ausführungen auf Museen in öffentlicher Trägerschaft zusammen. Bei einer ökonomischen Zielsetzung im öffentlichen Kontext kann zwischen organisationaler Effizienz und Effektivität unterschieden werden. Effizienz bezeichnet, wie bereits erläutert, den sparsamen Mitteleinsatz für ein gegebenes Ziel (Input-Output-Relation), während Effektivität die grundsätzliche Wirksamkeit von Maßnahmen zur Zielerreichung thematisiert.

67 Vgl. Strategisches Management: Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de. 68 KGSt (1997), 88 ff.

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Abb. 6: Das Systemmodell im Neuen Steuerungsmodell und die beispielhafte Möglichkeit der Übertragung dieses Konzepts auf Museen in öffentlicher Trägerschaft

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schlosser (2006), S. 21

Effizienz kann insofern als organisationales Unterziel, Effektivität als Oberziel verstanden werden. Die effektive Zielerreichung wird nach Mintzberg insbesondere dann gewährleistet, wenn die Ziele von konkreten Maßnahmen begleitet werden, welche die Stimmigkeit der Organisationsumwelt mit ihren internen Parametern und Regelungen (Kongruenz) sowie die Stimmigkeit der Gestaltungsparameter innerhalb der Organisation (Konsistenz) umfassen.69 Im Kontext von öffentlich-rechtlichen Museen und als Formulierung von Ersatzkriterien können dies die effiziente qualitative Gestaltung und Zweckmäßigkeit der Organisation sowie Koordination externer Ressourcen (d. h. Beschaffungseffizienz), die effiziente Nutzung von internen Sachund Personalressourcen (d. h. Ressourceneffizienz), die Koordination des internen Outputs der einzelnen Organisationsbereiche (d. h. Prozesseffizienz) und die Ausschöpfung der Potenziale am Absatzmarkt (d. h. Programmeffizienz) sein. Dabei sind Schwerpunkte (bspw. bei konkurrierenden Effizienzzielen) zu setzen und entsprechend ihrer Bedeutung in der Organisation zu gewichten.70 In Bezug auf die Effizienz der Führungsstruktur kann Effizienz im Rahmen der Entscheidungshierarchie (d. h. Delegationseffizienz) und der

69 Vgl. Mintzberg (1979), S. 219 ff.; vgl. von Werder (2005), S. 204. 70 Vgl. von Werder (2005), S. 324 ff.

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Motivation von Mitarbeitern im Hinblick auf verhaltensbezogene Bewertungskriterien (d. h. Motivationseffizienz) betrachtet werden.71 Orientierungsrahmen für mögliche Indikatoren könnten die vom ICOM und dem Deutschen Museumsbund e.V. entwickelten Standards für eine qualifizierte Museumsarbeit sein. Im Vordergrund stehen dabei, wie zuvor erläutert, die Kernaufgaben des Museums. Weitere Aspekte ergänzen die Kernaufgaben, wie bspw. eine dauerhafte institutionelle und finanzielle Basis, ein transparentes Leitbild und Museumskonzept, ein nachhaltiges auf Qualität ausgerichtetes Museumsmanagement sowie qualifiziertes Personal.72 Indikatoren könnten sich aus den daraus jeweils zu entwickelnden Strategien ergeben, wie Besuchermaximierung, Maximierung der Wirtschaftlichkeit, Erhöhung der Qualität der Dienstleistungen, Erschließung neuer Zielgruppen, Anzahl der Programme im Museum und der Teilnehmer an Programmen der kulturellen Bildung, Innovation (bspw. neue Ausstellungsformen), Maximierung der Dienstleistungsqualität (bspw. MuseumsOnline-Shop, Stakeholder- und Mitarbeiterzufriedenheit). Wobei es kein universell einsetzbares Set von Indikatoren gibt und jede Organisation sich an ihrer eigenen zu entwickelnden Strategie orientieren sollte. Die gebildeten Indikatoren sollten jeweils gewichtet und bewertet werden, um eine strategische Bewertung hinsichtlich der im Leitbild formulierten Ziele erreichen zu können. Dadurch würden die Besonderheiten einer Kulturinstitution auch hinsichtlich ihrer Erfolgsbewertung berücksichtigt sein. Dazu bedarf es jedoch im Vorfeld einer generellen Strategiefindung im gesamten Museum. Diese Strategiefindungsprozesse sind zwar im NSM enthalten – die folgende Grafik (s. Abb. 7) macht dies deutlich – jedoch ist sie ausgerichtet und abgestimmt auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Verwaltung und für Museen ungeeignet. In diesem Zusammenhang wird ein strategisches Vorgehensmodell (siehe Kapitel 2) speziell für Museen in öffentlicher Trägerschaft notwendig, welches – ausgehend von Leitbild und Vision sowie kulturpolitischer Zielsetzung und nach einer Analyse der organisationalen Umwelt, unter

71 Vgl. von Werder (2005), S. 204. 72 Vgl. ICOM/Deutscher Museumsbund e.V. (2006) S. 4. http://www.museums bund.de/fileadmin/geschaefts/dokumente/Leitfaeden_und_anderes/Standards_ fuer_Museen_2006.pdf.

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Einbezug strategischer Kontrolle – eine strategische Auswahl und Evaluation der gewählten Kriterien trifft. Dabei könnte die BSC als ganzheitliches Managementinstrument unterstützend wirken. Abb. 7: Grundmodell für das kommunale Management

Quelle: Angelehnt an Heinz (2000), S. 18

Der Einsatz neuer Strategieprozesse und eines neuen Steuerungsmodells führt zu Veränderungen in der Tradition sowie Struktur der Einrichtung und bedarf daher einer planvollen Koordination. Weiterhin sind für das strategische Management in Museen Stakeholder (Anspruchs- und Interessengruppen) für die jeweilige Einrichtung zu identifizieren und analysieren, um festzustellen, welche Anspruchs- und Inter-

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essengruppen die Einrichtung umgeben und welche Erwartungshaltung sie haben (siehe dazu Kapitel 2.1.4 und Kapitel 4). 1.3.3 Problemstellung in Bezug auf Veränderungsprozesse Trotz allem ist „nur wenigen Führungskräften […] bewusst, dass jede Branche früher oder später einem radikalen […] Wandel ausgesetzt ist“73 und der Wandel dabei für alle Unternehmungen immer häufiger „[…] zur unausweichlichen Herausforderung“74 wird.75 Dies gilt auch für Museen in öffentlicher Trägerschaft, so sei die „Reformunfähigkeit des real existierenden Kulturbetriebes inzwischen sprichwörtlich, seine Strukturen sind oft undurchschaubar […] Manche Einrichtung, manche Stiftung verfolgt keinen klaren kulturellen Zweck […] Noch immer werden Ressourcen unklar verteilt oder vergeudet.“76

„Dabei ist davon auszugehen, dass „[…] eine enorm starke Veränderungsresistenz vorhanden […]“77 ist. Dieser Umstand verringert ihre Möglichkeiten, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, selbst wenn der Wille für Veränderungen vorhanden ist.78 Ebenfalls wird das Museumsmanagement durch die umfangreichen Zielvorgaben vor die Aufgabe gestellt, diese zu erkennen, zu definieren, Maßnahmen einzuleiten sowie den Mitarbeitern zu vermitteln.79 Für ein erfolgreiches, zielgerichtetes Management in Museen ist es daher erforderlich, dass Ziele im Kontext mit den Museumszielen formuliert, Pläne erarbeitet, die Umsetzung und Planung begleitet sowie unterstützt und sie ebenfalls messbar werden. Dies setzt wiederum ein zielgerichtetes Museumsmanagement voraus, welches Veränderungsprozesse befürwortet

73 Schuh (2005), S. 1. 74 Kaplan/Norton (2006), S. 233. 75 „Der Wandel trifft alle“ (Kobi (1994), S. 18). 76 Schmidt (2012), http://www.zeit.de/2012/13/L-Kulturpolitik. 77 Klein (2009), S. 33. 78 Vgl. Klein (2009), S. 33 ff. 79 Vgl. Klein (2009), S. 33.

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und initiiert. Mit Unterstützung des Change Managements können derartige Veränderungsprozesse begleitet und die Rahmenbedingungen zur Einführung und Implementierung neuer Steuerungsinstrumente, wie der BSC, geschaffen werden80 (siehe dazu Kapitel 3). Bevor dies untersucht wird und die weiteren Parameter für ein strategisches Museumsmanagement beschrieben werden, erfolgt die wissenschaftliche Einordnung des Forschungsgegenstands BSC und die Darstellung ihrer Ausprägungen, ihres Forschungsstandes in öffentlichen Einrichtungen im Allgemeinen, in Museen im Speziellen und in Kulturprojekten.

1.4 W ISSENSCHAFTLICHE E INORDNUNG DES F ORSCHUNGSGEGENSTANDS BSC Die BSC (übersetzt: „ausgewogener Berichtsbogen“) ist zu Beginn der 90er Jahre von Robert Kaplan und David Norton für Unternehmen aus der Privatwirtschaft entwickelt worden.81 In der ursprünglichen BSC wurde die finanzielle Sicht, welche anfangs im Mittelpunkt der Betrachtung in Unternehmen stand, um die nichtfinanzielle Sicht erweitert und so eine Gesamtbetrachtung des Unternehmens ermöglicht.82 Dadurch können immaterielle Werte einbezogen werden, welche in Organisationen, wie Museen in öffentlicher Trägerschaft, eine wesentliche Rolle spielen. Der Erfolgsfaktor der BSC für die Unternehmen besteht darin, dass eine „ausbalancierte Sicht“ auf die gesamte Organisation im Hinblick auf die wichtigsten und zentralen strategischen Ziele, die gegebenenfalls in Ursache-Wirkungs-Beziehung stehen sollten, ermöglicht wird. 83 Dazu entwickelten Kaplan und Norton vier Perspektiven:

80 Genauere Beschreibung des Change Management in öffentlich-rechtlichen Museen als Unterstützung der Einführung und Implementierung der BSC ab Kapitel 3 ff. 81 Vgl. Kaplan/Norton (1992). 82 Vgl. Horváth & Partner (2004), S. 2. 83 Vgl. Kaplan/Norton (1996), S. 34 ff.

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• • • •

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Lern- und Entwicklungsperspektive, Finanzperspektive, interne Prozessperspektive, Kundenperspektive.

Diese Perspektiven und die Berücksichtigung einer Ursache-WirkungsKette sollen erlauben, das Unternehmen aus allen relevanten Blickwinkeln zu betrachten und kausal mit den entwickelten Zielvorgaben zu verbinden, um die Zielerreichung konstant zu überprüfen. 84 Die notwendigen Maßnahmen zur Zielerreichung werden mit Unterstützung der BSC entwickelt, dort festgehalten sowie fortwährend überprüft. Welche Perspektiven für die Unternehmen von Bedeutung sind, ist abhängig von der Branche und der jeweiligen Unternehmensstrategie. Daher dienen die „klassischen“ vier Perspektiven lediglich als Beispiel, nicht als Korsett und sind individuell zu erstellen.85 Für die Anwendung in Museen in öffentlicher Trägerschaft müssen die Perspektiven der BSC insofern angepasst werden. Dieser knappe Überblick gibt erste Rückschlüsse auf das Gesamtpotenzial der BSC zur Unterstützung des strategischen Managements. Die weitere Abbildung (siehe Abb. 8) fasst diese Rückschlüsse grafisch zusammen (siehe weitere Ausführungen in Kapitel 2 ff.). Die Beschreibung der BSC weist darauf hin, dass sie der Gruppe der Performance-Measurement-Systeme 86 zuzuordnen ist. 87 Aufgrund dieser Charakteristik ist die BSC in der Betriebswirtschaft anzusiedeln.

84 Vgl. Horváth & Partner (2004), S. 205 ff. 85 Vgl. ebenda, S. 34. 86 Ein Performance-Measurement-System ist ein Managementsystem, welches der (mehrdimensionalen) Leistungsmessung und Unternehmenssteuerung dient. Es geht über ein reines Kennzahlensystem hinaus, da es in die Messung nicht ausschließlich herkömmliche Leistungsgrößen (wie Umsatz, Gewinn, Return on Investment) einbezieht, sondern eine ganzheitliche Betrachtung vieler Einflussgrößen erfolgt. Neben den traditionellen, rein finanziellen Kennzahlen können zum Beispiel auch die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit, Anzahl der Neukunden, Leistung und Verhalten von Kunden, Fluktuationsrate usw. beobachtet und ausgewertet werden (vgl. Gladen (2008), S. 396). 87 Vgl. Horváth & Partner (2001), S. 2.

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Abb. 8: Potenzial der BSC als strategisches Managementinstrument

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an Pietsch/Memmler (2003), S. 45

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1.5 F ORSCHUNGSSTAND DES E INSATZES UND IHRER AUSPRÄGUNGEN

DER

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BSC

Die BSC hat in Literatur und Praxis gleichermaßen Aufmerksamkeit erregt.88 Über ihren Implementierungsstand in Unternehmen aus der Privatwirtschaft im deutschsprachigen Raum besteht jedoch kein einheitliches Bild – dieser differiert in einigen Studien zwischen 7 % und 50 %.89 1.5.1 Forschungsstand zu ihren Ausprägungen Forschungen zu ihrem Einsatz zeigen, dass sie zumindest drei unterschiedliche Ausprägungen aufweist90 – als • • •

Kennzahlensystem,91 Kommunikationsinstrument, ganzheitliches Managementinstrument.

Wird sie als Kennzahlensystem verwendet, dann können mit ihrer Hilfe monetäre und nicht-monetäre strategische Kennzahlen gebildet werden, um ausgewogenere Kennzahlen zur Unterstützung des Controllings zu erhalten.92 Dies stand in der ersten Veröffentlichung von Kaplan und Norton zur BSC im Jahr 1992 im Fokus.93 Erhält sie die Ausrichtung als Kommunikationsinstrument, kann sie genutzt werden, um die Strategie der Organisation transparenter zu kommunizieren, welche durch die Darstellung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen den einzelnen formulierten Zielen noch eingehender er88 Vgl. Bach (2006), S. 298. 89 Vgl. Matlachowsky (2008), S. 45. 90 Vgl. Hubbard (2004), S. 126. 91 Ein Kennzahlensystem informiert, konzentriert ausgewogen durch die Zusammenführung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen, die in einer sachlich sinnvollen Beziehung zueinander stehen, einander ergänzen oder erklären und insgesamt auf den gemeinsamen übergeordneten Sachverhalt ausgerichtet sind (vgl. Lachnit/Müller (2006), S. 263). 92 Vgl. Matlachowsky (2008), S. 53 ff. 93 Vgl. Kaplan/Norton (1992).

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reicht wird.94 Diese Ausprägung der BSC wurde von Kaplan und Norton in ihrer Veröffentlichung im Jahre 1996 dargestellt.95 2004 kam die Entwicklung der „Strategy Map“ zur weiteren Vereinfachung der Übersicht der Wechselwirkungen und ihrer Visualisierbarkeit innerhalb der Organisation hinzu.96 Die Ausprägung als ganzheitliches Managementinstrument erhält sie, wenn sie als Kennzahlensystem sowie Kommunikationsinstrument verwendet wird und sie erfährt eine Erweiterung ihres Nutzens, wenn festgelegte Zielwerte und Maßnahmen mit Anreizsystemen der Organisation verbunden werden.97 Diese Ausprägung wird in den weiteren theoretischen Ausführungen dieser Arbeit zugrunde gelegt. 1.5.2 Forschungsstand in öffentlichen Einrichtungen Da der Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung auf dem Einsatz der BSC als strategisches Managementinstrument in Museen in öffentlichrechtlicher Trägerschaft liegt und ihre Spezifika denen der Verwaltung ähneln (siehe Kapitel 1.2), gilt es, weiter zu ermitteln, wie der Forschungsstand ihrer Eignung in öffentlichen Einrichtungen im Allgemeinen aussieht. Wie zuvor dargestellt, wurde die BSC ursprünglich für Unternehmen aus der Privatwirtschaft entwickelt, deren oberstes Organisationsziel die Gewinnerzielungsabsicht ist. Museen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft und Verwaltungen besitzen eine derartige Gewinnerzielungsabsicht nicht oder nur als Nebenbedingung.98 In ihrer Veröffentlichung „The BSC – Translating Strategy into Action“ aus dem Jahr 1996 konstatieren Kaplan und Norton, dass die BSC in öffentlichen Institutionen ebenso sinnvoll eingesetzt werden kann wie in Unternehmen aus der Privatwirtschaft.99 Eine wissenschaftliche Begründung dazu wurde von ihnen nicht angeführt. Diese wurde jedoch von zahlreichen

94 Vgl. Matlachowsky (2008), S. 53 ff. 95 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 30. 96 Vgl. Kaplan/Norton (2004). 97 Vgl. Matlachowsky (2008), S. 53 ff. 98 Vgl. Reck (2008), S. 6. 99 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 173-181.

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anderen Autoren geleistet, welche sich mit der Eignung der BSC in öffentlichen Einrichtungen auseinandersetzten. Beispielhaft wird hier Langthaler aufgeführt, der erkannte, dass eine BSC für die Kommunalverwaltungen eine „hilfreiche Basis für den Aufbau und die permanente Optimierung eines umfassenden politisch-administrativen Steuerungssystems darstellt.“100 Diese können sich jedoch seiner Ansicht nach nur dann entfalten, wenn organisationsspezifische Besonderheiten adäquat berücksichtigt werden, das System vollständig in allen Schritten umgesetzt wird, die Anwender zu einer langfristigen strategischen Führung bereit sind, das TopManagement das System unterstützt und es sowohl den politischen als auch administrativen Ansprüchen gerecht wird. 101 Weitere differenzierte Betrachtungen der Eignung der BSC für öffentliche Einrichtungen werden bspw. durchgeführt von Krönes102, Scherer103, Gottbehüt104, Schaefer.105 Sie erläutern u. a. die Chancen und Risiken der Einführung einer BSC in öffentlichen Einrichtungen und halten diese unter gewissen Umständen für sinnvoll. Allen ist jedoch gemein, dass die BSC in Bezug auf die zu verwendenden Perspektiven und ihre zugrunde liegende Ursache-WirkungsKette angepasst werden muss. Zudem sollten bestimmte Erfolgsfaktoren beachtet werden, wie bspw. Zielvereinbarungs-, Mittelzuweisungs- und Anreizsysteme (siehe weitere Ausführungen in Kapitel 2.3.3). 1.5.3 Forschungsstand in Museen Hinsichtlich des Einsatzes der BSC in Museen im deutschsprachigen Raum liegen erste Hinweise vor. Als Grundlage für die folgenden Ausführungen diente eine Umfrage unter Verwaltungsleitern in Museen in Deutschland, Österreich und der Schweiz – durchgeführt von der Universität Potsdam am Lehrstuhl Public & Nonprofit Management im Zeitraum von Juni bis August 2011. Ziel der Umfrage war es, die genutzten Steuerungsinstrumente in Museen im deutschsprachigen Raum herauszuarbeiten. Sie erfolgte

100 Langthaler (2002), S. 198. 101 Vgl. Langthaler (2002), S. 195-196. 102 Vgl. Krönes (2001). 103 Vgl. Scherer (2002). 104 Vgl. Gottbehüt (2002). 105 Vgl. Schaefer (2005), S. 343.

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anonym und konnte auf einer Website aufgerufen werden. Befragt wurden Museen in öffentlicher, privater und gemischter Trägerschaft in Städten mit über 50.000 Einwohnern. Die Umfrage verzichtete weitestgehend auf die Befragung von kleineren Museen, da sie ihrer Ansicht nach in der Regel nicht über eine Mindestgröße verfügen, welche den Einsatz von Managementinstrumenten relevant erscheinen ließe.106 Einige Studien aus der Privatwirtschaft belegen den Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Einsatz von Managementinstrumenten. 107 Bestätigt wird dieser Zusammenhang von Töpfer/Lindstädt/Förster, die ebenfalls feststellen, dass große Unternehmen die BSC bereits doppelt so häufig anwenden wie mittelgroße Unternehmen.108 Hinzuzufügen ist, dass die befragten Museen in der Umfrage kein Abbild der Museumslandschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz abgeben, welche durch viele kleine Museen, häufig in Trägerschaft von Vereinen, geprägt ist.109 Insgesamt wurden 397 Museen angeschrieben und der Fragebogen an den jeweiligen Verwaltungsleiter gerichtet, da angenommen wurde, dass sie als Leitung eine zentrale Rolle bei der Einführung derartiger Instrumente spielen. Die Verwaltungsleiter sollten Angaben machen, wie intensiv Management- und Führungsinstrumente in den jeweiligen Museen eingesetzt werden. Die Rücklaufquote betrug 45 %. Aus Deutschland stammten 87 % der Antworten. 8 % bzw. 5 % stammten aus der Schweiz und Österreich. 85 % der Befragten sind mehrheitlich in öffentlichen Körperschaften organisiert und erhalten mehr als 50 % ihrer Mittel von ihrem jeweiligen Träger. Dabei wurde offenkundig, dass die Nutzung moderner Steuerungsinstrumente in Museen immer wesentlicher wird,110 da Museen, wie eingangs erläutert, vor der Herausforderung stehen, trotz sinkender öffentlicher Mittel dem größeren und vielfältigeren Aufgabenspektrum sowie veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen und einer steigenden Konkurrenz gerecht zu werden.

106 Vgl. Modernes Museumsmanagement (2012), S. 12. http://www.unipotsdam. de/u/ls_puma/files/proeller_et_al_2012_museum.pdf. 107 Vgl. Speckbacher/Bischof/Pfeiffer (2003), S. 374; Chenhall (2005), S. 148 ff. 108 Vgl. Töpfer/Lindstädt/Förster (2002), S. 80. 109 Vgl. Modernes Museumsmanagement (2012), S. 12. http://www.uni-potsdam. de/u/ls_puma/files/proeller_et_al_2012_museum.pdf. 110 Vgl. ebenda, S. 6.

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Abbildung 9 zeigt die prozentuale Nutzung der verschiedenen Steuerungsinstrumente in den befragten Museen sowie deren Gründe zur Einführung. Der Balken ist zweigeteilt, wobei der linke dunkelgraue Anteil des Balkens den Prozentsatz der Einrichtungen verdeutlicht, welcher die Einführung des jeweiligen Steuerungsinstruments nach externen Vorgaben erfolgen ließ und der rechte hellgraue Anteil des Balkens den Prozentsatz der Einrichtungen verdeutlicht, der die Einführung nach eigenem Betreiben initiierte. Hieran ist zu erkennen, dass die BSC aktuell mit 10 % das bislang am wenigsten genutzte Instrument ist. Abb. 9: Verwendung einzelner Management- und Steuerungsinstrumente sowie Gründe für deren Einführung

Quelle: Modernes Museumsmanagement (2012), S. 18

Die Abbildung (siehe Abb. 10) zeigt auf, dass in Bezug auf die Museen, welche die BSC eingeführt haben, eine ausgewogene Zufriedenheit besteht. Aufgrund der Zielrichtung der Umfrage finden keine weiteren Angaben in Bezug darauf statt, wie bekannt das BSC-Konzept in der Museumslandschaft ist – ob sie bei ihrem Einsatz von 10 % in privater, öffentlicher oder gemischter Trägerschaft zum Einsatz kommt, ob in Deutschland, Österreich oder in der Schweiz, in welchen Bereichen des Museums sie eingesetzt wird und wie sie genau ausgearbeitet ist. Weiterhin findet keine weitere Aussage darüber statt, ob ihr Projektmanagement, falls Kulturprojekte in den Museen betrieben werden, davon betroffen ist und bspw. eine PSC zum

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Einsatz kommt. 111 Zudem werden kleinere Museen in der Umfrage nicht berücksichtigt. Eine eigene Untersuchung versucht, diese Lücke im Rahmen der vorliegenden Arbeit zu schließen. Sie wird in Kapitel 3.1 erläutert. Des Weiteren wurde ebenfalls die Zufriedenheit der Museen in Bezug auf ihre eingesetzten Instrumente untersucht. Abb. 10: Nutzung einzelner Management- und Steuerungsinstrumente und Anteil der zufriedenen Nutzer

Quelle: Modernes Museumsmanagement (2012), S. 20

Im Rahmen der Dissertation von Hirschle wird die BSC (neben weiteren Steuerungsinstrumenten) auf ihre Eignung und ihren Nutzen im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Controllingsystems für Museen untersucht.112 Schneidewind stellt ebenfalls die Anwendungsmöglichkeiten der BSC im Controlling für Museen dar. Sowohl Hirschle als auch Schneidewind stellen bei ihren Betrachtungen fest, dass die BSC ein geeignetes Instrument für das Controlling für Kulturbetriebe ist, da es operative mit strategischen Sichtweisen vereint.113

111 Die BSC wird PSC genannt, wenn sie im Projektmanagement genutzt wird. Vgl. https://www.projektmagazin.de/glossarterm/project-scorecard. 112 Vgl. Hirschle (2011). 113 Vgl. Schneidewind (2013), S. 136.

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Die BSC wurde aufgrund der Schwerpunktsetzung dabei überwiegend im Kontext des Controllings betrachtet. Der Aspekt des Change Managements, um den Wandel zu unterstützen, wurde dabei nicht umfassend dargestellt. In sechs kleineren Museen und Kultureinrichtungen in differenter Trägerschaft in Schleswig-Holstein wurde im Rahmen der Dissertation von Wollesen die Implementierung der BSC als qualitätsorientiertes strategisches Instrument u. a. in der Praxis mit unterschiedlichen Ergebnissen untersucht.114 Der Aspekt des Change Managements im Kontext von Museen in öffentlicher Trägerschaft wurde dabei ebenfalls nicht umfassend dargestellt. 1.5.4 Forschungsstand in Kulturprojekten Bemmé spricht die BSC als ein geeignetes Instrument zur Schaffung von strategischen Kennzahlen in Kulturprojekten zur Unterstützung des Projektcontrollings in Bezug auf das Kultur-Projektmanagement an. Weiterhin weist Bemmé darauf hin, dass die BSC dort ebenfalls zur Erfolgs- und Qualitätskontrolle eingesetzt werden kann. Er stellt jedoch die PSC als mögliche Abwandlung der BSC für Kulturprojekte und ihre Möglichkeiten der strategischen Ankopplung zu einer Organisation und als Schnittstelle zwischen Gesamteinrichtung und ihrer Umwelt, bspw. den Stakeholdern, nicht dar.115 Die PSC kann selbst dann angewendet werden, wenn keine BSC in der Gesamteinrichtung implementiert wurde. Dies macht sie möglicherweise interessant für Organisationen, welche den Aufwand der Implementierung in der gesamten Einrichtung scheuen. Konkludierend kann festgehalten werden, dass das Forschungsinteresse am Einsatz der BSC in Museen und im Projektmanagement von Kulturprojekten als qualitätsorientiertes strategisches Instrument und/oder als Controllinginstrument immer weiter anwächst. Es fehlt jedoch die Darstellung der BSC als ganzheitliches Managementinstrument in Museen in öffentlicher Trägerschaft und die Erläuterung, wie die Einführung eines solchen Instruments mit Unterstützung des Change Managements erfolgen könnte. Ebenfalls fehlt die Darstellung der

114 Vgl. Wollesen (2012), S. 194 ff. 115 Vgl. Bemmé (2011), S. 105.

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BSC in Form einer PSC zur strategischen Ankopplung von relevanten Kulturprojekten innerhalb des Museums. Der weitere Abschnitt beschreibt sowohl die Zielsetzung und das Erkenntnisinteresse ausgehend von den herausgearbeiteten Forschungslücken als auch das methodische Vorgehen und den Aufbau dieser Arbeit.

1.6 Z IELSETZUNG

UND

E RKENNTNISINTERESSE

Die vorliegende Arbeit stützt sich zur Bearbeitung der aufgezeigten Forschungslücken auf Literatur aus unterschiedlichen Disziplinen der Betriebswirtschaft, dem Kultur- und Museumsmanagement, der Organisationspsychologie, den Rechts- und Verwaltungswissenschaften sowie auf Fachzeitschriften und Dissertationen, welche das konkrete Thema genauer beleuchten. Weiterhin knüpft sie an den benannten Forschungsbedarf an, den Nutzen und die Eignung der BSC als ganzheitliches Managementinstrument in Museen in öffentlicher Trägerschaft zu untersuchen. Durch die Darstellung der BSC in ihrer, wie bereits weiter zuvor aufgeführten, 3. Ausprägung (siehe Kapitel 1.5.1) wird in dieser Arbeit ihr gesamtes strategisches Potenzial erläutert. Zudem wird die Einführung der BSC mit Unterstützung des Change Managements in Museen in öffentlicher Trägerschaft untersucht und daher erstmalig versucht, wie umfangreiche Literaturrecherchen ergaben, die Teildisziplinen „Strategisches Management“ und „Change Management“ im Kontext von Museen in öffentlicher Trägerschaft zur Einführung der BSC als ganzheitliches Managementinstrument darzustellen. Dazu wird eine eigens in dieser Arbeit entwickelte Change-Management-Konzeption vorgestellt. Die Darstellung der Teildisziplinen „Strategisches Management“ und „Change Management“ stellen nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Es werden lediglich diejenigen Aspekte näher behandelt, welche im Zusammenhang mit der Beantwortung der im Weiteren herausgestellten Forschungsfragen stehen. Zuletzt wird die Entwicklung und Anwendung einer PSC im Projektmanagement von Kulturprojekten der Einrichtung theoretisch erläutert, um die weiteren möglichen Anwendungsfelder der BSC darzustellen. Dabei dient die PSC in Kulturprojekten einerseits dazu, die Steuerung von Ein-

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zelprojekten strategischer und transparenter zu gestalten und andererseits die Verknüpfung mit den übergeordneten Strategien der Einrichtung zu gewährleisten – mit dem Ziel der verbesserten Überwachung des Projektfortschritts durch Kennzahlen, Risikoreduzierung, Frühwarneffekte und eine verbesserte Einbindung der Stakeholder. Im Anschluss wird die PSC in Form eines Pilotprojekts in einem Projekt des Jüdischen Museums Berlin implementiert. Zudem untersucht eine für diese Arbeit erstellte Online-Umfrage den Verbreitungsgrad und den Einsatz der BSC und PSC in Museen in Deutschland und prüft, falls vorhanden, ebenfalls ihre aktuelle Anwendung in Museen. Demzufolge lauten die zentralen Forschungsfragen dieser Arbeit:116 •

• •

Welchen Nutzen bietet die Implementierung einer BSC in ihrer Ausprägung als ganzheitliches Managementinstrument für ein strategisches Management in Museen in öffentlicher Trägerschaft? Wie kann die Implementierung der BSC mit Unterstützung des Change Managements erfolgen? Wie kann eine PSC für Projekte in Museen in öffentlicher Trägerschaft aussehen und welchen Nutzen hat sie für das strategische Museumsmanagement?

1.7 M ETHODISCHES V ORGEHEN

UND

AUFBAU

Bevor der Aufbau der Arbeit beschrieben wird, soll zunächst das methodische Vorgehen, welches sich an der qualitativen Sozialforschung orientiert, erläutert werden. 1.7.1 Methodisches Vorgehen Zur Grundlage der empirischen Forschung wird hier das qualitativ-interpretative Forschungskonzept herangezogen. Das bedeutet, dass die Theoriebildung in der Regel induktiv oder mittels einer abduktiven Logik erfolgt, sodass auch kreative und intuitive Prozesse einbezogen werden kön-

116 Hinsichtlich der Bedeutung und Entwicklung von Forschungsfragen für den Forschungsprozess vgl. Yin (2003), S. 21 und 22 und Punsch (2005), S. 32-37.

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nen.117 Basierend auf einer Analyse von Einzelfällen sind Verallgemeinerungen möglich und schließlich gelangt man zu einer Theorie oder zumindest zu einer „dichten Beschreibung“ des Phänomens. Ein weiteres Prinzip ist der Zusammenhang von Handlungen und Äußerungen, welche ihren Sinn und ihre Bedeutung durch die Einbettung in einem bestimmten gesellschaftlichen, kulturellen, sozialen, situativen und historischen Kontext erhalten.118 Die qualitative Sozialforschung bewegt sich möglichst nahe an der Lebenswirklichkeit der untersuchten Personen und orientiert sich am Alltagsgeschehen und -wissen der Handelnden im Forschungsfeld. Dieses „offene Prinzip“ greift auf verschiedenen Ebenen: Einerseits werden die Relevanzsetzungen der Untersuchten in den Fokus gerückt und dadurch die theoretische Strukturierung des Untersuchungsgegenstands in den Hintergrund gestellt. Andererseits wird den Befragten im Forschungsprozess möglichst viel Raum gegeben, ihre Deutungsmuster zu entfalten.119 Dazu werden Einzelfälle oder geringe Fallzahlen von Untersuchungspartnern untersucht sowie nicht repräsentative Stichproben. Die Methode soll sich dabei dem Untersuchungsgegenstand anpassen. Daraus ergibt sich eine Orientierung am Alltagsgeschehen und -wissen der Untersuchten sowie ein Prinzip der Offenheit. Der Forscher steht den Untersuchten als Fremder gegenüber, muss insofern flexibel sein und ggfs. die Methoden an die Erfordernisse der Situation anpassen. Die Zirkularität des Forschungsprozesses ist dahingehend gegeben, weil keine vorab definierte Abfolge von Forschungsschritten durchlaufen wird, sondern sich bspw. die Phasen der Datenerhebung und -auswertung abwechseln. Daraus entsteht eine zirkuläre Strategie in der Untersuchung (siehe Abb. 12), indem immer wieder zwischen der Betrachtung von Einzelaspekten und dem großen Ganzen gekreist wird, innerhalb dessen der Forscher reflektiert. Im Gegensatz zur linearen Strategie (siehe Abb. 11), in welcher die Formulierung der Hypothesen die Grundlage der weiteren Untersuchungsschritte bereits im Vorfeld festlegt.

117 Vgl. Kelle/Kluge (1999), S. 14 ff. 118 Vgl. Steinke (1999), S. 29. 119 Vgl. Helfferich (2004), S. 99 ff.

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Abb. 11: Forschungsstrategie/quantitative Methode

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bestmann (2010), Folie 38

Die qualitative Untersuchung fand anhand einer für diese Arbeit konzipierten Online-Umfrage statt. Sie ermittelte, wie verbreitet die BSC in Museen in Deutschland ist und welche Erfahrungen mit ihr als strategisches Instrument vorliegen. Darüber hinaus enthielt die Untersuchung Fragen zu den Rahmenbedingungen im Museumssektor und den eingesetzten strategischen Maßnahmen der Museen. Einerseits mit der Möglichkeit, lediglich aus einer vorgegebenen Auswahl „anzukreuzen“, aber auch andererseits mit der Möglichkeit der individuellen Antwortgebung. Sie richtete sich an Verwaltungsleiter von Museen in Deutschland in öffentlicher und privater Trägerschaft sowie unterschiedlicher Größe und wurde von Februar bis Juni 2013 durchgeführt. Insgesamt wurden 80 Museen mit Unterstützung des Deutschen Museumsbundes e.V. über den Verteiler der Arbeitsgruppe Verwaltungsleitung angefragt. Sie wurde an Verwaltungsleiter gerichtet, da angenommen wurde, dass sie als Leitung eine zentrale Rolle bei der Einführung neuer Steuerungsinstrumente spielen. Sie erfolgte nicht anonym und wurde online über einen Link per Mail zugänglich gemacht. Es wurde den Teilnehmern freigestellt, ob sie und ihre Institution im Rahmen dieser

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Arbeit genannt werden möchten und für Rückfragen zur Verfügung stehen. Die Rückfragen fanden in Form von qualitativen Interviews statt. Abb. 12: Forschungsstrategie/qualitative Methode

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bestmann (2010), Folie 38

Das qualitative Interview kann als mündliche und persönliche Form der Befragung beschrieben werden, bei der es um eine unverzerrte und möglichst vollständige Sammlung von Informationen zu dem interessierenden Untersuchungsgegenstand geht. „Das Prinzip der Kommunikativität zeigt sich beim qualitativen Interview vor allem in dem Bemühen, sich einer alltäglichen Kommunikationssituation anzunähern. Dazu gehört eine deutliche Zurückhaltung des Interviewers im Gespräch sowie seine Möglichkeiten, jeweils individuell auf die Auskunftsperson eingehen zu können. […] Gegebenenfalls wird die Auskunftsperson selber zum Wiederholen gewisser

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Gesprächssequenzen gebeten, um ihre subjektiven Interpretationen in die Auswertung mit einfließen zu lassen.“120

Die Befragten konnten daher im Rahmen der Online-Umfrage (siehe Kapitel 3.1) aber auch von erwünschten Rückfragen ebenfalls eigene Standpunkte in die Untersuchung einbringen. Hinzuzufügen ist, dass die 80 angefragten Museen kein Abbild der gesamten Museumslandschaft in Deutschland und eine im Verhältnis zu der Vielzahl bestehender Museen in Deutschland geringe Fallzahl von Untersuchungspartnern darstellen. Bei der Anwendung der qualitativen Methode ist die erforderliche Stichprobengröße im Allgemeinen deutlich geringer als bei quantitativen Verfahren. Bei der Stichprobenzusammensetzung gelten die Grundsätze des theoretical sampling, d. h., die Stichprobe sollte den theoretischen Überlegungen und der Fragestellung angepasst werden und möglichst typische Vertreter enthalten. Dies ist hier der Fall. Vorteil der qualitativen Methode ist ihre flexible Anwendung, da sich die Methode an den Untersuchungsgegenstand anpasst und nicht umgekehrt. Die Offenheit des Vorgehens ermöglicht es, neue, bisher unbekannte Sachverhalte zu entdecken. Der Fokus kann vom Teilnehmer selbst bestimmt werden, dadurch liegt er vor allem auf den für den Teilnehmer relevanten Sachverhalten. Durch die persönliche Interaktion entsteht die Möglichkeit, Hintergründe zu erfragen und Unklarheiten zu beseitigen. Es besteht hohe inhaltliche Validität durch die nicht prädeterminierte Vorgehensweise, tieferer Informationsgehalt durch offene Befragung und größere Subjektivität der Ergebnisse. Im Weiteren wurden Dokumente und Inhalte analysiert. „In dem, was Menschen sprechen und schreiben, drücken sich ihre Absichten, Einstellungen, Situationsdeutungen, ihr Wissen und ihre stillschweigenden Annahmen über ihre Umwelt aus.“121 Durch die Analyse der in den Dokumenten festgehaltenen Inhalte werden die aus Sprache und Form ersichtlichen Eigenschaften identifiziert und beschrieben.122

120 Kepper (1996), S. 35 ff. 121 Lamnek (1995), S. 172 ff. 122 Vgl. Lamnek (1995), S. 172 ff.

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1.7.2 Aufbau der Arbeit Der weitere Forschungsablauf zur Beantwortung der Forschungsfragen gliedert sich in 5 Kapitel. Nach der Erläuterung der Ausgangslage von Museen und den sich daraus ergebenden Herausforderungen an ein strategisches Museumsmanagement in einem sich verändernden Umfeld – auch im Hinblick bestehender Managementdefizite in Museen in öffentlicher Trägerschaft – sowie der Beschreibung der Schwerpunktsetzung der Untersuchung in Kapitel 1 wurden die BSC sowie ihr Potenzial kurz beschrieben und ihre drei Ausprägungen vorgestellt. Der aktuelle Forschungsstand des Einsatzes der BSC in Unternehmen sowie Museen in Deutschland bzw. dem deutschsprachigen Raum wurde aufgezeigt und der Forschungsstand der Eignung der BSC in öffentlichen Einrichtungen im Allgemeinen erläutert. Forschungslücken wurden dargestellt sowie Forschungsfragen formuliert, die allgemeine Zielsetzung und das Erkenntnisinteresse sowie das methodische Vorgehen der Arbeit beschrieben. In Kapitel 2 werden die theoretischen Grundlagen zum strategischen Management, dem operativen sowie strategischen Controlling und der BSC beschrieben und in Bezug zu Museen in öffentlicher Trägerschaft gesetzt. Ausgehend von der theoretischen Grundlage zum strategischen Management werden unter Berücksichtigung der Spezifika und Rahmenbedingungen von Museen in öffentlicher Trägerschaft ein Strategieansatz und -prozess entwickelt. Die BSC wird dabei sowohl in die Gesamtbetrachtung als strategisches Managementinstrument integriert als auch als möglicher Lösungsgeber der aufgezeigten Managementdefizite (in Kapitel 1). Das Kapitel schließt mit einer kritischen Betrachtung der BSC. Um die Einführung der BSC zu begleiten, müssen Veränderungsprozesse innerhalb der Einrichtung initiiert werden. Dazu bedarf es der Berücksichtigung verhaltenswissenschaftlicher Aspekte innerhalb öffentlicher Einrichtungen, die es bei der Entwicklung eines Change-ManagementKonzepts zur Unterstützung des Wandels zu berücksichtigen gilt. Hierzu wird in Kapitel 3 ein Change-Management-Konzept entwickelt, welches die Einführung einer BSC in Museen in öffentlicher Trägerschaft unterstützt. Bevor die Einführung dargestellt wird, wird zunächst anhand einer für diese Arbeit konzipierten Umfrage untersucht, wie verbreitet die BSC in Museen in Deutschland ist und welche Erfahrungen mit ihr als strategi-

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schem Instrument vorliegen. Darüber hinaus enthält die Untersuchung Fragen zu den Rahmenbedingungen im Museumssektor und den eingesetzten strategischen Maßnahmen von Seiten der Museen. Hieraus können ebenfalls Rückschlüsse gezogen werden, welchen Bezug die befragten Museen zu den Themen Leitbild- und Strategieentwicklung haben. In Kapitel 4 wird die Anwendbarkeit der BSC im Projektmanagement von Kulturprojekten in Museen in öffentlicher Trägerschaft in Form einer PSC zunächst theoretisch und im Anschluss anhand eines Pilotprojekts in der Praxis untersucht. Dazu werden zunächst die Begriffe Projekt, Projektmanagement und PSC sowie ihre Aufgaben und Zielsetzungen erläutert. In Kapitel 5 werden abschließend die Ergebnisse der Dissertation ausgewertet, in Zusammenhang mit den Forschungsfragen gebracht, in einem Fazit sowie Ausblick zusammengefasst, die Grenzen der Untersuchung und zusätzlicher Forschungsbedarf aufgezeigt. Abb. 13: Kurzüberblick der Kapitel

Quelle: Eigene Darstellung

2 Strategisches Management und Museen in öffentlicher Trägerschaft

Das strategische Management in Museen in öffentlicher Trägerschaft ist traditionell eher gering entwickelt, da diese zumindest nicht unmittelbar den Reaktionen des Markts unterworfen sind. Durch die zuvor in Kapitel 1 geschilderten grundlegenden Veränderungen, denen sich heutige Museen stellen müssen, eröffnen sich neue Herausforderungen, welche ein strategisches Vorgehen notwendig machen. Diese können mit den herkömmlichen Instrumenten nicht mehr ausreichend bearbeitet werden. Das bereits in Kapitel 1 geschilderte NSM beinhaltet Instrumente aus der Privatwirtschaft, welche teilweise in Museen in öffentlicher Trägerschaft Anwendung finden.1 Der strategische Ansatz des NSM ist jedoch nicht auf die Spezifika des Museumsmanagements in öffentlicher Trägerschaft ausgerichtet, da das Modell – wie bereits erläutert – im Rahmen der Verwaltungsreform entwickelt wurde. In der vorliegenden Arbeit wird daher ein Strategieansatz, basierend auf der Betrachtung der Definitionen, zum strategischen Management entwickelt, welches die Spezifika und Rahmenbedingungen von Museen in öffentlicher Trägerschaft berücksichtigt. Das strategische Management wird in diesem Zusammenhang nicht nur aus dem Blickwinkel der Planungslehre sondern auch aus dem Blickwinkel der Literatur zum Change Management, welche sich damit beschäftigt, wie man die Strategiefähigkeit von Organisationen unterstützt und Strategieansätze sowie ihre Lösungen initiiert, betrachtet. Weiterhin ist es wesentlich, dass diese von ihren Stakehol1

Bspw. in dem von Rump entwickelten Controllingsystem für Museen, das auf den Instrumentarien des NSM beruht.

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dern mitgetragen sowie mit der operativen als auch strategischen Planung verbunden werden. Die weiteren Ausführungen und die folgenden Begriffsbestimmungen stellen daher in ihrer Gesamtheit der Definitionen einen Strategieansatz für Museen in öffentlicher Trägerschaft vor, der das Change Management und die Stakeholder mitberücksichtigt. Dazu wird zunächst festgelegt, welches Verständnis den Begriffen „Strategisches Management“, „Stakeholder“ und „Controlling“ in dieser Arbeit zugrunde liegt, um in den weiteren Ausführungen auf ihre Bedeutung für den Strategieprozess einzugehen. Anschließend wird das Management- und Führungsinstrument BSC vorgestellt und in ihrer Gesamtbetrachtung werden die Lösungen der Museumsmanagementdefizite (aus Kapitel 1) dargestellt. Das Kapitel schließt mit einer kritischen Betrachtung der BSC.

2.1 B EGRIFFSBESTIMMUNGEN Ursprünglich stammt der Strategiebegriff aus der griechischen Staatstheorie und diente der Kriegs- und später der allgemeinen Staatsführung.2 Weiterhin erlangte er erneut in der Militärtheorie des 19. Jahrhunderts Relevanz und in der ausgedehnteren Entwicklung als Ausdruck für die allgemeine Kunst des Führens im Kontext administrativer, organisationaler oder politischer Aspekte.3 Einer der frühesten bekannten Verwendungen des Strategiebegriffs im unternehmerischen Sinne stammt von Sokrates. Er vergleicht die Aufgaben eines Heeresführers mit denen eines Geschäftsmannes, da es beiden um den Einsatz und die Planung von Ressourcen zur Erreichung ihrer Ziele geht.4 1947 verwendeten Morgenstern und Neumann den Strategiebegriff im betriebswirtschaftlichen Sinne im Zusammenhang mit ihren spieltheoretischen Überlegungen.5

2

Vgl. Welge/Al-Laham/Kajüter (2000), S. 18.

3

Vgl. Welge/Al-Laham (2005), S. 12.

4

Vgl. Bracker (1980), S. 219.

5

Vgl. Müller-Stewens/Lechner (2003), S. 8.

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Es existiert eine Vielzahl von Definitionen des Strategiebegriffs in der Literatur.6 Nach Welge/Al-Laham ist Strategie „die grundsätzliche, langfristige Verhaltensweise der Unternehmung und relevanter Teilbereiche gegenüber ihrer Umwelt zur Verwirklichung der langfristigen Ziele.“ 7 Unter Unternehmensstrategie wird nach Schreyögg „die langfristig orientierte Entscheidung darüber verstanden, in welcher oder welchen Domänen (Märkten, Branchen) eine Unternehmung tätig sein soll, und welche Handlungsweisen und Ressourcenverwendung zu wählen sind, um eine vorteilhafte Wettbewerbssituation zu erreichen.“8

„Strategien sind Maßnahmen zur Sicherung des langfristigen Erfolgs eines Unternehmens“ erläutern Bea/Haas.9 Nach Mintzberg besteht eine Strategie aus den folgenden vier Elementen: • • • •

Plan (als Spezialfall des Plans, die List, als strategisches Manöver), Verhaltensmuster, Positionierung, Weltanschauung.10

Dies stellt eine kleine Auswahl der Strategiedefinitionen dar. Insgesamt verbinden alle Strategien den Ansatz, sich an der Zukunft zu orientieren und eine Zielrichtung zu entwickeln sowie die Planung zur Realisierung dieser Zielrichtung zu beabsichtigen. Je nach Problemstellung und Auffassung setzt der Autor den jeweiligen Schwerpunkt bei seiner Strategiedefinition.11 Der Begriff Strategie ist „ein gedankliches Konstrukt“ und insofern schwer in einer einheitlichen Definition fassbar,12 da die Beschreibung dessen, was Strategie ist, vielfältige Formen annehmen kann.13

6

Vgl. Barney (2002), S. 6.

7

Welge/Al-Laham (2005), S. 19.

8

Schreyögg (1984), S. 5.

9

Bea/Haas (2005), S. 51.

10 Vgl. Mintzberg (1987a), S. 12. 11 Vgl. Eschenbach/Kunesch (1994), S. 5. 12 Vgl. Kreikebaum (1997), S. 18. 13 Vgl. ebenda.

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Das strategische Management als Teilaspekt des Managements14 hat sich in den 70er Jahren in Amerika herausgebildet. 15 Der Begriff „strategisches Management“ kann genauso wie der Begriff „Strategie“ sehr unterschiedlich interpretiert werden, denn es liegt in der Betriebswirtschaftslehre kein einheitliches Verständnis dazu vor.16 Es existiert eine Vielzahl von Definitionen und Konzepten, wie strategische Planung oder strategisches Management entstehen. 17 Manchmal werden die Begriffe abgegrenzt und manchmal ist damit ein und dasselbe gemeint. Mintzberg hat zehn „Denkschulen“ des strategischen Managements identifiziert. Die folgende Tabelle (siehe Tab. 2) verdeutlicht die Ansätze und ihre beispielhafte Interpretation für Museen in öffentlicher Trägerschaft. Die einzelnen Denkschulen zeigen differente Blickwinkel des strategischen Managements auf – mit ihrem jeweils entsprechenden Fokus. Dabei stehen sich die einzelnen Denkschulen nicht unvereinbar gegenüber. Nach Ansicht von Mintzberg können daher alle wichtigen Aspekte der einzelnen Denkschulen berücksichtigt werden.18 Dieser Ansicht wird in der vorliegenden Arbeit gefolgt und daher im Folgenden eine Auswahl von Definitionen des strategischen Managements dargestellt, welche einzelne wichtige Aspekte der Denkschulen berücksichtigen und auf Museen in öffentlicher Trägerschaft angepasst und übertragen werden können. Dieses wird ergänzt durch die Berücksichtigung der Verbindung zur BSC und durch das Change Management zur Unterstützung der Veränderungsprozesse.

14 Management bzw. die Führung einer Organisation umfasst sämtliche Aktivitäten, die zur Entscheidungsbildung und deren Durchsetzung dienen. Zu ihrer Umsetzung wird ein Management- oder Führungssystem benötigt (vgl. Lachnit/Müller (2006), S. 7). Grundlegende Managementaufgaben sind Planung, Organisation, Personaleinsatz, Führung und Controlling (vgl. Koontz/O´Donell (1964), S. 38 ff.). 15 Vgl. Schendel/Hofer (1979). 16 Vgl. Welge/Al-Laham (1992), S. 165-170; Bamberger/Wrona (2004), S. 31. 17 Vgl. Isaac-Henry (1999), S. 61. 18 Vgl. Mintzberg (1999), S. 391.

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Tab. 2: Denkschulen zum strategischen Management und Interpretationen für Museen in öffentlicher Trägerschaft Denkschulen

Strategieentwicklung als ...

Designschule

Konzeptioneller Abstimmen Prozess zur optima- bzw. Anpassen len Positionierung des Unternehmens im Umfeld hinsichtlich seiner Stärken und Schwächen (SWOT-Analyse)

Analyse von Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken der Museen.

Formaler Prozess

Formalisieren

Langfristige Fachplanung, mittelfristige integrierte Aufgaben- und Finanzplanung in den Museen

Positionie- Analytischer rungsProzess schule

Analyse der externen Umgebung

Identifikation, Entwicklung und Nutzung von Vorteilen im Standortwettbewerb (bspw. mithilfe der Branchenstrukturanalyse)

Unternehmerische Schule

Visionärer Prozess

Vorstellungen entwickeln, personelle Führung

Entwicklung von Leitbildern, Definitionen von Mission und Vision in Museen

Kognitive Schule

Mentaler Prozess

In Rahmen einordnen

Inkrementalismus und begrenzte Rationalität in Museen

Lernen

Museen als lernende Organisationen, Organisations-, Personal- und Führungskräfteentwicklung

Planungsschule

Lernschule Sich herausbildender Prozess

Fokus

Mögliche Interpretation für Museen in öffentlicher Trägerschaft

Abstimmung der museumsinternen Entwicklung mit der Entwicklung im Umfeld

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Machtschule

Verhandlungsprozess

Sich aneignen

Strategieentwicklung als Prozess zur Bewältigung von Konflikten in Museen

Kulturschule

Kollektiver Prozess

Verschmelzen

Berücksichtigung und Entwicklung der spezifischen Kultur in Museen

Umweltschule

Reaktiver Prozess

Sich anpassen

Anpassung an soziale, technologische, wirtschaftliche etc. und politische Veränderungen im Umfeld der Museen

Integrieren umwandeln

Strategisches Management des Wandels, Reform und Integration in Museen

Konfigura- Transformationstionsschule prozess

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mintzberg (1999)

2.1.1 Zweck des strategischen Managements Nach Ansicht von Poister/Streib ist der allgemeine Zweck des strategischen Managements, eine kontinuierliche Bindung an die Mission und Vision der Organisation zu entwickeln, sodass eine Kultur gefördert wird, welche sich mit der Mission und Vision identifiziert, diese unterstützt und eine klare Fokussierung auf die strategische Agenda der Organisation erhält, um sie durch alle Entscheidungen und Aktivitäten hindurch beizubehalten. 19 Im Sinne dieser Definition zum Zweck des strategischen Managements und übertragen auf Museen in öffentlicher Trägerschaft ist es daher notwendig, dass diese eine kontinuierliche Bindung an ihre Mission und Vision (Leitbild) entwickeln, um eine Kultur in der Einrichtung zu fördern, die sich mit der Mission und Vision identifiziert, anhand derer sie eine klare strategische Agenda entwickeln können, welche durch alle Entscheidungen und Aktivitäten hindurch beibehalten wird. Diesen Denkansatz spiegelt bspw. die „Unternehmerische Schule“ wider.

19 Vgl. Poister/Streib (1999), S. 311 ff.

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2.1.2 Strategisches Management – verbundene Aktivitäten Entscheidungen können als strategisch kategorisiert werden, wenn sie „sich auf Aspekte sowohl des internen als auch des externen Umfeldes beziehen, die Einfluss auf die Schlüsselthemen der Organisation in der Zukunft haben; Themen betrachten, welche die gesamte Organisation umfassen und von denen bedeutende Auswirkungen auf sie zu erwarten sind; langfristige Entscheidungen ermöglichen, bspw. weil sie den Zweck der Organisation und den Kurs betreffen, auf den sie gerichtet sein soll; die wirksame Umsetzung von Leitlinien und Strategien ermöglichen.“20

Diese Definition betont die Aktivitäten, die mit dem strategischen Management verbunden werden. Für Museen in öffentlicher Trägerschaft wird die Betrachtung sowohl ihres internen als auch ihres externen Umfeldes zu ihrer Existenzsicherung immer wesentlicher (siehe Kapitel 1). Dazu gehören ebenfalls ihre Stakeholder (Anspruchs- und Interessengruppen). Diese für die jeweilige Einrichtung zu identifizieren und zu analysieren, um festzustellen, welche Anspruchs- und Interessengruppen die Einrichtung umgeben und welche Erwartungshaltung sie haben, stellt einen Teil der Schaffung und Sicherung von Erfolgspotenzialen für Museen in öffentlicher Trägerschaft dar (siehe Kapitel 2.1.4). Ebendiese Aspekte finden sich wieder in folgenden Denkschulen: der Umwelt-, Positionierungs- oder auch Designschule. 2.1.3 Gestaltung und Entwicklung durch strategisches Management In Unternehmen haben Müller-Stewens/Lechner 21 fünf Wesensmerkmale zur Gestaltung der Entwicklung einer Organisation lokalisiert: • •

die geplante Evolution, eine spezifische Denkhaltung,

20 Isaac-Henry (1999), S. 62 ff. 21 Vgl. Müller-Stewens/Lechner (2003), S. 20 ff.

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• • •

das Bewusstmachen von strategischem Denken und Handeln, einen kollektiven Lernprozess sowie die Schaffung und Sicherung von Erfolgspotenzialen.

Sie untersuchten u. a. in diesem Zusammenhang, welche Strategie ein Unternehmen zum Erfolg führt. Hier finden sich ebenfalls Aspekte, bspw. der Lern-, Kultur-, Konfigurationsschule etc., wieder. Diesen Begriffsbestimmungen im Weiteren folgend, werden sie für die Anwendung in Museen in öffentlicher Trägerschaft entsprechend interpretiert und angepasst. Denn beide, Unternehmen aus der Privatwirtschaft wie Museen in öffentlicher Trägerschaft, können nur mit einer klaren Mission und genauen Vorstellungen über die zu verfolgenden Ziele, Märkte sowie die zur Verfügung stehenden Ressourcen einen mittel- oder langfristigen Erfolg erreichen. Der signifikante Unterschied liegt vor allem in den Zielvorstellungen. Primäres Ziel von privaten Unternehmen ist, wie bereits erläutert, die Existenzsicherung in Form von Gewinnerzielung oder Werterhaltung – für Museen in öffentlicher Trägerschaft steht im Wesentlichen der gesetzliche Kulturauftrag im Mittelpunkt. Sie stellten weiterhin bei ihrer Untersuchung fest, dass Entwicklungen in Organisationen oftmals nach dem Prinzip „muddling through“ erfolgen,“22 d. h., dass Entscheidungen, Aktivitäten und dadurch auch Entwicklungen in Organisationen eher nach dem Prinzip des „sich-Durchwurstelns“ erfolgen und dadurch weniger koordiniert und insofern eher reaktiv als proaktiv verlaufen. Auch Museen in öffentlicher Trägerschaft weisen diese Merkmale partiell auf. Dem kann durch die geplante Evolution entgegengewirkt werden, indem sowohl die Gesamtsicht und Langzeitbetrachtung berücksichtigt werden als auch dezentrale Initiativen und kurzfristige Reaktionen.23 Mit einer spezifischen Denkhaltung im Sinne des strategischen Managements verbindet sich nicht nur der Einsatz bestimmter Steuerungsinstrumente und -methoden, sondern auch die Reflexion über deren Möglichkeiten und Grenzen. Sie stellt vor allem auf die Rolle, Funktion und Selbstwahrnehmung des Managements, speziell der Führungskräfte ab. Im

22 Lindblom stellte erstmals das Prinzip des „muddling through (des „Sich-Durchwurstelns“) fest, vgl. Lindblom (1988), Quinn (1980). 23 Vgl. Kirsch (1997).

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Mittelpunkt des strategischen Managements steht demzufolge die Art und Weise, wie über die Entwicklung des Museums (nach-)gedacht und entsprechend gehandelt wird. Das bezieht sich sowohl auf ganzheitliches und vernetztes Denken und Handeln24 in Museen in öffentlicher Trägerschaft als auch auf die Konsistenz von Reflexion, Absichten und tatsächlichem, alltäglichem Handeln sowie Entscheiden. Deutlich wird dies zum Beispiel an der Frage, ob ein Leitbild für das Museum lediglich formuliert wurde oder ob es auch „gelebt“ wird. Speziell hier liegt im Museumsalltag ein gefährlicher Stolperstein für die Realisierung des strategischen Managements. Der Erfolg eines strategischen Managements setzt nicht nur das Bewusstmachen strategischen Denkens und Handelns voraus, sondern ebenfalls die bewusste Auseinandersetzung hinsichtlich der beabsichtigten Entwicklung des Museums und der dafür zu realisierenden Maßnahmen. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig formalisierte Planung. Es erfordert jedoch die Notwendigkeit einer Reflexion der strategischen Entwicklung des Museums und ein Mindestmaß an Verbindlichkeit sowie „greifbaren“ Ergebnissen. Dies kann ebenfalls einen „fortlaufenden, kollektiven Lernprozess […]“25 fördern. Im Museumsumfeld bedeutet dies vor allem, systematische Lernprozesse zu initiieren und deren Ergebnisse in das alltägliche Museumsgeschäft zu integrieren. Es geht also um die Entwicklung des Museums hin zu einer „lernenden Organisation.“26 Dies bezieht sich nicht nur auf das Personal des Museums und dessen Qualifikation, sondern auch auf strukturelle und instrumentelle Fragen sowie nicht zuletzt auf die Führungskräfteentwicklung. Auch hier sind nicht nur dezentrale Initiativen und Veränderungen gemeint, sondern ein das gesamte Museum betreffendes Verständnis der Organisationsentwicklung. Bei der konkreten Umsetzung gilt es insbesondere, Veränderungsbereitschaft im gesamten Museum zu erzeugen und zu erhalten. Außerdem ist die Gestaltung der Veränderungen im Sinne eines Change Managements zu thematisieren (siehe hierzu Kapitel 3). Bei der Schaffung und Sicherung von Erfolgspotenzialen ist die Frage, was den Erfolg eines Museums in öffentlicher Trägerschaft ausmacht, nicht

24 Vgl. Gomez/Probst (1999). 25 Müller-Stewens/Lechner (2003), S. 21. 26 Klein (2011), S. 64.

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leicht zu beantworten. Das gilt entsprechend für die Bestimmung von Potenzialen – also von noch ungenutzten Möglichkeiten, um als Museum erfolgreicher zu werden. Bei der Definition von Erfolgsmaßstäben besteht möglicherweise der entscheidende Unterschied zum Management im privaten Sektor. Darauf wurde in den Kapiteln 1.3.1 sowie 1.3.2 eingegangen und Möglichkeiten von Erfolgspotenzialen wurden thematisiert. Auch und gerade weil hier keine Patentlösungen bestehen, kommt dem Strategieprozess besondere Bedeutung zu und in diesem Zusammenhang auch den Stakeholdern. Diese Aspekte werden im Weiteren näher erläutert. 2.1.4 Stakeholder und ihre Bedeutung im Strategieprozess Für ein strategisches Management in Museen in öffentlicher Trägerschaft kann zunächst festgehalten werden, dass es notwendig ist, ihre Stakeholder zu ermitteln, ihre Relevanz festzustellen, sie zu bewerten und schließlich Ziele und Maßnahmen im Zusammenhang mit der strategischen Orientierung vorzunehmen.27 Daher wird in den weiteren Ausführungen in Anlehnung an das Vier-Stufen-Modell nach Wilbers 28 dargestellt, wie die Anspruchs- und Interessengruppen analysiert werden können. Zuvor wird jedoch der Stakeholder-Begriff näher beleuchtet. Es besteht eine Vielfalt von Definitionen des Begriffs „Stakeholder“. Im deutschen Sprachraum spricht man vom „Stakeholder“, aber auch von „Anspruchs-“ oder „Interessengruppen.“ Freeman, der Verfasser mit dem wesentlichsten Beitrag in Bezug auf die Stakeholder-Theorie, konstatiert: „A stakeholder in an organization is (by definition) any group or individual who can affect or is affected by the achievement of the organization’s objektives.“29 Dabei unterteilt er Stakeholder im engeren und weiteren Sinne. Im engeren Sinne sind Stakeholder Gruppen oder Einzelpersonen, von denen die Existenz der Einrichtung abhängt, wie Mitarbeiter, Kunden etc. Im weiteren Sinne sind Stakeholder Gruppen oder Einzelpersonen, die einen Einfluss auf die Unternehmensziele ausüben können oder selbst von deren

27 Vgl. Sander/Bauer (2006), S. 69 ff.; Horak/Speckbacher (2013), S. 174. 28 Vgl. Wilbers (2004), S. 351. 29 Freemann (1984), S. 34.

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Zielerreichung beeinflusst werden.30 Folgende weitere Kriterien für Stakeholder lassen sich in der Literatur bei Mitchell/Agle/Wood finden: • • • • • •

die Existenz einer Beziehung zw. Organisation und Anspruchsgruppe, eine gegenseitige Abhängigkeit oder in eine der beiden Richtungen bestehende Abhängigkeit zwischen den Akteuren, eine vertragliche Beziehung zwischen Stakeholder und Organisation, ein Anspruch des Stakeholders gegenüber der Organisation, die Übernahme von Risiko auf Seiten des Stakeholders oder ein moralisch begründeter Anspruch seitens des Stakeholders an die Organisation.31

Sie ordnen Stakeholder weiter in folgende drei Dimensionen ein: Macht, Legitimität und Dringlichkeit. Stakeholder üben danach dann Macht in einer Einrichtung aus, wenn sie die Fähigkeit haben, sie zu Handlungen zu bewegen, die sie andernfalls nicht unternommen hätte. Im Hinblick auf die Legitimität wird das Recht der Stakeholder verstanden, ihre Macht auszuüben und unter Dringlichkeit wird der Einfluss der Stakeholderansprüche auf den gesamten Prozess verstanden. Weitere folgende Definitionen finden sich bei unterschiedlichen Autoren in der Literatur bspw.: • • • • • •

primäre und sekundäre,32 aktive und passive,33 soziale und nicht-soziale,34 interne und externe35 bzw. entfernte,36 freiwillige und nicht-freiwillige (Risikoträger)37 sowie vertraglich gebundene und öffentliche Stakeholder.38

30 Vgl. ebenda S. 46 ff. 31 Vgl. Mitchell/Agle/Wood (1997), S. 860 ff. 32 Vgl. Post/Lawrence/Weber (2005), S. 9 ff. 33 Vgl. Skrzipek (2005), S. 48. 34 Vgl. Wheeler/Sillanpää (1998). 35 Vgl. Freeman (1984). 36 Vgl. Sirgy (2002). 37 Vgl. Clarkson (1994). 38 Vgl. Clarke (1998).

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Abb. 14: Vier-Stufen-Modell für den Umgang mit Stakeholdergruppen

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wilbers (2004), S. 351

Die Abgrenzung zwischen internen und externen Stakeholdern stellt sich in diesem Kontext problematisch dar, da beide in manchen Fällen nicht genau und eindeutig voneinander zu differenzieren sind. Die Fragestellung der Abgrenzung kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht abschließend geklärt werden. Bei der Ermittlung der Stakeholder wird in den weiteren Ausführungen auf die Abgrenzung zwischen aktiven und passiven Stakeholdern zurückgegriffen. Im Folgenden wird, wie zuvor erläutert, das VierStufen-Modell nach Wilbers 39 und die Möglichkeit der Analyse der Anspruchs- und Interessengruppen sowie deren Einbindung in den Strategieprozess dargestellt. Die Abbildung (siehe Abb. 14) stellt das Modell zusammengefasst dar.

39 Vgl. Wilbers (2004), S. 351.

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2.1.4.1 Ermittlung der Stakeholder Zunächst können zur Ermittlung der Stakeholder und deren möglichem Einfluss oder Anspruchshaltung bzw. tatsächlichen Ansprüchen Methoden wie Brainstorming, Dokumentenanalyse, Beobachtungen, Experteninterviews etc. innerhalb der Einrichtung vorgenommen werden. 40 Folgende Fragestellungen unterstützen dabei die Denkprozesse: • • • • • • •

Für welche Personengruppe gilt die Analyse? Welche Person ist der Stakeholder? Welche Einstellung hat der Stakeholder zur Einrichtung? Welchen allgemeinen Beitrag kann der Stakeholder zur Umsetzung der Ziele leisten? Welchen konkreten Beitrag kann der Stakeholder zur Umsetzung der Ziele leisten? Wie wird der Stakeholder in das Geschehen eingebunden? Welche konkreten Aufgaben kann der Stakeholder übernehmen?

Diese Fragstellungen sind regelmäßig zu wiederholen, um Veränderungen der Ausgangssituation wahrzunehmen.41 2.1.4.2 Einordnung der Stakeholder Im nächsten Schritt kann anhand einer Stakeholder-Portfolio-Analyse die strategische Dimension der ermittelten Stakeholder und ihre Relevanz für die Einrichtung eruiert werden.42 Die folgende Abbildung (siehe Abb. 15) beschreibt das Stakeholder-Portfolio mit den entsprechenden Stakeholdertypen nach Müller-Stewenz/Lechner und ihre Relevanzfindung.

40 Vgl. Bornholdt/Noll/Ruckh (2006), S. 28. 41 Vgl. Stötzer (2009), S. 134 ff. 42 Vgl. Sander/Bauer (2006), S. 70.

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Abb. 15: Stakeholder-Portfolio

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Müller-Stewenz/Lechner (2005), S.17; Stötzer (2009), S. 135

Die Darstellung weist zwei Achsen auf, um die Stakeholder einzuordnen. Die horizontale Achse gibt Rückschlüsse auf den Grad der Beeinflussbarkeit des Stakeholders durch die Einrichtung und die vertikale Achse auf den Grad seiner Einflussmöglichkeiten auf die jeweilige Einrichtung. In diesem Zusammenhang sind Randfiguren von geringer Bedeutung für die Einrichtung und es besteht ein geringes gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis. Joker hingegen haben einen sehr großen Einfluss auf die Einrichtung. Sie sind allerdings auch schwerer beeinflussbar – wie bspw. staatliche Verwaltungsstellen. Der Nutzen, welcher für die Einrichtung wie Museen in öffentlicher Trägerschaft herausgearbeitet werden kann, liegt bspw. in der Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit den Verwaltungsstellen.

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Im Hinblick auf die Gesetzten liegt die Macht des Einflusses auf Seiten der Einrichtung. Im Fall eines Museums sind das bspw. die Besucher, denen man Produkte und Dienstleistungen anbietet. Spielmacher zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwar einerseits einen großen Einfluss auf die Einrichtung ausüben, aber andererseits die Einrichtung auch auf sie einen großen Einfluss besitzt.43 2.1.4.3 Bewertung der Ansprüche von Stakeholdern Sind die Stakeholder und ihre Relevanz ermittelt, werden im nächsten Schritt ihre Erwartungen dem Nutzen für die Einrichtung gegenübergestellt. Die Erwartungen der Stakeholder können bspw. durch Umfragen oder Workshops festgestellt werden. Ebenfalls ist die Vernetzung der Stakeholder mit- und untereinander zu analysieren und ihr Beziehungsnetzwerk innerhalb wie außerhalb der Einrichtung zu verstehen. 2.1.4.4 Aktionen Die vorangegangene Analyse dient der ersten Phase von fünf Phasen des im Weiteren zu erläuternden Strategieprozesses im Kontext von Museen in öffentlicher Trägerschaft, da zur Klärung der grundlegenden Ziele und den daran anschließenden Aktionen der Organisation sich sowohl an den Organisationszielen (der Mission und Vision) der Einrichtung orientiert werden sollte wie ebenfalls an den Zielen ihrer wesentlichen Stakeholder. 2.1.5 Prozess des strategischen Managements im Kontext von Museen in öffentlicher Trägerschaft Der Strategieprozess stellt die Aufteilung strategischer Entscheidungen in einer logischen Abfolge kleinerer Teilschritte dar und unterscheidet sich, je nachdem, welche „Denkschulen“ zugrunde gelegt werden, in der Anzahl und dem Inhalt der Teilschritte.44

43 Vgl. Müller-Stewenz/Lechner (2005), S. 179 ff. 44 Vgl. Welge/Al-Laham (2005), S. 84.

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Nach bspw. Kreikebaum, Staehle und Welge/Al-Laham beginnt der Strategieprozess mit den „langfristigen Unternehmensabsichten“,45 einer „Analyse der generellen Ziele und Werte“ 46 bzw. mit einem „Zielfindungsprozess“,47 der auf dem Leitbild der Organisation basiert und zur Klärung der grundlegenden Ziele dient, welches der strategischen Analyse vorausgeht. Im Hinblick auf die Organisationsziele des Museums in öffentlicher Trägerschaft kommen noch die Stakeholderziele hinzu. Die strategische Analyse sammelt sämtliche relevanten Informationen und stellt sowohl die Basis, auf welcher die Organsiationsleitung Strategien im Kontext des Leitbildes ableitet, als auch den Rahmen für die Umwelt- und Branchenanalyse dar. Ziel ist dabei, Chancen und Risiken durch die Situationsanalyse zu identifizieren. Sie dient der Komplexitätsreduzierung der Umweltfaktoren48 und ebenfalls der Ressourcenerkenntnis. Der nächste Teilschritt ist die Strategieentwicklung. Dazu werden zunächst durch die Leitungsebene Strategiealternativen gebildet, diese werden qualitativ und quantitativ bewertet sowie Strategien bestimmt, auf deren Grundlage strategische Ziele gebildet werden. Nach Auswahl der Strategien folgt die Strategieverankerung, worauf aufbauend Maßnahmen zur Strategierealisierung entwickelt werden, die Veränderungen für die Mitarbeiter darstellen und daher auch von ihnen mitgetragen werden müssen.49 In diesem Zusammenhang ist das Change Management zur Begleitung der Veränderungsprozesse von Bedeutung (siehe Kapitel 3). Die Evaluierung der Prozesse (ihre strategische Kontrolle) stellt dabei kein „angehängtes Schlussglied“50 dar, sondern versteht sich als ein systematischer, kontinuierlicher und informationsverbreitender Prozess,51 gleichzeitig optimiert sie den gesamten Strategieprozess, indem sie ihn auf sein Gültigkeit, Realisierbarkeit, sowie Veränderungsnotwendigkeiten überwacht, denn „[…] Planung [ist] ohne Kontrolle sinnlos, die Kontrolle ohne Planung gar nicht möglich.“52

45 Kreikebaum (1997), S. 38. 46 Staehle (1999), S. 615 ff. 47 Welge/Al-Laham (1992), S. 2359. 48 Vgl. Steinmann/Schreyögg (1997), S. 158. 49 Vgl. Steinmann/Schreyögg (1997), S. 157 ff. 50 Vgl. Steinmann/Schreyögg (1997), S. 157. 51 Vgl. Pfau (2001), S. 88. 52 Pfau (2001), S. 87.

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Sich orientierend an den vorherigen Ausführungen zum strategischen Management im Kontext von Museen in öffentlicher Trägerschaft und den in diesem Zusammenhang aufgeführten Denkschulen sowie den Erläuterungen zum Strategieprozess erfolgt an dieser Stelle demzufolge eine Aufteilung in fünf Phasen. Diese beginnen mit der • • • • •

Klärung der grundlegenden Ziele, der strategischen Analyse, Strategieentwicklung, Strategieverankerung und -realisierung und ihrer „abschließenden“ Evaluation.

Im Anschluss an die Evaluation werden die Prozessschritte wiederholt (zur strategischen Planungskontrolle) und dadurch ggfs. eine Weiterentwicklung durch „kollektives Lernen“ mit Unterstützung von Feedback-Prozessen (Single-Loop-Double-Loop bzw. Deutero-Lernen. Siehe Kapitel 2.3.4.), die in der BSC verankert sind, ermöglicht.

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Abb. 16: Prozess des strategischen Managements für Museen

Klärung der grundlegenden Ziele

Strategische Analyse

Strategieentwicklung

Strategieverankerung und -realisierung

Evaluierung

Grundlegende Ziele

Ausgangssituation

Strategiealternativen und Auswahl

Aktionspläne

Weiterentwicklung

Organisationsziele anhand des Leitbildes der Organisation (Mission, Vision) und Stakeholder ermitteln

Situationsanalyse, bspw. durch SWOTAnalyse (StärkenSchwächenAnalyse), Umwelt - und Branchenstrukturanalyse.

Mögliche Strategien identifizieren.

Einsatz des Change Managements in Bezug auf Begleitung der Veränderungsprozesse (Führungsrolle, Struktur, Kultur)

Feedback durch SingleLoop, DoubleLoop bzw. DeuteroLernen

Organisationsanalyse in Bezug auf die internen Ressourcen Stakeholderanalyse

Positionen sowie Ressourcen der Organisationen mit einbeziehen. Kernstrategien entwickeln und mit der Vision und den zu entwickelnden Perspektiven der BSC verknüpfen.

Kommunikation der Strategie und Einsatz der BSC als ganzheitliches Managementinstrument (Strategien in strategische Maßnahmen übersetzen) und Kennzahlen entwickeln

Qualitätsmanagement durch die Anwendung des PDCAZyklus von Deming. Einbindung des Controllings

Bildung einer „Strategy Map“ und Darstellung der Ursache- Wirungskette

Quelle: Eigene Darstellung mit Ergänzungen angelehnt an Steinmann/Schreyögg (1997), S. 158; Pfau (2001), S. 87; Kreikebaum (1997), S. 38; Staehle (1999), S. 615; Welge/Al-Laham (1992), S. 2359; Welge/Al-Laham (2005), S. 84

Abbildung 16 stellt den Strategieprozess mit Bezugnahme auf die vorausgegangenen Erläuterungen zum strategischen Management in Museen in öffentlicher Trägerschaft dar – mit eigenen Ergänzungen im Hinblick auf

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die Einordnung der BSC in den Strategieprozess sowie die Verortung des Change Managements zur Unterstützung der Veränderungsprozesse. 2.1.5.1 Klärung der grundlegenden Ziele In der ersten Phase der Klärung der grundlegenden Ziele innerhalb der Organisation sollten sich die Organisationsziele an der Mission und Vision der Einrichtung orientieren sowie an den Zielen ihrer wesentlichen Stakeholder. „Eine Mission definiert die Bestimmung der Unternehmung [der Einrichtung] – warum diese existiert. Die Mission umfasst Beitrag und Nutzen, den eine Organisation der Menschheit leisten will […].“53 Sie wird ebenfalls als Leitbild bezeichnet und beschreibt das eigene Selbstverständnis einer Organisation54 Die Entwicklung eines derartigen Leitbilds wird aufgrund des steigenden Legitimationsdrucks von Kultureinrichtungen immer notwendiger.55 Um in Zukunft als Kultureinrichtung erfolgreich und zielgerichtet agieren zu können, ist es erforderlich, eine präzise Vorstellung des eigenen Selbstverständnisses zu haben. 56 Diese zu entwickelnde Mission der Kultureinrichtung sollte klar formuliert sein und jedem Mitarbeiter vermittelt werden sowie über einen längeren Zeitraum Bestand haben, 57 sodass sie in strategische und operative Stoßrichtungen heruntergebrochen werden kann und sich daraus Maßnahmen entwickeln lassen, welche wiederum in Zielvereinbarungen 58 mit den Mitarbeitern (bei gleichzeitiger Zuweisung der Geldmittel – siehe Kapitel 2.3.3) oder weiteren Beteiligten, wie dem entsprechenden Träger des Museums sowie seinen Stakeholdern, einfließen kann. Dieses Herunterbrechen der Mission bis hin zur Maßnahmenentwicklung unterstützt die BSC, welche in ihren Einzelheiten in den weiteren Kapiteln ausgeführt wird. Ausgehend von der Mission sollte nun die Vision, die Zukunft der Kultureinrichtung abgeleitet werden.

53 Niven (2003), S. 134. 54 Vgl. Friedag/Schmidt (2001), S. 33. 55 Vgl. Klein (2009), S. 91. 56 Vgl. ebenda, S. 91. 57 Vgl. ebenda, S. 91. 58 Vgl. ebenda, S. 91.

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„Die Vision, das Leitziel des Unternehmens [der Einrichtung], entsteht aus der Kombination von praktischen Kenntnissen der eigenen Kompetenzen, vom gesellschaftlichen Überblick und von utopischer Inspiration.“59

Die Vision entwirft somit ein Bild der Zukunft der Organisation im komplexen Umfeld des wirtschaftlichen Handlungsraums. Sie veranschaulicht das, was die Organisation werden will, und lässt daher visionäre Konzepte und Sichtweisen zu. Die Vision steht dabei im Gesamtkonstrukt zwischen abstrakter Mission und konkreter Strategie.60 Die Strategie wird demgemäß auf Grundlage der Vision im Hinblick auf die Mission konkret ausformuliert. Die Mission und die Vision sowie die daraus abgeleiteten Strategien des Unternehmens (der Einrichtung) sind hierarchisch abgestuft und fungieren gleichsam als Bindeglieder für die einzelnen (zu entwickelnden) Perspektiven der BSC, welche stets in Wechselwirkung auf die abzuleitende Strategie entwickelt und gestaltet werden. 61 Die BSC arbeitet Ziele auf der Vision und Strategie beruhend heraus, um im Weiteren abstrakt formulierte strategische Stoßrichtungen in operativ verständliche Ziele zu konkretisieren. Dies erfolgt zunächst im „Top-down-Prozess“, wobei Mission, Vision und Strategie an der Spitze des Aufbaus einer BSC stehen. Die Feedback-Prozesse (Single-Loop und Double-Loop sowie Deutero Lernen) erfolgen dann im „Bottom-up-Prozess“. In Bezug auf Museen in öffentlicher Trägerschaft bewegt sich das Museum nicht nur in einem Spannungsfeld zwischen Sach- und Formalzielen, sondern auch zwischen den Zielen der Stakeholder und den Zielen der Organisation. Stakeholderziele sind daher ebenfalls möglicher Ausgangspunkt für das strategische Management. Stakeholder sind alle Anspruchs- oder Interessengruppen einer Organisation, welche ein spezifisches Interesse an der Organisation und ihren Zielen haben.62 Daher ist Teil des Strategieprozesses – wie bereits erläutert – ihre Erwartungshaltung und Einflussfaktoren zu kennen und in der Strategiephase die Klärung der grundlegenden Ziele zu berücksichtigen. Währenddessen ist festzustellen, ob ihre grundsätzliche Einstellung gegenüber der Organisation unterstützend oder ablehnend, aktiv oder passiv ist, ob

59 Deutscher Museumsbund e.V. (2011), S. 33. 60 Vgl. Niven (2003), S. 121. 61 Vgl. Friedag/Schmidt (2001), S. 34. 62 Vgl. Freeman/Reed (1983), S. 91.

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eine Einflussstärke besteht – bspw. durch finanzielle Abhängigkeit oder Kontakte zu wichtigen Entscheidungsstellen – ob sie ihre Einstellungen streuen können bspw. über Medien oder eigene Informationsveranstaltungen, wie die Stakeholder organisiert sind, bspw. durch eigene Interessensverbände oder durch gegenseitige Absprachen, ob die Stakeholder bspw. durch Aufklärungsarbeit Einflussmöglichkeiten in die Organisation haben und sie einen Nutzenzuwachs durch die Organisation erhalten.63 Dabei können Stakeholderziele auch im Widerspruch mit der Organisation stehen, da sich Organisationen zunächst an sich selbst orientieren. Ergebnis dieser Überlegungen und der ersten Phase des Strategieprozesses ist ein Katalog von grundlegenden Zielen, welche möglichst klar, eindeutig und widerspruchsfrei sein sollten, um realisierbar zu sein. 2.1.5.2 Strategische Analyse Die strategische Analyse dient der Analyse der Ausgangssituation – sie setzt sich zusammen aus der Situationsanalyse (bspw. durch SWOT-Analyse, Branchen- oder Umweltanalysen) und umfasst sämtliche Bereiche außerhalb der Organisation, aus denen sich Chancen und Risiken für ihre zukünftigen Aktivitäten ergeben können, die Positionierung auf dem Markt (hier Freizeitmarkt) und ihren Rahmenbedingungen sowie Prognosen für zukünftige Veränderungen. Die Organisationsanalyse beschäftigt sich im Gegensatz dazu mit den internen Bereichen der Organisation – genauer ihren Ressourcen. Dabei erstreckt sich der Ressourcenbegriff ebenfalls auf immaterielle Mittel, die Mitarbeiter. In Form einer SWOT-Analyse können dabei ihre Stärken und Schwächen sowie ihre Chancen aber auch Risiken im Vergleich bspw. zu ihren wichtigsten Wettbewerbern herausgearbeitet werden. Die Analysen sollten zudem Überlegungen zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung oder Innovationskraft enthalten (siehe Kapitel 1.3.2). Nach Abschluss dieser Phase zwei erfolgt die Strategieentwicklung in Phase drei.

63 Vgl. Mitchell/Agle/Wood (1997), S. 866 ff.

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2.1.5.3 Strategieentwicklung In Phase drei, der Strategieentwicklung, werden zunächst durch die Leitungsebene Strategiealternativen gebildet. Diese werden qualitativ und quantitativ bewertet und Kernstrategien ausgewählt, welche die Ressourcenlage der Organisation einbeziehen sowie die Mission und Vision der Einrichtung. Diese dienen als Basis für die zu entwickelnden Perspektiven der BSC, aus denen wiederum strategische Ziele abgeleitet werden können. 2.1.5.4 Strategieverankerung Am Ende dieser Prozesse in Phase vier entstehen Aktionspläne, welche zur Strategieverankerung und Realisierung der Strategie in der Organisation dienen. Diese Strategieverankerung bedeutet den Einsatz der BSC als ganzheitliches Managementinstrument, welche die Organisation dabei unterstützt, Strategien in strategische Maßnahmen zu übersetzen und dazu ebenfalls Kennzahlen zu entwickeln, um Ergebnisse „messbar“ zu machen. Diese Veränderungsprozesse bedürfen der planerischen Begleitung, da sie die alltägliche Routine in der Einrichtung durchbrechen. Dies führt zu entsprechenden Folgen für die Führungskräfte, die Organisationsstruktur sowie die Kultur der Organisation. Dabei kann das Change Management diese Veränderungsprozesse begleiten und unterstützen (siehe Kapitel 3). 2.1.5.5 Evaluierung Am Ende (und dann wieder am Anfang) der Strategieprozesse steht die Evaluierung und Weiterentwicklung der Organisation in Phase fünf. Die Analyse und Überprüfung der Phasen der Entwicklung einer Strategie ist ein wichtiger Schritt zu ihrer Implementierung. Der Organisation ist insofern zu empfehlen, regelmäßige Evaluationen durchzuführen. Durch das in der BSC vorgesehene „Single-Loop-Lernen“ und „Double-Loop-Lernen“ sowie „Deutero-Lernen“ kann ein derartiges Feedback auf mehreren Ebenen erfolgen und den kollektiven Lernprozess in der Organisation unterstützen. Die Qualität der Lernprozesse kann durch den Einsatz des PDCAZyklus von Deming noch weiter verstärkt werden (siehe Kapitel 2.3.4).64

64 Vgl. Lange/Lampe (2002), S. 107.

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Um die Wirkung des strategischen Managements und den Einsatz der BSC als ganzheitliches Managementinstrument in Museen in öffentlicher Trägerschaft zu intensivieren, sollte das Controlling eingebunden werden. Das Controlling setzt unterschiedliche betriebswirtschaftliche Instrumente und Verfahren zur Unterstützung der operativen und strategischen Prozesse in der Organisation ein und wird im Weiteren eingehender beschrieben.65

2.2 C ONTROLLING

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Die Übersetzung des Begriffs Controlling ins Deutsche führte zu Missverständnissen, denn die Aufgabe des Controllings ist nicht, wie die Übersetzung von „to control“ impliziert, ausschließlich zu kontrollieren, sondern Prozesse zu lenken, zu steuern, also sie zu beherrschen, so wie es die englische Management-Literatur versteht.66 Es gibt außerdem keine einheitliche Definition des Begriffs Controlling in der deutschsprachigen Literatur, welche allgemein akzeptiert ist.67 Daher liegen differente Auffassungen darüber vor, was Controlling ist und welche Aufgaben Controller haben. Horváth definiert den Begriff des Controllings als „Subsystem der Führung, das Planung und Kontrolle, sowie Informationsversorgung systembildend und systemkoppelnd koordiniert und so die Adaption und Koordination des Gesamtsystems unterstützt.“68 Weber beschreibt das Controlling als „spezielle Führungs- oder Managementfunktion, die von verschiedenen Aufgabenträgern – darunter auch Controller – vollzogen wird.“69 Zusätzlich zu diesen Aufgaben versteht er die originäre Aufgabe des Controllers in der Rationalitätssicherung der Führung, dies bedeutet die Sicherung der Effektivität und der Effizienz der Führungstätigkeit.70 Es lässt sich daraus konkludieren, dass das Controlling mehr umfasst als eine bloße Kontrollfunk65 Vgl. Lachnit/Müller (2006), S. 1. 66 Vgl. Steinacher (2002), S. 15. 67 Lingnau (2008), S. 2; Wall (2008), S. 464; Hirsch (2003), S. 256. 68 Horváth (1994), S. 144. 69 Weber (2004), S. 5. 70 Vgl. Weber (2004), S. 44 ff.

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tion, nämlich vielmehr die laufende Planung, Steuerung, Kontrolle sowie die Informationsversorgung beinhaltet und damit eine hohe Relevanz zur Unterstützung der Führung aufweist. Nach der International Group of Controlling (IGC) werden die Funktionen des Controllings und die Aufgaben des Controllers folgendermaßen beschrieben: „Controller gestalten und begleiten den Management-Prozess der Zielfindung, Planung und Steuerung und tragen damit Mitverantwortung für die Zielerreichung. Das heißt: Controller sorgen für Strategie-, Ergebnis-, Finanz-, Prozesstransparenz und tragen somit zu höherer Wirtschaftlichkeit bei. Controller koordinieren Teilziele sowie Teilpläne ganzheitlich und organisieren unternehmensübergreifend das zukunftsorientierte Berichtswesen. Controller moderieren und gestalten den Managementprozess der Zielfindung, der Planung und Steuerung so, dass jeder Entscheidungsträger zielorientiert handeln kann. Controller leisten dazu den erforderlichen Service der betriebswirtschaftlichen Daten- und Informationsversorgung. Controller gestalten und pflegen die Controllingsysteme.“71

Innerhalb der Aufgaben des Managements – übertragen auf Museen in öffentlicher Trägerschaft – spielt das Controlling also eine zentrale Rolle und zwar aufgrund folgender Aspekte: • • • •

Zielsetzung, Planung, Organisation, Controlling und Führung.72

71 Formulierung des Controller-Leitbilds durch den Geschäftsführenden Ausschuss der IGC. http://www.controllerverein.com/Controller_Leitbild.34.html (Aufruf Oktober 2011). 72 Vgl. Bendixen (2002), S. 69.

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In der Planungsphase können unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen im Museum und in Übereinstimmung mit den zuständigen Bereichen Zielvorgaben festgelegt (bspw. in Form von Zielvereinbarungen) werden, die in regelmäßigen Abständen auf ihre Zielerreichung überprüft werden, bspw. durch die Bereichsleiter als Informationsgeber an das Controlling. Wird eine Abweichung des Ist-Werts vom geplanten Soll-Wert festgestellt, wird versucht, die Ursache zu ermitteln, um gegenzusteuern. Die Maßnahmen, um gegenzusteuern, werden im gegenseitigen Dialog mit den zuständigen Bereichen entwickelt, damit sie orientiert an dem Gesamtziel bleiben, welches es zu erreichen gilt. Dazu bedarf es einer raschen Informationsversorgung. Demzufolge hat das Controlling für ein effektives Berichtswesen zu sorgen.73 Die Funktion und Zielsetzung des Controllings im Allgemeinen besteht nach Eschenbach/Niedermayr ebenfalls darin, die Unternehmensführung (bspw. die Museumsleitung) zu unterstützen – mit dem generellen Ziel, einen Beitrag zur Sicherung der Überlebensfähigkeit (des Museums) zu leisten. Dies wird u. a. erreicht durch die Sicherung der Antizipations- und Adaptionsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit sowie Koordinationsfähigkeit. Um die Adaptionsfähigkeit zu sichern, werden über bereits eingetretene Veränderungen Informationen bereitgestellt. Die Adaptionsfähigkeit wird über Informationen von künftigen Umweltveränderungen gewährleistet und zur Sicherung der Reaktionsfähigkeit werden Informations- und insbesondere Kontrollsysteme eingerichtet. Um die Koordinationsfähigkeit sicherzustellen, muss das Controlling innerhalb des Führungssystems eine entsprechende Koordination herstellen.74 Das gilt auch als Voraussetzung für das Controlling in Museen in öffentlicher Trägerschaft. Weitere Aspekte stellen Schneidewind/Kersten dar: • • • •

Voraussetzung für ein Controlling ist ein Zielsystem, Controlling hat Servicefunktion, zentraler Faktor ist die Information, das Ergebnis von Controlling wird laufend in Berichten zusammengefasst.75

73 Vgl. Hartung (1998), S. 118. 74 Vgl. Eschenbach/Niedermayr (1996b), S. 65 ff. 75 Vgl. Schneidewind/Kersten (2002), S. 26.

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Dies erfordert, dass alle entsprechenden relevanten Informationsquellen im Museum erschlossen und koordiniert werden. Die Datenflut sollte vom Controller in einer anschaulichen adressatengerechten Verdichtung der Informationen aufbereitet werden. Diese wiederum betriebswirtschaftliche Servicefunktion bildet die Grundlage für Entscheidungen des Museumsmanagements. Abb. 17: Aufgaben- und Verantwortungsteilung zwischen Controller und Manager

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Eschenbach/Niedermayr (1996b), S. 91 „Controller sind also interne betriebswirtschaftliche Berater aller Entscheidungsträger und wirken als Navigator zur Zielerreichung. Der Controller ist transparenzver-

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antwortlich, die Entscheidungsverantwortung liegt jedoch allein bei der Unternehmensleitung.“76

Folgende Grafik (siehe Abb. 17) veranschaulicht das Prinzip des Controllers als für die Steuerung Verantwortlichem und des Managers als Entscheidungsträger. Weiterhin wird das Controlling in strategisches und operatives Controlling differenziert. Dabei greifen sie sehr stark ineinander, was die zukünftigen Erfolgsaussichten erhöht, denn „was an Erfolgspotenzialen von der strategischen Führung nicht aufgebaut wird, kann von der operativen Führung auch nicht realisiert werden.“77 2.2.1 Das strategische Controlling Das strategische Controlling konzentriert sich auf die langfristige Unternehmenssicherung, was sich ebenfalls auf die Sicherung des Museums als Organisation an sich bezieht und das Erkennen der möglichen Chancen und Risiken in der Zukunft. In diesem Zusammenhang stellt sich das TopManagement des Museums, welches konfrontiert ist mit (ständigen) Veränderungen des Umfelds, die Frage, ob die richtigen Maßnahmen getätigt werden, um diesen Veränderungen optimal zu begegnen. Das strategische Controlling sieht sich daher konfrontiert mit Prognosen und Einschätzungen, deren Qualität von der Genauigkeit der Vorhersagen über zukünftige Entwicklungen und ihren Auswirken auf das Museum abhängen.78 Somit unterstützt es das strategische Management in seiner Wirkung. Daher steht zu Beginn des Strategieprozesses – wie bereits ausgeführt – eine ausführliche Analyse des Museums und seines Umfelds. Dabei bedient man sich einer Vielzahl von Instrumenten, bspw. der Szenario-Technik oder SWOTAnalyse (Stärken-Schwächen-Analyse), auf welche im Detail einzugehen, hier verzichtet werden soll. Um die Strategie optimal zu planen, bedarf es einer Reflexion des eigenen Selbstverständnisses und der Werthaltungen des Museums. Daraus wiederum lassen sich Strategien für das gesamte

76 Schneidewind/Kersten (2002), S. 28. 77 Hoffmann/Klien/Unger (1996), S. 213. 78 Vgl. Schneidewind (2000), S. 32.

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Museum und für die einzelnen Bereiche ableiten (siehe Kapitel 2.3). Im Vorfeld ist eine exakte Risiko- und Durchführbarkeitsanalyse für das Museum hinsichtlich bspw. der Einführung neuer Produkte oder Dienstleistungen und darauf basierender Strategiebewertung unabdingbar. Auch laufende strategische Kontrolle hinsichtlich der Zielerreichung stellt den Erfolg sicher.79 2.2.2 Das operative Controlling Beruhend auf den langfristigen strategischen Zielen werden mithilfe des operativen Controllings Teilziele abgeleitet. Das operative Controlling ist darauf ausgerichtet, „vorhandene Erfolgspotenziale bestmöglich zu nutzen.“80 Um den zentralen Aufgaben, wie bspw. der Erstellung von Ressourcenplänen im Rahmen des Budgetierungsprozesses in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Bereichen des Museums nachzukommen, bedient sich das operative Controlling dazu folgender Hauptinstrumente: • • •

dem Finanzplan, dem Leistungsbudget und der Planbilanz.81

Dabei kann das operative Controlling im Gegensatz zu dem strategischen Controlling sehr präzise Soll-Ist-Vergleiche aufstellen, da es sich hauptsächlich auf interne Informationsquellen stützt, bspw. das Berichtswesen, welches notwendigerweise entsprechend empfängerorientiert gestaltet werden sollte. Der Controller muss dabei die richtige Mischung zwischen der Informationsmenge, der Darstellung und der Aktualität finden. Durch ein kontinuierliches Berichtswesen als Entscheidungsgrundlage für das Management kann das Controlling auch Entscheidungshilfen in Form von Empfehlungen erbringen82 und an die Museumsleitung kommunizieren.

79 Vgl. Hoffmann/Klien/Unger (1996), S. 219 ff. 80 Vgl. Eichhübl/Kunesch (1996), S. 443. 81 Vgl. Eichhübl/Kunesch (1996), S. 451. 82 Vgl. Schneidewind (2000), S. 34.

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Das Berichtswesen des operativen Controllings orientiert sich an internen Datenquellen, welche sich aus Zahlen der Vergangenheit und Gegenwart zusammensetzen (bspw. das betriebliche Rechnungswesen) – um zukünftige Veränderungen mit zu berücksichtigen, sollten zukunftsorientierte Kennzahlen der relevanten Umwelt des Museums einfließen. Im Berichtswesen spielen Kennzahlen eine entscheidende Rolle. Diese werden „auch herangezogen, um Vergleiche anzustellen. Dies können innerbetriebliche Vergleiche, aber auch Branchen- oder Unternehmensvergleiche sein. Um die gewonnenen Ergebnisse richtig zu interpretieren, sollte darauf geachtet werden, dass die zum Vergleich herangezogenen Kennzahlen den gleichen Aufbau haben.“83

Dabei spielen nichtfinanzielle Kennzahlen in Museen eine größere Rolle. Funktionen von Kennzahlen sind:84 • • • • •

Operationalisierungsfunktion (d. h. die Bildung von Kennzahlen zur Operationalisierung von Zielen und Zielerreichung) Anregungsfunktion (d. h. laufende Erfassung von Kennzahlen zur Erkennung von Auffälligkeiten und Veränderungen) Vorgabefunktion (d. h. Ermittlung kritischer Zahlenwerte als Zielgrößen für unternehmerische Teilbereiche) Steuerungsfunktion (d. h. Verwendung von Kennzahlen zur Vereinfachung von Steuerungsprozessen) Kontrollfunktion (d. h. laufende Erfassung von Kennzahlen zur Erkennung von Soll-Ist-Abweichungen)

In den vorausgegangenen Ausführungen wurde dargestellt, wie relevant strategisches Management in Museen in öffentlicher Trägerschaft ist, vor allem im Hinblick auf die Strategieentwicklung, die sich aus der Formulierung und dem Spezifizieren der Mission und Vision, strategischen Analysen und Prognosen sowie der Bestimmung und Bewertung strategischer Optionen zusammensetzt. Dabei wurde ebenfalls abgebildet, dass sich das strategische Management aus den Instrumentarien des Controllings bedient und es erforderlich ist, dass das Controlling sowohl „harte“ (monetäre) als

83 Schneidewind (2000), S. 35. 84 Vgl. Weber (1995), S. 204 ff.

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auch „weiche“ (nicht-monetäre) Kennzahlen sowie interne wie externe Messgrößen berücksichtigt. Am Ende dieser Prozesse sollte eine Strategie stehen, welche eine Menge von Zielen und einen Plan zu deren Erreichung bezeichnet. Die Anwendung dieser Strategie erfordert eine Strategieverankerung, d. h. die konkrete Umsetzung der Strategie in der Realität. Genau in diesem Aspekt liegt die größte Schwierigkeit für das strategische Management in der Praxis 85 – also auch für Museen in öffentlicher Trägerschaft. Und eben an dieser Schwierigkeit setzt die BSC an. Mit ihrer Unterstützung können Organisationen zum einen ihre Strategien erfolgreich umsetzen und zum anderen die implementierte Strategie fortlaufend überprüfen.86 Der folgende Abschnitt beleuchtet demgemäß die BSC als strategisches Managementsystem.

2.3 B ALANCED S CORECARD (BSC) – EIN STRATEGISCHES M ANAGEMENTSYSTEM Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen zunächst der Aufbau der BSC und ihr strategisches Führungs- bzw. Managementsystem. Anschließend werden die unterschiedlichen Möglichkeiten erläutert, wie die BSC in weitere Bereiche der Organisation heruntergebrochen werden kann. Dabei werden ebenfalls mögliche Barrieren erläutert und dargestellt, wie diese überwunden werden können. In der nachfolgenden Gesamtbetrachtung werden Lösungen der in Kapitel 1.3.1 aufgezeigten Managementdefizite in Museen in öffentlicher Trägerschaft dargestellt. Das Kapitel schließt mit einer kritischen Betrachtung der BSC ab.

85 Vgl. Ehrmann (2003), S. 14. 86 Dabei setzt sich die BSC hauptsächlich mit der bestehenden Strategie auseinander. Durch fortlaufend bestehendes Feedback wird ein fortlaufender Lernprozess ermöglicht (Single-, Double-Loop) (Vgl. Kühnle (2003), S. 70). Die BSC dient daher hauptsächlich der Strategierealisierung und nicht zu deren Entwicklung.

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2.3.1 Entstehung der BSC Die US-Amerikaner Robert S. Kaplan, Harvard-Business-School-Professor und David P. Norton, Unternehmensberater, konzipierten die Balanced Scorecard Anfang der 90er Jahre. Sie setzten sich mit Steuerungskonzepten in Unternehmen auseinander und veröffentlichten in einem Artikel mit dem Titel „The BSC – Measures that Drive Performance“ den Aufbau der BSC erstmals 1992 in der Zeitschrift „Harvard Business Review“. Danach wuchs der Bekanntheitsgrad des Konzepts über die USA hinaus und zahlreiche fachliche intensive Diskussionen wurden entfacht.87 Ursächlich für die Suche nach neuen Steuerungskonzepten in Unternehmen war die Tatsache, dass bereits bestehende Performance-Measurement-Ansätze vorwiegend finanzielle Kennzahlen aufwiesen. Es bestand Einigkeit darüber, „dass der alleinige Zugriff auf monetäre Kennzahlen Organisationen an zukünftigen wertschöpfenden Tätigkeiten hinderte“. 88 Daher sollte durch die Berücksichtigung auch von nicht monetären Kennzahlen ein ausgewogeneres System geschaffen werden, welches die gesamte Wertschaffung des Unternehmens beurteilen lässt.89 Die Umsetzung des Konzepts für Unternehmen, wie bspw. Mobil Oil, Hilton Hotels, Duke Children`s Hospital, Wells Fargo Bank, Store 24 etc., erfolgte noch im selben Jahr durch die von David P. Norton gegründete Unternehmensberatung „Renaissance Solutions Inc.“. Die so gewonnenen Erfahrungen wurden im Buch „BSC – Translating Strategy into Action“ von Kaplan und Norton zusammengefasst und im Jahre 1996 veröffentlicht – im Anschluss erschien das Buch 1997 im deutschsprachigen Raum. Darin werden ebenfalls die vier Perspektiven Finanzen, Kunden, interne Prozesse sowie Lernen und Entwicklung dargestellt und beschrieben, wie Strategien durch Kennzahlen operationalisiert werden können.90

87 Vgl. Preißner (2002), S. 9. 88 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 8. 89 Vgl. Horváth & Partner (2001), S. 9. 90 Vgl. Preißner (2002), S. 10.

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2.3.2 Aufbau der BSC Bei der BSC handelt es sich um ein strategisches Führungssystem91 bzw. Managementsystem, welches durch die Komponenten Planung, Kontrolle und Information eine Zukunftsorientierung erhalten soll.92 Durch die Anwendung der BSC als ein Kennzahlen-,93 insbesondere aber als ein Führungs- und Managementsystem 94 können Mission, Vision und Strategie einer Einrichtung stetig in operative Maßnahmen umgesetzt werden95 und den Beteiligten transparent vermittelt und erläutert werden.96 So entsteht eine Akzeptanz bei den Mitarbeitern bzgl. der Strategie und der daraus abgeleiteten Ziele.97 Die Mission, Vision und Strategie sind jedoch von der Einrichtung im Vorfeld zu entwickeln, denn die BSC stellt, wie zuvor erläutert, ein Führungssystem zur Strategieumsetzung – also nicht deren Entwicklung – dar. In Kapitel 2.1.5.1 wurden die Begriffe Mission, Vision und Strategie erläutert und ihre Funktion sowie Position im Zusammenhang mit der BSC innerhalb des Strategieprozesses verdeutlicht. Die BSC kann einerseits in der gesamten Einrichtung implementiert werden, andererseits kann sie jedoch auch ausschließlich in für das Museum strategisch relevanten Bereichen oder Projekten implementiert werden.

91 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 11. 92 Vgl. Munding (2004), S. 20-22. 93 Entscheidungsrelevante Kennzahlen (relevante und informative Daten) sind heute ein wesentliches Controllinginstrument in bspw. öffentlichen Einrichtungen (vgl. Nullmeier (2005), S. 77). Sie können bspw. in öffentlichen Einrichtungen (öffentlich-rechtlichen Museen) u. a. im Rahmen von Zielvereinbarungen, zur Mittelbemessung, zur Planungsanalyse, zum Benchmarking aber auch zur laufenden Schwachstellenanalyse dienen (vgl. Sandberg (2002), S. 453). 94 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 9, 18. 95 Vgl. Bergmann (2004), S. 235. Aus folgendem Gesichtspunkt ist dies notwendig, denn selbst eine gute Strategie führt nicht zwangsläufig zum Erfolg, da häufig eine Barriere zwischen Strategieaussagen und der Umsetzung im laufenden Geschäftsbetrieb besteht (vgl. Becker/Schwertner/Seubert (2005), S. 33). 96 Die Strategie muss und soll von den Mitarbeitern auch als ihr eigener Beitrag zur Umsetzung dieser verstanden werden (vgl. Niven (2005), S. 29). 97 Vgl. Kraus/Becker-Kolle/Fischer (2006), S. 80.

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Abb. 18: BSC als ganzheitliches strategisches Führungsbzw. Managementsystem

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an Pietsch/Memmler (2003), S. 45

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Entscheidend ist dabei, ob der Bereich oder das Projekt innerhalb des Museums über eine eigene Strategie verfügt. In diesem Abschnitt wird von der Erstellung und Implementierung der BSC im gesamten Museum ausgegangen. In Kapitel 4 wird die Implementierung der BSC in Form einer PSC in einem für das Jüdische Museum Berlin strategisch relevanten Projekt beschrieben. Nach der ersten kurzen Beschreibung der BSC (siehe Kapitel 1.4) folgt im Weiteren die detaillierte Ausführung. Abbildung 18 stellt erneut die BSC als ganzheitliches Managementsystem dar. 2.3.2.1 Ausgewogenheit der BSC Kernelement der BSC sind die vier Perspektiven. Dabei wird das Unternehmen aus differenten Perspektiven dargestellt und so der Blickwinkel erweitert, indem nicht nur die finanzielle Perspektive, sondern auch noch weitere Perspektiven betrachtet werden, sodass eine ausgewogene Unternehmensbetrachtung stattfinden kann. In diesem Zusammenhang können alle ermittelten strategischen Ziele, die Messgrößen und die strategischen Maßnahmen jeweils einer Perspektive zugeordnet werden.98 Die Messgrößen sollten eine Mischung aus Ergebnis- 99 und Leistungstreibergrößen 100 sowie finanziellen und nicht-finanziellen Kennzahlen aufweisen. Durch die Festlegung von Zielgrößen kann eine Fortschrittskontrolle stattfinden. Die vier Standard-Perspektiven von Kaplan und Norton sind die • •

Finanzperspektive Kundenperspektive,

98

Vgl. Ehrmann (2002), S. 32 ff.

99

Ergebnisgrößen werden auch Spätindikatoren genannt. Sie belegen das Ergebnis von Handlungen bzw. Strategien, welche in der Vergangenheit unternommen wurden (vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 2).

100 Leistungstreibergrößen werden auch Frühindikatoren genannt. Sie zeigen den aktuellen Status der Strategieumsetzung auf (vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 10). Dies ermöglicht ein frühzeitiges Gegensteuern, falls sich eine negative Entwicklung abzeichnet.

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• •

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interne Prozessperspektive und Lern- und Entwicklungsperspektive.

Dabei nimmt die Finanzperspektive nach Kaplan und Norton bei gewinnorientierten Unternehmen eine Sonderstellung gegenüber den anderen Perspektiven ein, da das oberste Gebot von gewinnorientierten Unternehmen in der Erfüllung ihrer Finanzziele besteht. Diese Finanzziele fließen innerhalb der BSC in alle Ziele innerhalb der Perspektiven ein und werden in einer Ursache-Wirkungs-Kette miteinander verbunden, um dadurch die Finanzziele zu unterstützen.101 Der entscheidende Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens ist der Kunde. Der Dienstleistungsgedanke und die Kundenorientierung spielen eine immer relevantere Rolle und fließen in die Kundenperspektive ein. 102 Die Anwendung herkömmlicher Performance-Measurement-Systeme führt zur Konzentration auf die Betriebsprozesse, um diese hinsichtlich Kosten, Qualität und Zeit zu optimieren. Dies reicht jedoch nicht aus, denn umfängliche Verbesserungen können nur dann stattfinden, wenn die gesamte Wertschöpfungskette des Unternehmens bzgl. aller ablaufenden Prozesse vom Lieferanten bis zum Kunden analysiert und neu definiert werden.103 Dies ermöglicht die BSC, da sie innerhalb der Prozessperspektive die gesamte betriebliche Wertkette betrachtet. Nach Kaplan und Norton bildet die Lern- und Entwicklungsperspektive (oder auch „Mitarbeiter-“, „Innovations-“, „Zukunfts-“, „Wissens-“ oder „Potenzialperspektive“)104 die Grundlage für alle bisher genannten Perspektiven, da sie die strukturellen Voraussetzungen ermöglicht, um das Potenzial der genannten Perspektiven zu entfalten. Nach Kaplan und Norton hat das Personalpotenzial eine erhebliche Bedeutung, welches von vielen Unternehmen aufgrund von mangelndem Weitblick oder aufgrund von Sparmaßnahmen viel zu wenig Beachtung findet.105 Für die Auswahl der Perspektiven der BSC existieren keine allgemeingültigen Regeln. Kaplan und Norton verwenden in ihren Veröffentlichun-

101 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 60. 102 Vgl. Probst (2001), S. 145. 103 Vgl. Morganski (2003), S. 93. 104 Vgl. Horváth & Partner (2001), S. 28. 105 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 121 ff.

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gen zwar stets die Perspektiven „Finanzen“, „Kunden“, „interne Prozesse“ und „Lernen und Entwicklung“, jedoch mit dem Hinweis, dass dies lediglich „als Schablone und nicht als Zwangsjacke gedacht ist“.106 Es kommt insofern darauf an, dass bei der Perspektivenwahl Perspektiven abgebildet werden, welche die Unternehmensstrategie darstellen.107 Abb. 19: Die vier Perspektiven der BSC nach Kaplan und Norton

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Weber/Schäffer (2000), S. 4

106 Kaplan/Norton (1997), S. 33. 107 Vgl. Gaiser/Kaufmann (1997), S. 32 ff.

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2.3.2.2 Strategische Ziele Unter den Zielen einer Organisation versteht man die „wesentlichen Leitlinien, die das Handeln sowohl von Führenden als auch von Ausführenden beeinflussen.“108 Um eine BSC aufzubauen, müssen aus der Strategie der Organisation die sog. „strategischen Ziele“ abgeleitet werden. Strategische Ziele bilden dabei die Erfolgspotenziale einer Organisation ab. Die Ableitung von strategischen Zielen aus der Strategie orientiert sich anhand der Perspektiven, welche für die BSC ausgewählt wurden. Eine BSC darf nur die Ziele enthalten, welche für die erfolgreiche Umsetzung der Organisationsstrategie von Relevanz sind, sog. strategische Ziele. Zu der Anzahl der Ziele und den dazugehörenden Kennzahlen, welche eine BSC benötigt, bestehen in der Literatur unterschiedliche Ansichten. Nach Kaplan und Norton sollte eine BSC zwischen 20 bis maximal 25 Ziele aufweisen. Dies ergäbe durchschnittlich 4-5 Ziele pro Perspektive bei 4 Perspektiven.109 Weber und Schäffer hingegen begrenzen die Anzahl der Ziele auf insgesamt 5-9, da sie der Ansicht sind, dass bei mehr als 9 Zielen den Beteiligten nicht mehr möglich ist, ihre Aufmerksamkeit auf alle Ziele sinnvoll aufzuteilen.110 Für jeweils ein strategisches Ziel sollten 1 bis maximal 3 Kennzahlen gebildet werden, die so ausgewählt werden, dass sie das Verhalten des Betroffenen in die strategisch gewünschte Richtung lenken.111 2.3.2.3 Messgrößen Messgrößen sind Kennzahlen von zuvor definierten strategischen Zielen – orientiert an den Perspektiven (siehe Kapitel 2.3.2.1) – und dienen zur Messung des Zielerreichungsgrads. Sie sind für ein strategisches Management unbedingt notwendig, denn sie ermöglichen die Operationalisierung von Zielen 112 und gehören zu den klassischen Instrumenten des Control-

108 Horváth & Partner (2001), S. 29. 109 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 157. 110 Vgl. Weber/Schäffer (1999), S. 37. 111 Vgl. Horváth & Partner (2001), S. 68. 112 Vgl. Weber/Schäffer (2000), S. 2.

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lings. Sie können die nötigen Informationen bereitstellen, Schwachstellen aufzeigen und Abweichungen signalisieren. 113 Des Weiteren werden aus den Kennzahlen Werte definiert, die Informationen über wichtige Prozesse in konzentrierter, quantitativ messbarer Form wiedergeben. Mögliche Entwicklungen werden auf diese Weise schnell und prägnant aufgezeigt.114 Es gibt verschiedene Klassifizierungen von Kennzahlen. Im Mittelpunkt stehen die Kennzahlen, welche das Ergebnisziel betreffen.115 Kennzahlen lassen sich in absolute Kennzahlen und Verhältniszahlen gliedern, wobei absolute Kennzahlen Einzelzahlen oder Summen (bspw. Mitarbeiter, Gesamtkosten) sind und Verhältniszahlen die absoluten Kennzahlen zueinander in Beziehung setzen. Im Controlling werden größtenteils Verhältniszahlen statt absolute Zahlen verwendet.116 Verhältniszahlen lassen sich weiterhin unterteilen in:117 • • •

Gliederungszahlen (sie stellen einen Teilwert im Verhältnis zum Ganzwert dar, bspw. den Anteil der Personalkosten an den Gesamtkosten), Beziehungszahlen (sie werden begrifflich unterschiedlichen Merkmalen zugeordnet, bspw. Kosten pro Einsatz), Indexzahlen (sie sind die Entwicklung beschreibende Kennzahlen, welche das Verhältnis gleichartiger Größen darstellen, wie bspw. Entwicklung der Kosten).

In die BSC fließen sowohl „harte“ als auch „weiche“ Kennzahlen ein. Dabei sind unter „harten“ Kennzahlen finanzielle und unter „weichen“ Kennzahlen nicht finanzielle Kennzahlen (bspw. immaterielle Vermögenswerte,118 Mitarbeiter- oder Besucherzufriedenheit) zu verstehen.

113 Vgl. Preißler (2000), S. 127. 114 Vgl. Joos-Sachse (2002), S. 281. 115 Vgl. Horváth (2001), S. 568 ff. 116 Vgl. Joos-Sachse, (2002), S. 281. 117 Vgl. Horváth (2001), S. 569. 118 Immaterielle Vermögenswerte sind bspw. Personalentwicklung, Prozessverbesserungen etc., deren Entwicklung nicht vernachlässigt werden sollte (vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 21).

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Auf diese Weise entsteht eine ausgewogene Sicht der Einflussfaktoren.119 Insbesondere die Messung derartiger qualitativer Kennzahlen ist sehr anspruchsvoll, da das Material dazu eventuell noch nicht als Kennzahlenmaterial vorhanden ist.120 Intern orientierte Messgrößen betrachten Aspekte, die primär für die internen Stakeholder (bspw. die jeweiligen öffentlichen Träger des Museums) wesentlich sind (wie bspw. Kennzahlen aus der Ressourcenbereitstellung) und externe Messgrößen erfassen externe Aspekte, welche für externe Stakeholder (bspw. Sponsoren, weitere Drittmittelgeber) von erhöhter Bedeutung sind.121 Durch die Ausgewogenheit der Messgrößen werden einerseits die internen Ansprüche bzgl. einer fortlaufenden Analyse und Optimierung der Prozesse und den darin einfließenden Ressourcen berücksichtigt, andererseits werden auch externe Ansprüche der externen Stakeholder in die Betrachtung aufgenommen.122 2.3.2.4 Zielgrößen Zielgrößen sind strategisch definierte Zielvorgaben, welche durch das Management mit viel Bedacht definiert werden sollten, damit unrealistische Vorgaben die Mitarbeiter nicht demotivieren oder zu niedrig gesetzte Ziele einen zu geringen Ansporn darstellen. Bei der Entwicklung der Ziele sollte darauf geachtet werden, dass sie so abgestimmt sind, dass möglichen Zielkonflikten von vornherein entgegengewirkt wird und gleichzeitig Prozesse dabei optimiert werden.123 2.3.2.5 Strategische Maßnahmen Strategische Maßnahmen werden aus den strategischen Zielen abgeleitet und sind vom Unternehmen während der Entwicklung der BSC definierte Maßnahmen, um strategische Ziele zu erreichen. Dabei kann es vorkom-

119 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 2 und S. 23 ff. 120 Vgl. Horváth & Partner (1997), S. 156 ff. 121 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 10. 122 Vgl. Horváth/Kaufmann (1998), S. 41. 123 Vgl. Horváth & Partner (2001), S. 51 ff.

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men, dass verschiedene Ziele innerhalb der BSC durch ein und dieselbe Maßnahme positiv beeinflusst werden. Wenn dies vorkommt, bedarf es einer innerbetrieblichen Koordination, um keine Ressourcen zu verschwenden. Die präzisen Vorgaben für die Zielerreichung unterstützen die Verwirklichung der Unternehmensstrategie und die Arbeit der Mitarbeiter.124 2.3.2.6 Ursache-Wirkungs-Beziehungen zur Verknüpfung der strategischen Ziele Damit jedoch die BSC nicht nur eine Ansammlung von zusammenhangslosen Kennzahlen zu den jeweiligen Zielen darstellt, sollten sinnvolle Ursache-Wirkungs-Beziehungen gestaltet werden, um so wirkungsvolle Messgrößen und Zielwerte zu entwickeln,125 die ebenfalls die Zusammenhänge der jeweiligen Ziele zu den Kennzahlen verdeutlichen. Die UrsacheWirkungs-Kette126 stellt dabei in ihrer Gesamtheit die Unternehmensstrategie dar, aus der sich nach Kaplan und Norton die „Strategy Map“ entwickeln lässt, welche wiederum die allgemeine Struktur der Strategie beschreibt, während die Ursache-Wirkungs-Kette die Hypothesen der Strategie darstellt.127 Daraus werden sodann Maßnahmen zur Zielerreichung definiert, welche ihrerseits in das Controlling einfließen – mit dem Resultat, dass Abstimmungsprozesse verbessert werden und möglicherweise eine Anpassung der Ziele erfolgen kann. Dies setzt voraus, dass „eine richtig konstruierte BSC […] eine Kette von Ursache-Wirkungsbeziehungen ausdrückt […].“ 128 Dies ist dann der Fall, wenn die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung durch eine Reihe von Wenn-Dann-Aussagen dargestellt werden.129 Sie sollen über die BSC-

124 Vgl. Horváth & Partner (2001), S. 53 ff. 125 Vgl. Morganski (2003), S. 143 ff. 126 Ziel der Ursache-Wirkungs-Kette ist es, Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung übersichtlich darzustellen und die Komplexität zu reduzieren (vgl. Morganski (2003), S. 143 ff.). 127 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 63. 128 Kaplan/Norton (1997), S. 144. 129 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 143.

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Perspektiven hinweg abgeleitet und plausibilisiert werden.130 Grundannahme der Ursache-Wirkungs-Kette der BSC ist, dass die Perspektiven der BSC kausal zusammenhängen. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass leistungsfähige, sich weiterentwickelnde Mitarbeiter die Basis sind, um bedürfnisgerechte Produkte und Dienstleistungen (auch in Museen) anzubieten, was sich dann wieder positiv auf die Kundenbeziehungen (Besucher) und den damit verbundenen finanziellen Erfolg einer Unternehmung bzw. die Existenzsicherung eines Museums in öffentlicher Trägerschaft auswirkt sowie ebenfalls die Zufriedenheit bei den Stakeholdern hervorruft. Die Ursache-Wirkungs-Kette dient daher dem regelmäßigen Hinterfragen der Strategiegrundlagen in allen Perspektiven.131 Die Strategy Map wird folglich ebenfalls genutzt, um die Logik einer Strategie klärend darzustellen.132 „Während Ursache-Wirkungsketten dem Management helfen sollen, alle relevanten Beziehungen zu durchdenken, wird in den Strategy Maps der Fokus auf wenige Verbindungen konzentriert […].“133 2.3.3 Zielvereinbarung, Budgetierung und Anreizsysteme Eine BSC kann nur dann in der Einrichtung „gelebt“ werden, wenn die darin genannten strategischen Ziele zu den Zielen eines jeden Mitarbeiters werden. Daher ist es notwendig, dass die BSC mit dem Zielvereinbarungssystem, Budgetsystem und Anreizsystem (bspw. der leistungsorientierten Bezahlung) verbunden wird. 134 Dies gilt übrigens auch für Unternehmen aus der Privatwirtschaft. Dabei ist zu beachten, dass sich die Zielvereinbarungssysteme in öffentlichen Institutionen zumeist erheblich von denen der Privatwirtschaft unterscheiden.

130 Vgl. Seidenschwarz (1999), S. 261. Diese Ursache-Wirkungs-Beziehungen beruhen auf einer vorhergegangenen Analysephase und einer nachfolgenden Überprüfung der getroffenen Hypothese (vgl. Friedag (2005), S. 21). 131 Vgl. Weber/Radtke/Schäffer (2006), S. 37. 132 Vgl. Kaplan/Norton (2006), S. 262. 133 Friedag (2005), S. 20. 134 In seinem Leitfaden zur Implementierung der BSC in öffentlichen Einrichtungen betont Niven (2008) die Bedeutung eines reibungslosen Zusammenspiels der BSC und einem Mittelzuweisungssystem (vgl. Niven (2008), S. 276- 285).

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Abb. 20: Kombination der Bewertungsverfahren

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an den „Leitfaden Leistungsbewertung“ des Bundesministerium für Inneres (2006), S. 7

Seit geraumer Zeit wird im öffentlichen Dienst die leistungsorientierte Bezahlung (LoB)135 für Mitarbeiter eingeführt. Dabei besteht das Ziel darin,

135 § 18 TVöD Leistungsentgelt Die leistungs- und/oder erfolgsorientierte Bezahlung soll dazu beitragen, die öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern. Zugleich sollen Motivation, Eigenverantwortung und Führungskompetenz gestärkt werden. (2) Ab dem 1. Januar 2007 wird ein Leistungsentgelt eingeführt. Das Leistungsentgelt ist eine variable und leistungsorientierte Bezahlung zusätzlich zum Tabellenentgelt. (3) Ausgehend von einer vereinbarten Zielgröße von 8 v. H. entspricht bis zu einer Ver-

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Eigenverantwortung, Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst zu stärken und die Leistungen qualifizierter Mitarbeiter auch finanziell zu honorieren.136 Dies stellt ebenfalls eine Möglichkeit für Museen in öffentlicher Trägerschaft dar, Anreize für Mitarbeiter zu schaffen. Doch zunächst ist darzulegen, was Leistung im Kontext des öffentlichen Dienstes und im Umkehrschluss für Museen in öffentlicher Trägerschaft ist. Da Leistung keine feststehende Einheit ist, muss sie differenziert betrachtet werden. Für ihre Definition gibt es je nach Struktur und Aufgaben der einzelnen Bereiche auch unterschiedliche Kriterien, wie die Mengen-, Qualitäts-, Wirtschaftlichkeits-, Beeinflussungs- sowie Verhaltenskriterien. Dabei kann bei der Leistungsbewertung eine Kombination aus verschiedenen Kriterien zugrunde gelegt werden. Instrumente wie die Zielvereinbarung und/oder das strukturierte Bewertungsverfahren können dabei herangezogen werden. Zielvereinbarungen ermöglichen die Vereinbarung von Zielen und Zielerreichung zwischen Auftraggeber und Mitarbeiter. Sie können gleichzeitig mit dem Budget verbunden werden. Dabei kann die Leistungsmessung entweder anhand des Grads der Zielerreichung erfolgen oder durch eine Beurteilung der Zielerreichung. Diese Daten können im Anschluss in das durch die BSC unterstützte Controlling einfließen. Um die Gesamtdaten übersichtlich, fehlerfrei, zeitnah und im Hinblick auf ihre Ressourcen effizient koordinieren und aktualisieren zu können, ist es erforderlich, dass die Daten in einem BSC-Datenerhebungs- und -verarbeitungssystem (einer Software) hinterlegt werden.137

einbarung eines höheren Vomhundertsatzes das für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Gesamtvolumen 1 v. H. der ständigen Monatsentgelte des Vorjahrs aller unter den Geltungsbereich des TVöD fallenden Beschäftigten des jeweiligen Arbeitgebers. Das für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Gesamtvolumen ist zweckentsprechend zu verwenden; es besteht die Verpflichtung zu jährlicher Auszahlung der Leistungsentgelte. http://verwaltungsreform. verdi.de/ag_tarif/leistungsentgeltsysteme/tarifvertragstext_18_tvoed. 136 Vgl. Leitfaden Leistungsbewertung des Bundesministeriums für Inneres (2006), S. 1 http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/ OED_Verwaltung/Oeffentlicher_Dienst/Bun-desbedienstete/LeitfadenLeis tungbewertung.pdf?__blob=publicationFile. 137 Vgl. Langthaler (2002), S. 172 und S. 173.

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2.3.4 Strategisches Feedback und Lernen Um Veränderungen adäquat zu begegnen und somit die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Strategierealisierung zu schaffen, müssen Lernprozesse organisiert 138 und regelmäßiges Feedback ermöglicht werden. Die BSC unterstützt diese strategischen Lernprozesse durch ihre Einbindung in den gesamten Strategieprozess der Einrichtung. Durch den fortlaufenden Lernprozess wird Wissen generiert, die Wissensbasis neu strukturiert und die Anpassungs- sowie Entwicklungsfähigkeit gesteigert. Organisatorisches Lernen bedeutet daher eine kontinuierliche Erweiterung des Wissens und Erkennen neuer Wirkungsweisen sowie deren Zusammenhänge.139 Hierbei werden nach Argyris und Schöne drei Lernebenen unterschieden und zwar das „Single-Loop-“, „Double-Loop-“ und „Deutero-Learning.“ 140 Das „Single-Loop-Lernen“ ermöglicht als einfacher Feedback-Prozess ein Überdenken der „Oberfläche“ der Organisation, also ihrer organisatorischen Regeln in ihrer Gesamtheit, welche Strukturen und Prozesse festlegt. Die ursprüngliche Strategie wird jedoch dabei nicht überdacht, sondern es finden Anpassungen bei Abweichungen statt, sodass der Ist-Zustand wieder in den Soll-Zustand übergehen kann.141 Um Lernprozesse weiter zu vertiefen, Denkweisen zu überprüfen und ggfs. zu ändern, bedarf es des „DoubleLoop-Lernens.“ Dies ermöglicht ein kontinuierliches Hinterfragen der Ziele der Organisation, denn vergangene Strategien können unter veränderten aktuellen Bedingungen ungeeignet sein. Das „Deutero-Learning“ überprüft kritisch den Lernprozess an sich, mit dem Ziel eine kontinuierlich lernbereite Organisation sicherzustellen und Lernprozesse zu verbessern.142 Die Feedback-Prozesse, welche die BSC ermöglicht, unterstützen daher, wie zuvor erläutert, die Strategieumsetzung. Konkret bedeutet dies, dass der erste Feedback-Prozess („Single-Loop-Lernen“) bspw. die Sammlung von Leistungsdaten in Management Reviews benennt, in denen wiederum die Zielerreichung der strategischen Ziele überprüft und Prognosen über die zukünftige Zielerreichung abgegeben werden. Weiterhin werden

138 Vgl. Hilse (2003), S. 137 ff. 139 Vgl. Steinmann/Schreyögg (2000), S. 463 ff. 140 Vgl. Argyris/Schöne (1996), S. 20 ff. 141 Vgl. ebenda. 142 Vgl. ebenda.

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mittels Informationen aus dem zweiten Feedback-Prozess („Double-LoopLernen“) die bestehenden Hypothesen für die Strategieentwicklung überprüft, indem die zuvor entwickelten Ursache-Wirkungs-Beziehungen ein weiteres Mal hinterfragt werden. Diese Reflexion kann ebenso durch die Messung der Korrelation zwischen den Messgrößen erreicht werden. Abb. 21: PDCA-Zyklus von Deming zur ständigen Verbesserung von Prozessen

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Deming (1986), S. 8 ff.

Im dritten Feedback-Prozess („Deutero-Learning“) findet ein Überdenken der Strategievoraussetzungen statt. Dabei können Leistungsdaten in übergreifenden Teams innerhalb von Strategiereviews gesammelt, analysiert und im Hinblick auf die Strategieangemessenheit diskutiert sowie neue

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strategische Alternativen erörtert werden – mit der Folge, dass ggfs. eine Strategieanpassung erfolgt, die veränderte Rahmenbedingungen mitberücksichtigt.143 Die fortlaufende Evaluierung durch die Feedback-Prozesse ermöglicht eine konstante strategische Rückkopplung zur Mission, Vision und Strategie der Einrichtung. Dies stellt den wichtigsten und innovativsten Aspekt des gesamten Scorecard-Managements dar.144 Die Qualität der Lernprozesse kann, wie bereits erwähnt, durch den Einsatz des PDCA-Zyklus von Deming noch weiter verstärkt werden. Dies wird im Folgenden näher ausgeführt. Abbildung 21 stellt den Zyklus zunächst zusammengefasst dar. Deming betrachtet jeden Vorgang als Prozess, der schrittweise verbessert werden kann. Die Teilschritte gestalten sich nach den im Zyklus benannten Aspekten „Plan“, „Do“, „Check“ und „Act“. Sie können an einer beliebigen Stelle beginnen. In der Phase „Plan“ wird zunächst die Planung für eine effektive Verbesserung festgelegt, zudem die größten Hindernisse sowie wichtigsten Ergebnisse analysiert, erforderliche Beobachtungen und notwendige Änderungen dokumentiert. In der Phase „Do“ wird die Planung ausgeführt. Die Phase „Check“ beobachtet die Auswirkungen der Änderungen, dokumentiert die Ergebnisse und überprüft sie. Zuletzt werden in der Phase „Act“ die Ergebnisse analysiert und Verbesserungspotenziale erkannt, welche im nächsten Durchlauf als Eingangsgrößen für den Planungsprozess relevant sind.145 Dieser Durchlauf der Phasen kann unbegrenzt weiter vollzogen werden – dadurch wird die Problemlage immer weiter eingegrenzt. Gleichzeitig nimmt das Wissen des Anwenders durch die Erfahrungen, die aus den vorherigen Phasen gesammelt wurden, zu und diese Erfahrungen können in den Verbesserungsprozess einfließen. 2.3.5 Arten von Barrieren bei der Umsetzung der Strategie Bei der Strategieumsetzung können Barrieren auf verschiedenen Ebenen innerhalb der Einrichtung entstehen. Im Folgenden werden mögliche Barrieren aufgezeigt und ihre Möglichkeit zur Überwindung.

143 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 15 ff. und 241 ff. 144 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 15. 145 Vgl. Deming (1986), S. 89.

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Die Visions-Barriere entsteht, wenn es der Einrichtung nicht gelingt, die Strategie in konkrete strategische Maßnahmen zu übersetzen. Dies hat zur Folge, dass die Strategie der Einrichtung für die Mitarbeiter abstrakt bleibt, nicht verstanden wird und somit nicht umgesetzt werden kann.146 Mit Unterstützung und dem Einsatz des Change Managements begleitend zur Implementierung der BSC kann diese Barriere überwunden werden (siehe Kapitel 3). Die Mitarbeiter-Barriere entsteht, wenn die Strategie der Einrichtung weder mit den Zielvorgaben der einzelnen Bereiche noch mit Anreizsystemen für die Mitarbeiter verknüpft wird. Die Zielvorgaben der Bereiche und Mitarbeiter werden häufig auf operative bzw. taktische Ziele der einzelnen Bereiche gerichtet. Dadurch rückt die Erreichung der langfristigen, strategischen Ziele der Einrichtung in den Hintergrund.147 Das Change Management verdeutlicht die Zusammenhänge und unterstützt die Überwindung dieser Barriere (siehe Kapitel 3). Die Ressourcen-Barriere entsteht, wenn die Strategie der Einrichtung nicht mit der operativen Planung bzw. Budgetierung verbunden wird. Dies kann bspw. an mangelnder Koordination zwischen strategischer und operativer Ebene liegen, da oftmals die langfristige, strategische Planung der Ziele der Einrichtung und die operative Planung getrennt vorgenommen werden. Dies hat zur Folge, dass die Ressourcenkalkulation ungenau wird.148 In Kapitel 2.4.3 wird aufgezeigt, wie diese Barriere überwunden werden kann. 2.3.6 Herunterbrechen der BSC Nach der Entwicklung der BSC sollte diese auf die weiteren untergeordneten Ebenen bis hin zum einzelnen Mitarbeiter der Einrichtung heruntergebrochen werden. Dieses Herunterbrechen gewährleistet, dass alle Ressourcen in der Einrichtung zur Umsetzung der Strategie eingesetzt werden. Bis auf welche Ebene der Einrichtung die BSC heruntergebrochen wird, hängt von der jeweiligen Einrichtung ab. Generell wird empfohlen, sie auf min-

146 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 186. 147 Vgl. ebenda, S. 187. 148 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 188.

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destens zwei Führungsebenen der Einrichtung herunterzubrechen. 149 Für das Herunterbrechen können differente Methoden auch in Kombination eingesetzt werden.150 Setzen die über- und untergeordneten Bereiche der Einrichtung verschiedene Strategien ein, empfehlen sich für das Herunterbrechen der BSC vom übergeordneten auf den untergeordneten Unternehmensbereich folgende Methoden: Methode 1: Eigenständige Ziel-Strategieformulierung Bei dieser Methode stellt die BSC des übergeordneten Bereichs der Einrichtung den strategischen Rahmen dar. Unter diesen „Rahmenbedingungen“ erstellt der untergeordnete Bereich eine eigenständige Strategie und leitet daraus eine eigenständige BSC ab. Dabei können die zu entwickelnden strategischen Ziele von den strategischen Zielen der übergeordneten BSC abgeleitet oder unverändert übernommen werden bzw. vollkommen neue strategische Ziele enthalten. Hierzu muss jedoch beachtet werden, dass keine Widersprüche zwischen den BSCs der Bereiche entstehen sollten. Weisen über- und untergeordnete Bereiche der Einrichtung sehr ähnliche Strategien auf, so kann folgende Methode für das Herunterbrechen der BSC berücksichtigt werden. Methode 2: Strikte Ableitung der Ziele Zunächst werden die strategischen Ziele des übergeordneten Bereichs der Einrichtung ausgewählt, welche der untergeordnete Bereich positiv beeinflussen könnte. Daraus leitet er nun eine eigene BSC ab. Dabei werden die Ziele so ausgewählt, dass sie bei der Zielerreichung die Ziele des übergeordneten Bereichs unterstützen.

149 Vgl. Horváth & Partner (2001), 246 ff. 150 Vgl. ebenda, S. 248 ff.

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Methode 3: Reduzierung der BSC auf „einen gemeinsamen Nenner“ Dabei werden die strategischen Ziele der BSC des übergeordneten Bereichs der Einrichtung soweit reduziert und ausgewählt, dass sie gleichermaßen die Ziele der untergeordneten Bereiche inkludieren. Diese „Standard-BSC“ wird im Weiteren in der gesamten Einrichtung implementiert und mit individuellen Vorgaben zu den strategischen Maßnahmen zur Zielerreichung der Ziele versehen. Methode 4: Standardziele werden mit individuellen Zielen kombiniert Bei dieser Methode übernimmt der untergeordnete Bereich der Einrichtung die BSC und deren strategische Ziele des übergeordneten Bereichs nach den Methoden 2 und 3. Zudem erarbeitet der untergeordnete Bereich weitere individuelle strategische Ziele zu den bereits bestehenden strategischen Zielen, die sich jedoch nicht unmittelbar aus der „Standard-BSC“ ergeben. Besitzt der untergeordnete Bereich in der Einrichtung keine eigene Strategie, so eignen sich die Methoden 5 und 6. Methode 5: Unmittelbares Ableiten strategischer Maßnahmen Der untergeordnete Bereich fördert die Zielerreichung des übergeordneten Bereichs dadurch, dass er lediglich zur Zielerreichung der strategischen Ziele des übergeordneten Bereichs dient. In diesem Zusammenhang wird nach Auswahl der strategischen Ziele aus der BSC des übergeordneten Bereichs überprüft, welcher untergeordnete Bereich sich dafür eignet. Der untergeordnete Bereich verfügt insofern nicht über eine eigene BSC. Methode 6: Förderung der Kommunikationsprozesse zur Strategieoptimierung Die bereits erarbeitete BSC ist dabei Grundlage für Kommunikationsprozesse in der Einrichtung. Sie dient in diesem Zusammenhang dazu, die einzelnen Bereiche und Mitarbeiter auf die Strategie der Einrichtung auszurichten. Dabei kann der übergeordnete Bereich für die nachfolgenden Be-

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reiche eine BSC ableiten (siehe Methode 1-4). In diesem Zusammenhang sollten die Führungskräfte der nachfolgenden Bereiche bei dieser Entwicklung mit einbezogen werden. Durch die Ankopplung wird gewährleistet, dass stets ein Abgleich zwischen den strategischen Zielen, Kennzahlen, Zielgrößen und strategischen Maßnahmen stattfindet.151

2.4 G ESAMTBETRACHTUNG DER BSC ALS STRATEGISCHES M ANAGEMENTINSTRUMENT IM K ONTEXT VON M USEEN IN ÖFFENTLICHER T RÄGERSCHAFT Nunmehr wird betrachtet, wie sich die BSC als strategisches Managementinstrument auf die eingangs erwähnten Managementdefizite in Kapitel 1.3.1 auswirkt und wie sie das strategische Management in Museen im Sinne der Ausführungen zum strategischen Management in Kapitel 2.1.5 unterstützen kann. 2.4.1 Problemlösung der fehlenden Umsetzung der Strategie der Einrichtung Wie in Kapitel 1.3.1.1 erläutert, bedarf es in Museen in öffentlicher Trägerschaft der Betrachtung von strategischen Zielen und deren Umsetzung durch die Mitarbeiter. Diese Ausgangssituation ähnelt insofern der der Privatwirtschaft: • • •

Wie lassen sich Ziele mit strategischen Aktionen verknüpfen? Wie ist die Zielerreichung zu überprüfen und zu messen? Wie macht man die Zusammenhänge zwischen Zielen transparent?

Durch das Ableiten von • • •

Perspektiven, Zielen, Kennzahlen,

151 Vgl. Horváth & Partner (2001), S. 261 ff.

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Zielgrößen, und Maßnahmen

aus der Strategie wird eine gemeinsame strategische Stoßrichtung des Museums erreicht.152 Gleichzeitig findet eine Reflektion aller bisherigen Ziele und Maßnahmen statt. Durch ihr Hinterfragen werden die Ziele und Maßnahmen, welche der Strategie nicht mehr entsprechen, nicht mehr verfolgt. Mission, Vision und Strategie sind daher keine Absichtserklärungen mehr, sondern finden ihren Ausdruck in strategischen Zielen und den daraus abgeleiteten Maßnahmen. Gleichzeitig wird der innere Zusammenhang der Ziele durch die Ursache-Wirkungs-Beziehung verdeutlicht. Den Mitarbeitern wird auf diese Weise ihr Beitrag zur Zielerreichung und die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen klar. Weiterhin erfolgt eine Fortschrittskontrolle mittels der Beobachtung der festgelegten Zielgrößen durch die regelmäßig erhobenen Kennzahlen sowie durch den Feedback- und Lernprozess. Dadurch können die gesammelten Leistungsdaten, welche über die Strategie und deren Hypothesen Aussagen treffen, innerhalb der UrsacheWirkungs-Analyse (der Wechselwirkung zwischen strategischer Zielsetzung und Maßnahmen) nochmals überprüft werden. So kann, die Ausführungen in Kapitel 2.1 zum strategischen Management aufgreifend, eine geplante Evolution des Museums stattfinden, indem sowohl die Gesamtsicht und Langzeitbetrachtung berücksichtigt wird als auch dezentrale Initiativen und kurzfristige Reaktionen.153 Ebenfalls wird die spezifische Denkhaltung dabei berücksichtigt, da durch die Umsetzung der Mission und Vision, das Leitbild des Museums auch „gelebt“ wird. Außerdem wird auf diese Weise das strategische Denken und Handeln bewusst gemacht, da eine bewusste Auseinandersetzung über die beabsichtigte Entwicklung des Museums und die dafür zu realisierenden Maßnahmen erfolgt. Gleichzeitig wird die Transparenz gefördert und durch übergreifende Ziele und Maßnahmenbildung ein kollektiver Lernprozess initiiert. Das strategische Management wird zu einem „fortlaufenden, kollektiven Lernprozess, in dem Ideen generiert, geprüft, durch Erfahrungen revidiert etc. werden.“154 Das Museum kann so eine „lernende Organisation“155 werden.

152 Vgl. Gilles (2002), S. 33. 153 Vgl. Kirsch (1997). 154 Müller-Stewens/Lechner (2003), S. 21.

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Das bezieht sich nicht nur auf das Personal des Museums und dessen Qualifikation, sondern auch auf strukturelle und instrumentelle Fragen sowie nicht zuletzt auf die Führungskräfteentwicklung. Weiterhin kann eine Schaffung und Sicherung von Erfolgspotenzialen erfolgen – durch bspw. die Festlegung von Zielgrößen. 2.4.2 Problemlösung der fehlenden strategischen Kennzahlensysteme Wie in Kapitel 1.3.1.2 erläutert, existiert in Museen in öffentlicher Trägerschaft keine vergleichbare Tradition in Bezug auf Kennzahlensysteme wie in der Privatwirtschaft, doch spätestens seit Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung in einigen Bereichen besteht hier ebenfalls eine unübersichtliche Datenflut. Daher werden Instrumente für das Controlling benötigt, welche die vorhandenen Informationen strukturieren, verdichten, die (strategisch) relevanten Kennzahlen identifizieren und in den strategischen Fokus rücken. Aus Daten müssen Führungsinformationen werden, welche über die reine Finanz- und Kostensicht hinausgehen. Da das Kernelement der BSC aus den vier Perspektiven besteht, kann das Museum aus verschiedenen Perspektiven dargestellt werden und so die eigene Sichtweise erweitern, indem alle in diesem Zusammenhang ermittelten strategischen Ziele, die Messgrößen und die Maßnahmen jeweils einer Perspektive zugeordnet werden. 156 Durch die Mischung der Messgrößen aus Ergebnis- 157 und Leistungstreibergrößen 158 und durch die Festlegung von Zielgrößen kann eine Fortschrittskontrolle stattfinden. Dabei fließen sowohl „harte“ als auch „weiche“ Kennzahlen in das Kennzahlensystem

155 Klein (2011), S. 64. 156 Vgl. Ehrmann (2002), S. 32 ff. 157 Ergebnisgrößen werden auch Spätindikatoren genannt. Sie belegen das Ergebnis von Handlungen bzw. Strategien, welche in der Vergangenheit unternommen wurden (vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 2). 158 Leistungstreibergrößen werden auch Frühindikatoren genannt. Sie zeigen den aktuellen Status der Strategieumsetzung auf (vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 10). Dies ermöglicht ein frühzeitiges Gegensteuern, falls sich eine negative Entwicklung abzeichnet.

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ein – auf diese Weise werden die Kennzahlen strategischer ausgerichtet, sodass ein strategisches Kennzahlensystem entsteht.159 2.4.3 Problemlösungsbedarf an ein funktionierendes Berichtswesen Wie in Kapitel 1.3.1.3 erläutert, bedarf es in Museen in öffentlicher Trägerschaft genauso wie in der Privatwirtschaft eines funktionierenden Berichtswesens, damit wichtige Informationen für die Entscheidungsträger erkennbar sind. Es besteht also Bedarf an einer institutionalisierten, regelmäßigen und relevanten Berichterstattung. Durch die bspw. empfohlene Verbindung des Zielvereinbarungssystems einer Einrichtung mit der BSC und wiederkehrenden Zielvereinbarungsgesprächen mit den Mitarbeitern, in denen Ziele u. a. operationalisiert werden, kann in regelmäßigen Zeiträumen eine relevante und aktuelle Berichterstattung erfolgen. 2.4.4 Problemlösung der fehlenden Transparenz der externen Berichterstattung Wie in Kapitel 1.3.1.4 dargelegt, spielt die externe Berichterstattung für Museen in öffentlicher Trägerschaft eine noch größere Rolle als im privatwirtschaftlichen Bereich, da eine gesetzliche Pflicht besteht, über die Aktivitäten und die Ressourcenverteilung Rechenschaft abzulegen. Es findet jedoch nur selten eine Verknüpfung zwischen Geldmittelvergabe und damit verbundenen Zielen statt. Durch die Systematisierung der BSC, der Verschriftlichung (bspw. durch Zielvereinbarungen) und der Vereinfachung (durch die Bildung von „Strategy Maps“) kann die Strategie und die entsprechende Zielsetzung mit den hierzu erforderlichen Maßnahmen und den dazu zu bindenden Geldmitteln transparent verdeutlicht und die Rechenschaftspflicht verbessert werden.

159 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 201-204.

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2.5 K RITISCHE B ETRACHTUNG

DER

BSC

Zunächst kann festgestellt werden, dass „im Feld der Unternehmenssteuerung […] kein grundlegend neuer Ansatz am Horizont zu sehen [ist], der in ähnlicher Weise die Probleme [Umsetzung von Strategien und Ausbalancieren monitärer und nicht-monitärer Ziele] so elegant und praxisgerecht lösen kann“160

wie die BSC. Es handelt sich jedoch bei der BSC nicht um eine Methode zur Strategieentwicklung. Überdies wird empfohlen, die Implementierung der BSC im vollen Umfang als strategisches Führungssystem einzuführen. Dies findet nicht immer statt.161 Beachtlich ist, dass die BSC es innerhalb kürzester Zeit geschafft hat, ein wichtiges Instrument für öffentliche Einrichtungen zur Verankerung des Effizienz- und des Effektivitätsgedankens zu werden. 162 Die BSC stellt jedoch kein Allheilmittel163 für sämtliche strategische Probleme innerhalb der Einrichtung dar und ihr Erfolg hängt maßgeblich von ihrer Handhabung ab. Dabei gilt es vor ihrer Einführung, die Vorteile gegenüber den Gefahren abzuwägen. Die Vorteile und Gefahren der BSC werden in einer Gegenüberstellung kurz skizziert.

160 Weber/Radtke/Schäffer (2006), S. 7. 161 Vgl. Schäffer/Matlachowsky (2008), S. 227. 162 Vgl. Weber/Radtke/Schäffer (2006), S. 22. 163 Vgl. Niven (2005), S. 187.

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Tab. 3: Vorteile und Gefahren der BSC BSC

Vorteile

Gefahren

Perspektiven

Durch die Verwendung verschiedener Perspektiven wird ein ausbalancierter Gesamtblick auf die Organisation ermöglicht und fördert letztlich die Motivation der Mitarbeiter164

Werden die Perspektiven nicht an den Spezifika der Organisation individuell angepasst, sondern die Ur-Perspektiven verwendet, besteht die Gefahr, dass die Strategie der jew. Organisation nicht adäquat berücksichtigt wird165

Kennzahlen

Dem Berichtswesen einer Organisation, ihrem Controlling, wird durch die Anwendung der Ursache-WirkungsAnalyse ermöglicht, die Wirkungsbeziehungen zwischen den unterschiedlichen Kennzahlen, wie nicht-monetären und monetären, harten und weichen Messgrößen, internen und externen Messgrößen (Selbstbild-, Umfeldanalyse), Ergebnis- und Treibergrößen zu erkennen.166

Stehen die Kennzahlen nicht in realistisch angenommenen Wirkungsbeziehungen, ergeben sich daraus zusammenhangslose Kennzahlen und das Berichtswesen bzw. Controlling erhält diffuses Informationsmaterial167

Operationali- Durch die Operationalisierung von sierung von Zielen können Defizite zwischen der Zielen Strategie und ihrer tatsächlichen Umsetzung behoben werden168

164 Vgl. Wickel-Kirsch (2001), S. 285. 165 Vgl. Müller (2000), S. 127. 166 Vgl. Weber/Schäffer (2000), S. 173. 167 Vgl. Müller (2000), S. 130. 168 Vgl. Müller (2000), S. 127. 169 Vgl. Morganski (2003), S. 234 ff.

Wenn nicht die wesentlichen strategischen Ziele bei der Operationalisierung erkannt und diese für die Entwicklung der Maßnahmenpakete genutzt werden, besteht die Gefahr, dass die BSC unwesentliche Ziele realisiert und so die Strategie der Organisation nicht unterstützt169

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BSC

Vorteile

Gefahren

UrsacheWirkungsanalyse und die darauf beruhende Entwicklung einer „Strategy Map“

Die visuelle Darstellung der UrsacheWirkungsbeziehungen zwischen den Perspektiven und den strategischen Zielen innerhalb einer „Strategy Map“ fördert ein ganzheitliches Strategieverständnis im Management und fördert ebenfalls die Kommunikation der Strategie gegenüber den Mitarbeitern. Außerdem kann die Strategie fortlaufend durch Überarbeitung der Wirkungsbeziehungen angepasst und überprüft werden170

Durch die visuelle Darstellung der Wirkungsbeziehungen durch eine „Strategy Map“ werden Wirkungszusammenhänge unterstellt. Dabei besteht die Gefahr, dass sie einerseits an der Organisationswirklichkeit vorbeigehen, bspw. durch zu starke Vereinfachung der Realität und andererseits lediglich generelle und nicht die spezifische Strategie der Organisation ausgerichtete Zusammenhänge betrachtet171

Quelle: Eigene Darstellung

Die Erstellung einer BSC führt also nicht per se zu einer erfolgreichen Strategieimplementierung und -umsetzung innerhalb der Einrichtung. Ebenfalls sind sowohl das strategische Bewusstsein und dessen Umsetzung innerhalb des Strategieprozesses als auch die Beachtung der Stakeholder von wesentlicher Bedeutung. Dies setzt vorab die Unterstützung und das Verständnis der Mitarbeiter gegenüber dem neuen Steuerungsinstrument voraus. Das folgende Kapitel beschreibt daher, wie Change Management diese Veränderungsprozesse unterstützen kann und dadurch die entsprechenden Voraussetzungen zur Einführung einer BSC geschaffen werden können.

170 Vgl. Wickel-Kirsch (2001), S. 285. 171 Vgl. Müller (2000), S. 111.

3 Einsatz des Change Managements zur Einführung der BSC in Museen in öffentlicher Trägerschaft

Bevor die Einführung der BSC modellhaft mit Unterstützung des Change Managements anhand einer eigenen Change-Management-Konzeption in Museen in öffentlicher Trägerschaft dargestellt wird, soll zunächst anhand einer für diese Arbeit konzipierten Umfrage untersucht werden, wie verbreitet die BSC in Museen in Deutschland ist und welche Erfahrungen mit ihr als strategischem Instrument vorliegen. Darüber hinaus enthielt die Untersuchung Fragen zu den Rahmenbedingungen im Museumssektor und den eingesetzten strategischen Maßnahmen der Museen.

3.1 U NTERSUCHUNG ZU DER V ERBREITUNG , DEM E INSATZ UND DEN E RFAHRUNGEN MIT DEM STRATEGISCHEN I NSTRUMENT BSC IN M USEEN IN D EUTSCHLAND Um zu ermitteln, wie verbreitet die BSC in Museen in Deutschland ist, welche Ausprägungen sie dabei aufweist und welche Perspektiven gebildet werden, wurde im Rahmen der vorliegenden Dissertation eine Umfrage unter Verwaltungsleitern von Museen in Deutschland in unterschiedlicher Trägerschaft und Größe von Februar bis Juni 2013 durchgeführt. Insgesamt wurden 80 Museen mit Unterstützung des Deutschen Museumsbundes e.V. über den Verteiler der Arbeitsgruppe Verwaltungsleitung angefragt. Die Anfrage wurde an Verwaltungsleiter gerichtet, da angenom-

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men wurde, dass sie als Leitung eine zentrale Rolle bei der Einführung neuer Steuerungsinstrumente spielen. Sie erfolgte nicht anonym und wurde online über einen Link per E-Mail zugänglich gemacht. Es wurde den Teilnehmern freigestellt, ob sie und ihre Institution im Rahmen dieser Arbeit genannt werden möchten und für Rückfragen zur Verfügung stehen. Hinzuzufügen ist, dass die Museen in der Umfrage kein Abbild der gesamten Museumslandschaft in Deutschland darstellen, sondern eine (nicht repräsentative) Stichprobe. Die Anzahl der Besuche der befragten Museen in privater Trägerschaft wurde zwischen 40.000 und 100.000 im Jahr angegeben. Die Anzahl der Besuche der befragten Museen in öffentlicher Trägerschaft wurde angegeben zwischen 1.200 und 319.000 im Jahr. Die Rücklaufquote betrug insgesamt 65 %. Das Verhältnis zwischen Museen in öffentlicher Trägerschaft und privater betrug 90,4 % zu 9,6 %. Aufgrund des geringen Rücklaufs bei den privaten Museen (9,6 %) ist ein Vergleichswert mit den öffentlich-rechtlichen Museen nur sehr bedingt möglich. 3.1.1 Verbreitung der BSC in Museen in öffentlicher Trägerschaft in Deutschland 5,1 % der Museen in öffentlicher Trägerschaft gaben an, die BSC einzusetzen. Diese Museen konstatierten weiterhin, dass die bei ihnen eingeführte BSC die strategische Ausrichtung der Einrichtung unterstützt und weitere Anpassungen der Perspektiven geplant sind. Die Umfrage und weitere Rückfragen in Form von qualitativen Interviews ergaben, dass die BSC in der Museumsstiftung Post und Telekommunikation in Berlin (ca. 319.000 Besuche im Jahr) seit ca. 2009 eingesetzt wird.

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Abb. 22: Ergebnisse zu der Frage: „Ist die BSC in Ihrem Museum im Einsatz?“

Quelle: Eigene Darstellung aus Online-Umfrage

Auf den Aspekt in der Online-Umfrage, in welchen Bereichen die BSC eingesetzt wird und wie sie die Einrichtung unterstützt, wurden von Dr. Morbach, Leiter Personal, Organisation und Recht sowie stellvertretender Direktor der Museumsstiftung Post und Telekommunikation in Berlin, folgende Angaben gemacht: „Leistungsorientierte Bezahlung (Management by Objectives) zur Zielfokussierung und Kaskadierung, indem Ziele für die Stiftung, die Museen und die Abteilungen vorgeschlagen werden, die dann jeweils mit den Beschäftigten vereinbart werden.“

Auf die Frage in der Online-Umfrage, welche Perspektiven die BSC aufweist bzw. welche geplant sind, wurde folgendes angegeben: Antwort Dr. Morbach: „Weitere Ausrichtung auf unsere Vision und Betonung der gemeinsamen Verantwortung für die Stiftung in den jeweiligen Perspektiven (Stifter/Finanzen, Besucher/Kunden, Prozesse/Qualität und Mitarbeiter).“ Am Beispiel vom Museum für Kommunikation Berlin können daher folgende angepasste Perspektiven dargestellt werden (siehe Abbildung 23).

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Abb. 23: Geplante BSC des Museums für Kommunikation Berlin

Quelle: Eigene Darstellung

Auf die Nachfrage an Herrn Dr. Morbach im Rahmen eines Experteninterviews, wie die Erfahrungen mit der BSC im Hinblick auf ihr Potenzial zur Strategieumsetzung sind, erläuterte er, dass sie dabei helfe, die Strategien in der Museumsstiftung zu realisieren. Durch Zielvereinbarungsgespräche mit den Mitarbeitern werden die Oberziele des Museums verdeutlicht und die Ziele sowie Maßnahmen der Abteilung zur Unterstützung der Oberziele im Dialog festgelegt. Zudem ist sie mit dem Anreizsystem der leistungsorientierten Bezahlung verknüpft. Dadurch ist dem Mitarbeiter sein Anteil an der Strategieumsetzung in der gesamten Einrichtung bewusst – zusätzlich kann darauf bezogen eine weitere Honorierung erfolgen. Im Weiteren finden in regelmäßigen Abständen Mitarbeitergespräche statt, sodass eine

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Zielanpassung bei Bedarf stattfinden kann, wenn sich bspw. Rahmenbedingungen im Laufe der Zeit verändert haben sollten. Die Mehrheit der befragten Museen in öffentlicher Trägerschaft gab an, die Einführung einer BSC in der nächsten Zeit (noch) nicht zu planen. Dafür wurden folgende Gründe in der Online-Umfrage genannt: • • • • •

Die Größe des Museums Kein Bedarf und keine Ressourcen Entscheidung noch nicht getroffen Zu wenig Wissen über die BSC Zu hohe Komplexität des Instruments BSC

Auf die Frage, ob eine PSC im Projektmanagement von Museen in öffentlicher Trägerschaft eingesetzt oder geplant ist, wurde fast ausnahmslos mit Nein geantwortet. Sie gaben an, dass das Instrument noch unbekannt ist. Die Stichprobe hat ergeben, dass die BSC in Museen in öffentlicher Trägerschaft in Deutschland kaum verbreitet bzw. bekannt ist. Dort, wo sie im Einsatz ist, wird bestätigt, dass sie die Strategie der Einrichtung unterstützt. 3.1.2 Veränderungen der Rahmenbedingungen und strategische Maßnahmen der Museen in öffentlicher Trägerschaft In Bezug darauf, wo sie Anzeichen für einen Strukturwandel im Museumssektor sehen, gaben die antwortgebenden Museen in öffentlicher Trägerschaft den Schwerpunkt bei den sinkenden öffentlichen Zuschüssen (76,7 %), gefolgt von den gestiegenen Besucherbedürfnissen (69,8 %) und der höheren Konkurrenz zu anderen Freizeitanbietern (62,8 %) an. Unter „Sonstiges“ gaben 16,3 % die starke Zunahme des Eventcharakters von Ausstellungen und Veranstaltungen, mehr Wissen über Management sowie die Bedeutung der Organisation „Museum“, Anforderungen durch neue Medien, zunehmende Projektisierung der Museumsarbeit und einen damit verbundenen Anstieg der Komplexität an.

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Abb. 24: Ergebnisse auf die Frage: „Wo sehen Sie Anzeichen für einen Strukturwandel im Museumssektor?“

Quelle: Eigene Darstellung aus Online-Umfrage

Im Hinblick auf die genannten Anzeichen für einen Strukturwandel im Museumssektor richtete sich die nächste Frage (siehe Abb. 25) darauf, wie (mit welcher Strategie) sie auf die veränderten Rahmenbedingungen reagieren. Dabei wird deutlich, dass sie ihren Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Angebote legen. An letzter Stelle wird bei Museen in öffentlicher Trägerschaft der Einsatz neuer Steuerungsinstrumente (16,3 %) genannt. Auf telefonische Nachfrage in den entsprechenden Einrichtungen im Hinblick auf den Einsatz von neuen Steuerungsinstrumenten stand vor allem die Unsicherheit im Umgang mit ihnen im Vordergrund. Darüber hinaus bestanden Unsicherheiten in Bezug auf das Thema Controlling – sowohl auf das operative als auch das strategische.

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Abb. 25: Ergebnisse auf die Frage „Wie reagiert Ihre Einrichtung auf die veränderten Rahmenbedingungen?“

Quelle: Eigene Darstellung aus Online-Umfrage

Abb. 26: Ergebnisse auf die Frage: „Welche Rolle spielen bei Ihnen Fundraising und Sponsoren geförderte Projekte?“

Quelle: Eigene Darstellung aus Online-Umfrage

Wobei einige Einrichtungen unter „Sonstiges“ die Stärkung der Controlling-Funktion sowie die Dezentralisierung von Projektmanagement als auch die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems als Reaktion auf

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die geänderten Rahmenbedingungen nannten. Die weitere Frage (siehe Abb. 26) berührt ebenfalls die veränderten Rahmenbedingungen und ihre strategischen Maßnahmen. Fundraising und Sponsoren geförderte Projekte spielen eine ausgewogene Rolle unter den befragten Museen. Darunter fallen Förderungen, wie bspw. ESF, EFRE, INTERREG und LEADER, Kulturtouristische Inwertsetzung in Museen in öffentlicher Trägerschaft. Auf Nachfrage in den Museen, welche angegeben hatten, dass Fundraising und von Sponsoren geförderte Projekte keine signifikante Rolle spielen, wurde geäußert, dass sowohl die Erfahrung im Umgang mit bspw. der EU-Förderung, dem Projektmanagement als auch die Personalressourcen fehlen. Nach Analyse der Rahmenbedingungen und den eingesetzten strategischen Maßnahmen der Museen wurden in der folgenden Fragestellung (siehe Abb. 27) die internen Rahmenbedingungen weiter untersucht. Abb. 27: Ergebnisse auf die Frage: „Haben Sie ein Leitbild und eine darauf aufbauende Strategie in Ihrer Einrichtung?“

Quelle: Eigene Darstellung aus Online-Umfrage

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Abb. 28: Ergebnisse auf die Frage: „Sind Sie der Ansicht, dass das Leitbild bzw. die Strategie in Ihrer Einrichtung ausreichend transparent für Ihre Mitarbeiter ist?“

Quelle: Eigene Darstellung aus Online-Umfrage

Die Mehrheit der Museen aus der Online-Umfrage gab an, ein Leitbild und eine darauf aufbauende Strategie zu besitzen – Abbildung (siehe Abb. 28) gibt darüber Aufschluss, dass sie überwiegend der Ansicht sind, dass das Leitbild den Mitarbeitern gegenüber ausreichend transparent vermittelt worden ist. Um weiter zu beleuchten, warum bei 30,8 % (siehe Abb. 29) kein Leitbild vorliegt, schließt sich die weitere Frage an, ob sie vorhaben, ein Leitbild zu entwickeln. 50 % der antwortgebenden Museen in öffentlicher Trägerschaft gaben an, an einem solchen Leitbild und darauf aufbauenden Strategien zu arbeiten. Die Befragten, welche mit Nein geantwortet haben, konnten dies weiter spezifizieren und gaben bspw. an, dass das Leitbild bisher in ihrer Einrichtung nicht thematisiert wurde bzw. die Einrichtung kein Leitbild benötige. Die nächste Abbildung (siehe Abb. 30) stellt dar, dass 65,5 % der befragten öffentlich-rechtlichen Museen, welche ein Leitbild besitzen, Verbesserungspotenzial in der Strategieumsetzung der Einrichtung sehen.

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Abb. 29: Ergebnisse auf die Frage: „Haben Sie vor, ein Leitbild und eine darauf aufbauende Strategie für Ihre Einrichtung zu entwickeln?“

Quelle: Eigene Darstellung aus Online-Umfrage

Abb. 30: Ergebnisse auf die Frage: „Sind Sie persönlich der Auffassung, dass es Verbesserungspotenzial der Strategieumsetzung in Ihrer Einrichtung gibt?“

Quelle: Eigene Darstellung aus Online-Umfrage

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Folgende Antworten in der Online-Umfrage zeigen die Bereiche der Verbesserungspotenziale auf: • • • • • •

Im Bereich der Neuausrichtung von Einrichtungen Im Bereich der Umsetzung der („gelebten“) Strategie Im Bereich der Kernaufgaben Im Bereich der Unternehmenskultur Im Bereich der externen Kommunikation Im Bereich Geschäftsprozesse

Wie zuvor erläutert, kann eine Anpassung der vier Ur-Perspektiven – Finanzen, Kunden, interne Geschäftsprozesse, Lernen und Entwickeln der BSC – je nach Einrichtung und deren Spezifika erfolgen (wie bspw. bei der geplanten Museums-BSC des Museums für Kommunikation Berlin), um die Strategie und ihre Umsetzung in der Einrichtung zu unterstützen.1 Im Weiteren wird modellhaft eine eigens entwickelte Change-Management-Konzeption zur Implementierung einer BSC in Museen in öffentlicher Trägerschaft beschrieben. Sie greift verhaltenswissenschaftliche Aspekte der Auswirkungen von Veränderungsprozessen bei Mitarbeitern auf und beschreibt Faktoren für ihre erfolgreiche Einführung.

3.2 E INSATZ DES C HANGE M ANAGEMENTS ZUR U NTERSTÜTZUNG DER I MPLEMENTIERUNG DER BSC Die Einführung einer BSC bedeutet einen einschneidenden Wandel für die Einrichtung.2 Dieser Wandel kann durch das Change Management unterstützt werden,3 um einem Scheitern bereits in der Phase der Implementierung vorzubeugen.4 Weiterhin ist für die erfolgreiche Einführung der BSC und ihre Akzeptanz unerlässlich, dass die Erstellung von der Museumslei1

Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 33 ff.

2

Vgl. Steinle (2005), S. 363.

3

Vgl. Weber/Schäffer (1999), S. 67.

4

Vgl. Horváth & Partner (2001), S. 62.

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tung ausgeht, von den Mitarbeitern mitgetragen wird und ohne Druckausübung erfolgt.5 Weiterhin ist zu beachten, dass die Erarbeitung der Perspektiven sowie deren Wechselwirkungen und relevanten Steuerungsgrößen einen gewissen Schwierigkeitsgrad aufweisen und daher ist es erforderlich, dass das entsprechende Know-how im Museum vorhanden ist6 oder aufgebaut wird. Eine im Weiteren eigens entwickelte Change-Management-Konzeption beinhaltet konkrete Gestaltungsempfehlungen für die Einführung der BSC in Museen in öffentlicher Trägerschaft unter Berücksichtigung der herausgehobenen Bedingungen. Doch zunächst wird der Change-ManagementBegriff und seine Entstehungsgeschichte kurz erörtert. Der Change-Management-Begriff entwickelte sich in den 70er Jahren. Als Basis diente die Organisationsentwicklung, sodass die Betrachtung, welche damals vorwiegend „strukturelle und betriebswirtschaftliche Dimensionen“7 fokussierte, um die Analyse des Unternehmens im Hinblick auf längerfristige und übergreifende Entwicklungsprozesse unter Einbezug der Mitarbeiter erweitert wurde. In den 90er Jahren und im Zuge der Globalisierung und dem zunehmenden Wettbewerb wurde der Ansatz der Organisationsentwicklung optimiert, um „offene Entwicklungsprozesse“ 8 in „gezielte Veränderungsprozesse“9 umzuwandeln. Das Change Management und seine Veränderungsprozesse berühren in der Regel mehrere Bereiche, wie bspw. Strategie-, Struktur- und Kulturwandel10 – also auch das Führungsverhalten des Top-Managements. In der Regel ist der Führungsstil in Museen in öffentlicher Trägerschaft kooperativ. In kooperativ geführten Einrichtungen kann ohne flankierende Maßnahmen zur Änderung von Führungsverhalten und Kultur mit der Einführung der BSC begonnen werden, wobei dessen ungeachtet berücksichtigt werden sollte, dass es sich bei der Einführung der BSC um ein Projekt des grundlegenden Wandels innerhalb der Einrichtung handelt.11

5

Vgl. Schneidewind (2013), S. 142.

6

Vgl. ebenda, S. 142.

7

Doppler/Lauterburg (2008), S. 93.

8

Doppler/Lauterburg (2008), S. 94.

9

Vgl. ebenda.

10 Vgl. Rosenstiel/Comelli (2003), S. 136. 11 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 16.

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Die folgende Change-Management-Konzeption wurde in Anlehnung an das Drei-Phasen-Modell von Lewin12 entwickelt. 3.2.1 Change-Management-Konzeption für die Einführung der BSC Um ein Change-Management-Konzept zu entwickeln, welche eine Implementierung und den Einsatz der BSC in Museen in öffentlicher Trägerschaft unterstützt, muss zunächst dargestellt werden, was Change Management bedeutet. Im Kontext der weiteren Ausführungen in der vorliegenden Arbeit wird Change Management als „[…] Veränderungsprozesse auf Unternehmensund persönlicher Ebene zu planen, zu initiieren, zu realisieren, zu reflektieren und zu stabilisieren“13 verstanden. Die umfänglichen „Change-Aktivitäten sind erfolgsentscheidend, weil sie zur Gewinnung von Veränderungsträgern beitragen und Widerstand von Seiten der Mitarbeiter minimieren können,“ 14 denn „Change Management […] zielt auf die Erhöhung der Veränderungsbereitschaft“ 15 ab. Für alle Change-Prozesse gilt, dass der Wandel in der Regel ein langfristiger Prozess ist. 16 Der organisatorische Wandlungsprozess kann, nach dem Phasenmodell von Lewin, in drei Phasen unterteilt werden – in die Auftau-, die Änderungs- und die Beruhigungsphase, in welcher sich der vollzogene Wandel stabilisiert. Der Anstoß für die Auftauphase kann dabei sowohl von innen (bspw. durch Verknappung der Ressourcen17) als auch von außen (bspw. durch Kritik an der Einrichtung oder auch Innovationen18) erfolgen. Alle drei Phasen müssen für einen erfolgreichen Change-Prozess durchgeführt werden.19

12 Das Drei-Phasen-Modell von Kurt Lewin ist ein einfaches Modell für soziale Veränderungen in einer Gesellschaft (vgl. Schreyögg (2008), S. 412). 13 Vgl. Kostka/Mönch (2009), S. 9. 14 Speier-Werner (2006), S. 170. 15 Schridde (2005), S. 217. 16 Vgl. Kobi (1994), S. 30. 17 Vgl. Doppler/Lauterburg (2008), S. 32. 18 Vgl. Doppler/Lauterburg (2008), S. 91. 19 Vgl. Yukl (2006), S. 286.

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Abb. 31: Aspekte der Change-Management-Konzeption

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an das Drei-Phasen-Modell von Lewin (1947)20

Diese Phasen können noch weiter differenziert werden21 – in Abhängigkeit davon, wie fein abgestuft ein Change-Prozess verlaufen soll. Für alle Pha-

20 Das Drei-Phasen-Modell von Kurt Lewin ist ein einfaches Modell für soziale Veränderungen in einer Gesellschaft (vgl. Schreyögg (2008), S. 412). 21 Es gibt dabei eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Phasen zu differenzieren, bspw. kann sie auch in 7 Phasen differenziert werden (vgl. Schmidt-Tanger (1994), S. 9 ff.). Die erste Phase bildet dabei die Schockphase oder auch Überraschungsphase. In dieser Phase erfolgt die Konfrontation der Betroffenen mit der Veränderung. Es herrscht nach Bekanntwerden des Wandels zunächst Ver-

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sen sollte beachtet werden, dass sie bei Mitarbeitern in unterschiedlicher Ausprägung auftreten und daher auf unterschiedliche Weise er- und gelebt werden.22 Abbildung 31 stellt die Change-Management-Konzeption basierend auf dem Drei-Phasen-Modell von Lewin übertragen auf Museen in öffentlicher Trägerschaft anschaulich zusammengefasst dar. In der Auftauphase (Phase 1) wird auf die Änderungsbereitschaft der einzelnen Akteure Einfluss genommen und der positive Nutzen der Veränderung sichtbar gemacht. In der Änderungsphase (Phase 2) sollte darauf geachtet werden, dass nicht in alte Handlungsmuster zurückgefallen wird. In der Beruhigungsphase (Phase 3) wird geprüft, ob der Nutzen des neuen Handlungsmusters weiterhin bzw. beständig positiv ist. Dies dient dazu, den Rückfall in alte Verhaltensmuster dauerhaft zu vermeiden.23 Auf den Implementierungsprozess der BSC übertragen, stellen sich die drei Phasen folgendermaßen dar:24

wirrung, dies kann zurückzuführen sein auf den Unterschied zwischen den eigenen Erwartungen und der anzutreffenden Realität. Dabei wird die eigene Kompetenz oftmals als gering beurteilt. Es folgt die Verneinungsphase (2. Phase), in der der Wandel als riskant und negativ beurteilt wird sowie zu einem überhöhten Sicherheitsbedürfnis führt. Dabei kann es zur Verneinung kommen, wenn sich die Betroffenen mit dem Wandel nicht identifizieren oder der Ansicht sind, dass sich ohnehin nichts verändern wird oder dass der Zustand revidierbar sei und in den alten Zustand zurückgeführt werden könnte. In dieser Phase wird die eigene Kompetenz wieder als hoch angesehen. In der dritten Phase kommt es zur Einsicht und das Erfordernis des Wandels wird erkannt. Dies bringt jedoch auch Unsicherheiten mit sich, da der Betroffene nicht weiß, mit welchen Konsequenzen er zu rechnen hat. Den Tiefpunkt dieser Phase (4. Phase) stellt die emotionale Akzeptanz dar. Sie finden sich mit dem Wandel ab. In der fünften Phase kommen sie mit der neuen Thematik in Berührung und experimentieren mit ihr. Dann werden einerseits positive wie negative Erfahrungen gemacht. Die letzten beiden Phasen bilden Erkenntnis und Integration. 22 Vgl. Schmidt-Tanger (1994), S. 9 ff. 23 Vgl. Plag (2007), S. 17. 24 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 16-17.

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• • •

Phase 1: Beteiligung der Mitarbeiter Phase 2: Steuerung der Prozesse Phase 3: Einführung der BSC

Im Folgenden werden verhaltenswissenschaftliche Faktoren betrachtet, welche die einzelnen Phasen unterstützen. Zunächst wird infolgedessen der Führungsbegriff erläutert und dargestellt, welche Definition dieses Begriffs der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt wird. 3.2.2 Verhaltenswissenschaftliche Faktoren vor Einführung der BSC und Bestimmung der Begriffe Führung, Management und Leadership Begriffe wie Führung, Management und Leadership sind in Wissenschaft und Praxis bislang weder dezidiert voneinander abgegrenzt worden, noch werden sie eindeutig verwendet.25 Nach der individuellen Forschungsperspektive wird Führung in der Forschung nach den dabei stärksten interessierenden Phänomenen definiert.26 Führung wird hier als Überbegriff für Leadership und Management verstanden.27 Leadership28 wirkt im Gegensatz zu Management auf der Ebene der Motivation. Sie mobilisiert die Mitarbeiter, eruiert neue Möglichkeiten, wie unternehmerische Veränderungsprozesse entwickelt werden könnten, und stellt Kommunikationsprozesse in den Mittelpunkt. Management hingegen ermöglicht schwerpunktmäßig Ordnungsstrukturen. Es erarbeitet u. a. Lösungswege für entstehende Probleme.29 Um Change Management erfolgreich zu betreiben, bedarf es daher Führungskräfte, die Managementtechniken beherrschen und Leadership „leben.“30

25 Vgl. Janke/Sassmann (2002), S. 1. 26 Vgl. Yukl (2006), S. 2. 27 Vgl. Hinterhuber/Krauthammer (2001), S. 14. 28 Nach Müller bedeutet Leadership, proaktiv vorauszudenken, Veränderungen vorwegzunehmen und herbeizuführen (vgl. Müller (2008), S. 121). 29 Vgl. Lachnit/Müller (2006), S. 7 ff. 30 Vgl. Pinnow (2005), S. 34.

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Führungskräfte müssen demnach Vorbilder und Visionäre werden und den Unternehmenswert (entsprechend der Museumsstrategie) erhöhen wollen.31 Erforderlich sind Führungskräfte (in Museen), welche die Qualitäten eines guten Leaders und eines guten Managers in sich vereinen können.32 3.2.2.1 Change Agents (Führungskräfte) Die Unterstützung von Führungskräften ist unabdingbar, um erfolgreiches Veränderungsmanagement zu betreiben. 33 Diese Veränderungen können jedoch lediglich erfolgen, wenn der Veränderungswille der oberen Führungskräfte für alle spürbar ist und die mittleren Führungskräfte als Promoter, Sponsoren sowie Impulsgeber auftreten, denn sie sind für den Wandel von zentraler Bedeutung.34 Dies erfordert vorab, geeignete Change Agents (Führungskräfte) innerhalb des Museums zu finden.35 Geeignet sind Führungskräfte, welche bereit sind, Veränderungen und Wandel herbeizuführen.36 Diese Change Agents sollten „[…] eine belastbare innere Überzeugung von der Notwendigkeit der Veränderung“37 haben. Sie müssen Veränderungen betreiben und selbst Getriebene der Veränderung sein,38 vertrauenswürdig39 und genaue Kenntnisse über die Traditionen sowie Rituale der Mitarbeiter der Einrichtung besitzen.40 Zudem benötigen sie Motivations- und Begeisterungsvermögen, Belastbarkeit und Kompetenz hinsichtlich der Methoden des Change Ma-

31 Vgl. Hinterhuber/Krauthammer (2001), S. 13, 18, 20 ff. 32 Vgl. Bass (1998), S. 103 ff. Eine umfängliche Übersicht über verschiedene Definitionen von „Führung“ findet sich bei Steinle/Eichenberg/Stolberg (2008), S. 104. 33 Munduate/Dorado (1998), S. 163-177. 34 Vgl. Kobi (1994), S. 43. 35 Immer mehr Führungskräfte und weniger externe Berater fungieren als Change Agents (vgl. Kostka/Mönch (2009), S. 7). 36 Vgl. Rosenstiel/Comelli (2003), S. 145. 37 Rigall/Wolters/Goertz/Schulte/Tarlatt (2005), S. 111. 38 Vgl. Rigall/Wolters/Goertz/Schulte/Tarlatt (2005), S. 110. 39 Vgl. Munduate/Dorado (1998), S. 163-177. 40 Vgl. Kraus/Becker-Kolle/Fischer (2006), S. 18.

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nagements. 41 Folgende Führungsinstrumente können für den ChangeProzess eingesetzt werden: • • •

Management by Objectives, Anerkennung und Kritik, Coaching, Mitarbeiterbeurteilung und Mitarbeiter(jahres-)gespräche.42

Abb. 32: Anforderungen an Change Agents

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an Kraus/Becker-Kolle/Fischer (2006), S. 108-111

Zusätzlich sollte der Change Agent Fingerspitzengefühl für schwierige Führungssituationen bei der Umsetzung von Veränderungen besitzen.43 Er sollte mit motivierenden und positiven Aussagen für die anstehenden Ver-

41 Vgl. Kraus/Becker-Kolle/Fischer (2006), S. 108-111. 42 Vgl. Kraus/Becker-Kolle/Fischer (2006), S. 84-100. 43 Vgl. Kobi (1994), S. 79.

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änderungen werben 44 und dadurch die Bereitschaft bei den Mitarbeitern fördern (einfordern) bzw. sie dafür gewinnen.45 In Abbildung 32 findet sich eine Zusammenfassung der Anforderungen an Change Agents. Die neuen Herausforderungen für den Change Agent sind folglich zusammengefasst, Motivation und Begeisterung sowohl in der mittleren Führungsebene als auch in den unteren Arbeitsebenen für die Veränderungsprozesse hervorzurufen, Vertrauen aufzubauen, Rückhalt für die Mitarbeiter zu bieten und zu versuchen, die Unternehmensziele mit den Mitarbeiterzielen zu vereinen.46 3.2.2.2 Personal- und Organisationsentwicklung Strategische Personalplanung und -entwicklung oder Fort- und Weiterbildung sind Instrumente des Personalmanagements, die Museen nicht mehr vernachlässigen können, 47 vor allem hinsichtlich des Vorantreibens von Veränderungsprozessen. Personal ist ein strategischer Erfolgsfaktor für Museen; dies muss, wie bereits erläutert, von der Führungsspitze aufgegriffen und umgesetzt werden. 48 Bei der Leitung eines Museums sind daher erweiterte und geänderte Führungskompetenzen erforderlich. Kommunikation, Koordination und Kooperation sind Fähigkeiten, die gleichwertig an die Seite der inhaltlich fachlichen Arbeit treten. Von Relevanz ist hierbei das „Vorleben“ von entsprechenden Werthaltungen durch das Führungspersonal. Das ist wirksamer als ausgefeilte Mitarbeiterinformationen, Schulungen oder das Verweisen auf das schriftliche Leitbild des Museums. Die Personalentwicklung vermittelt in diesem Zusammenhang die erforderlichen Fähigkeiten sowie Kenntnisse und unterstützt so die Zielerreichung der Strategie und übernimmt auf diese Weise eine gestaltende Rolle im Change-Management-Prozess. 49 Sie trägt dazu bei, den Wandlungsbedarf

44 Vgl. Kraus/Becker-Kolle/Fischer (2006), S. 76. 45 Vgl. Rosenstiel (2006), S. 149, S. 151; Kraus/Becker-Kolle/Fischer (2006), S. 86. 46 Vgl. Haberzettl/Schinwald (2011), S. 4-7. 47 Wiese (2006), S. 43-56. 48 Vgl. Bruns (1998), S. 187-214. 49 Vgl. Reichard (2001), S. 13-39.

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erkennbar zu machen und die notwendige Wandlungsfähigkeit abzuleiten.50 Die Aufgabe der Personalentwicklung in Form der Prozessbegleitung und unterstützung sowie ihre strukturalen und interaktionalen Aufgabenschwerpunkte dienen der Zielsetzung, zur Entwicklung von Organisationen und ihren Mitarbeitern beizutragen.51 Dies führt im besten Fall zur Effizienzsteigerung sowie zur Erweiterung der Selbstbestimmungs- und Selbstverwirklichungsmöglichkeiten aller Mitarbeiter.52 Folgende Methoden der Organisations- und Personalentwicklung können für das Change Management genutzt werden:53 •



• • • • •

Interventionsdesign (Festlegung wann, durch wen, wie, wo, eingegriffen werden darf, um die Veränderung zu planen und umsetzen zu können), Organisationsdiagnose (Beschreibung des Museums in öffentlicher Trägerschaft hinsichtlich bestimmter Kriterien bspw. auf Basis von Interviews mit Mitarbeitern und Führungskräften), Gestaltung von Gremien, Kommunikationsmatrix (Übersicht wer, wann, wie, von wem, informiert werden soll), Projektmanagement, regelmäßige Mitarbeiterbefragungen, Resistance Radar (Methode, um über einen Fragebogen systematisch alle Widerstände eines Veränderungsprojektes abzufragen).

Daher sollten Konzepte zur Steuerung der Veränderungs-, Ablauf- und Durchführungsprozesse gemeinsam mit dem Personalmanagement betrieben werden. In Verbindung mit dem Wissen hinsichtlich der Persönlichkeiten und Kultur der Organisation kann das Change Management dadurch optimal vorangetrieben werden – hin zu einer „lernenden Organisation“,54 in welcher Innovations- und Motivationsstrategien insbesondere bei der Optimierung der Führungsaufgabe „Personalmanagement“ eine wichtige

50 Vgl. Becker (2006), S. 4. 51 Vgl. Göbel/Lauen (2002), S. 34. 52 Vgl. Kolbeck/Nicolai (1996), S. 217. 53 Vgl. Kraus/Becker-Kolle/Fischer (2006), S. 216-243. 54 Vgl. Weisbord (2004), S. 75 ff.

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Rolle spielen. Daraus ergeben sich neue Herausforderungen an das TopManagement, welche im Weiteren ausgeführt werden. 3.2.2.3 Neue Herausforderungen an das Führungsverhalten des Top-Managements in Museen Die Entwicklung und Implementierung der BSC erfordert, wie bereits erläutert, ein umfassendes Change Management, welches vom Top-Management ausgeht. Daraus ergeben sich neue Herausforderungen an das TopManagement von Museen, weil sie nur dann Multiplikatoreneffekte erzielen können, wenn sie eine Vorbildfunktion wahrnehmen und dies durch ihr Verhalten zum Ausdruck kommt.55 Sie haben die Aufgabe, den Wandel zu managen, die BSC-Implementierung nachhaltig zu unterstützen, Führungsverhalten zu reflektieren und betriebswirtschaftliche Kenntnisse zu erwerben. Auf sämtliche dieser Aspekte und die Möglichkeit, diese in Museen in öffentlicher Trägerschaft durch entsprechende Personalentwicklungsmaßnahmen voranzutreiben, wird im Folgenden genauer eingegangen. Die wesentlichste Aufgabe des Top-Managements im Change-Management-Prozess ist das Managen und der Einsatz56 für den Wandel57 – mit klaren und einfachen Worten. Kommunikation ist daher eine wesentliche Fähigkeit der Führungskraft, um den Change-Prozess durchzuführen.58 Ein weiteres wichtiges Element stellt ein reflektiertes Führungsverhalten dar, welches bei grundlegenden Veränderungen notwendig ist, denn es handelt sich hierbei nicht um routinemäßig kontinuierlich auftretende Veränderung, sondern um Wandlung.59 Durch die Reflexion und den daraus folgenden Wandel des Führungsverhaltens wird die Wertestruktur derjenigen Mitarbeiter angesprochen, welche sich aus einer neu entwickelten inneren Überzeugung am Veränderungsprozess beteiligen können.60 Daher ist die wesentliche „Leadership-Aufgabe“, den Wandel zu gestalten und nicht ausschließlich Management zu betreiben. Leadership bedeutet

55 Vgl. Scheffer (2008), S. 12. 56 Vgl. Ackermann (2006), S. 58. 57 Vgl. Rosenstiel/Comelli (2003), S. 145. 58 Vgl. Doppler/Lauterburg (2008), S. 350. 59 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 291. 60 Vgl. Whelan-Berry/Gordon/Hinings (2003), S. 102.

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in diesem Zusammenhang mehr als die Führung von Mitarbeitern, sie bedeutet visionäres Denken und Handeln, Teamarbeit etc. 61 Die Führungskräfte sind als Leader Ansprechpartner für alle Mitarbeiter, 62 welche sie menschlich behandeln und dabei verbindlich bleiben, ihnen Vertrauen entgegenbringen und echte Mitverantwortung sowie Entscheidungsbefugnis übertragen.63 Dazu ist der Einsatz von emotionaler Intelligenz64 der Führungsperson erforderlich. Sie ermöglicht, Emotionen, Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter mit einer für den Wandel günstigen Wirkung zu beeinflussen, Sicherheit und Orientierung in die Veränderungsprozesse zu bringen sowie integrierend zu wirken. 65 Dies bedeutet, dass sie Schlüsselkompetenzen in den Bereichen Einfühlungsvermögen, Konfliktfähigkeit, Engagement, Kommunikationsfähigkeit etc. aufweisen sollten.66 Demzufolge ist für eine erfolgreiche Einführung und Implementierung der BSC die Unterstützung einer Führungskraft unerlässlich, „[…] deren Führungsstil die Kommunikation, Partizipation, Initiative der Mitarbeiter und Innovation stärkt.“67 3.2.2.4 Neue Herausforderungen an das Fachwissen des Top-Managements in Museen Für eine aussichtsreiche Implementierung der BSC ist weiterhin erforderlich, dass das Top-Management den Sinn dieses neuen strategischen Führungsinstruments erkennt und in einem zu entwickelnden gemeinsamen Verständnis zum Ausdruck bringt.68 Um die Einführung von strategischen Steuerungsinstrumenten, wie der BSC, in Museen in öffentlicher Trägerschaft gelingen zu lassen, müssen ggfs. Schulungen des Personals durchge-

61 Vgl. Hambrick (1989), S. 5 ff. 62 Vgl. Kuhnert/Teuber (2008), S. 43. 63 Vgl. Seiling (1994), S. 25. 64 Unter emotionaler Intelligenz wird die kognitive Verarbeitung emotionaler Informationen sowie die Steuerung von Emotionen verstanden (vgl. Kanning (2007), Folie 7). 65 Vgl. Zink/Kötter/Longmuß/Thul (2009), S. 194. 66 Vgl. Wörwag/Bogdhan (2003), S. 29. 67 Kaplan/Norton (2001), S. 310. 68 Vgl. Kotter (1996), S. 21.

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führt werden. Wissenslücken im betriebswissenschaftlichen Bereich sind schnellstmöglich zu schließen,69 da ggfs. die Anwendung weiterer betriebswirtschaftlicher Instrumente, wie bspw. der SWOT-Analyse (StärkenSchwächen-Analyse) zur strategischen Positionierung der Einrichtung, nicht möglich ist. Durch die Gewinnung von neuen Mitarbeitern, welche Fach- oder Führungskompetenz im Bereich der neuen Steuerung aufweisen, kann der Erfolg der Einführung zusätzlich erhöht werden.70 3.2.2.5 Personalentwicklungsmaßnahmen für das Top-Management in Museen Um entsprechende Maßnahmen zur Personalentwicklung zu gestalten, ist es zunächst erforderlich, dass der Führungserfolg definiert und konkretisiert wird, der Ist-Stand der Situation, in welcher sich die Führungskraft befindet, analysiert und die entsprechende Führungskraft anforderungsgerecht ausgesucht wird. Darauf aufbauend sind geeignete Schulungsmaßnahmen, welche notwendig sind, um Change-Prozesse zu begleiten und die BSC-Einführung zu unterstützen, im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Führungsverhaltens auszuwählen.71 Dabei sollten sich die Führungskräfte auf verbindliche Führungsgrundsätze72 stützen können, da ansonsten die Gefahr besteht, dass Mitarbeiter ebendiese Werte nicht übernehmen und akzeptieren. Führungsgrundsätze sind wichtige Hilfestellungen bei der Entwicklung von Vertrauenskultur.73 Durch gemeinsame und verbindliche Führungsinstrumentarien wird der Aufbau einer gemeinsamen Unternehmenskultur gefördert.74

69 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 111. 70 Vgl. Speier-Werner (2006), S. 154. 71 Vgl. Rosenstiel (2006), S. 148. 72 Führungsgrundsätze beschreiben und normieren Führungsbeziehungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter/-innen zur Förderung eines erwünschten organisations- und mitgliedergerechten, unternehmungsweit einheitlichen Sozialund Leistungsverhalten (vgl. Meyer (1985)). 73 Aufgabe von Führung ist es daher, Orientierung zu geben, um Unsicherheiten zu absorbieren oder zu beseitigen (vgl. Gebert (2002), S. 208). 74 Vgl. Doppler/Lauterburg (2008), S. 232.

144 | S TRATEGISCHES MANAGEMENT IN MUSEEN

Diese Führungsgrundsätze dienen einerseits als Grundlage von Kommunikationsprozessen in der Einrichtung und definieren andererseits die Führungsbeziehungen zu den Mitarbeitern. Veränderungsprozesse, wie die Einführung der BSC, können Widerstände bei den betroffenen Mitarbeitern hervorrufen. Diesen gilt es, als Change Agent zu begegnen.75 3.2.2.6 Barrieren bei der Implementierung der BSC Change Management-Projekte können schwer vorhersehbare Verhaltensweisen der Mitarbeiter hervorrufen.76 Dieses Risiko kann jedoch reduziert werden, wenn die Einführung eines neuen Instruments als uneingeschränkt positiv von Seiten der Mitarbeiter empfunden wird, da dann die Maßnahmen eher unterstützt und akzeptiert werden. Sind die Maßnahmen jedoch unklar, kann es zu Akzeptanzproblemen kommen.77 Erscheinen die Maßnahmen für die Mitarbeiter bedrohlich, kann es zu Widerständen und Ablehnung gegenüber dem neuen Steuerungsinstrument kommen.78 Umstellungen in der Einrichtung können bei manchen Mitarbeitern Stress hervorrufen, da Neuerungen verunsichern 79 und Fähigkeits- bzw. Wissensbarrieren sowie Bereitschafts- und Willensbarrieren hervorrufen.80 Widerstände können sich aus einer Gruppe heraus entwickeln, wenn bspw. Status, Ansehen, Macht bzw. andere Privilegien durch den Veränderungsprozess gefährdet sind oder durch Gruppendruck eine gegenteilige Meinung als die der Gruppe nicht geduldet wird.81 Zusammengefasst kann eine solche Einführung folgende Auswirkungen für die Mitarbeiter haben:

75 Vgl. Reiß (1997a), S. 17. 76 Vgl. Kostka/Mönch (2006), S. 13. 77 Vgl. Dotzler (1997), S. 340, S. 341. 78 Vgl. ebenda. 79 Vgl. Reiß (1997a), S. 18. 80 Vgl. Reiß (1997a), S. 16 ff. 81 Vgl. Rosenstiel (1997), S. 207.

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„Zielorientierung und Leistungstransparenz, Unsicherheit über Karrierewege und Versetzungen, kurzfristige Arbeitszunahme, langfristige Arbeitsentlastung, dezentrale Ergebnis- und Ressourcenverantwortung, Erlernen neuer Personalführungsfähigkeiten und Profilierungsmöglichkeiten.“82

3.2.2.7 Überwindung der Barrieren Um diesen Barrieren adäquat zu begegnen, bestehen die im Folgenden aufgeführten Möglichkeiten, wenn die dafür notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.83 Durch Kommunikation kann über die Ziele und die Auswirkungen des Change-Prozesses aufgeklärt84 und können dementsprechend Widerstände verringert werden. 85 Durch die entsprechende Kommunikation kann eine Darlegung der Gründe für die Veränderung bzw. Neuerung gegenüber den Mitarbeitern erfolgen und der Weg zu einem gemeinsamen Verständnis und Einverständnis geebnet werden, sodass sich Widerstände verringern könnten.86 Daher ist der wesentliche Faktor für den Wandel die Kommunikation und so müssen die Informationen für die Betroffenen vollständig sein, damit sie zielgerichtete Initiative zeigen können.87 Bei der Gestaltung der Kommunikation ist darauf zu achten, dass sie frühzeitig, offen, ehrlich und empfängerorientiert erfolgt.88 Demgemäß ist es notwendig, dass gerade in derartig großen, veränderungsorientierten und strategischen Projekten konsistent, transparent, einheitlich, glaubwürdig und vertrauensvoll kommuniziert wird.89 „Gute Kommunikation wird damit zu einem zentralen Erfolgsfaktor guter Unternehmensführung.“90 Infolge-

82 Speier-Werner (2006), S. 102, S. 103. 83 Vgl. Rosenstil (1997), S. 202. 84 Vgl. Lauer (2010), S. 105 und S. 111 ff. 85 Vgl. Wargin/Feurer/Kirn/Bürgel (1997), S. 352. 86 Vgl. Kobi (1994), S. 49. 87 Vgl. Buchholz (2000), S. 1. 88 Vgl. Lauer (2010), S. 105. 89 Vgl. Cummings/Worley (2001), S. 157. 90 Ackermann (2006), S. 62.

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dessen sollte die Vorbereitung zur Einführung einer BSC folgende Aspekte zusammengefasst berücksichtigen: • • • •

Entwicklung eines einheitlichen Strategieverständnisses. Einbindung aller mittleren Führungskräfte sowie Mitarbeiter, um das Erreichen der Strategie zu unterstützen. Schulung aller mittleren Führungskräfte sowie Mitarbeiter über die BSC als strategisches Instrument. Generierung eines Strategie-Feedbacks mithilfe der BSC.

Durch eine offene Kommunikation kommt es zu einer Stärkung des strategischen Wissens und Wissensaustauschs. Dies erhöht wiederum die strategischen Kompetenzen einer Einrichtung und kann im besten Fall dazu führen, dass Funktions- und Abteilungsbarrieren überwunden werden können.91 Die vorliegende Arbeit legt dabei die Kommunikation des Wandels nach Lauer zugrunde. Danach unterscheidet er zwischen der Start- und Durchführungskommunikation.92

91 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 285-287. 92 Vgl. Lauer (2010), S. 111.

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Abb. 33: Inhalte und Maßnahmen der Kommunikation im Change-Management-Prozess

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an Lauer (2010), S. 111

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In der Startphase der Kommunikation werden Inhalte sowie Hintergründe für den Wandel kommuniziert und zudem Vision, Ziele und Strategien des Museums, um Zusammenhänge zu verdeutlichen. Zudem ist in der Startphase wesentlich, dass die Gründe der Dringlichkeit eines solchen Wandels erläutert werden – verbunden mit einer kritischen Betrachtung und Erläuterung der erwarteten Veränderungsprozesse sowie Schwierigkeiten, die damit einhergehen könnten. Dies kann bspw. im Rahmen eines Kick-OffMeetings, einer Strategie-Klausur oder Dialogveranstaltungen erfolgen. In der Durchführungsphase des Wandels werden in der Kommunikation die Vermittlung des Projektfortschritt beachtet, Quick Wins dargestellt, Erfolge durch Bildung von Key Performance Indicators (Erfolgsindikatoren) transparent gemacht, Widerstände erkannt und überwunden, d. h., gleichsam problematische Aspekte des Wandels werden thematisiert, um dann weiter die Verankerung dieser neuen Ansätze für einen Kulturwandel zu nutzen. Dazu dienen nach Lauer folgende Kommunikationskanäle bspw. Projekt-Informationsveranstaltungen: Newsletter, Intranet, Aushänge, Begegnungsräume, Abschlussveranstaltungen, Betriebsbesuche und Mitarbeitergespräche. Unter Zuhilfenahme dieser Kommunikationsinstrumente können die Gründe, Inhalte, Folgen sowie die Erfolge und Misserfolge der ChangeProzesse dargestellt werden. Es können auch mehrere Instrumente parallel genutzt werden.93 3.2.2.8 Partizipation der an der Veränderung Beteiligten Um die Strategie umfassend zu implementieren, bedarf es neben der Unterstützung durch das Top-Management und den entsprechenden Kommunikationsmaßnahmen, wie bereits erläutert, der aktiven Unterstützung aller Mitarbeiter. 94 Anregungen von Seiten aller Mitarbeiter sollten erwünscht sein und aufgegriffen werden, d. h., es gilt, „die Betroffenen zu Beteiligten zu machen.“ 95 Grundsätzlich wird der Top-Down-Ansatz bei der Imple-

93 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 197. 94 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 12. 95 Keuper/Groten (2007), S. 363.

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mentierung der BSC eingesetzt,96 dies bedeutet jedoch nicht, dass die Beteiligung am Wandlungskonzept ausschließlich der oberen Leitungsebene überlassen ist, sondern es sollte versucht werden, die Unternehmens- und Mitarbeiterziele zu vereinen.97 Um jedoch ihre Routineaufgaben nicht zu vernachlässigen, sollten Pausen für die Change Agents vom Projekt eingeplant werden.98 Insbesondere bei innovativen Projekten – wozu die Einführung einer BSC gehört, hat Teamarbeit einen maßgeblichen Einfluss auf den Erfolg derartiger Projekte.99

3.3 Z USAMMENFASSUNG DER V ORAUSSETZUNGEN VOR B EGINN DER I MPLEMENTIERUNG Vor Beginn der konkreten Implementierung müssen deshalb folgende Voraussetzungen im Museum vorhanden sein bzw. geschaffen werden: • • • •

Offene Unternehmenskultur durch kooperative Führung100 Inhaltliche Voraussetzungen Gemeinsames Verständnis im Top-Management des Museums über den Sinn des Balanced-Scorecard-Konzepts Professionelles Implementierungsmanagement

Durch die Beachtung der zuvor aufgeführten verhaltenswissenschaftlichen Aspekte und der Reflexion der damit einhergehenden neuen Herausforderungen an die Leitungsebene und die Unternehmenskultur besteht die Möglichkeit, durch „geplanten Wandel“ die BSC und ihr Potenzial auch als Kommunikationswerkzeug zu entfalten. Sie ist den Mitarbeitern dann dabei behilflich, die Mission und Vision der Einrichtung nicht nur zu verstehen und sie in Ziele zu übersetzen, sondern auch die entsprechenden Maßnahmen zur Zielerreichung zu entwickeln und durchzuführen.

96

Vgl. Horváth & Partner (2001), S. 396 und S. 403; Gottbehüt (2002), S. 111.

97

Vgl. Haberzettl/Schinwald (2011), S. 4 ff.

98

Vgl. Krummaker (2007), S. 70.

99 Vgl. Högl (1998), S. 5 und S. 68. 100 Vgl. Stern/Jaberg (2010), S. 79.

150 | S TRATEGISCHES MANAGEMENT IN MUSEEN

Im folgenden Kapitel wird die Anwendbarkeit der BSC im Projektmanagement von Projekten in Museen in öffentlicher Trägerschaft in Form einer PSC zunächst theoretisch und im Anschluss anhand eines Pilotprojekts in der Praxis untersucht. Dabei wird einerseits ihr weiteres Potenzial als Controlling-Instrument genauer dargestellt und andererseits ihre Möglichkeit, sie auch in einzelnen Bereichen, wie dem Projektmanagement einzusetzen, insbesondere wenn eine Einführung in der gesamten Einrichtung nicht erfolgt.

4 Anwendungsmöglichkeit der BSC in Projekten in Museen in öffentlicher Trägerschaft

Projekte werden in Museen in öffentlicher Trägerschaft immer relevanter. Oftmals fehlt jedoch eine strategische Anbindung derartiger Projekte im Museum bzw. an die Museumsziele sowie eine ganzheitliche strategische Projektsteuerung. Wie bereits erläutert, kann die BSC das strategische Management in Museen in der gesamten Einrichtung unterstützen. Der Einsatz der BSC im Projektmanagement derartiger Projekte könnte demgemäß dazu beitragen, auch dort die Implementierung und Umsetzung von Strategien mit Wirkung auf das strategische Projektcontrolling zu unterstützen. Zudem kann, selbst wenn die BSC in der gesamten Einrichtung nicht eingesetzt wird, der Einsatz innerhalb des Projektmanagements als PSC erfolgen, da dazu lediglich die Anbindung an die Museumsziele erforderlich ist, welche daher als Ausgangspunkt bestehen sollten. Dabei ist die Entwicklung und Einführung einer PSC im Projekt nur dann sinnvoll, wenn folgende von Kaplan und Norton bei der klassischen BSC empfohlenen Fragen beantwortet werden: Ob der Bereich, in dem das Projekt angebunden ist, eine Strategie oder Mission (im Kontext der Museumsziele) zu erfüllen hat, ob es interne und externe Kunden (hier Stakeholder) gibt und ob die internen Prozesse definiert sind.1 Wenn diese Voraussetzungen zutreffen, ist die Entwicklung einer PSC zu empfehlen. Des Weiteren sollte darauf geachtet werden, dass das aufzu1

Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 34.

152 | S TRATEGISCHES MANAGEMENT IN MUSEEN

bauende Zielsystem bei „kleineren“ Projekten nicht zu komplex gestaltet wird. Daher könnte es sinnvoll sein, einzelne Aspekte der BSC anzuwenden und in das Projektmanagement zu integrieren, wie bspw. die Bildung der Perspektiven und die Visualisierung des Projektstands. Es ist nunmehr zu prüfen, ob dieses strategische Instrumentarium auch im Projektmanagement mit Wirkung auf das Projektcontrolling nutzbar gemacht werden kann. Doch bevor die Anwendbarkeit der BSC im Projektmanagement von Projekten in Museen in öffentlicher Trägerschaft in Form einer PSC in diesem Kapitel zunächst theoretisch und im Anschluss anhand eines Pilotprojekts in der Praxis untersucht wird, werden die Begriffe Projekt, Projektmanagement und -controlling sowie PSC mit ihren Aufgaben und Zielsetzungen erläutert.

4.1 P ROJEKT

UND

P ROJEKTMANAGEMENT

Es existiert eine Vielzahl von Definitionen der Begriffe Projekt2 und Projektmanagement. Daher erfolgen an dieser Stelle Begriffsbestimmungen, welche wiederum als Grundlage für die weiteren Ausführungen dienen. 4.1.1 Begriff und Aufgaben von Projekten in Museen in öffentlicher Trägerschaft Es gibt zahlreiche Definitionen des Begriffs Projekt. Allen liegt jedoch die Definition nach DIN 69901-5:2009-1 zugrunde. Danach handelt es sich bei einem Projekt um ein „Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesellschaft gekennzeichnet ist“ 3 , wie bspw. durch Zielvorgaben, zeitliche, finanzielle oder weitere Begrenzungen, die Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben sowie der projektspezifischen Organisation.4

2

Vgl. bspw. Müller (2000), S. 7; Burghardt (2002), S. 21, um nur einige zu nen-

3

Deutsches Institut für Normung (2009), S. 11.

4

Vgl. http://www.projektmagazin.de/glossarterm/projekt

nen.

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P ROJEKTEN

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Eine weiter gefasste Definition versteht unter Projekt Aufgabenfelder, die abseits der Routineabläufe neue, komplexe, innovative und einmalige Vorhaben umfassen, welche zu ihrer Umsetzung verschiedene qualifizierte Fachleute zusammenführen, die ansonsten nicht immer zusammenarbeiten.5 Diese Vorgaben sind genau zu prüfen, bevor ein Vorhaben als Projekt bezeichnet wird. Sofern diese Vorgaben für ein Projekt nicht erfüllt sind, sollte mit dem Projekt nicht begonnen werden.6 Der momentane Trend, den Begriff Projekt leichtfertig für die unterschiedlichsten Museumssaufgaben zu verwenden, birgt die Gefahr einer Verwässerung der Projektarbeit. Indem einfache Routineaufgaben plötzlich zu Projekten mutieren, verlieren Projekte das Merkmal der Besonderheit und können ebenfalls das überdurchschnittliche Engagement der Mitarbeiter einbüßen.7 Die Projektorganisation in einer Einrichtung kann nach Pfetzing/Rohde verglichen werden mit einer Zeltexpedition im „Palast“ (welche die Einrichtung meint), bei der die Mitarbeiter unter Vorgaben von Projektstandards arbeiten, aber dennoch ihre eigene Projektkultur und -struktur abhängig von den Anforderungen des Projekts entwickeln.8 Übertragen auf Museen in öffentlicher Trägerschaft bedeutet dies, dass es sich bei routinemäßigen Maßnahmen – wie bspw. regelmäßig stattfindenden Sonderausstellungen, Betreuung der Dauerausstellung, welche zum Tagesgeschäft gehören – nicht um Projekte handelt, da es an ihrer Einmaligkeit fehlt. Entscheidet sich das Museum jedoch, die herkömmliche Routine zu verlassen und neue innovative Projekte zu entwickeln, handelt es sich um ein Projekt. Für dieses Projekt müssten dementsprechend Zielvorgaben entwickelt werden, zeitliche, finanzielle und personelle Ressourcen für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellt werden und gegenüber anderen Vorhaben (Routinearbeiten) innerhalb des Museums abgegrenzt werden, um die Zuordnung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten nicht zu stören. Daher bedarf jedes Projekt im Museum einer projektspezifischen Organisation, welche neben dem laufenden Betrieb installiert wird und den komplexen Inhalten und Aufgaben sowie der Interdisziplinarität

5

Vgl. Litke (1993), S. 16.

6

Vgl. Stöger (2007), S. 5.

7

Vgl. Kraus/Westermann (2010), S. 12-13.

8

Vgl. Pfetzing/Rohde (2006), S. 5.

154 | S TRATEGISCHES MANAGEMENT IN MUSEEN

gerecht wird.9 Projekte ermöglichen Museen in öffentlicher Trägerschaft, wie bereits erläutert, zusätzliche Angebote zu ihrem üblichen Spektrum anzubieten, die ihrerseits neue Zielgruppen erreichen können. Des Weiteren bietet sich die Chance, neue Finanzierungsquellen zu erschließen.10 Außerdem durchbricht ein Projekt die Betriebsroutine und kann dadurch für die Projektmitarbeiter motivationssteigernd sein, aber auch zu einer erhöhten Verantwortungsbereitschaft der Mitarbeiter innerhalb des Projektteams führen, da sich jedes Mitglied auf das andere verlassen muss, um möglichen Störungen entgegenzuwirken. 11 Die Steigerung der Motivation und das interdisziplinäre Arbeiten kann zu einer erhöhten Lernbereitschaft führen, sodass sich dies wiederum positiv auf die Professionalisierung und das Weiterbildungsinteresse der Projektmitarbeiter auswirken kann und das Projektmanagement so einen Beitrag zur Organisationsentwicklung leistet12 – hin zur Entwicklung in eine „lernende Organisation.“13 Ebenso können aufgrund des interdisziplinären Arbeitens Vernetzungseffekte über das einmalige Projekt hinaus entstehen14 und Synergieeffekte für das Museum erwachsen. Diese positiven Aspekte können jedoch nur dann entstehen, wenn die Projektauswahl mit den Museumszielen (Mission, Strategie) übereinstimmt, die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, die Projekte in ihrer Komplexität von dem Projektteam aufgrund des bestehenden Know-how und der entsprechenden Ausstattung zu bewältigen sind, eine allgemeine Akzeptanz des Projekts innerhalb des Museums sowie über die Ziele eine ausreichende Kommunikation besteht und sie von Seiten des Top-Managements gefördert wird.15

9

Vgl. Klein (2010), S. 10 ff.

10 Vgl. Klein (2010), S. 17. 11 Vgl. Klein (2010), S. 18. 12 Vgl. ebenda, S.18. 13 Vgl. Argyris/Schöne (1996). 14 Vgl. ebenda, S.18. 15 Vgl. Klein (2010), S. 19 ff.

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4.1.2 Begriff und Aufgaben des Projektmanagements in Museen öffentlicher Trägerschaft Das Projektmanagement zielt nach DIN 69901-5:2009-1 auf die Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mitteln für die Abwicklung von Projekten ab.16 Mehrmann/Wirtz definieren den Begriff Projektmanagement folgendermaßen: „Projektmanagement bedeutet die verantwortliche Leitung der Planung, Projektierung, Durchführung und Kontrolle von mehreren Projekten.“17 Für das Projektmanagement in Museen bedeutet es eine besondere Führungsaufgabe, die sich vom alltäglichen Handeln in einer Kultureinrichtung unterscheidet und eine ganz bestimmte systematische Vorgehensweise beinhaltet. Dies macht sowohl ein besonderes Technik- und Methodenwissen notwendig als auch ausgeprägte Kenntnisse der Konfliktsteuerung, um die unter Zeit- und Risikodruck stehenden Mitarbeiter zu motivieren und zu führen sowie eine fachübergreifende Koordination, aufgrund der bei einem Projekt auftretenden unterschiedlichen Disziplinen.18 Daher sollte der Projektmanager über eine hohe Koordinationsfunktion, Personalführungskompetenz und entsprechende Managementtechniken verfügen.19 Folgende Abbildung (siehe Abb. 34) stellt die Teilprozesse des Projektmanagementprozesses zusammengefasst dar. Abb. 34: Projektmanagementprozess

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an das Deutsche Institut für Normung (2009), S. 8 und Fiedler (2008), S. 103 und S. 104.

16 Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/projektmanagement-pm.html 17 Mehrmann/Wirtz (2002), S. 103. 18 Vgl. Klein (2010), S. 16. 19 Vgl. Jenny (2009), S. 74.

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Die Prozessorientierung ergibt sich dabei aus der DIN EN ISO 9000. Dort wird erläutert, „[…] dass sich ein erwünschtes Ergebnis effizienter erreichen lässt, wenn Tätigkeiten und dazugehörige Ressourcen als Prozesse geleitet und gelenkt werden.“20 So werden in dieser Norm die für das Projektmanagement wesentlichen Tätigkeiten als Prozesse abgebildet und mit den Wechselwirkungen in ihrem Projektumfeld in Beziehung gesetzt. Das erleichtert einerseits allen Projektbeteiligten die Orientierung im Projektverlauf und stellt andererseits auch eine gute Grundlage für die unternehmensübergreifende Vernetzung sowie die kontinuierliche Verbesserung des Gesamtsystems dar.21 Dabei bedürfen die Teilprozesse der ständigen Projektkoordination. 22 Die Projektumfeldanalyse ist neben der Stakeholder-Analyse ein wichtiger Teil des Projektstarts, kann aber auch im weiteren Verlauf des Projekts erfolgen. Das Projektumfeld analysiert neben den Stakeholdern förderliche bzw. hinderliche Einflussfaktoren der Umwelt.23 Die Projektinitialisierung dient als Grundlage des Projekts und des -antrags. Darauf aufbauend werden die Projektziele skizziert. Anhand dessen erfolgt weiter die Projektdefinition und in diesem Zusammenhang die genauere Formulierung der Projektziele, sodass die Machbarkeit des Projekts bewertet werden kann. Weiterhin wird die Projektstruktur und deren Prozesse festlegt. Die Projektplanung stellt die Basis des Projektcontrollings dar. Basierend darauf wird ein Projektstrukturplan erstellt. Aus den daraus abzuleitenden Aufgabenpaketen findet die Aufwandsschätzung statt. Im Anschluss wird ein Netzplan entwickelt. Dieser basiert auf der Aufwandsschätzung der einzelnen Arbeitspakete. Abschließend wird die Termin- und Kostenplanung vorgenommen – mit gleichzeitiger Planung der Einsatzmittel, der Personalressourcen sowie Sach- und Betriebsmittel. Dabei unterstützt eine einheitliche Vorkalkulation den Projektbeginn. Diese dient vor allem dazu, eine klare Aufgliederung und Zuordnung der Kostenarten und -elemente sowie eine ganzheitliche Kostenkontrolle zu ermöglichen, welche im Verlauf des Projekts so fortgeführt werden sollte.

20 Vgl. DIN EN ISO 9000. 21 Deutsches Institut für Normung (2009), S. 6. 22 Vgl. Gareis (2000), S. 2. 23 Vgl. Gartner/Wuttke (2000), S. 146 ff.

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Anhand des daran anknüpfenden Aspekts der Projektsteuerung 24 werden durch das Projektcontrolling Abweichungen in den Planvorgaben sichtbar und Maßnahmen zur Einhaltung der Planvorgaben erarbeitet. Dies kann verbunden werden mit einem Qualitäts- und Konfigurationsmanagement. Die begleitende Projektdokumentation fasst alle Informationen über das Projektgeschehen zusammen und ist Basis für die Projektberichterstattung, bei welcher ausgewählte Informationen über das Projektgeschehen verdichtet und für die entsprechenden Bereiche aufgearbeitet werden. Der Projektabschluss erfolgt durch die Projektabnahme. Die Projektabschlussanalyse und die entsprechende Nachkalkulation dienen dem Wissensmanagement und der Sicherung von Erfahrungen. Zum Abschluss erfolgt die Projektauflösung25 – das Projektpersonal sowie ihre Ressourcen werden wieder zurückgeführt.26 Um ein effizientes Projektmanagement zu betreiben und der „globalen Strategie“ des Museums zu folgen, bedarf es eines ganzheitlichen, strategischen Projektcontrollings. Im Folgenden werden der Begriff, die Aufgaben und Ziele des Projektcontrollings erläutert. 4.1.3 Begriff und Aufgaben des Projektcontrollings Durch das Projektcontrolling wird die Einrichtung bei der Durchführung von komplexen und flexiblen Projekten unterstützt. Ein regelmäßiges Pro-

24 Die Begriffe Projektcontrolling und Projektsteuerung sind hierbei bedeutungsgleich (vgl. Koreimann (2005), S. 22). 25 Vgl. Patzack/Rattay (2004), S. 2, erläutern: „Projekte sind eigenständige soziale Systeme, eingebettet in ein projektspezifisches Umfeld. Als eigenständige soziale Systeme kann man Projekte deswegen bezeichnen, weil sehr häufig Handlungsmuster, Arbeitsformen, Kommunikationsflüsse und Regeln entstehen, welche sich von der Kultur des gesamten Unternehmens unterscheiden. In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass für die Dauer des Projektes für einen begrenzten Zeitraum eine neue Struktur, ein eigenes Management mit klaren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten geschaffen wird. Da solche neuartigen, individuellen Strukturen oftmals nicht deckungsgleich mit den Unternehmensstrukturen sind, sollte dies bei der Entscheidung, ein Unternehmen zu einem Projekt zu machen, stets bedacht werden.“ 26 Vgl. Burghardt (2008), S. 15 ff.

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jektcontrolling, welches auf häufige Änderungen in Projekten reagiert und der Verbesserung des Informationsstands dient, ist daher unabdingbar. 27 Der Begriff Projektcontrolling wird nach DIN 69903 als „Sicherstellung des Erreichens aller Projektziele durch Ist-Datenfassung, Soll-IstVergleiche, Analyse der Abweichungen, Bewertung der Abweichungen ggfs. mit Korrekturvorschlägen, Maßnahmenplanung, Steuerung der Durchführung von Maßnahmen“

definiert.28 Die Aufgaben des Projektcontrollings sind zusammengefasst: • •



• •

Begleitung und Unterstützung des Projekts über die gesamte Laufzeit29 transparente Gestaltung der Kommunikationsprozesse mit allen Projektbeteiligten innerhalb der Planungsphase, um die Eingliederung in das Informationssystem der Einrichtung zu gewährleisten Berichterstattung, Interpretation und Bewertung der erzielten Ergebnisse im Vergleich zu den aufgestellten Plänen und Zielvorgaben, um Abweichungen vom Projekterfolg zu prognostizieren30 Sicherung des Projekts durch innerbetriebliche Überprüfung und Revisionsmaßnahmen Unterstützungsfunkt. d. Projektcontrollings i. d. Projektplanungsphase

Zu den neueren Aufgaben des Projektcontrollings gehören bspw.:31 • •



Aufspüren von zukünftigen Erfolgspotenzialen für die Projekte der Einrichtung, wenn sich bspw. die Konkurrenzsituation ändert wertorientiertes Projektcontrolling, d. h. bspw. konsequente Ausrichtung auf den langfristigen Erfolg der Projekte und demzufolge auch den Erfolg der Einrichtung Erstellung eines Business-Plans

27 Vgl. Gareis (2006), S. 179. 28 Deutsches Institut für Normung (2009), S. 12 ff. 29 Vgl. Patzak/Rattay (2004), S. 316. 30 Vgl. Patzak/Rattay (2004), S. 317 ff. 31 Vgl. Baier (2000), S. 61 ff.

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Umgang mit veränderten Anforderungen – bspw. durch das Internet, Social Media etc. Anwendung von neuen Projektcontrolling-Instrumenten, wie bspw. der BSC in Form einer PSC

Das Projektcontrolling kann weiterhin nur dann erfolgreich sein, wenn es nahtlos in das Projektmanagement integriert wird. 4.1.4 Projektcontrolling in Museen in öffentlicher Trägerschaft Überträgt man diese Aspekte auf das Projektcontrolling in Projekten in Museen in öffentlicher Trägerschaft, bedarf es zudem der Überprüfung und Koordination der geplanten Maßnahmen im Kontext der Museumsziele. Das Projektcontrolling dient in diesem Zusammenhang als Führungsunterstützung und -ergänzung für den Projektleiter, ist Teil des gesamten Projektmanagements und hat eine begleitende Funktion inne.32 Die Hauptaufgabe des Projektcontrollings von Projekten in Museen in öffentlicher Trägerschaft ist dabei die Unterstützung der Projektleitung bei der Planung, Steuerung und Kontrolle durch eine koordinierende Informationsversorgung, welche sich aus der Informationsbeschaffung, -aufbereitung, -verdichtung, -darstellung und der Interpretation in zeitgerechter, empfängerorientierter Form zusammensetzt. Das Projektcontrolling übernimmt zumeist die gesamte Entscheidungsvorbereitung für bestimmte Maßnahmen im Projekt, wobei sicherzustellen ist, dass die erarbeiteten Pläne nach Abwägen aller Alternativen und unter Einbeziehung des gesamten Planungs-Know-how für das Projekt unter Einbeziehung der Museumsziele und der Stakeholderziele das Optimale ergibt. Zudem übernimmt das Projektcontrolling ebenfalls die Kontrolle der getroffenen Entscheidungen. Die Kompetenz, Entscheidungen zu treffen, bleibt allerdings bei der Projektleitung in Zusammenarbeit mit der Museumsleitung/bzw. Bereichsleitung. Das Projektcontrolling stellt die Erreichung der Projektziele sicher und unterstützt insbesondere das zielgerichtete Koordinieren aller Maßnahmen, um Ineffizienzen durch Schnittstellenprobleme zu vermeiden, wenn nötig auch über Bereichsgrenzen hinweg. Der Museumsleitung wird

32 Vgl. Rattay (1996), S. 371.

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dadurch ermöglicht, Veränderungen durch zielgerichtete Gegenmaßnahmen zu begegnen und eine erfolgreiche Führung der Projekte zu gewährleisten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass das Projektcontrolling nicht nur kurzfristig bei Problemen im Projekt genutzt wird, sondern dass es als Führungsinstrument dauerhaft im Projektmanagement integriert wird.33 Die Arbeit des Projektcontrollers im Museum kann nur dann sinnvoll sein, wenn die Museumsziele (Oberziele des Museums) eindeutig formuliert sind. Auf diese Weise kann u. a. ein umfassendes Risikocontrolling erfolgen, denn der erwünschte Zustand ist, dass das Projekt im Einklang mit den Zielen des Museums und der Stakeholder steht.34 Die Ziele des Projektcontrollings leiten sich im Anschluss daran aus den Oberzielen des Museums ab – mit Wirkung auf die Projekte – und dienen so der Verbesserung der Gesamtzielerreichung. Generell ist es dabei nicht möglich, Projektcontrollingziele inhaltlich unabhängig von den zugrunde liegenden Oberzielen des Museums zu konzipieren – dies verbessert wiederum die Kommunikation und den Kenntnisstand über das Projekt.35 In diesem Zusammenhang kann auch die Sicherstellung des organisatorischen Lernens erreicht werden.36 Dazu bedarf es jedoch eines ganzheitlichen Projektsteuerungsansatzes. Wie dieser Ansatz aussehen könnte, wird in den weiteren Ausführungen beschrieben.

4.2 AUFBAU

EINER PSC ZUR GANZHEITLICHEN P ROJEKTSTEUERUNG

Wird das Projektmanagement, als Führungskonzeption verstanden, ist es wichtig, das strategische Management der Einrichtung und das Projektmanagement miteinander zu verknüpfen. So entsteht ein gemeinsames Verständnis der Mission und Vision – gleichzeitig werden Barrieren abgebaut und Synergien geschaffen. Dadurch erfolgt eine ganzheitliche strategische Ausrichtung des Projekts innerhalb der Einrichtung. Diese Verknüpfung

33 Vgl. Jung (2003), S. 13. 34 Vgl. Jankulik/Kuhlang/Piff (2005), S. 38. 35 Vgl. ebenda, S. 38. 36 Vgl. Kurz (2002), S. 34.

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kann durch den Einsatz der BSC und ihre Implementierung im Projektcontrolling als PSC ermöglicht werden. Abb. 35: PSC als ganzheitliches Managementinstrument

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wagner/Patzak (2007), S. 177

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Weiterhin kann der in Kapitel 2.3.4 dargestellte PDCA-Zyklus von Deming auf das Projektcontrolling übertragen werden, da auch dieser Prozesscharakter aufweist und das Qualitätsmanagement des Projekts unterstützt. Abbildung 35 stellt das System dar – mit der Ankopplung an Mission, Vision sowie Strategie der Organisation. Abbildung 35 zeigt, wie die Verbindung zwischen normativer und strategischer Ebene erfolgen und auf das Projektcontrolling übertragen werden kann. 4.2.1 Verbindung zwischen normativer und strategischer Ebene im Projektcontrolling Durch die Verbindung zwischen normativer und strategischer Ebene ist die Strategie auf das gesamte Projekt ausgelegt und spiegelt u. a. die zentralen Museumsziele wider. Das strategische Projektcontrolling ist dabei ausschließlich auf einen langfristigen Zeithorizont ausgerichtet. Ziele des strategischen Projetcontrollings sind in diesem Kontext bspw. zukünftige Chancen und Risiken des Projekts auf den Märkten (bspw. Freizeitmarkt), die Wettbewerbssituation und eigene Ressourcen.37 Strategische Kennzahlen des Projektcontrollings werden dem Management regelmäßig berichtet und aktiv gemanagt, da sie einen direkten Bezug zur Strategie der Einrichtung aufweisen. Deshalb wird durch die BSC das Berichtswesen dahingehend verbessert, dass das Top-Management von der üblichen Datenflut befreit wird und sich stattdessen auf die aktuellen, strategisch relevanten Themen konzentrieren kann und die entsprechenden Kennzahlen in ihrem Zusammenhang dargestellt werden. Auch der Berichtersteller wird entlastet, da lediglich die operativen Kennzahlen und Berichte zur Verfügung gestellt werden müssen. Das heißt darüber hinaus, aufwendig aufbereitete Zusatzberichte können entfallen, da die strategischen Fragestellungen regelmäßig im Zuge der BSC abgedeckt werden. Operative Kennzahlen des Projektcontrollings sollen, solange sie sich in einem bestimmten Toleranzbereich bewegen, nur einem ausgewählten Empfängerkreis, bspw. der Abteilungs- oder Projektleitung, nicht jedoch dem Top-Management, regelmäßig berichtet werden. Nur bei Über- oder

37 Vgl. Steinmüller/Hering/Jórasz (1999), S. 286.

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Unterschreiten des jeweiligen Schwellenwertes wird das Top-Management informiert. Weiterhin wird durch die Ergänzung zu den Berichten durch die bspw. quartalsweise stattfindenden (Feedback)-Sitzungen der Umsetzungsgrad der auf der BSC definierten Aktionen überprüft sowie der Ist- und Planwert diskutiert, um ebenfalls festzustellen, ob die eingeschlagene strategische Richtung noch beibehalten werden soll oder ggfs. gegensteuernde Maßnahmen innerhalb einer strategischen Durchführungskontrolle zu planen sind. Dieser Bericht beinhaltet u. a. auch die Darstellung der strategischen Grundlagen, welche zur Definition der strategischen Ziele, Messgrößen und Aktionen im Rahmen des BSC-Prozesses führten. Der BSC-Bericht beinhaltet u. a. auch die in Etappenwert und Endwert unterteilten Zielwerte. Die bspw. quartalsweise Sitzung sollte sich dabei aus folgenden Teilen zusammensetzen: • • •

Bewertung der Strategieumsetzung, Ziel- und Messgrößenkommentierung, Maßnahmenberichterstattung.

Der Vorteil, der sich durch die Erstellung eines BSC-Berichts ergibt, ist, dass das Management einen Überblick über die Strategie und deren zugrundeliegende Prämissen und Definitionen erhält sowie eine wesentliche Grundlage zur einheitlichen Kommunikation der Strategie an die Mitarbeiter, an die übergeordneten Leiter und an andere Bereiche bzw. Abteilungen. Ferner wird die Kommunikation mit den Stakeholdern erleichtert. Ein derartiges Berichtssystem bietet zudem den Vorteil, dass es schlanker gestaltet, übersichtlicher und adressatengerechter ist. Dies kann in der Form eines Ampelsystems erstellt werden oder in Form von Kiviatgraphen. Im Weiteren wird es im Zusammenhang mit dem noch zu beschreibenden Pilotprojekt in Form eines Ampelsystems (siehe Kapitel 4.3.3) aufgezeigt. Das Ziel einer PSC im Projektmanagement von Museen ist daher: • •

Die Strategien des Museums mit den Projektperspektiven mit Unterstützung der Scorecard zu verknüpfen Das Projektcontrolling zu verbessern, da die PSC dabei unterstützen kann, regelmäßige Checks zum Projektverlauf durchzuführen

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• •

• • • • •

Das langfristige Lernen durch kontinuierliches Feedback zu ermöglichen Weiterentwicklung des Projektcontrollings durch die Möglichkeit der Anbindung weiterer Systeme aus dem Projektmanagement-Tool (wie bspw. Projektfortschrittberichte) Die Möglichkeit differenzierter Kennzahlenentwicklung und Verwendung Höhere Transparenz durch die PSC, sodass ein rechtzeitiges Erkennen von Schwachstellen und Diskontinuitäten im Projekt ermöglicht wird Verständliche übersichtliche Visualisierung des Projektstatus Ermittlung des Ist-Stands des Projekts durch die Gewichtung der Kriterien und der Perspektiven Verbesserung der internen und externen Kommunikationsprozesse (bspw. mit Projektleiter, -auftraggeber, -team, Träger, Aufsichtsbehörde und weiteren Stakeholdern)

Der Aufbau der PSC sollte im Top-Down-Prozess und projektspezifisch erfolgen. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die anschließende Anwendung der PSC im Projektcontrolling auch im Bottom-Up-Prozess erfolgt, um Feedback-Prozesse einzubinden. Zunächst sollte konstatiert werden, dass die bereits ausgeführten Grundsätze der BSC sich auf die Projektplanung bzw. das Projektcontrolling übertragen lassen und somit auf die Entwicklung einer PSC.38 Die BSC ist dann den projektspezifischen Gegebenheiten anzupassen. Es ist insofern sinnvoll, die entsprechenden Perspektiven zu bilden und daraus die weiteren Ziele und strategischen Maßnahmen zu entwickeln sowie die entsprechenden Mess- und Zielgrößen festzulegen – auch hier sollte auf die Ausgewogenheit der weichen und harten Kennzahlen Wert gelegt werden. Die Auswahl und Anzahl der Perspektiven orientieren sich an der Museums-, der Projektstrategie, den Interessen der Stakeholder sowie der Art und Komplexität des Projekts (siehe Kapitel 4.3.3). Um den Wirkungsgrad der BSC im Projektcontrolling zu optimieren, muss nun das Berichtssystem der Einrichtung mit Hinblick auf die BSC neu ausgerichtet werden.

38 Vgl. Koreimann (2005), S. 133.

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4.2.2 Qualitätsmanagement im Projekt Für das Qualitätsmanagement im Projekt wird hier der PDCA-Zyklus von Deming auf das Projektcontrolling übertragen. Abb. 36: Der PDCA-Zyklus von Deming übertragen auf das Projektcontrolling

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Deming (1986), S. 8 ff.

In diesem Zusammenhang benennt „Plan“ die Projektplanung. In der Phase „Do“ wird die Projektplanung ausgeführt – im Zuge dessen findet die IstDatenerfassung statt. Die Phase „Check“ beobachtet die Auswirkungen der Änderungen, dokumentiert die Ergebnisse und überprüft sie, d. h., hier findet das Projektcontrolling statt. Zuletzt werden in der Phase „Act“ die

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Ergebnisse analysiert und Verbesserungspotenziale erkannt, welche im nächsten Durchlauf als Eingangsgrößen für den Projektplanungsprozess relevant sind und entsprechende Steuerungsmaßnahmen durchgeführt. Dieser Durchlauf der Phasen kann, wie bereits erläutert (siehe Kapitel 2.3.4), unbegrenzt weiter vollzogen werden. Gleichzeitig nimmt das Wissen des Anwenders durch die Erfahrungen, welche aus den vorherigen Phasen gesammelt wurden, zu und diese Erfahrungen können dementsprechend wiederum in den Verbesserungsprozess einfließen.39

4.3 P ILOTPROJEKT DES E INSATZES DER PSC IN EINEM P ROJEKT DER S TIFTUNG J ÜDISCHES M USEUM B ERLIN (JMB) Wie bereits erörtert, wird effizientes Projektmanagement für Museen immer relevanter. Dies gilt ebenfalls für das Jüdische Museum Berlin. Insbesondere im Hinblick auf EU-finanzierte Projekte bedarf es einer komplexen und vielseitigen Steuerung und zudem der Einbeziehung der Ziele der Stakeholder, gesonderter Regularien sowie insbesondere der Ankopplung an die Museumsziele in Verbindung mit den Projektzielen. In den weiteren Ausführungen wird das von EFRE geförderte Projekt zur Entwicklung eines multimedialen mobilen Museums beschrieben. Dieses wurde durch nationale Aufsichtsbehörden sowie von der EU40 geprüft.41 Dabei wird lediglich der Zeitraum, an dem die Projektleitung im JMB und beim Kooperationspartner der Hochschule für Technik und Wirtschaft 39 Vgl. Deming (1986), S. 8 ff. 40 Mit der Durchführung von Systemprüfungen nach Art. 62 Abs. lit. a VO (EG) 1083/2006 sind neben den Arbeitseinheiten auf Ministeriumsebene häufig auch spezialisierte Teams innerhalb interner Revisionen von landeseigenen juristischen Personen oder auch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften betraut (vgl. Bode (2012) S. 174-183). 41 Für die Durchführung von System-/Stichprobenprüfungen in von EFRE geförderten Projekten ist die entsprechende „Aufsichtsbehörde“ (Prüfbehörde) verantwortlich (gem. Art. 62 Abs. 1 lit a VO (EG) 1083/2006 vgl. Bode (2012) S. 174-183). Laut Art. 62 Abs. 3 VO (EG) 1083/2006 kann die entsprechende Behörde auch andere Stellen mit der Durchführung von Prüfungen betrauen.

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(HTW) Berlin wechselte und eine PSC42 für das Projekt entwickelt wurde, skizziert (Zeitraum ca. 2011-2012) und nicht die gesamte Projektlaufzeit vom ca. 01.11.2008-31.08.2012. 4.3.1 Das Projekt „Hardware und Multimediatechnik zur Entwicklung eines mobilen Museums“ Das Ziel dieses von EFRE-geförderten Projektes bestand in der technischen Umsetzung von mobilen Einheiten, Anwendungen und Diensten zum Aufbau und Betrieb eines mobilen Museums. Im Mittelpunkt standen dabei der Aufbau und der Betrieb einer technischen Infrastruktur für die interdisziplinäre Forschung zu Informationssystemen und die Entwicklung eines „Mobilen Jüdischen Museums“. Mithilfe des Projekts sollte die technische Umsetzung von mobilen Einheiten, Anwendungen und Diensten für ein mobiles Museum erfolgen. Eine Pilot- und Evaluierungsphase des entwickelten mobilen Museums erfolgte durch das JMB und der HTW und gleichzeitig wurde der Dauerbetrieb vorbereitet und eingeleitet. Das Innovative an dem Projekt war die Entwicklung von multimedialen interaktiven Modulen, welche die Vermittlungsinhalte des JMB in mobiler Ausstellungform begleiten. Die Anforderungen an das Ausstellungsdesign im Hinblick auf die Mobilität und die Entwicklung von Lerninhalten für multimediale, mobile Anwendungen stellten dabei eine große Herausforderung dar. Zur Bewältigung dieser Aufgabe wurde ein interdisziplinäres Team von u. a. Informatikern, Historikern, Kulturmanagern und Ausstellungsdesignern etc. aufgestellt. Mitarbeiter im Museum wurden speziell für das Projekt von ihren üblichen Arbeitsaufgaben freigestellt. Zudem wurde zur Begleitung des Projekts ein Beirat gegründet und das Projekt wurde klar von Routineabläufen innerhalb des Museums abgegrenzt sowie eine projektspezifische Organisation gebildet. Weiterhin konnten folgende in der weiteren Abbildung 37 dargestellten Stakeholder des Projekts identifiziert werden.

42 In diesem Fall war die „Prüfstelle“ zur Durchführung der System-/Stichprobenprüfungen eine Wirtschaftsprüfungsfirma und nicht die ursprüngliche Behörde, die den Bewilligungsbescheid für das Projekt erlassen hat.

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Abb. 37: Stakeholder des Projekts

Quelle: Eigene Darstellung

In der Stakeholder-Analyse zum Projekt ergaben sich folgende relevanten aktiven und passiven Stakeholder im Hinblick auf die wahrgenommene Umwelt: sonstige Museen, Universitäten, weitere Spender und Förderer, Schulen, weitere Kooperationspartner, EU, weitere lokale Behörden, Fachleute. Im Hinblick auf das relevante Umfeld ergab die Stakeholder-Analyse nachfolgende: Mitarbeiter des Projekts, Beirat des Projekts (zusammengesetzt aus Mitgliedern aus dem JMB und dem Kooperationspartner der HTW), den Projektteilnehmern (Schüler und Lehrer), Presse und Zuwendungsgeber/Aufsichtsbehörde.

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4.3.2 Herausforderungen Aufgrund der beschriebenen Komplexität war ein effizientes Projektmanagement notwendig, welches zu den Rahmenbedingungen des Museums passte und die unterschiedlichen Stakeholder sowie gesonderte Regularien43 berücksichtigte und insbesondere eine klare Ankopplung an die Museumsziele, Projektziele aber auch die Stakeholderziele ermöglichte. Dies sollte durch den Einsatz der PSC hergestellt werden. 4.3.3 Implementierung und Aufbau der PSC des Projekts im JMB Zum Zeitpunkt der Entwicklung der PSC für das Projekt bestand keine BSC im JMB. Die Mission und Vision des JMB waren bereits formuliert und es gab mehrere Wechsel der Projektleitung sowohl auf Seiten des Museums als auch auf Seiten des Kooperationspartners. Die Implementierung der PSC diente den neuen Projektleitern demzufolge auch zur Übersicht über das gesamte Projekt und das Projektumfeld sowie zum Verständnis der genauen Projektstrategie und ihrer Zielsetzung. Daher wurde zunächst ein Workshop mit dem damaligen Projektleiter des Kooperationspartners auf Seiten der HTW und der Projektleiterin im JMB, welche die PSC im Weiteren entwickelte, durchgeführt. Zunächst wurde die Projektstrategie erneut reflektiert – insbesondere im Kontext zu den Museumszielen und den Zielen, welche im Projektantrag angeführt wurden. Weiterhin wurde das Projektumfeld in Form einer Projektumfeldanalyse betrachtet, um u. a. die Stakeholder des Projekts zu definieren. Laut ISO 10006 sind Stakeholder eines Projekts alle Personen, die ein Interesse am Projekt haben oder von ihm in irgendeiner Weise betroffen sind.44 Dabei wird hier zwischen aktiven und passiven Stakeholdern unterschieden. Aktive Stakeholder arbeiten direkt am Projekt oder sind direkt vom Projekt betroffen.

43 http://www.berlin.de/sen/strukturfonds/ab2007/efre/op_efre.html 44 Deutsches Institut für Normung (2004).

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Aktive Stakeholder sind hierbei bspw. die Projektleitung (aus der HTW und dem JMB), Projektmitarbeiter (wiederum aus der HTW und dem JMB), Teilnehmer am Projekt (Schüler sowie Lehrer), Zuwendungsgeber/Aufsichtsbehörde, Beirat etc. Passive Stakeholder sind von der Projektdurchführung oder den -auswirkungen nur indirekt betroffen – hier bspw. Schulen und Universitäten im Allgemeinen, weitere lokale Behörden etc. Anschließend wurden durch die Stakeholderanalyse die Faktoren „Einfluss auf das Projekt“ (Macht) und „Einstellung zum Projekt“ (Ziele) untersucht (siehe Abb. 43). Dies stellte die Grundlage für die weiteren Kommunikationsmaßnahmen dar, die ebenfalls innerhalb der PSC Berücksichtigung finden. Die Mitarbeiter des Projekts (aktive Stakeholder) wurden innerhalb der PSC aufgrund ihrer Relevanz in Form der Mitarbeiterperspektive besonders hervorgehoben (siehe Kapitel 4.3.3.5). Die weiteren Stakeholder wurden innerhalb der Stakeholderperspektive der PSC zusammengefasst und nach ihrer Relevanz ausgewählt (Abb. 38 zeigt auszugsweise, welche Fragestellungen in der Stakeholderanalyse erfolgten). Mithilfe der folgenden Fragestellungen: Welchen Beitrag leistet das Projekt zur Museumsstrategie? Welche Ziele haben die Stakeholder? wurden die Projekt-Perspektiven für die PSC gebildet. Dabei ergaben sich insgesamt vier Projekt-Perspektiven: • • • •

die Stakeholderperspektive, die Finanzperspektive, die Prozessperspektive und Mitarbeiterperspektive.

Aus diesen wurden Messgrößen abgeleitet mit der Fragestellung, womit die formulierten Ziele gemessen werden können und im Anschluss ihre Zielgrößen gebildet. Weiterhin wurden strategische Maßnahmen zu deren Zielerreichung definiert. Der Aufbau erfolgte wie bei der BSC im Top-DownProzess. Die Anwendung der PSC im Projektcontrolling erfolgte wiederum im Bottom-Up-Prozess mit Unterstützung der Feedback-Prozesse. Im Kontext des Projektcontrollings diente die PSC der Ermittlung und Visualisierung des Projektstatus unter Berücksichtigung verschiedener Perspektiven und Kriterien, welche das jeweilige Projekt näher bestimmten.

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Abb. 38: Auszug Stakeholderanalyse

Quelle: Eigene Darstellung der Stakeholderanalyse entnommen von der Bertelsmann Stiftung45

45 Vgl. www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xbcr/bst/Stakeholderanalyse.doc

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Als Datenbasis für die Bewertung des Projekts dienten sowohl die Unterlagen (Plan-Daten), als auch Informationen aus dem laufenden Projektcontrolling (Ist-Daten). Die folgende Abbildung (siehe Abb. 39) zeigt die entwickelte PSC mit den Merkmalen, wie bspw. Projektstrategie, ihren Perspektiven, Gewichtungen, Messgrößen und Wertungsbereichen in MS Excel. Im Weiteren werden die einzelnen Elemente im Detail beschrieben. Abb. 39: PSC des Projekts „Hardware und Multimediatechnik zur Entwicklung eines mobilen Museums“ aus dem Jahr 2011

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an die entwickelte PSC in MS Excel

Die weitere Tabelle (siehe Tab. 4) beschreibt die vordefinierten Wertungsbereiche in der PSC.

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Tab. 4: PSC mit vordefinierten Wertungsbereichen Auswertungsparameter

Toleranzbereich

Status

Regel

Zielerreichung und Projekt gefährdet. Sofortige Maßnahmen müssen eingeleitet werden.

90 %

Grün

Der Status ist mit „Grün“ zu kennzeichnen, wenn die Kriterien der Kennzahl(en) einen Wert über 90 % ergeben

Quelle: Eigene Darstellung

Weiterhin erfolgte die Betonung der Relevanz der Perspektiven untereinander und einzelner Kennzahlen in Form ihrer Gewichtung von 1-5. Dabei bedeutet 1 wichtig, 2 wichtiger, 3 sehr wichtig, 4 sehr viel wichtiger, 5 von großer Bedeutung. Im Weiteren erfolgt die konkrete Beschreibung der Übertragung der vordefinierten Wertungsbereiche in die einzelnen Elemente (Perspektiven und Kennzahlen) der PSC. 4.3.3.1 Darstellung der Mission und Vision des Jüdischen Museums Berlin und Wirkung auf die PSC Zur Entwicklung der Projektperspektiven und der strategischen Ziele, den daraus abzuleitenden Maßnahmen sowie der Bildung von Kennzahlen wird die Mission und Vision des Museums herangezogen und die Ziele der Stakeholder, welche die Ausgangsbasis der Strategieprozesse im Projekt darstellten. Daher stehen diese ganz oben in der Darstellung der Projekt Scorecard. Die Mission des Jüdischen Museums lautet: Das JMB vermittelt die Vielfalt der jüdischen Erfahrungen, indem es die Zeugnisse der Geschichte

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und Kultur der Juden in Deutschland und der deutschen Juden sammelt, bewahrt und interpretiert. Damit leistet es einen Beitrag zu einer Gesellschaft, die es aushält, dass ihre Mitglieder unterschiedlich sind und ihnen gleiche Chancen der Teilhabe eröffnet (siehe Abb. 40). Abb. 40: Die Mission des Jüdischen Museums Berlin

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an die entwickelte PSC in MS Excel

Abb. 41: Die Vision des Jüdischen Museums Berlin

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an die entwickelte PSC in MS Excel

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Auf gleichberechtigter Ebene in der PSC steht die Vision des Jüdischen Museums Berlin. Die Vision lautet: Das Jüdische Museum Berlin nimmt aktiv am gesellschaftlichen Diskurs teil (siehe Abb. 41). 4.3.3.2 Projektstrategie Beruhend auf der zuvor beschriebenen Mission und Vision des Jüdischen Museums Berlin und dem Projektziel aus dem Projektantrag lautete die Projektstrategie: Das Projekt vermittelt bundesweit an Schülerinnen und Schüler die Vielfalt der jüdischen Erfahrungen, indem es die Zeugnisse der Geschichte und Kultur der Juden in Deutschland und deutscher Juden mit Unterstützung eines mobilen, multimedialen Museums ausstellt – mit dem zukünftigen Ziel, das Jüdische Museum aktiv am gesellschaftlichen Diskurs mit dieser Zielgruppe teilnehmen zu lassen (siehe Abb. 42). Abb. 42: Projektstrategie des Projekts „Hardware und Multimediatechnik zur Entwicklung eines mobilen Museums“

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an die entwickelte PSC in MS Excel

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4.3.3.3 Ermittlung und Gewichtung der Kennzahlen am Beispiel der Stakeholderperspektive im Projekt Bei der Ermittlung der Stakeholderkennzahlen für das Projekt wurden relevante Stakeholder berücksichtigt. Dabei wurden vier Stakeholder-Gruppen gebildet, um die Zielerreichung und die Kennzahlen übersichtlich zu halten. In der Stakeholderkennzahl I wurde der Zuwendungsgeber/die Aufsichtsbehörde erfasst. In der Stakeholderkennzahl II wurden die Projektteilnehmer aufgeführt, d. h. Schüler und Lehrer, die bundesweit am Projekt teilgenommen haben. Unter der Stakeholderkennzahl III wurde die Presse aufgeführt und unter der Stakeholderkennzahl IV der Beirat des Projekts. Die Mitarbeiter sind ebenfalls wesentliche Stakeholder. Sie wurden jedoch aufgrund ihrer besonderen Relevanz in einer eigenen Perspektive, der Mitarbeiterperspektive, hervorgehoben (siehe Kapitel 4.3.3.5). Weiterhin wurden die Stakeholderkennzahlen I-IV nach ihrer Relevanz gewichtet von 1-5. Pro Kennzahl wurde ein Zielgröße von 100 % angegeben. Die Gewichtung erfolgte nach der Analyse der Einstellung und des Einflusses der Stakeholder zum Projekt. Dazu wurde ein StakeholderProjektportfolio in MS Excel für das Projekt erstellt. Folgende Abbildung (siehe Abb. 43) stellt diese dar. Abb. 43: Stakeholder-Projektportfolio

Quelle: Eigene Darstellung angelehnt an die entwickelte PSC in MS Excel

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Die Kreise in der Abbildung (siehe Abb. 43) stellen die jeweiligen Stakeholder-Gruppen dar und ihren Einfluss sowie ihre Einstellung in Bezug auf das Projekt. Hier sind es, wie bereits erläutert, vier Stakeholder-Gruppen. Die Kreisgrößen beschreiben die ermittelte Relevanz der entsprechenden Stakeholder-Gruppe für das Projekt. Je größer der Kreis, desto relevanter ist die Stakeholder-Gruppe. Des Weiteren wird die Einstellung der jeweiligen Stakeholder bewertet. Befindet sich der Kreis im dunkelgrünen Bereich, ist die StakeholderGruppe dem Projekt gegenüber uneingeschränkt positiv eingestellt. Sind sie im hellgrünen Bereich, bedeutet das eine positive Einstellung – aber nicht uneingeschränkt. Befindet sich die Stakeholder-Gruppe des Projekts im gelben Bereich sind sie dem Projekt gegenüber neutral eingestellt. Der rote Bereich deutet auf eine negative Einstellung zum Projekt hin. Ebenfalls stellt die Höhe des Kreises in der Gesamtbetrachtung ihre Einflussgröße auf das Projekt dar. Je höher sich der Kreis befindet, desto höher ist der Einfluss der Stakeholder. Im Sinne des weiteren Projektcontrollings wurden die Kennzahlen für den Status in den Quartalen regelmäßig durch Befragungen der Stakeholder und durch Analysen der Prüfberichte sowie Protokolle des Beirats erhoben. Grundlage der Messgrößen waren daher bspw. die prozentuale Anzahl der positiven (bzw. negativen) Quartalprüfberichte. Diese Quartalsprüfungen wurden durch die entsprechende Aufsichtsbehörde bzw. den Zuwendungsgeber durchgeführt, um die Berechtigung der angeforderten Drittmittel durch das Museum zu überprüfen. Weitere Messgrößen waren bspw. die Teilnehmerzufriedenheit der Schüler und Lehrer mit dem Projekt. Diese wurde durch Umfragen erhoben. Die Stakeholderkennzahl IV wurde anhand des prozentualen Anteils der positiven (bzw. negativen) Artikel in der Presse erhoben (weitere Einzelheiten siehe Tab. 5). Das Projektcontrolling unterstützte so ebenfalls die Berichterstattung an die entsprechende Aufsichtsbehörde, welche Quartalsberichte zum Projektfortschritt forderte und die Projektprüfungen, welche quartalweise in solchen Projekten verpflichtend von der Aufsichtsbehörde durchgeführt wurden. Weiterhin unterstützte sie die Begleitung von Systemprüfungen der EU (welche verpflichtend bei EFRE-geförderten Projekten stattfinden 46 ). Diese Prüfung prüft sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte des

46 Vgl. Bode (2012) S. 174 -183.

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Projekts. Durch die Möglichkeit der Darstellung von weichen und harten Messgrößen sowie die übersichtliche Überprüfbarkeit der Einhaltung der Regularien für die Öffentlichkeitsarbeit trug die PSC zur Transparenz im Projekt bei. Dabei stellte sich die Möglichkeit der BSC, weiche Faktoren abzubilden und sie insofern auch zu dokumentieren, als besonders vorteilhaft heraus, da eine qualitative Prüfung in den Zusammenhängen des Projekts so umfassend ermöglicht werden konnte. Die folgende Tabelle fasst die vorausgegangenen Ausführungen erneut zusammen. Tab. 5: Übersicht der Kennzahlen zur Stakeholderperspektive und ihre Parameter im Projekt Messgröße und Messverfahren

Stakeholder5 kennzahl I (Zuwendungsgeber und Aufsichtsbehörde)

Einhaltung der EFRERegularien Erfolgreiche Absolvierung der Prüfungen der Quartale durch die entsprechende Prüfstelle

Analyse der Prüfberichte. Bei >90 % positiver Aussagen innerhalb der Prüfberichte wird die Farbe grün aktiviert. Zwischen 70 % und 90 % die Farbe gelb. Bei 90 % der Teilnehmer wird die Farbe grün aktiviert. Zwischen 70 % und 90 % die Farbe gelb. Bei 90 % positiver Aussagen über das Projekt bei der quartalsweisen Auswertung der Presseclippings folgt die Farbe grün. Bei zwischen 70 % bis 90 % gelb. Rot bei 90 % der Beiratsmitglieder mit dem Projekt wird die Farbe grün aktiviert. Bei zwischen 70 % und 90 % die Farbe gelb. Bei 90 % und die Farbe grün wird aktiviert Liegt die Anzahl möglicher Patente bei 1 pro Quartal dann liegt der Wert zwischen 70% und 90 % und die Farbe gelb wird aktiviert. Liegt die Anzahl möglicher Patente bei 0 pro Quartal dann liegt der Wert bei 90 %). Bei Überschreiten des Budgets bis zu 15 % wird die Farbe gelb aktiviert (Wert liegt dann zwischen 70 %-90 %). Bei über 15 % Abweichung des Projektbudgets folgt die Farbe rot (da der Wert dann bei 90 % der Ressourcen ausgelastet sind Gelb bei einem Wert zwischen 70 % und 90 %. Fällt sie auf 90 %). Bei unter 15 % gelb (Wert liegt zwischen 70 % - 90 %). Bei einer Überschreitung von über 15 % rot (Wert liegt dann bei 90 % der Projektmitarbeiterteilnahme folgt die Farbe grün. Zwischen 70 % und 90 % der Projekt-mitarbeiterteilnahme folgt die Farbe gelb. Bei 90 % der Mitarbeiter wird die Farbe grün aktiviert.

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100 Siehe Abb. 46 Q1, Q2, Q3, Q4

Zwischen 70 % und 90 % die Farbe gelb. Bei 90 % und es folgt die Farbe grün.

100 Siehe Abb. 46 Q1, Q2, Q3, Q4

Bei 1-2 liegt sie zwischen 70 %-90 % und es folgt die Farbe gelb. Bei 0-1 liegt sie bei 90 % nutzbarer Q1, Q2, Verbesserungsvorschläge Q3, Q4 für das Projekt folgt die Farbe grün. Bei zwischen 70 % bis 90 % gelb. Rot bei 90 % dar und es folgt die Farbe grün.

Q3, Q4

Mitarbeiterperspektive

Prozesskennzahl

Gewichtung

Ziele

Zielgröße in %

Tab. 8: Übersicht der Kennzahlen zur Prozessperspektive und ihre Parameter im Projekt

1

2 Innovation pro Quartal stellen 70 %-90 % dar und die Farbe gelb. 0 -1 Innovationen pro Quartal ergibt 90 % und es folgt die Farbe grün.

(Vernetzung)

Siehe Abb. 47 Q1, Q2, Q3, Q4

Werden die Vernetzungen im Projekt als überwiegend gut bis befriedigend eingeschätzt, liegt der Wert zwischen 70 % und 90% und es folgt die Farbe gelb. Werden die Vernetzungen im Projekt als überwiegend ausreichend bis mangelhaft eingeschätzt liegt der Wert bei 90 % ergibt, dann folgt die Farbe grün Zeigt die Evaluation auf, dass der Einsatz von Qualitätsmanagementinstrumenten eine Erhöhung der Qualität zwischen 70 % und 90% ergibt, folgt die Farbe gelb. Bei 90 % pro Quartal folgt die Farbe grün.

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Siehe Abb. 47 Q1, Q2, Q3, Q4

Bei einem Wert zwischen 70 %-90 % pro Quartal folgt die Farbe gelb. Bei 90 % folgt die Farbe grün Bei einem Wert zwischen 70% und 90% die Farbe gelb Bei