Steuerliche Organschaft 9783504383909

Achtung: Neuauflage bereits im Angebot! Die Organschaft hat sich wegen ihrer Verlustnutzungs- und Finanzierungsvorteil

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Steuerliche Organschaft
 9783504383909

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Gesamtliteraturverzeichnis
1. Teil Grundlagen der Organschaft
Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“
A. Das Organschaftsphänomen: Unternehmensverbund als begrenzt wirkende „fiktive Besteuerungseinheit“
B. Steuerartenspezifische Rechtsgrundlagen der Organschaft
C. Rechtsentwicklung der Organschaft
D. Rechtskonzeption der Organschaft
E. Wirtschaftliche Bedeutung der Organschaft
F. Organschaft als Gestaltungsinstrument
G. Weiterentwicklung der Organschaft zu einem Gruppenbesteuerungskonzept
Kapitel 2 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft
A. Grundlagen
B. Beteiligte Gesellschaften
C. Inhalt und Auslegung des Gewinnabführungsvertrags
D. Zustandekommen des Gewinnabführungsvertrags
E. Wirkungen des Gewinnabführungsvertrags
F. Der fehlerhafte Gewinnabführungsvertrag
G. Änderung des Gewinnabführungsvertrags
H. Beendigung des Gewinnabführungsvertrags
Kapitel 3 Der Gewinnabführungsvertrag als Kernelement der ertragsteuerlichen Organschaft: Beratungsüberlegungen, Muster-GAV
A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft
B. Muster eines Gewinnabführungsvertrags
Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft
A. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Organschaft
B. Verfahrensrecht und Organschaft
Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft
A. Unionsrechtlicher Rahmen für Steuern
B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH
C. Unionsrechtliche Prägung der Organschaft
Kapitel 6 Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive
A. Einleitung
B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft
C. Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen einer Organschaft
D. Gewerbesteuerliche Aspekte der Organschaft
E. Verfahrensrechtliche Aspekte der Rechtsprechung
F. Verfassungsrechtliche Aspekte der Rechtsprechung
G. Unions- und DBA-rechtliche Aspekte der Rechtsprechung
H. Fazit
Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive
A. Die Organschaft im Veranlagungsverfahren
B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der Betriebsprüfung
C. Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse
Kapitel 8 Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft
A. Einleitung
B. Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung
C. Gestaltung des Beginns und der Beendigung der Organschaft
D. Gestaltungsmöglichkeiten bei grenzüberschreitendem Unternehmenserwerb
E. Organschaft im Zusammenhang mit Umwandlungen
F. Möglichkeiten und Grenzen grenzüberschreitender Organschaften
Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten
A. Gruppenbesteuerung zwischen Trennungsprinzip und Einheitsprinzip
B. Grenzüberschreitende Gruppenbesteuerung als steuerplanerisches Instrument
C. Systematisierung von Gruppenbesteuerungssystemen
D. Gruppenbesteuerung in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten
E. Schlussbetrachtung
Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zu einem modernen Gruppenbesteuerungssystem
A. Einleitung
B. Wesentliche Ziele eines Gruppenbesteuerungskonzeptes
C. Rahmenbedingungen für ein Gruppenbesteuerungskonzept
D. Fortentwicklung der Organschaft zu einem modernen Gruppenbesteuerungskonzept ohne GAV
E. Fazit
2. Teil Inlandsbezogene Einzelfragen der Organschaft
Kapitel 11 Begründung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft
A. Beginn und Dauer der Organschaft
B. Beendigung der Organschaft
C. Wiederbeleben der Organschaft nach Organschaftspause
Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse bei der ertragsteuerlichen Organgschaft
A. Begriff der finanziellen Eingliederung
B. Dauer der finanziellen Eingliederung
Kapitel 13 Einkommensermittlung, Einkommenszurechnung, Gewinnabführung und Verlustübernahme bei Organschaft
A. Gewinnabführung und Einkommenszurechnung: Die Verknüpfung von Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht bei der Organschaft
B. Die Abführung des handelsrechtlichen Gewinns/Verlustes an den Organträger als Voraussetzung der Organschaft (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG)
C. Die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft
D. Die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organträger
E. Die Ermittlung des Einkommens des Organträgers
Kapitel 14 Mehr- und Minderabführungen
A. Einführung
B. Das Problem „Mehr- und Minderabführung“ und seine gesetzliche Regelung
C. Identifizierung einer Mehr- oder Minderabführung
D. Rechtsfolgen einer Mehr- oder Minderabführung
E. Auflösung organschaftlicher Ausgleichsposten
F. Einzelne Aspekte bei der Bildung und Fortführung organschaftlicher Ausgleichsposten
G. Besonderheiten bei Mehr- und Minderabführungen in einer mehrstöckigen unmittelbaren Organschaft
H. Besonderheiten bei Mehr- und Minderabführungen in einer mittelbaren Organschaft
I. Zusammenfassung
Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter
A. Problemstellung, Rechtsentwicklung und Bedeutung
B. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen
C. Steuerrechtliche Behandlung der Ausgleichszahlung
Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organträger
A. Bedeutung der Personengesellschaft in Konzernstrukturen und Organschaftsverhältnissen
B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organträger
C. Die Personengesellschaft als Organträger einer umsatzsteuerlichen Organschaft
D. Ausblick
Kapitel 17 Holding als Organträger
A. Begriff der Holding
B. Holding als ertragsteuerlicher Organträger
C. Holding als umsatzsteuerlicher Organträger
Kapitel 18 Rechtsfolgen verunglückter Organschaft
A. Begriff der verunglückten Organschaft
B. Folgen der verunglückten Organschaft
C. Gründe für das „Verunglücken“
Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke
A. Grundlagen der Zinsschranke
B. Sondervorschriften für die Organschaft
C. Gestaltungspotential der Organschaft mit Blick auf die Zinsschranke
Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf
A. Überblick
B. Organschaft und Unternehmenskauf
C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung
D. Begründung stiller Gesellschaften
Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen (Kommunale sowie gemeinnützige Unternehmen)
A. Öffentlich-rechtliche Körperschaften als Teil der Organschaft
B. Gemeinnützige Körperschaften mit partieller Steuerpflicht als Teil der Organschaft
Kapitel 22 Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft
A. Entwicklung der umsatzsteuerlichen Organschaft
B. Zweck der umsatzsteuerlichen Organschaft
C. Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft
D. Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft
E. Beginn und Ende der Organschaft
F. „Verunglückte“ und „unerkannte“ umsatzsteuerliche Organschaft
G. Fazit
Kapitel 23 Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft
A. Bedeutung der Organschaft im Grunderwerbsteuerrecht 23.1
B. Die Organschaft im Gesamtgefüge der grunderwerbsteuerlichen Tatbestände
C. Voraussetzungen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft
D. Rechtsfolgen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft 23.28
E. Veränderungen des Organkreises (Anteilsverschiebung, Umwandlung)
F. Vermeidungsstrategien in der Praxis
G. Compliance-Aspekte der grunderwerbsteuerlichen Organschaft
H. Fazit
Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung
A. Insolvenz und Steuerrecht
B. Umsatzsteuerliche Organschaft
C. Körperschaftsteuerliche Organschaft
3. Teil Internationale Sonderfragen der Organschaft
Kapitel 25 Grundlagen internationaler Organschaft (Breuninger)
A. Bedeutung von Organschaften im grenzüberschreitenden Kontext
B. Entwicklung in Rechtsprechung und Gesetzgebung
Kapitel 26 Gesellschaftsrechtliche Fragen
A. Grenzüberschreitender Gewinnabführungsvertrag
B. Doppelte Ansässigkeit von Organgesellschaft/Organträger
Kapitel 27 Inlandsbezug bei Organträger und Organgesellschaft in grenzüberschreitenden Fällen
A. Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs der Organgesellschaft
B. Wegfall des Erfordernisses der unbeschränkten Steuerpflicht bzw. der Eintragung einer Zweigniederlassung im Handelsregister für ausländischen Organträger
C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inländischen Betriebsstätte des OTund Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Satz 4-7 KStG)
D. Fazit und Ausblick
Kapitel 28 Grenzüberschreitende Verlustabzugssperre des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG
A. Hintergrund der Neufassung der Verlustabzugssperre
B. Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG
C. Tatbestandsvoraussetzungen der Verlustabzugssperre
D. Rechtsfolgen und Anwendungsbeispiele
E. Verfahrensrechtliche Gesichtspunkte
F. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht und DBA-Grundsätzen
G. Fazit und Ausblick
H. Checkliste: Problemkreise der Verlustabzugssperre in der Beratungspraxis
Stichwortverzeichnis

Citation preview

Prinz/Witt

Steuerliche Organschaft

Steuerliche Organschaft herausgegeben von

Prof. Dr. Ulrich Prinz Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Köln

Dr. Sven-Christian Witt Richter am Bundesfinanzhof München

2015

Bearbeiter Tobias Appl, M.Sc.

Dr. Astrid Krüger

Steuerberater, Stuttgart

Rechtsanwältin, München

Peter Ballwieser, LL.M. (U.S. Tax)

Dr. Martin Lausterer, lic. oec. HSG

Rechtsanwalt, Steuerberater, Köln

Rechtsanwalt, München

Prof. Dr. Swen-Oliver Bäuml

Dr. Simon Patrick Link

Hochschule Mainz Wirtschaftsjurist, Steuerberater, Mainz

Rechtsanwalt, Dipl.-Kfm., München

Dr. Stefanie Beinert, LL.M. (Chicago)

Rechtsanwalt, Frankfurt a.M.

Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Frankfurt a.M.

Prof. Dr. Jens Blumenberg

Marius Marx Dr. Magnus Müller

Steuerberater, Frankfurt a.M.

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater, München

Dr. Gottfried Breuninger

Claudia Nees

Rechtsanwalt, München

Rechtsanwältin, Frankfurt a.M.

Thomas Dennisen

Prof. Dr. Petra Oesterwinter

Rechtsanwalt, Steuerberater, Köln

Dipl.-Kffr., Fachhochschule Dortmund Steuerberaterin, Dortmund

Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen Heinrich Heine Universität Düsseldorf Richter am Finanzgericht Düsseldorf

Prof. Dr. Ulrich Prinz

Daniel Epe, LL.M.

Dr. Dirk Schade

Rechtsanwalt, München

Rechtsanwalt, München

Dr. Arne von Freeden, LL.M. (NYU)

Dr. Tibor Schober

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater, Bonn

Richter, Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Cottbus

Ralf Herbener, MM

Thomas Schöneborn, LL.M.

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Bitburg

Oberfinanzdirektion NRW, Köln

Felix Hierstetter

Walldorf

Steuerberater, München

Bettina Hulde Wirtschaftsjuristin, Rechtsanwältin, München

Christian Hundeshagen Dipl.-Kfm., Steuerberater, Frankfurt a.M.

Prof. Dr. Holger Kahle Universität Hohenheim

Stefan Kolbe, M. Tax Dipl.-Finw., Vorsitzender Richter am Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Cottbus

Dipl.-Kfm., Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Köln

Dr. Sebastian Schulz Andreas Treiber Richter am Bundesfinanzhof, München

Dr. Johann Wagner, LL.M. Rechtsanwalt, Steuerberater, Hamburg

Sabrina Wagner, LL.M. Steuerberaterin, München

Dr. Sven-Christian Witt Richter am Bundesfinanzhof, München

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet Åber http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 KÇln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-20692-5  2015 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, KÇln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschÅtzt. Jede Verwertung, die nicht ausdrÅcklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere fÅr Vervielfltigungen, Bearbeitungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und surefrei, alterungsbestndig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: Griebsch & Rochol Druck, Hamm Druck und Verarbeitung: Friedrich Pustet, Regensburg Printed in Germany

Vorwort Die steuerliche Organschaft bewirkt eine auf das Inland begrenzte Ergebnispoolung in einer Unternehmensgruppe und hat wegen damit verbundener Verlustnutzungs- und Finanzierungsvorteile große Bedeutung in der Praxis. Sie hat sich seit langem als Gestaltungsinstrument Åber die großen Konzerne hinaus im deutschen Mittelstand etabliert, bereitet aber wegen zahlreicher formeller und inhaltlicher Fallstricke mitunter praktische Sorgen. Die GrÅnde dafÅr sind vielfltig: Die ertragsteuerliche Organschaft setzt – fast einmalig in der Welt – einen ganz besonders ausgestalteten GewinnabfÅhrungsvertrag (im Sinne des § 291 AktG) voraus und hat daher starke BezÅge zum Konzernrecht. Ein gesellschaftsrechtlich einwandfreier GewinnabfÅhrungsvertrag ist Grundvoraussetzung zur Anerkennung der ertragsteuerlichen Organschaft. Das Steuerrecht fordert darÅber hinaus aber einiges mehr. Deshalb kÇnnen Fehler im GewinnabfÅhrungsvertrag zu verunglÅckten Organschaften fÅhren mit massiven Steuernachteilen. Im brigen sind die Rechtsfolgen der Organschaft im KÇrperschaftsteuerrecht und im Gewerbesteuerrecht trotz ihrer Tatbestandsidentitt durchaus disparat. In der Praxis steht meist die ertragsteuerliche Organschaft im Diskussionsmittelpunkt. Aber auch das Umsatzsteuerrecht kennt das Organschaftsphnomen mit durchaus wachsender Bedeutung. Die umsatzsteuerliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) mit ihren unionsrechtlichen Grundlagen ist rechtskonzeptionell vÇllig anders als im Ertragsteuerrecht ausgestaltet und erfordert – ohne jegliche Bezugnahme auf gesellschaftsrechtliche Unternehmensvertrge – eine faktisch vorliegende finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft in den Organtrger. Sie bewirkt im Wesentlichen Administrationserleichterungen, kann aber auch zu materiellen Umsatzsteuervorteilen fÅhren. Schließlich kennt auch das Grunderwerbsteuerrecht unter speziellen Tatbestandsvoraussetzungen eine Organschaft, die in Bezug auf unmittelbare oder mittelbare Immobilientransaktionen allerdings nur steuerverschrfend wirkt. Steuerliche Organschaften sind daher im Ergebnis ein ußerst vielschichtiges Rechtsgebilde mit gesellschaftsrechtlichen, bilanzrechtlichen und zunehmend international-steuerlichen BezÅgen. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Finanzverwaltung setzen die Rahmenbedingungen, die sich im Zeitablauf signifikant verndert haben. Zuletzt wurden zahlreiche Details der Organschaft durch die sogenannte Kleine Organschaftsreform vom 20.2.2013 verndert. Trotz der großen Bedeutung von Organschaften in der Praxis und einer fast unÅberschaubaren FÅlle hochspezialisierter Aufsatz- und Kommentarliteratur fehlt es bislang an aktuellen, steuersystematisch ausgerichteten und umfassend angelegten Grundlagenwerken. Mit dem vorliegenden Handbuch soll deshalb eine „Gesamtschau der Organschaft“ vorgelegt werden, die gleichzeitig praktischen wie wissenschaftlichen BedÅrfnissen Rechnung trgt und einen integrierten Ansatz (einschließlich GesellVII

Vorwort

schafts-, Bilanz-, Insolvenz- und Unionsrecht) verfolgt. Die vielfltige Organschaftsrealitt mit ihren rechtlichen Fragestellungen haben wir in drei Teile gegliedert. Teil 1 widmet sich den Grundlagen der Organschaft einschließlich ihrer gesellschaftsrechtlichen, verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen BezÅge. In einem eigenstndigen Kapitel wird bspw. die Verwaltungssicht zur steuerlichen Organschaft dargelegt. Dies ist ein ideales „RÅstzeug“ zur Vorbereitung von BetriebsprÅfungen mit Organschaftsthemen. Außerdem unterstÅtzen BeratungsÅberlegungen zum GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der ertragsteuerlichen Organschaft mit einem erluterten Vertragsmuster bei der GrÅndung einer Organschaft. DarÅber hinaus werden de lege ferenda konzeptionelle berlegungen zur Fortentwicklung der Organschaft zu einem modernen Gruppenbesteuerungssystem dargestellt. Teil 2 behandelt die vielfltigen inlandsbezogenen Einzelfragen der Organschaft. Dabei konzentriert sich das Handbuch auf die ertragsteuerlichen Details, wie etwa die Behandlung von Ausgleichszahlungen, die Gestaltungsfragen im Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen sowie die Besonderheiten der Personengesellschaft als Organtrger. Daneben werden aber auch die umsatzsteuerlichen und die grunderwerbsteuerlichen Organschaftsthemen sowie die insolvenzrechtlichen Auswirkungen der Organschaft in eigenen Kapiteln intensiv dargelegt. Schließlich befasst sich Teil 3 des Handbuchs mit den zunehmend bedeutsamen internationalen Sonderfragen der Organschaft. Der grenzÅberschreitende GewinnabfÅhrungsvertrag, die Verlustabzugssperre des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG und die neuen organtrgerbezogenen Betriebsstttenfragen stehen im Mittelpunkt. Um ein solches umfassendes und hochaktuelles Grundlagenwerk zum steuerlichen Organschaftsrecht mit integriertem Ansatz zu erstellen, konnten wir auf ein namhaftes und hochmotiviertes Autorenteam zurÅckgreifen. Die Autoren stammen aus der Unternehmens- und Beratungspraxis, der Finanzgerichtsbarkeit, der Finanzverwaltung und schließlich der Wissenschaft und befassen sich aus ihrem jeweils speziellen Blickwinkel mit den diversen Organschaftsthemen. Wir mÇchten allen Autoren danken, die mit großem Einsatz, Langmut, Akribie und „Freizeitverzicht“ an unserem Handbuch mitgewirkt haben. Ein Dank gilt auch dem Verlag Dr. Otto Schmidt und dem zustndigen Lektor, Herrn Dr. Wolfgang Lingemann. Die Erstauflage eines neuen Grundlagenwerks birgt vielfltige Herausforderungen und erfordert hohen Zeiteinsatz bei der fachschriftstellerischen Ttigkeit. Wir wissen dies – nicht zuletzt aus eigener Erfahrung – sehr zu schtzen. Schließlich hoffen wir sehr, dass unser Handbuch eine gute Aufnahme im Fachpublikum finden wird. NatÅrlich sind Anregungen und Kritik Herausgebern und Verlag stets willkommen. KÇln/MÅnchen im Juni 2015 Prof. Dr. Ulrich Prinz, Dr. Sven-Christian Witt VIII

InhaltsÅbersicht Seite a a

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . AbkÅrzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesamtliteraturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VII XVII LI LIX

1. Teil Grundlagen der Organschaft Rz. Seite a a

Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“ (Prinz) A. Das Organschaftsphnomen: Unternehmensverbund als begrenzt wirkende „fiktive Besteuerungseinheit“ . . . B. Steuerartenspezifische Rechtsgrundlagen der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtsentwicklung der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Rechtskonzeption der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Wirtschaftliche Bedeutung der Organschaft . . . . . . . . . . . . F. Organschaft als Gestaltungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . G. Weiterentwicklung der Organschaft zu einem Gruppenbesteuerungskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.1

2

1.5 1.20 1.33 1.58 1.67

5 15 23 38 42

1.71

44

Kapitel 2 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft (Link) A. B. C. D. E. F. G. H.

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beteiligte Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt und Auslegung des GewinnabfÅhrungsvertrags . . Zustandekommen des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . Wirkungen des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . Der fehlerhafte GewinnabfÅhrungsvertrag . . . . . . . . . . . . . nderung des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . . Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . .

2.1 2.21 2.28 2.45 2.74 2.111 2.114 2.122

51 58 61 67 78 93 94 96

Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der ertragsteuerlichen Organschaft: BeratungsÅberlegungen, Muster-GAV (Beinert/Nees) A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft B. Muster eines GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . . .

3.1 3.64

109 135

IX

InhaltsÅbersicht Rz. Seite a a

Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft (DrÅen) A. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Organschaft . . . . B. Verfahrensrecht und Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4.1 4.11

148 155

5.1 5.28 5.78

187 203 228

6.1

234

6.5 6.58 6.84 6.104 6.112

236 256 267 276 279

6.120 6.132

282 288

7.1

290

7.10 7.51

296 333

Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft (Lausterer/Hulde) A. Unionsrechtlicher Rahmen fÅr Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . C. Unionsrechtliche Prgung der Organschaft . . . . . . . . . . . . Kapitel 6 Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive (Witt) A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen einer Organschaft D. Gewerbesteuerliche Aspekte der Organschaft . . . . . . . . . . E. Verfahrensrechtliche Aspekte der Rechtsprechung . . . . . F. Verfassungsrechtliche Aspekte der Rechtsprechung . . . . G. Unions- und DBA-rechtliche Aspekte der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive (SchÇneborn) A. Die Organschaft im Veranlagungsverfahren . . . . . . . . . . . . B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse . . . . .

Kapitel 8 Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft (Blumenberg/Hundeshagen) A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Gestaltung des Beginns und der Beendigung der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. GestaltungsmÇglichkeiten bei grenzÅberschreitendem Unternehmenserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Organschaft im Zusammenhang mit Umwandlungen . . F. MÇglichkeiten und Grenzen grenzÅberschreitender Organschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

X

8.1

337

8.2

338

8.29

358

8.36 8.43

364 371

8.52

376

InhaltsÅbersicht Rz. Seite a a

Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten (Kahle/Schulz) A. Gruppenbesteuerung zwischen Trennungsprinzip und Einheitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. GrenzÅberschreitende Gruppenbesteuerung als steuerplanerisches Instrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Systematisierung von Gruppenbesteuerungssystemen . . D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9.1

383

9.3 9.12

385 389

9.16 9.130

391 434

Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zu einem modernen Gruppenbesteuerungssystem (Oesterwinter) A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Wesentliche Ziele eines Gruppenbesteuerungskonzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rahmenbedingungen fÅr ein Gruppenbesteuerungskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Fortentwicklung der Organschaft zu einem modernen Gruppenbesteuerungskonzept ohne GAV . . . . . . . . . . . . . . E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10.1

438

10.2

438

10.10

444

10.21 10.75

448 477

2. Teil Inlandsbezogene Einzelfragen der Organschaft Kapitel 11 BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft (Beinert/Nees) A. Beginn und Dauer der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Beendigung der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Wiederbeleben der Organschaft nach Organschaftspause

11.1 11.10 11.70

480 485 511

Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse bei der ertragsteuerlichen Organgschaft (Beinert/M. Marx) A. Begriff der finanziellen Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Dauer der finanziellen Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12.1 12.46

514 532

Kapitel 13 Einkommensermittlung, Einkommenszurechnung, GewinnabfÅhrung und VerlustÅbernahme bei Organschaft (Kolbe) A. GewinnabfÅhrung und Einkommenszurechnung: Die VerknÅpfung von Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht bei der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13.1

543

XI

InhaltsÅbersicht Rz. Seite a a

B. Die AbfÅhrung des handelsrechtlichen Gewinns/ Verlustes an den Organtrger als Voraussetzung der Organschaft (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG) . . . . . . 13.3 C. Die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft. 13.57 D. Die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organtrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.86 E. Die Ermittlung des Einkommens des Organtrgers . . . . . 13.106

544 563 570 577

Kapitel 14 Mehr- und MinderabfÅhrungen (von Freeden) A. EinfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Problem „Mehr- und MinderabfÅhrung“ und seine gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Identifizierung einer Mehr- oder MinderabfÅhrung . . . . . D. Rechtsfolgen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung . . . . . . . E. AuflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten . . . . . . . . . F. Einzelne Aspekte bei der Bildung und FortfÅhrung organschaftlicher Ausgleichsposten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Besonderheiten bei Mehr- und MinderabfÅhrungen in einer mehrstÇckigen unmittelbaren Organschaft . . . . . . . H. Besonderheiten bei Mehr- und MinderabfÅhrungen in einer mittelbaren Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14.1

588

14.2 14.7 14.22 14.39

589 593 603 610

14.57

618

14.63

621

14.65 14.68

623 626

15.1 15.9 15.28

627 630 636

Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter (J. Wagner) A. Problemstellung, Rechtsentwicklung und Bedeutung . . . B. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . C. Steuerrechtliche Behandlung der Ausgleichszahlung . . .

Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger (Buml) A. Bedeutung der Personengesellschaft in Konzernstrukturen und Organschaftsverhltnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.1 B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.16 C. Die Personengesellschaft als Organtrger einer umsatzsteuerlichen Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.107 D. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.118

651 655 685 689

Kapitel 17 Holding als Organtrger (Herbener) A. Begriff der Holding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Holding als ertragsteuerlicher Organtrger . . . . . . . . . . . . . C. Holding als umsatzsteuerlicher Organtrger . . . . . . . . . . .

XII

17.1 17.7 17.27

690 692 699

InhaltsÅbersicht Rz. Seite a a

Kapitel 18 Rechtsfolgen verunglÅckter Organschaft (Herbener) A. Begriff der verunglÅckten Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . B. Folgen der verunglÅckten Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . C. GrÅnde fÅr das „VerunglÅcken“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18.1 18.4 18.14

702 703 708

19.1 19.30

721 734

19.63

751

Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke (Appl) A. Grundlagen der Zinsschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sondervorschriften fÅr die Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . C. Gestaltungspotential der Organschaft mit Blick auf die Zinsschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/ Unternehmenskauf (Hierstetter) A. B. C. D.

berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organschaft und Unternehmenskauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung. BegrÅndung stiller Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20.1 20.2 20.27 20.96

756 756 770 810

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen (Kommunale sowie gemeinnÅtzige Unternehmen) (Ballwieser/Dennisen) A. ffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. GemeinnÅtzige KÇrperschaften mit partieller Steuerpflicht als Teil der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21.1

813

21.29

832

Kapitel 22 Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft (Treiber) A. B. C. D. E. F.

Entwicklung der umsatzsteuerlichen Organschaft . . . . . . 22.1 Zweck der umsatzsteuerlichen Organschaft . . . . . . . . . . . 22.14 Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft . . 22.20 Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft . . . . . 22.83 Beginn und Ende der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.94 „VerunglÅckte“ und „unerkannte“ umsatzsteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.98 G. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.101

840 845 847 867 872 874 875

Kapitel 23 Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft (Schober) A. Bedeutung der Organschaft im Grunderwerbsteuerrecht B. Die Organschaft im GesamtgefÅge der grunderwerbsteuerlichen Tatbestnde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Voraussetzungen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23.1

879

23.2

880

23.7

883

XIII

InhaltsÅbersicht Rz. Seite a a

D. Rechtsfolgen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft E. Vernderungen des Organkreises (Anteilsverschiebung, Umwandlung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Vermeidungsstrategien in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Compliance-Aspekte der grunderwerbsteuerlichen Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23.28

895

23.37 23.44

900 906

23.48 23.53

909 911

Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung (J. Wagner) A. Insolvenz und Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Umsatzsteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. KÇrperschaftsteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24.1 24.12 24.45

913 918 934

3. Teil Internationale Sonderfragen der Organschaft Kapitel 25 Grundlagen internationaler Organschaft (Breuninger) A. Bedeutung von Organschaften im grenzÅberschreitenden Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Entwicklung in Rechtsprechung und Gesetzgebung . . . .

25.1 25.4

944 949

26.1

961

26.27

970

Kapitel 26 Gesellschaftsrechtliche Fragen (A. KrÅger/Epe) A. GrenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag . . . . . B. Doppelte Ansssigkeit von Organgesellschaft/ Organtrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 27 Inlandsbezug bei Organtrger und Organgesellschaft in grenzÅberschreitenden Fllen (Schade/S. Wagner) A. Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Wegfall des Erfordernisses der unbeschrnkten Steuerpflicht bzw. der Eintragung einer Zweigniederlassung im Handelsregister fÅr auslndischen Organtrger . . . . . C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT und Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Satz 4-7 KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27.1

977

27.9

980

27.22 986 27.68 1009

Kapitel 28 GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG (M. MÅller) A. Hintergrund der Neufassung der Verlustabzugssperre . . . B. Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG . . . . XIV

28.1 1011 28.6 1015

InhaltsÅbersicht Rz. Seite a a

C. D. E. F.

Tatbestandsvoraussetzungen der Verlustabzugssperre . . Rechtsfolgen und Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensrechtliche Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinbarkeit mit hÇherrangigem Recht und DBA-Grundstzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Checkliste: Problemkreise der Verlustabzugssperre in der Beratungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28.16 1020 28.29 1029 28.41 1043 28.48 1048 28.58 1054 28.59 1054

XV

InhaltsÅbersicht

XVI

Inhaltsverzeichnis Seite a a

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . InhaltsÅbersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . AbkÅrzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesamtliteraturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VII IX LI LIX

1. Teil Grundlagen der Organschaft Rz. Seite a a

Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“ A. Das Organschaftsphnomen: Unternehmensverbund als begrenzt wirkende „fiktive Besteuerungseinheit“ B. Steuerartenspezifische Rechtsgrundlagen der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ertragsteuerliche Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umsatzsteuerliche Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . III. Sonderfall: Grunderwerbsteuerliche Organschaft . . . . IV. Strukturelle Gemeinsamkeiten im Organschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtsentwicklung der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedeutungswandel der Organschaft im „Laufe der Zeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Meilensteine der ertragsteuerlichen Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sonderfragen der MehrmÅtterorganschaft . . . . . . . . . . . IV. Branchenspezifische Besonderheiten insb. bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen . . . . V. Umsatzsteuerliche Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . D. Rechtskonzeption der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Steuersubjektprinzip vs. Konzern als Leistungsfhigkeitsverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zurechnung von Einkommen, Betriebsstttenkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Problematische Verbindung zum Gesellschaftsrecht/ Bilanzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zeitebenen der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Internationale BezÅge der Organschaft . . . . . . . . . . . . . .

1.1

2

1.5 1.5 1.9 1.14

5 5 8 12

1.18

13

1.20

15

1.20

15

1.21 1.25

16 19

1.28 1.30

20 22

1.33

23

1.33

23

1.36

24

1.42 1.44 1.48

28 31 33

XVII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

VI. Unionsrechtskompatibilitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Verfassungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.51 1.54

35 37

Wirtschaftliche Bedeutung der Organschaft . . . . . . . . . Vor-/Nachteile der ertragsteuerlichen Organschaft . . . Bedeutung der umsatzsteuerlichen Organschaft . . . . . Zusammenfassende wirtschaftliche WÅrdigung . . . . .

1.58 1.58 1.62 1.65

38 38 40 41

F. Organschaft als Gestaltungsinstrument . . . . . . . . . . . . . I. Einflussnahme auf die Konzernsteuerquote . . . . . . . . . II. Alternativstrukturen zur Organschaft . . . . . . . . . . . . . .

1.67 1.67 1.68

42 42 43

G. Weiterentwicklung der Organschaft zu einem Gruppenbesteuerungskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1.71

44

2.1

51

2.1

51

E. I. II. III.

Kapitel 2 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der GewinnabfÅhrungsvertrag und seine Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gewinn der Gesellschaft und Gewinnanspruch der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesellschaft mit beschrnkter Haftung . . . . . . . . . . III. BedÅrfnis fÅr GewinnabfÅhrungsvertrag; Kombination mit Beherrschungsvertrag; isolierter GewinnabfÅhrungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsnatur des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . .

2.4 2.4 2.14

52 52 55

2.16 2.20

56 57

B. Beteiligte Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verpflichtetes Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berechtigtes Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.21 2.21 2.23

58 58 58

C. Inhalt und Auslegung des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine berlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abfindung und Ausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausgleichsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verlustausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Befristung, Bedingung, RÅckbeziehung . . . . . . . . . . II. Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.28 2.28 2.28 2.30 2.30 2.33 2.38 2.40 2.41 2.44

61 61 61 61 61 62 64 65 65 66

D. Zustandekommen des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . I. Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.45 2.45

67 67

XVIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

II. Zustimmung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zustimmung der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zustimmung der Hauptversammlung . . . . . . . . . . b) Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) PrÅfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vorbereitung und DurchfÅhrung der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Streitigkeiten Åber die Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.47 2.49 2.49 2.49 2.55 2.56

67 68 68 68 71 71

2.58 2.59 2.66 2.70 2.70 2.73

72 73 76 77 77 78

E. Wirkungen des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . I. Vertraglich geregelte Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anspruch auf GewinnabfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Festlegung des abzufÅhrenden Gewinns . . . . . . . . b) Maximalbetrag der GewinnabfÅhrung . . . . . . . . . c) Einfluss des anderen Vertragsteils auf die HÇhe der GewinnabfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verlustausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anspruch und HÇhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verlustausgleich zu Beginn und Ende der Laufzeit des Unternehmensvertrags . . . . . . . . . . . c) Entstehen, Flligkeit, VerfÅgungen und ErfÅllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausgleichsanspruch der außenstehenden Aktionre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abfindungsanspruch der außenstehenden Aktionre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bilanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Mitbestimmungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.74 2.74 2.74 2.74 2.76

78 78 78 78 79

2.80 2.81 2.81

80 81 81

2.83

82

2.85

83

2.88

84

2.92 2.97 2.101 2.102 2.102 2.108 2.109

86 88 89 90 90 91 92

F. G. I. II.

Der fehlerhafte GewinnabfÅhrungsvertrag . . . . . . . . . . . nderung des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.111 2.114 2.114 2.121

93 94 94 95

H. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . I. Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ordentliche KÅndigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.122 2.122 2.128

96 96 98

XIX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

1. Organzustndigkeit bei der abhngigen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anforderungen an die KÅndigung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ordentliche KÅndigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Außerordentliche KÅndigung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Besondere außerordentliche KÅndigungsgrÅnde 3. Wirksamwerden und Rechtsfolgen der KÅndigung III. Weitere BeendigungsgrÅnde, insb. Hinzutritt außenstehender Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Weitere Rechtsfolgen der Beendigung des Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . 1. Anspruch der Glubiger auf Sicherheitsleistung . . . 2. Sicherung der berlebensfhigkeit der abhngigen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.128 2.131 2.131 2.135 2.139 2.141

98 99 99 100 102 102

2.144

103

2.147 2.147

105 105

2.151

106

Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der ertragsteuerlichen Organschaft: BeratungsÅberlegungen, Muster-GAV A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft I. Grundstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eignung zum Organtrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewerbliches Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Inlndische Betriebsttte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Eignung zur Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sitz und Ort der Geschftsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft . . . . . . V. GewinnabfÅhrungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zivilrechtliche Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weitere steuerrechtliche Zusatzanforderungen . . . . a) Mindestlaufzeit von fÅnf Zeitjahren . . . . . . . . . . . b) GewinnabfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) VerlustÅbernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) KÅndigungsgrÅnde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. GewinnabfÅhrung bei einer grenzÅberscheitenden Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Organschaft mit einer auslndischen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Organschaft zwischen inlndischen Schwestergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Tatschliche DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatschliche DurchfÅhrung der Hauptpflichten . . . 2. AbfÅhrung des ganzen Gewinns . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XX

3.1 3.1 3.3 3.3 3.4 3.16 3.18 3.18 3.28 3.29 3.30 3.30 3.31 3.31 3.35 3.36 3.39

109 109 110 110 110 116 117 117 120 121 121 121 122 122 124 124 126

3.42

126

3.42

126

3.47

128

3.48 3.48 3.49

129 129 129

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

3. ErfÅllung der GewinnabfÅhrungs- und Verlustausgleichsverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tatschlichen DurchfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) ErfÅllung in angemessener Zeit? . . . . . . . . . . . . . . c) Zulssigkeit von ErfÅllungssurrogaten . . . . . . . . . d) Verrechnung von VerlustausgleichsansprÅchen . B. Muster eines GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . . I. Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einzelne Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemein zur Auslegung; Bezugnahmen auf § 14 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zu § 1 des Musters: GewinnabfÅhrungsklausel . . . . a) „Zuviel“-AbfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Zuwenig“-AbfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Flligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zu § 2 des Musters: VerlustÅbernahmeklausel . . . . . 4. Zu § 3 des Musters: Mindestlaufzeit . . . . . . . . . . . . . . 5. Zu § 3 des Musters: KÅndigungsmÇglichkeiten . . . . 6. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.51 3.51 3.54 3.56 3.63

130 130 130 131 134

3.64 3.64 3.65

135 135 137

3.65 3.70 3.70 3.72 3.74 3.75 3.76 3.78 3.83 3.87

137 138 138 139 140 141 141 142 145 146

4.1 4.1

148 148

4.1 4.4

148 151

4.6

152

4.7

153

4.11 4.11

155 155

4.11

155

4.14

157

4.21

161

4.21

162

Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft A. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Organschaft . . . I. Vorgaben des Verfassungsrechts fÅr die Organschaft . . . 1. Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Organschaft und Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Trennungsprinzip und Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . 3. Organschaft vs. konsolidierte Konzerneinheitsbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine Maßstbe fÅr verfassungsrechtliche Einzelfragen des Organschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verfahrensrecht und Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft . . . . 1. Verfahrensrechtliche Trennung trotz organschaftlicher Verbundenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfahrensrechtliche Einzelfragen der kÇrperschaftsteuerrechtlichen Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Feststellungsverfahren bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft (§ 14 Abs. 5 KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einheitliche und gesonderte Feststellung nach § 14 Abs. 5 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXI

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2. Gegenstand der Feststellungen nach § 14 Abs. 5 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) „Das dem Organtrger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft“ . . . . . . . . . . . b) „Damit zusammenhngende andere Besteuerungsgrundlagen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anzurechnende Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kein formelles Statusfeststellungsverfahren . . . . 3. Mehrere Feststellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Steuerliche Deklarations- und Berichtigungspflichten bei der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zustndigkeiten fÅr Feststellungs- und Steuerfestsetzungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Bekanntgabe des einheitlichen Feststellungsbescheids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Rechtsfolgen der Feststellungen nach § 14 Abs. 5 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Konsequenzen fÅr den Rechtsschutz bei der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verfahren bei der gewerbesteuerlichen Organschaft . . .

4.25

164

4.25

164

4.27 4.31 4.34 4.36

165 167 169 170

4.39

172

4.43

174

4.45

176

4.47

177

4.53 4.56

183 184

5.1 5.1

187 187

Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft A. Unionsrechtlicher Rahmen fÅr Steuern . . . . . . . . . . . . . . I. Primrrechtlicher Harmonisierungsauftrag . . . . . . . . . . . II. Sekundrrechtliche Harmonisierung im Bereich der direkten Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rahmenvorgaben der Grundfreiheiten fÅr direkte Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.6

190

5.13

195

B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . I. Maßgebliche EuGH-Verfahren mit Organschaftsbezug 1. Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Marks & Spencer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rewe Zentralfinanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Oy AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Lidl Belgium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. KR Wannsee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Papillon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. X Holding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Philips Electronics UK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. A Oy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. K . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Felixstowe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. SCA Group Holding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Nordea Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.28 5.28 5.28 5.31 5.34 5.36 5.39 5.42 5.45 5.47 5.50 5.52 5.54 5.56 5.58 5.61

203 203 203 204 206 207 209 210 212 212 213 214 215 216 217 218

XXII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

15.Kommission/Vereinigtes KÇnigreich . . . . . . . . . . . . . . 16.Finanzamt Linz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.Timac Agro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. PrÅfungspraxis des EuGH – von der Diskriminierungszur RechtfertigungsprÅfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5.65 5.68 5.69

220 221 222

5.70

223

C. Unionsrechtliche Prgung der Organschaft . . . . . . . . . . .

5.78

228

6.1

234

6.5 6.5 6.5 6.10 6.12 6.12

236 236 236 238 240 240

6.12 6.16 6.18 6.21 6.21 6.23 6.23 6.27 6.31

240 242 242 243 243 244 244 245 246

6.34 6.36 6.44

247 248 251

6.48 6.53 6.57

253 254 256

6.58 6.58 6.58

256 256 256

6.60 6.65 6.65

257 259 259

Kapitel 6 Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Personelle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. AusÅbung einer gewerblichen Ttigkeit . . . . . . . . . . . 2. Betrieb gewerblicher Art als Organtrger . . . . . . . . . . II. Eingliederungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Finanzielle Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) RÅckbeziehbarkeit der finanziellen Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterjhriger Erwerb von Vorratsgesellschaften 2. Exkurs: Organisatorische Eingliederung . . . . . . . . . . . III. GewinnabfÅhrungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Strenge“ Rechtsprechung des BFH . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mindestlaufzeit von fÅnf Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zeitjahre maßgeblich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auswirkung von Rumpfwirtschaftsjahren . . . . . . c) Einbeziehung einer steuerlichen RÅckwirkung? d) Zeitliche Deckung mit anderen Organschaftsvoraussetzungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorzeitige Beendigung aus wichtigem Grund . . . . . . 4. Keine rÅckwirkende Negierung der Organschaft . . . 5. Steuerliche Auslegung des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vertragliche Regelung zur VerlustÅbernahme . . . . . . 7. AbfÅhrung des gesamten Gewinns . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen einer Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ermittlung und Zurechnung des Organeinkommens . . 1. Anwendung des § 8b KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zurechnung des Organeinkommens bei Gesellschafterwechsel der OrgantrgerPersonengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mehr- und MinderabfÅhrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Problematik und Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . .

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2. Vororganschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Organschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen . . III. VerlustrÅcktrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6.69 6.75 6.82

261 263 266

6.84

267

6.84

267

6.84 6.87 6.92 6.99

267 269 271 274

E. Verfahrensrechtliche Aspekte der Rechtsprechung . . . . I. „Dritter“ i.S.d. § 174 Abs. 5 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umsatzsteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. KÇrperschaftsteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben . .

6.104 6.104 6.104 6.108 6.110

276 276 276 278 278

F. Verfassungsrechtliche Aspekte der Rechtsprechung . . . I. bergangsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6.112 6.112 6.119

279 279 281

6.120 6.120 6.120

282 282 282

6.122 6.127 6.130

283 286 287

6.132

288

Die Organschaft im Veranlagungsverfahren . . . . . . . . . . Verfahrensmßige BÅndelung von Organschaftswissen rtliche Zustndigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besteuerungsverfahren und Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . PrÅfungsttigkeit der Veranlagungsstelle . . . . . . . . . . . . . FÇderale Zerlegung der KÇrperschaftsteuer . . . . . . . . . . .

7.1 7.1 7.2 7.4 7.5 7.9

290 290 291 292 293 295

B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. DurchfÅhrung einer KonzernbetriebsprÅfung . . . . . . . . .

7.10 7.10

296 296

D. Gewerbesteuerliche Aspekte der Organschaft . . . . . . . . I. KÅrzungen und Hinzurechnungen im gewerbesteuerlichen Organkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sog. gebrochene oder eingeschrnkte Einheitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erweiterte KÅrzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG . 3. Hinzurechnung gem. § 8b Abs. 5 KStG . . . . . . . . . . . . II. Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG . . . . . . . . . . .

G. Unions- und DBA-rechtliche Aspekte der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vereinbarkeit mit Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. GewinnabfÅhrungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verzicht auf die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Exkurs: Umsatzsteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . II. Abkommensrechtliches Diskriminierungsverbot . . . . . H. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive A. I. II. III. IV. V.

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II. Fallaufgriffe und Technik der Bp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. PrÅfungsaufgriffe im Bereich der Formalia der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Strenge BFH-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerliche Mindestlaufzeit eines GAV von 5 Zeitjahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Organtrgerfhigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Finanzielle Eingliederung und mittelbare Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Einbeziehung des § 302 AktG im GmbH-Konzern 6. nderung einer gesondert und einheitlichen Gewinnfeststellung fÅr die OG, wenn der OT bereits bestandskrftig veranlagt wurde . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. PrÅfungsaufgriffe im Bereich der materiellen Fragen der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hauptproblemfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrages a) Ausgangsproblem: Zeitnahe DurchfÅhrung . . . . b) Abwandlung Novation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abwandlung Novation und Werthaltigkeit . . . . . d) Abwandlung Pfndung und Stundung des Verlustausgleichsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Abwandlung Forderungsverzicht . . . . . . . . . . . . . . 3. Fehlerhafte Bilanzanstze als DurchfÅhrungsmngel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Seltene Flle der Nichtigkeit des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterbliebene Verrechnung des vororganschaftlichen Verlustvortrages nach § 301 AktG . . . . . . . c) Neuer PrÅfungsansatz: Zutreffende Berichtigung nach Beanstandung durch die Vor-Bp . . . . . 4. Abgrenzungen bei Mehr- und MinderabfÅhrungen 5. Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Organschaft und Verluste (§ 8c KStG) . . . . . . . . . . . . . a) Rechtslage und aktuelle Problemfelder . . . . . . . . . b) Beispiel: Einbeziehung der stillen Reserven der OG beim OT? Stille Reservenklausel seit 2010 c) Ergebnisverrechnung im Jahr der Anteilsverußerung und unterjhriger Beteiligungserwerb am OT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Stille Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Verdeckte GewinnausschÅttungen der OG an den OT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Gewerbesteuerliche Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.13

298

7.15 7.15

299 299

7.16 7.18

300 302

7.19 7.20

303 305

7.22

307

7.25 7.25 7.26 7.28 7.33 7.33

308 308 309 309 311 312

7.33 7.33

313 313

7.33

314

7.33

314

7.35

315

7.36 7.37

317 318

7.38 7.39 7.39

320 321 321

7.40

321

7.41 7.42

322 324

7.43 7.47 7.47

326 328 328

XXV

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

b) Keine Erweiterte KÅrzung im Organkreis . . . . . . c) Keine Anwendung der Schachtelstrafe gem. § 8b Abs. 5 KStG auf Ebene des OT bei AusschÅttung von Seiten einer Schachtelbeteiligung an eine OG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7.49

329

7.49

330

C. Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse . . . .

7.51

333

Kapitel 8 Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ergebniskonsolidierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einkommenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerbelastungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Besonderheiten bei steuerlichen Verlustvortrgen 4. Besonderheiten bei Organschaftsketten . . . . . . . . . . II. Keine Schachtelstrafe nach § 8b Abs. 5 KStG . . . . . . . . III. Steuersatzseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Abzug von Beteiligungsaufwendungen . . . . . . . . . . . . . . 1. Beteiligungsaufwendungen auf Ebene des Organtrgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beteiligungsaufwendungen auf Ebene der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Besonderheiten bei der Zinsschranke . . . . . . . . . . . . . . . VI. Keine Kapitalertragsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Verdeckte GewinnausschÅttungen im Organkreis . . . VIII. Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vermeidung gewerbesteuerlicher Hinzurechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerermßigung bei EinkÅnften aus Gewerbebetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erweiterte KÅrzung fÅr Grundbesitz . . . . . . . . . . . . . 4. Belastungseffekte aus der gewerbesteuerlichen Zerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Gestaltung des Beginns und der Beendigung der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft . . . . . II. Gewerbliche Ttigkeit von Organtrger-Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. (Vorzeitige) Beendigung der Organschaft . . . . . . . . . . . .

XXVI

8.1

337

8.2 8.2 8.2 8.4 8.7 8.10 8.12 8.13 8.15

338 338 338 339 342 344 345 346 347

8.15

347

8.16 8.17 8.21 8.22 8.23

348 350 352 352 353

8.23

353

8.24 8.27

353 356

8.28

356

8.29 8.29

358 358

8.32 8.33

360 362

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

D. GestaltungsmÇglichkeiten bei grenzÅberschreitendem Unternehmenserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Strukturierungsaspekte bei Inbound-Investitionen . . . . 1. Steuerwirksamer Abzug von Akquisitionsaufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschrnkung der doppelten VerlustberÅcksichtigung, § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen der Verlustuntergangs gem. § 8c KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schdlicher Erwerb der Beteiligung an der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schdlicher (unmittelbarer) Erwerb der Beteiligung am Organtrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Strukturierungsaspekte bei Outbound-Investitionen . . E. Organschaft im Zusammenhang mit Umwandlungen I. Fortsetzung einer bestehenden bzw. (rÅckwirkende) BegrÅndung einer Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. MehrabfÅhrungen aus Umwandlungsmaßnahmen . . . . F. MÇglichkeiten und Grenzen grenzÅberschreitender Organschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. AnwendungsmÇglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhinderung der sog. grenzÅberschreitenden doppelten VerlustberÅcksichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.36 8.36

364 364

8.36

364

8.37

365

8.38

367

8.38

367

8.39 8.40

368 369

8.43

371

8.43 8.47

371 373

8.52 8.52

376 376

8.53

378

9.1

383

9.3 9.3 9.6 9.10

385 385 386 387

9.12

389

9.16

391

9.16 9.16 9.16 9.19 9.21

391 393 393 393 394

Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten A. Gruppenbesteuerung zwischen Trennungsprinzip und Einheitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. GrenzÅberschreitende Gruppenbesteuerung als steuerplanerisches Instrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Konsolidierung im weiteren Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konsolidierung im engeren Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zinsabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Systematisierung von Gruppenbesteuerungssystemen. D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Frankreich: Steuerliche Integration (intgration fiscale) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wesentliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . a) berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) PersÇnliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . c) Sachliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . .

XXVII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

2. Wesentliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ergebnisverrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Weitere steuerliche Konsolidierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zinsabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . sterreich: Gruppenbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wesentliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . a) berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) PersÇnliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . c) Sachliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . 2. Wesentliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ergebniszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nachversteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Teilwert- und Firmenwertabschreibungen . . . . . . d) RÅckabwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zinsabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polen: Steuerliche Kapitalgruppe (Podatkowa grupa kapitałowa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wesentliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . a) berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) PersÇnliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . c) Sachliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . 2. Wesentliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zinsabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweden: Konzernbeitrag (Koncernbidrag) und Konzernabzug (Koncernavdrag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konzernbeitrag (Koncernbidrag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) PersÇnliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . c) Sachliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . d) Wesentliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konzernabzug (Koncernavdrag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) PersÇnliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . c) Sachliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . d) Wesentliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zinsabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinigtes KÇnigreich: Group relief . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wesentliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . a) berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) PersÇnliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . c) Sachliche Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . 2. Wesentliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zinsabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E. Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II.

III.

IV.

V.

XXVIII

9.27 9.27

396 396

9.31 9.33 9.40 9.40 9.40 9.42 9.47 9.55 9.55 9.59 9.61 9.63 9.64

398 398 403 404 404 404 406 408 408 410 411 411 412

9.70 9.70 9.70 9.71 9.72 9.78 9.81

413 414 414 414 414 416 417

9.85 9.85 9.85 9.86 9.88 9.94 9.99 9.99 9.101 9.102 9.104 9.106 9.111 9.111 9.111 9.112 9.113 9.118 9.123

418 419 419 419 420 422 424 424 424 425 425 426 428 428 428 429 429 430 433

9.130

434

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zu einem modernen Gruppenbesteuerungssystem A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Wesentliche Ziele eines Gruppenbesteuerungskonzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Behandlung eines Konzerns als wirtschaftliche Einheit II. Beseitigung grundlegender Probleme der ertragsteuerlichen Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verzicht auf den GAV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. BerÅcksichtigung finaler auslndischer Verluste aus EU-/EWR-Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rahmenbedingungen fÅr ein Gruppenbesteuerungskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Orientierung an dem europischen CCCTB-Projekt . . . 1. Ziele des CCCTB-Projektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundkonzeption des CCCTB-Projektes . . . . . . . . . . 3. Bedeutung des CCCTB-Projektes fÅr das Gruppenbesteuerungskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anforderungen der Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . D. Fortentwicklung der Organschaft zu einem modernen Gruppenbesteuerungskonzept ohne GAV . . . . . . . . . . . . I. Einzubeziehende Steuerarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Voraussetzungen der Gruppenbesteuerung . . . . . . . . . . . 1. Einzubeziehende Rechtsformen und Ansssigkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unmittelbare oder mittelbare Beteiligung von mindestens 75 % . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gruppenantrag mit fakultativer Aufnahme in die Gruppe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen der Gruppenbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesellschaftsrechtliche und handelsbilanzielle Konsequenzen der Gruppenbesteuerung . . . . . . . . . . a) Nachteilsausgleich als Schutzmechanismus im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abschluss eines Steuerumlagevertrages zur Vermeidung nicht sachgerechter handelsbilanzieller VermÇgensverschiebungen . . . . . . . . . c) Anwendbarkeit des Nachteilsausgleichs auf den Steuerumlagevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gesellschaftsrechtliche Konsequenzen bei einer GmbH als abhngige Gesellschaft . . . . . . . . e) Folgen fÅr ein Gruppenbesteuerungskonzept . . .

10.1

438

10.2

438

10.2

438

10.7 10.7

441 441

10.9

443

10.10 10.10 10.10 10.11

444 444 444 444

10.17 10.18

447 447

10.21 10.21 10.23

448 448 450

10.23

450

10.27

451

10.29 10.30

452 453

10.30

453

10.30

453

10.35

456

10.36

456

10.44 10.47

461 463

XXIX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

2. Steuerliche Konsolidierung in der Gruppe . . . . . . . . . a) Vollkonsolidierung als Fernziel . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwischenergebniseliminierung (eingeschrnktes Einheitskonzept) als Zwischenziel . . . . . . . . . c) Verrechnung inlndischer Verluste . . . . . . . . . . . . d) Verrechnung finaler auslndischer Verluste . . . . e) BerÅcksichtigung von Vorgruppenverlusten . . . . f) Technische Umsetzung durch Verrechnungskonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verfahrensrecht und bergangsvorschriften . . . . . . . . . .

10.49 10.49

464 464

10.53 10.57 10.62 10.67

466 469 471 474

10.69 10.73

475 476

E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10.75

477

2. Teil Inlandsbezogene Einzelfragen der Organschaft Kapitel 11 BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft A. I. II. III. IV.

Beginn und Dauer der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beginn der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . RÅckwirkung des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . Bedingungen im GewinnabfÅhrungsvertrag . . . . . . . . . . Zeitliche Anforderungen an die Organschaftsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mindestlaufzeit nur des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonstige Organschaftsvoraussetzungen . . . . . . . . . . .

11.1 11.1 11.2 11.4

480 480 481 481

11.6

482

11.6 11.8

482 483

B. Beendigung der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . 1. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags nach Ablauf der Mindestlaufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitpunkt der Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verzicht auf die Forderung auf GewinnabfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags whrend der Mindestlaufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zivilrechtlicher wichtiger Grund . . . . . . . . . . . . . . c) Steuerrechtlich wichtiger Grund . . . . . . . . . . . . . . d) Reichweite des steuerrechtlich wichtigen Grunds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11.10 11.10 11.11

485 485 485

11.11 11.11 11.13

485 485 486

11.16

487

11.22 11.22 11.24 11.25

489 489 490 490

11.34

496

XXX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

e) Fallgruppen des steuerrechtlich wichtigen Grunds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fallgruppe: nderung der steuerlichen Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fallgruppe: nderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fallgruppe: Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags ohne oder gegen den Willen der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . III. Wegfall sonstiger Organschaftsvoraussetzungen . . . . . . 1. Grundstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beispiel: Wegfall der finanziellen Eingliederung im (vorlufigen) Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . IV. Neue Laufzeit bei Ergnzung/nderung des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Gewollte ZerstÇrung der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . C. Wiederbeleben der Organschaft nach Organschaftspause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. GewinnabfÅhrungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sonstige Organschaftsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . .

11.35

497

11.35

497

11.36

497

11.54 11.55 11.55

504 504 504

11.58

505

11.62 11.67

507 509

11.70 11.70 11.72

511 511 512

12.1 12.1 12.3 12.3 12.5 12.10 12.11 12.11 12.12

514 514 515 515 516 518 518 518 518

12.17 12.20 12.20 12.22 12.23 12.25 12.28 12.31

520 521 521 522 523 523 524 525

12.32 12.33

526 527

Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse bei der ertragsteuerlichen Organgschaft A. Begriff der finanziellen Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesetzliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mehrheit der Stimmrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. BerÅcksichtigung eigener Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . III. (Wirtschaftliches) Eigentum an den Anteilen . . . . . . . . . 1. Wirtschaftliches Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einkommenszurechnung auf horizontaler Ebene? 3. Auseinanderfallen wirtschaftliches Eigentum und Stimmrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. „Beteiligung“ Dritter an den Anteilen . . . . . . . . . . . . a) Nießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verpfndung/Pfndung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Stimmrechtsbeschrnkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Schuldrechtliche AnteilsÅbertragungsansprÅche . . . 6. Gesellschafterliste bei der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. GesamthandsvermÇgen bei einer Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Mittelbare finanzielle Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXXI

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

1. 2. 3. 4.

Berechnung der Stimmrechtsmehrheit . . . . . . . . . . . . Qualitt der vermittelnden Gesellschaft . . . . . . . . . . Zuordnung zu einer (inlndischen) Betriebssttte . . Weitere Folgen einer mittelbaren Organschaft . . . . .

12.33 12.39 12.40 12.41

527 529 529 529

B. Dauer der finanziellen Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ununterbrochene Beteiligung des Organtrgers . . . . . . . II. Beginn der finanziellen Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erwerb einer Organbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterjhriger Erwerb einer Vorratsgesellschaft . . . . 3. Anwendung der umwandlungssteuerrechtlichen Fußstapfentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Wegfall der finanziellen Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . .

12.46 12.46 12.49 12.49 12.58

532 532 533 533 536

12.61 12.65

537 539

Kapitel 13 Einkommensermittlung, Einkommenszurechnung, GewinnabfÅhrung und VerlustÅbernahme bei Organschaft A. GewinnabfÅhrung und Einkommenszurechnung: Die VerknÅpfung von Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht bei der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die AbfÅhrung des handelsrechtlichen Gewinns/ Verlustes an den Organtrger als Voraussetzung der Organschaft (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG) . . . . I. Die tatschliche DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags als Voraussetzung fÅr die Organschaft . . II. Die Folgen der mangelnden tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Fiktion der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 f. KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Heilung einer fehlerhaften GewinnabfÅhrung/ VerlustÅbernahme, die auf einem Jahresabschluss beruht, der fehlerhafte Bilanzanstze enthlt . . . . . . 2. Die besonderen Voraussetzungen fÅr die Heilung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. a) bis c) KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirksam festgestellter Jahresabschluss (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. a) KStG) . . . . . . b) Mangelnde Erkennbarkeit der fehlerhaften Bilanzanstze bei Erstellung des Jahresabschlusses (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b) KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundfall: Mangelndes Verschulden . . . . . . . bb) Sonderfall: Fiktion der mangelnden Erkennbarkeit in den Fllen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXXII

13.1

543

13.3

544

13.3

544

13.9

547

13.10

547

13.10

547

13.19

551

13.19

551

13.27 13.27

553 553

13.36

555

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

c) Korrektur eines von der Finanzverwaltung beanstandeten fehlerhaften Bilanzansatzes (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG) d) Umsetzung der Korrektur durch GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Korrektur nur, wenn Handelsbilanz zu korrigieren ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die allgemeinen Grundstze der Einkommensermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Organschaftliche Besonderheiten der Einkommensermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Behandlung von vGA und verdeckten Einlagen bei der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spendenabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Latente Steuern und Steuerumlagen . . . . . . . . . . . . . . 4. Kein Abzug von Verlusten aus nichtorganschaftlicher Zeit bei der Organgesellschaft (§ 15 Satz 1 Nr. 1 KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Keine Anwendung des TeileinkÅnfteverfahrens bei der Organgesellschaft (sog. Bruttomethode) . . . . 6. Anwendung der Zinsschranke (§ 15 Satz 1 Nr. 3 KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Steuerlicher Querverbund (§ 15 Satz 1 Nr. 5 KStG) . D. Die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organtrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die sachliche Zurechnung des Einkommens . . . . . . . . . 1. Zurechnung des Einkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zurechnung beim Organtrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die zeitliche Zurechnung des Einkommens . . . . . . . . . . 1. Die erstmalige Zurechnung des Einkommens (§ 14 Abs. 1 Satz 2 KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Zurechnung des Einkommens whrend der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die Ermittlung des Einkommens des Organtrgers . . . . I. Allgemeine Grundlagen der Einkommensermittlung . . II. Organschaftliche Besonderheiten bei der Ermittlung des Einkommens des Organtrgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Teilwertabschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13.43

558

13.51

560

13.54

562

13.57

563

13.57

563

13.62

564

13.62 13.68 13.69

564 566 566

13.71

567

13.78

568

13.84 13.85

570 570

13.86 13.86 13.86 13.90 13.91

570 570 570 571 571

13.91

571

13.97

573

13.106 13.106

577 577

13.108 13.108

577 577

13.108

577

XXXIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

2. 3. 4. 5. 6.

7. 8.

b) AbfÅhrungsbedingte Teilwertabschreibung . . . . . c) Forderungsabschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufwendungen auf die Beteiligung an der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . RÅckstellung wegen drohender VerlustÅbernahme Korrektur von vGA und verdeckter Einlagen . . . . . . Spendenabzug beim Organtrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung des TeileinkÅnfteverfahrens auf der Ebene des Organtrgers (§ 15 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bruttomethode nach § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bruttomethode beim internationalen Schachtelprivileg (§ 15 Satz 2 KStG) . . . . . . . . . . . Anwendung der Zinsschranke beim Organtrger . . . Steuerlicher Querverbund (§ 15 Satz 1 Nr. 5 KStG)

13.111 13.112

578 578

13.113 13.114 13.115 13.117

579 580 580 581

13.118

581

13.118

581

13.125 13.128 13.129

584 585 585

14.1

588

14.2 14.2

589 589

14.3

590

14.5

592

14.7 14.7

593 593

14.11 14.11

595 595

14.16

597

14.17

599

14.20

601

14.22 14.22

603 603

Kapitel 14 Mehr- und MinderabfÅhrungen A. EinfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Problem „Mehr- und MinderabfÅhrung“ und seine gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Regelungsziele von § 14 Abs. 3 und 4 KStG . . . . . . . . . . . II. Zweck, Funktionsweise und zeitliche Anwendung des § 14 Abs. 3 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zweck, Funktionsweise und zeitliche Anwendung des § 14 Abs. 4 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Identifizierung einer Mehr- oder MinderabfÅhrung . . . . I. Methode der Erkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erster PrÅfungsschritt: Verursacht der prÅfungsgegenstndliche Geschftsvorfall eine Mehr- oder MinderabfÅhrung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelbeispiel des § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG . . . . . . . . . 2. Ursachen fÅr eine Abweichung zwischen ErgebnisabfÅhrung und Steuerbilanzgewinn . . . . . . . . . . . . . . . III. Zweiter PrÅfungsschritt: Ist die identifizierte Mehr- oder MinderabfÅhrung vororganschaftlich oder innerorganschaftlich verursacht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Dritter PrÅfungsschritt: KÇnnen mehrere identifizierte Mehr- und MinderabfÅhrungsbetrge vor Umsetzung der Rechtsfolgen saldiert werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Rechtsfolgen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung . . . . . I. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXXIV

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

II. Mehr- oder MinderabfÅhrung mit Ursache in vororganschaftlicher Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vororganschaftliche MehrabfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . a) Organgesellschaft verfÅgt Åber ausschÅttbaren Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Organgesellschaft verfÅgt nicht Åber ausschÅttbaren Gewinn und es besteht ein positives Einlagekonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vororganschaftliche MinderabfÅhrung . . . . . . . . . . . . III. Mehr- oder MinderabfÅhrung mit Ursache in (inner-)organschaftlicher Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Innerorganschaftliche MehrabfÅhrung . . . . . . . . . . . . a) Bildung eines Ausgleichspostens in der Steuerbilanz des Organtrgers . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Minderung des steuerlichen Einlagekontos der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Innerorganschaftliche MinderabfÅhrung . . . . . . . . . . E. AuflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten . . . . . . . I. Einkommenswirksame AuflÇsung eines Ausgleichspostens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatbestand „Verußerung der Organbeteiligung“ . . 2. Tatbestand „Vergleichbarer Sachverhalt“ . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) AuflÇsung des Ausgleichspostens . . . . . . . . . . . . . . b) EinkommenserhÇhung oder -minderung . . . . . . . II. Keine Rechtsgrundlage fÅr eine einkommensneutrale AuflÇsung eines Ausgleichspostens . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Einzelne Aspekte bei der Bildung und FortfÅhrung organschaftlicher Ausgleichsposten . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsnatur organschaftlicher Ausgleichspostens . . . . . II. Aufstockung der Organbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auswirkungen organschaftlicher Ausgleichsposten auf die Anwendung anderer Tatbestnde . . . . . . . . . . . . . IV. Keine Korrektur des Buchwerts der Organbeteiligung um aktive und passive Ausgleichsposten . . . . . . . . . . . . . V. Teilwertabschreibung eines aktiven Ausgleichspostens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Besonderheiten bei Mehr- und MinderabfÅhrungen in einer mehrstÇckigen unmittelbaren Organschaft . . . . . I. Anwendung von § 14 Abs. 3 KStG und § 14 Abs. 4 KStG in einer Organschaftskette . . . . . . . . . . II. AuflÇsung eines Ausgleichspostens als Ursache fÅr eine vororganschaftliche MehrabfÅhrung? . . . . . . . . . . . .

14.23 14.23

603 603

14.23

603

14.28 14.29

604 605

14.30 14.30

606 606

14.30

606

14.37 14.38

610 610

14.39

610

14.39 14.39 14.46 14.52 14.52 14.54

610 610 612 613 613 616

14.56

617

14.57 14.57 14.59

618 618 619

14.60

619

14.61

620

14.62

620

14.63

621

14.63

621

14.64

622

XXXV

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

H. Besonderheiten bei Mehr- und MinderabfÅhrungen in einer mittelbaren Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendung von § 14 Abs. 3 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendung von § 14 Abs. 4 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14.65 14.65 14.67

623 623 624

I. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14.68

626

Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter A. I. II. III.

Problemstellung, Rechtsentwicklung und Bedeutung Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15.1 15.1 15.2 15.5

627 627 628 629

B. I. II. III. IV. V. VI.

Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . Ausgleichszahlung an außenstehende Aktionre . . . . . . Begriff des außenstehenden Gesellschafters . . . . . . . . . . Bemessung der Ausgleichszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schuldner der Ausgleichszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten bei Organgesellschaften in der Rechtsform der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15.9 15.9 15.13 15.17 15.23 15.24

630 630 630 632 635 635

15.25

636

C. Steuerrechtliche Behandlung der Ausgleichszahlung . . I. Steuerrechtliche Anforderungen an die Ausgleichszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fehlende oder ÅberflÅssige Ausgleichszahlungen . . a) AG, KGaA oder SE als Organgesellschaft . . . . . . . b) GmbH als Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bemessung der Ausgleichszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . a) HÇhe der Ausgleichszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Problemfall: Variabler Ausgleich, der sich am Gewinn der Untergesellschaft orientiert . . . . . . . c) Anpassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Versteuerung der Ausgleichszahlung durch die Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besteuerung der Ausgleichszahlung beim außenstehenden Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nießbrauch am Ausgleichsanspruch . . . . . . . . . . . . . . 2. Verlustabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Steuerfreie Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verwendungsreihenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15.28

636

15.28 15.28 15.29 15.29 15.32 15.35 15.35

636 636 637 637 638 639 639

15.38 15.43 15.44

640 641 641

15.44

641

15.47 15.48 15.49 15.49 15.50 15.51 15.52

643 644 644 644 644 644 645

XXXVI

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

5. 6. 7. 8.

Kapitalertragsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Solidarittszuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verdeckte GewinnausschÅttungen/verdeckte Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. VerunglÅckte Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15.56 15.59 15.60

647 648 648

15.61 15.63

648 649

Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger A. Bedeutung der Personengesellschaft in Konzernstrukturen und Organschaftsverhltnissen . . . . . . . . . . I. Motive fÅr die Organisation von Holdingstrukturen als Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Voraussetzungen, Rechtsfolgen und Vorteile der kÇrperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft . . . . B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. berblick Åber die rechtformspezifischen Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anforderungen an eine Personengesellschaft als Organtrger sowie Besonderheiten bei der Einkommenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begrenzung auf Mitunternehmerschaften . . . . . . . . 2. Eigene gewerbliche Ttigkeit der OrgantrgerPersonengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Finanzielle Eingliederung bei der Organtrger-Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Praxishinweise/GestaltungsmÇglichkeiten . . . . . . . a) Beginn der gewerblichen Ttigkeit bei Organtrger-Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zurechnung von Organeinkommen bei unterjhrigem Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Organtrger-Personengesellschaft . . . . . III. nderungen durch die sog. „Kleine Organschaftsreform“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spezifische Aspekte des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4–7 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zustzliche Anforderungen fÅr die Anerkennung einer Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuordnung der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4 und 5 KStG) . . . . . . . . . . . . . . c) Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG) . . .

16.1

651

16.1

651

16.7

652

16.16

655

16.16

655

16.17 16.17

656 656

16.18

656

16.26 16.31

660 662

16.31

662

16.37

664

16.42 16.42

665 665

16.48

667

16.48

667

16.53

669

16.55

670

XXXVII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

IV. V.

VI.

VII.

aa) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.55 bb) Abkommensrechtliche Beschrnkung des deutschen Besteuerungsrechts . . . . . . . . . . . . 16.56 cc) ZugehÇrigkeit der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.58 d) Gleichlauf von Einkommenszurechnung und Beteiligungszuordnung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 6 KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.63 Anrechenbare Steuern bei Organtrger-Personengesellschaft/Steuerumlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.64 Ertragsteuerliche Organschaft und Anrechnung gem. § 35 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.70 1. Grundlagen der Gewerbesteueranrechnung . . . . . . 16.70 2. Anrechnung gem. § 35 EStG bei mehrstÇckigen Mitunternehmerschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.74 3. Anrechnung gem. § 35 EStG im Falle einer der Organschaft nachgeordneten Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.76 a) Vergleichbarkeit mit mehrstÇckigen Mitunternehmerschaften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.76 b) Die Entscheidungen des BFH v. 22.9.2011 (IV R 3/10; IV R 42/09) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.77 c) Umsetzung der Urteile durch die Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.82 d) Analyse und Bedeutung der Urteile fÅr die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.85 Verfahrensrechtliche VerknÅpfung der an Organgesellschaft und Organtrger gerichteten Steuerbescheide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.97 Praxishinweise/GestaltungsmÇglichkeiten . . . . . . . . . . 16.103

C. Die Personengesellschaft als Organtrger einer umsatzsteuerlichen Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. berblick Åber die rechtsformspezifischen Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Finanzielle Eingliederung in Zusammenhang mit Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung

670 670

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676 676 676 678 679

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16.107

685

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16.112 16.115

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D. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16.118

689

Kapitel 17 Holding als Organtrger A. Begriff der Holding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Holding als Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXXVIII

17.1 17.1

690 690

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

II. Ausprgungen der Holdingfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Stammhaus-Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geschftsleitende Holding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Finanzholding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gemischte Holding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17.3 17.3 17.4 17.5 17.6

691 691 691 692 692

B. Holding als ertragsteuerlicher Organtrger . . . . . . . . . . . I. Sog. Kleine Organschaftsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. EinfÅgung der Stze 4 bis 7 in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4-7 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auswirkungen auf Holdingstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nationaler Betriebsstttenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Funktionaler Zusammenhang zwischen Betriebssttte und Organbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Merkmal der wirtschaftlichen Eingliederung reloaded? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Organtrger-Personengesellschaft mit auslndischen Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inlndische Betriebssttte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Funktionale Zuordnung der Organbeteiligung . . c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17.7 17.7

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17.7

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17.27 17.27 17.28 17.31

699 699 700 701

18.1 18.4 18.4 18.5 18.8 18.9 18.9 18.10 18.11 18.12 18.12 18.13

702 703 703 704 706 707 707 707 707 707 707 708

C. I. II. III.

Holding als umsatzsteuerlicher Organtrger . . . . . . . . . . Problematik des Vorsteuerabzugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sphrentheorie in der BetriebsprÅfungspraxis . . . . . . . . . Merkmal der unternehmerischen Ttigkeit . . . . . . . . . .

Kapitel 18 Rechtsfolgen verunglÅckter Organschaft A. B. I. II. III. IV.

Begriff der verunglÅckten Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . Folgen der verunglÅckten Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen der GewinnabfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen der VerlustÅbernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Folgen bei verußerter Organgesellschaft . . . . . . . . . . 2. Folgen in Konzernstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entfallende Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Mittelbare Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zinsschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mantelkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXXIX

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C. GrÅnde fÅr das „VerunglÅcken“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Fehlerhafter GewinnabfÅhrungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . 1. Zivilrechtliche Unwirksamkeit oder Missachtung steuerlicher Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Formulierungsfehler bei der GewinnabfÅhrungsund VerlustÅbernahmeklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verletzung von Formvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fehlerhafte Formulierung der Mindestlaufzeit . . . . . 5. Fehlerhafte Formulierung der Ausgleichszahlung an außenstehende Aktionre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Versptete Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Handlungsalternativen bei fehlerhaftem GewinnabfÅhrungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Fehler bei der DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine berlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bilanzierungsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fehlender Ausgleich des vororganschaftlichen Verlustes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. AbfÅhrungsverbot fÅr KapitalrÅcklagen und in vorvertraglicher Zeit gebildete GewinnrÅcklagen . . . . . 5. Verstoß gegen AusschÅttungssperren . . . . . . . . . . . . . 6. Fehlerhafter oder fehlender Ausgleichsanspruch . . . 7. Fehlerhafte RÅcklagenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Handlungsalternativen bei fehlerhafter DurchfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fehler bei der Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beendigung des Vertrages ohne wichtigen Grund vor Ablauf der fÅnfjhrigen Mindestdauer . . . . . . . . . 2. Handlungsalternativen bei der Beendigung . . . . . . . .

18.14 18.14

708 708

18.14

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18.15 18.16 18.21

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715 715 716 717

18.35

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18.38 18.41

718 719

19.1

721

19.1 19.2 19.2 19.3 19.4 19.12 19.17 19.17 19.21 19.25

721 721 721 722 722 725 727 727 729 731

Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke A. Grundlagen der Zinsschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. EinfÅhrung der Zinsschranke als Fremdfinanzierungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Funktions- und Wirkungsweise der Zinsschranke . . . . . 1. Abzugsbeschrnkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Betrieb im Sinne der Zinsschranke . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zinssaldo und verrechenbares EBITDA . . . . . . . . . . . 4. Zins- und EBITDA-Vortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ausnahme von der Zinsschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Freigrenze und Konzernklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Escape Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Besonderheiten fÅr Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . .

XL

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B. Sondervorschriften fÅr die Organschaft . . . . . . . . . . . . . . I. Modifikationen der Zinsschranke innerhalb des Organkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Betriebsfiktion und Bruttomethode . . . . . . . . . . . . . . . 2. Maßgebliches verrechenbares EBITDA des Betriebs „Organkreis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zins- und EBITDA-Vortrag in der Organschaft . . . . . II. Auswirkungen auf die Ausnahmen von der Zinsschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Freigrenze und Konzernklausel in der Organschaft 2. Escape Klausel in der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Organschaft und § 8a KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sonderfragen bei BegrÅndung der Organschaft . . . . . . . . 1. Konzernklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Escape Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sonderfragen bei Beendigung der Organschaft . . . . . . . . C. Gestaltungspotential der Organschaft mit Blick auf die Zinsschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19.30

734

19.30 19.30

734 734

19.32 19.35

736 737

19.38 19.38 19.42 19.45 19.54 19.54 19.59 19.61

739 739 740 742 746 746 748 750

19.63

751

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/ Unternehmenskauf A. B. I. II. III.

berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organschaft und Unternehmenskauf . . . . . . . . . . . . . . . . Verußerung der Anteile am Organtrger . . . . . . . . . . . . . Verußerung des Geschftsbetriebs des Organtrgers . . Verußerung der Anteile an der Organgesellschaft . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterjhrige Verußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorzeitige Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. DurchfÅhrung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags fÅr die letzte (Teil-) Periode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Auswirkungen der Kleinen Organschaftsreform . . . 6. Ermittlung des Verußerungsgewinns . . . . . . . . . . . . . 7. BegrÅndung einer steuerlichen (Anschluss-) Organschaft nach Anteilserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verußerung des Geschftsbetriebs der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Umwandlungs- bzw. zivilrechtliche Grundlagen . . . . . .

20.1 20.2 20.2 20.6 20.8 20.8 20.12

756 756 756 758 759 759 761

20.16

763

20.17 20.20 20.21

764 766 766

20.22

767

20.23

768

20.27 20.27

770 770

XLI

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II. BegrÅndung, bergang und Beendigung von Organschaftsverhltnissen durch Umwandlung bzw. Umstrukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zivilrechtliche Grundstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umwandlungssteuerrechtliche Grundlagen . . . . . . . 3. Verschmelzung eines Organtrgers . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verschmelzung einer Organgesellschaft . . . . . . . . . . . 5. Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Einbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Anwachsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Umwandlung als wichtiger Grund fÅr die fristlose bzw. vorzeitige Beendigung eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auswirkungen auf organschaftliche Ausgleichsposten 1. Begriff und Zweck von Ausgleichsposten . . . . . . . . . . 2. AuflÇsung von Ausgleichsposten . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Umwandlungsspezifische Fragen der GewinnabfÅhrung und Einkommenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vernderungen auf Ebene des Organtrgers . . . . . . . . 2. Umwandlung unter Beteiligung einer Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Behandlung von bertragungs- und Einbringungsergebnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Behandlung von bernahmeergebnissen . . . . . . . V. Umwandlungen und vororganschaftlich bedingte Mehr- und MinderabfÅhrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Sinn vororganschaftlicher Mehr- und MinderabfÅhrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vororganschaftliche MehrabfÅhrungen bei Umwandlung auf eine Organgesellschaft . . . . . . . . . . 3. Vororganschaftliche MehrabfÅhrung als schdliches Ereignis nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Auswirkungen auf Verlust-, Zins- und EBITDA-Vortrge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. BegrÅndung stiller Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20.32 20.32 20.36 20.39 20.45 20.49 20.56 20.59 20.62

772 772 774 778 780 782 785 786 788

20.63 20.65 20.65 20.67

789 790 790 791

20.72 20.72

794 794

20.74

795

20.74 20.78

795 799

20.86

803

20.86

803

20.87

804

20.92

808

20.93

809

20.96

810

21.1

813

21.1

813

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen (Kommunale sowie gemeinnÅtzige Unternehmen) A. ffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der „Betrieb gewerblicher Art“ als Organtrger im Kommunalbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XLII

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II. Besondere Anforderungen an die Organschaft . . . . . . . . . III. Organtrger-Eigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. ffentlich-rechtliche KÇrperschaft . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewerbliches Unternehmen als Voraussetzung einer Organtrger-Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Dauerdefizitre BgA und ihre Organtrger-Eignung 4. Beteiligungsertrge im dauerdefizitren BgA . . . . . . . 5. Vorliegen einer Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zusammenfassendes Ergebnis: Organtrgereigenschaft eines BgA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrages – § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Besondere Fragestellungen zur Ermittlung des Einkommens i.S.d. § 15 KStG im Fall Çffentlichrechtlicher Organtrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nicht-Vorliegen einer vGA gem. § 15 Satz 1 Nr. 4 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendung der Spartenrechnung i.S.d. § 8 Abs. 9 KStG auf Ebene des Organtrgers gem. § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. GemeinnÅtzige KÇrperschaften mit partieller Steuerpflicht als Teil der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . I. Besonderheiten der Organschaft im GemeinnÅtzigkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Partielle Steuerpflicht gemeinnÅtziger KÇrperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. GemeinnÅtzigkeitsrechtliche Grundstze . . . . . . . . . 3. Fragestellungen zur Organschaft im GemeinnÅtzigkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Steuerbefreite KÇrperschaft als Organtrger . . . . . . . . . . 1. Organtrger bei partieller Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . 2. Partiell steuerpflichtiger Organtrger als gewerbliches Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. VerlustÅbernahmeverpflichtung vs. Mittelverwendungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Steuerbefreite KÇrperschaften als Organgesellschaft . . . IV. Fazit/Zusammenfassung – GemeinnÅtzige KÇrperschaften mit partieller Steuerpflicht als Teil der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21.3 21.4 21.4

815 816 816

21.5 21.7 21.9 21.13

817 818 820 823

21.15

824

21.18

826

21.19

826

21.19

826

21.22

829

21.29

832

21.29

832

21.29 21.31

832 833

21.32 21.33 21.33

834 835 835

21.34

836

21.35 21.36

837 838

21.38

839

22.1 22.1 22.2

840 840 840

Kapitel 22 Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft A. Entwicklung der umsatzsteuerlichen Organschaft . . . . I. Abgrenzung zur ertragsteuerlichen Organschaft . . . . . . II. Die Rechtsprechung des RFH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XLIII

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III. Kodifikation durch das UStG 1934 und weitere Rechtsentwicklung bis zum UStG 1951 . . . . . . . . . . . . . . IV. UStG 1967 und Zweite Richtlinie 67/228/EWG . . . . . . V. Rechtsentwicklung seit 1980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. C. I. II.

Zweck der umsatzsteuerlichen Organschaft . . . . . . . . . . Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft Nationales Recht und Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . MÇgliche Beteiligte des Organkreises bei der Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Organgesellschaft kann nur eine juristische Person sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Organgesellschaft muss Unternehmerin sein . . . . . . 4. Rechtsform des Organtrgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Organtrger muss Unternehmer sein . . . . . . . . . . . . . III. Eingliederungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wortlautvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Finanzielle Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mehrheit der Stimmrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mittelbare Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinbarkeit mit Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirtschaftliche Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinbarkeit mit Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Organisatorische Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundstze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Organisatorische Eingliederung durch personelle Verflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Organisatorische Eingliederung ohne personelle Verflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beteiligungsketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vereinbarkeit mit Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beschrnkung der Organschaft auf das Inland . . . . . . . . . 1. Nationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarkeit mit Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Folge einer mÇglichen partiellen Unionsrechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erfordernis der ber- und Unterordnung . . . . . . . . . . 2. Personelle Voraussetzungen der Organschaft . . . . . . a) Unionsrechtskonforme / verfassungskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unmittelbare Berufung auf Unionsrecht . . . . . . . D. Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft . . . . I. Nationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XLIV

22.5 22.9 22.12

841 843 844

22.14 22.20 22.20

845 847 847

22.21 22.21

847 847

22.22 22.29 22.35 22.36 22.38 22.38 22.44 22.44 22.47 22.52 22.53 22.53 22.55 22.59 22.59

848 850 852 852 853 853 854 854 856 857 857 857 858 859 859

22.62

861

22.65 22.66 22.68 22.70 22.70 22.72

862 862 863 863 863 864

22.75 22.75 22.76

865 865 865

22.76 22.79

865 866

22.83 22.83

867 867

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

II. Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinbarkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22.85 22.89

868 870

E. I. II. III.

22.94 22.94 22.95 22.97

872 872 872 873

F. „VerunglÅckte“ und „unerkannte“ umsatzsteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.98 G. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.101

874 875

Beginn und Ende der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kein Wahlrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kapitel 23 Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft A. Bedeutung der Organschaft im Grunderwerbsteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Organschaft im GesamtgefÅge der grunderwerbsteuerlichen Tatbestnde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Voraussetzungen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesellschaft mit inlndischem Grundbesitz . . . . . . . . . . III. Herrschendes Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unternehmereigenschaft des herrschenden Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik an der umsatzsteuerrechtlichen Auslegung der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Folgen fÅr die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Abhngige Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abhngige natÅrliche Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abhngige juristische Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Juristische Personen des in- und auslndischen Rechts (Notwendigkeit des Rechtstypenvergleichs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Finanzielle Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Organisatorische Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . d) Wirtschaftliche Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zeitlicher Bezug zur BegrÅndung der Organschaft . . . . . D. Rechtsfolgen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Rechtsfolge (Steuererhebung) . . . . . . . . . . . . II. Exkurs: Bilanzsteuerrechtliche Behandlung der Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sonstige Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23.1

879

23.2

880

23.7 23.7 23.8 23.10

883 883 883 884

23.10

884

23.11 23.16 23.18 23.18 23.19

885 888 888 888 889

23.19 23.20 23.21 23.22 23.23

889 890 890 891 892

23.28 23.28

895 895

23.30 23.31

896 896

XLV

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

1. Verhltnis zu den anderen Tatbestandsalternativen des § 1 Abs. 3 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grunderwerbsteuerliche Selbststndigkeit der Organgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zuordnung des inlndischen Grundbesitzes im Fall der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Vernderungen des Organkreises (Anteilsverschiebung, Umwandlung) . . . . . . . . . . . . . . . . I. EinfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vernderung der Anteilsverhltnisse im Rahmen einer Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Umwandlungsvorgnge im Organkreis . . . . . . . . . . . . . . .

23.31

896

23.33

897

23.34

897

23.37 23.37

900 900

23.38 23.40

901 903

F. Vermeidungsstrategien in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Compliance-Aspekte der grunderwerbsteuerlichen Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Mitwirkungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sonstige Dokumentationsanforderungen . . . . . . . . . . . . .

23.44

906

23.48 23.48 23.51

909 909 910

H. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23.53

911

24.1

913

24.1 24.5 24.5 24.6 24.9

913 916 916 916 917

24.12 24.12

918 918

24.13

918

24.18 24.18 24.19 24.19 24.24

920 920 921 921 924

24.31 24.33 24.33 24.39

927 929 929 931

Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung A. Insolvenz und Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Steuerverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten oder Insolvenzforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Haftung nach § 73 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesamtschuldnerschaft und Innenausgleich . . . . . . . B. Umsatzsteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundstzliche Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bedeutung des insolvenzrechtlichen Einzelverfahrensgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auswirkungen der Insolvenz auf die Eingliederungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Finanzielle und wirtschaftliche Eingliederung . . . . . 2. Organisatorische Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Insolvenz (nur) der Organgesellschaft . . . . . . . . . . b) Insolvenz (nur) des Organtrgers . . . . . . . . . . . . . . . c) Insolvenz von Organtrger und Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Folgen der Beendigung der Organschaft . . . . . . . . . . . . . . 1. Berichtigung nach § 17 UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berichtigung nach § 15a UStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XLVI

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

V. Insolvenzanfechtung und Organschaft . . . . . . . . . . . . . . .

24.40

931

C. KÇrperschaftsteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundstzliche Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auswirkungen der Insolvenz auf die Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Finanzielle Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Insolvenz (nur) der Organgesellschaft . . . . . . . . . . b) Insolvenz (nur) des Organtrgers . . . . . . . . . . . . . . . c) Insolvenz von Organtrger und Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fortbestand des GewinnabfÅhrungsvertrags . . . . . . . 3. Tatschliche DurchfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgen des Fortbestands bzw. der Beendigung . . . . . . . . .

24.45 24.45

934 934

24.46 24.46 24.46 24.50

934 934 934 936

24.52 24.55 24.58 24.60 24.61

937 937 939 940 940

3. Teil Internationale Sonderfragen der Organschaft Kapitel 25 Grundlagen internationaler Organschaft A. Bedeutung von Organschaften im grenzÅberschreitenden Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Entwicklung in Rechtsprechung und Gesetzgebung . . . I. Entwicklung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsprechung des EuGH zur grenzÅberschreitenden Gruppen- bzw. Konzernbesteuerung . . . . . . . . . . 2. Rechtsprechung der nationalen Gerichte zur grenzÅberschreitenden Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vertragsverletzungsverfahren der Europischen Kommission wegen des doppelten Inlandsbezugs der Organgesellschaft nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG aF . . . . . . . . . III. Entwicklung in der Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (UntStFG) v. 20.12.2001 . . . . . . . . . . . . . 2. Die „Kleine Organschaftsreform“ v. 24.2.2013 . . . . . IV. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25.1 25.4 25.4

944 949 949

25.4

949

25.8

953

25.10 25.11

957 957

25.11 25.12 25.14

957 958 959

26.1 26.1 26.3

961 961 961

26.9 26.9

964 964

Kapitel 26 Gesellschaftsrechtliche Fragen A. I. II. III.

GrenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GewinnabfÅhrung durch inlndische Tochter an auslndische Mutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragsabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XLVII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

2. Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. VertragsdurchfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. GewinnabfÅhrung durch auslndische Tochter an inlndische Mutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragsabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. VertragsdurchfÅhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Doppelte Ansssigkeit von Organgesellschaft/ Organtrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesellschaftsrechtliche Folgen des Auseinanderfallens von GrÅndungsstaat und tatschlichem Verwaltungssitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zuzugsflle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wegzugsflle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26.11 26.16

964 966

26.18 26.18 26.24 26.26

966 966 969 969

26.27 26.27

970 970

26.29 26.29 26.34

971 971 973

Kapitel 27 Inlandsbezug bei Organtrger und Organgesellschaft in grenzÅberschreitenden Fllen A. Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bisherige Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Neuregelung im Zuge der Kleinen Organschaftsreform

27.1 27.1 27.4

977 977 978

B. Wegfall des Erfordernisses der unbeschrnkten Steuerpflicht bzw. der Eintragung einer Zweigniederlassung im Handelsregister fÅr auslndischen Organtrger . . . . I. UrsprÅngliche Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Neuregelung im Zuge der Kleinen Organschaftsreform

27.9 27.9 27.14

980 980 982

27.22 27.22

986 986

27.27 27.27 27.27

989 989 989

27.30

990

27.34 27.34

991 991

C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT und Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Satz 4-7 KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Neuregelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Satz 4-7 KStG . . II. Zuordnung der Beteiligung an der Organgesellschaft zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4 und 7 KStG) . . . . . . . . . . 1. Vorliegen einer Betriebssttte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorliegen einer Betriebssttte i.S.v. 12 AO . . . . . . b) Betriebssttte i.S.d. Art. 5 OECD-MA und Abweichungen zum nationalen Betriebsstttenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zuordnung der Organbeteiligung zur inlndischen Betriebssttte des Organtrgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines zur Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . XLVIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

b) Funktionale Zuordnung als maßgebliches Zuordnungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zuordnungsgrundstze nach der Betriebsstttengewinnaufteilungsverordnung . . . . . . . . . . aa) Anwendungsbereich des AOA . . . . . . . . . . . . bb) Die Zuordnung von Beteiligungen nach dem AOA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Auswirkungen der BsGaV auf die Beteiligungszuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Besonderheiten der Zuordnung einer Beteiligung zur inlndischen Organtrger-Personengesellschaft mit auslndischen Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. nderungen durch die Neuregelung fÅr Organtrger-Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . 2. Zuordnung nach innerstaatlichem Recht . . . . . . . . . . 3. Abkommensrechtliche Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Holding-Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. nderung der Zuordnung der Organbeteiligung whrend des Bestehens der Organschaft . . . . . . . . . . . IV. Abkommensrechtliche Behandlung des zugerechneten Organeinkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Betriebsstttenzuordnung bei mittelbarer Beteiligung D. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27.37

993

27.45 27.45

998 998

27.49

999

27.52 1000

27.55 1001 27.55 27.56 27.57 27.60

1001 1002 1002 1003

27.64 1006 27.65 1007 27.66 1008 27.68 1009

Kapitel 28 GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG A. Hintergrund der Neufassung der Verlustabzugssperre I. Inhalt und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Normhistorie, Gesetzgebungsverfahren und HintergrÅnde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28.1 1011 28.1 1011

B. Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG . . . I. Sachlicher und persÇnlicher Anwendungsbereich . . . . . II. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28.6 1015 28.6 1015 28.13 1018

C. Tatbestandsvoraussetzungen der Verlustabzugssperre I. Negative EinkÅnfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. BerÅcksichtigung bei der Besteuerung im Ausland . . . .

28.16 1020 28.16 1020 28.23 1025

D. Rechtsfolgen und Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsfolgen der Verlustabzugssperre . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inbound-Finanzierung Åber Personengesellschaftsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auslndische Betriebssttten von Organtrger und/oder Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28.29 1029 28.29 1029

28.3 1011

28.31 1030 28.35 1033 XLIX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite a a

IV. Inbound-Fall und US-amerikanische Check the Box Rules . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Doppelt ansssige Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Doppelt ansssiger Organtrger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Doppelt ansssige Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . E. Verfahrensrechtliche Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . F. Vereinbarkeit mit hÇherrangigem Recht und DBA-Grundstzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Checkliste: Problemkreise der Verlustabzugssperre in der Beratungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

L

28.38 28.39 28.39 28.40

1036 1041 1041 1042

28.41 1043 28.48 28.48 28.52 28.56

1048 1048 1050 1052

28.58 1054 28.59 1054

AbkÅrzungsverzeichnis aA aaO ABl. EG

AK AktG Alt. ausl. aM amtl. Anh. Anm. AO AOA AO-StB arg.e Art. AStG AT Aufl. auslnd. Az.

andere(r) Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt der Europischen Gemeinschaften (bis Januar 2003) Amtsblatt der Europischen Union (ab Februar 2003) Absatz Abschnitt abzufÅhrender Gewinn abzÅglich Aussetzung der Vollziehung am Ende Anwendungserlass zur Abgabenordnung Vertrag Åber die Arbeitsweise der Europischen Union alte Fassung Absetzung fÅr Abnutzung Aktiengesellschaft; auch „Die Aktiengesellschaft“ (Zeitschrift) Anschaffungskosten Aktiengesetz Alternative auslndisch anderer Meinung amtlich Anhang Anmerkung Abgabenordnung Authorised OECD Approach AO-Steuerberater (Zeitschrift) Argument/Schlussfolgerung aus Artikel Außensteuergesetz sterreich Auflage auslndisch Aktenzeichen

BayLfSt BB BBK Bd. BDI Begr. Beschl. betr.

Bayerisches Landesamt fÅr Steuern Betriebs-Berater (Zeitschrift) BuchfÅhrung, Bilanzierung, Kostenrechnung (Zeitschrift) Band Bundesverband der Deutschen Industrie BegrÅndung Beschluss betreffend

ABl. EU Abs. Abschn. abzfG abzgl. AdV aE AEAO AEUV aF AfA AG

LI

AbkÅrzungsverzeichnis

BewG BFH BFHE BFH/NV BFH-PR BFuP BgA BGB BGBl. BGH BMF Bp BR BR-Drucks. Bsp. bspw. BStBl. BT BT-Drucks. Buchst. BV BVerfG bzgl. BZSt bzw.

Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Entscheidungssammlung des BFH BFH/NV (Zeitschrift) Entscheidungen des BFH fÅr die Praxis der Steuerberatung (Zeitschrift) Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Betrieb gewerblicher Art BÅrgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Teil I oder II Bundesgerichtshof Bundesministerium der Finanzen BetriebsprÅfung Bundesrat Drucksachen des Bundesrates Beispiel beispielsweise Bundessteuerblatt Teil I, II oder III Bundestag Drucksachen des Bundestages Buchstabe BetriebsvermÇgen Bundesverfassungsgericht bezÅglich Bundeszentralamt fÅr Steuern beziehungsweise

CGI Corp

Code Gnral des Impts Corporation

DB DBA ders. dh. dies. D/J/P/W

DStR DStRE DStZ

Der Betrieb (Zeitschrift) Doppelbesteuerungsabkommen derselbe das heißt dieselbe(n) DÇtsch/Jost/Pung/Witt, Die KÇrperschaftsteuer, s. Gesamtliteraturverzeichnis Der Konzern (Zeitschrift) VerÇffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V. (Tagungsbnde) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Steuerrecht - Entscheidungsdienst (Zeitschrift) Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift)

E -E EAV

Euro (Gesetzes-) Entwurf ErgebnisabfÅhrungsvertrag

DK DStJG

LII

AbkÅrzungsverzeichnis

EFG eG EG EK endg. ErbStB ErbStG Erl. ESt EStB EStDV EStG EStR ET EU EuGH EuGHE EuZW EWR EWS EZ

Entscheidungssammlung der Finanzgerichte (Zeitschrift) eingetragene Genossenschaft Vertrag zur GrÅndung der Europischen Gemeinschaft in der Fassung des Vertrages von Amsterdam Eigenkapital endgÅltig Der Erbschaft-Steuer-Berater (Zeitschrift) Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz Erlass Einkommensteuer Einkommensteuerberater (Zeitschrift) Einkommensteuer-DurchfÅhrungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuerrichtlinien European Taxation (Zeitschrift) Europische Union Europischer Gerichtshof Entscheidungssammlung des EuGH Europische Zeitschrift fÅr Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Europischer Wirtschaftsraum Europisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift) Erhebungszeitraum

F f. ff. FG FGO FinMin FinVerw. FK Fn. FR FS

Frankreich folgende (eine Seite) fortfolgende (mehrere Seiten) Finanzgericht Finanzgerichtsordnung Finanzministerium Finanzverwaltung Fremdkapital Fußnote Finanz-Rundschau (Zeitschrift) Festschrift

G GA GAV GbR gem. GewSt GewStG GewStR GG ggf. GKKB

Gesetz Generalanwalt GewinnabfÅhrungsvertrag Gesellschaft des bÅrgerlichen Rechtes gemß Gewerbesteuer Gewerbesteuergesetz Gewerbesteuer-Richtlinien Grundgesetz gegebenenfalls Gemeinsame konsolidierte KÇrperschaftsteuerBemessungsgrundlage

LIII

AbkÅrzungsverzeichnis

glA GmbH GmbHG GmbHR GmbH-StB grds. GrEStG GrS GStB GWR Halbs. HB HFA HFR HGB HHR H/H/Sp hM IAS idF idR idS IDW IFA IFRS IFSt iHd. iHv. Inc. INF InsO Intertax InvStG InvZulG IPrax iRd. i.Gr. i.S.d. ISR IStR

LIV

gleiche Ansicht Gesellschaft mit beschrnkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschrnkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) GmbH-Steuerberater (Zeitschrift) grundstzlich Grunderwerbsteuergesetz Großer Senat Gestaltende Steuerberatung (Zeitschrift) Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Halbsatz Handelsbilanz Hauptfachausschuss HÇchstrichterliche Finanzrechtsprechung (Zeitschrift) Handelsgesetzbuch Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, s. Gesamtliteraturverzeichnis HÅbschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, s. Gesamtliteraturverzeichnis herrschende Meinung International Accounting Standard in der Fassung in der Regel in dem Sinne Institut der WirtschaftsprÅfer International Fiscal Association International Financial Reporting Standard Institut Finanzen und Steuern e.V. in HÇhe des/der in HÇhe von Incorporated Die Information fÅr Steuerberater und WirtschaftsprÅfer (Zeitschrift) Insolvenzordnung International Tax Review (Zeitschrift) Investmentsteuergesetz Investitionszulagengesetz Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) im Rahmen des/der in GrÅndung im Sinne des/der Internationale Steuer-Rundschau (Zeitschrift) Internationales Steuerrecht (Zeitschrift)

AbkÅrzungsverzeichnis

i.S.v. ITPJ iVm. IWB

im Sinne von International Transfer Pricing Journal (Zeitschrift) in Verbindung mit Internationale Wirtschafts-Briefe

JbFStR JStG jur. jurisPRSteuerR Kap. KapGes. KFR KG KGaA KiSt KSDI Komm. KSt KStG KStR KTS

Jahrbuch der Fachanwlte fÅr Steuerrecht Jahressteuergesetz juristisch juris Praxisreport Steuerrecht

lit. lt. Ltd. LLC LLP

Litera laut Private Company Limited by Shares, Limited Limited Liability Company Limited Liability Partnership

MA m. Anm. mE Mio. MoMiG

Musterabkommen mit Anmerkung(en) meines Erachtens Million(en) Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekmpfung von Missbruchen mit weiteren Nachweisen Mehrwertsteuerrecht (Zeitschrift) Mehrwertsteuersystemrichtlinie

mwN MwStR MwStSystRL nF NL Nr. NZG NZI nv.

Kapitel Kapitalgesellschaft Kommentierte Finanzrechtsprechung (Zeitschrift) Kommanditgesellschaft Kommanditgeselschaft auf Aktien Kirchensteuer KÇlner Steuerdialog (Zeitschrift) Kommentar KÇrperschaftsteuer KÇrperschaftsteuergesetz KÇrperschaftsteuer-Richtlinien KTS Zeitschrift fÅr Insolvenzrecht

neue Fassung Niederlande Nummer Neue Zeitschrift fÅr Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift fÅr das Recht der Insolvenz und Sanierung nicht verÇffentlicht

LV

AbkÅrzungsverzeichnis

oa. o og. OECD

OECD-MK OFD OG OHG OT OVG

oben angegeben oder hnliches oben genannt Organization for Economic Cooperation and Development OECD-Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und VermÇgen OECD-Musterkommentar Oberfinanzdirektion Organgesellschaft offene Handelsgesellschaft Organtrger Oberverwaltungsgerichtr

pa. PerGes phG PIStB PL

per annum Personengesellschaft persÇnlich haftender Gesellschafter Praxis Internationale Steuerberatung (Zeitschrift) Polen

RFH RIW rkr. RL Rs. Rspr. RStBl. Rz.

Reichsfinanzhof Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) rechtskrftig Richtlinie Rechtssache Rechtsprechung Reichssteuerblatt Randzahl

S. SBV Schr. SE SEStEG

Seite, auch siehe SonderbetriebsvermÇgen Schreiben Societas Europea oder Lnderbezeichnung fÅr Schweden Gesetz Åber steuerliche Begleitmaßnahmen zur EinfÅhrung der Europischen Gesellschaft und zur nderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782 Amtliche Sammlung der EuGH-Entscheidungen siehe oben so genannt Solidarittszuschlagsgesetz Der Steuerberater (Zeitschrift), auch Steuerbilanz Die Steuerberatung (Zeitschrift) Steuerbilanzgewinn Steuerberater-Jahrbuch Die steuerliche BetriebsprÅfung (Zeitschrift)

OECD-MA

Slg. s.o. sog. SolZG StB Stbg StBilG StbJb StBp

LVI

AbkÅrzungsverzeichnis

StE StEntlG SteuK Stpfl. StR kompakt

SWI

Steuer-Eildienst (Zeitschrift) Steuerentlastungsgesetz Steuerrecht kurzgefaßt (Zeitschrift) Steuerpflicht, auch Steuerpflichtige(r) Der Betrieb, Steuerrecht kompakt, elektronische Zeitschrift Steuern und Bilanzen (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) SteuervergÅnstigungsabbaugesetz v. 16.5.2003, BGBl. I 2003, 660 Steuer & Wirtschaft International (Zeitschrift)

TNI Tz.

Tax Notes International (Zeitschrift) Teilziffer

ua. u Ubg uE UK UmwG UmwStG UntStFG

unter anderem und hnliches Die Unternehmensbesteuerung (Zeitschrift) unseres Erachtens Vereinigtes KÇnigreich Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetz v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3858 Umsatzsteuer-Rundschau (Zeitschrift) Urteil Umsatzsteuer Umsatzsteuer-Anwendungserlass Umsatzsteuergesetz unter Umstnden

StuB StuW StVergAbG

UR Urt. USt UStAE UStG u.U. v. vE Vfg. VfgSlg VG vGA vgl. vH VO VZ

vom, von verdeckte Einlage VerfÅgung Amtliche Sammlung des Çsterreichischen Verfassungsgerichtshofs Verwaltungsgericht verdeckte GewinnausschÅttung vergleiche vom Hundert Verordnung Veranlagungszeitraum

WG Wj. WK WM

Wirtschaftsgut Wirtschaftsjahr Werbungskosten Zeitschrift fÅr Wirtschafts- und Bankrecht

LVII

AbkÅrzungsverzeichnis

WPg

Die WirtschaftsprÅfung (Zeitschrift)

zB ZerlG ZHR Ziff. ZInsO ZIP ZKF zT z.v.E. zzgl.

zum Beispiel Zerlegungsgesetz Zeitschrift fÅr das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift fÅr das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift fÅr Wirtschaftsrecht Zeitschrift fÅr Kommunalfinanzen zum Teil zu versteuerndes Einkommen zuzÅglich

LVIII

Gesamtliteraturverzeichnis Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, MÅnchen Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 36. Aufl., MÅnchen 2014 Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, Kommentar, 20. Aufl., MÅnchen 2013 Baumhoff/DÅcker/KÇhler, Besteuerung, Rechnungslegung und PrÅfung der Unternehmen, 2011 Beck’scher Bilanz-Kommentar, Handels- und Steuerbilanz, hrsg. von FÇrschle/Grottel/Schmidt/Schubert/Winkeljohann, 9. Aufl., MÅnchen 2014 Beck’sches Handbuch der GmbH, hrsg. von Prinz/Winkeljohann, 5. Aufl., MÅnchen 2014 Beck’sches Handbuch Umwandlungen international, MÅnchen 2013 Beermann/Gosch, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, Bonn (Losebl.) Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 17. Aufl., Heidelberg 2014 Blaurock, Handbuch stille Gesellschaft, 7. Aufl., KÇln 2010 BlÅmich, Einkommensteuergesetz, KÇrperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz und Nebengesetze, Kommentar (Losebl.) Bork/HÇlzle, Handbuch Insolvenzrecht, KÇln 2014 Boor, Die Gruppenbesteuerung im harmonisierten Mehrwertsteuerrecht, Heidelberg/Wiesbaden 2014 Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 17. Aufl., MÅnchen 2011 Boruttau/Klein, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl., Eberswalde 1942 Buchna/Seeger/Brox, GemeinnÅtzigkeit im Steuerrecht, 10. Aufl., Achim 2010 BÅhner, Management Holding, 2. Aufl., Landsberg/Lech 1992 BÅrgers/KÇrber, Aktiengesetz, Kommentar, 3. Aufl., Heidelberg 2014 Bunjes/Geist, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl., MÅnchen 2015 DÇtsch/Jost/Pung/Witt, Die KÇrperschaftsteuer, s. jetzt DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, Die KÇrperschaftsteuer, Kommentar zum KStG, UmwStG und zu den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften der Anteilseignerbesteuerung, Stuttgart (Losebl.) DÇtsch/Patt/Pung/MÇhlenbrock, Umwandlungssteuerrecht, 7. Aufl., Stuttgart 2012 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3. Aufl., MÅnchen 2015 Eckardt/Mayer/van Zwoll, Der GeschftsfÅhrer der GmbH, 2. Aufl., Stuttgart 2014 Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 7. Aufl., MÅnchen 2013 LIX

Gesamtliteraturverzeichnis

Erle/Sauter, KÇrperschaftsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl., Heidelberg 2010 Erman, BÅrgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 14. Aufl., KÇln 2014 Ernst & Young, EuGH-Rechtsprechung Ertragsteuerrecht, 2. Aufl., Bonn 2007 Ernst & Young, KÇrperschaftsteuergesetz, Kommentar, Bonn (Losebl.) Ernst & Young/BDI, Die Unternehmenssteuerreform 2008, Bonn 2007 Festschrift fÅr Kurt Ballerstedt, hrsg. von Flume/Raisch u.a., Berlin 1975 Festschrift fÅr Karl Beusch, hrsg. von Beisse/Lutter/Nrger, Berlin/New York, 1993 Festschrift fÅr Franz BÇhm zum 80. Geburtstag, hrsg. von Sauermann/ Mestmcker, TÅbingen 1975 Festschrift fÅr Christiana Djanani, hrsg. von Brhler/LÇsel, Wiesbaden 2008 Festschrift fÅr Georg DÇllerer, hrsg. von Klein u.a., DÅsseldorf 1988 Festschrift fÅr Werner Flume, in Gemeinschaft mit Ballerstedt und F.A. Mann hrsg. von Jakobs/Knobbe/Keuk/Picker/Wilhelm, Bd. II, KÇln 1978 Festschrift fÅr Gerrit Frotscher, hrsg. von LÅdicke/MÇssner/Hummel, Freiburg 2013 Festschrift fÅr Norber Herzig, hrsg. von Kessler/FÇrster/Watrin, MÅnchen 2010 Festschrift fÅr Ernst E. Hirsch, dargebracht von den Mitgliedern der Juristischen Fakultt, Berlin 1968 Festschrift fÅr Michael Hoffmann-Becking, hrsg. von Krieger/Lutter/Schmidt, MÅnchen 2013 Festschrift fÅr Heinrich Wilhelm Kruse, hrsg. von Drenseck/Seer, KÇln 2001 Festschrift fÅr Joachim Lang, hrsg. von Tipke/Seer/Hey/Englisch, KÇln 2010 Festschrift Friedrich Wilhelm Metzeler, hrsg. von van Betteray/Delhaes, KÇln 2003 Festschrift fÅr Martin Peltzer, hrsg. von Luther/Scholz/Sigle, KÇln 2001 Festschrift fÅr Arndt Raupach, hrsg. von P. Kirchhof/K. Schmidt/SchÇn, KÇln 2006 Festschrift fÅr Dieter Reuter, hrsg. von Martinek/Rawert/Weitemeyer, Berlin 2010 Festschrift fÅr Wolfgang Ritter, hrsg. von Kley/SÅnner/Willemsen, KÇln 1997 Festschrift fÅr Harald Schaumburg, hrsg. von Spindler/Tipke/RÇdder, KÇln 2009 Festschrift fÅr Karsten Schmidt, hrsg. von Bitter/Lutter/Priester/SchÇn/ Ulmer, KÇln 2009 Festschrift fÅr Wolfgang Spindler, hrsg. von Mellinghoff/SchÇn/Viskorf, KÇln 2011 Festschrift fÅr Michael Streck, hrsg. von Binnewies/Spatscheck, KÇln 2011

LX

Gesamtliteraturverzeichnis

Festschrift fÅr Jochen Thiel, hrsg. von Herzig, Stuttgart 2003, s. auch Herzig, Organschaft FGS/BDI, Umwandlungsteuererlass 2011, Bonn 2011 Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, hrsg. von Klaus Wimmer, 7. Aufl., Neuwied 2013 Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., MÅnchen 2009 v. Freeden, Minder- und MehrabfÅhrungen nach § 14 Abs. 4, § 27 Abs. 6 KStG, Pieterlen 2011 Frotscher/Geurts, Einkommensteuergesetz, Kommentar (Losebl.) Frotscher/Maas, KÇrperschaftsteuergesetz und Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, Freiburg (Losebl.) Gassner/Lang/Wiesner, Besteuerung von Unternehmensgruppen, Wien 1998 GmbH-Handbuch, Centrale fÅr GmbH, KÇln (Losebl.) Gnam/Federmann, Handbuch der Bilanzierung, Freiburg 2006 Gosch, KÇrperschaftsteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl., MÅnchen 2009 Gosch/Schwedhelm/Spiegelberger, GmbH-Beratung. Gesellschafts- und Steuerrecht, KÇln (Losebl.) Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl., MÅnchen 2015 Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europischen Union, Kommentar, MÅnchen (Losebl.) Greif/Schumann, KÇrperschaftsteuergesetz, Kommentar, Heidelberg (Losebl.) Großkommentar/AktG, hrsg. von Wiedemann, 8. Aufl., Berlin New York 2012 Grotherr, Handbuch der internationalen Steuerplanung, 3. Aufl., Herne 2011 Gedchtnisschrift fÅr Christoph Trzaskalik, hrsg. von Tipke/SÇhn, KÇln 2005 Happ, Konzern- und Umwandlungsrecht, KÇln (Losebl.) Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl., MÅnchen 2015 Hartmann, Timo, Die Vereinbarkeit der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft mit dem Europischen Unionsrecht, MÅnchen 2013 Heidel, Thomas, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Baden-Baden 2014 Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Kommentar, 2. Aufl., MÅnchen 2014 Herfort, Internationales Steuer- und Gesellschaftsrecht Aktuell 2010, Weil im SchÇnbuch 2010 Herzig, Organschaft, Festschrift fÅr Thiel, Stuttgart 2003 Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, KÇln 2002 Hidien/Pohl/Schnitter, Gewerbesteuer, 15. Aufl., Achim 2014 Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum Einkommensteuer- und KÇrperschaftsteuergesetz, KÇln (Losebl.)

LXI

Gesamtliteraturverzeichnis

Hofmann, Ruth/Hofmann, Gerda, Grunderwerbsteuergesetz, 10. Aufl., Herne 2014 HÅbschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung, Kommentar, KÇln (Losebl.) HÅffer, Aktiengesetz, 11. Aufl., MÅnchen 2014 HÅttemann, GemeinnÅtzigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl., KÇln 2015 Jakob, Abgabenordnung, 5. Aufl., MÅnchen 2010 Jurkat, Die Organschaft im Steuerrecht, Heidelberg 1975 Kahlert/RÅhland, Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl., KÇln 2011 Kallmeyer, Umwandlungsgesetz, 5. Aufl., KÇln 2013 Kanzler/Nacke, Steuergesetzgebung 2007/2008, Herne 2007 Kessler/FÇrster/Watrin, Unternehmensbesteuerung, Festschrift fÅr Norbert Herzig, MÅnchen 2010 Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht, 2. Aufl., MÅnchen 2008 Kirchhof, Paul, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl., KÇln 2015 Klein, Abgabenordnung, Kommentar, 12. Aufl., MÅnchen 2014 Korn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Bonn (Losebl.) Kreft, Insolvenzordnung, 7. Aufl., Heidelberg 2014 Kirchhof/SÇhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Heidelberg (Losebl.) KÅting/Weber, Der Konzernabschluss, 13. Aufl., Stuttgart 2012 Lademann, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Stuttgart (Losebl.) Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, KÇln (Losebl.) Lenz/Borchardt, EU-Vertrge, Kommentar, 6. Aufl., KÇln 2013 LÇwenstein/Looks/Heinsen, Betriebsstttenbesteuerung, 2. Aufl., MÅnchen 2011 LÅdicke/MÇssner/Hummel, Das Steuerrecht der Unternehmen, Freiburg 2013 Lutter/Bayer, Holding-Handbuch, 5. Aufl., KÇln 2015 Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, Kommentar, 18. Aufl., KÇln 2012 Michalski, GmbH-Gesetz, Kommentar, 2. Aufl., MÅnchen 2010 MÇssner/Seeger, KÇrperschaftsteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl., Herne 2015 MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, 4. Aufl., MÅnchen 2012, Band 6, 4. Aufl., MÅnchen 2013 MÅnchener Kommentar zum AktG, Band 5, 3. Aufl., MÅnchen 2010 MÅnchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., MÅnchen 2015 MÅnchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Bnde 2 und 3, 3. Aufl., MÅnchen 2014 MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft, 9. Aufl., Herne 2014 Neumann, Ralf, vGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl., KÇln 2005 Oestreicher, Konzernbesteuerung, Herne 2005 LXII

Gesamtliteraturverzeichnis

Oestreicher, Modernisierung des Unternehmenssteuerrechts, Herne 2013 Oppermann, Europarecht, 4. Aufl., MÅnchen 2009 Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 5. Aufl., MÅnchen 2014 Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, Kommentar, 3. Aufl., MÅnchen 2014 Palandt, BÅrgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen, 74. Aufl., MÅnchen 2015 Patzner/DÇser/Kempf, Investmentrecht, Kommentar, 2. Aufl., Baden Baden 2014 Preißer/Pung, Die Besteuerung der Personen- und Kapitalgesellschaften, 2. Aufl., Weil im SchÇnbuch 2012 Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, KÇln 2013 Prinz/Kanzler, NWB Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht, 2. Aufl., Herne 2014 Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht, 5. Aufl., MÅnchen 2010 RÇdder/Herlinghaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl., KÇln 2013 Roth, Jan, Insolvenzsteuerrecht, KÇln 2011 Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., MÅnchen 2012 Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbH-Gesetz, Kommentar, 5. Aufl., MÅnchen 2013 Schauhoff, Handbuch der GemeinnÅtzigkeit, 3. Aufl., MÅnchen 2010 Schaumburg/RÇdder, Unternehmensteuerreform 2008, KÇln 2007 Scheffler, Konzernmanagement, 2. Aufl., MÅnchen 2005 Schmidt, Karsten, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., KÇln 2015 Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 34. Aufl., MÅnchen 2015 K. Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, Kommentar, 3. Aufl., KÇln 2015 Schmitt/HÇrnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 6. Aufl., MÅnchen 2013 Schnitger/Fehrenbacher, Kommentar zum KÇrperschaftsteuergesetz, MÅnchen 2012 SchÇn/Osterloh-Konrad, Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, Berlin New York 2010 Scholz, GmbH-Gesetz, Kommentar, 11. Aufl., KÇln 2012/2015 Schreiber, Besteuerung der Unternehmen, 3. Aufl., Berlin New York/Wiesbaden 2012 Schumacher, Die Organschaft im Steuerrecht, 2. Aufl., Berlin 2014 Sedemund, Europisches Ertragsteuerrecht, Baden-Baden 2008 Spindler/Stilz, Aktiengesetz, Kommentar, 2. Aufl., MÅnchen 2010 Stangl/Winter, Formularbuch Recht und Steuern, 8. Aufl., MÅnchen 2014 Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, MÅnchen 2014 StEK, Felix, Carl, Steuererlasse in Karteiform, Losebl. und Otto Schmidt Online Steuerrecht.de Streck, KÇrperschaftsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., MÅnchen 2014

LXIII

Gesamtliteraturverzeichnis

Theisen, Der Konzern, 2. Aufl., Wien 2000 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, KÇln 1993 Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., KÇln 2015 Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, KÇln (Losebl.) Uhlenbruck, Insolvenzordnung, Kommentar, 13. Aufl., MÅnchen 2010 Ulmer/Habersack/Winter, GmbH-Gesetz, Kommentar, 2. Aufl., TÅbingen 2014 Vogelsang/Stahl, BetriebsprÅfungs-Handbuch, MÅnchen 2008 Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnÅtziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des Çffentlichen Rechts, 6. Aufl., MÅnchen 2009 Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, MÅnchen (Losebl.) Waza/Uhlnder/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 10. Aufl., Herne 2014 Wenzig, Die steuerliche Groß- und KonzernbetriebsprÅfung, KÇln 1985 Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Kommentar zum Umwandlungsgesetz und Umwandlungssteuergesetz, Bonn (Losebl.) Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. 1 – Grundlagen, MÅnchen 1980 Witt, Carl-Heinz, Die Konzernbesteuerung – Vorschlag zur Fortentwicklung des Rechts der steuerlichen Organschaft, KÇln 2006 Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, KÇln 2014

LXIV

1. Teil Grundlagen der Organschaft Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“ Literatur Buml, Personengesellschaften als Organtrger in der Gestaltungs- und Unternehmenspraxis, FR 2013, 1121; Beusch, Die Besteuerung der Konzerne als wirtschaftliche Einheit in Internationaler Sicht – Ein berblick, Festschrift Werner Flume, Band II, 1978, 21; Crezelius, Organschaft und Ausland, Festschrift Beusch, 1993, 153; DÇtsch/Pung, Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts: Die nderungen bei der Organschaft, DB 2013, 305; Endres, Gesetzgeberischer berarbeitungsbedarf bei der Organschaft: Eine Bestandsaufnahme, in FS Herzig, 2010, 189; Grotherr, Der Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags als (un-)verzichtbares Tatbestandsmerkmal der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft, FR 1995, 1; Grotherr, Kritische Bestandsaufnahme der steuersystematischen und betriebswirtschaftlichen Unzulnglichkeiten des gegenwrtigen Organschaftskonzepts, StuW 1995, 124; IFSt-Arbeitsgruppe (Hey, Haas, Herzig, Hirte, Kessler, KrÇner, Rennings, RÇdder), EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung – Ein Reformvorschlag, IFSt-Schrift Nr. 741 (Juni 2011); HÅttemann, Organschaft, in SchÇn/Osterloh-Konrad (Hrsg.), Kernfragen des Unternehmenssteuerrecht, 2010, 127-148; Kiontke/Schumacher, Praxisfragen der Kleinen Organschaftsreform im Inlandsfall, StbJb. 2013/2014, 89; KrebÅhl, Zur Reform und Reformnotwendigkeit der deutschen Konzernbesteuerung, DStR 2001, 1730; LÅdicke/van Lishaut/Herzig/KrebÅhl/Witt, Reform der Konzernbesteuerung I-V, FR 2009, 1025-1049; MÅller-Gatermann, berlegungen zur nderung der Organschaftsbesteuerung, in FS Ritter, 1997, 457; Oesterwinter, Aktuelle Entwicklungen im Rahmen der Reform der ertragsteuerlichen Organschaft – Punktuelle ProblemlÇsungen anstelle der EinfÅhrung einer Gruppenbesteuerung, DStZ 2012, 867; Oesterwinter, Problembereiche der ertragsteuerlichen Organschaft, DStZ 2011, 585; Prinz, Aktuelle Entwicklung und Beratungsfragen im steuerlichen Organschaftsrecht, FR 1993, 725; Prinz, Gedankensplitter zur konzeptionellen Fortentwicklung des steuerlichen Organschaftsrechts, Beihefter zu DStR 30/2010, 67; RÇdder, Die Kleine Organschaftsreform, Ubg 2012, 717, 808; RÇdder, Ausgewhlte aktuelle Organschaftsfragen, JbFSt 2014/2015, 110; Schneider/Sommer, Organschaftsreform „light“, GmbHR 2013, 22; Stangl/BrÅhl, Die „Kleine Organschaftsreform“, Der Konzern 2013, 77; v. Wolfersdorff, Die „Kleine Organschaftsreform“: Erleichterungen bei Abschluss und DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags, IFSt-Schrift Nr. 481 (September 2012); v. Wolfersdorff/RÇdder/ Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, Der Fraktionsentwurf zur „Kleinen Organschaftsreform“: Guter Wille, aber doch kein wirklicher Rechtsfrieden!, DB 2012, 2241; Wger, Umsatzsteuerrechtliche Organschaft im Wandel, DB 2014, 915, Walter, GewinnabfÅhrungsvertrag mit Schwestergesellschaft aus zivilrechtlicher Sicht, DB 2014, 2016.

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

A. Das Organschaftsphnomen: Unternehmensverbund als begrenzt wirkende „fiktive Besteuerungseinheit“ 1.1 Das Unternehmenssteuerrecht in Deutschland ist vom „Steuersubjektprinzip“ (= Individualbesteuerung) beherrscht. Im Ertragsteuerrecht mit seinem am Leistungsfhigkeitsprinzip ausgerichteten Einkommensmaßstab wird die Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) nach Transparenzgrundstzen und in „Anlehnung“ an das Einzelunternehmen bei ihren jeweiligen Mitunternehmern besteuert. Die einzelne KÇrperschaft (§ 1 Abs. 1 KStG) wird nach dem Trennungsprinzip unabhngig von ihren Anteilseignern erfasst. Dies geschieht losgelÇst davon, ob sie zu einem Unternehmens- oder Konzernverbund mit seinen vielschichtigen Verbundeffekten gehÇrt. Die „Tochter-GmbH 1“ zahlt bspw. auf ihre Gewinne Ertragsteuern, unabhngig davon, ob bei der ebenfalls zum Konzern gehÇrenden „Tochter-GmbH 2“ oder bei der gemeinsamen Muttergesellschaft Verluste erzielt werden. Nach dem Steuersubjektprinzip erfolgt keine automatische „phasengleiche Ergebnisverrechnung“. Die einzelne rechtsfÇrmliche Einheit ist prinzipieller AnknÅpfungspunkt der Ertragsbesteuerung, ungeachtet dessen, ob sie im Rahmen einer „fiktiven Konzerneinheit“ finanziert, organisiert, administriert und gefÅhrt wird.1 hnlich ist es fÅr die Umsatzsteuer als allgemeine, indirekt ausgestaltete Verbrauchsteuer. Der einzelne Unternehmer mit seiner Leistungsaustauschbeziehung auf der Eingangs- und Ausgangsseite ist Steuerschuldner, der nach der Vorstellung des Gesetzgebers die an die Einkommensverwendung anknÅpfende Steuerlast Åber den Preis fÅr Waren und Dienstleistungen an den Endverbraucher Åberwlzt.2 Die Grunderwerbsteuer als immobilienbezogene Rechtsverkehrsteuer knÅpft ebenfalls an Transaktionen der jeweiligen rechtlichen Einheit ungeachtet eines etwaigen Konzernverbundes an; nur fÅr grunderwerbsteuerrelevante Umstrukturierungen im Konzernverbund bestehen SteuervergÅnstigungen gem. § 6a GrEStG.

1.2 Zersplittertes steuerliches Organschaftsrecht: Die ZugehÇrigkeit rechtlich selbstndiger Unternehmen zu einem Unternehmens- oder Konzernverbund wird im Grundsatz im deutschen Unternehmenssteuerrecht „ausgeblendet“. Nur im steuerlichen Organschaftsrecht findet die VerbundzugehÇrigkeit der Legaleinheit – im Wesentlichen begrenzt auf inlndische AnknÅpfungspunkte – ihren Ausdruck. Als wesentliche Folge der steuerlichen Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit werden die im Inlandskonzern an unterschiedlichen Stellen entstehenden Ge-

1 Vgl. BFH v. 3.3.2010 – I R 68/09, DStR 2010, 858 mit Anm. -sch. Der BFH spricht von einem „strikten oder prinzipiellen Steuersubjektprinzip“ und schlussfolgert daraus die Grundentscheidung des Gesetzgebers gegen ein steuersubjektÅbersteigendes Konzern- oder Gruppenbesteuerungsrecht. Kritisch dazu Prinz, Beihefter zu DStR-Heft 30/2010, 68. 2 Zu dieser konzeptionellen Ausgestaltung der Umsatzsteuer vgl. Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht22, § 17 Rz. 10.

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A. Unternehmensverbund als begrenzt wirkende „fiktive Besteuerungseinheit“

winne und Verluste „gepoolt“ (Organschaft als Verlustnutzungsinstrument). Allerdings gibt es nicht die „eine“ steuerliche Organschaft. Es besteht vielmehr eine steuerartenspezifische Zersplitterung, die vor allem historisch begrÅndet ist und im Zeitablauf wechselnde Konturen und Wirkungen aufweist. Strukturell gemeinsames Leitbild der Organschaft ist ein hierarchisch aufgebauter Unternehmensverbund, wonach nur im ber-/Unterordnungsverhltnis stehende Gesellschaften organschaftsfhig sind.1 Die dadurch bestehenden Schwierigkeiten im praktischen Umgang mit der steuerlichen Organschaft liegen „auf der Hand“. Denn die heutige Konzernrealitt mit ihren teils virtuellen, managementorientierten Strukturen unabhngig von rechtsfÇrmlichen und territorialen Grenzen ist weit vielschichtiger. Ansonsten sind die rechtskonzeptionellen Grundlagen der Organschaft in den jeweiligen Steuerarten hÇchst unterschiedlich (bspw. Geltung der Filial-, Einheits- oder Zurechnungstheorie). Schaut man sich das steuerliche Organschaftsrecht als Bestandteil eines Konzernsteuerrechts nher an, so ist wie folgt zu unterscheiden: – VertragsbegrÅndeter Unternehmensverbund fÅr Ertragsteuerzwecke (§§ 14-19 KStG, § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG): Zur BegrÅndung einer ertragsteuerlichen Organschaft bedarf es eines Unternehmensverbunds mit einem qualifizierten GewinnabfÅhrungsvertrag, der auf mindestens fÅnf Jahre abgeschlossen sein muss. Durch das GAV-Erfordernis besteht eine enge Verbindung zum Gesellschaftsrecht, die zu wechselweisen EinflÅssen fÅhrt und „Verzerrungen“ in der einen oder anderen Richtung bewirkt. Das steuerliche Organschaftsrecht und das „Gesellschaftsrecht der Unternehmensvertrge“ (§§ 291 ff. AktG) weist zwar vielfltige Verbindungen auf, insgesamt harmonisiert ist dieser Konzernrechtsbereich aber nicht. Das steuerliche Organschaftsrecht entfaltet vielmehr jenseits des Zivilrechts selbst bei tatbestandssymmetrischen Voraussetzungen (etwa beim wichtigem Grund zur vorzeitigen KÅndigung/Aufhebung des EAV whrend der Mindestlaufzeit) ein „teleologisches Eigenleben“. Im brigen begrÅndet die ertragsteuerliche Organschaft keine wirkliche Konzernbesteuerung, da die Ergebnisse der in einen Organkreis einbezogenen Unternehmen – abgesehen von offenkundigen Doppelerfassungen (etwa im Hinblick auf GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme oder organkreisbezogene Zinswirkungen) – lediglich additiv zusammengerechnet werden. Es erfolgen weder Zwischenergebniseliminierungen bei einem innerkonzernlichen Leistungsaustausch noch finden Kapital- und Schuldenkonsolidierungen statt. Funktional betrachtet ist die ertragsteuerliche Organschaft deshalb im Wesentlichen Verlustnutzungs-, Finanzierungs- und Gewinntransferinstrument im Konzern.

1 Vgl. zu GrundlagenÅberlegungen aus steuerbetriebswirtschaftlicher Sicht Grotherr, StuW 1995, 124-150.

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1.3

Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

– Faktischer Konzern fÅr Umsatzsteuerzwecke (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG): FÅr Umsatzsteuerzwecke existiert auf Basis der unionsrechtlichen Grundlagen der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie eine faktische Organschaft (= Zwangsorganschaft), sofern die Organgesellschaften nach dem Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organtrgers eingegliedert sind (typusmßige Betrachtung). Die Ein- und Ausgangsumstze der OG werden dem OT als Steuererklrungspflichtigem sowie Steuerschuldner zugerechnet. Der umsatzsteuerliche Organkreis mit seiner Inlandsbeschrnkung fÅhrt zu einem Einheitsunternehmen. Die OG ist – ungeachtet ihrer juristischen Eigenstndigkeit – Bestandteil des OT. Zwischen OG und OT finden nur nichtsteuerbare Innenumstze statt. Ein Vertragskonzern muss fÅr Umsatzsteuerzwecke nicht bestehen. Maßgebend sind die faktischen Verhltnisse. Ein Antragsrecht des Organtrgers gibt es ebenfalls nicht. Die umsatzsteuerliche Organschaft hat im Wesentlichen Verfahrenserleichterungen zur Folge, kann aber bei nicht voll vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmen materielle Vorteile gegenÅber einem umsatzsteuerlichen Einzelunternehmer begrÅnden. – Sonderfall grunderwerbsteuerlicher Organschaft: Als steuerbegrÅndender Sondertatbestand im Grunderwerbsteuerrecht schließlich existiert eine grunderwerbsteuerliche Organschaft, die die Kriterien unmittelbarer und mittelbarer Anteilsvereinigungen in einem Konzernverbund in Anlehnung an den umsatzsteuerlichen Organschaftsbegriff erweitert (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG). Dadurch werden betriebswirtschaftlich notwendige Anpassungsmaßnahmen erschwert. Seit 1.1.2010 „federt“ die Konzernklausel des § 6a GrEStG einen Teil der steuernachteiligen Wirkungen ab.

1.4 Konzeptionelle Grundlagen der Organschaft: Die steuerlichen Grundlagen der Organschaft, die auf die drei genannten Rechtsbereiche begrenzt sind und bei anderen Steuerarten keine Rolle spielen, sollen im Folgenden in ihren konzeptionellen AusgangsÅberlegungen beschrieben und analysiert werden. Die fÅr die Praxis wichtigen Details sind den spteren Kapiteln vorbehalten. Das Organschaftsphnomen ist dabei nicht statisch, sondern weist in seiner Rechtsentwicklung erhebliche Vernderungen auf (s. unter Rz. 1.20 ff.); es wird zunehmend durch europische EinflÅsse bestimmt (s. unter Rz. 1.51 ff.). Auch die rechtlichen und wirtschaftlichen Wirkungen der Organschaft haben sich im Zeitablauf deutlich verndert (s. unter Rz. 1.58 ff.). FÅr die Besteuerungspraxis stellt die Organschaft ein wichtiges, vielfltig einsetzbares Gestaltungsinstrument dar (s. Rz. 1.67). Zwar besteht in Wissenschaft und Praxis Einvernehmen Åber die Notwendigkeit eines modernen Konzern- oder Gruppenbesteuerungsrechts in einer entwickelten Volkswirtschaft, die auch den real zu beobachtenden Verbundwirkungen Rechnung trgt. ber die Ausgestaltung eines sachgerechten Gruppenbesteuerungskonzepts wird jedoch nach wie vor „gerungen“ (s. Rz. 1.71 ff.). Das vom Gesetzgeber zu Beginn der 17. Legislaturperiode im Oktober 2009 in Aussicht genommene Ziel der EinfÅhrung ei4

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B. Steuerartenspezifische Rechtsgrundlagen der Organschaft

nes modernen Gruppenbesteuerungssystems fÅr Ertragsteuerzwecke ohne GAV-Erfordernis ist zwischenzeitlich wegen fehlender finanzieller Spielrume „ad acta“ gelegt worden. Das Handbuch konzentriert sich auf Grundsatz- und Detailfragen der ertragsteuerlichen Organschaft; sie wird in den Mittelpunkt gestellt. Umsatzsteuerliche und grunderwerbsteuerliche Organschaft werden mit ihren Praxisfragen ergnzend erÇrtert.

B. Steuerartenspezifische Rechtsgrundlagen der Organschaft I. Ertragsteuerliche Rechtsgrundlagen Die ertragsteuerliche Organschaft ist fÅr KÇrperschaftsteuerzwecke in §§ 14–19 KStG, fÅr Gewerbesteuerzwecke in § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG tatbestandsidentisch geregelt. Die ZusammenfÅhrung der kÇrperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Tatbestandsgrundlagen der Organschaft einschließlich der „Steuernotwendigkeit“ eines GAV ist mit Beginn des Jahres 2002 erfolgt. Dies stand seinerzeit im Zusammenhang mit der Aufgabe des kÇrperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens und seiner Ersetzung durch das „klassische“ Halb- bzw. TeileinkÅnfteverfahren. In der Zeit davor gab es fÅr gewerbesteuerliche Organschaftszwecke kein GAVErfordernis. Zuletzt hat der Gesetzgeber im Bereich der ertragsteuerlichen Organschaft mit der sog. „Kleinen Organschaftsreform“ v. 20.2.20131 wichtige Rechtsnderungen vorgenommen, die fÅr national und international ttige Konzern sowie mittelstndische Unternehmensgruppen von großer praktischer Tragweite sind. Dabei ist die Anbindung der ertragsteuerlichen Organschaft an den gesellschaftsrechtlichen GewinnabfÅhrungsvertrag und die handelsbilanziellen BezÅge bei der Ermittlung der GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme unverndert beibehalten worden.

1.5

Die Rechtsfolgen der ertragsteuerlichen Organschaft sind unterschiedlich: – FÅr KÇrperschaftsteuerzwecke ergibt sich die Zurechnung des positiven oder negativen Einkommens an den Organtrger als „fremdes Einkommen“.2 Hintergrund dafÅr ist die Durchbrechung des Steuersubjektprin-

1.6

1 Vgl. „Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts“ v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. Aus der Literaturflut vgl. exemplarisch N. Schneider, StbJb. 2012/2013, 93; Prinz, StuB 2013, 265; Adrian, StB 2013, 351; Kiontke/Schumacher, StbJb. 2013/2014, 89-102; zur fehlerbeseitigenden DurchfÅhrungsfiktion von § 14 Abs. 1 Nr. 3, S. 4, 5 KStG s. Krohn/Schell, Ubg 2015, 200-203; instruktiv dazu auch IDW Schreiben v. 23.01.2015, Fachnachrichten - IDW 3/2015, 132. Vgl. auch OFD Frankfurt v. 14.4.2014 – S 2770 A - 55 - St 51, DB 2014, 2194 sowie OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434. 2 So BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285, Rz. 18.

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

zips wegen des GewinnabfÅhrungsvertrags. Daraus folgt etwa eine direkte Verlustverrechnung zwischen Organgesellschaften und Organtrger oder die Vermeidung der 5 %-Belastung durch nichtabziehbare Betriebsausgaben beim kÇrperschaftsteuerpflichtigen Organtrger im Gewinnfall (§ 8b Abs. 5 KStG). Auch Personengesellschaften/Einzelunternehmen kommen als Organtrger in Betracht, wobei ihnen dann Åber den GAV das „Einkommen einer KÇrperschaft“ zugerechnet wird. Originres KÇrperschaftsteuersubstrat „wandert“ Åber den GAV ganz oder anteilig in die Einkommensbesteuerung (der Mitunternehmer/des Einzelunternehmers). Dadurch erfolgt im Grundsatz eine Durchbrechung des „Dualismus der Unternehmensbesteuerung“ mit einem Bedarf an etlichen rechtsformspezifischen Folgeregelungen (etwa die Bruttomethode gem. § 15 Nr. 2 KStG oder die Sonderregelung zu Ausgleichszahlungen gem. § 16 KStG). Personengesellschaften als Organtrger spielen deshalb in der deutschen Organschaftsbesteuerung eine Sonderrolle, die sich aus ihrer weiten Verbreitung und Tradition erklrt, in anderen Jurisdiktionen aber eher unbekannt ist. – FÅr Gewerbesteuerzwecke gilt die Organgesellschaft als Betriebssttte des Organtrgers, wodurch der „gebrochenen oder eingeschrnkten Einheitstheorie“ Rechnung getragen wird.1 Die gewerbesteuerliche „Betriebssttten-Einheitsbetrachtung“ reicht Åber das bloße Zurechnungskonzept im KSt Recht hinaus. Die Organgesellschaft selbst bleibt allerdings wegen ihrer eigenstndigen Rechtstrgerschaft als Bilanzierungssubjekt erhalten. Eine Ergebnis- oder Kapitalkonsolidierung findet weder fÅr KÇrperschaft- noch fÅr Gewerbesteuerzwecke statt. Die persÇnliche Gewerbesteuerpflicht der OG wird fÅr die Dauer der Organschaft dem Organtrger zugerechnet. Eigenstndiges KÇrperschaftsteuersubjekt bleibt die OG dagegen. KÇrperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft haben im Ergebnis also durchaus unterschiedliche Rechtsfolgen.

1.7 Wesentliche Tatbestandsvoraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft sind (§§ 14, 17 KStG): – Zunchst ist eine Organgesellschaft (= OG) in Gestalt einer AG, GmbH, SE, KGaA oder anderweitigen auslndischen Kapitalgesellschaft mit inlndischer Geschftsleitung und Sitz in einem EU/EWRMitgliedsstaat erforderlich. Drittstaaten-KapGes sind trotz inlndischer Geschftsleitung nicht „organschaftsfhig“; gleiches gilt fÅr Inlandsgesellschaften mit auslndischer Geschftsleitung. – Diese OG ist in einen Organtrger (= OT), der eine KÇrperschaft, eine natÅrliche Person oder eine gewerblich ttige (nicht geprgte) Personengesellschaft mit jeweils inlndischer Betriebssttte sein muss, eingegliedert.

1 So BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt.

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B. Steuerartenspezifische Rechtsgrundlagen der Organschaft

– Die Eingliederung erfolgt finanziell vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen nach Maßgabe der Mehrheit der Stimmrechte (unmittelbar, ggf. mittelbar). – Die OG muss zudem ihren ganzen Gewinn wegen eines auf mindestens 5 Jahre (= Zeitjahre, nicht Wirtschaftsjahre) abgeschlossenen und durchgefÅhrten GewinnabfÅhrungsvertrages an den OT abfÅhren. Ein Beherrschungsvertrag ist nicht erforderlich, tritt aber in der Praxis noch immer hufig in Kombination mit einem GAV auf (sog. kombinierter Organschaftsvertrag). Vor allem in mitbestimmungsrechtlicher Hinsicht kann der (zustzliche) Abschluss eines Beherrschungsvertrags bei einer abhngigen GmbH nachteilig sein.1 Eine vernÅnftiger kaufmnnischer Beurteilung folgende RÅcklagenbildung bei der OG ist allerdings mÇglich (§ 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG). Der Abschluss des GAV ist begrenzter veranlagungszeitraumbezogener RÅckwirkung zugnglich (§ 14 Abs. 1 S. 2 KStG).2 Daneben gibt es eine Reihe gesetzlicher und verwaltungsseitiger Sonderbestimmungen fÅr Organschaften. Große besteuerungspraktische Bedeutung vor allem in Konzernen haben vor-, nach- und innerorganschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen (§ 14 Abs. 3 und 4, § 27 Abs. 6 KStG). Die Gesetzesgrundlagen muten teils bruchstÅckhaft an. Deren Abgrenzung ist mitunter schwierig. Verfassungsrechtliche Vertrauensschutzfragen befinden sich derzeit in Klrung. Aktive und passive Ausgleichsposten existieren nur bei innerorganschaftlichen Mehr- oder MinderabfÅhrungen (§ 14 Abs. 4 KStG); sie lÇsen in der Konzernpraxis bei Umstrukturierungen und Verußerungen Steuerbe- oder -entlastungen aus. Wichtige Detailregelungen zur Ermittlung des Einkommens bei Organschaft enthlt § 15 KStG, die – abgesehen vom Abzugsverbot fÅr vororganschaftliche Verluste – vereinfacht unter dem Stichwort „Bruttomethode“ zusammenfasst werden kÇnnen.3 Dies betrifft bspw. Anwendungsbesonderheiten bei der Zinsschranke, den § 8b-Status von OG und OT, umwandlungssteuer1 Vgl. Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, 72. 2 Die Einkommenszurechnung an der OT erfolgt erstmals fÅr das Kalenderjahr, in dem der GAV zivilrechtlich wirksam wird (= Eintragung im Handelsregister der OG). 3 Bruttomethode bedeutet: Das Einkommen der OG wird „brutto“ ohne BerÅcksichtigung der in der Norm angesprochenen Sonderregelungen ermittelt; erst auf OT-Ebene kommen die Sonderregelungen zur Anwendung. Vgl. dazu Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 7. Zur Anwendung der Bruttomethode fÅr grenzÅberschreitende DividendenbezÅge s. Schnzle/Birker, Ubg 2014, 635. Wegen streitiger Details des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs bei AusschÅttungen an eine OG s. FG MÅnster v. 14.5.2014 – 10 K 1007/13 G, EFG 2014, 1511, besttigt durch BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, DStR 2015, 637: keine 5% – Hinzurechnung beim gewerbesteuerlichen Schachtelprivileg im Organkreis. Zur Diskussion s. Pyszka/Nienhaus, DStR 2014, 1585; Schlagheck, GmbHR 2014, 1138; Demel/Sundheimer, GmbHR 2014, 1118; Rengier, NWB 2014, 2695. Im Protokollerklrung-Zollkodex-Anpassungsgesetz – es befindet sich derzeit in der parlamentarischen Beratung – ist eine Nichtanwendung der steuergÅnstigen BFH-Entscheidung geplant.

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1.8

Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

liche Konstellationen und kommunale Dauerverlustbetriebe sowie spartenbezogene Verlustverrechnungen. Die fÅr die Praxis bedeutsamen Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter werden in § 16 KStG geregelt. Dies wird ergnzt durch ein Abzugsverbot fÅr Ausgleichszahlungen in § 4 Abs. 5 Nr. 9 EStG. Steueranrechnungen (etwa aus Lizenzertrgen), die dem Grunde nach der OG zustehen, sind nach den in § 19 KStG genannten Voraussetzungen zugunsten des Organtrgers anzuwenden. Letztlich soll durch §§ 15, 16 sowie 19 KStG im Hinblick auf OT-PersGes mit natÅrlichen Personen als Mitunternehmer sowie OT-Einzelunternehmen verhindert werden, dass die Rechtsfolgen der angesprochenen Normen (etwa die Steuerfreistellung gem. § 8b KStG) bei nicht privilegierten Personen zur Anwendung kommen.1 Schließlich bestehen eine Reihe von sehr umstrittenen Verwaltungsregelungen zur Anwendung der Verlustabzugsbeschrnkungsnorm des § 8c KStG bei Organschaft.

II. Umsatzsteuerliche Rechtsgrundlagen 1.9 Die fÅr Umsatzsteuerzwecke existente faktische Organschaft ohne Antragsrecht (= Zwangsorganschaft) wird mit ihren Rechtsgrundlagen und Anwendungsdetails derzeit intensiv diskutiert. Dies fÅhrt zu struktureller Rechtsunsicherheit, die gerade bei der besonders praxisbedeutsamen Umsatzsteuer sehr mißlich ist und große Probleme bereitet.2 Diametral zu diesem Praxisbefund hebt der V. Senat des BFH hervor: Dem Grundsatz der Rechtssicherheit kommt bei der Auslegung der umsatzsteuerlichen Organschaftsvoraussetzungen, die faktisch wirken, besondere Bedeutung zu.3 Die Besteuerungsrealitt vermittelt hufig einen anderen Eindruck. Gegebenenfalls wird der Gesetzgeber ttig werden mÅssen (etwa durch Gewhrung eines Wahlrechts und Normierung eines organschaftsbezogenen Feststellungsverfahrens). Es erstaunt, dass nach so vielen Jahren der unionrechtlichen Fundierung der umsatzsteuerlichen Organschaft noch immer etliche Grundsatzfragen ungeklrt sind. Es werden unterschiedliche Akzentuierungen in der EuGH Rechtsprechung „im Verlaufe der Zeit“ erkennbar.

1.10 Streitige Rechtsgrundlagen der umsatzsteuerlichen Organschaft: Gemß Art. 11 MwStSystRL steht es den Mitgliedsstaaten – vorbehaltlich den Konsultationen des Beratenden Ausschusses – frei, im Inland ansssige Personen, die zwar rechtlich unabhngig, aber durch gegenseitige finan-

1 Vgl. etwa Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 7. 2 Zu einem berblick vgl. Wger, DB 2014, 915; HÇink/Hudasch, DB 2014, 1286; Klink/WÅllrich, BB 2014, 1757; Hubert, StuB 2014, 721. Zu den unionsrechtlichen Grundlagen s. Boor, Die Gruppenbesteuerung im harmonisierten Mehrwertsteuerrecht, 2014, 111 ff. 3 Vgl. BFH v. 22.4.2010 – V R 9/09, BStBl. II 2011, 597.

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B. Steuerartenspezifische Rechtsgrundlagen der Organschaft

zielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln.1 Dem nationalen Gesetzgeber wird damit unionsrechtlich ein Wahlrecht mit Gestaltungsspielrumen gewhrt. Der deutsche Gesetzgeber hat dies – seit Jahr und Tag bei Orientierung an der Systematik des Umsatzsteuerrechts – in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG dahingehend umgesetzt, dass es sich bei der OG zum einen um eine „juristische Person“ handeln muss, die zum anderen nach dem Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse (typusmßige Betrachtung) finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des OT eingegliedert ist. Die Rechtswirkungen der Organschaft sind dabei im Grundsatz auf das Inland beschrnkt.2 Es gilt die Einheitstheorie. Bei einem auslndischen Organtrger wird der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als „der Unternehmer“ fingiert. Trotz Geltung der Einheitstheorie wird allerdings im Fall der umsatzsteuerlichen Organschaft gem. § 27a Abs. 1 S. 3 UStG fÅr jede juristische Person eine eigene USt-Identifikationsnummer erteilt. Dies erscheint sachgerecht im Hinblick auf das eigenstndige Auftreten von Organgesellschaften im Rechtsverkehr. Unabhngig davon kÇnnen OG und OT verfahrensrechtlich im Verhltnis zueinander die Eigenschaft als „Dritter“ haben (bspw. im Hinblick auf widerstreitende Steuerfestsetzungen gem. § 174 Abs. 4 und 5 AO).3 Es stellt sich die Frage, ob § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Vorgaben des Unionsrechts sachgerecht umgesetzt hat. Ggf. kommt bei anstehenden Rechtsmitteln wegen fehlerhafter Umsetzung in nationales Recht eine direkte Berufung auf die MwStSystemRL durch den Stpfl. in Betracht. Dabei werden zwei Aspekte diskutiert: – Zunchst ist zu prÅfen, ob der der im nationalen Recht zu findende Ausschluss von Personengesellschaften und auch Nichtunternehmern im Hinblick auf den im Umsatzsteuerrecht geltenden Grundsatz der Rechtsformneutralitt sowie die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen unionsrechtskonform ist. Zu der Frage der Einbeziehung einer Personengesellschaft in einen potentiellen Organschaftskreis hat der BFH durch Beschluss von 11.12.2013 ein Vorabentscheidungsersuchen

1 Die Formulierung in der MwStSystRL entspricht Art. 4 Abs. 4 Unter-Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, fÅr den die deutschen Organschaftsregelungen – historisch betrachtet – Vorbildfunktion hatten. 2 Zu den fehlenden grenzÅberschreitenden Wirkungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft s. die Skandia America Corp. filial Sverige Entscheidung des EuGH v. 17.9.2014 – Rs. C 7-13, UR 2014, 847 mit Anm. Maunz sowie Heinrichshofen, UR 2014, 890: Steuerbarkeit der von der Hauptniederlassung einer Drittstaatengesellschaft zu Gunsten des inlndischen Organkreises erbrachten Dienstleistungen. Zur Einordnung auch Sauer/Gissel, UR 2014, 918 (= Betriebssttte des Stammhauses). 3 So BFH v. 19.12.2013 – V R 5/12, DStR 2014, 1100.

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1.11

Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

an den EuGH formuliert.1 Zeitlich davor liegend hatte bereits das FG MÅnchen2 in einem Urteil v. 13.3.2013 die Einbeziehung einer kapitalistisch strukturierten Personengesellschaft fÅr unionsrechtsgeboten erachtet. Die Finanzverwaltung will insoweit die weitere Rechtsentwicklung zunchst abwarten.3 Den Ausschluss von Nichtunternehmern durch § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG hlt die Finanzverwaltung fÅr unionsrechtskonform und beruft sich insoweit auf die „Vorbehaltsklausel“ des Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL.4 Auch dieser Rechtsaspekt der umsatzsteuerlichen Organschaft ist umstritten. – Zum anderen geht die Finanzverwaltung gestÅtzt auf die stndige BFHRechtsprechung davon aus, dass ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhltnis ein hierarchisches ber-/Unterordnungsverhltnis voraussetzt. Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL nennt diesen Aspekt nicht ausdrÅcklich. Auch Gleichordnungskonzerne kÇnnten dann in einen Organkreis einbezogen werden. Der BFH hlt allerdings derzeit nach wie vor an seinem Vorstellungsbild zwischen einer OG als untergeordneter Person und dem Organtrger fest. Nach seinem Verstndnis fÅhrt die Organschaft bei richtlinienkonformer Auslegung „zu einer Verschmelzung zu einem einzigen Steuerpflichtigen“, was sich allerdings nicht auf anderweitige verfahrensrechtliche Regelungen erstreckt.5

1.12 Streitige umsatzsteuerliche Eingliederungsvoraussetzungen: Vor allem die organisatorische Eingliederung war in den letzten Jahren gerade in mehrstufigen Konzernstrukturen sehr umstritten. Die Frage, ob im konkreten Einzelfall tatschlich ein umsatzsteuerlicher Organkreis besteht, stand deshalb unter hoher Rechtsunsicherheit mit „mancher berraschung“ bei BetriebsprÅfungen. Klar ist weiterhin, dass ein unternehmensrechtlicher Beherrschungsvertrag (§ 291 Abs. 1 AktG) in aller Regel die organisatorische Eingliederung gewhrleistet. Dies gilt auch fÅr eine umfassende Personalunion in den GeschftsfÅhrungen von OT und OG. Seine Anforderungskriterien – allerdings bezogen auf einen Insolvenzfall

1 Vgl. BFH v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417 = UR 2014, 313 sowie BFH v. 11.12.2013 – XI R 38/12, BStBl. II 2014, 428 = UR 2014, 323. Die Verfahren werden als verbundene Rechtssachen C-108/14 und C-109/14 beim EuGH gefÅhrt. 2 FG MÅnchen v. 13.3.2013 – 3 K 235/10, DStR 2013, 1471 – Rev. V R 25/13. Vgl. auch Hubertus/Fetzer, DStR 2013, 1468. 3 Vgl. BMF v. 5.5.2014 – IV D 2 - S 7105/11/10001, IV D 2 - S 7105/13/10003 – DOK 2014/0394588, BStBl. I 2014, 820 = UR 2014, 497. 4 Danach kann ein Mitgliedstaat, der die Gruppenregelung umgesetzt hat, die erforderlichen Maßnahmen treffen, um Steuerhinterziehungen oder Umgehungen durch die Anwendung dieser Bestimmung vorzubeugen. 5 BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = DStR 2013, 1883; dazu auch BFH v. 19.12.2013 – V R 5/12, DStR 2014, 1100 Rz. 42 sowie BFH v. 19.12.2013 – V R 7/12, UR 2014, 579 = DStR 2014, 1104 und BFH v. 19.12.2013 – V R 6/12, UR 2014, 572 m. Anm. WÅst = DStR 2014, 1109.

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B. Steuerartenspezifische Rechtsgrundlagen der Organschaft

– hat der BFH zuletzt verschrft.1 Nach Meinung des BFH ist es fÅr die organisatorische Eingliederung nicht – wie frÅher Åblich – ausreichend, dass eine vom Willen des OT abweichende Willensbildung bei der Tochtergesellschaft nicht stattfindet, die Muttergesellschaft muss vielmehr in der Lage sein, ihren Willen in der Organgesellschaft durchzusetzen. Deshalb endet nach Meinung des BFH die organisatorische Eingliederung in Insolvenzfllen, wenn das Insolvenzgericht fÅr die OG einen vorlufigen Insolvenzverwalter bestellt und zugleich, gem. § 21 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO anordnet, dass VerfÅgungen nur noch mit Zustimmung des zustndigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Die Finanzverwaltung hat nun mit Schreiben vom 5.5.20142 zum einen eine VerÇffentlichung dieser verschrfenden BFH-Entscheidung zurÅckgestellt und will zunchst einmal die weitere Rechtsentwicklung abwarten. Zum anderen wurden einige Erleichterungen zur Herstellung der organisatorischen Eingliederung, vor allem in Beteiligungsketten vorgenommen, die in den USt-Anwendungserlass aufgenommen werden. Wichtig ist, dass die fÅr die organisatorische Eingliederung benÇtigte Personalunion nicht mehr nur Åber Vorstnde, geschftsfÅhrende und leitende Mitarbeiter hergestellt werden kann, sondern auch Åber „normale Mitarbeiter“ begrÅndet wird. Dennoch wird sich Rechtssicherheit bei diesen Eingliederungsfragen im Vorfeld nur Åber verbindliche AuskÅnfte herstellen lassen. Dies gilt naturgemß auch fÅr die finanzielle und wirtschaftliche Eingliederung. Zudem hat der BFH in seinem Urteil vom 30.4.20093 klargestellt, dass eine umsatzsteuerliche MehrmÅtterorganschaft, nach der ein Unternehmen gleichzeitig in verschiedene Organtrger eingegliedert ist, ausscheidet. Im brigen bleibt der Organtrger den Mitgliedern des Organkreises gegenÅber trotz nichtsteuerbarer Innenumstze und der Zurechnung der Außenleistungen zivilrechtlich wegen verbleibender rechtlicher Selbstndigkeit zum Ausgleich von USt-Lasten bzw. VorsteuerÅberhngen verpflichtet (gesellschaftsrechtlicher Nachteilsausgleich); Organtrger und nachrangig haftende Organgesellschaft (§ 73 AO) werden lt. BGH im Hinblick auf § 44 Abs. 1 AO als Gesamtschuldner behandelt.4

1 Vgl. BFH v. 19.3.2014 – V B 14/14, DStR 2014, 793. Dazu auch MÇhlenkamp/ MÇhlenkamp, DStR 2014, 1357. 2 BMF v. 5.5.2014 – IV D 2 - S 7105/11/10001, IV D 2 - S 7105/13/10003 – DOK 2014/0394588, BStBl. I 2014, 820 = UR 2014, 497. 3 BFH v. 30.4.2009 – V R 3/08, BStBl. II 2013, 873 = UR 2009, 639. 4 Vgl. BGH v. 29.1.2013 – II ZR 91/11, GmbHR 2013, 318 = DStR 2013, 478.

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1.13

Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

III. Sonderfall: Grunderwerbsteuerliche Organschaft 1.14 Die Grunderwerbsteuer erfasst als Rechtverkehrssteuer GrundstÅckstransaktionen in direkter und indirekter Form.1 Dabei sind gem. § 1 Abs. 3 GrEStG auch sog. Anteilsvereinigungen als mittelbare GrundstÅckserwerbe zur Vermeidung von Steuerumgehungen erfasst, wenn mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft „in einer Hand“ zusammengefÅhrt werden. Eine derartige Anteilsvereinigung liegt auch dann vor, wenn die Anteile nicht allein beim Erwerber, sondern „in der Hand von herrschenden und abhngigen Unternehmen“ oder nur „in der Hand von abhngigen Unternehmen“ vereinigt wÅrden (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG). § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG definiert in diesem Zusammenhang den Begriff des abhngigen Unternehmens durch ZugehÇrigkeit zu einer grunderwerbsteuerlichen Organschaft. Denn als abhngig gelten „juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind“.

Den grunderwerbsteuerlichen Organschaftsbegriff selbst verwendet der Gesetzgeber nicht. Deren Kriterien lehnen sich erkennbar an die umsatzsteuerliche Organschaft an, haben aber im Grunderwerbsteuerrecht eine allein steuerbegrÅndende Sonderfunktion, indem sie den Organkreis als „eine Hand“ fingieren. Das heißt im Ergebnis: Der Tatbestand der Anteilsvereinigung wird durch die Fiktion der grunderwerbsteuerlichen Organschaft erweitert.2

1.15 Die Finanzverwaltung hat ihr Verstndnis der grunderwerbsteuerlichen Organschaft in gleich lautenden Erlassen der obersten FinanzbehÇrden der Lnder vom 21.3.20073 dokumentiert. Vor allem bei Umstrukturierungen im Konzern und bei Unternehmenskufen mit grundbesitzfÅhrenden Gesellschaften „im Gefolge“ hat die grunderwerbsteuerliche Organschaft hohe Praxisrelevanz.4 Denn die Organkreisfiktion bedeutet: Auch wenn eine Anteilsvereinigung zu 95 % in einer Hand aufgrund direkt und indirekt gehaltener Anteile mangels ununterbrochener Beteiligungskette eigentlich nicht vorliegt, kommt es dennoch durch ErfÅllung der grunderwerbsteuerrelevanten Eingliederungsvoraussetzungen zu einer Anteilsvereinigung, wobei die Grundbesitzwerte die Bemessungsgrundlage bilden (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG).5 Steuerschuldner sind die an der Anteilsvereinigung „Beteiligten“ (§ 13 Nr. 5 Buchst. b GrEStG). Es besteht eine Gesamtschuldnerschaft gem. § 44 AO. Im brigen gehÇren Personengesellschaften tatbestandsmßig nicht zum grunderwerbsteuerlichen Or1 Zu den steuersystematischen Grundlagen der GrESt s. Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht22, § 18 Rz. 1-7. 2 Vgl. Pahlke/Franz4, § 1 GrEStG Rz. 354. 3 BStBl. I 2007, 422. 4 Vgl. Lieber in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, 459 f. 5 Zu einem Beispiel Lieber in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, 457 f.

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B. Steuerartenspezifische Rechtsgrundlagen der Organschaft

gankreis, der ausdrÅcklich nur „juristische Personen“ anspricht. Schließlich ist die Definition „herrschendes Unternehmen“ und „abhngige Gesellschaft“ in § 6a GrEStG eigenstndig. Zwei Grundaspekte sind fÅr das Verstndnis der grunderwerbsteuerlichen Organschaft wichtig: – Der grunderwerbsteuerliche Organkreis ist ungeachtet der Abhngigkeitsfiktion kein einheitlicher Rechtstrger. Es wird lediglich das Kriterium der Anteilsvereinigung „in einer Hand“ fÅr in bestimmter Weise miteinander verflochtene Unternehmen mit Grunderwerbsteuer begrÅndender Wirkung fingiert. Die Unternehmen des Organkreises bleiben jedes fÅr sich grunderwerbsteuerlich selbstndiger Rechtstrger. Das bedeutet: Auch die Vernderung von Anteilsverhltnissen bei bestehendem Organkreis kann GrESt auslÇsen. Werden die bestehenden Anteilsverhltnisse allerdings beibehalten, so hat die bloße BegrÅndung eines Organschaftsverhltnisses – etwa durch Organisationsmaßnahmen – keinen grunderwerbsteuerlichen Tatbestand zur Folge. – Auch wenn sich Rechtsprechung, Finanzverwaltung und Schrifttum bei der Auslegung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG an den Kriterien der umsatzsteuerlichen Organschaft orientieren, erfolgt keine rechtstrgerbezogene Inlandsbeschrnkung. Ob herrschendes oder abhngiges Unternehmen im In- oder Ausland ansssig sind, ist fÅr die grunderwerbsteuerrelevante Anteilsvereinigung unerheblich. Es wird vielmehr allein abgestellt auf die Inlandsbelegenheit eines GrundstÅcks. Auch auf auslndische Konzernsachverhalte kann die grunderwerbsteuerliche Organschaft daher Anwendung finden.

1.16

1.17

IV. Strukturelle Gemeinsamkeiten im Organschaftsrecht Trotz aller Unterschiede bei ihrer steuergesetzlichen Ausgestaltung in Grundsatz und Details folgt die Organschaft dem betriebswirtschaftlichorganisatorisch mittlerweile Åberkommenen Leitbild einer funktional hierarchischen Konzernstruktur. Die Unternehmen haben sich darauf – etwa mittels Bildung von Lnderholdings, mehrstufigen Organschaftsketten, Åberspringenden GewinnabfÅhrungsvertrgen usw. – eingestellt. Zumindest organisatorische Verwerfungen bleiben allerdings. Die Weiterentwicklung der Organschaft zu einem sachgerechten Gruppenbesteuerungskonzept, welches den FiskalbedÅrfnissen und wirtschaftlichen Erfordernissen genÅgt, steht auf der „ToDo-Liste“ des Gesetzgebers.

1.18

Dessen ungeachtet weist das steuerliche Organschaftsrecht einige strukturelle Gemeinsamkeiten auf, die fÅr eine Vielzahl von Einzelfragen praktische Bedeutung haben:1

1.19

1 Vgl. dazu Prinz, Beihefter zu DStR 30/2010, 67 (69).

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

– Organschaft ist kein Steuerprivileg, sondern soll lediglich der wirtschaftlichen Einheit eines Unternehmensverbunds (in Grenzen) Rechnung tragen.1 FÅr ertragsteuerliche Zwecke ist Maßstab der Leistungsfhigkeit – jedenfalls wirtschaftlich betrachtet – das Gesamtergebnis des Unternehmensverbunds. Das einzelne Konzernunternehmen verfÅgt dagegen wegen seiner Einbindung in die betriebswirtschaftlichen Konzernablufe nur Åber eine Art „kÅnstliche Leistungsfhigkeit“, die Åber Verrechnungspreise, verdeckte GewinnausschÅttungen, verdeckte Einlagen und anderweitige arm’s length-Tests nÇtigenfalls korrigiert werden muss. Die einzelnen Staaten, die an den Ergebnissen des Konzernverbunds angemessen beteiligt sein wollen, gehen dabei unterschiedlich vor. Die EU-gemeinschaftsrechtliche Diskussion, ob die ErmÇglichung einer grenzÅberschreitenden Verlustverrechnung eine beihilferelevante SteuervergÅnstigung darstellt, verkennt mE das wirtschaftliche Grundphnomen des Konzerns. Denn die Leistungsfhigkeit bemisst sich letztlich nach dem Konzernergebnis, nicht nach dem Ergebnis jedes einzelnen „Steuerpflichtigen“ in seiner lokalen Besteuerungssituation. Eine Organschafts- oder Gruppenbesteuerung nach Maßgabe einer „Verbundleistungsfhigkeit“ muss allerdings stets fakultativ sein, da der einzelne Rechtstrger seine faktische Steuerpflicht verliert. Dies geht nicht ohne seine Zustimmung. – Rechtsformspezifische Beschrnkung der Organschaft auf beherrschte, kÇrperschaftlich strukturierte Unternehmen, wobei selbst innerhalb der „Gattung“ Kapitalgesellschaft Unterschiede bestehen (AG, SE, GmbH wegen § 17 KStG). Personengesellschaften – und auch Einzelunternehmen – kÇnnen rechtsformbedingt niemals den ertragsteuerlichen Status einer Organschaft haben. Organtrgerfhig sind sie dagegen sehr wohl, wobei § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG eine Reihe von Besonderheiten verlangt (etwa AusÅbung gewerblicher Ttigkeit, gewerbliche Prgung reicht nicht aus; Beteiligungen im GesamthandsvermÇgen, nicht im SonderbetriebsvermÇgen; Vorliegen einer inlndischen Betriebssttte). Rechtsformwechsel bei einem beherrschten Unternehmen kÇnnen daher zum Einstieg in oder Ausstieg aus der Organschaft genutzt werden. FÅr Zwecke der umsatzsteuerlichen Organschaft wird gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nur auf „juristische Personen“ abgestellt, die in qualifizierter Form in einen Organtrger eingegliedert sind. Bemerkenswert ist: In der europischen Ermchtigungsgrundlage der umsatzsteuerlichen Organschaft (Art. 11 MwStSystRL) ist eine solche Rechtsformbegrenzung nicht zu finden. Danach kÇnnen „Personen“ zu einem Steuerpflichtigen zusammengefasst werden. Dies „beflÅgelt“ die Diskussion in Deutschland, ob auch Personengesellschaften umsatzsteuerliche Organgesellschaften sein kÇnnen. Es stellt sich die Frage der Unionsrechtskonformitt des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG (Rz. 1.11). – Inlandsbegrenzung der Organschaft, so dass im Grundsatz nur bestimmte in einem Unternehmensverbund ausgeÅbte Inlandsaktivitten 1 Vgl. dazu auch Desens in HHR, Einf. KSt Anm. 12, 110.

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C. Rechtsentwicklung der Organschaft

organschaftsrelevant sind. Vor allem die „Kleine Organschaftsreform“ im Ertragsteuerrecht aus dem Februar 2013 hat allerdings insoweit diverse ffnungen gebracht: Bei EU/EWR-Tochtergesellschaften reicht eine inlndische Geschftsleitung aus. Der Organtrger, auch wenn er ein Steuerauslnder ist, muss zugleich Åber eine inlndische Betriebssttte als Zurechnungssubjekt der Organbeteiligungen und -einkÅnfte verfÅgen. Im Verlustfall enthlt § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG eine hochproblematische Missbrauchsverhinderungsregelung. Auch bei der umsatzsteuerlichen Organschaft sind deren Wirkungen auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschrnkt (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 UStG). – Haftungsverbund der Organschaft, der sich zum einen „naturgemß“ aus der vertraglichen ErgebnisÅbernahmeverpflichtung des herrschenden Unternehmens bei der ertragsteuerlichen Organschaft ergibt, darÅber hinaus aber auch in der Sondernorm des § 73 AO grÅndet. Auch wenn die Steuerschuld via Organschaft auf den Organtrger Åbergeht, bleibt die Organgesellschaft fÅr solche Steuern des Organtrgers Haftender, fÅr welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Entsprechendes gilt fÅr etwaige SteuererstattungsansprÅche. Bei einer Insolvenz des Organtrgers oder einem Ausscheiden der Organgesellschaft aus dem Organkreis, bspw. im Fall von Akquisitionsmaßnahmen, kÇnnen die durch § 73 AO begrÅndeten Haftungsrisiken bei der OG große Bedeutung erlangen. Der aus § 73 AO resultierende Haftungsumfang der OG betrifft gleichermaßen die ertragsteuerliche und die umsatzsteuerliche Organschaft.1 Die Praxis versucht, die Haftung der OG bei Akquisitionsmaßnahmen gestalterisch zu begrenzen (etwa DurchfÅhrung eines Asset Deals statt eines Share Deals, allerdings unter Inkaufnahme von § 75 AO). Der vertraglich oder gesetzlich entstehende Haftungsverbund ist in der Praxis mitunter entscheidend fÅr den „Verzicht“ auf eine steuerliche Organschaft.

C. Rechtsentwicklung der Organschaft I. Bedeutungswandel der Organschaft im „Laufe der Zeit“ Die ertragsteuerliche Organschaft mit ihren Sondervorschriften fÅr verbundene Unternehmen war stets integraler Bestandteil der Unternehmensbesteuerung in Deutschland. Ihre praktische Bedeutung hat sich im Laufe der Jahre als eine Art Spiegelbild der UmbrÅche im Unternehmenssteuerrecht selbst verndert. Klassische Funktion der Organschaft war und ist die periodengleiche Verlustnutzung in einem Unternehmensverbund, andere Funktionen sind im Laufe der Zeit hinzugekommen (etwa 1 Zu Details vgl. etwa Schimmele/Weber, BB 2013, 2263; Braunagel/Paschke, Ubg 2011, 233; LÅdicke in Festschrift Herzig, 2010, 259.

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

im Hinblick auf nicht abziehbare Betriebsausgaben gem. § 8b Abs. 5 KStG oder die Zinsschranke, § 15 Nr. 3 KStG). Besonders die MehrmÅtterorganschaft und das zeitlich befristete Organschaftsverbot fÅr Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sind stark verfassungsproblematische Teile der „deutschen Steuergeschichte“, an denen diverse RechtssprÅnge in unternehmenssteuerlichen Strukturen festgemacht werden kÇnnen. Gleichermaßen haben Systemwechsel im Umsatzsteuerrecht einen Bedeutungswandel der umsatzsteuerlichen Organschaft ausgelÇst. Ein Blick in die Rechtsentwicklung der Organschaft liefert daher wichtige Grundeinsichten zum steuerlichen Organschaftsrecht.

II. Meilensteine der ertragsteuerlichen Rechtsentwicklung 1.21 Das geltende Organschaftsrecht geht in seinen Wurzeln auf die Rechtsprechung des Preußischen OVG zurÅck, die anschließend von RFH und BFH fortgefÅhrt und weiterentwickelt wurde.1 Im Ausgangspunkt sollten durch das Rechtsinstitut der Organschaft bei den damaligen Konzernen mÇgliche Gestaltungen zur Umgehung der preußischen Steuer durch lnderspezifische Gewinnallokationen unterbunden werden (Ziel: Schutz des Steuerglubigers). Steuersystematischer Ausgangspunkt der Organschaft war in der Rechtsprechung zunchst die sog. Angestelltentheorie, wonach die abhngige Gesellschaft trotz ihrer rechtlichen Selbstndigkeit als eine Art „Angestellter des Mutterunternehmens“ qualifiziert wurde. In der Rechtsprechung des RFH wurde dieser Ausgangspunkt der Organschaft zunchst fÅr KÇrperschaftsteuerzwecke zur sog. Zurechnungstheorie weiterentwickelt. Danach fÅhren die Organgesellschaften zwar ihr Unternehmen auf eigene Rechnung. Wegen ihrer wirtschaftlichen Abhngigkeit – dokumentiert in ihrer Eingliederung in das Mutterunternehmen sowie den Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrages, der als „Kind des Steuerrechts“ erstmals im AktG 1965 kodifiziert wurde2 – wird das erzielte Ergebnis dann allerdings der Muttergesellschaft zugerechnet. Trotz der engen Verzahnung zwischen kÇrperschaftsteuerlicher und gewerbesteuerlicher Organschaft qualifiziert das Gewerbesteuerrecht die wirtschaftliche Abhngigkeit der Organgesellschaft allerdings mittels Betriebsstttenfiktion und folgt deshalb teleologisch betrachtet eingeschrnkt mehr einheitstheoretischen berlegungen. Die Notwendigkeit zum Abschluss eines GAV fÅr gewerbesteuerliche Organschaftszwecke wurde erst im Jahre 2002 eingefÅhrt. Eine Vollkonsolidierung mit erfolgswirksamer Zwischenergebniseliminierung gibt es bis heute in beiden Bereichen der ertragsteuerlichen Organschaft nicht.

1 Die Entwicklung der Rechtsprechung zur Organschaft vor ihrer kÇrperschaftsteuerlichen Kodifikation wird nachgezeichnet bei Herzig, Organschaft, 2003, 4 f. sowie MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, 43–45. S. auch Beusch in Festschrift Flume, 1978, 21 (23). 2 Vgl. Priester in Herzig, Organschaft, 2003, 39.

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C. Rechtsentwicklung der Organschaft

KÇrperschaftsteuerliche Organschaft: Wegen vielfltiger Zweifelsfragen in der Rechtsprechung1 und ihrer steigenden besteuerungspraktischen Bedeutung wurde die Organschaft fÅr KÇrperschaftsteuerzwecke im Jahre 1969 erstmals kodifiziert (§ 7a KStG 1969). Im Zuge der Steuerreform 1977 mit der damaligen EinfÅhrung des kÇrperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens wurden die Organschaftsregelungen in §§ 14-19 KStG Åbernommen. Dort liegen bis heute ihre gesetzlichen Grundlagen, die zunehmend auch unionsrechtlichen und internationalen EinflÅssen Rechnung tragen mÅssen (Rz. 1.48, Rz. 1.51).

1.22

Markante Punkte der Rechtsentwicklung der vergangenen Jahre sind:2 – Im Steuersenkungsgesetz v. 23.10.20003 wurden die Merkmale der organisatorischen und wirtschaftlichen Eingliederung fÅr KÇrperschaftsteuerzwecke aufgegeben. Die MÇglichkeit einer mittelbaren finanziellen Eingliederung wurde vereinfacht. Dadurch entstanden – unabhngig vom GAV – weitere Friktionen zur gewerbesteuerlichen Organschaft; die Eingliederungskriterien traditioneller Art galten dort zunchst weiter. Im brigen wurde – was von grundlegender steuersystematischer Bedeutung ist – das kÇrperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren im Jahreswechsel 2000/2001 durch das HalbeinkÅnfteverfahren ersetzt.4 Dieser kÇrperschaftsteuerliche Systemwechsel hin zu einem klassischen Typus hat – ohne tatbestandsmßig zum Ausdruck zu kommen – einen Bedeutungswechsel der Organschaft ausgelÇst. Vor allem die Wirkung der Organschaft als Verlustnutzungsinstrument hat dadurch erheblich an Bedeutung gewonnen. – Im „Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (UntStFG) v. 20.12.2001“5 wurden mit Wirkung ab 2002 die Voraussetzungen fÅr die gewerbesteuerliche Organschaft vollstndig an die kÇrperschaftsteuerlichen Voraussetzungen angeglichen. DarÅber hinaus ist zur internationalen ffnung der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft der doppelte Inlandsbezug beim Organtrger aufgegeben worden. Trotz auslndischem Sitz in EU/EWR reicht eine inlndische Geschftsleitung fÅr die Organtrgerfhigkeit aus. Unter MissbrauchsverhinderungsÅberlegungen wurde diese AuslandsÇffnung flankiert durch § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG wegen doppelter VerlustberÅcksichtigung. – Wegen Abschaffung der MehrmÅtterorganschaft wurden mit dem SteuervergÅnstigungsabbaugesetz v. 16.5.20036 die Tatbestandsvorausset-

1.23

1 Vgl. dazu vor allem BFH v. 4.3.1965 – I 249/61 F, BStBl. III 1965, 329 sowie BFH v. 17.11.1966 – I 280/63, BStBl. III 1967, 118. 2 Zu den Sonderfragen der MehrmÅtterorganschaft s. Rz. 1.25, zu branchenspezifischen Besonderheiten bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen s. Rz. 1.28. Ergnzend auch Bericht der Facharbeitsgruppen „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“ v. 15.9.2011, 103-105. 3 BGBl. I 2000, 1433. 4 Zu den GrÅnden s. Desens in HHR, Dok. KSt Anm. 61. 5 BGBl. I 2001, 3858. 6 BGBl. I 2003, 660.

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

zungen fÅr eine Personengesellschaft als Organtrger verschrft (eigenstndige gewerbliche Ttigkeit, Organgesellschaften im SonderBV reicht nicht aus). – EinfÅhrung von Sonderregelungen fÅr vororganschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen (§ 14 Abs. 3 KStG) durch das EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz v. 9.12.2004.1 Anschließend wurden im JStG 2008 v. 20.12.2007 Regelungen Åber organschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen kodifiziert (§ 14 Abs. 4 KStG, § 27 Abs. 6 KStG). – Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.20072 wurde der KÇrperschaftsteuersatz wegen des internationalen Steuerwettbewerbs von 25 % auf 15 % herabgesetzt. Zur Gegenfinanzierung dienten vor allem die EinfÅhrung der Zinsschranke, die Verlustabzugsbegrenzungen bspw. des § 8c KStG sowie die Verschrfung des Halb- in ein TeileinkÅnfteverfahren. Vor allem die Finanzierungsrelevanz der Organschaft ist dadurch bedeutsamer geworden. Denn der Organkreis gilt fÅr Zinsschrankenzwecke als ein Betrieb (§ 15 Nr. 3 KStG). Die Verlustnutzungsbedeutung der Organschaft hat – bspw. im Hinblick auf § 8c KStG – ebenfalls zugenommen. – Die „Kleine Organschaftsreform“ v. 20.2.20133 hat zu einer Reihe wichtiger Rechtsnderungen gefÅhrt. Die formellen HÅrden des GewinnabfÅhrungsvertrags und seiner DurchfÅhrung wurden erleichtert. DarÅber hinaus wurden die unionsrechtlichen Vorgaben der Kommission durch Verzicht auf den doppelten Inlandsbezug bei der Organgesellschaft umgesetzt. Schließlich findet eine Missbrauchsabwehr bei grenzÅberschreiten Organschaften statt (neues Betriebsstttenkriterium fÅr Organtrger gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG, Abschaffung des § 18 KStG, Ausweitung der double dip-Regelung des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG). DarÅber hinaus wurde fÅr Feststellungszeitrume ab 2014 ein neues organschaftliches Verfahrensrecht eingefÅhrt (§ 14 Abs. 5 KStG). Schließlich sind kleinere, im Wesentlichen nur redaktionelle Bereinigungen der Organschaftsregelungen (§§ 17, 19 KStG) im „Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatien zur EU und zur nderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ v. 25.7.20144 erfolgt.

1.24 Gewerbesteuerliche Organschaft wurde erstmals gesetzlich kodifiziert im Jahre 1936. Es bestand stets eine enge Verbindung zur kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft, ohne dass durchgngig Tatbestandsidentitt bestand. Der fÅr das KÇrperschaftsteuerrecht hochbedeutsame GAV wurde erst ab dem Erhebungszeitraum 2002 auch fÅr gewerbesteuerliche Organschaftszwecke erforderlich. Die im Gewerbesteuerrecht eigenstndige Rechtsfolge der Betriebsstttenfiktion dokumentiert ein von der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft partiell abweichendes Rechtskonzept. Man 1 2 3 4

BGBl. I 2004, 3310. BGBl. I 2007, 1912. BGBl. I 2013, 285. BGBl. I 2014, 1266. Zur Neufassung des § 19 Abs. 1-4 KStG s. Heinz/Scheuch, IStR 2014, 915.

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C. Rechtsentwicklung der Organschaft

spricht insoweit von einer eingeschrnkten (gebrochenen) Einheitstheorie bzw. modifizierten Zurechnungstheorie, da auch fÅr gewerbesteuerliche Organschaftszwecke das Organeinkommen zunchst separat ermittelt wird mit anschließender Zurechnungsfiktion zum Organtrger (allerdings als eigener, nicht als fremder Gewerbeertrag).

III. Sonderfragen der MehrmÅtterorganschaft Eine sog. MehrmÅtterorganschaft liegt vor, wenn sich mehrere gewerbliche Unternehmen zu einer PersGes zum Zweck einheitlicher Willensbildung zusammenschließen, um gemeinsam ein Organschaftsverhltnis zu einer Tochterkapitalgesellschaft zu begrÅnden. Dies war in der Vergangenheit eine verbreitete Gestaltungsstruktur, um bei Joint Venture-Unternehmen mit gleichberechtigten Partnern – also bei einer Abhngigkeit zu mehreren Mutterunternehmen – Anlaufverluste auf die Gesellschafterebene zu transferieren, allerdings ohne gewerbesteuerliche Wirkung (Willensbildungs-GbR als Organtrger). Seit 2003 sind MehrmÅtterorganschaften im deutschen Unternehmenssteuerrecht in Konterkarierung der großzÅgigeren BFH-Rechtsprechung nicht mehr zulssig. In etlichen anderen Lndern dagegen sind MehrmÅtterorganschaften im Interesse konzernÅbergreifender Kooperationen mÇglich (etwa in Großbritannien, Irland, Italien und sterreich).1

1.25

Rechtsentwicklung der MehrmÅtterorganschaft: Die Rechtsfigur der MehrmÅtterorganschaft hat eine wechselvolle Geschichte.2 Sie wurde gewohnheitsrechtlich bei Zwischenschaltung einer Willensbildungs-GbR von Rechtsprechung und Finanzverwaltung jahrzehntelang anerkannt, der Steuerstatus der Innengesellschaft war allerdings hochstreitig.3 Der BFH erkannte dabei in nderung seiner lteren Rechtsprechung die organschaftliche Einbindung der OG unmittelbar zu ihren Gesellschaftern an mit der Folge einer auch gewerbesteuerlichen Zurechnung der Gewerbeverluste zu den Mutterunternehmen. Die Finanzverwaltung reagierte darauf mit einem Nichtanwendungserlass.4 Durch das UntStFG v. 20.12.2001 wurde die MehrmÅtterorganschaft gegen die Rechtsprechung mit Wirkung ab 2001 gesetzlich verankert mit der Willensbildungs-GbR als Organtrger (§ 14 Abs. 2 KStG aF, § 2 Abs. 2 S. 3 GewStG aF). Ab dem Jahre 2003 schließlich wurde sie durch das StVergAbG vom 16.5.2003 abgeschafft.5 Im

1.26

1 Vgl. Endres in Festschrift Herzig, 2010, 189 (203 f.). 2 Als berblick vgl. Jonas in Herzig, Organschaft, 2003, 306-320; Kirchhof in Herzig, Organschaft, 2003, 485–506; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 18–21; Schumacher, Die Organschaft im Steuerrecht2, 43–45. 3 Vgl. BFH v. 9.6.1999 – I R 43/97, BStBl. II 2000, 695 = FR 2000, 155 m. Anm. Pezzer sowie BFH v. 9.6.1999 – I R 37/98, BFH/NV 2000, 347. 4 BMF v. 4.12.2000 – IV A 2 - S 2770 - 3/00, BStBl. I 2000, 1571 = FR 2001, 43. 5 UrsprÅnglich wollte der Gesetzgeber die MehrmÅtterorganschaft fÅr den VZ 2003 im SteuervergÅnstigungsabbaugesetz nicht vÇllig abschaffen, sondern „nur“ durch EinfÅgung einer 25 % Mindestbeteiligungsgrenze verschrfen.

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

Zuge dieser RechtssprÅnge rund um die MehrmÅtterorganschaft, die im Wesentlichen fiskalisch begrÅndet sind, mussten eine Reihe verfassungsrechtlicher Vertrauensschutzfragen durch die Gerichte gelÇst werden. Trotz erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken im Schrifttum wurden die festzustellenden RechtssprÅnge von BFH und BVerfG „abgesegnet“.1 FÅr die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft ist seit 2003 tatbestandserforderlich, dass der ganze Gewinn bzw. Verlust der Organtochter „an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzufÅhren“ ist (§ 14 Abs. 1 S. 1, Halbs. 1 KStG). Die „Ein-Mutter-Organschaft“ ist seitdem zwingend.

1.27 Steuergesetzliche Ausstrahlungswirkungen der Abschaffung der MehrmÅtterorganschaft sind bis heute zu konstatieren. Zu nennen sind zum einen die „verschrften“ Gewerblichkeits- und VermÇgenserfordernisse einer Organtrger-PersGes (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 S. 2, 3 KStG), zum anderen die Verlustabzugsbeschrnkungen bei stillen Gesellschaften zwischen KÇrperschaften (§ 15 Abs. 4 S. 6-8 EStG, § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG).

IV. Branchenspezifische Besonderheiten insb. bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen 1.28 In der Zeit von 2002–2008 (vereinfacht) bestand ein ausdrÅckliches kÇrperschaftsteuerliches Organschaftsverbot fÅr Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen (zuletzt: § 14 Abs. 2 KStG), welches sich wegen der Tatbestandsidentitt auch auf die gewerbesteuerliche Organschaft erstreckte.2 Hintergrund dieser branchenspezifischen Verbotsregelung war: Durch die Umstellung vom kÇrperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahren auf das Halb-/TeileinkÅnfteverfahren mit Beteiligungsertragsbefreiung gem. § 8b KStG einerseits und die an das handelsbilanzielle Ergebnis anknÅpfende RÅckstellung fÅr BeitragsrÅckerstattung (§ 21 KStG) andererseits, entstanden bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen „strukturbedingte Verluste“, die durch eine organschaftliche Anbindung an einen Sachversicherer genutzt werden konnten.3 Die dafÅr erforDann hat sich der Gesetzgeber aber doch fÅr die rÅckwirkende Abschaffung entschieden. 1 Vgl. BFH v. 15.2.2012 – I B 7/11 BStBl. II 2012, 751 = FR 2012, 521. Zur verfassungskonformen Auslegung der bergangsregelung des § 34 Abs. 1 KStG 2002 i.d.F. des StVergAbG, siehe auch BVerfG v. 10.7.2009 – 1 BvR 1416/06, BFH/NV 2009, 1768. Kritisch zur Verfassungsrechtslage insb. Kirchhof/Raupach, DB Beilage 3 zu Heft 22/2001. 2 Das Organschaftsverbot wurde eingefÅhrt durch das SteuerverkÅrzungsbekmpfungsgesetz – StVBG – v. 19.12.2001 (BGBl. I 2001, 3922) mit Wirkung ab VZ 2002. Es wurde wieder aufgehoben durch das JStG 2009 v. 19.12.2008 (BGBl. I 2008, 2794) mit Wirkung ab VZ 2009. FÅr den VZ 2008 bestand gem. § 34 Abs. 9 S. 1 Nr. 6 KStG ein besonders ausgestaltetes Antragswahlrecht. 3 Vgl. zu diesem Hintergrund Hey in HHR, § 14 KStG, Anm. 290/291; Prinz, FR 2002, 66 (69); MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, 54 f.

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C. Rechtsentwicklung der Organschaft

derlichen GAVs wurden trotz des versicherungsrechtlichen Gebots der Spartentrennung in Sonderfllen vom seinerzeit zustndigen Bundesaufsichtsamt fÅr das Versicherungswesen genehmigt.1 Wegen des potentiell gleichheitssatzwidrigen Sonderrechts fÅr Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen bestanden von Anfang an erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Organschaftsverbot.2 Auf Initiative des Bundesrats wurde das Organschaftsverbot mit Wirkung ab VZ 2009 – also trotz der bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken nicht rÅckwirkend – wieder abgeschafft, stattdessen wurde eine punktuelle Einschrnkung der Abziehbarkeit von BeitragsrÅckerstattungen fÅr Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen gesetzlich kodifiziert (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 KStG); „strukturelle Verluste“ kÇnnen seitdem nicht mehr entstehen. DarÅber hinaus wurde fÅr den VZ 2008 im Wege einer bergangsregelung ein antragsgebundenes Wahlrecht (gemeinsame AusÅbung durch OG und OT erforderlich) zur steuerlichen Anerkennung von Organschaften mit Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen geschaffen, sofern die Einschrnkung des § 21 KStG gleichermaßen akzeptiert wird. Im Ergebnis stellt das steuergesetzliche Organschaftsverbot fÅr Lebensund Krankenversicherungsunternehmen eine zeitlich befristete „Episode“ in der Rechtsentwicklung der Organschaft dar. Weitere branchenspezifische Besonderheiten fÅr Organschaften (etwa bezogen auf Immobilienunternehmen o) sind nicht festzustellen. Lediglich fÅr Organgesellschaften im kommunalen Bereich mit Dauerverlusten gelten in Erweiterung der sog. Bruttomethode fÅr Einkommensermittlung und -zurechnung Sonderregelungen gem. § 15 Nr. 4 und 5 KStG, die durch das JStG 2009 v. 19.12.20083 mit Wirkung ab (vereinfacht) 2009 eingefÅhrt wurden. Danach sind die Regelungen fÅr strukturelle Dauerverluste bei kommunalen Organgesellschaften (Suspendierung der Rechtsfolgen einer vGA) sowie entsprechende Verlustverrechnungsverbote im kommunalen Querverbund nur auf Organtrger-Ebene anzuwenden. Dadurch soll die Anwendung der Sondervorschriften fÅr kommunale Dauerverlustbetriebe im Rahmen von Organschaftsstrukturen sichergestellt werden.

1 Allerdings war zwischenzeitlich mit Wirkung ab VZ 2004 (bei abweichendem Wirtschaftsjahr ab VZ 2005) § 8b Abs. 8 KStG durch das Protokollerklrungsgesetz v. 22.12.2003 (BGBl. I 2003, 2840) eingefÅhrt worden, der die Beteiligungsertragsbefreiungen und Verlustabzugsverbote von § 8b Abs. 1-7 KStG fÅr Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen auf in Kapitalanlagen gehaltene Anteile suspendiert. FÅr die VZ 2001-2003 gab es eine spezielle auf Antrag rÅckwirkende bergangsregelung (§ 34 Abs. 7 S. 8 KStG). Der unwiderrufliche Antrag war bis sptestens zum 30.6.2004 zu stellen. 2 Vgl. zu Details Hey in Herzig, Organschaft, 2003, 507–524; Hey, FR 2001, 1279. 3 BGBl. I 2008, 2794.

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

V. Umsatzsteuerliche Rechtsentwicklung 1.30 Die umsatzsteuerliche Organschaft wurde in der Rechtsprechung des RFH zum UStG 1919 „erfunden“, um Verwaltungs- und Organisationserleichterungen zwischen im ber-/Unterordnungsverhltnis stehenden Unternehmen, die wegen Zuordnung zu einem Unternehmensverbund wirtschaftlich unselbstndig sind, zu erreichen (umsatzsteuerliche Organlehre). Leistungsbeziehungen zwischen dem Organtrger und OG sollten deshalb als nicht steuerbare Vorgnge (= Innenumstze) unbeachtlich sein; Außenleistungen der Organgesellschaften werden dem Organtrger zugerechnet.1 Die umsatzsteuerliche Organschaft blickt auf eine langjhrige Rechtstradition zurÅck und wurde aus der Systematik des Umsatzsteuerrechts entwickelt.2

1.31 Bruttoallphasenumsatzsteuer bis 1967: Die umsatzsteuerliche Organschaft wurde erstmals im UStG 1934 kodifiziert und hatte seinerzeit große materielle Bedeutung. Denn wegen der Kaskadenwirkungen der Umsatzsteuer fiel bei mehrstufigen Unternehmensstrukturen mehrfach Umsatzsteuer an. Die Organschaft diente dazu, derartige Kaskadeneffekte durch Schaffung einer „Einheitsunternehmung“ von finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Mutterunternehmen eingegliederten juristischen Personen zu vermeiden. Allerdings wurde die Organschaft in der Nachkriegszeit ab dem 1.1.1946 zur Verhinderung der Konzentration grÇßerer wirtschaftlicher Konzerneinheiten3 weitgehend abgeschafft und erst mit Wirkung ab 1.4.1958 anknÅpfend an die „alten Rechtsgrundlagen“ wieder eingefÅhrt. Zudem bestand von 1961 bis Ende 1967 ein 75 % Mehrheitserfordernis zur BegrÅndung einer umsatzsteuerlichen Organschaft.

1.32 Mehrwertsteuersystem seit 1968: Durch Schaffung des Mehrwertsteuersystems mit Vorsteuersteuerabzug des UStG 1968 standen wiederum die Administrationserleichterungen der umsatzsteuerlichen Organschaft im Vordergrund. Im Hinblick auf den Ausschluss vom Vorsteuerabzug bei umsatzsteuerbefreiten Unternehmen erlangte die umsatzsteuerliche Organschaft allerdings wiederum zunehmende materielle Bedeutung im Hinblick auf eine Reduzierung nicht abziehbarer Vorsteuer. Die Unionsrechtsbasierung des deutschen Umsatzsteuerrechts einschließlich der umsatzsteuerlichen Organschaft erfolgte in UStG 1980 durch Anpassung an die Vorgaben der 6. EG-Umsatzsteuer-Richtlinie. Ab 1.1.1987 wurden dann die Wirkungen der umsatzsteuerlichen Organschaft – so wie sie 1 Vgl. Wger, DB 2014, 915 mit Hinweis auf RFH v. 26.9.1927 – V A 417/27, RFHE 12, 69. Vgl. auch Widmann in Herzig, Organschaft, 2003, 335. 2 Vgl. BVerfG v. 20.12.1966 – 1 BvR 320/57, 1 BvR 70/62, BStBl. III 1967, 7 (15). 3 Grund: Konzerne wurden von den Siegermchten des 2. Weltkriegs als eine Mitursache des Nazi-Regimes betrachtet. Insoweit dokumentiert die Rechtsentwicklung der umsatzsteuerlichen Organschaft die Wirren der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Dazu auch Widmann in Herzig, Organschaft, 2003, 335.

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D. Rechtskonzeption der Organschaft

auch heute noch gelten – auf die Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschrnkt. Grund dafÅr war ein im Jahre 1984 gestartetes und dann 1987 eingestelltes Vertragsverletzungsverfahren der Europischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland. Bei Betrachtung der umsatzsteuerlichen Rechtsentwicklung werden die europischen Grundlagen des geltenden Umsatzsteuerrechts deutlich erkennbar. Es erstaunt daher, dass gerade der traditionelle Bereich der umsatzsteuerlichen Organschaft aktuell letztlich unionsrechtlich in wesentlichen Teilen noch unklar ist (Rz. 1.11; Rz. 22.38 ff.; Rz. 22.72; Rz. 22.75 ff.).

D. Rechtskonzeption der Organschaft I. Steuersubjektprinzip vs. Konzern als Leistungsfhigkeitsverbund Die Ertragsbesteuerung rechtlich selbstndiger Einheiten folgt im Grundsatz dem Steuersubjektprinzip ungeachtet der ZugehÇrigkeit zu einem Konzernverbund. Nur wenn die differenziert aufgefcherten Gesetzeskriterien eines Organkreises bei den betroffenen Unternehmen erfÅllt sind – dem steuerwirksamen GAV kommt dabei eine SchlÅsselrolle zu –, wird das Steuersubjektprinzip partiell durchbrochen, indem das bei der Organgesellschaft bilanziell ermittelte Einkommen dem Organtrger zugerechnet wird. FÅr Gewerbesteuerzwecke erfolgt die Zurechnung nach Art einer fiktiven Betriebssttte bei Suspendierung der persÇnlichen Gewerbesteuerpflicht der OG. Das Gesamteinkommen des Organkreises reprsentiert damit eine Art „Leistungsfhigkeitsverbund“, das allerdings ohne Vollkonsolidierung innerkonzernlicher Leistungsbeziehungen ermittelt wird.

1.33

Grund der Durchbrechung des Steuersubjektprinzips fÅr in den Organkreis einbezogenen Unternehmen ist zweierlei: – Zum einen muss ein hierarchisches ber-/Unterordnungsverhltnis zwischen den Unternehmen mit einer qualifizierten finanziellen Eingliederung bestehen, so dass der OT letztlich die OG „beherrscht“. – Zum anderen muss ein GAV steuerwirksam begrÅndet und durchgefÅhrt sein, der die Einkommenszurechnung rechtfertigt und vor allem im Verlustfall die Verlusttragung durch den Organtrger dokumentiert und gewhrleistet.

1.34

Die Zurechnung „fremden Einkommens“ bzw. Betriebssttten-Gewerbeertrags kann dabei an eine KÇrperschaft oder an eine Personengesellschaft (mit natÅrlichen oder juristischen Mitunternehmern) erfolgen; ggf. kommt als Organtrger auch ein Einzelunternehmer in Betracht. Die Abschirmwirkung der KÇrperschaft wird fÅr steuerliche Organschaftszwecke

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durchbrochen. Der Dualismus der Unternehmensbesteuerung, der die nach dem Transparenzprinzip besteuerten Personengesellschaften deutlich von nach dem Trennungsprinzip besteuerten KÇrperschaften unterscheidet, wird fÅr Organschaftszwecke weitgehend außer Kraft gesetzt. Bei einer Personengesellschaft als Organtrger kann dadurch eigentlich der KÇrperschaftsteuer unterliegendes Einkommen in die nach Transparenzgrundstzen einkommensteuerlich erfasste Mitunternehmerschaft einmÅnden.

1.35 Durchgriff bei Organschaft: LosgelÇst vom Steuersubjektprinzip nehmen mitunter einzelne Rechtsnormen einen „Durchgriff“ bei OT und OG vor. Dies gilt bspw. bei der Verlustabzugsbeschrnkungsnorm des § 8c KStG, bei dem qualifizierte Gesellschafterwechsel auf Ebene des OT mittelbare Wirkungen auch auf der Ebene der OG entfalten kÇnnen. Wegen des Zurechnungskonzepts bei der KÇrperschaftsteuer wird dies nur vororganschaftliche VerlustabzÅge der OG (§ 15 S. 1 Nr. 1 KStG) oder unterjhrige Ergebnisbeitrge betreffen. Die Finanzverwaltung verlangt dabei eine getrennte Anwendung des § 8c KStG auf Ebene des OT einerseits und auf Ebene der OG andererseits. Dies soll auch fÅr die Anwendung der „Stille Reserven-Klausel“ des § 8c Abs. 1 Stze 6-9 KStG gelten.1

II. Zurechnung von Einkommen, Betriebsstttenkonzept 1.36 Trotz identischer Tatbestandsvoraussetzungen sind die Rechtsfolgen der beiden Formen ertragsteuerlicher Organschaft unterschiedlich. FÅr die kÇrperschaftsteuerliche Organschaft gilt das Zurechnungskonzept, fÅr die gewerbesteuerliche Organschaft gilt das Betriebsstttenkonzept. FÅr Feststellungszeitrume, die nach dem 31.12.2013 beginnen, sieht § 14 Abs. 5 KStG – eingefÅhrt im Rahmen der Kleinen Organschaftsreform v. 20.2.2013 – ein neues (einheitliches und gesondertes) Feststellungsverfahren vor. Es soll vor allem im Hinblick auf das dem OT zuzurechnende Einkommen und damit zusammenhngende andere Besteuerungsgrundlagen eine Bindungswirkung fÅr OG und OT nach Maßgabe einer Grundlagen-Folgebescheidbeziehung schaffen und Verwaltungsvereinfachung bewirken.2 FÅr Gewerbesteuerzwecke soll es bei § 35b GewStG bleiben.

1.37 Zurechnungskonzept fÅr kÇrperschaftsteuerliche Organschaft: § 14 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 KStG nennt als Rechtsfolge bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen einer Organschaft: „Das Einkommen der Organgesellschaft (ist), soweit sich aus § 16 nichts anderes ergibt, dem Trger des Unternehmens (Organtrger) zuzurechnen.“ Auf der Tatbestandsebene wird im Zusammenhang mit dem Betriebsstttenkriterium des Organtrgers

1 Zu den stark umstrittenen Details vgl. RÇdder, Ubg 2014, 317; Ritzer/Stangl, DStR 2014, 977. 2 Zu den Details des neuen Verfahrensrechts der Organschaft s. DrÅen, Der Konzern 2013, 433-451; Teiche, DStR 2013, 2197.

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D. Rechtskonzeption der Organschaft

eine Zurechnung des Einkommens der OG zu „der inlndischen Betriebssttte des OT“ verlangt (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 6 KStG). DarÅber hinaus verlangt Satz 7 des § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG, dass die dieser Betriebssttte „zuzurechnenden EinkÅnfte“ nach innerstaatlichen Regelungen und Doppelbesteuerungsrecht „der inlndischen Besteuerung unterliegen“. In der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft sind wortlautgemß also mehrere Zuordnungserfordernisse angelegt. Vereinfacht lsst sich vor allem im Hinblick auf die Rechtsfolge der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft von einem „Zurechnungskonzept“ sprechen. Das geltende kÇrperschaftsteuerliche Organschaftsrecht folgt damit nicht der sog. Einheitstheorie. Auch erfolgt keine Konzernbesteuerung, die verschiedene Konsolidierungsschritte erfordern wÅrde. Normspezifisch wird das auf dem Steuersubjektprinzip beruhende Zurechnungskonzept allerdings mitunter durchbrochen. Dies gilt etwa im Hinblick auf die Verlustabzugsbeschrnkung des § 8c KStG mit ihren vielfltigen Anwendungsfragen im Organschaftsbereich, zu Details s. Rz. 7.39; Rz. 8.38. Wesentliche Konsequenzen des kÇrperschaftsteuerlichen Zurechnungskonzepts sind: – OT und OG bleiben zivil- und steuerrechtlich verschiedene Rechtstrger, die ihr jeweiliges Einkommen selbstndig zu ermitteln haben (OG als eigenstndiges Bilanzierungs- und Steuersubjekt).1 Die OG ist daher ungeachtet ihres „Nulleinkommens“ – sofern keine Ausgleichszahlungen gem. § 16 KStG erfolgen – weiterhin subjektiv kÇrperschaftsteuerpflichtig, muss also eine KÇrperschaftsteuererklrung abgeben. Ihr gegenÅber ergeht ein KÇrperschaftsteuerbescheid.2 Beim Organtrger sind deshalb das ihm zuzurechnende Organeinkommen als „Fremdeinkommen“ und die von ihm erwirtschafteten „eigenen EinkÅnfte“ voneinander zu unterscheiden. Erst mit dem Ende des Wirtschaftsjahres der jeweiligen Organgesellschaft entsteht beim OT der Anspruch auf GewinnabfÅhrung bzw. die Verpflichtung zur VerlustÅbernahme. Im Hinblick auf die handelsbilanzielle GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme werden die vom Organtrger Åbernommenen Ergebnisse im Hinblick auf die Vermeidung von Doppelerfassungen außerbilanziell von seinem Einkommen gekÅrzt. FÅr eine mehrstufige Zurechnung in Organschaftsketten (bspw. Mutter-Tochter-Enkelgesellschaft) gilt entsprechendes. Im brigen sind evtl. verdeckte GewinnausschÅttungen der OG an den OT als vorweggenommene GewinnabfÅhrungen zu verstehen, die die steuerliche DurchfÅhrung des GAV nicht in Frage stellen. Das kÇrperschaftsteuerliche Zurechnungskonzept entschrft damit etwaige vGA-Fragen im Konzern deutlich. – Bei einer Organtrger-PersGes betrifft die Zurechnung – ungeachtet des Transparenzprinzips – die PersGes selbst. Folge daraus ist: Unterjhrige Gesellschafterwechsel in der OT-PersGes, die im Grundsatz eine „zeit1 So ausdrÅcklich BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, FR 2013, 1137 = DStR 2013, 966. 2 Vgl. etwa MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, S. 139; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 3: fortbestehende subjektive Steuerpflicht der OG.

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

1.39

anteilige Ergebnisabschichtung“ (durch Zwischenbilanz oder im Wege der Schtzung) erfordern,1 lassen die Zurechnung des Einkommens der OG unberÅhrt. Dazu hat der BFH in seinem Urteil v. 28.2.20132 entschieden, dass das Einkommen einer OG entsprechend dem allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssel nur den Gesellschaftern einer OTPersGes zuzurechnen sind, die im Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an der Organtrgerin beteiligt sind. Dies fÅhrt bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr von OG und OT dazu, dass bei einem Mitunternehmerwechsel vor dem Jahresabschlussstichtag das Einkommen der OG vollstndig bei den neuen Mitunternehmern zu erfassen ist. Das beim Altgesellschafter entstandene Gewinnbezugsrecht im Hinblick auf die OG-Beteiligungsertrge ist insoweit lediglich unselbstndiger Bestandteil des verußerten Mitunternehmeranteils. Eine zeitanteilige Zurechnung des Einkommens an vorher ausgeschiedene Gesellschafter erfolgt ausdrÅcklich nicht. – Behandlung von abweichenden Wirtschaftsjahren: Trotz Einbeziehung in einen ertragsteuerlichen Organkreis bleiben Organtrger und Organgesellschaften eigenstndige Steuersubjekte, die fÅr ihr jeweiliges Geschftsjahr/Wirtschaftsjahr handels- und steuerbilanziell rechnungslegungspflichtig sind. Sofern OT und OG Åber kalenderjahrgleiche Wirtschaftsjahre verfÅgen, erfolgt die Einkommenszurechnung phasenidentisch. Haben Organtrger und Organgesellschaft dagegen voneinander abweichende Wirtschaftsjahre, so stellt sich die Frage, fÅr welches Wirtschaftsjahr die gewinnabfÅhrungsbedingte Einkommenszurechnung zum Organtrger zu erfolgen hat. Dabei sind verschiedene Stichtagskonstellationen denkbar. So kann etwa die Organgesellschaft ein abweichendes Wirtschaftsjahr, der Organtrger ein kalenderjahrgleiches Wirtschaftsjahr haben; auch umgekehrte Konstellationen sind denkbar. Schließlich kÇnnen auch OG und OT beide Åber abweichende Wirtschaftsjahre verfÅgen, die aber ebenfalls voneinander abweichen. Derartige wirtschaftsbezogene Zurechnungsfragen bedÅrfen besonderer Planung. Nach herrschender Rechtsprechung und damit einhergehender Verwaltungsauffassung3 wird hinsichtlich der zeitlichen Einkommenzurechnung an den Organtrger auf das Wirtschaftsjahr abgestellt, in dem die Organgesellschaft ihr Einkommen erzielt hat und es ohne die organschaftsbezogene Zurechnungskonsequenzen selbst versteuern mÅsste. Beispiel: Das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft ist kalenderjahrgleich. Der Organtrger bilanziert nach einem abweichendem Wirtschaftsjahr 1.7.–30.6. Im Veranlagungszeitraum 01 ist deshalb beim Organtrger sein eigenes Einkommen aus der 1 Vgl. zu Details Schmidt/Wacker, EStG34, § 15 Rz. 453. 2 BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, FR 2013, 1137 = DStR 2013, 966. 3 Vgl. insb. BFH v. 29.10.1974 – I R 240/72, BStBl. II 1975, 126. Zur Verwaltungsauffassung H 62 KStH. Eingehender dazu auch MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, 149-153.

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D. Rechtskonzeption der Organschaft Zeit vom 1.7.00 bis 30.6.01 in Ansatz zu bringen (§ 7 Abs. 4 S. 2 KStG). DarÅber hinaus ist ihm das Einkommen der OG als Fremdeinkommen mit dem Bilanzstichtag 31.12.01 fÅr das gesamte Wirtschaftsjahr 01 zuzurechnen. Die herrschende Meinung stÅtzt sich bei dieser Beurteilung auch auf den Wortlaut des § 14 Abs. 1 S. 2 KStG, wonach das Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger erstmals fÅr das Kalenderjahr zuzurechnen ist, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet, in dem der GewinnabfÅhrungsvertrag wirksam wird. Zu zeitlichen Phasenverschiebungen nach Maßgabe des Organtrgerwirtschaftsjahrs kann es deshalb nach der herrschenden Meinung nicht kommen. Vor allem im Hinblick auf die KÇrperschaftsteuervorauszahlungen kann dies abhngig von der Wirtschaftsjahrkonstellation Vor- und Nachteile bewirken.

Betriebsstttenkonzept fÅr gewerbesteuerliche Organschaft: Gemß § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG gilt die OG trotz ihrer eigenstndigen Rechtsfhigkeit „als Betriebssttte des Organtrgers“. Hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen der Organschaft wird auf §§ 14, 17 KStG verwiesen. Der BFH interpretiert diesen Rechtsfolgenverweis in stndiger Rechtsprechung als eingeschrnkte (gebrochene) Einheits- oder Filialtheorie.1 Das kÇrperschaftsteuerliche Zurechnungskonzept gilt also nicht fÅr gewerbesteuerliche Organschaftszwecke.

1.40

Praktische Folge des Betriebsstttenkonzepts ist im Wesentlichen: Die OG selbst ist nicht persÇnlich gewerbesteuerpflichtig; deren persÇnliche Gewerbesteuerpflicht wird dem OT zugerechnet. Gewerbesteuermessbescheide und Gewerbesteuerbescheide ergehen nur gegen den OT. Hier besteht ein verfahrensrechtlicher Unterschied zum kÇrperschaftsteuerlichen Zurechnungskonzept. Dennoch wird der Gewerbeertrag der OG ebenso wie der Gewerbeertrag des OT getrennt nach den jeweils maßgebenden Vorschriften ermittelt und dann zu einem einheitlichen Gewerbeertrag – bei Eliminierung etwaiger Doppelerfassungen und DoppelkÅrzungen, bspw. im Bereich organschaftsbezogener Zinsaufwendungen und Zinsertrge (R 7.1 Abs. 5 GewStR 2009) – zusammengefasst.2 Mitunter sind weitere Besonderheiten zu beachten. So kommt etwa eine erweiterte KÅrzung fÅr GrundstÅcksunternehmen (§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG) dann nicht im Betracht, wenn es sich bei den GrundstÅcksunternehmen um eine OG handelt, die alle ihre GrundstÅcke an eine andere OG desselben Organkreises vermietet. Mietaufwendungen und Mietertrge gleichen sich im Organkreis an; fÅr die erweiterte KÅrzung verbleibt dann nach

1.41

1 Vgl. etwa BFH v. 21.10.2009 – I R 29/09, BStBl. II 2010, 64 f. = FR 2010, 527; v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt; v. 30.10.2014 – IV R 9/11, GmbHR 2015, 149. 2 Vgl. ergnzend auch BFH v. 17.9.2014 – I R 30/13, GmbHR, 2015, 2015 m. Anm. Patzner/Nagler = DStR 2014, 2561: Kein Verstoß gegen die unionsrechtlich verbÅrgte Niederlassungsfreiheit durch Hinzurechnung sog. Dauerschuldentgelte bei der inl. Muttergesellschaft als Zinsschuldnerin einer belgischen Tochtergesellschaft (keine doppelte gewerbesteuerliche Belastung).

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

Meinung des BFH kein Raum mehr. 1 Das Zerlegungsverfahren gem. § 28 GewStG setzt bei dem gegenÅber dem Organtrger festgesetzten Gewerbesteuermessbetrag an.2 Gewerbesteuerlich sind – losgelÇst zur Behandlung abweichender Wirtschaftsjahre fÅr KÇrperschaftsteuerzwecke – die Gewerbeertrge derjenigen Wirtschaftsjahre des Organtrgers und der Organgesellschaft zusammen zu rechnen, die in demselben Erhebungszeitraum enden (R 7.1 Abs. 5 S. 11 GewStR). Dies wird von der herrschenden Meinung einvernehmlich aus § 10 Abs. 2 GewStG abgeleitet.3

III. Problematische Verbindung zum Gesellschaftsrecht/ Bilanzrecht 1.42 Grundcharakteristikum der ertragsteuerlichen Organschaftsregelungen ist die enge Anbindung an das Gesellschafts- und Bilanzrecht, konkret das Aktienrecht verbundener Unternehmen. Ausgestaltung, DurchfÅhrung und Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags gem. § 291 Abs. 1 AktG (= unternehmensrechtlicher Organisationsvertrag mit gesellschafts- und schuldrechtlichen Elementen) ist zentraler Baustein fÅr eine ertragsteuerliche Organschaft und bereitet der Praxis seit jeher wegen haftungsdurchbrechender Wirkung, vielfltiger Formalismen und Streitanflligkeit vor allem bei Minderheitsgesellschaftern große Probleme. Ein Weisungsrecht gem. § 308 AktG begrÅndet ein „isolierter GAV“ nicht. Auch bei Umstrukturierungen und M&A-Transaktionen mit Unternehmen eines ertragsteuerlichen Organkreises bedarf der „Umgang mit dem GewinnabfÅhrungsvertrag“ besonderer Beachtung. Klar ist: Die ertragsteuerliche Organschaft erfordert im Ergebnis einen Åber den GewinnabfÅhrungsvertrag begrÅndeten Unternehmensverbund mit allen Konsequenzen. Die Rechtsprechung sieht diese gesellschaftsvertragliche Anbindung von Tochter- und Enkelgesellschaften in einen steuerlichen Organkreis als ein notwendiges Erfordernis, um – abweichend vom Steuersubjektprinzip – das Einkommen der eigentlich rechtlich selbstndigen Organgesellschaft dem Organtrger als dessen „Fremdeinkommen“ zuzurechnen. Zwischenzeitlich hat sich in der stndigen hÇchstrichterlichen Rechtsprechung allerdings das Gebot einer steuerteleologischen Auslegung der gesellschaftsrechtlichen Regelungen herausgebildet, bei der die gesellschaftsrechtliche Ordnungsmßigkeit des GAV vorausgesetzt, aber stets eigenstndig steuerlich interpretiert wird.4 Der Unternehmensvertrag 1 So BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt. Besttigt durch BFH v. 30.10.2014 – VI R 9/11, GmbHR 2015, 149: trotz Schlechterstellung des OT im Vergleich zu einer „stand alone“-Situation kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. ME im Ergebnis problematisch. 2 Vgl. zu weiteren Details MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, 255–259. 3 Vgl. dazu auch MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, 262-264. 4 Vgl. etwa BFH v. 3.3.2010 – I R 68/09, BFH/NV 2010, 1132; v. 13.11.2013 – I R 45/10, BStBl. II 2014, 486 = FR 2012, 318.

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GAV entfaltet deshalb ein „steuerspezifisches Eigenleben“. Gruppenbesteuerungskonzepte in anderen Jurisdiktionen haben eine solche enge Anbindung an das Gesellschaftsrecht verbundener Unternehmen Åblicherweise nicht. Vielmehr ist die enge Anbindung an das Gesellschaftsrecht ein spezifisch deutsches Charakteristikum ertragsteuerlicher Organschaften. Bei Diskussionen um eine Modernisierung des steuerlichen Organschaftsrechts steht deshalb meist der Verzicht auf den GAV im Mittelpunkt. Im brigen zeigt die Rechtsentwicklung: Die Notwendigkeit eines GAV fÅr steuerliche Organschaftszwecke geht auf die Rechtsprechung des RFH in den 30-/40iger Jahren des vorigen Jahrhunderts zurÅck (Rz. 1.21). Das Vertragskonzernrecht mit dem GAV als wichtigem Typus wurde dagegen erstmals im Aktiengesetz 1965 kodifiziert als Folge der steuerlichen Gestaltungspraxis.1 Der GAV als Organisationsvertrag kann somit – historisch betrachtet – auf „steuerliche Wurzeln“ zurÅckblicken. Zentrale unternehmensvertragliche Regelungselemente der ertragsteuerlichen Organschaft sind: – Organgesellschaften, die als EU/EWR-KapGes nur Åber eine inlndische Geschftsleitung verfÅgen mÅssen, verpflichten sich zur BegrÅndung einer ertragsteuerlichen Organschaft mit Beginn eines Wirtschaftsjahres „durch einen GewinnabfÅhrungsvertrag i.S.d. § 291 Abs. 1 AktG, ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzufÅhren“ (§ 14 Abs. 1 Einleitungssatz KStG). Daraus folgt zweierlei: Zum einen kann durch Beherrschungsvertrge, TeilgewinnabfÅhrungsvertrge, Gewinngemeinschaftsvertrge oder andere unternehmensvertragliche Verbindungen keine wirksame ertragsteuerliche Organschaft begrÅndet werden. Nur ein GAV als Vertragstypus ist „organschaftsbegrÅndend“. Zum anderen gilt diese Unternehmensvertragsverpflichtung fÅr Steuerzwecke auch bspw. fÅr Organgesellschaften in der Rechtsform einer GmbH, die gesellschaftsrechtlich gar nicht originr von § 291 AktG erfasst werden. Ein kodifiziertes Konzernrecht fehlt im GmbH-Bereich. Bei auslndischen EU/EWR-Tochter- und Enkelgesellschaften, die Åber eine steuerrelevante inlndische Geschftsleitung verfÅgen, treten Gestaltungsschwierigkeiten auf, wenn das auslndische Gesellschaftsrecht den GewinnabfÅhrungsvertrag als Unternehmensvertrag nicht kennt. Sofern ein GAV nichtig oder schwebend unwirksam ist, entfaltet er auch keine ertragsteuerlichen Organschaftswirkungen. Der in § 301 AktG definierte HÇchstbetrag der GewinnabfÅhrung darf nicht Åberschritten werden. Die VerlustÅbernahme gem. § 302 AktG muss mit allen seinen Bestandteilen erfÅllt werden. 1 Zum Stand des Vertragskonzernrechts als berblick: Stephan, Der Konzern 2014, 1. Zur gesellschaftsrechtlichen Rechtsentwicklung vgl. auch SchÅller, Konzernrechtliche Konsequenzen der nderungen der steuerlichen Organschaft, Diss. Bonn 2006, 25-32. Zu Abschluss und unterjhriger Beendigung von Unternehmensvertrgen im GmbH-Konzern vgl. Beck, GmbHR 2014, 1075. Wegen der Rechtsaspekte beim Unternehmensverkauf vgl. FÅger/Rieger/Schell, DStZ 2015, 404-424.

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1.43

Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

Die durch das BilMoG v. 25.5.2009 begrÅndeten AbfÅhrungssperren (§ 301 AktG iVm. § 268 Abs. 8 HGB) sind zu beachten.1 Dies gilt gem. § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG ausdrÅcklich auch fÅr GmbHs, auch wenn die Regelungen dort aufgrund originren Gesellschaftsrechts nicht zwingend anwendbar sind (dynamischer Rechtsverweis auf § 302 AktG erforderlich). Erst mit der Eintragung des GAV im Handelsregister der abhngigen Gesellschaft wird dieser wirksam (§ 294 Abs. 2 AktG). Steuerlich wirkt dies dann auf den Beginn des Wirtschaftsjahres zurÅck (§ 14 Abs. 1 S. 2 KStG). Auch eine unterjhrige KÅndigung (§ 297 AktG) oder Aufhebung des GAV (§ 296 AktG) wirkt – ungeachtet ihrer gesellschaftsrechtlichen Unterschiede – auf den Beginn des Wirtschaftsjahres zurÅck. – Der GewinnabfÅhrungsvertrag muss fÅr Steuerzwecke „auf mindestens 5 Jahre abgeschlossen und whrend seiner gesamten Geltungsdauer durchgefÅhrt werden“ (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 KStG). Gesellschaftsrechtlich gibt es ein solches 5-Jahres-Mindestzeiterfordernis nicht. Wird bspw. ein GewinnabfÅhrungsvertrag auf 2 Jahre abgeschlossen, bestehen zwar gesellschaftsrechtlich wirksame GewinnabfÅhrungs- bzw. VerlustÅbernahmeverpflichtungen. Unter Steueraspekten liegt allerdings eine sog. verunglÅckte Organschaft vor. GewinnabfÅhrungen werden als verdeckte GewinnausschÅttungen, VerlustÅbernahmen als Einlagen behandelt.2 Eine vorzeitige Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrages innerhalb der Mindestlaufzeit von 5 Jahren ist steuerunschdlich nur mÇglich, „wenn ein wichtiger Grund die KÅndigung rechtfertigt“ (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 KStG). Insoweit gilt eine steuerspezifische Auslegung des wichtigen Grundes.3 Stets muss eine zutreffende handelsbilanzielle Abbildung der GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme bei abhngigem und herrschendem Unternehmen erfolgen. In der sog. Kleinen Organschaftsreform v. 20.2.2013 wurden in § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG HeilungsmÇglichkeiten fÅr fehlerhafte JahresabschlÅsse geschaffen. Diese handelsbilanziell ausgerichtete Rechtskonzeption der Organschaft ist bislang vom Steuergesetzgeber unangetastet geblieben, obwohl handelsbilanzielle und steuerliche Ergebnisse wegen zunehmender Durchbrechungen der Maßgeblichkeit mittlerweile in der Praxis weithin auseinanderlaufen. Gleiches gilt fÅr die praktische Bedeutung der IFRS-KonzernabschlÅsse, die vollstndig unabhngig von steu-

1 Vgl. ausdrÅcklich etwa BFH v. 3.3.2010 – I R 68/09, BFH/NV 2010, 1132. Zu den AbfÅhrungssperren gem. § 301 AktG auch BMF v. 14.1.2010 – IV C 2 - S 2770/09/10002 – DOK 2009/0861137, BStBl. I 2010, 65; dazu auch Zwirner, StSenkG 2010, 70; KrÇner/Bolik/Gageur, Ubg 2010, 237. 2 Zu den Rechtsfolgen einer „verunglÅckten Organschaft“ eingehend MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, 235-241. 3 Vgl. BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608. Zu weiteren Restriktionen im Hinblick auf das 5-jhrige Mindestzeiterfordernis s. auch FG DÅsseldorf v. 3.3.2015 – 6 K 4332/12, K, F, DB 2015, 1023.

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erlichen Gegebenheiten sind. Insoweit hlt der Steuergesetzgeber an traditionellen gesellschaftsrechtlichen und handelsbilanziellen Bindungen im ertragsteuerlichen Organschaftsrecht fest. – Bei außerhalb des Unternehmensverbundes stehenden Minderheitsgesellschaftern mÅssen angemessene Ausgleichs- und Abfindungszahlungen gem. §§ 304, 305 AktG vereinbart sein, die gem. § 16 KStG stets bei der Organgesellschaft zu versteuern sind. Fehlt es daran, wird die ertragsteuerliche Organschaft nicht anerkannt. AusgelÇst durch die Erfordernisse im steuerlichen Organschaftsrecht werden daher komplexe Anfechtungsklagen und Spruchstellenverfahren in die Hauptversammlungen abhngiger Aktiengesellschaften eingefÅhrt. Der aktienrechtliche Minderheitenschutz spielt insoweit fÅr die Praxis trotz komplett eigenstndiger Gesetzesteleologie auch im steuerlichen Organschaftsrecht eine besondere Rolle.

IV. Zeitebenen der Organschaft Die kÇrperschaftsteuerliche Organschaft weist mehrere Zeitebenen auf, die eng miteinander verwoben sind, mE aber hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen separater PrÅfung unterliegen. Die Details dazu sind umstritten. Im Gestaltungsbereich (etwa bei Verkauf oder Umstrukturierung von Organbeteiligungen) spielen die zeitlichen Anwendungsfragen der Organschaft eine wichtige Rolle. Sie bedÅrfen intensiver Planung (etwa im Hinblick auf die Vermeidung von Organschaftspausen, die KÅndigung eines GAV whrend der Mindestvertragsdauer oder RÅckwirkungsfragen bei finanzieller Eingliederung).

1.44

Drei Zeitebenen sind zu unterscheiden: – Zeitebene 1: Ununterbrochene finanzielle Eingliederung der OG in den OT von Beginn ihres Wirtschaftsjahres an (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG). Dies kann in unmittelbarer oder mittelbarer Form erfolgen. Bei Umstrukturierungen unter Nutzung der 8-monatigen RÅckwirkungsfiktion (vor allem § 2 Abs. 1 UmwStG, § 20 Abs. 5 UmwStG) stellen sich komplexe Anwendungsfragen.1 – Zeitebene 2: Ununterbrochene Zuordnung der OG-Beteiligung whrend der gesamten Dauer der Organschaft zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers, und zwar nach Maßgabe des nationalstaatlichen sowie doppelbesteuerungsrechtlichen Verstndnisses. In der Folge mÅssen die „zuzurechnenden EinkÅnfte“ der OG der Inlandsbesteuerung unterliegen. Dadurch soll die Inlandsbesteuerung des Organeinkommens sichergestellt sein. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Stze 4-7 KStG hebelt damit die BFH-Entscheidung v. 9.2.20112 im Interesse der

1.45

1 Vgl. etwa Umwandlungssteuer-Erlass 2011, BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.03 usw. 2 BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106 = FR 2011, 584 m. Anm. Buciek: GestÅtzt auf das abkommensrechtliche Diskriminierungsverbot gelangt

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Verhinderung sog. weißer EinkÅnfte aus. Das Betriebsstttenerfordernis ist mE auch dann erfÅllt, wenn die OG zunchst einer unmittelbaren und ohne zeitliche Friktion anschließend (bspw. durch einen Einbringungsvorgang) einer mittelbaren Betriebssttte des OT zugeordnet bleibt. Eine Zuordnung zu „derselben“ Betriebssttte wird im Gesetz nicht gefordert. – Zeitebene 3: Schließlich muss der Abschluss des GAV – mit Wirkung vom Beginn des Wirtschaftsjahres der OG an – auf mindestens fÅnf Jahre abgeschlossen sein und whrend seiner gesamten Geltungsdauer durchgefÅhrt werden (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KStG). Die Beendigung des GAV whrend der Mindestvertragsdauer ist fÅr die Vergangenheit nur dann unschdlich, wenn sie „aus wichtigem Grund“1 erfolgt. Ansonsten ist die Organschaft „von Anfang an“ gescheitert. FÅr die „DurchfÅhrung“ der vertraglichen GewinnabfÅhrungs-/VerlustÅbernahmeansprÅche nach Entstehung nennt der Gesetzgeber keine konkreten Zeitkriterien. Die FinVerw geht von einer DurchfÅhrung „innerhalb eines angemessenen Zeitraums“ aus (bspw. durch Zahlungsausgleich, Verrechnung, Novation o).2

1.46 Kumulative ZeitkriterienerfÅllung? Im Normalfall wird man sich in der Praxis darum bemÅhen, die verschiedenen Zeitebenen bei BegrÅndung oder Umstrukturierung einer Organschaft synchronisiert einzuhalten. Die BegrÅndung der finanziellen Eingliederung wird mit der Betriebsstttenzuordnung der Beteiligung und der Wirksamkeitsingangsetzung des GAV deshalb Åblicherweise in zeitlicher Hinsicht harmonisiert und whrend der gesamten Mindestvertragsdauer stabil eingehalten. Kommt es im Einzelfall zu Friktionen, so fÅhrt dies mE nur bei Nichteinhaltung der Mindestvertragsdauer ohne wichtigen Grund zu einem rÅckwirkenden Scheitern der gesamten Organschaft; eine Unterbrechung in der Betriebsstttenzuordnung fÅhrt dagegen mE nur zu einer Organschaftspause ohne RÅckwirkungsfolgen. In Teilen der finanzverwaltungsnahen Literatur wird dies allerdings kritisch gesehen.3

1.47 Weitergehende zeitliche Tatbestandsvoraussetzungen bestehen nicht. So hat der BFH in seinem Urteil v. 24.7.20134 – entgegen der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung – entschieden, eine PersGes als Organtrger einer ertragsteuerlichen Organschaft muss nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft gewerblich ttig sein. Ein solches Zeitkriterium fordert § 14 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 KStG nach zutreffender Meinung des BFH gerade nicht.

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der BFH zu einer Zurechnung des Gewerbeertrags einer inlndischen KapGes zu einem auslndischen Organtrger. Das Urteil betraf allerdings das Streitjahr 1999, so dass ein GAV zur Erstellung der gewerbesteuerlichen Organschaft seinerzeit nicht erforderlich war. Vgl. BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, FR 2014, 608 = DStR 2014, 643. Vgl. Gnsler, Ubg 2014, 701-705. Vgl. etwa Schirmer, StBp 2013, 245 (246). BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272 = FR 2014, 28.

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V. Internationale BezÅge der Organschaft Die Wirkungen der ertragsteuerlichen Organschaft sind wegen des Zurechnungs-/Betriebsstttenkonzepts im Kern auf das Inland ausgerichtet. Wegen der unionsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) ist jedoch seit lngerem eine gewisse grenzÅberschreitende ffnung der Organschaftsregelungen durch den Gesetzgeber erfolgt. Die internationalen bzw. „nur“ europischen BezÅge der Organschaft haben durch die „Kleine Organschaftsreform“ aus Februar 2013 eine tatbestandliche Neuordnung gefunden. Flankierende Missbrauchsvermeidungsregeln vor allem fÅr mehrfache Verlustnutzung sind die Folge. Das steuergesetzliche Erfordernis eines unternehmensvertraglichen GewinnabfÅhrungsvertrages setzt der grenzÅberschreitenden Organschaft vor allem in Outbound-Strukturen mit auslndischen EU/EWR-Tochterunternehmen (aber inlndischer Geschftsleitung) allerdings weiterhin Grenzen. Denn insoweit ist der Gesellschaftsfortbestand der ausl. Tochterunternehmung sowie das ausl. Gesellschaftsrecht maßgebend; nur das Çsterreichische, portugiesische und slowenische Gesellschaftsrecht kennt den organisationsvertraglichen GAV „deuscher Couleur“.1 Aus Fiskalsicht ist das GAVErfordernis zunehmend ein Instrument zur Sicherung inlndischen Steuersubstrats.

1.48

Wichtige internationale BezÅge der ertragsteuerlichen Organschaft bestehen wie folgt: – Neues Betriebsstttenkriterium fÅr den Organtrger in § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG: Als Gegenreaktion auf die Entscheidung des BFH v. 9.2.20112 zum DBA-Diskriminierungsverbot ist mit Wirkung ab 2012 ein neues inlndisches Betriebsstttenkriterium fÅr unbeschrnkt oder beschrnkt steuerpflichtige Organtrger geschaffen worden, welches fÅr KÇrperschaften, Personengesellschaften oder Einzelunternehmen gleichermaßen gilt. Unmittelbare oder mittelbare Beteiligungen an der Organgesellschaft mÅssen danach ebenso wie die zuzurechnenden EinkÅnfte national- wie doppelbesteuerungsrechtlich der inlndischen Betriebsstttenbesteuerung unterliegen. Vor allem bei Organtrger-Personengesellschaften mit auslndischem Mitunternehmer kommt es auf die funktionale Zuordnung der Beteiligungen zum inlndischen BetriebsstttenvermÇgen an.3 Sitz/Geschftsleitung des Organtrgers sind unerheblich. § 18 KStG wurde ersatzlos aufgehoben. Die Vorschrift will mit dem neuen Betriebsstttenkriterium diskriminierungsfrei wirken und dient der inlndischen Steuersubstratabsicherung. Eine EU/EWRBegrenzung ist der Neuregelung des § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG nicht zu entnehmen. Sie gilt bspw. auch fÅr amerikanische oder asiatische Gesellschaften, die Åber eine inlndische Betriebssttte verfÅgen und inso-

1.49

1 Vgl. Cloer/Kahlenberg, SteuK 2014, 511 (513). 2 BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106 = FR 2011, 584 m. Anm. Buciek. 3 Vgl. dazu eingehend DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215.

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weit als Steuerauslnder organtrgerfhig sind. Der Abschluss des GAV mit dem steuerauslndischen Organtrger bedarf dabei besonderer Sorgfalt, sollte aber im Regelfall zulssig sein, weil es sich um das herrschende Unternehmen als Vertragspartner handelt. – Als Organgesellschaften kommen KÇrperschaften in Betracht, sofern sie ihre Geschftsleitung im Inland haben und Åber einen Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR verfÅgen. Drittstaatenkapitalgesellschaften sind dagegen nicht „organgesellschaftsfhig“. Gleiches gilt fÅr InlandsKapGes mit auslndischer Geschftsleitung. – Inlndische Verlustabzugssperre des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG.1 Diese Sonderregelung will eine internationale mehrfache Verlustnutzung vermeiden und enthlt zu diesem Zweck eine im Inland wirkende Abzugssperre, auch wenn es sich um im Inland entstandene Verluste handelt. Abgestellt wird auf negative EinkÅnfte des Organtrgers oder der Organgesellschaft. Deren Inlandsabzug wird untersagt, sobald sie in einem auslndischen Staat im Rahmen der Besteuerung des Organtrgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berÅcksichtigt werden (etwa bei Anwendung der doppelbesteuerungsrechtlichen Anrechnungsmethode). Der Tatbestand des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG ist hochgradig unbestimmt und wenig sachgerecht. Im Hinblick auf die echte RÅckwirkung der Vorschrift bestehen verfassungsrechtliche Bedenken. Das Verbot eines inlandsbegrÅndeten Verlustabzugs verstÇßt gegen Leistungsfhigkeitsbesteuerungsprinzipien. Letztlich sollte nur der „Verluste importierende Steuerstaat“ Abzugsrestriktionen ins Auge fassen.

1.50 Nach wie vor nicht zulssig im Sinne einer grenzÅberschreitenden Ergebniskonsolidierung sind nach herrschender Meinung vor allem die beiden folgenden fÅr die Praxis wichtigen Konstellationen: horizontale Ergebnispoolung bei einer auslndischen Muttergesellschaft ohne inlndische Betriebssttte mit mehreren inlndischen Tochterkapitalgesellschaften2 sowie die Konsolidierung von Inlandsbetriebssttten auslndischer Tochtergesellschaften. Das hierarchisch ausgerichtete Grundkonzept der Organschaft und das Erfordernis des GAV verhindern Poolungswirkungen bei derartigen Konstellationen.3

1 Zu den zahlreichen Anwendungsfragen des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG s. Rz. 28.6 ff. Anschaulich zu betroffenen Fallkonstellationen IDW v. 5.3.2014, FN-IDW 4/2014, 277–281. Sofern der BEPS-Aktionsplan 2 der OECD zu hybriden Gestaltungen in deutsches Recht umgesetzt wird, kommt jedenfalls mit Wirkung fÅr die Zukunft eine Abschaffung des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG in Betracht. 2 Vgl. dazu auch Leitsatz 2 des EuGH, Urt. v. 12.6.2014 – C-39/13, C-40/13, C-41/13 - SCA Group Holding BV, DStR 2014, 1333. Das Verfahren betrifft die niederlndische Regelung zur „fiscalen eenheid“. Der EuGH gelangt dabei zu dem Ergebnis, dass die niederlndischen Regelungen Åber die Ertragsbesteuerung multinationaler Konzerne gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßen. Zu den Auswirkungen auf das deutsche Organschaftsrecht s. Rz. 1.52 3 Zu weiteren Details vgl. Endres in Festschrift Herzig, 2010, 198-200.

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VI. Unionsrechtskompatibilitt Vor allem die unionsrechtlich verbÅrgte Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) hat in den letzten Jahren ausgelÇst durch einschlgige EuGHRechtsprechung und EU-Kommissionsinitiativen zu einer Europisierung des deutschen Organschaftsrechts durch den Gesetzgeber gefÅhrt.1 Im Hinblick auf das seinerzeit anhngige europische Vertragsverletzungsverfahren wurde im Zuge der Kleinen Organschaftsreform v. 20.2.2013 eine Einbeziehung von EU/EWR-Kapitalgesellschaften in den steuerlichen Organkreis erlaubt, soweit sie Åber eine inlndische Geschftsleitung verfÅgen. Ob sie allerdings als abhngige Organgesellschaften, also in Outbound-Strukturen, einen GewinnabfÅhrungsvertrag abschließen kÇnnen, hngt von den jeweiligen Landesjurisdiktionen ab und kann zu praktischen AnerkennungshÅrden fÅhren. Insoweit verbleibt die Frage, ob das GAV-Erfordernis letztlich unionsrechtskompatibel ist. Jedenfalls dient der GAV aus fiskalorientierter Sicht zunehmend der Sicherstellung inlndischen Besteuerungssubstrats. Im brigen hat der EuGH in seiner „X-Holding BV-Entscheidung“ v. 25.2.20102 geklrt, dass eine weitergehende EU/EWR-ffnung auf vollstndig gebietsfremde Tochtergesellschaften – also mit Sitz und Geschftsleitung im EU/EWR-Ausland – nicht verlangt werden kann. Das neue internationale Betriebsstttenkriterium fÅr Organtrger dÅrfte letztlich ebenfalls diskriminierungsfrei wirken, da es Steuerinlnder und EU/EWR-Auslnder gleichermaßen trifft.

1.51

Der EuGH hat sich zuletzt in seiner „SCA-Group-Holding BV-Entscheidung“ v. 12.6.20143 mit zwei Spezialfragen grenzÅberschreitender Organschaft im Rahmen des niederlndischen Konzernsteuerrechts („fiscale eenheid“) befasst: – Zum einen geht es um die Frage, ob eine Organschaftskette auch Åber auslndische Konzerneinheiten hergestellt werden kann. Nach Meinung des EuGH verstÇßt die niederlndische Regelung gegen die insoweit einzufordernde Niederlassungsfreiheit, da eine solche mittelbare Organschaft dort nicht zugelassen wird. Auch die EuGH-Entscheidung „Felix Stowe Dock“ v. 1.4.20144 beanstandet die Unzulssigkeit eines Verlusttransfers bei mittelbaren Beteiligungen in grenzÅberschreitend strukturierten Konzernen nach britischem Steuerrecht. Aus Sicht der

1.52

1 Zu Details vgl. Rz. 5.78 f. Zu einer unionsrechtlich zulssigen gewerbesteuerlichen Sonderkonstellation (inlndischer OT als Zinsschuldner, belgische Tochter als fiktive OG) im Hinblick auf Dauerschuldentgelte gem. § 8 Nr. 1 GewStG s. BFH v. 17.9.2014 – I R 30/13, GmbHR 2015, 215 m. Anm. Patzner/Nagler = DStR 2014, 2561. 2 EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X-Holding BV, DStR 2010, 427. 3 Vgl. EuGH v. 12.6.2014 – C-39/13, C-40/13, C-41/13, DB 2014, 1582 mit Anm. MÇhlenbrock, dazu auch v. Brocke/MÅller, DStR 2014, 2106; Rehfeld, IWB 2010, 619; Schnitger, IStR 2014, 587; Walter, DB 2014, 2016; Lieber, IStR 2014, 278; Cloer/Kahlenberg, SteuK 2014, 511. 4 EuGH v. 1.4.2014 – C-80/12 – Felix Stowe Dock, DStR 2014, 784 = AG 2014, 699. Dazu auch Rehfeld/Krumm, IWB 2014, 394; Kahlenberg, StuB 2014, 603.

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deutschen Organschaftsregelungen dÅrfte dies dagegen weitgehend unproblematisch sein, da gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG auch mittelbare finanzielle Eingliederungen einer Organgesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt werden. Auch wenn es sich bei der vermittelnden Gesellschaft um einen auslndischen Rechtstrger handelt, kommt eine ertragsteuerliche Organschaft „deutscher Couleur“ mittels stufenÅberspringendem GAV in Betracht (H57 KStH 2008). – Zum anderen beanstandet der EuGH, dass nach niederlndischem Recht eine auslndische Muttergesellschaft ohne inlndische Betriebssttte zwei gebietsansssige Tochtergesellschaften nach Art einer horizontal wirkenden Konsolidierung nicht in einen Organkreis einbeziehen kann (keine horizontale Organschaft in Form eines Querverbunds). Auch insoweit dÅrfte allerdings die neue deutsche Betriebsstttenregelung kombiniert mit dem GAV-Erfordernis im Grundsatz unionsrechtskonform wirken, da sie sowohl bei inlndischen wie auch auslndischen Muttergesellschaften stets eine inlndische Betriebssttte verlangt und eine Ergebnisverrechnung zwischen Schwestergesellschaften ohne finanzielle Eingliederung in Deutschland nicht zulssig ist. Das wird letztlich aber in der Literatur streitig diskutiert.

1.53 Besonders unionsrechtsproblematisch dÅrfte die durch die Kleine Organschaftsreform v. 20.2.2013 ausgeweitete Verlustabzugssperre des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG sein. Danach bleiben im Hinblick auf etwaige internationale double-dips in einem inlndischen Organkreis entstehende negative EinkÅnfte unberÅcksichtigt, soweit sie in einem auslndischen Staat im Rahmen der Besteuerung des Organtrgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berÅcksichtigt werden. Insoweit kÇnnte ein Verstoß vor allem gegen die „Philips Electronics-Entscheidung“ des EuGH v. 6.9.20121 vorliegen, da insoweit – wiederum gestÅtzt auf die Niederlassungsfreiheit – die Verrechnung von Betriebsstttenverlusten mit Gewinnen einer Konzerngesellschaft im gleichen Mitgliedsstaat verlangt wird. Auch wenn das EuGH-Judikat zunchst einmal konkret nur inlndische Betriebsstttenverluste anspricht, sind Auswirkungen auch auf das ertragsteuerliche Organschaftsrecht naheliegend. Insoweit dÅrfte die Unionsrechtskompatibilitt des erweiterten § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG ernstlich zweifelhaft sein. MÇglicherweise ist auch der organgesellschaftsbezogene Ausschluss von im Inland errichteten KapGes, die Åber eine auslndische Geschftsleitung in einem EU/EWR-Staat verfÅgen, unionsrechtsproblematisch, denn insoweit besteht gleichermaßen unbeschrnkte Steuerpflicht in Deutschland – § 1 Abs. 1 KStG nennt inlndischen Sitz und Geschftsleitung als Alternativkriterien. Insoweit kÇnnte der Organgesellschaftsausschluss eine nicht zu rechtfertigende Diskriminierung bedeuten.2 Letztlich entschieden sind diese Rechtsfragen vom EuGH allerdings nicht.

1 EuGH v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11 – Philips Electronics, IStR 2012, 847 mit Anm. Schiefer. 2 Vgl. ThÇmmes in Herzig, Organschaft, 2003, 525 (536).

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D. Rechtskonzeption der Organschaft

VII. Verfassungsfragen Die ertragsteuerliche Organschaft ist bislang verfassungsrechtlich insgesamt nicht in Frage gestellt worden. Allerdings wurden eine Reihe von Einzelfragen im Laufe der Jahre verfassungsrechtlich aufgegriffen, die meist aus „gesetzlichen RechtssprÅngen“ resultieren, um auf vermeintlich steuergÅnstige Rechtsprechung im Interesse der Finanzverwaltung (Vermeidung von Steuerausfllen) zu reagieren. Meist stellen sich unterschiedlich akzentuierte verfassungsrechtliche Vertrauensschutzfragen. Hinzu kommt: Eine „Åberbordende Missbrauchsabwehr“ kann verfassungsproblematische GleichheitssatzverstÇße nach sich ziehen.

1.54

Aktuell sind folgende Organschaftsthemen in verfassungsrechtlicher Diskussion:1 – Vororganschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen gem. § 14 Abs. 3 KStG bei ehemals gemeinnÅtzigen Wohnungsbauunternehmen mit Wirkung ab VZ 2004: Insoweit sind derzeit zwei VorlagebeschlÅsse des BFH zu einem verfassungswidrigen Verstoß gegen das RÅckwirkungsverbot bei der EinfÅhrung vororganschaftlich verursachter MehrabfÅhrungen fÅr die Streitjahre 2004-2006 beim BVerfG anhngig.2 – RÅckwirkende Verlustabzugssperre des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG: Die Regelung ist wenig tatbestandsbestimmt und versagt in bestimmten Konstellationen einer doppelten Verlustnutzung einen inlndischen Verlustabzug, was unter dem Gesichtspunkt einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfhigkeit problematisch sein kann. Die Norm wurde durch die „Kleine Organschaftsreform“ v. 20.2.2013 erweitert und gilt rÅckwirkend in allen offenen Fllen (§ 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG). Ungeachtet einer etwaigen Unionsrechtswidrigkeit kommt unter Verfassungsaspekten ein Verstoß gegen das RÅckwirkungsverbot in Betracht. Konkret anhngig beim BVerfG ist ein solcher Fall derzeit allerdings nicht.

1.55

In der Vergangenheit stand vor allem die MehrmÅtterorganschaft mit diversen Vertrauensschutzaspekten sowie das zeitlich befristete Organschaftsverbot fÅr Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen (§ 14 Abs. 2 KStG aF) als gleichheitswidriges Sonderrecht in Verfassungsdiskussion. Aus Sicht betroffener Steuerpflichtiger waren die angestrengten verfassungsrechtlichen Verfahren letztlich nicht erfolgreich oder sind – konkret bei den Versicherungsunternehmen – wegen zeitnaher Folgerechtsnderungen im „Sande verlaufen“.

1.56

1 Vgl. dazu auch Kolbe in HHR, § 14 KStG, Anm. 11. 2 Vgl. BFH v. 6.6.2013 – I R 38/11, BStBl. II 2014, 398 = FR 2013, 1140, anhngig beim BVerfG unter 2 BvL 7/13 sowie BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = FR 2014, 979 m. Anm. Wendt, anhngig beim BVerfG unter 2 BvL 18/14. Dazu auch Mylich, DStR 2014, 2427; Doege/Middendorf, StuB 2014, 682.

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

1.57 Mit Verfassungsfragen der umsatzsteuerlichen Organschaft hat sich das BVerfG vor allem im Hinblick auf einen etwaigen Mangel an Wettbewerbsneutralitt in seinem Urteil v. 20.12.1966 auseinandergesetzt.1 Es ging seinerzeit um die WiedereinfÅhrung der umsatzsteuerlichen Organschaft in das System der Allphasenbruttoumsatzsteuer ab 1.4.1958. Das BVerfG konzidiert zwar insoweit eine tendenzielle BegÅnstigung der Organschaft im damaligen Umsatzsteuersystem, nimmt dies aber verfassungsrechtlich hin im Hinblick auf die mit Wirkung ab 1968 auch tatschlich eingefÅhrte und bis heute im Kern geltende Allphasennettoumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug (= Mehrwertsteuersystem). § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist als Rechtsgrundlage der umsatzsteuerlichen Organschaft deshalb von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Etwaige entstehende Wettbewerbsverzerrungen – vor allem bei Organschaften mit vorsteuerabzugsschdlichen Leistungen – halten sich nach Meinung der Folgerechtsprechung des BFH im Rahmen des Zumutbaren.2 Auf derzeitigem Kenntnisstand kann deshalb fÅr die Praxis von der Verfassungskonformitt der umsatzsteuerlichen Organschaft ausgegangen werden.

E. Wirtschaftliche Bedeutung der Organschaft I. Vor-/Nachteile der ertragsteuerlichen Organschaft 1.58 Steht man vor der Gestaltungsfrage, ob zwischen den verschiedenen Rechtstrgern in einem Unternehmensverbund eine regelmßig auf 5 Jahre ausgerichtete ertragsteuerliche Organschaft begrÅndet werden soll oder nicht, mÅssen ihre Vor-/Nachteile im Einzelfall untersucht werden.

1.59 Typische Vorteile der ertragsteuerlichen Organschaft: – Sofortiger ertragsteuerlicher Verlustausgleich im Organkreis, der sich gleichermaßen auf Verluste von Organtrger und Organgesellschaften erstreckt. Dies gilt auch bei mehrstufigen Organschaftsketten. Bei in den Organkreis einbezogenen Gesellschaften mit Auslandsbezug ist § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG zu beachten (Vermeidung eines internationalen double-dip). Vororganschaftliche VerlustabzÅge der Organgesellschaft werden allerdings whrend der Organschaftszeit „eingefroren“ (§ 15 Nr. 1 KStG, § 10a S. 3 GewStG); dies kann fÅr den Zeitpunkt der OrganschaftsbegrÅndung ein wichtiger Gesichtspunkt sein.

1 BVerfG, Urt. v. 20.12.1966 – 1 BvR 320/57, 1 BvR 70/63, BStBl. III 1967, 7. 2 Vgl. etwa BFH v. 19.10.1995 – V R 71/93, UR 1996, 277 = BFH/NV 1996, 273. Die gegen das Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde gem. §§ 93a, 93b BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG-Beschl. v. 2.4.1961 – 1 BvR 2604/95, n.v.). Dazu auch StÇcker in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, 297 f.

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E. Wirtschaftliche Bedeutung der Organschaft

– Phasengleicher Gewinntransfer ohne AusschÅttungsfolgen (kein typisiertes Betriebsausgaben-Abzugsverbot gem. § 8b Abs. 5 KStG; keine Kapitalertragsteuer). – Verbesserter Finanzierungskostenabzug (etwa in Bezug auf die Zinsschranke, § 15 Nr. 3 KStG, allerdings bei nur einmalig nutzbarer 3 Mio. E Freigrenze). – Vermeidung mehrfacher gewerbesteuerlicher Hinzurechnungen, bspw. bei organschafts-internen Finanzierungen. – Keine Gefhrdung der Verußerungsgewinnbefreiung gem. § 8b Abs. 2 KStG, § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG fÅr Beteiligungen fÅr Organgesellschaften. – Durchleitung (im Inland steuerfreier) auslndischer Betriebsstttenergebnisse bis zur Gesellschafterebene bei Organtrger-PersGes mit natÅrlichen Personen als Mitunternehmer (s. auch § 15 Nr. 2 KStG). – Erlangung von Zins- und Kostenvorteilen (etwa wegen reduzierten Deklarationsaufwands). – Reduzierung verdeckter GewinnausschÅttungen und verdeckter Einlagen im Organkreis wegen unternehmensvertraglicher GewinnabfÅhrungsverpflichtung. Allerdings sind vGA/vE weiterhin mÇglich bei vororganschaftlich begrÅndeten Mehr- und MinderabfÅhrungen sowie bei gesellschaftlich veranlassten Vorgngen hinein in oder heraus aus dem Organkreis.1 Typische Nachteile der ertragsteuerlichen Organschaft: – Gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zur VerlustÅbernahme mit einer umfassenden „Haftungskonzentration“ des Organtrgers. Subsidir besteht eine organschaftsbezogene „Ausfallhaftung“ der OG (§ 73 AO). Diese haftungserweiternde Wirkung der Organschaft ist in der Praxis hufig ein entscheidender Gesichtspunkt, auf eine OrganschaftsbegrÅndung zu verzichten. – Ausgleichzahlungen an Minderheitsgesellschafter mit hoher Streitanflligkeit vor allem bei kapitalmarktorientierten Organtrgern (etwa einer Aktiengesellschaft oder KGaA; Anfechtungsklagen, Spruchverfahren). – Beeintrchtigung unternehmerischer Flexibilitt wegen des 5-jhrigen Mindestlaufzeiterfordernisses fÅr den GAV. Nur bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ ist eine steuerunschdliche Organschaftsbeendigung whrend der Mindestlaufzeit mÇglich. – Denkbare Zerlegungsnachteile bei der GewSt. – Keine gezielte AusschÅttungspolitik mÇglich.

1 Vgl. mit Bespielen fÅr vE als „FremdkÇrper“ in der Organschaftsbesteuerung Prokofiew, StBp. 2014, 235; StBp. 2014, 262. Zu vGA im Organkreis vgl. Brinkmann, StBp. 2015, 33.

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

– „Hochschleusung“ der Ertragsteuerbelastung bei Organtrger-PersGes. mit natÅrlichen Personen als Mitunternehmer (keine wegen des Trennungsprizips bestehende Abschirmwirkung der Organgesellschaft). – Beeintrchtigung moderner Organisationskonzepte.

1.61 Anpassungs- und Monitoringbedarf der Organschaft: Wegen nderung rechtlicher und faktischer Rahmenbedingungen unterliegen Organschaften einem steten Bedeutungswandel, der bei mittel- und lngerfristig ausgerichteter Steuerplanung mitberÅcksichtigt werden muss. Dies gilt bspw. im Hinblick auf die Zinsschrankenwirkung eines Organkreises (§ 15 Nr. 3 KStG), die es bis Ende 2007 nicht gab. Auch werfen Rechtsnderungen im Gesellschafts- oder Bilanzrecht mÇglicherweise unerwartete Folgewirkungen bei der Organschaft auf (s. etwa die bergangsregelungen zur Umsetzung des dynamischen VerlustÅbernahmeverweises bei einer Organgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, § 34 Abs. 10b KStG). Die Organschaft muss daher stets „unter Beobachtung“ stehen (sog. Monitoring), um zeitkritische Anpassungsmaßnahmen vornehmen zu kÇnnen.

II. Bedeutung der umsatzsteuerlichen Organschaft 1.62 Im Vergleich zur ertragsteuerlichen Organschaft entfaltet die umsatzsteuerliche Organschaft vÇllig andere wirtschaftliche Konsequenzen.1 Denn die umsatzsteuerliche Organschaft ist im Grundsatz – auch bei mehrstufigen WertschÇpfungsketten – kein Instrument der Steuerersparnis, sondern bewirkt lediglich eine Verwaltungsvereinfachung fÅr den Unternehmensverbund und die Finanzverwaltung. Dies unter verschiedenen Aspekten: – Smtliche Außenumstze von OT und OG werden beim OT zusammengefasst und gemeldet. Nur der OT ist Steuerschuldner. Entsprechendes gilt fÅr die Vorsteuerabzugsberechtigung. Die umsatzsteuerliche Zurechnung der Steuererklrungs-, -anmeldungs- und -zahlungspflichten zum OT muss ablauforganisatorisch sichergestellt werden. – Leistungsbeziehungen zwischen mehreren OG und zwischen OG sowie OT werden als innerkonzernlicher Leistungsaustausch ohne USt abgewickelt. Ein formaler Rechnungsverkehr mit einer Verbuchung und Abwicklung von USt und VoSt entfllt damit (bloße unternehmensinterne Buchungsbelege). Die Rechtsfolgen des § 14c UStG werden fÅr nichtsteuerbare Innenleistungen nicht ausgelÇst. Besondere Aufzeichnungspflichten gem. § 22 UStG bestehen insoweit nicht.

1.63 Sofern allerdings in einem Unternehmensverbund nicht (vollstndig) vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen sind, kÇnnen sich durch BegrÅndung einer umsatzsteuerlichen Organschaft neben verwaltungsvereinfachenden Wirkungen auch echte materielle Steuervorteile ergeben. Be1 Vgl. Prinz in Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, 556-560.

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E. Wirtschaftliche Bedeutung der Organschaft

troffen davon sind vor allem Banken, Versicherungen und Immobilienunternehmen. Denn durch die Organschaft werden eigentlich zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug fÅhrende Eingangsleistungen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG) zu nichtsteuerbaren Innenleistungen „umgestaltet“. Die nicht abziehbaren Vorsteuern als Kostenbestandteil werden insoweit (ganz oder teilweise) vermieden. Im Gegenzug kann allerdings eine „gesunde“ OG durch den Fiskus an Stelle eines „wirtschaftlich angeschlagenen“ Organtrgers in Haftung genommen werden (§ 73 AO). Im brigen bleibt von all dem die steuersystematische Berechtigung der umsatzsteuerlichen Organschaft unberÅhrt, da sie lediglich der rechtsformÅbergreifenden wirtschaftlichen Verbundenheit der in den Organkreis einbezogenen Unternehmen Rechnung trgt.

1.64

III. Zusammenfassende wirtschaftliche WÅrdigung Hinsichtlich der wirtschaftlichen Konsequenzen der Organschaft – ihren Vor- und Nachteilen fÅr die Unternehmensbesteuerung – mÅssen zusammengefasst1 drei Bereiche unterschieden werden. Alternativ kommt natÅrlich auch die „Komplettvermeidung“ der Organschaft in Betracht (bspw. wegen der Haftungsgefahren des § 73 AO): – Volle Organschaftswirkungen fÅr Ertrag- und Umsatzsteuerzwecke erfordern einen Vertragskonzern bei gleichzeitiger finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Eingliederung der beherrschten Unternehmen in den Organtrger. Die Konsequenz ist eine ertragsteuerliche Ergebnispoolung bei gleichzeitiger umsatzsteuerlicher Einheit. Die ErfÅllung dieser Voraussetzungen erscheint besonders wichtig fÅr hierarchisch aufgebaute Unternehmensgruppen mit bedeutsamen inlndischen Verlustquellen und ggf. nicht vorsteuerabzugsberechtigten Einheiten im Konzern. Die vor allem haftungsrechtlichen Nachteile des Vertragskonzerns mit seinem Haftungsverbund werden dann „in Kauf genommen“. – Vertragliche Organschaft mittels ErgebnisabfÅhrungsvertrag, allerdings ohne wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der beherrschten Unternehmen, bewirkt „nur“ eine ertragsteuerliche Ergebnispoolung. Umsatzsteuerlich bleiben die betroffenen Tochter- und Enkelgesellschaften dagegen selbstndig. Trotz Vertragskonzern mÅssen dafÅr bei den abhngigen Konzernunternehmen hohe wirtschaftliche und organisatorische Freirume bleiben. Dies ist fÅr Umsatzsteuerzwecke nur dann nicht nachteilig, falls die inlandsbezogene Unternehmerkette ganz Åberwiegend aus vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmen besteht. – Faktische Organschaft durch finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der beherrschten Konzernunternehmen, aller1 Weitgehend Åbernommen aus: Prinz in Herzig, Organschaft, 2003, 561.

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

dings ohne GewinnabfÅhrungsvertrag – ein Beherrschungsvertrag wre jedoch zulssig – fÅhrt „nur“ zu einer umsatzsteuerlichen Unternehmenseinheit im Konzern. An einer ertragsteuerlichen Ergebnispoolung fehlt es insoweit. Dies ist typischerweise fÅr hoch profitable Konzerne ohne nennenswerte inlndische Verlustquellen und mit starken Minderheitsgruppen interessant. Die Ergebnispoolung kann dann auch ohne einen GewinnabfÅhrungsvertrag durch steuerbilanziell phasengleich zu erfassende GewinnausschÅttungen erreicht werden, wobei allerdings mÇglicherweise Liquidittsnachteile durch den Kapitalertragsteuereinbehalt verbleiben.

1.66 In der Besteuerungsrealitt lassen sich vor allem in großen diversifizierten Unternehmensgruppen mit Teilkonzernen hufig alle drei Organschaftsbereiche (volle Organschaft, vertragliche Organschaft und faktische Organschaft) gleichzeitig beobachten. Grund dafÅr ist jeweils teilkonzernspezifische Optimierung der Steuersituation.

F. Organschaft als Gestaltungsinstrument I. Einflussnahme auf die Konzernsteuerquote 1.67 Die ertragsteuerliche Organschaft ist ein bedeutsames und komplexes Instrument unternehmerischer Gestaltung mit vielfltigen AnwendungsmÇglichkeiten. Die zielgerichtete Schaffung – im Einzelfall auch Vermeidung – der Organschaftsvoraussetzungen in der Aufbaustruktur einer Unternehmensgruppe ist sowohl hinsichtlich des finanziellen Eingliederungserfordernisses als auch hinsichtlich des GewinnabfÅhrungsvertrags (isoliert oder gemeinsam mit einem Beherrschungsvertrag) faktischen und vertraglichen Maßnahmen zugnglich. Vor allem bei Akquisitionsund Umstrukturierungsmaßnahmen mÅssen die mit einer Organschaft verbundenen Vor- und Nachteile sorgsam ermittelt und abgewogen werden. Ggf. will man eine Organschaftspause erreichen, ggf. soll die Organschaft nahtlos von einem Åbernehmenden Rechtstrger weiter gefÅhrt werden. Die zur Zielerreichung einsetzbaren Gestaltungsinstrumente sind vielschichtig und reichen von der Nutzung des sog. Mitternachtserlasses bis hin zu einem Verzicht auf die DurchfÅhrung der GewinnabfÅhrung, um Nachteile aus einer unterjhrigen KÅndigung des GAV zu vermeiden.1 DarÅber hinaus dÅrfte sich im Hinblick auf die laufenden Steuerwirkungen der Organschaft wegen vernderter „Rahmenbedingungen“ ein regelmßiges „Update“ empfehlen. 1 Vgl. dazu etwa Hahn, Ubg 2014, 427. Zum umgekehrten Fall des Verzichts des OT auf seinen GewinnabfÅhrungsanspruch vgl. FG MÅnster v. 20.8.2014 – 10 K 2192/13 F, GmbHR 2014, 1326; kritisch dazu Pyszka, GmbHR 2014, 1296. Wegen GestaltungsmÇglichkeiten zur bertragung des Geschftsbetriebs einer Organgesellschaft s. Hierstetter, BB 2015, 859.

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F. Organschaft als Gestaltungsinstrument

Dies verdeutlicht: Die Organschaft ist ein wichtiges Instrument der Steuerplanung und -gestaltung, die insbesondere wegen der MÇglichkeit sofortiger Verlustverrechnung im Konzern die Steuerquote der Unternehmensgruppe (temporr/nachhaltig) verbessert oder zumindest stabilisiert.1 blicherweise versteht man unter Konzernsteuerquote – auch als Effective Tax Rate (ETR) bezeichnet – den Quotienten aus der ermittelten (zahlungswirksamen oder „nur“ latenten) Ertragsteuerbelastung und dem Konzernjahresergebnis vor Steuern. Zwar lassen sich auch in Verlustsituationen ohne Organschaft Wirkungen auf die Konzernsteuerquote durch Aktivierung entsprechender latenter Steuern nach Art eines „Steuersparpotentials der Zukunft“ vermeiden. Derartige verlustbedingte aktive Steuerlatenzen dÅrfen aber nur unter engen Voraussetzungen gebildet werden – so enthlt § 274 Abs. 1 S. 4 HGB ein entsprechendes Wahlrecht begrenzt auf eine 5-Jahres-Periode, ohne Abzinsung. Zudem unterliegt ein solches handels- oder konzernbilanzielles „deferred tax asset“ dem Risiko zukÅnftiger Wertberichtigungen, bspw. aufgrund genderter Gewinnerwartungen oder vernderter gesetzlicher Rahmenbedingungen zur Verlustnutzung. Es kann deshalb die Konzernsteuerquote in Folgeperioden erheblich gefhrden. Zusammengefasst: Mittels ertragsteuerlicher Organschaft wird gestalterisch meist in stabilerer Form eine Verbesserung der Konzernsteuerquote erreicht, die allerdings gesellschaftsrechtlich mit einer vollen HaftungsÅbernahme der Muttergesellschaft und ggf. auch langjhrigen Streitigkeiten mit Minderheitsgesellschaftern verbunden ist.

II. Alternativstrukturen zur Organschaft Zur Vermeidung von Organschaftsnachteilen oder wegen fehlender Zulssigkeit der MehrmÅtterorganschaft in einem Joint Venture Projekt werden in der Praxis diverse Instrumente zur Erlangung organschaftshnlicher Wirkungen eingesetzt. Meist geht es um „Ergebniskonsolidierung“ zwischen mehreren eigenstndig bleibenden Rechtstrgern, die natÅrlich auch Åber eine Verschmelzung oder anderweitige ZusammenfÅhrung zu einem Einheitsunternehmen erreicht werden kann, was aber aus rein betrieblichen GrÅnden mÇglicherweise unerwÅnscht ist.

1.68

Als Alternativstrukturen, die stets eine Optimierung im Einzelfall bedÅrfen, sind etwa zu nennen:2 – Das sog. Treuhandmodell einer hybrid als „Ein-Personen-Unternehmung“ ausgestalteten PersGes.3 Man versteht darunter eine zivilrechtlich begrÅndete PersGes, bei der steuerlich betrachtet nur „ein“ Gesell-

1.69

1 Vgl. eingehender KrÇner in Herzig, Organschaft, 2003, 562–569. 2 Vgl. Kessler in Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2009, 570-592; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 16. 3 Vgl. BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751 = FR 2010, 628 m. Anm. Keß. Wegen einer Detaildiskussion vgl. Wacker u.a., JbFSt 2010/2011, 446-461. Zu Sonderfragen der BegrÅndung eines Organschaftsverhltnisses zu einer Treu-

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“









schafter vorhanden ist. Konkret hlt der Kommanditist seine Anteile an der PersGes treuhnderisch fÅr den Komplementr (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO). Die Treuhand-PersGes ist deshalb „nur“ eine Betriebssttte des Komplementrs. Eine eigenstndige gewerbesteuerpflichtige Mitunternehmerschaft besteht nicht. Insoweit entfaltet das Treuhandmodell organschaftshnliche Wirkungen (allerdings ohne das konflikttrchtige GAV-Erfordernis). Umgekehrt wÅrde eine Treuhnderstellung des (voll haftenden) Komplementrs nicht ausreichen, der Treuhnder-Komplementr bleibt Mitunternehmer. Einsatz einer PersGes als Rechtsform des Tochterunternehmens, die wegen des Transparenzprinzips einen Ergebnistransfer zum Mitunternehmer erlaubt, allerdings ohne gewerbesteuerliche Wirkung (§ 5 Abs. 1 S. 3 GewStG, PersGes als Steuerschuldner). Bei Innengesellschaften (etwa einer Art typisch stillen Beteiligung an einer KapGes) sind spezielle Verlustabzugsbeschrnkungen zu beachten. Gewinnpoolung durch betriebliche BegrÅndung einer Gewinngemeinschaft, die wegen meist hoher AnerkennungshÅrden nur in absoluten Sonderfllen einsetzbar ist. Hybride Gesellschaftsformen wie etwa eine KGaA mit einem persÇnlich haftenden Gesellschafter, der „wie ein Mitunternehmer“ besteuert wird (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG) und den kapitalmßig beteiligten Kommanditaktionren. Tracking-Stock Strukturen mit eigenstndigen Ergebnisberechtigungen an separierten Unternehmensteilen.

1.70 Abgesehen von derartigen Alternativstrukturen kommen auch einzelmaßnahmenabhngige Instrumente zum Gewinn- und Verlustausgleich zwischen einzelnen Unternehmen eines Verbundes in Betracht. Dies kann etwa geschehen durch Forderungsverzichte, die Gewhrung niedrig verzinslicher Darlehen in verlustfÅhrende Tochterunternehmen oder Sale and Lease back Gestaltung.

G. Weiterentwicklung der Organschaft zu einem Gruppenbesteuerungskonzept 1.71 Seit Jahren wird in Deutschland Åber die Weiterentwicklung der tradierten ertragsteuerlichen Organschaft zu einem „modernen Gruppenbesteuerungskonzept“ diskutiert.1 FÅr einen wichtigen Industrie- und hand-KG vgl. Suchanek/Hesse, GmbHR 2013, 1196 sowie Jochimsen/Mangold/ Zinowsky, DStR 2014, 2045. 1 Vgl. zu Bestandsaufnahme und einem Reformvorschlag IFST-Schrift Nr. 471, Juni 2011. Die IFST-Arbeitsgruppe stand unter der Leitung von Johanna Hey, deren Mitglieder stammen aus Wissenschaft, Finanzverwaltung sowie Unternehmens- und Beratungspraxis. Weiterhin von Wolfersdorff, IFST-Schrift Nr. 481, September 2012. S. schließlich auch das Berliner Steuergesprch zur Reform der

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G. Weiterentwicklung der Organschaft zu einem Gruppenbesteuerungskonzept

Dienstleistungsstandort wie Deutschland ist die Notwendigkeit eines modernen Konzernsteuerrechts, das den Sonderwirkungen im Unternehmensverbund Rechnung trgt, unbestritten. Im Mittelpunkt der steuerkonzeptionellen Grundlagendiskussion stehen der Åberkommene hierarchische Ausgangspunkt des Organschaftsrechts, seine international unÅbliche enge gesellschaftsvertragliche Anbindung, die fehlende Zwischenergebniseliminierung im Organkreis und schließlich die nur begrenzte, unionsrechtsproblematische AuslandsÇffnung. Das seit 2005 in sterreich umgesetzte moderne Gruppenbesteuerungskonzept1 hat – auch im Hinblick auf hnliche Konzernbesteuerungstraditionen – die Diskussion in Deutschland beflÅgelt. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP v. 26.10.2009 zu Beginn der 17. Legislaturperiode wurde ein entsprechender „PrÅfauftrag“ vereinbart, der mit einem BMF-Bericht der Facharbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“ v. 15.9.2011 abgeschlossen wurde. Darin sind – stets unter Hinweis auf erhebliche Fiskalgefahren – verschiedene Gruppenbesteuerungsmodelle (etwa das Einkommenszurechnungs-Modell, das Gruppenbeitrags-Modell sowie das IFSTModell) evaluiert worden. Trotz der steuerkonzeptionellen Vorarbeiten konnte sich der Gesetzgeber aber letztlich nicht zu einer „großen LÇsung“ bei der Organschaftsreformierung durchringen. Grund dafÅr war letztlich die „Notwendigkeit zur Haushaltskonsolidierung“, vielleicht aber auch fehlender politischer Wille mit struktureller Reformierungskraft sowie vielfltige Unsicherheiten Åber entstehende Systemumstellungswirkungen. Herausgekommen ist vielmehr die sog. „Kleine Organschaftsreform“ v. 20.2.2013, die ein Konvolut punktuell vernderter ertragsteuerlicher Organschaftsregelungen enthlt, ohne an deren konzeptionellen „Grundfesten“ zu rÅtteln. Ausweislich der GesetzesbegrÅndung zur Kleinen Organschaftsreform soll das Ziel eines modernisierten Gruppenbesteuerungskonzepts aber nicht gnzlich „ad acta“ gelegt werden. Es ist vielmehr eine Weiterverfolgung des Projekts angekÅndigt, sofern sich dafÅr finanzielle Spielrume ergeben. Schließlich kann auch das auf europischer Ebene weiterverfolgte CCCTB-Projekt (Common Consolidated Corporated Tax Base) Umsetzungsbedarf in Deutschland auslÇsen. Ungeachtet dessen sind Doppel- oder Mehrfachbelastungen von (laufenden bzw. einmaligen) Beteiligungsertrgen im Konzern Åber § 8b KStG zu 95 % freigestellt. Bei einem vollkonsolidierenden Konzernsteuerrecht wre § 8b KStG konzeptionell entbehrlich, weil insoweit keine eigenstndigen Steuersubjekte mehr bestehen.

Konzernbesteuerung mit LÅdicke, van Lishaut, Herzig, KrebÅhl sowie CarlHeinz Witt, FR 2009, 1025-1049. Zur Konzernbesteuerung de lege ferenda auch KrebÅhl in Herzig, Organschaft, 2003, 595 ff. sowie HÅttemann in SchÇn/Osterloh-Konrad (Hrsg.), Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, 2010, 132 (135). 1 Eingehender dazu Leitner/Stetsko, Ubg 2011, 746; Mayer, IStR 2010, 633; Urtz, GrenzÅberschreitende Gruppenbesteuerung, Reform der Organschaft, sterreich als Vorbild?, in LÅdicke (Hrsg.), Forum der Internationalen Besteuerung, Band 38, 2011, 59-144.

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Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

1.72 Zentrale „Bausteine“ eines modernen Gruppenbesteuerungskonzepts, die das geltende Organschaftsrecht konzeptionell erneuern und ggf. schrittweise umgesetzt werden kÇnnen, sind: – Verzicht auf den GAV als Zentralerfordernis: Die Erfahrungen in anderen Jurisdiktionen zeigen, dass Gruppenbesteuerungskonzepte durchaus ohne GewinnabfÅhrungsvertrag denkbar sind, zumal sich die handelsbilanzielle ErgebnisabfÅhrung konzeptionell mittlerweile weit von der steuerlichen Einkommenszurechnung entfernt hat.1 Es muss dann allerdings gewhrleistet sein, dass dem fiskalischen Kernerfordernis einer Gruppenbesteuerung insoweit GenÅge getan wird, dass die Muttergesellschaft letztlich vor allem im Verlustfall die Ergebnisse der Tochter- und Enkelgesellschaften „wirtschaftlich“ trgt, tatschlich leistet. Dies ist bspw. durch steuerliche Verrechnungskonten, eine Begrenzung des Verlustabzuges auf die HÇhe der Beteiligungswerte (etwa in Anlehnung an das § 15a EStG-Konzept), Nachversteuerungsregelungen unter Vermeidung doppelter Verlustnutzung (national, grenzÅberschreitend) oder etwa auch ein Group Contribution-System mit konzerninternen Gruppenbeitrgen zwischen Gewinn- und Verlustgesellschaften denkbar. Jeder dieser konzeptionellen Anstze hat Vor- und Nachteile, die der Gesetzgeber vor Systemumstellung eingehend durchdenken muss. Bei Beseitigung der Notwendigkeit eines GAV als Gruppenbesteuerungserfordernis mÅssen auch etwaige RÅckwirkungen im Gesellschaftsrecht Beachtung finden. Verzichtet man auf den GewinnabfÅhrungsvertrag, kÇnnte man eine mehrjhrige bindende Antragstellung verlangen. Auch kÇnnte das Mehrheitserfordernis fÅr eine Gruppenbesteuerung Åber die bisherige 50 %-Grenze hinaus steigen; gedacht werden kann etwa an eine 75 %-Beteiligungsgrenze. Im Hinblick auf das Konzernrecht dÅrften auch bei Verzicht auf den GAV Umlagevertrge (wohl nach Maßgabe der Belastungs-, nicht der Verteilungsmethode) neue Bedeutung erlangen. Schließlich sollte auf einen Gruppenbesteuerungszwang auch im Hinblick auf das vom BFH „hoch gehaltene“ Steuersubjektprinzip verzichtet werden. – Zwischenergebniseliminierung in der Steuergruppe: Ein „echtes“ Konzernsteuerrecht liegt nur dann vor, wenn der nationale/internationale Unternehmensverbund als „steuerliche Einheit“ behandelt wird und deshalb zumindest Zwischenergebniseliminierungen aus gruppenimmanenten Transaktionen erfolgen. Denn entlang einer konzerninternen WertschÇpfungskette werden zwar zwischen den verschiedenen Legaleinheiten Zwischengewinne realisiert, die aus Sicht des Konzernverbunds aber nicht marktrealisiert sind. Vor allem das bislang geltende kÇrperschaftsteuerliche Zurechnungskonzept mÅsste insoweit zu einem Zwischenergebniseliminierungskonzept weiter entwickelt werden. Realisierbar wre jedenfalls in einem ersten Schritt eine Begrenzung auf inlndische Zwischenergebniswirkungen. Durch einen sol1 Vgl. zur auslndischen Konzernbesteuerung etwa Carl-Heinz Witt, FR 2009, 1045 (1048) mwN.

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G. Weiterentwicklung der Organschaft zu einem Gruppenbesteuerungskonzept

chen Verzicht auf Zwischengewinnrealisierungen im Konzern werden gleichzeitig eine Reihe von in der Praxis genutzten GestaltungsmÇglichkeiten zur Hebung stiller Reserven/stiller Lasten entbehrlich. Im Wesentlichen entsteht durch Verzicht auf Zwischengewinnrealisation wirkungsmßig nur ein Steuerstundungseffekt (evtl. anders aber bei Steuersatzfriktionen, besonderen Verlustkonstellationen usw.). Ob letztlich eine weiterreichende Kapitalkonsolidierung – auch im Hinblick auf die Beteiligungsertragsbefreiung des § 8b Abs. 2 KStG und seiner Folgewirkungen auf Verlustkonstellationen – Sinn macht, ist konzeptionell offen und nicht zwingend. Denkt man daran, ein konsolidierendes Konzernbesteuerungsrecht einzufÅhren, so werden smtliche Umstrukturierungen im Konzernverbund – deutlich weitergehend als heute – steuerneutral sein mÅssen. – Einbeziehung finaler Auslandsverluste: Durch die Kleine Organschaftsreform v. 20.2.2013 wurde eine signifikante AuslandsÇffnung der ertragsteuerlichen Organschaftsregelungen durchgefÅhrt, die allerdings vor allem aus Sorge um ungewollte Fiskalschden teilweise Åberbordende Wirkung zeigt (etwa die double-dip-Regelung des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG). Sofern es bei einem national staatlichen Gruppenbesteuerungskonzept bleibt, also bspw. die Gewinne auslndischer Gruppengesellschaften im Ausland besteuert bleiben, mÅssen zumindest finale Beteiligungs- und Betriebsstttenverluste aus EU/EWR-Staaten im Inland BerÅcksichtigung finden. Der Gesetzgeber sollte dieses Thema daher aufgreifen und auch in ein modernisiertes Gruppenbesteuerungskonzept integrieren. Vorsorgemaßnahmen zur Sicherstellung einer Nachversteuerung kÇnnten dabei ebenfalls BerÅcksichtigung finden. NatÅrlich mÅssen bei einem solchen Gesetzgebungsschritt zur behutsamen AuslandsÇffnung im Verlustbereich die Fiskalwirkungen intensiv ermittelt werden. Schließlich sollten bei der Diskussion um eine Modernisierung der deutschen Gruppenbesteuerung die konzeptionellen Grundlagen des europischen CCCTB-Projekts mit in den Blick genommen werden. Die Europische Kommission hat am 16.3.2011 einen Richtlinien-Vorschlag fÅr eine solche gemeinsame konsolidierte KÇrperschaftsteuerbemessungsgrundlage verÇffentlicht, der ein komplett durchformuliertes Regelwerk fÅr eine optionale, harmonisierte und konsolidierte Unternehmensbesteuerung von KÇrperschaften in der EU mit zentrierter Zustndigkeit einer HauptsteuerbehÇrde enthlt.1 Zwischenzeitlich ist der Richtlinien-Ent1 Zum CCCTB-Projekt und seiner Weiterentwicklung vgl. Fehling in Schaumburg/Englisch (Hrsg.), Europisches Steuerrecht, KÇln 2015, Rz. 18.1 ff.; Eggert, Die Gewinnersmittlung nach dem Richtlinienvorschlag Åber eine Gemeinsame Konsolidierte KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, KÇln 2015, 1 ff.; Scheffler/KÇstler, DStR 2013, 2190 sowie 2235; Scheffler/KÇstler, DStR 2014, 664; Herzig, Entwicklung und Perspektiven des CCCTB-Projekts, in Festschrift Gerrit Frotscher, 2013, 203-217. Vgl. weiterhin auch Lenz/Rautenstrauch, DB 2011, 726; Kahle/Schultz, StuB 2011, 296 und BFuP 5/2011, 456; Kahle/Dahlke, StuB 2011, 453; Prinz, StuB 2011, 461; Rautenstrauch, EWS 2011, 161; Herzig/Kuhr,

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1.73

Kapitel 1 Steuerliche Grundlagen der „Organschaft im Wandel“

wurf durch verschiedene Kompromissvorschlge tendenziell verschrft worden (etwa im Hinblick auf eine europische Zinsschranke). Das Gesamtprojekt ist dreistufig aufgebaut: In Stufe 1 ist eine einheitliche Steuerbemessungsgrundlage fÅr EU-KÇrperschaften vorgesehen, die in Stufe 2 zu einem konsolidierten europischen Gesamtergebnis zusammengefÅhrt wird, um dann in Stufe 3 nach einem bestimmten VerteilungsschlÅssel auf die betroffenen Mitgliedsstaaten aufkommensmßig verteilt zu werden. Auch wenn sich die derzeitige Diskussion auf die Fortentwicklung einer einheitlichen Steuerbemessungsgrundlage konzentriert, gibt das Gesamtprojekt Anregungen, die auch fÅr eine Modernisierung des deutschen Gruppenbesteuerungskonzepts Orientierung bieten kÇnnen. Ein GewinnabfÅhrungsvertrag bspw. ist im europischen CCCTB-Projekt nicht vorgesehen. Hinzu kommt: Aus deutscher Sicht kommen derzeit Personengesellschaften als Organtrger in Betracht; darÅber hinaus erstreckt sich die ertragsteuerliche Organschaft auch auf die Gewerbesteuer. Beide Regelungselemente sind auf Basis des aktuellen Diskussionsstands im CCCTB-Projekt nicht enthalten. Zumindest mittelfristig wird eine Einigung der EU-Mitgliedsstaaten auf einen verabschiedungsreifen CCCTBRichtlinien-Vorschlag nur schwerlich zu erreichen sein.

1.74 Soweit der Steuergesetzgeber tatschlich „eines Tages“ die Modernisierung der Gruppenbesteuerung durch konzeptionelle Vernderungen erreicht, sind großzÅgige bergangsregelungen und Anpassungsfristen zur Planungssicherheit der Unternehmen zwingend vorzusehen. Vielschichtige Sonderfragen treten in Zusammenhang mit Ein- und Austritt von Unternehmen hinsichtlich des neuen Gruppenbesteuerungsregimes auf.

DB 2011, 2053; FÇrster/Krauß, IStR 2011, 607; Marx, DStZ 2011, 547; Kussmaul/Niehren, StB 2011, 344; Herzig/Stock, BFuP 2011, 477. Die EU-Kommission hat in ihrem Aktionsplan fÅr eine „faire und effiziente“ Unternehmensbesteuerung vom 17.6.2015 eine Neuauflage des Vorschlags Åber eine CCCTB in Aussicht gestellt.

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Kapitel 2 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft Literatur Altmeppen, Zum richtigen Verstndnis der neuen §§ 293a-293g AktG zu Bericht und PrÅfung beim Unternehmensvertrag, ZIP 1998, 153; Altmeppen, Zur Entstehung, Flligkeit und HÇhe des Verlustausgleichanspruchs nach § 302 AktG – Zugleich Besprechung des Urteils des BGH vom 11.10.1999 – II ZR 120/98 –, DB 1999, 2453; Baldamus, An wen ist beim GewinnabfÅhrungsvertrag Ausgleich zu zahlen?, ZGR 2007, 819; Baumgartl, Die konzernbeherrschte Personengesellschaft, KÇln 1986; Bayer, Herrschaftsvernderung im Vertragskonzern – Besprechung der Entscheidung, BGHZ 119, 1 –, ZGR 1993, 599; Beck, Stimmverbot des herrschenden GmbH-Gesellschafters bei KÅndigung eines Unternehmensvertrags, GmbHR 2012, 777; Bilda, Erwerb der Ausgleichs- und Abfindungsrechte außenstehender Aktionre, AG 2008, 641; Braun/Krmer, Zur bertragbarkeit von AbfindungsansprÅchen nach § 305 AktG nach Beendigung des Unternehmensvertrages, ZIP 2006, 1396; Bredow/Liebscher, Erhalt des steuerlichen Querverbundes bei Teilprivatisierungen durch nderung von Unternehmensvertrgen im GmbH-Konzern, BB 2003, 393; Breuninger/KrÅger, Organschaft: AusschÅttung einer aufgelÇsten KapitalrÅcklage an den Organtrger (Leg-ein-Hol-zurÅck), GmbHR 2002, 277; BÅcker, Die BerÅcksichtigung des BÇrsenkurses bei Strukturmaßnahmen – BGH revidiert DAT/Altana, NZG 2010, 967; Bungert, Der BGH und der Squeeze Out: HÇchstrichterliche Beurteilung der StandardrÅgen von Anfechtungsklagen – Besprechung des BGH-Urteils v. 18.9.2006 – II ZR 225/04, BB 2006, 254, BB 2006, 2761; Bungert, Unternehmensvertragsbericht und UnternehmensvertragsprÅfung gemß §§ 293a ff. AktG (Teil I), DB 1995, 1384; Bungert, Unternehmensvertragsbericht und UnternehmensvertragsprÅfung gem. §§ 293a ff. AktG (Teil II), DB 1995, 1449; Cahn/Simon, Isolierte GewinnabfÅhrungsvertrge, Der Konzern 2003, 1; Decher, Information der Aktionre Åber die Unternehmensbewertung bei Strukturmaßnahmen, in Krieger/ Lutter/Schmidt (Hrsg.), FS fÅr Hoffmann-Becking zum 70. Geburtstag, MÅnchen 2013, 295; Deilmann, Abgrenzung der berwachungsbefugnisse von Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat einer GmbH unter besonderer BerÅcksichtigung des mitbestimmten Aufsichtsrats, BB 2004, 2253; Ebenroth/Wilken, Anmerkung zu LG Konstanz, Beschl. v. 26.11.1992 – 3 HAT 1/92, ZIP 1992, 1738; Fleischer/ Rentsch, Zur Beendigung eines fehlerhaften Unternehmensvertrages mit einer GmbH, NZG 2000, 1141; Gaul/Otto, Auswirkungen des TransPuG auf das Verhltnis zwischen GmbH-GeschftsfÅhrung und Aufsichtsrat, GmbHR 2003, 6; Goette, Neuere aktienrechtliche Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH, DStR 2009, 2602; Goldschmidt/Laeger, Risiken aus der Beendigung von Unternehmensvertrgen beim Verkauf der Untergesellschaft, NZG 2012, 1201; Grunewald, RÅckverlagerung von Entscheidungskompetenzen der Hauptversammlung auf den Vorstand, AG 1990, 133; Habersack, Abfindung fÅr vom herrschenden Unternehmen oder von der beherrschten Gesellschaft erworbene Aktien?, AG 2005, 709; Halm, Aktuelle Zweifelsfragen bei der BegrÅndung und Beendigung von Unternehmensvertrgen mit der GmbH als Untergesellschaft, NZG 2001, 728; Heckschen, GelÇste und ungelÇste zivilrechtliche Fragen des GmbH-Konzernrechts, DB 1989, 29; Heinrich/Theusinger, Anfechtung wegen Informationsmngeln und Freigabeverfahren nach dem UMAG – ein ungeklrtes Verhltnis, BB 2006, 449; Hentzen, Zulssigkeit der Verrechnung des Verlustausgleichsanspruchs aus § 302 Abs. 1 AktG im Cash Pool (§ 302 Abs. 1 AktG), AG 2006, 133; Hirte, Bezugsrechtsausschluss

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

und Konzernbildung, KÇln 1986; Hirte, Informationsmngel und Spruchverfahren, ZHR 167 (2003), 8; Hirte/Schall, Zum faktischen Beherrschungsvertrag, Der Konzern 2006, 243; Hoffmann-Becking, MÅnchHdb/AG, 3. Aufl., MÅnchen 2007; Humbeck, Die PrÅfung der Unternehmensvertrge nach neuem Recht, BB 1995, 1893; Immenga, Der Preis der Konzernierung, in Sauermann/Mestmcker (Hrsg.), Wirtschaftsordnung und Staatsverfassung, FS fÅr BÇhm, TÅbingen 1975, 253; Jaeger, Sicherheitsleistung fÅr AnsprÅche aus Dauerschuldverhltnissen bei Kapitalherabsetzung, Verschmelzung und Beendigung eines Unternehmensvertrages, DB 1996, 1069; Katschinski, Die analoge Anwendung des § 307 AktG im GmbH-Vertragskonzern – Steuerfalle oder Scheinproblem, in Martinek/Rawert/Weitemeyer (Hrsg.), FS fÅr Reuter, Berlin 2010, 1043; Koppensteiner, Nachvertragliche AbfindungsansprÅche bei Unternehmensvertrgen, DStR 2006, 1603; Kort, Der Abschluss von Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrgen im GmbH-Recht: bergang vom faktischen zum Vertragskonzern, KÇln 1986; Kort, Zur Vertragsfreiheit bei Unternehmensvertrgen, BB 1988, 79; Krieger, Verlustausgleich und Jahresabschluss, NZG 2005, 787; Krieger/Jannott, nderung und Beendigung von Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrgen im Aktien- und GmbH-Recht, DStR 1995, 1473; Leuering, Die parallele AngemessenheitsprÅfung durch den gerichtlich bestellten PrÅfer, NZG 2004, 606; Liebscher, Die ErfÅllung des Verlustausgleichanspruchs nach § 302 AktG, ZIP 2006, 1221; Liebscher, GmbH-Konzernrecht, Die GmbH als Konzernbaustein, MÅnchen 2006; Luttermann, Rechtsnatur und Praxis des Abfindungsanspruchs (§ 305 AktG) als gesetzliches Schuldverhltnis, NZG 2006, 816; Lwowski/Groeschke, Die Konzernhaftung der §§ 302, 303 AktG als atypische Sicherheit?, WM 1994, 613; MÅhl/Wagenseil, Der GewinnabfÅhrungsvertrag – gesellschafts-und steuerrechtliche Aspekte, NZG 2009, 1253; MÅller-Eising/ Schmitt, Mitwirkung der Gesellschafterversammlung der beherrschten GmbH bei der Beendigung von Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrgen, NZG 2011, 1100; Paschos/Goslar, Die Beendigung von GewinnabfÅhrungsvertrgen mit einer abhngigen GmbH whrend des (laufenden) Geschftsjahres, Der Konzern 2006, 479; Philippi/Neveling, Unterjhrige Beendigung von GewinnabfÅhrungsvertrgen im GmbH-Konzern – BeendigungsgrÅnde und Rechtsfolgen; BB 2003, 1685; Pluskat, Auswirkungen der Teilverußerung der Beteiligung an einer abhngigen GmbH auf den Unternehmensvertrag – zur analogen Anwendung des § 307 AktG, Der Konzern 2004, 525; Priester, Herrschaftswechsel beim Unternehmensvertrag, ZIP 1992, 293; Priester, Unterjhrige Aufhebung des Unternehmensvertrags im GmbH-Konzern, NZG 2012, 641; Priester, Verlustausgleich nach § 302 AktG – zwingend in Geld?, BB 2005, 2483; Priester/Mayer/Wicke, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, Gesellschaft mit beschrnkter Haftung, 4. Aufl., MÅnchen 2012; Puszkailer, Diagnose und Therapie von aktienrechtlichen Spruchverfahren – Einige Anmerkungen aus der richterlichen Praxis zum geplanten Spruchverfahrensneuordnungsgesetz, ZIP 2003, 518; Raiser, Beherrschungsvertrag im Recht der Personengesellschaften – Besprechung der Entscheidung des BGH vom 5.2.1979, ZGR 1980, 558; Reuter, Die Personengesellschaft als abhngiges Unternehmen, ZHR 146 (1982), 1; Rezori, Abwicklung von durchgefÅhrten Spruchverfahren Åber Unternehmensvertrge: Glubiger des Ausgleichsergnzungsanspruchs bei zwischenzeitlichem Wechsel des Aktionrskreises, NZG 2008, 812; Scker, Die Rechte der Aktionre bei konzerninternen Umstrukturierungen gemß §§ 304 f. AktG, DB 1988, 271; Schfer, Betriebsrentenanpassung im Konzern aus gesellschaftsrechtlicher Sicht, ZIP 2010, 2025; Schmidt, Die konzernrechtliche VerlustÅbernahmepflicht als gesetzliches Dauerschuldverhltnis – Eine rechtsdogmatische Problemskizze zu § 302 AktG –, ZGR 1983, 513; Schneider, Die Personengesellschaft als verbundenes Unternehmen – Prolegomena zu einem Konzernrecht fÅr Personengesellschaften, ZGR 1975, 253; Schwarz, nderung und Beendigung

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A. Grundlagen von Unternehmensvertrgen – insbesondere in handelsregisterlicher Sicht, MittRhNotK 1994, 49; Sonnenschein, Der GewinnabfÅhrungsvertrag zugunsten Dritter im Gesellschaftsrecht und im Steuerrecht, AG 1976, 147; Sonnenschein, Die Eingliederung in den mehrstufigen Konzern, BB 1975, 1088; Spindler/KlÇhn, Verlustausgleichspflicht und Jahresfehlbetrag (§ 302 AktG), NZG 2005, 584; Teubner, Der Beirat zwischen Verbandssouvernitt und Mitbestimmung – Zu den Schranken der Beiratsverfassung in der GmbH –, ZGR 1986, 565; Thoß, Verzinsung des Verlustausgleichs- und GewinnabfÅhrungsanspruchs im Vertragskonzern?, DB 2007, 206; Tielmann, Die Anfechtungsklage – ein GesamtÅberblick unter BerÅcksichtigung des UMAG, WM 2007, 1686; Timm, Zur Sachkontrolle von Mehrheitsentscheidungen im Kapitalgesellschaftsrecht, ZGR 1987, 403; Ullrich, GewinnabfÅhrungsvertrge im GmbH-Konzern, Abschluß und Beendigung, insbesondere im Verußerungsfall, GmbHR 2004, 1000; Ulmer, Fehlerhafte Unternehmensvertrge im GmbH-Recht – Tragweite und Folgen des BGH-Beschlusses vom 24.10.1988, BB 1989, 10; Van Venrooy, Weisungen im Rahmen von GeschftsfÅhrungs- und GewinnabfÅhrungsvertrgen, DB 1981, 675; Veith/Schmid, Abschluss und Beendigung von Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrgen im GmbHKonzern – Zugleich Besprechung des BGH-Urteils v. 31.5.2011 – II ZR 109/10, DB 2012, 728; Vetter, Eintragung des Unternehmensvertrages im Handelsregister des herrschenden Unternehmens?, AG 1994, 110; Vetter, Zur Aufhebung eines Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrages im GmbH-Recht, ZIP 1995, 345; Walther, Zur Gewinnverwendung beim abhngigen Partner eines Unternehmensvertrages, DB 1976, 661; Wernicke/Scheunemann, Verzinsung des Anspruchs auf VerlustÅbernahme nach § 302 AktG aus gesellschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht, DStR 2006, 1399; Willenberg/Welte, AusschÅttung vororganschaftlicher GewinnrÅcklagen nach Abschluß eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags – Anwendung des sog. „Leg-ein-Hol-zurÅck-Verfahrens“, DB 1994, 1688; Zeidler, Ausgewhlte Probleme des GmbH-Vertragskonzernrechts, NZG 1999, 692; ZÇllner, Inhalt und Wirkungen von Beherrschungsvertrgen bei der GmbH, ZGR 1992, 173.

A. Grundlagen I. Der GewinnabfÅhrungsvertrag und seine Rechtsgrundlagen Auf gesellschaftsrechtlicher Ebene erfordert die Organschaft gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG einen GewinnabfÅhrungsvertrag. Dabei handelt es sich gem. § 291 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AktG um einen Vertrag, durch den eine Gesellschaft sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzufÅhren. Nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG ist auch ein TeilgewinnabfÅhrungsvertrag mÇglich, der jedoch fÅr eine steuerliche Organschaft nicht ausreicht.

2.1

Eine gesetzliche Regelung zum GewinnabfÅhrungsvertrag existiert nur in den §§ 291 ff. AktG, die lediglich den Fall der Aktiengesellschaft als abhngige Gesellschaft regeln.1 Welche Rechtsform das herrschende Unter-

2.2

1 Zur Anwendung der §§ 291 ff. AktG auf die SE als abhngige Gesellschaft s. Habersack in Emmerich/Habersack7, Einl. Rz. 46 mwN.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

nehmen hat, ist hingegen grundstzlich unerheblich, wobei fÅr den Fall einer AG oder KGaA als herrschendem Unternehmen Besonderheiten bestehen (§ 293 Abs. 2 AktG).

2.3 Der in der Praxis deutlich hufigere Fall der abhngigen GmbH ist hingegen nicht gesellschaftsrechtlich geregelt. Dass ein solcher GewinnabfÅhrungsvertrag mÇglich ist, ist unstreitig und von § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG und § 17 KStG vorausgesetzt.1 § 17 KStG enthlt Anforderungen an den Inhalt des GewinnabfÅhrungsvertrages, ohne die die steuerliche Anerkennung versagt bleibt, stellt jedoch keine gesellschaftsrechtliche Regelung dar.2 Inwieweit die Regelungen des Aktiengesetzes auf den Fall der abhngigen GmbH entsprechend anzuwenden sind, ist unklar und umstritten. Dies gilt sowohl fÅr die Regelungen zum Zustandekommen des Vertrags als auch fÅr die Bestimmungen Åber die Sicherung der außenstehenden Aktionre.3 Einzelheiten sind nachfolgend jeweils im Zusammenhang erÇrtert.

II. Gewinn der Gesellschaft und Gewinnanspruch der Gesellschafter 1. Aktiengesellschaft

2.4 Gemß § 58 Abs. 4 AktG haben die Aktionre einer Aktiengesellschaft Anspruch auf den Bilanzgewinn. Dieser wird gem. § 60 Abs. 1 AktG grundstzlich nach dem jeweiligen Anteil am Grundkapital an die Aktionre verteilt.

2.5 Ausgangspunkt fÅr die Ermittlung des Bilanzgewinns ist gem. §§ 58, 158 Abs. 1 AktG der nach handelsrechtlichen Regeln ermittelte JahresÅberschuss. Das Gliederungsschema des § 158 Abs. 1 AktG zeigt die Gewinnund Verlustrechnung im Anschluss an den JahresÅberschuss hin zum Bilanzgewinn.

2.6 Das Aktiengesetz regelt im Einzelnen die Verteilung der Kompetenzen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat einerseits und Hauptversammlung andererseits zur Verwendung des JahresÅberschusses und zur VerfÅgung Åber die RÅcklagen der Gesellschaft. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Verwaltung grundstzlich daran interessiert ist, AusschÅttungen an die Aktionre zu begrenzen, um das Eigenkapital der Gesellschaft zu 1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 17; Deilmann in HÇlters2, § 291 AktG Rz. 6; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 66; Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 6; Liebscher in Happ, Konzern- und Umwandlungsrecht, Muster 1.02 Rz. 1.9; Paschos in Henssler/Strohn2, § 291 AktG Rz. 5; Veil in Spindler/Stilz2, § 293 AktG Rz. 4. 2 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 66; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 291 Rz. 79. 3 Hierzu ausfÅhrlich Baldamus, ZGR 2007, 843; Kort, Der Abschluss von Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrgen im GmbH-Recht, 4 f.

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A. Grundlagen

strken, whrend die Aktionre an mÇglichst hohen AusschÅttungen interessiert sind.1 Zunchst ist zur Ermittlung des Bilanzgewinns aus dem JahresÅberschuss ein Gewinn- bzw. Verlustvortrag aus dem Vorjahr zu berÅcksichtigen (§ 158 Abs. 1 Nr. 1 AktG).

2.7

Sodann sind Entnahmen aus der KapitalrÅcklage zu addieren (§ 158 Abs. 1 Nr. 2 AktG). Eine Verminderung um Einstellungen in die KapitalrÅcklage kommt nicht in Betracht, da gem. § 272 Abs. 2 HGB nur Leistungen der Gesellschafter als KapitalrÅcklage auszuweisen sind und damit keine ZufÅhrungen aus dem JahresÅberschuss mÇglich sind.2 Entnahmen aus den KapitalrÅcklagen nach § 272 Abs. 2 Nrn. 1-3 HGB sind nur zu den in den § 150 Abs. 3 und 4 AktG geregelten Verwendungszwecken mÇglich, also unter bestimmten Voraussetzungen zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags oder eines Verlustvortrags. ber diese Entnahmen aus der KapitalrÅcklage wird im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses entschieden, so dass die Zustndigkeit davon abhngt, ob Vorstand und Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung den Jahresabschluss feststellen. Die ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen mÇgliche Verwendung zur KapitalerhÇhung aus Gesellschaftsmitteln wird allerdings nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst, da es sich um eine Umbuchung von der KapitalrÅcklage in das Grundkapital handelt.3 Bei der Position nach § 158 Abs. 1 Nr. 2 AktG werden außerdem Entnahmen aus der KapitalrÅcklage bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung nach § 229 AktG erfasst.4

2.8

Gemß § 158 Abs. 1 Nr. 3 AktG sind weiterhin Entnahmen aus den GewinnrÅcklagen zu addieren. Entnahmen aus der gesetzlichen RÅcklage sind dabei ebenfalls nur nach den § 150 Abs. 3 und 4 AktG mÇglich und erfolgen im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses, also entweder durch Vorstand und Aufsichtsrat oder durch die Hauptversammlung. RÅcklagen fÅr Anteile an herrschenden Unternehmen kÇnnen nur nach § 272 Abs. 4 HGB aufgelÇst werden. Ob Entnahmen aus satzungsgemßen RÅcklagen mÇglich sind, richtet sich nach der Satzung.

2.9

Der JahresÅberschuss wird gem. § 158 Abs. 1 Nr. 4 AktG gemindert um Einstellungen in GewinnrÅcklagen. Dazu gehÇrt zunchst die nach § 150

2.10

1 OLG Stuttgart v. 16.11.2005 – 20 U 2/05, WM 2006, 292 (295); Bayer in MÅnchKomm/AktG3, § 58 Rz. 2; Cahn/v. Spannenberg in Spindler/Stilz2, § 58 AktG Rz. 3; Drygala in KÇlnKomm/AktG3, § 58 Rz. 5, 14 ff.; Koch in HÅffer11, § 58 AktG Rz. 1. 2 Kessler/Freisleben in MÅnchKomm/AktG3, § 158 Rz. 11; Koch in HÅffer11, § 158 AktG Rz. 3; Waclawik in HÇlters2, § 158 AktG Rz. 6. 3 BrÇnner in Großkomm/AktG4, § 158 Rz. 7; Kessler/Freisleben in MÅnchKomm/ AktG3, § 158 Rz. 11; Kleindiek in K. Schmidt/Lutter2, § 158 AktG Rz. 5, Koch in HÅffer11, § 158 AktG Rz. 3. 4 BrÇnner in Großkomm/Akt4, § 158 Rz. 22; Kessler/Freisleben in MÅnchKomm/ AktG3, § 158 Rz. 10; Waclawik in HÇlters2, § 158 AktG Rz. 6.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

AktG zu bildende gesetzliche RÅcklage. § 58 AktG regelt (abgesehen von verpflichtend zu bildenden RÅcklagen fÅr Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen nach § 272 Abs. 4 HGB), in welchem Umfang Betrge in andere GewinnrÅcklagen eingestellt werden kÇnnen. Im Rahmen einer steuerlichen Organschaft sind aber zustzlich immer die Beschrnkungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG zu beachten.

2.11 § 58 AktG dient insbesondere dazu, den Gewinnanspruch der Aktionre davor zu schÅtzen, dass der verteilungsfhige Bilanzgewinn durch Åbermßige Einstellungen in andere GewinnrÅcklagen geschmlert wird. Deshalb ist die Einstellung in andere GewinnrÅcklagen bei der Feststellung des Jahresabschlusses durch Vorstand und Aufsichtsrat gem. § 58 Abs. 2 AktG begrenzt und die Satzung kann bei Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung nur in den Grenzen des § 58 Abs. 1 AktG die Einstellung in RÅcklagen vorsehen. Der Schutz der Aktionre vor einer AushÇhlung ihres Dividendenrechts ist allerdings nur unvollkommen, da die Verwaltung in gewissem Umfang bereits die Entstehung eines JahresÅberschusses verhindern kann, insbesondere durch die Bildung stiller Reserven oder durch die Thesaurierung von Gewinnen in Tochtergesellschaften. Inwieweit hierfÅr rechtliche Grenzen bestehen, ist umstritten, wobei die wohl herrschende Meinung davon ausgeht, dass der Vorstand insbesondere bei Åbermßiger Thesaurierung von Gewinnen in Tochtergesellschaften gegen seine Sorgfaltspflicht nach § 93 Abs. 1 AktG verstoßen kann.1

2.12 Gemß § 58 Abs. 3 AktG kann die Hauptversammlung im Beschluss Åber die Verwendung des Bilanzgewinns weitere Betrge in GewinnrÅcklagen einstellen oder als Gewinn vortragen. Dabei handelt es sich aber um eine Verwendung des Bilanzgewinns auf Basis des festgestellten Jahresabschlusses, die diesen nicht mehr ndert, also nicht nach § 158 Abs. 1 Nr. 4 AktG zu erfassen, sondern im nchsten Jahresabschluss im Anhang zu erlutern ist.2

2.13 ber die Verwendung des Bilanzgewinns entscheidet sodann die (ordentliche) Hauptversammlung (§§ 174 ff. AktG). Sie kann dabei die AusschÅttung an die Aktionre (bei entsprechender Satzungsermchtigung im Wege der SachausschÅttung, § 58 Abs. 5 AktG), die Einstellung in GewinnrÅcklagen oder den Vortrag auf neue Rechnung beschließen (§ 174 Abs. 2 AktG). Der Beschluss Åber die Verwendung des Bilanzgewinns kann gem. § 254 Abs. 1 AktG angefochten werden, wenn Einstellungen in 1 Vgl. Bayer in MÅnchKomm/AktG3, § 58 Rz. 19; Cahn/v. Spannenberg in Spindler/Stilz2, § 58 AktG Rz. 4; Drygala in KÇlnKomm/AktG3, § 58 Rz. 63, 69; Koch in HÅffer11, § 58 AktG Rz. 2. 2 Kessler/Freisleben in MÅnchKomm/AktG3, § 158 Rz. 30; Kleindiek in K. Schmidt/Lutter2, § 158 AktG Rz. 7; Koch in HÅffer11, § 158 AktG Rz. 5; Vetter in Henssler/Strohn2, § 158 AktG Rz. 6; Waclawik in HÇlters2, § 158 AktG Rz. 13.

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A. Grundlagen

die GewinnrÅcklagen oder ein Vortrag auf neue Rechnung bei vernÅnftiger kaufmnnischer Beurteilung nicht notwendig sind, um die Lebensund Widerstandsfhigkeit der Gesellschaft fÅr einen hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Notwendigkeiten Åbersehbaren Zeitraum zu sichern, und dadurch unter die Aktionre kein Gewinn i.H.v. mindestens 4 % des Grundkapitals verteilt werden kann. Diese Vorschrift dient dem Schutz der Minderheit davor, dass Dividenden dauerhaft vorenthalten werden. 2. Gesellschaft mit beschrnkter Haftung Da in der GmbH die Gesellschafter sowohl Åber die Feststellung des Jahresabschlusses als auch Åber die Verwendung des Ergebnisses entscheiden (§ 46 Nr. 1 GmbHG), stellt sich hier nicht wie bei der AG das Problem der Verteilung der Kompetenz zur Verwendung von JahresÅberschuss und RÅcklagen zwischen Geschftsleitung und Gesellschaftern. Gemß § 29 Abs. 1 Satz 1 GmbHG haben die Gesellschafter Anspruch auf den JahresÅberschuss, zzgl. eines Gewinnvortrags und abzgl. eines Verlustvortrags, soweit der sich ergebende Betrag nicht nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag oder aufgrund Gesellschafterbeschlusses von der Verteilung ausgeschlossen ist. Die Verteilung erfolgt gem. § 29 Abs. 3 GmbHG nach dem Verhltnis der Geschftsanteile, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt.

2.14

Nach herrschender Meinung ist auf die GmbH die Regelung des § 254 Abs. 1 AktG, insbesondere die 4 %-MindestausschÅttung, nicht entsprechend anwendbar.1 Jedoch ist der Ergebnisverwendungsbeschluss analog des allgemeinen § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar, wenn er gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstÇßt, insbesondere weil unangemessen hohe RÅcklagen zu Lasten der AusschÅttung an die Gesellschafter gebildet werden. Ob das der Fall ist, richtet sich nicht nach der starren 4 %-Grenze, sondern ist nach den Umstnden des Einzelfalls zu beurteilen.2 Damit besteht auch in der GmbH ein Schutz der Minderheit vor unangemessener Thesaurierung. Im Rahmen einer steuerlichen Organschaft sind wiederum zustzlich die Beschrnkungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG zu beachten.

2.15

1 RÇmermann in Michalski2, Anh. § 47 GmbHG Rz. 347; Wertenbruch in MÅnchKomm/GmbHG1, Anh. § 47 Rz. 144; aA fÅr die kapitalistisch strukturierte GmbHG Fastrich in Baumbach/Hueck20, § 29 GmbHG Rz. 43. 2 Fastrich in Baumbach/Hueck20, § 29 GmbHG Rz. 30; Stilz in Spindler/Stilz2, § 254 AktG Rz. 3; Wertenbruch in MÅnchKomm/GmbHG, Anh. § 47 Rz. 144.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

III. BedÅrfnis fÅr GewinnabfÅhrungsvertrag; Kombination mit Beherrschungsvertrag; isolierter GewinnabfÅhrungsvertrag 2.16 In der Praxis werden GewinnabfÅhrungsvertrge in der Regel geschlossen, um die Voraussetzungen einer kÇrperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG bzw. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG herzustellen.1 Sie werden hufig mit Beherrschungsvertrgen kombiniert, auch wenn dies fÅr die ertragsteuerliche Organschaft nicht erforderlich ist, weil § 14 KStG fÅr eine wirksame Organschaft nur den Abschluss und die DurchfÅhrung eines GewinnabfÅhrungsvertrags verlangt.

2.17 Durch den Beherrschungsvertrag erhlt das herrschende Unternehmen die MÇglichkeit, der abhngigen Gesellschaft Weisungen zu erteilen, die diese grundstzlich befolgen muss (§ 308 AktG). Das ermÇglicht die einheitliche KonzernfÅhrung. Bei einem isolierten GewinnabfÅhrungsvertrag bestÅnde diese MÇglichkeit nicht. Insbesondere bestÅnde keine Befolgungspflicht beim abhngigen Unternehmen und damit keine Leitungsmacht.2 Nachteile, die der abhngigen Gesellschaft aufgrund eines Rechtsgeschfts entstehen, zu dem sie das herrschende Unternehmen veranlasst hat, mÅsste dieses gem. § 311 AktG ausgleichen. Andernfalls wÅrden sich das herrschende Unternehmen und dessen gesetzliche Vertreter gem. § 317 AktG ersatzpflichtig machen. Außerdem kann der Beherrschungsvertrag zur Absicherung der organisatorischen Eingliederung fÅr die umsatzsteuerliche Organschaft sinnvoll sein.

2.18 Trotz dieser praktischen Aspekte ist der isolierte GewinnabfÅhrungsvertrag nach herrschender Meinung zulssig, da er sowohl vom Aktiengesetz als auch vom KÇrperschaftsteuergesetz vorausgesetzt wird (vgl. etwa § 316 AktG).3

2.19 Bei Bestehen eines isolierten GewinnabfÅhrungsvertrags ist die abhngige Gesellschaft von der Erstellung eines Abhngigkeitsberichts gem. § 316 AktG befreit. Dementsprechend kann es auch nicht zu einer Haftung der Verwaltungsmitglieder des abhngigen Unternehmens nach § 318 AktG kommen, da diese daran anknÅpft, dass die NachteilszufÅgung pflicht1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 52; Deilmann in HÇlters2, § 291 AktG Rz. 3; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 291 Rz. 8; Veil in Spindler/Stilz2, Vor § 291 AktG Rz. 16. 2 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 150; Deilmann in HÇlters2, § 291 AktG Rz. 52; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 49; Koch in HÅffer11, § 291 AktG Rz. 23, 27; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 291 Rz. 89 zur Weisungsgebundenheit beim GewinnabfÅhrungsvertrag; Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 71 Rz. 16; Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 291 AktG Rz. 60; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 291 Rz. 172; Paschos in Henssler/Strohn2, § 291 AktG Rz. 43. 3 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 148 f.; Emmerich in Emmerich/ Habersack7, § 291 AktG Rz. 60 f.; Koch in HÅffer11, § 291 AktG Rz. 24; Veil in Spindler/Stilz 2, § 291 AktG Rz. 40 ff.; aA Sonnenschein, AG 1976, 147.

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A. Grundlagen

widrig nicht in den Abhngigkeitsbericht aufgenommen wurde.1 In Betracht kommt allerdings eine Haftung nach §§ 93 Abs. 2 und 117 Abs. 2 AktG.2 Nach der nderung des § 57 AktG durch das MoMiG3 fÅhren gem. § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG auch beim isolierten GewinnabfÅhrungsvertrag Leistungen an Gesellschafter, die nicht dem Drittvergleich entsprechen, nicht zu einer verbotenen KapitalrÅckgewhr nach § 57 Abs. 1 AktG und damit nicht zur Haftung nach § 62 AktG. Nunmehr sind nmlich Leistungen „bei Bestehen eines Beherrschungs- oder GewinnabfÅhrungsvertrags“ ausgenommen, whrend dies frÅher nur Leistungen aufgrund des Vertrags waren, was beim isolierten GewinnabfÅhrungsvertrag allein die GewinnabfÅhrung selbst erfasste.4 Dennoch ist in der Praxis die Kombination mit einem Beherrschungsvertrag in der Regel sinnvoll (zu den konzernrechtlichen Aspekten hierzu s. noch Rz. 2.107), wenn hiergegen nicht spezifische Erwgungen sprechen (hierzu etwa Rz. 2.109).

IV. Rechtsnatur des GewinnabfÅhrungsvertrags Die Besonderheit des GewinnabfÅhrungsvertrags, die er mit anderen konzernrechtlichen Vertragsformen, insbesondere dem Beherrschungsvertrag, teilt, besteht darin, dass er die rechtliche Organisationsstruktur der abhngigen Gesellschaft fundamental ndert. Diese erwirtschaftet ihren Gewinn nicht mehr wie eine unabhngige Gesellschaft fÅr die Gesellschafter, sondern fÅr den anderen Vertragsteil.5 Die Gewinnverteilungsregeln gelten zwar fort, laufen aber ins Leere, da in der Regel kein verteilungsfhiger Bilanzgewinn mehr entsteht. Aufgrund dieses Eingriffs in die organisatorischen Regelungen des Gesetzes und der Satzung werden GewinnabfÅhrungs- und Beherrschungsvertrag teilweise als „Organisationsvertrge“ bezeichnet.6 Aus dieser Natur resultieren die besonderen Anforderungen an das Zustandekommen des Vertrags, die neben dem gewÇhnlichen rechtsgeschftlichen Vertragsschluss zustzlich die Zustimmung der Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit erfordern. Allerdings ist der Auffassung beizupflichten, nach der sich allein aus der Einstufung als Organisationsvertrag keine Folgerungen fÅr konkrete Rechtsfragen im Zusammenhang mit Unternehmensvertrgen ergeben, etwa fÅr die Frage des Umfangs der Vertragsfreiheit; vielmehr sind diese anhand der konkre-

1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 316 Rz. 16; Habersack in Emmerich/Habersack7, § 318 AktG Rz. 5; Leuering/Goertz in HÇlters2, § 316 AktG Rz. 9. 2 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 318 Rz. 3; Leuering/Goertz in HÇlters2, § 318 AktG Rz. 3 f.; Koch in HÅffer11, § 318 AktG Rz. 1. 3 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekmpfung von Missbruchen (MoMiG) vom 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026. 4 Bayer in MÅnchKomm/AktG3, § 57 Rz. 139; Cahn/v. Spannenberg in Spindler/ Stilz2, § 57 AktG Rz. 136; Laubert in HÇlters2, § 57 AktG Rz. 15. 5 MÅhl/Wagenseil, NZG 2009, 1253. 6 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 25 ff.; Veil in Spindler/Stilz2, Vor. § 291 AktG Rz. 26.

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2.20

Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

ten Problemstellung nach allgemeinen Regeln zu lÇsen und nicht Åber eine begriffliche Ableitung.1

B. Beteiligte Gesellschaften I. Verpflichtetes Unternehmen 2.21 Bei den Beteiligten des GewinnabfÅhrungsvertrags ist entlang der vertragscharakteristischen Leistung der GewinnabfÅhrung das hierzu verpflichtete Unternehmen von dem berechtigten Unternehmen zu unterscheiden, das die GewinnabfÅhrungen erhlt.

2.22 Verpflichtetes Unternehmen nach dem GewinnabfÅhrungsvertrag kÇnnen zunchst deutschem Recht unterliegende2 Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien sein, daneben deutschem Recht unterliegende Gesellschaften mit beschrnkter Haftung.3 GewinnabfÅhrungsvertrge mit Personengesellschaften dÅrften, wenngleich mÇglich,4 praktisch kaum Bedeutung haben,5 da diese steuerlich ohnehin transparent sind und daher weder BedÅrfnis noch MÇglichkeit der BegrÅndung einer Organschaft bestehen. Deshalb wird ihre Zulssigkeit hier nicht nher erlutert. Inwieweit eine Gesellschaft, die auslndischem Recht unterliegt, sich durch Vertrag verpflichten kann, ihren Gewinn an ein anderes Unternehmen abzufÅhren, ist eine Frage des anwendbaren auslndischen Gesellschaftsrechts6 (siehe hierzu eingehend Rz. 26.1 ff). II. Berechtigtes Unternehmen

2.23 Nach herrschender Meinung muss es sich bei dem berechtigten Vertragsteil um ein Unternehmen im konzernrechtlichen Sinn handeln, also eine Person, die „eine wirtschaftliche Interessenbindung außerhalb der Gesellschaft [...] [hat], die stark genug ist, um die ernste Besorgnis zu begrÅnden, der Aktionr kÇnnte um ihretwillen seinen Einfluss zum Nachteil der Ge1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 28; Koppensteiner in KÇlnKomm3, Vor. § 291 Rz. 156 ff.; Veil in Spindler/Stilz2, Vor. § 291 AktG Rz. 28 ff. 2 Hierzu Koch in HÅffer11, § 291 AktG Rz. 5; Veil in Spindler/Stilz2, § 291AktG Rz. 5. 3 Kort, Der Abschluss von Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrgen im GmbH-Recht, S 4 f.; ZÇllner, ZGR 1992, 173 (175); vgl. BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88 – Supermarkt, BGHZ 105, 324 (330 f.) = GmbHR 1989, 25 = NJW 1989, 295 (296); v. 30.1.1992 – II ZB 15/91, GmbHR 1992, 253 = NJW 1992, 1452. 4 Baumgartl, Die konzernbeherrschte Personengesellschaft, 59 ff.; Raiser, ZGR 1980, 558 (563 ff.); Veil in Spindler/Stilz2, § 291 AktG Rz. 4; aA Reuter, ZHR 146 (1982), 1 (15 ff.); Schneider, ZGR 1975, 253 (266 ff.). 5 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 18; Koch in HÅffner11, § 291 AktG Rz. 5. 6 Koch in HÅffer11, § 291AktG Rz. 5; MÅlbert in Großkomm/AktG4, Vor. § 291 Rz. 27.

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B. Beteiligte Gesellschaften

sellschaft geltend machen“.1 Dieses Tatbestandsmerkmal ist die primre Voraussetzung fÅr die Anwendung der konzernrechtlichen Schutzvorschriften zugunsten des abhngigen Unternehmens.2 Dass es auch Voraussetzung dafÅr ist, dass ein GewinnabfÅhrungsvertrag geschlossen werden kann, wird damit begrÅndet, dass europarechtlich die Abweichung vom VermÇgensschutzregime der Kapitalrichtlinie, die ein GewinnabfÅhrungsvertrag darstelle, nur im Rahmen eines Vertrags mit einem anderen Unternehmen mÇglich sei.3 Gesellschaftsrechtlich ist ein GewinnabfÅhrungsvertrag mit mehreren herrschenden Unternehmen oder mit einer durch mehrere herrschende Unternehmen gebildete Personengesellschaft zulssig.4 Die Vertragspartner haften gesamtschuldnerisch fÅr die Verpflichtungen aus dem GewinnabfÅhrungsvertrag, insbesondere den Verlustausgleich nach § 302 Abs. 1 AktG.5 Diese gesellschaftsrechtliche MÇglichkeit hat aber nach Abschaffung der steuerlichen MehrmÅtterorganschaft mit dem StVergAbG v. 16.5.2003 keine praktische Bedeutung mehr. Der Gewinn kann nicht mehr aufgeteilt werden, sondern muss an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abgefÅhrt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG).

2.24

Ein GewinnabfÅhrungsvertrag muss nicht zwingend mit einem Beherrschungsvertrag verknÅpft werden, auch wenn dies in der Praxis hufig ist. Bereits die Existenz der §§ 316, 324 Abs. 1 S. 1 AktG zeigen die Zulssigkeit von isolierten GewinnabfÅhrungsvertrgen.6 Zudem muss der GewinnabfÅhrungsvertrag grundstzlich nicht zwischen einem herrschenden Unternehmen und seiner abhngigen Gesellschaft geschlossen werden.7 Das ergibt sich daraus, dass eine entsprechende Voraussetzung in § 291 AktG nicht vorgesehen ist, und etwa § 316 AktG im Unterschied dazu fÅr seinen Anwendungsbereich ausdrÅcklich das Bestehen des Vertrags zwischen herrschendem Unternehmen und abhngiger Gesellschaft als Voraussetzung nennt. In der Praxis ist aber bisher allein der Fall des GewinnabfÅhrungsvertrags zwischen einem herrschendem Unternehmen und einer (zumindest Åber vermittelnde zwischengeschaltete Gesellschaf-

2.25

1 BGH v. 13.10.1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334 = NJW 1978, 104; s. auch Veil in Spindler/Stilz2, § 291 AktG Rz. 6. 2 BGH v. 13.10.1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334 = NJW 1978, 104; vgl. Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 15 AktG Rz. 6, 8; Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 291AktG Rz. 11 f. 3 Langenbuchner in K. Schmidt/Lutter3, § 291 AktG Rz. 12; Veil in Spindler/ Stilz2, § 291 AktG Rz. 7. 4 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 23, 109; MÅlbert in Großkomm/ AktG4, § 291 Rz. 103. 5 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 114. 6 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 142, 148; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 6; Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 291 AktG Rz. 53. 7 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 50; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 291 Rz. 7.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

ten) abhngigen Gesellschaft relevant, weil gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG die finanzielle Eingliederung Voraussetzung der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft ist (hierzu Kapitel 12). Deshalb wird nachfolgend auch die verpflichtete Gesellschaft als abhngige Gesellschaft und der andere Vertragsteil als herrschendes Unternehmen bezeichnet. Allerdings kÇnnten unionsrechtliche Vorgaben dazu fÅhren, dass kÅnftig auch – gesellschaftsrechtlich zulssige – GewinnabfÅhrungsvertrge zwischen Schwestergesellschaften eine Rolle spielen (Rz. 12.12 ff.).

2.26 Umstritten ist hingegen, ob es mÇglich ist, den GewinnabfÅhrungsvertrag zwischen zwei Unternehmen abzuschließen, aber die Pflicht zur AbfÅhrung des Gewinns an ein drittes Unternehmen zu begrÅnden (GewinnabfÅhrungsvertrag zugunsten Dritter).1 Die Schwierigkeit besteht hier darin, dass in einem solchen Fall die Schutzmechanismen, insbesondere die Pflicht zum Verlustausgleich, und die GewinnabfÅhrung auseinanderfallen. Gegen die Zulssigkeit eines solchen GewinnabfÅhrungsvertrags zugunsten Dritter spricht zunchst nicht, dass die Vertragspartnerin dann die Lasten aus dem Vertrag trgt, aber nicht von der GewinnabfÅhrung profitiert.2 Diese Frage betrifft allein das Verhltnis zwischen der Vertragspartnerin und dem begÅnstigten Unternehmen, wo u.U. Konzernrecht und Kapitalschutz entgegenstehen kÇnnen, aber nicht mÅssen. Aus Sicht der abhngigen Gesellschaft erscheint das Auseinanderfallen irrelevant, solange die Werthaltigkeit des Verlustausgleichsanspruchs gesichert ist.3 Dennoch ist die herrschende Meinung zurÅckhaltend und lsst entweder den GewinnabfÅhrungsvertrag nur zwischen Tochter und Enkel zugunsten der Mutter oder unter der zustzlichen Voraussetzung, dass die begÅnstigte Gesellschaft die Verlustausgleichspflicht Åbernimmt,4 zu.

2.27 GewinnabfÅhrungsvertrge mit auslndischen Unternehmen als Berechtigter Vertragspartei sind nach herrschender Meinung unter der Voraussetzung zulssig, dass die Sicherungsrechte der §§ 300 ff. AktG gegenÅber diesem durchsetzbar sind (eingehend zu grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrgen Rz. 26.9 ff.).5

1 Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 291 AktG Rz. 563. 2 Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 291 AktG Rz. 563; aA Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 57; sowie noch HÅffer10, § 291 AktG Rz. 25. 3 In diese Richtung Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 291 Rz. 96; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 291 Rz. 166. 4 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 58; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 291 Rz. 96. 5 Zu Einzelheiten s. Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, Vor. §§ 291 ff. Rz. 46 ff.

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C. Inhalt und Auslegung des GewinnabfÅhrungsvertrags

C. Inhalt und Auslegung des GewinnabfÅhrungsvertrags I. Inhalt 1. Allgemeine berlegungen Unternehmensvertrge mÅssen sich allgemein im Rahmen der mÇglichen Inhalte nach §§ 291 ff. AktG richten. Ein GewinnabfÅhrungsvertrag muss daher vorsehen, dass die verpflichtete Partei ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abfÅhrt.1 Der Spielraum fÅr weitere Regelungen ist durch zwingendes Recht begrenzt.2 Ist abhngige Gesellschaft eine Aktiengesellschaft, gilt insbesondere die aktienrechtliche Satzungsstrenge.3

2.28

Es wird diskutiert, ob im Vertrag der Typ des Unternehmensvertrags ausdrÅcklich und korrekt bezeichnet werden muss. Nach herrschender Meinung, der zuzustimmen ist, ist das nicht erforderlich.4 Es wird sich aber dennoch in der Regel empfehlen.

2.29

2. Abfindung und Ausgleich a) Anwendungsbereich Besonderheiten fÅr den Inhalt des GewinnabfÅhrungsvertrags bestehen im Falle einer Aktiengesellschaft als verpflichtetem Unternehmen, wenn diese außenstehende Gesellschafter hat, also Gesellschafter die nicht begÅnstigte Partei des GewinnabfÅhrungsvertrags sind und mit der begÅnstigten Partei auch keine wirtschaftliche Einheit bilden (zu den steuerlichen Fragen bei außenstehenden Gesellschaftern s. ausfÅhrlich Rz. 15.28 ff.).5 Ist das der Fall, muss der Vertrag mit der abhngigen Aktiengesellschaft Ausgleich und Abfindung fÅr die außenstehenden Aktionre regeln (§§ 304 Abs. 1 Satz 1, 305 Abs. 1 AktG).

2.30

In der Praxis dÅrften GewinnabfÅhrungsvertrge, insbesondere in der Form des isolierten GewinnabfÅhrungsvertrags, ohne Abfindung und Ausgleich Åberwiegen, da steuerlich motivierte GewinnabfÅhrungsvertrge in der Regel mit Konzerngesellschaften geschlossen werden, die

2.31

1 Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 291 AktG Rz. 52; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 291 Rz. 144. 2 Zu den Grenzen der Vertragsfreiheit s. etwa Meilicke/Kleinertz in Heidel4, § 291 AktG Rz. 22 ff. 3 Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 293 AktG Rz. 7; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 13; Veil in Spindler/Stilz2, § 293 AktG Rz. 3. 4 OLG MÅnchen v. 24.6.2008 – 31 Wx 83/07, NZG 2008, 753; Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 AktG Rz. 7; Hirte/Schall, Der Konzern 2006, 243 (244 f.); fÅr den Beherrschungsvertrag Koch in HÅffer11, § 291 AktG Rz. 13; Paschos in Henssler/Strohn2, § 291 AktG Rz. 14; aA Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 14. 5 Liebscher in Happ, Konzern- und Umwandlungsrecht, Muster 1.01 Rz. 38.9; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 26 ff.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

keine außenstehenden Gesellschafter haben. Unternehmensvertrge mit Aktiengesellschaften mit außenstehenden Aktionren finden sich in der Praxis hufig nach bernahmen bÇrsennotierter Gesellschaften durch Çffentliches bernahmeangebot. Diese dienen aber vorrangig dazu, die Kontrolle der Gesellschaft auf eine vertragliche Basis zu stellen und konzernrechtliche Haftungsrisiken im faktischen Konzern (§§ 317 f. AktG) auszuschließen. Daher werden in diesen Konstellationen primr Beherrschungsvertrge geschlossen, teilweise isoliert, teilweise in Kombination mit einem GewinnabfÅhrungsvertrag.

2.32 Ob auch ein GewinnabfÅhrungsvertrag mit einer GmbH, die außenstehende Gesellschafter hat, Abfindung und Ausgleich regeln muss, ist unklar. Die Frage ist eng verknÅpft mit der Frage, welche Anforderungen an den Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung zum GewinnabfÅhrungsvertrag gestellt werden (hierzu Rz. 2.59 ff.). Die wohl Åberwiegende Auffassung verlangt die Zustimmung aller Gesellschafter der GmbH und hlt im Gegenzug die Anwendung der §§ 304, 305 AktG auf den Fall der verpflichteten GmbH fÅr nicht erforderlich. Man geht davon aus, dass die Minderheitsgesellschafter durch das Zustimmungserfordernis geschÅtzt sind und der Minderheitenschutz so auf dem Einigungsweg geregelt werden kann.1 Die vertraglichen Regelungen zu Abfindung und Ausgleich werden daher nachfolgend anhand des Falls der Aktiengesellschaft als verpflichtete Gesellschaft behandelt. b) Ausgleichsanspruch

2.33 Da die Aktionre, die nicht Partei des GewinnabfÅhrungsvertrags sind, nach dessen Wirksamwerden in der Regel keine Dividenden mehr erhalten, muss ihnen der Vertrag als Ersatz hierfÅr einen jhrlich zu zahlenden Ausgleich gewhren. Verpflichteter muss der andere Vertragsteil, also nicht die abhngige Gesellschaft sein.2

2.34 Die HÇhe des Ausgleichs richtet sich gem. § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG nach dem Gewinnanteil, der angesichts der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren kÅnftigen Ertragsaussichten voraussichtlich als Gewinnanteil an die Aktionre verteilt werden kÇnnte.3 Damit ist fÅr die Ermittlung des Ausgleichs grundstzlich von einer VollausschÅttung auszuge1 Baldamus, ZGR 2007, 819 (843); Bredow/Liebscher, BB 2003, 393; Hasselbach/ Hirte in Großkomm/AktG4, § 304 Rz. 142; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 19. 2 Stephan in K. Schmidt/Lutter2, § 304 AktG Rz. 20; Paulsen in MÅnchKomm/ AktG3,§ 304 Rz. 23; zum Begriff des außenstehenden Aktionrs vgl. Deilmann in HÇlters2, § 304 AktG Rz. 6 ff.; Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 111. 3 Umfassend zur Berechnung des Ausgleichs: Stephan in K. Schmidt/Lutter2, § 304 AktG Rz. 75 ff.; Veil in Spindler/Stilz2, § 304 AktG Rz. 54 ff.

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C. Inhalt und Auslegung des GewinnabfÅhrungsvertrags

hen.1 Nicht betriebsnotwendiges VermÇgen ist nicht zu berÅcksichtigen, soweit daraus nicht zustzliche Ertrge erzielt werden.2 Die HÇhe des Ausgleichs wird in der Praxis auf Basis einer Unternehmensbewertung der abhngigen Gesellschaft ermittelt, fÅr die Åblicherweise das Ertragswertverfahren nach dem IDW S1 Standard herangezogen wird. Maßgeblicher Bewertungsstichtag ist der Tag der Hauptversammlung der abhngigen Gesellschaft, die Åber die Zustimmung zum GewinnabfÅhrungsvertrag beschließt. Der sich so ergebende Unternehmenswert wird dann mithilfe des Diskontierungszinssatzes in eine jhrliche Ausgleichszahlung umgerechnet.3 Der BÇrsenkurs der abhngigen Gesellschaft braucht nicht als Untergrenze berÅcksichtigt zu werden, weil die Aktionre einen Ausgleich fÅr die kÅnftige Ertragskraft der Gesellschaft erhalten sollen und nicht eine Abfindung fÅr den Verlust des Eigentums an den Aktien.4 Ebenso wenig sind vom herrschenden Unternehmen bezahlte Vorerwerbspreise fÅr Aktien der abhngigen Gesellschaft oder deren Liquidationswert relevant.5

2.35

Ermittelt wird die Abfindung als Bruttobetrag ohne BerÅcksichtigung von KÇrperschaftsteuer und ist dann jeweils unter Abzug der aktuell gÅltigen KÇrperschaftsteuer zu gewhren.6

2.36

Ist der andere Vertragsteil eine Aktiengesellschaft oder KGaA kann der Ausgleich nach dem Betrag bemessen werden, der bei angemessenem Umrechnungsverhltnis auf Aktien der anderen Gesellschaft als Gewinnanteil entfllt (§ 304 Abs. 2 Satz 2 AktG). Die außenstehenden Aktionre werden dadurch so gestellt, als wren die abhngige und die herrschende Gesellschaft verschmolzen worden und als htten die außenstehenden Aktionre entsprechend Aktien der herrschenden Gesellschaft erhalten.7 Zur Ermittlung des angemessenen Umtauschverhltnisses ist allerdings eine Bewertung beider am GewinnabfÅhrungsvertrag beteiligten Unternehmen erforderlich, was einen erheblichen Aufwand darstellt. Deshalb sind entsprechende Regelungen in der Praxis nicht verbreitet.

2.37

1 Deilmann in HÇlters2, § 304 AktG Rz. 25. 2 BGH v. 21.7.2003 – II ZB 17/01, GmbHR 2003, 1362 = NZG 2003, 1017 (1019); Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 304 Rz. 74; Veil in Spindler/Stilz2, § 304 AktG Rz. 59. 3 BGH v. 21.7.2003 – II ZB 17/01, GmbHR 2003, 1362 = NZG 2003, 1017 (1019). 4 OLG Stuttgart v. 14.2.2008 – 20 W 10/06, NJOZ 2010, 1105 (1110); Veil in Spindler/Stilz2, § 304 AktG Rz. 54. 5 Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 92. 6 BGH v. 21.7.2003 – II ZB 17/01, GmbHR 2003, 1362 = NZG 2003, 1017; Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 304 Rz. 85; Veil in Spindler/Stilz2, § 304 AktG Rz. 60. 7 Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG4, § 304 Rz. 70.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

c) Abfindung

2.38 Nach § 305 Abs. 2 AktG sind entweder Aktien der herrschenden Gesellschaft zu gewhren, wenn diese eine nicht abhngige und nicht in Mehrheitsbesitz stehende AG oder KGaA mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR ist. Ist der andere Vertragsteil hingegen seinerseits abhngig oder steht er in Mehrheitsbesitz, so kann alternativ eine Barabfindung gewhrt werden. Ist die den anderen Vertragsteil beherrschende Gesellschaft ihrerseits eine EU/EWR AG oder KGaA, so kÇnnen außerdem deren Aktien als Abfindung angeboten werden.1 In allen anderen Fllen ist eine Barabfindung anzubieten. Werden als Abfindung Aktien des herrschenden Unternehmens gewhrt, so ist der außenstehende Aktionr wiederum so gestellt, als wren die herrschende und die abhngige Gesellschaft verschmolzen worden. Werden Aktien der herrschenden Gesellschaft gewhrt, muss dazu ein angemessenes Umtauschverhltnis gem. § 305 Abs. 3 Satz 1 AktG ermittelt werden.2 In der Praxis dÅrfte der Fall einer Barabfindung freilich am hufigsten sein. Im Falle einer Barabfindung bemisst sich diese nach dem vollen Wert der Beteiligung an der abhngigen Gesellschaft. Sie wird im Wege einer Unternehmensbewertung der abhngigen Gesellschaft ermittelt. Auch zur Ermittlung des Umtauschverhltnisses bei der Abfindung in Aktien ist eine Unternehmensbewertung, in diesem Fall sogar beider Gesellschaften erforderlich, so dass aus der Unternehmenswertrelation das Umtauschverhltnis ermittelt werden kann. Die Unternehmensbewertung erfolgt in der Praxis Åblicherweise nach der Ertragswertmethode nach den im IDW S1 Standard zur Unternehmensbewertung niedergelegten Grundstzen,3 wenngleich das gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung der abhngigen Gesellschaft Åber die Zustimmung zum GewinnabfÅhrungsvertrag.

2.39 Vom herrschenden Unternehmen in der Vergangenheit fÅr Kufe von Aktien der abhngigen Gesellschaft bezahlte Vorerwerbspreise sind fÅr die HÇhe der Abfindung nicht relevant. Die Abfindung darf allerdings nicht den BÇrsenpreis der Aktien der abhngigen Gesellschaft unterschreiten, damit die Aktionre mindestens den Wert erhalten, den sie durch Verußerung der Aktien an der BÇrse htten erzielen kÇnnen.4 Dabei ist auf einen Durchschnittskurs abzustellen, damit der Wert nicht durch kurzfristige Schwankungen des BÇrsenkurses verzerrt wird. Außerdem sollen 1 Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 305 Rz. 46; Meilicke/Kleinertz in Heidel4, § 305 AktG Rz. 21. 2 Koch in HÅffer11, § 305 AktG Rz. 21; Veil in Spindler/Stilz2, § 305 AktG Rz. 44. 3 Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 305 Rz. 113; Koch in HÅffer11, § 305 AktG Rz. 24; Stephan in K. Schmidt/Lutter2, § 305 AktG Rz. 49 ff. 4 BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94 – DAT/Altana, BVerfGE 100, 28 = NJW 1999, 3769; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 305 Rz. 52 ff.; Meilicke/ Kleinertz in Heidel4, § 305 AktG Rz. 36; Stephan in K. Schmidt/Lutter2, § 305 AktG Rz. 99.

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C. Inhalt und Auslegung des GewinnabfÅhrungsvertrags

Spekulationen auf die HÇhe der Abfindung nicht die Abfindung beeinflussen, so dass ein Durchschnittskurs vor Bekanntgabe der Absicht, einen GewinnabfÅhrungsvertrag abzuschließen, herangezogen werden muss. Nach der Rechtsprechung ist daher der Dreimonatszeitraum vor Bekanntgabe des beabsichtigten Vertragsschlusses maßgeblich.1 Liegt zwischen der Bekanntgabe des GewinnabfÅhrungsvertrags und der Hauptversammlung, die Åber die Zustimmung zu diesem entscheidet, ein lngerer Zeitraum, so kann es erforderlich sein, den „BÇrsenwert entsprechend der allgemeinen oder branchentypischen Wertentwicklung unter BerÅcksichtigung der seitherigen Kursentwicklung hochzurechnen“.2 3. Verlustausgleich Gemß § 302 Abs. 1 AktG muss bei Bestehen eines GewinnabfÅhrungsvertrags der andere Vertragsteil jeden whrend der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag ausgleichen (nher hierzu Rz. 2.81). Obwohl dies bei der abhngigen Aktiengesellschaft nicht unbedingt erforderlich wre, wird in der Praxis auch hierzu eine Regelung in den Vertrag aufgenommen. Im Falle der abhngigen GmbH ist gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG eine VerlustÅbernahme durch Verweis auf § 302 in seiner jeweils gÅltigen Fassung fÅr die steuerliche Anerkennung der Organschaft zwingend erforderlich (Rz. 3.36 ff.).

2.40

4. Befristung, Bedingung, RÅckbeziehung GewinnabfÅhrungsvertrge kÇnnen grundstzlich aufschiebend und/oder auflÇsend befristet abgeschlossen werden, also einen Anfangs- und/oder Endtermin vorsehen.3 Ebenso ist eine aufschiebende Bedingung zulssig, wobei allerdings die Eintragung in das Handelsregister erst nach Bedingungseintritt erfolgt (Rz. 2.66). Denkbar sind Bedingungen, die an die Erteilung einer ggf. erforderlichen Kartellfreigabe oder der Zustimmung des Aufsichtsrats anknÅpfen, was allerdings beim praktisch hufigsten Fall des GewinnabfÅhrungsvertrags mit einer 100 %-GmbH nicht relevant ist. Umstritten ist, ob auch auflÇsende Bedingungen zulssig sind.4

1 BGH v. 19.7.2010 – II ZB 18/09 – Stollwerck, BGHZ 186, 229 = NJW 2010, 2657; Meilicke/Kleinertz in Heidel4, § 305 AktG Rz. 36; Stephan in K. Schmidt/Lutter2, § 305 AktG Rz. 103; vgl. auch BÅcker, NZG 2010, 967. 2 BGH v. 19.7.2010 – II ZB 18/09 – Stollwerck, BGHZ 186, 229 = NJW 2010, 2657. 3 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 18; Krieger in HoffmannBecking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 16; Raiser/ Veil, Kapitalgesellschaftsrecht5, § 54 Rz. 18. 4 DafÅr Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 19; Krieger in HoffmannBecking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 16; dagegen Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293 Rz. 26; Emmerich in Emmerich/ Habersack7, § 293 AktG Rz. 18; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht5, § 54 Rz. 18; Veil in Spindler/Stilz2, § 305 AktG Rz. 8.

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2.41

Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

2.42 Anders als Beherrschungsvertrge kÇnnen GewinnabfÅhrungsvertrge auch rÅckwirkend abgeschlossen werden. Sie beeinflussen nur die die Verwendung des JahresÅberschusses, Åber die ohnehin jeweils erst nach Ablauf des Geschftsjahres entschieden wird. Deshalb ist jedenfalls RÅckwirkung fÅr Geschftsjahre zulssig, fÅr die der Jahresabschluss noch nicht festgestellt wurde. Die GewinnabfÅhrung kann dann nmlich noch im Jahresabschluss berÅcksichtigt werden. Von der herrschenden Meinung wird sogar eine darÅber hinausgehende RÅckwirkung zugelassen.1 Wurde allerdings fÅr ein Geschftsjahr bereits ein Gewinnverwendungsbeschluss gefasst, so haben die Aktionre bereits individuelle AusschÅttungsansprÅche erworben. FÅr eine RÅckwirkung, die in solche AnsprÅche eingreift, ist die Zustimmung aller Aktionre erforderlich.

2.43 Steuerlich ist gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG das Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger erstmals fÅr das Kalenderjahr zuzurechnen, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet, in dem der GewinnabfÅhrungsvertrag wirksam wird. Eine weitere RÅckwirkung dÅrfte daher nur geringe praktische Relevanz haben.

II. Auslegung 2.44 Ein GewinnabfÅhrungsvertrag beeinflusst die Rechte beliebiger Gesellschafter der verpflichteten Gesellschaft und verndert deren Organisationsstruktur. Damit ist er potentiell fÅr eine Vielzahl von Personen maßgeblich, die am Vertragsschluss selbst nicht beteiligt sind. Er wird der Hauptversammlung zur Zustimmung vorgelegt und in das Handelsregister eingetragen. Aus diesen GrÅnden ist der Vertrag objektiv auszulegen, wie etwa auch Gesellschaftsvertrge bzw. Satzungen.2 Umstnde außerhalb der Vertragsurkunde, die nicht allgemein erkennbar sind, insbesondere die Entstehungsgeschichte und die Vorstellungen der Parteien beim Vertragsschluss, bleiben bei der Auslegung außer Acht.3

1 Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 71 Rz. 11a; Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 291 AktG Rz. 54; aA (nur bis zum Beginn des laufenden Geschftsjahres) OLG MÅnchen v. 14.6.1991 – 23 U 4638/90, GmbHR 1994, 812 = ZIP 1992, 327 (330); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 55. 2 Deilmann in HÇlters2, § 291 AktG Rz. 69; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 291 Rz. 40; Veil in Spindler/Stilz2, Vor. § 291 AktG Rz. 34 f. 3 BFH v. 28.11.2007 – I R 94/06, BFHE 220, 51 = GmbHR 2008, 778; v. 23.1.2013 – I R 1/12, ZIP 2013, 1910; Deilmann in HÇlters2, § 291 AktG Rz. 69.

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D. Zustandekommen des GewinnabfÅhrungsvertrags

D. Zustandekommen des GewinnabfÅhrungsvertrags I. Vertragsschluss Wie ein gewÇhnlicher Vertrag muss der GewinnabfÅhrungsvertrag zwischen den beteiligten Unternehmen abgeschlossen werden. Diese werden dabei durch ihre organschaftlichen Vertreter (insb. Vorstand, GeschftsfÅhrer), ggf. in gemischter Gesamtvertretung, vertreten; die rechtsgeschftliche Vertretung, etwa allein durch Prokuristen, ist hingegen nicht mÇglich.1 Der Vertrag bedarf der Schriftform (§ 293 Abs. 3 AktG). Enthlt der GewinnabfÅhrungsvertrag mit der abhngigen GmbH ein Umtausch- oder Abfindungsangebot, bedarf er gem. § 15 Abs. 4 GmbHG der notariellen Beurkundung.2

2.45

Da in der Aktiengesellschaft der Vertrag der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf, kann diese den Vorstand gem. § 83 Abs. 1 Satz 2 AktG anweisen, den GewinnabfÅhrungsvertrag vorzubereiten und abzuschließen.3 Das gleiche gilt fÅr die Hauptversammlung der herrschenden Aktiengesellschaft.4 In der GmbH kÇnnen die Gesellschafter den GeschftsfÅhrern ohnehin Weisungen erteilen (§ 37 Abs. 1 GmbHG).

2.46

II. Zustimmung des Aufsichtsrats Der Vertragsschluss kann außerdem die Zustimmung des Aufsichtsrats erfordern, nmlich wenn sein Abschluss einen vorbehaltenen Gegenstand nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG darstellt.5 Nach herrschender Meinung ist allerdings eine solche Zustimmung in keinem Fall erforderlich, wenn die Hauptversammlung bzw. die Gesellschafterversammlung den Vorstand bzw. die GeschftsfÅhrer zum Vertragsschluss angewiesen haben.6 Ver1 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 15; Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 24; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 293 Rz. 10. 2 BGH v. 30.1.1992 – II ZB 15/91, GmbHR 1992, 253 = NJW 1992, 1452 = ZIP 1992, 395; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 41; Lutter/ Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff18, Anh. § 13 GmbHG Rz. 50; ZÇllner/Beurskens in Baumbach/Hueck20, Schlussanh. GmbH-Konzernrecht Rz. 53. 3 Altmeppen in MÅnchKomm3, § 293 Rz. 6; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 5. 4 Streitig, wie hier: Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293 Rz. 7 mit dem Hinweis, dass fÅr die Hauptversammlung der Obergesellschaft (als BegÅnstige) das Interesse an einem derartigen Recht viel weitereichender ist und somit mehr praktische Bedeutung hat; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 16 mit dem Hinweis, dass keine Åberzeugende BegrÅndung fÅr eine Einschrnkung vorliegt; Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 23; Veil in Spindler/Stilz2, § 293 AktG Rz. 3; aA Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 9. 5 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293 Rz. 10 f.; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 7. 6 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293 Rz. 10 f.; Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 25; Peres in Heidel4, § 293 AktG Rz. 20.

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2.47

Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

weigert der Aufsichtsrat die Zustimmung, kÇnnen der Vorstand bzw. die GeschftsfÅhrer gem. § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG einen Beschluss der Hauptversammlung bzw. der Gesellschafterversammlung herbeifÅhren.1 FÅr den Fall der abhngigen Aktiengesellschaft ist umstritten, welcher Mehrheit ein solcher Beschluss bedarf. Zuzustimmen ist der Auffassung, nach der dasselbe Mehrheitserfordernis besteht wie fÅr den Beschluss nach § 293 Abs. 1 AktG. Damit ist in der Regel die einfache Stimmenund die qualifizierte Kapitalmehrheit erforderlich, nicht hingegen auch die qualifizierte Stimmenmehrheit nach § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG, da der Zustimmungsvorbehalt zugunsten des Aufsichtsrats nur der Kontrolle des Vorstands dient, hingegen nicht die Anforderungen an den Hauptversammlungsbeschluss beeinflussen soll, was andernfalls der Fall wre.2 In der GmbH ist grundstzlich die einfache Mehrheit ausreichend,3 wobei aber der GewinnabfÅhrungsvertrag selbst der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf (Rz. 2.59 ff.). Der die Zustimmung des Aufsichtsrats ersetzende Beschluss kann mit der Zustimmung nach § 293 AktG verbunden werden.

2.48 Auch auf Seiten einer herrschenden Aktiengesellschaft kann die Zustimmung des Aufsichtsrats gem. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG erforderlich sein.4

III. Zustimmung der Gesellschafter 1. Aktiengesellschaft a) Zustimmung der Hauptversammlung

2.49 Im Falle der abhngigen Aktiengesellschaft muss deren Hauptversammlung dem Vertrag zustimmen, damit dieser wirksam werden kann. Der Beschluss bedarf der einfachen Stimmenmehrheit (§ 133 Abs. 1 AktG) sowie zustzlich einer Mehrheit von mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§ 293 Abs. 1 AktG). Gegenstand des Zustimmungsbeschlusses kann der bereits abgeschlossene Ver1 Deilmann in HÇlters2, § 293 AktG Rz. 24; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 34; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 7. 2 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293 Rz. 12; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 8; Veil in Spindler/Stilz2, § 293 AktG Rz. 4; aA (qualifizierte Stimmen- und Kapitalmehrheit) Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 34; Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 25; Krieger in HoffmannBecking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 14. 3 Altmeppen in Roth/Altmeppen7, § 52 GmbHG Rz. 64; Deilmann, BB 2004, 2253 (2256); Gaul/Otto, GmbHR 2003, 6 (12); Lutter in Lutter/Hommelhoff18, § 52 GmbHG Rz. 15; Schneider in Scholz11, § 52 GmbHG Rz. 147; Spindler in MÅnchKomm/GmbHG, § 52 Rz. 347; ZÇllner/Noack in Baumbach/Hueck20, § 52 GmbHG Rz. 254; aA (Dreiviertelmehrheit) OLG Koblenz v. 9.8.1990 – 6 U 888/90, GmbHR 1991, 264 (267); Heermann in Ulmer/Habersack/LÇbbe2, § 52 GmbHG Rz. 298; Teubner, ZGR 1986, 565 (579). 4 Zur Erforderlichkeit eines Aufsichtsratsbeschlusses gem. § 32 MitbestG s. sogleich e).

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D. Zustandekommen des GewinnabfÅhrungsvertrags

trag oder aber ein noch abzuschließender Entwurf sein.1 Das Erfordernis der Hauptversammlungszustimmung hat Außenwirkung; ohne Zustimmung der Hauptversammlung ist der Vertrag zunchst schwebend unwirksam. Verweigert die Hauptversammlung die Zustimmung, wird die Unwirksamkeit endgÅltig.2 FÅr den anderen Vertragsteil besteht bei der Abstimmung kein Stimmrechtsausschluss.3 § 32 MitbestG findet Anwendung, wenn das herrschende Unternehmen nach den Regelungen des MitbestG mitbestimmt und zu mehr als einem Viertel an der abhngigen Gesellschaft beteiligt ist. Die Stimmrechte des herrschenden Unternehmens in der Hauptversammlung der abhngigen Gesellschaft sind dann gem. § 32 MitbestG aufgrund eines Beschlusses des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens auszuÅben. Dieser bedarf nur der Mehrheit der Stimmen der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner. Der GewinnabfÅhrungsvertrag bedarf auch der Zustimmung der Hauptversammlung der herrschenden Gesellschaft, wenn es sich bei dieser um eine Aktiengesellschaft oder KGaA handelt (§ 293 Abs. 2 AktG).4 Auch auf diesen Beschluss sind § 293 Abs. 1 Satz 2-4 AktG anwendbar (§ 293 Abs. 2 S. 2 AktG). In anderen Fllen kommt es hinsichtlich der Anforderungen auf Seiten des herrschenden Unternehmens auf das fÅr dieses geltende Recht an. § 293 Abs. 2 AktG ist insbesondere nicht auf auslndische herrschende Unternehmen entsprechend anzuwenden, selbst wenn diese im Typenvergleich einer deutschen Aktiengesellschaft entsprechen sollten.5

2.50

Nach herrschender Meinung ist auch dann, wenn zwischen einer Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft ein Unternehmensvertrag besteht, fÅr den Abschluss eines weiteren Unternehmensvertrags zwischen der Tochter- und einer Enkelgesellschaft nicht die Zustimmung der Hauptversammlung der Muttergesellschaft erforderlich.6

2.51

1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293 Rz. 34; Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 4; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 6; Veil in Spindler/Stilz2, § 293 AktG Rz. 16. 2 Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 24; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 11; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 293 Rz. 10. 3 Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 9; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 30; kritisch hierzu Immenga in FS BÇhm, 253 (262). 4 Zur BegrÅndung des Zustimmungserfordernisses: Altmeppen in MÅnchKomm/ AktG3, § 293 Rz. 92 ff.; Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 17; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 40 f.; Schenk in BÅrgers/KÇrber3, § 293 AktG Rz. 20. 5 OLG Stuttgart v. 5.6.2013 – 20 W 6/10, AG 2013, 724 (725); Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293 Rz. 119; Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 18; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 43. 6 Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 20; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 45; Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 23; Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 293 AktG Rz. 31; Peres in Heidel4, § 293 AktG Rz. 22; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht5, § 54 Rz. 27; Sonnenschein, BB 1975, 1088, 1092; Veil in Spindler/Stilz2, § 293 AktG

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

2.52 Der Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung der abhngigen Gesellschaft unterliegt nach herrschender Meinung keiner materiellen Beschlusskontrolle hinsichtlich seiner Erforderlichkeit und Angemessenheit. Der Beschluss bedarf also keiner besonderen sachlichen Rechtfertigung.1 Der Gesetzgeber hat bereits mit den Regelungen der §§ 293 ff. AktG entschieden, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag bei Einhaltung der besonderen Schutzvorkehrungen zugunsten der Minderheitsaktionre angemessen ist.2 Das gilt selbst dann, wenn die Vertragsparteien Gesellschaften sind, die bislang nicht miteinander verbunden sind.3

2.53 Gleiches gilt grundstzlich fÅr den Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft als anderer Vertragsteil nach § 293 Abs. 2 AktG. Allerdings kann fÅr die Gewhrung der Abfindung in Aktien gem. § 305 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 AktG beim anderen Vertragsteil eine KapitalerhÇhung unter Ausschluss des Bezugsrechts erforderlich sein. Der Beschluss hierÅber bedarf nach herrschender Meinung der sachlichen Rechtfertigung nach allgemeinen Regeln.4 Nach hM ist die sachliche Rechtfertigung auch nicht allein darin zu erblicken, dass die neuen Aktien fÅr Zwecke der Abfindung geschaffen werden mÅssen. Vielmehr muss fÅr das gesamte Vorhaben ein sachlicher unternehmerischer Grund bestehen.5

2.54 Gesellschafter der abhngigen Gesellschaft kÇnnen nach den Grundstzen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zur Zustimmung zum GewinnabfÅhrungsvertrag verpflichtet sein, wenn dessen Zustandekommen ohne Zustimmung des Gesellschafters blockiert wre. Umstritten ist allerdings, unter welchen Voraussetzungen eine solche Pflicht besteht, insbesondere, ob allein die steuerlichen Vorteile, die ein GewinnabfÅhrungsvertrag mit sich bringt, gegenÅber der Beeintrchtigung der Mitgliedschaftsrechte der Aktionre so schwer wiegen kÇnnen, dass sich eine

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Rz. 41; aA Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293 Rz. 111; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 12. OLG Frankfurt v. 6.4.2009 – 5 W 7/09, GWR 2009, 113; Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293 Rz. 51 ff.; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 35; Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 6 f.; Kort, BB 1988, 79 (81); Veil in Spindler/Stilz2, § 293 AktG Rz. 23 ff.; aA fÅr den Fall, dass erstmals eine Abhngigkeitslage herbeigefÅhrt wird Timm, ZGR 1987, 403 (427). Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 62 ff. mit Differenzierung zu anderen Unternehmensvertrgen nach § 292 AktG; Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 50. Kort, BB 1988, 79 (81); Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 50. BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76 – Kali & Salz, BGHZ 71, 40 = NJW 1978, 1316; Hirte, Bezugsrechtsausschluss und Konzernbildung, 149; Krieger in HoffmannBecking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 51; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 293 Rz. 106. Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 51; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 293 Rz. 106.

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D. Zustandekommen des GewinnabfÅhrungsvertrags

Pflicht zur Zustimmung ergibt.1 Eine Zustimmungspflicht besteht in einer solchen Konstellation jedenfalls nur dann, wenn die Vorteile aus dem GewinnabfÅhrungsvertrag zutreffend zwischen den Vertragsteilen aufgeteilt werden. Eine solche Regelung ist aber im Hinblick auf die steuerliche Anerkennung der mit dem GewinnabfÅhrungsvertrag bezweckten Organschaft problematisch. b) Bericht Gemß § 293a Abs. 1 AktG hat der Vorstand jeder an einem Unternehmensvertrag beteiligten Aktiengesellschaft oder KGaA, soweit die Zustimmung von deren Hauptversammlungen zu dem Vertrag nach § 293 AktG erforderlich ist, einen ausfÅhrlichen schriftlichen Bericht Åber den Unternehmensvertrag zu erstatten. Der Bericht kann ggf. fÅr mehrere beteiligte Gesellschaften gemeinsam erstattet werden, § 293a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AktG. In dem Bericht muss der Abschluss des Unternehmensvertrags, dessen Regelungen im Einzelnen sowie insbesondere Art und HÇhe des Ausgleichs nach § 304 AktG und der Abfindung gem. § 305 AktG rechtlich und wirtschaftlich erlutert und begrÅndet werden. Der Bericht ist nach § 293a Abs. 3 AktG nur dann nicht erforderlich, wenn alle Gesellschafter aller beteiligten Unternehmen auf seine Erstattung verzichten. Der Verzicht muss durch Çffentlich beglaubigte Erklrung erfolgen.

2.55

c) PrÅfung Der Unternehmensvertrag ist außerdem gem. § 293b AktG fÅr jede vertragschließende Aktiengesellschaft oder KGaA durch einen oder mehrere gerichtlich bestellte sachverstndige PrÅfer zu prÅfen, sofern nicht alle Aktien der abhngigen Gesellschaft in der Hand des herrschenden Unternehmens sind oder alle Anteilsinhaber aller beteiligten Unternehmen durch Çffentlich beglaubigte Erklrung verzichten. Die PrÅfer haben Åber die PrÅfung schriftlich zu berichten (§ 293e AktG). Der oder die VertragsprÅfer werden gem. § 293c AktG auf Antrag der Vorstnde der beteiligten Gesellschaften vom Gericht ausgewhlt und bestellt. Es kann auch fÅr alle vertragschließenden Unternehmen gemeinsam ein VertragsprÅfer bestellt werden (§ 293c Abs. 1 Satz 2 AktG).2

1 Eine Zustimmungspflicht unter bestimmten Voraussetzungen befÅrwortend Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293 Rz. 43 ff.; Deilmann in HÇlters2, § 293 AktG Rz. 22; soweit der Abschluss im dringenden Interesse der Gesellschaft liegt; fÅr eine Zustimmungspflicht nur in Ausnahmefllen Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 293 AktG Rz. 26; kritisch Veil in Spindler/Stilz2, § 293 AktG Rz. 22. 2 Deilmann in HÇlters2, § 293c AktG Rz. 5; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293c AktG Rz. 7; Koch in HÅffer11, § 293c AktG Rz. 4; Paschos in Henssler/ Strohn2, § 293c AktG Rz. 3; Schenk in BÅrgers/KÇrber3, § 293c AktG Rz. 4; Veil in Spindler/Stilz2, § 293c AktG Rz. 2; so auch schon Bungert, DB 1995, 1384, 1390 fÅr Rechtslage vor Inkrafttreten des KonTraG.

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2.56

Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

2.57 Der entscheidende PrÅfungsgegenstand ist die Angemessenheit der vom Unternehmensvertrag bestimmten Abfindung sowie des vorgesehenen Ausgleichs.1 Deren Festsetzung basiert, wie in Rz. 2.34 f. und Rz. 2.38 dargestellt, auf einer Unternehmensbewertung der abhngigen Gesellschaft. Diese ermittelt Åblicherweise ein von den Parteien des GewinnabfÅhrungsvertrags beauftragter Gutachter. Die PrÅfung durch den gerichtlich bestellten PrÅfer erfolgt in der Praxis parallel zur Erstellung der Unternehmensbewertung durch den Gutachter. So kann der Zeitaufwand fÅr Bewertung und PrÅfung, die einen Großteil der Vorbereitungszeit eines GewinnabfÅhrungsvertrags in Anspruch nehmen, reduziert werden. Außerdem kann der PrÅfer bereits in die laufende Bewertung eingreifen und die Behebung von festgestellten Mngeln verlangen, was erfahrungsgemß leichter fllt als eine bereits vollstndig fertiggestellte Bewertung in Frage zu stellen. Nach allgemeiner Auffassung ist die ParallelprÅfung aus diesen GrÅnden nicht nur zulssig, sondern zweckmßig.2 d) Vorbereitung und DurchfÅhrung der Hauptversammlung

2.58 Besondere Vorschriften zur Vorbereitung und DurchfÅhrung der Hauptversammlung, die Åber die Zustimmung zum GewinnabfÅhrungsvertrag beschließt, enthalten die §§ 293f und 293g AktG. Die Vorschriften gelten fÅr die Hauptversammlung sowohl der abhngigen als auch der herrschenden Aktiengesellschaft.3 Sie sehen im Wesentlichen die Auslegung und bersendung der wesentlichen Dokumente zum GewinnabfÅhrungsvertrag, nmlich des Vertragstextes, des Vertragsberichts, des PrÅfungsberichts sowie der letzten drei JahresabschlÅsse der vertragschließenden Unternehmen vor der Hauptversammlung, alternativ die ZurverfÅgungstellung Åber das Internet vor. In der Hauptversammlung sind die Unterlagen ebenfalls zugnglich zu machen und der Vorstand hat den Vertrag zu Beginn der Debatte mÅndlich zu erlutern.

1 LG MÅnchen I v. 4.6.2009 – 5 HK O 591/09, AG 2009, 918 (922); Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293b AktG Rz. 8; Deilmann in HÇlters2, § 293b AktG Rz. 5; Koch in HÅffer11, § 293b AktG Rz. 6; Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 293b AktG Rz. 6; Schenk in BÅrgers/KÇrber3, § 293b AktG Rz. 5; Veil in Spindler/Stilz2, § 293b AktG Rz. 5. 2 BGH v. 18.9.2006 – II ZR 225/04, NZG 2006, 905 (906); v. 18.9.2006 – II ZR 225/04 – Degussa, BB 2006, 2543; OLG Stuttgart v. 3.12.2003 – 20 W 6/03, NZG 2004, 146; OLG DÅsseldorf v. 14.1.2005 – 16 U 59/04, NZG 2005, 347; OLG Karlsruhe v. 29.6.2006 – 7 W 22/06 -Novasoft, AG 2007, 92; Bungert, BB 2006, 2761 (2762); Deilmann in HÇlters2, § 293b AktG Rz. 9; Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 293c AktG Rz. 3; ausfÅhrlich Leuering, NZG 2004, 606; aA wohl LG Wuppertal v. 6.11.2003 – 12 O 119/03, AG 2004, 161 (162); Puszkailer, ZIP 2003, 518 (521); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293b AktG Rz. 19b. 3 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293f AktG Rz. 6; Koch in HÅffer11, § 293f AktG Rz. 1, § 293g AktG Rz. 1; Schenk in BÅrgers/KÇrber3, § 293f AktG Rz. 1; Veil in Spindler/Stilz2, § 293f AktG Rz. 3.

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D. Zustandekommen des GewinnabfÅhrungsvertrags

2. GmbH Auch im Falle einer GmbH als verpflichtete Gesellschaft bedarf der GewinnabfÅhrungsvertrag der Zustimmung der Gesellschafterversammlung,1 und zwar auch dann, wenn die GmbH nur einen Gesellschafter hat und der Vertrag mit diesem geschlossen wird.2 Dem Zustimmungserfordernis kommt auch bei der GmbH Außenwirkung zu.3 Ein ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung geschlossener Vertrag ist schwebend bzw. bei Verweigerung der Zustimmung endgÅltig unwirksam. § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbH findet nach herrschender Meinung keine Anwendung; der herrschende Gesellschafter darf also an der Abstimmung teilnehmen.4

2.59

In der Supermarkt-Entscheidung, in der der BGH entschieden hat, dass auch im Fall einer abhngigen GmbH eine Zustimmung durch deren Gesellschafterversammlung erforderlich ist, wurde die hierfÅr in der abhngigen GmbH erforderliche Mehrheit offengelassen. In Frage kme die entsprechende Anwendung von § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbH, der fÅr satzungsndernde BeschlÅsse in der GmbH eine Drei-Viertel-Mehrheit verlangt. Diese Frage ist nach wie vor nicht abschließend geklrt.5 Die wohl Åberwiegende Meinung lehnt die Anwendung des § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG

2.60

1 BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88 – Supermarkt, BGHZ 105, 324 = GmbHR 1989, 25 = NJW 1989, 295; v. 30.1.1992 – II ZB 15/91 – Siemens, GmbHR 1992, 253 = NJW 1992, 1452; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 9; Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 17; Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/SchmidtLeithoff5, Anh. § 52 GmbHG Rz. 93; Wicke2, Anh. § 13 GmbHG Rz. 6; Veil in Spindler/Stilz2, § 293 AktG Rz. 37; eine bersicht zu den mÇglichen Rechtsgrundlagen bietet Altmeppen in Roth/Altmeppen7, Anh. § 13 GmbHG Rz. 29 f. m.w.N. 2 BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88 – Supermarkt, BGHZ 105, 324 = GmbHR 1989, 25 = NJW 1989, 295; v. 30.1.1992 – II ZB 15/91, GmbHR 1992, 253 = – Siemens, NJW 1992, 1452; Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293 Rz. 33; Altmeppen in Roth/Altmeppen7, Anh. § 13 GmbHG Rz. 29. 3 BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88 – Supermarkt, BGHZ 105, 324 = GmbHR 1989, 25 = NJW 1989, 295; Altmeppen in Roth/Altmeppen7, Anh. § 13 GmbHG Rz. 31; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 40; Koppensteiner/ Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff5, Anh. § 52 GmbHG Rz. 93; Lutter/ Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff18, Anh. § 13 GmbHG Rz. 55; Wicke2, Anh. § 13 GmbHG Rz. 6. 4 BGH v. 31.5.2011 – II ZR 109/10, NZG 2011, 902; Beck, GmbHR 2012, 777 (784 f.); Decher/Kiefner in Priester/Mayer/Wicke, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts III4, § 70 Rz. 6; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 40; Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff5, Anh. § 52 GmbHG Rz. 93; Lutter/Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff18, Anh. § 13 GmbHG Rz. 51; MÅller-Eising/Schmitt, NZG 2011, 1100 (1101); Wicke2, Anh. § 13 GmbHG Rz. 6. 5 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 43a; Emmerich in Scholz11, Anh. § 13 GmbHG Rz. 143 ff.; Henssler/Strohn in Henssler/Strohn2, Anh. § 13 GmbHG Rz. 69; Liebscher in MÅnchKomm/GmbHG2, GmbH-Konzernrecht Rz. 734; in der Tat ergibt sich aus BGH v. 31.5.2011 – II ZR 109/10, GmbHR 2011, 922 m. Anm. Ulrich = NZG 2011, 902 wohl nichts fÅr diese Frage.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

ab und verlangt stattdessen die Zustimmung aller Gesellschafter, unabhngig davon, ob sie an der beschlussfassenden Gesellschafterversammlung teilnehmen. Das wird insbesondere damit begrÅndet, dass der Minderheitenschutz beim GewinnabfÅhrungsvertrag mit der GmbH nicht gleichermaßen ausgeprgt sei wie bei der AG.1 Allerdings ist die Argumentation in gewissem Maße zirkulr, weil umgekehrt hufig die entsprechende Anwendung der aktienrechtlichen Schutzvorschriften, insbesondere der Berichts- und PrÅfungspflichten der §§ 293a ff. AktG, mit der BegrÅndung abgelehnt wird, fÅr sie bestehe kein BedÅrfnis, weil der Unternehmensvertrag ohnehin der Zustimmung aller Gesellschafter bedÅrfe. In der Praxis sollte nach MÇglichkeit die Zustimmung aller Gesellschafter zum Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags eingeholt werden. Im praktisch hufigsten Fall der eingliedrigen GmbH als verpflichtetem Unternehmen stellt sich die Frage ohnehin nicht.

2.61 Innerhalb der Auffassung, die die Zustimmung aller Gesellschafter verlangt, ist weiterhin umstritten, ob das Mehrheitserfordernis durch Satzungsregelung auf eine Drei-Viertel-Mehrheit abgesenkt werden kann. Das wird von der Mehrzahl der Stimmen fÅr zulssig gehalten, allerdings nur bis zur Grenze der qualifizierten Mehrheit.2

2.62 Wie erwhnt, ist auch zweifelhaft, ob die Berichts- und PrÅfungspflichten der §§ 293a ff. AktG auf den GewinnabfÅhrungsvertrag mit einer abhngigen GmbH Anwendung finden. Diejenigen, die fÅr den Abschluss des Unternehmensvertrags die Zustimmung aller Gesellschafter der abhngigen GmbH verlangen, halten die Anwendung der Berichts- und PrÅfungspflichten nicht fÅr erforderlich. Die Minderheit sei durch das Zustimmungserfordernis hinreichend geschÅtzt, da sie ihre Zustimmung von der Befriedigung ihrer InformationsbedÅrfnisse abhngig machen.3 Diejenigen, die hingegen eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit 1 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 43a; Emmerich in Scholz11, Anh. § 13 GmbHG Rz. 146; Henssler/Strohn in Henssler/Strohn2, Anh. § 13 GmbHG Rz. 69; Liebscher in MÅnchKomm/GmbHG2, GmbH-Konzernrecht Rz. 739; Raiser/Veil, Kapitalgesellschaftsrecht5, § 54 Rz. 25; Ulmer, BB 1989, 10, 14; Wicke2, Anh. § 13 GmbHG Rz. 6; Zeidler, NZG 1999, 693 (693); ZÇllner, ZGR 1992, 173 (174); jedenfalls fÅr den Beherrschungsvertrag; aA Lutter/Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff18, Anh. zu § 13 Rz. 52; Halm, NZG 2001, 728 (734). 2 Decher/Kiefner in Priester/Mayer/Wicke, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts III4, § 70 Rz. 6; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 44; Henssler/Strohn in Henssler/Strohn2, Anh. § 13 GmbHG Rz. 70; Liebscher in MÅnchKomm/GmbHG2, GmbH-Konzernrecht, Rz. 646 f. 3 Casper in Ulmer/Habersack/Winter, Anh. § 77 GmbHG Rz. 191; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293a AktG Rz. 11; Koch in HÅffer11, § 293a AktG Rz. 6; Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff5, Anh. § 52 GmbHG Rz. 102; Liebscher in MÅnchKomm/GmbHG2, GmbH-Konzernrecht Rz. 661, 765; Wicke2, Anh. § 13 GmbHG Rz. 6; vgl. auch Altmeppen, ZIP 1998, 1853 (1858) nach dem die §§ 293a ff. AktG bei der GmbH gar keine Anwendung finden.

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D. Zustandekommen des GewinnabfÅhrungsvertrags

Zwei-Drittel-Mehrheit fÅr ausreichend halten, befÅrworten auch die Anwendung der Berichts- und PrÅfungspflicht der §§ 293a ff. AktG.1 Wird der GewinnabfÅhrungsvertrag mit einer herrschenden Aktiengesellschaft geschlossen, so muss deren Hauptversammlung gem. § 293 Abs. 2 AktG ebenfalls zustimmen. In diesem Fall werden Bericht und PrÅfung nach den §§ 293 ff. AktG auch dann gefordert, wenn abhngige Gesellschaft eine GmbH ist.2

2.63

Die Frage der entsprechenden Anwendung der §§ 304, 305 AktG Åber Ausgleich und Abfindung zugunsten der außenstehenden Gesellschafter auf die GmbH als abhngige Gesellschaft wird parallel zur Anwendung der §§ 293a ff. AktG behandelt. Diejenigen, die ohnehin die Zustimmung aller Gesellschafter der abhngigen Gesellschaft verlangen, halten die Anwendung der §§ 304, 305 AktG nicht fÅr erforderlich.3 Damit kann der Minderheitenschutz im Falle eines GewinnabfÅhrungsvertrags mit der abhngigen GmbH flexibler geregelt werden. Gleichzeitig ist es aber nicht mÇglich, den GewinnabfÅhrungsvertrag gegen den Willen einer (auch kleinen) Gesellschafterminderheit durchzusetzen – es muss stets eine Einigung auf dem Verhandlungsweg gefunden werden, es sei denn, die Ablehnung des Vertrags durch die Minderheit wÅrde gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen (Rz. 2.54).

2.64

Nach Åberwiegender Auffassung ist aber auch im Falle einer herrschenden GmbH die Zustimmung von deren Gesellschafterversammlung erforderlich, und zwar mit einer Mehrheit von drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals.4

2.65

1 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293a AktG Rz. 12; Emmerich in Scholz11, Anh. § 13 GmbHG Rz. 133; Humbeck, BB 1995, 1893 ff.; Lutter/Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff18 Anh. § 13 Rz. 59. 2 LG Frankfurt v. 18.12.2012 – 3-5 O 96/12, AG 2013, 529; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293a AktG Rz. 12; Koch in HÅffer11, § 293a AktG Rz. 6; ZÇllner/Beurskens in Baumbach/Hueck20, Schlussanh. GmbH-Konzernrecht Rz. 58; aA Altmeppen, ZIP 1998, 1853 (1859 f.). 3 Baldamus, ZGR 2007, 819 (843 ff.); Bredow/Liebscher, BB 2003, 393; Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 304 Rz. 142; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 11; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 19; ZÇllner, ZGR 1992, 173 (193 ff.). 4 BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88 – Supermarkt, BGHZ 105, 324 = GmbHR 1989, 25 = NJW 1989, 295; v. 30.1.1992 – II ZB 15/91 – Siemens, GmbHR 1992, 253 = NJW 1992, 1452 (1453); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 9; Koch in HÅffer11, § 293 AktG Rz. 17; Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/ Schmidt-Leithoff5, Anh. § 52 GmbHG Rz. 93; Wicke2, Anh. § 13 GmbHG Rz. 6; fÅr andere Obergesellschaft als AG und KGaA in der Literatur umstritten, vgl. Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 293 Rz. 102 ff.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

IV. Eintragung 2.66 Um wirksam zu werden, bedarf der GewinnabfÅhrungsvertrag gem. § 294 Abs. 2 AktG der Eintragung in das Handelsregister der abhngigen Gesellschaft. Der Vorstand ist verpflichtet, den Vertrag zur Eintragung anzumelden (§ 294 Abs. 1 AktG). Aufschiebend bedingte oder befristete GewinnabfÅhrungsvertrge werden erst nach Ablauf der Befristung bzw. Eintritt der Bedingung in das Handelsregister eingetragen1 (zu den daraus folgenden Problemen fÅr die steuerliche Organschaft s. Rz. 11.5).

2.67 Zur Eintragung des GewinnabfÅhrungsvertrags ist keine Negativerklrung des Vorstands erforderlich, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit des zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses nicht oder nicht fristgemß erhoben oder eine solche Klage rechtskrftig abgewiesen oder zurÅckgenommen worden ist (wie etwa nach § 319 Abs. 5 AktG fÅr die Eingliederung und Åber § 327e Abs. 2 AktG fÅr den Ausschluss von Minderheitsaktionren).2 Es besteht also keine formelle Registersperre wie bei anderen Strukturmaßnahmen; diese wurde auch nicht mit der ErÇffnung des Freigabeverfahrens fÅr Unternehmensvertrge in § 246a AktG eingefÅhrt.3

2.68 Auch im Falle einer abhngigen GmbH bedarf der GewinnabfÅhrungsvertrag zu seiner Wirksamkeit der Eintragung in das Handelsregister. Dies ergibt sich sowohl aus § 294 AktG analog als auch aus § 54 GmbHG.4 Bei der GmbH mÅssen die ZustimmungsbeschlÅsse sowohl der Gesellschafter der GmbH als auch der herrschenden Gesellschaft zum Handelsregister eingereicht werden; die ZustimmungsbeschlÅsse der GmbH gelangen hier – anders als bei der AG nach § 130 Abs. 5 AktG – nicht bereits anderweitig zum Handelsregister.

2.69 Bei der herrschenden Gesellschaft ist weder im Falle der Aktiengesellschaft noch im Falle einer GmbH eine Eintragung in das Handelsregister erforderlich.5 1 Deilmann in HÇlters2, § 294 AktG Rz. 22, 35; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 18; Grunewald, AG 1990, 133 (138); Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 19; Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 16; Veil in Spindler/Stilz2, § 293 AktG Rz. 8. 2 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 294 Rz. 31; Deilmann in HÇlters2, § 294 AktG Rz. 18; Koch in HÅffer11, § 294 AktG Rz. 13; Paschos in Henssler/Strohn2, § 294 AktG Rz. 7; Veil in Spindler/Stilz2, § 294 AktG Rz. 19. 3 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 294 Rz. 30; MÅlbert in Großkomm/ AktG4, § 294 Rz. 57; Veil in Spindler/Stilz2, § 294 AktG Rz. 19. 4 BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88 – Supermarkt, BGHZ 105, 324 = GmbHR 1989, 25 = NJW 1989, 295; Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 294 Rz. 4; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 45; Emmerich in Scholz11, Anh. § 13 GmbHG Rz. 152. 5 AG Duisburg v. 18.11.1993 – HRB 3196, GmbHR 1994, 811 sieht die Eintragung sogar als unzulssig an; AG Erfurt v. 2.10.1996 – HRB 8340, GmbHR 1997, 75 =

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D. Zustandekommen des GewinnabfÅhrungsvertrags

V. Streitigkeiten Åber die Wirksamkeit 1. Aktiengesellschaft Sind Aktiengesellschaften mit Minderheitsaktionren Partei des GewinnabfÅhrungsvertrags, so kÇnnen diese den Beschluss der jeweiligen Hauptversammlung Åber die Zustimmung zum Vertragsschluss mit der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage angreifen. Die Anfechtung kann auf VerstÇße gegen die Anforderungen an Vorbereitung und DurchfÅhrung der Hauptversammlung nach den §§ 293f, 293g AktG sowie gegen die allgemeinen Anforderungen an Einberufung, Vorbereitung und DurchfÅhrung der Hauptversammlung gestÅtzt werden. Hufig werden insbesondere Verletzungen des Fragerechts der Aktionre gerÅgt.

2.70

Bei der abhngigen Aktiengesellschaft kann die Anfechtung des zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses gem. §§ 304 Abs. 3 Satz 2, 305 Abs. 5 AktG nicht darauf gestÅtzt werden, dass der im Vertrag bestimmte Ausgleich nicht angemessen sei oder der Vertrag keine angemessene Abfindung vorsehe. Der Zustimmungsbeschluss ist in diesen Fllen auch nicht nichtig. Angemessenheit von Abfindung und Ausgleich werden vielmehr im Spruchverfahren nach dem SpruchG ÅberprÅft (§ 1 Nr. 1 SpruchG). Dies gilt lediglich dann nicht, wenn der Vertrag gem. § 304 Abs. 3 Satz 1 AktG nichtig ist, weil er Åberhaupt keinen Ausgleich vorsieht. Damit der Anfechtungsausschluss nicht ausgehebelt wird, kÇnnen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen nach § 243 Abs. 4 Satz 2 AktG auch nicht auf unrichtige, unvollstndige oder unzureichende Information in der Hauptversammlung Åber die Ermittlung, HÇhe oder Angemessenheit von Ausgleich oder Abfindung gestÅtzt werden.1 Eine Anfechtung bleibt aber nach herrschender Meinung im Falle vÇlliger Verweigerung von AuskÅnften und bei Informationsdefiziten außerhalb der Beantwortung von Fragen in der Hauptversammlung mÇglich.2 Um eine Umgehung des Anfechtungsausschlusses zu verhindern, kÇnnen Anfechtungs- und

2.71

AG 1997, 275; Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 294 Rz. 5; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 46; Emmerich in Scholz11, Anh. § 13 GmbHG Rz. 153; Heckschen, DB 1989, 29 (31); Vetter, AG 1994, 110 (114 f.); Zeidler, NZG 1999, 692 (694) hlt eine Eintragung fÅr zulssig, aber nicht verpflichtend; in diese Richtung tendierend auch OLG Celle v. 4.6.2014 – 9 W 80/14, GmbHR 2014, 1047 = ZIP 2014, 1837; aA eintragungsfhig und eintragungspflichtig: LG Bonn v. 27.4.1993 – 11 T 2/93, GmbHR 1993, 443 = AG 1993, 521. 1 Austmann in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 74 Rz. 74; Decher in FS Hoffmann-Becking, 295 (307); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 53; Koch in HÅffer11, § 304 AktG Rz. 21; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 53; Paulsen in MÅnchKomm/ AktG3, § 305 Rz. 168; Veil in Spindler/Stilz2, § 293 AktG Rz. 31. 2 RegBegr. BT-Drucks. 15/5092, 26; Decher in FS Hoffmann-Becking, 295 (308); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 53; Heinrich/Theusinger, BB 2006, 449 (450); Koch in HÅffer11, § 243 AktG Rz. 47c; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 181; Tielmann, WM 2007, 1686 (1692).

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

Nichtigkeitsklagen schließlich auch nicht auf § 243 Abs. 2 AktG, also auf das Erstreben von Sondervorteilen zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionre, gestÅtzt werden, soweit es um Sondervorteile in Form zu niedrig bemessener Abfindung oder zu niedrigen Ausgleichs geht.1

2.72 FÅr den Zustimmungsbeschluss der herrschenden Aktiengesellschaft gelten die AnfechtungsausschlÅsse nach herrschender Meinung nicht, das heißt, hier kann im Anfechtungs- oder Nichtigkeitsverfahren geltend gemacht werden, Abfindung und/oder Ausgleich seien zu hoch bemessen.2 2. GmbH

2.73 Bei der abhngigen GmbH dÅrfte auf Basis der Auffassung, dass die Zustimmung aller Gesellschafter zum GewinnabfÅhrungsvertrag erforderlich ist, der Beschlussmngelstreit keine wesentliche Rolle spielen. Bei der herrschenden GmbH ist hingegen wiederum eine Mehrheitsentscheidung mÇglich (Rz. 2.65), so dass auch hier ein Beschlussmngelstreit in Frage kommt.

E. Wirkungen des GewinnabfÅhrungsvertrags I. Vertraglich geregelte Wirkungen 1. Anspruch auf GewinnabfÅhrung a) Festlegung des abzufÅhrenden Gewinns

2.74 Der GewinnabfÅhrungsvertrag begrÅndet primr den Anspruch des anderen Vertragsteils gegen die verpflichtete Gesellschaft auf AbfÅhrung ihres ganzen Gewinns (§ 291 Abs. 1 Satz 1 AktG) bzw. im Falle eines TeilgewinnabfÅhrungsvertrags eines Teils davon (§ 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG). Die Flligkeit des GewinnabfÅhrungsanspruchs kann im Vertrag geregelt werden sollte und auf den vorangehenden Bilanzstichtag festgelegt werden (s. hierzu Rz. 3.74) und tritt mangels einer solchen Regelung nach wohl herrschender Meinung mit dem Abschlussstichtag ein.3

1 Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 304 Rz. 107; Paschos in Henssler/ Strohn2, § 304 AktG Rz. 15; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 305 Rz. 167. 2 OLG Hamburg v. 30.12.2004 – 11 U 98/04, NZG 2005, 218; Deilmann in HÇlters2, § 304 AktG Rz. 66; Drescher in Spindler/Stilz2, § 1 SpruchG Rz. 25; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 81, Hirte, ZHR 167 (2003), 8 (31); Kubis in MÅnchKomm/AktG3, § 1 SpruchG Rz. 12; Paschos in Henssler/ Strohn2, § 304 AktG Rz. 15; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 182, § 305 Rz. 168. 3 Deilmann in HÇlters2, § 301 AktG Rz. 6; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 301 AktG Rz. 10; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 301 Rz. 9; aA (Feststellung des Abschlusses) Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 147a.

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E. Wirkungen des GewinnabfÅhrungsvertrags

Wie der abzufÅhrende Gewinn zu berechnen ist, kÇnnen die Parteien grundstzlich im GewinnabfÅhrungsvertrag regeln.1 § 301 AktG legt aber fÅr den Fall des GewinnabfÅhrungsvertrags mit einer Aktiengesellschaft eine Obergrenze fÅr die GewinnabfÅhrung ausgehend vom JahresÅberschuss fest. Dieser HÇchstbetrag wird in der Praxis in der Regel als abzufÅhrender Gewinn definiert (zu den steuerlichen Anforderungen an die Festlegung des abzufÅhrenden Gewinns s. Rz. 3.70). Ist keine vertragliche Regelung getroffen, wird angenommen, dass die Parteien die AbfÅhrung des nach § 301 AktG zulssigen HÇchstgewinns vereinbaren wollten.2 § 301 AktG dient dem Schutz der Glubiger und der außenstehenden Aktionre der abhngigen Gesellschaft.3

2.75

b) Maximalbetrag der GewinnabfÅhrung AbgefÅhrt werden kann nach § 301 S. 1 AktG hÇchstens der ohne die GewinnabfÅhrung (§ 277 Abs. 3 Satz 2 HGB) entstehende JahresÅberschuss (§ 275 Abs. 2 Nr. 20, Abs. 3 Nr. 19 HGB), vermindert um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr, um den Betrag, der nach § 300 AktG in die gesetzlichen (bzw. satzungsgemßen)4 RÅcklagen einzustellen ist, und um den nach § 268 Abs. 8 HGB ausschÅttungsgesperrten Betrag. Ein Verlustvortrag ist auch dann abzuziehen, wenn er aus dem letzten Jahresabschluss vor Inkrafttreten des GewinnabfÅhrungsvertrags stammt.5

2.76

Betrge, die whrend der Dauer des Vertrags in andere GewinnrÅcklagen eingestellt worden sind, kÇnnen den anderen GewinnrÅcklagen entnommen und als Gewinn abgefÅhrt werden (§ 301 Satz 2 AktG).6 Hingegen dÅrfen GewinnrÅcklagen, die vor Inkrafttreten des GewinnabfÅhrungsvertrags gebildet wurden, oder Gewinnvortrge aus der Zeit vor Inkrafttreten des Vertrags nicht abgefÅhrt werden (vgl. § 301 Satz 2 AktG).7 Sie dÅrfen

2.77

1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 301 Rz. 1; Koppensteiner in KÇlnKomm/ AktG3, § 301 Rz. 1. 2 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 301 Rz. 13; Veil in Spindler/Stilz, § 301 AktG Rz. 6. 3 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 301 Rz. 2; Deilmann in HÇlters2, § 301 AktG Rz. 1; Pachos in Henssler/Strohn2, § 301 AktG Rz. 2; Veil in Spindler/ Stilz2, § 301 AktG Rz. 1. 4 Hirte in Großkomm/AktG4, § 301 Rz. 9; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 301 Rz. 12. 5 Cahn/Simon, Der Konzern 2003, 1 (6); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 301 AktG Rz. 9; Hirte in Großkomm/AktG4, § 301 Rz. 9, 27; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 301 Rz. 10. 6 Es handelt sich um eine Abweichung von dem Grundsatz, dass der ohne GewinnabfÅhrung entstehende JahresÅberschuss abgefÅhrt wird, denn Betrge aus der AuflÇsung von RÅcklagen gehen nicht in den JahresÅberschuss ein (§ 158 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AktG); vgl. Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 301 AktG Rz. 8; Hirte in Großkomm/AktG4, § 301 AktG Rz. 11. 7 Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 128 f. (Stand: April 2013); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 301 AktG Rz. 16; Hirte in Großkomm/AktG4, § 301 Rz. 19; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 301 Rz. 18 f.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

auch nicht mit Jahresfehlbetrgen oder Verlustvortrgen verrechnet werden (§ 302 Abs. 1 AktG), um so die GewinnabfÅhrung zu erhÇhen.1 Vorvertragliche Gewinnvortrge und, im Falle ihrer AuflÇsung, vorvertragliche freie RÅcklagen kÇnnen vielmehr nur als regulre Dividende an die Gesellschafter ausgeschÅttet werden.2

2.78 Daraus, dass der HÇchstbetrag der GewinnabfÅhrung nach § 301 AktG an den JahresÅberschuss anknÅpft, ergibt sich auch, dass die gesetzliche RÅcklage whrend der Laufzeit des Vertrags nicht aufgelÇst werden darf, um sie als Gewinn abzufÅhren, denn eine AuflÇsung der gesetzlichen RÅcklage erhÇht nicht den JahresÅberschuss (§ 158 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AktG).3 Ebenso wenig kann der abzufÅhrende Gewinn durch Entnahmen aus der KapitalrÅcklage erhÇht werden.4 Das gilt nach Ansicht des BFH auch fÅr Betrge aus Zuzahlungen nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB.5

2.79 In der Literatur ist umstritten, ob § 301 AktG auf den Fall einer verpflichteten GmbH entsprechend anzuwenden ist.6 In der Praxis hat diese Frage allerdings geringe praktische Bedeutung, da nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KStG die GewinnabfÅhrung den Betrag nach § 301 AktG nicht Åberschreiten darf, damit eine kÇrperschaftsteuerliche Organschaft anerkannt wird. Daher sehen GewinnabfÅhrungsvertrge in der Regel eine entsprechende HÇchstgrenze vor. c) Einfluss des anderen Vertragsteils auf die HÇhe der GewinnabfÅhrung

2.80 Die Auf- und Feststellung des Jahresabschlusses, aus dem sich die HÇhe des GewinnabfÅhrungsanspruchs ergibt, sowie die Bildung und AuflÇsung von RÅcklagen, die nach den vorstehend dargestellten Grundstzen die HÇhe des GewinnabfÅhrungsanspruchs beeinflussen kÇnnen, richten sich nach allgemeinen Regeln, erfolgen also bei der AG durch Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung bzw. bei der GmbH durch GeschftsfÅhrer und Gesellschafterversammlung (hierzu oben Rz. 2.5 und 2.14). Bestehende Weisungsrechte, etwa aufgrund eines Beherrschungsvertrags

1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 45 f.; Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 128 f. (Stand: April 2013); Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 302 Rz. 23. 2 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 301 AktG Rz. 15; Hirte in Großkomm/ AktG4, § 301 Rz. 10; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 301 Rz. 18; Walther, DB 1976, 661 (662). 3 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 301 AktG Rz. 13; Hirte in Großkomm/ AktG4, § 301 Rz. 12; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 301 Rz. 13. 4 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 301 AktG Rz. 17; Hirte in Großkomm/ AktG4, § 301 Rz. 13; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 301 Rz. 14. 5 BFH v. 8.8.2001 – I R 25/00, NZG 2002, 832 (833 f.); Breuninger/KrÅger, GmbHR 2002, 277 (278 f.); Cahn/Simon, Der Konzern 2003, 1 (8); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 301 AktG Rz. 17; Paschos in Henssler/Strohn2, § 301AktG Rz. 14; Willenberg/Welte, DB 1994, 1688 (1690). 6 berblick bei Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 301 Rz. 11.

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E. Wirkungen des GewinnabfÅhrungsvertrags

oder das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung in der GmbH, kÇnnen innerhalb des gesetzlichen Rahmens genutzt werden, um den Jahresabschluss zu beeinflussen.1 Allein auf Basis eines isolierten GewinnabfÅhrungsvertrags besteht hingegen kein Weisungsrecht des anderen Vertragsteils, mit dem dieser den Jahresabschluss beeinflussen kÇnnte.2 Es ist umstritten, ob ein solches in einem isolierten GewinnabfÅhrungsvertrag vereinbart werden kann, ohne dass ein kombinierter Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrag abgeschlossen wird.3 Jedenfalls soll aber die abhngige Gesellschaft bei der AusfÅllung von Bilanzierungsspielrumen verpflichtet sein, auf den anderen Vertragsteil RÅcksicht zu nehmen; andernfalls hafte sie wegen Verletzung des GewinnabfÅhrungsvertrags.4 2. Verlustausgleich a) Anspruch und HÇhe Nach § 302 Abs. 1 AktG hat der andere Vertragsteil bei Bestehen eines GewinnabfÅhrungsvertrags jeden whrend der Vertragsdauer sonst (also ohne den Verlustausgleich) entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen. Im Vertragskonzern mit einer GmbH als abhngiger Gesellschaft ist § 302 AktG entsprechend anwendbar.5 Der auszugleichende Jahresfehlbetrag ergibt sich aus dem Einzelabschluss nach den handelsrechtlichen Bilanzierungsregeln.6 FÅr die AusÅbung dabei bestehender Wahlrechte und Bilanzierungsspielrume gelten die vorstehenden AusfÅhrungen entsprechend (Rz. 2.80). Die Verlustausgleichspflicht schÅtzt die Glubiger und außenstehenden Aktionre der abhngigen Gesellschaft, deren Rechte durch die Lockerung der VermÇgensbindung im Vertragskonzern beeintrchtigt sind.7 1 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 29a; Veil in Spindler/Stilz2, § 302 AktG Rz. 16. 2 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 65; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 291 Rz. 89; aA van Venrooy, DB 1981, 675 (681). 3 Hierzu Veil in Spindler/Stilz2, § 291 AktG Rz. 37 ff., der selbst die Vereinbarung von Weisungsrechten in Bezug auf die Bilanzierung fÅr zulssig hlt. 4 Zu einer Konstellation, in der die AusÅbung von Wahlrechten zu einer hÇheren Verlustausgleichspflicht fÅhrte: OLG Frankfurt v. 29.6.1999 – 5 U 251/97, NZG 2000, 603 (604); ebenso Deilmann in HÇlters2, § 302 AktG Rz. 8; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 301 AktG Rz. 7e; ablehnend Hirte in Großkomm/ AktG4, § 302 Rz. 22. 5 BGH v. 7.10.2014 – II ZR 361/13, GmbHR 2015, 24 m. Anm. von Woedtke = NZG 2014, 1340 Rz. 8 m.w.N.; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 25; Liebscher in Happ, Konzern- und Umwandlungsrecht, Muster 1.02 Rz. 4.1; Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff5, Anh. § 52 GmbHG Rz. 119; Servatius in Michalski2, Syst. Darst. 4 Rz. 162. 6 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 29; Hirte in Großkomm/ AktG4, § 302 Rz. 20; Koch in HÅffer11, § 302 AktG Rz. 9; Veil in Spindler/Stilz2, § 302 AktG Rz. 15. 7 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 8; vgl. auch Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 1, 4.

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2.81

Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

2.82 Da der Verlustausgleich bei der verpflichteten Gesellschaft handelsrechtlich als Ertrag auszuweisen ist (§ 277 Abs. 3 Satz 2 HGB), entfllt der Jahresfehlbetrag.1 Der Betrag des auszugleichenden Jahresfehlbetrags vermindert sich nur, soweit den anderen GewinnrÅcklagen Betrge entnommen werden, die whrend der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind (§ 302 Abs. 1 AktG),2 nicht hingegen im Falle von Entnahmen aus vorvertraglichen Einstellungen oder Gewinnvortrgen aus vorvertraglicher Zeit (§ 302 Abs. 1 AktG).3 Die Verlustausgleichspflicht kann auch nicht durch Entnahmen aus der KapitalrÅcklage (einschließlich der RÅcklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) oder aus der gesetzlichen oder satzungsgemßen RÅcklage oder durch eine Kapitalherabsetzung4 vermieden werden. b) Verlustausgleich zu Beginn und Ende der Laufzeit des Unternehmensvertrags

2.83 Die Verlustausgleichspflicht besteht grundstzlich ab Wirksamwerden des GewinnabfÅhrungsvertrags (einschließlich einer etwaigen RÅckwirkung)5 und erfasst alle danach entstehenden Jahresfehlbetrge, nicht hingegen solche aus der Zeit zuvor, insbesondere nicht einen Verlustvortrag aus der Zeit vor Wirksamwerden. Beginnt der GewinnabfÅhrungsvertrag allerdings whrend eines laufenden Geschftsjahres, so ist der Verlust fÅr das gesamte Geschftsjahr auszugleichen; das kann nur durch Bildung eines Rumpfgeschftsjahrs vermieden werden.6

2.84 Am Ende der Laufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags ist der dann bestehende Jahresfehlbetrag auszugleichen. Das gilt auch, wenn der Zeitpunkt in ein laufendes Geschftsjahr fllt. In diesem Fall ist der Ausgleichsanspruch auf Basis eines Zwischenabschlusses zu ermitteln.7 Ist die ver1 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 28; Hirte in Großkomm/ AktG4, § 302 Rz. 20; Koch in HÅffer11, § 302 AktG Rz. 9; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 302 Rz. 19; Veil in Spindler/Stilz2, § 302 AktG Rz. 15. 2 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 16; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 32; Hirte in Großkomm/AktG4, § 302 Rz. 4; Koch in HÅffer11, § 302 AktG Rz. 9. Zur Einstellung von Betrgen in die anderen GewinnrÅcklagen whrend der Dauer des Vertrags s. oben Rz. 2.10 ff. 3 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 45 f.; Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 128 f. (Stand: April 2013); Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 302 Rz. 23. 4 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 50; Hirte in Großkomm/AktG4, § 302 Rz. 24. 5 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 19; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 37; Hirte in Großkomm/AktG4, § 302 Rz. 18. Siehe zum rÅckwirkenden Abschluss auch oben Rz. 2.42. 6 Deilmann in HÇlters2, § 302 AktG Rz. 10; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 37; Hirte in Großkomm/AktG4, § 302 Rz. 17; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 302 Rz. 28; Schmidt, ZGR 1983, 513 (523 f.); Veil in Spindler/Stilz2, § 302 AktG Rz. 18. 7 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 38; Hirte in Großkomm/ AktG4, § 302 Rz. 19; Koch in HÅffer11, § 302 AktG Rz. 11.

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E. Wirkungen des GewinnabfÅhrungsvertrags

pflichtete Gesellschaft ohne den laufenden Verlustausgleich nicht Åberlebensfhig, kann die Beendigung des Unternehmensvertrags dazu fÅhren, dass das Unternehmen keine positive FortfÅhrungsprognose mehr aufweist und deshalb das VermÇgen zu Zerschlagungswerten zu bilanzieren ist. Ein sich daraus ergebender Verlust erhÇht den letzten Verlustausgleichsanspruch.1 Hingegen sind in diesen nach herrschender Meinung keine Abwicklungs- und Zerschlagungsverluste einzuberechnen, die erst in spteren Perioden anfallen.2 c) Entstehen, Flligkeit, VerfÅgungen und ErfÅllung Der Verlustausgleichsanspruch entsteht mit Ende des Geschftsjahrs in dem der auszugleichende Verlust angefallen ist.3 Der Anspruch ist nach herrschender Meinung sofort fllig und zu verzinsen (§§ 352, 353 HGB).4 Allerdings tritt Verzug mit der Folge der hÇheren Verzugszinsen erst ein, wenn die abhngige Gesellschaft den Verlustausgleichsanspruch beziffert und das herrschende Unternehmen auf Mahnung hin nicht leistet (§ 286 Abs. 1 BGB) oder einer der anderen speziellen verzugsbegrÅndenden Tatbestnde (insb. § 286 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 und Abs. 3 BGB) eingreift.5 Der Verlustausgleichsanspruch ist unabhngig von der Feststellung des Jahresabschlusses. Auch bei Fehlern des Jahresabschlusses besteht der Verlustausgleichsanspruch davon unabhngig in der HÇhe, die sich bei richtiger Bilanzierung ergbe.6

1 Hirte in Großkomm/AktG4, § 302 Rz. 23; so wohl auch Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 39 ff.; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 302 Rz. 37. 2 OLG DÅsseldorf v. 2.4.1998 – 19 W 3/93 AktE, AG 1999, 89 (91); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 39; Lwowski/Groeschke, WM 1994, 613 (615 f.); Paschos in Henssler/Strohn2, § 302 AktG Rz. 9; Veil in Spindler/Stilz2, § 302 AktG Rz. 17; aA Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 39 ff.; Hirte in Großkomm/AktG4, § 302 Rz. 23; Schmidt, ZGR 1983, 513 (531 ff.). 3 BGH v.11.10.1999 – II ZR 120/98, GmbHR 1999, 1299 m. Anm. Brauer = NJW 2000, 210; v.14.2.2005 – II ZR 361/02, GmbHR 2005, 628 = ZIP 2005, 854 (855); Altmeppen, DB 1999, 2453; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 40; Hirte in Großkomm/AktG4, § 302 Rz. 36; Veil in Spindler/Stilz2, § 302 AktG Rz. 20. 4 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 73; Deilmann in HÇlters2, § 302 AktG Rz. 19;Koch in HÅffer11, § 302 AktG Rz. 14; aA Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 74; Paschos in Henssler/Strohn2, § 302 AktG Rz. 14 f. 5 hnlich Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 73a; Hirte in Großkomm/AktG4, § 302 Rz. 64; Thoß, DB 2007, 206 (207 f.); Wernicke/Scheunemann, DStR 2006, 1399 (1400); aA Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 40a. 6 BGH v. 11.10.1999 – II ZR 120/98, GmbHR 1999, 1299 m. Anm. Brauer = NJW 2000, 210; Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 70; Cahn/Simon, Der Konzern 2003, 1 (14); Spindler/KlÇhn, NZG 2005, 584 (585); aA Krieger, NZG 2005, 787.

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2.85

Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

2.86 Droht der abhngigen Gesellschaft die Zahlungsunfhigkeit, ist der andere Vertragsteil nach umstrittener Auffassung verpflichtet, zu deren Vermeidung Abschlagszahlungen auf den Verlustausgleichsanspruch zu leisten.1 Um die Verrechnung mit spteren VerlustausgleichsansprÅchen sicherzustellen, muss der andere Vertragsteil aber auf eine eindeutige Zweckbestimmung der Zahlung achten.2

2.87 Der Verlustausgleichsanspruch kann nicht gestundet werden. Gemß § 302 Abs. 3 AktG kann die Gesellschaft auf den Anspruch erst drei Jahre nach Bekanntmachung der Eintragung der Beendigung des Vertrags in das Handelsregister verzichten oder sich Åber ihn vergleichen. Die außenstehenden Aktionre mÅssen dem Vergleich durch Sonderbeschluss zustimmen; er scheitert außerdem, wenn eine Minderheit mit einem Anteil von 10 % oder mehr des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals Widerspruch einlegt.3 Steuerlich fÅhrt ein Verzicht bzw. Vergleich in jedem Fall dazu, dass die fÅr die Organschaft erforderliche tatschliche DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags entfllt, da die Verpflichtung aus § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG, den ganzen Gewinn abzufÅhren, nicht erfÅllt ist.4 Aufrechnung und einvernehmliche Leistung an ErfÅllung statt sind zulssig, wenn die Gegenforderung bzw. die Leistung werthaltig sind.5 3. Ausgleichsanspruch der außenstehenden Aktionre

2.88 Gemß § 304 Abs. 1 S. 1 AktG mÅssen GewinnabfÅhrungsvertrge mit einer AG als abhngiger Gesellschaft einen angemessenen Ausgleich fÅr die außenstehenden Aktionre in Form einer regelmßigen Ausgleichszahlung vorsehen. Auch wenn anders als in § 305 AktG der Schuldner nicht bestimmt ist, besteht Einigkeit darÅber, dass auch im Falle des § 304

1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 36, 71; Emmerich in Emmerich/ Habersack7, § 302 AktG Rz. 41; Veil in Spindler/Stilz2, § 302 AktG Rz. 23; aA Hentzen, AG 2006, 133 (140 f.); Hirte in Großkomm/AktG4, § 302 Rz. 62; Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 74; Liebscher, ZIP 2006, 1221 (1222); wohl auch Deilmann in HÇlters2, § 302 AktG Rz. 23. 2 Deilmann in HÇlters2, § 302 AktG Rz. 23 unter Hinweis auf BGH v. 10.7.2006 – II ZR 238/04, GmbHR 2006, 928 m. Anm. Theiselmann = AG 2006, 629. 3 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 302 Rz. 94 ff.; Emmerich in Emmerich/ Habersack7, § 302 AktG Rz. 54 f.; Hirte in Großkomm/AktG4, § 302 Rz. 72; Koch in HÅffer11, § 302 AktG Rz. 27; Paschos in Henssler/Strohn2, § 302 AktG Rz. 27 ff. 4 FG MÅnster v. 20.8.2014 – 10 K 2192/13 F, GmbHR 2014, 1326. 5 BGH v. 10.7.2006 – II ZR 238/04, GmbHR 2006, 928 m. Anm. Theiselmann = NZG 2006, 664; Deilmann in HÇlters2, § 302 AktG Rz. 22; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 302 AktG Rz. 40d; Goldschmidt/Laeger, NZG 2012, 1201 (1203); Priester, BB 2005, 2483 (2485 f.) Veil in Spindler/Stilz2, § 302 AktG Rz. 28.

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E. Wirkungen des GewinnabfÅhrungsvertrags

Abs. 1 Satz 1 „der andere Vertragsteil“ verpflichtet ist.1 (hierzu und insbesondere zur HÇhe des Ausgleichsanspruchs s. bereits oben Rz. 2.33). Außenstehende Aktionre sind alle Aktionre mit Ausnahme des vertragschließenden herrschenden Unternehmens und dessen 100 %-TÇchter, der Unternehmen, die alle Anteile an dem herrschenden Unternehmen halten, sowie der Unternehmen, die mit diesem Åber Beherrschungs- und/ oder GewinnabfÅhrungsvertrag verbunden sind.2 Als außenstehende Aktionre anzuerkennen sind hingegen bloß faktische Konzernunternehmen oder Mehrheitsbeteiligungen.3 Der Ausgleichsanspruch hngt nicht davon ab, dass der außenstehende Aktionr zur Zeit des Abschlusses des Unternehmensvertrags bereits an der Gesellschaft beteiligt war. Bei spteren bertragungen der Aktien der abhngigen Gesellschaft erlischt der Anspruch des Verußerers und beim Erwerber entsteht der Verlustausgleichsanspruch neu.4 Den Ausgleich fÅr ein bestimmtes Geschftsjahr erhlt derjenige, der die Aktie im Zeitpunkt des Flligwerdens des Anspruchs (hierzu sogleich) hlt.5 Eine Besonderheit besteht bei Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags whrend eines laufenden Spruchverfahrens. Hier bleibt der Anspruch zugunsten der Aktionre bestehen, die die Aktien zum Zeitpunkt der Beendigung und bis zur ErfÅllung des Anspruchs halten, so dass diese Anspruch auf ggf. im Spruchverfahren festgesetzte ErhÇhungen haben. Der Anspruch erlischt ebenfalls bei Verußerung der Aktien, entsteht dann jedoch nicht mehr neu zugunsten von Erwerbern der Aktien.6

1 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 23 f.; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 304 Rz. 22; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 36; aA Veil in Spindler/Stilz2, § 302 AktG Rz. 33, der nur zulsst, dass die abhngige Gesellschaft als reine Zahlstelle fungiert. 2 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 18; Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 304 Rz. 28; Veil in Spindler/Stilz2, § 304 AktG Rz. 19 ff. 3 Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 304 Rz. 31; Emmerich in Emmerich/ Habersack7, § 304 AktG Rz. 18; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 28; Veil in Spindler/Stilz2, § 304 AktG Rz. 23; nach der HÇhe der Beteiligungsquoten differenzierend Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 295 Rz. 43. 4 BGH v. 8.5.2006 – II ZR 27/05, NZG 2006, 623 zum Abfindungsanspruch nach § 305 AktG; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 21a; Keul in Mehrbrey, Handbuch Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, § 24 Rz. 10; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 304 Rz. 17; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 119; aA Bilda AG 2008, 641 (642 ff.) fÅr derivativen Folgeerwerb. 5 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 21; Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 304 Rz. 33; Koch in HÅffer11, § 304 AktG Rz. 2; Rezori NZG 2008, 812 (813). 6 BGH v. 8.5.2006 – II ZR 27/05, NZG 2006, 623 zum Abfindungsanspruch nach § 305 AktG; v. 17.3.2008 – II ZR 45/06, AG 2008, 370; v. 9.10.2006 – II ZR 46/05, NZG 2007, 26; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 22; Keul in Mehrbrey, Handbuch Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, § 24 Rz. 10; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 35.

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2.89

Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

2.90 Der Ausgleichsanspruch wird jeweils mit Ablauf der ordentlichen Hauptversammlung fllig, weil an diesem Tag sonst der Gewinnverwendungsbeschluss gefasst worden wre; im Vertrag kann auch der darauffolgende Werktag bestimmt werden.1 Ob auf den Ausgleichsanspruch Flligkeitszinsen (wie fÅr die Abfindung nach § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) anfallen, ist umstritten.2 Teilweise wird davon ausgegangen, dass mit Flligkeit und ohne Mahnung Verzugszinsen nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB anfallen.3 Eine Verzinsung wird außerdem fÅr den Fall erwogen, dass der Ausgleichsanspruch durch das Gericht im Spruchverfahren erhÇht wird.4

2.91 Der Ausgleichsanspruch verjhrt nach allgemeinen Vorschriften, also nach drei Jahren ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden und fllig geworden ist (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB).5 4. Abfindungsanspruch der außenstehenden Aktionre

2.92 Gemß § 305 Abs. 1 AktG muss der Beherrschungs- und/oder GewinnabfÅhrungsvertrag außerdem ein Abfindungsangebot des anderen Vertragsteils6 zugunsten der außenstehenden Aktionre (hierzu soeben Rz. 2.88) enthalten (hierzu bereits oben Rz. 2.38); fehlt es an dieser oder ist die angebotene Abfindung zu gering, ist diese im Spruchverfahren durch das Gericht festzusetzen (§ 305 Abs. 5 AktG). Ist anderer Vertragsteil eine nicht abhngige oder in Mehrheitsbesitz stehende AG oder KGaA in der EU oder dem EWR, besteht die Abfindung in Aktien dieser Gesellschaft (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 AktG). Ist der andere Vertragsteil seinerseits von einer AG oder KGaA in der EU oder dem EWR abhngig, so kÇnnen Aktien dieser Gesellschaft oder eine Barabfindung angeboten werden

1 BGH v. 19.4.2011 – II ZR 237/09, NJW-RR 2011, 1119; Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 304 Rz. 42; Koch in HÅffer11, § 304 AktG Rz. 13; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 108; Veil in Spindler/Stilz2, § 304 AktG Rz. 34. 2 BefÅrwortend Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 304 Rz. 10; ablehnend OLG Hamm v. 21.3.2012 – I-8 U 183/10, AG 2012, 598 (599); LG NÅrnbergFÅrth v. 22.4.1999 – 1 HK 6730/89, LG NÅrnberg v. 22.4.1999 – 1HK 6730/89, AG 2000, 89 (91); Koch in HÅffer11, § 304 AktG Rz. 13; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 113; Stephan in K. Schmidt/Lutter3, § 304 AktG Rz. 36; Veil in Spindler/Stilz2, § 304 AktG Rz. 35. 3 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 31; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 304 Rz. 10. 4 Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 304 Rz. 47; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 114. 5 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 33a; Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 304 Rz. 50; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 121. 6 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 305 AktG Rz. 22; Koch in HÅffer11, § 305 AktG Rz. 8; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 305 Rz. 34; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 305 Rz. 19.

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E. Wirkungen des GewinnabfÅhrungsvertrags

(§ 305 Abs. 2 Nr. 2 AktG). Ansonsten ist eine Barabfindung anzubieten (§ 305 Abs. 2 Nr. 3 AktG).1 Das Abfindungsangebot kann im Unternehmensvertrag befristet werden (§ 305 Abs. 4 S. 1 AktG). Die Frist darf frÅhestens zwei Monate nach Eintragung des Unternehmensvertrags im Handelsregister bzw. zwei Monate nach Bekanntmachung der Entscheidung im Spruchverfahren (§ 305 Abs. 4 Satz 2 und 3 AktG) enden. Enthlt der Vertrag keine Befristung, besteht die Abfindungsoption bis zum Vertragsende.2

2.93

Der einzelne Aktionr hat aufgrund des Abfindungsangebots zunchst das Recht, gegen Abfindung aus der Gesellschaft auszuscheiden. Dieses muss er durch Erklrung gegenÅber dem anderen Vertragsteil ausÅben. Dieses Optionsrecht ist nicht selbstndig verkehrsfhig.3 Bei Verußerung der Aktien erlischt es in der Hand des Verußerers und entsteht beim Erwerber neu4 (auch wenn der Verußerer bereits eine Erklrung gegenÅber dem herrschenden Unternehmen abgegeben hatte), solange die Frist fÅr das Abfindungsangebot noch nicht abgelaufen ist. Wurde der Unternehmensvertrag vor der Verußerung wirksam beendet, entsteht das Recht beim Erwerber nicht mehr, auch nicht, wenn noch ein vertragsÅberdauerndes Spruchverfahren luft.5

2.94

Eine Barabfindung ist gem. § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG ab dem Wirksamwerden mit jhrlich 5 Prozentpunkten Åber dem jeweiligen Basiszins nach § 247 BGB zu verzinsen. Die vom Gesetz angesprochene Geltendmachung eines weiteren Schadens setzt Verzug voraus,6 der im Regelfall nur eintreten kann, wenn der Aktionr seine Aktien einreicht.7

2.95

1 Zu Einzelheiten der Regelung der Abfindung im Unternehmensvertrag Rz. 2.38 ff. 2 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 305 AktG Rz. 19; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 305 Rz. 159. 3 BGH v. 8.5.2006 – II ZR 27/05, NZG 2006, 623; Braun/Krmer ZIP 2006, 1396, 1398; Luttermann, NZG 2006, 816 (817); Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 305 Rz. 27; Veil in Spindler/Stilz2, § 305 AktG Rz. 28; kritisch Koppensteiner, DStR 2006, 1603 ff.; aA Habersack AG 2005, 709 (711). 4 Ausgenommen bei Gesamtrechtsnachfolge gilt dies auch, wenn der Verußerer gegenÅber dem herrschenden Unternehmen bereits eine Erklrung abgegeben, insbesondere die Abfindung gewhlt hatte – vgl. BGH v. 8.5.2006 – II ZR 27/05, NZG 2006, 623 zum Abfindungsanspruch nach § 305 AktG; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 305 AktG Rz. 21a; Keul in Mehrbrey, Handbuch Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, § 24 Rz. 10; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 305 Rz. 35; Veil in Spindler/Stilz2, § 305 AktG Rz. 24. 5 BGH v. 8.5.2006 – II ZR 27/05, NZG 2006, 623 zum Abfindungsanspruch nach § 305 AktG; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 305 Rz. 38; Keul in Mehrbrey, Handbuch Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, § 24 Rz. 10. 6 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 305 AktG Rz. 31; Krieger in HoffmannBecking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 114. 7 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 305 AktG Rz. 32; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 305 Rz. 154 f.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

2.96 Nimmt der Aktionr das Abfindungsangebot an, nachdem er zuvor Ausgleichszahlungen bezogen hat, so sind die erhaltenen Ausgleichszahlungen auf die Abfindungszinsen anzurechnen.1 Die Anrechnung erfolgt (so jedenfalls die in der Sache wenig Åberzeugende herrschende Meinung) nur geschftsjahresweise, so dass eine Anrechnung unterbleibt, soweit in einzelnen Jahren die Ausgleichszahlungen die Zinsen Åbersteigen.2

II. Bilanzierung 2.97 GewinnabfÅhrungen der verpflichteten Gesellschaft werden handelsbilanziell als Aufwand, ein etwaiger Verlustausgleich als Ertrag erfasst, so dass sich in der Regel weder ein JahresÅberschuss noch ein Fehlbetrag ergibt (ausfÅhrlich zu den bilanzrechtlichen Fragen: steuerliche Gewinnermittlung: Rz. 13.57 ff., handelsrechtliche Gewinnermittlung: Rz. 2.7 ff.). Zu einem JahresÅberschuss kann es allerdings kommen, wenn nach § 301 AktG die GewinnabfÅhrung auf einen niedrigeren Betrag als den JahresÅberschuss begrenzt ist, insbesondere weil ein Betrag zum Ausgleich eines Verlustvortrags verwendet oder nach § 300 AktG in die RÅcklagen eingestellt werden muss. Umgekehrt kann sich ein Jahresfehlbetrag ergeben, wenn ein hÇherer Betrag als der JahresÅberschuss abgefÅhrt wird, oder nicht der ganze Jahresfehlbetrag ausgeglichen werden muss, weil whrend der Vertragslaufzeit gebildete GewinnrÅcklagen aufgelÇst werden (§§ 301 Satz 2, 302 Abs. 1 AktG). Zu Rechnungslegungserleichterungen fÅr bestimmte Organgesellschaften s. § 264 Abs. 3 HGB.

2.98 Besteht noch ein vorvertraglicher Gewinnvortrag oder werden vorvertragliche GewinnrÅcklagen oder KapitalrÅcklagen (insb. nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) aufgelÇst, so dÅrfen diese nicht aufgrund des GewinnabfÅhrungsvertrags abgefÅhrt werden (s. oben Rz. 2.77). Vielmehr kommt es insoweit zu einem Bilanzgewinn, der ggf. nach allgemeinen Regeln an die Gesellschafter ausgeschÅttet werden kann.

2.99 Im Falle einer abhngigen Aktiengesellschaft laufen bei einem GewinnabfÅhrungsvertrag die Anforderungen des § 150 AktG an die Dotierung der gesetzlichen RÅcklage, insbesondere die Pflicht, 1/20 des JahresÅberschusses einzustellen, leer, weil es in der Regel nicht mehr zu einem JahresÅberschuss kommt. Daher enthlt § 300 Nr. 1 AktG eine abweichende Regelung zur Dotierung der gesetzlichen RÅcklage. Diese knÅpft an den JahresÅberschuss, der ohne GewinnabfÅhrung entstanden wre, abzgl. eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr an. Daraus ist der Betrag in die ge1 BGH v. 16.9.2002 – II ZR 284/01, GmbHR 2002, 1120 m. Anm. Kallmeyer = NZG 2002, 1057; Deilmann in HÇlters2, § 304 AktG Rz. 27 f.; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 305 AktG Rz. 33; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 305 Rz. 150. Aus den bei Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 115 angefÅhrten GrÅnden Åberzeugt diese Auffassung allerdings wirtschaftlich nicht. 2 Deilmann in HÇlters2, § 304 AktG 28; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 305 AktG Rz. 33; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 305 Rz. 150.

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E. Wirkungen des GewinnabfÅhrungsvertrags

setzliche RÅcklage einzustellen, der erforderlich ist, um die gesetzliche RÅcklage zusammen mit einer KapitalrÅcklage innerhalb der ersten fÅnf Geschftsjahre ab Wirksamwerden des GewinnabfÅhrungsvertrags gleichmßig auf 10 % des Grundkapitals (oder den in der Satzung bestimmten hÇheren Anteil) aufzufÅllen. Es sind aber jeweils mindestens 5 % des JahresÅberschusses ohne BerÅcksichtigung der GewinnabfÅhrung und abzgl. eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr einzustellen, bis die gesetzliche RÅcklage und die KapitalrÅcklagen nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HGB 10 % (oder den in der Satzung bestimmten hÇheren Teil) des Grundkapitals erreichen (§ 300 Nr. 1, 2, 150 Abs. 2 AktG). § 300 AktG findet nur im Falle einer abhngigen AG oder KGaA (nach deutschem Recht), nicht dagegen einer GmbH Anwendung, weil bei der GmbH keine gesetzliche RÅcklage zu bilden ist.1 Welche Rechtsform das herrschende Unternehmen hat, ist unerheblich.2

2.100

III. Kapitalerhaltung Gemß §§ 57 Abs. 1 Satz 2, 291 Abs. 3 AktG stellen Leistungen der abhngigen Aktiengesellschaft bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags keinen Verstoß gegen die §§ 57, 58 und 60 AktG dar. Auch gilt das Verbot der Financial Assistance nach § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG gemß dessen Satz 3 nicht fÅr Rechtsgeschfte bei Bestehen eines GewinnabfÅhrungsvertrags. Im Falle der abhngigen GmbH gilt gem. § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG das Verbot der RÅckzahlung des Stammkapitals nach § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines GewinnabfÅhrungsvertrags erfolgen. Anders als vor nderung der genannten Vorschriften durch das MoMiG3 sind damit nicht mehr nur Leistungen aufgrund des GewinnabfÅhrungsvertrags (so der frÅhere Wortlaut des § 291 Abs. 3 AktG) und damit primr die GewinnabfÅhrung selbst, sondern auch andere Leistungen (einschließlich Leistungen an Dritte) bei Bestehen des GewinnabfÅhrungsvertrags privilegiert. Durch die Erweiterung des Privilegs sollte insbesondere das Cash-Pooling im Vertragskonzern auf eine rechtssichere Grundlage gestellt werden.4

1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 300 Rz. 7; Emmerich in Scholz11, Anh. § 13 GmbHG Rz. 203; Hirte in Großkomm/AktG4, § 300 Rz. 68. 2 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 300 Rz. 6; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 300 Rz. 5; Hirte in Großkomm/AktG4, § 300 Rz. 59. 3 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekmpfung von Missbruchen (MoMiG) v. 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026. 4 Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff18, § 30 GmbHG Rz. 47; Veil in Spindler/ Stilz2, § 291 AktG Rz. 71; Verse in Scholz11, § 30 GmbHG Rz. 73.

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2.101

Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

IV. Konzernrecht 1. Aktiengesellschaft

2.102 Der GewinnabfÅhrungsvertrag gewhrt, soweit er nicht mit einem Beherrschungsvertrag kombiniert wird, dem anderen Vertragsteil keine konzernrechtliche Leitungsmacht. Der andere Vertragsteil hat also auf Basis eines isolierten GewinnabfÅhrungsvertrags insbesondere kein Recht, Weisungen zu erteilen, die die Verwaltung der verpflichteten Gesellschaft befolgen mÅsste.1

2.103 Es ist umstritten, ob in einem GewinnabfÅhrungsvertrag zumindest im Bereich der AusÅbung von bilanziellen Wahlrechten und Ermessensspielrumen (die sich auf die HÇhe des GewinnabfÅhrungsanspruchs bzw. der Verlustausgleichspflicht auswirkt) dem herrschenden Unternehmen ein Weisungsrecht eingerumt werden kann (hierzu bereits oben Rz. 2.80). Die wohl herrschende Meinung hlt zwar Regelungen zur Ausnutzung dieser Spielrume im GewinnabfÅhrungsvertrag fÅr mÇglich (etwa dazu, wie ein bestimmtes Wahlrecht auszuÅben ist), nicht hingegen ein abstraktes Weisungsrecht fÅr das herrschende Unternehmen in diesem Bereich.2 Auf dieser Basis mÅsste dazu also ebenfalls ein Beherrschungsvertrag geschlossen werden.

2.104 Nach herrschender Meinung bleiben auch bei Bestehen eines isolierten GewinnabfÅhrungsvertrags die §§ 311, 317 AktG aus dem Recht des faktischen Konzerns anwendbar.3 Nachteilige Einflussnahmen eines herrschenden Unternehmens sind daher unzulssig, wenn die Nachteile nicht ausgeglichen werden (§ 311 AktG). Wird der Nachteil nicht bis zum Ende des Geschftsjahres tatschlich ausgeglichen oder der abhngigen Gesellschaft ein Rechtsanspruch auf einen zum Ausgleich bestimmten Vorteil gewhrt, so ist das herrschende Unternehmen der Aktiengesellschaft und ihren Aktionren zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 317 Abs. 1 AktG). GegenÅber den Aktionren bezieht sich die Ersatzpflicht nur auf Schden, die Åber den Schaden hinausgehen, der aus der Schdigung der Gesellschaft resultiert (§ 317 Abs. 1 Satz 2 AktG). Auch die gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens, die die

1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 150; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 49; Koch in HÅffer11, § 291 AktG Rz. 27; Paschos in Henssler/Strohn2, § 291 AktG Rz. 43. 2 Deilmann in HÇlters2, § 291 AktG Rz. 52; Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 291 AktG Rz. 60; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 291 Rz. 154; wohl auch Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 144; aA Veil in Spindler/Stilz2, § 291 AktG Rz. 37 ff., der eine Vereinbarung von Weisungsrechten in Bezug auf die Bilanzierung fÅr zulssig hlt. 3 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 149; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 61; Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 291 AktG Rz. 61; Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 71 Rz. 16a; Paschos in Henssler/Strohn2, § 291 AktG Rz. 46.

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E. Wirkungen des GewinnabfÅhrungsvertrags

Gesellschaft zu der nachteiligen Maßnahme veranlasst haben, haften als Gesamtschuldner (§ 317 Abs. 3 AktG). Die Anwendbarkeit der §§ 311, 317 AktG stellt eine gewisse Relativierung der kapitalerhaltungsrechtlichen Privilegierung dar, denn eine Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften kann auch eine nachteilige Maßnahme darstellen, die, wenn sie durch das herrschende Unternehmen veranlasst wurde, die Haftungsfolge des § 317 AktG auslÇst. Deshalb ist die Anwendung der Vorschriften des faktischen Konzerns auch Gegenstand von Diskussion in der Literatur.1

2.105

Auch im Falle eines isolierten GewinnabfÅhrungsvertrags besteht eine konzernrechtliche Privilegierung dahingehend, dass die abhngige Gesellschaft gem. § 316 AktG keinen Bericht Åber Beziehungen zu verbundenen Unternehmen nach den §§ 312 bis 315 AktG aufzustellen braucht. Damit entfllt der Aufwand der Erstellung des Berichts sowie seiner PrÅfung durch den AbschlussprÅfer und den Aufsichtsrat. Außerdem kann mangels Abhngigkeitsberichts auch keine Haftung nach § 318 AktG eintreten, da danach die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder nur haften, wenn eine nachteilige Maßnahme sorgfaltswidrig nicht in den Abhngigkeitsbericht aufgenommen wurde bzw. nicht auf einen nicht ausgeglichenen Nachteil hingewiesen wurde oder der Aufsichtsrat seine PrÅfungspflichten verletzt hat.2

2.106

Wird der GewinnabfÅhrungsvertrag mit einem Beherrschungsvertrag kombiniert, so kommt dem herrschenden Unternehmen das Weisungsrecht des § 308 AktG zu und die §§ 311 bis 315, 317 und 318 AktG finden keine Anwendung. Diese konzernrechtlichen Vorteile sprechen in der Praxis fÅr eine Kombination des GewinnabfÅhrungsvertrags mit einem Beherrschungsvertrag, soweit nicht spezielle Erwgungen entgegen stehen (hierzu etwa Rz. 2.109).

2.107

2. GmbH Bei der GmbH hat die Frage des Weisungsrechts geringe Bedeutung, da hier die Gesellschafterversammlung den GeschftsfÅhrern Weisungen erteilen kann.3 Auch hier ergibt sich aber kein Weisungsrecht zugunsten 1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 168; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 61; die Anwendbarkeit der §§ 311, 317 AktG ablehnend Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 291 Rz. 3. 2 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 316 Rz. 16; BÇdeker in Henssler/Strohn2, § 316 AktG Rz. 5; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 316 AktG Rz. 8; Koch in HÅffer11, § 316 AktG Rz. 6; Leuering/Goertz in HÇlters2, § 316 AktG Rz. 10; MÅller in Spindler/Stilz2, § 316 AktG Rz. 6. 3 Altmeppen in Roth/Altmeppen7, § 37 GmbHG Rz. 3; Lenz in Michalski2, § 37 GmbHG Rz. 16 ff.; Oetker in Henssler/Strohn2, § 37 GmbHG Rz. 11; Stephan/ Tieves in MÅnchKomm/GmbHG, § 37 Rz. 115; Wicke2, § 37 GmbHG Rz. 4; ZÇllner/Noack in Baumbach/Hueck20, § 37 GmbHG Rz. 20.

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2.108

Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

des anderen Vertragsteils aus einem isolierten GewinnabfÅhrungsvertrag.1 Bei einer GmbH ohne außenstehende Gesellschafter besteht keine konzernrechtliche Haftung fÅr die einfache Veranlassung nachteiliger Maßnahmen.2 In dem in der Praxis hufigsten Fall der abhngigen eingliedrigen GmbH ist daher die Kombination des GewinnabfÅhrungsvertrags mit einem Beherrschungsvertrag weniger wichtig als bei der abhngigen Aktiengesellschaft. Die Grundstze des existenzvernichtenden Eingriffs gelten aber auch im Falle des Bestehens eines isolierten GewinnabfÅhrungsvertrags,3 wobei aber der Eingriff nicht in der GewinnabfÅhrung selbst bestehen kann. Bei einer GmbH mit außenstehenden Gesellschaftern bleibt auch bei Bestehen eines isolierten GewinnabfÅhrungsvertrags die NachteilszufÅgung gegenÅber der Gesellschaft unzulssig.4 Sie kann aber nicht in dem Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags bestehen, da dieser auf Basis der Åberwiegenden Meinung ohnehin nur mit Zustimmung aller Gesellschafter abgeschlossen werden darf (Rz. 2.59 f.).

V. Mitbestimmungsrecht 2.109 Gemß § 1 Abs. 1 DrittelbG greift die Drittelmitbestimmung im Aufsichtsrat der erfassten Gesellschaftsformen (insb. AG und GmbH) nur dann ein, wenn die Gesellschaft in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer hat. FÅr Zwecke dieser PrÅfung gelten gem. § 2 Abs. 2 DrittelbG die Arbeitnehmer eines Konzernunternehmens als solche des herrschenden Unternehmens, wenn zwischen den Unternehmen ein Beherrschungsvertrag besteht oder das abhngige Unternehmen in das herrschende Unternehmen eingegliedert ist. Ein isolierter GewinnabfÅhrungsvertrag fÅhrt hingegen nicht zu dieser Zurechnung.5

2.110 FÅr die Zurechnung von Arbeitnehmern bei der PrÅfung, ob die fÅr die parittische Mitbestimmung relevante Schwelle von 2000 Arbeitnehmern Åberschritten ist (§ 5 Abs. 1 MitbestG), spielt das Bestehen eines Unternehmensvertrags keinerlei Rolle, sondern es kommt allein darauf an, ob ein Konzernverhltnis gem. § 18 Abs. 1 AktG besteht. 1 Vgl. dazu Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 149; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 61; Langenbucher in K. Schmidt/Lutter3, § 291 AktG Rz. 61; Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 71 Rz. 16a; Paschos in Henssler/Strohn2, § 291 AktG Rz. 46. 2 Habersack in Emmerich/Habersack7, Anh. § 318 AktG Rz. 33; Henssler/Strohn in Henssler/Strohn2, Anh. § 13 GmbHG Rz. 44. 3 Altmeppen in Roth/Altmeppen7, Anh. § 13 GmbHG Rz. 58; Habersack in Emmerich/Habersack7, Anh. § 318 AktG Rz. 34; Lutter/Hommelhoff in Lutter/ Hommelhoff18, Anh. § 13 GmbHG Rz. 20 f.; Verse in Henssler/Strohn2, Anh. § 13 GmbHG Rz. 45. 4 Habersack in Emmerich/Habersack7, Anh. § 318 AktG Rz. 23; Verse in Henssler/Strohn2, Anh. § 13 GmbHG Rz. 48. 5 Gach in MÅnchKomm/AktG4, § 2 DrittelbG Rz. 11.

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F. Der fehlerhafte GewinnabfÅhrungsvertrag

F. Der fehlerhafte GewinnabfÅhrungsvertrag Die primren Fehlerquellen eines GewinnabfÅhrungsvertrags neben allgemeinen rechtsgeschftlichen Fehlerquellen1 sind das Nichtvorliegen der Voraussetzungen fÅr sein Zustandekommen nach den §§ 291 ff. AktG sowie Beschlussmngel des zustimmenden Gesellschafterbeschlusses, insbesondere bei der Aktiengesellschaft Fehler bei Vorbereitung und DurchfÅhrung der zustimmenden Hauptversammlung. Letztere kÇnnen sich aus VerstÇßen gegen allgemeine Anforderungen nach den §§ 118 ff. AktG (etwa Fehler bei der Einberufung, Verletzung des Teilnahme oder des Auskunftsrechts) oder gegen die besonderen Anforderungen der §§ 293f und 293g AktG ergeben.

2.111

Der GewinnabfÅhrungsvertrag ist insbesondere gem. § 304 Abs. 3 Satz 1 AktG nichtig, wenn er bei außenstehenden Gesellschaftern Åberhaupt keinen Ausgleich vorsieht. Fehlt hingegen die Bestimmung einer Abfindung, so ist der Vertrag dennoch nicht nichtig oder der zustimmende Hauptversammlungsbeschluss nichtig oder anfechtbar, sondern die Abfindung wird gem. § 305 Abs. 5 Satz 2 AktG im Spruchverfahren festgelegt.2

2.112

Kommt es zur Eintragung eines fehlerhaften Beherrschungs- und/oder GewinnabfÅhrungsvertrags und wird dieser durchgefÅhrt, so finden die Grundstze Åber die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung. Die Fehlerhaftigkeit des Vertrags kann damit nur mit Wirkung ex nunc durch außerordentliche KÅndigung geltend gemacht werden.3 Ist der Vertrag jedoch wegen Fehlens eines Ausgleichs nach § 304 Abs. 3 Satz 1 AktG nichtig, gilt dies nicht.4 DarÅber hinaus werden bestimmte weitere Flle diskutiert, in denen die Grundstze Åber die fehlerhafte Gesellschaft keine Anwendung finden sollen.5 Außerdem ist zu beachten, dass die Grundstze Åber die fehlerhafte Gesellschaft nicht zur steuerlichen Anerkennung des GewinnabfÅhrungsvertrags fÅhren (s. Rz. 3.30).

2.113

1 Etwa die Anfechtung wegen Willensmngeln bei Abschluss, hierzu Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 291 Rz. 192. 2 Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 305 Rz. 251 ff.; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 305 Rz. 166 f.; Veil in Spindler/Stilz2, § 305 AktG Rz. 107; hierzu Rz. 2.71. 3 Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 19; aA Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 291 AktG Rz. 32, der die einfache Berufung auf die Nichtigkeit genÅgen lsst. 4 Deilmann in HÇlters2, § 304 AktG Rz. 60; Koch in HÅffer11, § 304 AktG Rz. 20; Veil in Spindler/Stilz2, § 304 AktG Rz. 85. 5 Vgl. den zusammenfassenden Meinungsstand bei: Altmeppen in MÅnchKomm/ AktG3, § 291 Rz. 197 ff.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

G. nderung des GewinnabfÅhrungsvertrags I. Aktiengesellschaft 2.114 Ein GewinnabfÅhrungsvertrag kann durch Abschluss eines nderungsvertrags zwischen den Vertragspartnern gendert werden (s. a. Rz. 11.62 ff.). Dieser bedarf der Schriftform (§§ 293 Abs. 3 i.V.m. 295 Abs. 1 S. 2 AktG).

2.115 Der Vorstand der abhngigen Gesellschaft entscheidet eigenverantwortlich Åber die Vertragsnderung. Die Hauptversammlung der abhngigen Gesellschaft kann allerdings eine Anweisung gem. §§ 83 Abs. 1 i.V.m. § 295 Abs. 1 AktG erteilen.1

2.116 Die Anforderungen der §§ 293 bis 294 AktG Åber die Zustimmung zum Abschluss des Unternehmensvertrags gelten grundstzlich entsprechend (§ 295 Abs. 1 Satz 2 AktG), Rz. 2.49 ff. Die nderung bedarf demnach der Zustimmung der Hauptversammlung der abhngigen Gesellschaft. Ist der andere Vertragsteil eine AG oder KGaA, ist nach §§ 293 Abs. 2 i.V.m. 295 Abs. 1 Satz 2 AktG auch die Zustimmung von dessen Hauptversammlung erforderlich.2

2.117 Nach herrschender Meinung finden bei Vertragsnderungen, die Abfindung und/oder Ausgleich berÅhren, auch die Berichts- und PrÅfungspflichten der §§ 293a ff. AktG Anwendung. Bei anderen Vertragsnderungen ist deren Anwendung jedoch umstritten, da sie hauptschlich der Erluterung und PrÅfung der Ermittlung von Ausgleich und Abfindung dienen.3 In der Praxis kann man aus VorsichtsgrÅnden dennoch einen Bericht erstellen und prÅfen lassen, diesen aber auf die Erluterung der nderung beschrnken;4 das reduziert den Aufwand erheblich, da sich keine Bewertungsfragen stellen.

2.118 Nach § 295 Abs. 1 AktG ist die Zustimmung der außenstehenden Aktionre durch Sonderbeschluss mit qualifizierter Mehrheit erforderlich, wenn die vertraglichen Regelungen zu Abfindung und Ausgleich gendert werden. Das gilt auch bei nderungen, die sich nur mittelbar auf die Ab-

1 Deilmann in HÇlters2, § 299 AktG Rz. 4; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 299 AktG Rz. 6; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 299 Rz. 4; Veil in Spindler/Stilz2, § 299 AktG Rz. 7; aA Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 299 Rz. 7 ff. 2 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 295 AktG Rz. 18; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 295 AktG Rz. 18; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 295 Rz. 41; Veil in Spindler/Stilz2, § 295 AktG Rz. 17. 3 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 295 AktG Rz. 20 ff.; Bungert, DB 1995, 1449; Koch in HÅffer11, § 295 AktG Rz. 8; Veil in Spindler/Stilz2, § 295 AktG Rz. 16. 4 Koch in HÅffer11, § 295 AktG Rz. 8; Veil in Spindler/Stilz2, § 295 AktG Rz. 16.

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G. nderung des GewinnabfÅhrungsvertrags

findungs- oder Ausgleichspflicht auswirken,1 sowie bei einer VertragsÅbernahme, da diese zu einem Schuldnerwechsel fÅhrt.2 Eine Ausnahme besteht nach herrschender Meinung auch nicht bei konzerninternen Umstrukturierungen, wenn (insbesondere aufgrund weiterer Unternehmensvertrge) der bisherige Schuldner weiter fÅr die ErfÅllung der AnsprÅche haftet.3 Beim Beitritt eines weiteren Vertragspartners ist hingegen kein Sonderbeschluss der außenstehenden Aktionre erforderlich, da dann der bisherige Schuldner erhalten bleibt.4 Auch die Beteiligung des Aufsichtsrats der abhngigen und/oder herrschenden Gesellschaft kann gem. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG erforderlich sein. § 299 AktG ndert hieran nichts.5 § 32 MitbestG findet ggf. Anwendung.6

2.119

Gemß §§ 294 Abs. 2 i.V.m. 295 Abs. 1 Satz 2 AktG wird die nderung erst mit Eintragung in das Handelsregister wirksam.

2.120

II. GmbH § 295 AktG ist nach herrschender Meinung auf den Unternehmensvertrag mit einer GmbH entsprechend anzuwenden.7 Auch hier stellt sich die Frage der erforderlichen Mehrheit an zustimmenden Gesellschaftern (hierzu oben Rz. 2.60 f.). Nur wenn man danach nicht ohnehin die Zustimmung aller Gesellschafter verlangt, ist ein Sonderbeschluss der au-

1 OLG Frankfurt v. 5.7.2004 – 20 W 414/92, DB 2004, 2463; Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 295 Rz. 30; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 295 AktG Rz. 26; Veil in Spindler/Stilz2, § 295 AktG Rz. 24. 2 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 295 Rz. 31 ff.; Bayer, ZGR 1993, 599 (608); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 295 AktG Rz. 27; Priester, ZIP 1992, 293 (300); Veil in Spindler/Stilz2, § 295 AktG Rz. 21. 3 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 295 Rz. 33; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 295 AktG Rz. 27; Scker, DB 1988, 271 (273 ff.); Veil in Spindler/ Stilz2, § 295 AktG Rz. 21; aA Krieger/Jannott, DStR 1995 1473 (1479). 4 BGH v. 15.6.1992 – II ZR 18/91, NJW 1992, 2760; Altmeppen in MÅnchKomm/ AktG3, § 295 Rz. 34 ff.; Bayer, ZGR 1993, 599 (608); Koch in HÅffer11, § 295 AktG Rz. 11; Veil in Spindler/Stilz2, § 295 AktG Rz. 22; differenzierend Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 295 AktG Rz. 27. 5 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 295 Rz. 25; Deilmann in HÇlters2, § 299 AktG Rz. 6; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 299 AktG Rz. 8; Koch in HÅffer11, § 299 AktG Rz. 5; Langenbuchner in K. Schmidt/Lutter3, § 299 Rz. 3. 6 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 295 Rz. 25; Deilmann in HÇlters2, § 293 AktG Rz. 25; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 293 AktG Rz. 34; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 293 Rz. 30; Ulmer/Habersack in Ulmer/Habersack/Henssler3, § 32 MitbestG Rz. 13; Veil in Spindler/Stilz2, § 293 AktG Rz. 21. 7 BFH v. 22.10.2008 – I R 66/07, BStBl. II 2009, 972 = BFHE 223, 162 = GmbHR 2009, 329; Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 295 Rz. 19; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 295 AktG Rz. 4.

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2.121

Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

ßenstehenden Gesellschafter nach § 295 Abs. 2 AktG erforderlich.1 Die Gesellschafterversammlung kann bei der GmbH auch die GeschftsfÅhrer zum Abschluss eines nderungsvertrags anweisen.2

H. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags I. Aufhebung 2.122 Ein GewinnabfÅhrungsvertrag kann durch schriftliche (§ 296 Abs. 1 Satz 3 AktG) Vereinbarung der Vertragsparteien aufgehoben werden. Die Aufhebung kann gem. § 296 Abs. 1 AktG nur zum Ende des Geschftsjahres der abhngigen Gesellschaft3 bzw. des sonst vertraglich bestimmten Abrechnungszeitraums erfolgen. Nach § 296 Abs. 1 Satz 2 AktG ist die rÅckwirkende Aufhebung unzulssig. Die Beendigung des Vertrags ist gem. § 298 AktG in das Handelsregister einzutragen. Die Eintragung ist aber nicht Voraussetzung fÅr die Wirksamkeit der Beendigung.4

2.123 Bei der Aktiengesellschaft entscheidet der Vorstand im Rahmen seiner GeschftsfÅhrungskompetenz Åber die Aufhebung des GewinnabfÅhrungsvertrags. Ein Gesellschafterbeschluss ist daher, abgesehen vom Sonderbeschluss nach § 296 Abs. 2 AktG (hierzu sogleich), nicht erforderlich, und zwar auch nicht bei der herrschenden Aktiengesellschaft.5 Entsprechend kann die Hauptversammlung auch keine Weisung nach § 83 Abs. 1 AktG erteilen.6 Handelt es sich bei der Aufhebung um einen vorbehaltenen Gegenstand nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, bedarf sie der Zustimmung des Aufsichtsrats.7 Besteht zustzlich zum GewinnabfÅhrungsvertrag ein Beherrschungsvertrag, sind Weisungen an den Vorstand der ab-

1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 295 Rz. 19; Krieger/Jannot, DStR 1995, 1473 (1474); aA Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 295 AktG Rz. 4a. 2 Zur KÅndigung: BGH v. 31.5.2011 – II ZR 109/10, GmbHR 2011, 922 m. Anm. Ulrich = NZG 2011, 902; aA Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 299 AktG Rz. 3a. 3 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 296 Rz. 21; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 13; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG, § 296 Rz. 12. 4 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 296 Rz. 28; MÅlbert in Großkomm/ AktG4, § 296 Rz. 34; Veil in Spindler/Stilz2, § 296 AktG Rz. 13. 5 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 296 Rz. 8; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 8; Koch in HÅffer11, § 296 AktG Rz. 5; Veil in Spindler/ Stilz2, § 296 AktG Rz. 9. 6 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 296 Rz. 20; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 10; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 296 Rz. 10; Veil in Spindler/Stilz2, § 296 AktG Rz. 10. 7 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 296 Rz. 19; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 10; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 296 Rz. 9; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 296 Rz. 11; Veil in Spindler/Stilz2, § 296 AktG Rz. 11.

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H. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags

hngigen Gesellschaft, einen Aufhebungsvertrag zu schließen, gem. § 299 AktG unzulssig und damit unwirksam. Sieht der GewinnabfÅhrungsvertrag mit einer Aktiengesellschaft Abfindung und Ausgleich fÅr die außenstehenden Aktionre vor, bedarf die Aufhebung deren Zustimmung durch Sonderbeschluss (§ 296 Abs. 2 AktG) mit einer Mehrheit von mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Nach umstrittener Auffassung muss der Sonderbeschluss vor dem Beendigungszeitpunkt ergehen, da ansonsten der Vertrag zunchst weiterbestehe und die Aufhebung dann nachtrglich in whrend dieser Zeit entstandene AnsprÅche der außenstehenden Aktionre eingreife.1 Die Satzung kann eine grÇßere Mehrheit und weitere Erfordernisse vorsehen (§ 293 Abs. 1 Satz 2, 3 i.V.m. § 296 Abs. 2 Satz 2 AktG). Das Zustimmungserfordernis hat Außenwirkung – bei fehlender Zustimmung wird die Aufhebung nicht wirksam.2

2.124

Im Falle des GewinnabfÅhrungsvertrags mit einer abhngigen GmbH ist ebenfalls ein zustimmender Gesellschafterbeschluss der abhngigen Gesellschaft erforderlich; die Aufhebung ist keine reine GeschftsfÅhrungsmaßnahme; das herrschende Unternehmen ist im Rahmen des Gesellschafterbeschlusses nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen.3 Nach umstrittener Auffassung finden die §§ 53, 54 GmbHG entsprechende Anwendung, so dass der Gesellschafterbeschluss der qualifizierten Mehrheit bedarf und anders als bei der Aktiengesellschaft der Handelsregistereintragung konstitutive Wirkung zukommt.4 Ansonsten sind (nach teilweise umstrittener Auffassung) die Regelungen des § 296 AktG (Aufhebung nur zum Ende des Geschftsjahres,5 keine RÅckwirkung,6 Schriftform, Sonderbeschluss bei vorhandener Ausgleichspflicht) auf die Aufhebung eines GewinnabfÅhrungsvertrags mit einer GmbH als ver-

2.125

1 Zustimmend: Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 296 Rz. 37; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 21; Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 191; Schwarz, MittRhNotK 1994, 49 (69); ablehnend:. LG Essen v. 16.12.1994 – 47 O 212/94, AG 1995, 189 (191); Koch in HÅffer11, § 296 AktG Rz. 8; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 296 Rz. 21; Vetter, ZIP 1995, 345 (348). 2 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 19; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 296 Rz. 29; Veil in Spindler/Stilz2, § 296 AktG Rz. 9. 3 BGH v. 31.5.2011 – II ZR 109/10, GmbHR 2011, 922 m. Anm. Ulrich = NZG 2011, 902 zur KÅndigung; zum Ganzen: Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 7b. 4 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 7b; gegen konstitutive Handelsregistereintragung (fÅr die KÅndigung) BayObLG v. 5.2.2003 – 3Z BR 232/02, GmbHR 2003, 476 = ZIP 2003, 798; OLG MÅnchen v. 21.3.2011 – 31 Wx 80/11, GmbHR 2011, 489 = ZIP 2012, 133. 5 OLG MÅnchen v. 16.3.2012 – 31 Wx 70/12, GmbHR 2012, 645 = NZG 2012, 590; dazu kritisch: Priester, NZG 2012, 641. 6 BGH v. 5.11.2001 – II ZR 119/00, GmbHR 2002, 62 = NJW 2002, 822; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 15.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

pflichteter Gesellschaft entsprechend anzuwenden.1 Das RÅckwirkungsverbot des § 296 Abs. 1 Satz 2 AktG ist jedoch nicht auf den Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der eingliedrigen abhngigen GmbH anzuwenden, da es nur dem Schutz außenstehender Aktionre dient.2

2.126 Ist der andere Vertragsteil des GewinnabfÅhrungsvertrags eine GmbH, ist dort die Zustimmung der Gesellschafterversammlung nach Åberwiegender Auffassung nur erforderlich, wenn die Aufhebung im Einzelfall eine außergewÇhnliche GeschftsfÅhrungsmaßnahme darstellt, die nach allgemeinen Regeln nur mit Zustimmung der Gesellschafter zulssig ist.3

2.127 Zu Steuerlichen Anforderungen an die Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags s. Rz.11.6 ff.

II. Ordentliche KÅndigung 1. Organzustndigkeit bei der abhngigen Gesellschaft

2.128 Anstatt einer Aufhebung kann ein GewinnabfÅhrungsvertrag auch durch eine seiner Parteien gekÅndigt werden. Die KÅndigungserklrung (einseitige empfangsbedÅrftige Willenserklrung)4 bedarf gem. § 297 Abs. 3 AktG der Schriftform. Dies gilt sowohl fÅr die ordentliche als auch fÅr die außerordentliche KÅndigung.5

2.129 In der Aktiengesellschaft entscheidet der Vorstand im Rahmen seiner GeschftsfÅhrungskompetenz Åber die KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags. Außerhalb von § 297 Abs. 2 AktG (hierzu sogleich Rz. 2.134) ist kein Beschluss der Hauptversammlung erforderlich. Daher ist auch keine Anweisung nach § 83 Abs. 1 AktG mÇglich. Besteht auch ein Beherrschungsvertrag, so berechtigt dieser das herrschende Unternehmen nicht dazu, den Vorstand zur KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags anzuweisen (§ 299 AktG).

1 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 7b; Halm, NZG 2001, 728 (735 f.). 2 OLG MÅnchen v. 27.10.2014 – 31 Wx 235/14, GmbHR 2015, 368 m. Anm. Wachter = NZG 2015, 311; aA BGH v. 5.11.2001 – II ZR 119/00, GmbHR 2002, 62 = NJW 2002, 822 (823); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 7b. 3 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 7c; hierzu etwa Altmeppen in Roth/Altmeppen7, § 37 GmbHG Rz. 22 f.; Lenz in Michalski2, § 37 GmbHG Rz. 8; Stephan/Tieves in MÅnchKomm/GmbHG, § 37 Rz. 65. 4 Deilmann in HÇlters2, § 297 AktG Rz. 21; Koch in HÅffer11, § 297 AktG Rz. 19; Langenbuchner in K. Schmidt/Lutter3, § 297 AktG Rz. 25; Paschos in Henssler/ Strohn2, § 297 AktG Rz. 3; Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 29. 5 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 1; Koch in HÅffer11, § 297 AktG Rz. 20; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 297 Rz. 13.

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H. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags

Bei der abhngigen GmbH stellt die KÅndigung des Vertrags nach einer Entscheidung des BGH entgegen der zuvor Åberwiegenden Auffassung1 keine reine GeschftsfÅhrungsmaßnahme dar; es handelt sich vielmehr um einen innergesellschaftlichen Organisationsakt, Åber den die Gesellschafter durch Beschluss der Gesellschafterversammlung entscheiden; das herrschende Unternehmen darf dabei mitstimmen.2 Die Einzelheiten sind umstritten, so insbesondere das Mehrheitserfordernis (das allerdings in dem in der Praxis hufigen Fall der eingliedrigen abhngigen Gesellschaft keine Rolle spielt) und das Erfordernis einer konstitutiv wirkenden Handelsregistereintragung.3 Im brigen wird § 297 AktG aber auf die GmbH entsprechend angewandt.4

2.130

2. Anforderungen an die KÅndigung a) Ordentliche KÅndigung Hinsichtlich der nheren Voraussetzungen der KÅndigung ist zwischen der ordentlichen und der außerordentlichen KÅndigung zu unterscheiden.

2.131

Abgesehen von den in § 297 AktG geregelten Einzelaspekten ist fÅr die ordentliche KÅndigung die rechtsgeschftliche Regelung im Unternehmensvertrag maßgeblich.5 Nach herrschender Meinung muss dort die ordentliche KÅndigung ausdrÅcklich vorgesehen sein; sonst ist sie nicht mÇglich.6

2.132

Erlaubt der Vertrag zwar die ordentliche KÅndigung, regelt aber nicht deren Frist, will eine Literaturauffassung § 132 HGB (KÅndigungsfrist fÅr KÅndigung des Gesellschafters einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen offenen Handelsgesellschaft) analog anwenden, der eine sechsmona-

2.133

1 Vgl. Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 3a; Emmerich in Scholz11, Anh. § 13 GmbHG Rz. 189 ff. 2 BGH v. 31.5.2011 – II ZR 109/10, BGHZ 190, 45 = GmbHR 2011, 922 m. Anm. Ulrich = NZG 2011, 902; kritisch hierzu Liebscher in MÅnchKomm/GmbHG2, GmbH-Konzernrecht Rz. 1006. 3 Vgl. Beck, GmbHR 2012, 777; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 3a; Halm, NZG 2001, 728 (737 f.); aA BayObLG v. 5.2.2003 – 3Z BR 232/02, GmbHR 2003, 476 = ZIP 2003, 798; OLG MÅnchen v. 21.3.2011 – 31 Wx 80/11, GmbHR 2011, 489 = ZIP 2012, 133; Veith/Schmid, DB 2012, 728 (731). 4 OLG Oldenburg v. 23.3.2000 – 1 U 75/99, NZG 2000, 1138 (1140); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 14; Krieger/Jannott, DStR 1995, 1473 (1475 f.); Ulrich, GmbHR 2004, 1000 (1001 f.). 5 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 297 Rz. 51 f.; Koch in HÅffer11, § 297 AktG Rz. 10 f.; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 297 Rz. 72; Paschos in Henssler/Strohn2, § 297 AktG Rz. 7; Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 25. 6 Deilmann in HÇlters2, § 297 AktG Rz. 5; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 5; Koch in HÅffer11, § 297 AktG Rz. 12; MÅlbert in Großkomm/ AktG4, § 297 Rz. 78; Paschos in Henssler/Strohn2, § 297 AktG Rz. 7; Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 21; differenzierend Altmeppen in MÅnchKomm/ AktG3, § 297 Rz. 70 f.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

tige KÅndigungsfrist vorsieht.1 Der GewinnabfÅhrungsvertrag kann abweichend von § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG auch die KÅndigung zu einem anderen Termin als dem Geschftsjahresende zulassen.2 Ohne eine solche Bestimmung wird aber § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG entsprechend angewandt.3

2.134 Sieht der GewinnabfÅhrungsvertrag Abfindung und Ausgleich vor, setzt die ordentliche KÅndigung durch den Vorstand der abhngigen Gesellschaft gem. § 297 Abs. 2 AktG voraus, dass die außenstehenden Aktionre der KÅndigung durch Sonderbeschluss zustimmen. Der Beschluss bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (oder die von der Satzung vorgesehene grÇßere Mehrheit) umfasst; die Satzung kann weitere Anforderungen stellen (§§ 293 Abs. 1 Satz 2, 3 i.V.m. 297 Abs. 2 Satz 2 AktG). Bei der KÅndigung durch das herrschende Unternehmen ist dagegen kein Sonderbeschluss erforderlich.4 b) Außerordentliche KÅndigung

2.135 § 297 Abs. 1 Satz 1 AktG stellt klar, dass ein Unternehmensvertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer KÅndigungsfrist gekÅndigt werden kann. Auf diese KÅndigung ist § 314 BGB subsidir anwendbar.5 Nach § 314 Abs. 2 BGB kann eine vorherige Abmahnung oder Setzung einer Abhilfefrist erforderlich sein. § 314 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB (Entbehrlichkeit der Fristsetzung trotz Vorliegens eines solchen Falls) sind aber anwendbar. Gemß § 314 Abs. 3 BGB muss die KÅndigung innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem der Berechtigte von dem KÅndigungsgrund Kenntnis erlangt. Auch SchadenersatzansprÅche bleiben gem. § 314 Abs. 4 BGB unberÅhrt.6

2.136 Ein wichtiger Grund liegt nach § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB vor, wenn dem kÅndigenden Teil unter BerÅcksichtigung aller Umstnde des Einzelfalls 1 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 297 Rz. 75 f.; Deilmann in HÇlters2, § 297 AktG Rz. 10; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 11; Koch in HÅffer11, § 297 AktG Rz. 16; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 297 Rz. 6; Paschos in Henssler/Strohn2, § 297 AktG Rz. 8. 2 BGH v. 5.4.1993 – II ZR 238/91, GmbHR 1993, 446 = NJW 1993, 1976; Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 297 Rz. 78 f.; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 12; Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 24. 3 Koch in HÅffer11, § 297 AktG Rz. 16; MÅlbert in Großkomm/AktG3, § 297 Rz. 88; Paschos in Henssler/Strohn2, § 297 AktG Rz. 8; aA Deilmann in HÇlters2, § 297 AktG Rz. 11. 4 BGH v. 5.4.1993 – II ZR 238/91, GmbHR 1993, 446 = NJW 1993, 1976; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 9; Koch in HÅffer11, § 297 AktG Rz. 18; Paschos in Henssler/Strohn2, § 297 AktG Rz. 9; Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 27. 5 Begr. RegE des SMG, BT-Drucks. 14 (2001)/6040, 177; Emmerich in Emmerich/ Habersack7, § 297 AktG Rz. 18; Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 7. 6 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 18.

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H. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags

und unter Abwgung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhltnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer KÅndigungsfrist nicht zugemutet werden kann.1 Nach § 297 Abs. 1 Satz 2 AktG kann der Vertrag insbesondere dann aus wichtigem Grund außerordentlich gekÅndigt werden, wenn der andere Vertragsteil voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine aufgrund des Vertrags bestehenden Verpflichtungen zu erfÅllen. In diesem Fall kÇnnen sowohl die abhngige Gesellschaft als auch das herrschende Unternehmen kÅndigen.2 Der Unternehmensvertrag kann selbst wichtige GrÅnde definieren, die zur außerordentlichen KÅndigung berechtigen, dabei aber das Recht zur außerordentlichen KÅndigung nicht einschrnken. Da dadurch letztlich das KÅndigungsrecht ausgeweitet wird, ist zur Vermeidung einer Umgehung des § 297 Abs. 2 AktG bei einer KÅndigung durch den Vorstand der abhngigen Gesellschaft dennoch ein Sonderbeschluss der außenstehenden Aktionre erforderlich, wenn es sich nicht schon um einen gesetzlich anerkannten wichtigen Grund handelt.3

2.137

Nach Åberwiegender Auffassung stellt eine Verußerung der Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abhngigen Gesellschaft keinen Grund zur außerordentlichen KÅndigung dar, da das herrschende Unternehmen sonst die KÅndigungsursache selbst setzen kÇnnte.4 Aus Sicht des abhngigen Unternehmens kann jedoch ein wichtiger Grund fÅr die KÅndigung gegeben sein.5 In der Praxis wird der Fall der Beteiligungsverußerung in der Regel ausdrÅcklich als wichtiger Grund in den GewinnabfÅhrungsvertrag aufgenommen. Zur Frage, wann die KÅndigung aus wichtigem Grund vor Ablauf der Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 KStG dessen steuerliche Anerkennung unberÅhrt lsst, s. Rz. 11.25.

2.138

1 Deilmann in HÇlters2, § 297 AktG Rz. 12; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 19 f.; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 297 Rz. 17; Paschos in Henssler/Strohn2, § 297 AktG Rz. 5; Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 8. 2 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 297 Rz. 16; Deilmann in HÇlters2, § 297 AktG Rz. 14; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 22; Koch in HÅffer11, § 297 AktG Rz. 5; Paschos in Henssler/Strohn2, § 297 AktG Rz. 2; Ulrich, GmbHR 2004, 1000 (1001). 3 BGH v. 5.4.1993 – II ZR 238/91, GmbHR 1993, 446 = NJW 1993, 1976; Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 297 Rz. 49; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 17; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 297 Rz. 56; Paschos in Henssler/Strohn2, § 297 AktG Rz. 6; Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 6. 4 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 297 Rz. 39 f.; Deilmann in HÇlters2, § 294 AktG Rz. 16; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 24; Fleischer/Rentsch, NZG 2000, 1141; Ulrich, GmbHR 2004, 1000 (1001). 5 Deilmann in HÇlters2, § 294 AktG Rz. 16; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 24; Ulrich, GmbHR 2004, 1000 (1001).

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

c) Besondere außerordentliche KÅndigungsgrÅnde

2.139 Gemß §§ 304 Abs. 4, 305 Abs. 5 Satz 4 AktG kann das herrschende Unternehmen den Vertrag fristlos kÅndigen, wenn das Gericht im Spruchverfahren Abfindung oder Ausgleich (abweichend von der Festlegung im Vertrag) bestimmt hat. Die KÅndigung muss der abhngigen Gesellschaft innerhalb von zwei Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung zugehen.1

2.140 Allerdings muss das herrschende Unternehmen den außenstehenden Aktionren trotzdem den Ausgleich (einschließlich der ErhÇhung im Spruchverfahren) fÅr die Zeit bis zum Wirksamwerden der KÅndigung zahlen, die KÅndigung wirkt also nur ex nunc.2 Außenstehende Aktionre kÇnnen auch trotz der KÅndigung das Abfindungsangebot noch annehmen und zwar bis zwei Monate nach der Bekanntmachung der Entscheidung im Spruchverfahren im Bundesanzeiger; sie erhalten dann ebenfalls die erhÇhte Abfindung.3 3. Wirksamwerden und Rechtsfolgen der KÅndigung

2.141 Die KÅndigung wird im Falle einer Aktiengesellschaft als verpflichtetem Vertragsteil unabhngig von der Eintragung in das Handelsregister der abhngigen Aktiengesellschaft wirksam. Die Beendigung des Unternehmensvertrags muss aber vom Vorstand der Gesellschaft unverzÅglich zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden (§ 298 AktG). Bei einer abhngigen GmbH ist umstritten, ob die Eintragung in das Handelsregister zum Wirksamwerden der KÅndigung erforderlich ist.4

2.142 Eine etwaige Verlustausgleichspflicht gem. § 302 AktG sowie die Pflicht zur Zahlung des angemessenen Ausgleichs gem. § 304 AktG bestehen zeitanteilig bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der KÅndigung fort.5 1 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 83; Hasselbach/Hirte in Großkomm/AktG4, § 304 Rz. 138; Koch in HÅffer11, § 304 AktG Rz. 23; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 195; Paschos in Henssler/Strohn2, § 297 AktG Rz. 17. 2 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 83; Koch in HÅffer11, § 304 AktG Rz. 23; Paschos in Henssler/Strohn2, § 297 AktG Rz. 17; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 304 Rz. 197; Stephan in K. Schmidt/Lutter2, § 304 AktG Rz. 117. 3 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 83; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 304 Rz. 118; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 305 Rz. 188; Veil in Spindler/Stilz2, § 305 AktG Rz. 108. 4 DafÅr LG Konstanz v. 26.11.1992 – 3 HT 1/92, GmbHR 1993, 169 = ZIP 1992, 1736; Casper in Ulmer/Habersack/Winter, Anh. § 77 GmbHG Rz. 199; Ebenroth/Wilken, ZIP 1992, 1738 (1739); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 7b; dagegen BayObLG v. 5.2.2003 – 3Z BR 232/02, GmbHR 2003, 476 = ZIP 2003, 798; OLG MÅnchen v. 21.3.2011 – 31 Wx 80/11, GmbHR 2011, 489 = ZIP 2012, 133; Paschos/Goslar, Der Konzern 2006, 479 (484); Veith/Schmid, DB 2012, 728 (731). 5 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 54; Koch in HÅffer11, § 297 AktG Rz. 21; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 297 Rz. 145.

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H. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags

Beim GewinnabfÅhrungsvertrag ist der Gewinn zeitanteilig bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der KÅndigung abzufÅhren. Fllt der Zeitpunkt nicht auf ein Geschftsjahresende, ist ein Zwischenabschluss zu erstellen.1 Glubiger der abhngigen Gesellschaft kÇnnen gem. § 303 AktG Sicherheitsleistung verlangen (Rz. 2.147). Anhngige Spruchverfahren sind trotz KÅndigung weiterzufÅhren und eine etwaige ErhÇhung von Abfindung und Ausgleich nachtrglich zu zahlen.2 Gemß § 305 Abs. 4 Satz 3 AktG kÇnnen die außenstehenden Aktionre trotz der KÅndigung das Abfindungsangebot noch bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Bekanntmachung der Entscheidung im Spruchverfahren im Bundesanzeiger annehmen.

2.143

III. Weitere BeendigungsgrÅnde, insb. Hinzutritt außenstehender Gesellschafter Neben Aufhebung und KÅndigung kommen eine Reihe weiterer BeendigungsgrÅnde fÅr den GewinnabfÅhrungsvertrag in Betracht.3

2.144

Befristete Vertrge enden mit Ablauf der vertraglich bestimmten Frist.4 Im Falle von Defiziten des Vertrags, die nach den Grundstzen der fehlerhaften Gesellschaft nicht zur Nichtigkeit des Vertrags fÅhren, endet dieser durch fristlose KÅndigung eines Vertragsteils (hierzu Rz. 2.113 ff.; Rz. 2.135 ff.) In bestimmten Fllen sind RÅcktrittsrechte denkbar, allerdings wohl nur in der Zeit vor Wirksamwerden des Unternehmensvertrags durch Eintragung.5 Nach herrschender Meinung endet der Unternehmensvertrag außerdem automatisch mit ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen des anderen Vertragsteils.6

2.145

Hinzutritt außenstehender Gesellschafter: Hatte die abhngige Gesellschaft zum Zeitpunkt der Beschlussfassung Åber den Abschluss eines Be-

2.146

1 Deilmann in HÇlters2, § 297 AktG Rz. 43; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 54; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 297 Rz. 62. 2 Deilmann in HÇlters2, § 297 AktG Rz. 43; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 56; MÅlbert in Großkomm/AktG4, § 297 Rz. 144. 3 Hierzu nher Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 297 Rz. 89 ff.; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 2; Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 31 ff. 4 Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 31. 5 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 297 Rz. 95; Koch in HÅffer11, § 297 AktG Rz. 23; Krieger/Jannott, DStR 1995, 1473 (1476); Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 32. 6 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 297 Rz. 106 ff.; Koch in HÅffer11, § 297 AktG Rz. 22a; Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 201; Langenbuchner in K. Schmidt/Lutter3, § 297 AktG Rz. 30; MÅlbert in Großkomm/AktG, § 297 Rz. 136; Veil in Spindler/ Stilz2, § 297 AktG Rz. 36 ff.; aA Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 297 Rz. 47; Zeidler, NZG 1999, 692 (696 f.).

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

herrschungs- und/oder GewinnabfÅhrungsvertrags keine außenstehenden Aktionre, endet der Vertrag gem. § 307 AktG automatisch und ohne KÅndigungserklrung zum Ende des Geschftsjahrs, in dem ein außenstehender Aktionr beteiligt wird (sofern er nicht aus anderem Grund frÅher endet). Allerdings wird es alternativ fÅr mÇglich gehalten, nach Hinzutreten außenstehender Aktionre nachtrglich eine im Spruchverfahren ÅberprÅfbare Ausgleichs- und Abfindungsregelung im Wege der Vertragsnderung aufzunehmen und so die Wirkung des § 307 AktG abzuwenden.1 Bei der Aktiengesellschaft ist es hingegen nach allgemeiner Meinung nicht mÇglich, bereits in den ursprÅnglichen Vertrag eine vorsorgliche Regelung zu Abfindung und Ausgleich aufzunehmen und so die Beendigung nach § 307 AktG zu verhindern; denn eine solche Regelung unterlge nicht der Kontrolle durch außenstehende Aktionre.2 Die Anwendbarkeit des § 307 AktG auf die abhngige GmbH ist umstritten, wird aber Åberwiegend bejaht.3 Allerdings geht die wohl Åberwiegende Auffassung auch davon aus, dass im Falle der abhngigen GmbH die §§ 304, 305 AktG Åber Abfindung und Ausgleich grundstzlich nicht anwendbar sind, da der Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags die Zustimmung aller Gesellschafter erfordere und die Minderheitsgesellschafter durch dieses Zustimmungserfordernis ausreichend geschÅtzt seien (s. oben Rz. 2.32). Dennoch wird fÅr den Fall des spteren Hinzutretens außenstehender Gesellschafter (deren Zustimmung zum Vertrag dann ja zunchst nicht erforderlich war) ein SchutzbedÅrfnis gesehen, dem durch § 307 AktG Rechnung getragen werden kÇnne.4 In diesem Fall sollte es aber auch mÇglich sein, beim Hinzutreten eines außenstehenden Gesellschafters dessen ausdrÅckliche Zustimmung zum Fortbestand des GewinnabfÅhrungsvertrags (ggf. in genderter Form mit Ausgleichsregelung) einzuholen und so die Beendigung nach § 307 AktG zu verhindern; denn so ist der Minderheitsgesellschafter ebenso geschÅtzt, wie wenn er dem 1 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 307 AktG Rz. 2; Hirte in Großkomm/ AktG4, § 307 Rz. 16; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 307 Rz. 1. 2 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 307 AktG Rz. 2; Koch in HÅffer11, § 307 AktG Rz. 1; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 307 Rz. 3; Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 307 Rz. 2. 3 Bredow/Liebscher, BB 2003, 393 (394); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 307 AktG Rz. 3; Hirte in Großkomm/AktG4, § 307 Rz. 24; Liebscher in MÅnchKomm/GmbHG2, GmbH-Konzernrecht Rz. 1034 f.; Philippi/Neveling, BB 2003, 1685 (1686); Servatius in Michalski2, Syst. Darst. 4 Rz. 237 f.; ZÇllner/ Beurskens in Baumbach/Hueck20, Schlussanh. GmbH-Konzernrecht Rz. 71; aA Altmeppen in Roth/Altmeppen7, Anh. § 13 GmbHG Rz. 95; Katschinski in FS Reuter, 1043 (1050); Pluskat, Der Konzern 2004, 525 (530). 4 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 307 AktG Rz. 3; Hirte in Großkomm/ AktG4, § 307 Rz. 24. Das erscheint allerdings nicht zweifelsfrei, da bei einer GmbH, deren Geschftsanteile weniger fungibel sind als Aktien, auch vertreten werden kÇnnte, dass der Erwerber eines Minderheitsanteils diesen im Zweifel in Kenntnis des bestehenden Unternehmensvertrags erwerben wird bzw. ihm eine entsprechende PrÅfung zugemutet werden kann, so auch Altmeppen in Roth/Altmeppen7, Anh. § 13 GmbHG Rz. 95.

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H. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags

Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags beim ursprÅnglichen Vertragsschluss zustimmt.

IV. Weitere Rechtsfolgen der Beendigung des Beherrschungsund GewinnabfÅhrungsvertrags 1. Anspruch der Glubiger auf Sicherheitsleistung Gemß § 303 Abs. 1 AktG haben die Glubiger der abhngigen Gesellschaft Anspruch auf Sicherheitsleistung gegen das herrschende Unternehmen, wenn ein Beherrschungs- und/oder GewinnabfÅhrungsvertrag endet und ihre Forderungen vor der Bekanntmachung der Eintragung der Beendigung in das Handelsregister begrÅndet worden sind. Die Vorschrift gilt entsprechend fÅr die abhngige GmbH.1

2.147

BegrÅndet ist eine Forderung, sobald ihr Entstehungsgrund gelegt ist, auch wenn noch einzelne Tatbestandsmerkmale wie Fristablauf oder Bedingungseintritt fehlen; auf Flligkeit oder das Bestehen der Einrede nach § 320 BGB kommt es nicht an.2 Zur BegrÅndung eines Schadenersatzanspruchs ist der Eintritt des Schadens nicht erforderlich.3 Anspruch auf Sicherheitsleistung haben auch Glubiger, deren Forderungen vor Abschluss und Wirksamwerden des Beherrschungsvertrags begrÅndet wurden.4

2.148

Bei Dauerschuldverhltnissen genÅgt es zur BegrÅndung auch kÅnftig fllig werdender Forderungen, dass das Dauerschuldverhltnis entstanden ist. Um diese u.U. endlose Haftung zu begrenzen sind die §§ 26, 160 HGB und § 327 Abs. 4 AktG entsprechend anzuwenden,5 so dass nur Forderun-

2.149

1 BGH v. 7.10.2014 – II ZR 361/13, GmbHR 2015, 24 m. Anm. von Woedtke = ZIP 2014, 2282; Casper in Ulmer/Habersack/Winter, Anh. § 77 GmbHG Rz. 211; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 303 AktG Rz. 3. 2 BGH v. 7.10.2014 – II ZR 361/13, GmbHR 2015, 24 m. Anm. von Woedtke = ZIP 2014, 2282; Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 303 Rz. 16; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 303 AktG Rz. 13; Koch in HÅffer11, § 303 AktG Rz. 3; Veil in Spindler/Stilz2, § 303 AktG Rz. 11. 3 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 303 Rz. 16; Koch in HÅffer11, § 303 AktG Rz. 3; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG, § 303 Rz. 15; Veil in Spindler/Stilz2, § 303 AktG Rz. 12. 4 BGH v. 23.9.1991 – II ZR 135/90, BGHZ 115, 187 = GmbHR 1991, 520 (199) = NJW 1991, 3142 (3145); Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 303 AktG Rz. 9; Hirte in Großkomm/AktG4, § 303 Rz. 15. 5 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 303 AktG Rz. 13a ff.; Goldschmidt/Laeger, NZG 2012, 1201 (1205 f.); Jaeger, DB 1996, 1069 (1070); Koch in HÅffer11, § 303 AktG Rz. 3; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 303 Rz. 16; Veil in Spindler/Stilz2, § 303 AktG Rz. 16; so nach Goette, DStR 2009, 2602 (2609) auch die Position des II. ZS; aA Altmeppen in MÅnchKomm/AktG3, § 303 Rz. 30 ff.

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Kapitel 2

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Organschaft

gen erfasst werden, die innerhalb von fÅnf Jahren ab Bekanntmachung der Eintragung der Beendigung fllig werden.1

2.150 Glubiger, die Sicherheitsleistung beanspruchen wollen, mÅssen sich dazu innerhalb von sechs Monaten ab der Eintragungsbekanntmachung beim herrschenden Unternehmen melden (§ 303 Abs. 1 Satz 1 AktG). 2. Sicherung der berlebensfhigkeit der abhngigen Gesellschaft

2.151 In Literatur und Rechtsprechung ist umstritten und ungeklrt, ob bzw. welche Mechanismen ggf. zum Schutz der abhngigen Gesellschaft am Ende der Vertragslaufzeit fÅr den Fall eingreifen, dass ihre berlebensfhigkeit whrend der Laufzeit des Unternehmensvertrages beeintrchtigt wurde. FÅr die Forderung, das herrschende Unternehmen habe der abhngigen Gesellschaft „Wiederaufbauhilfen“ zur Sicherung ihrer berlebensfhigkeit zu gewhren, fehlt wohl im Gesetz die Basis.2 Es kann aber der letzte Anspruch auf Verlustausgleich dadurch erhÇht sein, dass bei fehlender berlebensfhigkeit die Bilanz der abhngigen Gesellschaft auf der Basis von Zerschlagungswerten und unter BerÅcksichtigung von Abwicklungskosten aufzustellen ist, so dass ein entsprechend grÇßerer Verlust entsteht (Rz. 2.84 ff.).

1 BGH v. 7.10.2014 – II ZR 361/13, GmbHR 2015, 24 m. Anm. von Woedtke = NZG 2014, 1340; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 303 AktG Rz. 13a ff.; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG3, § 303 Rz. 16; Veil in Spindler/Stilz2, § 303 AktG Rz. 16; aA Paulsen in MÅnchKomm/AktG3, § 303 Rz. 31, der auf den nchstmÇglichen KÅndigungszeitpunkt des Dauerschuldverhltnisses abstellt; einschrnkend auch Koch in HÅffer11, § 303 AktG Rz. 3. 2 Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 296 AktG Rz. 25; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG, § 297 Rz. 63; Krieger in Hoffmann-Becking, MÅnchener Handbuch des Gesellschaftsrechts IV3, § 70 Rz. 224a; Langenbucher in K. Schmidt/ Lutter3, § 296 AktG Rz. 15; Schfer, ZIP 2010, 2025 (2028).

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der ertragsteuerlichen Organschaft: BeratungsÅberlegungen, Muster-GAV Literatur Behrens/Renner, Verzinsung von AnsprÅchen aus ErgebnisabfÅhrungsvertrgen, AG 2007, 278; Benecke/Schnitger, Wichtige nderungen bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft durch das UntStG 2013, IStR 2013, 143; DÇtsch, Aktuelle Entwicklungen bei der ertragsteuerlichen Organschaft: insbes. Gesetzesnderungen, Rechtsprechung, BMF-EinfÅhrungsschreiben, Der Konzern 2003, 21; DÇtsch/ Pung, Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts: Die nderung bei der Organschaft, DB 2013, 305; FÅger/Rieger/Schell, Die Behandlung von ErgebnisabfÅhrungsvertrgen beim Unternehmensverkauf – gesellschafts-, steuer- und insolvenzrechtliche Aspekte, DStZ 2015, 404; Gnsler, Die tatschliche DurchfÅhrung von GewinnabfÅhrungsvertrgen – Eine Frage des Timings, Ubg 2014, 701; Gosch, Die Personengesellschaft als Organtrgerin, in Kirchhof/Schmidt/SchÇn/Vogel (Hrsg.), Festschrift fÅr Arndt Raupach zum 70. Geburtstag, 2006, S. 461; Gosch, ber Cross Border-Organschaften – Abkehr des BFH vom strikten Inlandsbezug, IWB 2012, 694; Graw, Berechnung der fÅnfjhrigen Mindestdauer des GewinnabfÅhrungsvertrags, StR kompakt, DB0695088; HagebÇke, Nochmals: GmbH & atypisch Still und Organschaft – Kritische Anmerkungen zu den VerfÅgungen der OFD Frankfurt/M. vom 30.1.2013 und des FM Schleswig-Holstein vom 4.3.2013, Der Konzern 2013, 334; Hahn, Der Verzicht auf die DurchfÅhrung der GewinnabfÅhrung als Gestaltungsinstrument bei M&A-Transaktionen, Ubg 2014, 427; Hahn, Fortbestehen einer Organschaft bei Abtretung einer Beteiligung, jurisPR-SteuerR 25/2012 Anm. 6 zu FG Kassel v. 25.1.2012, 4 K 2487/08; Herzberg, Anmerkung zum Urteil des BFH vom 13.11.2013 (I R 45/12, GmbHR 2014, 499) – Zur Frage einer Organschaft bei KÅrzung der Mindestlaufzeit eines GewinnabfÅhrungsvertrages durch Umstellung des Wirtschaftsjahres, GmbHR 2014, 502; Herzberg, Die Mindestvertragslaufzeit im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG, GmbHR 2014, 85; Herzig/Wagner, EuGH-Urteil „Marks & Spencer“ – Begrenzter Zwang zur ffnung nationaler Gruppenbesteuerungssysteme fÅr grenzÅberschreitende Sachverhalte, DStR 2006, 1; Herzig/Wagner, Zukunft der Organschaft im EG-Binnenmarkt, DB 2005, 1; Heurung/Engel/ MÅller-Thomczik, Der „wichtige Grund“ zur Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags, GmbHR 2012, 1227; Hoene, Der grenzÅberschreitende GewinnabfÅhrungsvertrag, IStR 2012, 462; HÇlzer, Nichteinbeziehung des umwandlungs- und umwandlungssteuerrechtlichen RÅckbeziehungszeitraums in die Berechnung der Mindestlaufzeit eines GewinnabfÅhrungsvertrags, DB 2015, 1249; HÇlzle, Umsatzsteuerliche Organschaft und Insolvenz der Organgesellschaft, DStR 2006, 1210; Ismer, Besteuerung inhabergefÅhrter Unternehmensgruppen, GmbHR 2011, 968; Jochimsen/Mangold/Zinowsky, Ertragsteuerliche Organschaft bei Implementierung eines Personengesellschafts-Treuhandmodells, DStR 2014, 2045; Kahle/Cortez, Zuzug von Kapitalgesellschaften im Ertragsteuerrecht, FR 2014, 673; Kieker/ Vollmar, nderung des HÇchstbetrags der GewinnabfÅhrung durch das BiMoG – Auswirkungen auf die steuerliche Anerkennung von Organschaftsverhltnissen, DStR 2009, 842; KrÅger, Reichweite des „falsa demonstratio non nocet“-Grundsatzes und die objektivierte Auslegung korporationsrechtlicher Vereinbarungen im

Beinert/Nees

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft Steuerrecht, DStZ 2013, 491; Lange, Der steuerlich wichtige KÅndigungsgrund bei der ertragsteuerlichen Organschaft, GmbHR 2011, 806; Mrtens, Organschaft: Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrages, jurisPR-SteuerR 19/2014, Anm. 4 zu BFH v. 13.11.2013, I R 45/12, BStBl. II 2014, 486; Mayer/Wiese, Zur VerlustÅbernahme nach der „kleinen Organschaftsreform“ – Vertragsformulierungen im Lichte der bergangsvorschrift, DStR 2013, 629; Micker, Der grenzÅberschreitende GewinnabfÅhrungsvertrag, IWB 2013, 749; Micker, Die Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs bei der Organschaft – Verlustverrechnung Åber die Grenze, IWB 2013, 309; Milatz/Schfers, Ausgliederung im GemeinnÅtzigkeitssektor am Beispiel von Krankenhusern – KÇnnen Betriebe gewerblicher Art oder gemeinnÅtzige KÇrperschaften steuerliche Organschaften nutzen?, DB 2005, 1761; MÇhlenbrock, Niederlassungsfreiheit bei der Bildung steuerlicher Einheiten, DB 2014, 1582; Neumann, Die Innengesellschaft innerhalb der kÇrperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft, in Spindler/Tipke/RÇdder (Hrsg.), Steuerzentrierte Rechtsberatung – Festschrift fÅr Harald Schaumburg zum 65. Geburtstag, 2009 S. 445; Neyer/Schlepper, Zivilrechtliches Verbot der Aufrechnung gegen einen Verlustausgleichsanspruch – Gefahr fÅr die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft?, BB 2007, 413; Oestreicher, Konzernbesteuerung – Beitrge zu einer Ringveranstaltung an der Universitt GÇttingen im Sommersemester 2004, 2005; Olbing, Tatschliche DurchfÅhrung eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags, Checkliste unschdlicher und schdlicher Faktoren, GmbH-StB 2011, 281; Philippi/Fickert, Verzinsung von AnsprÅchen aus ErgebnisabfÅhrungsvertrgen – Neues BMF-Schreiben, BB 2007, 2760; Prokopf, Die Verzinsung von Verlustausgleichs- und GewinnabfÅhrungsansprÅchen im Hinblick auf die steuerliche Anerkennung von Organschaftsverhltnissen, DB 2007, 900; Pyszka, Steuergestaltung durch Nichtwahrung der Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft – zugleich Anmerkungen zum Urteil des FG MÅnster vom 20.8.2014 – 10 K 2192/13 F, GmbHR 2014, 1296; RÇdder, Die kleine Organschaftsreform, Ubg 2012, 717; RÅsch, Aktuelle Entwicklungen zur steuerlichen Organschaft – Bericht zur 18. Euroforum-Jahrestagung „Die Organschaft 2014“ am 22. und 23.9.2014, DStZ 2015, 27; Scheifele/HÇrner, Neue formale Anforderungen an die Regelung der VerlustÅbernahmepflicht in GewinnabfÅhrungsvertrgen: Handlungsbedarf fÅr Alt- und Neuvertrge, DStR 2013, 553; Scheifele/Kirch-Heim, Heilung fehlerhafter GewinnabfÅhrungsvertrge nach dem 31.12.2014: Rien ne va plus?, DStR 2015, 932; Scheifele/Marx, Die zeitlichen Anforderungen an den GewinnabfÅhrungsvertrag und seine DurchfÅhrung – Zugleich Besprechung des BFHUrteils vom 13.11.2013 – I R 45/12, DStR 2014, 1793; Schirmer, Holding als Organtrger nach der Organschaftsreform – Bedeutet die Zuordnung zur inlndischen Betriebssttte nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG das „Aus“?, GmbHR 2013, 797; Schirmer, Organschaft: Zuordnung zu einer inlndischen Betriebssttte – Wiedergeburt eines vergessenen Merkmales bei Organschaft?, FR 2013, 605; Schmidt/Werner, Parallele Zulssigkeit von steuerlicher Organschaft und atypisch stiller Beteiligung, GmbHR 2010, 29; Schneider/Hinz, VerunglÅckte Organschaften – Ursachen und HeilungsmÇglichkeiten, Ubg 2009, 738; Schneider/Sommer, Organschaftsrefom „light“ – Ein berblick insbesondere zur neuen Fiktion der tatschliche DurchfÅhrung, GmbHR 2013, 22; Schnitger, Fragestellungen zur steuerlichen Behandlung doppelt ansssiger Kapitalgesellschaften, IStR 2013, 82; Stangl/BrÅhl, Brennende Zweifelsfragen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG nach der „kleinen Organschaftsreform“, DB 2013, 538; Stephan, Zum Stand des Vertragskonzernrechts, Der Konzern 2014, 1; Suchanek/Herbst, Die tatschliche DurchfÅhrung von GewinnabfÅhrungsvertrgen im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG, FR 2005, 665; Suchanek/Hesse, Ertragsteuerliche Organschaft und Treuhand-KG, GmbHR 2013, 1196; Viebrock/Stegemann, Ertragsteuerliche Konsolidierung im Treuhandmodell, DStR 2013, 2375; Vogel, Zweifelsfragen der Organschaft in Umwandlungsfllen,

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft Ubg 2010, 618; Wacker, Zeitaspekte der gewerblichen Ttigkeit einer OrgantrgerPersGes: BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, JbFSt 2014/2015, 461; Walter, Anmerkung zu BFH v. 23.1.2013 – I R 1/12, BFH/NV 2013, 898, GmbHR 2013, 605; Walter, Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags und Rumpfwirtschaftsjahre, GStB 2014, 195; Weigert/Strohm, Zu den persÇnlichen Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft unter BerÅcksichtigung aktueller Entwicklungen, Der Konzern 2013, 249; Wernicke, Verzinsung des Anspruchs auf VerlustÅbernahme nach § 302 AktG aus gesellschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht, DStR 2006, 1399; Winkels, Tracking Stocks als Gestaltungsmittel der VermÇgensnachfolgeplanung bei Familiengesellschaften, ErbStB 2014, 128; Winter/Marx, „GrenzÅberschreitende“ Organschaft mit zugezogenen EU-/EWR-Gesellschaften, Neue GestaltungsmÇglichkeiten aufgrund des BMF-Schreibens vom 28.3.2011, DStR 2011, 1101.

A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft I. Grundstze Bedeutung der ertragsteuerlichen Organschaft. Der steuerrechtliche Begriff der ertragsteuerlichen Organschaft1 beschreibt die wirtschaftliche Abhngigkeit in Form eines Gewinn- und Verlustausgleichs durch einen GewinnabfÅhrungsvertrag zwischen zwei Unternehmen, dem Organtrger und der Organgesellschaft. Die Organschaft fÅhrt dazu, dass die Organgesellschaft trotz ihrer rechtlichen Eigenstndigkeit als Unternehmensteil des Organtrgers behandelt und ihr Einkommen dem Organtrger zugerechnet wird (§ 14 KStG, § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG mit einer Betriebsstttenfiktion).2 Dessen ungeachtet bleiben Organtrger und Organgesellschaft eigenstndige Bilanzierungssubjekte.3

3.1

Voraussetzungen einer Organschaft. Die Voraussetzungen einer Organschaft sind in §§ 14, 17 KStG niedergelegt: – Tauglicher Organtrger i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG (dazu Rz. 3.3 ff.) – Taugliche Organgesellschaft i.S.v. §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 KStG (dazu Rz. 3.18 ff.) – Finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft von Beginn ihres Wirtschaftsjahrs in das Unternehmen des Organtrgers (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG, dazu Rz. 12.1 ff.)

3.2

1 Wenn im Folgenden von Organschaft die Rede ist, ist damit stets (nur) die ertragsteuerliche Organschaft gemeint. 2 Bei sog. Organschaftsketten wird das Ergebnis zum obersten Organtrger „durchgereicht“, sofern die Organschaftsvoraussetzungen zeitgleich auf allen Organschaftsebenen vorliegen. 3 Zum Bilanzrecht der Organschaft s. Prinz in Prinz/Kanzler (Hrsg.), NWB Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht2, 357-394.

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

– GewinnabfÅhrungsvertrag, der auf fÅnf Jahre geschlossen und fÅnf Jahre lang durchgefÅhrt wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG, dazu Rz. 3.30 ff.)1 – Betriebsstttenzurechnung i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4 bis 7 KStG (dazu Rz. 3.16 f.). – Einer organisatorischen oder wirtschaftlichen Eingliederung bedarf es nicht.2

II. Eignung zum Organtrger 1. Rechtsform

3.3 Rechtsformunabhngig. § 14 KStG verlangt von einem Organtrger keine bestimmte Rechtsform. Die Organtrgereigenschaft ist damit rechtsformunabhngig. 2. Gewerbliches Unternehmen

3.4 Gewerbliches Unternehmen. Erforderlich ist jedoch, dass der Organtrger ein gewerbliches Unternehmen betreibt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG). Hierzu muss er die Voraussetzungen eines Gewerbetriebs i.S.v. § 2 GewStG erfÅllen.3 Organtrger kÇnnen sowohl eine nicht steuerbefreite KÇrperschaft als auch eine originr gewerblich ttige Personengesellschaft oder eine gewerblich ttige natÅrliche Person sein (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG).

3.5 Kapitalgesellschaft. Unseres Erachtens sind keine besonderen Anforderungen an die Unternehmensqualitt einer Kapitalgesellschaft zu stellen. Sptestens mit Abschluss des Unternehmensvertrags wird der Organtrger zivilrechtlich zum „Unternehmen“ (§ 291 Abs. 1 Satz 1 AktG).4 Steuerrechtlich ist eine Kapitalgesellschaft ebenfalls ein gewerbliches Unter1 § 14 Satz 1 Nr. 3 Stze 4, 5 KStG enthalten eine DurchfÅhrungsfiktion, wenn ua. ein von der Finanzverwaltung nach § 14 Abs. 1 KStG beanstandeter Fehler korrigiert und das Ergebnis entsprechend abgefÅhrt oder ausgeglichen wird; vgl. dazu BMF v. 29.5.2013 – IV C 2 - S 1910/10/10117 :005 – DOK 2013/0499578, GmbHR 2013, 728. Wird die Organbeteiligung verkauft, sollte im Kaufvertrag sichergestellt werden, dass auf etwaige Fehlerbeanstandungen der Finanzverwaltung „organschaftserhaltend“ reagiert wird. 2 Zur Frage, ob § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 6 KStG den Gedanken der wirtschaftlichen Eingliederung zurÅckgebracht hat, siehe Schirmer (Sachgebietsleiter bei einem Finanzamt fÅr Groß- und KonzernbetriebsprÅfung Bergisches Land in Solingen), FR 2013, 605 (608); Schirmer, GmbHR 2013, 797 (797 ff.). Unseres Erachtens zu Recht aA ua. KrÇner, BB 2013, 2711 (2712); DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 97a (August 2014). 3 BFH v. 12.8.1965 – IV 322/64 U, BStBl. III 1965, 589; BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 S 2270 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 Tz. 2. 4 Stephan, Der Konzern 2014, 1 (9 f.) mwN. Stephan weist darauf hin, dass eine Gerichtsentscheidung, die einem Unternehmensvertrag mangels Unternehmenseigenschaft die Wirksamkeit versagt htte, nicht auffindbar ist.

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft

nehmen, da die Ttigkeit einer Kapitalgesellschaft nach § 2 Abs. 2 GewStG als Gewerbebetrieb gilt. KGaA. Auch eine KGaA gilt nach § 2 Abs. 2 GewStG als Gewerbebetrieb und ist damit i.S.v. § 14 KStG ein gewerbliches Unternehmen. Eine KGaA kann daher Organtrger sein, ohne die besonderen Voraussetzungen erfÅllen zu mÅssen, die an eine Personengesellschaft als Organtrger gestellt werden.1 Ihr persÇnlich haftender Gesellschafter (phG) kann ebenfalls Organtrger sein, wobei er je nach Rechtsform die fÅr diese Rechtsform geltenden Voraussetzungen fÅr die Eignung zum Organtrger erfÅllen muss.2 Es ist auch denkbar, dass zwischen dem phG und der KGaA eine Organschaft besteht, in der der phG Organtrger und die KGaA Organgesellschaft ist, vorausgesetzt, dem phG stehen zugleich die Mehrheit der Stimmrechte aus den Kommanditaktien zu.3

3.6

Steuerbefreite KÇrperschaft. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG ist eine KÇrperschaft nur als Organtrger geeignet, wenn sie nicht von der KÇrperschaftsteuer befreit ist. Die Norm soll verhindern, dass eigentlich kÇrperschaftsteuerpflichtige Gewinne der Organgesellschaft bei dem Organtrger der Besteuerung entzogen werden.4 Vor diesem Hintergrund ist es unseres Erachtens aber ausreichend, wenn eine persÇnlich steuerbefreite KÇrperschaft partiell steuerpflichtig ist (etwa wenn eine wegen GemeinnÅtzigkeit steuerbefreite KÇrperschaft einen wirtschaftlichen Geschftsbetrieb gemß § 64 AO unterhlt) und die Beteiligung an der Organgesellschaft dem steuerpflichtigen Bereich zuzuordnen ist.5

3.7

BgA. Ein strukturell dauerdefizitrer Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des Çffentlichen Rechts i.S.v. § 4 Abs. 1 KStG (BgA) kann grundstzlich kein Organtrger sein, da er mangels Gewinnerzielungsabsicht kein gewerbliches Unternehmen unterhlt (dazu Rz. 21.4 ff.). Unseres Erachtens ist aber eine Ausnahme zu machen, wenn die Gewinnerzie-

3.8

1 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 78 (Juni 2013); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 136 (August 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 82 (Dezember 2014). 2 Hat der phG die Rechtsform einer Personengesellschaft, bedarf es einer originr gewerblichen Ttigkeit. Die mitunternehmerische Beteiligung an der KGaA als solche (welche gewerbliche EinkÅnfte i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG vermittelt) reicht dafÅr nicht aus. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 113 (Juni 2013); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 82 (Dezember 2014), jeweils zu natÅrlichen Personen als Organtrger. 3 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 78a (Juni 2013), Rz. 115 (Juni 2013). 4 BFH v. 10.3.2010 – I R 41/09, BStBl. II 2011, 181 = FR 2010, 846 m. Anm. Wendt = GmbHR 2010, 767; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 84 (Dezember 2013). 5 BFH v. 10.3.2010 – I R 41/09, BStBl. II 2011, 181 = FR 2010, 846 m. Anm. Wendt. Aus dem Schrifttum vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 96; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 105a (Juni 2013); DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 84 (Dezember 2013); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 155 (Januar 2015).

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

lungsabsicht durch die ZufÅhrung von ertragsbringenden Beteiligungen hergestellt wird.1 Diese Frage ist aber noch nicht hÇchstrichterlich geklrt. Es bleibt abzuwarten, wie sich der BFH positionieren wird.

3.9 Personengesellschaft. Bei einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) stellen sich eine ganze Reihe von Besonderheiten, wenn sie Organtrger sein soll (dazu Rz. 3.16 und Rz. 16.16 ff.).

3.10 Treuhand-KG. Eine sog. Treuhand-KG2 kann nicht Organtrger sein, da sie steuerrechtlich keine Mitunternehmerschaft i.S.v. § 15 EStG ist und keinen Gewerbebetrieb i.S.v. § 2 GewStG unterhlt.3 DemgegenÅber kann aber der Treugeber (Komplementr) tauglicher Organtrger sein. Problematisch ist dies nur, wenn der GewinnabfÅhrungsvertrag zivilrechtlich mit der Treuhand-KG abgeschlossen wird. In diesem Fall fallen der Vertragspartner des GewinnabfÅhrungsvertrags und der Organtrger auseinander. Unseres Erachtens ist dies aber unschdlich, da § 14 Abs. 1 KStG nicht (jedenfalls nicht ausdrÅcklich) verlangt, dass der Gewinn an den zivilrechtlichen Vertragspartner abgefÅhrt werden muss.4 Organtrger kann unseres Erachtens daher auch ein Dritter sein, wenn ihm – wie hier – Åber § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO die Beteiligung an der Organgesellschaft und die abgefÅhrten Gewinne zugerechnet werden.5 Da die Rechtsfrage umstritten ist, empfiehlt es sich fÅr die Praxis derzeit, den Gewinn-

1 So auch BFH v. 25.7.2002 – I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341, allerdings nur als obiter dictum; BFH v. 2.9.2009 – I R 20/09, GmbHR 2010, 273 = BFH/NV 2010, 391 fÅr eine kommunale GmbH; FG KÇln v. 19.12.2013 – 10 K 2933/11, EFG 2014, 662. AA FG DÅsseldorf v. 18.3.2014 – 6 K 3493/11 K, EFG 2014, 1032 – Rev. I R 26/14, wonach die Gewinnerzielungsabsicht eines BgA gesondert fÅr die jeweilige Bettigung zu prÅfen sei, wenn verschiedene, wirtschaftlich eigenstndige Bettigungen vorliegen (sog. Segmentierung). Das Betreiben eines Schwimmbads und das Verwalten von Beteiligungen durch einen BgA kÇnnen – so das FG DÅsseldorf – zwei selbstndige Ttigkeitsbereiche darstellen. Betreibt der BgA hinsichtlich des Schwimmbads einen gewerblichen Ttigkeitsbereich ohne Gewinnerzielungsabsicht und bezÅglich der Beteiligung eine vermÇgensverwaltende Ttigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht, stelle er kein gewerbliches Unternehmen i.S.v. §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 Abs. 1 KStG dar. 2 Eine Treuhand-KG hat zwei Gesellschafter, aber ertragsteuerlich nur einen (Mit-)unternehmer, da der Gesellschaftsanteil des Kommanditisten nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO steuerrechtlich dem Treugeber (Komplementr) zugerechnet wird. 3 BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751 = FR 2010, 628 m. Anm. Keß; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 45 (Dezember 2014). 4 Diese Diskussion wird auch gefÅhrt, wenn es um die Frage geht, ob eine atypisch stille Gesellschaft Organtrger sein kann, vgl. ua. Neumann in FS Schaumburg, 2009, 445 (451); Suchanek/Hesse, GmbHR 2013, 1196 (1201). 5 So Suchanek/Hesse, GmbHR 2013, 1196 (1200 f.); Viebrock/Stegemann, DStR 2013, 2375 (2380); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 221 (Januar 2015). Im Ergebnis auch Jochimsen/Mangold/Zinowsky, DStR 2014, 2045 (2045 f., 2049). AA allerdings DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 45 (Dezember 2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 204 (Januar 2015).

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft

abfÅhrungsvertrag explizit mit dem Treugeber (Komplementr) abzuschließen, um das beschriebene Problem zu vermeiden.1 Stille Gesellschaft als Organtrger. Eine stille Gesellschaft ist als Organtrger ungeeignet, da sie ertragsteuerlich keine Mitunternehmerschaft sein kann. Dies ist aber nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG Voraussetzung der Organtrgereigenschaft einer Personengesellschaft.

3.11

Atypisch stille Gesellschaft als Organtrger. Dagegen ist eine atypisch stille Gesellschaft zwar ertragsteuerlich eine Mitunternehmerschaft. Ob sie aber als Organtrger geeignet ist, wird kontrr diskutiert. Unseres Erachtens steht der Eignung als Organtrger nicht entgegen, dass der Geschftsinhaber der Vertragspartner des GewinnabfÅhrungsvertrags ist und nicht die stille Gesellschaft. § 14 Abs. 1 KStG fordert nicht, dass der Gewinn an den zivilrechtlichen Vertragspartner abgefÅhrt wird, so dass auch ein Dritter (hier die atypisch stille Gesellschaft) Organtrger sein kann (dazu Rz. 3.10).2 Jedoch ist die atypisch stille Gesellschaft unseres Erachtens aus einem anderen Grund nicht als Organtrger geeignet. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG verlangt, dass die finanzielle Eingliederung „im Verhltnis zur Personengesellschaft selbst erfÅllt“ ist. Wir verstehen die Norm so, dass die Beteiligung an der Organgesellschaft Bestandteil des zivilrechtlichen VermÇgens der Personengesellschaft sein muss. Wesensmerkmal einer atypisch stillen Gesellschaft ist es aber, kein GesamthandsvermÇgen zu haben, in das die Beteiligung an der potentiellen Organgesellschaft fallen kÇnnte. Das BetriebsvermÇgen der atypisch stillen Gesellschaft reicht unseres Erachtens als eine Art „virtuelles GesamthandsvermÇgen“ nicht aus, um eine finanzielle Eingliederung zu begrÅnden.3

3.12

Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass am Organtrger selbst eine stille oder atypisch stille Beteiligung besteht oder ein Tracking Stock-Modell gewhlt wurde: – Typische stille Beteiligung am Organtrger. Eine Kapitalgesellschaft, an der eine typisch stille Beteiligung besteht, kann Organtrger sein.4 – Atypisch stille Beteiligung am Organtrger. Unseres Erachtens kann eine Kapitalgesellschaft, an der eine atypisch stille Beteiligung besteht, ebenfalls Organtrger sein. Zwar kommt das Organeinkommen auch dem atypisch still Beteiligten zugute; dies begrÅndet aber keine (unzulssige) MehrmÅtterorganschaft „durch die HintertÅr“. Die Gewinnverteilung beim Organtrger findet erst auf einer der GewinnabfÅhrung

3.13

1 Viebrock/Stegemann, DStR 2013, 2375 (2380). 2 Neumann in FS Schaumburg, 2009, 445 (451). 3 Ablehnend auch OFD Frankfurt v. 30.1.2013, juris; Gosch in FS Raupach, 2006, 461 (475); Neumann in FS Schaumburg, 2009, 445 (453 f.); Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 80a. 4 Neumann in FS Schaumburg, 2009, 445 (449); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 200 (August 2014).

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

nachgelagerten zweiten Stufe statt. Anforderungen in Bezug auf die Gewinnverteilung beim Organtrger sind §§ 14, 17 KStG nicht zu entnehmen. Nach teilweise vertretener Auffassung in der Literatur sind solche Strukturen hingegen nicht anzuerkennen. Weil der Gewinn steuerrechtlich bei der Mitunternehmerschaft „GmbH & atypisch Still“ ermittelt wird, diese aber kein Organtrger sein kann, soll die Tatsache, dass es handelsrechtlich um die Gewinnverteilung geht, vom Steuerrecht Åberlagert werden.1 Unseres Erachtens ist dagegen zu berÅcksichtigen, dass es hier zwei potentielle Organtrger gibt: Die atypisch stille Gesellschaft, die unseres Erachtens als Mitunternehmerschaft ohne GesamthandsvermÇgen als Organtrger ausscheidet (dazu Rz. 3.12), und die Kapitalgesellschaft. An sie wird der Gewinn abgefÅhrt; das Bestehen der atypisch stillen Beteiligung ndert hieran nichts. Die Organtrgereigenschaft der Kapitalgesellschaft entfllt unseres Erachtens nicht deswegen, weil es im Ansatz noch einen alternativen Organtrger gibt. Ihre Grenze findet eine solche Gestaltung aber dort, wo die finanzielle Eingliederung zum Organtrger nicht mehr besteht. Diese Situation ist erreicht, wenn die konkrete Ausgestaltung der atypisch stillen Beteiligung dazu fÅhrt, dass der atypisch still Beteiligte wirtschaftlicher EigentÅmer der Organbeteiligung ist.2 Insofern ist in der Praxis darauf zu achten, dass diese Grenze nicht Åberschritten wird. – Tracking Stock am Organtrger. hnlich wie bei der atypisch stillen Beteiligung ist auch bei einem Tracking Stock-Modell (auf Ebene des Organtrgers) offen, ob es an der erforderlichen AbfÅhrung des ganzen Gewinns an den Organtrger fehlt und deswegen die Eigenschaft als Organtrger ausscheidet. Der Sache nach handelt es sich bei einem Tracking Stock-Modell um eine von den Beteiligungsverhltnissen abweichende (inkongruente) Gewinnverteilungsabrede; das Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter bestimmt sich nur in Abhngigkeit vom Ergebnis bestimmter Unternehmenssegmente, obgleich die Gesellschafter weiterhin am Gesamtunternehmen beteiligt sind.3 Die nach dem Zivilrecht zulssige disquotale Gewinnverteilung wird auch steuerrechtlich anerkannt, wenn fÅr den konkreten Fall ein wirtschaftlich vernÅnftiger und außersteuerlicher Grund nachgewiesen werden kann, der es rechtfertigt, vom gesetzlichen VerteilungsschlÅssel der Gewinnverteilung abzuweichen.4 Mit der Organschaft hat dies aber nichts zu tun. Zwar 1 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 80a; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 106/1 (August 2014). 2 Neumann in FS Schaumburg, 2009, 445 (449 f.) 3 Winkels, ErbStB 2014, 128 (128). Zu Tracking Stock-Strukturen weiterfÅhrend Prinz in Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, 943 f. 4 BMF v. 17.12.2013 – IV C 2 - S 2750-a/11/10001 – DOK 2013/1143118, BStBl. I 2014, 63. Nach stndiger Rechtsprechung sind disquotale GewinnausschÅttungen steuerrechtlich grundstzlich anzuerkennen, sofern sie zivilrechtlich wirksam sind (BFH v. 19.8.1999 – I R 77/96, BStBl. II 2001, 43 = FR 1999, 1366; v. 28.6.2006 – I R 97/05, FR 2007, 34 m. Anm. Binnewies = BFH/NV 2006, 2207; v. 27.5.2010 – VIII B 146/08, BFH/NV 2010, 1865; v. 4.5.2012 – VIII B 174/11, BFH/NV 2012, 1330; v. 4.12.2014 – IV R 28/11, GmbHR 2015, 274).

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft

wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, dass wegen des TrackingStocks der Gewinn der Organgesellschaft beim Organtrger nur eine Art durchlaufender Posten sei, der ihn zu keinem Zeitpunkt bereichere.1 Der dieser Auffassung zugrunde liegende Verweis auf einen Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO)2 Åberzeugt aber nicht. §§ 14, 17 KStG treffen keine Aussagen zur Gewinnverteilung beim Organtrger. Ob eine disquotale Gewinnverteilung akzeptiert wird, hat mit der Frage, ob der ganze Gewinn an den Organtrger abgefÅhrt wird, nichts zu tun. Die Vereinbarung eines Tracking Stocks-Modells steht der Organtrgereigenschaft daher nicht entgegen.3 VorgrÅndungsgesellschaft. Eine VorgrÅndungsgesellschaft ist je nach Ttigkeit entweder eine GbR oder eine OHG. Als Personengesellschaft kann sie Organtrger sein, wenn sie bereits eine eigene gewerbliche Ttigkeit aufgenommen hat.4 Sinnvoll ist die BegrÅndung einer solchen Organschaft im Regelfall aber nicht, da weder die Organbeteiligung noch der GewinnabfÅhrungsvertrag automatisch auf die mit der Beurkundung der Satzung entstehende Vorgesellschaft (GmbH i.Gr./AG i.Gr.) Åbergehen. Die Organbeteiligung muss vielmehr Åbertragen, und ein neuer GewinnabfÅhrungsvertrag muss abgeschlossen werden.5

3.14

Vorgesellschaft. Diese Einwnde gegen die Organtrgereigenschaft bestehen bei einer Vorgesellschaft nicht. Sofern es zur ihrer Eintragung kommt, ist eine Vorgesellschaft mit der durch ihre Eintragung entstehenden Kapitalgesellschaft identisch, so dass eine mit der Vorgesellschaft als Organtrger gegrÅndete Organschaft nahtlos fortbesteht.6 Die Vorgesellschaft muss im Gegensatz zur VorgrÅndungsgesellschaft keine gewerbliche Ttigkeit ausÅben, da die Vorgesellschaft als Kapitalgesellschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG besteuert wird,7 ihre EinkÅnfte damit kraft Gesetzes gewerbliche EinkÅnfte sind (§ 8 Abs. 2 KStG).8 Noch nicht abschließend geklrt ist, ob schon eine Vorgesellschaft den fÅr eine Organschaft erforderlichen GewinnabfÅhrungsvertrag rechtswirksam abschließen kann. Es besteht jedoch kein BedÅrfnis dafÅr; eine Organschaft wird rÅckwirkend

3.15

1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 200 (August 2014). 2 DÇtsch, Der Konzern 2003, 21 (27 f.). 3 hnlich auch Neumann in FS Schaumburg, 2009, 445 (449); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 363 (Januar 2015). 4 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 81 (Juni 2013); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 153 (Januar 2015). 5 BFH v. 8.11.1989 – I R 174/86, BStBl. II 1990, 91 = FR 1990, 230; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 133 (August 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 80 (Dezember 2014). 6 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 81 (Juni 2013); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 153 (Januar 2015). 7 BFH v. 11.4.1973 – I R 172/72, BStBl. II 1973, 568; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 123 ff. (Februar 2011). 8 Anders wohl Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 14 Rz. 90 „vorbehaltlich einer gewerblichen Ttigkeit“; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 81 (Juni 2013) „gewerbliche Ttigkeit vorausgesetzt“.

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

wirksam, wenn der GewinnabfÅhrungsvertrag erst nach der Eintragung des Organtrgers im Handelsregister abgeschlossen wird, sofern sich nach § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG der GewinnabfÅhrungsvertrag auf das ganze Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft bezieht.1 Wurde bereits ein GewinnabfÅhrungsvertrag durch die Vorgesellschaft abgeschlossen, sollte dieser aber nach der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister von der Gesellschaft fÇrmlich Åbernommen werden, um keine Angriffsflche fÅr etwaige Mngel zu bieten.2 3. Inlndische Betriebsttte

3.16 Erfordernis einer erweiterten Inlandsbindung. Seit VZ 2012 muss der Organtrger nicht mehr unbeschrnkt steuerpflichtig sein. Das frÅhere Erfordernis der Inlandsbindung wird nun weiter gefasst.3 Erforderlich ist, dass die Organbeteiligung ununterbrochen einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4-7 KStG zuzurechnen ist und dass die dieser Betriebssttte zuzurechnenden EinkÅnfte sowohl nach innerstaatlichem Recht als auch nach DBA der inlndischen Besteuerung unterliegen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG).4

3.17 Verlegung des Orts der Geschftsleitung. Verlegt eine Kapitalgesellschaft ihren Ort der Geschftsleitung aus dem Ausland nach Deutschland (oder umgekehrt), kann dies zwar zum Wegfall ihrer Rechtsfhigkeit fÅhren.5 FÅr die Eignung zum Organtrger ist dies aber unerheblich; dieser muss nur eine kÇrperschaftliche Struktur haben, muss aber nicht rechtsfhig sein.6 Eine Organschaft kann daher trotz Verlegung des Orts der Geschftsleitung des Organtrgers fortbestehen oder erstmals errichtet werden.7

1 Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 153 (Januar 2015). 2 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 135 (August 2014); DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 79 (Dezember 2014). 3 Zur Frage der nachtrglichen Einrichtung einer funktionalen Verbindung fÅr Altflle, vgl. OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434; kritisch dazu Pung nach RÅsch, DStZ 2015, 27 (28). 4 Vgl. ausfÅhrlich zu § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4-7 KStG, Rz. 27.22 ff. Zu den Besonderheiten bei Personengesellschaften bzw. Holdinggesellschaften als Organtrger vgl. Rz. 16.48 ff. und Rz. 17.7 ff. 5 AusfÅhrlich zu den denkbaren Varianten Msch in Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Art. 12 EGBGB Rz. 92 ff. (Mai 2013). Betroffen kÇnnen zum Beispiel UmzÅge in oder aus Staaten außerhalb der EU/EWR sein, in denen die Sitztheorie gilt. Vgl. MÅller in Spindler/Stilz, AktG2, Internationales Gesellschaftsrecht, Rz. 8 ff. 6 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 104 (Juni 2013) fÅr den Fall der Verlegung der Geschftsleitung einer Kapitalgesellschaft; DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 79 (Dezember 2014). 7 Vgl. ua. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 104 (Juni 2013); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 79 (Dezember 2014).

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft

III. Eignung zur Organgesellschaft 1. Rechtsform Erfordernis einer Kapitalgesellschaft. Aus §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 KStG ergibt sich, dass nur eine als Kapitalgesellschaft ausgestaltete KÇrperschaft Organgesellschaft sein kann.1 Nach § 14 Abs. 1 KStG kann Organgesellschaft eine AG, SE oder KGaA sein. § 17 Abs. 1 KStG erweitert den Kreis mÇglicher Organgesellschaften auf andere Kapitalgesellschaften.

3.18

Auslndische Organgesellschaft. Eine nach auslndischem Recht (EU/ EWR-Raum) gegrÅndete Gesellschaft, die im Inland steuerpflichtig ist,2 kann Organgesellschaft sein, wenn sie mithilfe eines Typenvergleichs als Kapitalgesellschaft eingeordnet werden kann.3 Ein Typenvergleich klrt die Frage, ob die auslndische Gesellschaft ihrer Struktur nach mit einer deutschen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist. Hierzu gehÇrt auch die Rechtsfhigkeit nach dem Recht des jeweiligen GrÅndungsstaats.4 Die auslndische Gesellschaft behlt diese trotz Verlegung des Orts der Geschftsleitung ins Inland bei, wenn der auslndische Staat der GrÅndungstheorie folgt.5 Zu der Frage, ob eine auslndische Organgesellschaft einen GewinnabfÅhrungsvertrag abschließen kann, Rz. 3.43 und Rz. 26.1 ff.

3.19

Kein Erfordernis einer gewerblichen Ttigkeit. Anders als der Organtrger muss die Organgesellschaft nicht gewerblich ttig sein.6

3.20

Stille Gesellschaft als Organgesellschaft. Da nur eine Kapitalgesellschaft Organgesellschaft sein kann, scheidet eine stille Gesellschaft als Organgesellschaft aus.7

3.21

1 Vgl. ua. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 50 (August 2014); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 55 (August 2014). 2 Der Ort der Geschftsleitung muss im Inland sein, § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG. 3 Vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 50; Winter/Marx, DStR 2011, 1101 (1102 f.); MÅller in MÇssner/Seeger, KStG, 2013, § 14 Rz. 39, Rz. 50; Weigert/ Strohm, Der Konzern 2013, 249 (252); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 182 (Juni 2013); Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (684). 4 Die Rechtsfhigkeit ist zentrales Wesensmerkmal einer Kapitalgesellschaft, wenngleich nicht der KÇrperschaftsteuerpflicht, vgl. BFH v. 23.6.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972 = GmbHR 1993, 184; Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (252); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 66 (Januar 2015). 5 Vgl. ua. Winter/Marx, DStR 2011, 1101 (1102 f.); Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (684 f.); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 66 (Januar 2015). 6 BFH v. 21.1.1970 – I R 90/67, BStBl. II 1970, 348; v. 8.12.1971 – I R 3/69, BStBl. II 1972, 289; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 61; DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 57 (August 2014); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 84 (August 2014). 7 OFD Frankfurt v. 30.1.2013 – S 2770 A - 53 - St 51, FR 2013, 343; FG Hamburg v. 26.10.2010 – 2 K 312/09, rkr., GmbHR 2011, 329 m. Anm. Schmich = DStRE 2011, 1205. Vgl. auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 53 (August 2014); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 59 (August 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 197 (Januar 2015).

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

3.22 Typisch stille Beteiligung an der Organgesellschaft. Durch das Bestehen einer typisch stillen Beteiligung an der Organgesellschaft wird die Organschaft dagegen nicht zerstÇrt. Da der Gewinnanteil des still Beteiligten lediglich die BezugsgrÇße fÅr den abzufÅhrenden Gewinn mindert, also den JahresÅberschuss laut Handelsbilanz verringert, wird unseres Erachtens trotz der stillen Beteiligung der ganze Gewinn i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG abgefÅhrt.1 Solange es zu dieser Frage allerdings keine Rechtsprechung gibt, empfiehlt es sich, eine verbindliche Auskunft einzuholen oder auf ein partiarisches Darlehen auszuweichen.

3.23 Atypisch stille Beteiligung an der Organgesellschaft. Der BFH hat unseres Erachtens noch nicht abschließend entschieden, ob eine atypisch stille Beteiligung an der Organgesellschaft die Organschaft zerstÇrt.2 In dem Beschluss des BFH v. 31.3.20113 war diese Frage nicht entscheidungserheblich, weil der Klger es unterließ, die Feststellung anzugreifen, es handele sich nicht um den „ganzen Gewinn“. Insofern kÇnnen die diesbezÅglichen Folgebewertungen des BFH nicht verallgemeinert werden, weil er die eigentliche Frage nicht zu entscheiden hatte. In dem Beschluss des BFH v. 11.8.20114 war die Frage, was der „ganze Gewinn“ ist, ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Die Finanzverwaltung und ihr folgend ein Teil des Schrifttums vertreten die Auffassung, dass bei einer atypisch stillen Beteiligung an der Organgesellschaft nicht der „ganze Gewinn“ an den Organtrger abgefÅhrt werde. Darin steckt unseres Erachtens die Bewertung, dass der Besteuerung der Mitunternehmerschaft „GmbH & atypisch Still“ gegenÅber der Organschaft der Vorrang eingerumt wird.5 Dem ist nicht zu folgen. Ob der „ganze Gewinn“ i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 1 Dies gilt unseres Erachtens auch bei einer AG, SE oder KGaA, obwohl der Vertrag Åber die stille Gesellschaft als TeilgewinnabfÅhrungsvertrag i.S.v. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu qualifizieren ist. Vgl. ua. Neumann in FS Schaumburg, 2009, 445 (448); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 53 (August 2014), Rz. 197b (August 2014); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 60 (August 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 201 (Januar 2015); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 204 (Januar 2015). Zu Zweifeln siehe RÅsch, DStZ 2015, 27 (29). Zur vergleichbaren Problematik bei Nießbrauch und Unterbeteiligung Rz. 12.20 ff. 2 Vgl. BFH v. 11.8.2011 – I B 179/10, GmbHR 2011, 1284 = BFH/NV 2011, 2052 unter Rz. II.3 unter Hinweis auf BFH v. 31.3.2011 – I B 177/10, GmbHR 2011, 836 = BFH/NV 2011, 1397, der diese Frage ebenfalls nicht entscheidet. So auch die Einschtzung von HagebÇke, Der Konzern 2013, 334 (344); Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (251) Fn. 14; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 586 Fn. 1 (September 2014). AA DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 54a (August 2014), Rz. 198 (August 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 204 (Januar 2015), denen zufolge die Entscheidung endgÅltig geklrt habe, dass eine solche Kapitalgesellschaft keine Organgesellschaft sein kann. 3 BFH v. 31.3.2011 – I B 177/10, GmbHR 2011, 836 = BFH/NV 2011, 1397. 4 BFH v. 11.8.2011 – I B 179/10, GmbHR 2011, 1284 = BFH/NV 2011, 2052. 5 BFH v. 25.10.1995 – I R 76/93, GmbHR 1996, 638 = BFH/NV 1996, 504; DrÅen in BlÅmich, § 2 GewStG Rz. 139 (April 2013); GÅroff in Glanegger/GÅroff, GewStG8, § 2 Rz. 497.

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft

KStG abgefÅhrt wird, ist eine allein nach handelsrechtlichen Maßstben zu entscheidende Frage, deren Obergrenze sich nach § 301 AktG bestimmt.1 Die Gewinnbeteiligung des atypisch still Beteiligten ist daher wie die des typisch still Beteiligten ein lediglich gewinnschmlernder Kostenfaktor, der als Betriebsausgabe erfasst wird und den nach § 301 AktG als „ResidualgrÇße“ abzufÅhrenden „ganzen Gewinn“ mindert.2 Wegen der bestehenden Rechtsunsicherheit empfiehlt es sich, vor BegrÅndung einer atypisch stillen Beteiligung an der Organgesellschaft eine verbindliche Auskunft einzuholen. Tracking Stock an der Organgesellschaft. Beteiligt sich neben dem Organtrger ein Dritter an der Organgesellschaft als Berechtigter einer TrackingStock-Vereinbarung, ist die Organschaft nicht anzuerkennen. Eine Tracking Stock-Vereinbarung bewirkt, dass sich die AbfÅhrungsverpflichtung nur auf das Ergebnis eines bestimmten Unternehmenssegments erstreckt und nicht auf den Gewinn insgesamt. Damit fehlt es unseres Erachtens an der erforderlichen VollabfÅhrung des Gewinns an den Organtrger.3

3.24

VorgrÅndungsgesellschaft. Eine VorgrÅndungsgesellschaft kann als Personen(handels)gesellschaft keine Organgesellschaft sein (arg. e contrario §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 Abs. 1 KStG).4

3.25

Vorgesellschaft. Eine Vorgesellschaft (GmbH/AG i.Gr.) ist Steuersubjekt i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, sofern es spter zur Eintragung kommt, so dass die Vorgesellschaft Organgesellschaft sein kann und das Organschaftsverhltnis nahtlos mit der durch Eintragung im Handelsregister entstehenden Kapitalgesellschaft fortgesetzt wird.5

3.26

1 Schmidt/Werner, GmbHR 2010, 29 (30); HagebÇke, Der Konzern 2013, 334 (345). 2 Neumann in FS Schaumburg, 2009, 445 (448); Schmidt/Werner, GmbHR 2010, 29 (30); Ismer, GmbHR 2011, 968 (972); HagebÇke, Der Konzern 2013, 334 (345); Suchanek/Hesse, GmbHR 2013, 1196 (1201); Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (251); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 586 (September 2014); Pung nach RÅsch, DStZ 2015, 27 (29). 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 200 (August 2014). 4 BFH v. 8.11.1989 – I R 174/86, BStBl. II 1990, 91 = FR 1990, 230; Weigert/ Strohm, Der Konzern 2013, 249 (251); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 56 (August 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 195 (Januar 2015); im Ergebnis auch Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 50 (Januar 2015). AA Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 64 ff. (August 2014), der eine Organschaft unter der aufschiebenden Bedingung des bergangs in eine Vorgesellschaft oder durch rÅckwirkenden Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags fÅr zulssig hlt. 5 BFH v. 9.3.1978 – V R 90/74, BStBl. II 1978, 486 zur Umsatzsteuer; FG Hamburg v. 28.11.1985 – II 118/83, EFG 1986, 414 zur Gewerbesteuer; BFH v. 3.9.2009 – IV R 38/07, BStBl. II 2010, 60. = FR 2010, 237. Aus dem Schrifttum ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 48, Rz. 182; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 56 (August 2014); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 69 (August 2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 50 (Januar 2015). AA Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 194 (Januar 2015), weil die von § 14

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

3.27 Steuerbefreite KÇrperschaft als Organgesellschaft. Unseres Erachtens zutreffend ist die Auffassung, dass eine nach § 5 Nr. 9 KStG steuerbefreite KÇrperschaft grundstzlich Organgesellschaft sein kann.1 Zu beachten ist allerdings das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Eine Gesellschaft gefhrdet ihren GemeinnÅtzigkeitsstatus, wenn sie dieses Gebot nicht befolgt.2 Dies fÅhrt unseres Erachtens dazu, dass eine Organschaft zu einem „normalen“ Organtrger ausscheidet, jedoch eine Organschaft zwischen zwei gemeinnÅtzigen Gesellschaften mit wirtschaftlichen Geschftsbetrieben mÇglich ist. Eine Ergebnisverrechnung innerhalb der durch die Organschaft „zusammengefassten“ wirtschaftlichen Geschftsbetriebe verstÇßt unseres Erachtens nicht gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung.3 2. Sitz und Ort der Geschftsleitung

3.28 Sitz und Ort der Geschftsleitung. Die Organgesellschaft muss ihren Sitz entweder in Deutschland oder in einem anderen Staat des EU/EWRRaums haben (§§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 KStG) und ihre Geschftsleitung muss sich im Inland befinden.4 Als Organgesellschaft scheiden daher aus:

1

2

3 4

Abs. 1 Satz 1 KStG geforderte Rechtsform (noch) nicht vorliege. Wird die Vorgesellschaft letztlich doch nicht im Handelsregister eingetragen, entfllt rÅckwirkend die Eignung der Vorgesellschaft als Organgesellschaft, vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 49; Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (252); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 69 (August 2014). Vgl. auch Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 50 (Januar 2015). Ua. Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 39 (April 2013); Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (258(; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 58 (August 2014); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 102 (August 2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 53 (Januar 2015). AA Herlinghaus in Oestreicher, Konzernbesteuerung, 2005, 83, 101; Milatz/Schfers, DB 2005, 1761 (1767); kritisch auch MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 37. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 184 (Juni 2013) geht weitergehend davon aus, dass die Gesellschaft den GemeinnÅtzigkeitsstatus verliert, wenn sie als Organgesellschaft eine Organschaft abschließt; ebenfalls in diese Richtung tendiert Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 101 (August 2014). Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 97 ff. (August 2014). Gendert durch das UntStReiseKndG v. 20.2.2013 (BGBl. I, 285) mit Geltung fÅr alle noch nicht bestandskrftig durchgefÅhrten Veranlagungen (§ 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG). Davor galt die sog. doppelte Inlandsanbindung, nach der die Organgesellschaft Sitz und Ort der Geschftsleitung im Inland haben musste. Bereits mit Schreiben des BMF v. 28.3.2011 – IV C 2 - S 2770/09/10001 – DOK 2011/0250044, BStBl. I 2011, 300 = FR 2011, 436 hatte die Finanzverwaltung als Folge eines Vertragsverletzungsverfahrens fÅr im EU/EWR-Ausland gegrÅndete Gesellschaften mit Ort der Geschftsleitung im Inland die Fhigkeit anerkannt, Organgesellschaft sein zu kÇnnen.

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft

– Eine Drittstaaten-Kapitalgesellschaft (zB Schweizer oder US-amerikanische Rechtsform), selbst wenn sie Åber eine inlndische Betriebssttte verfÅgt.1 – Eine Gesellschaft mit Sitz im Inland, aber mit Ort der Geschftsleitung im Ausland.2

IV. Finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft Ununterbrochene finanzielle Eingliederung. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG muss die Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen in das Unternehmen des Organtrgers finanziell eingegliedert sein. Eine finanzielle Eingliederung liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG vor, wenn der Organtrger in einem solchen Maße an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (dazu Rz. 12.3 ff.).

3.29

V. GewinnabfÅhrungsvertrag 1. Zivilrechtliche Wirksamkeit Keine Anwendung der Grundstze der fehlerhaften Gesellschaft. Die Organschaft ist an den Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags i.S.v. § 291 AktG3 geknÅpft (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG). Dieser GewinnabfÅhrungsvertrag muss zivilrechtlich wirksam sein. Nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG muss der GewinnabfÅhrungsvertrag tatsch-

1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 59a (August 2014). Vgl. auch Micker, IWB 2013, 309 (317). Kritisch – zu Recht – wegen eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 24 Abs. 1 OECD-MA Benecke/ Schnitger, IStR 2013, 143 (144); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 74 (August 2014); vgl. auch die Schilderung der Situation im OECD-MK zu Art. 24 Abs. 1 OECD-MA Tz. 24 f. 2 § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG hat zur Folge, dass bei Wegzug (Verlegung des Orts der Geschftsleitung) einer nach deutschem Recht gegrÅndeten Organgesellschaft die Organschaft beendet wird. Es kommt aber zu keiner rÅckwirkenden Nichtanerkennung der Organschaft, selbst wenn der Wegzug innerhalb der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags geschieht, so auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 59a (August 2014); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 96 (August 2014). Nach unseren Erachtens zutreffender Auffassung (ua. Micker, IWB 2013, 309 (316 f.); Schnitger, IStR 2013, 82 (85); Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (257); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 191 (Januar 2015); wohl auch Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 96 (August 2014)) verstÇßt § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG gegen die Niederlassungsfreiheit, da die Verlegung des Orts der Geschftsleitung in das EU-Ausland wesentlich erschwert wird, wenn hierdurch die Anwendung der Organschaftsregeln ausgeschlossen wird. 3 Zu Organschaften mit auslndischen Organbeteiligten Rz. 3.42 ff.

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3.30

Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

lich wirksam sein und darf nicht nur als wirksam behandelt werden.1 Die zivilrechtlichen Regeln zur fehlerhaften Gesellschaft2 gelten fÅr das Steuerrecht daher nicht. Um zivilrechtlich wirksam zu sein, mÅssen die in Rz. 2.45 ff. dargestellten gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen eines GewinnabfÅhrungsvertrags zwingend eingehalten werden. Der GewinnabfÅhrungsvertrag wird zwar erst mit Eintragung in das Handelsregister der Organgesellschaft wirksam.3 FÅr die Organschaft wirkt er aber – bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung – auf das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft zurÅck, in dem er erstmals wirksam wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG). 2. Weitere steuerrechtliche Zusatzanforderungen a) Mindestlaufzeit von fÅnf Zeitjahren

3.31 Mindestlaufzeit von fÅnf Zeitjahren. Zivilrechtlich ist eine Mindestlaufzeit nicht erforderlich. Nach §§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1, 17 Abs. 1 KStG muss der GewinnabfÅhrungsvertrag aber auf mindestens fÅnf Jahre abgeschlossen und whrend seiner gesamten Geltungsdauer durchgefÅhrt werden. Der BFH hat klargestellt, dass mit den fÅnf Jahren i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG Zeitjahre und nicht Geschfts- oder Wirtschaftsjahre gemeint sind.4 Deswegen ist es fÅr die (steuerrechtliche) Wirksamkeit des Vertrags irrelevant, ob der FÅnfjahreszeitraum fÅnf Wirtschaftsjahre der Organgesellschaft umfasst.5 Dies kann Bedeutung bei der Umstellung des Wirtschaftsjahrs haben (dazu Rz. 3.81 f.).

3.32 Verhinderung von Manipulationen. Nach dem gesetzgeberischen Willen soll die Entscheidung fÅr die Organschaft die betroffenen Unternehmen mindestens fÅnf (Zeit-)Jahre lang binden. Zweck der steuerrechtlichen Mindestlaufzeit ist es, Manipulationen zu verhindern: Die Organschaft soll nicht dazu dienen, die Besteuerung willkÅrlich beeinflussen zu kÇnnen, indem die Organschaft von Fall zu Fall abgeschlossen bzw. beendet wird, um dadurch erwÅnschte Einkommensverlagerungen zu erreichen.6 1 BMF v. 31.10.1989 – IV B 7, BStBl. I 1989, 430; v. 30.7.1997 – I R 7/97, BStBl. II 1998, 33 = FR 1998, 164; v. 3.9.2009 – IV R 38/07, BStBl. II 2010, 60 = FR 2010, 237; FG BW v. 8.7.2013 – 6 K 3578/11, rkr., juris. Aus dem Schrifttum ua. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 168 (Dezember 2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 291 (Januar 2015). AA Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 530 (August 2013), Rz. 599 (November 2012). 2 Zur Anwendung dieser Regeln auf einen Unternehmensvertrag, vgl. Stephan, Der Konzern 2014, 1 (20). 3 Der Zeitpunkt der Eintragung ist als Wirksamkeitszeitpunkt selbst dann relevant, wenn das Amtsgericht die Eintragung schuldhaft verzÇgert hat, vgl. FG Nds. v. 13.12.2007 – 6 K 411/07, rkr., EFG 2008, 885. 4 BFH v. 12.1.2011 – I R 3/10, BStBl. II 2011, 727 = FR 2011, 522 m. Anm. Buciek. So auch R 60 Abs. 2 Satz 1 KStR 2004. 5 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608. 6 BFH v. 12.1.2011 – I R 3/10, BStBl. II 2011, 727 = FR 2011, 522 m. Anm. Buciek; v. 23.1.2013 – I R 1/12, GmbHR 2013, 602 m. Anm. Walter = BFH/NV 2013, 989; v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608.

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft

Deswegen muss die Mindestlaufzeit ausdrÅcklich in den GewinnabfÅhrungsvertrag aufgenommen werden. Ein Vertragsschluss Åber unbestimmte Zeit genÅgt den Anforderungen von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG nicht. Dagegen reicht es aus, wenn im GewinnabfÅhrungsvertrag von „fÅnf Jahren“ die Rede ist. Diese Formulierung wird zugunsten des Steuerpflichtigen als Zeitjahre interpretiert.1 Strikte Berechnung der Mindestlaufzeit. Die Organschaft wird nicht anerkannt, wenn die im GewinnabfÅhrungsvertrag vereinbarte Mindestlaufzeit bzw. bei unbestimmter Laufzeit der Zeitraum, fÅr den das ordentliche KÅndigungsrecht ausgeschlossen wird, nach objektiver Vertragsauslegung die gesetzlich vorgesehene fÅnfjhrige Mindestlaufzeit auch nur um einen Tag unterschreitet.2 Infolgedessen ist es nicht verwunderlich, dass die richtige Vereinbarung der Mindestlaufzeit eine der typischen Fehlerquellen der Organschaft ist. Zu den verschiedenen Varianten einer Laufzeitklausel Rz. 3.78 ff.

3.33

RÅckwirkende Umwandlung. Bei Fllen einer (rÅckwirkenden) Umwandlung auf eine zum steuerlichen bertragungsstichtag noch nicht bestehende Gesellschaft (die kÅnftige Organgesellschaft) ging man bislang davon aus, dass zwar ggf. das Vorliegen der finanziellen Eingliederung streitig ist, nicht aber die Berechnung der Mindestlaufzeit von fÅnf Zeitjahren. Das FG DÅsseldorf hat nun aber fÅr den Fall der Ausgliederung eines Teilbetriebs auf eine Tochtergesellschaft mit RÅckbeziehung auf einen vor der GrÅndung der Tochtergesellschaft liegenden steuerlichen bertragungsstichtag einen GewinnabfÅhrungsvertrag, dessen feste Laufzeit das Jahr der Ausgliederung und die folgenden vier Jahre umfasste, als nicht i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG auf mindestens fÅnf Jahre abgeschlossen eingeordnet. Das FG DÅsseldorf verneint eine steuerrechtliche RÅckwirkung fÅr Zwecke der Bestimmung der Vertragslaufzeit jedenfalls dann, wenn der Åbernehmende Rechtstrger erst im RÅckwirkungszeitraum gegrÅndet worden ist. Die fÅnfjhrige Mindestlaufzeit sei ein auf tatschliche Umstnde abstellendes Tatbestandsmerkmal, das einer fiktiven RÅckbeziehung nicht zugnglich sei. Mit dem Zweck des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG, Manipulationen zu verhindern, sei es nicht vereinbar, fiktive Zeitrume in die Berechnung der Mindestlaufzeit einzubeziehen.3 Unseres Erachtens ist dem nicht zu folgen. Die Vertragslaufzeit ist kein tatschliches Momentum, sondern – als Inhalt des GewinnabfÅhrungsvertrags – rÅckbeziehungsfhig. Es ist nicht ersichtlich, warum § 20

3.34

1 Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1797); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 219 (Dezember 2014). 2 BFH v. 23.1.2013, I R 1/12, GmbHR 2013, 602 m. Anm. Walter = BFH/NV 2013, 989. Selbst wenn der GewinnabfÅhrungsvertrag tatschlich fÅnf Jahre ungekÅndigt besteht, reicht das nicht aus, vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 212; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 216 (Dezember 2014). 3 FG DÅsseldorf v. 3.3.2015 – 6 K 4332/12 K,F, juris – Revi. I R 19/15). Wohl zustimmend Graw, StR kompakt, DB0695088.

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

Abs. 5 UmwStG zwar dazu fÅhrt, dass der aufnehmenden Gesellschaft (also der Organgesellschaft) das Ergebnis des RÅckwirkungszeitraums zuzurechnen ist und dieses Teil des abzufÅhrenden Gewinns wird, so dass es nach § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG (grundstzlich) zur Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organtrger kommt, der RÅckwirkungszeitraum aber dennoch nicht bei der Berechnung der Mindestlaufzeit berÅcksichtigt werden soll. Dem Gesetz ist dies unseres Erachtens nicht zu entnehmen.1 b) GewinnabfÅhrung

3.35 GewinnabfÅhrungsverpflichtung. Die Organschaft setzt nach §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 Abs. 1 Satz 1 KStG die Verpflichtung der Organgesellschaft voraus, ihren „ganzen Gewinn“ an den Organtrger abzufÅhren. Deswegen muss eine solche Verpflichtung in den GewinnabfÅhrungsvertrag aufgenommen werden. § 301 AktG legt den HÇchstbetrag der GewinnabfÅhrung fest. Dieser HÇchstbetrag gilt nicht nur fÅr AGs (SEs, KGaAs), sondern Åber § 17 Abs. 1 Nr. 1 KStG auch fÅr andere taugliche Organgesellschaften (zur Zuviel-AbfÅhrung Rz. 3.70 f.). Aus § 14 KStG ergibt sich Åber die Verpflichtung, den ganzen Gewinn abzufÅhren (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG), und der nur begrenzt zulssigen Dotierung von GewinnrÅcklagen (§ 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG) auch ein MindestabfÅhrungsbetrag. FÅr Organgesellschaften i.S.v. § 17 KStG lsst sich ein MindestabfÅhrungsbetrag indes anzweifeln (dazu Rz. 3.72). c) VerlustÅbernahme

3.36 VerlustÅbernahmeverpflichtung. Ist eine AG/SE/KGaA Organgesellschaft, regelt § 302 AktG die VerlustÅbernahme. Handelt es sich bei der Organgesellschaft hingegen um eine GmbH, muss der GewinnabfÅhrungsvertrag nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG eine ausdrÅckliche Regelung zur VerlustÅbernahme in Form eines dynamischen Verweises auf § 302 AktG enthalten, dh. es muss zwingend auf § 302 AktG in seiner jeweils gÅltigen Fassung verwiesen werden.2 Der Entwurf der KStR 2015 vom 18.5.2015 sieht dies in R 17 Abs. 3 KStR 2015-E ausdrÅcklich vor. Eine reine Textwiedergabe der Norm genÅgt diesem Erfordernis nicht.3 Vom Gesetzgeber ist keine ausdrÅckliche Formulierung des dynamischen Verweises vorgegeben. Es gelten die allgemeinen Auslegungsgrundstze. Unseres Erachtens empfiehlt sich eine schlichte Formulierung wie zB: „FÅr die VerlustÅbernahme gelten die Vorschriften des § 302 AktG in seiner jeweils gÅltigen Fassung.“4 Etwaige Zustze Åber den dynamischen Verweis hinaus sind

1 2 3 4

Ablehnend auch HÇlzer, DB 2015, 1249 (1251). DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 17 KStG Rz. 28 (April 2015). So ausdrÅcklich auch Scheifele/HÇrner, DStR 2013, 553 (554). OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434.

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft

aber unschdlich, wenn sie den Verweis nicht in Frage stellen.1 Im Zweifel sollte man hier allerdings eher zurÅckhaltend formulieren.2 Altflle. FÅr Altflle, bei denen der GewinnabfÅhrungsvertrag keine VerlustÅbernahmeklausel entsprechend § 17 Abs. 1 Nr. 2 KStG enthielt, sah § 34 Abs. 10b KStG aF (nunmehr Verweis in § 17 Abs. 2 KStG auf § 34 Abs. 10b KStG aF) vor, dass eine dem nicht genÅgende VerlustÅbernahmeklausel der Wirksamkeit der Organschaft fÅr die Vergangenheit nicht entgegensteht, wenn die VerlustÅbernahme tatschlich entsprechend § 302 AktG erfolgt ist und eine VerlustÅbernahme entsprechend § 17 Abs. 1 Nr. 2 KStG bis zum Ablauf des 31.12.2014 wirksam vereinbart wurde. Letzteres Erfordernis verstehen wir so, dass die nderung der VerlustÅbernahmeklausel sptestens am 31.12.2014 in das Handelsregister eingetragen worden sein muss.3

3.37

Heilung der Organschaft noch 2015. Wurde diese Frist versumt, stellt sich die Frage, ob noch heute (also nach dem 31.12.2014) eine Heilung der Organschaft fÅr die Vergangenheit herbeigefÅhrt werden kann. Dies wre der Fall, wenn es gelingt, die Organschaft (rÅckwirkend) auf einen Zeitpunkt vor dem 1.1.2015 zu beenden. Nach § 34 Abs. 10b Satz 3 KStG aF (§ 17 Abs. 2 KStG nF) ist eine unzureichende VerlustÅbernahmeklausel nmlich auch dann unschdlich, wenn die Organschaft vor dem 1.1.2015 beendet wurde, was unseres Erachtens eine rÅckwirkende Beendigung einschließt. Eine solche Beendigung der Organschaft kann unseres Erachtens (noch 2015)4 erreicht werden, indem zB der GewinnabfÅhrungsvertrag außerordentlich zu einem Zeitpunkt whrend des aktuell laufenden Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft gekÅndigt wird oder indem der GewinnabfÅhrungsvertrag nicht weiter durchgefÅhrt wird,5 sofern er bereits in fÅnf aufeinanderfolgenden Jahren durchgefÅhrt wurde.6

3.38

1 OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434. Aus dem Schrifttum vgl. ua. Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (29); Scheifele/HÇrner, DStR 2013, 553 (554) mwN; Mayer/Wiese, DStR 2013, 629 (630); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 28 (April 2015). 2 Kritisch zu „Kombinationsklauseln“, welche einen dynamischen Verweis auf § 302 AktG mit einer Wortlautwiedergabe kombinieren, RÇdder, Ubg 2012, 717 (719); Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (156). 3 OFD Frankfurt v. 14.4.2014 – S 2770 A - 55 - St 51, DStR 2014, 2026; Scheifele/ Kirch-Heim, DStR 2015, 932, auch zum Anspruch auf Anerkennung der Organschaft fÅr die Vergangenheit aus BilligkeitsgrÅnden, wenn die nderung erst 2015 im Handelsregister eingetragen wurde, die Anmeldung zum Handelsregister aber so rechtzeitig geschah, dass bei normalem Geschftsverlauf mit dessen Eintragung noch im Jahr 2014 gerechnet werden konnte. Zu § 34 Abs. 10b KStG im Einzelnen vgl. ua. OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434; Wacker, JbFSt 2014/2015, 461 (466 ff.). 4 Es darf nach dem 31.12.2014 kein weiteres Wirtschaftsjahr abgelaufen sein. 5 Dazu im Einzelnen Scheifele/Kirch-Heim, DStR 2015, 932 (934 ff.) 6 Andernfalls wird die Organschaft rÅckwirkend hinfllig.

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

d) KÅndigungsgrÅnde

3.39 Gesetzliche KÅndigungsgrÅnde. Der GewinnabfÅhrungsvertrag kann zivilrechtlich nach Maßgabe von § 297 AktG außerordentlich gekÅndigt werden. Da das Recht zur KÅndigung aus wichtigem Grund nicht abdingbar ist,1 muss es nicht ausdrÅcklich in den GewinnabfÅhrungsvertrag aufgenommen werden.

3.40 Vertraglich vereinbarte KÅndigungsgrÅnde. Die Vertragsparteien kÇnnen im GewinnabfÅhrungsvertrag weitere Umstnde festlegen, bei deren Vorliegen sie den GewinnabfÅhrungsvertrag fristlos oder zu einem Zeitpunkt kÅndigen kÇnnen, der nicht mit dem Ende des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft Åbereinstimmt. Die Parteien kÇnnen sogar Umstnde als KÅndigungsgrÅnde definieren, deren Vorliegen sie selbst herbeifÅhren kÇnnen.2 Ob man das als außerordentliche KÅndigung bezeichnet oder darin – zu Recht – ein auf den Eintritt eines bestimmten Umstandes bezogenes ordentliches KÅndigungsrecht ohne Frist sieht, ist fÅr die steuerrechtlichen Fragestellungen unerheblich. Zu vertraglich vereinbarten KÅndigungsgrÅnden Rz. 3.83 ff.

3.41 Keine Auswirkung auf Mindestlaufzeit. Im Steuerrecht war lange Zeit umstritten, ob eine weitgehende vertragliche Festlegung von KÅndigungsgrÅnden im GewinnabfÅhrungsvertrag der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit entgegensteht. Der BFH hat in seinem wegweisenden Urteil v. 13.11.20133 Klarheit geschaffen und entschieden, dass dem nicht so ist. Davon zu trennen ist die Frage, ob ein vertraglich festgelegter KÅndigungsgrund im (insoweit maßgeblichen) KÅndigungszeitpunkt die Anforderungen an einen wichtigen Grund im steuerrechtlichen Sinn erfÅllt und daher eine steuerunschdliche Beendigung der Organschaft ermÇglicht (dazu Rz. 11.25 ff. 3. GewinnabfÅhrung bei einer grenzÅberscheitenden Organschaft a) Organschaft mit einer auslndischen Gesellschaft

3.42 Auslndische Muttergesellschaft als Organtrger. Will eine auslndische Muttergesellschaft eine inlndische Organschaft begrÅnden, muss sie eine inlndische Betriebssttte i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4-7 KStG haben (dazu Rz. 3.16 f.). Zudem muss ein GewinnabfÅhrungsvertrag i.S.v. § 14 KStG abgeschlossen werden. Nach den Kollisionsregeln ist hierfÅr grundstzlich deutsches Recht anwendbar.4 Allerdings sind nur diejenigen Vorschriften anwendbar, welche die Interessen der inlndischen Or1 2 3 4

Stephan, Der Konzern 2014, 1 (5). BGH v. 5.4.1993 – II ZR 238/91, BGHZ 122, 211 = GmbHR 1993, 446. BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608. Unstreitig, vgl. nur BGH v. 15.6.1992 – II ZR 18/91, BGHZ 119, 1; OLG DÅsseldorf v. 30.10.2006 – I-26 W 14/06 AktE, NZA 2007, 707; Veil in Spindler/Stilz, AktG2, Vor § 291 Rz. 47; Hoene, IStR 2012, 462 (464); MÅlbert in Großkommentar AktG, Vor §§ 291 ff. Rz. 26 (Oktober 2012).

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft

gangesellschaft, der außenstehenden Aktionre sowie der Glubiger schÅtzen. Keine Anwendung finden dagegen Vorschriften, die sich auf den auslndischen Organtrger beziehen.1 Auslndische Tochtergesellschaft als Organgesellschaft. Bei einer auslndischen Organgesellschaft gilt kollisionsrechtlich auslndisches Recht. Dennoch ist eine Organschaft mÇglich. § 17 Abs. 1 KStG setzt nur voraus, dass sich die Organgesellschaft dazu verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen i.S.v. § 14 KStG abzufÅhren. Eine solche Verpflichtung kann auch in einem schuldrechtlichen Vertrag nach auslndischem Recht vereinbart werden, der inhaltlich einem GewinnabfÅhrungsvertrag i.S.v. § 291 AktG nachgebildet ist (einschließlich der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit).2 Der Wortlaut des § 17 Abs. 1 KStG lsst diese MÇglichkeit ohne Weiteres zu. Die Gesetzeshistorie spricht ebenfalls dafÅr. Der Gesetzgeber gestaltete § 17 Satz 1 KStG bewusst ohne direkten Verweis auf § 291 AktG aus, da zum Zeitpunkt des Normerlasses die Anwendbarkeit von § 291 AktG auf die GmbH ungeklrt war.3 Ein anderes Ergebnis wre europarechtswidrig, da eine nicht zu rechtfertigende versteckte Diskriminierung vorlge.4 WÅrde man einen GewinnabfÅhrungsvertrag i.S.v. § 291 AktG verlangen, wre es einer nach auslndischem Recht gegrÅndeten Kapitalgesellschaft in den meisten Fllen verwehrt, Organgesellschaft zu sein.5

3.43

HÇhe des abzufÅhrenden Gewinns. Whrend eine inlndische Organgesellschaft nach dem Wortlaut von § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KStG nicht mehr als den in § 301 AktG genannten Betrag an den Organtrger abfÅhren darf, sind fÅr eine auslndische Organgesellschaft zwei Varianten denkbar: – Auslndisches Recht. Unseres Erachtens sollte sich auch die HÇhe des abzufÅhrenden Gewinns nach auslndischem Recht richten, wenn der

3.44

1 Veil in Spindler/Stilz, AktG2, Vor § 291 Rz. 47; MÅlbert in Großkommentar AktG, Vor §§ 291 ff. Rz. 26 (Oktober 2012). 2 FG Nds. v. 11.2.2010 – 6 K 406/08, EFG 2010, 815; FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, EFG 2010, 1632; Winter/Marx, DStR 2011, 1101 (1103); Hoene, IStR 2012, 462 (463); Schnitger, IStR 2013, 82 (85); Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (145); Micker, IWB 2013, 309 (313 f.); Micker, IWB 2013, 749 (750); Weigert/ Strohm, Der Konzern 2013, 249 (256); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 53, 327c (Juni 2013); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 59b (Dezember 2013); Danelsing in BlÅmich, § 17 KStG Rz. 4 (November 2014). Dagegen zweifelnd Gosch, IWB 2012, 694 (696 f.), da das auslndische Recht, nicht aber das deutsche Recht den Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags verhindere. 3 BT-Drucks. 17/10774, 20. 4 Vgl. FG Nds. v. 11.2.2010 – 6 K 406/08, EFG 2010, 815; Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (256); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 327c (Juni 2013). 5 Nur Portugal, sterreich, Italien und Slowenien kennen einen GewinnabfÅhrungsvertrag, vgl. Hoene, IStR 2012, 462 (462); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 327b (Juni 2013).

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

GewinnabfÅhrungsvertrag nach auslndischem Recht abgeschlossen wird. § 17 Abs. 1 KStG verlangt keine AbfÅhrung des nach HGB ermittelten Gewinns, sondern regelt nur, dass (i) die Organgesellschaft keinen Gewinn zurÅckbehalten darf, der gesetzlich ausschÅttungsfhig ist (nach dem jeweils anwendbaren Recht), und (ii) die HÇchstgrenze des § 301 AktG nicht Åberschritten werden darf. Da § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KStG ausdrÅcklich (nur) besagt, dass der in § 301 AktG genannte Betrag nicht Åberschritten werden darf, muss eine Kontrollrechnung nach HGB lediglich hinsichtlich der Obergrenze der GewinnabfÅhrung durchgefÅhrt werden.1 – Deutsches HGB. Nach anderer Ansicht ist der Gewinn dagegen nach den Vorschriften des HGB zu ermitteln und der sich daraus ergebende Gewinn abzufÅhren.2

3.45 Verlustausgleichsverpflichtung. Unklar ist auch, in welcher HÇhe und nach welchen Regeln der Organtrger die Verluste einer auslndischen Organgesellschaft zu Åbernehmen hat. Nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 KStG gilt § 302 AktG in seiner jeweils gÅltigen Fassung (was zu vereinbaren ist), was dafÅr spricht, hier HGB fÅr anwendbar zu halten.3

3.46 Praxistipp. Wegen der Vielzahl der ungelÇsten Rechtsprobleme kann der Einsatz einer auslndischen Gesellschaft als Organgesellschaft zurzeit nur nach detaillierter Abstimmung mit der Finanzverwaltung empfohlen werden. b) Organschaft zwischen inlndischen Schwestergesellschaften

3.47 Organschaft zwischen inlndischen Schwestergesellschaften. Zivilrechtlich kann ein GewinnabfÅhrungsvertrag auch zwischen Schwestergesellschaften (an der gemeinsamen Muttergesellschaft vorbei) abgeschlossen werden, da er nach hM keine Beteiligung zwischen dem berechtigtem und dem verpflichteten Unternehmen voraussetzt.4 Das Steuerrecht korrigiert dieses Ergebnis. Die nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG erforderliche finanzielle Eingliederung setzt eine Stimmrechtsmehrheit voraus, die sich aus dem 1 Vgl. Winter/Marx, DStR 2011, 1101 (1107); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 59c (Dezember 2013); Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, 2014, Rz. A128 ff. In diese Richtung wohl auch Herzig/Wagner, DStR 2006, 1 (9), DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (306); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 536 (September 2014). 2 Herzig/Wagner, DB 2005, 1 (5), die aber bereits den Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags nicht fÅr mÇglich erachten; Micker, IWB 2013, 309 (315); IWB 2013, 749, 750; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 60 (Januar 2015). 3 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 60 (Januar 2015). Wohl auch Micker, IWB 2013, 309 (315). 4 Vgl. ua. OLG Koblenz v. 15.4.2014 – 3 U 633/13, Stbg 2014, 323. Ablehnend MÇhlenbrock, DB 2014, 1582 (1583). Aus dem gesellschaftsrechtlichen Schrifttum vgl. ua. Deilmann in HÇlters, AktG2, § 291 Rz. 49 mwN; Koch in HÅffer, AktG11, § 291 Rz. 25.

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft

(wirtschaftlichen) Eigentum im Verhltnis von Organtrger zur Organgesellschaft ableitet. Daran fehlt es aber im Verhltnis der Schwestergesellschaften zueinander.1 Steuerrechtlich ist eine rein horizontale Einkommenszurechnung zwischen Schwestergesellschaften nach bisherigem Verstndnis deswegen nicht mÇglich. Zu den mÇglichen Auswirkungen des EuGH-Urteils v. 12.6.20142 bei grenzÅberschreitenden Sachverhalten Rz. 12.13 ff.

VI. Tatschliche DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags 1. Tatschliche DurchfÅhrung der Hauptpflichten Erfordernis der tatschlichen DurchfÅhrung. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG muss der GewinnabfÅhrungsvertrag whrend seiner gesamten Geltungsdauer durchgefÅhrt sein. Die DurchfÅhrungsverpflichtung ist das maßgebliche Kriterium fÅr die Wirksamkeit der Organschaft. DurchgefÅhrt werden mÅssen die Hauptpflichten des Vertrags, also die AbfÅhrung des ganzen Gewinns durch die Organgesellschaft und der Ausgleich eines Verlustes durch den Organtrger. DemgegenÅber ist die NichtdurchfÅhrung von Nebenpflichten unschdlich, da diese kein konstituierendes Element des GewinnabfÅhrungsvertrags sind (zur Verzinsung Rz. 3.75).3

3.48

2. AbfÅhrung des ganzen Gewinns AbfÅhrung des ganzen Gewinns. Der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG abzufÅhrende „ganze Gewinn“ meint den Gewinn der Organgesellschaft laut Handelsbilanz (zur Frage, was der „ganze Gewinn“ im Einzelnen ist und wie man mit Fehlern umgeht Rz. 13.4 ff.). Dies folgt aus der gesetzlichen VerknÅpfung dieses Begriffs mit dem GewinnabfÅhrungsvertrag, der als gesellschaftsrechtlicher Organisationsvertrag auf das Zahlenwerk der Handelsbilanz ausgerichtet ist. Es ist dabei nicht auf die tatschlich aufgestellte Bilanz der Organgesellschaft abzustellen, sondern auf das Ergebnis, das sich bei objektiv richtiger Bilanzierung ergibt.4

3.49

VerunglÅckte Organschaft. Bei fehlerhafter GewinnabfÅhrung gilt der GewinnabfÅhrungsvertrag im betroffenen Wirtschaftsjahr der Organgesell-

3.50

1 FG Nds. v. 4.9.2007 – 6 K 194/07, EFG 2008, 323; FG Berlin-Brandenburg v. 15.7.2009 – 12 K 12148/08, EFG 2009, 2049; vgl. auch OLG Koblenz v. 15.4.2014 – 3 U 633/13, Stbg 2014, 323. Aus dem Schrifttum ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 125; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 126 (August 2014); MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 88. 2 EuGH v. 12.6.2014 – C-39/13, C-40/13, C-41/13 – SCA Group Holding BV, DStR 2014, 1333. 3 Olbing, GmbH-Stb 2011, 281 (282). 4 BFH v. 5.4.1995 – I R 156/93, BFHE 177, 429 = FR 1995, 547 = GmbHR 1995, 602; BGH v. 14.2.2005 – II ZR 361/02, GmbHR 2005, 628 = DB 2005, 937.

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

schaft als tatschlich nicht durchgefÅhrt.1 Bei einem Fehler innerhalb der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags wird die Organschaft als von Beginn an unwirksam behandelt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG; dazu auch Rz. 18.4 ff.).2 3. ErfÅllung der GewinnabfÅhrungs- und Verlustausgleichsverpflichtungen a) Tatschlichen DurchfÅhrung

3.51 Phasen der tatschlichen DurchfÅhrung. Der GewinnabfÅhrungsvertrag muss „whrend seiner gesamten Geltungsdauer durchgefÅhrt“ werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG). Diese tatschliche DurchfÅhrung setzt voraus, dass – auf der Grundlage des handelsrechtlichen Jahresabschlusses – die Organgesellschaft ihren ganzen Gewinn an den Organtrger abfÅhrt und der Organtrger einen ggfs. anfallenden Verlust der Organgesellschaft Åbernimmt.3 Dies geht grundstzlich in zwei Phasen vonstatten:4

3.52 Erste Phase. In der ersten Phase werden die JahresabschlÅsse aufgestellt. Hierbei wird die GewinnabfÅhrung bei der Organgesellschaft als GewinnabfÅhrungsverbindlichkeit und beim Organtrger als GewinnabfÅhrungsforderung verbucht. FÅr die VerlustÅbernahme gilt Entsprechendes. Nach hM im Schrifttum5 und wohl auch nach Auffassung der Finanzverwaltung genÅgt dies – vorerst – den Anforderungen an eine tatschliche DurchfÅhrung.

3.53 Zweite Phase. In der zweiten Phase, nachdem die JahresabschlÅsse aufgestellt sind, muss geklrt werden, wie die existente und fllige GewinnabfÅhrungs- bzw. Verlustausgleichsverpflichtung tatschlich erfÅllt werden soll. Hierbei ist streitig, ob die zunchst verbuchte GewinnabfÅhrungs- bzw. Verlustausgleichsverpflichtung im Anschluss an die Aufstellung des Jahresabschlusses „in angemessener Zeit“ tatschlich beglichen werden muss (dazu Rz. 3.54 f.) und, wenn ja, auf welche Art und Weise dies mÇglich ist (dazu Rz. 3.56 ff.). b) ErfÅllung in angemessener Zeit?

3.54 Begleichung bei Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags. Das Erfordernis der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags 1 2 3 4 5

R 60 Abs. 8 KStR 2004. Pyszka, GmbHR 2014, 1296 (1297). Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 203 (Januar 2015). Stangl/Ritzer, Der Konzern 2012, 529 (531). Stangl/Ritzer, Der Konzern 2012, 529 (531); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 210 (April 2015); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 653 (September 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 447 (Januar 2015).

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft

enthlt nach manchen Stimmen im Schrifttum ein zeitliches Element. Dieses verpflichte die Parteien, die durch den GewinnabfÅhrungsvertrag begrÅndeten Verpflichtungen in angemessener Zeit zu erfÅllen.1 Dem ist nicht zu folgen. Es wre fÅr den Steuerpflichtigen vÇllig unersichtlich, was unter „angemessener Zeit“ zu verstehen ist;2 dies gilt selbst dann, wenn man eine ErfÅllung innerhalb eines Zeitraums von bis zu zwÇlf Monaten generell als zeitnah/angemessen anshe.3 Das Erfordernis eines in einem angemessenen Zeitraum erfolgenden Ausgleichs ist nicht von einer gesetzlichen Grundlage gedeckt4 und liegt jenseits des Wortlauts von § 14 KStG.5 Die hM, zu der auch Vertreter der Finanzverwaltung zhlen,6 hlt es daher zu Recht fÅr ausreichend, wenn die Forderungen und die Verbindlichkeiten bilanziert und die gegenseitigen AnsprÅche (sptestens) bei Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags beglichen werden.7 Begleichung innerhalb von 12 Monaten? Die Finanzverwaltung hat sich zur Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der GewinnabfÅhrungsvertrag zu erfÅllen ist, – soweit ersichtlich – nicht ausdrÅcklich geußert, scheint aber in der Praxis jedenfalls teilweise eine ErfÅllung der AnsprÅche innerhalb von zwÇlf Monaten nach Flligkeit des Anspruchs zu verlangen.8 Dem mÅsste man ggf. gerichtlich entgegentreten.

3.55

c) Zulssigkeit von ErfÅllungssurrogaten ErfÅllungssurrogate. Nach allgemeiner Auffassung bedarf es steuerrechtlich zur DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags keines tatschlichen Geldflusses.9 Vielmehr entspricht es der inzwischen hM, dass die DurchfÅhrung auch durch Novation (Umwandlung in Darlehen) oder Aufrechnung mit einem gegenlufigen Anspruch erfolgen kann.10

1 Suchanek/Herbst, FR 2005, 665 (666); Vogt in Prinz/Winkeljohann, Beck’sches Handbuch der GmbH5, § 17 Rz. 117. Wohl auch Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 317. 2 Stangl/Ritzer, Der Konzern 2012, 529 (531). 3 Suchanek/Herbst, FR 2005, 665 (666) (Fn. 10). Vgl. Melan/Karrenbrock, FR 2009, 757 (Fn. 2) zu lteren Auffassungen. 4 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 653 (September 2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 203 (Januar 2015). 5 Gnsler, Ubg 2014, 701 (704). 6 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 450 (Juni 2013); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 653 (September 2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 203 (Januar 2015); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 210 (April 2015). 7 Dies deutet das Urteil des BFH v. 5.4.1995 – I R 156/93, BFHE 177, 429 = FR 1995, 547 inzident an. 8 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 210 (April 2015). 9 U.a. Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 653 (September 2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 203 (Januar 2015). 10 Stangl/Ritzer, Der Konzern 2012, 529 (529) mwN.

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3.56

Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

3.57 Novation. Im Fall der Novation ist das Darlehen ein neuer eigenstndiger Rechtsgrund fÅr die Forderung/Verbindlichkeit.1 Ob das betreffende Darlehen unverzinslich und damit fremdunÅblich ist, steht der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags nicht entgegen;2 steuerrechtliche Fragen, die sich aus einer etwaigen Unverzinslichkeit ergeben kÇnnen, werden nach allgemeinen Grundstzen gelÇst. Die verdeckte GewinnausschÅttung, die in einem unverzinslichen Darlehen liegt, verhindert als vorweggenommene GewinnabfÅhrung die tatschliche DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags nicht.3

3.58 Zahlungsunfhigkeit. Die Zulssigkeit der Novation als ErfÅllungssurrogat kÇnnte voraussetzen, dass die Organgesellschaft zum Zeitpunkt der (versuchten) ErfÅllung durch Novation oder Aufrechnung „zahlungsfhig“ oder die durch Novation entstehende Forderung „vollwertig“ ist (bei der Aufrechnung der Gegenanspruch).4 Diese Frage ist zB relevant, wenn die Organgesellschaft wegen besonderer Umstnde einen hohen handelsrechtlichen Gewinn erzielt, dem keine LiquidittszuflÅsse gegenÅberstehen, und sich der Novation oder Aufrechnung bedienen mÇchte.5

3.59 BGH v. 10.7.2006. Die Diskussion um die Zahlungsfhigkeit bzw. die Werthaltigkeit des ErfÅllungssurrogats geht auf das Urteil des BGH v. 10.7.20066 zurÅck, welches sich mit der nachtrglichen ErfÅllung eines Verlustausgleichsanspruchs einer sich in der Krise befindenden Organgesellschaft durch Aufrechnung auseinandersetzte. Der BGH entschied, dass eine Aufrechnung nur zulssig und wirksam ist, wenn die zur Aufrechnung gestellte Forderung werthaltig ist. Die Finanzverwaltung hat sich zur Thematik der fehlenden „Zahlungsfhigkeit“ bzw. „Werthaltigkeit“ – soweit ersichtlich – bislang nicht geußert. Sie hat sich aber dem oben genannten BGH-Urteil grundstzlich durch das BMF-Schreiben v. 25.8.2006 angeschlossen.7 Gegen eine bertragbarkeit dieser Rechtsprechung spricht unseres Erachtens, dass das Urteil des BGH v. 10.7.2006 zu einem VerlustÅbernahmefall (nach zivilrechtlicher Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags) ergangen ist. Die vom BGH zur BegrÅndung seiner Rechtsprechung herangezogenen Aspekte des Glubigerschutzes und

1 Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 204 (Januar 2015). 2 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 653 (September 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 210a (April 2015). AA Melan/Karrenbrock, FR 2009, 757 (760). 3 R 61 Abs. 4 KStR 2004; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 204 (Januar 2015). 4 So etwa Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 447 (Januar 2015); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 210 (April 2015). 5 Suchanek/Herbst, FR 2005, 665 (666 f.); Stangl/Ritzer, Der Konzern 2012, 529 (529). 6 BGH v. 10.7.2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285 = GmbHR 2006, 928 m. Anm. Theiselmann. 7 Vgl. BMF v. 25.8.2006, Der Konzern 2006, 651.

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A. Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft

der Kapitalerhaltung1 lassen sich nicht auf Flle der Aufrechnung gegen eine GewinnabfÅhrungsverpflichtung Åbertragen. In diesen Fllen hat die Organgesellschaft eine sie wirtschaftlich belastende Verpflichtung zur GewinnabfÅhrung. Wird diese mittels Surrogat erfÅllt, werden die Kapitalerhaltung oder die Glubigerschutzinteressen im Hinblick auf die Organgesellschaft nicht beeinflusst. Hier Werthaltigkeit zu fordern, wre nicht berechtigt.2 Lngerfristiges Darlehen. Dies gilt insbesondere im Fall der Novation einer GewinnabfÅhrungsverpflichtung der Organgesellschaft in ein lngerfristiges Darlehen. Hier sind keinerlei schutzwÅrdige Interessen des Organtrgers erkennbar. Selbst wenn die wirtschaftliche Situation der Organgesellschaft prekr ist, werden weder der Organtrger noch dessen Glubiger schlechter gestellt. Es wird lediglich ein Anspruch (aus GewinnabfÅhrungsvertrag) durch einen anderen gegen denselben Schuldner gerichteten und damit automatisch gleichwertigen Anspruch (aus dem Darlehensvertrag) ausgetauscht.3

3.60

Keine fehlerhafte DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags. berdies sollte eine fehlende „Zahlungsfhigkeit“ bzw. „Werthaltigkeit“ nicht automatisch zu einer NichtdurchfÅhrung der ertragsteuerlichen Organschaft fÅhren. Der fllige Anspruch aus dem GewinnabfÅhrungsvertrag sollte vielmehr mangels wirksamer ErfÅllung weiterbestehen und auf andere Weise bis sptestens zur Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags erfÅllt werden kÇnnen.4

3.61

Unzulssigkeit einer Stundung. Eine bloße Stundung des Anspruchs auf GewinnabfÅhrung ist hingegen offenkundig keine ErfÅllung; insbesondere steht die Stundung auch bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht einer Umwandlung in eine Darlehensforderung gleich.5 Im Gegensatz zum einstweiligen Stehenlassen des GewinnabfÅhrungsanspruchs wird die Stundung (dh. das Stehenlassen des Anspruchs bei Hinausschieben der Flligkeit) sogar teilweise fÅr schdlich fÅr die DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags gehalten;6 inwieweit dies allerdings nur fÅr

3.62

1 BGH v. 10.7.2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285 = GmbHR 2006, 928 m. Anm. Theiselmann. 2 Neyer/Schlepper, BB 2007, 413 (418); Stangl/Ritzer, Der Konzern 2012, 529 (533). 3 Stangl/Ritzer, Der Konzern 2012, 529 (533). 4 Stangl/Ritzer, Der Konzern 2012, 529 (534); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 449 a.E. (Januar 2015); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 210d (April 2015). 5 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 214 (April 2015) mit Hinweis auf Breier, Bonner Bp-Nachrichten 12/2013, 3 (7). 6 Suchanek/Herbst, FR 2005, 665 (666); Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 121; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 653 (September 2014); vgl. hierzu instruktiv Gnsler, Ubg 2014, 701 (703).

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

den Fall gilt, dass eine ErfÅllung nicht „in angemessener Zeit“1 oder bei Beendigung des Vertrags erfolgt, bleibt offen. d) Verrechnung von VerlustausgleichsansprÅchen

3.63 BGH v. 10.7.2006. Bei der Verrechnung von VerlustausgleichsansprÅchen gilt hingegen anderes. Hier greifen die vom BGH im Urteil v. 10.7.2006 erwhnten Argumente. Die Gegenforderung, mit der aufgerechnet werden soll, muss daher werthaltig sein.2 Zudem bedarf es einer ausdrÅcklichen Verrechnungsabrede/Tilgungsbestimmung, um einen mÇglichen Missbrauch zu vermeiden.3 Hierdurch wird verhindert, dass der Organtrger die von ihm erbrachten Leistungen nachtrglich nach Belieben zuordnet und damit zu Lasten anderer Glubiger handelt. Whrend ein bloßer Buchungsvorgang zB nicht zwingend beweist, ob die Leistung des Organtrgers auf einen bereits entstandenen oder zukÅnftigen Verlustausgleichsanspruch anzurechnen ist, stellt eine Verrechnungsabrede/Tilgungsbestimmung dies hinreichend klar.4

1 In diese Richtung Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 317. 2 BGH v. 10.7.2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285 = GmbHR 2006, 928 m. Anm. Theiselmann; OLG MÅnchen v. 20.11.2013 – 7 U 5025/11, GmbHR 2014, 535; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 446 (Januar 2015). 3 OLG MÅnchen v. 20.11.2013 – 7 U 5025/11, GmbHR 2014, 535. Zustimmung durch die Literatur ua. Vogt in Prinz/Winkeljohann, Beck’sches Handbuch der AG4, § 117 Rz. 117; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 446 (Januar 2015). 4 OLG MÅnchen v. 20.11.2013 – 7 U 5025/11, GmbHR 2014, 535.

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B. Muster eines GewinnabfÅhrungsvertrags

B. Muster eines GewinnabfÅhrungsvertrags I. Muster 3.64

GewinnabfÅhrungsvertrag zwischen der [ . . .], eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts [ . . .] unter HRB [ . . .], („Organtrger“) und der [ . . .], eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts [ . . .] unter HRB [ . . .], („Organgesellschaft“) (der Organtrger und die Organgesellschaft nachfolgend einzeln auch „Partei“ und gemeinsam auch „Parteien“ genannt) Vorbemerkungen Die Organgesellschaft hat ein Stammkapital von EUR [ . . .]. Smtliche Geschftsanteile an der Organgesellschaft werden vom Organtrger gehalten. [Im Hinblick auf die bestehende finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organtrger schließen die Parteien den nachfolgenden GewinnabfÅhrungsvertrag zur Herstellung eines Organschaftsverhltnisses i.S.v. §§ 14, 17 KÇrperschaftsteuergesetz („KStG“) und § 2 Abs. 2 Satz 2 Gewerbesteuergesetz („GewStG“).] § 1 GewinnabfÅhrung (1) Die Organgesellschaft verpflichtet sich, ihren ganzen Gewinn entsprechend der Vorschriften des § 301 Aktiengesetzes („AktG“) in seiner jeweils gÅltigen Fassung an den Organtrger abzufÅhren. (2) Die Organgesellschaft kann mit Zustimmung des Organtrgers Betrge aus dem JahresÅberschuss in die GewinnrÅcklagen (§ 272 Abs. 3 Handelsgesetzbuch, „HGB“) einstellen, soweit dies handelsrechtlich zulssig und bei vernÅnftiger kaufmnnischer Beurteilung wirtschaftlich begrÅndet ist. (3) Whrend der Dauer des Vertrags gebildete andere GewinnrÅcklagen nach § 272 Abs. 3 HGB sind auf Verlangen des Organtrgers aufzulÇsen und [zum Ausgleich eines sonst entstehenden Jahresfehlbetrags zu verwenden, soweit § 302 AktG in seiner jeweils gÅltigen Fassung dem nicht entgegensteht, oder] als Gewinn abzufÅhren. Sonstige RÅcklagen oder ein Gewinnvortrag, der aus der Zeit vor Beginn dieses Vertrags stammt, dÅrfen weder als Gewinn abgefÅhrt noch zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags verwendet werden. (4) Der Anspruch auf GewinnabfÅhrung entsteht jeweils zum Ende eines Geschftsjahrs der Organgesellschaft und wird zu diesem Zeitpunkt fllig. § 2 VerlustÅbernahme (1) FÅr die VerlustÅbernahme gelten die Vorschriften des § 302 AktG in seiner jeweils gÅltigen Fassung entsprechend. (2) Der Anspruch auf VerlustÅbernahme entsteht jeweils zum Ende eines Geschftsjahrs der Organgesellschaft und wird zu diesem Zeitpunkt fllig.

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

§ 3 Wirksamwerden und Vertragsdauer (1) Der Vertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafterversammlungen des Organtrgers und der Organgesellschaft und der Eintragung in das Handelsregister der Organgesellschaft. (2) Der Vertrag gilt rÅckwirkend fÅr die Zeit ab Beginn des Geschftsjahrs der Organgesellschaft, in dem der Vertrag in das Handelsregister der Organgesellschaft eingetragen wird. Demgemß gilt der Anspruch auf GewinnabfÅhrung oder VerlustÅbernahme erstmals fÅr das gesamte Geschftsjahr der Organgesellschaft, in dem dieser Vertrag in ihr Handelsregister eingetragen wird. (3) Um die zeitlichen Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG zu erfÅllen, kann der Vertrag erstmals zum Ablauf von fÅnf Zeitjahren (60 Monate) nach Beginn des Geschftsjahrs der Organgesellschaft, in dem der Vertrag wirksam geworden ist, unter Einhaltung einer KÅndigungsfrist von drei Monaten gekÅndigt werden, sofern an diesem Tag das Geschftsjahr der Organgesellschaft endet; andernfalls ist eine KÅndigung unter Einhaltung der gleichen KÅndigungsfrist erstmals zum Ende des an diesem Tag laufenden Geschftsjahrs der Organgesellschaft zulssig. Wird der Vertrag nicht gekÅndigt, so verlngert er sich bei gleicher KÅndigungsfrist bis zum Ende des jeweils nchstfolgenden Geschftsjahrs der Organgesellschaft. Die KÅndigung hat schriftlich zu erfolgen. FÅr die Einhaltung der KÅndigungsfrist kommt es auf den Zugang des KÅndigungsschreibens bei der anderen Partei an. (4) Das Recht zur KÅndigung des Vertrags aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer KÅndigungsfrist bleibt unberÅhrt. Ein wichtiger Grund ist insbesondere gegeben, wenn dem Organtrger nicht mehr die Mehrheit der Stimmrechte bei der Organgesellschaft zusteht oder ein wichtiger Grund i.S. des § 297 Abs. 1 AktG oder des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG (ein wichtiger Grund wird insbesondere in der Verußerung oder Einbringung der Organgesellschaft durch den Organtrger, der Verschmelzung, Spaltung oder Liquidation des Organtrgers oder der Organgesellschaft gesehen) in ihrer jeweils gÅltigen Fassungen vorliegt. Das Recht, den Vertrag anstelle einer solchen KÅndigung in gegenseitigem Einvernehmen aufzuheben, bleibt unberÅhrt. § 4 Schlussbestimmungen (1) Die Kosten der Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft zu diesem Vertrag und die Kosten der Eintragung im Handelsregister trgt die Organgesellschaft. (2) Sollte eine Bestimmung dieses Vertrags unwirksam sein oder werden, so gelten die Åbrigen Bestimmungen gleichwohl. Die Parteien verpflichten sich, die unwirksame Bestimmung durch eine solche zu ersetzen, die im Rahmen des rechtlich Zulssigen dem wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen Bestimmung [unter Beachtung der Voraussetzungen einer Organschaft i.S.v. §§ 14, 17 KStG und § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG] am Nchsten kommt. Entsprechendes gilt, wenn der Vertrag eine LÅcke aufweisen sollte. (3) [Die Bestimmungen dieses Vertrags sind so auszulegen, dass sie den Anforderungen an die Anerkennung einer Organschaft i.S.v. §§ 14, 17 KStG und § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG entsprechen.] [ . . .]

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B. Muster eines GewinnabfÅhrungsvertrags

II. Einzelne Klauseln 1. Allgemein zur Auslegung; Bezugnahmen auf § 14 KStG Objektive Auslegung. Da es sich bei dem GewinnabfÅhrungsvertrag um einen gesellschaftsrechtlichen Organisationsvertrag handelt, muss er objektiv ausgelegt werden.1 Der Wille der Parteien kann nur berÅcksichtigt werden, wenn er sich unmissverstndlich im Vertragstext niedergeschlagen hat. Die Grundstze der „falsa demonstratio“ gelten nicht. Die Parteien sollen kein „faktisches Wahlrecht“ haben, das es ihnen ermÇglicht, sich auf den konkreten Vertragstext oder auf ein Redaktionsversehen zu berufen.2

3.65

Offensichtliche Unrichtigkeit. Der BFH lsst allerdings offen, ob eine Ausnahme zu machen und damit ein Nachtragsvermerk ex tunc steuerrechtlich anzuerkennen ist, wenn eine offensichtliche Unrichtigkeit i.S.v. § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG vorliegt. Ein Fehler ist offensichtlich unrichtig, wenn er außenstehenden Dritten offenbar ist oder sich auf eine bloße sprachliche Unklarheit bezieht, die nicht den materiellen Inhalt der wesentlichen Vertragsbestimmungen berÅhrt.3 Den AusfÅhrungen des BFH ist unseres Erachtens zu entnehmen, dass eine Korrektur nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG allenfalls dann zulssig ist, wenn sich der Inhalt der Korrektur schon im Wege der (objektivierten) Auslegung ergibt.4 In diesem Fall werden zwar materielle Vertragsbestimmungen formal gendert. Inhaltlich bleibt aber die Vertragsbestimmung gleich, da man sie bereits im Wege der Auslegung so htte verstehen mÅssen. Man kann in diesen Fllen den GewinnabfÅhrungsvertrag schlicht korrigieren, da der Wortlaut des Vertrags lediglich an den sich im Wege der Auslegung ergebenden Inhalt angepasst wird. Diese Korrektur ist ohne Einhaltung von Formalien mÇglich, und zwar auch dann, wenn der ursprÅngliche Vertrag notariell beurkundet war.

3.66

Prambel. Der BFH lehnt es ab, den Wortlaut des GewinnabfÅhrungsvertrags Åber die Fallgruppe der offensichtlichen Unrichtigkeit hinaus zu korrigieren, selbst wenn in der Prambel der Wille zum Ausdruck kommt, einen „Organschaftsvertrag“ abschließen zu wollen.5 Unseres Erachtens ist dem nicht zu folgen. Die zivilrechtliche Auslegung kann (selbstverstndlich) auch die steuerrechtliche Motivation der Parteien berÅcksichti-

3.67

1 Veil in Spindler/Stilz, AktG2, Vor § 291 Rz. 34 f.; Deilmann in HÇlters, AktG2, § 291 Rz. 69. 2 BFH v. 23.1.2013 – I R 1/12, GmbHR 2013, 602 m. Anm. Walter = BFH/NV 2013, 989; KrÅger, DStZ 2013, 491 (493). Kritisch dagegen Walter, GmbHR 2013, 605 (606). 3 BFH v. 23.1.2013 – I R 1/12, GmbHR 2013, 602 m. Anm. Walter = BFH/NV 2013, 989. 4 So wohl auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 330 (Januar 2015). 5 BFH v. 23.1.2013 – I R 1/12, GmbHR 2013, 602 m. Anm. Walter = BFH/NV 2013, 989.

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

gen, vorausgesetzt, sie wird im GewinnabfÅhrungsvertrag hinreichend deutlich.1 Angesichts der BFH-Rechtsprechung sollte man sich allerdings nicht auf Auslegungsklauseln verlassen, sondern Vorsicht bei der Vertragsformulierung walten lassen.

3.68 Laufzeitklausel. Bei Festlegung der Laufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags empfehlen wir, auf das Mindestlaufzeiterfordernis des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG ausdrÅcklich Bezug zu nehmen.2 Dies ist in § 3 Abs. 3 des Musters vorgesehen.

3.69 Salvatorische Klausel. Zustzlich zu dem Hinweis auf § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG kÇnnte man eine Auslegungsbestimmung (ErfÅllung der Voraussetzungen der §§ 14, 17 KStG, § 2 GewStG) als Teil einer salvatorischen Klausel in den GewinnabfÅhrungsvertrag aufnehmen.3 Im Schrifttum wird allerdings bezweifelt, ob eine salvatorische Klausel einen GewinnabfÅhrungsvertrag fÅr steuerrechtliche Zwecke heilen kann, der nicht den Voraussetzungen des §§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 17 Abs. 1 KStG entspricht.4 Auf dieser Linie liegt auch die ußerung des BFH zur Prambel. Eine Aufnahme schadet aber auch nicht, weswegen sie hier in § 4 Abs. 3 des Musters vorgesehen ist. 2. Zu § 1 des Musters: GewinnabfÅhrungsklausel a) „Zuviel“-AbfÅhrung

3.70 HÇchstbetragsregelung. § 301 AktG regelt den HÇchstbetrag der GewinnabfÅhrung fÅr eine AG/SE/KGaA als Organgesellschaft; Åber § 17 Abs. 1 Nr. 1 KStG gilt er auch fÅr andere taugliche Organgesellschaften. Weder § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG noch § 17 Abs. 1 Nr. 1 KStG verlangen, dass im GewinnabfÅhrungsvertrag auf § 301 AktG Bezug genommen werden muss. Es reicht aus, wenn die tatschliche GewinnabfÅhrung den gesetzlichen Vorgaben an die HÇhe des abzufÅhrenden Gewinns entspricht. Insbesondere bei Kapitalgesellschaften, die keine AG/SE/KGaA sind, kann die Bezugnahme auf § 301 AktG aber vorteilhaft sein. Die Bezugnahme dient als Merkposten, der in der praktischen Anwendung des GewinnabfÅhrungsvertrags einer versehentlich zu hohen GewinnabfÅhrung vorbeugen soll.5 Um sicherzustellen, dass einem zukÅnftigen Anpassungsbedarf (etwa aufgrund von Gesetzes- oder Rechtsprechungsnderungen)

1 Stephan, Der Konzern 2014, 1 (4) Fn. 32. 2 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 637 (September 2014); Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1798). 3 Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, 2014, Rz. A 136. 4 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 165b (August 2014). 5 HÇchstrichterlich ist bisher nicht entschieden, ob § 301 AktG auf eine GmbH als Organgesellschaft analog anzuwenden ist. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 17 KStG Rz. 21 (Juni 2013).

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B. Muster eines GewinnabfÅhrungsvertrags

redaktionell1 Rechnung getragen wird, empfiehlt es sich, auf § 301 AktG in seiner jeweils geltenden Fassung (dynamische Verweisung) zu verweisen.2 Folgen. Da der Verweis auf § 301 AktG aber nicht erforderlich ist, folgt hieraus: – Ein falscher oder veralteter Verweis auf § 301 AktG ist unschdlich. Demzufolge mÅssen Altvertrge nicht gendert werden, die bei der GewinnabfÅhrungsklausel noch den Wortlaut des § 301 AktG aus der Zeit vor dem BilMoG wiedergeben (also vor EinfÅhrung des Abzugspostens der nach § 268 Abs. 8 HGB ausschÅttungsgesperrten Betrge in § 301 AktG). Zwar wird vertreten, dass ein veralteter oder falscher Verweis nichtig sei (§ 134 BGB) und zur Teilnichtigkeit des GewinnabfÅhrungsvertrag fÅhre (§ 139 BGB).3 Die durch die Teilnichtigkeit entstandene LÅcke sei bei Vorliegen einer salvatorischen Klausel im Sinne der Anwendung der AusschÅttungssperre zu schließen.4 Dies Åberzeugt aber nicht, da die HÇchstgrenze auch gilt, ohne dass auf sie im GewinnabfÅhrungsvertrag Bezug genommen wird. Die Aufnahme von § 301 AktG ist lediglich formeller Natur. Mit einem Verweis auf § 301 AktG wollten die Parteien nur sicherstellen, dass der HÇchstbetrag beachtet wird. Htten die Parteien die gesetzliche nderung gekannt, htten sie diese im Vertragstext nachvollzogen. Im Wege der ergnzenden Vertragsauslegung nach § 157 BGB ist der Verweis auf § 301 AktG (egal in welcher Fassung) daher stets als dynamische Verweisung zu verstehen.5 – Passt man einen bestehenden GewinnabfÅhrungsvertrag an, indem man auf § 301 AktG in seiner jeweils gÅltigen Fassung verweist, hat diese Anpassung keinen materiellen, sondern nur redaktionellen Charakter. Deswegen muss bei einer solchen Anpassung auch keine erneute fÅnfjhrige Mindestlaufzeit vereinbart werden.6

3.71

b) „Zuwenig“-AbfÅhrung MindestabfÅhrungsbetrag. FÅr Organgesellschaften i.S.v. § 14 KStG ergibt sich aus der Verpflichtung, den ganzen Gewinn abzufÅhren, und aus der Sonderregelung in § 14 Satz 1 Nr. 4 KStG zu GewinnrÅcklagen ein Min1 Dass dies aber materiellrechtlich nicht erforderlich ist, wird im Folgenden erlutert. 2 Die ausdrÅckliche Dynamisierung wird im Schrifttum empfohlen, vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 17 KStG Rz. 17 (Dezember 2014). 3 Kieker/Vollmar, DStR 2009, 842 (843) mwN; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 17 KStG Rz. 17 (Dezember 2014). 4 Kieker/Vollmar, DStR 2009, 842 (843) mwN. 5 Stephan, Der Konzern 2014, 1 (4). 6 So ausdrÅcklich zur Ersetzung der Worte „freie RÅcklage“ durch „KapitalrÅcklage“ (keine AbfÅhrung an den Organtrger nach ihrer AuflÇsung) DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 218a (Dezember 2014). Vgl. auch BMF v. 14.1.2010 – IV C 2 - S 2770/09/10002, BStBl. I 2010, 65 zu Abzugsposten nach § 268 Abs. 8 HGB.

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3.72

Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

destabfÅhrungsbetrag. FÅr Organgesellschaften i.S.v. § 17 KStG lsst sich ein MindestabfÅhrungsbetrag dagegen anzweifeln. § 17 KStG verweist nicht vollumfnglich auf § 14 KStG. Insbesondere ist nach dem Wortlaut von § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KStG eine „Zuwenig“-AbfÅhrung unschdlich. Die Norm hlt nur eine GewinnabfÅhrung fÅr schdlich, die den in § 301 AktG genannten HÇchstbetrag Åberschreitet. Die bislang hM geht aber davon aus, dass durch die Kombination von § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG (dort insbesondere Nr. 4)1 einerseits und § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KStG i.V.m. § 301 AktG andererseits die zulssige GewinnabfÅhrung auch bei Organgesellschaften i.S.v. § 17 KStG durch einen HÇchst- und einen Mindestbetrag begrenzt wird.2 Dies wird aber neuerdings zu Recht anders gesehen,3 zumal die Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KStG andernfalls ÅberflÅssig wre (ein schlichter Verweis auf § 14 KStG htte gereicht). Die Frage ist insbesondere relevant bei der „freiwilligen Bildung einer gesetzlichen RÅcklage“ bei einer GmbH4 oder bei der grenzÅberschreitenden Organschaft (dazu Rz. 3.42 ff.).

3.73 Praxistipp. Angesichts der Unklarheiten empfiehlt es sich unseres Erachtens, schlicht zu regeln, dass der Gewinn gemß § 301 AktG in der jeweils gÅltigen Fassung abzufÅhren ist, und auf weitere AusfÅhrungen zu verzichten. c) Flligkeit

3.74 Flligkeit des GewinnabfÅhrungsanspruchs. Nach wohl herrschender Auffassung im Gesellschaftsrecht tritt die Flligkeit des GewinnabfÅhrungsanspruches mit dem Abschlussstichtag ein (dazu Rz. 2.74). Im steuerrechtlichen Schrifttum ist die Flligkeit des GewinnabfÅhrungsanspruchs umstritten.5 Der BFH6 und ihm folgend Teile des Schrifttums7 lassen die Flligkeit des GewinnabfÅhrungsanspruchs mit dem Beschluss 1 Betrge aus dem JahresÅberschuss kÇnnen mit Ausnahme der gesetzlichen RÅcklagen in die GewinnrÅcklagen (§ 272 Abs. 3 HGB) eingestellt werden, soweit dies bei vernÅnftiger kaufmnnischer Beurteilung wirtschaftlich begrÅndet ist. 2 Dazu etwa BFH v. 8.8.2001 – I R 25/00, BStBl. II 2003, 923 = FR 2002, 514; Walter in Ernst & Young, § 17 Rz. 6 (April 2013); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 17 KStG Rz. 19 (Dezember 2014). 3 Pung nach RÅsch, DStZ 2015, 27 (29). 4 Da das GmbHG keine gesetzliche RÅcklage kennt (§ 300 AktG gilt fÅr GmbHs nicht), kÇnnte bei einer GmbH andernfalls weniger zurÅckgestellt werden als zB bei einer AG. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 17 KStG Rz. 20 (Dezember 2014) lÇst dieses Problem zugunsten der GmbH dadurch, dass er die „freiwillige Bildung einer gesetzlichen RÅcklage“ wie die Bildung einer GewinnrÅcklage beurteilt. 5 Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 KStG Rz. 169 mwN. 6 BFH v. 22.4.1964 – II 246/60 U, BStBl. III 1964, 334. 7 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 649 (September2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 204 (Januar 2015), DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 201 (April 2015).

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B. Muster eines GewinnabfÅhrungsvertrags

Åber die Feststellung des Jahresabschlusses der Organgesellschaft eintreten. Gosch spricht sich demgegenÅber fÅr einen Gleichlauf von Entstehungs- und Flligkeitszeitpunkt aus. Er geht daher davon aus, dass der GewinnabfÅhrungsanspruch zum Bilanzstichtag der Organgesellschaft fllig wird.1 Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, sicherheitshalber eine ausdrÅckliche Regelung in den GewinnabfÅhrungsvertrag aufzunehmen.2 d) Verzinsung Verzinsung. Die unterlassene oder unzutreffende (gesetzliche) Verzinsung des Verlustausgleichsanspruchs nach §§ 352 ff. HGB steht der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags nicht entgegen. Hintergrund ist, dass es sich bei der Verzinsungspflicht nur um eine Nebenpflicht handelt, die die Hauptpflicht, den Gewinn abzufÅhren, unberÅhrt lsst (dazu auch Rz. 3.48).3 Das Unterlassen der Verzinsung ist eine verdeckte GewinnausschÅttung. Eine verdeckte GewinnausschÅttung gilt als vorweggenommene GewinnabfÅhrung und steht der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags nicht entgegen.4 Unseres Erachtens gilt die gleiche Rechtsfolge, wenn die Verzinsung im GewinnabfÅhrungsvertrag abweichend zum Gesetz vereinbart wird, zB durch Verwendung anderer Zinsstze. Wenn bereits ein Verstoß gegen die gesetzliche Verzinsungsregelung der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags nicht entgegensteht, muss dies erst recht bei einer vertraglichen Verzinsungsregelung gelten.5

3.75

3. Zu § 2 des Musters: VerlustÅbernahmeklausel VerlustÅbernahmeklausel. Die VerlustÅbernahme gilt bei einer AG/ KGaA/SE als Organgesellschaft kraft Gesetzes nach § 302 AktG, whrend bei einer Organgesellschaft i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG ein dynamischer Verweis im GewinnabfÅhrungsvertrag enthalten sein muss. Zu Einzelheiten Rz. 3.36 ff.

3.76

(Verdeckte) Regelungen zur VerlustÅbernahme. Ein GewinnabfÅhrungsvertrag kann nicht nur in der VerlustÅbernahmeklausel nach § 302 AktG, § 17 Abs. 1 Nr. 2 KStG, sondern auch noch an anderen Stellen (verdeckt)

3.77

1 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 KStG Rz. 317. 2 Behrens/Renner, AG 2007, 278 (278); Stangl/Winter, Formularbuch Recht und Steuern, 8. Aufl. 2014, A. 10.00 Rz. 194 empfehlen stets, den Flligkeitszeitpunkt auf den Bilanzstichtag zu legen. Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 649 (September 2014) spricht sich fÅr eine Regelung dieser Frage aus. 3 BMF v. 15.10.2007 – IV B 7 - S 2770/0, BStBl. I 2007, 765 = FR 2007, 1084. Aus der Literatur ua. Wernicke, DStR 2006, 1399 (1401) mwN. 4 Suchanek/Herbst, FR 2005, 665 (666); Wernicke, DStR 2006, 1399 (1401) mwN.; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 201 (April 2015). 5 Philippi/Fickert, BB 2007, 2760 (2761); Olbing, GmbH-StB 2011, 281 (281); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 201 (April 2015). AA Prokopf, DB 2007, 900 (904), wobei er eine BegrÅndung dafÅr vermissen lsst.

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

Regelungen zur VerlustÅbernahme enthalten (zB die Regelung, wonach GewinnrÅcklagen auf Verlangen des Organtrgers aufzulÇsen und zum Ausgleich eines ansonsten entstehenden Jahresfehlbetrags zu verwenden sind). Dies ist solange unschdlich, wie diese statischen Regeln dem dynamischen Verweis auf § 302 AktG nicht entgegenstehen. Um jedoch die Regelungen nicht dauerhaft Åberwachen zu mÅssen, empfiehlt es sich, entweder auf solche Regelungen zu verzichten1 oder ihre Geltung mit der Maßgabe zu vereinbaren, dass sie § 302 AktG in seiner jeweils gÅltigen Fassung nicht entgegenstehen.2 4. Zu § 3 des Musters: Mindestlaufzeit

3.78 Ausschluss der ordentlichen KÅndigung. Die Vertragsparteien mÅssen keine feste Mindestlaufzeit vereinbaren. Sie mÅssen aber sicherstellen, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag mit unbestimmter Laufzeit nicht vor Ablauf der fÅnf Jahre gekÅndigt werden kann. Dazu mÅssen sie die MÇglichkeit der ordentlichen KÅndigung im FÅnfjahreszeitraum vertraglich ausschließen. Eine Regelung, nach der sich der GewinnabfÅhrungsvertrag nach Ablauf der Mindestlaufzeit um jeweils einen bestimmten Zeitraum verlngert, wenn der Vertrag nicht rechtzeitig gekÅndigt wird, ist ebenfalls zulssig.3

3.79 Gleitende Laufzeitklausel. In der Praxis sollte man die Verwaltungsauffassung berÅcksichtigen, nach der der FÅnfjahreszeitraum erst zu laufen beginnt, wenn alle sonstigen Organschaftsvoraussetzungen vorliegen (Rz. 11.6). Zur Umsetzung kÇnnte man an eine gleitende Laufzeitklausel denken mit dem Inhalt: „Die Vertragslaufzeit beginnt im Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft, in dem erstmalig alle Tatbestandsvoraussetzungen fÅr die Anerkennung der Organschaft erfÅllt sind.“4 Davon raten wir jedoch ab. Zwar wre eine solche Klausel bestimmt genug. Aber ein GewinnabfÅhrungsvertrag, der eine gleitende Laufzeitklausel enthlt, ist nach § 158 Abs. 1 BGB aufschiebend bedingt und kann nur bei nachweislichem Eintritt der Bedingung eingetragen werden.5 Der Nachweis, dass alle Tatbestandsvoraussetzungen der Organschaft vorliegen, dÅrfte in der Praxis faktisch kaum erbringbar sein. Unseres Erachtens empfiehlt es sich stattdessen, bei bestehenden Unsicherheiten des Laufzeitbeginns

1 Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (29); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 17 KStG Rz. 30 (Dezember 2014). 2 Stangl/BrÅhl, DB 2013, 538 (540) als Subsidiarittsregelungen in den Schlussbestimmungen eines Vertrags. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 216 (Dezember 2014). Der BFH geht implizit von der Zulssigkeit einer solchen Klausel aus, vgl. zB BFH v. 12.1.2011 – I R 3/10, BStBl. II 2011, 727 = FR 2011, 522 m. Anm. Buciek; v. 23.1.2013 – I R 1/12, GmbHR 2013, 602 m. Anm. Walter = BFH/NV 2013, 989. 4 Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (741); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 637 (September 2014); Scheifele nach RÅsch, DStZ 2015, 27 (30). 5 Altmeppen in MÅnchener KommentarAktG3, § 293 Rz. 26 mwN.

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B. Muster eines GewinnabfÅhrungsvertrags

schlicht einen Sicherheitspuffer in die Laufzeit einzubauen (also zB sechs oder sieben Jahre statt fÅnf).1 Erneuter Laufzeitbeginn bei Nichtanerkennung der Organschaft. Gelegentlich finden sich Klauseln, nach denen die fÅnfjhrige Mindestlaufzeit stets (erneut) zu laufen beginnt, wenn die Organschaft innerhalb der ursprÅnglichen Mindestlaufzeit steuerrechtlich nicht anerkannt wird. Wird zB nur im Jahr 3 der Organschaft der GewinnabfÅhrungsvertrag nicht ordnungsgemß durchgefÅhrt, finge hiernach die Mindestlaufzeit im Jahr 4 erneut zu laufen an, so dass eine ordentliche KÅndigung erst im Jahr 9 mÇglich wre. Eine solche Klausel bezweckt, die Organschaft zumindest fÅr die Jahre ab Jahr 4 zu retten, da ab diesem Jahr die Organschaft quasi neu gestartet wird. Eine solche Klausel ist praktisch aber kaum durchfÅhrbar. Wird zB der GewinnabfÅhrungsvertrag nach Ablauf der Mindestlaufzeit beendet, wird die BetriebsprÅfung den Organschaftszeitraum regelmßig noch nicht untersucht haben. Infolgedessen steht im Zeitpunkt der Beendigung der Organschaft noch nicht endgÅltig fest, ob der GewinnabfÅhrungsvertrag steuerrechtlich anerkannt und ordnungsgemß durchgefÅhrt wurde und – wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte – ob bzw. wann sich die Laufzeit verlngert hat und ob diese (verlngerte) Mindestlaufzeit noch andauert. DarÅber hinaus ist es praktisch kaum mÇglich, dem Registergericht zu beweisen, dass die Organschaft steuerrechtlich ordnungsgemß bestand und der GewinnabfÅhrungsvertrag ordentlich gekÅndigt werden kann. Aus diesen GrÅnden ist eine solche Klausel im Muster nicht vorgesehen.

3.80

Rumpfwirtschaftsjahr bei Beginn der Organschaft. Auch wenn der GewinnabfÅhrungsvertrag mit einem Rumpfwirtschaftsjahr der Organgesellschaft beginnt, etwa weil das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft im Zuge des Verkaufs der Organbeteiligung umgestellt wurde, reicht es aus, den GewinnabfÅhrungsvertrag auf fÅnf Zeitjahre abzuschließen und durchzufÅhren.2 Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass sich bei Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags man nicht sicher sein kann, ob sich das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft erneut ndert und ob infolge dieser nderung der GewinnabfÅhrungsvertrag Åberhaupt unterjhrig beendet werden wird.3 Insbesondere ist es auch zulssig, einen GewinnabfÅhrungsvertrag zu vereinbaren, der von Anfang an unterjhrig nach Ablauf der fÅnf Zeitjahre enden soll.4

3.81

1 Scheifele nach RÅsch, DStZ 2015, 27 (31). 2 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608; Herzberg, GmbHR 2014, 502 (503); Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1796). AA Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 200 (Januar 2015). 3 Vgl. Herzberg, GmbHR 2014, 85 (88 f.) 4 AA Walter, GStB 2014, 195 (198), der auf Altmeppen in MÅnchener Kommentar AktG3, § 296 Rz. 21 Fn. 37 verweist, die diese Auffassung aber unseres Erachtens nicht hergibt. Altmeppen diskutiert ein anderes Thema, nmlich, dass es in der Praxis keinen Sinn macht, fÅr den Vertrag einen vom Geschftsjahr abweichenden periodischen Abrechnungszeitraum zu whlen.

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

3.82 Rumpfwirtschaftsjahr whrend der Organschaft. Wird whrend der Organschaft das Wirtschaftsjahr bei der Organgesellschaft umgestellt, endet eine vereinbarte fÅnfjhrige Mindestlaufzeit (60 Monate) zwangslufig unterjhrig, also mitten whrend des letzten Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft. Deswegen kommt es – ohne zustzliche Sicherheitsvorkehrung – fÅr die Teilperiode zwischen dem Beginn des laufenden Wirtschaftsjahrs und dem Auslaufen des GewinnabfÅhrungsvertrags nicht mehr zu einer organschaftlichen Ergebniszurechnung. Zudem besteht die Gefahr, dass die Organschaft rÅckwirkend nicht anerkannt wird. Um dies zu verhindern, bieten sich folgende Optionen an, die alle unter dem Vorbehalt stehen, dass der Gewinn fÅr die Mindestlaufzeit abgefÅhrt wird: – Es wird (kurz) vor Ablauf der Mindestlaufzeit ein Rumpfwirtschaftsjahr bei der Organgesellschaft gebildet, und der Gewinn wird bis zum Ablauf der fÅnf Zeitjahre abgefÅhrt.1 – Die Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags wird noch vor Ablauf der fÅnf Zeitjahre bis zum Ende des abweichenden Wirtschaftsjahrs verlngert.2 Eine bloße Verlngerung der Laufzeit fÅhrt unseres Erachtens (da unwesentliche nderung) nicht dazu, dass eine erneute fÅnfjhrige Mindestlaufzeit zu vereinbaren und einzuhalten ist.3 – Unseres Erachtens muss es aber auch ausreichen, wenn auf den Zeitpunkt der Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags ein handelsrechtlicher Zwischenabschluss erstellt wird und der GewinnabfÅhrungsvertrag zivilrechtlich noch fÅr die Teilperiode durchgefÅhrt wird.4 Zwar kommt es (mangels eines Rumpfwirtschaftsjahrs) fÅr die Teilperiode nicht mehr zu einer organschaftlichen Ergebniszurechnung.5 Nach der hier vertretenen Auffassung ist aber allein entscheidend, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag fÅr fÅnf Zeitjahre tatschlich durchgefÅhrt wird und nicht, dass es whrend dieser fÅnf Jahre durchgehend zu einer organschaftlichen Ergebniszurechnung kommt (dazu Rz. 11.15). Wird der GewinnabfÅhrungsvertrag noch fÅr die Teilperiode zivilrechtlich tatschlich durchgefÅhrt, bleibt die Organschaft daher fÅr die Vergangenheit erhalten. Da die Praxis derzeit wohl noch der Gegenauffassung folgt, ist von der dargestellten Vorgehensweise aber abzuraten und

1 Hahn, jurisPR-SteuerR 25/2012 Anm. 6; Herzberg, GmbHR 2014, 502 (503); Mrtens, jurisPR-SteuerR 19/2014 Anm. 4; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 216c (Dezember 2014). 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG, Rz. 216d (Dezember 2014). 3 Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1802); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 636 f. (September 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG, Rz. 218 (Dezember 2014). 4 So auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 216d (Dezember 2014). Unklar FÅger/Rieger/Schell, DStZ 2015, 404 (411) („ggf.“ muss die Organschaft bis zum Ende des dann laufenden Wirtschaftsjahrs fortgefÅhrt werden). 5 Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1796); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 216d (Dezember 2014).

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B. Muster eines GewinnabfÅhrungsvertrags

stattdessen die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres oder die Verlngerung des GewinnabfÅhrungsvertrags zu empfehlen.1 5. Zu § 3 des Musters: KÅndigungsmÇglichkeiten Divergenz des steuerrechtlichen und zivilrechtlichen wichtigen KÅndigungsgrunds. Da die Definitionen des steuerrechtlichen und des zivilrechtlichen wichtigen KÅndigungsgrunds auseinanderfallen (dazu Rz. 11.24 ff.), kann es Situationen geben, in denen aus steuerrechtlicher Sicht die Organschaft wirksam vorzeitig beendet werden kann, ohne dass der nach § 297 AktG zivilrechtlich wichtige Grund erfÅllt ist.2 Die steuerrechtlichen Fallgruppen (dazu Rz. 11.35 ff.) sollten daher als zivilrechtlich wichtigen Grund vertraglich festgelegt werden, um den GewinnabfÅhrungsvertrag zivilrechtlich beenden zu kÇnnen, wenn dies steuerrechtlich unschdlich wre.3 Am Beispiel der Anteilsverußerung lsst sich dies gut zeigen. Whrend die Åberwiegende Meinung im Steuerrecht die Anteilsverußerung grundstzlich4 als wichtigen Grund einordnet,5 ist die Åberwiegende Meinung im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum der Auffassung, eine Verußerung sei kein wichtiger Grund i.S.v. § 297 Abs. 1 Satz 1 AktG. Die MÇglichkeit, die Verußerung als vertraglichen KÅndigungsgrund zu vereinbaren, bleibt aber unbenommen.6

3.83

Nichtanerkennung der Organschaft. Zum Teil wird auch empfohlen, die steuerrechtliche Nichtanerkennung der Organschaft durch die Finanzverwaltung als vertraglichen KÅndigungsgrund zu vereinbaren, da Unsicherheit darÅber besteht, ob dies ein wichtiger Grund i.S.v. § 297 AktG ist.7

3.84

1 Zu etwa vorhandenen, organschaftlich eingebundenen Tochtergesellschaften der Organgesellschaft vgl. FÅger/Rieger/Schell, DStZ 2015, 404 (412). 2 FG Nds. v. 10.5.2012 – 6 K 140/10, GmbHR 2012, 917 m. Anm. Altrichter-Herzberg = EFG 2012, 1591 (besttigt durch BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 223b (Dezember 2014). AA (vertragliche GrÅnde fÅr eine außerordentliche KÅndigung sind zugleich wichtige GrÅnde im steuerrechtlichen Sinn) zum Teil auch noch neuere Stellungnahmen im Schrifttum zB Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 781 (September 2014). Heurung/Engel/MÅller-Thomczik, GmbHR 2012, 1227 (1233) gehen von der Maßgeblichkeit des Zivilrechts aus. Deswegen ist ihrer Auffassung nach ein vertraglich vereinbarter wichtiger Grund steuerrechtlich nur dann nicht anzuerkennen, wenn die Vereinbarung lediglich dem Ziel dient, die Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags auszuhebeln. In diese Richtung tendiert auch Vogel, Ubg 2010, 618 (619), der eine „beliebige Generierung“ eines wichtigen Grunds ablehnt. 3 Lange, GmbHR 2011, 806 (809). 4 Zur Frage der Auswirkung der BFH-Entscheidung v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608, Rz. 11.22. 5 Siehe nur R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004. 6 Langenbucher in K. Schmidt/Lutter, AktG2, 2. Aufl. 2010, § 297 Rz. 8; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht7, § 297 AktG Rz. 24, jeweils mwN. 7 Vgl. Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 107.

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Kapitel 3 Der GewinnabfÅhrungsvertrag als Kernelement der Organschaft

Wir sehen dies als mÇglich, aber nicht als zwingend an. Unseres Erachtens ist Sinn und Zweck eines GewinnabfÅhrungsvertrags, eine Organschaft zu begrÅnden. Wird diese von der Finanzverwaltung nicht anerkannt, entspricht es der Natur der Sache, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag aus wichtigem Grund zivilrechtlich gekÅndigt werden kann.

3.85 Praxistipp. Legt man KÅndigungsgrÅnde im GewinnabfÅhrungsvertrag fest, sollte man nicht schlicht auf § 297 Abs. 1 AktG und § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG verweisen. Andernfalls luft man Gefahr, den GewinnabfÅhrungsvertrag nicht kÅndigen zu kÇnnen, wenn kein KÅndigungsgrund i.S.v. § 297 Abs. 1 AktG vorliegt und/oder die Finanzverwaltung bzw. das Finanzgericht das Vorliegen eines wichtigen Grunds i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG ablehnt. Unseres Erachtens empfiehlt es sich, in einem Klammerzusatz entweder auf die KStR (R 60 Abs. 6 KStR 2004) zu verweisen oder den Text von R 60 Abs. 6 KStR 2004 wiederzugeben (vgl. § 3 Abs. 4 des Musters), um eine mÇglichst weitreichende Flexibilitt zu erreichen.

3.86 Sptere Ergnzung weiterer KÅndigungsgrÅnde. Da die vertragliche Festlegung von KÅndigungsgrÅnden steuerrechtlich unerheblich ist, ist es unseres Erachtens unschdlich, wenn der GewinnabfÅhrungsvertrag kurzfristig ergnzt wird, sollte sich herausstellen, dass – bei Vorliegen eines (steuerrechtlich) wichtigen Grunds – ein vertragliches KÅndigungsrecht fehlt.1 Diese Ergnzung wre auch nicht als Beendigung und Neuabschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags zu werten, da die Wesensstruktur des Vertrags gleich bleibt, vorausgesetzt, der Vertrag enthlt bereits vertraglich vereinbarte KÅndigungsgrÅnde (wie es im Vertragsmuster der Fall ist).2 In diesem Fall wird durch die Vertragsnderung keine erneute fÅnfjhrige Mindestlaufzeit in Gang gesetzt.3 6. Sonstiges

3.87 Variable Ausgleichszahlungen. Im Muster finden sich keine Regelungen zu etwaigen Ausgleichszahlungen, da von einer 100%-Beteiligung des Organtrgers an der Organgesellschaft ausgegangen wird. Sollten es außenstehende Gesellschafter geben, denen eine Ausgleichszahlung zu zahlen ist, stellt sich die Frage, ob sich diese Ausgleichszahlung aus einem festen und einem variablen Betrag zusammensetzen darf. Der variable Betrag ist die HÇhe, um die der hypothetische Gewinnanspruch den Festbetrag Åber1 Lange, GmbHR 2011, 806 (812): Der Gedanke der Finanzverwaltung, wonach kein wichtiger Grund vorliegt, wenn bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses feststeht, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag vor Ablauf der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit gekÅndigt werden wird (R 60 Abs. 6 Satz 3 KStR 2004), kommt nicht zum Tragen, da die Vertragsnderung ausschließlich dazu dient, den GewinnabfÅhrungsvertrag zivilrechtlich beenden zu kÇnnen. 2 Lange, GmbHR 2011, 806 (812). 3 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 306; Lange, GmbHR 2011, 806 (812); Hahn, Ubg 2014, 427 (428) Fn. 8.

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B. Muster eines GewinnabfÅhrungsvertrags

steigt, gbe es keine GewinnabfÅhrung. Der BFH hat entschieden, dass eine derartige variable Ausgestaltung der Anerkennung der Organschaft entgegensteht, da nicht der ganze Gewinn an den Organtrger abgefÅhrt wird.1 Die Finanzverwaltung hat dieses Urteil jedoch fÅr nicht anwendbar erklrt.2 Nachtrgliche Vereinbarung von Ausgleichszahlung. Tritt erstmals ein außenstehender Gesellschafter der Organgesellschaft bei, wÅrde nach § 307 AktG die Organschaft grundstzlich enden. Die Wirkung des § 307 AktG kann jedoch abgewendet werden, wenn im Wege der Vertragsnderung eine Ausgleichszahlung aufgenommen wird. Diese Vertragsnderung ist whrend der Dauer der Mindestlaufzeit so wesentlich, dass sie steuerrechtlich als Aufhebung mit Neuabschluss3 zu bewerten ist mit der Folge, dass zur Fortsetzung der Organschaft eine neue fÅnfjhrige Mindestlaufzeit vereinbart werden muss.4

3.88

Vorsorgliche Vereinbarung von Ausgleichszahlungen. Gesellschaftsrechtlich ist es nicht mÇglich, vorsorglich Ausgleichszahlungen in den GewinnabfÅhrungsvertrag aufzunehmen fÅr den Fall, dass whrend der Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags erstmals ein außenstehender Gesellschaft hinkommt (dazu Rz. 2.146).5 Solche Klauseln sind in einem GewinnabfÅhrungsvertrag daher nicht vorzusehen.

3.89

1 BFH v. 4.3.2009 – I R 1/08, BStBl. II 2010, 407 = FR 2009, 1110. 2 BMF v. 20.4.2010 – IV C 2 - S 2770/08/10006 – DOK 2010/0216002, DStR 2010, 873. 3 Gesellschaftsrechtlich wird von einer bloßen Vertragsnderung ausgegangen (dazu Rz. 2.146). 4 Lange, GmbHR 2011, 806 (811). 5 Ablehnend Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 188.

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Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

A. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Organschaft Literatur BÇhmer, Das Trennungsprinzip im KÇrperschaftsteuerrecht – Grundsatz ohne Zukunft?, StuW 2012, 33; DrÅen, Rechtsformneutralitt der Unternehmensbesteuerung als verfassungsrechtlicher Imperativ?, GmbHR 2008, 393; Hennrichs, Dualismus der Unternehmensbesteuerung aus gesellschaftsrechtlicher und steuersystematischer Sicht, StuW 2002, 201; Ismer, Gruppenbesteuerung statt Organschaft im Ertragsteuerrecht, DStR 2012, 821; Rau, Verfassungsdirigierte Prinzipien fÅr das Unternehmenssteuerrecht, 2007.

I. Vorgaben des Verfassungsrechts fÅr die Organschaft 1. Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Organschaft und Grenzen

4.1 Kein spezielles Verfassungsrecht der Organschaft. Das Rechtsinstitut der Organschaft ist entwicklungsgeschichtlich eine Rechtsinnovation der Rechtsprechung, zurÅckgehend auf das Preußische OVG in Staatssteuersachen, fortgefÅhrt durch Reichsfinanzhof und BFH.1 Das deutsche Grundgesetz (GG) von 1949 verhlt sich nicht ausdrÅcklich zur zunchst richterrechtlich entwickelten Organschaft. Ein besonderes „Verfassungsrecht der Organschaft“ gibt es nicht. Die Verfassung enthlt nur allgemeine Vorgaben2 fÅr die Besteuerung von Unternehmen und UnternehmensverbÅnden,3 die der Gesetzgeber trotz seiner Gestaltungsfreiheit bei der Steuergesetzgebung achten muss. Insbesondere der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und die Freiheitsrechte (Art. 14. Abs. 1, 12 Abs. 1, 9 1 PrOVGSt v. 31.5.1902 – VI G. 38/01, PrOVGSt 10, 391 (392 ff.); zur geschichtlichen Entwicklung der Organschaft HÅttemann, Organschaft in SchÇn/Osterloh-Konrad, Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, 2010, S. 127 (129) und eingehend Carl-Heinz Witt, Die Konzernbesteuerung, 2006, S. 143 ff. 2 DemgegenÅber sieht das europische Unionsrecht Vorgaben fÅr die umsatzsteuerrechtliche Organschaft vor (nher Hartman, Die Vereinbarkeit der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft mit dem Europischen Unionsrecht, 2013, S. 236 ff.; Boor, Die Gruppenbesteuerung im harmonisierten Mehrwertsteuerrecht, 2014, S. 7 ff., 111 ff. Zu den unionsrechtlichen Vorgaben fÅr die ertragsteuerrechtliche Organschaft Witt, Die Konzernbesteuerung, 2006, S. 67. 3 Statt des Begriffes der „Organschaft“ oder der rechtspolitisch geforderten und auch versprochenen (modernen) „Gruppenbesteuerung“ bietet sich auf der abstrakten Ebene – ungeachtet der einfachgesetzlichen Ausgestaltung – der neutrale Begriff des Unternehmensverbundes an.

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A. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Organschaft

Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG1) enthalten grundrechtliche Ausgestaltungsvorgaben und -grenzen. Verfassungsrechtliche Vorgaben fÅr das Unternehmenssteuerrecht. Das GG gibt dem Gesetzgeber die Ausgestaltung des (Unternehmens-)Steuerrechts nicht bis ins Detail vor, aber steckt den Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit ab.2 Das Unternehmenssteuerrecht ist somit im Grundsatz nicht verfassungsdeterminiert,3 sondern nur verfassungslimitiert.4 Die Finanzverfassung knÅpft in Art. 105 f. GG an tradierte Steuertypen an und baut auf den Dualismus von Einkommensteuer fÅr natÅrliche Personen und KÇrperschaftsteuer fÅr juristische Personen, bestimmte Personenvereinigungen und VermÇgensmassen als allgemeinem Besteuerungsprinzip auf.5 Die darauf basierende nicht rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung, die an die Rechtsform des einzelnen Unternehmenstrgers anknÅpft, ist grundgesetzlich zumindest toleriert und trotz aller gleichheitsrechtlichen Kritik6 ein verfassungsrechtliches Datum.7 Das Unternehmenssteuerrecht folgt der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit der Rechtsformwahl als Teil der durch Art. 2 Abs. 1 GG freiheitsrechtlich geschÅtzten Unternehmerfreiheit.8 Diese schÅtzt auch die Gestaltungsfreiheit der rechtlichen Unternehmensorganisation mit der Wahl des Unternehmensaufbaus als rechtliche Einheit oder Vielheit des Unternehmens. Die Unternehmerfreiheit erÇffnet die MÇglichkeit, Unternehmen trotz wirtschaftlicher Verflochtenheit oder Einheit auf verschiedene rechtliche Unternehmenstrger aufzugliedern oder ursprÅnglich getrennte Unternehmenstrger wirtschaftlich zusammenwachsen zu lassen. Das Steuerrecht knÅpft daran unterschiedliche, rechtsformabhngige Steuerfolgen. Der rechtsformabhngige Dualismus der Unternehmensbesteuerung hat in Deutschland Tradition wie auch Versuche seiner berwindung.9 VerfassungsgestÅtzte Angriffe auf die rechtsformabhngige Unternehmensbesteuerung als Verstoß gegen den Gleichheitssatz waren bislang ebenso wie rechtspolitische VorstÇße erfolglos.

1 Zuletzt zum Einfluss der Freiheitsrechte F. Kirchhof, BB 2015, 278 (280 ff.), der dafÅr pldiert Art. 9 Abs. 1 GG aus seinem „fiskalischen DornrÇschenschlaf“ zu erwecken (umfassend dazu Merzrath, Die Vereinigungsfreiheit des Grundgesetzes als Maßstab der Steuergesetzgebung, 2006, S. 85 ff., 107 ff., 178 ff.). 2 Zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben fÅr die Unternehmensbesteuerung nher Hey, Verfassungsrechtliche Maßstbe der Unternehmensbesteuerung in FS Herzig, 2010, 7. 3 AA Rau, Verfassungsdirigierte Prinzipen fÅr das Unternehmenssteuerrecht, 2007, S. 80 ff. 4 DrÅen, GmbHR 2008, 393 (403). 5 BÇhmer, StuW 2012, 33 (34). 6 Zuletzt Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht22, § 13 Rz. 172 ff. und Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht22, § 10 Rz. 4 mwN. 7 DrÅen, GmbHR 2008, 393 (399) mwN. 8 DrÅen, StuW 2008, 154 (155 f.). 9 Dazu Witt, Die Konzernbesteuerung, 2006, S. 422 ff. (434).

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4.2

Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

4.3 Das konkretisierungsbedÅrfige Leistungsfhigkeitsprinzip. Das vermeintliche „Fundamentalprinzip“1 der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfhigkeit2 macht dem Gesetzgeber keine strikten Vorgaben fÅr die Besteuerung von Unternehmen und UnternehmensverbÅnden. Denn das dem Gleichheitssatz wie den Freiheitsrechten zugrundliegende Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfhigkeit ist ein abstraktes Leitprinzip, das einer bereichsspezifischen Konkretisierung bedarf.3 Die gesetzgeberische Konkretisierung des Leistungsfhigkeitsprinzips ist dabei nicht gnzlich ungebunden,4 aber allein dem Gesetzgeber gebÅhrt zu bestimmen, welche Leistungsfhigkeit er bei wem, wie und wann steuerlich erfassen will. Das Leistungsfhigkeitsprinzip darf hinsichtlich der aus ihm ableitbaren konkreten und konsensfhigen rechtlichen Aussagen nicht Åberschtzt werden.5 berdies kann es durch andere Ziele wie namentlich die Gewhr der Praktikabilitt im steuerlichen Massenfallrecht begrenzt werden.6 Trotz der auch fÅr die Besteuerung von Konzernen formulierten griffigen Forderung nach „gleicher Besteuerung gleicher wirtschaftlicher Sachverhalte mit gleicher Belastungswirkung“,7 obliegt es primr dem Gesetzgeber zu definieren, was Leistungsfhigkeit ist, wie diese gemessen und bei wem besteuert wird. Dabei lsst sich nicht allein Åber die „richtige“ Bemessung individueller Leistungsfhigkeit in Gestalt von Gewinn- und Einkommensdefinitionen, sondern bereits vorgelagert Åber die Grundfrage des Trgers der wirtschaftlichen Leistungsfhigkeit streiten. Neben der Frage, ob einer juristischen Person eine eigenstndige, von den an ihr Beteiligten losgelÇste, steuerrechtliche Leistungsfhigkeit – zumindest temporr8 – zukommt,9 stellt sich gerade bei verbundenen Unternehmen die Frage, ob die Leistungsfhigkeit rechtstrgerbezogen oder aber rechtstrgerÅbergreifend zu erfassen und besteuern ist.10 Der Grundentscheidung rechtsformabhngiger Individualbesteuerung entspricht der rechtsformale und verengende Blick auf den einzelnen Rechtstrger. Dagegen spricht die wirtschaftliche Verbundenheit der rechtsformal selbstndigen Unternehmen dafÅr, den Unterneh1 Grundlegend Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2. Aufl. 2000, S. 471 ff. 2 Statt aller Birk, Das Leistungsfhigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 169 ff.; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht22, § 3 Rz. 40 ff. 3 J. Lang, Konkretisierungen und Restriktionen des Leistungsfhigkeitsprinzips in FS Kruse, 2001, 313 (314 ff.); Rau, Verfassungsdirigierte Prinzipien fÅr das Unternehmenssteuerrecht, 2007, S. 86. 4 Nher Birk, Das Leistungsfhigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 54 ff., 57, 261. 5 DrÅen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 3 AO Rz. 50 f. (Jan. 2012). 6 J. Lang in FS Kruse, 2001, S. 313 (325). 7 Witt, Die Konzernbesteuerung, 2006, S. 411. 8 Hennrichs, StuW 2002, 201 (205). 9 Witt, Die Konzernbesteuerung, 2006, S. 414 f.; zur Diskussion nher J. Lang, Prinzipien und System der Besteuerung von Einkommen, DStJG 24 (2001), S. 49 (58 f., 62). 10 FÅr Letzteres Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht22, § 14 Rz. 1; nher Witt, Die Konzernbesteuerung, 2006, S. 442; 450 f.; 471 ff.

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A. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Organschaft

mensverbund aufgrund seiner wirtschaftlichen Einheit als Trger der Leistungsfhigkeit anzusehen1 oder von einem „Leistungsfhigkeitstransfer“2 auf den Organtrger auszugehen. Die Verfassung beantwortet diese Fragen nicht explizit.3 Das BVerfG fordert vom Gesetzgeber allgemein nur eine folgerichtige Ausgestaltung unter Wahrung der Grundrechte. 2. Trennungsprinzip und Organschaft Trennungsprinzip vs. Konzernbesteuerung. Bei der geltenden rechtsformabhngigen Unternehmensbesteuerung ist das Trennungsprinzip das Strukturprinzip der Besteuerung von KÇrperschaften.4 Das deutsche Steuerrecht kennt traditionell kein besonderes „Konzernsteuerrecht“, das den Konzernverbund insgesamt als einheitliches Steuersubjekt behandelt.5 Das Trennungsprinzip und die daraus resultierende Anerkennung der Leistungsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen im Konzern fÅhren dazu, dass steuerrechtlich trotz der wirtschaftlichen Einheit die Leistungsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen zu besteuern sind.6 Die systematische Grundentscheidung gegen ein synthetisches Konzernsteuerrecht gilt selbst fÅr die Organschaft, bei der im Vergleich zu einem bloßen Beteiligungskonzern ein besonders hohes Maß der Konzernierung besteht. Bei zu einem Konzern verbundenen, rechtlich selbstndigen Unternehmen knÅpft die KÇrperschaftsteuerpflicht auch im Organschaftskonzern an die zivilrechtliche Rechtsfhigkeit der einzelnen verbundenen Unternehmen an.7 Die verbundenen Unternehmen bilden

1 FÅr einen weiteren Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, der auch eine konsolidierte Besteuerung eines Konzerns als Einheit nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise erÇffnet, KrebÅhl, Konzernbesteuerung de lege ferenda, in Herzig, Organschaft, 2003, S. 595 (602 f.). 2 So Hey, Besteuerung von Unternehmen und Individualsteuerprinzip, in SchÇn/ Osterloh-Konrad, Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, 2010, 1 (17). 3 bereinstimmend Ismer, DStR 2012, 821 (823), nach dem der Gesetzgeber der „Konzernleistungsfhigkeit“ Rechnung tragen kann, es aber nicht muss. 4 BÇhmer, StuW 2012, 33 (36). 5 Ein qualifiziertes Konzernsteuerrecht sieht die konsolidierte Besteuerung verbundener Unternehmen vor. Es wertet die gesellschaftsrechtlich verflochtenen Gesellschaften als einen einheitlichen Geschftsbetrieb, der lediglich aus betriebswirtschaftlichen oder organisatorischen GrÅnden in rechtlich selbstndige Einheiten aufgeteilt ist. FÅr diesen Unternehmensverbund entsteht der am Markt realisierte Gewinn oder Verlust auf der Ebene des einheitlichen Geschftsbetriebs aufgrund von Leistungen an Personen, die außerhalb des Verbundes stehen. Der gesamte Konsolidierungskreis bildet eine wirtschaftliche und steuerrechtliche Einheit. Die Konsolidierungsmitglieder verlieren ihre steuerliche Selbstndigkeit und werden wie Betriebssttten behandelt. Alle Geschftsvorflle sind von BegrÅndung der Konsolidierung an dem Konzern zuzurechnen, so insgesamt KrebÅhl in Herzig, Organschaft, 2003, S. 595 (600). 6 DrÅen, StuW 2007, 112 (114). 7 DrÅen, KonzernbetriebsprÅfung im fÇderalen Steuerstaat, StuW 2007, 112 (114); KrÇner in Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 4 Rz. 1.

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4.4

Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

zwar eine wirtschaftliche Einheit, werden aber nach dem Trennungsprinzip rechtsformabhngig besteuert.

4.5 Partielle Durchbrechung des Trennungsprinzips bei der Organschaft. Die Organschaftsbesteuerung ist eine (begrÅndungsbedÅrftige) Ausnahme von der Grundentscheidung des Gesetzgebers fÅr eine rechtsformabhngige Individualbesteuerung des einzelnen Unternehmenstrgers.1 Sie durchbricht insoweit partiell das kÇrperschaftsteuerliche Trennungsprinzip sowie das Subjektsteuerprinzip, als das Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger zugerechnet wird. Da bei der Organschaft keine Zwischengewinneliminierung erfolgt, fÅhrt die Organschaft als Minus zur konsolidierten Konzernbesteuerung nicht zum vollstndigen Bruch mit den genannten Prinzipien. Eine solche (partielle) Durchbrechung selbstgesetzter Grundprinzipien ist zulssig, wenn sie folgerichtig ist und/oder auf besonderen sachlichen GrÅnden beruht.2 Sachlicher Grund fÅr die Durchbrechung ist die rechtlich abgesicherte wirtschaftliche Einheit des Unternehmensverbundes. Im geltenden Recht sind der Abschluss und die DurchfÅhrung eines GewinnabfÅhrungsvertrags Voraussetzungen der ertragsteuerrechtlichen Organschaft. Dadurch hat der Organtrger nach § 291 AktG den unmittelbaren Zugriff auf die Gewinne der Organgesellschaft und muss Verluste Åbernehmen, so dass das Einkommen der Organgesellschaft bei wirtschaftlicher Betrachtung letztlich als Einkommen des Organtrgers anzusehen ist.3 Die rechtspolitisch unterschiedlich ausgestaltbare rechtliche Absicherung der wirtschaftlichen Einheit des Unternehmensverbundes zieht als Rechtsfolge die Verlustkompensation im Organkreis nach sich, die betriebswirtschaftlich als der Hauptzweck der Organschaft angesehen wird.4 Die nher konditionierte unternehmenstrgerÅbergreifende, intra- und interperiodische Verlustkompensation innerhalb des Organkreises mildert die Folgen einer strengen rechtstrgerbezogenen Individualbesteuerung im Unternehmensverbund ab. Sie vermeidet eine Substanz- oder bermaßbesteuerung des Unternehmensverbundes, die bei strikter Trennung der einzelnen Unternehmen trotz wirtschaftlicher Einheit droht. 3. Organschaft vs. konsolidierte Konzerneinheitsbesteuerung

4.6 Verfassungsoffenheit fÅr die Besteuerung von UnternehmensverbÅnden. Das GG hat der einfachrechtlich vorgefundenen Organschaft nicht als einzig zulssige Form der Besteuerung eines Unternehmensverbundes

1 Allgemein zum Individualsteuerprinzip Hey, Das Individualsteuerprinzip in Einkommen-, KÇrperschaft- und Gewerbesteuer, in GS Trzaskalik, 2005, 219 (221 ff.); Hey in SchÇn/Osterloh-Konrad, Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, 2010, 1 (4 ff., 16 ff.). 2 BÇhmer, StuW 2012, 33 (37 ff.). 3 HÅttemann in SchÇn/Osterloh-Konrad, Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, 2010, S. 127 (133). 4 Orth, Verlustnutzung bei Organschaft, in Herzig, Organschaft, 2003, S. 167.

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A. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Organschaft

verfassungsrechtliche Weihen verliehen. Die nhere Ausgestaltung der Kriterien eines Unternehmensverbundes, der ertragsteuerrechtlich als wirtschaftliche Einheit behandelt wird und die daran anknÅpfenden Rechtsfolgen stehen vielmehr in der weitreichenden Gestaltungsmacht des Gesetzgebers, die allein durch die Grundrechte und den Grundsatz der Folgerichtigkeit eingeschrnkt wird. Verfassungsrechtlich sind auch Alternativkonzepte zur Organschaft1 zulssig (vgl. auch Kapitel 10). Der internationale Rechtsvergleich (vgl. auch Kapitel 9) illustriert verschiedene Systeme der Besteuerung von UnternehmensverbÅnden.2 Hinsichtlich der AnknÅpfung an die zivilrechtliche Rechtsfhigkeit und der Intensitt der steuerrechtlichen Verbundswirkungen – (nur) innerkonzernlicher Verlustausgleich oder (auch) innerkonzernliche Erfolgsneutralisierung durch eine Zwischengewinneliminierung – sind zahlreiche verschiedene steuerrechtliche Verbundkonzepte denkbar und werden international zum Teil praktiziert. Welches Konzept der Gesetzgeber umsetzt, schreibt ihm die Verfassung nicht vor.3 Auch einer „echten“ Konzern(einheits)besteuerung mit konsolidierter Besteuerung verbundener Unternehmen stehen das GG und das darin vorausgesetzte Trennungsprinzip nicht entgegen.4 Der in Art. 106 Abs. 3 GG vorausgesetzte Steuertypus der KÇrperschaftsteuer ist entwicklungsoffen und schließt eine konsolidierte Besteuerung von UnternehmensverbÅnden nicht aus.

II. Allgemeine Maßstbe fÅr verfassungsrechtliche Einzelfragen des Organschaftsrechts Verfassungsfragen bei der Organschaft. Im Steuerrecht ist allgemein ein Trend zur Konstitutionalisierung auszumachen, in dessen Folge zahlreiche Vorschriften des einfachen Rechts als dem Verfassungsrecht zuwiderlaufend kritisiert werden. Im Verdacht der Verfassungswidrigkeit stehen innerhalb des Organschaftstatbestandes aktuell insbesondere das Erfordernis einer originr gewerblichen Ttigkeit der Organtrger-Personengesellschaft in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG, die finanzielle Eingliederung in die Organtrger-Personengesellschaft in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG, die Verlustabzugsbeschrnkung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG, der Beginn der Organschaft nach § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG sowie die vororganschaftlichen Mehr- oder MinderabfÅhrungen nach § 14 Abs. 3 KStG. 1 Dazu Hey, Steuerpolitischer Handlungsbedarf bei der Konzernbesteuerung, FR 2012, 994; HÅttemann in SchÇn/Osterloh-Konrad, Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, 2010, S. 127 (135 ff.). 2 Endres, Konzernbesteuerungen in wichtigen Industriestaaten, in Herzig, Organschaft, 2003, S. 461 ff., 477 ff. 3 Ebenso Ismer, DStR 2012, 821 (823). 4 KrebÅhl in Herzig, Organschaft, 2003, 595 (602 f.). Eingehend zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der von ihm vorgeschlagenen „unternehmensneutralen Konzernbesteuerung“ Witt, Die Konzernbesteuerung, 2006, S. 452 ff., 474 ff.

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4.7

Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

4.8 Kein verfassungsrechtlicher Sondermaßstab fÅr die Organschaft. Das GG kennt kein Sonder-Verfassungsrecht der Organschaft. Darum sind die sich im Rahmen der Organschaft stellenden Verfassungsfragen nach allgemeinen verfassungsrechtlichen Maßstben zu beantworten. Die vom Gesetzgeber gewhlte Ausgestaltung der Organschaft muss die bereits aufgezeigten allgemeinen Vorgaben fÅr die Besteuerung von Unternehmen und UnternehmensverbÅnden wahren.

4.9 Gleichheitsrechtliche Vorgaben fÅr die Organschaft. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist sowohl dogmatisch als auch praktisch der verfassungsrechtliche HauptprÅfungsmaßstab fÅr Steuernormen. Er ist zugleich die zentrale Gestaltungsmaxime der Besteuerung verbundener Unternehmen.1 Am Gleichheitssatz zu messen sind einerseits Binnendifferenzierungen innerhalb des Organschaftsrechts. Die diskriminierende Versagung des Organschaftsregimes trotz ErfÅllung der allgemeinen Organschaftsvoraussetzungen bedarf eines besonderen sachlichen Grundes. So wurde der frÅhere mit der Spartentrennung begrÅndete Ausschluss der Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen aus dem Organschaftsrecht als Gleichheitsverstoß gerÅgt.2 Neben der Binnendiskriminierung ist andererseits auch eine Außendiskriminierung am Gleichheitssatz zu messen. Gilt die Verlustabzugsbeschrnkung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG nur fÅr den Organschaftsfall, so bedarf es sachlich tragender GrÅnde, andere Unternehmen nicht einzubeziehen, obwohl auch außerhalb der Organschaft eine doppelte Verlustnutzung mÇglich erscheint.3 Insoweit gelten die allgemeinen Maßstbe, die dem Gesetzgeber insbesondere Regelungen zur Typisierung oder zur Missbrauchsabwehr erÇffnen.4

4.10 RÅckwirkung. Daneben stellt sich im Organschaftsrecht bei nderungen des gesetzlichen Tatbestands und der Rechtsfolgen hufig die Frage der verfassungsrechtlichen Grenzen rÅckwirkender Steuergesetzgebung. Diese sind gerade bei der Abschaffung der MehrmÅtterorganschaft lebhaft diskutiert worden.5 Mangels organschaftsspezifischer Kriterien sind diese nach den allgemeinen Grundstzen zu beantworten.6

1 Witt, Die Konzernbesteuerung, 2006, S. 410 f. 2 Hey, Zum Ausschluss der Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen, in Herzig, Organschaft, 2003, S. 507 (510 ff. 519). 3 Zu Recht kritisch zur Organschaft als alleinigem Anwendungsbereich JÅrgen LÅdicke, Maßgeblichkeit auslndischer Besteuerung fÅr Nichtbesteuerung und VerlustberÅcksichtigung im Inland, in FS Frotscher, 2013, S. 403 (419); Ritzer/ Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (612). 4 Nher DrÅen, StuW 2008, 3. 5 Dazu Jonas, Abschaffung der MehrmÅtterorganschaft und ErsatzlÇsungen, in Herzig, Organschaft, 2003, S. 306 (315 f.); P. Kirchhof, MehrmÅtterorganschaft und RÅckwirkung, in Herzig, Organschaft, 2003, S. 485 (490 ff.). 6 Zusammenfassend DrÅen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Tz. 16 ff. (Okt. 2011) und zuletzt G. Kirchhof in HHR, EStG/KStG, Einf. EStG Anm. 331 ff. (Aug. 2014).

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B. Verfahrensrecht und Organschaft

B. Verfahrensrecht und Organschaft Literatur DrÅen, Das neue Verfahrensrecht der Organschaft, Der Konzern 2013, 433; Hendricks, Verfahrensrechtliche Grundlagen der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft, Ubg 2011, 711.

I. Verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft 1. Verfahrensrechtliche Trennung trotz organschaftlicher Verbundenheit Allgemeine Verfahrensregeln. Ein spezielles Verfahrensrecht fÅr die steuerrechtliche Organschaft gibt es – abgesehen vom Feststellungsverfahren bei der KÇrperschaftsteuer nach § 14 Abs. 5 KStG (dazu Rz. 4.21 ff.) – nicht. Der Gesetzgeber hat es durch den Verzicht auf spezielle Verfahrensregeln der Praxis Åberlassen, im unternehmenssteuerrechtlichen System der Individualbesteuerung nach dem Trennungsprinzip eine rechtstrgerÅbergreifende Besteuerung der im Organkreis verbundenen Unternehmen verfahrensmßig zu bewerkstelligen. In Ermangelung spezieller Verfahrensregeln1 gelten fÅr die ertragsteuerrechtliche Organschaft die allgemeinen Verfahrensvorschriften.

4.11

Verfahrenstrennung. Trotz einer wirtschaftlichen Unternehmenseinheit gilt bei der Organschaft verfahrensrechtlich das Trennungsprinzip zwischen den verschiedenen Rechtstrgern. Die kÇrperschaftsteuerrechtliche Organschaft begrÅndet keine verfahrensrechtliche Unternehmenseinheit.2 Das deckt sich mit dem Steuerschuldrecht.3 Das KÇrperschaftsteuerrecht respektiert die rechtliche Selbstndigkeit der Rechtstrger innerhalb des Organkreises auch dann, wenn es an einer wirtschaftlichen Selbstndigkeit der Organgesellschaft mangelt; Kapitalgesellschaften sind stets Subjekt der KÇrperschaftsteuer.4 Auch die Organschaft fÅhrt nicht dazu, die verbundenen Unternehmen als einheitliches Steuerrechtssubjekt zu behandeln.5 Organtrger und Organgesellschaft bilden kein einheitliches Unternehmen6 und bleiben vielmehr eigenstndige KÇrper-

4.12

1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 574 (Stand: Dezember 2013); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 913 (Stand: September 2013); MÅller, Der Konzern 2009, 167; Hendricks, Ubg 2011, 711. 2 DrÅen, StbJb. 2006/2007, 273 (301): „keine verfahrensrechtliche Konsolidierung“. 3 Zur gebotenen Trennung zwischen dem Steuerschuldrecht der Organschaft und den verfahrensrechtlichen Konsequenzen bereits v. Groll, DStR 2004, 1193 (1196, 1198). 4 Schreiber, Besteuerung der Unternehmen3, S. 287. 5 DrÅen, StuW 2007, 112 (114) mwN. 6 Herlinghaus, Einkommensermittlung und Einkommenszurechnung, in Herzig, Organschaft, 2003, S. 119 (120).

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Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

schaftsteuersubjekte1 (oder Feststellungssubjekte)2. Verfahrensrechtlich haben sie jeweils selbstndige Rechte sowie selbstndige Steuererklrungs-,3 BuchfÅhrungs- und sonstige Mitwirkungspflichten.4 Trotz der Organschaft ist die Organgesellschaft ein eigenstndiges Steuersubjekt mit allen Rechten und Pflichten.5

4.13 Getrennte Einkommensermittlung. Der Gewinn und das Einkommen jeder Organgesellschaft und des Organtrgers sind zunchst eigenstndig zu ermitteln.6 Bis zur EinfÅhrung des Feststellungsverfahren nach § 14 Abs. 5 KStG ab dem Veranlagungszeitraum 2014 (Rz. 4.21 ff.) wurde das dem Organtrger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaften nach der materiellen Maßgabe des § 14 Abs. 1 KStG und entsprechend des allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatzes des § 157 Abs. 2 AO als unselbstndige Besteuerungsgrundlage in die Steuerfestsetzung des Organtrgers einbezogen.7 Der Organgesellschaft selbst wird aufgrund der Zurechnung an den Organtrger regelmßig ein KÇrperschaftsteuer-Nullbescheid erteilt,8 sofern sie keine Ausgleichszahlungen nach § 16 KStG als eigenes Einkommen zu versteuern hat.9 Das auf Ebene der Organgesellschaft ermittelte Einkommen10 und der erteilte Nullbescheid hatten 1 BFH v. 23.1.2002 – XI R 95/97, BStBl. II 2003, 9 = FR 2002, 786 m. Anm. Wendt; Boeker in H/H/Sp, § 33 AO Rz. 47 (Stand: Juni 2014); DrÅen in Tipke/Kruse, § 33 AO Rz. 63 (Stand: August 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 538 (Stand: September 2013); Jesse, DStZ 2001, 113 (114); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 48 (Stand: Januar 2014); MÅller, Der Konzern 2009, 167; MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 469; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 799 (Stand: April 2013). 2 Im Falle der Personengesellschaft als Organtrger. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 575 (Stand: Dezember 2013); Jesse, DStZ 2001, 113; MÅller, Der Konzern 2009, 167; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 802 (Stand April September 2014). 4 Hendricks, Ubg 2011, 711 (713 f.); Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 130, 170. 5 Explizit Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 130. 6 MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 467; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 801 (Stand: September 2014). 7 BFH v. 28.1.2004 – I R 84/03, BStBl. II 2004, 539 = GmbHR 2004, 979; FG Berlin v. 9.12.2003 – 7 K 7106/03, rkr., EFG 2004, 766 = GmbHR 2004, 983; R 61 Abs. 6 KStH 2008; Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2012, § 14 Rz. 676; Danseling in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 42 (Stand: April 2013); Frotscher in Frotscher/ Maas, § 14 KStG Rz. 611 (Stand: September 2013); v. Groll, DStR 2004, 1193 (1197); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 48 (Stand: Januar 2014). 8 BFH v. 28.1.2004 – I R 84/03, BStBl. II 2004, 539 = GmbHR 2004, 979; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 575 (Stand: Dezember 2013); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 611 (Stand: September 2013); v. Groll, DStR 2004, 1193 (1196); Jesse, DStZ 2001, 113 (115); MÅller, Der Konzern 2009, 167; MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 471 f. 9 Dazu DÇtsch, Der Konzern 2006, 64. 10 ber den KÇrperschaftsteuerbescheid hinaus ergehen gegen die Organgesellschaft auch ein eigener Bescheid Åber die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 KStG (MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 855; MÅller, Der Konzern 2009, 167 [169]; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlen-

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B. Verfahrensrecht und Organschaft

bislang nach ganz herrschender Meinung keine Bindungswirkung fÅr die Einkommensermittlung beim Organtrger.1 Eine solche Bindungswirkung soll indes vom neuen Feststellungsbescheid nach § 14 Abs. 5 KStG ausgehen. 2. Verfahrensrechtliche Einzelfragen der kÇrperschaftsteuerrechtlichen Organschaft Unabgestimmte Verfahren. Eine verfahrensrechtliche VerknÅpfung zwischen den verschiedenen Festsetzungen im Organkreis fehlte bisher.2 Dadurch konnte es zu Mehrfach- oder Nichterfassungen von Gewinnen oder Verlusten kommen. Die verwaltungsinterne Praxis suchte das verfahrensrechtliche Manko durch den Kontroll-Vordruck „MO“ zu beheben, mit welchem das Betriebsstttenfinanzamt der Organgesellschaft dem fÅr den Organtrger zustndigen Finanzamt das Einkommen, die sonstigen Besteuerungsgrundlagen und die Anrechnungssteuern der Organgesellschaft mit faktisch-prjudizieller Wirkung mitteilte.3 Rechtliche Bindung kam dem bereits mangels Außen- und Regelungswirkung nicht zu.4

4.14

Entscheidungszustndigkeit. Offen und von der Rechtsprechung nicht explizit beantwortet5 ist schon die grundlegende Frage, in welchem Steuerbescheid im Organkreis letztlich verbindlich Åber die steuerrechtliche

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brock, § 14 KStG Rz. 578 [Stand: Dezember 2013]) sowie ggf. Feststellungsbescheide Åber vororganschaftliche Verluste (DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 5 [Stand: August 2013]). BT-Drucks. 17/10774, 20; BFH v. 28.1.2004 – I R 84/03, BStBl. II 2004, 539 = GmbHR 2004, 979; v. 6.3.2008 – IV R 74/05, BStBl. II 2008, 663 = FR 2009, 45; FG Berlin v. 9.12.2003 – 7 K 7106/03, rkr., EFG 2004, 766 = GmbHR 2004, 983 ; Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2012, § 14 Rz. 678; Danseling in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 42 (Stand: April 2013); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 576 (Stand: Dezember 2013); Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 529; Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 170; RÇdder, Ubg 2012, 717 (723); Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (103); Wittkowski/Hielscher, BC 2012, 542 (548); Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, Rz. 517 unter Hinweis auf BFH v. 21.10.2010 – IV R 21/07, FR 2011, 322 m. Anm. Buciek = BFH/NV 2011, 151, der die Bindungswirkung der Statusfeststellung ausdrÅcklich offenlsst. FÅr eine Grundlagenfunktion aber Jesse, DStZ 2001, 113 (116); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 805 (Stand: September 2014); dagegen deutlich Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 913, 919 (Stand: September 2013); v. Groll, DStR 2004, 1193 (1196). DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 575 (Stand: Dezember 2013). DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 575 (Stand: Dezember 2013); DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313); Hendricks, Ubg 2011, 711 (712); Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 529. v. Groll, DStR 2004, 1193 (1197); ebenso Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2012, § 14 Rz. 676. Vgl. FG DÅsseldorf v. 27.3.2007 – 3 K 4024/05 F, EFG 2007, 1104 (dazu MÅller, Der Konzern 2009, 167 [168]; Schumacher, Die Organschaft im Steuerrecht2, S. 205). Die dagegen gerichtete Revision hat BFH v. 21.10.2010 – IV R 21/07, FR

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Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

Anerkennung der Organschaft entschieden wird.1 Die Unternehmensund Beratungspraxis steht – gemessen am rechtsstaatlichen Gebot der Rechtsschutzklarheit – vor unbefriedigenden NotlÇsungen.2 Verhngnisvoll wird die Unklarheit, wenn fÅr Organgesellschaft und Organtrger unterschiedliche Finanzmter Çrtlich zustndig sind (vgl. §§ 18 Abs. 1 Nr. 4, 20 Abs. 1 AO) und diese zur Anerkennung der Organschaft oder zur HÇhe des zuzurechnenden Einkommens divergierende Auffassungen vertreten.3 Zur Vermeidung derartiger widerstreitender Verwaltungsauffassungen im Einzelfall4 empfahl das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen in Organschaftsfllen bislang Zustndigkeitsvereinbarungen nach § 27 AO.5 Andere Lnder trafen eine Zustndigkeitsregelung durch Rechtsverordnung.6

4.16 Verbindliche AuskÅnfte. Im fÇderalen Steuerstaat stellt sich die praxisrelevante Zweifelsfrage Åber die Zustndigkeit fÅr verbindliche AuskÅnfte im Organkreis. Regelmßig besteht ein besonderes Interesse nach § 89 Abs. 2 Satz 1 AO zwar nur fÅr den Organtrger, weil die Auskunft nur fÅr ihn eine steuerliche Auswirkung hat.7 In der Praxis macht die Verwaltung ihre Auskunftszustndigkeit aber teilweise davon abhngig, auf welcher Ebene der geplante Sachverhalt verwirklicht werden soll.8 Da ei-

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2011, 322 m. Anm. Buciek = Der Konzern 2010, 652 als unbegrÅndet zurÅckgewiesen. DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313); Hendricks, Ubg 2011, 711; Lenz/Adrian/ Handwerker, BB 2012, 2851 (2858); differenzierend fÅr positives und negatives Organeinkommen: Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 914 ff. (Stand: September 2013); die verschiedenen Ansichten darstellend DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 580 (Stand: Dezember 2013). So empfiehlt bislang Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 919 (Stand: September 2013) der Praxis bei der Frage, welches Unternehmen gegen die Entscheidung Åber die steuerrechtliche Anerkennung der Organschaft vorgehen muss, vorsorglich EinsprÅche gegen beide Bescheide einzulegen, ebenso v. Wolfersdorff/RÇdder/Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, DB 2012, 2241 (2247). Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (103). Im Falle der Anerkennung der Organschaft durch die fÅr den Organtrger zustndige FinanzbehÇrde und der Nichtanerkennung durch die fÅr die Organgesellschaft zustndige FinanzbehÇrde kann es zu einer Doppelerfassung der Ertrge kommen, die im Nachhinein als Fall einer Subjektkollision nach § 174 AO zu korrigieren ist, Hendricks, Ubg 2011, 711 (716) mwN. FinMin. NW v. 7.5.1990, AO-Kartei NRW § 26 AO Karte 803 II, KSt-Kartei NRW §§ 14-19 KStG Karte 19, Rz. 1.2.3. So etwa in Hessen (§ 6 Nr. 3 DelegationsVO v. 12.12.2007) und in ThÅringen (§ 4 ThÅrFAZustVO v. 2.7.1998), gestÅtzt auf § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG. JÅngst FG KÇln v. 28.10.2014 – 8 K 730/12, juris – Rev. I R 81/14 zur GebÅhrenfestsetzung fÅr eine verbindliche Auskunft im Organkreis: Im Falle eines einheitlichen Antrages auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vom Organtrger und der Organgesellschaft ist GebÅhrenschuldner der jedenfalls einmal anfallenden GebÅhr nach § 89 Abs. 3 AO der Organtrger, weil die Besteuerung alleine auf seiner Ebene erfolgt. Hendricks, Ubg 2011, 711 (713).

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B. Verfahrensrecht und Organschaft

ner verbindlichen Auskunft eine Bindungswirkung aus Sicht der Verwaltung nur zukommt, wenn diese von der zustndigen BehÇrde erteilt wird,1 waren in der Praxis aus GrÅnden der Rechtssicherheit ggf. mehrere verbindliche AuskÅnfte erforderlich. Zwar war auch insoweit eine Zustndigkeitsvereinbarung nach § 27 AO mÇglich, je nach Verwaltungspraxis kÇnnen aber mehrfache oder hÇhere GebÅhren entstehen.2 Zwischenstaatliche Verstndigungsverfahren. Bei Verstndigungsverfahren entsprechend Art. 25 OECD-MA ist wegen der Zurechnung des Einkommens an den Organtrger die Selbstbetroffenheit der Organgesellschaft (die „fÅr sie“ eintretende abkommenswidrige Besteuerung) zweifelhaft. Bei Organschaften empfiehlt sich angesichts bestehender Unsicherheiten3 eine gemeinsame Antragstellung von Organgesellschaft und Organtrger.4

4.17

AußenprÅfung. Die AußenprÅfung eines Organkreises erfolgt nicht innerhalb eines einheitlichen Verfahrens. Entsprechend der verfahrensrechtlichen Trennung ist PrÅfungsgegenstand der AußenprÅfung nicht der gesamte Organkreis. Auch bei der steuerlichen AußenprÅfung bleibt es bei der verfahrensrechtlichen Eigenstndigkeit von Organgesellschaft und Organtrger.5 Vielmehr wird fÅr jedes Unternehmen innerhalb des Organkreises eine selbstndige PrÅfung angeordnet.6 Organgesellschaft und Organtrger bleiben selbst bei der koordinierten KonzernbetriebsprÅfung7 eigenstndige PrÅfungssubjekte, die aufgrund selbstndiger PrÅfungsanordnungen mit den jeweiligen Mitwirkungspflichten geprÅft werden kÇnnen, ohne dass eine konzernÅbergreifende GesamtprÅfung stattfin-

4.18

1 AEAO zu § 89 AO, Rz. 3.6.4; dagegen aber Roser in Beermann/Gosch, § 89 AO Rz. 65 (Stand: August 2013) sowie Seer in Tipke/Kruse, § 89 AO Rz. 54 (Stand: August 2013) mwN. 2 Dem hlt Hendricks, Ubg 2011, 711 (713 Note 32) mit § 39 Abs. 1 GKG das allgemeine kostenrechtliche Prinzip entgegen, wonach im Falle subjektiver Klagehufung nur ein einheitlicher (ggf. addierter) Gegenstandswert zu ermitteln ist. Allerdings erscheint fraglich, ob § 39 Abs. 1 GKG fÅr die verbindliche Auskunft gilt, obwohl § 89 Abs. 5 AO ausschließlich auf § 34 GKG und § 39 Abs. 2 GKG verweist. JÅngst widerspricht FG KÇln v. 28.10.2014 – 8 K 731/12, juris – Rev. I R 66/14 einer mehrfachen GebÅhrenerhebung wegen gleichlautender verbindlicher Auskunft gegenÅber Organtrger und Organgesellschaft. 3 Vgl. obiter dictum in FG MÅnchen v. 28.10.2008 – 6 K 2831/97, juris. 4 FlÅchter in SchÇnfeld/Ditz, DBA, 2013, Art. 25 Rz. 47, 58. 5 Nher DrÅen, StbJb. 2006/2007, 273 (300 f.). 6 Hendricks, Ubg 2011, 711 (714); Vogelsang in Vogelsang/Stahl, BetriebsprÅfungs-Handbuch, 2008, Kapitel B Rz. 62; Wenzig, Die steuerliche Groß- und KonzernbetriebsprÅfung, 1985, Rz. 13. 7 FÅr Unternehmen, die zu einem Konzern i.S.d. § 18 AktG gehÇren und deren Außenumstze insgesamt mindestens 25 Millionen Euro betragen, ist nach verwaltungsinterner Regelung eine koordinierte PrÅfung vorgesehen (§ 13 BpO), fÅr andere verbundene Unternehmen ist eine solche mÇglich (Soll-Vorschrift, § 18 BpO).

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Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

det.1 Auch eine KonzernbetriebsprÅfung setzt sich aus einer Mehrzahl von rechtlich selbstndigen AußenprÅfungen der jeweiligen einzelnen Unternehmen des Konzernverbundes zusammen, die nur zeitlich und organisatorisch koordiniert werden.2 Diese verfahrensrechtliche Selbstndigkeit kann dazu fÅhren, dass sich fÅr den Organtrger auch noch nach Abschluss der ihn betreffenden AußenprÅfung im Rahmen der Korrekturvorschriften noch nderungen aufgrund einer nachlaufenden AußenprÅfung der Organgesellschaft ergeben.

4.19 Keine erweiterte Feststellungswirkung. Die Schwachstellen der verfahrensrechtlichen Selbstndigkeit von Organgesellschaft und Organtrger zeigten sich schonungslos im Urteilsfall des BFH v. 6.3.2008.3 In diesem Fall war es mangels entsprechender Rechtsgrundlage nicht mÇglich, eine nachtrgliche nderung in einem Gewinnfeststellungsbescheid einer Tochtergesellschaft der Organgesellschaft auf der Ebene der Organtrgerin umzusetzen. Die Bindungswirkung der Feststellung reichte aus Sicht des BFH nicht hinauf bis auf die Ebene des Organtrgers. Fallbeispiel:4

4.20 „Offenhalten“ als vorlufige PraxislÇsung. Als Reaktion auf dieses Urteil versuchten die FinanzbehÇrden zunchst, die KÇrperschaftsteuerbescheide der Organtrger solange nach §§ 164, 165 AO „offenzuhalten“, bis nicht mehr mit nderungen der Gewinnzurechnung der Organgesellschaften zu rechnen war. Dies fÅhrte in der Praxis zur Verlngerung des Besteuerungsverfahrens beim Organtrger bis zum unabnderlichen Ab-

1 DrÅen, StbJb. 2006/2007, 273 (300); Seer in Tipke/Kruse, § 193 AO Tz. 16 (Stand: Oktober 2013). 2 Stahl in Vogelsang/Stahl, BetriebsprÅfungs-Handbuch, 2008, Kapitel E Rz. 55. 3 BFH v. 6.3.2008 – IV R 74/05, BStBl. II 2008, 663 = GmbHR 2008, 838 = FR 2009, 45. 4 Der pathologische Fall, nachgebildet BFH v. 6.3.2008 – IV R 74/05, BStBl. II 2008, 663 = FR 2009, 45, Grafik nach Teiche, DStR 2013, 2197 (2200).

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B. Verfahrensrecht und Organschaft

schluss aller Verfahren bei den Organgesellschaften.1 Letztlich trat demzufolge im Organkreis erst dann Rechtssicherheit ein, nachdem smtliche Organgesellschaften und der Organtrger endgÅltig veranlagt waren. Ein unbegrenztes „Offenhalten“ stÇßt indes wegen der verfahrensrechtlich unkoordinierten Festsetzungsfristen2 fÅr die Bescheide von Organtrger und Organgesellschaft3 an Grenzen. Die obersten FinanzbehÇrden des Bundes und der Lnder strebten daher dem Vernehmen nach zur LÇsung des Problems entweder eine nderung des § 15 KStG und damit eine Erstreckung der Grundlagenwirkung des Feststellungsbescheids auch auf den Organtrger (sog. kleine LÇsung) oder aber als „große LÇsung“ die Normierung eines gesonderten Feststellungsverfahrens fÅr das Organeinkommen einschließlich aller fÅr die Besteuerung des Organtrgers relevanten steuerlichen Daten der Organgesellschaft an.4

II. Feststellungsverfahren bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft (§ 14 Abs. 5 KStG)5 Literatur Benecke/Schnitger, Wichtige nderungen bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft durch das UntStG 2013, IStR 2013, 143; DÇtsch/Pung, Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts: Die nderungen bei der Organschaft, DB 2013, 305; DrÅen, Das neue Verfahrensrecht der Organschaft – Kritische WÅrdigung des neuen Feststellungsverfahrens nach der „kleinen Organschaftsreform“, Der Konzern 2013, 433; Jesse, Neuregelung zur ertragsteuerlichen Organschaft (Teil II), FR 2013, 681; Mayer/Wiese, Zur VerlustÅbernahme nach der „kleinen Organschaftsreform“, DStR 2013, 629; Middendorf/Holtrichter, nderungen bei der ertragsteuerlichen Organschaft, StuB 2013, 123; RÇdder, Die kleine Organschaftsreform, Ubg 2012, 717; N. Schneider, Verbesserung der Organschaft?, StbJb. 2012/2013, 93; Schneider/Sommer, Organschaftsreform „light“, GmbHR 2013, 22; Stangl/BrÅhl, Die „kleine Organschaftsreform“, Der Konzern 2013, 77; Teiche, Verfahrensrechtliche Aspekte nach der Organschaftsreform, DStR 2013, 2197; von Wolfersdorff/RÇdder/Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, Der Fraktionsentwurf zur „Kleinen Organschaftsreform“: Guter Wille, aber doch kein wirklicher Rechtsfrieden!, DB 2012, 2241.

1 Plastisch RÇdder, Ubg 2012, 717 (723): „faktisch kein Abschluss, bis die Organgesellschaften „durch“ sind“. 2 Mangels eines Grundlagenbescheids gelten § 171 Abs. 10 AO und § 181 Abs. 5 AO bislang nicht. 3 v. Wolfersdorff/RÇdder/Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, DB 2012, 2241 (2246). 4 Zu Letzterem DÇtsch in FS Herzig, 243 (255). 5 Zur Neuregelung bereits vertiefend DrÅen, Der Konzern 2013, 433, worauf im Folgenden zurÅckgegriffen wird.

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Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

1. Einheitliche und gesonderte Feststellung nach § 14 Abs. 5 KStG

4.21 EinfÅhrung eines Feststellungsverfahrens. Wegen der bisherigen verfahrensrechtlichen Schwachstellen ist mehrfach die Forderung einer verfahrensmßigen Anordnung einer Feststellung des Einkommens der Organgesellschaft als Grundlagenbescheid des Organtrgers erhoben worden.1 Der Gesetzgeber hat sie ab 2014 durch § 14 Abs. 5 KStG aufgegriffen. Diese Regelung dient ausweislich der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses dem Interesse der VerfahrensÇkonomie, der Rechtssicherheit und einer gleichmßigen Besteuerung.2

4.22 Zeitlicher Anwendungsbereich. Durch das Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts3 hat der Gesetzgeber ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach §§ 179 ff. AO fÅr die Besteuerung ertragsteuerlicher Organschaften eingefÅhrt. Dieses neue Feststellungsverfahren gilt erstmals fÅr Feststellungszeitrume, die nach dem 31.12.2013 beginnen (§ 34 Abs. 9 Nr. 9 KStG). Der zeitliche Anwendungsbereich der Neuregelung umfasst wegen des technischen Umstellungsaufwands4 erst Veranlagungszeitrume ab dem Jahre 2014.

4.23 Gesonderte Feststellung. § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG legt fest, dass das dem Organtrger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft und damit zusammenhngende andere Besteuerungsgrundlagen gegenÅber dem Organtrger und der Organgesellschaft gesondert und einheitlich festgestellt werden. Die Norm ordnet damit abweichend von § 157 Abs. 2 AO eine Feststellung nach § 179 AO an, die „sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist“.5 § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG ordnet die Feststellung als „gesondert und einheitlich“ an. Gesondert erfolgt die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nur ausnahmsweise fÅr gesetzlich bestimmte Flle.6 Denn die Steuer wird in der Regel auf der Grundlage eines einheitlichen Besteuerungsverfahrens festgesetzt.7 Diese verfahrensrechtliche Einheit

1 Vgl. BMF, Bericht der Facharbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“, 2011 S. 139; Ismer, DStR 2012, 821 (828); zuvor v. Wolfersdorff/ RÇdder/Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, DB 2012, 2241 (2247); RÇdder, Ubg 2012, 717 (723); offenlassend v. Groll, DStR 2004, 1193 (1197). 2 BT-Drucks. 17/11180, 2. 3 Gesetz v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285 (289 f.). Der Bundesrat stimmte dem Gesetz in der Fassung des Buchstaben a der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (BT-Drucks. 17/11180) mit einigen nderungen durch den Vermittlungsausschuss (BT-Drucks. 17/11841) am 1.2.2013 zu (BR-Drucks. 34/13). 4 Korn, SteuK 2013, 111 (115). 5 § 180 AO erfasst nur Hauptflle gesonderter Feststellung und ist bereits nach seinem Wortlaut nicht abschließend („insbesondere“). 6 Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht17, Rz. 534. 7 Brandis in Tipke/Kruse, Vor 179 AO Rz. 1 (Stand: August 2014); Koenig in Koenig, AO3, § 179 Rz. 2; Kunz in Beermann/Gosch, vor §§ 179-184 AO Rz. 3 (Stand: August 2003).

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B. Verfahrensrecht und Organschaft

bezweckt eine Verwaltungskonzentration.1 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz der integrierten Zugrundelegung der Besteuerungsgrundlagen enthlt § 157 Abs. 2 Halbs. 2 iVm. § 179 Abs. 1 Satz 1 AO, wonach diese durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt werden, soweit dies gesetzlich bestimmt ist. Diese Bestimmung trifft nunmehr § 14 Abs. 5 KStG ab 2014. Gesondert erfolgt die Feststellung dabei in einem eigenstndigen Feststellungsverfahren durch einen Feststellungsbescheid als eigenem Verwaltungsakt.2 Der Feststellungsbescheid nach § 14 Abs. 5 KStG ergeht gesondert von den Steuerbescheiden gegen Organgesellschaft und Organtrger.3 Dadurch ist die Richtigkeit der einzelnen Feststellungen fÅr den Steuerpflichtigen leichter als bisher zu ÅberprÅfen. Im Gegensatz zum alten Recht, bei dem der Endbescheid fÅr den Organtrger nur eine Summe fÅr den ganzen Organkreis enthlt, trifft der jeweilige Feststellungsbescheid nun Aussagen zu der einzelnen Organschaft.4 Der infolge dieser verfahrensrechtlichen „Parzellierung“ entstehende administrative Mehraufwand5 fÅr die neue Feststellungserklrung soll aus Sicht der Praxis tolerabel sein.6 Einheitliche Feststellung. § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG trifft eine gesetzliche Anordnung i.S.d. § 179 Abs. 2 Satz 2, Alt. 1 AO. Darum erfolgt die Feststellung „einheitlich“, obwohl die allgemeine Voraussetzung des § 179 Abs. 2 Satz AO, wonach der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen sein muss,7 nicht ohne weiteres erfÅllt ist.8 Die Feststellung erfolgt trotz der materiellen Zurechnung des „Fremdeinkommens“9 bei dem Organtrger nach § 14 Abs. 1 KStG einheitlich gegenÅber Organgesellschaft und Organtrger. Durch die Einheitlichkeit der Feststellung wird die inhaltsgleiche Geltung gegenÅber allen Beteiligten bezweckt.10 Dadurch sollen divergierende Entscheidungen bei den Beteiligten verhindert werden.

1 Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht22, § 21 Rz. 117. 2 Allgemein Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rz. 5 (Stand: August 2014). 3 v. Wolfersdorff/RÇdder/Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, DB 2012, 2241 (2246). 4 v. Wolfersdorff/RÇdder/Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, DB 2012, 2241 (2247). 5 Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (106). 6 v. Wolfersdorff/RÇdder/Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, DB 2012, 2241 (2247). 7 Allgemein Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rz. 4 (Stand: August 2014); Kunz in Beermann/Gosch, § 179 AO Rz. 23 (Stand: August 2003). 8 Anstelle der gemeinschaftlichen Zurechnung entsprechend § 39 Abs. 2 S. 2 AO an mehrere Beteiligte kommt es bei der Organschaft zur „Zurechnung“ beim Organtrger und zur spiegelbildlichen „Abrechnung“ bei der Organgesellschaft. 9 Zu dieser Qualifikation Jesse, DStZ 2001, 113 (116); MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 467 mwN. 10 Allgemein Koenig in Koenig, AO3, § 179 Rz. 19.

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4.24

Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

2. Gegenstand der Feststellungen nach § 14 Abs. 5 KStG a) „Das dem Organtrger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft“

4.25 Einkommensermittlung. An erster Stelle ist nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG „das dem Organtrger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft“ gesondert und einheitlich festzustellen. Die bisherige selbstndige Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft ndert sich durch die EinfÅhrung der gesonderten und einheitlichen Feststellung nicht. Festgestellt wird das (Brutto-) Einkommen vor der Zurechnung zum Organtrger.1 Es ermittelt sich weiterhin wie folgt:2 JahresÅberschuss / -fehlbetrag der Organgesellschaft lt. Handelsbilanz +/– Korrekturen nach § 60 Abs. 2 EStDV = Steuerlicher Gewinn / Verlust der Organgesellschaft + Nicht abziehbare Aufwendungen, insbesondere § 4 Abs. 5 EStG – Steuerfreie Einnahmen (außer § 8b KStG und nach DBA steuerfreie Einnahmen) +/– Sonstige Korrekturen +/– AbgefÅhrter Gewinn / Ausgeglichener Fehlbetrag = Zwischensumme – Eigener Spendenabzug der Organgesellschaft = Dem Organtrger zuzurechnendes Einkommen der Organgesellschaft (nach § 14 Abs. 1, 5 Satz 1 KStG)

4.26 Unklare verfahrensrechtliche Verortung der Einkommensermittlung. Ob auch die Einkommensermittlung selbst durch die EinfÅhrung von § 14 Abs. 5 KStG aus der bisherigen KÇrperschaftsteuerfestsetzung „ausgeschnitten“ und dem Feststellungsverfahren Åberantwortet werden, liegt im Dunkeln. Darum ist die Frage, ob sie nunmehr Teil der bindenden Feststellung ist und der KÇrperschaftsteuerbescheid der Organgesellschaft dadurch im Regelfall3 zur leeren HÅlle wird, offen.4 Die Deutung, der Gesetzgeber habe ein neues Feststellungsverfahren fÅr organschaftsbezogene 1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 582 (Stand: Dezember 2013). 2 Darstellung in Anlehnung an DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 265, 271 (Stand: Dezember 2013); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 824 (Stand: Oktober 2007). 3 Sofern die Organgesellschaft keine Ausgleichszahlungen nach § 16 KStG als eigenes Einkommen zu versteuern hat, vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 587 (Stand: Dezember 2014). 4 RÇdder, Ubg 2012, 717 (723) zhlt die Einkommensermittlung nicht als Teil des neuen Feststellungsverfahrens auf. Nach DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 587 (Stand: Dezember 2014) erfolgt die Ermittlung des Einkom-

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B. Verfahrensrecht und Organschaft

Einkommensermittlung, Einkommenszurechnung und Steueranrechnung geschaffen,1 ist mÇglich, aber nicht zwingend. b) „Damit zusammenhngende andere Besteuerungsgrundlagen“ Zinsen, Dividenden, etc. Nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG beschrnkt sich die Feststellung nicht auf das dem Organtrger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft, sondern umfasst auch „damit zusammenhngende andere Besteuerungsgrundlagen“.2 Darunter fallen Besteuerungsgrundlagen, die in einem rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatschlichen Zusammenhang mit den festgestellten EinkÅnften stehen, aber bei der Ermittlung dieser EinkÅnfte nicht unmittelbar zu berÅcksichtigen sind.3 Relevant fÅr die Besteuerung des Organtrgers sind im Einzelnen im Gewinn enthaltene Dividenden i.S.d. § 8b KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG und hiermit zusammenhngende Ausgaben nach § 3c Abs. 2 EStG, Zinsaufwendungen, Zinsertrge und Abschreibungen im Sinne der Zinsschranke nach § 4h EStG und § 8a KStG sowie die Gesamtsumme der EinkÅnfte der Organgesellschaft fÅr Zwecke der HÇchstbetragsberechnung nach § 34c EStG beim Organtrger.4 Zudem bedarf es einer Feststellung der im Einkommen der Organgesellschaft enthaltenen Dauerverlustgeschfte nach § 8 Abs. 7 KStG, enthaltener gesonderter Verlustverrechnungskreise fÅr die spartenbezogene Betrachtung nach § 8 Abs. 9 KStG und nach DBA steuerfreier Gewinnanteile sowie entsprechender Aufwendungen (vgl. § 15 KStG). Auch die Anteile am bernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 UmwStG sind festzustellen.5

4.27

Mehr- und MinderabfÅhrungen. DarÅber hinaus sind auch Mehr- und MinderabfÅhrungen jedenfalls6 aus organschaftlicher Zeit7 wegen ihrer Bindungswirkung fÅr die gesonderte Feststellung des steuerlichen Ein-

4.28

1 2 3 4 5 6

7

mens indes im Feststellungsbescheid. Zur Deutungsoffenheit der gesetzlichen Anordnung kritisch bereits DrÅen, Der Konzern 2013, 433 (445 ff.). So U. Prinz, GmbHR 2013, 39 (40). Kritisch zur unklaren Formulierung Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 172. So zur Feststellung bei Mitunternehmerschaften AEAO zu § 180 Nr. 1 Satz 3; ebenso Brandis in Tipke/Kruse, § 180 AO Rz. 64 (Stand: August 2014). Insoweit besteht eine Parallele zur bisherigen internen Mitteilung „MO“. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 583 (Stand: Dezember 2013); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 931 (Stand: September 2013). Nach Auffassung von St. Neumann, KÇlner Tage 2014, Arbeitsunterlage, S. 9, sollen auch Mehr- und MinderabfÅhrungen aus vororganschaftlicher Zeit gesondert festgestellt werden. FÅr whrend des Bestehens der Organschaft verursachte Mehr- und MinderabfÅhrungen sind zur Vermeidung einer Doppel- oder Nichtbesteuerung von Einkommen im Organkreis organschaftliche Ausgleichsposten zu bilden (§ 14 Abs. 4 KStG). Dabei lsst die gesetzliche Regelung eine FÅlle von Zweifels-, Abgrenzungs- und Rechtsfolgefragen offen (vgl. nur Schumacher in FS H. Schaumburg, 477; Sedemund, DB 2010, 1255; eingehend v. Freeden, Minder- und MehrabfÅhrungen nach § 14 Abs. 4, § 27 Abs. 6 KStG, 2011, S. 23 ff.).

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lagekontos der Organgesellschaft (§ 27 Abs. 6 KStG) festzustellen.1 Dass die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm auf der Ebene der Organgesellschaft denen des § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG Åber die Bildung eines Ausgleichspostens in der Steuerbilanz des Organtrgers entsprechen,2 spricht fÅr ihre Einbeziehung in die bindende Feststellungswirkung. Denn der Bildung, nderung und AuflÇsung von Ausgleichsposten kann Åber ihren Einfluss auf die Steuerbilanz materielle Bedeutung fÅr die laufende Besteuerung des Organtrgers3 und damit fÅr dessen KÇrperschaftsteuerbescheid zukommen.4 Bei einer solchen Erstreckung der Bindungswirkung ist indes zu bedenken, dass das fÅr das Feststellungsverfahren zustndige Finanzamt der Organgesellschaft kaum Åber alle Informationen fÅr die (ggf. anteilige) Bildung, FortfÅhrung und AuflÇsung des Ausgleichspostens beim Organtrger5 verfÅgen wird. Darum bleibt ein vorgngiger informeller Informationsaustausch erforderlich und die Folge der Absicherung einer spteren Korrektur durch Anbringung eines Vorbehalts der NachprÅfung (§ 164 AO) liegt nahe. Dieser verwaltungspragmatischen berbrÅckung der InformationslÅcken steht freilich die verfahrensrechtliche Offenheit der Feststellung entgegen.

4.29 Negativausgrenzung. Anders als bei Personengesellschaften erfolgt jedoch keine gesonderte Feststellung geleisteter Spenden. Sowohl die Organgesellschaft als auch der Organtrger verfÅgen aufgrund ihrer kÇrperschafsteuerrechtlichen Eigenstndigkeit Åber einen eigenen, von der Organschaft unabhngigen Spendenabzug.6 Ebenso ist die Anerkennung des GewinnabfÅhrungsvertrags keine gesondert festzustellende Besteuerungs-

1 BT-Drucks. 17/11217, 10; DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313); DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 584 (Stand: Dezember 2014); RÇdder, Ubg 2012, 717 (723); Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 190 (Stand: April 2013); N. Schneider, StBJb 2012/2013, 93 (119); aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 938 (Stand: September 2013). 2 v. Freeden, Minder- und MehrabfÅhrungen nach § 14 Abs. 4, § 27 Abs. 6 KStG, 2011, S. 89 f. 3 v. Freeden, Minder- und MehrabfÅhrungen nach § 14 Abs. 4, § 27 Abs. 6 KStG, 2011, S. 77. 4 Bisher sind die Angaben zu Mehr- und MinderabfÅhrungen und Ausgleichsposten beim Organtrger Teil der Anlage „ORG“, vgl. Frotscher, KÇrperschaft-/Gewerbesteuererklrung 2012, S. 168 (172 f.) und gehen Åber den Vordruck „KSt 1 A“ direkt in die Festsetzung der KÇrperschaftsteuer ein. 5 Zu Einzelfragen der (anteiligen) Bildung, FortfÅhrung und AuflÇsung eines Ausgleichspostens in der Steuerbilanz des Organtrgers zusammenfassend v. Freeden, Minder- und MehrabfÅhrungen nach § 14 Abs. 4, § 27 Abs. 6 KStG, 2011, S. 76 ff. 6 Herlinghaus in Herzig, Organschaft, 2003, S. 119 (133, 137 f.); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 856 (Stand: August 2013); kritisch DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 272 (Stand: Dezember 2014); fÅr eine Feststellung von Spenden zur Ermittlung des vortragsfhigen EBITDA: Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 931 (Stand: September 2013).

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B. Verfahrensrecht und Organschaft

grundlage.1 Die an außenstehende Anteilseigner geleisteten Ausgleichzahlungen sind ebenfalls nicht in die Feststellung einzubeziehen.2 Mehrzahl von Feststellungen. Die verschiedenen Feststellungen nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG stehen nebeneinander. Satz 2 verwendet fÅr sie explizit den Plural („die Feststellungen nach Satz 1“). Soweit in einem Feststellungsbescheid eine notwendige Feststellung unterbleibt, ist diese nach § 179 Abs. 3 AO in einem Ergnzungsbescheid nachzuholen. Nicht getroffene Feststellungen dÅrfen nicht auf informellem Weg Einzug in die Besteuerung des Organtrgers finden;3 eine Nichtfeststellung steht einer Null-Feststellung gleich. Von der lÅckenhaften Feststellung ist indes die fehlerhafte Feststellung (insbesondere fehlerhafte „Null“-Feststellung) abzugrenzen, bei der eine „ergnzende“ Feststellung nach § 179 Abs. 3 AO ausscheidet.4 Auch bei unvollstndigen Feststellungen dÅrfen nderungen bzw. Ergnzungen im Rahmen eines Ergnzungsbescheids nach § 179 Abs. 3 AO nur unter den Voraussetzungen einer gesetzlichen Korrekturnorm vorgenommen werden, weil § 179 Abs. 3 AO selbst keine Korrekturvorschrift darstellt.5

4.30

c) Anzurechnende Steuern Gleichgeordnete Feststellung. Nach § 14 Abs. 5 Satz 3 KStG gelten in Anlehnung an § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO6 die Stze 1 und 2 mit der Folge einer bindenden Feststellung entsprechend fÅr von der Organgesellschaft geleistete Steuern, die auf die Steuer des Organtrgers anzurechnen sind. Diese weitere Feststellung steht als Teil eines einheitlichen Feststellungsverfahrens neben den Feststellungen nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG. Eine Verfahrensstufung, bei der die Feststellung nach Satz 3 Gegenstand eines isolierten Feststellungsbescheids und Folgebescheid der Feststellung nach Satz 1 wre,7 htte einer besonderen gesetzlichen Anordnung bedurft. Mangels dieser sind alle auf der Rechtsgrundlage des § 14 Abs. 5 KStG beruhenden Feststellungen gleichgeordnete Teile des einheitlichen Feststellungsbescheids. Die Feststellung der anrechenbaren Steuern ist zwingend; insoweit besteht kein Ermessen fÅr die Finanzverwaltung. Insbesondere darf nicht in Fllen geringerer Bedeutung nach § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO von der Feststellung abgesehen werden.8 1 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 931 (Stand: September 2013); aA Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (105). 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 582 (Stand: Dezember 2013); aA aber St. Neumann, KÇlner Tage Organschaft 2014, Arbeitsunterlage S. 9. 3 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 930 (Stand: September 2013). 4 BFH v. 22.10.1998 – I R 122/97, BStBl. II 1999, 101 (102) = FR 1999, 213. 5 Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rz. 22 (Stand: August 2014); SÇhn in H/H/Sp, § 179 AO Rz. 310 f. (Stand: November 2010). 6 Jesse, FR 2013, 681 (689). 7 DafÅr Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (105 f.). 8 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 941 (Stand: September 2013).

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4.31

Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

4.32 Einzelne anzurechnende Steuern. § 14 Abs. 5 Satz 3 KStG erfasst zunchst die unter § 19 Abs. 5 KStG fallenden Steuern, insbesondere von der Organgesellschaft geleistete Kapitalertragsteuer1 und der entsprechende Solidarittszuschlag,2 sowie die Abzugsteuer auf Lizenzeinnahmen.3 FÅr auslndische Steuern i.S.d. § 26 KStG kann das Wahlrecht des § 34c EStG von der Organgesellschaft selbst ausgeÅbt werden.4 Bei der Wahl der Anrechnung werden die Steuern jedoch auf die festgesetzte KÇrperschaftsteuer des Organtrgers angerechnet,5 so dass sie ebenfalls gesondert und einheitlich festzustellen sind. Nicht festgestellt werden dÅrfen auslndische Steuern, die nach § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG iVm. § 34c Abs. 3 EStG zwingend von der Bemessungsgrundlage abzuziehen sind, weil diese Steuern schon dem Grunde nach nicht anrechenbar sind und das festgestellte Einkommen bereits gemindert haben.6

4.33 Entsprechende Anwendung. Die Formulierung „entsprechend“ in § 14 Abs. 5 Satz 3 KStG knÅpft an § 180 Abs. 5 AO an.7 Sie verdeutlicht, dass die anzurechnenden Steuern weder Teil des „Organeinkommens“ noch „andere Besteuerungsgrundlagen“ sind. Wie bei § 180 Abs. 5 AO werden außerhalb des eigentlichen Feststellungsbereichs liegende steuererhebliche Sachumstnde im Wege eines kombinierten Feststellungsbescheids in das Feststellungsverfahren einbezogen und faktisch zusammengefasst.8 Dabei entfaltet die getroffene Feststellung nach § 14 Abs. 5 Satz 3 KStG als Grundlagenbescheid entsprechend § 182 Abs. 1 Satz 2 AO Bindungswirkung fÅr die AnrechnungsverfÅgung und einen ggf. nachfolgenden Abrechnungsbescheid i.S.d. § 218 Abs. 2 AO.9 Sie ersetzt die fehlenden, weil auf die Organgesellschaft ausgestellten, aber fÅr die Steueranrechnung erforderlichen, Steuerbescheinigungen.10 Eine Auswirkung auf die Verjhrung hat die Bindungswirkung fÅr die AnrechnungsverfÅgung jedoch nicht, weil § 171 Abs. 10 AO im Rahmen der Zahlungsverjhrung (§§ 228 ff. AO) nicht anwendbar ist.11

1 DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313). 2 Im Gegensatz zum engeren Wortlaut des § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO, dazu Brandis in Tipke/Kruse, § 180 Rz. 104 (Stand: August 2014). 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 589a (Stand: Dezember 2013). 4 Geurts in Ernst & Young, § 26 KStG Rz. 146 (Stand: August 2013); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 940 (Stand: September 2013). 5 Frotscher in Frotscher/Maas, § 19 KStG Rz. 31 (Stand: Mai 2011). 6 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 589a (Stand: Dezember 2013); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 940 (Stand: September 2013). 7 BT-Drucks. 17/10774, 20. 8 So zu § 180 Abs. 5 AO Brandis in Tipke/Kruse, § 180 AO Rz. 102 (Stand: August 2014) mwN. 9 Zur systematischen Unabgestimmtheit im Vergleich mit § 182 Abs. 1 S. 2 AO: Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 942 (Stand: September 2013); vgl. zu § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO Koenig in Koenig, AO3, § 180 Rz. 102 mwN. 10 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 943 (Stand: September 2013). 11 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 944 (Stand: September 2013).

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B. Verfahrensrecht und Organschaft

d) Kein formelles Statusfeststellungsverfahren Jedenfalls faktische Bindung. Aus der deutungsoffenen gesetzlichen Formulierung des § 14 Abs. 5 KStG1 lsst sich indes nicht ableiten, dass die gesonderte und einheitliche Feststellung auch die fÇrmliche Feststellung Åber die Anerkennung der steuerrechtlichen Organschaft umfasst.2 Eine gesonderte und einheitliche Feststellung auf derart vage Formulierungen zu grÅnden, widerspricht dem Grundsatz gesetzlicher Feststellungsklarheit3 und damit dem Gebot der Gesetzmßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG), sowie dem Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Wegen des drohenden Rechtsverlusts bei unerkennbarer Grundlagenwirkung muss es fÅr den Steuerpflichtigen aufgrund einer ausdrÅcklichen gesetzlichen Anordnung erkennbar sein, in welchen Fllen abweichend vom Grundsatz des § 157 Abs. 2 Halbs. 1 AO eine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen erfolgt. Daran fehlt es indes bei § 14 Abs. 5 KStG.4 Die ohnehin deutungsfhige GesetzesbegrÅndung5 vermag dieses Manko angesichts der hÇchstrichterlichen unzweifelhaften Forderung nach einer ausdrÅcklichen gesetzlichen Anordnung einer Bindungswirkung6 nicht auszurumen. Ein isoliertes Statusfeststellungsverfahren, vergleichbar mit § 60a AO, hat der Gesetzgeber gerade nicht in die Organschaftsbesteuerung aufgenommen. Die faktische Bindung der Feststellung nach § 14 Abs. 5 KStG ist unbestritten,7 die rechtliche Bindung mehr als zweifelhaft.8 Diese Zweifel sind nicht rein akademischer Natur, auch 1 Kritisch zur unklaren Reichweite der Bindungswirkung auch Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 172. 2 So aber die GesetzesbegrÅndung BT-Drucks. 17/10774, 20, weil „nur dann [...] die Rechtsgrundlage fÅr eine Einkommenszurechnung gegeben“ sei; dem folgend namentlich DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313 f.); DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 585 (Stand: Dezember 2014). 3 Entlarvend offen Teiche, DStR 2013, 2197 (2204): „Welche konkreten Besteuerungsgrundlagen die einheitliche und gesonderte Feststellung i.S.d. § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG umfassen wird, steht derzeit noch nicht fest.“. 4 Den steuerrechtlich anzuerkennenden GewinnabfÅhrungsvertrag als Vorbedingung einer Zurechnung bei der Organschaft auf die nachrangige Stufe „damit zusammenhngender andere(r) Besteuerungsgrundlagen“ (§ 14 Abs. 5 S. 1 KStG) zu stellen (so aber Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 [105]), ist nicht nur gekÅnstelt, sondern widerspricht auch der auf dem Vorrang der „grundlegenden Feststellung“ basierenden GesetzesbegrÅndung (BT-Drucks. 17/10774, 20). Das Feststellungsverfahren nach § 14 Abs. 5 KStG setzt alle vertraglichen und tatschlichen Voraussetzungen der Organschaft sowie mit der Zurechnung auch ihre Rechtsfolge voraus, weshalb diese Voraussetzungen nicht mit der Zurechnung des Einkommens „zusammenhngen“, sondern diese bedingen. 5 GlA Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (104). 6 BFH v. 11.4.2005 – GrS 2/02, BStBl. II 2005, 679 (683) mwN = FR 2005, 1026 m. Anm. Kempermann; ebenso speziell zur Organschaft bereits Jesse, DStZ 2001, 113 (116). 7 DafÅr J. Lohmar in Lademann, § 14 KStG Rz. 732 (Stand: Dezember 2013); RÇdder, Ubg 2012, 717 (723); U. Prinz, GmbHR 2013, 39 (40); Teiche, DStR 2013, 2197 (2200); N. Schneider, StbJb. 2012/2013, 93 (119). 8 Zum Ganzen nher DrÅen, Der Konzern 2013, 433 (446 f.).

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4.34

Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

ranghohe Ministerialbeamte zweifeln, ob die Reichweite des Feststellungsverfahrens die Statusfrage einschließt.1

4.35 PraktikerlÇsung: Auch rechtliche Bindung. Trotz der aufgezeigten Zweifel und der frÅhzeitig angemahnten gesetzlichen Klarstellung geht die Praxis davon aus, dass die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 14 Abs. 5 KStG auch die Status-Feststellung Åber das Bestehen einer steuerrechtlich anzuerkennenden Organschaft mit Bindungswirkung umfasst.2 Allerdings ist nach der PraktikerlÇsung „unklar ..., was geschieht, wenn das Finanzamt ein Organschaftsverhltnis verneint“.3 Nach DÇtsch „sollte“ ein negativer Feststellungsbescheid ergehen.4 Nach MÅller besteht dagegen die Pflicht, einen negativen Feststellungsbescheid zu erlassen und daneben sei ein paralleler KÇrperschaftsteuerbescheid an die vermeintliche Organgesellschaft zu erlassen, der das von der Kapitalgesellschaft selbst zu versteuernde Einkommen enthlt.5 Organtrger und/oder Organgesellschaft mÅssen danach wegen der angenommenen Bindungswirkung des Feststellungsbescheids nach § 14 Abs. 5 KStG diesen anfechten, weil sonst Bestandskraft in der Statusfrage eintreten soll, auch wenn der KÇrperschaftsteuerbescheid an die vermeintliche Organgesellschaft angefochten wurde.6 Das alles legt die beschriebene Unsicherheit und die damit verbundene Rechtsschutzunklarheit offen. 3. Mehrere Feststellungsverfahren

4.36 Mehrere Organgesellschaften. Das Feststellungsverfahren nach § 14 Abs. 5 KStG erfasst das „dem Organtrger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft“. Es stellt jeweils eine verfahrensrechtliche VerknÅpfung zwischen einer Organgesellschaft und dem Organtrger dar, gegenÅber dem sich die Gesellschaft durch einen GewinnabfÅhrungsvertrag zur AbfÅhrung ihres ganzen Gewinns verpflichtet hat. Ein „Gesamt-Feststellungsverfahren“ fÅr den gesamten Organkreis sieht das Gesetz nicht vor. Besteht fÅr mehrere Gesellschaften ein GewinnabfÅhrungsvertrag mit der steuerlichen Folge der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft zugunsten desselben Organtrgers, so ist vielmehr fÅr jede dieser Organgesellschaften eine eigene Erklrung zu den gesonderten und einheitlichen Feststellungen abzugeben. Es wird fÅr jede Organgesellschaft ein eigener Feststellungsbescheid erlassen, der jeweils nur inter partes, im Verhltnis 1 Explizit St. Neumann, KÇlner Tage Organschaft 2014, Arbeitsunterlage S. 9 f. 2 DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313 f.); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 585 (Stand: Dezember 2014); Keller, DStZ 2013, 60 (64); Lenz/Adrian/ Handwerker, BB 2012, 2851 (2858); MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 472; Schumacher, Die Organschaft im Steuerrecht2, S. 206; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 805.0.2 (Stand: September 2014). 3 So MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 472. 4 So vorsichtig DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 585 (Stand: Dezember 2014). 5 MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 472. 6 So die Konsequenz von MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 472.

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B. Verfahrensrecht und Organschaft

zu ihrem Organtrger, eine Bindungswirkung entfaltet. Es kommt dadurch zu einer Multiplikation der Feststellungsverfahren im Organkreis, die folgendes Schaubild illustriert:

Kettenorganschaft. Der Organtrger einer Gesellschaft kann gleichzeitig Organgesellschaft eines anderen Unternehmens sein, wenn er sich seinerseits verpflichtet hat, seinen ganzen Gewinn an dieses abzufÅhren und die sonstigen Voraussetzungen einer kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft erfÅllt sind. Besteht eine solche Kettenorganschaft, so umfasst die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 14 Abs. 5 KStG nur das jeweilige „dem Organtrger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft“ im entsprechenden Organkreis. Es ist fÅr jedes einzelne Organschaftsverhltnis eine eigene Erklrung zu den gesonderten und einheitlichen Feststellungen abzugeben, aufgrund derer ein eigener Feststellungsbescheid erlassen wird. Das multipliziert die Verfahren bei der Kettenorganschaft, die folgendes Schaubild illustriert:

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4.37

Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

4.38 Inwieweit die Feststellung im Verhltnis der hybriden Organgesellschaft zu ihrem Organtrger an das ihr als Organtrger mittels Feststellungsbescheids nach § 14 Abs. 5 KStG zugerechnete Einkommen ihrer Organgesellschaft gebunden ist, erscheint fragwÅrdig. Insoweit stellt sich dasselbe Problem wie bei der Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids einer Tochterpersonengesellschaft der Organgesellschaft fÅr den Feststellungsbescheid nach § 14 Abs. 5 KStG (Rz. 4.34 f.). Die Praxis wird von einem gestuften Feststellungsverfahren ausgehen, in dem der jeweilige Feststellungsbescheid einen Grundlagenbescheid fÅr den nachfolgenden Feststellungsbescheid darstellt. 4. Steuerliche Deklarations- und Berichtigungspflichten bei der Organschaft

4.39 Trennung. Trotz der EinfÅhrung des Feststellungsverfahrens ndert sich an der Erklrungspflicht fÅr die Einkommen- und KÇrperschaftsteuer der betroffenen Gesellschaften im Organkreis nichts. Organtrger in der Rechtsform einer KÇrperschaft1 und die Organgesellschaften haben jeweils gesondert KÇrperschaftsteuererklrungen abzugeben2 und erhalten jeweils Bescheide Åber die festzusetzende KÇrperschaftsteuer.3

4.40 Zustzliche Feststellungserklrung. Zustzlich zu dieser Erklrungspflicht greift seit 2014 die eigenstndige Deklarationspflicht fÅr das neue Feststellungsverfahren nach § 14 Abs. 5 KStG.4 § 14 Abs. 5 Satz 5 KStG spricht explizit von der „Erklrung zu den gesonderten und einheitlichen Feststellungen ...“. Gleichwohl soll es nach der GesetzesbegrÅndung „aber im Grundsatz nicht zu einer zustzlichen Belastung fÅr die Beteiligten kommen“.5 Nach § 14 Abs. 5 Satz 5 KStG soll die Erklrung zu den gesonderten und einheitlichen Feststellungen nach den Stzen 1 und 3 mit der KÇrperschaftsteuererklrung der Organgesellschaft verbunden werden. Sie ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz per DatenfernÅbertragung (§ 31 Abs. 1a KStG) an die FinanzbehÇrde zu Åbermitteln.6

4.41 Trger der Erklrungspflicht. Die spezielle organschaftsrechtliche SollVorschrift zur vereinfachten ErfÅllung der Erklrungspflicht ordnet nicht den Abgabepflichtigen7 fÅr die Erklrung fÅr das neue Feststellungsverfah1 FÅr natÅrliche Personen als Organtrger greift die Einkommensteuer. Personenhandelsgesellschaften haben Feststellungserklrungen abzugeben. 2 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2012, § 14 Rz. 674. 3 Zuletzt DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 575 (Stand: Dezember 2013); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 802 (Stand: September 2014). 4 Lenz/Adrian/Handwerker, BB 2012, 2851 (2858). 5 So BT-Drucks. 17/10774, 20 f. 6 BT-Drucks. 17/10774, 20; Lenz/Adrian/Handwerker, BB 2012, 2851 (2858). 7 Die MÇglichkeit einer spezialgesetzlichen Regelung der Erklrungszustndigkeit (allgemein BT-Drucks. 10/1636, 46; Brandis in Tipke/Kruse, § 181 AO Rz. 11 [Stand: August 2014]) wurde nicht genutzt.

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ren nach § 14 Abs. 5 KStG an. Darum ist die Person des Pflichtentrgers umstritten.1 Mangels einer Spezialanordnung gilt die allgemeine Regelung fÅr Feststellungsverfahren in § 181 AO. Da der Gesetzgeber es versumt hat, den exemplarischen Katalog besonderer Flle der Erklrungszustndigkeit des § 181 Abs. 2 Satz 2 AO um die neue Feststellung nach § 14 Abs. 5 KStG zu ergnzen, ergibt sich die Erklrungspflicht allein aus § 181 Abs. 2 Satz 1 AO. Nach dessen Wortlaut („wem der Gegenstand der Feststellung ganz oder teilweise zuzurechnen ist“) und der Formulierung des § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG („das dem Organtrger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft“) spricht viel fÅr die Erklrungszustndigkeit des Organtrgers, was aber mit Blick auf § 14 Abs. 5 Satz 5 KStG offensichtlich nicht der Vorstellung des Gesetzgebers zur praktischen ErfÅllung der Erklrungspflicht entspricht. ber den Kunstgriff, dass das festgestellte Einkommen auch der Organgesellschaft als korrespondierender Abzugsposten negativ „zuzurechnen“ ist, ließe sich demgegenÅber eine Verpflichtung sowohl des Organtrgers als auch der Organgesellschaft nach § 181 Abs. 2 AO zur Abgabe einer Feststellungserklrung herleiten.2 Nach dieser Lesart besteht eine doppelte Erklrungszustndigkeit von Organtrger und Organgesellschaft fÅr das Feststellungsverfahren. ErfÅllt die Organgesellschaft, die dieser Pflicht regelmßig schneller und einfacher nachkommen kann, ihre Erklrungspflicht, so ist der Organtrger nach § 181 Abs. 2 Satz 2 AO befreit.3 Gibt die Organgesellschaft ihre Erklrung hingegen nicht ab, bleibt die Pflicht des Organtrgers bestehen.4 Berichtigungspflicht. Die bisherige Vereinfachungsvorschrift erscheint pragmatisch, wirft aber verfahrensrechtliche Folgefragen, insbesondere in Hinblick auf eine nachfolgende Berichtigungspflicht nach § 153 AO, auf. Diese Garantenpflicht zur Erklrungsberichtigung5 greift, wenn ein Steuerpflichtiger nachtrglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkennt, dass „eine von ihm oder fÅr ihn abgegebene Erklrung unrichtig oder unvollstndig ist und es dadurch zu einer VerkÅrzung von Steuern kommen

1 Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 194 (Stand: April 2013) sieht nur die Organgesellschaft als Erklrungspflichtigen an; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 945 (Stand: September 2013), nimmt eine Ermessensreduzierung an, wonach primr die Organgesellschaft zur Erklrung aufgefordert werden soll. 2 Im Ergebnis dafÅr Lenz/Adrian/Handwerker, BB 2012, 2851 (2858). 3 DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (314); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 589d (Stand: Dezember 2013); Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (105). 4 So die gesetzgeberische Intention (vgl. BT-Drucks. 17/10774, 21; ebenso DÇtsch/ Pung, DB 2013, 305 [314]), welche im Wortlaut jedoch nur bedingt Ausdruck gefunden hat. Diese Rekonstruktion scheint sich mit der gesetzgeberischen Intention am besten zu decken, aber erst eine entsprechende spezialgesetzliche Regelung der Deklarationspflicht bei der Organschaft in § 14 Abs. 5 KStG oder eine Ergnzung der Anwendungsflle des § 181 Abs. 2 Satz 2 AO wÅrde verbleibende Zweifel ausrumen. 5 Rtke in Klein, AO12, § 153 Rz. 1 mwN.

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4.42

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kann oder bereits gekommen ist“ (§ 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). Da die Berichtigungspflicht auch fÅr Steuererklrungen zur gesonderten Feststellung gilt (§ 181 Abs. 1 AO),1 ist von entscheidender Bedeutung, wen im Organkreis die Erklrungspflicht trifft. Denn soweit keine Pflicht zur Abgabe einer Erklrung besteht, kann auch keine Richtigstellungspflicht nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO bestehen.2 Als Konsequenz fÅr die obige Berichtigungspflicht nach § 153 AO bedeutet die Rekonstruktion einer „doppelten Erklrungspflicht“ dem Grunde nach eine Berichtigungspflicht fÅr Organtrger und Organgesellschaft. Zwar erfasst § 153 AO nicht den Fall, dass Åberhaupt keine Erklrung abgegeben wurde.3 Wenn indes der Organtrger trotz bestehender Erklrungspflicht keine eigene Erklrung abgegeben hat, trifft ihn aber gleichwohl eine Berichtigungspflicht im Falle der „fÅr ihn abgegebenen Erklrung“ durch die Organgesellschaft. Denn fÅr den Steuerpflichtigen wird eine Erklrung abgegeben, wenn sie sich auf die eigenen Steuerangelegenheiten bezieht.4 Aufgrund der Bindungswirkung nach § 14 Abs. 5 Satz 2 KStG betrifft das dem Organtrger materiell nach § 14 Abs. 1 KStG zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft seine eigene Steuer. Da es fÅr die Berichtigungspflicht nach § 153 AO nicht erforderlich sein soll, dass der Dritte zur Erklrung autorisiert ist,5 kme es fÅr sie auch nicht darauf an, ob die Feststellungserklrung durch die Organgesellschaft in Abstimmung oder im Auftrag des Organtrgers erfolgt.6 5. Zustndigkeiten fÅr Feststellungs- und Steuerfestsetzungsverfahren

4.43 Feststellung. Mit der EinfÅhrung des Feststellungsverfahrens geht die Regelung der Feststellungszustndigkeit einher. Nach § 14 Abs. 5 Satz 4 KStG ist das Finanzamt fÅr die Feststellung sachlich zustndig, dem auch die Besteuerung nach dem Einkommen der Organgesellschaft obliegt. Die Feststellungszustndigkeit folgt wie die Festsetzungszustndigkeit fÅr die KÇrperschaftsteuer aus § 20 AO. Zustndig ist – anders als bei der Gewerbesteuer7 – das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschftsleitung der 1 Seer in Tipke/Kruse, § 153 AO Rz. 7 (Stand: Juni 2012). 2 BFH v. 30.1.2002 – II R 52/99, BFH/NV 2002, 917; CÇster in Koenig, AO3, § 153 Rz. 9. 3 Rtke in Klein, AO12, § 153 Rz. 3. 4 Heuermann in H/H/Sp, § 153 AO Rz. 7 (Stand: April 2014). 5 So Heuermann in H/H/Sp, § 153 AO Rz. 7 (Stand: April 2014). 6 Diese weitreichenden Folgen sprechen angesichts der damit verbundenen Strafbarkeitsrisiken (zusammenfassend Seer in Tipke/Kruse, § 153 AO Rz. 18 [Stand: Juni 2012]) dafÅr, die Erklrungszustndigkeit fÅr das neue Feststellungsverfahren nach § 14 Abs. 5 KStG klar und abgestimmt auf § 181 Abs. 2 AO zu normieren. Denn die geschilderten AuslegungsbemÅhungen vermÇgen zwar die gesetzgeberische Vorstellung der praktischen ErfÅllung zu rekonstruieren, kÇnnen aber keinen darauf gestÅtzten Strafvorwurf tragen. Die gesetzliche Unklarheit der Pflichtenlage darf nicht strafrechtlich sanktioniert werden. 7 FÅr die Gewerbesteuer ist allein das Betriebsfinanzamt des Organtrgers zustndig (Rz. 4.57).

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Organgesellschaft befindet.1 Diese Zustndigkeit setzt sich in Rechtsschutzverfahren fort. FÅr das Rechtsbehelfsverfahren ergibt sich die Zustndigkeit des Finanzamtes der Organgesellschaft fÅr das neue Feststellungsverfahren aus § 367 Abs. 1 Satz 1 AO. FÅr das Klageverfahren ist das FG Çrtlich zustndig, in dessen Bezirk das Finanzamt der Organgesellschaft seinen Sitz hat (§ 38 Abs. 1 FGO). Der Gesetzgeber hat sich somit fÅr eine Dezentralisierung des Verfahrens2 entschieden, anstatt den gesamten Organkreis in die Zustndigkeit des fÅr den Organtrger zustndigen Finanzamtes zu Åbertragen. Hiermit einher geht freilich das Risiko divergierender Entscheidungen bei großen Organkreisen mit einer Vielzahl gleichgelagerter Sachverhalte.3 Um dies zu vermeiden, muss der Informationsfluss zwischen den Finanzmtern von Organgesellschaft und Organtrger sichergestellt werden.4 Soweit die Feststellungs- und Bindungswirkung des § 14 Abs. 5 Stze 1-3 KStG reicht, ist kein Raum mehr fÅr die bisher von der Finanzverwaltung praktizierte Zustndigkeit des Finanzamts des Organtrgers.5 Insoweit sind die frÅheren Regelungen zur Çrtlichen Zustndigkeit in Organschaftsfllen (Rz. 4.15) durch die neu eingefÅhrte spezielle Zustndigkeitsregelung des § 14 Abs. 5 Satz 4 KStG hinfllig geworden.6 Der Verweis auf die frÅher praktizierte Zustndigkeitsvereinbarung nach § 27 AO7 verfngt nicht, weil die Norm nur Vereinbarungen im Bereich der Çrtlichen, nicht aber der sachlichen und verbandsmßigen Zustndigkeit erÇffnet.8 § 14 Abs. 5 Satz 4 KStG begrÅndet aber nicht allein die Çrtliche Zustndigkeit,9 sondern die sachliche Zustndigkeit der FinanzbehÇrde fÅr die Feststellung und zugleich die verbandsmßige Zustndigkeit des Landes, dem diese FeststellungsbehÇrde angehÇrt. Verbindliche AuskÅnfte. Zustndig fÅr die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die FinanzbehÇrde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts Çrtlich zustndig sein wÅrde (§ 89 Abs. 2 Satz 2 AO). Dies ist regelmßig das Finanzamt, das das Festsetzungs- oder Feststellungsverfahren durchfÅhrt. FÅr die Organschaft schlgt die Regelung des § 14 Abs. 5 Satz 4 KStG somit Åber § 89 Abs. 2 Satz 2 AO auf die 1 AO-Kartei NRW § 26 AO Karte 803 II. 2 Explizit und kritisch Teiche, DStR 2013, 2197 (2201). 3 Teiche, DStR 2013, 2197 (2201) sieht indes zumindest die MÇglichkeit, bei gleichgelagerten Problematiken das Prozesskostenrisiko durch Anfechtung des Feststellungsbescheids mit dem geringsten Streitwert zu minimieren, whrend die Åbrigen Verfahren ruhend gestellt werden. 4 DrÅen, Der Konzern 2013, 433 (443, 449); zustimmend DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 589c (Stand: Dezember 2013). 5 DrÅen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 20 AO Rz. 5 (Okt. 2014). 6 Weitergehend erachten Jesse, FR 2013, 681 (690) und DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, KStG § 14 Rz. 589c (Stand: Dezember 2013), diese Erlasse zur Çrtlichen Zustndigkeit insgesamt als Åberholt. 7 So Teiche, DStR 2013, 2197 (2201). 8 DrÅen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 20 AO Rz. 5, § 27 AO Rz. 3 (Okt. 2014). 9 Anders wohl BT-Drucks. 17/10774, 20, unter Hinweis auf § 20 AO.

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verbindliche Auskunft durch, so dass das Finanzamt der Organgesellschaft zustndig ist. Dies entspricht grundstzlich dem Grundsatz der dezentralen Festsetzungsverantwortung. In der Praxis kÇnnen Probleme daraus erwachsen, dass fÅr Sachverhalte, die auch eine gewerbesteuerliche Relevanz haben, das Finanzamt des Organtrgers fÅr verbindliche AuskÅnfte zur Gewerbesteuer zustndig ist.1 Dabei erscheint fraglich, ob stets eine verbindliche Auskunft mit Bindungswirkung fÅr die Gewerbesteuer erforderlich ist. Regelmßig werden die entsprechenden steuerrechtlichen Folgen bei der Gewerbesteuer in der Praxis Åber die (rein faktische) Bindung an das kÇrperschaftsteuerliche Einkommen oder durch nachtrgliche nderungen Åber § 35b GewStG gezogen. Allerdings birgt eine derartige auf die KÇrperschaftsteuer begrenzte Antragstellung das Risiko divergierender Entscheidungen im Einzelfall, weil eine rein faktische Bindung im Streitfall eine rechtliche Bindung nicht ersetzen kann. Jedenfalls bei originr gewerbesteuerrechtlichen Fragen wie der Hinzurechnungen oder KÅrzungen nach §§ 8 und 9 GewStG bedarf es einer verbindlichen Auskunft fÅr die Gewerbesteuer. 6. Bekanntgabe des einheitlichen Feststellungsbescheids

4.45 Inhaltsadressaten oder Bevollmchtigter. Ein einheitlicher Feststellungsbescheid ist an den Inhaltsadressaten zu richten und muss diesem als Bekanntgabeadressaten nach § 124 Abs. 1 Satz 1 AO bekanntgegeben werden, um wirksam zu werden.2 Der Feststellungsbescheid nach § 14 Abs. 5 KStG ist darum grundstzlich beiden Inhaltsadressaten – der Organgesellschaft und dem Organtrger – bekanntzugeben.3 Nach der GesetzesbegrÅndung ist „die Bestimmung eines gemeinsamen Empfangsbevollmchtigten ... mÇglich“.4 Soweit damit die freiwillige Angabe des Empfangsbevollmchtigten durch den Organtrger und die Organgesellschaft gemeint ist,5 besteht diese MÇglichkeit unzweifelhaft. Denn nach § 80 Abs. 1 Satz 1 AO kann sich jeder Beteiligte im Steuerverwaltungsverfahren durch einen Bevollmchtigten vertreten lassen und diesen zu allen Verfahrenshandlungen, einschließlich einer Empfangsvollmacht, bevollmchtigen.6

4.46 Keine aufgedrngte Bekanntgabeerleichterung nach § 183 AO. Soweit in der GesetzesbegrÅndung aber die finanzbehÇrdliche Bekanntgabeerleichterung nach § 183 AO durch die „Bestellung“ eines gemeinsamen Empfangsbevollmchtigten gemeint sein sollte, greift diese bereits tatbestand1 Teiche, DStR 2013,2197 (2205). 2 Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rz. 5 (Stand: August 2014); Fritsch in Koenig, AO3, § 124 Rz. 5 ff. 3 BT-Drucks. 17/10774, 20; DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313). 4 BT-Drucks. 17/10774, 20. 5 Vgl. DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313, Note 82), nach denen ein gemeinsamer Zustellungsvertreter mÇglich ist. 6 DrÅen in Tipke/Kruse, § 80 AO Rz. 16 (Stand: Oktober 2011).

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lich nicht. Denn Organtrger und Organgesellschaft sind zwar aufgrund § 14 Abs. 5 Satz 1 und 2 KStG „Feststellungsbeteiligte“ im Sinne des Klammerzusatzes des § 183 Abs. 1 Satz 1 AO, erfÅllen aber nicht die zugrunde liegende Legaldefinition. Die Bestellung setzt nmlich voraus, dass „mehrere Personen ... an dem Gegenstand der Feststellung als Gesellschafter oder Gemeinschafter beteiligt sind“ (§ 183 Abs. 1 Satz 1 AO). Hinter dieser Legaldefinition steht als Prototyp die erleichterte Bekanntgabe von Gewinnfeststellungsbescheiden an Mitunternehmerschaften, insbesondere zur Verfahrenserleichterung bei Publikumsgesellschaften.1 Von dem „dem Organtrger zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft“ als Gegenstand des neuen Feststellungsverfahrens nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG sind zwar Organtrger und Organgesellschaft betroffen, nicht aber daran „als Gesellschafter oder Gemeinschafter beteiligt“. Die gesellschaftsrechtliche Verbindung ist nur eine Voraussetzung der Organschaft, aber nicht hinreichender Rechtsgrund der Zurechnung. Das Einkommen der Organgesellschaft bleibt ihr Einkommen, das dem Organtrger nur aufgrund der finanziellen Eingliederung und der weiteren Voraussetzungen des § 14 KStG als Fremdeinkommen zugerechnet wird. „Beteiligt“ i.S.v. § 183 AO sind zudem nur die Personen, denen die festgestellten Besteuerungsgrundlagen „zugerechnet“ werden, nicht dagegen alle Personen, an die die FinanzbehÇrde den Verwaltungsakt verfahrensrechtlich nach § 78 Nr. 2 AO richten will oder gerichtet hat.2 Das fÅr die Organgesellschaft ermittelte Einkommen ist materiell-rechtlich allein dem Organtrger zuzurechnen (§ 14 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 KStG), so dass nicht „mehrere Personen“ i.S.v. § 183 Abs. 1 Satz 1 AO beteiligt sind. berdies ist die Norm wegen der Gefahr einer VerkÅrzung der Verfahrensrechte der Beteiligten3 einschrnkend auszulegen,4 weshalb auch eine wortlautÅberschreitende Ausdehnung der Vereinfachungsvorschrift des § 183 AO ausscheidet. Darum ist bei der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids nach § 14 Abs. 5 KStG nur eine freiwillige Empfangsbevollmchtigung, nicht aber eine Bestellung eines Empfangsbevollmchtigten durch die FinanzbehÇrde mÇglich.5 7. Rechtsfolgen der Feststellungen nach § 14 Abs. 5 KStG Bindungswirkung und Folgekorrektur. Die gesonderte und einheitliche Feststellung hat fÅr die Besteuerung von Organgesellschaft und Organtrger die zentrale Rechtsfolge der in § 14 Abs. 5 Satz 2 KStG angeordneten Bindungswirkung fÅr Folgebescheide. Diese Norm przisiert die allgemeine Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids als Grundlagen-

1 Vgl. nur Jakob, Abgabenordnung5, Rz. 365 f. 2 Explizit Ratschow in Klein, AO12, § 183 Rz. 2. 3 Brandis in Tipke/Kruse, § 183 AO Rz. 5 (Stand: August 2014) mwN; Ratschow in Klein, AO12, § 183 Rz. 3. 4 Ratschow in Klein, AO12, § 183 Rz. 3 mwN. 5 So insgesamt DrÅen, Der Konzern 2013, 433 (443).

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bescheid nach § 182 AO.1 Explizit ordnet § 14 Abs. 5 Satz 2 KStG in persÇnlicher Hinsicht die Bindungswirkung sowohl fÅr die Organgesellschaft als auch fÅr den Organtrger an.2 Ist Organtrger eine natÅrliche Person oder eine Personengesellschaft, so besteht die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids auch fÅr den Einkommensteuer- bzw. Feststellungsbescheid des Organtrgers.3 Da der Feststellungsbescheid die Funktion eines Grundlagenbescheids hat,4 ist eine Folgekorrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO vorgeschrieben. Es besteht eine Anpassungspflicht an den neugeschaffenen Grundlagenbescheid. Nach Erlass, nderung oder Aufhebung eines Grundlagenbescheids ist die FinanzbehÇrde nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO von Amts wegen verpflichtet, den Folgebescheid anzupassen, ohne dass ihr ein Ermessen zusteht.5 Dabei sieht eine Dienstanweisung eine unmittelbare Anpassungspflicht der FinanzbehÇrde vor: Feststellungsbescheide sind von den fÅr die Folgebescheide zustndigen Finanzmtern „unverzÅglich und vorrangig auszuwerten“.6 Auch wenn zu erwarten ist, dass eine Anpassung an mehrere Grundlagenbescheide erforderlich ist, soll nach der Anweisung der OFD Frankfurt/M. davon abgesehen werden, „die Mitteilungen zur gemeinsamen Auswertung zu sammeln“.7 Damit besteht fÅr die Finanzverwaltung eine fortschreitende Auswertungspflicht der Feststellungsbescheide, die gegen die Organgesellschaften ergehen. Ein Abwarten bis zur DurchprÅfung und Bescheidung der letzten Organgesellschaft ist danach nicht zulssig.

4.48 Feststellungsverjhrung. Weitere Rechtsfolge des Feststellungsverfahrens ist die VerknÅpfung der zeitlichen KorrekturmÇglichkeiten durch die Feststellungsverjhrung (§ 171 Abs. 10, § 181 Abs. 5 AO). Die Grundlagenfunktion des Feststellungsbescheids verhindert, dass nderungen 1 Allgemein zum Verhltnis von Grundlagen- und Folgebescheid Brandis in Tipke/Kruse, Vor § 179 AO Rz. 3 (Stand: August 2014). 2 Teiche, DStR 2013, 2197 (2200). Trotz dieser Anordnung nimmt Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 934 (Stand: September 2013), eine Bindungswirkung fÅr die Organgesellschaft nur hinsichtlich der Statusfeststellung, nicht aber bzgl. der festgestellten Betrge an. Bartone in Beermann/Gosch, § 350 AO Rz. 15 (Stand: November 2013), geht weitergehend davon aus, dass sich die Feststellungen ungeachtet der Anordnung in § 14 Abs. 5 S. 1 KStG ausschließlich an den Organtrger wenden. 3 BT-Drucks. 17/11217, 10; DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313); zur Frage, ob bei Organtrgerpersonengesellschaften der nach § 14 Abs. 5 KStG gesondert festgestellte Betrag als eigenstndige Besteuerungsgrundlage neben dem eigenen Gewinn der Personengesellschaft in deren Feststellung einzubeziehen ist, nher DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 589e (Stand: Dezember 2013). 4 Keller, DStZ 2013, 60 (64); DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313). 5 BFH v. 10.7.1987 – I R 149/83, BStBl. II 1988, 25; Koenig in Koenig, AO3, § 175 AO Rz. 19. 6 OFD Frankfurt/M. v. 2.12.2009, VerfÅgung betreffend Anpassung von Folgebescheiden an Grundlagebescheide, AO-Kartei Hessen, § 175 AO Karte 1, Rz. 22. 7 OFD Frankfurt/M., AO-Kartei Hessen, § 175 AO Karte 1, Rz. 22.

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des Grundlagenbescheids im Folgebescheid aufgrund abgelaufener Festsetzungs-/ oder Feststellungsfristen nicht mehr nachvollzogen werden kÇnnen. § 171 Abs. 10 AO regelt, dass die Festsetzungs-/Feststellungsfrist fÅr den Folgebescheid zwei Jahre nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids gehemmt ist.1 Umgekehrt wird die dienende Funktion des Feststellungsverfahrens durch die Regelung des § 181 Abs. 5 AO deutlich.2 Danach kann der Grundlagenbescheid auch nach Ablauf der Feststellungsfrist erlassen werden, solange er noch Bindungswirkung fÅr einen Folgebescheid entfalten wÅrde, dessen Festsetzungs-/Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist.3 Insoweit erlangt der verfahrensrechtliche Streit darum, ob die Festsetzungs-/Feststellungsfrist des Folgebescheids noch bei keinem der an der einheitlichen und gesonderten Feststellung Beteiligten abgelaufen sein darf,4 auch im Organschaftsrecht Bedeutung. Regelmßig kein Zuwachs an Rechtssicherheit. Trotz erleichterter Folgekorrekturen und der Verbindung der Feststellungsverjhrung durch das neue Feststellungsverfahren dÅrfte von ihm kein nennenswerter Zuwachs an Rechtssicherheit ausgehen.5 Zwar wird es nun nicht mehr erforderlich sein, den Steuerbescheid des Organtrgers bis zum Abschluss der letzten AußenprÅfung bei einer Organgesellschaft insgesamt nach § 164 AO „offenzuhalten“.6 Sofern der neue Feststellungsbescheid aber schematisch bis zum Abschluss der letzten AußenprÅfung unter dem Vorbehalt der NachprÅfung erlassen wird,7 wovon in der Praxis regelmßig auszugehen ist,8 bleibt der Steuerfall hinsichtlich dieser Feststellungen weiterhin offen.9 Das vom Gesetzgeber erstrebte Ziel der Verbesserung der Rechtssicherheit bei der Organschaft steht insoweit im Spannungsverhltnis zu

1 Dazu allgemein Banniza in H/H/Sp, § 171 AO Rz. 195 (Stand: Juni 2011). Nach AEAO zu § 171 Nr. 6.5 lÇst auch die Aufhebung des Vorbehalts der NachprÅfung die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO aus. 2 Brandis in Tipke/Kruse, § 181 AO Rz. 19 (Stand: August 2014). 3 Insoweit bleibt die Regelung des § 171 Abs. 10 AO außer Betracht, um einen Zirkelschluss zu vermeiden. 4 Zum Streitstand vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 181 AO Rz. 20 (Stand: August 2014). 5 Dies einrumend auch St. Neumann, KÇlner Tage Organschaft 2014, Arbeitsunterlage S. 10. 6 Teiche, DStR 2013, 2197 (2200). 7 Da der Vorbehalt der NachprÅfung als Teil des einheitlichen, mithin inhaltlich Åbereinstimmenden (DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 [313]) Feststellungsbescheids sowohl gegenÅber der Organgesellschaft als auch gegenÅber dem Organtrger wirkt, kann er nur einheitlich gegenÅber beiden Feststellungsbeteiligten angebracht und aufgehoben werden. 8 Ebenso Teiche, DStR 2013, 2197 (2200); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 805.0.1 (Stand: September 2014). 9 Kritisch bereits Middendorf/Holtrichter, StuB 2013, 123 (127); ebenso Mayer/ Wiese, DStR 2013, 629 (633).

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Kapitel 4 Verfassungs- und verfahrensrechtliche Grundlagen der Organschaft

der weitestgehend voraussetzungs-1 und begrÅndungslosen (§ 164 Abs. 1 Satz 1 aE AO) Ermessensentscheidung zum Vorbehalt der NachprÅfung2 und der damit einhergehenden eingeschrnkten gerichtlichen Kontrolle (§ 5 AO iVm. § 102 FGO).3 Einzige wirksame Schranke des Vorbehalts ist die durchgefÅhrte AußenprÅfung nach § 164 Abs. 3 Satz 3 AO.4 Solange die FinanzbehÇrde dagegen beabsichtigt, beim Steuerpflichtigen eine AußenprÅfung durchzufÅhren, ist der Vorbehalt ermessensgerecht.5 Einsatz und Dauer des Vorbehalts der NachprÅfung werden darum zur Nagelprobe fÅr das neue Verfahrensrecht.6

4.50 Ausnahme bei Ausschluss von Zweifeln beim Organtrger. Ein Zuwachs an Rechtssicherheit kann sich indes in den Fllen ergeben, bei denen die den Organtrger betreffenden Voraussetzungen der Organschaft außer Frage stehen. In diesen Fllen ist der Vorbehalt der NachprÅfung im Feststellungsbescheid bereits nach der abschließenden PrÅfung der einzelnen Organgesellschaft unabhngig vom PrÅfungsergebnis7 aufzuheben.8 Insoweit ist in der Besteuerungspraxis ein gestuftes PrÅfungsverfahren mÇg1 CÇster in Koenig, AO3, § 164 Rz. 22; RÅsken in Klein, AO12, § 164 Rz. 13: Einzige gesetzliche Voraussetzung einer Vorbehaltsfestsetzung ist die ausstehende abschließende PrÅfung des Steuerfalls (§ 164 Abs. 1 Satz 1 AO). 2 Buciek in Beermann/Gosch, § 164 AO Rz. 21 (Stand: Mrz 2009) mwN: Insoweit soll der FinanzbehÇrde ein Beurteilungsspielraum zukommen. Eingrenzungen der Ermessensbettigung sind der bisherigen Rechtsprechung kaum zu entnehmen, Frotscher in Schwarz, § 164 AO Rz. 22 (Stand: August 2011): „Denkbar weiter Ermessensrahmen“, einschließlich der Zulssigkeit des Vorbehalts der NachprÅfung aufgrund allgemeiner Dienstanweisungen in bestimmten Fallgruppen. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken vgl. Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 2002, S. 779 ff. 3 Zum umfassenden Vorbehalt der NachprÅfung im Feststellungsverfahren und den Ermessenskriterien fÅr die Setzung des Vorbehalts vgl. DrÅen, Der Konzern 2013, 433 (448 f.). 4 RÅsken in Klein, AO12, § 164 Rz. 14. 5 CÇster in Koenig, AO3, § 164 Rz. 29; Frotscher in Schwarz, § 164 AO Rz. 22 (Stand: August 2011); Seer in Tipke/Kruse, § 164 AO Rz. 17 f. (Stand: Mai 2014). 6 Ein Ausschluss der Statusentscheidung aus der Vorbehaltswirkung des § 164 AO, wie Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (104 f.) ihn vorschlagen, ist de lege lata nicht mÇglich. Selbst wenn man davon ausgeht, dass auch die Statusfeststellung Gegenstand der gesonderten und einheitlichen Feststellung ist, erstreckt sich die Nebenbestimmung des § 164 AO stets auf den gesamten Bescheid. Ein „Teil-Vorbehalt der NachprÅfung“ wre nach § 125 AO nichtig, allgemein Buciek in Beermann/Gosch, § 164 AO Rz. 15 (Stand: Mrz 2009). 7 Zum zu engen Wortlaut des § 164 Abs. 3 S. 3 AO vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 164 AO Rz. 49 (Stand: Mai 2014). 8 Ob der Vorbehalt der NachprÅfung des Feststellungsbescheids nach der AußenprÅfung der Organgesellschaft, des Organtrgers oder erst beider Gesellschaften aufzuheben ist, hngt darum von den zu prÅfenden materiellen Besteuerungsgrundlagen und nicht von der formellen Frage ab, in welcher PrÅfungsanordnung (§ 196 AO) die PrÅfung des Feststellungsbescheids gesondert angeordnet wurde. Da der Feststellungsbescheid wegen der Bindungswirkung fÅr Organgesellschaft und Organtrger (§ 14 Abs. 5 Satz 2 KStG) beide betrifft und beiden bekanntzugeben ist, kann in der jeweiligen PrÅfungsanordnung gegen Organgesell-

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lich, indem die Organgesellschaften Schritt fÅr Schritt durchgeprÅft werden1 und der Vorbehalt der NachprÅfung des jeweiligen Feststellungsbescheids nach DurchfÅhrung der AußenprÅfung bei der jeweiligen Organgesellschaft aufgehoben wird. Dabei ist keine bestimmte Reihenfolge der PrÅfungen notwendig und der Organkreis muss nicht mehr insgesamt „offengehalten“ werden.2 Ein Gewinn an Rechtssicherheit ergibt sich hinsichtlich des eigenen Einkommens des Organtrgers und des Zurechnungseinkommens bereits geprÅfter Organgesellschaften, weil auch diese Einkommensteile des Organtrgers bisher bis zum Abschluss der BetriebsprÅfung der letzten Organgesellschaft unter dem Vorbehalt der NachprÅfung standen. FragwÅrdige Bindungswirkung. Das neue Feststellungsverfahren dient dem Ziel der LÅckenschließung3 als Reaktion auf „von der Rechtsprechung entschiedene ,BindungslÅcken‘ in Organschaftsfllen“.4 Angesichts des gesetzlich nicht klar geregelten Verhltnisses5 zwischen dem KÇrperschaftsteuerbescheid der Organgesellschaft und dem neuen Feststellungsbescheid nach § 14 Abs. 5 KStG6 bestehen jedoch Zweifel, ob die gewÅnschte strikte Bindungsfolge auch rechtssicher gewhrleistet ist.7 Dies illustriert wiederum der Testfall des BFH zur nderung des Gewinnfeststellungsbescheids der Tochter-Personengesellschaft der Organgesellschaft:8

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schaft und Organtrger der Feststellungsbescheid zum PrÅfungsgegenstand bestimmt werden. v. Wolfersdorff/RÇdder/Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, DB 2012, 2241 (2246). v. Wolfersdorff/RÇdder/Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, DB 2012, 2241 (2246). Keller, DStZ 2013, 60 (63). So U. Prinz, GmbHR 2013, 39 (40). Unklar ist weiterhin, ob die Einkommensermittlung nur unselbstndiger Teil des KÇrperschaftsteuerbescheids, oder sowohl unselbstndiger Teil des KÇrperschaftsteuerbescheids als auch zugleich des Feststellungsbescheids oder allein unselbstndiger Teil des Feststellungsbescheids ist (s. noch Rz. 4.52). Dies konzediert auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 587 (Stand: Dezember 2014). Zu den verschiedenen Auslegungsvarianten bereits DrÅen, Der Konzern 2013, 433 (449 ff.). Nachgebildet BFH v. 6.3.2008 – IV R 74/05, BStBl. II 2008, 663 = FR 2009, 45 (Grafik nach Teiche, DStR 2013, 2197 [2200]).

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4.52 Durchgreifende oder gestufte Feststellungswirkung? Das kaum gewÅnschte Ergebnis einer – wie zuvor – fehlenden Bindungswirkung des Feststellungsbescheids lsst sich durch die Konstruktion einer durchgreifenden Bindungswirkung direkt zwischen den Feststellungsbescheiden vermeiden.1 Der Testfall ließe sich dadurch lÇsen, als es sich bei Feststellungsbescheiden Åber der Organgesellschaft zuzurechnende EinkÅnfte um Grundlagenbescheide fÅr den Feststellungsbescheid nach § 14 Abs. 5 KStG handeln soll.2 Insoweit ergbe sich eine „lÅckenlose Kette von Grundlagen- und Folgebescheiden“.3 Allerdings entsteht derart ein Konkurrenz-Problem.4 Der Feststellungsbescheid fÅr die Tochterpersonengesellschaft wre ebenso Grundlagenbescheid fÅr den KÇrperschaftsteuerbescheid der Organgesellschaft, wie auch fÅr den Feststellungsbescheid nach § 14 Abs. 5 KStG, der wiederum Grundlagenbescheid fÅr den KÇrperschaftsteuerbescheid ist. Die vorgeschlagene Stufenbetrachtung, wonach das Einkommen zunchst der Organgesellschaft zugerechnet, danach aber Åber den Feststellungsbescheid entzogen wird,5 setzt indes voraus, dass die Einkommensermittlung sowohl als unselbstndiger Teil des KÇrperschaftsteuer- als auch des Feststellungsbescheids angesehen wird. Denn nur in diesem Falle wirkt das festgestellte Einkommen als bloßer Abzugsposten fÅr den KÇrperschaftsteuerbescheid. Dieser Weg erscheint theoretisch gangbar, allerdings fehlt es insoweit an der hinreichend klaren gesetzlichen Anordnung der atypischen Bindungswirkung. Eine Ausnahme vom Grundsatz integrierter Zugrundelegung der Besteuerungsgrundlagen (Rz. 4.23) setzt aber nach dem Grundsatz gesetzlicher Feststellungsklar1 DafÅr wohl Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 936 (Stand: September 2013). 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 587, 589 (Stand: Dezember 2014), mit der weiteren Prmisse, dass die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft im Feststellungsbescheid nach § 14 Abs. 5 KStG erfolgt. 3 Teiche, DStR 2013, 2197 (2200). 4 Zutreffend Teiche, DStR 2013, 2197 (2200 f.). 5 So Teiche, DStR 2013, 2197 (2201).

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heit eine „gesetzlich angeordnete Bindungswirkung“ voraus.1 Das Verfahrensrecht der Organschaft bleibt in diesem Punkt „verfahren“. 8. Konsequenzen fÅr den Rechtsschutz bei der Organschaft Rechtsschutzkonzentration. Die Bindungswirkung nach § 14 Abs. 5 Satz 2 KStG hat Konsequenzen fÅr den Rechtsschutz bei der Organschaft. Die Anfechtungsbeschrnkung des § 351 Abs. 2 AO besttigt,2 dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Feststellungen nur durch den Rechtsbehelf gegen diesen Bescheid anfechtbar sind. Dies fÅhrt, soweit bindende Feststellungen zu erlassen sind, zu einer Rechtsschutzkonzentration auf das Feststellungsverfahren. Einwendungen gegen festgestellte Besteuerungsgrundlagen kÇnnen nur im Wege eines Einspruchs gegen diesen Feststellungsbescheid geltend gemacht werden.3

4.53

Rechtsbehelfsbefugnis. Die GesetzesbegrÅndung geht davon aus, dass die MÇglichkeit, den gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid außergerichtlich und gerichtlich anfechten zu kÇnnen, sowohl dem Organtrger als auch der Organgesellschaft zusteht und verweist dazu vage auf „vgl. im brigen § 352 AO und § 48 FGO“.4 § 352 AO regelt fÅr das finanzbehÇrdliche Einspruchsverfahren Åbereinstimmend mit der inhaltgleichen Norm des § 48 FGO im gerichtlichen Verfahren die Einschrnkung5 der Rechtsbehelfsbefugnis bei einheitlicher und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.6 Der Verweis auf die persÇnliche Verengung im Falle mehrerer Beschwerter erscheint nicht unproblematisch.7 Denn § 352 AO sowie § 48 FGO setzen außer den dortigen besonderen Voraussetzungen die allgemeine Beschwer nach § 350 AO voraus.8 Dabei begrÅndet die Feststellungswirkung eine persÇnliche und sachliche Beschwer.9 Organtrger und Organgesellschaft sind aufgrund § 14 Abs. 5 Satz 1 und 2 KStG „Feststellungsbeteiligte“. Da der Feststellungsbescheid an beide zu richten ist, kÇnnen sich beide gegen den an sie gerichteten

4.54

1 Nher DrÅen, Der Konzern 2013, 433 (451) mwN. 2 Zur aufgrund der Bindungswirkung nach § 182 AO rein klarstellenden Funktion der Norm vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 351 AO Rz. 45 (Stand: Oktober 2010). 3 Seer in Tipke/Kruse, § 351 AO Rz. 45 ff. (Stand: Oktober 2010). 4 So BT-Drucks. 17/10774, 20; dem folgend Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (106). 5 Explizit Brandis in Tipke/Kruse, § 352 AO (Stand: Oktober 2010); ebenso CÇster in Koenig, AO3, § 350 Rz. 15: „Beschrnkung“. 6 Birkenfeld in H/H/Sp, § 352 AO Rz. 44 (Stand: Mrz 1997). 7 Dazu bereits nher DrÅen, Der Konzern 2013, 433 (444 f.). 8 Birkenfeld in H/H/Sp, § 350 AO Rz. 115 (Stand: November 1997), § 352 AO Rz. 44 f. (Stand: Mrz 1997); ebenso CÇster in Koenig, AO3, § 350 Rz. 4; Werth in Beermann/Gosch, § 352 AO Rz. 6 (Stand: Februar 2009). 9 So bereits zuvor Jesse, DStZ 2001, 113 (114); allgemein Birkenfeld in H/H/Sp, § 350 AO Rz. 115 f. (Stand: November 1997); Ratschow in Klein, AO12, § 179 Rz. 25.

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Feststellungsbescheid wenden.1 Aus § 350 AO folgt eine parallele Rechtsschutzbefugnis von Organgesellschaft und Organtrger.2 Die frÅhere Einschrnkung, dass die Organgesellschaft durch einen Null-Bescheid nicht beschwert ist, und die frÅhere Differenzierung zwischen der Statusfrage und der ZurechnungshÇhe sind dadurch Åberwunden.3 Eine Rechtsschutzkonzentration auf den Organtrger war ausweislich der GesetzesbegrÅndung nicht Ziel des Gesetzgebers und sie bedÅrfte auch der besonderen gesetzlichen Anordnung durch Erweiterung von § 352 AO und § 48 FGO. DÅrfen nunmehr im Falle der Organschaft ohne weiteres Organgesellschaft und Organtrger außergerichtliche und gerichtliche Rechtsbehelfe einlegen, ist dieser Multiplikation der Rechtsschutzverfahren4 durch entsprechende VerknÅpfung zur Sicherung einheitlicher Entscheidungen zu begegnen.5 Bei der Organschaft wird es – wie zuvor – zur Hinzuziehung (§ 360 AO) bzw. zur Beiladung (§ 60 FGO) in Rechtsschutzverfahren kommen,6 allerdings ist diese nunmehr notwendig.7

4.55 Einstweiliger Rechtsschutz. FÅr den einstweiligen Rechtsschutz gelten auch fÅr das Feststellungsverfahren nach § 14 Abs. 5 KStG die allgemeinen Grundstze im Feststellungsverfahren. Wird die Vollziehung des Feststellungsbescheids als Grundlagenbescheid im Rechtsbehelfsverfahren ausgesetzt, ist insoweit von Amts wegen auch die Vollziehung der Folgebescheide auszusetzen (§ 361 Abs. 3 AO, § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO).

III. Verfahren bei der gewerbesteuerlichen Organschaft 4.56 Organgesellschaft als Betriebssttte. Bei der Gewerbesteuer verliert die Organgesellschaft im Gegensatz zur kÇrperschaftsteuerrechtlichen Behandlung fÅr die Dauer der Organschaft ihre Eigenschaft als Steuersubjekt,8 weil sie als Betriebssttte des Organtrgers gilt (§ 2 Abs. 2 Satz 2 1 RÇdder, Ubg 2012, 717 (723); DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313); Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 173; Schumacher, Die Organschaft im Steuerrecht2, S. 206. 2 DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313); aA Bartone in Beermann/Gosch, § 350 AO Rz. 15 (Stand: November 2013); Teiche, DStR 2013, 2197 (2204): „fehlende Beschwer der Organgesellschaft“. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 586 (Stand: Dezember 2014); aA Bartone in Beermann/Gosch, § 350 Rz. 15 (Stand: November 2013), der eine Beschwer der Organgesellschaft nur im hinsichtlich der Statusfrage bejaht. 4 v. Wolfersdorff/RÇdder/Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, DB 2012, 2241 (2246). 5 DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313). 6 Zum alten Recht MÅller, Der Konzern 2009, 167 (169). 7 MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 472. 8 Montag, Grundlagen der gewerbesteuerlichen Organschaft, in Herzig, Organschaft, 2003, S. 291 (295): bergang der subjektiven Steuerpflicht; MÅller, Der Konzern 2009, 167 (169); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 538 (Stand: September 2013); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 799 (Stand: April 2013).

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B. Verfahrensrecht und Organschaft

GewStG). Ihr Gewerbeertrag wird zwar nach dem Trennungsprinzip selbstndig ermittelt,1 die Betriebsstttenfiktion fÅhrt aber dazu, dass gegen die Organgesellschaft kein eigener Gewerbesteuermessbescheid ergeht.2 Die persÇnliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft wird fÅr die Dauer der Organschaft dem Organtrger zugerechnet,3 gegen den ein einheitlicher Gewerbesteuermessbescheid fÅr alle zum Organkreis gehÇrenden Gewerbebetriebe erlassen wird.4 Entscheidung Åber Statusfrage im Gewerbesteuermessbescheid. Aufgrund dieser steuerschuldrechtlichen wie verfahrensrechtlichen Einheit stellt sich bei der Gewerbesteuer nicht die Frage, in welchem Bescheid die gewerbesteuerliche Organschaft verbindlich anerkannt wird. Denn bereits im Gewerbesteuermessbescheid (und nicht im Zerlegungsbescheid) des vermeintlichen Organtrgers wird Åber die Voraussetzungen der gewerbesteuerrechtlichen Organschaft entschieden.5 Zustndig dafÅr ist das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschftsleitung des Organtrgers befindet (Betriebsfinanzamt, § 22 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO). Zwar fehlen dem Finanzamt des Organtrgers zum Teil Angaben aus den Bilanzen der Organgesellschaft fÅr die Ermittlungen von Hinzurechnungen und KÅrzungen nach §§ 8, 9 GewStG. Diese Werte werden aber intern durch die sog. „Ermittlung des Gewerbeertrags von Organgesellschaften“ maschinell bereitgestellt und eine Ausfertigung der Werte wird dem Organtrger als Anlage zum Gewerbesteuermessbescheid Åbermittelt.

4.57

Umfassende KorrekturmÇglichkeit. Der Gesetzgeber hlt bei der Gewerbesteuer keine besondere verfahrensrechtliche VerknÅpfung durch ein Feststellungsverfahren fÅr erforderlich.6 Unter Hinweis auf die nach § 35b GewStG bestehende KorrekturmÇglichkeit bedarf es nach der GesetzesbegrÅndung keiner gesonderten und einheitlichen Feststellung bei der Gewerbesteuer.7 Dem dagegen erhobenen Einwand, fÅr das Feststellungsverfahren sprchen auch bei der Gewerbesteuer die gleichen GrÅnde wie bei

4.58

1 R 2.3 (1) Satz 4 und R 7.1 (5) Satz 2 GewStR 2009; Montag in Herzig, Organschaft, 2003, S. 291 (295 ff.). 2 MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 964, 971; MÅller, Der Konzern 2009, 167 (169). 3 BFH v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916; v. 28.1.2004 – I R 84/03, BStBl. II 2004, 539 = GmbHR 2004, 979; v. 21.10.2009 – I R 29/09, BStBl. II 2010, 644 = GmbHR 2010, 441 = FR 2010, 527; MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 964. 4 BFH v. 28.1.2004 – I R 84/03, BStBl. II 2004, 539 = GmbHR 2004, 979; DrÅen in BlÅmich, § 2 GewStG Rz. 157 (Stand: April 2013). 5 MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 936, zum Rechtsschutz Rz. 937 ff.; zum Rechtsschutz der betroffenen Gemeinden MÅller, Der Konzern 2009, 167 (169). 6 So BT-Drucks. 17/10774, 20. 7 BT-Drucks. 17/10774, 20; ebenso DÇtsch/Pung, DB 2013, 313 (314); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 586 (Stand: Dezember 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 924 (Stand: September 2013).

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der KÇrperschaftsteuer,1 ist die allgemeine Verfahrenslage bei der Gewerbesteuer entgegenzuhalten. Bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags ist der Gewerbeertrag nach § 7 GewStG eigenstndig und ohne Bindung an den Einkommensteuerbescheid oder den EinkÅnftefeststellungsbescheid zu ermitteln.2 Weder der Einkommensteuerbescheid noch der KÇrperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheid bei einer Mitunternehmerschaft ist Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) fÅr den Gewerbesteuermessbescheid, so dass die Bindungswirkung des § 182 AO und die Korrekturnorm fÅr Folgebescheide (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) nicht greifen. Wegen der fehlenden verfahrensrechtlichen Bindung erÇffnet § 35b GewStG eine vereinfachte Folgekorrektur des Gewerbesteuermessbescheids und vermeidet eine Verdopplung von Rechtsbehelfsverfahren.3 Nach Auffassung des BFH ist § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG auch in Organschaftsfllen anwendbar, so dass eine nderung des KÇrperschaftsteuerbescheids des Organtrgers die erleichterte nderung des Gewerbesteuermessbescheids nach sich zieht.4 Allerdings lsst § 35b GewStG allgemein und speziell bei der gewerbesteuerrechtlichen Organschaft punktuelle KorrekturlÅcken.5 Gleichwohl wÅrde eine spezielle Bindung des Feststellungsverfahrens bei der Organschaft auch fÅr die Gewerbesteuer6 ohne erkennbaren Gewinn zur Abweichung vom dargestellten Grundsatz fÅhren, obwohl anders als bei der KÇrperschafsteuer aufgrund der Betriebsstttenfiktion (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) kein BedÅrfnis besteht, mehrere Bescheidebenen verfahrensrechtlich zu verknÅpfen. Insgesamt ist die Ausklammerung der Gewerbesteuer aus dem neuen Feststellungsverfahren nach § 14 Abs. 5 KStG7 vertretbar und auch aus der Rechtsschutzperspektive der betroffenen Unternehmen nicht zu beanstanden. Auf einem anderen Blatt steht die allgemeine rechtspolitische Frage, ob der Gesetzgeber allgemein eine Bindungswirkung zwischen Einkommen- oder KÇrperschaftsteuer und der darauf nach § 7 GewStG materiell aufbauenden Gewerbeertragsteuer einfÅhren und die nicht lÅckenlose Korrektur nach § 35b GewStG aufheben sollte.8

1 So RÇdder, Ubg 2012, 717 (723). 2 Statt aller BFH v. 8.4.2008 – VIII R 73/05, BStBl. II 2008, 681 (684) = FR 2008, 1017 m. Anm. Keß mwN; Brandis in Tipke/Kruse, § 182 AO Rz. 4 (Stand: August 2014); SÇhn in H/H/Sp, § 179 AO Rz. 111 (Stand: November 2010). 3 Dazu insgesamt DrÅen in BlÅmich, § 7 GewStG Rz. 37 (Stand: Juni 2014) mwN. 4 BFH v. 21.10.2009 – I R 29/09, BStBl. II 2010, 644 = FR 2010, 527; zustimmend Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (157); DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (314); Lenz/Adrian/Handwerker, BB 2012, 2851 (2858); MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 942. 5 Teiche, DStR 2013, 2197 (2202) mit Fallbeispielen. 6 Dadurch wÅrde der Anwendungsbereich von § 35b GewStG ohne besonderen Grund punktuell zugunsten von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO beschnitten. 7 § 14 Abs. 5 Satz 2 KStG ordnet nur die Bindungswirkung „fÅr die Besteuerung des Einkommens“, nicht aber fÅr den daraus abzuleitenden Gewerbeertrag an. 8 Diese durchaus diskutable allgemeine VerfahrensverknÅpfung spricht aber gegen einen Sonderweg nur bei der Organschaft.

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Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft Literatur Englisch, Nordea Bank – ein Meilenstein der EuGH-Judikatur, IStR 2014, 561; Henze, EuGH-Rechtsprechung: Aktuelle Entwicklungen zu den direkten Steuern, ISR 2012, 103; Henze, EuGH-Rechtsprechung: Aktuelle Entwicklungen zu den direkten Steuern im Jahr 2013, ISR 2013, 381; Henze, EuGH-Rechtsprechung: Aktuelle Entwicklungen zu den direkten Steuern im Jahr 2014, ISR 2014, 384; Herbort, „Marks & Spencer 2.0“ – Pldoyer gegen Trends in der EuGH-Judikatur, IStR 2015, 15; Kokott/Ost, Europische Grundfreiheiten und nationales Steuerrecht, EuZW 2011, 496; Lang, 2005 – Eine Wende in der steuerlichen Rechtsprechung des EuGH zu den Grundfreiheiten?, in Mellinghoff/SchÇn/Viskorf (Hrsg.), Steuerrecht im Rechtsstaat, FS fÅr Wolfgang Spindler, KÇln 2011, 297 ff.; Schwenke, Verrechnung „finaler“ auslndischer Betriebsstttenverluste im Inland, in Baumhoff/SchÇnfeld (Hrsg.), GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung, Forum der internationalen Besteuerung, KÇln 2011, 1 ff.; Sedemund, Europisches Ertragsteuerrecht, Baden-Baden, 2008.

A. Unionsrechtlicher Rahmen fÅr Steuern I. Primrrechtlicher Harmonisierungsauftrag Grundlage fÅr das Recht der Europischen Union bilden der Vertrag Åber die Europische Union (,EUV‘) und der Vertrag Åber die Arbeitsweise der Europischen Union (,AEUV‘). Das durch den Vertrag von Lissabon1 geformte Vertragswerk konsolidiert und przisiert die Erweiterung der EG zur EU und wandelte den Vertrag zur GrÅndung der Europischen Gemeinschaft in den AEUV2 um. Inhaltlich Åbernommen wurde der Besitz-

1 Vertrag von Lissabon v. 13.12.2007, ABl. 2007 Nr. C 306, 1, in der Fassung der Bekanntmachung v. 9.5.2008, ABl. 2008 Nr. C 115, 1, in Kraft getreten am 1.12.2009. 2 Durch den Vertrag von Lissabon wurden die Bestimmungen des Vertrags Åber die Europische Union und des Vertrags zur GrÅndung der Europischen Gemeinschaft (EGV), gendert, ersetzt, aufgehoben, umgestellt, neue Bestimmungen eingefÅgt, der EGV wurde in AEUV umbenannt, die Artikel, Abschnitte, Kapitel, Titel und Teile der Vertrge wurden „umnummeriert“, dh. neu durchnummeriert; bei der Orientierung hilft eine synoptische GegenÅberstellung der bisherigen und der genderten Bestimmungen („bereinstimmungstabelle“). Ein vergleichbares Verwirrspiel hatte bereits der am 1.5.1999 in Kraft getretene Vertrag von Amsterdam v. 2.10.1997 beschert, als der EUV, dessen Artikel nach dem Vertrag von Maastricht Buchstabenbezeichnungen hatten, auf Artikelnummerierung umgestellt und der EGV neu durchnummeriert wurde.

Lausterer/Hulde

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5.1

Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

stand im Bereich der Steuern, der ausgehend vom EWG-Vertrag von 19571 Åber die Einheitliche Europische Akte von 19862 durch den Vertrag von Maastricht3 mit der Umgestaltung des EWG-Vertrags zum Vertrag zur GrÅndung der Europischen Gemeinschaft4 geprgt ist von einem freiheitlichen Europa, einem Raum ohne Binnengrenzen fÅr den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital, der FreizÅgigkeit und Nichtdiskriminierung.

5.2 Steuerliche Vorschriften im AEUV. Die vom Vertrag als steuerliche Vorschriften betitelten Bestimmungen der Art. 110 bis 113 AEUV5 sind in der Entwicklung des vertraglichen Geflechts seit 1957 im Wesentlichen unverndert geblieben. Sie umfassen fÅr den Warenverkehr ein Diskriminierungs- und Protektionsverbot (Art. 110 AEUV) und Privilegierungsverbot fÅr RÅckvergÅtungen (Art. 111 AEUV) sowie ein praktisch bedeutungsloses Kompensationsverbot unter Genehmigungsvorbehalt (Art. 112 AEUV) und schließlich als bedeutsamste Vorschrift in Art. 113 AEUV die Kompetenzgrundlage und den Auftrag zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften Åber die indirekten Steuern, insbesondere die Umsatzsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer, die besonderen Verbrauchsteuern und sonstige indirekte Steuern als Auffangtatbestand. Unbeschadet der Bedeutung der Harmonisierung der indirekten Steuern haben die steuerlichen Vorschriften als Politikbereich aufgrund des nahezu unvernderten Zuschnitts dieses Kapitels relativ ihre Bedeutung eingebÅßt, da namentlich durch den Vertrag von Maastricht und den Vertrag von Lissabon zahlreiche neue Politikbereiche aufgenommen wurden. Der Umstand, dass die steuerlichen Vorschriften unverndert nur die spezifischen abgabenrechtlichen Verbote fÅr den Warenverkehr und die positive Integration der indirekten Steuern umfasst, lsst sich damit erklren, dass bei der GrÅndung der EWG der Gemeinsame Markt, der freie Warenverkehr und die Zollunion im Vordergrund standen.

5.3 Kein Harmonisierungsauftrag fÅr direkte Steuern. FÅr die direkten Steuern enthlt das Primrrecht keine unmittelbare Kompetenzgrundlage, geschweige denn einen Harmonisierungsauftrag. Soweit punktuell eine Rechtsangleichung im Bereich der direkten Steuern erfolgte, wurde die Richtlinie auf Art. 115 AEUV6 gestÅtzt. Diese Bestimmung sieht eine Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten vor, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des

1 Vertrag zur GrÅndung der Europischen Wirtschaftsgemeinschaft v. 25.3.1957, BGBl. II 1957, 766, in Kraft getreten am 1.1.1968. 2 Einheitliche Europische Akte v. 28.2.1986, ABl. 1987 Nr. L 169, 1, in Kraft getreten am 1.7.1987. 3 Vertrag Åber die Europische Union unterzeichnet zu Maastricht am 7.2.1992, ABl. 1992 Nr. C 191, 1, in Kraft getreten am 1.11.1993. 4 Titel II Art. G des Vertrags Åber die Europische Union. 5 Zuvor Art. 90 bis 93 EGV, davor Art. 95 bis 99 EGV und Art. 95 bis 99 EWGV. 6 Zuvor Art. 94 EGV, davor Art. 100 EWGV.

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Binnenmarktes1 auswirken. Die Vorschrift wurde als RechtsangleichungsGrundnorm bezeichnet,2 hat diese Funktion jedoch zwischenzeitlich verloren, da die Binnenmarktharmonisierung ihre Grundlage weitgehend in Art. 114 Abs. 1 AEUV3 nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren gem. Art. 294 AEUV findet. Art. 114 Abs. 2 AEUV nimmt davon ausdrÅcklich drei Bereiche aus, die Steuern, die FreizÅgigkeit und die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer. FÅr die Bereiche FreizÅgigkeit und Rechte und Interessen der Arbeitnehmer enthlt der AEUV Sondervorschriften fÅr eine Rechtsangleichung,4 so dass als Anwendungsbereich des Art. 115 AEUV die Rechtsangleichung der mitgliedstaatlichen Regelungen zu den direkten Steuern verbleibt. Die nunmehrige Funktion der Vorschrift als Auffangnorm fÅr die Rechtsangleichung zeigt sich darin, dass der Vertrag von Lissabon sie hinter die Kompetenzgrundlage fÅr die Binnenmarktharmonisierung gestellt hat; zudem wurde mit den Einleitungsworten („Unbeschadet des Art. 114 ...“) die Subsidiaritt der Vorschrift ausdrÅcklich angeordnet.5 Der Erlass von Richtlinien auf der Grundlage des Art. 115 AEUV erfolgt im besonderen Gesetzgebungsverfahren, Art. 289 Abs. 2 AEUV,6 und erfordert eine einstimmige Ratsentscheidung nach AnhÇrung des Europischen Parlaments.7 Das Einstimmigkeitserfordernis fÅr diese Gesetzgebungsakte zeigt, dass Steuern die Souvernittsinteressen der Mitgliedstaaten (Fiskal- und Budgethoheit) besonders tangieren. Eine Ergnzung der Åbrigen Vertragsbestimmungen Åber die Rechtsangleichung und Rechtsvereinheitlichung mit Bedeutung fÅr die direkten Steuern enthielt Art. 293 EGV,8 wonach, soweit erforderlich, die Mitgliedstaaten untereinander Verhandlungen einleiten, um zugunsten ihrer StaatsangehÇrigen ua. „die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft“ sicherzustellen. In AusfÅhrung dieser Bestimmung wurde die sog. Schiedskonvention9 geschlossen. Da es sich dabei um ein multilaterales Abkommen handelt, macht der Beitritt neuer Mitgliedstaaten jeweils ein neues bereinkommen zwischen den bisherigen Mitgliedstaaten (Vertragsstaaten) und dem/den beitretenden Mitgliedstaat/en sowie die einzelstaatlichen Ratifikationsmaßnahmen erforderlich, was regelmßig zu VerzÇgerungen des Inkrafttretens fÅhrt. Der EuGH hat es abge1 2 3 4 5 6 7 8 9

In der Fassung bis zum Vertrag von Lissabon „Gemeinsamer Markt“. Oppermann, Europarecht4, § 18 Rz. 10. Art. 114 AEUV, zuvor Art. 95 EGV, davor Art. 100a EGV i.d.F. von Maastricht. Siehe Tietje in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europischen Union, Art. 114 AEUV Rz. 88 ff. Vgl. Fischer in Lenz/Borchardt, EU-Vertrge6, AEUV Art. 115 Rz. 1. FÅr die Harmonisierung der indirekten Steuern gilt nach Art. 113 AEUV ebenfalls das besondere Gesetzgebungsverfahren. Vgl. Fischer in Lenz/Borchardt, EU-Vertrge6, AEUV Art. 289 Rz. 3. Zuvor Art. 220 EWGV. bereinkommen Åber die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Fall von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen v. 23.6.1990 (90/436/EWG), ABl. 1990 Nr. L 160, 1.

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5.4

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lehnt, Art. 293 EGV ein gemeinschaftsrechtliches Verbot der Doppelbesteuerung mit unmittelbarer Wirkung zu entnehmen.1 Art. 293 EGV wurde durch den Vertrag von Lissabon aufgehoben.2

5.5 Verstreut finden sich weitere primrrechtliche Regelungsgegenstnde mit steuerlichem Bezug. Art. 28 und 30 AEUV3 behandeln die Zollunion und das Verbot von ZÇllen und Abgaben mit zollgleicher Wirkung, betreffen aber nicht direkte Steuern. Art. 192 Abs. 2 Buchst. a i.V.m. Art. 191 AEUV4 enthlt eine begrenzte Kompetenzgrundlage fÅr kosteuern; danach kann der Rat gemß dem besonderen Gesetzgebungsverfahren Vorschriften Åberwiegend steuerlicher Art erlassen, um Ziele der Umweltpolitik der Union zu erreichen. Art. 107 AEUV5 normiert ein grundstzliches Verbot staatlicher Beihilfen, echte Legalausnahmen und tatbestandliche Grundlagen fÅr Ermessensausnahmen. Durch die Vorschrift kann auch der Bereich der direkten Steuern betroffen sein, sofern eine steuerliche Regelung eines Mitgliedstaates als Beihilfe anzusehen ist.6 Die Vorschrift wirkt repressiv; sie ist auf Abschaffung der (steuerlichen) Beihilfe gerichtet, nicht auf deren Ausdehnung. Sie verleiht dem Einzelnen kein Recht auf eine ebenso steuergÅnstige Behandlung.

II. Sekundrrechtliche Harmonisierung im Bereich der direkten Steuern 5.6 Das Sekundrrecht umfasst das von den Organen der Union auf Grundlage des Primrrechts geschaffene Recht. Art. 288 AEUV7 listet die Rechtsakte fÅr die AusÅbung der Zustndigkeiten der Union auf: Verordnungen, Richtlinien, BeschlÅsse, Empfehlungen und Stellungnahmen. Nach Art. 288 Abs. 2 AEUV hat die Verordnung allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mit1 EuGH v. 12.5.1998 – Rs. C-336/96 – Gilly, Slg. 1998, I-2793 = FR 1998, 847 m. Anm. Dautzenberg; v. 5.7.2005 – Rs. C-376/03 – D., Slg. 2005, I-5821. 2 Der Vertrag Åber eine Verfassung fÅr Europa v. 29.10.2004, ABl. 2004 Nr. C 310, enthielt bereits nicht mehr die Bestimmung des Art. 293 EGV, vgl. dazu Lehner, IStR 2005, 397. Nach den ablehnenden Referenden in Frankreich und den Niederlanden wurde der Verfassungsvertrag in dieser Form nicht mehr weiterverfolgt. Die sich anschließende Reform, die schließlich in den Vertrag von Lissabon mÅndete, entschlackte die vorgesehenen nderungen wesentlich; bei der Aufhebung des Art. 293 EGV ist es jedoch ohne offizielle Stellungnahme oder Erluterung geblieben. 3 Zuvor Art. 23 und 25 EGV, Art. 9 und 12 EWGV. 4 Zuvor Art. 175 Abs. 2 Spiegelstrich 1, Art. 174 EGV. 5 Zuvor Art. 87 EGV, Art. 92 EWGV. 6 Siehe dazu Blumenberg, SteuervergÅnstigungen als staatliche Beihilfen im Sinne des Europischen Gemeinschaftsrechts, in Grotherr (Hrsg.), Handbuch der internationalen Steuerplanung3, 2133 ff.; Lausterer, Verlustverrechnung und Europisches Wettbewerbsrecht, in Oestreicher (Hrsg.), Modernisierung des Unternehmenssteuerrechts, 117 ff. 7 Zuvor Art. 249 EGV, Art. 189 EWGV.

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gliedstaat. Eine Verordnung bedarf daher keiner mitgliedstaatlichen Umsetzung; sie kann unmittelbar Rechte und Pflichten begrÅnden. Anders als bei den indirekten Steuern, insbesondere der Umsatzsteuer haben Verordnungen im Bereich der direkten Steuern mangels Zustndigkeit der Union kaum Bedeutung. Eine Ausnahme bildet die sog. FreizÅgigkeitsverordnung,1 die ausdrÅcklich eine steuerliche Gleichbehandlung vorschreibt.2 Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist die Richtlinie fÅr jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, Åberlsst jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Richtlinien richten sich zwar an die Mitgliedstaaten, die sie in nationales Recht umsetzen mÅssen, entfalten jedoch mit Ablauf der Umsetzungsfrist zugunsten des Einzelnen eine unmittelbare Wirkung gegenÅber dem Staat, wodurch Richtlinien im Steuerrecht eine erhebliche Bedeutung erhalten. Ein Steuerpflichtiger kann sich gegenÅber der FinanzbehÇrde auf eine fÅr ihn gÅnstige Richtlinienbestimmung berufen, wenn diese Richtlinienbestimmung nicht, nicht fristgerecht oder nicht ordnungsgemß umgesetzt wurde, inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt ist.

5.7

Im Bereich der direkten Steuern wurden Richtlinien nur zur punktuellen Rechtsangleichung erlassen. – Fusions-Richtlinie3 – Richtlinie zur steuerneutralen Fusion, Spaltung, Einbringung von Unternehmensteilen und Austausch von Anteilen bei Beteiligung von Gesellschaften aus zwei oder mehr Mitgliedstaaten.4 – Mutter-Tochter-Richtlinie5 – Richtlinie zur Beseitigung steuerlicher Mehrfachbelastungen bei Dividendenzahlungen und anderen GewinnausschÅttungen von Tochter- an Muttergesellschaften innerhalb der Union.6

5.8

1 Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates v. 15.10.1968 Åber die FreizÅgigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft, ABl. 1968 Nr. L 257, 2, mit spteren nderungen, nunmehr (kodifizierte Fassung) Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europischen Parlaments und des Rates v. 5.4.2011 Åber die FreizÅgigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union, ABl. 2011 Nr. L 141, 1. 2 Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011; zuvor Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68. 3 Richtlinie 90/434/EWG des Rates v. 23.7.1990, ABl. 1990 Nr. L 225, 1, mit nachfolgenden nderungen, aufgehoben durch die kodifizierte Fassung als Richtlinie 2009/133/EG des Rates v. 19.10.2009, ABl. 2009 Nr. L 310, 34. 4 Nher zur Fusions-Richtlinie ua. Sedemund, Europisches Ertragsteuerrecht, 105 ff. 5 Richtlinie 90/435/EWG des Rates v. 23.7.1990, ABl. 1990 Nr. L 225, 6, mit nachfolgenden nderungen, aufgehoben anlsslich der Neufassung als Richtlinie 2011/96/EU des Rates v. 30.11.2011, ABl. 2011 Nr. L 345, 8. 6 Nher zur Mutter-Tochter-Richtlinie ua. Sedemund, Europisches Ertragsteuerrecht, 90 ff.

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– Zins- und LizenzgebÅhren-Richtlinie1 – Richtlinie zur Abschaffung von in einem Mitgliedstaat auf abfließende Zinsen und LizenzgebÅhren anfallende Quellensteuern und zur Gewhrleistung der Einmalbesteuerung in einem Mitgliedstaat.2 – Zinsertrag-Richtlinie3 – Die Richtlinie soll Åber den Austausch von Informationen ermÇglichen, dass Ertrge, die in einem Mitgliedstaat im Wege von Zinszahlungen an wirtschaftliche EigentÅmer, die natÅrliche Personen und in einem anderen Mitgliedstaat ansssig sind, erzielt werden, nach den Rechtsvorschriften dieses letzteren Mitgliedstaats effektiv besteuert werden.4 – Amtshilfe-Richtlinie5 – Nach der Richtlinie erteilen sich die zustndigen BehÇrden der Mitgliedstaaten gegenseitig die erforderlichen AuskÅnfte, die insbesondere fÅr die korrekte Festsetzung der direkten Steuern (Einkommen- und VermÇgensteuer) geeignet sind.6 Der EuGH hat diese Richtlinie vielfach als Grundlage fÅr den Informationsaustausch auf Ebene der Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten angefÅhrt, der der Informationsbeschaffung innerhalb eines Mitgliedstaates geleich1 Richtlinie 2003/49/EG des Rates v. 3.6.2003, ABl. 2003 Nr. L 157, 49, mit spteren nderungen. 2 Nher zur Zins- und LizenzgebÅhren-Richtlinie u.a. Sedemund, Europisches Ertragsteuerrecht, 98 ff. 3 Richtlinie 2003/48/EG des Rates v. 3.6.2003, ABl. 2003 Nr. L 157, 38, mit spteren nderungen. Nach wesentlichen nderungen durch die Richtlinie 2014/48/EU, ABl. 2014 Nr. L 111, 50, liegt inzwischen ein Vorschlag der Kommission fÅr eine Richtlinie des Rates zur Aufhebung der Zinsertrag-Richtlinie, COM(2015) 129 final, vor. Die Zusammenarbeit der VerwaltungsbehÇrden sei zur Umsetzung des globalen OECD-Standards fÅr den globalen Informationsaustausch durch die Richtlinie 2014/107/EU des Rates v. 9.12.2014 gendert worden zu einer Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung; diese Bestimmungen wurden mit Vorrang gegenÅber der Zinsertrag-Richtlinie eingefÅhrt. Der Nutzen einer parallelen WeiterfÅhrung beider Rechtsinstrumente wre minimal. Mit der geplanten Aufhebung der Zinsertrag-Richtlinie soll sichergestellt werden, dass es nur einen anwendbaren Standard fÅr den automatischen Informationsaustausch gibt und somit Rechtsunsicherheit und zustzlicher Aufwand fÅr SteuerbehÇrden und Unternehmen vermieden werden. Der Richtlinienvorschlag ist Teil eines umfassenderen Maßnahmenpakets, mit dem die Kommission die Steuertransparenz innerhalb der EU verbessern mÇchte. 4 Nher zur Zinsertrag-Richtlinie ua. Sedemund, Europisches Ertragsteuerrecht, 118 ff. 5 Richtlinie 77/799/EWG des Rates v. 19.12.1977, ABl. 1977 Nr. L 336, 15, mit nachfolgenden nderungen und ersetzt durch Richtlinie 2011/16/EU des Rates v. 15.2.2011 Åber die Zusammenarbeit der VerwaltungsbehÇrden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG, ABl. 2011 Nr. L 64, 1. Wesentliche nderungen erfolgten durch die Richtlinie 2014/107/EU des Rates v. 9.12.2014 zur nderung der Richtlinie 2011/16/EU bezÅglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung, ABl. 2014 Nr. L 359, 1. 6 Nher zur Amtshilfe-Richtlinie u.a. Sedemund, Europisches Ertragsteuerrecht, 126 ff.

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wertig sei. Diese MÇglichkeit der Beschaffung von steuerlichen Informationen aus anderen Mitgliedstaaten steht im Rahmen der steuerlichen Beschrnkungen von Grundfreiheiten der Rechtfertigungsgrund der Wirksamkeit der Steueraufsicht entgegen. – Beitreibungs-Richtlinie1 – Diese Richtlinie ermÇglicht die Amtshilfe bei der grenzÅberschreitenden Beitreibung von SteueransprÅchen und dient ebenfalls dem besseren Schutz der finanziellen Interessen der Mitgliedstaaten. Damit kommt ihr bei steuerlichen Beschrnkungen von Grundfreiheiten eine hnliche Bedeutung zu wie der AmtshilfeRichtlinie. – Kapitalverkehrs-Richtlinie2 – Die Richtlinie, die mit Ablauf der Umsetzungsfrist am 1.7.1990 unmittelbare Wirkung erlangte, diente der DurchfÅhrung von Art. 67 EWGV, der selbst keine unmittelbare Wirkung hatte. Mit dem Vertrag von Maastricht wurde der freie Kapital- und Zahlungsverkehr unter bernahme des Inhalts des Art. 1 der KapitalverkehrsRichtlinie als unmittelbar wirkende Grundfreiheit im Vertrag selbst verankert. Nach der Rechtsprechung des EuGH behlt jedoch die Nomenklatur fÅr den Kapitalverkehr im Anhang zur KapitalverkehrsRichtlinie den Hinweischarakter fÅr die nicht abschließende Definition des Begriffs des Kapitalverkehrs.3 Ergnzend sei hier auch der Vorschlag fÅr eine Richtlinie des Rates Åber eine Gemeinsame konsolidierte KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) erwhnt.4 Konzeptionell ist die GKKB ausgerichtet ua. auf die Vermeidung von Doppelbesteuerung in integrierten Konzernen und als eine wichtige Maßnahme zur Beseitigung von Hindernissen im Rahmen der Vollendung des Binnenmarktes. Durch das vorgeschlagene gemeinsame Konzept wÅrde fÅr die Kohrenz der nationalen Steuersysteme gesorgt, ohne dass die Steuerstze harmonisiert wÅrden. Durch die GKKB wÅrde ua. ein grenzÅbergreifender Verlustausgleich in der EU mÇglich. Die GKKB befindet sich – trotz langjhriger Vorarbeiten – weiterhin in einem Vorstadium des Austausches und der ErÇrterung ua. der Definition, der grundlegenden Besteuerungsgrundstze und Strukturelemente und notwendiger technischer Aspekte wie einem Mechanismus zur Aufteilung der konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage zwischen den Mitgliedstaaten. We1 UrsprÅnglich Richtlinie 76/308/EWG des Rates v. 15.3.1976, ABl. 1976 Nr. L 73, 18, mit nachfolgenden nderungen, insbesondere Ausdehnung auf direkte Steuern durch Richtlinie 2001/44/EG des Rates v. 15.6.2001, ABl. 2001 Nr. L 175, 17, Richtlinie 2008/55/EG des Rates v. 26.5.2008 (kodifizierte Fassung), ABl. 2008 Nr. L 150, 28, inzwischen ersetzt durch Richtlinie 2010/24/EU des Rates v. 16.3.2010, ABl. 2010 Nr. L 84, 1. 2 Richtlinie 88/361/EWG des Rates v. 24.6.1988, ABl. 1988 Nr. L 178, 5. 3 Vgl. ua. EuGH v. 16.3.1999 – Rs. C-222/97 – Trummer und Mayer, Slg. 1999, I-1661, Rz. 21; v. 23.2.2006 – Rs. C-513/03 – van Hilten-van der Heijden, Slg. 2006, I-1957, Rz. 39. 4 Vorschlag fÅr eine Richtlinie des Rates Åber eine Gemeinsame konsolidierte KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), v. 16.3.2011, KOM(2011) 121 endg.

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5.9

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sentliche Fortschritte konnten noch nicht erzielt werden, so dass eine Einigung auf dem Weg zu einer Richtlinie kaum absehbar ist.1

5.10 Nach Art. 288 Abs. 4 AEUV sind BeschlÅsse in allen ihren Teilen verbindlich. Sind sie an bestimmte Adressaten gerichtet, so sind sie nur fÅr diese verbindlich. Im Gegensatz zur Verordnung nach Art. 288 Abs. 2 AEUV gilt ein Beschluss nicht fÅr eine unbestimmte Anzahl von Fllen, er setzt einen bestimmten oder bestimmbaren Adressatenkreis voraus. Als Adressaten kommen auch Mitgliedstaaten in Betracht. Im Bereich der direkten Steuern sind insbesondere BeschlÅsse zu staatlichen Beihilfen von Bedeutung.2

5.11 Empfehlungen und Stellungnahmen sind nach Art. 288 Abs. 5 AEUV nicht verbindlich. In der Regel sind Empfehlungen und Stellungnahmen an die Mitgliedstaaten gerichtet und beschrnken sich auf eine politische Bedeutung.

5.12 Lediglich ergnzend sei hier auf Mitteilungen der Kommission an den Rat, an das Europische Parlament und an den Europischen Wirtschaftsund Sozialausschuss hingewiesen. Mitteilungen in diesem Bereich dienen aus Sicht der Kommission dazu, Initiativen anzukÅndigen. So hat die Kommission am 23.10.2001 die Mitteilung „Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse – Strategie zur Schaffung einer konsolidierten KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage fÅr die grenzÅberschreitende Unternehmensttigkeit in der EU“3 und 5.4.2006 die Mitteilung „Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft: Bisherige Fortschritte und weitere Schritte zu einer gemeinsamen konsolidierten KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB)“4 erlassen. Diese mÅndeten dann in den Vorschlag fÅr eine Richtlinie des Rates Åber eine Gemeinsame konsolidierte KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB).5 Im Nachgang zu diesem Richtlinienvorschlag hat die Kommission am 11.11.2011 die Mitteilung „Doppelbesteuerung im Binnenmarkt“6 verabschiedet. Am 19.12.2006 hat die Kommission drei Mitteilungen verabschiedet, die die Koordinierung der Regelungen der Mitgliedstaaten zu den direkten Steu-

1 Zur GKKB und den Arbeiten am Richtlinienentwurf vgl. ua. Oestreicher/Scheffler/Spengel/Finke/Heckemeyer/Kimpel/KÇstler/Vorndamme, StuW 2014, 326; Scheffler/KÇstler, DStR 2014, 664; Spengel/Ortmann-Babel/Zinn/Matenaer, DB 2013, Beilage Nr. 2; Kahle/Schulz, FR 2013, 49; Ismer, DStR 2012, 821. 2 ZB Beschluss 2011/527/EU der Kommission v. 26.1.2011 Åber die staatliche Beihilfe Deutschlands C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) „KStG, Sanierungsklausel“, ABl. 2011 Nr. L 235, 26. 3 KOM (2001) 582 endg. 4 KOM (2006) 157 endg. 5 Vorschlag fÅr eine Richtlinie des Rates Åber eine Gemeinsame konsolidierte KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), v. 16.3.2011, KOM(2011) 121 endg.; s. dazu oben. 6 KOM (2011) 712 endg.

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ern im Binnenmarkt,1 die steuerliche Behandlung von Verlusten bei grenzÅbergreifenden Sachverhalten2 sowie die Wegzugsbesteuerung und die Notwendigkeit einer Koordinierung der Steuerpolitiken der Mitgliedstaaten3 betreffen.

III. Rahmenvorgaben der Grundfreiheiten fÅr direkte Steuern Grundfreiheiten als PrÅfungsmaßstab fÅr direkte Steuern. Der EuGH prÅft seit 19864 mitgliedstaatliche Vorschriften im Bereich der direkten Steuern am Maßstab der Grundfreiheiten. Das war – jedenfalls seinerzeit – erstaunlich und insbesondere fÅr die Mitgliedstaaten unverstndlich, weil sie die direkten Steuern als ihren Reservatbereich betrachteten. Der EuGH bestreitet nicht die Zustndigkeit der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern ebenso wenig wie in anderen Bereichen ohne unmittelbare gemeinschaftsrechtliche Harmonisierung. Der EuGH stellt dazu frÅhzeitig fest, „daß zwar der Bereich der direkten Steuern als solcher beim gegenwrtigen Stand des Gemeinschaftsrechts nicht in die Zustndigkeit der Gemeinschaft fllt, die Mitgliedstaaten die ihnen verbliebenen Befugnisse jedoch unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausÅben mÅssen“,5 um deutlich zu machen, dass es ihm nicht um einen Eingriff in einen den Mitgliedstaaten vorbehaltenen Politikbereich sondern um die fundamentale Bedeutung der Grundfreiheiten fÅr den Binnenmarkt geht.

5.13

Im Fokus der EuGH-Rechtsprechung zu den Grundfreiheiten standen zunchst die ArbeitnehmerfreizÅgigkeit,6 die Niederlassungsfreiheit7 und die Dienstleistungsfreiheit.8 Diese Grundfreiheiten waren mit Ablauf der bergangszeit9 unmittelbar anwendbar.10 Die ursprÅnglichen Bestimmungen Åber den Kapitalverkehr11 unterschieden sich hiervon dadurch, dass die Verpflichtung der Befreiung des Kapitalverkehrs nur bestand, soweit es fÅr das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes notwendig war, was einer unmittelbaren Anwendung dieser Vertragsbestimmungen entgegenstand.12 Die Liberalisierung des Kapitalverkehrs innerhalb der Gemein-

5.14

1 2 3 4 5

6 7 8 9 10 11 12

KOM (2006) 823 endg. KOM (2006) 824 endg. KOM (2006) 825 endg. EuGH v. 28.1.1986 – Rs. 270/83 – Kommission/Frankreich, Slg. 1986, 273, besser bekannt unter der Bezeichnung avoir fiscal. EuGH v. 14.2.1995 – Rs. C-279/93 – Schumacker, Slg. 1995, I-225 = FR 1995, 224 m. Anm. Waterkamp-Faupel, Rz. 21; v. 12.7.2012 – Rs. C-269/09 – Kommission/Spanien, ECLI:EU:C:2012:439, Rz. 47 mwN. Art. 48 ff. EWGV, Art. 39 ff. EGV (Amsterdam), Art. 45 ff. AEUV. Art. 52 ff. EWGV, Art. 43 ff. EGV (Amsterdam), Art. 49 ff. AEUV. Art. 59 ff. EWGV, Art. 49 ff. EGV (Amsterdam), Art. 56 ff. AEUV. Art. 8, Art. 247 Abs. 2 EWG-Vertrag, 31.12.1969. EuGH v. 28.1.1986 – Rs. 270/83 – avoir fiscal, Slg. 1986, 273, Rz. 13. Art. 67 ff. EWGV. Vgl. EuGH v. 11.11.1981 – Rs. 203/80 – Casati, Slg. 1981, 2595, Rz. 10.

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schaft erfolgte jedoch mit der Kapitalverkehrs-Richtlinie,1 die von den Mitgliedstaaten bis zum 1.7.1990 umzusetzen war. Art. 1 Abs. 1 der Kapitalverkehrs-Richtlinie, der eine Beseitigung der Beschrnkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten vorsah, hat der EuGH unmittelbare Wirkung zuerkannt2 und dies auch fÅr steuerliche Bestimmungen mit beschrnkender Wirkung besttigt.3 Mit dem Vertrag von Maastricht wurde die Kapitalverkehrsfreiheit unmittelbar in das Primrrecht4 Åbernommen und außerdem ausgedehnt auf den Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten unter Vorbehalt der Ende 1993 bestehenden Beschrnkungen in Zusammenhang mit Direktinvestitionen, einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmrkten. Die neu aufgenommene „Steuerklausel“5 tut der unmittelbaren Anwendung in Steuerfragen keinen Abbruch, da der EuGH in ihr nur eine Kodifizierung seiner vorherigen Rechtsprechung sieht.6

5.15 So hat sich die Kapitalverkehrsfreiheit gegenÅber den anderen Grundfreiheiten nicht nur emanzipiert, sondern Åbertrifft diese in ihrem rumlichen Anwendungsbereich durch die erga omnes-Wirkung. Damit kommt der Kapitalverkehrsfreiheit wiederum eine Sonderstellung zu. Die Kapitalverkehrsfreiheit dient innerhalb der Union wie die anderen Grundfreiheiten der Verwirklichung des Binnenmarkts, im Verhltnis zu Drittstaaten steht sie in einem anderen Kontext und verfolgt andere Ziele,7 was die Anwendung anderer Maßstbe rechtfertigen kann.8

5.16 Der Einfluss der Grundfreiheiten auf das Steuerrecht der Mitgliedstaaten spiegelt sich in der umfangreichen Rechtsprechung des EuGH seit 1986,9 die je nach Zhlweise bis zu 250 Entscheidungen umfasst. In der steuerlichen Rechtsprechung des EuGH lsst sich bis 2005 eine geradlinige Entwicklung zugunsten der Steuerpflichtigen erkennen. 2005 wendete sich das Blatt jedenfalls insoweit, als der EuGH immer hufiger in seinen Entscheidungen nur unter einschrnkenden Voraussetzungen oder Åberhaupt keinen Verstoß mitgliedstaatlicher Steuerbestimmungen gegen das Uni1 Richtlinie 88/361/EWG des Rates v. 24.6.1988, ABl. 1988 Nr. L 178, 5. 2 Vgl. EuGH v. 23.2.1995 – Rs. C-358/93 und C-416/93 – Bordessa u.a., Slg. 1995, I-361, Rz. 33. 3 Vgl. EuGH v. 6.6.2000 – Rs. C-35/98 – Verkooijen, Slg. 2000, I-4071 = FR 2000, 720 m. Anm. Dautzenberg. 4 Art. 73b ff. EGV (Maastricht), Art. 56 ff. EGV (Amsterdam), Art. 63 ff. AEUV. 5 Art. 73d EGV (Maastricht), Art. 58 (Amsterdam), Art. 65 Abs. 1 bis 3 AEUV. 6 Vgl. EuGH v. 6.6.2000 – Rs. C-35/98 – Verkooijen, Slg. 2000, I-4071 = FR 2000, 720 m. Anm. Dautzenberg, Rz. 43 ff. 7 Vgl. EuGH v. 18.12.2007 – Rs. C-101/05 – A, Slg. 2007, I-11531 = GmbHR 2008, 157, Rz. 31. 8 Vgl. nher dazu Michael Lang, StuW 2011, 209. 9 Vgl. ua. die Zusammenstellungen von Eicker/Obser in Ernst & Young (Hrsg.), EuGH-Rechtsprechung Ertragsteuerrecht, 2. Aufl., Bonn 2007; Rehm/Nagler, Europisches Steuerrecht, Wiesbaden 2013; van Raad, Materials on International & EU Tax Law, Volume 2, Leiden 2014.

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A. Unionsrechtlicher Rahmen fÅr Steuern

onsrecht erkannte. Die Urteile D.1 und Marks & Spencer2 markierten diese Trendwende in der EuGH-Rechtsprechung.3 Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das Unionsrecht zu wahren, beinhaltet im Bereich der direkten Steuern insbesondere, die Anforderungen der Grundfreiheiten zu achten. Der Anwendungsbereich der Bestimmungen des Vertrages Åber die Grundfreiheiten erfordert jedoch einen grenzÅberschreitenden Bezug, und zwar, wenn es sich nicht um die Kapitalverkehrsfreiheit handelt, einen Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat.4 Die Grundfreiheiten untersagen den Mitgliedstaaten grundstzlich, grenzÅberschreitende Sachverhalte schlechter zu behandeln als rein innerstaatliche.5

5.17

Grundfreiheiten als Diskriminierungsverbote. Die Grundfreiheiten beinhalten zum einen ein Diskriminierungsverbot als besondere Ausprgung des allgemeinen Verbots der Diskriminierung aufgrund der StaatsangehÇrigkeit.6 Das Verbot erfasst nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der StaatsangehÇrigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Ungleichbehandlung, die durch Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatschlich zu dem gleichen Ergebnis fÅhren.7 So besteht die Gefahr einer mittelbaren Diskriminierung, wenn die Ungleichbehandlung an dem Kriterium des Wohnsitzes anknÅpft, da Gebietsfremde meist Auslnder sind.8 Bei Gesellschaften tritt an die Stelle der StaatsangehÇrigkeit der Sitz der Gesellschaft, da dieser ebenso wie die StaatsangehÇrigkeit bei natÅrlichen Personen dazu dient, ihre ZugehÇrigkeit zur Rechtsord-

5.18

1 EuGH v. 5.7.2005 – Rs. C-376/03 – D., Slg. 2005, I-5821. 2 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837 = FR 2006, 177. 3 Zur Rechtsprechungswende s. Michael Lang, 2005 – Eine Wende in der steuerlichen Rechtsprechung des EuGH zu den Grundfreiheiten?, in FS fÅr Spindler, 297 ff. 4 Vgl. EuGH v. 16.7.1998 – Rs. C-264/96 – ICI, Slg. 1998, I-4698, Rz. 32 ff.; v. 23.6.2006 – Rs. C-471/04 – Keller Holding, Slg. 2006, I-2107 = FR 2006, 425, Rz. 24. 5 Vgl. EuGH v. 16.7.1998 – Rs. C-264/96 – ICI, Slg. 1998, I-4698, Rz. 32 ff.; v. 23.6.2006 – Rs. C-471/04 – Keller Holding, Slg. 2006, I-2107 = FR 2006, 425, Rz. 24. VerstÇßt eine Inlnderdiskriminierung gegen das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot, so kann sich ein Verstoß gegen eine Grundfreiheit in einem „gedachten“ grenzÅberschreitenden Sachverhalt auch zugunsten eines rein inlndischen Sachverhalts auswirken; vgl. EuGH v. 13.1.2000 – Rs. C-254/98 – TK Heimdienst, Slg. 2000, I-151, zu einem (innerstaatlichen) Fall der Çsterreichischen Gewerbeordnung als Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit. 6 Art. 7 EWGV, Art. 6 EGV (Maastricht), Art. 12 EGV (Amsterdam), Art. 18 AEUV. 7 Vgl. EuGH v. 12.2.1974 – Rs. 152/73 Sotgiu, Slg. 1974, 153, Rz. 11. 8 Vgl. EuGH v. 14.2.1995 – Rs. C-279/93 – Schumacker, Slg. 1995, I-225 = FR 1995, 224 m. Anm. Waterkamp-Faupel, Rz. 28.

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Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

nung eines Staates zu bestimmen.1 Eine Ungleichbehandlung aufgrund der StaatsangehÇrigkeit kann nur aus den in den Vertrgen abschließend aufgefÅhrten GrÅnden2 gerechtfertigt werden. Eine Ungleichbehandlung liegt nur vor, wenn Gleiches ungleich oder Ungleiches gleich behandelt wird. Namentlich bei steuerlichen Fragen ist zur Feststellung einer mittelbaren oder verschleierten Diskriminierung die Vergleichbarkeit der Situation, in der sich Gebietsansssige und Gebietsfremde befinden, zunchst der Schwerpunkt der PrÅfung gewesen. Eine Rechtfertigung war nur in engen Grenzen anerkannt.

5.19 Grundfreiheiten als Beschrnkungsverbote. Die Grundfreiheiten enthalten auch ein Beschrnkungsverbot. Sie stehen nationalen Regelungen entgegen, die zwar unterschiedslos fÅr Inlnder und Auslnder anwendbar sind, aber geeignet sind, die AusÅbung der Grundfreiheiten zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Es bedarf keines Nachweises, dass die Rechtsvorschriften tatschlich diese Wirkung haben.3 Das Beschrnkungsverbot gilt fÅr Maßnahmen des Herkunftsmitgliedstaats wie auch des Aufnahmemitgliedstaats.4 Da letztlich jede steuerliche Maßnahme die AusÅbung einer Grundfreiheit weniger attraktiv machen kann, wurde als Korrektiv eine erweiterte RechtfertigungsprÅfung fÅr Beschrnkungsverbote anerkannt.

5.20 Unsystematische PrÅfungspraxis des EuGH. Die Rechtsprechung des EuGH, in der man zunchst eine relativ klare PrÅfungspraxis zu erkennen glaubte, erweist sich jedoch insbesondere seit 2005 einer Systematisierung bei der PrÅfungsfolge von Tatbestand und Rechtfertigung bei Diskriminierungen und Beschrnkungen nicht zugnglich. Dogmatische Grundpositionen der Rechtsprechung verschwimmen. Die Konvergenz der Grundfreiheiten aufgrund ihrer strukturellen hnlichkeit verwischt die Unterschiede zwischen gleichheitsrechtlicher und freiheitsrechtlicher PrÅfung. Begriffliche Unschrfen und unterschiedliche PrÅfungsmuster sowie wiederbelebte und neuformulierte RechtfertigungsgrÅnde lassen eine stringente und konsistente Linie in der Entwicklung der Rechtsprechung nicht erkennen.

5.21 Zunchst ist der Rechtsprechung des EuGH zu entnehmen, dass es auch in den Fllen, in denen es um eine Beschrnkung geht, im Grunde genom1 EuGH v. 28.1.1986 – Rs. 270/83 – avoir fiscal, Slg. 1986, 273, Rz. 18; v. 13.7.1993 – Rs. C-330/91 – Commerzbank, Slg. 1993, I-4017, Rz. 13; v. 16.7.1998 – Rs. C-264/96 – ICI, Slg. 1998, I-4698, Rz. 20. 2 Art. 51 AEUV – AusÅbung Çffentlicher Gewalt, Art. 52 AEUV – ffentliche Ordnung, Sicherheit, Gesundheit. 3 Vgl. EuGH v. 18.7.2007 – Rs. C-231/05 – Oy AA, Slg. 2007, I-6373, Rz. 42. 4 Vgl. EuGH v. 6.12.2007 – Rs. C-298/05 – Columbus Container Services, Slg. 2007, I-10451 = GmbHR 2008, 111, Rz. 34; v. 28.2.2008 – Rs. C-293/06 – Deutsche Shell, Slg. 2008, I-1129 = GmbHR 2008, 391, Rz. 19; v. 22.12.2008 – Rs. C-282/07 – Truck Center, Slg. 2008, I-10767; v. 1.7.2010 – Rs. C-233/09 – Dijkman, Slg. 2010, I-6649, Rz. 23.

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men auch um eine Ungleichbehandlung von rein internen und grenzÅberschreitenden Konstellationen geht. Dabei kann sich insbesondere bei der Kapitalverkehrsfreiheit die PrÅfung der Vergleichbarkeit der grenzÅberschreitenden mit der Inlandssituation durch den EuGH auf die Rechtfertigungsebene verlagern, nachdem er eine Beschrnkung festgestellt hat.1 Nicht selten differenziert der EuGH jedoch insbesondere bei der Niederlassungsfreiheit nicht ausdrÅcklich zwischen Diskriminierung und Beschrnkung2 und stellt eine ungleiche Behandlung fest, die nur dann mit der Grundfreiheit vereinbar ist, wenn sie Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.3 Varianten der PrÅfung und Begrifflichkeiten sind vielfltig bis hin zur Feststellung einer Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit aufgrund der Vergleichbarkeit von grenzÅberschreitendem und Inlandssachverhalt und PrÅfung der Rechtfertigung lediglich anhand von zwingenden GrÅnden des Allgemeininteresses.4 Ein PrÅfungsmuster des EuGH festzustellen, ist inzwischen schwieriger, als von einer gewissen Beliebigkeit auszugehen. Der Befund wird nicht dadurch besser, dass der EuGH darauf hinweist, dass in Fllen, in denen sowohl die Niederlassungs- als auch die Kapitalverkehrsfreiheit innerhalb der Union betroffen sind, das PrÅfungsergebnis zu der vorrangig betroffenen Grundfreiheit auf die zweitrangig betroffene Åbertragbar ist.5 Aus dogmatischer Sicht ist die Situation unbefriedigend.6

5.22

Zur Rechtfertigung eines Eingriffs in eine Grundfreiheit (Ungleichbehandlung oder Schlechterbehandlung bei objektiver Vergleichbarkeit von grenzÅberschreitendem und Inlandssachverhalt) kÇnnen außer den im Vertrag selbst aufgefÅhrten GrÅnden zwingende GrÅnde des Allgemeininteresses angefÅhrt werden. Im Steuerrecht haben die ungeschriebenen RechtfertigungsgrÅnde in der Rechtsprechung des EuGH zum Teil eine erstaunliche Entwicklung erfahren.

5.23

1 Vgl. EuGH v. 3.6.2010 – Rs. C-487/08 – Kommission/Spanien, Slg. 2010, I-4843, Rz. 43 ff.; v. 14.9.2006 – Rs. C-386/04 – Centro di Musicologia Walter Stauffer, Slg. 2006, I-8203 = FR 2007, 242, Rz. 28 ff. 2 Vgl. EuGH v. 21.9.1999 – Rs. C-307/97 – Saint-Gobain, Slg. 1997, I-6161 = GmbHR 1999, 565, Rz. 43: „Die unterschiedliche Behandlung der Zweigniederlassungen auslndischer Gesellschaften und der inlndischen Gesellschaften sowie die Einschrnkung der freien Wahl der Form des Zweigbetriebs sind somit als einheitlicher Verstoß gegen die Art. 52 und 58 EG-Vertrag anzusehen.“ 3 Vgl. EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X Holding, Slg. 2010, I-1215, Rz. 20; v. 12.12.2006 – Rs. C-446/04 – Test Claimants in the FII Group Litigation, Slg. 2006, I-11753 = GmbHR 2007, 103, Rz. 167. 4 Vgl. EuGH v. 18.6.2009 – Rs. C-303/07 – Aberdeen Property Fininvest, Slg. 2009, I-5146, Rz. 37 ff.; v. 18.7.2007 – Rs. C-231/05 – Oy AA, Slg. 2007, I-6373, Rz. 29 ff. 5 Vgl. EuGH v. 22.12.2008 – Rs. C-282/07 – Truck Center, Slg. 200 8, I-10767, Rz. 51 mwN. 6 Siehe Kokott/Ost, EuZW 2011, 496 (499).

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5.24 Nicht als Rechtfertigungsgrund akzeptiert ist die Verminderung von Steuereinnahmen1 und ein Vorteilsausgleich.2 Auch die mangelnde Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten wurde jedenfalls in der anfnglichen Rechtsprechung als Rechtfertigungsgrund abgelehnt.3 Die Rechtsprechung zu DBA-Regelungen als Rechtfertigungsgrund ist zwiespltig, so hat der EuGH im Urteil Gilly4 die AnknÅpfungsregelungen des DBA als vereinbar mit der ArbeitnehmerfreizÅgigkeit angesehen, im Urteil Saint-Gobain5 hingegen hat er die Regelung in einem DBA mit einem Drittstaat als Rechtfertigung fÅr eine Ungleichbehandlung von Betriebssttten im Vergleich zu ansssigen Gesellschaften zurÅckgewiesen; der Grundsatz der Inlnderbehandlung verpflichte den an einem solchen DBA beteiligten Mitgliedstaat, den in dem DBA vorgesehenen Vorteil den Betriebssttten auslndischer Gesellschaften unter den gleichen Voraussetzungen wie den inlndischen Gesellschaften zu gewhren. DBA-Regelungen oder Regelungen mit einem Zusammenhang zu einem DBA haben seit dem Urteil D.6 selten die unionsrechtliche berprÅfung durch den EuGH nicht Åberstanden. Ein solcher Ausnahmefall ist das Urteil Imfeld und Garcet,7 in dem eine Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit durch eine belgische Steuerregelung auch nicht mit dem DBA Belgien/Deutschland gerechtfertigt werden konnte.

5.25 Als ungeschriebene RechtfertigungsgrÅnde hat der EuGH insbesondere anerkannt die Bekmpfung von Steuerhinterziehungen,8 von Steuerumgehungen9 und von missbruchlichen Praktiken.10 Die Anerkennung als Rechtfertigungsgrund besagt noch nicht, dass der EuGH im konkreten 1 Vgl. EuGH v. 12.12.2002 – Rs. C-324/00 – Lankhorst-Hohorst, Slg. 2002, I-11802 = FR 2003, 182, Rz. 36 mwN; v. 14.9.2006 – Rs. C-386/04 – Centro di Musicologia Walter Stauffer, Slg. 2006, I-8203 = FR 2007, 242, Rz. 59 mwN. 2 Vgl. EuGH v. 12.9.2006 – Rs. C-196/04 – Cadbury Schweppes, Slg. 2006, I-7995 = FR 2006, 987 m. Anm. Lieber, Rz. 49 mwN. 3 EuGH v. 28.1.1986 – Rs. 270/83 – avoir fiscal, Slg. 1986, 273, Rz. 24. 4 EuGH v. 12.5.1998 – Rs. C-336/96 – Gilly, Slg. 1998, I-2823 = FR 1998, 847 m. Anm. Dautzenberg. 5 Vgl. EuGH v. 21.9.1999 – Rs. C-307/97 – Saint-Gobain, Slg. 1997, I-6161 = GmbHR 1999, 565, Rz. 543 ff. 6 Vgl. EuGH v. 5.7.2005 – Rs. C-376/03 D., Slg. 2005, I-5821. 7 Vgl. EuGH v. 12.12.2013 – Rs. C-303/12 – Imfeld und Garcet, ECLI:EU:C:2013:822 = ISR 2014, 101 m. Anm. von Brocke/WohlhÇfler. 8 Vgl. EuGH v. 28.10.2010 – Rs. C-72/09 – Etablissement Rimbaud, Slg. 2010, I-10659, Rz. 33 ff. mwN. 9 Vgl. EuGH v. 21.1.2010 – Rs. C-311/08 SGI, Slg. 2010, I-487, Rz. 65 mwN. 10 Vgl. EuGH v. 22.10.2010 – Rs. C-287/10 – Tankreederei I, Slg. 2010, I-14233, Rz. 28 mwN. Vgl. auch EuGH v. 12.9.2006 – Rs. C-196/04 – Cadbury Schweppes, Slg. 2006, I-7995 = FR 2006, 987 m. Anm. Lieber, Rz. 55; in diesem Urteil fÅhrt der EuGH vorab aus, dass die GrÅndung von Tochtergesellschaften in einem anderen Mitgliedstaat, um in den Genuss eines dort geltenden gÅnstigeren Steuersystems zu gelangen, keinen Missbrauch der Niederlassungsfreiheit darstellt. Die PrÅfung der Rechtfertigung der in dem Fall in Frage stehenden Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit aus GrÅnden der Bekmpfung miss-

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Fall von einer Steuerhinterziehung/-umgehung oder einem Missbrauch ausgeht, sondern nur, dass er abstrakt erÇrtert, ob die in Frage stehende beschrnkende Maßnahme des nationalen Rechts fÅr eine Bekmpfung von Steuerhinterziehung/-umgehung oder Missbrauch geeignet ist und nicht Åber das hinausgeht, was dafÅr erforderlich ist. Zuweilen steht die Wirksamkeit der Steueraufsicht im Zusammenhang mit den vorstehenden RechtfertigungsgrÅnden.1 Das Territorialittsprinzip per se wurde nur in einer Entscheidung2 und ohne ErÇrterung als Rechtfertigungsgrund erwhnt, bis es – außer eher beilufiger Erwhnung3 – im Urteil Marks & Spencer wieder auftauchte4 und im Urteil National Grid Indus5 Erwhnung fand. Die Wahrung der Kohrenz des Steuersystems ist ein schillernder, mehr oder weniger greifbarer Rechtfertigungsgrund, der lange Zeit als tot galt und dann wie PhÇnix aus der Asche aufstieg. Bereits in den beiden frÅhen Urteilen vom 28.1.19926 entschied der EuGH, dass die Beschrnkung einer Grundfreiheit durch die Notwendigkeit, die Kohrenz des nationalen Steuersystems zu wahren, gerechtfertigt sein kann und im Fall der in beiden Verfahren in Frage stehenden belgischen Steuervorschrift gerechtfertigt war. Die belgischen Bestimmungen sahen vor, dass Versicherungsbeitrge, die an Versicherungen im Ausland gezahlt wurden, in Belgien steuerlich nicht abzugsfhig sind. Der EuGH erkannte einen Zusammenhang zwischen der steuerlichen Abzugsfhigkeit von Versicherungsbeitrgen einerseits und der spteren Besteuerung der Rentenzahlungen oder Kapitalabfindungen andererseits. Waren die Versicherungsbeitrge steuerlich nicht abgezogen worden, wurde auf Rentenzahlungen oder Kapitalabfindungen auch keine Steuer erhoben.

5.26

Mit diesen Entscheidungen hat der EuGH grundstzlich anerkannt, dass die Wahrung der Kohrenz des Steuersystems ein von der Gemeinschaftsrechtsordnung gebilligtes Ziel ist, auf das sich die Mitgliedstaaten im Rahmen der Rechtfertigung von Beschrnkungen der Grundfreiheiten berufen kÇnnen. In der Sache war mit diesem Verteidigungsargument zu-

5.27

1

2 3 4 5 6

bruchlicher Praktiken erfolgte dann danach, ob es sich um eine rein kÅnstliche Gestaltung handelt, was der EuGH schließlich verneinte. Vgl. EuGH v. 1.7.2010 – Rs. C-233/09 – Dijkman, Slg. 2010, I-6649, Rz. 58; v. 28.10.2010 – Rs. C-72/09 – Etablissement Rimbaud, Slg. 2010, I-10659, Rz. 33 ff. Vgl. EuGH v. 15.5.1997 – Rs. C-250/95 – Futura Participations und Singer, Slg. 1997, I-2471 = FR 1997, 567 m. Anm. Dautzenberg. Vgl. zB EuGH v. 7.9.2004 – Rs. C-319/02 – Manninen, Slg. 2004, I-7477 = GmbHR 2004, 1346, Rz. 38 f. Vgl. EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837 = FR 2006, 177 = GmbHR 2006, 153, Rz. 39. Vgl. EuGH v. 29.11.2011 – Rs. C-371/10 – National Grid Indus, Slg. 2011, I-12273 = FR 2012, 25 m. Anm. Musil, Rz. 43 et passim. EuGH v. 28.1.1992 – Rs. C-204/90 Bachmann, Slg. 1992, I-215; v. 28.1.1992 – Rs. C-300/90 – Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-305.

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meist nichts anderes gemeint als die Vermeidung einer Doppelbesteuerung1 oder die Gewhrleistung, dass ein Sachverhalt Åberhaupt (einmal) besteuert wird2 (Grundsatz der Einmalbesteuerung). Der diffuse Begriff der Kohrenz ist immer wieder als Rechtfertigungsgrund fÅr Beschrnkungen verschiedener Grundfreiheiten angefÅhrt worden. In dem BemÅhen, dem Ausnahmecharakter dieser Rechtfertigung Rechnung zu tragen, hat der EuGH den Begriff eng begrenzt. Er verlangte, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Gewhrung eines Steuervorteils und dem Ausgleich dieses Vorteils durch eine steuerliche Belastung besteht, die im Rahmen einer einzigen Besteuerung erfolgen.3 Letztlich fehlte es an einem solchen unmittelbaren Zusammenhang, zB weil es um verschiedene Steuern oder die steuerliche Behandlung verschiedener Steuerpflichtiger geht.4 Außerdem hatte der EuGH entschieden, dass ein Mitgliedstaat sich nicht auf die Kohrenz berufen kann, wenn er davon Abstand genommen hat, zB durch Abschluss eines DBA, wodurch die Kohrenz dann auf die Ebene der vertragschließenden Mitgliedstaaten verlagert wird; dann kann dieser Grundsatz nicht mehr herangezogen werden, um im Einzelfall eine Regelung zu rechtfertigen.5 Die Kohrenz wurde erstmals im Urteil Manninen wieder ausfÅhrlich erÇrtert,6 wurde aber in diesem Fall nicht als Rechtfertigung anerkannt.7 In diesem Urteil lsst sich gleichwohl eine Wiederbelebung des Kohrenzarguments verorten, das in spteren Verfahren auch mit Erfolg zur Rechtfertigung einer beschrnkenden Regelung fÅhrte.8

1 So wohl bei den Vorschriften, die Gegenstand der EuGH, Urt. v. 3.10.2002 – Rs. C-136/00 – Danner, Slg. 2002, I-8147; v. 26.6.2003 – Rs. C-422/01 – Skandia und Ramstedt, Slg. 2003, I-6817, waren. 2 So im EuGH, Urt. v. 21.11.2002 – Rs. C-436/00 – X und Y, Slg. 2002, I-10829. 3 EuGH v. 6.6.2000 – Rs. C-35/98 – Verkooijen, Slg. 2000, I-4071, Rz. 57; v. 18.9.2003 – Rs. C-168/01 – Bosal, Slg. 2003, I-9430, Rz. 29. 4 EuGH v. 18.9.2003 – Rs. C-168/01 – Bosal, Slg. 2003, I-9430, Rz. 30, unter Bezugnahme auf das EuGH, Urt. v. 13.4.2000 – Rs. C-251/98 – Baars, Slg. 2000, I-2787, Rz. 40. 5 Vgl. EuGH v. 11.8.1995 – Rs. C-80/94 – Wielockx, Slg. 1995, I-2508 = FR 1995, 647, Rz. 23 ff. 6 EuGH v. 7.9.2004 – Rs. C-319/02 – Manninen, Slg. 2004, I-7477 = GmbHR 2004, 1346, Rz. 40 ff. 7 Auch GAin Kokott hatte in ihren Schlussantrgen der Kohrenz breiten Raum eingerumt, sie letztlich aber ebenfalls abgelehnt, Schlussantrge v. 18.3.2004 – Rs. C-319/02 – Manninen, Slg. 2004, I-7480, Rz. 49 ff. 8 Vgl. ua. EuGH v. 23.10.2008 – Rs. C-157/07 – Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt (,KR Wannsee‘), Slg. 2008, I-8061 = GmbHR 2008, 1285, Rz. 40 ff.; v. 27.11.2008 – Rs. C-418/07 – Papillon, Slg. 2008, I-8947, Rz. 41 ff.; v. 12.6.2014 – Rs. C-39/13, C-40/13, C-41/13 – SCA Group Holding u.a., ECLI:EU:C:2014:1758, Rz. 32 ff. Siehe zu diesen Urteilen unten unter B.I.

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH I. Maßgebliche EuGH-Verfahren mit Organschaftsbezug 1. Grundlegung Der EuGH hatte bislang keine Gelegenheit, sich mit den Regelungen der deutschen Organschaft am PrÅfungsmaßstab der Grundfreiheiten zu befassen. Vorgaben fÅr die deutschen Organschaftsregelungen lassen sich jedoch aus der Rechtsprechung des EuGH zu den Grundfreiheiten allgemein sowie insbesondere zur Gruppenbesteuerung in anderen Mitgliedstaaten ableiten. Die Grundfreiheiten setzen einen grenzÅberschreitenden Bezug voraus und stellen Beschrnkungs- und Diskriminierungsverbote dar. Daher kÇnnen sich Vorgaben fÅr Gruppenbesteuerungssysteme aus den Grundfreiheiten fÅr die Ausgestaltung in rein nationalen Fallkonstellationen allenfalls als RÅckkopplung aus einer beschrnkenden Wirkung in grenzÅberschreitenden Fllen ergeben. Zudem kÇnnen sich Vorgaben in Fllen mit grenzÅberschreitendem Bezug nur ergeben, wenn ein nationales System der Gruppenbesteuerung besteht; das Unionsrecht in Form der Grundfreiheiten fÅhrt nicht dazu, dass ein Mitgliedstaat ein System der Gruppenbesteuerung einzufÅhren verpflichtet wre. Auch ein Mitgliedstaat, in dem ein Gruppenbesteuerungssystem besteht, ist fÅr den Fall, dass es in grenzÅberschreitenden Konstellationen zu unionsrechtswidrigen Beschrnkungen kommt, unionsrechtlich nicht verpflichtet, beschrnkungsvermeidende VergÅnstigungen auf rein nationale Konstellationen auszudehnen.1 Vielmehr kann ein solcher Mitgliedstaat Inlandsflle schlechter behandeln als grenzÅberschreitende, ohne gegen die Grundfreiheiten zu verstoßen, oder er kann die grundrechtswidrige Ungleichbehandlung dadurch beseitigen, dass er die bisherige „VergÅnstigung“ der Inlandsflle beseitigt2 oder – im Fall eines Systems der Gruppenbesteuerung – dieses System abschafft.

5.28

Die Rechtsprechung des EuGH, die fÅr die Organschaft von Bedeutung sein kann, besteht zum einen aus Entscheidungen zur Gruppenbesteuerung in anderen Mitgliedstaaten und zum anderen aus Entscheidungen zum grenzÅberschreitenden Verlustabzug allgemein. In den Fllen der Gruppenbesteuerung geht es um die Abziehbarkeit der Verluste inlndischer Tochtergesellschaften im Inland. An dieser Stelle sind insbesondere

5.29

1 Aus dem nationalen zB Verfassungsrecht in Gestalt des Art. 3 Abs. 1 GG mag sich gegebenenfalls Anderes ergeben. 2 So zB die Reaktion des deutschen Gesetzgebers auf das Urteil des EuGH v. 12.12.2002 – Rs. C-324/00 – Lankhorst-Hohorst, Slg. 2002, I-11779 = FR 2003, 182, zur Gesellschafter-Fremdfinanzierung § 8a KStG, die in der Frage auf Inlandsflle ausgedehnt wurde; und das Urteil des EuGH v. 20.10.2011 – Rs. C-284/09 – Kommission/Deutschland, Slg. 2011-9879 = FR 2011, 1112, zur Besteuerung von ins Ausland fließenden Streubesitzdividenden, worauf in der Folge Streubesitzdividenden von der Steuerbefreiung durch § 8b Abs. 4 KStG allgemein ausgenommen wurden.

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Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

Entscheidungen zum britischen group relief und zur skandinavischen group contribution hervorzuheben. In den Fllen des grenzÅberschreitenden Verlustabzuges geht es um die Abziehbarkeit der Verluste auslndischer Betriebssttten im Inland. Die steuerrechtlich unterschiedliche Betrachtungs- und Herangehensweise spielt unionsrechtlich kaum eine Rolle, da sich die Niederlassungsfreiheit als maßgebliche Grundfreiheit auf beide Formen der Niederlassung erstreckt, die durch eine rechtlich unselbstndige Betriebssttte1 und die durch eine rechtlich selbstndige Tochtergesellschaft.

5.30 Die deutsche Organschaft ist ein Konzept der zum Teil sehr unterschiedlichen Systeme von Gruppenbesteuerung in vielen anderen Mitgliedstaaten. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit dienen diese Systeme einem zeitnahen Verlust-/Gewinnausgleich innerhalb der Gruppe, deren Zusammensetzung sich jedoch von dem Organschaftskonzept deutlich unterscheiden kann. Aus Entscheidungen zur Gruppenbesteuerung in anderen Mitgliedstaaten kÇnnen RÅckschlÅsse fÅr die Organschaft insoweit gezogen werden, als sie strukturell hnlichkeiten mit dem beurteilten System der Gruppenbesteuerung aufweist. 2. Marks & Spencer

5.31 Das Urteil der Rechtssache Marks & Spencer2 ist die erste Entscheidung des EuGH zu einem System der Gruppenbesteuerung, dem britischen group relief. In dem Fall ging es im Kern darum, ob die Verluste der kontinentaleuropischen Tochtergesellschaften (in Frankreich, Deutschland, Belgien) bei Marks & Spencer in Großbritannien abzugsfhig sind. Unionsrechtlich ging die Frage vereinfacht dahin, ob der britische Konzernverlustabzug (group relief for losses) die Niederlassungsfreiheit dadurch beschrnkt, dass er einen Abzug von Verlusten von in einem anderen Mitgliedstaat ansssigen Tochtergesellschaften verwehrt, whrend ein Abzug von Verlusten von im Vereinigten KÇnigreich ansssigen Tochtergesellschaften mÇglich ist. Die Vorlage an den EuGH sorgte fÅr große Euphorie und Diskussion in der Literatur.3 Spekulationen Åber den Ausgang des Verfahrens und die Konsequenzen fÅr die Organschaft wurden durch die Schlussantrge des Generalanwalts gedmpft. Bis zum Urteil dauerte es dann nochmals acht Monate.

5.32 Das Urteil des EuGH (Große Kammer) fÅhrte dann zu einer ErnÅchterung. Der EuGH entschied, dass zwar eine Beschrnkung gegen die Niederlassungsfreiheit vorliege, diese jedoch gerechtfertigt sein kann. Die Be1 Art. 49 Abs. 1 Satz 2, Art. 54 AEUV. 2 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03, Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837 = FR 2006, 177. 3 Vgl. ua. Cordewener/Dahlberg/Pistone/Reimer/Romano, European Taxation 2004, 135 (Part One), 218 (Part Two); DÇrr, Der Konzern 2003, 604; DÇrr, Der Konzern 2004, 15; DÇrr, IStR 2004, 265; Nagler/Kleinert, DB 2005, 855; Balmes/ BrÅck/Ribbrock, BB 2005, 966; Scheunemann, IStR 2005, 303.

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

sonderheit des Urteils liegt darin, dass der EuGH eine neue RechtfertigungsmÇglichkeit entwickelt (besser: aus dem Hut zaubert), eine Trias von RechtfertigungsgrÅnden: (i) die Kohrenz in Gestalt der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten, (ii) Verhinderung der doppelten VerlustberÅcksichtigung sowie (iii) die Vermeidung der Gefahr von Steuerflucht. FragwÅrdig war, ob die RechtfertigungsgrÅnde kumulativ vorliegen mÅssen oder jeder fÅr sich allein eine Rechtfertigung bewirken kann. Letzteres war eher zweifelhaft, da das Urteil zu jedem einzelnen der drei GrÅnde nur knappe AusfÅhrungen enthlt, die es an Deutlichkeit fÅr eine solche Folge vermissen lassen. Schließlich sprach die die Rechtfertigungstrias abschließende Folgerung dafÅr, dass die drei RechtfertigungsgrÅnde kumulativ vorliegen mÅssen.1 Nach Auffassung des EuGH wre der Abschluss des inlndischen Verlustabzuges jedoch dann nicht verhltnismßig, wenn die auslndische Tochtergesellschaft im Ansssigkeitsstaat alle MÇglichkeiten zur BerÅcksichtigung von Verlusten ausgeschÇpft hat, gegebenenfalls durch bertragung der Verluste auf einen Dritten oder ihre Verrechnung mit Gewinnen, die die Tochtergesellschaft in frÅheren Zeitrumen erwirtschaftet hat, und keine MÇglichkeit besteht, dass die Verluste der auslndischen Tochtergesellschaft im Ansssigkeitsstaat fÅr kÅnftige Zeitrume von ihr selbst oder von einem Dritten, insbesondere im Fall der bertragung der Tochtergesellschaft auf ihn, berÅcksichtigt werden.2 Hieraus leitet sich die Figur der finalen Verluste ab. Der EuGH folgt zwar weitgehend den Schlussantrgen des Generalanwalts, geht aber insofern Åber diese hinaus, als er die Regel aufstellt, dass der Sitzstaat der Muttergesellschaft nicht verpflichtet ist, die Verluste einer auslndischen Tochtergesellschaft zu berÅcksichtigen, und eine VerlustberÅcksichtigung nur ausnahmsweise in Betracht kommt. Die Entscheidung wurde als klares Bekenntnis des EuGH zum Territorialittsprinzip angesehen und positiv gewÅrdigt, dass der EuGH nicht auf die Kohrenz als Rechtsfertigungsgrund Bezug genommen hat, auf die der Generalanwalt seine berlegungen gestÅtzt hatte.3 Die Reaktion in der Literatur war weitgehend geprgt von einerseits ErnÅchterung bis zu andererseits gedmpftem Optimismus und Hoffnung auf kÅnftige EuGH-Entscheidungen.4 1 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837 = FR 2006, 177, Rz. 51: „Insgesamt ergibt sich aus diesen drei RechtfertigungsgrÅnden ...“ 2 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837 = FR 2006, 177, Rz. 55. 3 ThÇmmes, IWB Fach 11a, 938. 4 Vgl. ua. Herzig/Wagner, DStR 2006, 1; Englisch, IStR 2006, 22; DÇrr, EWS 2006, 34; Balmes/BrÅck/Ribbrock, BB 2006, 186; Saß, DB 2006, 123; Sedemund/Sterner, DStZ 2006, 29; Hey, GmbHR 2006, 113; Reichl/Wittkowski, StB 2006, 50; Scheunemann, IStR 2006, 145; Wernsmann/Nippert, FR 2006, 153; Eicker/RÇhrbein, Stbg 2006, 117; Herzig/Wagner, Der Konzern 2006, 176; Rehm/Feyerabend/Nagler, IStR 2007, 7.

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5.33

Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

3. Rewe Zentralfinanz

5.34 Die Rechtssache Rewe Zentralfinanz1 betraf mittelbar die inlndische Verrechnung auslndischer Verluste. Das FG KÇln legte dem EuGH die Frage vor, ob die Niederlassungsfreiheit der Regelung in § 2a Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und Abs. 2 EStG entgegensteht, die den steuerlichen Ausgleich von Verlusten aus der Teilwertabschreibung auf Beteiligungen an Tochtergesellschaften im EG-Ausland dann beschrnkt, wenn diese passive Ttigkeiten im Sinne der nationalen Vorschrift ausÅben und/oder wenn die Tochtergesellschaften aktive Ttigkeiten im Sinne der nationalen Vorschrift nur durch eigene Enkelgesellschaften realisieren, whrend solche Abschreibungen auf Beteiligungen an inlndischen Tochtergesellschaften ohne diese Beschrnkungen mÇglich sind.2 Der EuGH stellte nach umfangreicher ErÇrterung eine Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit fest.

5.35 Die deutsche Regierung hatte einen Strauß an Argumenten zur Rechtfertigung der Regelung vorgetragen, die der EuGH zu sechs RechtfertigungsgrÅnden zusammenfasste. Zu der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis przisiert der EuGH ausdrÅcklich, dass er diesen Rechtfertigungsgrund gemß dem Urteil Marks & Spencer nur in Verbindung mit den beiden anderen, der Gefahr einer doppelten VerlustberÅcksichtigung und der Steuerfluchtgefahr, zugelassen hat. FÅr eine isolierte Anwendung dieses Rechtfertigungsgrunds, die in Betracht kommen kÇnne, wenn eine Gesellschaft zur Geltendmachung von Verlusten im Ansssigkeitsstaat oder einem anderen Mitgliedstaat optieren kÇnnte, sah er im Streitfall keinen Raum. Zum zweiten Rechtfertigungsgrund, der doppelten VerlustberÅcksichtigung, stellte der EuGH klar, dass die BerÅcksichtigung von Verlusten aus der Teilwertabschreibung bei der Muttergesellschaft getrennt von der steuerlichen Behandlung der von den Tochtergesellschaften selbst erlittenen Verlusten zu beurteilen sei, was keinesfalls als doppelte BerÅcksichtigung derselben Verluste qualifiziert werden kÇnne. Als dritten Rechtfertigungsgrund behandelt der EuGH die Bekmpfung der Steuerumgehung. Hierzu hatte die Bundesregierung vorgetragen, dass ua. der Bereich des Fremdenverkehrs anfllig sei fÅr die Verlagerung typischerweise verlusttrchtiger Ttigkeiten in andere Mitgliedstaaten und Geltendmachung der Verluste in Deutschland. Das lehnte der EuGH als Rechtfertigung ab, da die Regelung nicht spezifisch darauf zugeschnitten ist und zudem Åber das Erforderliche hinausgeht. Zur Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen von Auslandssachverhalten als weiterem Rechtfertigungsgrund verwies der EuGH auf die AuskunftsmÇglichkeiten nach der Amtshilferichtlinie und die MÇglichkeit, von der Muttergesellschaft selbst alle notwendigen Belege zu verlangen, zumal diese in der Lage sein mÅsste, alle erforderlichen Unterlagen direkt von ihrer Tochtergesellschaft zu verlangen. Zudem kÇnnen eventuelle Schwierigkeiten dabei oh1 EuGH v. 29.3.2007 – Rs. C-347/04 – Rewe Zentralfinanz, Slg. 2007, I-2647 = GmbHR 2007, 494 m. Anm. Rehm/Nagler. 2 FG KÇln v. 15.7.2004 – 13 K 1908/00, FR 2004, 1118; vgl. Lausterer, FR 2004, 1109.

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

nehin keine Behinderung der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen. Der zur Rechtfertigung angefÅhrten Gleichmßigkeit der Besteuerung ordnete der EuGH zwei Argumente zu, zum einen die Notwendigkeit, die Kohrenz des deutschen Steuersystems zu wahren, zum anderen die Beachtung des Territorialittsgrundsatzes. Dem Argument, wegen der DBA-Steuerbefreiung von Dividenden sei die Nichtgewhrung eines Verlustabzugs kohrent, hielt der EuGH entgegen, dass bei i.S.v. § 2a Abs. 2 EStG „aktiven“ auslndischen Tochtergesellschaften trotz der DBA-Steuerbefreiung von Dividenden Verluste berÅcksichtigt werden. Außerdem fehle es an dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem steuerlichen Vorteil und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung. Denn Muttergesellschaften mit inlndischen Tochtergesellschaften kÇnnten in den Genuss sowohl des sofortigen Ausgleichs fÅr Teilwertabschreibungen als auch der Steuerbefreiung der Dividenden kommen. Zum weiteren Argument, die steuerliche Kohrenz werde durch die Steuerbefreiung fÅr Verußerungsgewinne nach § 8b Abs. 2 KStG sichergestellt, stellte der EuGH fest, dass diese nicht das erste Streitjahr erfasste, weil sie erstmals im Steuerjahr 1994 anzuwenden war, und das unmittelbar wirkende Verbot des Verlustausgleichs nicht damit kompensiert werden kann, dass es spter mÇglich wre, fÅr die bei einer Verußerung erzielten Gewinne eine Steuerbefreiung zu erhalten, wenn ein Gewinn in ausreichender HÇhe erzielt wird. Schließlich vermochte auch das Territorialittsprinzip die Regelung nicht zu rechtfertigen. Dieses Prinzip habe die Funktion, bei der Anwendung des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen, dass die Grenzen der Zustndigkeiten der Mitgliedstaaten fÅr die Besteuerung berÅcksichtigt werden. Hier hat aber die Gewhrung des Verlustabzugs nicht zur Folge, dass die AusÅbung einer konkurrierenden Besteuerungszustndigkeit in Frage gestellt wird. 4. Oy AA Die zum Thema Gruppenbesteuerung nachfolgende EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Oy AA1 betraf das finnische System des Konzernbeitrags (group contribution), bei dem zur VerlustberÅcksichtigung innerhalb einer Gruppe eine positives Einkommen erzielende Gesellschaft eine Zahlung (sog. Konzernbeitrag) an eine negatives Einkommen erzielende Gesellschaft leistet.2 Der Konzernbeitrag stellt bei der leistenden Gesellschaft eine Betriebsausgabe dar und bei der empfangenden eine Betriebseinnahme, mit der deren Verlust neutralisiert wird. Das finnische System ist auf inlandsansssige Gesellschaften begrenzt und lsst einen Konzernbeitrag an eine Gruppengesellschaft im Ausland nicht zu. In dem dem 1 EuGH v. 18.7.2007 – Rs. C-231/05 – Oy AA, Slg. 2007, I-6373. Die bei Vorabentscheidungsersuchen insbesondere im Rahmen eines Vorbescheids Åbliche Anonymisierung des Steuerpflichtigen erfolgte hier erst nachtrglich; das Verfahren war zunchst unter dem Namen Oy Esab registriert worden, vgl. ABl. 2005 Nr. C 193, 17. 2 Vgl. Helminen, Intertax 2005, 595; Herzig/Wagner, DB 2005, 2374.

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5.36

Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegenden Verfahren ging es um die Frage, ob die finnische Oy AA an die britische Muttergesellschaft AA Ltd., die die Anteile an der Oy AA Åber zwei in den Niederlanden ansssige Zwischengesellschaften hielt, einen Konzernbeitrag an die AA Ltd. leisten kann, um deren wirtschaftliche Stellung zu sichern, der bei der Oy AA als abzugsfhige Ausgabe zu behandeln ist. In Frage stand daher, ob die finnische Regelung, nach der Voraussetzung fÅr die Abzugsfhigkeit des Konzernbeitrags ist, dass die zahlende und die den Beitrag empfangende Gesellschaft in Finnland ansssig sind, gegen die Niederlassungsfreiheit verstÇßt.

5.37 Der EuGH hat diese Regelung im Ergebnis nicht beanstandet. Nach der Feststellung einer Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit zieht der EuGH unter Bezugnahme auf das Urteil Marks & Spencer die dort angefÅhrte Rechtfertigungstrias in die Betrachtung ein, lsst aber zwei dieser GrÅnde ausreichen, da bezÅglich der Gefahr einer doppelten VerlustberÅcksichtigung der Hinweis genÅge, „dass die finnische Konzernbeitragsregelung nicht die Abzugsfhigkeit von Verlusten betrifft.“1 Die beiden anderen GrÅnde bejaht der EuGH. Das System der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten wre beeintrchtigt, wenn die MÇglichkeit bestÅnde, dass Unternehmensgruppen nach Belieben den Mitgliedstaat whlen kÇnnten, in dem die Gewinne der Tochtergesellschaft besteuert wÅrden.2 In der Sache geht es um den Schutz des Territorialittsprinzips, auch wenn der EuGH auf diesen von einigen Mitgliedstaaten vorgebrachten Grundsatz nicht eingeht. Auch die Vermeidung einer Steuerumgehung als Rechtfertigungsgrund sieht der EuGH als gegeben an. Denn die Regelung berge bei einer Ausdehnung auf grenzÅberschreitende Sachverhalte die Gefahr in sich, dass durch rein kÅnstliche Gestaltungen EinkÅnfte innerhalb einer Unternehmensgruppe auf Gesellschaften Åbertragen werden, deren Sitz sich in den Mitgliedstaaten befindet, die die niedrigsten Steuerstze anwenden, oder die in den Mitgliedstaaten ansssig sind, in denen diese EinkÅnfte nicht besteuert werden. Die Wahl des Mitgliedstaats der Besteuerung wre letzten Endes Sache der Unternehmensgruppe.3

5.38 Mit dem Abschmelzen der im Urteil Marks & Spencer aufgestellten Rechtfertigungstrias auf zwei RechtfertigungsgrÅnde dÅrfte absehbar sein, dass auch ein Rechtfertigungsgrund allein ausreichend ist. Die Literatur4 sieht zuweilen in der Entscheidung eine Abwendung von der Rechtfertigungs- und VerhltnismßigkeitsprÅfung zu einer Beliebigkeitsfrage. Der bertragung von Gewinnen ist eine Beliebigkeit immanent, die beim

1 2 3 4

EuGH v. 18.7.2007 – Rs. C-231/05 – Oy AA, Slg. 2007, I-6373, Rz. 57. EuGH v. 18.7.2007 – Rs. C-231/05 – Oy AA, Slg. 2007, I-6373, Rz. 53 ff. EuGH v. 18.7.2007 – Rs. C-231/05 – Oy AA, Slg. 2007, I-6373, Rz. 64 f. Vgl. ua. ThÇmmes, IWB 2008 Fach 11a, 1261; Rainer, IStR 2007, 635; Wagner, IStR 2007, 650; Cloer/Lavrelashvili, RIW 2007, 777.

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

Verlustabzug in der Regel fehlt.1 Dem Verlustimport als ultima ratio nach Maßgabe des Einzelfalls steht beim Gewinnexport kein Pendant gegenÅber; er kann vom Exportland unabhngig von den Umstnden des Einzelfalls generell verwehrt werden. Aus dem Urteil lsst sich fÅr die deutsche Organschaft nicht ableiten, dass ein Anspruch auf Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags zwischen inlndischer Tochtergesellschaft und auslndischer Muttergesellschaft geschaffen wird, um eine GewinnabfÅhrung ins Ausland zu ermÇglichen. Andersherum wird auch fÅr inlndische Konzerne kein Anspruch auf GewinnabfÅhrung seitens ihrer auslndischen Tochtergesellschaften geschaffen.2 5. Lidl Belgium In der EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Lidl Belgium3 ging es auf Vorlage des BFH4 in der Sache um die Frage, ob die Niederlassungsfreiheit die inlndische Verrechnung von luxemburgischen Betriebsstttenverlusten erfordert, wenn die BetriebssttteneinkÅnfte nach dem maßgeblichen DBA von der inlndischen Besteuerung freigestellt sind.

5.39

Die Generalanwltin hatte ausdrÅcklich als gegenÅber dem Ausschluss des Verlustabzugs milderes Mittel ein System des Verlustabzugs mit Nachversteuerung angefÅhrt5 und dem EuGH als Antwort vorgeschlagen, dass die Verwehrung der Verlustverrechnung nicht mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar sei.6 Dem Vorschlag folgte der EuGH nicht. In dem Urteil hat der EuGH die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis unter den betroffenen Mitgliedstaaten unter Betonung der Symmetrie zwischen Gewinnbesteuerung und Verlustverrechnung und die Verhinderung einer doppelten BerÅcksichtigung von Verlusten als Rechtfertigung bejaht.7 Er sah sich sodann veranlasst zu erlutern, dass „angesichts der Vielfalt von Situationen, in denen ein Mitgliedstaat derartige GrÅnde geltend machen kann,“ nicht verlangt werden kann, dass alle drei im Urteil Marks & Spencer angefÅhrten RechtfertigungsgrÅnde vorliegen mÅssen, damit eine beschrnkende nationale Steuerregelung

5.40

1 Vgl. ThÇmmes, IWB 2007 Fach 11a, 1151 (1154). 2 ThÇmmes, IWB 2007 Fach 11a, 1151 (1154). 3 EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601 = FR 2008, 831. 4 BFH v. 28.6.2006 – I R 84/04, BStBl. II 2006, 861 = GmbHR 2006, 1282. Vgl. dazu ua. Reichl/Wittkowski, BB 2006, 2496; Tetzlaff/Schallock, IWB Gruppe 2, Fach 3, 1325; Reiser/Roth, IStR 2006; 787; Pezzer, FR 2007, 89; Koch, RIW 2007, 371. 5 Schließlich hatte Deutschland ein solches System (in § 2a Abs. 3, 4 aF EStG) zuvor jahrelang praktiziert. 6 GAin Sharpston, Schlussantrge v. 14.2.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3605, IStR 2008, 183. Siehe dazu Rainer, IStR 2008, 187; Kube, IStR 2008, 305. 7 EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601 = FR 2008, 831, Rz. 31 ff.

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Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

grundstzlich gerechtfertigt sein kann.1 Daher sei hier, wie im Urteil Oy AA, das Vorliegen von zwei der drei GrÅnde ausreichend. Bei der PrÅfung der Verhltnismßigkeit sah der EuGH die Finalitt der Verluste unter Hinweis auf die MÇglichkeit des Verlustvortrags in Luxemburg als nicht nachgewiesen an.2

5.41 Die Entscheidung wurde in der Literatur3 ausfÅhrlich gewÅrdigt und als ein RÅckschritt fÅr den Binnenmarkt angesehen. Kritisiert wurde auch, dass sich der EuGH nicht mit den rechtssystematischen Unterschieden zwischen einem Einheitsunternehmen und einem Konzern und einer Nachversteuerungsregelung auseinandergesetzt hat. Er habe verkannt, dass es sich bei Betriebsstttenverlusten um Verluste des Steuerpflichtigen handele und nicht um Verluste einer vom Steuerpflichtigen getrennt zu beurteilenden Einheit.4 Die Entscheidung wurde in der Literatur auch als enttuschend angesehen, da weiterhin ungeklrt bleibt, wie die Grenzen der Finalitt von Verlusten zu ziehen sind.5 Ein finaler Verlust kÇnne aus der AuflÇsung einer Betriebssttte resultieren, wenn weder ein VerlustrÅcktrag noch eine bertragung auf einen Dritten mÇglich sei, denkbar sei aber auch die Inkorporierung bzw. Umwandlung einer Betriebssttte aus einer transparenten Personengesellschaft in eine auslndische KÇrperschaft. Weiter bleibt unklar, in welchem Zeitpunkt die Verlustverrechnung stattfindet. Der BFH spricht sich fÅr eine phasengleiche Verlustverrechnung aus.6 6. KR Wannsee

5.42 Die Rechtssache KR Wannsee7 betraf die Vereinbarkeit der deutschen Nachversteuerung positiver EinkÅnfte aus einer Çsterreichischen Be-

1 EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601 = FR 2008, 831, Rz. 38 ff. 2 EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601 = FR 2008, 831, Rz. 47 ff. 3 Vgl. ua. Sedemund, DB 2008, 1120; Englisch, IStR 2008, 400 (404); de Weerth, IStR 2008, 405; ThÇmmes, IWB 2008 Fach 11a, 1185; Bron, EWS 2008, 238; Rehm/Nagler, GmbHR 2008, 7013; Tiedtke/Mohr, DStZ 2008, 430; Schulz-Rrieglaff, StuB 2008, 519; Rainer, EuZW 2008, 405; Hahn, jurisPR-SteuerR 32/2008 Anm. 1; Hruschka, IStR 2008, 499; Mayr, BB 2008, 1816; Kessler/Eicke, IStR 2008, 581; Weger, RIW 2008, 600; Watrin/Wittkowski/Lindscheid, IStR 2008, 637. 4 SchÇn, Aktuelle Fragen zum Europischen Steuer- und Gesellschaftsrecht, JbFStR 2009/2010, 58; ThÇmmes, IWB 2008 Fach 11a, 1185 (1187). 5 Hahn, jurisPR-SteuerR 32/2008 Anm. 1. 6 BFH v. 17.7.2008 – I R 84/04, BB 2008, 2556 ff. = FR 2007, 86 m. Anm. Pezzer; DÇrfler/Ribbrock, BB 2008, 2557 ff.; Sedemund, DB 2008, 1120 ff.; Sedemund/ Wagner, DB 2008, 2565 ff. 7 EuGH v. 23.10.2008 – Rs. C-157/07 – Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt (,KR Wannsee‘), Slg. 2008, I-8061 = GmbHR 2008, 1285.

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

triebssttte mit der Niederlassungsfreiheit.1 Die Klgerin hatte zunchst Verluste ihrer Çsterreichischen Betriebssttte nach der damaligen Regelung des § 2a Abs. 3 EStG mit ihren inlndischen EinkÅnften verrechnet, wehrte sich dann gegen die sptere Nachversteuerung positiver EinkÅnfte. Der EuGH sah die in der Nachversteuerung bestehende Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit als gerechtfertigt durch das Erfordernis, die Kohrenz des deutschen Besteuerungssystems zu gewhrleisten. Es entspreche dem Gedanken der Kohrenz, dass der steuerliche Abzug der Auslandsverluste mit einer nachfolgenden Besteuerung der Auslandsgewinne (bis zur HÇhe der verrechneten Verluste) kombiniert werden kÇnne. Soweit sterreich als Quellenstaat den Verlustvortrag zu Lasten der Klgerin beschrnke, kÇnne Deutschland nicht verpflichtet sein, die ungÅnstigen Auswirkungen zu berÅcksichtigen.2

5.43

Das Urteil mag irritieren, ihm ist aber im Ergebnis wohl zuzustimmen.3 Es htte vielleicht nher gelegen, bereits eine Beschrnkung durch das deutsche Steuerrecht zu verneinen, dann htte die schillernde Figur der Kohrenz als Rechtfertigung nicht bemÅht werden mÅssen. Da bei Geltendmachung (Antrag) des Verlustabzugs – trotz DBA-Freistellung – die Nachversteuerung nachfolgender Gewinne im Inland außer Frage stand, wollte die Klgerin letztlich – aus Sicht des deutschen Steuerrechts – eine Vorzugsbehandlung ihrer auslndischen Verluste gegenÅber inlndischen Verlusten. Zudem lag die Ursache einer mÇglichen Beschrnkung im Betriebsstttenstaat sterreich, der nur beschrnkt Steuerpflichtige vom Verlustvortrag ausgeschlossen hat. Die Niederlassungsfreiheit verpflichtet jedoch nicht den Sitzstaat, Verlustabzugsbeschrnkungen durch den Betriebsstttenstaat auszugleichen. Die Entscheidung einer Gesellschaft, sich im Ausland mit einer Betriebssttte niederzulassen, kann je nach Fall Vor- oder Nachteile haben. Der Herkunftsmitgliedstaat muss aber nicht in allen Situationen eine Besteuerung gewhrleisten, die jede Ungleichheit, die sich aus den nationalen Steuerregelungen ergibt, beseitigt.4 Der Entscheidung ist jedoch keine Abkehr des EuGH von der BerÅcksichtigung finaler Verluste als ultima ratio in DBA-Freistellungsstaaten zu entnehmen. Denn in KR Wannsee ging es – anders als in Lidl Belgium – nicht um die Verrechnung von Auslandsverlusten mit Inlandsgewinnen, sondern um die Vermeidung der Nachversteuerung (bereits verrechneter Auslandsverluste).

5.44

1 BFH v. 29.11.2006 – I R 45/05, BStBl. II 2007, 398 = FR 2007, 757: Niederlassungsfreiheit nach Art. 31 EWRA, da sterreich im Streitjahr 1994 noch kein EG-Mitgliedstaat war. 2 EuGH v. 23.10.2008 – Rs. C-157/07 – KR Wannsee, Slg. 2008, I-8061 = GmbHR 2008, 1285, Rz. 46 ff. 3 Vgl. ua. A.A., IStR 2008, 772; Lamprecht, IStR 2008, 766; ThÇmmes, IWB 2008 Fach 11a, 1209; LÅhn, BB 2009, 90; Mutscher, IStR 2009, 293; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Spengel/Matenaer, IStR 2010, 817. 4 So auch VerfÅgung des Bay LfSt v. 19.2.2010 – S 1366.1.1-3/10 St32.

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Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

7. Papillon

5.45 Die Rechtssache Papillon1 betraf die Vereinbarkeit der franzÇsischen Regelung der Gruppenbesteuerung, der intgration fiscale mit der Niederlassungsfreiheit. Es ging um die Frage, ob eine franzÇsische Enkelgesellschaft in die „steuerliche Integration“ mit ihrer franzÇsischen Muttergesellschaft einbezogen werden kann, wenn die zwischengeschaltete Tochtergesellschaft nicht in Frankreich ansssig ist.

5.46 Zunchst ist darauf hinzuweisen, dass es in dem Fall nicht um die Einbeziehung der niederlndischen Tochtergesellschaft in die steuerliche Integration, mithin die Erstreckung des Konsolidierungskreises auf diese Auslandstochtergesellschaft ging. Der EuGH erkennt auf eine Ungleichbehandlung, die nicht durch die von den Mitgliedstaaten angefÅhrten RechtfertigungsgrÅnde nach den Marks & Spencer-Grundstzen gerechtfertigt ist. Der Schwerpunkt der PrÅfung des EuGH lag bei der Kohrenz, auch unter dem Gesichtspunkt doppelter VerlustberÅcksichtigung. Der EuGH hielt die Regelung jedoch letztlich fÅr unverhltnismßig, da mildere Mittel wie Amtshilfe und KontrollmÇglichkeiten Åber die Muttergesellschaft zur VerfÅgung stÅnden, um eine doppelte VerlustberÅcksichtigung durch Teilwertabschreibungen bei der auslndischen Tochtergesellschaft in Bezug auf Verluste der Enkelgesellschaft zu verhindern. Wesentlich neue Erkenntnisse Åber die intgration fiscale hinaus dÅrfte die Entscheidung nicht bringen.2 8. X Holding

5.47 In der Rechtssache X Holding3 musste sich der EuGH mit der Vereinbarkeit der niederlndischen Regelung zur sog. fiscale eenheid mit der Niederlassungsfreiheit beschftigen. Die X Holding und ihre nach britischem Recht gegrÅndete und in Belgien ansssige Tochtergesellschaft beantragten, als steuerliche Einheit in den Niederlanden anerkannt zu werden. Der Antrag wurde abgelehnt, weil die niederlndische Gruppenbesteuerung auf Gesellschaften begrenzt ist, die in den Niederlanden ansssig sind.

5.48 Die Vorschrift beschrnkt zwar nach Ansicht des EuGH die Niederlassungsfreiheit. Sie wird jedoch durch das Erfordernis gerechtfertigt, die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren. Denn bei Einbeziehung gebietsfremder Tochtergesellschaften in eine steuerliche Einheit, erhielte die Muttergesellschaft ansonsten die MÇglichkeit auszuwhlen, in welchem Steuersystem die Verluste berÅcksichtigt werden.4 Zur Verhltnismßigkeit weist der EuGH das Argument zurÅck, bei einer steuerlichen Einheit kÇnnten die auslndischen wie die 1 2 3 4

EuGH v. 27.11.2008 – Rs. C-418/07 – Papillon, Slg. 2008, I-8947. Vgl. zu dem Urteil Hahn, IStR 2009, 198. EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X Holding, Slg. 2010, I-1215. EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X Holding, Slg. 2010, I-1215, Rz. 31 ff.

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

inlndischen Tochtergesellschaften als Betriebssttten behandelt werden und dann stÅnde eine (vorlufige) bernahme verbunden mit einer Nachversteuerung als milderes Mittel zur VerfÅgung. Insbesondere seien auslndische Betriebssttten und auslndische Tochtergesellschaften nicht vergleichbar.1 Die VerlustberÅcksichtigung als ultima ratio ist nicht angesprochen. Von der Rechtfertigungstrias des Urteils Marks & Spencer ist im Urteil X Holding ein Rechtfertigungsgrund als ausreichend Åbrig geblieben und die VerhltnismßigkeitsprÅfung stellt im Wesentlichen darauf ab, dass der Mitgliedstaat, in dem die Verluste geltend gemacht werden, nicht in das Belieben des Steuerpflichtigen gestellt sein darf.2 Im Ergebnis mag das Urteil nicht Åberraschen, aber auch nicht Åberzeugen.3

5.49

9. Philips Electronics UK Das Urteil in der Rechtssache Philips Electronics UK4 sei der Vollstndigkeit halber angefÅhrt, denn es betrifft den britischen Konzernabzug (group relief), wenn auch nicht die Verrechnung von – aus britischer Sicht – auslndischen Verlusten. Die steuerlich im Vereinigten KÇnigreich ansssige Philips Electronics UK wollte ihre eignen Gewinn mit Verlusten einer britischen Betriebssttte der LG.PD Netherlands verrechnen, einer niederlndischen Tochtergesellschaft eines Joint Venture der Philips-Konzernmutter mit dem sÅdkoreanischen Konzern LG Electronics. Der Antrag wurde von den FinanzbehÇrden des Vereinigten KÇnigreichs ua. mit der BegrÅndung abgewiesen, dass die Verluste der Betriebssttte zwar im Vereinigten KÇnigreich entstanden seien, aber auch am Sitz der Gesellschaft in den Niederlanden verrechnet werden kÇnnten.

5.50

Der EuGH erkannte auf eine Ungleichbehandlung, da – anhand des mit den fraglichen nationalen Bestimmungen verfolgten Ziels als Maßstab – die Situation einer gebietsfremden Gesellschaft, die nur Åber eine Betriebssttte im Inland verfÅgt, mit der Situation einer gebietsansssigen Gesellschaft objektiv vergleichbar ist, was die MÇglichkeit betrifft, im Vereinigten KÇnigreich erlittene Verluste mittels Konzernabzug auf eine andere Gesellschaft dieses Konzerns zu Åbertragen. Eine Rechtfertigung mit der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten lehnte der EuGH ab, da es Inhalt dieses Ziels ist, die Symmetrie zwischen dem Recht zur Besteuerung der Gewinne und der MÇglichkeit, Verluste in Abzug zu bringen, zu wahren. Die Besteuerungsbefugnis des Vereinigten KÇnigreichs werde in keiner Weise berÅhrt, da in seinem Hoheitsbereich die fÅr die Betriebsstttenverluste urschliche

5.51

1 EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X Holding, Slg. 2010, I-1215, Rz. 36 ff. 2 Vgl. EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X Holding, Slg. 2010, I-1215, Rz. 41. 3 Vgl. Rainer, EuZW 2010, 515; Englisch, IStR 2010, 215; Pache/Englert, IStR 2010, 448. 4 EuGH v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11 – Philips Electronics UK, ECLI:EU:C:2012:532.

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wirtschaftliche Ttigkeit ausgeÅbt wird; es gehe eben nicht um die Verrechnung von in einem anderen Mitgliedstaat erlittenen Verluste. Auch die Verhinderung einer doppelten VerlustberÅcksichtigung lsst der EuGH nicht zur Rechtfertigung zu. Denn, selbst wenn ein solcher Grund selbstndig geltend gemacht werden kÇnnte, hat die Gefahr, dass die Verluste sowohl im Betriebssttten- als auch im Ansssigkeitsmitgliedstaat berÅcksichtigt werden, keinen Einfluss auf die Besteuerungsbefugnis des Betriebsstttenmitgliedstaats. Diese wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Åbertragenen Verluste gegebenenfalls auch in den Niederlanden berÅcksichtigt werden kÇnnen. Auch durch die Kombination der beiden GrÅnde kÇnne die Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt werden. 10. A Oy

5.52 Die Rechtssache A Oy1 betrifft dagegen keinen Fall eines Gruppenbesteuerungssystems, sondern eine grenzÅberschreitende Fusion, mit der Verluste nach Finnland „importiert“ werden sollten. Nach finnischem Recht bestand die MÇglichkeit, im Fall einer Fusion die aus den Ttigkeiten einer Tochtergesellschaft entstandenen Verluste abzuziehen, wenn die fusionierte (Åbertragende) Gesellschaft eine inlndische Gesellschaft ist oder die Verluste in der in diesem Staat belegenen Betriebssttte entstanden sind.

5.53 Der EuGH neigte dazu, aufgrund unterschiedlicher Behandlung gebietsansssiger und gebietsfremder Gesellschaften eine Behinderung der Niederlassungsfreiheit anzunehmen. Auf den Hinweis, dass auch in Inlandsfllen der Verlustabzug versagt werden kÇnne, wenn die Fusion einzig durch die Absicht motiviert ist, einen steuerlichen Vorteil zu erzielen, gab der EuGH dem vorlegenden Gericht auf, dies zu prÅfen. Vorsorglich fÅr den Fall, dass dies nicht zutrifft, nimmt der EuGH zur Rechtfertigung Stellung. Dabei bejaht er die drei RechtfertigungsgrÅnde aus dem Marks & Spencer-Urteil, Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten, Vermeidung der Gefahren der doppelten VerlustberÅcksichtigung und der Steuerflucht. Bei der Verhltnismßigkeit stellt der EuGH fest, dass hier – anders als im Urteil X Holding2 – die Muttergesellschaft nicht von einem Jahr zum anderen frei whlen kann, welches Steuersystem auf die Verluste ihrer Tochtergesellschaften anwendbar ist. Zur Finalitt der Verluste der Tochtergesellschaft in ihrem Sitzstaat Schweden war der Vortrag der Beteiligten widersprÅchlich, weshalb der EuGH dem vorlegenden Gericht aufgab festzustellen, ob A Oy tatschlich nachgewiesen hat, dass alle in Schweden vorgesehenen MÇglichkeiten der BerÅcksichtigung von Verlusten ausgeschÇpft sind.

1 EuGH v. 21.2.2013 – Rs. C-123/11 – A Oy, ECLI:EU:C:2013:84 = FR 2013, 370 m. Anm. Musil. 2 EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X Holding, Slg. 2010, I-1215, Rz. 32.

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

11. K Das Urteil in der Rechtssache K1 betrifft, anders als die anderen hier dargestellten Entscheidungen, nicht die Niederlassungsfreiheit, sondern die Kapitalverkehrsfreiheit, weil es um Verluste aus der Verußerung einer in Frankreich belegenen Immobilie ging, die der in Finnland ansssige K dort steuerlich geltend machen wollte. In Ermangelung einer Nutzung der franzÇsischen Verluste in Frankreich mÅssten diese Verluste in Finnland zum Abzug zugelassen werden. Der EuGH stellte eine Beschrnkung des Kapitalverkehrs fest, da Verluste aus der Verußerung einer Immobilie, je nachdem ob sie in Finnland oder in einem anderen Mitgliedstaat belegen ist, unterschiedlich behandelt werden. Dies sei geeignet, Steuerpflichtige von Immobilieninvestitionen in einem anderen Mitgliedstaat abzuhalten. Bei der RechtfertigungsprÅfung misst der EuGH zunchst dem DBA zwischen beiden Mitgliedstaaten keine durchschlagende Beachtung zu, da es trotz der Freistellung der Gewinne aus der Verußerung (Belegenheitsprinzip) den finnischen Fiskus nicht daran hindere, Verußerungsverluste zum Abzug zuzulassen. Die Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis bezweckt als Ziel die Wahrung der Symmetrie zwischen dem Recht, Gewinne zu besteuern, und der MÇglichkeit, Verluste in Abzug zu bringen, um zu verhindern, dass der Steuerpflichtige den Mitgliedstaat frei whlt, in dem er solche Gewinne oder Verluste geltend macht. Diese Symmetrie sei hier durch die Versagung des Verlustausgleichs in Finnland gewahrt, da die beiden Staaten im DBA die Besteuerungsbefugnis nach der Belegenheit aufgefÅhrt htten. Die beiden weiteren Marks & Spencer RechtfertigungsgrÅnde hielt der EuGH fÅr nicht einschlgig. Eine doppelte VerlustberÅcksichtigung sei von vornherein ausgeschlossen, da das franzÇsische Steuerecht einen Abzug der in Frankreich erlittenen Verluste aus der Verußerung von Immobilien nicht zuließ. Was die Gefahr der Steuerflucht angehe, so kÇnne der Erwerb einer Immobilie im Ausland und die sptere Verußerung mit Verlust keine allgemeine Vermutung der Steuerhinterziehung begrÅnden. Zudem sei die finnische Regelung nicht spezifisch und konkret auf die Verhinderung rein kÅnstlicher Konstruktionen ausgerichtet. Als eigenstndigen Rechtfertigungsgrund prÅft der EuGH die Kohrenz des Steuersystems und bejaht diese im Ergebnis („spiegelbildliche Logik“ der Versagung des Verlustausgleichs aufgrund des DBA-Besteuerungsrechts fÅr Gewinne). Schließlich befand der EuGH die finnische Regelung auch fÅr verhltnismßig. Es kÇnne nicht angenommen werden, dass der Steuerpflichtige die MÇglichkeit der VerlustberÅcksichtigung im Belegenheitsstaat ausgeschÇpft habe. Da der Belegenheitsstaat keine MÇglichkeit zur BerÅcksichtigung von Verlusten aus der Verußerung der Immobilie vorsieht, hat eine solche MÇglichkeit nie bestanden. Der Wohnsitzstaat mÅsse nicht diese Nachteile dafÅr tragen, dass der Be1 EuGH v. 7.11.2013 – Rs. C-322/11 – K, ECLI:EU:C:2013:716 = IStR 2013, 913. Vgl. dazu ThÇmmes, IWB 2013, 821; MÅller, ISR 2013, 427; Benecke/Staats, IStR 2013, 919; Mitschke, IStR 2014, 37.

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5.55

Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

legenheitsstaat eine VerlustberÅcksichtigung von vornherein in seiner Rechtsordnung ausschließt. Mit diesem Urteil dÅrfte feststehen, dass die Umstnde, die zu Finalitt von Verlusten fÅhren, tatschlicher Art sein mÅssen und rein rechtliche Beschrnkungen im Quellenstaat grundstzlich nicht ausreichen. 12. Felixstowe

5.56 Die Rechtssache Felixstowe1 betraf wieder das Gruppenbesteuerungssystem des Vereinigten KÇnigreichs, und zwar in Form des sog. consortium group relief. Nach britischem Recht kÇnnen Verluste Åbertragen werden, wenn beide Gesellschaften in einem Konzern verbunden sind (group relief). Der VerlustÅbertrag ist aber auch mÇglich, wenn beide Gesellschaften nur mittelbar Åber ein Konsortium miteinander verbunden sind und eine dritte Gesellschaft als sog. Bindegliedgesellschaft fungiert, die zu dem beteiligten Konzern und zu dem beteiligten Konsortium gehÇrt. Im Streitfall waren die antragstellende und die die Verluste Åbertragende Gesellschaft im – aus britischer Sicht – Inland ansssig, aber die Bindegliedgesellschaft hatte ihren Sitz im EU-Ausland (Luxemburg) und keine inlndische Betriebssttte, was dem Konsortialantrag auf Konzernabzug entgegenstand. Wohl gemerkt es ging nicht um einen Verlustimport; die Verluste waren im Vereinigten KÇnigreich entstanden und sollten auch mit dort von einer anderen Konzerngesellschaft erwirtschafteten Gewinnen verrechnet werden. Insofern hnelt die Lage der Rechtssache Philips Electronics UK2 und, was die auslndische Bindegliedgesellschaft angeht, der Rechtssache Papillon.3 Der EuGH urteilte, dass das fÅr die Bindegliedgesellschaft aufgestellte Sitzerfordernis eine Ungleichbehandlung darstellt, da die Ansssigkeit im Vereinigten KÇnigreich oder in einem anderen Mitgliedstaat im Hinblick auf das Ziel des in Frage stehenden Steuersystems objektiv vergleichbar ist, was die MÇglichkeit anbelangt, im Vereinigten KÇnigreich entstandene Verluste mittels eines Konzernabzugs im Rahmen eines Konsortiums untereinander zu Åbertragen. Da die Regierung des Vereinigten KÇnigreichs keine Rechtfertigung vorgebracht hatte, gab der EuGH dem vorlegenden Gericht vorsorglich den Hinweis, dass eine Rechtfertigung mit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis oder mit der Bekmpfung der Steuerumgehung nicht in Betracht kommt. Erstere scheidet aus, weil die Besteuerungsbefugnis fÅr beide Gesellschaften, die die Verluste erlitten hat und die die sie abziehen will, in keiner Weise berÅhrt wird. FÅr eine Rechtfertigung mit der Bekmpfung von Steueroasen (der Steuerumgehung) war die Regelung nach DafÅrhalten des EuGH nicht spezifisch auf die Missbrauchsabwehr zugeschnitten. 1 EuGH v. 1.4.2014 – Rs. C-80/12 – Felixstowe, ECLI:EU:C:2014:200 = GmbHR 2014, 612 = ISR 2014, 170 m. Anm. MÅller. Vgl. Rehfeld/Krumm, IWB 2014, 394; Musil, EuZW 2014, 430; Kahlenberg, StuB 2014, 603. 2 EuGH v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11 – Philips Electronics UK, ECLI:EU:C:2012:532 = ISR 2012, 101 m. Anm. Pohl. 3 EuGH v. 27.11.2008 – Rs. C-418/07 – Papillon, Slg. 2008, I-8947.

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

Dogmatisch interessant ist, dass trotz der vom vorlegenden Gericht geußerten Bedenken der EuGH der Ansssigkeit der Konzernmuttergesellschaft in einem Drittstaat (Hong Kong) fÅr die Anwendung der Niederlassungsfreiheit keine Bedeutung beimisst. Denn fÅr den Schutzbereich der Grundfreiheit kommt es auf die Ansssigkeit der betroffenen Gesellschaft in der Union, nicht aber auf die Herkunft ihrer Anteilseigner an. Weiterhin ist es fÅr den EuGH nicht von Bedeutung, dass die Niederlassungsfreiheit der im Vereinigten KÇnigreich ansssigen antragstellenden Gesellschaften nicht tangiert ist, sondern die der luxemburgischen Bindegliedgesellschaft. Eine Gesellschaft kann sich zu steuerlichen Zwecken auf eine Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit einer anderen, mit ihr verbundenen Gesellschaft berufen, sofern sich eine solche Beschrnkung auf ihre eigene Besteuerung auswirkt, um die tatschliche Wirksamkeit der Niederlassungsfreiheit zu gewhrleisten.1

5.57

13. SCA Group Holding In der Rechtssache SCA Group Holding2 hatte der EuGH die Vereinbarkeit der niederlndischen Regelungen der Gruppenbesteuerung als fiscale eenheid mit der Niederlassungsfreiheit zu entscheiden, und zwar in zwei Konstellationen: (i) Eine in den Niederlanden ansssige Muttergesellschaft konnte mit ihrer auch dort ansssigen (Ur-)Enkelgesellschaft eine steuerliche Einheit bilden, wenn sie diese Åber eine oder mehrere ebenfalls in den Niederlanden ansssige Gesellschaft(en) hlt, nicht aber, wenn sie die (Ur-)Enkelgesellschaft Åber gebietsfremde Gesellschaften hlt, die in den Niederlanden keine Betriebssttte hat. (ii) Die Regelung der steuerlichen Einheit fand Anwendung auf eine in den Niederlanden ansssige Muttergesellschaft, die dort ansssige Tochtergesellschaften hlt, nicht aber auf in den Niederlanden ansssige Schwestergesellschaften, deren gemeinsame Muttergesellschaft ihren Sitz nicht in den Niederlanden und dort keine Betriebssttte hat. Nach der Entscheidung des EuGH steht in beiden Konstellation die Niederlassungsfreiheit der niederlndischen Regelung entgegen.

5.58

Zur Konstellation (i) der auslndischen Bindegliedgesellschaft konnte der EuGH weitgehend auf einschlgige AusfÅhrungen in den Urteilen Papillon3 und Felixstowe4 zurÅckgreifen. Bei der PrÅfung der Rechtfertigung mit der Kohrenz der Steuerregelung zeigt der EuGH einen deutlichen

5.59

1 EuGH v. 1.4.2014 – Rs. C-80/12 – Felixstowe, ECLI:EU:C:2014:200 = GmbHR 2014, 612 = ISR 2014, 170 m. Anm. MÅller, Rz. 22 ff. mit Hinweis auf Urt. v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11 – Philips Electronics UK, ECLI:EU:C:2012:532 = ISR 2012, 101 m. Anm. Pohl, Rz. 39. 2 EuGH v. 12.6.2014 – Rs. C-39/13, C-40/13, C-41/13 – SCA Group Holding, ECLI:EU:C:2014:1758. Siehe dazu ua. von Brocke/MÅller, DStR 2014, 2106; Rehfeld, IWB 2014, 619; Schiefer, EuZW 2014, 702; Schnitger, IStR 2014, 587. 3 EuGH v. 27.11.2008 – Rs. C-418/07 – Papillon, Slg. 2008, I-8947. 4 EuGH v. 1.4.2014 – Rs. C-80/12 – Felixstowe, ECLI:EU:C:2014:200 = GmbHR 2014, 612 = ISR 2014, 170 m. Anm. MÅller.

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Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

Unterschied zu Rechtssache Papillon auf. Dort hatte er eine kohrente Regelung darin gesehen, dass die Neutralisierung konzerninterner Transaktionen zum Ziel hatte, eine doppelte BerÅcksichtigung (ua. Verluste der Enkelgesellschaft im Wege der steuerlichen Integration und durch Teilwertabschreibungen) zu verhindern.1 Hier griff die Kohrenz zur Verhinderung doppelter VerlustberÅcksichtigung nicht ein. Denn nach niederlndischem Recht bleiben aufgrund der Beteiligungsfreistellung per se Gewinne und Verluste aus dem Besitz, Erwerb und der Verußerung einer Beteiligung außer Ansatz. Damit konnte kein fÅr die Kohrenz erforderlicher unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Vorteil einer steuerlichen Einheit und dessen Ausgleich durch eine bestimmte Belastung festgestellt werden. Ergnzend weist der EuGH darauf hin, dass der vorgebrachte Grund der Gefahr der Steuerflucht fÅr sich genommen keine selbstndige Rechtfertigung darstellt, wenn sie nicht mit dem speziellen Ziel der Bekmpfung rein kÅnstlicher, jeder wirtschaftlichen Realitt barer Gestaltungen verknÅpft ist, die darauf ausgerichtet sind, der normalerweise geschuldeten Steuer zu entgehen.

5.60 Zur Konstellation (ii) einer horizontalen steuerlichen Einheit sind die AusfÅhrungen des EuGH recht knapp. Im Rahmen der Rechtfertigung fÅhrt er zur Vergleichbarkeit aus, dass sich das Ziel der Regelung, Gesellschaften ein und desselben Konzerns steuerlich als einen einzigen Steuerpflichtigen zu behandeln, ebenso gut bei Konzernen mit gebietsansssiger Muttergesellschaft erreichen lsst wie bei solchen mit gebietsfremder Muttergesellschaft, zumindest was die Besteuerung allein der in den Niederlanden steuerpflichtigen Schwestergesellschaften angeht. 14. Nordea Bank

5.61 In der Rechtssache Nordea Bank2 stand die Vereinbarkeit einer dnischen Regelung mit der Niederlassungsfreiheit in Frage, die eine Nachversteuerung in Abzug gebrachter auslndischer Betriebsstttenverluste vorsieht, wenn die Betriebssttte an eine auslndische Tochtergesellschaft verußert wird.

5.62 Die in Dnemark ansssige Nordea Bank war in den Jahren 1996 bis 2000 in Finnland, Schweden und Norwegen Åber Betriebssttten ttig. Die Verluste dieser Betriebssttten hatte die Nordea Bank – in bereinstimmung mit dem Nordischen DBA (Anrechnungsverfahren) und dem dnischen 1 Vgl. EuGH v. 12.6.2014 – Rs. C-39/13, C-40/13, C-41/13 SCA – Group Holding, ECLI:EU:C:2014:1758, Rz. 34 f. mit Verweis auf EuGH v. 27.11.2008 – Rs. C-418/07 – Papillon, Slg. 2008, I-8947, Rz. 43 bis 50. Letztlich war die franzÇsische Regelung gleichwohl unverhltnismßig, da sie jedweden Nachweis ausschloss, dass Verluste nicht doppelt berÅcksichtigt werden; s. EuGH v. 27.11.2008 – Rs. C-418/07 – Papillon, Slg. 2008, I-8947, Rz. 52 bis 62. 2 EuGH v. 17.7.2014 – Rs. C-48/13 – Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:2087; IStR 2014, 563. Vgl. dazu Englisch, IStR 2014, 561; Mitschke, IStR 2014, 565; Musil, EuZW 2014, 789; Henze, ISR 2014, 313.

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

Recht – von ihrem in Dnemark steuerpflichtigen Gewinn in Abzug gebracht. Im Jahre 2000 wurde das Geschft der Betriebssttten umstrukturiert und zum Teil auf im Ausland ansssige Tochter- oder andere verbundene Gesellschaften Åbertragen. Diese Transaktion kam einer teilweisen bertragung des Geschfts, fÅr das Dnemark seine Besteuerungsbefugnis wahrnahm, an verbundene Gesellschaften gleich, fÅr die es diese Befugnis nicht ausÅbte. In Anwendung einer Sondervorschrift des dnischen Steuerrechts fÅr auslndische Betriebssttten versteuerte der dnische Fiskus die zuvor abgezogenen Verluste. Der EuGH sieht in der Nachversteuerung von Verlusten auslndischer Betriebssttten eine nachteilige Behandlung und Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit. Zuvor befnden sich inlndische und auslndische Betriebssttten im Bezug auf Maßnahmen zur Vermeidung/Abschwchung der Doppelbesteuerung grundstzlich nicht in einer vergleichbaren Situation; jedoch habe Dnemark durch die Besteuerung der Gewinne der auslndischen Betriebsttten diese den gebietsansssigen hinsichtlich des Verlustabzugs gleichgestellt. Im Rahmen der Rechtfertigung mit der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse erkennt der EuGH als Ziel der dnischen Regelung, die Gefahr von Steuerumgehungen zu verhindern (Abzug der Betriebsstttenverluste und, sobald sie Gewinne erwirtschaften, Verußerung der Betriebssttten an eine verbundene Gesellschaft, so dass keine effektive Nachversteuerung vorgenommen werden kÇnnte). Die Regelung geht jedoch Åber das zur Wahrung der Symmetrie zwischen dem Recht, Gewinne zu besteuern, und der MÇglichkeit, Verluste in Abzug zu bringen, Erforderliche hinaus. Denn nach dnischem Recht werden sowohl die Betriebsstttengewinne vor Verußerung als auch die durch die Verußerung realisierten Gewinne besteuert.

5.63

Bemerkenswert ist, dass Generalanwltin Kokott in den Schlussantrgen1 eine dogmatische Neujustierung vorgeschlagen hatte, namentlich die VergleichbarkeitsprÅfung aus dem Tatbestand zu eliminieren und den Schwerpunkt der PrÅfung auf die Rechtfertigungsebene zu verlagern. Zustimmen kann man der Kritik der Generalanwltin, dass die Handhabung durch den EuGH keineswegs konsequent ist, ob, wo und wie intensiv die objektive Vergleichbarkeit geprÅft wird. Andererseits scheint auch der EuGH den PrÅfungsschwerpunkt bereits auf die Rechtfertigungsebene verlagert zu haben. Auf die AusfÅhrungen der Generalanwltin ist der EuGH nicht eingegangen. Der EuGH leitet die objektive Vergleichbarkeit der Besteuerung inlndischer und auslndischer Betriebssttten im Streitfall daraus ab, dass auch die auslndischen Betriebssttten durch die Anwendung der Anrechnungsmethode in Dnemark der Besteuerung unterliegen. Ob man daraus den Schluss ziehen kann, dass bei Anwendung der

5.64

1 GAin Kokott, Schlussantrge v. 13.3.2014 – Rs. C-48/13 – Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:153, IStR 2014, 257.

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Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

der Freistellungsmethode nicht von einer objektiven Vergleichbarkeit der Sachverhalte ausgegangen werden kÇnne,1 erscheint fragwÅrdig. 15. Kommission/Vereinigtes KÇnigreich

5.65 In dem Vertragsverletzungsverfahren Kommission/Vereinigtes KÇnigreich2 machte die Kommission einen Verstoß des Vereinigten KÇnigreichs gegen die Niederlassungsfreiheit geltend, da die Voraussetzungen fÅr den grenzÅbergreifenden Verlustausgleich in Konzernen es praktisch unmÇglich machten, einen solchen Ausgleich vorzunehmen, und dieser Ausgleich auf Zeitrume nach dem 1.4.2006 beschrnkt sei. Die Kommission hatte die zur Umsetzung des Urteils Marks & Spencer eingefÅhrten Vorschriften im Auge, die fÅr den grenzÅberschreitenden Konzernabzug ua. voraussetzen, dass „unmittelbar nach Ende“ des Steuerzeitraums der Verlustentstehung festgestellt werden muss, ob die Verluste der auslndischen Tochtergesellschaft in zukÅnftigen Steuerzeitrumen nicht mehr genutzt werden kÇnnen. Dieses unmittelbare Feststellungerfordernis mache eine grenzÅberschreitende Verlustnutzung praktisch unmÇglich, da sie in der Praxis nur in zwei Fllen mÇglich sei, nmlich wenn der Sitzstaat der auslndischen Tochtergesellschaft keinen Verlustabzug erlaube oder wenn fÅr die Tochtergesellschaft vor Ende des Steuerzeitraums der Verlustentstehung die Liquidation eingeleitet werde.

5.66 Der EuGH hat eine Klage der Kommission zurÅckgewiesen. Er wiederholt seine AusfÅhrungen aus dem Urteil Marks & Spencer, dass eine Ungleichbehandlung von Verlusten inlndischer und auslndischer Tochtergesellschaften die Niederlassungsfreiheit behindert, eine solche Ungleichbehandlung jedoch mit drei zwingenden GrÅnden des Allgemeininteresses, „zusammen genommen“, gerechtfertigt werden kann, nmlich der angemessenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten und der Vermeidung doppelter Verlustnutzung sowie der Steuerflucht. Zudem mÅsse die Regelung verhltnismßig sein, dh. sie muss geeignet sein, diese Ziele zu erreichen, und darf nicht Åber das dafÅr Erforderliche hinausgehen. Der erste von der Kommission angefÅhrte Fall sei fÅr die Verhltnismßigkeit der britischen Regelungen unerheblich. Denn die sog. Finalitt auslndischer Verluste kann nicht daraus hergeleitet werden, dass der Sitzstaat der auslndischen Tochtergesellschaft keinen Verlustabzug zulsst; in einem solchen Fall kann der Herkunftsmitgliedstaat den Verlustabzug ohne Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit verweigern. Zum zweiten Fall habe die Kommission nicht belegt, dass Verluste nur bei Einleitung der Liquidation vor dem Ende des Steuerzeitraums der Verlustentstehung abgezogen werden kÇnnen. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergbe sich ein solches Erfordernis jedenfalls 1 So Mitschke, IStR 2014, 563 (565). 2 EuGH v. 3.2.2015 – Rs. C-172/13 – Kommission/Vereinigtes KÇnigreich, ECLI:EU:C:2015:C:2015:50 = IStR 2015, 137 = ISR 2015, 139 m. Anm. MÅller. Vgl. dazu Benecke/Staats, IStR 2015, 140.

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

nicht. Der EuGH weist darauf hin, dass eine Verlustnutzung im Sitzstaat der Tochtergesellschaft zumindest solange mÇglich ist, wie – wenn auch minimale – Einnahmen durch die Tochter erzielt werden. Die weitere RÅge der Kommission, die Regelungen wÅrden den grenzÅberschreitenden Konzernabzug fÅr Verluste ausschließen, die vor dem 1.4.2006 entstanden sind, wies der EuGH im Ergebnis zurÅck, weil die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass es Situationen gibt, in denen fÅr Verluste vor diesem Datum kein grenzÅberschreitender Konzernabzug gewhrt wurde. Generalanwltin Kokott hatte in den Schlussantrgen1 ihr Pldoyer fÅr die Abschaffung der Marks & Spencer-Ausnahme (finale Verluste) widerholt.2 Darauf ging der EuGH nicht ein, vielmehr wiederholt er seine AusfÅhrungen aus dem Marks & Spencer-Urteil. Ohne Eingestehen einer Rechtsprechungsnderung wre es auch kaum mÇglich gewesen, die Marks & Spencer-Ausnahme bei den Rechtsvorschriften des gleichen Mitgliedstaates als Åberholt zu behandeln. Und bisher hat der EuGH seine Rechtsprechung nur verdeckt aber nie offen gendert.

5.67

16. Finanzamt Linz In der Rechtssache Finanzamt Linz3 ersucht der Çsterreichische Verwaltungsgerichtshof den EuGH um die Beantwortung von zwei ambivalenten Fragen zur Firmenwertabschreibung im Rahmen der Çsterreichischen Gruppenbesteuerung: 1. Steht 107 AEUV (frÅher Art. 87 EG) in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 AEUV (frÅher Art. 88 Abs. 3 EG) einer nationalen Maßnahme entgegen, nach der eine – die Steuerbemessungsgrundlage und damit die Steuerlast verringernde – Firmenwertabschreibung bei Anschaffung einer inlndischen Beteiligung im Rahmen der Gruppenbesteuerung vorzunehmen ist, whrend bei Anschaffung einer Beteiligung in anderen Fllen der Einkommens- und KÇrperschaftbesteuerung eine derartige Firmenwertabschreibung nicht zulssig ist? 2. Steht Art. 49 AEUV (frÅher Art. 43 EG) in Verbindung mit Art. 54 AEUV (frÅher Art. 48 EG) Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, nach denen bei Anschaffung einer inlndischen Beteiligung im Rahmen der Gruppenbesteuerung eine Firmenwertabschreibung vor1 GAin Kokott, Schlussantrge v. 23.10.2014 – Rs. C-172/13 – Kommission/Vereinigtes KÇnigreich, ECLI:EU:C:2015: C:2014:2321, IStR 2014, 855. Siehe dazu Benecke/Staats, IStR 2014, 862; MÇller, BB 2015, 616; Hackethal, EWS 2015, 32. 2 So schon GAin Kokott, Schlussantrge v. 19.7.2012 – Rs. C-123/11 – A Oy, ECLI:EU:C:2012:488, IStR 2012, 618; ihr folgend GA Mengozzi, Schlussantrge v. 21.3.2013 – Rs. C-322/11 K, ECLI:EU:C:2013:183. 3 Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs (sterreich) eingereicht am 10.2.2014, Rs. C-66/14 – Finanzamt Linz, ABl. 2014 Nr. C 142, 14; Klgerinnen des Ausgangsrechtstreit sind die IFN-Holding AG und die IFN Beteiligungs GmbH.

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5.68

Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

zunehmen ist, whrend bei Anschaffung einer Beteiligung an einer nicht ansssigen KÇrperschaft (insbesondere mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat) eine derartige Firmenwertabschreibung nichtvorgenommen werden darf? In dem Vorabentscheidungsverfahren hat Generalanwltin Kokott am 16.4.2015 ihre Schlussantrge gehalten:1 Sie kommt zunchst zu der Auffassung, dass die erste Vorlagefrage fÅr den Ausgangsrechtsstreit nur dann relevant ist, wenn der Gerichtshof einen Verstoß der Çsterreichischen Regelung gegen die Niederlassungsfreiheit feststellen sollte, der Gegenstand der zweiten Vorlagefrage ist. Denn nur dann stelle sich im Ausgangsrechtsstreit Åberhaupt die Frage, ob den Steuerpflichtigen auf der Grundlage von Art. 49 AEUV die Firmenwertabschreibung zu gewhren oder gemß Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV doch zu verwehren ist. Auf der Grundlage der EuGH-Rechtsprechung namentlich zur Gruppenbesteuerung (ua. Marks & Spencer; Rewe Zentralfinanz, X Holding, K, SCA Group Holding, Nordea Bank, Kommission/Vereinigtes KÇnigreich) kommt die Generalanwltin zu dem Ergebnis, dass die Regelung, die im Rahmen der Gruppenbesteuerung eine Firmenwertabschreibung nur im Hinblick auf inlndische Beteiligungen zulsst, gegen die Niederlassungsfreiheit verstÇßt. Des Weiteren kommt die Generalanwltin zu dem Ergebnis, dass diese Regelung mangels selektiven Charakters nicht als Beihilfe eingeordnet werden kann. 17. Timac Agro

5.69 In der Rechtssache Timac Agro2 ersucht das FG KÇln den EuGH um eine Klrung, was „finale“ Verluste sind und ob Deutschland sie trotz DBAFreistellung importieren muss. 1. Steht die Niederlassungsfreiheit einer Regelung wie § 52 Abs. 3 EStG entgegen, soweit Ursache der Hinzurechnung in HÇhe zuvor steuermindernd berÅcksichtigter Verluste aus einer auslndischen Betriebsttte die Verußerung dieser Betriebsttte an eine andere Kapitalgesellschaft, die zu dem gleichen Konzern wie die Verußerin gehÇrt, und nicht die Erzielung von Gewinnen ist? 2. Steht die Niederlassungsfreiheit einer Regelung wie Art. 23 Abs. 1a des DBA Deutschland/sterreich 2000, wonach von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer EinkÅnfte aus sterreich ausgenommen werden, wenn diese in sterreich besteuert werden dÅrfen, entgegen, wenn in einer Çsterreichischen Betriebsttte einer deutschen Kapitalgesellschaft angefallene Verluste deshalb nicht mehr in ster1 GAin Kokott, Schlussantrge v. 16.4.2015 – Rs. C-66/14 – Finanzamt Linz, ECLI:EU:C:2015:242. 2 Vorabentscheidungsersuchen des FG KÇln v. 19.2.2014 – 13 K 3906/09, EFG 2014, 1901 = IStR 2014, 733 = ISR 2014, 341 m. Anm. MÅller; beim EuGH registriert als Rs. C-388/14 – Timac Agro, ABl. 2014 Nr. C 372, 5. Siehe dazu Cloer, IWB 2014, 923; Mitschke, IStR 2014, 738.

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

reich berÅcksichtigt werden kÇnnen, weil die Betriebsttte an eine Çsterreichische Kapitalgesellschaft, die zu dem gleichen Konzern gehÇrt wie die deutsche Kapitalgesellschaft, verußert wird? Die Fragestellung als solche ist nicht neu. Ob jedoch mit der Vorlage dem EuGH eine Definition der finalen Auslandsverluste abgerungen werden kann, mag fraglich sein. Immerhin vermÇgen die seither ergangenen EuGH-Entscheidungen Erhellung bringen. Mehr wre Spekulation und gerade beim EuGH noch ungewisser als bei anderen Gerichten.

II. PrÅfungspraxis des EuGH – von der Diskriminierungszur RechtfertigungsprÅfung Nach ihrer Auswertung stellt sich die Rechtsprechung des EuGH als sehr uneinheitlich und kaum systematisierbar dar. Von einer Dogmatik zu sprechen wre euphemistisch. Angesichts der ErÇrterung der EuGH-Entscheidungen aus dem Bereich Gruppenbesteuerung einschließlich grenzÅberschreitender Verlustabzug erscheint es fraglich, ob Åberhaupt von einer PrÅfungspraxis des EuGH gesprochen werden kann, da dies begrifflich eine gewisse Kontinuitt voraussetzt. Als einzig kontinuierliches erscheint die Wechselhaftigkeit. Die Entscheidungen machen indes deutlich, dass der EuGH seine Entscheidungskompetenz im Steuerrecht tendenziell zurÅcknimmt. Sie zeigen einen Trend in Richtung nationaler Steuersouvernitt.1 Pldoyers gegen den Trend2 sind wohlgemeint, werden aber kaum auf Resonanz in Luxemburg stoßen, wenn schon eindringliche Vorschlge der Generalanwlte zur Neujustierung3 und Umorientierung4 unberÅcksichtigt bleiben.

5.70

Rechtstatschlich hat sich die PrÅfung des EuGH auf die Rechtfertigungsebene verlagert. Die Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit als erster PrÅfungspunkt hat der EuGH in den erÇrterten Entscheidungen zum Teil umfangreich erÇrtert, in allen Fllen bejaht und dies zum Teil auch ohne große Umschweife. In frÅheren Urteilen wie Marks & Spencer hat der EuGH zunchst die Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit und dann innerhalb der Zulssigkeit der Beschrnkung die Ungleichbehandlung ob-

5.71

1 So Englisch, IStR 2014, 561 (563). 2 Herbert, IStR 2015, 15. 3 Verzicht auf die PrÅfung der objektiven Vergleichbarkeit und Verlagerung der schwerpunktmßigen PrÅfung auf die Verhltnismßigkeit im Rahmen der Rechtfertigung; so GAin Kokott, Schlussantrge v. 13.3.2014 – Rs. C-48/13 – Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:153 = IStR 2014, 257, Rz. 21 ff. 4 Abschaffung der Marks & Spencer-Ausnahme der Rechtsfigur der finalen Verluste; so GAin Kokott, Schlussantrge v. 19.7.2012 – Rs. C-123/11 – A Oy, ECLI:EU:C:2012:488 = IStR 2012, 618; GA Mengozzi, Schlussantrge v. 21.3.2013 – Rs. C-322/11 – K, ECLI:EU:C:2013:183; GAin Kokott, Schlussantrge v. 23.10.2014 – Rs. C-172/13 – Kommission/Vereinigtes KÇnigreich, ECLI:EU:C:2014:2321 = IStR 2014, 855.

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Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

jektiv vergleichbarer Sachverhalte geprÅft, whrend er anderweitig wie in Kommission/Vereinigtes KÇnigreich die Ungleichbehandlung objektiv vergleichbarer Sachverhalte auch im Rahmen der Rechtfertigung prÅft. Zuweilen wie in KR Wannsee oder Lidl Belgium wird die objektive Vergleichbarkeit im Rahmen der PrÅfung der Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit vorgenommen. Die Intensitt der PrÅfung der objektiven Vergleichbarkeit fllt dabei sehr unterschiedlich aus, von einer umfassenden PrÅfung bis zur bloßen Feststellung, dass ein steuerlicher Vorteil aus einer Situation resultierte. Daher mag das Petitum verstndlich sein, von der PrÅfung der objektiven Vergleichbarkeit gnzlich Abstand zu nehmen, da es als ein dogmatisches berbleibsel gesehen werden kÇnne aus der Zeit, als der EuGH nur ausdrÅcklich im Vertrag vorgesehene RechtfertigungsgrÅnde akzeptierte. Mit der Anerkennung ungeschriebener RechtfertigungsgrÅnde habe dieser PrÅfungspunkt jedoch keine Berechtigung mehr, weil damit im Wesentlichen untersucht werde, was im Rahmen der Rechtfertigung nochmals geprÅft werde.1 Einzelne AusfÅhrungen in den Schlussantrgen zitiert der EuGH gewÇhnlich nur, um seine ausdrÅckliche Zustimmung kund zu tun; deren bergehen bedeutet Verweigerung der Zustimmung, ohne dies ausdrÅcklich zum Ausdruck zu bringen. Im konkreten Fall kann man die ausdrÅckliche PrÅfung der objektiven Vergleichbarkeit als Missbilligung der Kritik in den Schlussantrgen interpretieren. Des Test der objektiven Vergleichbarkeit erscheint mit dem Urteil Nordea Bank der Großen Kammer des EuGH eine Renaissance zu erleben,2 wobei die Tragweite unklar ist, namentlich ob daraus der Umkehrschluss (keine objektive Vergleichbarkeit) gezogen werden kann, wenn der Sitzstaat nicht die Anrechnungsmethode (wie Dnemark im Urteilsfall) sondern die Freistellungsmethode anwendet.3 Zumindest hat der EuGH fÅr dogmatische Unsicherheit gesorgt, da er in dem nur einen Monat vorher verkÅndeten Urteil SCA Group Holding die objektive Vergleichbarkeit nicht als Tatbestandselement der Beschrnkung, sondern bei der Rechtfertigung der Beschrnkung geprÅft hat.

5.72 Die Vergleichbarkeit stellt sich so als Bindeglied zwischen der PrÅfung der Beschrnkung/Diskriminierung und der RechtfertigungsprÅfung dar, bei der sich die Inkonsistenz der EuGH-Entscheidungen im Sinn einer Berechenbarkeit der Rechtsprechung fortsetzt. Die ffnung der RechtfertigungsprÅfung fÅr ungeschriebene RechtfertigungsgrÅnde zeigt inflationre Folgen und ungeahnte MÇglichkeiten fÅr die Mitgliedstaaten, steuerprotektionistische Regelungen zu verteidigen. Der Leitgedanke des Binnenmarkts, dessen Verwirklichung die Grundfreiheiten gerade in Ermangelung unionsrechtlicher Vereinheitlichung und Harmonisierung ga1 Vgl. GAin Kokott, Schlussantrge v. 13.3.2014 – Rs. C-48/13 – Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:153 = IStR 2014, 257, Rz. 21 ff. 2 Henze, ISR 2014, 311 (313). 3 Vgl. Mitschke, IStR 2014, 565; Henze, ISR 2014, 311 (313).

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

rantieren sollen, gert ins Hintertreffen und fehlt im EntscheidungskalkÅl der Entscheidungen. FÅr den EuGH ist die mangelnde Harmonisierung sogar Grund genug, die mitgliedstaatliche Befugnis im Bereich von DBA grundstzlich nicht in Frage zu stellen,1 selbst auf die Gefahr einer offenkundigen Doppelbesteuerung.2 Manch frÅher abgelehnter Rechtfertigungsansatz erscheint unter abgewandeltem Argumentationsmuster als nunmehr anerkannter ungeschriebener Rechtfertigungsgrund. Namentlich die Verminderung oder der Verlust von Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten sowie die Besteuerungsbefugnis der Mitgliedstaaten werden als teilweise konturlose Rechtsfiguren zur Rechtfertigung von beschrnkenden Maßnahmen zugelassen: die Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten; die Gefahr einer doppelten VerlustberÅcksichtigung; die Gefahr der Steuerflucht oder Steuerumgehung; das Territorialittsprinzip; die Wahrung der Kohrenz des nationalen Steuersystems. Diese als RechtfertigungsgrÅnde vom EuGH angewandten Rechtsfiguren sind nicht trennscharf von einander abgrenzbar, sondern ineinander verschwimmend. So bezweckt das Ziel der Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis nach Auffassung des EuGH, die Symmetrie zwischen dem Recht zur Besteuerung der Gewinne und der MÇglichkeit, Verluste in Abzug zu bringen, zu wahren.3 Dieser Aspekt hat gleichermaßen Bedeutung im Rahmen der Kohrenz des Steuersystems4 und mag zudem bei der Gefahr der doppelten VerlustberÅcksichtigung relevant sein.5

5.73

Eine besonders unrÅhmliche Inkonsistenz der Rechtsprechung weist die im Urteil Marks & Spencer von der Großen Kammer des EuGH statuierte RechtfertigungsmÇglichkeit mit der Trias der RechtfertigungsgrÅnde (i) die Notwendigkeit, eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren, (ii) Verhinderung der

5.74

1 Vgl. EuGH v. 23.10.2008 – Rs. C-157/07 – KR Wannsee, Slg. 2008, I-8061 = GmbHR 2008, 1285, Rz. 48; v. 7.11.2013 – Rs. C-322/11 – K, ECLI:EU: C:2013:716 = ISR 2013, 425 m. Anm. MÅller, Rz. 41; v. 17.7.2014 – Rs. C-48/13 – Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:2087 = ISR 2014, 139 m. Anm. Henze, Rz. 27, jeweils m.w.N. 2 Vgl. EuGH v. 14.11.2006 – Rs. C-513/04 – Kerckhaert-Morres, Slg. 2006, I-10967; v. 16.7.2009 – Rs. C-128/08 – Damseaux, Slg. 2009, I-6823; v. 12.2.2009 – Rs. C-67/08 – Block, Slg. 2009, I-883. 3 Vgl. EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601 = FR 2008, 831, Rz. 33; v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11 – Philips Electronics UK, ECLI:EU:C:2012:532 = ISR 2012, 101 m. Anm. Pohl, Rz. 24; v. 7.11.2013 – Rs. C-322/11 – K, ECLI:EU:C:2013:716 = ISR 2013, 425 m. Anm. MÅller, Rz. 51; v. 1.4.2014 – Rs. C-80/12 – Felixstowe, ECLI:EU:C:2014:200 = GmbHR 2014, 612 = ISR 2014, 170 m. Anm. MÅller, Rz. 30; v. 17.7.2014 – Rs. C-48/13 – Nordea Bank, ECLI:EU:C:2014:2087 = ISR 2014, 139 m. Anm. Henze, Rz. 32. 4 Vgl. EuGH v. 7.11.2013 – Rs. C-322/11 – K, ECLI:EU:C:2013:716 = ISR 2013, 425 m. Anm. MÅller, Rz. 64. 5 Vgl. EuGH v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11 – Philips Electronics UK, ECLI:EU: C:2012:532 = ISR 2012, 101 m. Anm. Pohl, Rz. 29 ff.

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Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

doppelten VerlustberÅcksichtigung und (iii) Vermeidung der Steuerfluchtgefahr auf. „Insgesamt ergibt sich aus diesen drei RechtfertigungsgrÅnden, dass eine beschrnkende Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige zum einen ein berechtigtes und mit dem EG-Vertrag zu vereinbarendes Ziel verfolgt und zwingenden GrÅnden des Allgemeininteresses entspricht und dass sie zum anderen zur Erreichung dieser Ziele geeignet ist.“1 Der EuGH hat im Urteil Rewe Zentralfinanz besttigt, dass diese drei RechtfertigungsgrÅnde kumulativ vorliegen mÅssen.2 Jedoch hat er in den Urteilen Oy AA und Lidl Belgium zwei dieser RechtfertigungsgrÅnde ausreichen lassen, im Urteil Oy AA mit dem Hinweis, dass die finnische Konzernbeitragsregelung nicht die Abzugsfhigkeit von Verlusten betreffe, im Urteil Lidl Belgium mit der BegrÅndung, dass „angesichts der Vielfalt von Situationen, in denen ein Mitgliedstaat derartige GrÅnde geltend machen kann,“ nicht verlangt werden kÇnne, dass fÅr eine Rechtfertigung alle drei GrÅnde vorliegen mÅssten.3 Schließlich hat der EuGH im Urteil X Holding auch einen Rechtfertigungsgrund, die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis der Mitgliedstaaten, als ausreichend erachtet, ohne eine Erluterung hierfÅr zu geben.4 Um so verblÅffender ist, dass der EuGH im Urteil Kommission/Vereinigtes KÇnigreich formuliert, als wre nichts gewesen: „Jedoch kann ... eine solche Ungleichbehandlung mit drei zwingenden GrÅnden des Allgemeininteresses, zusammen genommen, gerechtfertigt werden ...“5 Hieraus lsst sich gleichwohl nicht der Schluss ziehen, dass nunmehr wieder auch in anderen Konstellationen alle drei RechtfertigungsgrÅnde kumulativ vorliegen mÅssen.

5.75 Der EuGH hat im Urteil Marks & Spencer im Rahmen der VerhltnismßigkeitsprÅfung die Rechtsfigur der finalen Verluste geschaffen als Ausnahme. Er hat sie fÅr den Vorlagefall umschrieben,6 ohne sie nher zu definieren. Seither zieht sich die Frage der Finalitt von Auslandsverlusten durch die EuGH-Vorlagen zur bertragung auf Auslandsbetriebssttten,7 auf grenzÅberschreitende Fusionen8 und außerbetriebliche Auslands1 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837 = FR 2006, 177, Rz. 51. 2 Vgl. EuGH v. 29.3.2007 – Rs. C-347/04 – Rewe Zentralfinanz, Slg. 2007, I-2647 = GmbHR 2007, 494 m. Anm. Rehm/Nagler, Rz. 41. 3 EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601 = FR 2008, 831, Rz. 38 ff. 4 Das Urteil verweist zwar mehrfach das Urteil Marks & Spencer, jedoch ohne dessen Rz. 51 zu zitieren. 5 EuGH v. 3.2.2015 – Rs. C-172/13 – Kommission/Vereinigtes KÇnigreich, ECLI:EU:C:2015:C:2015:50, Rz. 24. 6 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837 = FR 2006, 177, Rz. 55. 7 Vgl. EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601 = FR 2008, 831, und EuGH v. 23.10.2008 – Rs. C-157/07 – KR Wannsee, Slg. 2008, I-8061= GmbHR 2008, 1285, und Vorlage des FG KÇln v. 19.2.2014 – 13 K 3906/09, EFG 2014, 1901 = IStR 2014, 733 = ISR 2014, 341 m. Anm. MÅller; beim EuGH registriert als Rs. C-388/14 – Timac Agro, ABl. 2014 Nr. C 372, 5. 8 Vgl. EuGH v. 18.7.2007 – Rs. C-231/05 – Oy AA, Slg. 2007, I-6373.

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B. Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH

einkÅnfte;1 in einigen Fllen ging es um die Grenzen des Anwendungsbereichs.2 Dabei wurde die Marks & Spencer-Ausnahme deutlich eingeschrnkt. Die Generalanwlte haben sich in den Schlussantrgen A Oy, K und Kommission/Vereinigtes KÇnigreich fÅr die Abschaffung dieser Ausnahme ausgesprochen.3 Hierzu hat sich der EuGH bislang nicht geußert, und ohne eine manifeste nderung der Rechtsprechung kann er die Ausnahme nicht unmittelbar abschaffen. Es wre jedoch nicht verwunderlich, wenn er durch Einzelfallprzisierungen die Ausnahme der finalen Verluste schleichend beseitigen wÅrde. Dabei dÅrfte bereits geklrt sein, dass die rechtliche Finalitt von Auslandsverlusten ihrer Geltendmachung im Inland entgegensteht.4 Im Rahmen der Rechtfertigung kommt als letztem PrÅfungspunkt der Verhltnismßigkeit zunehmend Bedeutung zu. Unabhngig von dem im Einzelfall vom EuGH als einschlgig erachteten Rechtfertigungsgrund muss die in Frage stehende Maßnahme auch zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet sein und nicht Åber das dafÅr Erforderliche hinausgehen, dh. das gelindeste Mittel darstellen. Auf dieser letzten PrÅfungsstufe ist die Marks & Spencer-Ausnahme fÅr finale Auslandsverluste angesiedelt.

5.76

Bemerkenswert ist, dass im Fall Papillon5 die franzÇsische Regelung letztendlich die VerhltnismßigkeitshÅrde nur deshalb nicht Åberwand, da sie den Nachweis ausschloss, dass Verluste nicht doppelt berÅcksichtigt werden. Die jeweilige englische Regelung in Philips Electronics UK6 und Felixstowe7 scheiterten im Ergebnis an der inneren WidersprÅchlichkeit des mitgliedstaatlichen Systems. Das gilt entsprechend fÅr die niederln-

5.77

1 Vgl. EuGH v. 7.11.2013 – Rs. C-322/11 – K, ECLI:EU:C:2013:716 = ISR 2013, 425 m. Anm. MÅller. 2 Vgl. ua. EuGH v. 27.11.2008 – Rs. C-418/07 – Papillon, Slg. 2008, I-8947; v. 18.7.2007 – Rs. C-231/05 – Oy AA, Slg. 2007, I-6373; v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X Holding, Slg. 2010, I-1215. 3 Vgl. GAin Kokott, Schlussantrge v. 19.7.2012 – Rs. C-322/11 – A Oy, ECLI:EU: C:2012:488, IStR 2012, 618; GA Mengozzi, Schlussantrge v. 21.3.2013 – Rs. C-322/11 – K, ECLI:EU:C:2013:183; GAin Kokott, Schlussantrge v. 23.10.2014 – Rs. C-172/13 – Kommission/Vereinigtes KÇnigreich, ECLI:EU:C:2015: C:2014:2321 = IStR 2014, 855. 4 Vgl. EuGH v. 21.2.2013 – Rs. C-123/11 – A Oy, ECLI:EU:C:2013:84 = FR 2013, 370 m. Anm. Musil, Rz. 40 ff.; v. 7.11.2013 – Rs. C-322/11 – K, ECLI:EU: C:2013:716 = ISR 2013, 425 m. Anm. MÅller, Rz. 74 ff.; v. 3.2.2015 – Rs. C-172/13 – Kommission/Vereinigtes KÇnigreich, ECLI:EU:C:2015:50 = ISR 2015, 139 m. Anm. MÅller, Rz. 33. 5 EuGH v. 27.11.2008 – Rs. C-418/07 – Papillon, Slg. 2008, I-8947. 6 EuGH v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11 – Philips Electronics UK, ECLI:EU:C:2012:532 = ISR 2012, 101 m. Anm. Pohl. 7 EuGH v. 1.4.2014 – Rs. C-80/12 – Felixstowe, ECLI:EU:C:2014:200 = GmbHR 2014, 612 = ISR 2014, 170 m. Anm. MÅller.

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Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

dische Regelung in SCA Group Holding,1 wobei hier anders als in Papillon die doppelte VerlustberÅcksichtigung nicht durch Sonderbestimmungen zur Neutralisierung bestimmter Transaktionen vermieden wurde sondern durch die allgemeine Beteiligungsfreistellung. In das Geflecht der Entscheidungen passt das Urteil X Holding insoweit nicht, als der EuGH (erst) bei der Verhltnismßigkeit im engeren Sinn die Vergleichbarkeit von auslndischen Betriebssttten und auslndischen Tochtergesellschaften prÅft und aufgrund des DBA Niederlande/Belgien ablehnt. Eine PrÅfungspraxis im Sinn der Berechenbarkeit der Luxemburger Rechtsprechung lsst sich daher schwerlich feststellen. Sie verbleibt als fragmentarische Erkenntnisquelle.

C. Unionsrechtliche Prgung der Organschaft 5.78 Im Vorfeld des Urteils Marks & Spencer war die Vereinbarkeit der deutschen Organschaft mit dem Unionsrecht erheblich in Zweifel gezogen worden. In der Kritik standen insbesondere die Begrenzung der Organschaft auf das Inland und die Tatsache, dass Verluste nicht grenzÅberschreitend verrechnet werden kÇnnen.2 Das schien der Binnenmarkttauglichkeit der Organschaft entgegenzustehen, und die mehrfache InlandsanknÅpfung war geeignet, eine beschrnkende Wirkung anzunehmen. Die Erwartungen in das Urteil Marks & Spencer waren sehr hoch. Erhofft wurden grundstzliche Aussagen des EuGH zur Gruppenbesteuerung, aus denen sich auch die Unionsrechtswidrigkeit der Organschaft ergeben wÅrde. Diese Hoffnungen wurden enttuscht und die Euphorie ebbte ab.

5.79 Dem Urteil Marks & Spencer3 und den nachfolgenden Entscheidungen des EuGH lsst sich entnehmen, dass die territoriale Begrenzung der Organschaft grundstzlich unionsrechtskonform ist und dass es den Mitgliedstaaten gestattet ist, sich gegen den ungewollten Import von Verlusten auslndischer Tochtergesellschaften zu schÅtzen.4

5.80 Die Kommission leitete im Jahr 2008 ein Vertragsverletzungsverfahren5 gegen Deutschland ein, in dem sie §§ 14 Abs. 1 Satz 1 und 17 KStG fÅr die Anerkennung der steuerlichen Organschaft beanstandete, wonach sich sowohl der Sitz des Unternehmens als auch der Ort der Geschftsleitung einer Organgesellschaft in Deutschland befinden mussten (doppelten In1 EuGH v. 12.6.2014 – Rs. C-39/13, C-40/13, C-41/13 – SCA Group Holding, ECLI:EU:C:2014:1758. 2 Vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 16. 3 Vgl. EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837 = FR 2006, 177. 4 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 25 (Stand Dezember 2013). 5 Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2008/4909.

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C. Unionsrechtliche Prgung der Organschaft

landbezug). Eine Gesellschaft mit Sitz im Ausland konnte nicht Teil einer steuerlichen Organschaft sein, auch wenn sie aufgrund des Ortes ihrer Geschftsleitung in Deutschland unbeschrnkt steuerpflichtig war. Hierin lag ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit. Nachdem die Kommission eine mit GrÅnden versehene Stellungnahme abgegeben hatte, sollte mit dem BMF, Schr. v. 28.3.20111 der Beanstandung abgeholfen werden. Da nach der Rechtsprechung des EuGH jedoch eine durch eine Rechtsvorschrift verursachte Vertragsverletzung nur durch eine nderung des betreffenden Gesetzes und nicht allein durch ein Verwaltungsschreiben abgestellt werden kann, beschloss die Kommission, das Verfahren weiterzuverfolgen und Deutschland vor dem EuGH zu verklagen.2 Dies fÅhrte zu einer nderung der beanstandeten Vorschriften durch die sog. Kleine Organschaftsreform.3 worauf das Vertragsverletzungsverfahren eingestellt wurde. Ein doppelter Inlandsbezug ist zwar nicht mehr erforderlich, die Wirkungen der Organschaft sind aber weiterhin auf das Inland begrenzt.4 Eine grenzÅberschreitende Organschaft in dem Sinne, dass die Verluste auslndischer Gesellschaften mit den Gewinnen inlndischer Organgesellschaften bzw. Organtrger verrechnet werden kÇnnen, ist nach nationalem Recht weiterhin nicht vorgesehen. Unionsrechtlich zweifelhaft ist die Ausdehnung der Verlustabzugssperre des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG. Danach bleiben negative EinkÅnfte des Organtrgers oder der Organgesellschaft bei der inlndischen Besteuerung unberÅcksichtigt, soweit sie in einem auslndischen Staat im Rahmen der Besteuerung des Organtrgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berÅcksichtigt werden. Die Unionsrechtskompatibilitt der Vorschrift ist sehr zweifelhaft.5 Die Vermeidung einer doppelten VerlustberÅcksichtigung dÅrfte auch unionsrechtlich grundstzlich unbedenklich sein. Die Vorschrift erfasst jedoch auch Verluste, die der inlndischen Besteuerungsbefugnis unterliegen. Nach der EuGH-Rechtsprechung kann eine Regelung zur Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten und zur Vermeidung der Gefahr der doppelten VerlustberÅcksichtigung eine Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit zwar rechtfertigen, aber dem EuGH-Urteil Philips Electronics (Rz. 5.50 ff.) lsst sich entnehmen, dass dadurch die BerÅcksichtigung der auf dem Gebiet dieses Mitgliedstaats entstandenen Verluste nicht deshalb eingeschrnkt werden darf, weil sie in einem anderen Mitgliedstaat berÅcksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund ist die Vereinbarkeit der Rege-

1 BMF v. 28.3.2011 – IV C 2 - S 2770/09/10001 – DOK 2011/0250044, BStBl. I 2011, 300 = FR 2011, 436. 2 IP/12/283 v. 22.3.2012. 3 Art. 2 des Gesetzes zur nderung des und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. 4 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 38 (Stand September 2013). 5 Vgl. Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (151); Scheipers/Linn, IStR 2013, 139 ff., Schaden/Polatzky, IStR 2013, 131 (137 f.); Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 158.

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Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

lung des §14 Abs. 1 Nr. 5 KStG mit der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV sehr fragwÅrdig.1

5.81 Der Abschluss eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags ist erforderlich, um eine deutsche Organschaft zu etablieren.2 Insofern unterscheidet sich das System der deutschen Organschaft von den anderen Gruppenbesteuerungskonzepten, die Gegenstand von EuGH-Entscheidungen waren, wie der englische group relief, und ist damit nicht vergleichbar.3 Die konzeptionellen Unterschiede mÅssen gleichwohl bei der unionsrechtlichen Kompatibilitt nicht alleine in dem Sinn ausschlaggebend sein, dass die Organschaft wegen des erforderlichen ErgebnisabfÅhrungsvertrags unionsrechtlich sakrosankt ist. Andererseits ist das Erfordernis eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags auch nicht per se unionsrechtswidrig, selbst wenn die Eintragung in einem auslndischen Handelsregister rechtlich und/oder faktisch kaum zu bewerkstelligen sein dÅrfte. Gleichwohl verbleibt die Frage, ob das Erfordernis eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags aufgrund dieser HÅrden unionsrechtskompatibel ist. Auch dieses Erfordernis dÅrfte unionsrechtlich unter dem Aspekt der Vermeidung von Verlustimporten aus dem Ausland betrachtet werden, die der EuGH tendenziell im Sinne der Mitgliedstaaten beurteilt.

5.82 Mit der Frage der Zwischenschaltung von auslndischen Gesellschaften als Bindegliedgesellschaften bzw. mit der Gruppenbesteuerung bei Schwestergesellschaften hat sich der EuGH in seinen Urteilen Papillon4, Felixstowe5 und SCA Group Holding6 auseinandergesetzt. Den Entscheidungen lsst sich ebenfalls entnehmen, dass Maßnahmen zu einer territorialen Begrenzung der Gruppenbesteuerung und zum Ausschluss auslndischer Verluste von der steuerlichen Erfassung zulssig sind. In Papillon war die franzÇsische Regelung zur Vermeidung einer doppelten VerlustberÅcksichtigung grundstzlich gerechtfertigt, scheiterte lediglich im Rahmen der Verhltnismßigkeit daran, dass sie keinen Nachweis zuließ, dass Verluste nicht doppelt berÅcksichtigt werden. Nach deutschem Recht wird eine Organschaft zwischen inlndischer Mutter- und Enkelgesellschaft bei mittelbarer Beteiligung anerkannt, wenn die Beteiligung an der zwischengeschalteten auslndischen Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte an den Enkelgesellschaften gewhrt. Der fÅr die deutsche Organschaft erforderliche GewinnabfÅhrungsvertrag kann dann direkt zwischen Mutter- und Enkelgesellschaften geschlossen werden. Die Ge1 So auch Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (151). Zu unionsrechtlichen Aspekten der Neuregelungen durch die Kleine Organschaftsreform s. auch Rz. 1.51 ff. 2 Vgl. Schwenke in Baumhoff/SchÇnfeld, Forum der internationalen Besteuerung, 2011, 3. 3 Vgl. MÅller-Gatermann, StBJb 2007/08, 151 (159). 4 Vgl. EuGH v. 27.11.2008 – Rs. C-418/07 – Papillon, Slg. 2008, I-8947. 5 Vgl. EuGH v. 1.4.2014 – Rs. C-80/12 – Felixstowe, ECLI:EU:C:2014:200 = GmbHR 2014, 612 = ISR 2014, 170 m. Anm. MÅller. 6 Vgl. EuGH v. 12.6.2014 – Rs. C-39/13, C-40/13, C-41/13 – SCA Group Holding, ECLI:EU:C:2014:1758.

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C. Unionsrechtliche Prgung der Organschaft

fahr einer doppelten VerlustberÅcksichtigung besteht nach deutschem Steuerrecht nicht, da eine Teilwertabschreibung hinsichtlich einer Beteiligung untersagt ist.1 Eine Organschaft zwischen inlndischen Schwestergesellschaften kann nach deutschem Steuerrecht nicht etabliert werden, da ein steuerlich wirksamer GewinnabfÅhrungsvertrag im Zusammenspiel mit einer finanziellen Eingliederung allein unter Schwestergesellschaften nicht mÇglich ist.2 Die Ergebnisse inlndischer Schwestergesellschaften mÅssen einem im Inland steuerpflichtigen Organtrger zugerechnet werden. Deutschland wÅrde sein Besteuerungsrecht verlieren, wenn sie der auslndischen Muttergesellschaft zugerechnet wÅrden.3 Dem Konzept der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft liegt die Idee eines vertikalen Verhltnisses der beteiligten Gesellschaften zugrunde, da § 14 KStG die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft beim Organtrger verlangt. Das Konzept als solches erscheint nicht als unionsrechtswidrig. Insoweit sind die Vorgaben des Urteils SCA Group Holding zum niederlndischen Recht jedenfalls nicht direkt auf die deutschen Regelungen Åbertragbar. Nach deutschem Recht werden die Ergebnisse der Organgesellschaften dem Organtrger zugerechnet. Nach nationalem Recht ist die Zuordnung der Organbeteiligung zumindest an eine inlndische Betriebssttte erforderlich. Die GewinnabfÅhrung der Organgesellschaft an die Betriebsttte oder unmittelbar an den auslndischen Organtrger ist aus steuerlicher Sicht unerheblich.4 Eine unmittelbare Verrechnung der Ergebnisse zwischen den Schwestergesellschaften kann somit aus steuerlicher Sicht nicht erreicht werden; eine Zurechnung muss an einen Åbergeordneten Organtrger erfolgen. Das Unionsrecht kann bei seinem derzeitigen Stand schwerlich vorgeben, an welche Gesellschaft KonzerneinkÅnfte zugerechnet werden kÇnnen.5 Denn der EuGH respektiert grundstzlich die nationalen Konzepte der Gruppenbesteuerung und prÅft sie nur auf ihre beschrnkende Wirkung, wobei den einzelstaatlichen Maßnahmen zur Vermeidung des ungewollten Verlustimports und der doppelten VerlustberÅcksichtigung im Rahmen der Rechtfertigung ein hoher Stellenwert beigemessen wird. Die Zulssigkeit eines GewinnabfÅhrungsvertrags zwischen Schwestergesellschaften mag rein gesellschaftsrechtlich anders gesehen werden. Der GewinnabfÅhrungsvertrag setzt auf dieser Ebene grundstzlich weder ein Abhngigkeits- noch ein Beteiligungsverhltnis

1 Vgl. Lieber, IStR 2014, 278 (280); MÇhlenbrock, DB 2014, 1582 (1583). 2 So MÇhlenbrock, DB 2014, 1582 (1583); aA Walter, GmbHR 2015, 182 (183), der die MÇglichkeit einer aus Schwestergesellschaften bestehenden Organschaft durch teleologisch extensive Auslegung des Begriffs der finanziellen Eingliederung bejaht, vorausgesetzt die Muttergesellschaft befindet sich in einem anderen EU/EWR-Staat. 3 Vgl. Sydow, IStR 2014, 480 (484). 4 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Jost/Pung/Witt, § 14 KStG Rz. 106c (Stand Dezember 2014). 5 Vgl. Sydow, IStR 2014, 480 (485).

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5.83

Kapitel 5 Unionsrechtlicher Einfluss auf die Organschaft

zwischen den Vertragsparteien voraus.1 Zivilrechtlich betrachtet kann daher im Gegensatz zu den steuerrechtlichen Voraussetzungen ein GewinnabfÅhrungsvertrag auch zwischen Schwestergesellschaften abgeschlossen werden (Rz. 2.25; Rz. 12.12 ff.).

1 Vgl. Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht7, § 291 Rz. 50; Walter, DB 2014, 2016 (2017) mwN.

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Kapitel 6 Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive Literatur Behrens, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 23.1.2012 – I R 1/12, BB 2013, 1318; Benecke/Schnitger, Wichtige nderungen bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft durch das UntStG 2013, IStR 2013, 143; Breier, Organschaft und BetriebsprÅfung, KÇlner Tage Organschaft am 16.4.2015, Tagungsunterlagen, 102; v. Brocke/ MÅller, Die Auswirkungen des SCA Group Holding-Urteils auf das deutsche Steuerrecht, DStR 2014, 2106; DÇtsch/Pung, Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts: Die nderungen bei der Organschaft, DB 2013, 305; Gosch, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BFH/PR 2013, 53; Doege/Middendorf, Vororganschaftlich verursachte MehrabfÅhrungen als fiktive GewinnausschÅttungen: „Saldierungsverbot“, StuB 2014, 682; Faller, Organschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen bei einkommenserheblichen Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz, DStR 2013, 1977; FÇrster, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, BFH/PR 2011, 386; FÅger/Rieger/Schell, Die Behandlung von ErgebnisabfÅhrungsvertrgen bei Unternehmensverkauf, DStZ 2015, 404; Gosch, Anmerkung zum Beschluss des BFH v. 6.6.2013 – I R 38/11, BFH/PR 2013, 408; Gosch, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, BFH/PR 2013, 411; Gosch, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BFH/PR 2014, 200; Gosch, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 17.9.2014 – I R 30/13, BFH/PR 2015, 91; Gosch, ber Cross Border-Organschaften, IWB 2012, 694; GrÅnwald, Durch gegenseitige Beziehungen eng miteinander verbunden – Konturen einer richtlinienkonformen umsatzsteuerlichen Gruppenbesteuerung, MwStR 2014, 226; Hahn, Der Verzicht auf die DurchfÅhrung der GewinnabfÅhrung als Gestaltungsinstrument bei M&A-Transaktionen, Ubg 2014, 427; Herbert, Anmerkung zum Beschluss des BFH v. 25.3.2014 – XI B 127/13, MwStR 2014, 472; Herzberg, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, GmbHR 2014, 499; Hielscher, Anmerkung zum Urteil des FG MÅnster v. 14.5.2014 – 10 K 1007/13 G, BB 2014, 1832; HÇlzer, Nichteinbeziehung des umwandlungs- und umwandlungssteuerrechtlichen RÅckbezugszeitraums in die Berechnung der Mindestlaufzeit eines GewinnabfÅhrungsvertrags?, DB 2015, 1249; Kleinheisterkamp, Zurechnung von Einkommen bei unterjhrigem Ausscheiden aus einer Organtrger-PersGes: BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, JbFStR 2014/15, 470; Kollruss/Weißert/Bauer, Systemimmanente gewerbesteuerliche Nichtanwendung des § 8b Abs. 5 KStG bei Schachteldividendenbezug der Organgesellschaft, Ubg 2015, 137; KrÅger, Reichweite des “falsa demonstratio non nocet“-Grundsatzes und die objektivierte Auslegung korporationsrechtlicher Vereinbarungen im Steuerrecht, DStZ 2013, 491; Mrtens, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, jurisPR-SteuerR 19/2014 Anm. 4; Mrtens, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, jurisPR-SteuerR 43/2013 Anm. 6; MÇhlenbrock, Niederlassungsfreiheit bei der Bildung steuerlicher Einheiten, DB 2014, 1582; MÅller, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 17.9.2014 – I R 30/13, ISR 2015, 63; Nacke, Sind rÅckwirkende Gesetze generell verfassungswidrig?, NWB 2014, 2699; Neumann, Neues zur Organschaft aus Sicht der Finanzverwaltung, KÇlner Tage Organschaft am 16.4.2015, Tagungsunterlagen, 30; Patzner/ Nagler, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 17.9.2014 – I R 30/13, GmbHR 2015, 218; Prinz/HÅtig, Zur typisierten Gewerbesteueranrechnung bei einer OrgantrgerPersonengesellschaft, Anmerkungen zu den BFH-Urteilen v. 22.9.2011 – IV R 3/10

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Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

und IV R 8/09, StuB 2012, 20; Pyszka, Steuergestaltung durch Nichtwahrung der Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft – Zugleich Anmerkungen zum Urteil des FG MÅnster vom 20.8.2014 – 10 K 2192/13 F -, GmbHR 2014, 1296; Pyszka/Nienhaus, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg bei GewinnausschÅttungen sowie vororganschaftlichen MehrabfÅhrungen an eine Organgesellschaft, DStR 2014, 1585; RÇdder/SchÇnfeld, Abschied (auslandsbeherrschter) inlndischer Kapitalgesellschaften von der deutschen Ertragsteuerpflicht?, DStR 2011, 886; RÅsch, Aktuelle Entwicklungen zur steuerlichen Organschaft, DStZ 2015, 27; Scheifele/ Marx, Die zeitlichen Anforderungen an den GewinnabfÅhrungsvertrag und seine DurchfÅhrung, DStR 2014, 1793; Schnitger, Urteil des EuGH in der Rs. SCA als Katalysator fÅr eine deutsche Organschaftsreform – jetzt geht’s los (?), IStR 2014, 587; Suchanek, Anmerkung zum Beschluss des BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13, GmbHR 2014, 832; Sydow, Gruppenbesteuerung: steuerliche Einheit zwischen Tochtergesellschaften – EuGH-Entscheidung in den verb. Rs. C-39-41/13 „SCA Group Holding BV“, IStR 2014, 480; Trautmann/Faller, Mehr- und MinderabfÅhrungen in der Organschaft nur bei einkommenserheblichen Abweichungen zwischen Handelsund Steuerbilanz, DStR 2013, 293; Trossen, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 28.7.2010 – I R 111/09, GmbH-StB 2011, 7; Trossen, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, GmbH-StB 2014, 127; Wacker, Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG bei Organschaft: BFH v. 22.9.2011 – IV R 3/10 und IV R 8/09, JbFfStR 2012/2013, 481; Wacker, Zeitaspekte der gewerblichen Ttigkeit einer Organtrger-PersGes: BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, JbFStR 2014/15, 461; Walter, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 23.1.2012 – I R 1/12, GmbHR 2013, 602; Walter, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, GmbHR 2013, 1109; Walter, Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags und Rumpfwirtschaftsjahre, GStB 2014, 195; Walter, GewinnabfÅhrungsvertrag mit Schwestergesellschaften aus zivilrechtlicher Sicht, DB 2014, 2016; Wendt, Anmerkung zu dem Urteil des BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, FR 2011, 968; Witt/Tiede, Erweiterte GewerbesteuerkÅrzung: Gefahr durch Gewhrung von Sicherheiten?, BB 2006, 696; WÅst, Grundstze der Unternehmenseinheit und Organschaft grenzÅberschreitender Unternehmensstrukturen, MwStR 2014, 425.

A. Einleitung 6.1 Betrachtet man die steuerliche Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive, fllt zunchst die große Zahl einschlgiger Entscheidungen auf. Dies zeigt zum einen die besondere Bedeutung des Konzernsteuerrechts in der Praxis. Zum anderen sind die umfangreichen Aktivitten der Rechtsprechung Folge der mehrfachen nderungen der Organschaftsregelungen durch den Gesetzgeber. Zwar ist es bisher noch nicht zu „der“ großen Organschaftsreform gekommen, aber auch die Anpassungen der vergangenen Jahre haben zu immer neuem Klrungsbedarf gefÅhrt. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Diese Einschtzung wird unter anderem

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A. Einleitung

durch die zahlreichen Zweifelsfragen besttigt, die sich aus der im Jahr 2013 verabschiedeten „kleinen Organschaftsreform“1 ergeben.2 Eine erste Analyse der bisher vom BFH und den Finanzgerichten getroffenen Entscheidungen zeigt die enge Verbindung der steuerlichen Organschaft mit dem Gesellschaftsrecht, die insbesondere durch die AnknÅpfung an den GewinnabfÅhrungsvertrag verursacht wird. Allerdings hat der BFH mehrfach betont, dass sich die steuerliche Organschaft an gesellschaftsrechtliche Vorgaben anlehne, letztlich aber ein spezifisch steuerliches Verstndnis maßgebend sei. Grundlegend sind beispielsweise die AusfÅhrungen im Urteil v. 3.3.2010 – I R 68/09.3 Danach hat sich der Steuergesetzgeber im KÇrperschaftsteuerrecht bewusst gegen ein steuersubjektÅbergreifendes Konzern- oder Gruppenbesteuerungskonzept entschieden und maßgeblich auf die Leistungsfhigkeit jeder einzelnen KÇrperschaft abgestellt („Trennungstheorie“). Da die Organschaft eine Ausnahme von diesem strikten Steuersubjektprinzip darstelle, seien die spezifisch steuerlichen Anforderungen eher eng als weit auszulegen.

6.2

In diesem Zusammenhang fllt auf, dass der fÅr Kapitalgesellschaftskonzerne zustndige I. Senat des BFH auch im Konzernsteuerrecht einer sehr streng am Wortlaut orientierten Auslegung den Vorrang einrumt. Insofern ist es bemerkenswert, dass er im Beschluss v. 15.2.2012 – I B 7/114 im Wege der Rechtsfortbildung zu einem dem Wortlaut widersprechenden Ergebnis kommt. Trotzdem dÅrfte der I. Senat auch in Zukunft seiner bisherigen Tradition treu bleiben und bei der Auslegung der Gesetze dem Wortlaut eine besonders große Bedeutung beimessen. Dies gilt nicht nur, aber wegen ihres Ausnahmecharakters eben gerade auch fÅr die Regelungen zur steuerlichen Organschaft.

6.3

Die folgenden AusfÅhrungen konzentrieren sich auf die aktuelle Rechtsprechung, wobei zunchst die Entscheidungen des BFH und der Finanzgerichte zu den Voraussetzungen (Rz. 6.5 ff.) und Rechtsfolgen (Rz. 6.58 ff.) einer Organschaft sowie zu den Besonderheiten bei der gewerbesteuerlichen Organschaft (Rz. 6.84 ff.) dargestellt und analysiert werden. Anschließend werden die verfahrens- (Rz. 6.104 ff.) und verfassungsrechtlichen (Rz. 6.112 ff.) sowie die unions- und DBA-rechtlichen (Rz. 6.120 ff.) Aspekte der aktuellen Rechtsprechung untersucht.

6.4

1 Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. 2 Vgl. hierzu DÇtsch/Pung, DB 2013, 305; Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143, jeweils mwN. 3 BFH v. 3.3.2010 – I R 68/09, BFH/NV 2010, 1132 = GmbHR 2010, 661. 4 BFH v. 15.2.2002 – I B 7/11, BStBl. II 2012, 751 = FR 2012, 521; ebenso BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 745 = FR 2012, 727.

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Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft I. Personelle Voraussetzungen 1. AusÅbung einer gewerblichen Ttigkeit

6.5 In dem Urteil v. 24.7.2013 – I R 40/121 nahm der BFH zu den Anforderungen an die AusÅbung einer gewerblichen Ttigkeit gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG Stellung. Nach dieser Vorschrift, die im Zuge der Streichung der MehrmÅtterorganschaft durch das SteuervergÅnstigungsabbaugesetz v. 15.5.20132 eingefÅgt worden ist, kann eine Personengesellschaft nur dann Organtrgerin sein, wenn sie als Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG einzuordnen ist und eine gewerbliche Ttigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausÅbt. Der BFH kam in seinem Urteil v. 24.7.2013 zu dem Ergebnis, dass der Organtrger – entgegen dem BMF-Schreiben v. 10.11.20053 – nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft gewerblich ttig sein muss. Außerdem stellte er klar, dass im Fall der Betriebsaufspaltung die Ttigkeit des Besitzunternehmers fÅr eine gewerbliche Ttigkeit i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG ausreicht.

6.6 Der Entscheidung des BFH lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klgerin, eine GmbH, schloss mit ihrer Muttergesellschaft, einer KG, im Dezember 2005 einen Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrag, der fÅr das Jahr 2006 zu einer ertragsteuerlichen Organschaft fÅhren sollte. Die KG hielt zum 1.1.2006 lediglich die Beteiligung an der GmbH und war somit ausschließlich vermÇgensverwaltend ttig. Am 1.3.2006 verkaufte die GmbH ihren ganzen Geschftsbetrieb an die KG und mietete ihn sofort wieder zurÅck. Trotzdem erkannte das Finanzamt fÅr das Streitjahr 2006 keine Organschaft an, und zwar unter Hinweis darauf, dass die KG nicht ab dem Beginn des Wirtschaftsjahrs der Klgerin gewerblich ttig gewesen sei.

6.7 Besitzunternehmen einer Betriebsaufspaltung gewerblich ttig. Die Klarstellung, dass im Fall der Betriebsaufspaltung das Besitzunternehmen (hier die KG) eine gewerbliche Ttigkeit i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG ausÅbt, begrÅndete der BFH mit den allgemeinen Grundstzen der Betriebsaufspaltung. Die gewerbliche Bettigung des Betriebsunternehmens fÅhre auch zur Gewerblichkeit des Besitzunternehmens. Unter BerÅcksichtigung dieser Argumentation kommt es mE nicht darauf an, ob eine echte oder – wie im Streitfall – unechte Betriebsaufspaltung 1 BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272 = FR 2014, 28 = GmbHR 2013, 1105 m. Anm. Walter. 2 BGBl. I 2003, 660. 3 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 21.

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B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft

vorliegt. Zur weiteren BegrÅndung wies der BFH darauf hin, dass die Einbeziehung von Besitzunternehmen als taugliche Organtrger bereits im Urteil v. 2.9.2009 – I R 20/091 entschieden worden sei. Da die AusfÅhrungen dieses Urteils teilweise noch zu Missverstndnissen gefÅhrt hatten, sah sich der BFH zu der Bemerkung veranlasst, dass an einem etwaigen abweichenden Verstndnis nicht mehr festgehalten werde. – Gewerbliche Infektion bzw. Abfrbung: AusdrÅcklich offen ließ der BFH, ob beim Besitzunternehmen eine originr gewerbliche Ttigkeit vorliegt oder sich dessen vermÇgensverwaltende Ttigkeit durch „Infektion“ bzw. „Abfrbung“ in eine gewerbliche Ttigkeit umwandelt. Daraus folgt, dass nach Auffassung des BFH grundstzlich auch eine Infektion bzw. Abfrbung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG fÅr die AusÅbung einer gewerblichen Ttigkeit i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG ausreicht. FÅr die Frage, ob tatschlich jede Infektion bzw. Abfrbung genÅgt oder ob bei einer Infektion bzw. Abfrbung aufgrund der Beteiligung an einer anderen gewerblichen Mitunternehmerschaft oder einer nur unwesentlichen eigenen gewerblichen Ttigkeit Ausnahmen gelten, die Åber die vom BFH fÅr § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG entwickelten Bagatellgrenzen2 hinausgehen,3 lassen sich aus dem Urteil v. 24.7.2013 keine Erkenntnisse gewinnen. – Gewerblich geprgte Personengesellschaften: DarÅber hinaus ist durch das Urteil v. 24.7.2013 nicht abschließend entschieden, wie eine gewerbliche Prgung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zu beurteilen ist. Der ausdrÅckliche Hinweis des I. Senats auf das Ziel des Gesetzgebers, mit der Forderung einer „originr“ gewerblichen Ttigkeit in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG gewerblich geprgte Personengesellschaften als Organtrger auszuschließen, um die Streichung der MehrmÅtterorganschaft durch das SteuervergÅnstigungsabbaugesetz abzusichern, spricht aber dafÅr, dass eine gewerbliche Prgung nicht fÅr die AusÅbung einer gewerblichen Ttigkeit i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG ausreichen soll. 4 Dies entspricht auch der hM in der Literatur.5 Keine Notwendigkeit einer gewerblichen Ttigkeit ab Beginn des Wirtschaftsjahrs. Die zweite Kernaussage des Urteils v. 24.7.2013 besteht da-

1 BFH v. 2.9.2009 – I R 20/09, GmbHR 2010, 273 = BFH/NV 2010, 391 zu einem Betrieb gewerblicher Art als Organtrger. 2 BFH v. 27.8.2014 – VIII R 16/11, BFH/NV 2015, 592; v. 27.8.2014 – VIII R 41/11, BFH/NV 2015, 595; v. 27.8.2014 – VIII R 6/12, BFH/NV 2015, 597. 3 Vgl. DÇtsch in D/J/P/W, § 14 KStG Rz. 92 ff.; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 124 ff.; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 61 ff.; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 164, jeweils mwN. 4 Vgl. hierzu auch Gosch, BFH/PR 2013, 411 (412), dessen allgemeiner Hinweis auf die „Prgung nach § 15 Abs. 3 EStG“ zu einer anderen Interpretation fÅhren kÇnnte; allerdings bezieht sich diese Aussage auf die Besitzgesellschaft des Streitfalls, so dass damit nur die im Urteil angesprochene Infektion bzw. Abfrbung gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gemeint sein dÅrfte. 5 Vgl. Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 171 mwN.

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6.8

Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

rin, dass die gewerbliche Ttigkeit nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft vorliegen muss. – Zur BegrÅndung stÅtzt sich der BFH maßgeblich auf den Wortlaut der Vorschrift und einen systematischen Vergleich mit der Regelung zur finanziellen Eingliederung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG, in der – anders als in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG – ausdrÅcklich gefordert wird, dass die Mehrheitsbeteiligung „vom Beginn ihres Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen“ bestehen muss. Auch unter BerÅcksichtigung des Sinns und Zwecks der Regelung sei keine andere Auslegung erforderlich, da die GewinnabfÅhrung sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich erst zum Ende eines Geschftsjahres erfolge (s. auch Rz. 6.60 ff. zum BFH-Urteil v. 28.2.2013 – I R 50/091). – Anwendung auf Folgejahre: Ob es unter BerÅcksichtigung dieser Argumentation auch in den Folgejahren ausreicht, jeweils zum Zeitpunkt der GewinnabfÅhrung eine gewerbliche Ttigkeit auszuÅben, war nicht Gegenstand der Entscheidung. HierfÅr spricht, dass in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG – im Gegensatz zu § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG – auch keine ununterbrochene gewerbliche Ttigkeit gefordert wird.

6.9 nderungen durch die „Kleine Organschaftsreform“. Die praktische Bedeutung der Frage nach dem Zeitpunkt der gewerblichen Ttigkeit hat sich durch die „Kleine Organschaftsreform“ relativiert. Denn § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG fordert nunmehr, dass die Beteiligung an der Organgesellschaft „ununterbrochen whrend der gesamten Dauer der Organschaft“ einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers i.S.v. § 12 AO zuzuordnen ist. Entsprechendes gilt – zumindest in Fllen mit Auslandsbezug – fÅr die AusfÅhrungen des BFH zur gewerblichen Ttigkeit der Besitzgesellschaft einer Betriebsaufspaltung. Denn § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4 bis 7 KStG fordern nicht nur eine Zuordnung zu einer inlndischen Betriebssttte nach nationalem Recht, sondern auch eine inlndische Besteuerung nach DBA-Recht. Insofern wird insbesondere bei einer inlndischen Besitzpersonengesellschaft mit auslndischen Gesellschaftern der Hinweis von Wacker relevant, dass die gewerblichen EinkÅnfte des Besitzunternehmens nach Auffassung des I. Senats nicht den DBAUnternehmensgewinnen zuzuordnen seien.2 2. Betrieb gewerblicher Art als Organtrger

6.10 Divergierende FG-Entscheidungen. Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) Organtrger einer ertragsteuerlichen Organschaft sein kann (s. auch Rz. 21.4 ff.), kommen das FG KÇln in seinem Urteil v. 19.12.2013 – 10 K 2933/113 und das FG DÅssel1 BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494 = FR 2013, 1137. 2 Wacker, JbFStR 2014/15, 461 (469) unter Verweis auf BFH v. 25.5.2011 – I R 95/10, BStBl. II 2014, 760 = GmbHR 2011, 1004. 3 FG KÇln v. 19.12.2013 – 10 K 2933/11, EFG 2014, 662.

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B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft

dorf in seinem Urteil v. 18.3.2014 – 6 K 3493/11 K1 zu divergierenden Entscheidungen. Beide Entscheidungen betrafen Bderbetriebe, die dauerhaft Verluste erwirtschafteten. Zum Ausgleich dieser Verluste sollte jeweils eine im gewillkÅrten BetriebsvermÇgen gehaltene Beteiligung an einer Tochter-Kapitalgesellschaft dienen, die Gewinne erzielte und mit der ein GewinnabfÅhrungsvertrag geschlossen worden war. – Bejahung einer Gewinnerzielungsabsicht durch das FG KÇln: Das FG KÇln bejahte unter Berufung auf den BFH-Beschluss v. 25.7.2002 – I B 52/022 die Gewinnerzielungsabsicht des BgA und damit auch dessen Qualifizierung als gewerbliches Unternehmen, dh. die Voraussetzung fÅr die Anerkennung als ertragsteuerlicher Organtrger. Eine Gewinnerzielungsabsicht liege auch dann vor, wenn die TrgerkÇrperschaft zur Verbesserung der Ertragslage Aktien in das gewillkÅrte BetriebsvermÇgen des BgA einlege. – Verneinung einer Gewinnerzielungsabsicht durch das FG DÅsseldorf: Das FG DÅsseldorf fÅhrte dagegen aus, die Gewinnerzielungsabsicht eines BgA sei – wie bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften – nicht einheitlich fÅr die gesamte Ttigkeit, sondern gesondert fÅr jede eigenstndige Bettigung, die nicht nur eine bloße Hilfs- oder Nebenttigkeit zur Hauptttigkeit darstelle, zu prÅfen (sog. Segmentierung). Da im Streitfall das Betreiben der Schwimmbder und das Verwalten der Beteiligungen als selbstndige Ttigkeitsbereiche anzusehen seien, komme der dauerdefizitre BgA Bderbetrieb nicht als tauglicher Organtrger in Betracht. Ausblick auf die Entscheidung des BFH. Nachdem die Revision gegen das erste Urteil des FG DÅsseldorf v. 29.6.2010 – 6 K 2990/07 K aus verfahrensrechtlichen GrÅnden nicht zu einer Entscheidung in der Sache fÅhren konnte,3 ist die Problematik eines dauerdefizitren BgA als Organtrger nunmehr ein weiteres Mal beim BFH anhngig (Az. I R 26/14). Entgegen der Auffassung des FG DÅsseldorf dÅrfte der BFH dabei aber kaum auf das Urteil v. 22.8.2007 – I R 32/064 zurÅckgreifen kÇnnen. Dort ging es nmlich um die Vermeidung einer vGA durch die Verrechnung von GewinnabfÅhrungen und VerlustÅbernahmen verschiedener Organgesellschaften, whrend im Verfahren I R 26/14 die Behandlung der gewinntrchtigen Beteiligung als gewillkÅrtes BetriebsvermÇgen im Vordergrund stehen dÅrfte. Unabhngig vom Ausgang des Verfahrens werden fÅr Veranlagungs-

1 FG DÅsseldorf v. 18.3.2014 – 6 K 3493/11 K, EFG 2014, 1032 – Rev. I R 26/14; glA bereits FG DÅsseldorf v. 29.6.2010 – 6 K 2990/07 K, EFG 2010, 1732, ua. mit Hinweis auf das Urteil des BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = FR 2007, 1160 m. Anm. Orth, aus dem zu schließen sei, dass sich bei einer dauerdefizitrer Eigengesellschaft eine vGA nicht durch die Einlage einer gewinntrchtigen Beteiligung vermeiden lasse. 2 BFH v. 25.7.2002 – I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341. 3 BFH v. 31.3.2011 – I R 74/10, BFH/NV 2011, 1371. 4 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = FR 2007, 1160 m. Anm. Orth.

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6.11

Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

zeitrume ab 2009 zustzlich die durch das Jahressteuergesetz 2009 v. 19.12.20081 eingefÅhrten §§ 4 Abs. 6 und 8 Abs. 9 KStG zu berÅcksichtigen sein, auch wenn sie primr die Segmentierung/Zusammenfassung verschiedener BgA (§ 4 Abs. 6 KStG) bzw. verschiedener Sparten einer Eigengesellschaft der Çffentlichen Hand (§ 8 Abs. 9 KStG) und nicht den mÇglichen Umfang des gewillkÅrten BetriebsvermÇgens der einzelnen BgA/Sparten regeln. Sollte fÅr einen BgA keine Organschaft in Betracht kommen, wird als Ausweichgestaltung die Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft diskutiert.2

II. Eingliederungsvoraussetzungen 1. Finanzielle Eingliederung a) RÅckbeziehbarkeit der finanziellen Eingliederung

6.12 In zwei Urteilen v. 28.7.2010 – I R 89/09 und I R 111/093 hatte der BFH Sachverhalte zu entscheiden, bei denen es um die allgemeine Frage ging, ob die finanzielle Eingliederung ein tatschliches Merkmal ist, das keiner fiktiven RÅckbeziehung auf den steuerlichen bertragungsstichtag zugnglich ist, oder ob sie rechtlicher Natur ist, so dass eine solche RÅckbeziehung in Frage kommt. Der BFH stellte den Diskussionsstand zu dieser Frage umfassend dar, musste das Problem aber letztlich nicht grundstzlich klren, da die finanzielle Eingliederung bereits aus der umfassenden Rechtsnachfolge der Åbernehmenden KÇrperschaft in die Position der Åbertragenden KÇrperschaft gem. § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG aF folgte (sog. Fußstapfentheorie).

6.13 Sachverhalt. Dem Verfahren I R 111/09 lag die Einbringung des 100 %igen Anteils an der Klgerin, der A-GmbH, in deren Schwestergesellschaft, der B-GmbH, gegen Gewhrung von Gesellschaftsrechten mit steuerlicher RÅckwirkung zugrunde (§ 20 Abs. 1 Satz 2 iVm. Abs. 7 und 8 UmwStG aF). Die A-GmbH schloss anschließend als Organgesellschaft mit der B-GmbH als Organtrgerin einen GewinnabfÅhrungsvertrag. Streitjahr war 2005. Auch im Verfahren I R 89/09 ging es um die Einbringung einer 100 %igen Beteiligung an der spteren Organgesellschaft in eine Schwestergesellschaft, der spteren Organtrgerin, gegen Gewhrung von Gesellschaftsrechten mit steuerlicher RÅckwirkung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 iVm. Abs. 7 und 8 UmwStG aF. Allerdings waren sowohl die sptere Organgesellschaft als auch die sptere Organtrgerin zuvor im Wege der Ausgliederung zweier Teilbetriebe zur NeugrÅndung einer GmbH entstanden (§ 20 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 7 und 8 UmwStG aF). Streitjahr war hier 2004. 1 BGBl. I 2009, 2794. 2 Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 98. 3 BFH v. 28.7.2010 – I R 89/09, BStBl. II 2011, 528 = FR 2011, 184; v. 28.7.2010 – I R 111/09, GmbHR 2011, 44 = BFH/NV 2011, 67; vgl. auch BFH v. 5.11.2014 – I B 34/14, BFH/NV 2015, 356.

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B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft

Fußstapfentheorie gem. § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG aF. Der BFH stÅtzte sich bei seinen Entscheidungen maßgeblich auf § 12 Abs. 3 Satz 1 iVm. § 22 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG aF, wonach der Åbernehmende Rechtstrger in die steuerliche Rechtsstellung des Åbertragenden Rechtstrgers eintritt. Dies gelte fÅr jegliche Gewinnermittlungsvorschriften einschließlich der Organschaftsvoraussetzungen. – Eine finanzielle Eingliederung liegt danach vor, wenn diese seit dem Beginn des Wirtschaftsjahrs zum Åbertragenden Rechtstrger und anschließend bis zum Ende des Wirtschaftsjahrs zum Åbernehmenden Rechtstrger bestanden hat. – Im Verfahren I R 89/09 sah der BFH die ursprÅngliche Teilbetriebseigenschaft als strkste Form der Eingliederung an, so dass auch hier der Eintritt des Åbernehmenden Rechtstrgers in die (finanzielle) Eingliederung des Teilbetriebs mÇglich war. – Noch nicht entschieden ist dagegen der Fall, dass der Åbertragende Rechtstrger die Beteiligung erst unterjhrig erwirbt und anschließend zum Ende des letzten Wirtschaftsjahres in eine andere Kapitalgesellschaft einbringt.1 Ebenso ist nicht abschließend geklrt, welche Auswirkung die steuerliche RÅckwirkung bzw. die Anwendung der Fußstapfentheorie auf die Berechnung der Mindestdauer des GewinnabfÅhrungsvertrags haben (s. hierzu Rz. 6.31 ff.).

6.14

nderungen durch das SEStEG. Hinsichtlich der aktuellen Rechtslage ist zu beachten, dass die RÅckwirkungsfiktion des § 2 Abs. 1 iVm. § 20 Abs. 7 und 8 UmwStG aF seit dem SEStEG v. 7.12.20062 bei einem Anteilstausch ausgeschlossen ist (§ 21 UmwStG nF). – Keine Klrung durch den BFH: Auch wenn der BFH diesen Umstand in seinen Entscheidungen v. 28.7.2010 ausdrÅcklich angesprochen und etwaige Auswirkungen auf die Streitjahre 2004 und 2005 (nur) unter Hinweis darauf verneint hat, dass es sich bei den nderungen durch das SEStEG um eine konstitutive Neuregelung handele, steht letztlich nicht fest, wie er die Streitflle nach neuer Rechtslage beurteilt htte. – Gegen die Auffassung des BMF, die finanzielle Eingliederung setze in Umwandlungsfllen eine RÅckwirkung nach § 2 Abs. 1 iVm. § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG nF voraus,3 spricht, dass der BFH seine Entscheidung letztlich nur mit der Rechtsnachfolge gem. § 12 Abs. 3 UmwStG begrÅndet hat. Diese Vorschrift ist beim Anteilstausch aber auch nach den nderungen durch das SEStEG anwendbar, sofern die Einbringung nicht zum gemeinen Wert erfolgt (§ 23 Abs. 1 UmwStG nF).

6.15

1 Vgl. auch Trossen, GmbH-StB 2011, 7 (8). 2 Gesetz Åber steuerliche Begleitmaßnahmen zur EinfÅhrung der Europischen Gesellschaft und zur nderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2-S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.15; zur Kritik vgl. auch Herlinghaus in RÇdder/Herlinghaus/van Lishaut, UmStG2, Anh. 4 Rz. 38 f. und 43 mwN.

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Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

– Gestaltungsalternativen: Die bestehenden Unsicherheiten kÇnnen durch ein Ausweichen auf Umwandlungsvorgnge vermieden werden, die auch nach dem SEStEG zu einer RÅckwirkung gem. § 2 Abs. 1 UmwStG iVm. § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG nF fÅhren, zB statt der isolierten Einbringung der Beteiligung an der spteren Organgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewhrung von Gesellschaftsrechten (Anteilstausch gem. § 21 UmwStG) Gestaltung der Umwandlung als Einbringung eines Teilbetriebs gem. § 20 UmwStG, dem die Beteiligung an der spteren Organgesellschaft als funktional wesentliche Betriebsgrundlage zuzuordnen ist. b) Unterjhriger Erwerb von Vorratsgesellschaften

6.16 In dem Urteil des Hessischen FG v. 18.10.2012 – 8 K 1694/091 ging es um die BegrÅndung einer Organschaft im Anschluss an den unterjhrigen Erwerb einer Vorratsgesellschaft, und zwar unter BerÅcksichtigung der vom BGH im Beschluss v. 7.7.2003 – II ZB 4/022 entwickelten Grundstze, wonach der Erwerb der Anteile an einer Vorrats- oder Mantelgesellschaft einer wirtschaftlichen NeugrÅndung gleichzusetzen sei. Das FG verneinte jedoch eine bertragbarkeit dieser Grundstze auf das Steuerrecht, da es dem BGH maßgeblich um einen wirksamen Glubigerschutz gegangen sei. Damit sei eine finanzielle Eingliederung der Vorratsgesellschaft bei unterjhrigem Erwerb nicht bereits ab dem Beginn des Wirtschaftsjahrs der Vorratsgesellschaft gegeben.

6.17 Als Ausweichgestaltung kommt in der Praxis die Umstellung des Wirtschaftsjahrs der Vorratsgesellschaft in Betracht. HierfÅr ist die Zustimmung der Finanzverwaltung erforderlich (§ 7 Abs. 4 Satz 3 KStG). Außerdem ist zu beachten, dass keine rÅckwirkende Umstellung des Wirtschaftsjahrs mÇglich ist. Die entsprechende Satzungsnderung muss noch vor Beginn des neuen Wirtschaftsjahrs beurkundet und in das Handelsregister eingetragen werden.3 2. Exkurs: Organisatorische Eingliederung

6.18 Im Rahmen der umsatzsteuerlichen Organschaft stehen neben den VorlagebeschlÅssen des XI. Senats des BFH zur Unionsrechtskonformitt einzelner nationaler Regelungen (s. Rz. 6.127 ff. und Rz. 22.20 ff.) vor allem die aktuellen Entscheidungen des BFH zur organisatorischen Eingliederung im Fokus (s. ausfÅhrlich Rz. 22.59 ff. und Rz. 24.13 ff.).

1 FG Hess. v. 18.10.2012 – 8 K 1694/09, rkr., EFG 2013, 235 = GmbHR 2013, 209 m. Anm. Walter. 2 BGH v. 7.7.2003 – II ZB 4/02, BGHZ 155, 382 = GmbHR 2003, 1125 m. Anm. Peetz. 3 BFH v. 18.9.1996 – I B 31/96, GmbHR 1997, 670 = BFH/NV 1997, 378.

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B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft

Dies gilt insbesondere fÅr das Urteil des V. Senats v. 8.8.2013 – V R 18/13.1 Danach soll es im Gegensatz zur frÅheren Rechtsprechung des BFH fÅr die BegrÅndung einer organisatorischen Eingliederung2 nicht mehr ausreichen, wenn eine vom Organtrger abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft ausgeschlossen ist. Vielmehr fordert der BFH nunmehr verschrfend, dass der Organtrger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene MÇglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden GeschftsfÅhrung wahrnimmt und dabei die Organgesellschaft durch die Art und Weise der GeschftsfÅhrung beherrscht. Der Organtrger muss also seinen Willen in der Organgesellschaft durchsetzen kÇnnen und dies auch tatschlich tun; ein Vetorecht des Organtrgers ist nicht mehr ausreichend. Auf Grundlage dieser genderten Sichtweise hat der V. Senat entschieden, dass die organisatorische Eingliederung endet, wenn das Insolvenzgericht fÅr die Organgesellschaft einen vorlufigen Insolvenzverwalter bestellt und zugleich gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO anordnet, dass VerfÅgungen nur noch mit Zustimmung des vorlufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.

6.19

Diese Rechtsprechungsnderung hat der V. Senat in Folgeentscheidungen3 wiederholt und damit besttigt, auch wenn sie in den jeweiligen Fllen nicht entscheidungserheblich war. Im Beschluss v. 19.3.2014 – V B 14/14 sah der BFH im Fall der ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen von Organtrger und Organgesellschaft sogar dann ernstliche Zweifel an einer FortfÅhrung der Organschaft, wenn das Insolvenzgericht fÅr beide Gesellschaften denselben Insolvenzverwalter bestellt und Eigenverwaltung angeordnet hat. Allerdings knÅpfte er hierbei nicht speziell an die organisatorische Eingliederung, sondern allgemein an die Auswirkungen des insolvenzrechtlichen Einzelverfahrensgrundsatzes an (umfassend zu den insolvenzrechtlichen Implikationen Rz. 24.1 ff., insbesondere Rz. 24.13 ff.).

6.20

III. GewinnabfÅhrungsvertrag 1. „Strenge“ Rechtsprechung des BFH GewinnabfÅhrungsvertrag als „HerzstÅck“ des Organschaftsrechts. Zwar wird der Umstand, dass fÅr eine steuerlich wirksame Organschaft gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG ein GewinnabfÅhrungsvertrag erforderlich ist, im Rahmen der Diskussion Åber eine Reform des Konzernsteuerrechts stark kritisiert. Auf Grundlage der derzeitigen gesetzlichen Regelungen kann 1 BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747. 2 Zur Auffassung der Finanzverwaltung s. A 2.8 Abs. 7 ff. UStAE, zuletzt gendert durch BMF v. 10.12.2014 – IV D 3 - S 7015/14/10001 – DOK 2014/1073025, BStBl. I 2014, 1622. 3 BFH v. 19.3.2014 – V B 14/14, GmbHR 2014, 663= UR 2014, 431 = BFH/NV 2014, 999; v. 3.7.2014 – V R 32/13, juris.

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6.21

Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

der GewinnabfÅhrungsvertrag aber als das „HerzstÅck“ des deutschen Organschaftsrechts bezeichnet werden. Deshalb wundert es nicht, dass die Gerichte zahlreiche Gelegenheiten hatten, Åber die gesetzlichen Anforderungen an den fÅr eine ertragsteuerliche Organschaft erforderlichen GewinnabfÅhrungsvertrag zu urteilen.

6.22 Mindestdauer zur Verhinderung von Manipulationen. Die Rechtsprechung des BFH zum GewinnabfÅhrungsvertrag wird aus dem Blickwinkel der Steuerpflichtigen hufig als streng empfunden, da die formale und sehr am Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften bzw. des GewinnabfÅhrungsvertrags orientierte Betrachtungsweise des BFH zu einigen „harten“ Entscheidungen gefÅhrt hat. Dies ist aber dadurch gerechtfertigt, dass die Mindestdauer Manipulationen verhindern soll. Um eine willkÅrliche Beeinflussung der Besteuerung und Einkommensverlagerungen zu vermeiden, soll die ertragsteuerliche Organschaft nicht von Fall zu Fall gebildet bzw. beendet werden kÇnnen.1 2. Mindestlaufzeit von fÅnf Jahren a) Zeitjahre maßgeblich

6.23 In dem Urteil v. 12.1.2011 – I R 3/102 hat der I. Senat des BFH entschieden, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG, nach dem der GewinnabfÅhrungsvertrag „auf mindestens fÅnf Jahre“ abgeschlossen werden muss, nicht auf Wirtschaftsjahre, sondern auf Zeitjahre abstellt.

6.24 Der zugrunde liegende Sachverhalt betraf eine Mutter-GmbH, die am 19.7.2000 eine Tochter-GmbH gegrÅndet hatte. Beide Gesellschaften hatten ein abweichendes Wirtschaftsjahr, das jeweils am 31. Mrz endete. Der GewinnabfÅhrungsvertrag war erstmals zum Ablauf des 31.3.2005 kÅndbar. Obwohl zum ersten KÅndigungstermin am 31.3.2005 fÅnf Wirtschaftsjahre abgelaufen wren, entschied der BFH, dass die Voraussetzungen einer kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft nicht gegeben seien. Denn das Gesetz verlange eine Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags von mindestens fÅnf Zeitjahren.

6.25 BegrÅndung des BFH. Maßgeblicher Gesichtspunkt war nach Auffassung des BFH der (neutrale) Wortlaut „Jahre“. Dabei stellte er insbesondere darauf ab, dass der Gesetzgeber in § 14 KStG an anderen Stellen ausdrÅcklich den speziellen Begriff des Wirtschaftsjahrs verwende und deshalb von einer bewussten Differenzierung auszugehen sei. Außerdem sei der genauere Begriff der Zeitjahre bis zu einer Gesetzesnderung im Jahr 2006 nicht im Gesetz vorgekommen. Dagegen sei der mit der Mindestdauer 1 Vgl. Vorlagebeschluss des BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = GmbHR 2014, 823 m. Anm. Suchanek unter B.III.3.b., mwN – Az. BVerfG 2 BvL 18/14. 2 BFH v. 12.1.2011 – I R 3/10, BStBl. II 2011, 727 = FR 2011, 522 m. Anm. Buciek; besttigt durch BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608.

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B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft

verfolgte Zweck, Manipulationen zu verhindern, fÅr die Auslegung des Begriffs „Jahre“ nicht ergiebig. Keine Bindung an (gÅnstigere) Auffassung der Finanzverwaltung. Letztlich blieb der I. Senat des BFH mit dieser Entscheidung seiner Rechtsprechungslinie in doppelter Hinsicht treu. Zum einen betonte er einmal mehr die Bedeutung der Auslegung nach dem Wortlaut. Zum anderen war es fÅr ihn nicht erheblich, dass die Finanzverwaltung in Abschnitt 55 Abs. 2 KStR 1977/1981 eine abweichende Auslegung vertreten hatte, die zumindest aus Sicht desjenigen Steuerpflichtigen, der die steuerlichen Folgen einer Organschaft erreichen will, gÅnstiger war. Dabei wies der BFH auf die gegenlufigen steuerlichen Folgen beim Organtrger und bei der Organgesellschaft hin, so dass nicht von einem „den“ Steuerpflichtigen am wenigsten belastenden Auslegungsergebnis gesprochen werden kÇnne.

6.26

b) Auswirkung von Rumpfwirtschaftsjahren In dem Urteil v. 12.1.2011 – I R 3/101 hatte der BFH ausgefÅhrt, dass „bei Vorhandensein von Rumpfwirtschaftsjahren letztlich eine lngere Mindestlaufzeit als fÅnf Zeitjahre erforderlich“ sei. Dies wurde teilweise dahingehend interpretiert, dass im Fall von Rumpfwirtschaftsjahren nicht nur fÅnf Zeitjahre, sondern fÅnf zwÇlfmonatige Wirtschaftsjahre erforderlich seien.2

6.27

In dem BFH-Urteil v. 13.11.2013 – I R 45/123 ging es nun um einen GewinnabfÅhrungsvertrag, der zwar auf die Dauer von fÅnf Jahren abgeschlossen war, dessen 5-Jahres-Zeitraum aber durch die nachtrgliche Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs whrend eines laufenden Wirtschaftsjahrs endete. Der I. Senat des BFH hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass sich die oben zitierte Aussage im Urteil v. 12.1.2011 nur auf § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG bezogen habe, wonach die auf einen Zeitpunkt whrend des laufenden Wirtschaftsjahrs erklrte KÅndigung oder Aufhebung des GewinnabfÅhrungsvertrags auf den Beginn dieses Wirtschaftsjahrs zurÅckwirke. Daraus folge aber nicht zwingend, dass fÅnf zwÇlfmonatige Wirtschaftsjahre erforderlich seien.

6.28

Tatschliche DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags. Ob die Einhaltung der Mindestlaufzeit in diesen Fllen tatschlich gelungen ist, kann nach Auffassung des BFH erst im Rahmen des Erfordernisses der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags „whrend seiner gesamten Geltungsdauer“ (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 Alternative 2 KStG) geprÅft werden. Damit hat eine nachtrgliche Umstellung des

6.29

1 BFH v. 12.1.2011 – I R 3/10, BStBl. II 2011, 727 = FR 2011, 522 m. Anm. Buciek. 2 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG, Rz. 637; im Ergebnis auch FG Hess. v. 15.11.2006 – 12 K 4273/01, juris. 3 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608.

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Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

Wirtschaftsjahrs nicht zwingend das Scheitern der Organschaft zur Folge, sondern die Steuerpflichtigen kÇnnen die Wirksamkeit der Organschaft durch geeignete Maßnahmen sicherstellen. Mrtens nennt hierfÅr beispielhaft sowohl eine Verlngerung der Mindestlaufzeit bis zum Ende des nach Ablauf der fÅnf Zeitjahre laufenden Wirtschaftsjahrs als auch die Bildung eines weiteren Rumpfwirtschaftsjahrs.1

6.30 In der Praxis wird in diesem Zusammenhang die Aussage von Gosch diskutiert, dass der BFH im Fall der nachtrglichen Umstellung der Wirtschaftsjahre eine VerkÅrzung der Mindestvertragsdauer von fÅnf Zeitjahren akzeptiert habe und die Situation bei Vertragsschluss maßgeblich sei.2 – ME sollte diese Aussage nicht dahingehend verstanden werden, dass es auch im Ergebnis bei einer VerkÅrzung der Mindestvertragsdauer von fÅnf Zeitjahren bleiben darf.3 Denn der BFH hat in seinem Urteil v. 13.11.2013 ausdrÅcklich verlangt, dass die Vertragsparteien bis zum Ablauf der fÅnf Zeitjahre die DurchfÅhrung der Organschaft sicherstellen mÅssen. Auch im Fall eines nachtrglichen Rumpfwirtschaftjahrs und einem daraus folgenden unterjhrigen Ablauf des 5-Jahres-Zeitraums muss also verhindert werden, dass die Folgen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG eintreten. – Solange der GewinnabfÅhrungsvertrag – wie in dem vom BFH entschiedenen Fall – „auf die Dauer von 5 Jahren abgeschlossen“ ist, sollte darÅber hinaus nicht darauf abgestellt werden, ob der Umstand, dass der Ablauf der fÅnf Zeitjahre nicht auf das Ende eines Wirtschaftsjahrs fllt, aufgrund eines nachtrglichen Wechsels der Wirtschaftsjahre oder aufgrund eines schon bei Vertragsschluss bestehenden Rumpfwirtschaftsjahrs eingetreten ist. Auch im zuletzt genannten Fall sollte die Wirksamkeit der Organschaft nicht aufgrund einer ex-ante-Beurteilung verneint, sondern abgewartet werden, ob der Steuerpflichtige die tatschliche DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags fÅr volle fÅnf Zeitjahre durch nachtrgliche Maßnahmen sicherstellt.4 Voraussetzung ist allerdings, dass man von der zivilrechtlichen Wirksamkeit eines GewinnabfÅhrungsvertrags ausgeht, der bei Vertragsschluss eine Mindestlaufzeit vorsieht, die unterjhrig endet.5 c) Einbeziehung einer steuerlichen RÅckwirkung?

6.31 In dem Urteil des FG DÅsseldorf v. 3.3.2015 – 6 K 4332/126 ging es um die Frage, ob der steuerliche RÅckwirkungszeitraum nach § 2 Abs. 1 UmwStG 1 2 3 4 5

Mrtens, jurisPR-SteuerR 19/2014 Anm. 4. Gosch, BFH/PR 2014, 200 (201). So aber Neumann, KÇlner Tage Organschaft am 16.4.2015, 30 (52). GlA Herzberg, GmbHR 2014, 499 (503); Scheifele/Marx, DStR 2014, 1797. Die zivilrechtliche Wirksamkeit eines solchen GewinnabfÅhrungsvertrags ablehnend Walter, GStB 2014, 195 (198), mwN; s. hierzu aber auch Rz. 3.81. 6 FG DÅsseldorf v. 3.3.2015 – 6 K 4332/12 K,F, EFG 2015, 951 – Rev. I R 19/15 = GmbHR 2015, 543 m. Anm. Walter; vgl. auch HÇlzer, DB 2015, 1249.

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B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft

in die Berechnung der Mindestdauer einbezogen werden kann. In dem Streitfall hatte eine als Organtrgerin vorgesehene Holding-GmbH Teile ihres VermÇgens im Wege der Ausgliederung mit Wirkung zum 1.1.2005 auf eine als Organgesellschaft vorgesehene Tochter-GmbH Åbertragen, die im Februar 2005 als Vorratsgesellschaft gegrÅndet und anschließend von der Holding-GmbH erworben worden war. Der zwischen beiden Gesellschaften geschlossene GewinnabfÅhrungsvertrag sah eine Geltung ab dem 1.1.2005 und eine erstmalige KÅndbarkeit zum 31.12.2009 vor. Nach Auffassung der BetriebsprÅfung war das Jahr 2005 allerdings als Rumpfwirtschaftsjahr anzusehen, das erst im Februar 2005 begonnen habe. Damit sei die Mindestdauer von fÅnf Zeitjahren verletzt. Existenz des Åbernehmenden Rechtstrgers als Mindestvoraussetzung. Das FG DÅsseldorf fÅhrte zunchst aus, dass das in Rz. 6. behandelte BFH-Urteil v. 28.7.2010 – I R 89/09 keine Anwendung finde. Denn die Mindestdauer des GewinnabfÅhrungsvertrags sei ein von der finanziellen Eingliederung unabhngiges Tatbestandsmerkmal, zu dem das BFH-Urteil keine Aussage getroffen habe. Da dieses Tatbestandsmerkmal auf die tatschlichen Umstnde abstelle, sei die Einbeziehung eines fiktiven RÅckwirkungszeitraums nicht mÇglich. Dies entspreche auch dem Zweck der Mindestdauer, Manipulationen zu verhindern.

6.32

Ausblick auf die Entscheidung des BFH. Es bleibt abzuwarten, ob sich der BFH dieser strengen Auslegung des FG DÅsseldorf anschließen wird. Im Hinblick auf das Argument der Vermeidung von Manipulationen dÅrfte dabei zu berÅcksichtigen sein, dass das Gesetz in § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG die MÇglichkeit vorsieht, einen GewinnabfÅhrungsvertrag rÅckwirkend auf den Beginn des laufenden Wirtschaftsjahrs abzuschließen, dh. die Mindestdauer unter Einbeziehung eines RÅckwirkungszeitraums vor dem tatschlichen Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags zu berechnen. Die entscheidende Frage dÅrfte somit sein, ob eine solche RÅckwirkung bei der Berechnung der Mindestdauer zumindest die Existenz der Gesellschaft voraussetzt oder dies allein ein Problem der finanziellen Eingliederung darstellt.

6.33

d) Zeitliche Deckung mit anderen Organschaftsvoraussetzungen? HÇchstrichterlich nicht entschieden ist bisher die Frage, ob die finanzielle Eingliederung zwingend Åber den gesamten Mindestzeitraum von fÅnf Jahren vorliegen muss oder ob das Fehlen einer vollstndigen zeitlichen Deckung lediglich zur Folge hat, dass die Anerkennung der Organschaft auf diejenigen Wirtschaftsjahre beschrnkt ist, in denen smtliche Organschaftsvoraussetzungen gegeben sind. Das FG Berlin-Brandenburg hat sich in einem Urteil v. 15.7.2009 – 12 K 12148/081 der zuerst genannten Auffassung angeschlossen. Der Mindestzeitraum von fÅnf Jahren beginne 1 FG Berlin-Brandenburg v. 15.7.2009 – 12 K 12148/08, rkr., EFG 2009, 2049; vgl. auch Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1794), mwN.

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6.34

Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

erst in demjenigen Wirtschaftsjahr, in dem das Ergebnis der Organgesellschaft erstmals dem Organtrger steuerlich zugerechnet werden kÇnne.

6.35 Seit der „kleinen Organschaftsreform“ stellt sich darÅber hinaus die Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn die Zuordnung der Organschaftsbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG) nicht whrend der gesamten Mindestdauer des GewinnabfÅhrungsvertrags vorliegt.1 3. Vorzeitige Beendigung aus wichtigem Grund

6.36 In dem bereits zitierten Urteil v. 13.11.2013 – I R 45/122 hatte der BFH erstmals Gelegenheit, zu der umstrittenen Frage Stellung zu nehmen, unter welchen Umstnden ein wichtiger Grund gegeben ist, der dazu fÅhrt, dass die Mindestvertragsdauer von fÅnf Zeitjahren nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG ausnahmsweise unterschritten werden darf. Dieses Urteil hat fÅr die Unternehmenspraxis eine außerordentlich großen Stellenwert, da GewinnabfÅhrungsvertrge hufig bestimmte Umstnde definieren (zB Verußerung der Beteiligung durch den Organtrger oder Umwandlung), die einen wichtigen Grund fÅr die Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags darstellen sollen.

6.37 Dem Urteil des BFH lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klgerin, eine GmbH, hatte mit der W-KG am 12.5.2005 einen GewinnabfÅhrungsvertrag „auf die Dauer von 5 Jahren abgeschlossen“. Beide Gesellschaften gehÇrten zu einem Konzern mit Sitz in Großbritannien. Am 6.3.2007 hoben die Vertragsparteien den GewinnabfÅhrungsvertrag einvernehmlich zum Ablauf des Wirtschaftsjahrs am 31.3.2007 auf. Anschließend verußerte die W-KG ihre Anteile an der Klgerin innerhalb des Konzerns an eine Holding-GmbH, um auf Ebene der britischen Konzernmutter die drohende Anwendung der Regeln zu den „controlled foreign companies“ (CFC-rules) zu vermeiden.

6.38 Gleichbehandlung von KÅndigung und Aufhebung. Der BFH hat in seiner viel beachteten Entscheidung v. 13.11.2013 zunchst klargestellt, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG trotz der Beschrnkung des Wortlauts auf eine „KÅndigung“ auch die vorzeitige Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags im Wege der einverstndlichen Aufhebung erfasst. Insofern liege eine verdeckte GesetzeslÅcke vor. Die Vertragsaufhebung mÅsse nach dem Gesetzeszweck derselben Rechtsfolge wie die vorzeitige KÅndigung unterliegen.

1 Nach Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (153) fÅhrt dies jedenfalls dann nicht zum rÅckwirkenden Scheitern der gesamten Organschaft, wenn ein wichtiger Grund im Sinne der Grundstze Åber die vorzeitige Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags vorliegt. 2 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608.

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B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft

Eigenstndige steuerliche Auslegung des wichtigen Grunds. Die bedeutsamste Aussage des BFH-Urteils v. 13.11.2013 besteht darin, dass fÅr den Begriff des wichtigen Grunds in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG eine eigenstndige steuerrechtliche Auslegung maßgebend sei. Dagegen komme es nicht auf die Bestimmung des wichtigen Grunds nach § 297 Abs. 1 AktG bzw. nach den Regelungen im GewinnabfÅhrungsvertrag an. Eine solche Anlehnung an das Zivilrecht widersprche dem Zweck der Mindestlaufzeit, eine willkÅrliche Beeinflussung der Besteuerung zu vermeiden. Aus steuerlicher Sicht mÅsse deshalb ein objektiver Maßstab gelten. Eine konkrete Aussage, welche Umstnde steuerlich als wichtiger Grund anzusehen sind, enthlt das BFH-Urteil aber nur insoweit, als eine VerkÅrzung des Mindestlaufzeit „insbesondere bei wesentlichen StÇrungen der Vertragsbeziehungen, die bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar waren“, mÇglich sein soll. „Einer Partei oder den Parteien“ dÅrfe es nicht darum gehen, „die Rechtsfolgen der Organschaft mittels Vertragsaufhebung zeitlich zu begrenzen, um die fÅnfjhrige Mindestlaufzeit zu unterlaufen“.

6.39

Maßgeblichkeit des Einzelfalls. Unter BerÅcksichtigung der Urteilsanmerkung von Mrtens1 hatte der I. Senat des BFH offensichtlich Umstnde vor Augen, die mit dem zivilrechtlichen Wegfall der Geschftsgrundlage gem. § 314 BGB vergleichbar sind. Gosch2 fÅhrt aus, dass es „fÅr beide Beteiligten [ . . .] objektiv unzumutbar“ sein mÅsse, den Vertrag fortzusetzen, um steuerlich von einem wichtigen Grund ausgehen zu kÇnnen. „Strategische“ oder „verlustbezogene“ GrÅnde sollen nicht genÅgen. DarÅber hinaus macht er deutlich, dass es keine allgemeine Antwort gebe, was ein wichtiger Grund im steuerlichen Sinn sei, sondern es auf die konkreten Umstnde des Einzelfalls ankomme. – Vor diesem Hintergrund ist zunchst der Auffassung zu widersprechen, der BFH wolle keine allzu hohen Anforderungen an den wichtigen Grund stellen, so dass wirtschaftliche GrÅnde bzw. „good business reasons“ ausreichten.3 Vielmehr dÅrfte gerade das Gegenteil der Fall sein. Deshalb ist es zweifelhaft, ob der BFH smtliche der in R 60 Abs. 6 KStH 2008 von der Finanzverwaltung akzeptierten GrÅnde, insbesondere die Verußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft sowie Umwandlungsvorgnge (und zwar selbst bei Beteiligung fremder Dritter) per se fÅr einen wichtigen Grund ausreichen ließe. Dies wird durch die Aussage von Mrtens besttigt, dass fÅr den Verußerungs- und Umwandlungsvorgang ein objektiv wichtiger Grund erforderlich sei, dessen Eintritt nicht schon bei Vertragsschluss absehbar gewesen sein dÅrfe.4

6.40

1 2 3 4

Mrtens, jurisPR-SteuerR 19/2014, Anm. 4. Gosch, BFH/PR 2014, 200 (201). So aber Herzberg, GmbHR 2014, 499 (503 f.); Suchanek, GmbHR 2014, 833. Mrtens, jurisPR-SteuerR 19/2014, Anm. 4; dagegen FÅger/Rieger/Schell, DStZ 2015, 404 (419): Verußerung an einen fremden Dritten weiterhin immer wichtiger Grund.

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Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

– Allerdings kann dem BFH-Urteil v. 13.11.2013 auch nicht entnommen werden, dass eine nderung der steuerlichen Rahmenbedingungen keinen wichtigen Grund i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG darstellt.1 Diese Auffassung widerspricht im brigen dem Vorlagebeschluss des BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13,2 nach dem eine gravierende nderung der steuerlichen Rahmenbedingungen der Organschaft als wichtiger Grund i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG anzuerkennen ist. – DarÅber hinaus ist die Auffassung der Vorinstanz, ein wichtiger Grund sei schon deshalb nicht gegeben, weil es sich lediglich um eine konzerninterne Verußerung gehandelt habe,3 nicht mit den vom BFH entwickelten Grundstzen vereinbar. Dies wird durch die konkrete Argumentation des BFH besttigt, die nicht auf den konzerninternen Vorgang an sich, sondern auf die Besonderheiten des konzerninternen Vorgangs im Streitfall abstellt (s. Rz. 6.41). Trotzdem ist die PrÅfung des wichtigen Grunds gerade bei konzerninternen Vorgngen von besonderer Bedeutung, da es hier typischerweise ein gemeinsames (Konzern)Interesse der Beteiligten geben kann, die Organschaft von Fall zu Fall zu begrÅnden oder zu beenden. – Weiterhin ist zu klren, auf welchen Vertragspartner bei der PrÅfung des wichtigen Grunds abzustellen ist. Denn der BFH spricht in seinem Urteil v. 13.11.2013 von „einer Partei oder den Parteien“, whrend Gosch in seiner Urteilsanmerkung nur die Unzumutbarkeit der FortfÅhrung des Vertrags „fÅr beide Beteiligten“ nennt.4 Daraus dÅrfte sich aber nicht die Schlussfolgerung ziehen lassen, dass es zwingend auf die gemeinsame Sicht beider Beteiligter ankommen soll.5 Dies ergibt sich auch aus dem Hinweis von Mrtens auf den zivilrechtlichen Wegfall der Geschftsgrundlage.6 – Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Vorschlag, den wichtigen Grund im Wege der verbindlichen Auskunft zu klren,7 wegen der Maßgeblichkeit der konkreten Umstnde des Einzelfalls zum Zeitpunkt der KÅndigung in vielen Fllen nur schwer umsetzbar sein dÅrfte. Dies gilt jedenfalls fÅr ein Auskunftsverlangen, das darauf abzielt, vorab zu klren, ob die im GewinnabfÅhrungsvertrag genannten wichtigen GrÅnde auch steuerlich anerkannt werden.

6.41 Im konkreten Fall hat der BFH entscheidend auf die Feststellung des FG abgestellt, es sei eine konzernatypische Zuordnung der Beteiligung ge1 So aber Trossen, GmbH-StB 2014, 127 (128). 2 BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = GmbHR 2014, 823 m. Anm. Suchanek unter B.III.3.b. – Az. BVerfG 2 BvL 18/14. 3 FG Nds. v. 10.5.2012 – 6 K 140/10, EFG 2012, 1591 = GmbHR 2012, 917 m. Anm. Altrichter-Herzberg. 4 Gosch, BFH/PR 2014, 200 (201). 5 So aber Neumann, KÇlner Tage Organschaft am 16.4.2015, Tagungsunterlagen, 35 (51). 6 Vgl. Mrtens, jurisPR-SteuerR 19/2014, Anm. 4. 7 Herzberg, GmbHR 2014, 499 (503 f.).

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B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft

whlt worden, um zunchst die Verlustvortrge der W-KG zu verbrauchen und die Beteiligung anschließend innerhalb des Konzerns weiter zu verußern. Damit habe die Beteiligung der W-KG an der Klgerin faktisch unter der auflÇsenden Bedingung des vollstndigen Verlustverbrauchs gestanden. Dass das FG vor diesem Hintergrund einen wichtigen Grund abgelehnt habe, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Unschdlichkeit vertraglicher Definitionen des wichtigen Grunds. Dem BFH-Urteil v. 13.11.2013 kann schließlich noch ein weiterer Aspekt entnommen werden, der fÅr die Vertragspraxis von außerordentlich großer Bedeutung ist. Nach Auffassung des BFH wird die Mindestvertragsdauer nicht allein dadurch verletzt, dass die Parteien im GewinnabfÅhrungsvertrag KÅndigungsgrÅnde definieren, die im steuerlichen Sinn keine wichtigen GrÅnde darstellen. Die Schlussfolgerung, dass die Parteien den wichtigen Grund somit ausufernd definieren kÇnnten und die Mindestlaufzeit dadurch zur reinen Floskel bzw. zur bloßen Formalie degradiert werde,1 dÅrfte aber zu kurz gegriffen sein. Zum einen bleibt es dabei, dass die KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags aufgrund eines Umstands, der zwar nach dem Vertrag, nicht aber nach der objektiven steuerlichen Beurteilung einen wichtigen Grund darstellt, zur Nichtanerkennung der Organschaft auch fÅr die Vergangenheit fÅhrt. Zum anderen hat der BFH darauf hingewiesen, dass die Mindestlaufzeit zur Anerkennung der Organschaft ernsthaft vereinbart sein mÅsse, dh. die Parteien dÅrften nicht davon ausgehen, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag vor Ablauf von fÅnf Zeitjahren beendet werde. Bei einer ausufernden Regelung der wichtigen GrÅnde fÅr eine KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags kÇnnten daran Zweifel bestehen.

6.42

In seinem Vorlagebeschluss v. 27.11.2013 – I R 36/132 hat der BFH die steuerlichen Anforderungen an einen wichtigen Grund weiter przisiert. Insbesondere hat er klargestellt, dass ein in der beliebigen Disposition der Parteien stehender AuflÇsungsgrund kein wichtiger Grund i.S.d. § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 KStG sei. Als wichtiger Grund anzuerkennen sei dagegen – wie schon in Rz. 6.40 erwhnt – die gravierende nderung der steuerlichen Rahmenbedingungen der Organschaft.

6.43

4. Keine rÅckwirkende Negierung der Organschaft Das FG MÅnster hatte in seinem rechtskrftigen Urteil v. 20.8.2014 – 10 K 2192/13 F3 Åber die Frage zu entscheiden, ob eine Organschaft rÅckwirkend zum Anfang des Geschftsjahrs der Organgesellschaft negiert werden kann (s. auch Rz. 11.16 ff.). Diese Frage wird beispielsweise auch im 1 So Herzberg, GmbHR 2014, 499 (503 f.) und Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1799). 2 BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = GmbHR 2014, 823 m. Anm. Suchanek unter B.III.3.b. (Az. BVerfG 2 BvL 18/14). 3 FG MÅnster v. 20.8.2014 – 10 K 2192/13 F, rkr., GmbHR 2014, 1326.

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6.44

Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

Zusammenhang mit M&A-Transaktionen diskutiert, und zwar als Alternative zum nahtlosen bergang der Organschaft, sofern wegen § 8c KStG ein Untergang der vororganschaftlichen Verlustvortrge droht.1

6.45 Sachverhalt. In dem vom FG MÅnster entschiedenen Sachverhalt ging es um eine Organtrger-KG, die seit mehr als zehn Jahren eine ertragsteuerliche Organschaft mit der A-GmbH bildete. Als sich zum Ende des Geschftsjahres 2007 herausstellte, dass die A-GmbH ein positives Ergebnis erwirtschaften wird, sollte ihr Eigenkapital gestrkt werden. Hierzu sollte sie ohne die Folgen einer Organschaft auf „Stand-alone-Basis“ besteuert werden und dadurch ihre vororganschaftlichen Verlustvortrge nutzen kÇnnen. Aus diesem Grund wurde der bestehende Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrag einvernehmlich zum 31.12.2007 aufgehoben. Zustzlich gaben sowohl die Organtrger-KG als auch die A-GmbH am 28.12.2007 eine Erklrung ab, wonach auf die Vollziehung des GewinnabfÅhrungsvertrags zum 31.12.2007 verzichtet wird, und zwar insbesondere auf den daraus folgenden Anspruch auf GewinnabfÅhrung. Damit sollte der GewinnabfÅhrungsvertrag auch auf Ebene der Organtrger-KG negiert und eine Besteuerung der GewinnabfÅhrung als verdeckte GewinnausschÅttung vermieden werden. Trotzdem ging das Finanzamt bei der Organtrger-KG von einer Versteuerung des GewinnabfÅhrungsanspruchs nach § 8b KStG aus. Der Verzicht fÅhre als verdeckte Einlage zu nachtrglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der AGmbH.

6.46 Keine tatschliche DurchfÅhrung der Organschaft. Nach Auffassung des FG MÅnster konnte der GewinnabfÅhrungsvertrag gem. § 296 Abs. 1 Stze 1 und 2 AktG nur zum Ende des Geschftsjahrs aufgehoben werden. Dabei ging das FG ohne weitere BegrÅndung davon aus, dass diese Vorschrift auch fÅr eine Organgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH Anwendung findet. Im Streitfall sei der zum 31.12.2007 aufgehobene GewinnabfÅhrungsvertrag im Jahr 2007 aber tatschlich nicht mehr durchgefÅhrt worden. Vielmehr habe die Organtrger-KG am 28.12.2007 auf den GewinnabfÅhrungsanspruch verzichtet. Wegen eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 KStG seien somit im Veranlagungszeitraum 2007 die Voraussetzungen einer steuerlichen Organschaft nicht mehr erfÅllt. Damit war die Organgesellschaft auf „Stand-alone-Basis“ zu versteuern und die gewÅnschte Verrechnung mit den vororganschaftlichen Verlusten mÇglich.

6.47 Besteuerung der GewinnabfÅhrung auf Ebene des Organtrgers. Auf Ebene des Organtrgers kam das FG dagegen zu dem Ergebnis, den GewinnabfÅhrungsvertrag nicht vollstndig negieren zu kÇnnen. Vielmehr sei der GewinnabfÅhrungsanspruch zum Ablauf des Bilanzstichtags ent-

1 Vgl. Hahn, Ubg 2014, 427; zu weiteren Fallkonstellationen, die zu dem Wunsch fÅhren kÇnnen, eine steuerliche Organschaft zum Anfang eines laufenden Geschftsjahrs aufzuheben, s. Pyszka, GmbHR 2014, 1296.

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B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft

standen und in der Bilanz der Organtrger-KG einkommenserhÇhend zu aktivieren. Ansonsten wÅrde das Verbot der rÅckwirkenden Aufhebung des GewinnabfÅhrungsvertrags in § 296 Abs. 1 Satz 2 AktG unterlaufen.1 Wegen des zuvor erklrten Verzichts sei die Forderung gleichzeitig mit ihrem Entstehen erloschen. Steuerlich sei dieser Verzicht nach allgemeinen Grundstzen als verdeckte Einlage zu behandeln. 5. Steuerliche Auslegung des GewinnabfÅhrungsvertrags In dem Beschluss v. 23.1.2013 – I R 1/122 hat sich der I. Senat des BFH noch einmal zusammenfassend zur steuerlichen Auslegung von GewinnabfÅhrungsvertrgen geußert. Im Streitfall ging es um die vertragliche Regelung der Mindestdauer eines mit Wirkung zum 1.1.1999 geschlossenen GewinnabfÅhrungsvertrags. Diese Regelung sah vor, dass der Vertrag bis zum 30.12.2003, dh. einen Tag vor Ablauf der gesetzlich geforderten Mindestlaufzeit, unkÅndbar sein soll.

6.48

Zur allgemeinen Auslegung eines GewinnabfÅhrungsvertrags fÅhrte der BFH aus, dass eine korporationsrechtliche Bestimmung einheitlich aus sich heraus auszulegen sei. Umstnde, fÅr die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung fnden, kÇnnten grundstzlich nicht zur Auslegung herangezogen werden. Dies gelte fÅr außerhalb der Satzung liegende Sachzusammenhnge auch dann, wenn deren Kenntnis bei den Mitgliedern und Organen der Vertragsparteien allgemein vorausgesetzt werden kÇnne. Zur BegrÅndung fÅhrte der I. Senat aus, den FinanzbehÇrden mÅsse eine sichere PrÅfungs- und Beurteilungsgrundlage ermÇglicht werden, da durch die Organschaft ausnahmsweise ein Steuersubjekt an die Stelle eines anderen Steuersubjekts trete. Ein „faktisches Wahlrecht“ je nach wirtschaftlicher und steuerlicher Situation mÅsse ausgeschlossen werden.

6.49

Diese Auslegungsgrundstze fÅhren nach Auffassung des BFH zu einer nur eingeschrnkten Anwendbarkeit des Grundsatzes „falsa demonstratio non nocet“, der aus § 133 BGB abzuleiten sei.3 Im Streitfall fnde sich kein eindeutiger Beleg, dass ein Redaktionsversehen vorliege und die Vertragsparteien entgegen dem ausdrÅcklichen Wortlaut eine Mindestlaufzeit bis zum 31.12.2003 statt bis zum 30.12.2003 vorsehen wollten.4 Dies gelte auch unter BerÅcksichtigung der Bezeichnung des Vertrags als „Or-

6.50

1 Ablehnend Pyszka, GmbHR 2014, 1296 (1298) unter Verweis auf den zivilrechtlichen Schutzzweck des § 296 Abs. 1 AktG sowie auf § 302 Abs. 3 AktG, der nur fÅr den Verzicht auf den Anspruch auf VerlustÅbernahme Einschrnkungen vorsehe. 2 BFH v. 23.1.2013 – I R 1/12, GmbHR 2013, 602 m. Anm. Walter = BFH/NV 2013, 989. 3 Vgl. auch KrÅger, DStZ 2013, 491. 4 Kritisch Walter, GmbHR 2013, 602 (606), da ein GewinnabfÅhrungsvertrag zivilrechtlich zwingend auf volle Geschftsjahre gerichtet sein mÅsse; s. hierzu aber auch Rz. 3.81.

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Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

ganschafts- und GewinnabfÅhrungsvertrag“ sowie seines rÅckwirkenden Inkrafttretens zum 1.1.1999. Zwar werde dadurch der Wille zur BegrÅndung einer steuerlichen Organschaft dokumentiert. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Organschaft dÅrften aber als ein außerhalb des Vertrags liegendes Moment nicht in die objektive Auslegung einbezogen werden. Ansonsten kme es zu einer Umkehrung des allgemeinen Prinzips, wonach sich die steuerliche Bewertung nach dem Inhalt des zivilrechtlich Vereinbarten richte. Durch diese strenge Auslegung sind im Ergebnis kaum Fallgestaltungen denkbar, bei denen eine Auslegung des GewinnabfÅhrungsvertrags entgegen seinem Wortlaut mÇglich ist.

6.51 Ob eine Rettung der Organschaft durch eine Berichtigung nach § 44a Abs. 2 BeurkG in Frage kommt, hat der BFH nicht abschließend behandelt.1 Da im Streitfall bereits die zivilrechtlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift fehlten, konnte er insbesondere offen lassen, ob eine solche Berichtigung ex tunc wirkt. Nach Auffassung des BFH bestanden im Streitfall keine Anhaltspunkte, dass sich die Vertragsparteien konkret Gedanken Åber das Datum der frÅhestmÇglichen KÅndigung gemacht hatten und Åbereinstimmend den 31.12.2003 statt des beurkundeten 30.12.2003 festlegen wollten, zu weiteren Beispielsfllen aus Sicht der Finanzverwaltung s. Rz. 7.16. 6. Vertragliche Regelung zur VerlustÅbernahme

6.53 § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG aF forderte bei einer GmbH als Organgesellschaft die Vereinbarung einer „VerlustÅbernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 des Aktiengesetzes“. In stndiger Spruchpraxis hat der BFH2 diese Voraussetzung streng formal gedeutet. Insbesondere verlangte er seit EinfÅgung einer Verjhrungsregelung in § 302 Abs. 4 AktG auch deren Einbeziehung in die im GewinnabfÅhrungsvertrag zu vereinbarende VerlustÅbernahme. Dies fÅhrte in der Praxis in zahlreichen Fllen zu einem Scheitern der beabsichtigten Organschaft.

6.54 Neufassung mit bergangsvorschrift fÅr Alt-Vertrge. Der Gesetzgeber reagierte darauf im Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.20133 und verlangte nunmehr in § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG eine „VerlustÅbernahme durch Verweis auf die Vorschriften des § 302 des Aktiengesetzes in seiner jeweils gÅltigen Fassung“. Außerdem schaffte er mit § 34 Abs. 10b Stze 2 und 3 KStG eine rÅckwirkend heilende bergangsregelung fÅr vor dem 26.2.2013 abgeschlossene Alt-Vertrge, bei denen eine VerlustÅbernahme entsprechend § 302 AktG tatschlich erfolgte und die Regelungen zur Ver1 Ablehnend Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 330; auf die Umstnde des konkreten Einzelfall abstellend Behrens, BB 2013, 1318 (1320). 2 Vgl. BFH v. 22.12.2010 – I B 83/10, FR 2011, 524 = BFH/NV 2011, 528; v. 22.7.2013 – I B 158/12, BFH/NV 2013, 1807, jeweils mwN. 3 BGBl. I 2013, 285.

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B. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Organschaft

lustÅbernahme bis zum 31.12.2014 an die neuen Voraussetzungen angepasst worden sind bzw. die Organschaft vor dem 1.1.2015 geendet hat. Diese bergangsregelung gilt fÅr smtliche Veranlagungszeitrume, die vor dem 1.1.2015 geendet haben.1 Beide Vorschriften sind durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur nderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 25.7.20142 nochmals gendert worden. § 34 Abs. 10b Stze 2 und 3 KStG wurden gestrichen, gelten aber durch einen Verweis in § 17 Abs. 2 KStG nF weiter fort. Die bisherigen Regelungen des § 17 KStG wurden zu § 17 Abs. 1 KStG nF. Bereits wenige Monate nach der ersten Gesetzesnderung hatte der I. Senat des BFH in dem Urteil v. 24.7.2013 – I R 40/123 Gelegenheit, zu § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG in der Fassung vom 20.2.2013 und dessen bergangsregelung Stellung zu nehmen. Bemerkenswert ist dabei vor allem die – allerdings in einem obiter dictum vertretene – weite Auslegung der bergangsregelung. Der BFH stellte klar, dass § 34 Abs. 10b Satz 2 KStG aF, der von einem nicht den Anforderungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG aF entsprechenden Verweis auf § 302 AktG spricht, auch dann erfÅllt sei, wenn der GewinnabfÅhrungsvertrag keinen unvollstndigen Verweis auf § 302 AktG, sondern einen unvollstndigen eigenen Text zur VerlustÅbernahme enthalte. Entsprechendes gelte, wenn es sich um eine Mischform aus Verweis und Textwiedergabe handele oder Åberhaupt keine Regelung zur VerlustÅbernahme vorhanden sei.4 Ungeklrt blieb dagegen, wie genau der dynamische Verweis auf § 302 AktG formuliert sein muss (Rz. 3.36).

6.55

Prozessrisiko bei (zu) gÅnstigen Verwaltungsvorschriften. Von grundstzlicher Bedeutung sind auch die Aussagen dieses Urteils zu den Auswirkungen von sog. Nichtbeanstandungsregelungen der Finanzverwaltung, die fÅr den Steuerpflichtigen gÅnstig sind, aber nach Auffassung der Gerichte keine StÅtze im Gesetz finden. Im Streitfall betraf dies das BMFSchreiben v. 16.12.2005,5 nach dem es fÅr vor dem 1.1.2006 abgeschlossene GewinnabfÅhrungsvertrge unschdlich sein sollte, wenn der Hinweis auf § 302 Abs. 4 AktG fehlt. Der BFH machte deutlich, dass eine solche Verwaltungsanweisung fÅr die Gerichte keine bindende Wirkung habe, da das materielle Recht im Finanzgerichtsprozess nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten stehe. Gosch6 weist in diesem Zusammen-

6.56

1 Vgl. § 34 Abs. 10b Satz 2 KStG idF des AIFM-Steuer-Anpassungsgesetzes v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318; die ursprÅngliche bergangsvorschrift erfasste dagegen nur Veranlagungszeitrume, die vor dem 31.12.2014 endeten. 2 BGBl. I 2014, 1266. 3 BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272 = FR 2014, 28 = GmbHR 2013, 1105 m. Anm. Walter. 4 Vgl. auch Mrtens, jurisPR-SteuerR 43/2013 Anm. 6; zur Ausdehnung auf die Anpassung von korrekt formulierten Altregelungen s. Wacker, JbFStR 2014/15, 461 (469). 5 BMF v. 16.12.2005 – IV B 7 - S 2770 - 30/05, BStBl. I 2006, 12 = FR 2006, 193. 6 Gosch, BFH/PR 2013, 411 (413).

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Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

hang auf ein betrchtliches Prozessrisiko hin, da die Gerichte im Rahmen einer saldierenden Betrachtungsweise auch Fragen aufgreifen kÇnnen, die zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig sind. Allerdings mahnt Walter1 eine Abgrenzung zum BFH-Urteil v. 8.8.2001 – I R 25/002 an, in dem es ua. um die verfahrensmßige Bindung an Billigkeitsentscheidungen gem. §§ 163, 227 AO ging. 7. AbfÅhrung des gesamten Gewinns

6.57 Nach dem BFH-Beschluss v. 31.3.2011 – I B 177/103 ist es nicht klrungsbedÅrftig, dass eine atypisch stille Beteiligung an der Organgesellschaft zur Verletzung der aus § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG folgenden Pflicht fÅhrt, den „ganzen Gewinn“ abzufÅhren. Diese Einschtzung stimme mit der Rechtsprechung des BGH Åberein, nach der die stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft als TeilgewinnabfÅhrungsvertrag i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu qualifizieren sei.4 Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur AbfÅhrung des gesamten Gewinns liegt nach Auffassung des BFH selbst dann vor, wenn sich die atypisch stille Beteiligung nur auf einen sachlich abgegrenzten Teilbereich der Ttigkeitsfelder der Organgesellschaft bezieht, der aus diesem Teilbereich erzielte Gewinn ausschließlich aus einer auslndische Betriebssttte stammt und dieser Gewinn nach dem anwendbaren DBA von der Bemessungsgrundlage der KÇrperschaftsteuer auszunehmen ist. Eine Aussage zur typischen stillen Beteiligung trifft der Beschluss aber nicht.5

C. Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen einer Organschaft I. Ermittlung und Zurechnung des Organeinkommens 1. Anwendung des § 8b KStG

6.58 In dem BFH-Urteil v. 12.3.2014 – I R 55/136 ging es in erster Linie um die Frage, wie sich bei einer Verußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen i.S.v. § 8b Abs. 2 KStG nachtrgliche nderungen des Verußerungspreises bzw. der Verußerungskosten auswirken. Der BFH entschied, dass der Verußerungsgewinn i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG stichtagsbezogen auf den Verußerungszeitpunkt zu ermitteln sei. Sptere nderungen des Verußerungspreises bzw. der Verußerungskosten fÅhrten deshalb nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu einer rÅckwirkenden Korrektur des Ver1 2 3 4 5 6

Walter, GmbHR 2013, 1109 (1110). BFH v. 8.8.2001 – I R 25/00, BStBl. II 2003, 923 = FR 2002, 514. BFH v. 31.3.2011 – I B 177/10, GmbHR 2011, 836 = BFH/NV 2011, 1397. BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 = AG 2003, 625. Vgl. hierzu Kolbe in HHR, § 14 KStG Rz. 204 mwN; RÅsch, DStZ 2015, 27 (29). BFH v. 12.3.2014 – I R 55/13, FR 2014, 811 = BFH/NV 2014, 1329.

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C. Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen einer Organschaft

ußerungsgewinns im Veranlagungsjahr der Verußerung. In den Veranlagungszeitrumen, in denen sich die nachtrglichen nderungen des Verußerungspreises bzw. der Verußerungskosten bilanziell auswirkten, seien sie deshalb außerbilanziell zu korrigieren.1 Besonderheiten im Rahmen einer Organschaftsverhltnisses. Da der Verußerer im Streitfall eine Organgesellschaft war, deren Anteile von einer Organtrger-Personengesellschaft (Klgerin) gehalten wurden, hatte der BFH auch Gelegenheit, zu den Besonderheiten im Rahmen der Ermittlung des Organeinkommens Stellung zu nehmen. – Nach § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG sind § 8b Abs. 1 bis 6 KStG nicht bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft, sondern erst bei der Ermittlung des Einkommens des Organtrgers anzuwenden (sog. Bruttomethode). Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass auf Ebene des Organtrgers nur derjenige von der Steuerfreistellung des § 8b Abs. 2 KStG profitiert, der dessen Voraussetzungen erfÅllt. Bei einer Organtrger-Personengesellschaft kommt es insoweit auf deren Gesellschafter an. – Außerbilanzielle Korrekturen trotz Bruttomethode: Enthlt das bilanzielle Ergebnis der Organgesellschaft nachtrgliche nderungen des Verußerungspreises bzw. der Verußerungskosten eines Verußerungsgeschfts i.S.v. § 8b Abs. 2 KStG, die rÅckwirkend im Verußerungsjahr zu berÅcksichtigen sind, mÅssen sie nach Auffassung des BFH trotz § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG auf Ebene der Organgesellschaft außerbilanziell korrigiert werden. Zwar handele es sich um Gegenkorrekturen, die erforderlich seien, weil sich die entsprechenden nderungen bereits bei der Berechnung des Verußerungsgewinns gem. § 8b Abs. 2 KStG im Verußerungsjahr auswirkten. Trotz dieses Zusammenhangs gehe es bei diesen Gegenkorrekturen aber nicht um eine – durch § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG ausgeschlossene – unmittelbare Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG.

6.59

2. Zurechnung des Organeinkommens bei Gesellschafterwechsel der Organtrger-Personengesellschaft Das Urteil v. 28.2.2013 – IV R 50/092 enthlt einige grundlegende Aussagen des BFH zu der in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG vorgesehenen Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organtrger. Der Klger dieses Verfahrens war alleiniger Kommanditist einer Organtrger-KG. Zum 29.12.1998 hatte er seine Kommanditanteile auf einen Dritten Åbertragen, und zwar mit dem Gewinnbezugsrecht fÅr das am 31.12.1998 endende Geschftsjahr mehrerer Organgesellschaften.

1 Vgl. bereits BFH v. 22.10.2010 – I R 58/10, FR 2011, 472 m. Anm. Buciek = BFH/NV 2011, 711. 2 BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494 = FR 2013, 1137.

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6.60

Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

6.61 Allgemeine Grundstze der Einkommenszurechnung. Zunchst besttigte der BFH, dass der Organtrger und die Organgesellschaft zivil- und steuerrechtlich verschiedene Rechtstrger blieben, die ihr jeweiliges Einkommen selbstndig zu ermitteln haben. Erst in einem zweiten Schritt sei das Organeinkommen dem Organtrger zuzurechnen. Dies gelte auch bei einer Organtrger-Personengesellschaft.

6.62 Zeitpunkt der Zurechnung des Organeinkommens. Die Kernaussage des BFH-Urteils v. 28.2.2013 besteht darin, dass das Organeinkommen erst zum Ende des Wirtschaftsjahrs der jeweiligen Organgesellschaft dem Organtrger zugerechnet wird.1 Denn der sich nach Maßgabe der Handelsbilanz ergebene Anspruch des Organtrgers auf GewinnabfÅhrung entstehe ebenfalls erst mit dem Ende des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft. DarÅber hinaus besttigte der BFH, dass die aufgrund des GewinnabfÅhrungsvertrags abgefÅhrten Gewinne beim Organtrger außerhalb dessen Bilanz abgezogen werden, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.

6.63 Folgen bei Wechsel der Gesellschafter einer Organtrger-Personengesellschaft. Aus den vorgenannten Grundstzen schloss der IV. Senat des BFH, dass bei einem unterjhrigen Gesellschafterwechsel das Einkommen der Organgesellschaft nur denjenigen Gesellschaftern einer Organtrger-Personengesellschaft nach dem allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssel zuzurechnen ist, die zum Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an der Organtrgerin beteiligt waren. Dagegen lehnte er es ab, das Organeinkommen dem Verußerer und dem Erwerber (zeit)anteilig zuzurechnen. Neben dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf GewinnabfÅhrung verwies der BFH hierfÅr insbesondere auf die fehlende Pflicht zur Erstellung einer Zwischenbilanz. Letztlich sei die Einkommenszurechnung in der Sache wie ein einzelner Geschftsvorfall zu behandeln.

6.64 Gewinnbezugsrecht kein selbstndiges Wirtschaftsgut. Das BFH-Urteil v. 28.2.2013 enthlt darÅber hinaus AusfÅhrungen zur Berechnung des Verußerungsgewinns. Nach Auffassung des BFH stellt das Gewinnbezugsrecht auch dann kein selbstndiges, vom Mitunternehmeranteil losgelÇstes Wirtschaftsgut dar, wenn bei dessen Verußerung – wie in dem vom BFH entschiedenen Fall – ausdrÅcklich vereinbart wird, dass ein Teil des Kaufpreises auf das Åbertragene Gewinnbezugsrecht entfllt. Auch in einem solchen Fall gehÇrt also der gesamte Kaufpreis zum Verußerungsgewinn des Mitunternehmeranteils.

1 Ablehnend zu einer noch weitergehenden Verschiebung auf das Ende des Wirtschaftsjahrs des Organtrgers bei nicht Åbereinstimmenden Wirtschaftsjahren im Organkreis Wacker, JbFStR 2014/15, 461 (469); ebenso Kleinheisterkamp, JbFStR 2014/15, 470 (476 f.) mwN.

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C. Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen einer Organschaft

II. Mehr- und MinderabfÅhrungen 1. Problematik und Rechtsentwicklung AuslÇser fÅr Mehr- und MinderabfÅhrungen. Mehr- und MinderabfÅhrungen (s. hierzu auch die ausfÅhrliche Darstellung in Rz. 13.1 ff.) resultieren daraus, dass sich der aus dem GewinnabfÅhrungsvertrag folgende Anspruch des Organtrgers auf GewinnabfÅhrung nach dem handelsrechtlichen JahresÅberschuss richtet, whrend das zuzurechnende Organeinkommen gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG an die Steuerbilanz anknÅpft. Sind beide GrÇßen nicht deckungsgleich, kommt es zu sog. Mehr- bzw. MinderabfÅhrungen. – Beispiele fÅr MinderabfÅhrungen, dh. fÅr einen niedrigeren handelsrechtlichen JahresÅberschuss: Bildung einer handelsbilanziellen RÅckstellung, die steuerlich nicht (zB wegen § 6 Abs. 3 bis 4b oder § 4 Abs. 5 EStG) bzw. nicht in vollstndiger HÇhe (zB wegen § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG oder § 6a EStG) anerkannt wird; in der Handelsbilanz Abschreibung des entgeltlich erworbenen Geschfts- oder Firmenwerts Åber einen kÅrzeren als den steuerlich in § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG vorgesehenen Zeitraum von 15 Jahren. – Beispiele fÅr MehrabfÅhrungen, dh. fÅr einen hÇheren handelsrechtlichen JahresÅberschuss: AuflÇsung von RÅckstellungen, die in frÅheren Geschftsjahren in der Handelsbilanz gebildet und steuerlich nicht bzw. nur in geringerer HÇhe anerkannt worden sind; ehemals gemeinnÅtzige Wohnungsbauunternehmen, die ihre steuerlichen Buchwerte (unter FortfÅhrung der handelsbilanziellen Buchwerte) gem. § 13 Abs. 2 und 3 KStG steuerfrei auf den Teilwert aufgestockt haben und bei denen deshalb die steuerliche AfA hÇher als die handelsbilanziellen Abschreibungen sind (vgl. auch § 14 Abs. 3 Satz 4 KStG).

6.65

Je nachdem, ob der zugrunde liegende Geschftsvorfall vor oder whrend der organschaftlichen Zeit eingetreten ist, spricht man von vororganschaftlichen oder organschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen. Rechtslage vor 2004. Bis zum Jahr 2004 fehlte eine gesetzliche Regelung der Mehr- und MinderabfÅhrungen. § 27 Abs. 6 Satz 1 KStG aF befasste sich lediglich mit den Auswirkungen von organschaftlichen MehrabfÅhrungen auf das steuerliche Einlagekonto. Die in der Praxis angewandten Regelungen Åber Mehr- und MinderabfÅhrungen ergaben sich somit fast ausschließlich aus Verwaltungsvorschriften:1 – Vororganschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen sollten danach als GewinnausschÅttung bzw. Einlage behandelt werden. Dadurch sollte der in vororganschaftlicher Zeit erzielte ausschÅttbare Gewinn der besonderen Organschaftsbesteuerung entzogen und der regulren Besteuerung unterworfen werden, insbesondere der Besteuerung von GewinnausschÅttungen nach § 8b KStG/§ 3 Nr. 40 EStG und den KÇrperschaft1 Vgl. insbesondere A 59 KStR 1995.

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6.66

Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

steuererhÇhungen nach § 38 KStG. Letzteres hat auch nach dem Wechsel zu einer ausschÅttungsunabhngigen KÇrperschaftsteuererhÇhung ab dem 1.1.2007 in § 38 Abs. 4 ff. KStG weiterhin praktische Bedeutung, da gerade die ehemals gemeinnÅtzigen Wohnungsbauunternehmen, bei denen es wegen der Aufstockung der steuerlichen Buchwerte zu MehrabfÅhrungen kommen kann, nach § 34 Abs. 14 KStG nF (ehemals Abs. 16) ein Wahlrecht fÅr die Anwendung der alten (ausschÅttungsabhngigen) Regelungen in § 38 Abs. 1 bis 3 KStG haben und dies in der Regel auch ausÅben werden.1 – Organschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen fÅhrten dagegen zur einkommensneutralen Bildung aktiver und passiver Ausgleichsposten in der Steuerbilanz des Organtrgers, die (erst) im Fall der Verußerung der Organbeteiligung einkommenswirksam aufzulÇsen waren. Damit sollte erreicht werden, dass es weder zu einer Doppel- noch zu einer Nichtbesteuerung kommt.

6.67 Rechtslage ab 2004. AusgelÇst durch das BFH-Urteil v. 18.12.2002 – I R 51/01,2 in dem der BFH die Verwaltungsauffassung zur Behandlung vororganschaftlicher MehrabfÅhrungen ablehnte, hat der Gesetzgeber mit dem Richtlinien-Umsetzungsgesetz v. 9.12.20043 einen neuen § 14 Abs. 3 KStG eingefÅgt, mit dem die bisherige Verwaltungsauffassung rechtsprechungsbrechend kodifiziert werden sollte. Die Neuregelung ist erstmals fÅr MehrabfÅhrungen von Organgesellschaften anzuwenden, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2003 endet (§ 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG aF). Die MinderabfÅhrungen werden in § 34 Abs. 9 KStG aF nicht erwhnt.

6.68 Rechtslage ab 2008. Durch das Jahressteuergesetz 2008 v. 20.12.20074 kam § 14 Abs. 4 KStG hinzu, der nunmehr auch die organschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen entsprechend der bis dahin geltenden Verwaltungsauffassung regeln soll. Auch hier war AuslÇser ein die Verwaltungsauffassung ablehnendes BFH-Urteil, und zwar das Urteil v. 7.2.2007 – I R 5/05,5 in dem der BFH die Auffassung vertreten hatte, dass ein passiver Ausgleichsposten im Fall der Verußerung der Organbeteiligung nicht einkommenswirksam, sondern erfolgsneutral aufzulÇsen sei. Außerdem war der BFH entgegen der Finanzverwaltung davon ausgegangen, dass die aktiven und passiven Ausgleichsposten außerhalb der Steuerbilanz als

1 Einschrnkend dagegen Doege/Middendorf, StuB 2014, 682 (685); Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, Rz. 416. 2 BFH v. 18.12.2002 – I R 51/01, BStBl. II 2005, 49 = FR 2003, 457 m. Anm. Then ; besttigt durch BFH v. v. 6.6.2013 – I R 38/11, BStBl. II 2014, 398 = FR 2013, 1140 – Az. BVerfG: 2 BvL 7/13; v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 – Az. BVerfG 2 BvL 18/14. 3 BGBl. I 2004, 3310. 4 BGBl. I 2007, 3150. 5 BFH v. 7.2.2007 – I R 5/05, BStBl. II 2007, 796 = FR 2007, 1018; Nichtanwendungserlass des BMF v. 5.10.2007 – IV B 7 - S 2770/07/0004, BStBl. I 2007, 743.

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C. Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen einer Organschaft

(technische) Korrekturposten zu erfassen seien.1 Nach § 34 Abs. 9 Nr. 5 KStG idF des Jahressteuergesetzes 2008 soll die Neuregelung in § 14 Abs. 4 KStG bereits fÅr Veranlagungszeitrume vor 2008 anzuwenden sein. 2. Vororganschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen In den VorlagebeschlÅssen v. 6.6.2013 – I R 38/11 und v. 27.11.2013 – I R 36/132 befasste sich der BFH mit den vororganschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen i.S.d. § 14 Abs. 3 KStG (zur verfassungsrechtlichen Problematik der bergangsregelung in § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG aF s. Rz. 6.112 ff.). Auch wenn die AusfÅhrungen des BFH lediglich im Rahmen eines Normenkontrollersuchens ergingen und damit nur vorlufigen Charakter haben, kÇnnen durch diese Entscheidungen mehrere Problembereiche als – zumindest weitgehend – hÇchstrichterlich geklrt angesehen werden.3 Dies betrifft insbesondere die Kriterien fÅr die Annahme von Mehr- und MinderabfÅhrungen, die Abgrenzung zwischen organschaftlichen und vororganschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen sowie die Frage nach etwaigen SaldierungsmÇglichkeiten.

6.69

Sachverhalt. In beiden VorlagebeschlÅssen ging es um ehemals gemeinnÅtzige Wohnungsbauunternehmen, die ihre steuerlichen Buchwerte gem. § 13 Abs. 2 und 3 KStG aF steuerfrei aufgestockt hatten und bei denen es aufgrund der anschließenden Bildung einer steuerlichen Organschaft zu vororganschaftlichen MehrabfÅhrungen kam. Das Finanzamt behandelte diese MehrabfÅhrungen in den Streitjahren (2004 bzw. 2004 bis 2006) gem. § 14 Abs. 3 KStG als GewinnausschÅttungen, die gem. § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG zu einer Verwendung von Alt-EK02 und damit zu einer KÇrperschaftsteuererhÇhung gem. § 38 Abs. 2 Satz 1 KStG fÅhrten.

6.70

Rein rechnerischer Differenzbetrag. Hinsichtlich der ußerst umstrittenen Frage, ob die MehrabfÅhrung i.S.d. § 14 Abs. 3 KStG einen tatschlichen VermÇgensabfluss voraussetzt oder als ein rein rechnerischer Differenzbetrag zu begreifen ist, entschied sich der BFH fÅr die zuletzt genannte Auffassung. Zwar sei fÅr die Bestimmung von MehrabfÅhrungen i.S.d. § 14 Abs. 3 KStG kein RÅckgriff auf die Definition in § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG mÇglich, da dort nur auf § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG verwiesen werde. Es wÅrde aber dem Sinn und Zweck des § 14 Abs. 3 KStG widersprechen, wenn die Annahme von vororganschaftlichen MehrabfÅhrun-

6.71

1 Vgl. auch BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = GmbHR 2012, 1308 = FR 2013, 285 unter II.3.a., mwN. 2 BFH v. 6.6.2013 – I R 38/11, BStBl. II 2014, 398 = FR 2013, 1140 – Az. BVerfG: 2 BvL 7/13; v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 – Az. BVerfG 2 BvL 18/14. 3 Vgl. Gosch, BFH/PR 2013, 408; zu einem beim FG Rheinland-Pfalz anhngigen Verfahren zu vororganschaftlichen MehrabfÅhrungen bei einer mittelbaren Organschaft vgl. Neumann, KÇlner Tage Organschaft am 16.4.2015, 30 (44).

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Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

gen davon abhinge, ob ein handels-/steuerbilanzieller Gewinn oder Verlust erzielt werde. – Vergleichswerte: Ob bzw. in welcher HÇhe es zu Mehr- oder MinderabfÅhrungen kommt, ergibt sich nach Auffassung des BFH aus einem Vergleich des handelsrechtlichen JahresÅberschusses der Organgesellschaft mit dem Ergebnis nach der Steuerbilanz. Damit stellt er fÅr die Vergleichsrechnung auf eine rein bilanzielle Betrachtung ab, dh. ohne BerÅcksichtigung außerbilanzieller Korrekturen wie beispielsweise § 8b KStG (zu etwaigen Ausnahmen s. unten Rz. 6.79 f.). Zur BegrÅndung weist der BFH darauf hin, dass steuerfreie VermÇgensmehrungen nicht als MehrabfÅhrung erfasst werden sollen. – Keine Begrenzung auf den handelsbilanziellen JahresÅberschuss: Aus der Betrachtung der MehrabfÅhrung als einen rein rechnerischen Differenzbetrag folgt, dass sie der HÇhe nach nicht durch den handelsbilanziellen JahresÅberschuss begrenzt ist. Vielmehr kann eine MehrabfÅhrung nach Auffassung des BFH auch dann vorliegen, wenn die Organgesellschaft handelsbilanziell einen geringeren Verlust erlitten hat, als dem Organtrger zuzurechnen ist (sog. MinderverlustÅbernahme)

6.72 Saldierungsverbot. DarÅber hinaus hat sich der BFH fÅr eine geschftsvorfallbezogene Betrachtungsweise entschieden. Dies fÅhrt zu einem Saldierungsverbot zwischen einer vororganschaftlichen MehrabfÅhrung i.S.d. § 14 Abs. 3 KStG und (vororganschaftlichen oder organschaftlichen) MinderabfÅhrungen. – Zur BegrÅndung beruft sich der BFH zum einen auf den Wortlaut des Gesetzes, der die Begriffe Mehr- und MinderabfÅhrungen im Plural verwende. Außerdem ergebe sich das Saldierungsverbot zwischen vororganschaftlichen und organschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen aus den unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen gem. § 14 Abs. 3 und 4 KStG. DarÅber hinaus sei das Saldierungsverbot erforderlich, um die einzelnen Geschftsvorflle der vororganschaftlichen/organschaftlichen Zeit zuordnen zu kÇnnen. – Zur MÇglichkeit einer Saldierung zwischen organschaftlichen Mehrund MinderabfÅhrungen trifft der BFH in seinen VorlagebeschlÅssen keine Aussage.1 Allerdings dÅrfte diese Frage nur dann von praktischer Relevanz sein, wenn es trotz der vom BFH vorgenommenen Einordnung smtlicher Ausgleichsposten als steuerliche Bilanzierungshilfe2 zu unterschiedlichen Folgen fÅr das steuerbilanzielle Eigenkapital kommen sollte (s. dazu unten Rz. 6.78).

6.73 Verursachung in vororganschaftlicher oder organschaftlicher Zeit. Hinsichtlich der Regeln fÅr die Zuordnung der MehrabfÅhrungen zur organschaftlichen oder vororganschaftlichen Zeit, trifft der BFH zwei Aussagen: 1 Vgl. zu dieser Frage von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 352, mwN. 2 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285 unter II.3.b.

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C. Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen einer Organschaft

– FÅr den Streitfall beruft er sich auf die ausdrÅckliche Bestimmung in § 14 Abs. 3 Satz 4 KStG. Danach ist der Teilwertansatz nach § 13 Abs. 3 KStG der vororganschaftlichen Zeit zuzurechnen. – Zustzlich nennt der BFH aber auch allgemeine Zuordnungskriterien. Danach liegt eine vororganschaftliche Veranlassung immer dann vor, wenn die MehrabfÅhrungen zwar in organschaftlicher Zeit realisiert werden, aber Folge der in vororganschaftlicher Zeit vorgenommenen Bilanzanstze sind. Dies stehe in keinem Widerspruch zum Urteil v. 18.12.2002 – I R 51/01,1 in dem noch von einer grundstzlichen Veranlassung in organschaftlicher Zeit ausgegangen worden sei. Denn der Gesetzgeber habe durch die sptere Neuregelung des § 14 Abs. 3 KStG eine periodenÅbergreifende VerknÅpfung zwischen dem ursprÅnglichen Geschftsvorfall und den durch diesen Geschftsvorfall verursachten spteren MehrabfÅhrungen vorgenommen. Leistung i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 3 KStG. Schließlich hat der BFH in seinen VorlagebeschlÅssen klargestellt, dass vororganschaftliche MehrabfÅhrungen trotz ihres Charakters als rein rechnerischer Differenzbetrag als Leistungen i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 3 KStG anzusehen seien und somit zu einer KÇrperschaftsteuererhÇhung fÅhren kÇnnten. Dies folge aus § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG, der vororganschaftliche MehrabfÅhrungen als GewinnausschÅttungen fingiere. Diese gesetzliche Fiktion schlage auf den Leistungsbegriff in § 38 Abs. 1 Satz 3 KStG durch.2 Auf Grundlage dieser Argumentation dÅrfte auch auf Ebene des Organtrgers von fiktiven GewinnausschÅttungen und einer entsprechenden Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG auszugehen sein.3

6.74

3. Organschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen In dem Urteil v. 29.8.2012 – I R 65/114 hatte sich der BFH mit der Problematik organschaftlicher Mehr- und MinderabfÅhrungen auseinanderzusetzen. Dabei ging es um die Bildung eines passiven Ausgleichspostens bei verrechenbaren Verlusten i.S.d. § 15a EStG sowie um die Frage, welche Auswirkungen aktive bzw. passive Ausgleichsposten auf das fÅr die AusschÅttungsfiktion des § 10 Satz 1 UmwStG aF maßgebliche steuerbilanzielle Eigenkapital haben.

6.75

Sachverhalt. Klgerin des Rechtsstreits war eine KG, die infolge einer Umwandlung mit steuerlicher Wirkung zum 31.12.2003 Gesamtrechts-

6.76

1 BFH v. 18.12.2002 – I R 51/01, BStBl. II 2005, 49 = FR 2003, 457 m. Anm. Then. 2 Zur weiterhin bestehenden Kritik vgl. Suchanek, GmbHR 2014, 832; auch Gosch, BFH/PR 2013, 408 (409) sieht die Gegenauffassung als ebenso gut vertretbar an. 3 GlA Pache in HHR, § 14 KStG Anm. 324; Stangl/Winter, Organschaft 2013/ 2014, Rz. A56 und 429. 4 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285; zur beschrnkten Anwendung durch die Finanzverwaltung s. BMF v. 15.7.2013 – IV C 2 - S 2770/07/10004:004 – DOK 2013/0457677, BStBl. I 2013, 921 = FR 2013, 772.

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Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

nachfolgerin einer Organtrger-GmbH geworden war. Zwischen der Organtrger-GmbH und ihrer Organgesellschaft bestand seit 1994 eine kÇrperschaftsteuerliche Organschaft. Die Organgesellschaft war wiederum als Kommanditistin an einer Tochter-KG beteiligt, die Verluste erwirtschaftete. Daraus folgte fÅr die Organgesellschaft zum 31.12.2003 ein verrechenbarer Verlust gem. § 15a EStG. Die Klgerin hatte sich mit ihrer Klage beim FG erfolgreich gegen folgende Schlussfolgerungen des Finanzamts gewehrt: – Bildung eines passiven Ausgleichspostens: Da das negative Kapitalkonto der Organgesellschaft bei ihrer Tochter-KG nach der sog. Spiegelbildmethode in der Steuerbilanz der Organgesellschaft auszuweisen sei, es in der Handelsbilanz aber bei dem Restwertansatz iHv. 1 Euro bleibe, kam das Finanzamt zu einer organschaftlichen MehrabfÅhrung, fÅr die – nach Saldierung mit einer organschaftlichen MinderabfÅhrung – ein passiver Ausgleichsposten zu bilden sei. – Minderung des steuerlichen Eigenkapitals: DarÅber hinaus sei die durch die Verschmelzung bedingte KÇrperschaftsteuerminderung (§ 10 UmwStG aF) auf Grundlage des um den passiven Ausgleichsposten geminderten steuerbilanziellen Eigenkapitals zu berechnen.

6.77 Aktive und passive Ausgleichsposten. Der BFH erlutert in seiner Entscheidung v. 29.8.2012, dass handelsrechtliche MinderabfÅhrungen zu einem aktiven Ausgleichsposten und handelsrechtliche MehrabfÅhrungen zu einem passiven Ausgleichsposten fÅhren. Damit solle beispielsweise fÅr den Fall der Verußerung der Anteile an der Organgesellschaft eine Doppel- bzw. Nichtbesteuerung zu vermieden werden. – Vor EinfÅhrung des § 14 Abs. 4 KStG waren diese Ausgleichsposten nach Auffassung des BFH außerhalb der Steuerbilanz des Organtrgers als (technische) Korrekturposten zu erfassen. – Auf Grundlage des § 14 Abs. 4 KStG kommt der BFH zu einem Ausweis innerhalb der Steuerbilanz. Die Ausgleichsposten seien aber weder als eigenstndiges Wirtschaftsgut noch als Korrekturposten zum Beteiligungsansatz, sondern als steuerliche Bilanzierungshilfe zu qualifizieren.1

6.78 Einfluss auf das steuerbilanzielle Eigenkapital. Vor EinfÅhrung des § 14 Abs. 4 KStG schied nach Auffassung des BFH ein Einfluss der Ausgleichsposten auf das steuerbilanzielle Eigenkapital schon deshalb aus, weil sie außerhalb der Bilanz zu bilden waren. Ob dies auch nach EinfÅhrung des § 14 Abs. 4 KStG und der damit verbundenen Qualifizierung als steuerliche Bilanzierungshilfe in jedem Fall ausgeschlossen bleibt, hat der BFH ausdrÅcklich offen gelassen. Jedenfalls wÅrden aktive Ausgleichsposten nicht zu einer ErhÇhung des steuerbilanziellen Eigenkapitals i.S.d. § 10

1 Zu den steuerlichen Folgen der Rechtsnatur des Ausgleichspostens aus Sicht der BetriebsprÅfung vgl. Breier, KÇlner Tage Organschaft am 16.4.2015, 102 (118 ff.).

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C. Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen einer Organschaft

UmwStG aF fÅhren, da diese Betrge handelsrechtlich nicht an den Organtrger abgefÅhrt worden seien und damit auch nicht Gegenstand einer den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben entsprechenden GewinnausschÅttung des Organtrgers sein kÇnnten. Kein passiver Ausgleichsposten bei verrechenbaren Verlusten i.S.d. § 15a EStG. Die wichtigste Aussage des BFH-Urteils v. 29.8.2012 betrifft die Voraussetzungen fÅr die Bildung passiver Ausgleichsposten. Im Streitfall war es durch die Kommanditbeteiligung der Organgesellschaft an einer defizitren Tochter-KG zu einer handelsrechtlichen MehrabfÅhrung gekommen, und zwar in Form einer MinderverlustÅbernahme, da sich das bei der KG gefÅhrte negative Kapitalkonto auf Ebene der Organgesellschaft nur in der Steuerbilanz (Spiegelbildmethode), nicht aber in der Handelsbilanz (weiterhin Ansatz der Beteiligung mit dem Restbuchwert iHv. 1 EURO) ausgewirkt hatte. – Bei einer rein bilanziellen Sichtweise htte es damit zu einem passiven Ausgleichsposten kommen mÅssen. – Der BFH stellte aber darauf ab, dass § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG keine Legaldefinition, sondern lediglich einen Typusbegriff formuliere.1 Deshalb sei im Streitfall zu berÅcksichtigen, dass die handelsrechtliche MehrabfÅhrung steuerlich außerhalb der Bilanz durch § 15a EStG neutralisiert werde, dh. die erhÇhten Verluste in der Steuerbilanz sich letztlich gar nicht auf die Besteuerung auswirkten. Im Ergebnis seien die Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz somit nur in der Technik der Einkommensermittlung begrÅndet. Vor diesem Hintergrund sei die Bildung eines passiven Ausgleichspostens nicht gerechtfertigt.2

6.79

Beibehaltung der bilanziellen Sichtweise. Zwar verweist der BFH generell auf die außerbilanzielle Zurechnung nicht abziehbarer Verluste und nennt § 15a EStG lediglich als Beispiel. ME ist daraus aber keine grundlegende Abkehr von der bilanziellen Sichtweise bei der Bestimmung von Mehrund MinderabfÅhrungen abzuleiten. Insbesondere nimmt das Urteil v. 29.8.2012 nicht zu denjenigen Fllen Stellung, in denen die Ergebnisse von Handels- und Steuerbilanz Åbereinstimmen, aber es durch steuerliche außerbilanzielle Ergebniskorrekturen zu einer Divergenz kommt. Vielmehr dÅrfte der BFH maßgeblich die speziellen Auswirkungen eines verrechenbaren Verlusts i.S.d. § 15a EStG vor Augen gehabt haben. Dies wird ua. durch die Betonung der bilanziellen Sichtweise in den zeitlich nach-

6.80

1 Die beilufige Bezeichnung des § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG als Legaldefinition in den VorlagebeschlÅssen des BFH v. 6.6.2013 – I R 38/11, BStBl. II 2014, 398 = FR 2013, 1140 – Az. BVerfG: 2 BvL 7/13 und BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = FR 2014, 979 – Az. BVerfG: 2 BvL 18/14 sollte mE nicht als Abkehr von dieser Auffassung verstanden werden. 2 AA Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 14 Rz. 811b ff.

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Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

folgenden VorlagebeschlÅssen v. 6.6.2013 und v. 27.11.20131 besttigt, auch wenn diese BeschlÅsse zu vororganschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen ergangen sind. Allerdings lsst sich aus dem Urteil v. 29.8.2012 die allgemeine Schlussfolgerung ableiten, dass eine Einbeziehung außerbilanzieller Korrekturen immer dann in Betracht kommt, wenn sie bilanzielle Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz neutralisieren. Damit fÅhren beispielsweise auch Gewinne aus einer Kommanditbeteiligung, denen verrechenbare Verluste i.S.d. § 15a EStG gegenÅberstehen, nicht zur Bildung eines Ausgleichspostens.2

6.81 Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO. Zustzlich enthlt das BFH-Urteil v. 29.8.2012 eine fÅr die Praxis bedeutsame Aussage zum Umfang des Vertrauensschutzes nach § 176 Abs. 2 AO, wenn nach Erlass eines wirksamen Steuerbescheids eine allgemeine – zugunsten des Steuerpflichtigen wirkende – Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung bzw. einer obersten Bundes- oder LandesbehÇrde von einem obersten Gerichtshof des Bundes verworfen wird. Zum einen reicht nach Auffassung des BFH eine allgemeine VerwaltungsÅbung nicht aus, um einen entsprechenden Vertrauensschutz zu begrÅnden. Zum anderen kÇnne ein Vertrauensschutz von vornherein nicht entstehen, wenn die Verwaltungsvorschrift bereits zum Zeitpunkt ihres Erlasses im Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH gestanden habe.

III. VerlustrÅcktrag 6.82 In dem BFH-Urteil v. 12.12.2012 – I R 69/113 verfolgte die Klgerin das Ziel eines steuerlichen VerlustrÅcktrags gem. § 10d Abs. 1 EStG iVm. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG in der fÅr das Streitjahr 1999 geltenden Fassung. Die Besonderheit lag darin, dass der Verlust nicht aus dem nachfolgenden Veranlagungszeitraum 2000, sondern aus dem Veranlagungszeitraum 2003 in den Veranlagungszeitraum 1999 zurÅckgetragen werden sollte. Zur BegrÅndung verwies die Klgerin darauf, dass sie in den Jahren 2000 bis 2002 als Organgesellschaft in eine steuerliche Organschaft eingebunden gewesen sei.

1 BFH v. 6.6.2013 – I R 38/11, BStBl. II 2014, 398 = FR 2013, 1140 – Az. BVerfG: 2 BvL 7/13; v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = FR 2014, 979 – Az. BverfG: 2 BvL 18/14. 2 Vgl. Faller, DStR 2013, 1977 (1979) und Trautmann/Faller, DStR 2013, 293 (295 f.), die allerdings auch bei nach DBA steuerfreien Einnahmen von einer Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz ausgehen, obwohl die Steuerfreiheit der Einnahmen zutreffenderweise erst außerbilanziell zu berÅcksichtigen ist; zu eng dagegen BMF v. 15.7.2013 – IV C 2 - S 2770/07/10004:004 – DOK 2013/0457677, BStBl. I 2013, 921 = FR 2013, 772; vgl. hierzu auch DÇtsch in D/J/P/W, § 14 KStG Rz. 500a f. 3 BFH v. 12.12.2012 – I R 69/11, BFHE 240, 34 = FR 2013, 608 m. Anm. M. Prinz = GmbHR 2013, 425.

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D. Gewerbesteuerliche Aspekte der Organschaft

Kein VerlustrÅcktrag aus nachorgan- in vororganschaftliche Zeit. Der BFH stellte klar, dass das Gesetz keinen VerlustrÅcktrag aus dem ersten nachorganschaftlichen in den letzten vororganschaftlichen Veranlagungszeitraum vorsehe. Angesichts des unmissverstndlichen Wortlauts des § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG, der einen Abzug vom Gesamtbetrag der EinkÅnfte „des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums“ vorsieht, konnte die Klgerin auch kaum auf eine fÅr sie gÅnstige Entscheidung hoffen. Hinzu kommt, dass bei einer Organgesellschaft fÅr jeden Veranlagungszeitraum der organschaftlichen Zeit eine eigenstndige Veranlagung durchgefÅhrt wird und § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG keine Regelung enthlt, wonach die organschaftliche Zeit bei der Bestimmung des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums auszuklammern ist.1

6.83

D. Gewerbesteuerliche Aspekte der Organschaft I. KÅrzungen und Hinzurechnungen im gewerbesteuerlichen Organkreis 1. Sog. gebrochene oder eingeschrnkte Einheitstheorie Besttigung der stndigen Rechtsprechung. Die fÅr die gewerbesteuerliche Organschaft in stndiger Rechtsprechung vertretene sog. gebrochene oder eingeschrnkte Einheitstheorie wurde vom BFH in jÅngerer Zeit noch einmal senatsÅbergreifend besttigt.2 Danach gelten die Organgesellschaften fÅr gewerbesteuerliche Zwecke zwar gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebssttte des Organtrgers, bilden mit diesem aber kein einheitliches Unternehmen. Organgesellschaften und Organtrger bleiben vielmehr selbstndige Gewerbebetriebe. – In einem ersten Schritt ermitteln die Organgesellschaften und der Organtrger ihre Gewerbeertrge jeweils getrennt unter Beachtung der Hinzurechnungs- und KÅrzungsvorschriften (§§ 8, 9 GewStG). – In einem zweiten Schritt sind unter Berufung auf § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG ungerechtfertigte steuerliche Doppelbelastungen bzw. -entlas-

1 Vgl. auch FG MÅnster v. 15.6.2011 – 9 K 1292/07 K, EFG 2012, 638. 2 BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt; v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227 = GmbHR 2015, 149; v. 17.12.2014 – I R 39/14, BFH/NV 2015, 749 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser mwN, auch zur frÅher vom RFH vertretenen sog. Filial- oder Einheitstheorie; die Finanzverwaltung vertritt ebenfalls die gebrochene oder eingeschrnkte Einheitstheorie, vgl. R 7.1 Abs. 5 GewStH 2009; kritisch Neumann, KÇlner Tage Organschaft am 16.4.2015, 30 (37) unter Hinweis auf den Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG.

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Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

tungen zu korrigieren und gegenÅber dem Organtrger ein einheitlicher Gewerbesteuer-Messbetrag festzusetzen. 1

6.85 Korrektur doppelter Be- und Entlastungen im Organkreis. Rechtsgrundlage fÅr die im zweiten Schritt vorzunehmenden Korrekturen ist nach einhelliger Auffassung der BFH-Senate § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG. Die Einzelheiten der BegrÅndung lassen aber durchaus Unterschiede erkennen. Der X. Senat des BFH2 folgert aus § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, dass die innerhalb des Organkreises bestehende Korrespondenz von Aufwands- und Ertragsseite nicht durch einseitige Hinzurechnungen bzw. KÅrzungen gestÇrt werden dÅrfe. Bei einer drohenden StÇrung dieser Korrespondenz seien die entsprechenden Hinzurechnungs- oder KÅrzungsvorschriften teleologisch zu reduzieren, dh. deren Anwendung ausgeschlossen. Der IV. Senat des BFH3 stellt dagegen allein darauf ab, ob eine Korrektur erforderlich ist, um die doppelte Erfassung eines Ertrags bzw. die doppelte BerÅcksichtigung eines Aufwands beim gleichen Rechtstrger (dem Organtrger als Gewerbesteuerschuldner) zu vermeiden. Dagegen komme es weder auf den Zweck der gewerbesteuerlichen KÅrzungs- und Hinzurechnungsvorschriften noch auf die Frage an, ob es ohne das Organschaftsverhltnis ebenfalls zu einer doppelten Erfassung der Ertrge bzw. zu einer doppelten BerÅcksichtigung der Aufwendungen (dann aber bei unterschiedlichen Rechtstrgern) gekommen wre. Trotz dieser Unterschiede in der BegrÅndung dÅrften die Ergebnisse aber grundstzlich identisch sein.

6.86 Anwendungsflle. Der BFH hat in seinen Entscheidungen mehrere Anwendungsflle fÅr gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG notwendige Korrekturen aufgefÅhrt.4 FÅr zu korrigierende Hinzurechnungen i.S.d. § 8 GewStG ist insbesondere auf Dauerschuldzinsen gem. § 8 Nr. 1 GewStG bei innerhalb des Organkreises gewhrten Darlehen hinzuweisen (zur Vereinbarkeit des § 8 Nr. 1 GewStG mit der unionsrechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit vgl. Rz. 6.122 ff.). Ohne eine Korrektur wÅrden die Zinsen beim Organtrger zweimal erfasst, nmlich einmal als Zinsertrag und einmal Åber die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG. Bei den KÅrzungen iSd. § 9 GewStG kommt eine Korrektur insbesondere im Rahmen der erweiterten GewerbesteuerkÅrzung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 GewStG in Betracht (s. Rz. 6.86 ff.). Als weiteres Beispiel werden vom 1 Ob die Korrekturen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG bereits beim jeweils getrennt ermittelten Gewerbeertrag der zum Organkreis gehÇrenden Betriebe oder erst bei der Summe der Gewerbeertrge vorzunehmen sind, wird vom BFH meist ausdrÅcklich davon abhngig gemacht, um welchen Rechenposten es sich handelt; mE wre es konsequent, etwaige Korrekturen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG immer erst im Anschluss an die Zusammenrechnung der Gewerbeertrge vorzunehmen. 2 BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt. 3 BFH v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227 = GmbHR 2015, 149. 4 Vgl. BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt; v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227 = GmbHR 2015, 149, jeweils mwN.

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D. Gewerbesteuerliche Aspekte der Organschaft

BFH Teilwertabschreibungen genannt, soweit sie auf Verlusten beruhen, die ebenfalls in den zusammengerechneten Gewerbeertrgen enthalten sind. Ergnzend ist darauf hinzuweisen, dass eine Korrektur von vornherein nur insoweit erforderlich ist, wie die Teilwertabschreibungen grundstzlich steuerlich wirksam wren und damit beim Organtrger tatschlich zu einer doppelten Entlastung fÅhrten. 2. Erweiterte KÅrzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG Nach den BFH-Urteilen v. 18.5.2011 – X R 4/10 und v. 30.10.2014 – IV R 9/111 ist die erweiterte KÅrzung fÅr GrundstÅcksunternehmen (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) zu versagen, sofern es sich bei dem GrundstÅcksunternehmen um eine Organgesellschaft handelt, die ihren gesamten Grundbesitz an eine andere Organgesellschaft desselben Organkreises vermietet.

6.87

Das Urteil des X. Senats des BFH betraf einen Sachverhalt, bei dem ein Einzelunternehmer Alleingesellschafter zweier GmbHs war („Verwaltungs-GmbH“ und „Handels-GmbH“), die mit ihm als Organtrger einen Organkreis bildeten. Die Verwaltungs-GmbH vermietete ihren gesamten Grundbesitz an die Handels-GmbH. In dem Urteil des IV. Senats des BFH ging es ebenfalls um die Verpachtung des gesamten GrundvermÇgens einer GmbH, und zwar um die Verpachtung eines Hotelgebudes (ohne Betriebsvorrichtungen und Geschftsausstattung) der B-GmbH an ihre Schwestergesellschaft C-GmbH. Beide GmbHs waren Organgesellschaften der A-GmbH (Organtrgerin), die ihrerseits Organgesellschaft der X-KG war (mehrstufiger Organkreis).

6.88

Keine erweiterte KÅrzung im Organkreis. Nach Auffassung des BFH folgt aus den Grundstzen der sog. gebrochenen oder eingeschrnkten Einheitstheorie, dass es innerhalb des Organkreises nicht zu einer erweiterten GewerbesteuerkÅrzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG kommen darf. Anderenfalls wre – so der X. Senat – die Korrespondenz zwischen Aufwandsund Ertragsseite gestÇrt, da sowohl die Mietaufwendungen als auch die Mietertrge in den zusammengerechneten Gewerbeertrgen enthalten seien und sich gegenseitig neutralisierten. Aus diesem Grund erfordere der Zweck der erweiterten GewerbesteuerkÅrzung – Gleichstellung von Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegen, mit vermÇgensverwaltenden Personenunternehmen – keine (zustzliche) Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.2 Der IV. Senat konzentriert sich dagegen auf die ungerechtfertigte doppelte Entlastung beim Organtrger als alleinigen Gewerbesteuerschuldner. Auch wenn er die Er-

6.89

1 BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt; v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227 = GmbHR 2015, 149. 2 Kritisch hierzu Wendt, FR 2011, 968 (969), der darauf hinweist, dass die Korrespondenz von Mietertrgen und Mietaufwendungen keine unterschiedliche Behandlung von Konzernstrukturen mit/ohne Organschaft rechtfertigen kann und sich die LÇsung aus § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG ergeben muss.

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Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

forderlichkeit der Korrektur letztlich ebenso wie der X. Senat mit dem Hinweis begrÅndet, § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nehme Ertrge von der Gewerbesteuer aus, obwohl die korrespondierenden Aufwendungen gewerbesteuermindernd abzuziehen seien, bietet der Ansatz des IV. Senats, die Stellung des Organtrgers als alleinigen Gewerbesteuerschuldner sowie die damit zusammenhngende Konsolidierung der Gewerbeertrge zu betonen, Vorteile. Denn unter BerÅcksichtigung dieser Umstnde besteht ein Unterschied zwischen einem Organkreis einerseits und einer Muttergesellschaft mit nicht organschaftlich verbundenen Tochtergesellschaften andererseits, so dass der IV. Senat trotz Schlechterstellung des Organkreises durch die Nichtanwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einen Verstoß gegen Art. 3 GG Åberzeugend ablehnen konnte.

6.90 Die einfache KÅrzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG ist dagegen auch im Organkreis vorzunehmen. Zwar gehen der IV. Senat Åberhaupt nicht und der X. Senat nur indirekt hierauf ein, da § 9 Abs. 1 Nr. 1 GewStG in beiden Entscheidungen nicht zum Streitgegenstand gehÇrte. Aus seinem Verweis auf die unterschiedlichen Zwecke der einfachen und der erweiterten GewerbesteuerkÅrzung wird jedoch deutlich, dass der X. Senat gegen die Anwendbarkeit des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG im Organkreis keine Bedenken hat.1 Entsprechendes muss letztlich aber auch auf Grundlage der Argumentation des IV. Senats gelten.

6.91 Ungeklrte Fragen. Die Entscheidungen des BFH betrafen Sachverhalte, bei denen das GrundstÅcksunternehmen seinen gesamten Grundbesitz innerhalb des Organkreises vermietet. Nicht abschließend geklrt sind deshalb folgende Fragen: – Teilweise Vermietung außerhalb des Organkreises: Wenn eine Organgesellschaft nur einen Teil seines Grundbesitzes innerhalb und den Rest außerhalb des Organkreises vermietet, dÅrfte ausgehend von der Argumentation des BFH eine anteilige erweiterte KÅrzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zulssig sein. – Keine Korrespondenz von Mietertrgen und -aufwendungen: Entsprechendes dÅrfte gelten, wenn die den Grundbesitz betreffenden Ertrge aus anderen GrÅnden nicht mit den Aufwendungen der Organgesellschaften korrespondieren, beispielsweise weil der Grundbesitz innerhalb des Organkreises vermietet, zustzlich aber einer Konzerngesellschaft außerhalb des Organkreises entgeltlich zur Nutzung als Sicherheit zur VerfÅgung gestellt wird.2 – PrÅfung weiterer Ausschlusstatbestnde: Allerdings kann die erweiterte KÅrzung in diesen Fllen aus anderen GrÅnden ausgeschlossen sein. Zum einen sind die Voraussetzungen einer erweiterten KÅrzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch dann nicht erfÅllt, wenn das GrundstÅcksunternehmen als Besitzgesellschaft einer (kapitalistischen) Be1 Vgl. auch FÇrster, BFH/PR 2011, 386 (387). 2 AusfÅhrlich zur Gewhrung von Sicherheiten durch ein GrundstÅcksunternehmen Witt/Tiede, BB 2006, 696 mwN.

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D. Gewerbesteuerliche Aspekte der Organschaft

triebsaufspaltung gewerbliche EinkÅnfte erzielt.1 Zum anderen kann die erweiterte KÅrzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG entfallen, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters dient. Allerdings hat der IV. Senat des BFH im Urteil v. 30.10.2014 – IV R 9/11 klargestellt, dass die Nutzung durch eine Schwester-Kapitalgesellschaft wegen deren Abschirmwirkung gegenÅber der gemeinsamen Muttergesellschaft (Organtrgerin) nicht zur Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG fÅhrt. 3. Hinzurechnung gem. § 8b Abs. 5 KStG In seinem Urteil v. 17.12.2014 – I R 39/142 hat der BFH entschieden, dass die an eine Organgesellschaft gezahlte Schachteldividende einer auslndischen Tochtergesellschaft unter den Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG in vollem Umfang steuerfrei bleibt, dh. der dem gewerbesteuerlichen Organtrger zuzurechnende Gewerbeertrag nicht gem. § 8b Abs. 5 KStG um nicht abziehbare Betriebsausgaben iHv. 5 % (sog. Schachtelstrafe) zu erhÇhen ist.

6.92

Sachverhalt. In dem vom I. Senat des BFH entschiedenen Fall klagte eine Organtrger-Personengesellschaft, die mit ihrer 100 %igen TochterGmbH (Organgesellschaft) einen gewerbesteuerlichen Organkreis bildete. Die Organgesellschaft hielt ihrerseits 72,3 % der Anteile an einer italienischen Kapitalgesellschaft, die fÅr das Streitjahr 2006 Dividenden ausgeschÅttet hatte. In der Klage ging es darum, ob die Dividende auf Ebene der Organtrgerin in vollem Umfang oder nur zu 95 % gewerbesteuerfrei ist.

6.93

KÅrzung gem. § 9 Nr. 7 GewStG auf Ebene der Organgesellschaft (erste Stufe). Auch wenn die Organgesellschaft gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebssttte des Organtrgers gilt, hat sie ihren Gewerbeertrag nach der Rechtsprechung des BFH selbstndig zu ermitteln (Rz. 6.84). Auf dieser Grundlage besttigte der BFH die streng am Wortlaut und der Systematik des Gesetzes orientierte Auslegung des FG MÅnster. Der Gewerbeertrag der Organgesellschaft sei gem. § 7 Satz 1 GewStG auf Grundlage der Gewinnermittlungsvorschriften des EStG und des KStG zu ermitteln, vermehrt und vermindert um die in §§ 8 und 9 GewStG genannten Betrge. Hierzu gehÇrten auch die spezifischen Gewinnermittlungsvorschriften fÅr den kÇrperschaftsteuerlichen Organkreis, dh. auch die sog. Brutto-

6.94

1 BFH v. 22.1.2009 – IV R 80/06, GmbHR 2009, 893 = BFH/NV 2009, 1279; v. 24.1.2012 – I B 136/11, GmbHR 2012, 698 m. Anm. Herbst/Bohn = BFH/NV 2012, 1176. 2 BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BFH/NV 2015, 749 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser; vgl. auch FG MÅnster v. 14.5.2014 – 10 K 1007/13 G, EFG 2014, 1511 = GmbHR 2014, 1115 m. Anm. Demel/Sundheimer = ISR 2014, 276 m. Anm. BÇhmer; ablehnend Neumann, KÇlner Tage Organschaft v. 16.4.2015, 30 (37 ff.) mit dem abschließenden Hinweis auf eine etwaige Gesetzesnderung als Reaktion auf das BFH-Urteil.

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Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

methode gem. § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG, nach der § 8b Abs. 1 bis 6 KStG auf Ebene der Organgesellschaft keine Anwendung finde. Die von der italienischen Tochtergesellschaft erhaltene Dividende sei aber trotzdem aus dem Gewerbeertrag der Organgesellschaft zu kÅrzen, da die Voraussetzungen des ebenfalls anwendbaren § 9 Nr. 7 GewStG (gewerbesteuerliches Schachtelprivileg) vorgelegen htten. Die sich daraus ergebene KÅrzung erfasse trotz des Verweises in § 9 Nr. 7 Satz 3 GewStG auf § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG iVm. § 8b Abs. 5 KStG die gesamte Dividende, da § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG auch insoweit die Anwendbarkeit des § 8b Abs. 5 KStG ausschließe. Im Ergebnis seien also die von der Beteiligungsgesellschaft gezahlten Dividenden rechnerisch wie rechtlich in vollem Umfang nicht (mehr) Bestandteil des fÅr die Organgesellschaft ermittelten Gewerbeertrags.1

6.95 Keine Korrektur auf Ebene der Organtrgerin (zweite Stufe). Der Gewerbeertrag der Organgesellschaft ist dem Organtrger als SaldogrÇße zuzurechnen. Auch auf der Ebene des Organtrgers kommt es nach Auffassung des BFH nicht zu einer Anwendung der Schachtelstrafe gem. § 8b Abs. 5 KStG, so dass die Schachteldividende – anders als im Rahmen der KÇrperschaftsteuer – insgesamt gewerbesteuerfrei bleibt. – Keine Anwendbarkeit Åber § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG: Eine Anwendung des § 8b Abs. 5 KStG als Folge der Bruttomethode scheide bereits deshalb aus, weil die auslndische Schachteldividende wegen der technischen Ausgestaltung der Bruttomethode nicht mehr – wie von § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG gefordert – im Gewerbeertrag der Organgesellschaft „enthalten“ sei. Diese „HinzurechnungslÅcke“ kÇnne weder durch Auslegung noch durch Analogie geschlossen werden. Da der Gesetzgeber ein ausgefeiltes und wechselseitig aufeinander abgestimmtes Regelungsgeflecht geschaffen habe, kÇnne er sich nicht – ebenso wie umgekehrt der Steuerpflichtige – darauf berufen, etwas Åbersehen zu haben. – Keine Korrektur gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG: DarÅber hinaus sei auch eine spezifisch organschaftliche Korrektur gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG ausgeschlossen, da keine ungerechtfertigte Doppel- bzw. Nichterfassung vorliege, die durch die getrennte Ermittlung und Zusammenrechnung der Gewerbeertrge verursacht worden sei. Vielmehr beruhe die 100 %ige Freistellung der Dividende allein auf dem ausdrÅcklichen Regelungsbefehl des Gesetzgebers in § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG.

6.96 Anwendbarkeit auf inlndische Beteiligungen einer Organgesellschaft. In der Literatur wird – mE zutreffend – darauf hingewiesen, dass die Argumentation des BFH bzw. der Vorinstanz auch auf Dividenden Åbertragbar 1 Vgl. auch BFH v. 14.1.2009 – I R 47/08, BStBl. II 2011, 131 = GmbHR 2009, 556 zur vergleichbaren Problematik eines DBA-Schachtelprivilegs bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft sowie die gesetzliche Korrektur durch EinfÅgung des § 15 Satz 2 KStG.

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D. Gewerbesteuerliche Aspekte der Organschaft

sei, die eine Organgesellschaft von inlndischen Tochtergesellschaften beziehe und fÅr die eine KÅrzung nach § 9 Nr. 2a GewStG in Betracht komme.1 Beschrnkung der KÅrzungen nach § 9 Nr. 2a und 7 GewStG auf „Gewinne“. Einschrnkend ist zu berÅcksichtigen, dass sich die KÅrzungen nach § 9 Nr. 2a und 7 GewStG nur auf die „Gewinne aus Anteilen“ beziehen und die „im unmittelbaren Zusammenhang mit Gewinnanteilen stehende Aufwendungen“ den KÅrzungsbetrag mindern (§ 9 Nr. 2a Satz 3 und § 9 Nr. 7 Satz 2 GewStG). Dies betrifft insbesondere Finanzierungsaufwendungen der Organgesellschaft fÅr den Erwerb der Schachtelbeteiligung. – Keine entsprechenden Feststellungen des FG MÅnster: Das FG MÅnster stellte in der Vorinstanz weder positiv noch negativ fest, ob es solche Aufwendungen im Streitfall gab. Vielmehr knÅpft es allein an die Behandlung der Dividenden an. Dementsprechend hat auch der BFH keine AusfÅhrungen zu den Auswirkungen einer etwaigen Minderung des KÅrzungsbetrags durch unmittelbar mit den Gewinnanteilen in Zusammenhang stehende Aufwendungen gemacht. – Anwendung des § 8b Abs. 5 KStG auf eine Minderung des KÅrzungsbetrags: In der Literatur wird teilweise vertreten, dass auf Ebene des Organtrger auch dann eine Korrektur nach § 8b Abs. 5 KStG ausscheide, wenn der KÅrzungsbetrag gem. § 9 Nr. 2a Satz 3 GewStG und § 9 Nr. 7 Satz 2 GewStG gemindert worden sei.2 Legt man diese Auffassung zugrunde, kÇnnte sich der vermeintliche Vorteil durch das BFH-Urteil v. 14.12.2014 schnell in sein Gegenteil verkehren, da auch § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG suspendiert wre und sich damit die unmittelbar mit den Dividenden in Zusammenhang stehenden Aufwendungen insgesamt nicht mehr gewerbesteuermindernd auswirken kÇnnten.3 ME fÅhrt eine konsequente Anwendung der Argumentation des BFH aber dazu, dass die Schachteldividende in HÇhe des Minderungsbetrags gem. § 9 Nr. 2a Satz 3 bzw. § 9 Nr. 7 Satz 2 GewStG in dem Gewerbeertrag der Organgesellschaft enthalten wre und insoweit auf Ebene des Organtrgers Korrekturen vorgenommen werden kÇnnten, dh. die Schachtelstrafe des § 8b Abs. 5 KStG – begrenzt auf den Minderungsbetrag gem. § 9 Nr. 2a Satz 3 bzw. § 9 Nr. 7 Satz 2 GewStG – Anwendung fnde.4 Gleichzeitig wren die Aufwendungen, welche die Minderung der KÅr-

1 Hielscher, BB 2014, 1832; Pyszka/Nienhaus, DStR 2014, 1585 (1586); vgl. auch Gosch in BlÅmich, § 9 GewStG Rz. 187a; Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 94. 2 Hielscher, BB 2014, 1832. 3 Pyszka/Nienhaus, DStR 2014, 1585 (1586 f.) empfehlen deshalb, Schachtelbeteiligungen kÅnftig Åber eine Organgesellschaft zu halten, das zum Erwerb dieser Beteiligung erforderliche Fremdkapital aber vom Organtrger aufnehmen zu lassen und der Organgesellschaft als Eigenkapital zur VerfÅgung zu stellen. 4 GlA Kollruss/Weißert/Bauer, Ubg 2015, 137.

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6.97

Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

zung verursacht hatten, wegen § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG abzugsfhig, so dass fÅr den Steuerpflichtigen insgesamt ein Vorteil bliebe.

6.98 Keine Auswirkung auf Verußerungsgewinne. Auswirkungen des BFH-Urteils v. 17.12.2014 auf die Besteuerung von Verußerungsgewinnen (§ 8b Abs. 2 und 3 KStG) sind mE ausgeschlossen.1 Zwar gilt auch insoweit die Bruttomethode gem. § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG. Es fehlt aber ein alternativer gewerbesteuerlicher KÅrzungstatbestand.

II. Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG 6.99 Regelungsgehalt und Zweck der Vorschrift. § 35 EStG regelt fÅr Einzelunternehmern, aber auch fÅr (ein-, doppel- oder mehrstÇckige) Mitunternehmerschaften, soweit an ihnen letztlich natÅrliche Personen beteiligt sind, eine pauschalierte Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Hintergrund fÅr die EinfÅhrung dieser Gewerbesteueranrechnung war die Senkung des KÇrperschaftsteuersatzes fÅr Kapitalgesellschaften durch das Steuersenkungsgesetz v. 23.10.20002 auf 25 %. Mit der pauschalierten Gewerbesteueranrechnung sollte fÅr Personengesellschaften und Einzelunternehmen eine „gleichwertige Entlastung“ geschaffen werden, um den „Weg fÅr eine rechtsformneutrale Besteuerung zu ebnen“.3 Verfahrensrechtlich sieht § 35 EStG fÅr Mitunternehmerschaften eine gesonderte und einheitliche Feststellung vor.

6.100 In drei Urteilen v. 22.9.2011 – IV R 8/09, IV R 42/09 und IV R 3/104 ging der IV. Senat des BFH der Frage nach, ob bzw. inwieweit die Regelungen des § 35 EStG auf Organschaftstrukturen anwendbar sind, bei denen Organtrgerin eine Personengesellschaft ist (vgl. hierzu auch Rz. 16.69 ff.). Diesen Entscheidungen lag – stark vereinfacht – ein Sachverhalt zugrunde, bei dem eine KG 2 (Organtrgerin) an einer GmbH (Organgesellschaft) beteiligt war, die ihrerseits Kommanditistin einer KG 1 war.

6.101 Keine Durchleitung der Anrechnung bei einer Organschaft. Das Urteil v. 22.9.2011 – IV R 3/10 befasst sich mit der materiellen Frage, ob der fÅr die KG 1 festgestellt Gewerbesteuer-Messbetrag auf Ebene der KG 2 zu berÅcksichtigen ist und damit bei deren Gesellschaftern, soweit es sich um natÅrliche Personen handelt („Schlussgesellschafter“), zu einer Gewerbesteueranrechnung fÅhren kann. Der BFH lehnte dies ab.5 Seit diesem 1 GlA Hielscher, BB 2014, 1832. 2 BGBl. I 2000, 1433. 3 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/3074, 4 iVm. BTDrucks. 14/2683, 97. 4 BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BStBl. II 2012, 183 = FR 2012, 372; v. 22.9.2011 – IV R 42/09, BFH/NV 2012, 236; v. 22.9.2011 – IV R 3/10, BStBl. 2012, 14 = FR 2012, 371. 5 Zur Kritik vgl. Wacker, JbFfStR 2012/2013, 481 (491 ff.); U. Prinz/HÅtig, StuB 2012, 20 (22 f.).

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D. Gewerbesteuerliche Aspekte der Organschaft

Urteil wird in der Praxis mÇglichst vermieden, die Organgesellschaften einer Organtrger-Personengesellschaft (mit natÅrlichen Personen als Mitunternehmern) an nachgeordneten Personengesellschaften zu beteiligen. Zur BegrÅndung seiner Auffassung fÅhrt der IV. Senat folgende Gesichtspunkte an: – Der Wortlaut des § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG 2002 (heute § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG) sehe nur die Einbeziehung von anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrgen vor, die aus der (unmittelbaren) Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammten. Selbst wenn man eine mittelbare Beteiligung ausreichen ließe, sei nur eine mittelbare Beteiligung Åber ein oder mehrere Personengesellschaften, nicht aber Åber eine Kapitalgesellschaft als „mitunternehmerisch“ i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG 2002 zu qualifizieren. – Weder verfassungskonforme Auslegung noch analoge Anwendung: Obwohl es bei einer Durchleitung von Anrechnungsvolumen auf eine Organtrger-Personengesellschaft grundstzlich nicht zu einer (unerwÅnschten) DoppelbegÅnstigung durch eine Gewerbesteueranrechnung gem. § 35 EStG und dem 25%igen KÇrperschaftsteuersatz kommen kÇnne, sei weder eine verfassungskonforme Auslegung geboten noch komme eine analoge Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 4 EStG 2002 in Betracht. Insofern verweist der BFH insbesondere auf die Abschirmung der VermÇgenssphre einer Kapitalgesellschaft gegenÅber ihren Anteilseignern und auf das Fehlen einer planwidrigen GesetzeslÅcke. Verfahrensrechtliche Auswirkungen. Die mit der (im Ergebnis abgelehnten) Durchleitung von Anrechnungsvolumen verbundenen verfahrensrechtlichen Fragen auf Ebene der nachgeordneten Personengesellschaften waren Gegenstand des Urteils v. 22.9.2011 – IV R 8/09. – Umfang der Feststellung: Der BFH stellt klar, dass sowohl die Qualifizierung eines Mitunternehmers als Kapitalgesellschaft als auch die Frage, ob bzw. inwieweit der einem Mitunternehmer in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft zuzurechnende Anteil an dem GewerbesteuerMessbetrag an eine Organtrger-Personengesellschaft durchgeleitet werden kann, keine Folgen fÅr die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 35 EStG haben. Das Feststellungsfinanzamt (im Streitfall der KG 1) mÅsse fÅr smtliche Mitunternehmer einen Anteil am Gewerbesteuer-Messbetrag feststellen, dh. auch fÅr Mitunternehmer in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft. Ob diese Feststellung dann tatschlich zu einer Anrechnung von Gewerbesteuer fÅhre, sei auf Ebene der Kapitalgesellschaft bzw. der Organtrgerin zu entscheiden. Der Feststellungsbescheid entfalte insoweit keine Bindungswirkung. – Verbindung von Feststellungsbescheiden: DarÅber hinaus entschied der BFH, dass keine Bedenken gegen eine Verbindung der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 35 EStG mit einer gesonderten und einheitlichen Feststellung gem. §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO in einem Sammelbescheid bestÅnden.

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6.102

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Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

6.103 Keine sachliche Unbilligkeit (§ 163 AO). In dem Urteil v. 22.9.2011 – IV R 42/09 verweist der BFH fÅr die materiell- und verfahrensrechtlichen Fragen zunchst auf die beiden zuvor behandelten Urteile IV R 3/10 und IV R 8/09. Zustzlich fÅhrt er aus, dass die NichtberÅcksichtigung der Gewerbesteuer-Messbetrge einer nachgeordneten Personengesellschaft bei der gesonderten und einheitliche Feststellung nach § 35 EStG auf Ebene der Organtrger-Personengesellschaft auch nicht sachlich unbillig i.S.d. § 163 AO sei.

E. Verfahrensrechtliche Aspekte der Rechtsprechung I. „Dritter“ i.S.d. § 174 Abs. 5 AO 1. Umsatzsteuerliche Organschaft

6.104 In den Urteilen v. 19.12.2013 – V R 5/12 und V R 6/121 nahm der BFH zu der verfahrensrechtlichen Problematik Stellung, ob die Gesellschaften eines umsatzsteuerlichen Organkreises „Dritte“ i.S.d. § 174 Abs. 5 AO sind. – Gemeinsamer Sachverhalt: Beiden Urteilen lag eine Konstellation zugrunde, bei der eine Organgesellschaft in vororganschaftlicher Zeit einen Vorsteuererstattungsanspruch geltend gemacht hatte, der dann von der Organtrgerin in organschaftlicher Zeit korrigiert wurde, nachdem die Organgesellschaft und ihre Vertragspartnerin erklrt hatten, nicht mehr auf die Steuerbefreiung des zugrunde liegenden Geschfts (Verußerung einer Hotelimmobilie) gem. § 9 UStG verzichten zu wollen. Die zunchst erlassenen Bescheide betrafen den Veranlagungszeitraum, in dem die entsprechenden Erklrungen abgegeben worden waren. Sie wurden anschließend wieder aufgehoben, da die Korrektur des Vorsteuererstattungsanspruchs nach der Rechtsprechung des BFH im Jahr des Umsatzes vorzunehmen ist. Gleichzeitig erließ das Finanzamt auf Grundlage von § 174 Abs. 4 AO neue nderungsbescheide fÅr die entsprechenden – in vororganschaftlicher Zeit liegenden – Veranlagungszeitrume des Umsatzes. Diese Bescheide waren Gegenstand der Klageund Revisionsverfahren. – Unterschiede: Der Unterschied zwischen den Verfahren besteht darin, dass in dem Revisionsverfahren V R 6/12 die Organgesellschaft schon vor Erlass der neuen nderungsbescheide auf die Organtrgerin verschmolzen worden war, whrend dies in dem Revisionsverfahren V R 5/12 erst nachtrglich geschah.

6.105 nderungsbefugnis gem. § 174 Abs. 4 iVm. Abs. 5 AO. Wird ein Steuerbescheid im Anschluss an einen Rechtsbehelf oder einen Antrag des Steu1 BFH v. 19.12.2013 – V R 5/12, BFH/NV 2014, 1122; v. 19.12.2013 – V R 6/12, BFH/NV 2014, 1126.

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E. Verfahrensrechtliche Aspekte der Rechtsprechung

erpflichtigen aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts aufgehoben oder gendert, kann das Finanzamt gem. § 174 Abs. 4 AO trotz einer etwaigen Festsetzungsverjhrung die richtigen steuerlichen Folgerungen ziehen.1 Betrifft eine solche Folgenderung „Dritte“, ist sie nach § 174 Abs. 5 Satz 1 AO aber nur dann zulssig, wenn der Dritte an dem ursprÅnglichen Verfahren, das zur Aufhebung oder nderung des fehlerhaften Bescheids gefÅhrt hatte, beteiligt war, dh. wenn er entweder gem. § 360 AO hinzugezogen bzw. nach § 60 FGO beigeladen war oder wenn er durch eigene verfahrensrechtliche Initiative auf die Korrektur des fehlerhaften Bescheids hingewirkt hatte. „Dritter“ i.S.d. Vorschrift ist nach stndiger Rechtsprechung des BFH jeder, der im zu ndernden fehlerhaften Bescheid nicht als Steuerschuldner angegeben wird. Maßgeblich ist allein die formale Stellung im Verfahren. Umsatzsteuerliche Organgesellschaften als „Dritte“ i.S.d. § 174 Abs. 5 AO. Der V. Senat des BFH besttigt in seinen Urteilen v. 19.12.2013, dass Organgesellschaften eines umsatzsteuerlichen Organkreises im Fall der nderung eines an den Organtrger als Steuerschuldner gerichteten Steuerbescheids grundstzlich Dritte i.S.d. § 174 Abs. 5 AO sind. Zwar fÅhre die umsatzsteuerliche Organschaft auf Grundlage der EuGH-Rechtsprechung zu einer Verschmelzung zu einem einzigen Steuerpflichtigen. Diese Wirkung erstrecke sich aber nicht auf die verfahrensrechtlichen Regelungen. Wegen der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten dÅrfe das Unionsrecht nicht im Wege einer unionsrechtskonformen Auslegung in das nationale Verfahrensrecht transformiert werden. Auch der XI. Senat des BFH geht in seinem Beschluss v. 25.3.2014 – XI B 127/132 davon aus, dass umsatzsteuerliche Organgesellschaften bei einer Korrektur von Steuerbescheiden des Organtrgers „Dritte“ i.S.d. § 174 Abs. 5 sind.

6.106

Auswirkungen einer Verschmelzung der Organgesellschaft auf den Organtrger. Aus dem BFH-Urteil v. 19.12.2013 – V R 6/12 folgt, dass die Stellung als Dritter i.S.d. § 174 Abs. 5 AO entfllt, wenn die Organgesellschaft noch vor dem Zeitpunkt des Eintritts einer nderungsmÇglichkeit nach § 174 Abs. 4 AO auf den Organtrger verschmolzen wird und dadurch Personenidentitt zwischen dem ursprÅnglichen Steuerschuldner und dem Adressaten der nderungsbescheide nach § 174 Abs. 4 AO eintritt (Gesamtrechtsnachfolge gem. § 45 Abs. 1 AO). Im Ergebnis kÇnnen also Vorgnge, die zu einer Gesamtrechtsnachfolge fÅhren, den Dritten i.S.d. § 174 Abs. 5 AO eliminieren und damit die nderungsmÇglichkeiten der FinanzbehÇrden erweitern.

6.107

1 Ausnahme nach § 174 Abs. 4 Satz 4 AO, wenn die Festsetzungsfrist fÅr das „richtige“ nderungsjahr bereits bei Erlass des fehlerhaften Bescheids abgelaufen war; in diesem Fall ist zustzlich § 174 Abs. 3 Satz 1 AO zu beachten. 2 BFH v. 25.3.2014 – XI B 127/13, BFH/NV 2014, 1012.

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Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

2. KÇrperschaftsteuerliche Organschaft

6.108 Sofern um die Anerkennung einer kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft gestritten wird, sind die Gesellschaften des kÇrperschaftsteuerlichen Organkreises erst recht Dritte i.S.d. § 174 Abs. 5 AO. Davon geht auch der BFH in seinem Urteil v. 5.11.2009 – IV R 40/071 aus. Denn anders als bei der umsatzsteuerlichen Organschaft, die zu einem einheitlichen Unternehmen fÅhrt, folgt aus der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft lediglich die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zum Organtrger.

6.109 nderung durch die „Kleine Organschaftsreform“. Allerdings ist zu berÅcksichtigen, dass sich die verfahrensrechtliche Behandlung der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft durch die EinfÅhrung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung in § 14 Abs. 5 KStG, die erstmals fÅr nach dem 31.12.2013 beginnende Feststellungszeitrume gilt, vollstndig gendert hat (s. dazu ausfÅhrlich Rz. 4.21 ff.). Zu den konkreten Auswirkungen und der Reichweite dieser Neuregelung liegen bisher noch keine Entscheidungen der Gerichte vor.

II. Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben 6.110 Die oben zitierten Urteile v. 19.12.2013 – V R 5/12 und v. 5.11.2009 – IV R 40/07 (s. Rz. 6.104 und Rz. 6.108) enthalten darÅber hinaus AusfÅhrungen, inwieweit die an einem Organkreis beteiligten Gesellschaften in ihren HandlungsmÇglichkeiten durch den Grundsatz von Treu und Glauben eingeschrnkt sein kÇnnen. Nach Auffassung des BFH gilt der Grundsatz von Treu und Glauben zwar auch im Verhltnis zwischen Steuerpflichtigen und FinanzbehÇrden, habe allerdings lediglich rechtsbegrenzende Wirkung innerhalb bestehender Schuldverhltnisse und setze eine Identitt der Rechtssubjekte voraus. Eine solche Identitt fehle bei einer Organgesellschaft und ihrem Organtrger. Außerdem habe das Institut von Treu und Glauben grundstzlich nicht die Funktion, verfahrensmßige Fehler des Finanzamts aufzufangen. Zu solchen Fehlern gehÇre es auch, die verfahrensmßige Beteiligung eines Dritten i.S.d. § 174 Abs. 5 AO versumt zu haben, und zwar selbst dann, wenn verschiedene Finanzmter betroffen seien. Insofern dÅrfte es aus Sicht der Finanzverwaltung sinnvoll sein, im Rahmen einer Organschaft kÅnftig vermehrt die MÇglichkeiten des § 174 Abs. 5 Satz 2 AO in Anspruch zu nehmen.2

6.111 In dem Urteil v. 26.8.2014 – VII R 16/133 verneinte der VII. Senat des BFH unter Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben den Ausweis eines umsatzsteuerlichen Erstattungsanspruchs in einem an die ehemalige Organtrgerin (Klgerin) gerichteten Abrechnungsbescheid, da das Fi1 BFH v. 5.11.2009 – IV R 40/07, BStBl. II 2010, 720. 2 Vgl. auch Herbert, MwStR 2014, 472. 3 BFH v. 26.8.2014 – VII R 16/13, BFH/NV 2015, 8.

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F. Verfassungsrechtliche Aspekte der Rechtsprechung

nanzamt den entsprechenden Betrag bereits aufgrund eines (gegebenenfalls nur vermeintlichen) Anfechtungsrechts i.S.d. §§ 129 ff. InsO an den Insolvenzverwalter der ehemaligen Organgesellschaft ausgezahlt hatte. Tragender Gesichtspunkt war die Erwgung, dass die Klgerin die Steuererstattung ohne die insolvenzrechtliche Anfechtung an ihre Organgesellschaft htte weiterleiten mÅssen. Da genau dieses Ergebnis auch durch die Anfechtung des Insolvenzverwalters der Organgesellschaft und eine entsprechende Zahlung des Finanzamts eingetreten war, blieb der Organtrgerin die Geltendmachung eines etwaigen Steuererstattungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, ohne dass der BFH abschließend Åber das Zusammenspiel von steuer- und insolvenzrechtlichen AnsprÅchen im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft entscheiden musste. Letztlich ging es hier also nicht um die Korrektur eines verfahrensmßigen Fehlers des Finanzamts bzw. die fehlende Identitt von Organtrger und Organgesellschaft, sondern allein um die Einschrnkung der Geltendmachung eines Anspruchs im Verhltnis zwischen Organtrger und Finanzamt.

F. Verfassungsrechtliche Aspekte der Rechtsprechung I. bergangsregelungen Betrachtet man die verfassungsrechtlichen Aspekte der Rechtsprechung zur Organschaft, sind zunchst die VorlagebeschlÅsse des BFH an das BVerfG v. 6.6.2013 und v. 27.11.20131 zu untersuchen. Beide BeschlÅsse sind in weiten Teilen identisch und betreffen die bergangsregelung zur EinfÅhrung des § 14 Abs. 3 KStG (vororganschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen) in § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG aF. Nach dieser Vorschrift soll der durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz v. 9.12.20042 eingefÅhrte § 14 Abs. 3 KStG bereits fÅr alle MehrabfÅhrungen von Organgesellschaften anwendbar sein, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2003 endete.

6.112

Reichweite des Vertrauensschutzes im Fall einer sog. unechten RÅckwirkung. Nach Auffassung des BFH widerspricht die rÅckwirkende Anwendung des § 14 Abs. 3 KStG auf das Streitjahr 2004 dem Gebot rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG). Dabei stÅtzt sich der BFH auf die Rechtsprechung des BVerfG zur sog. unechten RÅckwirkung bei bereits ins Werk gesetzten Sachverhalten (sog. „tatbestandliche RÅckanknÅpfung“). Die Rechtfertigung von belastenden nderungen einer Steuernorm mit Wirkung fÅr den laufenden Veranlagungszeitraum unterliege danach gesteigerten Anforderungen. Solche nderungen kÇnnten

6.113

1 BFH v. 6.6.2013 – I R 38/11, BStBl. II 2014, 398 = FR 2013, 1140 – Az. BVerfG: 2 BvL 7/13; v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 – Az. BVerfG 2 BvL 18/14. 2 BGBl. I 2004, 3310.

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Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

nur aufgrund eines besonderen Çffentlichen Interesses unter Wahrung der Verhltnismßigkeit gerechtfertigt sein.1

6.114 Gewhrleistungsfunktion der Rechtsordnung. Die fÅr die Vertrauensschutzerwgungen maßgebende Disposition des Steuerpflichtigen sah der BFH nicht erst in der tatschlichen MehrabfÅhrung zum Ende des Wirtschaftsjahrs, sondern bereits in der Verpflichtung zur GewinnabfÅhrung aufgrund des Abschlusses eines GewinnabfÅhrungsvertrags. Allerdings kÇnne dies nicht dazu fÅhren, dass der Gesetzgeber whrend der Laufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags keine Gesetzesnderungen vornehmen dÅrfe. In den Streitfllen folge das berechtigte Vertrauen deshalb vorrangig aus der Gewhrleistungsfunktion der Rechtsordnung. Der hierfÅr erforderliche erkenn- und belegbare gesteigerte Grad der Abgeschlossenheit des Geschftsvorgangs sei gegeben, da die fÅr § 14 Abs. 3 KStG maßgeblichen Sachverhalte in den Streitjahren definitiv gewesen seien. Insbesondere sei eine KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags aus wichtigem Grund zwar mÇglich, aber wegen der damaligen unklaren Rechtslage unzumutbar gewesen. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass der BFH im Beschluss v. 27.11.2013 den Vertrauensschutz nicht nur auf das Veranlagungsjahr der Gesetzesnderung beschrnkt, sondern auch auf die innerhalb der Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags liegenden Folgejahre 2005 und 2006 ausdehnt.

6.115 Dagegen zweifeln kritische Stimmen in der Literatur an der Entstehung eines schÅtzenswerten Vertrauens, wenn der GewinnabfÅhrungsvertrag zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden ist, zu dem das maßgebliche BFH-Urteil v. 18.12.2002 – I R 51/012 noch nicht verÇffentlicht war und die Finanzverwaltung in der Praxis entsprechend dem spter eingefÅhrten § 14 Abs. 3 KStG vorging.3 ME mÅssen insoweit aber die neueren Erwgungen des BVerfG im Beschluss v. 17.12.2013 – 1 BvL 5/09 berÅcksichtigt werden, auch wenn sie den Fall einer echten RÅckwirkung betrafen.4 Danach ist bei auslegungsbedÅrftigen Gesetzen das Vertrauen des SteuerbÅrgers in das durch die Judikative gefundene Auslegungsergebnis geschÅtzt.

6.116 Keinen Einfluss auf den Vertrauensschutz hatte der Umstand, dass die Finanzverwaltung das BFH-Urteil v. 18.12.2002 – I R 51/015 zunchst nicht im Bundessteuerblatt verÇffentlicht hatte. Der BFH fÅhrte hierzu unmissverstndlich aus, dass es der Balance im System der Gewaltenteilung widerspreche, wenn es die Finanzverwaltung durch ihr Verhalten in der Hand htte, ein Vertrauen des BÅrgers nicht entstehen zu lassen. Die besondere Bedeutung dieser Aussage wird durch Gosch hervorgehoben, in1 BVerfG v. 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, BStBl. II 2012, 932. 2 BFH v. 18.12.2002 – I R 51/01, BStBl. II 2005, 49 = FR 2003, 457 m. Anm. Then = GmbHR 2003, 363. 3 Doege/Middendorf, StuB 2014, 682 (687). 4 BVerfG v. 17.12.2013 – 1 BvL 5/09, FR 2014, 326 m. Anm. Birk; vgl. auch Nacke, NWB 2014, 2699 (2704). 5 BFH v. 18.12.2002 – I R 51/01, BStBl. II 2005, 49 = FR 2003, 457 m. Anm. Then.

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F. Verfassungsrechtliche Aspekte der Rechtsprechung

dem er in einer Urteilsanmerkung anregt, die einschlgigen Verkehrskreise sollten sich diese Aussage „hinter die Ohren schreiben“1. Eine verfassungskonforme Auslegung gegen den ausdrÅcklichen Wortlaut und den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers lehnte der BFH in seinen BeschlÅssen v. 6.6.2013 und v. 27.11.2013 ab. Anders als in den BeschlÅssen v. 15.2.2012 – I B 7/11 und v. 27.3.2012 – I R 62/08,2 in denen es um die bergangsregelungen im Zusammenhang mit der Abschaffung der MehrmÅtterorganschaft ging, sah der BFH auch keine Anhaltspunkte fÅr eine verdeckte RegelungslÅcke, die durch eine ergnzende Rechtsfortbildung htte geschlossen werden kÇnnen.

6.117

bergangsregelung zu § 14 Abs. 4 KStG. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass Gosch3 auch zur bergangsregelung in § 34 Abs. 9 Nr. 5 KStG aF, der die Anwendung des durch das Jahressteuergesetz 2008 v. 20.12.20074 eingefÅhrten § 14 Abs. 4 KStG (organschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen) fÅr Veranlagungszeitrume vor 2008 vorsieht, verfassungsrechtliche Zweifel ußert. Sofern eine entsprechende Fallkonstellation beim BFH anhngig wird, kann es deshalb auch fÅr diese Vorschrift zu einer Vorlage an das BVerfG kommen. § 34 Abs. 9 Nr. 5 KStG aF ist ebenso wie die zuvor behandelte bergangsregelung in Nr. 4 durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur nderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 25.7.20145 ersatzlos gestrichen worden, ohne dass sich nach der GesetzesbegrÅndung der Bundesregierung daraus eine inhaltliche nderung ergeben soll.6

6.118

II. Gleichbehandlungsgrundsatz Die Berufung auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG war bisher nicht erfolgreich. – Nachteile fÅr Organschaften gegenÅber Konzernen ohne Organschaften: Dies betrifft zum einen etwaige steuerliche Nachteile von Organschaften gegenÅber der Besteuerung von Konzernen ohne BegrÅndung einer Organschaft. Insofern verweist der BFH auf die MÇglichkeit, eine ertragsteuerliche Organschaft zu verhindern, indem ein GewinnabfÅhrungsvertrag nicht abgeschlossen bzw. aufgehoben wird. Außerdem

1 Gosch, BFH/PR 2013, 408 (410). 2 BFH v. 15.2.2002 – I B 7/11, BStBl. II 2012, 751 = FR 2012, 521; ebenso BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 745 = FR 2012, 727. 3 Gosch, BFH/PR 2013, 53. 4 BGBl. I 2007, 3150. 5 BGBl. I 2014, 1266. 6 BT-Drucks. 18/1529, 69.

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6.119

Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

seien die steuerlichen Vorteile einer Organschaft als Rechtsfertigung fÅr eine sachliche Ungleichbehandlung zu berÅcksichtigen.1 – Unterschiedliche Behandlung von Kapital- und Personengesellschaften: Zum anderen gilt dies auch fÅr eine unterschiedliche Behandlung von Kapital- und Personengesellschaften im Rahmen der Organschaftsbesteuerung. Insofern verweist der BFH auf die Abschirmwirkung einer Kapitalgesellschaft als rechtfertigendes Differenzierungskriterium.2

G. Unions- und DBA-rechtliche Aspekte der Rechtsprechung I. Vereinbarkeit mit Unionsrecht 1. GewinnabfÅhrungsvertrag

6.120 Keine abschließende Entscheidung des BFH. Ob die Voraussetzung eines GewinnabfÅhrungsvertrags gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG und die damit verbundene AnknÅpfung der Organschaft an eine besondere Vertragsform des inlndischen Gesellschaftsrechts mit der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV vereinbar ist bzw. inwieweit diese Voraussetzung bei einem grenzÅberschreitenden Sachverhalt unionsrechtskonform angepasst werden muss, wurde und wird ausfÅhrlich diskutiert. Eine hÇchstrichterliche Entscheidung steht hierzu weiterhin aus. Auch die Revisionen zu den FG-Urteilen v. 17.3.2010 und v. 11.2.2010 fÅhrten insofern zu keiner Klrung.3 Allerdings hat der BFH in seinem Urteil v. 13.10.2010 – I R 79/094 Zweifel geußert, ob durch die AnknÅpfung an den GewinnabfÅhrungsvertrag ein Verstoß gegen Unionsrecht vorliegen kÇnne. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Beteiligten keinen Willen be-

1 BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13, GmbHR 2014, 823 m. Anm. Suchanek = BFH/NV 2014, 1775 zu vororganschaftlichen MehrabfÅhrungen; nach BFH v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227 = GmbHR 2015, 149 ist Art. 3 Abs. 1 GG durch die Versagung der erweiterten KÅrzung fÅr GrundstÅcksunternehmen (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) innerhalb eines gewerbesteuerlichen Organkreises bereits deshalb nicht verletzt, weil im Vergleich zu nicht organschaftlich verbundenen Gesellschaften unterschiedliche Sachverhalte vorliegen (s. Rz. 6.89). 2 BFH v. 22.9.2011 – IV R 3/10, BStBl. 2012, 14 = FR 2012, 371 zu § 35 EStG. 3 FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, EFG 2010, 1632 – Rev. I R 34/10, nach RÅcknahme eingestellt; FG Nds. v. 11.2.2010 – 6 K 406/08, EFG 2010, 815 – Rev. I R 16/10 = GmbHR 2011, 277 = FR 2011, 489 durch Beschluss BFH v. 9.11.2010, BFH/NV 2011, 524 gem. § 126a FGO aus anderen GrÅnden als unbegrÅndet abgewiesen. 4 BFH v. 13.10.2010 – I R 79/09, BStBl. II 2014, 943; vgl. auch Gosch, IWB 2012, 694 (696 f.).

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G. Unions- und DBA-rechtliche Aspekte der Rechtsprechung

kundet sowie keine BemÅhungen unternommen haben, eine Organschaft zu begrÅnden und sie faktisch zu leben.1 Rechtsprechung des EuGH zu auslndischen Gruppenbesteuerungsmodellen. Der EuGH hatte bisher noch keine Gelegenheit, sich zur Vereinbarkeit der Voraussetzung eines GewinnabfÅhrungsvertrags mit dem Unionsrecht zu ußern. Allerdings hat er mehrfach zu auslndischen Gruppenbesteuerungsmodellen Stellung genommen. Insofern stellt sich die Frage, ob bzw. welche Schlussfolgerungen aus diesen Urteilen fÅr die deutschen Organschaftsregelungen zu ziehen sind (vgl. hierzu ausfÅhrlich Rz. 5.28 ff. und Rz. 25.4 ff.). Aktuell wird dies insbesondere fÅr die EuGHUrteile v. 12.6.2014 – C-39-41/13 – SCA Group Holding2 und v. 3.2.2015 – C-172/133 diskutiert, die zur niederlndischen bzw. britischen Gruppenbesteuerung ergangen sind.

6.121

2. Verzicht auf die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen In dem BFH-Urteil v. 17.9.2014 – I R 30/134 ging es primr um die Frage, ob ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV iVm. Art. 54 AEUV vorliegt, weil der Verzicht auf die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen gem. § 8 Nr. 1 GewStG aF durch Abschn. 41 Abs. 1 Satz 5 und 6 GewStR 1998 (nunmehr R 7.1 Abs. 5 Satz 3 und 4 GewStR 2009) auf den (inlndischen) gewerbesteuerlichen Organkreis beschrnkt ist. Der BFH verneinte dies. Die Entscheidung ist im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des BFH im Scheuten-Solar-Verfahren5 zu sehen, auch wenn sie die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen in den Erhebungszeitrumen 1999 bis 2001 und damit die alte Rechtslage betrifft, die fÅr die gewerbesteuerliche Organschaft noch keinen GewinnabfÅhrungsvertrag forderte. Im Scheuten-Solar-Verfahren war das Streitjahr dagegen 2004, dh. ein Jahr, in dem die Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen

1 Vgl. auch BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08 (Schlussurteil in Sachen Scheuten Solar Technology), BStBl. II 2012, 507 = GmbHR 2012, 1451 = FR 2012, 536. 2 EuGH v. 12.6.2014 – C-39/13, C-40/13, C-41/13 – SCA Group Holding, DStR 2014, 1333, wobei fÅr das deutsche Organschaftsrecht insbesondere die Konstellation in C-40/13 interessant ist, da es hier um eine Gruppenbesteuerung von zwei Schwestergesellschaften geht, die eine auslndische Muttergesellschaft haben; zu weiteren Einzelheiten vgl. v. Brocke/MÅller, DStR 2014, 2106; MÇhlenbrock, DB 2014, 1582; Schnitger, IStR 2014, 587; Sydow, IStR 2014, 480; Walter, DB 2014, 2016, jeweils mwN. 3 EuGH v. 3.2.2015 – C-172/13 – Kommission/Vereinigtes KÇnigreich, IStR 2015, 137 m. Anm. Benecke/Staats = BB 2015, 614 m. Anm. MÇller. 4 BFH v. 17.9.2014 – I R 30/13, BFH/NV 2015, 270 = GmbHR 2015, 215 m. Anm. Patzner/Nagler; vgl. auch Gosch, BFH/PR 2015, 91; MÅller, ISR 2015, 63. 5 BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08, BStBl. II 2012, 507 = GmbHR 2012, 1451 = FR 2012, 536; zuvor EuGH v. 21.7.2011 – C-397/09 – Scheuten Solar Technology, BFH/NV 2011, 1643, wobei die Vorlagefragen aber auf einen etwaigen Verstoß gegen die Zins- und Lizenzrichtlinie beschrnkt waren.

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6.122

Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

Organschaft bereits an die Voraussetzungen der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft angeglichen waren.

6.123 Sachverhalt. Die Klgerin war eine im Inland ansssige Muttergesellschaft, die an ihre belgische Tochtergesellschaft in den Streitjahren 1999 bis 2001 Dauerschuldzinsen gezahlt hatte. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Klgerin rechnete die Finanzverwaltung gem. § 8 Nr. 1 GewStG aF 50 % der Dauerschuldzinsen hinzu. Da mit der belgischen Tochtergesellschaft keine gewerbesteuerliche Organschaft bestehe, kÇnne darauf nicht gem. Abschn. 41 Abs. 1 Satz 5 und 6 GewStR 1998 verzichtet werden.1

6.124 Kein Verstoß gegen die Zins- und Lizenzrichtlinie. Der BFH fÅhrte zunchst aus, dass die gewerbesteuerliche Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen bei der inlndischen Muttergesellschaft nicht gegen die Zins- und Lizenzrichtlinie verstÇßt. Dies ist seit dem EuGH-Urteil v. 21.7.2011 – C-397/09 – Scheuten Solar Technology geklrt.2 In diesem Urteil hat der EuGH entschieden, dass Art. 1 Abs. 1 der Zins- und Lizenzrichtlinie nur auf die Besteuerung des Zinsglubigers gerichtet ist.

6.125 Kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit. Die Kernaussage der BFHEntscheidung v. 17.9.2014 liegt darin, dass kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vorliegt, obwohl die Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 GewStG bei Zinszahlung innerhalb eines inlndischen gewerbesteuerlichen Organkreises unterblieben wre. HierfÅr stellt der I. Senat auf folgende Gesichtspunkte ab: – Keine Ungleichbehandlung von In- und Auslandssachverhalten: Zunchst fehlt nach Auffassung des BFH bereits eine Ungleichbehandlung von In- und Auslandssachverhalten.3 Denn sowohl bei inlndischen als auch bei auslndischen Tochtergesellschaften sei eine gewerbesteuerliche Organschaft (nur) mÇglich, soweit eine inlndische Betriebssttte bestehe. Die Beschrnkung auf das Inland sei bei der Gewerbesteuer „strukturell“ bedingt. – Kein Verzicht auf die Hinzurechnung trotz Annahme einer grenzÅberschreitenden gewerbesteuerlichen Organschaft: Sollte der strikte inlndische Betriebsstttenbezug unionsrechtlich problematisch sein,4 kme es gleichwohl nicht zu einem Verzicht auf die Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen. Denn bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der auslndischen Tochtergesellschaft wren die auf die auslndischen Betriebssttten entfallenen Ertrge nach den Grundstzen der gebroche1 Auch insofern zeigt sich ein Unterschied zum Scheuten-Solar-Verfahren. Dort ging es nmlich umgekehrt um Zinszahlungen einer deutschen Tochtergesellschaft an ihre niederlndische Muttergesellschaft. 2 EuGH v. 21.7.2011 – C-397/09 – Scheuten Solar Technology, BFH/NV 2011, 1643. 3 Kritisch MÅller, ISR 2015, 63 (66). 4 Vgl. hierzu EuGH v. 12.6.2014 – C-39-41/13 – SCA Group Holding, IStR 2014, 486.

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G. Unions- und DBA-rechtliche Aspekte der Rechtsprechung

nen oder eingeschrnkten Einheitstheorie zu kÅrzen, und zwar entweder aufgrund von DBA-Regelungen oder gem. § 9 Nr. 3 GewStG. Damit drohe durch die Hinzurechnung keine doppelte Belastung mit Gewerbesteuer und ein Verzicht auf diese Hinzurechnung sei nicht erforderlich. – Zustzliche steuerliche Belastung im Ausland irrelevant: Selbst wenn es im Ausland zu einer Belastung mit einer der Gewerbesteuer vergleichbaren Steuer kme, fÅhrt dies nach Auffassung des BFH zu keinem anderen Ergebnis. Aufgrund des derzeitigen Entwicklungsstands des Gemeinschaftsrechts kÇnnten die Mitgliedstaaten ihre Besteuerungsbefugnisse parallel ausÅben. – Rechtfertigungsgrund der Kohrenz: Schließlich sei das Ergebnis im Sinne der Spruchpraxis des EuGH „kohrent“ und deswegen gerechtfertigt. Dem widerspreche auch nicht das Eurowings-Urteil des EuGH v. 26.10.1999 – C-294/97 zu § 8 Nr. 7 GewStG aF.1 Denn die steuerlichen Vor- und Nachteile betrfen im Streitfall nicht verschiedene Steuerpflichtige, sondern der Ausgleich finde bei ein- und derselben Person statt.2 Offen gelassene Fragen. Der BFH ließ in seiner Entscheidung v. 17.9.2014 mehrere Fragen offen, die in kÅnftigen Verfahren von Bedeutung sein kÇnnen. – Niederlassungsfreiheit bei doppelt ansssigen Gesellschaften mit Sitz in einem Drittland: Dies betrifft zunchst die Frage, ob sich die Klgerin, die eine nach US-amerikanischen Recht errichtete Kapitalgesellschaft mit Geschftsleitung im Inland war, gem. Art. 54 AEUV Åberhaupt auf die Niederlassungsfreiheit berufen durfte. Dies hat der EuGH in einem Urteil v. 11.9.2014 – C-47/123 verneint, so dass der BFH die Revision schon aus diesem Grund htte zurÅckweisen kÇnnen. – Verzicht auf die Hinzurechnung als unzulssige Beihilfe gem. Art. 107 AEUV: Des Weiteren ließ der BFH ausdrÅcklich offen, ob der Verzicht auf die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen im gewerbesteuerlichen Organkreis nicht ohnehin eine unzulssige Beihilfe gem. Art. 107 AEUV darstellt. Dieser Hinweis dÅrfte aber lediglich als „Merkposten“ zu interpretieren sein, mit der noch keine Aussage Åber eine entsprechende Tendenz verbunden ist. – Behandlung der umgekehrten Beteiligungsrichtung: Schließlich hat der BFH auch offen gelassen, wie Zinszahlungen einer inlndischen Tochtergesellschaft an ihre auslndische Muttergesellschaft zu bewerten sind. Da es auf diese Frage schlicht nicht ankam, sollte dies nicht als Abkehr von den Grundgedanken der Scheuten-Solar-Entscheidung interpretiert werden, der solch ein umgekehrter Sachverhalt zugrunde 1 EuGH v. 26.10.1999 – C-294/97 – Eurowings, BStBl. II 1999, 851 = FR 1999, 1327. 2 Kritisch MÅller, ISR 2015, 63 (66). 3 EuGH v. 11.9.2014 – C-47/12 – Kronos International, GmbHR 2014, 1221.

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6.126

Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

lag.1 Hier hatte der BFH unter anderem darauf abgestellt, dass die Inlandsbeschrnkung einer ertragsteuerlichen Gruppenbesteuerung nach der Rechtsprechung des EuGH2 von dem Rechtfertigungsgrund der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse gedeckt sei. Im brigen kÇnne sich ein Unternehmen nicht auf einzelne vorteilhafte Elemente der Organschaftsbesteuerung berufen, ohne zumindest den Willen bekundet bzw. versucht zu haben, eine Organschaft durch Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags zu bilden. 3. Exkurs: Umsatzsteuerliche Organschaft

6.127 Schwerpunkt der unionsrechtlichen Aspekte ist zurzeit aber die Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Organschaft (vgl. hierzu ausfÅhrlich Kapitel 22). Dies verwundert schon deshalb nicht, weil die umsatzsteuerliche Organschaft gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG an Art. 11 MwStSystRL3 zu messen ist. Bemerkenswert ist lediglich, dass die Vereinbarkeit der nationalen Regelungen mit dem Unionsrecht erst jetzt in den Blickpunkt der Rechtsprechung rÅckt.

6.128 Mit seinen BeschlÅssen v. 11.12.2013 – XI R 17/11 und XI R 38/124 hat der BFH dem EuGH die Frage vorgelegt, ob es mit dem Unionsrecht vereinbar ist, dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nur Kapitalgesellschaften als Organgesellschaften erlaubt und eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft im Sinne eines ber- und Unterordnungsverhltnisses fordert. Dies hlt der BFH fÅr zweifelhaft,5 da das Unionsrecht nach der neueren Rechtsprechung des EuGH keine MÇglichkeit vorsieht, den Wirtschaftsteilnehmern weitere Bedingungen fÅr die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe aufzubÅrden als diejenigen, die in Art. 11 MwStSystRL genannt sind.6

6.129 Ausblick. Die genannten VorlagebeschlÅsse dÅrften erst der Anfang einer weiteren Entwicklung sein.7 Zum einen sind weitere Vorlagen an den 1 Vgl. aber auch Gosch, BFH/PR 2015, 91 (94), der in dieser Konstellation einen Verstoß gegen das Unionsrecht zumindest fÅr „denkbar“ hlt und zustzlich auf eine etwaige Verletzung des abkommensrechtlichen Diskriminierungsverbots verweist. 2 Vgl. EuGH v. 25.2.2010 – C-337/08 – X-Holding, BFH/NV 2010, 1064. 3 Zuvor Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG. 4 BFH v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417 = UR 2014, 313 m. Anm. Marchal = GmbHR 2014, 376 m. Anm. Masuch – Az. EuGH C-108/14; v. 11.12.2013 – XI R 38/12, BStBl. II 2014, 428 – Az. EuGH C-109/14; unter Verweis auf die entsprechenden EuGH-Verfahren hat auch der V. Senat des BFH seine Verfahren V R 12/14 und V R 15/14 ruhend gestellt. 5 Vgl. auch die Schlussantrge des Generalanwalts v. 26.3.2015 in den EuGH-Verfahren C-108/14 und C-109/14 – Larentia + Minverva, juris, in denen die Zweifel des BFH im Wesentlichen besttigt werden. 6 Vgl. EuGH v. 9.4.2013 – C-85/11 – Kommission/Irland, DStR 2013, 806; v. 25.4.2013 – C-480/10 – Kommission/Schweden, UR 2013, 423. 7 Vgl. auch GrÅnwald, MwStR 2014, 226.

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G. Unions- und DBA-rechtliche Aspekte der Rechtsprechung

EuGH denkbar, zB zu den Fragen, ob der Ausschluss von Nichtunternehmern oder die Stellung des Organtrgers als Steuerschuldner mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Zum anderen werden je nach Ausgang der zurzeit anhngigen und kÅnftigen EuGH-Verfahren Konkretisierungen durch den BFH erforderlich sein. Schließlich kÇnnen auch EuGH-Verfahren zu den nationalen Vorschriften anderer Mitgliedstaaten Auswirkungen auf die deutsche umsatzsteuerliche Organschaft haben. Dies gilt aktuell insbesondere fÅr das zum schwedischen Recht ergangene EuGHUrteil v. 17.9.2014 – Rs. C-7/13,1 nach dem eine unselbstndige Zweigniederlassung eines drittlndischen Unternehmens zwar – wie auch im deutschen Recht – zu einem Organkreis gehÇren kann, Leistungsempfnger und Steuerschuldner gegenÅber der Hauptniederlassung des drittlndischen Unternehmens aber die Mehrwertsteuergruppe selbst und nicht – wie im deutschen Recht – der Organtrger ist.

II. Abkommensrechtliches Diskriminierungsverbot Das DBA-Recht spielte vor allem in dem viel beachteten Urteil v. 9.2.2011 – I R 54, 55/102 eine Rolle. Der BFH ging hier fÅr das Streitjahr 1999 von der Anerkennung einer grenzÅberschreitenden gewerbesteuerlichen Organschaft zwischen einer deutschen GmbH und einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschftsleitung in Großbritannien aus. Zwar erfÅlle die britische Kapitalgesellschaft nicht die Anforderungen an einen tauglichen Organtrger gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 iVm. § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1999, da sie kein „inlndisches Unternehmen“ sei. Dieses Erfordernis verstoße aber gegen das abkommensrechtliche Gesellschafterdiskriminierungsverbot gem. Art. XX Abs. 4 und 5 DBA-Großbritannien 1964/1970 (vgl. auch Art. 24 Abs. 5 OECD-Musterabkommen), da die deutsche GmbH wegen ihrer britischen Gesellschafterin schlechter behandelt werde (Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen gem. § 8 Nr. 1 GewStG 1999, welche die deutsche GmbH an ihre britische Gesellschafterin gezahlt hatte) als bei einem inlndischen Gesellschafter (keine entsprechende Hinzurechnung im Rahmen einer gewerbesteuerlichen Organschaft).3 Die MÇglichkeit der Erzielung sog. weißer EinkÅnfte („Keinmalbesteuerung“), sofern die britische Organtrgerin Åber keine Betriebssttte im Inland verfÅgt und damit ein steuerlicher Zugriff des inlndischen Fiskus ausscheidet, nahm der BFH ausdrÅcklich in Kauf.4 1 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia, UR 2014, 847; vgl. auch WÅst, MwStR 2014, 425. 2 BFH v. 9.2.2011 – I R 54/10, I R 55/10, BStBl. II 2012, 106 = FR 2011, 584 m. Anm. Buciek. 3 Vgl. auch BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08 (Schlussurteil in Sachen Scheuten Solar Technology), BStBl. II 2012, 507 = GmbHR 20112, 1451 = FR 2012, 536, wonach diese Rechtsprechung mangels einer mit Art. 24 Abs. 5 OECD-Musterabkommen vergleichbaren Regelung nicht auf das DBA Niederlande Åbertragbar ist. 4 Nichtanwendungserlass des BMF v. 27.12.2011 – IV C 2 - S 2770/11/10002 – DOK 2011, 0965132, BStBl. I 2012, 119; zur weiteren Diskussion vgl. statt vieler

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6.130

Kapitel 6

Organschaft aus Rechtsprechungsperspektive

6.131 Reaktion des Gesetzgebers. Zwar war fÅr die Anerkennung einer gewerbesteuerlichen Organschaft im Streitjahr 1999 noch kein GewinnabfÅhrungsvertrag erforderlich. Dies nderte aber nichts an den drohenden Steuerausfllen, so dass der Gesetzgeber mit der EinfÅgung der Stze 4 bis 7 in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG durch das Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.20131 („Kleine Organschaftsreform“) reagierte. Der Kern dieser Vorschriften besteht darin, dass die Organbeteiligung einer inlndischen Betriebssttte i.S.d. § 12 AO zugeordnet sein muss und dass das dieser Betriebssttte zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft sowohl nach innerstaatlichem Steuerrecht als auch nach DBARecht der inlndischen Besteuerung unterliegen muss (s. hierzu Rz. 27.22 ff. sowie zu den Besonderheiten bei Personengesellschaften bzw. Holdinggesellschaften als Organtrger Rz. 16.48 ff. und Rz. 17.7 ff.). Da somit nicht mehr zwischen inlndischen und auslndischen Anteilseignern differenziert wird, dÅrfte es dem Gesetzgeber gelungen sein, einen Verstoß gegen das DBA-Diskriminierungsverbot zu vermeiden.2

H. Fazit 6.132 Als Fazit bleibt festzuhalten, dass in den letzten Jahren viele Probleme aus dem Bereich der steuerlichen Organschaft – zumindest teilweise – hÇchstrichterlich entschieden worden sind. Trotzdem ist auch in Zukunft nicht mit einer Minderung der Rechtsprechungsaktivitten zu rechnen, zumal die Gesetzesnderungen (insbesondere durch die „Kleine Organschaftsreform“) zu neuem Klrungsbedarf gefÅhrt haben. Als aktuelle Großbaustelle kann insbesondere die umsatzsteuerliche Organschaft bezeichnet werden. Aber auch im ertragsteuerlichen Bereich sind weitere interessante Entscheidungen abzusehen. Dies betrifft unter anderem die Voraussetzungen fÅr einen BgA als Organtrger, die Berechnung der Mindestdauer des GewinnabfÅhrungsvertrags in RÅckwirkungsfllen sowie die Entscheidungen des BVerfG zu den vom BFH vorgelegten bergangsregelungen. DarÅber hinaus wird interessant sein, wie die Grundstze des BFH zur vorzeitigen KÅndigung eines GewinnabfÅhrungsvertrags aus wichtigem Grund weiter konkretisiert werden und wie sich die Rechtsprechung in den Klageverfahren positionieren wird, die zu den Zweifelsfragen des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG zu erwarten sind.

6.133 Schließlich bleibt abzuwarten, ob bzw. wie die Gesetzgebung auf die aktuellen Entscheidungen des BFH reagiert. So war in der Vergangenheit oft zu beobachten, dass Entscheidungen des BFH zu einer Gesetzesnderung geBenecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (152); Gosch, IWB 2012, 694 (701 ff.); RÇdder/ SchÇnfeld, DStR 2011, 886, jeweils mwN. 1 BGBl. I 2013, 285. 2 Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (152); vgl. auch Gosch, IWB 2012, 694 (706).

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H. Fazit

fÅhrt haben. Als Beispiele seien hierfÅr nur die Reaktionen des Gesetzgebers auf die Rechtsprechung des BFH zur sog. MehrmÅtterorganschaft1 sowie zu den organschaftlichen und vororganschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen2 genannt. Dem entsprechend kÇnnte beispielsweise auch das BFH-Urteil v. 17.12.2014 – I R 39/143 Åber den Ausschluss der Schachtelstrafe des § 8b Abs. 5 KStG im Fall eines gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs zu einer nderung der gesetzlichen Regelungen fÅhren.

1 EinfÅgung einer gesetzlichen Regelung zur MehrmÅtterorganschaft in § 14 Abs. 2 KStG aF als Reaktion auf BFH v. 9.6.1999 – I R 43/97, BStBl. II 2000, 695 und v. 9.6.1999 – I R 37/98, BFH/NV 2000, 347; ab Veranlaungszeitraum 2003 allerdings Abschaffung der MehrmÅtterorganschaft durch Streichung des § 14 Abs. 2 KStG aF. 2 EinfÅgung der gesetzlichen Regelungen zu organschaftlichen und vororganschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen in § 14 Abs. 3 und 4 KStG als Reaktion auf BFH v. 18.12.2002 – I R 51/01, BStBl. II 2005, 49 = FR 2003, 457 m. Anm. Then und v. 7.2.2007 – I R 5/05, BStBl. II 2007, 796 = FR 2007, 1018. 3 BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BFH/NV 2015, 749 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser.

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Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive Literatur Baldamus, DurchfÅhrung von GewinnabfÅhrungsvertrgen zu § 14 KStG und § 302 AktG nach MoMiG und BilMoG, Ubg 2009, 484; Breuninger/Ernst, Der Beitritt eines rettenden Investors als (stiller) Gesellschafter und der „neue“ § 8c KStG – Droht jetzt das Ende der Sanierungsklausel durch das EU-Beihilfeverbot?, GmbHR 2010, 561; Brinkmann, vGA im Organkreis, StBp 2015, 33; DÇtsch/Pung, Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts: Die nderungen bei der Organschaft, DB 2013, 305; Eisgruber/Schaden, Vom Sinn und Zweck des § 8c KStG – Ein Beitrag zur Auslegung der Norm, Ubg 2010, 73; HagebÇke/Heinz, Die Organtrgereignung einer atypisch stillen Gesellschaft, DB 2006, 473; Kollruss, Kein pauschales Abzugsverbot nach § 8b Abs. 5 KStG fÅr Gewerbesteuerzwecke bei Bezug von Schachteldividenden Åber eine Organgesellschaft, DStR 2006, 2291; Lenz/Adrian/Handwerker, Geplante Neuregelung der ertragsteuerlichen Organschaft, BB 2012, 2851; Melan/ Karrenbrock, Die DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags als Ernstlichkeitsund VeranlassungsprÅfung und die Folgen fÅr die Gestaltungspraxis, FR 2009, 757; Nadoushani, Zur objektiven Auslegung von ErgebnisabfÅhrungsvertrgen durch den Bundesfinanzhof, DStR 2009, 620; Olbing, Nun doch: Die (kleine) Reform des Organschaftsrechts, GmbH-StB 2013, 154; Prinz, Unternehmenssteuerreform 2001: Organschaftsbesteuerung im Wandel, FR 2000, 1255; Prinz, Die „kleine Organschaftsreform“ – erste Einschtzung aus Praktikersicht, GmbHReport 6/2013, R 81; RÇdder, Droht in Deutschland ein zigfaches Scheitern steuerlicher Organschaften?, DStR 2010, 1218; RÇdder, Die kleine Organschaftsreform, Ubg 2012, 717; Sauter/ Heurung, Ausgleichszahlungen i.S.d. § 16 KStG iVm. § 304 AktG und vororganschaftliche GewinnausschÅttungen nach dem Systemwechsel, GmbHR 2001, 754; Schneider/Sommer, Organschaftsreform „light“ – Ein berblick insbesondere zur neuen Fiktion der tatschlichen DurchfÅhrung, GmbHR 2013, 22; SchÇneborn, Aktuelle Formfragen der ertragsteuerlichen Organschaft, DB 2010, 245; SchÇneborn, Gewerbesteuerliche Schachtelfragen bei AusschÅttungen an Kapitalgesellschaften, NWB 2013, 2878; Sistermann/Brinkmann, Wachstumsbeschleunigungsgesetz: Die nderungen bei der Mantelkaufregelung, DStR 2009, 2633; Suchanek/Herbst, Die tatschliche DurchfÅhrung von GewinnabfÅhrungsvertrgen i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG, Auswirkungen der jÅngeren zivilrechtlichen Rechtsprechung, FR 2005, 665; Wernicke/Scheunemann, Verzinsung des Anspruchs auf VerlustÅbernahme nach § 302 AktG aus gesellschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht, DStR 2006, 1399.

A. Die Organschaft im Veranlagungsverfahren I. Verfahrensmßige BÅndelung von Organschaftswissen 7.1 Die ertragsteuerliche Organschaft stellt in der Praxis eines Festsetzungsfinanzamtes naturgemß kein alltgliches „Massengeschft“ dar. Die Be-

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A. Die Organschaft im Veranlagungsverfahren

arbeitung der eingehenden Steuererklrungen wird von den zustndigen KÇrperschaftsteuerstellen1 vorgenommen, wobei finanzamtsintern hufig ein spezialisierter Veranlagungsbezirk bestimmt wird, bei dem sich smtliche Organschaften eines Amtes bÅndeln. So ist gewhrleistet, dass das erforderliche rechtliche Spezialwissen einerseits vorhanden ist und der Sachbearbeiter und sein vorgesetzter Sachgebietsleiter dieses durch die Vielzahl der Vorgnge in der tglichen Praxis nicht verlieren. In diesen Veranlagungsbezirken werden zudem hufig herausgehobene Steuerpflichtige „gefÅhrt“, so dass von Seiten der Amtsleitung bevorzugt erfahrene und rechtlich versierte Sachbearbeiter eingesetzt werden. Diese mÅssen sowohl mit der schwierigen Materie an sich als auch im Umgang mit den Steuerabteilungen von Großkonzernen, mit deren Beratern sowie den Groß- und KonzernbetriebsprÅfern versiert sein und benÇtigen eine gewisse Zeitdauer, um dies souvern zu beherrschen. Aus diesem Grund ist der Wechsel innerhalb eines Finanzamtes auf einen derartigen Veranlagungsbezirk eine Auszeichnung, das mit einem gewissen Renommee und – im Gegensatz zur sonstigen Finanzamtspraxis – Åblicherweise mit einer lngeren Verbleibensdauer auf dieser Stelle verbunden ist.

II. rtliche Zustndigkeit rtlich zustndig ist entsprechend der allgemeinen Regelung in § 20 Abs. 1 AO das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschftsleitung der KÇrperschaft befindet. Dies gilt sowohl fÅr den OT wie die OG. Handelt es sich um den – in der Praxis eher seltenen – Fall mit einer natÅrlichen Person oder einer Personengesellschaft als OT, so ist vom Grundsatz das Wohnsitzfinanzamt (§ 19 Abs. 1 AO) oder das Betriebsfinanzamt (§ 19 Abs. 3 AO bzw. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO) zustndig. Wird die Geschftsleitung der OG durch den OT derart beeinflusst, dass dieser stndig in die Tagespolitik der OG eingreift und dadurch die im gewÇhnlichen Geschftsverkehr erforderlichen Entscheidungen von einigem Gewicht selbst trifft, so bestimmt sich die Çrtliche Zustndigkeit fÅr die Besteuerung der OG nach dem Ort, von dem aus der OT die Geschfte auch der OG leitet.2 In einem derartigen Fall ergbe sich keine abweichende Finanzamtszustndigkeit fÅr den OT und die OG, sondern der gesamte Organkreis wÅrde beim Finanzamt des OT gefÅhrt.

7.2

Da eine zentrale Lenkung der Tagesgeschfte der OG – insbesondere in verschachtelten Großkonzernen – nicht die Regel ist, sind hufig unterschiedliche Finanzmter zustndig, wenn OT und OG ihre Geschftsleitungen in unterschiedlichen Finanzamtsbezirken haben. Dies wird einer sinnvollen Besteuerung und einer einheitlichen Behandlung des Corpus Organschaft nicht gerecht. Aus diesem Grund soll nach den bestehenden Weisungen der Finanzverwaltung in der Regel eine Zustndigkeitsverein-

7.3

1 Seit neuerem lautet die Bezeichnung auch zuweilen „Firmenstelle“. 2 BFH v. 26.5.1970 – II 29/65, BStBl. II 1970, 759.

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Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

barung angestrebt werden, die die Zustndigkeit des fÅr den OT zustndigen Finanzamts auch fÅr die OG begrÅndet.1 Demnach orientiert sich die Zustndigkeit immer „nach oben“ zum OT; dort soll sich die Veranlagung smtlicher nachgeordneter OG bÅndeln. Dies hat zur Folge, dass im Idealfall ein Organkreis ausschließlich von einem Finanzamt und dort durch einen Sachbearbeiter veranlagt wird. Erforderlich hierfÅr ist jedoch eine Zustndigkeitsvereinbarung i.S.v. § 27 AO. Die Initiative hierzu kann sowohl von Seiten der abgebenden (der OG) als auch der aufnehmenden FinanzbehÇrde (des OT) ausgehen. Erforderlich ist aber immer die Zustimmung der betroffenen OG, da sie durch die Zustndigkeitsvereinbarung ihr originr Çrtlich zustndiges Finanzamt verliert. Die Zustimmung kann dem Gesetz nach auch durch Schweigen erfolgen, wenn die OG auf die Wirkung des Schweigens als Zustimmung hingewiesen wurde (§ 27 S. 3 und 4 AO). In der Praxis fÅhren derartige Zustndigkeitsvereinbarungen dazu, dass der Åberwiegende Teil aller Organschaften zentral in einem Finanzamt bearbeitet werden. Ein Rechtsanspruch von Seiten der Unternehmen auf die Veranlagung in nur einem Finanzamt besteht jedoch nicht.

III. Besteuerungsverfahren und Technik 7.4 KÇrperschaftsteuerlich bleiben OG und OT selbstndige Steuersubjekte. Sie geben jeweils eine eigene KÇrperschaftsteuererklrung ab und erhalten separate Steuerbescheide. Bis einschließlich 2013 bestand zwischen der Veranlagung von OG und OT keine verfahrensrechtliche Bindung; seit 2014 besteht das Feststellungsverfahren nach § 14 Abs. 5 KStG nF (Rz. 4.21 ff.). Mit dem neuen Feststellungsverfahren bestehen aktuell noch keine praktischen Erfahrungen; es gibt seit 2015 aber bereits die neuen amtlichen Vordrucke.2 Bis zum Veranlagungszeitraum 2013 mussten die Besteuerungsgrundlagen der OG dem Veranlagungsbezirk des OT außerhalb eines fÇrmlichen Feststellungsverfahrens mitgeteilt werden. Dies geschah mittels der finanzamtsinternen „Mitteilung fÅr den Organtrger“, der sog. Anlage „MO“. Bei der maschinellen Veranlagung einer OG wird die Mitteilung – basierend auf den Angaben der Gesellschaft auf der amtlichen Anlage Organschaft zur KÇrperschaftsteuererklrung (sog. Anlage ORG) – erstellt, auf der die Daten ausgegeben werden, die bei der Veranlagung des OT zu berÅcksichtigen sind. Die Anlage MO wird in vierfacher Ausfertigung ausgefertigt und zwar fÅr die Finanzmter der OG und des OT zu den dor-

1 AO-Kartei Nordrhein-Westfalen, § 26 AO Karte 803 II, KÇrperschaftsteuer-Kartei NW §§ 14-19 KStG Karte 19. 2 Stand 31.1.2015. Die Anlage ORG wird ab 2014 durch die beiden neuen Anlagen OT und OG ersetzt. Außerdem erhlt der bisherige Vordruck KSt 1 A – KÇrperschaftsteuererklrung – nunmehr auch die Feststellungserklrung nach § 14 Abs.5 KStG nF.

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A. Die Organschaft im Veranlagungsverfahren

tigen Steuerakten als auch als Anlage zum Bescheid fÅr die OG und den OT. Das Finanzamt des OT setzt dann die mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen bei der Veranlagung des OT um. Da der gesamte Steuerfall hufig in ein und demselben Steuerbezirk bearbeitet wird, erzeugt der Bearbeiter die Mitteilung quasi „fÅr sich selbst“. Im Bereich der gewerbesteuerlichen Organschaft werden wegen der Betriebsstttenfiktion des § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG – anders als bei der KÇrperschaftsteuer – keine eigenstndigen Steuerbescheide an die OG erteilt. Hier beschrnkt sich die Ttigkeit des Veranlagungsbezirks auf die Ermittlung des Gewerbeertrages nach Maßgabe der §§ 7–10 GewStG und auf dessen Mitteilung an den Veranlagungsbezirk des OT. Im Ergebnis entspricht dies aber dem Vorgehen bei der KÇrperschaftsteuer.

IV. PrÅfungsttigkeit der Veranlagungsstelle Da der Großteil der zT langjhrig bestehenden Organschaften auf Grund der GrÇßeneinstufungen als Großbetrieb1 unter die sog. AnschlussprÅfung nach § 4 Abs. 2 BetriebsprÅfungsordnung2 (BpO) fllt, veranlagt der Steuerbezirk den OT und die OG (diese im Rahmen der KÇrperschaftsteuer) regelmßig unter dem Vorbehalt der NachprÅfung nach § 164 AO. Dies erfordert nur eine Åberschlgige PrÅfung der formalen Voraussetzungen des GAV, der steuerlichen Voraussetzungen der §§ 14 ff. KStG sowie des tatschlichen Vollzugs des GAV. Die eigentliche PrÅfungsttigkeit wird der nachfolgenden BetriebsprÅfung (Bp) Åberlassen.

7.5

Anders ist dies bei neu zugehenden Organschaften bzw. bei solchen kleineren Fllen, die nicht zwingend der Anschluss-Bp unterliegen. Das ist insb. dann der Fall, wenn sich im Organkreis kein Großbetrieb im Sinne der BpO befindet. Dann wird der Veranlagungsbezirk verstrkt ttig und prÅft nach Aktenlage, ob die Voraussetzungen fÅr die Anerkennung der Organschaft erfÅllt sind. Dies schließt auch die PrÅfung des GAV mit ein. Insbesondere bei Organschaften im Erstjahr soll von Seiten des Veranlagungsbezirks eine genaue berprÅfung erfolgen; unabhngig davon ob ein Großbetrieb vorliegt oder nicht.

7.6

Die PrÅfungsttigkeit orientiert sich, ebenso wie bei den Bp-Stellen, anhand einer Checkliste. Dies hat den Vorteil, dass mÇglichst kein Problem

7.7

1 Abgrenzungsmerkmale fÅr den 21. PrÅfungsturnus nach dem BMF, Schr. v. 22.6.2012 – IV A 4 – S 1450/09/10001 – DOK 2012/0493846, BStBl. I 2012, 689, Einordnung in GrÇßenklassen gem. § 3 BpO 2000, Festlegung neuer Abgrenzungsmerkmale zum 1.1.2013: UmsatzerlÇse von 7,3 Mio. Euro (Handelsbetriebe) bzw. 4,3 Mio. Euro (Fertigungsbetriebe) oder Steuerlicher Gewinn Åber 280 T Euro (Handelsbetrieb) bzw. 250 T Euro (Fertigungsbetrieb). 2 Allgemeine Verwaltungsvorschrift fÅr die BetriebsprÅfung – BetriebsprÅfungsordnung – (BpO 2000) v. 15.3.2000, zuletzt gendert durch die allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 20.7.2011, BStBl. I 2011, 710.

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Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

Åbersehen wird. Es gibt bspw. in Nordrhein-Westfalen keine landesweit verbindliche Checkliste, jedoch richten sich die Merkbltter bzw. Checklisten der unterschiedlichen Finanzmter regelmßig nach einem wiederkehrenden Muster, welches der gesetzlichen Systematik der PrÅfung einer ertragsteuerlichen Organschaft folgt. Ein derartiges Muster1 kÇnnte wie folgt verkÅrzt aussehen: PrÅfungsschema 1. Organtrger a) Ist der OT organtrgerfhig? Hinweis auf § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG b) Finanzielle Eingliederung? Hinweis auf § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG c) Liegen die Eingliederungsvoraussetzungen whrend des gesamten Wirtschaftsjahres der OG vor? Hinweis auf § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG d) Bei Personengesellschaft als OT: Wird die Beteiligung an der OG mehrheitlich im Gesamthandsbereich gehalten? Hinweis auf § 14 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 KStG 2. Organgesellschaft Kapitalgesellschaft mit Geschftsleitung im Inland und Sitz in einem Mitgliedstaat der EU/EWR? Hinweis auf § 14 Abs. 1 S. 1 und § 17 Abs. 1 S. 1 KStG 3. Formalia des GewinnabfÅhrungsvertrages a) Rechtzeitige Eintragung im Handelsregister der OG? Hinweis auf § 294 AktG und § 14 Abs. 1 S. 2 KStG b) Abschluss auf mindestens 5 Zeitjahre? Hinweis auf § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG c) Enthlt der Vertrag eine AbfÅhrung des gesamten Gewinns? Hinweis auf § 291 AktG d) Enthlt der Vertrag eine Ausgleichsverpflichtung gegenÅber außenstehenden Gesellschaftern? Hinweis auf § 304 AktG e) Besonderheiten bei einer GmbH als OG nach § 17 KStG aa) Zustimmung der Gesellschafterversammlung der GmbH mit 3/4-Mehrheit und notarielle Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses? Hinweis auf Abschn. 66 Abs. 1 KStR 2004 bb) Vereinbarung der VerlustÅbernahme durch Verweis auf die Vorschriften des § 302 AktG in seiner jeweils gÅltigen Fassung bzw. tatschliche VerlustÅbernahme und wirksame Vereinbarung im Sinne der aktuellen Gesetzesfassung? Hinweis auf § 17 S. 2 Nr. 2 KStG iVm. § 34 Abs. 10b KStG 4. Vollzug des GewinnabfÅhrungsvertrages Berechnung des abzufÅhrenden Gewinns unter Beachtung von § 301 AktG bzw. Mindestbetrag des Verlustersatzes gem. § 302 AktG? a) Schdliche VerstÇße wie bspw. die fehlende Verrechnung vorvertraglicher Verluste mit entstandenen Gewinnen; Hinweis auf § 301 AktG, Abschn. 63 Abs. 2 KStR 2004 b) Unschdliche Vorgnge wie bspw. verdeckte GewinnausschÅttungen bzw. verdeckte GewinnabfÅhrungen; Hinweis auf Abschn. 61 Abs. 4 KStR 2004

1 Das Muster erhebt keinen Anspruch auf Vollstndigkeit und stellt auch keine amtliche Checkliste dar. Zudem wird die Checkliste in der Praxis ggf. noch detaillierter sein.

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A. Die Organschaft im Veranlagungsverfahren 5. Folgen der NichtdurchfÅhrung oder eines schdlichen Verstoßes a) Innerhalb der 5-jhrigen Mindestlaufzeit: GAV von Anfang an unwirksam b) Außerhalb der 5-jhrigen Mindestlaufzeit: GAV nur fÅr die entsprechenden Jahre unwirksam c) Fiktion der ordnungsgemßen DurchfÅhrung bei fehlerhaftem Bilanzansatz nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 KStG nF bei testiertem Jahresabschluss und Richtigstellung in der folgenden Handelsbilanz 6. KÅndigung oder Aufhebung innerhalb der Mindestlaufzeit aus wichtigem Grund a) Bei KÅndigung aus wichtigem Grund zum Ende des Wirtschaftsjahres der OG: Keine Auswirkungen fÅr die Vergangenheit b) Bei unterjhriger KÅndigung: s. Punkt 5 a) oder b) 7. Liquidation der OG Der Liquidationsgewinn kann nicht Gegenstand der AbfÅhrung sein

Sind fÅr die Besteuerung von OG und OT zwei unterschiedliche Finanzmter zustndig, so soll auch das FA des OT gebeten werden, die Organschaft zu ÅberprÅfen. Kommen beide Finanzmter Åberein, dass keine Bedenken hinsichtlich der Anerkennung besteht, sollte das Finanzamt der OG dem Firmenverbund diese Einschtzung zunchst unverbindlich mitteilen. Außerdem erfolgt eine Mitteilung an die zustndige Bp-Stelle Åber die neue OG, damit von dort mÇglichst zeitnah eine PrÅfung durchgefÅhrt werden kann. Divergieren die Meinungen Åber die Anerkennung der Organschaft, so muss ein Finanzamt entscheiden. HierfÅr ist regelmßig das Finanzamt, welches die Besteuerung des OT durchfÅhrt, zustndig.

7.8

V. FÇderale Zerlegung der KÇrperschaftsteuer Neben der Veranlagung der Organschaft muss der Veranlagungsbezirk, der den OT besteuert, die verbleibende KÇrperschaftsteuer und auch die KÇrperschaftsteuervorauszahlungen nach den Vorschriften der §§ 2-6 des Zerlegungsgesetzes auf die unterschiedlichen Bundeslnder zerlegen, wenn die Steuer einen absoluten Betrag von 500.000 Euro Åbersteigt und der OT bzw. die OG Betriebssttten in unterschiedlichen Bundeslndern unterhlt. Dabei gelten Organgesellschaften und deren Betriebssttten als Betriebssttten des OT (§ 2 Abs. 3 ZerlG). Hierzu geben die Konzerne eine Zerlegungserklrung, hnlich derjenigen bei der Gewerbesteuer, ab (vgl. § 6 Abs. 7 ZerlG). Auch im Zerlegungsverfahren fÅr die KÇrperschaftsteuer sind die ArbeitslÇhne Grundlage fÅr den Zerlegungsanteil des jeweiligen Bundeslandes. Sinn und Zweck der Zerlegung ist, dass das Bundesland, in welchem das Einkommen der Organschaft erwirtschaftet wird, seinen ihm zustehenden Anteil erhlt. WÅrde man sich demgegenÅber rein an der Steuerschuldnerschaft des OT orientieren, so ginge das gesamte Steuersubstrat in das Bundesland des OT, ohne dass dort tatschlich Einkommen erwirtschaftet sein mÅsste, wenn es sich bspw. um eine reine Holding handelte, die ausschließlich GewinnabfÅhrungen von ihren OrgantÇchtern erhielte. Die Zerlegung fÅhrt somit, hnlich wie bei der

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7.9

Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

GewSt, zu einer pauschalierten Steuerzurechnung zum zutreffenden Steuerglubiger. Andererseits hat die KÇrperschaftssteuerzerlegung materiell – anders als bei der Gewerbesteuer – fÅr den Steuerschuldner keine Auswirkung, da der KÇrperschaftsteuersatz im gesamten Bundesgebiet gleich ist. Folgerichtig ist der Konzern auch nicht Beteiligter im Sinne der AO an dem Zerlegungsverfahren (§ 6 Abs. 3 ZerlG); gleichwohl ist er zur Abgabe einer Zerlegungserklrung verpflichtet. Liegt eine Zustndigkeitsvereinbarung i.S.v. § 27 AO vor, wie dies in Organschaftsfllen hufig der Fall ist (Rz. 7.2), wird hierdurch die unmittelbare Steuerberechtigung des materiell berechtigten Bundeslandes nicht berÅhrt. Beispiel: Gibt das Land NRW die Veranlagung einer OG an das Land Hessen ab, weil dort der OT sitzt, so sollen sowohl das abgebende wie auch das aufnehmende Bundesland organisatorisch sicherstellen, dass die in jedem Veranlagungszeitraum auf die OG entfallende KÇrperschaftsteuer an das steuerberechtigte Land NRW gezahlt wird. Der bisher zustndige Veranlagungsbezirk in NRW wird dementsprechend einen berwachungsbogen anlegen und jhrlich – sofern nicht rechtzeitig eine berweisung an NRW erfolgt – die Zerlegung anmahnen.

Technisch geht das Verfahren wie folgt vonstatten: Das Finanzamt, welches den OT veranlagt, zerlegt als sog. Erhebungsfinanzamt die verbleibende KÇrperschaftsteuer bzw. die Vorauszahlungen, die mindestens 500.000 Euro betragen mÅssen, auf die beteiligten Bundeslnder nach Maßgabe der Grundstze aus dem Gewerbesteuerrecht. Dh. die Zerlegung erfolgt primr nach den anteiligen ArbeitslÇhnen in den Betriebssttten. Anschließend teilt das Erhebungsfinanzamt einem zentral zustndigen Finanzamt seines Bundeslandes (in NRW: DÅsseldorf-Altstadt) den Zerlegungsfall mit. Dieses Finanzamt rechnet im Rahmen eines Clearingverfahrens mit den Åbrigen Bundeslndern ab. Dies hat idealtypisch zur Folge, dass jedes Bundesland in Organschaftsfllen seinen ihm zustehenden Anteil erhlt.

B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung I. DurchfÅhrung einer KonzernbetriebsprÅfung 7.10 Die PrÅfung der steuerlichen Verhltnisse von herrschenden und abhngigen Unternehmen i.S.d. § 18 AktG obliegt der KonzernprÅfung (§ 13 BpO1). Diese ist in den einzelnen Bundeslndern recht unterschiedlich strukturiert. Whrend in Nordrhein-Westfalen derzeit 15 spezialisierte Finanzmter fÅr Groß- und KonzernbetriebsprÅfung bestehen, die fÅr die PrÅfung der Konzerne zustndig sind, ist in den Åbrigen Bundeslndern die KonzernbetriebsprÅfung regelmßig als eine Abteilung einem Festset1 BpO 2000 v. 15.3.2000, zuletzt gendert durch die allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 20.7.2011, BStBl. I 2011, 710.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

zungsfinanzamt angegliedert. Lediglich Niedersachsen hat-neben NRWselbstndige Finanzmter fÅr GroßbetriebsprÅfung. Auch Baden-WÅrttemberg hat mit dem Zentralen KonzernprÅfungsamt Stuttgart eine eigene BehÇrde. Eine weithin bekannte und bedeutende KonzernprÅfungsstelle ist die Abteilung BetriebsprÅfung bei dem Finanzamt MÅnchen. In der Praxis kommt es hufiger vor, dass verschiedene Unternehmen eines Organkreises von unterschiedlichen Bp-Stellen geprÅft werden. Die PrÅfung erfolgt unter der Leitung derjenigen Bp-Stelle, die fÅr die PrÅfung des herrschenden Unternehmens (OT) zustndig ist (§ 14 BpO). Diese startet einen sog. PrÅfungsaufruf an die Finanzmter, die fÅr die PrÅfung der OG zustndig sind. Außerdem stellt die leitende Stelle ggf. Richtlinien zur DurchfÅhrung der KonzernprÅfung auf, insb. was die PrÅfungsschwerpunkte sowie die rechtliche Behandlung bestimmter Sachverhalte angeht. Ihre Konzernleitung wird auch durch das Freigabeerfordernis des Bp-Berichts deutlich, wonach die Feststellungen bei der/den OG erst dann gegenÅber der/den OG bekanntgegeben werden dÅrfen, wenn die konzernleitende Bp-Stelle dem zugestimmt hat.

7.11

Beispiel: Divergenz zwischen zwei Bp-Stellen Die Bp-Stelle, welche die OG X-AG prÅft, ist der Ansicht, dass die Organschaft im PrÅfungszeitraum 2010-2012 verunglÅckt sei, da die JahresabschlÅsse auf Grund schwerwiegender Bilanzierungsfehler in der Handelsbilanz nichtig seien. Sie beabsichtigt, die X-AG als eigenstndiges Steuersubjekt zu besteuern. Im Entwurf des Bp-Berichts weist sie zu zahlende KÇrperschaftsteuer und Gewerbesteuer aus und rechnet bei der Gewerbesteuer konzerninterne Finanzierungen nach § 8 Nr. 1a GewStG hinzu. Die konzernleitende Bp-Stelle der Muttergesellschaft M-AG konzediert zwar handelsrechtliche Bilanzierungsfehler; ist aber der Ansicht, dass die JahresabschlÅsse der X-AG nur fehlerhaft – und nicht nichtig – seien, so dass sich nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 KStG iVm. § 34 Abs. 9 Nr. 7 KStG nF noch eine HeilungsmÇglichkeit ergebe. Das betroffene Unternehmen hat unmittelbar nach Bekanntwerden des Bilanzierungsfehlers bei der X-AG diesen handelsbilanziell korrigiert und die entsprechende ErgebnisabfÅhrung vorgenommen.

Die Bp-Stelle der OG kann im vorliegenden Beispiel nicht ohne Weiteres die Besteuerung der OG aus eigenem Recht veranlassen, vielmehr muss sie auf die Zustimmung der Bp-Stelle des OT warten. Besteht eine Divergenz in der Anerkennung einer Organschaft zwischen der Bp des OT und der Bp der OG, bedarf es einer Entscheidung, welche notfalls die vorgesetzten BehÇrden treffen mÅssen (§ 16 Abs. 2 BpO). In der Praxis wird aber – im ohnehin eher seltenen Divergenzfall – Åblicherweise der Beurteilung der konzernleitenden Bp-Stelle des OT gefolgt. Zweck der AußenprÅfung ist die Ermittlung und Beurteilung der steuerlich bedeutsamen Sachverhalte, um die Gleichmßigkeit der Besteuerung sicherzustellen (§ 85 AO und § 2 Abs. 1 BpO). Die AußenprÅfung erfolgt zugunsten wie zuungunsten des Steuerpflichtigen (§ 199 Abs. 1 AO). Das og. Beispiel verdeutlicht, wo der Schwerpunkt der PrÅfung von Organschaften liegt. In der Praxis der Bp ist eine sehr hufige Frage im Zusammenhang mit der PrÅfung von Organschaften die sog. „verunglÅckte“ Or-

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7.12

Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

ganschaft. Hiervon spricht man, wenn die Beteiligten zwar eine ertragsteuerliche Organschaft gewollt haben, diese aber von Anbeginn nicht zustande gekommen oder im Nachhinein – auch zeitweise – weggefallen ist.1 Daneben tritt in jeder Bp, die bilanzielle Feststellungen bei der OG enthlt, die Ermittlung von vor- bzw. organschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen. Allerdings wird die Bp auch Feststellungen zugunsten eines Unternehmensverbundes treffen, sofern sie denn durch die Organschaft begrÅndet sind. Beispielhaft zu nennen sind hier die nicht selten anzutreffenden Hinzurechnungen von Finanzierungsaufwand bei der separaten Ermittlung des Gewerbeertrages einer OG, welcher innerhalb der Organschaft gezahlt wird (Rz. 7.48). Eine solche unzutreffende Hinzurechnung wird die AußenprÅfung zugunsten des Unternehmensverbundes neutralisieren.2

II. Fallaufgriffe und Technik der Bp 7.13 Weiterhin soll die Bp bei ihrer PrÅfung auch regelmßig die steuerlichen Auswirkungen im Gesamtkonzern unter Verhltnismßigkeitsgesichtspunkten beachten. Es macht aus fiskalischer Sicht in manchen Fllen weniger Sinn, verunglÅckte Organschaften in einem Kapitalgesellschaftskonzern festzustellen, dessen Unternehmen ausschließlich Gewinne generieren, um dann mit viel Aufwand separate Besteuerungen der einzelnen Unternehmen herbeizufÅhren. Denn letztendlich kommt bei solchen Feststellungen – abgesehen von den Steuerfolgen empfangener GewinnausschÅttungen (Rz. 18) (5 %) durch die verunglÅckten „GewinnabfÅhrungen“ sowie die MÇglichkeit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen innerhalb des nicht vorhandenen Organkreises – kein erhebliches fiskalisches „Mehrergebnis“ heraus. Ob dies einen Aufgriff rechtfertigt, der zudem das PrÅfungsklima nicht unerheblich verschrfen kann, will in der Praxis im Einzelfall wohlÅberlegt sein. DemgegenÅber stellen UnternehmensverbÅnde, bei denen Gewinne mit Verlusten unterschiedlicher Gesellschaften verrechnet werden, aus fiskalischer Sicht interessantere PrÅfungsflle dar. Diese fÅhren hufig zu Aufgriffen der Bp und dann auch zu spteren Einspruchs- und Klageverfahren. Hinsichtlich der inhaltlichen PrÅfung von Organschaften orientiert sich die Bp, ebenso wie der Veranlagungsbezirk, an Checklisten. Es gilt das bereits unter Rz. 7.7 AusgefÅhrte.

7.14 Weiterhin bedarf die Bp des OT einer Vielzahl von Informationen aus den PrÅfungen der OG, um das konsolidierte Ergebnis bei sich darstellen zu kÇnnen. Zu diesem Zwecke wird bei grÇßeren Konzernfllen von Seiten der konzernleitenden Bp des OT ein standardisiertes Einkommensermitt-

1 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 531. 2 Siehe dazu weitergehend Rz. 7.47 ff.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

lungsschema fÅr Organgesellschaften erstellt und an die Bp-Stellen der Organgesellschaften versandt. Dort erfolgt in Tabellenform die Ermittlung des dem Organtrger zuzurechnenden Einkommens sowie des Gewerbeertrages vor wie nach Bp. Weiterhin werden steuerliche Werte der Organgesellschaften mitgeteilt, die sich auf Ebene der Gesellschaft nicht ausgewirkt haben, allerdings fÅr die Besteuerung des OT maßgeblich sind. Hierunter fallen nach § 15 S. 1 Nr. 2 und 3 KStG bspw. steuerfreie § 8b-Ertrge oder der Nettozinsaufwand nach den Regelungen zur Zinsschranke (§ 4h EStG, § 8a KStG). Schließlich werden auch Mehr- und MinderabfÅhrungen mitgeteilt.

III. PrÅfungsaufgriffe im Bereich der Formalia der Organschaft 1. Strenge BFH-Rechtsprechung Die Rechtsprechung ist bei formalen Fehlern im Zusammenhang mit Organschaften außerordentlich streng (Rz. 6.2; Rz. 6.44). Dies zeigt sich insbesondere in den Urteilen des BFH zu § 17 S. 2 Nr. 2 KStG aF,1 der bei fehlerhaftem oder unterbliebenden Verweis auf die Vorschriften des § 302 AktG keine wirksame Organschaft im GmbH-Konzern annahm.2 Whrend die zivilrechtliche Rechtsprechung nach den Grundstzen des faktischen Konzerns auch bei Formfehlern und durchgefÅhrter ErgebnisabfÅhrung die zivilrechtliche Anerkennung regelmßig nicht versagt,3 ist die steuerliche Judikatur insbesondere des I. Senats des BFH deutlich schrfer. Das fÅhrt naturgemß dazu, dass sich die BetriebsprÅfung hieran orientiert und verstrkt auch Formalia von GAV prÅft. Dies gehÇrt zum Standardprogramm einer Bp, selbst wenn im Laufe der Jahre Åber die Organschaft schon mehrere BetriebsprÅfungen „gegangen“ sind. Findet sich dann bei der Bp ein folgenschwerer Formfehler, der bereits Jahre zuvor passiert ist, wird dies zuweilen von den betroffenen Unternehmen bzw. deren Beratern als unbillig angesehen und das PrÅfungsklima erleidet ggf. eine erhebliche Verschlechterung. Andererseits sind derartige Themen aus Sicht der Bp hufig eindeutige Punkte, bei denen keine lngere inhaltliche Diskussion nÇtig ist, wenn die Rechtsprechung oder Verwaltungsmeinung klar ist. Darum sind Formfragen in BetriebsprÅfungen nicht unbeliebt und werden zu allererst geprÅft. Dies sollte die geprÅften Unternehmen veranlassen, peinlichst genau ihre organschaftlichen Formalia zu gestalten.

1 Rechtsprechung vor EinfÅhrung der HeilungsmÇglichkeit nach § 34 Abs. 10b nF KStG. 2 BFH v. 3.3.2010 – I R 68/09, GmbHR 2010, 661 = BFH/NV 2010, 1132 betreffend § 302 Abs. 3 AktG und BFH v. 22.12.2010 – I B 83/10, FR 2011, 524 = DB 2011, 212 betreffend § 302 Abs. 4 AktG bei Neuvertrgen ab 2006; SchÇneborn, DB 2010, 245. 3 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 KStG Rz. 208 mwN zur Rechtsprechung des BGH.

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7.15

Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

Allerdings ÅberprÅft die Verwaltung regelmßig nicht die zivilrechtliche Wirksamkeit des GAV. Denn dieser wird im Handelsregister eingetragen (§ 294 AktG) und dort auch ausgiebig auf seine handelsrechtlichen Voraussetzungen geprÅft. Insoweit geht die Verwaltung dann von der zivilrechtlichen Wirksamkeit aus. Im Folgenden werden exemplarisch einige formale PrÅfungsaufgriffe aus der praktischen Bp-Ttigkeit dargestellt. 2. Steuerliche Mindestlaufzeit eines GAV von 5 Zeitjahren

7.16 Problematisch ist in diesem Zusammenhang das rein steuerliche Erfordernis, den GAV nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG auf mindestens 5 Zeitjahre abzuschließen. Hier kommt es im Zusammenspiel zwischen den verbundenen Unternehmen, deren steuerlichen Beratern und dem beurkundenden Notar gelegentlich zu Abstimmungsschwierigkeiten, die im Ergebnis dazu fÅhren, dass die nur steuerlich notwendige 5-Jahresfrist auf Grund bedauerlicher Fehler nicht eingehalten wird. Dann wird in der Praxis versucht, Åber einen sog. Nachtragsvermerk des beurkundenden Notars gem. § 44a Beurkundungsgesetz die Organschaft zu „retten“. Nicht immer gelingt aber der Rettungsversuch. Beispiel: Gelungener Nachtragsvermerk Die Bp stellt bei der OG-GmbH im PrÅfungszeitraum 2009-2011 bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr folgenden Sachverhalt fest: Nach den Steuererklrungen der Gesellschaft bestehen seit 2010 umsatz- und ertragsteuerliche Organschaftsverhltnisse zur OT-AG. Bereits im August 2009 hat die OG einen Beherrschungs-und GewinnabfÅhrungsvertrag geschlossen, der im selben Monat notariell beurkundet wird. UrsprÅnglich wollten die Parteien die Organschaft fÅr den Zeitraum 2009-2013 beurkunden lassen; darauf basieren auch noch die VertragsentwÅrfe, die beim Notar eingereicht werden. Man kam jedoch spter – allerdings vor dem Notartermin – Åberein, die steuerliche Organschaft erst ab 2010 begrÅnden zu wollen. Dementsprechend wird der Notar vor dem Beurkundungstermin ausdrÅcklich gebeten, smtliche Daten im Vertragsentwurf um ein Jahr nach hinten zu schieben. Diesem Petitum kommt der Notar leider nur unvollstndig nach. So wird in § 2 des GAV die OG verpflichtet, erstmals fÅr ihr ab dem 1.1.2010 beginnendes Geschftsjahr den ganzen Gewinn an den OT abzufÅhren. Hier ersetzt der Notar den Beginn der AbfÅhrungsverpflichtung zutreffend handschriftlich vom 1.1.2009 auf den 1.1.2010. In § 5 des GAV unterbleibt fehlerhaft jedoch die erforderliche Anpassung. Dort heißt es: Nr. 2: „Der Vertrag wird wirksam mit der Eintragung in das Handelsregister der OG-GmbH und gilt – mit Ausnahme des Weisungsrechts nach § 1 – rÅckwirkend fÅr die Zeit ab 1.1.2009. Nr. 3: Dieser Vertrag kann erstmals zum Ablauf des 31.12.2013 unter Einhaltung einer KÅndigungsfrist von 6 Monaten gekÅndigt werden“. Der Vertrag wird im September 2009 im Handelsregister eingetragen und erstmals – wie von den Parteien gewollt – fÅr 2010 durchgefÅhrt. Die Bp war zunchst der Ansicht, dass die Laufzeit des Vertrages nur 4 Jahre betrage (1.1.2010-31.12.2013) und demzufolge gegen die Mindestlaufzeit von 5 Jahren verstoße. DemgegenÅber argumentiert die OG, dass man seinerzeit den Beginn der Organschaft um ein Jahr habe hinausschieben wollen und den Notar gebeten habe, alle Termine des Vertrages zu ndern. Die OG bittet den Notar, dies zu besttigen. Daraufhin fertigt der Notar einen Nachtragsvermerk nach § 44a BeurkG Anfang 2014. Dem Vermerk zufolge enthalten die Regelungen des § 5 eine offenbare Un-

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung richtigkeit. Nach dem im Termin bekundeten Willen der Parteien soll der GAV ab dem 1.1.2010 gelten und die erstmalige KÅndigungsmÇglichkeit zum 31.12.2014 mÇglich sein. Die entsprechende nderung in § 5 habe er versehentlich nicht Åbernommen. Das Versehen sei auch offensichtlich, denn ansonsten mache die vorgenommene nderung in § 2 keinen Sinn. Weiterhin erfolgt eine formale Richtigstellung durch den Notar. In diesem Fall kann der Nachtragsvermerk als inhaltliche Richtigstellung von der Bp akzeptiert werden, da anhand der Gesamtumstnde schlÅssig nachgewiesen wird, dass es sich tatschlich um ein Notarversehen handelt. Die Parteien hatten inhaltlich den GAV vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2014 abschließen wollen und dies auch so im Notartermin geußert. Es gilt hier der Grundsatz der „falsa demonstratio non nocet“ aus dem Recht der Vertragsauslegung nach § 133 BGB,1 wonach eine fehlerhafte Bezeichnung dann unschdlich ist, soweit sich fÅr das tatschlich Gemeinte im Vertrag oder den allgemein zugnglichen Quellen eindeutig Belege finden lassen.2 Hier lsst sich aus der handschriftlichen nderung des § 2 des Vertrages entnehmen, dass eine Verschiebung der Organschaft um ein Jahr nach hinten gewollt ist; das Versehen bei der Anpassung des Endtermins lag schlÅssig auf der Hand. Da mit dem Abschluss des GAV offensichtlich eine steuerliche Organschaft bezweckt ist und die Parteien und der Notar glaubhaft versichern, die Anpassung in § 5 sei versehentlich unterblieben, kann so eine Heilung durch den Nachtragsvermerk herbeigefÅhrt werden. In derartigen vergleichbaren Fllen eines Notarversehens wird die Bp sicherlich nicht kleinlich verfahren.

Liegt demgegenÅber ausschließlich ein BÅroversehen – beispielsweise des Steuerberaters oder der Firma – vor, den die Parteien notariell beurkunden lassen ohne dass dem Notar ein Versehen unterluft, kann auch ein Nachtragsvermerk nicht mehr helfen. Beispiel: Misslungener Nachtragsvermerk3 Die M-AG und ihre 100 %ige Tochter T-GmbH schließen im Jahre 2011 einen GAV, der mit der Eintragung in das Handelsregister in 2012 wirksam wird und vertraglich fÅr die Zeit ab dem 1.1.2012 gilt. Ausweislich des Vertragstextes, den ein Angestellter der M-AG entworfen hat, kann der Vertrag erstmals zum Ablauf des 31.12.2015 gekÅndigt werden. Der verantwortliche Mitarbeiter der Steuerabteilung hat den Vertragstext aus einem anderen – lteren – GAV der M-AG herauskopiert, dabei alle Angaben als Textbausteine gendert außer das Enddatum den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Erforderlich fÅr die steuerliche Anerkennung wre als frÅhestes Enddatum der 31.12.2016 gewesen. Der GAV wird von den Gesellschaften besttigt, der Zustimmungsbeschluss wird notariell beurkundet und ins Handelsregister eingetragen. Da die BetriebsprÅfung die Organschaft mangels 5-jhriger Mindestlaufzeit des GAV nicht anerkennt, trgt die M-AG vor, dass es sich um ein offensichtliches Versehen handele, welches unschdlich sei. Es sei sowohl aus den Umstnden auch als auch aus der Urkunde selbst heraus eindeutig, dass eine wirksame ertragsteuerliche Organschaft gewollt sei; dies sei auch dem Notar klar gewesen, der auf Betreiben der M-AG einen Nachtragsvermerk fertigt. An die Beurkundung selbst und die nheren Umstnde konnte sich der Notar nicht mehr erinnern.

1 Vgl. zu diesem zivilrechtlichen Grundsatz bei der Auslegung von Organschaftsvertrgen: BFH v. 23.1.2013 – I R 1/12, GmbHR 2013, 602 m. Anm. Walter = ZIP 2013, 1910. 2 BFH v. 28.11.2007 – I R 94/06, BFHE 220, 51 = FR 2008, 1075. 3 Nachgebildet: SchÇneborn, DB 2010, 246.

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7.17

Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive Die Bp kann den Nachtragsvermerk hier nicht akzeptierten und orientiert sich an den og. Grundstzen der BFH-Rechtsprechung.1 Der BFH stellt in seiner Rechtsprechung allein formal auf den Wortlaut des GAV ab, der als gesellschaftsrechtlicher Organisationsvertrag nur sehr begrenzt einer Auslegung zugnglich ist. Da derartige Vertrge ein kalendermßig klar bestimmtes Enddatum haben, kommt nach Ansicht des BFH ein Verstndnis dahingehend, dass ein anderer (spterer) Tag maßgeblich sei, nicht in Betracht. Insbesondere komme der offensichtlich abweichenden Vorstellung der Vertragsparteien, die eine mindestens 5-jhrige Laufzeit wollten, keine Bedeutung zu. Der BFH legt den GAV zum Schutze unbeteiligter Dritter – etwa potentiellen Anteilserwerbern oder der Finanzverwaltung – eng am Wortlaut aus, um eine einfache PrÅfung solcher Unternehmensvertrge zu ermÇglichen. Auf Grund dieser Rechtsprechung kann im Beispielsfall von einer verunglÅckten Organschaft ausgegangen werden. Auch der vorgelegte Nachtragsvermerk vermag daran nichts zu ndern. Zunchst ist zu prÅfen, ob tatschlich eine offenbare Unrichtigkeit aus Sicht des Notars vorliegt, denn Nachtragsvermerke sind fÅr die Finanzverwaltung steuerlich nicht ohne weiteres bindend.2 Die offenbare Unrichtigkeit ist vorliegend schon nicht gegeben, da der Notar angibt, „sich an die Sache Åberhaupt nicht mehr erinnern zu kÇnnen“. Unabhngig davon lsst das BFH-Urteil den zwingenden RÅckschluss zu, dass derartige Nachtragsvermerke zumindest dann kÇrperschaftsteuerlich irrelevant sind, wenn die offensichtliche Unrichtigkeit nicht nach objektivierbaren Kriterien erkennbar ist. Dies ist vorliegend auch gegeben, da der Fehler in der subjektiven Wahrnehmung der Parteien liegt. Anders als im Fall zuvor ist auch aus der Urkunde selbst heraus keine offenbare Unrichtigkeit zu erkennen.

3. Organtrgerfhigkeit

7.18 Dem Gesetz nach muss OT ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen sein; dh. es muss gewerbliche EinkÅnfte i.S.v. § 15 Abs. 2 EStG erzielen. Fraglich war bis zur Entscheidung des BFH v. 24.7.20133 (Rz. 6.5), ob die gewerbliche Bettigung des OT im gesamten Wirtschaftsjahr der OG erfolgen muss oder ob das Eintreten der Gewerblichkeit des OT auch unterjhrig geschehen kÇnne. Hier orientierte sich die Bp bisher stets am BMF-Schreiben v. 10.11.2005,4 welches die Gewerblichkeit fÅr das gesamte Jahr forderte. Beispiel: Die Bp prÅft die Jahre 2005 bis 2007 bei der S-GmbH sowie der S-KG. Im November 2005 erwirbt die S-KG den einzigen Geschftsanteil an der S-GmbH. Weiterhin wird im Dezember 2005 zwischen beiden Firmen ein Beherrschungs-und GewinnabfÅhrungsvertrag begrÅndet, der mindestens bis zum 31.12.2010 laufen soll. Die S-KG ist bis zum 1.3.2006 unstreitig ausschließlich vermÇgensverwaltend ttig, denn sie hlt lediglich den Anteil an der S-GmbH. Sie kauft von ihrer Tochtergesellschaft S-GmbH deren Geschftsbetrieb zum 1.3.2006 und verpachtet ihr diesen zurÅck. Damit begrÅndet sie als gewerbliche Verpchterin eine Betriebsaufspaltung

1 BFH v. 23.1.2013 – I R 1/12, GmbHR 2013, 602 m. Anm. Walter = ZIP 2013, 1910; v. 28.11.2007 – I R 94/06, BFHE 220, 51 = FR 2008, 1075. 2 AA Nadoushani, DStR 2009, 623, der ausfÅhrt, dass „die Finanzverwaltung den Nachtragsvermerk nicht ohne weiteres in Zweifel ziehen dÅrfte.“. 3 BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272 = GmbHR 2013, 1105. 4 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung und ist somit originr gewerblich ttig. Der BetriebsprÅfer war im Hinblick auf die Tz. 15, 16 und 21 des BMF-Schreibens vom 10.11.2005 der Ansicht, dies genÅge fÅr die Anerkennung der Organschaft in 2006 nicht. Denn in diesem Wirtschaftsjahr sei der OT nicht durchgehend gewerblich ttig. Dies schlgt dann auch noch auf die Anerkennung der Organschaft in den Folgejahren durch. Denn nach Verwaltungsauffassung (R 60 Abs. 2 S. 2 KStR) beginnt die FÅnfjahresfrist mit dem Anfang des Wirtschaftsjahres, fÅr das die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 1 KStG vorliegen. Dies sei der 1.1.2007. Da der GAV bis zum 31.12.2010 geschlossen wurde, liefe er nur noch vier Jahre und wre somit bis zu diesem Zeitpunkt steuerlich nicht anzuerkennen.

Das FG1 hatte die Klage gegen die Aberkennung der Organschaft fÅr 2006 noch zurÅckgewiesen und der Bp Recht gegeben. DemgegenÅber akzeptiert der BFH die Organschaft mit dem Bemerken, fÅr die ganzjhrige Gewerblichkeit des OT gebe das Gesetz nichts her. Voraussetzung sei nur, dass der OT zum Zeitpunkt der GewinnabfÅhrung gewerblich sei, was hier unstreitig der Fall ist. Somit fÅhrte diese Bp aus Sicht der Verwaltung zumindest zur Rechtsfortbildung und klrte den Meinungsstreit, welcher sich in der Literatur entzÅndet hatte.2 Eine ausdrÅckliche nderung des BMF-Schreibens aus 2005 in diesem Punkt3 hat bisher nicht stattgefunden. Durch die VerÇffentlichung des Urteils im Bundessteuerblatt hat sich die Verwaltung jedoch der Auffassung des BFH angeschlossen; die Gewerblichkeit des OT kann somit auch unterjhrig eintreten. 4. Finanzielle Eingliederung und mittelbare Beteiligungen blicherweise stellen mittelbare Beteiligungen, wenn sie durchgerechnet im Konzern zu 100 % dem OT zuzurechnen sind, kein Problem dar. Sie kÇnnen als OG taugliches Subjekt einer steuerlichen Organschaft mit der Muttergesellschaft sein (Abschn. 57 S. 2 KStR 2004 mit Verweis auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 KStG). Problematisch und strittig sind jedoch diejenigen Flle, in denen auf der Ebene der OG „durchgerechnet“ nicht mehr als 50 % Stimmrechte von Seiten des OT bestehen.

1 FG MÅnster v. 23.2.2012 – 9 K 3556/10 K,G, EFG 2012, 1589. 2 Vgl. zu den unterschiedlichen Auffassungen Rz. 14 und Rz. 15 des BFH, Urt. v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272 = GmbHR 2013, 1105. 3 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 21.

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7.19

Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

Dazu folgender Fall und folgende Beteiligungskonstellation:

Problematisch ist in dieser Konstellation die finanzielle Eingliederung der UE-GmbH, die direkt mit der M-AG eine ertragsteuerliche Organschaft eingehen mÇchte. Das Gesetz (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 KStG) enthlt hierzu keine ausdrÅckliche LÇsung. In der Literatur werden hierzu zwei LÇsungsanstze vertreten. Einmal die sog. „Durchrechnungsmethode“,1 wonach vorliegend die M-AG durchgerechnet an der UE-GmbH nur 28,8 % (80*60*60) der Stimmanteile hlt und somit eine finanzielle Eingliederung nicht gegeben sei. Dem scheint auch die Finanzverwaltung folgen zu wollen.2 Andererseits wird die sog. Additionsmethode von der wohl Åberwiegenden Literaturmeinung3 vertreten, die der M-AG smtliche Stimmanteile sowohl der T-GmbH (an der E-AG) als auch der E-AG an der UE-GmbH zurechnet, sofern es sich denn um eine Mehrheitsbetei1 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 138 f. mit Hinweis auf Beispiel 3 in KStR 57. 2 Abschn. 57 KStR 2004 „Finanzielle Eingliederung“ mit 3 Beispielsfllen und BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 = FR 2003, 981 Rz. 13 f. Das vorliegende Problem wird zwar nicht explizit angesprochen, jedoch kann man Beispiel 3 zu R 57 KStR 2004 entnehmen, dass die Verwaltung „durchrechnet“. 3 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 236 ff. (Stand: 7/2014); Prinz, FR 2000, 1255; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 127 (Stand 8/2014).

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

ligung auf jeder Stufe handelt. Somit wÅrden der M-AG hier vermittels ihrer Mehrheitsbeteiligung an der T-GmbH die mittelbare Mehrheitsbeteiligung der E-AG an der UE-GmbH von 60 % zugerechnet. Demnach wre nach dieser Ansicht die finanzielle Eingliederung gegeben. ME spricht fÅr die Åberwiegende Literaturansicht der Sinn und Zweck des Gesetzes, dass der OT mittels seiner EinflussmÇglichkeit auf die OG dort seinen geschftlichen Willen durchsetzen kann. Dies erfordert keine durchgerechnete Mehrheitsbeteiligung bis ins letzte Glied, sondern ununterbrochene Mehrheitsbeteiligungen in der Kette. Außerdem fordert der Gesetzeswortlaut in § 14 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 KStG nur die BerÅcksichtigung der Mehrheit der Stimmrechte an jeder vermittelnden Gesellschaft und nicht die durchgerechnete Mehrheit an der OG. Somit kann mE im oben beschriebenen Fall eine Organschaft zwischen der M-AG und der UEGmbH wirksam begrÅndet werden. 5. Einbeziehung des § 302 AktG im GmbH-Konzern Im GmbH-Konzern ist die vertragswirksame Einbeziehung des § 302 AktG nach § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG notwendig. Dies galt sowohl fÅr die Gesetzesfassung bis zum 27.2.2013 als auch danach. Bis zur nderung durch das „Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts“ vom 20.2.20131 forderte die Vorschrift eine „VerlustÅbernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG“. Seit der nderung erfordert das Gesetz den sog. dynamischen Verweis, dh. es ist eine VerlustÅbernahme entsprechend § 302 AktG „in seiner jeweils gÅltigen Fassung erforderlich“. Smtliche Organschaften, die – wie von der Verwaltung gebilligt2 – einen Pauschalverweis auf § 302 AktG in ihren GewinnabfÅhrungsvertrgen tragen, waren und sind von der Problematik nicht betroffen. Jedoch gab es in der Praxis eine Vielzahl von Fllen, die nicht einen derartigen Pauschalverweis hatten, sondern hufig nur auf § 302 Abs. 1 AktG verwiesen bzw. diesen wÇrtlich wiederholten. Zudem kam seit Anfang 2006 bei gnzlich neu abgeschlossenen Vertrgen noch das Erfordernis der Bezugnahme auf § 302 Abs. 4 AktG hinzu,3 was ebenfalls hufiger Åbersehen wurde. Dies nicht zuletzt auf Grund veralteter Musterformulare. Außerdem legte die Finanzverwaltung bestimmte Formulierungen, die zwar den § 302 AktG als Vorschrift pauschal in Bezug nahm, dann aber wÇrtlich nur den Abs. 1 wiederholte, als nicht regelkonform aus4 und verwarf somit aus der eigentlichen „Formalie“ § 17 KStG heraus eine Vielzahl von Organschaften. Dies wurde von Seiten der Beraterschaft5 – nicht ganz zu Unrecht – weitgehend als unbillig empfunden. Dem Petitum, fehlerhafte GAV mittels einer Heilungs1 2 3 4

BGBl. I 2013, 285. Abschn. 66 Abs. 3 S. 3 KStR 2004. BMF v. 16.12.2005 – IV B 7 - S 2770 - 30/05, BStBl. I 2006, 12 = FR 2006, 193. Gemeinsame VerfÅgung der Oberfinanzdirektionen Rheinland und MÅnster v. 12.8.2009 – S 2770 - 1015 - St 131, BB 2010, 101. 5 RÇdder, DStR 2010, 1218.

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7.20

Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

mÇglichkeit fÅr die zurÅckliegende Zeit zu exculpieren, ist der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG und insbesondere die bergangsregelung in § 34 Abs. 10b KStG entgegengekommen. Demnach bedarf es nunmehr in Neuvertrgen eines sog. dynamischen Verweises. Wird ein solcher bis zum 31.12.2014 in einem bisher nicht ausreichenden Vertrag nachgeholt, so wirkt der Verweis zurÅck fÅr alle noch nicht bestandskrftigen Jahre, sofern in diesen Jahren bei einem Verlust der OG eine VerlustÅbernahme tatschlich erfolgt ist. Endet die Organschaft vor dem 1.1.2015, bedarf es auch keiner nderung des Vertrages mehr. Die Anpassung an die aktuelle Gesetzeslage gilt außerdem – fÅr Zwecke der 5-Jahresfrist – nicht als Neuabschluss des GAV. Es sind somit folgende Szenarien denkbar: Altvertrag mit dy- Altvertrag, der bis zum 1.1.2015 ennamischen, paudet schalen oder ausreichendem wÇrtlichen Verweis auf § 302 AktG

Altvertrag, der bis- Neuvertrag ab her den Bezug auf 27.2.2013 § 302 AktG nicht erfÅllte

Keine Anpassung erforderlich

Anpassung an dy- Dynamischer Vernamischen Verweis weis erforderlich bis zum 31.12.2014

Keine Anpassung erforderlich

Im Jahre 2014 wurden bei den Finanzmtern die genderten Altvertrge mit der erforderlichen Anpassung eingereicht. Sollte es in Fllen mit bisher mngelbehafteten Vertrgen bis dato nur zu abgefÅhrten Gewinnen – und nicht zur VerlustÅbernahme – gekommen sein, so kommt mE ebenfalls eine HeilungsmÇglichkeit in Betracht. Denn das Gesetz fordert nur eine rechtlich bindende VerlustÅbernahmebereitschaft.1 ZukÅnftiger PrÅfungsschwerpunkt wird demnchst die Wirksamkeit derartiger Anpassungsvereinbarungen sein. Dies wird sich allerdings frÅhestens ab dem Jahr 2016 ergeben, da dann das Jahr 2014 erstmals in die PrÅfung gert.

7.21 Anzuraten ist den Unternehmen auch die Anpassung solcher Altvertrge bis 2006, die – mangels Gesetzesvorschrift zum damaligen Zeitpunkt – keinen Hinweis auf § 302 Abs. 4 AktG haben konnten. Zwar erfÅllen sie nach Verwaltungssicht als Altvertrag die Formvoraussetzungen;2 jedoch ist der BFH hier anderer Auffassung.3 Er ist der Ansicht, dass auch solche Altvertrge angepasst werden mÅssten. Es besteht somit die Gefahr, dass bei einem Streit Åber die Organschaft aus irgend einem anderen Grund der aus Sicht des BFH fehlerhafte Alt-GAV, den die Finanzverwaltung nicht beanstandet hat, in einen Finanzrechtsstreit „gert“ und dann der Prozess mit Hinweis auf die fehlende Anpassung an § 302 Abs. 4 AktG 1 Olbing, GmbH-StB 2013, 154 (157). 2 Siehe BMF v. 16.12.2005 – IV B 7 - S 2770 - 30/05, BStBl. I 2006, 12 = FR 2006, 193: Die Verwaltung beanstandet das Fehlen von § 302 Abs. 4 AktG in derartigen Fllen nicht. 3 BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272 = FR 2014, 28.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

aus Sicht des Unternehmens verloren geht. Auch derartige Anpassungen von GAV fÅhren entsprechend § 34 Abs. 10b S. 4 KStG nicht zu einem Neubeginn der 5-Jahresfrist nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KStG. Sie werden zwar – zumindest nach Ansicht der Verwaltung – nicht unmittelbar vom Wortlaut der bergangsvorschrift umfasst, mÅssen jedoch vom Telos der Norm als mitumfasst gesehen werden. 6. nderung einer gesondert und einheitlichen Gewinnfeststellung fÅr die OG, wenn der OT bereits bestandskrftig veranlagt wurde Bekanntlich hatte der KÇrperschaftsteuerbescheid gegenÅber der OG bisher1 keine Grundlagenfunktion fÅr den Steuerbescheid des OT.2 Somit ergibt sich bis einschließlich dem Veranlagungszeitraum 2013 folgendes nderungsproblem, welches sehr hufig in BetriebsprÅfungen auftauchte. Beispiel: Die BetriebsprÅfung bei der Organschaft der M-AG (OT) ist fÅr die Jahre 2009 bis 2011 Ende 2013 abgeschlossen und „schlussbesprechungsreif“. Die Organgesellschaft T-GmbH ist als Kommanditistin noch zu 30 % an der X-GmbH und Co. KG beteiligt, die – mangels KonzernzugehÇrigkeit zur M-AG – von einer anderen BpStelle geprÅft wird. Die dortige Bp hat noch nicht angefangen. Die Steuerabteilung der M-AG drngt auf einen Bp-Bericht und die Erstellung endgÅltiger Steuerbescheide, um Rechtssicherheit zu erlagen. Die Bp mÇchte demgegenÅber erst noch den Bericht hinsichtlich der KG abwarten, um diesen „verfahrensfest“ in die Feststellungen bei der M-AG einarbeiten zu kÇnnen.

In solchen Fllen bestand bisher das verfahrensrechtliche Problem, dass bei endgÅltiger Veranlagung des OT (hier der M-AG) und des damit einhergehenden Aufhebung des Vorbehalts der NachprÅfung nach § 164 AO, eine nderung des zuzurechnenden Einkommens der OG (hier der T-GmbH) auf Grund deren genderten BeteiligteneinkÅnfte (aus der X-GmbH & Co. KG) formell nicht mehr beim OT einbezogen werden durfte. Zwar konnte noch der Steuerbescheid der OG gendert werden, da hier die Grundlagenfunktion des Feststellungsbescheides nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO fÅr diesen Steuerbescheid gilt. Jedoch schlgt die nderung bei der T-GmbH (OG) bei bereits bestandskrftigem Steuerbescheid des OT nicht mehr „nach oben“ durch, da der Steuerbescheid gegenÅber der OG keine Grundlagenfunktion fÅr den Steuerbescheid des OT hatte. Die fehlende nderungsmÇglichkeit kann je nachdem, ob aus der KG-Beteiligung ein Gewinn oder Verlust resultiert, zugunsten respektive zuungunsten des Organkreises wirken. Diese Situation wurde sowohl von Seiten der Konzerne als auch von Seiten der Finanzverwaltung als misslich empfunden und hat letztlich (mit) zur EinfÅhrung des neuen Feststellungsverfahrens nach § 14 Abs.5 KStG gefÅhrt.

1 Bis zum 31.12.2013 mit der EinfÅhrung des neuen Feststellungsverfahrens. 2 BFH v. 29.1.2004 – I R 84/03, BStBl. II 2004, 539 = GmbHR 2004, 979; v. 6.3.2008 – IV R 74/05, BStBl. II 2008, 663 = FR 2009, 45.

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7.22

Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

7.23 In der Praxis hat man sich, sofern kein „gentlements agreement“ Åber eine noch vorzunehmende nderung – trotz endgÅltiger Auswertung beim OT – vereinbart wurde (was verfahrensrechtlich natÅrlich nicht bindend sein kann), damit beholfen, den Steuerbescheid beim OT bis zum Abschluss der Bp bei der nachgeordneten Personengesellschaft offen zu halten. Es gab somit in der Praxis nur zwei, fÅr alle Beteiligten unbefriedigende LÇsungsmÇglichkeiten. Entweder man „verstndigte“ sich auf eine – gesetzlich an sich nicht gegebene – nderungsmÇglichkeit beim OT oder man ließ den ganzen Steuerfall offen bis zum Abschluss der letzten Untergesellschaft (hier der X-GmbH & Co. KG). Beides ist nicht unproblematisch, denn in beiden Fllen setzt sich die Praxis – mangels gesetzlicher Alternativen – Åber zwingende Verfahrensvorschriften hinweg. Im letzteren Fall wurde der Vorbehalt der NachprÅfung regelmßig so lange beim OT stehen gelassen, bis auch die Bp bei der nachgeordneten KG abgeschlossen wurde. Dies ist deswegen kritisch, da der Vorbehalt aufzuheben ist, sobald der Steuerfall – und dies ist der Organkreis an sich – abschließend geprÅft worden ist (vgl. § 164 Abs. 2 S. 3 AO). Auf die PrÅfung der unter der OG hngenden KG kann es nicht ankommen, zumal der Gesetzgeber diese „LÅcke“ gelassen und trotz Kenntnis davon jahrelang keine Gesetzesnderung vorgenommen hat.

7.24 Das beschriebene Problem hat sich nunmehr durch die EinfÅhrung des neuen Feststellungsverfahrens nach § 14 Abs. 5 KStG ab 2014 erledigt. Denn in dem oben beschriebenen Beispielsfall greifen verfahrensrechtlich unproblematisch zwei Feststellungsverfahren ineinander. Die bei der KG genderte Feststellung ndert auch die Feststellung des zuzurechnenden Einkommens der OG, so dass – trotz Bestandskraft der Veranlagung des OT – bei diesem noch eine nderung vorgenommen werden kÇnnte. Zu beachten ist allerdings, dass die Regelung erst ab dem Veranlagungszeitraum 2014 greift und „alte“ Jahre somit noch einvernehmlich abgeschlossen werden sollten.

IV. PrÅfungsaufgriffe im Bereich der materiellen Fragen der Organschaft 1. Hauptproblemfelder

7.25 Hat die Organschaft die Klippe der formalen Anforderungen gemeistert, kommt das „materielle“ Recht zum Zuge. PrÅfungsaufgriffe der Bp im Bereich der materiellen Fragen der Organschaft kÇnnen mannigfalter Natur sein. Hierbei ist hufig das Problem, ob der GAV wirksam durchgefÅhrt wurde. Weiterhin geht es um die zutreffende Bildung von GewinnrÅcklagen oder Fehler bei Ausgleichszahlungen an Außenstehende. BetriebsprÅfungen verursachen regelmßig steuerliche Bilanzkorrekturen, die zu Mehr- und MinderabfÅhrungen i.S.v. § 14 Abs. 3 und 4 KStG fÅhren. Ob diese vororganschaftlich oder innerorganschaftlich verursacht sind, ist dann die Folgefrage. Schließlich stehen im Fokus des BetriebsprÅfers auch

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

immer Verlustfragen (§ 8c KStG, § 10a GewStG) sowie die PrÅfung von stillen Gesellschaften im Zusammenhang mit einer Organschaft. Auch verdeckte GewinnausschÅttungen innerhalb einer Organschaft kÇnnen Auswirkungen zeitigen. Besonderes Augenmerk verdienen insbesondere rein gewerbesteuerliche Fragen, die mit dem Bedeutungszuwachs der Gewerbesteuer – im Verhltnis zur KÇrperschaftsteuer – seit 20081 vermehrt in den Fokus der Bp gelangen. 2. Die DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrages a) Ausgangsproblem: Zeitnahe DurchfÅhrung Die tatschliche DurchfÅhrung des GAV ist Wirksamkeitsvoraussetzung fÅr die Anerkennung durch die Bp nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG. Auf Grund der nderungen durch die sog. „Kleine Organschaftsreform“2 wird ein Aufgriff bei handelsrechtlichen Bilanzierungsfehlern auf Grund der HeilungsmÇglichkeit des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 KStG nur noch sehr eingeschrnkt mÇglich sein (Rz. 7.33 ff.). In der Praxis der BetriebsprÅfung bleibt in Zukunft als zentrales PrÅfungsfeld die Thematik „tatschliche DurchfÅhrung des GAV“. Die Kernfrage ist hier, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form OG und OT ihre Verpflichtungen aus der Organschaft erfÅllen mÅssen. Diese Frage ist auch durch die Reform nicht konkretisiert worden, so dass sich an der Rechtslage nichts gendert hat. Da es auch keine eindeutigen Verwaltungsmeinungen oder Rechtsprechung hierzu gibt, bietet diese Frage einiges an Streitpotential mit einer Bp. Ausgangsbeispiel: Die OG-GmbH erzielt im Jahre 2012 – vor AbfÅhrung – einen handelsrechtlichen JahresÅberschuss von 1 Mio. Euro. Die Handelsbilanz wird am 2.4.2013 festgestellt und es wird eine AbfÅhrungsverbindlichkeit gegenÅber der OT-AG iHv. 1 Mio. Euro ausgewiesen. In der Handelsbilanz der OT-AG wird eine Forderung auf GewinnabfÅhrung von 1 Mio. Euro bilanziert. Die OG-GmbH erfÅllt ihre AbfÅhrungsverpflichtung durch Barzahlung von 1 Mio. Euro am 1.7.2014; mithin mehr als ein Jahr nach Aufstellung ihrer Handelsbilanz. Alternative: Anstatt eines JahresÅberschusses erzielt die OG-GmbH einen Jahresfehlbetrag iHv. 1 Mio. Euro. Im Åbrigen wie vor. Der Ausgleich des Fehlbetrages erfolgt durch die OT-AG durch Barzahlung am 1.7.2014.

1 Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007 BGBl. I 2007, 1912; zuletzt gendert durch Art. 16 des Gesetzes v. 20.12.2008, BGBl. I 2008, 2850 wurde der KÇrperschaftsteuersatz von 25 % auf 15 % abgesenkt, so dass die Gewerbesteuer in ihrer Bedeutung gegenÅber der KÇrperschaftsteuer erheblich zugenommen hat. Dies drÅckt sich auch im Aufkommen aus. In 2013 lag das Aufkommen aus der Gewerbesteuer bei ca. 43 Mrd. Euro, an KÇrperschaftsteuer fielen „nur“ 19,5 Mrd. Euro an, Quelle: „Steuerspirale“ des BMF. 2 „Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts“, BGBl. 2013, 285; s. dazu auch: Prinz, GmbHR 6/2013, R 81.

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7.26

7.27

Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive Die Bp beanstandet in beiden Fllen die rechtzeitige DurchfÅhrung des GAV und ist der Meinung, dass durch den tatschlichen Ausgleich mehr als ein Jahr nach Aufstellung der Handelsbilanzen die Organschaft verunglÅckt sei. Die Steuerabteilung des Konzerns ist der Ansicht, dass die korrespondierende Buchung als Verbindlichkeit und Forderung bei den Gesellschaften fÅr die rechtzeitige DurchfÅhrung genÅge.

Die Flligkeit der AnsprÅche auf VerlustÅbernahme bzw. GewinnabfÅhrung hat auf die Frage der tatschlichen DurchfÅhrung keine Auswirkung. Whrend der VerlustÅbernahmeanspruch bereits zum Bilanzstichtag fllig wird,1 wird der Anspruch auf GewinnabfÅhrung nach wohl hM erst mit dem Beschluss zur Feststellung des Jahresabschlusses der OG fllig.2 Nach aA entsteht auch dieser Anspruch, wie der Anspruch auf Verlustausgleich, bereits am Bilanzstichtag.3 Entscheidend ist hier die Frage, wann der tatschliche Vollzug der AnsprÅche nach Flligkeit zu erfolgen hat. Nach der wohl Åberwiegenden Auffassung in der Literatur genÅgt fÅr die zeitnahe DurchfÅhrung bereits die korrespondierende Buchung als Verbindlichkeit und Ertrag in der Handelsbilanz von OG und OT. Ein tatschlicher Ausgleich habe nicht zeitnah zu erfolgen. Lediglich bei Beendigung der Organschaft mÅssten dann die AnsprÅche erfÅllt werden.4 Wollte man rein rechtspositivistisch argumentieren, so kÇnnte man vorbringen, dass die Vorschrift des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KStG sich zu dieser Frage nicht explizit ußert und somit zugunsten der betroffenen Firmen das geringst mÇgliche Erfordernis genÅgen muss. Dann wre ein Ausgleich zum Zeitpunkt der Beendigung der Organschaft ausreichend.5 Nach anderer Auffassung genÅgen fÅr eine ordnungsgemße DurchfÅhrung des GAV nicht allein die Buchungen, sondern es muss eine zeitnahe tatschliche ErfÅllung in angemessener Frist dazu treten.6 Dieses Verstndnis ergibt sich aus einer teleologischen Auslegung der Vorschrift. Die Finanzverwaltung hat sich weder in den KÇrperschaftsteuerrichtlinien noch anderweitig bisher offiziell zu dieser Problematik geußert. Allerdings dÅrfte in weiten Teilen der Finanzverwaltung hier eher die LÇsung favorisiert werden, dass der Ausgleich innerhalb einer angemessenen Frist nach Ablauf des Steuerjahres zu erfolgen habe. Diese LÇsung ist mE auch zutreffend. Denn die Buchung zivilrechtlich entstandener Forderungen und Verbindlichkeiten ist bereits handelsrechtlich nach dem Vollstndigkeitsgebot nach § 246 Abs. 1 S. 1 HGB vorgeschrieben. Hierzu htte es nicht einer eigenstndigen Regelung in § 14 KStG bedurft. Auch die Auslegung des Wortes „DurchfÅhrung“ legt ein tatschliches Handeln 1 BGH v. 14.2.2005 – II ZR 361/02, GmbHR 2005, 628 = DB 2005, 937. 2 BFH v. 22.4.1964 – II 246/60, BStBl. III 1964, 334; Sterner in HHR, § 14 KStG Anm. 204 (Stand Mai 2006); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 649. 3 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 317. 4 Baldamus, Ubg 2009, 484 (491); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG, Rz. 450. 5 So Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG, Rz. 450. 6 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 317; Suchanek/Herbst, FR 2005, 665; Neumann, vGA und verdeckte Einlagen2, S. 351.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

der Beteiligten nahe, welches nicht in die ferne Zukunft geschoben werden kann. Somit kommt nach der hier vertretenen Auffassung nur ein tatschlicher, zeitnaher Ausgleich in Betracht. Zwischenergebnis: Allein die Buchungen genÅgen nicht fÅr die DurchfÅhrung des GAV; erforderlich ist die tatschliche DurchfÅhrung auf Grund der Zahlung vom 1.7.2014. Fraglich ist nunmehr, ob diese Zahlung rechtzeitig erfolgte. Wie lang die Zeitspanne zwischen Ermittlung des Ergebnisses bei der OG und dessen tatschlicher AbfÅhrung bzw. dem Ausgleich zu sein hat, wird in der Literatur – sofern sie denn Åberhaupt von einem zeitnahen tatschlichen Ausgleich ausgeht – unterschiedlich beurteilt. Die Finanzverwaltung hat bisher offiziell keine Frist vorgegeben. In der Literatur wird gemeinhin eine Frist zwischen 3 Monaten und einem Jahr fÅr angemessen gehalten.1 ME scheint ein Jahr zwischen Aufstellung der Bilanz der OG und tatschlichem Ausgleich durchaus eine angemessene Frist zu sein. Hier bietet sich argumentativ ein RÅckgriff auf die Grundstze des BFH zur PrÅfung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung bei der Auszahlung von Tantiemen bzw. jhrlichen Sonderzahlungen an beherrschende Gesellschafter-GeschftsfÅhrer an. Denn es handelt sich um eine vergleichbare Situation. Auch in derartigen Fllen geht es um die Frage, ob bei einer jhrlichen Einmalzahlung die DurchfÅhrung noch zeitnah erfolgt. Dabei hat die Rechtsprechung sptestens 12 Monate nach Flligkeit des Anspruchs die Auszahlung bzw. ein ErfÅllungssurrogat verlangt.2 Vorliegend beginnt die 12-Monatsfrist mit dem Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz der OG, da erst ab diesem Zeitpunkt die genaue HÇhe der Ausgleichsverpflichtung bekannt ist.

7.28

LÇsung zum Ausgangsbeispiel und zur Alternative: In beiden Fllen erfolgt die GewinnabfÅhrung bzw. der Verlustausgleich spter als 12 Monate nach Erstellung der Handelsbilanz der OG. Folglich ist die Organschaft fÅr das Jahr 2012 verunglÅckt. Eine anderweitige Korrektur ist nicht mÇglich. b) Abwandlung Novation: Einen Tag nach Aufstellung der Handelsbilanzen wandeln OG und OT den GewinnabfÅhrungsanspruch der OT-AG in ein unverzinsliches Darlehn von Seiten des OT um.

Die Novation ist ein gngiges Gestaltungsmittel zur DurchfÅhrung der AbfÅhrungsverpflichtung, welches die Finanzverwaltung anerkennt. Diese fÅhrt zum ErlÇschen des ursprÅnglichen Anspruchs auf GewinnabfÅhrung. Insoweit liegt eine Leistung an ErfÅllungs Statt nach § 364 Abs. 1 BGB vor; der Glubiger hat damit Åber seine bisherige Forderung 1 Siehe Suchanek/Herbst, FR 2005, 665 (666). 2 BFH v. 28.7.1993 – I B 54/93, GmbHR 1994, 416 = BFH/NV 1994, 345.

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7.29

Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

verfÅgt und ist so zu behandeln, als sei ihm der Geldbetrag zugeflossen und dem Schuldner sofort wieder als Darlehn zurÅckgewhrt worden.1 Somit fÅhrt die Novation zur ErfÅllung des ursprÅnglichen Anspruchs aus dem GAV und damit zur DurchfÅhrung.2 Fraglich ist weiterhin, ob die Unverzinslichkeit des Darlehns schdlich fÅr die ErfÅllungsfiktion ist; mithin, ob das Darlehn zu fremdÅblichen Konditionen hingegeben werden muss. Dies betrifft insbesondere Sicherheiten und angemessene Zinskonditionen. Nach einer Literaturauffassung bedarf es der FremdÅblichkeit, da andernfalls eine ernstgemeinte DurchfÅhrung nicht vorliege.3 Nach anderer Meinung sind fremdÅbliche Konditionen bei der Novation nicht erforderlich.4 Diese Auffassung ist mE zutreffend, denn bei unangemessener Verzinsung sind alleine die Grundstze der verdeckten GewinnausschÅttung heranzuziehen.5 Auch der BFH verlangt in Konzernfllen fÅr die Beurteilung der FremdÅblichkeit von Darlehn nicht deren Besicherung.6 LÇsung Abwandlung Novation: Die Umwandlung in ein Darlehnsverhltnis genÅgt fÅr eine ErfÅllung des GewinnabfÅhrungsanspruchs. Dasselbe gilt, wenn die Buchung klar und eindeutig auf einem Gesellschafterverrechnungkonto erfolgt7 oder ein Guthaben auf die liquiden Mittel eines Cash-Pools generiert wird.8 c) Abwandlung Novation und Werthaltigkeit:

7.30 Der VerlustÅbernahmeanspruch der OG-GmbH gegenÅber der OT-AG wird unmittelbar nach Aufstellung der Handelsbilanzen in ein Darlehnsverhltnis umgewandelt. Die OT-AG befindet sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und wre nicht in der Lage, den Anspruch der OG-GmbH tatschlich zu erfÅllen. Allerdings gibt der Anteilseigner der OT-AG, die Y-GmbH, eine voll werthaltige Patronatserklrung zugunsten des OT ab.

Problematisch ist bei fehlender Werthaltigkeit, dass insoweit keine tatschliche VerfÅgung der OG vorliegt. Aus steuerlicher Sicht ist somit der Verlustausgleichsanspruch der OG aus § 302 Abs. 1 AktG nicht erloschen.9 Wird jedoch durch den Anteilseigner des OT eine werthaltige Sicherheit fÅr den VerlustÅbernahmeanspruch abgegeben wie eine BÅrgschaft, Garantie- oder Patronatserklrung, so fÅhrt dies zur wirksamen 1 BFH v. 10.7.2001 – VIII R 35/00, BStBl. II 2001, 646 = FR 2001, 958. 2 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 321; Wernicke/Scheunemann, DStR 2006, 1399. 3 Melan/Karrenbrock, FR 2009, 757 (760) fÅr den Verlustausgleichsanspruch der OG. 4 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 201 mwN. 5 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 201. 6 BFH v. 21.12.1994 – I R 98/93, BStBl. II 1995, 419 = FR 1995, 418. 7 FG DÅsseldorf v. 27.3.2007 – 3 K 4024/05 F, EFG 2007, 1104; DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 210b. 8 Suchanek/Herbst, FR 2005, 665 (669). 9 Suchanek/Herbst, FR 2005, 665 (668); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 210a.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

DurchfÅhrung der Novation, da nunmehr der Anspruch wieder als werthaltig anzusehen ist. LÇsung Abwandlung Novation und Werthaltigkeit: Auf Grund der Patronatserklrung ist die Darlehnsforderung der OG-GmbH als werthaltig anzusehen und die Novation somit wirksam. d) Abwandlung Pfndung und Stundung des Verlustausgleichsanspruchs: Der Verlustausgleichsanspruch der OG-GmbH wird unmittelbar nach der Aufstellung der Handelsbilanz durch einen Glubiger gepfndet. Alternativ: Die OG-GmbH stundet den Anspruch auf zwei Jahre gegen angemessenen Zins.

7.31

Auf Grund der Pfndung muss der Schuldner, die OT-AG, nicht an seinen Glubiger die OG-GmbH, sondern an den pfndenden Dritten zahlen. Somit kann die Schuld nicht mehr gegenÅber der OG durch Zahlung oder ErfÅllungssurrogat ausgeglichen werden. Auf Grund dessen scheidet die tatschliche DurchfÅhrung des GAV i.S.v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG aus.1 Dasselbe gilt fÅr Stundungen. Diese sind bereits zivilrechtlich nicht wirksam und somit auch steuerlich nicht anzuerkennen.2 Im Åbrigen bewirkt eine Stundung zivilrechtlich -anders als die Zahlung oder die Novation- nicht das ErlÇschen des Anspruchs. Die OG verfÅgt nicht Åber ihren Anspruch, sondern er bleibt in seiner ursprÅnglichen Form bestehen. Dass die Stundung wirtschaftlich wie ein Darlehn wirkt, macht sie rechtlich noch nicht zu einem Darlehn. Dies gilt sowohl fÅr den Anspruch auf GewinnabfÅhrung wie auch fÅr denjenigen auf Verlustausgleich. LÇsung: Sowohl im Falle der Pfndung als auch der Stundung liegt keine wirksame DurchfÅhrung des GAV vor. e) Abwandlung Forderungsverzicht:

7.32

Die OT-AG verzichtet auf ihren Anspruch auf GewinnabfÅhrung aa) unmittelbar nach Aufstellung der Handelsbilanzen, alternativ bb) nach Novation auf ihren Darlehnsanspruch. Die Absicht zum Verzicht bestand bereits vor der Novation.

Der Verzicht auf den Anspruch aus dem GAV ist grundstzlich schdlich und fÅhrt zur Nichtanerkennung der Organschaft mangels DurchfÅhrung. Dies gilt gleichermaßen fÅr den Anspruch aus der GewinnabfÅhrung wie auch aus der VerlustÅbernahme.3 Wird der GewinnabfÅhrungsanspruch aber zunchst erfÅllt und zeitnah wieder in die OG eingelegt, sog. „FÅhr1 FG MÅnchen v. 18.3.1998 – 1 K 1214/91, GmbHR 1998, 1096 = EFG 1998, 1155. 2 Suchanek/Herbst, FR 2005, 665 mwN. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 212.

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Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

ab-hol-zurÅck-Verfahren“,1 so steht dies der DurchfÅhrung nicht entgegen. Liegt jedoch ein schdlicher Gesamtplan dergestalt vor, dass bereits zuvor die RÅckzahlung der abgefÅhrten Gewinne vereinbart wurde, so stellt auch dieses – grundstzlich zulssige – Verfahren keine tatschliche DurchfÅhrung dar.2 Hinsichtlich des Verlustausgleichsanspruchs ist zwar nach § 302 Abs. 3 AktG ein Verzicht der OG nach Ablauf von 3 Jahren nach Beendigung des GAV zivilrechtlich zulssig, doch ndert dies nichts daran, dass es steuerlich insoweit an der DurchfÅhrung des GAV mangelt und der Verzicht in den ersten fÅnf Jahren zur rÅckwirkenden Nichtanerkennung der Organschaft fÅhrt. Diese Rechtsfolge wird auch von der Ansicht gezogen, nach welcher der Anspruch aus dem GAV nicht angemessen zeitnah erfÅllt werden muss, sondern erst sptestens bei Beendigung der Organschaft.3 LÇsung Forderungsverzicht: In beiden Fllen liegt keine wirksame DurchfÅhrung vor. Zwar wurde im Fall bb) zunchst eine wirksame Novation durchgefÅhrt. Da diese jedoch auf einem schdlichen Gesamtplan grÅndet, kann sie von der Bp wie ein unmittelbarer Verzicht gewertet werden. 3. Fehlerhafte Bilanzanstze als DurchfÅhrungsmngel a) Seltene Flle der Nichtigkeit des Jahresabschlusses

7.33 Durch die gesetzliche Neuregelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 und 5 KStG haben sich viele Bp-Aufgriffe erledigt, die bisher vor allem an „formellen“ Bilanzierungsfehlern festgemacht wurden. Das Vorliegen dieser Korrekturnorm, die es in allen offenen Veranlagungszeitrumen und somit auch in laufenden BetriebsprÅfungen ermÇglicht, handelsrechtliche Bilanzierungsfehler zu korrigieren, wird in Zukunft bei bilanziellen Beanstandungen von Seiten der Bp einen PrÅfungsschwerpunkt bilden. Zwar greift diese Vorschrift nicht bei nichtigen JahresabschlÅssen, sondern „nur“ bei fehlerhaften. Derartige besonders schwerwiegende Fehler, die gem. § 256 AktG4 zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses fÅhren, bilden in der Praxis jedoch die Ausnahme. Es sind im Wesentlichen besonders schwerwiegende Bilanzierungsfehler (§ 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG) oder eine unterbliebene gesetzlich vorgeschriebene AbschlussprÅfung nach HGB (Abs. 1 Nr. 2). Zudem werden die meisten NichtigkeitsgrÅnde, bis auf die komplett unterbliebene AbschlussprÅfung, nach § 256 Abs. 6 AktG durch Zeitablauf prkludiert. Aus der ursprÅnglich nichtigen Bilanz wird dann wiederum eine „nur“ fehlerhafte Bilanz, die nach og. Vorschrift heilbar ist. Denkbar als verbleibender Nichtigkeitsgrund ist somit allein die versehentlich unterlassene AbschlussprÅfung der OG; etwa auf Grund unzu-

1 2 3 4

Neumann, vGA und verdeckte Einlagen, S. 351. Neumann, vGA und verdeckte Einlagen, S. 351. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 459. Baldamus, Ubg 2009, 484 (486).

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

treffender Einstufung nach den gesetzlichen GrÇßenklassen des § 267 HGB. b) Unterbliebene Verrechnung des vororganschaftlichen Verlustvortrages nach § 301 AktG „Vergessene“ Verrechnung mit dem vororganschaftlichen Verlustvortrag: Die OGGmbH hat aus vororganschaftlicher Zeit 01 einen Verlustvortrag von 10.000 Euro. Im ersten Jahr der Organschaft in 02 erzielt sie einen JahresÅberschuss vor AbfÅhrung von 1 Mio. Euro. Diesen fÅhrt sie in vollem Umfang an den OT ab, indem sie ihm den Betrag auf dem Verrechnungskonto gutschreibt. Der Jahresabschluss sowohl der OG als auch des OT wird vom WirtschaftsprÅfer uneingeschrnkt besttigt. Die nachfolgende Bp im Jahre 06 bemngelt dieses Vorgehen und sieht die Organschaft fÅr den Bp-Zeitraum 02-04 als verunglÅckt an, da die Organschaft auf 5 Jahre abgeschlossen wurde und ein Fehler innerhalb der ersten 5 Jahre vorliege (Abschn. 60 Abs. 8 S. 1 Nr. 1 KStR 2004). Daraufhin berichtigt die OG-GmbH in 07 formell zutreffend ihre Handelsbilanzen rÅckwirkend fÅr 02 sowie diejenigen der Folgejahre. Die Gutschrift auf dem Verrechnungskonto wird um 10.000 Euro vermindert; stattdessen erfolgt die Verrechnung mit dem vororganschaftlichen Verlustvortrag, der nunmehr ab 02 auf 0 Euro valutiert.

7.34

Derartige Fehler waren bisher sehr hufig Aufgriffspunkte von BetriebsprÅfungen. Es handelte sich – erneut – um einen formalen PrÅfungsansatz, der wenig Raum zur Diskussion ließ. So hat der BFH in seiner Rechtsprechung ausdrÅcklich betont, dass es sich bei einem derartigen Verrechnungsfehler nicht um einen unbeachtlichen Verstoß handele,1 wie dies teilweise in der Literatur vertreten wurde.2 Dies galt ausdrÅcklich auch fÅr die HÇhe des Verstoßes; mithin konnte schon eine versehentliche Nichtverrechnung von ganz geringfÅgigen Betrgen aus vororganschaftlichen Verlusten zur Unwirksamkeit der Organschaft fÅhren.3 Ob dann eine nachtrgliche Heilung durch nderung der Handelsbilanzen herbeigefÅhrt werden konnte, war hufig ein weiterer Streitpunkt mit der Bp. Durch die NeueinfÅhrung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 und 5 KStG hat sich dieses Problem nunmehr in laufenden BetriebsprÅfungen erledigt. Denn die Unternehmen kÇnnen handelsrechtlich fehlerhafte Bilanzierungen, sofern sie nicht zur Nichtigkeit fÅhren (Rz. 7.32), nach Beanstandung durch die Finanzverwaltung in der nchsten Handelsbilanz ausgleichen. Dabei muss es nicht zu einer rÅckwirkenden Korrektur im Fehlerjahr kommen, sondern es genÅgt eine Korrektur in der Handelsbilanz, die auf das Jahr der Beanstandung folgt. Unter die neu eingefÅhrte Vorschrift fallen nicht nur „klassische“ Bilanzierungsfehler wie zu hoch ausgewiesene RÅckstellungen oder zu niedrig aktivierte VermÇgensgegenstnde. Es sollen nach dem ausdrÅcklichen Willen des Gesetzgebers, der den beschrie1 BFH v. 21.10.2010 – IV R 21/07, BStBl. II 2014, 481 = FR 2011, 322 m. Anm. Buciek, vgl. Rz. 37. 2 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 649.1, 680.2. 3 Ebenso Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 310; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 181.

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7.35

Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

benen Fall explizit mit regeln wollte, auch fehlerhafte Bilanzanstze auf Grund von VerstÇßen gegen gesellschaftsrechtliche Vorschriften unter die Korrekturnorm fallen. Hierunter sind dann insbesondere folgende Fallgestaltungen zu fassen: Unterbliebener Ausgleich vororganschaftlicher Verluste (§ 301 S. 1 AktG), unzulssige AbfÅhrung vorvertraglicher Gewinn- und KapitalrÅcklagen, sofern es sich nicht um eine eingegliederte AG/KGaA handelt,1 unzulssige AbfÅhrung einer in organschaftlicher Zeit gebildeten KapitalrÅcklage. Die Literatur fordert insoweit ein großzÅgiges Verstndnis der Neuregelung.2 Dass in derartigen Fllen Bilanzierungsfehler mit Auswirkung auf die Position „Eigenkapital“ i.S.v. § 266 Abs. 3 HGB vorliegen, ist eindeutig und angesichts des weiten Verstndnisses des Gesetzgebers erscheint eine Einbeziehung gesellschaftsrechtlicher Fehler auch sachgerecht. Zu weit gehen wÅrde es allerdings, wÅrde man in die KorrekturmÇglichkeit auch die unzulssige Bildung einer GewinnrÅcklage i.S.v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG einbeziehen.3 Denn dieser Fall wird durch eine steuerliche Spezialvorschrift abgedeckt, die eine Korrektur nicht vorsieht. LÇsung Beispiel: Die Korrekturnorm des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 und 5 KStG greift. Denn der ursprÅngliche Jahresabschluss wurde wirksam festgestellt. Die Fehlerhaftigkeit der Handelsbilanz war subjektiv nicht erkennbar, da der Jahresabschluss durch einen WirtschaftsprÅfer testiert worden war und die Korrektur in der folgenden Handelsbilanz erfolgte. Eine rÅckwirkende Korrektur auf die Fehlerjahre 02 ff. ist nicht einmal nÇtig; es htte hier auch eine Korrektur in der Handelsbilanz 07 genÅgt. Zu beachten ist, dass nicht jeder Bilanzierungsfehler, den die Bp richtigstellt, gleich zur Korrektur der Handelsbilanz nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 KStG fÅhren muss. Ein Fehler liegt nach der GesetzesbegrÅndung nur dann vor, wenn er subjektiv erkennbar im Sinne des Handelsrechts ist. Die Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs fÅr die Steuerbilanz durch den BFH4 dÅrfte in diesem Zusammenhang unbeachtlich sein.5 Weiterhin ist im Rahmen des § 301 AktG seit BilMoG zu beachten, dass der abzufÅhrende Gewinn um den nach § 268 Abs. 8 HGB ausschÅttungsgesperrten Betrag zu mindern ist. Denn das BilMoG ermÇglicht Kapitalgesellschaften ein Wahlrecht selbst geschaffene immaterielle WirtschaftsgÅter (§ 266 Abs. 2 HGB) zu aktivieren. Insoweit besteht allerdings eine AusschÅttungssperre und mithin eine AbfÅhrungssperre nach § 301 AktG fÅr Organgesellschaften. Eine formale Anpassung von bestehenden GAV ist nach Ansicht der Finanzverwaltung6 allerdings nicht erforderlich. 1 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 418; DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (309). 2 Lenz/Adrian/Handwerker, BB 2012, 2851. 3 DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (309). 4 Beschluss des Großen Senats des BFH v. 31.1.2013 – GrS 1/10, BStBl. II 2013, 317 = FR 2013, 699 m. Anm. M. Prinz. 5 RÇdder, Ubg 2012, 717 (720); Olbing, GmbH-StB 2013, 154 (156). 6 BMF v. 14.1.2010 - IV C 2 - S 2770/09/10002, BStBl. I 2010, 65.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

c) Neuer PrÅfungsansatz: Zutreffende Berichtigung nach Beanstandung durch die Vor-Bp Die Bp wird in Zukunft nach bilanziellen Beanstandungen (in der Vor-Bp) in der Folge-Bp prÅfen, ob der Fehler handelsbilanziell zutreffend berichtigt und das Ergebnis tatschlich abgefÅhrt wurde. Als Beanstandung durch die Finanzverwaltung ist insbesondere die Erwhnung des Fehlers im BetriebsprÅfungsbericht zu verstehen. Mit der Bekanntgabe des Bp-Berichts ist der Zeitpunkt der Beanstandung festgelegt.1 Auch außerhalb von BetriebsprÅfungen kann es grundstzlich durch den Veranlagungsbezirk zu einer Beanstandung kommen. Erforderlich ist dann eine nach außen erkennbare abschließende Willensbildung der Finanzverwaltung;2 etwa durch ein eindeutiges ErÇrterungsschreiben des Finanzamts. Die Beanstandung i.S.v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 c) KStG muss – insbesondere auch zum Schutz der Unternehmen – mE abgrenzbar von „sonstigen“ Beanstandungen bilanzieller Art sein, die keine faktische Korrekturpflicht verursachen. Dementsprechend ist eine ausdrÅckliche Kennzeichnung als Beanstandung im Sinne der Vorschrift und auch die Darlegung der mÇglichen Rechtsfolge bei Nichtanpassung der Bilanz ratsam. Die Beanstandung durch die Finanzverwaltung stellt eine Verfahrenshandlung und keinen Verwaltungsakt i.S.v. § 118 AO dar. Als Teil des – ebenfalls nicht rechtsmittelfhigen – Bp-Berichts hat die Beanstandung keine unmittelbaren Rechtsfolgen fÅr das Unternehmen und kann somit auch nicht separat mit dem Einspruch angefochten werden. Dasselbe gilt fÅr eine Beanstandung außerhalb der Bp durch den Veranlagungsbezirk. Allerdings ist das Finanzamt an die einmal getroffene Wertung als Beanstandung nach den Grundstzen von Treu und Glauben gebunden. Denn die Beanstandung fÅhrt fÅr den Konzern zu einer faktischen Berichtigungspflicht der folgenden Handelsbilanz, sofern das Unternehmen es nicht auf einen Rechtsstreit ankommen lassen mÇchte. Dh. dass der Steuerpflichtige im Vertrauen auf die Aussage des Finanzamts eine Disposition eingeht. Hieran muss sich die Finanzverwaltung dann fÅr das beanstandete Steuerjahr und den beanstandeten Fehler auch festhalten lassen.3 Die faktische Korrekturpflicht bei der OG und dem OT besteht auch, wenn von Seiten des Unternehmens oder dem WirtschaftsprÅfer der im Bp-Bericht beanstandete Fehler in der Handelsbilanz bestritten wird.4 Dies kann dann problematisch werden, wenn sich der AbschlussprÅfer der OG weigert, den „angeblichen“ handelsrechtlichen Bilanzierungsfehler anzuerkennen und einer Korrektur der Folgebilanz seine Anerkennung verweigert. Hier stellt sich die Frage, ob in solchen Fllen noch eine subjektiv fehlerhafte Bilanz i.S.v. § 14 KStG vorliegt. ME ist dies der Fall, denn durch die Beanstandung der Finanzverwaltung wird das Unterneh-

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BegrÅndung des Bundestagsfinanzausschusses, BT-Drucks. 17/11217. Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (27). Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (28). RÇdder, Ubg 2013, 717 (721); DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (310).

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Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

men „bÇsglubig“ im Hinblick auf die Fehlerhaftigkeit der Bilanz. Handelt es sich dann – nach besserer Erkenntnis auf Grund eines Klageverfahrens – um eine zutreffende Beanstandung von Seiten der Finanzverwaltung und kommen die Unternehmen ihrer Berichtigungspflicht nicht nach, weil sie die Sichtweise der Finanzverwaltung fÅr unzutreffend halten, so trifft sie das Risiko eines Rechtsbehelfs- und Klageverfahrens.1 Gewinnt das Unternehmen den Rechtsstreit, so ist eine Nichtanpassung der Bilanzen unschdlich. Verliert das Unternehmen den Rechtsstreit, kommt es rÅckwirkend zur Nichtanerkennung der Organschaft. Die Nichtberichtigung der Handelsbilanz ist ihrerseits kein Bilanzierungsfehler, auf den wiederum die Fiktion des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4 und 5 KStG nF anwendbar wre.2 Fazit: Die Bp wird in Zukunft prÅfen, ob die Unternehmen den Beanstandungen aus der Vor-Bp gefolgt sind und in der ersten Folgebilanz den Fehler eliminiert haben. Dabei ist die Bp an die rechtliche Einschtzung in der Beanstandung fÅr das betreffende Steuerjahr gebunden. 4. Abgrenzungen bei Mehr- und MinderabfÅhrungen

7.37 Mehr- und MinderabfÅhrungen sind gesetzlich in § 14 Abs. 3 und Abs. 4 KStG geregelt, wobei das Gesetz nach vororganschaftlich verursachten (Abs. 3) und organschaftlich verursachten (Abs. 4) AbfÅhrungen differenziert. Daneben enthlt § 27 Abs. 6 KStG noch eine Regelung zu den organschaftlich verursachten Mehr- und MinderabfÅhrungen im Hinblick auf ihre Auswirkungen beim steuerlichen Einlagekonto. Die Finanzverwaltung orientiert sich hier neben Abschn. 63 KStR 2004 an dem BMF-Schr. v. 26.8.20033. In der Praxis der Bp kommt insbesondere der Unterscheidung zwischen vororganschaftlich und organschaftlich verursachten MehrabfÅhrungen eine große Bedeutung zu. Denn sobald es sich um eine vororganschaftliche AbfÅhrung handelt, gilt diese nach § 14 Abs. 3 S. 1 KStG als GewinnausschÅttung mit der Folge einer Versteuerung bei dem OT nach den allgemeinen Regeln.4 In Konzernen mit einer Kapitalgesellschaft als OT fÅhrt dies im Ergebnis „nur“ zu einem unmittelbaren steuerlichen „Mehrergebnis“ von 5 % ErhÇhung der Bemessungsgrundlage auf Grund der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 und 5 KStG. DemgegenÅber hat diese Feststellung bei natÅrlichen Personen als OT bzw. einer Personengesellschaft mit dahinterstehenden natÅrlichen Personen ganz erhebliche Auswirkungen. Dort sind nach dem TeileinkÅnfteverfahren

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BT-Drucks. 17/11217. DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (311). BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 = FR 2003, 981. Vgl. zur RÅckwirkungsproblematik der Kodifizierung der vororganschaftlichen MehrabfÅhrung durch § 14 Abs. 3 KStG 2002 idF des EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetzes v. 9.12.2004, BStBl. I 2004, 1158 die beiden BFH-VorlagebeschlÅsse an das BVerfG, BFH v. 6.6.2013 – I R 38/11, BStBl. II 2014, 398 = FR 2013, 1140; v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = FR 2014, 979.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

60 % steuerpflichtig. Dementsprechend ist in der Praxis zu beobachten, dass Konzernsteuerabteilungen bei reinen Kapitalgesellschaftskonzernen dem „Abgrenzungsthema“ (Rz. 13.5 ff.) keine erhÇhte Aufmerksamkeit zuwenden, sondern derartige Aufgriffe regelmßig durch die Bp geschehen. Beispiel: Umqualifizierung von erklrter organschaftlicher auf vororganschaftliche MehrabfÅhrung durch die Bp FÅr die Jahre 2006 bis 2008 fand bei der X-GmbH eine BetriebsprÅfung im Jahre 2012 statt. Im PrÅfungszeitraum war sie bereits eine 100 %-tige Tochtergesellschaft der Y-AG, allerdings ohne GAV. Der PrÅfer machte in seiner PrÅferbilanz fÅr das Jahr 2008 eine Teilwertabschreibung, die sowohl handels- als auch steuerrechtlich vorgenommen worden war,1 auf eine Maschine iHv. 1,5 Mio. Euro rÅckgngig und erhÇhte den steuerlichen Gewinn um 1,5 Mio. Euro. Ab dem Jahre 2009 bestand eine ertragsteuerliche Organschaft mit der Y-AG. Durch die Wechselwirkung aus der Vor-Bp verminderte sich der steuerliche Gewinn in den Jahren 2009 bis 2011 um jeweils 500.000 Euro, da der nachaktivierte Betrag nach Verstndigung mit der Bp in 3 Jahren abgeschrieben werden sollte. Die Firma deklarierte die steuerlichen Abschreibungen als organschaftliche MehrabfÅhrungen und bildete einen steuerneutralen passiven Ausgleichsposten gem. § 14 Abs. 4 S. 1 KStG beim OT, der Y-AG. Außerdem minderte sie das steuerliche Einlagekonto der X-GmbH in den drei Jahren um insgesamt 1,5 Mio. Euro. Vorliegend handelt es sich in den Jahren 2009 bis 2011 um eine vororganschaftlich verursachte MehrabfÅhrung, da der handelsbilanziell abgefÅhrte Gewinn um jeweils 500.000 Euro Åber dem steuerlich zuzurechnenden Einkommen liegt. Denn handelsrechtlich wurde die Teilwertabschreibung in 2008 nicht rÅckgngig gemacht, sondern es wurde ein um 1,5 Mio. Euro geringeres Ergebnis erzielt als nach steuerlichen Grundstzen. Somit wurde durch die Bp-Feststellung fÅr 2008 eine steuerliche GewinnrÅcklage gebildet, die in den Jahren 2009 bis 2011 htte bei ihrer AuflÇsung ausgeschÅttet und nach den allgemeinen Grundstzen von GewinnausschÅttungen (insb. § 8b KStG) htte behandelt werden mÅssen. Da bisher auf Grund der Behandlung als organschaftlich verursachte MehrabfÅhrung sich keine Einkommensauswirkung beim OT ergeben hat, war dies durch die Bp nachzuholen. Die Bp stellte somit fÅr die Jahre 2009 bis 2011 folgendes fest: 1. Bei der X-GmbH (OG): a) + 500.000 ErhÇhung des zuzurechnenden Einkommens durch die GewinnausschÅttung p.a. gem. § 14 Abs. 3 S. 1 KStG b) keine Verminderung des steuerlichen Einlagekontos, da § 27 Abs. 6 KStG nicht fÅr vororganschaftlich verursachte AbfÅhrungen gilt. Ein Abzug nach § 27 Abs. 1 S. 3 KStG beim steuerlichen Einlagekonto erfolgte nicht, da die Leistung den ausschÅttbaren Gewinn i.S.v. § 27 Abs. 1 S. 5 KStG nicht Åberstieg. 2. Bei der Y-AG (OT): a) RÅckgngigmachung des steuerneutral gebildeten passiven Ausgleichspostens pa. iHv. 500.000 Euro b) Steuerfreistellung von 95 % auf die empfangene GewinnausschÅttung nach § 8b Abs. 1 und Abs. 5 KStG= – 475.000 Euro pa. 1 Bis einschließlich 2008 ist ein Gleichlauf bei Teilwertabschreibungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auf Grund des Maßgeblichkeitsprinzips noch erforderlich.

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Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive Per Saldo fÅhrt diese klassische Bp-Feststellung im Organkreis somit „nur“ zu einer ErhÇhung der Bemessungsgrundlage von 5 % von 1,5 Mio. Euro = 75.000 Euro, verteilt auf 3 Jahre zu jeweils 25.000 Euro. Außerdem wird das Ergebnis auch „nur“ verschoben. Denn durch die Ausbuchung des passiven Ausgleichspostens durch die Bp fllt in Zukunft – bei Verußerung der OG – die Nachversteuerung in selber HÇhe weg. Diese Tatsachen mÇgen begrÅnden, warum derartige Feststellungen hufig erst durch BetriebsprÅfungen erfolgen und nicht im Vorhinein erklrt werden. WÅrde es sich demgegenÅber im vorliegenden Fall bei dem OT um natÅrliche Personen handeln, die hinter einer OT-Personengesellschaft stnden, so wren 60 % von 1,5 Mio. Euro (900.000 Euro) zu versteuern.

5. Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter

7.38 Gemß § 304 Abs. 1 AktG mÅssen nicht im Organkreis stehende, sog. außenstehende Aktionre durch eine angemessene Ausgleichszahlung am Gewinn der OG beteiligt werden. Ein GAV, der eine derartige Ausgleichsregelung nicht vorsieht, ist nach § 304 Abs. 3 AktG nichtig und steuerlich nicht zu berÅcksichtigen. Sofern eine GmbH OG ist, findet die Vorschrift nach hM keine Anwendung;1 dem folgt auch die Finanzverwaltung. Bei der Frage der Ausgleichszahlungen ergeben sich im Rahmen von BetriebsprÅfungen zwei wesentliche PrÅfungsfelder. Zum einen die Frage, ob es sich bei einem Gesellschafter, der nicht am GAV, wohl aber an der OG beteiligt ist, um einen „Außenstehenden“ handelt. Und zum anderen die Frage, ob auch die Vereinbarung zumindest teilweise variabler Ausgleichskomponenten zulssig ist. In der ersten Frage folgt die Finanzverwaltung der BFH-Rechtsprechung, wonach ein Minderheitsgesellschafter dann nicht außen stehend ist, wenn er zu 100 % in den Organkreis einbezogen ist.2 Nur sofern ein Minderheitsgesellschafter außerhalb des Organkreises steht und es sich nicht um eine GmbH als OG handelt, wird die Bp den Fall aufgreifen und dem GAV ihre Zustimmung versagen. Im Bereich der teilweisen variablen Ausgleichszahlungen geht die Finanzverwaltung Åber die strenge Sichtweise des BFH zugunsten der Unternehmen hinaus. Der BFH hat das Nebeneinander von fester Ausgleichszahlung mit einem zustzlich variablen Ausgleich nicht fÅr zulssig angesehen.3 Dieser Ansicht hat die Finanzverwaltung mittels Nichtanwendungserlass widersprochen und erkennt derartige Vereinbarungen grundstzlich an.4 Problematisch ist allerdings in solchen Fllen, dass – sofern die Verwaltung den GAV wegen vermeintlich anderer Fehler aufgreift und der Fall zum Gericht geht –, das Unternehmen Gefahr luft, wegen einer solchen – aus Sicht der Rechtsprechung unzulssigen – Ausgleichsvereinbarung den Prozess zu verlieren. Hier ergibt sich dieselbe Problematik wie beim durch die Finanzverwaltung nicht beanstandeten GAV, der aber aus 1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 5; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 16 KStG Rz. 3, Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 728 und Sauter/ Heurung, GmbHR 2001, 754. 2 BFH v. 4.3.2009 – I R 1/08, BStBl. II 2010, 407 = FR 2009, 1110. 3 BFH v. 4.3.2009 – I R 1/08, BStBl. II 2010, 407 = FR 2009, 1110. 4 BMF v. 20.4.2010 – IV C 2 - S 2770/08/10006, BStBl. I 2010, 372 = FR 2010, 490 mit Bezug auf das BMF, Schr. v. 16.4.1991 – IV B 7 - S 2770 - 11/91.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

Rechtsprechungssicht unzulssig ist, hinsichtlich der Problematik der Einbeziehung des § 302 Abs. 4 AktG in sog. „Altvertrge“ vor 2006 s. Rz. 7.21. 6. Organschaft und Verluste (§ 8c KStG) a) Rechtslage und aktuelle Problemfelder § 8c KStG regelt seit 2008 den Verlustwegfall beim Anteilseignerwechsel bzw. wirtschaftlich vergleichbaren Sachverhalten von mehr als 25 % (anteiliger Wegfall) bzw. mehr als 50 % (kompletter Wegfall) innerhalb von 5 Jahren an einen Erwerber bzw. eine Erwerbergruppe. Das BMF hat in 2014 sein ursprÅngliches Schreiben zu § 8c KStG aus 2008 modifiziert, an die seit 2010 durch die EinfÅhrung der sog. „Stille-Reservenklausel“ und „Konzernklausel“ genderte Gesetzeslage angepasst und einen Entwurf fÅr ein Åberarbeitetes BMF-Schreiben verÇffentlicht.1

7.39

In der Bp ergeben sich aktuell zum Problemkreis von § 8c KStG und Organschaft im wesentlichen zwei Fragen. Zunchst die Frage, in welcher HÇhe und auf welcher Ebene Verluste zu kÅrzen sind, wenn die Beteiligung am OT (ggf. unterjhrig) verußert wird. Und weiterhin seit dem Veranlagungszeitraum 2010 die Frage, wie die stillen Reserven beim OT fÅr Zwecke des § 8c I S. 6 ff. KStG zu ermitteln sind (Stille Reservenklausel). Außerdem gilt es immer zu beachten, dass durch die Vorschrift des § 8c KStG auch „eingefrorene“ vororganschaftliche Verlustvortrge der OG „vernichtet“ werden kÇnnen; ansonsten sind auf Grund der Vorschrift des § 15 S. 1 Nr. 1 KStG naturgemß nur Verlustvortrge des OT betroffen. b) Beispiel: Einbeziehung der stillen Reserven der OG beim OT? Stille Reservenklausel seit 2010 Der A ist zu 100 % Anteilseigner an der OT-AG. Die OT-AG verfÅgt zum 31.12.2013 Åber einen Verlustvortrag von 1 Mio. Euro; stille Reserven befinden sich (nur) iHv. 2 Mio. Euro in der 100 %-Beteiligung an der OG-GmbH. Die OGGmbH hat ihrerseits stille Reserven in ihrem AnlagevermÇgen von 500.000 Euro. Am 1.1.2014 verußert A all seine Anteile an der OT-AG an den B. Da die Beteiligung an der OG-GmbH auf Grund von § 8b Abs. 2 KStG bei Verußerung steuerfrei bliebe, wird die stille Reserve an den Anteilen der OG nach § 8c Abs. 1 S. 7 KStG insgesamt nicht berÅcksichtigt, ungeachtet der Tatsache, dass 5 % des Gewinns Åber § 8b Abs. 3 S. 1 KStG steuerpflichtig wren. Fraglich ist aber, ob bei der Anwendung der Stille-Reservenklausel beim OT auch auf die stillen Reserven der OG abgestellt werden darf.2 Derzeit nimmt die Finanzverwaltung nach dem Entwurf des neuen BMF-Schreibens zu § 8c KStG keine Zurechnung der stillen Reser1 Vgl. hierzu auch BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001 – DOK 2008/ 0349554, BStBl. I 2008, 736 = FR 2008, 839 sowie den Entwurf eines BMF-Schreibens zu § 8c KStG, BMF IV C 2 - S 2745-a/09/10002:004, verÇffentlicht am 15.4.2014 auf der Homepage des BMF. 2 So Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633 (2636); Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 561; Eisgruber/Schaden, UbG 2010, 73 (84).

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7.40

Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive ven der OG beim OT vor.1 Dementsprechend entfiele nach Bp der komplette Verlustvortrag der OT-AG.

Diese Auffassung der Finanzverwaltung dÅrfte bei reinen Holdinggesellschaften, die stille Reserven ausschließlich in ihren Beteiligungen haben, bertragungen erheblich erschweren. Gegen eine separate Betrachtung von OT und OG wird eingewandt, dass es sich bei dem Organkreis um eine Einheit handelt und dass zumindest, soweit Verluste aus der OG „heraufgeschleust“, mithin der OT diese als quasi eigene getragen und versteuert hat, auch die stillen Reserven der OG dem OT zuzurechnen seien. Eine hnliche Betrachtungsweise hat die Zinsschrankenregelung in § 15 S. 1 Nr. 3 S. 3 KStG normiert. Dort werden Zinsertrge und -aufwendungen ausschließlich auf Ebene des OT erfasst. Hintergedanke der gesamten Argumentation ist, dass es aus der Sicht des OT unbillig erscheint, zwar die Lasten der Organschaft zu tragen (VerlustÅbernahme), nicht aber die Vorteile zu genießen (bernahme der stillen Reserven). Andererseits spricht mE fÅr die Betrachtungsweise der Finanzverwaltung die Tatsache, dass dem OT grundstzlich nur sein eigenes BetriebsvermÇgen zuzurechnen ist und OT und OG eigenstndige Rechtstrger und Gewinnermittlungsobjekte bleiben. Auch die Spezialnormierung im Bereich der Zinsschranke kann als Ausnahmevorschrift verstanden werden, die nicht analogiefhig ist und beweist, dass ein „Stille-Reserventransfer“ bei der Organschaft vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt ist. In diese Richtung geht auch die Vorschrift des § 8c Abs. 1 S. 9 KStG, die bestimmt, dass „bei der Ermittlung der stillen Reserven nur das BetriebsvermÇgen zu berÅcksichtigen (ist), das der KÇrperschaft ohne steuerliche RÅckwirkung, insbesondere ohne Anwendung des § 2 Abs. 1 des UmwStG, zuzurechnen ist.“ Zwar wird hier insbesondere der RÅckwirkungsfall geregelt; der Vorschrift kann aber nicht entnommen werden, dass auch die stillen Reserven der OG dem OT zuzurechnen sind. Da der I. Senat des BFH mittlerweile zu einer sehr wortlautgetreuen Auslegung der Gesetze neigt,2 dÅrfte die Auffassung der Literatur in der Durchsetzung bei Finanzverwaltung und Finanzgerichten nicht unbedingt aussichtsreich sein. c) Ergebnisverrechnung im Jahr der Anteilsverußerung und unterjhriger Beteiligungserwerb am OT

7.41 Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die VerlustkÅrzung nach § 8c KStG vor der Einkommenszurechnung der Organgesellschaften zu ziehen.3 Dies liegt darin begrÅndet, da fÅr jede Organgesellschaft eine eigenstndige Einkommensermittlung vorgenommen wird und die Anwendung des § 8c KStG auf Ebene der OG nicht durch § 15 KStG ausgeschlos1 Rz. 61 des Entwurfs BMF IV C 2 - S 2745-a/09/10002:004. 2 Siehe hierzu bspw. das Urteil BFH v. 12.3.2014 – I R 87/12, GmbHR 2014, 764 = DStR 2014, 1227 zur Auslegung des Abzugsverbots nach § 8b Abs. 3 S. 3 und 4 KStG nF. 3 Rz. 33 des Entwurfs BMF IV C 2 - S 2745-a/09/10002:004.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

sen ist. Erzielt also die OG einen Verlust, wird bereits auf ihrer Ebene eine VerlustkÅrzung nach § 8c KStG vorgenommen. Es findet also im Jahr des Beteiligtenwechsels keine Ergebniskonsolidierung im Organkreis statt. Weder darf ein Verlust des OT mit den Gewinnen der OG verrechnet werden, noch kÇnnen Gewinne des OT mit Verlusten der OG verrechnet werden, weil das zuzurechnende Einkommen auf dieser Ebene bereits gekÅrzt worden ist. Auf Grund der separaten Betrachtung von OT und OG hinsichtlich des § 8c KStG kann es zu dem kuriosen Ergebnis kommen, dass ein anteiliger Verlustuntergang vorliegt, obwohl der Organkreis weder Åber Verlustvortrge verfÅgt noch einen laufenden Verlust erleidet. Beispiel: Die OT-AG ist zu 100 % Gesellschafterin der OG-GmbH. Beide Gesellschaften haben keine stillen Reserven. Weder OT noch OG verfÅgen Åber (bei der OG: vororganschaftliche) Verlustvortrge. Am 1.7.2014 verußert A smtliche Anteile an der OT-AG an den B. Die OG-GmbH hat vor der Zurechnung ihres Einkommens einen Verlust von 1 Mio. Euro. Das Einkommen der OT-AG betrgt 5 Mio. Euro vor Zurechnung des Organeinkommens. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann dem OT nur ein negatives Einkommen von 500.000 Euro fÅr die zweite Hlfte von 2014 zugerechnet werden,1 obwohl die OT-AG 1 Mio. Euro Verlust fÅr das gesamte Jahr 2014 ausgleichen muss. Dieser Vorgang fÅhrt nicht zu einer MinderabfÅhrung, da eine solche nur bei Abweichen zwischen Handels- und Steuerbilanz vorliegt. Es ist kein aktiver Ausgleichsposten zu bilden. Das zu versteuernde Einkommen der OT-AG betrgt somit in 2014 4,5 Mio. Euro, obwohl die OT-AG saldiert nur 4,0 Mio. Euro „Gewinn“ erzielt hat.

Durch das Urteil vom 30.11.2011 hat der BFH2 unabhngig von Organschaftsfragen in allen § 8c-Fllen – entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung3 – zugelassen, dass bei unterjhrigem Anteilseignerwechsel Verlustvortrge noch mit laufenden Gewinnen bis zum schdlichen Beteiligungserwerb verrechnet werden dÅrfen. Dieser Rechtsauffassung hat sich die Verwaltung durch die VerÇffentlichung des Urteils im BStBl. und die Anpassung im neuen BMF-Schreiben angeschlossen. Somit kÇnnen zumindest eigene laufende Gewinne des OT noch mit dem eigenen Verlustvortrag des OT verrechnet werden. Zusammenfassendes Beispiel zur Problematik des § 8c KStG aus Sicht der Verwaltung: Die OT-AG hat zwei Organgesellschaften, die OG1-GmbH und die OG2-GmbH, an der sie jeweils zu 100 % beteiligt ist. Am 1.7.2014 werden die Anteile an der OT-AG an einen neuen Anteilseigner verußert. FÅr den Veranlagungszeitraum 2014 ergeben sich fÅr die einzelnen Gesellschaften folgende Einkommen, die gleichmßig Åber das Jahr erwirtschaftet wurden:

1 Rz. 33 des Entwurfs BMF IV C 2 - S 2745-a/09/10002:004. 2 BFH v. 30.11.2011 – I R 14/11, BStBl. II 2012, 360 = FR 2012, 310 m. Anm. Klein/ Nosky. 3 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001 – DOK 2008/0349554, BStBl. I 2008, 736 = FR 2008, 839 Rz. 31 S. 2.

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Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive OT-AG: 1 Mio. Euro, OG1-GmbH: ./. 100.000 Euro, OG2-GmbH: 200.000 Euro. Die OT-AG verfÅgte Åber einen Verlustvortrag zum 31.12.2013 von 5 Mio. Euro, die OG2-GmbH hatte einen (vororganschaftlichen) Verlustvortrag von 100.000 Euro. Nach den oben beschriebenen Grundstzen ergibt sich das konsolidierte Einkommen wie folgt: Eigenes Einkommen OT-AG: AbzÅglich Verlustverrechnung 1. Jahreshlfte Einkommen OT1-GmbH (nur zweites Halbjahr) Einkommen OG2-GmbH Einkommen OT-AG konsolidiert:

1 Mio. Euro – 500.000 Euro – 50.000 Euro + 200.000 Euro 650.000 Euro

Außerdem fllt der verbleibende Verlustvortrag sowohl der OT-AG (4,5 Mio. Euro nach Verrechnung) als auch der OG2 (100.000 Euro) komplett weg.

7. Stille Gesellschaften

7.42 Bp-Aufgriffe bei stillen Gesellschaften im Organkreis resultieren regelmßig aus einer abweichenden WÅrdigung der Bp, welche die zunchst vom Unternehmen deklarierte typisch stille Gesellschaft nach PrÅfung zu einer atypisch stillen Gesellschaft erklrt. Dies hat nach Ansicht der Finanzverwaltung erhebliche Folgen fÅr die Anerkennung der Organschaft. Beispiel Atypisch stille Gesellschaft nach Bp: Die OG-GmbH nimmt gegen Einlage von 1 Mio. Euro den A als stillen Gesellschafter auf. A ist zugleich alleiniger Anteilseigner der OT-GmbH, die 100 % an der OGGmbH hlt. Der A hat einen Anspruch auf Beteiligung an den stillen Reserven und des Geschftswertes der OG-GmbH im Falle der KÅndigung der stillen Gesellschaft. Zudem wird er bei der OG-GmbH als GeschftsfÅhrer bestellt. Die Bp ist unter Hinweis auf die Einkommensteuerrichtlinien1 und die BFH-Rechtsprechung2 der Ansicht, dass eine atypisch stille Gesellschaft vorliege. Dies fÅhre zur Aberkennung der Organschaft.

Die Rechtsansicht der Finanzverwaltung ist im Hinblick auf stille Gesellschaften eindeutig. Sofern es sich um eine atypisch stille Gesellschaft handelt,3 mithin steuerlich eine Mitunternehmerschaft vorliegt, ist der Organschaft die Anerkennung zu versagen. Dies gilt sowohl fÅr den Fall, in welchem die OG eine atypisch stille Gesellschaft begrÅndet, als auch fÅr den Fall, dass die atypisch stille Gesellschaft auf der Ebene des OT begrÅndet wird. Diese Ansicht hat die Finanzverwaltung in einer VerfÅgung

1 EStH 15.8 (1) 2014 „Stiller Gesellschafter“ 2 BFH v. 27.5.1993 – IV R 1/92, BStBl. II 1994, 700 = FR 1994, 17. 3 Vgl. zur Abgrenzung zwischen typisch und atypisch stiller Gesellschaft allgemein: Hidien in Hidien/Pohl/Schnitter, Gewerbesteuer15, S. 580.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

der OFD Frankfurt1 als auch in einem Erlass des FM Schleswig-Holstein2 klar zum Ausdruck gebracht. Im Falle der stillen Gesellschaft auf Ebene der OG wird als BegrÅndung angefÅhrt, dass hier nicht der „ganze“ Gewinn der OG i.S.v. § 14 Abs. 1 S. 1 KStG an den OT abgefÅhrt werde, sondern nur derjenige vermindert nach GewinnabfÅhrung innerhalb der stillen Gesellschaft. Im Falle der stillen Gesellschaft auf Ebene des OT verweist die Finanzverwaltung auf die Vorschrift des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 3 KStG. Zwar kann eine Mitunternehmerschaft unproblematisch OT sein; hierfÅr bedarf es allerdings des Haltens der mehrheitsvermittelnden Anteile an der OG im GesamthandsvermÇgen der Personengesellschaft.3 Da eine atypisch stille Gesellschaft als sog. Innengesellschaft ohne VermÇgen mit gesamthnderischer Bindung i.S.v. §§ 717-719 BGB hierÅber nicht verfÅge, kÇnne dieses Merkmal nicht erfÅllt sein. Außerdem habe die atypisch stille Gesellschaft steuerlich kein BetriebsvermÇgen, in welchem die Beteiligung ausgewiesen werden kÇnne. Vielmehr werde der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft aus der Addition der Steuerbilanz des Geschftsinhabers und dessen Sonderbilanz sowie der Sonderbilanz des stillen Gesellschafters ermittelt.4 LÇsung Beispiel: Da hier auf Grund der Beteiligung an den stillen Reserven der OG-GmbH das sog. Mitunternehmerrisiko im erhÇhten Maße erfÅllt ist und der A durch seine GeschftsfÅhrerbestellung auch die sog. Mitunternehmerinitiative innehat, liegt steuerlich eine atypisch stille Gesellschaft an der OG-GmbH vor. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist der Organschaft die Anerkennung zu versagen. Die Ansicht der Finanzverwaltung wird auf Seiten der Literatur teilweise geteilt5 und teilweise abgelehnt.6 Die Rechtsprechung hat sich zu beiden Fragen bisher nicht explizit positioniert. Zwar hat der BFH in einem Beschluss vom 31.3.20117 bei der Frage der Eignung einer GmbH & atypisch Still die wohl herrschende Literaturansicht zitiert, wonach diese Form keine OG-Eignung habe. Jedoch musste der BFH im konkreten Fall nicht in den tragenden GrÅnden Stellung zu dieser Frage nehmen. Unabhngig

1 VerfÅgung OFD Frankfurt/M. v. 30.1.2013 – S 2770 A - 53 - St 51, DB 2013, 610. 2 Erlass des FM Schl.-Holst. v. 4.3.2013 – VI 3011 - S 2770 - 080, Der Konzern 2013, 363 KÇrperschaftsteuerliche Organschaft und GmbH & atypisch stille Gesellschaft (§ 14 KStG). 3 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 Rz. 13. 4 OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A - 08 - L 221, Rz. 3.2.1 Steuerliche Behandlung der typisch und atypisch stillen Gesellschaft. 5 Hinsichtlich OG: Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 404, Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 86a; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 198. Hinsichtlich OT: Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 128; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 169 ff. 6 Hinsichtlich OG: Schmidt/Werner, GmbHR 2010, 29 (32); Hinsichtlich OT: Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 277; HagebÇke/Heinz, DB 2006, 473 (474). 7 BFH v. 31.3.2011 – I B 177/10, GmbHR 2011, 836.

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Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

von dem Meinungsstreit sollten aus Sicht der Unternehmen stille Beteiligungen im Organkreis so ausgestaltet sein, dass sie nicht Gefahr laufen, in atypisch stille Beteiligungen umqualifiziert zu werden und letztlich die Organschaft zu gefhrden. Dies gelingt am einfachsten, indem keine Beteiligung des „Stillen“ an den stillen Reserven oder dem Geschftswert eingerumt noch ihm in irgendeiner Form eine GeschftsfÅhrungsbefugnis erteilt wird. 8. Verdeckte GewinnausschÅttungen der OG an den OT

7.43 Verdeckte GewinnausschÅttungen gem. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG in ihren unterschiedlichsten Facetten sind regelmßig PrÅfungsschwerpunkte bei BetriebsprÅfungen. Allerdings wird der PrÅfer auch immer die Gesamtauswirkung beachten, dh. auch die Frage mitberÅcksichtigen, wie die vGA beim Empfnger zu behandeln ist. So werden bspw. ungern vGAs aufgegriffen, die bei der KÇrperschaft lediglich gegen Verlustvortrge verrechnet werden, beim Empfnger demgegenÅber ggf. noch zu einer Steuererstattung fÅhren, weil sie dort teilweise (nach dem TeileinkÅnfteverfahren) oder komplett (nach § 8b KStG) steuerfrei sind. Vom Grundfall betrachtet bringt die Feststellung einer vGA von der OG an den OT kein steuerliches Mehr-Ergebnis, da nach dem System der Organschaft die vGA als vorweggenommene GewinnabfÅhrung zu behandeln und somit – aus Verwaltungssicht – auf Ebene des OT aus dessen Einkommen herauszurechnen ist (Abschn. 62 Abs. 2 KStR 2004). Die einfache vGA von der OG direkt an den OT, etwa auf Grund einer zu niedrigen Verzinsung eines Darlehns der OG an den OT, wird der BetriebsprÅfer mit Hinblick auf die Gesamtauswirkung regelmßig nicht aufgreifen.

7.44 Beispiel 1: vGA ohne Auswirkung im Organkreis Die OG-GmbH gewhrt der OT-AG ein Darlehn iHv. 1 Mio. Euro zinslos. FremdÅblich wren Zinsen von 5 %. Bei der OG liegt somit eine vGA iHv. 50.000 Euro pa. vor, die ihr Einkommen erhÇht. Diesen Betrag hat der OT als (fiktiven) Aufwand erspart. Der OT mÅsste somit buchen: (Fiktiver) Aufwand 50.000 Euro an Ertrag (aus vGA) 50.000 Euro. Da sich Aufwand und Ertrag neutral gegenÅberstehen, unterbleibt die Buchung in der Praxis und es wird lediglich außerbilanziell beim Einkommen des OT 50.000 Euro zur Neutralisierung der empfangenen vGA abgezogen.

Der Abzug des Betrages der vGA beim OT kommt aber nur in den Fllen in Betracht, in denen die vGA beim OT auch zu einem fiktiven Aufwand fÅhrt bzw. beim OT der Gewinn durch eine Ertragsbuchung erhÇht wurde.1 Dies ist nicht immer der Fall wie folgende Beispiele verdeutlichen mÇgen. In solchen Fllen wird dann auch die Feststellung einer vGA fÅr die Bp interessant.

1 Siehe dazu umfassend mit vielen Beispielen: Brinkmann, StBp 2015, 33, ua. auch zu den Sonderfllen mit steuerlicher Auswirkung.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

7.45

Beispiel 2: vGA im Dreieck mit Auswirkung im Organkreis

Die OT-AG ist zu jeweils 100 % an der OG-GmbH und der nicht organschaftlich verbundenen T-GmbH beteiligt. Die T-GmbH gibt der OG-GmbH ein Darlehn zu ÅberhÇhtem Zinssatz. In HÇhe des ÅberhÇhten Zinses liegt bei der OG ein vGA vor, die ihr Organeinkommen erhÇht. Die OT-AG empfngt die vGA und hat, da sie den Zinsvorteil an ihre Tochtergesellschaft T-GmbH im Wege der verdeckten Einlage weiterreicht, zu buchen: Beteiligung T-GmbH an Ertrag aus vGA. Bei der T-GmbH liegt eine verdeckte Einlage nach § 8 Abs. 3 S. 3 KStG vor, die das Einkommen nicht erhÇhen darf und dort außerbilanziell zu kÅrzen ist. Weiterhin erhÇht sich bei ihr entsprechend das Einlagekonto (§ 27 KStG). Der erhÇhte Gewinn bei der OT-AG ist, da er als vorweggenommene GewinnabfÅhrung zu behandeln ist, steuerfrei und außerbilanziell wieder abzuziehen; im Ergebnis ist somit der Gewinn auf Ebene der OT-AG steuerfrei gestellt. Da der Betrag der vGA aber den Buchwert der Beteiligung der T-GmbH erhÇht hat, liegt somit kein fiktiver Aufwand vor und ein zustzlicher Abzug außerhalb der Bilanz wird nicht vorgenommen. Im Ergebnis erhÇht in einem solchen Fall die vGA durch ErhÇhung des Beteiligungsbuchwertes das Einkommen des Organkreises und vermindert das Einkommen der T-GmbH außerhalb des Organkreises. Eine solche Verlagerung kann fÅr die Bp, welche den Organkreis prÅft, durchaus interessant sein, insb. wenn die außenstehende T-GmbH im Verlustbereich operiert und der Organkreis Gewinne generiert.

7.46

Beispiel 3: Teilwertabschreibung auf Forderungen bei Organschaft

Die OT-AG ist zu jeweils 100 % Gesellschafter an der OG-GmbH und der nicht organschaftlich verbundenen T-GmbH. Die OG-GmbH hatte ursprÅnglich der T-GmbH aus gesellschaftsrechtlichen GrÅnden ein Darlehn ohne Sicherheiten gewhrt. Im Folgezeitraum schreibt sie wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der T-GmbH das Darlehn auf den Erinnerungswert von 1 Euro ab. Die Teilwertabschreibung stellt, wenn das Darlehn bereits bei Hingabe gesellschaftsrechtlich veranlasst war, eine vGA dar. Die vGA erhÇht das Einkommen der OG-GmbH und

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Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive wird der OT-AG zugerechnet. Bei der OT-AG erfolgt bilanziell keine Erfassung, da sie weder einen Zufluss aus der vGA (das Darlehn wird nicht erlassen) noch einen fiktiven Aufwand hat. Da der bilanzielle Gewinn der OT-AG nicht beeinflusst wurde, kommt es nicht zu einer außerbilanziellen KÅrzung. Daraus folgt dann, dass auch kein aktiver Ausgleichsposten bei der OT-AG zu bilden ist, da keine MinderabfÅhrung vorliegt. Denn die vGA wird bei der OG-GmbH außerhalb der Bilanz hinzugerechnet, mithin liegt keine Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz bei der OG vor, was Voraussetzung fÅr die Bildung des Ausgleichspostens wre. Zu demselben Ergebnis kme man auch dann, wenn man auf die Darlehnsabschreibung § 8b Abs. 3 S. 4 KStG anwenden wÅrde, welcher die Abschreibung konzerninterner Forderungen ab 2008 außerbilanziell korrigiert. Die Anwendung des § 8b Abs. 3 S. 4 KStG wÅrde dann auf Ebene des Organtrgers stattfinden. Allerdings geht die verdeckte GewinnausschÅttung der Hinzurechnungsnorm des § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG systematisch vor, so dass man diese Vorschrift gar nicht mehr bemÅhen muss. Die vGA erhÇht somit das Organeinkommen in voller HÇhe.

9. Gewerbesteuerliche Fragen a) Grundlagen

7.47 Seit dem Erhebungszeitraum 2002 bedarf es fÅr die Anerkennung einer gewerbesteuerlichen Organschaft derselben Voraussetzungen wie fÅr diejenigen der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft;1 insbesondere das Vorliegen eines GAV. Die OG gilt gem. § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG als Betriebssttte des OT; sie erhlt – anders als bei der KÇrperschaftsteuer – keinen eigenstndigen Gewerbesteuermessbescheid, sondern der Gewerbeertrag der OG wird nachrichtlich an das Finanzamt des OT Åbermittelt. Trotzdem werden die Gewerbeertrge der OG und des OT unter BerÅcksichtigung der Hinzurechnungen und KÅrzungen nach § 8 GewStG und § 9 GewStG zunchst separat ermittelt und erst dann zusammengerechnet (Abschn. 2.3 Abs. 1 S. 4 GewStR 2009). Dabei unterbleiben Hinzurechnungen und KÅrzungen, die zu einer doppelten Belastung als auch zu einer DoppelbegÅnstigung innerhalb des Organkreises fÅhren (Abschn. 7.1 Abs. 5 GewStR). So werden bspw. Zinsen, die die OG an den OT zahlt, nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrages der OG hinzugerechnet. Hier gilt der Grundsatz der Neutralitt innerhalb des Organkreises. Das neue Feststellungsverfahren nach § 14 Abs. 5 KStG greift nicht fÅr die Gewerbesteuer und ist dort auch systematisch nicht notwendig, da kein eigenstndiger Steuerbescheid auf Ebene der OG vorliegt. Die beschriebene „Zwitterstellung“ der OG bei der Gewerbesteuer,2 einerseits unselbstndige Betriebssttte und andererseits eigenstndiges Objekt der Gewerbeertragsermittlung, wirft diverse Fragestellungen auf, denen sich die BetriebsprÅfung und die Rechtsprechung in jÅngster Vergangenheit zugewendet haben. Das betrifft zunchst die Folgen der sog. erweiterten KÅrzung im Organkreis und andererseits die ge1 BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 = FR 2003, 981 Rz. 11. 2 Sog. eingeschrnkte bzw. gebrochene Einheitstheorie; entwickelt durch die Rechtsprechung des BFH, vgl. bspw. BFH v. 24.1.1990 – I R 133/86, BFH/NV 1990, 669 und erneut besttigt durch BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, DStR 2015, 780 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

werbesteuerlichen Folgen einer AusschÅttung an die OG von außerhalb des Organkreises.

b) Keine Erweiterte KÅrzung im Organkreis

7.48

Problemstellung: In derartigen Fllen handelt es sich bei der OG 1 um eine rein grundstÅcksverwaltende Gesellschaft, der gem. § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG auf Antrag die sog. erweiterte KÅrzung zusteht. Vermittels dieser gewerbesteuerlichen KÅrzung wird der Ertrag aus der berlassung von Immobilien gewerbesteuerfrei gestellt. Da die OG 1 ihren Gewerbeertrag separat unter BerÅcksichtigung dieser KÅrzung zu ermitteln hat, bleibt ihr Gewerbeertrag insoweit gewerbesteuerfrei. Die OG 2-GmbH hat demgegenÅber den korrespondierenden Aufwand aus den Mietzahlungen, den sie in ihrem Ergebnis an den OT berÅcksichtigt. Somit kme es durch das Instrument der erweiterten KÅrzung im Organkreis zu einer BegÅnstigung, denn es stehen sich hier nicht Aufwand und Ertrag ausgeglichen gegenÅber. Whrend der Aufwand im Ergebnis beim OT berÅcksichtigt wÅrde, gilt dies fÅr den Ertrag aus der Vermietung auf Grund der erweiterten KÅrzung nicht.

LÇsung: Dieses Problem, welches mit hÇchstrichterlichem Urteil des BFH v. 18.5.20111 erstmals geklrt wurde (Rz. 6.75), kann in der Praxis von der Bp nur dann zutreffend behandelt werden, wenn die Bp den gesamten Organkreis im Blick hat. Der BFH hat in seinem Urteil aus systematischen GrÅnden die erweiterte KÅrzung auf Ebene der OG 1 bereits nicht zugelassen. Anders war noch das FG MÅnchen in einem rechtskrftigen Urteil

1 BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt. Erneute Besttigung dieser Rechtsprechung durch Urteil des IV. Senats BFH v. 30.10.2014 – IV R 9/11, GmbHR 2015, 149.

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Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

v. 14.11.20051 vorgegangen, welches die erweiterte KÅrzung bei der OG zwar zugelassen, beim OT aber dann wiederum einen Zuschlag in HÇhe der Mietertrge gemacht hatte. Beide LÇsungen kommen aber zum selben Endergebnis beim OT; nmlich der NichtberÅcksichtigung des KÅrzungsbetrages. Die Bp-Stellen werden auf Grund dieser Rechtsprechung bei Fragen zur erweiterten KÅrzung, sofern sie denn innerhalb von Organschaften vorgenommen wird, in Zukunft ihr erhÇhtes Augenmerk auf derartige Sachverhalte richten. Bisher sind solche Konstellationen nmlich nur dann aufgefallen, wenn ein PrÅfer den gesamten Organkreis prÅfte und ihm der unberechtigte Steuervorteil auf der Hand lag. Da die Problematik auf Grund der BFH-Rechtsprechung nunmehr „bekannter“ sein dÅrfte, werden sich in der Konstellation „Erweiterte KÅrzung und Organschaft“ auch dann PrÅfungsanstze ergeben, wenn nicht die gesamte Organschaft in einer Hand geprÅft wird. Voraussetzung fÅr diese Korrektur ist natÅrlich immer, dass sowohl die vermietende als auch die mietende Gesellschaft im Organkreis stehen. Ist dies nicht kumulativ der Fall, so gibt es keine sachliche Rechtfertigung aus diesem Grund die erweiterte KÅrzung zu versagen. Ist bspw. die Vermietungsgesellschaft im oben skizierten Fall eine Personengesellschaft, die als OG nicht organschaftlich verbunden sein kann, so ergibt sich das Problem nicht. c) Keine Anwendung der Schachtelstrafe gem. § 8b Abs. 5 KStG auf Ebene des OT bei AusschÅttung von Seiten einer Schachtelbeteiligung an eine OG

7.49 Bei AusschÅttungen innerhalb von KapitalgesellschaftsverbÅnden und außerhalb von Organschaften kommt die Steuerbefreiung des § 8b KStG zum Zuge. Demnach werden nach § 8b Abs. 5 KStG2 5 % des AusschÅttungsbetrages pauschal als nicht abziehbare Betriebsausgaben dem Einkommen außerbilanziell wieder hinzugerechnet. Dies gilt kÇrperschaftsteuerlich – zumindest bis zur EinfÅhrung der Steuerpflicht von Streubesitzdividenden in 20133 – sowohl fÅr sog. Schachtel- wie auch Streubesitzdividenden. Da der gewerbesteuerliche Ertrag nach § 7 GewStG auf dem kÇrperschaftsteuerlichen Einkommen aufsetzt, sollte man meinen, dass die 5 % „Schachtelstrafe“ sowohl bei der KÇrperschaftsteuer wie auch der Gewerbesteuer unumgnglich seien. Dies zumal der Gesetzgeber noch 2006 durch die EinfÅhrung des § 9 Nr. 2a S. 4 GewStG klargestellt

1 FG MÅnchen v. 14.11.2005 – 7 K 2699/03, EFG 2006, 578. 2 Seit dem VZ 2004. 3 Bis zur Neufassung des § 8b Abs. 4 KStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 561.

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B. Die ertragsteuerliche Organschaft in der BetriebsprÅfung

hat,1 dass der 5 %-Zuschlag nicht nach Dividendengrundstzen bei der Gewerbesteuer kÅrzungsfhig ist. Gewerbesteuerlich wird trotz dieser Grundstze bereits seit lngerem das Problem diskutiert, ob der 5 %-Zuschlag auf der Ebene des OT zur Anwendung kommt, wenn aus einer nicht organschaftlich verbundenen Schachtelbeteiligung an eine OG ausgeschÅttet wird. Der Sachverhalt ist graphisch dargestellt folgender:

Im ersten Schritt auf Ebene der OG wird gewerbesteuerlich die Bruttomethode angewandt,2 dh. es kommen die Vorschriften des § 8b KStG nicht zur Anwendung. Im zweiten Schritt kommen die besonderen gewerbesteuerlichen KÅrzungsvorschriften der § 9 Nr. 2a S. 1 oder § 9 Nr. 7 S. 1 GewStG zur Anwendung.3 Demnach wird der Gewerbeertrag aus der erhaltenen Dividende bei mindestens 10 %-tiger (EU-Schachtel, § 9 Nr. 7 S. 1 letzter Halbsatz GewStG) bzw. 15 %-tiger (nationale und internationale Schachtel, § 9 Nr. 2a S. 1 GewStG und § 9 Nr. 7 S. 1 GewStG) Beteiligung allein auf Grund der gewerbesteuerlichen Vorschriften auf 0 reduziert. Der auf 0 gekÅrzte Gewerbeertrag wird dann an den OT geleitet. Bis hierin ist die LÇsung unumstritten. Fraglich und umstritten ist nunmehr, ob auf Ebene des OT der Zuschlag von 5 % des § 8b Abs. 5 KStG zur Anwendung kommt. Die Finanzverwaltung steht auf diesem Standpunkt. Demnach wird die BetriebsprÅfung bereits bei der Ermittlung des Gewerbeertrages der OG einen Korrekturbetrag von 5 % auf die empfangenen Schachteldividenden ausweisen, der dann auf Ebene des OT in die Veranlagung eingeht. Die Finanzverwaltung begrÅndet dies mit dem notwendigen Gleichlauf zwischen KÇrperschaftsteuer und Gewerbesteuer, die im 1 Vgl. die bergangsvorschrift des § 36 Abs. 8 S. 5 GewStG; Klarstellung zumindest nach Auffassung der Finanzverwaltung. 2 BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 = FR 2003, 981 Rz. 28. 3 Vgl. zu Fragen des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs: SchÇneborn, NWB 2013, 2878 mit Fallbeispielen.

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Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

Hinblick auf derartige Flle im Gesetz nur lÅckenhaft wiedergegeben sei.1 Rechtlich stÅtzt sich die Verwaltung auf § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG. In der Literatur wird diese Auffassung ausschließlich von Vertreten der Finanzverwaltung geteilt.2 Die herrschende Meinung in der Literatur steht auf dem Standpunkt, dass die Dividende in derartigen Fllen insgesamt gewerbesteuerfrei sei.3 Dies folge aus der lÅckenhaften Regelung und der Anwendung der gewerbesteuerlichen KÅrzungsvorschrift auf Ebene der OG. Dann komme oben beim OT – auch dem Grunde nach – kein Dividendenertrag mehr an, der eine Hinzurechnung von 5 % erlaube. Im Ergebnis ist mE der herrschenden Literaturauffassung zuzustimmen, denn das Ineinandergreifen der verschiedenen Vorschriften in der Form der Bruttomethode, der gewerbesteuerliche KÅrzung bei der OG sowie einer fehlenden Vorschrift, die einen Zuschlag nach § 8b Abs. 5 KStG beim OT explizit vorsieht, lsst tatschlich eine GesetzeslÅcke zu, welche bei der Gewerbesteuer einen Besteuerungsausfall hinnimmt. Dies ist umso erstaunlicher, als dass eine AusschÅttung einer Schachtelbeteiligung an den OT – anstatt die OG – auf direktem Wege den normalen Regeln, dh. auch der Anwendung des § 8b Abs. 5 KStG bei der Gewerbesteuer, unterliegt. Ebensolches gilt fÅr die AusschÅttung außerhalb von Organschaften. Die BegrÅndung fÅr eine Privilegierung der beschriebenen Sonderflle ist nicht ersichtlich. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, diese LÅcke schnellstmÇglich zu schließen, um Steuerausflle bei den Kommunen mÇglichst gering zu halten.

7.50 Erstmals hat sich jetzt ein FG mit dem Thema auseinandergesetzt und die Verwaltung in die Schranken gewiesen.4 Zwar konzediert das FG MÅnster die gesetzgeberische Belastungsentscheidung, die sowohl bei der KÇrperschaft- wie auch der Gewerbesteuer davon ausgeht, dass zumindest 5 % beim Dividendenbezug zu versteuern seien. Jedoch geht das FG von einer gesetzgeberischen LÅcke aus, die auch nicht im Wege der Auslegung beseitigt werden kÇnne, da dem Gesetzgeber das Thema seit Jahren auf Grund der Literaturmeinungen bekannt sei und er „sehenden Auges“ nichts unternommen habe. Diese Erwgungen des FG MÅnster hat der BFH in der Revisionsentscheidung5 vollumfnglich besttigt und sich insoweit argumentativ der herrschenden Literaturmeinung angeschlossen. Denn laut BFH sind in dem dem OT zugewiesenen Gewerbeertrag der OG die GewinnausschÅttungen der Schachtelbeteiligung nicht „enthalten“, 1 OFD MÅnster v. 4.9.2006 – G 1421 - 138 - St 12 - 33; Fallbeispiel 3.1 zitiert nach Juris. 2 Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8b KStG Rz. 380, 385; DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG, Rz. 27, 28, 52. 3 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 45b (Stand: 10/2014); Gosch in BlÅmich, § 9 GewStG Rz. 187a; Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 94; Kollruss, DStR 2006, 2291; MÅller/StÇcker, Die Organschaft, S. 251 Rz. 1005. 4 Urteil des FG MÅnster v. 14.5.2014 – 10 K 1007/13 G, GmbHR 2014, 1115 m. Anm. Demel/Sundheimer = ISR 2014, 276 m. Anm. BÇhmer. 5 BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, FR 2015, 472 m. Anm. Roser = DStR 2015, 637.

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C. Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse

da sie zuvor wegen der besonderen gewerbesteuerlichen Vorschriften des § 9 Nr. 2a bzw. 7 GewStG auf Ebene der OG gekÅrzt worden sind. Eine Korrektur dieses Ergebnisses kÇnne weder Åber Auslegung des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG noch durch eine Analogie erfolgen. Der Gesetzgeber habe dieses Ergebnis angesichts der sonstigen Regelungsdichte bei der gewerbesteuerlichen Organschaft hingenommen und mÅsse dann auch die Konsequenzen tragen. Wie die Finanzverwaltung sich zu dieser Entscheidung positioniert, bleibt abzuwarten. ME wird hier der Gesetzgeber ttig werden mÅssen, um diese unsystematische „HinzurechnungslÅcke“ zu schließen.

C. Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse In der Praxis der Veranlagung sowie der BetriebsprÅfung von Organschaften ist von Seiten der Finanzverwaltung nur ein relativ kleiner, jedoch hoch spezialisierter Personenkreis eingesetzt. Der Einstieg einer berprÅfung durch die Finanzverwaltung erfolgt Åber Checklisten, die sich an der gesetzlichen Systematik der ertragsteuerlichen Organschaft gem. §§ 14 ff. KStG orientiert. Die berprÅfung von Seiten der Bp geht regelmßig dahin, ob eine sog. „verunglÅckte“ Organschaft vorliegt. Aus diesem Grund sollten die betroffenen Unternehmen den formalen Anforderungen an die Organschaft, insbesondere der zutreffenden Formulierung des GAV erhÇhte Aufmerksamkeit widmen. Hier ist die Rechtsprechung des BFH zuweilen noch strenger als die Sichtweise der Finanzverwaltung. Auch dies mÅssen die Betroffenen im Auge behalten, wenn es zu einem Finanzprozess kommt bzw. kommen kann. In materieller Hinsicht wird ein Aufgriff bei handelsrechtlichen Bilanzierungsfehlern auf Grund der neu geschaffenen HeilungsmÇglichkeit nur noch sehr eingeschrnkt mÇglich sein. In der Praxis der Bp bleibt in Zukunft als zentrales PrÅffeld die Thematik „tatschliche DurchfÅhrung“ des GAV. Die Kernfrage ist hier, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form OG und OT ihren Verpflichtungen aus dem GAV nachkommen mÅssen. Gerade bei der Frage der Zeitnhe der DurchfÅhrung ergibt sich Streitpotential zwischen Verwaltung und Unternehmen. Als neuer PrÅfungsansatz wird sich in Zukunft die zutreffende handelsbilanzielle Berichtigung nach Beanstandung durch die Vor-Bp ergeben. Unterlsst das Unternehmen die materiell gebotene Berichtigung, luft es Gefahr, dass die Organschaft scheitert. Die materiell wichtige Frage der Abgrenzung zwischen vor- und innerorganschaftlichen Mehr- bzw. MinderabfÅhrungen Åbernimmt im Kapitalgesellschaftskonzern hufig die Bp. Im Hinblick auf die Verlustvernichtungsvorschrift des § 8c KStG ist das aktuell in berarbeitung befindliche BMF-Schreiben zu § 8c KStG zu beachten. Nach bisherigem Stand wird die Verwaltung keine Zurechnung der stillen Reserven der OG beim OT vornehmen. Außerdem nimmt die Verwaltung die VerlustkÅrzung auf Ebene der OG vor der Einkommenszurechnung an den OT vor. Dies fÅhrt dazu, dass der OT zwar den Verlust der OG ausgleichen muss, jedoch im ungÅnstigsten Fall kein

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7.51

Kapitel 7 Die Organschaft aus Finanzverwaltungsperspektive

negatives Einkommen zugerechnet bekommt, da der Verlust nach § 8c KStG auf Ebene der OG gekÅrzt wird. Bei stillen Gesellschaften an einer Gesellschaft im Organkreis gilt es zu beachten, dass diese mÇglichst nicht in atypisch stille umgedeutet werden kÇnnen. Sollte dies der Fall sein, so wre nach Ansicht der Verwaltung die Organschaft gescheitert. Dies gilt unabhngig davon, ob die atypisch Stille auf Ebene des OT oder der OG vorliegt. Im Bereich der speziell gewerbesteuerlichen Fragen sind die Besonderheiten der Hinzurechnungen und KÅrzungen auf Ebene der OG zu beachten. Es darf nicht zu einer doppelten BegÅnstigung kommen, wie dies der Fall ist, wenn die erweiterte KÅrzung von GrundstÅcksunternehmen bei GrundstÅcksÅberlassungen innerhalb des Organkreises zum Zuge kme. Ebenso wenig darf es zu einer doppelten Belastung kommen, wenn bspw. Hinzurechnungen von Finanzierungsaufwand innerhalb des Organkreises erfolgt. Aktuell problematisch, wenngleich durch den BFH hÇchstrichterlich entschieden ist das Problem der Anwendung der Schachtelstrafe des § 8b Abs. 5 KStG mit 5 %, wenn eine AusschÅttung von einer gewerbesteuerlichen Schachtel an die OG erfolgt.

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Kapitel 8 Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft Literatur Buml, Personengesellschaften als Organtrger in der Gestaltungs- und Unternehmenspraxis, FR 2013, 1121; Benecke/Blumenberg, Internationales Steuerrecht. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG n.F., StbJb. 2013/2014, 349; Benecke/Schnitger, Wichtige nderungen bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft durch das UntStG 2013, IStR 2013, 143; Benz, Die Auswirkungen des § 8c KStG bei der Organschaft, Ubg 2011, 772; Beußer, Der Zinsvortrag bei der Zinsschranke, FR 2009, 49; Bien/ Wagner, Erleichterungen bei der Verlustabzugsbeschrnkung und der Zinsschranke nach dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, BB 2009, 2627; Blumenberg, Gestaltungsberatung bei Auslandsbeziehungen nach deutschem und auslndischem Steuerrecht – Internationales Unternehmenssteuerrecht – Quo vadis? Leveraged Buyout = Missbrauch?, JbFSt 2012/13, 587; Blumenberg, Organschaft im Zusammenhang mit Umstrukturierungen und Unternehmenskauf, in Herzig, Organschaft, 2003, 250; Blumenberg/Kring Anmerkungen zu KStR-E 2015, DB 2015, 1435; Blumenberg/Lechner, Umwandlung und Organschaft, DB 2012, Beilage 1; DÇrr, Wachstumsbeschleunigung durch den neuen § 8c KStG. Erleichterungen bei der Verlustabzugsbeschrnkung fÅr KÇrperschaften, NWB 2010, 184; DÇtsch, Einbindung von Personengesellschaften in einen Organkreis, in Kessler/FÇrster/Watrin, Unternehmensbesteuerung, 2010, 244; DÇrr/Fehling, GestaltungsmÇglichkeiten zum ffnen der Zinsschranke, Ubg 2008, 345; DÇtsch/Pung, Organschaftsbesteuerung: Das EinfÅhrungsschreiben des BMF vom 26.8.2003 und weitere aktuelle Entwicklungen, DB 2003, 1970; DÇtsch/Pung, Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts: Die nderungen bei der Organschaft, DB 2013, 305; DÇtsch/Pung, Die organschaftlichen Ausgleichsposten: Warum tun wir uns das an?, in LÅdicke/MÇssner/Hummel, Das Steuerrecht der Unternehmen, 2013, 52; Eilers/Beutel, Seminar G: Steuerfreistellungen und -gewhrleistungen in M&A-Transaktionen, IStR 2010, 564; Fichtelmann, Beendigung der Organschaft durch ErÇffnung des Insolvenzverfahrens?, GmbHR 2005, 1346; Fischer/Wagner, Das BMF-Schreiben zur Zinsschranke. berblick. Bewertung. verbleibende Gestaltungen, BB 2008, 1872; Frotscher, GrenzÅberschreitende Organschaft – wo stehen wir?, IStR 2011, 697; Fuhrmann, Organschaft als steuerliches Gestaltungsinstrument, KSDI 2008, 15989; Gosch, Passivierung „angeschaffter“ PensionsrÅckstellungen. VerlustrÅcktrag bei Organschaft, BFH/PR 2013, 181; Gosch, Gewerbesteuerliche Organschaft zwischen einem in Großbritannien ansssigen Organtrger und einer inlndischen Organgesellschaft Åber eine inlndische Zwischenholding, BFH/PR 2011, 266; Gosch, Zur BegrÅndung einer gewerbesteuerlichen Organschaft durch rÅckwirkende Umwandlung, StBp 2004, 27; Herfort, Inbound Akquisition Åber eine Personengesellschaft. Steuerliche Chancen und Risiken, Internationales Steuer- und Gesellschaftsrecht Aktuell 2010, 33; Herzig/Liekenbrock, Zinsschranke im Organkreis, DB 2007, 2387; Heurung/Engel/ MÅller-Thomczik, Der „wichtige Grund“ zur Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags, GmbHR 2012, 1227; Jnisch/Klein, Inbound Finanzierung von Großbritannien nach Deutschland Åber eine KG Holding Struktur – Anwendungsfall von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG?, BB 2007, 696; Kaminski, Ausgewhlte GestaltungsÅberlegungen zur Begrenzung der Belastung mit auslndischer Erbschaftsteuer, Stbg 2013, 214; Kessler, Alternativen zur Organschaft, in Herzig, Organschaft, 2003, 570; LÇwenstein/Maier, Organschaft und eingeschrnkte Verlustnutzung bei

Blumenberg/Hundeshagen

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Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

doppelt ansssigen Organtrgern. Mitwirkung von Dr. Jekyll und Mr. Hyde bei den Neuregelungen des UntStFG?, IStR 2002, 185; MÅnchen/MÅckl, Die Vereinbarkeit der Zinsschranke mit dem Grundgesetz, DStR 2014, 1469; Neyer, Verlustnutzung nach unterjhrigem Anteilserwerb: Verwertungsverbot und Verschonungsregeln, DStR 2010, 1600; Orth, § 11 Verlustverrechnungsstrategien, in Kessler/KrÇhner/ KÇhler, Konzernsteuerrecht, 2. Aufl. 2008, 967; Pohl/Staringer, Gestaltungsberatung bei Auslandsbeziehungen nach deutschem und auslndischem Steuerrecht. Multinationales vs. Mittelstand?. Mittelstndische Strukturen und sterreich, JbFSt 2013/2014, 555; U. Prinz, Wirtschaftliche Konsequenzen der Organschaft, in Herzig, Organschaft, 2003, 545; U. Prinz, Gedankensplitter zur konzeptionellen Fortentwicklung des steuerlichen Organschaftsrechts. Diskussionsbeitrag zum 2. MÅnchner Unternehmenssteuerforum, Beihefter zu DStR 30/2010, 67; U. Prinz/ HÅtig, Zur typisierten Gewerbesteueranrechnung bei einer Organtrger-Personengesellschaft, StuB 2012, 20; U. Prinz/Otto, Pldoyer fÅr die Beibehaltung der gewerbesteuerlichen Organschaft, FR 2003, 53; Reusch, Die ertragsteuerliche Organschaft in M&A Transaktionen, in Baumhoff/DÅcker/KÇhler, Besteuerung, Rechnungslegung und PrÅfung der Unternehmen, 2011, 369; RÇdder/SchÇnfeld, Abschied (auslandsbeherrschter) inlndischer Kapitalgesellschaften von der deutschen Ertragsteuerpflicht? Erste Anmerkungen zum Åberraschenden Urteil des BFH v. 9.2.2011 (I R 54, 55/10, DStR 2011, 762), DStR 2011, 886; RÇdder/Schumacher, Das SteuervergÅnstigungsabbaugesetz, DStR 2003, 805; Schaden/Polatzky, Neuregelung der Verlustausgleichsbeschrnkung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG – Auswirkungen auf deutsche Inbound-Finanzierungen Åber KG-Holding-Strukturen, IStR 2013, 131; Schaefer/Wind/Mager, Beendigung und BegrÅndung von Organschaften beim Unternehmenskauf, DStR 2013, 2399; Schaumburg/Buml, Organschaft und Gewerbesteueranrechnung, FR 2010, 1061; Scheffler, KÇrperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft nach der Unternehmensteuerreform 2008, StuB 2008, 58; Scheunemann/Dennisen/Behrens, Steuerliche nderungen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, BB 2010, 23; Schneider/Schmitz, Ausschluss der VerlustberÅcksichtigung bei Organschaft. berblick Åber § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG n.F., GmbHR 2013, 281; Seker, Outboundgestaltungen inlndischer Personengesellschaften im Lichte des neuen DBA TÅrkei. Investitionen in der TÅrkei, IWB 2012, 57; Sistermann/Brinkmann, Wachstumsbeschleunigungsgesetz: Die nderungen bei der Mantelkaufregelung Entschrfung der Verlustabzugsbeschrnkungen durch Konzernklausel und Verschonung in HÇhe der stillen Reserven, DStR 2009, 2633; Stangl/BrÅhl, Die „kleine Organschaftsreform“, Der Konzern 2013, 77; Stangl/HagebÇke, E. Zinsschranke und gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Finanzierungsentgelten, in Schaumburg/RÇdder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447; Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014. Steuerrecht – Gesellschaftsrecht, 2014; Tinter/Klahr/Ungemach, Ertragsteuerrechtliche Organschaft: Der Zeitpunkt des Beginns der gewerblichen Bettigung, NWB 2013, 3303; Vanselow, Mehrstufige Organschaft im kleinen GmbH-Konzern. Ausgewhlte Steuerrechtsfragen und -antworten anhand typischer Beispiele, GmbH-StB 2004, 305; von Freeden/Liekenbrock, Neue Zinsabzugsbeschrnkung fÅr Inbound-Akquisitionsfinanzierungen durch § 14 I Nr. 5 KStG n.F.?, DB 2013, 1690; Walter, Anmerkung zum Urteil des BFH vom 24.7.2013 (I R 40/12, GmbHR 2013, 1105). Zur Bestimmung des Zeitpunkts der gewerblichen Bettigung des Organtrgers und der rÅckwirkenden steuerlichen Anerkennung von GewinnabfÅhrungsvertrgen mit unzureichender VerlustÅbernahmeregelung, GmbHR 2013, 1109; Walter, Finanzielle Eingliederung bei Organschaft durch wirtschaftliches Eigentum, Der Konzern 2013, 472.

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A. Einleitung

A. Einleitung Die ertragsteuerliche Organschaft stellt in der Praxis der Unternehmensbesteuerung ein wichtiges Gestaltungsinstrument dar, durch das sich die Steuerbelastung einer Unternehmensgruppe im Einzelfall spÅrbar reduzieren lsst.1 Dabei muss allerdings immer auch berÅcksichtigt werden, dass die Organschaft – neben der Durchbrechung der Haftungsabschirmung im Verhltnis zwischen Organtrger und Organgesellschaft – im Einzelfall durchaus auch steuerliche Nachteile haben kann. Zudem birgt die Organschaft eine nicht unerhebliche Komplexitt und administrativen Aufwand.2 Die mit der Organschaft verbundenen Steuervorteile sind vielfltig und reichen vom einfachen Aspekt der Konsolidierung der Ergebnisse von Organtrger und Organgesellschaft bis hin zu speziellen Entlastungseffekten bei der Gewerbesteuer (s. Abschnitt B). Praktisch bedeutsam ist auch die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Organschaft (frÅhestens) besteht bzw. wie und wann ein Organschaftsverhltnis steuerschonend beendet werden kann (s. Abschnitt C). Eine bedeutsame Rolle spielt der Einsatz der Organschaft bei der Strukturierung grenzÅberschreitender Unternehmensakquisitionen, und zwar sowohl im Inbound- als auch im OutboundFall (s. Abschnitt D). Bei konzerninternen Umwandlungen sind insbesondere die Fortsetzung einer bestehenden Organschaft und die Vermeidung von MehrabfÅhrungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, wichtige Gestaltungsziele (s. Abschnitt E). Obwohl das deutsche Steuerrecht eine echte grenzÅberschreitend wirkende Organschaft nicht zulsst, hat die Anpassung der Organschaftsvoraussetzungen an unionsrechtliche Anforderungen in gewissem Umfang neue EinsatzmÇglichkeiten geschaffen. Bei alledem ist indes nicht zu Åbersehen, dass der Nutzung des Instruments der Organschaft gerade im grenzÅberschreitenden Kontext Grenzen gesetzt wurden bzw. sogar Nachteile drohen, die im Rahmen steuerplanerischer berlegungen zu berÅcksichtigen sind (s. Abschnitt F).

1 Die nachstehende AusfÅhrungen kÇnnen bei weitem nicht alle denkbaren steuerlichen GestaltungsmÇglichkeiten der Organschaft berÅcksichtigen. Sie konzentrieren sich auf bestimmte, in der Praxis hufig anzutreffende steuerliche Gestaltungsfragen. 2 Die vielfltigen gesellschafts- und handelsrechtlichen Aspekte und GestaltungsÅberlegungen werden in diesem Beitrag nicht behandelt.

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8.1

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung I. Ergebniskonsolidierung 1. Einkommenszurechnung

8.2 Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Organschaft vor, so wird das Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger zugerechnet (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG). Diese Zurechnung „von unten nach oben“ bewirkt eine ertragsteuerliche Konsolidierung der Ergebnisse von Organgesellschaft (bei der es sich um eine Kapitalgesellschaft handeln muss) und Organtrger (ihrer Gesellschafter), jedoch ohne Eliminierung etwaiger, im bilateralen Verhltnis zwischen Organgesellschaft und Organtrger anfallender Zwischengewinne. Denn die Einkommen von Organgesellschaft und Organtrger werden zunchst getrennt ermittelt und erst anschließend wird das positive oder negative Einkommen der Organgesellschaft dem Einkommen des Organtrgers zugerechnet. Die Ergebniskonsolidierung erfordert sowohl fÅr Zwecke der KÇrperschaft-/Einkommensteuer als auch der Gewerbesteuer den Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags i.S.d. § 291 Abs. 1 AktG auf mindestens fÅnf Jahre und dessen tatschliche DurchfÅhrung whrend seiner gesamten Geltungsdauer; ein Eingriff in die rechtliche Organisationsstruktur, zB eine Verschmelzung, ist fÅr die Ergebniskonsolidierung hingegen nicht erforderlich.1 Im Falle von Schwester(kapital)gesellschaften setzt eine Ergebniskonsolidierung voraus, dass beide ein Organschaftsverhltnis zum gleichen Organtrger haben; stets erfolgt die Ergebniskonsolidierung auf Ebene des gemeinsamen Organtrgers.2

8.3 Liegen die Voraussetzungen der Organschaft nicht vor, so unterbleibt wegen des Trennungsprinzips die steuerwirksame Konsolidierung der Einkommen von Organgesellschaft und ihren Gesellschaftern. Bei der Organgesellschaft muss es sich um eine Kapitalgesellschaft handeln, fÅr die außerhalb der Organschaft das Trennungsprinzip gilt. Erzielt beispielsweise in einem Wirtschaftsjahr eine Kapitalgesellschaft ein negatives und ihr Gesellschafter ein positives Einkommen, so findet eine Zusammenrechnung der beiden Einkommen nicht statt. Das Einkommen des Gesellschafters unterliegt dann (bei natÅrlichen Personen) der Einkommensteuer, whrend die Kapitalgesellschaft das negative Einkommen – vom VerlustrÅcktrag gem. § 10d Abs. 1 EStG abgesehen – nur mit positivem Einkommen zukÅnftiger Veranlagungszeitrume verrechnen kann, wobei

1 Vgl. Neumann in Gosch, KStG3, § 14 Rz. 34. 2 Vgl. Kessler in Herzig, Organschaft, 2003, 572 f.

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B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung

wiederum die Grenzen der Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG) zu beachten sind.1 Gleiches gilt im umgekehrten Fall, wenn die Kapitalgesellschaft ein positives und der Gesellschafter ein negatives Einkommen erzielt. 2. Steuerbelastungseffekte Die Steuereffekte der Organschaft hngen von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren ab und kÇnnen im Einzelfall hÇchst unterschiedlich sein. Nachfolgend werden die Auswirkungen der Ergebniskonsolidierung exemplarisch fÅr verschiedene Fallkonstellationen aufgezeigt. Beispiel 1: Die M-GmbH hlt 100 % der Anteile an der T-GmbH. Die M-GmbH erzielt positive EinkÅnfte von 100, die T-GmbH negative EinkÅnfte von 50. Der Ertragsteuersatz betrgt (vereinfacht) 30 %.

Auf Ebene der M-GmbH fallen ohne Organschaft Ertragsteuern von 30 an (30 % v. 100). Die negativen EinkÅnfte der T-GmbH gehen lediglich in den Verlustabzug gem. § 10d EStG der T-GmbH ein. Die Gesamtsteuerbelastung betrgt 30. Im Fall einer Organschaft zwischen der M und T wird das Einkommen der Organgesellschaft T-GmbH dem Einkommen des Organtrgers M-GmbH zugerechnet, § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG. Das zu versteuernde Einkommen der M-GmbH betrgt dementsprechend 50, die Ertragsteuer 15. Durch die BegrÅndung einer Organschaft reduziert sich die Ertragsteuerbelastung in der einjhrigen Betrachtungsperiode von 30 auf 15.

Eine phasengleiche steuerwirksame Verlustverrechnung setzt voraus, dass einer der an der Organschaft beteiligten Rechtstrger positive EinkÅnfte erzielt, oder aber das ihm zugerechnete negative Einkommen im 1 Im Rahmen der GewSt richtet sich die Verlustverrechnung nach § 10a GewStG, vgl. dazu Orth in Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 11 Rz. 609. Auf gewerbesteuerliche Besonderheiten wird im Folgenden nur bei abweichenden Rechtsfolgen eingegangen.

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8.4

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

Rahmen des VerlustrÅcktrags nutzen kann.1 Anderenfalls kann der auf Ebene des Organtrgers anfallende Verlust (SaldogrÇße) nur in zukÅnftigen Wirtschaftsjahren im Rahmen der Mindestbesteuerung von positiven EinkÅnften abgezogen werden.

8.5 Der Steuervorteil der organschaftlichen Ergebniskonsolidierung kann temporrer oder permanenter Natur sein. Ein temporrer Vorteil der organschaftlichen Verlustverrechnung besteht, wenn Organtrger und Organgesellschaft in spteren Wirtschaftsjahre stand-alone positive EinkÅnfte erzielen, die sie mit den im Rahmen der Organschaft verrechneten Verluste selbst htten ausgleichen kÇnnen. Die Organschaft fÅhrt in diesem Fall nur zu einem Zinsvorteil,2 der sich Çkonomisch in einem geringeren Barwert zu zahlenden Steuer niederschlgt. Beispiel 2: Die M-GmbH hlt 100 % der Anteile an der T-GmbH. M erzielt in den Jahren t1 und t2 jeweils positive EinkÅnfte von 100, die T-GmbH in t1 negative EinkÅnfte von 50 und in t2 positive EinkÅnfte von 50. Der Ertragsteuersatz betrgt 30 %. Die Mindestbesteuerung wird nicht berÅcksichtigt. Die nachstehende Tabelle zeigt die Ermittlung der Gesamtsteuerbelastung sowie des Steuerbarwerts bei einem Diskontierungszins von 10 % jeweils ohne und mit Organschaft zwischen M-GmbH und T-GmbH. Tabelle 1: Temporre Vorteile Barwert

Ohne Organschaft M-GmbH T-GmbH Verlustabzug z.v.E. Steuerzahlung pa. Steuerbarwert3

t1 Steuer (30 %) 100 - 50

30 0

30

t2 Steuer (30 %) 100 50 - 50 0

Steuer gesamt

30 0

30

60

52,06

1 Handelt es sich beim Organtrger um eine Personengesellschaft, gilt der HÇchstbetrag in § 10d Abs. 1 EStG fÅr jeden Mitunternehmer und kann folglich mehrfach in Anspruch genommen werden, vgl. Orth in Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 11 Rz. 680. 2 Vgl. im Ergebnis ebenso Prinz, Beihefter zu DStR 30/2010, 70. 3 Der Steuerbarwert ermittelt sich bei einem Diskontierungszinssatz von (vereinfacht) 10 % durch Multiplikation der Steuerzahlung in t1 mit dem Faktor sowie der Steuerzahlung in t2 mit dem Faktor .

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B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung Mit Organschaft M-GmbH Zurechnung T-GmbH z.v.E. Steuerzahlung pa. Steuerbarwert

100 - 50 50

100 + 50 150

15

60

15

45

60

50,83

Vorteil Organschaft

1,23

0

Es zeigt sich, dass die nominale Gesamtsteuerzahlung durch die BegrÅndung einer Organschaft nicht sinkt. Gleichwohl hat sich der Steuerbarwert um 1,23 und damit einhergehend die finanzielle Belastung der betrachteten Unternehmensgruppe aus dem zeitlichen Anfall der Steuerzahlungen reduziert.

Permanente Vorteile kÇnnen durch die Organschaft erzielt werden, wenn Organtrger oder Organgesellschaft stand-alone keine positiven EinkÅnfte erzielen. Ohne Organschaft wÅrden sich im Zeitablauf Verlustvortrge aufbauen. Dabei ist auch zu beachten, dass die steuerliche Nutzung von Verlustvortrgen Restriktionen unterliegt oder ganz wegfallen kann, zB bei einem schdlichen Gesellschafterwechsel (§ 8c KStG) oder aufgrund von Umwandlungsmaßnahmen (vgl. §§ 4 Abs. 2 Satz 2, 12 Abs. 1 Satz 2, 15 Abs. 3 und 2 Abs. 4 UmwStG). Gleiches gilt fÅr Zins- und EBITDAVortrge nach der Zinsschranke (§ 4h Abs. 1 EStG). Beispiel 3: Die M-GmbH hlt 100 % der Anteile an der T-GmbH. Die M-GmbH erzielt in den Jahren t1 bis t3 negative EinkÅnfte von 50. Die Verlustvortrge gehen in t4 aufgrund eines schdlichen Anteilseignerwechsels (§ 8c KStG) unter. Die T-GmbH erwirtschaftet dauerhaft positive EinkÅnfte von 100. Der Ertragsteuersatz betrgt 30 %. Die Mindestbesteuerung wird nicht berÅcksichtigt. Die folgende Tabelle zeigt die Gesamtsteuerbelastung exemplarisch fÅr drei aufeinander folgende Jahre jeweils ohne und mit Organschaft. Tabelle 2: Permanente Vorteile t1 Steuer (30 %) Ohne Organschaft M-GmbH Verlustabzug z.v.E. T-GmbH Steuerzahlung pa. Mit Organschaft M-GmbH Zurechnung TBGmbH z.v.E. Steuerzahlung pa. Vorteil Organschaft

- 50 - 50 100

- 50 + 100

0

30 30

15

50

t2 Steuer (30 %) - 50 - 50 - 100 100

- 50 + 100

0

30 30

15

50

t3 Steuer Steuer gesamt (30 %) - 50 - 100 - 150 100

- 50 + 100

0

30 30

90

15

50

15

15

15

45

15

15

15

45

Blumenberg/Hundeshagen

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8.6

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

Die Organschaft fÅhrt im Beispiel zu einer jhrlichen Reduktion der Gesamtsteuerzahlung (Steuer von 45 statt 90). Außerdem fllt im Jahr t4 in der Situation ohne Organschaft ein Verlustvortrag von 150 aufgrund des Anteilseignerwechsels weg.

3. Besonderheiten bei steuerlichen Verlustvortrgen

8.7 Die Organschaft fÅhrt ferner dazu, dass auf Ebene des Organtrgers bestehende Verlustvortrge im Rahmen der Mindestbesteuerung steuerwirksam genutzt werden kÇnnen. Der Vorteil kann zum einen darin bestehen, dass Verlustvortrge des Organtrgers Åberhaupt genutzt werden kÇnnen (vgl. Beispiel 3 oben). Zum anderen kann die BegrÅndung einer Organschaft auch dazu fÅhren, dass die Verlustvortrge des Organtrgers trotz Mindestbesteuerung schneller steuerwirksam verrechnet werden. Beispiel 4: Die M-GmbH hlt 100 % der Anteile an der T-GmbH. Die M-GmbH verfÅgt Åber einen Verlustvortrag von E 10 Mio. und erzielt in den Jahren t1 und t2 jeweils positive EinkÅnfte von E 5 Mio. Die T-GmbH erzielt in den Jahren t1 und t2 jeweils positive EinkÅnfte von E 10 Mio. Der Ertragsteuersatz betrgt 30 %. Die nachstehende Tabelle zeigt die Gesamtsteuerbelastung fÅr die Jahre t1 und t2 jeweils ohne und mit Organschaft. Tabelle 3: Verlustvortrge des Organtrgers [Werte in E Mio.]

Ohne Organschaft M-GmbH Verlustabzug, § 10d EStG z.v.E. Verlustvortrag per 31.12. T-GmbH Steuerzahlung pa.

t1 Steuer (30 %) 5,0 - 3,41 1,6 6,6 10,0

t2 Steuer (30 %)

0,5

3,0 3,5

5,0 - 3,4 1,6 3,2 10,0

0,5

3,0 3,5

1 Die Mindestbesteuerung nach § 10d EStG fÅhrt zu einem Verlustabzug von insgesamt E 3,4 Mio. bestehend aus dem Sockelbetrag von E 1 Mio. erhÇht um 60 % der den Sockelbetrag Åbersteigenden EinkÅnfte (vorliegend E 5 Mio. – E 1 Mio. = E 4 Mio. x 60 % = E 2,4 Mio.).

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B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung Mit Organschaft M-GmbH Zurechnung T-GmbH Verlustabzug, § 10d EStG z.v.E. Verlustvortrag per 31.12. Steuerzahlung pa. Vorteil Organschaft

5,0 10,0 - 9,41 5,6 0,6

1,7

5,0 10,0 - 0,6 14,4 0,0

4,3

1,7

4,3

1,8

- 0,8

Im Jahr t2 kommt es durch die Organschaft zwar zu einer hÇheren Steuerzahlungen von im Beispiel E 0,8 Mio. Dem steht jedoch eine Steuerersparnis von E 1,8 Mio. im Jahr t1 bei vollstndiger Nutzung des Verlustvortrages der T-GmbH gegenÅber.

Die im Rahmen einer Organschaft verrechenbaren Verluste umfassen auch die Verluste, die dem Organtrger oder der Organgesellschaft aus der Beteiligung an einer (nicht zum Organkreis gehÇrenden) Personengesellschaft zugerechnet werden. Dies gilt jedoch nur fÅr die Einkommen-/KÇrperschaftsteuer, nicht fÅr gewerbesteuerliche Verluste der Personengesellschaft, die nur auf Ebene der Personengesellschaft verrechnet werden kÇnnen.2 Die organschaftliche Ergebniskonsolidierung ist aber nicht in allen Fllen vorteilhaft. Bestehen beispielsweise auf Ebene der Tochtergesellschaft (Organgesellschaft) Verlustvortrge aus vororganschaftlicher Zeit, so werden diese whrend des Bestehens der Organschaft nicht in die Verlustverrechnung einbezogen, § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG.3 Diese eingefrorenen Verlustvortrge sind fÅr die Organgesellschaft erst nach Beendigung der Organschaft wieder nutzbar.4 In der Literatur werden zur LÇsung des Problems des Einfrierens vororganschaftlicher Verluste verschiedene LÇsungsmÇglichkeiten diskutiert.5 Im Einzelfall mag es sich beispielsweise anbieten, Verlustvortrge der Organgesellschaft mit Gewinnen aus der Verußerung von VermÇgensgegenstnden an den Organtrger noch vor BegrÅndung einer Organschaft zu verrechnen.6 In der Praxis wird die 1 Die Mindestbesteuerung nach § 10d EStG fÅhrt zu einem Verlustabzug von insgesamt E 9,4 Mio. bestehend aus dem Sockelbetrag von E 1 Mio. erhÇht um 60 % der den Sockelbetrag Åbersteigenden EinkÅnfte (vorliegend E 15 Mio. – E 1 Mio. = E 14 Mio. x 60 % = E 8,4 Mio.). 2 Vgl. Orth in Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 11 Rz. 675; dazu BFH v. 29.8.2000 – VIII R 1/00, FR 2001, 251 m. Anm. Wendt = DStR 2001, 164. 3 Vgl. zur Rechtfertigung Neumann in Gosch, KStG3, § 15 Rz. 2. 4 Vgl. Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 12 (125. Erg.-Lfg. 2015); Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 15 Rz. 11. 5 Vgl. zB zum bedingten Abschluss des ErgebnisabfÅhrungsvertrags Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 14 (125. Erg.-Lfg. 2015); Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 15 Rz. 26; Orth in Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 11 Rz. 627 mwN; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht7, § 294 AktG Rz. 26 unter Verweis auf § 293 AktG Rz. 18. 6 Vgl. Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 13 (125. Erg.-Lfg. 2015); Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 15 Rz. 25 mwN.

Blumenberg/Hundeshagen

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8.8

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

Nichtverrechenbarkeit vororganschaftlicher Verlustvortrge aufgrund der allgemeinen Vorteile der Organschaft sowie von Kosten-Nutzen-berlegungen im Hinblick auf etwaige Verlustnutzungsstrategien nicht selten hingenommen.

8.9 Verluste einer (ehemaligen) Organgesellschaft, die nach Beendigung der Organschaft anfallen, kÇnnen nur mit kÅnftigen Gewinnen dieser Gesellschaft (im Rahmen der Mindestbesteuerung) verrechnet werden. Ein VerlustrÅcktrag der Organgesellschaft (§ 10d Abs. 1 EStG) ist weder im letzten vororganschaftlichen Veranlagungszeitraum1 noch whrend der Zeit der Organschaft mÇglich. Erwirtschaftet hingegen der Organtrger im ersten Veranlagungszeitraum nach Beendigung der Organschaft einen Verlust, kann dieser nach den allgemeinen Grundstzen in das letzte Jahr der Organschaft zurÅckgetragen werden.2 4. Besonderheiten bei Organschaftsketten

8.10 Die vorstehend dargestellten Gestaltungsanstze gelten grundstzlich auch in Fllen sog. Organschaftsketten. Damit sind mehrstÇckige Organschaften gemeint, die vorliegen, wenn auf verschiedenen einander nachgeordneten Beteiligungsstufen Organschaften bestehen.3 HierfÅr muss auf jeder Stufe ein GewinnabfÅhrungsvertrag abgeschlossen sein (und durchgefÅhrt werden), bei dreistufigem Konzernaufbau zwischen Enkel(E-GmbH) und Tochtergesellschaft (T-GmbH) sowie zwischen Tochter(T-GmbH) und Muttergesellschaft (M-GmbH). Ggf. ist insoweit auch zustzlich ein „stufenÅberspringender GAV“ zwischen E-GmbH und M-GmbH denkbar. Sind auch die Åbrigen Organschaftsvoraussetzungen erfÅllt (§§ 14 ff. KStG, § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG), wird das Einkommen der E-GmbH zunchst der T-GmbH zugerechnet, um sodann – zusammen mit dem eigenen Einkommen der T-GmbH – der M-GmbH zugerechnet zu werden. Grundstzlich fÅhren Organschaftsketten, da sie das Ergebnis mehrerer unmittelbarer Organschaften sind, nicht zu Abweichungen im Vergleich zu einfachen Organschaftsstrukturen. Besonderheiten kÇnnen allerdings im Hinblick auf Mehr- und MinderabfÅhrungen bestehen.4

8.11 Bei mehrstufigem Konzernaufbau ist allerdings zu beachten, dass die Zwischenschaltung einer Personengesellschaft die Organschaftskette grundstzlich unterbricht, da eine Personengesellschaft rechtsformbedingt nicht zugleich taugliche Organgesellschaft sein kann (§§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 Abs. 1 Satz 1 KStG).5 In diesen Fllen kommt allenfalls die BegrÅndung 1 Vgl. BFH v. 12.12.2012 – I R 69/11, FR 2013, 608 m. Anm. Prinz = DStR 2013, 570; dazu Gosch, BFH/PR 2013, 181 ff. 2 Vgl. Orth in Kessler/KrÇhner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 11 Rz. 641. 3 Vgl. Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14, Rz. 578. 4 Vgl. hierzu u.a. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 249i, 515 (82. Erg.-Lfg. 2014); Vanselow, GmbH-StB 2004, 305 (306 ff.). 5 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 50 (82. Erg.-Lfg. 2014); Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 22.

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B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung

einer sog. mittelbaren Organschaft in Betracht, bei der der Organtrger (M-GmbH) an der Organgesellschaft (E-GmbH) nicht direkt, sondern nur indirekt Åber eine oder mehrere beteiligungsvermittelnde Personengesellschaften1 beteiligt ist. In diesem Fall muss der GewinnabfÅhrungsvertrag zwischen der M-GmbH und der E-GmbH abgeschlossen werden, damit die Einkommenszurechnung i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG unmittelbar zum Organtrger M-GmbH erfolgt.

II. Keine Schachtelstrafe nach § 8b Abs. 5 KStG GewinnausschÅttungen und diesen gleichgestellte BezÅge, die eine (Mutter-) Kapitalgesellschaft von einer anderen (Tochter-) Kapitalgesellschaft bezieht, sind auf Ebene der Mutterkapitalgesellschaft gem. § 8b Abs. 1 KStG grundstzlich zu 100 % steuerfrei gestellt. Allerdings gelten 5 % dieser BezÅge als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden dÅrfen und damit das Einkommen der Muttergesellschaft erhÇhen (§ 8b Abs. 5 KStG); dafÅr aber ist der Abzug anderer Betriebsausgaben zulssig. Bei einem Steuersatz von 30 % betrgt die Belastung durch die Schachtelstrafe mithin 1,5 % der BezÅge. Ausnahmen bestehen insbesondere fÅr Streubesitzbeteiligungen sowie fÅr Kreditinstitute und Finanzdienstleister (§ 8b Abs. 4 bzw. 7 KStG, § 9 Nr. 2a, 7 GewStG). Durch die BegrÅndung einer Organschaft lsst sich die Schachtelstrafe des § 8b Abs. 5 KStG vermeiden, die bei mehrstufigem Konzernaufbau im AusschÅttungsfall auf jeder Beteiligungsstufe anfllt. Denn bei Bestehen einer Organschaft erzielt die Organtrger-Muttergesellschaft (grundstzlich) keine Beteiligungsertrge (BezÅge i.S.d. § 20 Abs. 1 EStG), vielmehr wird ihr das Einkommen der Tochtergesellschaft zugerechnet.2 Eine Besonderheit gilt, wenn die (Organtrger-)Muttergesellschaft ihrerseits Organtochter eines Organtrgers in der Form der Personenunternehmung ist: Nach der sog. Bruttomethode sind dann die Regelungen des § 8b Abs. 1 bis 6 KStG (wie auch § 4 Abs. 6 UmwStG) bei der Organgesellschaft nicht anzuwenden. Die Behandlung der BezÅge richtet sich nach den Verhltnissen auf Ebene des Organtrgers; die EinkÅnfte der Organgesellschaft werden dem Organtrger ohne BerÅcksichtigung von etwaigen, auf Ebene der Organgesellschaften geltenden Steuerbefreiungen und Abzugsverboten („brutto“) zugerechnet. FÅr gewerbesteuerliche Zwecke hat der BFH Ende 2014 klargestellt, dass die Gewinnanteile (Dividenden), welche die Organgesellschaft aus der Beteiligung an einer (auslndischen) Tochtergesellschaft erzielt, beim Organtrger (wenn dieser eine Kapitalgesellschaft ist) nicht der 5 %igen Schachtelstrafe unterliegen.3 1 Zur mittelbaren Organschaft vgl. u.a. BFH v. 2.11.1977 – I R 143/75, BStBl. II 1978, 74; Schumacher, Die Organschaft im Steuerrecht, 2014, 200; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 119. 2 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8b KStG Rz. 505 (127. Erg.-Lfg. 2015). 3 Vgl. BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, GmbHR 2015, 489 m. Anm. Suchanek/ RÅsch = DStR 2015, 637 mwN, der die bisher bereits hM ausdrÅcklich besttigt.

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8.12

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

III. Steuersatzseffekte 8.13 Im Rahmen der laufenden Steuerbelastung fÅhrt die Organschaft nicht nur zur Ergebniskonsolidierung, sondern ggf. auch dazu, dass andere Steuertarife zur Anwendung gelangen als ohne Organschaft, was wiederum die HÇhe der Steuerbelastung beeinflusst. Steuersatzeffekte treten ein, wenn es sich beim Organtrger um ein gewerblich ttiges Einzelunternehmen oder um eine Personengesellschaft mit natÅrlichen Personen als Mitunternehmer handelt (beide zusammen im Folgenden „Personenunternehmungen“). In diesem Fall fallen auf Ebene der Tochterkapitalgesellschaft ohne Organschaft KÇrperschaftsteuer, Solidarittszuschlag und Gewerbesteuer an. Von der Tochterkapitalgesellschaft ausgeschÅttete Gewinne werden nach dem TeileinkÅnfteverfahren zu 60 % als EinkÅnfte aus Gewerbebetrieb in das zu versteuernde Einkommen der Mitunternehmer oder des Einzelunternehmers einbezogen (vgl. § 3 Nr. 40 Bs. d) EStG) und unterliegen dem progressiven Einkommensteuertarif mit einem Steuersatz von bis zu 45 % zzgl. Solidarittszuschlag und ggf. Kirchensteuer. Auf Ebene der Personengesellschaft oder des Einzelunternehmens fllt aufgrund des gewerbesteuersteuerlichen Schachtelprivilegs keine zustzliche Gewerbesteuer an (§ 9 Nr. 2a GewStG). Ohne AusschÅttung bleibt es bei der Besteuerung auf Gesellschaftsebene. Besteht hingegen zwischen der Organgesellschaft und der Personenunternehmung (Organtrger) eine Organschaft, so unterliegen Einkommen und Gewerbeertrag der Organgesellschaft der Einkommensteuer zum ungemilderten Tarif zzgl. Solidarittszuschlag und ggf. Kirchensteuer sowie der Gewerbesteuer (mit gewerbesteuerlicher Zerlegung, wenn Betriebssttten in mehreren Gemeinden unterhalten werden, und Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer). Handelt es sich sowohl beim Organtrger als auch der Organgesellschaft um eine Kapitalgesellschaft, so beschrnken sich die Effekte aus den unterschiedlichen Tarifen auf die Gewerbesteuer (ggf. mit Unterschieden bei der Zerlegung des Steuermessbetrags fÅr Zwecke der Gewerbesteuer).

8.14 Das folgende Beispiel zeigt die Effekte, die je nach HÇhe des anwendbaren Einkommensteuersatzes ohne und mit Organschaft eintreten. Beispiel 5: Der Einzelunternehmer A hlt 100 % der Anteile an der A-GmbH in seinem Einzelunternehmen. Die A-GmbH erzielt positive EinkÅnfte von 100. Der Einfachheit halber wird unterstellt, dass die Nachsteuergewinne der A-GmbH phasengleich ausgeschÅttet werden und A in seinem Einzelunternehmen ein Einkommen von Null erzielt. Der Gewerbesteuerhebesatz betrage 400 %. Die Gesamtsteuerbelastung wird in Abhngigkeit des Einkommensteuersatzes von a) 35 %, b) 40 % und c) 45 % jeweils ohne und mit Organschaft ermittelt.

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B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung Tabelle 4: Einfluss von Steuersatzdifferenzen ESt-Satz a) 35 %

b) 40 %

Organschaft

ohne

ohne

A-GmbH EinkÅnfte GewSt (HS 400 %) = 14 % KSt = 15 % SolZ = 5,5 %

100,00 - 14,00 - 15,00 - 0,83

100,00

100,00 - 14,00 - 15,00 - 0,83

100,00

100,00 - 14,00 - 15,00 - 0,83

100,00

70,17

100,00

70,17

100,00

70,17

100,00

AusschÅttung/Zurechnung NatÅrliche Person A AusschÅttung/Zurechnung § 3 Nr. 40 EStG Eink. aus GewB § 9 Nr. 2a GewStG Gewerbeertrag GewSt (HS 400 %) = 14 % ESt Anrechnung § 35 EStG SolZ = 5,5 % Netto-Einkommen Vorteil Organschaft

mit

c) 45 % mit

ohne

mit

70,17 100,00 70,17 100,00 70,17 100,00 - 28,07 0,00 - 28,07 0,00 - 28,07 0,00 42,10 100,00 42,10 100,00 42,10 100,00 - 42,10 0,00 - 42,10 0,00 - 42,10 0,00 0,00 100,00 0,00 100,00 0,00 100,00 0,00 - 14,00 0,00 - 14,00 0,00 - 14,00 - 14,74 - 35,00 - 16,84 - 40,00 - 18,95 - 45,00 0,00 13,30 0,00 13,30 0,00 13,30 - 0,81 - 1,19 - 0,93 - 1,47 - 1,04 - 1,74 54,62

63,11

52,40

8,49

57,83

50,17

5,43

52,56 2,39

Im Beispiel fÅhrt die BegrÅndung einer Organschaft zu einer Reduzierung der Gesamtsteuerbelastung (hÇheres Nettoeinkommen). Der Vorteil nimmt zwar mit steigendem Einkommensteuersatz ab, wird aber im Beispiel auch bei einem Einkommensteuersatz von 45 % nicht vollstndig aufgezehrt. Dieses Ergebnis kann anders ausfallen, wenn gewstl. Effekte in die Betrachtung einbezogen werden (Rz. 8.23 ff.).

Der vorstehend dargestellte Vorteil resultiert aus der unmittelbaren Zurechnung des Einkommens zum Organtrger. Ein Nachteil der Organschaft besteht darin, dass die Besteuerung auf Anteilseignerebene zeitlich nicht hinausgezÇgert werden kann. Die Ertragsteuern auf das dem Organtrger zugerechnete Einkommen fallen unmittelbar im Veranlagungszeitraum der Einkommenserzielung an. Steuerstundungseffekte aus der Thesaurierung von Gewinnen einer Kapitalgesellschaft sind bei Vorliegen einer Organschaft ausgeschlossen.

IV. Abzug von Beteiligungsaufwendungen 1. Beteiligungsaufwendungen auf Ebene des Organtrgers Das Bestehen einer Organschaft wirkt sich insbesondere auf den Abzug von Aufwendungen aus, die im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem Tochterunternehmen stehen („Beteiligungsaufwendungen“)1. Han1 Die Besonderheiten in Bezug auf die Zinsschranke sind Gegenstand eines separaten Abschnitts (Rz. 8.17).

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8.15

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

delt es sich beim Organtrger um eine Kapitalgesellschaft, so kann dieser Beteiligungsaufwendungen im Zusammenhang mit der Organgesellschaft grundstzlich in vollem Umfang abziehen. Grundstzlich gilt dies auch in der Situation ohne Organschaft, allerdings mit der Besonderheit der 5 %igen Schachtelstrafe fÅr GewinnausschÅttungen und hnliche BezÅge (§ 8b Abs. 5 KStG; Rz. 8.12). Anders sieht dies aus, wenn die Beteiligung an der Tochterkapitalgesellschaft im BetriebsvermÇgen einer Personenunternehmung gehalten wird, an der natÅrliche Personen als Mitunternehmer beteiligt sind. In dieser Konstellation kÇnnen Beteiligungsaufwendungen außerhalb der Organschaft nur i.H.v. 60 % steuerwirksam abgezogen werden (§ 3 Nr. 40 i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG). Bei Vorliegen einer Organschaft greift § 3c Abs. 2 EStG nicht, denn das dem Organtrger zugerechnete Einkommen (der Organgesellschaft) ist in vollem Umfang zu versteuern (ohne § 3 Nr. 40 Bs. d) EStG), die Beteiligungsaufwendungen sind vorbehaltlich anderer Abzugsbeschrnkungen in voller HÇhe abzugsfhig. Eine Ausnahme besteht fÅr abfÅhrungsbedingte Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung an der Organgesellschaft. Diese sind nach § 3c Abs. 2 Satz 3 EStG nur zu 60 % steuerlich abzugsfhig. Soweit an einer Organtrger-Personengesellschaft allerdings eine Kapitalgesellschaft (als Mitunternehmer) beteiligt ist, kÇnnen die auf diese (anteilig) entfallenden Beteiligungsaufwendungen mit und ohne Organschaft grundstzlich in voller HÇhe abgezogen werden. Allerdings gelten ohne Organschaft 5 % der (anteiligen) AusschÅttung als nicht abzugsfhige Betriebsausgabe (§ 8b Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 KStG). Durch die BegrÅndung einer Organschaft zwischen der Personengesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft kann die Schachtelstrafe vermieden werden. 2. Beteiligungsaufwendungen auf Ebene der Organgesellschaft

8.16 Die BegrÅndung einer Organschaft hat bei Organtrger-Kapitalgesellschaften – abgesehen von der Vermeidung der Schachtelstrafe (Rz. 8.12) – keinen Einfluss auf die HÇhe des Abzug von Beteiligungsaufwendungen, die auf Ebene der Organgesellschaft anfallen. Anders sieht dies aus, wenn (und soweit) es sich beim Organtrger um ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft handelt, an der natÅrliche Personen beteiligt sind. In diesem Fall ist die Bruttomethode des § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG zu beachten. Es sind zwei Effekte zu unterscheiden:1 a) Die von der Organgesellschaft zu tragenden Beteiligungsaufwendungen mindern die ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlagen nicht mehr gem. § 8b Abs. 3 Satz 2 KStG vollumfnglich, sondern unterliegen auf1 Vgl. Neumann in Gosch, KStG3, § 14 Rz. 28; DÇtsch in Kessler/FÇrster/Watrin, Unternehmensbesteuerung, 247.

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B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung

grund des TeileinkÅnfteverfahrens in § 3 Nr. 40 EStG der Abzugsbeschrnkung des § 3c Abs. 2 EStG. b) Die Anwendung von § 8b Abs. 1 bis Abs. 6 KStG ist auf Ebene der Organgesellschaft ausgeschlossen, § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG, so dass es nicht zu einer EinkommenserhÇhung aus § 8b Abs. 3 oder 5 KStG kommt. Wie das folgende Beispiel zeigt, treten hier gegenlufige Effekte auf, die in der Summe auch zu einem Anstieg der Steuerbelastung fÅhren kÇnnen: Beispiel 7: Die A-GmbH bezieht eine GewinnausschÅttung von der A-AG von 100. Alleingesellschafterin der A-GmbH ist der Einzelunternehmer A. Die A-GmbH erzielt operative Gewinne von 100 und hat Beteiligungsaufwendungen von 20. Der Ertragsteuersatz fÅr Kapitalgesellschaften betrage (vereinfacht) 30 %, der Einkommensteuersatz (inkl. SolZ/KiSt) des A betrage (vereinfacht) 50 %. Es wird unterstellt, dass Gewinne phasengleich ausgeschÅttet werden. Tabelle 5: OG-Beteiligungsaufwand bei OT-Einzelunternehmen Organschaft

nein

ja

100,00 100,00 - 20,00 - 100,00 5,00 85,00 25,50 154,50

100,00 100,00 - 20,00 0,00 0,00 0,00 0,00 180,00

Einzelunternehmen Beteiligungsertrag/Zurechnung § 3 Nr. 40 d) EStG § 3c Abs. 2 EStG z.v.E. Ertragsteuern (50 %)

154,50 - 61,80 0,00 92,70 46,35

180,00 - 40,00 + 8,00 148,00 74,00

Netto-Einkommen

108,15

106,00

A-GmbH Operativer Gewinn Beteiligungsertrag Beteiligungsaufwand § 8b Abs. 1 KStG § 8b Abs. 5 KStG z.v.E. Ertragsteuern (30 %) AusschÅttung/Zurechnung

Nachteil Organschaft

2,15

Die Steuerbelastung erhÇht sich im Beispiel durch die Anwendung des Teilabzugsverfahrens (§ 3c Abs. 2 EStG) isoliert um 4,20.1 Diese Mehrbelastung kann weder durch die Vermeidung der nicht abzugsfhigen Betriebsausgaben des § 8b Abs. 5 KStG (Reduktion der Steuerbelastung um isoliert 1,052) noch durch die vorteilhafte

1 Die Mehrbelastung aus § 3c Abs. 2 EStG kann wie folgt ermittelt werden: (20 x [30 % + (1 – 30 %) x 60 % x 50 %]) – 20 x 60 % x 50 % = 4,20. 2 Die Minderbelastung aus dem Wegfall der nicht abzugsfhigen Betriebsausgaben gem. § 8b Abs. 5 KStG betrgt 100 x 5 % x 30 % x (1 – 60 % x 50 %) = 1,05.

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Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

tarifliche Ertragsteuerbelastung (Reduktion der Steuerbelastung von isoliert 1,001; vgl. Rz. 8.13) ausgeglichen werden.

V. Besonderheiten bei der Zinsschranke 8.17 FÅr Zwecke der Zinsschranke2 (§ 4h EStG) gelten Organtrger und Organgesellschaft als ein Betrieb (§ 15 Satz 1 Nr. 3 KStG). Auf Ebene der Organgesellschaft ist die Zinsschranke nicht anzuwenden. Vielmehr sind von der Organgesellschaft erzielte Zinsertrge und Zinsaufwendungen auf Ebene des Organtrgers zu berÅcksichtigen; sodann wird Åber die Abzugsfhigkeit von Zinsaufwendungen der Organgesellschaft im Rahmen der Einkommensermittlung des Organtrger befunden.3 Das Bestehen einer Organschaft beeinflusst somit den Abzug von Zinsaufwendungen im Rahmen der Zinsschranke.

8.18 Steuerlich vorteilhaft sind insbesondere folgende Aspekte: – Zinsaufwendungen und -ertrge aus innerorganschaftlichen Verbindlichkeiten und Forderungen werden saldiert und unterliegen nicht der Zinsschranke;4 – Nettozinsertrge (der Betrag, um den Zinsertrge die Zinsaufwendungen Åbersteigen) der Organgesellschaft kÇnnen zum Ausgleich von (Netto-)Zinsaufwendungen des Organtrges – und vice versa – genutzt werden; – ein verrechenbares EBITDA des Organtrgers oder der Organgesellschaft, welches ohne Organschaft in einen EBITDA-Vortrag eingehen wÅrde, kann den Betrag der abzugsfhigen Zinsaufwendungen erhÇhen;5

1 Durch den Wegfall der KÇrperschaftsbesteuerung im Rahmen der Organschaft reduziert sich die tarifliche Ertragsteuerbelastung um (100 x 30 % + (100 (1 – 30 %) + 100) x 0,6 x 0,50) – (100 x 60 % x 50 % + 100 x 50 %) = 1,00. 2 Die Vereinbarkeit der Zinsschranke mit dem Verfassungsrecht ist umstritten. Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmßigkeit der Zinsschranke hegen BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, BStBl. II 2014, 947 = FR 2014, 560 m. Anm. Hick (vgl. aber Nichtanwendungserlass des BMF v. 13.11.2014 – IV C 2 - S 2742-a/07/10001 :009 – DOK 2014/0612649, BStBl. I 2014, 1516 = FR 2014, 1104); FG MÅnster v. 29.4.2013 – 9 V 2400/12 K, EFG 2013, 1147; FG BerlinBrandenburg v. 13.10.2011 – 12 V 12089/11, EFG 2012, 358; aA FG MÅnchen v. 6.3.2015 – 7 K 680/12, 7 K 3431/12 7 K 2372/13, juris; FG Nds. v. 11.7.2013 – 6 K 226/11, EFG 2013, 1790 – Rev. I R 57/13; FG BW v. 26.11.2012 – 6 K 3390/11, DStRE 2014, 452 – Rev. I R 2/13. Zur Verfassungswidrigkeit der Zinsschranke vgl. u.a. auch MÅnchen/MÅckl, DStR 2014, 1469 ff.; Seiler in Kirchhof, EStG14, § 4h Rz. 3 ff.; Gosch, BFH/PR 2014, 226 ff.; Heuermann, DStR 2013, 1; Prinz, FR 2013, 145 sowie DB 2014, 1102. 3 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 67 ff. (82. Erg.Lfg. 2014). 4 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2394 f.; Scheffler, StuB 2008, 62. 5 Vgl. Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 15 Rz. 62 mwN sowie Rz. 116; DÇrr/ Fehling, Ubg 2008, 349.

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B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung

– Zinsvortrge des Organtrgers kÇnnen durch die BegrÅndung einer Organschaft ggf. schneller genutzt werden; – ggf. kann die Zinsschranke durch Anwendung der sog. Escape-Klausel (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Bs. b) EStG) vermieden werden. Dieser Vorteil ist auf rein nationale Unternehmensgruppen begrenzt, da auslndische Tochtergesellschaften nicht in den Organkreis einbezogen werden kÇnnen;1 – ggf. lsst sich die RÅckausnahme der schdlichen Gesellschafterfremdfinanzierung (§ 8a KStG) vermeiden, sofern es sich beim Organtrger um eine Personenunternehmung handelt, an der nur natÅrlichen Personen beteiligt sind.2 Umgekehrt kann sich die Organschaft in Bezug auf Zinsschranke auch nachteilig auswirken. So wird die Freigrenze von E 3 Mio. (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Bs. a) EStG) bei Bestehen einer Organschaft nur einmal – dem Organtrger – gewhrt.3 Ferner sind Zinsvortrge der Organgesellschaft aus vororganschaftlicher Zeit nach Auffassung der Finanzverwaltung4 und der hM5 whrend des Bestehens der Organschaft nicht nutzbar.6

8.19

Die Behandlung von Zinsvortrgen des Organtrgers bei Beendigung der Organschaft ist unklar. Nach vereinzelten Stimmen in der Literatur soll der Zinsvortrag vollstndig untergehen, weil die Beendigung einer Organschaft zu einer AuflÇsung des fingierten Betriebs (§ 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG) und somit zu einer Betriebsaufgabe i.S.d. § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG fÅhre.7 Dies Åberzeugt unseres Erachtens nicht. Es finden sich keine Regelungen in § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG oder in § 4h Abs. 5 EStG, wie mit einem Zinsvortrag bei Beendigung der Organschaft zu verfahren ist. Die Beendigung der Organschaft fÅhrt nicht zu einer Betriebsaufgabe oder -Åbertragung des Organtrger, so dass der auf Ebene des Organtrger gem. § 4 Abs. 4h EStG gesondert festzustellende Zinsvortrag nicht gem. § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG untergehen kann.8 Die Finanzverwaltung geht von einem anteiligen Untergang des Zinsvortrages aus, weil das Ausscheiden einer Organgesellschaft aus dem Organkreis als Aufgabe eines Teilbetriebs

8.20

1 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2388. 2 Vgl. Scheffler, StuB 2008, 62; Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 28 (125. Erg.Lfg. 2015); Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 15 Rz. 112. 3 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 = FR 2008, 778, Rz. 57. 4 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 = FR 2008, 778, Rz. 48 und 49; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 74 (82. Erg.-Lfg. 2014). 5 Vgl. zB Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 126 (127. Erg.-Lfg. 2015); Stangl/HagebÇke in Schaumburg/RÇdder, Unternehmenssteuerreform 2008, 511; Kolbe in HHR, Jahresband 2008, § 15 KStG, Anm. J 07-6. 6 AA Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 15 Rz. 69. 7 Vgl. Neumann in Gosch, KStG3, § 15 Rz. 38. 8 Vgl. Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 15 Rz. 69.

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Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

gelte.1 Unklar ist jedoch, woraus die Finanzverwaltung ihr Ergebnis ableitet. Aus der Betriebsfiktion in § 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG lsst sich dies unseres Erachtens nicht ableiten. Weder der Gesetzeswortlaut noch die -systematik legen nahe, dass es sich bei Organtrger und Organgesellschaft jeweils um steuerliche Teilbetriebe handelt.2 Vielmehr sollten die Zinsvortrge analog zu den Verlustvortrgen Åber das Bestehen der Organschaft hinaus auf Ebene des Organtrgers genutzt werden kÇnnen.

VI. Keine Kapitalertragsteuer 8.21 GewinnausschÅttungen einer Kapitalgesellschaft unterliegen grundstzlich dem Kapitalertragsteuereinbehalt der §§ 43 ff. EStG. Zhlt die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zu einem BetriebsvermÇgen, kann die Kapitalertragsteuer auf die Einkommen- bzw. KÇrperschaftsteuer des Gesellschafters angerechnet werden (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG bzw. § 31 Abs. 1 KStG). Soweit keine Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommen- bzw. KÇrperschaftsteuer des Anteilseigner erfolgt3 (§ 37 Abs. 3 EStG, § 31 KStG), entsteht durch die zeitlich spter stattfindende Erstattung zu viel gezahlter und/oder einbehaltener Steuern ein Liquidittsnachteil. Durch die BegrÅndung einer Organschaft kann dieser Nachteil vermieden werden, da GewinnabfÅhrungen nicht dem Kapitalertragsteuereinbehalt unterliegen.

VII. Verdeckte GewinnausschÅttungen im Organkreis 8.22 Werden Leistungsbeziehungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern zum Nachteil der Kapitalgesellschaft abgerechnet, werden die resultierenden Einkommensminderungen im Rahmen von verdeckten GewinnausschÅttungen korrigiert. Die Differenz zwischen dem tatschlich vereinbarten Entgelt und dem fremdÅblichen Entgelt wird außerbilanziell dem Einkommen der Kapitalgesellschaft hinzugerechnet. Verdeckte GewinnausschÅttungen unterliegen ferner dem Kapitalertragsteuereinbehalt und fÅhren auf Gesellschafterebene zu steuerpflichtigen EinkÅnften. DemgegenÅber werden verdeckte GewinnausschÅttungen innerhalb des Organkreises als vorweggenommene GewinnabfÅhrungen behandelt.4 Das Einkommen der Organgesellschaft wird erhÇht und nachfolgend dem Organtrger zugerechnet. Beim Organtrger kommt es zu einer außerbilanziellen Reduktion in HÇhe der verdeckten GewinnausschÅttungen.5 1 Vgl. BMF v. 4.7.2008– IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 = FR 2008, 778, Rz. 47. 2 Vgl. Beußer, FR 2009, 54; Fischer/Wagner, BB 2008, 1875; Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 31 (125. Erg.-Lfg. 2015). 3 Vgl. Scheffler, StuB 2008, 60; Fuhrmann, KSDI 2008, 15995 f. 4 Vgl. R 61 Abs. 4 Satz 1 KStR 2004. 5 Vgl. R 62 Abs. 2 Satz 1 KStR 2004.

352

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B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung

Schließlich unterliegt eine verdeckte GewinnausschÅttung im Organkreis nicht der Kapitalertragsteuer, so dass auch insoweit die unter B. VI genannten Finanzierungskosten vermieden werden.1

VIII. Gewerbesteuer 1. Vermeidung gewerbesteuerlicher Hinzurechnungen Die ursprÅnglich zur Ermittlung des objektiven Gewerbeertrags eingefÅhrte Vorschrift des § 8 GewStG listet eine Reihe von Aufwendungen auf, die dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet werden, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Zu nennen sind insbesondere Schuldzinsen, Renten und dauernde Lasten, Mietund Pachtzinsen und LizenzgebÅhren, soweit deren Summe den Betrag von E 100.000 Åbersteigt (§ 8 Nr. 1 GewStG). Bei Bestehen der Organschaft unterbleibt – trotz der getrennten Ermittlung des Gewerbeertrags von Organtrger und Organgesellschaft – diese gewerbesteuerliche Hinzurechnung, soweit sie zu einer doppelten steuerlichen BerÅcksichtigung fÅhren wÅrde.2 Dies betrifft beispielsweise innerorganschaftliche Darlehens- und Mietbeziehungen.3 Vorteilhaft ist ferner, dass der Freibetrag von E 100.000 nach § 8 Nr. 1 GewStG auch bei Bestehen einer Organschaft sowohl vom Organtrger als auch von der Organgesellschaft genutzt werden kann.4 Eine Sonderregelung besteht fÅr Gewinnminderungen aus Teilwertabschreibungen, die auf organschaftlichen GewinnabfÅhrungen zurÅckzufÅhren sind; sie werden nach § 8 Nr. 10 GewStG hinzugerechnet.5

8.23

2. Steuerermßigung bei EinkÅnften aus Gewerbebetrieb NatÅrliche Personen erhalten zur Abmilderung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung gewerblicher EinkÅnfte mit Gewerbesteuer und Einkommensteuer eine Steuerermßigung, § 35 EStG. Danach vermindert sich die tarifliche Einkommensteuer, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche EinkÅnfte entfllt, um das 3,8-fache des Gewerbesteuer-Messbetrags, wobei die Ermßigung auf die tatschlich zu zahlende Gewerbesteuer begrenzt ist. Durch die BegrÅndung einer Organschaft kann die Steuerermßigung des § 35 EStG im Einzelfall besser genutzt und somit die Gesamtbelastung 1 Vgl. Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 292 mwN. 2 Vgl. R 7.1 Abs. 5 Satz 3 GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, GewStG, 111. Erg.-Lfg. 2014, § 2, Anm. 3766. 3 Vgl. DrÅen in BlÅmich, § 2 GewStG Rz. 173 (125. Erg.-Lfg. 2015); Schaumburg/ Buml, FR 2010, 1062. 4 Gleich lautende Erlasse der obersten FinanzbehÇrden der Lnder zu Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG, v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654, Rz. 45. 5 Vgl. Kolbe in HHR, § 14 KStG, Anm. 35 (267. Erg.-Lfg. 2015).

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8.24

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

vermindert werden. Von Bedeutung ist dies in Fllen, in denen der Organtrger (oder die am Organtrger beteiligten Personen) der Einkommensteuer unterliegen. In diesem Fall wird die auf die Organgesellschaft entfallende Gewerbesteuer (anteilig) auf die Einkommensteuer des Gesellschafters angerechnet. Im Einzelfall kann die BegrÅndung einer Organschaft zu einer ErhÇhung des AnrechnungshÇchstbetrags nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG und damit des Anrechnungspotentials fÅhren. Zwar gehen – ohne Organschaft – GewinnausschÅttungen nur zu 60 % in die EinkÅnfte aus Gewerbebetrieb ein und sind auf Gesellschafterebene bei entsprechender BeteiligungshÇhe gewerbesteuerlich gem. § 9 Nr. 2a GewStG zu kÅrzen; umgekehrt bewirken die geringeren EinkÅnfte aus Gewerbebetrieb auf Gesellschafterebene eine geringere Einkommensteuerminderung. Durch die Organschaft kann deshalb im Einzelfall erreicht werden, dass auf Ebene des Organtrgers stand-alone nicht nutzbare Anrechnungspotentiale doch genutzt bzw. Åber den Gewerbeertrag der Organgesellschaft AnrechnungsÅberhnge beim Organtrger abgebaut werden.

8.25 Die Zusammenhnge und Effekte soll das folgende Beispiel verdeutlichen: Beispiel 8: Der Einzelunternehmer A hlt im BetriebsvermÇgen 100% der Anteile an der A-GmbH. A erzielt mit seinem Einzelunternehmen gewerbliche EinkÅnfte von 100 und auch der Gewerbeertrag der A-GmbH mÇge 100 betragen. Gewinne der A-GmbH werden (bei AusschÅttung) phasengleich vereinnahmt. Der GewSt-Hebesatz betrgt in Alternative 1 fÅr das Einzelunternehmen 500% und fÅr die A-GmbH 200%. In Alternative 2 betrgt der GewSt-Hebesatz fÅr das Einzelunternehmen 200% und fÅr die A-GmbH 500%. Der Einkommensteuersatz des A betrgt 40%. Der GewSt-Messbetrag des Organkreises wird jeweils zur Hlfte auf OT und OG zerlegt. Tabelle 6: Organschaft und § 35 EStG Alternative 1 Organschaft

Ohne

Alternative 2

Mit

Ohne

Mit

A-GmbH Gewinn/EinkÅnfte

100,00

100,00

100,00

100,00

GewSt

7,001

0,00

17,50

0,00

KSt inkl. SolZ (15,825%)

15,83

0,00

15,83

0,00

AusschÅttung/AbfÅhrung

77,17

100,00

66,67

100,00

1 100,00 x 3,5% x 200% = 7,00.

354

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B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung NatÅrliche Person A Gewinn AusschÅttung / Zurechnung

100,00

100,00

100,00

100,00

77,17

100,00

66,67

100,00

- 30,87

0,00

- 26,67

0,00

Eink. aus GewB

146,30

200,00

140,00

200,00

§ 9 Nr. 2a GewStG

- 46,30

0,00

- 41,05

0,00

Gewerbeertrag

100,00

200,00

100,00

200,00

GewSt

17,50

24,501

7,00

24,50

Tarifliche ESt (40%)

58,52

80,00

56,00

80,00

13,303

26,60

13,30

26,60

§ 3 Nr. 40 Bs. d) EStG

§ 35 EStG

2

3,8faches des GewSt-MB Zu zahlende GewSt

17,50

24,50

7,00

24,50

Festgesetzte ESt

45,22

55,50

49,00

55,50

Gesamtsteuerbelastung

85,55

80,00

89,33

80,00

Effektive GewSt-Belastung

11,20

0,00

17,50

0,00

Durch die BegrÅndung einer Organschaft wird die Belastung mit Gewerbesteuer in beiden Alternativen in vollem Umfang durch die Minderung der Einkommensteuer absorbiert. Bei Alternative 1 kommt es ohne Organschaft zu einem AnrechnungsÅberhang auf Ebene des Einzelunternehmens von 4,20.4 Die effektive tarifliche Gewerbesteuerbelastung betrgt Åbergreifend insgesamt 11,20. Durch die Organschaft wird sowohl die auf die Organgesellschaft entfallende Gewerbesteuer vollstndig angerechnet als auch der AnrechnungsÅberhang vermieden. Die Reduzierung der Gewerbesteuer schlgt sich jedoch nicht vollstndig in der Gesamtsteuerbelastung nieder – die Gesamtsteuerbelastung geht nur um 5,55 zurÅck. Hintergrund hierfÅr ist die hÇhere Belastung des Einkommens der Organgesellschaft aus dem Wechsel der KÇrperschaftbesteuerung in Verbindung mit dem TeileinkÅnfteverfahren hin zu einer vollen Besteuerung mit Einkommensteuer. Bei Alternative 2 kann das Anrechnungspotential von 13,30 vom Einzelunternehmer ohne Organschaft nicht vollstndig genutzt werden,5 whrend bei Bestehen einer Organschaft sowohl die auf die A-GmbH entfallende als auch die auf das Einzelunternehmen entfallende Gewerbesteuer vollstndig angerechnet werden kÇnnen.

Bezieht eine Organgesellschaft EinkÅnfte aus der Beteiligung an einer nachgeordneten Personengesellschaft, so vermitteln diese der Organtrger-Personenunternehmung – anders als bei einer doppelstÇckigen Per-

1 100,00 x 3,5% x 200% + 100 x 3,5 x 500%= 24,50. 2 Da im Beispiel nur EinkÅnfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden, wurde auf die Berechnung des AnrechnungshÇchstbetrages nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG verzichtet. 3 100,00 x 3,5% x 3,8 = 13,30. 4 17,50 – 13,30 = 4,20. 5 Der nicht nutzbare Anrechnungsbetrag betrgt 13,30 – 7,00 = 6,30.

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8.26

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

sonengesellschaft1 – kein Anrechnungspotential fÅr Zwecke des § 35 EStG.2 Vor diesem Hintergrund werden in der Literatur fÅr den Fall der Organtrger-Personengesellschaft folgende LÇsungsanstze aufgezeigt:3 – die Verschmelzung der Organgesellschaft auf den Organtrger zur Herstellung einer doppeltstÇckigen Personengesellschaft; – die Abspaltung des Mitunternehmeranteils der Organgesellschaft an der Tochter-Personengesellschaft auf die Organtrger-Personengesellschaft, – der Formwechsel der Tochter-Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft und die BegrÅndung einer doppelstÇckigen Organschaft; und – die Verschmelzung der Tochter-Personengesellschaft auf die Organgesellschaft. 3. Erweiterte KÅrzung fÅr Grundbesitz

8.27 Gewerblich ttige Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten oder nutzen, kommen unter bestimmten Voraussetzungen in den Genuss der erweiterten GrundstÅckskÅrzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Hierdurch wird der Teil des Gewerbeertrages des Grundbesitzunternehmens gekÅrzt, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfllt. Die Mietzahlungen unterliegen beim mietenden Unternehmen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 e) GewStG. Wird nun ein GrundstÅcksunternehmen in einen Organkreis einbezogen, kann dies zum Wegfall der erweiterten KÅrzung fÅhren, wenn der Organkreis auch andere gewerbliche EinkÅnfte erzielt. Denn abzustellen ist fÅr die Inanspruchnahme der erweiterten KÅrzung allein auf die Gewerbesteuerschuld des Organtrgers. Laut BFH bietet die gewerbesteuerliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) die Rechtsgrundlage dafÅr, dass sich aufgrund der Zusammenrechnung der Gewerbeertrge von Organtrger und Organgesellschaft(en) etwa ergebende ungerechtfertigte Be- oder Entlastungen zu korrigieren sind.4 Auch ist eine an sich zu gewhrende erweiterte KÅrzung fÅr GrundstÅcksunternehmen im Organkreis zu versagen, wenn es sich bei dem GrundstÅcksunternehmen um eine Organgesellschaft handelt, die alle ihre GrundstÅcke an eine andere Organgesellschaft desselben Organkreises vermietet.5

1 Vgl. BMF v. 24.2.2009 – IV C 6 - S 2296-a/08/10002 – DOK 2009/0220243, BStBl. I 2009, 440 = FR 2009, 345 = DStR 2009, 481, Rz. 27, 28. 2 Vgl. BFH v. 22.9.2011 – IV R 3/10, FR 2012, 371 = DStR 2011, 2243; s. auch BFH v. 22.9.2011 – IV R 42/09, BFH/NV 2012, 236; v. 22.9.2011 – IV R 8/09, FR 2012, 372; OFD Koblenz v. 30.3.2012 – S 2296a - St 31 3; FMNR228460012; sowie Buml, FR 2013, 1125 ff.; Prinz/HÅtig, StuB 2012, 23. 3 Vgl. Prinz/HÅtig, StuB 2012, 23 f.; Buml, FR 2013, 1125 ff. 4 Vgl. BFH v. 30.10.2014 – IV R 9/11, GmbHR 2015, 149 = BFH/NV 2015, 227. 5 Ebenda.

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B. GestaltungsmÇglichkeiten im Hinblick auf die laufende Ertragsteuerbelastung

4. Belastungseffekte aus der gewerbesteuerlichen Zerlegung Die Gewerbesteuermessbetrge von Kapitalgesellschaften und ihrer Gesellschafter werden ohne Organschaft getrennt ermittelt. Sofern die Unternehmen Betriebssttten in mehreren Gemeinden unterhalten werden, ist der Steuermessbetrag des jeweiligen Gewerbebetriebs nach den Regelungen in §§ 28 ff. GewStG zu zerlegen. Vergleichbares gilt auch im Rahmen von Organschaften, wenn Organtrger und Organgesellschaften in verschiedenen Gemeinden ansssig sind.1 Auch wenn zerlegungsbedingte Mehr- oder Minderbelastungen in Bezug auf die Entscheidung zur BegrÅndung einer Organschaft selten ein ausschlaggebendes Kriterium darstellen,2 sollen die Effekte nachfolgend anhand eines Beispiels kurz skizziert werden.3 Maßgeblich fÅr die Steuerbelastungseffekte sind die Hebestze in den Gemeinden und die Volumina der zerlegungsrelevanten ArbeitslÇhne in den einzelnen Betriebssttten. Beispiel 9: Die M-GmbH ist in der Gemeinde M ansssig und betreibt dort ihre einzige Betriebssttte. Der Gewerbeertrag der M-GmbH entspricht dem operativen Gewinn von 100. Der GewSt-Hebesatz fÅr die M-GmbH ist 500 % (alternativ 200 %). Die zerlegungsrelevanten ArbeitslÇhne betragen 20. Die M-GmbH hlt eine 100 %-Beteiligung an der T-GmbH. Die T-GmbH ist in der Gemeinde T ansssig und betreibt dort ihre einzige Betriebssttte. Sie erzielt einen Gewerbeertrag von 100 bei einem GewSt-Hebesatz von 200 % (alternativ 500 %). Die zerlegungsrelevanten ArbeitslÇhne betragen 40. Die T-GmbH thesauriert ihre Gewinne. Tabelle 7: Gewerbesteuerliche Zerlegung Alternative 1 Organschaft T-GmbH Operativer Gewinn Steuermessbetrag (3,5 %) GewSt KSt inkl. SolZ (15,825 %) AusschÅttung/Zurechnung

Alternative 2

nein

ja

nein

ja

100,00 3,50 7,00 15,83 0,00

100,00 0,00 0,00 0,00 100,00

100,00 3,50 17,50 15,83 0,00

100,00 0,00 0,00 0,00 100,00

1 Vgl. Schiffers in Gosch/Schwedhelm/Spiegelberger, GmbH-Beratung, 37. Erg.Lfg. 2015, Organschaft. 2 Die gilt insbesondere bei identischen Gewerbesteuer-Hebestzen. 3 Vgl. Prinz in Herzig, Organschaft, 2003, 553; Prinz/Otto, FR 2003, 56 f.

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8.28

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

M-GmbH Operativer Gewinn Zurechnung Gewerbeertrag Steuermessbetrag (3,5 %) Zerlegung Anteil Gemeinde M Anteil Gemeinde T GewSt Gemeinde M Gemeinde T KSt inkl. SolZ (15,825 %) GewSt-Belastung

100,00 0,00 100,00 3,50

100,00 100,00 200,00 7,00

100,00 0,00 100,00 3,50

100,00 100,00 200,00 7,00

3,50

2,331 4,672

3,50

2,33 4,67

17,50

7,00

15,83

11,65 9,34 31,65

15,83

4,66 23,35 31,65

24,50

20,99

24,50

28,01

Die BegrÅndung einer Organschaft fÅhrt in Alternative 1 zu einem Absinken der Gewerbesteuerbelastung. Durch die Verteilung der ArbeitslÇhne fÅhrt die Zerlegung zu einer Verschiebung des Steuermessbetrags hin zu der Gemeinde T mit dem niedrigeren Hebesatz (200 %). In Alternative 2 dreht sich dieser Effekt um, da in der Gemeinde T nun der hÇhere Hebesatz zur Anwendung kommt.

C. Gestaltung des Beginns und der Beendigung der Organschaft I. Finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft 8.29 Dem Organtrger muss vom Beginn bis zum Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an ununterbrochen die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft aus eigenem Recht zustehen (finanzielle Eingliederung, § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG);3 selbst kurze Unterbrechungen der finanziellen Eingliederung sind schdlich.4 Erforderlich ist das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen. Stimmbindungsvertrge und Stimmrechtsvollmachten fÅr fremde Anteile oder ein nur schuldrechtlicher AnteilsÅbertragungsanspruch reichen allein nicht aus.5 In bedingt abgeschlossenen Unternehmenskaufvertrgen sollte daher der wirtschaftliche bergang der Stimmrechte sowie der bergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen vor dem Beginn des Wirtschaftsjahres der zukÅnftigen Organgesellschaft durch entsprechende Regelungen im Vertrag sichergestellt werden.6 1 2 3 4 5 6

20/(20 + 40) x 7 = 2,33. 40/(20 + 40) x 7 = 4,67. Vgl. R 59 Abs. 1 KStR 2004. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 272 (127. Erg.-Lfg. 2015). Vgl. MÅller in MÇssner/Seeger, KStG2, § 14 Rz. 164. Vgl. im Einzelnen Walter, Der Konzern 2013, 472 ff.

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C. Gestaltung des Beginns und der Beendigung der Organschaft

Ein in der Praxis hufig anzutreffendes Gestaltungsinstrument sind sog. Mitternachtsgeschfte, in denen die Beteiligung an einer Organgesellschaft zum Ende ihres Wirtschaftsjahres verußert wird. Auf diese Art lsst sich erreichen, dass die finanzielle Eingliederung zum verußernden Organtrger bis zum Ende des ablaufenden Wirtschaftsjahres (zB 31. Dezember, 24.00 Uhr) erhalten bleibt und die finanzielle Eingliederung zum neuen Organtrger zum Beginn des folgenden Wirtschaftsjahres (1. Januar, 0.00 Uhr) begrÅndet wird.1 MÇglich und von der Finanzverwaltung generell akzeptiert werden auch mehrere Mitternachtsgeschfte hintereinander auf denselben Stichtag.2 Wird die Beteiligung an einer Organgesellschaft „unterjhrig“, also whrend des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft verußert, so lsst sich die nahtlose Organschaft zum Erwerber durch die Umstellung des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft auf den Verußerungszeitpunkt erreichen. HierfÅr erforderlich ist die Zustimmung der Finanzverwaltung, § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG. Durch die Umstellung lsst sich erreichen, dass die finanzielle Eingliederung beim Verußerer bis zum Ende des (Rumpf-) Wirtschaftsjahres und die finanzielle Eingliederung beim Erwerber vom Beginn des neuen Wirtschaftsjahres an gegeben sind.3 Das Einziehen eines Rumpfwirtschaftsjahres bei der Organgesellschaft lÇst insbesondere das Problem einer verdeckten GewinnausschÅttung in HÇhe der zivilrechtlich noch gebotenen GewinnabfÅhrung fÅr das laufende Wirtschaftsjahr aus, da bei unterjhriger Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags die steuerliche Organschaft bereits zum Ende des vorangegangen Wirtschaftsjahres und damit rÅckwirkend entfllt.4 Dabei ist zu beachten, dass die Umstellung des Wirtschaftsjahres vor der Verußerung in das Handelsregister eingetragen sein muss.5 Die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum ist steuerlich nur wirksam, wenn sie im Einvernehmen mit dem Finanzamt vorgenommen wird, § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG. Dient die Umstellung der BegrÅndung oder der Beendigung einer Organschaft, so hat die Finanzverwaltung der Umstellung des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr zuzustimmen.6 Die Zustimmung ist fÅr die BegrÅndung einer Organschaft auch 1 Vgl. R 59 Abs. 2 Satz 1 und 2 KStR 2004; Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, 2014, Rz. 96 ff.; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 153 f. (82. Erg.-Lfg. 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 278 (127. Erg.Lfg. 2015). 2 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 153 (82. Erg.-Lfg. 2014). 3 Vgl. R 59 Abs. 2 Satz 3 KStR 2004. 4 Vgl. Eilers/Beutel, IStR 2010, 565. 5 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 154 (82. Erg.-Lfg. 2014) mwN; Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, 2014, Rz. 98; BFH v. 13.9.1989 – I R 105/86, BFH/NV 1990, 326; Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 89 (125. Erg.-Lfg. 2015). 6 Vgl. R 59 Abs. 3 Satz 1 KStR 2004.

Blumenberg/Hundeshagen

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8.30

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

dann zu erteilen, wenn das Wirtschaftsjahr im selben Veranlagungszeitraum ein zweites Mal umgestellt wird, sofern auf diese Weise der Abschlussstichtag der Organgesellschaft dem Abschlussstichtag des Organtrgers angepasst wird.1 Dies gilt auch dann, wenn das neue Wirtschaftsjahr ebenfalls vom Kalenderjahr abweicht.2

8.31 In der steuerlichen Transaktionspraxis ist der zivilrechtliche bergang der Anteile an der Zielgesellschaft hufig an eine oder mehrere aufschiebende Bedingungen geknÅpft, zB die Zustimmung von BehÇrden oder Glubigern. In diesem Fall ist der genaue Zeitpunkt des AnteilsÅbergangs im Einzelfall kaum vorhersehbar, was ein Mitternachtsgeschft wie oben beschrieben ausschließen kann. Hier bietet es sich regelmßig an, das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft mÇglichst kurz vor dem Zeitpunkt des (erwarteten) AnteilsÅbergangs zu beenden und den ErgebnisabfÅhrungsvertrag zum Ende dieses Rumpfwirtschaftsjahres zu kÅndigen.3 Es kann sich empfehlen, zu Lasten einer nahtlosen Organschaft ein Sicherheitspolster einzuplanen, damit die Beendigung des Wirtschaftsjahres (und des ErgebnisabfÅhrungsvertrags) nicht nach dem AnteilsÅbergang wirksam wird.4 Aus der Kuferperspektive verzÇgert diese Gestaltung die BegrÅndung der Organschaft mit der Zielgesellschaft, so dass insoweit steuerliche Verluste mit entsprechenden Liquidittsnachteilen eintreten kÇnnen (s. oben B. I).

II. Gewerbliche Ttigkeit von Organtrger-Personengesellschaften 8.32 Eine Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kann (nur dann) Organtrger sein, wenn sie eine originr gewerbliche Ttigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausÅbt, § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG. Eine nur gewerblich geprgte Personengesellschaft (vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) ist kein zulssiger Organtrger. Ab welchem Zeitpunkt die Personengesellschaft die gewerbliche Ttigkeit ausÅben muss, war lange umstritten. Der Auffassung der Finanzverwaltung, dass die gewerbliche Ttigkeit vom Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft vorliegen mÅsse,5 erteilte der BFH6 mit Verweis auf

1 Vgl. R 59 Abs. 3 Satz 2 KStR 2004. 2 Vgl. R 59 Abs. 3 Satz 3 KStR 2004; sowie DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 156 (82. Erg.-Lfg. 2014) mwN. 3 Vgl. Reusch in Baumhoff/DÅcker/KÇhler, Besteuerung, Rechnungslegung und PrÅfung der Unternehmen, 2011, 379 f. 4 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 224 (82. Erg.-Lfg. 2014); Schaefer/Wind/Mager, DStR 2013, 2399. 5 Vgl. BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 21. 6 Vgl. BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272 = FR 2014, 28.

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C. Gestaltung des Beginns und der Beendigung der Organschaft

die hM1 eine Absage. Es ist vielmehr ausreichend, wenn die Personengesellschaft im Zeitpunkt der GewinnabfÅhrung gewerblich ttig ist. Folglich kann eine gewerblich geprgte Personengesellschaft bis zum Zeitpunkt der Einkommenszurechnung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG in eine originr gewerbliche Ttigkeit hineinwachsen.2 Nach Auffassung der Finanzverwaltung muss die eigene gewerbliche Ttigkeit der Personengesellschaft zudem einen nicht nur geringen Umfang aufweisen.3 Der Gesetzeswortlaut gibt eine Wesentlichkeitsgrenze nicht her.4 In der Literatur wird vorschlagen, den Umfang der eigenen gewerblichen Ttigkeit anhand der BFH-Grundstze zur Abfrbe- und Infektionstheorie zu beurteilen.5 Hiernach ist eine gewerbliche Ttigkeit von 1,25 % bzw. 3 % der Gesamtumstze bzw. ein Mindestumsatz von E 24.500 aus gewerblicher Ttigkeit fÅr eine Infektion hinreichend.6 Eine eigene gewerbliche Ttigkeit liegt bereits vor, wenn die Personengesellschaft lediglich gegenÅber einer anderen Konzerngesellschaft administrative Dienstleistungen (zB BuchfÅhrung, EDV-UnterstÅtzung etc.) erbringt und diese gegen ein fremdÅbliches Entgelt abrechnet.7 Auch die Besitzpersonengesellschaft einer Betriebsaufspaltung kommt als Organtrger in Betracht,8 da sie Åber das Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt bzw. von diesem „infiziert“ wird.9 Eine Beteiligung an einer weiteren gewerblich ttigen Personengesellschaft soll hingehen nicht ausreichen.10

1 Vgl. Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 235 (106. Erg.-Lfg. 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 134 (127. Erg.-Lfg. 2013); Kolbe in HHR, § 14 KStG, Anm. 164 (267. Erg.-Lfg. 2015); Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 65. 2 Vgl. Tinter/Klahr/Ungemach, NWB 2013, 3305; Walter, GmbHR 2013, 1109. 3 Vgl. BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 17. 4 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 92a (82. Erg.-Lfg. 2014); RÇdder/Schumacher, DStR 2003, 808; DÇtsch/Pung, DB 2003, 1971. 5 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 92a (82. Erg.-Lfg. 2014); Buml, FR 2013, 1122; Wacker in Schmidt, EStG34, § 15 Rz. 188 mwN. 6 Vgl. BFH v. 11.8.1999 – XI R 12/98, BStBl. II 2000, 229 = FR 1999, 1182 m. Anm. Wendt; v. 27.8.2014 – VIII R 41/11, BFH/NV 2015, 595; v. 27.8.2014 – VIII R 16/11, BFH/NV 2015, 592; v. 27.8.2014 – VIII R 6/12, BFH/NV 2015, 597. 7 Vgl. BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 19; Herfort, Internationales Steuer- und Gesellschaftsrecht Aktuell 2010, 39. 8 Vgl. BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, FR 2014, 28 = GmbHR 2013, 1105 m. Anm. Walter = BFH/NV 2013, 1737; so bereits BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 16. 9 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, KStG, § 14, Rz. 94 (82. Erg.-Lfg. 2014); Tinter/Klahr/Ungemach, NWB 2013, 3305; BFH v. 16.6.1982 – I R 118/80, BStBl. II 1982, 662 = FR 1982, 543. 10 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 20.

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Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

III. (Vorzeitige) Beendigung der Organschaft1 8.33 Der fÅr die Organschaft zwingend erforderliche GewinnabfÅhrungsvertrag muss auf mindestens fÅnf Jahre geschlossen und whrend seiner gesamten Geltungsdauer durchgefÅhrt werden; eine vorzeitige Beendigung ist (nur) unschdlich, wenn ein wichtiger Grund die KÅndigung rechtfertigt, § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Stze 1 und 2 KStG. Dies wirft die Frage auf, was im Einzelnen als wichtiger Grund anzuerkennen ist, um die Organschaft vor Ablauf der fÅnf Jahre steuerschonend beendigen zu kÇnnen. Unstreitig kein wichtiger Grund liegt vor, wenn die vorzeitige Vertragsbeendigung bereits bei Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags feststand.2 Im Gegensatz dazu wurde ein wichtiger Grund in folgenden Fllen anerkannt:3 – bei Verußerung oder Einbringung der Organbeteiligung durch die Organtrger; – bei Verschmelzung, Spaltung oder Liquidation von Organtrger oder Organgesellschaft; – bei Ausgliederung auf Ebene der Organgesellschaft;4 – bei Verschmelzung von Organgesellschaft auf Organtrger (oder umgekehrt);5 – bei nderungen der wirtschaftlichen und rechtlichen Verhltnisse, so dass die FortfÅhrung des ErgebnisabfÅhrungsvertrages nicht mehr zweckmßig erscheint;6 – wenn die FortfÅhrung bei vernÅnftiger kaufmnnischer berlegung nicht mehr sachgerecht ist;7 – bei Verlagerung des Geschftsleitungsorts von Organtrger bzw. Organgesellschaft ins Ausland;8

1 Zu im Rahmen von Umwandlungen zu beachtenden Besonderheiten s. Rz. 8.43 ff. 2 Vgl. R 60 Abs. 6 Satz 3 KStR 2004. Zu den Ausnahmen s. R 60 Abs. 6 Satz 4 KStR 2004. Nach dem Entwurf der KStR 2015 v. 18.5.2015 soll R 60 Abs. 6 Satz 4 KStR 2004 gestrichen werden. Vgl. hierzu auch Blumenberg/Kring, DB 2015, 1435. 3 Vgl. R 60 Abs. 6 KStR 2004; BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.12 sowie Rz. Org.26. 4 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 223c (82. Erg.-Lfg. 2014). 5 Vgl. Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 782 (106. Erg.-Lfg. 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 223c (82. Erg.-Lfg. 2014) 6 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 223c (82. Erg.-Lfg. 2014). 7 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 680 (127. Erg.-Lfg. 2015). 8 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 223c (82. Erg.-Lfg. 2014).

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C. Gestaltung des Beginns und der Beendigung der Organschaft

– beim Formwechsel einer GmbH in eine AG zur Vorbereitung eines BÇrsengangs;1 sowie – bei schlechter Ertragslage des Organtrgers (!).2 Ob ein steuerlich anzuerkennender wichtiger Grund vorliegt, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Unter Umstnden kÇnnen auch Steuergesetznderungen einen wichtigen Grund fÅr die (vorzeitige) Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrages darstellen. Zu nennen sind die Abschaffung der MehrmÅtterorganschaft3 oder die steuerverschrfende nderung von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG.4 Besondere Vorsicht ist bei einer konzerninternen Verußerung der Organbeteiligung geboten. Die finanzgerichtliche Rechtsprechung hat diese nicht als wichtigen Grund anerkannt, weil damit die Mindestdauer des GewinnabfÅhrungsvertrags dem Belieben der beteiligten Gesellschaften Åberlassen sei.5 Dem ist in dieser Allgemeinheit nicht zuzustimmen. Konzerninterne Verußerungen der Organbeteiligung sollten als wichtiger Grund anzuerkennen sein, sofern diese betriebswirtschaftlich notwendig und – anders als der entschiedene Fall – nicht ausschließlich steuerlich motiviert sind. Das BFH-Urteil sollte daher mit Augenmaß angewendet und sinnvolle konzerninterne Restrukturierungsmaßnahmen nicht ohne Not behindert werden.

8.34

In folgenden Fllen soll ein wichtiger Grund fÅr eine vorzeitige Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrages nicht vorliegen:6 – bei formwechselnder Umwandlung des Organtrgers von einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft oder einer Personengesellschaft in eine Personengesellschaft; – bei formwechselnder Umwandlung der Organgesellschaft von einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft; – bei Verußerung von Anteilen am Organtrger; – bei Verschmelzung einer anderen Gesellschaft auf Organtrger oder Organgesellschaft; sowie

8.35

1 Vgl. hnlich auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 225 (82. Erg.-Lfg. 2014). 2 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 225 (82. Erg.-Lfg. 2014). 3 Vgl. BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 6. 4 Vgl. von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, 1690 ff.; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 226 (82. Erg.-Lfg. 2014). 5 Vgl. BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, FR 2014, 608 = BeckRS 2014, 94629. 6 Vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.12 und Org.26; DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 225 (82. Erg.-Lfg. 2014).

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Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

– bei schlechter Ertragslage der Organgesellschaft,1 falls keine Bedrohung der Lebensfhigkeit des Gesamtkonzerns vorliegt.2

D. GestaltungsmÇglichkeiten bei grenzÅberschreitendem Unternehmenserwerb I. Strukturierungsaspekte bei Inbound-Investitionen 1. Steuerwirksamer Abzug von Akquisitionsaufwendungen

8.36 Eines der Hauptziele bei Inbound-Investitionen ist aus steuerlicher Sicht regelmßig der steuerwirksame Abzug von im Zusammenhang mit der Investition stehenden Aufwendungen im Inland (ggf. im In- und Ausland), insbesondere von Finanzierungsaufwendungen aus dem Erwerb und der laufenden Finanzierung des Inlandsengagements. Noch bevor die generell bestehenden Regelungen Åber etwaige Beschrnkungen des Zinsabzugs (vgl. insbesondere die Zinsschranke gem. § 4h EStG und FremdvergleichsÅblichkeit der vereinbarten Zinsen) zum Tragen kommen, besteht die steuerliche Gestaltungsaufgabe zunchst darin, den Finanzierungsaufwand und die operativen EinkÅnfte der Zielgesellschaft steuerlich zusammen zu bringen. Zu diesem Zweck werden bei Inbound-Akquisitionen in der Praxis hufig spezielle Akquisitionsgesellschaften genutzt, die vom auslndischen Investor mit Eigen- und ggf. Gesellschafterfremdkapital ausgestattet werden und die außerdem externes Fremdkapital aufnehmen, um aus diesen Mitteln den Erwerb eines inlndischen Target-Unternehmens zu finanzieren; grafisch:3

1 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, KStG, § 14 KStG Rz. 225 (82. Erg.Lfg. 2014); OLG Karlsruhe v. 12.4.2001 – 11 Wx 77/00, GmbHR 2001, 523 = NJW-RR 2001, 974; BGH v. 31.5.2011 – II ZR 109/10, BGHZ 190, 45-52 = GmbHR 2011, 922 m. Anm. Ulrich. 2 Vgl. FG Berlin-Brandenburg v. 19.10.2011 – 12 K 12078/08, EFG 2012, 443; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 225 (82. Erg.-Lfg. 2014); Fichtelmann, GmbHR 2005, 1347; implizit auch Heurung/Engel/MÅllerThomczik, GmbHR 2012, 1229. 3 Vgl. dezidiert zu diesem Sachverhalt Blumenberg, JbFSt 2012/13, 587 ff.

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D. GestaltungsmÇglichkeiten bei grenzÅberschreitendem Unternehmenserwerb

Handelt es sich bei dem Zielunternehmen um eine Kapitalgesellschaft, wie in der vorstehenden Abbildung, so scheitert ein steuerwirksamer Abzug der VergÅtungen fÅr das Gesellschafterfremdkapital wie auch fÅr das externe Fremdkapital zunchst einmal an dem fÅr die Besteuerung von KÇrperschaften geltenden Trennungsprinzip.1 Denn regelmßig erzielt die Akquisitionsgesellschaft (die „AcquiCo“) keine oder nur geringe eigene EinkÅnfte, so dass sich – vorbehaltlich der BegrÅndung einer Organschaft – auf Ebene der AcquiCo steuerliche Zins- oder Verlustvortrge aufbauen, die im Zweifel nie genutzt werden kÇnnen. Zur Konsolidierung dieser Aufwendungen mit den operativen Gewinnen des Targets kommen neben Åblicherweise weitreichenden umwandlungsrechtlichen Maßnahmen (zB Verschmelzung)2 die BegrÅndung einer Organschaft zwischen der Akquisitionsgesellschaft und dem Zielunternehmen in Betracht. VerfÅgt das Target-Unternehmen Åber inlndischen Grundbesitz, so bietet die BegrÅndung der Organschaft gegenÅber der Verschmelzung insbesondere den Vorteil, dass keine (weitere) Grunderwerbsteuer ausgelÇst wird. 2. Beschrnkung der doppelten VerlustberÅcksichtigung, § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG Eine Einschrnkung erfhrt der Steuervorteil aus der Nutzung der Organschaft bei Erwerbsstrukturen insbesondere durch § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5

1 Handelt es sich bei dem inlndischen Target-Unternehmen um ein Personenunternehmen, kÇnnen die Aufwendungen als (Sonder-)Betriebsausgaben grundstzlich steuerwirksam abgezogen werden. 2 Vgl. Blumenberg, JbFSt 2012/13, 589; mÇglich wren zwar eine Upstream- oder eine Downstream-Verschmelzung. Zu berÅcksichtigen ist im Einzelfall aber, dass (i) eine Upstream-Verschmelzung ggf. zum Anfall von Grunderwerbsteuer fÅhren und (ii) eine Downstream-Verschmelzung das handelsrechtliche Eigenkapital aufgrund eines Verschmelzungsverlusts reduzieren kann.

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8.37

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

KStG, wonach die doppelte (in- und auslndische) Verlustnutzung verhindert werden soll.1 Nach dieser Vorschrift bleiben negative EinkÅnfte des Organtrgers oder der Organgesellschaft bei der inlndischen Besteuerung unberÅcksichtigt, soweit sie in einem auslndischen Staat im Rahmen der Besteuerung des Organtrgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berÅcksichtigt werden. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG ist sowohl im Tatbestand als auch in den Rechtsfolgen umstritten, insbesondere dessen Reichweite ist unklar.2 Besonders kontrovers diskutiert wird die Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG bei Akquisitionsstrukturen Åber eine inlndische Personengesellschaft als Organtrger:3 Beispiel 10: Die M-Inc., eine im Ausland ansssige Kapitalgesellschaft, beabsichtigt die inlndische Target-AG zu erwerben. Hierzu errichtet sie eine inlndische, gewerblich ttige KG, an der sie vermÇgensmßig zu 100 % als Kommanditist beteiligt ist. Die M-Inc. legt das fÅr den Erwerb der Target-AG im Ausland aufgenommene Fremdkapital als Eigenkapital in die OT-KG ein. Die OT-KG erwirbt die Aktien der Target-AG und begrÅndet mit ihr eine ertragsteuerliche Organschaft. Graphisch:

1 Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013, BGBl. 2013 I, 285. 2 Vgl. Benecke/Blumenberg, StbJb. 2013/2014, 355; Benecke/Schnitger, IStR 2013, 150; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, 285; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 477 ff. (127. Erg.-Lfg. 2015); Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 98 ff. 3 Vgl. Schaden/Polatzky, IStR 2013, 131 ff.; zur Struktur vgl. Herfort, Internationales Steuer- und Gesellschaftsrecht Aktuell 2010, 37.

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D. GestaltungsmÇglichkeiten bei grenzÅberschreitendem Unternehmenserwerb Grundstzlich stellen die Fremdkapitalzinsen der M-Inc. im Inland zu berÅcksichtigende Sonderbetriebsausgaben im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der OT-KG dar und kÇnnen aufgrund der Organschaft – vorbehaltlich einer etwaigen Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG – mit den Ergebnissen der Target-AG verrechnet werden. Sofern das Ausland keine der deutschen Mitunternehmerkonzeption vergleichbare Besteuerung kennt oder die OT-KG wie eine Kapitalgesellschaft behandelt, stellen die Fremdkapitalzinsen auf Ebene der M-Inc. abzugsfhigen Aufwand dar. Im Ergebnis wren die Zinsaufwendungen sowohl im Inland als auch im Ausland abzugsfhig („double dip“). Es stellt sich die Frage nach der Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG.

Die Beantwortung dieser Frage hngt insbesondere vom Verstndnis des Begriffs der „EinkÅnfte“ des Organtrgers ab. Keine Anwendung findet die Abzugssperre, wenn die Personengesellschaften nur als Objekte der EinkÅnfteermittlung, nicht jedoch als Steuersubjekte betrachtet werden.1 Vorliegend werden die negativen EinkÅnfte vom Gesellschafter, der M–Inc., erzielt, die selbst jedoch nicht Organtrger ist.2 Zu einem anderen Ergebnis wÅrde man gelangen, wenn man, wie es vermutlich die Finanzverwaltung tut, § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG als EinkÅnfteermittlungsvorschrift ansieht.3 Nach der hier vertretenen Auffassung ist dies nicht der Fall, denn dazu htte die Abzugssperre in § 15 KStG geregelt werden mÅssen. Die Frage, ob die Abzugssperre bei Personengesellschaften als Organtrger zum Tragen kommt, weil die „Besteuerung des Organtrgers“ als „Zurechnung der Besteuerungsgrundlagen zu den Gesellschaftern der Personengesellschaft“ zu verstehen ist,4 ist derzeit noch nicht entschieden. 3. Auswirkungen der Verlustuntergangs gem. § 8c KStG a) Schdlicher Erwerb der Beteiligung an der Organgesellschaft Der schdliche Beteiligungserwerb der Organgesellschaft fÅhrt zum – ggf. anteiligen – Untergang der vororganschaftlichen Verlustvortrge und der laufenden negativen EinkÅnfte der Organgesellschaft. Eine Besonderheit liegt vor, wenn trotz Beteiligungserwerbs eine bestehende Organschaft fortbesteht, zB wenn der Organtrger 30 % der Anteile an der Organgesellschaft hinzuerwirbt. Da § 8c Abs. 1 KStG nur den Untergang von „nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen EinkÅnften“ anordnet, fÅhrt

1 Vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 485; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 245 (82. Erg.-Lfg. 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 499 (127. Erg.-Lfg. 2015); Benecke/Schnitger, IStR 2013, 147. 2 Vgl. LÇwenstein/Maier, IStR 2002, 191; Jnisch/Klein, BB 2007, 697. 3 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 244 (82. Erg.-Lfg. 2014). 4 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 499 (127. Erg.-Lfg. 2015). Frotscher hlt eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG aF auf Personengesellschaften auch aus verfassungsrechtlichen GrÅnden fÅr geboten; Benecke/ Schnitger, IStR 2013, 146; so wohl auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 245 (82. Erg.-Lfg. 2014).

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8.38

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

ein unterjhriger Hinzuerwerb von Anteilen an der Organgesellschaft nach der hier vertretenen Auffassung nicht zu einem anteiligen Untergang der negativen EinkÅnfte, sofern die negativen EinkÅnfte der Organgesellschaft vom Organtrger ausgeglichen werden.1 DarÅber hinaus bleiben der vororganschaftliche Verlustvortrag sowie die anteiligen negativen EinkÅnfte in HÇhe der im Inland steuerpflichtigen stillen Reserven im BetriebsvermÇgen der Organgesellschaft bestehen, § 8c Abs. 1 Stze 6 und 7 KStG.2 b) Schdlicher (unmittelbarer) Erwerb der Beteiligung am Organtrger

8.39 Werden die Anteile am Organtrger (und somit der Organschaftsverbund) verußert/erworben, sind weitere Effekte zu berÅcksichtigen. Durch den Beteiligungserwerb kann es zum (anteiligen) Untergang der Verlustvortrge oder bei unterjhrigem Erwerb zum anteiligen Untergang der negativen EinkÅnfte des Organtrgers kommen. Negative EinkÅnfte des Organtrgers gehen im Fall eines unterjhrigen Beteiligungserwerbs (vorbehaltlich § 8c Abs. 1 Stze 6 und 7 KStG) nur unter, soweit sie nicht durch positive EinkÅnfte der Organgesellschaft ausgeglichen werden. Gewinne der Organgesellschaft, die vor einem schdlichen Anteilseignerwechsel am Organtrger anfallen, sind nach der hier vertretenen Auffassung im Rahmen der Organschaft zu berÅcksichtigen, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass das Einkommen der Organgesellschaft erst nach einer separaten Einkommensermittlung zugerechnet wird. HierfÅr spricht der Zweck der Organschaft, der in einer phasengleichen „Saldierung“ der Einkommen im Organkreis besteht.3 Nicht genutzte Verluste des Organtrgers bleiben nach § 8c Abs. 1 Stze 6 und 7 KStG bestehen, sofern im BetriebsvermÇgen des Organtrgers im Inland steuerpflichtige stille Reserven vorhanden sind. Strittig ist die BerÅcksichtigung der stillen Reserven im inlndischen BetriebsvermÇgen der Organgesellschaft. Ohne die Einbeziehung der stillen Reserven der Organgesellschaft in die stillen Reserven des Organtrgers droht die Stille-Reserven-Klausel in Organschaftsfllen hufig leerzulaufen, weil stille Reserven des Organkreises anders als nicht genutzte Verluste nicht auf Ebene des Organtrgers akkumuliert werden. Die Finanzverwaltung geht in ihrem Erlassentwurf zu § 8c KStG vom 15.4.2014 davon aus, dass die stillen Reserven der Organgesellschaft

1 Vgl. Benz, Ubg 2011, 774; Lang in Ernst & Young, § 8c KStG Rz. 77.7 und 77.16 (106. Erg.-Lfg. 2014); Roser in Gosch, KStG2, § 8c Rz. 98; Suchanek in HHR, § 8c KStG, Anm. 32a (267. Erg.-Lfg. 2014); Neyer, DStR 2010, 1602; aA DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8c KStG Rz. 89 (82. Erg.-Lfg. 2014) mwN; Entwurf BMF v. 15.4.2014 – IV C 2 - S 2745-a/09/10002 :004, Rz. 33. 2 Vgl. Entwurf BMF v. 15.4.2014 – IV C 2 - S 2745-a/09/10002 :004, Rz. 62. 3 Vgl. Benz, Ubg 2011, 777; Lang in Ernst & Young, § 8c KStG Rz. 77.17 (106. Erg.-Lfg. 2014); offen gelassen bei DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8c KStG Rz. 91 (82. Erg.-Lfg. 2014).

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D. GestaltungsmÇglichkeiten bei grenzÅberschreitendem Unternehmenserwerb

nicht beim Organtrger zu berÅcksichtigen sind.1 Dieses Ergebnis ist nicht sachgerecht, weil es zum Untergang von nicht genutzten Verlusten fÅhrt, obwohl im Organkreis ausreichend steuerpflichtige stille Reserven vorhanden sind.2

II. Strukturierungsaspekte bei Outbound-Investitionen Die Steuerbelastung von Outbound-Investitionen deutscher Unternehmen hngt wegen der Åblicherweise geltenden Freistellung der AuslandseinkÅnfte – Schachtelprivileg gem. § 8b Abs. 1 KStG bei AusschÅttungen auslndischer Kapitalgesellschaften bzw. DBA-Freistellung (mit Progressionsvorbehalt) bei Auslandsbetriebssttten – vor allem von der steuerlichen Belastung im Ausland ab. Erfolgt die Direktinvestition in Form der Beteiligung an einer (auslndischen) Kapitalgesellschaft, so sind Quellensteuern auf mÇgliche GewinnausschÅttungen zu berÅcksichtigen, die im Inland grundstzlich nur bei natÅrlichen Personen (ggf. begrenzt) anrechenbar sind. Eine Entlastung, ggf. vollstndige Eliminierung der Quellensteuer kann sich nach DBA oder Mutter-/Tochterrichtlinie ergeben, wobei ggf. Anti Treaty/Directive Shopping-Regelungen zu beachten sind. Wird das inlndische Unternehmen in der Rechtsform der Personengesellschaft (an der natÅrliche Personen als Gesellschafter beteiligt sind) betrieben, kann die Zwischenschaltung einer inlndischen Tochterkapitalgesellschaft, zu der ein Organschaftsverhltnis begrÅndet wird, unter Gestaltungsgesichtspunkten steuerlich vorteilhaft sein. Beispiel 11: Die inlndische, gewerblich ttige OT-KG, an der als Kommanditisten im Inland ansssige natÅrliche Personen beteiligt sind, begrÅndet eine Organschaft mit der inlndischen OG-GmbH. Diese wiederum nimmt die Direktinvestition im Ausland vor, entweder durch (a) unmittelbares Ttigwerden im Ausland unter BegrÅndung einer auslndischen Betriebssttte bzw. Beteiligung an einer auslndischen („steuertransparenten“) Personengesellschaft oder (b) 100 %ige Beteiligung an einer im Ausland ansssigen Tochterkapitalgesellschaft. Graphisch:

1 AA Entwurf BMF v. 15.4.2014 – IV C 2 - S 2745-a/09/10002 :004 und SteuK 2014, 197, Rz. 62. Vgl. auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8c KStG Rz. 76m (82. Erg.-Lfg. 2014). 2 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8c KStG Rz. 76m (82. Erg.-Lfg. 2014); Bien/Wagner, BB 2009, 2631; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2636; Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 28 f.; DÇrr, NWB 2010, 197.

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8.40

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

8.41 Direktinvestition in Form einer auslndischen Betriebssttte/Personengesellschaft: BegrÅndet die inlndische OT-KG im Ausland eine Betriebssttte oder beteiligt sie sich unmittelbar an einer auslndischen Personengesellschaft (die im Ausland Åber eine feste Geschftseinrichtung verfÅgt), so werden die inlndischen Gesellschafter der OT-KG im Ausland (beschrnkt) einkommensteuersteuerpflichtig, wobei der Tarif der auslndischen Einkommensteuer regelmßig hÇher liegt als der Tarif der auslndischen KÇrperschaftsteuer. Insoweit kann die Zwischenschaltung einer inlndischen Kapitalgesellschaft (OG-GmbH), zu der eine Organschaft begrÅndet wird, Vorteile bieten: Werden die auslndischen Unternehmensgewinne der OG-GmbH nach DBA von der inlndischen Besteuerung freigestellt, lsst sich durch die Zwischenschaltung der organschaftlich verbundenen OG-GmbH – vereinfacht (abgesehen von Progressionseffekten bei Einkommensteuerstzen von unter 42 % bzw. 45 %) – eine Steuerentlastung in HÇhe der Differenz zwischen dem auslndischen Einkommensteuer- und dem auslndischen KÇrperschaftsteuersatz erreichen.1 Die Freistellung der BetriebssttteneinkÅnfte wird auch nicht durch § 15 Satz 2 KStG eingeschrnkt.2 Besteht kein DBA oder gilt die Anrechnungsmethode, lassen sich im Einzelfall AnrechnungsÅberhnge vermeiden. Vorteile hat die Zwischenschaltung der OG-GmbH zudem im Hinblick auf steuerliche Befolgungskosten, da bei Zwischenschaltung einer Kapi1 Vgl. Kaminski, Stbg 2013, 220 f.; Pohl/Staringer, JbFSt 2013/2014, 557 f.; die Autoren gehen auch auf erbschaftsteuerliche Vorteile aus der Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft ein. Siehe fÅr Investments in der TÅrkei: Seker, IWB 2012, 66. 2 Vgl. Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 15 Rz. 51; Krmer in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 35 mwN.

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E. Organschaft im Zusammenhang mit Umwandlungen

talgesellschaft typischerweise nur diese, nicht aber alle Gesellschafter des Personenunternehmens Steuererklrungen im Ausland abgeben mÅssen.1 Direktinvestition in Form einer auslndischen Kapitalgesellschaft: Die Zwischenschaltung der inlndischen OG-GmbH kann auch dann von Vorteil sein, wenn das Auslandsengagement in der Rechtsform einer auslndischen Kapitalgesellschaft erfolgt. Die Vorteile liegen insbesondere im Bereich der Entlastung von auslndischer Quellensteuer, zB MutterTochter-Richtlinie, DBA oder ggf. sogar nach auslndischem nationalen Recht (entsprechend § 44a Abs. 9 EStG). Im Inland kommt es bei Zwischenschaltung der OG-GmbH wegen § 15 Satz 2 KStG zwar zur Besteuerung nach dem TeileinkÅnfteverfahren, die Reduktion der auslndischen Quellensteuern kann jedoch auch hier Liquidittsvorteile haben bzw. im Einzelfall AnrechnungsÅberhnge vermeiden.

8.42

E. Organschaft im Zusammenhang mit Umwandlungen I. Fortsetzung einer bestehenden bzw. (rÅckwirkende) BegrÅndung einer Organschaft Das Bestehen einer Organschaft kann ein Hindernis fÅr konzerninterne Umstrukturierungen darstellen, beispielsweise, wenn die Umwandlung zur ungewollten Beendigung der Organschaft fÅhrt (s. Rz. 8.33). Ob durch die Umwandlung eine bestehende Organschaft tatschlich beendet wird, hngt von den Gegebenheiten im jeweiligen Einzelfall ab. Generell ist eine nahtlose Fortsetzung eines bestehenden Organschaftsverhltnisses in folgenden Umwandlungsfllen mÇglich:2 – bei der Verschmelzung des Organtrgers auf ein anderes gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG; – bei der Aufspaltung des Organtrgers, wenn die Beteiligung an der Organgesellschaft auf ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG Åbergeht; – bei der Abspaltung der Beteiligung an der Organgesellschaft auf ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG; – bei der Ausgliederung eines Betriebs, zu dem auch die Beteiligung an der Organgesellschaft gehÇrt, auf ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG; – beim Formwechsel des Organtrgers, wenn anschließend die Voraussetzung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG vorliegt. FÅr einen Formwechsel in ein Personenunternehmen ist deshalb notwendig, dass dieses gewerblich ttig ist (s. Rz. 8.32). 1 Vgl. Pohl/Staringer, JbFSt 2013/14, 559. 2 Vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.01, 02, 06, 07, 08 und 10.

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8.43

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

8.44 Entscheidendes Kriterium fÅr die Fortsetzung einer bestehenden Organschaft ist die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft zum aufnehmenden Organtrger, die bekanntlich ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft bestehen muss. In diesem Zusammenhang spielt die umwandlungssteuerliche RÅckwirkungsfiktion (§§ 2, 20 Abs. 5 und 6 sowie § 24 Abs. 4 UmwStG) eine ausschlaggebende Rolle. Grundstzlich werden durch die RÅckwirkung der steuerliche bertragungsstichtag und die hiermit verbundene steuerliche Zurechnung der Beteiligung an der Organgesellschaft um bis zu acht Monate zurÅckgelegt, mithin auf einen im Umwandlungszeitpunkt ggf. bereits verstrichenen Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft.1 Allerdings verlangt die Finanzverwaltung, dass die Tochtergesellschaft zum steuerlichen bertragungsstichtag bereits in den Åbertragenden Rechtstrger finanziell eingegliedert ist. Hierdurch kann es insbesondere in solchen Fllen, in denen der bertragungsstichtag nicht auf den Beginn des Geschftsjahres der Organgesellschaft fllt, zu einer ungewollten Organschaftspause kommen, ggf. sogar zum Wegfall der Organschaft.2 Die LÇsung dieses Problems kann in der Umstellung des Geschftsjahrs der Organgesellschaft auf den steuerlichen bertragungsstichtag liegen.

8.45 Daneben kann die Organschaft auch bei einer Einbringung der Beteiligung an der Organgesellschaft im Wege des Anteilstauschs i.S.d. § 21 UmwStG in ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG fortgesetzt werden. Voraussetzung hierfÅr ist, dass das betreffende Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft nach dem steuerlichen bertragungsstichtag beginnt.3

8.46 Problematisch sind die Flle, in denen die finanzielle Eingliederung zur Tochtergesellschaft erst rÅckwirkend geschaffen wird. Zwar lsst sich durch Umwandlung die Beteiligung an der Organgesellschaft mit steuerlicher RÅckwirkung nach § 2, § 20 Abs. 5 und 6 sowie § 24 Abs. 4 UmwStG auf den aufnehmenden Rechtstrger Åbertragen.4 Nicht ausreichend ist aber, wenn die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung erst infolge der Umwandlung geschaffen wird, wenn zB Åbertragender und aufnehmender Rechtstrger vor der Umwandlung jeweils zu weniger als 50 %, aber der aufnehmende Rechtstrger in Folge der Umwandlung zu mehr als 50 % an der Organgesellschaft beteiligt ist. In einem solchen Fall ist 1 Vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.03. Vgl. zur Kritik Blumenberg/ Lechner, DB 2012, Beilage 1, 58 f. – Kritisch dazu aktuell FG DÅsseldorf v. 3.3.2015 – 6 K 4332/12 K, F, EFG 2015, 1044 = GmbHR 2015, 543 – Rev. I R 19/15. 2 FÅr Einzelheiten und Beispiele vgl. Blumenberg/Lechner, DB 2012, Beilage 1, 57. 3 Vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.08. 4 Vgl. BFH v. 28.7.2010 – I R 89/09, BStBl. II 2011, 528 = FR 2011, 184; s. auch BFH v. 28.7.2010 – I R 111/09, GmbHR 2011, 44 = BFH/NV 2011, 67-68.

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E. Organschaft im Zusammenhang mit Umwandlungen

die Organgesellschaft nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht bereits ab dem steuerlichen bertragungsstichtag in den Åbernehmenden Rechtstrger finanziell eingegliedert.1 Soweit ersichtlich, hat sich der BFH zu dieser Fragestellung noch nicht geußert. UE lsst sich mit beachtlichen Argumenten vertreten, dass die Anteile an der potentiellen Organgesellschaft auch dann zu einer finanziellen Eingliederung ab dem steuerlichen bertragungsstichtag fÅhren, wenn die Åbertragende und die aufnehmende Gesellschaft jeweils zwar weniger als 50 % der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft halten, jedoch durch die Umwandlung eine Mehrheitsbeteiligung zum steuerlichen bertragungsstichtag geschaffen wird.2

II. MehrabfÅhrungen aus Umwandlungsmaßnahmen Sofern die Umwandlung zu sog. Mehr- oder MinderabfÅhrungen (Unterschiede zwischen dem handelsrechtlichen Gewinn, der unter dem GewinnabfÅhrungsvertrag an den Organtrger abzufÅhren ist, und dem steuerbilanziellen Gewinn der Organgesellschaft, welcher dem Organtrger zuzurechnen ist) fÅhrt, ist besonderes Augenmerk geboten. In der Praxis ist der handelsrechtliche bernahmegewinn nur selten mit der in der Steuerbilanz des bernehmers ausgewiesenen VermÇgensmehrung identisch. Offensichtlich ist dies, wenn die Umwandlung steuerlich zu Buchwerten, handelsrechtlich aber zu Verkehrswerten erfolgt. Aber auch im Falle einer einheitlichen AusÅbung des Bewertungswahlrechts gibt es regelmßig Differenzen aufgrund von Unterschieden zwischen den handelsund den steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften. Die steuerliche Behandlung von Mehr- oder MinderabfÅhrungen richtet sich allgemein danach, ob die Abweichungsursache in vororganschaftlicher oder in organschaftlicher Zeit liegt. Im ersten Fall gelten MehrabfÅhrungen als GewinnausschÅttungen der Organgesellschaft und werden MinderabfÅhrungen steuerlich als Einlage des Organtrgers behandelt (§ 14 Abs. 3 KStG). FÅr Mehr- oder MinderabfÅhrungen, die ihre Ursache hingegen in organschaftlicher Zeit haben, sind in der Steuerbilanz des Organtrgers passive bzw. aktive Ausgleichsposten in HÇhe eines der Beteiligungsquote des Organtrgers entsprechenden Betrags zu bilden (§ 14 Abs. 4 Satz 1 KStG). Bei Verußerung der Organbeteiligung und in gleichgestellten Fllen sind aktive Ausgleichsposten beim Organtrger gewinnmindernd, passive Ausgleichsposten gewinnerhÇhend aufzulÇsen (§ 14 Abs. 4 Satz 2 ff. KStG). Zusammen mit dem sonstigen Verußerungsgewinn oder -verlust aus der Anteilsverußerung unterliegen die Gewinne oder Verluste aus der AuflÇsung der Besteuerung unter BerÅcksichtigung 1 Vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.03. 2 So auch Blumenberg/Lechner, DB 2012, Beilage 1, 59; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 159, Blumenberg in Herzig, Organschaft, 2003, 252; Gosch, StBp 2004, 27.

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8.47

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

der Regelungen der §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b KStG. Damit sind die Ausgleichsposten fÅr natÅrliche Personen und Personengesellschaften mit natÅrlichen Personen als Gesellschaftern besonders bedeutsam (keine Anwendung von § 8b KStG).

8.48 Nach hM bleiben Ausgleichsposten bei fortbestehender Beteiligung erhalten, wenn bei Beendigung der Organschaft keine Verußerung stattfindet oder kein verußerungsgleicher Vorgang vorliegt.1 Allerdings sieht die Finanzverwaltung die Umwandlung und Einbringung auf Ebene des Åbertragenden Rechtstrgers als Verußerungsvorgang an.2 Entsprechend soll bei Verschmelzungen, Auf- und Abspaltung grundstzlich eine Verußerung der Organbeteiligung i.S.d. § 14 Abs. 4 Satz 2 KStG vorliegen, die zur AuflÇsung der Ausgleichsposten fÅhrt.3 Abweichend davon kann der bernehmer die Ausgleichsposten fortfÅhren, wenn die Umwandlung zu Buchwerten (dann volle FortfÅhrung) oder zu Zwischenwerten (dann anteilige AuflÇsung und anteilige FortfÅhrung) erfolgt und die Organschaft fortgesetzt wird. Die Voraussetzung der FortfÅhrung der Organschaft wird kritisiert, weil der Ausgleichsposten einen Korrekturposten zum Beteiligungsbuchwert bildet und der Ausgleichsposten eben auch bei Beendigung der Organschaft fortgefÅhrt werden kann.4 Unstreitig aufzulÇsen sind organschaftliche Ausgleichsposten bei Formwechsel der Organgesellschaft in eine Personengesellschaft oder bei Verschmelzung der Organgesellschaft auf eine Personengesellschaft (§ 14 Abs. 4 Satz 5 KStG).

8.49 Als nachteilig kÇnnen sich vor allem MehrabfÅhrungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, erweisen. Diese stellen beim Organtrger gem. § 14 Abs. 3 KStG AusschÅttungen dar, soweit fÅr sie nicht das Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG als verwendet gilt und sind im besten Fall nach § 8b KStG nur zu 5 % steuerpflichtig. Ist der Organtrger eine natÅrliche Person oder eine Personengesellschaft mit natÅrlichen Personen als Gesellschaftern, so besteht nach dem TeileinkÅnfteverfahren eine Steuerpflicht zu 60 %. Hinzu kommt, dass die fiktiven AusschÅttungen der Kapitalertragsteuer unterliegen, was Liquidittsnachteile haben kann.5 Nach Auffassung der Finanzverwaltung sollen MehrabfÅhrungen infolge von Umwandlungen und Einbringungen auf die Organgesellschaft immer als vororganschaftlich verursacht gelten, wenn das Åbertragene VermÇgen 1 Vgl. R 63 Abs. 3 KStR 2004. 2 Vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 00.02. 3 Vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.05 fÅr die Verschmelzung, Rz. Org.06 Abs. 2 fÅr die Aufspaltung, Rz. Org.07 Abs. 2 fÅr die Abspaltung und Rz. Org.10 fÅr den Formwechsel des Organtrgers. 4 Vgl. Blumenberg/Lechner, DB 2012, Beilage 1, 64 f. mwN. 5 Umwandlungsvorgnge, die nach dem UmwStG nach dem steuerlichen Buchwertansatz eigentlich steuerneutral sein sollen, kÇnnen auf diese Weise mit ggf. erheblichen Steuerbelastungen belegt sein. FÅr Einzelheiten vgl. Blumenberg/ Lechner, DB 2012, Beilage 1, 57 und 68 ff.

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E. Organschaft im Zusammenhang mit Umwandlungen

steuerlich zu Buchwerten, handelsrechtlich aber zu Verkehrswerten angesetzt wird.1 Weiter sollen, sofern bereits bei dem Åbertragenden Rechtstrger Bewertungsunterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz bestanden, sowohl der Unterschiedsbetrag der handels- und steuerlichen bernahmegewinne als auch die Gewinnunterschiede aus der spteren AuflÇsung der Bewertungsdifferenzen dem § 14 Abs. 3 KStG unterfallen.2 Diese Auffassung der Finanzverwaltung ist umstritten. Die Ursache der in organschaftlicher Zeit erfolgten MehrabfÅhrung ist Folge von nicht zum Organkreis gehÇrenden VermÇgensÅbertragungen und damit nicht vororganschaftlich, sondern außerorganschaftlich begrÅndet. Die Gleichsetzung der außerorganschaftlichen Verursachung mit einer vororganschaftlichen Verursachung findet in der Literatur UnterstÅtzung und Gegner.3 Anders kann die Situation aussehen, wenn sich die MehrabfÅhrung infolge einer Umwandlung der Organgesellschaft ergibt:4 Beispiel 12: Die OG-GmbH ist derzeit Åberwiegend mit Eigenkapital finanziert. Sie verfÅgt Åber zwei profitable Teilbetriebe – A und B. Die UnternehmensfÅhrung mÇchte das gÅnstige Zinsniveau nutzen und die Fremdfinanzierung der OG-GmbH um E 10 Mio. erhÇhen. Die freigesetzte Liquiditt soll mÇglichst steuerschonend zum Organtrger transferiert werden. Zu diesem Zweck wird Teilbetrieb A, der Åber stille Reserven von E 10 Mio. verfÅgt, auf die 100 %ige Tochtergesellschaft ausgegliedert:

1 Vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.33. 2 Vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.34. 3 Vgl. Blumenberg/Lechner, DB 2012, Beilage 1, 69 mwN. 4 Vgl. zB DÇtsch/Pung in LÅdicke/MÇssner/Hummel, Das Steuerrecht der Unternehmen, 2013, 68 ff. mwN.

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8.50

Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

Whrend die Ausgliederung steuerlich zu Buchwerten (§ 20 UmwStG) erfolgt, werden die stillen Reserven von E 10 Mio. in der Handelsbilanz der OG-GmbH durch den Ansatz der Verkehrswerte aufgedeckt und erhÇhen die GewinnabfÅhrung der OG-GmbH. FÅr die MehrabfÅhrung, die ihre Ursache in organschaftlicher Zeit hat, ist in der Steuerbilanz der OT-KG gem. § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG ein passiver Ausgleichsposten i.H.v. E 10 Mio. zu bilden.1

8.51 Der Vorteil des steuerfreien Liquidittstransfers ist zwar nur temporrer Natur, da passive Ausgleichsposten sptestens bei Verußerung der Organbeteiligung durch die OG-GmbH aufzulÇsen ist. Wird die Organbeteiligung Åber lngere Zeit gehalten, kÇnnen sich je nach Rechtsform des Organtrgers aber nicht unerhebliche Vorteile ergeben: Beispiel 12 (Fortsetzung): An der OT-KG ist die natÅrliche Person A als Kommanditist zu 100 % beteiligt. Die Beteiligung an der OG-GmbH soll mindestens noch weitere 10 Jahre gehalten werden. Der Einkommensteuersatz des A betrgt (vereinfacht) 45 %. Der Kalkulationszinssatz sei 3 %. WÅrde die MehrabfÅhrung wie eine GewinnausschÅttung behandelt, fllt unmittelbar eine Einkommensteuer von E 10 Mio. x 0,6 x 45 % = E 2,7 Mio. an. Der Barwert der Steuerbelastung aus einer AuflÇsung des Ausgleichsposten bei Verkauf nach zehn Jahren betrgt E 2,0 Mio. (E 10 Mio. x 0,6 x 45 % x ), der Vorteil der MehrabfÅhrung mithin E 0,7 Mio.

F. MÇglichkeiten und Grenzen grenzÅberschreitender Organschaften I. AnwendungsmÇglichkeiten 8.52 Eine echte grenzÅberschreitende Organschaft in dem Sinne, dass inlndische und auslndische Ergebnisse steuerwirksam konsolidiert werden, lsst das nationale Steuerrecht nicht zu. Ungeachtet zwischenzeitlicher EU-Vertragsverletzungsverfahren und Rechtsprechung zu abkommensrechtlichen Diskriminierungsverboten ist das deutsche Organschaftsrecht nach wie vor rein national ausgerichtet.2 Eine gewisse Ausweitung des Anwendungsbereichs der Organschaft hat Anfang 2013 die sog. Kleine Organschaftsreform3 fÅr alle noch nicht bestandskrftig durchgefÅhrten Veranlagungen gebracht.4

1 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, Anh. 1 UmwStG Rz. 67 (80. Erg.-Lfg. 2014). 2 Vgl. DÇtsch/Pung, DB 2013, 307. 3 Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. 4 Hintergrund war ein von der Europischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren, Beschluss v. 29.1. 2009, Nr. 2008/4909, IP/10/1253.

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F. MÇglichkeiten und Grenzen grenzÅberschreitender Organschaften

Whrend als Organgesellschaften ehemals nur Kapitalgesellschaften mit Sitz und Ort der Geschftsleitung im Inland in Betracht kamen, reicht es jetzt aus, dass sich der Ort der Geschftsleitung im Inland und der Sitz in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens befinden; § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG.1 Ferner wurden als Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH2 die Voraussetzung des doppelten Inlandsbezugs bei Kapitalgesellschaften sowie der unbeschrnkten Steuerpflicht bei natÅrlichen Personen aufgegeben, um dem abkommensrechtlichen Gesellschafterdiskriminierungsverbot der Art. 24 Abs. 5 OECD-MA nachgebildeten DBA zu genÅgen.3 FÅr die Bildung einer Organschaft mit einem doppelt ansssigen Organtrger ist nunmehr Voraussetzung, dass eine inlndische Betriebssttte i.S.d. § 12 AO besteht, der die Beteiligung an der Organgesellschaft mittelbar oder unmittelbar ununterbrochen whrend der gesamten Dauer der Organschaft zuzuordnen ist, und dass die zuzurechnenden EinkÅnfte sowohl nach innerstaatlichen Steuerrecht als auch nach DBA der inlndischen Besteuerung unterliegen, § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4 bis 7 KStG. Im Ergebnis kÇnnen nach derzeitigem Stand doppelt ansssige Kapitalgesellschaften als mÇgliche Organgesellschaft qualifizieren und auch beschrnkt steuerpflichtige natÅrliche Personen und Kapitalgesellschaften mit Sitz im EWR-Ausland taugliche Organtrger sein.

1 Zur Frage, ob auch Kapitalgesellschaft mit Sitz in Drittstaaten als Organgesellschaft in Frage kommen vgl. Benecke/Schnitger, IStR 2013,144. 2 Vgl. BFH v. 9.2.2011 – I R 54/10, I R 55/10, BStBl. II 2012,106 = FR 2011, 584 m. Anm. Buciek; Nichtanwendungserlass BMF v. 28.3.2011 – IV C 2 - S 2770/09/ 10001 – DOK 2011/0250044, BStBl. I 2011, 300 = FR 2011, 436. Im Urteil, das zum Rechtsstand 1999 ergangen war, wurde eine gewerbesteuerliche Organschaft zwischen einer deutschen Kapitalgesellschaft und einer englischen Kapitalgesellschaft aufgrund der wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Eingliederung anerkannt, auch weil ein ErgebnisabfÅhrungsvertrag damals nicht erforderlich war. Die englische Kapitalgesellschaft konnte zwar nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 nicht Organtrger sein, weil sie Sitz und Geschftsleitung nicht im Inland hatte. Der BFH sah darin aber einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. XX Abs. 4 und Abs. 5 des DBA D-UK 1964/1970 und wies den Gewerbeertrag von der deutschen Kapitalgesellschaft (im Streitfall ein Verlust) der englischen Kapitalgesellschaft zu. Eine gewerbesteuerliche Zerlegung schied aus, weil die deutsche Kapitalgesellschaft keine Betriebssttte im DBA-Sinne war (sondern eine Tochtergesellschaft). Im Ergebnis kam es fÅr Zwecke der GewSt zu „weißen EinkÅnften“, nmlich keiner Besteuerung in Deutschland (wegen Organschaft) und keiner Besteuerung in UK (weil man dort die Organschaft nicht kennt). 3 Vgl. BegrÅndung, BT 17/10774, 18; DÇtsch/Pung, DB 2013, 307; RÇdder/SchÇnfeld, DStR 2011, 886-890; Frotscher, IStR 2011, 697-703; Gosch, BFH/PR 2011, 266-269.

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Kapitel 8

Gestaltungsfragen der ertragsteuerlichen Organschaft

II. Verhinderung der sog. grenzÅberschreitenden doppelten VerlustberÅcksichtigung 8.53 Beim Einsatz von Organschaften im Rahmen der grenzÅberschreitenden Konzernstrukturplanung ist insbesondere die Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG zu beachten, deren Zweck die Verhinderung einer doppelten Verlustnutzung Åber die Grenze sein soll. Die Regelung wurde oben unter Rz. 8.37 bereits angesprochen und wird in Kapitel 28 ausfÅhrlich diskutiert, so dass im Folgenden allein StrukturierungsÅberlegungen erÇrtert werden. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG (keine BerÅcksichtigung negativer EinkÅnfte von Organtrger und Organgesellschaft bei der inlndischen Besteuerung) greift nur, wenn im Inland eine Organschaft besteht. Im Einzelfall ist deshalb zu prÅfen, ob die Ergebniskonsolidierung im Rahmen der Organschaft (Rz. 8.2) vorteilhafter ist, als ein Verlustabzug im Ausland. Wie das folgende Beispiel zeigt, hngt diese Entscheidung insbesondere von der HÇhe des auslndischen Ertragsteuersatzes ab. Beispiel 13: Die im Land A ansssige Muttergesellschaft M-Inc. hat die Anteile an der inlndischen OG-GmbH mittelbar Åber die OT-GmbH erworben. Der Refinanzierungsaufwand auf Ebene der OT-GmbH betrgt 50. Die M-Inc. und die OG-GmbH erwirtschaften operative Gewinne von je 100. Der effektive Ertragsteuersatz betrgt in Deutschland 30 % und im Land A 20 % bzw. alternativ 40 %. Das auslndische Steuerrecht bietet fÅr die M-Inc. die WahlmÇglichkeit, auslndische Personen- und Kapitalgesellschaften fÅr ertragsteuerliche Zwecke entweder als intransparent oder als transparent zu behandeln. Das bestehende DBA sieht fÅr Land A bei deutschen BetriebssttteneinkÅnften eine Vermeidung der Doppelbesteuerung nach der Anrechnungsmethode vor. Graphisch

Aus Konzernperspektive stellt sich die Frage, ob eine Organschaft zwischen OTGmbH und OG-GmbH vorteilhafter als eine VerlustberÅcksichtigung in Land U ist.

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F. MÇglichkeiten und Grenzen grenzÅberschreitender Organschaften Tabelle 8: Organschaft vs. grenzÅberschreitende Verlustverrechnung Ertragsteuersatz in Land U

20 %

Organschaft

ja

nein

ja

nein

OG-GmbH Operativer Gewinn Ertragsteuer (30 %) Zurechnung zur OT-GmbH

100,00 0,00 100,00

100,00 30,00 0,00

100,00 0,00 100,00

100,00 30,00 0,00

OT-GmbH Verlust Zurechnung OG-GmbH Summe Ertragsteuer (30 %)

- 50,00 100,00 50,00 15,00

- 50,00 0,00 - 50,00 0,00

- 50,00 100,00 50,00 15,00

- 50,00 0,00 - 50,00 0,00

M-Inc. Operativer Gewinn BerÅcksichtigung Verlust OT Summe Ertragsteuer

100,00 0,00 100,00 20,00

100,00 - 50,00 50,00 10,00

100,00 0,00 100,00 40,00

100,00 - 50,00 50,00 20,00

35,00

40,00

65,00

50,00

Summe Ertragsteuern

40 %

Die Ergebnisse in Tabelle 8 zeigen, dass der Vorteil des Verlustabzugs im Ausland bei hohem auslndischen Ertragsteuersatz grÇßer sein kann, als die Reduktion deutscher Ertragsteuern durch BegrÅndung einer Organschaft.

Neben der Frage, ob die BegrÅndung einer Organschaft vorteilhafter ist als der Verlustabzug im Ausland, bestehen mÇglicherweise Alternativen fÅr eine Ergebniskonsolidierung im Inland, die die grenzÅberschreitende Verlustnutzung nicht ausschließen. Anbieten kann sich beispielsweise ein Formwechsel der OG-GmbH in eine Personengesellschaft. Die Refinanzierungsaufwendungen auf Ebene der OT-GmbH wren dann als Sonderbetriebsausgaben II sowohl fÅr kÇrperschaft- als auch fÅr gewerbesteuerliche Zwecke von den operativen Gewinnen der OG-PersG abziehbar. Kennt das Land A keine der deutschen Mitunternehmerkonzeption vergleichbare Besteuerung und whlt die M-Inc. fÅr die OG-PersG eine BerÅcksichtigung als intransparente Tochtergesellschaft und fÅr die OTGmbH eine BerÅcksichtigung als transparente Tochtergesellschaft, besteht aus Sicht der M-Inc. die oben angesprochene WahlmÇglichkeit, nur die Verluste auf Ebene der OT-GmbH in die auslndische Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Da in diesem Szenario auf die BegrÅndung einer Organschaft verzichtet werden kann, bleibt fÅr eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG kein Raum.

8.54

Bei der Entscheidung muss berÅcksichtigt werden, dass es durch den Formwechsel zu einer Besteuerung offener RÅcklagen der OG-GmbH kommt (§ 7 UmwStG) und entsprechend Kapitalertragsteuer an die Finanzverwaltung abzufÅhren ist. Die hiermit verbundenen Nachteile umfassen im Beispiel insbesondere die aus der Schachtelstrafe des § 8b Abs. 5 KStG resultierenden Ertragsteuern auf Ebene der OT-GmbH (rd. 1,5 % des Betrags der offenen RÅcklagen, falls nicht auf das steuerliches Einlagekonto der OG-GmbH zurÅckgegriffen werden kann). Daneben ist die Finanzierung der anfallenden Kapitalertragsteuer zu berÅcksichtigen.

8.55

Blumenberg/Hundeshagen

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten Allgemeine Literatur Altvater, Niederlassungsfreiheit vs. nationale Besteuerungsbefugnisse: Eine (Trend-) Analyse der aktuellen EuGH-Rechtsprechung, DB 2009, 1201; Ault/SchÇn/Shay, Base Erosion and Profit Shifting: A Roadmap for Reform, Bulletin for International Taxation 2014, 275; Bader, Steuergestaltung mit Holdinggesellschaften. Standortvergleich steuerlicher Holdingkriterien in Europa, 2. Aufl., Herne/Berlin 2007; Bauer, Unterkapitalisierungsregelungen in Europa – eine Analyse, StuW 2009, 163; BDI/KPMG, Die Behandlung von Finanzierungsaufwendungen. Ein Vergleich der Zinsschranke in Deutschland mit den Regelungen in den USA, Italien, Frankreich, den Niederlanden und Schweden, BDI-Drucksache Nr. 437, Berlin 2009; BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg. Vergleichende GegenÅberstellung der VerlustverrechnungsmÇglichkeiten in 35 Lndern, Freiburg/Berlin/MÅnchen 2011; Becker/Loitz/Stein, Steueroptimale Verlustnutzung, Wiesbaden 2009; Becker/Loose, Praxis der internationalen Verlustnutzung fÅr deutsche Kapitalgesellschaftskonzerne, Ubg 2014, 141; BMF, Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung, Bericht der Facharbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung, 15.9.2011; Bohn, Zinsschranke und Alternativmodelle zur Beschrnkung des steuerlichen Zinsabzugs, Diss., Wiesbaden 2009; Braunagel, Verlustverrechnung und Verlustverrechnungsbeschrnkungen in ausgewhlten Lndern, in LÅdicke/ Kempf/Brink (Hrsg.), Verluste im Steuerrecht, Baden-Baden 2010, 276; Demscher/ Stefaner, Gruppenbesteuerung: Sandwichgruppen mÇglich?, SWI 2009, 9; DÇrr, § 10. berblick Åber die Konzernbesteuerung in einzelnen EU-Mitgliedstaaten, in SchÇn (Hrsg.), Steuerliche Maßgeblichkeit in Deutschland und Europa, KÇln 2005, 727; DÇtsch, Organschaftskonzerne, in Kessler/KrÇner/KÇhler (Hrsg.), Konzernsteuerrecht. Organisation – Recht – Steuern, 2. Aufl., MÅnchen 2008; DÇtsch/Pung, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung: Muss der deutsche Gesetzgeber wegen der europarechtlichen Entwicklungen reagieren?, DK 2006, 130; DÇtsch/Pung, Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts: Die nderungen bei der Organschaft, DB 2013, 305; DÇtsch/Pung, Die „kleine Organschaftsreform“: Alles nur theoretische Probleme?, DB 2013, 2169; Endres, Gruppenbesteuerung Åber die Grenze, PIStB 2009, 214; Endres, Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten, in Herzig (Hrsg.), Organschaft. Laufende und aperiodische Besteuerung, nationale und internationale Aspekte, Hinweise zum EU-Recht, FS fÅr Thiel, Stuttgart 2003, 461; Endres/ Oestreicher/Scheffler/Spengel, The Determination of Corporate Taxable Income in the EU Member States, Alphen aan de Rijn 2007; Esser, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung im Konzern. Ansatzpunkte fÅr eine Reform der deutschen Gruppenbesteuerung vor dem Hintergrund auslndischer Erfahrungen, IFSt-Schrift Nr. 450, Bonn 2008; Esterer/Bartelt, Modernes Gruppenbesteuerungssystem fÅr Deutschland – Kritische Analyse der Organschaft und mÇgliche Reformanstze –, BB 2010, Special 1/2010, 2; Frotscher, Die grenzÅberschreitende Organschaft, DK 2003, 98; Fuest/Spengel/Finke/Heckemeyer/Nusser, Profit Shifting and „Aggressive“ Tax Planning by Multinational Firms: Issues and Options for Reform, World Tax Journal 2013, 307; FÅlbier, Mitunternehmerbesteuerung als konsolidierte steuerliche Gewinnermittlung? Implikationen fÅr eine kÅnftige europische Gruppen-

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten lens/Amshoff/Schmidt, Konzernsichtweisen in der Rechnungslegung und im Gesellschaftsrecht: Zur bertragbarkeit des betriebswirtschaftlichen Konzernverstndnisses auf AusschÅttungsregulierungen, ZGR 2009, 231; Princen/Grard, International tax consolidation in the European Union: evidence of heterogeneity, European Taxation 2008, 174; PwC, Worldwide Tax Summaries – Corporate Taxes 2014/2015; Rehfeld, Isolierte Gruppenbesteuerung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften. EuGH, Urteil vom 12. 6. 2014 – Rs. C-39–41/13, SCA Group Holding B.V. u. a., IWB 2014, 619; Sauerland, Besteuerung europischer Konzerne. Eine Analyse alternativer Modelle der Konzernbesteuerung, Diss., Wiesbaden 2007; Scheffler, Internationale betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 3. Aufl., MÅnchen 2009; Schmidt/Heinz, Gruppenbesteuerung im internationalen Vergleich. Darstellung verschiedener Gruppenbesteuerungsmodelle in Europa, Stbg 2006, 60 (Teil I) und 141 (Teil II); Schnitger, Fragestellungen zur steuerlichen Behandlung doppelt ansssiger Kapitalgesellschaften, IStR 2013, 82; SchÇn/Schreiber/Spengel (Hrsg.), A Common Consolidated Corporate Tax Base for Europe. Eine gemeinsame konsolidierte KÇrperschaftsteuerbemessungsgrundlage fÅr Europa, Berlin 2008; SchÇnfeld, Praxisfragen der grenzÅberschreitenden Organschaft – dargestellt anhand von Fallbeispielen, IStR 2012, 368; Schreiber, International Company Taxation, An Introduction to the Legal and Economic Principles, Berlin/Heidelberg 2013; Schreiber, Die Duale Einkommensteuer: Zur Rechtsformabhngigkeit der Besteuerung, in Oestreicher (Hrsg.), Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, Herne/Berlin 2007, 35; Schreiber/Stiller, konomische Anforderungen an eine Reform der Gruppenbesteuerung, StuW 2014, 216; Schulz, Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung in der Europischen Union, Diss., Lohmar/ KÇln 2012; Schwenke, GrenzÅberschreitende Organschaft – Anmerkungen zu den Neuregelungen im Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts, ISR 2013, 41; Sievert, Konzernbesteuerung in Deutschland und Europa. Ertragsteuerliche und betriebswirtschaftliche Analyse der europischen Gruppenbesteuerungssysteme, Diss., DÅsseldorf 2006; Spengel, Concept and Necessity of a Common Tax Base – an Academic Introduction, in SchÇn/Schreiber/Spengel (Hrsg.), A Common Consolidated Tax Base for Europe. Eine einheitliche KÇrperschaftsteuerbemessungsgrundlage fÅr Europa, Berlin/Heidelberg 2008, 1; Spengel/Oestreicher, Gemeinsame (konsolidierte) KÇrperschaftsteuerbemessungsgrundlage in der EU und Umsetzungsfragen, IStR 2009, 773; Sydow, Gruppenbesteuerung: steuerliche Einheit zwischen Tochtergesellschaften – EuGH-Entscheidung in den verb. Rs. C-39 – 41/13 „SCA Group Holding BV“, IStR 2014, 480; Thiedemann, Die Entwicklung einer modernen, europarechtskonformen und zukunftsweisenden Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland. Eine Untersuchung insbesondere unter gemeinschaftsrechtlichen und steuersystematischen Gesichtspunkten, Diss., Frankfurt/M. u.a. 2013; Treisch, Outbound-Investitionen und die asymmetrische BerÅcksichtigung von Gewinnen und Verlusten in europischen Konzernen, in Brhler/LÇsel (Hrsg.), Deutsches und internationales Steuerrecht. Gegenwart und Zukunft, FS fÅr Djanani, Wiesbaden 2008, 533; Wagner, Konzeption einer Gruppenbesteuerung, Diss., Lohmar/KÇln 2006; Wassermeyer, Gemeinschaftsrechtliche und abkommensrechtliche Anforderungen an eine Gruppenbesteuerung, SWI 2005, 521; Watrin/Sievert/Strohm, Reform der Konzernbesteuerung in Deutschland und Europa, FR 2004, 1; Weber, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung im Konzern. Formulierung eines Reformvorschlags fÅr die deutsche Organschaft, Diss., Hamburg 2008; Weigert/Strohm, Zu den persÇnlichen Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft unter BerÅcksichtigung aktueller Entwicklungen, DK 2013, 249; Winter/Marx, „GrenzÅberschreitende“ Organschaft mit zugezogenen EU-/EWR-Gesellschaften, DStR 2011, 1101; Wittkowski, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung in Deutschland und Europa. Eine Çko-

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A. Gruppenbesteuerung zwischen Trennungsprinzip und Einheitsprinzip nomische, europa- und verfassungsrechtliche Analyse, Diss., Wiesbaden 2008; Zielke, Internationale Steuerplanung mit Gesellschafter-Fremdfinanzierung in der Europischen Union, Norwegen und der Schweiz, StuW 2009, 63.

A. Gruppenbesteuerung zwischen Trennungsprinzip und Einheitsprinzip Die Besteuerung verbundener Unternehmen steht seit jeher in einem Spannungsverhltnis zwischen rechtlicher Vielfalt (Trennungsprinzip) und wirtschaftlicher Einheit (Einheitsprinzip).1 Gruppenbesteuerungsregelungen zielen darauf ab, verbundene Unternehmen trotz ihrer zivilrechtlichen Eigenstndigkeit fÅr Zwecke der Besteuerung vollstndig oder teilweise als wirtschaftliche Einheit zu behandeln.2 Im Rahmen von Geschftsaktivitten von verbundenen Unternehmen ist zu prÅfen, inwieweit nationale Gruppenbesteuerungsregeln als steuerplanerisches Instrument nutzbar gemacht werden kÇnnen.

9.1

Im deutschen Ertragsteuerrecht wird der wirtschaftlichen Verbundenheit vor allem durch das Rechtsinstitut der Organschaft Rechnung getragen. Das deutsche Organschaftsrecht ermÇglicht auch nach der Neuregelung durch das „Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts“3 keine grenzÅberschreitende Organschaft.4 Der Nutzen der ertragsteuerlichen Organschaft als steuerplanerisches Instrument fÅr Outbound-Aktivitten deutscher Unternehmen bleibt damit begrenzt.

9.2

Der Organtrger muss eine inlndische Betriebssttte i.S.d. § 12 AO im Inland haben, der die Beteiligung an der Organgesellschaft ununterbrochen whrend der gesamten Dauer der Organschaft zugeordnet ist (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG, § 17 S. 1 KStG). Organgesellschaft kann (auch) eine Kapitalgesellschaft mit Geschftsleitung im Inland und Sitz in einem Mitgliedstaat der EU bzw. in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens sein (§ 14 Abs. 1 S. 1 KStG). Die auslndische Gesellschaft muss mithilfe eines Typenvergleichs als Kapitalgesellschaft eingeordnet werden. Zudem muss eine Kapitalgesellschaft i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 KStG rechtsfhig sein.5

1 Vgl. grundlegend Herzig in FS KÅting, 641 (647). Die Besteuerung von Unternehmensgruppen wird im Folgenden als „Gruppenbesteuerung“ bezeichnet. Zum Konzern im betriebswirtschaftlichen und (gesellschafts-) rechtlichen Verstndnis vgl. Pellens/Amshoff/Schmidt, ZGR 2009, 231 ff. 2 Zu den Çkonomischen Anforderungen an eine Gruppenbesteuerung vgl. Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216 ff. 3 Vgl. BGBl. I 2013, 285. 4 Vgl. DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (307). Zur Rechtsentwicklung vgl. zB auch Jesse, FR 2013, 629 ff.; Kahle/Vogel/Schulz, Ubg 2011, 761 ff. 5 Vgl. im Einzelnen Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (684 f.).

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

Eine (potentielle) Organgesellschaft mit Sitz im Ausland muss allerdings mit dem Organtrger einen GewinnabfÅhrungsvertrag abschließen kÇnnen, um ein wirksames Organschaftsverhltnis herbeizufÅhren. Im grenzÅberschreitenden Fall richtet sich die Frage, ob der Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrages mÇglich ist, aufgrund kollisionsrechtlicher Grundstze im Wesentlichen nach dem Gesellschafts- und Zivilrecht des Ansssigkeitsstaates der abhngigen Tochtergesellschaft.1 Die Anforderung eines GewinnabfÅhrungsvertrages im Verhltnis zu auslndischen Tochtergesellschaften dÅrfte regelmßig nicht erfÅllbar sein; in aller Regel kennen die auslndischen Rechtsordnungen das Rechtsinstitut des GewinnabfÅhrungsvertrages nicht.2 Deutschland ist derzeit das einzige Land, welches einen solchen Vertrag als Formalerfordernis fÅr die BegrÅndung einer Gruppenbesteuerung vorsieht (Rz. 9.12).3 Die wohl hM sieht das Erfordernis eines GewinnabfÅhrungsvertrages in grenzÅberschreitenden Fllen als unionsrechtswidrig an.4 Es ist strittig, ob hnliche schuldrechtliche Vertragsstrukturen, die inhaltlich den Anforderungen an den GewinnabfÅhrungsvertrag mÇglichst nahekommen („Vertrag minderer Art“5), die sachliche Anforderung eines GewinnabfÅhrungsvertrages erfÅllen.6 Eine Kapitalgesellschaft mit inlndischem statutarischem Sitz, die ihre Geschftsleitung ins Ausland verlegt,7 ist zwar nach wie vor unbeschrnkt kÇrperschaftsteuerpflichtig, sie kann aber nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 1 S. 1 KStG nicht (mehr) Organgesellschaft sein.8 Kapitalgesellschaften mit Sitz und Ort der Geschftsleitung im Ausland und inlndischer Betriebssttte scheiden als Organgesellschaften gleichfalls aus.9 1 Vgl. BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08, BStBl. II 2012, 507, 509 = FR 2012, 536; BGH v. 13.12.2004 – II ZR 256/02, GmbHR 2005, 299 = DStR 2005, 340; OLG Stuttgart v. 30.5.2007 – 20 U 12/06, ZIP 2007, 1213; Gosch, IWB 2012, 694 (696); Stangl/Winter, Organschaft 2013/14, Rz. A115. 2 Vgl. DÇtsch/Pung, DB 2013, 2169 (2169). Ausnahmen sind GewinnabfÅhrungsvertrge in sterreich und Portugal, vgl. Stangl/Winter, Organschaft 2013/14, Rz. A116. In diesen Fllen wÅrde eine grenzÅberschreitende Organschaft allerdings an der Sitztheorie, die in diesen Lndern angewandt wird, scheitern, vgl. Winter/Marx, DStR 2011, 1101 (1104). 3 Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, IFSt-Schrift Nr. 471, 22. 4 Vgl. Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (685) mwN. 5 So Gosch, IWB 2012, 694 (696). 6 Vgl. im Einzelnen Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (685) mwN. 7 Seit dem MoMiG v. 23.10.2008 muss sich nur der Satzungssitz der Kapitalgesellschaft in Deutschland befinden (§ 5 AktG, § 4a GmbHG). Die Geschftsleitung kann also ohne Einschrnkung ins Ausland verlagert werden. 8 Vgl. Micker, IWB 2013, 309 (310); Schnitger, IStR 2013, 82 (86); Weigert/Strohm, DK 2013, 249 (257). Nach wohl hM liegt ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) vor. 9 Zur Diskussion und Kritik vgl. Schwenke, ISR 2013, 41 (43); Micker, IWB 2013, 309 (316). Sog. „Drittstaaten-Kapitalgesellschaften“, bspw. eine amerikanische

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B. GrenzÅberschreitende Gruppenbesteuerung zur Steuerplanung

B. GrenzÅberschreitende Gruppenbesteuerung als steuerplanerisches Instrument I. Konsolidierung im weiteren Sinn Grundlegende Anforderung an ein Gruppenbesteuerungssystem aus praktischer Sicht ist die gruppeninterne innerperiodische Verrechnung positiver und negativer Ergebnisse.1 Zu einer Steuerbelastung sollte es aus Gruppensicht im Sinne des Einheitsprinzips (vgl. Rz. 9.1) erst kommen, wenn insgesamt ein positives (Gruppen-) Ergebnis erzielt wird.2 konomische Nachteile (insbesondere Liquidittsnachteile) entstehen indessen, soweit Verluste nur durch die verlusterleidenden Gruppengesellschaften selbst genutzt werden kÇnnen, eine intragruppeninterne Verlustverrechnung mithin ganz oder teilweise unterbunden wird. Dies gilt insbesondere im grenzÅberschreitenden Kontext: Im Rahmen der internationalen Steuerplanung muss regelmßig davon ausgegangen werden, dass eine gruppenÅbergreifende Ergebnisverrechnung nach den nationalstaatlichen Gruppenbesteuerungsregeln auf jene Gruppengesellschaften beschrnkt bleibt, die im selben Staat ansssig sind.3

9.3

Der EuGH hatte in der Rs. Marks & Spencer zu entscheiden, ob ein Staat, dessen Steuerrecht Konzernsteuerregelungen enthlt, im Rahmen der Besteuerung einer dort ansssigen Muttergesellschaft auch Verluste EU-auslndischer Tochtergesellschaften zum Abzug zulassen muss. Dem EuGH zufolge mÅssen zunchst smtliche MÇglichkeiten der VerlustberÅcksichtigung im Ansssigkeitsstaat der Tochtergesellschaft ausgeschÇpft sein, bevor der Ansssigkeitsstaat der Muttergesellschaft verpflichtet ist, diese Verluste in gleicher Weise wie bei einer inlndischen Tochtergesellschaft zu berÅcksichtigen.4 Nach hM strahlt das Urteil Marks & Spencer auch auf die deutsche Organschaft aus.5 Die „Finalitt“ von Verlusten ist nicht abschließend geklrt.6

9.4

1

2 3 4

5 6

Corporation, dÅrfen auch bei inlndischer Geschftsleitung und unbeschrnkter deutscher KÇrperschaftsteuerpflicht nicht in einen Organkreis einbezogen werden. Vgl. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung7, 1026 ff.; Endres in FS Thiel, 461 (477); KÇhler in Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 8 Rz. 26; Scheffler, Internationale betriebswirtschaftliche Steuerlehre3, 415; Schreiber, International Company Taxation, 10. Vgl. Endres, PIStB 2009, 214; Treisch in FS Djanani, 533 (546). Vgl. Kessler/Dorfmueller, PIStB 2001, 177 (184). FÅr eine bersicht vgl. zB auch Spengel in SchÇn/Schreiber/Spengel, 1 (13). Vgl. EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, FR 2006, 177 = GmbHR 2006, 153 = DStR 2005, 2168 ff. Besttigt durch EuGH v. 21.2.2013 – Rs. C-123/11 – A Oy, GmbHR 2013, 321 = FR 2013, 370 m. Anm. Musil = IStR 2013, 239 ff. Vgl. insbesondere Homburg, IStR 2009, 350 ff. AA DÇtsch/Pung, DK 2006, 130 ff. Vgl. zur Diskussion zB Becker/Loose, Ubg 2014, 141 (152 f.); SchÇnfeld, IStR 2012, 368 (368 ff.).

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

9.5 Nach dem Urteil des EuGH in der Rs. Oy AA haben Konzerne keinen Anspruch auf eine grenzÅberschreitende bertragung von Gewinnen innerhalb der EU.1 Gemß dieser Entscheidung sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, fÅr eine innergemeinschaftliche Gewinn- und Verlustverrechnung zu sorgen. In diesem Fall nmlich stÅnde es dem Steuerpflichtigen frei, den Mitgliedstaat der Gewinn- bzw. Verlustentstehung zu whlen. Dass ein solches Wahlrecht mit der Wahrung der mitgliedsstaatlichen Besteuerungsbefugnisse nicht zu vereinbaren ist, dÅrfte außer Frage stehen. Ein deutscher Organtrger hat demnach keinen Anspruch auf GewinnÅbertragungen von im EU-Ausland ansssigen Tochtergesellschaften.2 Insbesondere vor dem Hintergrund der EuGH-Entscheidung in der Rs. Oy AA ist nicht zu erwarten, dass der deutsche Gesetzgeber einer „echten“ grenzÅberschreitenden Organschaft in absehbarer Zeit die TÅr Çffnen wird. Es Åberrascht nicht, wenn Vertreter der Finanzverwaltung betonen, dass der deutsche Gesetzgeber mit diesem Urteil „vom Zwang, eine grenzÅberschreitende Organschaft zu etablieren, befreit“3 worden ist.

II. Konsolidierung im engeren Sinn 9.6 Bereits die Zusammenfassung von Einzelergebnissen bzw. die dadurch ermÇglichte Verlustverrechnung kann als eine einfache Form einer steuerlichen Konsolidierung betrachtet werden.4 Das Einheitsprinzip erfordert aber darÅber hinausgehende Konsolidierungsschritte. Zu den Konsolidierungsschritten im engeren Sinne zhlen die Kapital-, die Schulden-, die Betriebsausgaben- und -einnahmenkonsolidierung sowie die Zwischenergebniseliminierung.5

9.7 Whrend die Kapitalkonsolidierung die Eigenkapitalverflechtungen bereinigt, bezweckt die Schuldenkonsolidierung eine Korrektur der Fremdkapitalbeziehungen zwischen den einzelnen Gruppengesellschaften. Ertrge aus konzerninternen Lieferungen und Leistungen zB im Zusammenhang mit der bertragung von WirtschaftsgÅtern zwischen Gruppengesellschaften werden im Rahmen der Zwischenergebniseliminierung beseitigt. Diese Maßnahme ist aus Sicht des Einheitsprinzips zwingend, um eine Besteuerung von sog. Zwischengewinnen zu verhindern, jenen Gewinnen also, die aus Gruppensicht noch nicht am Markt realisiert wurden. Ziel der steuerlichen Zwischenergebniseliminierung ist mithin der alleinige Ausweis von gruppenextern realisierten Gewinnen.6 Die (stromgrÇßen1 Vgl. EuGH v. 18.7.2007 – Rs. C-231/05 – Oy AA, IStR 2007, 631 ff.; vgl. auch EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X-Holding BV, IStR 2010, 213. 2 Vgl. Kußmaul/Niehren, IStR 2008, 81 (86). 3 DÇtsch in Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 3 Rz. 129; glA Altvater, DB 2009, 1201 (1204). 4 Vgl. Sauerland, Besteuerung europischer Konzerne, 26. 5 Vgl. FÅlbier in GS KrÅger, 211 (220); FÅlbier, Konzernbesteuerung nach IFRS, 197-205; Wagner, Konzeption einer Gruppenbesteuerung, 103-107. 6 Vgl. Wagner, Konzeption einer Gruppenbesteuerung, S. 106.

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B. GrenzÅberschreitende Gruppenbesteuerung zur Steuerplanung

orientierte) Betriebsausgaben- und -einnahmenkonsolidierung eliminiert entsprechend die aus gruppeninternen Transaktionen resultierenden Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen.1 Aus Sicht einer Unternehmensgruppe erscheint derjenige Investitionsstandort am attraktivsten, dessen nationale Gruppenbesteuerungsregeln dem Çkonomischen Ideal des Einheitsprinzips am strksten Rechnung tragen, sei es durch eine originre Gesamtgewinnermittlung oder die Vornahme umfangreicher Konsolidierungsschritte. Dabei ist allerdings auch zu berÅcksichtigen, dass umfangreiche Ergebniskorrekturen gegebenenfalls einen erheblichen (technischen) Mehraufwand nach sich ziehen, der den steuerlichen Vorteil der gruppeninternen Konsolidierung im Sinne des Einheitsprinzips Åberwiegt.2 Es besteht mithin das „Dilemma, dass man das Trennungsprinzip braucht, weil sonst die Vollzugskosten der Besteuerung zu hoch wren, das Trennungsprinzip aber unerwÅnschte Çkonomische Folgen auslÇsen kann“3.

9.8

Es ist Åberdies zu beachten, dass Konsolidierungsmaßnahmen, die nicht ausschließlich der Gewinn- bzw. Einkommenskorrektur, sondern vielmehr einer ergebnisneutralen Korrektur von Bestands- und StromgrÇßen dienen, aus Sicht der steuerlichen Gewinnermittlung verzichtbar erscheinen.4 Stehen sich beispielsweise Forderungen und Verbindlichkeiten in gleicher HÇhe gegenÅber, mag eine Schuldenkonsolidierung fÅr steuerliche – wohl aber nicht fÅr informationsorientierte, handelsrechtliche – Zwecke unterbleiben.5 Es besteht aus steuerlicher Sicht also nicht immer die Notwendigkeit, die vorgenannten Konsolidierungsschritte vollumfnglich im Sinne des Einheitsprinzips durchzufÅhren.6

9.9

III. Zinsabzug Die BegrÅndung einer steuerlichen Gruppe kann weiterhin Vorteile beim Abzug von Zinsaufwendungen bieten. Nach § 15 S. 1 Nr. 3 S. 2 KStG sind Organtrger und Organgesellschaften fÅr Zwecke der Zinsschranke (§§ 4h EStG, 8a KStG) als „ein Betrieb“ zu betrachten. Die Vorteilhaftigkeit dieser Betriebsfiktion ist im Zusammenhang mit der Konzern-Klausel des § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b) EStG zu sehen. So wird ein Betrieb, der nicht oder nur anteilsmßig einem Konzern zugehÇrig ist, von der Anwendung der Zinsschranke ausgenommen. Entspricht der Konzern dem Organkreis, entfllt die Annahme einer KonzernzugehÇrigkeit, weil nur ein einziger Betrieb vorliegt.7 Dieser bildet per se keinen (steuerlichen) Konzern.8 Folg1 2 3 4 5 6 7 8

Vgl. FÅlbier in GS KrÅger, 211 (220). Vgl. LÅdicke/RÇdel, IStR 2004, 549 (552). Schreiber in Oestreicher, Reform der Unternehmensbesteuerung, 35 (48). Vgl. FÅlbier in GS KrÅger, 211 (222 f.). Vgl. FÅlbier, BFuP 2007, 482 (487). Vgl. FÅlbier in GS KrÅger, 211 (222 f.). Vgl. KÇhler, DStR 2007, 597 (599). Vgl. Herzig/Liekenbrock, Ubg 2009, 750.

Kahle/Schulz

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9.10

Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

lich kÇnnte eine Organschaft der Zinsschranke unter RÅckgriff auf die Konzern-Klausel grundstzlich1 entgehen.2 Insofern lohnt es sich zu prÅfen, ob steuerliche Unternehmensgruppen im Ausland hinsichtlich der lokalen Zinsabzugsbeschrnkungen eine vergleichbar vorteilhafte Behandlung in Bezug auf den laufenden Zinsabzug erfahren.

9.11 DarÅber hinaus werden Gruppenbesteuerungsregeln regelmßig dazu eingesetzt, den steuerlichen Zinsabzug durch Verlagerung von Zinsaufwendungen in das Ausland zu optimieren (debt push down).3 Eine solche Verlagerung erscheint vorteilhaft, wenn die Zinsschranke den steuerlichen Abzug einschrnkt, der Zinsabzug in Deutschland rechtlich nicht mÇglich ist oder ein Zinsabzugspotential mangels steuerpflichtiger EinkÅnfte wirkungslos bleibt.4 Im idealtypischen Fall erwirbt eine (gegebenenfalls neu errichtete) Auslandstochtergesellschaft (Akquisitionsgesellschaft) eine lokale Zielgesellschaft im Wege der gruppeninternen Fremdfinanzierung. Die hierfÅr notwendigen Kapitalmittel werden von der Muttergesellschaft am Kapitalmarkt aufgenommen und an die erwerbende Tochtergesellschaft weiter gereicht. Um die auf Ebene der Akquisitionsgesellschaft anfallenden Schuldzinsen steuereffektiv zu verrechnen, muss sie Åber ein positives zu versteuerndes Einkommen verfÅgen (was aber zB aufgrund von Dividendenfreistellungen und mangels eigener Aktivitten nicht immer der Fall ist). Dieses Positiveinkommen erhlt die Akquisitionsgesellschaft, indem sie mit der (operativen) Zielgesellschaft eine Gruppenbesteuerung mit Ergebnisverrechnung eingeht. Finanzierungsaufwendungen der Akquisitionsgesellschaft und operative Ertrge der Zielgesellschaft kÇnnen somit verrechnet werden. Debt push down-Gestaltungen dieser Art werden durch das lokale Steuerrecht regelmßig unterbunden.5 Zudem sind etwaige Abwehrmaßnahmen im Zuge des BEPS-Aktionsplans zu beobachten.

1 Zu beachten ist die RÅckausnahme des § 8a Abs. 2 KStG. 2 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2389). 3 Vgl. im Einzelnen Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung7, 1032 ff.; Bader, Steuergestaltung mit Holdinggesellschaften2, 110 ff.; KÇhler in Kessler/ KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 8 Rz. 27. Ein debt push down ist grundstzlich auch bei rein nationalen Akquisitionsstrukturen denkbar. 4 Vgl. im Einzelnen KÇhler in Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 7 Rz. 52. 5 FÅr lnderÅbergreifende Darstellungen von steuerlichen Zinsabzugsbeschrnkungen s. Lenz/DÇrfler, DB 2010, 18 ff.; Herzig/Bohn, IStR 2009, 253 ff.; Zielke, StuW 2009, 63 ff.; Bauer, StuW 2009, 163 ff.; Ehlermann/Nakhai, ISR 2012, 29 ff.; Jervis/Jones/van den Brande, Tax Journal, 4 October 2013, 14 ff.; Webber, TNI 2012, 683 ff.; Kahlenberg/Kopec, IStR 2015, 84 ff.

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C. Systematisierung von Gruppenbesteuerungssystemen

C. Systematisierung von Gruppenbesteuerungssystemen Nationale Gruppenbesteuerungssysteme weichen im Hinblick auf Anwendungsvoraussetzungen sowie Rechtsfolgen voneinander ab.1 Hinsichtlich der formalen Anwendungsvoraussetzungen interessiert zunchst, welche Beteiligungsquote der Gruppentrger an den Gruppengesellschaften innehaben muss, und ob es des Abschlusses eines spezifischen GewinnabfÅhrungsvertrags bedarf. Die nachstehende Tabelle gibt einen berblick Åber die wesentlichen sachlichen Anwendungsvoraussetzungen in exemplarisch ausgewhlten Lndern:

9.12

Land (in alphabetischer Folge) Wesentliche sachliche Anwendungsvoraussetzungen fÅr die BegrÅndung einer Gruppenbesteuerung Mindestbeteiligungsquote2 Deutschland (Rz. 9.2 ff.)

50 %

GewinnabfÅhrungsvertrag erforderlich

Frankreich (Rz. 9.16 ff.)

95 %

nicht erforderlich

Japan3

100 %

nicht erforderlich

Niederlande4

95 %

nicht erforderlich

sterreich (Rz. 9.40 ff.)

50 %

nicht erforderlich

Polen

95 %

nicht erforderlich

Schweden

90 %

nicht erforderlich

USA5

80 %

nicht erforderlich

Vereinigtes KÇnigreich

75 %

nicht erforderlich

Zur Systematisierung des Umfangs, in dem der wirtschaftlichen Einheit rechtsfolgenseitig Rechnung getragen wird, kann auf eine von Grotherr entwickelte Systematik zurÅckgegriffen werden.6 Nach Maßgabe der „steuerverfahrenstechnischen Veranlagungsform“ kann zunchst eine Zweiteilung in einzelveranlagungsbasierte und zusammenveranlagungsbasierte Gruppenbesteuerungsmodelle vorgenommen werden.7

1 2 3 4 5 6

Vgl. Braunagel in LÅdicke/Kempf/Brink, Verluste im Steuerrecht, 276 (285). Mit teilweise abweichenden BezugsgrÇßen. In diesem Beitrag nicht nher behandelt. In diesem Beitrag nicht nher behandelt. In diesem Beitrag nicht nher behandelt. Vgl. Grotherr, StuW 1996, 356 (359 ff.). FÅr eine Systematisierung von Gruppenbesteuerungsmodellen vgl. zB auch Schreiber, International Company Taxation, 10 f. 7 Zur Diskussion, welches Gruppenbesteuerungsmodell Çkonomischen Anforderungen am besten gerecht wird, vgl. insbesondere Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216 ff.

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9.13

Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

Bei den einzelveranlagungsbasierten Gruppenbesteuerungssystemen (auch als Einzelbilanzkonzepte1 bezeichnet) erfolgt keine systematische Zurechnung der Einzelergebnisse zum Gruppentrger. Die wirtschaftliche Einheit wird im Rahmen der Einzelveranlagung nur insofern respektiert, als zwischen gruppenzugehÇrigen Gesellschaften Gewinne (group contribution) oder Verluste (group relief) transferiert werden kÇnnen.

9.14 Zusammenveranlagung bedeutet dagegen, dass die jeweils getrennt ermittelten Ergebnisse der Gruppengesellschaften auf Ebene des Gruppentrgers der Besteuerung unterliegen. Mit dem: (1) uneingeschrnkten Einheitskonzept, dem (2) eingeschrnkten Einheitskonzept sowie dem (3) Zurechnungskonzept werden Åblicherweise drei Zusammenveranlagungsmodelle unterschieden.2 Eine Gemeinsamkeit dieser Konzepte ist die MÇglichkeit eines gruppeninternen Verlustausgleichs. Die Modelle unterscheiden sich hingegen vor allem in der BerÅcksichtigung der wirtschaftlichen Einheit und damit im Umfang der Åber den Verlustausgleich hinausgehenden Gruppenerleichterungen (Konsolidierungsschritte).

9.15 Das (uneingeschrnkte) Einheitskonzept (1) behandelt eine Gruppe juristisch selbstndiger Unternehmen als einheitliches Unternehmen. Gedanklich baut es auf einer fingierten Verschmelzung der Gruppengesellschaften auf den Gruppentrger auf, ohne dass es hierbei zu einer (sofortigen) Aufdeckung stiller Reserven kommt.3 In Konsequenz werden die VermÇgens- und Schuldpositionen der Gruppengesellschaften dem Gruppentrger zugerechnet. Geschfte der Gruppengesellschaften gelten als solche des Gruppentrgers. Zwischenerfolge treten deshalb nicht auf und brauchen mithin auch nicht eliminiert zu werden. Das Einheitskonzept erfordert eine originre Gesamtgewinnermittlung, also die Aufstellung einer einheitlichen Steuerbilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung. Konsolidierungsmaßnahmen sind nur noch erforderlich „fÅr die steuerliche ErÇffnungsbilanz der Gruppe oder fÅr die sptere (Des-) Integration einzelner Unternehmen“.4 Das uneingeschrnkte Einheitskonzept ist bislang nur in den Niederlanden umgesetzt worden.5 Das eingeschrnkte Einheitskonzept (2) zielt im Grundsatz zwar auch auf die steuerliche Behandlung eines wirtschaftlichen Verbundes als ein einheitliches Unternehmen ab. Im Gegensatz zum (strengen) Einheitskonzept erstellen die Gruppenmitglieder eine isolierte steuerliche Gewinner1 Vgl. Wassermeyer, SWI 2005, 521 (522); Kußmaul/Niehren, IStR 2008, 81 (82). 2 Vgl. Grotherr, StuW 1996, 356 (359); leicht modifiziert auch IFSt-Arbeitsgruppe, IFSt-Schrift Nr. 471, 106 ff. (keine weitere Differenzierung zwischen dem Einheitskonzept und dem eingeschrnktem Einheitskonzept). 3 Vgl. Grotherr, StuW 1996, 356 (361); Wassermeyer, SWI 2005, 521. 4 FÅlbier in GS KrÅger, 211 (230). 5 Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, IFSt-Schrift Nr. 471, 107.

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: F

mittlung. Die separat ermittelten Ergebnisse werden sodann zusammengefasst und dem Gruppentrger zugerechnet. Zwischenerfolge werden (vollstndig oder teilweise) bereinigt.1 Weitere Konsolidierungsschritte sind beim eingeschrnkten Einheitskonzept nur ansatzweise vorgesehen. Nach dem Zurechnungskonzept (3) wird der wirtschaftlichen Verbundenheit allein dadurch Rechnung getragen, dass die Einzelergebnisse der Gruppengesellschaften dem Gruppentrger zugerechnet werden. Konsolidierungsmaßnahmen werden weder vor noch nach dieser Zurechnung durchgefÅhrt. Die folgende Tabelle fasst die bislang umgesetzten Gruppenbesteuerungsmodelle in exemplarisch ausgewhlten Lndern zusammen:2 Land (in alphabetischer Folge)

Gruppenbesteuerungsmodell

Deutschland

Zurechnungskonzept (Organschaft)

Frankreich

Eingeschrnktes Einheitskonzept (intgration fiscale)

Japan3

Eingeschrnktes Einheitskonzept

Niederlande

Einheitskonzept (Fiscale eenheid)

sterreich

Zurechnungskonzept (Gruppenbesteuerung)

Polen

Zurechnungskonzept (Steuerliche Kapitalgruppe)

Schweden

Konzernbeitrag (Koncernbidrag) bzw. -abzug (Koncernavdrag)

USA5

Eingeschrnktes Einheitskonzept

Vereinigtes KÇnigreich

Modifizierte Einzelveranlagung (Group Relief)

4

D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten I. Frankreich: Steuerliche Integration (intgration fiscale) Landesspezifische Literatur Crucifix, Neueste Finanzgesetze 2012/2013 in Frankreich. bersicht der finalen steuerlichen nderungen, IWB 2013, 129; Delaurire, News Analysis: New Criteria Relevant To French Thin Cap Rules, Tax Notes International 2012, 25; Delaurire, The Papillon Decision: Upcoming French Tax Group Reform, Tax Notes Internatio1 2 3 4 5

Vgl. Wassermeyer, SWI 2005, 521. Vgl. auch IFSt-Arbeitsgruppe, IFSt-Schrift Nr. 471, 106 ff. In diesem Beitrag nicht nher behandelt. In diesem Beitrag nicht nher behandelt. In diesem Beitrag nicht nher behandelt.

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten nal 2009, 903; Dorenkamp, Konvergenzinitiative KÇrperschaftsteuer Deutschland Frankreich – Anlegung eines steuersystematischen Kompasses, Ubg 2012, 421; Durand/Rutschmann, The Papillon Case: A First Step Toward a New Era in European Tax Treatment of Groups?, ECTR 2009, 122; Ehlermann/Nakhai, Finanzierung: Zinsabzugsbeschrnkungen – Nationale und internationale Entwicklungen, ISR 2012, 29; Eilers/NÅcken/Valentin/Daniel-Mayeur, Das „GrÅnbuch der DeutschFranzÇsischen Zusammenarbeit – Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung“, DB 2012, 535; Grotherr, Die konsolidierte Konzernbesteuerung in Frankreich und ihre bertragbarkeit ins deutsche Konzernsteuerrecht, AG 1995, 403; Hahn, Im Westen nichts Neues. berlegungen zur Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Papillon, IStR 2009, 198; Hellio/Crucifix, Steuerliche Optimierung einer fremdfinanzierten bernahme in Frankreich, IWB 2009, Fach 5 Frankreich Gruppe 2, 1525; Hellio/Crucifix/Schruoffeneger, Frankreich, in Mennel/FÇrster (Hrsg.), Steuern in Europa, Amerika und Asien, Loseblatt, Herne/Berlin, Stand: 2014; Hellio/Jolk/Hadjiveltchev, Frankreich: Wichtige Bestimmungen des Finanzgesetzentwurfs fÅr 2013. „Kampfbudget“ und rigorose Besteuerung von VermÇgenden, IWB 2012, 825; Hellio/Rdler jr., Anmerkungen zur Diskussion um die Option zur KÇrperschaftsteuer aus franzÇsischer Sicht, IStR 2000, 401; Hiller, Rgles des sous-capitalisation – Die Thin Cap-Regeln in Frankreich, IWB 2009, Fach 5 Frankreich Gruppe 2, 1541; Jacobs/Spengel, Ertragsbesteuerung von Konzernen in Deutschland und Frankreich – Eine vergleichende Analyse unter besonderer BerÅcksichtigung der Behandlung konzerninterner Transaktionen, IStR 1994, 100 (Teil I) und 146 (Teil II); Jansen, Verlustbehandlung bei Personen- und Kapitalgesellschaften in Frankreich, IWB 2012, 162; Jervis/Jones/Van den Brande, Deductibility of finance costs across Europe, Tax Journal, 4 October 2013, 14; Kahle/Schulz, Angleichung der Unternehmensbesteuerung zwischen Deutschland und Frankreich – neuer Anstoß fÅr eine Harmonisierung in Europa?, FR 2012, 741; Kahlenberg/Kopec, Unterkapitalisierungsvorschriften in der EU – eine Analyse im Vorfeld des OECD-Berichts zur Maßnahme 4 des BEPS-Aktionsplans, IStR 2015, 84; Leffers/ Bricet, Frankreich, in Deloitte (Hrsg.), Unternehmenskauf im Ausland. Steuerliche Rahmenbedingungen bei M&A-Transaktionen im Ausland – Erwerb, Verschmelzung, Joint Ventures, 3. Aufl., Herne/Berlin 2009, 107; Lenz/DÇrfler, Die Zinsschranke im internationalen Vergleich, DB 2010, 18; Lenz/Seroin/Handwerker, Die franzÇsische Gruppenbesteuerung – ein Modell fÅr Deutschland?, DB 2012, 365; Marquardt, Ertragsbesteuerung von Unternehmen in der Europischen Union. ErÇrterung von Grundsatzfragen unter besonderer BerÅcksichtigung der Mitgliedstaaten Deutschland und Frankreich, Diss., Frankfurt/M. u.a. 2003; Richard, Comparison between UK and French Taxation of Groups of Companies, Intertax 2003, 20; Rubechi, Frankreich: Das Jahr der steuerlichen (R)Evolution?, IStR-LB 5/2013, 23; Rubechi, Frankreich: Verschrfung der Regelung fÅr Gesellschafterfremdfinanzierung, IStR 15/2011, 78; Scheunemann, GrenzÅberschreitende konsolidierte Konzernbesteuerung, Diss., KÇln 2005; Schienke, Das franzÇsische Jahressteuergesetz fÅr 2006, IStR 2006, 302; Sedlaczek, Verlustbehandlung bei Kapitalgesellschaften und Konzernen in Frankreich – ein berblick, IWB 2006, Fach 5 Frankreich Gruppe 2, 1457; Viegener, berblick Åber das Steuerrecht Frankreichs, in Wassermeyer, Doppelbesteuerung. Kommentar zu allen deutschen Doppelbesteuerungsabkommen, Loseblatt, MÅnchen, Band II, Anh. Frankreich, Stand: Januar 2015; Weier/Serion, Reform der Gesellschafter-Fremdfinanzierung und der Unternehmensbesteuerung in Frankreich, IStR 2005, 725.

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: F

1. Wesentliche Anwendungsvoraussetzungen a) berblick Bis in das Jahr 2011 kannte das franzÇsische KÇrperschaftsteuerrecht drei verschiedene Gruppenbesteuerungssysteme: das rgime de l’intgration fiscale, das rgime du bnfice consolid sowie das rgime du bnfice mondial. Die beiden letztgenannten Sonderregime, die eine BerÅcksichtigung auslndischer Verluste ermÇglichten (Welteinkommensprinzip), wurden im Jahr 2011 abgeschafft. In der franzÇsischen Besteuerungspraxis hatten sie aber ohnehin keine bzw. eine nur sehr eingeschrnkte Bedeutung.1

9.16

Die (verbliebene) intgration fiscale (Art. 223 A bis 223 U CGI) basiert konzeptionell auf einem eingeschrnkten Einheitskonzept (Rz. 9.15).2 Der Anwendungsbereich der intgration fiscale ist intraterritorial ausgerichtet, was Ausdruck des im franzÇsischen Steuerrecht fest verankerten Territorialittsprinzips (Art. 209-I CGI) ist.3

9.17

Einstweilen frei.

9.18

b) PersÇnliche Anwendungsvoraussetzungen Als Gruppengesellschaften oder Gruppentrger kÇnnen grundstzlich nur in Frankreich ansssige Kapitalgesellschaften fungieren, die unbeschrnkt der franzÇsischen KÇrperschaftsteuer (Impt sur les Socits - IS) unterliegen (Art. 223 A CGI).4 Hierzu gehÇren insbesondere Aktiengesellschaften (Socit anonyme), die ihnen gleichgestellten vereinfachten Aktiengesellschaften (Socit par actions simplifie), Kommanditgesellschaften auf Aktien (Socit en commandite par actions) sowie Gesellschaften mit beschrnkter Haftung (Socit  responsabilit limit).5 Bestimmte Personengesellschaften (Socit en nom collectif, Socit cooprative sowie die Socit en commandite simple) sind optional kÇrperschaftsteuerpflichtig;6 bei entsprechender OptionsausÅbung dÅrfen auch sie in eine intgration fiscale einbezogen werden.7

1 Vgl. hierzu Kahle/Schulz in Grotherr, Handbuch der internationalen Steuerplanung3, 301 (314-316). 2 Vgl. Wagner, Konzeption einer Gruppenbesteuerung, 169. 3 Vgl. Grotherr, AG 1995, 403 (414); Scheunemann, GrenzÅberschreitende konsolidierte Konzernbesteuerung, 50-65; Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (366). 4 Vgl. Geiger, IWB 2003, Fach 5 Frankreich Gruppe 2, 1335 (1336); Lenz/Seroin/ Handwerker, DB 2012, 365 (366). 5 Vgl. auch Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (366 Fn. 17). 6 Vgl. Hellio/Rdler jr., IStR 2000, 401 ff.; zu den im Text genannten Rechtsformen auch Marquardt, Ertragsbesteuerung von Unternehmen in der Europischen Union, 5 ff. 7 Vgl. Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365; Jansen, IWB 2012, 162 (163).

Kahle/Schulz

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9.19

Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

9.20 In Frankreich befindliche Betriebssttten auslndischer Unternehmen kÇnnen ebenfalls Gruppengesellschaft oder Gruppentrger sein, sofern sie der franzÇsischen KÇrperschaftsteuer unterliegen.1 Die Gruppentrgereigenschaft einer franzÇsischen Betriebssttte setzt ua. zwingend voraus, dass die Beteiligungen an den Gruppengesellschaften ihrem BetriebsvermÇgen zuzuordnen sind.2 c) Sachliche Anwendungsvoraussetzungen

9.21 Wesentliche sachliche Voraussetzung fÅr die steuerliche Integration ist die unmittelbare oder mittelbare finanzielle Eingliederung, die durch eine Mindestbeteiligung von 95 % begrÅndet wird (Art. 223 A CGI).3 Diese Beteiligungsgrenze bezieht sich jeweils auf die Stimmrechte und die Gewinnberechtigungen und muss whrend des gesamten Wirtschaftsjahres gewahrt sein.4 Einschrnkend gilt, dass der Gruppentrger seinerseits nicht zu mehr als 95 % (unmittelbar oder mittelbar) im Beteiligungsbesitz einer franzÇsischen oder auslndischen Gesellschaft stehen darf, die der franzÇsischen KÇrperschaftsteuer nach den allgemeinen Regeln unterliegt (Art. 223 A CGI).5 Im deutsch-franzÇsischen Rechtsvergleich erscheint die nach franzÇsischem KÇrperschaftsteuerrecht geforderte BeteiligungshÇhe von 95 % als „ußerst restriktiv und problematisch“6. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG genÅgt bekanntermaßen die Mehrheit der Stimmrechte.7

9.22 Eine steuerliche Integration kann auch zwischen einer Großmutter- und ihrer Enkelgesellschaft begrÅndet werden. Dies setzt allerdings voraus, dass auf jeder Beteiligungsstufe eine direkte Mindestbeteiligungsquote von 95 % vorliegt.8 Aus der Beschrnkung der intgration fiscale auf nationale Sachverhalte hat die franzÇsische Finanzverwaltung in der Vergangenheit geschlossen, dass in Frankreich ansssige Enkelgesellschaften nicht integriert werden dÅrfen, wenn ihre Anteile mittelbar Åber eine auslndische Zwischengesellschaft gehalten werden.9 Dementgegen hat der 1 Vgl. Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (366). 2 Vgl. Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (366). 3 Vgl. Scheunemann, GrenzÅberschreitende konsolidierte Konzernbesteuerung, 143; Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (367). 4 Vgl. Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (366); Grotherr, AG 1995, 403 (406); Viegener in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Anh. Frankreich, Rz. 143 (Stand: Januar 2015); Hellio/Crucifix/Schruoffeneger in Mennel/FÇrster, Frankreich Rz. 276 (Stand: 2014). 5 Vgl. auch Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (367); Hellio/Crucifix/Schruoffeneger in Mennel/FÇrster, Frankreich Rz. 276 (Stand: 2013). 6 Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (368). 7 Vgl. Dorenkamp, Ubg 2012, 421 (423). 8 Vgl. Geiger, IWB 2003, Fach 5 Frankreich Gruppe 2, 1335 (1337); Sievert, Konzernbesteuerung in Deutschland und Europa, 157. 9 Zur Kritik vgl. Richard, Intertax 2003, 20 (24).

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: F

EuGH in der Rs. Socit Papillon1 herausgestellt, dass es eine nicht zu rechtfertigende Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) darstellt, wenn die Gruppenbildung allein durch die Zwischenschaltung einer auslndischen Gesellschaft verhindert wird.2 Im Rahmen des berichtigenden Jahressteuergesetzes fÅr 2009 (loi de finances rectificative pour 2009) wurde Art. 223 A CGI an diese Rechtsprechung des EuGH angepasst. Nunmehr dÅrfen auch solche franzÇsische Enkelgesellschaften in eine intgration fiscale einbezogen werden, die Åber eine oder mehrere Tochtergesellschaften mit Sitz in einem anderen EU- oder EWR-Staat gehalten werden.3 Ende des Jahres 2014 wurde eine weitere wesentliche nderung des Art. 223 A CGI beschlossen. FÅr ab dem 31.12.2014 endende Wirtschaftsjahre ist nunmehr auch die Bildung einer (isolierten) horizontalen steuerlichen Integration zwischen den franzÇsischen Schwestergesellschaften einer gemeinsamen EU-/EWR-Muttergesellschaft zulssig. HierfÅr mÅssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfÅllt sein, ua. muss die Muttergesellschaft einer der franzÇsischen KÇrperschaftsteuer (Impt sur les socits) entsprechenden Besteuerung unterliegen. Diese Gesetzesnderung ist eine Reaktion auf das EuGH-Urteil in der Rs. SCA Group Holding BV.4 In diesem hat der EuGH ua. klargestellt, dass eine Gruppenbesteuerung zwischen gebietsansssigen Schwestergesellschaften - positiv formuliert auch dann zulssig sein muss, wenn deren gemeinsame Muttergesellschaft ihren Sitz nicht in diesem Mitgliedstaat hat und dort keine Betriebssttte unterhlt. Das Urteil ist zur niederlndischen Gruppenbesteuerung ergangen. Da die franzÇsischen Gruppenbesteuerungsregeln ebenfalls die Bildung einer solchen horizontalen Gruppe untersagten, sah der franzÇsische Gesetzgeber die Notwendigkeit, sie in entsprechender Weise an die Vorgaben des EuGH anzupassen. Eine Ausweitung der intgration fiscale auf Auslandsgesellschaften sieht das franzÇsische KÇrperschaftsteuerrecht nach wie vor nicht vor, „sondern vielmehr nur die europarechtlich gebotene Einbeziehung der Ergebnisse von inlndischen Gruppengesellschaften in die Gewinnermittlung trotz einer nicht-inlndischen Beteiligungskette“5. 1 Vgl. EuGH v. 27.11.2008 – Rs. C-418/07 – Socit Papillon, IStR 2009, 66 ff.; zur Urteilsdiskussion ua. Delaurire, TNI 2009, 903 ff.; Hahn, IStR 2009, 198 ff.; Mamut/Schilcher, taxlex 2009, 13 ff.; Demscher/Stefaner, SWI 2009, 9 ff.; Durand/Rutschmann, ECTR 2009, 122 ff. 2 So auch EuGH v. 12.6.2014 – verb. Rs. C-39/13, C-40/13, C-41/13 – SCA Group Holding BV, IStR 2014, 486; dazu Sydow, IStR 2014, 480 ff.; MÇhlenbrock, DB 2014, 1582 f. 3 Vgl. auch Eilers/NÅcken/Valentin/Daniel-Mayeur, DB 2012, 535 (536, Fn. 15); Hellio/Crucifix/Schruoffeneger in Mennel/FÇrster, Frankreich Rz. 276 (Stand: 2014). 4 Vgl. EuGH v. 12.6.2014 – Rs. C-39/13, C-40/13, C-41/13 – SCA Group Holding BV, IStR 2014, 486. Zur Problematik einer isolierten Gruppenbesteuerung zwischen Schwestergesellschaften vgl. Rehfeld, IWB 2014, 619 ff. 5 Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (366).

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9.23

Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

Zwar ist nunmehr auch die Bildung einer horizontalen intgration fiscale, bestehend aus den Schwestergesellschaften einer gemeinsamen EU-/ EWR-Muttergesellschaft, mÇglich (Rz. 9.22). Letztere wird aber selbst nicht Teil der (horizontalen) Gruppe.

9.24 Die Nutzung einer intgration fiscale erfolgt optional auf Antrag; hierbei handelt es sich um ein formloses Schreiben an die Çrtlich zustndige SteuerbehÇrde.1 Der Abschluss zustzlicher gesellschaftsvertraglicher oder sonstiger organisationsrechtlicher Vereinbarungen ist nicht erforderlich.2 Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zur deutschen Organschaft. Vor allem im Kontext des GrÅnbuchs der „Deutsch-FranzÇsischen Zusammenarbeit – Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung“ wurde vielfach und uE zu Recht eine diesbezÅgliche Angleichung an das franzÇsische KÇrperschaftsteuerrecht angeregt.3 Zwar ist auch nach franzÇsischem Steuerrecht ein Unternehmensvertrag abzuschließen, in diesem werden aber lediglich Modalitten wie die Aufteilung der Steuerlast zwischen den Gruppengesellschaften niedergelegt.4

9.25 Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen wird dem Gruppentrger ein Wahlrecht zugestanden, welche der (qualifizierenden) Tochtergesellschaften in den Gruppenkreis einbezogen werden. Die intgration fiscale kann insoweit nach eigenem Ermessen abgegrenzt werden. Die einbezogenen Gesellschaften mÅssen lediglich ihr schriftliches Einverstndnis zur Aufnahme geben.

9.26 Die Mindestlaufzeit der intgration fiscale betrgt fÅnf Jahre und kann jeweils um fÅnf Jahre stillschweigend verlngert werden (Art. 223 A CGI).5 2. Wesentliche Rechtsfolgen a) Ergebnisverrechnung

9.27 Ungeachtet ihrer GruppenzugehÇrigkeit bleiben smtliche Gruppenmitglieder – Gruppentrger wie Gruppengesellschaften – steuerlich selbstndig und ermitteln ihr steuerliches Ergebnis auf individueller Basis.6 Die Ermittlung des Gruppenergebnisses nimmt ihren Ausgangspunkt in der Zusammenfassung der steuerlichen Einzelergebnisse (Gewinne und Verluste) smtlicher Gruppenmitglieder (erster Schritt). Die positiven oder negativen Einzelergebnisse der Gruppengesellschaften werden sodann in 1 Vgl. Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (366). 2 Vgl. Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (366); Hellio/Crucifix/Schruoffeneger in Mennel/FÇrster, Frankreich Rz. 276 (Stand: 2014). 3 Vgl. insbesondere Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (368); Dorenkamp, Ubg 2012, 421 (423); Kahle/Schulz, FR 2012, 741 (754). 4 Vgl. Oestreicher/Scheffler/Spengel/Wellisch, Modelle einer Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland und Europa, 66; Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (367). 5 Vgl. Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (366). 6 Vgl. Schienke, IStR 2006, 302 (303); Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (367); Eilers/NÅcken/Valentin/Daniel-Mayeur, DB 2012, 535 (536).

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: F

einem zweiten Schritt auf Ebene des Gruppentrgers zusammengefasst (Art. 223 B ff. CGI) und in einem dritten und letzten Schritt verschiedenen „Bereinigungsmaßnahmen“ (Konsolidierungsschritten) unterzogen, um der GruppenzugehÇrigkeit Rechnung zu tragen.1 FÅr die so ermittelte „Gesamtheit der Ergebnisse der Gruppe ist dann nur der Gruppentrger kÇrperschaftsteuerpflichtig“2. Ein Gesamtverlust der Gruppe ist nur auf Ebene des Gruppentrgers nutzbar (Art. 223 E CGI).3 Es gelten die allgemeinen Regelungen zur Verlustbehandlung, die im Jahr 2011 novelliert und dabei – im Sinne einer vorgeblichen Konvergenz an die deutschen Verlustregeln – erheblich verschrft wurden.4 Ein solcher Gruppenverlust kann zwar zeitlich unbegrenzt vorgetragen werden; zugleich greift aber eine der deutschen sog. „Mindestbesteuerung“ vergleichbare Limitierung. Die nach Nutzung des VerlustrÅcktrags nicht ausgeglichenen Verluste dÅrfen bis zu einem steuerpflichtigen Gewinn von 1 Mio. Euro unbegrenzt, darÅber hinaus aber nur iHv. 60 % des 1 Mio. Euro Åbersteigenden steuerpflichtigen Gewinns berÅcksichtigt werden (Art. 220 quinquies CGI).5 Ein VerlustrÅcktrag ist zeitlich und betragsmßig begrenzt; er kann lediglich auf das dem Verlustjahr vorangegangene Wirtschaftsjahr und dabei auch nur iHv. 1 Mio. Euro zurÅckgetragen werden.6

9.28

FÅr Verluste von Gruppengesellschaften, die dem Gruppentrger zugerechnet werden, verlieren die Gruppengesellschaften jeglichen Anspruch.7 Verluste, die vor BegrÅndung einer intgration fiscale bzw. vor der Aufnahme in eine ebensolche bei den Gruppengesellschaften entstanden sind (Vorgruppenverluste), kÇnnen (nur) auf Ebene der jeweils verlustverursachenden Gruppengesellschaft whrend der Dauer der GruppenzugehÇrigkeit genutzt werden (Art. 223 I CGI).8

9.29

Anders als nach deutscher Rechtslage werden diese „vororganschaftlichen Verluste“ also nicht „eingefroren“ (§ 15 Satz 1 Nr. 1 KStG).9 Da Vorgruppenverluste gegebenenfalls das dem Gruppentrger zuzurechnende Einkommen mindern,10 kann eine indirekte Nutzung derselben auf Ebene

9.30

1 Vgl. Eilers/NÅcken/Valentin/Daniel-Mayeur, DB 2012, 535 (536); Hellio/Crucifix/Schruoffeneger in Mennel/FÇrster, Frankreich Rz. 276 (Stand: 2014). 2 Eilers/NÅcken/Valentin/Daniel-Mayeur, DB 2012, 535 (535 f.). 3 Vgl. Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (367). 4 Vgl. Kahle/Schulz, FR 2012, 741 (753); im Einzelnen Jansen, IWB 2012, 162 ff. 5 Vgl. Jansen, IWB 2012, 162 (164). 6 Vgl. Jansen, IWB 2012, 162 (164). 7 Vgl. Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (367). 8 Vgl. auch Hellio/Crucifix/Schruoffeneger in Mennel/FÇrster, Frankreich Rz. 276 (Stand: 2014). 9 Vgl. Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (367); Dorenkamp, Ubg 2012, 421 (424). 10 Vgl. Sedlaczek, IWB 2006, Fach 5 Frankreich Gruppe 2, 1457 (1460); DÇrr in SchÇn, Steuerliche Maßgeblichkeit in Deutschland und Europa, 769; Esser, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung im Konzern, 70, 78; Hellio/Crucifix/

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

des Gruppentrgers erfolgen.1 Ein whrend der Gruppenbesteuerungsphase entstandener gruppenbezogener Verlust darf nach Beendigung einer intgration fiscale ausschließlich durch einen Gruppentrger genutzt werden.2 Eine Gruppengesellschaft, die aus dem Integrationskreis (vorzeitig) ausscheidet, kann zwar keine Verluste in die Nachkonsolidierungsphase Åbertragen.3 Es ist jedoch zulssig, entsprechende Kompensationszahlungen an die ausscheidende Gesellschaft zu leisten.4 b) Weitere steuerliche Konsolidierungsmaßnahmen

9.31 Um dem Einheitsprinzip (Rz. 9.1) – zumindest eingeschrnkt – Rechnung zu tragen, ist das Bruttogruppenergebnis auf Ebene des Gruppentrgers5 um bestimmte gruppeninterne Geschfts- und sonstige Beziehungen zu bereinigen. Auf diese Weise soll eine doppelte oder gar mehrfache BerÅcksichtigung von bestimmten gruppeninternen Sachverhalten vermieden werden, was sich sowohl positiv als auch negativ auf das Gesamtergebnis auswirken kann. Eine Neutralisierung ist dabei ua. vorgesehen fÅr langfristige Verußerungsgewinne, DividendenausschÅttungen mit Schachtelprivileg, Wertberichtigungen (zB fÅr zweifelhafte Forderungen, Teilwertabschreibungen auf Beteiligungen oder gruppenintern erworbene WirtschaftsgÅter), Forderungsverzichte oder ZuschÅsse.6 Insofern finden sich im franzÇsischen KÇrperschaftsteuerrecht ausgeprgte Anstze einer Zwischenergebniseliminierung.

9.32 Aus rechtsvergleichender Betrachtung wre es wÅnschenswert, wenn das deutsche KÇrperschaftsteuerrecht vergleichbare Maßnahmen zur Neutralisierung gruppeninterner Vorgnge, wie sie das franzÇsische Steuerrecht vorsieht, adaptieren wÅrde. 3. Zinsabzug

9.33 Zinsausgaben sind in Frankreich grundstzlich abzugsfhig; allerdings kennt das franzÇsische Steuerrecht diverse Zinsabzugsbeschrnkungen,7

1 2 3 4 5 6 7

Schruoffeneger in Mennel/FÇrster, Frankreich Rz. 276 (Stand: 2014); Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (367). Vgl. Grotherr, AG 1995, 403 (411); Geiger, IWB 2003, Fach 5 Frankreich Gruppe 2, 1335 (1338). Vgl. Wittkowski, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung in Deutschland und Europa, 123. Vgl. Grotherr, AG 1995, 403 (412); Oestreicher/Scheffler/Spengel/Wellisch, Modelle einer Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland und Europa, 75, 77. Zur Diskussion vgl. Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (367 f.). Vgl. Wagner, Konzeption einer Gruppenbesteuerung, 127. Vgl. Lenz/Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 (367 f.); Hellio/Crucifix/Schruoffeneger in Mennel/FÇrster, Frankreich Rz. 276 (Stand: 2014). Zu den diversen franzÇsischen Zinsabzugsbeschrnkungen im berblick vgl. Ehlermann/Nakhai, ISR 2012, 29 (31 ff.); BDI/KPMG, Die Behandlung von Finanzierungsaufwendungen, 31 ff.

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insbesondere die Beschrnkungen zur Gesellschafterfremdfinanzierung bzw. Unterkapitalisierung (Art. 39-1-3, 212 CGI), Zinsabzugsbeschrnkungen bei fremdfinanzierten Beteiligungserwerben (Art. 223B, 209 IX CGI) sowie eine neuerlich eingefÅhrte, allgemeine Zinsabzugsbeschrnkung (Art. 212 bis CGI). Die Abzugsfhigkeit von Zinsen fÅr Darlehen von Gesellschaftern bzw. nahe stehenden Personen wird in einem ersten Schritt versagt, soweit der tatschlich vereinbarte Zinssatz einen gesetzlich definierten (Fremdvergleichs-) Zinssatz1 Åbersteigt und auch nicht nachgewiesen werden kann, dass ein unabhngiger Dritter einen entsprechend hÇheren (Markt-) Zinssatz verlangen wÅrde (Art. 212-I Buchst. a) i.V.m. Art. 39-1-3 CGI). Finanzierungsaufwendungen, die an nicht verbundene Darlehensgeber geleistet werden, liegen grundstzlich nicht im Anwendungsbereich der Regel.2 Gleichwohl werden seit dem 1.1.2011 auch bestimmte Finanzierungen durch fremde Dritte erfasst, wenn das Darlehen durch ein verbundenes Unternehmen abgesichert ist (Back-toBack-Finanzierungen).3 Der unangemessene Teil der Zinsaufwendungen wird als verdeckte GewinnausschÅttung qualifiziert. Auf Verlangen der franzÇsischen FinanzbehÇrden ist nachzuweisen, dass der Empfnger der Zinszahlungen mit den Zinsertrgen einer Mindestbesteuerung von 25 % unterliegt (Art. 212-I Buchst. b) CGI).4 Diese neuerliche Bedingung fÅr den Zinsabzug ist Ausfluss der internationalen Base Erosion and Profit Shifting-Diskussion (BEPS).5 FÅr denjenigen Teil des Zinsaufwands, der nach diesem Angemessenheitstest (Rz. 9.33) an sich abzugsfhig wre, ist eine weitere PrÅfungsstufe vorgesehen, die gegebenenfalls eine (weitere) Nichtabzugsfhigkeit nach sich zieht. So muss fÅr die – aus Sicht des Steuerpflichtigen positiv formuliert – volle Abzugsfhigkeit des Zinsaufwands mindestens eine der drei folgenden Kriterien („safe harbors“) erfÅllt sein (Art. 212-II.1. CGI):6 (1) Der gesamte Zinsaufwand des in Rede stehenden Unternehmens betrgt nicht mehr als 25 % des EBITDA. (2) Die an verbundene Unternehmen geleisteten Zinsaufwendungen des Unternehmens Åbersteigen nicht die von verbundenen Unternehmen empfangenen Zinsertrge.

1 Durchschnittlicher Zinssatz, den Banken auf Darlehen mit variablem Zinssatz und einer Laufzeit von Åber zwei Jahren berechnen. Vgl. BDI/KPMG, Die Behandlung von Finanzierungsaufwendungen, 31. 2 Zu weiteren Ausnahmevorschriften vgl. BDI/KPMG, Die Behandlung von Finanzierungsaufwendungen, 35-37. 3 Vgl. hierzu eingehend Rubechi, IStR-LB 15/2011, 78 ff. 4 Vgl. auch Kahlenberg/Kopec, IStR 2015, 84 (87). 5 Zu BEPS vgl. ua. Ault/SchÇn/Shay, BIT 2014, 275 ff.; Fuest/Spengel/Finke/ Heckemeyer/Nusser, WTJ 2013, 307 ff.; Kahle/Biebinger/Wildermuth, Ubg 2014, 285 ff. 6 Vgl. Weier/Seroin, IStR 2005, 725 (728 ff.); Hellio/Jolk/Hadjiveltchev, IWB 2012, 825 f.; Kahlenberg/Kopec, IStR 2015, 84 (86 f.).

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9.34

Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

(3) Das Fremdkapital-/Eigenkapitalverhltnis des Unternehmens ist nicht grÇßer als 1,5:1. Nur wenn alle drei „Nichtaufgriffsgrenzen“ kumulativ nicht erfÅllt sind, dh. der Zinsaufwand mehr als 25 % des EBIDTA betrgt, die an verbundene Unternehmen geleisteten Zinsaufwendung die von verbundenen Unternehmen empfangenen Zinsertrge Åbersteigen und das Verhltnis von Fremdkapital zu Eigenkapital mehr als 1,5:1 betrgt, gilt das Unternehmen als unterkapitalisiert. Um den nichtabzugsfhigen Teil der Zinsaufwendungen zu ermitteln, sind drei Grenzwerte zu ermitteln, erstens 25 % des steuerlichen EBITDA, zweitens das Produkt aus dem 1,5-fachen des Eigenkapitals und dem og. gesetzlich definierten Referenzzinssatz und drittens die von verbundenen Unternehmen empfangenen Zinszahlungen (Zinsertrge). Der hÇchste der drei Grenzwerte ist der maßgebende und bildet das Oberlimit der abzugsfhigen Zinsaufwendungen. Diesem Betrag sind die „angemessenen“ Zinsaufwendungen gegenÅberzustellen; Letztere entsprechen der Verzinsung der von verbundenen Unternehmen erhaltenen Darlehen unter Anwendung des gesetzlichen („angemessenen“) Referenzzinssatzes. Die Differenz zwischen dem hÇchsten Grenzwert und den „angemessenen“ Zinsaufwendungen ist dem Grunde nach nicht als Betriebsausgabe abzugsfhig,1 wobei allerdings ein Freibetrag von 150.000 Euro gewhrt wird.2 Nichtabzugsfhige Zinsaufwendungen kÇnnen in folgende Wirtschaftsjahre vorgetragen werden, wobei ab dem zweiten Jahr des Zinsvortrags ein Abschlag von 5 % pa. vorzunehmen ist. Der Zinsvortrag gilt indes nicht im Fall der intgration fiscale.

9.35 Bei der Anwendung der Unterkapitalisierungsregeln in Bezug auf die intgration fiscale sind einige Besonderheiten zu beachten. Die Unterkapitalisierungsregeln sind zunchst auf Ebene jedes einzelnen Gruppenmitglieds anzuwenden. GruppenzugehÇrige Gesellschaften kÇnnen sich gegebenenfalls auf eine sog. „Escape-Klausel“ berufen. Hiernach wird ein vollstndiger Zinsabzug gewhrt, wenn die Verschuldungsquote einer gruppenzugehÇrigen Gesellschaft der Verschuldungsquote der gesamten Gruppe (Konzernverschuldungsquote) entspricht oder diese unterschreitet.3 Der (zunchst) nicht abzugsfhige Teil der individuellen Zinsaufwendungen auf Ebene der Gruppengesellschaften darf von diesen nicht vorgetragen werden, sondern wird auf Gruppenebene einer speziellen Verhltnisrechnung unterworfen. Dabei werden – vereinfacht dargestellt – die gesamten gruppeninternen Zinsaufwendungen einem Grenzwert gegenÅbergestellt, der sich errechnet „als 25 % des laufenden Gewinns der gesamten Gruppe vor Steuern, erhÇht um die an verbundene Unternehmen gezahlten Zinsen, die nicht dem Organkreis angehÇren, und um die abzugsfhigen Abschreibungen sowie vermindert um die innerhalb der Organschaft ge1 Es erfolgt mithin keine Umqualifizierung in eine verdeckte GewinnausschÅttung. 2 Vgl. Hiller, IWB 2009, Fach 5 Frankreich Gruppe 2, 1541 (1544). 3 Vgl. Hiller, IWB 2009, Fach 5 Frankreich Gruppe 2, 1541 (1544).

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: F

zahlten Zinsen“1 (gruppenbezogenes EBITDA). Sofern die gesamten gruppeninternen Zinsaufwendungen diesen Grenzwert nicht Åbersteigen, bleibt die gnzliche Abzugsfhigkeit der Zinsaufwendungen gewahrt. Die Abziehbarkeit der Zinsen kann hierbei ausschließlich auf Ebene des Gruppentrgers geltend gemacht werden. Nicht abzugsfhige Zinsen kÇnnen auf Gruppenebene vorgetragen werden (wiederum 5 % Abschlag pa.).2 Im Ergebnis soll die Gruppe wie ein einheitliches Unternehmen behandelt.3 Weitere Zinsabzugsbeschrnkungen bestehen hinsichtlich des fremdfinanzierten Beteiligungserwerbs. Nach der sog. „Amendement Charasse“ wird der Zinsabzug (anteilig) versagt, wenn der Erwerber direkt oder indirekt vom Verkufer kontrolliert wird bzw. der Erwerber von einer Gesellschaft kontrolliert wird, die auch den Verkufer kontrolliert, und die akquirierte Gesellschaft nach der Akquisition in eine intgration fiscale einbezogen wird.4 Einer Zinsabzugsbeschrnkung unterliegen dabei sowohl eine Gesellschafterfremdfinanzierung als auch eine externe Fremdfinanzierung (zB Darlehensaufnahme von fremden Dritten).5 Die Zinsabzugsbeschrnkung gilt fÅr einen Zeitraum von neun Jahren nach Erwerb der Beteiligung, sofern die erworbene Gesellschaft nicht vorher die Gruppe verlsst. Von der Zinsabzugsbeschrnkung i.S.d. „Charasse-Regel“ ausgenommen sind insbesondere Beteiligungsverkufe zwischen Gesellschaften, die Mitglied derselben Gruppe sind.

9.36

Im Jahr 2011 wurde eine weitere Zinsabzugsbeschrnkung („Anti-Debt Push Down-Regel“) im Zusammenhang mit Beteiligungsfinanzierungen eingefÅhrt (sog. „Amendement Carrez“ gem. Art. 209 IX CGI). Zielsetzung dieser Regelungen ist die Versagung eines Zinsabzugs fÅr den Fall, dass eine Beteiligung zwar formal von einer franzÇsischen Gesellschaft erworben wird (Erwerbergesellschaft), die wesentlichen Entscheidungen bzw. die Kontrollfunktionen in Bezug auf die erworbene Beteiligung indessen von einer Gesellschaft außerhalb Frankreichs getroffen bzw. ausgeÅbt werden. Insofern ist vonseiten des den Zinsabzug begehrenden Steuerpflichtigen der Nachweis zu erbringen, dass die Entscheidungshoheit bzw. Kontrolle Åber die akquirierte Beteiligung tatschlich aufseiten der franzÇsischen Mutter- oder einer franzÇsischen Schwestergesellschaft liegt.6 Diese Zinsabzugsbeschrnkung findet keine Anwendung, wenn der Gesamtwert der Beteiligungen der akquirierenden franzÇsischen Erwerbergesellschaft weniger als 1 Mio. Euro betrgt, der Erwerb der Beteiligung nicht fremdfinanziert wurde (und zwar weder auf Ebene der franzÇsischen Erwerbergesellschaft noch auf Ebene einer anderen Gesellschaft, die derselben Gruppe zugehÇrig ist) und das Fremdkapital-/Eigen-

9.37

1 2 3 4 5 6

BDI/KPMG, Die Behandlung von Finanzierungsaufwendungen, 36. Vgl. Weier/Seroin, IStR 2005, 725 (728). Vgl. BDI/KPMG, Die Behandlung von Finanzierungsaufwendungen, 36. Vgl. Leffers/Bricet in Deloitte, Unternehmenskauf im Ausland3, 107 (119). Vgl. Ehrlermann/Nakhai, ISR 2012, 29 (33). Hellio/Jolk/Hadjiveltchev, IWB 2012, 825 (825 f.).

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

kapitalverhltnis der gesamten Gruppe entspricht bzw. hÇher ist als das Fremdkapital-/Eigenkapitalverhltnis der Erwerbsgesellschaft. Der gegebenenfalls nicht abzugsfhige Anteil der Zinsaufwendungen ermittelt sich anhand der folgenden Formel: Zinsaufwendungen der Erwerbergesellschaft*(Kaufpreis der Anteile/durchschnittliche Verschuldung der Erwerbergesellschaft).1

9.38 Eine allgemeine Beschrnkung des Zinsabzugs wurde im Jahr 2013 eingefÅhrt.2 Die Regelung ist rÅckwirkend anzuwenden auf alle Wirtschaftsjahre, die am oder nach dem 31.12.2012 enden.3 Unter der neuen Zinsabzugsbeschrnkung sind nunmehr lediglich 75 % der gesamten Nettozinsaufwendungen (Differenz zwischen den Zinsaufwendungen und den Zinsertrgen) abzugsfhig (fÅr Wirtschaftsjahre, die ab dem 1.1.2014 beginnen). Es erfolgt mithin eine Pauschalhinzurechnung von 25 % der Zinsaufwendungen zum steuerlichen Ergebnis (Art. 212 bis-I CGI), was eine deutliche Verschrfung gegenÅber der bis dato geltenden Rechtslage darstellt. Die neue Regel ergnzt die bereits vorhandenen Zinsabzugsbeschrnkungen fÅr die Gesellschafterfremdfinanzierung (Art. 212 CGI) sowie die sog. „Carrez-Regel“ (Art. 209 IX CGI). Sie ist subsidir anzuwenden; Zinsaufwendungen, die bereits nach Maßgabe dieser Regelungen nicht als Betriebsausgabe abzugsfhig sind, sind nicht (erneut) hinzuzurechnen (Art. 212 bis-IV CGI). FÅr Zwecke der Zinsabzugsbeschrnkungen ist es im Grundsatz unbeachtlich, ob die (Netto-) Zinsaufwendungen an fremde Dritte (zB Banken) oder an nahe stehende Personen gezahlt werden.4 Einige (wenige) Finanzierungsaufwendungen sind von der Abzugsbeschrnkung ausgenommen (zB Mietzahlungen fÅr die Anmietung von GrundstÅcken5). Hiernach nicht abzugsfhige Zinsen kÇnnen nicht vorgetragen werden. Soweit der Nettozinsaufwand in Summe weniger als 3 Mio. Euro betrgt, greift die Zinsabzugsbeschrnkung nicht (Freigrenze gem. Art. 212 bis-II CGI). Bei einer intgration fiscale sind die Regelungen auf Gruppenebene (und nicht auf Ebene der einzelnen Gruppengesellschaften) zur Anwendung zu bringen.6 Der Freibetrag bezieht sich konsequenterweise auf die Nettozinsaufwendungen der Gruppe. FinanzierungsstrÇme innerhalb der Gruppe bleiben unberÅcksichtigt.7 Eine etwaige Pauschalhinzurechnung ist auf Ebene des Gruppentrgers vorzunehmen.8

9.39 Einstweilen frei.

1 Vgl. Delaurire, TNI 2012, 25. 2 Vgl. hierzu Crucifix, IWB 2013, 129 (130 f.); Hellio/Jolk/Hadjiveltchev, IWB 2012, 825 f. 3 Vgl. PwC, Worldwide Tax Summaries, Corporate Taxes 2014/2015, 647 f. 4 Vgl. Rubechi, IStR-LB 5/2013, 23 (25). 5 Vgl. Crucifix, IWB 2013, 129 (130). 6 Vgl. PwC, Worldwide Tax Summaries, Corporate Taxes 2014/2015, 647. 7 Vgl. Crucifix, IWB 2013, 129 (131). 8 Vgl. Crucifix, IWB 2013, 129 (131).

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: AT

II. sterreich: Gruppenbesteuerung Landesspezifische Literatur Althuber/Mang, Ausgewhlte Fragen zur neuen Gruppenbesteuerung in sterreich, IWB 2005, Fach 5 sterreich Gruppe 2, 607; Bruckner, Gruppenbesteuerung – Top oder Flop? MÇglichkeiten der Verlustwertung im Rahmen der neuen Gruppenbesteuerung, StZ 2005, 227; Danelsing, Reform der inlndischen Organschaftsbesteuerung – Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung als ein mÇgliches Modell, DStR 2005, 1342; Eberhartinger/Pummerer, Tochterkapitalgesellschaft, Betriebssttte und Çsterreichische Gruppenbesteuerung – eine grenzÅberschreitende Betrachtung, StuW 2007, 64; Gassner, Reform der Konzernbesteuerung in Deutschland und Europa – sterreich ersetzt Organschaft durch Gruppenbesteuerung, FR 2004, 517; Hirschler/Schindler, Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung als Vorbild fÅr Europa?, IStR 2004, 505; Karthaus, Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung als Modell fÅr Deutschland. Reformnotwendigkeit und mÇgliche Neugestaltung der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft, Diss., Marburg 2009; Kessler/Daller, Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung aus der Sicht auslndischer Gruppenmitglieder – investitionsentscheidungsbeeinflussende Faktoren, IStR 2006, 289; Kessler/Jepp, Tu felix Austria? – Lehren aus der Çsterreichischen Gruppenbesteuerung, DB 2009, 2737; Kluger, Investition in auslndische Betriebssttte mit Çsterreichischer Gruppenbesteuerung optimieren, PIStB 2010, 223; Lang/ Schuch/Staringer/Stefaner (Hrsg.), Grundfragen der Gruppenbesteuerung, Wien 2007; Lehner, Fremdfinanzierte Beteiligungen ab 2011 – Kommentar zu § 11 Abs. 1 Z 4 KStG, Zeitschrift fÅr Gesellschaftsrecht und angrenzendes Steuerrecht 2011, 121; Leitner/Stetsko, Erfahrungen mit der Gruppenbesteuerung in sterreich, Ubg 2010, 746; Mamut/Plansky, „Zinsschranke“ auch fÅr sterreich? berlegungen zur Abzugsfhigkeit von Zinsen fÅr fremdfinanzierte Beteiligungserwerbe (Teil 2), StZ 2007, 425; Mamut/Schilcher, Auswirkungen des EuGH-Urteils Papillon auf die Çsterreichische Gruppenbesteuerung, taxlex 2009, 13; Marchgraber, Neuerungen beim fremdfinanzierten Beteiligungserwerb im Konzern. Weitreichendes Abzugsverbot fÅr konzerninterne Schuldzinsen, SWK 2014, 634; Mayr, Gruppenbesteuerung als HerzstÅck der Konzernbesteuerung, in JT, 2012, 44; Mayr, Moderne Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland? – zehn Vorschlge aus den Praxiserfahrungen sterreichs, IStR 2010, 633; Niemann/Treisch, Investitionswirkung der Gruppenbesteuerung – Die Çsterreichische Steuerreform als Vorbild fÅr die deutsche Organschaft?, zfbf 2006, 1013; Prinz, Neue Çsterreichische Gruppenbesteuerung – Steuersystematische und steuerplanerische Erwgungen aus deutscher Sicht, GmbHR 2005, 917; Stefaner/Weninger, sterreichische Gruppenbesteuerung und Steuerplanung deutscher Konzerne, Fach 5 sterreich Gruppe 2, 663; Trinks, Neue „Lizenzschranke“ fÅr konzerninterne Transaktionen in sterreich. Abgabennderungsgesetz 2014 vs. Steueroasen, IWB 2014, 211; Trinks, sterreich: Abgabennderungsgesetz 2014, IStR-LB 5/2014, 20; Tumpel/Moshammer, Auslndische Gruppenverluste in sterreich, in LÅdicke/MÇssner/Hummel (Hrsg.), FS fÅr Frotscher, Freiburg/MÅnchen 2013, 613; Urtz, GrenzÅberschreitende Gruppenbesteuerung. Reform der Organschaft – sterreich als Vorbild?, in LÅdicke (Hrsg.), Internationales Steuerrecht – Aufbruch oder Konsolidierung?, KÇln 2011, 59.

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

1. Wesentliche Anwendungsvoraussetzungen a) berblick

9.40 Mit dem Steuerreformgesetz 2005 wurde in sterreich die bis dahin geltende Organschaft durch ein grenzÅberschreitendes Gruppenbesteuerungssystem ersetzt.1 Die Gruppenbesteuerung erlaubt den sofortigen Ausgleich der steuerlichen Ergebnisse – also der Gewinne und Verluste – innerhalb einer Unternehmensgruppe.

9.41 Eine Unternehmensgruppe setzt sich aus Gruppentrger und Gruppenmitgliedern zusammen. Sowohl Gruppentrger als auch Gruppenmitglieder sind im Çsterreichischen System nur KÇrperschaften.2 Die Gruppenmitglieder kÇnnen auch auslndische Gesellschaften sein, wodurch eine grenzÅberschreitende Verlustverrechnung ermÇglicht wird.3 b) PersÇnliche Anwendungsvoraussetzungen

9.42 Der Gruppentrger steht als beteiligte KÇrperschaft an der Spitze der Unternehmensgruppe und Åbernimmt dadurch eine Åbergeordnete Funktion.4 Die zugelassenen KÇrperschaften werden in § 9 Abs. 3 ÇKStG abschließend aufgelistet. Demnach kÇnnen unbeschrnkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften sowie Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, die unter § 7 Abs. 3 ÇKStG fallen, Gruppentrger sein.5 Daneben sind aber auch beschrnkt steuerpflichtige KÇrperschaften als Gruppentrger zugelassen, sofern sie mit einer Zweigniederlassung im Firmenbuch eingetragen sind und die Beteiligungen an den Gruppenmitgliedern dieser Zweigniederlassung zuzurechnen sind.6 Durch das AnknÅpfen der Gruppentrgereigenschaft an eine inlndische Zweigniederlassung sichert der Çster-

1 Die Gruppenbesteuerung wurde zum 1.1.2005 eingefÅhrt, vgl. Steuerreformgesetz 2005, ÇBGBl. I Nr. 57/2004. Vgl. dazu statt vieler Gassner, FR 2004, 517 ff.; LÅdicke/RÇdel, IStR 2004, 550 ff. 2 Vgl. Gerlach, FR 2012, 450 (461). 3 Vgl. Esterer/Bartelt, BB-Special 1/2010, 2; Mayr, IStR 2010, 633. Ziel der EinfÅhrung eines Gruppenbesteuerungssystems war es, neben der Anpassung der Besteuerung an gesellschafts- und konzernrechtliche Entwicklungen, insbesondere die Steigerung der Standortattraktivitt sterreichs, vgl. Danelsing, DStR 2005, 1342 (1344); Leitner/Stetsko, Ubg 2010, 746 (748). Kritisch zu der positiven Wirkung der Gruppenbesteuerung auf das Entscheidungsverhalten potentieller Investoren: Niemann/Treisch, zfbf 2006, 1013 (1029). 4 Vgl. Karthaus, Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung als Modell fÅr Deutschland, 105; Oberascher/Staringer in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 29 (31). 5 Des Weiteren werden gem. § 9 Abs. 3 ÇKStG unbeschrnkt steuerpflichtige Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit i.S.d. Versicherungsaufsichtsgesetzes sowie unbeschrnkt steuerpflichtige Kreditinstitute i.S.d. Bankwesengesetzes als Gruppentrger anerkannt. 6 AusfÅhrlich dazu Oberascher/Staringer in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 29 (36-45).

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: AT

reichische Gesetzgeber das Besteuerungsrecht sterreichs an den Mitgliedsbeteiligungen auf DBA-rechtlicher Basis.1 Auch eine Beteiligungsgemeinschaft, bspw. ein Joint Venture, kann als Gruppentrger fungieren, sofern smtliche Mitglieder der Beteiligungsgemeinschaft fÅr sich die Anforderungen des § 9 Abs. 3 ÇKStG erfÅllen.2 Man spricht in diesem Fall von einer sog. MehrmÅttergruppe.3 Die Beteiligungsgemeinschaft kann die Rechtsform einer Personengesellschaft annehmen oder als Beteiligungssyndikat firmieren.4

9.43

Eine operative oder gewerbliche Ttigkeit des Gruppentrgers wird im Gesetz nicht ausdrÅcklich vorgeschrieben. Damit kann auch eine rein vermÇgensverwaltende KÇrperschaft oder eine geschftsleitende Holding als Gruppentrger fungieren.5

9.44

Bei den Gruppenmitgliedern handelt es sich um die – aus der Perspektive des Gruppentrgers – zu einer Unternehmensgruppe zusammengefassten BeteiligungskÇrperschaften.6 Das Gesetz setzt, wie auch fÅr den Gruppentrger, keine operative Ttigkeit der Gruppenmitglieder voraus, woraus folgt, dass auch rein vermÇgensverwaltende Gesellschaften Gruppenmitglieder sein kÇnnen.7 In § 9 Abs. 2 ÇKStG sind die als Gruppenmitglieder zugelassenen KÇrperschaften aufgezhlt. Dazu gehÇren unbeschrnkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften sowie Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, die unter § 7 Abs. 3 ÇKStG fallen. Daneben kÇnnen auch auslndische Kapitalgesellschaften in den Anwendungsbereich der Gruppenbesteuerung einbezogen werden.

9.45

Der Einbezug in die Gruppe setzt voraus, dass die Rechtsform der auslndischen Gesellschaft mit einer inlndischen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist. Zur Beurteilung dient der Typenvergleich, wie er schon im sog. „Venezuela-Urteil“8 des Reichsfinanzhofs definiert wurde.9 Des Weiteren

9.46

1 Vgl. Hirschler/Schindler, IStR 2004, 505 (509); Kessler/Daller, IStR 2006, 289 (290). 2 AusfÅhrlich zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Beteiligungsgemeinschaft vgl. auch Lang/Schneeweiss in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 87 ff. 3 Vgl. Leitner/Stetsko, Ubg 2010, 746 (748). 4 Vgl. Kessler/Daller, IStR 2006, 289 (290). 5 Vgl. Karthaus, Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung als Modell fÅr Deutschland, 106; Oberascher/Staringer in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 29 (31); Gahleitner/Furherr, DK 2005, 129 (136). 6 Vgl. Oberascher/Staringer in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 29 (45). 7 Vgl. Thiedemann, Die Entwicklung einer modernen, europarechtskonformen und zukunftsweisenden Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland, 201; Karthaus, Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung als Modell fÅr Deutschland, 108; Althuber/Mang, IWB 2005, Fach 5 sterreich Gruppe 2, 607 (610). 8 Vgl. RFH v. 12.2.1930 – VI A 899/27, RStBl. 1930, 444. 9 Vgl. Oberascher/Staringer in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 31 (47).

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mÅssen die auslndischen Gesellschaften ausschließlich mit unbeschrnkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern oder dem Gruppentrger finanziell verbunden sein.1 FÅr auslndische KÇrperschaften aus Drittstaaten gilt seit dem 1.3.2014 zudem die Voraussetzung, dass sie ihren Sitz in einem Staat haben, der sterreich umfassende Amtshilfe leistet. FÅr bisherige Gruppenmitglieder, die diese Vorgabe nicht erfÅllen, endet die GruppenzugehÇrigkeit automatisch zum 1.1.2015.2 c) Sachliche Anwendungsvoraussetzungen

9.47 Alleinige sachliche Voraussetzung fÅr den Einbezug einer KÇrperschaft in eine Unternehmensgruppe ist die finanzielle Eingliederung gem. § 9 Abs. 4 ÇKStG.3 DafÅr genÅgt eine einfache Mehrheit, dh. eine Beteiligung des Gruppentrgers von mehr als 50 % am Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital sowie an den Stimmrechten einer untergeordneten Gesellschaft.

9.48 Die finanzielle Verbindung kann auch Åber mittelbare Beteiligungen, zB Åber Personengesellschaften oder andere Gruppenmitglieder, erreicht werden.4 Eine wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung ist ebenso wenig erforderlich wie ein GewinnabfÅhrungsvertrag.5 Insbesondere fÅr Joint Ventures bietet sich zudem die MÇglichkeit, eine Beteiligungsgemeinschaft zu bilden. Dazu ist es jedoch erforderlich, dass eine Kernmuttergesellschaft mit mindestens 40 % beteiligt ist und die weiteren Muttergesellschaften zu mindestens 15 % beteiligt sind; so kÇnnen folglich maximal fÅnf Gesellschaften eine Beteiligungsgemeinschaft bilden.6

9.49 ber die verschiedenen MÇglichkeiten, die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung zu erfÅllen, bietet der Çsterreichische Gesetzgeber einen breiten Zugang zur Gruppe. Damit soll eine Strukturneutralitt der Besteuerung erreicht werden; betriebswirtschaftlich sinnvolle Strukturen sollen durch die Besteuerung nicht benachteiligt werden.7

9.50 Zur BegrÅndung der Gruppenbesteuerung bedarf es keines gesonderten zivilrechtlichen Vertrags.8 § 9 Abs. 8 ÇKStG verlangt lediglich einen schrift1 Dazu ausfÅhrlich mit Beispielen Tumpel/Moshammer in FS Frotscher, 613 (618 f.). 2 Vgl. Trinks, IStR-LB 5/2014, 20. 3 Vgl. Leitner/Stetsko, Ubg 2010, 746 (748). 4 Vgl. Obermair/Stefaner in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 51 (56 f.). 5 Die der Gruppenbesteuerung vorangehende Organschaft setzte hingegen die genannten Eingliederungsmerkmale voraus, vgl. Stefaner/Weninger IWB 2006, Fach 5 sterreich Gruppe 2, 663 (665). AusfÅhrlich zu der Rechtslage vor dem Steuerreformgesetz 2005 und den damit verbundenen Mngeln s. auch Leitner/ Stetsko, Ubg 2010, 746 ff. 6 Vgl. Leitner/Stesko, Ubg 2010, 746 (748). 7 Vgl. Obermaier/Stefaner in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 51 (58). 8 Vgl. Hirschler/Schindler, IStR 2004, 505 (510).

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: AT

lichen Gruppenantrag. Dabei handelt es sich um eine gemeinsam zu unterzeichnende Antragstellung des Gruppentrgers sowie smtlicher inlndischer Gruppenmitglieder.1 Der Umfang der Unternehmensgruppe ist nicht reglementiert, so dass die Zusammenstellung der Unternehmensgruppe dem Steuerpflichtigen anheim gestellt wird.2 Auslndische Gruppenmitglieder sind im Antrag zu benennen, sie mÅssen diesen jedoch nicht unterzeichnen.3 Der Gruppenantrag ist vor Ablauf der Wirtschaftsjahre der erstmaligen Einbeziehung der Gruppenmitglieder und innerhalb eines Monats nach der Unterzeichnung an das zustndige Finanzamt des Gruppentrgers zu Åbermitteln. DarÅber hinaus sind die jeweiligen Finanzmter der inlndischen Gruppenmitglieder zu benachrichtigen. Der Antrag muss die Beteiligungs- und Stimmrechtsverhltnisse sowie die Wirtschaftsjahre aller einzubeziehenden KÇrperschaften dokumentieren.

9.51

Des Weiteren sind die vereinbarten Regelungen Åber den Steuerausgleich (Steuerumlagevereinbarungen) zwischen den Gruppenmitgliedern und dem Gruppentrger anzugeben.4 Dabei handelt es sich um vertragliche Abreden, die eine verursachungsgerechte Aufteilung der KÇrperschaftsteuerbelastung in der Gruppe bezwecken.5 Durch die Ergebniszurechnung auftretende gruppeninterne Verschiebungen der Steuerlast sollen durch den Steuerausgleich betriebswirtschaftlich kompensiert werden. Die gesetzliche Pflicht zur Steuerumlagevereinbarung betrifft nur die inlndisch finanziell verbundenen KÇrperschaften.6 Ein erfolgreicher Gruppenantrag wird mit einem Feststellungsbescheid des Finanzamts besttigt. Mit dem Erlass eines Feststellungsbescheids wird die Unternehmensgruppe fÅr die Zwecke der Gruppenbesteuerung wirksam. Die Besttigung Åber die Annahme der Unternehmensgruppe gewhrt den Gruppenbeteiligten Rechtsicherheit, da die Anwendungs-

1 Vgl. Jochum, FR 2005, 577 (582). 2 Vgl. Thiedemann, Die Entwicklung einer modernen, europarechtskonformen und zukunftsweisenden Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland, 203. Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung weicht insoweit von solchen europischen Gruppenbesteuerungssystemen ab, die dem „all-in/all out“-Prinzip folgen, und schafft dadurch zustzliche Freiheiten fÅr den Steuerpflichtigen, vgl. Danelsing, DStR 2005, 1342 (1345); LÅdicke/RÇdel, DStR 2004, 550 (553); Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60 (65). 3 Vgl. Prinz, GmbHR 2005, 917 (918). 4 Zur Diskussion hinsichtlich der Regelung Åber den Steuerausgleich vgl. Danelsing, DStR 2005, 1342 (1345 f.); Karthaus, Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung als Modell fÅr Deutschland, 115-119; Hristov/Weninger in Lang/Schuch/ Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 313 ff. 5 Vgl. Marx, DB 1996, 950 (951); Hristov/Weninger in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 313 (316). 6 Vgl. Hristov/Weninger in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 313 (316 f.).

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9.52

Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

voraussetzungen so bereits zum Anfang der Unternehmensgruppe, anstatt erst im Rahmen einer AußenprÅfung, festgestellt werden.1

9.53 Die Mindestdauer fÅr die Gruppenbildung betrgt gem. § 9 Abs. 10 ÇKStG mindestens drei volle Wirtschaftsjahre. Falls bei einem Gruppenmitglied ein Rumpfwirtschaftsjahr vorliegt, erhÇht sich die Mindestdauer auf den Zeitraum, bis das dritte volle Wirtschaftsjahr vorÅber ist.2 Die Mindestdauer gilt auch fÅr nachtrglich eintretende Gruppenmitglieder. Bei vorzeitigem Ausscheiden eines Mitglieds aus der Gruppe erfolgt eine RÅckabwicklung der steuerlichen Behandlung des Mitglieds fÅr den Zeitraum seit dessen Beitritt.

9.54 nderungen der Unternehmensgruppe sind unter Beachtung des § 9 Abs. 9 ÇKStG grundstzlich mÇglich, ohne das Bestehen der Gruppe zu gefhrden. Es ist zu beachten, dass die nderungen dem jeweils zustndigen Finanzamt innerhalb eines Monats angezeigt werden mÅssen. Der Gruppentrger und die Gruppenmitglieder erhalten in der Folge einen entsprechend abgenderten Feststellungbescheid. Scheidet der Gruppentrger oder das letzte verbliebene Gruppenmitglied aus der Gruppe aus, gilt die Gruppe als beendet.3 2. Wesentliche Rechtsfolgen a) Ergebniszurechnung

9.55 Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung folgt dem Zurechnungskonzept,4 denn anders als gemß der Einheitstheorie im engeren Sinne kommt es nicht zu einer Zwischenergebniseliminierung und auch nicht zu einer Besteuerung eines konsolidierten Ergebnisses.5 Vom britischen Group Relief System (vgl. Rz. 9.111 ff.), das dem Çsterreichischen System als Vorbild diente, unterscheidet sich die Çsterreichische Gruppenbesteuerung insbesondere durch das Festhalten an einem Gruppentrger und der damit verbundenen Zurechnung der Ergebnisse nach „oben“, also „nur in eine Richtung“.6

9.56 Nach dem Çsterreichischen Modell ist ein Einkommen zunchst bei den Gruppenmitgliedern gesondert, dh. nach den allgemeinen steuerlichen Vorschriften, zu ermitteln. Anschließend wird es, entsprechend dem Prin1 Vgl. Achatz/Tumpel in Quantschnigg/Achatz/Haidenthaler/Trenkwalder/Tumpel, § 9 Abs. 1 ÇKStG Rz. 6; Jochum, FR 2005, 577 (582). 2 Vgl. Kessler/Daller, IStR 2006, 289 (292). 3 Vgl. Karthaus, Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung als Modell fÅr Deutschland, 120. 4 Vgl. Thiedemann, Die Entwicklung einer modernen, europarechtskonformen und zukunftsweisenden Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland, 199; Esterer/ Bartelt, BB-Special 1/2010, 2 (4); Mayr, IStR 2010, 633. 5 Vgl. Jettmar/Stieglitz in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 119 (126). 6 Vgl. Gassner, FR 2004, 517 (518); Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60 (66).

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zip der stufenweisen Zurechnung (auch: „Schneeballsystem“), an die beteiligte KÇrperschaft weitergereicht, bis es letzten Endes den Gruppentrger erreicht.1 Das bedeutet, dass das Ergebnis der untersten Einheit in das Ergebnis der – entsprechend der Beteiligungshierarchie – nchsthÇheren Gesellschaft einbezogen wird und somit fÅr jedes Gruppenmitglied ein eigenes Ergebnis ermittelt wird, Åber das jeweils ein eigener Feststellungsbescheid ergeht.2 Die steuerlichen Ergebnisse inlndischer Gruppenmitglieder werden dem Gruppentrger – unabhngig von der BeteiligungshÇhe – vollstndig zugerechnet. Abschließend werden die gesamten zugerechneten Ergebnisse auf der Ebene des Gruppentrgers mit dessen Ergebnis verrechnet und besteuert. Die Attraktivitt der Gruppenbesteuerung fÅr potentielle Investoren ergibt sich aus der MÇglichkeit der sofortigen BerÅcksichtigung von Verlusten auslndischer Gruppenmitglieder.3 So lassen sich zB bei der GrÅndung von Auslandstochtergesellschaften hufig auftretende Anfangsverluste mit Gewinnen der Muttergesellschaft steuerlich kompensieren.4 Hinsichtlich der Ergebniszurechnung ergeben sich fÅr auslndische Gruppenmitglieder partiell andere Regelungsinhalte als fÅr inlndische Gruppenmitglieder. Whrend von inlndischen Gruppenmitgliedern sowohl die Gewinne als auch die Verluste zugerechnet werden, beschrnkt sich die Zurechnung bei auslndischen Gruppenmitgliedern auf deren Verluste. Auslandsgewinne werden mangels Çsterreichischen Besteuerungsrechts nicht berÅcksichtigt.5 Zudem dÅrfen Verluste auslndischer Gesellschaften nur quotal, entsprechend der BeteiligungshÇhe, berÅcksichtigt werden.6 Die Zurechnung erfolgt im Verlustentstehungsjahr.7

9.57

Wie in grenzÅberschreitenden Verrechnungssystemen Åblich, muss eine Umrechnung der Ergebnisse auf Çsterreichische Gewinnermittlungsvorschriften erfolgen.8 Falls das auslndische Steuerrecht sehr stark vom Çsterreichischen Steuerrecht abweicht, darf fÅr die Umrechnung aus praktischen GrÅnden von einem IFRS- oder US-GAAP Abschluss ausgegangen werden.9 Die Umrechnung auf Çsterreichisches Steuerrecht ist im Aus-

9.58

1 Vgl. Karthaus, Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung als Modell fÅr Deutschland, 121; Plansky/Ressler in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 141 (148). 2 Vgl. Jettmar/Stieglitz in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 119 (129-131). 3 Vgl. Tumpel/Moshammer in FS Frotscher, 613 f.; Becker/Loose, Ubg 2014, 141 (147 f.). 4 Dabei ist jedoch zu berÅcksichtigen, dass diese Kompensation nur temporr wirkt. 5 Vgl. Kessler/Daller, IStR 2006, 289 (294), Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60 (66). 6 Vgl. Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60 (65 f.); Tumpel/Moshammer in FS Fotscher, 613 (626). 7 Vgl. Leitner/Stesko, Ubg 2010, 746 (749). 8 Vgl. Mayr in JT, 2012, 44 (45). 9 Vgl. Tumpel/Moshammer in FS Fotscher, 613 (621).

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

maß auf die HÇhe des nach auslndischem Steuerrecht ermittelten Verlusts gedeckelt.1 b) Nachversteuerung

9.59 Mit der sofortigen BerÅcksichtigung von Verlusten auslndischer Gruppenmitglieder geht die Çsterreichische Gruppenbesteuerung, insbesondere die zeitliche Komponente betreffend, Åber die Vorgaben des EuGH hinaus.2 Allerdings handelt es sich dabei regelmßig nur um eine vorÅbergehende BerÅcksichtigung. Zur Verhinderung einer doppelten VerlustberÅcksichtigung („double dipping“) kommt es gem. § 9 Abs. 6 Nr. 6 ÇKStG zu einer Nachversteuerung eines zugerechneten Verlusts in sterreich, sobald die Tochtergesellschaft den Verlust im Ausland verwerten kann.3 Folglich findet eine Verrechnung nur finaler auslndischer Verluste statt.4 Die tatschliche Verlustverwertung ist fÅr die Zwecke der Nachversteuerung nicht entscheidend, es reicht die bloße MÇglichkeit, den Verlust nutzen zu kÇnnen. In einem Jahr, in dem der auslndische Verlust im Ausland verwertet werden kÇnnte, ist dieser betragsmßig dem inlndischen Gruppenmitglied bzw. Gruppentrger, welchem der Verlust zugerechnet wurde, als Gewinn zuzurechnen.

9.60 Scheidet ein auslndisches Gruppenmitglied aus der Gruppe aus, kommt es zu einer vollstndigen Nachversteuerung aller zugerechneten Verluste des bisherigen Gruppenmitglieds5 (sog. „Exit-Falle“ der Gruppenbesteuerung)6. Dazu ist ein fiktiver nachzuversteuernder Gewinn beim entsprechenden Gruppenmitglied bzw. beim Gruppentrger anzusetzen.7 Weitere Tatbestnde, die eine Nachversteuerung von in sterreich verwerteten Verlusten auslÇsen, sind die Liquidation oder Insolvenz des auslndischen Gruppenmitglieds oder der Verlust der Vergleichbarkeit des auslndischen Gruppenmitglieds. Letzteres soll wirtschaftlich stillgelegten Mantelgesellschaften, die bloß zur Verlustverwertung weitergefÅhrt werden, entgegenwirken.8 1 Der „Verlustdeckel“ wurde mit dem Stabilittsgesetz 2012 eingefÅhrt, vgl. 1. Stabilittsgesetz 2012, ÇBGBl. I Nr. 22/2012. AusfÅhrlich zur EinfÅhrung eines „Verlustdeckels“ s. Mayr in JT, 2012, 44 (47-53). 2 Vgl. Kessler/Jepp, DB 2009, 2737 (2040); Tumpel/Moshammer in FS Fotscher, 613 (626). Nach europarechtlichen Vorgaben wre nur die BerÅcksichtigung von finalen Verlusten geboten, vgl. hierzu Rz. 9.4. 3 Vgl. Kessler/Daller, IStR 2006, 289 (294); Leitner/Stetsko, Ubg 2010, 746 (750). 4 Vgl. Gerlach, FR 2012, 450 (461). Im Fall des Ausscheidens eines Gruppenmitglieds kÇnnen auch finale Verluste der Nachversteuerungsplicht unterliegen. 5 Vgl. Thiedemann, Die Entwicklung einer modernen, europarechtskonformen und zukunftsweisenden Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland, 204. 6 So Eberhartinger/Pummerer, StuW 2007, 64. 7 Vgl. Kessler/Daller, IStR 2006, 289 (294); Tumpel/Moshammer in FS Frotscher, 613 (623). 8 Zu den Details und zur Kritik an der Regelung vgl. Tumpel/Moshammer in FS Frotscher, 613 (624 f.).

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: AT

c) Teilwert- und Firmenwertabschreibungen § 9 Abs. 7 ÇKStG normiert die Vorschriften zur steuerlichen Behandlung von Beteiligungen innerhalb der Unternehmensgruppe. Teilwertabschreibungen und Verußerungsverluste von Beteiligungen an Gruppenmitgliedern sind nicht steuerwirksam,1 denn ansonsten wre aufgrund der direkten VerlustÅbernahme durch die BeteiligungskÇrperschaft eine doppelte Verlustverwertung mÇglich.2 Das Abzugsverbot entfaltet keine Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von Beteiligungen an Nicht-Gruppenmitgliedern.

9.61

Die ebenfalls in § 9 Abs. 7 ÇKStG geregelte Firmenwertabschreibung gilt, unter bestimmten Voraussetzungen, fÅr den Erwerb von inlndischen betriebsfÅhrenden KÇrperschaften im Zusammenhang mit einer Gruppenbildung nach dem 31.12.2004 und vor dem 1.3.2014. Der mit den Anschaffungskosten bezahlte Firmenwert ist ab der ZugehÇrigkeit der KÇrperschaft zur Unternehmensgruppe Åber einen Zeitraum von fÅnfzehn Jahren linear abzuschreiben. Der Firmenwert errechnet sich gem. § 9 Abs. 7 ÇKStG als Differenz aus den Anschaffungskosten und dem anteiligen unternehmensrechtlichen Eigenkapital zzgl. der stillen Reserven des nicht abnutzbaren AnlagevermÇgens. Die Bemessungsgrundlage fÅr die Abschreibungen ist jedoch auf 50 % der Anschaffungskosten begrenzt. Ein negativer Firmenwert ist erfolgswirksam zu realisieren. Die Firmenwertabschreibung ist auf direkt gehaltene inlndische Beteiligungen whrend der ZugehÇrigkeit zur Unternehmensgruppe beschrnkt. Beteiligungskufe von Konzernunternehmen oder einem einen beherrschenden Einfluss ausÅbenden Gesellschafter sind aus GrÅnden der Missbrauchsvermeidung von der Firmenwertabschreibung ausgeschlossen.3

9.62

d) RÅckabwicklungen Gemß § 9 Abs. 10 ÇKStG muss die Unternehmensgruppe fÅr einen Zeitraum von mindestens drei Jahren bestehen. Scheidet eine KÇrperschaft innerhalb von drei Jahren nach dem Eintritt aus der Unternehmensgruppe aus, so sind jene steuerlich maßgebenden Verhltnisse herzustellen, die sich ohne GruppenzugehÇrigkeit ergeben htten (RÅckabwicklung). Handelt es sich bei der ausscheidenden Gesellschaft um den Gruppentrger oder um das letzte verbleibende Gruppenmitglied, kommt es folglich zur RÅckabwicklung und Beendigung der gesamten Gruppe. Scheidet hingegen ein einzelnes Gruppenmitglied vorzeitig aus, so wird auch nur die1 Vgl. Hirschler/Schindler, IStR 2004, 505 (511). 2 Vgl. Gassner, FR 2004, 517 (519). Zur Kritik am Verbot der Teilwertabschreibung, insbesondere in Fllen, in denen das Gruppenmitglied gar keine Verluste erzielt, sondern die im Rahmen der Kaufpreisallokation erwarteten Gewinne ausbleiben, vgl. Jettmar/Stieglitz in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 119 (136); Bruckner, StZ 2005, 227 (228). 3 AusfÅhrlich zur Firmenwertabschreibung vgl. Hofsttter in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 249 ff.

Kahle/Schulz

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9.63

Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

ses „rÅckabgewickelt“, whrend das Bestehen der Gruppe an sich nicht gefhrdet ist.1 3. Zinsabzug

9.64 In sterreich existieren weiterhin keine spezifischen Unterkapitalisierungsregeln, die eine vollstndige oder partielle Zinsabzugsbeschrnkung vorsehen.2 Als Folge der BEPS-Diskussion sah sich der Çsterreichische Gesetzgeber allerdings veranlasst, ein neuerliches Abzugsverbot fÅr Zinsen (und Lizenzen i.S.d. § 99a Abs. 1 zweiter und dritter Satz des ÇEStG 19883) zu normieren (§ 12 Abs. 1 Ziff. 10 ÇKStG). Es knÅpft tatbestandlich an den Empfnger der Zinszahlungen an. Das Abzugsverbot greift, wenn die folgenden drei Voraussetzungen kumulativ gegeben sind: – Die Zinsen oder LizenzgebÅhren werden an eine KÇrperschaft i.S.d. § 1 Abs. 2 Z 1 ÇKStG oder an eine vergleichbare auslndische KÇrperschaft geleistet (§ 12 Abs. 1 Ziff. 10 Buchst. a ÇKStG). – Die empfangende KÇrperschaft ist unmittelbar oder mittelbar konzernzugehÇrig oder steht unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss desselben Gesellschafters (Tatbestandsmerkmal der „KonzernzugehÇrigkeit“ gem. § 12 Abs. 1 Ziff. 10 Buchst. b ÇKStG). – Die Zinsen oder LizenzgebÅhren unterliegen bei der empfangenden KÇrperschaft aufgrund einer persÇnlichen oder sachlichen Befreiung keiner Besteuerung oder einem Steuersatz von weniger als 10 % oder aufgrund einer dafÅr vorgesehenen Steuerermßigung einer tatschlichen Steuerbelastung von weniger als 10 % (Tatbestandsmerkmal der „Niedrigbesteuerung“ gem. § 12 Abs. 1 Ziff. 10 Buchst. c ÇKStG).

9.65 Die Abzugsfhigkeit von Zinsen fÅr die Fremdfinanzierung von Beteiligungen hat in den letzten zehn Jahren eine wechselhafte Entwicklung durchlaufen. Im Zuge des Steuerreformgesetzes 20054 wurde zunchst der Abzug von Zinsen fÅr die Fremdfinanzierung von Beteiligungen ausdrÅcklich zugelassen (§ 11 Abs. 1 Ziff. 4 ÇKStG), um sterreich als Holdingstandort zu etablieren. Aufgrund der parallelen EinfÅhrung der Gruppenbesteuerung (§ 9 ÇKStG) wurden jedoch Gestaltungen ermÇglicht, in denen die Zinsen der Fremdfinanzierung auf Ebene der Erwerbergesellschaft mit den operativen Ergebnissen der erworbenen Gesellschaft verrechnet werden konnten (debt push down). In der Folge wurden diese Gestaltungen zunehmend als unerwÅnscht betrachtet und man sah sich veranlasst, im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 20115 eine sog. „Konzernklausel“ einzufÅhren (§ 11 Abs. 1 Ziff. 4 S. 2 ÇKStG aF), um ebensolche Gestaltun1 Vgl. Jettmar/Stieglitz in Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 119 (138 f.). 2 Vgl. auch Kahlenberg/Kopec, IStR 2015, 84 (88 f.). 3 Zu dieser sog. „Lizenzschranke“ vgl. zB Trinks, IWB 2014, 211 (214 ff.). 4 Vgl. ÇBGBl. I Nr. 57/2004. Vgl. hierzu zB Mamut/Plansky, StZ 2007, 425 (425 f.). 5 Vgl. ÇBGBl. I Nr. 111/2010.

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: PL

gen einzudmmen. Nach § 12 Abs. 1 Z 9 ÇKStG, eingefÅhrt durch das Abgabennderungsgesetz 2014,1 besteht nunmehr ein eigenstndiges Zinsabzugsverbot fÅr Beteiligungserwerbe,2 (auch) um das Umgehen des bisher schon bestehenden Zinsabzugsverbots im Wege der „UmgrÅndung“ zu verhindern. Sachlich unterliegen diesem Abzugsverbot „Aufwendungen fÅr Zinsen in Zusammenhang mit einer Fremdfinanzierung, die dem Erwerb von Kapitalanteilen i.S.d. § 10 [ÇKStG] gedient hat, wenn diese Kapitalanteile unmittelbar oder mittelbar von einem konzernzugehÇrigen Unternehmen bzw. unmittelbar oder mittelbar von einem einen beherrschenden Einfluss ausÅbenden Gesellschafter erworben worden sind. Dies gilt auch bei KapitalerhÇhungen oder ZuschÅssen, die in Zusammenhang mit einem Erwerb von Kapitalanteilen im Sinne des vorherigen Satzes stehen.“ Zeitlich betrifft das Abzugsverbot Zinsen, die nach dem 28.2.2014 angefallen sind.

9.66 ff.

Einstweilen frei.

III. Polen: Steuerliche Kapitalgruppe (Podatkowa grupa kapitałowa) Landesspezifische Literatur Alberts, Polen, in Mennel/FÇrster (Hrsg.), Steuern in Europa, Amerika und Asien, Loseblatt, Herne/Berlin, Stand: 2011; Alberts/Brzoza, Steuerreformen in Polen 2013/2014. JÅngste Entwicklungen und absehbare Reformen, IWB 2013, 771; Bacia, Gruppenbesteuerung in Polen, WiRO 2007, 50; Bramo/Arnberger, Auslndische Investitionen in der Republik Polen, SWI 2002, 481; Kanczew, Group Taxation Regime in Poland, European Taxation 2012, 355; Nabiałek, Die Einkommensteuer juristischer Personen (CIT), in Kudert (Hrsg.), Investieren in Polen. Steuerliche und rechtliche Rahmenbedingungen fÅr deutsche Unternehmen – mit Gestaltungsempfehlungen, 3. Aufl., Berlin 2007, 127; RÇdl & Partner (Hrsg.), Podatek dochodowy od os b fizycznych. Podatek dochodowy od os b prawnych – Einkommensteuer. KÇrperschaftsteuer, Zweisprachige Textausgabe Polnisch – Deutsch, 2. Aufl., Warschau 2008; Schmitt, bersicht Åber das Steuerrecht Polens, IWB 2004, Fach 5 Polen Gruppe 2, 145; Slapio/JÅrgensmann, Die steuerliche Behandlung von Unternehmensverlusten in EU-Beitrittslndern. Einige lokale Besonderheiten am Beispiel Polens und Ungarns, RIW 2004, 925; Stiller, Gestaltungsspielrume bei Verlusten einer auslndischen EU-Betriebssttte. GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung, IWB 2011, 913; Stiller, Verlustverrechnung in Polen. Rahmenbedingungen und Gestaltungshinweise zur Verlustnutzung, IWB 2010, 765; Walczak/Dabrowski, Polen, in Deloitte (Hrsg.), Unternehmenskauf im Ausland. Steuerliche Rahmenbedingungen bei M&A-Transaktionen im Ausland – Erwerb, Verschmelzung, Joint Ventures, 3. Aufl., Herne 2009, 249; Wasylkowski/Krempa, Steuerliche Behandlung von Unternehmenskufen sowie Umstrukturierungen in Polen, IWB 2001, Fach 5 Polen Gruppe 2, 107; Wojcieszyk-Kluge, Polnische Konzernbesteuerung und kÇrperschaftsteuerliche Organschaft im polnischen Steuerrecht – Steuerliche Motive, Voraussetzungen und Reformbedarf, RIW 2005, 606. 1 Vgl. ÇBGBl. I Nr. 13/2014. Vgl. hierzu zB Marchgraber, SWK 2014, 634 ff. 2 Zur Rechtsentwicklung des Zinsabzugsverbots (§§ 11 Abs. 1 Ziff. 4, 12 ÇKStG) vgl. insbesondere Lehner, GES 2011, 121 ff.

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

1. Wesentliche Anwendungsvoraussetzungen a) berblick

9.70 Das polnische KÇrperschaftsteuergesetz (Ustawa o podatku dochodowym od osb prawnych; im Folgenden kurz: PDP1) kennt eine Gruppenbesteuerung in Form der sog. „steuerlichen Kapitalgruppe“ (Art. 1a i.V.m. 7a PDP). Aus systematischer Sicht kann die polnische Gruppenbesteuerung dem Zurechnungskonzept (Rz. 9.15) zugeordnet werden.2 b) PersÇnliche Anwendungsvoraussetzungen

9.71 Die Zulssigkeit einer steuerlichen Kapitalgruppe ist an stringente Tatbestandsvoraussetzungen geknÅpft (Art. 1a PDP).3 Eine steuerliche Kapitalgruppe kann ausschließlich durch Gesellschaften gebildet werden, die nicht kÇrperschaftsteuerbefreit sind.4 Dazu gehÇren insbesondere5 die Aktiengesellschaft (Spłka akcyjna) sowie die Gesellschaft mit beschrnkter Haftung (Spłka z ograniczona˛ odpowiedzialnos´cia˛). Das polnische Gruppenbesteuerungskonzept zeichnet sich mithin durch einen rigorosen Inlandsbezug aus, denn Gesellschaften der vorgenannten Rechtsformen mÅssen ihren Sitz zwingendermaßen in Polen haben (Art. 1a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 PDP).6 Diese Bedingung gilt fÅr alle Gruppenmitglieder, dh. sowohl fÅr den Gruppentrger als auch die Gruppengesellschaften. Schon aufgrund dieses strengen Inlandsbezugs dÅrfte sich das Konzept der steuerlichen Kapitalgruppe als steuerplanerisches Instrument fÅr international ttige Konzerne disqualifizieren. c) Sachliche Anwendungsvoraussetzungen

9.72 Als zustzliche Bedingung fÅr die BegrÅndung einer steuerlichen Kapitalgruppe sieht das polnische KÇrperschaftsteuergesetz vor, dass das durchschnittliche Stammkapital eines jeden Gruppenmitglieds mindestens 1 Mio. PLN7 betragen muss (Art. 1a Abs. 2 Nr. 1 a) PDP). DarÅber hinaus wird verlangt, dass die als Gruppentrger partizipierende Muttergesellschaft eine unmittelbare Beteiligung von mindestens 95 % an den Tochtergesellschaften hlt (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 b) PDP).8 Problematisch ist nicht 1 FÅr eine vollstndige deutsche bersetzung des polnischen Einkommen- und KÇrperschaftsteuergesetzes vgl. RÇdl & Partner, Podatek dochodowy od os b fizycznych, podatek dochodowy od os b prawnych – Einkommensteuer, KÇrperschaftsteuer2. 2 Vgl. Wagner, Konzeption einer Gruppenbesteuerung, 114; Wojcieszyk-Kluge, RIW 2005, 606 (609); IFSt-Arbeitsgruppe, IFSt-Schrift Nr. 471, 108. 3 Vgl. im Einzelnen auch Nabiałek in Kudert, Investieren in Polen3, 132 f. 4 Vgl. Stiller, IWB 2010, 765 (770). 5 Seit 2014 werden Kommanditgesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien als KÇrperschaftsteuersubjekte behandelt; vgl. Alberts/Brzoza, IWB 2013, 771 (775). 6 Vgl. auch Stiller, IWB 2010, 765 (770). 7 Rund 240.000 Euro (Stand: Februar 2015). 8 Vgl. Kanczew, ET 2012, 355 (356).

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: PL

nur, dass die Beteiligungsgrenze mit Blick auf andere europische Gruppenbesteuerungssysteme sehr hoch ist. Zustzlich dÅrfte die geforderte Unmittelbarkeit der Beteiligung bei mehrstufigen Konzernen ein erhebliches Anwendungshemmnis darstellen.1 Gesellschaften, die am Stammkapital anderer Gruppenmitglieder (Mutter- oder Schwestergesellschaft) beteiligt sind, bleibt die Aufnahme in eine steuerliche Kapitalgruppe verwehrt (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 c) PDP).2 Insofern wird deutlich, dass das polnische Gruppenbesteuerungskonzept auf eine streng vertikale Konzernstruktur abstellt, die realiter aber wohl nur selten vorzufinden ist.3 Es dÅrfen zudem nur solche Gesellschaften integriert werden, die keine KÇrperschaftsteuer- oder UmsatzsteuerrÅckstnde bei den polnischen FinanzbehÇrden haben (lokale Steuern sind insoweit unbeachtlich).4

9.73

Eine steuerliche Kapitalgruppe entsteht formal durch Abschluss eines notariell beglaubigten und auf mindestens drei Jahre laufenden Gruppenvertrages (Art. 1a Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2a PDP). Dieser darf indes nicht mit einem ErgebnisabfÅhrungsvertrag nach deutschem Verstndnis gleichgesetzt werden.5 Der Gruppenvertrag und mithin die Anerkennung der steuerlichen Kapitalgruppe als solche stehen unter dem Vorbehalt einer finanzbehÇrdlichen Genehmigung.6

9.74

Bei ErfÅllung der entsprechenden Voraussetzungen besteht ein gesetzliches Wahlrecht, welche der qualifizierenden Gesellschaften in die Kapitalsteuergruppe einbezogen werden.7 Zugleich aber besteht eine feste Gruppenmitgliedschaft,8 dh. die in die steuerliche Kapitalgruppe einbezogenen Gesellschaften mÅssen abschließend in einem Gruppenvertrag benannt werden (Art. 1a Abs. 3 Nr. 1 PDP).

9.75

Whrend der Dreijahresfrist dÅrfen keine neuen Gesellschaften (nachtrglich) in die Gruppe aufgenommen werden (Art. 1a Abs. 6 PDP).9 Insofern erweist sich die steuerliche Kapitalgruppe abermals als inflexibel.

9.76

Ferner wird fÅr die BegrÅndung einer steuerlichen Kapitalgruppe vorausgesetzt, dass die Kapitalsteuergruppe fÅr jeden Veranlagungszeitraum im Durchschnitt aller Gruppenmitglieder eine Umsatzrentabilitt von wenigstens 3 % aufweisen muss (Art. 1a Abs. 2 Nr. 4 PDP).10 Es wird hierbei

9.77

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Vgl. Wojcieszyk-Kluge, RIW 2005, 606 (607). Vgl. Kanczew, ET 2012, 355 (356). Vgl. Kanczew, ET 2012, 355 (356). Vgl. hierzu eingehend Kanczew, ET 2012, 355 (356). Vgl. Bacia, WiRO 2007, 50 (51); Bramo/Arnberger, SWI 2002, 481 (483); Alberts in Mennel/FÇrster, Polen Rz. 253 (Stand: 2011). Vgl. Alberts in Mennel/FÇrster, Polen Rz. 253 (Stand: 2011). Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, IFSt-Schrift Nr. 471, 110 Fn. 285. Vgl. Wojcieszyk-Kluge, RIW 2005, 606 (608). Vgl. auch IFSt-Arbeitsgruppe, IFSt-Schrift Nr. 471, 110 Fn. 286. Vgl. mit Einzelheiten Kanczew, ET 2012, 355 (356); Stiller, IWB 2010, 765 (770 f.).

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

auf den Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklrung abgestellt; es wird also nicht verlangt, dass die 3 %-Umsatzrentabilitt whrend eines Jahres durchgehend besteht. Wird diese Bedingung nicht erfÅllt, bÅßt die gesamte Gruppe gem. Art. 1a Abs. 12 PDP ihren Status als steuerliche Kapitalgruppe ein.1 Es dÅrfte also nicht zuletzt auch auf diese strenge „Einnahmenrentabilittsprmisse“2 zurÅckzufÅhren sein, dass das polnische Gruppenbesteuerungsregime in der Besteuerungspraxis „nur ganz selten“3 zur Anwendung kommt. Ende des Jahres 2010 gab es in Polen offenbar nur sechzehn steuerliche Kapitalgruppen, was deren geringe praktische Bedeutung zeigt.4 2. Wesentliche Rechtsfolgen

9.78 FÅr die Ermittlung des Gesamtergebnisses der steuerlichen Kapitalgruppe werden zunchst die positiven und negativen Einzelergebnisse der Gruppengesellschaften nach Maßgabe der allgemeinen Regeln des polnischen KÇrperschaftsteuergesetzes ermittelt, zusammengefasst und sodann dem Ergebnis des Gruppentrgers hinzugerechnet (Art. 7a Abs. 1 PDP). Steuerliche Gewinne und Verluste werden auf diese Weise unmittelbar ausgeglichen. Hierin dÅrfte der eigentliche Vorzug der steuerlichen Kapitalgruppe liegen.5 Das aggregierte Gruppenergebnis unterliegt auf Ebene der Gruppenspitze der polnischen KÇrperschaftsteuer. Der aktuelle KÇrperschaftsteuersatz in Polen betrgt 19 %.6

9.79 FÅr die Behandlung von Gruppenverlusten gelten die allgemeinen Verlustvortragsregeln gem. Art. 7 Abs. 5 PDP,7 die sowohl eine zeitliche als auch eine betragsmßige Begrenzung vorsehen. Danach betrgt der maximal zulssige Verlustvortragszeitraum fÅnf Jahre. Innerhalb eines Jahres dÅrfen maximal 50 % der Verluste genutzt werden.8 Einen VerlustrÅcktrag kennt das polnische Steuerrecht nicht.9 Vorgruppenverluste dÅrfen whrend des Bestehens der steuerlichen Kapitalgruppe weder mit dem eigenen positiven Einkommen noch mit dem insgesamt erzielten Positiveinkommen der Gruppe verrechnet werden (Art. 7a Abs. 3 PDP).10 Da diese Verluste fÅr die fÅnfjhrige Vortragsfrist Åber die Bestehungszeit der steuerli1 Vgl. Bacia, WiRO 2007, 50 (53). 2 Diese Bezeichnung findet sich bei Sievert, Konzernbesteuerung in Deutschland und Europa, 207. 3 Walczak/Dabrwoski in Deloitte, Unternehmenskauf im Ausland3, 249 (258). 4 So Kanczew, ET 2012, 355 (355). 5 Vgl. mit Beispiel Kanczew, ET 2012, 355 (361). 6 Vgl. PwC, Worldwide Tax Summaries, Corporate Taxes 2014/2015, 1577. 7 Vgl. Slapio/JÅrgensmann, RIW 2004, 925; Kanczew, ET 2012, 355 (358). 8 Vgl. Kanczew, ET 2012, 355 (358); Stiller, IWB 2011, 913 (914); Stiller, IWB 2010, 765 (769 ff.). 9 Vgl. Stiller, IWB 2011, 913 (914). 10 Vgl. Kanczew, ET 2012, 355 (358); Stiller, IWB 2010, 765 (770); Alberts in Mennel/FÇrster, Polen Rz. 253 (Stand: 2011).

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: PL

chen Kapitalgruppe nicht „eingefroren“ werden, besteht ein erhebliches Risiko eines nicht genutzten Verlustvortrags (Verlustuntergangs).1 Gruppenverlustvortrge gehen nach Beendigung einer steuerlichen Kapitalgruppe vollstndig verloren, weil sie nicht auf Ebene der Gruppengesellschaften genutzt werden dÅrfen.2 Das Eingehen einer steuerlichen Kapitalgruppe lsst die steuerliche Behandlung von Transaktionen zwischen den Gruppengesellschaften unberÅhrt,3 dh., das steuerliche Gesamtergebnis wird nicht etwa um Zwischengewinne oder weitere gruppeninterne Vorgnge bereinigt.4 Allerdings sind die polnischen Verrechnungspreisvorschriften bei kapitalsteuergruppeninternen Transaktionen nicht anwendbar (Art. 11 Abs. 8 PDP).5 Sie gelten aber unverndert fÅr Transaktionen zwischen Gruppengesellschaften und solchen nahe stehenden Personen, die nicht Teil der Gruppe sind.6

9.80

3. Zinsabzug Zinsaufwendungen sind im Rahmen der polnischen kÇrperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung im Allgemeinen als Betriebsausgabe abzugsfhig. Die polnischen Unterkapitalisierungsvorschriften (Art. 16 Abs. 1 Nr. 60 u. 61 PDP) begrenzten den Zinsabzug bislang insoweit, als das Gesellschafterfremdkapital das Dreifache des Stammkapitals Åbersteigt.7 Als Gesellschafterfremdkapital qualifizieren solche Darlehen, die von einem (unmittelbar) zu mindestens 25 % am Stammkapital beteiligten Gesellschafter bzw. Gesellschafterkreis ausgereicht werden. Ein Selbiges gilt, wenn das Darlehen von einer Schwestergesellschaft aufgenommen wird und sowohl der Darlehensnehmer als auch der Darlehensgeber (unmittelbar) zu mindestens 25 % vom gleichen Gesellschafter gehalten werden.8 Ab dem 1.1.2015 wird die Abzugsfhigkeit (anteilig) verwehrt, soweit die Zinsbetrge das FK/EK-Verhltnis von 1:1 Åbersteigen.9 Das bisherige 1 Vgl. Stiller, IWB 2010, 765 (770). 2 Vgl. Kanczew, ET 2012, 355 (358); BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 69; Schmitt, IWB 2004, Fach 5 Polen Gruppe 2, 145 (152); IFStArbeitsgruppe, IFSt-Schrift Nr. 471, 111 Fn. 292. 3 Vgl. BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 68. 4 Vgl. Endres/Oestreicher/Scheffler/Spengel, The Determination of Corporate Taxable Income in the EU Member States, 93, Table 98. Zur Kritik an der Verwehrung einer Zwischenergebniseliminierung vgl. Wojcieszyk-Kluge, RIW 2005, 606 (607). 5 Vgl. Kanczew, ET 2012, 355 (358); Stiller, IWB 2010, 765 (771). 6 Vgl. Kanczew, ET 2012, 355 (358). 7 Vgl. Bohn, Zinsschranke und Alternativmodelle zur Beschrnkung des steuerlichen Zinsabzugs, 147 mwN. 8 Vgl. Bohn, Zinsschranke und Alternativmodelle zur Beschrnkung des steuerlichen Zinsabzugs, 147. 9 Zu diesbezÅglichen Rechtsnderungen vgl. Kahlenberg/Kopec, IStR 2015, 84 (89).

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9.81

Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

3:1-Verhltnis (s.o.) gilt damit nicht mehr; es wird auch nicht mehr auf das Stammkapital, sondern auf das Eigenkapital abgestellt.1 Eine weitere nderung betrifft die EinfÅhrung einer Alternativmethode zur Bestimmung des maximal zulssigen Zinsabzugs (Art. 15c PDP). Diese basiert auf folgender Formel: (Referenzsatz der polnischen Zentralbank + 1,25 %) · (Gesamtsteuerwert der WirtschaftsgÅter – Gesamtsteuerwert immaterieller WirtschaftsgÅter), wobei der so ermittelte Maximalbetrag seinerseits auf 50 % des operativen Ergebnisses der betreffenden Steuerperiode begrenzt ist.2 Ein Vortrag nichtabzugsfhiger Zinsen Åber die nchsten fÅnf Wirtschaftsjahre ist zulssig.3

9.82 Einen spezifischen Vorteil in Bezug auf die Gesellschafterfremdfinanzierungsregeln weist die steuerliche Kapitalgruppe – soweit ersichtlich – in Bezug auf laufende Zinsaufwendungen nicht auf. Es ist aber offenbar zulssig, die auf Ebene einer fremdfinanzierenden Erwerbergesellschaft anfallenden Zinsaufwendungen mit Gewinnen einer akquirierten Zielgesellschaft zu verrechnen, indem eine steuerliche Kapitalgruppe begrÅndet wird (debt push down).4 Allerdings bestehen hierbei nach wie vor Rechtsunsicherheiten, so dass der Abschluss eines entsprechenden „ruling“ mit den polnischen FinanzbehÇrden anzuraten ist.5

9.83 f. Einstweilen frei. IV. Schweden: Konzernbeitrag (Koncernbidrag) und Konzernabzug (Koncernavdrag) Landesspezifische Literatur Burmeister/Tivus, Koncernbidragsrtt vid fÇrandrat gande/ndrad verksamhet, Skattenytt 2002, 424; Monsenego, Corporate Loss Utilization through Aggressive Tax Planning, International Transfer Pricing Journal 2012, 357; Mutn, Schweden: GrenzÅberschreitender Verlustabzug, IStR-LB 9/2009, 38; Ohlsson, Rnteavdragen och EU-rtten, Skattenytt 2014, 11; Sedlaczek, Verlustbehandlung bei Kapitalgesellschaften und Konzernen in Schweden – ein berblick, IWB 2006, Fach 5 Schweden Gruppe 2, 179; StrÇmberg/Kristoffersson, Schweden, in Mennel/FÇrster (Hrsg.), Steuern in Europa, Amerika und Asien, Loseblatt, Herne/Berlin, Stand: 2014; Wiman, Branch Report Sweden, in IFA (Hrsg.), Cahiers de Droit Fiscal International, 2004 Vienna Congress, Vol. 89b, 633; Wunderlich, Schweden: Investmentabzug, Neuregelungen 2014, carried interest, Zinsabzugsbeschrnkungen, IStR-LB 5/2014, 22; Wunderlich, Schweden: Etatvorschlag, FÇrderung von Forschung und Entwicklung, Verwaltungsanweisung zu Konzernbeitrgen und DBA-Diskriminierungs1 2 3 4

Vgl. Kahlenberg/Kopec, IStR 2015, 84 (89). Vgl. zu Einzelheiten Kahlenberg/Kopec, IStR 2015, 84 (89). Vgl. zu Einzelheiten Kahlenberg/Kopec, IStR 2015, 84 (89). FÅr die Diskussion einer solchen Erwerbsstruktur vgl. Wasylkowski/Krempa, IWB 2001, Fach 5 Polen Gruppe 2, 107 (112). Vgl. auch KPMG, Taxation of Cross-Border Mergers and Acquisitions, Poland, 4 ff. 5 Vgl. KPMG, Taxation of Cross-Border Mergers and Acquisitions, Poland, 5.

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: SE klauseln, IStR-LB 21/2012, 110; Wunderlich, berblick Åber das Steuerrecht Schwedens, in Wassermeyer, Doppelbesteuerung. Kommentar zu allen deutschen Doppelbesteuerungsabkommen, Loseblatt, MÅnchen, Band V, Anh. Schweden, Stand: Juli 2009.

1. Konzernbeitrag (Koncernbidrag) a) berblick Das schwedische Ertragsteuerrecht (Inkomstskattelag; im Folgenden abgekÅrzt: IL) kennt ebenfalls keine Vollkonsolidierung.1 Der wirtschaftlichen Einheit wird lediglich ansatzweise durch das Konzept des sog. „Konzernbeitrags“ (koncernbidrag) Rechnung getragen (35 kap. IL). Hiernach ist es unter bestimmten Voraussetzungen zulssig, den von einer Gesellschaft erzielten steuerlichen Gewinn einer Periode auf eine andere (meist defizitre) Gesellschaft derselben Gruppe zu Åbertragen. Das Konzept des Konzernbeitrags wurde unlngst durch den sog. Konzernabzug (koncernavdrag gem. 35a kap. IL) ergnzt, wodurch der EuGH-Rechtsprechung zur Behandlung eines finalen (Auslands-)Verlustes Rechnung getragen werden soll.

9.85

b) PersÇnliche Anwendungsvoraussetzungen Mutterunternehmen (Gruppentrger) innerhalb des Konzernbeitragssystems kann neben einer schwedischen Aktiengesellschaft (svenskt aktiebolag) auch eine schwedische wirtschaftliche Vereinigung (svensk ekonomisk fÇrening), eine schwedische Sparkasse (svensk sparbank), eine schwedische Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit (svenskt Çmsesidigt fÇrskringsfÇretag), eine schwedische Stiftung (svensk stiftelse) oder ein schwedischer ideeller Verein (svensk ideell fÇrening) sein, wobei die beiden letztgenannten Rechts- bzw. Organisationsformen nicht steuerbefreit sein dÅrfen (35 kap. 2 § IL).2 Europische Aktiengesellschaften und Versicherungsaktiengesellschaften werden wie Aktiengesellschaften behandelt.3 Als Tochterunternehmen innerhalb des Konzernbeitragssystems dÅrfen indes nur schwedische Aktiengesellschaften oder schwedische wirtschaftliche Vereinigungen fungieren (35 kap. 2 § IL). Weder bei dem Mutterunternehmen (Gruppentrger) noch bei dem Tochterunternehmen (Gruppengesellschaft) darf es sich um ein privates Immobilienunternehmen (privatbostadsfÇretag) oder eine Investmentgesellschaft (investmentfÇretag) handeln (35 kap. 3 § Nr. 1 IL).4 1 Vgl. Monsenego, ITPJ 2012, 357 (358). 2 Vgl. auch Wunderlich in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Anh. Schweden, Rz. 57 (Stand: Juli 2009). 3 Vgl. BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 91. 4 Vgl. StrÇmberg/Kristoffersson in Mennel/FÇrster, Schweden Rz. 244 (Stand: 2014). Diese Ausnahme begrÅndet sich dadurch, dass fÅr die beiden Rechtformen jeweils spezifische Besteuerungsregime bestehen; vgl. Wiman in Cahiers de Droit Fiscal International, Vol. 89b, 635 f.

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9.86

Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

9.87 Eine auslndische Gesellschaft mit Sitz in einem Staat der Europischen Union (EU) bzw. des Europischen Wirtschaftsraums (EWR) wird fÅr Zwecke des Konzernbeitrags den vorgenannten schwedischen Gesellschaftsbzw. Organisationsformen gleichgestellt. Dies setzt jedoch erstens voraus, dass die in Rede stehende auslndische Gesellschaft einer schwedischen Rechtsform vergleichbar ist; zweitens muss der Empfnger eines Konzernbeitrags mit dem Gewerbebetrieb, an den der Konzernbeitrag geleistet wird, in Schweden steuerpflichtig sein (35 kap. 2a § IL).1 Eine schwedische Gesellschaft, die ihren Sitz abkommensrechtlich außerhalb Schwedens in einem Staat der Europischen Union (EU) bzw. des Europischen Wirtschaftsraums (EWR) hat, wird ebenfalls fÅr Zwecke des Konzernbeitrags den schwedischen Gesellschafts- bzw. Organisationsformen gleichgestellt; allerdings wird auch hier verlangt, dass der Empfnger eines Konzernbeitrags mit demjenigen Gewerbebetrieb, an den der Konzernbeitrag tatschlich geleistet wird, in Schweden steuerpflichtig ist (35 kap. 2a § IL).2 Daraus lsst sich allgemein ableiten, dass ein Konzernbeitrag (auch) in grenzÅberschreitenden Fllen nur akzeptiert wird, wenn dieser in Schweden dem steuerlichen Zugriff unterliegt. Ob die Muttergesellschaft bzw. eine andere vermittelnde Gesellschaft ihren Sitz in der Europischen Union bzw. im europischen Wirtschaftsraum hat, ist indes nicht erheblich.3 c) Sachliche Anwendungsvoraussetzungen

9.88 FÅr Zwecke des Konzernbeitragssystems wird eine direkte oder indirekte Beteiligung des Gruppentrgers (Muttergesellschaft) an einer Gruppengesellschaft (Tochtergesellschaft) von mehr als 90 % verlangt (35 kap. 2 § IL).4 BezugsgrÇße der geforderten BeteiligungshÇhe ist das Beteiligungskapital; die vermittelte StimmrechtshÇhe ist insoweit unbeachtlich. Der Abschluss eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags nach deutschem Verstndnis ist nicht erforderlich. Ein Konzernbeitrag muss nicht zwingend monetr geleistet werden; der Ausweis einer Forderung (beim Konzernbeitragsleistenden) bzw. einer Verbindlichkeit (beim Konzernbeitragsempfangenden) genÅgt fÅr den geforderten „VermÇgenstransfer“.5

9.89 Neben der Mindestbeteiligung (Rz. 9.88) sind weitere Voraussetzungen fÅr den Konzernbeitrag vorgeschrieben.6 Wie genannt (Rz. 9.86), darf es sich weder bei dem Mutterunternehmen (Gruppentrger) noch bei dem Tochterunternehmen (Gruppengesellschaft) um ein privates Immobilienunternehmen (privatbostadsfÇretag) oder eine Investmentgesellschaft (in1 2 3 4

Vgl. BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 91. Vgl. BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 91. Vgl. BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 91. Vgl. auch Monsenego, ITPJ 2012, 357 (358); StrÇmberg/Kristoffersson in Mennel /FÇrster, Schweden Rz. 244 (Stand: 2014). 5 Vgl. BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 91. 6 Vgl. auch BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 91 f.

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: SE

vestmentfÇretag) handeln (35 kap. 3 § Nr. 1 IL). Sowohl Leistender als auch Empfnger des Konzernbeitrags mÅssen diesen in ihren Steuererklrungen offen legen, und zwar im gleichen Veranlagungszeitraum (35 kap. 3 § Nr. 2 IL). Die geforderte Beteiligung von mehr als 90 % muss whrend des gesamten Wirtschaftsjahres bzw. seit dem Zeitpunkt des Beginns der wirtschaftlichen Ttigkeit des Tochterunternehmens bestehen (35 kap. 3 § Nr. 3 IL). FÅr nderungen der Anteilsverhltnisse sieht die Vorschrift des 35 kap. 7 § IL vor, dass Gesellschaften, die „unterjhrig“ Gegenstand gruppeninterner Beteiligungstransaktionen sind, ihren Status als Gruppengesellschaft nicht verlieren (35 kap. 7 § IL).1 Des Weiteren darf der Empfnger des Konzernbeitrags abkommensrechtlich nicht (aus schwedischer Sicht) im Ausland ansssig sein, es sei denn, das Besteuerungsrecht Schwedens in Bezug auf den Konzernbeitrag beim Empfangenden ist sichergestellt (35 kap. 3 § Nr. 4 IL). Der Empfnger des Konzernbeitrags darf abkommensrechtlich nicht in Schweden von der Besteuerung ausgenommen sein (35 kap. 3 § Nr. 5 IL). Wird ein Konzernbeitrag von einem Tochterunternehmen (Gruppengesellschaft) an dessen Muttergesellschaft (Gruppentrger) geleistet, darf eine im selben Wirtschaftsjahr vorgenommene Dividende nicht das steuerpflichtige Einkommen der Mutter erhÇhen (35 kap. 3 § Nr. 6 IL). Die vorgenannten (Rz. 9.89) Voraussetzungen nach 35 kap. 3 § Nr. 1-5 IL gelten auch fÅr Konzernbeitrge zwischen Gruppengesellschaften (Schwestergesellschaften) mit einem gemeinsamen Gruppentrger. Hierbei wird allerdings zustzlich gefordert, dass entweder das Mutterunternehmen eine „Investmentgesellschaft“ ist (35 kap. 4 § Nr. 1 IL), GewinnausschÅttungen der konzernbeitragsleistenden Tochtergesellschaft auf Ebene des Mutterunternehmens steuerfrei vereinnahmt werden (35 kap. 4 § Nr. 2 IL) oder die von einer konzernbeitragsempfangenden Tochtergesellschaft geleisteten GewinnausschÅttungen auf Ebene des Mutterunternehmens der Steuerpflicht unterliegen (35 kap. 4 § Nr. 3 IL).2

9.90

Gruppentrger (Mutterunternehmen) kÇnnen grundstzlich auch an solche schwedischen Aktiengesellschaften Konzernbeitrge leisten, die sich unterhalb der ersten Beteiligungsstufe befinden, so zB an Enkel- oder Urenkelgesellschaften. Dies setzt neben den Voraussetzungen nach 35 kap. 3 § Nr. 1, 2, 4 und 5 IL – vereinfacht dargestellt – voraus, dass das empfangende Unternehmen (hypothetisch) auf das Mutterunternehmen verschmolzen werden kÇnnte (sog. „Verschmelzungsklausel“ gem. 35 kap. 5 § IL).3 DafÅr ist nach schwedischem Recht insbesondere eine Beteiligung von mehr als 90 % erforderlich.4

9.91

1 Vgl. hierzu im Einzelnen Burmeister/Tivus, Skattenytt 2002, 424 ff. 2 Vgl. auch BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 92; Wunderlich in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Anh. Schweden, Rz. 58 (Stand: Juli 2009). 3 Vgl. mit Beispiel BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 92. 4 Vgl. Oestreicher/Scheffler/Spengel/Wellisch, Modelle einer Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland und Europa, 64.

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

9.92 Nach der sog. „Vermittlungsklausel“ (35 kap. 6 § IL) kÇnnen Konzernbeitrge unter der Voraussetzung Åbertragen werden, dass in jeder Stufe der Beteiligungskette ein Konzernbeitrag zulssigerweise htte geleistet werden kÇnnen. Damit dÅrfen zB auch Enkelgesellschaften untereinander Konzernbeitrge leisten.1

9.93 Eine bestimmte Mindest- oder HÇchstdauer schreiben die schwedischen Regelungen zum Konzernbeitrag nicht vor. Es besteht vielmehr ein jhrliches Wahlrecht.2 d) Wesentliche Rechtsfolgen

9.94 Das Konzernbeitragssystem kann (bei Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen) fÅr jeden Veranlagungszeitraum optional ausgeÅbt werden; es muss nicht zwingend alle Gruppenmitglieder umfassen. Die einzelnen Gruppengesellschaften bleiben selbstndig steuerpflichtig (Grundsatz der Einzelveranlagung).3

9.95 Das steuerpflichtige Einkommen des Konzernbeitragsleistenden wird in HÇhe des Konzernbeitrags gemindert (Betriebsausgabe), das der konzernbeitragsempfangenden Gesellschaft korrespondierend erhÇht (Betriebseinnahme), 35 kap. 1 § IL. Ein Konzernbeitrag ist der HÇhe nach im Grundsatz unbegrenzt. Ein frÅherer Gesetzesvorschlag, die HÇhe des Konzernbeitrags auf das zu versteuernde Einkommen des Leistenden zu beschrnken, wurde nicht umgesetzt.

9.96 Der Vorzug des schwedischen Konzernbeitragssystems liegt aus rechtsvergleichender (deutscher) Sicht darin, dass verlustleidende Gruppengesellschaften in HÇhe des Konzernbeitrags ihre Verluste ausgleichen kÇnnen.4 Da ein Konzernbeitrag – anders als nach der deutschen Organschaft – sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Beteiligungsrichtung mÇglich ist, kÇnnen die steuerlichen Gewinne nicht nur zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften (bzw. nachgelagerten Beteiligungsebenen), sondern vielmehr auch zwischen verbundenen Gruppengesellschaften (Schwestergesellschaften) transferiert werden. Aus Gruppensicht bietet diese indirekte Verlustverrechnung einerseits den Çkonomischen Vorteil, dass Steuerminderungspotentiale aufgrund der grundstzlich frei zu whlenden Allokationsrichtung mÇglichst frÅhzeitig genutzt werden kÇnnen.5 Andererseits ist zu berÅcksichtigen, dass die Voraussetzungen fÅr ei-

1 Vgl. auch BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 92; Wunderlich in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Anh. Schweden, Rz. 58 (Stand: Juli 2009). 2 Vgl. auch IFSt-Arbeitsgruppe, IFSt-Schrift Nr. 471, 113. 3 Vgl. Sievert, Konzernbesteuerung in Deutschland und Europa, 140; BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 90. 4 Vgl. Princen/Grard, ET 2008, 174 (179). 5 Vgl. Watrin/Sievert/Strohm, FR 2004, 1 (3 f.).

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: SE

nen Konzernbeitrag relativ strikt sind, was zu Lasten der Flexibilitt des Konzernbeitrags als steuerplanerisches Instrument geht. Das schwedische Einkommensteuerrecht lsst grundstzlich einen zeitlich und betragsmßig unbegrenzten Verlustvortrag zu. Ein VerlustrÅcktrag ist grundstzlich unzulssig.1 Verluste, die bei einer Gesellschaft vor ErfÅllung der Konzernbeitragsvoraussetzungen entstanden sind (Vorgruppenverluste), bleiben whrend der Phase der GruppenzugehÇrigkeit nutzbar, unterliegen dabei aber den allgemeinen Beschrnkungen der Verlustnutzung.2 Hierbei sind die Verlustvortragsbeschrnkungen im Fall eines Wechsels in der Anteilseignerschaft („change of control“) zu beachten (40 kap. IL).3 Danach fÅhrt die bertragung der Mehrheit der Anteile an einer Verlustgesellschaft zu einer zweifachen Sperre ihrer Verlustvortrge, dh. zu einer sog. „betragsmßigen Sperre“ (beloppssprr gem. 40 kap. 15 § ff. IL) in HÇhe des 200 % der Anschaffungskosten Åbersteigenden Teils der Verlustvortrge sowie darÅber hinaus zu einer zeitlichen Sperre von fÅnf Jahren, in der die nach der betragsmßigen Sperre verbleibenden Verlustvortrge nicht durch empfangene Konzernbeitrge anderer Gruppenmitglieder ausgeglichen werden dÅrfen („Konzernbeitragssperre“ [koncernbidragssprren] gem. 40 kap. 18 § ff. IL).4 Es handelt sich hierbei um eine Missbrauchsvorschrift; es soll verhindert werden, dass (gruppenexterne) Verlustgesellschaften nur deshalb akquiriert und in eine Gruppe einbezogen werden, um deren Verluste durch die Zuweisung von Konzernbeitrgen nutzen zu kÇnnen.5 Die vorgenannten Missbrauchsvorschriften „gelten jedoch nicht fÅr bertragungen innerhalb eines Konzerns, wenn vor der bertragung Konzernbeitrge geleistet werden konnten“6.

9.97

Eine Zwischenergebniseliminierung sehen die schwedischen Konzernbeitragsregeln nicht vor.7 In Ausnahme zu dem Grundsatz, dass WirtschaftsgÅter im Fall der Verußerung zu ihrem Marktpreis zu bewerten sind, kÇnnen WirtschaftsgÅter des AnlagevermÇgens8 gruppenintern zu einem niedrigeren Wertansatz (minimal zum Buchwert) Åbertragen werden.9 Konzeptionell handelt es sich hierbei eher um eine „roll-over-Methode“, bei der die stillen Reserven auf eine andere Gruppengesellschaft verlagert

9.98

1 Vgl. Monsenego, ITPJ 2012, 357. Ein dem VerlustrÅcktrag vergleichbares Ergebnis lsst sich lediglich im Rahmen der sog. „PeriodisierungsrÅcklage“ (periodiseringsfond) erzielen; vgl. Sedlaczek, IWB 2006, Fach 5 Schweden Gruppe 2, 179 f.; BMF, Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung, 62. 2 Vgl. BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 92. 3 Vgl. hierzu detailliert Monsenego, ITPJ 2012, 357 (358). 4 Vgl. Sedlaczek, IWB 2006, Fach 5 Schweden Gruppe 2, 179 (181); BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 92. 5 Vgl. Monsenego, ITPJ 2012, 357 (359). 6 BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 93. 7 So auch Endres in FS Thiel, 461 (474). 8 Vgl. Oestreicher/Scheffler/Spengel/Wellisch, Modelle einer Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland und Europa, 79. 9 Vgl. Wiman in Cahiers des Droit Fiscal International, Vol. 89b, 633 (640 ff.).

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

werden, nicht jedoch um eine Zwischenergebniseliminierung i.e.S., weil ein zu eliminierender Gewinn noch nicht realisiert wurde.1 Weitere Konsolidierungsmaßnahmen sieht das schwedische Steuerrecht nicht vor. Insofern wird der wirtschaftlichen Einheit auch im Ertragsteuerrecht Schwedens nur bedingt Rechnung getragen. 2. Konzernabzug (Koncernavdrag) a) berblick

9.99 Das Konzept des sog. Konzernabzugs (35a kap. IL) stellt eine MÇglichkeit dar, finale Verluste einer (aus schwedischer Sicht) auslndischen Tochtergesellschaft fÅr Zwecke der schwedischen Besteuerung auf Ebene ihrer schwedischen Muttergesellschaft (Gruppentrger) zu nutzen. Diese „Verlustnutzungsrichtung“ ist indes abschließend: Es besteht mithin keine MÇglichkeit, in „umgekehrter Richtung“ Verluste der Muttergesellschaft auf Ebene einer Tochtergesellschaft geltend zu machen. Ebenso ist zB eine Verlustverrechnung zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft sowie zwischen Schwestergesellschaften nicht zulssig.2

9.100 Mit EinfÅhrung des 35a kap. IL hat der schwedische Gesetzgeber auf eine wegweisende (Sammel-) Entscheidung des schwedischen Regeringsrtten (Oberster Verwaltungsgerichtshof; nunmehr umbenannt in HÇgsta fÇrvaltningsdomstolen) vom 11.3.2009 reagiert,3 in der herausgestellt wurde, dass das geltende schwedische Konzernbeitragssystem in Teilen gegen die Rechtsprechung des EuGH in Sachen Marks & Spencer und Oy AA (vgl. Rz. 9.4 f.) verstÇßt. Die Voraussetzungen fÅr die BerÅcksichtigung finaler Verluste von AuslandstÇchtern bei der schwedischen Muttergesellschaft sind im Ganzen allerdings nach wie vor sehr restriktiv.4 b) PersÇnliche Anwendungsvoraussetzungen

9.101 Die an die Mutter- und Tochtergesellschaft gerichteten, persÇnlichen Voraussetzungen entsprechen im Grundsatz denen des Konzernbeitrags. Als Mutterunternehmen (Gruppentrger) kommt eine schwedische Aktiengesellschaft (svenskt aktiebolag), eine schwedische wirtschaftliche Vereinigung (svensk ekonomisk fÇrening), eine schwedische Sparkasse (svensk sparbank), eine schwedische Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit (svenskt Çmsesidigt fÇrskringsfÇretag), eine schwedische Stiftung (svensk stiftelse) sowie ein schwedischer ideeller Verein (svensk ideell fÇ1 Vgl. Wagner, Konzeption einer Gruppenbesteuerung, 128 f., 166. 2 Vgl. auch Monsenego, ITPJ 2012, 357 (358). 3 Vgl. Regeringsrtten v. 11.3.2009 – M lnr. 6511-06, 6512-06, 7322-06, 7444-06, 1648-07, 1650-07, 1651-07, 1652-07, 3628-07, 1267-08, Regeringsrttens rsbok (R ) ref. 13 (ua.). Zur Urteilsdiskussion vgl. Holmdahl/Ohlsson, Skattenytt 2009, 452 ff.; Lindstrom-Ihre/Berglund, TNI 2009, 1057 f.; Mutn, IStR-LB 9/2009, 38. 4 Vgl. auch Monsenego, ITPJ 2012, 357 (358).

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rening) in Frage, wobei die beiden letztgenannten Gesellschafts- bzw. Organisationsformen wiederum nicht steuerbefreit sein dÅrfen (35a kap. 2 Nr. 1-6 § IL). Als auslndisches Tochterunternehmen (utlndskt dotterfÇretag) qualifizieren solche Gesellschaften, die einer schwedischen Aktiengesellschaft oder einer schwedischen wirtschaftlichen Vereinigung entsprechen und ihren Sitz innerhalb eines Staates der Europischen Union (EU) oder des Europischen Wirtschaftsraums (EWR) haben (35a kap. 2 § IL). Weder bei dem Mutterunternehmen noch bei dem auslndischem Tochterunternehmen darf es sich um ein privates Immobilienunternehmen (privatbostadsfÇretag) oder eine Investmentgesellschaft (investmentfÇretag) handeln (35a kap. 2 IL). c) Sachliche Anwendungsvoraussetzungen Die Muttergesellschaft muss zu mehr als 90 % an der Tochtergesellschaft beteiligt sein (35a kap. 2 § IL). Des Weiteren muss die in Rede stehende Tochtergesellschaft liquidiert werden und die Liquidation muss bereits abgeschlossen sein (35a kap. 5 Nr. 1 § IL). Ein reiner Bankrott der Tochtergesellschaft genÅgt also nicht, einen Verlust als final zu erklren.1 Die Tochtergesellschaft muss whrend des gesamten Wirtschaftsjahres bzw. seit Beginn ihrer wirtschaftlichen Ttigkeit und bis zur Beendigung der Liquidation im qualifizierten Anteilsbesitz (mehr als 90 % der Anteile) der Muttergesellschaft stehen (34a kap. 5 Nr. 2 § IL). Der Konzernabzug kann erst in dem Wirtschaftsjahr geltend gemacht werden, in dem die Liquidation abgeschlossen ist (34a kap. 5 Nr. 3 § IL). Der Konzernabzug muss in der Steuererklrung der Muttergesellschaft offen gelegt werden (34a kap. 5 Nr. 4 § IL). Im Ansssigkeitsstaat der liquidierten Tochtergesellschaft darf kein dem Mutterunternehmen nahe stehendes Unternehmen den Geschftsbetrieb der liquidierten Tochtergesellschaft fortfÅhren; in diesem Fall wird der Verlust nmlich nicht als final angesehen (35a kap. 5 Nr. 5 § IL).

9.102

Ein Verlust wird zudem nur dann als „final“ angesehen, wenn – vereinfacht dargestellt – smtliche VerlustnutzungsmÇglichkeiten ausgenutzt wurden, dh. dieser Verlust weder im Ansssigkeitsstaat der Tochtergesellschaft noch in einem anderen Staat geltend gemacht werden kÇnnte (35a kap. 6 Nr. 1 § IL). Der Grund, dass ein Verlust nicht genutzt werden kann, darf dabei nicht in fehlenden „rechtlichen MÇglichkeiten“ einer Verlustnutzung oder zeitlichen Begrenzungen einer Verlustnutzung liegen (35a kap. 6 Nr. 2 § IL). Der Ablauf einer zeitlichen Verlustvortragsgrenze genÅgt also nicht, einen Verlust als final zu erklren.

9.103

d) Wesentliche Rechtsfolgen Der auf Ebene der Muttergesellschaft zu berÅcksichtigende finale Verlust wird durch mehrere komplexe Berechnungsregeln der HÇhe nach einge1 Vgl. Monsenego, ITPJ 2012, 357 (358).

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9.104

Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

schrnkt. Der finale Verlust ist sowohl zum Ende des letzten vollstndigen, der Liquidation vorausgegangenen Wirtschaftsjahres als auch zum Ende der Liquidation zu ermitteln. BerÅcksichtigungsfhig ist lediglich der niedrigere der beiden Betrge. Dabei hat die Ermittlung des finalen Verlustes sowohl nach den steuerlichen Vorschriften des Ansssigkeitsstaates als auch nach schwedischem Steuerrecht zu erfolgen (unter der Annahme, die auslndische Tochtergesellschaft sei in Schweden steuerpflichtig, 35a kap. 8 § IL).1 Maximal berÅcksichtigungsfhig ist wiederum nur der niedrigere der beiden so errechneten Betrge. Bei der Ermittlung des finalen Verlustes sind stille Reserven zwingend aufzudecken (35a kap. 8 § IL). Eine weitere Einschrnkung liegt darin, dass der Konzernabzug ein positives zu versteuerndes Einkommen der Muttergesellschaft im betreffenden Wirtschaftsjahr (vor BerÅcksichtigung des Konzernabzugs) nicht Åbersteigen darf (35a kap. 7 § IL). Ein Konzernabzug darf auf Ebene der Muttergesellschaft mithin zu keinem Periodengesamtverlust fÅhren. Auch sind Verluste nur insoweit zu berÅcksichtigen, als sie auf den Zeitraum des erforderlichen Beteiligungsbesitzes entfallen; ein Konzernabzug ist ausgeschlossen fÅr solche Verluste der Auslandstochtergesellschaft, die vor Erlangung der erforderlichen Mindestbeteiligung durch die schwedische Muttergesellschaft (mehr als 90 % der Anteile) entstanden sind.

9.105 Wurden in den letzten zehn Jahren vor der Liquidation stille Reserven von der Tochtergesellschaft auf ein nahe stehendes Unternehmen Åbertragen, erfolgt eine KÅrzung des zu berÅcksichtigenden Verlustes in dieser HÇhe (35a kap. 9 § IL). 3. Zinsabzug

9.106 Allgemeine Regelungen zur Reglementierung der Gesellschafterfremdfinanzierung (thin capitalization rules) sind dem schwedischen Steuerrecht nach wie vor unbekannt.2 Mit Wirkung zum 1.1.2009 wurden allerdings spezielle Zinsabzugsbeschrnkungen eingefÅhrt (24 kap. 10a – 10e §§ IL).3 Diese richteten sich zunchst nur gegen die Darlehensvergabe zwischen verbundenen Unternehmen (einer sog. „Interessengemeinschaft“) zur Finanzierung von konzerninternen Beteiligungserwerben; entsprechenden Zinsaufwendungen wird seitdem die Abzugsfhigkeit versagt.4 Entsprechendes gilt fÅr Back-to-Back-Finanzierungen.5

1 Vgl. auch Monsenego, ITPJ 2012, 357 (358). 2 Vgl. Lenz/DÇrfler, DB 2010, 18 (21); PwC, Worldwide Tax Summaries – Corporate Taxes 2014/2015, 1906. 3 Vgl. auch Lenz/DÇrfler, DB 2010, 18 (21). 4 Solche (Debt push down-) Steuerplanungsmodelle werden in Schweden unter dem Begriff „rntesnurror“ (zu Deutsch: „Zinskreisel“) diskutiert. Vgl. Kahle/ Schulz in Grotherr, Handbuch der internationalen Steuerplanung3, 301 (323). 5 Vgl. auch Lenz/DÇrfler, DB 2010, 18 (21).

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Der sachliche Anwendungsbereich dieser Zinsabzugsbeschrnkung wurde in der Folge erheblich ausgeweitet: Mit Wirkung zum 1.1.2013 sind Zinsen fÅr Darlehen, die zwischen verbundenen Unternehmen vergeben werden, generell nicht mehr abzugsfhig; es kommt mithin nicht mehr darauf an, ob diese Darlehen genutzt werden, um konzerninterne Beteiligungserwerbe zu finanzieren.

9.107

Zu diesem Zinsabzugsverbot bei Darlehensbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen werden Ausnahmen gewhrt.1 Ein Zinsabzug bei Darlehensbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen ist aber in jedem Fall nur mÇglich, soweit der Fremdvergleichsgrundsatz gewahrt bleibt. Nach der sog. „10 %-Regel“ sind Zinsaufwendungen auf Ebene des Darlehensnehmers unter der Voraussetzung abzugsfhig (dies gilt auch bei sog. Back-to-Back-Finanzierungen), dass sie auf Ebene des Empfngers der Zinszahlungen („beneficial owner“) (effektiv) zu mindestens 10 % besteuert werden (24 kap. 10d § IL).2 Die Nachweispflicht liegt hierbei auf Seiten des Steuerpflichtigen. Liegt die Motivation der Darlehensbeziehung im Wesentlichen darin begrÅndet, einen signifikanten steuerlichen Vorteil fÅr die Gruppe zu erlangen, wird die Zinsabzugsfhigkeit versagt, ungeachtet einer effektiven „Mindestbesteuerung“ von 10 %.3 Als „wesentlich“ wird hierbei ein Anteil von 75 % an den gesamten GrÅnden fÅr die Darlehensbeziehung angenommen.4

9.108

Eine zweite Ausnahme hinsichtlich des Zinsabzugsverbots wird gewhrt, sofern die Zinsertrge auf Seiten des Empfngers zwar nicht der geforderten (effektiven) „Mindestbesteuerung“ von 10 % unterliegen, fÅr die Darlehensbeziehung jedoch „im Wesentlichen betriebswirtschaftliche GrÅnde“ vorgetragen werden kÇnnen.5 Die schwedische Finanzverwaltung scheint das Kriterium der betriebswirtschaftlichen GrÅnde jedoch restriktiv auszulegen, so dass hier mit Diskussionen zu rechnen ist.6 Die zweite Ausnahme wird auch nur dann gewhrt, wenn der Empfnger der Zinszahlung (beneficial owner) in einem Land der EU oder des EWR ansssig ist, mit dem Schweden ein DBA abgeschlossen hat. Die Vereinbarkeit dieser Zinsabzugsbeschrnkungen mit dem europischen Recht hat die EUKommission unlngst in Frage gestellt;7 sie hat Schweden dazu aufgefordert, hierzu Stellung zu nehmen.8

9.109

Einstweilen frei.

9.110

1 Vgl. auch PwC, Worldwide Tax Summaries – Corporate Taxes 2014/2015, 1905. 2 Vgl. auch Kahlenberg/Kopec, IStR 2015, 84 (89 f.). 3 Vgl. auch Ehlermann/Nakhai, ISR 2012, 29 (32); Wunderlich, IStR-LB 21/2012, 110 (111). 4 Vgl. auch Wunderlich, IStR-LB 21/2012, 110 (111). 5 Vgl. auch Ehlermann/Nakhai, ISR 2012, 29 (32). 6 Vgl. Wunderlich, IStR-LB 21/2012, 110 (111). 7 Vgl. im schwedischen Schrifttum insbesondere Ohlsson, Skattenytt 2014, 11 ff. 8 Vgl. European Commission, EU Pilot 4437/13/TAXU – Sweden; hierzu auch Wunderlich, IStR-LB 5/2014, 22 (23 f.).

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V. Vereinigtes KÇnigreich: Group relief Landesspezifische Literatur Alberts, Großbritannien, in Mennel/FÇrster (Hrsg.), Steuern in Europa, Amerika und Asien, Loseblatt, Herne/Berlin, Stand: 2013; Brown, Großbritannien, in Deloitte (Hrsg.), Unternehmenskauf im Ausland. Steuerliche Rahmenbedingungen bei M&A-Transaktionen im Ausland – Erwerb, Verschmelzung, Joint Ventures, 3. Aufl., Herne 2009, 127; Challen, Sections 30-34 and Schedules 13-14: loss provisions, British Tax Review 2013, 411; Grundke, Direktinvestitionen deutscher Kapitalgesellschaftskonzerne in Großbritannien. Steuerplanung aus deutscher und britischer Sicht, Diss., Herne/Berlin 2006; Levedag, berblick Åber das Steuerrecht Großbritanniens, in Wassermeyer, Doppelbesteuerung. Kommentar zu allen deutschen Doppelbesteuerungsabkommen, Loseblatt, MÅnchen, Band V, Anh. Großbritannien, Stand: Juli 2012; Linn/MÅller, Dual Consolidated Loss Rules nach der Philips Electronics-Entscheidung. EuGH, Urteil v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11, IWB 2012, 761; MÅller, Anmerkung zu EuGH v. 1.4.2014 – Rs. C-80/12, Britische Gruppenbesteuerung bei Drittstaatenkonzernen, ISR 2014, 170; O‘Shea, ECJ Rules Against U.K. Group Loss Relief Rules, Tax Notes International 2012, 941; Panayi, The Common Consolidated Corporate Tax Base and the UK Tax System, The Institute for Fiscal Studies, TLRC Discussion Paper No. 9, November 2011; Rehfeld/ Krumm, Verlusttransfer bei mittelbaren Beteiligungen im grenzÅberschreitend strukturierten Konzern. EuGH-Urteil v. 1.4.2014 – Rs. C-80/12, Felixstowe Dock, IWB 2014, 394; Sedlaczek, Verlustbehandlung bei Kapitalgesellschaften und Konzernen in Großbritannien – ein berblick, IWB 2006, Fach 5 Großbritannien Gruppe 2, 431; Webber, Thin Capitalization and Interest Deduction Rules: A Worldwide Survey, Tax Notes International 2010, 683; Wilke, Finale Verluste – eine weitere Runde, PlStB 2015, 90.

1. Wesentliche Anwendungsvoraussetzungen a) berblick

9.111 Spezifische Regeln zur Konzernbesteuerung weist das KÇrperschaftsteuerrecht des Vereinigten KÇnigreichs in Form des sog. group relief (Sections 97 ff. Corporation Tax Act 2010 [abgekÅrzt: CTA 2010]) auf. Der group relief gestattet es insbesondere, gewerbliche Verluste (trading losses) von einer Gruppengesellschaft (surrending company) auf eine oder mehrere Gesellschaften (claimant company) derselben Gruppe zu Åbertragen.1 Durch das System des group relief lsst sich mithin eine gruppeninterne Verlustverrechnung erreichen. Neben gewerblichen Verlusten (trading losses) kÇnnen folgende „andere Betrge“ (other amounts) Gegenstand einer gruppeninternen bertragung sein: excess capital allowances (Sec. 101 CTA 2010), non-trading deficits on loan relationships (Chapter 16 of Part 5 of CTA 2009), amounts allowable as qualifying charitable donations (Part 6 CTA 2010), UK property business losses (Sec. 102 CTA 2010), management expenses (Sec. 103 CTA 2010) sowie non-trading losses on intangible fixed assets (Sec. 104 CTA 2010). 1 Vgl. Alberts in Mennel/FÇrster, Großbritannien Rz. 221 (Stand: 2013).

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b) PersÇnliche Anwendungsvoraussetzungen Die Voraussetzungen fÅr den group relief finden sich in den Sec. 97 ff. CTA 2010. Der group relief zeichnet sich hinsichtlich seiner persÇnlichen Anwendungsvoraussetzungen durch einen Inlandsbezug aus. Sowohl die verlustÅbertragende als auch die verlustÅbernehmende Gesellschaft mÅssen ihren Sitz im Vereinigten KÇnigreich haben (Sec. 131 i.V.m. 134(a) CTA 2010). Der group relief ist zudem nur Gesellschaften in der Rechtsform einer company zugnglich. Auch mÅssen die den Verlust Åbertragende sowie die empfangende Gesellschaft derselben Gruppe zugehÇrig sein (Sec. 131(a) CTA 2010). Betriebssttten auslndischer (zB deutscher) Gesellschaften, Åber die eine gewerbliche Ttigkeit (trade) im Vereinigten KÇnigreich ausgeÅbt wird, kÇnnen ebenfalls in eine Gruppe fÅr Zwecke des group relief einbezogen werden und dabei sowohl Verluste empfangen als auch abgeben (Sec. 131 i.V.m. Sec. 134(b) CTA 2010).

9.112

c) Sachliche Anwendungsvoraussetzungen Die sachlichen Voraussetzungen fÅr die Bildung einer corporation tax loss relief group sind relativ umfangreich. Wesentliche Bedingung ist eine Mindestbeteiligung von 75 % des Gruppentrgers an einer Gruppengesellschaft (Sec. 131, 150-152 CTA 2010).1 Dies bedeutet, dass entweder eine Gesellschaft im geforderten Anteilsbesitz eines anderen Unternehmens steht oder aber beide Gesellschaften zu jeweils mindestens 75 % von einem anderen (dritten) Unternehmen gehalten werden.2 Die geforderte Mindestbeteiligung muss sich gleichermaßen auf das Nennkapital (share capital), den ausschÅttungsfhigen Gewinn (profits available for distribution to equity holders of the subsidiary) sowie auf einen etwaigen LiquidationserlÇs (assets of the subsidiary available for distribution to such equity holders on a winding up) erstrecken (Sec. 151(4) CTA 2010).3 FÅr die Ermittlung der Mindestbeteiligung sind sowohl unmittelbare als auch mittelbare Beteiligungen zu berÅcksichtigen.4

9.113

Als Gruppentrger kann auch ein sog. Konsortium von Gesellschaften fungieren. Die qualifizierende Mindestbeteiligung von 75 % an einer Gruppengesellschaft muss dabei im Besitz des Konsortiums stehen, wobei

9.114

1 Vgl. auch Levedag in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Anh. Großbritannien Rz. 61 (Stand: Januar 2012); Panayi, The Common Consolidated Corporate Tax Base and the UK Tax System, 33. 2 Vgl. Panayi, The Common Consolidated Corporate Tax Base and the UK Tax System, 33. 3 Vgl. auch Grundke, Direktinvestitionen deutscher Kapitalgesellschaftskonzerne in Großbritannien, 113; Oestreicher/Scheffler/Spengel/Wellisch, Modelle einer Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland und Europa, 63; Oestreicher/Spengel/Koch, WTJ 2011, 5 (8); Panayi, The Common Consolidated Corporate Tax Base and the UK Tax System, 33. 4 Vgl. Watrin/Sievert/Strohm, FR 2004, 1 (5); BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 51.

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

jedes Mitglied (maximal 20) eine Mindestbeteiligung von 5 % halten muss (Sec. 153 CTA 2010).1 Auf diesen consortium relief wird im Folgenden nicht speziell eingegangen.

9.115 Die qualifizierende Mindestbeteiligung kann auch Åber eine nicht im Vereinigten KÇnigreich ansssige „Bindegliedgesellschaft“ vermittelt werden. Entgegenstehende Regelungen des britischen group bzw. consortium relief sind nach Urteil des EuGH in der Rs. Felixstowe Dock im Ergebnis nicht mit Art. 49 und 54 AEUV vereinbar.2 Die og. Voraussetzung, dass sowohl die verlustÅbertragende als auch die verlustÅbernehmende Gesellschaft selbst im Vereinigten KÇnigreich ansssig bzw. belegen (bei einer Betriebssttte) sein mÅssen, wird durch das Urteil des EuGH indes nicht außer Kraft gesetzt.

9.116 Die Beanspruchung des group relief-Systems ist optional. Die bertragung eines Verlustes erfolgt nicht automatisch, sondern auf Antrag der verlustÅbernehmenden Gesellschaft (daher auch die Bezeichnung „claimant company“). Der Antrag ist grundstzlich innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf des Wirtschaftsjahres der Verlustentstehung bei der zustndigen FinanzbehÇrde im Rahmen der entsprechenden Steuererklrung zu stellen.3 Er bedarf zudem der schriftlichen Zustimmung der verlustÅbertragenden Gesellschaft. Der Abschluss eines eigenen „ErgebnisabfÅhrungsvertrags“ wird indes nicht vorausgesetzt.4

9.117 Eine VerlustÅbertragung setzt weiterhin voraus, dass sowohl die verlustÅbertragende als auch die verlustempfangende Gesellschaft das gleiche Wirtschaftsjahr haben. Eine VerlustÅbertragung ist nur fÅr den kongruenten Teil des Wirtschaftsjahres (overlapping accounting period) zulssig. 2. Wesentliche Rechtsfolgen

9.118 Sind die entsprechenden Voraussetzungen erfÅllt, darf der Verlust einer Gruppengesellschaft (surrending company) auf eine andere Gesellschaft derselben Gruppe (claimant company) Åbertragen werden. Jedes Gruppenmitglied bleibt indes steuerlich selbstndig. Der group bzw. consortium relief geht also nicht so weit, die steuerliche Gruppe als einheitlichen Steuerpflichtigen zu betrachten (Einheitsprinzip).5 Die verlustÅbertragende Gesellschaft verliert jeden Anspruch auf die Nutzung des Verlus1 Vgl. BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 64; Alberts in Mennel/FÇrster, Großbritannien Rz. 221 (Stand: 2013). 2 Vgl. EuGH v. 1.4.2014 – Rs. C-80/12 – Felixstowe Dock and Railway Company Ltd. ua., GmbHR 2014, 612 = DStR 2014, 784 ff.; zur Urteilsdiskussion vgl. Rehfeld/Krumm, IWB 2014, 394 ff.; MÅller, ISR 2014, 170 ff. 3 Vgl. auch Levedag in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Anh. Großbritannien Rz. 62 (Stand: Januar 2012). 4 Vgl. Grundke, Direktinvestitionen deutscher Kapitalgesellschaftskonzerne in Großbritannien, 114. 5 Vgl. auch Sydow, IStR 2014, 480 (483).

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: UK

tes.1 Eine aufnehmende Gruppengesellschaft behandelt den Verlust im Rahmen der individuellen Einkommensermittlung als Betriebsausgabe.2 Die Verlustallokation ist sowohl vertikal (zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften) als auch horizontal (zwischen Schwestergesellschaften) zulssig.3 Es ist zudem statthaft, den Verlust eines Gruppenmitgliedes aufzuteilen, also auf verschiedene Gruppengesellschaften zu Åbertragen.4 Ein Åbertragungsfhiger Verlust wird sowohl dem Grunde als auch der HÇhe nach durch verschiedene Regelungen beschrnkt (Sec. 105 ff. CTA 2010). Zunchst ist zu berÅcksichtigen, dass eine bertragung nur fÅr den laufenden Verlust eines Wirtschaftsjahres (accounting period) gestattet ist (Sec. 99 ff. CTA 2010).5 Zudem darf eine Gesellschaft Verluste nur bis zur HÇhe ihres eigenen Gewinns desselben Wirtschaftsjahres empfangen. „Daher kÇnnen im Ergebnis Verluste einer Gruppengesellschaft nicht durch eine andere Gruppengesellschaft vor- oder zurÅckgetragen werden“6. „Vorgruppenverluste“ dÅrfen lediglich durch jene Gesellschaft genutzt werden, die den Verlust erlitten hat.7 Ein Verlustvortrag ist im Vereinigten KÇnigreich sowohl zeitlich als auch der HÇhe nach unbegrenzt mÇglich; ein VerlustrÅcktrag ist auf ein Jahr beschrnkt.8 Wechsel des Anteilseigners bzw. nderungen des Geschftsbetriebs kÇnnen zu einer Beschrnkung bzw. Versagung des Verlustabzugs fÅhren.9

9.119

Eine aus der Perspektive eines auslndischen (deutschen) Investors zustzlich relevante Beschrnkung betrifft die bertragung von Verlusten einer im Vereinigten KÇnigreich belegenen Betriebssttte, deren Stammhaus nicht im Vereinigten KÇnigreich ansssig ist (Sec. 107 CTA 2010). Danach ist die bertragung eines Betriebsstttenverlustes (ua.) untersagt, wenn dieser Verlust oder ein Teil desselben in einem auslndischen Staat genutzt werden kÇnnte. Auf die tatschliche Nutzung kommt es hierbei nicht an. Durch Sec. 107 CTA soll mithin die doppelte Verlustnutzung innerhalb einer Gruppe unterbunden werden. In seinem Urteil vom 6.9.2012 in der Rs. Philips Electronics hat der EuGH indessen entschieden, dass eine solche Beschrnkung eine nicht zu rechtfertigende Verletzung der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) darstellt, weil sie Nichtansssige davon abhlt, ihren wirtschaftlichen Ttigkeiten im Vereinigten

9.120

1 Vgl. Sedlaczek, IWB 2006, Fach 5 Großbritannien Gruppe 2, 431 (434); BDI/ PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 63. 2 Vgl. Watrin/Sievert/Strohm, FR 2004, 1 (6). 3 Vgl. Watrin/Sievert/Strohm, FR 2004, 1 (6). 4 Vgl. Endres in FS Thiel, 461 (467); BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 64. 5 Vgl. BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 63. 6 BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 63. 7 Vgl. BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 64. 8 Vgl. BMF, Gruppenbesteuerung und Verlustverrechnung, 20, 62. 9 Vgl. BMF, Gruppenbesteuerung und Verlustverrechnung, 78.

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

KÇnigreich in Form einer Betriebssttte nachzugehen, whrend Tochtergesellschaften von dieser Beschrnkung insoweit nicht betroffen sind.1 Dieses Urteil hat zu einer entsprechenden Anpassung von Sec. 107 CTA gefÅhrt (Sec. 30 Finance Act 2013).2 Eine VerlustÅbertragung wird mit Wirkung zum 1.4.2013 nur noch dann ausgeschlossen, wenn die entsprechenden Betriebsstttenverluste tatschlich außerhalb des Vereinigten KÇnigreichs genutzt wurden.3 Da Sec. 107 CTA 2010 weiterhin nur Betriebssttten von außerhalb des Vereinigten KÇnigreichs ansssigen Gesellschaften trifft, bestehen weiterhin Zweifel, ob die Norm europarechtskonform ist.4

9.121 In Folge des EuGH-Urteils in der Rs. Marks & Spencer (vgl. Rz. 9.4) gewhrt das KÇrperschaftsteuerrecht des Vereinigten KÇnigreichs seit dem 1.4.2006 MÇglichkeiten fÅr eine grenzÅberschreitende VerlustÅbertragung in das Vereinigte KÇnigreich.5 Eine solche VerlustÅbertragung unterliegt allerdings strikten Voraussetzungen (Sec. 111-128 CTA 2010).6 Der zu berÅcksichtigende Auslandsverlust muss erstens einem Verlust im Vereinigten KÇnigreich quivalent sein; dh., wre der Auslandsverlust im Vereinigten KÇnigreich entstanden, htte er fÅr eine bertragung im Rahmen des group relief zur VerfÅgung gestanden (sog. equivalence condition). Der zu berÅcksichtigende Auslandsverlust muss zweitens nach dem Recht desjenigen EU/EWR-Staates, in dem er angefallen ist, als steuerlicher Verlust qualifizieren (sog. EEA tax loss condition). Drittens darf eine Nutzung des Auslandsverlustes weder im Entstehungsstaat noch in einem anderen Staat mÇglich sein, und zwar weder bezogen auf die aktuelle, vergangene noch auf kÅnftige Perioden; er muss in diesem Sinne also final sein (sog. qualifying loss condition). Schließlich darf der Auslandsverlust viertens auch nicht von einer „zwischengeschalteten“ (bezogen auf die verlustÅbertragende und verlustempfangende) Gesellschaft nutzbar sein (sog. precendence condition). Nach Auffassung der Europischen Kommission verstoßen diese britischen Regelungen (insbesondere Sec. 119(4) CTA 2010) gegen die Niederlassungsfreiheit. Eine entsprechende Vertragsverletzungsklage hat der EuGH mit Urteil v. 3.2.2015 jedoch abgewiesen.7

9.122 Weitere Konsolidierungsschritte, wie zB eine Zwischenergebniseliminierung, gewhrt das britische KÇrperschaftsteuerrecht mit Blick auf den

1 Vgl. EuGH v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11 – Philips Electronics, IStR 2012, 847; hierzu O‘Shea, TNI 2012, 941 ff.; Linn/MÅller, IWB 2012, 761 ff. 2 Vgl. hierzu Challen, British Tax Review 2013, 411 f. 3 Vgl. Challen, British Tax Review 2013, 411. 4 Vgl. Challen, British Tax Review 2013, 411 f. 5 Vgl. auch Alberts in Mennel/FÇrster, Großbritannien Rz. 222 f. (Stand: 2013). 6 Vgl. hierzu und zum Folgenden Panayi, The Common Consolidated Corporate Tax Base and the UK Tax System, 34 ff. 7 Vgl. EuGH v. 3.2.2015 – Rs. C-172/13 - Kommission/Vereinigtes KÇnigreich, IStR 2015, 137 mit Anm. von Benecke/Staats; Wilke, PlStB 2015, 90 f.

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D. Gruppenbesteuerung in ausgewhlten EU-Mitgliedstaaten: UK

group relief nicht.1 Letztlich wird dem Einheitsprinzip auch im KÇrperschaftsteuerrecht des Vereinigten KÇnigreichs nur im Ansatz Rechnung getragen. 3. Zinsabzug Zinsaufwendungen sind fÅr Zwecke der kÇrperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung im Vereinigten KÇnigreich im Allgemeinen als Betriebsausgabe abzugsfhig.2 Es wird hierbei an die handelsrechtliche Behandlung angeknÅpft. Indessen kennt auch das Steuerrecht des Vereinigten KÇnigreichs verschiedene Zinsabzugsbeschrnkungen. Die Unterkapitalisierungsvorschriften (thin capitalisation rules) sind integraler Bestandteil der nationalen Verrechnungspreisvorschriften;3 Einzelheiten hierzu finden sich in Part 4 des Taxation (International and Other Provisions) Act 2010 (abgekÅrzt: TIOPA 2010). Es droht folglich die (partielle) Versagung des Zinsabzugs, soweit die zugrunde liegenden Verhltnisse dem Fremdvergleichsgrundsatz (arm’s length principle) nicht standhalten. Anders als das Steuerrecht anderer Lnder verwendet das Steuerrecht des Vereinigten KÇnigreichs keinen quantitativen Referenzmaßstab, etwa in Form eines bestimmten Kapitalverhltnisses, auf Grundlage dessen die Angemessenheit (safe harbor) bzw. Unangemessenheit einer Kapitalausstattung und der damit verbundenen Zinsaufwendungen zu wÅrdigen ist.4

9.123

Mit Wirkung zum 1.1.2010 wurde als zustzliche HÅrde fÅr den steuerlichen Zinsabzug das sog. worldwide debt cap regime eingefÅhrt (Part 7 TIOPA 2010). Regelungsziel ist die Verhinderung einer (im Gruppenvergleich) „Åbermßigen“ Fremdfinanzierung von Gesellschaften, die im Vereinigten KÇnigreich ansssig und zudem Mitglied einer weltweiten („großen“) Gruppe sind. Eine „große“ Gruppe ist ein solche, die gruppenweit gesehen entweder mindestens 250 Mitarbeiter beschftigt oder einen Jahresumsatz von 50 Mio. £ erzielt und eine jhrliche Bilanzsumme von mindestens 43 Mio. £ aufweist. Der Gruppenkreis ist nach handelsrechtlichen Kriterien (UK-GAAP bzw. IFRS) abzugrenzen. Als fÅr die Anwendung des worldwide debt cap „relevante Gruppengesellschaften“ gelten nur solche, die zu mindestens 75 % im Anteilsbesitz des obersten Gruppentrgers stehen. Aufwendungen fÅr externe FremdkapitalÅberlassungen sind nicht durch die Abzugsbeschrnkung des worldwide debt cap betroffen.

9.124

Zur Ermittlung des (nicht-) abzugsfhigen Anteils von (konzerninternen) Zinsaufwendungen ist ein Vergleich zwischen dem sog. tested amount ei-

9.125

1 Vgl. auch BDI/PwC, VerlustberÅcksichtigung Åber Grenzen hinweg, 63; Oestreicher/Spengel/Koch, WTJ 2011, 5 (12). 2 Vgl. Jervis/Jones/van den Brande, Tax Journal, 4 October 2013, 14 (20). 3 Vgl. Levedag in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Anh. Großbritannien Rz. 55 (Stand: Januar 2012); Jervis/Jones/van den Brande, Tax Journal, 4 October 2013, 14 (20). 4 Vgl. auch Jervis/Jones/van den Brande, Tax Journal, 4 October 2013, 14 (20).

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Kapitel 9 Rechtsvergleich: Konzernbesteuerung in wichtigen Industriestaaten

nerseits und dem sog. available amount andererseits vorzunehmen.1 Der tested amount entspricht den im Vereinigten KÇnigreich insgesamt angefallenen (Netto-) Aufwendungen fÅr gruppeninterne FremdkapitalÅberlassungen. Der available amount bezeichnet die (Brutto-) Aufwendungen der gesamten Gruppe fÅr die FremdkapitalÅberlassung von fremden Dritten. Der den available amount Åbersteigende Anteil des tested amount, der sog. total disallowed amount, ist im Grundsatz nicht abzugsfhig. Allerdings gewhrt das worldwide debt regime verschiedene Ausnahmen. Zu nennen ist insbesondere der sog. gateway test. Danach kommt – vereinfacht dargestellt – die Zinsabzugsbeschrnkung nicht zum Tragen, wenn die (Netto-) Verbindlichkeiten der im Vereinigten KÇnigreich ansssigen Gruppengesellschaften nicht mehr als 75 % der weltweiten (Brutto-) Verbindlichkeiten betragen.2

9.126 Fremdfinanzierungsaufwendungen fÅr den Erwerb von Beteiligungen sind im Grundsatz steuerlich abziehbar.3 Ergibt sich auf Ebene des Erwerbers ein Verlust, kann dieser gegebenenfalls im Rahmen des group relief auf andere Gruppengesellschaften – und somit auch auf die erworbene Gesellschaft – Åbertragen werden (debt push down).4

9.127–9.129 Einstweilen frei.

E. Schlussbetrachtung 9.130 Der Gedanke der wirtschaftlichen Einheit wird durch die exemplarisch diskutierten Gruppenbesteuerungssysteme in Frankreich, sterreich, Polen, Schweden und im Vereinigten KÇnigreich nur bedingt umgesetzt. Whrend die Grundanforderung einer unmittelbaren Ergebnisverrechnung – zumindest im innerstaatlichen Verhltnis – in allen beschriebenen Lndern erfÅllt werden kann, sind die darÅber hinaus gehenden Konsolidierungsmaßnahmen stark eingeschrnkt. Die Zulssigkeit von Debt push down-Gestaltungen wird mittels spezieller Zinsabzugsbeschrnkungen regelmßig verhindert; eine Privilegierung von Unternehmensgruppen vergleichbar der deutschen Konzern-Klausel ist nicht erkennbar. Die diskutierten Gruppenbesteuerungsmodelle zeichnen sich in ihren Grundvoraussetzungen durch einen starken Inlandsbezug aus; eine grenzÅberschreitende Verlustverrechnung ist nur im Ausnahmefall mÇglich. Nach den Bestrebungen der EU-Kommission sollen die aus diesen Beschrnkun1 2 3 4

Vgl. Webber, TNI 2012, 683 (696). Vgl. Jervis/Jones/van den Brande, Tax Journal, 4 October 2013, 14 (20). Vgl. Brown in Deloitte, Unternehmenskauf im Ausland3, 127 (138). Vgl. Grundke, Direktinvestitionen deutsche Kapitalgesellschaftskonzerne in Großbritannien, 309; Brown in Deloitte, Unternehmenskauf im Ausland3, 127 (138).

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E. Schlussbetrachtung

gen resultierenden nachteiligen Çkonomischen Folgen kÅnftig durch Schaffung einer gemeinsamen konsolidierten KÇrperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKKB) verhindert werden.1

1 Zur GKKB vgl. ua. Spengel/Oestreicher, DStR 2009, 773 ff.; SchÇn/Schreiber/ Spengel, Common Corporate Tax Base 2008; Kahle/Schulz, FR 2013, 49 ff.; Schulz, Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung in der Europischen Union, 7 ff; European Commission, A Fair and Efficient Corporate Tax System in the European Union: 5 Key Areas for Action, COM(2015) 302 final, Brussels, 17.6.2015.

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Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zu einem modernen Gruppenbesteuerungssystem Literatur Blumenberg, Die Zukunft der grenzÅberschreitenden Verlustverrechnung in der EU, in FS Herzig, 2010, 211; von Brocke, Kein Finale fÅr die finalen Verluste, IWB 2013, 189; BÅnning/MÇser, Gemeinsame konsolidierte KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) – Vorbild fÅr eine nationale Neuordnung der Gruppenbesteuerung?, BB 2011, 2647; Brusch, DB 2011, Standpunkte 45; Eisgruber, Zum aktuellen Stand der ReformÅberlegungen, DB 2010, Standpunkte 39; Elsweiler/ Grave, Die niederlndische Einheitstheorie im Praxistest – eine Alternative fÅr die Organschaft in Deutschland?, IStR 2013, 91; Endres, Gesetzgeberischer berarbeitungsbedarf bei der Organschaft: eine Bestandsaufnahme, in FS Herzig, 2010, 189; Esser, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung im Konzern, IFSt-Schrift Nr. 450, Berlin 2008; Esterer/Bartelt, Modernes Gruppenbesteuerungssystem fÅr Deutschland, BB-Special 1.2010, 2; Fellinger/Schmidt-Fehrenbacher, Finale EU-Auslandsverluste: Drohpotential fÅr das Steueraufkommen?, Ubg 2012, 217; FÇrster/Krauß, Der Richtlinienvorschlag der Europischen Kommission zur Gemeinsamen konsolidierten KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) vom 16.3.2011, IStR 2011, 607; Frey/Slzer, Die deutsche Konzernbesteuerung im Umbruch – Gelingt die Befreiung aus den Schlingen des GewinnabfÅhrungsvertrags?, BB 2012, 294; Fuest, Steuerpolitische Aspekte der Gruppenbesteuerung in Deutschland, DB Standpunkte 2010, 35; Grotherr, Kritische Bestandsaufnahme der steuersystematischen und betriebswirtschaftlichen Unzulnglichkeiten des gegenwrtigen Organschaftskonzepts, StuW 1995, 124; Grotherr, bertragung von Konzernrechnungslegungsgrundstzen ins Konzernsteuerrecht?, WPg 1995, 81; Grotherr, Die unterschiedlichen Konzernbesteuerungssysteme in den Mitgliedstaaten der Europischen Union, StuW 1996, 356; Habersack, Steuerumlagen im faktischen Konzern – konzernrechtlich betrachtet, BB 2007, 1397; Herzig, Die Organschaft im Umbruch, Beihefter zu DStR 2010, 61; Herzig, Die Zukunft der Gruppenbesteuerung, StuW 2010, 214; Herzig, Entwicklung und Perspektiven des CCCTB-Projektes, in FS Frotscher, 2013, 203; Herzig/Pung, Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts: Die nderungen bei der Organschaft, DB 2013, 305; Herzig/Stock, Entwicklung der Organschaft und Zukunftsperspektiven einer Gruppenbesteuerung, BFuP 2011, 476; Heurung/Engel/Bresgen, BerÅcksichtigung „finaler Verluste“ aus anderen EU/ EWR-Mitgliedstaaten – Zugleich Anmerkungen zum EuGH-Urteil v. 21.2.2013 – Rs. C-123/11 – A Oy, GmbHR 2013, 638; Hey, Steuerpolitischer Handlungsbedarf bei der Konzernbesteuerung, FR 2012, 994; IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung – Ein Reformvorschlag, IFSt-Schrift Nr. 471, Berlin 2011; Hirte, Abschaffung der steuerrechtlichen Organschaft und Folgerungen fÅr das Gesellschaftsrecht, DB 2011, Standpunkte 47; HÅttemann, Steuerumlagen im Konzern, ZHR 2007, 451; Ismer, Gruppenbesteuerung statt Organschaft im Ertragsteuerrecht?, DStR 2012, 821; Jochum, Organschaft vs. Gruppenbesteuerung: Ist der ErgebnisabfÅhrungsvertrag als Organschaftsvoraussetzung bei der KÇrperschaftsteuer verzichtbar?, FR 2005, 577; Kahle/Vogel/Schulz, Internationale Aspekte der Organschaft unter besonderer BerÅcksichtigung aktueller Reformvorschlge, Ubg 2011, 761; Kaeser, Praktische Erwgungen zur Reform der Gruppenbesteuerung,

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Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem DB 2010, Standpunkte 37; Kessler, Steuerwissenschaftliches Pldoyer fÅr eine grenzÅberschreitende Gruppenbesteuerung, in FS Herzig, 2010, 285; KrebÅhl, Beteiligung an auslndischen Gesellschaften – MÇglichkeiten und Grenzen des § 8b KStG, DB 1994, 496; KÅting/Weber, Der Konzernabschluss, 13. Aufl., Stuttgart 2012; Kußmaul/Niehren, Die Gemeinsame Konsolidierte KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage in der Europischen Union, StB 2011, 344; Lenz/Rautenstrauch, Der Richtlinienentwurf zur Gemeinsamen konsolidierten KSt-Bemessungsgrundlage (GKKB), DB 2011, 726; LÅdicke/van Lishaut/Herzig/KrebÅhl/CarlHeinz Witt, Reform der Konzernbesteuerung I-IV, FR 2009, 1025-1049; Mayr, Moderne Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland? – zehn Vorschlge aus den Praxiserfahrungen sterreichs, IStR 2010, 633; Menkel, Ausgleichsanspruch der Organgesellschaft gegenÅber dem Organtrger bei umsatzsteuerlicher Organschaft, NZG 2014, 52; Oestreicher/Koch/Vorndamme/Hohls, Aufkommenswirkungen einer Abschaffung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags bei der ertragsteuerlichen Organschaft, IFSt-Schrift Nr. 482, Berlin 2012; Oestreicher/Scheffler/Spengel/Finke/ Heckemeyer/Kimpel/KÇstler/Vorndamme, Gemeinsame KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB) bzw. Gemeinsame Unternehmensteuer-Bemessungsgrundlage (GUB): Eine steuerliche Folgenabschtzung fÅr Deutschland, StuW 2014, 326; Oesterwinter, Problembereiche der ertragsteuerlichen Organschaft – LÇsung durch die EinfÅhrung eines modernen Gruppenbesteuerungssystems?, DStZ 2011, 585; Oesterwinter, Aktuelle Entwicklungen im Rahmen der Reform der ertragsteuerlichen Organschaft – Punktuelle ProblemlÇsungen anstelle der EinfÅhrung einer Gruppenbesteuerung, DStZ 2012, 867; Pache, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung deutscher Konzernspitzen – Ist die Organschaft noch zu retten?, IStR 2007, 47; Petutschnig, Gesellschaftsrechtliche und betriebswirtschaftliche Begleitmaßnahmen zur EinfÅhrung der CCCTB, StuW 2014, 226; U. Prinz, Neue Çsterreichische Gruppenbesteuerung – Steuersystematische und steuerplanerische Erwgungen aus deutscher Sicht, GmbHR 2005, 917; U. Prinz, Gedankensplitter zur konzeptionellen Fortentwicklung des steuerlichen Organschaftsrechts, Beihefter zu DStR 2010, 67; U. Prinz, Das europische GKKB-Projekt – eine Einschtzung aus Beratersicht, StuB 2011, 461; U. Prinz, Die „kleine Organschaftsreform“ – erste Einschtzung aus Praktikersicht, GmbHR 2013, R81; Reis, Die KÇrperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, Diss., WÅrzburg, 1996; RÇdder, Perspektiven der Konzernbesteuerung, ZHR 2007, 380; RÇdder, Reformbedarf bei der steuerlichen Organschaft; DB 2011, Standpunkte 41; RÇdder/Simon, Folgen der nderung der gewerbesteuerlichen Organschaftsvoraussetzungen fÅr die steuerrechtliche Beurteilung von Steuerumlagen im Konzern, DB 2002, 496; Scheffler/ KÇstler, Kompromissvorschlag zur GK(K)B – Die Arbeiten am Richtlinienentwurf zur GK(K)B gehen weiter, DStR 2014, 664; SchÇn, Perspektiven der Konzernbesteuerung, ZHR 2007, 409; SchÇn/Schreiber/Spengel, A Common Consolidated Corporate Tax Base for Europe – Eine einheitliche KÇrperschaftsteuerbemessungsgrundlage fÅr Europa, Berlin/Heidelberg 2008; SchÇne/Heurung/Petersen, Erforderliche nderungen im Recht des faktischen Konzerns im Zuge der Reform der steuerlichen Organschaft, DStR 2012, 1680; Schreiber/Stiller, konomische Anforderungen an eine Reform der Gruppenbesteuerung, StuW 2014, 216; Simon, Steuerumlagen im Konzern, ZGR 2007, 71; Simon, Zulssigkeit von Gewerbesteuerumlagen nach der Belastungsmethode im Lichte der zivilrechtlichen Rechtsprechung, DStR 2000, 431; Spengel, Norbert Herzig und die europische Steuerharmonisierung, in FS Herzig, MÅnchen 2010, 879; Stiller, Finale Auslandsverluste, NWB 2013, 1642; Sureth/Mehrmann/Dahle, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnungssysteme in Europa – Vorbilder fÅr eine Reform der deutschen Organschaft?, StuW 2010, 160; Thiedemann, Die Entwicklung einer modernen, europarechtskonformen und zukunftsweisenden Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland, Diss., Siegen

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Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem 2013; Tumpel/Moshammer, Auslndische Gruppenverluste in sterreich, in FS Frotscher, Freiburg 2013, 613; Wagner, Konzeption einer Gruppenbesteuerung, Diss., KÇln, 2006; Winter/Marx, „GrenzÅberschreitende“ Organschaft mit zugezogenen EU/EWR-Gesellschaften – Neue GestaltungsmÇglichkeiten aufgrund des BMF-Schreibens vom 28.3.2011, DStR 2011, 1101; Carl-Heinz Witt, Die Konzernbesteuerung, Habil., KÇln 2006; Sven-Christian Witt, GrenzÅberschreitende Organschaft – Neue Entwicklungen der Rechtsprechung, Ubg 2010, 737.

A. Einleitung 10.1 Die ertragsteuerliche Organschaft steht seit lngerem insbesondere aufgrund des Erfordernisses des GAV sowie der nur begrenzten AuslandsÇffnung in der Kritik. Die letzten ReformbemÅhungen aus dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP v. 26.10.2009 beinhalteten die PrÅfung der EinfÅhrung eines Gruppenbesteuerungskonzeptes (unter BerÅcksichtigung von drei verschiedenen Modellen).1 Diese fÅhrten auf Basis des BMFBerichtes der Facharbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“ vom 15.9.2011 aufgrund der geforderten Aufkommensneutralitt zu der sog. „Kleinen Organschaftsreform“.2 In dieser kleinen Reform wurde die ertragsteuerliche Organschaft nicht strukturell, sondern punktuell Åberarbeitet.3 Lt. der GesetzesbegrÅndung soll das Ziel „EinfÅhrung einer Gruppenbesteuerung“ wieder aufgegriffen werden, sofern finanzielle Spielrume vorhanden sein sollten. Ziel der nachfolgenden AusfÅhrungen ist es, ein modernes Gruppenbesteuerungskonzept zu entwickeln, das die grundlegenden Probleme der ertragsteuerlichen Organschaft beseitigen und durch Behandlung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit als sachgerechtes Konzernsteuerrecht den Wirtschaftsstandort Deutschland strken soll.

B. Wesentliche Ziele eines Gruppenbesteuerungskonzeptes I. Behandlung eines Konzerns als wirtschaftliche Einheit 10.2 Eine Gruppenbesteuerung als ein einheitliches Konzernsteuerrecht baut auf dem Grundgedanken der wirtschaftlichen Einheit eines Konzerns auf. In einem Konzern werden selbstndige Unternehmen zu einer wirtschaft1 Vorschlag des Instituts fÅr Steuern und Finanzen (IFST), Einkommenszurechnungsmodell aus dem Ergebnis einer Lnder-Arbeitsgruppe aus dem Jahr 2007 sowie ein Gruppenbeitragsmodell. 2 Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts (BGBl. I 2013, 285 v. 25.2.2013). 3 Vgl. zur Kleinen Organschaftsreform zB Herzig/Pung, DB 2013, 305; Prinz, GmbHR 2013, R81; Oesterwinter, DStZ 2012, 867.

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B. Wesentliche Ziele eines Gruppenbesteuerungskonzeptes

lichen Planungs-, Koordinierungs- und Entscheidungseinheit zusammengefasst. Betriebswirtschaftliche Entscheidungen werden somit aus Sicht eines einheitlichen Unternehmens und nicht aus Sicht der einzelnen Konzerngesellschaften getroffen, die trotz rechtlicher Selbstndigkeit wie Betriebsabteilungen gefÅhrt werden. Diese betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise greift im Ergebnis auf Elemente des Konzernbegriffs im Gesellschafts- und Handelsrecht zurÅck.1 Gesellschafts- und handelsrechtlicher Konzernbegriff. Das Gesellschaftsrecht bezeichnet einen Konzern als Zusammenfassung eines herrschenden mit einem oder mehreren abhngigen Unternehmen unter einer einheitlichen Leitung, wobei bereits bei Mehrheitsbeteiligungen i.S.d. § 17 Abs. 2 AktG eine Konzernbildung vermutet wird (§ 18 Abs. 1 S. 1, 3 AktG).2 Auch nach Handelsrecht wird fÅr Rechnungslegungszwecke bei Mehrheitsbeteiligungen (bezogen auf die Stimmrechte) ein beherrschender Einfluss unterstellt, so dass diese nach § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB in den Konzernabschluss einzubeziehen sind (Control-Konzept). Der Konzernabschluss soll nach § 297 Abs. 3 S. 1 HGB die VermÇgens-, Finanz- und Ertragslage der einbezogenen Unternehmen so darstellen, als ob diese Unternehmen insgesamt ein einziges Unternehmen wren. Dieser sog. Einheitsgrundsatz unterstellt fÅr die handelsrechtliche Konsolidierung, dass unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise die einzelnen Konzernunternehmen rein fiktiv wie unselbstndige Betriebe und dadurch der Konzern hypothetisch als Einheitsunternehmen betrachtet wird.3

10.3

Wirtschaftliche Unselbstndigkeit durch Mehrheit von 75 %. Diese Åber die beschriebenen Beherrschungsanforderungen hinausgehende Mehrheit erlaubt die Durchsetzung von zB Satzungsnderungen oder Beherrschungsvertrgen. Folglich ist es der Tochtergesellschaft im Konfliktfall nicht mÇglich, ihre eigenen Ziele gegen die Konzernleitung durchzusetzen; sie ist wirtschaftlich unselbstndig. Da das herrschende Unternehmen auch das wirtschaftliche Ergebnis der abhngigen Tochtergesellschaft beeinflussen kann, ist dieses Ergebnis nicht Ausdruck ihrer eigenen Leistungsfhigkeit, sondern der Leistungsfhigkeit der Konzernspitze einschließlich aller Konzerngesellschaften.4

10.4

Steuerliche Gesamtleistungsfhigkeit. Aufgrund der wirtschaftlichen Einheit (bei unterstellter Beherrschung durch eine Beteiligung von 75 %) ist

10.5

1 Vgl. zum betriebswirtschaftlichen Konzernbegriff zB KÅting/Weber, Der Konzernabschluss, 83; ausfÅhrlich Reis, Die KÇrperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 21 ff. jeweils mwN. 2 Zum Begriff der einheitlichen Leitung vgl. Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 18 AktG Rz. 6, 13. 3 Vgl. zum Konzernbegriff im Handelsrecht statt vieler KÅting/Weber, Der Konzernabschluss, 83, 95 f. 126; Theisen, Der Konzern2, 24 f., 498 jeweils mwN. 4 So auch Carl-Heinz Witt, Die Konzernbesteuerung, 470; zur qualifizierten Beteiligung auch IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 54.

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Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem

von einer gemeinsamen steuerlichen Leistungsfhigkeit des Konzerns auszugehen, die in der Literatur auch als Gesamt- oder Verbundleistungsfhigkeit bezeichnet wird. Diesem Grundgedanken sollte die Besteuerung folgen und ertragsteuerlich das Gesamtergebnis des Konzerns zugrunde legen.1 Somit sind in einer Gruppenbesteuerung konzernspezifische ertragsteuerliche Mehrbelastungen zu vermeiden oder wenigstens zu minimieren, um die Konzernbesteuerung an die Besteuerung einer Einheitsunternehmung anzunhern (Konzernneutralitt).2

10.6 Abweichende aktuelle Konzernbesteuerung. Das deutsche Steuerrecht orientiert sich nicht am wirtschaftlichen Sachverhalt bzw. an dem Einheitsgrundsatz, sondern auch fÅr Konzerne gilt nach der sog. Trennungstheorie das Steuersubjektprinzip, nach dem jede einzelne Konzern-Kapitalgesellschaft nach § 1 KStG der KÇrperschaftsteuer separat unterliegt. Eine Abweichung vom strikten Steuersubjektprinzip sowie eine damit verbundene Durchbrechung des Trennungsprinzips und ansatzweise BerÅcksichtigung der wirtschaftlichen Einheit Konzern existiert im aktuellen Steuerrecht nur im Fall der ertragsteuerlichen Organschaft.3 Sie stellt 1 Vgl. zum Ansatz der gemeinsamen Leistungsfhigkeit Hey, FR 2012, 994 (996); Prinz, Beihefter zu DStR 2010, 67 (69); Herzig, BFuP 2011, 476; IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 46; Elsweiler/Grave, IStR 2013, 91(94); Thiedemann, Die Entwicklung einer modernen, europarechtskonformen und zukunftsweisenden Gruppenbesteuerung in Deutschland, 126; mit Fokus auf die internationale Verlustverrechnung Fuest, Standpunkte DB 2010, 35. BFH v. 3.3.2010 – I R 68/09, GmbHR 2010, 661 = BFH/NV 2010, 1132 weist zwar auf das Ziel einer gleichheitsgerechten Besteuerung entsprechend der Leistungsfhigkeit hin, vermerkt aber gleichzeitig, dass es auf die Leistungsfhigkeit jeder einzelnen Gesellschaft ankomme. Reis, Die KÇrperschaftsbesteuerung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit, 168 f. argumentiert Åber den Grundsatz der Gleichmßigkeit der Besteuerung. Einen rein Çkonomischen Ansatz whlen Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216 (217), die als geeignete normative Grundlage fÅr eine Çkonomische Analyse die neutrale Besteuerung der Investition in der Gruppe whlen. Ihren Ansatz begrÅnden sie damit, dass nur natÅrliche Personen Åber eine steuerliche Leistungsfhigkeit verfÅgen kÇnnen. Aus rechtlicher Perspektive kÇnnen auch Unternehmen als Zuordnungssubjekte steuerlicher Leistungsfhigkeit erklrt werden, da sie separat besteuertes Einkommen erwirtschaften. Vgl. zu dieser Argumentation Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht22, § 3 Rz. 50 f.; Carl-Heinz Witt, Die Konzernbesteuerung, 414 ff. 2 Vgl. Hey, FR 2012, 994 (996); Kessler in FS Herzig, 285 (298); Krauß, Common Consolidated Corporate Tax Base – Die Besteuerung von Unternehmensgruppen in der Europischen Union im Sinne des Richtlinienentwurfs der Europischen Kommission vom 16.3.2011; SchÇn, ZHR 2007, 409, (416); Herzig, Beihefter zu DStR 2010, 53 (63), der auf eine Organisations- und Konzernneutralitt verweist. 3 BFH v. 3.3.2010 – I R 68/09, GmbHR 2010, 661 = BFH/NV 2010, 1132 bezeichnet die Organschaft als ausnahmsweises Absehen vom Steuersubjektprinzip mit dem Hinweis, dass sich der Gesetzgeber gegen ein steuersubjektÅbergreifendes Konzern- oder Gruppenbesteuerungsrecht entschieden habe. Die IFSt-Arbeitsgruppe nennt Sachverhalte, bei denen trotz des Steuersubjektprinzips de lege lata die wirtschaftliche Einheit berÅcksichtigt wird, so zB bei der Betriebsstt-

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B. Wesentliche Ziele eines Gruppenbesteuerungskonzeptes

aber keine einheitliche Konzernbesteuerung dar, da sie ua. Auslandsverluste nicht einbezieht und keine konsolidierte Bemessungsgrundlage zugrunde legt.1 Daher sollte sie zu einer Gruppenbesteuerung fortentwickelt werden, die aufgrund der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns und der daraus resultierenden Gesamtleistungsfhigkeit bei wirtschaftlicher Unselbstndigkeit der Tochtergesellschaften zur Konzernneutralitt fÅhren und damit die grundlegenden Probleme der Organschaft lÇsen soll.

II. Beseitigung grundlegender Probleme der ertragsteuerlichen Organschaft 1. Verzicht auf den GAV Der Verzicht auf den GAV ist aufgrund folgender Kritikpunkte dringend erforderlich: – VerknÅpfung von Steuer- und Gesellschaftsrecht. Die ertragsteuerliche Organschaft setzt den Abschluss und die tatschliche DurchfÅhrung eines zivilrechtlich wirksamen GAV i.S.d. § 291 AktG voraus.2 Damit determiniert das Gesellschaftsrecht und nicht das Steuerrecht, ob ein wirksamer GAV vorliegt und eine steuerrechtliche Ergebniszurechnung im Organkreis erfolgt.3 – Abweichungen zwischen steuer-und handelsrechtlichem Ergebnis. Dem Organtrger wird steuerlich nicht das handelsrechtliche abgefÅhrte Ergebnis zugerechnet, sondern das nach den steuerlichen Vorschriften ermittelte – und betragsmßig hufig deutlich abweichende – Einkommen, wodurch Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Organschaft sachfremd verknÅpft sind.4 – Haftungskonzentration beim Organtrger. Eine steuerlich wirksame Verlustzurechnung setzt die gesellschaftsrechtliche VerlustÅbernahme

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tenfiktion des § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG oder bei der Zusammenfassung der Organkreisunternehmen iRd. Zinsschranke nach § 15 S. 1 Nr. 3 KStG. Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 32. Vgl. Witt, FR 2009, 1025 (1046) sowie Grotherr, StuW 1995, 124 (142) mit einer genaueren Analyse. Kolbe bezeichnet die zum Organkreis gehÇrenden Unternehmen als eine Art wirtschaftliche Einheit (mit additiver Einkommenszurechnung, ohne Zwischenergebniseliminierung). Vgl. Kolbe in HHR, § 14 KStG, Anm. 10 (Stand: Januar 2015). DÇtsch in D/P/M, § 14 KStG Rz. 168 (Stand Dezember 2013). § 41 Abs. 1 AO greift daher nicht. Vgl. MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 198. Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 23; Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 172. Priester bezeichnet die gesellschaftsrechtlichen Unternehmensvertrge als „Kinder des Steuerrechts“. Vgl. Priester in Herzig, Organschaft, 39. Zur Anlehnung an das Zivilrecht vgl. auch BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, FR 2014, 608 = DStR 2014, 643. Vgl. Grotherr in Gassner/Lang/Wiesner, Besteuerung von Unternehmensgruppen, 258.

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10.7

Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem

des Organtrgers voraus, was auf dieser Ebene zu einer Haftungskonzentration fÅhrt.1 – Betriebswirtschaftliche Fehlsteuerungen bzw. eine Unvereinbarkeit mit moderner UnternehmensfÅhrung ergeben sich dadurch, dass durch den GAV der Organgesellschaft die unternehmerische (Ergebnis-)Verantwortung und MÇglichkeiten der AusschÅttungsgestaltung genommen werden.2 – Mangelnde Internationalitt. Deutschland ist neben Slowenien der einzige Staat weltweit, in dem zur Anerkennung der Organschaft eine tatschliche GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme verlangt wird.3 Dies zeigt, dass andere Staaten entweder einer solchen Voraussetzung kritisch gegenÅberstehen oder diese fÅr nicht erforderlich halten.4 Zudem erschwert das Erfordernis des GAV eine grenzÅberschreitende Organschaft mit auslndischen EU/EWR-Tochtergesellschaften mit inlndischer Geschftsleitung, da nicht mit allen Staaten der Abschluss eines grenzÅberschreitenden GAV mÇglich ist.5

10.8 Keine Notwendigkeit des GAV. Auch die Gruppenbesteuerung erfordert die Durchbrechung des Trennungsprinzips, was wie bisher durch eine gesetzliche Regelung erfolgen muss. Vor der Kodifizierung der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft rechtfertigte nach Auffassung der Rechtsprechung nur der GAV die Ergebniszurechnung zwischen den Konzerngesellschaften und die damit verbundene Durchbrechung des kÇrperschaftsteuerlichen Trennungsprinzips. Seit der Kodifizierung der Organschaft in § 14 KStG wird nach Literaturmeinung das Trennungsprinzip bereits durch die Anordnung der Zurechnung der Ergebnisse durch das Gesetz Åberwunden, so dass er entbehrlich ist.6 Aus fiskalischer Sicht wird 1 Vgl. Prinz in Herzig, Organschaft, 553; Esterer/Bartelt, BB-Special 1.2010, 2 (3) mwN. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 23 weist auf eine dadurch mÇglicherweise verursachte berschuldungssituation des Organtrgers hin. 2 Vgl. zB Esterer/Bartelt, BB-Special 1.2010, 2 (3); Simon, ZGR 2007, 71 (87); Grotherr in Gassner/Lang/Wiesner, Besteuerung von Unternehmensgruppen, 258; KrebÅhl, DB 1994, 496 (500). Dagegen weist Ismer, DStR 2012, 821 (822) auf betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente zur Vermeidung dieser Probleme hin und sieht darin einen Widerspruch, dass eine einheitliche Leitung als Argumentation fÅr eine Gruppenbesteuerung vorausgesetzt wird. 3 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 20 (Stand Dezember 2014). 4 Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 22. 5 Vgl. Kahle/Vogel/Schulz, Ubg 2011, 791; Winter/Marx, DStR 2011, 1101; SvenChristian Witt, Ubg 2010, 737 (740 f.). Zur Kritik am GAV allgemein vgl. statt vieler Herzig, Beihefter zu DStR 2010, 61 (62); Oesterwinter, DStZ 2011, 585 (588 ff.) jeweils mit zahlreichen Nachweisen. 6 Vgl. Jochum, FR 2005, 577 (580 f.) mit ausfÅhrlicher rechtsdogmatischer Herleitung; Grotherr, StuW 1996, 356 (376). AA Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 170, der mit Blick auf den Gleichheitssatz auf die Notwendigkeit des GewinnabfÅhrungsvertrages als Rechtfertigung fÅr die Einkommenszurechnung verweist. Auch Kaeser, DB 2010, Standpunkte 37 sieht aus systematischen Er-

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B. Wesentliche Ziele eines Gruppenbesteuerungskonzeptes

der GAV fÅr die unbeschrnkte sofortige Verlustverrechnung im Organkreis gefordert, da der Organtrger den (handelsrechtlichen) Verlust durch die bernahme wirtschaftlich trgt. Da der handelsrechtliche Gewinn und das zuzurechnende Einkommen zunehmend voneinander abweichen, verliert dieser Gedanke an berzeugungskraft1 und durchbricht den Grundsatz der steuerlichen Leistungsfhigkeit.2 Dennoch sollte diese fiskalische Forderung in einem Gruppenbesteuerungskonzept berÅcksichtigt werden, so dass eine steuerliche Verlustverrechnung nur in dem Umfang mÇglich sein sollte, in dem die Muttergesellschaft den Verlust auch wirtschaftlich trgt. 2. BerÅcksichtigung finaler auslndischer Verluste aus EU-/EWR-Staaten Auch nach der „Kleinen Organschaftsreform“ wird eine grenzÅberschreitende Organschaft bzw. insbesondere eine grenzÅberschreitende Verlustverrechnung (in der EU) weiterhin versagt.3 Abweichend hierzu sind zur ausnahmsweisen (zwingenden) BerÅcksichtigung finaler Verluste von Tochtergesellschaften und Betriebssttten aus dem EU-/EWR-Ausland in den letzten Jahren einige EuGH-Entscheidungen ergangen. Seit den EuGH-Entscheidungen in der Rs. „Marks & Spencer“4 und Rs. „Lidl Belgium“5 sind solche Verluste bei der inlndischen Muttergesellschaft zu verrechnen, was grundstzlich in der EuGH-Entscheidung in der Rs. „A Oy“6 besttigt wurde. Auch die EuGH-Entscheidung in der Rs. „X Holding BV“7 widerspricht nicht diesem Grundsatz, da sich diese Entscheidung nicht auf die Unterscheidung von laufenden und „finalen“ Verlusten bezieht.8 Laufende auslndische Verluste sind demnach aus europarecht-

1

2 3

4 5 6 7 8

wgungen Argumente fÅr die Voraussetzung des GAV fÅr die Ergebnisverrechnung. Außerdem berÅcksichtigt dieser Grundgedanke nicht, dass die steuerliche Organschaft nicht nur zur steuerlichen Verrechnung von Gewinnen und Verlusten innerhalb einer Unternehmensgruppe dient. Auch Unternehmen mit hohen steuerlichen Gewinnen profitieren vom ertragsteuerneutralen Gewinntransfer. Vgl. Herzig, StuW 2010, 214 (224); Herzig, DStR Beihefter zu 30/2010, 61 (62) mwN. Vgl. Hey, FR 2012, 994 (998). Vgl. Herzig/Pung, DB 2013, 305 (307) sowie zu den verbleibenden offenen Punkten nach der Kleinen Organschaftsreform zB Oesterwinter, DStZ 2012, 867 (870). EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, GmbHR 2006, 153 = FR 2006, 177. EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, GmbHR 2008, 709 = FR 2008, 831. EuGH v. 21.2.2013 – Rs. C-123/11 – A Oy, GmbHR 2013, 321 = FR 2013, 370 m. Anm. Musil. EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X Holding BV, DStR 2010, 427. Vgl. Kahle/Vogel/Schulz, Ubg 2011, 761; Sven-Christian Witt, Ubg 2010, 737 (739) mwN; mit einer genauen Analyse Heurung/Engel/Bresgen, GmbHR 2013, 638 (643, 645) sowie IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 35 f.

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10.9

Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem

licher Sicht nicht im Inland anzusetzen. Eine BerÅcksichtigung finaler Verluste dieser Gesellschaften ist jedoch aus europarechtlicher Sicht notwendig und in das Gruppenbesteuerungskonzept aufzunehmen.1

C. Rahmenbedingungen fÅr ein Gruppenbesteuerungskonzept I. Orientierung an dem europischen CCCTB-Projekt 1. Ziele des CCCTB-Projektes

10.10 Der EuGH gewhrleistet als Korrektiv eine strkere Harmonisierung der direkten Steuern in der EU. WeiterfÅhrend schlgt die Europische Kommission die EinfÅhrung einer Gemeinsamen Konsolidierten KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage („Common Consolidated Corporate Tax Base“- CCCTB)2 als in die Zukunft gerichtetes Projekt der Mitgliedstaaten mit Ausrichtung auf eine europische Konzernbesteuerung vor.3 Dieses Projekt ist eine wichtige Maßnahme zur Beseitigung der Hindernisse fÅr eine grenzÅberschreitende Wirtschaftsttigkeit im Binnenmarkt. So sollen insbesondere die aus den unterschiedlichen nationalen Steuergesetzen resultierenden steuerlichen Befolgungs- und Verwaltungskosten reduziert, die Doppelbesteuerungen aufgrund uneinheitlich festgesetzter Verrechnungspreise beseitigt, eine grenzÅberschreitende Verlustverrechnung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft ermÇglicht, Behinderungen grenzÅberschreitender Reorganisationen sowie kollidierende Besteuerungsbefugnisse der Mitgliedstaaten vermieden werden.4 2. Grundkonzeption des CCCTB-Projektes

10.11 Das CCCTB-Projekt soll auf KÇrperschaften mit steuerlichem Sitz in der EU (und EU-Betriebssttten von Drittstaatenunternehmen) anwendbar sein, die nach ihrem nationalen Recht der KÇrperschaftsteuer unterliegen.

1 Aufgrund des Territorialittsprinzips der Gewerbesteuer sind in der gewerbesteuerlichen Organschaft auslndische Verluste nicht einzubeziehen. Vgl. auch Sureth/Mehrmann/Dahle, StuW 2010, 160. 2 Die Europische Kommission hat am 16.3.2011 einen Richtlinienentwurf vorgelegt. Vgl. Vorschlag fÅr eine Richtlinie des Rates Åber eine Gemeinsame konsolidierte KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), KOM(2011) 121/4. Dieser Vorschlag wurde zwischenzeitlich durch verschiedene Kompromissvorschlge gendert. Lt. Aktionsplan v. 17.6.2015 plant die EU-Kommission eine Neuauflage des Vorschlags einer CCCTB, die auf die schrittweise EinfÅhrung einer verbindlichen Regelung abzielt. 3 Vgl. Herzig in FS Frotscher, 203 (206). 4 Vgl. Oestreicher/Scheffler/Spengel/Finke/Heckemeyer/Kimpel/KÇstler/Vorndamme, StuW 2014, 326; Kußmaul/Niehren, StB 2011, 344 mwN.

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C. Rahmenbedingungen fÅr ein Gruppenbesteuerungskonzept

Somit fallen weder Einzelunternehmen und Personengesellschaften1 noch die deutsche Gewerbesteuer unter dieses Regelwerk. Die Mitgliedstaaten kÇnnten allerdings eine VerknÅpfung der Gewerbesteuer herstellen,2 da anderenfalls die Reduzierung der Befolgungskosten ins Leere laufen wÅrde. Es handelt sich um ein Optionsmodell, so dass die Unternehmen zwischen der Besteuerung nach dem CCCTB-Richtlinienvorschlag oder nach dem nationalen KÇrperschaftsteuerrecht whlen kÇnnen.3 Eine Option bindet die Unternehmen fÅr fÅnf Jahre mit einer automatischen Verlngerung von weiteren drei Jahren, sofern der Steuerverwaltung nicht rechtzeitig der Austritt aus der Gruppe angezeigt wurde. Zustndig fÅr die gesamte Gruppe ist eine HauptsteuerbehÇrde, die ausschließlich mit einem Hauptsteuerpflichtigen4 kommuniziert, was eine aufwendige Abstimmung mit einer Vielzahl nationaler SteuerbehÇrden vermeidet.5 Dreistufiges Verfahren. In der ersten Stufe berechnet jede Konzerngesellschaft separat nach einem einheitlichen Verfahren ihre Steuerbemessungsgrundlage auf Basis von in der EU harmonisierten Gewinnermittlungsvorschriften. In der zweiten Stufe werden diese einzeln festgestellten Ergebnisse zu einem grenzÅberschreitend konsolidierten Konzernergebnis zusammengefasst. Dieses Konzernergebnis wird in der dritten Stufe mittels eines SchlÅssels auf die Mitgliedstaaten verteilt, die ihre nationalen KÇrperschaftsteuerstze hierauf anwenden. Eine Steuersatzharmonisierung ist grundstzlich kein Bestandteil des CCCTB-Projektes.6

10.12

Fokussierung auf die erste Stufe (Harmonisierung der Steuerbemessungsgrundlage).7 Der CCCTB-Richtlinienvorschlag enthlt ein eigenstndiges

10.13

1 HarmonisierungsbemÅhungen unter Einbezug von Personengesellschaften in der EU sind nicht absehbar, was auch fÅr die Einkommensteuer gilt. Vgl. Spengel in FS Herzig, 879 (887). Herzig betont, dass eine rechtsformabhngige Zweispurigkeit vermieden werden sollte, insbesondere aufgrund der großen Bedeutung von Personenunternehmen in Deutschland. Vgl. Herzig in FS Frotscher, 203 (215) mwN. 2 Vgl. FÇrster/Krauß, IStR 2011, 607 (614). Prinz, StuB 2011, 461 (463) weist darauf hin, dass Sonderfragen wie die Gewerbesteuer nur in Deutschland und nicht auf europischer Ebene lÇsbar seien. Widerstand der Kommunen erwartet Herzig wegen der großen Abweichung zum deutschen Gewerbeertrag. Vgl. Herzig in FS Frotscher, 203 (216). 3 Der Verzicht auf die Optionalitt wird diskutiert, um ein aufwendiges zweispuriges Konzernsteuerrecht in der EU zu vermeiden. Vgl. Herzig in FS Frotscher, 203 (210). 4 Der Hauptsteuerpflichtige ist die antragstellende (Mutter-)gesellschaft. 5 Vgl. FÇrster/Krauß, IStR 2011, 607 (608); Kußmaul/Niehren, StB 2011, 344 (345 f.); Lenz/Rautenstrauch, DB 2011, 726. 6 Vgl. Kußmaul/Niehren, StB 2011, 344 (345 f.); Prinz, StuB 2011, 463. Durch dieses Vorgehen wird eine Besteuerung in den jeweiligen Quellenstaaten und damit eine Kapitalimportneutralitt erreicht. Vgl. Herzig in FS Frotscher, 203 (206). 7 Herzig betont, dass es sich nicht um eine Harmonisierung der Gewinnermittlungsvorschriften sondern einer gemeinsamen Tax Base handelt. Vgl. Herzig in FS Frotscher, 203 (209).

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Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem

Gewinnermittlungskonzept ohne Maßgeblichkeit handelsrechtlicher Regelungen oder AnknÅpfung an die IFRS, so dass alle erforderlichen Regelungen zur Ermittlung eines einheitlichen Gewinns und damit auch eine Ableitung Europischer Grundstze ordnungsgemßer BuchfÅhrung enthalten sind.1 Durch Kompromissvorschlge wurden sowohl allgemeine Gewinnermittlungsgrundstze als auch zahlreiche konkrete Vorschriften, beispielsweise zum Zinsabzug, zum Verlustabzug und zu verschiedenen WirtschaftsgÅtern, konkretisiert und modifiziert. Insgesamt weichen die Vorschriften zwar teilweise vom deutschen Steuerrecht ab, verstoßen aber nicht gegen Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung in Deutschland.2

10.14 Zweite Stufe (Konsolidierung). In den Konsolidierungskreis werden alle im Unionsgebiet ansssigen Tochtergesellschaften aufgenommen, welche die Beteiligungsvoraussetzungen iHv. 50 % der Stimmrechte und mehr als 75 % des Eigenkapitals erfÅllen. Die Konsolidierung beinhaltet keine Kapital- oder Schuldenkonsolidierung, aber eine Eliminierung konzerninterner Transaktionen (entsprechend einer Aufwands- und Ertragskonsolidierung sowie einer Zwischenergebniseliminierung). Hierdurch entfllt die vorgezogene Steuerbelastung auf Zwischengewinne im Konzern sowie die Besteuerung der durch konzerninterne Umstrukturierungen aufgedeckten stillen Reserven. Schließlich werden durch die Konsolidierung automatisch grenzÅberschreitend alle Gewinne und Verluste in der Gruppe verrechnet.

10.15 Dritte Stufe (Verteilung auf die Mitgliedstaaten). In einem letzten Schritt wird das steuerliche Gesamtkonzernergebnis auf alle Mitgliedstaaten verteilt, in denen Konzerngesellschaften ansssig sind. Die formelmßige Aufteilung basiert auf den Faktoren Umsatz, Arbeit und VermÇgenswerten.3 Diese Vorgehensweise bedeutet einen Paradigmenwechsel von der direkten Methode hin zur indirekten Methode der Konzerngewinnabgrenzung.4

10.16 Verluste. Sofern die Gruppe insgesamt einen Verlust erwirtschaftet, ist dieser zeitlich unbegrenzt im Rahmen einer – dem deutschen Recht hnelnden – Mindestbesteuerung vortragsfhig. Ein VerlustrÅcktrag ist nicht vorgesehen.5 Vor der Option entstandene vortragbare Verluste dÅrfen mit dem Anteil der Gesellschaft an der konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage verrechnet werden. Verlsst ein Unternehmen die Grup1 Vgl. Herzig in FS Frotscher, 203 (208). 2 Vgl. Lenz/Rautenstrauch, DB 2011, 726, ausfÅhrlich Scheffler/KÇstler, DStR 2014, 664 sowie Oestreicher/Scheffler/Spengel/Finke/Heckemeyer/Kimpel/ KÇstler/Vorndamme, StuW 2014, 326 (327 ff.). 3 Vgl. zur zweiten und dritten Stufe BÅnning/MÇser, BB 2011, 2647 (2648); FÇrster/Krauß, IStR 2011, 607; Kußmaul/Niehren, StB 2011, 344 (346); Lenz/Rautenstrauch, DB 2011, 726 (727). 4 Vgl. Petutschnig, StuW 2014, 226 (239). 5 Vgl. Scheffler/KÇstler, DStR 2014, 664 (666).

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C. Rahmenbedingungen fÅr ein Gruppenbesteuerungskonzept

pe, erhlt es keine anteilige Verlustzuweisung aus der konsolidierten Gruppe, whrend bei AuflÇsung der gesamten Gruppe noch nicht ausgeglichene Verluste grundstzlich aufzuteilen sind.1 3. Bedeutung des CCCTB-Projektes fÅr das Gruppenbesteuerungskonzept Auswirkungen auf ein mÇgliches Gruppenbesteuerungskonzept ergeben sich insbesondere aus der Konsolidierung und der Aufteilung der Steuerbemessungsgrundlage. Allerdings werden diese politisch bei den Mitgliedstaaten schwer durchsetzbar sein, da eine dadurch bedingte zwischenstaatliche Verschiebung des Steueraufkommens betragsmßig schwer abschtzbar2 und die Aufteilung der Bemessungsgrundlage missbrauchsanfllig ist.3 Daher ist die Wahrscheinlichkeit einer kurz- bis mittelfristigen Realisierung des CCCTB-Projektes als sehr gering einzustufen, so dass der deutsche Steuergesetzgeber im Vorgriff auf ein einheitliches europisches Konzernsteuerrecht eine nationale Gruppenbesteuerung implementieren sollte. Auch wenn noch keine rechtliche Verpflichtung existiert, sollte sich ein solches Gruppenbesteuerungskonzept zur Vermeidung erkennbarer InsellÇsungen4 durch Einbezug der steuersystematischen Grundstze inhaltlich an dem CCCTB-Projekt orientieren. Außerdem wre dies ein wichtiger Schritt zur Erreichung des europischen Gesamtziels.

10.17

II. Anforderungen der Finanzverwaltung Sicherung des Steueraufkommens. Aus nationaler Perspektive wird ein Gruppenbesteuerungskonzept nur dann politisch durchsetzbar sein, wenn es grundlegend die Anforderungen der Finanzverwaltung erfÅllt. So ist die langfristige Sicherung des Steueraufkommens aus Sicht der Finanzverwaltung zu gewhrleisten.5 Eine aufkommensneutrale Reform ist jedoch nicht realisierbar. Sowohl die Abschaffung des GewinnabfÅhrungsvertra1 Vgl. BÅnning/MÇser, BB 2011, 2647 (2651 f.); FÇrster/Krauß, IStR 2011, 607 (611). 2 Vgl. FÇrster/Krauß, IStR 2011, 607 (614). 3 Vgl. BÅnning/MÇser, BB 2011, 2647 (2649). Daher wird eine schrittweise Zielerreichung mit Konzentration auf die CCTB favorisiert. Vgl. Oestreicher/Scheffler/Spengel/Finke/Heckemeyer/Kimpel/KÇstler/Vorndamme, StuW 2014, 326; Herzig in FS Frotscher, 203 (212); Scheffler/KÇstler, DStR 2014, 664; Lenz/Rautenstrauch, DB 2011, 726 (727). 4 Prinz, StuB 2011, 461 (463). 5 Die vom BMF eingesetzte Facharbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“ unterstellt in Ihrem Bericht vom 15.9.2011 Steuerausflle (ESt, GewSt, KSt) im niedrigen bis hohen einstelligen Milliardenbereich, wobei bei der Berechnung Zahlen der amtlichen Statistik aus dem Jahr 2004 herangezogen wurden. Vgl. Bericht der Facharbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“, 140-142. Die Fortentwicklung der Organschaft zu einer Gruppenbesteuerung ist daher bisher aufgrund der finanziellen Auswirkungen gescheitert. Vgl. Hey, FR 2012, 994 (998); Oesterwinter, DStZ 2012, 867.

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10.18

Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem

ges – bei gleichzeitiger Anhebung der Mindestbeteiligungsquote –1 als auch die BerÅcksichtigung grenzÅberschreitender finaler Verluste2 werden zu Steuermindereinnahmen fÅhren, die im Vorfeld der Reform zur Haushaltssicherung abzuschtzen sind.

10.19 Keine ErhÇhung der Verwaltungskosten. Die sog. Vollzugskosten der Finanzverwaltung sind einzuschtzen. Auf der einen Seite wÅrde der Wegfall des GAV zu Erleichterungen im Besteuerungsverfahren fÅhren, weil der damit verbundene Kontrollaufwand der BehÇrden reduziert wÅrde. Auf der anderen Seite wÅrde sich durch grenzÅberschreitende Sachverhalte der Abstimmungsbedarf zwischen den EU/EWR-Staaten erhÇhen, was wiederum vermehrten administrativen Aufwand der FinanzbehÇrden bedeutet. Aus diesem Grund kÇnnten in einem Gruppenbesteuerungskonzept in einem ersten Schritt nur solche konzerninternen grenzÅberschreitenden Transaktionen integriert werden, die unionsrechtlich geboten sind (finale EU-/EWR-Verluste).

10.20 Wirtschaftspolitische Konsequenzen. Ein modernes (teilweise grenzÅberschreitendes) Gruppenbesteuerungskonzept kann durch FÇrderung der (Außen-)Wirtschaft3 die Steuereinnahmen erhÇhen. Zur dauerhaften Sicherung von Steueraufkommen sollte Deutschland durch ein attraktives Steuersystem fÅr Konzerne den Wirtschaftsstandort strken sowie die Wettbewerbsfhigkeit steigern.4

D. Fortentwicklung der Organschaft zu einem modernen Gruppenbesteuerungskonzept ohne GAV I. Einzubeziehende Steuerarten 10.21 Organschaften im Konzern existieren als ertragsteuerliche Organschaft im Bereich der KÇrperschaft- und Gewerbesteuer sowie als umsatz- und 1 Vgl. Oestreicher/Koch/Vorndamme/Hohls, Aufkommenswirkungen einer Abschaffung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags bei der ertragsteuerlichen Organschaft, 47 f. 2 Vgl. Fellinger/Schmidt-Fehrenbacher, Ubg 2012, 217 (221 f.), die im Fall der BerÅcksichtigung finaler EU-Auslandsverluste von EU-Tochtergesellschaften Steuermindereinnahmen von ca. 126 Mio. Euro bei der KÇrperschaftsteuer und unter Einbezug der Gewerbesteuer von 238 Mio. Euro errechnet haben. 3 Die FÇrderung der Außenwirtschaft gehÇrte zu den Zielen der Gruppenbesteuerung in Frankreich und sterreich. Vgl. Esser, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung im Konzern, 30. 4 Deutliche Forderungen nach einem konkurrenzfhigen Wirtschaftsstandort Deutschland finden sich zB bei Endres in FS Herzig 189 (190), KrebÅhl in Herzig, Organschaft, 597, SchÇn in SchÇn/Schreiber/Spengel, A Common Consolidated Corporate Tax Base for Europe – Eine Einheitliche KÇrperschaftsteuerbemessungsgrundlage fÅr Europa, 53.

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D. Fortentwicklung zu einem modernen Gruppenbesteuerungskonzept ohne GAV

grunderwerbsteuerliche Organschaft. Sowohl die jeweiligen Tatbestandsmerkmale als auch die steuerrechtlichen Folgen unterscheiden sich bei den verschiedenen Steuerarten teilweise erheblich, so dass zB eine umsatzsteuerliche Organschaft unabhngig von einer ertragsteuerlichen Organschaft eingegangen werden kann. Whrend ertrag- und umsatzsteuerliche Organschaften zur Erzielung von steuerlichen Vorteilen gebildet werden, bewirkt eine grunderwerbsteuerliche Organschaft durch Erweiterung des Tatbestandes der Anteilsvereinigung steuerliche Nachteile; hierdurch kÇnnen betriebswirtschaftlich sinnvolle (ertragsteuerneutrale) Umstrukturierungen erschwert werden.1 Die steuerlichen Vorteile einer umsatzsteuerlichen Organschaft bestehen in den meisten Fllen in administrativen Erleichterungen dadurch, dass nur der Organtrger Unternehmer ist und somit innerhalb des Organkreises keine steuerbaren Umstze ausgefÅhrt werden.2 In den Fllen steuerbefreiter Ausgangsumstze kann sie durch Erhalt des Vorsteuerabzugs zu materiellen Steuervorteilen fÅhren.3 Die steuerlichen Vorteile der ertragsteuerlichen Organschaft ergeben sich insbesondere durch die Verrechnung von Gewinnen und Verlusten im Organkreis und der Vermeidung der Mehrfachbesteuerung von ausgeschÅtteten Gewinnen. Begrenzung auf Ertragsteuern. FÅr die beschriebenen Organschaften bzw. Steuerarten existiert in Deutschland kein Åbergreifendes einheitstheoretisches Konzept fÅr eine Konzernbesteuerung,4 was in der Literatur auch als steuerartenspezifische Zersplitterung5 bezeichnet wird. Auch wenn eine Annherung der Voraussetzungen fÅr die verschiedenen Organschaften grundstzlich zu Åberdenken sein kann6 und unter systematischen Gesichtspunkten ein steuerartenÅbergreifendes Konzept optimal wre, kann ein Gruppenbesteuerungskonzept in einem ersten Schritt nur die ertragsteuerliche (kÇrperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche) Organschaft mit zustzlichen Auswirkungen auf die Einkommensteuer (im Fall eines Personenunternehmens als Muttergesellschaft) umfassen. Eine sptere Weiterentwicklung zu einem steuerartenÅbergreifendem Konzept (beginnend mit der Umsatzsteuer) ist wÅnschenswert, aber nur Åber einen lngeren Zeithorizont realisierbar. Aus systematischen und praktischen GrÅnden sollten die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Gruppenbesteuerung sowohl fÅr die KÇrperschaftsteuer als auch fÅr die Gewer-

1 Vgl. Lieber in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 1756; Hey, FR 2012, 994 (998 f.); Prinz, Beihefter zu DStR 2010, 67 (69). 2 Vgl. Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht22, § 17 Rz. 64. 3 Vgl. StÇcker in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 1154 ff.; Prinz, Beihefter zu DStR 2010, 67 (69), der aus diesem Grund ein ggf. mehrjhriges Optionsrecht anregt. 4 Vgl. Grotherr, StuW 1995, 124 (128). 5 Prinz, Beihefter zu DStR 2010, 67 (68). 6 Vgl. Hey, FR 2012, 994 (998), die zudem eine umsatzsteuerliche Zwangsorganschaft zur Diskussion stellt.

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10.22

Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem

besteuer gelten, wie es auch bei einer Umsetzung des CCCTB-Projektes denkbar wre.1

II. Voraussetzungen der Gruppenbesteuerung 1. Einzubeziehende Rechtsformen und Ansssigkeitsvoraussetzungen

10.23 Bei der Festlegung der Voraussetzungen der Gruppenbesteuerung sind Abweichungen vom bisherigen Organschaftsrecht zu vermeiden, sofern diese keine nennenswerten systematischen oder praktischen Vorteile bewirken oder die steuerpolitische Durchsetzbarkeit schwierig bis unmÇglich machen wÅrden. Dies soll auch fÅr die zulssigen Rechtsformen gelten.

10.24 Gruppentrger. In Deutschland sind im Rahmen der Organschaft neben Kapitalgesellschaften auch gewerblich ttige Personengesellschaften oder Einzelunternehmen als Organtrger anerkannt. Auf der einen Seite spricht gegen den Einbezug von Personenunternehmen als Gruppentrger, dass nicht nur die Komplexitt eines Gruppenbesteuerungskonzepts deutlich erhÇht,2 sondern zustzlich eine Abweichung zum CCCTB-Projekt verursacht wird. Auf der anderen Seite sind Personenunternehmen im deutschen Mittelstand von so großer Bedeutung, dass ein Ausschluss dieser Gruppe in Deutschland politisch voraussichtlich nur schwer durchsetzbar wre. Um eine praktische Realisierbarkeit zu ermÇglichen, sollte wie bisher als Gruppentrger jedes bilanzierende gewerblich ttige Unternehmen (einschließlich Personengesellschaften und Einzelunternehmen) anerkannt sein.3

10.25 Gruppengesellschaften. Analog zur Organschaft sollten nur Kapitalgesellschaften als Gruppengesellschaften einbezogen werden. Ein Einbezug von Personengesellschaften ist aufgrund des Transparenzprinzips und den damit verbundenen grundstzlichen VerlustverrechnungsmÇglichkeiten beim Mitunternehmer trotz der gewerbesteuerlichen Inselbildung4 nicht 1 So auch IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 50. Esser weist auf die „gerechte“ Aufkommensverteilung der Gewerbesteuer bzw. „Schutzfunktion“ fÅr die Sitzgemeinde der Organschaft hin. Vgl. Esser, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung im Konzern, 32 f. Zu berÅcksichtigen ist, dass bereits im aktuellen Organschaftsrecht die Aufnahme einer Organgesellschaft in den Organkreis in nicht seltenen Fllen zu massiven Einnahmeverlusten einzelner Gemeinden fÅhrt. 2 Vgl. Herzig, StuW 2010, 214 (226), der vor allem auf den Transfer von Verlusten von der kÇrperschaftsteuerlichen in die einkommensteuerliche Sphre hinweist und daher den Einbezug von Personenunternehmen ablehnt. So auch Esterer/ Bartelt, BB-Special 1.2010, 2 (6) mit dem Zusatz, dass auch andere Staaten (zB sterreich) die Gruppenbesteuerung auf KÇrperschaftsteuersubjekte beschrnken. 3 So auch IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 49. 4 Vgl. Kaeser, DB 2010, Standpunkte 37 (38).

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D. Fortentwicklung zu einem modernen Gruppenbesteuerungskonzept ohne GAV

zwingend erforderlich.1 Es ergibt sich keine Abweichung zum CCCTBProjekt. Ansssigkeitserfordernisse von Gruppentrger und Gruppengesellschaft kÇnnen den Regelungen der ertragsteuerlichen Organschaft entnommen werden. Beim Organtrger spielen Sitz oder Geschftsleitung keine Rolle. Die Beteiligung an der Organgesellschaft und die zuzurechnenden EinkÅnfte mÅssen nach innerstaatlichem Recht und Abkommensrecht einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zuzurechnen sein (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Organgesellschaften werden in den Organkreis einbezogen, sofern sie ihre Geschftsleitung im Inland haben und Åber einen Sitz in der EU oder dem EWR verfÅgen (§ 14 Abs. 1 S. 1 KStG).

10.26

2. Unmittelbare oder mittelbare Beteiligung von mindestens 75 % Beteiligungen von mindestens 75 % (am Eigenkapital und den Stimmrechten) stÅtzen den Grundgedanken der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns sehr viel deutlicher als die im Organschaftsrecht geforderte einfache Mehrheitsbeteiligung, da sie dem Gruppentrger rechtliche Kontrolle verleihen und damit zu einer wirtschaftlichen Unselbstndigkeit der Gruppengesellschaften fÅhren (Rz. 10.4).2 Im internationalen Vergleich stellt diese BeteiligungshÇhe einen Mittelwert dar.3 Ein Gruppenbesteuerungskonzept sollte eine solche ErhÇhung der Beteiligungsgrenze vorsehen, obwohl daraus die AuflÇsung bestehender Organschaftsbeziehungen folgen wird. Etwas weniger fordernd sieht das CCCTB-Projekt eine mittelbare oder unmittelbare Beteiligung von mehr als 75 % am Eigenkapital der Tochtergesellschaft (und mehr als 50 % der Stimmrechte) whrend des gesamten Steuerjahres vor. Die ununterbrochene Beteiligung entspricht den deutschen Anforderungen in § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG und kann in einem Gruppenbesteuerungskonzept beibehalten werden.

10.27

Unmittelbare und mittelbare Beteiligungen sollten wie im geltenden Recht und dem CCCTB-Projekt einbezogen werden, auch wenn sich die technische Komplexitt insbesondere bei der Umsetzung des Ergebnis-

10.28

1 So auch IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 49 mit Hinweis auf das BFH-Urteil zur Ein-Unternehmer-Personengesellschaft (sog. Treuhandmodell), BFH v. v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751 = FR 2010, 628 m. Anm. Keß. 2 Ebenso zB Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216 (218); IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 54; RÇdder, ZHR 2007, 380 (390); Esterer/Bartelt, BB-Special 1.2010, 2, (7); Eisgruber, DB 2010, Standpunkte 39; KrebÅhl, FR 2009, 1042 (1043), teilweise mit dem Hinweis auf Ergnzung einer „MehrmÅtter-Regelung“. AA van Lishaut, FR 2009, 1030 (1033), der an der bisherigen Mehrheit von 50 % festhalten mÇchte. Grotherr, StuW 1996, 356 (376) hlt allerdings eine Beteiligungsquote von mindestens 90 % oder sogar 99 % fÅr sinnvoll, da diese Quote die DurchfÅhrung einer einheitstheoretischen Konzernbesteuerung erleichtert. 3 Vgl. Esterer/Bartelt, BB-Special 1.2010, 2 (7); Eisgruber, DB 2010, Standpunkte 39.

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transfers zwischen dem Gruppentrger und den Gruppengesellschaften hierdurch erhÇht.1 Die Integration einer MehrmÅtter-Regelung in die Gruppenbesteuerung wÅrde zwar die Attraktivitt Deutschlands als Joint Venture-Standort strken, wird aber nicht zwingend vom Grundgedanken der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns getragen2 und soll daher nicht in das Konzept aufgenommen werden. 3. Gruppenantrag mit fakultativer Aufnahme in die Gruppe?

10.29 Faktisch existiert durch den Abschluss eines GAV (bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 KStG) ein Wahlrecht zur Aufnahme einer Gesellschaft in den ertragsteuerlichen Organkreis, was in der Gruppenbesteuerung durch einen Antrag mit fakultativer Aufnahme beibehalten werden kÇnnte. Alternativ kÇnnte der Gruppenantrag zwingend alle Gesellschaften umfassen, welche die Voraussetzung erfÅllen („all-in-all-out-Prinzip“). Letzteres Vorgehen entspricht zwar sowohl dem Grundsatz der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns als auch der handelsrechtlichen Konsolidierungspflicht (§ 290 Abs. 1 S. 1 HGB). Anders als beim handelsrechtlichen Konzernabschlusses stehen bei der Besteuerung aber nicht die Vermittlung eines den tatschlichen Verhltnissen entsprechenden Bildes der VermÇgens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns im Vordergrund (§ 297 Abs. 2 S. 2 HGB),3 sondern Fiskalzwecke (§ 3 AO). Aus betriebswirtschaftlicher Sicht spricht fÅr die Beibehaltung des Wahlrechtes, dass hierdurch die Kontinuitt in der unternehmerischen Flexibilitt bewahrt bliebe. Das Wahlrecht entsprche auch der Verantwortlichkeit des Vorstands einer abhngigen AG ohne Beherrschungsvertrag (§ 291 AktG) fÅr die Interessen seiner Gesellschaft (§ 76 AktG).4 Gruppentrger und Gruppengesellschaft formulieren einen gemeinsamen Antrag an die zustndigen Finanzmter. Dieser sollte – dem CCCTB-Richtlinienvorschlag und dem aktuellen Recht folgend – eine Bindungsfrist von fÅnf Jahren vorsehen.5 Wie bisher sollte eine VerkÅrzung der FÅnfjahresfirst aus wichtigem Grund mÇglich6 und eine Genehmigung durch das Finanzamt nicht erforderlich sein. 1 2 3 4

Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 54. So auch RÇdder, ZHR 2007, 380 (391). Neben dem Einheitsgrundsatz nach § 297 Abs. 3 S. 1 HGB. FÅr eine fakultative Aufnahme in die Gruppe sprechen sich Prinz, DStR Beihefter zu 30/2010, 67 (71) sowie IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 55 aus. AA Schreiber/Stiller, StuW 2014, 215 (224); Pache, IStR 2007, 47 (49). 5 Nach Meinung der Literatur wird ein Zeitraum von 3–5 Jahren als konsensfhig angesehen. Vgl. Herzig, DStR Beihefter zu 30/2010, 61 (65). RÇdder, DB 2011, Standpunkte 41; Esterer/Bartelt, BB-Special 1.2010, 2 (7) halten an den 5 Jahren fest. Prinz, DStR Beihefter zu 30/2010, 67 (71) sowie Grotherr, StuW 1996, 356 (376) schlagen eine VerkÅrzung auf 3 Jahre vor, um Konzernumstrukturierungen aus steuerlichen GrÅnden nicht unnÇtig zu blockieren. 6 So auch IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 55.

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III. Rechtsfolgen der Gruppenbesteuerung 1. Gesellschaftsrechtliche und handelsbilanzielle Konsequenzen der Gruppenbesteuerung a) Nachteilsausgleich als Schutzmechanismus im faktischen Konzern Ein Gruppenbesteuerungskonzept hat nicht nur Auswirkungen auf das Ertragsteuerrecht, sondern auch auf das Gesellschaftsrecht. Aufgrund des gleichzeitigen Wegfalls des GAV und des Beherrschungsvertrags, der in der Praxis idR zusammen mit dem GAV abgeschlossen wird (§ 291 AktG) und der Absicherung der organisatorischen Eingliederung dient,1 sind in Bezug auf Aktiengesellschaften als abhngige Unternehmen die Vorschriften zum Nachteilsausgleich in §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 AktG (Recht des faktischen Konzerns) anzuwenden. Dies ist gegenÅber abhngigen Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH anders (Rz. 10.44 ff.). Da die Gruppengesellschaften (mittelbar oder unmittelbar) aufgrund der vorgegebenen BeteiligungshÇhe von mindestens 75 % im Mehrheitsbesitz des Gruppentrgers stehen (§ 17 Abs. 2 AktG), gelten die Gruppengesellschaften als abhngige Gesellschaften, der Gruppentrger als herrschendes Unternehmen. Die Schutzmechanismen des Vertragskonzerns (§§ 300 ff. AktG) greifen ohne Beherrschungs- und/oder GewinnabfÅhrungsvertrag nicht. Damit entfallen zB die VerlustÅbernahmeverpflichtung nach § 302 AktG sowie die umfassende Sicherung der außenstehenden Aktionre nach §§ 304 ff. AktG.

10.30

Nachteilsausgleich und Schadensersatzpflicht des herrschenden Unternehmens (§§ 311, 317 AktG). Aufgrund der Beherrschung besteht die MÇglichkeit der Einflussnahme durch den Gruppentrger mit der Gefahr, dass dieser eigene Belange zum Nachteil der abhngigen Tochtergesellschaften verfolgt. Dieser „Konzernkonflikt“ wird dadurch gelÇst, dass die gesetzlichen Vertreter der beteiligten Gesellschaften einschließlich Aufsichtsrat zum Schadensersatz gem. §§ 317 f. AktG verpflichtet sind, sofern sie insbesondere die Nachteilsausgleichspflicht des § 311 AktG verletzen. § 311 AktG steht nicht grundstzlich einer nachteiligen Einflussnahme durch die beherrschende Gesellschaft entgegen, sondern stellt die Rechtmßigkeit der Befolgung einer nachteiligen Weisung des herrschenden durch das abhngige Unternehmen unter die Voraussetzung, dass der Nachteil im Geschftsjahr ausgeglichen oder rechtsverbindlich versprochen wird. Insoweit dÅrfen der Gruppengesellschaft durch den Gruppentrger nur individualisierbare Weisungen erteilt werden, deren Nachteilhaftigkeit konkret zu dokumentieren und auszugleichen ist (System des Einzelausgleichs). Lediglich unspezifische Nachteile aus der allgemeinen KonzernzugehÇrigkeit (passive Konzerneffekte) bleiben vom Nachteils-

10.31

1 Auch ein isolierter GAV fÅhrt zu einem faktischen Konzern (Umkehrschluss aus § 316 AktG: §§ 311, 317 AktG sind anzuwenden), die §§ 300 ff. AktG sind aber parallel anzuwenden.

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ausgleich ausgenommen.1 Solange demnach die VermÇgensinteressen der abhngigen Gesellschaft gewahrt bleiben, kann die Konzernobergesellschaft Eigen- bzw. Konzerninteressen gegen die abhngige Gesellschaft durchsetzen, ohne dass daraus eine Schadensersatzpflicht folgt. Hierdurch erhlt diese Vorschrift eine Schutz- und auch eine Privilegierungsfunktion.2

10.32 SchadensersatzansprÅche des abhngigen Unternehmens. Befolgt das abhngige Unternehmen Weisungen unter Verstoß gegen § 311 AktG, tritt ua. eine Ersatzpflicht seines Vorstands aus § 93 Abs. 2 AktG ein3 (die Rechtslage gegenÅber GeschftsfÅhrern einer GmbH nach § 43 Abs. 2 GmbHG ist im Hinblick auf die GeschftsfÅhrungskompetenz der Gesellschafter nach §§ 45 f. GmbHG etwas anders gelagert).4 Besitzt das herrschende Unternehmen 100 % der Anteile, ist die PrÅfung eines potentiellen Nachteils auf Basis des Glubigerschutzes vorzunehmen.5 In der Praxis erlangt der Glubigerschutz erst im Insolvenzfall Bedeutung, so dass die AngemessenheitsprÅfung im Rahmen der Insolvenzanfechtung zu erfolgen htte.6 Um die Durchsetzbarkeit der Schutzfunktion des § 311 AktG bzw. des Nachteilsausgleichs zu gewhrleisten, verlangt § 312 AktG die Aufstellung eines Abhngigkeitsberichtes durch den Vorstand der beherrschten Konzerngesellschaft. In diesem Bericht, der vom AbschlussprÅfer und dem Aufsichtsrat geprÅft wird, ist Åber die ausgleichspflichtigen Rechtsgeschfte hinausgehend allgemein die Beziehung der beherrschten Gesellschaft zu verbundenen Unternehmen darzulegen.7 VerstÇße hiergegen sind schadensersatzbewehrt (§ 318 AktG).

1 So fallen zB allgemeine Folgen wie ein schlechteres Rating oder ein schlechterer Zugang zu Beschaffungs- oder Absatzkanlen nicht unter § 311 AktG. Vgl. Habersack, BB 2007, 1397 (1400). 2 Vgl. zum allgemeinen Regelungszweck und grundlegendem Inhalt des faktischen Konzerns Habersack in Emmerich/Habersack7, § 311 AktG Rz. 1-6, 17; MÅller in Spindler/Stilz2, Vorbemerkung zu den §§ 311 bis 318 AktG Rz. 1 f. 3 Ebenso ggf. aus §§ 318 Abs. 1 und § 117 Abs. 2 AktG. Parallel ergeben sich AnsprÅche des abhngigen Unternehmens sowie seiner (außenstehenden) Aktionre gegen das herrschende Unternehmen aus § 317 Abs. 1 AktG, aus §§ 117 Abs. 1 AktG mit § 31 BGB und aus §§ 57, 58, 62 AktG; gegen die Vertreter des herrschenden Unternehmens aus §§ 317 Abs. 3 und 117 Abs. 1 AktG. 4 Vgl. Mayer in Eckardt/Mayer/van Zwoll, Der GeschftsfÅhrer der GmbH2, 120 f., 123 ff. 5 Vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen7, § 13 GmbHG Rz. 104 ff. 6 Sinngemß IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 118. Zum GmbH-Recht vgl. Mayer in Eckardt/Mayer/van Zwoll, Der GeschftsfÅhrer der GmbH2, 125. 7 Der Bericht soll den außenstehenden Aktionren und Gesellschaftsglubigern die Durchsetzung von ErsatzansprÅchen erleichtern. Sie haben selbst keinen Zugriff auf diesen Bericht, die Ergebnisse der PrÅfungen sind aber durch AbschlussprÅfer und Aufsichtsrat offen zu legen. Vgl. MÅller in Spindler/Stilz2, § 312 AktG Rz. 2, 23 f.

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Gruppenbesteuerung als ausgleichspflichtiger Nachteil? Im Rahmen der Gruppenbesteuerung werden der herrschenden Gesellschaft (= Gruppentrger) die steuerlichen Ergebnisse der abhngigen Gesellschaften (= Gruppengesellschaften) zugerechnet, so dass die herrschende Gesellschaft die Ertragsteuern der Gruppe schuldet. Sofern eine Tochtergesellschaft Gewinne erzielt und die Steuerbelastung insoweit den Gruppentrger trifft, ist mangels eines Nachteils kein direkter AnknÅpfungspunkt fÅr § 311 AktG erkennbar. Erzielt eine Gruppengesellschaft dagegen Verluste, werden in der Literatur unterschiedliche Meinungen darÅber vertreten, ob ein Rechtsanspruch auf Gewhrung einer negativen Steuerumlage besteht. Einerseits wird die Verlustverrechnung einer abhngigen Tochtergesellschaft im Konzern als ein nach § 311 AktG ausgleichspflichtiger Nachteil gesehen. Denn bei der abhngigen Gesellschaft entfllt mangels VerrechnungsmÇglichkeit der Verluste mit eigenen zukÅnftigen Gewinnen eine potentielle zukÅnftige Steuerminderung, die bilanziell zum Ausweis einer aktiven latenten Steuer fÅhren kÇnnte.1 Andererseits wird ein Verlustverbrauch als passiver Konzerneffekt eingestuft, der keinen nach § 311 AktG ausgleichspflichtigen Nachteil darstellt.2

10.33

BGH-Rechtsprechung zur gewerbesteuerlichen Organschaft. FÅr die weitere Untersuchung kann insoweit auf den vergleichbaren Rechtsstand der gewerbesteuerlichen Organschaft bis zum Erhebungszeitraum 2001 („Altflle“) zurÅckgegriffen werden, da bis zu diesem Zeitpunkt kein GAV vorausgesetzt wurde.3 Eine Pflicht zum Nachteilsausgleich nach § 311 AktG wurde dabei (umgekehrt) nur hinsichtlich der HÇhe von Steuerumlagen vom BGH4 gesehen, wenn die Organgesellschaften Åber den tatschlichen Steueraufwand bei der Organtrgerin hinaus belastet worden waren und folglich nicht am Steuererstattungspotential aus den Verlusten der Organtrgerin teilhatten. Vereinbarkeit, Notwendigkeit und zulssige Ausgestaltung von Steuerumlagevertrgen sind deshalb in einem Gruppenbesteuerungskonzept umfassend zu klren.

10.34

1 Vgl. Simon, ZGR 2007, 71 (103 f.); besttigend SchÇne/Heurung/Petersen, DStR 2012, 1680 (1682); Witt, Die Konzernbesteuerung, 355. hnlich IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 115. Negative Steuerumlagen sind – allerdings mit GAV – in der Praxis seit Jahrzehnten bewhrt. So auch zB DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 325 (Stand Dezember 2014). 2 Vgl. Habersack in Emmerich/Habersack7, § 311 AktG Rz. 50a, 52; Habersack, BB 2007, 1397 (1401). 3 Dagegen hat in einem Vertragskonzern mit GAV eine Steuerumlage weder aus gesellschafts- noch steuerrechtlicher Sicht eine Bedeutung, da sie praktisch nur eine Aufteilung der GewinnabfÅhrung beinhaltet. Vgl. zB HÅttemann, ZHR 2007, 451 (479); Witt, Die Konzernbesteuerung, 316. 4 BGH v. 1.3.1999 – II ZR 312/97, BGHZ 141, 79 = GmbHR 1999, 660; v. 22.10.1992 – IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50 = GmbHR 1993, 92.

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b) Abschluss eines Steuerumlagevertrages zur Vermeidung nicht sachgerechter handelsbilanzieller VermÇgensverschiebungen

10.35 Der Verzicht auf den GAV als wesentlicher Bestandteil der Reform fÅhrt auch zu handelsbilanziellen Konsequenzen. Ohne GAV wird dem Gruppentrger das Ergebnis der Gruppengesellschaften nur steuerlich und nicht handelsrechtlich zugerechnet. Steuerschuldner der auf die gesamte Gruppe entfallenden Ertragsteuern (KÇrperschaft- und Gewerbesteuer) soll der Gruppentrger sein, so dass sein handelsbilanzielles Ergebnis auch durch die von den Gruppengesellschaften ausgelÇsten bzw. wirtschaftlich verursachten Ertragsteuern belastet wird. Dagegen wird in demselben Umfang das Ergebnis der Gruppengesellschaft mangels Aufwandsbuchung hÇher als im Stand-alone Fall ausgewiesen. Im Fall einer Verlustzurechnung gilt das vice versa. In diesem Fall wird der handelsrechtliche Gewinn des Gruppentrgers hÇher als im Stand-alone Fall ausgewiesen, da der Steueraufwand auf Ebene der Konzernobergesellschaft reduziert wird.1 Dagegen entfllt fÅr die Gruppengesellschaft ein Verlustvortrag, der nunmehr von dieser Gesellschaft nicht mit zukÅnftigen Gewinnen in einem spteren Veranlagungszeitraum verrechnet werden kann. Diese handelsrechtliche VermÇgensverschiebung, die zu einem nicht verursachungsgerechten Ausweis der jeweiligen Ergebnisse der Konzerngesellschaften fÅhrt, ist betriebswirtschaftlich fragwÅrdig und kÇnnte durch den Abschluss von Steuerumlagevertrgen vermieden werden.2 Zustzlich erhielte der Gruppentrger die notwendige Liquiditt zur Begleichung der Steuerschuld.3 c) Anwendbarkeit des Nachteilsausgleichs auf den Steuerumlagevertrag

10.36 Diese VermÇgensverschiebungen haben Auswirkungen auf den Gesellschafter- und Glubigerschutz. Soweit außenstehende Anteilseigner an einer Gruppengesellschaft beteiligt sind, wÅrden sie im Falle steuerlich anzuerkennender Verluste auf Ebene der Gruppentrgerin (oder einer anderen Gruppengesellschaft) bei einer unterstellten VollausschÅttung durch die Gruppengesellschaft von einer ÅberhÇhten Dividende profitieren. In der Literatur ist umstritten, ob dieser Fall einen wirtschaftlichen Nachteil des Gruppentrgers bedeutete, der zur Annahme fÅhren mÅsste, dass der 1 Voraussetzung hierfÅr ist, dass bei dem Gruppentrger aufgrund eigener oder von anderen Gruppengesellschaften zugerechneter Gewinne im Ergebnis positives Einkommen verbleibt. Sollte dies nicht der Fall sein, baut sich beim Gruppentrger ein Verlustvortrag auf, der mit zukÅnftigen positiven Ergebnissen der Gruppe in einem spteren Veranlagungszeitraum verrechnet werden kann. 2 Vgl. Simon, ZGR 2007, 71 (74 f.); DStR 2000, 431 (433) jeweils mwN. DÇtsch verweist auf die aus betriebswirtschaftlichen GrÅnden notwendige zutreffende Kostenabgrenzung. Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 325 (Stand Dezember 2014). Trotz geforderter wirtschaftlicher Einheit des Konzerns bleibt fÅr GewinnausschÅttungszwecke weiterhin das handelsrechtliche Ergebnis relevant. 3 Vgl. Herzig/Stock, BFuP 2011, 476 mwN.

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Vorstand bzw. der GeschftsfÅhrer der Konzernobergesellschaft seinerseits der Sorgfaltspflicht nach § 93 Abs. 2 AktG bzw. § 43 Abs. 2 GmbHG nicht nachgekommen wre. Umgekehrt ist streitig, ob durch Zurechnung von Verlusten der Organgesellschaft an die Organtrgerin außenstehende Anteilseigner entschdigungslos hinnehmen mÅssten, dass das darin liegende Steuersparpotential abgeht.1 Vereinbarkeit eines Steuerumlagevertrages mit den §§ 311 ff. AktG? In einem gewerbesteuerlichen „Altfall“ erkannte der BGH2 einem Organtrger, der die Steuerbelastung des gesamten Organkreises zu tragen hatte, gegenÅber der Organgesellschaft (Haftungsschuldnerin nach § 73 AO) einen Ausgleichsanspruch zu. BegrÅndet wurde die Steuerumlage im Innenverhltnis des Konzerns analog zu § 426 Abs. 1 S. 1 BGB (Gesamtschuldnerausgleich) und anknÅpfend an betriebswirtschaftliche Erwgungen. Ungeachtet einer Subsidiaritt der Haftung der Organgesellschaft ist diese danach verpflichtet, dem Organtrger den auf ihren Betrieb entfallenden Anteil an der tatschlich gezahlten Gewerbesteuer des Organkreises zu erstatten. Dieser Entscheidung lag nur ein Fall positiver steuerlicher Ergebnisse im Organkreis zugrunde, und sie bezieht sich insofern nur auf die Verrechnung positiver Steuerumlagen.3 Eine Aussage zu § 311 AktG ist hieraus nicht direkt abzuleiten. FÅr ein Gruppenbesteuerungskonzept folgt, dass bei vergleichbar formulierter Haftung der Gruppengesellschaft der Gruppentrger dem Grunde nach einen Rechtsanspruch zumindest auf eine positive Steuerumlage der Gruppengesellschaft hat.

10.37

Methoden zu Berechnung einer Steuerumlage. Die Festlegung der HÇhe einer Steuerumlage in einem Gruppenbesteuerungskonzept kann nach der Stand-alone-Methode (auch Belastungsmethode genannt) oder der Verteilungsmethode erfolgen. Im Rahmen der Stand-alone-Methode wird eine Steuerumlage auf Basis einer fingierten Unabhngigkeit der Konzerntochtergesellschaft ermittelt, dh. die Tochtergesellschaft wird mit der Steuerzahlung belastet, die sie htte zahlen mÅssen, wenn sie steuerlich selbstndig wre. DemgegenÅber wird bei der Verteilungsmethode die tatschlich vom Gruppentrger geschuldete und an das Finanzamt abgefÅhrte Steuer auf die Gruppengesellschaft und den Gruppentrger nach einem bestimmten SchlÅssel4 verteilt. Bei der Verteilungsmethode werden Vorteile aus der Gruppenbesteuerung (auch als Umlagegewinn oder Konzernprmie5 bezeichnet), die sich zB aus der Verrechnung von Gewinnen

10.38

1 Simon, ZGR 2007, 71 (75) mwN postuliert einen entsprechenden Ausgleich in Form einer Steuerumlage. AA Habersack, BB 2207, 1397. 2 BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50 = GmbHR 1993, 92. 3 Vgl. erluternd Habersack, BB 2007, 1397; Simon, DStR 2000, 431 (434); Witt, Die Konzernbesteuerung, 333 ff. 4 Diskussionen zu einem sachgerechten VerteilungsschlÅssel finden sich bei Habersack, BB 2007, 1397 (1402); Simon, ZGR 2007, 71 (92 f.). 5 Als Konzernprmie kommen neben der Saldierung von Gewinnen und Verlusten zwischen den Konzerngesellschaften insbesondere die weiteren Vorteile einer Organschaft bzw. Gruppenbesteuerung in Frage, wie zB der Wegfall der

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und Verlusten ergeben, auf alle Gesellschaften der Gruppe verteilt, whrend sie bei der Stand-alone-Methode beim Gruppentrger verbleiben.1 Beispiel 1:2 Ein Gruppentrger (GT) und die Gruppengesellschaft A (A) haben einen steuerlichen Gewinn von jeweils 100, die Gruppengesellschaft B (B) erzielt dagegen einen Verlust von 100. Der bei GT zu versteuernde Gewinn betrgt damit 100. Bei Anwendung eines – einheitlichen – Ertragsteuersatzes von 30 % wÅrde GT nach der Stand-alone-Methode A eine positive Steuerumlage von 30 in Rechnung stellen, B eine negative Steuerumlage von 30 erstatten. An das Finanzamt muss GT insgesamt 30 zahlen. Damit ist auch GT mit einer Steuer von 30 auf sein eigenes Ergebnis belastet. Die Konzernprmie bzw. den Steuervorteil aus der Verlustverrechnung erhielte B. Aus betriebswirtschaftlicher und Praxissicht wre dies ein zutreffendes Ergebnis, da jede Gruppengesellschaft mit der Steuer belastet wird, die sie wirtschaftlich ausgelÇst hat.3 Bei Anwendung der Verteilungsmethode wÅrde GT an A eine Steuer von 15 (= 1/2 x 100 x 30 %) belasten, so dass GT selbst ebenfalls nur eine Steuer von 15 tragen wÅrde. Die Konzernprmie wÅrde auf GT und A entsprechend ihrer Gewinnanteile umverteilt werden. B als eigentliche Verursacherin wÅrde mangels zulssiger Verrechnung einer negativen Steuerumlage nicht profitieren.

10.39 Zulssigkeit der Verteilungsmethode bei gewerbesteuerlicher Organschaft (BGH v. 22.10.1992).4 Kernaussage dieser Entscheidung zu einem „Altfall“ der gewerbesteuerlichen Organschaft ist die Berechtigung (und damit indirekt die Notwendigkeit) positiver Steuerumlagen bezogen auf die Verteilung (nur) des tatschlich im Organkreis angefallenen Steueraufwands. Die Anwendung der Verteilungsmethode wird dabei auf einen nicht nher ausgefÅhrten Grundsatz bezogen, dass im Rahmen von § 426 BGB nur der tatschliche Aufwand umlagefhig ist.5

10.40 Zulssigkeit der Verteilungsmethode bei gewerbesteuerlicher Organschaft (BGH v. 1.3.1999).6 In der nachfolgenden Entscheidung des BGH vom 1.3.1999 zu einem weiteren „Altfall“ der gewerbesteuerlichen Or-

1 2

3 4 5 6

5 %igen Dividendenbesteuerung nach § 8b Abs. 5 KStG, gewerbesteuerlicher Hinzurechnungen oder die Anwendung der Zinsschranke auf Gesellschaftsebene. Zur Definition der Methoden vgl. statt vieler BFH v. 21.12.2004 – I R 107/03, BStBl. II 2005, 490 = FR 2005, 603. Modifikation und FortfÅhrung eines Beispiels von Habersack, BB 2007, 1397 (1402), an Hand dessen er die Wirkungen der Verteilungsmethode und der Standalone-Methode gegenÅber stellt. Dieses Beispiel wird um eine negative Steuerumlage ergnzt, die er explizit ausschließt. Vgl. zB RÇdder/Simon, DB 2002, 496. BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50 (59) = GmbHR 1993, 92. BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50 (60) = GmbHR 1993, 92. BGH v. 1.3.1999 – II ZR 312/97, BGHZ 141, 79 = GmbHR 1999, 660. Die Reaktionen in der Literatur auf dieses Urteil waren geteilt. Whrend sich dem Urteil insbesondere gesellschaftsrechtliche Autoren angeschlossen haben, wurde schwerpunkmßig im steuerlichen Schrifttum die Stand-alone-Methode unter Verweis auf bereicherungsrechtliche Erwgungen (§ 812 ff. BGB) bevorzugt. Nachweise bei BFH v. 21.12.2004 – I R 107/03, BStBl. II 2005, 490 FR 2005, 603

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ganschaft wird ausfÅhrlich hergeleitet, dass der Organtrger nur seinen effektiven Steueraufwand auf die Organgesellschaften umlegen dÅrfe und die Auferlegung eines darÅber hinausgehenden fiktiven Steueraufwands (= Stand-alone-Methode) einen Nachteil nach § 311 AktG begrÅnde. Demnach sei Vergleichsmaßstab fÅr die Beurteilung eines Nachteils nicht die Sicht einer unabhngigen Gesellschaft, sondern einer Organgesellschaft, die zwischen den Berechnungsweisen der Belastungs- oder Verteilungsmethode frei whlen kÇnne. FÅhre die Verteilungsmethode zu einer geringeren HÇhe der Steuerumlage, habe eine Organgesellschaft demgemß einen Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 311 AktG gegen den Organtrger, wenn der Organtrger auf Grundlage des Gesamtschuldnerausgleichs eine Steuerumlage verlange, obwohl er selbst – aufgrund eigener Verluste und trotz zugerechneten Gewinns der Organgesellschaft – keine Steuer schuldet und an das Finanzamt zahlt. Aktienrechtlich hat der BGH die Umlage einer nur fiktiven Steuerschuld (entsprechend der Belastungsmethode; stand-alone) folgerichtig als verdeckte GewinnausschÅttung gewertet.1 Die Steuerumlage sei „schon begrifflich“ und deshalb wie jede Konzernumlage der HÇhe nach auf den tatschlichen Aufwand begrenzt. Dies kÇnne durch rechtsgeschftliche Vereinbarung (Konzernvereinbarung oder -anordnung) nicht dahin umgangen werden, dass die Organgesellschaft unentgeltliche Leistungen an den Organtrger zu erbringen htte. Das in der MÇglichkeit der Verlustverrechnung liegende Steuersparpotential wird dabei ausdrÅcklich als nicht umlagefhiger Aufwand (jedenfalls seitens des Organtrgers) erwhnt. Zulssigkeit der Stand-alone-Methode bei umsatzsteuerlicher Organschaft (BGH v. 29.1.2013).2 In dieser jÅngeren Entscheidung hat der BGH aufgrund einer vergleichbaren Rechtslage eine analoge Anwendung des dargestellten Ausgleichsanspruches zwischen Organtrger und Organgesellschaft im Fall der umsatzsteuerlichen Organschaft angenommen. Im entschiedenen Fall hat der BGH einen Schadensersatzanspruch der Organgesellschaft auf Erstattung des VorsteuerÅberschusses gem. §§ 311, 317 AktG gegen den Organtrger unterstellt und dabei abweichend die Standalone-Methode zugrunde gelegt.3 Die Anwendung dieser Methode hat das Gericht damit begrÅndet, dass das Umsatzsteuerrecht im Unterschied zum Gewerbesteuerrecht nicht auf spezifische steuerliche Effekte, sondern auf den Grundsatz der Belastungsneutralitt ausgerichtet sei. Dieses Urteil ist schwerlich auf ein Gruppenbesteuerungskonzept zu Åbertragen, da die Umsatzsteuer (anders als die KÇrperschaft- und Gewerbesteuer) nur treuhnderisch vereinnahmt wird.

(kritisch zur Anwendung von § 812 BGB) sowie bei Habersack, BB 2007, 1397 (1399). 1 Vgl. RÇdder/Simon, DB 2002, 496. 2 BGH v. 29.1.2013 – II ZR 91/11, GmbHR 2013, 318. 3 Kritische AusfÅhrungen insbesondere zum Ausgleichsanspruch finden sich bei Menkel, NZG 2014, 52.

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10.42 Praxisgerechte LÇsung. Das Verteilungsverfahren muss wohl nach der Rechtsprechung des BGH als einzig zulssiger Weg des im Konzerninteresse getragenen Aufwands gelten. Nur soweit von vornherein Aufwand ausgeschlossen ist, zB bei der Umsatzsteuer (Belastungsneutralitt), kÇnnen Leistungen nach Stand-alone-Grundstzen abgerechnet werden. Das Verteilungsverfahren fÅhrt in Fllen einzelner Verlustgesellschaften systematisch stets zu einem Auseinanderfallen von wirtschaftlicher Verlusttragung und Nutzung des steuerlichen Verlustverrechnungspotentials.1 Aus GrÅnden der Planungssicherheit sollte fÅr gesetzgeberische Belange die BGH-Rechtsprechung zu den „Altfllen“ der gewerbesteuerlichen Organschaft streng ausgelegt werden, weshalb de lege ferenda eine abweichende Sichtweise im Bereich der Steuerumlagen gesondert und sachgerecht im Steuerrecht festzuschreiben wre. Ein Auseinanderfallen von Steuerrecht und Gesellschaftsrecht hinsichtlich des zulssigen Umfangs von Steuerumlagen gegenÅber anderen Konzernumlagen wre in Folge dessen (bis auf weiteres) hinzunehmen.2

10.43 Negative Steuerumlage. Ein gesellschaftsrechtlicher Anspruch einer Gruppengesellschaft auf Ausgleich des Verlustverrechnungspotentials ist nicht Gegenstand einer BGH Entscheidung gewesen.3 Sollte der Gruppentrger die Steuerumlage ohne einen Rechtsanspruch zahlen, lge zivilrechtlich eine verdeckte Einlage vor. Auch eine verursachungsgerechte Allokation bei der Gruppengesellschaft setzt damit de lege ferenda einen gesetzlichen Ausgleichsanspruch (im Steuerrecht) voraus.4 Der bloße Abschluss eines (privatrechtlichen) Steuerumlagevertrags, der die Anwendung der Stand-

1 BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50 (59) = GmbHR 1993, 92 weist auf unterschiedliche SchlÅssel innerhalb des Verteilungsverfahrens zur sachgerechten Verteilung des Aufwands (unter Betonung der Hebestze) hin; bei BGH v. 1.3.1999 – II ZR 312/97, BGHZ 141, 79 = GmbHR 1999, 660 wurde die SchlÅsselung (konsequenterweise) nicht erwogen. 2 Kritisch zum Auseinanderfallen von Steuer- und Gesellschaftsrecht dagegen HÅttemann, ZHR 2007, 451 (478 ff.). 3 Soweit BGH v. 1.3.1999 – II ZR 312/97, BGHZ 141, 79 (87) = GmbHR 1999, 660 bestimmt, dass die „Konzernprmie auch nicht als Betriebsausgabe im Sinne einer negativen Steuerumlage zum Ausgleich der (...) durch Ertrge der Organgesellschaften eintretenden Minderung der VerlustvortragsmÇglichkeit anerkannt werden“ kÇnne, erscheint das sprachlich uneindeutig, aber auf eine Versagung der negativen Steuerumlage zu zielen. Die in Bezug genommene Entscheidung BFH v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916 (917 ff.) = BFHE 161, 157 = BB 1990, 1832 und 2103, lehnt eine unter betriebswirtschaftlicher Beurteilung geforderte Aufteilung eines (bei Ende der Organschaft) nicht ausgeglichenen Gewerbeverlustes auf die Organgesellschaften ab und betrifft somit ihrerseits nicht die Frage negativer Steuerumlagen, lsst sich aber grundstzlich in diese Richtung gehend interpretieren. 4 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 325 (Stand Dezember 2014) mit Bezug auf BFH v. 21.12.2004 – I R 107/03, BStBl. II 2005, 490 = FR 2005, 603 verweist auf die durch einen Steuerumlagevertrag geschaffene zivilrechtlich ausreichende Basis fÅr die Umlagefestsetzung (ohne Bewertung der Berechnungsmethode).

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alone-Methode und daraus folgend die Festsetzung negativer Steuerumlagen in so berechneter HÇhe vorschreibt,1 kÇnnte konsequent als verdeckte Einlage behandelt werden.2 Dabei wre auch von einer Bewertung auf Basis einer ex-ante-Sichtweise3 abzukehren, da insbesondere unbekannt ist, ob bzw. wann diese Gruppengesellschaft ihre Verluste nach Verlassen der Gruppe durch Verrechnung mit Gewinnen nutzen kÇnnte.4 Vielmehr wre die Bemessung nach der HÇhe der tatschlich realisierten Steuerersparnis des Gruppentrgers denkbar. Wohl noch geeigneterer Bewertungsansatz wre (der Bilanzierung folgend) die Steuerumlage in HÇhe der fiktiv wegen des Verlustvortrags zu aktivierenden latenten Steuer festzusetzen.5 d) Gesellschaftsrechtliche Konsequenzen bei einer GmbH als abhngige Gesellschaft In der Praxis treten Konzerngesellschaften hufig in der Rechtsform der GmbH auf. In einem faktischen GmbH-Konzern gelten die bisherigen AusfÅhrungen zu §§ 311, 317 AktG jedoch nicht. §§ 311 ff. AktG sind nur auf eine AG, KGaA und Åber Art. 3 Abs. 1, 5 und 9 Abs. 1 lit. c) II Europ. 1 Ohne Stand-alone-Methode kme es gar nicht zu einer negativen Umlage, weil auch diese Verlustverrechnung passiver Konzerneffekt wre. 2 Umkehrschluss aus BGH v. 1.3.1999 – II ZR 312/97, BGHZ 141, 79 (84) = GmbHR 1999, 660. § 426 BGB kme als Anspruchsgrundlage nicht in Frage, soweit „kein Ertrag aus Steuern“ negativ umzulegen (zu erstatten) wre, jedenfalls nicht Åber die Verrechnung von echten Steuererstattungen hinaus. 3 Im Anwendungsbereich des § 311 AktG ist die HÇhe des Nachteils im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschfts oder der Maßnahme zu ermitteln. Vgl. Habersack in Emmerich/Habersack7, § 311 AktG Rz. 44. 4 Simon, ZGR 2007, 71 (110) schlgt wegen der Rechtsunsicherheit hinsichtlich der kÅnftigen eigenen Verlustnutzung einen pauschalisierten Ausgleich in HÇhe der hlftigen nominellen Steuerentlastung vor. SchÇne/Heurung/Petersen, DStR 2012, 1680 (1683) bezeichnen die mit der Verlustverrechnung verbundenen Nachteile sogar als nicht quantifizierbar, da die Nachteilhaftigkeit bis zum Ende des Geschftsjahres der Antragstellung fÅr eine Gruppenbesteuerung noch nicht beziffert werden kann. Im Fall einer Nichtquantifizierbarkeit sind die Nachteile nicht nach § 311 Abs. 2 AktG ausgleichsfhig, und eine solche Einflussnahme wre von vornherein rechtswidrig. Folge hiervon wre eine Schadensersatzpflicht der gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens nach § 317 Abs. 1 S. 1 AktG. Zu nicht quantifizierbaren Nachteilen vgl. zB Habersack in Emmerich/Habersack7, § 311 AktG Rz. 43. Dagegen gehen IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 117 davon aus, dass eine nachtrgliche Quantifizierbarkeit der Nachteile und deren Ausgleich ausreicht. Nach der hier vertretenen Auffassung sind diese Folgen der Gruppenbesteuerung abschließend im KStG zu regeln (Rz. 10.42); Unsicherheiten in der Anwendung des Gesellschaftsrechts sowie generell ein Nachteil i.S.d. § 311 AktG kÇnnen dann per definitionem weder in der Gruppenbesteuerung selbst noch im Steuerumlagevertrag liegen. 5 Vgl. Vorschlag der IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 58 f. Daher sollte im Fall dauerhafter Verluste einer Gruppengesellschaft entsprechend dem Vorgehen bei den latenten Steuern keine negative Steuerumlage verrechnet werden.

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SE-Verordnung auf eine SE anwendbar, nach stndiger Rechtsprechung jedoch nicht (auch nicht analog) auf eine GmbH als abhngige Gesellschaft.1 Anders als der Vorstand einer AG ist der GeschftsfÅhrer einer GmbH nach §§ 37, 45 GmbHG und insbesondere § 46 Nr. 6 GmbHG an auch bis ins Einzelne gehende Weisungen seiner Gesellschafter gebunden und mÅsste nachteiligen Weisungen auch ohne Abschluss eines Unternehmensvertrags stets folgen (dagegen gelten die Regelungen zum Vertragskonzern in §§ 291 ff. AktG fÅr die GmbH durchaus analog).2

10.45 Minderheitenschutz wird im GmbH-Recht aus dem allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundstzen, insbesondere der Treuepflicht des herrschenden Unternehmens abgeleitet.3 Will ein beherrschendes Unternehmen die GmbH im Konzerninteresse benachteiligen, mÅssen alle (Minderheits-) Gesellschafter (je nach Gegenstand und Gesellschaftsvertrag) mehrheitlich zustimmen. Damit obliegt es zuerst den außenstehenden Gesellschaftern, solche nachteiligen Maßnahmen zu verhindern.4 Die Kompensation erfolgt schließlich zumeist nicht zwischen herrschenden Unternehmen und der abhngigen GmbH, sondern unter den Gesellschaftern.5

10.46 Folgen des GmbH-Rechtes sind, dass im Extremfall bei mangelnder Zustimmung der Minderheitsgesellschafter der GmbH die Integration in die Gruppenbesteuerung in Ausnahmefllen (bei Treuepflichtverstoß) blockiert werden kann;6 hinsichtlich der HÇhe der Steuerumlagen hat der GmbH-Gesellschafter nur die Grenzen der Kapitalerhaltung nach § 30 GmbHG, des existenzvernichtenden Eingriffs und der Durchgriffshaftung

1 Die Rechtsform des herrschenden Unternehmens ist dagegen unerheblich. Vgl. Habersack in Emmerich/Habersack7, § 311 AktG Rz. 13; MÅller in Spindler/ Stilz2, Vorbemerkung zu den §§ 311 bis 318 AktG Rz. 22. 2 Zuletzt vgl. OLG MÅnchen v. 20.11.2013 – 7 U 5025/11, GmbHR 2014, 535 – Rev. II ZR 384/13; Eckardt in Eckardt/Mayer/van Zwoll, Der GeschftsfÅhrer der GmbH2, S. 57 und Mayer in Eckardt/Mayer/van Zwoll, Der GeschftsfÅhrer der GmbH2, 120 f. 3 BGH v. 5.6.1975 – II ZR 23/74 – ITT, BGHZ 65, 15 (18 ff.); Habersack in Emmerich/Habersack7, Anh. zu § 318 AktG Rz. 5, 24 ff. Sehr weitgehend Servatius in Michalski, GmbHG2, Rz. 393 ff. 4 Da im GmbH Recht die actio pro socio nur subsidir greift, mÅssen außenstehende (Minderheits-)Gesellschafter auch insoweit zuerst die SozialansprÅche der Gesellschaft mittels Anfechtungsklage gegen schdigende MehrheitsbeschlÅsse, im brigen durch den Versuch der HerbeifÅhrung eines Klageerhebungsbeschlusses verfolgen, bevor sie erst anschließend ihre parallelen IndividualansprÅche aus der Treuepflichtverletzung geltend machen kÇnnen. Vgl. Mayer in Eckardt/Mayer/van Zwoll, Der GeschftsfÅhrer der GmbH2, 115 f. 5 Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 116; Liebscher in MÅKo/GmbHG, Rz. 317 ff., 322 f. RegressansprÅche bestehen zudem zwischen geschdigter Gesellschaft und ihren GeschftsfÅhrern gem. § 43 Abs. 2 GmbHG, die treuepflichtwidrige GesellschafterbeschlÅsse nicht umsetzen dÅrfen. 6 Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 117.

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zu beachten.1 Daher sind gegenÅber einer GmbH gesellschaftsrechtlich Steuerumlagen grundstzlich sowohl nach der Stand-alone-Methode als auch nach der Verteilungsmethode zulssig, da durch die Steuerumlagen, insoweit anders als nach § 311 AktG maßgeblich, die wirtschaftliche Existenz der GmbH nicht bedroht sein wird.2 e) Folgen fÅr ein Gruppenbesteuerungskonzept Aufgrund der konzernrechtlichen Unsicherheiten infolge der vorgesehenen Verlustverrechnung mÅsste von Gesetzes wegen klargestellt werden, wann und inwieweit ein ausgleichspflichtiger Nachteil nach § 311 AktG nicht vorliegt. Es empfiehlt sich aus GrÅnden der Rechtssicherheit, die Verpflichtung zum Abschluss eines Steuerumlagevertrages und die Festlegung der Berechnungsmethode gesetzlich festzuschreiben. Durch den verursachungsgerechten Ergebnisausweis im Rahmen der Stand-aloneMethode fÅhrt nur dieses Verfahren aus betriebswirtschaftlicher Sicht methodisch zum richtigen Ergebnis3 und sollte daher zugrunde gelegt werden.4 Auch wenn durch den Steuerumlagevertrag gesellschaftsrechtliche Folgen geregelt werden,5 sollten die Regelungen wegen ihrer auf Steuerumlagen begrenzten Reichweite im Steuerrecht erfolgen.6 Vorteilhaft ist, dass die Vorschriften auch fÅr GmbHs gelten und nicht auf Flle außerhalb der Gruppenbesteuerung anzuwenden wren. Die Aufnahme einer Gesellschaft in das System der Gruppenbesteuerung sollte im An1 Vgl. Mayer in Eckardt/Mayer/van Zwoll, Der GeschftsfÅhrer der GmbH2, 115 f. (zur Kapitalerhaltung), 125 (zum existenzvernichtenden Eingriff) und 142 ff. (zur Außenhaftung). 2 Vgl. Simon, ZGR 2007, 71 (101). Mayer in Eckardt/Mayer/van Zwoll, Der GeschftsfÅhrer der GmbH2, 123 f. 3 Zustimmend DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 329 (Stand: Dezember 2014); Herzig/Stock, BFuP 2011, 476. Die Finanzverwaltung lsst bisher zwar grundstzlich beide Methoden zu, verlangt aber, dass bei der Stand-alone-Methode bei Beendigung der Organschaft die zu viel gezahlte Steuer erstattet wird. Denn mindestens im Durchschnitt mehrerer Jahre dÅrfe nur die tatschlich gezahlte Steuer umgelegt werden. Vgl. BMF v. 12.9.2002 – IV A 2 - S 2742 58/02, DStR 2002, 1716. 4 Vgl. Hirte, DB 2011, Standpunkte 47, 115, der nderungen im Gesellschaftsrecht vorschlgt. HÅttemann, ZHR 2007, 451 (478 ff.) betont, dass eine isolierte Regelung im Steuerrecht zum Auseinanderfallen von Steuer- und Gesellschaftsrecht fÅhren wÅrde (nur in Bezug auf Steuerumlagen gegenÅber anderen Konzernumlagen). Die Stand-alone-Methode bezeichnet er als das „kleinere bel“, das erhebliche Vereinfachungseffekte verursachen wÅrde. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 56 lehnen eine Vorgabe fÅr steuerliche Zwecke ab, da es sich um eine gesellschaftsrechtliche Folge der Gruppenbesteuerung handelt. In sterreich erfolgt die entsprechende Bestimmung im Gesellschafts- und nicht im Steuerrecht. 5 Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 56. 6 Eine zT diskutierte bloße Klarstellung, wonach der Eintritt in die Gruppenbesteuerung an sich kein Nachteil i.S.d. § 311 AktG darstelle, reicht im Hinblick auf die streitigen Berechnungsmethoden von Steuerumlagen nicht aus.

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hang zum Jahresabschluss bekannt gemacht werden, um außenstehende Gesellschafter auf das Risiko steuerinduzierter VermÇgensverschiebungen hinzuweisen.1

10.48 Steuerliche Behandlung einer Steuerumlage. Handelsrechtlich stellt die Umlage bei der Tochtergesellschaft Aufwand und auf Ebene der Muttergesellschaft Ertrag dar, wodurch die HÇhe der handelsrechtlichen AusschÅttung beeinflusst wird. Im Rahmen der gewerbesteuerlichen Organschaft bis zum EZ 2001 war eine sachgerechte Gewerbesteuerumlage (steuerliche) Betriebsausgabe der Organgesellschaft und Betriebseinnahme des Organtrgers.2 Eine nicht sachgerechte oder fehlende Umlage konnte zu einer verdeckten GewinnausschÅttung oder verdeckten Einlage fÅhren. Aktuell stellen weder die KÇrperschaftsteuer (§ 10 Nr. 2 KStG) noch die Gewerbesteuer (§ 4 Abs. 5b EStG) eine abzugsfhige Betriebsausgabe dar. Analog sollten sich Steuerumlagen auf den bilanziellen Gewinn auswirken, aber steuerneutral wirken, was im KÇrperschafsteuerrecht zu regeln ist.3 2. Steuerliche Konsolidierung in der Gruppe a) Vollkonsolidierung als Fernziel

10.49 Die Leitidee der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns unter BerÅcksichtigung der Gesamtleistungsfhigkeit fÅhrt systematisch zu einer steuerlichen Vollkonsolidierung in der Gruppe.4 De lege lata sind international agierende Konzerne durch die (vollstndige) Versagung der grenzÅberschreitenden Verlustverrechnung grundstzlich benachteiligt, was zu betriebs- und volkswirtschaftlichen Ineffizienzen fÅhren kann.5 Durch eine Vollkonsolidierung wÅrden nicht nur die auslndischen Verluste im Inland berÅcksichtigt, sondern auch die entsprechenden Gewinne. FÅr die 1 Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 118. 2 Vgl. RÇdder/Simon, DB 2002, 496. 3 So auch IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 57. Auch in sterreich sind die Steuerumlagen steuerneutral und wirken sich nur in der Bilanz aus. Vgl. zB Prinz, GmbHR 2005, 917 (918). 4 Vgl. KrebÅhl in Herzig, Organschaft, 597 ff.; Desens in HHR, Einf. KSt Anm. 12 (Stand: August 2014); IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 46 f. So unterstellt die Gruppenbesteuerung in den Niederlanden eine steuerliche Einheit, indem durch eine Vollkonsolidierung die Gruppe kÇrperschaftsteuerlich als ein einziges Unternehmen behandelt wird. Vgl. Petutschnig, StuW 2014, 226 (232); Elsweiler/Grave, IStR 2013, 91. 5 Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 32; Esterer/Bartelt, BB-Special 1.2010, 2 (4); Sureth/Mehrmann/Dahle, StuW 2010, 160. Kessler in FS Herzig, 285 (298) sieht in einem grenzÅberschreitenden Verlustverrechnungssystem einen Gleichklang einzelwirtschaftlicher und fiskalischer Interessen. Von einem temporren Abschied von der Kapitalimportneutralitt profitiere auch der Fiskus, weil zur Verlustverwertung zunchst WertschÇpfung generiert werden mÅsse. Eine hnliche Argumentation findet sich bei Esser, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung im Konzern, 30.

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steuerliche Verrechnung von in- und auslndischen Gewinnen wre allerdings eine Systemumstellung auf abkommensrechtlicher Ebene von der Freistellungs- auf die Anrechnungsmethode notwendig. Die Anrechnung auslndischer Steuern kÇnnte insbesondere im Fall von AnrechnungsÅberhngen nicht beherrschbare Probleme verursachen.1 Aus wirtschaftspolitischer Sicht ist in Deutschland als exportorientiertem Staat allerdings die Freistellungsmethode beizubehalten.2 Bestandteile der Vollkonsolidierung. Bei DurchfÅhrung einer steuerlichen Vollkonsolidierung wÅrden durch eine Zwischenergebniseliminierung, Aufwands- und Ertragskonsolidierung sowie Kapital- und Schuldenkonsolidierung eine einheitliche Gruppen-Steuerbilanz einschließlich steuerlicher Gewinnermittlung erstellt. Die praktische Umsetzung kÇnnte auf Grundlage der vorhandenen handelsrechtlichen Konzernrechnungslegung erfolgen (bei allerdings abweichendem Konsolidierungskreis), zumal die fÅr die Gruppenbesteuerung in Frage kommenden Unternehmen regelmßig Åber ausreichende Erfahrungen im Bereich der Konsolidierung verfÅgen werden.3

10.50

Steuerliche Relevanz der Bestandteile. Die Aufwands- und Ertragskonsolidierung berÅhrt in den meisten Fllen nicht das (steuerliche) Konzernergebnis4 und ist daher nicht zwingend fÅr Besteuerungszwecke erforderlich. Eine erfolgswirksame Kapitalkonsolidierung wÅrde durch den Ansatz der Zeitwerte (§ 301 Abs. 1 S. 2 HGB) grundstzlich eine Besteuerung der stillen Reserven bewirken, die nicht nur eine Gruppenbesteuerung unattraktiv machen wÅrde,5 sondern zudem mangels einer Verußerung, Entnahme oder bertragung der entsprechenden WirtschaftsgÅter aus steuerlicher Sicht grundstzlich fraglich wre. Eine Schuldenkonsolidierung zur Eliminierung innerkonzernlicher Kreditbeziehungen kann zwar in Einzelfllen bei Bewertungsunterschieden im Bereich der Forderungen und Verbindlichkeiten Auswirkungen auf den Gewinn haben (zB unver-

10.51

1 Vgl. zur Anrechnung von auslndischen Steuern Esterer/Bartelt, BB-Special 1.2010, 2 (7): RÇdder, ZHR 2007, 380 (391). 2 AusfÅhrlich Thiedemann, Die Entwicklung einer modernen, europarechtskonformen und zukunftsweisenden Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland, 273 ff., der die BerÅcksichtigung laufender und finaler auslndischer Verluste im Inland steuerpolitisch und steuerjuristisch als sachgerecht bezeichnet. 3 Vgl. Kahle/Vogel/Schulz, Ubg 2011, 761 (770). 4 Die ergebniswirksamen Aufwendungen und Ertrge aus konzerninternen Lieferungen werden im Rahmen der Zwischenergebniseliminierung erfasst. Es bleiben ua. Sachverhalte, wie Abschreibungen auf Beteiligungen und bestimmte Darlehensforderungen von Konzernunternehmen, die steuerlich nicht wirksam sind (§ 8b Abs. 3 S. 3, 4). 5 Vgl. Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216 (222); Grotherr in Gassner/Lang/Wiesner, Besteuerung von Unternehmensgruppen, 264. Zu einer ausfÅhrlichen Analyse zur bertragung handelsrechtlicher Konsolidierungsvorschriften in das Konzernsteuerrecht vgl. Grotherr, WPg 1995, 81 (97).

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zinsliche Verbindlichkeiten);1 aber durch die (beizubehaltende) Anwendung der Zinsschrankenregelung in § 15 Nr. 3 KStG auf die Organschaft als Betrieb erfolgt faktisch bereits eine Konsolidierung. Dagegen vermeidet eine Zwischenergebniselimierung die frÅhzeitige Besteuerung innerkonzernlicher Transaktionen.

10.52 Fernziel. Auch bei unterstellten Kenntnissen in der Konsolidierung wre eine vollstndige bernahme handelsrechtlicher Konsolidierungsmaßnahmen in das Konzernsteuerrecht sehr aufwendig und (abgesehen von der Zwischenergebniseliminierung) nicht unbedingt zielfÅhrend. Insgesamt wÅrde eine Vollkonsolidierung so umfangreich in die konzeptionelle Gestaltung des Steuerrechts eingreifen (auch durch abkommensrechtliche Fragestellungen), dass sie nur als Fernziel angestrebt werden sollte und wohl nur im Rahmen des CCCTB-Projektes umsetzbar ist,2 das aktuell ebenfalls keine Kapital- und Schuldenkonsolidierung vorsieht. b) Zwischenergebniseliminierung (eingeschrnktes Einheitskonzept) als Zwischenziel

10.53 Nach derzeitiger Rechtslage wird unter BerÅcksichtigung des Fremdvergleichsgrundsatzes fÅr jede einzelne Gesellschaft im Organkreis bzw. Konzern der „zutreffende“ Gewinn ermittelt. FÅr die in der Praxis Åblichen konzerninternen Lieferungen oder Dienstleistungen (ua. durch Shared Service Gesellschaften) sind angemessene Verrechnungspreise festzulegen. Insbesondere fÅhrt diese Vorgehensweise zur frÅhzeitigen Versteuerung von konzerninternen (also nicht außerhalb des Konzerns) realisierten Gewinnen. Die Besteuerung wird somit temporr vorgezogen (Steuerstundungseffekt).3 In einem produktionstechnisch tief gegliederten Konzern fÅhrt diese vorzeitige Gewinnrealisierung zu Wettbewerbsnachteilen gegenÅber auslndischen Konkurrenzunternehmen.4

10.54 Steuerliche Zwischenergebniseliminierung. Zur Gewhrleistung der Konzernneutralitt (Rz. 10.05) kÇnnte in einem Gruppenbesteuerungskonzept durch eine Zwischenergebniseliminierung die Besteuerung dieser kon1 Vgl. zur handelsrechtlichen Konsolidierung zB KÅting/Weber, Der Konzernabschluss, 279 ff., 498 ff., 547 ff. 2 So auch IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 41. Auch entfllt konsequenterweise zB § 8b Abs. 2 KStG, da im Fall der Verußerung einer Gruppengesellschaft die (steuerpflichtige) Verußerung einzelner WirtschaftsgÅter vorliegen wÅrde. 3 Vgl. Prinz, Beihefter zu DStR 2010, 67 (69). AusfÅhrlich Wagner, Konzeption einer Gruppenbesteuerung, 1 ff. mwN. 4 Grotherr in Gassner/Lang/Wiesner, Besteuerung von Unternehmensgruppen, 262 f. mwN whlt die Bezeichnung Vorverlagerung des marktorientierten Realisationsprinzips. Die Eliminierung der Zwischengewinne und Zwischenverluste zur LÇsung des Periodisierungsproblems wird handelsrechtlich durch Ansatz der VermÇgensgegenstnde mit den Konzernanschaffungs- oder Konzernherstellungskosten erreicht (§ 304 Abs. 1 HGB). Vgl. zB KÅting/Weber, Der Konzernabschluss, 513.

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zerninternen WertschÇpfung vermieden werden. Zwischenergebnisse (Gewinne und Verluste) sollten dann sowohl bei Lieferungen zwischen Gruppentrger und Gruppengesellschaft als auch innerhalb der Gruppengesellschaften eliminiert werden. Alternativ kÇnnte durch eine direkte bertragung zum Buchwert (damit Vermeidung der Zwischengewinnrealisierung) die Festsetzung und Kontrolle von Verrechnungspreisen entfallen; eine solche Regelung wre aber missbrauchsgefhrdet. Denn wertvolle WirtschaftsgÅter kÇnnten zum Buchwert auf eine Gruppengesellschaft Åbertragen werden, die anschließend steuerfrei verkauft werden kÇnnte. Daher sind zur Sicherstellung einer spteren Besteuerung Zwischenergebnisse festzustellen und festzuschreiben.1 Zur Begrenzung des technischen Aufwandskann eine Beschrnkung auf das AnlagevermÇgen erfolgen, da im UmlaufvermÇgen aufgrund einer schnelleren Umschlagshufigkeit der Zeiteffekt geringer ist.2 Da eine Zwischenergebniseliminierung zu einer ErhÇhung der Komplexitt der Gruppenbesteuerung fÅhren wÅrde,3 kann im ersten Schritt eine Begrenzung auf inlndische Transaktionen erfolgen, um den Verwaltungsaufwand insgesamt zu reduzieren und vor allem die im Rahmen von grenzÅberschreitenden Sachverhalten aufwendigen Abstimmungen zwischen den Finanzverwaltungen zu vermeiden. [Wre dies mit Unionsrecht vereinbar?] Technische Umsetzung durch Ausgleichspostenmethode. Bei der bertragung von VermÇgen ist zur technischen Umsetzung der Zwischenergebniseliminierung die Anwendung einer Ausgleichspostenmethode geeignet, um eine verursachungsgerechte Gewinnallokation vornehmen zu kÇnnen. Auch eine alternative außerbilanzielle Hinzurechnung bzw. KÅrzung ist umsetzbar;4 die Ausgleichspostenmethode ist grundstzlich Åbersichtlicher und weniger fehleranfllig. Die Ausgleichsposten sollten beim Gruppentrger gefÅhrt werden, dem die Gewinne zugerechnet werden. Bei Ermittlung der Zwischengewinne kÇnnen die Gruppengesellschaften grundstzlich auf handelsrechtliche Werte zurÅckgreifen.5 Beispiel 2: Die M-AG (Gruppentrger) hat zwei Tochtergesellschaften in der Rechtsform der GmbH (GmbH 1 und GmbH 2), die eine steuerliche Gruppe bilden. GmbH 1 liefert im Jahr 01 an GmbH 2 ein Wirtschaftsgut zum Fremdvergleichspreis von 120 bei Anschaffungs-/Herstellungskosten von 100, was bei GmbH 1 zu einem Zwischengewinn von 20 fÅhrt. Im Jahr 02 erzielt GmbH 2 durch Verkauf des Wirtschaftsguts 1 Vgl. Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216 (223). 2 Vgl. Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216 (223); Herzig, StuW 2010, 214 (229). 3 Vgl. RÇdder, ZHR, 380 (392); Esterer/Bartelt, BB-Special 1.2010, 2 (7); Grotherr, StuW 1996, 356 (360) . Herzig, Beihefter zu DStR 2010, 61 (66 f.) schlgt daher die Umsetzung der Zwischengewinneliminierung in einem spteren Schritt vor. Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung enthlt keine Zwischenergebniseliminierung. Vgl. zB Prinz, GmbHR 2005, 917 (919). 4 In der Literatur wird eine Anlehnung an § 4g EStG vorgeschlagen. Vgl. Herzig, StuW 2010, 214 (229); Endres in FS Herzig, 189 (195). 5 Zu beachten sind aber zB ggf. abweichenden Herstellungskosten (§ 255 Abs. 2, 3 HGB, R 6.3 EStR 2014).

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10.55

Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem fÅr 150 an einen (konzer-)fremden Dritten einen Zwischengewinn von 30. Der gesamte Konzerngewinn von 50 ist im Jahr 02 zu versteuern. Im Jahr 01 bucht die M-AG einen steuerlichen Ausgleichsposten gegenÅber GmbH 1 iHv. 20 gewinnmindernd ein (KÅrzung des von GmbH 1 zugerechneten Gewinns). Im Jahr 02 wird dieser Ausgleichsposten gewinnerhÇhend aufgelÇst. Von den Tochtergesellschaften sind der M-AG sowohl die Gewinne aus der Lieferung an Gruppenmitglieder als auch der Zeitpunkt des Verkaufs am Absatzmarkt zu melden.1

10.56 Eingeschrnktes Einheitskonzept. Im Fall einer teilweisen (AnlagevermÇgen) oder vollstndigen (Anlage- und UmlaufvermÇgen) Zwischenerfolgseliminierung wird das kÇrperschaftsteuerliche Zurechnungskonzept zum eingeschrnkten Einheitskonzept fortentwickelt.2 Analog zum bisherigen Zurechnungskonzept erfolgt beim eingeschrnkten Einheitskonzept im ersten Schritt eine getrennte Einkommensermittlung der Gruppengesellschaften (nach Fremdvergleichsgrundstzen). Auf Ebene des Gruppentrgers werden anschließend die gesamten Einzelergebnisse zusammengefasst, dh. auch bei einer Beteiligung von unter 100 % findet keine quotale Erfassung statt.3 In dem Fall außenstehender Gesellschafter an der Gruppengesellschaft wird durch die Verbuchung von Steuerumlagen nach der Stand-alone Methode handelsrechtlich der zutreffende Gewinn ausgewiesen, der fÅr eine GewinnausschÅttung zur VerfÅgung steht. Durch die Zusammenfassung der steuerlichen Ergebnisse der Gruppengesellschaften und des Gruppentrgers werden automatisch gruppeninterne Gewinne und Verluste sowie Aufwendungen und Ertrgen (zB Zinsaufwendungen und -ertrge bei konzerninternen Darlehen) verrechnet. Neben dieser Saldierung sollte das eingeschrnkte Einheitskonzept zur Gewhrleistung der Konzernneutralitt folgende Regelungen enthalten: – Die Gruppe ist wie in der ertragsteuerlichen Organschaft als ein Betrieb im Rahmen der Zinsschranke zu qualifizieren. – Mangels Kapitalkonsolidierung findet die Verußerungsgewinnbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG weiterhin Anwendung. – Aufgrund des Wegfalls des GAV nehmen Gruppengesellschaften GewinnausschÅttungen auf Basis ihres handelsrechtlichen Ergebnisses vor. Diese Beteiligungsertrge sollten systemkonform steuerfrei beim Gruppentrger vereinnahmt werden kÇnnen (keine 5 %ige Besteuerung nach § 8b Abs. 5 KStG).

1 Im Fall der bertragung von AnlagevermÇgen ist ggf. auch eine Korrektur der Abschreibung vorzunehmen, um einen doppelten Abzug im Konzern zu vermeiden. 2 Vgl. Grotherr, StuW 1996, 356. 3 Vgl. Herzig, Beihefter zu DStR 2010, 61 (66); RÇdder, ZHR, 380 (390); Grotherr, StuW 1996, 356 (359). Auch die Çsterreichische Gruppenbesteuerung sieht bei inlndischen Beteiligungen eine vollstndige Zurechnung bei einer finanziellen Beteiligung von unter 100 % vor. Vgl. Tumpel/Moshammer in FS Frotscher, 613 (617). AA Esterer/Bartelt, BB-Special 1.2010, 2 (8), die beim Verrechnungskontenmodell auf eine anteilige Zurechnung verweisen.

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D. Fortentwicklung zu einem modernen Gruppenbesteuerungskonzept ohne GAV

– Gewerbesteuerliche Modifikationen sollten entsprechend behandelt werden.1 c) Verrechnung inlndischer Verluste Die wirtschaftliche Belastung ist Voraussetzung fÅr die Verrechnung von Verlusten von Tochter- und Enkelgesellschaften bei dem Gruppentrger;2 sptestens am Ende der Gruppe hat eine tatschliche Verlusttragung zu erfolgen. Diese kann systemkonform auf Basis des Grundgedankens der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns (unter BerÅcksichtigung der festgelegten Mindestbeteiligungsquote von 75 %) argumentiert werden und wÅrde eine unbegrenzte steuerliche Zurechnung von inlndischen Verlusten bei dem Gruppentrger bewirken.3 Dieser Grundsatz wird in der Literatur durch verschiedene Argumente gestÅtzt. So fÅhrt SchÇn an, dass auch ohne GAV Verluste eines Tochterunternehmens auf die wirtschaftliche Situation in der (Konzern-)Bilanz der Muttergesellschaft durchschlagen, entweder durch unmittelbare Zurechnung oder zeitlich verzÇgert im Rahmen der Bewertung der Anteile oder im Fall der Verußerung der Anteile an der Tochterunternehmung.4 Herzig/Stock begrÅnden die Verlustverrechnung damit, dass der Gruppentrger mit der Erstattung einer negativen Steuerumlage fÅr den Çkonomischen Wert des Verlustes aufkomme und damit keine ungerechtfertigten Verluste geltend mache; zumal sich die Vorteile der Gruppenbesteuerung auf Zins- und Liquidittseffekt aus der phasengleichen Verlustnutzung beschrnkten.5

10.57

Beschrnkung der Verlustverrechnung auf das investierte Eigenkapital? Die oben dargestellte unbegrenzte Verlustzurechnung in einer Gruppenbesteuerung fÅhrt grundstzlich zu einer Bevorteilung gegenÅber einem ebenfalls nur beschrnkt haftenden Kommanditisten (§ 15a EStG) und zu der MÇglichkeit der direkten Umgehung dieser Beschrnkung im Fall einer Personenunternehmung als Gruppentrger.6 Wird diese Vorschrift auf

10.58

1 Vgl. Herzig, Beihefter zu DStR 2010, 61 (66). 2 Vgl. zB Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216; Prinz, Beihefter DStR 2010, 67 (71). 3 Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 50; Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht21, § 14 Rz. 31 mit dem Hinweis, dass diese Argumentation der internationalen Sichtweise entspricht. UnterstÅtzend weist Mayr, IStR 2010, 633 (634) darauf hin, dass in der Praxis idR unabhngig vom GAV Verluste von Tochtergesellschaften im Konzern wirtschaftlich getragen bzw. abgefedert werden. 4 Vgl. SchÇn in SchÇn/Schreiber/Spengel, A Common Consolidated Corporate Tax Base for Europe – Eine Einheitliche KÇrperschaftsteuerbemessungsgrundlage fÅr Europa, 55. 5 Vgl. Herzig/Stock, BFuP 2011, 476. 6 Vgl. Grotherr, StuW 1996, 356 (377). Sinngemß auch van Lishaut, FR 2009, 1030 (1033). Eine Vergleichbarkeit mit einem Einheitsunternehmen sei diesbezÅglich nicht gegeben. Herzig, Beihefter zu DStR 2010, 61 (65) sieht die Notwendigkeit einer Beschrnkung im Fall der Personenunternehmung als Gruppentrger mit dem Hinweis auf die Alternative, Personengesellschaften steuerlich wie Kapitalgesellschaften zu behandeln. LÅdicke, FR 2009, 1025 (1028)

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Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem

die Gruppenbesteuerung Åbertragen, ist die steuerliche Verlustzurechnung grundstzlich betragsmßig auf die HÇhe des Investments, dh. den Beteiligungsbuchwert zzgl. nachtrglicher Einlagen ggf. inklusive nicht ausgeschÅtteter Gewinne beschrnkt.1

10.59 ErhÇhte oder unbeschrnkte Verlustverrechnung durch Erweiterung der Haftung? Analog zur erweiterten Haftung des Kommanditisten (§ 15a Abs. 1 S. 2 EStG) kÇnnte der Umfang der zivilrechtlichen Haftung des Gruppentrgers vergrÇßert werden. In der Literatur wird eine erweiterte Haftung durch eine aktienrechtliche Eingliederung (echter Haftungsverbund nach § 322 AktG), harte Patronatserklrung oder HaftungsÅbernahmerklrung vorgeschlagen. Als bergangslÇsung kÇnnte auch der Abschluss eines GewinnabfÅhrungs- oder Beherrschungsvertrages dienen. Nachteilig wre die erneute VerknÅpfung zwischen Steuer- und Gesellschaftsrecht, die insbesondere fÅr die letztgenannte LÇsung gilt.2 Der aus den Vereinbarungen resultierende Haftungsbetrag mÅsste fÅr steuerliche Zwecke festgestellt werden, was die Verwaltungskosten erhÇhen kÇnnte.

10.60 ErhÇhte Verlustverrechnung durch Nachversteuerung? Auch ist in der Literatur die Argumentation zu finden, dass Verluste wirtschaftlich getragen werden, sofern sie durch sptere Gewinne ausgeglichen werden. Dieser Gedanke folgt der Konsolidierung. Im Konzernabschluss mindern Verluste der Tochtergesellschaften das Konzernergebnis unbegrenzt; erst bei der Endkonsolidierung wird auf Basis von VerußerungserlÇs sowie VermÇgenswerten und Schulden der Tochtergesellschaft das End-Ergebnis ermittelt. Analog hierzu kÇnnte fÅr steuerliche Zwecke bei unbegrenzter Verrechnung laufender Verluste ein steuerlicher Merkposten gebildet und fortgefÅhrt werden, der bei Untergang der Beteiligung (Anteilsverußerung o) aufgelÇst wÅrde und dann ggf. zu einer Nachversteuerung fÅhren wÅrde. Das fiskalische Risiko wre aber sehr hoch, da ein Unternehmen zu Erzielung eines hohen Zinseffektes den Untergang der Beteiligung aufschieben kÇnnte.3

10.61 ErhÇhte oder unbeschrnkte Verlustverrechnung durch ein Gruppenbeitragsmodell? Das Gruppenbeitragsmodell ist bereits in den skandinavischen Staaten Schweden, Finnland und Norwegen implementiert und sieht anstelle eines GAV einen Gruppenvertrag vor. Die Technik der Ergebniszurechnung wird aufgegeben und durch Gruppenbeitrge ersetzt. Dieses Modell soll absichern, dass nur Verluste verrechnet werden kÇnnen, die der Gruppentrger tatschlich wirtschaftlich getragen bzw. gesieht mit dem Hinweis auf § 15a EStG im Fall der Streichung des GAV einen schwer auflÇsbaren Wertungswiderspruch. 1 Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216 (224) bezeichnen ein solches Vorgehen als unangemessen scharf. 2 Vgl. Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216 (224); IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 50 ff., 114; Hirte, DB 2011, Standpunkte 47. 3 Vgl. Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216 (224 f.).

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D. Fortentwicklung zu einem modernen Gruppenbesteuerungskonzept ohne GAV

leistet hat. Die Verlustverrechnung erfolgt durch einen „Abkauf“ des Verlustes durch Ausgleichszahlungen bzw. Forderungs- und Verbindlichkeitsbuchungen, die bei der Gewinngesellschaft zu einer steuerlich abzugsfhigen Betriebsausgabe und bei der Verlustgesellschaft zu einer steuerpflichtigen Betriebseinnahme fÅhren.1 Betragsmßig ist der Gruppenbeitrag auf das zu versteuernde Einkommen des leistenden Unternehmens (Gruppentrger oder Gruppengesellschaft) begrenzt; eine Verpflichtung zur Zahlung besteht nicht. Hessen hat ein solches Gruppenbeitragsmodell als Konzept einer Gruppenbesteuerung vorgeschlagen.2 Aus betriebswirtschaftlicher Sicht erscheint die 100 %ige Beitragsleistung zur Gewinnung eines ca. 30 %igen Steuervorteils wenig sinnvoll und fÅhrt gesellschaftsrechtlich mÇglicherweise zu einem Ausgleichsanspruch.3 DarÅber hinaus kÇnnen gesellschaftsrechtlich die Gruppenbeitrge und ein Gruppenvertrag im Konflikt mit bestehenden Regeln zum Schutz der Glubiger und Minderheitsaktionre stehen. Der erforderliche Gruppenvertrag kann als Unternehmensvertrag i.S.d. §§ 291 ff. AktG dieselben formalen Probleme wie ein GAV auslÇsen.4 Vorteile dieses Konzepts sind nach der Facharbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“ vergleichsweise geringe Steuermindereinnahmen und geringer administrativer Aufwand, insbesondere da keine Gruppenkonten zu fÅhren sind.5 d) Verrechnung finaler auslndischer Verluste Zur Umsetzung europarechtlicher Anforderungen durch die EuGH-Rechtsprechung sind in einem Gruppenbesteuerungskonzept endgÅltige auslndische Verluste in der Gruppe zu verrechnen.6 Trotz der Begrenzung auf finale Verluste sind mit dieser Regelung Steuerausflle verbunden, deren HÇhe im Vorfeld zur Vermeidung von Haushaltsrisiken einzuschtzen sind. Zur weiteren Begrenzung der Steuermindereinnahmen kÇnnte entsprechend der Çsterreichischen Gruppenbesteuerung grundstzlich nur die erste Auslandsebene ( einbezogen werden.7 1 Vgl. zum Modell Petutschnig, StuW 2014, 226 (231); Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216 (221); Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht21, § 14 Rz. 32; Frey/Slzer, BB 2012, 294 (296). 2 Vgl. Brusch, DB 2011, Standpunkte 45. 3 Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 48. 4 Vgl. Frey/Slzer, BB 2012, 294 (298). 5 Vgl. BMF, Bericht der Facharbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“, 142. 6 Analog zur Vorgehensweise bei inlndischen Gruppengesellschaften dÅrfte in diesem Fall keine Pflicht zur Festsetzung einer negativen Steuerumlage bestehen, da die Gesellschaft selbst diese nicht mehr nutzen kann. 7 Gegen diese Begrenzung kÇnnen unionsrechtliche Bedenken vorgebracht werden, die sich nach der Einschtzung von Mayr, IStR 2010, 633 (635) mwN zerstreuen lassen. In sterreich kÇnnen lt. § 9 Abs. 2 KStG auslndische KÇrperschaften, die mit einer inlndischen Kapitalgesellschaft oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft vergleichbar sind, Gruppenmitglieder sein, sofern sie ausschließlich mit unbeschrnkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedern oder

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10.62

Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem

10.63 Finalitt von Verlusten liegt nach BFH1 im Anschluss an die stndige Rechtsprechung des EuGH vor, sofern die Verluste steuerlich unter keinen Umstnden anderweitig verwertbar sind und somit die Verluste im Quellenstaat aus tatschlichen GrÅnden nicht mehr berÅcksichtigt werden kÇnnen oder ihr Abzug in diesem Staat nur theoretisch mÇglich, aber aus tatschlichen GrÅnden so gut wie ausgeschlossen ist. Ein wider Erwarten dennoch erfolgter spterer Abzug muss im Inland verfahrenstechnisch rÅckwirkend nachvollzogen werden kÇnnen. Damit fÅhren rechtliche Beschrnkungen des auslndischen Staates, wie zB eine zeitliche Beschrnkung der VerlustvortragsmÇglichkeit, nicht zu einer Finalitt. Eine andere Sichtweise wÅrde einen Anreiz fÅr Staaten schaffen, die eigenen VerlustverrechnungsmÇglichkeiten einzuschrnken, was einen Verlustabzug und damit Steuereinnahmeverlusten im anderen Staat bewirken wÅrde.2

10.64 Zeitpunkt der Verlustverrechnung. Der EuGH hat nicht entschieden, in welchem Zeitpunkt die finalen Verluste im Inland zu verrechnen sind. Entweder kÇnnten die Auslandsverluste phasengleich in Deutschland im Entstehungsjahr berÅcksichtigt werden bei obligatorischer Nachversteuerung im Fall der spteren Verlustverwertung im Ausland. Allerdings wird idR im Verlustentstehungsjahr noch nicht bekannt sein, ob die Verluste final werden, weshalb ein VerlustrÅcktrag in das Verlustentstehungsjahr mÇglich sein mÅsste (EndgÅltigkeit als rÅckwirkendendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO). Oder alternativ wren die auslndischen Verluste im Finalittsjahr mit Gewinnen der Muttergesellschaft im Inland zu saldieren.3 Die letztgenannte Alternative erscheint verfahrensrechtlich praktikabler und vermeidet zustzlich eine Besserstellung gegenÅber der Behandlung von Verlusten einer auslndischen Betriebssttte, die lt. BFH4 im Finalittsjahr berÅcksichtigt werden. Aus diesem Grund soll diesem Vorgehen der Vorzug gegeben werden.5

10.65 HÇhe der finalen Verluste. Die Ermittlung der Verluste kann entweder nach auslndischem Recht des EU-/EWR-Mitgliedstaates (Sitz der Toch-

1 2

3 4 5

dem Gruppentrger finanziell verbunden sind. Mit dem auslndischen Staat muss eine umfassende Amtshilfe bestehen. Ab dem 1.1.2015 erfolgt zudem eine Beschrnkung auf 75% der Summe des im Inland steuerpflichtigen Einkommens, darÅber hinausgehende Verluste sind vortragsfhig. BFH v. 5.2.2014 – I R 48/11, FR 2014, 714 = DStR 2014, 837. Vgl. Pache, IStR 2007, 47 (51). Kritisch zur engen Auslegung und der Ablehnung eines „Importzwanges“ auslndischer VerlustabzugsmÇglichkeiten Sven-Christian Witt, Ubg 2010, 737 (743). Vgl. Heurung/Engel/Bresgen, GmbHR 2013, 638 (644); Blumenberg in FS Herzig 212 (222); Endres in FS Herzig 189 (193). BFH v. 5.2.2014 – I R 48/11, FR 2014, 714 = DStR 2014, 837; v. 9.6.2010 – I R 100/09, BStBl. II 2010, 1065 = FR 2010, 901. Vgl. Sven-Christian Witt, Ubg 2010, 737 (744). A.A Heurung/Engel/Bresgen, GmbHR 2013, 638 (644), da die phasengleiche Verrechnung dem Leistungsfhigkeitsprinzip sowie der Gleichbehandlung mit inlndischen Sachverhalten folgen wÅrde.

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D. Fortentwicklung zu einem modernen Gruppenbesteuerungskonzept ohne GAV

tergesellschaft) oder inlndischem Recht (Sitz der Muttergesellschaft) erfolgen. DiesbezÅglich hat der EuGH1 zwar nicht eindeutig entschieden, welches Recht zur Anwendung kommt. Er stellt allerdings klar, dass es zu keiner Ungleichbehandlung im Verhltnis zu einer innerstaatlichen Umwandlung fÅhren dÅrfe.2 Eine somit geforderte Gleichbehandlung mit inlndischen Sachverhalten wird grundstzlich erreicht, wenn die Verluste auf Basis des inlndischen (Steuer-)Rechts ermittelt werden. Diese Auffassung steht im Einklang mit der BFH-Rechtsprechung3 zu auslndischen Betriebsstttenverlusten. In der Praxis fÅhrt dies zu Problemen, da die Verluste zunchst nach auslndischem Recht (Sitzstaat) ermittelt werden, so dass eine – ggf. sehr aufwendige – Umrechnung in deutsches Recht zu erfolgen hat. Gesetzliche Regelungen. Insbesondere aufgrund der durch den EuGH noch nicht endgÅltig geklrten Rechtsfragen sollte der deutsche Gesetzgeber eher enge Regelungen in das KÇrperschaftsteuergesetz aufnehmen: – Die nationale Konkretisierung resp. Definition der Finalitt, die mittelfristig einer PrÅfung durch den EuGH unterzogen werden wird, sollte daher nur zweifelsfrei vom EuGH geklrte Flle beinhalten und nicht durch gestalterische Maßnahmen erreichbar sein. So kÇnnte die tatschliche Finalitt auf liquidierte Unternehmen und dauerhafte Einstellung der Geschftsttigkeit beschrnkt werden, auch wenn eine weitergehende Auslegung des Begriffes vertreten werden kann.4 – Aus systematischen und unionsrechtlichen Erwgungen heraus kÇnnte – entsprechend dem Vorgehen im Inland – ein vollstndiger Einbezug der auslndischen finalen Verluste erfolgen, auch wenn die Beteiligung an der Auslandstochterkapitalgesellschaft weniger als 100 % betrgt. Alternativ kann eine quotale Verlustzurechnung wie in sterreich vorgesehen werden.5 – Nachversteuerungsregeln kÇnnen aufgenommen werden, um eine doppelte Verlustnutzung sicher zu vermeiden (bei wider Erwarten doch erfolgtem Abzug im Ausland). Die aktuelle Formulierung zur mehrfachen VerlustberÅcksichtigung in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG („doubledip-Regelung“), die im Zusammenhang mit der Streichung des doppelten Inlandsbezugs der Organgesellschaft eingefÅhrt wurde, wird in der Literatur aufgrund ihrer unscharfen Formulierung sowie Bedenken 1 EuGH v. 21.2.2013 – Rs. C-123/11 – A Oy, FR 2013, 370 m. Anm. Musil Rz. 61. 2 So auch von Brocke, IWB 2013, 189 (192); Stiller, NWB 2013, 1642. Dagegen unterstellen Heurung/Engel/Bresgen, GmbHR 2013, 638 (644), dass die Verluste nach Meinung des EuGH auf jeden Fall nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln sind. 3 BFH v. 9.6.2010 – I R 107/09, FR 2010, 896 m. Anm. Buciek; v. 9.6.2010 – I R 100/09, BStBl. II 2010, 1065 = FR 2010, 901. 4 Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 74; Kahle/Vogel/Schulz, Ubg 2011, 761 (770). 5 Vgl. zur Çsterreichischen Verlustverrechnung Tumpel/Moshammer in FS Frotscher, 613 (620, 627).

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10.66

Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem

hinsichtlich einer Nichtvereinbarkeit mit unionsrechtlichen Grundfreiheiten kritisiert.1 e) BerÅcksichtigung von Vorgruppenverlusten

10.67 Vororganschaftliche Verluste von Organtrger und Organgesellschaft werden im aktuellen Organschaftsrecht unterschiedlich behandelt. Vororganschaftlich verursachte Verluste der Organgesellschaft nach § 10d EStG sind nach § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG whrend der Organschaft steuerlich „eingefroren“. Diese steuerlichen Verluste kÇnnen nur nach Beendigung der Organschaft bei der ehemaligen Organgesellschaft verrechnet werden. Dagegen werden vororganschaftlich entstandene kÇrperschaft- und gewerbesteuerliche Verlustvortrge des Organtrgers mit Gewinnen der Organgesellschaften aus organschaftlicher Zeit verrechnet.

10.68 Kein „Einfrieren“ von Vorgruppenverlusten. Zur Abschaffung dieser steuersystematischen Inkonsequenz sollten in einem Gruppenbesteuerungskonzept die vor BegrÅndung der Gruppe entstandenen Verluste der Tochtergesellschaften nicht mehr „eingefroren“ bleiben, sondern zur Verrechnung in der Gruppenzeit zur VerfÅgung stehen. Entweder kÇnnen diese Verlustvortrge mit spteren Gewinnen der Tochtergesellschaft oder mit Gewinnen der gesamten Gruppe innerhalb der Gruppenzeit verrechnet werden.2 Dasselbe gilt fÅr Gruppentrger-Verluste. Die Interessen von Wirtschaft und Finanzverwaltung sind abzuwgen. Durch den Verzicht auf das „Einfrieren“ von Verlustvortrgen aus der Vorgruppenzeit ergeben sich Steuermindereinnahmen. Zur Gegenfinanzierung kann eine grundstzliche Beschrnkung der VerrechnungsmÇglichkeit von Vorgruppenverlusten mit den eigenen Gewinnen der Gruppengesellschaft vorgesehen werden. Dieses Vorgehen empfiehlt sich fÅr alle Gruppenmitglieder (also entsprechend beim Gruppentrger);3 zudem entspricht es grundstzlich dem CCCTB-Projekt (Art. 64), das einen Vortrag der Vorgruppenverluste und anschließende Verrechnung mit dem zugewiesenen Anteil an der konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage vorsieht. 1 Vgl. zB Prinz, GmbHR 2013, R 81 (R 82). 2 IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 60 fordern die Verrechnung von Vorgruppenverlusten von Tochtergesellschaften mit Gewinnen der Tochtergesellschaft in der Gruppenzeit. Vergleichbar Brusch, DB 2001, Standpunkte 45; van Lishaut, FR 2009, 1030 (1035) verlangt dagegen die Verrechnung dieser Verluste beim Organtrger. 3 Vgl. Oesterwinter, DStZ 2011, 585 (591, 594 ff.) mwN. Mayr, IStR 2010, 633 (637) empfiehlt aufgrund schlechter Erfahrungen in sterreich die grundstzliche Verrechnung von Vorgruppenverlusten einer Gesellschaft mit spteren Gewinnen dieser Gesellschaft. Die MÇglichkeit der Verrechnung von Vorgruppengewinnen des Gruppentrgers mit dem Gesamtergebnis der Gruppe habe dazu gefÅhrt, dass als Gruppentrger die Gesellschaften mit den hÇchsten Verlustvortrgen zu finden seien. In den Niederlanden ist entsprechend die Nutzung von vor dem Eintritt in die Einheitsbesteuerung erlittenen Verlusten nur bei der einbringenden Gesellschaft mÇglich. Vgl. Elsweiler/Grave, IStR 2013, 91 (95).

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D. Fortentwicklung zu einem modernen Gruppenbesteuerungskonzept ohne GAV

f) Technische Umsetzung durch Verrechnungskonten Gruppentrger und Gruppengesellschaft fÅhren korrespondierende Verrechnungskonten, welche die im Organschaftsrecht existierenden Ausgleichsposten ersetzen. Auf den Verrechnungskonten werden smtliche zuzurechnenden Gewinne und Verluste sowie ZahlungsstrÇme (zB GewinnausschÅttungen, VerlustÅbernahmen, Steuerumlagen) erfasst. Auf der einen Seite verursachen die Konten einen gewissen Verwaltungsaufwand, auf der anderen Seite sind die Abweichungen zwischen Handelsund Steuerbilanz nicht mehr zu entwickeln.

10.69

Gruppentrger. Als Unterkonto zum Beteiligungsbuchwert der Gruppengesellschaft fÅhrt der Gruppentrger ein (aktives) Gruppentrgerkonto (GT-Konto), das sich durch die in der Gruppenzeit zugewiesenen – um die Steuerumlagen gekÅrzten – steuerbilanziellen Ergebnisse der Tochtergesellschaften erhÇht bzw. analog um die zugewiesenen – um die negativen Steuerumlagen verringerten – steuerbilanzielle Verluste verringert. In der Gruppenzeit erhaltene handelsrechtliche GewinnausschÅttungen werden verrechnet, wobei die Buchungen jeweils steuerneutral erfolgen. Durch zugewiesene Verluste kann dieses Konto negativ werden. Sollte die Verlustzurechnung auf das investierte Eigenkapital begrenzt werden, sind zur Berechnung des abzugsfhigen Verlustes (analog § 15a EStG) der Beteiligungsbuchwert und das Gruppentrgerkonto zu berÅcksichtigen. Nicht relevant ist dagegen der Ausgleichsposten (AP), auf dem die konzerninternen Zwischenergebnisse erfasst werden. Im Fall der Anteilsverußerung sind zur Ermittlung des Verußerungsgewinns dem Verußerungspreis sowohl der fortgeschriebene Beteiligungsbuchwert als auch das Gruppentrgerkonto gegenÅberzustellen.

10.70

Gruppengesellschaft. Betragsmßig korrespondierend entwickelt jede Gruppengesellschaft ein Gruppengesellschaftskonto (GG-Konto) mit analoger Verbuchung der zugewiesenen steuerbilanziellen Gewinne oder Verluste sowie der GewinnausschÅttungen. Zustzlich wird bei der Gruppengesellschaft ein AltrÅcklagen-Konto gefÅhrt, in das der Bestand des ausschÅttbaren Gewinns bei Eintritt in die Gruppe eingestellt wird; die Fortentwicklung der Bestnde wird wie bei dem bisherigen Einlagekonto nach § 27 KStG festgestellt.1

10.71

GewinnausschÅttungen. Offene und verdeckte GewinnausschÅttungen werden vorrangig mit dem Gruppengesellschaftskonto verrechnet; sie fÅhren als steuerfreie Ertrge zu keiner Dividendenbesteuerung nach § 8b Abs. 3 KStG, § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG. DarÅber hinaus gilt das AltrÅcklagen-Konto als verwendet; AusschÅttungen aus diesem Konto sind steu-

10.72

1 So im Grundsatz die Empfehlung der IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 64 ff. auf Basis des Vorschlags des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen zur Reform der Organschaft. Letzteres sieht ein Zwischenorgantrgerkonto vor, das zwar die Abstimmung erleichtert aber zustzlichen administrativen Aufwand bedeutet.

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erlich als Beteiligungsertrge zu behandeln.1 Folgende Konten ergeben sich auf den einzelnen Beteiligungsstufen (unter BerÅcksichtigung der konzerninternen Lieferung aus Beispiel 2):

IV. Verfahrensrecht und bergangsvorschriften 10.73 Verfahrensrecht. WÅrde ein Gruppenbesteuerungskonzept auf Basis der Einheitstheorie eine steuerliche Vollkonsolidierung und damit die Erstellung einer einheitlichen Konzernbilanz vorsehen, wÅrde die Behandlung des Konzerns als Besteuerungssubjekt und damit die Abkehr von der subjektiven Steuerpflicht der einzelnen Konzerngesellschaften naheliegen.2 Hiervon unabhngig bleiben zivilrechtlich die einzelnen Gruppengesellschaften rechtsfhig und nicht der Konzern als Ganzes. Unter dem Gedanken der ertragsteuerlichen Behandlung des Konzerns als Einheitsunternehmen sollte der Gruppentrger3 als beherrschendes Unternehmen Steuerschuldner der Ertragsteuern sein (entsprechend der Vorgehensweise des CCCTB-Projektes).4 Damit sind der Rechtstrger, der die Steuern schuldet und der Rechtstrger, der die Steuern verursacht, regelmßig nicht identisch. Im Innenverhltnis sind daher die Gruppengesellschaften verursa-

1 Vgl. Herzig, StuW 2010, 214 (230); IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 62 f.; Esterer/Bartelt, BB-Special 1.2010, 2 (8). Schreiber/Stiller, StuW 2014, 216 (224) schlagen als Basis das Beteiligungskonto vor. 2 So auch KrebÅhl in Herzig, Organschaft, 602; Gassner in Gassner/Lang/Wiesner, Besteuerung von Unternehmensgruppen, 24 und Elsweiler/Grave, IStR 2013, 91(94 f.) sehen hierin keine zwangslufige Konsequenz. 3 Ist der Gruppentrger eine Personengesellschaft, gilt dies fÅr deren Gesellschafter. 4 Nach Art. 109 Abs. 1 des Richtlinienentwurfs gibt der Hauptsteuerpflichtige eine konsolidierte Steuererklrung bei der fÅr ihn zustndigen HauptsteuerbehÇrde ab.

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E. Fazit

chungsgerecht mit Steuerumlagen zu be- oder entlasten.1 Dementsprechend sollte die Haftungsnorm des § 73 AO verursachungsgerecht in der Weise eingeschrnkt werden, dass Gruppengesellschaften fÅr die Steuerschulden des Gruppentrgers nur in dem Umfang haften, in dem sie selbst zum steuerlichen Ergebnis beigetragen haben.2 Bereits de lege lata ist die Inanspruchnahme der Organgesellschaft fÅr Steuern, die im Betrieb des Organtrgers oder einer anderen Organgesellschaft verursacht worden sind, idR ermessensfehlerhaft und nur in Ausnahmefllen zulssig.3 bergangsvorschriften mit ausreichend langen Fristen sind fÅr eine planmßige Umstellung von der heutigen Organschaft zur Gruppenbesteuerung erforderlich, um Unternehmen notwendigen Vorlauf fÅr die PrÅfung und Umsetzung gesellschaftsrechtlich erforderlicher oder sinnvoller Anpassungen zu gewhren. Insbesondere durch die ErhÇhung der Mindestbeteiligungsgrenze werden sich nderungen in der Zusammensetzung der Gruppe ergeben. FÅr eine gewisse bergangszeit kÇnnte ein bestehender GAV als erweiterte Haftung zur unbeschrnkten Verlustverrechnung anerkannt werden. Die bisherigen vor- und innerorganschaftlichen Ausgleichposten sind in die Technik der Gruppengesellschafts- und Gruppentrgerkonten zu ÅberfÅhren.4 Außerdem sind Vorschriften fÅr den Eintritt und den Austritt aus der Gruppe zu erlassen.

10.74

E. Fazit Zur Strkung des Wirtschaftsstandortes benÇtigt Deutschland ein modernes Gruppenbesteuerungskonzept als systemkonformes und wettbewerbsfhiges Konzernsteuerrecht. Die Basis hierfÅr bildet die ertragsteuerliche Organschaft, bei der auch nach der „kleinen Organschaftsreform“ grundlegende Probleme ungelÇst geblieben sind. Ua. erfÅllt die Organschaft nicht die europischen Anforderungen hinsichtlich der inlndischen Verrechnung von finalen EU-/EWR-Verlusten, die in absehbarer Zeit von der EU erzwungen werden kÇnnte. Diese Untersuchung zeigt, dass die EinfÅhrung einer Gruppenbesteuerung ohne GAV realisierbar ist. Bei ihrer Implementierung sollte der Gesetzgeber insbesondere streitanfllige gesellschaftsrechtliche Konsequenzen durch klare steuerliche Vorschriften vermeiden und hinsichtlich des Umfangs der Verlustverrechnung beim Gruppentrger die Vor- und Nachteile der verschiedenen dargestellten Alternativen abwgen. Allerdings ist auch unter BerÅcksichtigung grundlegender fiskalischer Anforderungen eine bislang geforderte aufkommensneutrale Umsetzung nicht mÇglich. Wann die fÅr diese Reform erforderlichen finanziellen Spielrume vorhanden sein werden, ist ungewiss. Daher kÇnnte zur Verminderung der Haushaltseffekte auch eine schrittweise Umsetzung des Konzeptes erfolgen. 1 2 3 4

Vgl. Witt, Die Konzernbesteuerung, 315. Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 75 f. Vgl. Loose in Tipke/Kruse, § 73 AO Rz. 8 (Stand: Oktober 2012). Vgl. IFSt-Arbeitsgruppe, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, 76.

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10.75

Kapitel 10 Fortentwicklung der Organschaft zum Gruppenbesteuerungssystem

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2. Teil Inlandsbezogene Einzelfragen der Organschaft Kapitel 11 BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft Literatur Benecke/Schnitger, Wichtige nderungen bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft durch das UntStG 2013, IStR 2013, 143; Brill, Insolvenz und Steuern, KSDI 2013, 18458; Breuninger in Arbeitsbuch zur 66. Steuerrechtlichen Jahresarbeitstagung, Unternehmen 2015, 136; Bumiller, GewinnabfÅhrungsvertrag – Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres und vorzeitige Vertragsbeendigung, SteuK 2014, 193; DÇtsch, Aktuelle Entwicklungen bei der ertragsteuerlichen Organschaft: insbes. Gesetzesnderungen, Rechtsprechung, BMF-EinfÅhrungsschreiben, Der Konzern 2003, 21; DÇtsch, GewinnabfÅhrungsvertrag in Herzig (Hrsg.), Organschaft, 2003, S. 98; Fichtelmann, Die Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags und ihre Auswirkungen auf die Organschaft, GmbHR 2010, 576; FÅger/Rieger/Schell, Die Behandlung von ErgebnisabfÅhrungsvertrgen beim Unternehmensverkauf – gesellschafts-, steuer- und insolvenzrechtliche Aspekte, DStZ 2015, 404; Gosch, PraxisHinweise zu BFH-Urteil v. 13.11.2013, I R 45/12, BFH/PR 2014, 200; Haase, Verußerungsgewinne im Organschaftsmodell mit auslndischer Betriebssttte, PiSt 2008, 295; Hahn, Der Verzicht auf die DurchfÅhrung der GewinnabfÅhrung als Gestaltungsinstrument bei M&A-Transaktionen, Ubg 2014, 427; Hahn, Fortbestehen einer Organschaft bei Abtretung einer Beteiligung, jurisPR-SteuerR 25/2012 Anm. 6 zu FG Kassel v. 25.1.2012, 4 K 2487/08; Herzberg, Anmerkung zum Urteil des BFH vom 13.11.2013 (I R 45/12, GmbHR 2014, 499) – Zur Frage einer Organschaft bei KÅrzung der Mindestlaufzeit eines GewinnabfÅhrungsvertrages durch Umstellung des Wirtschaftsjahres, GmbHR 2014, 502; Heurung/Engel/MÅllerThomczik, Der „wichtige Grund“ zur Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags, GmbHR 2012, 1227; Heurung/Engel/SchrÇder, BB-Rechtsprechungsreport ertragsteuerliche Organschaft 2011, BB 2012, 1123; Jesse, Neuregelungen zur ertragsteuerlichen Organschaft (Teil I), FR 2013, 629; Kahlert, Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft mit dem vorlufigen Insolvenzverfahren, DStR 2014, 73; Kahlert, Ertragsbesteuerung in Krise und Insolvenz, FR 2014, 731; Katschinski, Die analoge Anwendung des § 307 AktG im GmbH-Vertragskonzern – Steuerfalle oder Scheinproblem, in Martinek/Rawert/Weitemeyer (Hrsg.), Festschrift fÅr Dieter Reuter zum 70. Geburtstag am 16. Oktober 2010, S. 1043; Kleinheisterkamp, Neues Betriebsstttenkriterium des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG, JbFSt 2014/15, 447; Kleinheisterkamp/Schell, Der bergang des wirtschaftlichen Eigentums an Kapitalgesellschaftsanteilen beim Unternehmenskauf, DStR 2010, 833; Lange, Der steuerlich wichtige KÅndigungsgrund bei der ertragsteuerlichen Organschaft, GmbHR 2011, 806; Marchal/Oldiges, Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft auch bei Bestellung eines schwachen vorlufigen Insolvenzverwalters, DStR 2013, 2211; Mrtens, Organschaft: Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrages, jurisPRSteuerR 19/2014, Anm. 4 zu BFH v. 13.11.2013, I R 45/12, BStBl. II 2014, 486; Priester, Hinzutritt außenstehender Gesellschafter beim GmbH-Unternehmensvertrag,

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in Luther/Scholz/Sigle (Hrsg.), Festschrift fÅr Martin Peltzer zum 70. Geburtstag, 2001, S. 327; Pyszka, Steuergestaltung durch Nichtwahrung der Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft – zugleich Anmerkungen zum Urteil des FG MÅnster vom 20.8.2014 – 10 K 2192/13 F, GmbHR 2014, 1296; RÅsch, Aktuelle Entwicklungen zur steuerlichen Organschaft – Bericht zur 18. Euroforum-Jahrestagung „Die Organschaft 2014“ am 22. und 23.9.2014, DStZ 2015, 27; Schaefer/ Wind/Mager, Beendigung und BegrÅndung von Organschaften beim Unternehmenskauf, DStR 2013, 2399; Scheifele/Marx, Die zeitlichen Anforderungen an den GewinnabfÅhrungsvertrag und seine DurchfÅhrung – Zugleich Besprechung des BFH-Urteils vom 13.11.2013 – I R 45/12, DStR 2014, 1793; Schirmer, Neue Probleme durch das Zuordnungsmerkmal bei der Organschaft nach der Organschaftsreform, StBp 2013, 245; Schneider/Hinz, VerunglÅckte Organschaften – Ursachen und HeilungsmÇglichkeiten, Ubg 2009, 738; Schwenke, GrenzÅberschreitende Organschaft – Anmerkungen zu den Neuregelungen im Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts, ISR 2013, 41; Sedemund, Der Verfall von UnternehmensvermÇgen bei Schmiergeldzahlungen durch die Geschftsleitung von Organgesellschaften, DB 2003, 323; Stangl/BrÅhl, Aktuelle Entwicklungen zur Beendigung von GewinnabfÅhrungsvertrgen aus wichtigem Grund, Ubg 2012, 657; Vogel, Zweifelsfragen der Organschaft in Umwandlungsfllen, Ubg 2010, 618; Wacker, Zeitaspekte der gewerblichen Ttigkeit einer Organtrger-PersGes: BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, JbFSt 2014/2015, 461; Walter, Aktuelle Rechtsprechung zur Organschaft, GmbHR 2012, 670; Weber, Vereinbarung der VerlustÅbernahme im GmbH-Vertragskonzern: eine unendliche Geschichte?, Ubg 2010, 556; Wilken/Ziems, Beendigung von Unternehmensvertrgen in der Krise und in der Insolvenz, in van Betteray/Delhaes (Hrsg.), Festschrift fÅr Friedrich Wilhelm Metzeler zum 70. Geburtstag, 2003, S. 153.

A. Beginn und Dauer der Organschaft I. Beginn der Organschaft 11.1 Beginn der Organschaft. Die Organschaft wird erstmals fÅr das Kalenderjahr wirksam, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet, in dem der GewinnabfÅhrungsvertrag wirksam wird (§ 14 Abs. 1 Satz 2 KStG, dazu Rz. 3.30) und die sonstigen Organschaftsvoraussetzungen vorliegen. ber den Zeitpunkt, ab wann der GewinnabfÅhrungsvertrag gelten soll, kann disponiert werden. Liegen alle Voraussetzungen der Organschaft vor, treten die Rechtsfolgen der Organschaft ein, ohne dass es eines weiteren Antrags bedarf.

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A. Beginn und Dauer der Organschaft

II. RÅckwirkung des GewinnabfÅhrungsvertrags RÅckwirkung eines GewinnabfÅhrungsvertrags. Zivilrechtlich kann ein GewinnabfÅhrungsvertrag nach hM auf alle Wirtschaftsjahre der Organgesellschaft zurÅckwirken, fÅr die der Jahresabschluss noch nicht festgestellt wurde.1 Steuerrechtlich ist die RÅckwirkung auf den Beginn des Jahres der Eintragung des GewinnabfÅhrungsvertrags im Handelsregister der Organgesellschaft beschrnkt (§ 14 Abs. 1 Satz 2 KStG). Um diese RÅckwirkung zu erreichen, muss sie im GewinnabfÅhrungsvertrag ausdrÅcklich vereinbart werden.2

11.2

Praxistipp. Wenn unsicher ist, ob die Eintragung des GewinnabfÅhrungsvertrags in das Handelsregister noch im laufenden Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft erfolgt, empfiehlt es sich, die fÅnfjhrige Mindestlaufzeit nicht auszurechnen, sondern den Beginn der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit mit dem Beginn des Wirtschaftsjahrs zu verknÅpfen, in dem der GewinnabfÅhrungsvertrag (durch Eintragung) wirksam geworden ist. Solche Klauseln werden von der Finanzverwaltung anerkannt.3

11.3

III. Bedingungen im GewinnabfÅhrungsvertrag Aufschiebende Bedingung. Um mÇglichst weitgehend Verlustvortrge der Organgesellschaft nutzen zu kÇnnen, kÇnnte es sinnvoll sein, den GewinnabfÅhrungsvertrag unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) zu schließen, dass die steuerlichen Verlustvortrge der Organgesellschaft aufgebraucht sind. Denn mit Beginn der Organschaft werden diese Verlustvortrge eingefroren (§ 15 Nr. 1 KStG).

11.4

Eintragung in das Handelsregister. Diese Variante bietet sich in den meisten Fllen jedoch aus anderen GrÅnden nicht an. Es ist bereits umstritten, ob ein GewinnabfÅhrungsvertrag aufgrund seiner materiell satzungsndernden Wirkung bedingungsfeindlich ist oder nicht.4 FrÅhere Fassungen der KStR sahen zwar vor, dass ein GewinnabfÅhrungsvertrag aufschiebend bedingt werden konnte;5 auch heute noch halten Teile des Schrift-

11.5

1 Koch in HÅffer, AktG11, § 294 Rz. 20 mwN. Nach Koch in HÅffer, AktG11, § 294 Rz. 20 mwN ist eine RÅckwirkung darÅber hinaus unbedenklich, wenn der Jahresabschluss zwar schon festgestellt, der Gewinnverwendungsbeschluss aber noch aussteht. Noch weitergehend OLG Frankfurt v. 12.6.1996 – 20 W 440/94, GmbHR 1996, 859, das eine RÅckwirkung auch Åber das im Zeitpunkt der Anmeldung laufende Wirtschaftsjahr hinaus fÅr mÇglich hlt. 2 LG Kassel v. 15.11.1995 – 12 T 10/95, GmbHR 1996, 292 = NJW-RR 1996, 1510; Koch in HÅffer, AktG11, § 294 Rz. 20 mwN. 3 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 4. Vgl. auch Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1795); DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 216 (Dezember 2014). 4 So Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 336 (Januar 2015). 5 R 55 Abs. 3 KStR 1999. Vgl. auch BFH v. 5.3.1955 – I 73/54, BStBl. III 1955, 187.

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tums eine aufschiebende1 oder eine auflÇsende2 Bedingung fÅr mÇglich (§ 158 Abs. 1, Abs. 2 BGB). Die Registergerichte weigern sich aber in der Praxis, solche ihrer Ansicht nach unbestimmten GewinnabfÅhrungsvertrge in das Handelsregister einzutragen.3 Da die Eintragung im Handelsregister in der Praxis erst nach Bedingungseintritt erfolgt, ist die praktische Bedeutung solcher Regeln daher gering,4 auch wenn es Ausnahmen gibt (dazu Rz. 2.41).

IV. Zeitliche Anforderungen an die Organschaftsvoraussetzungen 1. Mindestlaufzeit nur des GewinnabfÅhrungsvertrags

11.6 Beginn des FÅnfjahreszeitraums. Wird der GewinnabfÅhrungsvertrag zu einem Zeitpunkt wirksam, in dem die sonstigen Organschaftsvoraussetzungen (wie zB die finanzielle Eingliederung oder die Betriebsstttenzuordnung) noch nicht vorliegen, fngt der FÅnfjahreszeitraum nach R 60 Abs. 2 Satz 2 KStR 2004, erstinstanzlicher Rechtsprechung5 sowie Teilen des Schrifttums erst zu laufen an, wenn auch die sonstigen Organschaftsvoraussetzungen vorliegen.6 Konsequenterweise mÅssen nach dieser Ansicht auch alle sonstigen Organschaftsvoraussetzungen fÅnf Jahre lang vorliegen.7

11.7 Mindestlaufzeit nur des GewinnabfÅhrungsvertrags. Der oben genannten Auffassung ist nicht zu folgen. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG verlangt nach dem eindeutigen Wortlaut eine fÅnfjhrige Mindestlaufzeit nur im Hinblick auf den GewinnabfÅhrungsvertrag, legt sie fÅr die Organ-

1 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 235; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 629 (Mrz 2009); MÅller in MÇssner/Seeger, KStG, 2013, § 14 Rz. 543; Danelsing in BlÅmich, EStG/KStG/GewStG, § 14 KStG Rz. 122 (April 2013), § 15 KStG Rz. 14 (Juni 2013); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 172 (Dezember 2014); MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 238. 2 Hahn, jurisPR-SteuerR 25/2012 Anm. 6, Anm. zu FG Kassel v. 25.1.2012 – 4 K 2487/08, juris; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 635.1 (September 2014). 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 172 (Dezember 2014). Deswegen erkennt DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 172 (Dezember 2014) die Bedingung nur an, wenn das Registergericht der Eintragung zugestimmt hat. 4 Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 122 (April 2013), § 15 KStG Rz. 14 (Juni 2013); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 67 (Januar 2015). 5 FG Berlin-Brandenburg v. 15.7.2009 – 12 K 12148/08, rkr., EFG 2009, 2049 (2049). 6 Aus dem Schrifttum ua. Schirmer, StBp 2013, 245 (246); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 200 (Januar 2015). 7 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 637 (September 2014), Rz. 720 (November 2012); MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 822 ff.; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 277 (Januar 2015), Rz. 475 (Januar 2015).

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A. Beginn und Dauer der Organschaft

schaft als solche aber nicht fest.1 Besttigt wird dies durch Sinn und Zweck der Mindestlaufzeit, welche darin bestehen, eine willkÅrliche Beeinflussung der Vertragsdauer zu verhindern.2 Dieser Telos wird unseres Erachtens nicht beeintrchtigt, wenn man den Wortlaut des § 14 KStG befolgt, wonach sich die Mindestlaufzeit allein auf den GewinnabfÅhrungsvertrag und auf seine ordnungsgemße DurchfÅhrung beschrnkt. Die sonstigen Organschaftsvoraussetzungen sind nicht in gleichem Maße manipulationsgeeignet wie der Abschluss und die Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags.3 Zur Frage der Berechnung der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags bei rÅckwirkenden Umwandlungsmaßnahmen Rz. 3.34. 2. Sonstige Organschaftsvoraussetzungen Differenzierung. FÅr die sonstigen Organschaftsvoraussetzungen ist unseres Erachtens (entgegen der derzeit wohl noch hM) zu differenzieren: – Die finanzielle Eingliederung muss nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG whrend des gesamten Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft vorliegen. Jede noch so kurze Unterbrechung schadet, fÅhrt zur AuflÇsung der finanziellen Eingliederung und damit zum Ende der Organschaft rÅckwirkend ab Beginn des laufenden Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft.4 – Bei der Betriebsstttenzurechnung verlangt § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG die „ununterbrochene“ Zuordnung der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte „whrend der gesamten Dauer der Organschaft“. Die Zuordnung muss whrend des gesamten Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft bestehen. Fllt die Zurechnung innerhalb der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags weg, endet die Organschaft jedenfalls mit Wirkung fÅr den Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft, in dem die Zuordnung wegfllt. Nach Verwaltungsauffassung fllt die Organschaft darÅber hinaus rÅckwirkend fÅr alle Wirtschaftsjahre der Organgesellschaft weg.5 Aus dem Gesetz

1 Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (739); Schaefer/Wind/Mager, DStR 2013, 2399 Fn. 4; Herzberg, GmbHR 2014, 502 (503); Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1803); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 232 (Dezember 2014); Pung nach RÅsch, DStZ 2015, 27 (29). 2 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608. 3 AA (auch die finanzielle Eingliederung sowie die Betriebsstttenzurechnung kÇnnen kurzfristig manipuliert werden) Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141k (Januar 2015), Rz. 277 (Januar 2015). 4 Vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 155; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 272 (Juni 2013); MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 167. 5 OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434. Ebenso Teile des Schrifttums, die zum Teil dann eine nderung der Zuordnung aus wichtigem Grund fÅr unschdlich halten, zB Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (153); Schwenke, ISR 2013, 41 (46); Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 73 (April

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11.8

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BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

lsst sich diese Rechtsfolge allerdings nicht entnehmen.1 Da unseres Erachtens nicht die Gefahr besteht, dass der Steuerpflichtige durch willkÅrliche Beendigung oder Schaffung der Zuordnung die Dauer der Organschaft beeinflusst,2 gehen wir nur von einer nur auf das jeweilige Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft bezogenen RÅckwirkung aus. – FÅr die gewerbliche Ttigkeit einer Organtrger-Personengesellschaft nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG enthlt das Gesetz keinen zeitlichen Bezugspunkt. Der BFH verlangt, dass die Gewerblichkeit im Zeitpunkt der GewinnabfÅhrung vorliegt3 (dazu Rz. 16.31 ff.). – FÅr die sonstigen Organschaftsvoraussetzungen (wie zB fÅr die inlndische Geschftsleitung der Organgesellschaft) fordern Teile des Schrifttums in Anlehnung an das genannte BFH-Urteil zur Organtrger-Personengesellschaft,4 dass auch diese sonstigen Organschaftsvoraussetzungen im Zeitpunkt der GewinnabfÅhrung vorliegen mÅssen.5 Der BFH sagt dazu aber nichts. Der BFH entnimmt dem Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG, wonach der ganze Gewinn „an ein gewerbliches Unternehmen“ abzufÅhren ist, lediglich, dass der Zeitpunkt der GewinnabfÅhrung auch der maßgebliche Zeitpunkt fÅr die AusÅbung der gewerblichen Ttigkeit des Organtrgers ist.6 Diese Wortlautargumentation greift fÅr die sonstigen Organschaftsvoraussetzungen aber nicht, da diese keine Gewerblichkeit voraussetzen. Deswegen gilt unseres Erachtens mangels anderweitiger Regelung, dass die sonstigen Organschaftsvoraussetzungen jeweils nur an einem Tag im jeweiligen Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft vorliegen mÅssen.7

11.9 Auswirkung. Da unseres Erachtens nur der GewinnabfÅhrungsvertrag, nicht aber die sonstigen Organschaftsvoraussetzungen fÅnf Zeitjahre lang vorliegen mÅssen, wirkt sich der Wegfall einer sonstigen Organschaftsvoraussetzung auch nur fÅr das jeweilige Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft aus. Liegt die Organschaftsvoraussetzung im Folgejahr wieder vor,

1

2

3 4 5

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2013); Kleinheisterkamp, JbFSt 2014/15, 447 (455); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141k (Januar 2015). Dagegen auch Jesse, FR 2013, 629 (635); Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (268); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 106 f. (August 2014); Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 38; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 126 (August 2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 190 (Januar 2015). Mit dieser angeblichen Manipulationsgefahr rechtfertigt Frotscher in Frotscher/ Maas, § 14 KStG Rz. 141k (Januar 2015) die Erstreckung der Mindestlaufzeit auch auf die Betriebsstttenzurechnung. BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272 = FR 2014, 28. BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, FR 2014, 28 = BFH/NV 2013, 1737. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 234 (Dezember 2014). hnlich Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 666 (Januar 2015) zum Ende des Wirtschaftsjahrs. BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, FR 2014, 28 = BFH/NV 2013, 1737. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 234 (Dezember 2014).

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B. Beendigung der Organschaft

kann die Organschaft fortgesetzt werden.1 Da die derzeit wohl noch hM dies aber anders sieht und whrend der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit von einer rÅckwirkenden Nichtanerkennung der Organschaft ausgeht, sollte man – sofern mÇglich – vorsorglich den GewinnabfÅhrungsvertrag kÅndigen, wenn eine sonstige Organschaftsvorausssetzung innerhalb der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit entfllt (dazu Rz. 11.57).

B. Beendigung der Organschaft I. berblick Fallgruppen der Beendigung der Organschaft. Die Organschaft wird beendet, wenn eine der Voraussetzungen der Organschaft (wie zB die finanzielle Eingliederung, die Eignung zum Organtrger, der GewinnabfÅhrungsvertrag oder die Betriebsstttenzurechnung der Organbeteiligung) nicht mehr erfÅllt ist. Ob sich der Wegfall nur auf das laufende Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft bezieht oder auch vorangegangene Zeitrume erfasst, hngt von dem wegfallenden Tatbestandsmerkmal, der Art der Beendigung sowie von der Einhaltung der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags ab. FÅr eine genauere Analyse werden im Folgenden zwei Fallgruppen unterschieden: Die Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags (dazu Rz. 11.11 ff.) und der Wegfall einer sonstigen Organschaftsvoraussetzung (dazu Rz. 11.55 ff.).

11.10

II. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags 1. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags nach Ablauf der Mindestlaufzeit a) Grundstze Ablauf der Mindestlaufzeit. Ein befristeter GewinnabfÅhrungsvertrag endet, wenn seine fÅnfjhrige Mindestlaufzeit abgelaufen ist.2 Da in diesem Fall die Mindestlaufzeit eingehalten ist, scheidet bereits aus diesem Grund eine rÅckwirkende Nichtanerkennung der Organschaft aus. In der Praxis ist diese Situation allerdings nur selten anzutreffen. Im Regelfall ist vereinbart, dass nach Ablauf der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit der GewinnabfÅhrungsvertrag automatisch um jeweils eine bestimmte Zeitperiode (zB ein Wirtschaftsjahr) fortgesetzt wird, sollte der GewinnabfÅhrungsvertrag nicht innerhalb einer gewissen Frist vor Ablauf der jeweiligen Zeitperiode gekÅndigt werden. Dadurch wird zugleich verhindert, 1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 232 ff. (Dezember 2014); Pung nach RÅsch, DStZ 2015, 27 (29). 2 Veil in Spindler/Stilz, AktG2, § 297 Rz. 31 ff.; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht7, § 296 AktG Rz. 2.

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11.11

Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

dass bei Ende der Vertragslaufzeit erneut ein ggfs. erforderlicher Ausgleich i.S.v. § 304 AktG festzusetzen ist.1

11.12 KÅndigung, Aufhebung und automatische Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags. Der GewinnabfÅhrungsvertrag kann gekÅndigt, aufgehoben oder automatisch beendet werden. Wollen die Vertragsparteien den GewinnabfÅhrungsvertrag unterjhrig beenden, kommt eine Aufhebung nicht in Betracht. Sie ist nur zum Schluss eines jeden Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft mÇglich; eine unterjhrige (oder rÅckwirkende) Beendigung durch Aufhebung scheidet damit aus (§ 296 Abs. 1 AktG).2 Die Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags ist analog § 298 AktG in das Handelsregister einzutragen, die Eintragung ist aber rein deklaratorisch.3 b) Zeitpunkt der Beendigung

11.13 Beendigung zum Ablauf eines Wirtschaftsjahrs. Wird der GewinnabfÅhrungsvertrag zum Ende eines Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft beendet, besteht die Organschaft bis zum Ablauf dieses Wirtschaftsjahr fort (argumentum e contrario § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG). Ab dem kommenden Wirtschaftsjahr versteuert die Organgesellschaft ihr Einkommen wiederum selbst und muss ihre Verluste eigenstndig tragen.

11.14 Zivilrechtliche Aspekte bei unterjhriger Beendigung. Bei einer außerordentlichen KÅndigung endet der GewinnabfÅhrungsvertrag ggf. unterjhrig.4 In diesem Fall divergieren die zivil- und steuerrechtlichen Rechtsfolgen. Zivilrechtlich besteht der GewinnabfÅhrungsvertrag bis zum unterjhrigen Beendigungszeitpunkt fort. Nach hM ist ein bis zum Beendigungszeitpunkt entstandener Verlust gemß § 302 AktG durch den Organtrger auszugleichen; ein Gewinn ist an ihn abzufÅhren.5 Zur Ermittlung der AnsprÅche ist ein gedachter Zwischenabschluss (Stichtagsbilanz)

1 Paschos in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht2, § 297 AktG Rz. 13. 2 Die Anwendbarkeit von § 296 Abs. 1 AktG auf die GmbH ist umstritten (Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht7, § 296 AktG Rz. 7 ff.), was fÅr die Praxis heißt, dass die Aufhebung des GewinnabfÅhrungsvertrags in der Regel nur zum Ende eines Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft in Betracht kommt. Ggf. ist ein Rumpfwirtschaftsjahr zu bilden. 3 OLG MÅnchen v. 21.3.2011 – 31 Wx 80/11, GmbHR 2011, 489 = NZG 2011, 1183 mwN. Zustimmend Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 601 (November 2012), Rz. 747 (September 2014). AA Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht7, § 296 AktG Rz. 7b, § 297 AktG Rz. 3a. 4 Dies gilt, wenn der KÅndigungsgrund die Anforderungen an einen wichtigen Grund i.S.v. § 297 Abs. 1 AktG erfÅllt, aber auch bei vertraglich vereinbarten KÅndigungsgrÅnden. 5 Vgl. BGH v. 14.12.1987 – II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 = GmbHR 1988, 174; v. 11.11.1991 – II ZR 287/90, BGHZ 16, 37 = GmbHR 1992, 34; v. 5.11.2001 – II ZR 119/00, GmbHR 2002, 62 = DStR 2002, 1101; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht7, § 297 AktG Rz. 54, § 302 AktG Rz. 38; Koch in HÅffer, AktG11, § 297 Rz. 21.

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B. Beendigung der Organschaft

aufzustellen; einer PrÅfung dieser Stichtagsbilanz bedarf es hingegen nicht.1 Steuerrechtliche Aspekte bei unterjhriger Beendigung. Aus steuerrechtlicher Sicht ist weder eine (unterjhrige) GewinnabfÅhrung noch ein (unterjhriger) Verlustausgleich erforderlich. Da die Organschaft bei einer unterjhrigen Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags nach Ablauf der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit ohnehin rÅckwirkend zum Ende des vorhergehenden Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft endet (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG), schadet eine fehlende DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags im Beendigungsjahr nicht.

11.15

c) Verzicht auf die Forderung auf GewinnabfÅhrung Verdeckte GewinnausschÅttung, verdeckte Einlage. Die zivilrechtlich entstehende Forderung auf GewinnabfÅhrung fÅhrt (mangels Organschaft im relevanten Jahr) zum Zufluss einer verdeckten GewinnausschÅttung beim Organtrger, auf die Kapitalertragsteuer einzubehalten ist. Evtl. speist sich der Betrag (ganz oder teilweise) aus dem steuerlichen Einlagekonto der Organgesellschaft.2

11.16

MÇglichkeit eines Verzichts. Aus Beratersicht drngt sich daher die Frage auf, ob und ggf. wie diese Rechtsfolgen vermieden werden kÇnnen. In Betracht kommt ein Verzicht auf die Forderung auf GewinnabfÅhrung. Ein solcher Verzicht verstÇßt nicht gegen das Verbot des Gestaltungsmissbrauchs aus § 42 AO, da mit dem Verzicht ein anzuerkennender wirtschaftlicher Grund verfolgt wird, nmlich das Eigenkapital der Organgesellschaft zu strken.3

11.17

Nachtrglicher Verzicht. Wird der Verzicht zeitlich nach dem zivilrechtlichen Beendigungszeitpunkt des GewinnabfÅhrungsvertrags erklrt, ist der Verzicht – ungeachtet der Tatsache, dass die Organschaft bereits zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft endet (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG) – steuerrechtlich als verdeckte GewinnausschÅttung zu behandeln.4 Das Ziel, eine verdeckte GewinnausschÅttung sowie den damit zusammenhngenden Einbehalt von Kapitalertragsteuer zu vermeiden, kann daher nicht durch einen nachtrglichen Verzicht erreicht werden.

11.18

Vorheriger Verzicht. Wird der Verzicht auf die Forderung auf GewinnabfÅhrung aber bereits vor dem zivilrechtlichen Beendigungszeitpunkt des GewinnabfÅhrungsvertrags erklrt, ist umstritten, ob dadurch das

11.19

1 BGH v. 5.11.2011 – II ZR 119/00, DStR 2002, 1101; Hahn, Ubg 2014, 427 (429) mwN. Vgl. auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 216d (Dezember 2014). 2 Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 246 (April 2013). 3 FG MÅnster v. 20.8.2014 – 10 K 2192/13 F, GmbHR 2014, 1326. 4 Vgl. Pyszka, GmbHR 2014, 1296 (1297).

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Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

Vorliegen einer verdeckten GewinnausschÅttung vermieden werden kann. Das FG MÅnster verneint dies. Da ein GewinnabfÅhrungsvertrag zivilrechtlich nur zum Ende des Wirtschaftsjahrs aufgehoben werden kÇnne (§ 296 AktG), entstehe zunchst die Forderung auf die GewinnabfÅhrung, selbst wenn auf sie bereits vorab verzichtet worden sei. Erst im Anschluss wirke sich ein – wenn auch vorherig erklrter – Verzicht aus, der steuerrechtlich als verdeckte Einlage zu qualifizieren sei. Nach dem FG MÅnster kommt es daher stets zu einer „OrganschaftslÅcke“ im Jahr des Verzichts, da der alte GewinnabfÅhrungsvertrag noch gilt, aber keine Organschaftswirkung mehr entfaltet. Der Sachverhalt wird auch nicht nach „normalen Regeln“ besteuert, sondern es greifen – wie bei einer verunglÅckten Organschaft – die Grundstze der verdeckten GewinnausschÅttung/verdeckten Einlage ein.1

11.20 Eigene Stellungnahme. Die Auffassung des FG MÅnster Åberzeugt nicht.2 Bereits der Ausgangspunkt des FG MÅnsters ist unrichtig. § 296 AktG lsst sich keine Aussage zur unterjhrigen Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags entnehmen, da er hierfÅr gerade nicht gilt. Des Weiteren baut sich der GewinnabfÅhrungsanspruch nicht ratierlich whrend des Jahres auf, sondern entsteht erst im Zeitpunkt der Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags, der auf das Ende eines Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft fallen kann, aber nicht muss.3 Es wird also nicht auf einen entstandenen Anspruch verzichtet, sondern mit dem Verzicht wird bereits das Entstehen des Anspruchs verhindert. Infolgedessen fehlt es unseres Erachtens an einem hinreichend greifbaren VermÇgensvorteil, der im Verzichtsfall eine verdeckte GewinnausschÅttung auslÇsen kÇnnte.4

11.21 Praxistipps. Das FG MÅnster hat eine Revision nicht zugelassen, so dass eine hÇchstrichterliche Entscheidung zumindest zu dem vom FG MÅnster entschiedenen Fall nicht ergehen wird. Ein vorheriger Verzicht empfiehlt sich angesichts dieser Rechtsprechung aber nur, wenn das konkrete Finanzamt dem zustimmt (verbindliche Auskunft) oder die Gefahr eines Rechtsstreits hingenommen werden kann.5 Alternativ ist Åber die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs bei der Organgesellschaft nachzudenken. Will der Organtrger einen Verzicht erklren, ist darauf zu achten, dass anhand der Rechnungslegungs- und Controlling-Zahlenwerke nachgewiesen werden kann, dass zum Zeitpunkt der Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags kein ausgleichspflichtiger Verlust bestand.6 Denn auf einen 1 FG MÅnster v. 20.8.2014 – 10 K 2192/13 F, GmbHR 2014, 1326; zustimmend DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 593c (April 2015). 2 Pyszka, GmbHR 2014, 1296 (1298); FÅger/Rieger/Schell, DStZ 2015, 404 (413). 3 Vgl. BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494 = FR 2013, 1137 zur unterjhrigen Zurechnung eines Gewinns aus der GewinnabfÅhrung bei Gesellschafterwechsel auf Ebene der Organtrger-Personengesellschaft. 4 Hahn, Ubg 2014, 427 (431 f.); Pyszka, GmbHR 2014, 1296 (1297 f.). 5 FÅger/Rieger/Schell, DStZ 2015, 404 (413) sehen einen vorherigen Verzicht fÅr die Gestaltungspraxis als einstweilen versperrt an. 6 Hahn, Ubg 2014, 427 (430).

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B. Beendigung der Organschaft

Verlustausgleichsanspruch der Organgesellschaft kann aus GlubigerschutzgrÅnden nicht verzichtet werden (§ 302 Abs. 3 Satz 1 AktG).1 Des Weiteren sollte in der Praxis darauf geachtet werden, dass der Verzicht die zivilrechtlichen Anforderungen an eine Vertragsnderung (Zustimmung der Gesellschafterversammlungen, Handelsregistereintragung, dazu Rz. 2.114 ff.) erfÅllt, da der Verzicht zum Teil als nderung des GewinnabfÅhrungsvertrags gesehen wird.2 2. Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags whrend der Mindestlaufzeit a) Grundstze Vorzeitige Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags. Whrend der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit ist die vorzeitige Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags grundstzlich schdlich, es sei denn, sie beruht auf einem wichtigen Grund (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG). In diesem Fall bleibt die Organschaft fÅr die Wirtschaftsjahre der Organgesellschaft wirksam, die dem Jahr der Beendigung vorausgegangen sind bzw. auf deren Ende der GewinnabfÅhrungsvertrag beendet wird.

11.22

Steuerrechtliche Aspekte bei unterjhriger Beendigung. Wird der GewinnabfÅhrungsvertrag unterjhrig beendet, endet die Organschaft zum Ende des vorhergehenden Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG). Fraglich ist, ob der GewinnabfÅhrungsvertrag im Beendigungsjahr noch tatschlich durchgefÅhrt werden muss, damit die Organschaft nicht unter dem Aspekt der fehlenden DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags rÅckwirkend auch fÅr die Vorjahre entfllt. Unseres Erachtens ist dies nicht erforderlich. Eine entsprechende Verpflichtung lsst sich insbesondere nicht § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG entnehmen. Die Norm verlangt nur, dass ein GewinnabfÅhrungsvertrag auf mindestens fÅnf Jahre abgeschlossen und „whrend seiner gesamten Geltungsdauer“ durchgefÅhrt wird. Ausgehend vom Sinn und Zweck der Mindestlaufzeit, nmlich eine willkÅrliche Manipulation der Ergebniszurechnung zu verhindern, ist unseres Erachtens unter dem Begriff „Geltungsdauer“ die steuerrechtliche Geltungsdauer zu verstehen. Nachdem die Organschaft bei unterjhriger Beendigung ohnehin schon mit Ablauf des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft endet, sind Ergebnismanipulationen in der Teilperiode nicht mehr mÇglich. Im Beendigungsjahr ist der GewinnabfÅhrungsvertrag daher steuerrechtlich funktionslos, so dass er auch nicht mehr durchgefÅhrt werden

11.23

1 Vor dem Hintergrund von § 302 Abs. 3 AktG besteht auch nicht die MÇglichkeit einer befreienden SchuldÅbernahme. Vgl. Schaefer/Wind/Mager, DStR 2013, 2399 (2403); Hahn, Ubg 2014, 427 (430). 2 Hahn, Ubg 2014, 427 (430 f.); Pyszka, GmbHR 2014, 1296 (1299).

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Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

muss.1 Aus VorsichtsgrÅnden ist jedoch zu empfehlen, den GewinnabfÅhrungsvertrag auch fÅr die Teilperiode durchzufÅhren. b) Zivilrechtlicher wichtiger Grund

11.24 Zivilrechtlich wichtiger Grund. Eine KÅndigung beendet den GewinnabfÅhrungsvertrag. Nach zivilrechtlichen Maßstben liegt ein wichtiger Grund i.S.v. § 297 Abs. 1 Satz 1 AktG vor, wenn dem kÅndigungswilligen Vertragsteil die Fortsetzung des GewinnabfÅhrungsvertrags unter Abwgung aller Umstnde nicht mehr zumutbar ist.2 Ein KÅndigungsgrund nach § 297 Abs. 1 Satz 2 AktG ist zB gegeben, wenn der Organtrger seinen vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere der Verpflichtung zum Verlustausgleich, voraussichtlich nicht nachkommen kann.3 Eine KÅndigung ist auch mÇglich, wenn ein bestimmter Sachverhalt ein vertraglich vereinbarter KÅndigungsgrund ist (dazu Rz. 3.83 ff.). c) Steuerrechtlich wichtiger Grund

11.25 Steuerrechtlich wichtiger Grund. Von der Frage, ob der GewinnabfÅhrungsvertrag zivilrechtlich wirksam beendet werden kann, ist die Frage zu trennen, unter welchen Voraussetzungen eine vorzeitige Beendigung unschdlich fÅr die Organschaft ist. HierfÅr trifft das Steuerrecht mit § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG eine eigenstndige Regelung. Hiernach kann der GewinnabfÅhrungsvertrag whrend der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit vorzeitig steuerunschdlich beendet werden, wenn ein (steuerrechtlich) wichtiger Grund vorliegt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG). Damit ist die zivilrechtliche Definition des Begriffs des wichtigen Grunds von der steuerrechtlichen Begriffsbestimmung zu trennen. FÅr steuerrechtliche Zwecke muss der Grund fÅr die Vertragsbeendigung nach eigenen steuerrechtlichen Maßstben objektiv vorliegen.4

11.26 Maßgeblicher Zeitpunkt. Maßgeblicher Zeitpunkt, um zu bestimmen, ob ein Sachverhalt ein wichtiger Grund ist, um den GewinnabfÅhrungsver1 hnlich Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1802); Hahn, Ubg 2014, 427 (432); FÅger/Rieger/Schell, DStZ 2015, 404 (413). AA Rz. 20.18, nach dem „Geltungsdauer“ auf die zivilrechtliche Laufzeit Bezug nimmt; zweifelnd auch Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 14 Rz. 564. 2 BGH v. 31.5.2011 – II ZR 109/10, BGHZ 190, 45 = GmbHR 2011, 922 m. Anm. Ulrich. 3 Nach hM besteht das KÅndigungsrecht fÅr beide Seiten; MÅlbert in Großkommentar AktG, § 297 Rz. 27 (Oktober 2012) nimmt ein KÅndigungsrecht fÅr den leistungsunfhigen Teil nur im Ausnahmefall an, wenn er seine eigene voraussichtliche Leistungsfhigkeit nicht zu vertreten hat und ein Wegfall der Geschftsgrundlage vorliegt oder die Leistungsunfhigkeit auf GrÅnden außerhalb des GewinnabfÅhrungsvertrags beruht. 4 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608; v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = FR 2014, 979 – anhngig beim BVerfG, Az. des BVerfG: 2 BvL 18/14.

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B. Beendigung der Organschaft

trag steuerunschdlich beenden zu kÇnnen, ist der Zeitpunkt der Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags.1 Ob im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein bestimmter Sachverhalt abstrakt gesehen ein wichtiger Grund wre, ist dagegen irrelevant. Keine gesetzliche Definition. Der (steuerrechtlich) wichtige Grund wird gesetzlich nicht definiert. Ob er gegeben ist, ist fÅr den Einzelfall zu entscheiden, selbst wenn es um das Vorliegen eines vertraglich vereinbarten KÅndigungsgrunds geht.2

11.27

Leitlinien. Finanzverwaltung und Rechtsprechung haben zur Begriffsbestimmung gewisse Leitlinien aufgestellt: – Die Finanzverwaltung hat sich in den KStR und im UmwSt-Erl. 2011 zum (steuerrechtlich) wichtigen Grund positiv geußert, indem sie potentielle wichtige GrÅnde aufzhlt. Nach R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004 „kann“ ein wichtiger Grund insbesondere die Verußerung oder die Einbringung der Organbeteiligung durch den Organtrger, die Verschmelzung, die Spaltung oder die Liquidation des Organtrgers oder der Organgesellschaft sein. Dieses „Kann“ wurde in der Vergangenheit als „ist“ verstanden, weswegen sich die Praxis darauf einrichtete, dass die Finanzverwaltung die in der KStR genannten GrÅnde mit hinreichender Sicherheit als wichtigen Grund im konkreten Fall anerkennen wÅrde.3 Dem entspricht auch die Regelung des UmwSt-Erl. 2011 Rz. Org.12, wonach die Umwandlung des Organtrgers,4 nach UmwStErl. 2011 Rz. Org.26 die Umwandlung der Organgesellschaft,5 ein wichtiger Grund „ist“, um die Organschaft zu beenden. Die KStR werden derzeit aktualisiert. Im Entwurf der KStR 2015 v. 18.5.2015 findet sich weiterhin ein „kann“ (R 14.5 Abs. 6 KStR 2015-E). Dies dÅrfte so zu verstehen sein, dass die neue BFH-Rechtsprechung (dazu sogleich) zu beachten ist. Nach R 60 Abs. 6 Satz 3 KStR 2004 liegt ein wichtiger Grund nicht vor, wenn im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits feststand, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag vorzeitig beendet wird. Eine RÅckausnahme wird fÅr Verschmelzung, Spaltung oder bei Liquidation der Organgesellschaft angenommen (R 60 Abs. 6 Satz 4 KStR 2004). Diese RÅckausnahme soll nach dem Entwurf der KStR 2015 (vgl. R 14.5 Abs. 6 Satz 3 KStR 2015-E) entfallen. Daraus ist vermutlich zu schließen, dass eine Verschmelzung, Spaltung und Liquida-

11.28

1 Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1801); inzident auch Frotscher in Frotscher/ Maas, § 14 KStG Rz. 681b (Januar 2015). 2 Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1798 f.); Stangl/Winter, Formularbuch Recht und Steuern8, A. 10.00 Rz. 364. 3 Stangl/Winter, Ubg 2012, 657 (660); Breuninger in Arbeitsbuch zur 66. Steuerrechtlichen Jahrestagung, Unternehmen 2015, 136 (140). 4 Nach UmwSt-Erl. 2011 Rz. Org.12 ist hiervon der Formwechsel i.S.v. § 190 UmwG ausgenommen. 5 Nach UmwSt-Erl. 2011 Rz. Org.26 ist lediglich der Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft anderer Rechtsform davon ausgenommen.

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Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

tion kÅnftig nicht mehr stets als wichtiger Grund anerkannt werden. Gerade bei einer Liquidation kommt es aber zu keinem potentiell missbruchlichen oder willkÅrlichen Wechsel von der Organschaftsbesteuerung zur Normalbesteuerung, weshalb wir meinen, dass eine Organschaft trotz geplanter Liquidation im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach wie vor mÇglich ist. R 14.5 Abs. 6 Satz 3 KStR 2015-E dÅrfte im Lichte der neuen BFH-Rechtsprechung zu verstehen und daher zumindest fÅr den Fall der Liquidation einschrnkend auszulegen sein, da diese nicht als manipulativ erscheint. – Der BFH hat in seinem Urteil v. 13.11.20131 den wichtigen Grund negativ abgegrenzt. Ein (steuerrechtlich) wichtiger Grund liegt nicht vor, wenn die Rechtsfolgen der Organschaft zeitlich begrenzt werden sollen, um die fÅnfjhrige Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags zu unterlaufen. Demzufolge ist eine konzerninterne Verußerung der Organbeteiligung kein wichtiger Grund, wenn die Organschaft nur dazu dienen soll, gewerbesteuerrechtliche Verlustvortrge auf Ebene des Organtrgers zu nutzen, um nach deren Verbrauch den GewinnabfÅhrungsvertrag zwecks optimaler Steuergestaltung zu beenden. Dagegen ist ein wichtiger Grund insbesondere gegeben, wenn eine wesentliche StÇrung vorliegt, die bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar gewesen ist.2

11.29 Folgerungen. Finanzgerichte sind bei ihrer Entscheidung nicht an R 60 Abs. 6 KStR 2004 oder UmwSt-Erl. 2011 Rz. Org.12, Rz. Org.26 gebunden, kÇnnen also hinsichtlich der Frage nach dem Vorliegen eines wichtigen Grunds eine andere Entscheidung treffen.3 Deswegen kann nicht ausgeschlossen werden, dass, wenn nicht die Finanzverwaltung, so doch ein Finanzgericht die Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, prÅfen wird, wenn ein Steuerbescheid (ggf. aus ganz anderen GrÅnden) vor Gericht kommt. Maßgebend ist dann, ob im Zeitpunkt der Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags ein wichtiger Grund vorliegt. Unseres Erachtens gelten folgende Grundstze: – Die Organschaft und deren Beendigung dÅrfen nicht die Besteuerung willkÅrlich beeinflussen und damit Einkommensverlagerungen von Fall zu Fall ermÇglichen.4 – Die Vertragsbeendigung darf nicht dazu dienen, die fÅnfjhrige Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags zu unterlaufen, um eine op1 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608. Vgl. auch BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = FR 2014, 979 – anhngig beim BVerfG, Az. des BVerfG: 2 BvL 18/14. 2 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608; v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = FR 2014, 979 – anhngig beim BVerfG, Az. des BVerfG: 2 BvL 18/14. 3 Stndige Rechtsprechung, zB BFH v. 5.5.1999 – XI R 1/97, BStBl. II 1999, 653 = FR 1999, 1066 m. Anm. Hallerbach; v. 13.1.2011 – V R 48/01, BStBl. II 2004, 196 = UR 2004, 249. 4 BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = FR 2014, 979.

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B. Beendigung der Organschaft

timale Steuergestaltung zu erreichen. Eine solche Manipulationssituation liegt zB vor, wenn bezweckt wird, die Verlustvortrge und gewerbesteuerlichen Fehlbetrge innerhalb des Konzerns optimal zu nutzen, bevor der Organtrger die Organbeteiligung verußert.1 – Die GrÅnde mÅssen derart gravierend sein, dass eine Fortsetzung des GewinnabfÅhrungsvertrags fÅr beide Parteien schlechterdings objektiv unzumutbar ist.2 – „Strategische“ oder „verlustbezogene“ GrÅnde, so Gosch,3 genÅgen nicht. Einen generellen Ausschluss „strategischer“ GrÅnde halten wir nicht fÅr richtig, da andernfalls alle konzerninternen Verußerungen steuerschdlich wren, da solche Maßnahmen stets Teil der Konzernstrategie sein werden. Unseres Erachtens sind nur solche Maßnahmen kein wichtiger Grund, bei denen die Organschaft „manipuliert“ werden soll unter Hinnahme einer dadurch entstehenden Beteiligungsstruktur, die nicht im Einklang mit der im Konzern allgemein Åblichen oder angestrebten Beteiligungsstruktur steht und auch nicht unter anderen (wirtschaftlichen) Aspekten zu rechtfertigen ist, die sich also als „steuergetriebene Struktur“ darstellt. – Der Umstand, dass der BFH insbesondere eine wesentliche, bei Vertragsschluss nicht vorhersehbare StÇrung als wichtigen Grund nennt, bedeutet nicht, dass nur ein solcher Grund ein wichtiger Grund i.S. des Steuerrechts ist. Der Begriff „insbesondere“ lsst zwar erkennen, dass andere Situationen ebenfalls einer gewissen Erheblichkeit bedÅrfen. Es reicht unseres Erachtens aber aus, wenn der Beweggrund „vernÅnftig“4 oder „wirtschaftlich sinnvoll“5 ist, sofern er nur nicht herangezogen wird, um willkÅrlich das zu versteuernde Einkommen zu beeinflussen. Je mehr der Beweggrund zur KÅndigung auf einem nicht steuerlichen Motiv beruht, umso eher ist ein wichtiger Grund anzunehmen.6 Die Darlegungslast fÅr die Motivationslage der Beteiligten trgt im Streitfall die Finanzverwaltung.7 1 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608; v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = FR 2014, 979 – anhngig beim BVerfG, Az des BVerfG: 2 BvL 18/14; Heurung/Engel/MÅller-Thomczik, GmbHR 2012, 1227 (1231). 2 Gosch, BFH/PR 2014, 200 (201). Nach Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 681 (Januar 2015) muss ein vertraglich vereinbarter wichtiger Grund gewichtig sein und in seiner Bedeutung den gesetzlich normierten KÅndigungsmÇglichkeiten aus wichtigem Grund entsprechen, um steuerrechtlich als wichtiger Grund anerkannt zu werden. Trossen, GmbH-StB 2014, 127 (127) verlangt exzeptionelle Umstnde, die er als nicht vorhersehbare VertragsstÇrung definiert. 3 Gosch, BFH/PR 2014, 200 (201). 4 Heurung/Engel/MÅller-Thomczik, GmbHR 2012, 1227 (1231 f.); Stangl/BrÅhl, Ubg 2012, 657 (664). 5 Breuninger in Arbeitsbuch zur 66. Steuerrechtlichen Jahresarbeitstagung, Unternehmen 2015, 136 (142). 6 Heurung/Engel/MÅller-Thomczik, GmbHR 2012, 1227 (1231 f.) 7 So auch Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1801).

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Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

– Es empfiehlt sich, bei Vertragsschluss den Beweggrund zu dokumentieren, der Anlass fÅr die Vereinbarung eines bestimmten vertraglichen KÅndigungsgrunds ist,1 um auszuschließen, dass von Anfang an geplant war, die Organschaft nur als Vehikel einer Steueroptimierung zu nutzen und dabei die fÅnfjhrige Mindestlaufzeit zu unterlaufen.

11.30 FÅr Verußerungen gilt: – Ein steuerschdliches Motiv wird sich bei einer konzernexternen Verußerung grundstzlich nicht finden lassen. Eine willkÅrliche Beeinflussung der Besteuerung wird durch die Mitwirkung des (konzernexternen) Dritten vermieden.2 Eine Ausnahme ist nach R 60 Abs. 6 Satz 3 KStR 2004 allerdings dann zu machen, wenn die Verußerung von Anfang an geplant war.3 – Bei einer konzerninternen Verußerung besteht PrÅfungsbedarf.4 Das heißt unseres Erachtens aber nicht, dass es bei einer konzerninternen Verußerung grundstzlich am wichtigen Grund fehlt.5 Das wird deutlich am Beispielsfall einer konzerninternen Verußerung der Organgesellschaft, durch die (pre-akquisitorisch) alle zu verkaufenden WirtschaftsgÅter unter einer Zwischenholding „gesammelt“ werden sollen, um diese anschließend an einen Dritten verkaufen zu kÇnnen.6 Hier besteht kein Grund, eine steuerschdliche Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags anzunehmen, nur weil es im Vorfeld der eigentlichen Transaktion eine konzerninterne Verußerung gibt. Unseres Erachtens kÇnnen aber auch konzernstrategisch motivierte Verußerungen steuerunschdlich sein (s. oben).

11.31 FÅr Umwandlungen gilt: – Der UmwSt-Erl. 2011 geht bei Umwandlungen stets vom Vorliegen eines wichtigen Grunds aus.7 Im Schrifttum wird allerdings als Folge des 1 Brill, GRW 2014, 183. 2 Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1800); FÅger/Rieger/Schell, DStZ 2015, 404 (410). 3 Stangl/BrÅhl, Ubg 2012, 657 (665). 4 Gosch, BFH/PR 23014, 200 (201). Vgl. Bumiller, SteuK 2014, 193, wonach die gngige Vertragspraxis, die bisher unter Bezug auf R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004 die Anteilsverußerung als wichtigen Grund festschrieb, bei konzerninternen Sachverhalten neu Åberdacht werden mÅsse. 5 Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1801); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 224b (Dezember 2014); Breuninger in Arbeitsbuch zur 66. Steuerrechtlichen Jahresarbeitstagung, Unternehmen 2015, 136 (140). AA FG Nds. v. 10.5.2012 – 6 K 140/10, EFG 2012, 1591 = GmbHR 2012, 917 m. Anm. Altrichter-Herzberg; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 682 (Januar 2015). Zu restriktiv unseres Erachtens auch Trossen, GmbH-StB 2014, 127 (127), der exzeptionelle Umstnde verlangt. Derartige Umstnde sind seines Erachtens im Falle einer konzerninternen Verußerung nicht gegeben, da es sich nicht um eine unvorhersehbare VertragsstÇrung handelt. 6 Fall bei Breuninger in Arbeitsbuch zur 66. Steuerrechtlichen Jahresarbeitstagung, Unternehmen 2015, 136, (140; 144). 7 UmwSt-Erlass 2011 Rz. Org.12, Rz. Org.26.

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B. Beendigung der Organschaft

BFH-Urteils v. 13.11.2013 (dazu Rz. 11.28) auch bei Umwandlungsvorgngen darauf hingewiesen, dass eine (zivilrechtlich unbedenkliche) Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags whrend der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit steuerrechtlich nur anerkannt wird, wenn fÅr den jeweiligen Umwandlungsvorgang ein objektiv wichtiger Grund vorliegt. Andernfalls entfalle die Organschaft rÅckwirkend.1 Da norminterpretierende Verwaltungsvorschriften nicht bindend sind und der BFH nach den obigen Grundstzen differenziert, sollte man vorsichtshalber auch bei Umwandlungen sicherstellen, dass nach den obigen Grundstzen des BFH der Umwandlungsvorgang als steuerrechtlich wichtiger Grund anzusehen ist. Sicherheitshalber sollte man daher auch das Vorhandensein des wichtigen Grunds dokumentieren. Ein wichtiger Grund ist unseres Erachtens jedenfalls gegeben, wenn ein (konzernexterner) Dritter involviert ist. Aber auch konzerninterne Umstrukturierungen sind grundstzlich ein wichtiger Grund, wenn sie innerhalb eines Organkreises erfolgen, wenn es um Umwandlungsvorgnge mit Errichtung einer neuen Organschaft zur Åbernehmenden Gesellschaft geht oder wenn Umwandlungsvorgnge betroffen sind, die der Herstellung der im Konzern allgemein Åblichen oder angestrebten Beteiligungsstruktur dienen oder unter anderen (wirtschaftlichen) Aspekten gerechtfertigt sind. Denn all diese Umwandlungsvorgnge sind nicht „steuergetrieben“. Davon abzugrenzen sind konzerninterne Umstrukturierungen, die nur dazu dienen, die Organschaft zu „manipulieren“. Diese stellen keinen steuerrechtlich wichtigen Grund dar. – MÇglichkeit zur verbindlichen Auskunft. Wenn unklar ist, ob ein bestimmter Sachverhalt ein (steuerrechtlich) wichtiger Grund zur unschdlichen Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags ist, wird in der Praxis geraten, eine verbindliche Auskunft einzuholen.2 Dies erscheint uns als mÇgliches Vorgehen, auch wenn es bedeutet, den GewinnabfÅhrungsvertrag bis zur Erteilung der positiven Auskunft weiterlaufen lassen zu mÅssen. Zu beachten ist allerdings, dass – wie immer – die Angaben des Steuerpflichtigen zutreffend und vollstndig sein mÅssen, um eine Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft fÅr den tatschlichen Sachverhalt herbeizufÅhren. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 StAuskV entfllt die Bindungswirkung, wenn der spter tatschlich verwirklichte Sachverhalt wesentlich von dem im Antrag zur verbindlichen Auskunft dargestellten Sachverhalt abweicht. – Wahlfreiheit hinsichtlich des „Obs“, nicht hinsichtlich des „Wanns“. Liegt ein (steuerrechtlich) wichtiger Grund fÅr die Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags vor, stellt sich die Frage, ob dieser in Anspruch 1 Mrtens, jurisPR-SteuerR 19/2014 Anm. 4. Zur konzerninternen Seitwrtsverschmelzung DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 224b (Dezember 2014). 2 So Stangl/BrÅhl, Ubg 2012, 657 (660); Herzberg, GmbHR 2014, 502 (503 f.); Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1801); Breuninger in Arbeitsbuch zur 66. Steuerrechtlichen Arbeitstagung, Unternehmen 2015, 136 (138); FÅger/Rieger/ Schell, DStZ 2015, 404 (410).

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11.33

Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

genommen werden muss, wenn die rÅckwirkende ZerstÇrung der Organschaft fÅr den KÅndigungsberechtigten vorteilhafter wre (dazu Rz. 11.67 ff.). Da der wichtige Grund eine steuerunschdliche Beendigung der Organschaft ermÇglicht, aber nicht erzwingt, kann der Steuerpflichtige frei entscheiden, ob er den GewinnabfÅhrungsvertrag beendet und so vom wichtigen Grund Gebrauch macht.1 Der Einwand, zwischen Organschaftsbesteuerung und Normalbesteuerung dÅrfe nicht wahllos hin- und hergewechselt werden,2 ist zwar grundstzlich richtig, greift vorliegend aber nicht. Es wird nur eine Ausnahmeregelung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG) nicht in Anspruch genommen, die es ermÇglicht, die Organschaft unschdlich zu beenden.3 Hinzu kommt, dass nur innerhalb einer angemessenen Frist (§ 314 Abs. 3 BGB) nach Bekanntwerden des KÅndigungsgrunds außerordentlich gekÅndigt werden kann.4 Nach diesem Zeitpunkt ist eine KÅndigung ausgeschlossen. FÅr eine vorzeitige Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags ist aber ein zeitnahes Berufen auf den wichtigen Grund erforderlich. Ist dies der Fall, kann nicht zeitlich spter eingewandt werden, man wolle lieber die Organschaft rÅckwirkend zerstÇren, indem man den wichtigen Grund nicht in Anspruch nimmt.5 d) Reichweite des steuerrechtlich wichtigen Grunds

11.34 Steuerrechtlich wichtiger Grund. Nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 KStG bezieht sich das Erfordernis des (steuerrechtlich) wichtigen Grunds nur auf eine KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags. Es ist nicht Voraussetzung fÅr andere Beendigungstatbestnde des GewinnabfÅhrungsvertrags. Die hM wendet § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 KStG aber weitergehend an. Der BFH hat in seinem Urteil v. 13.11.20136 klargestellt, dass die Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 KStG auch fÅr die Aufhebung des GewinnabfÅhrungsvertrags gilt. § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 KStG erfasst unseres Erachtens darÅber hinaus Flle einer willentlich herbeigefÅhrten automatischen Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags.7 1 Vogel, Ubg 2010, 618 (619); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 681b (Januar 2015). Zweifelnd Lange, GmbHR 2011, 806 (809). 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 230 (August 2014). 3 Vogel, Ubg 2010, 618 (619); Lange, GmbHR 2011, 806 (809); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 681b (Januar 2015). 4 OLG MÅnchen v. 21.3.2011 – 31 Wx 80/11, GmbHR 2011, 489 = DB 2011, 927; FG Hamburg v. 19.6.2013 – 2 K 350/12, juris; Emmerich/Habersack in Aktienund GmbH-Konzernrecht7, § 297 AktG, Rz. 26. Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB ist hier nicht anwendbar. 5 Lange, GmbHR 2011, 806 (809); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 681b (Januar 2015). 6 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608. 7 FG Berlin-Brandenburg v. 19.10.2011 – 12 K 12078/08, rkr., EFG 2012, 443 – verdeckte GesetzeslÅcke. Im Ergebnis ebenso Lange, GmbHR 2011, 806 (807); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 782 (September 2014); DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz 223a (Dezember 2014); Frotscher in Frot-

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B. Beendigung der Organschaft

Das bedeutet zum einen, dass auch fÅr diese Flle ein wichtiger Grund vorliegen muss; das heißt zum anderen aber auch, dass bei Vorliegen eines wichtigen Grunds die Beendigung unschdlich ist. e) Fallgruppen des steuerrechtlich wichtigen Grunds aa) Fallgruppe: nderung der steuerlichen Rahmenbedingungen nderung der steuerlichen Rahmenbedingungen der Organschaft. Ein steuerrechtlich wichtiger Grund liegt vor, wenn sich die gesetzlichen Vorschriften oder die Verwaltungsanweisungen ndern, auf deren Fortbestand das betreffende Organschaftsverhltnis aufgebaut hat. Eine gravierende nderung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen ist damit ein wichtiger Grund fÅr die Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags.1 Zu dieser Fallgruppe gehÇren zB der Wegfall der MehrmÅtterorganschaft2 oder neue gesetzliche Erfordernisse an die Organtrgereigenschaft einer Personengesellschaft.3 Eine nderung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen der Organschaft, wie sie zB durch § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG eintrat (Verhinderung der doppelten Verlustrechnung im In- und Ausland) oder wie sie in der Neufassung von § 17 Abs. 1 Nr. 2 KStG zu finden ist,4 sind unseres Erachtens ebenfalls wichtige GrÅnde.5 Da die Vertragsparteien die Entscheidung fÅr den GewinnabfÅhrungsvertrag (auch) auf der Grundlage des geltenden Rechts getroffen haben, kann der Rechtsbindungswille bei einer nderung der Rechtslage entfallen und zur Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags berechtigen.6

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bb) Fallgruppe: nderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Eine nderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist schwieriger zu beurteilen. In

1

2

3 4 5

6

scher/Maas, § 14 KStG Rz. 680 (Januar 2015); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 212 (Januar 2015). BFH v. 6.6.2013 – I R 38/11, BStBl. II 2014, 398 erwhnt dies als MÇglichkeit; BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = FR 2014, 979 sieht die gravierende nderung der steuerlichen Rahmenbedingungen explizit als wichtigen Grund an. BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 6 – Abschaffung der MehrmÅtterorganschaft; Lange, GmbHR 2011, 806 (810); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 781 (September 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 226 (Dezember 2014). Zur Neuregelung des § 14 Abs. 3 KStG 2002, vgl. BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13, BStBl. II 2014, 651 = FR 2014, 979. Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 781 (September 2014). BFH v. 15.9.2010 – I B 27/10, BStBl. II 2010, 935 = FR 2010, 1082. Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 781 (September 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 226 (Dezember 2014); Lange, GmbHR 2011, 806 (810) nennt als weiteres Beispiel den bergang auf das kÇrperschaftliche Anrechnungssystem. Lange, GmbHR 2011, 806 (810).

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Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

dieser Fallgruppe hat das BFH-Urteil v. 13.11.2013 besondere Relevanz. Eine nderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen berechtigt zur Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags, wenn die nderung von den Vertragsparteien nicht manipulativ herbeigefÅhrt wird, um die Organschaft vorzeitig zu beenden. FÅr einen wichtigen Grund mÅssen sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Regel derart gendert haben, dass die Vertragsparteien bei vernÅnftiger kaufmnnischer Beurteilung des GewinnabfÅhrungsvertrags diesen nicht in der bisherigen Form abgeschlossen htten.1 Beispiele hierfÅr sind:

11.37 Wichtige GrÅnde i.S.v. § 297 Abs. 1 AktG. Eine KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags wegen Vorliegens eines wichtigen Grunds i.S.v. § 297 AktG ist unseres Erachtens stets ein wichtiger Grund im steuerrechtlichen Sinn.2 Dies gilt grundstzlich auch unter BerÅcksichtigung der rein steuerrechtlichen Auslegung des BFH.3 Nach § 297 Abs. 1 Satz 2 AktG liegt ein wichtiger Grund namentlich vor, wenn der andere Vertragsteil voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine auf Grund des Vertrags bestehenden Verpflichtungen zu erfÅllen. Ohne die Erweiterung des zivilrechtlichen wichtigen Grunds durch vertragliche Regelungen dÅrften somit auch die steuerrechtlichen Kriterien des BFH, die letztlich auf eine Missbrauchskontrolle hinauslaufen,4 erfÅllt sein.

11.38 (Vorlufiges) Insolvenzverfahren. – Insolvenz des Organtrgers. Kann der Organtrger seine Verpflichtung zum Verlustausgleich nicht mehr erfÅllen, weil er voraussichtlich leistungsunfhig werden wird, kann die Organgesellschaft unter Verweis auf § 297 Abs. 1 Satz 2 AktG kÅndigen. Eine solche KÅndigung nach § 297 AktG ist als KÅndigung aus wichtigem Grund i.S. des Steuerrechts zu qualifizieren. Der Zeitpunkt der drohenden Leistungsunfhigkeit ist unseres Erachtens sptestens mit dem vorlufigen Insolvenzverfahren erreicht.5 Dem Insolvenzverwalter des Organtrgers steht nach allgemeinen Grundstzen nach § 297 Abs. 1 Satz 2 AktG ebenfalls ein (steuerrechtlich zu beachtendes) KÅndigungsrecht zu; es ist dem Organtrger unzumutbar, an der Verlustausgleichsverpflichtung festhalten zu mÅssen und hierdurch die Gefahr seines insolvenzrechtlichen „Untergangs“ zu vergrÇßern.6 – Insolvenz der Organgesellschaft. Ist die Organgesellschaft insolvent, kann der Organtrger dagegen grundstzlich nicht nach § 297 Abs. 1 1 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 680 (Januar 2015). 2 Lange, GmbHR 2011, 806 (810); Heurung/Engel/MÅller-Thomczik, GmbHR 2012, 1227 (1233), jeweils noch fÅr die Zeit vor dem BFH, Urt. v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608. 3 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608. 4 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 781 (September 2014). 5 AusfÅhrlich Wilken/Ziems, FS Metzeler, 2003, 153 (157). 6 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 780 (September 2014).

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B. Beendigung der Organschaft

Satz 2 AktG außerordentlich kÅndigen, da Wesensinhalt des GewinnabfÅhrungsvertrags die Verpflichtung des Organtrgers ist, Verluste zu Åbernehmen.1 DemgegenÅber kann der Insolvenzverwalter der Organgesellschaft den GewinnabfÅhrungsvertrag nach § 297 Abs. 1 Satz 2 AktG außerordentlich kÅndigen.2 Die Situation der voraussichtlichen Leistungsunfhigkeit kann dabei bereits im vorlufigen Insolvenzverfahren erfÅllt sein.3 Verußerung der Organbeteiligung.4 – Die Verußerung einer Organbeteiligung kann nach hM und unter Zugrundelegung der obigen Grundstze (Rz. 11.29 f.) ein wichtiger Grund fÅr die Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags sein. – Die Vereinbarung einer Put-Option bereits bei oder vor Beginn der Organschaft halten wir fÅr steuerunschdlich. Eine Put-Option zu vereinbaren, bedeutet nmlich nicht, dass die Parteien deren AusÅbung und damit den Wegfall der Organschaft antizipiert haben.5 Eine willkÅrliche Beeinflussung der Besteuerung liegt damit nicht vor. – Ein wichtiger Grund kann nach den obigen Grundstzen (Rz. 11.29 f.) auch gegeben sein, wenn der Organtrger seine Beteiligung an der Organgesellschaft nur teilweise verußert. Voraussetzung hierfÅr ist zustzlich zu den oben genannten Voraussetzungen, dass die finanzielle Eingliederung verloren geht, so dass der Organtrger nicht mehr Åber die Stimmrechtsmehrheit an der Organgesellschaft verfÅgt. R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004 nennt zwar nur die Verußerung, nicht aber die Teilverußerung als wichtigen Grund. Wenn aber infolge der Teilverußerung die finanzielle Eingliederung verloren geht, ndern sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in einem ausreichenden und mit der vollstndigen Verußerung vergleichbaren Maße.6 – Auf Folgendes ist in der Praxis zu achten: Nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht lsst ein Wegfall der finanziellen Eingliederung vor Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags auch den außerordentli1 Fichtelmann, GmbHR 2010, 576 (582); DrÅen in BlÅmich, § 2 GewStG Rz. 187 (April 2013). AA Wilken/Ziems, FS Metzeler, 2003, 153 (157), die dem Organtrger ohne Weiteres ein Recht zur außerordentlichen KÅndigung zugestehen. 2 R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004. 3 Vgl. Wilken/Ziems, FS Metzeler, 2003, 153 (157) mit dem Hinweis, dass diese Situation nur denkbar sei, wenn der Organtrger seiner Verpflichtung zum Verlustausgleich nicht nachkomme und deswegen bereits die Anforderungen von § 297 Abs. 1 Satz 2 AktG erfÅllt seien. 4 R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004. 5 Kritischer DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 224c (Dezember 2014), der darin ein Indiz dafÅr sieht, dass es beabsichtigt war, den GewinnabfÅhrungsvertrag schon vor Ablauf der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit zu beenden. 6 Lange, GmbHR 2011, 806 (811); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 782 (September 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 224c (Dezember 2014). Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 683 (Januar 2015) hlt die Teilverußerung auch dann fÅr einen wichtigen Grund, wenn die finanzielle Eingliederung bestehen bleibt.

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11.39

Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

chen KÅndigungsgrund entfallen, so dass eine (versptete) Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags zum rÅckwirkenden Wegfall der Organschaft fÅhrt.1 Dem ist zu widersprechen. Es reicht aus, wenn die Verußerung urschlich fÅr die Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags ist, da der außerordentliche KÅndigungsgrund auf der bertragung des wirtschaftlichen Eigentums beruht.2 In der Praxis empfiehlt es sich aber, die KÅndigungserklrung sptestens mit dem bergang des wirtschaftlichen Eigentums an der Organbeteiligung3 (in der Regel dem Closing) abzugeben und auf diesen Zeitpunkt zu kÅndigen, wobei das Closing dann idealerweise auf ein Monatsende fallen sollte.

11.40 Einbringung der Organbeteiligung. Ein wichtiger Grund kann nach den obigen Grundstzen auch bei einer (ganz oder teilweisen) Einbringung der Organbeteiligung durch den Organtrger gegeben sein, wenn infolgedessen die finanzielle Eingliederung verloren geht. Im Verlust der Stimmrechtsmehrheit liegt unseres Erachtens eine starke nderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die jedenfalls grundstzlich einen wichtigen Grund fÅr die Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags schafft.4

11.41 Umwandlungen. Bei Umwandlungen liegt unseres Erachtens ein wichtiger Grund vor, wenn die Umwandlung nicht dazu dient, die Organschaft zu manipulieren (Rz. 11.29; Rz. 11.31). Als Umwandlungsvorgnge, die wichtige GrÅnde sein kÇnnen, kommen in Betracht: – die Verschmelzung5 des Organtrgers6 oder der Organgesellschaft7 – die Spaltung des Organtrgers8 oder der Organgesellschaft9 1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 224c (Dezember 2014). 2 Hahn, Ubg 2014, 427, 432; FÅger/Rieger/Schell, DStZ 2015, 404 (410). 3 Zum bergang des wirtschaftlichen Eigentums, vgl. ua. Kleinheisterkamp/ Schell, DStR 2010, 833. 4 R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004; Lange, GmbHR 2011, 806 (811); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 782 (September 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 224b (Dezember 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 682 (Januar 2015). 5 Auch wenn die (noch) hM davon ausgeht, dass der bestehende GewinnabfÅhrungsvertrag zur Åbertragenden Gesellschaft im Zuge der Verschmelzung (automatisch) endet, wird im Schrifttum vertreten, dass ein bergang des GewinnabfÅhrungsvertrags auf die Åbernehmende Gesellschaft im Wege der VertragsÅbernahme mÇglich ist (vgl. aus dem steuerrechtlichen Schrifttum Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 288; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 348 (September 2014). An der Problematik des Vorliegens eines wichtigen Grund ndert sich dadurch unsers Erachtens nichts. 6 R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004; nach UmwSt-Erl. 2011 Rz. Org.04 ist dies ein wichtiger Grund, wenn der Organtrger auf die Organgesellschaft verschmolzen wird. 7 R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004; UmwSt-Erl. 2011 Rz. Org.26, Rz. Org21. 8 R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004; UmwSt-Erl. 2011 Rz. Org.12, wonach alle Umwandlungsvorgnge des Organtrgers bis auf den Formwechsel wichtige GrÅnde sind. 9 R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004 spricht von Spaltung; UmwSt-Erl. 2011 Rz. Org.22 bezieht den wichtigen Grund auf die Auf-, die Abspaltung und die Ausglie-

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B. Beendigung der Organschaft

– der Formwechsel des Organtrgers oder der Organgesellschaft, wenn hierdurch die Fhigkeit, Organtrger oder Organgesellschaft zu sein, wegfllt. Die Organtrgerfhigkeit fllt zB weg, wenn der Organtrger in Form einer vermÇgensverwaltenden KÇrperschaft in eine vermÇgensverwaltende Personengesellschaft formgewechselt wird.1 Eine vermÇgensverwaltende Personengesellschaft betreibt kein gewerbliches Unternehmen, was aber nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG Voraussetzung fÅr die Organtrgereigenschaft einer Personengesellschaft ist. Die Fhigkeit, Organgesellschaft zu sein, entfllt, wenn die bisherige Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft formgewechselt wird.2 Erstmaliger Beitritt eines außenstehenden Gesellschafters. Hat eine AG/ SE/KGaA im Zeitpunkt des Beschlusses Åber den GewinnabfÅhrungsvertrag noch keinen außenstehenden Gesellschafter, bewirkt der erstmalige Beitritt eines solchen, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag endet (§ 307 AktG). Bei einer GmbH ist dies umstritten (dazu auch Rz. 2.146).3 Wendet man § 307 AktG analog an, endet auch hier der GewinnabfÅhrungsvertrag mit dem erstmaligen Beitritt eines außenstehenden Gesellschafters. Hlt man die Norm fÅr unanwendbar, rechtfertigt der Beitritt die außerordentliche KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags, was auch ein steuerrechtlich wichtiger Grund ist.4

11.42

AuflÇsung des Organtrgers und der Organgesellschaft. Die AuflÇsung des Organtrgers oder der Organgesellschaft ist nach R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004 ein steuerrechtlich wichtiger Grund. Im Falle der Liquidation der Organgesellschaft gilt dies nach R 60 Abs. 6 Satz 4 KStR 2004 selbst dann, wenn bei Vertragsschluss bereits feststand, dass es zu einer Liquidation kommt. Im Entwurf der KStR 2015 v. 18.5.2015 ist diese Regelung gestri-

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derung der Organgesellschaft; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 682 (Januar 2015). UmwSt-Erl. 2011, Rz. Org.10 im Umkehrschluss; Haase, PiStB 2008, 295 (298); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 969 (Januar 2015). Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 214 f. (Januar 2015) verlangt einen darÅber hinaus gehenden wichtigen Grund, da andernfalls durch Formwechsel eine unschdliche Beendigung der Organschaft herbeigefÅhrt werden kÇnne. Haase, PiStB 2008, 295 (298 f.) Zum Meinungsstand, ob § 307 AktG analog bei einer GmbH anwendbar ist, vgl. Katschinski, FS Reuter, 2010, 1043 (1045 ff.) mwN. Die hM befÅrwortet eine Analogie, vgl. Emmerich in Scholz, GmbHG10, Anh. zu § 13 Rz. 189; AA Priester, FS Peltzer, 2001, 327 (331 ff.); Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktienund GmbH-Konzernrecht7, § 307 AktG Rz. 3. Grundstzlich ablehnend auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 223 mwN (Dezember 2014), der eine Analogie aber fÅr mÇglich hlt, wenn eine Vertragsbeendigung nach § 307 AktG im GewinnabfÅhrungsvertrag vereinbart ist. Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 782 (September 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 223 (Dezember 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 683 (Januar 2015).

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Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

chen worden (R 14.5 Abs. 6 Satz 3 KStR 2015-E). Wir meinen jedoch, dass eine Organschaft trotz geplanter Liquidation im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch kÅnftig mÇglich sein sollte, da eine Liquidation grundstzlich nicht manipulativ ist (dazu auch Rz. 11.28). Einer AuflÇsung gleichgestellt dÅrfte der Fall sein, in dem die Organgesellschaft ihren Geschftsbetrieb einstellt und ihr BetriebsvermÇgen verußert.1 In einem Liquidationsfall kann bei der Organgesellschaft fÅr die Zeit bis zum (voraussichtlichen) AuflÇsungsbeschluss ein Rumpfwirtschaftsjahr gebildet werden, um zu ermÇglichen, dass der Gewinn vom Beginn des letzten Wirtschaftsjahrs bis zum AuflÇsungszeitpunkt noch dem Organtrger zuzurechnen ist.2

11.44 (Beabsichtigter) BÇrsengang der Organgesellschaft. Die wesentliche nderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen liegt hier im geplanten (erfolgreichen) Zugang der Organgesellschaft zum Kapitalmarkt. Dies setzt das Ende der Organschaft voraus.3

11.45 KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags durch den Pfandglubiger, nachdem dieser Vollrechtsinhaber wurde.4

11.46 Drohende Verfallanordnung bezÅglich des UnternehmensvermÇgens der Organgesellschaft wegen Schmiergeldzahlungen gemß §§ 73 ff., 299 StGB sowie der aus diesem Grund drohende Arrestbeschluss.5

11.47 Verlegung des Orts der Geschftsleitung des Organtrgers oder der Organgesellschaft ins Ausland, wenn damit die persÇnlichen Organschaftsvoraussetzungen entfallen.6

1 So auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 250 (Dezember 2014), Rz. 259 (Dezember 2014). 2 R 51 Abs. 1 Satz 3 KStR 2004; BFH v. 17.7.1974 – I R 233/71, BStBl. II 1974, 692; Micker in Herrmann/Heuer/Raupach, § 11 KStG Anm. 61 (Juni 2010); DrÅen in BlÅmich, § 2 GewStG Rz. 185 (April 2013); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 258 (Dezember 2014) sprechen sogar davon, dass ein Rumpfwirtschaftsjahr zu bilden ist. 3 Vgl. ua. Lange, GmbHR 2011, 806 (812); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 781 (September 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 225 (Dezember 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 683a (Januar 2015). Der GewinnabfÅhrungsvertrag kann bereits vor DurchfÅhrung des (hinreichend konkret beabsichtigten) BÇrsengangs beendet werden. Oftmals geschieht dies im Zusammenhang mit dem vorgelagerten Formwechsel von einer GmbH in eine AG, vgl. DÇtsch in Herzig, Organschaft, 2003, 98 (113); Vogel, Ubg 2010, 618 Fn. 6; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 225 (Dezember 2014). 4 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 277 (August 2014), Rz. 756 (September 2014), 783 (September 2014). 5 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 781 (September 2014). Zweifelnd Sedemund, DB 2003, 323 (329), da die Finanzverwaltung den Verfall als wichtigen Grund nicht explizit vorsehe. 6 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 783 (September 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 223c (Dezember 2014).

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B. Beendigung der Organschaft

Kein wichtiger Grund. Die folgenden Beispiele haben zwar auch eine nderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zum Inhalt. Da sie aber entweder manipulationsbehaftet sind oder keine wesentliche nderung nach sich ziehen, sind sie nicht als wichtiger Grund anzuerkennen. Kein wichtiger Grund sind daher: – Verußerung der Anteile am Organtrger, da dies die Vertragssituation zwischen Organtrger und Organgesellschaft nicht berÅhrt.1 Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben unverndert. – Formwechsel des Organtrgers oder der Organgesellschaft, wenn die Fhigkeit, Organtrger oder Organgesellschaft zu sein, erhalten bleibt.2 Da der GewinnabfÅhrungsvertrag fortbesteht, ndern sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht. – Verschmelzung einer anderen Gesellschaft auf die Organgesellschaft oder auf den Organtrger, wenn hierdurch der GewinnabfÅhrungsvertrag in seiner Wirksamkeit unberÅhrt bleibt.3 Bei einer Verschmelzung auf den Organtrger ist dies stets der Fall;4 bei einer Verschmelzung auf die Organgesellschaft setzt dies voraus, dass die finanzielle Eingliederung bestehen bleibt.5 – Schlechte Ertragslage der Organgesellschaft. Wirtschaftliche Schwierigkeiten der Organgesellschaft mit einem wichtigen Vertragspartner sind kein wichtiger Grund, um den GewinnabfÅhrungsvertrag aus wichtigem Grund zu beenden. Die Organschaftsregelungen stehen einem beliebigen Verschieben von Gewinnen und Verlusten entgegen.6 Eine Ausnahme ist bei Bedrohung der Lebensfhigkeit des ganzen Konzerns gegeben.7 Vergleicht man diese Varianten mit der Frage nach dem wichtigen Grund in der Insolvenz (dazu Rz. 11.38), zeigt sich die Richtigkeit dieser Differenzierung. Die Organschaft federt gerade auch finanzielle Probleme und damit eine schlechte Ertragslage der Organgesellschaft ab bis an die Grenze des (vorlufigen) Insolvenzverfahrens.

1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 225 (Dezember 2014). 2 Haase, PiSt 2008, 295 (298 f.); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 225 (Dezember 2014). Vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 682 (Januar 2015), Rz. 969 (Januar 2015). 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 225 (Dezember 2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 214 (Januar 2015). 4 UmwSt-Erl. 2011 Rz. Org.20; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 214 (Januar 2015). 5 UmwSt-Erl. 2011 Rz. Org.29; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 214 (Januar 2015). 6 FG Berlin-Brandenburg v. 10.10.2011 – 12 K 12078/08, EFG 2012, 443; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 225 (Dezember 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 683b (Januar 2015). 7 FG Berlin-Brandenburg v. 10.10.2011 – 12 K 12078/08, EFG 2012, 443; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 683b (Januar 2015). Kritisch ua. Walter, GmbHR 2012, 670 (671); Heurung/Engel/SchrÇder, BB 2012, 1123 (1128); Heurung/Engel/MÅller-Thomczik, GmbHR 2012, 1227 (1230); DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 225 (Dezember 2014).

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BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

11.53 – AuflÇsung der Organgesellschaft, wenn sie vom Organtrger als alleinigem Gesellschafter beschlossen wurde.1 Andernfalls wren Manipulationen mÇglich. cc) Fallgruppe: Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags ohne oder gegen den Willen der Vertragsparteien

11.54 Nicht gestaltbare Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags. Eine nicht gestaltbare, automatische Beendigung der Organschaft liegt vor, wenn die Vertragsparteien keinen Einfluss auf die Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags haben, er also ohne oder gegen ihren Willen beendet wird. Die nicht gestaltbare Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrag ist unschdlich i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG, da sie auf einen steuerrechtlich wichtigen Grund beruht. Es wird indiziert, dass eine nicht gestaltbare Beendigung nicht willkÅrlich ist. Die Organschaft fllt in diesem Fall nicht rÅckwirkend weg, selbst wenn der FÅnfjahreszeitraum noch nicht abgeschlossen ist. Diese Fallgruppe ist allerdings eher selten. Beispiel hierfÅr ist der Widerruf einer fÅr den GewinnabfÅhrungsvertrag erforderlichen aufsichtsrechtlichen Genehmigung.2

III. Wegfall sonstiger Organschaftsvoraussetzungen 1. Grundstze

11.55 Keine RÅckwirkung. Unseres Erachtens fllt die Organschaft bei Wegfall einer sonstigen Organschaftsvoraussetzung nicht rÅckwirkend weg, selbst wenn das Ereignis innerhalb der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags liegt. Die Organschaft besteht allerdings nicht fÅr das Jahr des Wegfalls (dazu Rz. 11.9).

11.56 Bedeutung des wichtigen Grunds. Die hM, die vertritt, dass bei Wegfall einer sonstigen Organschaftsvoraussetzung innerhalb der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags die Organschaft auch fÅr die vorangegangen Wirtschaftsjahre der Organgesellschaft wegfllt, mÅsste konsequenterweise auch § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG anwenden und von einer RÅckwirkung absehen, wenn ein wichtiger Grund fÅr den Wegfall dieser Organschaftsvoraussetzung vorliegt. Denn wenn man – Åber den Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG hinausgehend – die Anerkennung der Organschaft davon abhngig macht, dass whrend der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags alle Organschaftsvoraussetzungen vorliegen mÅssen, sollte man konsequenterweise auch den Wegfall einer sonstigen Organschaftsvoraussetzung fÅr die Vergangen-

1 OLG MÅnchen v. 20.6.2011 – 31 Wx 163/11, GmbHR 2011, 871; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 223 (Dezember 2014). 2 Lange, GmbHR 2011, 806 (810); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 781 (September 2014).

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B. Beendigung der Organschaft

heit fÅr unschdlich halten, wenn ein wichtiger Grund fÅr den Wegfall vorliegt.1 Praxistipp. Aufgrund der unklaren Rechtslage empfiehlt es sich, soweit mÇglich, den GewinnabfÅhrungsvertrag zu beenden, wenn sich absehen lsst, dass eine sonstige Organschaftsvoraussetzung (zB finanzielle Eingliederung) entfallen wird und der GewinnabfÅhrungsvertrag sich aus (steuerrechtlich) wichtigen Grund beenden lsst (dazu Rz. 11.25 ff.). Bei dieser zeitlichen Reihenfolge ist der wichtige Grund jedenfalls gegeben. Ist dies faktisch nicht mÇglich, reicht es unseres Erachtens aus, den GewinnabfÅhrungsvertrag in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Wegfall der jeweiligen Organschaftsvoraussetzung zu beenden.2 Bei Verußerungsvorgngen ist die oben dargestellte Auffassung zu beachten (Rz. 11.30 und Rz. 11.39 ff.).

11.57

2. Beispiel: Wegfall der finanziellen Eingliederung im (vorlufigen) Insolvenzverfahren (Vorlufiges) Insolvenzverfahren Åber das VermÇgen der Organgesellschaft. Wird ein Antrag auf InsolvenzerÇffnung Åber das VermÇgen der Organgesellschaft gestellt, kann unseres Erachtens bereits im Zeitpunkt des vorlufigen Insolvenzverfahrens die finanzielle Eingliederung wegfallen, weil die DurchsetzungsmÇglichkeit des Organtrgers verloren geht.3 Dies ist bereits der Fall (Minimalvoraussetzung),4 wenn ein schwacher vorlufiger Insolvenzverwalter bestellt und ein Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO angeordnet wird. Die finanzielle Eingliederung fllt ebenfalls weg, wenn die Eigenverwaltung angeordnet wird. Das insolvenzrechtliche PflichtengefÅge, das eine gleichmßige Glubigerbefriedigung vorsieht, ist auch in diesem Fall beachtlich und vertrgt sich nicht mit einer Willensdurchsetzung des Organtrgers.5 Dagegen wird die Organschaft bis zum Abschluss der Liquidation ausnahmsweise 1 So Kahlert, DStR 2014, 73 (76); Walter, Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 783 (September 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 277 (Januar 2015); vgl. auch Lange, GmbHR 2011, 806 (808). 2 Lange, GmbHR 2011, 806 (808 f.); Pung nach RÅsch, DStZ 2015, 27 (29). 3 OFD Hannover v. 11.10.2004, DStR 2005, 157 zur Umsatzsteuer; BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747 zur Umsatzsteuer unter Aufgabe der frÅheren Rechtsauffassung; noch anders beim schwachen vorlufigen Insolvenzverwalter FG Hessen v. 12.1.2007 – 6 K 152/03, 6 K 3314/03, EFG 2007, 884 (885). Dem BFH folgen Marchal/Oldiges, DStR 2013, 2211 (2213) zur Umsatzsteuer; Kahlert, DStR 2014, 73 (74); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 253 (Dezember 2014); auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 678 (Januar 2015) aber nur fÅr einen starken vorlufigen Insolvenzverwalter. 4 Dies gilt erst recht im Falle eines starken vorlufigen Insolvenzverwalters. 5 HÇlzle, DStR 2006, 1210 (1214); Kahlert, DStR 2014, 73 (74); DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 253 (Dezember 2014). AA Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 675 (Januar 2015) fÅr den Fortbestand der Organschaft, weil das Verwaltungs und VerfÅgungsrecht beim Schuldner verbleibe.

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11.58

Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

fortgefÅhrt, wenn der Antrag der Organgesellschaft auf ErÇffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird.1

11.59 ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen der Organgesellschaft. Bisher wird von der hM im Rahmen der ertragsteuerlichen Organschaft das vorlufige Insolvenzverfahren allerdings wenig beachtet und das Augenmerk auf das Stadium ab dem ErÇffnungsbeschluss gelegt. FÅr diesen Zeitpunkt ist jedenfalls klar, dass mit dem bergang der Verwaltungs- und VerfÅgungsmacht auf den Insolvenzverwalter der Einfluss des Organtrgers auf die Organgesellschaft Åber seine Stimmrechtsmehrheit und damit die finanzielle Eingliederung entfllt.2

11.60 Rechtsfolge. Die Organschaft wird in dem Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft beendet, in dem das vorlufige Insolvenzverfahren beginnt. Zu einem rÅckwirkenden Wegfall der Organschaft kommt es nicht, selbst wenn die fÅnfjhrige Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags noch nicht abgelaufen sein sollte. Unseres Erachtens wirkt sich der Wegfall einer sonstigen Organschaftsvoraussetzung nur fÅr das jeweilige Wirtschaftsjahr des Wegfalls aus.3 Zu diesem Ergebnis sollten auch diejenigen gelangen, die das Vorliegen aller Organschaftsvoraussetzungen whrend der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags fordern (dazu Rz. 11.6). Da das vorlufige Insolvenzverfahren mit einem schwachen vorlufigen Insolvenzverwalter und einem angeordneten Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO einen wichtigen Grund bietet, um den GewinnabfÅhrungsvertrag zu kÅndigen (§ 297 Abs. 1 AktG), sollte die Organschaft fÅr die zurÅckliegenden Jahre steuerunschdlich beendet werden kÇnnen (vgl. Rz. 11.37):4

11.61 (Vorlufiges) Insolvenzverfahren Åber das VermÇgen des Organtrgers. Bislang wurde angenommen, dass die Organschaft erst endet, wenn die Abwicklung Åber das VermÇgen des Organtrgers beginnt. Solange der Organtrger dagegen werbend, also unternehmerisch ttig ist, wirkt sich die Insolvenz des Organtrgers nicht auf die Organschaft aus.5 Dem steht 1 BFH v. 27.9.1991 – V B 78/91, UR 1992, 176 = BFH/NV 1992, 346 zur umsatzsteuerlichen Organschaft im Rahmen der Konkursordnung; DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 256 (Dezember 2014). 2 Kahlert, DStR 2014, 73 (76); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 675 (Januar 2015). AA Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 297; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 780 (September 2014), der die finanzielle Eingliederung bestehen lsst, ungeachtet, ob der Organtrger oder die Organgesellschaft insolvent ist. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 255 (Dezember 2014). 4 Kahlert, DStR 2014, 73 (76); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 675 (Januar 2015). AA Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 297; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 780 (September 2014), der die finanzielle Eingliederung bestehen lsst, ungeachtet, ob der Organtrger oder die Organgesellschaft insolvent ist. 5 Brill, KSDI 2013, 18458 (18461); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 676 (Januar 2015).

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B. Beendigung der Organschaft

nach Teilen des Schrifttums nunmehr der Beschluss des BFH v. 19.3.20141 zur umsatzsteuerlichen Organschaft entgegen. Der BFH nimmt an, dass mit InsolvenzerÇffnung Åber das VermÇgen einer der Organbeteiligten die umsatzsteuerliche Organschaft endet, da die Organschaft mit dem insolvenzrechtlichen Einzelverfahrensgrundsatz nicht vereinbar sei.2 Zum Teil wird diesem Beschluss auch ertragsteuerliche Relevanz zugemessen.3 Es wird gefolgert – obwohl das Urteil dies nicht sagt –, dass die finanzielle Eingliederung mit Insolvenz des Organtrgers entfalle. Die erforderliche Durchsetzungsmacht des Organtrgers sei bei Insolvenz des Organtrgers nicht mehr gegeben, da der Organgesellschaft gegenÅber Weisungen des Organtrgers ein Leistungsverweigerungsrecht zustehe. Das Leistungsverweigerungsrecht ergebe sich daraus, dass der Organtrger seiner Verpflichtung zum Ausgleich der Organverluste voraussichtlich nicht mehr nachkommen werde.4 Wir sehen das anders. Die Mehrheit der Stimmrechte steht nach wie vor dem Organtrger zu. Er kann sie auch (Åber seinen Insolvenzverwalter) durchsetzen. Die Frage, ob die Organgesellschaft gegen die GewinnabfÅhrungsverpflichtung eine Einrede hat, lsst das Vorhandensein der finanziellen Eingliederung unberÅhrt. Es bleibt daher unseres Erachtens ertragsteuerlich dabei, dass die Organschaft erst endet, wenn die Abwicklung Åber das VermÇgen des Organtrgers beginnt, es sei denn, der GewinnabfÅhrungsvertrag wird nach § 297 AktG aus wichtigem Grund beendet (dazu Rz. 11.37).

IV. Neue Laufzeit bei Ergnzung/nderung des GewinnabfÅhrungsvertrags Ausgangspunkt. Wird der GewinnabfÅhrungsvertrag nachtrglich ergnzt oder (und sei es auch nur durch eine Verlngerung der Laufzeit) gendert, kÇnnte dies innerhalb der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags die Wirksamkeit der Organschaft beeinflussen.

11.62

Zivilrechtliche Betrachtung. Zivilrechtlich wird zwischen der Aufhebung und dem Neuabschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags einerseits und einer bloßen Vertragsnderung i.S.v. § 295 Abs. 1 AktG5 andererseits unterschieden (zu den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen an eine Ver-

11.63

1 BFH v. 19.3.2014 – V B 14/14, GmbHR 2014, 663 = UR 2014, 431 = BFH/NV 2014, 999. 2 BFH v. 19.3.2014 – V B 14/14, GmbHR 2014, 663 = UR 2014, 431 = BFH/NV 2014, 999. 3 So ausdrÅcklich Kahlert, DStR 2014, 73 (75); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 254 (Dezember 2014). 4 Kahlert, DStR 2014, 73 (75); Kahlert, FR 2014, 731 (739); DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 254 (Dezember 2014). AA Waza/Uhlnder/ Schmittmann, Insolvenzen und Steuern9, Rz. 1656. 5 Nach BFH v. 22.10.2008 – I R 66/07, BStBl. II 2009, 972 = FR 2009, 618 gilt § 295 AktG grundstzlich analog, wenn die Organgesellschaft eine GmbH ist; die analoge Anwendung sei hingegen fraglich, wenn der Organtrger keine AG sei.

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Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

tragsnderung Rz. 2.114 ff.). Eine Vertragsnderung ist dabei jede einverstndliche inhaltliche Abnderung des GewinnabfÅhrungsvertrags, die noch whrend seiner Laufzeit wirksam werden soll. Es wird nicht zwischen einer wesentlichen und einer unwesentlichen nderung unterschieden; auch die subjektive Motivation der Parteien ist ohne Relevanz.1 Im Einzelfall kann eine nderung des GewinnabfÅhrungsvertrags nach hM allerdings als Aufhebung des alten GewinnabfÅhrungsvertrags mit einem anschließenden Neuabschluss zu werten sein, so zB bei einem Wechsel der Art des Unternehmensvertrags.2

11.64 Steuerrechtliche Betrachtung. Steuerrechtliches Ziel ist es, die Organschaft wie bisher fortsetzen zu kÇnnen, ohne den GewinnabfÅhrungsvertrag um eine weitere fÅnfjhrige Mindestlaufzeit verlngern zu mÅssen. Dem stÅnde eine Vertragsaufhebung mit Neuabschluss, aber auch eine (steuerrechtliche) Qualifizierung der Ergnzung/nderung des GewinnabfÅhrungsvertrags als Vertragsaufhebung mit Neuabschluss entgegen. Steuerrechtlich wird nach der Art der Ergnzung/nderung des GewinnabfÅhrungsvertrags differenziert.3 Die Ergnzung/nderung wird steuerrechtlich als Aufhebung des alten GewinnabfÅhrungsvertrags mit anschließendem Neuabschluss gewertet, wenn bei einer originr steuerrechtlichen PrÅfung die wesentlichen Vertragspflichten und -inhalte (essentialia negotii), wie zB die GewinnabfÅhrungspflicht, die VerlustÅbernahme oder eine bisher zu kurze Mindestlaufzeit, verndert werden. Dies ist nicht der Fall, wenn der bisherige GewinnabfÅhrungsvertrag wirtschaftlich genauso wie bisher fortgefÅhrt wird (unwesentliche nderung).4

11.65 Kein Neuabschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags sind daher: – Rein redaktionelle nderungen oder nderungen von Nebenbestimmungen5 – Die Anpassung einer bestehenden Ausgleichszahlung an genderte Anforderungen6 – Die Anpassung des GewinnabfÅhrungsvertrags an eine genderte Rechtslage7 1 BFH v. 22.10.2008 – I R 66/07, BStBl. II 2009, 972 = GmbHR 2009, 329 = FR 2009, 618 zum Zivilrecht; BGH v. 18.9.2012 – II ZR 50/11, AG 2013, 92; Koch in HÅffer, AktG11, § 295 Rz. 3. 2 Vgl. Koch in HÅffer, AktG11, § 295 Rz. 7 mwN. 3 Anders Weber, Ubg 2010, 556 (559), die davon ausgeht, dass die zivilrechtliche Betrachtung auch auf das Steuerrecht durchschlgt. 4 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 638 (September 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 218a (Dezember 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 474 (Januar 2015); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 201 (Januar 2015). 5 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 474 (Januar 2015). 6 Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 201 (Januar 2015). 7 Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 201 (Januar 2015). Die Finanzverwaltung hat bei einer Anpassung des GewinnabfÅhrungsvertrags in der Vergangenheit Ver-

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B. Beendigung der Organschaft

Eigene Bewertung. Die beschriebene Differenzierung zwischen Gesellschaftsrecht und Steuerrecht ist berechtigt. Der weite Begriff der Vertragsnderung i.S.v. § 295 Abs. 1 AktG soll die Beteiligung der Gesellschafterversammlung sicherstellen.1 Die Mindestlaufzeit in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG verfolgt dagegen den Zweck, die Parteien des GewinnabfÅhrungsvertrags auf lngere Zeit zu binden und eine willkÅrliche Beeinflussung der Besteuerung zu verhindern.2 Wenn jedoch die wesentlichen Vertragspflichten von einer Ergnzung oder nderung des GewinnabfÅhrungsvertrags unbeeinflusst bleiben, kann man nicht von einem Neuabschluss im steuerrechtlichen Sinn ausgehen. Dann bleibt die Organschaft wirksam bestehen. Dagegen ist die wesentliche nderung von Vertragsbedingungen als Neuabschluss zu werten. FÅr eine nahtlose Fortsetzung der Organschaft ist es in diesem Fall erforderlich, eine erneute fÅnfjhrige Mindestlaufzeit zu vereinbaren. Dies ist vor allem essentiell, wenn der GewinnabfÅhrungsvertrag noch keine fÅnf Zeitjahre bestand, da andernfalls die rÅckwirkende Nichtanerkennung der Organschaft droht.3

11.66

V. Gewollte ZerstÇrung der Organschaft Gewollte ZerstÇrung der Organschaft. Gelegentlich besteht das BedÅrfnis, die Organschaft wieder zu beseitigen. Innerhalb der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags fÅhrt dies nach hM zur rÅckwirkenden Nichtanerkennung der Organschaft ungeachtet, welche Organschaftsvoraussetzung berÅhrt ist (Rz. 11.9). Unseres Erachtens gilt diese Rechtsfolge nur, wenn der GewinnabfÅhrungsvertrag tangiert ist (Rz. 11.9, Rz. 11.22).

11.67

Konstellationen. Zu denken sind zB an folgende Konstellationen:4 – Verlustvortrge des Organtrgers. Der Organtrger soll verkauft werden, was – nach Maßgabe der Stille-Reserven-Klausel des § 8c Abs. 1 Satz 6-8 KStG – zum Untergang der Verlustvortrge des Organtrgers

11.68

1 2 3

4

trauensschutz gewhrt und eine nderung des GewinnabfÅhrungsvertrags explizit nicht fÅr erforderlich gehalten, vgl. BMF v. 16.12.2005 – IV B 7 - S 2770 30/05, BStBl. I 2006, 12 = FR 2006, 193 zur EinfÅhrung der Verjhrungsregelung des § 302 Abs. 4 AktG, hnlich auch BMF v. 14.1.2010 – IV C 2 - S 2770/09/10002, BStBl. I 2010, 65 zur nderung des HÇchstbetrags der GewinnabfÅhrung nach § 301 AktG. AA BFH v. 22.12.2010 – I B 83/10, BStBl. II 2014 490 = FR 2011, 524; BFH v. 22.7.2013 – I B 158/12, BFH/NV 2013, 1807, wonach auch auf § 302 Abs. 4 AktG Bezug genommen werden muss. Koch in HÅffer, AktG11, § 295 Rz. 2. MÅller in MÇssner/Seeger, KStG, 2013, § 14 Rz. 571. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 306; Weber, Ubg 2010, 556 (559) mit Verweis auf § 295 AktG; Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (96 f.); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 638 (September 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 474 (Januar 2015). Nachfolgende Beispiele aus Pyszka, GmbHR 2014, 1296 (1296 ff.); vgl. auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 590 (April 2015).

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Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

(die auf Verluste der Organgesellschaft zurÅckzufÅhren sein kÇnnen) fÅhren wÅrde. Nach derzeitiger Auffassung der Finanzverwaltung kÇnnen die stillen Reserven aus der Beteiligung an der Organgesellschaft nicht fÅr Zwecke der Verlusterhaltung im Rahmen von § 8c KStG herangezogen werden;1 auch die stillen Reserven im BetriebsvermÇgen der Organgesellschaft werden beim Organtrger nicht berÅcksichtigt.2 Um die Verluste zu erhalten, kann im Einzelfall die rÅckwirkende ZerstÇrung der Organschaft ein probates Mittel sein. – Verlustvortrge der Organgesellschaft. Die mittlerweile profitable Organbeteiligung soll verkauft werden, was – nach Maßgabe der Stille-Reserven-Klausel des § 8c Abs. 1 Satz 6-8 KStG – zum Untergang der vororganschaftlichen, whrend der Dauer der Organschaft „eingeforenen“ Verlustvortrge der Organgesellschaft fÅhren wÅrde. Diese kÇnnen aber genutzt werden, wenn man (unter Inkaufnahme der Mindestbesteuerung, § 10d Abs. 2 EStG) die Organschaft rÅckwirkend zerstÇrt. – Zinsschranke. Im Einzelfall kann die Zinsschranke besser genutzt werden, wenn man die Organschaft rÅckwirkend zerstÇrt. Dies ist der Fall, wenn der Nettozinsaufwand bei Organtrger und Organgesellschaft jeweils unter EUR 3 Mio. (§ 4h Abs. 2 Satz 1 lit. a EStG) liegt, kumuliert aber den Betrag der Freigrenze Åbersteigt.3 – Sanierung der Organgesellschaft. Die rÅckwirkende ZerstÇrung der Organschaft kann es ermÇglichen, die Verlustvortrge der Organgesellschaft bei einer Sanierung des Organkreises durch Forderungsverzicht der Glubiger unter Anwendung des Sanierungserlasses vor einer Verrechnung mit dem (auf Ebene des Organtrgers anfallenden) Sanierungsgewinn zu „retten“.4

11.69 Mittel zum Ziel. Das Ziel einer gewollten ZerstÇrung der Organschaft kann auf unterschiedlichem Weg erreicht werden. Die Organschaft kann zerstÇrt werden, indem der GewinnabfÅhrungsvertrag gekÅndigt oder aufgehoben wird, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt. Die Organschaft kann auch zerstÇrt werden, indem der GewinnabfÅhrungsvertrag innerhalb der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit nicht durchgefÅhrt wird. Eine NichtdurchfÅhrung liegt vor, wenn zB Gewinne nicht mehr abgefÅhrt oder Verluste nicht mehr ausgeglichen werden oder auf die ErfÅllung der Verpflichtungen aus dem GewinnabfÅhrungsvertrag verzichtet wird. Ein Verzicht auf den Verlustausgleich ist bereits handelsrechtlich nach der Glubigerschutzvorschrift des § 302 Abs. 3 AktG unwirksam. Ein Verzicht auf den GewinnabfÅhrungsanspruch innerhalb der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags ist ebenfalls schdlich, da infolge des Verzichts kein Gewinn mehr abgefÅhrt wird.5 Beide Verzichtsvarianten fÅhren ebenfalls die erwÅnschte Rechtsfolge, die ZerstÇrung der 1 2 3 4 5

BMF, Entwurf eines BMF-Schreibens zu § 8c KStG v. 15.4.2014, Rz. 52. BMF, Entwurf eines BMF-Schreibens zu § 8c KStG v. 15.4.2014, Rz. 61. Im Organkreis gilt der Freibetrag nur einmal (§ 15 Satz 1 Nr. 3 KStG). Pyszka, GmbHR 2014, 1296 (1297). DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 212 (April 2015).

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C. Wiederbeleben der Organschaft nach Organschaftspause

Organschaft, herbei.1 All diese Varianten, die bewusst darauf abzielen, die Organschaft vorzeitig zu beenden, sind kein Fall des Gestaltungsmissbrauchs i.S.v. § 42 AO.2

C. Wiederbeleben der Organschaft nach Organschaftspause I. GewinnabfÅhrungsvertrag Kein Pausieren des GewinnabfÅhrungsvertrags whrend der Mindestlaufzeit. Wird der GewinnabfÅhrungsvertrag innerhalb der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit nicht durchgefÅhrt oder ohne wichtigen Grund beendet, fllt die Organschaft rÅckwirkend weg. Um die Organschaft fÅr einen spteren Zeitraum wieder aufzunehmen, muss der GewinnabfÅhrungsvertrag mit erneuter fÅnfjhriger Mindestlaufzeit abgeschlossen und in dieser Zeitperiode ununterbrochen durchgefÅhrt werden.3

11.70

Pausieren des GewinnabfÅhrungsvertrags nach Ablauf der Mindestlaufzeit. Nach Verwaltungsauffassung muss eine erneute fÅnfjhrige Mindestlaufzeit vereinbart werden, wenn der GewinnabfÅhrungsvertrag nach Ablauf von fÅnf Jahren ausgesetzt wird und nach einer Organschaftspause fortgefÅhrt werden soll.4 Dies Åberzeugt unseres Erachtens nach nicht: Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG kommt es nur whrend der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit bei NichtdurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags zur rÅckwirkenden Unwirksamkeit der Organschaft; nach Ablauf dieses Zeitraums wirkt sich – mangels anderer gesetzlicher Anordnung – die NichtdurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags nur noch im jeweils betroffenen Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft aus. Wird nach Ablauf der fÅnf Jahre die GewinnabfÅhrung nur ausgesetzt, der GewinnabfÅhrungsvertrag aber nicht aufgehoben und nach der „Organschaftspause“ fortgefÅhrt, bleibt der GewinnabfÅhrungsvertrag trotz seiner NichtdurchfÅhrung in einem Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft wirksam.5

11.71

1 Pyszka, GmbHR 2014, 1296 (1297); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 212 (April 2015). 2 FG MÅnster v. 20.8.2014 – 10 K 2192/13 F, GmbHR 2014, 1326; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 590a (April 2015). 3 R 60 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStR 2004; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 824. AA Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 474 (Januar 2015), der bei KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags aus wichtigem Grund innerhalb des FÅnfjahreszeitraums und bei Abschluss eines neuen GewinnabfÅhrungsvertrags im gleichen Jahr die Laufzeiten zusammenrechnen will, aber darauf hinweist, dass dies von der Finanzverwaltung bisher noch nicht anerkannt wird. 4 R 60 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStR 2004; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 824. 5 U.a. Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 141 (April 2013); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 723 (September 2014); Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793

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Kapitel 11

BegrÅndung und Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft

Steuerrechtlich hat dies zur Folge, dass ab dem folgenden Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft die „pausierte“ Organschaft fortgesetzt werden kann. Eine erneute Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags muss unseres Erachtens entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung hierfÅr nicht vereinbart werden.1

II. Sonstige Organschaftsvoraussetzungen 11.72 Wegfall sonstiger Organschaftsvoraussetzung. Der Wegfall einer sonstigen Organschaftsvoraussetzung (den GewinnabfÅhrungsvertrag ausgenommen) innerhalb der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit zerstÇrt unseres Erachtens (entgegen der noch hM) die Organschaft nicht rÅckwirkend. Sobald die Organschaftsvoraussetzung wieder vorliegt, wird die Organschaft auch innerhalb der Mindestlaufzeit fortgesetzt.2 Dies gilt erst recht, wenn eine sonstige Organschaftsvoraussetzung nach Ablauf der Mindestlaufzeit wegfllt.

(1799); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 359a (Januar 2015), anders noch Rz. 705 (September 2013); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 207 (Januar 2015); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 215 (April 2015). 1 Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (739). 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 232 ff. (Dezember 2014); Pung nach RÅsch, DStZ 2015, 27 (29). AA OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434, fÅr den Wegfall der Betriebsstttenzurechnung der Organbeteiligung.

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Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse bei der ertragsteuerlichen Organschaft Literatur Blumenberg/Lechner, Umwandlung und Organschaft, DB Beilage zu Heft 2/2012, 57; Breier, Mehr- und MinderabfÅhrungen in der Organschaft – Teil 1/2 –, Der Konzern 2011, 11; Breier, Mehr- und MinderabfÅhrungen in der Organschaft – Teil 2/2 –, Der Konzern 2011, 84; v. Brocke/MÅller, Die Auswirkungen des SCA Group Holding-Urteils auf das deutsche Steuerrecht, DStR 2014, 2106; Forst/ Schaaf/Reichhardt, Die treuhnderische bertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften – Fallstricke bei Organschaft und Anteilstausch, EStB 2010, 390; v. Freeden/Joisten, Wie sind organschaftliche Ausgleichsposten bei einer Verußerung der Organbeteiligung aufzulÇsen? Zur Anwendung der Netto- oder Bruttomethode unter BerÅcksichtigung des BFH-Urteils vom 29.8.2012 – I R 65/11, Ubg 2014, 512; Gosch, Rechtsprechungs-Highlights zum Unternehmenssteuerrecht der Kapitalgesellschaften, StbJb. 2011/2012, 9; Graw, Anmerkung zum Hessischen FG v. 18.10.2012 – 8 K 1694/09, EFG 2013, 236; Hahn, Organschaft beim Erwerb von Anteilen an einer sog. Vorratsgesellschaft, jurisPR-SteuerR 11/2013; HagebÇke, Nochmals: GmbH & atypisch Still und Organschaft – Kritische Anmerkungen zu den VerfÅgungen der OFD Frankfurt/M. vom 30.1.2013 und des FM Schleswig-Holstein vom 4.3.2013, Der Konzern 2013, 334; Herlinghaus, Gewerbesteuerliche Organschaft bei rÅckwirkender Verschmelzung der Organgesellschaft, EFG 2005, 1462; Herrmann, Unterjhrige Verußerung einer Organgesellschaft und Umstellung des Geschftsjahres, BB 1999, 2270; Herzberg, Anmerkung zum Urteil des BFH vom 13.11.2013 (I R 45/12, GmbHR 2014, 499) – Zur Frage einer Organschaft bei KÅrzung der Mindestlaufzeit eines GewinnabfÅhrungsvertrages durch Umstellung des Wirtschaftsjahres, GmbHR 2014, 502; Heurung/Engel/SchrÇder, BB-Rechtsprechungsreport ertragsteuerliche Organschaft 2012, BB 2013, 663; Lange, Der steuerlich wichtige KÅndigungsgrund bei der ertragsteuerlichen Organschaft, GmbHR 2011, 806; MÇhlenbrock, Niederlassungsfreiheit bei der Bildung steuerlicher Einheiten, DB 2014, 1582; Mylich, Die Dogmatik vororganschaftlich verursachter MinderabfÅhrungen (§ 14 Abs. 3 S. 2 KStG) und ihre praktischen Folgen; DStR 2014, 2427; Neumann, Die Innengesellschaft innerhalb der kÇrperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft, S. 445, in Spindler/Tipke/RÇdder (Hrsg.), Steuerzentrierte Rechtsberatung – Festschrift fÅr Harald Schaumburg zum 65. Geburtstag, 2009; Neumann, Mehr- und MinderabfÅhrungen – ein altes Thema mit immer wieder neuen Fragestellungen, Ubg 2010, 673; Neumann/Suchanek, (Vor-)organschaftlich verursachte Mehr- und MinderabfÅhrungen – Ein Disskussionsbeitrag, Ubg 2013, 549; v. Oertzen/Stein, Die Sicherung erbschaftsteuerlicher VergÅnstigungen fÅr Drittstaaten-Personengesellschaften durch Organschaften, Ubg 2011, 353; Pyszka, Risiken einer Organschaft im Rumpfwirtschaftsjahr, DB 2010, M 20; Rehfeld/Krumm, Verlusttransfer bei mittelbaren Beteiligungen im grenzÅberschreitend strukturierten Konzern – EuGH, Urteil vom 1.4.2014 – Rs. C-80/12, Felixtowe Dock, IWB 2014, 394; RÇdder, Finanzielle Eingliederung, JbFStR 2012, 2013, 125; RÇdder, Umwandlungen und Organschaft – Kritische Anmerkungen zu den Org.-Textziffern des UmwSt-Erlass-Entwurfs vom 2.5.2011, DStR 2011, 1053; Schaefer/Wind/Mager, Beendigung und BegrÅndung von Organschaften beim Unternehmenskauf, DStR 2013, 2399; Scheidle/Koch, Zweifelsfragen bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft aufgrund mittelbarer Beteiligung, DB 2005, 2657; Scheifele/Marx, Die zeitlichen Anforderungen an den GewinnabfÅhrungsvertrag

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Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse und seine DurchfÅhrung – Zugleich Besprechung des BFH-Urteils vom 13.11.2013 – I R 45/12, DStR 2014, 1793; Schirmer, Organschaft: Zuordnung zu einer inlndischen Betriebssttte – Wiedergeburt eines vergessenen Merkmales bei Organschaft? FR 2013, 605; Lutz Schmidt/HagebÇke, Organtrgereigenschaft der atypisch stillen Gesellschaft nach § 14 KStG n.F., DStR 2005, 761; Schneider/Hinz, VerunglÅckte Organschaften – Ursachen und HeilungsmÇglichkeiten, Ubg 2009, 738; Schnitger, Urteil des EuGH in der Rs. SCA als Katalysator fÅr eine deutsche Organschaftsreform – Jetzt geht’s los (?), IStR 2014, 587; Schulze zur Wiesche, Die ertragsteuerliche Organschaft unter BerÅcksichtigung des Gesetzes zur Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und der steuerlichen Reisekosten sowie der aktuellen Rechtsprechung, DStZ 2013, 621; Sistermann, Umwandlungen und Organschaft, DStR-Beihefter zu Heft 2/2012, 18; Stadler/Bindl, Gesellschafterliste und finanzielle Eingliederung bei der Organschaft, GmbHR 2010, 412; Stangl/Aichberger, Unterjhrige Verschmelzung einer Organgesellschaft – Auswirkungen auf das Organschaftsverhltnis zum Åbertragenden Rechtstrger, Ubg 2013, 685; Stangl/ BrÅhl, Die „kleine Organschaftsreform“, Der Konzern 2013, 77; Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, 2014; Sydow, Gruppenbesteuerung: steuerliche Einheit zwischen Tochtergesellschaften – EuGH-Entscheidung in den verb. Rs. C-39 – 41/13 „SCA Group Holding BV“, IStR 2014, 480; Walter, Der Millionenmantel und seine finanzielle Eingliederung bei Organschaft, GmbHR 2006, 243; Walter, Anmerkung zum Urteil des FG Kassel vom 18.10.2012 (8 K 1694/09, GmbHR 2013, 209) – Zur finanziellen Eingliederung einer Organschaft beim Kauf von Anteilen einer VorratsGmbH, GmbHR 2013, 211; Walter, Finanzielle Eingliederung bei Organschaft durch wirtschaftliches Eigentum, Der Konzern 2013, 472; Walter, GewinnabfÅhrungsvertrag mit Schwestergesellschaft aus zivilrechtlicher Sicht, DB 2014, 2016; Walter, Organschaft zwischen Schwestergesellschaften de lege lata, GmbHR 2015, 182; Wassermeyer, Die abkommensrechtliche Aufteilung von Unternehmensgewinnen zwischen den beteiligten Vertragsstaaten, IStR 2012, 277; Weigert/ Strohm, Zu den persÇnlichen Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft unter BerÅcksichtigung aktueller Entwicklungen, Der Konzern 2013, 249.

A. Begriff der finanziellen Eingliederung I. Gesetzliche Grundlagen 12.1 Zentrales Erfordernis der ertragsteuerlichen Organschaft1 ist nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 KStG die finanzielle Eingliederung. Diese ist gegeben, wenn der Organtrger Åber die „Mehrheit der Stimmrechte“ an der Organgesellschaft verfÅgt (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 KStG), wobei unmittelbare und mittelbare Beteiligungen, wenn die Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte gewhrt, berÅcksichtigt werden (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 KStG). Die Stimmrechte mÅssen dem Organtrger aus den Anteilen an der Organgesellschaft zustehen. 1 Wenn im Folgenden von Organschaft die Rede ist, ist damit stets (nur) die ertragsteuerliche Organschaft gemeint. Die KStR werden derzeit aktualisiert. Nach dem Entwurf der KStR 2015 v. 18.5.2015 werden sich aber keine nderungen fÅr die finanzielle Eingliederung ergeben.

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A. Begriff der finanziellen Eingliederung

Zuordnung zu inlndischer Betriebssttte. DarÅber hinaus verlangt § 14 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 KStG, dass die Organbeteiligung ununterbrochen whrend der gesamten Dauer der Organschaft einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zugeordnet ist. Wer die Stimmrechte ausÅbt, ob die auslndische Hauptniederlassung oder die inlndische Betriebssttte, ist dagegen unbeachtlich.1 Eine inlndische Betriebssttte ist nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 Satz 7 KStG nur gegeben, wenn die der Betriebsttte zuzurechnenden EinkÅnfte sowohl nach innerstaatlichem Recht als auch nach dem jeweiligen DBA der inlndischen Besteuerung unterliegen. Die Zuordnung zur Betriebssttte muss nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 KStG ununterbrochen whrend der gesamten Dauer der Organschaft bestehen (s. hierzu Rz. 27.22 ff., zu Besonderheiten bei Personengesellschaften bzw. Holdinggesellschaften als Organtrger auch Rz. 16.48 ff. und Rz. 17.12 ff.).

12.2

II. Mehrheit der Stimmrechte 1. Grundstze Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 KStG muss dem Organtrger die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zustehen. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO (wirtschaftliches Eigentum) kann fÅr Zwecke der Zuordnung der Stimmrechte nicht angewandt werden, da § 39 AO lediglich die Zuordnung von WirtschaftsgÅtern, nicht aber der daraus resultierenden Stimmrechte betrifft.2 Aus der Tatsache, dass dem Organtrger das wirtschaftliche Eigentum an Anteilen an der Organgesellschaft zusteht, folgt daher nicht automatisch, dass er auch Inhaber der aus diesen Anteilen resultierenden Stimmrechte ist.

12.3

Einfache Stimmenmehrheit. Im Regelfall genÅgt die einfache Stimmenmehrheit, da es diese dem Organtrger erlaubt, die Geschftspolitik der Organgesellschaft in der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung zu bestimmen (§ 16 Abs. 3 AktG, § 47 Abs. 1 GmbHG).3 Unter bestimmten Voraussetzungen (zB stimmrechtslose Anteile, Anteile mit Mehrfachstimmrecht, eigene Anteile der Organgesellschaft) kann die Stimmrechtsmehrheit auch bei einem Anteilsbesitz von unter 50 % vorliegen.

12.4

1 Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (80 f.); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 125 (August 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 106d (Dezember 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141i (Januar 2015). 2 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 133; Forst/Schaaf/Reichhardt, EStB 2010, 390 (392); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 113 (Januar 2015). 3 Vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 131; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 122 (August 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 210 (Januar 2015).

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Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

2. Besonderheiten

12.5 Qualifizierte Stimmrechtsmehrheit. Bedarf es nach dem Gesellschaftsvertrag der Organgesellschaft auch bei allgemeinen BeschlÅssen (jenseits der Satzungsnderung oder hnlich außergewÇhnlichen BeschlÅssen) einer qualifizierten Stimmrechtsmehrheit, muss diese nach hM auch fÅr die finanzielle Eingliederung gegeben sein.1 Dies wird mit Sinn und Zweck der Norm gerechtfertigt, die sicherstellen soll, dass der Organtrger in Fragen des regelmßigen Geschftsverkehrs seinen Willen durchsetzen kann.2 Insbesondere bei Familiengesellschaften empfiehlt es sich, diesen Gesichtspunkt zu berÅcksichtigen, da deren Satzung hufig qualifizierte Mehrheitserfordernisse vorsehen und eine Zusammenrechnung der Beteiligungen verschiedener Gesellschafter gerade nicht mÇglich ist.3

12.6 Ungeklrt ist allerdings der Fall, in dem der Gesellschaftsvertrag der Organgesellschaft nur fÅr bestimmte (aber nicht fÅr alle oder die Åberwiegende Anzahl der) GesellschafterbeschlÅsse eine qualifizierte Stimmrechtsmehrheit verlangt. Hier kommt es auf den Einzelfall an, wobei unseres Erachtens großzÅgig zu verfahren ist.4 Der Organtrger muss sich bei den BeschlÅssen durchsetzen kÇnnen, die die ErgebnisÅbernahme durch den Organtrger betreffen (wie zB die Feststellung des Jahresabschlusses oder die Ergebnisverwendung (Bildung von GewinnrÅcklagen).5 Soweit im Schrifttum darÅber hinausgehend verlangt wird, dass sich der Organtrger nach dem Gesamtbild der Verhltnisse in den „wichtigen regelmßigen Fragen“6 oder dem „wesentlichen Teil der Geschftspolitik“7 durchsetzen kann, ist dies bereits wegen der damit verbundenen Rechtsunsicherheit abzulehnen.

12.7 Stimmbindungen. Die Mehrheit der Stimmrechte muss sich „aus den Anteilen an der Organgesellschaft“ ergeben, weshalb es nach hM im Schrifttum nicht reicht, wenn der Organtrger nur kraft schuldrechtlicher Vereinbarungen auf die notwendige Stimmrechtsmehrheit kommt oder Åber

1 BFH v. 22.11.2001 – V R 50/00, BStBl. II 2002, 167. = GmbHR 2002, 174. Aus dem Schrifttum vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 131; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 122 (August 2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 111 (Januar 2015). AA RÇdder, JbFStR 2012/13, 125 (126); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 274 (August 2014). 2 Vgl. ua. FG KÇln v. 10.6.2010, – 13 K 416/10, EFG 2010, 2029; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 131; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 210 (Januar 2015); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 111 (Januar 2015). 3 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 273 (August 2014). 4 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 273 (August 2014). 5 Nach DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 122 (August 2014) ist „insbesondere“ auf diese BeschlÅsse abzustellen, wobei unklar bleibt, welche weiteren BeschlÅsse relevant sein sollen. 6 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 210 (Januar 2015). 7 Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 111 (Januar 2015).

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A. Begriff der finanziellen Eingliederung

eine Stimmrechtsvollmacht eines Mitgesellschafters verfÅgt.1 Der BFH schließt die MÇglichkeit, Åber Stimmbindungsvertrge eine finanzielle Eingliederung zu erreichen, allerdings zu Recht nicht generell aus. In einer lteren Entscheidung zur umsatzsteuerlichen Organschaft sieht er es (wenn auch in einem obiter dictum) als ausreichend an, wenn die notwendige Stimmrechtsmehrheit Åber einen Stimmbindungsvertrag zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschafter hergestellt wird.2 Unklar ist, ob es hier allein darum geht, bei bestehender einfacher Stimmrechtsmehrheit das (satzungsmßig erforderliche) qualifizierte Mehrheitserfordernis zu erreichen oder ob so auch die einfache Stimmrechtsmehrheit herbeigefÅhrt werden kann.3 Die Finanzverwaltung hat hierzu bisher keine Stellung genommen. Die Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Organschaft sollte sich unseres Erachtens auf die ertragsteuerliche Organschaft Åbertragen lassen, da es jeweils um die finanzielle Eingliederung geht. Da eine verlssliche Prognose der BFH-Rechtsprechung aber nicht mÇglich ist, ist aus PraxisgrÅnden nicht zu empfehlen, sich ohne verbindliche Auskunft auf das obiter dictum zu verlassen. Das Risiko, dass ein Stimmbindungsvertrag nicht ausreicht, um die finanzielle Eingliederung zu begrÅnden, ist zu groß. Entherrschungsvertrag. Eine vertragliche Vereinbarung, dass die Stimmrechtsmehrheit nicht ausgeÅbt wird (sog. Entherrschungsvertrag) steht unseres Erachtens der finanziellen Eingliederung nicht entgegen. Zwar ist es Sinn und Zweck des Entherrschungsvertrags, die aktienrechtlich aufgrund der Stimmrechtsmehrheit vermutete Beherrschung der Untergesellschaft zu widerlegen (vgl. § 17 Abs. 2 AktG).4 Er ndert aber nichts daran, dass dem Organtrger, so wie vom Gesetz gefordert, die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft zusteht.5 Weitergehende Anforderungen lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen.6

1 MÅller in MÇssner/Seger, KStG2, § 14 Rz. 164. Zur Stimmrechtsvollmacht vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 129; Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 44, MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 78; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 276 (August 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 220 (Januar 2015); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 113 (Januar 2015). 2 BFH v. 22.11.2001 – V R 50/00, BStBl. II 2002, 167 = UR 2002, 127; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 78. Gegen die BerÅcksichtigung von Stimmrechtsbindungsvertrgen dagegen FG Nds. v. 7.6.1990 – VI 626/88, GmbHR 1991, 290 sowie aus dem Schrifttum Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 110; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 122a (August 2014); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 276 (August 2014). 3 So Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 276 Fn. 2 (August 2014); MÅller in MÇssner/Seeger, KStG2, § 14 Rz. 164. 4 Bayer in MÅnchKomm/AktG3, § 17 AktG Rz. 99. 5 So auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 122a (August 2014). 6 AA Grottel/zu Hohenlohe, BeckBilanzkomm9, § 271 HGB Rz. 111, der einen Entherrschungsvertrag mit dem Wesen der Organschaft fÅr unvereinbar hlt.

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12.8

Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

12.9 KGaA. Bei einer KGaA besteht die Besonderheit, dass dem persÇnlich haftenden Gesellschafter (phG) zwingend die GeschftsfÅhrung und die Vertretung der KGaA Åbertragen sind (§ 278 Abs. 3 AktG). Dennoch reicht es fÅr die finanzielle Eingliederung aus, dass der Organtrger die Mehrheit an den Kommanditaktien hlt, er muss also nicht auch am phG beteiligt sein. Dahinter steht § 285 Abs. 1 Satz 1 AktG, wonach der phG in der Hauptversammlung der KGaA nur ein Stimmrecht aus seinen Kommanditaktien hat.1 3. BerÅcksichtigung eigener Anteile

12.10 Das Stimmrecht aus eigenen Anteilen, die die Organgesellschaft hlt, ruht gem. § 71b AktG.2 Damit kann es zu einer finanziellen Eingliederung auch dann kommen, wenn der Organtrger zu 50 % oder weniger an der Organgesellschaft beteiligt ist.3

III. (Wirtschaftliches) Eigentum an den Anteilen 1. Wirtschaftliches Eigentum

12.11 Die Stimmrechte mÅssen dem Organtrger aus eigenem Recht zustehen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG muss dem Organtrger die Mehrheit der Stimmrechte „aus den Anteilen an der Organgesellschaft“ zustehen. Nur schuldrechtliche AnteilsÅbertragungsansprÅche, Stimmbindungsvertrge oder eine Stimmrechtsvollmacht fÅr fremde Dritte genÅgen fÅr die finanzielle Eingliederung daher nicht. Bei den Anteilen ist auf das wirtschaftliche Eigentum abzustellen.4 2. Einkommenszurechnung auf horizontaler Ebene?

12.12 Schwestergesellschaften. Zivilrechtlich verlangt ein GewinnabfÅhrungsvertrag nach hM keine Beteiligung zwischen dem berechtigtem und dem

1 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 134; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 123 (August 2014); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 276 (August 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 213 (Januar 2015); Kolbe in HHR, § 14 KStG Rz. 113 (Januar 2015). 2 Nach heute ganz hM gilt dies auch bei der GmbH, auch wenn insoweit eine ausdrÅckliche Vorschrift fehlt, vgl. BGH v. 30.1.1995 – II ZR 45/94, GmbHR 1995, 291 = NJW 1995, 1027 sowie aus dem gesellschaftsrechtlichen Schrifttum nur: ZÇllner in Baumbach/Hueck20, § 47 GmbHG Rz. 57. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 122 (August 2014); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 273 (August 2014); MÅller in MÇssner/Seeger, KStG2, § 14 Rz. 165. 4 R 57 Abs. 1 Satz 1 KStR 2004. Aus dem Schrifttum vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 128; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 121 (Dezember 2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 102 (Januar 2015).

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A. Begriff der finanziellen Eingliederung

verpflichteten Unternehmen.1 Er kann daher auch zwischen Schwestergesellschaften (an der gemeinsamen Muttergesellschaft vorbei) abgeschlossen werden. Das Steuerrecht korrigiert hier. Die nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG erforderliche finanzielle Eingliederung setzt eine Stimmrechtsmehrheit voraus, die sich daraus ableiten muss, dass dem Organtrger das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen der Organgesellschaft zusteht. Daran fehlt es aber im Verhltnis von Schwesterngesellschaften zueinander.2 Steuerrechtlich ist eine rein horizontale Einkommenszurechnung zwischen Schwestergesellschaften daher nach bisherigem Verstndnis nicht mÇglich. Unklar ist, ob etwas anderes aus dem Urteil des EuGH vom 12.6.20143 folgt (dazu auch Rz. 5.58 und Rz. 27.18). Der EuGH schließt aus der europischen Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) auf die Notwendigkeit der Konsolidierung zwischen Schwestergesellschaften, die eine im Ausland ansssige gemeinsame Muttergesellschaft haben. Aus dem EuGH-Urteil wird von Teilen des Schrifttums abgeleitet, dass eine Konsolidierung zwischen Schwestergesellschaften erlaubt werden mÅsse, auch wenn die auslndische Muttergesellschaften die Beteiligungen direkt, also nicht Åber eine inlndische Betriebssttte, halte. Die Organschaft dÅrfe also nicht am fehlenden Inlandsbezug der Muttergesellschaft scheitern.4

12.13

Dagegen wird eingewandt, dass die deutsche Organschaft einen GewinnabfÅhrungsvertrag verlange, weshalb eine „Querkonsolidierung“ (im Sinne einer Einkommenszurechnung zwischen den Schwestergesellschaften) nicht mÇglich sei.5 Eine „Aufwrtskonsolidierung“ (im Sinne einer grenzÅberschreitende Einkommenszurechnung zur auslndischen Muttergesellschaft) kÇnne nicht gefordert werden, weil Deutschland dann das Besteuerungsrecht an den EinkÅnften verliere, was zur Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsrechte verhindert werden dÅrfe.6

12.14

Unseres Erachtens wre eine Querkonsolidierung mÇglich. Gegen diese lsst sich nicht einwenden, dass die inlndische Organschaft einen GewinnabfÅhrungsvertrag verlangt. Wie ausgefÅhrt ist dessen Abschluss

12.15

1 Vgl. ua. OLG NÅrnberg v. 17.1.1996 – 12 U 2801/95, DB 1996, 464; OLG Koblenz v. 15.4.2014 – 3 U 633/13, Stbg 2014, 323. Aus dem gesellschaftsrechtlichen Schrifttum vgl. ua. Deilmann in HÇlters2, § 291 AktG Rz. 49 mwN; Koch in HÅffer11, § 291 AktG Rz. 5. Ablehnend MÇhlenbrock, DB 2014, 1582 (1583). 2 FG Nds. v. 4.9.2007 – 6 K 194/07, EFG 2008, 323; FG Berlin-Brandenburg v. 15.7.2009 – 12 K 12148/08, EFG 2009, 2049; OLG Koblenz v. 15.4.2014 – 3 U 633/13, Stbg 2014, 323. Aus dem Schrifttum vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, 2. Aufl. 2009, § 14 Rz. 125; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 88; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 126 (August 2014). 3 EuGH v. 12.6.2014 – Rs. C-39/13, C-40/13, C-41/13 – SCA Group Holding BV, DStR 2014, 1333. 4 Schnitger, IStR 2014, 587 (588); v. Brocke/MÅller, DStR 2014, 2106 (2109); Walter, GmbHR 2015, 182 (183). Offenlassend Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 580 Fn. 3 (September 2014). 5 Vgl. MÇhlenbrock, DB 2014, 1582 (1583). 6 Sydow, IStR 2014, 480 (484 f.).

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Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

auch zwischen Schwestergesellschaften mÇglich. Problematisch ist aber die finanzielle Eingliederung, die zwischen den Schwestergesellschaften grundstzlich nicht vorliegt. Die finanzielle Eingliederung war aber auch Voraussetzung der niederlndischen Gruppenbesteuerung (die sogar eine Beteiligungsquote von 95 % voraussetzte), welche den EuGH aber nicht davon abhielt, die entsprechende Regelung fÅr europarechtswidrig zu erklren. Auch wenn der EuGH sein Urteil nur knapp begrÅndet, so sind die tragenden Erwgungen unseres Erachtens auf die inlndische Organschaft Åbertragbar.

12.16 Unseres Erachtens ist das EuGH-Urteil so zu verstehen, dass eine Konsolidierung der Schwestergesellschaften mÇglich sein muss, aber auch ausreichend ist.1 DafÅr bestehen zwei MÇglichkeiten: Entweder schließen die beiden Schwestergesellschaften einen GewinnabfÅhrungsvertrag ab und die finanzielle Eingliederung der beiden Schwestergesellschaften in die auslndische Muttergesellschaft wird der Schwestergesellschaft zugerechnet, die als Vertragspartei des GewinnabfÅhrungsvertrags den Anspruch auf GewinnabfÅhrung hat. So wird eine Organschaft zwischen den Schwestergesellschaften (an der auslndischen Muttergesellschaft vorbei) mÇglich.2 Oder beide Schwestergesellschaften schließen je einen GewinnabfÅhrungsvertrag mit der gemeinsamen Muttergesellschaft ab und als Steuerschuldner fÅr das im Rahmen der Organschaft zugewiesene Einkommen wird im Sinne einer Fiktion die grÇßere der beiden Schwestergesellschaften bestimmt.3 Eine vergleichbare Mechanik findet sich bereits jetzt bei einer umsatzsteuerlichen Organschaft mit auslndischem Organtrger, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 UStG.4 Hier ist die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten. 3. Auseinanderfallen wirtschaftliches Eigentum und Stimmrechte

12.17 Vor allem bei Treuhandverhltnissen und der SicherungsÅbereignung fallen regelmßig die Person des wirtschaftlichen EigentÅmers (der Anteile an der Organgesellschaft) und die des StimmrechtsausÅbungsberechtigten auseinander.

12.18 Treugeber bzw. Sicherungsgeber. Bei einem Treuhandverhltnis5 bzw. einer SicherungsÅbereignung ist der Treugeber bzw. der Sicherungsgeber wirtschaftlicher EigentÅmer der Anteile; mit ihm wird auch der Gewinn1 So v. Brocke/MÅller, DStR 2014, 2106 (2108). 2 Walter, GmbHR 2015, 182 (183 f.) AA die (bislang) hM: Vgl. BFH v. 22.11.2001 – V R 50/00, BStBl. II 2002, 157 = GmbHR 2002, 174; v. 13.2.2008 – I B 187, 188/07, I B 187/07, I B 188/07, I B 187, 188/07, juris. Aus dem Schrifttum so auch ua. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 126 (August 2014); Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 52. 3 v. Brocke/MÅller, DStR 2014, 2106 (2109). 4 Die Finanzverwaltung stellt fÅr die Bestimmung des bedeutendsten Unternehmensteils regelmßig auf den Umsatz ab, vgl. 2.9 Abs. 7 Satz 4 UStAE. 5 Die Vereinbarung eines Treuhandverhltnisses ist grundstzlich formfrei. Bei GmbH-Geschftsanteilen bedarf der Vertrag der notariellen Beurkundung nach

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A. Begriff der finanziellen Eingliederung

abfÅhrungsvertrag abgeschlossen. Dies ist zivilrechtlich ohne weiteres mÇglich, da ein GewinnabfÅhrungsvertrag eine zivilrechtliche Beteiligung nicht voraussetzt.1 Nach wohl hM kann der Treugeber bzw. Sicherungsgeber aber nur dann Organtrger sein, wenn ihm auch die Stimmrechte „zustehen“. Dies ist der Fall, wenn der Treuhnder bzw. Sicherungsnehmer bei der AusÅbung der Stimmrechte an die Weisungen des Treugebers bzw. Sicherungsgebers gebunden ist, so dass der Treugeber bzw. Sicherungsgeber in der Lage ist, seinen Willen bei der Organgesellschaft auch tatschlich durchzusetzen.2 Treuhnder bzw. Sicherungsnehmer. In den Sicherungsnehmer bzw. Treuhnder kann die Organgesellschaft – mangels wirtschaftlichen Eigentums an ihren Anteilen – nicht finanziell eingegliedert sein, so dass eine Organschaft nicht in Betracht kommt.3 4. „Beteiligung“ Dritter an den Anteilen a) Nießbrauch Organschaft mit dem Nießbraucher. Besteht an den Anteilen an der Organgesellschaft ein Nießbrauchsrecht, weisen §§ 1068 Abs. 2, 1030 Abs. 1 BGB dem Nießbraucher (nur) das Recht zu, Nutzungen aus dem Recht zu ziehen. Ihm steht also der Gewinn der Organgesellschaft zu. Grundstzlich ist der Nießbraucher aber nicht wirtschaftlicher EigentÅmer der mit dem Nießbrauch belasteten Anteile.4 Es fehlt daher im Regelfall an der finanziellen Eingliederung im Verhltnis zum Nießbraucher, weshalb eine Organschaft mit ihm als Organtrger ausscheidet.5 Das kann im Einzelfall dann anders sein, wenn der Nießbraucher nach den Grundstzen des § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen innehat; das Recht zur StimmrechtsausÅbung allein genÅgt hierfÅr aber nicht.6

1 2

3 4 5

6

§ 15 Abs. 4 GmbHG, BGH v. 19.4.1999 – II ZR 365/97, BGHZ 141, 207 = GmbHR 1999, 707. Vgl. Walter in Ernst & Young, KStG, § 14 KStG Rz. 580 (September 2014) mwN. aus dem gesellschaftsrechtlichen Schrifttum. Vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 133; Stadler/Bindl, GmbHR 2010, 412 (415 f.); Forst/Schaaf/Reichhardt, EStB 2010, 390, 392; Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 80 (April 2013); Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 43; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 277 (August 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 121 (Dezember 2014); Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, 2014, S. 87 Rz. 84; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 221 (Januar 2015). Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 43; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 277 (August 2014). Zur Zurechnung von Kapitalgesellschaftsanteilen bei Vorbehaltsnießbrauch vgl. FG DÅsseldorf v. 26.4.2013 – 1 K 1143/12 E, EFG 2014, 447. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 129; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, S. 68 Rz. 83; Kolbe in HHR, § 14 KStG Rz. 103 (Januar 2015). Unklar Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 43. BFH v. 28.1.1992 – VIII R 207/85, BStBl. II 1992, 605 = FR 1992, 417; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 103 (Januar 2015).

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12.19

12.20

Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

12.21 Organschaft mit dem Gesellschafter. Eine finanzielle Eingliederung zu dem Gesellschafter als Nießbrauchsbelasteten ist zwar grundstzlich denkbar, wenn dieser wirtschaftlicher EigentÅmer der Anteile bleibt und ihm auch das Stimmrecht zusteht. Eine organschaftliche Ergebniszurechnung scheitert aber unseres Erachtens an dem Erfordernis, dass der ganze Gewinn der Organgesellschaft an den Organtrger abgefÅhrt werden muss. Der Nießbrauch fÅhrt dazu, dass der Gewinnanspruch originr in der Person des Nießbrauchers entsteht, ohne Durchgangserwerb beim Gesellschafter.1 Damit kommt es nicht zu einer AbfÅhrung des „gesamten Gewinns“ an den Gesellschafter.2 Hierin unterscheidet sich der Nießbrauch unseres Erachtens von den Fllen der Unterbeteiligung (dazu sogleich) und der stillen Beteiligung an der Organgesellschaft. Letztere verndert handelsrechtlich lediglich die BezugsgrÇße des Gewinnanspruchs, lsst diesen im brigen aber unangetastet (Rz. 3.22 ff.). b) Unterbeteiligung

12.22 Eine Unterbeteiligung an den Anteilen des Gesellschafters an der Organgesellschaft bedroht die Organschaft (mit dem Gesellschafter als Organtrger), wenn der Unterbeteiligte zum wirtschaftlicher EigentÅmer der Anteile wird.3 Ob dies der Fall ist, hngt vom Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse im jeweiligen Einzelfall ab.4 Der Unterbeteiligte wird nur dann wirtschaftlicher EigentÅmer, wenn er in der Lage ist, alle mit der Beteiligung gekoppelten wesentlichen Rechte auszuÅben und in etwaigem Konfliktfall effektiv durchzusetzen; das wird nur selten der Fall sein.5 Somit bleibt es trotz einer Unterbeteiligung regelmßig bei der finanziellen Eingliederung. An dem Kriterium der AbfÅhrung des gesamten Gewinnes fehlt es unseres Erachtens, im Gegensatz zum Nießbrauch, nicht. Der Unterbeteiligte hat im Regelfall lediglich einen Anspruch gegen den Gesellschafter (also den Organtrger), nicht die Gesellschaft.6 Der Gewinnanspruch entsteht daher zunchst ungeschmlert beim Gesellschafter, welcher den Unterbeteiligten im nchsten Schritt entsprechend der Unterbeteiligungsabrede teilhaben lsst. Die Unterbeteiligung vollzieht sich somit auf der Stufe der Gewinnverwendung durch den Organtrger, was unseres Erachtens fÅr das Kriterium der AbfÅhrung des gesamten Gewinns unschdlich ist (zur parallelen Problematik der stillen Beteiligung am Organtrger Rz. 3.13).

1 W. MÅller in Ulmer/Habersack/LÇbbe, GmbHG2, § 29 Rz. 120; Ekkenga in MÅnchKomm/GmbHG2, § 29 Rz. 125. 2 Im Ergebnis ebenso Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 43; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, S. 68 Rz. 83. 3 MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, S. 68 Rz. 84. 4 BFH v. 7.5.2014 – IX B 146/13, BFH/NV 2014, 1204. 5 Zur Frage des wirtschaftlichen Eigentums eines an Aktien Unterbeteiligten vgl. BFH v. 1.8.2012 – IX R 6/11, GmbHR 2012, 1370 = BFH/NV 2013, 9. 6 W. MÅller in Ulmer/Habersack/LÇbbe, GmbHG2, § 29 Rz. 120.

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A. Begriff der finanziellen Eingliederung

c) Verpfndung/Pfndung Eine Verpfndung/Pfndung der Anteile an der Organgesellschaft fÅhrt regelmßig nicht zum Wegfall der finanziellen Eingliederung. Der Organtrger bleibt wirtschaftlicher EigentÅmer; sein Eigentum ist lediglich mit einem (Pfndungs-)pfandrecht belastet. Ihm wird auch nicht die MÇglichkeit der StimmrechtsausÅbung genommen.1 Die finanzielle Eingliederung endet aber mit der Verwertung;2 (erst) zu diesem Zeitpunkt endet auch die AbfÅhrung des ganzen Gewinns an den Organtrger.

12.23

Zum (Pfndungs-)pfandrechtsglubiger kann vor der Verwertung keine finanzielle Eingliederung begrÅndet werden. Es fehlt bereits am wirtschaftlichen Eigentum.3

12.24

d) Stimmrechtsbeschrnkungen Schuldrechtliche Stimmrechtsbeschrnkungen, -ausschlÅsse oder -bindungen oder Stimmrechtsvollmachten stehen der finanziellen Eingliederung nicht entgegen, da der Gesellschafter das Stimmrecht jederzeit entgegen der vertraglichen Vereinbarung nach eigenem Ermessen im eigenen Namen ausÅben kÇnnte.4 Unschdlich sind auch Stimmrechtsverbote bezogen auf einzelne Geschfte.

12.25

Dies gilt unseres Erachtens auch dann, wenn der Mehrheitsgesellschafter mit einem Minderheitsgesellschafter (zB aus erbschaftsteuerlichen GrÅnden zur Erreichung des 25 %-Quorums in § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) einen sog. Poolvertrag abschließt, in dem er sich verpflichtet, sein Stimmrecht mit dem Minderheitsgesellschafter nur einheitlich auszuÅben.5 Durch den Poolvertrag verliert der Organtrger nicht die Stimmrechtsmehrheit bei der Organgesellschaft.

12.26

KÇnnen allerdings Stimmrechte wegen nichterfÅllter Anzeigepflichten nicht ausgeÅbt werden (§§ 20 Abs. 7, 21 Abs. 4 AktG, § 28 Satz 1 WphG), steht dies der finanziellen Eingliederung entgegen.6

12.27

1 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 129; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, S. 69 Rz. 85; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 103 (Januar 2015). Aus dem gesellschaftsrechtlichen Schrifttum nur Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht7, § 16 AktG Rz. 14 mwN. AA fÅr den Fall der Pfndung Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 224 (Januar 2015). 2 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 277 (August 2014). 3 Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 43. 4 H 57 KStR 2008; BFH v. 26.1.1989 – IV R 151/86, BStBl. II 1989, 455 (456) = FR 1989, 456 – obiter dictum. Aus dem Schrifttum vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 133; Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, 2014, Rz. 83; Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 44; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 122a (August 2014); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 273 (August 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 211 (Januar 2015). 5 Vgl. v. Oertzen/Stein, Ubg 2011, 353 (356). 6 Stadler/Bindl, GmbHR 2010, 412 (415).

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Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

5. Schuldrechtliche AnteilsÅbertragungsansprÅche

12.28 Schuldrechtliche AnteilsÅbertragungsansprÅche begrÅnden grundstzlich noch kein wirtschaftliches Eigentum an den Anteilen an der Organgesellschaft. Sie verschaffen auch keine VerfÅgungsmacht Åber die Stimmrechte.1

12.29 Anders ist dies nur, wenn schon mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen auf den Erwerber Åbergeht (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO). Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhltnisse im jeweiligen Einzelfall. Kriterien fÅr eine Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums zu einem Dritten sind ua.: (i) dem Dritten stehen die aus dem Wirtschaftsgut resultierenden Ertrge zu, (ii) der Dritte kann das Wirtschaftsgut verkaufen, verpfnden, verleihen oder anderweitig hierÅber verfÅgen, (iii) Glubiger des Dritten kÇnnen auf das Wirtschaftsgut zugreifen, (iv) der Dritte ist zur AusÅbung der mit dem Wirtschaftsgut verbundenen Verwaltungs- und VermÇgensrechte befugt und (v) Risiko und Chance von Wertvernderungen sind auf den Dritten Åbergegangen.2 Bei Kapitalgesellschaftsanteilen verlangt der BFH zudem, dass der Erwerber aufgrund des schuldrechtlichen Vertrags bereits eine rechtlich geschÅtzte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann.3 Die Fragen, die sich neuerdings bei cum/ex-Transaktionen stellen, die auf eine nur kurze Haltedauer des am Tag der Hauptversammlung rechtlichen EigentÅmers der Anteile ausgelegt sind, spielen bei einer auf lngeres Halten ausgerichteten Organschaft unseres Erachtens keine Rolle.4

12.30 Eine vergleichbare Frage stellt sich bei Umstrukturierungen. Zu denken ist zB an den Fall, dass eine Gesellschaft am Ende des Geschftsjahrs auf die (kÅnftige) Organgesellschaft verschmolzen wird. Die dadurch entstehende (Mehrheits)Beteiligung an der Organgesellschaft soll noch im alten Geschftsjahr im Wege einer KapitalerhÇhung in den kÅnftigen Organtrger eingebracht werden, damit die Organschaft bereits am 1.1. des Folgejahres beginnen kann. 1 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 216 (Januar 2015). 2 Vgl. ua. BFH v. 10.3.1988 – IV R 226/85, BStBl. II 1988, 832 = FR 1988, 533; v. 11.7.2006 – VIII R 32/04, BStBl. II 2007, 296 = FR 2007, 251; v. 4.7.2007 – VIII R 68/05, BStBl. II 2007, 937 = FR 2008, 135 m. Anm. Mayer, jeweils mwN. 3 Vgl. ua. BFH v. 5.10.2011 – IX R 57/10, BStBl. II 2012, 318 = FR 2012, 831 m. Anm. Bode mwN; v. 15.10.2013 – I B 159/12, BFH/NV 2014, 291; v. 7.5.2014 – IX B 146/13, BFH/NV 2014, 1204. 4 Nach Ansicht des BFH (BFH v. 16.4.2014 – I R 2/12, BFH/NV 2014, 1813) geht bei einem Wertpapierdarlehen das wirtschaftliche Eigentum an den Åbertragenen Aktien dann nicht auf den Darlehensnehmer Åber, wenn aufgrund einer modellhaften Vertragsgestaltung die im Rahmen der Wertpapierleihe grundstzlich auf den Darlehensnehmer Åbergehenden Verwaltungs-, VermÇgens- und sonstigen Nutzungsrechte des Darlehensnehmers durch gegenlufige Vertragsgestaltungen entwertet werden (zB wenn der Darlehensnehmer nicht Åber die Åbertragenen Aktien verfÅgen darf).

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A. Begriff der finanziellen Eingliederung Beispiel:1 Die M-AG ist an der T1-GmbH mehrheitlich beteiligt; diese ist wiederum an der E-GmbH (Wirtschaftsjahr=Kalenderjahr) mehrheitlich beteiligt. Die T1-GmbH soll aufgrund notariell beurkundeten Vertrags vom 28.12.2015 abwrts auf die E-GmbH verschmolzen werden, wobei im Rahmen einer KapitalerhÇhung bei der E-GmbH neue Anteile ausgegeben werden. Unmittelbar im Anschluss bringt die M-AG ihre Beteiligung an der E-GmbH im Rahmen eines qualifizierten Anteilstausches (§ 21 UmwStG) in eine weitere Tochtergesellschaft (die T2-GmbH) mit Wirkung zum 31.12.2015 ein. Zwischen der T2-GmbH und der E-GmbH soll bereits ab dem 1.1.2016 ein Organschaftsverhltnis begrÅndet werden.

Die (neuen) Anteile an der E-GmbH als aufnehmende Gesellschaft gehen erst mit der Handelsregistereintragung der Verschmelzung (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG) auf die M-AG Åber, so dass auch die T2-GmbH vorher nicht Anteilseigner der E-GmbH werden kann. Die E-GmbH ist dann zu Beginn ihres Wirtschaftsjahres nicht in die T2-GmbH finanziell eingegliedert. Es wird im Schrifttum aber fÅr mÇglich gehalten, bereits die kÅnftige Beteiligung im Wege der KapitalerhÇhung in den kÅnftigen Organtrger einzubringen. Sofern der Organtrger (im Beispiel die T2-GmbH) zudem angewiesen werde, das Stimmrecht eigenverantwortlich wahrzunehmen, sei die Organschaft schon ab diesem Zeitpunkt der Vorausabtretung mÇglich.2 Da Rechtsprechung und Finanzverwaltung zu dieser MÇglichkeit bisher keine Stellung genommen haben, ist aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten zu einer vorherigen Abstimmung mit der Finanzverwaltung zu raten, falls eine solche Gestaltung in Betracht gezogen wird. 6. Gesellschafterliste bei der GmbH Im Verhltnis zu einer GmbH gilt bei Wechsel der Gesellschafter oder Vernderung des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) eingetragen ist (§ 16 Abs. 1 GmbHG).3 Von der Eintragung hngt deswegen auch die StimmrechtsausÅbung ab. Daher kÇnnte es der finanziellen Eingliederung entgegenstehen, wenn der Organtrger zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft noch nicht in der Gesellschafterliste eingetragen war, zB weil er die Anteile erst erwarb. Unseres Erachtens scheitert die Organschaft daran nicht. Zwar gilt gegenÅber der Gesellschaft weiterhin der Rechtsvorgnger als Inhaber der Geschftsanteile (§ 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG); der Erwerber

1 Beispiel nach Walter, Der Konzern 2013, 472. 2 Die Vorausabtretung liegt dabei zeitlich nach der Beurkundung der Verschmelzung, vgl. Walter, Der Konzern 2013, 472; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 277 (August 2014). 3 Handlungen, die vor Eintragung in das Handelsregister vorgenommen werden, gelten nach § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG als von Anfang an wirksam, wenn die Liste unverzÅglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird; LG MÅnchen I v. 20.8.2009 – 17 HK T 13711/09, GmbHR 2010, 151.

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12.31

Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

ist aber bereits materiell Berechtigter.1 Die Aktualisierung der Gesellschafterliste wird zeitnah erfolgen, da die GeschftsfÅhrer nach § 40 Abs. 1 GmbHG zur Einreichung einer neuen aktualisierten Gesellschafterliste verpflichtet sind. Unseres Erachtens ist es nicht erforderlich, kann aber aus VorsorgegrÅnden geschehen, dass der Verußerer den Erwerber flankierend zur AusÅbung der Stimmrechte bevollmchtigt2 oder der Verußerer bis zur Eintragung des Erwerbers in die Gesellschafterliste an dessen Weisungen gebunden wird.3 7. GesamthandsvermÇgen bei einer Personengesellschaft

12.32 Organtrger kann auch eine „Personengesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG“ sein (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG). Die finanzielle Eingliederung muss nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG „im Verhltnis zur Personengesellschaft selbst erfÅllt sein“. Nach Verwaltungsauffassung setzt dies voraus, dass Anteile zumindest in einem Umfang, der die Stimmrechtsmehrheit vermittelt, der Personengesellschaft zivilrechtlich gehÇren, also Bestandteil ihres eigenen GesamthandsvermÇgens sind.4 Dies wird weniger aus dem Gesetzeswortlaut abgeleitet als vielmehr aus dem Willen des Gesetzgebers, Gestaltungen zu verhindern, „durch die Åber eine andere nicht gewerblich ttige Personengesellschaft das Ergebnis einer MehrmÅtterorganschaft erreicht werden kÇnnte“.5 Es genÅgt daher nicht, dass die Anteile von einem oder mehreren Mitunternehmern gehalten werden, selbst wenn es sich bei den Anteilen um notwendiges SonderbetriebsvermÇgen der Mitunternehmer handeln sollte.6 Da es auf die ZugehÇrigkeit der Anteile an der Organgesellschaft zum GesamthandsvermÇgen der Personengesellschaft ankommt, ist es nur konsequent, dass ein Wechsel der Mitunternehmer der Personengesellschaft das Organschaftsverhltnis nicht berÅhrt.7 1 Stadler/Bindl, GmbHR 2010, 412 (416 f.); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 277 (August 2014); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 121 (Dezember 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 218 (Januar 2015). Tendenziell auch Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 92 (April 2013). 2 Stadler/Bindl, GmbHR 2010, 412 (417); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 277 (August 2014). 3 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 277 (August 2014); anders die Empfehlung von Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 219 (Januar 2015). 4 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 13. 5 BT-Drucks. 15/119, BegrÅndung zu § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG. Vgl. dazu Neumann in FS Schaumburg, 2009, 445 (453). 6 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 268 (Juni 2013). Nach Schulze zur Wiesche, DStZ 2013, 621 (622) kÇnnte es dagegen reichen, wenn die Gesellschafter die Gesellschafterrechte aus der Beteiligung im SonderbetriebsvermÇgen, insbesondere das Stimmrecht, fÅr einen Zeitraum von mindestens fÅnf Jahren an die Personengesellschaft abtreten. 7 R 58 Satz 2 und 3 KStR 2004; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 269 (Juni 2013); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 143 (Dezember 2013).

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A. Begriff der finanziellen Eingliederung

IV. Mittelbare finanzielle Eingliederung 1. Berechnung der Stimmrechtsmehrheit Die finanzielle Eingliederung kann nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 KStG auch Åber mittelbare Beteiligungen gegeben sein, wenn die Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte gewhrt. Eine Vermittlung Åber mehrere Konzernstufen ist mÇglich, wobei die Organgesellschaft dem Organtrger gesellschaftsrechtlich nachgeschaltet sein muss.1 Eine mittelbare Beteiligung liegt nicht vor, wenn es sich beim Organtrger und der Organgesellschaft um Schwestergesellschaften handelt2 (s. hierzu Rz. 12.12 ff.).

12.33

Organschaftskette. Die mittelbare finanzielle Eingliederung ist von der Organschaftskette zu unterscheiden. Bei der Organschaftskette bestehen Organschaftverhltnisse jeweils zwischen den unmittelbar Åber- und untergeordneten Gesellschaften, so dass im Ergebnis alle Gesellschaften in der Kette in den Organkreis einbezogen sind. Bei der mittelbaren finanziellen Eingliederung gehÇrt die vermittelnde Gesellschaft hingegen nicht zum Organkreis; die Organschaft wird „um sie herum“ gebildet. Entscheidend ist der Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags, der vorgibt, welche Gesellschaften Organtrger und Organgesellschaft sind. Whrend bei einer Organschaftskette mehrere GewinnabfÅhrungsvertrge hintereinander geschaltet werden, kommt es in den Fllen der mittelbaren finanziellen Eingliederung zu einem „stufenÅberspringenden“ GewinnabfÅhrungsvertrag zwischen Organtrger und Organgesellschaft.

12.34

Eine mittelbare finanzielle Eingliederung kann vorteilhaft sein. Zu denken ist zB an Verußerungsflle. Verußert die beteiligungsvermittelnde Gesellschaft die Anteile an der Organgesellschaft, muss der Organtrger einen etwaigen passiven Ausgleichsposten nicht sofort auflÇsen. Zur Nachversteuerung kommt es nach der hier vertretenen und von der Finanzverwaltung geteilten Auffassung erst, wenn der Organtrger seine Beteiligung an der vermittelnden Gesellschaft verußert (dazu Rz. 12.44). Zu denken ist zB auch an eine „cash-Repatriierung“. SchÅttet die auslndische beteiligungsvermittelnde Gesellschaft ihren cash nicht aus (was eine Besteuerung nach § 8b KStG zur Folge htte), sondern bringt sie diesen in die (deutsche) Organgesellschaft ein, kann diese dem Organtrger ein up-stream Darlehen unter Vermeidung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung geben. Zu einer mittelbaren Organschaft kann es vor allem auch nach konzerninternen Umstrukturierungen kommen.

12.35

1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 126 (August 2014). 2 BFH v. 22.11.2001 – V R 50/00, BStBl. II 2002, 157 = GmbHR 2002, 174; v. 13.2.2008 – I B 187/07, 188/07, juris. Aus dem Schrifttum so auch ua. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 126 (August 2014); Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 52.

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Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

12.36 Berechnungsmethode. Umstritten ist, wie die Mehrheit der Stimmrechte bei einer mittelbaren Beteiligung ermittelt wird. – Nach der von der Finanzverwaltung vertretenen Durchrechnungsmethode wird „durchgerechnet“, es werden also nur die dem Organtrger (mittelbar) anteilig zustehenden Beteiligungen an der Organgesellschaft berÅcksichtigt.1 Die Ermittlung erfolgt durch Multiplikation der verschiedenen Beteiligungsprozentstze.2 – Unseres Erachtens ist demgegenÅber der Additionsmethode zu folgen. Nach der Additionsmethode werden die gesamten Stimmrechte, die der vermittelnden Gesellschaft gegenÅber der Organgesellschaft zustehen berÅcksichtigt und dem Organtrger (aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligung an der vermittelnden Gesellschaft) zugerechnet.3 Es gibt unseres Erachtens keinen Grund, die Stimmrechte nur anteilig zu berÅcksichtigen. Solange bei jeder vermittelnden Gesellschaft die Stimmrechtsmehrheit gewhrleistet ist, kann sich der Organtrger – wie fÅr finanzielle Eingliederung erforderlich – gegenÅber der vermittelnden Gesellschaft und dann auch (im Ergebnis) gegenÅber der Organgesellschaft durchsetzen.4

12.37 Die nach der Additionsmethode ermittelnden Prozentstze kÇnnen bei mehreren Beteiligungsstrngen aufaddiert werden. Es ist dabei nicht erforderlich, dass die in einem Beteiligungsstrang jeweils letzte vermittelnde Gesellschaft mehrheitlich an der Organgesellschaft beteiligt ist; nur in der Summe der Beteiligungsstrnge muss die maßgebliche Stimmrechtsmehrheit erreicht werden.5

12.38 „Umhngungen“ innerhalb der Beteiligungskette(n). Solange die finanzielle Eingliederung erhalten bleibt, kÇnnen Beteiligungen innerhalb eines Beteiligungsstrangs oder zwischen zwei Beteiligungsstrngen „umgehngt“ werden (zB Verußerung der Organbeteiligung durch die vermittelnde Gesellschaft an den Organtrger). Der bestehende GewinnabfÅhrungsvertrag wird dadurch nicht berÅhrt.6 1 So R 57 Satz 4 Bsp. 3 KStR 2004; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 139; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft8, S. 71 Rz. 94. 2 Bsp. bei Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 236 (August 2011). 3 Vgl. ua. Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 117; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 237 (August 2011); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 127, 132 (Dezember 2013); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 295.1 (August 2014); Kolbe in HHR, § 14 KStG Rz. 113 (Januar 2015). 4 So auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 238 (August 2011). 5 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 132 (Dezember 2013). 6 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314 Rz. Org.17. Aus dem Schrifttum vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 155; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 265, 272 (Juni 2013); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 151 (Dezember 2013); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 281 (August 2014); MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, S. 72 Rz. 96; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 115 (Januar 2015).

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A. Begriff der finanziellen Eingliederung

2. Qualitt der vermittelnden Gesellschaft Die vermittelnde Gesellschaft muss nicht organschaftstauglich sein, also selbst Mitglied einer Organschaft sein kÇnnen. Daher kommt als vermittelnde Gesellschaft zB auch eine vermÇgensverwaltende Personengesellschaft oder eine Gesellschaft mit Sitz und Geschftsleitung im Ausland in Betracht.1 Nach hM ist daher auch eine Mander-Struktur zulssig, also eine finanzielle Eingliederung einer deutschen Organgesellschaft Åber eine zwischengeschaltete auslndische Gesellschaft.2

12.39

3. Zuordnung zu einer (inlndischen) Betriebssttte Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4 bis 7 KStG ist es erforderlich, dass die Beteiligung an der vermittelnden Gesellschaft whrend der gesamten Dauer der Organschaft einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zuzuordnen ist; das Organeinkommen muss der inlndischen Betriebssttte zuzurechnen sein und der inlndischen Besteuerung unterliegen (dazu Rz. 27.22 ff.). Bei einer mittelbaren finanziellen Eingliederung muss dabei nur die Beteiligung an der obersten, dem Organtrger unmittelbar nachgeordneten beteiligungsvermittelnden Gesellschaft einer inlndischen Betriebssttte zuzuordnen sein.3 Dies reicht aus, um sicherzustellen, dass die Beteiligung im Inland steuerverhaftet ist und das Einkommen der Organgesellschaft im Inland der Besteuerung unterliegt.

12.40

4. Weitere Folgen einer mittelbaren Organschaft Eine mittelbare Organschaft hat Steuerfolgen jenseits der Ergebniskonsolidierung,4 insbesondere:

12.41

Verdeckte GewinnausschÅttungen. In der mittelbaren Organschaft liegt der Verzicht der vermittelnden Gesellschaft auf ihren Gewinnanspruch.

12.42

1 R 57 Bsp. 3 KStR 2004; BFH v. 2.11.1977 – I R 143/75, BStBl. II 1978, 74. Aus dem Schrifttum vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG, 2. Aufl. 2009, § 14 Rz. 149; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 279 (August 2014), Rz. 290 (April 2013); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 233 (Januar 2015), 250 (August 2011); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 104 (Januar 2015). 2 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 150; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 119; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 293 (April 2013); Olbing in Streck, KStG9, § 14 Rz. 52; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 130 (Dezember 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141n, 234 (Januar 2015). Zu den daraus erwachsenden Steuerfragen vgl. Rehfeld/Krumm, IWB 2014, 394 (398 f.). 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 106g (August 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141o (Januar 2015); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 191 (Januar 2015). AA Schirmer, FR 2013, 605 (608). 4 Vgl. ua. Rehfeld/Krumm, IWB 2004, 394 (399 f.) zur beteiligungsvermittelnden auslndischen Kapitalgesellschaft; Neumann/Suchanek, Ubg 2013, 549 (554) zu vororganschaftlich verursachten MehrabfÅhrungen; Mylich, DStR 2014, 2127 (2433) zu vororganschaftlich verursachten MinderabfÅhrungen.

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Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

Darin liegt zu Recht nach heute allgemeiner Ansicht keine verdeckte GewinnausschÅttung (vGA). Ansonsten htte der Gesetzgeber in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 KStG keine mittelbare Organschaft zulassen dÅrfen, wenn er Åber eine EinkommenserhÇhung nach § 8 Abs. 3 KStG hieran negative steuerliche Folgen htte knÅpfen wollen.1 Wird die finanzielle Eingliederung Åber eine auslndische Kapitalgesellschaft vermittelt, muss das Nichtvorliegen einer der vGA vergleichbaren Steuerfolge auch im Ansssigkeitsstaat der beteiligungsvermittelnden auslndischen Kapitalgesellschaft geprÅft werden.2 Konsequenterweise liegt in der VerlustÅbernahme auch keine verdeckte Einlage des Organtrgers in die beteiligungsvermittelnde Gesellschaft.

12.43 Organschaftliche Ausgleichsposten. § 14 Abs. 4 KStG regelt, unter welchen Voraussetzungen Ausgleichsposten beim Organtrger zu bilden und aufzulÇsen sind (dazu ausfÅhrlich Rz. 14.5 ff.). Die Norm gilt auch fÅr die mittelbare Organschaft. Hiernach hat der Organtrger einer mittelbaren Organschaft Ausgleichsposten zu bilden, wohingegen auf Ebene der vermittelnden Gesellschaft keine Ausgleichsposten gebildet werden kÇnnen.3 Die Ausgleichsposten sind nach hM eine bloße Bilanzierungshilfe und kein Zusatzposten zur Beteiligung an der Zwischengesellschaft.4 Um ihre HÇhe zu berechnen, gibt es zwei denkbare Methoden. Die HÇhe der Ausgleichsposten kÇnnte dem Umfang der Beteiligung des Organtrgers an dem Nennkapital der Zwischengesellschaft entsprechen. DafÅr wird angefÅhrt, dass ein Ausgleichsposten der Neutralisierung eines Verußerungsgewinns dienen soll und sich daher auf die unmittelbare Beteiligung des Organtrgers an der Zwischengesellschaft beziehen muss.5 Richtigerweise mÅssen Ausgleichposten aber in HÇhe des (durchgerechneten) Umfangs der mittelbaren Beteiligung des Organtrgers an der Organgesellschaft gebildet werden, da sich nur insoweit das durch Mehr- oder MinderabfÅhrungen beeinflusste VermÇgen der Organgesellschaft (zB aufgrund handelsrechtlicher GewinnrÅcklagen) beim Organtrger auswirkt.6

12.44 FÅr die AuflÇsung der Ausgleichsposten stellt § 14 Abs. 4 Satz 2 KStG auf die Verußerung der Organbeteiligung ab. Im Falle einer mittelbaren Organschaft ist strittig, ob unter Organbeteiligung im Sinne der Norm die 1 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 581 (November 2012); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 131 (Dezember 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 235 (Januar 2015). 2 Rehfeld/Krumm, IWB 2014, 394 (399) dort auch zur Vereinbarung einer Ausgleichszahlung, um eine vGA zu vermeiden. 3 FinMin Schl.-Holst. v. 8.12.2011 – VI 3011 - S 2770 - 054, DStR 2012, 1607 (1608). 4 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 560 (Dezember 2012). 5 So wohl Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 883 (September 2013). 6 So Breier, Der Konzern 2011, 11 (24); Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 14 Rz. 1177. Im Ergebnis auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 565 (Dezember 2012); MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, S. 74 Rz. 167.

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A. Begriff der finanziellen Eingliederung

unmittelbare Beteiligung des Organtrgers an der Zwischengesellschaft zu verstehen ist, so dass es auf die Verußerung dieser Beteiligung ankommt,1 oder ob unter Organbeteiligung die Beteiligung der Zwischengesellschaft an der Organgesellschaft zu verstehen ist, so dass die Ausgleichposten bei Verußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft aufzulÇsen sind.2 Letztere Ansicht nimmt fÅr sich den Wortlaut der Norm in Anspruch. Gegen diese Ansicht spricht aber Sinn und Zweck der Regelung des § 14 Abs. 4 Satz 2 KStG, nmlich einen Verußerungsgewinn auf Ebene des Organtrgers zu neutralisieren. Durch die Verußerung der Organbeteiligung (durch die Zwischengesellschaft) erzielt der Organtrger aber keine VermÇgensmehrung, die es durch AuflÇsung der Ausgleichsposten zu neutralisieren gilt. Die von der Zwischengesellschaft realisierten stillen Reserven sind fÅr den Organtrger weiterhin in der Zwischengesellschaft vorhanden. Erst mit Verußerung der Beteiligung des Organtrgers an der Zwischengesellschaft ergibt sich daher die Notwendigkeit, die Ausgleichsposten aufzulÇsen. Es stellt sich die Anschlussfrage, ob eine AuflÇsung von Ausgleichsposten auch dann in Betracht kommt, wenn die Zwischengesellschaft den Verußerungsgewinn an den ehemaligen Organtrger ausschÅttet. § 14 Abs. 4 Satz 2 KStG lsst eine AuflÇsung der Ausgleichsposten dem Wortlaut nach nur bei einer Verußerung zu, nicht aber wenn der (ehemalige) Organtrger den durch die Zwischengesellschaft erzielten Verußerungsgewinn im Wege einer AusschÅttung vereinnahmt. Wirtschaftlich ist dieser Fall einer Verußerung der Beteiligung an der Zwischengesellschaft durch den Organtrger aber vergleichbar. In beiden Fllen vereinnahmt der Organtrger VermÇgenswerte, die er zuvor schon aufgrund der Organschaft zu versteuern hatte. Daher erwgen Teile des Schrifttums eine entsprechende Anwendung des § 14 Abs. 4 Satz 2 KStG.3 Dem ist zuzustimmen, da so sichergestellt wird, dass Gewinne im Organkreis nur einmal besteuert werden. Ob die Finanzverwaltung und Rechtsprechung eine solche analoge Anwendung mitgehen, ist allerdings offen.4

1 FinMin Schl.-Holst. v. 8.12.2011 – VI 3011 - S 2770 - 054, DStR 2012, 1607 (1608); Breier, Der Konzern 2011, 11 (24); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 884 (September 2013); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 280 (August 2014). Offen gelassen von v. Freeden/Joisten, Ubg 2014, 512 (514). 2 Heurung/Seidel, Der Konzern 2009, 400 (405); Neumann, Ubg 2010, 673 (680); Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 14 Rz. 1177; DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 568 (Dezember 2012). 3 Neumann, Ubg 2010, 673 (681); Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 14 Rz. 1177. AA Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 885 (September 2013) mit der BegrÅndung, die Besteuerung sei gerechtfertigt, da die Zwischengesellschaft nicht in den Organkreis eingebunden sei. 4 Ablehnend DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 568 (Dezember 2012).

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12.45

Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

B. Dauer der finanziellen Eingliederung I. Ununterbrochene Beteiligung des Organtrgers 12.46 Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG muss der Organtrger an der Organgesellschaft vom Beginn des (jeweiligen)1 Wirtschaftsjahrs2 der Organgesellschaft an bis zu dessen Ende ununterbrochen in einer Weise beteiligt sein, die den Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung genÅgt. Der Begriff „ununterbrochen“ ist eng auszulegen. Jede noch so kurze Unterbrechung schadet und fÅhrt zur AuflÇsung der finanziellen Eingliederung und damit zum Ende der Organschaft, rÅckwirkend ab Beginn des laufenden Wirtschaftsjahrs.3

12.47 Mindestdauer der finanziellen Eingliederung. Nach Teilen des Schrifttums muss die finanzielle Eingliederung entsprechend § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG fÅr die Dauer von fÅnf Jahren bestehen.4 Dies ist unseres Erachtens abzulehnen; im Gesetz finden sich hierfÅr keine Anhaltspunkte. Die Mindestvertragsdauer bezieht sich ausdrÅcklich allein auf den Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags und dessen DurchfÅhrung (dazu Rz. 11.7).5

12.48 Treuhandvertrag. Soll eine Organbeteiligung Åber einen Treuhandvertrag erworben werden und soll mit der Gesellschaft ein GewinnabfÅhrungsvertrag geschlossen werden, ist darauf zu achten, die Wirksamkeit des Treuhandvertrags nicht von der aufschiebenden Bedingung der zivilrechtlichen Wirksamkeit des GewinnabfÅhrungsvertrags abhngig zu machen.6 Die VerknÅpfung Åber eine aufschiebende Bedingung kann unliebsame Folgen haben. Die RÅckwirkungsmÇglichkeit des § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG

1 § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG bezieht sich nicht nur auf das erste Wirtschaftsjahr, vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 155; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 115 (Januar 2015). AA Jurkat, Die Organschaft im KÇrperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 561 ff. 2 Das kann auch ein Rumpfwirtschaftsjahr sein, R 59 Abs. 1 KStR 2004. 3 Vgl. ua. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 155; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 272 (Juni 2013); MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, S. 74 Rz. 167. 4 Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 637 (September 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 277 (Januar 2015). 5 Vgl. FG DÅsseldorf v. 3.3.2015 – 6 K 4332/12 K, F, juris – Rev. I R 19/15; Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (739); Danelsing in BlÅmich, EStG/KStG/GewStG, § 14 KStG Rz. 251 (April 2013); Schaefer/Wind/Mager, DStR 2013, 2399 Fn. 4; Herzberg, GmbHR 2014, 502 (503); Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1803); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 233 (Dezember 2014). 6 FG Schl.-Holst. v. 2.12.2005 – 1 K 359/00, EFG 2006, 1782; v. 17.10.2007 – I R 39/06, GmbHR 2008, 444 = BFH/NV 2008, 614; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 327 (August 2014).

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B. Dauer der finanziellen Eingliederung

gilt nur fÅr den GewinnabfÅhrungsvertrag, nicht aber fÅr die finanzielle Eingliederung. Es fehlt daher an der Organschaft im ersten Jahr.1

II. Beginn der finanziellen Eingliederung 1. Erwerb einer Organbeteiligung Wird eine Organbeteiligung erworben, hat die Verkuferin regelmßig ein Interesse daran, die Organschaft so lange wie mÇglich bestehen zu lassen. Gleichzeit will die Erwerberin hufig die Gesellschaft schnellst mÇglich in ihren Organkreis integrieren, zB um ihre Finanzierungskosten der Akquisition mit den operativen Gewinnen der Zielgesellschaft verrechnen zu kÇnnen.2

12.49

Stehen der Verkuferin – wie Åblich – nach der Verußerung der Anteile an der Organgesellschaft nicht mehr die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft zu, geht die finanzielle Eingliederung verloren (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG). Die Organschaft endet.

12.50

Unterjhriger Verkauf. Bei einem unterjhrigen bergang des wirtschaftlichen Eigentums endet die Organschaft rÅckwirkend zum Ende des letzten Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft, da die finanzielle Eingliederung fÅr das gesamte Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft bestehen muss.3 Die Organgesellschaft wird im Wirtschaftsjahr der Verußerung „stand alone“ besteuert. Da der GewinnabfÅhrungsvertrag in der Regel erst auf den Zeitpunkt des bergangs des wirtschaftlichen Eigentums beendet wird (zur Aufhebung des GewinnabfÅhrungsvertrags unter Rz. 11.11 ff.)4 wird die zivilrechtlich fÅr die Teilperiode noch durchzufÅhrende GewinnabfÅhrung oder VerlustÅbernahme wie eine verdeckte GewinnausschÅttung oder verdeckte Einlage behandelt. Wurde der GewinnabfÅhrungsvertrag noch keine fÅnf Jahre durchgefÅhrt, ist der Organschaft rÅckwirkend fÅr die Vorjahre die Anerkennung zu versagen, es sei denn, ein wichtiger Grund rechtfertigt die vorzeitige Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Stze 1 und 2 KStG), dazu Rz. 11.25).

12.51

Rumpfwirtschaftsjahr. Endet das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft mit dem bergang des wirtschaftlichen Eigentums (Closing), kann die Organschaft bis zum Closing fortbestehen.5 Das kann bei einer an sich unterjhrigen Verußerung durch vorherige Umstellung des Wirtschaftsjahrs

12.52

1 FG Schl.-Holst. v. 2.12.2005 – 1 K 359/00, EFG 2006, 1782; BFH v. 17.10.2007 – I R 39/06, GmbHR 2008, 444 = BFH/NV 2008, 614. 2 Schaefer/Wind/Mager, DStR 2013, 2399 (2403). 3 R 59 Abs. 1 KStR 2004. 4 Der GewinnabfÅhrungsvertrag wird zivilrechtlich nicht automatisch mit Verußerung der Organbeteiligung beendet, sondern muss gekÅndigt oder aufgehoben werden, OLG MÅnchen v. 20.11.2013 – 7 U 5025/11, GmbHR 2014, 535. 5 R 59 Abs. 2 Stze 1 und 2 KStR 2004.

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Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

der Organgesellschaft erreicht werden, so dass ein Rumpfwirtschaftsjahr entsteht, das zum Closing endet. Die fÅr die Umstellung auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr erforderliche Zustimmung des Finanzamts (§ 7 Abs. 4 Satz 3 KStG) ist zu erteilen.1 Der Kufer kann eine nahtlos anschließende Organschaft errichten. Ohne Umstellung des Wirtschaftsjahrs kann der Kufer eine neue Organschaft erst mit Wirkung zum Beginn des nchsten Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft begrÅnden.

12.53 Keine rÅckwirkende Umstellung des Wirtschaftsjahrs. Zu beachten ist, dass eine rÅckwirkende Umstellung des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft nicht mÇglich ist.2 Bei der Umstellung des Wirtschaftsjahres handelt es sich um eine Satzungsnderung, die neben eines Gesellschafterbeschlusses auch der Eintragung im Handelsregister bedarf (§ 181 Abs. 3 AktG, § 54 Abs. 3 GmbHG). Da die Handelsregistereintragung konstitutiv ist, muss sie vor dem Ende des gewollten Rumpfwirtschaftsjahrs (also Closing) stattfinden.3

12.54 Closing Conditions. Der alte Organtrger muss bis zum Ablauf des Rumpfwirtschaftsjahrs der Organgesellschaft auch das wirtschaftliche Eigentum (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) an den Anteilen an der Organgesellschaft behalten (dazu Rz. 11.39). Insofern ist bei der Vereinbarung von Closing Conditions (also aufschiebende Bedingungen hinsichtlich des zivilrechtlichen EigentumsÅbergangs) besondere Sorgfalt walten zu lassen. Eine rechtlich geschÅtzte Position hat der Erwerber inne, sobald smtliche Closing Conditions, deren Eintritt der Erwerber nicht einseitig herbeifÅhren kann, eingetreten sind. Dies kann dazu fÅhren, dass das wirtschaftliche Eigentum vorzeitig Åbergeht. Hngt der bergang des zivilrechtlichen Eigentums hingegen vom Verußerer oder von einem Dritten ab (zB kartellrechtliche Freigabe), geht auch das wirtschaftliche Eigentum nicht vorzeitig Åber.4

12.55 Erneute Umstellung des Wirtschaftsjahrs durch den Erwerber. Das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft kann vom Erwerber dann wieder auf einen anderen Zeitraum umgestellt werden. Bei einer Umstellung auf das Kalenderjahr bedarf es keiner Zustimmung der Finanzverwaltung. Bei ei-

1 R 59 Abs. 3 Satz 1 KStR 2004; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 154 (Dezember 2013); Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 69; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 283 (Januar 2015). 2 BFH v. 13.9.1989 – I R 105/86, BFH/NV 1990, 326; BMF v. 18.5.1990 – IV B 7 - S 2770 - 11/90, DB 1990, 1164. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 154 (Dezember 2013); Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 61; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 281 ff. (Januar 2015). AA Herrmann, BB 1999, 2270 (2273). 4 BFH v. 25.6.2009 – IV R 3/07, BStBl. II 2010, 182 = FR 2010, 329 m. Anm. Kanzler zum bergang des wirtschaftlichen Eigentums bei Kartellvorbehalt. Aus dem Schrifttum vgl. ua. Schaefer/Wind/Mager, DStR 2013, 2399 (2400); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 328 (August 2014).

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B. Dauer der finanziellen Eingliederung

ner Umstellung auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr, das dem Wirtschaftsjahr des Organtrgers entspricht, ist die Zustimmung zu erteilen (R 59 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 KStR 2004). Nach unseres Erachtens zutreffender Auffassung im Schrifttum kÇnnen so zwei Rumpfwirtschaftsjahre hintereinandergeschaltet werden.1 § 8b EStDV2 steht dem nicht entgegen, da sein Anwendungsbereich keine Konstellationen rund um die ertragsteuerliche Organschaft umfasst.3 RÅckwirkende Verschmelzung. Wird die Umstellung des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft wider Erwarten nicht rechtzeitig im Handelsregister eingetragen oder die Umstellung des Wirtschaftsjahrs unterlassen, kann dies unseres Erachtens durch eine (auf das Closing) rÅckwirkende Verschmelzung der Organgesellschaft auf den Erwerber „geheilt“ werden. Durch diese Verschmelzung entsteht bei der Organgesellschaft fÅr steuerliche Zwecke ein mit dem Closing endendes Rumpfwirtschaftsjahr, und zwar ohne dass es eines Einvernehmens des Finanzamts nach § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG bedÅrfte.4 Unseres Erachtens ist von einer Erfassung des bis dahin erzielten Ergebnisses im Rahmen der Organschaft auszugehen, so dass diese noch bis zum steuerlichen bertragungsstichtag anzuerkennen ist.5 Es verbleiben aber Rechtsunsicherheiten.6

12.56

Gewerbesteuerliche Mehrbelastung. Kommt es nach unterjhrigem Erwerb einer Organgesellschaft im ersten Rumpfwirtschaftsjahr zu einer vororganschaftlich verursachten MehrabfÅhrung,7 so kann dies zu einer

12.57

1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 156 (Dezember 2013); auf bestimmte Flle einschrnkend Streck/Schwedhelm, BB 1988, 679. 2 BFH v. 7.2.1969 – VI R 88/67, BStBl. II 1969, 337 (zu § 2 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 EStG) steht dem nicht entgegen, da es keinen Bezug zur Organschaft hat; so auch die Finanzverwaltung, vgl. BMF v. 17.11.1989 – IV B 7 - S 2770 - 29/89, DB 1989, 2512. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 156 (Dezember 2013). 4 Stangl/Aichberger, Ubg 2013, 685 (686) Åberlegen, ob sich der BFH (und mit ihm die Finanzverwaltung) mit Urteil v. 7.4.2010 (I R 96/08, BStBl. II 2011, 467 = FR 2010, 890 m. Anm. Benecke/Staats) von seinem Urt. v. 21.12.2005 – I R 66/05, BStBl. II 2006, 469 = FR 2006, 604 losgesagt hat und das steuerliche Rumpfwirtschaftsjahr fortan nicht zum steuerlichen bertragungsstichtag endet, sondern zum Zeitpunkt der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Verschmelzung. Unseres Erachtens gibt das Urteil eine solche Auslegung nicht her, so auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, UmwStG Anh 1 Rz. 51 (April 2014). 5 Stangl/Aichberger, Ubg 2013, 685 (689); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 345.1 (August 2014). AA Herlinghaus in RÇdder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl. 2013, Anh. 4 Rz. 62 und DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, UmwStG Anh 1 Rz. 50 (April 2014), wenn nicht gleichzeitig auch das handelsrechtliche Wirtschaftsjahr umgestellt wird. 6 Stangl/Aichberger, Ubg 2013, 685 (691) empfehlen, zur Sicherheit auch das handelsrechtliche Wirtschaftsjahr umzustellen. 7 Nach umstrittener Ansicht sind MehrabfÅhrungen auch dann vororganschaftlich verursacht, wenn die Organgesellschaft vor Erwerb in den Organkreis des Verußerers eingebunden wurde, vgl. Breier, Der Konzern 2011, 84 (93); Frot-

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Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

gewerbesteuerlichen Mehrbelastung fÅhren. Grund hierfÅr ist, dass das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg eine qualifizierte Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraumes voraussetzt (§ 9 Nr. 2a GewStG). Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr (§ 14 Satz 2 GewStG). Diese nachteilige Rechtsfolge lsst sich vermeiden, in dem das Rumpfwirtschaftsjahr der Organgesellschaft so gestaltet wird, dass es nach dem Ende des Wirtschaftsjahres des Organtrgers endet.1 Aufgrund von § 14 Abs. 3 Satz 3 KStG gilt die MehrabfÅhrung in dem Zeitpunkt erfolgt, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet, fÅr das die die MehrabfÅhrung erfolgt.2 Bei dem Organtrger sind die Folgen der GewinnausschÅttung hingegen in dem Veranlagungszeitraum zu ziehen, in den sein Wirtschaftsjahr endet.3 Zu diesem Zeitpunkt sind dann die zeitlichen Anforderungen des § 9 Nr. 2a GewStG erfÅllt. Regelmßig wird es im Anschluss notwendig sein, dass Wirtschafsjahr der Organgesellschaft auf das Wirtschaftsjahr des Organtrgers umzustellen. Auch dieser Fall ist unseres Erachtens vom Wortlaut der R 59 Abs. 3 Satz 2 und 3 KStR 2004 gedeckt, da das Wirtschaftsjahr im Zuge der BegrÅndung einer Organschaft auf das Wirtschaftsjahr des Organtrger umgestellt wird. Vom „Grundfall“ unterscheidet sich diese Vorgehensweise nur dadurch, dass besonderen Wert auf das Ende des ersten Rumpfwirtschaftsjahrs gelegt wird. Da sich die Finanzverwaltung speziell dazu aber bisher nicht geußert hat, empfiehlt sich eine vorherige Abstimmung. 2. Unterjhriger Erwerb einer Vorratsgesellschaft

12.58 Es stellt sich die Frage, ob bei unterjhrigem Erwerb einer sog. Vorratsgesellschaft eine Organschaft bereits fÅr das laufende Wirtschaftsjahr der Vorratsgesellschaft begrÅndet werden kann.

12.59 DafÅr kÇnnte sprechen, dass in dem unterjhrigen Erwerb der Anteile an einer solchen Vorratsgesellschaft eine „wirtschaftliche NeugrÅndung“ liegt. Das wÅrde bedeuten, dass in diesem Moment (wirtschaftlich) eine (neue) Gesellschaft entsteht, die ein Rumpfwirtschaftsjahr hat, welches im Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile beginnt.4 FÅr diese Sichtweise kÇnnte die Rechtsprechung des BGH sprechen, der den Erwerb der Anteile an einer Vorratsgesellschaft einer NeugrÅndung gleichsetzt.5 Dies ge-

1 2 3 4 5

scher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 751 (September 2013); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 445 (August 2014). AA: Schumacher, DStR 2006, 310 (312); Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 110. AusfÅhrlich dazu Pyszka, DB 2010, M 20. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 445 (August 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 781 (April 2015). DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 445 (August 2014); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 782 (April 2015). Walter, GmbHR 2006, 243 (244); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 327 (August 2014). BGH v. 7.7.2003 – II ZB 4/02, BGHZ 155, 318 = GmbHR 2003, 1125 m. Anm. Peetz; v. 9.12.2002 – II ZB 12/02, BGHZ 153, 158 = GmbHR 2003, 227 m. Anm. Peetz; v. 16.3.1992 – II ZB 17/91, NJW 1992, 1824.

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B. Dauer der finanziellen Eingliederung

schieht allerdings aus GrÅnden des Glubigerschutzes. Danach werden die der Gewhrleistung der Kapitalausstattung dienenden handelsrechtlichen GrÅndungsvorschriften des GmbHG einschließlich der registergerichtlichen Kontrolle analog auf den Erwerb von Anteilen an einer Vorratsgesellschaft angewendet.1 FÅr das Steuerrecht kommt es aber darauf an, wann die Steuerpflicht der Vorratsgesellschaft beginnt.2 Dies ist sptestens mit ihrer Eintragung ins Handelsregister der Fall und nicht erst mit dem Erwerb ihrer Anteile durch den Organtrger. Der unterjhrige Anteilserwerb ist steuerrechtlich nicht mit einer NeugrÅndung durch den Organtrger vergleichbar.3 Infolgedessen besteht fÅr den laufenden Veranlagungszeitraum keine ununterbrochene Beteiligung, so dass ohne weitere Maßnahmen eine Organschaft zur Vorratsgesellschaft in diesem Zeitraum nicht begrÅndet werden kann.4 Um sicherzustellen, dass die finanzielle Eingliederung fÅr das gesamte Wirtschaftsjahr der Vorratsgesellschaft gegeben ist, muss in einem solchen Fall das Wirtschaftsjahr der Vorratsgesellschaft unter Bildung eines Rumpfgeschftsjahrs umgestellt werden.5

12.60

3. Anwendung der umwandlungssteuerrechtlichen Fußstapfentheorie Die finanzielle Eingliederung muss grundstzlich vom Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft an ununterbrochen vorliegen. Eine RÅckbeziehung ist bei unterjhriger finanzieller Eingliederung nicht zulssig.6

12.61

Fußstapfentheorie. Bei Umwandlung des Organtrgers oder der Organgesellschaft sieht das UmwStG in bestimmten Fllen vor, dass der Åbernehmende Rechtstrger in die Rechtsstellung des Åbertragenden Rechtstrgers eintritt (sog. Fußstapfentheorie, ausfÅhrlich dazu Rz. 20.32). Demzufolge sollte auch die finanzielle Eingliederung beim Åbernehmenden

12.62

1 BGH v. 9.12.2002 – II ZB 12/02, BGHZ 153, 158 = GmbHR 2003, 227 m. Anm. Peetz; Graw, EFG 2013, 236 (237). 2 FG Hess. v. 18.10.2012 – 8 K 1694/09, EFG 2013, 235. Zustimmend aus dem Schrifttum ua. Heurung/Engel/SchrÇder, BB 2013, 663 (665); Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 87 (April 2013); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 274 (Juni 2013); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 150a (Dezember 2013); Graw, EFG 2013, 236 (237); Hahn, jurisPR-SteuerR 11/2013 Anm. 6; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 115 (Januar 2015); MÅller in MÇssner/ Seeger, KStG2, § 14 Rz. 364. AA Walter, GmbHR 2013, 211 (212); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 327 (August 2014). 3 FG Hess. v. 18.10.2012 – 8 K 1694/09, GmbHR 2013, 209 m. Anm. Walter = EFG 2013, 235. 4 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 274 (Juni 2013). 5 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 275 (Juni 2013). 6 BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 = FR 2003, 981.

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Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

Rechtstrger fortwirken.1 Die Finanzverwaltung verlangt – entgegen der ganz hM2 – einschrnkend, dass die Beteiligung dem Åbernehmenden Rechtstrger zum Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft zuzurechnen sein muss.3 Um Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung zu vermeiden, empfiehlt es sich daher ggf., das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft auf den steuerlichen bertragungsstichtag umzustellen.4

12.63 Kritisch ist insbesondere folgende Fallkonstellation: Der Gesellschafter will die Beteiligung in eine (zweite) Tochtergesellschaft einbringen; zwischen diesen Gesellschaften soll eine Organschaft errichtet werden. Nach Verwaltungsauffassung ist danach zu unterscheiden, ob die Beteiligung im Rahmen eines Teilbetriebs nach § 20 UmwStG in die Tochtergesellschaft eingebracht wird oder ob es sich um einen Anteilstausch nach § 21 UmwStG handelt. Die Voraussetzungen fÅr eine Organschaft sind nur dann vom Beginn des Wirtschaftsjahrs der eingebrachten Gesellschaft an erfÅllt, wenn der Tochtergesellschaft die Anteile an der eingebrachten Gesellschaft rÅckwirkend zum Beginn des Wirtschaftsjahres der eingebrachten Gesellschaft zuzurechnen sind (§§ 2, 12 Abs. 3 Satz 1, 20 Abs. 5 und 6 UmwStG). Dies setzt eine Teilbetriebseinbringung voraus. Mangels steuerlicher RÅckbeziehungsmÇglichkeit eines Anteilstauschs (§ 21 UmwStG) kann die Organschaft hier bei unterjhriger Einbringung nach Verwaltungsauffassung nur im Folgejahr begrÅndet werden.5 Nach anderer, unseres Erachtens zutreffender Ansicht ist dagegen nicht zwischen den beiden Konstellationen zu unterscheiden.6 Auch der Anteilstausch fÅhrt zur steuerlichen Rechtsnachfolge (§ 23 Abs. 1 Halbs. 2 UmwStG bei Buch- oder Zwischenwertansatz), so dass die finanzielle Eingliederung der Åbernehmenden Gesellschaft zugerechnet wird. Demzufolge ist die Organschaft zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Einbringung mÇglich.7

12.64 Besteht bereits eine Organschaft zwischen der Muttergesellschaft und der Gesellschaft, deren Anteile eingebracht werden sollen, ist immer auch daran zu denken, dass diese zunchst als mittelbare Organschaft fortgefÅhrt werden kann. Zum Ende des Wirtschaftsjahres kann diese Organschaft 1 BFH v. 28.7.2010 – I R 89/09, BStBl. II 2011, 528 = FR 2011, 184; v. 28.7.2010 – I R 111/09, GmbHR 2011, 44 = BFH/NV 2011, 67. Vgl. auch Gosch, StbJb. 2011/ 2012, 9 (25). 2 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 14 Rz. 206; DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, UmwStG Anh 1 Rz. 22 (April 2014) mwN. 3 BMF v. 26.3. 2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 = FR 2003, 981, Rz. 12; OFD Frankfurt v. 21.11.2005 – S 1978 A - 19 - St II 1.02, DStR 2006, 41; BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314 Rz. Org.02 Satz 2. 4 Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 113 (Januar 2015). 5 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314 Rz. Org.15. 6 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, UmwStG Anh 1 Rz. 37 (April 2014). 7 RÇdder, DStR 2011, 1053 (1056); RÇdder/Jonas/Montag in FGS/BDI, UmwSt-Erlass 2011, Org.15; Blumenberg/Lechner, DB Beilage zu Heft 2/2012, 57 (61); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, KSt, UmwStG Anh 1 Rz. 37 (April 2014).

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B. Dauer der finanziellen Eingliederung

dann beendet werden und nahtlos zum nchsten Wirtschaftsjahr die neue Organschaft begrÅndet werden.1 Da dies eine KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags voraussetzt, ist dies unproblematisch nur nach Ablauf der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit mÇglich.2 Vor Ablauf der Mindestlaufzeit bedarf es eines wichtigen Grundes zur KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrages. Dieser kann in der Einbringung zu sehen sein, wenn sie nicht allein erfolgt, um die Besteuerung (insbesondere die Folgen der Organschaft) willkÅrlich zu beeinflussen. Es kommt daher auf die Motivlage bei Einbringung an (zum wichtigen Grund insbesondere bei konzerninternen Verußerungen und Einbringungen ausfÅhrlich Rz. 11.30).

III. Wegfall der finanziellen Eingliederung Zum Wegfall der finanziellen Eingliederung kann es zB kommen bei: – ErÇffnung des Insolvenzverfahrens (dazu Rz. 11.58 ff.) – (Teilweise) Verußerung der Organbeteiligung (dazu Rz. 12.50 f.) – Vernderung der Stimmrechte – AusÅbung des Pfandrechts bezÅglich verpfndeter Anteile an der Organgesellschaft (dazu Rz. 12.23) – Umwandlungen der Organtrgers und/oder der Organgesellschaft (dazu Rz. 12.62)

12.65

Mitternachtsgeschft. Bei einer Verußerung der Beteiligung zum Ende eines Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft bleibt die finanzielle Eingliederung zum verußernden Organtrger bis 24.00 Uhr bestehen und entsteht beim Erwerber ab 0.00 Uhr des ersten Tags des neuen Wirtschaftsjahrs. Bei diesem sog. Mitternachtsgeschft ist daher eine Anschlussorganschaft mÇglich.3 Auch mehrere Mitternachtsgeschfte hintereinander auf denselben Stichtag werden von der Finanzverwaltung anerkannt.4 Dies muss unseres Erachtens auch dann gelten, wenn die Verkuferin im Falle einer mittelbaren Organschaft die Zwischengesellschaft verußert, auch wenn der Wortlaut der KÇrperschaftsteuerrichtlinie anscheinend nur auf die Verußerung der unmittelbaren Organbeteiligung abstellt.5 GrÅnde, diesen Fall abweichend zu behandeln, sind nicht ersichtlich.

12.66

Unterjhrige Verußerung. Eine unterjhrige Verußerung der Organbeteiligung fÅhrt – ohne zustzliche Begleitmaßnahmen – dazu, dass die finan-

12.67

1 Vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A - 43 - St 51, DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314 Rz. Org.16; Sistermann DStR-Beihefter zu Heft 2/2012, 18 (20). 2 So wohl auch Sistermann, DStR-Beihefter zu Heft 2/2012, 18 (20). 3 R 59 Abs. 2 KStR 2004; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 162; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 153 (Dezember 2013); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 278 (Januar 2015). 4 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 153 (Dezember 2013). 5 Wie hier Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 14 Rz. 191.

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Kapitel 12 Finanzielle Eingliederungserfordernisse

zielle Eingliederung (und damit die Organschaft) im Wirtschaftsjahr der Verußerung entfllt. Sollte es nicht mÇglich sein, den bergang des wirtschaftlichen Eigentums (im Regelfall das Closing) auf den Ablauf des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft zu legen, ist Åber eine Umstellung des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft auf das Closing nachzudenken (dazu Rz. 12.52).

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Kapitel 13 Einkommensermittlung, Einkommenszurechnung, GewinnabfÅhrung und VerlustÅbernahme bei Organschaft Literatur Adrian, Bilanzierungsfehler und Organschaft, StB 2013, 351; Baldamus, DurchfÅhrung von GewinnabfÅhrungsvertrgen – zu § 14 KStG und § 302 AktG nach MoMiG und BilMoG, Ubg 2009, 484; Benecke/Schnitger, Wichtige nderungen bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft durch das UntStG 2013, IStR 2013, 143; Borggrfe/Kutsch, Heilung von nicht durchgefÅhrten Organschaftsvertrgen mittels Bilanz, NWB 2011, 1946; Dahlke, Bilanzierung latenter Steuern bei Organschaften nach dem BilMoG, BB 2009, 878; DÇtsch, Kann eine unzutreffende handelsrechtliche Bilanzierung zur steuerlichen Nichtanerkennung der Organschaft fÅhren?, Der Konzern, 2009, 171; DÇtsch, KÇnnen auch vor Beginn der Organschaft entstandene Einkommensteile Gegenstand der organschaftlichen Zurechnung sein?, Der Konzern, 2010, 34; DÇtsch, Umwandlungen und Organschaft, Ubg 2011, 20; DÇtsch, Steuerschdliche Zuviel- oder Zuwenig-AbfÅhrungen bei Organschaft, Der Konzern, 2012, 104; DÇtsch/Buyer, Teilwertabschreibung auf Organbeteiligungen, DB 1991, 10; DÇtsch/Pung, Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts: Die nderungen bei der Organschaft, DB 2013, 305; Endert/Sepetauz, GewinnabfÅhrungen innerhalb einer Organschaft, BBK 2011, 660; Feldgen, Latente Steuern nach dem BilMoG, NWB 2010, 3621; Forst/Suchanek/Klopsch, Handelsrechtliche Bilanzierungsfehler und ihre Auswirkungen auf die tatschliche DurchfÅhrung eines GewinnabfÅhrungsvertrags, GmbHR 2013, 914; Hechtner, nderungen bei der Besteuerung der Unternehmen und den Reisekosten, BBK 2012, 1024; Herzig/Liekenbrock/Vossel, Gestaltungsoptionen bei der Bilanzierung von latenten Steuern im Organkreis, Ubg 2012, 141; Hoffmann, Fehlerhafte Organbilanzen, StuB 2013, 397; Honert, Teilwertabschreibung im Organkreis, EStB 1999, 219; Jesse, Neuregelungen zur ertragsteuerlichen Organschaft (Teil II), FR 2013, 681; Kshammer/SchÅmmer, Zurechnung von bertragungsgewinnen bei Umwandlung einer Organgesellschaft zum Organtrger, Ubg 2011, 244; Kempf/Zipfel, Offene Fragen der Einkommenszurechnung bei abweichendem Wirtschaftsjahr im Organkreis, DStR 2005, 1301; Kerssenbrock, KÇrperschaftsteuerliche Probleme bei unterjhrigem Beginn von Organschaft, BB 1998, Beilage 3 zu Heft 14; Krau, Tatschliche DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrages bei kÇrperschaftsteuerlicher Organschaft, StBp 2010, 65; Krebs/Blumenberg, Zum Abzug von Finanzierungskosten fÅr eine Organbeteiligung, BB 2002, 1721; Kreidl/Riehl, Tatschliche DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags – Gibt es eine MÇglichkeit, die „vergessene“ Verlustausgleichsverpflichtung nach § 301 AktG zu heilen?, BB 2006, 1880; KrÇner/Bolik/Gageur, Stolpert die Organschaft Åber das BilMoG?, Ubg 2010, 237; Lenz/Adrian/Handwerker, Geplante Neuregelung der ertragsteuerlichen Organschaft, BB 2012, 2851; Maier/ Weil, Latente Steuern im Einzel- und Konzernabschluss: Auswirkungen des BilMoG auf die Bilanzierungspraxis, DB 2009, 2729; LÅdicke, Abzug von Aufwendungen fÅr eine Organbeteiligung, BB 2002, 1521; Meining, Korrektur von GewinnabfÅhrungen bei der steuerlichen Organschaft, GmbHR 2010, 309; Melcher/Murer, Bilanzierung von latenten Steuern bei Organschaften nach dem BilMoG im Fall von Steuerumlagevertrgen, DB 2013, 2329; Neumann, Bestandsaufnahme der Fallen und Klippen bei der Organschaft, StbJb. 2011/2012, 53; Neumayer/Imschweiler,

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

Aktuelle Rechtsfragen zur Gestaltung und DurchfÅhrung von GewinnabfÅhrungsvertrgen, GmbHR 2011, 57; Neyer/Schlepper, Zivilrechtliches Verbot der Aufrechnung gegen einen Verlustausgleichsanspruch – Gefahr fÅr die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft?, BB 2007, 413; Olbing, Tatschliche DurchfÅhrung eines ErgebnisabfÅhrungsvertrag, GmbH-StB 2011, 281; Olbing, Nun doch: Die (kleine) Reform des Organschaftsrechts, GmbH-StB 2013, 154; Oppen/Polatzky, Ausgewhlte Zweifels- und Praxisfragen zur Verschmelzung nach dem UmwSt-Erlass 2011, GmbHR 2012, 263; U. Prinz, „Fortentwicklung“ des Organschaftsrechts: Neue Irrungen und Wirrungen, FR 2002, 66; U. Prinz, „Doppelte Organschaftsfalle“ bei Verußerung oder Umstrukturierung von Beteiligungsbesitz, FR 2003, 708; RÇdder, Umwandlungen und Organschaft, DStR 2011, 1053; RÇdder, Die kleine Organschaftsreform, Ubg 2012, 717; Schaden/Franz, Abzugsfhigkeit von Aufwendungen eines Organtrgers auf die Organbeteiligung, GmbHR 2002, 880; Scheifele/ Marx, Die zeitlichen Anforderungen an den GewinnabfÅhrungsvertrag und seine DurchfÅhrung, DStR 2014, 1793; Schlagheck, Verdeckte GewinnausschÅttungen und die ertragsteuerliche Organschaft, StuB 2001, 164; Schneider/Hinz, VerunglÅckte Organschaften – Ursachen und HeilungsmÇglichkeiten, Ubg 2009, 738; Schneider/Sommer, Organschaftsreform „light“, GmbHR 2013, 22; Schulze-Osterloh, Das Ende des subjektiven Fehlerbegriffs bei der Anwendung von Bilanzrecht, BB 2013, 1131; Schulze zur Wiesche, Die ertragsteuerliche Organschaft unter BerÅcksichtigung des Gesetzes zur Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und der steuerlichen Reisekosten sowie der aktuellen Rechtsprechung, DStZ 2013, 621; Sievert/Stolze, Spendenabzug bei Organschaft, StuB 2006, 616; Stangl/BrÅhl, Die „kleine“ Organschaftsreform, Der Konzern, 2013, 77; Suchanek/Herbst, Die tatschliche DurchfÅhrung von GewinnabfÅhrungsvertrgen i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG, FR 2005, 665; Thiel, Abzugsfhigkeit der Finanzierungskosten einer Organbeteiligung, FR 2002, 925; Thiel, Abzugsverbot fÅr Finanzierungskosten einer Organbeteiligung, DB 2002, 1340; von Wolfersdorff, Die „kleine“ Organschaftsreform: Erleichterung bei Abschluss und DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags, IFSt-Schrift Nr. 481, Berlin 2012; Walter, Wichtige Praxisfragen und Rechtsnderungen bei der ertragsteuerlichen Organschaft, GStB 2013, 46; Walter/ StÅmper, Vorzeitige Versteuerung des Organeinkommens bei abweichendem Wirtschaftsjahr erstmals gesetzlich geregelt?, GmbHR 2003, 652; Wassermeyer, Teilwertabschreibung bei Organschaft – Systembedingte Folgen oder Denkfehler?, StbJb. 1992/93, 219; Wassermeyer, KÇnnen organschaftliche MehrabfÅhrungen GewinnausschÅttungen sein?, GmbHR 2003, 313; Wassermeyer, WidersprÅchlichkeiten bei der Organschaft, DStR 2004, 214; Wessel/Papenroth, BerÅcksichtigung latenter Steuern bei der Bilanzierung von Beteiligungen, FR 2012, 563; von Wolfersdorff/RÇdder/Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, Der Fraktionsentwurf zur „Kleinen Organschaftsreform“: Guter Wille, aber doch kein wirklicher Rechtsfrieden!, DB 2012, 2241.

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A. Die VerknÅpfung von Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht

A. GewinnabfÅhrung und Einkommenszurechnung: Die VerknÅpfung von Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht bei der Organschaft Mit der sog. kleinen Organschaftsreform durch das UntStReiseKG v. 20.2.20131 hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er zwar die Regelungen der Organschaft vereinfachen, jedoch die Bindung an das Handelsund Gesellschaftsrechtrecht nicht aufgeben will.2 Die ertragsteuerliche Organschaft weist deshalb auch weiterhin enge Verbindungen zum Handels- und Gesellschaftsrecht aus, wie insbesondere das Festhalten am Erfordernis des Abschlusses eines GewinnabfÅhrungsvertrags als eine der wesentlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG (Rz. 2.1) belegt.3 DarÅber hinaus haben handels- und gesellschaftsrechtliche Fragen aber auch im Zusammenhang mit der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags einen erheblichen Einfluss auf die Anerkennung der Organschaft. Denn nur wenn der nach dem GewinnabfÅhrungsvertrag abzufÅhrende Gewinn bzw. der zu Åbernehmende Verlust auch tatschlich abgefÅhrt/Åbernommen werden, sind die Voraussetzungen der Organschaft erfÅllt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 und Satz 4 ff. KStG). Allerdings fÅhren die handelsrechtlichen BezÅge insbesondere im Zusammenhang mit der als Vereinfachungsregelung „verkauften“ EinfÅhrung einer Fiktion der tatschlichen DurchfÅhrung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 ff. KStG, die entscheidend auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss abstellt, zu erheblichen Unsicherheiten und Problemen bei der Gesetzesanwendung,4 die nicht gerade zur Vereinfachung des Rechts der Organschaft beitragen und eher kontraproduktiv wirken.

13.1

Auf der Rechtsfolgenseite der Organschaft ist die GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme nach Maßgabe des GewinnabfÅhrungsvertrags von Bedeutung fÅr Minder- oder MehrabfÅhrungen i.S.d. § 14 Abs. 3 und 4 KStG. Jedoch bestimmt das Gesetz in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG nicht die Versteuerung des abgefÅhrten Gewinns/des Åbernommenen Verlustes beim Organtrger, sondern die Zurechnung des (steuerlichen) Einkommens der Organgesellschaft. FÅr die Ermittlung des zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft trifft § 15 KStG verschiedene organschaftsspezifische Sonderregelungen, wobei die Anwendung der sog. Brutto-Methode des § 15 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 KStG eine Kernfrage der Einkommensermittlung darstellt. Im brigen sind die Regelungen zur Einkommenszurechnung aber wenig aussagekrftig: § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG ordnet lediglich die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Or-

13.2

1 BGBl. I 2013, 285; BStBl. I 2013, 188. 2 BT-Drucks. 17/10774, 9. 3 Vgl. auch Prinz in Prinz/Kanzler, NWB Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht2, Rz. 1620 ff. 4 Siehe nur das Schreiben des IDW v. 23.1.2015 – 613/515, https://www.idw.de/idw/ download/BMF__Fehlerhafter__Bilanzansatz.pdf?id=643220&property=Inhalt.

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

gantrger an; und § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG regelt in zeitlicher Hinsicht nur den Zeitpunkt der erstmaligen Zurechnung des Einkommens beim Organtrger. Die Beantwortung konkreter Einzelfragen, insbesondere auf welcher Ebene das Einkommen der Organgesellschaft beim Organtrger zuzurechnen ist und zu welchem Zeitpunkt dieses Einkommen beim Organtrger anzusetzen ist, sind der Gesetzesauslegung und praktischen Gesetzesanwendung vorbehalten.

B. Die AbfÅhrung des handelsrechtlichen Gewinns/ Verlustes an den Organtrger als Voraussetzung der Organschaft (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG) I. Die tatschliche DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags als Voraussetzung fÅr die Organschaft 13.3 Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG muss der GewinnabfÅhrungsvertrag whrend seiner gesamten Geltungsdauer tatschlich durchgefÅhrt werden. Das ist der Fall, wenn der GewinnabfÅhrungsvertrag so durchgefÅhrt wird, wie er abgeschlossen worden ist.1 Ob der GewinnabfÅhrungsvertrag tatschlich durchgefÅhrt wurde, ist also anhand des konkreten GewinnabfÅhrungsvertrags – und nicht anhand (mÇglicher) abweichender gesetzlicher Bestimmungen – zu entscheiden. Ü Gestaltungshinweis: ndern sich nach Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags die gesetzlichen Vorgaben Åber die GewinnabfÅhrung, wie zB aufgrund der Ergnzung des § 301 Satz 1 AktG durch das BilMoG fÅr ausschÅttungsgesperrte Betrge, muss zwar der GAV nicht gendert werden; die neuen gesetzlichen Vorgaben sind aber nunmehr zu beachten.2 Gleiches gilt, wenn nach Art. 67 EGHGB vorrangig mit bestehenden GewinnrÅcklagen zu verrechnende Betrge die GewinnrÅcklage mindern.3

13.4 Die tatschliche DurchfÅhrung setzt insbesondere voraus, dass die Organgesellschaft ihren ganzen Gewinn an den Organtrger abfÅhrt und der Organtrger einen ggf. anfallenden Verlust der Organgesellschaft Åbernimmt (zu den Sonderfragen bei der stillen Gesellschaft s. Rz. 16.25 und bei der Umwandlung s. Rz. 20.76). Grundlage der GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme ist der handelsrechtliche Jahresabschluss der Organgesellschaft.4 Ob die GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme vertragsgerecht er1 BFH v. 21.10.2010 – IV R 21/07, FR 2011, 322 m. Anm. Buciek = BFH/NV 2011, 151; vgl. auch Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 649; Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 123. 2 Vgl. auch BMF v. 14.1.2010 – IV C 2-S 2770/09/10002 – DOK 2009/0861137, BStBl. I 2010, 65; Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 374. 3 Hierzu: Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 400; Kahle/Schulz/Vogel, Ubg 2011, 178; KrÇner/Bolik/Gageur, Ubg 2010, 237. 4 BFH v. 18.12.2002 – I R 51/01, FR 2003, 457 m. Anm. Then = BFH/NV 2003, 572 (573).

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B. Die AbfÅhrung des handelsrechtlichen Gewinns/Verlustes an den OT

folgt, ist anhand des objektiv nach den Grundstzen ordnungsmßiger BuchfÅhrung ermittelten Gewinns zu prÅfen.1 Nur wenn auch dieser Gewinn abgefÅhrt bzw. dieser Verlust Åbernommen wird, ist die tatschliche DurchfÅhrung gegeben; jede Abweichung lsst dagegen die tatschliche DurchfÅhrung scheitern.2 Beispiel: Die Organgesellschaft fÅhrt an den Organtrger auf der Grundlage ihres Jahresabschlusses einen Gewinn iHv. E 100.000 ab. Bei der Ermittlung des JahresÅberschusses hat die Organgesellschaft jedoch zu Unrecht eine RÅckstellung fÅr ungewisse Verbindlichkeiten iHv. E 10.000 gebildet. LÇsung: Der GewinnabfÅhrungsvertrag wird tatschlich nicht durchgefÅhrt, da die Organgesellschaft objektiv einen Gewinn iHv. E 110.000 htte abfÅhren mÅssen.3

Gleichermaßen wird ein GewinnabfÅhrungsvertrag tatschlich nicht durchgefÅhrt, wenn die Organgesellschaft die Verrechnung mit vororganschaftlichen Verlusten (§ 301 Satz 1 AktG) unterlsst.4

13.5

Die gegenseitigen Verpflichtungen aus dem GewinnabfÅhrungsvertrag werden in der Regel durch den Ausweis entsprechender Forderungen bzw. Verbindlichkeiten beim Organtrger und der Organgesellschaft berÅcksichtigt. Dabei stellt § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG ausdrÅcklich nicht auf die ErfÅllung der Forderung/Verbindlichkeit aus dem GewinnabfÅhrungsvertrag ab, so dass uE die tatschliche DurchfÅhrung keinen Geldfluss voraussetzt.5 Deshalb besteht auch bei einer Begleichung der Forderungen erst im Zeitpunkt der Beendigung der Organschaft kein Grund, die Organschaft rÅckwirkend nicht anzuerkennen.

13.6

Ü Gestaltungshinweis: Um die tatschliche DurchfÅhrung nicht zu gefhrden, wenn bei Flligkeit der Gewinn nicht abgefÅhrt bzw. der Verlust nicht Åbernommen wird, sollte die entsprechende Forderung in eine Darlehensverbindlichkeit umgewandelt werden, wodurch eine eigenstndiger und neuer Schuld1 Vgl. BGH v. 14.2.2005 – II ZR 361/02, DB 2005, 937; BFH v. 21.10.2010 – IV R 21/07, FR 2011, 322 m. Anm. Buciek = BFH/NV 2011, 151; Brink in Schnitger/ Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 332; DÇtsch, Der Konzern, 2012, 104; Forst/Suchanek/Klopsch, GmbHR 2013, 914 (915 f.); aA Baldamus, Ubg 2009, 484 (487 f.); Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (744). 2 So auch DÇtsch, Der Konzern, 2012, 104 (106); zweifelnd Buciek, FR 2011, 325. 3 Indessen ermÇglicht § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz ff. KStG die Heilung eines derartigen Fehlers, vgl. Rz. 13.10 ff. 4 BFH v. 21.10.2010 – IV R 21/07, FR 2011, 322 m. Anm. Buciek = BFH/NV 2011, 151; Rohrer/von Goldacker/Huber, DB 2009, 360; aA Baldamus, Ubg 2009, 484 (486); hierzu auch Schneider, StbJb. 2010/2011, 327 (350 f.). 5 Ebenso Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 653; Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 482; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 210; Stangl/Ritzer, Der Konzern, 2012, 529 (531); Neyer/Schlepper, BB 2007, 413 (417); Baldamus, Ubg 2009, 484 (491); aA MÅller in MÇssner/Seeger, § 14 KStG Rz. 545; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 241; Neumann, StbJb. 2011/2012, 53 (68); Melan/Karrenbrock, FR 2009, 757 (760).

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

grund begrÅndet und zugleich die Forderung/Verbindlichkeit aus dem GewinnabfÅhrungsvertrag erfÅllt wird.1 FÅr die Frage der tatschlichen DurchfÅhrung ist es dann unbeachtlich, wenn spter auf diesen Darlehensanspruch verzichtet wird. Gleichermaßen hngt die Anerkennung der Organschaft nicht davon ab, ob das Darlehen verzinslich ist.2 Insoweit kann zwar eine vGA vorliegen, die jedoch fÅr die tatschliche DurchfÅhrung unproblematisch ist, weil eine vGA eine vorweggenommene GewinnabfÅhrung darstellt.3 Weitere GestaltungsmÇglichkeiten stellen die Verrechnung der Forderungen/Verbindlichkeiten aus dem GewinnabfÅhrungsvertrag auf einem laufenden Verrechnungskonto4 oder die Aufrechnung mit werthaltigen Forderungen5 dar. In diesem Fall gilt der GAV sptestens im Zeitpunkt des Ausgleichs des Verrechnungskontos als durchgefÅhrt.

13.7 Ist der Organtrger ein auslndischer Organtrger, ist zwar nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 6 KStG das Einkommen der Organgesellschaft der inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zuzurechnen. Hieraus folgt aber nicht, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag nur dann tatschlich durchgefÅhrt wird, wenn auch der Gewinn an die inlndische Betriebssttte des auslndischen Organtrgers abgefÅhrt wird. Denn zivilrechtlich wird der GewinnabfÅhrungsvertrag zwischen dem Organtrger – und nicht dessen inlndischer Betriebssttte – und der Organgesellschaft abgeschlossen. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG erfordert aber nur die tatschliche DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrag. Daher ist es fÅr die Annahme der Organschaft nicht schdlich, dass der Gewinn der Organgesellschaft an den (auslndischen) Organtrger abgefÅhrt wird.6

13.8 Die tatschliche DurchfÅhrung umfasst außerdem alle sich aus dem GewinnabfÅhrungsvertrag ergebenden weiteren Verpflichtungen, wie zB die Pflicht nach § 353 Satz 1 iVm. § 352 Abs. 2 HGB zur Verzinsung des Anspruchs auf GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme. Allerdings stellt die Vorschrift des § 353 HGB dispositives Recht dar, das heißt, es steht den Vertragsparteien frei, in dem Vertrag ausdrÅcklich auf eine Verzinsung der AnsprÅche zu verzichten.7 Im brigen hat eine unterlassene und/oder un1 Vgl. Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 653; DÇtsch in Kessler/KrÇner/ KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 3 Rz. 232; Stangl/Ritzer, Der Konzern, 2012, 529; DÇtsch in Herzig, Organschaft, 2003, 111; aA Suchanek/Herbst, FR 2005, 665. 2 Siehe auch Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 653; Suchanek/Herbst, FR 2005, 665; aA Neumann, StbJb. 2011/2012, 53 (67); Melan/Karrenbrock, FR 2009, 757 (760)). 3 R 61 Abs. 4 KStR 2004. 4 Hierzu: Suchanek, FR 2006, 872 (874); aA Melan/Karrenbrock, FR 2009, 757 (761). 5 Hierzu: BGH v. 10.7.2006 – II ZR 238/04, BGHZ 168, 285; Stangl/Ritzer, Der Konzern, 2012, 529; Neyer/Schlepper, BB 2007, 413; Suchanek/Herbst, FR 2005, 665; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 321; Neumann, StbJb. 2011/2012, 53 (67); Baldamus, Ubg 2009, 484 (493); Suchanek, FR 2006, 872; einschrnkend Stangl/Ritzer, Der Konzern, 2012, 529 (534). 6 Vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141f. 7 Vgl. Kindler in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB2, § 353 HGB Rz. 27.

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B. Die AbfÅhrung des handelsrechtlichen Gewinns/Verlustes an den OT

zutreffende Verzinsung keine Auswirkung auf die tatschliche DurchfÅhrung, weil nur eine vertraglichen Nebenpflicht verletzt wird.1

II. Die Folgen der mangelnden tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags Wird der GewinnabfÅhrungsvertrag whrend der Mindestlaufzeit von fÅnf Jahren (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG) in einem Jahr nicht tatschlich durchgefÅhrt, entfllt die Organschaft grundstzlich (s. aber § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG) rÅckwirkend fÅr die gesamte Zeit (zu den Folgen der verunglÅckten Organschaft s. Rz. 18.4 ff.). Wird der GewinnabfÅhrungsvertrag in einem spteren Jahr wieder tatschlich durchgefÅhrt, beginnt die Mindestlaufzeit von fÅnf Jahren erneut. Wird der Vertrag in einem Jahr nicht durchgefÅhrt, nachdem er bereits fÅr mindestens fÅnf Jahre tatschlich durchgefÅhrt worden ist, besteht kein Anlass fÅr eine rÅckwirkende Nichtanerkennung der Organschaft. Vielmehr ist das Einkommen der Organgesellschaft nur in dem betreffenden Jahr nicht zuzurechnen und ist die Organschaft – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung2 – ab dem Jahr steuerlich anzuerkennen, in dem der Vertrag wieder tatschlich durchgefÅhrt wird.3

13.9

III. Die Fiktion der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 f. KStG) 1. Heilung einer fehlerhaften GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme, die auf einem Jahresabschluss beruht, der fehlerhafte Bilanzanstze enthlt Mit dem UntStReiseKG v. 20.2.20134 hat der Gesetzgeber in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 und 5 KStG eine HeilungsmÇglichkeit bei fehlerhafter GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme in das Gesetz eingefÅgt, die nach § 34 Abs. 9 Nr. 7 idF des UntStReiseKG v. 20.2.2013 in allen noch nicht bestandskrftig veranlagten Fllen anzuwenden ist. Durch die Neuregelung sollen Hindernisse fÅr die Anerkennung von Organschaften beseitigt werden, die auf einer fehlerhaften Bilanzierung und einer damit verbunde1 BMF v. 15.10.2007 – IV B 7 - S 2770/0, BStBl. I 2007, 765; BayLfSt. v. 10.4.2007 – S 2770-17 St 3106 M, DStR 2007, 994; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 649; MÅller in MÇssner/Seeger, § 14 KStG Rz. 536; Baldamus, Ubg 2009, 484 (494); Prokopf, DB 2007, 900 (902 f.); Wernicke/Scheunemann, DStR 2006, 1399 (1401)). 2 R 60 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 KStR 2004. 3 So auch Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 723; Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 141; Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1799); Olbing, GmbH-StB 2011, 281; Schneider, StbJb. 2010/2011, 327 (352); Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (739); aA MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 823. 4 BGBl. I 2013, 285; BStBl. I 2013, 188.

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13.10

Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

nen fehlerhaften GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme beruhen.1 Die Fiktion betrifft aber nur die Frage der Heilung einer fehlerhaften GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme. Ist also der GewinnabfÅhrungsvertrag nicht auf mindestens fÅnf Jahre abgeschlossen und nicht whrend seiner gesamten Geltungsdauer durchgefÅhrt worden, so ist eine Heilung wegen dahingehender Mngel der tatschlichen DurchfÅhrung i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG nicht mÇglich.

13.11 Die Neuregelung ermÇglicht eine nachtrgliche Heilung einer unzutreffenden GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme in einem spteren Jahresabschluss, also ohne Berichtigung schon an der Fehlerquelle. Zwar ist streitig, ob gleichwohl eine Heilung der fehlerhaften GewinnabfÅhrung/ VerlustÅbernahme durch Berichtigung an der Fehlerquelle zulssig ist,2 jedoch lsst jedenfalls die OFD Karlsruhe3 auch eine Heilung durch rÅckwirkende Berichtigung an der Fehlerquelle zu. Ü Hinweis: § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG regelt nur den Zeitpunkt, zu dem der Fehler sptestens zu korrigieren ist. Daher ermÇglicht § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KSG auch eine frÅhere Korrektur, zB in laufender Rechnung, mit der MÇglichkeit zur Heilung (s. Rz. 13.46).

13.12 § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG erÇffnet eine HeilungsmÇglichkeit, wenn auf der Grundlage des Jahresabschlusses der Organgesellschaft4 ein sich hieraus ergebender Gewinn bzw. Verlust abgefÅhrt bzw. Åbernommen wurde. Wurde dagegen ein „anderer“ Gewinn abgefÅhrt bzw. Verlust Åbernommen, ist eine Heilung nicht mÇglich. Beispiel: Die Organgesellschaft weist einen handelsrechtlichen JahresÅberschuss iHv. E 100.000 aus; dieser Betrag entspricht auch dem abzufÅhrenden Gewinn i.S.d. § 301 AktG. Die Organgesellschaft fÅhrt jedoch nur E 95.000 an den Organtrger ab. LÇsung: Eine nachtrgliche HeilungsmÇglichkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG besteht schon deshalb nicht, weil die Organgesellschaft nicht den sich aus ihrem Jahresabschluss ergebenden Gewinn abgefÅhrt hat.

13.13 Vielmehr muss die fehlerhafte GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme auf einem fehlerhaften Bilanzansatz im Jahresabschluss beruhen. Dabei ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG, der auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss verweist, dass unter dem Jahresabschluss nur der handelsrechtliche Jahresabschluss i.S.d. § 242 Abs. 1 Satz 1 HGB zu verstehen ist. Soweit die Organgesellschaft daher im Hinblick auf § 325 Abs. 2a HGB auch einen nach internationalen Rechnungsstandards 1 2 3 4

Vgl. auch BT-Drucks. 17/10774, 19. Hierzu: Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 223. OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434, unter II. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445e; DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209c; Stangl/BrÅhl, Der Konzern, 2013, 77 (86); Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (26).

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B. Die AbfÅhrung des handelsrechtlichen Gewinns/Verlustes an den OT

(§ 315a Abs. 1 HGB) erstellten Einzelabschluss aufgestellt hat, ist dieser fÅr die Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG unbeachtlich. Der Verweis auf einen fehlerhaften Bilanzansatz ist von einem steuerrechtlichen (Miss-)Verstndnis der handelsrechtlichen Gewinnermittlung geprgt. Denn der handelsrechtliche Gewinn wird nicht durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), sondern Åber die Gewinn- und Verlustrechnung i.S.d. § 275 HGB ermittelt. Da der JahresÅberschuss/Jahresfehlbetrag aber auf der Passivseite der Bilanz im Eigenkapital ausgewiesen wird (§ 266 Abs. 3 A. V. HGB), liegt durch den Ausweis des JahresÅberschusses/Jahresfehlbetrags im Eigenkapital zumindest mittelbar auch ein fehlerhafter Bilanzansatz der Bilanzposition Eigenkapital vor.1

13.14

Die ErfÅllung der sich aus dem GewinnabfÅhrungsvertrag ergebenden Verpflichtung zur GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme beruht auf dem handelsrechtlichen Jahresabschluss der Organgesellschaft. Deshalb ist nur nach handelsrechtlichen Grundstzen zu entscheiden, ob ein fehlerhafter Bilanzansatz vorliegt; auf die Steuerbilanz kommt es also nicht an.2 Die Neuregelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG fÅhrt aber zu einer Verschrfung der bisherigen Handhabung: Denn nach der Rechtsprechung des BFH sollen Meinungsverschiedenheiten zwischen der Finanzverwaltung und dem Unternehmen Åber den Ansatz oder die Bewertung von Bilanzposten und daraus resultierende sptere BP-Mehrergebnisse der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags nicht entgegenstehen.3 Indessen stellt die Neuregelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG auf die objektive Rechtslage ab, da erst § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b) KStG ausdrÅcklich auf die Erkennbarkeit dieses Fehlers und damit auf einen subjektiven Fehlerbegriff zurÅckgreift.4 Damit wird im Ergebnis fÅr die Fragen der tatschlichen DurchfÅhrung der steuerliche Fehlerbegriff auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss Åbertragen.5

13.15

Ü Hinweis: Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung die dahingehenden Bedenken des IDW6 teilt. Jedenfalls werden sich aber in der Praxis kaum Probleme ergeben, weil in den Fllen der Beanstandung eines fehlerhaften Bilanzansatzes 1 Ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445f, 445h; DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (309); Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (24). 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445e; Adrian, StB 2013, 351 (356). 3 So BFH v. 5.4.1995 – I R 156/93, FR 1995, 547 = DStR 1995, 1109; v. 21.10.2010 – IV R 21/07, FR 2011, 322 m. Anm. Buciek = BFH/NV 2011, 151. 4 So auch Hechtner, BBK 2012, 1024 (1025); Adrian, StB 2013, 351 (356); Forst/ Suchanek/Klopsch, GmbHR 2013, 914 (916); MÅller/van der Laage, FR 2013, 727 (729); wohl auch Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (155); aA Schneider/ Sommer, GmbHR 2013, 22 (24 f.); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209c; OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221; krit. v. Wolfersdorff/RÇdder/Schmidt-Fehrenbacher/Beisheim/Gerner, DB 2012, 2241 (2244). 5 Vgl. hierzu im brigen Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 225. 6 Schreiben vom 23.1.2015 – 613/515, https://www.idw.de/idw/download/BMF_ _Fehlerhafter__Bilanzansatz.pdf?id= 643220&property=Inhalt.

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

die HeilungsmÇglichkeit des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG erÇffnet ist, ohne dass eine rÅckwirkende Korrektur der betreffenden Handelsbilanzen erforderlich wird.

13.16 Liegt ein fehlerhafter Bilanzansatz vor, der die Nichtigkeit des Jahresabschlusses zur Folge hat, greift die Fiktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG grundstzlich nicht, denn § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. a) KStG setzt einen wirksam festgestellten Jahresabschluss voraus.1 Allerdings kann unter den Voraussetzungen des § 256 Abs. 6 AktG ein nichtiger Jahresabschluss durch Zeitablauf geheilt werden. Ist der Fehler in diesem Sinne geheilt, so liegt ein wirksamer Jahresabschluss vor und ist der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG erÇffnet.2

13.17 FÅr die Fiktion der tatschlichen DurchfÅhrung ist es unerheblich, in welcher HÇhe sich der fehlerhafte Bilanzansatz auf die GewinnabfÅhrung oder die VerlustÅbernahme auswirkt. Die Vorschrift ist nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG auf jeden Fehler anzuwenden, der nach handelsrechtlichen Grundstzen zu korrigieren ist.3 Allerdings liegt im handelsrechtlichen Sinn nur dann ein Fehler vor, wenn dieser wesentlich ist.4 Liegt also ein unwesentlicher Fehler vor und ist deshalb der Jahresabschluss handelsrechtlich nicht zu korrigieren, muss der Jahresabschluss auch fÅr steuerliche Zwecke nicht korrigiert werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 Buchst. c) KStG).5

13.18 Pflanzt sich ein fehlerhafter Bilanzansatz aus einem Jahresabschluss in weitere, nachfolgende JahresabschlÅsse fort, so sind auch diese JahresabschlÅsse fehlerhaft, denn die Vorschrift stellt auf den Zusammenhang zwischen dem fehlerhaften Jahresabschluss und der darauf beruhenden GewinnabfÅhrung bzw. dem darauf beruhenden Verlustausgleich ab.6 Eine Korrektur scheidet aber aus, wenn der Fehler im Ergebnis kompensiert wurde.7 1 Jesse FR 2013, 681 (682); Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 144; DÇtsch/ Pung, DB 2013, 305 (308); Hoffmann, StuB 2013, 397 (398); Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (24); Forst/Suchanek/Klopsch, GmbHR 2013, 914 (921); Schulze zur Wiesche, DStZ 2013, 621 (625). 2 Vgl. Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (24); Schneider, StbJb. 2012/2013, 93 (102); Olbing, GmbH-StB 2013, 154 (156). 3 So auch Jesse FR 2013, 681 (682). 4 Vgl. Hoffmann/LÅdenbach, Kommentar Bilanzierung6, § 252 HGB Rz. 245. 5 Ebenso DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209c/1; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 652.5; Forst/Suchanek/Klopsch, GmbHR 2013, 914 (916); MÅller in MÇssner/Seeger, § 14 KStG Rz. 533. 6 AA Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445o. 7 So auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209j; MÅller in MÇssner/Seeger, § 14 KStG Rz. 533; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 242; Forst/Suchanek/Klopsch, GmbHR 2013, 914 (917); Adrian, StB 2013, 351 (357); Lenz/Adrian/Handwerker, BB 2012, 2851 (2853); Stangl/ BrÅhl, Der Konzern, 2013, 77 (92).

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B. Die AbfÅhrung des handelsrechtlichen Gewinns/Verlustes an den OT Beispiel: Die Organgesellschaft schafft im Jahr 01 einen VermÇgensgegenstand an, den sie mit jhrlich 25 % abschreibt. Tatschlich betrug die Nutzungsdauer aber 5 Jahre, und htte die Organgesellschaft nur eine jhrliche Abschreibung iHv. 20 % vornehmen dÅrfen. Der Fehler wird im Jahr 05 beanstandet. LÇsung: Eine Heilung der fehlerhaften GewinnabfÅhrung scheidet aus, weil der VermÇgensgegenstand auch bei Anwendung des lngeren Abschreibungszeitraums mit E 1 auszuweisen ist. Daher kann (und braucht) der Bilanzfehler nicht mehr korrigiert werden. Denn der fehlerhafte Bilanzansatz wre nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c KStG frÅhestens im Jahresabschluss fÅr das Jahr 05 zu korrigieren (hierzu Rz. 13.46 ff.).

2. Die besonderen Voraussetzungen fÅr die Heilung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. a) bis c) KStG) a) Wirksam festgestellter Jahresabschluss (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. a) KStG) Eine Heilung einer fehlerhaften GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme setzt voraus, dass der betreffende Jahresabschluss der Organgesellschaft wirksam festgestellt wurde. Da die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss der Organgesellschaft abstellt (s.o. Rz. 13.13), ist die wirksame Feststellung anderer AbschlÅsse, zB eines nach internationalen Rechnungsstandards (§ 315a Abs. 1 HGB) fÅr die Organgesellschaft erstellten Einzelabschlusses i.S.v. § 325 Abs. 2a HGB oder eines Konzernabschlusses, in den der Jahresabschluss der Organgesellschaft einbezogen wurde, unbeachtlich.1

13.19

Bei einer AG kommen drei verschiedene MÇglichkeiten der Feststellung des Jahresabschlusses in Betracht: – Der Vorstand legt den von ihm aufgestellten und durch Beschluss verabschiedeten2 Jahresabschluss dem Aufsichtsrat vor, der diesen durch Beschluss billigt. Mit der Billigung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat ist dieser festgestellt (§ 172 Satz 1 Alt. 1 AktG). – Vorstand und Aufsichtsrat beschließen, die Feststellung des Jahresabschlusses der Hauptversammlung zu Åberlassen (§ 172 Satz 1 Alt. 2 AktG). Dann ist der Jahresabschluss erst durch Beschluss der Hauptversammlung festgestellt (§ 173 Abs. 1 Satz 1 AktG). – Billigt der Aufsichtsrat den Jahresabschluss nicht, stellt die Hauptversammlung den Jahresabschluss fest (§ 173 Abs. 1 Satz 1 AktG). Dabei gilt die Billigung des Aufsichtsrat dann als verweigert, wenn der Aufsichtsrat den Jahresabschluss nicht innerhalb der der Nachfrist des § 171 Abs. 3 Satz 2 AktG feststellt (§ 171 Abs. 3 Satz 3 AktG).

13.20

1 Ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445i. 2 Vgl. Hennrichs/PÇschke in MÅnchKomm/AktG3, § 172 AktG Rz. 25.

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

13.21 Handelt es sich bei der Organgesellschaft um Societas Europaea, gilt fÅr diese das deutsche Aktienrecht (Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) SE-VO iVm. § 1 SEEG). Bei der monoistischen Societas Europaea, also einer Societas Europaea mit einem Verwaltungsrat, sind aber die Sondervorschriften des § 47 SEEG Åber die PrÅfung und Feststellung des Jahresabschlusses zu beachten.

13.22 Bei der GmbH als Organgesellschaft wird der Jahresabschluss durch Beschluss der Gesellschafterversammlung festgestellt (§ 46 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 47 Abs. 1 GmbHG). Allerdings kann die Satzung auch vorsehen, dass die Feststellung des Jahresabschlusses einem anderen Organ, zB einem Aufsichtsrat (§ 52 GmbHG) oder auch den GeschftsfÅhrern, Åbertragen wird.1

13.23 Bei einer KGaA wird der Jahresabschluss von der Hauptversammlung beschlossen (§ 286 Abs. 1 Satz 1 AktG). Der persÇnlich haftende Gesellschafter muss dem Beschluss der Hauptversammlung zustimmen (§ 286 Abs. 1 Satz 2 AktG), wobei in der Vorlage der Abschlussunterlagen durch die persÇnlichen haftenden Gesellschafter zugleich deren konkludente Zustimmung angenommen wird.2

13.24 § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. a) KStG erfordert einen wirksam festgestellten Jahresabschluss. Aus diesem Erfordernis folgt im Umkehrschluss, dass eine Heilung nicht mÇglich ist, wenn der Jahresabschluss nichtig ist.3 Nichtig ist der Jahresabschluss einer AG außer in den Fllen des § 173 Abs. 3 Satz 2 AktG (fehlender Besttigungsvermerk bei einem durch die Hauptversammlung genderten Jahresabschluss), des § 234 Abs. 3 und des § 235 Abs. 2 AktG (versptete Eintragung eines Beschlusses Åber die Kapitalherabsetzung) insbesondere in den Fllen des § 256 AktG. Die Vorschrift des § 256 AktG erfasst sowohl inhaltliche Mngel des Jahresabschlusses wie auch PrÅfungs- und Verfahrensmngel. Allerdings tritt in bestimmten Fllen eine Heilung ein, wenn die in § 256 Abs. 6 AktG genannten Fristen abgelaufen sind. Dann gilt der Jahresabschluss als wirksam festgestellt.4 Dagegen ist ein nur anfechtbarer Jahresabschluss wirksam, es sei denn, er wurde erfolgreich angefochten.

13.25 Im Gegensatz zu den Regelungen in § 256 AktG fÅr die AG sieht das GmbHG keine Bestimmungen zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses vor. Ungeachtet dieser fehlenden gesetzlichen Regelung im GmbHG wird fÅr die GmbH aber die analoge Anwendung des § 256 AktG bejaht, wobei jedoch den Besonderheiten der GmbH Rechnung zu tragen ist.5 1 ZÇllner in Baumbach/Hueck, GmbHG20, § 46 Rz. 16. 2 Perlitt in MÅnchKomm/AktG3, § 286 AktG Rz. 46. 3 So auch Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 144; Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (24). 4 Vgl. HÅffer in MÅnchKomm/AktG3, § 256 AktG Rz. 68; Schneider, StbJb. 2012/2013, 93 (102). 5 Siehe hierzu nur HÅffer in MÅnchKomm/AktG3, § 256 AktG Rz. 88.

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B. Die AbfÅhrung des handelsrechtlichen Gewinns/Verlustes an den OT

Ist der Jahresabschluss zwar nichtig, aber objektiv „richtig“, bedarf es keiner Heilung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG, weil in diesem Fall gleichwohl der zutreffende Gewinn abgefÅhrt bzw. der zutreffende Verlust Åbernommen werden mÅsste, so dass der GewinnabfÅhrungsvertrag ungeachtet der Nichtigkeit des Jahresabschlusses auch tatschlich i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG durchgefÅhrt wird.1

13.26

b) Mangelnde Erkennbarkeit der fehlerhaften Bilanzanstze bei Erstellung des Jahresabschlusses (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b) KStG) aa) Grundfall: Mangelndes Verschulden Als weitere Voraussetzung einer Heilung einer fehlerhaften GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme setzt § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b) KStG voraus, dass der fehlerhafte Bilanzansatz unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht htte erkannt werden mÅssen. Dabei wird eine etwaige Verschuldensfrage durch die Fiktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG, die in den genannten Fllen der PrÅfung des Jahresabschlusses durch fachkundige Dritte die mangelnde Erkennbarkeit des Fehlers fingiert, in vielen Fllen entschrft.

13.27

In persÇnlicher Hinsicht ist bei der AG und Societas Europaea darauf abzustellen, ob der fehlerhafte Bilanzansatz fÅr den Vorstand erkennbar war, da der Vorstand den Jahresabschluss aufstellt (vgl. zB § 170 Abs. 1 Satz 1 AktG).

13.28

Bei der GmbH stellen die GeschftsfÅhrer den Jahresabschluss auf (§ 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG) und ist daher die Erkennbarkeit fÅr die GeschftsfÅhrer entscheidend.

13.29

Bei der KGaA kommt es auf die Erkennbarkeit fÅr die persÇnlich haftenden Gesellschafter an, die den Jahresabschluss aufzustellen haben (§ 283 Nr. 9 AktG).

13.30

Der Verschuldensbegriff des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b) KStG lehnt sich an den Verschuldensbegriff des § 347 Abs. 1 HGB an und stellt damit auf eine subjektive Komponente ab. Die in beiden Vorschriften erwhnte Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns stellt eine spezifisch handelsrechtliche Form der Fahrlssigkeit dar.2 Ob ein derartiges Verschulden vorliegt, ist zum einen objektiv-normativ zu entscheiden. Zum anderen bestimmt sich aber der Inhalt der Sorgfaltspflichten auch durch das konkreten Handelsgewerbe, in dem der Kaufmann ttig ist, wobei der Kaufmann die sein Handelsgewerbe betreffenden Rechtsvorschriften kennen muss.3

13.31

1 Ebenso Jesse, FR 2013, 681 (683). 2 Vgl. auch Joost in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn2, § 347 HGB Rz. 26. 3 S. Joost in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn2, § 347 HGB Rz. 28 m.w.N.

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

13.32 Auf dieser Grundlage folgt fÅr bilanzielle Rechtsfragen dem Grunde nach, dass jeder Fehler, der der objektiven Rechtslage nicht entspricht, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns htte erkannt werden mÅssen. Da § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b) KStG jedoch auf die Erkennbarkeit des Fehlers im Zeitpunkt der Erstellung des Jahresabschlusses abstellt, liegt kein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht des Kaufmanns vor, wenn zur Zeit der Erstellung des Jahresabschlusses eine bilanzielle Rechtsfrage noch nicht objektiv geklrt worden ist. Hieraus folgt: Liegt zu einer bilanziellen Rechtsfrage (noch) keine Rechtsprechung vor, so entspricht zur Zeit der Erstellung des Jahresabschlusses jeder rechtlich vertretbare Bilanzansatz der kaufmnnischen Sorgfalt. Liegt dagegen zur Zeit der Erstellung des Jahresabschlusses eine Rechtsprechung vor, muss der Kaufmann diese Rechtsprechung kennen und anwenden. Insofern ist aber problematisch, dass es bei der Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG um die Fehlerhaftigkeit eines Bilanzansatzes im handelsrechtlichen Jahresabschluss geht und daher die Richtigkeit von der handelsrechtlichen Rechtsprechung zu entscheiden ist.1 Gleichwohl kann und darf insoweit auf die bilanzrechtliche Rechtsprechung des BFH zurÅckgegriffen werden, da die Entscheidungen des BFH zu Bilanzfragen zugleich auch die objektive Rechtslage in handelsrechtlicher Hinsicht wiedergeben.

13.33 Hngt ein Bilanzansatz von Tatsachen ab und steht dem Kaufmann bei der Bilanzierung ein Beurteilungsspielraum zu, so liegt nur dann ein Verstoß gegen die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vor, wenn die Einschtzung der Tatsachen nicht mehr vertretbar ist.

13.34 Ein mangelndes Verschulden muss zur Zeit der Erstellung des Jahresabschlusses vorliegen. Erweist sich also ein Bilanzansatz erst nach der Erstellung des Jahresabschlusses als fehlerhaft, zB weil zu einer Bilanzfrage eine hÇchstrichterliche Entscheidung ergeht, so kann dem Kaufmann kein Verschuldensvorwurf gemacht werden.

13.35 Das Gesetz hebt auf die Erstellung des Jahresabschlusses als maßgeblichen Zeitpunkt ab, dh. auf den Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses.2 Denn der Gesetzgeber stellt in § 242 Abs. 1 Satz 1 und § 243 Abs. 1 und 3 HGB auf den Begriff der Aufstellung des Jahresabschlusses ab. Dabei folgt aus der Vorschrift des § 243 Abs. 3 HGB, die eine zeitliche Vorgabe fÅr die Aufstellung des Jahresabschlusses gibt, dass der Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses der Zeitpunkt der Beendigung der Abschlussarbeiten ist. In diesem Zeitpunkt endet also die Erstellung des Jahresabschlusses.

1 Hierzu auch Hoffmann/LÅdenbach, Kommentar Bilanzierung6, § 252 HGB Rz. 253c. 2 So auch Jesse, FR 2013, 681 (685); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445k; wohl auch BT-Drucks. 17/10774, 19.

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B. Die AbfÅhrung des handelsrechtlichen Gewinns/Verlustes an den OT Ü Hinweis: FÅr die Beurteilung, ob der Kaufmann den fehlerhaften Bilanzansatz htte erkennen mÅssen, kommt es also nicht auf den Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses an.1

bb) Sonderfall: Fiktion der mangelnden Erkennbarkeit in den Fllen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG Mit der Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG stellt der Gesetzgeber fÅr verschiedene Sachverhalte einer qualifizierten PrÅfung eine Fiktion auf. Durch die EinfÅhrung einer Fiktion wird die PrÅfung der Frage, ob der Fehler htte erkannt werden mÅssen, in vielen Fllen erheblich vereinfacht, da bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften als Organgesellschaft die PrÅfung des Jahresabschlusses durch einen AbschlussprÅfer obligatorisch ist (§ 316 Abs. 1 Satz HGB). Liegt in den gesetzlich bestimmten Fllen eine qualifizierten PrÅfung des Jahresabschlusses durch eine unabhngige Person vor, so fingiert das Gesetz, dass der fehlerhafte Bilanzansatz im Jahresabschluss nicht htte erkannt werden mÅssen. Es kommt dann auch nicht darauf an, ob der Fehler mÇglicherweise htte erkannt werden mÅssen oder sogar bekannt war.2

13.36

Ü Hinweis: Die Vorschrift fingiert nicht das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG.3

Die mangelnde Erkennbarkeit wird zunchst bei einem uneingeschrnkten Besttigungsvermerk nach § 322 Abs. 3 HGB zum Jahresabschluss der Organgesellschaft fingiert. Nach § 316 Abs. 1 Satz 1 ist der Jahresabschluss von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 2 und 3 HGB) zwingend durch einen AbschlussprÅfer zu prÅfen; anderenfalls kann der Jahresabschluss nicht festgestellt werden (§ 316 Abs. 1 Satz 2 HGB). Fehlt es also an einem geprÅften Jahresabschluss, kann der Jahresabschluss nicht wirksam festgestellt werden, so dass § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG dem Grunde nach nicht anwendbar ist.4 Das Ergebnis seiner PrÅfung hat der AbschlussprÅfer in einem Besttigungsvermerk zum Jahresabschluss zusammenzufassen (§ 322 Abs. 1 Satz 1 HGB), der ua. eine Beurteilung des PrÅfungsergebnisses enthalten muss (§ 322 Abs. 1 Satz 2 HGB). § 322 Abs. 2 HGB sieht verschiedene Arten der Beurteilung des PrÅfungsergebnisses vor, nmlich – ein uneingeschrnkter PrÅfvermerk (§ 322 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB), – ein eingeschrnkter PrÅfvermerk (§ 322 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB), – die Versagung des Besttigungsvermerks aufgrund von Einwendungen (§ 322 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 HGB) oder – die Versagung des Besttigungsvermerks, weil der AbschlussprÅfer kein PrÅfungsurteil abgeben kann (§ 322 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 HGB). 1 Vgl. auch Jesse, FR 2013, 681 (685). 2 So auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445k; DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209h. 3 Ebenso Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 652.7. 4 AA wohl DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209h.

Kolbe

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13.37

Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

Erteilt der AbschlussprÅfer einen uneingeschrnkten PrÅfvermerk, so hat er zu erklren, dass die PrÅfung zu keinen Einwendungen gefÅhrt hat, dass der von den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft aufgestellte Jahresabschluss aufgrund der bei der PrÅfung gewonnenen Erkenntnisse nach seiner Beurteilung den gesetzlichen Vorschriften entspricht und unter Beachtung der GoB oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundstze ein den tatschlichen Verhltnissen entsprechendes Bild der VermÇgens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens oder des Konzerns vermittelt (§ 322 Abs. 3 Satz 1 HGB). Nur im Fall der Erteilung eines uneingeschrnkten Besttigungsvermerks nach § 322 Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB greift die Fiktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG.

13.38 Liegt lediglich ein eingeschrnkter Besttigungsvermerk vor, der aber den fehlerhaften Bilanzansatz nicht betrifft, greift die Fiktion nicht, denn § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG verweist ausdrÅcklich nur auf § 322 Abs. 3 HGB, der wiederum nur auf den uneingeschrnkten Besttigungsvermerk i.S.d. § 322 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB verweist.1 Allerdings wird in diesem Fall ein Kennen-MÅssen des Fehlers i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b) KStG fÅr den Kaufmann auszuschließen sein, wenn selbst ein AbschlussprÅfer den Fehler nicht beanstandet hat.

13.39 Die mangelnde Erkennbarkeit eines Fehlers wird außerdem bei einem uneingeschrnkten Besttigungsvermerk zu einem Konzernabschluss, in den der Jahresabschluss einbezogen ist, fingiert. Dabei stellt die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG ausdrÅcklich auf einen Konzernabschluss ab, in den der handelsrechtliche Jahresabschluss der Organgesellschaft einbezogen worden ist.2 Nach § 290 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland verpflichtet, einen Konzernabschluss und einen Konzernlagebericht aufzustellen, wenn diese auf ein anderes Unternehmen (Tochterunternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausÅben kÇnnen. Ein beherrschender Einfluss besteht nach § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB stets, wenn dem Mutterunternehmen bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht. Aufgrund des Erfordernisses der finanziellen Eingliederung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG; hierzu Kapitel 12) ist bei einer Organschaft mit einer inlndischen Kapitalgesellschaft als Organtrger ein Konzernabschluss aufzustellen, es sei denn, es greift die Befreiung nach § 293 HGB. DarÅber hinaus ist die Muttergesellschaft von der Pflicht zur Erstellung eines Konzernabschlusses befreit, wenn ein EU-/ EWR-Konzernabschluss i.S.d. § 291 HGB vorliegt. Wird ein Konzernabschluss aufgestellt, so braucht die Organgesellschaft als Tochtergesell1 So auch RÇdder, Ubg 2012, 717 (721); Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (26); Schneider, StbJb. 2012/2013, 93 (104); Stangl/BrÅhl, Der Konzern, 2013, 77 (89); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209h; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445m. 2 Vgl. Lenz/Adrian/Handwerker, BB 2012, 2851 (2853); abweichend Hoffmann, StuB 2013, 397 (398).

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B. Die AbfÅhrung des handelsrechtlichen Gewinns/Verlustes an den OT

schaft, die in den Konzernabschluss einbezogen wird, nach Maßgabe des § 264 Abs. 3 HGB keinen eigenen Jahresabschluss, der zu prÅfen ist, zu erstellen. In diesem Fall besteht folglich die PrÅfungspflicht nur fÅr den Konzernabschluss (§ 264 Abs. 3 iVm. § 316 Abs. 2 Satz 1 HGB), daher kann die Fiktion nur in Bezug auf diesen Konzernabschluss Anwendung finden. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 Alt. 2 KStG stellt zwar klar, dass der handelsrechtliche Jahresabschluss der Organgesellschaft in den nach § 316 Abs. 2 Satz 1 HGB zu prÅfenden Konzernabschluss einbezogen sein muss.1 Allerdings ergibt sich schon aus § 317 Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 1 HGB, dass in die PrÅfung des Konzernabschlusses auch die JahresabschlÅsse der im Konzernabschluss erfassten Unternehmen einzubeziehen sind. Deshalb ermÇglicht § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG die Fiktion des Nicht-Erkennen-MÅssens auch fÅr den Konzernabschluss, wenn fÅr diesen Abschluss ein uneingeschrnkter PrÅfvermerk i.S.d. § 322 Abs. 3 iVm. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB vorliegt. FÅr die Flle, in denen keine handelsrechtliche PrÅfungspflicht besteht, zB weil es sich bei dem Organtrger nicht um eine Kapitalgesellschaft handelt oder die Organgesellschaft nur eine kleine Kapitalgesellschaft (§ 267 Abs. 1 HGB) ist, kann die Organgesellschaft gleichwohl eine freiwillige PrÅfung des Jahresabschlusses durch einen AbschlussprÅfer herbeifÅhren, um auf diese Weise sicherzustellen, dass beim Vorliegen eines fehlerhaften handelsrechtlichen Jahresabschlusses die Fiktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG greift. Da § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 Alt. 1 und 2 KStG im Hinblick auf § 316 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 HGB die PrÅfung des Jahres- bzw. Konzernabschlusses vor der Feststellung erfordern, folgt aus dem systematischen Zusammenhang mit diesen Regelungen, dass auch die freiwillige PrÅfung vor der Feststellung des Jahresabschlusses erfolgen muss.2 Denn § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG stellt auf einen wirksamen, also festgestellten Jahresabschluss ab. Gleichermaßen wird durch § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b) KStG auf den Zeitpunkt der Erstellung des Jahresabschlusses fÅr die Frage des Erkennen-MÅssens des Fehlers abgestellt.

13.40

Schließlich erÇffnet die 4. Alternative des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG die Fiktion der mangelnden Erkennbarkeit, wenn ein Testat eines WirtschaftsprÅfers (§ 1 Abs. 1 WiPrO) oder eines Steuerberaters (§ 32 Abs. 1 Alt. 1 StBerG) Åber die Erstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses der Organgesellschaft mit umfassenden Beurteilungen vorliegt. Dabei erfasst der Begriff des Steuerberaters alle in § 32 Abs. 1 StBerG genannten Berufstrger, denn es kann fÅr die Erstellung eines entsprechenden Jahresabschlusses insbesondere keinen Unterschied machen, ob der Jahresabschluss von einem Steuerberater oder einer Steuerberatungsgesellschaft erstellt wurde. Der Begriff des Steuerberaters ist vielmehr als Oberbegriff zu verstehen. Dagegen ist ein vereidigter BuchprÅfer (§ 128

13.41

1 Vgl. auch BT-Drucks. 17/11217, 10. 2 AA DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209h.

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

WiPrO) kein WirtschaftsprÅfer und wird deshalb nicht von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 5 KStG erfasst.1 Gleiches gilt zB fÅr einen Rechtsanwalt, der zwar nach § 3 Nr. 1 StBerG zur geschftsmßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, jedoch nicht zu den in § 32 StBerG genannten Berufstrgern gehÇrt.

13.42 FÅr die Erstellung von JahresabschlÅssen durch WirtschaftsprÅfer gilt der IDW-Standard IDW S 7. Diesen Standard hat die Bundessteuerberaterkammer sinngemß auf die Erstellung von JahresabschlÅssen durch Steuerberater Åbernommen.2 Hat der den Jahresabschluss erstellende WirtschaftsprÅfer oder Steuerberater den Jahresabschluss nach diesen Standards erstellt und liegt zugleich eine umfassende Beurteilung im Sinne dieser Standards vor, so ersetzt die Bescheinigung des WirtschaftsprÅfers oder Steuerberaters den uneingeschrnkten Besttigungsvermerk. Dagegen erfÅllt eine nur prÅferische Durchsicht des Jahresabschlusses diese Standards nicht, so dass ein entsprechender PrÅfvermerk den uneingeschrnkten Besttigungsvermerk nicht zu ersetzen vermag.3 c) Korrektur eines von der Finanzverwaltung beanstandeten fehlerhaften Bilanzansatzes (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG)

13.43 Die Heilung einer unzutreffenden GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG setzt eine Beanstandung eines fehlerhaften Bilanzansatzes durch die Finanzverwaltung und dessen Korrektur voraus. Diese Regelung ist Åberaus streitanfllig und erfordert im Ergebnis von den betroffenen Unternehmen einen vorauseilenden Gehorsam, um die negativen Folgen der Aberkennung der Organschaft (hierzu Kapitel 18) zu vermeiden. Insbesondere in BP-Fllen, bei denen oftmals Bilanzierungsfragen streitig sind, drohen nunmehr massive Probleme mit der Finanzverwaltung, wenn die beanstandeten Fehler nicht innerhalb der Fristen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG korrigiert werden. Damit wird nicht nur eine erhebliche Rechtsunsicherheit herbeigefÅhrt, sondern auch in einem besonderen Maß fiskalischer Druck auf die Unternehmen ausgeÅbt und auf diese Weise der steuerliche Rechtsschutz materiell-rechtlich beeintrchtigt. Insbesondere bei Beanstandungen innerhalb des FÅnf-Jahres-Zeitraumes des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG und der mÇglichen rÅckwirkenden Vollaberkennung der Organschaft drohen erhebliche wirtschaftliche Nachteile, wenn auf eine Beanstandung durch die Finanzverwaltung nicht reagiert wird.

1 AA OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434, unter II., Hoffmann, StuB 2013, 397 (398). 2 DStR 2010, Beihefter zu Heft 16. 3 So auch BT-Drucks. 17/10774, 20; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445p; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209h; Jesse, FR 2013, 681 (684).

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B. Die AbfÅhrung des handelsrechtlichen Gewinns/Verlustes an den OT

Ungeachtet der Probleme, die mit dem Begriff der Beanstandung und dessen Reichweite verbunden sind,1 besteht daher in allen Fllen, in denen die BP eine bestimmte handelsbilanzielle Behandlung bei der Organgesellschaft aufgreift, Handlungsbedarf, um die Organschaft mÇglichst reibungslos zu retten. Wird ein handelsrechtlicher Bilanzansatz als fehlerhaft aufgegriffen, sollte also von der MÇglichkeit der Heilung Gebrauch gemacht werden, um alle mit einer Aberkennung der Organschaft verbundenen Probleme von vornherein und rechtssicher auszuschließen.

13.44

Die Fiktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG zielt darauf ab, nachtrglich eine Heilung einer unzutreffenden GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme wegen eines fehlerhaften Jahresabschlusses zu ermÇglichen. Daher kann und darf ein Fehler auch dann freiwillig korrigiert werden, wenn das Finanzamt den Fehler (noch) nicht beanstandet hat.2

13.45

§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG stellt ein zeitliches Limit fÅr die Fehlerkorrektur auf. Hiernach muss der beanstandete Fehler sptestens in den nchsten nach dem Zeitpunkt der Beanstandung des Fehlers aufzustellenden JahresabschlÅssen sowohl der Organgesellschaft wie auch des Organtrgers korrigiert werden. Dabei kann der Fehler auch im laufenden Jahresabschluss3 oder einem anderen vorhergehenden Jahresabschluss korrigiert werden,4 zB wenn zwischen Finanzamt und Stpfl. Einigkeit Åber das Vorliegen eines Fehlers besteht. Allerdings kann eine derartige Korrektur zu Abweichungen zwischen dem Betrag der GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme und dem zugerechneten Einkommen fÅhren, so dass eine Mehr- oder MinderabfÅhrung i.S.d. § 14 Abs. 3 bzw. 4 vorliegen kann (hierzu Kapitel 14).5

13.46

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG soll der Fehler in den JahresabschlÅssen der Organgesellschaft und des Organtrgers zu korrigieren sein. Allerdings beruht der i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG unzutreffend abgefÅhrte Gewinn bzw. Åbernommene Verlust originr auf einem fehlerhaften Bilanzansatz im Jahresabschluss der Organgesellschaft. Zudem ist bei der Organgesellschaft der Betrag der GewinnabfÅhrung bzw. der VerlustÅbernahme unter Einbeziehung des korrigierten Fehlers in ihrem korrigierten Jahresabschluss auszuweisen. Soweit

13.47

1 Hierzu Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 230. 2 Ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445s; DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209i; Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (27); Adrian, StB 2013, 351 (357); Schneider, StbJb. 2012/2013, 93 (105); Lenz/ Adrian/Handwerker, BB 2012, 2851 (2853); aA Hechtner, BBK 2012, 1024 (1026). 3 BMF v. 29.5.2013 – IV C 2 - S 1910/10/10117 :005 – DOK 2013/0499578, GmbHR 2013, 728; Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 147; Adrian, StB 2013, 351 (355, 357); Stangl/BrÅhl, Der Konzern, 2013, 77 (89); Schneider, StbJb. 2012/2013, 93 (105). 4 Ebenso Jesse, FR 2013, 681 (687); Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (26); Stangl/BrÅhl, Der Konzern, 2013, 77 (89). 5 S. auch Adrian, StB 2013, 351 (357).

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

das Gesetz deshalb die Korrektur eines Fehlers auch im Jahresabschluss des Organtrgers voraussetzt, kann es sich hierbei nur um den Ausweis des vernderten Betrags der GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme im Jahresabschluss des Organtrgers handeln.

13.48 Der Fehler ist sptestens in dem Jahresabschluss zu korrigieren, der nach dem Zeitpunkt der Beanstandung aufzustellen ist,1 denn das Gesetz stellt ausdrÅcklich auf den nchsten nach dem Zeitpunkt der Beanstandung aufzustellenden Jahresabschluss und nicht auf das Geschftsjahr der Beanstandung ab.

13.49 Ü Hinweis: Die OFD Karlsruhe lsst aber die Korrektur erst des Jahresabschlusses fÅr das Wirtschaftsjahr zu, in dem die Beanstandung erfolgte.2

13.50 Da sowohl der Jahresabschluss der Organgesellschaft, wie auch der Jahresabschluss des Organtrgers zu korrigieren sind, ist getrennt zu entscheiden, wann der nchste Jahresabschluss aufzustellen ist. Insoweit kÇnnen sich bei abweichenden Wirtschaftsjahren unterschiedliche Korrekturfristen ergeben.3 Bei abweichenden Zeitpunkten der tatschlichen Aufstellung der JahresabschlÅsse ist zu berÅcksichtigen, dass der sich aus der Korrektur des Jahresabschlusses der Organgesellschaft ergebende vernderte Betrag der GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme beim Organtrger erst mit seiner Entstehung, also am entsprechenden Bilanzstichtag der Organgesellschaft,4 handelsrechtlich ausgewiesen werden darf. Daher kann die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG erforderliche Korrektur des Jahresabschlusses des Organtrgers frÅhestens fÅr ein Jahr erfolgen, in dem der vernderte Betrag der GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme beim Organtrger auszuweisen ist.5 d) Umsetzung der Korrektur durch GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme

13.51 Neben der Korrektur der JahresabschlÅsse der Organgesellschaft und des Organtrgers muss auch der hiernach abzufÅhrende Gewinn bzw. zu Åbernehmende Verlust tatschlich abgefÅhrt bzw. Åbernommen werden. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG stellt allerdings fÅr diese GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme kein zeitliches Erfordernis auf. Vielmehr folgt aus der Pflicht zur Korrektur auch des Jahresabschlusses des Organtrgers, der seinen Jahresabschluss aber nur hinsichtlich des vernderten Betrags der GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme korrigieren kann, dass die entsprechend korrigierten Forderungen bzw. Verbindlichkeiten aus der GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme in den JahresabschlÅssen auszuweisen sind. Eine Frist, innerhalb derer der Gewinn 1 AA Stangl/BrÅhl, Der Konzern, 2013, 77 (90), die auf den Jahresabschluss des Geschftsjahres der Beanstandung abstellen. 2 OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434, unter II. 3 S. Jesse, FR 2013, 681 (687). 4 Vgl. BGH v. 11.10.1999 – II ZR 120/98, BGHZ 142, 382. 5 Ebenso Jesse, FR 2013, 681 (687); in diesem Sinne auch Frotscher in Frotscher/ Maas, § 14 KStG Rz. 445u.

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B. Die AbfÅhrung des handelsrechtlichen Gewinns/Verlustes an den OT

tatschlich abzufÅhren bzw. der Verlust tatschlich zu Åbernehmen ist, ergibt sich aus der Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG dagegen nicht.1 Insoweit gelten vielmehr die allgemeinen Grundstze der tatschlichen DurchfÅhrung (s. Rz. 13.4 ff.).2 Bei einer fehlerhaften Berechnung des Betrags der GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme liegt ein fehlerhafter Bilanzansatz in Form des fehlerhaften Ausweises der Bilanzposition „AbfÅhrungsverpflichtung/VerlustÅbernahmeanspruch“ vor.3 Daher ist ein sich ergebender korrigierter Betrag der GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme auszuweisen und abzufÅhren bzw. zu Åbernehmen. Hat die Organgesellschaft fÅr das Fehlerjahr einen Gewinn abgefÅhrt, obwohl dieser Gewinn zunchst mit einem vororganschaftlichen Verlust htte verrechnet werden mÅssen (§ 301 Satz 1 AktG), und erzielt die Organgesellschaft im Korrekturjahr einen Verlust, so erhÇht sich der vom Organtrger zu Åbernehmende Verlust (§ 302 Abs. 1 AktG).4

13.52

Ist die Organschaft bereits beendet, wenn der fehlerhafte Bilanzansatz mit heilender Wirkung i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG zu korrigieren ist, ist die Vorschrift nur anwendbar, wenn innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG ein aufzustellender Jahresabschluss, der noch die Organschaft betrifft, korrigiert werden kann. Auch wenn die Finanzverwaltung mit den Neuregelungen der sog. kleinen Organschaftsreform auftretende Probleme bei der tatschlichen DurchfÅhrung zugunsten der Stpfl. verringern wollte,5 ist die Vorschrift anderenfalls nicht anwendbar.6 Denn § 14 Abs. 1 Satz1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG verweist auf die „Organgesellschaft“ und den „Organtrger“ und ordnet die AbfÅhrung eines Gewinns bzw. die bernahme eines Verlustes an und geht damit von einer bestehenden Gewinn- bzw. VerlustÅbernahmepflicht aus.7

13.53

Ü Gestaltungshinweis: Zur Vermeidung des nachtrglichen Fortfalls der Organschaft wegen einer mangelnden tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags sollte deshalb im GewinnabfÅhrungsvertrag eine Klausel aufgenommen werden, nach der sich nachtrglich ergebende Vernderungen bei der GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme aufgrund einer Pflicht zur Kor1 Ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445x; DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209j; DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (311); Jesse, FR 2013, 681 (687). 2 Vgl. auch MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 242. 3 Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 225. 4 So wohl auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445w. 5 BMF v. 29.5.2013 – IV C 2 - S 1910/10/10117:005 – DOK 2013/0499578, GmbHR 2013, 728. 6 Siehe Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 652.6; aA DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209m; DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (311); OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434; abweichend Adrian, StB 2013, 351 (357). 7 So auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445y; aA Jesse, FR 2013, 681 (688).

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

rektur nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG auch nach Beendigung der Organschaft berÅcksichtigt werden mÅssen.1 Die OFD Karlsruhe lsst in diesem Fall jedoch die rÅckwirkende Korrektur an der Quelle zu.2

e) Korrektur nur, wenn Handelsbilanz zu korrigieren ist

13.54 Die JahresabschlÅsse der Organgesellschaft und des Organtrgers und ein sich aus einem korrigierten Jahresabschluss ergebender vernderter Betrag der GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme sind aber nur dann zu korrigieren, wenn der Fehler in der „Handelsbilanz“ zu korrigieren ist. Dabei ist unter dem Begriff der Handelsbilanz der handelsrechtliche Jahresabschluss zu verstehen.3

13.55 Handelsrechtlich kommt eine Korrektur des Jahresabschlusses nur dann in Betracht, wenn es sich um einen wesentlichen Fehler handelt.4 Die Ausnahme des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG erweist sich indessen als problematisch, wenn Streit darÅber entsteht, ob ein wesentlicher Fehler vorliegt.5 In diesem Fall verlangt die Vorschrift im Ergebnis eine Korrektur des Jahresabschlusses, damit die Fiktion des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 KStG greifen kann.6 Hinzu kommt, dass selbst innerhalb der Finanzverwaltung streitig ist, ob eine Korrektur unterbleiben kann, wenn der Steuerpflichtige eine Besttigung vorlegt, nach der eine Korrektur handelsrechtlich nicht zu erfolgen braucht.7

13.56 Eine Korrektur unterbleibt ferner, wenn sich die Korrektur eines ursprÅnglich fehlerhaften Bilanzansatzes in dem nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c) KStG zu korrigierenden Jahresabschluss nicht auswirken kann. Beispiel: Die Organgesellschaft schreibt einen VermÇgensgegenstand in den Jahren 01 bis 04 mit 25 %/Jahr ab. Im Jahr 06 wird diese Handhabung beanstandet, weil die Nutzungsdauer tatschlich 5 Jahre betrage. 1 In diesem Sinne auch Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (28); Jesse, FR 2013, 681 (689); aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 445y. 2 OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434, unter II.; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 242. 3 Vgl. auch Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 233. 4 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209c/1; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 652.5; Forst/Suchanek/Klopsch, GmbHR 2013, 914 (916); MÅller in MÇssner/Seeger, § 14 KStG Rz. 533; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 242 nimmt eine Wesentlichkeitsgrenze von 5 % an; s. auch Hoffmann/LÅdenbach, Kommentar Bilanzierung6, § 252 HGB Rz. 245 und 233 ff. 5 Zu Fragen der Wesentlichkeit: Forst/Suchanek/Klopsch, GmbHR 2013, 914 (917 ff.). 6 S. auch Stangl/BrÅhl, Der Konzern, 2013, 77 (92); aA DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209l. 7 Einerseits OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434, unter II.; andererseits OFD Frankfurt/M. v. 14.4.2014 – S 2770 A - 55 - St 51, juris.

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C. Die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft LÇsung: Eine Korrektur unterbleibt, weil der VermÇgensgegenstand in dem zu korrigierenden Jahresabschluss fÅr das Jahr 06 ebenfalls und weiterhin mit E 1 auszuweisen ist.1

C. Die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft I. Die allgemeinen Grundstze der Einkommensermittlung Um das Einkommen der Organgesellschaft nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG zuzurechnen, muss zunchst dieses zuzurechnende Einkommen ermittelt werden. Dabei folgt aus § 15 Satz 1 KStG, dass das Einkommen der Organgesellschaft nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften Åber die Einkommensermittlung, also nach § 8 KStG zu ermitteln ist. Dementsprechend muss die Organgesellschaft steuerliche Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte (zB nach § 6b EStG) eigenstndig ausÅben, und es ist bei der Gewinnermittlung nur auf die Verhltnisse der Organgesellschaft abzustellen.2 Die Organgesellschaft darf auch das Wahlrecht nach § 26 Abs. 6 Satz 1 KStG iVm. § 34c Abs. 2 EStG und § 12 Abs. 2 AStG eigenstndig ausÅben; der Organtrger ist an die AusÅbung des Wahlrechts gebunden.3

13.57

Allerdings werden die allgemeinen Vorschriften Åber die Einkommensermittlung fÅr die Organgesellschaft in verschiedener Hinsicht durch die Sonderregelungen in § 15 modifiziert (Rz. 13.78 ff.; Rz. 13.133 ff.).

13.58

Das Einkommen der Organgesellschaft i.S.v. § 8 Abs. 1 und 2 KStG iVm. §§ 5, 4 Abs. 1 Satz 1 EStG errechnet sich wie folgt: Eigenkapital am Schluss des Wj. ./. Eigenkapital am Schluss des vorangegangenen Wj. Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG + nichtabziehbare Aufwendungen (zB nach § 4 Abs. 5 EStG; §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 10 KStG) + vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2) ./. steuerfreie Einnahmen (zB § 13 Satz 1 InvZulG 2010; § 3 EStG) +/- sonstige Korrekturen + an den Organtrger abgefÅhrter Gewinn ./. vom Organtrger ausgeglichener Verlust Gewinn (= Einkommen) der Organgesellschaft

13.59

1 So auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209j; MÅller in MÇssner/Seeger, § 14 KStG Rz. 533; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 242; Forst/Suchanek/Klopsch, GmbHR 2013, 914 (917); Adrian, StB 2013, 351 (357); Lenz/Adrian/Handwerker, BB 2012, 2851 (2853); Stangl/ BrÅhl, Der Konzern, 2013, 77 (92). 2 Ebenso Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 215. 3 So auch DÇtsch in Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 3 Rz. 268; Klein/Laube/SchÇberle, § 14 KStG Anm. 7c).

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

13.60 Da die Organgesellschaft nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG ihren Ort der Geschftsleitung im Inland inne haben muss, ist sie als Kapitalgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG nicht nur stets unbeschrnkt steuerpflichtig, sondern erzielt nach § 8 Abs. 2 KStG auch nur EinkÅnfte aus Gewerbebetrieb. Daher entspricht der Gewinn der Organgesellschaft zugleich ihrem Einkommen.1 Bei der Gewinnermittlung sind die steuerlichen Hinzurechnungs- und KÅrzungsbetrge, wie die nichtabziehbaren Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5 EStG), die nichtabziehbaren Aufwendungen i.S.d. § 10 KStG und der den HÇchstbetrag nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG Åbersteigende Aufwand sowie erstattete nichtabziehbare Betriebsausgaben und Ertrge aus nichtabziehbaren Aufwendungen zu berÅcksichtigen. Außerdem sind VermÇgensmehrungen, die nicht der KÇrperschaftsteuer unterliegen, zB die Investitionszulage (§ 13 Satz 1 InvZulG 2010) oder steuerfreie Einnahmen (§ 3 EStG), auszuscheiden. Insbesondere ist aber bei der Gewinnermittlung der abgefÅhrte Gewinn wieder hinzuzurechnen bzw. der ausgeglichene Verlust abzuziehen, da diese Betrge die HÇhe des zuzurechnenden Einkommens nicht beeinflussen dÅrfen. Diese Korrektur hat ihre Grundlage im Wesen der Organschaft; denn es liegt weder eine AusschÅttung vor,2 noch enthlt § 4 Abs. 5 EStG eine dahingehende gesetzliche Regelung.3

13.61 Ungeachtet der Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organtrger, muss die Organgesellschaft in den Fllen des § 16 KStG (Ausgleichszahlungen an außenstehende Anteilseigner) ihr Einkommen selbst versteuern (Rz. 15.44). Das zu versteuernde Einkommen der Organgesellschaft errechnet sich in diesem Fall wie folgt: Einkommen der Organgesellschaft ./. an den Organtrger abgefÅhrter Gewinn + vom Organtrger ausgeglichener Verlust Ausgleichszahlungen an außenstehenden Gesellschafter + zu versteuerndes Einkommen der Organgesellschaft

II. Organschaftliche Besonderheiten der Einkommensermittlung 1. Die Behandlung von vGA und verdeckten Einlagen bei der Organgesellschaft

13.62 Aus der eigenstndigen Ermittlung des Gewinns der Organgesellschaft folgt, dass auch verdeckte GewinnausschÅttungen und verdeckte Einlagen auf der 2. Stufe der Gewinnermittlung der Organgesellschaft zu berÅcksichtigen sind.4 Dies gilt auch und insbesondere fÅr vGA und verdeckte Einlagen in Bezug auf den Organtrger.

1 2 3 4

Vgl. Wassermeyer in Herzig, Organschaft, 2003, 208 (211). S. BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = FR 2003, 132. AusfÅhrlich Wassermeyer in Herzig, Organschaft, 2003, 208 (210 f.). So auch BFH v. 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455 (456) = FR 1987, 229.

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C. Die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft

Bei einer vGA an den Organtrger ist zu beachten, dass sich diese beim Organtrger regelmßig erfolgswirksam ausgewirkt hat. Zur Vermeidung einer doppelten Erfassung der vGA ist deshalb eine Korrektur vorzunehmen,1 so dass sich die vGA im Ergebnis nur als eine vorweggenommene GewinnabfÅhrung auswirkt.2 Diese Korrektur ist nach Auffassung des RFH und BFH auf der Ebene der Organgesellschaft vorzunehmen.3 Allerdings sieht § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG die Zurechnung des Einkommens vor, so dass eine Korrektur von vGA und verdeckter Einlage bei der Einkommensermittlung der Organgesellschaft nicht der gesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG entspricht. Vielmehr ist das Einkommen des Organtrgers zu berichtigen.4

13.63

Bei einer VermÇgensminderung (verhinderte VermÇgensmehrung) zugunsten einer Schwestergesellschaft der Organgesellschaft liegt eine vGA an den Organtrger (Muttergesellschaft) vor. Zugleich ist bei der Empfngerin der VermÇgensminderung (verhinderten VermÇgensmehrung) eine verdeckte Einlage der Muttergesellschaft anzunehmen.5

13.64

Bei der Zuwendung eines VermÇgensvorteils an einen Gesellschafter des Organtrgers liegt regelmßig eine vGA an den Organtrger vor, weil der Gesellschafter des Organtrgers eine nahestehende Person ist.6

13.65

Die vorstehenden Grundstze gelten gleichermaßen fÅr verdeckte Einlagen. Diese stellen insbesondere keinen vorweggenommenen Verlustausgleich dar, sondern sind beim Organtrger als Anschaffungskosten der Beteiligung zu aktivieren.7 Die VerlustÅbernahme nach § 302 AktG fÅhrt hingegen nicht zu nachtrglichen Anschaffungskosten fÅr die Beteiligung. Denn nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG erfolgt stattdessen die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organtrger, so dass die Ge-

13.66

1 BFH v. 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455 (456) = FR 1987, 229. 2 Vgl. auch R 61 Abs. 4 KStR 2004. 3 RFH v. 22.1.1935, RStBl. 1935, 517 (522); BFH v. 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455 (456) = FR 1987, 229. 4 So noch BFH v. 29.10.1974 – I R 240/72, BStBl. II 1975, 126 (127); ebenso DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 288; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 293; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 582 und 632; Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 722; MÅller in MÅller/StÇcker/ Lieber, Die Organschaft9, Rz. 531; DÇtsch in Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, § 3 Rz. 296; DÇllerer, Verdeckte GewinnausschÅttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften2, 163 f.; Herlinghaus in Herzig, Organschaft, 2003, 119 (125 f.); Schlagheck, StuB 2001, 164 (167); Jahn, DB 1987, 1459 (1460); Brezing, StBp. 1972, 125 (127); R 62 Abs. 2 Satz 2 KStR 2004. 5 Vgl. BFH v. 29.1.1975 – I R 135/70, BStBl. II 1975, 553 (555); Gosch in Gosch, KStG2, § 8 Rz. 236 f.; Herlinghaus in Herzig, Organschaft, 2003, 119 (127). 6 BFH v. 3.10.1985 – I R 247/81, BStBl. II 1986, 195 (199) = FR 1986, 151; FG Hamburg v. 4.9.1997 – II 82/94, rkr., EFG 1998, 392 (393 f.); Gosch in Gosch, KStG2, § 8 Rz. 239; Walter, GStB 1999, 56 (67); BÅttner, StBp. 1988, 30 (31 f.). 7 Vgl. Herlinghaus in Herzig, Organschaft, 2003, 119 (126).

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

winnabfÅhrung oder die VerlustÅbernahme sich nicht auf den Ansatz der Beteiligung auswirken.1

13.67 FÅr vGA im Zusammenhang mit Dauerverlustgeschften i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG ist § 15 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 KStG zu beachten. Liegt also ein Dauerverlustgeschft vor und ist dieses als vGA einzustufen, so ist gleichwohl auf der Ebene der Organgesellschaft das Einkommen nicht nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG wieder zu erhÇhen.2 2. Spendenabzug

13.68 Der HÇchstbetrag fÅr den Spendenabzug ist fÅr die Organgesellschaft und den Organtrger gesondert zu ermitteln.3 Das fÅr die Berechnung des HÇchstbetrags fÅr den Spendenabzug maßgebliche Einkommen ist das um den Betrag der GewinnabfÅhrung oder den Betrag des ausgeglichenen Verlusts bereinigte Einkommen einschließlich der von der Organgesellschaft an die außenstehenden Anteilseigner geleisteten Ausgleichszahlungen.4 Besonderheiten ergeben sich nur bei sog. Stiftungsspenden (§ 10b Abs. 1a EStG), bei denen nur ein Festbetrag abziehbar ist. 3. Latente Steuern und Steuerumlagen

13.69 Aufgrund der Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organtrger und der daraus folgenden Versteuerung dieses Einkommens beim Organtrger darf die Organgesellschaft in ihrem handelsrechtlichen Jahresabschluss keine latenten Steuern ausweisen; vielmehr sind die tatschlichen und die latenten Steuern beim Organtrger auszuweisen.5 Gleiches gilt in gewerbesteuerlicher und umsatzsteuerlicher Hinsicht, da die Organgesellschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebssttte des Organtrgers gilt6 bzw. die Organgesellschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG Teil des Unternehmens des Organtrgers ist.

1 S. BFH v. 24.7.1996 – I R 43/91, BStBl. II 1996, 614 (616) = FR 1996, 794. 2 Zu den Einzelheiten Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 40; Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 77. 3 Vgl. BFH v. 23.1.2002 – XI R 95/97, BStBl. II 2003, 9 (10) = FR 2002, 786 m. Anm. Wendt. 4 Ebenso Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 406; Sievert/Stolze, StuB 2006, 616 (618); Herlinghaus in Herzig, Organschaft, 2003, 119 (133). 5 S. Melcher/Meurer, DB 2013, 2329; Wessel/Papenroth, FR 2012, 563 (564); Herzig/Liekenbrock/Vossel, Ubg 2010, 85; Feldgen, NWB 2010, 3621 (3629 f.); Hoffmann/LÅdenbach, Kommentar Bilanzierung6, § 274 HGB Rz. 84; s. aber auch MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 663. 6 Hierzu auch BFH v. 2.2.1994 – I R 10/93, BStBl. II 1994, 768 (769) = FR 1994, 332.

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C. Die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft

Allerdings dÅrfen latente Steuern auf temporre Differenzen der Organgesellschaft von der Organgesellschaft bilanziert werden.1 Bei der BegrÅndung einer Organschaft kÇnnen sich aber Differenzen ergeben, zB wenn die Organgesellschaft aufgrund vororganschaftlicher Verlustvortrge aktive latente Steuern ausgewiesen hatte, die aber im Hinblick auf § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft nicht berÅcksichtigt werden dÅrfen, und sich daher keine steuerliche Auswirkung fÅr den Organtrger ergibt.2

13.70

Ü Gestaltungshinweis: Aus Sicht des Organtrgers kann es sich daher anbieten, die entsprechenden Steuern im Wege einer Umlage auf die Organgesellschaft abzuwlzen. Dabei ist es auch denkbar, latente Steuern in die Umlage mit einzubeziehen.3 Steuerliche Vorteile ergeben sich aus einer Umlage aber nicht mehr, da die Gewerbesteuer nach § 4 Abs. 5b EStG keine Betriebsausgabe darstellt.4 Vielmehr wirkt die Steuerumlage wirtschaftlich nur als eine vorweggenommene GewinnabfÅhrung,5 die sich aber auf das konsolidierte Ergebnis des Organtrgers nicht auswirkt.

4. Kein Abzug von Verlusten aus nichtorganschaftlicher Zeit bei der Organgesellschaft (§ 15 Satz 1 Nr. 1 KStG) § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG schließt einen Verlustabzug nach § 10d EStG aus. Dabei gilt dieser Ausschluss nach dem ausdrÅcklichen Gesetzeswortlaut nur fÅr die Organgesellschaft; eine Einschrnkung des Verlustabzugs beim Organtrger wird dagegen nicht bestimmt.6

13.71

Nach ihrem Wortlaut gilt die Verlustabzugsbeschrnkung des § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG fÅr alle Verluste der Organgesellschaft. Allerdings kann fÅr whrend der Organschaft erzielte Verluste ein VerlustrÅcktrag nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG oder ein Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG nicht entstehen, weil das negative Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG zugerechnet wird.7

13.72

Deshalb gilt § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG im Ergebnis nur fÅr Verluste aus nichtorganschaftlicher Zeit, also fÅr Verluste aus vororganschaftlicher und aus nachorganschaftlicher Zeit.8 Mit der Regelung soll gesichert werden, dass beim Organtrger nur solches Einkommen der Organgesell-

13.73

1 Vgl. Hoffmann/LÅdenbach, Kommentar Bilanzierung6, § 274 HGB Rz. 85; s. auch Dahlke, BB 2009, 878 (879). 2 S. Loitz/Klevermann, DB 2009, 409 (414 f.); Melcher/Meurer, DB 2013, 2329 (2332 f.). 3 Vgl. Maier/Weil, DB 2009, 2729 (2736); MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 663. 4 S. Endert/Sepetauz, BBK 2011, 660 (663). 5 BGH v. 1.12.2003 – II ZR 202/01, GmbHR 2004, 258; RÇdder/Simon, DB 2002, 496 (497); Loitz/Klevermann, DB 2009, 409 (410 f.). 6 Vgl. Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 34. 7 S. Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 38; Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 5. 8 So auch Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 35.

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

schaft versteuert wird, das whrend der Organschaft von der Organgesellschaft erzielt wurde. Es ist somit auch unbeachtlich, aus welcher Quelle die betreffenden Verluste herrÅhren. Vielmehr werden von § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG auch sog. außerorganschaftliche Verluste erfasst, also Verluste, die die Organgesellschaft aus anderen Quelle, zB aufgrund einer Verlustzuweisung, erzielt.1

13.74 DarÅber hinaus hindert die Vorschrift aber auch eine Verlustnutzung in Bezug auf das von der Organschaft nach § 16 KStG eigenstndig zu versteuernde Einkommen whrend der Zeit der Organschaft. VerfÅgt die Organgesellschaft also Åber einen vororganschaftlichen Verlustvortrag und muss sie nach § 16 KStG eigenes Einkommen versteuern, ist die Verwendung des Verlustvortrags nach § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG ausgeschlossen.

13.75 Entscheidende Bedeutung hat § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG fÅr vororganschaftliche Verluste. VerfÅgt die Organgesellschaft also Åber einen Verlustvortrag aus vororganschaftlicher Zeit, so kann sie diesen Verlustvortrag nicht mit dem whrend der Organschaft erzielten Einkommen verrechnen.2 Im Ergebnis wird also ein vororganschaftlicher Verlustvortrag bis zum Ende der Organschaft eingefroren und kann erst wieder in nachorganschaftlicher Zeit genutzt werden. Sollen also vorhandene vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft noch genutzt werden, so mÅssen entweder vor Beginn der Organschaft entsprechende Gewinne, zB durch Aufdeckung stiller Reserven, generiert oder muss der Beginn der Organschaft bis zur vollstndigen Verlustnutzung hinausgeschoben werden.3

13.76 Da handelsrechtlich ein vororganschaftlicher Verlust den abzufÅhrenden Gewinn mindert (§ 301 Satz 1 AktG), kann sich aufgrund der Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG eine MinderabfÅhrung ergeben (Rz. 14.13).

13.77 Gleichermaßen schließt § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG einen VerlustrÅcktrag aus nachorganschaftlicher Zeit in organschaftliche Zeit aus. Dabei scheidet aber ein denkbarer RÅcktrag in vororganschaftliche Zeit regelmßig aus, weil nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG ein RÅcktrag nur in den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum mÇglich ist.4 5. Keine Anwendung des TeileinkÅnfteverfahrens bei der Organgesellschaft (sog. Bruttomethode)

13.78 § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG bestimmt fÅr die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft auch den Ausschluss der Anwendung der Regelungen in § 8b Abs. 1 bis 6 KStG sowie des § 4 Abs. 6 UmwStG (ber1 Vgl. auch Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 10 ff.; Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 35. 2 Vgl. Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 36. 3 Hierzu Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 39. 4 Siehe auch BFH v. 12.12.2012 – I R 69/11, FR 2013, 608 m. Anm. M. Prinz und Schlotter = BFHE 240, 34 = BFH/NV 2013, 840.

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C. Die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft

nahmeverlust bei bestimmten Verschmelzungsvorgngen). Vielmehr sind § 8b KStG, § 4 Abs. 6 UmwStG sowie §§ 3 Nr. 40 und 3c EStG auf der Ebene des Organtrgers anzuwenden (Rz. 13.133). Dagegen sind die Vorschriften des § 8b Abs. 7 bis 10 KStG bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft weiterhin anzuwenden. Die Regelung des § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG beruht auf der berlegung, dass natÅrliche Personen als Organtrger bzw. natÅrliche Personen, die an einer Organtrger-Personengesellschaft beteiligt sind, nicht durch die unmittelbare Anwendung der Vorschriften des § 8b KStG begÅnstigt werden, weil entsprechende Ertrge auf der Ebene der Organgesellschaft als Kapitalgesellschaft steuerfrei bleiben (zB § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG) und damit bei Zurechnung des „Netto“-Einkommens unter Anwendung des § 8b KStG bei ihnen unversteuert blieben. Durch den Anwendungsausschluss auf der Ebene der Organgesellschaft wird daher sichergestellt, dass bei natÅrlichen Personen Ertrge i.S.v. § 8b KStG mit 60 % versteuert werden (§ 3 Nr. 40 EStG).1

13.79

Aus der Nichtanwendung der Vorschriften des § 8b Abs. 1 bis 6 KStG folgt fÅr die Organgesellschaft, dass die sich hieraus ergebenden Korrekturen auf der Ebene der Organgesellschaft nicht durchzufÅhren sind und damit dem Organtrger das nicht korrigierte Einkommen der Organgesellschaft „brutto“ zuzurechnen ist. Gleichermaßen ist ein etwaiger bernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 UmwStG bei der Organgesellschaft uneingeschrnkt zu berÅcksichtigen.

13.80

Aus dem Prinzip der Bruttozurechnung folgt zugleich, dass auch die mit Ertrgen i.S.d. § 8b Abs. 1 bis 6 KStG zusammenhngenden Aufwendungen ebenfalls auf der Ebene der Organgesellschaft uneingeschrnkt, das heißt also unter Nichtanwendung des § 3c Abs. 2 EStG abgezogen werden dÅrfen.2

13.81

Beispiel: Die Organgesellschaft erzielt aus einer Beteiligung Dividendenertrge iHv. E 10.000. Zudem sind ihr im Zusammenhang mit dieser Beteiligung Aufwendungen iHv. E 3.000 erwachsen. LÇsung: § 8b Abs. 1 KStG und § 3c Abs. 2 EStG sind bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft nicht anzuwenden. Deshalb sind die Dividendenertrge mit E 10.000 und Betriebsausgaben aus der Beteiligung mit E 3.000 bei der Ermittlung des Einkommens anzusetzen.

DarÅber hinaus bestimmt § 15 Satz 2 KStG fÅr nach einem DBA steuerfreie Gewinnanteile aus der Beteiligung an einer auslndischen Gesellschaft, dass § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG – und damit § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 1 Vgl. auch BFH v. 12.3.2014 – I R 55/13, FR 2014, 811 = BFHE 245, 30 = BFH/NV 2014, 1329; Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 18. 2 Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 44.

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13.82

Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

KStG in Bezug auf die Organgesellschaft – entsprechend anzuwenden ist. Daher ist die Bruttomethode auch auf nach einem DBA steuerfreie Beteiligungsertrge anzuwenden, mit der Folge, dass diese Ertrge auf der Ebene der Organgesellschaft bei der Ermittlung des Einkommens zu berÅcksichtigen sind.

13.83 Zur Sicherstellung der Anwendung der Bruttomethode sind die maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen in der Anlage MO zu erklren. 6. Anwendung der Zinsschranke (§ 15 Satz 1 Nr. 3 KStG)

13.84 Zur Anwendung der Zinsschranke des § 4h EStG: Siehe Kapitel 19. 7. Steuerlicher Querverbund (§ 15 Satz 1 Nr. 5 KStG)

13.85 Bei einem sog. steuerlichen Querverbund wird nach § 8 Abs. 9 Satz 2 KStG fÅr jede einzelne Sparte der Gesamtbetrag der EinkÅnfte gesondert ermittelt und darf ein negativer Gesamtbetrag der EinkÅnfte einer Sparte nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der EinkÅnfte einer anderen Sparte verrechnet werden (§ 8 Abs. 9 Satz 4 KStG). Bei der Organgesellschaft schließt § 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 KStG diese getrennte Ermittlung auf der Ebene der Organgesellschaft aus; es ist also ein einheitliches Einkommen fÅr alle Sparten zu ermitteln. Erst bei der Ermittlung des Einkommens des Organtrgers sind die einzelnen Sparten nach Maßgabe des § 8 Abs. 9 KStG zu berÅcksichtigen (§ 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 KStG).

D. Die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organtrger I. Die sachliche Zurechnung des Einkommens 1. Zurechnung des Einkommens

13.86 Als Rechtsfolge der Organschaft ordnet § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft an. Dabei ist aber nicht jegliches Einkommen der Organgesellschaft zuzurechnen, sondern nur das Einkommen der Organgesellschaft fÅr ein Wirtschaftsjahr, in dem der GewinnabfÅhrungsvertrag seine Wirkung entfaltet. Daher ist dem Organtrger ein von der Organgesellschaft erzieltes Einkommen eines anderen Wirtschaftsjahres, das zwar im selben Veranlagungszeitraum bezogen wurde, aber das nicht unter den GewinnabfÅhrungsvertrag fllt, nicht zuzurechnen. Vielmehr muss die Organgesellschaft dieses Einkommen selbst versteuern.1

1 Ebenso Jurkat, Die Organschaft im KÇrperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 612.

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D. Die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organtrger

Ist eine Personengesellschaft Organtrger, ist das Einkommen dieser Personengesellschaft zuzurechnen. Die steuerliche Verteilung des das zuzurechenende Einkommen umfassenden Gewinns der Personengesellschaft richtet sich regelmßig nach den allgemeinen Grundstzen der Ermittlung des Gewinnanteils der Gesellschafter.1

13.87

Handelt es sich bei dem Organtrger um einen auslndischen Organtrger, so przisiert § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 6 KStG die Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG dahingehend, dass das Einkommen der Organgesellschaft der inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zuzurechnen ist (Rz. 17.27 ff.).

13.88

In einer Organschaftskette ergeben sich keine Besonderheiten: Ist die Organgesellschaft zugleich Organtrger eines anderen Unternehmens, ist das Einkommen dieser Organgesellschaft Bestandteil des eigenen Einkommens der Organgesellschaft, und ist somit der Muttergesellschaft als Organtrgerin im Ergebnis das Einkommen sowohl der Tochter-Organgesellschaft wie auch der Enkel-Organgesellschaft zuzurechnen.

13.89

2. Zurechnung beim Organtrger Das Gesetz ordnet sowohl in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG wie auch in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 6 KStG nur die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organtrger (bzw. seiner inlndischen Betriebssttte) an, ohne ausdrÅcklich festzulegen, auf welcher steuerlichen Berechnungsstufe diese Zurechnung beim Organtrger erfolgt. Die Finanzverwaltung ist der Ansicht, das Einkommen der Organgesellschaft sei bei einer KÇrperschaft im Rahmen der Ermittlung des Gesamtbetrags der EinkÅnfte dem Organtrger zuzurechnen;2 fÅr einen Organtrger (bzw. dessen Gesellschafter), der der Einkommensteuer unterliegt, enthlt R 2 Abs. 1 EStR 2012 aber keine vergleichbare Regelung. ME muss das Einkommen der Organgesellschaft aber Bestandteil des nach den Vorschriften des EStG oder KStG zu ermittelnden Gewinns aus Gewerbebetrieb sein.3 Daher kann die Zurechnung nur einheitlich, und zwar auf der 2. Stufe der Gewinnermittlung – außerhalb der Steuerbilanz – erfolgen.4 Praktische Bedeutung haben die unterschiedlichen Auffassungen kaum.

13.90

II. Die zeitliche Zurechnung des Einkommens 1. Die erstmalige Zurechnung des Einkommens (§ 14 Abs. 1 Satz 2 KStG) Aus § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG ergibt sich der Zeitpunkt der erstmaligen Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft: Das Einkommen der 1 2 3 4

Vgl. BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494 = FR 2013, 1137. R 29 Abs. 1 (Pos. 16) KStR 2004. S. auch RFH v. 18.2.1933, RStBl. 1933, 647 (648). Zu den Einzelheiten Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 86.

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13.91

Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

Organgesellschaft ist erstmals fÅr das Kalenderjahr zuzurechnen, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet, in dem der GewinnabfÅhrungsvertrag wirksam wird.

13.92 Daher ist fÅr die erstmalige Zurechnung zunchst festzustellen, in welchem Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft der GewinnabfÅhrungsvertrag wirksam wurde (zu den einzelnen Voraussetzungen s. Rz. 2.45 ff.). Die Regelung gewinnt besondere Bedeutung fÅr nicht eingegliederte Gesellschaften, denn der GewinnabfÅhrungsvertrag bedarf in diesem Fall zu seiner Wirksamkeit der Eintragung in das Handelsregister (§ 294 Abs. 2 AktG). Daher ist bei nicht eingegliederten Gesellschaften die Eintragung in das Handelsregister der maßgebliche Zeitpunkt fÅr den Eintritt der Rechtsfolge der Organschaft. Hingegen ist bei einer eingegliederten Gesellschaft die Eintragung des GewinnabfÅhrunsgvertrag in das Handelsregister nicht erforderlich. Es genÅgt also, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag nach zivilrechtlichen Grundstzen wirksam ist.

13.93 Die Vorschrift stellt ausdrÅcklich auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des GewinnabfÅhrungsvertrags ab. Deshalb kÇnnen auch die Regeln Åber die fehlerhafte Gesellschaft keine Anwendung finden,1 denn nach diesen Regeln wird ein unwirksamer, aber tatschlich durchgefÅhrter GewinnabfÅhrungsvertrag lediglich als wirksam behandelt.2 Auch aus § 41 Abs. 1 Satz 1 AO ergibt sich keine abweichende Beurteilung, da § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG eine abweichende Regelung i.S.d. § 41 Abs. 1 Satz 2 AO ist.3

13.94 Die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG gilt auch fÅr einen genderten GewinnabfÅhrungsvertrag. Werden daher erst auf der Grundlage eines genderten GewinnabfÅhrungsvertrag die Voraussetzungen fÅr die Organschaft erfÅllt, so ist das Einkommen nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG dem Organtrger fÅr das Kalenderjahr zuzurechnen, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet, in dem die nderung wirksam wurde.4

13.95 Die erstmalige Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft hngt sodann davon ab, in welchem Kalenderjahr das Wirtschaftsjahr des Wirksamwerdens der Organgesellschaft endet. Die Zurechnung des Einkommens erfolgt erstmals fÅr dieses Kalenderjahr. Beispiel: Organtrger und Organgesellschaft schließen am 1.3.2001 einen GewinnabfÅhrungsvertrag ab. Der GewinnabfÅhrungsvertrag wird aufgrund seiner Eintragung in 1 Ebenso BMF v. 31.10.1989 – IV B 7 - S 2770-31/89, BStBl. I 1989, 430 = FR 1989, 695. 2 Vgl. BGH v. 14.12.1987 – II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 (4 ff.); Timm, BB 1981, 1491 (1497); Timm, GmbHR 1987, 8 (12); Timm, GmbHR 1989, 11 (17). 3 S. auch BFH v. 30.7.1997 – I R 7/97, BStBl. II 1998, 33 (34) = FR 1998, 164; v. 3.9.2009 – IV R 38/07, BStBl. II 2010, 60 = FR 2010, 237; Blumers/Schmidt, DB 1989, 31 (32); Ulmer, BB 1989, 10 (19); HÇnle, DB 1979, 485 (490). 4 BFH v. 15.9.2010 – I B 27/10, BStBl. II 2010, 935 = FR 2010, 1082.

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D. Die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organtrger das Handelsregister am 1.11.2001 wirksam. Das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft ist der Zeitraum vom 1. Oktober bis 30. September. LÇsung: Der GewinnabfÅhrungsvertrag wurde im Wirtschaftsjahr 1.10.2001 bis 30.9.02 wirksam. Dieses Wirtschaftsjahr endete im Jahr 02. Folglich kann eine Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft erstmals fÅr das Kalenderjahr (den Veranlagungszeitraum) 02 erfolgen.

Insbesondere bei nicht eingegliederten Gesellschaften, bei denen die Wirksamkeit des GewinnabfÅhrungsvertrags von der Eintragung in das Handelsregister abhngt, bestehen durch die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG erhebliche Risiken. Denn der Zeitpunkt des Eintritts der Folgen der Organschaft hngt nicht von objektiven Merkmalen, sondern vom kaum beeinflussbaren Tempo des Registergerichts ab; eine teleologische Reduktion der Vorschrift bei verzÇgerten Eintragungen ist nicht zulssig.1 Erfolgt also ungeachtet einer (noch) fehlenden Eintragung gleichwohl die GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme, greifen die Regelungen Åber die verunglÅckte Organschaft (hierzu Rz. 18.4 ff.); im Einzelfall kann eine Billigkeitsregelung nach § 163 AO in Betracht kommen.2 Es kÇnnen sich zudem erhebliche Probleme im Zusammenhang mit der Einhaltung des FÅnf-Jahres-Zeitraumes nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG ergeben, wenn der GewinnabfÅhrungsvertrag erst verzÇgert wirksam wird.

13.96

Ü Gestaltungshinweis: Es empfiehlt sich, durch entsprechende Klauseln in dem GewinnabfÅhrungsvertrag – zB durch Vereinbarung einer fÅnf Jahre Åberschreitenden Vertragslaufzeit oder einer automatischen Verlngerungsklausel bei verspteter Eintragung – sicherzustellen, dass die Mindestlaufzeit des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG eingehalten wird.

2. Die Zurechnung des Einkommens whrend der Organschaft FÅr den Zeitraum der Dauer der Organschaft enthlt das Gesetz dagegen keine ausdrÅckliche Regelung, zu welchem Zeitpunkt das Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger zuzurechnen ist. Aus § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG kann aber mittelbar geschlossen werden, fÅr welchen Zeitraum die Zurechnung beim Organtrger zu erfolgen hat. Hiernach ist das Einkommen der Organgesellschaft in dem Kalenderjahr (= Veranlagungszeitraum, § 31 Abs. 1 KStG iVm. § 25 Abs. 1 EStG) dem Organtrger zuzurechnen, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet.3 Das heißt, dem Organtrger ist das Einkommen der Organgesellschaft fÅr den Veranlagungszeitraum zuzurechnen, in dem die Organgesellschaft dieses Einkommen bezogen hat und es ohne die Zurechnungsvorschrift des § 14 1 BFH v. 12.6.2008 – I B 20/08, juris; FG Nds. v. 13.12.2007 – 6 K 411/07, EFG 2008, 885; FG BW v. 8.7.2013 – 6 K 3578/11, juris. 2 S. zB den Fall in FG DÅsseldorf v. 17.5.2011 – 6 K 3100/09 K, G, AO, juris; nachgehend BFH v. 23.4.2012 – I B 100/11, BFH/NV 2012, 1327. 3 Ebenso BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494 = FR 2013, 1137; Walter/StÅmper, GmbHR 2003, 652 (653); zweifelnd DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 306.

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13.97

Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

Abs. 1 Satz 1 KStG selbst zu versteuern haben wÅrde.1 FÅr die steuerrechtliche Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft ist also der Veranlagungszeitraum entscheidend, in dem das entsprechende Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet.

13.98 Stimmen die Wirtschaftsjahre von Organtrger und Organgesellschaft Åberein, kÇnnen der Zeitpunkt der Zurechnung des Einkommens und des erfolgswirksamen Ausweises des abzufÅhrenden Gewinns bzw. des zu Åbernehmenden Verlusts nicht auseinanderfallen.2 Durch die Eingehung einer Organschaft kann somit eine phasengleiche Versteuerung des Einkommens der abhngigen Gesellschaft erreicht werden.3 Beispiel 1: Die Wirtschaftsjahre des Organtrgers und der Organgesellschaft beginnen am 1.7.2001 und enden am 30.6.02. In der Bilanz auf den 30.6.02 muss der Organtrger den Betrag der GewinnabfÅhrung als Forderung bzw. den Betrag der VerlustÅbernahme als Verbindlichkeit (RÅckstellung) ausweisen. Da das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft am 30.6.02 endet, ist das Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger steuerrechtlich fÅr den Veranlagungszeitraum 02 zuzurechnen.

13.99 Weichen hingegen das Wirtschaftsjahr des Organtrgers und der Organgesellschaft voneinander ab, kÇnnen der Zeitpunkt der handelsrechtlichen BerÅcksichtigung der GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme und der Einkommenszurechnung abweichen.

13.100 Endet dabei das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft vor dem Wirtschaftsjahr des Organtrgers, ist deren Einkommen bereits in einem vorhergehenden Veranlagungszeitraum dem Organtrger zuzurechnen, wenn zwischen den Stichtagen der Wirtschaftsjahr das Ende des Veranlagungszeitraums liegt.4 Einer vom handelsrechtlichen Ausweis abweichenden Zurechnung steht auch nicht der Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG entgegen,5 denn die Zurechnung erfolgt nicht im Rahmen der Ermittlung des Steuerbilanzgewinns des Organtrgers, sondern auf der 2. Stufe der Gewinnermittlung (s. Rz. 13.90). Beispiel 2: Das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft beginnt am 1.10.01 und endet am 30.9.02. Das Wirtschaftsjahr des Organtrgers beginnt am 1.11.01 und endet am 31.10.02. Im Jahresabschluss des Organtrgers auf den 31.10.02 ist der Betrag der GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme auszuweisen. Das Wirtschaftsjahr der Organ1 Vgl. auch BFH v. 29.10.1974 – I R 240/72, BStBl. II 1975, 126 (127); MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 494; Walter/StÅmper, GmbHR 2003, 652 (653); aA Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht9, § 20 II 2b, 715. 2 Vgl. BFH v. 29.10.1974 – I R 240/72, BStBl. II 1975, 126 (129). 3 Ebenso Blaum/Kessler, StuB 2000, 1233 (1245); Prinz, FR 2000, 1255 (1260). 4 Vgl. BFH v. 29.10.1974 – I R 240/72, BStBl. II 1975, 126 (129); Kerssenbrock, RIW 2002, 889 (892); aA Wassermeyer in Herzig, Organschaft, 2003, 203 (218). 5 So aber Kerssenbrock, BB 1998, Beilage 3, 15 ff., auch unter Hinweis auf die Grundstze des (damals geltenden) Anrechnungsverfahrens.

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D. Die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organtrger gesellschaft endet im Veranlagungszeitraum 02. Damit ist das Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger fÅr den VZ 02 zuzurechnen. Beispiel 3: Das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft beginnt am 1.10.01 und endet am 30.9.02. Das Wirtschaftsjahr des Organtrgers beginnt am 1.2.02 und endet am 31.1.03. Das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet im Veranlagungszeitraum 02. Damit ist das Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger bereits im Veranlagungszeitraum 02 zuzurechnen. Hingegen wirkt sich die GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme handelsrechtlich erst im Jahresabschluss des Organtrgers auf den 31.1.03 aus. Ü Gestaltungshinweis: Um eine Phasenverschiebung zu vermeiden, kann es sich anbieten, die Wirtschaftsjahr durch die Bildung eines Rumpf-Wirtschaftsjahrs in Einklang zu bringen. Jedoch sollte hierbei bedacht werden, dass die Phasenverschiebung bei Verlusten der Organgesellschaft auch vorteilhaft fÅr den Organtrger sein kann.

Bildet die Organgesellschaft im Hinblick auf die Voraussetzung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG (finanzielle Eingliederung vom Beginn des Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft an) ein Rumpf-Wirtschaftsjahr, kommt eine teilweise Einkommenszurechnung nicht in Betracht, denn § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG sieht ausdrÅcklich vor, dass das Einkommen erstmals dem Organtrger in dem Wirtschaftsjahr zuzurechnen ist, in dem der GewinnabfÅhrungsvertrag wirksam wird.

13.101

Beispiel 4: Organgesellschaft und Organtrger schließen mit Wirkung vom 1.3.01 einen GewinnabfÅhrungsvertrag ab, der am 31.5.01 ins Handelsregister eingetragen wird. Das Wirtschaftsjahr stimmte mit dem Kalenderjahr Åberein. Im Hinblick auf § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG stellt die Organgesellschaft ihr Wirtschaftsjahr auf die Zeit vom 1. Mrz bis 28. Februar um und bildet ein Rumpf-Wirtschaftsjahr fÅr die Zeit vom 1.1.01 bis 28.2.01. LÇsung: Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG ist das Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger fÅr das Wirtschaftsjahr 1.3.01 bis 28.2.02 im Jahr 02 zuzurechnen, denn der GewinnabfÅhrungsvertrag wurde im Wirtschaftsjahr 1.3.01 bis 28.2.02 wirksam. Das Einkommen des Rumpf-Wirtschaftsjahr 1.1. bis 28.2.01 muss die Organgesellschaft selbst versteuern.

Verußert der Organtrger seine Beteiligung zum Ende des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft, ist das Einkommen fÅr das abgelaufene Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft dem bisherigen Organtrger zuzurechnen.1

13.102

Bei einer Organschaftskette schlgt die Zurechnung des Einkommens der Enkelgesellschaft auf die Muttergesellschaft durch.

13.103

1 S. auch DÇtsch, Der Konzern 2003, 21 (36).

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

Beispiel 5: Es besteht ein Organschaftsverhltnis zum einen zwischen MG und TG und zum anderen zwischen TG und EG. Das Wirtschaftsjahr von MG umfasst den Zeitraum vom 1. Oktober bis 30. September, das Wirtschaftsjahr von TG umfasst den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember und das Wirtschaftsjahr von EG umfasst den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. Juni. LÇsung: Das Einkommen fÅr das am 30.6.01 endende Wirtschaftsjahr von EG ist TG im Veranlagungszeitraum 01 zuzurechnen. Das Einkommen von EG ist dementsprechend bei der Gewinnermittlung (2. Stufe) von TG fÅr das im Veranlagungszeitraum 01 endende Wirtschaftsjahr zu berÅcksichtigen. Das Einkommen fÅr das am 31.12.01 endende Wirtschaftsjahr von TG ist MG im Veranlagungszeitraum 01 zuzurechnen.1

13.104 Ist eine Personengesellschaft Organtrger, mÅssen die Gesellschafter deren EinkÅnfte versteuern. Daher ist das Einkommen der Organgesellschaft in dem Zeitpunkt bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung zu berÅcksichtigen, in dem es die Organgesellschaft zu versteuern haben wÅrde.2 Dabei ist das Einkommen der Organgesellschaft nach Maßgabe des allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssels auf die Gesellschafter der Personengesellschaft im Zeitpunkt der Zurechnung zu verteilen. Hat sich der Gesellschafterbestand im Veranlagungszeitraum der Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft verndert, ist das Einkommen der Organgesellschaft nur den Gesellschaftern der Organtrger-Personengesellschaft zuzurechnen, die im Zeitpunkt der Zurechnung (= Ende des Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft) Gesellschafter der Organtrger-Personengesellschaft sind.3

13.105 Im Fall der Umwandlung ist das Einkommen entweder dem Åbertragenden oder dem Åbernehmenden Rechtstrger zuzurechnen: Fllt der steuerliche bertragungsstichtag (§§ 2 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 6 UmwStG) mit dem Schluss des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft zusammen, ist das Einkommen der Organgesellschaft der Åbertragenden Gesellschaft zuzurechnen. Anderenfalls ist das Einkommen der Organgesellschaft dem Åbernehmenden Rechtstrger zuzurechnen.4

1 Wegen weiterer Zurechnungsfragen in der Organschaftskette s. Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 87. 2 Vgl. BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494 = FR 2013, 1137; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 512; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 511; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 909. 3 BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494 = FR 2013, 1137; Schulze zur Wiesche, DStZ 2013, 621 (623). 4 Vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 525; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, Anh. 1 zum UmwStG Rz. 4 und 53; DÇtsch, Ubg 2011, 20; RÇdder/Jonas/ Montag in RÇdder/Stangl, Der Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, 566; DÇtsch, Der Konzern, 2003, 21 (36); Thiel/Eversberg/van Lishaut/Neumann, GmbHR 1998, 397 (425); BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Tz. Org.19.

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E. Die Ermittlung des Einkommens des Organtrgers

E. Die Ermittlung des Einkommens des Organtrgers I. Allgemeine Grundlagen der Einkommensermittlung Auch beim Organtrger sind die Besteuerungsgrundlagen eigenstndig nach Maßgabe der entsprechenden Gewinnermittlungsvorschriften zu ermitteln, wobei jedoch die Verhltnisse bei der Organgesellschaft dann zu berÅcksichtigen sind, wenn es sich um Besteuerungsgrundlagen handelt, die sich auf die HÇhe der Steuer, zB bei der Anrechnung auslndischer Steuern, auswirken.

13.106

Der Organtrger muss nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG einen Gewerbebetrieb unterhalten. Regelmßig wird es dabei zugleich auch um ein Handelsgewerbe i.S.d. § 1 HGB handeln, da aufgrund des Abschlusses des GewinnabfÅhrungsvertrag jedenfalls ein in kaufmnnischer Weise eingerichteter Geschftsbetrieb erforderlich sein wird (§ 1 Abs. 2 HGB). Dementsprechend ist der Organtrger nach § 238 Abs. 1 HGB zur FÅhrung von BÅchern verpflichtet und muss den Gewinn nach §§ 5, 4 Abs. 1 EStG ermitteln; eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist deshalb kaum denkbar.

13.107

II. Organschaftliche Besonderheiten bei der Ermittlung des Einkommens des Organtrgers 1. Teilwertabschreibungen a) Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Organgesellschaft Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG kann anstelle der Anschaffungskosten fÅr die Beteiligung der niedrigere Teilwert angesetzt werden, wenn dieser auf einer voraussichtlich dauernden Wertminderung beruht. Daher ist auch im Rahmen einer Organschaft eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung grundstzlich zulssig,1 wobei aber § 8b Abs. 3 und 6 KStG sowie § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG zu beachten sind.

13.108

Erzielt die Organgesellschaft Verluste, scheidet eine Teilwertabschreibung aufgrund einer dauerhaften Minderung des Substanzwerts der Beteiligung aus. Denn der Organtrger ist nach § 302 AktG verpflichtet, den Verlust auszugleichen, so dass der Organgesellschaft in HÇhe des auszugleichenden Verlustes ein VermÇgenswert zufließt. Damit mindert sich aber das VermÇgen der Organgesellschaft und folglich auch der Substanzwert der Beteiligung an der Organgesellschaft trotz des Verlustes nicht. Zudem wirkt sich der Verlust aufgrund der Ausgleichspflicht des Organtrgers und aufgrund der steuerlichen Zurechnung des Verlusts beim Organtrger gewinnmindernd aus. Insoweit entsteht also beim Organtrger

13.109

1 So auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 617; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 429; R 62 Abs. 3 Satz 1 KStR 2004.

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

durch den Verlust ein Aufwand. Es ist daher auch aus diesem Grund nicht gerechtfertigt, den Verlust nochmals im Wege einer Teilwertabschreibung zu berÅcksichtigen.1 Dabei gilt die widerlegbare Vermutung, dass eine Teilwertminderung auf dem Verlust beruht, wenn die Teilwertabschreibung im Verlustjahr oder im darauffolgenden Jahr erfolgt.2

13.110 Allerdings bestimmt sich der Teilwert einer Beteiligung nicht nur nach dem Substanzwert. Deshalb kann eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung dann in Betracht kommen, wenn der Ertragswert oder die funktionale Bedeutung der Beteiligung fÅr den Betrieb des Gesellschafters als weitere – neben dem Substanzwert – den Teilwert bestimmenden Faktoren sich negativ verndern.3 Zwar fÅhrt die Verpflichtung einer Organgesellschaft zur AbfÅhrung ihres Gewinns nicht dazu, dass die Organgesellschaft als ertraglos anzusehen ist.4 Jedoch kann ein dauerhafter Verlust der Organgesellschaft insbesondere den Geschftswert beeinflussen. In diesem Fall ist unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG durchaus eine Teilwertabschreibung zulssig.5 b) AbfÅhrungsbedingte Teilwertabschreibung

13.111 Die Organgesellschaft kann Åber den GewinnabfÅhrungsvertrag hinaus auch Gewinne, zB aus der AusschÅttung vororganschaftlicher Gewinne oder der AuflÇsung einer KapitalrÅcklage oder aufgrund einer vGA, abfÅhren. Insofern kann unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG eine abfÅhrungsbedingte Teilwertabschreibung vorgenommen werden.6 c) Forderungsabschreibung

13.112 Als weiterhin rechtlich selbstndige Rechtstrger kÇnnen die Organgesellschaft und der Organtrger gegenseitige Forderungen und Verbindlich-

1 Vgl. BFH v. 17.9.1969 – I 170/65, BStBl. II 1970, 48 (49); BFH v. 12.10.1972 – IV R 37/68, BStBl. II 1973, 76 (78); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 618; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 430; DÇtsch/Buyer, DB 1991, 10 (12). 2 BFH v. 6.11.1985 – I R 56/82, BStBl. II 1986, 73 (75) = FR 1986, 216; v. 22.4.1998 – I R 109/97, BStBl. II 1998, 748 (749) = FR 1998, 1040. 3 S. BFH v. 22.4.1998 – I R 109/97, BStBl. II 1998, 748 (749) = FR 1998, 1040; offen gelassen in BFH v. 17.9.1969 – I 170/65, BStBl. II 1970, 48 (49). 4 BFH v. 29.3.1963 – III 352/59 U, BStBl. III 1963, 324 (325). 5 Ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 619 ff.; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 887 f.; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 566; Gassner in Lademann, § 14 KStG Rz. 106; Gutike in Greif/Schumann, § 14 KStG Rz. 74; Honert, EStB 1999, 219; Laule, KFR Fach 5, § 2 GewStG, 2/99; Grotherr, BB 1993, 1986 (1993). 6 Vgl. BFH v. 13.11.2002 – I R 9/02, BStBl. II 2003, 489 (491) = FR 2003, 715; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 433; Honert, EStB 1999, 219; DÇtsch/Buyer, DB 1991, 10 (12).

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E. Die Ermittlung des Einkommens des Organtrgers

keiten begrÅnden, die in den Bilanzen auszuweisen sind.1 Dementsprechend sind die jeweiligen Forderungen und Verbindlichkeiten auch nach den allgemeinen Grundstzen zu bewerten. Allerdings ist hierbei zu berÅcksichtigen, dass der Organtrger zivilrechtlich zur bernahme eines Verlusts der Organgesellschaft verpflichtet ist. Deshalb ist es grundstzlich nicht denkbar, dass eine Forderung des Organtrgers gegen die Organgesellschaft uneinbringlich wird. Es besteht deshalb fÅr eine Teilwertabschreibung regelmßig kein Raum.2 Gleichwohl kann eine Teilwertabschreibung zB dann gerechtfertigt sein, wenn der Organtrger seine Forderung nicht mehr durchzusetzen vermag und die VermÇgenslage der Organgesellschaft auch nicht mehr durch die VerlustÅbernahme verbessert werden kann.3 2. Aufwendungen auf die Beteiligung an der Organgesellschaft Im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Organgesellschaft kÇnnen dem Organtrger Aufwendungen, wie zB Schuldzinsen oder sonstige Finanzierungskosten entstehen. Diese Aufwendungen stellen betrieblichen Aufwand und damit auch Betriebsausgaben beim Organtrger dar, die auch nicht unter den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 3 KStG bzw. des § 3c EStG fallen.4 Zwar wird der abgefÅhrte Gewinn der Organgesellschaft zunchst aus dem Ergebnis des Organtrgers ausgeschieden. Aus diesem Umstand folgt jedoch nicht, dass dieser Gewinn steuerfrei ist. Vielmehr unterliegt der Gewinn weiterhin, nmlich aufgrund der Zurechnung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG, uneingeschrnkt der Besteuerung.5 Deshalb greift auch ein Vergleich mit einer AusschÅttung der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft nicht, da diese nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG bzw. nach § 3c Abs. 2 EStG steuerfrei ist.6 Im brigen sollen die Vorschriften des § 8b Abs. 3 KStG und des § 3c EStG gewhrleisten, dass Aufwendungen, die wirtschaftlich mit steuerfreien Einnahmen zusammenhngen, nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, um einen doppelten steuerlichen 1 RFH v. 26.7.1932, RStBl. 1933, 136 (138 f.). 2 Ebenso DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 335; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 624; DÇtsch/Buyer, DB 1991, 10 (13); Rose, DB 1960, 1164 (1165). 3 So auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 335; Eckl, DStR 2001, 1280 (1282 f.); vgl. auch RFH v. 31.10.1933, RStBl. 1934, 684 (685)). 4 AA Thiel, DB 2002, 1340; Thiel, FR 2002, 925. 5 Ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG, Rz. 629; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 436; FÅger/Rieger, FR 2003, 589 (590); LÅdicke, BB 2002, 1521 (1522); Beinert/Miekus, DB 2002, 1467; Frotscher/Berg/Pannen/Stifter, DB 2002, 1522 (1523 ff.); RÇdder/Schumacher, DStR 2002, 1163 (1164); KÇplin/Klein/LÅpges, FR 2002, 921; Krebs/Blumenberg, BB 2002, 1721; Carl/Bauschatz, FR 2002, 1163; Pupeter, GmbHR 2002, 768; Schnittker/Schmitz-Herscheidt, FR 2002, 1163 (1166); Wassermeyer, GmbHR 2003, 313 (314 f.); BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 = FR 2003, 981, Rz. 24. 6 So auch Schnittker/Schmitz-Herscheidt, FR 2002, 1163 (1166); aA Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 437.

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13.113

Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

Vorteil aus dem Abzug der Aufwendungen zu verhindern.1 Da der Organtrger aber das Einkommen der Organgesellschaft versteuern muss, entsteht auch kein doppelter steuerlicher Vorteil, der durch ein Abzugsverbot kompensiert werden mÅsste. 3. RÅckstellung wegen drohender VerlustÅbernahme

13.114 In steuerlicher Hinsicht scheidet die Bildung einer RÅckstellung wegen drohender VerlustÅbernahme aus, da eine derartige RÅckstellung den Verlustausgleich vorwegnimmt. Daher steht § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG der Bildung einer entsprechenden RÅckstellung entgegen.2 4. Korrektur von vGA und verdeckter Einlagen

13.115 Liegt eine vGA oder eine verdeckte Einlage vor, so sind diese zur Vermeidung einer doppelten Erfassung beim Organtrger zu korrigieren. Die Erfassung erfolgt nur im Wege der Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft (s.o. Rz. 13.63). Beispiel: Die Organgesellschaft entrichtet an den Organtrger eine ÅberhÇhte Miete von insgesamt 150 E fÅr die Nutzung eines WG. In HÇhe des unangemessenen Teils der Miete (angenommen 50 E) liegt eine vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) vor. Bei der Organgesellschaft ist bei der Ermittlung des Jahresergebnisses der Mietaufwand in voller HÇhe, also iHv. 150 E zu berÅcksichtigen. Auf der 2. Stufe der Gewinnermittlung ist das Einkommen um den unangemessenen Teil der Miete, also um 50 E zu erhÇhen. Im Ergebnis wirkt sich bei der Organgesellschaft nur die angemessene Miete, also 100 E ergebniswirksam aus. Beim Organtrger wirken sich zum einen der entsprechende Mietertrag (100 E) und die vGA (50 E) aus. Zum anderen fÅhrt die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft hinsichtlich der vGA zu einer erneuten BerÅcksichtigung des Betrags von 50 E beim Organtrger. Deshalb bleibt beim Organtrger die vGA außer Ansatz und erfolgt die BerÅcksichtigung der vGA nur im Wege der Einkommenszurechnung.

13.116 Ist bei einem Dauerverlustgeschft i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG eine vGA anzunehmen, bleibt auf der Ebene der Organgesellschaft das Einkommen gemindert (§ 15 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 KStG). Die entsprechende vGA darf aber das Einkommen des Organtrgers nicht mindern (§ 15 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 KStG).3 1 Vgl. BFH v. 14.11.1986 – VI R 209/82, BStBl. II 1989, 351. 2 Ebenso BFH v. 26.1.1977 – I R 101/75, BStBl. II 1977, 441 (442); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 626; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 561; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 324; DÇllerer, FS Schmidt, 523 (537); von Wallis, DStZ/A 1975, 81 (82); aA Jurkat, Die Organschaft im KÇrperschaftsteuerrecht, 1975, Rz. 744; Raupach/Clausen, BB 1974, 689 (690 ff.); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, § 20 III 2a, 713 f.; zur handelsrechtlichen Problematik: FÇrschle/ Peun in BeckBilanzkomm9, § 277 HGB Rz. 18; Kropff, FS DÇllerer, 1988, 349 (351 f.); Kusterer, DStR 1996, 114; Jonas, DB 1994, 1529 (1532); Rose, DB 1960, 1164 (1166). 3 Zu den Einzelheiten Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 41; Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 81.

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E. Die Ermittlung des Einkommens des Organtrgers

5. Spendenabzug beim Organtrger Bei der Berechnung des HÇchstbetrags der abziehbaren Spenden nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG bzw. § 10b Abs. 1 EStG ist das Einkommen der Organgesellschaft nicht zu berÅcksichtigen. Es ist vielmehr nur auf das eigene Einkommen bzw. den eigenen Gesamtbetrag der EinkÅnfte des Organtrgers abzustellen.1 Ist eine Personengesellschaft Organtrgerin, ist bei der Berechnung des HÇchstbetrags fÅr den Gesellschafter das anteilige zugerechnete Einkommen der Organgesellschaft auszuscheiden.2 Hat der Organtrger Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter entrichtet, die von der Organgesellschaft nach § 16 KStG zu versteuern sind, ist die Bemessungsgrundlage fÅr den HÇchstbetrag um diese Ausgleichszahlungen zu erhÇhen.3

13.117

6. Anwendung des TeileinkÅnfteverfahrens auf der Ebene des Organtrgers (§ 15 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 KStG) a) Bruttomethode nach § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG Korrespondierend zur Vorschrift des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG, nach der § 8b Abs. 1 bis 6 KStG und § 4 Abs. 6 UmwStG auf der Ebene der Organgesellschaft nicht anzuwenden sind (hierzu Rz. 13.78 ff.), bestimmt § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG die Anwendung des TeileinkÅnfteverfahrens erst auf der Ebene des Organtrgers. Voraussetzung hierfÅr ist, dass in dem dem Organtrger zugerechneten Einkommen der Organgesellschaft

13.118

– BezÅge, Gewinne oder Gewinnminderungen i.S.v. § 8b Abs. 1 bis 3 KStG oder – mit BezÅgen, Gewinnen oder Gewinnminderungen i.S.v. § 8b Abs. 1 bis 3 KStG zusammenhngende Ausgaben i.S.v. § 3c Abs. 2 EStG oder – ein bernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 UmwStG enthalten sind. Handelt es sich dagegen um Betrge, die nicht aus dem zugerechneten Einkommen der Organschaft resultieren, greift § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG nicht. Daher ist § 3c EStG fÅr eigene Aufwendungen des Organtrgers auf seine Beteiligung an der Organgesellschaft nicht anzuwenden.4

13.119

Gleichermaßen stellen vGA innerhalb des Organkreises keinen Bezug i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG bzw. des § 3 Nr. 40 Buchst. d) EStG dar, da die vGA

13.120

1 BFH v. 23.1.2002 – XI R 95/97, BStBl. II 2003, 9 (10) = FR 2002, 786 m. Anm. Wendt; FG DÅsseldorf v. 26.6.2012 – 6 K 3767/10 F, rkr., EFG 2012, 1876; Sievert/Stolze, StuB 2006, 616; aA Gerlach, DB 1986, 2357; Olbing, FS Streck, 121 (125 ff.). 2 Vgl. BFH v. 23.1.2002 – XI R 95/97, BStBl. II 2003, 9 (10) = FR 2002, 786 m. Anm. Wendt. 3 Ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 603. 4 RÇdder/Schumacher, DStR 2002, 105 (110).

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Einkommensermittlung, -zurechnung

lediglich eine vorweggenommene GewinnabfÅhrung ist.1 Insoweit gelten also die allgemeinen Grundstze der Einkommensermittlung im Zusammenhang mit vGA (Rz. 13.62 ff. und Rz. 13.115 f.).

13.121 In den Fllen des § 8b Abs. 7, 8 KStG (bestimmte Anteile von Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsunternehmen oder von Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen) oder § 8b Abs. 10 KStG (berlassung dieser Anteile an eine andere KÇrperschaft), sieht § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG eine RÅckausnahme vom Anwendungsvorrang des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG vor.2

13.122 Liegen entsprechende zugerechnete Einkommensbestandteile vor, so sind § 8b KStG, § 4 Abs. 6 UmwStG und §§ 3 Nr. 40 und 3c Abs. 2 EStG auf der Ebene des Organtrgers anzuwenden. Dabei gilt § 8b KStG fÅr eine Kapitalgesellschaft als Organtrger oder fÅr eine an einer Organtrger-Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft, und gelten §§ 3 Nr. 40 und 3c Abs. 2 EStG fÅr eine natÅrliche Person als Organgesellschaft oder fÅr eine an einer Organtrger-Personengesellschaft beteiligte natÅrliche Person.

13.123 In einer Organschaftskette ist dabei § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG nur auf den Organtrger an der Spitze der Organschaftskette anzuwenden. FÅr Organtrger, die zugleich Organgesellschaft sind, gilt also § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG.3

13.124 Bei der Anwendung des § 8b KStG ist die Regelung des § 8b Abs. 4 KStG, die fÅr alle BezÅge gilt, die nach dem 28.2.2013 zufließen (§ 34 Abs. 7a KStG),4 zu beachten. Hiernach sind BezÅge i.S.d. § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG nur steuerfrei, wenn die betreffende Beteiligung am Grund- oder Stammkapital 10 % oder mehr betrgt (§ 8b Abs. 4 Satz 1 KStG). FÅr die Berechnung dieser Beteiligungsgrenze sind nach § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG die Beteiligungen des Organtrgers und der Organgesellschaft getrennt zu betrachten. Sind die BezÅge nach § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG nicht steuerbefreit, so ist auch § 8b Abs. 5 KStG nicht anzuwenden (§ 8b Abs. 4 Satz 7 KStG). Beispiel 1: OT, eine Kapitalgesellschaft, ist Organtrger der OG. OG erzielt aus einer Beteiligung Dividendenertrge iHv. E 10.000. Zudem sind OG im Zusammenhang mit dieser Beteiligung Aufwendungen iHv. E 3.000 erwachsen.

1 Vgl. R 61 Abs. 4 KStR 2004; Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 58. 2 Zu den Einzelheiten: Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 41; Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 59 ff. 3 So auch Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 25; Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 53; MÅller in MÇssner/Seeger2, § 15 KStG Rz. 62. 4 Vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 100c.

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E. Die Ermittlung des Einkommens des Organtrgers LÇsung: In dem Einkommen von OG sind Dividendenertrge iHv. E 10.000 und Betriebsausgaben aus der Beteiligung iHv. E 3.000 enthalten. Daher sind die Voraussetzungen des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG erfÅllt und ist § 8b KStG bei OT anzuwenden: Nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG sind die Dividendenertrge bei OT steuerfrei und folglich bei der Gewinnermittlung der 2. Stufe auszuscheiden. Zudem gelten 5 % der Dividendenertrge, also E 500, als nicht abzugsfhige Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 5 Satz 1 KStG). Beispiel 2: Wie Beispiel 1, nur ist OT, eine natÅrliche Person. LÇsung: Nach § 3 Nr. 40 Buchst. d) Satz 1 EStG sind die Dividendenertrge bei OT zu 40 %, also iHv. E 4.000, steuerfrei. Zudem dÅrfen nur 60 % der Beteiligungsaufwendungen, also E 1.800, als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG). Beispiel 3: Wie Beispiel 1, nur ist OT eine Personengesellschaft, an der ausschließlich natÅrliche Personen beteiligt sind. LÇsung: Weil die Gesellschafter natÅrliche Personen sind, sind nach § 3 Nr. 40 Buchst. d) Satz 1 EStG die Dividendenertrge bei OT zu 40 %, also iHv. E 4.000, steuerfrei.1 Zudem dÅrfen nur 60 % der Beteiligungsaufwendungen, also E 1.800, als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG). Beispiel 4: Wie Beispiel 3, nur ist OT eine Personengesellschaft, an der neben einer natÅrliche Personen auch eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist (Beteiligung jeweils 50 %). LÇsung: In Bezug auf die natÅrliche Person als Gesellschafter von OT sind §§ 3 Nr. 40 und 3c Abs. 2 EStG anzuwenden: Nach § 3 Nr. 40 Buchst. d) Satz 1 EStG sind deshalb die hlftigen Dividendenertrge zu 40 %, also iHv. E 2.000, steuerfrei. Zudem dÅrfen nur 60 % der hlftigen Beteiligungsaufwendungen, also E 900, als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG). In Bezug auf die Kapitalgesellschaft als Gesellschafterin von OT ist hingegen § 8b KStG anzuwenden (§ 8b Abs. 6 Satz 1 KStG): Nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG sind die hlftigen Dividendenertrge iHv. E 5.000 steuerfrei. Zudem gelten 5 % der hlftigen Dividendenertrge, also E 250, als nicht abzugsfhige Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 5 Satz 1 KStG). Beispiel 5: OT, eine Kapitalgesellschaft, ist Organtrger der OG. OG ist an der Z-GmbH mit 5 % des Stammkapitals beteiligt und erzielt aus dieser Beteiligung Dividendenertrge iHv. E 10.000. Zudem sind OG im Zusammenhang mit dieser Beteiligung Aufwendungen iHv. E 3.000 erwachsen. OT ist an der Z-GmbH ebenfalls, und zwar mit 6 % beteiligt.

1 Vgl. Prinz, FR 2002, 66 (74).

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Kapitel 13

Einkommensermittlung, -zurechnung

LÇsung: Nach § 8b Abs. 4 Satz 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 KStG sind die Dividendenertrge bei OT nicht steuerfrei, weil OG mit weniger als 10 % an der Z-GmbH beteiligt ist. Der Anteil von OT an der Z-GmbH ist nicht miteinzurechnen (§ 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG). Zudem ist § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG nicht anzuwenden (§ 8b Abs. 4 Satz 7 KStG).

b) Bruttomethode beim internationalen Schachtelprivileg (§ 15 Satz 2 KStG)

13.125 Nach § 15 Satz 2 KStG gilt die sog. Bruttomethode auch fÅr nach einem DBA steuerfreie Gewinnanteile aus einer Beteiligung an einer auslndischen Gesellschaft. Bei der Organgesellschaft sind also entsprechende steuerfreie Beteiligungsertrge bei der Ermittlung des Einkommens zu berÅcksichtigen (Rz. 13.82), und ist erst auf der Ebene des Organtrgers zu entscheiden, ob die im zugerechneten Einkommen enthaltenen Beteiligungsertrge nach dem betreffenden DBA steuerfrei sind.1 Beispiel: OT ist eine Kapitalgesellschaft und Organtrger der Organgesellschaft OG. OG ist an einer in Frankreich ansssigen Kapitalgesellschaft mit 25 % beteiligt. Aus der Beteiligung erhlt OG eine Dividende iHv. E 10.000. Im Zusammenhang mit der Beteiligung sind OG Aufwendungen iHv. E 1.000 entstanden. LÇsung: Nach § 15 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG sind die Dividendenertrge und die Aufwendungen bei OG bei der Ermittlung des Einkommens zu berÅcksichtigen (Rz. 13.89). Auf der Ebene von OT ist zu entscheiden, wie die Dividendenertrge in der BR Deutschland steuerlich behandelt werden. Da es sich bei OT um eine Kapitalgesellschaft i.S.v. Art. 20 Abs. 3 DBA-Frankreich handelt und OG zu mindestens 25 % an der franzÇsischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, sind die Dividendenertrge in der BR Deutschland steuerfrei (sog. internationales Schachtelprivileg). Folglich ist das Einkommen von OT nach § 15 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG auf der 2. Stufe der Gewinnermittlung um E 10.000 zu mindern. Zudem gelten nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG 5 % von E 1.000 = E 50 als nicht abzugsfhige Betriebsausgaben von OT.

13.126 Handelt es sich dagegen bei dem OT um eine natÅrliche Person oder um eine Organtrger-Personengesellschaft, so greift die Steuerfreiheit nach Art. 20 Abs. 3 DBA-Frankreich nicht.2

13.127 § 15 Satz 2 KStG gilt im brigen nur fÅr Gewinnanteile aus einer Beteiligung und erfasst daher nicht EinkÅnfte der Organgesellschaft aus einer auslndischen Betriebssttte.3

1 Hierzu zuletzt: BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, DStR 2015, 637. 2 Str., vgl. Frotscher in Frotscher/Mass, § 15 KStG Rz. 73, mwN. 3 Siehe Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 92; Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 35; Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 41.

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E. Die Ermittlung des Einkommens des Organtrgers

7. Anwendung der Zinsschranke beim Organtrger Wegen der Anwendung der Regelung des § 4h EStG (Zinsschranke) beim Organtrger (§ 15 Satz 1 Nr. 3 KStG): Siehe Kapitel 14.

13.128

8. Steuerlicher Querverbund (§ 15 Satz 1 Nr. 5 KStG) Im sog. steuerlichen Querverbund, bei dem nach § 8 Abs. 9 Satz 2 KStG fÅr jede einzelne Sparte der Gesamtbetrag der EinkÅnfte gesondert ermittelt wird, ist die spartenmßige Ermittlung des Gesamtbetrags der EinkÅnfte fÅr die einzelnen Sparten erst auf der Ebene des Organtrgers durchzufÅhren, wenn das zugerechnete Einkommen der Organgesellschaft aus einem Dauerverlustgeschft i.S.d. § 8 Abs. 7 KStG herrÅhrt (§ 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 KStG).

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13.129

Kapitel 14 Mehr- und MinderabfÅhrungen Literatur Adrian, Aktuelle BFH-Rechtsprechung zur ertragsteuerlichen Organschaft, StuB 2013, 809; Bareis, Systembruch durch Ausgleichsposten nach § 14 Abs. 4 KStG?, FR 2008, 649; Bareis, Zur Systematik der Ausgleichsposten bei kÇrperschaftsteuerlicher Organschaft, FR 2012, 937; BÇing, Regelung zur vororganschaftlichen MehrabfÅhrung als GewinnausschÅttung ab 2004: verfassungswidrig?, GmbH-StB 2013, 335; Breier, Mehr- und MinderabfÅhrungen in der Organschaft, Der Konzern 2011, 11 und 84; DÇrfler/Adrian/Geeb, Aktuelle Entwicklungen beim organschaftlichen Ausgleichsposten – zugleich Anmerkungen zum Urteil des BFH vom 7.2.2007, I R 5/05, DStR 2007, 1889; DÇtsch, Minder- und MehrabfÅhrungen mit Verursachung in organschaftlicher Zeit – Bildung und AuflÇsung steuerlicher Ausgleichsposten zur Organbeteiligung nach Inkrafttreten des § 14 Abs. 4 KStG i.d.F. des JStG 2008, Ubg 2008, 117; DÇtsch, BegrÅndung einer Organschaft bei vorvertraglichen Verlustvortrgen, Der Konzern 2010, 99; DÇtsch/Pung, MehrabfÅhrungen in organschaftlicher Zeit mit vororganschaftlicher Verursachung, Der Konzern 2003, 278; DÇtsch/ Pung, Organschaftliche Mehr- bzw. MinderabfÅhrungen mit vorvertraglicher Veranlassung, Der Konzern 2005, 37; DÇtsch/Pung, Minder- und MehrabfÅhrungen bei Organschaft – Zur Abrenzung zwischen § 14 Abs. 3 und § 14 Abs. 4 KStG, Der Konzern 2008, 150; DÇtsch/Pung, Mehr- und MinderabfÅhrungen, die auf der Ebene einer der Organgesellschaft nachgeordneten Personengesellschaft verursacht sind, Der Konzern 2010, 223; DÇtsch/Pung, Die organschaftlichen Ausgleichsposten: Warum tun wir uns das an?; FS fÅr Frotscher, 2013, 51; DÇtsch/Georg Witt, Mehrund MinderabfÅhrungen mit Verursachung in vororganschaftlicher Zeit: Ein weiterer Diskussionsbeitrag, Der Konzern 2007, 190; Faller, Organschaftliche Mehroder MinderabfÅhrungen bei einkommenserheblichen Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz – Anmerkungen zum BMF-Schreiben vom 15.7.2013, DStR 2013, 1977; von Freeden/Rogall, Organschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen im Anwendungsbereich der ThesaurierungsbegÅnstigung des § 34a EStG, FR 2009, 785; von Freeden/Joisten, Wie sind organschaftliche Ausgleichsposten bei einer Verußerung der Organbeteiligung aufzulÇsen?, Ubg 2014, 512; Frotscher, Organschaftliche Mehr- und MinderabfÅhrungen mit Verursachung in vertraglicher Zeit – Bildung und AuflÇsung steuerlicher Ausgleichsposten zur Organbeteiligung, Der Konzern 2007, 34; Glutsch/Meining, Der passive Ausgleichsposten bei organschaftlichen MehrabfÅhrungen, DB 2007, 308; GÇrden, Anmerkung zu BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, GmbH-StB 2012, 360; Gosch, Verrechenbare Verluste der Organgesellschaft: kein passiver Ausgleichsposten fÅr MehrabfÅhrungen – kein EKCharakter des aktiven Ausgleichspostens, BFH-PR 2013, 53; Grube/Behrendt, Verschmelzungsgewinne bei einer Organgesellschaft unter BerÅcksichtigung der Neufassung des § 14 Abs. 3 KStG durch das EURLUmsG, GmbHR 2005, 1172; Grube/Behrendt/Heeg, Vororganschaftlich verursachte Mehr- und MinderabfÅhrungen und die sog. Fußstapfentheorie im Umwandlungssteuerrecht (Teil 1 und 2), GmbHR 2006, 1026 und 1079; GÅnther, Verrechenbare Verluste der Organschaft, EStB 2012, 449; GÅnther, Vororganschaftlich verursachte MehrabfÅhrungen als fiktive GewinnausschÅttungen, EStB 2014, 254; Haarmann, Brennpunkte bei der Besteuerung der Kapitalgesellschaften, JbFStR 2008/2009, 199; Heerdt, Die steuerliche Behandlung von MehrabfÅhrungen im Rahmen eines Upstream-mergers auf eine Organgesellschaft, DStR 2009, 938; Heurung/Engel/SchrÇder, BB-Rspr.-Report

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Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

ertragsteuerliche Organschaft 2011, BB 2012, 1123; Heurung/Seidel, Ausgleichspostenmethode bei Organverlusten und mittelbarer Organschaft, Der Konzern 2009, 400; Heurung/MÅller-Thomczik, Der organschaftliche Ausgleichsposten im Umwandlungsfall, StB 2013, 111; HÇtzel, Vor- und innerorganschaftlich verursachte Mehr- und MinderabfÅhrungen, JbFStR. 2012/2013, 137; Kolbe, Mehr- oder MinderabfÅhrungen in organschaftlicher Zeit – Die Neuregelung des § 14 Abs. 4 KStG, StuB 2008, 293; Krinninger/Helm, Vororganschaftlich verursachte Mehr- und MinderabfÅhrungen – Die Neuregelung in § 14 Abs. 3 KStG, BB 2005, 1191; Kuhn/Reiß, Organschaftliche Ausgleichsposten unter dem Regime des HalbeinkÅnfteverfahrens, StuB 2004, 753; Kußmaul/Richter, Ertragsteuerliche Organschaft: Entwicklungstendenzen bei der steuerlichen BerÅcksichtigung von Minder- und MehrabfÅhrungen ohne und mit Bezug zur außerorganschaftlichen Zeit, BB 2007, 1256; Lang, Ausgleichsposten fÅr Mehr-/MinderabfÅhrungen in organschaftlicher Zeit, NWB 2009, 118; Lohmann/Heerdt, Außerorganschaftlich verursachte MehrabfÅhrungen nach formwechselnder Umwandlung, DB 2008, 1937; Lohmann/Heerdt, Die Regelungen zu vororganschaftlich und organschaftlich verursachten MehrabfÅhrungen im neuen Umwandlungssteuererlass, Ubg 2012, 91; Meining, MehrabfÅhrungen anlsslich der Verschmelzung einer Tochtergesellschaft auf ihre Mutterorgangesellschaft, BB 2009, 1444; Mische/Recnik, Bilanzielle Behandlung organschaftlicher Ausgleichsposten bei Auf- und Abstockungen der Organbeteiligung, BB 2012, 1015; Nagel/Thies, Steuerliche Behandlung der SchlußauflÇsung von organschaftlichen Ausgleichsposten bei Kapitalgesellschaften, GmbHR 2004, 35; Neumann, Mehr- und MinderabfÅhrungen – ein altes Thema mit immer wieder neuen Fragestellungen, Ubg 2010, 673; Neumann/Suchanek, (Vor-)organschaftlich verursachte Mehr- und MinderabfÅhrungen – Ein Diskussionsbeitrag, Ubg 2013, 549; Pfaar/Welke, Verschmelzungen und Spaltungen auf Organgesellschaften – Auswirkungen von Mehr- und MinderabfÅhrungen an den Organtrger durch steuerneutrales bernahmeergebnis; Pohl, ThesaurierungsbegÅnstigung nach § 34a EStG in Organschaftsfllen, DB 2008, 84; U. Prinz, KÇrperschaftsteuererhÇhung durch vororganschaftliche MehrabfÅhrungen. Anmerkung zu FG DÅsseldorf v. 15.4.2013 – 6 K 4270/10 K,F, FR 2013, 898; U. Prinz, Besonderheiten bei ertragsteuerlicher Organschaft, in U. Prinz/Kanzler (Hrsg.), NWB Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht, 2. Aufl., Herne 2014, 355; Pyszka/Nienhaus, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg bei GewinnausschÅttungen sowie vororganschaftlichen MehrabfÅhrungen an eine Organgesellschaft, DStR 2014, 1585; Reiß, Organschaftliche Ausgleichsposten unter dem Regime des HalbeinkÅnfteverfahrens – Ausgewhlte Einzelfragen, StuB 2004, 812; Reiß, Steuerliche Einkommenszurechnung, handelsrechtliche GewinnabfÅhrung und steuerliche Ausgleichsposten im Rahmen der Organschaft – MÅnchen locuta, causa finita?, Der Konzern 2008, 9; RÇdder, Vororganschaftlich verursachte MehrabfÅhrungen i.S.d. § 14 Abs. 3 KStG n.F., DStR 2005, 217; RÇdder/Stangl, Einbringungsgewinn I: „Automatische“ schdliche EinlagenrÅckgewhr bei Organschaft?, Ubg 2008, 39; Rogall, ThesaurierungsbegÅnstigung – RegelungslÅcken bei der Organschaft und der doppelstÇckigen Personengesellschaft, DStR 2008, 429; Ronneberger, Zur Systematik organschaftlicher Ausgleichsposten nach dem BFH-Urteil vom 29.8.2012, Stbg 2013, 297; Ronneberger, Bestimmung organschaftlicher Ausgleichsposten, Stbg 2014, 27; Schmidtmann, Anteilige AuflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten bei „up-stream“-Abspaltungen, DStR 2014, 405; Schumacher, bertragung von Beteiligungen an Organgesellschaften und die „vororganschaftliche Zeit“ im Sinne des § 14 Abs. 3 KStG, DStR 2006, 310; Schumacher, Mehr- und MinderabfÅhrungen i.S.d. § 14 Abs. 3 und 4 KStG im Rahmen von Umwandlungen, FS fÅr Schaumburg, KÇln 2009, 477 ff.; Schumann/Kempf, Vororganschaftliche Mehr-/MinderabfÅhrungen: Definitionsversuch und Analyse der Rechtsfolgen, FR 2006, 219; Sedemund, UngelÇste Fragen

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Mehr- und MinderabfÅhrungen

bei vor- und innerorganschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen, DB 2010, 1255; Suchanek, Neues zu vororganschaftlich verursachten Mehr- und MinderabfÅhrungen, INF 2005, 21; Suchanek/Herbst, Ausgleichsposten bei Organschaft nach dem JStG 2008: Unzulssige RÅckbewirkung der Rechtsfolgen des § 14 Abs. 4 KStG durch die Anwendungsvorschrift, FR 2008, 112; Suchanek/Jansen/Hesse, Organschaftliche Ausgleichsposten – Geht der Streit zwischen BFH und Finanzverwaltung weiter?, Ubg 2013, 280; Suchanek/Schaaf/Hannweber, Organschaftliche Ausgleichsposten bei Umwandlungen am Beispiel der Verschmelzung, Ubg 2012, 223; Thiel, Probleme beim bergang vom HalbeinkÅnfteverfahren zur Organschaft – Mehr- und MinderabfÅhrungen nach § 14 Abs. 3 KStG, FS fÅr Raupach, KÇln 2006, 543 ff.; Thiel, Nach 50 Jahren immer noch aktuell: Die besonderen Ausgleichsposten in der Steuerbilanz des Organtrgers, in FS fÅr Lang, KÇln 2010, 755 ff.; Tiede, Organschaftliche Ausgleichsposten nur bei einkommenserheblichen Abweichungen von Handels- und Steuerbilanz, StuB 2013, 93; Trautmann/Faller, Mehr- und MinderabfÅhrungen in der Organschaft nur bei einkommenserheblichen Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz?, DStR 2012, 890; Trautmann/ Faller, Mehr- und MinderabfÅhrungen in der Organschaft nur bei einkommenserheblichen Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz, DStR 2013, 293; Vanselow, Mehrstufige Organschaft im kleinen GmbH-Konzern. Ausgewhlte Steuerrechtsfragen und -antworten anhand typischer Beispiele, GmbH-StB 2004, 305; Wassermeyer, KÇnnen organschaftliche MehrabfÅhrungen GewinnausschÅttungen sein?, GmbHR 2003, 313; Wassermeyer, Inner- und vororganschaftlich verursachte Mehr- und MinderabfÅhrungen, steuerliche Ausgleichsposten, in Herzig (Hrsg.), Organschaft, FS fÅr Thiel, Stuttgart 2003, 208 ff.

A. EinfÅhrung 14.1 Eine ertragsteuerliche Organschaft ohne Vorliegen von Mehr- und MinderabfÅhrungen ist in der Besteuerungspraxis kaum vorstellbar. Eine Mehr- oder MinderabfÅhrung ergibt sich „automatisch“, wenn die HÇhe des handelsbilanziellen Ergebnisses der Organgesellschaft, das der unternehmensvertraglichen GewinnabfÅhrungs- und VerlustÅbernahmeverpflichtung unterliegt, von der HÇhe des steuerbilanziellen Ergebnisses der Organgesellschaft abweicht. Ursache kann zB die Bildung einer DrohverlustrÅckstellung in der Handelsbilanz der Organgesellschaft sein. Nach § 5 Abs. 4a EStG darf die RÅckstellung in der Steuerbilanz nicht gebildet werden, so dass das handelsbilanzielle Ergebnis (zB 90) und das steuerbilanzielle Ergebnis (zB 100) voneinander abweichen. Folge ist die Entstehung einer MinderabfÅhrung. Die Voraussetzungen und (wesentlichen) Rechtsfolgen von Mehr- und MinderabfÅhrungen sind in § 14 Abs. 3 und Abs. 4 KStG geregelt. In anderen Vorschriften sind weitere (Begleit-) Rechtsfolgen bestimmt. In der Praxis ergeben sich Fragen zur Behandlung von Mehr- oder MinderabfÅhrungen und zur Bildung, FortfÅhrung und AuflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten hufig erst im Rahmen der Steuerdeklaration, also nach Verwirklichung eines Sachverhalts. ZT werden Mehr- und MinderabfÅhrungen erst in diesem „Deklarationsstadium“ identifiziert. FÅr eine 588

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B. Das Problem „Mehr- und MinderabfÅhrung“ und seine gesetzliche Regelung

Vermeidung (oder Minimierung) einer (nachteiligen) Steuerbelastung ist es in diesem Zeitpunkt in vielen Fllen zu spt. Deshalb muss Ziel bei Bestehen einer ertragsteuerlichen Organschaft sein, eine Mehr- oder MinderabfÅhrung vor ihrer Entstehung zu erkennen. Ein mÇglicher Steuernachteil kann im Einzelfall durch entsprechende Maßnahmen vermieden werden. Bei der steuerlichen Strukturierung von Umwandlungen und Akquisitionen sind die Auswirkungen von (mÇglichen) Mehr- und MinderabfÅhrungen und die Folgen fÅr bestehende organschaftliche Ausgleichsposten regelmßig PrÅfungsgegenstand einer Beratung (und BetriebsprÅfung!). Die in der Besteuerungspraxis regelmßig aufgeworfenen Fragen lassen sich zwei Themenbereichen zuordnen: Der erste Bereich umfasst Fragen zum Vorliegen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung, also zB Fragen zur Identifizierung einer Mehr- oder MinderabfÅhrung, zur Abgrenzung von Abs. 3 und Abs. 4 und zu den Rechtsfolgen fÅr Organtrger und Organgesellschaft (dazu Rz. 14.7 ff.). Der zweite Themenbereich umfasst Fragen zu organschaftlichen Ausgleichsposten, also zB Fragen zur einkommensneutralen Bildung eines Ausgleichspostens, zu seiner steuerbilanziellen Behandlung whrend seines Bestehens und zu seiner einkommenswirksamen AuflÇsung (Rz. 14.39 ff.).

B. Das Problem „Mehr- und MinderabfÅhrung“ und seine gesetzliche Regelung I. Regelungsziele von § 14 Abs. 3 und 4 KStG Die gesetzliche Regelung von Mehr- und MinderabfÅhrungen in Form von § 14 Abs. 3 KStG und § 14 Abs. 4 KStG ist erforderlich, um (ungewollte) steuerliche Vor- und Nachteile fÅr den Steuerpflichtigen (und den Fiskus) zu vermeiden, die sich ohne entsprechende Regelung auf Grund der steuertechnischen Wirkungsweise einer Organschaft ergeben kÇnnten. Dabei liegen Abs. 3 und Abs. 4 unterschiedliche steuertechnische Probleme zu Grunde, die sich allerdings aus demselben „organschaftsrechtlichen Phnomen“ einer Mehr- oder MinderabfÅhrung ergeben. Beide Vorschriften haben deshalb auch unterschiedliche Regelungsziele, deren Verstndnis bei der Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen entscheidend sein kann. Die Rechtsfolgewirkungen der beiden Vorschriften sind auf den ersten Blick gleichfalls unterschiedlich. Eine MehrabfÅhrung nach Satz 3 hat als fiktive GewinnausschÅttung eine sofortige Einkommensauswirkung beim Organtrger (hufig mit Steuerfolge) zur Folge, eine MehrabfÅhrung nach Abs. 4 hat „nur“ eine einkommensneutrale Ausgleichspostenbildung (ohne sofortige Steuerwirkung) zur Folge (erst bei Verußerung der Organbeteiligung – also mÇglicherweise erst Jahrzehnte nach der Postenbildung – ist der passive Ausgleichsposten einkommens-

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14.2

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Mehr- und MinderabfÅhrungen

erhÇhend aufzulÇsen). Im Ergebnis haben beiden Vorschriften allerdings identische Folgen: MehrabfÅhrungen haben eine ErhÇhung des Organtrger-Einkommens zur Folge,1 MinderabfÅhrungen eine Verringerung des Organtrger-Einkommens.2 Der Gesetzgeber kÇnnte deshalb mE beide Vorschriften zusammenlegen. In diesem Fall wre keine Abgrenzung zwischen vororganschaftlichen und innerorganschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen erforderlich.

II. Zweck, Funktionsweise und zeitliche Anwendung des § 14 Abs. 3 KStG 14.3 Zweck und Funktionsweise von § 14 Abs. 3 KStG. Die GewinnausschÅttung einer Kapitalgesellschaft hat grundstzlich eine AusschÅttungsbesteuerung bei ihrem Gesellschafter zur Folge. In Abhngigkeit von der Rechtsform des Gesellschafters ist der „Gewinntransfer“ von der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter Gegenstand der Abgeltungsteuer, des TeileinkÅnfteverfahrens oder der § 8b KStG-Besteuerung. Dagegen lÇst eine AbfÅhrung des von der Organgesellschaft erzielten Gewinns an den Organtrger auf der Grundlage eines GewinnabfÅhrungsvertrags keine AusschÅttungsbesteuerung beim Organtrger aus, dh. der Gewinntransfer von der Organgesellschaft an ihren Gesellschafter wird nicht besteuert. Es wird also ausschließlich das Einkommen der Organgesellschaft beim Organtrger besteuert, obwohl es zu einem „ausschÅttungshlichen“ Gewinntransfer (GewinnabfÅhrung) kommt. Dieses organschaftliche Privileg soll aber nur Gewinne der Organgesellschaft erfassen, die diese in der Zeit der Organschaft erzielt hat.3 Im Fall einer vororganschaftlichen MehrabfÅhrung wird jedoch Gewinn abgefÅhrt, der von der Organgesellschaft in vororganschaftlicher Zeit erzielt und (bei der Gesellschaft) besteuert worden ist, jedoch erst spter – nmlich in der Organschaftszeit –

1 EinkommenserhÇhung bei MehrabfÅhrung nach Abs. 3 im Veranlagungszeitraum des Vorliegens der MehrabfÅhrung auf Grund einer fiktiven GewinnausschÅttung der Organgesellschaft (zB Jahr 01); EinkommenserhÇhung bei MehrabfÅhrung nach Abs. 4 im Zeitpunkt der Verußerung der Organbeteiligung auf Grund der einkommenswirksamen AuflÇsung eines passiven Ausgleichspostens (zB Jahr 15), der im Jahr der MehrabfÅhrung einkommensneutral zu bilden war (zB Jahr 01). 2 Einkommensminderung bei MinderabfÅhrung nach Abs. 3 im Zeitpunkt der Verußerung der Organbeteiligung (zB Jahr 15) auf Grund einer fiktiven Einlage des Organtrgers im Veranlagungszeitraum des Vorliegens der MinderabfÅhrung (zB Jahr 01; fiktive Einlage hat Buchwert der Organbeteiligung im Jahr 01 erhÇht); Einkommensminderung bei MinderabfÅhrung nach Abs. 4 im Zeitpunkt der Verußerung der Organbeteiligung auf Grund der einkommenswirksamen AuflÇsung eines aktiven Ausgleichspostens (zB Jahr 15), der im Jahr der MinderabfÅhrung einkommensneutral zu bilden war (zB Jahr 01). 3 DÇtsch/Pung, Der Konzern 2003, 278 (280); DÇtsch/G. Witt, Der Konzern 2007, 190 (191); MÅller in MÇssner/Seeger, § 14 KStG Rz. 716.

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B. Das Problem „Mehr- und MinderabfÅhrung“ und seine gesetzliche Regelung

erstmalig in der Handelsbilanz erscheint.1 Dadurch kommt es zu einem innerorganschaftlichen Transfer von Gewinnen der Organgesellschaft, die diese in vororganschaftlicher Zeit erzielt hat. Dieser Gewinntransfer muss aus Sicht des Gesetzgebers der AusschÅttungsbesteuerung unterliegen. Beispiel: MehrabfÅhrung mit Ursache in vororganschaftlicher Zeit M-AG ist zu 100 % an T-GmbH beteiligt. T-GmbH erzielt im Jahr 10 einen Gewinn iHv. 100. Bei der Ermittlung des Gewinns ist die Bildung einer DrohverlustrÅckstellung noch nicht berÅcksichtigt. Nach Bildung einer DrohverlustrÅckstellung iHv 10 in der Handelsbilanz betrgt der handelsbilanzielle Gewinn 90. Nach § 5 Abs. 4a EStG darf in der Steuerbilanz keine RÅckstellung gebildet werden (§ 5 Abs. 4a EStG). Der Steuerbilanzgewinn betrgt somit 100. Im Jahr 11 errichten M-AG als Organtrger und T-GmbH als Organgesellschaft mit Wirkung zum 1.1.11 eine ertragsteuerliche Organschaft. T-GmbH lÇst die bestehende DrohverlustrÅckstellung zum 31.12.11 auf (Handelsbilanzgewinn: +10; keine Auswirkung auf Steuerbilanzgewinn). Der Betrag iHv. 10 wird von T-GmbH als Bestandteil der GewinnabfÅhrung an den Organtrger abgefÅhrt. Eine AusschÅttungsbesteuerung erfolgt – bei Außerachtlassung von § 14 Abs. 3 KStG – nicht, da es sich um eine GewinnabfÅhrung handelt. Im Ergebnis wÅrde der bei der T-GmbH im Jahr 10 (vororganschaftliche Zeit) erzielte steuerliche Gewinn (100) anteilig (10) ohne AusschÅttungsbesteuerung in Form einer GewinnabfÅhrung an die M-GmbH transferiert. Diese Nicht-Besteuerung verhindert § 14 Abs. 3 KStG.

Nach § 14 Abs. 3 KStG werden vororganschaftliche MehrabfÅhrungen als (offene)2 GewinnausschÅttungen der Organgesellschaft und vororganschaftliche MinderabfÅhrungen als Einlagen des Organtrgers behandelt.3 Im vorstehenden Beispiel gilt die (Mehr-)GewinnabfÅhrung der T-GmbH nach § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG iHv. 10 als GewinnausschÅttung,4 dh. es kommt zu einer AusschÅttungsbesteuerung beim Gesellschafter (Organtrger). Kapitalertragsteuer ist von der Organgesellschaft nach § 44 Abs. 7, § 45a Abs. 1 Satz 1 EStG einzubehalten und abzufÅhren (Rz. 14.26).

1 Vgl. DÇtsch/G. Witt, Der Konzern 2007, 190 (192); Schumacher in FS Schaumburg, 477 (480). 2 Die Behandlung einer vororganschaftliche MehrabfÅhrung ist der einer offenen – nicht der einer verdeckten – GewinnausschÅttung stark angenhert, DÇtsch/ Pung, Der Konzern 2005, 37 (39); Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 420; Pache in HHR, § 14 KStG Anm. 322. 3 Zufluss- bzw. Einlagezeitpunkt ist das Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft. 4 Zum Regelungsbedarf unter dem kÇrperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahren, Thiel in FS Raupach, 543 (546).

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14.4

Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

III. Zweck, Funktionsweise und zeitliche Anwendung des § 14 Abs. 4 KStG 14.5 Zweck und Funktionsweise von § 14 Abs. 4 KStG. Der Organtrger und die Organgesellschaft bilden den Organkreis. Nach dem Grundsatz der Einmalbesteuerung soll das Einkommen im Organkreis, das whrend der Zeit der Organschaft erzielt wird, einmal besteuert werden.1 Dies geschieht indem das Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger als „fremdes Einkommen“ zugerechnet wird. Eine Nicht- oder eine Doppelbesteuerung soll vermieden werden.2 Beispiel: MinderabfÅhrung mit Ursache in organschaftlicher Zeit Der Verkehrswert und der steuerliche Buchwert der Beteiligung der M-AG (OT) an der T-GmbH (OG) betragen 0. Im Jahr 10 erzielt OG einen JahresÅberschuss iHv. 100. Die Gesellschaft fÅhrt diesen Betrag nicht vollumfnglich an den OT ab, sondern bildet eine GewinnrÅcklage nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG iHv. 10. Die GewinnabfÅhrung betrgt somit nur 90. Das von OG an OT zugerechnete Einkommen betrgt 100, das von OT versteuert wird (RÅcklagenbildung wirkt sich nicht auf EinkommenshÇhe aus). Der Verkehrswert der Beteiligung an OG betrgt auf Grund der gebildeten RÅcklage (typisiert) 10.3 In den Jahren 12 und 13 erzielt OG kein Einkommen. Im Jahr 13 verußert OT seine OG-Beteiligung an einen Dritten zum Preis von 10. Der Preis spiegelt das Eigenkapital der OG in HÇhe der RÅcklage (10) wider. Der steuerliche Verußerungsgewinn des OT betrgt somit 10 (VerußerungserlÇs 10 ./. Buchwert 0). Im Ergebnis wÅrde das Einkommen im Organkreis – bei Außerachtlassung von § 14 Abs. 4 KStG – doppelt besteuert (zugerechnetes OG-Einkommen fÅr Jahre 11-13: 100; Einkommen des OT im Jahr 13 aus Verußerung: 10). Diese Doppelbesteuerung verhindert § 14 Abs. 4 KStG.

Nach § 14 Abs. 4 KStG ist in HÇhe der MinderabfÅhrung einkommensneutral ein aktiver Ausgleichsposten in der Steuerbilanz des Organtrgers zu bilden (Rz. 14.38). Dem liegt die berlegung zugrunde, eine innerorganschaftliche MinderabfÅhrung als Einlage des Organtrgers in die Organgesellschaft zu behandeln (ErhÇhung des Beteiligungsbuchwerts in Form des aktiven Ausgleichspostens), das steuerliche Einlagekonto der Organgesellschaft ist nach § 27 Abs. 6 KStG zu erhÇhen (Rz. 14.37 und Rz. 14.38). Dieser Posten ist im Fall einer Verußerung der Beteiligung des Organtrgers an der Organgesellschaft aufzulÇsen (Rz. 14.39). Durch diese Technik wird der Grundsatz der Einmalbesteuerung sichergestellt. FortfÅhrung des Beispiels: Bildung eines aktiven Ausgleichspostens Der Sachverhalt des obigen Beispiels ist nach der AusgleichspostenlÇsung wie folgt zu behandeln: M-AG als OT bildet nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG im Jahr 11 in ihrer 1 Nach Auffassung von Kolbe soll lediglich eine Doppelbesteuerung von Einkommen der Organgesellschaft verhindert werden, nicht eine Doppelbesteuerung von Einkommen des Organtrgers, StuB 2008, 293 (298). 2 von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 341; Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 140. 3 § 14 Abs. 4 KStG geht von einem „typisierten“ Mehrwert aus, Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 447.

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C. Identifizierung einer Mehr- oder MinderabfÅhrung Steuerbilanz einen aktiven Ausgleichsposten zur OG-Beteiligung iHv. 10. Die Postenbildung erfolgt einkommensneutral, dh. die steuerbilanzielle Ergebnisauswirkung ist außerbilanziell zu korrigieren. Im Jahr 13 lÇst OT den Posten auf Grund der Verußerung der OG-Beteiligung nach § 14 Abs. 4 Stze 2 bis 4 KStG auf. Die PostenauflÇsung ist einkommenswirksam, dh. das steuerbilanzielle Ergebnis ist außerbilanziell nicht zu korrigieren. Der Verußerungsgewinn betrgt 0 (VerußerungserlÇs 10 ./. Buchwert 0 ./. aktiver Ausgleichsposten 10). Das Einkommen im Organkreis fÅr die Jahre 11 bis 13 wird einmal besteuert (zugerechnetes OG-Einkommen fÅr Jahre 11-13: 100; Einkommen des OT im Jahr 13 aus Verußerung: 0). § 14 Abs. 4 KStG verhindert einen Verstoß gegen den Grundsatz der Einmalbesteuerung.

Im Fall einer innerorganschaftlichen MehrabfÅhrung der Organgesellschaft ist einkommensneutral ein passiver Ausgleichsposten in der Steuerbilanz des Organtrgers zu bilden (Rz. 14.30 ff.). Dem liegt die berlegung zugrunde, eine innerorganschaftliche MehrabfÅhrung wie eine EinlagenrÅckgewhr zu behandeln (Minderung des Buchwerts der Organbeteiligung in Form des passiven Ausgleichspostens). Das steuerliche Einlagekonto der Organgesellschaft ist nach § 27 Abs. 6 KStG entsprechend zu mindern (Rz. 14.37). Der Ausgleichsposten ist im Fall einer Verußerung der Organbeteiligung einkommenswirksam aufzulÇsen. Durch diese Technik wird eine (anteilige) Nichtbesteuerung von Organkreiseinkommen vermieden. Zeitliche Anwendung. § 14 Abs. 4 KStG wurde durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.20071 (verkÅndet am 28.12.2007) in das KStG eingefÅgt. Nach § 34 Abs. 9 Nr. 5 KStG 2007 ist die Vorschrift auch fÅr Veranlagungszeitrume vor 2008 anzuwenden. Diese rÅckwirkende Ingangsetzung ist mE verfassungswidrig, soweit auch die AuflÇsung passiver Ausgleichsposten vor dem Jahr 2007 erfasst sein soll. Die Regelung greift insoweit als (Besteuerungs-)Rechtsgrundlage in Sachverhalte ein, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens von Abs. 4 bereits abgeschlossen waren (zB innerorganschaftliche MehrabfÅhrung mit Bildung eines passiven Ausgleichspostens im Jahr 2004 und einkommenswirksame AuflÇsung des Postens im Jahr 2006).2

14.6

C. Identifizierung einer Mehr- oder MinderabfÅhrung I. Methode der Erkennung Das Erkennen eines Mehr- oder MinderabfÅhrungssachverhalts ist Voraussetzung fÅr eine Anwendung von § 14 Abs. 3 oder Abs. 4 KStG. In der 1 BGBl. I 2007, 3150. 2 So zB auch Fuhrmann/Strahl, DStR 2008, 125; Glutsch/Meining, DB 2007, 308; Gosch, BFH/PR 2013, 53; Kolbe, StuB 2008, 293; Neumann in Gosch, § 14 KStG2, Rz. 446; Suchanek/Herbst, FR 2008, 112. Vgl. dazu auch von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 343.

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14.7

Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

Besteuerungspraxis ist diese Sachverhaltsidentifizierung kein „Selbstlufer“, erfahrungsgemß werden entsprechende Sachverhalte hufig erst im Rahmen einer BetriebsprÅfung (zT sogar erst in einem finanzgerichtlichen Klageverfahren) erkannt. GrÅnde hierfÅr sind, dass die Voraussetzungen fÅr das Vorliegen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung (nach wie vor) umstritten sind und das Erkennen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung (durch zB die Steuerabteilung der Organgesellschaft und/oder des Organtrgers) im Grundsatz eine Analyse smtlicher Geschftsvorflle der Organgesellschaft voraussetzt (ein bloßer Vergleich der Handels- und Steuerbilanzposition hilft hufig nicht weiter, da die Positionen bereits in Vorjahren gebildet worden sind oder als bilanzielle „Sammelposten“ eine Vielzahl einzelner Kontensalden aus dem Rechnungswesen abbilden). Dies ist in der Praxis in den wenigsten Fllen darstellbar.1

14.8 Wirksamkeit der Organschaft. Das Nicht-Erkennen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung nach Abs. 3 oder Abs. 4 kann mE in keinem Fall zur Unwirksamkeit einer Organschaft fÅhren. Die Anwendung der Vorschriften hat insbesondere keine Auswirkungen auf die HÇhe des (abzufÅhrenden) Gewinns der Organgesellschaft. Aus demselben Grund kann mE eine unzutreffende Anwendung der beiden Vorschriften keine Unwirksamkeit der Organschaft zur Folge haben (zB Anwendung von Abs. 3 statt von Abs. 4; zB Berechnung des Betrags einer MinderabfÅhrung ist unzutreffend). Allerdings kann die Korrektur eines Jahresabschlusses im Rahmen einer Anwendung der „Heilungsvorschrift“ des § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG eine Mehr- oder MinderabfÅhrung auslÇsen (zB Korrektur fÅhrt zu einer Abweichung von Handels- und Steuerbilanz).

14.9 Geschftsvorfallbezogene Identifizierung. Nach Åberwiegend vertretener Auffassung ist das Vorliegen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung geschftsvorfallbezogen zu prÅfen,2 dh. bei jeder Transaktion der Organgesellschaft mÅsste nach den Auswirkungen auf die HÇhe des abgefÅhrten Gewinns und des Steuerbilanzgewinns gefragt werden. Zumindest in einem Konzernsachverhalt ist dies so gut wie nicht umsetzbar. Danach kÇnnen im selben Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft zahlreiche MinderabfÅhrungen (zB Bildung einer DrohverlustrÅckstellung in der Handelsbilanz) und zahlreiche MehrabfÅhrungen (zB Ausgliederung eines Teilbetriebs unter 1 Im Hinblick auf diese Problematik war der PrÅfauftrag des Finanzausschusses des Bundestages hinsichtlich einer mÇglichen Vereinfachung der Mehr- und MinderabfÅhrungsthematik (BT-Drucks. 16/7036, 10) nachvollziehbar. Eine solche Vereinfachung steht nach wie vor aus (denkbar wre zB eine [kleine oder große] „EinlagelÇsung“, dazu DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 475; von Freeden, Minder- und MehrabfÅhrungen nach § 14 Abs. 4, § 27 Abs. 6 KStG – AusgleichspostenlÇsung und EinlagelÇsung, 2011; Prinz, DB 2011, Nr. 12, M1. 2 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 1040; Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 193; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 508; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 305b; Neumann, Ubg 2010, 673; Thiel in FS Raupach, 543.

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C. Identifizierung einer Mehr- oder MinderabfÅhrung

Aufdeckung handelsrechtlicher stiller Reserven in der Handelsbilanz) nebeneinander vorliegen. PrÅfungsschritte. Das Vorliegen der Voraussetzungen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung kann nach folgendem Schema geprÅft werden:

14.10

1. PrÅfungsschritt: Verursacht der prÅfungsgegenstndliche Geschftsvorfall eine Mehr- oder MinderabfÅhrung? (Rz. 14.9; Rz. 14.11 ff.) 2. PrÅfungsschritt: Ist die identifizierte Mehr- oder MinderabfÅhrung vororganschaftlich oder innerorganschaftlich verursacht? (Rz. 14.17 ff.) 3. PrÅfungsschritt: KÇnnen mehrere identifizierte Mehr- und MinderabfÅhrungsbetrge vor Umsetzung der Rechtsfolgen saldiert werden? (Rz. 14.20 ff.)

II. Erster PrÅfungsschritt: Verursacht der prÅfungsgegenstndliche Geschftsvorfall eine Mehr- oder MinderabfÅhrung? 1. Regelbeispiel des § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG Beispielhafte Beschreibung einer Mehr- oder MinderabfÅhrung. Der typische (Normal-)Fall einer Mehr- oder MinderabfÅhrung ist in § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG in Form eines Regelbeispiels dargestellt (Rz. 13.12). Danach liegt eine Mehr- oder MinderabfÅhrung vor, wenn der an den Organtrger abgefÅhrte Gewinn vom Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht. Das Regelbeispiel erfasst mE den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 3 und Abs. 4 KStG, also generell das Vorliegen von Mehr- und MinderabfÅhrungen.1

14.11

Abweichung zwischen abgefÅhrtem Gewinn und Steuerbilanzgewinn. Nach dem Regelbeispiel in Satz 6 liegt eine Mehr- oder MinderabfÅhrung vor, wenn der von der Organgesellschaft an den Organtrger abgefÅhrte Gewinn vom Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht. Dabei ist auf den Steuerbilanzgewinn vor GewinnabfÅhrung abzustellen.2 Eine MehrabfÅhrung liegt danach vor, wenn der abgefÅhrte Gewinn auf Grund einer Transaktion den Steuerbilanzgewinn Åbersteigt.3 Eine MinderabfÅhrung liegt vor, wenn der abgefÅhrte Gewinn der Organgesellschaft den Steuerbilanzgewinn unterschreitet.4

14.12

1 2 3 4

Vgl. BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 799. von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 351. von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 351.

von Freeden

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Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

Beispiel: MinderabfÅhrung T-GmbH als OG erzielt einen Handels- und Steuerbilanzgewinn iHv 100. Bei der Gewinnermittlung wurde die Bildung einer DrohverlustrÅckstellung iHv 10 noch nicht berÅcksichtigt. Nach RÅckstellungsbildung betrgt das handelsbilanzielle Ergebnis 90. Nach § 5 Abs. 4a Satz 1 EStG ist die Bildung einer DrohverlustrÅckstellung in der Steuerbilanz nicht zulssig, der Steuerbilanzgewinn betrgt somit 100. Es liegt eine MinderabfÅhrung iHv. 10 vor (abzufÅhrender [Handelsbilanz-]Gewinn 90 < Steuerbilanzgewinn [vor GewinnabfÅhrung] 100).

Der abgefÅhrte Gewinn der Organgesellschaft entspricht idR dem JahresÅberschuss der Organgesellschaft, der nach handelsrechtlichen Regelungen zu ermitteln ist. Bildet die Organgesellschaft aus ihrem JahresÅberschuss eine RÅcklage (unter Beachtung von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG), weichen abgefÅhrter Gewinn und handelsrechtlicher JahresÅberschuss voneinander ab. In diesem Fall liegt eine MinderabfÅhrung vor, da der abgefÅhrte Gewinn kleiner ist als der Steuerbilanzgewinn.

14.13 Verlust der Organgesellschaft. Eine Mehr- oder MinderabfÅhrung liegt auch vor, wenn der Organtrger einen handelsbilanziellen Verlust der Organgesellschaft auszugleichen hat.1 Danach liegt zB eine MehrabfÅhrung vor, wenn der vom Organtrger zu Åbernehmende (handelsbilanzielle) Verlust kleiner ist (zB ./. 100) als der steuerbilanzielle Verlust (zB ./. 150). Eine MinderabfÅhrung liegt zB vor, wenn die Organgesellschaft einen handelsbilanziellen Verlust erleidet, der Steuerbilanzgewinn jedoch positiv ist. Aus der Formulierung „abgefÅhrter Gewinn“ in § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG folgt nichts Gegenteiliges, da Satz 6 lediglich ein Regelbeispiel (Rz. 14.11) fÅr einen Gewinnfall darstellt.

14.14 Keine MehrabfÅhrung bei Abweichung zwischen abgefÅhrtem Gewinn und Steuerbilanzgewinn auf Grund der Technik der Einkommensermittlung. Der BFH verneint das Vorliegen einer innerorganschaftlichen MehrabfÅhrung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG, wenn die Abweichung zwischen abgefÅhrtem Gewinn und Steuerbilanzgewinn ausschließlich auf der Technik der Einkommensermittlung beruht (zum Nicht-Vorliegen einer Mehr- und MinderabfÅhrung bei Nicht-Abweichung zwischen abgefÅhrten Gewinn und Steuerbilanzgewinn trotz außerbilanzieller Korrektur, Rz. 14.17).2 Der BFH-Rspr. liegt ein § 15a EStG-Sachverhalt zu Grunde, bei dem der auf eine Organgesellschaft entfallende nur verrechenbare Verlust aus der Kommanditbeteiligung an einer (inlndischen) Personengesellschaft auf Grund außerbilanzieller Hinzurechnung nach § 15a EStG neutralisiert wird. Das dem Organtrger zuzurechnende Einkommen wird 1 Zu § 14 Abs. 3 KStG: BFH v. 6.6.2013 – I R 38/11, BStBl. II 2014, 398 = FR 2013, 1140, Vorinstanz FG Nds. v. 10.3.2011 – 6 K 338/07, EFG 2012, 261. Zu § 14 Abs. 4 KStG: Breier, Der Konzern 2011, 11; DÇtsch/Pung, Der Konzern 2005, 37; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 462; von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 351. 2 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285; BMF v. 15.7.2013 – IV C 2 - S 2770/07/10004:004 – DOK 2013/0457677, BStBl. I 2013, 921 = FR 2013, 772.

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C. Identifizierung einer Mehr- oder MinderabfÅhrung

im Ergebnis nicht gemindert. Der abzufÅhrende Gewinn und der Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft weichen zwar voneinander ab. Auf Grund außerbilanzieller Verlustzurechnung nach § 15a EStG wird eine Nichtbesteuerung von Organkreiseinkommen aber vermieden, dh. das Regelungsziel von § 14 Abs. 4 KStG (Rz. 14.5) wird ohne Anwendung der Vorschrift erreicht. Entsprechendes muss mE gelten, soweit ein Verlust der Organgesellschaft auf eine auslndische Anrechnungsbetriebssttte in Form einer (auslndischen) Personengesellschaft entfllt, da auch in diesem Fall der Verlust nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG außerbilanziell hinzugerechnet wird.1 Keine Mehr- oder MinderabfÅhrung auf Grund außerbilanzieller Korrekturen. Eine Mehr- oder MinderabfÅhrung liegt nicht vor, wenn sich abgefÅhrter Gewinn und Steuerbilanzgewinn entsprechen, jedoch eine Abweichung zwischen abgefÅhrtem Gewinn und Einkommen vorliegt (zum Nicht-Vorliegen einer Mehr- und MinderabfÅhrung trotz Abweichung zwischen abgefÅhrtem Gewinn und Steuerbilanzgewinn, Rz. 14.16).2 Danach lÇsen folgende Transaktionen keine Mehr- oder MinderabfÅhrung aus:3 Außerbilanzielle Hinzurechnung nicht abziehbarer Betriebsausgaben (zB § 10 Nr. 2 bis 4 KStG, § 4 Abs. 5 EStG, § 160 AO), außerbilanzielle KÅrzung steuerfreier Einnahmen bzw. VermÇgensmehrungen, außerbilanzielle Hinzurechnung von steuerlich nicht zu berÅcksichtigenden Verlusten, außerbilanzielle Hinzurechnungen einer verdeckten GewinnausschÅttung, BerÅcksichtigung von „fiktiven Gewinnelementen“ (zB Hinzurechnungsbetrag nach §§ 7 ff. AStG, Berichtigungsbetrag nach § 1 AStG, fiktive Verzinsung nach § 6b Abs. 7 EStG), Steuerbelastung auf Ausgleichszahlungen nach § 16 KStG.

14.15

2. Ursachen fÅr eine Abweichung zwischen ErgebnisabfÅhrung und Steuerbilanzgewinn § 14 Abs. 3 und Abs. 4 KStG regeln nicht, was die Ursache einer Mehroder MinderabfÅhrung ist. Nach der BegrÅndung des Gesetzentwurfs von Abs. 34 ist fÅr das Merkmal Ursache auf den steuerlich relevanten Sachverhalt abzustellen, der die Mehr- oder MinderabfÅhrung auslÇst.5 Die Be1 Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, 133; mÇgliche weitere Fallgruppen skizziert Breier, Der Konzern 2011, 84. 2 Vgl. BMF v. 15.7.2013 – IV C 2 - S 2770/07/10004:004 – DOK 2013/0457677, BStBl. I 2013, 921 = FR 2013, 772; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 499; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 KStG Rz. 464; von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 351; Schumacher in FS Schaumburg, 477 (479); Kußmaul/Richter, BB 2007, 1256; aA Sedemund, DB 2010, 1255. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 499; von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 351; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 812; Thiel in FS Raupach, 549. 4 § 14 Abs. 3 KStG wurde eingefÅhrt durch das EURLUmsG, das einen Tag nachVerkÅndung am 9.12.2004 in Kraft trat, BGBl. I 2004, 3310. 5 BT-Drucks. 15/3667, 36.

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14.16

Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

grÅndung des Gesetzentwurfs von Abs. 41 nennt als Beispiel fÅr eine Ursache die Bildung von GewinnrÅcklagen i.S.d. § 272 Abs. 3 HGB.2 Die Verwaltung stellt auf einen Geschftsvorfall ab, der zu einer Abweichung zwischen abgefÅhrtem Gewinn und Steuerbilanzgewinn fÅhrt.3 Dem folgt auch die Åberwiegend in der Literatur vertretene Auffassung, wobei konkret auf die erste Buchung eines Geschftsvorfalls abgestellt wird, der Grundlage einer Mehr- oder MinderabfÅhrung ist.4 In Folge der Buchung ergbe sich eine bilanzielle Auswirkung. Diese bilanzielle Auswirkung sei Ursache der Mehr- oder MinderabfÅhrung (zB Buchung der Bildung einer DrohverlustrÅckstellung) und entscheide auch darÅber, ob ein aktiver oder passiver Ausgleichsposten zu bilden sei.5 Eine erneute bilanzielle Auswirkung dieser Ursache sei lediglich Folgewirkung.6 Bei der (rÅckwirkenden) nderung der steuerrechtlichen Abschreibungsdauer eines Wirtschaftsguts stelle die AbschreibungskÅrzung fÅr jedes (einzelne) Wirtschaftsjahr eine Ursache dar. In diesem Fall lgen mehrere Geschftsvorflle vor, die jeweils einzelne AbfÅhrungsdifferenzen zur Folge htten. Beispiele.7 Bei den folgenden Geschftsvorfllen kann es sich um Ursachen von Mehr- oder MinderabfÅhrungen handeln (im Klammerzusatz wird die Abweichung zwischen abzufÅhrendem Gewinn und Steuerbilanzgewinn dargestellt): Bildung einer gesetzlichen RÅcklage oder GewinnrÅcklage durch Organgesellschaft nach § 272 Abs. 3 HGB (abzfG < StBilG); AuflÇsung einer Kapital- oder GewinnrÅcklage durch Organgesellschaft (abzfG > StBilG); Ausgleich eines vororganschaftlichen Verlustvortrags durch Organgesellschaft (abzfG < StBilG); AbfÅhrung unter Beachtung handelsrechtlicher GewinnabfÅhrungsverbote (abzfG < StBilG); handels- und steuerbilanzielle Wirkung eines Geschftsvorfalls in unterschiedlichen Zeitrumen (abzfG < StBilG oder abzfG > StBilG; zB Verschmelzung einer KapGes auf die Organgesellschaft, wobei der steuerliche bernahmegewinn aus Verschmelzung auf Grund steuerlicher RÅckwirkung im Wirtschaftsjahr 01 entsteht, der handelsrechtliche bernahmegewinn erst mit Registereintragung im Wirtschaftsjahr 02); Bildung einer DrohverlustrÅckstellung ausschließlich in Handelsbilanz (abzfG < 1 § 14 Abs. 4 KStG wurde eingefÅhrt durch das JStG 2008, das einen Tag nach der VerkÅndung am 28.12.2007 in Kraft trat, BGBl. I 2007, 3150. 2 BT-Drucks. 16/7036, 20. 3 BMF v. 15.7.2013 – IV C 2 - S 2770/07/10004:004 – DOK 2013/0457677, BStBl. I 2013, 921 = FR 2013, 772. 4 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 764; Grube/Behrendt, GmbHR 2005, 1172; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 418; Schumann/Kempf, FR 2006, 219; Thiel in FS Raupach, 543 (550). 5 Lang, NWB 2009, 118. 6 ZB Buchung der AuflÇsung einer DrohverlustrÅckstellung; von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 352; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 764; Grube/Behrendt/Heeg, GmbHR 2006, 1026; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 506; DÇtsch/Pung, Der Konzern 2008, 150; Lang, NWB 2009, 118. 7 Vgl. von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 352.

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C. Identifizierung einer Mehr- oder MinderabfÅhrung

StBilG); handelsbilanzieller Ausweis aktiver latenter Steuern nach § 274 HGB (abzfG < StBilG); unterschiedliche Abschreibung eines Wirtschaftsguts in Handels- und Steuerbilanz (abzfG < StBilG oder abzfG > StBilG); keine Aktivierung eines eines Disagios unter AusÅbung des Wahlrechts, § 250 Abs. 3 HGB, H 6.10 EStR 2008 (abzfG < StBliG); Thesaurierung des Gewinns einer Tochter-PersGes der Organgesellschaft (abzfG < StBilG); Verlust einer Tochter-PersGes der Organgesellschaft (abzfG > StBilG, wenn keine handelsbilanzielle Teilwertabschreibung vorgenommen wird); Umwandlungsmaßnahme bei Organgesellschaft unter Ansatz von Zeitwerten in Handelsbilanz und Buchwerten in Steuerbilanz (abzfG > StBilG; zB Teilbetriebsausgliederung; Up-Stream-Verschmelzung auf Organgesellschaft1).

III. Zweiter PrÅfungsschritt: Ist die identifizierte Mehr- oder MinderabfÅhrung vororganschaftlich oder innerorganschaftlich verursacht? Nach Identifizierung einer Mehr- oder MinderabfÅhrung ist zu bestimmen, ob die Mehr- oder MinderabfÅhrung in vororganschaftlicher Zeit (dann Anwendung von § 14 Abs. 3 KStG, dazu Rz. 14.23 ff.) oder in (inner-)organschaftlicher Zeit (dann Anwendung von § 14 Abs. 4, § 27 Abs. 6 KStG, dazu Rz. 14.30 ff.) verursacht worden ist. Diese Abgrenzung ist in der Besteuerungspraxis mit erheblichen Rechtsunsicherheiten behaftet. Bei Vorliegen einer MehrabfÅhrung kÇnnen sich in Abhngigkeit einer Anwendung von Abs. 3 oder Abs. 4 erhebliche Belastungsunterschiede ergeben. Eine vororganschaftliche MehrabfÅhrung nach Abs. 3 gilt als GewinnausschÅttung (mit ggf. sofortigem Steuerbelastungseffekt beim Organtrger), eine innerorganschaftliche MehrabfÅhrung nach Abs. 4, § 27 Abs. 6 KStG hat dagegen (zunchst nur) die einkommensneutrale Bildung eines Ausgleichspostens in der Steuerbilanz des Organtrgers (ohne sofortigen Steuerbelastungseffekt) und eine Einlagekontominderung bei der Organgesellschaft (ohne sofortigen Steuerbelastungseffekt) zur Folge. Gesetzlich geregelt ist (mit fiskalischem Motiv) nur die Fallgruppe „ursprÅnglich steuerbefreites gemeinnÅtziges Wohnungsunternehmen wird steuerpflichtig“ (vgl. § 13 Abs. 2 KStG); der Gewinn aus dem gesetzlich bestimmten Teilwertansatz (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 1 KStG) ist der vororganschaftlichen Zeit zuzurechnen (§ 14 Abs. 3 Satz 4 KStG).

14.17

Bestimmung des Zeitpunkts der Ursache einer Mehr- oder MinderabfÅhrung. Liegt die Ursache (Rz. 14.16) einer Mehr- oder MinderabfÅhrung vor der organschaftlichen Zeit, ist Abs. 3 anwendbar. Hat eine Mehr- oder MinderabfÅhrung ihre Ursache in organschaftlicher Zeit, ist Abs. 4 anwendbar. Eine Mehr- oder MinderabfÅhrung kann ihre Ursache nicht nach der organschaftlichen Zeit, also nach Beendigung der Organschaft, haben. Die BegrÅndung zum Gesetzentwurf von Abs. 3 stellt fÅr die vor-

14.18

1 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.33.

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Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

organschaftliche Zeit auf steuerlich relevante Sachverhalte ab, die vor der steuerlichen Wirksamkeit der Organschaft verwirklicht worden sind und die in organschaftlicher Zeit zu Mehr- oder MinderabfÅhrungen fÅhren.1 Die vororganschaftliche Zeit ist danach der Zeitraum vor Wirksamwerden der Organschaft, die organschaftliche Zeit der Zeitraum ab Wirksamwerden der Organschaft.2 Der BegrÅndung der GesetzentwÅrfe ist nicht zu entnehmen, ob es auf die steuerliche Wirksamkeit einer bestimmten Organschaft ankommt bzw. ob die steuerliche Wirksamkeit der Organschaft aus Sicht des Organtrgers oder der Organgesellschaft zu prÅfen ist. Wird zB der Organtrger einer Organgesellschaft in Folge einer Transaktion „ausgetauscht“ (zB Verschmelzung eines Organtrgers auf eine Kapitalgesellschaft unter Fortsetzung des GewinnabfÅhrungsvertrags), kÇnnte es sich fÅr Zwecke des Abs. 4 um die Fortsetzung der bestehenden Organschaft oder um die BegrÅndung einer neuen Organschaft handeln. Sofern man von der BegrÅndung einer neuen Organschaft ausgeht, wre der Zeitraum vor Wirksamwerden der (neuen) Organschaft vororganschaftliche Zeit i.S.d. Abs. 3, obwohl auch in der Zeit vor der neuen Organschaft eine wirksame Organschaft bestanden hat. ME ist auf die „organschaftliche Beziehung“ eines Organtrgers zu einer bestimmten Organgesellschaft abzustellen. Diese organschaftliche Beziehung bleibt unberÅhrt, wenn sie von einem Gesamtrechtsnachfolger des Organtrgers ohne Unterbrechung fortgesetzt wird. Dies gilt auch, wenn ein bestehender ErgebnisabfÅhrungsvertrag durch einen neuen Vertrag ersetzt wird, ohne dass die Organschaft unterbrochen wird (zB Beendigung des alten Vertrags zum 31.12.01, Beginn des neuen Vertrags zum 1.1.02).3

14.19 Außerorganschaftliche Ursache. Nach einer Auffassung soll § 14 Abs. 3 KStG auch anwendbar sein, wenn eine vororganschaftliche Ursache (Rz. 14.16) im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge (von „außen“) auf die Organgesellschaft Åbertragen wurde.4 Man spricht in diesem Fall von einer außerorganschaftlich verursachten Mehr- oder MinderabfÅhrung, diese (außerorganschaftlichen) Mehr- und MinderabfÅhrungen sind gesetzlich nicht geregelt und deshalb problematisch.5 Beispiel: Verschmelzung einer Schwesterkapitalgesellschaft auf OG M-AG ist als OT zu jeweils 100 % am Nennkapital der T1-GmbH als OG und an der T2-GmbH (keine Organgesellschaft) beteiligt. T2-GmbH bildet im Jahr 1 in ihrer Handelsbilanz eine DrohverlustrÅckstellung iHv 10, in der Steuerbilanz scheidet eines RÅckstellungsbildung aus. Im Jahr 2 wird T2-GmbH unter Buchwertansatz auf T1-GmbH (OG) verschmolzen. OG lÇst die „erworbene“ DrohverlustrÅckstellung im Jahr 3 auf. Das handelsbilanzielle Ergebnis erhÇht sich um 10, das

1 2 3 4

BT-Drucks. 15/3677, 36. BFH v. 18.12.2002 – I R 51/01, BStBl. II 2005, 49 = FR 2003, 457 m. Anm. Then. von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 352. DÇtsch/Pung, Der Konzern 2008, 150 (156); DÇtsch/G. Witt, Der Konzern 2007, 190 (197); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, Anh UmwStG (SEStEG) Rz. 48; Schumacher in FS Schaumburg, 477 (487). 5 Vgl. Pache in HHR, § 14 Abs. 3 KStG Anm. 321; RÇdder, DStR 2005, 217, 220.

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C. Identifizierung einer Mehr- oder MinderabfÅhrung steuerbilanzielle Ergebnis bleibt unberÅhrt. Der Sachverhalt ist eine MehrabfÅhrung.

Die MehrabfÅhrung im Beispiel ist nach Auffassung der Finanzverwaltung und einer in der Literatur vertretenen Auffassung eine vororganschaftliche MehrabfÅhrung nach § 14 Abs. 3 KStG.1 Dabei liegt nach dieser Auffassung eine außerorganschaftliche Ursache nur vor, wenn – aus Sicht des Organtrgers – die Ursache von außerhalb des Organkreises stammt.2 In der Literatur wird die Problematik zT mit Hinweis auf die (frÅhere) steuerliche Behandlung eines im Rahmen einer Verschmelzung auf eine Organgesellschaft Åbergehenden Verlustvortrags behandelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995). Die Finanzverwaltung behandelte einen solchen (auf die Organgesellschaft Åbergegangenen) Verlustvortrag bei der Organgesellschaft als vororganschaftlichen Verlustvortrag (§ 15 Satz 1 Nr. 1 KStG).3 Diese Rechtsauffassung war – soweit ersichtlich – bislang nicht Gegenstand einer gerichtlichen berprÅfung. Unter BerÅcksichtigung des Wortlauts von § 14 Abs. 3 und Abs. 4 KStG, der ausdrÅcklich auf die Merkmale „vororganschaftliche Zeit“ und „organschaftliche Zeit“ – also auf Zeitpunkte bzw. Zeitrume – abstellt, ist die Existenz außerorganschaftlicher Ursachen mE zweifelhaft.

VI. Dritter PrÅfungsschritt: KÇnnen mehrere identifizierte Mehr- und MinderabfÅhrungsbetrge vor Umsetzung der Rechtsfolgen saldiert werden? In einem Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft kÇnnen gleichzeitig vororganschaftliche MehrabfÅhrungen, vororganschaftliche MinderabfÅhrungen, innerorganschaftliche MehrabfÅhrungen und innerorganschaftliche MinderabfÅhrungen vorliegen. Fraglich ist, ob die identifizierten Mehrund MinderabfÅhrungsbetrge eines Wirtschaftsjahres vor Anwendung der Rechtsfolgen des § 14 Abs. 3 KStG und/oder der § 14 Abs. 4, § 27 Abs. 6 KStG saldiert werden kÇnnen.

1 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org. 34; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, Anh UmwStG (SEStEG) Rz. 48 und Rz. 52; DÇtsch/G. Witt in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 468; DÇtsch/G. Witt, Der Konzern 2007, 190, (197, 199); DÇtsch/Pung, Der Konzern 2008, 150 (156); Schumacher in FS Schaumburg 477 (487); zweifelnd Grube/Behrendt/Heeg, GmbHR 2006, 1026 und 1079. 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, Anh UmwStG (SEStEG) Rz. 48; Schumacher in FS Schaumburg, 477 (487), auch zum Fall der „Ursachen-bertragung“ durch Einbringung eines Teilbetriebs vom Organtrger. 3 BMF, Schr. v. 25.3.1998 – IV B 7 - S 1978 - 21/98, IV B 2 - S 1909 - 33/98, BStBl. I 1998, 268, Rz. Org.27.

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14.20

Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

14.21 Es gilt das Folgende: – Keine Saldierung vororganschaftlicher Mehr- und MinderabfÅhrungen: Wegen des Wortlauts von § 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 KStG1 sowie der unterschiedlichen Rechtsfolgen von MehrabfÅhrungen (fiktive GewinnausschÅttung) und MinderabfÅhrungen (fiktive Einlage) ist eine Saldierung vororganschaftlicher MehrabfÅhrungen mit vororganschaftlichen MinderabfÅhrungen – genauso wie die Saldierung „echter“ GewinnausschÅttungen mit „echten“ Einlagen – ausgeschlossen.2 – Keine Saldierung vororganschaftlicher Mehr- und MinderabfÅhrungen mit innerorganschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen: Nach Auffassung des BFH3 und der Åberwiegend in der Literatur vertretenen Auffassung ist eine „tatbestandsÅbergreifende“ Saldierung von Mehr- und MinderabfÅhrungen i.S.d. § 14 Abs. 3 KStG mit solchen i.S.d. § 14 Abs. 4 KStG nicht mÇglich.4 – Saldierung innerorganschaftlicher Mehr- und MinderabfÅhrungen: Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung scheidet eine Saldierung innerorganschaftlicher Mehr- und MinderabfÅhrungen aus.5 ME kÇnnen Mehr- und MinderabfÅhrungen i.S.d. § 14 Abs. 4 KStG saldiert werden.6 Der Wortlaut der Vorschrift steht dieser Ansicht nicht entgegen, in Satz 1 wird die Bildung eines besonderen Ausgleichspostens angeordnet. Dieser Posten ist mE durch Saldierung fortzuentwickeln. Danach kommt es zu einer Saldierung von Mehr- und MinderabfÅhrungen einer Organgesellschaft i.S.d. § 14 Abs. 4 KStG. Diese Vorgehensweise fÅhrt nicht zu einer Verletzung des Grundsatzes der Einmalbesteuerung (Rz. 14.5). FÅr diese Ansicht spricht auch das in Satz 6 geregelte Regelbeispiel, wonach fÅr die Identifizierung einer Mehr- oder MinderabfÅhrung die HÇhe des abgefÅhrten Gewinns mit dem Steuerbilanzgewinn zu vergleichen ist (Rz. 14.11).7

1 MehrabfÅhrungen und MinderabfÅhrungen. 2 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 1216; DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 442; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 764; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 KStG Rz. 422. 3 Vorlagebeschluss BFH v. 6.6.2013 – I R 38/11, FR 2013, 1140 = DStR 2013, 1986 (1990) – Az. des BVerfG: 2 BvL 7/13; so auch Vorinstanz FG DÅsseldorf v. 15.4.2013 – 6 K 4270/10 K,F, FR 2013, 898 m. Anm. Prinz = BB 2013, 1902. 4 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 1040; DÇtsch/G. Witt, Der Konzern 2007, 190; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 568; ausfÅhrlich von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 353; HÇtzel, JbFStR 2012/2013, 137; Krinninger/Helm, BB 2005, 1191; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 422. 5 DÇtsch, Ubg 2008, 117; Lang, NWB 2009, 118; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 460; wohl auch Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 571. 6 Breier, Der Konzern 2011, 84; Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 1040; von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 351; wohl auch Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 422. 7 BMF v. 15.7.2013 – IV C 2 - S 2770/07/10004:004 – DOK 2013/0457677, BStBl. I 2013, 921 = FR 2013, 772; von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 351.

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D. Rechtsfolgen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung

D. Rechtsfolgen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung I. Rechtsgrundlagen Bei Vorliegen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung mit Ursache in vororganschaftlicher Zeit ergeben sich die Rechtsfolgen aus § 14 Abs. 3 KStG, bei Vorliegen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung mit Ursache in (inner-)organschaftlicher Zeit ergeben sich die (unmittelbaren) Rechtsfolgen aus § 14 Abs. 4, § 27 Abs. 6 KStG.

14.22

II. Mehr- oder MinderabfÅhrung mit Ursache in vororganschaftlicher Zeit 1. Vororganschaftliche MehrabfÅhrung a) Organgesellschaft verfÅgt Åber ausschÅttbaren Gewinn In Abhngigkeit davon, ob bei der Organgesellschaft ausschÅttbarer Gewinn nach § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG (in HÇhe des MehrabfÅhrungsbetrags) vorliegt, kÇnnen sich unterschiedliche Steuerwirkungen ergeben.

14.23

Fiktive GewinnausschÅttung der Organgesellschaft. Eine vororganschaftliche MehrabfÅhrung gilt nach § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG als GewinnausschÅttung der Organgesellschaft an den Organtrger. Die GewinnausschÅttung gilt zum Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft als erfolgt (Abs. 3 Satz 3). Dies bedeutet, dass in HÇhe des MehrabfÅhrungsbetrags fÅr Besteuerungszwecke vom Vorliegen einer GewinnausschÅttung der Organgesellschaft (und nicht von einer GewinnabfÅhrung) auszugehen ist. Die steuerliche Behandlung der (fiktiven) GewinnausschÅttung hngt davon ab, ob bei der Organgesellschaft (steuerlicher) ausschÅttbarer Gewinn nach § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG vorliegt. Soweit dies der Fall ist, hat die MehrabfÅhrung die Folgen einer „normalen“ (offenen) GewinnausschÅttung (andernfalls liegt eine EinlagenrÅckgewhr vor, Rz. 14.28).1 Beim Organtrger unterliegt die (fiktive) AusschÅttung in Abhngigkeit von der Rechtsform des Organtrgers der Einkommen- oder KÇrperschaftsteuer (TeileinkÅnfteverfahren oder § 8b KStG-Besteuerung) und der Gewerbesteuer (Rz. 14.27).

14.24

KÇrperschaftsteuerminderung oder -erhÇhung bei Organgesellschaft. Bei der Organgesellschaft kann die MehrabfÅhrung (in Altfllen) eine KÇrperschaftsteuerminderung (§ 37 Abs. 2 KStG) oder eine KÇrperschaftsteuererhÇhung (§ 38 Abs. 2 KStG) auslÇsen.

14.25

Kapitalertragsteuer. Im Grundsatz hat die Organgesellschaft Kapitalertragsteuer einzubehalten (§ 44 Abs. 7 Satz 1 EStG). Die Steuer entsteht

14.26

1 Dazu Pache in HHR, § 14 KStG Anm. 322; DÇtsch/Pung, Der Konzern 2005, 37 (39); Prinz in Prinz/Kanzler, NWB BilStRecht, Rz. 1731.

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Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

mit der Feststellung der Handelsbilanz, sptestens acht Monate1 nach Ablauf des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft. Dabei muss die Organgesellschaft als Schuldnerin der Kapitalertrge die Kapitalertragsteuer gem. § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG iVm. § 44 Abs. 7 Satz 3 EStG fÅr den Organtrger abfÅhren. Zustndig ist das Finanzamt, das auch fÅr die ertragsteuerliche Behandlung der Organgesellschaft zustndig ist.2 ME ist – wie bei einer „normalen“ (offenen) GewinnausschÅttung – keine Kapitalertragsteuer einzubehalten, wenn der Organtrger die Voraussetzungen einer Holding erfÅllt (vgl. § 44a Abs. 5 Satz 1 EStG). Die von der OFD MÅnster3 fÅr den Fall einer normalen (offenen) GewinnausschÅttung aufgestellten Grundstze dÅrften auch fÅr eine fiktive GewinnausschÅttung nach Abs. 3 gelten. Danach mÅssen die Kapitalertrge Betriebseinnahmen des Organtrgers und die festzusetzende Kapitalertragsteuer hÇher als die festzusetzende KÇrperschaftsteuer sein. Das ErfÅllen der Voraussetzungen ist durch eine Bescheinigung des fÅr den Glubiger zustndigen Finanzamts nachzuweisen.4

14.27 Gewerbesteuer. Die fiktive AusschÅttung unterliegt nach normalen Grundstzen der Gewerbesteuer. Dies gilt auch fÅr die Anwendung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs (§ 8 Nr. 5 iVm. § 9 Nr. 2a GewStG).5 Bei Nicht-Vorliegen der Voraussetzungen des Schachtelprivilegs kann die MehrabfÅhrung eine (ggf. erhebliche) Gewerbesteuerbelastung zur Folge haben. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des Schachtelprivilegs und unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des FG MÅnster6 kann der MehrabfÅhrungsbetrag bei einem Kapitalgesellschafts-Organtrger, der zugleich Organgesellschaft im Verhltnis zu einem Åbergeordneten (Ober-)Organtrger ist (mehrstufige Organschaftskette), mE vollumfnglich – also einschließlich der 5 % nicht abziehbaren Betriebsausgabe nach § 8b Abs. 5 KStG und entgegen § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG – gekÅrzt werden.7 b) Organgesellschaft verfÅgt nicht Åber ausschÅttbaren Gewinn und es besteht ein positives Einlagekonto

14.28 Eine vororganschaftliche MehrabfÅhrung gilt nach § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG als GewinnausschÅttung der Organgesellschaft an den Organtrger. Dabei gilt – wie bei einer „normalen“ (offenen) GewinnausschÅttung – die Verwendungsreihenfolge des § 27 Abs. 1 KStG (Regel: Gewinnaus1 Kritisch Suchanek, INF 2005, 21. 2 Pache in HHR, § 14 KStG Anm. 306; Prinz in Prinz/Kanzler, NWB Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht2, Rz. 1732. 3 OFD MÅnster v. 20.10.2011 – S 2400 - 44 - St 22 - 31, juris. 4 Lindberg in BlÅmich, § 44a EStG Rz. 30. 5 OFD Kiel v. 25.9.2000 – G 1425 A - St 261, juris. 6 FG MÅnster v. 14.5.2014 – 10 K 1007/13 G, GmbHR 2014, 1115 m. Anm. Demel/Sundheimer = ISR 2014, 276 m. Anm. BÇhmer = BB 2014, 1830 – Rev. I R 39/14. 7 So auch Pyszka/Nienhaus, DStR 2014, 1585 (1587).

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D. Rechtsfolgen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung

schÅttung der Gesellschaft wird aus ausschÅttbarem Gewinn gespeist, erst nach „Verbrauch“ des ausschÅttbaren Gewinns gilt das Einlagekonto als verwendet). VerfÅgt die Organgesellschaft nicht Åber ausschÅttbaren Gewinn, gilt das steuerliche Einlagekonto als verwendet (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG). Es ist mE auf den Bestand des ausschÅttbaren Gewinns und des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres abzustellen. Die vororganschaftliche MehrabfÅhrung hat im Ergebnis die Wirkung einer fiktiven EinlagenrÅckgewhr: Bei der Organgesellschaft ist das steuerliche Einlagekonto zu mindern, eine Verpflichtung zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer besteht nicht.1 Beim Organtrger ist der steuerliche Buchwert der Organbeteiligung zu kÅrzen.2 bersteigt der MehrabfÅhrungsbetrag den Buchwert der Organbeteiligung ergibt sich ein (fiktiver Verußerungs-)Gewinn (in Abhngigkeit von der Rechtsform des Organtrgers findet § 8b Abs. 2 KStG Anwendung). Bei Vorliegen sperrfristbehafteter Anteile (§ 22 Abs. 1 UmwStG) kann es nach Auffassung der Finanzverwaltung zur Entstehung eines Einbringungsgewinns kommen (§ 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG).3 2. Vororganschaftliche MinderabfÅhrung Eine vororganschaftliche MinderabfÅhrung ist als Einlage des Organtrgers in die Organgesellschaft zum Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft zu behandeln (§ 14 Abs. 3 Stze 2 und 3 KStG). Dies bedeutet, dass sich beim Organtrger und bei der Organgesellschaft die Steuerwirkungen ergeben, die sich im Fall einer „echten“ (verdeckten) Einlage des Betrags der MehrabfÅhrung ergeben wÅrden. Beim Organtrger ist der steuerliche Buchwert der Organbeteiligung in HÇhe des MehrabfÅhrungsbetrags zu erhÇhen, bei der Organgesellschaft ist der Bestand des steuerlichen Einlagekontos zu erhÇhen. Sofern andere Steuertatbestnde an das Vorliegen einer Einlage anknÅpfen, kÇnnen sich mE auch insoweit Auswirkungen ergeben (vgl. Sanierungsregelung des § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 KStG4: „[...] der KÇrperschaft durch Einlagen wesentliches BetriebsvermÇgen zugefÅhrt wird. [...]“).

1 Ott, DStR 2014, 673 (674). 2 Ott, DStR 2014, 673 (674). 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 22.24 aE. 4 Die Vorschrift findet nur unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 7c KStG Anwendung.

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14.29

Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

III. Mehr- oder MinderabfÅhrung mit Ursache in (inner-)organschaftlicher Zeit 1. Innerorganschaftliche MehrabfÅhrung a) Bildung eines Ausgleichspostens in der Steuerbilanz des Organtrgers

14.30 Bei Vorliegen einer MehrabfÅhrung i.S.d. § 14 Abs. 4 KStG ist in der Steuerbilanz des Organtrgers ein besonderer passiver Ausgleichsposten zu bilden (§ 14 Abs. 4 Satz 1 KStG). Eine Minderung des Buchwerts der Organbeteiligung – statt Bildung eines besonderen Postens – ist nach dem Wortlaut des Gesetzes („besonderer Ausgleichsposten“) nicht zulssig.1 Der Ausgleichsposten ist in der Steuerbilanz des Organtrgers zu bilden, eine außerbilanzielle Bildung des Postens ist unzulssig (vor Inkrafttreten von Abs. 4 war der Ausgleichsposten nach Auffassung des BFH2 außerhalb der Steuerbilanz zu bilden). Sofern der Organtrger keine Steuerbilanz aufstellt, ist der Ausgleichsposten in der berleitungsrechnung nach § 60 Abs. 2 EStDV zu bilden.3 Die Bildung des Ausgleichspostens in der Steuerbilanz hat keine Auswirkungen auf die Handelsbilanz des Organtrgers. Der Ausgleichsposten ist nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG nur beim Organtrger zu bilden, nicht in der Steuerbilanz einer anderen Person (zB keine Bildung in der Steuerbilanz der Zwischengesellschaft bei mittelbarer Organschaft).4 Die Bildung eines Ausgleichspostens ist auch noch im Rahmen einer BetriebsprÅfung (rÅckwirkend) mÇglich.5

14.31 Ausgleichsposten ist ggf. nur anteilig zu bilden. Ein organschaftlicher Ausgleichsposten ist in HÇhe des Betrags zu bilden, der dem Verhltnis der Beteiligung des Organtrgers am Nennkapital der Organgesellschaft entspricht (§ 14 Abs. 4 Satz 1 KStG). Bei der Beteiligung kann es sich auch um eine mittelbare Beteiligung handeln, Satz 1 stellt nicht auf eine unmittelbare Beteiligung ab.6 Dabei ist im Fall einer mittelbaren Beteiligung durchzurechnen, dh. auch vermittelnde Gesellschaften sind einzubeziehen. Eine Mehrheit der Stimmrechte an der vermittelnden Gesellschaft ist nicht erforderlich.7 Andernfalls wÅrde eine Doppel- oder Nichtbesteuerung im Organkreis nicht vermieden.

1 DÇtsch, Ubg 2008, 117. 2 BFH v. 29.10.2008 – I R 31/08, BFH/NV 2009, 791 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 488; von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 353. 4 ZB keine Bildung eines Postens in der Steuerbilanz einer Zwischengesellschaft bei mittelbarer Organschaft; aA Bosch in Preißer/Pung, Die Besteuerung der Pers- und KapGes., C VI. Rz. 255. 5 von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 353. 6 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 565; Frotscher, Der Konzern 2007, 34; Heurung/Seidel, Der Konzern 2009, 400; Kolbe, StuB 2008, 293; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 447. 7 So wohl auch Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 534; Frotscher, Der Konzern 2007, 34.

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Zeitpunkt der Postenbildung. Der Zeitpunkt der Postenbildung ist in Abs. 4 nicht bestimmt. Nach einer Auffassung soll der Posten zum Stichtag der Steuerbilanz zu bilden sein.1 Dies kÇnne dazu fÅhren, dass bei Verußerung der Organbeteiligung zum 31.12.06 trotz Vorliegens einer MehrabfÅhrung im Jahr 6 noch kein Ausgleichsposten zum 31.12.06 bestehe. Der Posten sei erst eine juristische Sekunde spter zu bilden, also nach Verußerung der Organbeteiligung. ME ist ein Ausgleichsposten im Zeitpunkt der Mehr- oder MinderabfÅhrung zu bilden. Wenn das Wirtschaftsjahr des Organtrgers und das der Organgesellschaft dem Kalenderjahr entsprechen, ist dies der 31.12. Besteht fÅr ein Wirtschaftsjahr eine Organschaft (zB Jahr 06), verußert der Organtrger die Organbeteiligung mit Ablauf des Wirtschaftsjahrs (zB 31.12.06) und liegt fÅr das Wirtschaftsjahr (zB Jahr 06) eine Mehr- oder MinderabfÅhrung vor, ist fÅr eine juristische Sekunde ein Ausgleichsposten zu bilden und sogleich im Rahmen der Ermittlung des Ergebnisses aus der Verußerung der Organbeteiligung aufzulÇsen. Dieses Vorgehen folgt mE aus dem Zweck von Abs. 4, eine Doppel- oder Nichtbesteuerung im Fall einer innerorganschaftlichen Mehroder MinderabfÅhrung zu vermeiden.2

14.32

Postenbildung zu einer bestimmten Organbeteiligung. Ein Ausgleichsposten ist zu einer bestimmten Organbeteiligung zu bilden. Sofern ein Organtrger an mehreren Organgesellschaften beteiligt ist, sind die entsprechenden Ausgleichsposten zu unterscheiden, eine Saldierung scheidet aus. Wenn der Organtrger nur mittelbar an der Organgesellschaft beteiligt ist, ist der Posten zur Beteiligung an der Zwischengesellschaft zu bilden. Aus § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG ergibt sich nicht, ob ein (einziger) Ausgleichsposten pro Organbeteiligung zu bilden ist oder ob fÅr jede Ursache einer Mehr- oder MinderabfÅhrung ein Posten (jeweils fÅr die entsprechende Organbeteiligung) zu bilden ist. Satz 1 sieht bei Vorliegen von Mehr- oder MinderabfÅhrungen die Bildung eines (einzigen) Ausgleichspostens vor. Satz 2 spricht allerdings von den besonderen Ausgleichsposten, dh. nach Satz 2 kÇnnen mehrere Ausgleichsposten bestehen. Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung ist fÅr jede Ursache einer Mehr- oder MinderabfÅhrung ein separater Ausgleichsposten zu bilden.3 Eine Saldierung von organschaftlichen Minder- und MehrabfÅhrungen scheidet danach aus. In der Steuerbilanz des Organtrgers werden die einzelnen aktiven Ausgleichsposten addiert und als ein einziger aktiver Ausgleichsposten abgebildet, die einzelnen passiven Ausgleichsposten werden als ein einziger passiver Ausgleichsposten ausgewiesen. In der Praxis setzt diese Auffassung eine komplexe „Ausgleichspostennebenrechnung“ auf Ebene des Organtrgers voraus. ME ergibt sich aus dem Zweck des

14.33

1 Breier, Der Konzern 2011, 11. 2 von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 353. 3 DÇtsch, Ubg 2008, 117; Lang, NWB 2009, 118; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 460; wohl auch Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 571.

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Mehr- und MinderabfÅhrungen

Abs. 4, dass ein Organtrger stets nur einen einzigen Ausgleichsposten pro Organbeteiligung bilden muss.1 Es kann sich um einen aktiven oder um einen passiven Ausgleichsposten handeln. Dieser Posten ist fortzuentwickeln und bei Verußerung der Organbeteiligung aufzulÇsen. Wenn eine organschaftliche MehrabfÅhrung einen bestehenden aktiven Ausgleichsposten Åbersteigt, wandelt sich der aktive zu einem passiven Ausgleichsposten.2 Entsprechendes gilt bei einer MinderabfÅhrung, die einen bestehenden passiven Ausgleichsposten Åbersteigt.

14.34 Einkommensneutrale Postenbildung. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG ist ein Ausgleichsposten in der Steuerbilanz zu bilden. Die Bildung des Postens vollzieht sich mE Steuerbilanzgewinn mindernd oder erhÇhend.3 Da die Postenbildung einkommensneutral erfolgt,4 ist eine außerbilanzielle Korrektur vorzunehmen (Bildung aktiver Ausgleichsposten: ErhÇhung des Steuerbilanzgewinns ist außerbilanziell durch KÅrzung zu neutralisieren; Bildung passiver Ausgleichsposten: Minderung des Steuerbilanzgewinns ist außerbilanziell durch Hinzurechnung zu neutralisieren).

14.35 Auswirkung auf das steuerbilanzielle Eigenkapital des Organtrgers. Nach Auffassung des BFH erhÇht ein aktiver Ausgleichsposten nicht das steuerliche Eigenkapital des Organtrgers fÅr Zwecke des § 10 Satz 1 UmwStG 2002.5 Das Gericht lsst allerdings offen, ob die Einordnung eines Postens als bloße steuerliche Bilanzierungshilfe durchgngig dessen Zuordnung zum steuerbilanziellen Eigenkapital ausschließt. Die Finanzverwaltung geht zumindest fÅr bewertungs- und erbschaftsteuerliche Zwecke davon aus, dass ein Ausgleichsposten Eigenkapitalcharakter hat.6 1 von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 353; Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 143. 2 Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 143. 3 von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 355. 4 Eine Auffassung, wonach ein Ausgleichsposten einkommenswirksam zu bilden ist, widersprche zunchst dem Gesetzeswortlaut. Denn in Satz 3 Satz 1 ist bestimmt, dass sich das Einkommen des Organtrgers in Folge einer AuflÇsung von Ausgleichsposten im Rahmen einer Verußerung der Organbeteiligung erhÇht oder verringert. Daraus kann im Umkehrschluss abgeleitet werden, dass sich das Einkommen bei der Bildung von Ausgleichsposten nicht erhÇht oder verringert (Bareis, FR 2008, 649; Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG Rz. 196g; DÇtsch in D/J/P/W, § 14 KStG Rz. 491; von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 355; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 313; Kolbe, StuB 2008, 293; Lang, NWB 2009, 118; MÅller in MÇssner/Seeger, § 14 KStG Rz. 443/1; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 449; Teller in Kanzler/Nacke, Steuergesetzgebung 2007/2008, 258, 260; Reiß, Der Konzern 2008, 9; Schumacher in FS Schaumburg, 477 (481); Suchanek/Herbst, FR 2008, 112). Weiterhin ließe eine solche Auffassung auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift unberÅcksichtigt. Der Gesetzgeber wollte durch Abs. 4 die bisherige Verwaltungsauffassung vergesetzlichen, dies umfasst auch die einkommensneutrale Bildung von Ausgleichsposten (vgl. BT-Ds. 16/7036, 20 f.). 5 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285. 6 R B 11.3 Abs. 4 und R B 103.1 Abs. 2 ErbStR 2011; Prinz in Prinz/Kanzler, NWB Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht2, Rz. 1707.

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D. Rechtsfolgen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung

ME fÅhrt die Bildung eines Ausgleichspostens in der Steuerbilanz des Organtrgers zu einer ErhÇhung des steuerbilanziellen VermÇgens des Organtrgers.1 Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der bisherigen Auffassung des BFH, wonach ein Ausgleichsposten außerhalb der Steuerbilanz als Erinnerungsposten zu bilden war, die Postenbildung in der Steuerbilanz geregelt. Eine Postenbildung in der Steuerbilanz wirkt sich zwangslufig auf die HÇhe des steuerbilanziellen BetriebsvermÇgens aus. Ein aktiver Ausgleichsposten erhÇht das steuerbilanzielle VermÇgen des Organtrgers, ein passiver Ausgleichsposten mindert es. Die Bildung von organschaftlichen Ausgleichsposten wirkt sich also unmittelbar auf den Steuerbilanzgewinn des Organtrgers (und damit auch auf dessen steuerbilanzielles Eigenkapital) aus. Die Auswirkung auf den Steuerbilanzgewinn ist außerbilanziell zu korrigieren. Bei Zugrundelegung dieser Auffassung wirkt sich die Bildung von Ausgleichsposten auch auf die Anwendung anderer Tatbestnde, fÅr deren Anwendung die HÇhe des Steuerbilanzgewinns oder des steuerbilanziellen Eigenkapitals Bedeutung hat, aus (vgl. zB § 34a EStG)2. Saldierung von Ausgleichsposten. Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung ist fÅr jede Ursache einer Mehr- oder MinderabfÅhrung ein separater Ausgleichsposten zu bilden.3 In der Praxis wÅrde diese Auffassung eine „Ausgleichspostennebenrechnung“ auf Ebene des Organtrgers voraussetzen. ME ergibt sich aus dem Zweck des Abs. 4, dass ein Organtrger stets nur einen einzigen Ausgleichsposten pro Organbeteiligung zu bilden hat.4 Dieser Posten ist fortzuentwickeln und im Fall der Verußerung der Organbeteiligung aufzulÇsen. Dieser Auffassung steht der missverstndliche Wortlaut von Abs. 4 nicht entgegen, wonach fÅr mehrere Minder- und MehrabfÅhrungen nur ein einziger Ausgleichsposten zu bilden ist (Satz 1), im Fall einer Verußerung der Organbeteiligung jedoch „die besonderen Ausgleichsposten“ (Satz 2) aufzulÇsen sind. Der Widerspruch ist im Rahmen einer Auslegung des Gesetzes mit Blick auf den Telos der Norm zu beseitigen. Im brigen regelt Abs. 4 nicht eine einkommensneutrale AuflÇsung von Ausgleichsposten (Rz. 14.56). Deshalb kann zB ein aktiver Ausgleichposten, der in Folge einer MinderabfÅhrung i.S.d. Abs. 4 gebildet worden ist, einkommensneutral nur durch Saldierung mit einer spteren MehrabfÅhrung i.S.d. Abs. 4 wieder aufgelÇst werden.

1 Breier, Der Konzern 2011, 11. 2 AusfÅhrlich von Freeden/Rogall, FR 2009, 785. 3 DÇtsch, Ubg 2008, 117; Lang, NWB 2009, 118; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 460; wohl auch Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 KStG Rz. 571. 4 von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 353; Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 143.

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14.36

Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

b) Minderung des steuerlichen Einlagekontos der Organgesellschaft

14.37 Das steuerliche Einlagekonto der Organgesellschaft ist in HÇhe des Betrags der MehrabfÅhrung zu mindern (§ 27 Abs. 6 KStG). Dies gilt auch, wenn der Organtrger nicht zu 100 % am Nennkapital der Organgesellschaft beteiligt ist und deshalb nur ein anteiliger Ausgleichsposten in der Steuerbilanz des Organtrgers zu bilden ist (Rz. 14.31). Dabei kann der Bestand des Einlagekontos negativ werden (§ 27 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 2 KStG). 2. Innerorganschaftliche MinderabfÅhrung

14.38 Bei Vorliegen einer innerorganschaftlich verursachten MinderabfÅhrung ist in der Steuerbilanz des Organtrgers ein aktiver Ausgleichsposten zu bilden (§ 14 Abs. 4 Satz 1 KStG). Die Darstellung in Rz. 14.30 gilt fÅr die innerorganschaftliche MinderabfÅhrung entsprechend. Das steuerliche Einlagekonto der Organgesellschaft ist in HÇhe der MinderabfÅhrung zu erhÇhen (§ 27 Abs. 6 KStG). Die Darstellung in Rz. 14.37 gilt fÅr die innerorganschaftliche MinderabfÅhrung entsprechend.

E. AuflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten I. Einkommenswirksame AuflÇsung eines Ausgleichspostens 1. Tatbestand „Verußerung der Organbeteiligung“

14.39 Nach § 14 Abs. 4 Stze 2 bis 5 KStG sind organschaftliche Ausgleichsposten bei einer Verußerung der Organbeteiligung oder bei Vorliegen eines vergleichbaren Sachverhalts einkommenswirksam aufzulÇsen.

14.40 Verußerung. Eine Verußerung i.S.d. Satzes 2 ist eine entgeltliche bertragung des wirtschaftlichen Eigentums der Organbeteiligung durch den Organtrger oder seinen Rechtsnachfolger auf einen anderen Rechtstrger.1 Satz 2 setzt nicht voraus, dass eine Organschaft besteht. Der Verußerer muss im Zeitpunkt der Verußerung nicht mehr Organtrger sein (zB wurde die Organschaft vor Verußerung beendet), der Verußerer kann im Zeitpunkt der Verußerung auch außenstehender Gesellschafter sein (zB ist Dritter nach anteiliger Verußerung der Organbeteiligung neuer Organtrger). Tatbestandsmßig sind auch Tausch, tauschhnliche Rechtsgeschfte und das Vorliegen einer Verußerungsfiktion (zB § 12 Abs. 1 Satz 1 KStG). Nicht tatbestandsmßig ist mE eine Verußerung von Anteilen an die Organgesellschaft, wenn durch diese Transaktion die Beteiligungsquote des Organtrgers i.S.d. Abs. 4 unverndert bleibt.2 Im 1 ZB BFH v. 11.7.2006 – VIII R 32/04, BStBl. II 2007, 296 = FR 2007, 251. 2 von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 356.

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E. AuflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten

Fall einer mittelbaren Organschaft soll nach Auffassung der Finanzverwaltung eine tatbestandliche Verußerung der Organbeteiligung nicht vorliegen, wenn (nur) die Zwischengesellschaft ihre Beteiligung an der Organgesellschaft verußert (Rz. 14.67).1 Betriebsaufgabe. Eine Betriebsaufgabe gilt nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG als Verußerung, Satz 2 ist anwendbar.

14.41

Anteilige Verußerung. Auch eine anteilige Verußerung der Organbeteiligung durch den Organtrger soll eine tatbestandsmßige Verußerung sein.2 Ein Ausgleichsposten soll in diesem Fall anteilig aufzulÇsen sein. Die Auffassung ist mE konsequent, wenn man davon ausgeht, dass ein Ausgleichsposten ein Korrekturposten zum Buchwert der Organbeteiligung ist. Qualifiziert man einen Ausgleichsposten – wie der BFH3 – dagegen nur als steuerliche Bilanzierungshilfe, kÇnnte man unter BerÅcksichtigung des Wortlauts von Satz 2 („Verußerung der Organbeteiligung“) vertreten, dass ein bestehender Ausgleichsposten erst bei vollstndiger Verußerung der Organbeteiligung aufzulÇsen ist.4 Satz 2 sieht – anders als Satz 1 fÅr die Bildung eines Ausgleichspostens (Rz. 14.31) – keine anteilige AuflÇsung vor.

14.42

Abstockung der Organbeteiligung. Wenn die anteilig verußerten (und identifizierbaren) Anteile an der Organgesellschaft nach der Bildung eines Ausgleichspostens (zur Beteiligungsaufstockung Rz. 14.59) erworben worden sind (Neu-Anteile), stellt sich die Frage, ob auch in diesem Fall der Ausgleichsposten aufzulÇsen ist. Bei Zugrundelegung der Auffassung des BFH, wonach ein Ausgleichposten eine steuerliche Bilanzierungshilfe ist,5 dÅrfte eine anteilige AuflÇsung zu bejahen sein. Geht man dagegen davon aus, dass der Ausgleichsposten ein Korrekturposten zum Beteiligungsbuchwert (der Alt-Anteile) ist, wre eine anteilige PostenauflÇsung abzulehnen.6

14.43

Verußerung von Anteilen an einer Organtrger-Personengesellschaft. Ein Ausgleichsposten ist (ggf. anteilig) aufzulÇsen, wenn ein Gesellschafter einer Organtrger-Personengesellschaft seine Beteiligung verußert.7 Personengesellschaften unterliegen fÅr Einkommen- und KÇrperschaftsteuerzwecke dem Transparenzprinzip, der Mitunternehmeranteil des Gesell-

14.44

1 FinMin. Schl.-Holst. v. 8.12.2011 – VI 3011 - S 2770 - 054, DStR 2012, 1607; Breier, Der Konzern 2011, 11. 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 523; Erle/Heurung in Erle/ Sauter3, § 14 KStG Rz. 556 und 559; von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 356; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 899; Kolbe, StuB 2008, 293. 3 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285. 4 Vgl. Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 556. 5 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285. 6 Mische/Recnik, BB 2012, 1015. 7 Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 593; von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 356; Wacker in Schmidt, EStG34, § 16 Rz. 161.

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Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

schafters ist die Summe der Anteile des Gesellschafters an den WirtschaftsgÅtern der Mitunternehmerschaft.1 Danach umfasst der Mitunternehmeranteil auch die zum GesamthandsvermÇgen der Organtrger-PersGes gehÇrende Organbeteiligung. Bei der Verußerung eines Mitunternehmeranteils ist aus steuerlicher Sicht nicht der Anteil an der Gesellschaft Verußerungsgegenstand, sondern der ideelle Anteil des Verußerers an den einzelnen WirtschaftsgÅtern des GesamthandsvermÇgens, ua. der ideelle Anteil an der Organbeteiligung.2

14.45 Umwandlungen. Die FinVerw. behandelt Umwandlungen als Verußerungen.3 Im Grundsatz wre ein Ausgleichsposten somit nach § 14 Abs. 4 Satz 2 KStG aufzulÇsen, wenn die Organbeteiligung (ggf. anteilig) im Rahmen einer Umwandlung auf einen neuen Rechtstrger Åbertragen wird. Nach dem Umwandlungssteuererlass ist ein Ausgleichsposten bei Verschmelzung, Spaltung und Formwechsel des Organtrgers sowie bei Ausgliederung der Organbeteiligung jedoch nicht aufzulÇsen, wenn die Organschaft fortgefÅhrt wird und steuerliche Buchwerte angesetzt werden.4 Dies soll auch im Fall einer Abspaltung von VermÇgen aus der Organgesellschaft unter Ansatz steuerlicher Buchwerte gelten, wenn die Organschaft fortgefÅhrt wird, sowie im Fall einer Ausgliederung und im Fall eines homogenen Formwechsels.5 2. Tatbestand „Vergleichbarer Sachverhalt“

14.46 Nach § 14 Abs. 4 Satz 2 KStG sind im Fall einer Verußerung der Organbeteiligung die besonderen Ausgleichsposten aufzulÇsen. Nach Satz 5 sind insbesondere die Umwandlung der Organgesellschaft auf eine Personengesellschaft oder eine natÅrliche Person, die verdeckte Einlage der Beteiligung an der Organgesellschaft und die AuflÇsung der Organgesellschaft einer Verußerung gleichgestellt, dh. das Vorliegen einer Transaktion i.S.d. Satzes 5 lÇst die Rechtsfolgen der Stze 2-4 aus. Bei der Aufzhlung in Satz 5 handelt es sich um Regelbeispiele,6 die Aufzhlung der Sachverhalte ist nicht abschließend.

14.47 Umwandlung der Organgesellschaft auf eine Personengesellschaft oder eine natÅrliche Person. Die Umwandlung der Organgesellschaft auf eine Personengesellschaft oder eine natÅrliche Person kann in Form eines Formwechsels oder einer Verschmelzung erfolgen. Unbeachtlich ist, ob 1 BFH v. 25.2.1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691 = FR 1991, 270 m. Anm. Schwichtenberg. 2 Stuhrmann in BlÅmich, § 16 EStG Rz. 143. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314; vgl. dazu Heurung/MÅller-Thomczik, StB 2013, 111. 4 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.05, 06, 07, 08, 10, 16 und 17. 5 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.21, 22 und 24. 6 Kolbe, StuB 2008, 293.

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E. AuflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten

die Transaktion unter Ansatz des Buchwerts, eines Zwischenwerts oder des gemeinen Werts erfolgt. Bestehende Ausgleichsposten sind nach Stzen 2-4 aufzulÇsen. Verdeckte Einlage der Beteiligung an der Organgesellschaft. Tatbestandsmßig ist wie bei § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG und § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStG die verdeckte Einlage der Organbeteiligung in eine andere Kapitalgesellschaft.1 Die Regelung entspricht insoweit § 8b Abs. 2 Satz 6 KStG. Die verdeckte Einlage der Organbeteiligung in eine Personengesellschaft soll bei Ansatz des steuerlichen Buchwerts nicht tatbestandsmßig sein.2

14.48

AuflÇsung der Organgesellschaft. Eine AuflÇsung der Organgesellschaft i.S.d. Satzes 5 liegt mit Fassen des Beschlusses Åber die AuflÇsung der Gesellschaft vor.3

14.49

Weitere Fallgruppen. Durch das Merkmal „insbesondere“ in § 14 Abs. 4 Satz 5 KStG ist klargestellt, dass die Aufzhlung in Satz nicht abschließend ist, dh. weitere Transaktionen sind einer Verußerung der Organbeteiligung gleichzustellen. In Betracht kommen die folgenden Transaktionen: Beschrnkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland nach § 12 Abs. 1 KStG;4 Hochverschmelzung der Organgesellschaft auf den Organtrger unter Ansatz gemeiner Werte oder steuerlicher Buchwerte;5 Hinabverschmelzung des Organtrgers auf die Organgesellschaft.

14.50

Keine Transaktionen i.S.d. § 14 Abs. 4 Satz 5 KStG. Die folgenden Transaktionen sind kein Anwendungsfall von Satz 5: Einkommensneutrale AuflÇsung von Ausgleichsposten in Folge einer sog. gegenlufigen Mehroder MinderabfÅhrung; Beendigung eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags.6

14.51

3. Rechtsfolge a) AuflÇsung des Ausgleichspostens PostenauflÇsung. Bei Vorliegen einer Verußerung i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 2 KStG sind bestehende Ausgleichsposten aufzulÇsen. ME ist nach Satz 1 nur ein Posten fÅr jede Organbeteiligung zu bilden und fortzuentwickeln. Deshalb kann es nach Satz 2 nur zur AuflÇsung eines Postens kommen. Weitere Rechtsfolgen ergeben sich aus Satz 3 und 4. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen Ausgleichsposten, die vor Inkrafttreten des § 8b 1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 526. 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 526 mit Hinweis auf § 6 Abs. 5 Stze 3-5 EStG. 3 § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG; kritisch mit Blick auf den Zeitpunkt der AuflÇsung des Ausgleichspostens, Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 903. 4 Suchanek/Herbst, FR 2008, 112 (115) Fn. 30; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 566; mE zweifelhaft mit Blick auf EU-Recht. 5 Schumacher in FS Schaumburg, 477 (483), AuflÇsung der Ausgleichsposten erfolgt in diesem Fall bei der Ermittlung des bernahmeergebnisses. 6 R 63 Abs. 3 Satz 1 KStR 2004; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 462.

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14.52

Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

KStG gebildet worden sind und solchen, die danach gebildet worden sind.1 Die AuflÇsung der Ausgleichsposten erfolgt nach Satz 2 im Zeitpunkt der Verußerung der Organbeteiligung. Gemeint sein dÅrfte der steuerliche Zeitpunkt der Verußerung, also der Zeitpunkt der bertragung des wirtschaftlichen Eigentums an der Beteiligung der Organgesellschaft bzw. der Zeitpunkt der Realisierung der steuerlichen stillen Reserven. Werden die steuerlichen stillen Reserven mit RÅckwirkung realisiert, ist auch der Ausgleichsposten mit RÅckwirkung auf den steuerlichen bertragungsstichtag aufzulÇsen. Andernfalls kÇnnte das Ergebnis aus der AuflÇsung des Ausgleichspostens nicht nach der Nettomethode im Rahmen der Ermittlung des Ergebnisses aus der Verußerung der Organbeteiligung erfolgen (zB Verschmelzung des Organtrgers unter Ansatz gemeiner Werte mit steuerlicher RÅckwirkung im Jahr 01, Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister im Jahr 02, AuflÇsung des Ausgleichspostens im Jahr 01).

14.53 Ermittlung des Ergebnisses aus der PostenauflÇsung. Im Gesetz ist nicht geregelt, wie das Ergebnis aus der PostenauflÇsung zu bestimmen ist. In Betracht kommt eine Ergebnisermittlung nach der Brutto- oder der Nettomethode. Unter BerÅcksichtigung der Tatsache, dass der BFH in seiner Entscheidung vom 29.8.20122 an seiner Rechtsauffassung zur Qualifizierung von Ausgleichsposten als steuerliche Bilanzierungshilfe festhlt, dÅrfte die Rechtsfrage in der Steuerpraxis streitbehaftet bleiben.3 Beispiel: Auswirkungen der Brutto- und Nettomethode4 Die Steuerbilanz der OT-GmbH weist einen aktiven Ausgleichsposten aus (200). OT verußert OG-Beteiligung fÅr 300 (Buchwert: 100), der aktive Ausgleichsposten ist einkommenswirksam aufzulÇsen. Folgende Alternativen zur Ermittlung des Ergebnisses aus der PostenauflÇsung sind denkbar: I Nettomethode 300 VerußerungserlÇs ./. Buchwert der Beteiligung

100

./. aktiver Ausgleichsposten

200

Verußerungsgewinn (keine Steuerbelastung) II

0

Bruttomethode VerußerungserlÇs

300

./. Buchwert der Beteiligung

100

Verußerungsgewinn davon steuerpflichtig (§ 8b Abs. 2, Abs. 3 KStG)

200 10

Verlust aus AusgleichspostenauflÇsung (nicht steuerwirksam, 200 § 8b Abs. 3 KStG)

Fraglich ist, welche Ermittlungsmethode anzuwenden ist. 1 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 912; kritisch bereits vor Inkrafttreten von Abs. 4 Nagel/Thies, GmbHR 2004, 35. 2 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285. 3 Vgl. dazu auch von Freeden/Joisten, Ubg 2014, 512. 4 Beispiel nach von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 356.

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E. AuflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten

Rechtsauffassungen zur Frage der Anwendung von Brutto- und Nettomethode: Bei Zugrundelegung der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung ist die Antwort nicht eindeutig. Das BMF unterscheidet mÇglicherweise zwischen passiven und aktiven Ausgleichsposten. Die EinkommenserhÇhung in Folge der AuflÇsung eines passiven Ausgleichspostens ist Teil des Gewinns aus der Verußerung der Organbeteiligung,1 die Einkommensminderung in Folge der AuflÇsung eines aktiven Ausgleichspostens ist nicht Teil des Gewinns aus der Verußerung der Organbeteiligung.2 Die OFD Frankfurt und die OFD Hannover haben bislang vertreten, dass der Betrag aus der AuflÇsung eines passiven oder aktiven Ausgleichspostens den Verußerungsgewinn oder -verlust erhÇhe bzw. mindere.3 Die Bruttomethode soll auch nach Inkrafttreten von Abs. 4 anzuwenden sein.4 Diese Methode soll auch den Rechnerprogrammen der Finanzverwaltung zu Grunde liegen.5 Nach einer anderen Auffassung ist die Nettomethode anzuwenden.6 In „Altfllen“ kann § 8b Abs. 4 KStG in der am 12.12.2006 geltenden Fassung anzuwenden sein.7 BegrÅndet wird diese Auffassung mit dem Wortlaut von Satz 4, der auf § 8b KStG verweise. Im brigen ergbe sich diese Auffassung zwingend aus dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfhigkeit und dem objektiven Nettoprinzip. Der BFH vertritt die Auffassung, dass es sich bei einem Ausgleichsposten um eine steuerliche Bilanzierungshilfe in Form eines steuerbilanziellen Merkpostens handelt.8 Offen ist, ob der BFH eine Anwendung der Bruttooder Nettomethode befÅrwortet.9

1 BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 = FR 2003, 528 Rz. 16, 25-27, Rz. 43 ff. 2 BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 = FR 2003, 528; so wohl auch Lang mit Blick auf Abs. 4, NWB 2009, 118. 3 OFD Frankfurt v. 8.11.2005 – S 2750a A - 8 - St II 1.01, DStR 2005, 2044; OFD Hannover v. 25.11.2005 – S 2750a - 21 - StO 241, juris, in der VerfÅgung der OFD Hannover wird auf Rz. 43 des BMF, Schr. v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 = FR 2003, 528 verwiesen, das unter Rz. 44 jedoch lediglich ein Beispiel zur AuflÇsung eines passiven Ausgleichspostens umfasst. 4 Lang, NWB 2009, 118; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 461 mit Hinweis auf BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03. 5 Breier, Der Konzern 2011, 11. 6 Bosch in Preißer/Pung, Die Besteuerung der Pers- und KapGes., C VI. Rz. 249 und 252 Beispiel 9 aE; Breier, Der Konzern 2011, 11; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 518 und 524; Heurung/Seidel, Der Konzern 2009, 400; MÅller in MÇssner/Seeger, § 14 KStG Rz. 439/1; MÅller in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, S. 199 Rz. 656 aE; Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 146; so wohl auch Haarmann in JbFStR 2008/2009, 253; Neumann/Stimpel, GmbHR 2008, 57. 7 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 912; Lang, NWB 2009, 118. 8 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285. 9 Vgl. Suchanek/Jansen/Hesse, Ubg 2013, 280.

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Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

Stellungnahme: Die Ermittlung des Ergebnisses aus der AuflÇsung eines aktiven oder passiven Ausgleichspostens erfolgt im Rahmen der Ermittlung des Ergebnisses aus der Verußerung der Organbeteiligung 1 oder bei der Ermittlung eines umwandlungssteuerrechtlichen bernahmegewinns oder -verlusts.2 Das Regelungsziel von Abs. 4 (Rz. 14.7), eine Doppel- oder Nichtbesteuerung zu vermeiden, wird nur durch Anwendung der Nettomethode sichergestellt. Eine Anwendung der Bruttomethode htte insoweit einen Verstoß gegen den Grundsatz der Einmalbesteuerung zur Folge. Dies gilt auch, wenn die Besteuerung des Gewinns aus der Verußerung der Organbeteiligung gesetzlichen Besonderheiten unterliegt (zB § 8b Abs. 4 KStG in der am 12.12.2006 geltenden Fassung; ggf. § 8b Abs. 7 KStG nach Beendigung der Organschaft). Bei Anwendung der Bruttomethode, wÅrde das Ergebnis aus der Verußerung der Organbeteiligung nach anderen Vorschriften besteuert werden als das Ergebnis aus der AuflÇsung eines Ausgleichspostens. Einer Anwendung der Nettomethode steht mE auch nicht der Wortlaut von Abs. 4 entgegen. Zwar kÇnnte der Verweis in Satz 4 auf § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG oder § 8b KStG dafÅr sprechen, dass der Gesetzgeber eine isolierte Ermittlung des Ergebnisses aus der AusgleichspostenauflÇsung in Erwgung gezogen hat. Allerdings wre bei diesem Gesetzesverstndnis unklar, unter welchen Voraussetzungen – und ob Åberhaupt – zB § 8b Abs. 4 KStG in der am 12.12.2006 geltenden Fassung anzuwenden sein soll. ME stellt der Verweis in Satz 4 sicher, dass im Fall einer zwingenden isolierten AuflÇsung eines Ausgleichspostens bei einer mittelbaren Organschaft (Rz. 14.67) das TeileinkÅnfteverfahren bzw. § 8b KStG anzuwenden ist. Vertritt man bei Vorliegen einer mittelbaren Organschaft die Auffassung, dass eine Verußerung der Organbeteiligung durch die Zwischengesellschaft eine Verußerung i.S.d. Satzes 2 ist, dann erfolgt die AusgleichspostenauflÇsung beim Organtrger isoliert, also außerhalb der Ermittlung eines Verußerungsgewinns auf Ebene der Zwischengesellschaft. Dies ist mE der einzige Fall einer Anwendung der Bruttomethode.3 b) EinkommenserhÇhung oder -minderung

14.54 Einkommenswirksamkeit der PostenauflÇsung. Nach § 14 Abs. 4 Satz 3 KStG erhÇht oder verringert sich das Einkommen des Organtrgers in Folge der AuflÇsung bestehender Ausgleichsposten. Satz 3 ergnzt die Rechtsfolge von Satz 2. Die Regelung bestimmt, dass die AuflÇsung von Ausgleichsposten einkommenswirksam ist. Eine EinkommenserhÇhung soll eine Nichtbesteuerung, eine Einkommensminderung soll eine Doppelbesteuerung von Organkreiseinkommen vermeiden. Die ErhÇhung oder Minderung des Einkommens erfolgt steuertechnisch dadurch, dass der im Rahmen der AuflÇsung eines Ausgleichspostens erhÇhte oder ver1 Vgl. von Freeden/Joisten, Ubg 2014, 512. 2 Schumacher in FS Schaumburg, 477 (483); Widmann in Widmann/Mayer, § 4 UmwStG Rz. 131. 3 von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 357.

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E. AuflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten

minderte Steuerbilanzgewinn des Organtrgers nicht außerbilanziell korrigiert wird. Geht man – wie mÇglicherweise der BFH1 – davon aus, dass die AuflÇsung des Ausgleichspostens das Steuerbilanzergebnis des Organtrgers unberÅhrt lsst, ist Satz 3 die Rechtsgrundlage fÅr eine außerbilanzielle EinkommenserhÇhung (AuflÇsung passiver Ausgleichsposten) bzw. Einkommensminderung (AuflÇsung aktiver Ausgleichsposten). Anwendung des TeileinkÅnfteverfahrens oder des § 8b KStG. Nach § 14 Abs. 4 Satz 4 KStG sind § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG oder § 8b KStG anzuwenden. Satz 4 ergnzt die Rechtsfolgen der Stze 2 und 3. Die Regelung bestimmt, dass auf das Ergebnis aus der AuflÇsung eines Ausgleichspostens in Abhngigkeit von der Rechtsform des Organtrgers § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG oder § 8b KStG anzuwenden sind. Das Ergebnis aus der AuflÇsung eines Ausgleichspostens wird danach so behandelt wie der Gewinn oder Verlust aus der Verußerung der Beteiligung an einer KapGes.

14.55

II. Keine Rechtsgrundlage fÅr eine einkommensneutrale AuflÇsung eines Ausgleichspostens Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG ist bei einer Mehr- oder MinderabfÅhrung ein Ausgleichsposten zu bilden. Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung war bei Vorliegen einer (zeitlich spteren) „gegenlufigen“ Mehr- oder MinderabfÅhrung ein bestehender Ausgleichsposten einkommensneutral aufzulÇsen, R 59 Abs. 1 Satz 4 KStR 2004. Beispiel: Einkommensneutrale AuflÇsung eines Ausgleichsposten T-GmbH als OG bildet im Jahr 1 eine GewinnrÅcklage iHv. 10. Die RÅcklagenbildung verursacht eine MinderabfÅhrung nach § 14 Abs. 4 KStG. M-AG als OT bildet in ihrer Steuerbilanz einen aktiven Ausgleichsposten (10). Im Jahr 2 lÇst OG die RÅcklage auf, so dass der abzufÅhrende Gewinn erhÇht wird. Der Steuerbilanzgewinn wird nicht berÅhrt, so dass der Sachverhalt eine MehrabfÅhrung iHv 10 verursacht. Es handelt sich um die „gegenlufige“ MehrabfÅhrung zur vorangegangenen MinderabfÅhrung. Nach bisheriger Verwaltungsauffassung hat OT keinen passiven Ausgleichsposten zu bilden, sondern den im Jahr 1 gebildeten aktiven Ausgleichsposten einkommensneutral aufzulÇsen.

Abs. 4 sieht eine einkommensneutrale AuflÇsung eines Ausgleichspostens nicht vor. Nach Satz 1 ist im Beispiel ein passiver Ausgleichsposten zu bilden. Dieser passive Posten ist mE mit dem aktiven Posten zu saldieren, so dass in der Steuerbilanz kein Ausgleichsposten mehr auszuweisen ist. Nach dem Wortlaut von Satz 1 kÇnnte – zustzlich zum bestehenden aktiven Ausgleichsposten – auch ein passiver Posten zu bilden sein. Beide Auffassungen htten bei der Postenbildung keine Einkommensauswirkung. Bei Verußerung der Organbeteiligung kÇnnten sich in Abhngigkeit von der Anwendung der Brutto- oder Nettomethode allerdings unter-

1 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285.

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14.56

Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

schiedliche Einkommensauswirkungen ergeben (siehe dazu Rz. 14.52, Rz. 14.53).

F. Einzelne Aspekte bei der Bildung und FortfÅhrung organschaftlicher Ausgleichsposten I. Rechtsnatur organschaftlicher Ausgleichspostens 14.57 In § 14 Abs. 4 KStG ist geregelt, dass bei einer Mehr- oder MinderabfÅhrung mit Ursache in (inner-)organschaftlicher Zeit1 in der Steuerbilanz des Organtrgers (einkommensneutral) ein passiver oder aktiver Ausgleichsposten zu bilden (Rz. 14.30; Rz. 14.38) und bei zB Verußerung der Organbeteiligung (einkommenswirksam) aufzulÇsen ist (Rz. 14.54). Da die Rechtsnatur des Ausgleichspostens gesetzlich nicht geregelt ist, ist unklar, wie sich die Bildung des Postens und seine steuerbilanzielle FortfÅhrung bis zur AuflÇsung auf die Anwendung anderer Tatbestnde auswirken. Im Folgenden werden einzelne Aspekte dieser Thematik dargestellt.

14.58 Die Bestimmung der Rechtsnatur des Ausgleichspostens hat Bedeutung fÅr die Frage, wie ein Ausgleichsposten whrend seines Bestehens im Rahmen von Transaktionen zu behandeln ist (zB Teilwertabschreibung auf aktiven Ausgleichsposten, Behandlung des Ausgleichspostens bei Umwandlungen, Verrechnung einer EinlagenrÅckgewhr der Organgesellschaft mit aktivem Ausgleichsposten). Die Rechtsnatur des Ausgleichspostens ist gesetzlich nicht geregelt. Nach Auffassung des BFH handelt es sich bei einem Ausgleichsposten i.S.d. Abs. 4 um eine steuerliche Bilanzierungshilfe in Form eines steuerbilanziellen Merkpostens,2 ein Wirtschaftsgut ist der Posten demnach nicht. Der ausschließliche Zweck der Bildung des Postens sei es, eine zweifache Besteuerung von Organkreiseinkommen zu vermeiden. Nach einer anderen – mE zutreffenden – Auffassung handelt es sich bei einem Ausgleichsposten um einen Korrekturposten zur Organbeteiligung.3 Der Charakter als Korrekturposten folgt aus dem Verweis in Satz 4 auf § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG und § 8b KStG. DarÅber hinaus folgt diese Sichtweise auch daraus, dass ein Ausgleichsposten in der Steuerbilanz zu bilden ist. Der Gesetzgeber hat durch die gesetzliche Anordnung einer Bildung des Ausgleichspostens in der Steuer1 § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG. 2 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = GmbHR 2012, 1308 = FR 2013, 285. 3 Bareis, FR 2008, 649; Bosch in Preißer/Pung, Die Besteuerung der Pers- und KapGes., C VI. Rz. 249; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 486; Erle/Heurung in Erle/Sauter3, § 14 KStG Rz. 512; von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 353; Heerdt, DStR 2009, 938; Lohmann/Heerdt, DB 2008, 1937; MÅller in MÇssner/Seeger, § 14 KStG Rz. 435; Reiß, Der Konzern 2008, 9.

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F. Einzelne Aspekte bei organschaftlichen Ausgleichsposten

bilanz – und nicht außerhalb der Steuerbilanz wie vom BFH bereits vor Inkrafttreten von Abs. 4 vertreten1 – deutlich gemacht, dass er der bisherigen Sichtweise des BFH nicht folgt. Dies sei bei der Auslegung von Abs. 4 unter BerÅcksichtigung seiner Entstehungsgeschichte zu beachten. DarÅber hinaus folgt mE auch aus § 95 Abs. 1 Satz 2 BewG aF, dass es sich bei einem Ausgleichsposten um einen Korrekturposten zum Beteiligungsbuchwert handelt. Nach dieser Vorschrift war ein Ausgleichsposten fÅr Bewertungszwecke nicht anzusetzen.2 Dieser Regelung lag der Gedanke zugrunde, dass der Ausgleichsposten ein Korrekturposten zum Beteiligungsbuchwert ist. Da eine Beteiligung an einer Organgesellschaft bewertungsrechtlich nicht mit dem Steuerbilanzwert, sondern dem BÇrsenkurs oder dem gemeinen Wert anzusetzen war, kam es auf den steuerlichen Buchwert – und einen den Buchwert korrigierenden Ausgleichsposten – nicht an. Begreift man den Ausgleichsposten als Korrekturposten zum Beteiligungsbuchwert, durfte der Ausgleichsposten – wie in § 95 Abs. 1 Satz 2 BewG aF bestimmt – nicht zustzlich neben dem gemeinen Wert der Beteiligung angesetzt werden.3

II. Aufstockung der Organbeteiligung Der Organtrger kann seine Beteiligung an der Organgesellschaft (Alt-Anteile, zB 75 %-Beteiligung) nach Bildung eines Ausgleichspostens durch Hinzuerwerb von weiteren Anteilen (Neu-Anteile, zB weitere 10 %-Beteiligung) aufstocken. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob der Ausgleichsposten zur Gesamtbeteiligung (Alt-Anteile + Neu-Anteile) oder nur zu den Alt-Anteilen besteht. Bedeutsam wird die Frage bei einer isolierten Verußerung der Neu-Anteile (Rz. 14.43). Der BFH, nach dessen Auffassung es sich bei einem Ausgleichsposten um eine steuerliche Bilanzierungshilfe handelt, kÇnnte von einem Zusammenhang zwischen Gesamtbeteiligung und Ausgleichsposten ausgehen. Vertritt man – mE zutreffend – die Auffassung, dass ein Ausgleichsposten ein Korrekturposten zum Buchwert der Organbeteiligung ist, kÇnnte man von einem Zusammenhang zwischen Ausgleichsposten und Alt-Anteilen ausgehen (zur AuflÇsung des Ausgleichspostens bei Abstockung).

14.59

III. Auswirkungen organschaftlicher Ausgleichsposten auf die Anwendung anderer Tatbestnde Den organschaftlichen Ausgleichsposten kann auf Grund der in § 14 Abs. 4 KStG angeordneten Bildung in der Steuerbilanz auch fÅr die laufende Besteuerung des Organtrgers materielle Bedeutung zukommen. 1 BFH v. 7.2.2007 – I R 5/05, BStBl. II 2007, 796 = FR 2007, 1018; v. 24.7.1996 – I R 41/93, BStBl. II 1996, 614 = FR 1996, 794. 2 R 114 Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 ErbStR 2003. 3 von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 353.

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14.60

Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

Die Bildung von Ausgleichsposten, ihre ErhÇhung, Minderung oder AuflÇsung beeinflusst mE den Steuerbilanzgewinn des Organtrgers. Die Tatsache, dass die Bildung von Ausgleichsposten einkommensneutral erfolgt, ndert hieran nichts. Der Steuerbilanzgewinn des Organtrgers ist zB Grundlage fÅr die Bestimmung des nicht entnommenen Gewinns i.S.d. § 34a EStG.1

IV. Keine Korrektur des Buchwerts der Organbeteiligung um aktive und passive Ausgleichsposten 14.61 Bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des BFH2 dÅrfte ein Ausgleichsposten als steuerliche Bilanzierungshilfe nicht den Buchwert der Organbeteiligung erhÇhen oder kÅrzen. Der Posten ist danach keine „Korrektur“ des Beteiligungsbuchwerts. Danach ist zB ein passiver Ausgleichsposten nicht mindernd bei der HÇhe des Buchwerts der Organbeteiligung im Rahmen einer Transaktion zu berÅcksichtigen (zB steuerneutrale Verrechnung einer EinlagenrÅckgewhr der Organgesellschaft mit Buchwert der Organbeteiligung3).

V. Teilwertabschreibung eines aktiven Ausgleichspostens 14.62 Ein aktiver Ausgleichsposten ist nach Auffassung des BFH und einer in der Literatur vertretenen Auffassung einer Teilwertabschreibung nicht zugnglich.4 Ein Ausgleichsposten habe nur den Zweck, eine Doppel- bzw. Nichtbesteuerung im Fall der Verußerung der Organbeteiligung zu vermeiden. Solange die Beteiligung besteht, entfalte der Posten keine Wirkung. Bei Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung „kÅrzt“ ein passiver Ausgleichsposten auch nicht den Buchwert der Organbeteiligung fÅr Zwecke einer Teilwertabschreibung. Nach einer anderen Auffassung, die einen Ausgleichsposten als Korrekturposten zum Buchwert der Organbeteiligung qualifiziert, ist eine Teilwertabschreibung auf einen Ausgleichsposten mÇglich.5 1 von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 353. 2 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = GmbHR 2012, 1308 = FR 2013, 285. 3 AA hinsichtlich einer Anwendung von § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG, BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-bb/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 22.24 a.E. 4 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = GmbHR 2012, 1308 = FR 2013, 285; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 847; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 KStG Rz. 448 a.E.; vgl. auch OFD MÅnster v. 13.6.1980, OFD DÅss. v. 24.6.1980 und OFD KÇln v. 30.6.1980, alle VerfÅgungen wegen Zeitablaufs zum 1.1.2005 aufgehoben. 5 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 491; so auch Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 525 und Haarmann in JbFStR 2008/2009, 253 (257); vgl. auch FinBeh. Hamburg v. 13.6.1963, DB 1963, 979, wonach eine Teilwertabschreibung zulssig war.

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G. Besonderheiten einer mehrstÇckigen unmittelbaren Organschaft

G. Besonderheiten bei Mehr- und MinderabfÅhrungen in einer mehrstÇckigen unmittelbaren Organschaft I. Anwendung von § 14 Abs. 3 KStG und § 14 Abs. 4 KStG in einer Organschaftskette Eine mehrstÇckige Organschaft liegt vor, wenn ein Organtrger an einer Organgesellschaft beteiligt ist und diese wiederum – als Organtrger – an einer weiteren Organgesellschaft beteiligt ist (Organschaftskette: OTMutter ist beteiligt an OT/OG-Tochter, diese ist beteiligt an OG-Enkel). In der Konzernsteuerpraxis ist das Vorliegen einer mehrstÇckigen Organschaftskette der Regelfall. Dabei mÅssen die einzelnen Organschaften zwischen den „Gliedern“ der Kette nicht zeitgleich errichtet worden sein (zB Organschaft Tochter/Enkel beginnt im Jahr 01, Organschaft Mutter/ Tochter beginnt im Jahr 03). Bei der Anwendung von § 14 Abs. 3 KStG und § 14 Abs. 4, § 27 Abs. 6 KStG sind die Vorschriften jeweils fÅr das konkrete Organschaftsverhltnis anzuwenden. Beispiel: Innerorganschaftliche MinderabfÅhrung der Enkel-Organgesellschaft Es besteht eine Beteiligungs- und Organschaftskette Mutter-Tochter-Enkel. Enkel bildet in Handelsbilanz zum 31.12.05 eine DrohverlustrÅckstellung iHv. 10, der JahresÅberschuss (und abzufÅhrende Gewinn) betrgt deshalb (nur) 90. Eine RÅckstellungsbildung in der Steuerbilanz scheidet auf Grund von § 5 Abs. 4a EStG aus, der Steuerbilanzgewinn betrgt deshalb 100. Es liegt eine innerorganschaftliche MinderabfÅhrung von Enkel an Tochter iHv. 10 vor. Welche Rechtsfolgen ergeben sich fÅr Tochter und Mutter?

§ 14 Abs. 4 Satz 1 ist im Verhltnis Mutter/Tochter und Tochter/Enkel anzuwenden. Danach ist auf Grund der MinderabfÅhrung des Enkels ein aktiver Ausgleichsposten in der Steuerbilanz der Tochter als Organtrgerin zu bilden (10). Die Bildung des aktiven Ausgleichspostens in der Steuerbilanz der Tochter erhÇht nicht ihren an Mutter-Organtrger abzufÅhrenden Gewinn (zB 90), da in der Handelsbilanz kein Ausgleichsposten zu bilden ist. Geht man – mE zutreffend – davon aus, dass die Bildung des aktiven Ausgleichspostens in der Steuerbilanz der Tochter den Steuerbilanzgewinn erhÇht (+10), kommt es bei der Tochter zu einer Abweichung zwischen abgefÅhrtem Gewinn (90) und Steuerbilanzgewinn (100 = handelsbilanzieller Gewinn 90 + steuerbilanzieller Ertrag aus Bildung des aktiven Ausgleichspostens 10). Diese Abweichung verursacht eine MinderabfÅhrung nach Abs. 4 von Tochter an Mutter (mit innerorganschaftlicher Ursache), so dass bei Mutter-Organtrger gleichfalls ein aktiver Ausgleichsposten (10) nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG zu bilden ist.1 Geht man davon aus, dass die Bildung des Ausgleichspostens in der Steuerbilanz der Tochter keine Auswirkung auf den Steuerbilanzgewinn hat,2 1 von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 353. 2 So mÇglicherweise BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285.

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14.63

Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

liegt im Verhltnis Mutter/Tochter keine MinderabfÅhrung vor (handelsbilanzieller Gewinn 90 = steuerbilanzieller Gewinn 90). In der Steuerbilanz der Mutter wre kein Ausgleichsposten zu bilden.

II. AuflÇsung eines Ausgleichspostens als Ursache fÅr eine vororganschaftliche MehrabfÅhrung? 14.64 Fraglich ist, ob die AuflÇsung eines Ausgleichspostens die Ursache fÅr eine vororganschaftliche MehrabfÅhrung sein kann. Beispiel: AuflÇsung eines Ausgleichspostens bei Tochter Im Jahr 01 besteht eine Beteiligungskette Mutter-Tochter-Enkel, zwischen Tochter und Enkel besteht eine Organschaft. Enkel bildet in ihrer Handelsbilanz zum 31.12.01 eine DrohverlustrÅckstellung iHv. 10, der JahresÅberschuss (und abzufÅhrende Gewinn) betrgt deshalb (nur) 90. Eine RÅckstellungsbildung in der Steuerbilanz scheidet auf Grund von § 5 Abs. 4a EStG aus, der Steuerbilanzgewinn betrgt deshalb 100. Es liegt eine innerorganschaftliche MinderabfÅhrung von Enkel an Tochter iHv. 10 vor. Tochter bildet in ihrer Steuerbilanz zum 31.12.01 einen aktiven Ausgleichsposten iHv. 10. Da zwischen Mutter und Tochter (noch) keine Organschaft besteht, ergeben sich keine weiteren Folgen. Im Jahr 03 wird eine Organschaft zwischen Mutter und Tochter errichtet. Im selben Jahr lÇst Tochter den bestehenden aktiven Ausgleichsposten auf Grund einer Umstrukturierung (einkommenswirksam) auf. Der BetriebsprÅfer vertritt die Auffassung, die AuflÇsung des aktiven Ausgleichspostens bei Tochter im Jahr 3 habe eine vororganschaftliche MehrabfÅhrung von Tochter an Mutter iHv. 10 ausgelÇst (Folge: fiktive GewinnausschÅttung von Tochter an Mutter mit Kapitalertragsteuereinbehalt). Ist die Rechtsauffassung des BetriebsprÅfers zutreffend?

Geht man davon aus, dass die AuflÇsung des aktiven Ausgleichspostens in der Steuerbilanz der Tochter den Steuerbilanzgewinn mindert (./. 10), kommt es bei der Tochter zu einer Abweichung zwischen abgefÅhrtem Gewinn (zB 100) und Steuerbilanzgewinn (90 = handelsbilanzieller Gewinn 100 ./. steuerbilanzieller Aufwand aus AuflÇsung des aktiven Ausgleichspostens 10). Diese Abweichung wre eine MehrabfÅhrung von Tochter an Mutter (abzufÅhrender Gewinn > Steuerbilanzgewinn). Die Ursache dieser MehrabfÅhrung kÇnnte die Bildung des Ausgleichspostens sein, diese erfolgte aus Sicht der Mutter in vororganschaftlicher Zeit (Postenbildung bei Tochter im Jahr 01; Errichtung der Organschaft zwischen Mutter und Tochter erst im Jahr 3). Bei Zugrundelegung dieser Auffassung wre die Auffassung des BetriebsprÅfers im Beispiel nachvollziehbar. Geht man davon aus, dass Bildung und AuflÇsung eines Ausgleichspostens in der Steuerbilanz keine Auswirkungen auf den Steuerbilanzgewinn haben,1 fÅhrt die AuflÇsung des Postens nicht zu einer Abweichung zwischen der HÇhe des abzufÅhrenden Gewinns der Tochter und ihrem Steu1 So mÇglicherweise BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285

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H. Besonderheiten bei einer mittelbaren Organschaft

erbilanzgewinn. In diesem Fall lge keine MehrabfÅhrung vor, die Auffassung des BetriebsprÅfers wre unzutreffend. Das Beispiel zeigt, dass die AuflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten in Abhngigkeit vom Einzelfall bei Bestehen einer Organschaftskette zu einer (ggf. erheblichen) Steuerbelastung auf hÇheren Konzernstufen fÅhren kann. Bei PrÅfung der Steuerfolgen aus der AuflÇsung von Ausgleichsposten sind regelmßig auch diese (mÇglichen) „mittelbaren Steuereffekte“ zu beachten.

H. Besonderheiten bei Mehr- und MinderabfÅhrungen in einer mittelbaren Organschaft I. Anwendung von § 14 Abs. 3 KStG Eine mittelbare Organschaft liegt vor, wenn der Organtrger seine Beteiligung an der Organgesellschaft Åber eine Zwischengesellschaft hlt (zB Beteiligungskette: OT-Mutter ist beteiligt an Tochter, diese ist beteiligt an OG-Enkel; GewinnabfÅhrungsvertrag besteht zwischen OT-Mutter und OG-Enkel).

14.65

Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung erfolgt eine vororganschaftliche MehrabfÅhrung an den Organtrger, dh. eine (erste) fiktive GewinnausschÅttung von der Organgesellschaft an die Zwischengesellschaft und eine (zweite) fiktive GewinnausschÅttung von der Zwischengesellschaft an den Organtrger ergibt sich danach nicht.1 Entsprechend erfolgt bei einer MinderabfÅhrung die fiktive Einlage direkt in die Organgesellschaft, also nicht Åber die Zwischengesellschaft.2 Nach einer anderen Auffassung, der mE zuzustimmen ist, erfolgt die fiktive GewinnausschÅttung der Organgesellschaft im Fall einer MehrabfÅhrung durch die Beteiligungskette an den Organtrger, eine fiktive Einlage im Fall einer MinderabfÅhrung erfolgt gleichfalls durch die Kette.3 FÅr den Fall, dass es sich bei der Zwischengesellschaft um eine auslndische Gesellschaft handelt, kann mE nichts anderes gelten (im Zusammenhang mit der fiktiven AusschÅttung der Zwischengesellschaft ist ggf. das Bestehen eines abkommensrechtlichen deutschen Besteuerungsrechts zu prÅfen). HierfÅr spricht, dass § 14 Abs. 3 KStG auf Rechtsfolgenseite eine AusschÅttungsund Einlagefiktion bestimmt. Die steuertechnische Umsetzung dieser Fiktion ist nicht geregelt, so dass es mE bei den normalen Grundstzen bleibt (Rz. 14.23 ff.). Danach erfolgt eine AusschÅttung der Organgesell-

14.66

1 Suchanek in Neumann/Suchanek, Ubg 2013, 549 (554); Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 1240. 2 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 1251. 3 Neumann in Neumann/Suchanek, Ubg 2013, 549 (554). DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 441.

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Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

schaft bzw. eine Einlage des Organtrgers stets Åber die Beteiligungskette, es ergeben sich Steuerfolgen fÅr alle beteiligten Rechtstrger.

II. Anwendung von § 14 Abs. 4 KStG 14.67 Keine Ausgleichspostenbildung bei Zwischengesellschaft. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG ist in der Steuerbilanz des Organtrgers bei Vorliegen einer Mehr- oder MinderabfÅhrung ein Ausgleichsposten zu bilden. Eine unmittelbare Beteiligung des Organtrgers an der Organgesellschaft ist keine Tatbestandsvoraussetzung, so dass Satz 1 auch gilt, wenn der Organtrger (nur) mittelbar – Åber eine Zwischengesellschaft – an der Organgesellschaft beteiligt ist. In der Zeit vor Inkrafttreten von Abs. 4 sollte ein Ausgleichsposten zustzlich auch bei der Zwischengesellschaft zu bilden sein.1 FÅr die Zeit nach Inkrafttreten von Abs. 4 ist diese Auffassung im Hinblick auf den Wortlaut von Satz 1 („in der Steuerbilanz des Organtrgers“) nicht mehr vertretbar, dh. ein Ausgleichposten ist in der Steuerbilanz der Zwischengesellschaft nicht zu bilden.2 AusgleichspostenauflÇsung (nur) bei Verußerung der Zwischengesellschaft? Wenn der Organtrger nur mittelbar an der Organgesellschaft beteiligt ist, stellt sich die Frage, wann ein in der Steuerbilanz des Organtrgers bestehender Ausgleichsposten aufzulÇsen ist. Beispiel: Mittelbare Organschaft OT ist zu 100 % an Zwischen-GmbH beteiligt, diese wiederum ist zu 100 % an OG beteiligt. Zwischen OT und OG besteht eine (mittelbare) Organschaft. Im Jahr 02 kommt es zu einer innerorganschaftlichen MehrabfÅhrung iHv. 10, OT bildet einen passiven Ausgleichsposten nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG in entsprechender HÇhe. Bei Zwischen-GmbH ist kein Ausgleichsposten zu bilden. Im Jahr 06 wird die Organschaft zwischen OT und OG beendet. Die Zwischen-GmbH verußert ihre Beteiligung an OG. Ist der bei OT bestehende passive Ausgleichsposten aufzulÇsen?

Nach einer Auffassung ist der Ausgleichsposten nur aufzulÇsen, wenn der Organtrger die Beteiligung an der Zwischengesellschaft verußert.3 Der Aufwand oder Ertrag aus der AuflÇsung der Ausgleichsposten vermindere oder erhÇhe den Gewinn des Organtrgers aus der Verußerung der Beteiligung an der Zwischengesellschaft. Eine Verußerung der Organbetei1 Krebs, BB 1996, 1301; DÇtsch, Der Konzern 2003, 21; Ubg 2008, 117; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 881; Frotscher, Der Konzern 2007, 34. 2 FinMin Schl.-Holst. v. 8.12.2011 – VI 3011 - S 2770 - 054, DStR 2012, 1607; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 560; Erle/Heurung in Erle/ Sauter, § 14 KStG Rz. 588; von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 353; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 881; Heurung/Seidel, Der Konzern 2009, 400; so wohl auch Haarmann, in JbFStR 2008/2009, 253 (259); aA Bosch in Preißer/ Pung, Die Besteuerung der Pers- und KapGes., C VI. Rz. 255. 3 FinMin Schl.-Holst. v. 8.12.2011 – VI 3011 - S 2770 - 054, DStR 2012, 1607; Breier, Der Konzern 2011, 11; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 568; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 884; Heurung/Seidel, Der Konzern 2009, 400.

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H. Besonderheiten bei einer mittelbaren Organschaft

ligung durch die Zwischengesellschaft fÅhre dagegen nicht zur AuflÇsung des Ausgleichspostens. Es bestehe kein Åberzeugender Grund fÅr die AuflÇsung. Die Verußerung der Organbeteiligung fÅhre lediglich zu einer Verlagerung der Reserven oder Lasten der Organgesellschaft, die Grund fÅr die Bildung der Ausgleichsposten waren. Die Zwischengesellschaft realisiere nmlich einen hÇheren oder niedrigeren VerußerungserlÇs fÅr die Beteiligung an der Organgesellschaft in Folge der vorangegangenen Mehr- oder MinderabfÅhrung. Aus Sicht des Organtrgers seien die Reserven oder Lasten nach wie vor im Beteiligungsstrang vorhanden, nunmehr auf Ebene der Zwischengesellschaft und nicht mehr auf Ebene der Organgesellschaft. Nach dieser Auffassung entfaltet die Zwischengesellschaft eine „Abschirmwirkung“ fÅr Zwecke des Abs. 4.1 Nach aA ist der Ausgleichsposten (auch) aufzulÇsen, wenn die Zwischengesellschaft ihre Beteiligung an der Organgesellschaft verußert.2 Der Aufwand oder Ertrag aus der AuflÇsung des Ausgleichspostens auf Ebene des Organtrgers korrigiert zeitlich vorher einen Gewinn aus der Verußerung der Beteiligung an der Zwischengesellschaft (es erfolgt keine Einkommenskorrektur auf Ebene der Zwischengesellschaft).3 Die Tatsache, dass sich in Folge der Mehr- oder MinderabfÅhrung der Organgesellschaft auch auf Ebene der Zwischengesellschaft ein erhÇhter oder verminderter Verußerungsgewinn (bzw. -verlust) ergibt, sei unbeachtlich. Die Zwischengesellschaft sei nicht Gegenstand des Organkreises. Stellungnahme: Ein Ausgleichsposten ist unter BerÅcksichtigung des Wortlauts von Satz 2 auch im Fall einer Verußerung der Organbeteiligung durch die Zwischengesellschaft aufzulÇsen.4 Bei einer Verußerung der Organbeteiligung durch die Zwischengesellschaft liegt aus Sicht des Organtrgers eine mittelbare Verußerung vor. Nach Satz 2 sind Ausgleichsposten aufzulÇsen, wenn die Organgesellschaft verußert wird. Das Gesetz setzt keine „unmittelbare“ Verußerung durch den Organtrger voraus. Entscheidend ist, dass die Organbeteiligung verußert wird. Nach dem Wortlaut von Satz 4 wre bei AuflÇsung eines aktiven Ausgleichspostens § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG anzuwenden. Dem steht mE nicht entgegen, dass auf Ebene des Organtrgers eine Beteiligungsverußerung nicht vorliegt. Der Aufwand aus der AuflÇsung des aktiven Ausgleichspostens steht zeitlich vorgezogen im Zusammenhang mit einer Verußerung des Anteils an der Zwischengesellschaft. Diese Auffassung fÅhrt zur Anwendung der Bruttomethode (Rz. 13.53 ff.).

1 Zum Sonderfall der Verußerung der Organbeteiligung von der Zwischengesellschaft an den Organtrger, DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 570. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 884; Heurung/Seidel, Der Konzern 2009, 400. 3 So mÇglicherweise Heurung/Seidel, Der Konzern 2009, 400. 4 von Freeden in HHR, § 14 KStG Anm. 357.

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Kapitel 14

Mehr- und MinderabfÅhrungen

I. Zusammenfassung 14.68 Mehr- und MinderabfÅhrungen ergeben sich in einer ertragsteuerlichen Organschaft, wenn abzufÅhrender Gewinn und Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft voneinander abweichen. Entsprechendes gilt bei einem Verlust der Organgesellschaft. In Abhngigkeit vom Zeitpunkt der Ursache der Ergebnisabweichung ist § 14 Abs. 3 KStG oder § 14 Abs. 4 KStG anwendbar. Liegen in einem Wirtschaftsjahr mehrere Mehr- und MinderabfÅhrungen vor, kÇnnen mE die innerorganschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen saldiert werden. Eine Saldierung vororganschaftlicher Mehr- und MinderabfÅhrungen und eine Saldierung von vororganschaftlichen mit innerorganschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen scheiden aus. Eine vororganschaftliche Mehr- oder MinderabfÅhrung gilt als GewinnausschÅttung der Organgesellschaft oder als Einlage des Organtrgers (§ 14 Abs. 3 KStG). In der Besteuerungspraxis sind vororganschaftliche MehrabfÅhrungen auf Grund ihrer unmittelbaren Steuerwirkung „gefÅrchtet“, insbesondere wenn der Organtrger eine Personengesellschaft ist, an der natÅrliche Personen beteiligt sind (Anwendung TeileinkÅnfteverfahren). Eine innerorganschaftliche Mehr- oder MinderabfÅhrung hat die (einkommensneutrale) Bildung von Ausgleichsposten in der Steuerbilanz des Organtrgers zur Folge (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG). Eine unmittelbare Steuerbelastung ergibt sich nicht, allerdings kÇnnen sich steuerliche Folgewirkungen ergeben (Postenbildung hat mE Auswirkung auf den Steuerbilanzgewinn und somit ggf. auch auf die Anwendung anderer Tatbestnde). Kommt es in der Zeit nach Postenbildung zu einer Verußerung der Organbeteiligung (oder zu einem vergleichbaren Sachverhalt), sind bestehende Ausgleichsposten einkommenswirksam aufzulÇsen (§ 14 Abs. 4 Satz 2 bis 5 KStG). In diesem Fall kann sich eine unmittelbare Steuerbelastung ergeben.

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Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter Literatur Bayer, Mehrstufige Unternehmensvertrge, FS fÅr Kurt Ballerstedt, 1975, 157; Baldamus, Der Einfluss der KÇrperschaftsteuer auf den sog. festen Ausgleich nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG, AG 2005, 77; Baldamus, An wen ist beim GewinnabfÅhrungsvertrag Ausgleich zu zahlen?, ZGR 2007, 819; Baldamus, Gestaltungsspielraum bei Art und Maß von Ausgleichszahlungen nach § 304 AktG, Ubg 2010, 483; Beckmann/Simon, Ist ein Ausgleich gem. § 304 AktG nach der Unternehmenssteuerreform anzupassen?, ZIP 2001, 1906; Marquardt/Krack, Variable Ausgleichszahlungen und kÇrperschaftsteuerrechtliche Organschaft, FR 2009, 1098; Neumayer/ Imschweiler, Aktuelle Rechtsfragen zur Gestaltung und DurchfÅhrung von GewinnabfÅhrungsvertrgen, GmbHR 2011, 57; Nolting/Voßkuhl, Steuerbelastungswirkungen der Behandlung des Ausgleichsanspruchs eines außenstehenden Minderheitsgesellschafters, DB 2007, 2223; Riegger/Kramer, Sind Ausgleichszahlungen an außenstehende Aktionre wegen der Senkung der KÇrperschaftsteuerausschÅttungsbelastung zu erhÇhen?, DB 1994, 565; Rogall/Dreßler, Ungereimtheiten betreffend Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter bei Organschaften, DStR 2015, 449; Sauter/Heurung, Ausgleichszahlungen i.S.d. § 16 KStG iVm. § 304 AktG und vororganschaftliche GewinnausschÅttungen nach dem Systemwechsel, GmbHR 2001, 754; SchÇneborn, Aktuelle Formfragen der ertragsteuerlichen Organschaft, DB 2010, 245; Stephan, »Ytong« ernst genommen – Anmerkung zu OLG Hamburg vom 7.1.2013 – 13 W 2/12, Der Konzern 2014, 464, Der Konzern 2014, 425.

A. Problemstellung, Rechtsentwicklung und Bedeutung I. Problemstellung Durch den GewinnabfÅhrungsvertrag verpflichtet sich die Organgesellschaft gegenÅber dem Organtrger gemß § 291 AktG zur AbfÅhrung ihres ganzen Gewinns. Außenstehende Aktionre verlieren damit ihre Beteiligung am kÅnftigen Erfolg der Gesellschaft. Nach § 304 AktG muss der GewinnabfÅhrungsvertrag zur Kompensation dieses Verlusts zu Gunsten der außenstehenden Aktionre (neben der in diesem Kapitel nicht behandelten Verpflichtung des Organtrgers, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionrs dessen Aktien gegen eine angemessene Abfindung zu erwerben, vgl. § 305 AktG) einen angemessenen Ausgleich in Form einer jhrlich wiederkehrenden Geldleistung (Ausgleichszahlung) vorsehen. Steuerlich sind die Ausgleichszahlungen – als Ausnahme von dem Grundsatz, dass das gesamte Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger zuzurechnen und von diesem zu versteuern ist – von der Organgesellschaft selbst zu versteuern (§ 16 KStG). In der Praxis bereitet die Bemessung der Ausgleichszahlung hufig sowohl aus gesellschafts- als auch aus J. Wagner

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15.1

Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter

steuerrechtlichen GrÅnden Schwierigkeiten. Zum einen ist die Ermittlung der angemessenen HÇhe anhand der kÅnftigen Ertragsaussichten naturgemß mit Unsicherheiten behaftet und daher streitanfllig – entsprechende Spruchverfahren bilden ein beliebtes Bettigungsfeld fÅr Berufsaktionre. Zum anderen besteht die Herausforderung darin, die Ausgleichszahlung so zu bemessen, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung trotz Ausgleichszahlung noch der ganze Gewinn an den Organtrger abgefÅhrt wird – andernfalls droht das Scheitern der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft. DarÅber hinaus bestehen Unklarheiten Åber die Bestimmung des Begriffs des außenstehenden Aktionrs und damit Åber den Anwendungsbereich der §§ 304 AktG, 16 KStG.

II. Rechtsentwicklung 15.2 Anlsslich der erstmaligen gesetzlichen Regelung der kÇrperschaftsteuerrechtlichen Organschaft wurde mit § 7a Abs. 3 KStG i.d.F. des Gesetzes vom 15.8.19691 eine dem heutigen § 16 KStG entsprechende Vorschrift geschaffen.2 Der Gesetzgeber hat sich dabei an dem Gutachten des BFH vom 27.11.1956 zur steuerlichen Behandlung der Dividendengarantie im Rahmen einer steuerlich anerkannten Organschaft3 orientiert.4 Bei EinfÅhrung des Anrechnungsverfahrens wurde die Regelung durch Gesetz vom 31.8.19765 mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1977 in den § 16 KStG verlagert. Ausgleichszahlungen wurden danach wie AusschÅttungen behandelt; es wurde also die AusschÅttungsbelastung hergestellt und den außenstehenden Gesellschaftern das Anrechnungsguthaben vermittelt. Die Ausgleichszahlungen hatte die Organgesellschaft zu versteuern.6

15.3 Durch Gesetz vom 23.10.20007 ist die Vorschrift anlsslich der Abschaffung des Anrechnungsverfahrens und der EinfÅhrung des HalbeinkÅnfteverfahrens angepasst und durch Gesetz vom 20.12.20018 rÅckwirkend przisiert worden;9 durch das Gesetz vom 20.12.2001 ist außerdem klargestellt worden, dass es fÅr die steuerliche Behandlung unerheblich ist, ob der Organtrger oder die Organgesellschaft die Ausgleichszahlung leistet.

15.4 Mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2008 wurde angesichts der Absenkung des KÇrperschaftsteuersatzes von 25 % auf 15 % die Bemessungsgrundlage fÅr die von der Organgesellschaft geschuldete Steuer

1 2 3 4 5 6 7 8 9

BGBl. I 1969, 471. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 4. BFH v. 27.11.1956 – I D 1/56 S, BStBl. III 1957, 139. Dallwitz in Schnitger/Fehrenbacher, § 16 KStG Rz. 3. BGBl. I 1976, 445. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 5. BGBl. I 2000, 1428. BGBl. I 2002, 35. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 6.

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A. Problemstellung, Rechtsentwicklung und Bedeutung

durch Gesetz vom 14.8.20071 von 4/3 in 20/17 der Ausgleichszahlung gendert.

III. Bedeutung Durch den Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags wird die Untergesellschaft gem. § 300 AktG verpflichtet, ihren gesamten Gewinn an die Obergesellschaft abzufÅhren. Dadurch verlieren die außenstehenden Aktionre der Untergesellschaft ihren mitgliedschaftlichen Anspruch auf Beteiligung an deren Gewinn. Die vor dem Hintergrund des Art. 14 GG verfassungsrechtlich gebotene2 Ausgleichszahlung gemß § 304 AktG kompensiert diesen Verlust.

15.5

Durch die Regelung des § 16 KStG (und des § 4 Abs. 5 Nr. 9 EStG) wird das aktienrechtliche Institut der Ausgleichszahlung zum Schutz außenstehender Aktionre in das steuerrechtliche Konzept der Organschaftsbesteuerung integriert. Die Vorschrift betrifft nicht die Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft, sondern sie bewirkt, dass die Ausgleichszahlungen von der in § 14 KStG angeordneten Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zum Organtrger ausgenommen werden.3 Die systematische Bedeutung der Bestimmung besteht darin, dass sie eine Ausnahme von dem Grundsatz schafft, dass die Organschaft scheitert, wenn nicht der gesamte Gewinn der Organgesellschaft an den Organtrger abgefÅhrt wird.4 Dabei ist der Anwendungsbereich des § 16 KStG insoweit weiter als der der §§ 304 ff. AktG, als § 16 KStG – durch den Verweis in § 17 Abs. 1 KStG – auch auf Ausgleichzahlungen anzuwenden ist, in denen die Organgesellschaft keine AG, KGaA oder SE ist und auf die daher die §§ 304 ff. AktG keine (direkte) Anwendung finden. Zur Frage, ob eine Ausgleichszahlung auch an außenstehende Gesellschafter einer GmbH als Organgesellschaft geleistet werden muss, siehe Rz. 15.25.

15.6

Beim außenstehenden Aktionr wird die Ausgleichszahlung steuerlich als Dividende behandelt. Die Regelung des § 16 KStG gewhrleistet, dass das Einkommen, aus dem die Ausgleichszahlung geleistet wird, mit KÇrperschaftsteuer vorbelastet wird. Andernfalls wre – zumindest in Fllen, in denen der Organtrger mit dem zugerechneten Einkommen nicht der KÇrperschaftsteuer unterliegt – keine systemgerechte Gesamtsteuerbelastung gewhrleistet.

15.7

In Fllen, in denen der Organtrger selbst der KÇrperschaftsteuer unterliegt, ist die von § 16 KStG angeordnete Zurechnung eigentlich ÅberflÅssig; tendenziell fÅhrt sie sogar zu einer bermaßbesteuerung, weil Aus-

15.8

1 BGBl. I 2007, 630. 2 S. BVerfG v. 7.8.1962 – 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263 (276 ff.); v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289 (303, 305). 3 Danelsing in BlÅmich, § 16 KStG Rz. 8. 4 Rtke in HHR, § 4 EStG Anm. 1801.

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Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter

gleichszahlungen nach § 16 KStG unabhngig davon besteuert werden, ob Gewinne oder Verluste erwirtschaftet werden.1 Rechtspolitisch ist die Regelung daher umstritten.2

B. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen I. Ausgleichszahlung an außenstehende Aktionre 15.9 Da § 16 KStG lediglich die steuerlichen Rechtsfolgen der in § 304 AktG normierten Ausgleichszahlungen an außenstehende Aktionre bestimmt, nicht aber die tatbestandlichen Voraussetzungen regelt, setzt die Anwendung des § 16 KStG das Verstndnis der gesellschaftsrechtlichen Vorschriften Åber die Ausgleichszahlungen voraus s. Rz. 2.30 ff.; Rz. 2.88 ff.

15.10 Nach § 304 Abs. 1 Satz 1 AktG muss der GewinnabfÅhrungsvertrag einen angemessenen Ausgleich fÅr die außenstehenden Aktionre einer AG, KGaA oder SE durch eine auf die Anteile am Grundkapital bezogene wiederkehrende Geldleistung (Ausgleichszahlung) vorsehen.

15.11 Ein Vertrag, der Åberhaupt keinen Ausgleich vorsieht, obwohl im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung außenstehende Aktionre vorhanden sind, ist gem. § 304 Abs. 3 Satz 1 AktG nichtig. Ist der vertraglich bestimmte Ausgleich dagegen lediglich nicht angemessen, ist der Vertrag wirksam; in diesem Fall kann der außenstehende Aktionr aber nach § 304 Abs. 3 Satz 3 AktG im Wege des Spruchverfahrens die Festsetzung einer angemessenen Ausgleichszahlung verlangen.3

15.12 Hat die Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung Åber den GewinnabfÅhrungsvertrag keinen außenstehenden Aktionr, so endet der Vertrag gem. § 307 AktG sptestens zum Ende des Geschftsjahrs, in dem sich ein außenstehender Aktionr beteiligt.

II. Begriff des außenstehenden Gesellschafters 15.13 Das Gesetz verlangt in § 304 AktG Ausgleichszahlungen an außenstehende Aktionre, ohne den Begriff des außenstehenden Aktionrs zu definieren. Nach der gesetzlichen Systematik steht lediglich fest, dass die Obergesellschaft selbst kein außenstehender Aktionr ist, weil das Gesetz begrifflich zwischen dem anderen Vertragsteil und dem außenstehenden Aktionr unterscheidet.

1 Rogall/Dreßler, DStR 2015, 449 (450). 2 S. zB DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 30 f. 3 Dazu Riegger/Gayk in KÇlner Kommentar3, Einl. SpruchG.

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B. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen

Eine nur mittelbare Gesellschafterstellung kann ebenso wenig einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung begrÅnden wie ein schuldrechtlicher Anspruch, der gewinnabhngig ausgestaltet ist, also zB ein Genussrecht.1

15.14

Es sind aber auch nicht alle Aktionre der Organgesellschaft, die nicht mit dem Organtrger identisch sind, außenstehend.2 Eine einschrnkende Auslegung gebietet insoweit der Sinn und Zweck der Ausgleichszahlung, der darin besteht, den mit dem Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags einhergehenden Verlust der Beteiligung am Erfolg der Gesellschaft zu kompensieren; nach zutreffender Ansicht liegt er nicht aber etwa darin, das Interesse der Glubiger daran zu schÅtzen, dass ihrem zukÅnftigen Schuldner Ertrge zufließen.3 Daher sind nach dem Willen des historischen Gesetzgebers Aktionre der Organgesellschaft, die zwar formal nicht mit dem Organtrger identisch sind, deren VermÇgen aber wirtschaftlich mit dem VermÇgen des Organtrgers eine Einheit bilden oder deren Ertrge dem Organtrger oder denen die Ertrge des Organtrgers zufließen, aus dem Begriff des außenstehenden Aktionrs auszuklammern.4 Vor diesem Hintergrund sind nach zutreffender Ansicht neben dem Organtrger keine außenstehenden Gesellschafter solche Aktionre, die am Organtrger unmittelbar oder mittelbar zu 100 % beteiligt sind,5 sowie Aktionre, die – als Organgesellschaft oder Organtrger – mit dem Organtrger durch einen GewinnabfÅhrungs- oder Beherrschungsvertrag verbunden sind.6 Dasselbe muss im Hinblick auf den oben erluterten Schutzzweck auch fÅr Aktionre gelten, an denen der Organtrger unmittelbar oder mittelbar zu 100 % beteiligt ist, auch wenn kein GewinnabfÅhrungs- oder Beherrschungsvertrag besteht;7 dies ist – soweit ersichtlich – jedoch noch nicht hÇchstrichterlich besttigt.

15.15

1 BGH v. 28.5.2013 – II ZR 67/12, MDR 2013, 1180; Koch in HÅffer11, § 221 AktG Rz. 68a mwN; Stephan in K. Schmidt/Lutter2, § 304 AktG Rz. 68; aA bzgl. mittelbarer Gesellschafter Bayer in FS Ballerstedt, 157 (169 ff.); aA bzgl. Genussscheinrechtsinhabern Hasselbach/Hirte in Großkomm4, § 304 AktG Rz. 147. 2 BFH v. 4.3.2009 – I R 1/08, BStBl. II 2010, 407 = FR 2009, 1110, Rz. 41; OLG NÅrnberg v. 17.1.1996 – 12 U 2801/95, AG 1996, 228 f.; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 18; Paulsen in MÅKo2, § 304 AktG Rz. 26 ff.; Koppensteiner in KÇlner Kommentar3, § 295 AktG Rz. 40 ff.; Hasselbach/Hirte in Großkomm4, § 304 AktG Rz. 25 ff.; Koch in HÅffer11, § 304 AktG Rz. 3; jeweils mwN; aA Stephan in K. Schmidt/Lutter2, § 304 AktG Rz. 69, s. dort aber auch Rz. 71. 3 So auch Baldamus, ZGR 2007, 819 (824); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 2; aA Meilicke/Kleinert in Heidel4, § 304 AktG Rz. 9. 4 BT-Drs. IV/171, S. 220. 5 BT-Drs. IV/171, S. 220; BFH v. 4.3.2009 – I R 1/08, BStBl. II 2010, 407 = FR 2009, 1110; Hasselbach/Hirte in Großkomm4, § 304 AktG Rz. 27 ff.; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 18; Koch in HÅffer11, § 304 AktG Rz. 3. 6 Hasselbach/Hirte in Großkomm4, § 304 AktG Rz. 27 ff. mwN. 7 BT-Drs. IV/171, S. 220.

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Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter Beispiel 1: Die X-GmbH hlt jeweils 100 % der Geschftsanteile der Y-GmbH und der Z-GmbH. Die Y-GmbH hlt 75 % der Aktien der A-AG, 25 % der Aktien hlt die Z-GmbH. Schließt die X-GmbH mit der A-AG einen GewinnabfÅhrungsvertrag, braucht an die Z-GmbH keine Ausgleichszahlung geleistet zu werden; sie ist nach der hier vertretenen Auffassung kein außenstehender Aktionr, weil der Organtrger an ihr zu 100 % beteiligt ist. Beispiel 2: Die A-GmbH hlt 75 % der Geschftsanteile der B-GmbH, welche ihrerseits 100 % der Aktien der C-AG hlt. Zwischen der A-GmbH und der B-GmbH besteht kein Beherrschungs- oder GewinnabfÅhrungsvertrag. Schließt die A-GmbH mit der C-AG einen GewinnabfÅhrungsvertrag, ist die B-GmbH, obwohl sie Alleinaktionr der C-AG ist, außenstehender Aktionr i.S.d. § 304 AktG. Sieht der GewinnabfÅhrungsvertrag keine Ausgleichszahlung an die B-GmbH vor, ist er nichtig.

15.16 Maßgeblicher Zeitpunkt fÅr die Bestimmung der Frage, ob ein Aktionr außenstehend ist, ist der Zeitpunkt des (hypothetischen) Entstehens des Ausgleichsanspruchs (siehe hierzu Rz. 15.24).1

III. Bemessung der Ausgleichszahlung 15.17 Der Gesetzgeber sieht in § 304 Abs. 2 Satz 1 und 2 AktG zwei verschiedene Methoden zur Ermittlung des nach § 304 Abs. 1 Satz 1 AktG erforderlichen „angemessenen“ Ausgleichs vor, und zwar die fixe und die variable Ausgleichszahlung.

15.18 Gemß § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG ist als Ausgleichszahlung mindestens die jhrlich wiederkehrende Zahlung des Betrags zuzusichern, der nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren kÅnftigen Ertragsaussichten unter BerÅcksichtigung angemessener Abschreibungen und Wertberichtigungen, jedoch ohne Bildung anderer GewinnrÅcklagen, voraussichtlich als durchschnittlicher Gewinnanteil auf die einzelne Aktie verteilt werden kÇnnte (fixe Ausgleichszahlung). Die AnknÅpfung an Ertragslage und Ertragsaussichten erfordert regelmßig eine Unternehmensbewertung nach dem Ertragswertverfahren.2 Ein ggf. vorhandener BÇrsenkurs spielt (anders als im Fall des variablen Ausgleichs, siehe dazu Rz. 15.21) im Rahmen der Bemessung fester Ausgleichszahlungen idR keine entscheidende Rolle. Denn die festen Ausgleichszahlungen sollen

1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 12. 2 BGH v. 21.7.2003 – II ZB 17/01, BGHZ 156, 57 = GmbHR 2003, 1362; Stangl/ Winter, Organschaft 2013/2014, Rz. 288.

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B. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen

die AusschÅttungserwartungen der außenstehenden Aktionre widerspiegeln; die AusschÅttungen orientieren sich jedoch an den erwirtschafteten Ertrgen, nicht aber am BÇrsenkurs.1 Auch nicht betriebsnotwendiges VermÇgen bleibt insoweit grundstzlich außer Betracht.2 Ebenso ist es regelmßig nicht erforderlich, die Ausgleichszahlung an einer angemessenen Verzinsung des Liquidationswerts der Organgesellschaft zu orientieren.3 Die HÇhe der Ausgleichszahlung nach dem Ertragswert zu bemessen, ist im Grundsatz auch verfassungsrechtlich geboten, weil der außenstehende Aktionr nur durch einen an den Ertragsaussichten orientierten Ausgleich fÅr die Beeintrchtigung seiner vermÇgensrechtlichen Stellung „wirtschaftlich voll entschdigt“ wird.4 Dabei sind die Ertragsaussichten grundstzlich nach dem Stichtagsprinzip auf den Zeitpunkt zu schtzen, zu dem die Hauptversammlung der Organgesellschaft die Zustimmung zum Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags erteilt.5 Steuervorteile, die der Organtrger aufgrund der Organschaft realisiert, bleiben unberÅcksichtigt.6 Entgegen dem Stichtagsprinzip sollen nach einem Beschluss des BGH7 jedoch nderungen des KÇrperschaftsteuertarifs, die sich nach dem Stichtag ergeben, berÅcksichtigt werden, so dass dem außenstehenden Aktionr der auf ihn entfallende Anteil am voraussichtlich ausschÅttungsfhigen Gewinn abzgl. der darauf gemß dem jeweils gÅltigen KÇrperschaftsteuersatz entfallenden KÇrperschaftsteuer zugesichert wird. Leider hat der BGH offen gelassen, ob dasselbe auch fÅr den Solidarittszuschlag und die Gewerbesteuer gilt8 und auf welche Bemessungsgrundlage der jeweilige KÇrperschaftsteuersatz angewendet werden soll. In der Praxis wird hufig ein Bruttoausgleich vereinbart, von dem dann KÇrperschaftsteuer und Solidarittszuschlag in HÇhe des jeweils geltenden Tarifs abgezogen werden.9

1 Vgl. BGH v. 13.2.2006 – II ZR 392/03, BGHZ 166, 195; MÅller in Wachter2, § 304 AktG Rz. 17; Stephan in Schmidt/Lutter2, § 304 AktG Rz. 77. 2 Vgl. OLG MÅnchen v. 30.11.2006 – 31 Wx 59/06, AG 2007, 411; zu dem Ausnahmefall, dass die Verußerung des nicht betriebsnotwendigen VermÇgen unmittelbar bevorsteht, siehe OLG MÅnchen v. 17.7.2007 – 31 Wx 60/06, AG 2008, 28; fÅr eine generelle BerÅcksichtigung dagegen Paulsen in MÅKo3, § 304 AktG Rz. 89. 3 BGH v. 13.2.2006 – II ZR 392/03, BGHZ 166, 195; Paulsen in MÅKo3, § 304 AktG Rz. 93. 4 Vgl. BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289 (303); v. 8.9.1999 – 1 BvR 301/89, ZIP 1999, 1804 (1806). 5 Baldamus, AG 2005, 77 (80); vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 17a. 6 BGH v. 13.2.2006 – II ZR 392/03, BGHZ 166, 195 = MDR 2006, 1177. 7 BGH v. 21.7.2003 – II ZB 17/01, BGHZ 156, 57 = GmbHR 2003, 1362. 8 So wohl OLG Hamburg v. 7.1.2013 – 13 W 2/12, juris; DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 17a; Stephan, Der Konzern 2014, 425 (428). 9 Vgl. Baldamus, Ubg 2010, 483 (484).

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15.19

Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter

15.20 Macht die Organgesellschaft dauerhaft Verluste und ist auch in Zukunft kein Ertrag zu erwarten, kann auch eine Ausgleichszahlung iHv. 0 Euro angemessen sein;1 ein solcher „Nullausgleich“ ist dem Fehlen einer Ausgleichsregelung nicht gleichzustellen und fÅhrt daher nicht zur Nichtigkeit des Vertrags.

15.21 FÅr den Fall, dass der Organtrger eine AG, eine KGaA oder eine SE ist, erlaubt § 304 Abs. 2 Satz 2 AktG es alternativ, als Ausgleichszahlung die Zahlung des Betrags zuzusichern, der unter Herstellung eines angemessenen Umrechnungsverhltnisses auf Aktien des Organtrgers jeweils als Gewinnanteil entfllt. Die Angemessenheit der Umrechnung bestimmt sich in diesem Fall gem. § 304 Abs. 2 Satz 3 AktG nach dem Verhltnis, in dem bei einer Verschmelzung auf eine Aktie der Organgesellschaft Aktien des Organtrgers zu gewhren wren, also nach der Verschmelzungswertrelation. Das bedeutet, dass die Festsetzung einer variablen Ausgleichszahlung eine Bewertung der beiden Gesellschaften voraussetzt. Anders als im Rahmen des festen Ausgleichs nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG (siehe dazu Rz. 15.18) ist dabei das nicht betriebsnotwendige VermÇgen gesondert zu bewerten und zum Ertragswert der jeweiligen Gesellschaft hinzuzurechnen.2 Auch sind hier Liquidationswert und BÇrsenkurs jeweils als Untergrenze der Bewertung zu berÅcksichtigen.3 Umstritten ist, ob fÅr die HÇhe der Ausgleichszahlung die tatschlich gezahlte Dividende der Obergesellschaft maßgeblich ist oder deren JahresÅberschuss;4 das Telos des § 304 AktG, den außenstehenden Aktionr zu schÅtzen, spricht dafÅr, unabhngig von der Dividendenpolitik auf den JahresÅberschuss abzustellen.

15.22 Aktienrechtlich sind Modifikationen der beiden vom Gesetz vorgesehenen Methoden zur Bestimmung der Ausgleichszahlung zulssig, solange sichergestellt ist, dass das durch § 304 Abs. 2 AktG vorgegebene Mindestmaß erreicht wird.5

1 BGH v. 13.2.2006 – II ZR 392/03, BGHZ 166, 195 = MDR 2006, 1177. 2 Zutreffend Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, Rz. 288. 3 BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289 (303); Stephan in Schmidt/Lutter2, § 304 AktG Rz. 103; Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, Rz. 288. 4 FÅr Maßgeblichkeit der tatschlich gezahlten Dividende OLG DÅsseldorf v. 26.1.1978 – 19 W 5/77, NJW 1978, 827; v. 17.2.1984 – 19 W 1/81, AG 1984, 216; Koch in HÅffer11, § 304 AktG Rz. 14; Stephan in Schmidt/Lutter2, § 304 AktG Rz. 95; dagegen fÅr Maßgeblichkeit des JahresÅberschusses Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 49; Koppensteiner in KÇlner Kommentar3, § 304 AktG Rz. 81. 5 Hirte/Hasselbach in Großkomm4, § 304 AktG Rz. 70; Baldamus, Ubg 2010, 483 ff.

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B. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen

IV. Schuldner der Ausgleichszahlung Schuldner der Ausgleichszahlung ist der Organtrger.1 Wenn die Organgesellschaft die Ausgleichszahlung leistet, muss sie daher richtigerweise einen entsprechenden RÅckforderungsanspruch gegen den Organtrger aktivieren.2 Der in § 16 Satz 2 KStG geregelte Fall ist daher der Normalfall.3

15.23

V. Entstehungszeitpunkt Der Anspruch des außenstehenden Aktionrs auf die Ausgleichszahlung entsteht dem Grunde nach mit dem Wirksamwerden des GewinnabfÅhrungsvertrags.4 Der konkrete Zahlungsanspruch entsteht – vorbehaltlich einer abweichenden vertraglichen Regelung – nach zutreffender Auffassung in demselben Zeitpunkt wie der Dividendenanspruch, an dessen Stelle er tritt. Damit ist beim festen Ausgleich grundstzlich das Ende der ordentlichen Hauptversammlung der Untergesellschaft maßgeblich,5 whrend es beim variablen Ausgleich auf den Gewinnverwendungsbeschluss bei der Obergesellschaft ankommt.6 Der Zeitpunkt des Entstehens des konkreten Zahlungsanspruchs ist grundstzlich identisch mit dessen Flligkeit.

1 Deilmann in HÇlters2, § 304 AktG Rz. 5; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 22; Koppensteiner in KÇlner Kommentar3, § 304 AktG Rz. 20 ff.; Paulsen in MÅKo3, § 304 AktG Rz. 36; Hasselbach/Hirte in Großkomm4, § 304 AktG Rz. 36. 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 14. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 14. 4 BGH v. 2.6.2003 – II ZR 85/02, AG 2003, 629; OLG Hamburg v. 29.1.2002 – 11 U 37/01, AG 2002, 409; Stephan in Schmidt/Lutter2, § 304 AktG Rz. 34; Paulsen in MÅKo3, § 304 AktG Rz. 102; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 30. 5 BGH v. 19.4.2011 – II ZR 237/09, BGHZ 189, 261, Rz. 12 ff.; OLG DÅsseldorf v. 23.1.2008 – I-26 W 6/06 AktE, AG 2009, 822; OLG Frankfurt v. 26.8.2009 – 23 U 69/08, DB 2009, 2200; Stephan in Schmidt/Lutter2, § 304 AktG Rz. 35; Paulsen in MÅKo3, § 304 AktG Rz. 108; Koch in HÅffer11, § 304 AktG Rz. 13; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 42b; aA Neumann in Gosch2, § 16 KStG Rz. 6; Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 17, die beide auf den Schluss des Geschftsjahres der Untergesellschaft abstellen. 6 Stephan in Schmidt/Lutter2, § 304 AktG Rz. 35; Paulsen in MÅKo3, § 304 AktG Rz. 110; Koppensteiner in KÇlner Kommentar3, § 304 AktG Rz. 9; Koch in HÅffer11, § 304 AktG Rz. 15; Hasselbach/Hirte in Großkomm4, § 304 AktG Rz. 43; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 55.

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15.24

Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter

VI. Besonderheiten bei Organgesellschaften in der Rechtsform der GmbH 15.25 Ob und inwieweit die §§ 304 ff. AktG auf Gesellschaften anderer Rechtsformen, insbesondere die GmbH, anzuwenden sind, ist umstritten.1 Die Frage der Anwendbarkeit der §§ 304 ff. AktG auf die GmbH ist eng verknÅpft mit der Frage, ob der Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags mit einer GmbH einen einstimmigen Beschluss ihrer Gesellschafterversammlung erfordert (Rz. 2.59 ff.).

15.26 Wenn ein GewinnabfÅhrungsvertrag nur mit der einstimmigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung wirksam ist und er damit ohne Zustimmung der außenstehenden Gesellschafter nicht zustande kommen kann, bedarf es zu deren Schutz auch keines obligatorischen Ausgleichs.2

15.27 Wenn die außenstehenden Gesellschafter hingegen dem Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags nicht zustimmen mÅssen, weil ausnahmsweise keine Einstimmigkeit erforderlich ist, so spricht auch bei einer GmbH viel fÅr das Erfordernis einer Ausgleichszahlung.3 Ob in diesem Fall das Fehlen einer Ausgleichszahlung analog § 304 Abs. 3 Satz 1 AktG zur Nichtigkeit des GewinnabfÅhrungsvertrags fÅhrt, ist umstritten.4 Die Antwort auch auf die Frage nach der Nichtigkeit hngt maßgeblich davon ab, ob man fÅr die Zustimmung zum GewinnabfÅhrungsvertrag Einstimmigkeit verlangt. Wenn der Zustimmungsbeschluss den Konsens aller Gesellschafter verlangt, besteht fÅr die Nichtigkeitssanktion kein BedÅrfnis.5

C. Steuerrechtliche Behandlung der Ausgleichszahlung I. Steuerrechtliche Anforderungen an die Ausgleichszahlung 1. Problematik

15.28 Angesichts der bestehenden Unklarheiten bezÅglich der Auslegung des Begriffs des außenstehenden Aktionrs und der zutreffenden Bemessung der Ausgleichszahlung sowie vor dem Hintergrund, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 1 Zum Streitstand im Einzelnen s. Hasselbach/Hirte in Großkomm4, § 304 AktG Rz. 142 mwN. 2 Hasselbach/Hirte in Großkomm4, § 304 AktG Rz. 142. 3 Vgl. Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 11. 4 DafÅr LG Dortmund v. 11.3.1998 – 20 AktE 4/97, GmbHR 1998, 941; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 304 AktG Rz. 11; dagegen die Åberwiegende Auffassung in der Literatur, s. etwa Baldamus, ZGR 2007, 819, 844 f.; Casper in Ulmer/Habersack/LÇbbe2, Anh. zu § 77 GmbHG Rz. 215; Liebscher in MÅKo, Anh. zu § 13 GmbHG, Rz. 949 f. mwN, auch zur Gegenauffassung. 5 So auch Liebscher in MÅKo, Anh. zu § 13 GmbHG, Rz. 949.

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C. Steuerrechtliche Behandlung der Ausgleichszahlung

KStG grundstzlich die AbfÅhrung des ganzen Gewinns verlangt, stellt sich die Frage nach der steuerlichen Anerkennung der Organschaft, wenn eine Ausgleichszahlung zu Unrecht nicht vereinbart wird oder eine solche geleistet wird, obwohl dies gesellschaftsrechtlich eigentlich nicht erforderlich wre. Außerdem ist zu klren, welche Anforderungen das Steuerrecht an die Bemessung der Ausgleichszahlung stellt. 2. Fehlende oder ÅberflÅssige Ausgleichszahlungen a) AG, KGaA oder SE als Organgesellschaft Ist ein GewinnabfÅhrungsvertrag mit einer AG, KGaA oder SE als Organgesellschaft gem. § 304 Abs. 3 Satz 1 AktG nichtig, weil er keine Ausgleichsregelung vorsieht, obwohl außenstehende Aktionre vorhanden sind (zum sog. „Nullausgleich“ siehe oben Rz. 15.20) und diese auf den Ausgleich auch nicht wirksam verzichtet haben,1 besteht keine Organschaft.2 Denn diese setzt gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG einen wirksamen GewinnabfÅhrungsvertrag voraus. Vor dem Hintergrund der Unsicherheiten Åber die Definition des Begriffs des außenstehenden Aktionrs (siehe Rz. 15.13 ff.) empfiehlt es sich in der Praxis regelmßig, mÇglichst eine ausdrÅckliche Verzichtserklrung der anderen zum Konzern des Organtrgers gehÇrenden Aktionre einzuholen.

15.29

Sieht ein GewinnabfÅhrungsvertrag dagegen umgekehrt eine Ausgleichszahlung an einen Aktionr vor, der nicht als außenstehend i.S.d. § 304 AktG anzusehen ist, fÅhrt dies zumindest dann nicht zum Scheitern der Organschaft, wenn eine solche Ausgleichszahlung nach den Anforderungen des § 304 AktG bemessen ist (zu den steuerlichen Vorgaben in Bezug auf die Bemessung der Ausgleichszahlung siehe Rz. 15.35 ff.).3 Eine solche ausschließlich vertraglich begrÅndete Ausgleichszahlung ist handelsbilanziell Betriebsausgabe und verringert daher den nach § 301 AktG an den Organtrger abzufÅhrenden Gewinn, so dass es – trotz entsprechend reduzierter Zahlung an den Organtrger – bei der von § 14 KStG geforderten AbfÅhrung des ganzen Gewinns an diesen bleibt.4

15.30

Der BFH hat dies zwar bislang – soweit ersichtlich – nicht ausdrÅcklich besttigt. Doch lsst sich aus der BegrÅndung seines Urteils vom 4.3.20095 zu einem außenstehenden Aktionr ohne gesetzlichen Ausgleichszah-

15.31

1 Vgl. zum Verzicht Baldamus, Ubg 2010, 483, 488; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 5; Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 15. 2 BFH v. 30.7.1997 – I R 7/97, BStBl. II 1998, 33 = FR 1998, 164; v. 4.3.2009 – I R 1/08, BStBl. II 2010, 407 = FR 2009, 1110, Rz. 40. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 5, 10, 17; Erle/Heurung in Erle/Sauter3, § 16 KStG Rz. 24; Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 16; Walter in Ernst & Young, § 16 KStG Rz. 8; aA Dallwitz in Schnitger/Fehrenbacher, § 16 KStG Rz. 34, demzufolge „allenfalls steuerliche Billigkeitsmaßnahmen zur Vermeidung von Hrtefllen“ in Betracht kommen. 4 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 5. 5 BFH v. 4.3.2009 – I R 1/08, BStBl. II 2010, 407 = FR 2009, 1110.

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Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter

lungsanspruch durchaus schlussfolgern, dass er diese Sichtweise teilt. Denn nach der UrteilsbegrÅndung steht sogar eine ohne gesetzliche Verpflichtung außerhalb des GewinnabfÅhrungsvertrags freiwillig abgeschlossene Vereinbarung mit einem hinzugetretenen außenstehenden Aktionr Åber die Gewhrung von Ausgleichszahlungen fÅr den Zeitraum bis zum Ende des Geschftsjahrs, in dem der außenstehende Aktionr sich beteiligt hat, der Anerkennung der Organschaft nicht entgegen. Dasselbe muss dann erst recht fÅr gesetzlich nicht erforderliche Ausgleichszahlungen gelten, die im GewinnabfÅhrungsvertrag selbst geregelt sind. Anders als in der hier diskutierten Fallkonstellation handelte es sich bei dem Minderheitsgesellschafter in dem vom BFH entschiedenen Fall zwar immerhin um einen außenstehenden Aktionr im Sinne des § 304 AktG, der nur deswegen keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung hatte, weil er zu dem fÅr die Anspruchsentstehung maßgeblichen Zeitpunkt (Rz. 15.24) noch kein außenstehender Aktionr war. Dennoch ist die vom BFH getroffene Wertung nach der hier vertretenen Auffassung auf andere Flle gesetzlich nicht erforderlicher Ausgleichszahlungen zu Åbertragen. b) GmbH als Organgesellschaft

15.32 Ist eine GmbH Organgesellschaft, ist die Lage komplizierter, weil nicht geklrt ist, ob und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen die §§ 304 ff. AktG Åberhaupt (analog) anzuwenden sind (Rz. 15.25 ff.). Angesichts dieser Unsicherheit wird vielfach dafÅr pldiert, dass ein GewinnabfÅhrungsvertrag mit einer GmbH als Organgesellschaft steuerlich unabhngig davon anzuerkennen sein muss, ob er Ausgleichszahlungen vorsieht oder nicht.1 Richtigerweise kann das jedoch nur mit der Einschrnkung gelten, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag zumindest zivilrechtlich wirksam sein muss.2 Ist der GewinnabfÅhrungsvertrag nichtig, fehlt es an einer gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung der Organschaft.

15.33 Um das Risiko der Nichtigkeit auszuschließen, empfiehlt es sich, bei Vorhandensein außenstehender Gesellschafter einen GewinnabfÅhrungsvertrag ohne Ausgleichszahlung allenfalls dann abzuschließen, wenn alle Gesellschafter zustimmen und die außenstehenden Gesellschafter auf eine Ausgleichszahlung verzichten; dazu wird es in der Praxis freilich selten kommen, so dass die Vereinbarung von Ausgleichszahlungen die Regel sein wird, wenn (echte) außenstehende Gesellschafter vorhanden sind.

1 S. zB DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 13; Sauter/Heurung, GmbHR 2001, 754, 755; SchÇneborn, DB 2010, 245 (246); Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57 (63). 2 AA anscheinend DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 13 „solange die handelsrechtliche Frage nicht hÇchstrichterlich entschieden ist“.

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C. Steuerrechtliche Behandlung der Ausgleichszahlung

Wie bei der AG und der KGaA darf auch bei der GmbH eine gesetzlich nicht erforderliche Ausgleichszahlung der Anerkennung der Organschaft nicht entgegenstehen (siehe dazu Rz. 15.30 f.).1

15.34

3. Bemessung der Ausgleichszahlung a) HÇhe der Ausgleichszahlung § 304 Abs. 1 Satz 1 AktG verlangt, dass die Ausgleichszahlung der HÇhe nach „angemessen“ ist. Es stellt sich daher die Frage, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn die Ausgleichszahlung zu hoch oder zu niedrig ist.

15.35

Ist die im GewinnabfÅhrungsvertrag vorgesehene Ausgleichszahlung zu niedrig bemessen, ist der GewinnabfÅhrungsvertrag – anders als bei gnzlichem Fehlen einer Ausgleichsregelung – nicht nichtig.2 In diesem Fall kann der außenstehende Gesellschafter lediglich eine hÇhere – angemessene – Ausgleichszahlung verlangen. Steuerlich ist die Organschaft in diesem Fall anzuerkennen.3 Eine verdeckte Einlage i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG liegt bei einer zu niedrig bemessenen Ausgleichszahlung nicht vor, weil es an einem einlagefhigen Vorteil fehlt.4

15.36

berhÇhte Ausgleichszahlungen kÇnnen steuerlich als verdeckte GewinnausschÅttungen i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu qualifizieren sein.5 Diese Einordnung hat aber lediglich akademische Bedeutung. Denn richtigerweise sind verdeckte GewinnausschÅttungen an außenstehende Gesellschafter wiederum wie Ausgleichszahlungen i.S.d. § 16 KStG zu behandeln,6 weil sie wirtschaftlich an deren Stelle treten. Daher spielt es nach zutreffender Auffassung steuerlich letztlich auch keine Rolle, wenn die Ausgleichszahlung zu hoch ist.7 Insoweit gelten fÅr ÅberhÇhte Ausgleichszahlungen an außenstehende Aktionre dieselben Grundstze wie fÅr Ausgleichszahlungen an Aktionre, die nicht als außenstehend im Sinne des § 304 AktG anzusehen sind (Rz. 15.30 f.). Eine Einschrnkung ergibt sich freilich aus der Rechtsprechung des BFH, nach der die Anerkennung der Organschaft zu versagen ist, wenn nur bei formaler, nicht aber bei wirtschaftlicher Betrachtung der ganze Gewinn als an den Organtrger abgefÅhrt anzusehen ist (Rz. 15.38).

15.37

1 Ebenso DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 13. 2 BGH v. 13.2.2006 – II ZR 392/03, BGHZ 166, 195 = MDR 2006, 1177. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 6; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 16 KStG Rz. 12. 4 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 46; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 16 KStG Rz. 24. 5 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 46. 6 R 61 Abs. 4 Satz 4 KStR; Danelsing in BlÅmich, KStG, § 16 KStG Rz. 21; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 17; aA Neumann in Gosch2, KStG, § 16 KStG Rz. 13, nach dem zu prÅfen sei, ob die verdeckte GewinnausschÅttung zu einem Verstoß gegen die GewinnabfÅhrungspflicht fÅhrt. 7 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 17.

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Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter

b) Problemfall: Variabler Ausgleich, der sich am Gewinn der Untergesellschaft orientiert

15.38 Dass es fÅr die steuerliche Anerkennung der Organschaft keine Relevanz hat, ob die Ausgleichszahlung zu hoch oder zu niedrig ist, gilt freilich nur, wenn die Ausgleichszahlung konzeptionell einem der beiden in § 304 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 AktG vorgesehenen Grundmodelle – also entweder fester Ausgleich oder variabler, am Gewinn der Obergesellschaft orientierter Ausgleich (Rz. 15.17 ff.) – entspricht. Wird von den gesetzlich vorgesehenen Grundmodellen zB dadurch abgewichen, dass eine variable Ausgleichszahlung vereinbart wird, die sich ausschließlich an der Ertragslage der Organgesellschaft orientiert, ist die Organschaft nach der Rechtsprechung des BFH nicht anzuerkennen. Denn die Organschaft fÅhre dann nach der Auffassung des BFH ihren ganzen Gewinn entgegen § 14 KStG nur formal, nicht aber bei der steuerlich gebotenen „wirtschaftlichen Betrachtung“ an den Organtrger ab.1

15.39 Aber auch dann, wenn zustzlich zu einer festen Ausgleichszahlung, die bereits fÅr sich genommen den Anforderungen des § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG genÅgt, noch eine variable Komponente, deren HÇhe an den Gewinn der Untergesellschaft gekoppelt ist, vereinbart wird, erkennt der BFH die Organschaft mangels „AbfÅhrung des ganzen Gewinns“ jedenfalls dann nicht an, wenn die Kombination von fester und variabler Komponente dazu fÅhrt, dass der außenstehende Gesellschafter letztlich so gestellt wird, als bestÅnde kein GewinnabfÅhrungsvertrag.2 In diesem Fall liegt nach Auffassung des BFH keine Ausgleichszahlung i.S.d. § 304 AktG vor.3

15.40 Dem ist entgegenzuhalten, dass § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG seinem Wortlaut nach lediglich einen Mindestausgleich vorsieht, der durchaus Åberschritten werden darf.4 Mit genau dieser BegrÅndung hat die Finanzverwaltung auf die Rechtsprechung des BFH mit einem Nichtanwendungserlass reagiert.5 Sie orientiert sich in ihrer Rechtsanwendung nach wie vor an dem BMF-Schreiben vom 13.9.1991.6 Darin stellt das BMF – im Einvernehmen mit dem BMJ – fest, dass es gesellschaftsrechtlich zulssig ist, einen festen Mindestausgleich nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG mit einem Zuschlag zu kombinieren, der sich an einem Prozentsatz des tatschlichen Gewinns der Untergesellschaft orientiert.

1 Vgl. BFH v. 31.3.1976 – I R 123/74, BStBl. II 1976, 510. 2 Vgl. BFH v. 4.3.2009 – I R 1/08, BStBl. II 2010, 407 = FR 2009, 1110, Rz. 38 ff. 3 Dem BFH zustimmend DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 24; Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 32. 4 Marquardt/Krack, FR 2009, 1098 (1099). 5 S. BMF v. 20.4.2010 – IV C 2 - S 2770/08/10006 – DOK 2010/0216002, BStBl. I 2010, 372 = FR 2010, 490. 6 BMF v. 13.9.1991 – IV B 7 - S 2770 - 34/91, DB 1991, 2110.

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C. Steuerrechtliche Behandlung der Ausgleichszahlung

Das BMF wiederholt in diesem Nichtanwendungserlass außerdem ausdrÅcklich seine bereits im Schreiben vom 16.4.19911 getroffene Aussage, dass sich das Steuerrecht in der Frage, wie eine Ausgleichszahlung zu bemessen ist, in vollem Umfang der zivilrechtlichen Betrachtungsweise anschließe. Daher ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung eine Kombination von festem und – am Gewinn der Untergesellschaft orientiertem – variablem Ausgleich grundstzlich anerkennt.

15.41

Da aber unklar ist, ob die Relation zwischen Festbetrag und variabler Aufstockung nach Auffassung der Finanzverwaltung beliebig gestaltbar ist,2 kann es sinnvoll sein, im Einzelfall zu dieser Frage eine verbindliche Auskunft einzuholen. Dasselbe gilt, wenn sich die variable Komponente nicht an einem Prozentsatz des Gesamtgewinns der Organgesellschaft, sondern zB am Gewinn einer Sparte (sog. Tracking-Stock-Modell) orientiert.3

15.42

c) Anpassungen ndern die Parteien eines GewinnabfÅhrungsvertrags die HÇhe der Ausgleichszahlung, zB weil sich die ursprÅnglichen Berechnungsgrundlagen stark verndert haben und die Ausgleichszahlung daher grob unangemessen erscheint,4 so hat dies keinen Einfluss auf die steuerliche Anerkennung, weil die nderung dazu dient, den wirtschaftlichen Vertragsinhalt unverndert fortzufÅhren.5 Dies gilt auch dann, wenn die nderung innerhalb der FÅnfjahresfrist des § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG vorgenommen wird.6

15.43

II. Rechtsfolgen 1. Versteuerung der Ausgleichszahlung durch die Organgesellschaft Nach § 16 KStG hat die Organgesellschaft iHv. 20/17 der Ausgleichszahlung ein eigenes Einkommen zu versteuern, und zwar unabhngig davon, ob sie oder der Organtrger die Ausgleichszahlung leistet, § 16 Satz 2 KStG.

1 BMF v. 16.4.1991 – IV B 7 - S 2770 - 11/91, DB 1991, 1049. 2 FÅr eine Begrenzung des variablen Anteils auf ein Drittel DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 27; fÅr eine Begrenzung auf 10 % Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 31; zu Recht gegen jede Form der Begrenzung Walter in Ernst & Young, § 16 KStG Rz. 12. 3 Im Einzelnen dazu Baldamus, Ubg 2010, 483 (485 ff.); DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 19. 4 Vgl. dazu Riegger/Kramer, DB 1994, 565; Beckmann/Simon, ZIP 2001, 1906. 5 Ebenso DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 22. 6 Schumacher in Herzig, Organschaft, 2003, 197.

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15.44

Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter Beispiel 3:1 Die Organgesellschaft erwirtschaftet – vor GewinnabfÅhrung und KÇrperschaftsteuer – einen JahresÅberschuss von 110.000 Euro. Der Organtrger erwirtschaftet – vor Ausgleichszahlung – einen eigenen JahresÅberschuss von 100.000 Euro. Die Ausgleichszahlung iHv. 8.500 Euro wird vom Organtrger an den außenstehenden Aktionr der Organgesellschaft geleistet. Gesellschaftsrecht

Steuerrecht

Organgesellschaft JahresÅberschuss der Organgesellschaft vor GewinnabfÅhrung und KSt

+ 110.000

Einkommen der Organgesellschaft vor Zurechnung an Organtrger

+ 110.000

Einkommenszurechnung an Organtrger (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG)

– 100.000

Bei der Organgesellschaft zu versteuerndes Einkommen (§ 16 Satz 2 KStG)

= 10.000

KSt auf Ausgleichszahlung (§ 16 Satz 2 KStG)

– 1.500

GewinnabfÅhrung an Organtrger

– 108.500

JahresÅberschuss der Organgesellschaft

=0

Organtrger JahresÅberschuss des Organtrgers vor Ausgleichszahlung

+ 100.000

Ausgleichszahlung

– 8.500

GewinnabfÅhrung

+ 108.500

JahresÅberschuss

= 200.000

Eigenes Einkommen des Organtrgers (§ 4 Abs. 5 Nr. 9 EStG)

+ 100.000

Dem Organtrger zuzurechnendes Einkommen der Organgesellschaft (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG)

+ 100.000

Beim Organtrger zu versteuerndes Einkommen

= 200.000

Die vom Organtrger geschuldete Ausgleichszahlung mindert den handelsbilanziellen JahresÅberschuss der Organgesellschaft (vor GewinnabfÅhrung) – anders als die von der Organgesellschaft zu zahlende KÇrperschaftsteuer – nicht. Handelsbilanziell betrgt der JahresÅberschuss bei der Organgesellschaft aufgrund der GewinnabfÅhrung 0 Euro. Ihr steuerliches Einkommen (vor Zurechnung zum Organtrger) betrgt 110.000 Euro. Davon sind gemß § 16 Satz 2 KStG 10.000 Euro von ihr selbst zu versteuern und gemß § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG 100.000 Euro dem Organtrger zuzurechnen und von ihm zu versteuern. Die vom Organtrger geleistete Ausgleichszahlung darf dessen Einkommen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 9 EStG nicht mindern und ist seinem Gewinn deshalb wieder hinzuzurechnen.

1 In Anlehnung an DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 41.

642

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C. Steuerrechtliche Behandlung der Ausgleichszahlung

Die Anwendung des § 16 KStG setzt voraus, dass die Ausgleichszahlung tatschlich geleistet worden ist; entscheidend ist also nicht der Zeitpunkt der Passivierung der Verbindlichkeit, sondern der des Abflusses.1 Umstritten ist hingegen, zu welchem Zeitpunkt die Rechtsfolgen des § 16 KStG – sprich die Zurechnung des Einkommens und dessen Versteuerung – eintreten sollen. Nach zutreffender Ansicht ist auf das Wirtschaftsjahr abzustellen, fÅr das die Ausgleichszahlung geleistet wurde.2 Keine Rolle spielt, ob die Organgesellschaft tatschlich ein positives oder ein negatives Ergebnis erzielt. Und auch wenn der Organkreis insgesamt einen Verlust erwirtschaftet, ist § 16 KStG anwendbar; ein Verlustausgleich innerhalb des Organkreises ist nicht mÇglich, weil in Bezug auf die Ausgleichszahlung die Wirkung der Organschaft (Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zum Organtrger) durch § 16 KStG gerade suspendiert wird. Zum Verbot der Verrechnung mit vororganschaftlichen Verlusten siehe Rz. 15.50.

15.45

Nach § 4 Abs. 5 Nr. 9 EStG darf eine Ausgleichszahlung weder den Gewinn des Organtrgers noch den Gewinn der Organgesellschaft mindern. Sie ist beim leistenden Unternehmen als nicht abziehbare Betriebsausgabe hinzuzurechnen. Maßgeblicher Zeitpunkt fÅr die Hinzurechnung nach § 4 Abs. 5 Nr. 9 EStG ist die Passivierung der Ausgleichszahlung (also – anders als fÅr Zwecke der Besteuerung der Ausgleichszahlung – nicht ihr Abfluss).

15.46

2. Besteuerung der Ausgleichszahlung beim außenstehenden Gesellschafter Beim außenstehenden Gesellschafter sind die Ausgleichszahlungen Kapitalertrge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (zum Fall des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG siehe Rz. 15.52 ff.).3 Dies gilt unabhngig davon, ob der Organtrger oder die Organgesellschaft die Ausgleichszahlung leistet.4 Ist der außenstehende Gesellschafter eine natÅrliche Person, fllt – abhngig davon, ob die Beteiligung im Privat- oder im BetriebsvermÇgen gehalten 1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 34; Neumann in Gosch2, § 16 KStG Rz. 14; Pache in HHR, § 16 KStG Anm. 3. 2 FG MÅnster v. 21.9.2007 – 9 K 4007/06 K, EFG 2008, 324 (328), ebenso DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 39; Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 47; Schumacher in Herzig, Organschaft, 2003, 204; Walter in Ernst & Young, § 16 KStG Rz. 1; aA Dallwitz in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 16 Rz. 52; Pache in HHR, § 16 KStG Anm. 33; Rtke in HHR, § 4 EStG Anm. 1810; Rogall/Dreßler, DStR 2015, 449 (451), die auf den tatschlichen Zubzw. Abfluss der Ausgleichszahlung abstellen. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 30; Pache in HHR, § 16 KStG, Anm. 10. 4 Danelsing in BlÅmich, § 16 KStG Rz. 9; zur Abgrenzung von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und sonstigen EinkÅnften gem. § 22 Nr. 1 Buchst. a EStG bei Leistung durch den Organtrger vgl. Rogall/Dreßler, DStR 2015, 449 (451); dem wohl zustimmend DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 68.

J. Wagner

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15.47

Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter

wird – entweder Abgeltungsteuer i.H.v. 25 % nach § 32d EStG an oder es kommt nach § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG das TeileinkÅnfteverfahren zur Anwendung. Ist der außenstehende Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft, sind – vorbehaltlich des § 8b Abs. 4 KStG – nach § 8b Abs. 1 KStG 95 % der Ausgleichszahlung von der Steuer freigestellt. 3. Verfahrensrecht

15.48 Die bei der Organgesellschaft auf die Ausgleichszahlung anfallende KÇrperschaftsteuer wird durch Bescheid gegenÅber der Organgesellschaft festgesetzt, so dass diese bei Fehlerhaftigkeit des Bescheids beschwert und einspruchsbefugt ist.1

III. Einzelfragen 1. Nießbrauch am Ausgleichsanspruch

15.49 Unter § 16 KStG kÇnnen auch Ausgleichszahlungen fallen, die von § 304 AktG nicht erfasst sind. Dies setzt voraus, dass sie bei wirtschaftlicher Betrachtung vergleichbar sind. Ein Beispiel dafÅr ist das vom Organtrger an einen außenstehenden Aktionr fÅr die Einrumung eines Nießbrauchs an dessen unmittelbarem Ausgleichsanspruch gezahlte Entgelt.2 2. Verlustabzug

15.50 Das von der Organgesellschaft wegen der Ausgleichszahlung nach § 16 KStG selbst zu versteuernde Einkommen darf gem. § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG nicht um einen vororganschaftlichen Verlust gemindert werden. Die vororganschaftlichen Verluste bleiben daher auch insoweit eingefroren. 3. Steuerfreie Einnahmen

15.51 Hat die Organgesellschaft ausschließlich steuerfreie Einnahmen erwirtschaftet, hat sie dennoch ein eigenes Einkommen i.H.v. 20/17 der geleisteten Ausgleichszahlung zu versteuern. Die Steuerbefreiungen finden jedoch Åber die Einkommenszurechnung beim Organtrger BerÅcksichtigung.3

1 FG Nds. v. 22.4.2004 – 6 K 303/00, DStRE 2004, 1356; Dallwitz in Schnitger/ Fehrenbacher, KStG, § 16 KStG Rz. 58; Danelsing in BlÅmich, § 16 KStG Rz. 12. 2 Vgl. BFH v. 4.3.2009 – I R 1/08, BStBl. II 2010, 407; v. 25.7.1973 – I R 225/71, BStBl. II 1973, 791 = FR 2009, 1110; Danelsing in BlÅmich, § 16 KStG Rz. 22; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 8; aA Walter in Ernst & Young, § 16 KStG Rz. 9. 3 Vgl. Dallwitz in Schnitger/Fehrenbacher, § 16 KStG Rz. 44; Danelsing in BlÅmich, § 16 KStG Rz. 27; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 44.

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C. Steuerrechtliche Behandlung der Ausgleichszahlung

4. Verwendungsreihenfolge Ausgleichszahlungen sind Leistungen i.S.d. § 27 Abs. 1 KStG, so dass fÅr sie nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG grundstzlich auch das steuerliche Einlagekonto als verwendet gelten kann1 – mit der Folge, dass insoweit beim außenstehenden Gesellschafter eine Dividendenbesteuerung ausscheidet (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) und auch keine Kapitalertragsteuer anfllt (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG). Dies soll jedenfalls dann der Fall sein, wenn die Ausgleichszahlung durch die Organgesellschaft geleistet wird.2 Nicht abschließend geklrt ist hingegen, ob etwas anderes gilt, wenn der Organtrger die Ausgleichszahlung ttigt.3

15.52

Zur Verwendung des steuerlichen Einlagekontos kommt es nicht, wenn die Organgesellschaft in ausreichendem Maße Åber in vororganschaftlicher Zeit gebildete GewinnrÅcklagen verfÅgt. Weist das steuerliche Einlagekonto jedoch einen positiven Bestand aus und fehlt es an ausreichenden GewinnrÅcklagen, so kommt es im ersten Jahr nach BegrÅndung der Organschaft zu einer Verrechnung der Ausgleichszahlung mit dem steuerlichen Einlagekonto, soweit die Ausgleichszahlung den auf den Schluss des der Leistung vorangegangenen Wirtschaftsjahrs ermittelten ausschÅttbaren Gewinn der Organgesellschaft Åbersteigt. Dieses Ergebnis folgt aus der von § 27 KStG angeordneten Verwendungsreihenfolge. Dabei handelt es sich jedoch um einen einmaligen Effekt, weil die Minderung des steuerlichen Einlagekontos dazu fÅhrt, dass im Folgejahr der ausschÅttbare Gewinn um den Betrag der Ausgleichszahlung aus dem Vorjahr erhÇht ist.

15.53

Beispiel 4: Die T-GmbH schließt einen GewinnabfÅhrungsvertrag mit ihrer Muttergesellschaft. Sie hat ein Stammkapital von 25.000 Euro. Außerdem verfÅgt sie zum Zeitpunkt der Errichtung der Organschaft Åber eine KapitalrÅcklage i.H.v. 75.000 Euro (und ein steuerliches Einlagekonto in derselben HÇhe). GewinnrÅcklagen oder Verlustvortrge aus vororganschaftlicher Zeit gibt es nicht. An den außenstehenden Gesellschafter X ist nach dem GewinnabfÅhrungsvertrag eine Ausgleichszahlung von 10.000 Euro pa. zu leisten.

1 Vgl. BFH v. 3.2.2010 – I B 32/09, BFH/NV 2010, 1128; Nolting/Voßkuhl, DB 2007, 2223 (2225). 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 60 f.; DÇtsch, Der Konzern 2006, 64 (65); Nolting/Voßkuhl, DB 2007, 2223 (2225); Oellerich in BlÅmich, § 27 KStG Rz. 33; Rogall/Dreßler, DStR 2015, 449 (452 f.); Walter in Ernst & Young, § 16 KStG Rz. 2; Werning in BlÅmich, § 27 KStG Rz. 33; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 27 KStG Rz. 40b; Heger in Gosch2, § 27 KStG Rz. 26, nach denen entgegen des Gesetzeswortlauts in erster Linie Einkommen verwendet werden soll. 3 Nicht zwischen Leistung durch den Organtrger oder die Organgesellschaft differenzierend FinMin BB v. 5.7.2012 – 35 - S 2770 - 2012/002, IDW-Veranlagungshandbuch KSt 2013, Anlage § 016-03; aA DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 68; Rogall/Dreßler, DStR 2015, 449 (453 f.), nach denen sich Ausgleichszahlungen des Organtrgers nicht auf das steuerliche Einlagenkonto auswirken kÇnnen.

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Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter Jahr 01

Jahr 02

Ausgleichszahlung Eigenkapital laut Steuerbilanz

10.000

10.000

100.000

100.000

./. Gezeichnetes Kapital

./. 25.000

./. 25.000

./. Bestand des steuerlichen Einlagekontos

./. 75.000

./. 65.000

0

10.000

AusschÅttbarer Gewinn (§ 27 Abs. 1 Satz 5 KStG) ./. AusschÅttbarer Gewinn Verwendung des steuerlichen Einlagekontos fÅr Ausgleichszahlung

./. 0

./. 10.000

10.000

0

Als ausschÅttbaren Gewinn definiert § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG das um das gezeichnete Kapital geminderte in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital abzÅglich des Bestands des steuerlichen Einlagekontos. Daraus ergibt sich fÅr das Jahr 01 ein ausschÅttbarer Gewinn von 0 Euro. Die Ausgleichszahlung ist daher aus dem steuerlichen Einlagekonto zu leisten, das nach § 27 Abs. 1 Satz 2 KStG um den Abgang fortzuschreiben ist. Es weist daher im Jahr 02 nur noch einen Betrag von 65.000 Euro (gegenÅber 75.000 Euro in 01) aus. Vorausgesetzt, die Summe des Eigenkapitals bleibt gegenÅber dem Vorjahr unverndert, fÅhrt dies im Jahr 02 in Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG allerdings zu einem ausschÅttbaren Gewinn von 10.000 Euro.

15.54 Bei Vorhandensein vororganschaftlicher Verlustvortrge kann es jedoch mehrere Jahre dauern, bis die Ausgleichszahlungen nicht mehr aus dem steuerlichen Einlagekonto finanziert werden. Beispiel 5: Organgesellschaft ist die V-GmbH (Stammkapital E 25.000, KapitalrÅcklage = steuerliches Einlagekonto E 75.000), die bei Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags Åber Verlustvortrge i.H.v. E 50.000 verfÅgt. An den außenstehenden Gesellschafter A hat sie nach dem GewinnabfÅhrungsvertrag eine Ausgleichszahlung von E 10.000 pa. zu leisten. Jahr 01

Jahr 02

Ausgleichszahlung Eigenkapital laut Steuerbilanz

10.000 50.000

10.000 50.000

./. Gezeichnetes Kapital

./. 25.000

./. 25.000

./. Bestand des steuerlichen Einlagekontos

./. 75.000

./. 65.000

0

0

AusschÅttbarer Gewinn (§ 27 Abs. 1 Satz 5 KStG) ./. AusschÅttbarer Gewinn Verwendung des steuerlichen Einlagekontos fÅr Ausgleichszahlung

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./. 0

./. 0

10.000

10.000

C. Steuerrechtliche Behandlung der Ausgleichszahlung Unter BerÅcksichtigung der Verlustvortrge i.H.v. 50.000 Euro ergibt sich fÅr das Jahr 01 ein steuerliches Eigenkapital von ebenfalls 50.000 Euro. Zieht man von diesem das gezeichnete Kapital und den Bestand des steuerlichen Einlagekontos ab, verbleibt kein i.S.d. § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG ausschÅttbarer Gewinn, weshalb die Ausgleichszahlung als aus dem steuerlichen Einlagekonto geleistet gilt. Das steuerliche Einlagekonto ist nach § 27 Abs. 1 Satz 2 KStG fortzuschreiben, womit fÅr das Folgejahr ein Betrag von 65.000 Euro (gegenÅber 75.000 Euro aus 01) verbleibt. Vorausgesetzt, die Summe des Eigenkapitals bleibt gegenÅber dem Vorjahr unverndert, ergibt sich nach § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG auch im Jahr 02 erneut kein ausschÅttbarer Gewinn. Es ist daher wiederum das steuerliche Einlagekonto zu verwenden und fortzuschreiben.

Rechtspolitisch stÇßt die MÇglichkeit der Verrechnung von Ausgleichszahlungen mit dem steuerlichen Einlagekonto zu Recht auf Kritik, weil sie den außenstehenden Gesellschafter systemwidrig bevorteilt.1

15.55

5. Kapitalertragsteuer Da die Ausgleichszahlung zu den Kapitalertrgen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehÇrt (Rz. 15.47), fllt gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG grundstzlich Kapitalertragsteuer (zzgl. Solidarittszuschlag) an, und zwar gemß der Grundregel des § 44 Abs. 1 Satz 2 KStG im Zuflusszeitpunkt. Da kein gesonderter Beschluss Åber die Ausgleichszahlung gefasst wird, kommt die Sonderregelung des § 44 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht zur Anwendung.

15.56

Schuldner der Kapitalertragsteuer ist nach § 43 Abs. 1 Satz 1 EStG der Glubiger der Kapitalertrge, also der außenstehende Gesellschafter. Die Kapitalertragsteuer ist nach § 44 Abs. 1 Satz 3 KStG jedoch grundstzlich vom Schuldner der Kapitalertrge fÅr Rechnung des Glubigers einzubehalten, anzumelden und abzufÅhren. Ungeachtet der Tatsache, dass zivilrechtlich stets der Organtrger die Ausgleichszahlung schuldet (Rz. 15.23), ist im Hinblick auf die Sonderregelung des § 16 KStG die Organgesellschaft zur Einbehaltung und AbfÅhrung der Kapitalertragsteuer verpflichtet, und zwar unabhngig davon, ob die Ausgleichszahlung tatschlich vom Organtrger oder der Organgesellschaft geleistet wird.2

15.57

Sind Aktien der Organgesellschaft gem. § 5 DepotG zur Sammelverwahrung durch eine Wertpapiersammelbank zugelassen und dieser zur Sammelverwahrung im Inland anvertraut worden oder fallen sie sonst in den

15.58

1 S. zB DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 61, 63; Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 56 f., der freilich auch de lege lata die MÇglichkeit der Finanzierung von Ausgleichszahlungen verneint. 2 Ebenso DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 66; Erle/Heurung in Erle/Sauter3, § 16 KStG Rz. 86; Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 73; Walter in Ernst & Young, § 16 KStG Rz. 2; vgl. auch BMF v. 20.12.2012 – IV C 1 - S 2401/08/10001:008, BStBl. I 2013, 36 Rz. 43; aA Dallwitz in Schnitger/ Fehrenbacher, KStG, § 16 Rz. 64; Pache in HHR, § 16 KStG Anm. 10, nach deren Auffassung der Organtrger als Schuldner der Ausgleichszahlung auch Schuldner der Kapitalertragsteuer ist; offengelassen von Rogall/Dreßler, DStR 2015, 449 (455).

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Kapitel 15 Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter

Anwendungsbereich des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG, hat nach § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG die die Kapitalertrge auszahlende Stelle, also gem. § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 Buchst. a EStG regelmßig die Depotbank, den Abzug der Kapitalertragsteuer vorzunehmen. 6. Gewerbesteuer

15.59 Nach § 2 Satz 2 GewStG gilt die Organgesellschaft als Betriebssttte des Organtrgers, ist also kein eigenstndiges Steuersubjekt. Daran ndert sich auch im Fall von Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter nichts. Zwar ist das Einkommen von Organgesellschaft und Organtrger im Rahmen der Gewerbesteuer getrennt zu ermitteln (gebrochene Einheitstheorie). § 16 KStG ist aber keine Einkommensermittlungsnorm, sondern regelt lediglich eine Ausnahme von der kÇrperschaftsteuerlichen Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zum Organtrger (Rz. 15.6). Das Gewerbesteuerrecht kennt auch keine dem § 16 KStG vergleichbare Ausnahmebestimmung. Anwendbar bleibt lediglich die Versagung des Betriebsausgabenabzugs nach § 4 Abs. 5 Nr. 9 EStG, so dass die Ausgleichszahlung letztlich keine gewerbesteuerliche Auswirkung hat. 7. Solidarittszuschlag

15.60 Das von der Organgesellschaft gem. § 16 KStG zu versteuernde Einkommen ist mit 20/17 der Ausgleichszahlung so bemessen, dass daraus sowohl die Ausgleichszahlung als auch die KÇrperschaftsteuer bestritten werden kann. Der Solidarittszuschlag, den die Organgesellschaft gem. §§ 2 Nr. 3, 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG ebenfalls selbst schuldet, vermindert dagegen den an den Organtrger abzufÅhrenden JahresÅberschuss, nicht aber das dem Organtrger zuzurechnende Einkommen. 8. Verdeckte GewinnausschÅttungen/verdeckte Einlagen

15.61 Eine zu niedrig bemessene Ausgleichszahlung fÅhrt mangels einlagefhigen Wirtschaftsguts zu keiner verdeckten Einlage in die Organgesellschaft. berhÇhte Ausgleichszahlungen kÇnnen zwar als verdeckte GewinnausschÅttungen der Organgesellschaft zu qualifizieren sein; da verdeckte GewinnausschÅttungen an außenstehende Gesellschafter nach zutreffender Auffassung aber wiederum wie Ausgleichszahlungen i.S.d. § 16 KStG zu behandeln sind (Rz. 15.37), spielt es insoweit grundstzlich keine Rolle, wenn eine Ausgleichszahlung zu hoch ist. Im Ergebnis kommt es also im Verhltnis zwischen der Organgesellschaft und deren Gesellschaftern aufgrund ÅberhÇhter oder zu niedrig bemessener Ausgleichszahlungen nicht zu steuerlichen Korrekturen.

15.62 Fraglich ist, ob dies auch im Verhltnis zwischen dem Organtrger und anderen Gesellschaftern der Organgesellschaft gilt, wenn der Organtrger mit diesen gesellschaftsrechtlich verbunden ist (und zwar unabhngig da648

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C. Steuerrechtliche Behandlung der Ausgleichszahlung

von, ob es sich um außenstehende Gesellschafter handelt oder nicht). Ist der Organtrger zB nur mittelbar, nmlich Åber eine von ihm zu 100 % gehaltene Zwischengesellschaft, an der Organgesellschaft beteiligt, so ist die Zwischengesellschaft kein außenstehender Gesellschafter und hat daher keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung (Rz. 15.15). Stimmt die Zwischengesellschaft dem Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags zu, ohne dass sie – aufgrund vertraglicher Vereinbarung – eine Ausgleichszahlung erhlt, wird dies dennoch regelmßig durch das Gesellschaftsverhltnis veranlasst sein. Nach zutreffender Auffassung stÅnde die Annahme einer verdeckten GewinnausschÅttung in diesem Fall aber im Widerspruch zur gesetzlichen Gesamtkonzeption, die eine mittelbare Beteiligung fÅr die BegrÅndung einer Organschaft ausreichen lsst und der Zwischengesellschaft keinen gesetzlichen Ausgleichsanspruch einrumt.1 9. VerunglÅckte Organschaft Die Anwendung des § 16 KStG setzt systematisch die steuerliche Anerkennung der Organschaft voraus.2 Dies erfordert nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG (ggf. iVm. § 17 KStG) einen wirksamen GewinnabfÅhrungsvertrag und dessen tatschliche DurchfÅhrung. Bei einer unrichtigen GewinnabfÅhrung infolge fehlerhafter Bilanzanstze kommt jedoch (anders als bei Vertragsfehlern) eine Heilung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Stze 4 ff. KStG in Betracht (siehe dazu im Einzelnen Rz. 13.10 ff. und Rz. 18.25 ff.). Falls die Organschaft steuerlich nicht anzuerkennen ist, liegt iHd. Ausgleichszahlung eine verdeckte GewinnausschÅttung der vermeintlichen Organgesellschaft an den außenstehenden Gesellschafter vor, und zwar unabhngig davon, ob der vermeintliche Organtrger oder die vermeintliche Organgesellschaft die Ausgleichszahlung leistet.3

1 Vgl. Dallwitz in Schnitger/Fehrenbacher, § 16 KStG Rz. 69; DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 131. 2 Ebenso Danelsing in BlÅmich, § 16 KStG Rz. 7; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 49; Pache in H/H/R, § 16 KStG Anm. 16 f.; Walter in Ernst & Young, § 16 KStG Rz. 37; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 64. 3 Vgl. BFH v. 28.11.2007 – I R 94/06; BFH/NV 2008, 1270; v. 4.3.2009 – I R 1/08, BStBl. II 2010, 407; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 16 KStG Rz. 49.

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15.63

Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger Literatur Buml, Personengesellschaften als Organtrger in der Gestaltungs- und Unternehmenspraxis, FR 2013, 1121; Buml, InvestmentvermÇgen im neuen Kapitalanlagegesetzbuch (Teil I), FR 2013, 640; Buml, AIFM-Steueranpassungsgesetz: Die geplante Besteuerung von InvestmentvermÇgen (Teil II), FR 2013, 746; Benecke/ Schnitger, Wichtige nderungen bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft durch das UntStG 2013, IStR 2013, 143; Butler, Das Treuhandmodell – eine Organschaft fÅr Personengesellschaften?, NWB 36/2012, 2925; DÇtsch/Pung, Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts: Die nderungen bei der Organschaft, DB 2013, 305; DÇtsch/ Pung, Organtrger-Personengesellschaft mit auslndischen Gesellschaftern: Zur Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG, DB 2014, 1215; Engel, Zurechnung von Organeinkommen bei unterjhrigen Gesellschafterwechsel einer Organtrger-Personengesellschaft – Anmerkung zu BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BB 2013, 1445; Fechner/Buml, Fortentwicklung des Rechts der Besteuerung von Personenunternehmen, FR 2010, 744-750; Fechner/Buml, „Replik zum Aufruf der Wissenschaft zur Abschaffung der satzermßigten Besteuerung thesaurierter Gewinne von Personenunternehmen – Aufruf zur moderaten Modifikation des § 34a EStG!“, DB 2008, 1652; Fechner/Buml, FR 2009 (Heft 11), Sonderbeilage zur Erbschaftsteuerreform 2009, 22; Frotscher, Personengesellschaften im ertragsteuerlichen Organschaftsverbund, Ubg 2009, 426; Jochimsen/Mangold/Zinowsky, Ertragsteuerliche Organschaft bei Implementierung eines Personengesellschafts-Treuhandmodells, DStR 2014, 2045; Kollruss, Beim Schlussgesellschafter ist Schluss: Keine GewSt-Anrechnung nach § 35 EStG bei Beteiligung von Organgesellschaft an Personengesellschaft. (Zugleich Anmerkung zu BMF, Schr. v. 12.1.2007 – IV B 2 - S 2296a - 2/07), DStR 2007, 378; Korezkij, Organschaft und die Steuerermßigung nach § 35 EStG – Gegenwart und Zukunft, GmbHR 2003, 1178; Kudert/Kahlenberg/Mroz, Umfassende Verschrfung von § 50i EStG im Rahmen des „Kroatiengesetzes“, IStR 2014, 257; LÅdicke, Das DBA-Gespenst der Organschaft, IStR 2011, 740; Neu, Unternehmenssteuerreform 2001: Die pauschalierte Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG, DStR 2000, 1933; Prinz, Hochproblematische Verschrfung der „§ 50i EStG-Entstrickungsregelung“ im Kroatien-Anpassungsgesetz, GmbHR 2014, R 241; Prinz/HÅtig, Zur typisierten Gewerbesteueranrechnung bei einer Organtrger-Personengesellschaft. Anmerkungen zu den BFH-Urteilen v. 22.9.2011 – IV R 3/10 und IV R 8/09, StuB 2012, 20; RÇdder/Kuhr/Heimig, § 50i EStG-Strukturen nach dem „Kroatiengesetz“ – warum massive Kollateralschden drohen, Ubg 2014, 477; RÇdder/SchÇnfeld, Abschied (auslandsbeherrschter) inlndischer Kapitalgesellschaften von der deutschen Ertragsteuerpflicht? Erste Anmerkungen zum Åberraschenden Urteil des BFH v. 9.2.2011 (I R 54, 55/10, DStR 2011, 762), DStR 2011, 886; Sauter/Heurung/KlÅbenspies, Das Entwurfs-Schreiben des BMF zu ertragsteuerlichen Organschaften unter der gide des StVergAbG, BB 2005, 1304; Schaden/Polatzky, Neuregelung der Verlustausgleichsbeschrnkung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG – Auswirkungen auf deutsche Inbound-Finanzierungen Åber KG-Holding-Strukturen, IStR 2013, 131; Schaumburg/Buml, Organschaft und Gewerbesteueranrechnung, FR 2010, 1061; Schirmer, Organschaft: Zuordnung zu einer inlndischen Betriebssttte – Wiedergeburt eines vergessenen Merkmales der Organschaft, FR 2013, 605; Schirmer, Holding als Organtrger nach der Organ-

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A. Bedeutung der Personengesellschaft in Konzernstrukturen schaftsreform, GmbHR 2013, 797; Wacker, NWB Nr. 30 v. 23.7.2012, Abschaffung der MehrmÅtterorganschaft und Verlustverwertungsbeschrnkungen bei stillen Beteiligungen. (Anmerkungen zu BFH v. 15.2.2012 – I B 7/11 und v. 27.3.2012 – I R 62/08), 2462; Walter, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 28.2.2013 (IV R 50/09, GmbHR 2013, 661) – (Organschaft: Zurechnung von Organeinkommen bei unterjhrigem Ausscheiden eines Gesellschafters aus Organtrger-Personengesellschaft), GmbHR 2013, 664; Wendt, StSenkG: Pauschale Gewerbesteueranrechnung bei Einzelunternehmen, Mitunternehmerschaft und Organschaft, FR 2000, 1173.

A. Bedeutung der Personengesellschaft in Konzernstrukturen und Organschaftsverhltnissen I. Motive fÅr die Organisation von Holdingstrukturen als Personengesellschaften Nicht wenige große Familienunternehmen gestalten ihre Holdingstrukturen als Personengesellschaften aus. Dies hat neben gesellschaftsrechtlichen Erwgungen insbesondere auch ertragsteuerliche GrÅnde.

16.1

Durch die Wahl einer steuerlich transparenten Personengesellschaft als Rechtsform wird auf Ebene der Holding zunchst die Schaffung einer zustzlichen Besteuerungsebene vermieden. Der damit verbundene Nachteil einer entnahmeunabhngigen Sofortbesteuerung der zufließenden Ertrge kann abgemildert werden, indem die Gesellschafter der Personengesellschaft – individuell im Rahmen der persÇnlichen Einkommensteuererklrung – einen Antrag auf begÅnstigte Besteuerung thesaurierter Gewinne nach § 34a EStG stellen. Erst bei Entnahme der begÅnstigt besteuerten, auf Ebene der Personengesellschaft thesaurierten Ertrge fllt eine Nachsteuer von 25 % (vergleichbar der Abgeltungsteuer auf Dividenden einer Kapitalgesellschaft) an.

16.2

Familienunternehmer kÇnnen zudem eine weitere Facette des § 34a EStG fÅr die Erbschaftsteuervorsorge nutzen, sind doch Entnahmen begÅnstigt besteuerter Gewinne dann von der Nachsteuer befreit, wenn die Entnahme zur Begleichung der Erbschaftsteuerschuld auf das betriebliche VermÇgen erfolgt („Erbschaftsteuer-Sparkasse“).1 Bei Personengesellschaften sind auch disquotale Entnahmen steuerlich anzuerkennen, was einen deutlichen Vorteil bei der Deckung des individuellen Liquidittsbedarfs einzelner Gesellschafters fÅr private oder außerunternehmerische Zwecke im Vergleich zur Kapitalgesellschaft (zB GmbH, AG) bietet. Eine Bindung an starre AusschÅttungsquoten wie bei der Kapitalgesellschaft entfllt.

16.3

1 Hierzu und zu § 34a EStG insgesamt: Fechner/Buml, DB 2008, 1652; FR 2010, 744.

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

16.4 Auch ist man insbesondere im Rahmen der Gestaltung der vorweggenommenen Erbfolge flexibler, gelten doch fÅr Beteiligungen an Personengesellschaften keine Mindestbeteiligungsquoten fÅr die erbschaftsteuerliche BegÅnstigung, wie dies bei Kapitalgesellschaften der Fall ist. Nicht nur deshalb ist die Rechtsform der Personengesellschaft ein zentrales Instrument fÅr erbschaftsteuerbegÅnstigte VermÇgensÅbertragungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge.1

16.5 Mit der BegrÅndung einer Organschaft verschiebt sich zudem die Leitungs- und Kontrollmacht von den einzelnen Organgesellschaften hin zum Organtrger. Durch den Abschluss des ErgebnisabfÅhrungsvertrages greift der Organtrger mit satzungsndernder Wirkung in die VermÇgensautonomie der Organgesellschaft ein.2 Diese Folge ist hufig auch eines der (außersteuerlichen) Motive fÅr die BegrÅndung einer Organschaft in Familienunternehmen, deren Holding – nicht selten historisch bedingt – die Rechtsform einer Personengesellschaft hat. Mit einer Personengesellschafts-Holding kann regelmßig auch die gewÅnschte (zivilrechtliche) Haftungsbegrenzung fÅr die Gesellschafter erreicht werden.

16.6 Da auch in personalistischen Konzern- und Unternehmensstrukturen die GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme auf Grundlage einer kÇrperschaft- bzw. gewerbesteuerlichen Organschaft ein zentrales Gestaltungsinstrument ist, spielt die Rechtsform der Personengesellschaft als Organtrger eine bedeutende Rolle. Die BegrÅndung einer ertragsteuerlichen Organschaft unter Einbeziehung einer Personengesellschaft als Organtrger fÅhrt allerdings auch zu besonderen steuerlichen Herausforderungen.

II. Voraussetzungen, Rechtsfolgen und Vorteile der kÇrperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaft 16.7 Die Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft i.S.d. §§ 14 ff. KStG und damit gleichermaßen des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG3 sind die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in die Organtrgergesellschaft sowie der Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrages (GAV). Die finanzielle Eingliederung ist legal definiert in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG und bezieht sich im Wesentlichen auf die Stimmrechtsmehrheit des Organtrgers aus den Anteilen der Organgesellschaft. Mit dem GAV i.S.d. § 291 Abs. 1 AktG verpflichtet sich die eingegliederte Organgesellschaft, ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen 1 Vgl. nur Fechner/Buml, FR 2009 (Heft 11), Sonderbeilage zur Erbschaftsteuerreform 2009, 22. 2 Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, Vor §§ 14-19, Rz. 33. 3 Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG sind die Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft vollstndig an die Voraussetzungen der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft angepasst; vgl. auch BMF, Schr. v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 18/03, BStBl. I 2003, 437 = FR 2003, 981, Rz. 11.

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A. Bedeutung der Personengesellschaft in Konzernstrukturen

abzufÅhren. Diese Voraussetzungen gelten unabhngig davon, ob die Organtrgerin Kapital- oder Personengesellschaft ist. Die Details der weiteren PrÅfung der Qualifikationsmerkmale, die eine Personengesellschaft als Organtrger zu erfÅllen hat, unterscheiden sich jedoch deutlich von den fÅr die Kapitalgesellschaft geltenden Anforderungen.1 Organtrger kÇnnen grundstzlich eine natÅrliche Person, eine (i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gewerbliche) Personengesellschaft oder eine nicht von der KÇrperschaftsteuer befreite Kapitalgesellschaft sein. Bei der Organgesellschaft muss es sich um eine unbeschrnkt kÇrperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft mit Geschftsleitung im Inland und Sitz in einem EU-/EWR-Staat handeln.

16.8

Rechtsfolge einer kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft ist, dass das Einkommen der Organgesellschaft whrend des Bestehens der Organschaft dem Organtrger zugerechnet wird (§ 14 Abs. 1 KStG).

16.9

Bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft ist § 8b KStG nicht anzuwenden (§ 15 Satz 1 Nr. 2 KStG). Dies fÅhrt dazu, dass grundstzlich steuerfreie BezÅge der Organgesellschaft aus dem Verkauf von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften sowie – unter Beachtung des durch das Gesetz vom 21.3.20132 neu gefassten § 8b Abs. 4 KStG (Schachtelprivileg) – aus Dividenden zunchst bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft zu erfassen sind (sog. Bruttomethode). FÅr die Anwendung der Beteiligungsgrenze des § 8b Abs. 4 KStG nF werden Beteiligungen der Organgesellschaft und Beteiligungen des Organtrgers getrennt betrachtet (§ 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG).

16.10

Die – ggf. teilweise (TeileinkÅnfteverfahren) – Steuerfreistellung dieser BezÅge erfolgt nach der Einkommenszurechnung auf der Ebene des Organtrgers. Ist der Organtrger eine KÇrperschaft, so ist bei diesem in Bezug auf die Beteiligungsverußerungen/Dividenden der Organgesellschaft die Steuerfreiheit nach § 8b KStG zu gewhren. Handelt es sich bei dem Organtrger um eine natÅrliche Person, so kommt insoweit das TeileinkÅnfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG zur Anwendung. Ist eine Personengesellschaft Organtrger, so kommt es hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Beteiligungsertrge auf die an der Personengesellschaft beteiligten Gesellschafter an.

16.11

Mit der Unternehmenssteuerreform 2008 (UntStRG 2008) wurde die Abzugsfhigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe abgeschafft. Bei Kapitalgesellschaften fÅhrt die Gewerbesteuer damit zu einer Definitivbelastung. Verschrft wird dies durch die umfngliche Erweiterung der Hin-

16.12

1 Vgl. insgesamt im berblick: Buml, FR 2013, 1121. 2 Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20.10.2011 in der Rechtssache C-284/09, BGBl. I 2013, 561.

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

zurechnungstatbestnde des § 8 Nr. 1 GewStG. Die Gewerbesteuer hat mithin seit der Absenkung des KÇrperschaftsteuersatzes auf 15 % und aufgrund der (substanzbesteuernden) Hinzurechnungstatbestnde des § 8 Nr. 1 GewStG in der unternehmenssteuerlichen Praxis zum Teil eine erhebliche Bedeutung erlangt.

16.13 Die Frage der definitiven Belastung durch Gewerbesteuer ist neben der Rechtsform des Unternehmens auch vom Einsatz gestalterischer Elemente wie zB der Organschaft abhngig.1 Vor diesem Hintergrund erlebt die ertragsteuerliche Organschaft als Gestaltungsmittel eine Renaissance insbesondere bei mittelstndischen Unternehmen.

16.14 Die Vorteile der gewerbesteuerlichen Organschaft liegen auf der Hand: – MÇglichkeit der sofortigen Verrechnung von Gewerbeverlusten zwischen den einzelnen Gesellschaften des Organkreises; – Vermeidung einer zweifachen Erfassung von Entgelten fÅr Schulden i.S.d. § 8 Nr. 1 lit. a GewStG beim Gewerbeertrag. Dies gilt bei Personengesellschaften als Organtrger nicht fÅr deren Beziehungen zum jeweiligen Mitunternehmer, da dieser nicht Bestandteil des Organkreises wird; – Bei Hinzurechnungen und KÅrzungen nach §§ 8 und 9 GewStG sind die Betrge auszuscheiden, die von Unternehmen aus dem Organkreis stammen; – FÅr die Unternehmen in einem Organkreis wird der Gewerbeertrag jeweils gesondert ermittelt. Daher kann der Freibetrag iHv. 100.000 F bei der Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG, der von den Finanzierungsanteilen abzuziehen ist, jeweils gesondert gewhrt werden.2

16.15 Die Organgesellschaft gilt im Gewerbesteuerrecht als Betriebssttte des Organtrgers. Trotz dieser Fiktion bilden Organgesellschaft und Organtrger kein einheitliches Unternehmen. Die Organschaft fÅhrt jedoch dazu, dass die persÇnliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft fÅr die Dauer der Organschaft dem Organtrger zugerechnet wird. Deshalb ist der einheitliche Gewerbesteuer-Messbetrag fÅr die zum Organkreis gehÇrenden Gewerbebetriebe allein gegenÅber dem Organtrger festzusetzen.3 Hierzu erfolgt eine Zusammenrechnung der getrennt ermittelten Gewerbeertrge des Organtrgers und der Organgesellschaft, wobei steuerliche

1 Zu den Vorteilen der gewerbesteuerlichen Organschaft im Allgemeinen vgl. Schaumburg/Buml, FR 2010, 1061 (1062). 2 Vgl. gleich lautende Erlasse der FinanzbehÇrden der Lnder v. 4.7.2008, BStBl. I 2008, 736, Rz. 44 f. 3 BFH v. 22.4.1998 – I R 109/97, BStBl. II 1998, 748 = FR 1998, 1040 = GmbHR 1998, 1141; v. 30.1.2002 – I R 73/01, BStBl. II 2003, 354 = FR 2002, 783 m. Anm. U. Prinz; v. 5.11.2009 – IV R 57/06, FR 2010, 279 m. Anm. Wendt = DB 2010, 32; v. 10.3.2010 – I R 41/09, FR 2010, 846 m. Anm. Wendt = DB 2010, 1270.

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

Doppelbelastungen oder ungerechtfertigte steuerliche Entlastungen gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG zu korrigieren sind.1 Das heißt, dass zB – eine verlustbedingte Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Organgesellschaft wieder hinzuzurechnen,2 – die doppelte Hinzurechnung zB nach § 8 Nr. 1 GewStG zu vermeiden und3 – eine Teilwertabschreibung auf ein der Organgesellschaft zur Verlustfinanzierung gewhrtes Darlehen einerseits und der Ertrag aus einem Darlehensverzicht des Organtrgers andererseits zu korrigieren ist.4

B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger I. berblick Åber die rechtformspezifischen Besonderheiten Die BegrÅndung einer ertragsteuerlichen Organschaft unter Einbeziehung einer Personengesellschaft als Organtrger fÅhrt zu besonderen steuerlichen Fragestellungen, denn nicht jede Personengesellschaft ist zugleich tauglicher Organtrger. So hat sich jÅngst der BFH5 beispielsweise den Anforderungen an eine eigengewerbliche Ttigkeit der Organtrger-Personengesellschaft angenommen und der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung teilweise widersprochen. Auch die Frage der Zuordnung des Organeinkommens bei unterjhrigem Ausscheiden des Gesellschafters einer Organtrger-Personengesellschaft hat das Gericht in 2013 beschftigt.6 Die hÇchstrichterliche Rechtsprechung7 zur Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer der an der Organtrger-Personengesellschaft beteiligten natÅrlichen Personen gem. § 35 EStG fÅhrt auch weiterhin zu zahlreichen Fragen. Schließlich gilt es, die relevanten Auswirkungen der sog. kleinen Organschaftsreform vom 20.2.20138 auf Organtrger-Personengesellschaften zu untersuchen. 1 St. Rspr. zuletzt BFH v. 5.11.2009 – IV R 57/06, FR 2010, 279 m. Anm. Wendt = DB 2010, 32. 2 FG Hamburg v. 25.8.2006 – 5 K 9/06, EFG 2007, 279 und Besttigung durch BFH v. 5.11.2009 – IV R 57/06, FR 2010, 279 m. Anm. Wendt = BFH/NV 2010, 355. 3 Vgl. gleich lautende Erlasse der FinanzbehÇrden der Lnder vom 4.7.2008, BStBl. I 2008, 736 Rz. 4. 4 FG Hamburg v. 25.8.2006 – 5 K 9/06, EFG 2007, 279. 5 BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, FR 2014, 28 = DStR 2013, 1939. 6 BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, FR 2013, 1137. 7 BFH v. 22.9.2011 – IV R 3/10, BStBl. II 2012, 14 = FR 2012, 371; v. 22.9.2011 – IV R 42/09, BFH/NV 2012, 236. 8 Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285.

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16.16

Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

II. Anforderungen an eine Personengesellschaft als Organtrger sowie Besonderheiten bei der Einkommenszurechnung 1. Begrenzung auf Mitunternehmerschaften

16.17 Als tauglicher Organtrger kommt gemß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG auch eine Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Betracht. Mithin setzt der Gesetzgeber das Vorhandensein von Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko als prgende Merkmale des Mitunternehmerbegriffs voraus. Die Personengesellschaft (zB OHG, KG, GbR) i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als solche ist weder einkommensteuerpflichtig (§ 1 EStG: nur natÅrliche Personen) noch kÇrperschaftsteuerpflichtig (vgl. § 1 KStG). § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG rechnet daher das von gewerblichen Personengesellschaften oder Gemeinschaften (Oberbegriff: „Mitunternehmerschaft“) „erzielte Einkommen“ anteilig unmittelbar den einzelnen Mitunternehmern „als originre eigene EinkÅnfte“ zu und unterwirft sie dort nach deren persÇnlichen Merkmalen der Besteuerung.1 § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfasst die (gewerbliche) OHG und KG und andere Gesellschaften (einschließlich wirtschaftlich vergleichbarer Gemeinschaftsverhltnisse), „bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist“. Hierzu gehÇren auch die Personen-Investitionsgesellschaft/KG (vgl. § 18 InvStG)2 sowie „andere“ Gesellschaften wie zB die GbR (§§ 705 ff. BGB) und die Partenreederei (fÅr „Altflle“ Fortgeltung des § 489 aF HGB).3 Personengesellschaften auslndischen Rechts zhlen nur dann als „andere Gesellschaft“ i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, wenn sie wirtschaftlich einer deutschen OHG / KG vergleichbar sind (sog. „Typenvergleich“);4 dieser Grundsatz ist nicht ohne weiteres auf Kapitalgesellschaften auslndischen Rechts Åbertragbar, auch wenn diese nach dem Typenvergleich einer inlndischen Personengesellschaft angenhert sein sollten. 2. Eigene gewerbliche Ttigkeit der Organtrger-Personengesellschaft

16.18 Organtrger kann nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG eine Personengesellschaft gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sein, wenn sie eine Ttigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausÅbt. Das heißt, die Organtrger-Per-

1 2 3 4

Vgl. nur Wacker in Schmidt, EStG34, § 15 Rz. 160, 175. WeiterfÅhrend: Buml, FR 2013, 640 bzw. 746. Details vgl. Wacker in Schmidt, EStG34, § 15 Rz. 169, 170. Wacker in Schmidt, EStG34, § 15 Rz. 173 mwN.; vgl. auch ergnzend das BMFSchreiben zur Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen auf Personengesellschaften, BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258.

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

sonengesellschaft muss eine eigene (originre) gewerbliche Ttigkeit ausÅben.1 Diese Voraussetzung gilt mit Abschaffung der sog. MehrmÅtterorganschaft2 durch das StVergAbG3 seit dem VZ 2003. Gewerblich geprgte Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kÇnnen damit nicht mehr Organtrger sein,4 rein vermÇgensverwaltende Personengesellschaften erst recht nicht. Die Abschaffung der MehrmÅtterorganschaft wurde durch den BFH mit Beschluss vom 15.2.2012 besttigt.5 Durch das Merkmal der eigenen gewerblichen Ttigkeit soll nach Auffassung der Finanzverwaltung insbesondere auch verhindert werden, dass mit Hilfe einer Personengesellschaft ohne substantielle originre gewerbliche Ttigkeit das steuerliche Ergebnis einer MehrmÅtterorganschaft erreicht werden kann. Die Voraussetzung ist daher nur erfÅllt, wenn die eigene gewerbliche Ttigkeit nicht nur geringfÅgig ist.6 Ob diese Einschrnkung durch den Gesetzeswortlaut gedeckt ist, wird allerdings bezweifelt.7 Auch lsst diese Formulierung die notwendige Trennschrfe vermissen.8

16.19

Die Gestaltungs- und Unternehmenspraxis zieht regelmßig als Maßstab zur Bestimmung der GeringfÅgigkeitsgrenze die zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ergangene Rechtsprechung zur Abfrbe- und Infektionstheorie heran. So soll nach bisheriger Rechtsprechung eine nicht nur geringfÅgige gewerbliche Ttigkeit beispielsweise vorliegen, wenn die gewerblichen EinkÅnften lediglich 1,25 % der Gesamtumstze ausmachen.9 Auch ein Anteil von 2-3 % der Gesamtumstze10 war kritisch.11 Mit Urteil vom 26.6.201412

16.20

1 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 1. 2 Die Willensbildungs-GbR einer MehrmÅtterorganschaft ist selbst nicht gewerblich ttig i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und mangels EinkÅnfteerzielungsabsicht auch nicht gewerblich geprgt i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Sie wurde nach § 14 Abs. 2 KStG aF lediglich fiktiv als Gewerbebetrieb behandelt; vgl. auch BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 8. 3 SteuervergÅnstigungsabbaugesetz (StVergAbG) v. 16.5.2003, BGBl. I 2003, 660; fÅr die Gewerbesteuer vgl. Gesetz zur nderung des GewStG und anderer Gesetze v. 23.12.2003, BGBl. I 2003, 2922. 4 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 15. 5 BFH v. 15.2.2012 – I B 7/11, FR 2012, 521 = DB 2012, 607; vgl. auch Wacker, NWB Nr. 30 v. 23.7.2012, 2462. 6 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 17. 7 Vgl. DÇtsch/Witt in D/J/P/W, KStG, § 14 Rz. 92a. 8 Sauter/Heurung/KlÅbenspies, BB 2005, 1304 (1306). 9 BFH v. 11.8.1999 – XI R 12/98, BStBl. II 2000, 22 = FR 1999, 1182 m. Anm. Wendt; str.; vgl. auch Wacker in Schmidt, EStG34, § 15 Rz. 188. 10 Wacker in Schmidt, EStG33, § 15 Rz. 188 mit Verweis u.a. auf BFH v. 8.3.2004 – IV B 212/03, BFH/NV 2004, 954. 11 Vgl. auch Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 61 mwN. 12 BFH v. 26.6.2014 – IV R 5/11, BStBl. II 2014, 972 = FR 2014, 976 m. Anm. Wendt.

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

hat der BFH mit Verweis auf den Gesetzeswortlaut jÅngst entschieden, dass die Abfrberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG voraussetzt, dass der Gesellschaft tatschlich ein Gewinnanteil des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zugewiesen wird. Mithin soll das bloße Halten bzw. die Existenz einer Mitunternehmerstellung allein nicht ausreichen, um die Abfrbung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auszulÇsen. Die fÅr die Organtrgerstellung weiterhin relevante Frage, ob § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auch bei geringfÅgigen gewerblichen Ttigkeiten eingreift, hat der BFH ebenfalls (neu) entschieden. Mit mehreren Urteilen vom 27.8.20141 wurde die Bagatellgrenze fÅr die Nichtanwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dahingehend konkretisiert, dass dann keine Umqualifizierung in gewerbliche EinkÅnfte erfolgen soll, wenn die NettoumsatzerlÇse aus der gewerblichen Ttigkeit 3% der gesamten NettoumsatzerlÇse der Gesellschaft und den Betrag von 24.500 E nicht Åbersteigen.2

16.21 Das fÅr die originre gewerbliche Ttigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG ebenfalls bedeutsame Merkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist bereits dann als erfÅllt anzusehen, wenn eine Personengesellschaft Dienstleistungen nur gegenÅber einem Auftraggeber erbringt. Unschdlich ist es, wenn eine Gesellschaft Dienstleistungen nur gegenÅber Konzerngesellschaften erbringt.3

16.22 Hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht als weiterem Merkmal originrer gewerblicher Ttigkeit ist bei Personengesellschaften als Organtrger deren Vorliegen sicherzustellen, insbesondere darf diese zu einem spteren Zeitpunkt nicht entfallen. Ein diesbezÅgliches Risiko besteht beispielsweise bei dauerhaft defizitren Organtrger-Personengesellschaften.

16.23 Zur „Stabilisierung“ der notwendigen Eigengewerblichkeit bieten sich im brigen auch Treuhandmodelle (sog. Vereinbarungstreuhand) an, die eine wirtschaftliche Zurechnung originrer gewerblicher Ttigkeiten sicherstellen kÇnnen.4 Einzelflle: – Holdinggesellschaften/geschftsleitende Holding Eine Holdinggesellschaft kann nur dann Organtrger sein, wenn sie selbst eine eigene gewerbliche Ttigkeit ausÅbt. Es kann hierfÅr nicht auf die Kriterien der wirtschaftlichen Eingliederung abgestellt werden.5 1 BFH v. 27.8.2014 – VIII R 6/12, DB 2015, 357; v. 27.8.2014 – VIII R 16/11, DB 2015, 469; v. 27.8.2014 – VIII R 41/11, DB 2015, 471, dazu Kanzler, FR 2015, 512; vgl. BFH, PM Nr. 11 v. 11.2.2015. 2 Vgl. auch Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 61 mwN. 3 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 19. 4 Vgl. auch Buml, FR 2013, 1121 (1122); Butler, NWB 36/2012, 2925 ff.; Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 43; Jochimsen/Mangold/Zinowsky, DStR 2014, 2045. 5 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 18.

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

Eine nach außen erkennbare einheitliche Leitung durch eine koordinierende Geschftsleitung Åber mehr als nur ein abhngiges Unternehmen soll allerdings ausreichend fÅr die BegrÅndung einer eigenen gewerblichen Ttigkeit sein.1 – Erbringung von sonstigen Dienstleistungen gegenÅber Konzerngesellschaften Das Merkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist schon dann erfÅllt, wenn eine Gesellschaft Dienstleistungen nur gegenÅber einem Auftraggeber erbringt. Eine gewerbliche Ttigkeit liegt daher auch vor, wenn eine Gesellschaft Dienstleistungen (wie zB Erstellen der BuchfÅhrung, EDV-UnterstÅtzung etc.) nur gegenÅber einer oder mehreren Konzerngesellschaften erbringt. Voraussetzung ist, dass die Leistungen gegen gesondertes Entgelt erbracht und wie gegenÅber fremden Dritten abgerechnet werden.2 – Beteiligung an einer gewerblich ttigen Personengesellschaft Eine vermÇgensverwaltende Personengesellschaft wird nicht allein deshalb gewerblich ttig i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG, weil sie an einer gewerblich ttigen Personengesellschaft beteiligt ist und aufgrund dieser Beteiligung gewerbliche EinkÅnfte erzielt.3 Eine Besitzpersonengesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung kommt als Organtrger in Betracht (siehe auch Rz. 16.48 ff.). Ihr wird die gewerbliche Ttigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Betriebsgesellschaft zugerechnet.4 Steuerlich sollten der Fall der Betriebsaufspaltung und der Fall einer Beteiligung an einer gewerblich ttigen Personengesellschaft gleich behandelt werden, da jeweils aufgrund einer Fiktion gewerbliche EinkÅnfte erzielt werden. Ein sachlicher Grund fÅr die Ungleichbehandlung im Rahmen des § 14 KStG ist nicht ersichtlich.5

16.24

Typisch stille Gesellschaften kÇnnen nicht Organtrger sein, da sie nur eine Darlehensfunktion Åbernehmen und daher keine originre gewerbliche Ttigkeit ausÅben. Atypisch stille Gesellschaften kÇnnen nach der hier vertretenen Auffassung durchaus als Organtrger fungieren, sofern das Merkmal der finanziellen Eingliederung bejaht werden kann. Dieses muss nach dem Gesetzeswortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG im

16.25

1 Schirmer, GmbHR 2013, 797 (798) mwN. 2 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 19. 3 FrÅher bejahend: R 138 Abs. 5 S. 4 EStR 2003; nderung der Rechtsprechung und ablehnend: BFH v. 6.10.2004 – IX R 53/01, BStBl. II 2005, 383 = FR 2005, 144; nunmehr: BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 20; weiterhin aA Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG, § 14 Rz. 62; vgl. jÅngst BFH v. 26.6.2014 – IV R 5/11, BStBl. II 2014, 972; dazu ua. Wendt, FR 2014, 978. 4 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 16; vgl. auch BFH v. 25.5.2011 – I R 95/10, BFHE 234, 63 = FR 2011, 1175 m. Anm. Kempermann – zur VerÇffentlichung im BStBl. vorgesehen. 5 Buml, FR 2013, 1121 (1123).

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

Verhltnis zur Personengesellschaft selbst erfÅllt sein. Die hierbei von der Finanzverwaltung1 erhobene Forderung, wonach die Anteile zum zivilrechtlichen GesamthandsvermÇgen der Personengesellschaft gehÇren mÅssen, kann sich nicht auf den Gesetzeswortlaut berufen.2 Ginge man mit der Verwaltungsauffassung, wre es dann allerdings folgerichtig, der atypisch stillen Gesellschaft den Organtrgerstatus zu verweigern, denn zivilrechtlich handelt es sich um eine Innengesellschaft ohne dingliches GesamthandsvermÇgen. In diesem Zusammenhang wre dann auch das Vorliegen einer gewerblichen Ttigkeit kritisch zu hinterfragen (vgl. auch Rz. 16.48 ff.). 3. Finanzielle Eingliederung bei der Organtrger-Personengesellschaft

16.26 Eine Personengesellschaft kommt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 S. 3 KStG als Organtrger nur in Betracht, wenn die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft zur Organtrger-Personengesellschaft selbst besteht. Dies bedeutet insbesondere, dass zumindest nach Auffassung der Finanzverwaltung die Anteile, die die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft vermitteln, steuerbilanziell im GesamthandsvermÇgen der Organtrger-Personengesellschaft erfasst sein mÅssen.3 Eine steuerliche Zuordnung der Anteile zum SonderbetriebsvermÇgen mit einer entsprechenden Erfassung in einer Sonderbilanz des Mitunternehmers reicht danach nicht aus.

16.27 Zuletzt in Zusammenhang mit der Abschaffung der MehrmÅtterorganschaft durch das StVergAbG hat der BFH mit Beschluss vom 15.2.20124 in seinem Leitsatz festgehalten, dass bei vor dem 21.11.2002 abgeschlossenen GewinnabfÅhrungsvertrgen die bergangsregelung5 verfassungskonform in der Weise auszulegen sei, dass die Voraussetzung der verschrfenden Neuregelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG 2002 idF des StVergAbG, nach der die Organtrger-Personengesellschaft selbst mehrheitlich an der Organgesellschaft vom Beginn deren Wirtschaftsjahres an beteiligt sein muss (sog. finanzielle Eingliederung), jedenfalls dann als erfÅllt anzusehen ist, wenn die bisher im SonderbetriebsvermÇgen bei der Organtrger-Personengesellschaft gehaltenen Anteile (ganz oder anteilig) vor Ablauf des ersten nach VerkÅndung des StVergAbG endenden Wirtschaftsjahres in das GesamthandsvermÇgen der Personengesellschaft mit

1 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 13. 2 Vgl. Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 77 ff. mit instruktiver Darstellung der Argumentation; vgl. insgesamt zum Streitstand und hM: DÇtsch in D/J/P/W, § 14 KStG Rz. 106. 3 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 13. 4 BFH v. 15.2.2012 – I B 7/11, FR 2012, 521 = DB 2012, 607; vgl. auch Wacker, NWB Nr. 30 v. 23.7.2012, 2462. 5 § 34 Abs. 1 KStG 2002 idF des StVergAbG.

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

der Folge einer mehrheitlichen Beteiligung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002 idF des StVergAbG Åbertragen werden. In der Gestaltungspraxis sollte auf einen „stabilen Organtrger-Status“ der Personengesellschaft geachtet werden; gegebenenfalls sind vorbereitende Umstrukturierungsmaßnahmen vorzunehmen.1 Befinden sich die Anteile an der (kÅnftigen) Organgesellschaft im SonderbetriebsvermÇgen eines Mitunternehmers und sollen sie (zur BegrÅndung der Organschaft) in das GesamthandsvermÇgen der Personengesellschaft Åbertragen werden, kann dies nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG zu Buchwerten ohne Aufdeckung stiller Reserven erfolgen. Allerdings darf zwecks Vermeidung eines rÅckwirkenden Teilwertansatzes in der Folge keine Entnahme oder Verußerung dieser Anteile innerhalb einer dreijhrigen Sperrfrist stattfinden (§ 6 Abs. 5 Satz 4 EStG). Diese Rechtsfolge lsst sich vermeiden, wenn die bis zur AnteilsÅbertragung entstandenen stillen Reserven dem Åbertragenden Gesellschafter mittels einer Ergnzungsbilanz zugeordnet wurden. Auch soweit an der aufnehmenden Personengesellschaft weitere Kapitalgesellschaften beteiligt sind, ist nach § 6 Abs. 5 S. 5 EStG der Teilwert anzusetzen und insoweit eine Aufdeckung stiller Reserven unvermeidbar.2

16.28

In diesem Zusammenhang ist auch auf den mit dem sog. „Kroatien-Anpassungsgesetz’’3 neu gefassten § 50i EStG hinzuweisen. Nach § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG sind im Rahmen von Umwandlungen und Einbringungen i.S.d. § 1 UmwStG Sachgesamtheiten, die ua. Anteile i.S.d. § 50i Abs. 1 EStG enthalten,4 stets mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Dies gilt nach § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG auch fÅr berfÅhrungs- oder bertragungsvorgnge i.S.d. § 6 Abs. 3 und 5 EStG. Demnach ist der gemeine Wert anzusetzen, wenn WirtschaftsgÅter und Anteile i.S.d. § 50i Abs. 1 EStG aus dem GesamthandsvermÇgen der Personengesellschaft oder aus dem SonderbetriebsvermÇgen eines Mitunternehmers dieser Personengesellschaft Åbertragen oder ÅberfÅhrt werden. Gleiches gilt fÅr die bertragung oder berfÅhrung eines Mitunternehmeranteils an dieser Personengesellschaft. DarÅber hinaus sind stille Reserven im Fall eines sog. Strukturwandels aufzudecken (zum Begriff vgl. § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG). Insoweit ist der Anwendungsbereich bei ausschließlicher Wortlautauslegung des § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG weit Åberschießend und nicht vom Telos des Gesetzes gedeckt.5

16.29

1 Vgl. Prinz in Prinz/Kanzler, NWB Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht2, Rz. 1675. 2 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 14. 3 Vgl. Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur nderung weiterer steuerlicher Vorschriften, BGBl. I 2014, 1266. 4 Ua. zum Anteilsbegriff vgl. Buml in Frotscher/Geurts, EStG, § 50i Rz. 41 ff. 5 Mit berechtigter Kritik und der Forderung nach einer Billigkeitsregelung daher RÇdder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (487); kritisch ebenso Prinz, GmbHR 2014, R 241, R 242 und Kudert/Kahlenberg/Mroz, IStR 2014, 257 (263).

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

16.30 Problematisch kann auch ein Gesellschafterwechsel auf Ebene des Organtrgers sein (Rz. 16.37 ff.). 4. Praxishinweise/GestaltungsmÇglichkeiten a) Beginn der gewerblichen Ttigkeit bei OrgantrgerPersonengesellschaft

16.31 In zwei bedeutenden Urteilen aus dem Jahr 2013 ist der BFH auf besondere Fragestellungen in Zusammenhang mit Personengesellschaften als Organtrger eingegangen, die erhebliche Praxisrelevanz besitzen und auch Spielraum zur steuerlichen Ausgestaltung erÇffnen. Zum einen geht es um die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem eine eigene gewerbliche Ttigkeit der Organtrger-Personengesellschaft als persÇnliche Voraussetzung fÅr deren Eignung als Organtrger erstmalig vorliegen muss. Gegenstand der zweiten Entscheidung ist die nicht seltene Situation, dass der Gesellschafter einer Organtrger-Personengesellschaft unterjhrig ausscheidet und sich nunmehr die Frage stellt, wem und in welchem Umfang das Organeinkommen zuzurechnen ist (Rz. 16.37 ff.).

16.32 Zur steuerlichen Anerkennung einer Organschaft mÅssen alle gesetzlichen Voraussetzungen grundstzlich vom Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an erfÅllt sein. Dies gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung auch fÅr die eigene gewerbliche Ttigkeit des Organtrgers.1

16.33 Dem entgegenstehend hat der BFH mit Urteil vom 24.7.20132 entschieden, dass der Organtrger einer ertragsteuerlichen Organschaft nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft gewerblich ttig sein muss. Dies entspricht auch der Åberwiegenden Auffassung im Schrifttum.3 Nach BFH reicht es also aus, dass die Organtrger-Personengesellschaft ihre gewerbliche Ttigkeit erst im Zeitpunkt der tatschlichen GewinnabfÅhrung aufnimmt. Weder aus dem Wortlaut der GesetzesbegrÅndung noch aus dem Zweck des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG sei abzuleiten, dass der Gesetzgeber bestimmen wollte, dass die gewerbliche Bettigung der Personengesellschaft bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft ausgeÅbt werden mÅsse.4 Dies ergebe sich, so der BFH, schon als Umkehrschluss aus der ausdrÅcklichen zeitlichen Anforderung hinsichtlich der finanziellen Eingliederung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG.

1 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 21. 2 BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, FR 2014, 28 = DStR 2013, 1939. 3 Vgl. nur Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG Rz. 135, 85; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG, § 14 Rz. 65 mwN. 4 BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, FR 2014, 28 = GmbHR 2013, 1105 m. Anm. Walter = DStR 2013, 1939, 1941.

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

Weiterhin fÅhrt der BFH aus, dass eine Personengesellschaft, die Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung (im Urteilsfall: sog. unechte Betriebsaufspaltung) und ansonsten nur vermÇgensverwaltend ttig ist, Organtrgerin sein kann. In diesem Punkt besttigt der BFH die oben erwhnte Verwaltungsansicht,1 tritt aber einigen anderslautenden Stimmen im Schrifttum entgegen,2 die eine „Ttigkeit“ i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verlangen.

16.34

Insbesondere legt der BFH in seiner Argumentation dar, dass es sich unter den Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung auch bei der – bei isolierter Betrachtung „nur“ vermÇgensverwaltenden Ttigkeit – des Besitzunternehmens selbst um eine originr gewerbliche Bettigung handelt. Dies entweder, weil das Besitzunternehmen sachlich und personell mit dem gewerblich ttigen Betriebsunternehmen verflochten ist und das Besitzunternehmen als Folge dieser wirtschaftlichen Verflechtung Åber das Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt,3 oder weil sich die vermÇgensverwaltende Bettigung des Besitzunternehmens im Wege der „Infektion“ oder „Abfrbung“ in eine gewerbliche Bettigung umwandelt.4 Beide Sichtweisen fÅhren im Ergebnis zur Annahme einer gewerblichen Bettigung auch der Besitzgesellschaft.5

16.35

Die fÅr die Anwendungspraxis insgesamt positive Entscheidung ist von erheblicher Bedeutung, nicht zuletzt auch im Rahmen von BetriebsprÅfungen und Rechtsbehelfsverfahren. In Bezug auf die Organtrgereigenschaft einer Personengesellschaft kann nunmehr Folgendes festgehalten werden: – Die GewinnabfÅhrung, die sich auf den handelsrechtlichen Jahresgewinn der Organgesellschaft bezieht, findet sowohl zivilrechtlich als auch aus steuerlicher Sicht erst zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft statt. Erst in diesem Zeitpunkt muss eine gewerbliche Ttigkeit des Organtrgers vorliegen. – Auch ein Besitzunternehmen einer Betriebsaufspaltung kann tauglicher Organtrger sein.

16.36

1 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 16. 2 Vgl. nur Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG Rz. 164; vgl. im brigen auch BFH v. 2.9.2009 – I R 20/09, GmbHR 2010, 273 = BFH/NV 2010, 391. 3 Vgl. auch BFH v. 16.6.1982 – I R 118/80, BStBl. II 1982, 662 = FR 1982, 543. 4 Vgl. auch BFH v. 29.3.2006 – X R 59/00, BStBl. II 2006, 661. 5 Buml, FR 2013, 1121 (1124).

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

b) Zurechnung von Organeinkommen bei unterjhrigem Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Organtrger-Personengesellschaft

16.37 Der BFH hatte sich mit Urteil vom 28.2.20131 mit der Frage zu beschftigen, ob einem unterjhrig ausscheidenden Gesellschafter einer Organtrger-Personengesellschaft das Einkommen der Organgesellschaft (zeitanteilig) zuzurechnen ist. Nach Auffassung des BFH ist das Einkommen der Organgesellschaft entsprechend dem allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssel nur den Gesellschaftern einer Organtrger-Personengesellschaft zuzurechnen, die im Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an der Organtrgerin beteiligt sind.

16.38 BegrÅndet wird dies damit, dass der sich nach Maßgabe der Handelsbilanz ergebende Anspruch der Organtrger-Personengesellschaft auf GewinnabfÅhrung erst mit dem Ende des Wirtschaftsjahres der jeweiligen Organgesellschaft entsteht. Erst zu diesem Zeitpunkt ist dem Organtrger auch das Organeinkommen nach § 14 KStG, welches aus der Steuerbilanz der Organgesellschaft abgeleitet wird, zuzurechnen. Daraus ergeben sich aus Sicht des erkennenden IV. Senats auch Folgen dafÅr, welchen Gesellschaftern einer Organtrger-Personengesellschaft Anteile an dem Einkommen der Organgesellschaft zugerechnet werden, wenn sich im Laufe des Wirtschaftsjahres der Organtrgerin nderungen im Bestand ihrer Gesellschafter ergeben haben.

16.39 Anders als von der Vorinstanz2 und Teilen der Kommentarliteratur3 vertreten, richtet sich nach Auffassung des BFH die Zurechnung des Organeinkommens bei einer Organtrger-Personengesellschaft, bei der ein unterjhriger Gesellschafterwechsel eingetreten ist, nicht nach dem allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssel unter BerÅcksichtigung der Dauer der Beteiligung der Gesellschafter an der Organtrger-Personengesellschaft.4 Bei einer zeitanteiligen Zurechnung wÅrde bei der Organgesellschaft im Zeitpunkt des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Organtrger-Personengesellschaft zwingend die Aufstellung einer Zwischenbilanz erforderlich, um die bis dahin realisierten Gewinne oder Verluste zu erfassen. Nach BFH bestehe aber eine solche Verpflichtung nicht und ohne eine Zwischenbilanz sei wiederum die zutreffende Gewinnverteilung nicht sichergestellt.

16.40 Weitergehend kann aus dem Urteil des BFH vom 28.8.2013 fÅr die Praxis abgeleitet werden, dass Verußerer und Erwerber einer Beteiligung an einer Organtrger-Personengesellschaft durch eine entsprechende Wahl des Erwerbs- bzw. Ausscheidenszeitpunkts bestimmen kÇnnen, wem das Organeinkommen zuzurechnen ist.5 Dabei kann es fÅr den Verußerer, 1 2 3 4 5

BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494 = FR 2013, 1137-1140. FG DÅsseldorf v. 21.1.2009 – 9 K 2067/03, EFG 2010, 467. Stellv. fÅr andere: Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG, § 14 Rz. 255. So bereits ua. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, KStG, § 14 Rz. 311. Siehe Walter, GmbHR 2013, 664 (665); Engel, BB 2013, 1445 (1446).

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

wenn dieser eine natÅrliche Person ist, gÅnstiger sein, vor dem Wirtschaftsjahresende der Organgesellschaft aus der Organtrger-Personengesellschaft auszuscheiden, da er so eine Zurechnung (und Versteuerung) des Organeinkommens vermeidet und fÅr den gesamten Verußerungsgewinn – bei Vorliegen der Åbrigen Voraussetzungen – die TarifbegÅnstigung der §§ 16, 34 EStG nutzen kann.1 Bedenkenswert ist allerdings die gewerbesteuerliche Konsequenz des Ausscheidens eines Mitunternehmers aus der Organtrger-Personengesellschaft. Nach den allgemeinen Grundstzen sind die Mitunternehmer Trger etwaiger Verlustvortrge der Organtrger-Personengesellschaft, die bei Ausscheiden aus der Mitunternehmerschaft (anteilig) untergehen.2 DarÅber hinausgehend ist festzuhalten, dass seit Inkrafttreten des StVergAbG ab dem Veranlagungszeitraum 2003 ein Gesellschafterwechsel keine schdlichen Folgen fÅr die finanzielle Eingliederung und den Organtrger im Allgemeinen in Bezug auf die ErfÅllung der Voraussetzungen einer Organschaft hat. Dies liegt darin begrÅndet, dass die finanzielle Eingliederung im Verhltnis zur Organtrger-Personengesellschaft selbst erfÅllt sein muss (Halten der Beteiligung an der Organgesellschaft im GesamthandsvermÇgen der Organtrger-Personengesellschaft) und nicht im Verhltnis zu den einzelnen Gesellschaftern.

16.41

III. nderungen durch die sog. „Kleine Organschaftsreform“ 1. berblick Durch das Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts (sog. Kleine Organschaftsreform)3 wurde § 18 KStG mit erstmaliger Geltung fÅr den Veranlagungszeitraum 2012 gestrichen. Der neu gefasste § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG regelt, ohne zwischen inlndischen und auslndischen Unternehmen zu unterscheiden, wer unter welchen Voraussetzungen Organtrger sein kann; weiter ist dort die Einkommenszurechnung zur inlndischen Betriebssttte des Organtrgers geregelt.

16.42

Die mit der Streichung des § 18 KStG (Zweigniederlassung) verbundene Anpassung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG fÅhrt im Ergebnis nur zu punktuellen nderungen gegenÅber der bisherigen Rechtslage. Nach der Aufhebung des § 18 KStG durch die Kleine Organschaftsreform wurde mit dem sog. „Kroatien-Anpassungsgesetz’’4 auch der bisher noch bestehende Verweis in § 19 Abs. 4 KStG gestrichen. Zeitgleich wurde § 19 KStG an die Technik des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG in der aktuell gel-

16.43

1 Vgl. Kleinheisterkamp, JbFSt 2014/2015, 470-478. 2 A 10a.3 Abs. 3 GewStR. 3 Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. 4 V. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266.

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

tenden Fassung angepasst. In den Abstzen 1 und 2 des § 19 KStG wird durch EinfÅgung des Worts „unbeschrnkt“ herausgestellt, dass diese Abstze nur fÅr unbeschrnkt kÇrperschaftsteuer- oder einkommensteuerpflichtige Organtrger gelten. Der neu gefasste Absatz 3 regelt ergnzend die Anwendung der Tarifvorschriften fÅr Organtrger, die weder unbeschrnkt kÇrperschaftsteuer- noch unbeschrnkt einkommensteuerpflichtig sind, aber mit den EinkÅnften aus der inlndischen Betriebssttte, der die Beteiligung an der Organgesellschaft zuzuordnen ist, der beschrnkten Steuerpflicht unterliegen.1 Der bisherige § 19 Abs. 5 KStG besteht unverndert fort.2

16.44 FÅr unbeschrnkt steuerpflichtige Organtrger bleibt im Grundsatz alles „beim Alten“,3 auch wenn dies in Bezug auf die Zuordnungserfordernisse von Betriebssttten auch bei inlndischen Organtrgern nicht gnzlich unumstritten ist.4 FÅr bereits nach bisherigem Recht anerkannte auslndische Organtrger ndert sich in der Regel wenig, da die Zweigniederlassung i.S.d. § 18 KStG aF gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO bzw. Art. 5 Abs. 2 Buchst. b OECD-MA grundstzlich die Voraussetzung einer Betriebssttte erfÅllt und auch die Zuordnungskriterien der einzelnen WirtschaftsgÅter im Wesentlichen gleich sind. Es bleibt also dabei, dass die Organbeteiligung in ein inlndisches BetriebsvermÇgen eingebunden sein muss und dass das zugerechnete Organeinkommen im Rahmen der beschrnkten Steuerpflicht des Organtrgers besteuert wird. Ebenso bleibt die Gewerbesteuerpflicht fÅr das Organeinkommen unverndert. Die gesetzliche Neuregelung ermÇglicht auch nicht eine grenzÅberschreitende Organschaft, dh. das deutsche Organschaftsrecht bleibt wie bisher rein national ausgerichtet.

16.45 Wie bisher kann nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 1-3 KStG neben einer natÅrlichen Person (Einzelunternehmen) auch eine Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG Organtrger sein, wobei Letztere – wie bisher – die im Gesetz genannten Zusatzvoraussetzungen (AusÅbung einer eigengewerblichen Ttigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG; ZugehÇrigkeit der Organbeteiligung zum GesamthandsvermÇgen) erfÅllen muss, um tauglicher Organtrger zu sein. Anders als bisher stellt das Gesetz nicht mehr darauf ab, dass die natÅrliche Person unbeschrnkt steuerpflichtig sein muss und dass eine KÇrperschaft bzw. Personengesellschaft als Organtrger die Geschftsleitung im Inland haben muss.5

1 Ortmann-Babel/Bolik/ZÇller, DB 2014, 1570 (1574). 2 Die Neufassung betrifft ausdrÅcklich nur die Abstze 1-4 des § 19 KStG und nicht den Absatz 5; vgl. BR-Drs. 291/14, 21 v. 4.7.2014. 3 Vgl. im berblick DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 ff. 4 Zum Streitstand vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, KStG, § 14 Rn. 120; ergnzend auch Kleinheisterkamp, JbFSt 2014/2015, 447-461. 5 Vgl. nur DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (307).

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

Das aus der Sicht der Finanzverwaltung „drngendste Organschaftsproblem“,1 dass sich insbesondere bei Organkreisen mit Personengesellschaften an der Spitze durch gezielt gestaltete, in organschaftlicher Zeit verursachte MehrabfÅhrungen i.S.d. § 14 Abs. 4 KStG steuerfreie VermÇgenszuflÅsse bei den einkommensteuerpflichtigen Gesellschaftern im Umfang der im BetriebsvermÇgen der Organgesellschaft vorhandenen stillen Reserven erreichen lassen, ist vom Gesetzgeber nicht angegangen worden.

16.46

Betroffen von der kleinen Organschaftsreform sind ua. unbeschrnkt steuerpflichtige Organtrger, bei denen es bisher nicht auf das Vorhandensein einer Zweigniederlassung angekommen ist, deren Beteiligung an einer Organgesellschaft aber einer auslndischen Betriebssttte zuzuordnen ist (zB bei Personengesellschaften mit Geschftsleitung im Inland und auslndischen Mitunternehmern und natÅrlichen Personen).2 Im Fokus stehen insbesondere auslndische Personengesellschaften als Organtrger und hier die Folgefragen in Zusammenhang mit den unterschiedlichen Betriebsstttenbegriffen nach § 12 AO bzw. DBA im Rahmen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 S. 7 KStG.

16.47

2. Spezifische Aspekte des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4–7 KStG a) Zustzliche Anforderungen fÅr die Anerkennung einer Organschaft Bis zum Veranlagungszeitraum 2011 war die Anerkennung der Organschaft grundstzlich unproblematisch, wenn die Organtrger-Personengesellschaft eine gewerbliche Ttigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausÅbte und die Organbeteiligung zum GesamthandsvermÇgen gehÇrte.

16.48

Mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2012 droht nunmehr Organschaften, an deren Spitze eine Organtrger-Personengesellschaft mit auslndischen Gesellschaftern steht, die steuerliche Nichtanerkennung, wenn sie die neu geschaffenen Voraussetzungen des um die Stze 4–7 erweiterten § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG nicht erfÅllen. Dessen relevanter Wortlaut wird nachfolgend (verkÅrzt) wiedergegeben:

16.49

„4Die Beteiligung im Sinne der Nummer 1 an der Organgesellschaft ... muss ununterbrochen whrend der gesamten Dauer der Organschaft einer inlndischen Betriebssttte im Sinne des § 12 AO des Organtrgers zuzuordnen sein. 5... 6Das Einkommen der Organgesellschaft ist der inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zuzurechnen, der die Beteiligung im Sinne der Nummer 1 an der Organgesellschaft ... zuzuordnen ist. 7Eine inlndische Betriebssttte im Sinne der vorstehenden Stze ist nur gegeben, wenn die dieser Betriebssttte zuzurechnenden EinkÅnfte sowohl nach innerstaatlichem Steuerrecht als auch nach einem anzuwendenden Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der inlndischen Besteuerung unterliegen.“

1 Siehe dazu auch DÇtsch/Pung, DB 2013, 305. 2 Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 35.

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

Die gesetzliche Neuregelung soll sicherstellen, dass das dem Organtrger zugerechnete Einkommen einer Organgesellschaft auch der inlndischen Besteuerung unterliegt. Sie ist als Reaktion des Gesetzgebers auf ein zur gewerbesteuerlichen Organschaft ergangenes Urteil des BFH vom 9.2.20111 zu verstehen, in dem er auf der Grundlage des Diskriminierungsverbots des Art. 20 Abs. 4 und 5 DBA-GB 1964/1970 eine grenzÅberschreitende „Wegrechnung“ des inlndischen Organeinkommens zur auslndischen Muttergesellschaft bejaht, obwohl dem auslndischen Staat insoweit kein Besteuerungsrecht zusteht.2

16.50 In der Unternehmens- und Beratungspraxis ist es aufgrund der Ergnzungen in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4–7-KStG geboten, bei Organschaften, an deren Spitze eine Organtrger-Personengesellschaft mit auslndischen Gesellschaftern steht, zu ÅberprÅfen, ob bei ihnen ab dem Veranlagungszeitraum 2012 die Organschaftsvoraussetzungen noch vorliegen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Frage, ob eine tatschliche (funktionale) ZugehÇrigkeit der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte der Organtrger-Personengesellschaft vorliegt oder nicht.

16.51 Wegen der in Teilbereichen rÅckwirkenden Verschrfung ergeben sich mÇglicherweise verfassungsrechtliche Probleme.3 Die OFD Karlsruhe4 fÅhrt in einer Arbeitshilfe zu § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG aus: „Altflle kÇnnen u.U. durch zustzliche funktionale Verbindungen geheilt werden; im Einzelfall kann die Heilung dann ggf. auch fÅr den Veranlagungszeitraum 2012 anerkannt werden.“

16.52 Kein spezifisches Problem der Personengesellschaft als Organtrger sind die Regelungen zur doppelten Verlustnutzung im Zuge der kleinen Organschaftsreform gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG. Negative EinkÅnfte des Organtrgers oder der Organgesellschaft bleiben danach bei der inlndischen Besteuerung unberÅcksichtigt, soweit sie in einem auslndischen Staat im Rahmen der Besteuerung des Organtrgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berÅcksichtigt werden. In diesem Zusammenhang ist allerdings durchaus relevant, ob man Verluste der Personengesellschaft als deren negative EinkÅnfte betrachtet oder als solche der Mitunternehmer. Ebenfalls nicht abschließend geklrt ist, ob Sonderbetriebsausgaben eines auslndischen Mitunternehmers einer inlndischen Or-

1 BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106; vgl. dazu Nichtanwendungserlass des BMF v. 27.12.2011 – IV C 2 - S 2770/11/10002 – DOK 2011/0965132, BStBl. I 2012, 119 = FR 2012, 95. 2 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215; Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 35; weiterfÅhrend zum BFH-Urteil: LÅdicke, IStR 2011, 740 bzw. RÇdder/SchÇnfeld, DStR 2011, 886. 3 Vgl. Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 35; ebenso DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215. 4 OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434; vgl. flankierend auch OFD Frankfurt v. 14.4.2014 – S 2270 A - 55 - St 51, DStR 2014, 2026.

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

gantrger-Personengesellschaft zu den negativen EinkÅnften der Personengesellschaft zhlen.1 b) Zuordnung der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4 und 5 KStG) Eine der Voraussetzungen der Organschaft ist gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG die ununterbrochene, die gesamte Dauer der Organschaft whrende Zuordnung der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers i.S.d. § 12 AO. Dies gilt entsprechend, wenn die Organtrger-Personengesellschaft mittelbar Åber eine oder mehrere Personengesellschaften an der Organkapitalgesellschaft beteiligt ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 5 KStG). Handelt es sich bei dem Organtrger um eine Personengesellschaft, muss nicht die Beteiligung an der Personengesellschaft, sondern deren Beteiligung an der Organgesellschaft einer inlndischen Betriebssttte zuzuordnen sein.2

16.53

Teilweise wird vertreten, dass das in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG geregelte Erfordernis der „funktionalen Zuordnung der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte“ faktisch zu einer Wiederauflage des frÅheren Organschaftsmerkmals „wirtschaftliche Eingliederung“ fÅhre.3 BegrÅndet wird dies damit, dass eine europarechtskonforme Auslegung eine unterschiedliche Handhabung des Kriteriums der „funktionalen Zuordnung“ nicht zulasse und daher unter Umstnden auch auf reine Inlandsflle zu erstrecken sei.4 Allerdings wird diese Auffassung – zu Recht – von maßgeblichen Stimmen im Schrifttum abgelehnt.5 Die sich grundstzlich nach nationaler Rechtsauslegung6 richtende Zuordnung zu einer inlndischen Betriebssttte i.S.d. § 12 AO ist gegeben, wenn die Organbeteiligung zum notwendigen oder zum gewillkÅrten BetriebsvermÇgen der Organtrger-Personengesellschaft zhlt. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG macht bei Personengesellschaften als Organtrger die Anerkennung der Organschaft ohnehin von der ZugehÇrigkeit der Organbeteiligung zum GesamthandsvermÇgen der Personengesellschaft abhngig.7

1 Vgl. Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143; Schaden/Polatzky, IStR 2013, 131. 2 Olbing in Streck, KStG, § 14 Rz. 36. 3 Soweit ersichtlich vertritt diese Auffassung vor allem Schirmer, FR 2013, 605 (608); GmbHR 2013, 797 (798). 4 Details vgl. Schirmer, FR 2013, 605 (607). 5 So zB DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, KStG, § 14 Rz. 120. 6 OFD Karlsuhe, Vfg. v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434; vgl. flankierend auch OFD Frankfurt v. 14.4.2014 – S 2270 A - 55 - St 51, DStR 2014, 2026. 7 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1215).

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16.54

Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

c) Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG) aa) Problemstellung

16.55 Handelt es sich bei dem Organtrger um eine auslndische gewerbliche (Personen-) Gesellschaft, ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 EStG Voraussetzung fÅr eine inlndische Betriebssttte, dass Deutschland sowohl nach innerstaatlichem Recht als auch nach dem jeweiligen DBA das Besteuerungsrecht fÅr die Betriebssttte besitzt. Neuerliche Abgrenzungsprobleme ergeben sich aufgrund der unterschiedlichen Auslegung des Betriebsstttenbegriffs nach § 12 AO (Zentralfunktion des Stammhauses) bzw. DBA (tatschlicher funktionaler Zusammenhang)1 aus § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 S. 7 KStG.2 Erfolgt die PrÅfung der Zuordnung zur inlndischen Betriebssttte im Rahmen des Satzes 4 allein nach Maßgabe des nationalen Rechts, dh. unter Ausblendung der grundstzlich strengeren Anforderungen an die abkommensrechtliche Zuordnung, findet durch § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG eine zustzliche Eingrenzung statt. Die Formulierung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG stellt ausdrÅcklich klar, dass eine inlndische Betriebssttte im Sinne der vorstehenden Stze nur gegeben ist, wenn die dieser Betriebssttte zuzurechnenden EinkÅnfte sowohl nach innerstaatlichem Steuerrecht als auch nach einem anzuwendenden Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der inlndischen Besteuerung unterliegen.3 Damit soll verhindert werden, dass hinsichtlich des Organeinkommens sog. „weiße EinkÅnfte“ entstehen kÇnnen.4 ber die Zuordnungskriterien herrscht allerdings sowohl bei § 12 AO als auch im Abkommensrecht keine Einigkeit.5 bb) Abkommensrechtliche Beschrnkung des deutschen Besteuerungsrechts

16.56 Bei Personengesellschaften als Organtrger stellt sich hier die Frage, ob die Voraussetzung des Satzes 7 auch erfÅllt ist, wenn die Beteiligung an der Organgesellschaft (wegen der einkommensteuerlichen Transparenz

1 Zu den Einzelheiten des Begriffs „Betriebssttte“ nach Abkommensrecht (Art. 5 OECD-MA) vgl. ua. BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 unter BerÅcksichtigung der nderungen durch die BMF, Schr. v. 20.11.2000 – IV B 4 - S 1300 - 222/00, BStBl. I 2000, 1509; v. 29.9.2004 – IV B 4 - S 1300 296/04, BStBl. I 2004, 917 und BMF v. 25.8.2009 – IV B 5 - S 1341/07/10004 – DOK 2009/0421117, BStBl. I 2009, 888 – Betriebssttten-Verwaltungsgrundstze. 2 Zu beachten sind in diesem Zusammenhang auch die steuerpolitischen Aktivitten zur DBA-Berechtigung fÅr Personengesellschaften. 3 OFD Karlsuhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434. 4 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216). 5 Vgl. nur Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 37 mwN.

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

der Organtrger-Personengesellschaft) ganz oder anteilig Personen mit steuerlicher Ansssigkeit im Ausland zuzurechnen ist.1 In diesem Fall kÇnnte nmlich das deutsche Besteuerungsrecht ggf. durch ein DBA beschrnkt sein und es wre nicht sichergestellt, dass Deutschland das Besteuerungsrecht an dem gesamten Organeinkommen hat. Um das deutsche Besteuerungsrecht sicherzustellen, wre die Zurechnung der durch die Organbeteiligung vermittelten EinkÅnfte zur inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zu gewhrleisten, was wiederum nur gelingen kann, wenn es sich gleichermaßen um eine Betriebssttte im Sinne des nationalen Rechts (§ 12 AO) als auch um eine Betriebssttte im Sinne des jeweiligen DBA handelt.2

16.57

cc) ZugehÇrigkeit der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers GehÇrt eine Organbeteiligung tatschlich zu einer inlndischen Betriebssttte i.S.d. Art. 5 OECD-MA, wird nach Art. 10 Abs. 4 und Art. 13 Abs. 2 OECD-MA das vorrangige Besteuerungsrecht des Ansssigkeitsstaats des Gesellschafters fÅr die durch diese Beteiligung vermittelten Dividendenertrge und Verußerungsgewinne durch das Besteuerungsrecht des Betriebsstttenstaats (hier Deutschland) verdrngt.3

16.58

Eine Beteiligung ist einer inlndischen Betriebssttte nur dann tatschlich zuzuordnen, wenn sie in einem funktionalen Zusammenhang mit der in der Betriebssttte ausgeÅbten Ttigkeit steht und die Beteiligungsertrge Nebenertrge der aktiven Ttigkeit der Betriebssttte darstellen.4 Nach der funktionalen Betrachtungsweise sind einer Betriebssttte WirtschaftsgÅter (und damit auch Beteiligungen) dann zuzuordnen, wenn sie fÅr die Ttigkeit der Betriebssttte funktional notwendig sind.5

16.59

Die Zuordnung der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte der Organtrger-Personengesellschaft setzt voraus, dass zwischen der Organgesellschaft und der Betriebssttte des Organtrgers wesentliche Lieferungs- bzw. Leistungsbeziehungen bestehen und dass es fÅr die wirtschaftliche Bettigung der Betriebssttte wichtig ist, dass sie Åber das Stimmrecht die Geschftsttigkeit der Organgesellschaft beeinflussen

16.60

1 So Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 142d; ebenso: DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216). 2 hnlich: DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216). 3 S. a. DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216). 4 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216) mit Verweis auf BFH v. 19.12.2007 – I R 66/06, BStBl. II 2008, 510 = FR 2008, 724 m. Anm. Lohmann/Rengier, s.a. OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434. 5 BFH v. 7.8.2002 – I R 10/01, BStBl. II 2002, 848 = FR 2003, 151 m. Anm. Kempermann.

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

kann. Ein funktionaler Zusammenhang besteht zB, wenn die OrgantrgerPersonengesellschaft den Vertrieb fÅr die Organgesellschaft Åbernimmt.1 Zur Nichtanerkennung der Organschaft fÅhrt die Unterhaltung von Geschftsbeziehungen an dem „Organtrger“ vorbei zwischen der „Organgesellschaft“ und einem auslndischen Gesellschafter; dann ist nmlich die „Organbeteiligung“ der auslndischen Betriebssttte des Gesellschafters zuzuordnen.2

16.61 Einer geschftsleitenden Holding-Personengesellschaft3 als Organtrger ist eine Organbeteiligung funktional zuzuordnen, wenn die geschftsleitende Holding Åber eine inlndische Betriebssttte i.S.d. Art. 5 OECD-MA verfÅgt, zu der die Beteiligung tatschlich gehÇrt. Sowohl fÅr die Bejahung der persÇnlichen Eignung als Organtrger als auch einer Betriebssttte i.S.d. DBA ist es erforderlich, dass die Holdinggesellschaft gewerblich ttig ist,4 wobei aus Verwaltungssicht die Voraussetzung beim erstgenannten Merkmal in Teilbereichen strenger ist.5 FÅr die funktionale Zuordnung ist nach den allgemeinen Grundstzen zustzlich erforderlich, dass die gewerbliche Ttigkeit umfassend und von einigem Gewicht ist (erhebliches Personal und Umsatz).6

16.62 Ist die persÇnliche Organtrger-Eignung der geschftsleitenden HoldingPersonengesellschaft zu bejahen, soll nach der restriktiven Auffassung von DÇtsch/Pung7 bezogen auf jede einzelne Organbeteiligung noch zu prÅfen sein, ob der Organtrger auch zu dieser Gesellschaft entsprechende Liefer- oder Leistungsbeziehungen unterhlt. Nach deren Einschtzung sollen Organschaften, bei denen der Organtrger eine Kapitalbeteiligung hlt, ohne zu der Tochtergesellschaft wesentliche Geschftsbeziehungen zu unterhalten, von der Finanzverwaltung kÅnftig nicht mehr anerkannt werden. Das bloße Halten einer Organbeteiligung wÅrde demnach nicht ausreichen, um die Beteiligung nach DBA-rechtlichen Grundstzen einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zuzuordnen, weil es dafÅr auf die tatschliche ZugehÇrigkeit der jeweiligen Beteiligung zur Betriebssttte ankommt. Die Nichtanerkennung der Organschaft zu dieser einen Organgesellschaft wÅrde allerdings nicht den gesamten Organkreis infizieren, denn jedes Organschaftsverhltnis ist eigenstndig zu beurteilen.8 1 Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 37; DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216) mit Verweis auf FG KÇln v. 29.3.2007 – 10 K 4671/04, DStRE 2007, 1320. 2 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216 f.). 3 Vgl. auch BFH v. 19.12.2007 – I R 66/06, BStBl. II 2008, 510 = FR 2008, 724 m. Anm. Lohmann/Rengier. 4 BezÅglich der Einzelheiten wird auf die AusfÅhrungen zu der persÇnlichen Organtrgereignung bei Personengesellschaften, insbesondere zur Eigengewerblichkeit, verwiesen. 5 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1217). 6 Fraglich ist, ob dies auch fÅr inlndische Personengesellschaften gleichermaßen gelten kann, vgl. zur Diskussion Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, Rz. 57. 7 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216 f.). 8 Siehe dazu DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1217).

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

d) Gleichlauf von Einkommenszurechnung und Beteiligungszuordnung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 6 KStG) Gemß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 6 KStG ist das Einkommen der Organgesellschaft der inlndischen Betriebssttte zuzurechnen, der die Beteiligung an der Organgesellschaft oder, bei mittelbarer Beteiligung an der Organgesellschaft, die Beteiligung an der vermittelnden Gesellschaft zuzuordnen ist. Auch bei der Anwendung des Satzes 7 folgt die Zuordnung der von der Organgesellschaft vermittelten EinkÅnfte der Zuordnung der Beteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers. Dort wird die Zurechnungsnorm des Satzes 6 jedoch von den DBA-rechtlichen Zuordnungsregeln Åberlagert.1

16.63

IV. Anrechenbare Steuern bei Organtrger-Personengesellschaft/ Steuerumlage Stehen einer Organgesellschaft auf Grundlage entsprechender Steuerbescheinigungen SteueranrechnungsansprÅche (zB aus einbehaltener Zinsabschlagsteuer) zu, stellt sich die Frage nach der Erfassung der anzurechnenden Steuerbetrge.

16.64

Nach § 19 Abs. 5 KStG findet stets eine Steueranrechnung beim Organtrger statt, wenn auf Ebene der Organgesellschaft Steuerabzugsbetrge (zB Kapitalertragsteuer und Zinsabschlagsteuer zzgl. anzurechnendem SolZ; Steueranrechnung nach § 12 AStG) einbehalten worden sind, die auf Betriebseinnahmen der Organgesellschaft erhoben wurden.2 Diese durch Steuerabzug einbehaltenen Steuerbetrge sind grundstzlich nach §§ 19 Abs. 5, 31 KStG i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die Steuerschuld des Organtrgers anzurechnen. Selbst wenn die Organgesellschaft eigenes Einkommen aufgrund von Ausgleichszahlungen zu versteuern hat, findet eine Steueranrechnung ausschließlich beim Organtrger statt.

16.65

Sofern es sich bei dem Organtrger um eine Personengesellschaft handelt, findet die Steueranrechnung auf die KÇrperschaft- oder Einkommensteuer bei den Gesellschaftern statt, und zwar anteilig. Die Anrechnung der Steuerabzugsbetrge erfolgt deshalb beim Organtrger bzw. dessen Gesellschaftern, weil dort Åber die Einkommenszurechnung auch die EinkÅnfte, die dem Steuerabzug unterlegen haben, versteuert werden. Die Aufteilung der anrechenbaren Steuerabzugsbetrge auf die Gesellschafter einer Organtrger-Personengesellschaft hat hierbei nach dem gleichen SchlÅssel zu erfolgen, nach dem auch das dem Organtrger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft verteilt wird. Unter § 19 Abs. 5 KStG fallen

16.66

1 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1217). 2 § 19 Abs. 5 KStG ist von der Neufassung des § 19 Abs. 1 – 4 KStG iRd. „Kroatien-Anpassungsgesetzes“ nicht betroffen, vgl. BR-Drs. 291/14, 21 v. 4.7.2014.

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

nicht die auslndischen Quellensteuern auf Dividenden; diese anrechenbaren auslndischen Steuern fallen unter die Abs. 1-4 des § 19 KStG.1

16.67 Die anrechenbaren Steuern mindern als (nichtabziehbare) Betriebsausgaben das (handelsrechtliche) Ergebnis und damit die GewinnabfÅhrung der Organgesellschaft auf Grundlage der Handelsbilanz, whrend das Ergebnis des Organtrgers durch den Ertrag aus der Anrechnung in entsprechender HÇhe erhÇht wird. Dadurch wird das Ergebnis beider Unternehmen verflscht.

16.68 Durch eine Konzernumlage kann bei beiden Unternehmen ein Ausweis des betriebswirtschaftlich zutreffenden Ergebnisses erreicht werden; der Organtrger mÅsste, um dieses Ziel zu erreichen, der Organgesellschaft die anrechenbaren Steuern ersetzen. Die Erstattung fÅhrt beim zahlenden Organtrger zu abziehbaren Betriebsausgaben und bei der empfangenen Organgesellschaft zu zu versteuernden Betriebseinnahmen. Dadurch erhÇht sich das dem Organtrger zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft.

16.69 Bei Steuerumlagen im Konzern ist jede Methode der Belastung (im Umkehrschluss also auch der Entlastung) der Organgesellschaft erlaubt, die zu einem betriebswirtschaftlich vertretbaren Ergebnis fÅhrt.2

V. Ertragsteuerliche Organschaft und Anrechnung gem. § 35 EStG 1. Grundlagen der Gewerbesteueranrechnung

16.70 Anders als die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft haben Gesellschafter eines Personenunternehmens – bei ausreichend positiven gewerblichen EinkÅnften – die MÇglichkeit der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gem. § 35 EStG.

16.71 Die Anrechnung ist auf die tatschlich zu zahlende Gewerbesteuer begrenzt, eine berkompensation ist seit der Unternehmenssteuerreform 2008 nicht mehr mÇglich. Die Anrechnung gem. § 35 EStG setzt das Vorhandensein von Anrechnungspotential in Gestalt ausreichender gewerblicher EinkÅnfte auf Ebene des Personenunternehmers voraus. Bei RÅckgang der gewerblichen EinkÅnfte vermindert sich auch das Anrechnungspotential, zugleich verstrkt sich die Problematik von AnrechnungsÅberhngen.3

16.72 Bei Hebestzen bis zu 380 % ermßigt sich die Einkommensteuer um die tatschlich zu zahlende Gewerbesteuer; die hÇchste Kompensation erfolgt 1 § 19 Abs. 5 KStG ist von der Neufassung des § 19 Abs. 1-4 KStG iRd. „KroatienAnpassungsgesetzes“ nicht betroffen, vgl. BR-Drs. 291/14, 21 v. 4.7.2014. 2 Stellv. fÅr andere: Gnam/Federmann, Handbuch der Bilanzierung, Band 4 Ziff. 93a Rz. 134. 3 AusfÅhrlich dazu Schaumburg/Buml, FR 2010, 1061 (1062).

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

bei einem Hebesatz von 380 % (vor UntStRG 2008: 200 %). Hinsichtlich des auf die angerechnete Gewerbesteuer entfallenden Solidarittszuschlages liegt sogar eine leichte berkompensation vor. Eine vollstndige Entlastung der Einkommensteuer auf gewerbliche EinkÅnfte von der Gewerbesteuer ergibt sich bei einem Hebesatz von 400 %1 (vor UntStRG 2008: 341 %). Oberhalb von 400 % steigt die Gesamtbelastung an, da die Gewerbesteuer nicht mehr vollstndig angerechnet werden kann (Unterkompensation). Allerdings setzt die Anrechnung gem. § 35 EStG das Vorhandensein von Anrechnungspotential in Gestalt ausreichender gewerblicher EinkÅnfte auf Ebene des Personenunternehmers voraus. Bei krisenbedingtem RÅckgang der gewerblichen EinkÅnfte vermindert sich auch das Anrechnungspotential, zugleich verstrkt sich die Problematik von AnrechnungsÅberhngen.

16.73

2. Anrechnung gem. § 35 EStG bei mehrstÇckigen Mitunternehmerschaften Bei doppel- oder mehrstÇckigen Mitunternehmerschaften sind bei der Ermittlung des ErmßigungshÇchstbetrags nach § 35 EStG die EinkÅnfte aus der Obergesellschaft (einschließlich der Ergebnisse der Untergesellschaft) als gewerbliche EinkÅnfte zu berÅcksichtigen. Es sind gem. § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG zudem die anteilig auf die Obergesellschaft entfallenden Gewerbesteuer-Messbetrge smtlicher Untergesellschaften den Gesellschaftern der Obergesellschaft nach Maßgabe des allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssels zuzurechnen.

16.74

Dies gilt nach weitgehend unbestrittener Auffassung der Finanzverwaltung2 auch fÅr die Zurechnung eines anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags einer Untergesellschaft an den mittelbar beteiligten Gesellschafter, wenn sich auf der Ebene der Obergesellschaft ein negativer Gewerbeertrag und damit ein Gewerbesteuer-Messbetrag von null Euro ergibt. Ein aus gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen resultierender positiver Gewerbesteuer-Messbetrag der Unter- oder Obergesellschaft, dem jedoch negative gewerbliche EinkÅnfte zugrunde liegen, ist nicht zu berÅcksichtigen. Dies gilt fÅr die BerÅcksichtigung der tatschlich zu zahlenden Gewerbesteuer (§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG) entsprechend.

16.75

1 Berechnung: 3,8 x 3,5 % [GewStMessbetrag] = 13,3 % [= Anrechnungsbetrag]. Da durch GewSt-Anrechnung auch die Bemessungsgrundlage des SolZ gemindert wird, ergibt sich noch eine Entlastung der Gesamtbelastung um 0,7 % [= 5,5 % von 13,3 %]. Daraus folgt eine Gesamtentlastung von 14 %, was im Ergebnis der GewSt bei einem Hebesatz von 400 % entspricht. 2 BMF v. 25.11.2010 – IV C 6 - S 2296-a/09/10001 – DOK 2010/0912228, BStBl. I 2010, 1312 = FR 2010, 1154 Rz. 27.

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

3. Anrechnung gem. § 35 EStG im Falle einer der Organschaft nachgeordneten Personengesellschaft a) Vergleichbarkeit mit mehrstÇckigen Mitunternehmerschaften?

16.76 Entsprechend stellt sich die Frage, ob bei Organtrger-Personengesellschaften die auf das zugerechnete Organeinkommen entfallende Gewerbesteuer (einschließlich der Kapital-Organgesellschaft nachgeordneter Mitunternehmerschaften) fÅr typisierte Anrechnungszwecke gem. § 35 EStG bei der Einkommensteuer der Mitunternehmer einer OrgantrgerPersonengesellschaft anteilig „durchreichbar“ sein sollte. Dies ist auch nach den ablehnenden Entscheidungen des BFH vom 22.9.20111 weiterhin streitig.2

Abbildung: Organschaft mit nachgeordneter Personengesellschaft3 b) Die Entscheidungen des BFH v. 22.9.2011 (IV R 3/10; IV R 42/09)

16.77 Einschlgige hÇchstrichterliche Rechtsprechung zu der aufgeworfenen Fragestellung war bis zu den Entscheidungen des BFH vom 22.9.20114 nicht vorhanden. Allenfalls konnten aus dem zu § 32c Abs. 2 S. 2 Nr. 2 1 BFH v. 22.9.2011 – IV R 3/10, BStBl. II 2012, 14 = FR 2012, 371; v. 22.9.2011 – IV R 42/09, BFH/NV 2012, 236; vgl. auch Anmerkungen von Prinz/HÅtig, StuB 2012, 20. 2 Weiterhin fÅr eine „Durchreichung“ zB Prinz in Prinz/Kanzler, NWB Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht2, Rz. 1675; zur ausfÅhrlichen Darstellung der Argumentation im Schrifttum vgl. Schaumburg/Buml, FR 2010, 1061. 3 Vgl. Schaumburg/Buml, FR 2010, 1061, 1063. 4 BFH v .22.9.2011 – IV R 3/10, BStBl. II 2012, 14 = FR 2012, 371; v .22.9.2011 – IV R 42/09, BFH/NV 2012, 236.

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

EStG der in den Jahren 1999 und 2000 geltenden Fassung des StEntlG 1999/2000/2002 ergangenen Beschluss des BFH vom 11.6.20031 RÅckschlÅsse gezogen werden. Dies hat sich durch die Entscheidungen des BFH vom 22.9.2011 grundlegend gendert. In den Verfahren war streitig, ob im Rahmen eines ertragsteuerlichen Organschaftsverhltnisses der einer Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) als Mitunternehmerin einer Personengesellschaft zuzurechnende Anteil am Gewerbesteuer-Messbetrag und an der tatschlich zu zahlenden Gewerbesteuer in die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG beim Organtrger (Mitunternehmerschaft) einzubeziehen ist. Nach Auffassung des BFH sind unter Hinweis auf § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 35 EStG nur anteilige Gewerbesteuer-Messbetrge einzubeziehen, die aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen. § 35 EStG sei auch bei Vorliegen einer Organschaft nicht entsprechend auf anteilige Gewerbesteuer-Messbetrge anzuwenden, die aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) stammen. Der „Durchleitung“ anteiliger Gewerbesteuer-Messbetrge durch eine Kapitalgesellschaft stehe die Abschirmung der VermÇgenssphre der Kapitalgesellschaft gegenÅber ihren Anteilseignern entgegen.

16.78

Nach dem IV. Senat des BFH ist § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG dahin auszulegen, dass nur anteilige Gewerbesteuer-Messbetrge zu berÅcksichtigen sind, die aus einer unmittelbaren Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen. HierfÅr sprchen neben dem Wortlaut der Vorschrift auch deren Sinn und Zweck sowie die Systematik der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 35 Abs. 3 EStG. Die Regelung soll eine Steuerermßigung bei der Einkommensteuer der an einer Personengesellschaft beteiligten natÅrlichen Personen ermÇglichen, wenn die Gesellschaft mit Gewerbesteuer belastet worden ist. In Fllen von mehrstÇckigen Gesellschaften (Mitunternehmerschaften) sollen nach der GesetzesbegrÅndung2 smtliche bei den Gesellschaften festgestellten Messbetrge beim „Schlussgesellschafter“ anteilig berÅcksichtigt werden kÇnnen.

16.79

Der Systematik der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 35 Abs. 3 EStG folgend, werden bei Beteiligung einer Personenobergesellschaft an einer Personenuntergesellschaft bei letztgenannter Gesellschaft festgestellte, aber insoweit nicht bei der Einkommensbesteuerung ihrer Gesellschafter nach § 35 Abs. 1 EStG „verwertbare“ GewerbesteuerMessbetrge an die Personenobergesellschaft „weitergereicht“, um eine BerÅcksichtigung bei den Gesellschaftern jener Gesellschaft („Schlussgesellschafter“) zu ermÇglichen.

16.80

1 BFH v. 11.6.2003 – IV B 47/03, BStBl. II 2003, 661 = FR 2003, 840 m. Anm. Wendt. 2 BT-Drucks. 14/3366, 119.

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

16.81 Bei mehrstufigen Beteiligungsverhltnissen (mehrstÇckigen Personengesellschaften) erfolgt die „Weiterleitung“ so lange, bis eine Zuordnung an „Schlussgesellschafter“ als natÅrliche Personen erfolgen kann. Schon hieraus ergibt sich fÅr den BFH, dass bei der Feststellung fÅr eine Personenobergesellschaft nach § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG eine BerÅcksichtigung nur von Gewerbesteuer-Messbetrgen erfolgen darf, die aus einer unmittelbaren Beteiligung an einer Personenuntergesellschaft stammen. c) Umsetzung der Urteile durch die Finanzverwaltung

16.82 Die Finanzverwaltung hatte sich hinsichtlich der Steuerermßigung nach § 35 EStG bei einer Åber eine Organkapitalgesellschaft gehaltenen Personengesellschaft vor den Entscheidungen des BFH vom 22.9.2011 noch nicht geußert. Die Anwendungsschreiben zur Steuerermßigung bei EinkÅnften aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG vom 15.5.2002,1 vom 12.1.2007,2 vom 24.2.20093 sowie vom 25.11.20104 gehen auf diesen Fall nicht ein.

16.83 Nach Ergehen der Urteile hat sich zumindest die Oberfinanzdirektion (OFD) Koblenz in einer Kurzinformation vom 30.3.20125 zu beiden Urteilen geußert:6 Infolge der Entscheidung des BFH sind – so die OFD Koblenz – auch bei Vorliegen einer Organschaft ein anteiliger Gewerbesteuer-Messbetrag und eine anteilige tatschlich zu zahlende Gewerbesteuer, die aus einer Beteiligung der Organgesellschaft an einer Mitunternehmerschaft stammen, nicht in die gesonderte und einheitliche Feststellung beim Organtrger einzubeziehen. § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG sei insoweit keine geeignete Rechtsgrundlage, weil davon nur Gewerbesteuer-Messbetrge aus der unmittelbaren Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft erfasst wÅrden. Der Durchleitung eines anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags durch eine Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) stehe – entsprechend der Sicht1 Anwendungsschreiben zur Steuerermßigung bei EinkÅnften aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG, BMF v. 15.5.2002 – IV A 5 - S 2296a - 16/02, BStBl. I 2002, 533 = FR 2002, 640. 2 Anwendungsschreiben zur Steuerermßigung bei EinkÅnften aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG, BMF v. 12.1.2007 – IV B 2 - S 2296-a - 2/07, BStBl. I 2007, 108 = FR 2007, 202. 3 Anwendungsschreiben zur Steuerermßigung bei EinkÅnften aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG, BMF v. 24.2.2009 – IV C 6 – S 2296-a/08/10002 – DOK 2007/0220243, BStBl. I 2009, 440 = FR 2009, 345. 4 Anwendungsschreiben zur Steuerermßigung bei EinkÅnften aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG, BMF v. 25.11.2010 – IV C 6 - S 2296-a/09/10001, BStBl. I 2010, 1312. 5 OFD Koblenz, Kurzinformation v. 30.3.2012 – S 2296a - St 31 3, StEK EStG § 35 Nr. 13. 6 Im brigen geht die OFD Koblenz, aaO, auch auf das Urt. des BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, FR 2012, 372 = BFH/NV 2012, 108 ein, das vorliegend nicht nher thematisiert wird.

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

weise des BFH – die Abschirmwirkung der VermÇgenssphre der Kapitalgesellschaft gegenÅber ihren Anteilseignern entgegen. Im brigen stellt die OFD Koblenz fest, dass die genannten BFH-Urteile vom 22.9.2011 beim Organtrger keine (weiteren) Auswirkung auf die Ermittlung des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags bzw. der anteiligen tatschlich zu zahlenden Gewerbesteuer fÅr Zwecke des § 35 EStG haben. Nach § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG ist demnach bei Mitunternehmerschaften, auch wenn sie Organtrger sind, der Betrag des Gewerbesteuer-Messbetrags, die tatschlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen. Die Organgesellschaft gilt als Betriebssttte des Organtrgers (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) und damit der Mitunternehmerschaft. Der Gewerbeertrag der Organgesellschaft wird zum Bestandteil des Gewerbeertrags des Organtrgers. Insoweit gibt es nur einen einheitlichen Gewerbesteuer-Messbetrag der Mitunternehmerschaft, der nach § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG zwingend gesondert und einheitlich festzustellen ist. FÅr eine NichtberÅcksichtigung des auf die Organgesellschaft entfallenden Anteils am einheitlichen Gewerbesteuer-Messbetrag sieht die Finanzverwaltung keine Rechtsgrundlage.

16.84

d) Analyse und Bedeutung der Urteile fÅr die Praxis Die auf die Organgesellschaft entfallenden, anteiligen Gewerbesteuermessbetrge aus der Beteiligung an der nachgeordneten Personengesellschaft kÇnnen nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 S. 5 EStG in die Feststellungen der Organtrger-KG einbezogen werden, wenn sie „aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen“. Insofern warfen die erstinstanzlichen Gerichte die Frage auf, ob Gewerbesteuer-Messbetrge auch dann noch aus einer Mitunternehmerschaft „stammen“, wenn die Personenobergesellschaft (Organtrger-KG) nicht unmittelbar an der Personenuntergesellschaft (nachgeordnete KG) beteiligt ist, sondern die Beteiligung an der Untergesellschaft von einer an dieser als Mitunternehmerin beteiligten GmbH, die ihrerseits (gewerbe- und kÇrperschaftsteuerliche) Organgesellschaft der Personenobergesellschaft ist, vermittelt wird.

16.85

FÅr die Zurechnung der anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrge der Personenuntergesellschaft bei der Personenobergesellschaft und eine entsprechende ErhÇhung des Gewerbesteuer-Anrechnungsvolumens der Obergesellschaft wurde maßgeblich angefÅhrt,1 dass zum einen der Gewinn der nachgeordneten Personen(unter-)gesellschaft kÇrperschaftsteuerlich in

16.86

1 Vgl. Schiffers in Korn, EStG, § 35 Rz. 63; Danelsing in BlÅmich, EStG/KStG/ GewStG, § 35 EStG Rz. 47; Glanegger in Schmidt, EStG28, 2009, § 35 Rz. 44; Korezkij, GmbHR 2003, 1178 (1180); Levedag in HHR, § 35 EStG Anm. 47; Neu, DStR 2000, 1933 (1938); Koretzkij, GmbHR 2003, 1178; so auch beilufig FG DÅsseldorf v. 22.1.2009 – 16 K 1267/07 F, StE 2009, 245.

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

das Einkommen der Organgesellschaft eingehe, der Organtrger-Personengesellschaft nach §§ 14, 17 KStG zugerechnet und bei den Gesellschaftern der Obergesellschaft „schlussbesteuert“ werde; dass zum anderen aber der Gewerbeertrag der nachgeordneten Personen(unter-)gesellschaft aus der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage der Organgesellschaft gem. § 9 Nr. 2 GewStG gekÅrzt werde und somit nicht in die Ermittlung des Gewerbesteuer-Messbetrags der Obergesellschaft eingehen kÇnne. Ohne die ErhÇhung des gewerbesteuerlichen Anrechnungsvolumens bei der Obergesellschaft um die anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrge der nachgeordneten Personen(unter-)gesellschaft wÅrde deshalb der gewerbliche Gewinn der Untergesellschaft – entgegen dem Grundanliegen des § 35 EStG1 – bei den Gesellschaftern der Obergesellschaft ohne die MÇglichkeit einer Anrechnung der gewerbesteuerlichen Vorbelastung einkommensteuerpflichtig.

16.87 Das FG Hamburg2 gab den vorstehend zitierten Auffassungen zu, dass es – bezogen auf den Streitfall – durch die NichtberÅcksichtigung der auf die Organgesellschaft entfallenden Gewerbesteuer-Messbetrge in den Feststellungsverfahren der Organtrger-KG zu einer ungekÅrzten Doppelbelastung der von der Organgesellschaft bezogenen Gewinnanteile aus deren Beteiligung an der nachgeordneten Personen(unter-)gesellschaft mit Gewerbesteuer einerseits und Einkommensteuer andererseits kommt.

16.88 Allein am Wortlaut orientiert fÅhrte der erkennende Senat dennoch aus, dass die anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrge der Organgesellschaft indes fÅr die Organtrger-KG nicht „aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen“. Dabei verweist das Gericht auf die Auslegung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, wonach einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter einer Mitunternehmerschaft nur der Åber eine oder mehrere Personengesellschaften mittelbar beteiligte Gesellschafter gleich steht. Eine Åber eine Organgesellschaft vermittelte Mitunternehmerschaft des Organtrgers scheidet danach aus.

16.89 Das Gesetz ist nach Auffassung des FG Hamburg auch nicht planwidrig unvollstndig, womit es an der Rechtsgrundlage fÅr die Einbeziehung der auf die Organgesellschaft entfallenden, anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrge aus deren Beteiligung an der nachgeordneten Personen(unter-)gesellschaft in die Feststellungsverfahren der Organtrger-KG fehle.3 Diese Rechtsauffassung des FG Hamburg stand in krassem Widerspruch zu der des FG DÅsseldorf, das bereits in seiner Entscheidung vom 22.1.20094 ausfÅhrlich dargestellt hat, dass die gesetzliche Regelung in Bezug auf die hier maßgebliche Problematik – gemessen an dem mit ihr verfolgten 1 Vgl. zur Rechtsentwicklung und Bedeutung des § 35 EStG allgemein Wendt, FR 2000, 1173 ff. 2 FG Hamburg v. 26.8.2009 – 6 K 65/09, EFG 2010, 145. 3 Im Ergebnis gleicher Ansicht Steiner/Wichert in Lademann/SÇffing, EStG, § 35 Rz. 62; Frotscher, UbG 2009, 426 (433); Kollruss, DStR 2007, 378. 4 FG DÅsseldorf v. 22.1.2009 – 16 K 1267/07 F, EFG 2009, 756.

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

Zweck – sehr wohl lÅckenhaft sei. Danach kÇnnten die auf Organgesellschaften entfallenden Gewerbesteuer-Messbetrge aus Beteiligungen an Mitunternehmerschaften im Wege eines Analogieschlusses in die Feststellungen i.S.d. § 35 EStG einbezogen werden. Die BegrÅndung des FG DÅsseldorf vom 22.1.2009 Åberzeugt. Die Anrechnung der Gewerbesteuer wurde im Zuge des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) vom 23.10.20001 eingefÅhrt. Bei der Vorschrift des § 35 EStG handelt es sich um eine stark typisierende Regelung, bei der sich der Gesetzgeber offenbar im Wesentlichen am „Normalfall“ orientiert hat. Schon die Entwurfsfassung2 hatte daher in mehreren Punkten Nachbesserungsbedarf aufgewiesen. So war darin beispielsweise noch keine Regelung fÅr mehrstÇckige Personengesellschaften vorgesehen, da wohl Åbersehen worden war, dass der Gewerbeertrag der Untergesellschaft durch die KÅrzung nach § 9 Nr. 2 GewStG nicht bei der Obergesellschaft ankommt;3 erst auf eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses hin wurde dies ergnzt.4

16.90

Wenn aber schon der Fall der mehrstÇckigen Personengesellschaft erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens als regelungsrelevant erkannt wurde, kann – so das FG DÅsseldorf – wohl davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die hier zu beurteilende – deutlich speziellere – Gestaltung Åbersehen hat. Weiterhin lasse sich auch aus der Existenz der – letztlich nicht umgesetzten – Regelung des § 35 Abs. 2 EStG fÅr Organschaften im Entwurf des StVergAbG vom 2.12.20025 nicht ableiten, dass der Gesetzgeber alle im Zusammenhang mit der Organschaft stehenden Fallgestaltungen gesehen und sich – bezogen auf die hier maßgebliche Gestaltung – gegen eine Weiterleitung entschieden hat. Dies wird schon daran ersichtlich, dass die Regelung nicht einmal alle seinerzeit mÇglichen Organschaftskonstellationen abdeckte, da der Gesetzgeber offenbar die MÇglichkeit zur Bildung einer nur kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft Åbersehen hatte.6

16.91

Der erkennende Senat des FG DÅsseldorf hielt daher auch nach erneuter PrÅfung in der Entscheidung vom 29.10.20097 an seiner Rechtsauffassung fest, dass von einer Planwidrigkeit der LÅcke auszugehen ist. Sowohl die methodisch in erster Linie maßgebliche teleologische sowie historische Auslegung weisen, wie der Senat auch bereits in seiner Ausgangsentscheidung vom 22.1.2009 ausgefÅhrt hat, darauf hin, dass der Gesetzgeber den Personengesellschaften und Einzelunternehmen als Ausgleich dafÅr, dass der KÇrperschaftsteuersatz fÅr juristische Personen gesenkt wurde, die

16.92

1 2 3 4 5 6 7

BGBl. I 2000, 1433 ff. Vgl. den Entwurf des StSenkG in BR-Drucks. 90/00, 13. Wendt, FR 2000, 1173 (1180) Fn. 60. Vgl. BT-Drucks. 14/3366, 19 f. BGBl. I 2003, 660 ff. Koretzkij, GmbHR 2003, 1178. FG DÅsseldorf v. 29.10.2009 – 16 K 1567/09 F, DStZ 2010, 264.

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

Anrechnung der Gewerbesteuer ermÇglichen wollte. Es sollte eine „gleichwertige Entlastung von Personengesellschaften und Einzelunternehmen einerseits und Kapitalgesellschaften andererseits“ erreicht werden.1 Als Alternative zur seinerzeit noch vorgeschlagenen „Option zur Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft“ sollten im sog. Basismodell „alle Unternehmen, die EinkÅnfte aus Gewerbebetrieben erzielen und der Gewerbesteuer unterliegen, (...) durch eine Ermßigung der Einkommensteuer um die Gewerbesteuer entlastet (werden)“.2

16.93 Das FG DÅsseldorf hielt in seiner Entscheidung vom 29.10.2009 insbesondere das Argument des FG Hamburg, dass das Gesetz ausdrÅcklich Grundlagen- und Folgebescheidverhltnisse fÅr die BerÅcksichtigungsfhigkeit von Gewerbesteuer-Messbetrgen angeordnet habe und daher davon auszugehen sei, dass der Gesetzgeber die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen bewusst gewhlt und die hierdurch eintretenden Nachteile fÅr Organschaften als hinnehmbar beurteilt habe, in der Sache fÅr nicht Åberzeugend.

16.94 Auch die Stellungnahme von Frotscher3 vermochte das FG DÅsseldorf nicht dazu zu veranlassen, von seiner in der Ausgangsentscheidung vertretenen Auffassung abzurÅcken. Frotscher beruft sich darauf, dass es fÅr eine Durchleitung an der Rechtsgrundlage fehle. Dies sei systematisch auch zutreffend, denn in dem Ausgangswert des auf der Ebene der Organtrger-Personengesellschaft ermittelten Gewerbesteuer-Messbetrags sei der auf die nachgeschaltete Personengesellschaft entfallende Gewerbesteuer-Messbetrag nicht enthalten.

16.95 Nach Auffassung des FG DÅsseldorf wird hier in einem Zirkelschluss argumentiert. Die zu stellende Frage, nmlich ob der anteilige Gewerbesteuer-Messbetrag, der auf die Organgesellschaft entfllt, in den Gewerbesteuermessbetrag der Organtrger-Personengesellschaft einbezogen werden kann, wird von Frotscher gleichsam als Ergebnis vorweggenommen, verneint und dann argumentativ dazu herangezogen, das Fehlen einer Rechtsgrundlage zu legitimieren. Zutreffenderweise wre aber zunchst die Ausgangsfrage zu klren, ob dem Gesetz nicht doch eine Rechtsgrundlage fÅr die Durchleitung entnommen werden kann.

16.96 Auch wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung der abschließenden Argumentation des BFH bzgl. der Auslegung des § 35 EStG folgt, erscheint doch das Ergebnis zumindest irritierend. WÅrde anstelle der Beteiligung an einer nachgeschalteten Personengesellschaft eine Betriebssttte der Organgesellschaft vorliegen, wÅrde sich bei den Gesellschaftern der Organtrger-Personengesellschaft ein entsprechendes Anrechnungs-

1 Vgl. Entwurf des StSenkG, BT-Drucks. 14/2683, 97. 2 Vgl. Entwurf des StSenkG, BT-Drucks. 14/2683, 97. 3 Frotscher, Ubg 2009, 426.

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B. Die Personengesellschaft als ertragsteuerlicher Organtrger

volumen ergeben.1 Die Sichtweise des BFH fÅhrt hingegen zu einer ungekÅrzten Doppelbelastung des Steuerpflichtigen,2 wie auch die vorinstanzliche Entscheidung des FG Hamburg3 einrumt. Schließlich entsteht der mit § 35 EStG bedachte Entlastungsbedarf nach dem Sinn und Zweck der Regelung beim Organtrger; entsprechend wurde die Systematik des § 35 EStG gestaltet.4

VI. Verfahrensrechtliche VerknÅpfung der an Organgesellschaft und Organtrger gerichteten Steuerbescheide Im Zuge der sog. kleinen Organschaftsreform5 wurde mit § 14 Abs. 5 KStG eine verfahrensrechtliche Grundlagen-/Folgebescheid-Beziehung zwischen der Feststellung des Organeinkommens und der Besteuerung des Organtrgers in den § 14 KStG eingefÅgt (siehe hierzu auch Kapitel 4). Die Neuregelung gilt gem. § 34 Abs. 9 Nr. 9 KStG erstmals fÅr nach dem 31.12.2013 beginnende Feststellungszeitrume.

16.97

In der Vergangenheit hatte sich die Finanzverwaltung mit einem internen Mitteilungsverfahren beholfen; mit der sog. Mitteilung MO wurden dem fÅr den Organtrger zustndigen FA diejenigen Besteuerungsgrundlagen der Organgesellschaft mitgeteilt, die fÅr die zusammengefasste Besteuerung von Bedeutung sind.6

16.98

Dass es im bisherigen Recht an einer verfahrensrechtlichen Grundlagen-/ Folgebescheid-Beziehung mangelte, wurde besonders in einem vom BFH7 entschiedenen Fall deutlich, in dem der Organgesellschaft eine Personengesellschaft nachgeordnet war. Da eine gesetzliche Regelung fehlte, konnten Gewinnnderungen, die sich bei der Personengesellschaft aufgrund einer steuerlichen AußenprÅfung ergeben haben, nicht in die Veranlagung des Organtrgers „weitertransportiert“ werden; dies wirkte sowohl zugunsten als auch zuungunsten der Unternehmen.8

16.99

Nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG nF werden das dem Organtrger zuzurechnende Organeinkommen und damit zusammenhngende andere Besteuerungsgrundlagen gegenÅber dem Organtrger und der Organgesellschaft gesondert und einheitlich festgestellt. Diese Feststellung gilt nach § 14

16.100

1 Dies einrumend auch Kollruss, DStR 2007, 378, der ansonsten eine Durchleitung ablehnt. 2 Schaumburg/Buml, FR 2010, 1061 (1067). 3 FG Hamburg v. 26.8.2009 – 6 K 65/09, EFG 2010, 145. 4 So u.a. Schaumburg/Buml, FR 2010, 1061 (1067) mwN. 5 Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. 6 Instruktiv dazu OFD Koblenz v. 30.3.2012 – S 2296a - St 31 3, StEK EStG § 35 Nr. 13; vgl. im brigen DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313). 7 BFH v. 28.1.2004 – I R 84/03, BStBl. II 2004, 539 = GmbHR 2004, 979. 8 DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313).

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

Abs. 5 Satz 3 KStG nF auch fÅr die von der Organgesellschaft geleisteten Steuern,1 die auf die Steuer des Organtrgers anzurechnen sind.

16.101 Eine Bindungswirkung besteht auch fÅr „andere“ Bescheide, in denen sich die im Feststellungsbescheid i.S.d. § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG enthaltenen Besteuerungsgrundlagen auswirken, zB fÅr den Bescheid Åber die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos der Organgesellschaft hinsichtlich der Mehr-/MinderabfÅhrungen mit Verursachung in organschaftlicher Zeit.2 Ist der Organtrger eine natÅrliche Person oder eine Personengesellschaft, besteht die Bindungswirkung nach den Gesetzesmaterialien3 fÅr den an den Organtrger zu richtenden Einkommensteuer- bzw. Feststellungsbescheid.

16.102 FÅr die Gewerbesteuer gilt die Organgesellschaft als Betriebssttte des Organtrgers; eine gesonderte und einheitliche Feststellung ist entbehrlich, da § 35b GewStG MÇglichkeiten zur nderung in ausreichendem Umfang vorsieht.

VII. Praxishinweise/GestaltungsmÇglichkeiten 16.103 Die Personengesellschaft als Organtrger ermÇglicht die Kombination der Vorteile zweier ansonsten steuerlich weitgehend getrennter Sphren. Auf der einen Seite steht die transparente Besteuerung der Mitunternehmerschaft unter Einbeziehung der MÇglichkeit einer Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG auf die persÇnliche Einkommensteuer der Mitunternehmer. Auf der anderen Seite steht mit den konzern- bzw. unternehmenssteuerrechtlichen Vorteilen einer Gewinn- und VerlustÅbernahme im Organschaftsverhltnis – auch Åber mehrere Beteiligungsebenen – ua. die Gewerbesteueroptimierung im Vordergrund. Hier zeigt sich eine große Flexibilitt der ertragsteuerlichen Organschaft, die auch mittelbare GAV ermÇglicht.

16.104 Nicht zuletzt bietet auf Ebene der Organtrger-Personengesellschaft auch die sog. ThesaurierungsbegÅnstigung gem. § 34a EStG mit dem Sondertarifierungssatz von (nominal) 28,25 % erhebliche steuerliche OptimierungsmÇglichkeiten, die einen mÇglichen Rechtsformnachteil gegenÅber dem Thesaurierungssatz bei Kapitalgesellschaften zumindest annhernd auszugleichen hilft.4 Gerade in Kombination mit berlegungen zur vorweggenommenen Erbfolge ist dies fÅr große Personenunternehmen attraktiv, kann doch die Entnahme des sondertarifierten Gewinns fÅr Erbschaftsteuerzwecke ausnahmsweise ohne die grundstzlich fllige Nachsteuer von 25 % erfolgen.

1 2 3 4

ZB Kapitalertragsteuer. DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (313). Vgl. BegrÅndung des BT-Finanzausschusses, BT-Drucks. 17/11217, 10. AusfÅhrlich dazu Fechner/Buml, DB 2008, 1652; FR 2010, 744.

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C. Die Personengesellschaft als Organtrger einer umsatzsteuerlichen Organschaft

Die Anforderungen an die Personengesellschaft als Organtrger sind jedoch zahl- und detailreich. Insofern ist insbesondere die Entscheidung des BFH vom 24.7.2013 zum Zeitpunkt des Vorliegens einer erstmaligen originren gewerblichen Ttigkeit von praktischer Relevanz, verschafft sie doch der Unternehmens- und Gestaltungspraxis einen zeitlichen Puffer zur Schaffung der entsprechenden Voraussetzungen bis zum Zeitpunkt der tatschlichen GewinnabfÅhrung. BezÅglich Qualitt und Mindestumfang der eigengewerblichen Ttigkeit einer Organtrger-Personengesellschaft wird man in der Unternehmenspraxis immer Wert auf eine valide Umsetzung legen mÅssen, fÅhrt doch eine steuerliche Nichtanerkennung der Organschaft insbesondere in den ersten fÅnf Jahren zu teilweise drastischen Folgen. Hier wre eine Konkretisierung der Verwaltungsauffassung zur „nicht nur geringfÅgigen“ Ttigkeit anhand quantitativer Kriterien wÅnschenswert.

16.105

Auch nach den Entscheidungen des BFH vom 22.9.2011 zur Frage der Gewerbesteueranrechnung gem. § 35 EStG unter Einbeziehung der der Kapital-Organgesellschaft nachgeordneten Mitunternehmerschaften ist ein einheitlicher Meinungsstand noch nicht gesichert. Die berechtigte Kritik kann man sich im Rahmen von BetriebsprÅfungen bzw. Rechtsbehelfen zu Nutze machen.

16.106

C. Die Personengesellschaft als Organtrger einer umsatzsteuerlichen Organschaft I. berblick Åber die rechtsformspezifischen Besonderheiten Eine umsatzsteuerliche Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG liegt vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist. Es ist nicht erforderlich, dass alle drei Eingliederungsmerkmale gleichermaßen ausgeprgt sind. Eine Organschaft kann deshalb auch gegeben sein, wenn die Eingliederung auf einem dieser drei Gebiete nicht vollstndig, dafÅr aber auf den anderen Gebieten umso eindeutiger ist, so dass sich die Eingliederung aus dem Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse ergibt.1

16.107

Ist aus umsatzsteuerlicher Sicht eine Organschaft gegeben, sind die untergeordneten juristischen Personen (Organgesellschaften) als unselbstndig anzusehen; umsatzsteuerlicher Unternehmer ist allein das OrgantrgerPersonenunternehmen.

16.108

1 A 2.8 Abs. 1 UStAE; vgl. auch BFH v. 23.4.1964 – V 184/61 U, BStBl. III 1964, 346; v. 22.6.1967 – V R 89/66, BStBl. III 1967, 715.

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Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

16.109 Als Organgesellschaften kommen regelmßig nur juristische Personen des Zivil- und Handelsrechts in Betracht.1 Dies ist nicht unumstritten, auch wenn der Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG diesbezÅglich eindeutig erscheint. Die Frage, ob auch Personengesellschaften taugliche Organgesellschaften sein kÇnnen, hat der BFH dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.2

16.110 Organtrgerunternehmen kann hingegen jedes beliebige Unternehmen sein,3 mithin auch ein Personenunternehmen. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass die Unternehmereigenschaft des Organtrgerunternehmens im umsatzsteuerlichen Sinne bejaht werden kann.

16.111 In Zusammenhang mit GmbH & Co. KGs gibt es einige Besonderheiten in Bezug auf deren Stellung als taugliche Organgesellschaft zu beachten. So kann eine GmbH, die an einer KG als persÇnlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, grundstzlich nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen dieser KG eingegliedert sein.4 Dies gilt auch in den Fllen, in denen die Åbrigen Kommanditisten der KG smtliche Gesellschaftsanteile der GmbH halten.5 Bei der sog. Einheits-GmbH & Co. KG (100 %ige unmittelbare Beteiligung der KG an der GmbH) kann die GmbH jedoch als Organgesellschaft in die KG eingegliedert sein, da die KG auf Grund ihrer Gesellschafterstellung sicherstellen kann, dass ihr Wille auch in der GmbH durchgesetzt wird.

II. Finanzielle Eingliederung in Zusammenhang mit Personengesellschaften 16.112 Mit Blick auf das Kriterium der finanziellen Eingliederung ist festzuhalten, dass diese eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung der Organtrger-Personengesellschaft an der Organgesellschaft voraussetzt.

16.113 Werden die Anteile zweier Kapitalgesellschaften ausschließlich von natÅrlichen Personen, die nicht Unternehmer sind, gehalten, ist eine Organschaft zwischen den beiden Kapitalgesellschaften nicht mÇglich.6

1 Vgl. BFH v. 20.12.1973 – V R 87/70, BStBl. II 1974, 311. 2 Vgl. VorlagebeschlÅsse des BFH an den EuGH: BFH v. 5.3.2014 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417 = UR 2014, 313 und BFH v. 11.12.2013 – XI R 38/12, BStBl. II 2014, 428 = UR 2014, 323; vgl. hierzu auch BMF, Schr. v. 5.5.2014 – IV D 2 - S 7105/11/10001, IV D 2 - S 7105/13/10003 – DOK 2014/0394588, BStBl. I 2014, 820 = UR 2014, 497. 3 A 2.8 Abs. 2 UStAE. 4 A 2.8 Abs. 2 UStAE; BFH v. 14.12.1978 – V R 85/74, BStBl. II 1979, 288. 5 A 2.8 Abs. 2 UStAE; BFH v. 19.5.2005 – V R 31/03, BStBl. II 2005, 671 = UR 2005, 496. 6 BFH v. 18.12.1996 – XI R 25/94, BStBl. II 1997, 441 = GmbHR 1997, 668.

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C. Die Personengesellschaft als Organtrger einer umsatzsteuerlichen Organschaft

Das Gleiche gilt aufgrund einer nderung der Rechtsprechung des BFH auch fÅr die Eingliederung in eine Personengesellschaft.1 Danach reicht es fÅr die finanzielle Eingliederung – entgegen der frÅheren Rechtsprechung2 – nicht aus, wenn eine Organtrger-Personengesellschaft nicht selbst an der Organgesellschaft beteiligt ist, sondern nur ein oder mehrere Gesellschafter.3 In diesem Fall ist keine der beiden Gesellschaften in das GefÅge des anderen Unternehmens eingeordnet, sondern es handelt sich vielmehr um gleich geordnete Schwestergesellschaften.

Mit dem zur Betriebsaufspaltung ergangenen Urteil vom 1.12.2010 hat der BFH4 entschieden, dass fÅr eine finanzielle Eingliederung auch nicht ausreichend sein soll, wenn an der Besitz- und der Betriebsgesellschaft ein einziger Gesellschafter jeweils mehrheitlich beteiligt ist. Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligung eines Gesellschafters an einer Kapitalgesellschaft ertragsteuerlich zu dessen SonderbetriebsvermÇgen bei der Organtrger-Personengesellschaft gehÇrt. Das Fehlen einer eigenen unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung der Gesellschaft kann auch nicht durch einen Beherrschungsvertrag und GewinnabfÅhrungsvertrag ersetzt 1 BFH v. 22.4.2010 – V R 9/09, BStBl. II 2011, 597 = UR 2010, 579; v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600 = GmbHR 2011, 494. 2 BFH v. 14.2.2008 – V R 12/06, BFH/NV 2008, 1365 – Fortgeltung der MehrmÅtterorganschaft bei der Umsatzsteuer. 3 A 2.8. Abs. 5 UStAE; vgl. auch BFH v. 2.8.1979 – V R 111/77, BStBl. II 1980, 20 = UR 1980, 50; v. 22.4.2010 – V R 9/09, BStBl. II 2011, 597 = GmbHR 2010, 823; v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600 = GmbHR 2011, 494; besttigt durch BFH v. 1.9.2010 – XI B 6/10, BFH/NV 2010, 2140; v. 6.5.2010 – V R 24/09, BFH/NV 2011, 76 und BFH v. 10.6.2010 – V R 62/09, UR 2010, 907 = BFH/NV 2011, 79. 4 BFH v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600 = GmbHR 2011, 494.

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16.114

Kapitel 16 Sonderfragen der Personengesellschaft als Organtrger

werden. Die Organtrger-Personengesellschaft selber muss unmittelbar oder mittelbar an der Organgesellschaft beteiligt sein. Die Finanzverwaltung wendet diese Rechtsprechung in allen offenen Fllen an.1 Auf Åbereinstimmenden Antrag aller am vermeintlichen Organkreis beteiligten Unternehmen kann die „alte Rechtslage“ bis zum 31.12.2011 weiter angewendet werden.

III. Wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung 16.115 Die wirtschaftliche Eingliederung setzt voraus, dass sich die OrgantrgerPersonengesellschaft und die Organgesellschaft in betriebswirtschaftlich sinnvoller Weise ergnzen.2 Dies bedeutet konkret, dass die Organgesellschaft nach dem Willen des Unternehmers im Rahmen des Gesamtunternehmens, und zwar in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesem, wirtschaftlich ttig ist und somit die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft dem unternehmerischen Bereich des Anteilseigners zugeordnet werden kann.3

16.116 Bei einer Betriebsaufspaltung in eine Besitz-Personengesellschaft und eine Betriebs-Kapitalgesellschaft und der Verpachtung des BetriebsvermÇgens von der Besitzgesellschaft an die Betriebsgesellschaft liegt im Allgemeinen eine wirtschaftliche Eingliederung der Kapitalgesellschaft in die Personengesellschaft vor, da die Kapitalgesellschaft in einem Abhngigkeitsverhltnis zum Besitzunternehmen steht.4 Auch wenn bei einer Betriebsaufspaltung nur das BetriebsgrundstÅck ohne andere Anlagegegenstnde verpachtet wird, kann eine wirtschaftliche Eingliederung vorliegen.5

16.117 Die organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft in eine Organtrger-Personengesellschaft setzt voraus, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene MÇglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft durch die Mutter-Personengesellschaft in der laufenden GeschftsfÅhrung tatschlich wahrgenommen wird.6 Bei Vorliegen eines fÇrmlichen Beherrschungsvertrages zwischen Organtrger-Personengesellschaft und Organgesellschaft geht die Finanzverwaltung regelmßig von der or-

1 BMF v. 5.7.2011 – IV D 2 – S 7105/10/10001 – DOK 2011/0518308, BStBl. I 2011, 703 = UR 2011, 681. 2 A 2.8 Abs. 6 bis 6c UStAE. 3 A 2.8 Abs. 6 UStAE; BFH v. 22.6.1967 – V R 89/66, BStBl. III 1967, 715. 4 A 2.8 Abs. 6b UStAE; vgl. BFH v. 28.1.1965 – V 126/62 U, BStBl. III 1965, 243; v. 17.11.1966 – V 113/65, BStBl. III 1967, 103. 5 A 2.8 Abs. 6b UStAE; BFH v. 9.9.1993 – V R 124/89, BStBl. II 1994, 129 = UR 1994, 195. 6 A 2.8 Abs. 7 UStAE; BFH v. 28.1.1999 – V R 32/98, BStBl. II 1999, 258 = UR 1999, 251.

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D. Ausblick

ganisatorischen Eingliederung aus.1 Hier gibt es keine weiteren rechtsformspezifischen Besonderheiten bei der Organtrger-Personengesellschaft zu beachten.

D. Ausblick Aufgrund der ertrags- und erbschaftsteuerlichen Vorteile einer Organschaft mit einer Personengesellschaft als Organtrger an der Spitze, die insbesondere in familiengefÅhrten Unternehmensgruppen gegenÅber den rein kapitalistisch ausgestalteten Organschaften zum Tragen kommen, werden Organtrger-Personengesellschaften sicherlich auch in Zukunft ihre Daseinsberechtigung haben.

16.118

WÅrde allerdings das Modell der Organschaftsbesteuerung in Deutschland grundlegend reformiert, zB durch EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, wird – wie bereits in der Vergangenheit – die Frage aufkommen, welche Rolle Personengesellschaften im Kontext des Konzernsteuerrechts spielen sollen. Dabei sollte nicht Åbersehen werden, dass im Unterschied zu zahlreichen anderen europischen Lndern die Personengesellschaft in Deutschland eine erhebliche Verbreitung in der „Rechtsformlandschaft“ vorweisen kann. Nicht zuletzt nutzen auch bÇrsennotierte Konzerne Personengesellschaften als flexible Vehikel innerhalb der Beteiligungsstruktur, sei es als Zwischenholdings oder im Zuge von Umwandlungsmaßnahmen. Eine Gruppenbesteuerung ohne die MÇglichkeit, Personengesellschaften als Spitzeneinheit vorzusehen, wÅrde dies ignorieren. Die damit mÇglicherweise verbundene Komplikation eines solchen Systems sollte in Kauf genommen werden.

16.119

Die Voraussetzungen sowie die steuerliche Behandlung der Personengesellschaft als Organtrger ist in den letzten Jahren zunehmend Gegenstand der hÇchstrichterlichen Rechtsprechung geworden. Diese hat einige wesentliche Rechtsfragen einer LÇsung zugefÅhrt und damit Rechtssicherheit fÅr die Anwendungspraxis geschaffen.

16.120

Die sog. Kleine Organschaftsreform wiederum hat im Zuge der Neuregelungen einige bedeutsame Zweifelsfragen aufgeworfen, nicht zuletzt in Zusammenhang mit der Auslegung der Stze 4–7 im Rahmen des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG. Hier sind also auch kÅnftig noch Klarstellungen seitens der Finanzverwaltung sowie der Rechtsprechung zu erwarten. Die dabei aufgeworfenen Fragen sind nicht notwendig organschaftsspezifisch, geht es doch insbesondere auch um die Definition des Betriebsstttenbegriffs und dessen Abgrenzung im nationalen Kontext vs. Abkommensrecht. Je nach Verlauf der weiteren Diskussionen wird man die spezifischen Reflexwirkungen auf Organtrger-Personengesellschaften beobachten mÅssen.

16.121

1 A 2.8 Abs. 8 UStAE.

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Kapitel 17 Holding als Organtrger Literatur Benecke/Schnitger, Wichtige nderungen bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft durch das UntStG 2013, IStR 2013, 143; DÇtsch/Pung, Organtrger-Personengesellschaft mit auslndischen Gesellschaftern: Zur Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG, DB 2014, 1215; Eggers, Umsatzsteuerliche Behandlung von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen und Holdinggesellschaften, Wpg 2007, 616; Eggers/Ahrens, Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften: Sphrentheorie reloaded?, DB 2013, 2528; Eggers/Korf, Umsatzsteuerrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Halten von Beteiligungen, DB 2007, 361; Everling, KonzernfÅhrung durch eine Holdinggesellschaft, DB 1981, 2549; KrÇner, KÇrperschaftsteuererklrung 2013 – Organschaft, verdeckte GewinnausschÅttung und Verlustausgleich im Fokus, NWB 2014, 1186; RÇdder/SchÇnfeld, Abschied (auslandsbeherrschter) inlndischer Kapitalgesellschaften von der deutschen Ertragsteuerpflicht?, DStR 2011, 886; Schirmer, Holding als Organtrger nach der Organschaftsreform – Bedeutet die Zuordnung zur inlndischen Betriebssttte nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG das „Aus“?, GmbHR 2013, 797; Schirmer, Neue Probleme durch das Zuordnungsmerkmal bei der Organschaft nach der Organschaftsreform, StBp 2013, 245.

A. Begriff der Holding I. Holding als Organisationsstruktur 17.1 Beim Begriff der „Holding“ handelt es sich weder um einen gesetzlich definierten, noch um einen in der juristischen Literatur eingefÅhrten, einheitlich gebrauchten Begriff.1 Letztlich beschreibt der Holdingbegriff eine Organisationsstruktur und keine Rechtsform. Geht man von dem englisch-sprachigen Begriffskern aus, kann man daraus ableiten, dass der betriebliche Hauptzweck im Halten einer auf Dauer angelegten Beteiligung an einem anderen oder mehreren anderen rechtlich selbstndigen Unternehmen liegen kÇnnte.2 Der steuerliche Gesetzgeber hat lediglich einmal auf die Holding Bezug genommen, und zwar in § 8a Abs. 4 KStG in der Fassung vor 2007, ohne jedoch den Begriff weiter zu definieren.

17.2 Die Rechtsform der Holding ist von untergeordneter Bedeutung; HoldingUnternehmen kann sowohl eine natÅrliche als auch eine Personengesellschaft oder eine juristische Person sein. Nimmt man eine funktionale Differenzierung vor, sind im Wesentlichen vier Ausprgungen zu unterscheiden: 1 Lutter in Lutter/Bayer, Holding-Handbuch5, Rz. 1.11 mwN. 2 Lutter in Lutter/Bayer, Holding-Handbuch5, Rz. 1.13.

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A. Begriff der Holding

II. Ausprgungen der Holdingfunktion 1. Der Stammhaus-Konzern Im Gegensatz zu den sog. Einheitsunternehmen hlt der StammhausKonzern auch Beteiligungen an anderen Unternehmen und Tochtergesellschaften. Gleichzeitig nimmt die an der Spitze stehende konzernleitende Einheit selbst alle fÅr die Erstellung der Unternehmensleistungen wichtigen Funktionen einschließlich des operativen Geschfts wahr,1 dh. sie tritt selbst im breiten Umfang unternehmerisch am Markt auf.2 Der Erwerb und die GrÅndung von Tochtergesellschaften hat im StammhausKonzern also lediglich eine ergnzende und unterstÅtzende Funktion fÅr die Entfaltung der unternehmerischen Ttigkeit der leitenden Einheit, insbesondere fÅr unternehmerische Ttigkeiten im Ausland.3 Dementsprechend unterscheiden sich die Tochterunternehmen im typischen Stammhaus-Konzern lediglich durch ihre juristische Selbstndigkeit von unselbstndigen Betriebsabteilungen.4

17.3

2. Geschftsleitende Holding Dieser Typus der Holding wird auch Management-Holding oder FÅhrungsHolding genannt.5 Der wesentliche Unterschied zum Stammhaus-Konzern besteht bei der geschftsleitenden Holding darin, dass sie kein eigenes operatives Geschft betreibt. Durchaus typisch ist, dass sie interne Dienstleistungen fÅr die Gruppe erbringt, wie zB Recht, Steuern und EDV. Letztlich verfÅgt sie, da sie keine eigene Dienstleistung am Markt anbietet, mit Ausnahme zum Finanz- und Personalmarkt Åber keine Beziehungen zu Absatz- und Beschaffungsmrkten. Mithin ist das prgende Merkmal der geschftsleitenden Holding, dass sie das operative Geschft fast ausschließlich den Tochterunternehmen Åberlsst und sich auf die Aufgabe der strategischen Steuerung der FÅhrungspositionen und des Kapitalflusses innerhalb der Gruppe sowie auf die Konzernkoordination beschrnkt.6 Im Gegensatz zu einer reinen Finanz- bzw. VermÇgensholding beschrnkt sich die geschftsleitende Holding allerdings nicht nur auf das Halten der Beteiligung an den Tochterunternehmen, sondern sie fÅhrt diese auch. Dementsprechend erstreckt sich die Leitungsverantwortung des Holdingvorstandes nach § 76 Abs. 1 AktG auch auf die Leitung der Tochtergesellschaften.7

1 2 3 4 5 6 7

Scheffler, Konzernmanagement2, 51. Everling, DB 1981, 2549. Lutter in Lutter/Bayer, Holding-Handbuch5, Rz. 1.15. Everling, DB 1981, 2549. Lutter in Lutter/Bayer, Holding-Handbuch5, Rz. 1.16. Scheffler, Konzernmanagement2, 51; BÅhner, Management Holding2, 145 ff. Lutter in Lutter/Bayer, Holding-Handbuch5, Rz. 1.17.

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17.4

Kapitel 17 Holding als Organtrger

3. Finanzholding

17.5 Die Finanzholding Åbt selbst keine FÅhrungsfunktionen in ihren Tochtergesellschaften aus, sondern beschrnkt sich auf die mit ihren Beteiligungen verbundenen Finanzierungs- und Verwaltungsaufgaben. Dabei schließt die Verwaltung von Beteiligungen eine Aufsicht Åber das Handeln der Unternehmen ein und kann daher auch eine Beratung mit deren Vorstnden erfordern. Nach diesem Verstndnis sind Aufsicht und Beratung aber noch keine FÅhrung. Damit hnelt die Finanz-Holding in ihrer Ausgestaltung einer reinen VermÇgensverwaltung i.S.d. § 11 Abs. 5 Satz 2 PublG.1 4. Gemischte Holding

17.6 Daneben kann es Mischformen der bereits genannten Holdingformen geben, wie beispielsweise eine Holding, die weitgehend einer geschftsleitenden Holding entspricht, daneben aber wie ein Stammhaus-Konzern eine eigene – wenn auch untergeordnete – unternehmerische Ttigkeit entfaltet.2

B. Holding als ertragsteuerlicher Organtrger I. Sog. Kleine Organschaftsreform 1. EinfÅgung der Stze 4 bis 7 in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG

17.7 Mit dem Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.20133 wurden ua. diverse gesetzliche nderungen im Bereich der Organschaft vorgenommen (sog. Kleine Organschaftsreform). FÅr Holdingstrukturen sind insbesondere die EinfÅhrung der Stze 4 bis 7 in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG sowie die Streichung des § 18 KStG von Bedeutung. Mit diesen nderungen hat der Gesetzgeber die Organtrgerstellung von der Voraussetzung eines inlndischen Sitzes bzw. einer inlndischen Geschftsleitung gelÇst und knÅpft nunmehr an eine inlndische Betriebssttte an. Damit kÇnnen auch Auslandsgesellschaften mit einer inlndischen Betriebssttte taugliche Organtrger sein.

17.8 Gemß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG muss die Beteiligung an der Organgesellschaft ununterbrochen whrend der gesamten Dauer der Organschaft einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers i.S.v. § 12 AO zuzuordnen sein. Nach Satz 5 gilt dies sinngemß auch bei mittelbaren Beteiligungen. Nach Satz 7 liegt eine inlndische Betriebssttte im

1 Lutter in Lutter/Bayer Holding-Handbuch5, Rz. 1.22. 2 Lutter in Lutter/Bayer Holding-Handbuch5, Rz. 1.21. 3 BGBl. I 2013, 285.

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B. Holding als ertragsteuerlicher Organtrger

Sinne dieser Vorschrift aber nur dann vor, wenn die dieser Betriebssttte zuzurechnenden EinkÅnfte sowohl nach innerstaatlichem Steuerrecht als auch nach einem anzuwendenden DBA der inlndischen Besteuerung unterliegen. 2. Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4-7 KStG Die gesetzliche Neuregelung soll sicherstellen, dass das dem Organtrger zugerechnete Einkommen einer Organgesellschaft auch der inlndischen Besteuerung unterliegt. Die Notwendigkeit der Absicherung des deutschen Besteuerungsrechts hat sich nach VerÇffentlichung des zur Gewerbesteuer ergangenen BFH-Urteils v. 9.2.20111 ergeben, in dem der BFH auf der Grundlage des Art. 20 Abs. 4 und 5 DBA-GB eine grenzÅberschreitende „Wegrechnung“ des inlndischen Organeinkommens zur auslndischen Muttergesellschaft bejahte, obwohl dem auslndischen Staat insoweit kein Besteuerungsrecht zustand. Das Ergebnis waren sog. weiße EinkÅnfte.2

17.9

Zum besseren Verstndnis der Norm ist es notwendig, die einzelnen Stze nach Tatbestands- und Rechtsfolgenebene zu unterscheiden. Die Stze 4 und 5 betreffen mit der Zuordnung der Beteiligung zur Betriebssttte die Tatbestandsebene. Auch der Satz 7 betrifft die Tatbestandsebene, bezieht sich aber inhaltlich auf Satz 6, der die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zur inlndischen Betriebssttte des Organtrgers als Rechtsfolge regelt. Insoweit fÅhrt dies, wie Frotscher3 zutreffend ausfÅhrt, zu einem Zirkelschluss. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen des Satzes 7 sind erst vollstndig definiert, wenn die Rechtsfolge feststeht, die sich aus den Tatbestandsvoraussetzungen ergibt. Entsprechend muss Satz 7 so verstanden werden, dass die der Betriebssttte zuzurechnenden EinkÅnfte der inlndischen Besteuerung unterliegen wÅrden, falls die Rechtsfolge des Satzes 6 eintrte.4

17.10

Des Weiteren ist grundstzlich zwischen den Tatbestandsvoraussetzungen der Stze 4 und 5 einerseits und des Satzes 7 andererseits zu unterscheiden. Orientiert sich man sich an dem Wortlaut des Satzes 4 des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG, wird hier auf den nationalen Betriebsstttenbegriff in § 12 AO abgestellt. Satz 7 der Vorschrift nimmt dagegen auf den DBA-rechtlichen Betriebsstttenbegriff Bezug. Dieser macht die Zuordnung von Beteiligungen zu einer Betriebssttte von einer funktionalen Verbindung zwischen Betriebssttte und Beteiligung abhngig.

17.11

1 BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106 = FR 2011, 584 m. Anm. Buciek = BB 2011, 853. 2 RÇdder/SchÇnfeld, DStR 2011, 886. 3 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141x. 4 So auch DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215.

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Kapitel 17 Holding als Organtrger

II. Auswirkungen auf Holdingstrukturen 1. Problemstellung

17.12 § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4 bis 7 KStG zielen zunchst auf auslndische Holdinggesellschaften, die als Folge der kleinen Organschaftsreform zustzlich als Organtrger in Betracht kommen. Aber auch bestehende Organschaften sind gegebenenfalls betroffen. Insbesondere Organschaften, an deren Spitze eine inlndische Organtrger-Personengesellschaft mit auslndischen Gesellschaftern steht, mÅssen daraufhin ÅberprÅft werden, ob sie angesichts der nderung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG ab dem VZ 2012 die Organschaftsvoraussetzungen weiterhin erfÅllen. Bis zum VZ 2011 machte die Anerkennung der Organschaft hier keine Probleme, sofern der Organtrger eine gewerbliche Ttigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausÅbte und die Organbeteiligung zum GesamthandvermÇgen gehÇrte. Aufgrund der AnknÅpfung in Satz 7 an den DBA-rechtlichen Betriebsstttenbegriff kÇnnte die Organschaft aber nunmehr an einer fehlenden tatschlichen funktionalen ZugehÇrigkeit der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte der OrgantrgerPersonengesellschaft scheitern (s. Rz. 17.21 ff. und Rz. 27.55 ff.).

17.13 DarÅber hinaus wird diskutiert, ob sich auch bei inlndischen Organtrger-Personengesellschaften mit inlndischen Gesellschaftern oder sogar bei inlndischen Holdingkapitalgesellschaften die Anforderungen an die Organschaft wegen des DBA-rechtlichen Betriebsstttenbegriffs in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG verschrft haben. In diesem Zusammenhang ist insbesondere umstritten, ob die Zuordnungsregelungen in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4 bis 7 KStG fÅr in- und auslndische Organtrger einheitlich auszulegen sind1 oder ob zwischen in- und auslndischen Organtrgern differenziert werden muss.2 2. Nationaler Betriebsstttenbegriff

17.14 Aus reiner Inlandsperspektive besteht eine Betriebssttte, wenn die feste Geschftseinrichtung, auf die § 12 AO abstellt, im Inland gelegen ist. Bei einem Organtrger mit inlndischer Geschftsleitung liegt stets eine inlndische Betriebssttte vor.

17.15 Bei einer am Wortlaut orientierten Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG ist die Frage, wann eine Organbeteiligung einer solchen inlndischen Betriebssttte zuzuordnen ist, ebenfalls nach nationalem Recht zu beurteilen. Danach kÇnnen einer Betriebssttte Beteiligungen bereits dann zugeordnet werden, wenn sie zum notwendigen oder zum gewillkÅrten BetriebsvermÇgen gehÇren.3 Die Bezugnahme auf die Zuord-

1 Schirmer, GmbHR 2013, 797 f. 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 106b. 3 DÇtsch in DÇsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 106e.

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B. Holding als ertragsteuerlicher Organtrger

nung der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers stellt nach Frotscher1 eine inhaltliche Verbindung zu der Organschaftsvoraussetzung der finanziellen Eingliederung her. 3. Funktionaler Zusammenhang zwischen Betriebssttte und Organbeteiligung Auf den funktionalen Zusammenhang zwischen Betriebssttte und der ihr zugeordneten Beteiligung muss erst in einem zweiten Schritt eingegangen werden, nmlich bei der Frage, ob die EinkÅnfte aus der Organbeteiligung auch nach DBA-Recht der inlndischen Betriebssttte zuzurechnen sind. Nach Ansicht von DÇtsch2 hat diese in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG angesprochene Zuordnung nur bei grenzÅberschreitenden Organschaften mit einem auslndischen Organtrger sowie bei inlndischen Organtrger-Personengesellschaften mit auslndischen Gesellschaftern Relevanz.

17.16

Geht man allerdings wie Schirmer3 davon aus, dass die Zuordnungsregelung fÅr inlndische und auslndische Organtrger nur einheitlich ausgelegt werden kann, wird man auch in den Åbrigen Fllen die einschlgige BFH-Rechtsprechung4 zu DBA-Betriebssttten zu beachten haben. Danach wre die Zuordnung von Beteiligungen zu einer Betriebssttte in smtlichen Holding-Konstellationen von einer funktionalen Verbindung zwischen Betriebssttte und Beteiligung abhngig. Alleine das Halten einer Beteiligung wre nicht ausreichend, sondern die Organgesellschaft mÅsste eine Funktion fÅr die Betriebssttte ausÅben, sie zumindest fÇrdern oder ergnzen.5 Es wird insofern Bezug auf die Rechtsprechung des BFH zur wirtschaftlichen Eingliederung6 genommen und die These aufgestellt, dass durch die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG die durch das Steuersenkungsgesetz v. 23.10.20007 abgeschaffte Voraussetzung einer wirtschaftliche Eingliederung in einer verschrften Form der DBA-Interpretation wiederauflebt. 4. Merkmal der wirtschaftlichen Eingliederung reloaded? In der Konsequenz hieße dies, dass § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG ein RÅckfall auf die Rechtslage vor dem Jahr 2000 bedeuten wÅrde. ber die nach § 14 Nr. 2 KStG 2000 erforderliche wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaft in den Organtrger hinaus bedÅrfte es noch einer 1 2 3 4

Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141e. DÇtsch in DÇtsch/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 106m. Schirmer, GmbHR 2013, 797. BFH v. 19.12.2007 – I R 66/06, BStBl. II 2008, 510 = FR 2008, 724 m. Anm. Lohmann/Rengier = GmbHR 2008, 447. 5 Schirmer, StBp 2013, 245 (246). 6 BFH v. 22.4.1998 – I R 132/97, FR 1998, 961 = GmbHR 1998, 1050. 7 BGBl. I 2000, 1433.

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17.17

Kapitel 17 Holding als Organtrger

wirtschaftlichen Zweckabhngigkeit, dh. das beherrschte Unternehmen muss den gewerblichen Zwecken des herrschenden Unternehmens dienen.1 Diese Interpretation htte insofern erhebliche Folgen fÅr HoldingKonstruktionen, als vermÇgensverwaltende Kapitalgesellschaften nicht von der Rechtsprechung als Organtrger anerkannt wurden.2 Eine rein vermÇgensverwaltende Holding konnte daher von vorneherein keine Organtrgerin sein; erforderlich war vielmehr, dass die Holding die einheitliche Leitung Åber mehrere Kapitalgesellschaften in einer durch ußere Merkmale erkennbaren Form ausÅbte.3 Auch die Eingliederung nur einer Untergesellschaft in die Holding reichte nicht aus, um die geschftsleitende Ttigkeit als gewerbliche Ttigkeit zu qualifizieren.4

17.18 In einer „Erst-Recht“-Schlussfolgerung behauptet Schirmer,5 dass eine reine Holding oder geschftsleitende Holding, die das alte Merkmal der wirtschaftlichen Eingliederung nicht erfÅlle, auch das neue Merkmal der Zuordnung zu einer inlndischen Betriebssttte nicht erfÅllen kÇnne. Dieses Merkmal mÅsse vor dem Hintergrund der BFH-Rechtsprechung zu Zuordnung von Dividendenertrgen zum DBA-Betriebsstttenergebnis gesehen werden. Der BFH stelle in diesem Urteil eindeutig darauf ab, dass die Beteiligung eine tatschliche funktionale Bedeutung fÅr die in der Betriebssttte ausgeÅbte Ttigkeit haben mÅsse.6 Schirmer Åbertrgt diese Sichtweise auf die Zuordnungsregel des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 und 7 KStG und schließt daraus, dass eine Holding ohne eigenes operatives Geschft zwar durch den Gruppenmitgliedern berechnete Verwaltungsttigkeit die Gewerblichkeitsvoraussetzung erfÅllen kÇnne, der Einkommenstransfer der Untergesellschaften an die Obergesellschaften aber keinen Nebenertrag zu einem Hauptertrag darstelle.

17.19 Dementsprechend soll die Zuordnung einer Beteiligung zur inlndischen Betriebssttte selbst bei einem Mischkonzern mit eigener operativer Ttigkeit zweifelhaft sein, sofern die Untergesellschaften in einem vÇllig anderen Geschftsfeld ttig sind. BegrÅndet wird dies damit, dass die GewinnabfÅhrung durch die ureigenen Ttigkeiten der Untergesellschaften veranlasst sei und nicht aus dem Eingriff der Holding in den tatschlichen wirtschaftlichen Geschftsablauf herrÅhre. Letztlich zieht Schirmer daraus die Schlussfolgerung, dass eine Organschaft in Holding-Konstruktionen nur noch dann mÇglich sei, wenn die Holding zustzlich zu den Leistungs- und Koordinations- sowie Strategiefunktionen eine eigene wirt1 Abschn. 48 Abs. 1 Satz 4 KStR 1995. 2 BFH v. 26.4.1989 – I R 152/84, BStBl. II 1989, 668 = FR 1989, 601; v. 13.9.1989 – I R 110/88, BStBl. II 1990, 24 = FR 1990, 193; Abschn. 50 Abs. 1 Satz 67 KStR 1995. 3 BFH v. 17.12.1969 – I 252/64, BStBl. II 1970, 257; v. 15.4.1970 – I R 122/66, BStBl. II 1970, 554; Abschn. 50 Abs. 2 Nr. 2 KStR 1995. 4 BFH v. 13.9.1989 – I R 110/88, BStBl. II 1990, 24 = FR 1990, 193; Abschn. 50 Abs. 2 Nr. 3 KStR 1995. 5 Schirmer, GmbHR 2013, 797 (799). 6 BFH v. 22.4.1998 – I R 132/97, FR 1998, 961 = GmbHR 1998, 1050.

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B. Holding als ertragsteuerlicher Organtrger

schaftliche Ttigkeit mit Außenwirkung gegenÅber Nichtgruppenmitgliedern ausÅbe. Auch wenn diese Interpretation der Neuregelung nachvollziehbar ist, widerspricht sie dem Telos der Norm. Eine „Nichtzuordnung“ von Beteiligungen zB bei ausschließlich vermÇgensverwaltenden Holdinggesellschaften kann es vor dem Hintergrund des Betriebsstttenbegriffs des § 12 Satz 2 Nr. 1 AO nicht geben.1 Selbst die Finanzverwaltung geht von einer „Zentralfunktion des Stammhauses“ aus,2 wonach eine Beteiligung, die als „ungebundenes VermÇgen“ keiner Betriebssttte eindeutig zuzuordnen ist, letztlich dem Stammhaus zugeordnet werden muss. Dementsprechend kann aus dem Merkmal der Zuordnung zu einer inlndischen Betriebssttte nicht auf die allgemeine WiedereinfÅhrung der wirtschaftlichen Eingliederung als Merkmal bei kÇrperschaftsteuerlichen Organschaften geschlossen werden. Dies gilt in jedem Fall fÅr inlndische Holdingkapitalgesellschaften sowie fÅr inlndische Holding-Personengesellschaften mit inlndischen Gesellschaftern als Organtrger.

17.20

5. Organtrger-Personengesellschaft mit auslndischen Gesellschaftern a) Inlndische Betriebssttte FÅr Organtrger-Personengesellschaften mit auslndischen Gesellschaftern regelt dagegen § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG zwar nicht ausdrÅcklich, aber doch faktisch, dass die inlndische Betriebssttte des Organtrgers nicht nur eine solche im Sinne des nationalen Rechts (§ 12 AO), sondern auch eine solche im Sinne des jeweiligen DBA sein muss. Denn nur dann sind die durch die Kapitalbeteiligung vermittelten EinkÅnfte dieser zuzurechnen.3

17.21

Nach Verwaltungsauffassung ist zunchst darauf abzustellen, ob fÅr die EinkÅnfte aus der Beteiligung an der Organgesellschaft abstrakt nach den Grundstzen des Art. 10 OECD-MA bzw. des Art. 13 OECD-MA ein deutsches Besteuerungsrecht besteht.4 Entsprechend werden auslndische Gesellschafter einer Organtrger-Personengesellschaft wegen ihrer einkommensteuerlichen Transparenz wie unmittelbare Gesellschafter der Organgesellschaft behandelt.

17.22

Gemß Art. 10 Abs. 4 und Art. 13 Abs. 2 OECD-MA wird das Besteuerungsrecht des Ansssigkeitsstaats durch das des Betriebsstttenstaates (hier Deutschland) nur verdrngt, wenn die Organgesellschaft tatschlich 1 So auch Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, 81. 2 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 2.4; v. 11.11.11 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, S 1978 A – 43 - St 51 – DOK 2011/ 0903665, BStBl. I 2011, 1314 Tz. 03.20. 3 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216). 4 OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434 (435); dazu auch KrÇner, NWB 2014, 1186 (1189).

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Kapitel 17 Holding als Organtrger

zu einer inlndischen Betriebssttte i.S.d. Art. 5 OECD-MA gehÇrt. Zwingende Voraussetzung fÅr das Besteuerungsrecht des Betriebsstttenstaates ist somit die tatschliche funktionale Zuordnung der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers. Dies ergibt sich nach Ansicht von DÇtsch/Pung1 aus dem Umkehrschluss, dass Deutschland selbst dann kein Besteuerungsrecht an den EinkÅnften i.S.d. Art. 10 und Art. 13 OECD-MA hat, wenn die nicht im Inland ansssigen Gesellschafter keine „konkurrierende Betriebssttte“ im Ausland unterhalten.2

17.23 Positiv formuliert stellt sich damit die Frage, wann einer geschftsleitenden Holding-Personengesellschaft als Organtrger eine Organbeteiligung funktional zuzuordnen ist. Nach Art. 5 OECD-MA muss die Geschftsleitung der Holding Åber eine inlndische Betriebssttte verfÅgen, zu der die Beteiligung tatschlich gehÇrt. Grundvoraussetzung fÅr die Anerkennung der geschftsleitenden Holding in diesem Sinne ist, dass die Holding-Gesellschaft gewerblich ttig ist. Dies ist unstreitig der Fall, wenn sie zB als Servicecenter EDVDienstleistungen, BuchfÅhrungen und weitere Dienstleistungen entgeltlich jeweils wie bei fremden Dritten abrechnet bzw. gegenÅber einer oder mehrerer Konzerngesellschaften erbringt.3 Damit erfÅllt sie die Voraussetzungen fÅr die Organtrger-Eigenschaft als auch die Voraussetzung der inlndischen Betriebssttte i.S.d. Art. 5 OECD-MA. b) Funktionale Zuordnung der Organbeteiligung

17.24 Eine weitere Voraussetzung, die funktionale Zuordnung, erfordert darÅber hinaus, dass die gewerbliche Ttigkeit umfassend und von einigem Gewicht ist. Hier wird es auf den Einzelfall ankommen. Nach Ansicht von DÇtsch/Pung4 soll es bereits ausreichend sein, wenn eine Holding-Gesellschaft die umfassende Konzernleitung bzw. einzelne Konzernleitungsfunktionen gegenÅber mehreren Tochtergesellschaften Åbernimmt. Die AusÅbung der Geschftsleitung gegenÅber einer Tochtergesellschaft soll allerdings nicht ausreichen.

17.25 Nach Verwaltungsauffassung soll jedoch die Konzernleitungsfunktion alleine selbst dann nicht zur BegrÅndung der Organschaft ausreichen, wenn sie gegenÅber mehreren Konzerntochtergesellschaften ausgeÅbt wird.5 Steht die Organtrger-Eigenschaft der Holding-Personengesellschaft fest, soll darÅber hinaus noch zu prÅfen sein, ob der Organtrger auch zu dieser Gesellschaft entsprechende Liefer- und Leistungsbeziehungen unterhlt, 1 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216). 2 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216). 3 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 19. 4 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1217). 5 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216 Rz. 19; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 97.

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C. Holding als umsatzsteuerlicher Organtrger

weil das bloße Halten einer Organbeteiligung nicht ausreiche, um diese Beteiligung nach DBA-rechtlichen Grundstzen einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zuzuordnen.1 c) Fazit Zusammenfassend bedeutet dies, dass nach Verwaltungsauffassung einer Organtrger-Personengesellschaft trotz eigener gewerblicher Ttigkeit eine Organbeteiligung auch nach DBA-Grundstzen zuzuordnen sein muss. Entsprechend sind zwingende Voraussetzungen fÅr die Anerkennung der Organschaft einer Organtrger-Personengesellschaft mit auslndischen Anteilseignern, dass sie eine Geschftsbeziehung zu ihrer Tochtergesellschaft unterhlt. Eine Infektionswirkung auf andere im Organkreis befindliche Organgesellschaften soll davon allerdings nicht ausgehen.2

17.26

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Auslegung der Finanzverwaltung wohl zu einer Diskriminierung auslndischer Anteilseigner fÅhren wird und damit evident unionsrechtswidrig ist. Aufgrund der gravierenden Auswirkungen, nmlich der Versagung der Organtrgereigenschaft fÅr bestimmte Holdingkonstellationen, sind in diesen Fllen noch vorsorglich geeignete Maßnahmen zu ergreifen oder zumindest die Bescheide offen zu halten.

C. Holding als umsatzsteuerlicher Organtrger I. Problematik des Vorsteuerabzugs Hierin liegt zwar keine originre Frage der Organschaft sowie deren Anerkennung in Holding-Strukturen. Dennoch soll an dieser Stelle des Handbuchs darauf hingewiesen werden, dass selbst bei Vorliegen aller Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft der Vorsteuerabzug bei Holding-Gesellschaften nicht immer gegeben ist und daher einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf. In der BetriebsprÅfungspraxis ist der Vorsteuerabzug von Holding-Gesellschaften nach wie vor ein Dauerbrenner. AusgelÇst wurde die Frage, ob bei sog. gemischten Holdings ein Vorsteuerabzug mÇglich ist, durch die „Polysar-Entscheidung“ des EuGH.3 Die entsprechende Spruchpraxis des BFH4 hat die Polysar-Rechtsprechung darin besttigt, dass einer Holding1 DÇtsch/Pung, DB 2014 1215 (1217). 2 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1217). 3 EuGH v. 20.6.1991 – Rs. C-60/90 – Polysar, DB 1992, 123 = UR 1993, 119 m. Anm. Weiß. 4 Zuletzt BFH v. 9.2.2012 – V R 40/10, BStBl. II 2012, 844 = UR 2012, 394.

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17.27

Kapitel 17 Holding als Organtrger

Gesellschaft insoweit kein Vorsteuerabzug aus Gemeinkosten zusteht, als sie Beteiligungen hlt, an die sie keine Dienstleistung erbringt.

II. Sphrentheorie in der BetriebsprÅfungspraxis 17.28 In der BetriebsprÅfungspraxis werden immer mehr Stimmen laut, die fÅr die Frage, nach welchem SchlÅssel bei gemischten Holdings und sogar FÅhrungs-Holdings der Vorsteuerabzug vorzunehmen ist, an die eigentlich Åberholte Sphrentheorie1 anknÅpfen. Danach ist der Vorsteuerabzug bei Holding-Gesellschaften davon abhngig, fÅr welche Sphre die entsprechende Leistung erbracht worden ist. Diese Theorie besagt im Wesentlichen, dass jeder Unternehmer neben dem unternehmerischen Bereich auch einen nichtunternehmerischen Bereich haben kann. Die unternehmerische Sphre begrenzt den Bereich, innerhalb dessen der Steuerpflichtige besteuerte Umstze bewirkt. Die Verwendung von Eingangsumstzen im Bereich außerhalb der unternehmerischen Sphre schließe daher den Vorsteuerabzug aus.

17.29 In diese Richtung geht auch das BMF-Schreiben v. 26.1.2007,2 in dem die Finanzverwaltung zwischen Finanz-, FÅhrungs- und Funktions-Holdings sowie gemischten Holdings unterscheidet. Unternehmer im Sinne der Umsatzsteuer sollen nach Auffassung des BMF lediglich FÅhrungs- oder Funktions-Holding sein, die – im Gegensatz zu Finanz-Holdings – entgeltliche Dienstleistungen gegenÅber ihren Tochtergesellschaften ausfÅhren und aktiv in deren Tagesgeschft eingreifen.

17.30 Entsprechend sollen gemischte Holdings, die nur fÅr einen Teil ihrer Tochtergesellschaften gegen Entgelt geschftsleitend ttig werden und andere Beteiligungen lediglich halten und verwalten, sowohl einen unternehmerischen als auch einen nichtunternehmerischen Bereich haben.3 Danach ist der Vorsteuerabzug nicht zulssig, soweit Eingangsleistungen mit dem nichtunternehmerischen Bereich zusammenhngen. Entsprechend der EuGH-Rechtsprechung4 ist bei Allgemeinkosten eine differenzierte Vorsteueraufteilung vorzunehmen.

1 Vgl. dazu ua. GrÅnwald, DStR 2015, 1377. 2 BMF v. 26.1.2007 – IV A 5 - S 7300 - 10/07, BStBl. I 2007, 211 = UR 2007, 150 = DB 2007, 315. 3 Abschn. 2.3 Abs. 3 Satz 1-4 UStAE. 4 EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – Securenta, BStBl. II 2008, 727 = UR 2008, 344 m. Anm. Eggers = DB 2008, 739.

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C. Holding als umsatzsteuerlicher Organtrger

III. Merkmal der unternehmerischen Ttigkeit Unter Berufung auf die einschlgige EuGH-Rechtsprechung1 sieht die Finanzverwaltung das Erwerben, Halten und Verußern von Beteiligungen in drei Fllen als unternehmerische Ttigkeit an: – soweit Beteiligungen im Sinne eines gewerblichen Wertpapierhandels gewerbsmßig erworben und verußert werden oder – wenn die Beteiligung nicht um ihrer selbst willen gehalten wird, sondern zur FÇrderung einer bestehenden oder beabsichtigten unternehmerischen Ttigkeit dient, zB durch Sicherung gÅnstigere Einkaufskonditionen oder zur Verschaffung von Einfluss bei potentiellen Konkurrenten (sog. strategische Beteiligung), oder – soweit in die Verwaltung der Tochtergesellschaft, abgesehen von den AusÅbungen der Rechte als Gesellschafter oder Aktionr, durch unternehmerische Leistungen unmittelbar eingegriffen wird (zB durch entgeltliches Erbringen administrativer, finanzieller, kaufmnnischer und technischer Dienstleistungen an die jeweilige Beteiligungsgesellschaft).

17.31

Bis zu diesem Punkt steht nach Meinung von Eggers/Korf2 die Verwaltungsauffassung auch im Einklang mit der EuGH-Rechtsprechung. Im Widerspruch zur Holding-Rechtsprechung steht allerdings die sehr weitgehende Missbrauchsklausel aus der Rz. 8 des BMF-Schreibens v. 26.1.2007,3 die unverndert in die UStAE Åbernommen wurde.4 Damit ist die Frage, ob und inwieweit das Erwerben, Halten und Verußern von Beteiligungen als Teil der unternehmerischen Ttigkeit einer Holding angesehen werden kann, nicht abschließend geklrt.5

1 Vgl. u.a. EuGH, Urt. v. 14.11.2000 – Rs. C-142/99 – Floridienne/Berginvest, EuGHE 2000, I-9567 = UR 2000, 530 = DB 2000; Eggers/Ahrens, DB 2013, 2528 (2529) mwN. 2 Eggers/Korf, DB 2007, 361. 3 BMF v. 26.1.2007 – IV A 5 - S 7300 - 10/07, BStBl. I 2007, 211 = UR 2007, 150 = DB 2007, 315. 4 Eggers, WPg 2007, 616. 5 Vgl. auch Eggers/Ahrens, DB 2013, 2528 mit einem berblick Åber die Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte; zur EuGH-Rechtsprechung s. Schlussantrge des Generalanwalts v. 26.3.2015 in den EuGH-Verfahren C-108/14 und C-109/14 – Larentia + Minerva, juris.

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17.32

Kapitel 18 Rechtsfolgen verunglÅckter Organschaft Literatur Fey/Deubert/Lewe, Erleichterung nach dem MikroBilG – Einzelfragen zur Anwendung der neuen Vorschriften, DB 2013, 107; Forst/Suchanek/Klopsch, Handelsrechtliche Bilanzierungsfehler und ihre Auswirkungen auf die tatschliche DurchfÅhrung eines GewinnabfÅhrungsvertrages, GmbHR 2013, 914; Frotscher, “Zweistufige Gewinnermittlung“ und Korrektur der verdecken GewinnausschÅttung, FR 2003, 230; Gonella/Starke, KÇrperschaftsteuerliche Besonderheiten bei verunglÅckter Organschaft, DB 1996, 248; Jesse, Neuregelung zur ertragsteuerlichen Organschaft (Teil II), FR 2013, 681; Lanfermann/RÇhricht, § 268 Abs. 8 HGB als neue Generalnorm fÅr außerbilanzielle AusschÅttungssperren, DStR 2009, 1216; Lenz/ Adrian/Handwerker, Geplante Neuregelung der ertragsteuerlichen Organschaft, BB 2012, 2851; RÇdder, Die kleine Organschaftsreform, Ubg 2012, 717; Schneider/ Hinz, VerunglÅckte Organschaften – Ursachen und HeilungsmÇglichkeiten, Ubg 2009, 738; Schneider/Sommer, Organschaftsreform „light“, GmbHR 2013, 22; Stangl/BrÅhl, Die kleine Organschaftsreform, Der Konzern 2013, 77; Wassermeyer, Einige GrundsatzÅberlegungen zur verdeckten GewinnausschÅttung, GmbHR 1998, 157.

A. Begriff der verunglÅckten Organschaft 18.1 So vielfltig wie die Voraussetzung der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft sind die GrÅnde fÅr deren Scheitern. Eine verunglÅckte Organschaft liegt demnach vor, wenn die beteiligten Gesellschaften, der vermeintliche Organtrger bzw. die vermeintliche Organgesellschaft, die Bildung einer Organschaft gewollt haben, diese aber von Anfang an nicht oder zunchst nicht zustande gekommen ist. Eine Organschaft wird ebenfalls als verunglÅckt bezeichnet, wenn sie entgegen dem Wunsch von Organtrger und/oder Organgesellschaft nachtrglich endgÅltig oder zeitweise weggefallen ist.1 DarÅber hinaus kÇnnen die Rechtsfolgen einer verunglÅckten Organschaft auch dann eintreten, wenn Organtrger und/oder Organgesellschaft sie absichtlich scheitern lassen. Unter welchen Voraussetzungen es zu einer solchen Konstellation kommen kann, wird aber nicht hier, sondern in Rz. 11.67 ff. erlutert.

18.2 Die Organschaft setzt als zentrales Merkmal einen GewinnabfÅhrungsvertrag i.S.d. §§ 291 ff. AktG voraus. Durch das akzessorische „Anhngen“ des Steuerrechts an diesen zivilrechtlichen Unternehmensvertrag werden faktisch Voraussetzungen und damit Unklarheiten aus dem Konzernrecht als Fehlerquellen in das Steuerrecht importiert.2 1 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 530. 2 Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738.

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B. Folgen der verunglÅckten Organschaft

Im Hinblick auf den GewinnabfÅhrungsvertrag unterscheidet man im Wesentlichen drei Phasen des steuerlichen Scheiterns – einen fehlerhaften GewinnabfÅhrungsvertrag, – die fehlerhafte DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrages sowie – die fehlerhafte Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrages. Daneben – aber genauso wichtig – ist noch die NichterfÅllung der persÇnlichen Voraussetzungen der Organschaft durch Organtrger und Organgesellschaft, auf die hier nicht eingegangen wird, weil sich darin keine typischen Fehlerquellen realisieren, die an dieser Stelle des Handbuches allein Gegenstand der AusfÅhrungen sein sollen.

18.3

B. Folgen der verunglÅckten Organschaft I. berblick Wird die Organschaft nicht anerkannt, treten die Folgen des § 14 KStG (und des § 2 Abs. 2 GewStG) nicht ein, dh. Organgesellschaft und Organtrger sind nach den allgemein gÅltigen Grundstzen zu veranlagen.1 Die Organgesellschaft ist dann nach allgemeinen steuerlichen Vorschriften selbst zur KÇrperschaft- und Gewerbesteuer zu veranlagen; es erfolgt insbesondere keine Gewinn- und Verlustverrechnung in der Gruppe.2 Eine (unter Umstnden bereits vorgenommene) GewinnabfÅhrung ist als verdeckte GewinnausschÅttung der Organgesellschaft an den Organtrger zu qualifizieren, die § 8b Abs. 1 KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG unterliegt.3 Die Grundstze zur Erhebung von KESt bei verdeckten GewinnausschÅttungen sind zu beachten (vgl. dazu unten Rz. 18.7). Die bereits vollzogenen VerlustÅbernahmen sind als verdeckte Einlagen zu qualifizieren und bei dem Organtrger erfolgsneutral als nachtrgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der Organgesellschaft zu erfassen.4 Diese Grundstze gelten entsprechend in Fllen von mehrstufigen Konzernen und in Fllen der Klammerorganschaft.5 Gravierend steuerliche Folgen kÇnnen sich daraus ergeben, dass Organtrger und Organgesellschaft fÅr den betreffenden Zeitraum der verunglÅckten Organschaft nicht mehr als ein Betrieb i.S.d. der Zinsschranke gem. § 15 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG zu behandeln sind. Entsprechend findet § 4h EStG iVm. § 8a KStG bei der Organgesellschaft wieder Anwendung. Vgl. R60 VIII S. 2 KStR; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 540. Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 1334. Sterner in Herrmann/Heuer/Raupach, § 14 KStG Anm. 209 mwN. Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 1344; v. 16.5.1990 – I 96/88, BStBl. II 1990, 797 = GmbHR 1991, 34; v. 22.10.2008 – I R 66/07, BStBl. II 2009, 972 = GmbHR 2009, 329. 5 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 369 1 2 3 4

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18.4

Kapitel 18 Rechtsfolgen verunglÅckter Organschaft

Eine weitere Rechtsfolge der verunglÅckten Organschaft besteht darin, dass gewerbesteuerliche Hinzurechnungen, die bei Leistungen zwischen Organschaftsmitgliedern grundstzlich nicht eingreifen,1 nunmehr vorliegen kÇnnen. Bei LaufzeitverstÇßen ist zu differenzieren, ob ein Verstoß gegen die Mindestlaufzeit von 5 Jahren gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG vorliegt oder nicht. Dies ist insofern von entscheidender Bedeutung, als ein Verstoß gegen die Mindestlaufzeit zum Entfallen der Rechtsfolgen der Organschaft von Anfang an fÅhrt. Ist die Mindestlaufzeit bereits erfÅllt, ergeben sich lediglich fÅr das betreffende Jahr Auswirkungen.2 Fallen die Voraussetzungen der Organschaft nachtrglich innerhalb der 5-jhrigen Mindestlaufzeit weg, handelt es sich um ein rÅckwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Danach kÇnnen bereits bestandskrftige Veranlagungen sowohl beim Organtrger als auch bei der Organgesellschaft gendert werden.3 Auf die entsprechenden Zinsfolgen des § 233a AO sei an dieser Stelle nur hingewiesen.

II. Folgen der GewinnabfÅhrung 18.5 FÅhrt die Organgesellschaft den Gewinn aufgrund eines steuerlich unbeachtlichen GewinnabfÅhrungsvertrags ab, stellt dies eine Form der Gewinnverwendung i.S.d. § 8 Abs. 3 KStG dar. Entsprechend darf sie den Gewinn oder das Einkommen der Organgesellschaft nicht mindern.4 Die GewinnabfÅhrung auf der Grundlage eines ErgebnisabfÅhrungsvertrages ist im Åbrigen nicht als Gewinnverteilung, die auf der Grundlage eines den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschlusses beruht, zu bewerten.5 Es liegt eine verdeckte GewinnausschÅttung vor, da die GewinnabfÅhrung eine gesellschaftsrechtlich veranlasste VermÇgensminderung ist, die sich auf die HÇhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen AusschÅttung steht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Organgesellschaft ein RÅckforderungsanspruch gegen den Organtrger zusteht.6 Dies erklrt sich aus der Tatsache, dass die RÅckforderung steuerlich als Einlage zu werten ist, da sie erst durch die verdeckte GewinnausschÅttung, also eine juristische Sekunde spter, ent-

1 Vgl. Abschn. 41 Abs. 1 Satz 5, 6 GewStR 1998 und R 7.1 Abs. 5 Satz 34 GewStR 2009. 2 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 1336. 3 Loose in Tipke/Kruse, § 175 AO Rz. 33. 4 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 540. 5 BFH v. 30.1.1974 – I R 104/72, BStBl. II 1974, 323 6 BFH v. 26.4.1989 – I R 152/84, BStBl. II 1989, 668 (670) = FR 1989, 601.

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B. Folgen der verunglÅckten Organschaft

steht.1 Nach der herrschenden Meinung in der Literatur und nach der Rechtsprechung des BFH ist der geminderte Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG bei der Organgesellschaft außerbilanziell um die verdeckte GewinnausschÅttung zu erhÇhen.2 Die Frage, zu welchem Zeitpunkt die vGA als erfolgt anzusehen ist, wird in der Literatur kontrovers diskutiert.3 Soweit in der Literatur erst auf die tatschliche Buchung der GewinnabfÅhrungsverpflichtung auf einem Verrechnungskonto im Zuge der Abschlussarbeiten bei der Organgesellschaft abgestellt wird, ist dem nicht beizupflichten. Vielmehr ist allein maßgebend, zu welchem Zeitpunkt die Einbuchung der GewinnabfÅhrungsverpflichtung nach allgemeinen bilanziellen Grundstzen htte erfolgen mÅssen. Dies ist das Ende des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft.4 Die Flle einer ÅberhÇhten GewinnabfÅhrung wirken sich auf Basis einer saldierten Betrachtungsweise nicht aus, weil die auch teilweise RÅckforderung einer verdeckten GewinnausschÅttung steuerlich als Einlage bewertet wird.5

18.6

Eine Besonderheit stellt in den Veranlagungszeitrumen 2001 bis 2006 der Umstand der KÇrperschaftsteuererhÇhung gem. § 38 Abs. 2 KStG durch die verdeckte GewinnausschÅttung dar. Eine Realisierung von KÇrperschaftsteuerguthaben gem. § 37 Abs. 2 KStG war in den Veranlagungszeitrumen 2002 bis 2006 aufgrund des Fehlens eines den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschlusses nicht mÇglich.6 Beim Organtrger ist die GewinnabfÅhrung als ein Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu qualifizieren, der entsprechend § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG außer Ansatz zu lassen ist. Allerdings sind gem. § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG 5 vH der BezÅge als nichtabzugsfhige Betriebsausgaben zu behandeln und entsprechend zu versteuern. Verdeckte GewinnausschÅttungen lÇsen grundstzlich die Rechtsfolgen des § 43 Abs. 1 S. 1 EStG aus. Allerdings wird in Fllen der nachtrglich festgestellten verdeckten GewinnausschÅttung keine KESt mehr nacherhoben, weil auch nach Ansicht der Finanzverwaltung der Vorrang des Veranlagungs- vor dem Abzugsverfahren gilt.7 Dies wird zumindest fÅr den Fall, dass der Empfnger im Inland der Steuerveranlagung unterliegt 1 BFH v. 29.4.1987 – I R 176/83, BStBl. II 1987, 733 (735) = FR 1987, 456. 2 Grundlegend Wassermeyer, GmbHR 1998 157; Frotscher, FR 2003, 230; BFH v. 29.6.1994 – I R 137/93, BStBl. II 2002, 366 = FR 1994, 833. 3 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 699 ff.; Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 1337. 4 So auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 699 5 BFH v. 29.4.1987 – I R 176/83, BStBl. II 1987, 733 6 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 1338, Frotscher in Frotscher/ Maas, § 14 KStG Rz. 367. 7 Vgl. OFD MÅnster v. 7.11.2007, DB 2008, 204

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18.7

Kapitel 18 Rechtsfolgen verunglÅckter Organschaft

angenommen. Wird das VerunglÅcken der Organschaft allerdings bereits bei Erstellen der Steuererklrung erkannt und auch erklrt, ist KESt einzubehalten und abzufÅhren.1 Wird die verdeckte GewinnausschÅttung erst im Rahmen einer BetriebsprÅfung erkannt, werden die Fristen nach § 44b Abs. 3 EStG zur Erstattung der KESt naturgemß nicht einzuhalten sein. Hier geht die Finanzverwaltung von dem Vorliegen von BilligkeitsgrÅnden aus, die den Verzicht auf die Erhebung von KESt rechtfertigen. 2

III. Folgen der VerlustÅbernahme 18.8 Die vollzogene VerlustÅbernahme stellt eine verdeckte Einlage der Organtrgerin in die Organgesellschaft dar.3 Die Einlage in Gestalt des erfolgten Ausgleichs von Fehlbetrgen bzw. des bilanziellen Ausweises eines entsprechenden Ausgleichsanspruchs ist gem. § 27 KStG auf dem steuerlichen Einlagekonto der Organgesellschaft zu bilanzieren. Entsprechend ist die erfolgte VerlustÅbernahme durch tatschliche Zahlung oder durch Ausweis einer korrespondierenden Verbindlichkeit zum Bilanzstichtag als nachtrgliche Anschaffungskosten der Beteiligung bei der Organtrgerin zu verbuchen. Bei beiden Gesellschaften ist dieser Vorgang steuerlich erfolgsneutral zu handhaben. Dies muss insbesondere in den Fllen gelten, die den Wert der Beteiligung an der Organtochter nicht erhÇhen kÇnnen , weil der gemeine Wert dieser Gesellschaft zB wegen einer nachhaltigen schlechten Ergebnisprognose trotz VerlustÅbernahme nicht steigt. Eine entsprechende Korrektur hat der Organtrger im Wege der Teilwertabschreibung sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz vorzunehmen, die in der Steuererklrung gem. § 8b Abs. 3 KStG bzw. § 3c Abs. 2 EStG jedoch außerbilanziell wieder hinzuzurechnen sind.4 Der in der Praxis hufig vorzufindende Verzicht der Organgesellschaft auf die Geltendmachung des Verlustausgleichsanspruchs und seiner angemessenen Verzinsung (s. aber Rz. 2.87) fÅhrt im Ergebnis zu einer RÅckgewhrung von Einlagen und einer verdeckten GewinnausschÅttung. Die VermÇgensmehrung beim Organtrger infolge des Zinsverzichts erfolgt als GewinnausschÅttung gem. § 8b Abs. 1 KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG und nicht etwa in Gestalt eines Gewinns aufgrund ersparter Zinsen.5

1 So auch Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 484. 2 Vgl. OFD Cottbus v. 30.1.2003, HaufeIndex 1136077. 3 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 1344; BFH v. 16.5.1990 – I 96/88, BStBl. II 1990, 797 = GmbHR 1991, 34; v. 22.10.2008 – I R 66/07, BStBl. II 2009, 972 = GmbHR 2009, 329. 4 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 542 mwN. 5 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 543; Gonella/Starke DB 1996, 248 (249).

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B. Folgen der verunglÅckten Organschaft

IV. Weitere Folgen 1. Folgen bei verußerter Organgesellschaft Ein in der Praxis hufig anzutreffender Fall ist der Eintritt der Folgen einer verunglÅckten Organschaft im Jahr der Verußerung der Organgesellschaft. Wenn es in einem solchen Fall nach der Verußerung zu einer VerlustÅbernahme kommt, fÅhrt sie zu Aufwendungen, die in einem wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang zu der verußerten Beteiligung stehen und den erzielten Verußerungsgewinn nachtrglich mindern.1

18.9

2. Folgen in Konzernstrukturen Die vorgenannten Grundstze sind auch in mehrstufigen Konzernstrukturen entsprechend anzuwenden. Die GewinnabfÅhrung einer Enkelgesellschaft (E) Åber die Tochtergesellschaft (T) an die Muttergesellschaft (M) stellt demnach im Fall der verunglÅckten Organschaft zwischen E und T eine vGA der E an T und je nachdem, ob zwischen T und M eine Organschaft besteht oder nicht, eine vorweggenommene GewinnabfÅhrung oder vGA der T an M dar. Entsprechend wird mit der VerlustÅbernahme verfahren. Sie ist als verdeckte Einlage durch die M in T sowie weiterhin als verdeckte Einlage durch die T in E zu behandeln.2

18.10

3. Entfallende Haftung Die Haftung der Organgesellschaft nach § 73 AO knÅpft tatbestandlich an ein wirksames Organschaftsverhltnis an. Die Organgesellschaft haftet folglich nur fÅr die Steuern, fÅr welche die Organschaft besteht.3 Die Haftung erstreckt sich daher ausschließlich auf die von einer Organschaft umfassten Steuerarten und den jeweiligen Organkreis, der beispielsweise in einem Konzern bei einer kÇrperschaftsteuerlichen und einer umsatzsteuerlichen Organschaft unterschiedliche Konzerngesellschaften umfassen kann.

18.11

4. Mittelbare Folgen a) Zinsschranke In § 15 S. 1 Nr. 3 KStG wird fÅr Zwecke der Zinsschranke die Annahme eines einheitlichen Organbetriebs geregelt, hnlich wie bei § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG.4 Die verunglÅckte Organschaft fÅhrt fÅr den Zeitraum des Entfallens der Organschaft bei Anwendung der Zinsschranke zu teilweise gravierenden wirtschaftlichen Folgen. Die Innenfinanzierung zwischen 1 BFH v. 16.5.1990 – I R 96/88, BStBl. II 1990, 797; s. auch Rz. 20.2 ff. und FÅger/ Rieger/Schell, DStZ 2015, 404. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 369. 3 Loose in Tipke/Kruse, § 73 AO Rz. 5. 4 Vgl. Dallwitz in Schnitger/Fehrenbacher, § 15 KStG Rz. 177.

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18.12

Kapitel 18 Rechtsfolgen verunglÅckter Organschaft

Organtrger und Organgesellschaft unterliegt nunmehr wieder den Regeln der Zinsschranke. Waren bei Bestehen der Organschaft smtliche Zinsaufwendungen der Organgesellschaft abziehbar, wird der § 4h EStG nunmehr auf dieser Ebene wieder zu prÅfen sein.1 Insoweit kÇnnen sich Cash-Pooling-Vertrge in Konzernen negativ auswirken, wenn Sie eine Verzinsung Åber dem derzeit marktÅblichen Niveau vorsehen. Entsprechend kann es wieder zu einer Hinzurechnung der Zinsaufwendungen gem. § 8 Nr. 1a GewStG kommen.2 Dem steht gegenÅber, dass die Freigrenze des § 4h Abs. 2 a EStG bei der Organgesellschaft anzuwenden ist und damit nicht mehr lnger lediglich einmal im Organkreis Anwendung findet.3 Die weiteren Ausnahmen des § 4h EStG sind beim VerunglÅcken der Organschaft ebenfalls wiederum auf Ebene der Organgesellschaft zu prÅfen.4 b) Mantelkauf

18.13 Nach den Vorschriften des durch § 8c KStG ersetzten § 8 Abs. 4 KStG aF i.V.m. § 34 Abs. 6 Satz 3 KStG konnten sich bis zum Ablauf des 31.12.2012 unschdliche BetriebsvermÇgenszufÅhrungen an den Organtrger oder die Organgesellschaft im Nachhinein als schdlich erweisen, soweit sie fÅr Fragen der ZufÅhrung Åberwiegend neuem BetriebsvermÇgens von Relevanz waren.5

C. GrÅnde fÅr das „VerunglÅcken“ I. Fehlerhafter GewinnabfÅhrungsvertrag 1. Zivilrechtliche Unwirksamkeit oder Missachtung steuerlicher Anforderungen

18.14 Ein fehlerhafter GewinnabfÅhrungsvertrag kann sich zum einen aus der zivilrechtlichen Unwirksamkeit des GewinnabfÅhrungsvertrages ergeben, zum anderen aber auch aus der Nichtbeachtung der zustzlichen steuerlichen Anforderungen an den GewinnabfÅhrungsvertrag. Dabei ist zu beachten, dass die gesellschaftsrechtlichen Grundstze Åber die fehlerhafte

1 Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 63. 2 Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 156. 3 Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 67; Neumann in Gosch; KStG2, § 15 Rz. 36. 4 Dallwitz in Schnitger/Fehrenbacher, § 15 KStG Rz. 177 5 Vgl. zur alten Gesetzeslage BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455, Rz. 9.

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C. GrÅnde fÅr das „VerunglÅcken“

Gesellschaft nicht dazu fÅhren kÇnnen, einen fehlerhaften GewinnabfÅhrungsvertrag auch steuerlich anzuerkennen.1 2. Formulierungsfehler bei der GewinnabfÅhrungs- und VerlustÅbernahmeklausel Nach nderung durch die Kleine Organschaftsreform2 bestimmt § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG, dass in einem GewinnabfÅhrungsvertrag mit einer anderen als der in § 14 KStG genannten Gesellschaften die VerlustÅbernahme durch den Organtrger durch den Verweis auf die Vorschriften des § 302 AktG in seiner jeweilig gÅltigen Fassung zu vereinbaren ist. Dies gilt unabhngig davon, dass § 302 AktG nach herrschender Meinung auch ohne eine solche Vereinbarung analog auf einen GmbH-Konzern anzuwenden ist.3 Welche konkrete Formulierungen mÇglich sind, ist aus dem Gesetz nicht eindeutig herzuleiten (s. hierzu Rz. 3.70).4 Eine einseitige VerlustÅbernahme beispielsweise durch Gesellschafterbeschluss reicht jedenfalls nicht aus.5 Da die Vereinbarung im Rahmen des GewinnabfÅhrungsvertrags zu treffen ist, unterliegt sie auch dessen Formalien (Rz. 2.45 ff.). Entsprechendes gilt fÅr die Regelung der GewinnabfÅhrung gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KStG.

18.15

3. Verletzung von Formvorschriften Das Schriftformerfordernis ergibt sich fÅr eine SE, AG oder KGaA bereits aus § 293 Abs. 3 AktG. FÅr die GmbH gilt es nach der Rechtsprechung des BGH entsprechend.6

18.16

Weitere Fehler kÇnnen sich auch aus der Nichtbeachtung der Mehrheitserfordernisse bei den ZustimmungsbeschlÅssen der Gesellschafter ergeben. Grundstzlich bedarf es bei der SE, AG und KGaA der Zustimmung der Hauptversammlung mit einer qualifizierten Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§ 293 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 AktG). Entsprechendes gilt fÅr die GmbH als herrschendes Unternehmen.7 Bei der KGaA ist zustzlich § 285 Abs. 2 AktG zu beachten.

18.17

Nach wie vor umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob bei einer GmbH als beherrschtem Unternehmen die Zustimmung aller Gesell-

18.18

1 BFH v. 30.7.1997 – I R 7/97, BStBl. II 1998, 33 = FR 1998, 164; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG, Rz. 175. 2 Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. 3 BGH v. 14.12.1987 – II ZR 170/87, BGHZ 103, 1; v. 11.11.1991 – II ZR 287/90, BGHZ 116, 37. 4 Vgl. Pache in HHR, § 17 KStG Anm. 40. 5 Lawall in Schnitger/Fehrenbacher, § 17 KStG Rz. 77. 6 BGH v. 24.10.1998 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 342 = MDR 1989, 234. 7 BGH v. 24.10.1998 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 342 = MDR 1989, 234.

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Kapitel 18 Rechtsfolgen verunglÅckter Organschaft

schafter erforderlich ist oder eine Dreiviertel-Mehrheit ausreicht.1 In der Praxis sollte daher ein einstimmiger Beschluss der GmbH-Gesellschafter herbeigefÅhrt werden, um steuerliche Risiken zu vermeiden.

18.19 Ein weiteres Formerfordernis ergibt sich aus § 130 Abs. 1 Satz 1 AktG. Danach besteht das Erfordernis der notariellen Beurkundung der GesellschafterbeschlÅsse. Entsprechendes gilt auch bei einer GmbH als beherrschtem Unternehmen.2 Der Zustimmungsbeschluss einer GmbH als herrschendes Unternehmen bedarf dagegen nicht der notariellen Beurkundung.3

18.20 Ferner ergibt sich aus § 294 AktG, dass die Wirksamkeit des GewinnabfÅhrungsvertrages von der Eintragung im Handelsregister abhngt. Diese formellen Anforderungen gelten grundstzlich auch bei einer nachtrglichen nderung des GewinnabfÅhrungsvertrages, § 295 Abs. 1 Satz 2 AktG. 4. Fehlerhafte Formulierung der Mindestlaufzeit

18.21 Bei der Formulierung der Mindestlaufzeit ist insbesondere zu beachten, dass es sich nach herrschender Meinung nicht um 5 Wirtschaftsjahre, sondern um 5 Zeitjahre handeln muss.4 In der Praxis entstehen hier hufig zu kurze Laufzeiten durch Rumpfwirtschaftsjahre am Anfang bzw. am Ende einer Organschaft. Verhindert werden kÇnnen derartige Probleme durch Bestimmungen im GewinnabfÅhrungsvertrag, nach denen dessen Beendigung (durch Zeitablauf oder ordentliche KÅndigung) frÅhestens auf das Wirtschaftsjahresende erfolgen darf, das 5 Zeitjahre nach Beginn des Vertrages liegt. Zu ergnzen wre diese Klausel noch durch eine dynamische Berechnung der Mindestlaufzeit dergestalt, dass die vertragliche Mindestlaufzeit von mindestens 5 Zeitjahren von Beginn des Wirtschaftsjahres an gerechnet wird, in dem der GewinnabfÅhrungsvertrag zivilrechtlich wirksam wird. 5. Fehlerhafte Formulierung der Ausgleichszahlung an außenstehende Aktionre

18.22 In materieller Hinsicht kommt auch das Fehlen einer Ausgleichsregelung fÅr außenstehende Gesellschafter nach § 304 AktG als Grund fÅr die Unwirksamkeit eines GewinnabfÅhrungsvertrages in Betracht. Sieht ein GewinnabfÅhrungsvertrag trotz außenstehender Gesellschafter Åberhaupt keinen Ausgleich vor, ist dieser zivilrechtlich nichtig (§ 304 Abs. 3 Satz 1 AktG) und damit steuerlich nicht anzuerkennen. Ist dagegen ein Aus1 Vgl. zum Meinungsstand Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (740) und Rz. 2.59 ff. mwN. 2 BGH v. 24.10.1998 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 342 = MDR 1989, 234. 3 BGH v. 24.10.1998 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 342 = MDR 1989, 234. 4 BFH v. 12.1.2011 – I R 3/10, BStBl. II 2011, 727 = FR 2011, 522 m. Anm. Buciek sowie R60 Abs. 1 S. 1 KStR 2004.

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C. GrÅnde fÅr das „VerunglÅcken“

gleich vorgesehen, fÅhrt dies auch dann nicht zur Nichtigkeit, wenn er unangemessen niedrig ist. Steuerlich schdlich kann jedoch die Bemessung eines variablen Ausgleichs sein (s. Rz. 18.32). Ob diese Grundstze auch fÅr GmbH‘s als verpflichtete Gesellschaft gelten, ist gesellschaftsrechtlich umstritten (s. umfassend Rz. 15.25 ff.). 6. Versptete Eintragung Wird der Vertrag mangels rechtzeitiger Eintragung ins Handelsregister nicht mehr in dem Wirtschaftsjahr wirksam, fÅr das er nach dem Vertrag erstmals gelten soll, ist er steuerlich nicht anzuerkennen, wenn die Restmindestlaufzeit – gemessen ab Beginn des Wirtschaftsjahres des Wirksamwerdens – nicht mindestens 5 Zeitjahre betrgt.1 Eine von der Finanzverwaltung anerkannte MÇglichkeit zur Vermeidung dieses Problems liegt in einer vertraglichen Vereinbarung, nach der die Laufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrages erst in dem Wirtschaftsjahr beginnt, in dem der GewinnabfÅhrungsvertrag im Handelsregister eingetragen wird (sog. dynamischer Verweis).2 Stimmen in der Literatur,3 wonach von vorneherein ein Mindestvertragsdauer von 6 Jahren vereinbart werden kÇnnte, gehen an der Praxis vorbei und verlngern das Risiko des VerunglÅckens der Organschaft um ein Jahr.

18.23

7. Handlungsalternativen bei fehlerhaftem GewinnabfÅhrungsvertrag Neben der nderung und Ergnzung eines GewinnabfÅhrungsvertrages besteht auch die MÇglichkeit der Beendigung des alten und des Abschlusses eines neuen GewinnabfÅhrungsvertrags. Voraussetzung dafÅr ist allerdings, dass die fÅnfjhrige Mindestlaufzeit bereits abgelaufen ist. Nach § 296 AktG besteht aber lediglich die MÇglichkeit, die Aufhebung des GewinnabfÅhrungsvertrages mit Wirkung zum Ende des Geschftsjahres der verpflichteten Gesellschaft vorzunehmen. Dies ist insofern nachteilig, als ohne Einbeziehung eines Rumpfwirtschaftsjahres das laufende steuerliche Jahr zB fÅr etwaige Verlustnutzungen verlorengeht. Das Einlegen eines Rumpfwirtschaftsjahres fÅhrt allerdings dazu, dass in der Regel sogar zweimal eine zivilrechtlich wirksame Satzungsnderung vorgenommen werden muss; einmal zur Bildung des Rumpfwirtschaftsjahres und ein zweites Mal fÅr die Umstellung auf das Wirtschaftsjahr der Gruppe. Hinzu kommt die Erstellung eines Jahresabschlusses und ggf. eine PrÅfung durch die WirtschaftsprÅfungsgesellschaft. In Betracht kme noch eine unterjhrige Beendigung durch eine außerordentliche KÅndigung. Zivilrechtlich setzt dies aber einen wichtigen 1 BFH v. 22.10.2008 – I R 66/07, BStBl. II 2009, 972 = FR 2009, 618; BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 4. 2 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 4. 3 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 305.

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18.24

Kapitel 18 Rechtsfolgen verunglÅckter Organschaft

Grund voraus (Rz. 2.135). Steuerlich ist eine Beendigung zudem nachteilig, wenn ein wichtiger Grund nicht sicher vorliegt und ein Scheitern der Organschaft nur mÇglich erscheint.1 Zu der Frage, ob und inwieweit ein GewinnabfÅhrungsvertrag bei inhaltlichen Fehlern oder bloßen Schreibfehlern nach §§ 133, 157 BGB auslegungsfhig ist, s. Rz. 6.44 ff.

II. Fehler bei der DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrages 1. Allgemeine berlegungen

18.25 Der GewinnabfÅhrungsvertrag muss whrend seiner gesamten Laufzeit tatschlich durchgefÅhrt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG). Dies setzt voraus, dass die Organgesellschaft ihren ganzen Gewinn an den Organtrger abfÅhrt und im Gegenzug den anfallenden Verlust der Organgesellschaft Åbernimmt. Ausgangspunkt fÅr die Ermittlung des Betrages der GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme ist der Jahresabschluss (§ 275 Abs. 2 Nr. 20 Abs. 3 Nr. 19 HGB) vor GewinnabfÅhrung. Das Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts2 brachte fÅr alle nichtbestandskrftigen Veranlagungen deutliche Erleichterung bei der steuerlichen Anerkennung der Voraussetzungen des GewinnabfÅhrungsvertrags. Insbesondere werden Zuviel- oder Zuwenig-AbfÅhrungen infolge fehlerhafter Bilanzanstze nicht mehr zwingend zur steuerlichen Nichtanerkennung in der Organschaft fÅhren.3 Vor der Gesetzesnderung galt, dass nicht der festgestellte Jahresabschluss das objektiv richtige Ergebnis war, sondern dass zum Bilanzstichtag das nach den Grundstzen ordnungsmßiger BuchfÅhrung zutreffend auszuweisende Ergebnis abzufÅhren war. Nunmehr hat der Gesetzgeber erkannt, dass es die objektiv richtige Bilanz wohl nicht geben kann und arbeitet seither mit Fiktionen, die in § 14 Abs. 1 Nr. 3 Stze 4 und 5 KStG neu geregelt wurden. Hierin finden sich die Fiktion der DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrages und die Fiktion des Nicht-erkennen-mÅssens eines Bilanzierungsfehlers. DarÅber hinaus dÅrfte geklrt sein, dass die Neuregelung an den subjektiven Fehlerbegriff des Handelsrechts anknÅpft, ohne dass es auf BerichtigungsmÇglichkeiten ankommt.4 Die GesetzesbegrÅndung5 macht aber deutlich, dass diese Erleichterung bei der Anerkennung der Organschaft nicht fÅr nichtige GewinnabfÅhrungsvertrge und GewinnabfÅhrungen bzw. VerlustÅbernahmen, die auf nichtigen JahresabschlÅssen beruhen, gelten soll.

1 2 3 4 5

Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (743). V. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285, sog. Kleine Organschaftsreform. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209b; s. Rz. 13.10 ff. HFA, IDW-FN 2013, 358. BT-Drucks. 17/10774, 19.

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C. GrÅnde fÅr das „VerunglÅcken“

Zu der Sonderfrage, wann und unter welchen Voraussetzungen bereits bestandskrftige Bescheide aufgrund der verfahrensrechtlichen Neuregelung in § 14 Abs. 5 KStG gendert werden kÇnnen, wird auf die Darstellung in Rz. 4.21 ff. verwiesen.1 2. Bilanzierungsfehler Dementsprechend ist zwischen drei Fallgruppen, die sich wesentlich in ihren Rechtsfolgen unterscheiden, zu differenzieren: Die erste Fallgruppe sind nicht wesentliche Bilanzierungsfehler. Diese fÅhren nicht dazu, dass der Jahresabschluss objektiv unrichtig ist; entsprechend besteht keine handelsrechtliche Verpflichtung zur Fehlerberichtigung. Die zweite Fallgruppe sind wesentliche Bilanzierungsfehler, die dazu fÅhren, dass der Jahresabschluss ein nicht den tatschlichen Verhltnissen entsprechendes Bild der VermÇgens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermittelt. Hier besteht die Pflicht zur Korrektur des Jahresabschlusses in laufender Rechnung.2 Die dritte Fallgruppe sind Bilanzierungsfehler, die so gravierend sind, dass das UnternehmensvermÇgen wesentlich falsch ausgewiesen wird. Sie fÅhren zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses.

18.26

Eine Heilung des fehlerhaften handelsbilanziellen Bilanzansatzes ist in der ersten Fallgruppe nicht notwendig, in der zweiten Fallgruppe der Hauptanwendungsfall der neuen Vorschriften in § 14 Abs. 1 Nr. 3 Stze 4 und 5 KStG und in der dritten Fallgruppe umstritten in der Frage, ob die tatschliche DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrages durch RÅckwrtsberichtigung der JahresabschlÅsse erreicht werden kann. Die herrschende Meinung und die Finanzverwaltung3 ist dagegen der Ansicht, dass ein nicht durchgefÅhrter GewinnabfÅhrungsvertrag nicht mit RÅckwirkung geheilt werden kann. Der Frage, was als Bilanzierungsfehler im Sinne der Vorschrift eingestuft werden kann, wird in der Literatur4 kontrovers diskutiert. Aus der GesetzesbegrÅndung lsst sich entnehmen, dass der Gesetzgeber den Begriff des fehlerhaften Bilanzansatzes sehr extensiv ausgelegt wissen will, um mÇglichst viele Praxisprobleme des GewinnabfÅhrungsvertrages zu erfassen.5 Demnach ist ein Bilanzansatz fehlerhaft, wenn er nicht den Grundstzen ordnungsmßiger BuchfÅhrung entspricht. Darunter ist die fehlerhafte ber- bzw. Unterbewertung von WirtschaftsgÅtern ebenso zu subsumieren, wie der Nichtausweis oder unrichtige Ausweis von zu bilanzierenden WirtschaftsgÅtern. Ausweislich

18.27

1 Eine ausfÅhrliche Darstellung findet sich in DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209b/1 und 2. 2 IDW RS HFA 6 Tz. 14. 3 Forst/Suchanek/Klopsch, GmbHR 2013, 914 (921); BFH v. 5.4.1995 – I R 156/93, DB 1995, 1593 = FR 1995, 547; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209c/1; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 403. 4 RÇdder, Ubg 2012, 717 (720); Jesse, FR 2013, 681 (683); DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209d. 5 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÅhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209d, Lenz/Adrian/Handwerker, BB 2012, 2851 (2852); Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 22 (24).

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der vorbenannten GesetzesbegrÅndung ist auf den subjektiven Fehlerbegriff des Handelsrechts. Dem entsprechend fÅhrt jede Bilanzierung und Bewertung, die nach den Maßstben eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vertretbar war, zu einer handelsrechtlich richtigen Bilanz auch in dem Fall, dass sich bestimmte rechtliche oder sachliche Annahmen des Kaufmanns sich im nachhinein als unrichtig herausstellen.1 Entsprechend dem Vorgesagten kommt auch bei folgenden Fallgruppen der VerstÇße gegen gesellschaftsrechtliche Regelungen eine HeilungsmÇglichkeit gem. § 14 Abs. 1 Nr. 3 Stze 4 und 5 KStG in Betracht: 3. Fehlender Ausgleich des vororganschaftlichen Verlustes

18.28 Nach § 301 Satz 1 AktG ist im Rahmen der Ermittlung des HÇchstbetrages der GewinnabfÅhrung der JahresÅberschuss in einem ersten Schritt um einen Verlustvortrag fÅr das Vorjahr zu mindern. Da whrend der Vertragslaufzeit Jahresfehlbetrge der Organgesellschaft wegen der VerlustÅbernahmeverpflichtung des anderen Vertragsteils gem. § 302 AktG nicht entstehen kÇnnen, geht es um den Ausgleich von in vorvertraglicher Zeit entstandener Verluste der Organgesellschaft.

18.29 In der Praxis treten hufig Flle auf, in denen der Verlustausgleich schon in vororganschaftlicher Zeit mÇglich gewesen wre, aber „vergessen“ wurde, sei es aufgrund mehrjhriger Verlustphasen oder beispielsweise bei der Aktivierung von Vorratsgesellschaften mit „Mini-Verlustvortrgen“. Die Rechtsfolge einer GewinnabfÅhrung ohne vorherige Verrechnung der deshalb noch bestehenden vorvertraglichen Verluste war drastisch. Der GewinnabfÅhrungsvertrag galt als nicht durchgefÅhrt. Nach zutreffender herrschender Meinung konnte der Fehler schon bisher durch nderung der handelsrechtlichen JahresabschlÅsse fÅr die vororganschaftlichen Jahre der Organgesellschaft und des Organtrgers rÅckwirkend geheilt werden.2 Der Mindermeinung, welche dies ablehnte, ist sptestens durch die Neuregelung der Stze 4 und 5 in § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG der Boden entzogen worden.3 Eine weitere – ebenfalls bisher bereits bestehende – MÇglichkeit, den fehlenden Ausgleich des vororganschaftlichen Verlustes rÅckwirkend zu heilen, besteht in der AuflÇsung der vorvertraglichen Kapital-/GewinnrÅcklage. Ebenso wie bei der vorherigen LÇsungsmÇglichkeit wird auch hier im letzten Jahresabschluss vor Wirksamwerden des GewinnabfÅhrungs1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÅhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209c; RÇdder, Ubg 2012, 717 (719). 2 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 360; DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 Rz. 181; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 176; weiter in Ernst & Young, § 14 KStg, Rz. 680.2. 3 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 403; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 310.

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vertrages eingegriffen. Dabei wird der Ergebnisverwendungsbeschluss des letzten Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft vor Wirksamwerden des GewinnabfÅhrungsvertrages dahin gendert, dass Betrge aus der Kapitaloder GewinnrÅcklage zum Ausgleich des Verlustvertrages aufgelÇst werden.1 Durch die Korrektur in vororganschaftlicher Zeit ist damit der abgefÅhrte Gewinn im ersten organschaftlichen Gewinnjahr korrekt. Entsprechend kann auch ein Verstoß gegen die Regeln der tatschlichen DurchfÅhrung nicht mehr vorliegen. 4. AbfÅhrungsverbot fÅr KapitalrÅcklagen und in vorvertraglicher Zeit gebildete GewinnrÅcklagen Da Entnahmen aus der KapitalrÅcklage (§ 158 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AktG) und aus den GewinnrÅcklagen (§ 158 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AktG) nicht vom nach § 301 AktG zulssigerweise abfÅhrbaren HÇchstbetrag erfasst werden, fÅhrt die AbfÅhrung vorvertraglicher RÅcklagen dazu, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag steuerlich nicht als durchgefÅhrt angesehen wird, R 60 Abs. 4 Satz 1 KStR. Das AbfÅhrungsverbot gilt auch fÅr KapitalrÅcklagen, die in der organschaftlichen Zeit gebildet wurden.2 Hiervon zu unterscheiden ist der Fall der AusschÅttung der vorvertraglichen RÅcklagen, denn diese GewinnausschÅttungen vollziehen sich außerhalb des GewinnabfÅhrungsvertrages und haben keine schdlichen Auswirkungen auf die Organschaft.3 Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass das AbfÅhrungsverbot gem. § 324 Abs. 2 Satz 1 AktG nicht bei eingegliederten AG‘s gilt.

18.30

5. Verstoß gegen AusschÅttungssperren Durch das BilMoG4 wurde eine neue bedingte AusschÅttungssperre in § 268 Abs. 8 HGB eingefÅhrt, die insbesondere auch als AbfÅhrungssperre innerhalb eines Organschaftverhltnisses wirkt. Hiervon betroffen sind insbesondere die Aktivierung selbstgeschaffener immaterieller VermÇgensgegenstnde des AnlagevermÇgens (§ 268 Abs. 8 Satz 1HGB), ein berhang aus aktiven latenten Steuern (§ 268 Abs. 8 Satz 2 HGB) sowie der positive berhang aus der Verrechnung von Anschaffungskosten von VermÇgensgegenstnden, wie zB AltersvorsorgevermÇgen und entsprechenden Schulden (§ 246 Abs. 2 Satz 2 HGB) abzgl. hierfÅr gebildeter passiver latenter Steuern (§ 268 Abs. 8 Satz 3 HGB). Allerdings sind AusschÅttung bzw. AbfÅhrung bedingt mÇglich und zulssig, wenn nach der AusschÅttung bzw. AbfÅhrung der Gesamtbetrag der ergebniserhÇhenden Betrge aus der oben genannten Aktivierung bzw. den positiven berhngen mindestens dem Teil verfÅgbarer RÅcklagen zzgl. eines Gewinnvor1 2 3 4

Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (746). BFH v. 8.8.2001 – I R 25/00, BStBl. II 2003, 923 = FR 2002, 514 m. Anm. Pezzer. Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (747). Gesetz zur Modernisierung des BilR‘s (Bilanzrechtmodernisierungsgesetz – BilMoG), BGBl. I 2009, 1102.

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Kapitel 18 Rechtsfolgen verunglÅckter Organschaft

trages und abzgl. eines Verlustvortrages entspricht. Im Ergebnis ist damit in HÇhe des Gesamtbetrages der ergebniserhÇhenden Betrge freies Eigenkapital ausschÅttungs- und abfÅhrungsgesperrt.1 6. Fehlerhafter oder fehlender Ausgleichsanspruch

18.32 Die §§ 304, 305 AktG sehen vor, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag im Falle von außenstehenden Aktionren einen angemessenen Ausgleichsund Abfindungsanspruch fÅr diese vorsehen muss. Eine Nichtbeachtung fÅhrt zur zivilrechtlichen Nichtigkeit (§ 304 Abs. 3 Satz 1 AktG) des GewinnabfÅhrungsvertrags und zieht die steuerliche Nichtanerkennung der Organschaft nach sich. Sollte der Ausgleichsanspruch vorhanden, aber zu niedrig bemessen sein, fÅhrt dies nicht zur Nichtigkeit.2 Trotzdem kÇnnen steuerliche Probleme sowohl bei der HÇhe der Ausgleichszahlung als auch bei ihrer Zusammensetzung angelegt sein. § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG ermÇglicht einen festen Ausgleichsanspruch, der sich im Wesentlichen nach der Ertragslage und den Ertragsaussichten der Organgesellschaft richtet. § 304 Abs. 2 Satz 2 AktG regelt, dass alternativ bei einer AG oder KGaA als Organtrger ein variabler Ausgleich vorgesehen werden kann, der sich nach dem Ergebnis des Organtrgers richtet. Entsprechend sind diese Ausgleichszahlungen anzuerkennen, wenn sie den Voraussetzungen des § 304 Abs. 2 Satz 1 und 2 AktG genÅgen. Die Bemessung eines variablen Anteils anhand des Ergebnisses der Organgesellschaft ist dagegen grundstzlich nicht zulssig. Nach Auffassung der Finanzverwaltung und Teilen der Literatur kann zwar ein variabler, am Ergebnis der Organgesellschaft bemessener Anteil als bloßer Zuschlag oder Abschlag zu einer ansonsten festen Ausgleichszahlung ausgestaltet werden.3 Der BFH hat aber in seinem Urteil vom 4.3.20094 entschieden, dass in einem solchen Fall der zumindest teilweisen Kopplung der Ausgleichszahlung an das Ergebnis der Organgesellschaft die tatschliche DurchfÅhrung in Frage gestellt ist. Ob damit jedwede am Ergebnis der Organgesellschaft orientierte variable Ergnzungskomponente verworfen worden ist oder ob dies nur fÅr Flle gilt, in denen damit eine quotale Gewinnverteilung wiederhergestellt wird, bleibt abzuwarten (s. auch Rz. 15.38 ff.).

1 Vgl. im Einzelnen zur AusschÅttungs- und AbfÅhrungssperre des § 268 Abs. 8 HGB Lanfermann/RÇhricht/Ulrich, DStR 2009, 1217; Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (747). 2 Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (747). 3 BMF v. 16.4.1991 – IV B 7 - S 2770 - 34/91, DB 1991, 2110; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 649 mwN. 4 BFH v. 4.3.2009 – I R 1/08, BStBl. II 2010, 407 = FR 2009, 1110 = DStR 2009, 1749.

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C. GrÅnde fÅr das „VerunglÅcken“

7. Fehlerhafte RÅcklagenbildung Die RÅcklagenbildung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG stellt begrifflich einen Bilanzansatz dar. Nach zutreffender Meinung in der Literatur1 ist die Vorschrift aus rechtsdogmatischer Sicht eine spezialgesetzliche Regelung, auf die § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG keine Anwendung finden kann. Demgemß fÅhrt die fehlerhafte RÅcklagenbildung whrend der Laufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrages unweigerlich zu dessen NichtdurchfÅhrung wegen AbfÅhrung des falschen Gewinns mit der Folge der Nichtanerkennung der Organschaft.

18.33

8. Handlungsalternativen bei fehlerhafter DurchfÅhrung Die weitreichenden HeilungsmÇglichkeiten der verunglÅckten Organschaft in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 und 5 KStG lassen die Fehler bei der DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrages in einem milderen Licht erscheinen, da diese Fehler nunmehr vollstndig reversibel sind und nicht mehr zum „VerunglÅcken“ der Organschaft fÅhren mÅssen. Diese HeilungsmÇglichkeiten werden nach Ansicht von DÇtsch2 dazu fÅhren, dass die BetriebsprÅfung in den Anwendungsfllen der neuen Vorschrift vielfach davon absehen wird, Bilanzierungsfehler, bei denen eine HeilungsmÇglichkeit besteht, zu beanstanden. Ob die AußenprÅfer des Finanzamts angesichts der HeilungsmÇglichkeit bei der verunglÅckten Organschaften tatschlich „bewusst die Augen verschließen“3 werden, bleibt aber abzuwarten.

18.35

Dennoch muss man konstatieren, dass die neue Vorschrift ein scharfes Schwert in den Hnden der BetriebsprÅfung sein kann. Stellt die BetriebsprÅfung einen Bilanzierungsfehler fest und besteht sie auf dessen Berichtigung, wird der Steuerpflichtige in der Regel gezwungen sein, der Ansicht des BetriebsprÅfers zu folgen und den Jahresabschluss zu ndern. Die Alternative ist, dass der Steuerpflichtige die im PrÅfungsbericht getroffenen Feststellungen im Einspruchsverfahren gegen die nderungsbescheide des Finanzamts anficht und deshalb seiner Pflicht zur Berichtigung von Handelsbilanz und GewinnabfÅhrung nicht nachkommt. FÅr diesen Fall heißt es in der GesetzesbegrÅndung,4 dass „der Steuerpflichtige das Risiko des Ausgangs eines Rechtsstreits trgt“.

18.36

In der Konsequenz bedeutet dies, dass bei Obsiegen des Finanzamts die Organgesellschaft und der Organtrger die fÅr die Fiktion der ordnungsgemßen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrages gesetzte Frist nicht eingehalten haben, da sie den Bilanzierungsfehler nicht in laufender Rechnung berichtigt haben. Entsprechend kann die Fiktion des § 14 1 DÇtsch in DÇtsch/MÇhlenbrock, § 14 KStG, Rz. 209d; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 14 KStG, Rz. 445g; aA Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (88). 2 DÇtsch in DÇtsch/MÅhlenbrock, § 14 KStG Rz. 209i/1. 3 DÇtsch in DÇtsch/MÅhlenbrock, § 14KStG Rz. 209i/1. 4 BT-Drucks. 17/11217, 10.

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Kapitel 18 Rechtsfolgen verunglÅckter Organschaft

Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG nicht greifen und die Organschaft ist rÅckwirkend steuerlich nicht anzuerkennen.

18.37 Das einzige Korrektiv hierzu ist der § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c KStG, wonach die Verpflichtung zur nachtrglichen Anpassung der Handelsbilanz zur AbfÅhrung bzw. zum Ausgleich des Differenzbetrages nur insoweit greift, wie es sich um einen Fehler handelt, der in der Handelsbilanz zu korrigieren ist. Der Gesetzgeber hatte bereits im Blick, dass es Flle geben kÇnnte, bei denen die Handelsbilanz ausschließlich aus GrÅnden der steuerlichen Organschaft htte gendert werden mÅssen. Dies sollte ausweislich der GesetzesbegrÅndung vermieden werden. In der Literatur1 wird dementsprechend geschlossen, dass eine rÅckwirkende nderung der Handelsbilanz zum Zwecke der ErfÅllung des Merkmals der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrages nur dann vonnÇten ist, wenn auch fÅr originr handelsrechtliche Zwecke eine Korrektur durchgefÅhrt werden mÅsste. DÇtsch2 will hier differenzieren: RÅckstellungen, die nicht nur aus steuerlicher Sicht, sondern auch nach Bilanzrecht unzulssig oder mit einem zu hohen Betrag gebildet worden sind, mÅssen korrigiert werden. Bewertungsdifferenzen, die sich daraus ergeben, dass die steuerliche AußenprÅfung beispielsweise Abschreibungen anders als in der Handelsbilanz angesetzt hat, sollen dagegen nur dann zu einer Berichtigung der Handelsbilanz fÅhren mÅssen, wenn gegen handelsbilanzielle Grundstze verstoßen worden ist. Gemeint ist damit wohl ein Verstoß gegen die GoB.3 Dass hier eine erhebliche Grauzone besteht, liegt auf der Hand. In der Konsequenz kann der Steuerpflichtige einen Berichtigungswunsch der BetriebsprÅfung allein aus Risikogesichtspunkten wegen eines mÇglichen Scheiterns der Organschaft de facto nicht ablehnen.

III. Fehler bei der Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrages 1. Beendigung des Vertrages ohne wichtigen Grund vor Ablauf der fÅnfjhrigen Mindestdauer

18.38 Zu den BeendigungsgrÅnden wie Aufhebung, ordentlicher KÅndigung, außerordentlicher KÅndigung sowie weiteren GrÅnden der ordentlichen Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrages wird auf Rz. 11.25 ff. verwiesen.

18.39 Die Finanzverwaltung erkannte bisher als wichtige GrÅnde fÅr die vorzeitige Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrages die in R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR genannten GrÅnde an, insbesondere die Verußerung oder Einbringung der Organbeteiligung durch den Organtrger, die Liquidation einer der Vertragsparteien, die Verschmelzung oder Spaltung des Organtrgers 1 Forst/Suchanek/Klopsch, GmbHR 2013, 914 (921). 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG, Rz. 209l. 3 So auch Fey/Deubert/Lewe, BB 2013, 1387.

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sowie die Verschmelzung oder Spaltung der Organgesellschaft; darÅber hinaus den Formwechsel der Organgesellschaft in eine Personengesellschaft, nicht mehr aber einen entsprechenden Formwechsel des Organtrgers.1 Der in der Praxis hufig vorkommende Fall der Verußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft ist gesellschaftsrechtlich kein wichtiger Grund, der zur außerordentlichen KÅndigung des Vertrages durch das herrschende Unternehmen berechtigt. In diesem Fall bedarf die Wirksamkeit der KÅndigung einer Regelung im GewinnabfÅhrungsvertrag, in dem die Parteien dieses als wichtigen Grund fÅr eine außerordentliche KÅndigung vereinbaren.

18.40

2. Handlungsalternativen bei der Beendigung Besondere Probleme wirft die Neuregelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c KStG in den Fllen auf, in denen die steuerliche Organschaft zwischenzeitlich beendet und die Beteiligung verußert wurde. Denn dadurch kann ein Fall der verunglÅckten Organschaft vorliegen, ohne dass die vom Gesetz geforderte nachtrgliche Bilanzierung und AbfÅhrung mÇglich ist.

18.41

In der Literatur werden hierfÅr verschiedene LÇsungsmÇglichkeiten diskutiert. Schneider/Sommer2 schlagen vor, dass auch bei bereits beendeter Organschaft der Korrekturbetrag als Einlage ausgeglichen bzw. bei Verußerung oder Teilverußerung der Organbeteiligung durch schuldrechtliche Vereinbarung nachtrglich eine Anpassung der GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme geregelt werden kann. Jesse3 sieht keine MÇglichkeiten bei verußerten Organbeteiligungen, schlgt aber bei noch bestehenden Beteiligungsverhltnissen vor, dass die Fehlerkorrektur rÅckwirkend fÅr das letzte Organschaftsjahr erfolgen kÇnne. DÇtsch4 beurteilt dies kritisch und legt dabei den Begriff des Fehlers im Jahresabschluss eng aus.

18.42

Orientiert man sich eng an dem Wortlaut der Norm, geht diese zumindest von einem Bestehen der Organschaft aus. Es spricht jedoch einiges dafÅr, die gesetzgeberische RegelungslÅcke dergestalt zu schließen, dass man zumindest bei noch bestehender Beteiligung auch nach Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrages eine Fehlerkorrektur im letzten Organschaftsjahr vornehmen kann. Wie die Finanzverwaltung sich zu dieser Problematik positioniert, bleibt abzuwarten. Weitere HeilungsmÇglichkeiten bei ungewollter Beendigung des Vertrages, zB bei Wegfall der Unternehmereigenschaft oder dem Hinzutreten eines außenstehenden Aktionrs, bestehen nicht. Gleiches gilt bei der unterjhrigen Beendigung des Vertrages ohne Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres. 1 2 3 4

Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 579 mwN. Schneider/Sommer, GmbHR 2013, 2228. Jesse, FR 2013, 681 (688). DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG, Rz. 209m.

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Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke Literatur Beußer, Der Zinsvortrag bei der Zinsschranke, FR 2009, 49; Blumenberg/Benz, Die Unternehmenssteuerreform 2008, KÇln 2007; Brunsbach, Eigenkapitalvergleich im Rahmen der Zinsschranke – Bestimmung des relevanten Konzerns, IStR 2010, 745; Ditz/Pinkernell/Quilitzsch, BEPS-Reformvorschlge zu LizenzgebÅhren und Verrechnungspreisen bei immateriellen WirtschaftsgÅtern aus Sicht der Beratungspraxis, IStR 2014, 45; Fischer/Wagner, Anwendung der Zinsschranke bei Personengesellschaften, BB 2007, 1811; Fischer/Wagner, Das BMF-Schreiben zur Zinsschranke – berblick/Bewertung/Verbleibende Gestaltungen, BB 2008, 1872; Huselmann, Zum Zinsbegriff der Zinsschranke als Steueroptimierungsfaktor (§ 4h Abs. 3 EStG), FR 2009, 401; Herzig/Liekenbrock, Zinsschranke im Organkreis, DB 2007, 2387; Herzig/Liekenbrock, Zum Zinsvortrag bei der Organschaft, DB 2009, 1949; Herzig/ Liekenbrock, Konzernabgrenzung und Konzernbilanzierung nach §§ 4h EStG, 8 a KStG bei Organschaft, Ubg 2009, 750; Heuermann, Steuerinnovation im Wandel: Einige Thesen zur Zinsschranke und ihrer Verfassungsmßigkeit, DStR 2013, 1; Hey, Verletzung fundamentaler Besteuerungsprinzipien durch die Gegenfinanzierungsmaßnahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008, BB 2007, 1303; IDW, IDW Steuerhinweis: Ermittlung der Eigenkapitalquote fÅr Zwecke der Zinsschranke i.S.d. § 4h EStG (IDW Steuerhinweise 1/2010), FN-IDW 2010, 213; Kessler/KÇhler/KnÇrzer, Die Zinsschranke im Rechtsvergleich: Problemfelder und LÇsungsanstze, IStR 2007, 418; KÇhler, Erste Gedanken zur Zinsschranke nach der Unternehmenssteuerreform, DStR 2007, 597; KÇhler/Hahne, BMF-Schreiben zur Anwendung der steuerlichen Zinsschranke und zur Gesellschafter-Fremdfinanzierung bei Kapitalgesellschaften – Wichtige Verwaltungsregelungen, strittige Punkte und offene Fragen nach dem BMF-Schreiben v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2742-a/07/10001, DStR 2008, 1505; Kreft/Schmitt-Hohmann, Der RÅckgriff als schdliche Gesellschafterfremdfinanzierung unter der Zinsschranke, BB 2008, 2099; Kußmaul/Pfirmann/Meyering/Schfer, Ausgewhlte Anwendungsprobleme der Zinsschranke, BB 2008, 135; Liekenbrock, EBITDA-Kaskade bei der Zinsschranke bei mehrstÇckigen Personengesellschaften? FG KÇln sagt Ja!, DStR 2014, 991; Prinz, Mittelstandsfinanzierung in Zeiten der Zinsschranke, FR 2008, 441; Prinz, Sonderwirkungen des § 8c KStG beim Zinsvortrag, DB 2012, 2367; Prinz, Ist die Zinsschranke verfassungsrechtlich besser als ihr Ruf?, FR 2013, 145; RÇdder, Entsteht ein EBITDA-Vortrag in Jahren mit einem ZinsÅberhang?, DStR 2010, 529; RÇdder/Stangl, Zur geplanten Zinsschranke, DB 2007, 479; Schaden/Kshammer, Die Neuregelung des § 8a KStG im Rahmen der Zinsschranke, BB 2007, 2259; Schaden/Kshammer, Der Zinsvortrag im Rahmen der Regelungen zur Zinsschranke, BB 2007, 3217; Schirmer, Die Zinsschranke – Teil III, StBp 2012, 64; Schuck/ Faller, Probleme der parallelen Anwendung von Zinsschranke und gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen in der Organschaft, DB 2010, 2186; van Lishaut/Schumacher/Heinemann, Besonderheiten der Zinsschranke bei Personengesellschaften, DStR 2008, 2341; Wilke/SÅß, Die Bedeutung des Gemeinschaftsrechts fÅr die direkten Steuern am Beispiel der Zinsschranke, FR 2009, 796.

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A. Grundlagen der Zinsschranke

A. Grundlagen der Zinsschranke I. EinfÅhrung der Zinsschranke als Fremdfinanzierungsregelung Im Rahmen der Unternehmenssteuerreform 20081 wurde der steuerliche Zinsabzug grundlegend neu gefasst und die bisherige Regelung des § 8a KStG aF, die nur Flle der Gesellschafterfremdfinanzierung aufgriff, ersetzt. Zur BegrÅndung der erheblich weiter gehenden Neuregelung postuliert der Gesetzgeber die Notwendigkeit der Senkung der Fremdkapitalquote deutscher Unternehmen und die Bekmpfung steuermindernder Gestaltungen grenzÅberschreitender Konzerne.2 Gleichzeitig dient die Zinsschranke der Gegenfinanzierung der mit der Unternehmenssteuerreform 2008 einhergehenden Entlastungen, wie zB der Absenkung des KÇrperschaftsteuersatzes von 25 % auf 15 %.3 In der steuerlichen Literatur schlgt der Zinsschranke insbesondere wegen europa- und verfassungsrechtlicher Bedenken ua. aufgrund signifikanter VerstÇße gegen elementare Besteuerungsprinzipien wie das objektive Nettoprinzip seit jeher in außerordentlicher Weise Kritik entgegen.4 Die Finanzverwaltung hat mit Schreiben vom 4.7.20085 zur Anwendung der Zinsschranke Stellung genommen.

19.1

II. Funktions- und Wirkungsweise der Zinsschranke 1. Abzugsbeschrnkung Nach § 4h Abs. 1 S. 1 EStG sind Zinsaufwendungen eines Betriebs (Rz. 19.5 ff.) in HÇhe des Zinsertrags (Rz. 19.9) und darÅber hinaus iHv. 30 % des verrechenbaren EBITDA (Rz. 19.10) abzugsfhig. Grundstzlich 1 Unternehmenssteuerreformgesetz 2008, BGBl. I 2007, 1912. 2 BT-Drucks. 16/4841, 31. Die Regierungsfraktionen fÅhren in der GesetzesbegrÅndung aus, dass deutsche Unternehmen im „internationalen Vergleich eine hohe Fremdkapitalquote“ aufweisen und dies problematisch sei, da „Eigenkapital ein wichtiger Schutz vor Insolvenz ist“. Die Zinsschranke ist daher „gegen eine Åbermßige Fremdfinanzierung [...] allein aus GrÅnden der Steueroptimierung“ gerichtet und soll gleichzeitig verhindern, dass „Konzerne mittels grenzÅberschreitender konzerninterne Fremdfinanzierung in Deutschland erwirtschaftete Gewinne ins Ausland transferieren“. 3 Vgl. Hey, BB 2007, 1303 (1303); Åbergeordnete haushaltspolitische Vorgabe der Unternehmenssteuerreform 2008 war eine Beschrnkung der Steuermindereinnahmen auf 5 Mrd. Euro (vgl. BT-Drucks. 16/4841, 30). 4 Vgl. an Stelle vieler Hey, BB 2007, 1303; zumindest der I. Senat des BFH teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken, vgl. zB BFH v. 13.3.2012 – I B 111/11, BStBl. II 2012, 611 = FR 2012, 573; v. 18.12.2013 – I B 85/13, FR 2014, 560 m. Anm. Hick = DStR 2014, 788; aA Heuermann in BlÅmich, § 4h EStR Rz. 24 und 25; Heuermann, DStR 2013, 1; MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 22 mwN.; abwgend und zusammenfassend Prinz, FR 2013, 145. 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 = FR 2008, 778.

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19.2

Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

fÅhrt die Zinsschranke daher fÅr alle Unternehmen unabhngig von deren Rechtsform und der Art der Fremdfinanzierung zu einer Beschrnkung des Zinsabzugs in Abhngigkeit von deren Gewinn.1 2. Betrieb im Sinne der Zinsschranke

19.3 Die Zinsschranke findet grundstzlich Anwendung auf den Nettozinssaldo eines „Betriebs“, § 4h Abs. 1 S. 1 EStG. Mangels eigenstndiger Definition des Betriebsbegriffs fÅr Zwecke der Zinsschranke ist auf das allgemeine Begriffsverstndnis des EStG abzustellen.2 Hiernach ist ein Betrieb jede selbstndige nachhaltige Bettigung, die mit der Absicht unternommen wird, Gewinne zu erzielen und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.3 Ein Einzelunternehmer kann daher mehrere Betriebe unterhalten, wohingegen eine Kapitalgesellschaft regelmßig nur einen Betrieb hat.4 Neben originr gewerblich ttigen Personengesellschaften sind gewerblich geprgte sowie lediglich gewerblich infizierte Personengesellschaften ebenfalls Betriebe im Sinne der Zinsschranke. Wie Kapitalgesellschaften haben Mitunternehmerschaften nur einen Betrieb, der jedoch auch das SonderbetriebsvermÇgen der Mitunternehmer umfasst.5 Daneben umfasst der Betrieb einer Personengesellschaft grundstzlich auch Beteiligungen an Unterpersonengesellschaften, woraus sich hinsichtlich des EBITDA entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ein positiver/negativer Kaskadeneffekt ergeben kann.6 3. Zinssaldo und verrechenbares EBITDA

19.4 Nach § 4h Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 EStG sind Zinsaufwendungen in HÇhe des Zinsertrags uneingeschrnkt abziehbar. Die Zinsschranke orientiert sich damit an der HÇhe des Zinssaldos als berschuss der Zinsaufwendungen Åber die Zinsertrge und nicht an der absoluten HÇhe der Zinsaufwendungen. In dieser Saldierung von Zinsertrgen und Zinsaufwendungen manifestiert sich der gesetzgeberische Wille zur Vermeidung asymmetrischer Finanzierungsstrukturen zu Lasten des deutschen Fiskus.7

19.5 Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke sind gem. § 4h Abs. 3 S. 2 EStG alle VergÅtungen fÅr Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn 1 Vgl. KÇhler, DStR 2007, 597 (597). 2 Vgl. Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 28. 3 Dieser allgemeine Betriebsbegriff lsst sich aus der gesetzlichen Definition des Gewerbebetriebs in § 15 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 EStG ableiten. 4 Diesem Begriffsverstndnis folgt auch die Finanzverwaltung und grenzt den „Betrieb“ fÅr Zwecke der Zinsschranke in Rz. 2 bis 10 des Schreibens zur Zinsschranke, vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, zutreffend ab. 5 Vgl. van Lishaut/Schumacher/Heinemann, DStR 2008, 2341 (2342). 6 Vgl. FG KÇln v. 19.12.2013 – 10 K 1916/12, DStR 2014, 995 – Rev. IV R 4/14; Liekenbrock, DStR 2014, 991; zur gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 42. 7 BT-Drucks. 16/4841, 31.

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A. Grundlagen der Zinsschranke

gemindert haben. Auf den Empfnger der VergÅtung oder die Dauer der KapitalÅberlassung kommt es dabei nicht an.1 Fremdkapital in diesem Sinne sind nach Auffassung der Finanzverwaltung alle KapitalzufÅhrungen in Geld, die nach deutschen Bilanzierungsgrundstzen nicht dem Eigenkapital zuzuordnen sind.2 Aus diesem bilanziellen Verstndnis des Fremdkapitalbegriffs folgt, dass VergÅtungen fÅr die berlassung von Sachwerten wie Mieten und LizenzgebÅhren nicht unter die Zinsschranke fallen. Gleiches gilt fÅr Leasingraten, soweit das wirtschaftliche Eigentum nicht auf den Leasingnehmer Åbergeht.3 Um zukÅnftig insbesondere auch LizenzgebÅhren einer hnlichen Abzugsbeschrnkung zu unterwerfen, wird in der Politik regelmßig die EinfÅhrung einer eigenen „Lizenzschranke“ diskutiert.4

19.6

Als VergÅtungen fÅr Fremdkapital kommen neben klassischen Zinszahlungen auch Aufwendungen wie zB Damnum und Disagio in Betracht, die zwar nicht als Zins berechnet werden aber entsprechenden VergÅtungscharakter aufweisen.5 Im Gegensatz zum Åberlassenen Fremdkapital selbst kann die VergÅtung fÅr die berlassung in Geld oder Sachwerten bestehen.6 Der Gesetzeswortlaut fordert darÅber hinaus einen unmittelbaren Zusammenhang der VergÅtung mit Fremdkapital (VergÅtungen „fÅr“ Fremdkapital). Keine VergÅtungen in diesem Sinne sind daher zB Zinsen nach § 233 AO, Bereitstellungszinsen,7 Entgeltminderungen wie Boni, Skonti und Rabatte sowie Kreditvermittlungsprovisionen.8 Aufwendungen (und Ertrge) aus Auf- bzw. Abzinsungen fÅhren dagegen nach § 4h Abs. 3 S. 4 EStG zu Zinsaufwendungen (bzw. Zinsertrgen) im Sinne der Zinsschranke.

19.7

Die VergÅtungen mÅssen zu einer Minderung des maßgeblichen Gewinns gefÅhrt haben. Zinsaufwendungen, die bereits nach anderen Vorschriften nicht abzugsfhig sind, zB nach §§ 3c, 4 Abs. 4a EStG, § 8 Abs. 3 S. 2 KStG oder § 1 AStG, fallen daher nicht unter die Zinsschranke. Auch Zinsen auf Darlehen eines Mitunternehmers an die Mitunternehmerschaft fallen nicht unter die Zinsschranke, da diese als Sonderbetriebseinnah-

19.8

1 2 3 4 5 6 7 8

Vgl. FÇrster in Gosch, KStG2, § 4h EStG Rz. 125. Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, 718, Rz. 11. Vgl. Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 35. Vgl. Ditz/Pinkernell/Quilitzsch, IStR 2014, 45 (46 ff.). Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 15. Vgl. Hick in HHR, § 4h EStG Anm. 75. Vgl. BFH v. 10.7.1996 – I R 12/96, BStBl. II 1997, 253 = FR 1996, 797. Vgl. Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 35; FÇrster in Gosch, KStG2, § 4h EStG Rz. 128 ff.; nach Auffassung der Finanzverwaltung gilt dies nicht fÅr Provisionen und GebÅhren, die an den Fremdkapitalgeber selbst gezahlt werden, vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 15.

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Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

men des Mitunternehmers den Gewinn der Mitunternehmerschaft insgesamt nicht gemindert haben, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG.1

19.9 Nach § 4h Abs. 3 S. 3 EStG sind Zinsertrge im Sinne der Zinsschranke alle Ertrge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhÇht haben. Korrespondierend zum Verstndnis des Fremdkapitalbegriffs sind als Kapitalforderungen in diesem Sinne Forderungen aus GeldÅberlassungen zu verstehen, die auf Ebene des Kapitalnehmers nicht zu dessen Eigenkapital gehÇren.2 Als Ertrge aus solchen Forderungen sind analog zu den VergÅtungen fÅr Fremdkapital jedwede Gegenleistungen fÅr die KapitalÅberlassung anzusehen.3 Auch wenn die Finanzverwaltung im Rahmen des Erlasses hierzu schweigt, fÅhren Hinzurechnungsbetrge nach § 1 AStG und GewinnerhÇhungen durch verdeckte GewinnausschÅttungen aus niedrig- oder unverzinslichen Darlehen zu Zinsertrgen im Sinne der Zinsschranke.4

19.10 bersteigen die Zinsaufwendungen die Zinsertrge, ist der sich ergebende negative Zinssaldo in HÇhe des verrechenbaren EBITDA abzugsfhig. Das verrechenbare EBITDA betrgt nach § 4h Abs. 1 S. 2 EStG 30 % des um Zinsaufwendungen und Abschreibungen (nicht jedoch zB Teilwertabschreibungen und Sonderabschreibungen nach § 7g EStG) erhÇhten und um Zinsertrge geminderten maßgeblichen Gewinns. Was wiederum als maßgeblicher Gewinn gilt, regelt § 4h Abs. 3 S. 1 EStG. Hiernach ist maßgeblicher Gewinn der nach den Vorschriften des EStG ermittelte steuerpflichtige Gewinn vor Anwendung der Zinsschranke. Entsprechend ergibt sich folgendes Ermittlungsschema: Berechnungsschema steuerliches EBITDA (Personenunternehmen)5 Steuerpflichtiger Gewinn vor Anwendung der Zinsschranke + Zinsaufwendungen + Als Betriebsausgabe erfasste GWG (§ 6 Abs. 2 S. 1 EStG) + AuflÇsung des Sammelpostens (§ 6 Abs. 2a S. 2 EStG) + Abschreibungen (§ 7 EStG) ./. Zinsertrge = steuerliches EBITDA (davon 30 % verrechenbar) 1 Vgl. Fischer/Wagner, BB 2007, 1811; die Finanzverwaltung will diesen Grundsatz in europarechtlich bedenklicher Weise auf Flle einschrnken, in denen die Sonderbetriebseinnahmen des Mitunternehmers auch in Deutschland steuerpflichtig sind, vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 19. 2 Vgl. FÇrster in Gosch, KStG2, § 4h EStG Rz. 143. 3 Vgl. Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 36. 4 Vgl. KÇhler/Hahne, DStR 2008, 1505 (1507); FÇrster in Gosch, KStG2, § 4h EStG Rz. 147 f.; Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 36. 5 Abbildung hnlich MÇhlenbrock in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 50.

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A. Grundlagen der Zinsschranke

Da AusgangsgrÇße fÅr die Berechnung des verrechenbaren EBITDA der steuerpflichtige Gewinn nach den Vorschriften des EStG ist, erhÇhen steuerfreie Betriebseinnahmen und Einlagen das Zinsabzugspotential nicht.1 Im Gegenzug mindern nichtabzugsfhige Betriebsausgaben das verrechenbare EBITDA nicht. Verdeckte GewinnausschÅttungen einer Kapitalgesellschaft erhÇhen deren verrechenbares EBITDA, da insoweit auf das maßgebliche Einkommen abgestellt wird, § 8a Abs. 1 S. 1 KStG.2 Bei Mitunternehmerschaften ist zu beachten, dass es auf den Gesamtbetrieb der Mitunternehmerschaft und damit auf den steuerpflichtigen Gewinn der Mitunternehmerschaft inklusive der Ergebnisse aus Ergnzungs- und Sonderbilanzen ankommt.3

19.11

4. Zins- und EBITDA-Vortrag Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz4 wurde der EBITDA-Vortrag eingefÅhrt. Grundstzlich ist die Regelung fÅr alle Wirtschaftsjahre anwendbar, die nach dem 31.12.2009 enden, § 52 Abs. 12d S. 4 EStG aF Allerdings erhÇhen (fiktive) EBITDA-Vortrge, die sich bei entsprechender Anwendung der Norm aus Vorjahren ergeben nach § 52 Abs. 12d S. 5 EStG aF auf Antrag das EBITDA des ersten Wirtschaftsjahres, das nach dem 31.12.2009 endet, so dass die Regelung effektiv rÅckwirkend ab EinfÅhrung der Zinsschranke angewandt werden kann. Eine Nutzung des fiktiven EBITDA-Vortrags innerhalb des RÅckwirkungszeitraums, also in Wirtschaftsjahren, die vor dem 31.12.2009 enden, ist allerdings nicht mÇglich. bersteigt das verrechenbare EBITDA den Zinssaldo eines Jahres, kann dieses nicht ausgeschÇpfte verrechenbare EBITDA nach § 4h Abs. 1 S. 3 Halbs. 1 EStG in zukÅnftige Wirtschaftsjahre vorgetragen werden. Der EBITDA-Vortrag ist durch das fÅr die Feststellung des Gewinns bzw. die Besteuerung zustndige Finanzamt gem. § 4h Abs. 4 EStG gesondert festzustellen.

19.12

Soweit eine der RÅckausnahmen von der Zinsschranke zur Anwendung kommen kÇnnte (Rz. 19.17 ff.), entsteht nach § 4h Abs. 1 S. 3 Halbs. 2 EStG kein EBITDA-Vortrag. Ob eine solche RÅckausnahme auch dann vorliegt, wenn die Zinsertrge die Zinsaufwendungen Åbersteigen (positiver Zinssaldo), ist jedenfalls nicht eindeutig. Soweit man hierin einen Fall der Freigrenze nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. a) EStG sieht, entstÅnde kein EBITDA-Vortrag.5 Allerdings steht dieser Betrachtungsweise wohl der Ge-

19.13

1 Vgl. FÇrster in Gosch, KStG2, § 4h EStG Rz. 122. 2 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 41. 3 Vgl. Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 40; zur Problematik der Erfassung des Gewinnanteils eines Mitunternehmers im Rahmen dessen eigenen Betriebs im Sinne der Zinsschranke (Beteiligungen im BetriebsvermÇgen) vgl. van Lishaut/Schumacher/Heinemann, DStR 2008, 2341 (2343) bzw. zur Auffassung der Finanzverwaltung in solchen Fllen BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 42. 4 Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums, BGBl. I 2009, 3950. 5 Es ist zu erwarten, dass die Finanzverwaltung diese Betrachtungsweise verfolgen wird.

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Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

setzeswortlaut entgegen. Denn tatbestandliche Voraussetzung der Freigrenze ist es, dass die Zinsaufwendungen die Zinsertrge Åbersteigen, was hier gerade nicht der Fall ist.1 Soweit die Zinsertrge die Zinsaufwendungen eines Jahres Åbersteigen und weder die Konzernklausel noch Escape Klausel anwendbar wren, entsteht daher ein EBITDA-Vortrag in HÇhe des insgesamt vorhandenen verrechenbaren EBITDA.2

19.14 Ein negativer Zinssaldo, der das verrechenbare EBITDA eines Jahres Åbersteigt und insoweit grundstzlich zu nichtabzugsfhigen Zinsaufwendungen fÅhren wÅrde, kann in HÇhe des EBITDA-Vortrags abgezogen werden und mindert vorhandene EBITDA-Vortrge in der zeitlichen Reihenfolge ihrer Entstehung (FiFo), § 4h Abs. 1 S. 4 EStG.3 Ein nicht genutzter EBITDA-Vortrag verfllt nach fÅnf Jahren, § 4h Abs. 1 S. 3 Halbs. 1 EStG.

19.15 Verbleiben nach BerÅcksichtigung eines eventuell vorhandenen EBITDAVortrags nichtabzugsfhige Zinsaufwendungen, werden diese nach § 4h Abs. 1 S. 5 EStG als Zinsvortrag in die folgenden Wirtschaftsjahre vorgetragen. Wie der EBITDA-Vortrag ist auch der Zinsvortrag gesondert festzustellen. Ein Zinsvortrag erhÇht die Zinsaufwendungen der Folgejahre, hat allerdings keinen Einfluss auf den maßgeblichen Gewinn dieser Jahre. WÅrden der Zinsvortrag bzw. die zugrunde liegenden Zinsaufwendungen erneut den maßgeblichen Gewinn erhÇhen, wren diese im Ergebnis mehrfach im verrechenbaren EBITDA berÅcksichtigt.4 Anders als der EBITDA-Vortrag ist der Zinsvortrag zeitlich nicht begrenzt.

19.16 Die Aufgabe oder bertragung des Betriebs (im Sinne der Zinsschranke) fÅhrt nach § 4h Abs. 5 S. 1 EStG zum Untergang der Vortrge. Nach Auffassung der Finanzverwaltung fÅhrt auch die Aufgabe oder bertragung eines Teilbetriebs zum anteiligen Untergang.5 Diese Åber den Gesetzeswortlaut hinausgehende teleologische Extension durch die Finanzverwaltung wird in der steuerlichen Literatur zutreffend weit Åberwiegend abgelehnt.6 Denn dieser Betrachtungsweise steht der eindeutige Wortlaut des

1 Vgl. ausfÅhrlich RÇdder, DStR 2010, 529 (530). 2 Vgl. MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 240 b. 3 Vgl. Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 48; so auch die GesetzesbegrÅndung, BT-Drucks. 17/15, 17. 4 Vgl. FÇrster in Gosch, KStG2, § 4h EStG Rz. 57. 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 47, fÅr den Zinsvortrag, fÅr den EBITDA-Vortrag wird die Finanzverwaltung wohl ebenso vorgehen wollen. 6 Vgl. zB FÇrster in Gosch, KStG2, § 4h EStG Rz. 183; Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 104; Hick in HHR, § 4h EStG Anm. 113; KÇhler/Hahne, DStR 2008, 1513; Schaden/Kshammer, BB 2007, 2317; wohl auch MÇhlenbrock/ Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 244, die die Auffassung der Finanzverwaltung mit Verweis auf das zum gewerbesteuerlichen Verlustvortrag bei einer Teilbetriebsverußerung ergangene Urteil des BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt zumindest nicht vorbehaltlos ablehnen.

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A. Grundlagen der Zinsschranke

§ 4h Abs. 5 S. 1 EStG klar entgegen, welcher die Aufgabe oder Verußerung des (gesamten) Betriebs fordert.1 Wird lediglich ein Teilbetrieb aufgegeben oder verußert, besteht der Betrieb im Sinne der Zinsschranke aber gerade fort, so dass ein Zins- oder EBITDA-Vortrag dieses Betriebs entsprechend ebenfalls weiter besteht.2 Auch das zum anteiligen Untergang eines gewerbesteuerlichen Verlustvortrags im Falle einer Teilbetriebsverußerung ergangene Urteil des BFH vom 7.8.20083 ndert hieran nichts. Denn im Gegensatz zum gewerbesteuerlichen Verlustvortrag, der ua. auf die Unternehmensidentitt abstellt, sind Zins- und EBITDAVortrag gesetzlich lediglich an den Fortbestand des Betriebs geknÅpft.4 Auf den Zinsvortrag einer Kapitalgesellschaft, nicht jedoch den EBITDAVortrag, ist Åberdies § 8c KStG entsprechend anzuwenden, § 8a Abs. 1 S. 3 KStG (zu den Besonderheiten fÅr Kapitalgesellschaften insgesamt s. Rz. 19.25 ff.).5

III. Ausnahme von der Zinsschranke 1. Freigrenze und Konzernklausel Um den Anwendungsbereich der Zinsschranke entsprechend den gesetzgeberischen Zielen auf Fremdkapitalfinanzierungen aus GrÅnden der Steueroptimierung zu beschrnken (Rz. 19.1), enthlt § 4h Abs. 2 S. 1 EStG in Form der Freigrenze, der Konzernklausel (Rz. 19.18) sowie der Escape Klausel (Rz. 19.21) drei Ausnahmetatbestnde. Die Ausnahmeregeln sind jahresbezogen anzuwenden und kÇnnen fÅr das jeweilige Wirtschaftsjahr zu einer generellen Nichtanwendung der Zinsschranke fÅhren.6

19.17

Nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. a) EStG kommt die Zinsschranke nicht zur Anwendung, wenn der Zinssaldo (Rz. 19.4) weniger als drei Millionen Euro betrgt.7 Die Freigrenze soll insbesondere sicherstellen, dass kleinere und mittlere Betriebe von der Zinsschranke nicht betroffen sind.8 Da es

19.18

1 Vgl. Hick in HHR, § 4h EStG Anm. 113; FÇrster in Gosch, KStG2, § 4h EStG Rz. 183; Fischer/Wagner, BB 2008, 1872 (1875). 2 Vgl. Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 104; Frotscher in Frotscher/Geurts, § 4h EStG Rz. 190; MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 244. 3 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. 4 Vgl. Hick in HHR, § 4h EStG Anm. 113. 5 Vgl. MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 243. 6 Vgl. Frotscher in Frotscher/Geurts, § 4h EStG Rz. 57. 7 Die ursprÅngliche Freigrenze von E 1 Mio. wurde rÅckwirkend und zunchst zeitlich begrenzt auf Wirtschaftsjahre, die vor dem 31.12.2009 enden auf E 3 Mio. erhÇht, spter wurde die zeitliche Begrenzung der ErhÇhung aufgehoben. 8 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 48; Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 52.

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Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

sich um eine Freigrenze handelt, ist deren Anwendung ab einem Zinssaldo von drei Millionen Euro ausgeschlossen („Fallbeilprinzip“).

19.19 GehÇrt ein Betrieb nicht oder nur anteilsmßig zu einem Konzern, kommt die Zinsschranke nach der in § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b) EStG verankerten Konzernklausel ebenfalls nicht zur Anwendung. Die Konzernklausel trgt damit einem der grundstzlichen Ziele der Zinsschranke Rechnung, nmlich der Vermeidung von steuermindernden Gestaltungen grenzÅberschreitender Konzerne.1 Ob ein Betrieb zu einem Konzern im Sinne der Zinsschranke gehÇrt, richtet sich nach § 4h Abs. 3 S. 5 und 6 EStG. Ein Betrieb ist hiernach Teil eines Konzerns im Sinne der Zinsschranke, wenn er nach dem fÅr den Eigenkapitalvergleich (Rz. 19.21 ff.) zugrunde gelegten Rechnungslegungsstandard (Rz. 19.24) mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird oder werden kÇnnte.2 DarÅber hinaus gehÇrt ein Betrieb auch dann zu einem Konzern (Gleichordnungskonzern), wenn seine Finanz- und Geschftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann.3 Die Konzernspitze muss selbst keinen Betrieb im Sinne der Zinsschranke unterhalten.4

19.20 Die Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der KonzernzugehÇrigkeit hat der Gesetzgeber nicht beantwortet. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist grundstzlich auf die Verhltnisse am vorangegangenen Abschlussstichtag des Betriebs (und nicht des Konzernabschlusses) abzustellen. Werden Betriebe im Sinne der Zinsschranke unterjhrig erworben bzw. verußert, soll dieser Grundsatz ebenfalls gelten.5 Diese Auslegung der Finanzverwaltung lsst sich wohl insbesondere mit Vereinfachungsaspekten begrÅnden.6 Gleichwohl ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Regelung, dass ein zB durch Verußerung aus einem Konzern ausscheidender Betrieb nach der Verußerung anfallende Zinsaufwendungen nicht abziehen dÅrfen soll.7 Eine insoweit nachteilige Anwendung der Regelung durch die Finanzverwaltung ist auch

1 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 31. 2 Sog. erweiterter Konzernbegriff, vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 59. 3 Als Beispiel hierfÅr nennt die Finanzverwaltung in Rz. 60 des BMF v 4.7.2008, aaO, eine natÅrliche Person, die mehrere von ihr beherrschte Beteiligungen im PrivatvermÇgen hlt und somit als Konzernspitze fungiert. Allein die faktische MÇglichkeit, die Finanz- und Geschftspolitik mehrere Betriebe aufgrund der Identitt der handelten Personen (zB GeschftsfÅhrer) einheitlich zu bestimmten reicht hierfÅr jedoch nicht aus, vgl. FG MÅnchen v. 14.12.2011 – 7 V 2442/11, FR 2012, 354 mit Anm. TÇben. 4 Vgl. Hick in HHR, § 4h EStG Anm. 95. 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 68. 6 Vgl. FÇrster in Gosch, KStG2, § 4h EStG Rz. 162; hnlich Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 59. 7 Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 59.

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nicht mit VereinfachungsÅberlegungen zu rechtfertigen und daher abzulehnen.1 Neu gegrÅndete Betriebe einschließlich der NeugrÅndung durch Umwandlungen betrachtet die Finanzverwaltung ab deren GrÅndung als konzernzugehÇrig im Sinne der Zinsschranke. Offensichtlich kann dies nur insoweit gelten, als dass es sich um NeugrÅndungen von Betrieben innerhalb eines bestehenden Konzerns im Sinne der Zinsschranke handelt. Denn entsteht ein Konzern whrend des laufenden Jahres, zB durch den Erwerb von Tochtergesellschaften, gelten diese Betriebe auch nach Auffassung der Finanzverwaltung erst zum folgenden Abschlussstichtag als konzernzugehÇrig. Wre die Entstehung eines Konzerns durch NeugrÅndungen anders zu behandeln, lge insoweit eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vor.2 2. Escape Klausel bersteigt der Zinssaldo eines Betriebs die Freigrenze von drei Millionen Euro und gehÇrt dieser Betrieb zu einem Konzern, kommt die Zinsschranke nach der in § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c) EStG normierten Escape Klausel nicht zur Anwendung, wenn die Eigenkapitalquote des Betriebs zum vorangegangenen Abschlussstichtag mindestens genauso hoch ist wie die Eigenkapitalquote des Konzerns. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber erreichen, dass ein Unternehmen dann nicht von der Zinsschranke betroffen ist, wenn es eine fÅr den Konzern Åbliche Kapitalstruktur aufweist.3 Ein Unterschreiten der Eigenkapitalquote des Konzerns um nicht mehr als zwei Prozentpunkte ist aufgrund der Toleranzgrenze nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c) S. 2 EStG unschdlich fÅr die Escape Klausel. Weicht der Abschlussstichtag des Betriebs vom Stichtag des Konzernabschlusses ab, ist fÅr die Eigenkapitalquote des Betriebs der Abschluss heranzuziehen, der in den Konzernabschluss eingegangen ist.4

19.21

Die Eigenkapitalquote errechnet sich durch Division des Eigenkapitals durch die Bilanzsumme auf Basis des Jahres- bzw. Einzelabschlusses fÅr den Betrieb bzw. fÅr die Konzerneigenkapitalquote auf Basis des Konzernabschlusses, der den Betrieb umfasst. § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c) S. 4 ff. EStG regelt darÅber hinaus, wie die maßgeblichen AbschlÅsse fÅr Zwecke der Escape Klausel zu modifizieren sind. So sind zB Wahlrechte einheitlich auszuÅben und das Eigenkapital des Betriebs ist um einen im Konzernabschluss enthaltenen Firmenwert des Betriebs zu erhÇhen bzw. um

19.22

1 FÅr eine Zeitraum- und nicht Zeitpunktbezogene Betrachtung sprechen sich ebenfalls MÇhlenbrock/Pung aus, vgl. MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 90; aA wohl Hick in HHR, § 4h EStG Anm. 42. 2 Vgl. FÇrster in Gosch, KStG2, § 4h EStG Rz. 162. 3 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2389). 4 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 70.

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Anteile an anderen Konzerngesellschaften und Einlagen der letzten sechs Monate zu kÅrzen.1 Die Korrekturen des Eigenkapitals sind nach zutreffender Auffassung der Finanzverwaltung ebenfalls fÅr die Bilanzsumme durchzufÅhren, auch wenn der Gesetzeswortlaut dies nicht vorsieht.2

19.23 Durch die KÅrzung des Eigenkapitals um den Buchwert der Anteile an anderen Konzerngesellschaften soll nach dem Willen des Gesetzgebers die kaskadenartige mehrfache BerÅcksichtigung desselben Eigenkapitals im Rahmen des Eigenkapitalvergleichs vermieden werden.3 Die BuchwertkÅrzung in ihrer derzeitigen Form geht allerdings darÅber hinaus, denn die KÅrzung des Eigenkapitals erfolgt unabhngig von der Finanzierung der Beteiligung und auch bei Åber das bilanzielle Eigenkapital hinausgehenden Kaufpreiszahlungen vollumfnglich.4 Im Ergebnis fÅhrt die BuchwertkÅrzung dazu, dass fremdfinanzierte Beteiligungserwerbe die Eigenkapitalquote des erwerbenden Betriebs in doppelter Hinsicht mindern, nmlich einmal durch die bilanziell erfasste Fremdfinanzierung und ein zweites Mal im Rahmen der BuchwertkÅrzung.5 Teilweise wird dieses Ergebnis in der Literatur fÅr sachgerecht gehalten, da die Summe des auf Ebene der einzelnen Betriebe genutzten Eigenkapitals dem im Konzernabschluss ausgewiesen Eigenkapital entspricht und so der Kaskadeneffekt vermieden wird.6 Zur Verdeutlichung dient das nachfolgende Beispiel. Beispiel: Die vollstndig durch Eigenkapital finanzierte A GmbH hat eine Bilanzsumme iHv. 100. Die A GmbH erwirbt nun die B GmbH fÅr 100 und finanziert diesen Erwerb vollstndig durch Fremdkapital. Die B GmbH ist zu 50 % Fremdfinanziert und hat eine Bilanzsumme von 100, die sich ergebenden stillen Reserven iHv. 50 entfallen in voller HÇhe auf den Firmenwert. LÇsung: Die Eigenkapitalquote des Konzerns betrgt 40 % (Eigenkapital 100/Bilanzsumme 250). Die Eigenkapitalquote der B GmbH betrgt nach ErhÇhung des Eigenkapitals und der Bilanzsumme um 50 fÅr den Firmenwert 67 % (Eigenkapital 100/Bilanzsumme 150). Die nach § 4h Abs. 2. S. 1 Buchst. c) EStG berechnete Eigenkapitalquote der A GmbH als Betrieb betrgt allerdings 0 %, da das vor Erwerb der B GmbH vorhandene Eigenkapital iHv. 100 vollstndig durch die BuchwertkÅrzung um die Anteile an der B-GmbH aufgezehrt wird.

Zutreffender und auch aus Çkonomischer Sicht begrÅßenswert wre es daher, die BuchwertkÅrzung zumindest entsprechend der wirtschaftlichen 1 Vgl. ausfÅhrlich zur Eigenkapital- und Quotenbereinigung Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 74 ff. 2 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 76; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 145f; MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 154. 3 Vgl. BT-Drucks. 16/4835, 2; MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 154. 4 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 145; IDW, FN-IDW 2010, 213 (223). 5 Vgl. Hick in HHR, § 4h EStG Anm. 54. 6 MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 154.

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Realitt auf den Teil des Beteiligungsbuchwerts zu limitieren, der aus Eigenmitteln finanziert wurde.1 Umsetzbar wre dies zB durch Multiplikation des Beteiligungsbuchwerts mit der Eigenkapitalquote des Betriebs von BuchwertkÅrzung. Die fÅr den Eigenkapitalvergleich maßgeblichen AbschlÅsse sind nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c) S. 8 ff. EStG grundstzlich einheitlich und nach den fÅr den Konzernabschluss anzuwendenden Rechnungslegungsstandards und vorranging nach den IFRS zu erstellen.2 Ist kein Konzernabschluss nach den IFRS zu erstellen und offen zu legen und wurde ein solcher fÅr keines der vergangenen fÅnf Jahre erstellt, kÇnnen die maßgeblichen AbschlÅsse abweichend hiervon nach den handelsrechtlichen Vorschriften eines der Mitgliedstaaten der EU erstellt werden. Nach den USGAAP zu erstellende und offen zu legende AbschlÅsse sind dann zu verwenden, wenn weder ein Konzernabschluss nach den IFRS noch dem Handelsrecht eines der EU-Mitgliedstaaten erstellt wird. Wurden fÅr den Einzel- oder Jahresabschluss des Betriebs einerseits und den Konzernabschluss andererseits unterschiedliche Rechnungslegungsstandards angewandt, ist die Eigenkapitalquote des Betriebs durch eine berleitungsrechnung nach den fÅr den Konzernabschluss angewandten Rechnungslegungsstandards zu ermitteln. Die berleitungsrechnung muss einer prÅferischen Durchsicht unterzogen werden, außerdem kann die Finanzverwaltung die PrÅfung der berleitungsrechnung oder des Abschlusses des Betriebs durch einen AbschlussprÅfer verlangen.

19.24

3. Besonderheiten fÅr Kapitalgesellschaften § 8a KStG enthlt mehrere spezielle Regelungen fÅr KÇrperschaften in Zusammenhang mit der Anwendung der Zinsschranke, insbesondere zur Konzern- und Escape Klausel. FÅr KÇrperschaften tritt nach § 8a Abs. 1 S. 1 KStG das maßgebliche Einkommen an die Stelle des maßgeblichen Gewinns. Maßgebliches Einkommen ist nach § 8a Abs. 1 S. 2 KStG das nach den Vorschriften des EStG und des KStG ermittelte Einkommen vor Anwendung der §§ 4h und 10d EStG (Zinsschranke und Verlustvor- bzw. -rÅcktrag) sowie § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG (Spenden). Insbesondere fÅr Holdingkapitalgesellschaften ist diese Bezugnahme von Nachteil, da deren Einnahmen in der Regel effektiv zu 95 % steuerbefreit sind.3 FÅr Kapitalgesellschaften ergibt sich insgesamt folgendes Berechnungsschema fÅr das verrechenbare EBITDA:

1 Vgl. Kessler/KÇhler/KnÇrzer, IStR 2007, 418 (420 f.); RÇdder/Stangl, DB 2007, 479 (484); IDW, FN-IDW 2010, 213 (223). 2 Vgl. DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 71; FÇrster in Gosch, KStG2, § 4h EStG Rz. 78; zum relevanten Konsolidierungskreis im Konzernabschluss ausfÅhrlich vgl. Brunsbach, IStR 2010, 745. 3 Vgl. Prinz in HHR, § 8a KStG Anm. 10, der ebenfalls darauf hinweist, dass die Zinsschranke bei reinen Holdinggesellschaften die Pauschalierung der nichtabzugsfhigen Betriebsausgaben des § 8b Abs. 5 KStG insoweit unterluft.

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19.25

Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

Berechnungsschema steuerliches EBITDA (KÇrperschaften) Stpfl. Einkommen vor Anwendung der Zinsschranke + Verlustabzug (§ 10d EStG) + Spendenabzug (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG) = Zwischensumme (maßgebliches Einkommen) + Zinsaufwendungen + Als Betriebsausgabe erfasste GWG (§ 6 Abs. 2 S. 1 EStG) + AuflÇsung des Sammelpostens (§ 6 Abs. 2a S. 2 EStG) + Abschreibungen (§ 7 EStG) ./. Zinsertrge = steuerliches EBITDA (davon 30 % verrechenbar)

19.26 § 8a Abs. 1 S. 3 KStG bestimmt außerdem, dass auf den Zinsvortrag, nicht jedoch den EBITDA-Vortrag, § 8c KStG entsprechend anzuwenden ist.1 Die in § 8c Abs. 1 S. 6 ff. KStG enthaltene Regelung zum Erhalt der steuerlichen Verlustvortrge in HÇhe der vorhandenen (und im Inland steuerpflichtigen) stillen Reserven gilt auch fÅr den Zinsvortrag, allerdings schreibt das Gesetz die vorrangige Verrechnung der stillen Reserven mit Verlustvortrgen vor.2 Ein Zinsvortrag bleibt damit im Rahmen eines schdlichen Mantelkaufs aufgrund von stillen Reserven nur dann erhalten, soweit die relevanten stillen Reserven die Verlustvortrge Åbersteigen.3

19.27 KÇrperschaften kÇnnen sich nach § 8a Abs. 2 und 3 KStG nur dann auf die Konzernklausel (Rz. 19.19 ff.) oder den Eigenkapitalquotenvergleich (Rz. 19.21 ff.) berufen, wenn keine schdliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt und die KÇrperschaft dies nachweist.4 Eine schdliche Gesellschafterfremdfinanzierung liegt in Anlehnung an den Gesetzeswortlaut dann vor, wenn 1. VergÅtungen fÅr Fremdkapital an einen zu mehr als 25 % unmittelbar oder mittelbar beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahe stehende Person oder einen rÅckgriffsberechtigten Dritten5 gezahlt werden, die 2. mehr als 10 % des Zinssaldos (Rz. 19.4) betragen.

1 Vgl. ausfÅhrlich zur Anwendung des § 8c KStG auf den Zinsvortrag Prinz, DB 2012, 2367. 2 Vgl. MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 243a. 3 Vgl. Prinz in HHR, § 8a KStG Anm. 14. 4 Vgl. FÇrster in Gosch, KStG2, § 8a Rz. 33 und 74. 5 Zum Begriff des rÅckgriffsberechtigten Dritten vgl. MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 116; Prinz in HHR, § 8a KStG Anm. 22; Heuermann in BlÅmich, § 8a KStG Rz. 25 ff.; ausfÅhrlich Kreft/ Schmitt-Hohmann, BB 2008, 2099.

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A. Grundlagen der Zinsschranke

Obwohl gerade das Gegenteil gewollt ist, lsst § 8a Abs. 3 S. 1 KStG seinem Wortlaut nach die Anwendung der Escape Klausel zu, wenn (irgend-) eine Konzerngesellschaft den Test auf eine schdliche Gesellschafterfremdfinanzierung besteht.1 Aufgrund der eindeutigen gesetzgeberischen Intention Åberzeugt dieses Ergebnis allerdings nicht, vielmehr ist die Regelung entsprechend deren Zweck auszulegen und richtig zu stellen.2 FÅr die Anwendung der Escape Klausel ist der Nachweis, dass keine schdliche Gesellschafterfinanzierung vorliegt daher fÅr den gesamten, weltweiten Konzern zu erbringen. Konzerninterne Finanzierungen gelten nach § 8a Abs. 3 S. 2 KStG fÅr die PrÅfung auf schdliche Gesellschafterfinanzierungen als unbeachtlich. Als wesentlich beteiligte Gesellschafter gelten in diesem Zusammenhang alle Personen, die an irgendeiner dem Konzern zugehÇrigen Gesellschaft entsprechend beteiligt sind. Außerdem darf keine dem Konzern zugehÇrende Gesellschaft mehr als 10 % ihres Nettozinsaufwands an einen schdlichen Kapitalgeber zahlen. Mit anderen Worten fÅhrt aufgrund dieser konzernweiten Betrachtung der fehlende Nachweis Åber die Nichtexistenz einer schdlichen Gesellschafterfinanzierung auch bei einer materiell unbedeutenden oder auslndischen Konzerngesellschaft zur Versagung der Escape Klausel fÅr alle dem Konzern zugehÇrigen KÇrperschaften.3

19.28

Die Regelung zur schdlichen Gesellschafterfremdfinanzierung und deren Anwendung durch die Finanzverwaltung sind nicht unumstritten. Aufgrund des Vergleichs des anteiligen Zinssaldos mit den (Brutto-) Zinsaufwendungen fÅr Gesellschafterdarlehen steigern grundstzlich wÅnschenswerte Zinsertrge durch die Minderung des Zinssaldos das Risiko einer schdlichen Gesellschafterfremdfinanzierung.4 DarÅber hinaus will die Finanzverwaltung zur PrÅfung der 10 %-Grenze im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auf die Summe der Zinsaufwendungen an alle potentiell schdlichen Fremdkapitalgeber abstellen.5 Diese Auffassung der Finanzverwaltung findet grundstzlich auch Zustimmung in der steuerlichen Literatur, gestÅtzt auf den Gesetzeswortlaut wird teilweise jedoch auch eine separate, empfngerbezogene PrÅfung gefordert.6 HÇchstrichterliche Rechtsprechung in diesem Zusammenhang steht noch aus, darf jedoch er-

19.29

1 Vgl. zur gesetzgeberischen Intention BT-Drucks. 16/4841, 75. 2 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 165; MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 164. 3 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 80; Schaden/Kshammer, BB 2007, 2259 (2264). 4 Vgl. MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 102. 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 82. 6 Der Finanzverwaltung zustimmend vgl. FÇrster in Gosch, KStG2, § 8a Rz. 55; Prinz in HHR, § 8a KStG Anm. 23; FG Nds. v. 11.7.2013 – 6 K 226/11, EFG 2013, 1790 – Rev. I R 57/13; aA Heuermann in BlÅmich, § 8a KStG Rz. 28; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 92; Herzig/Liekenbrock, Ubg 2009, 750 (760); grds. ebenfalls ablehnend Beschluss des FG Nds. v. 18.2.2010 – 6 V 21/10, DStR 2010, 597.

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wartet werden.1 Als problematisch wird ebenfalls die gesetzliche Beweislastumkehr angesehen, insbesondere weil sich der Nachweis eines Nichtexistenten in der Praxis regelmßig schwierig und faktisch unmÇglich darstellen dÅrfte.2 Vollkommen berechtigt steht dabei insbesondere die konzernweite Betrachtungsweise in § 8a Abs. 3 S. 1 KStG zur Escape Klausel in der Kritik, die den Nachweis fÅr große globale Konzerne mit entsprechender EigentÅmerstruktur praktisch unmÇglich macht und Åberdies mit dem Lenkungszwecke der Zinsschranke, nmlich der Minderung von Gewinnverlagerungen ins Ausland, potentiell in einem Konflikt steht.3

B. Sondervorschriften fÅr die Organschaft I. Modifikationen der Zinsschranke innerhalb des Organkreises 1. Betriebsfiktion und Bruttomethode

19.30 § 15 KStG modifiziert die ertragsteuerliche Einkommensermittlung fÅr Organschaften und schreibt in § 15 S. 1 Nr. 3 KStG die organschaftliche Bruttomethode fÅr Zwecke der Zinsschranke vor.4 Bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft ist § 4h EStG nicht anzuwenden, Zinsaufwendungen der Organgesellschaft mindern deren Einkommen daher unbeschrnkt. Soweit das dem Organtrger zugerechnete Einkommen der Organgesellschaft Zinsaufwendungen und Zinsertrge im Sinne der Zinsschranke enthlt, sind diese bei der Anwendung des § 4h Abs. 1 EStG auf den Organtrger zu berÅcksichtigen. Im Ergebnis kommt es damit zu einer Addition des Zinsaufwands und Zinsertrags aller vom Organkreis abgedeckten Gesellschaften auf Ebene des Organtrgers. In Zusammenhang mit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Finanzierungsentgelten stellt sich insbesondere die Frage nach der Aufteilung von nach der Zinsschranke nicht abzugsfhigem Zinsaufwand auf die einzelnen Organgesellschaften, da diese im Rahmen der (eigenstndigen) Gewerbeertragsermittlung der Organgesellschaft insoweit nicht der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG unterliegen.5

19.31 Nach § 15 S. 1 Nr. 3 S. 2 KStG gelten der Organtrger und die Organgesellschaften als ein einziger Betrieb im Sinne der Zinsschranke. Zwischengeschaltete Gesellschaften im Rahmen von mittelbaren Organschaften 1 Vgl. unter I R 57/13 anhngiges Verfahren des BFH, Vorinstanz FG Nds. v. 11.7.2013 – 6 K 226/11, EFG 2013, 1790. 2 Vgl. Heuermann in BlÅmich, § 8a KStG Rz. 37; KÇhler, DStR 2007, 597 (599); Prinz in HHR; § 8a KStG Anm. 30; RÇdder/Stangl, DB 2007, 479 (484). 3 Vgl. Schaden/Kshammer, BB 2007, 2259 (2264); Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2389); KÇhler/Hahne, DStR 2008, 1505 (1516). 4 Vgl. Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 63. 5 Vgl. Schuck/Faller, DB 2010, 2186 (2188 ff.).

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B. Sondervorschriften fÅr die Organschaft

sind nicht Bestandteil dieses Betriebs.1 Ob diese Betriebsfiktion dazu fÅhrt, dass organkreisinterne Darlehensbeziehungen fÅr Zwecke der Zinsschranke quasi zu konsolidieren und damit bereits dem Grunde nach unbeachtlich sind, oder ob sich Zinsaufwand und -ertrag solcher Darlehen erst auf Ebene des Organtrgers neutralisieren, ist umstritten.2 Nach der GesetzesbegrÅndung soll die Betriebsfiktion auch dem Umstand Rechnung tragen, dass Finanzierungsgestaltungen innerhalb eines Organkreises aus Sicht des Gesetzgebers keine Bedeutung haben.3 Mit anderen Worten wollte der Gesetzgeber mit der Betriebsfiktion ua. die Unbeachtlichkeit von organkreisinternen Darlehensbeziehungen fÅr die Zinsschranke gesetzlich fixieren, da diese dem Sinn und Zweck der Zinsschranke nach unschdlich sind.4 Der Wortlaut des Gesetzes steht dieser Betrachtungsweise ebenso wenig entgegen, weshalb der grundstzlichen Irrelevanz von Finanzierungsstrukturen innerhalb des Organkreises als innerbetriebliche Vorgnge letztlich zuzustimmen ist. Als Zinsaufwendungen und Zinsertrge im Sinne der Zinsschranke kommen damit nur solche Aufwendungen und Ertrge in Betracht, die auf Rechtsbeziehungen mit Schuldnern und Glubigern außerhalb des Organkreises beruhen.5 Diese Unterscheidung hat im Ergebnis jedoch dann keine materielle Bedeutung fÅr Zwecke der Einkommen- bzw. KÇrperschaftsteuer, wenn sich Zinsaufwand und Zinsertrag in gleicher HÇhe gegenÅber stehen, was bei Finanzierungsbeziehungen innerhalb des Organkreises nahezu immer der Fall sein dÅrfte.6 Im Falle eines unverzinslichen Darlehens kann es allerdings aufgrund der Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG Åber die Laufzeit des Darlehens zu Zinsertrgen kommen, denen kein entsprechender Zinsaufwand gegenÅber steht und umgekehrt, was entsprechenden Einfluss auf den Zinssaldo (Rz. 19.4) hat.7 FÅr Zwecke der Gewerbesteuer kann diese Unterscheidung jedoch materielle Konsequenzen nach sich ziehen.8 Werden organkreisinterne Finanzierungsbeziehen fÅr Zwecke der Zins1 Vgl. DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 75. 2 Zustimmend vgl. Blumenberg/Lechner in Blumenberg/Benz, Die Unternehmenssteuerreform 2008, 121; Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 72; hnlich Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 36; wohl auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 110 f.; aA DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 77; Kußmaul/Pfirmann/Meyering/Schfer, BB 2008, 135 (138); wohl auch Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 30. 3 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 77. 4 Durch die Zinsschranke sollen insbesondere steuermindernde Finanzierungsgestaltungen vermieden werden, was aus Sicht des Gesetzgebers innerhalb des Organkreises wohl nicht mÇglich ist, vgl. auch Rz. 19.1. 5 Vgl. Huselmann, FR 2009, 401 (405); Neumann in Gosch2, § 15 KStG Rz. 36; Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 72; hnlich Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 111; aA DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 77; Schaden/Kshammer in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmenssteuerreform 2008, Rz. 189; wohl auch Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 30. 6 Vgl. DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 77. 7 Vgl. Schaden/Kshammer in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmenssteuerreform 2008, Rz. 190. 8 Vgl. Schuck/Faller, DB 2010, 2186 (2190 f.).

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Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

schranke vollstndig ignoriert, beinhalten die abzugsfhigen und damit grundstzlich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegenden VergÅtungen fÅr Fremdkapital der Organgesellschaft organkreisinterne Zinszahlungen konsequenterweise immer in voller HÇhe. Da diesen innerhalb des Organkreises in gleicher HÇhe Zinsertrag gegenÅbersteht, unterbleibt nach R 7.1 (5) S. 3 und 4 GewStR in dieser HÇhe eine Hinzurechnung und lediglich der verbleibende Betrag unterliegt der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG. Bezieht man dagegen organkreisinterne Finanzierungen in die Zinsschranke mit ein, sind die insgesamt abzugsfhigen Zinsaufwendungen quotal auf nicht der Hinzurechnung unterliegende organkreisinterne und hinzuzurechnende organkreisexterne Zinsaufwendungen aufzuteilen, wodurch sich im Ergebnis eine hÇhere Hinzurechnung ergibt. 2. Maßgebliches verrechenbares EBITDA des Betriebs „Organkreis“

19.32 Aus der Betriebsfiktion folgt weiterhin, dass das verrechenbare EBITDA fÅr den Betrieb „Organkreis“ einheitlich auf Ebene des Organtrgers ermittelt werden muss. Ausgangspunkt ist entsprechend der maßgebliche Gewinn bzw. das maßgebliche Einkommen (Rz. 19.8 und Rz. 19.25) des Organkreises als Betrieb. Ob hierfÅr ein konsolidierter Gewinn des fiktiven Betriebs des Organkreises ermittelt werden muss oder nicht, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz. In der steuerlichen Literatur wird allerdings zu Recht bezweifelt, dass der Gesetzgeber eine Konzernbesteuerung alleine fÅr Zwecke der Zinsschranke schaffen wollte.1 Der maßgebliche Gewinn des Betriebs Organschaft ist daher die Summe aus dem eigenen Einkommen des Organtrgers sowie der hinzugerechneten Einkommen aller Organgesellschaften und nicht ein konsolidiertes Ergebnis des Organkreises.2

19.33 Neben den Zinsaufwendungen und Zinsertrgen der Organgesellschaften sind auf Ebene des Organtrgers außerdem die weiteren in § 4h Abs. 1 S. 2 EStG genannten Korrekturen zur Ermittlung des steuerlichen EBITDA zu berÅcksichtigen (Rz. 19.10 und Rz. 19.25).3 Dem Organtrger mÅssen daher neben den Zinsertrgen und Zinsaufwendungen auch die entsprechenden Abschreibungen der Organgesellschaften gemeldet werden, um eine zutreffende Berechnung des steuerlichen EBITDA zu ermÇglichen.4

19.34 Da eine Organgesellschaft ihr Einkommen iHv. 20/17 der Ausgleichzahlungen an Minderheitsgesellschafter nach § 16 KStG selbst zu versteuern hat, ist das dem Organtrger zugerechnete Einkommen in solchen Fllen entsprechend gemindert. Auch wenn das Gesetz zur Behandlung dieses 1 Vgl. Kußmaul/Pfirmann/Meyering/Schfer, BB 2008, 135 (138). 2 Vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 37; Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 66; Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 104. 3 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 45. 4 Vgl. Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 73.

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B. Sondervorschriften fÅr die Organschaft

durch die Organgesellschaft selbst zu versteuernden Einkommens schweigt, ist eine Hinzurechnung zum steuerlichen EBITDA des Betriebs der Organschaft entsprechend dem Sinn und Zweck der Ermittlung offensichtlich geboten.1 3. Zins- und EBITDA-Vortrag in der Organschaft Ein Zins- oder EBITDA-Vortrag kann whrend der Organschaft nur auf Ebene des Organtrgers entstehen, da die Zinsschranke nach § 15 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG auf die Organgesellschaft nicht anzuwenden ist.2 Die gesonderte Feststellung der Vortrge (Rz. 19.12 und Rz. 19.15) erfolgt entsprechend fÅr den Organtrger und nur dieser kann die Vortrge in zukÅnftigen Wirtschaftsjahren nutzen.3

19.35

Die Behandlung eines vororganschaftlichen Zins- oder EBITDA-Vortrags einer Organgesellschaft ist umstritten. Da die BegrÅndung einer Organschaft kein schdliches Ereignis i.S.d. § 4h Abs. 5 EStG darstellt, der ohnehin nicht anwendbar wre (s. unten), gehen diese jedenfalls durch Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags nicht unter.4 Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist ein vororganschaftlicher Zinsvortrag einer Organgesellschaft whrend der Organschaft analog zu steuerlichen Verlustvortrgen eingefroren, von einer entsprechenden Behandlung vororganschaftlicher EBITDA-Vortrge ist auszugehen.5 Da das Gesetz sich diesbezÅglich nicht ußert, insbesondere eine Anpassung des § 15 S. 1 Nr. 1 KStG im Rahmen der EinfÅhrung der Zinsschranke unterblieben ist, wird diese Auslegung durch die Finanzverwaltung teilweise als steuerverschrfende Analogie ohne gesetzliche Legitimation abgelehnt.6 Vielmehr soll der Zinsvortrag einer Organgesellschaft im ersten Jahr den laufenden Zinsaufwand der Organschaft als Betrieb erhÇhen und ggf. in den Zinsvortrag des Organtrgers ÅberfÅhrt werden.7 Hiergegen und fÅr die Auffassung der Finanzverwaltung spricht allerdings, dass die Neuaufnahme einer Organgesellschaft in den Organkreis auch so verstanden werden kann, dass der bisherige Betrieb der Organgesellschaft im Betrieb des Organkreises aufgeht und damit als solcher nicht lnger separat existiert. Aufgrund der Betriebsbezogenheit des Zins- bzw. EBITDA-Vortrags lge es daher n-

19.36

1 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2392); MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 55; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 52a; hnlich Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 74. 2 Vgl. Beußer, FR 2009, 49 (54); Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 29; DÇtsch/ Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 87. 3 Vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 37; Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 69. 4 Vgl. Schaden/Kshammer, BB 2007, 2317 (2322). 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 48. 6 Vgl. Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 29; KÇhler/Hahne, DStR 2008, 1505 (1512). 7 Vgl. KÇhler/Hahne, DStR 2008, 1505 (1512).

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Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

her, diese in einem solchen Fall als eingefroren zu betrachten.1 DarÅber hinaus lsst sich die Auffassung der Finanzverwaltung zumindest mittelbar auch gesetzlich begrÅnden, ohne die von der Finanzverwaltung angefÅhrte Analogie bemÅhen zu mÅssen. Denn § 15 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG suspendiert die Anwendung des § 4h EStG fÅr die Organgesellschaft insgesamt. Gerade § 4h Abs. 1 S. 4 ff. EStG regelt aber die Nutzung des Zinsvortrags (sowie § 4h Abs. 1 S. 3 ff. EStG fÅr den EBITDA-Vortrag) in den spteren Wirtschaftsjahren.2 Aufgrund der Nichtanwendbarkeit dieser Regelung ist der Nutzung vororganschaftlicher Zins- und EBITDA-Vortrge durch eine Organgesellschaft die gesetzliche Grundlage entzogen und der Finanzverwaltung im Ergebnis zuzustimmen.3

19.37 Im Falle des Ausscheidens einer Organgesellschaft aus dem Organkreis lebt ein eingefrorener Zins- oder EBITDA-Vortrag der ehemaligen Organgesellschaft wieder auf und kann von dieser genutzt werden.4 Da der EBITDA-Vortrag allerdings auf fÅnf Jahre beschrnkt ist (Rz. 19.14), geht dieser aufgrund der Mindestlaufzeit des GAV von ebenfalls fÅnf Jahren nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG durch den Eintritt einer Gesellschaft in die Organschaft faktisch unter. DarÅber hinaus sieht die Finanzverwaltung im Ausscheiden einer Organgesellschaft aus dem Organkreis die Aufgabe eines Teilbetriebs durch den Betrieb des Organkreises und will einen bestehenden Zinsvortrag des Organtrgers daher im Wege einer teleologischen Extension nach § 4h Abs. 5 S. 1 EStG anteilig untergehen lassen.5 Selbst wenn man das Ausscheiden einer Organgesellschaft aus dem Organkreis als Teilbetriebsaufgabe betrachtet, was grundstzlich mangels gesetzlicher oder wenigstens teleologischer BegrÅndung abzulehnen ist, kommt es aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift dennoch nicht zu der von der Finanzverwaltung geforderten Rechtsfolge (Rz. 19.16).6 Denn der Betrieb des Organkreises, um dessen Zins- oder EBITDA-Vortrag es

1 Vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 39. 2 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2390 f.); Schaden/Kshammer, BB 2007, 2317 (2322); Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 126 ff. 3 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2009, 1949 (1950); Schaden/Kshammer, BB 2007, 2317 (2322); Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 69; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 15 KStG Rz. 127; hnlich Neumann in Gosch, KStG2, § 15 KStG Rz. 39; aA Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 29; KÇhler/Hahne, DStR 2008, 1505 (1512); Hick in HHR, § 4h EStG Anm. 32. 4 Vgl. Schaden/Kshammer, BB 2007, 2317 (2322); Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 131; DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 74. 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 48. 6 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2009, 1949 (1952); Hick in HHR, § 4h EStG Anm. 113 und Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 69; FÇrster in Gosch, KStG2, § 4h EStG Rz. 183; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 72a.

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B. Sondervorschriften fÅr die Organschaft

geht, besteht fort, entsprechend bleibt auch ein Zins- oder EBITDA-Vortrag des Organtrgers entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung vollstndig erhalten.1

II. Auswirkungen auf die Ausnahmen von der Zinsschranke 1. Freigrenze und Konzernklausel in der Organschaft Die in § 4h Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG verankerte Freigrenze iHv. drei Million Euro (Rz. 19.18) ist auf den Zinssaldo des Betriebs (Rz. 19.4) anzuwenden. Aus der fÅr den Organkreis geltenden Betriebsfiktion (Rz. 19.31) folgt unmittelbar, dass es nicht zu einer Addition der Freigrenzen der einzelnen Gesellschaften innerhalb des Organkreises kommt, sondern die Freigrenze nur einmalig auf Ebene des Organtrgers zur VerfÅgung steht.2

19.38

Die Zinsschranke kommt nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b) EStG grundstzlich nicht zur Anwendung, wenn der Betrieb nicht oder nur anteilsmßig zu einem Konzern gehÇrt (Rz. 19.19 ff.). Da der Organkreis als ein (einziger) Betrieb gilt (Rz. 19.31), kommt es im Rahmen von Organschaften vorbehaltlich § 8a KStG (Rz. 19.25 ff. und Rz. 19.45 ff.) deshalb dann nicht zur Anwendung der Zinsschranke, wenn Organ- und Konzernkreis deckungsgleich sind.3

19.39

Bildet lediglich ein Teil eines Konzerns eine Organschaft, gilt der Betrieb des Organkreises insgesamt als konzernzugehÇrig. Das ist zB dann der Fall, wenn eine zum Organkreis gehÇrende Gesellschaft mehrheitlich an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist, die nicht Teil der Organschaft ist.4 Vor der Streichung des doppelten Inlandsbezugs fÅr Organgesellschaften in § 14 Abs. 1 S. 1 KStG im Rahmen des UntStReisekndG5 bestanden in dieser Hinsicht erhebliche Zweifel an der Europarechtskonformitt der Zinsschranke.6 Denn aufgrund der Regelung war es nicht mÇglich, Toch-

19.40

1 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2009, 1949 (1950); Fischer/Wagner, BB 2008, 1872 (1875); Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG Rz. 104; Frotscher in Frotscher/ Geurts, § 4h EStG Rz. 190; MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 244; Schaden/Kshammer in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmenssteuerreform 2008, Rz. 192. 2 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2388); Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 31; Neumann in Gosch, KStG, § 15 KStG Rz. 36; Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 67; DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 85; Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 114; BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 57. 3 Vgl. Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 67; Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStR Rz. 115; BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 65. 4 Vgl. Herzig/Liekenbrock, Ubg 2009, 750 (751). 5 Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts, BGBl. I 2013, 284. 6 Vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 36; gleichwohl waren diese Bedenken systematisch eher gegenÅber der Organschaftsbesteuerung anzubringen.

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Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

tergesellschaften im europischen Ausland in den Organkreis mit einzubinden und so der Zinsschranke aufgrund der Konzernklausel zu entgehen.1 Ist eine Organgesellschaft oder der Organtrger selbst an einer Mitunternehmerschaft beteiligt und kÇnnte diese entweder in den Konzernabschluss mit einbezogen werden oder kann zumindest deren Finanzund Geschftspolitik einheitlich mit der des Betriebs des Organkreises bestimmt werden, decken sich Organ- und Konzernkreis ebenfalls nicht.2 Denn die Personengesellschaft selbst und nicht der Mitunternehmer gilt als Trgerin des Betriebs, insoweit liegen zwei verschiedene Betriebe im Sinne der Zinsschranke vor.3 Die KonzernzugehÇrigkeit des Organkreises als Betrieb kann sich auch aus der EigentÅmerstruktur des Organtrgers ergeben, was dann der Fall ist, wenn der Organtrger mehrheitlich einem Åbergeordneten Konzern im Sinne der Zinsschranke zuzurechnen ist.4

19.41 Im Rahmen der GesetzesbegrÅndung hat der Gesetzgeber darÅber hinaus ausgefÅhrt, dass eine inlndische Betriebssttte einer auslndischen Kapitalgesellschaft als Organtrger das Eingreifen der Konzernklausel bereits grundstzlich ausschließt.5 Denn neben der Betriebssttte, die Bestandteil des Betriebs des Organkreises ist, unterhlt die auslndische Kapitalgesellschaft nach der GesetzesbegrÅndung einen zweiten, nmlich ihren originren, Betrieb im Sinne der Zinsschranke. Insgesamt bilden dieser Betrieb sowie der Organkreis als Betrieb einen (grenzÅberschreitenden) Konzern im Sinne der Zinsschranke.6 Ob diese gesetzgeberische Intention einer europarechtlichen PrÅfung standhlt, ist allerdings fraglich. Denn wie vor Streichung des doppelten Inlandsbezugs fÅr Tochterkapitalgesellschaften im europischen Ausland (Rz. 19.40) htte diese zur Folge, dass eine Konzernspitze im europischen Ausland die Anwendung der Konzernklausel durch BegrÅndung einer Organschaft pauschal ausschließt. 2. Escape Klausel in der Organschaft

19.42 bersteigt der Zinssaldo eines Organkreises als Betrieb (Rz. 19.30) die Freigrenze von drei Millionen Euro und deckt sich der Organkreis nicht mit dem Konzern, kommt die Zinsschranke nach der Escape Klausel (Rz. 19.21 ff.) dennoch nicht zur Anwendung, wenn die Eigenkapitalquote des Organkreises mindestens der des Konzerns entspricht bzw. diese maximal um zwei Prozentpunkte unterschreitet, § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c) EStG.

1 Vgl. Wilke/SÅß, FR 2009, 796 (798); Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 119. 2 Vgl. DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 76. 3 Vgl. van Lishaut/Schumacher/Heinemann, DStR 2008, 2341 (2343). 4 Vgl. Prinz, FR 2008, 441 (446); Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 67; DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 76. 5 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 77. 6 Vgl. DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 78.

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B. Sondervorschriften fÅr die Organschaft

Wie die Eigenkapitalquote des Organkreises als Betrieb zu ermitteln ist, ist unklar.1 Das Gesetz fÅhrt in § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c) S. 3 ff. EStG lediglich aus, dass fÅr den Betrieb ein Einzel- oder Jahresabschluss abhngig vom Konzernabschluss nach den IFRS, dem Handelsrecht eines Mitgliedsstaats der EU oder hilfsweise den US-GAAP erstellt wird (Rz. 19.24). FÅr den Organkreis als Betrieb ist hierfÅr nach der einhelligen Literaturmeinung ein den Konsolidierungsgrundstzen folgender Teilkonzernabschluss zu erstellen, in den alle Gesellschaften des Organkreises einzubeziehen sind.2

19.43

Da es sich bei dem „Einzelabschluss“ des Betriebs der Organschaft faktisch um einen konsolidierten Teilkonzernabschluss handelt, enthlt dieser nicht die Beteiligungen an den Organgesellschaften selbst als VermÇgensgegenstnde, sondern direkt deren VermÇgen und Schulden sowie etwaige Differenzen zum Beteiligungsbuchwert der Organgesellschaft.3 Effektiv addiert sich damit das Eigenkapital aller am Organkreis beteiligten Gesellschaften auf Ebene des Organtrgers. Außerhalb der Organschaft soll die in § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c) S. 5 EStG verankerte KÅrzung des Eigenkapitals um den Beteiligungsbuchwert (Rz. 19.23) anderer Konzerngesellschaften diesen Kaskadeneffekt verhindern.4 Innerhalb des Organkreises luft die BuchwertkÅrzung fÅr Anteile an anderen Konzerngesellschaften damit leer, was dem Organkreis als Betrieb im Rahmen des Eigenkapitalquotenvergleichs erhebliche Vorteile im Vergleich zu nicht organschaftlich verbundenen Konzern- und insbesondere Holdingstrukturen bringt.5 Mehrheitsbeteiligungen des Organtrgers oder einer Organgesellschaft an Gesellschaften außerhalb des Organkreises sind jedoch nicht in die Konsolidierung einzubeziehen und unterliegen damit vollumfnglich der BuchwertkÅrzung.6

19.44

1 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 120. 2 Vgl. KÇhler, DStR 2007, 597 (602); Kußmaul/Pfirmann/Meyering/Schfer, BB 2008, 135 (139); Neumann in Gosch2,§ 15 KStG Rz. 36; Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Rz. 67, Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 120; DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 78; ausfÅhrlich zur Ermittlung der Eigenkapitalquote und der Bewertung des BetriebsvermÇgens im Teilkonzernabschluss des Organkreises Herzig/Liekenbrock, Ubg 2009, 750 (755 ff.). 3 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2389); MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 131; ebenso wenig sind organkreisinterne Forderungen und Verbindlichkeiten enthalten, vgl. MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 156. 4 Vgl. Hick in HHR, § 4h EStG Anm. 54. 5 Vgl. KÇhler, DStR 2007, 597 (601); Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 36; DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 79; Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 67. 6 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2389).

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Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

3. Organschaft und § 8a KStG

19.45 FÅr die Frage, ob es neben § 4h EStG auch zur Anwendung von § 8a KStG kommt, sind ausschließlich die Verhltnisse auf Ebene des Organtrgers maßgeblich.1 Ist Organtrger eine KÇrperschaft oder eine Personengesellschaft, an der wiederum mittelbar oder unmittelbar KÇrperschaften beteiligt sind, kommt § 8a KStG insoweit nach § 4h Abs. 2 S. 2 EStG zur Anwendung.2 Dass die Organgesellschaften selbst KÇrperschaften sind, ndert hieran nichts, denn § 4h EStG und damit auch § 8a KStG sind auf Ebene der Organgesellschaft nach § 15 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG insgesamt nicht anzuwenden.3

19.46 § 8a Abs. 1 S. 3 KStG schreibt zunchst vor, das § 8c KStG auf den Zinsvortrag entsprechend anzuwenden ist (Rz. 19.26). Da ein Zinsvortrag whrend der Organschaft nur auf Ebene des Organtrgers entstehen kann (Rz. 19.35), betrifft die Regelung unmittelbar nur schdliche AnteilsÅbertragungen an einer KÇrperschaft als Organtrger bzw. als (ggf. mittelbare) Mitunternehmerin einer als Organtrger fungierenden Personengesellschaft.4

19.47 Kommt es zu einer schdlichen AnteilsÅbertragung an einer Organgesellschaft, hat dies auf einen Zinsvortrag des Organtrgers entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung keinen Einfluss (Rz. 19.36), kann sich jedoch auf einen eingefrorenen vororganschaftlichen Zinsvortrag der Organgesellschaft auswirken.5 Wie schon die grundstzliche Behandlung eines vororganschaftlichen Zins- oder EBITDA-Vortrags einer Organgesellschaft ist auch die Anwendung des § 8c KStG Åber § 8a Abs. 1 S. 3 KStG auf Organgesellschaften nicht unumstritten.6 Die Finanzverwaltung will die fÅr Verlustvortrge geltenden Grundstze des § 15 S. 1 Nr. 1 KStG auch auf den Zinsvortrag anwenden und wird den vororganschaftlichen Zinsvortrag einer Organgesellschaft daher im Falle einer schdlichen AnteilsÅbertragung untergehen lassen wollen (zur Problematik dieser Analogie vgl. Rz. 19.36).7 Dieser Auffassung kÇnnte die berlegung entgegen stehen, dass die Suspendierung von § 4h EStG durch § 15 S. 1 Nr. 3 S. 1 EStG generell auch die Anwendung von § 8a KStG auf Organgesellschaften ausschließt. § 15 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG will allerdings erkennbar nur die Anwendung der Zinsschranke auf die Organgesellschaft whrend der Organschaft ausschließen, der vororganschaftliche Zinsvortrag einer Organge-

1 2 3 4 5

Vgl. Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 28. Vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 37. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 108. Vgl. Prinz in HHR, § 8a KStG Anm. 13. Vgl. DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 87; zum Untergang eines vororganschaftlichen Verlustvortrags durch § 8c KStG vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8c KStG Rz. 89. 6 Vgl. DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 88. 7 Vgl. BMF v 4.7.2008, aaO, Rz. 48.

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B. Sondervorschriften fÅr die Organschaft

sellschaft ist systematisch aber nicht der organschaftlichen Zeit zuzuordnen.1 DarÅber hinaus schließt § 15 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 KStG seinem Wortlaut nach nur die Anwendung von § 4h EStG aus, nicht jedoch von § 8a KStG. Mittelbar fÅhrt dies insoweit zum Ausschluss einer Anwendung des § 8a KStG, als dieser die Anwendung von § 4h EStG lediglich modifiziert und entsprechend auf die Norm verweist. § 8a Abs. 1 S. 3 KStG verweist aber gerade nicht auf § 4h EStG, so dass sich hier kein Anwendungsausschluss auf die Organgesellschaft ergibt.2 Ein vororganschaftlicher Zinsvortrag einer Organgesellschaft geht daher im Falle einer schdlichen AnteilsÅbertragung nach § 8a Abs. 1 S. 3 KStG i.V.m. § 8c KStG anteilig oder vollstndig unter und der Finanzverwaltung ist im Ergebnis, nicht jedoch in der BegrÅndung, zuzustimmen.3 Ist § 8a KStG auf den Organkreis anzuwenden, kann sich der Organkreis als Betrieb nur auf die Konzernklausel oder den Eigenkapitalvergleich berufen, sofern keine schdliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt und der entsprechende Nachweis erbracht wird (Rz. 19.27 ff.).

19.48

§ 8a Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 KStG sprechen von „der KÇrperschaft“ bzw. „dem Rechtstrger“ im Sinne der Zinsschranke und nicht vom „Betrieb“. In Bezug auf Organschaften stellt sich daher die Frage, ob die Regelungen jeweils einzeln auf die Gesellschaften des Organkreises oder insgesamt auf den Organkreis anzuwenden sind. Der Gesetzeswortlaut selbst spricht wohl eher fÅr ersteres.4 Eine isolierte Betrachtung nur des Organtrgers htte zur Folge, dass Organgesellschaften durch Gesellschafter des Organtrgers unbeschrnkt fremdfinanziert werden kÇnnten, was dem Sinn und Zweck sowie der Systematik der Betriebsfiktion widersprche.5 Eine isolierte Betrachtungsweise nicht nur des Organtrgers, sondern auch der Organgesellschaften kÇnnte wiederum dazu fÅhren, dass KapitalÅberlassungen des Organtrgers an Organgesellschaften die Anwendung der Konzernklausel und der Escape Klausel ausschließen, soweit man § 8a KStG auf Ebene der Organgesellschaft fÅr anwendbar hlt. Da Finanzierungsbeziehungen innerhalb des Organkreises als innerbetriebliche Vorgnge vollstndig unbeachtlich fÅr die Zinsschranke sein sollen und auch sind (Rz. 19.31), Åberzeugt diese Betrachtung nicht.6 DarÅber hinaus folgt dies

19.49

1 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 Rz. 129. 2 Schaden/Kshammer in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmenssteuerreform 2008, Rz. 194. 3 Vgl. DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 88; Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 Rz. 129; Schaden/Kshammer in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmenssteuerreform 2008, Rz. 194; wohl auch Prinz in HHR, § 8a KStG Anm. 13. 4 Vgl. MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 104 und 169; hnlich Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2390). 5 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2390). 6 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 94c und § 15 KStG Rz. 116 und 122; MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 104 und 169; Prinz in HHR, § 8a KStG Anm. 20.

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Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

auch bereits aus der Betriebsfiktion (Rz. 19.30 ff.) allgemein und dem damit einhergehenden Anwendungsausschluss der Zinsschranke auf die Organgesellschaft in § 15 S. 1 Nr. 3 S. 2 KStG, wodurch auch eine separate Betrachtung der Organgesellschaften generell ausscheidet. Denn wenn § 4h EStG nicht auf die Organgesellschaft anzuwenden ist, kann fÅr § 8a Abs. 2 und 3 S. 1 KStG nichts anderes gelten.1 Eine schdliche Gesellschafterfremdfinanzierung ist daher weder nur fÅr den Organtrger noch getrennt fÅr die einzelnen Gesellschaften des Organkreises, sondern insgesamt fÅr den Organkreis als Betrieb auf Ebene des Organtrgers zu prÅfen. Entsprechend ist die 10 %-Grenze im Rahmen einer Gesellschafterfremdfinanzierung (Rz. 19.27 ff.) auf den auf Ebene des Organtrgers kumulierten Zinssaldo des Organkreises zu beziehen.2 Mittelbar ergibt sich diese Betrachtungsweise auch aus dem Gesetzeswortlaut, denn nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 KStG sind Zinsaufwendungen und -ertrge einer Organgesellschaft bei der Anwendung des § 4h EStG und damit auch des § 8a KStG auf Ebene des Organtrgers zu berÅcksichtigen.

19.50 Als Glubiger einer schdlichen Gesellschafterfremdfinanzierung kommen lediglich Personen außerhalb des Organkreises in Frage, da nur gegenÅber solchen Zinsaufwand im Sinne der Zinsschranke entsteht (Rz. 19.31). Fraglich ist allerdings, ob die wesentliche Beteiligung an dem Organtrger bestehen muss, oder ob bereits eine Beteiligung als außenstehender Gesellschafter an einer Organgesellschaft ausreichend ist.

19.51 In Bezug auf die Konzernklausel wird aus dem Sinn und Zweck des § 8a Abs. 2 KStG teilweise abgeleitet, dass eine wesentliche Beteiligung an einer Organgesellschaft ausreicht.3 Diese Auslegung entspricht auf den ersten Blick auch der Betriebsfiktion, wonach der gesamte Organkreis einen insgesamt zu betrachtenden Betrieb bildet, der auch fÅr Zwecke des § 8a KStG als Einheit zu begreifen ist (Rz. 19.31).4 Trger dieses Betriebs ist jedoch der Organtrger, so dass systematisch nur dieser Adressat des § 8a Abs. 2 KStG sein kann, wobei Finanzierungsbeziehungen der Organgesellschaften dem Organtrger zuzurechnen sind.5 Mit dieser Auffassung lsst sich darÅber hinaus auch der Wortlaut des § 8a Abs. 2 KStG und dessen Bezugnahme auf die KÇrperschaft in Einklang bringen. Denn § 4h EStG und damit § 8a Abs. 2 KStG sind nach § 15 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG nicht auf

1 Vgl. FÇrster in Gosch, KStG2, § 8a Rz. 45. 2 Vgl. Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2390); Neumann in Gosch, KStG2, § 15 KStG Rz. 37; MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 104; Prinz in HHR, § 8a KStG Anm. 29 und Herlinghaus in HHR, § 15 KStG Anm. 69. 3 Vgl. MÇhlenbrock/Pung und DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 109 und § 15 KStG Rz. 86; wohl auch Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2390). 4 Vgl. FÇrster in Gosch, KStG2, § 8a Rz. 45; Prinz in HHR, § 8a KStG Anm. 20; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 97b und § 15 KStG Rz. 106. 5 Vgl. hnlich Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 97b.

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B. Sondervorschriften fÅr die Organschaft

die Organgesellschaft, sondern implizit lediglich auf den Organtrger anzuwenden. Der Organtrger ist daher einzige KÇrperschaft innerhalb des Organkreises, auf den sich der Wortlaut des § 8a Abs. 2 KStG Åberhaupt erst beziehen kann. Eine wesentliche Beteiligung i.S.d. § 8a Abs. 2 KStG muss daher grundstzlich gegenÅber dem Organtrger bestehen, außenstehende Gesellschafter einer Organgesellschaft sind nicht betroffen.1 FÅr eine andere Auslegung des Gesetzeswortlauts besteht insoweit kein Raum, da ein abweichender gesetzgeberischer Wille jedenfalls nicht eindeutig erkennbar ist.2 Ob dies auch im Rahmen der Escape Klausel gilt, ist allerdings fraglich. Denn nach § 8a Abs. 3 S. 1 KStG kommen fÅr eine im Rahmen der Escape Klausel schdliche Gesellschafterfremdfinanzierung alle Personen in Betracht, die an (irgend-) einer zum Konzern gehÇrenden Gesellschaft wesentlich beteiligt sind. Eine Beteiligung eines außenstehenden Gesellschafters von mehr als 25 % an einer Organgesellschaft, die regelmßig zum selben Konzern wie der Organtrger gehÇren wird, erfÅllt diese Voraussetzung. Eine Beteiligung an einer Organgesellschaft reicht daher fÅr eine schdliche Gesellschafterfremdfinanzierung im Rahmen der Escape Klausel aus, Finanzierungsbeziehungen zu außenstehenden, wesentlich beteiligten Gesellschaftern einer Organgesellschaft sind entsprechend zu berÅcksichtigen.3 Hieran ndert auch der weitere Verweis auf den Rechtstrger i.S.d. § 4h Abs. 3 EStG in § 8a Abs. 3 S. 1 KStG nichts, womit mangels Anwendbarkeit des § 4h EStG auf die Organgesellschaft zwar nicht diese gemeint sein kann, wohl aber der Organtrger, dem die Zinsaufwendungen und Ertrge der Organgesellschaft zuzurechnen sind (Rz. 19.29).

19.52

Zur Verdeutlichung der unterschiedlichen Konsequenzen fÅr die Konzernklausel einerseits und die Escape Klausel andererseits folgendes Beispiel:

19.53

Beispiel: Die A GmbH ist Organtrgerin der B GmbH, an der zu 30 % außerdem der außenstehende Gesellschafter C beteiligt ist. An der A GmbH ist C nicht beteiligt. C hat der B GmbH ein Darlehen gewhrt, auf das Zinsen iHv. 50 entfallen, der negative Zinssaldo des Organkreises betrgt 100. 1 Vgl. FÇrster in Gosch, KStG2, § 8a Rz. 45; Prinz in HHR, § 8a KStG Anm. 20; Schaden/Kshammer in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmenssteuerreform 2008, Rz. 204; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 97b und § 15 KStG Rz. 116; aA MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 109. 2 Folgt man dieser Betrachtung insgesamt nicht und ersetzt den gesetzlichen Terminus der „KÇrperschaft“ durch den „Betrieb“ stellt sich außerdem die Folgefrage, wie die Wesentlichkeitsgrenze von 25 % zu verstehen ist. Denn bei konsequenter Umsetzung dieser Betrachtung mÅsste der Anteilseigner zu mehr als 25 % am gesamten Betrieb des Organkreises und beteiligt sein. 3 Vgl. MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 109; Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2390); aA FÇrster in Gosch, KStG2, § 8a Rz. 81; Schaden/Kshammer in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmenssteuerreform 2008, Rz. 205.

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Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke LÇsung – Konzernklausel: Da nur die A GmbH als Organtrgerin, an welcher C nicht beteiligt ist, eine wesentliche Beteiligung i.S.d. § 8a Abs. 2 KStG vermitteln kann, liegt keine schdliche Gesellschafterfremdfinanzierung i.S.d. § 8a Abs. 2 KStG vor und der Organkreis kann sich auf die Konzernklausel berufen. LÇsung – Escape-Klausel: Da C zu mehr als 25 % an der B GmbH beteiligt ist, die grundstzlich auch eine zum Konzern der A GmbH und der B GmbH gehÇrende Gesellschaft ist, und 50 % des Zinssaldos des Organkreises als Betrieb (Zinsaufwand 50/Zinssaldo 100), dh. mehr als 10 %, auf C entfallen, kann sich der Organkreis als Betrieb nicht auf die Escape Klausel berufen.

III. Sonderfragen bei BegrÅndung der Organschaft 1. Konzernklausel

19.54 Im Falle der BegrÅndung oder Erweiterung einer Organschaft ergeben sich Fragen insbesondere in Zusammenhang mit der Konzernklausel und dem Eigenkapitalquotenvergleich. Ein vororganschaftlicher Zins- oder EBITDA Vortrag einer Organgesellschaft ist whrend der Organschaft eingefroren, ein auf Ebene des Organtrgers vorhandener Zins- oder EBITDAVortrag ist dagegen weiterhin nutzbar (Rz. 19.35 ff.).

19.55 Wird eine Organschaft erstmalig begrÅndet oder der Organkreis erweitert, stellt sich in Zusammenhang mit der Konzernklausel zunchst die Frage, ab wann die Betriebsfiktion des § 15 Nr. 3 S. 2 KStG hierfÅr ihre Wirkung entfaltet. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kommt es grundstzlich auf die Verhltnisse am vorangegangenen Abschlussstichtag des Betriebs an (Rz. 19.20).1 Folgt man dieser Auffassung uneingeschrnkt, wÅrde die Betriebsfiktion die Anwendung der Konzernklausel jeweils erst mit einem Jahr VerzÇgerung ermÇglichen.2 Zur Verdeutlichung dient folgendes Beispiel: Beispiel: Zum Abschlussstichtag des Jahres 1 hlt die A GmbH 100 % der Anteile an der B GmbH. Im Jahr 2 begrÅnden die A GmbH und die B GmbH eine Organschaft. Weitere Beteiligungsverhltnisse bestehen nicht. LÇsung: Im Jahr 1 bilden die A GmbH und die B GmbH einen Konzern im Sinne der Zinsschranke. Da die A GmbH und die B GmbH zum Bilanzstichtag des Jahres 1 entsprechend konzernzugehÇrig im Sinne der Zinsschranke waren, kÇnnen sich beide Gesellschaften auch im Jahr 2 nicht auf die Konzernklausel berufen, obwohl inzwischen eine Organschaft begrÅndet wurde.

1 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 68. 2 Vgl. Herzig/Liekenbrock, Ubg 2009, 750 (751).

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B. Sondervorschriften fÅr die Organschaft

Dieses Ergebnis widerspricht offensichtlich dem Sinn und Zweck der Betriebsfiktion und Åberzeugt daher nicht, dh. im Jahr 1 bilden die A GmbH und die B GmbH einen Konzern im Sinne der Zinsschranke, im Jahr 2 besteht dieser Konzern jedoch nicht mehr und die Konzernklausel findet grundstzlich Anwendung. Die LÇsung ergibt sich abhngig davon, ob in der erstmaligen BegrÅndung einer Organschaft die NeugrÅndung des Betriebs des Organkreises oder aber eine Erweiterung des Betriebs des Organtrgers gesehen wird. Betrachtet man die erstmalige BegrÅndung einer Organschaft als NeugrÅndung des fiktiven Betriebs des Organkreises, existiert ein vorangegangener Bilanzstichtag dieses neugegrÅndeten Betriebs offensichtlich nicht.1 Auch in solchen Fllen geht die Finanzverwaltung allerdings von einer KonzernzugehÇrigkeit im Jahr der NeugrÅndung aus.2 Diese Auffassung der Finanzverwaltung kann aber nur insoweit gelten, als es sich um die NeugrÅndung eines Betriebs innerhalb eines bestehenden Konzerns handelt (Rz. 19.20), was im Beispiel nicht der Fall ist.

19.56

Alternativ kann die erstmalige BegrÅndung der Organschaft als Erweiterung des Betriebs des Organtrgers um den Betrieb der Organgesellschaft angesehen werden.3 Nach der hier vertretenen Auffassung ist dies auch zutreffend, da der Betrieb des (zukÅnftigen) Organtrgers bereits vor BegrÅndung der Organschaft existiert und § 15 Nr. 3 S. 2 KStG im Ergebnis lediglich fingiert, dass der Betrieb der Organgesellschaft in den Betrieb des Organtrgers integriert wird und in diesem aufgeht.4 Hieraus ergibt sich aber nicht, dass dieser neue fingierte Betrieb den vorher vorhandenen Betrieb des Organtrgers verdrngt. DarÅber hinaus htte die Betrachtung als NeugrÅndung des Betriebs der Organschaft bei konsequenter Anwendung auch Auswirkungen auf einen vororganschaftlichen Zins- oder EBITDA-Vortrag des Organtrgers. Denn wre der durch den Organtrger getragene Betrieb des Organkreises nicht wenigstens teilweise identisch mit dem bisherigen Betrieb des (zukÅnftigen) Organtrgers, kÇnnte ein Zinsoder EBITDA-Vortrag des Organtrgers whrend der Organschaft ggf. nicht nutzbar sein oder schlimmstenfalls nach § 4h Abs. 5 S. 1 EStG untergehen. FÅr diese Auffassung spricht außerdem die im Schrifttum herr-

19.57

1 Vgl. Herzig/Liekenbrock, Ubg 2009, 750 (752); Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 121, der diese Betrachtung jedenfalls fÅr grundstzlich mÇglich hlt. 2 Diese Auffassung der Finanzverwaltung in Zusammenhang mit der Konzernklausel, vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 68, steht insoweit in einem Widerspruch zur Behandlung von NeugrÅndungen im Rahmen der Escape Klausel. In solchen Fllen will auch die Finanzverwaltung auf die ErÇffnungsbilanz abstellen. 3 Vgl. Schaden/Kshammer in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmenssteuerreform 2008, Rz. 150. 4 Vgl. zustimmend Schaden/Kshammer in Ernst & Young/BDI, Die Unternehmenssteuerreform 2008, Rz. 150; Frotscher hlt die Betrachtung als NeugrÅndung in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 121 fÅr mÇglich, schließt eine andere Betrachtung aber nicht ausdrÅcklich aus; aA wohl Herzig/Liekenbrock, Ubg 2009, 750 (752).

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Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

schende Meinung fÅr den Fall der Beendigung der Organschaft, wonach ein organschaftlicher Zins- oder EBITDA-Vortrag weiterhin durch den Organtrger genutzt werden kann (Rz. 19.37). Dies setzt nmlich voraus, dass der Betrieb des ehemaligen Organtrgers auch nach Beendigung der Organschaft wenigstens teilidentisch mit dem Betrieb des Organkreises ist. Wenn aber die Beendigung der Organschaft nicht als Aufgabe des Betriebs zu sehen ist, fllt es systematisch schwer, die BegrÅndung der Organschaft als NeugrÅndung eines neuen Betriebs anzusehen. Da die Finanzverwaltung das Ausscheiden einer Organgesellschaft aus dem Organkreis als Teilbetriebsaufgabe ansieht (Rz. 19.37) wre es im Umkehrschluss jedenfalls konsequent, wenn sich die Verwaltung ebenfalls dieser Auffassung anschließen wÅrde.1

19.58 Da die BegrÅndung der Organschaft als Erweiterung des Betriebs des Organtrgers anzusehen ist, existiert entsprechend ein vorangegangener Abschlussstichtag fÅr diesen lediglich erweiterten Betrieb des Organtrgers, zu dem dieser noch konzernzugehÇrig war. Dem kann allerdings entgegen gehalten werden, dass die Maßgeblichkeit des vorangegangenen Bilanzstichtags nicht durch den Wortlaut des Gesetzes und darÅber hinaus auch nicht durch dessen Sinn und Zweck gerechtfertigt werden kann. Eine steuerverschrfende Rechtsanwendung durch die Finanzverwaltung allein aus VereinfachungsgrÅnden ist insoweit als unzulssig abzulehnen (Rz. 19.20). Im Ergebnis kann sich ein neu begrÅndeter Organkreis ab dem ersten Jahr der Organschaft auf die Konzernklausel berufen.2 FÅr die Konzernklausel gilt dies außerdem unabhngig davon, ob man hierin eine NeugrÅndung oder Erweiterung des Betriebs sieht (zur Betrachtung als NeugrÅndung vgl. Rz. 19.56). FÅr dieses Ergebnis spricht außerdem, dass die Åbrigen fÅr die Zinsschranke relevanten Faktoren wie das verrechenbare EBITDA und der Zinssaldo ebenfalls bereits ab dem ersten Jahr der Organschaft unter BerÅcksichtigung der Bruttomethode und der Betriebsfiktion fÅr den (erweiterten) Organkreis ermittelt werden. Wird eine bestehende Organschaft erweitert, was insoweit ebenfalls als Erweiterung des Betriebs zu sehen ist, und deckt der Organkreis im Anschluss den gesamten Konzern ab, gilt dies ebenfalls.3 2. Escape Klausel

19.59 In Zusammenhang mit der Escape Klausel stellt sich die Frage, ab wann Organgesellschaften in den fÅr den Eigenkapitalvergleich maßgeblichen Teilkonzernabschluss des Organkreises einzubeziehen sind (Rz. 19.43) 1 In Zusammenhang mit der Escape Klausel hnlich MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 131. 2 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 4h EStG Rz. 65; MÇhlenbrock/Pung in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8a KStG Rz. 90, die sich zutreffend fÅr eine von der Auffassung der Finanzverwaltung abweichende zeitraum- und nicht zeitpunktbezogene Betrachtung in allen Fllen aussprechen. 3 Vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 39; hnlich Herzig/Liekenbrock, Ubg 2009, 750 (752), die dieses Ergebnis jedenfalls fordern.

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B. Sondervorschriften fÅr die Organschaft

und so das Eigenkapital des Betriebs erhÇhen. Nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c) EStG kommt es fÅr die Eigenkapitalquote des Betriebs auf den vorangegangenen Abschlussstichtag an. Soweit es sich um die erstmalige BegrÅndung einer Organschaft innerhalb eines Konzerns handelt, hngt die LÇsung erneut davon ab, ob man hierin die NeugrÅndung eines Betriebs oder aber die Erweiterung des Betriebs des Organtrgers sieht. Folgt man der Betrachtung als NeugrÅndung, existiert ein vorangegangener Abschlussstichtag des Betriebs nicht (Rz. 19.56). Die Finanzverwaltung lsst es in solchen Fllen aus BilligkeitsgrÅnden zu, auf die Eigenkapitalquote der ErÇffnungsbilanz abzustellen und diese mit der Eigenkapitalquote des Konzerns zum vorangegangenen Abschlussstichtag zu vergleichen.1 Bei analoger Anwendung auf neu gegrÅndete, konzernzugehÇrige Organkreise bedeutet dies, dass fÅr die Ermittlung der Eigenkapitalquote der Organschaft ein Teilkonzernabschluss auf den Beginn der Organschaft und unter BerÅcksichtigung der Organgesellschaften zu erstellen ist.2 Da die erstmalige BegrÅndung einer Organschaft allerdings lediglich als Erweiterung des Betriebs des Organtrgers zu betrachten ist (Rz. 19.57), entspricht die Behandlung der NeugrÅndung einer Organschaft der Erweiterung des Organkreises (Rz. 19.60). Wird ein konzernzugehÇriger Organkreis erweitert und gehÇrt der Organkreis auch nach dieser Erweiterung weiterhin zu einem Konzern, ist fÅr die Eigenkapitalquote des Betriebs nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c) EStG der vorangegangene Abschlussstichtag maßgeblich. Im Unterschied zur Konzernklausel ergibt sich die Maßgeblichkeit des vorangegangenen Abschlussstichtags hier allerdings unmittelbar aus dem Gesetz, so dass die vorstehende Argumentation (Rz. 19.58) in diesem Fall nicht abhelfen kann. Die neu in den Organkreis aufgenommenen Gesellschaften wren daher im ersten Jahr der erweiterten Organschaft nicht in den relevanten Teilkonzernabschluss des Organkreises einbezogen und wÅrden die Eigenkapitalquote des Betriebs entsprechend nicht erhÇhen. Im Gegenteil wÅrden diese Gesellschaften die Eigenkapitalquote des Organkreises sogar im Wege der BuchwertkÅrzung mindern, wenn diese bereits zum vorangegangenen Abschlussstichtag von dem Organtrger oder einer Organgesellschaft gehalten wurden (Rz. 19.23).3 Mangels Anwendbarkeit des § 4h EStG auf die Organgesellschaft selbst stÅnde deren Eigenkapital damit fÅr ein Jahr fÅr Zwecke des Eigenkapitalvergleichs nicht zur VerfÅgung, obwohl das Eigenkapital des Konzerns zum Vergleichszeitpunkt entsprechend erhÇht wurde. Dieses asymmetrische Ergebnis wird vom 1 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 70; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 136. 2 Vgl. Herzig/Liekenbrock, Ubg 2009, 750 (754), die außerdem darauf hinweisen, dass der relevante Stichtag regelmßig der Tag der Eintragung in das Handelsregister sein wird. 3 Wurde die Organgesellschaft zum vorangegangenen Abschlussstichtag von einer anderen Konzerngesellschaft, dh. nicht vom Organtrger oder einer Organgesellschaft, gehalten, wÅrde die BuchwertkÅrzung das Eigenkapital dieser Konzerngesellschaft entsprechend mindern.

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19.60

Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

Gesetzgeber so wohl nicht gewollt sein und ist daher abzulehnen. Vielmehr ist die Vorschrift ihrem Sinn und Zweck nach so auszulegen, dass eine Gesellschaft, die zum maßgeblichen Vergleichszeitpunkt zu dem betroffenen Konzern gehÇrt hat und die erst spter Organgesellschaft wurde in den Teilkonzernabschluss des Organkreises aufzunehmen ist.1 FÅr nach dem maßgeblichen Abschlussstichtag des Konzernabschlusses erworbene Organgesellschaften gilt dies jedoch nicht, da diese das Eigenkapital des Vergleichskonzerns nicht erhÇht haben.

IV. Sonderfragen bei Beendigung der Organschaft 19.61 Scheidet eine Organgesellschaft aus dem Organkreis aus, lebt ein vororganschaftlicher Zins- oder EBITDA-Vortrag dieser Gesellschaft wieder auf (Rz. 19.37). Ein auf Ebene des Organtrgers vorhandener Zins- oder EBITDA-Vortrag bleibt entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung hiervon unberÅhrt (Rz. 19.37). Ob dies auch im Falle der Beendigung der Organschaft insgesamt gilt, ist nicht unumstritten. Vereinzelt wird hierin ein schdliches Ereignis i.S.d. § 4h Abs. 5 S. 1 EStG (Rz. 19.16) gesehen, da mit dem Ende der Organschaft auch der fingierte Betrieb des Organkreises nicht lnger existiert.2 Diese Argumentation Åberzeugt jedoch nicht, denn whrend der Organschaft entsteht ein Zins- oder EBITDAVortrag auf Ebene des Organtrgers als Trger des Betriebs des Organkreises (Rz. 19.35), welcher diesen bzw. seinen Betrieb auch nach Beendigung der Organschaft zwar in verringertem Umfang aber dennoch fortfÅhrt.3 Der bloße Wegfall der Betriebsfiktion, die lediglich dazu fÅhrt, dass der Betrieb der Organgesellschaft im Betrieb des Organtrgers aufgeht (Rz. 19.31), ndert hieran nichts. Eine ausdrÅckliche ußerung der Finanzverwaltung zu dieser Frage findet sich im Rahmen des Zinsschrankenerlasses nicht, aus der Betrachtung des Ausscheidens einer einzelnen Organgesellschaft als Teilbetriebsaufgabe lsst sich jedoch ableiten, dass die Finanzverwaltung wohl von einer Betriebsaufgabe ausgehen will.4

19.62 Vor dem Hintergrund der Konzernklausel stellt sich in Zusammenhang mit der Beendigung der Organschaft erneut die Frage, ob die nun wieder fÅr sich zu betrachtenden Betriebe des ehemaligen Organkreises im ersten Jahr nach Beendigung der Organschaft als konzernzugehÇrig gelten. In 1 Vgl. Herzig/Liekenbrock, Ubg 2009, 750 (754), die fÅr die Praxis außerdem zutreffend darauf hinweisen, dass es sich bei dem Teilkonzernabschluss des Organkreises um einen steuerlichen Sonderabschluss handelt, der in zeitlicher Hinsicht beliebig an den Abschlussstichtag des Konzerns angepasst werden kann. 2 Vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 38. 3 Vgl. Schaden/Kshammer, BB 2007, 2317 (2322); Danelsing in BlÅmich, § 15 KStG Rz. 33; DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 Rz. 87; Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 133; zur Unschdlichkeit der Verringerung des Umfangs eines Betriebs vgl. Rz. 19.16. 4 Vgl. Fischer/Wagner, BB 2008, 1872 (1875); BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 47.

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C. Gestaltungspotential der Organschaft mit Blick auf die Zinsschranke

NeugrÅndungsfllen will die Finanzverwaltung den Betrieb ab seiner GrÅndung als konzernzugehÇrig behandeln.1 Da mit dem Ende der Organschaft allerdings lediglich die Betriebsfiktion entfllt, handelt es sich insoweit nicht um neu gegrÅndete Betriebe, vielmehr erlangen die vormals in den Betrieb des Organkreises integrierten Betriebe ihre Selbstndigkeit zurÅck. Besser vergleichbar ist die Beendigung der Organschaft daher mit der Neuentstehung eines Konzerns. FÅr diesen Fall sieht der Zinsschrankenerlass aufgrund der Betrachtung des vorangegangenen Abschlussstichtags durch die Finanzverwaltung vor, dass die jeweiligen Gesellschaften erst zum folgenden Abschlussstichtag als konzernzugehÇrig gelten.2 Insoweit handelt es sich um eine begÅnstigende und daher prinzipiell zulssige Vereinfachung. Im Ergebnis wren die einzelnen Betriebe des ehemaligen Organkreises im ersten Jahr nach Beendigung der Organschaft nicht als konzernzugehÇrig anzusehen, soweit der ehemalige Organkreis nicht schon whrend der Organschaft konzernzugehÇrig war. Dem Sinn und Zweck der Betriebsfiktion entspricht diese phasenverschobene Anwendung der Zinsschranke allerdings nicht.

C. Gestaltungspotential der Organschaft mit Blick auf die Zinsschranke In Bezug auf die Zinsschranke bietet die Organschaft nicht unerhebliches Gestaltungspotential. In Zusammenhang mit der Freigrenze nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst a) EStG erscheint die Organschaft zwar auf den ersten Blick nachteilig, da die Freigrenze nur einmalig fÅr den gesamten Organkreis zur VerfÅgung steht (Rz. 19.38 und Abwandlung zB in Rz. 19.64), bietet aber andererseits den Vorteil, dass es auf Ebene des Organtrgers zu einer Addition aller Zinsertrge und Zinsaufwendungen der am Organkreis beteiligten Gesellschaften kommt (Rz. 19.30).3 Durch dieses „Pooling“ kann erreicht werden, dass ein gesamter Konzernteil der Zinsschranke entgehen kann, obwohl einzelne Gesellschaften fÅr sich betrachtet der Zinsschranke unterliegen wÅrden. DarÅber hinaus sind organkreisinterne Finanzierungsbeziehungen fÅr die Zinsschranke unerheblich (Rz. 19.31). Zur Verdeutlichung folgendes Beispiel: Beispiel: Die im Ausland ansssige M Inc. hlt alle Anteile an der vollstndig eigenfinanzierten A GmbH. Die B GmbH und die C GmbH wiederum sind operativ ttige Tochtergesellschaften der A GmbH. Die B GmbH ist in erheblichem Umfang fremdfinanziert und erzielt jhrlich einen negativen Zinssaldo iHv. 6 Mio. Euro, wovon 2 Mio. Euro auf ein von der A GmbH gewhrtes Darlehen entfallen. Im Gegensatz dazu Åbersteigen die Zinsertrge der C GmbH deren Zinsaufwendungen jhrlich um 2 Mio. Euro. 1 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 68. 2 Vgl. BMF v. 4.7.2008, aaO, Rz. 68. 3 Vgl. Schirmer, StBp 2012, 64 (68).

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19.63

Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke LÇsung: Da sowohl die A GmbH als auch die C GmbH einen positiven Zinssaldo aufweisen, unterliegen diese Gesellschaften nicht der Zinsschranke. Da der negative Zinssaldo der B GmbH allerdings die Freigrenze iHv. 3 Mio. Euro Åbersteigt und aufgrund der Gesellschafterfremdfinanzierung durch die A GmbH weder die Konzernklausel (die ohnehin nicht eingreifen wÅrde) noch die Escape Klausel zur VerfÅgung steht, unterliegt die B GmbH der Zinsschranke. Gestaltung: Der aus der A GmbH, der B GmbH und der C GmbH bestehende inlndische Konzernteil begrÅndet eine Organschaft. LÇsung: Da der Organkreis als ein Betrieb im Sinne der Zinsschranke zu sehen ist, addieren sich der Zinsaufwand und Zinsertrag des Organkreises auf Ebene der A GmbH. Der sich ergebende Zinssaldo betrgt 2 Mio. Euro (4 Mio. Euro der B GmbH ohne organkreisinterne Finanzierung abzÅglich 2 Mio. Euro positiver Zinssaldo der C GmbH), so dass die Zinsschranke aufgrund der Freigrenze insgesamt nicht zur Anwendung kommt.

19.64 Reine Inlandskonzerne kÇnnen durch den Einsatz der Organschaft die Anwendbarkeit der Konzernklausel erreichen und dadurch der Zinsschranke entgehen, dass ein den gesamten Konzern abdeckender Organkreis geschaffen wird (Rz. 19.39). Seit Streichung des doppelten Inlandsbezugs fÅr Organgesellschaften steht diese MÇglichkeit grundstzlich auch deutschen Konzernen zur VerfÅgung, die Tochtergesellschaften im europischen Ausland halten. Beispiel: Die A GmbH hlt alle Anteile an der B GmbH, deren Erwerb sie fremdfinanziert hat. Aufgrund dieser Finanzierung erzielt die A GmbH jhrlich einen negativen Zinssaldo iHv. 5 Mio. Euro. Der negative Zinssaldo der B GmbH betrgt 1 Mio. Euro. LÇsung: Die A GmbH unterliegt der Zinsschranke, da ihr negativer Zinssaldo 3 Mio. Euro Åbersteigt, sie konzernzugehÇrig ist und der Eigenkapitalquotenvergleich nicht gelingt. Da der negative Zinssaldo der B GmbH weniger als 3 Mio. Euro betrgt, unterliegt diese nicht der Zinsschranke. Gestaltung: Die A GmbH und die B GmbH begrÅnden eine Organschaft. LÇsung: Die A GmbH und die B GmbH bilden aufgrund der Organschaft einen einzigen Betrieb. Da dieser Betrieb nicht konzernzugehÇrig ist, kommt die Zinsschranke insgesamt nicht zur Anwendung. Abwandlung: Zustzlich erwirbt die A GmbH die vollstndig eigenfinanzierte niederlndische C BV, deren Erwerb sie ebenfalls fremdfinanziert. Der jhrliche negative Zinssaldo der A GmbH erhÇht sich hierdurch auf 10 Mio. Euro.

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C. Gestaltungspotential der Organschaft mit Blick auf die Zinsschranke LÇsung: Der aus A GmbH und B GmbH bestehende Organkreis unterliegt ab dem Erwerb der C BV wieder der Zinsschranke (nach Auffassung der Finanzverwaltung ab dem folgenden Wirtschaftsjahr, Rz. 19.20), da der negative Zinssaldo 3 Mio. Euro Åbersteigt, der Organkreis konzernzugehÇrig ist und der Eigenkapitalquotenvergleich nicht gelingt. Der Zinsschranke unterliegt der addierte Zinssaldo der A GmbH und der B GmbH iHv. 11 Mio. Euro (im Vergleich dazu ohne Organschaft 10 Mio. Euro, nachteilig aufgrund nur einmaliger Gewhrung der Freigrenze). Gestaltung: Verlegung des Orts der Geschftsleitung der C BV nach Deutschland und Einbezug der C BV in den Organkreis. LÇsung: Die A GmbH, die B GmbH und die C BV bilden aufgrund der Organschaft einen einzigen Betrieb. Da dieser Betrieb nicht konzernzugehÇrig ist, kommt die Zinsschranke insgesamt nicht zur Anwendung.

Mit Blick auf den Eigenkapitalquotenvergleich liegt der Vorteil der Organschaft insbesondere im Leerlaufen der BeteiligungsbuchwertkÅrzung (Rz. 19.22 ff. und Rz. 19.44). Zur Erluterung folgendes Beispiel:

19.65

Beispiel: Die im Ausland ansssige M Inc. hlt alle Anteile an der vollstndig eigenfinanzierten A GmbH, deren Bilanzsumme 100 betrgt. Die A GmbH erwirbt fÅr 100 die ebenfalls vollstndig eigenfinanzierte B GmbH, deren Bilanzsumme 100 betrgt. Den Erwerb der B GmbH finanziert die A GmbH durch Fremdkapital, wodurch sich ein die Freigrenze von 3 Mio. Euro Åbersteigender negativer Zinssaldo ergibt. Die Eigenkapitalquote des M Inc. Konzerns betrgt 40 %. LÇsung: Da der Zinssaldo der A GmbH die Freigrenze von 3 Mio. Euro Åbersteigt, sie konzernzugehÇrig ist und ihre Eigenkapitalquote nach KÅrzung des Eigenkapitals um den Buchwert der Beteiligung an der B GmbH 0 % betrgt (Eigenkapital 100 ./. Beteiligungsbuchwert 100 = Eigenkapital 0), unterliegt die A GmbH der Zinsschranke. Gestaltung: Die A GmbH und die B GmbH begrÅnden eine Organschaft. LÇsung: Die Eigenkapitalquote des Organkreises als Betrieb betrgt 50 %, da es sich insoweit um einen Teilkonzernabschluss handelt, der die A GmbH und die B GmbH umfasst (Eigenkapital im Teilkonzernabschluss von 100/Bilanzsumme im Teilkonzernabschluss 200). Da die Eigenkapitalquote des M Inc. Konzerns lediglich 40 % betrgt, kommt die Zinsschranke auf den Organkreis nicht zur Anwendung.

Allerdings ergeben sich neben diesen Vorteilen der Organschaft in Bezug auf die Zinsschranke in der Praxis teilweise auch Nachteile. Neben der nur einmaligen Gewhrung der Freigrenze fÅr den gesamten Organkreis (Rz. 19.38 und Abwandlung zB in Rz. 19.64) folgen aus der unscharfen Gesetzesformulierung und der teilweise sehr restriktiven Auslegung durch

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19.66

Kapitel 19 Organschaft und Zinsschranke

die Finanzverwaltung praktische Unsicherheit in Zusammenhang mit der Anwendung der Konzernklausel und der Escape Klausel bei BegrÅndung oder Erweiterung einer Organschaft (Rz. 19.55 ff.). Gleiches gilt fÅr die Behandlung eines organschaftlichen Zins- oder EBITDA-Vortrags im Falle des Ausscheidens einer Organgesellschaft aus dem Organkreis (Rz. 19.37) und bei Beendigung der Organschaft (Rz. 19.61), der nach – unzutreffender – Auffassung der Finanzverwaltung (anteilig) untergehen soll. In Zusammenhang mit vororganschaftlichen Zins- oder EBITDA-Vortrgen von potentiellen Organgesellschaften muss außerdem beachtet werden, dass solche Vortrge mit BegrÅndung der Organschaft eingefroren werden (Rz. 19.36) und ein EBITDA-Vortrag aufgrund der Mindestlaufzeit des GAV im Ergebnis vollstndig verloren gehen kann (Rz. 19.37). Im Rahmen der Anwendung des § 8a KStG ergeben sich fÅr die Praxis weitere Unsicherheiten, die insbesondere die PrÅfung einer schdlichen Gesellschafterfremdfinanzierung fÅr Zwecke der Konzernklausel betreffen und zu einer Verschrfung der Regelung fÅhren kÇnnen (Rz. 19.48 ff.). DarÅber hinaus treten in einer verunglÅckten Organschaft auch die Rechtsfolgenden der Betriebsfiktion rÅckwirkend nicht ein, so dass sich in solchen Fllen massive Konsequenzen fÅr die Zinsschrank ergeben kÇnnen.1

1 Vgl. DÇtsch/Krmer in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 15 KStG Rz. 75; Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 107.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/ Unternehmenskauf Literatur Altmeppen, Zur Entstehung, Flligkeit und HÇhe des Verlustausgleichsanspruchs nach § 302 AktG, DB 1999, 2453; Bahns/Graw, Organschaftliche Einkommenszurechnung bei AuflÇsung und Umwandlung einer Organgesellschaft, DB 2008, 1645; Blumenberg/Lechner, Umwandlung und Organschaft, Beihefter zu DB 2012, Heft 2, 57; Carl/Carl, Teilbetriebsverußerung durch Organgesellschaft, NZG 2004, 650; DÇtsch, Umwandlung und Organschaft nach dem UmwSt-Erlass 2011, GmbHR 2012, 175; DÇtsch, Umwandlung und Organschaft, Ubg 2011, 20; FÅger/ Rieger/Schell, Die Behandlung von ErgebnisabfÅhrungsvertrgen beim Unternehmensverkauf, DStZ 2015, 404; Gebert, Das Zusammenspiel von umwandlungssteuerrechtlicher RÅckwirkung und Beginn der Organschaft – Aktuelle Entwicklungen, DStR 2011, 102; von Freeden/Joisten, Wie sind organschaftliche Ausgleichsposten bei der Verußerung der Organbeteiligung aufzulÇsen?, Ubg 2014, 512; Gelhausen/Heinz, Handelsrechtliche Zweifelsfragen der Abwicklung von ErgebnisabfÅhrungsvertrgen in Umwandlungsfllen, NZG 1995, 775; HagebÇke, Nochmals: GmbH & atypisch Still und Organschaft – Kritische Anmerkungen zu den VerfÅgungen der OFD Frankfurt/M. vom 30.1.2013 und des FM Schleswig-Holstein vom 4.3.2013, Der Konzern 2013, 334; Heerdt, Die steuerliche Behandlung von MehrabfÅhrungen im Rahmen eines Upstream-Mergers auf eine Organgesellschaft, DStR 2009, 938; Herlinghaus, Ausgewhlte Praxisprobleme im Schnittpunkt von Umwandlung und ertragsteuerlicher Organschaft, FR 2004, 974; Hierstetter, Zinsvortrag und Restrukturierung, DB 2009, 79; Hierstetter, bertragung des Geschftsbetriebs einer Organgesellschaft, BB 2015, 859; Lohmann/Heerdt, Die Regelungen zu vororganschaftlich verursachten MehrabfÅhrungen im neuen Umwandlungssteuererlass, Ubg 2012, 91; Meyer, Unterjhrige Beendigung einer ertragsteuerlichen Organschaft, GmbH-StB 2005, 237; Orth, Organschaft und Anwachsung, DStR 2005, 1629; Philippi/Neveling, Unterjhrige Beendigung von GewinnabfÅhrungsvertrgen im GmbH-Konzern – BeendigungsgrÅnde und Rechtsfolgen, BB 2003, 1685; RÇdder, Umwandlung und Organschaft – Kritische Anmerkungen zu den Org. Textziffern des UmwSt-Erlass-Entwurfs vom 2.5.2011, DStR 2011, 1053; Roser, Umwandlung: Steuerfreies bernahmeergebnis bei sog. Abwrts- und Seitwrtsabspaltungen, GmbHR 2013, 438; Schaefer/Wind/Mager, Beendigung und BegrÅndung von Organschaften beim Unternehmenskauf, DStR 2013, 2399; Schmidt/HagebÇke, Organtrgereigenschaft der atypisch stillen Gesellschaft nach § 14 KStG n.F., DStR 2005, 761; Schmidt/Werner, Parallele Zulssigkeit von steuerlicher Organschaft und atypisch stiller Beteiligung, GmbHR 2010, 29; Schmidtmann, Anteilige AuflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten bei „up-stream“ Abspaltungen, DStR 2014, 405; Schumacher, Mehr- und MinderabfÅhrungen i.S.d. § 14 Abs. 3 und 4 KStG im Rahmen von Umwandlungen, in FS fÅr Schaumburg, 2009, 477; Sistermann, Umwandlung und Organschaft, Beihefter zu DStR 2012, Heft 2, 18; Stegemann, Abspaltungen von Beteiligungen an Organgesellschaften, DStR 2002, 1549; Stuth, Auswirkungen der Umwandlung auf die Organschaft, Beihefter zu DStR 1998, Heft 17, 36; Ulrich, GewinnabfÅhrungsvertrge im GmbHKonzern, GmbHR 2004, 1000; Vogel, Zweifelsfragen der Organschaft in Umwandlungsfllen, Ubg 2010, 618; Vogel, Geklrte, ungeklrte und neue Fragen zum Problemkreis von Organschaft und Umwandlung, DB 2011, 1239.

Hierstetter

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

A. berblick 20.1 Wesentliche Auswirkungen. Umwandlungen, Umstrukturierungen außerhalb des Anwendungsbereichs des UmwG und der Kauf bzw. Verkauf von Unternehmen oder Unternehmensteilen kÇnnen sich in verschiedener Art und Weise auf ertragsteuerliche Organschaftsverhltnisse auswirken. Die insoweit relevanten Fragestellungen bzw. Schnittstellenbereiche beziehen sich auf die Relevanz der jeweiligen Transaktion fÅr – die BegrÅndung, FortfÅhrung oder Beendigung von ErgebnisabfÅhrungsvertrgen (Rz. 20.9 ff.; Rz. 20.16; Rz. 20.22; Rz. 20.32 ff., Rz. 20.96 ff.), – den Fortbestand bzw. die AuflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten i.S.d. § 14 Abs. 4 KStG (Rz. 20.21; Rz. 20.65 ff.), – die Zurechnung von EinkÅnften einschließlich Verußerungsgewinnen und umwandlungsbedingter bertragungs- und bernahmeergebnisse (Rz. 20.23; Rz. 20.72 ff.), – vororganschaftliche Mehr- oder MinderabfÅhrungen in Sinne des § 14 Abs. 3 KStG (Rz. 20.86 ff.), – die FortfÅhrung von organschaftlichen oder vororganschaftlichen Verlust-, Zins- und EBITDA-Vortrgen (Rz. 20.3; Rz. 29.6 f., Rz. 20.11; Rz. 20.25, Rz. 20.93 ff.). Die nachfolgende Darstellung beschrnkt sich auf die Auswirkungen inlndischer Umwandlungen auf die Organschaft. Zu Besonderheiten der Auswirkungen von Umwandlungen mit Auslandsbezug auf ertragsteuerliche Organschaftsverhltnisse vgl. Kapitel 25.

B. Organschaft und Unternehmenskauf I. Verußerung der Anteile am Organtrger 20.2 Keine Auswirkung auf bestehende ErgebnisabfÅhrungsvertrge. Die Verußerung der Anteile an einem Organtrger in der Rechtsform einer Kapital- oder Personengesellschaft wirkt sich auf den Fortbestand der Organschaft nicht aus. Zu Tochterkapitalgesellschaften bestehende ErgebnisabfÅhrungsvertrge werden durch den Gesellschafterwechsel auf Ebene des Organtrgers nicht berÅhrt.

20.3 Verlust-, Zins- und EBITDA-Vortrge. Bei Bestehen einer steuerlichen Organschaft werden dem Organtrger Verluste der zum Organkreis gehÇrenden Organgesellschaften zugerechnet (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG). Zudem gilt der Organkreis fÅr Zwecke der Anwendung der Zinsschranke (§ 4h EStG) als ein Betrieb (§ 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG) und § 4h EStG ist im Ergebnis nur auf Ebene des Organtrgers anzuwenden (§ 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG). Demzufolge entstehen whrend des Bestehens einer steuerlichen Organschaft Verlust-, Zins und EBITDA-Vortrge ausschließlich 756

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B. Organschaft und Unternehmenskauf

auf Ebene des Organtrgers. Bei der Verußerung von Anteilen an einem Organtrger in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft mit einem steuerlichen Verlust- oder Zinsvortrag sowie wegen des ggf. mittelbar eintretenden schdlichen Beteiligungserwerbs auch bei Organgesellschaften mit Blick auf bei diesen ggf. vorhandene vororganschaftliche Verlust- und/ oder Zinsvortrge ist § 8c KStG zu beachten. Hiernach droht der anteilige oder vollstndige Untergang etwaiger kÇrperschaftsteuerlicher (und wegen § 10a Satz 10 GewStG auch gewerbesteuerlicher) Verlustvortrge sowie ggf. vorhandener Zinsvortrge des Organtrgers und/oder der Organgesellschaften, sofern nicht eine der in §§ 8c Abs. 1 Satz 5 ff. KStG bestimmten Ausnahme- bzw. Verschonungsregelungen eingreift. Mit Blick auf §§ 8c Abs. 1 Satz 6-9 KStG („Stille-Reserven-Klausel“) ist zu beachten, dass nach Auffassung der Finanzverwaltung bei der PrÅfung der Anwendbarkeit der Verschonungsregel nur eigene (steuerpflichtige) stille Reserven des Organtrgers, nicht hingegen solche der Organgesellschaften zu berÅcksichtigen sind.1 Auch sofern Organgesellschaften bis zum Zeitpunkt des auf Ebene des Organtrgers eingetretenen schdlichen Beteiligungserwerbs noch Gewinne erzielt haben, sollen diese nach Auffassung der Finanzverwaltung weder mit Verlusten des Organtrgers noch mit (vororganschaftlichen) Verlusten der Organgesellschaft verrechenbar sein.2 ME ist fraglich, ob diese Auffassung in Einklang mit den hierzu vom BFH entwickelten Grundstzen steht. Hiernach dÅrfte ein von der Organgesellschaft bis zum unterjhrigen Beteiligungserwerb erzielter Gewinn noch mit einem Verlustvortrag des Organtrgers zu verrechnen sein.3 Die Tatsache, dass das Organeinkommen dem Organtrger erst zum Ende des Wirtschaftsjahres zuzurechnen ist,4 dÅrfte fÅr den Anwendungsbereich des § 8c KStG nicht von Bedeutung sein, da insoweit im Ergebnis eine Zwischenveranlagung zu fingieren ist. Wenn man dies anders wertet und die Auffassung der Finanzverwaltung insoweit fÅr zutreffend erachtet, dann mÅssten entsprechende Gewinne der Organgesellschaft konsequenterweise mit deren vororganschaftlichen Verlusten verrechenbar sein. Der EBITDA-Vortrag wird durch einen schdlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG nicht berÅhrt, da § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG bzw. § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG nur bzgl. des Zinsvortrags, nicht aber bzgl. des EBITDA-Vortrags auf § 8c KStG verweisen. Bei der Verußerung von Anteilen an einer Organtrger-Personengesellschaft gelten bzgl. nachgeordneter Organgesellschaften die vorstehenden AusfÅhrungen entsprechend, dh. ggf. kommt es aufgrund eines (mittelbaren) schdlichen Beteiligungserwerbs zu einem Wegfall vororganschaftlicher Verlust- und/oder Zinsvortrge. Auf Ebene des Organtrgers selbst kann es durch die bertragung der Anteile zu einem partiellen oder voll1 Vgl. Entwurf des BMF v. 15.4.2014 – IV C 2 - S 2745/a/09/10002:004, Rz. 61. 2 Vgl. Entwurf des BMF v. 15.4.2014 – IV C 2 - S 2745/a/09/10002:004, Rz. 33a. 3 BFH v. 30.11.2011 – I R 14/11, BStBl. II 2012, 360 = FR 2012, 310 m. Anm. Klein/ Nosky. 4 BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494 = FR 2013, 1137.

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20.4

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

stndigen Wegfall der Mitunternehmeridentitt und damit zum Wegfall gewerbesteuerlicher Verlustvortrge kommen (§ 10a Satz 8 GewStG iVm. § 2 Abs. 5 GewStG).1 Auf Zins- und EBITDA-Vortrge wirkt sich die Verußerung der (ganzen)2 Beteiligung eines Gesellschafters an einer Organtrger-Personengesellschaft insofern aus, als diese nach § 4h Abs. 5 Satz 2 EStG anteilig oder vollstndig untergehen.

20.5 Einkommenszurechnung. Der sich nach Maßgabe der Handelsbilanz ergebende Anspruch eines Organtrgers auf GewinnabfÅhrung entsteht erst mit dem Ende des Wirtschaftsjahres der jeweiligen Organgesellschaft. Erst zu diesem Zeitpunkt ist dem Organtrger das Organeinkommen, welches aus der Steuerbilanz der Organgesellschaft abgeleitet wird, zuzurechnen. Nach Auffassung des BFH3 ist das Einkommen einer Organgesellschaft daher entsprechend dem allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssel nur den Gesellschaftern einer Organtrger-Personengesellschaft zuzurechnen, die im Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an dem Organtrger beteiligt sind. Sofern sich im Laufe des Wirtschaftsjahres des Organtrgers verußerungsbedingte nderungen im Bestand der Gesellschafter ergeben haben, kommt es zu keiner zeitanteiligen Zurechnung des Organeinkommens zu den ausgeschiedenen Gesellschaftern der Organtrger-Personengesellschaft.

II. Verußerung des Geschftsbetriebs des Organtrgers 20.6 Gesamtbetriebsverußerung. Die Verußerung des (gesamten) Geschftsbetriebs des Organtrgers fÅhrt zu einer bertragung der Anteile an der oder den Organgesellschaft(en). Insoweit wird auf die AusfÅhrungen unter Rz. 20.8 ff. verwiesen. Ein fÅr den als ein Betrieb (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG) geltenden Organkreis auf Ebene des Organtrgers festgestellter Zins- und/oder EBITDA-Vortrag geht bei Verußerung des (gesamten) Betriebs des Organtrgers gem. § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG unter. Ein Verlustvortrag ist von der Betriebsverußerung hingegen nicht betroffen und besteht grundstzlich fort.

20.7 Teilbetriebsverußerung. Die Verußerung eines Teilbetriebs eines Organtrgers hat, sofern die Beteiligung an der Organgesellschaft zurÅck behalten wird, keine Auswirkungen auf ein bestehendes Organschaftsverhltnis. FÅr einen auf Ebene des Organtrgers festgestellten Zins- und/oder

1 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 mwN. 2 Vgl. hierzu Hierstetter, DB 2009, 79 (81); Nach BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 = FR 2008, 778, Rz. 47 soll auch eine teilweise Verußerung der Beteiligung an einer Organtrger-Personengesellschaft zu einem (anteiligen) Wegfall der Zins- bzw. EBITDA-Vortrge des Organtrgers fÅhren kÇnnen. 3 BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494 = FR 2013, 1137.

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B. Organschaft und Unternehmenskauf

EBITDA-Vortrag ist die Verußerung eines Teilbetriebs nach hM entgegen der Verwaltungsauffassung1 unschdlich.2 Insoweit wird auf die AusfÅhrungen unter Rz. 20.25 ff. verwiesen.

III. Verußerung der Anteile an der Organgesellschaft 1. Grundlagen Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags. Die Verußerung der Anteile an einer Organgesellschaft bewirkt keine automatische Beendigung eines bestehenden ErgebnisabfÅhrungsvertrags.3 Zudem ist zu beachten, dass eine rÅckwirkende Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags nach § 296 Abs. 1 Satz 2 AktG unzulssig ist.4 Die mit Blick auf die Verußerung der Anteile an der Organgesellschaft regelmßig wÅnschenswerte Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags muss daher zeitgleich mit oder zeitnah vor dem Wirksamwerden der Verußerung der Anteile an der Organgesellschaft erfolgen. Dies kann einseitig durch ordentliche KÅndigung unter Einhaltung der vertraglich bedingten KÅndigungsfrist oder durch fristlose KÅndigung aus wichtigem Grunde (§ 297 AktG) oder durch einvernehmliche Aufhebung geschehen (§§ 296 AktG). Whrend die KÅndigung bzw. Aufhebung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags bei der AG bzw. KGaA als GeschftsfÅhrungsmaßnahme in den Zustndigkeitsbereich des Vorstands der betroffenen Gesellschaft fllt, bedarf diese mit Blick auf eine Organgesellschaft in der Rechtsform der GmbH der Zustimmung der Gesellschafter.5 Die Aufhebung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags ist nach § 296 Abs. 1 AktG nur zum Ende eines Geschftsjahres (der Organgesellschaft) mÇglich. Sie ist allerdings nicht fristgebunden.

20.8

Beendigung der Organschaft. Die Verußerung der Anteile an einer Organgesellschaft fÅhrt unabhngig von der KÅndigung bzw. Aufhebung des ErgebnisabfÅhrungsvertrages zwingend zur Beendigung der insoweit beste-

20.9

1 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 = FR 2008, 778, Rz. 47. 2 Vgl. Heuermann in BlÅmich, § 4h EStG, Rz. 104 mwN. 3 BGH v. 14.12.1987 – II ZR 170/87, GmbHR 1988, 174 = NJW 1988, 1326. 4 Dies gilt auch, wenn die abhngige Gesellschaft die Rechtsform einer GmbH hat, vgl. BGH v. 5.11.2002 – II ZR 119/00, GmbHR 2002, 62 = DB 2002, 87; OLG MÅnchen v. 20.11.2013 – 7 U 5025/11, GmbHR 2014, 535; v. 16.3.2012 – 31 Wx 70/12, GmbHR 2012, 645. 5 BGH v. 31.5.2011 – II ZR 109/10, GmbHR 2011, 922 m. Anm. Ulrich = DStR 2011, 1576; bislang ungeklrt ist, welcher Mehrheit der Gesellschafterbeschluss der abhngigen Gesellschaft bedarf – fÅr Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit und Beurkundungspflicht AG Hamburg v. 4.2.2013 – HRB 38053, GmbHR 2013, 311 – bzw. ob auch bei der herrschenden Gesellschaft ein solcher Gesellschafterbeschluss notwendig ist. Nach hM ist dies nicht der Fall, dafÅr zB OLG Oldenburg v. 23.3.2000 – 1 U 75/99, GmbHR 2000, 1267 = NZG 2000, 138.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

henden Organschaft, sofern aufgrund der bertragung der Anteile an der Organgesellschaft auf den Erwerber die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft zum Verußerer bzw. bisherigen Organtrger entfllt. FÅr das letzte vor oder zum Verußerungszeitpunkt endende Geschftsjahr ist der ErgebnisabfÅhrungsvertrag noch gegenÅber dem bisherigen Organtrger abzurechnen. Vgl. zum Fall einer unterjhriger Beendigung (Rz. 20.12).

20.10 Die finanzielle Eingliederung endet insoweit mit dem bergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen an der Organgesellschaft. Nach der Rechtsprechung des BFH kann dies mit Blick auf die Regelung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO im Einzelfall bereits vor bergang des zivilrechtlichen Eigentums der Fall sein, sofern der Erwerber eine rechtlich geschÅtzte, auf den Erwerb der Anteile gerichtete Rechtsposition erlangt, die ihm gegen seinen Willen nicht entzogen werden kann, er die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte erwirbt, und ihm die Chance einer Wertsteigerung und das Risiko einer Wertminderung der Kapitalgesellschaft zusteht.1 Um die steuerliche Organschaft mÇglichst bis zum Wegfall der finanziellen Eingliederung aufrecht zu erhalten, wird der Verußerer regelmßig bestrebt sein, die bertragung des Eigentums an den Anteilen an der Organgesellschaft zeitgleich mit (oder kurz nach) dem Ende eines Wirtschaftsjahres oder ggf. Rumpfwirtschaftsjahres (Rz. 20.14) vorzunehmen, da die Organschaft andernfalls rÅckwirkend zum Beginn des im Beendigungszeitpunkt laufenden Wirtschaftsjahres endet (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG). Insoweit ist darauf zu achten, dass dem Verußerer im Zeitraum zwischen Abschluss des Anteilskaufvertrages („Signing“) und dem Vollzug der dinglichen bertragung der Anteile („Closing“) keine so starken Einschrnkungen hinsichtlich der AusÅbung seiner Gesellschafterrechte auferlegt werden, dass der bergang des (fÅr die finanzielle Eingliederung maßgeblichen) wirtschaftlichen Eigentums bereits vor der dinglichen bertragung der Anteile anzunehmen ist.2 In diesem Fall wre die steuerliche Organschaft fÅr das letzte vor der bertragung liegende Wirtschaftsjahr bzw. Rumpfwirtschaftsjahr ggf. nicht anzuerkennen. Zu Haftungsfragen in Zusammenhang mit § 73 AO vgl. Rz. 24.5.

20.11 Verlust-, Zins- und EBITDA-Vortrge. Whrend des Bestehens der Organschaft sind steuerliche Verluste einer Organgesellschaft dem Organtrger zuzurechnen. Eigene, vororganschaftliche Verlustvortrge der Organgesellschaft sind whrend dieses Zeitraums nicht nutzbar (§ 15 Satz 1 Nr. 1 KStG) Gleiches gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung fÅr vororganschaftliche Zinsvortrge.3 Solche vororganschaftlichen Verlust- und Zinsvortrge leben durch eine verußerungsbedingte Beendigung einer Organ1 BFH v. 11.7.2006 – VIII R 32/04, BStBl. II 2007, 296 = FR 2007, 251; v. 24.1.2012 – IX R 51/10, BStBl. II 2012, 308 = FR 2012, 642 m. Anm. Bode. 2 Schaefer/Wind/Mager, DStR 2013, 2399 (2400 f.). 3 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 = FR 2008, 778, Rz. 48.

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B. Organschaft und Unternehmenskauf

schaft grundstzlich wieder auf. Die bertragung der Anteile an einer Organgesellschaft fÅhrt jedoch ggf. zu einem schdlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG und kann zum teilweisen oder auch vollstndigen Untergang der bei der betreffenden Organgesellschaft ggf. vorhandenen vororganschaftlichen Verlust- und/oder Zinsvortrge fÅhren, sofern nicht eine der in §§ 8c Abs. 1 Satz 5 ff. KStG getroffenen Ausnahme- bzw. Verschonungsregelungen eingreift. Zudem kann es nach Auffassung der Finanzverwaltung durch die verußerungsbedingte Beendigung der Organschaft zu einem Wegfall von Zinsvortrgen auf Ebene des Organtrgers kommen.1 Diese Auffassung findet allerdings keine gesetzliche Grundlage.2 Auf (vororganschaftliche) EBITDA-Vortrge der Organgesellschaft wirkt sich die Verußerung der Anteile nicht aus, da § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG und § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG nur bzgl. des Zinsvortrags auf § 8c KStG verweisen. 2. Unterjhrige Verußerung Gesellschaftsrechtliche Optionen. Sofern die Verußerung der Organgesellschaft unterjhrig erfolgen soll, erfordert die Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags regelmßig entweder eine fristlose KÅndigung oder die Umstellung des Geschftsjahres der Organgesellschaft auf den Zeitpunkt der bertragung der Anteile verbunden mit einer Aufhebung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags auf diesen Zeitpunkt.

20.12

Fristlose KÅndigung. Nach § 297 Abs. 1 AktG ist eine fristlose KÅndigung nur „aus wichtigem Grunde“ mÇglich. Ein wichtiger Grund liegt nach dem Gesetzeswortlaut insbesondere dann vor, wenn der andere Vertragsteil voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine auf Grund des Vertrags bestehenden Verpflichtungen zu erfÅllen. Die Rechtsprechung hat das Vorliegen eines wichtigen Grundes insbesondere bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertrags angenommen.3 Im Rahmen der Vertragsfreiheit kÇnnen die Vertragspartner darÅber hinaus festlegen, dass auch bestimmte, durch die Vertragsparteien ggf. beeinflussbare Tatsachen, als wichtiger Grund fÅr eine fristlose KÅndigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags gelten sollen;4 dies kann auch die Anteilsverußerung durch das herrschende Unternehmen einschließen.5 Daneben fingiert das AktG fÅr besonders gelagerte Flle das Vorliegen eines wichtigen Grundes (§§ 304 Abs. 4, 305 Abs. 5 und 307 AktG). Hingegen dÅrfte (ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung) grundstzlich kein wichtiger Grund i.S.d.

20.13

1 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 = FR 2008, 778, Rz. 47. 2 Hierstetter, DB 2009, 79 (83). 3 BGH v. 5.4.1993 – II ZR 238/91, GmbHR 1993, 446 = NJW 1993, 1976. 4 BGH v. 5.4.1993 – II ZR 238/91, GmbHR 1993, 446 = NJW 1993, 1976; LG MÅnchen v. 14.12.2006 – HK O 17059/06, Der Konzern 2007, 279. 5 OLG Hamburg v. 30.12.1998 – 11 U 35/97, OLGReport Hamburg 1999, 175.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

§ 297 Abs. 1 AktG anzunehmen sein bei Verußerung der Organbeteiligung1 sowie bei AuflÇsung der Organgesellschaft durch den Alleingesellschafter (Rz. 11.39, Rz. 11.43).2

20.14 Umstellung des Geschftsjahres. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG wirkt die unterjhrige Beendigung eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags steuerlich auf den Beginn des betreffenden Wirtschaftsjahres zurÅck. Um die steuerliche Anerkennung der Organschaft bis zur Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags zu erreichen, muss dieser daher zum oder kurz nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres beendet werden. Bei unterjhriger bertragung bietet sich insoweit an, das Geschftsjahr der Organgesellschaft auf den Zeitpunkt der Verußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft bzw. der Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags umzustellen. Die nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG bzw. § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG erforderliche Zustimmung der Finanzverwaltung zu einer solchen Umstellung des Geschftsjahres wird nach R 59 Abs. 3 Satz 1 KStR regelmßig erteilt. Nach R 61 Abs. 7 KStR sind die fÅr das letzte (Rumpf-) Geschftsjahr erfolgenden Zahlungen der Organgesellschaft an den frÅheren Organtrger (oder umgekehrt), obgleich diese erst nach Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags erfolgen, steuerlich nicht als GewinnausschÅttung bzw. Einlage, sondern als GewinnabfÅhrung bzw. Verlustausgleich zu werten. Bei zeitgleicher Umstellung des Geschftsjahres ist eine nahtlose FortfÅhrung der Organschaft zum Erwerber bzw. einem neuen Rechtstrger mÇglich (Rz. 20.22).3 Auch eine insoweit ggf. erforderliche nochmalige Umstellung des Geschftsjahres der Organgesellschaft wird von der Finanzverwaltung genehmigt, R 59 Abs. 3 KStR. Zu beachten ist, dass die jeweilige Umstellung des Geschftsjahres als Satzungsnderung nur dann Wirkung entfalten kann, wenn diese vor dem Zeitpunkt der Umstellung bzw. dem geplanten Beginn des neuen Geschftsjahres in das Handelsregister eingetragen wird. Entsprechend sollte die Umstellung des Geschftsjahres mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf zum Register angemeldet werden.

20.15 AnsprÅche fÅr letzte Teilperiode. Zivilrechtlich sind die mit Blick auf den ErgebnisabfÅhrungsvertrag begrÅndeten AnsprÅche fÅr den Zeitraum zwischen dem Beginn des Geschftsjahres der Organgesellschaft und dem Zeitpunkt der verußerungsbedingten unterjhrigen KÅndigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags unabhngig davon zu erfÅllen, ob das Geschftsjahr der Organgesellschaft umgestellt wird oder nicht. Dh. der bisherige Organtrger hat nach hM einen zwischen Beginn des Geschftsjahres und dem durch Umstellung oder KÅndigung herbeigefÅhrten Geschftsjahresende erlittenen Verlust der Organgesellschaft nach § 302

1 Umstritten, vgl. Nachweise bei Koch in HÅffer, AktG11, § 297 Rz. 7. 2 OLG MÅnchen v. 20.6.2011 – 31 Wx 163/11, GmbHR 2011, 871. 3 Vgl. hierzu R 59 Abs. 2 KStR.

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AktG zu Åbernehmen1 und hat ggf. Anspruch auf AbfÅhrung eines in diesem Zeitraums erzielten Gewinns.2 3. Vorzeitige Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags Erfordernis eines wichtigen Grundes. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG muss ein ErgebnisabfÅhrungsvertrag auf fÅnf Jahre abgeschlossen sein, um steuerlich anerkannt werden zu kÇnnen. Eine vorzeitige Beendigung ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG nur dann unschdlich, wenn diese auf einem wichtigem Grund beruht. Die Finanzverwaltung sah bislang in der Verußerung der Beteiligung an einer Organgesellschaft einen solchen wichtigen Grund, R 60 Abs. 6 KStR. Diese Sichtweise ist mit Blick auf die jÅngere Rechtsprechung des BFH einzuschrnken. Nach Auffassung des BFH ist der steuernormspezifische Rechtsbegriff des wichtigen Grundes eigenstndig vom Zivilrecht zu interpretieren, insbesondere weil den zivilrechtlichen Vorgaben fÅr einen wirksamen GewinnabfÅhrungsvertrag eine Mindestlaufzeit unbekannt ist und daher die zivilrechtliche Auslegung einem solchen Erfordernis nicht Rechnung tragen muss. Anders als im Zivilrecht, das im Rahmen der Vertragsfreiheit eine individuelle Festlegung wichtiger GrÅnde gestattet,3 darf der wichtige Grund, der eine vorzeitige Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags aus steuerlicher Sicht rechtfertigen soll, daher nicht im Belieben der Parteien stehen. Vielmehr muss der wichtige Grund fÅr die Vertragsbeendigung nach eigenen steuerrechtlichen Maßstben objektiv vorliegen. Eine steuerlich motivierte zeitliche Begrenzung der Rechtsfolgen der Organschaft mittels Vertragsbeendigung stellt daher – per se – auch dann keinen wichtigen Grund dar, wenn die Beteiligung an der Organgesellschaft zwar verußert wird, die Verußerung jedoch innerhalb eines Konzernverbunds erfolgt.4 Die Verußerung der Anteile an einer Organgesellschaft an einen fremden Dritten dÅrfte hingegen regelmßig als wichtiger Grund i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG anzusehen sein. ME gilt dies unabhngig davon, ob die vorzeitige Beendigung zeitgleich mit, kurz vor oder kurz nach der Verußerung der Anteile erfolgt.5

1 BGH v. 14.12.1987 – II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 = GmbHR 1988, 174. 2 FÅr den Fall, dass das Geschftsjahr nicht umgestellt wird, ist dies strittig: DafÅr Philippi/Neveling, BB 2003, 1685 (1691); Altmeppen, DB 1999, 2453 (2455) mwN, dagegen DÇtsch, Ubg 2011, 20. 3 BGH v. 5.4.1993 – II ZR 238/91, GmbHR 1993, 446 = NJW 1993, 1976; LG MÅnchen v. 14.12.2006 – HK O 17059/06, Der Konzern 2007, 279. 4 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12 BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608. 5 hnlich DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 224, der jedoch eine – auch kurzfristige – Weitergeltung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags Åber den Verußerungszeitpunkt hinaus fÅr problematisch hlt.

Hierstetter

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20.16

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

4. DurchfÅhrung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags fÅr die letzte (Teil-) Periode

20.17 Bestimmung der HÇhe des jeweiligen Anspruchs. Da der ErgebnisabfÅhrungsvertrag nicht rÅckwirkend beendet werden kann, stellt sich die Frage, wie der ErgebnisabfÅhrungsvertrag fÅr die letzte (Teil-) Periode seiner Geltungsdauer zivil- und steuerrechtlich abzuwickeln ist. Der bisherige Organtrger hat fÅr den Zeitraum zwischen Beginn des letzten bzw. laufenden Geschftsjahrs der Organgesellschaft und dem Zeitpunkt der Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags durch KÅndigung oder Aufhebung entweder einen GewinnabfÅhrungsanspruch (§ 291 Abs. 1 Satz 1 AktG) oder die Organgesellschaft hat einen Anspruch auf VerlustÅbernahme nach § 302 AktG. Dies erfordert die Ermittlung des Ergebnisses der Organgesellschaft fÅr das laufende Geschftsjahr. Sofern die Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags zum Ende eines Geschftsjahres erfolgt, ergibt sich der jeweilige Anspruch aus dem entsprechenden (ggf. prÅfungspflichtigen) Jahresabschluss. Bei unterjhriger bertragung der Anteile an einer Organgesellschaft ist eine Zwischenbilanz und Gewinn- und Verlust-Rechnung der Organgesellschaft zu erstellen.1 Eine gesetzliche PrÅfungspflicht fÅr die Zwischenbilanz besteht nicht.

20.18 ErfÅllung des Anspruchs. Die Ermittlung des Zwischenergebnisses oder, bei Verußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft zu einem (Rumpf-) Geschftsjahresende, des Jahresergebnisses wird regelmßig erst einige Zeit nach der Verußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft bzw. nach Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags abgeschlossen werden. Der sich hieraus ergebende Gewinn oder Verlust ist grundstzlich noch an den Organtrger abzufÅhren bzw. als Ausgleich an die Organgesellschaft zu leisten und jedenfalls erforderlich, um die Anerkennung der steuerlichen Organschaft fÅr das letzte (Rumpf-) Wirtschaftsjahr zu erreichen. Die fÅr das letzte (Rumpf-) Geschftsjahr erfolgenden Zahlungen der Organgesellschaft an den frÅheren Organtrger (oder umgekehrt) sind, obgleich diese erst nach Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags erfolgen, steuerlich nicht als GewinnausschÅttung bzw. Einlage, sondern als GewinnabfÅhrung bzw. Verlustausgleich zu werten, R 61 Abs. 7 KStR. Ein Verzicht auf den jeweiligen Anspruch fÅhrt wegen des in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG geregelten DurchfÅhrungsgebots zur steuerlichen Nichtanerkennung der Organschaft. Sofern der ErgebnisabfÅhrungsvertrag zum Zeitpunkt seiner Beendigung noch keine fÅnf Jahre bestanden hat, kÇnnte zudem die Versagung der steuerlichen Organschaft fÅr Vorjahre drohen. Dies gilt in Fllen der unterjhrigen Verußerung mE auch dann, wenn das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft anlsslich der Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags nicht umgestellt wird. In diesem Fall ist die steuerliche Organschaft zwar fÅr das laufende Jahr ohnehin nicht mehr anzuerkennen, jedoch fordert § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG die DurchfÅhrung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags whrend „seiner 1 BGH v. 5.11.2002 – II ZR 119/00, GmbHR 2002, 62 = DB 2002, 87.

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B. Organschaft und Unternehmenskauf

gesamten Geltungsdauer“. Dies dÅrfte eher an die zivilrechtliche Laufzeit des Vertrages anknÅpfen als an die Dauer der steuerlichen Anerkennung, die mangels Geschftsjahresumstellung ggf. bereits zum Ablauf des vorhergehenden Geschftsjahres endet. Folglich dÅrfte eine NichtdurchfÅhrung des Vertrags in einem Zeitraum, in dem er zivilrechtlich noch bestanden hat, ggf. die steuerliche Anerkennung der Organschaft in Vorjahren gefhrden.1 Soweit die Organgesellschaft einen Anspruch auf VerlustÅbernahme hat, scheitert ein Verzicht ohnehin an § 302 Abs. 3 AktG. RegelungsmÇglichkeiten im Anteilskaufvertrag. Um den zivilrechtlichen Anforderungen zu genÅgen und steuerliche Nachteile zu vermeiden, sollten in dem der bertragung der Anteile an der Organgesellschaft zugrunde liegenden Vertrag Regelungen zur (letztmaligen) DurchfÅhrung des beendeten ErgebnisabfÅhrungsvertrags in der Zeit nach bertragung der Anteile an der Organgesellschaft getroffen werden. HierfÅr bieten sich insbesondere folgende Regelungsoptionen an: – Die Organgesellschaft fÅhrt den Gewinn des (Rumpf-) Geschftsjahres oder der Teilperiode noch an den bisherigen Organtrger ab bzw. gleicht der bisherige Organtrger der Organgesellschaft einen ggf. erlittenen Verlust aus; in der Praxis ist diese Variante hufig problematisch, weil insoweit bei Abschluss des Kaufvertrages Unsicherheit Åber die genaue HÇhe des „effektiven“ Kaufpreises besteht bzw. dieser ggf. von der AusÅbung von Bilanzierungswahlrechten und Bewertungseinschtzungen abhngt. – Um diese Unsicherheit zu beseitigen, kÇnnen der Organtrger (bzw. Verkufer) und der Erwerber der Anteile vereinbaren, dass kompensierende Ausgleichszahlungen geleistet werden, ein Gewinn der Organgesellschaft also vom Organtrger (kaufpreismindernd) an den Erwerber geleistet wird bzw. dass ein dem Organtrger ggf. auszugleichender Verlust der Organgesellschaft vom Erwerber (als KaufpreiserhÇhung) erstattet wird. – Schließlich kann der Organtrger seinen GewinnabfÅhrungsanspruch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages an den Erwerber abtreten bzw. kann eine SchuldmitÅbernahme durch die Kuferin mit Blick auf eine Verlustausgleichsverpflichtung vereinbart werden. Dies erlaubt eine pauschale und abschließende Kaufpreisfestlegung unabhngig von der tatschlicher HÇhe des abzufÅhrenden Gewinns bzw. des auszugleichenden Verlusts. Dies setzt allerdings voraus, dass der sich ergebende Zahlungsanspruch spter zwischen Erwerber und Organgesellschaft tatschlich erfÅllt wird. Hinsichtlich von steuerlichen

1 FÅr den Fall, dass das Geschftsjahr bei unterjhriger Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags nicht umgestellt wird, ist allerdings ggf. fraglich, ob ein bis dahin erzielter Gewinn abfÅhrungspflichtig ist. DafÅr Philippi/Neveling, BB 2003, 1685 (1691); Altmeppen, DB 1999, 2453 (2455) mwN, dagegen DÇtsch, Ubg 2011, 20.

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20.19

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

Mehrbelastungen, die aus diesbezÅglichen Versumnissen resultieren, muss sich der Verußerer ggf. durch Schadensersatzklauseln absichern. Um Unsicherheiten mit Blick auf etwaige post-akquisitorische Umwandlungen der verußerten Organbeteiligung zu vermeiden (Rz. 20.35; Rz. 20.37), empfiehlt sich zudem ggf. eine entsprechende vertragliche Regelung bzw. Verpflichtung des Erwerbers, keine Umwandlung mit RÅckwirkung auf einen Zeitpunkt vor der bertragung der Anteile vorzunehmen. 5. Auswirkungen der Kleinen Organschaftsreform

20.20 Fehlerberichtigung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 Buchst. c KStG. Im Zuge der Kleinen Organschaftsreform vom 20.2.2013 wurde eine Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG aufgenommen, wonach die fÅr die Anerkennung einer steuerlichen Organschaft notwendige ordnungsgemße DurchfÅhrung eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags in Fllen fehlerhafter Bilanzanstze unter bestimmten Voraussetzungen auch dann fingiert werden kann, wenn der fehlerhafte Bilanzansatz nicht rÅckwirkend, sondern in laufender Rechnung berichtigt und der sich hieraus ergebende Differenzbetrag erst nachtrglich abgefÅhrt oder zurÅck erstattet wird. Wird der Fehler erst nach Beendigung einer Organschaft bzw. Verußerung der Organbeteiligung bemerkt, kann die Anerkennung der Organschaft fÅr die Jahre vor der Verußerung demzufolge ggf. von der Mitwirkung des Kufers der Organbeteiligung abhngen. Um insoweit Interessengleichheit herzustellen, empfiehlt sich die Aufnahme entsprechender Mitwirkungspflichten in den der Verußerung der Organbeteiligung zugrunde liegenden Kaufvertrag. 6. Ermittlung des Verußerungsgewinns

20.21 Behandlung eines Ausgleichspostens i.S.d. § 14 Abs. 4 KStG. Der Gewinn aus der Verußerung der Anteile an einer Organgesellschaft ist unter den Voraussetzungen des § 8b Abs. 2 KStG (im Ergebnis zu 95 %) steuerfrei1 bzw. unterliegt nach § 3 Nr. 40 EStG dem TeileinkÅnfteverfahren. Verluste sind nicht bzw. nur anteilig zu berÅcksichtigen. Gleiches gilt nach § 14 Abs. 4 Satz 3 KStG fÅr Gewinne bzw. Verluste aus der verußerungsbedingten AuflÇsung (§ 14 Abs. 4 Satz 2 KStG) von bezÅglich der verußerten Organgesellschaft bestehenden aktiven bzw. passiven Ausgleichsposten. FÅr die Ermittlung des Verußerungsergebnisses gelten die allgemeinen Grundstze. Mit Blick auf bezÅglich der verußerten Organgesellschaft bestehende Ausgleichsposten stellt sich (insbesondere fÅr aktive Ausgleichsposten) jedoch die Frage, ob der steuerliche Ausgleichspos-

1 BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 – S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 = FR 2003, 528 Rz. 16.

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B. Organschaft und Unternehmenskauf

ten als Korrekturposten1 zum Beteiligungsbuchwert (und damit als Teil des Beteiligungsansatzes anzusehen ist), oder ob die AuflÇsung des Ausgleichspostens steuerlich separat2 zu erfassen ist (Rz. 20.68). ME ist der Verwaltungsauffassung, wonach § 8b KStG auf das Verußerungsergebnis nach BerÅcksichtigung eines Betrags aus der AuflÇsung eines Ausgleichspostens anzuwenden ist, vorzuziehen, da nur so sinnwidrige Ergebnisse vermieden werden.3 7. BegrÅndung einer steuerlichen (Anschluss-) Organschaft nach Anteilserwerb Der Erwerber der Beteiligung an einer Organgesellschaft kann eine neue Organschaft frÅhestens zu Beginn des ersten Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft nach Erwerb der (zu einer finanziellen Eingliederung fÅhrenden) Beteiligung begrÅnden. Im Idealfall erfolgt der Erwerb der Beteiligung exakt „zum Ende“ bzw. „mit Ablauf“ eines Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft (sog. „Mitternachtsgeschft“). Zwar hat der bisherige Organtrger die Beteiligung an der Organgesellschaft in diesem Fall in der Schlussbilanz des betreffenden Wirtschaftsjahres idR nicht mehr auszuweisen.4 Dennoch ermÇglicht diese Vorgehensweise dem bisherigen Organtrger die FortfÅhrung der Organschaft bis zum Ende des Wirtschaftsjahrs und dem Erwerber der Beteiligung die BegrÅndung einer Anschlussorganschaft ab diesem Zeitpunkt bzw. ab dem ersten Tag, 0 Uhr, des anschließenden Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft, R 59 Abs. 2 Satz 1, 2 KStR (sog. „Mitternachtserlass“). Verußert der bisherige Organtrger seine Beteiligung an der Organgesellschaft hingegen nicht zum Ende, sondern whrend des Wirtschaftsjahres5 der Organgesellschaft, so erfordert die naht1 Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung sind organschaftliche Ausgleichposten wohl als Korrekturposten zum Beteiligungsbuchwert zu verstehen (BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 = FR 2003, 981, Rz. 43). Erfolgt die AuflÇsung eines passiven oder aktiven Ausgleichspostens im Zusammenhang mit der Verußerung der Beteiligung, erhÇht oder verringert der Betrag aus der AuflÇsung der Ausgleichsposten den Verußerungsgewinn oder -verlust. § 8b KStG ist demgemß auf den saldierten Betrag anzuwenden (vgl. OFD Frankfurt v. 8.11.2005 – S 2750a A - St II 1.01, DB 2005, 2608 sowie R 63 Abs. 3 KStR). 2 Nach BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285 sind Ausgleichsposten „weder als eigenstndiges Wirtschaftsgut noch als Korrekturposten zum Beteiligungsansatz, sondern als steuerliche Bilanzierungshilfe zu qualifizieren, die in Form eines steuerbilanziellen Merkpostens ausschließlich darauf gerichtet ist, eine zweifache Besteuerung des nmlichen – dem Organtrger steuerlich bereits zugerechneten – Einkommens zu vermeiden“. 3 So auch von Freeden/Joisten, Ubg 2014, 512. 4 BFH v. 29.11.2006 – I R 78-80/05, GmbHR 2007, 608 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2007, 1051; v. 22.9.1999 – II R 33/97, GmbHR 1999, 1312 m. Anm. Fox/Lechner = BFH/NV 2000, 258; ebenso DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 153. 5 Auch anzunehmen bei Verußerung zum ersten Tag eines neu beginnenden Wirtschaftsjahres, vgl. BFH v. 29.4.1993 – IV R 107/92, BStBl. II 1993, 666 = FR

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20.22

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

lose Fortsetzung der Organschaft, dass die Organgesellschaft ihr Wirtschaftsjahr auf den Zeitpunkt der Verußerung der Beteiligung umstellt, R 59 Abs. 2 Satz 3 KStR. Ist dies nicht mÇglich, so kann der Erwerber zwar keine nahtlose Fortsetzung der Organschaft erreichen, jedoch die NeubegrÅndung der Organschaft zur erworbenen Gesellschaft dadurch beschleunigen, dass deren Geschftsjahr nach Erwerb auf den nchstmÇglichen Abschlussstichtag umgestellt und hiernach erforderlichenfalls wieder (zB auf das Kalenderjahr) rÅckumgestellt wird. Die fÅr die Geschftsjahresumstellung notwendigen Zustimmungen werden von der Finanzverwaltung idR erteilt, R 59 Abs. 3 KStR.

IV. Verußerung des Geschftsbetriebs der Organgesellschaft 20.23 Gesamtbetriebsverußerung. Insoweit stellt sich insbesondere die Frage, ob ein Gewinn aus der Verußerung des Geschftsbetriebs der Organgesellschaft noch der AbfÅhrungspflicht unterliegt.1 Aus steuerlicher Sicht ist insoweit zu beachten, dass ein im Rahmen der Abwicklung einer Organgesellschaft erzielter Gewinn nach Auffassung des BFH von der Organgesellschaft selbst zu versteuern ist.2 Dies soll auch dann gelten, wenn die Liquidation zwar formell nicht beschlossen wurde, die Organgesellschaft jedoch faktisch abgewickelt wird.3 Zivilrechtlich dÅrfte insoweit nur als gesichert gelten, dass die konkursbedingte AuflÇsung des herrschenden Unternehmens zur (automatischen) Beendigung eines Beherrschungsund ErgebnisabfÅhrungsvertrags fÅhrt.4 Die AuflÇsung der Organgesellschaft durch Beschluss fÅhrt hingegen nicht automatisch zur Beendigung eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags. Sie berechtigt ggf. auch nicht zur fristlosen KÅndigung des Vertrages.5 Ob und wenn ja, ab wann ein Ende der GewinnabfÅhrungspflicht vor AuflÇsung bzw. expliziter Vertragsbeendigung in Betracht kommt, wenn der Zweck des beherrschten Unternehmens nicht mehr auf Gewinnerzielung durch Betrieb eines werbenden Unternehmens gerichtet ist, sondern auf die Verwertung des Gesell-

1 2 3 4

5

1993, 636. Folglich ist auch darauf zu achten, dass Anteile an einer Organgesellschaft nicht „nach“, sondern „mit“ Ablauf des Geschftsjahres verußert werden. DafÅr insbesondere Bahns/Graw, DB 2008, 1645 (1648), dagegen wohl DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG, Rz. 251 f. mwN. BFH v. 18.10.1967 – I 262/63, BStBl. II 1968, 105. BFH v. 17.2.1971 – I R 148/68, BStBl. II 1971, 411. BGH v. 14.12.1987 – II ZR 170/87, GmbHR 1988, 174 = NJW 1988, 1326, gilt gem. Leitsatz auch fÅr die Insolvenz des beherrschten Unternehmens. BegrÅndet wird dies vom BGH insbesondere mit dem durch den Konkurs eintretenden Verlust der MÇglichkeit, eine das Konzernganze umfassende unternehmerische Zielkonzeption zu entwickeln und zu verfolgen. OLG MÅnchen v. 20.6.2011 – 31 Wx 163/11, GmbHR 2011, 871 = DStR 2011, 1476.

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B. Organschaft und Unternehmenskauf

schaftsvermÇgens, ist nicht abschließend geklrt.1 Ob ein ErgebnisabfÅhrungsvertrag hiernach auch ohne vorherige AuflÇsung als beendet angesehen werden muss, wenn die Organgesellschaft ihren gesamten Geschftsbetrieb verußert, ist demnach nicht zweifelsfrei.2 Soweit ersichtlich, hat die Auffassung des BFH, dass die Abwicklung bzw. sogar die faktische Abwicklung einer Organgesellschaft zu einer zwingenden Beendigung der Organschaft fÅhrt, in der zivilrechtlichen Rechtsprechung keine Besttigung gefunden.3 Die Finanzverwaltung folgt dieser Ansicht jedoch.4 Zins- und EBITDA-Vortrge. Die Verußerung des (gesamten)5 Geschftsbetriebs der Organgesellschaft kann gem. § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG zum Untergang eines vororganschaftlichen Zins- und ggf. vorhandenen EBITDA-Vortrags fÅhren. Sofern die Organgesellschaft anlsslich der Verußerung ihres Geschftsbetriebs aus der Organschaft ausscheidet, droht nach Verwaltungsauffassung zudem ein anteiliger Wegfall eines Zinsvortrags des Organtrgers. Hinsichtlich eines beim Organtrger vorhandenen EBITDA-Vortrags dÅrfte die Verwaltungsauffassung hierzu vermutlich entsprechend sein.

20.24

Teilbetriebsverußerung. Ein Gewinn aus der Verußerung eines Teilbetriebs der Organgesellschaft ist dem Organtrger zuzurechnen bzw. von diesem zu versteuern.6 Eine Tarifermßigung fÅr den aus der Verußerung erzielten Gewinn nach § 34 EStG kommt auch dann nicht in Betracht, wenn es sich bei dem Organtrger um eine natÅrliche Person handelt.7

20.25

Anwendung von § 8b KStG. § 8b Abs. 1 bis 6 KStG ist auf Ebene einer Organgesellschaft gem. § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG nicht anzuwenden. Sofern eine Organgesellschaft im Rahmen eine Gesamt- oder Teilbetriebsverußerung Gewinne i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG erzielt, ist § 8b KStG (bzw. § 3 Nr. 40 EStG) bei der Ermittlung des Einkommens des Organtrgers anzuwenden (§ 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG). Der Gewinn einer Organgesellschaft aus der Verußerung einer Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft wird demnach nur insoweit von der Besteuerung freigestellt, wie dies bei direkter Verußerung durch den Organtrger der Fall wre.

20.26

1 BGH v. 14.12.1987 – II ZR 170/87, GmbHR 1988, 174 = NJW 1988, 1326; BFH v. 17.2.1971 – I R 148/68, BStBl. II 1971, 411. 2 FÅr den hnlich gelagerten Fall einer Ausgliederung des Betriebs der Organgesellschaft geht die Finanzverwaltung wohl von der AbfÅhrungspflicht bzgl. eines ggf. entstehenden Ausgliederungsgewinns aus, vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.27. 3 Vgl. zum Problem ausfÅhrlich: Hierstetter, BB 2015, 859. 4 H 61 KStR. 5 Nach (mE unzutreffender) Verwaltungsauffassung sollen auch Teilbetriebsverußerungen zu einem anteiligen Untergang eines Zins- und EBITDA-Vortrags fÅhren kÇnnen, vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 = FR 2008, 778, Rz. 47. 6 R 61 Abs. 5 KStR. 7 BFH v. 22.1.2004 – III R 19/02, BStBl. II 2004, 515 = FR 2004, 761, kritisch Carl/ Carl, NZG 2004, 650 mwN.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

Soweit an einem Organtrger in der Rechtsform einer Personengesellschaft auch natÅrliche Personen beteiligt sind, kommt nicht § 8b KStG, sondern § 3 Nr. 40 EStG zur Anwendung.

C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung I. Umwandlungs- bzw. zivilrechtliche Grundlagen 20.27 berblick. Die nachstehende Behandlung der Auswirkungen von Umwandlungen auf Organschaften umfasst die fÅr die Praxis besonders bedeutsamen Umwandlungsformen nach UmwG (Verschmelzungen, Spaltungen und formwechselnde Umwandlungen) sowie praxisrelevante Umwandlungsformen außerhalb des UmwG (Einbringungen, Realteilungen und Anwachsungen).

20.28 Bei der Verschmelzung Åbertrgt ein Rechtstrger sein gesamtes VermÇgen unter AuflÇsung ohne Abwicklung auf einen anderen, entweder schon bestehenden oder neu zu grÅndenden Rechtstrger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Als Gegenleistung wird den Anteilsinhabern des Åbertragenden und erlÇschenden Rechtstrgers ggf. eine Beteiligung an dem Åbernehmenden oder neuen Rechtstrger gewhrt. Bei einer Verschmelzung zur Aufnahme Åbertrgt ein Rechtstrger durch Verschmelzungsvertrag sein VermÇgen auf einen bereits bestehenden Rechtstrger. Dieser tritt als Gesamtrechtsnachfolger in smtliche Rechtsverhltnisse des Åbertragenden Rechtstrgers ein. Eine Zustimmung bzw. Genehmigung der Vertragspartner des Åbertragenden Rechtstrgers ist insoweit nicht erforderlich. Soweit kein Fall des § 54 Abs. 1, 2 UmwG vorliegt (insbesondere keine Aufwrtsverschmelzung auf einen Gesellschafter des Åbertragenden Rechtstrgers), kann der Åbernehmende Rechtstrger neue Anteile ausgeben, die die Anteilseigner des Åbertragenden Rechtstrgers als Gegenleistung fÅr ihre untergehende Beteiligung am Åbertragenden Rechtstrger erhalten. Zwingend ist dies jedoch nicht (VerzichtsmÇglichkeit gem. § 54 Abs. 1 Satz 3 UmwG). Mit Eintragung der Verschmelzung erlischt der Åbertragende Rechtstrger. Alternativ zur Verschmelzung zur Aufnahme kann der Verschmelzungsvertrag vorsehen, dass zwei Rechtstrger ihr VermÇgen unter AuflÇsung ohne Abwicklung auf einen in gleicher Urkunde neugegrÅndeten dritten Rechtstrger Åbertragen, der dann als Gesamtrechtsnachfolger in smtliche Rechtsverhltnisse beider Åbertragender Rechtstrger eintritt.

20.29 Bei der Spaltung sind drei Arten zu unterscheiden. Bei einer Aufspaltung spaltet ein Åbertragender Rechtstrger unter AuflÇsung ohne Abwicklung sein gesamtes VermÇgen auf und Åbertrgt dieses im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) auf zwei oder mehr andere, entweder bereits bestehende oder neu gegrÅndete Rechtstrger. Als Gegenleistung hierfÅr erhalten die Anteilseigner des Åbertragenden 770

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

Rechtstrgers ggf. Anteile an den Åbernehmenden Rechtstrgern. Insoweit gelten entsprechende Grundstze wie bei der Verschmelzung. Anders als bei den anderen Spaltungsformen erlischt der Åbertragende Rechtstrger bei Eintragung der Aufspaltung. Bei einer Abspaltung bleibt der Åbertragende Rechtstrger bestehen. Der Åbertragende Rechtstrger spaltet in diesen Fllen nur einen Teil seines VermÇgens im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge ab, zB einen Teilbetrieb, eine Beteiligung oder auch andere (ggf. einzelne) VermÇgensgegenstnde. Die Abspaltung kann dabei auf einen oder auf mehrere andere, bereits bestehende oder neue Rechtstrger (ggf. gegen Gewhrung von Anteilen des oder der Åbernehmenden Rechtstrger an die Anteilseigner des Åbertragenden Rechtstrgers) erfolgen. Auch bei einer Ausgliederung besteht der Åbertragende Rechtstrger fort. Anders als bei Abspaltung werden die ggf. als Gegenleistung fÅr das ausgegliederte VermÇgen auszugebenden Anteile am Åbernehmenden Rechtstrgers nicht an die Anteilseigner des Åbertragenden Rechtstrgers, sondern an den Åbertragenden Rechtstrger selbst gewhrt. Insoweit hnelt die Ausgliederung der nicht im UmwG, sondern nur (und nur fÅr bestimmte Flle, vgl. § 20 Abs. 1 UmwStG) im UmwStG geregelten Einbringung gegen Gewhrung von Anteilen. Anders als die Ausgliederung vollzieht sich die Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge, in der Praxis insbesondere in Gestalt einer Sacheinlage (§ 5 Abs. 4 GmbHG, § 27 AktG). Die Regelungen des UmwG gelten insoweit nicht, was insbesondere Beurkundungs- und Registrierungserfordernisse bzw. -kosten vereinfachen bzw. verringern kann. Ferner kann so die gesamtschuldnerische Haftung nach § 133 UmwG und die Vorlagepflicht des § 5 Abs. 3 UmwG vermieden werden. Die (wirtschaftliche) Aufspaltung eines Organtrgers in der Rechtsform einer Personengesellschaft ist auch mÇglich im Wege der sog. Realteilung, also der AuflÇsung der Personengesellschaft und der Auseinandersetzung durch Zuteilung der einzelnen VermÇgensgegenstnde der Personengesellschaft an deren Gesellschafter außerhalb des Anwendungsbereichs des UmwG im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Der Formwechsel fÅhrt zivilrechtlich, anders als die Verschmelzung und Spaltung, zu keiner VermÇgensÅbertragung. Insoweit kommt es lediglich zu einer nderung der Rechtsform des formwechselnden Rechtstrgers unter Wahrung seiner rechtlichen Identitt. Entsprechend bedarf es insoweit auch keiner Regelung zur Rechtsnachfolge.

20.30

Die Anwachsung bietet sich insbesondere an, wenn das VermÇgen einer Personengesellschaft außerhalb des Anwendungsbereichs des UmwG auf einen der Gesellschafter der Personengesellschaft Åbertragen werden soll. Erreicht wird dies dadurch, das smtliche anderen Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden bzw. ihren Anteil an der Personengesellschaft auf den „Åbernehmenden“ Gesellschafter (ggf. gegen eine entsprechende Gegenleistung) Åbertragen. Mit dem Austritt des vorletzten Gesellschafters wachsen dem letzten verbliebenen Gesellschafter alle VermÇgensgegenstnde und Schulden der Personengesellschaft gem. § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB an. Die Anwachsung erfolgt dabei im Wege der Gesamtrechts-

20.31

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

nachfolge, dh. der letzte Gesellschafter tritt in smtliche Rechtsverhltnisse der Personengesellschaft ein. Neben der Vermeidung von Beurkundungs- und Registrierungserfordernissen und -kosten kann die Anwachsung auch ein geeignetes Mittel sein, Unternehmen grenzÅberschreitend rechtlich zu integrieren, wenn eine grenzÅberschreitende Verschmelzung nicht in Betracht kommt.

II. BegrÅndung, bergang und Beendigung von Organschaftsverhltnissen durch Umwandlung bzw. Umstrukturierung 1. Zivilrechtliche Grundstze

20.32 Gesamtrechtsnachfolge nach UmwG. Bei Verschmelzungen und Spaltungen ist der Åbernehmende Rechtstrger (ggf. partieller) Gesamtrechtsnachfolger des Åbertragenden Rechtstrgers (§§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Der Åbernehmende Rechtstrger tritt somit in smtliche Rechtsverhltnisse der Åbertragenden Gesellschaft bzw. (bei Spaltung) hinsichtlich des Åbertragenen VermÇgens ein. Die Gesamtrechtsnachfolge erfasst bei Umwandlungen eines Organtrgers demnach grundstzlich auch ErgebnisabfÅhrungsvertrge.1 Soweit allerdings eine Organgesellschaft umgewandelt wird, wird der insoweit bestehende ErgebnisabfÅhrungsvertrag ggf. beendet (Rz. 20.45 ff.). Formwechsel sind zivilrechtlich nicht als Rechtstrgerwechsel zu werten, vielmehr besteht der jeweilige Rechtstrger in vernderter Rechtsform fort (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Es kommt daher zu keinem bergang eines ggf. bestehenden ErgebnisabfÅhrungsvertrags.

20.33 Zeitliche Aspekte. Nach §§ 20 Abs. 1, 125, 202 UmwG werden Verschmelzungen, Spaltungen und formwechselnde Umwandlungen erst mit der Eintragung ins Handelsregister des Åbernehmenden Rechtstrgers wirksam. Nach § 17 Abs. 2 UmwG kann der Verschmelzung bzw. Spaltung jedoch eine Bilanz zugrunde gelegt werden, deren Stichtag im Zeitpunkt der Anmeldung der Umwandlung hÇchstens acht Monate zurÅck liegt. Der Stichtag der der Verschmelzung bzw. Spaltung zugrunde gelegten Bilanz markiert den handelsrechtlichen Umwandlungsstichtag (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 UmwG). In der Zeit zwischen diesem Umwandlungsstichtag und der Eintragung der Umwandlung fÅhrt der Åbertragende Rechtstrger die Geschfte (im Innenverhltnis) fÅr Rechnung des Åbernehmenden Rechtstrgers und bleibt insoweit ua. gesetzlich verpflichtet, BÅcher zu fÅhren und JahresabschlÅsse zu erstellen.

20.34 Letzte Abrechnungsperiode. Zivilrechtlich sind die mit Blick auf einen ErgebnisabfÅhrungsvertrag begrÅndeten AnsprÅche fÅr Zeitrume, die vor dem Verschmelzungsstichtag liegen, zu erfÅllen. FÅr das letzte vor oder zum Umwandlungsstichtag endende Geschftsjahr ist der ErgebnisabfÅh1 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.01.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

rungsvertrag demnach grundstzlich noch gegenÅber dem bisherigen Organtrger abzurechnen. Dies gilt mE auch, soweit die Verschmelzung auf einen – aus Sicht der Organgesellschaft – unterjhrigen Stichtag bezogen wird. Dh. der bisherige Organtrger hat einen zwischen Beginn des Geschftsjahres und dem durch die Umwandlung bedingten unterjhrigen Wirtschaftsjahresende1 erlittenen Verlust der Organgesellschaft nach § 302 AktG zu Åbernehmen2 und hat ggf. Anspruch auf AbfÅhrung eines in diesem Zeitraum erzielten Gewinns.3 RÅckwirkungszeitraum. Fraglich ist, wie fÅr den Zeitraum zwischen dem (ggf. unterjhrigen) Verschmelzungsstichtag und dem Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags (Rz. 20.33) anlsslich oder aufgrund (Rz. 20.45 ff.) der Umwandlung zu verfahren ist. Die insofern entstehenden AnsprÅche aus dem ErgebnisabfÅhrungsvertrag sollen, obgleich diese nach der Rechtsprechung des BGH selbst bei unterjhriger Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags zu erfÅllen sind,4 durch Verschmelzung rÅckwirkend beseitigt werden kÇnnen.5 BegrÅndet wird dies mit der umwandlungsrechtlichen bzw. -vertraglichen Regelung, wonach die Handlungen des Åbertragenden Rechtstrgers ab dem Verschmelzungsstichtag als fÅr den Åbernehmenden Rechtstrger vorgenommen gelten (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 UmwG).6 In Anbetracht der Unzulssigkeit einer rÅckwirkenden Aufhebung bzw. KÅndigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags ist diese Ansicht zumindest fÅr den Fall, dass die Organgesellschaft in diesem Zeitraum einen Verlust erzielt hat, nicht zweifelsfrei. Zwar bilanziert der Åbernehmende Rechtstrger letztlich die Geschftsvorflle auf Ebene des Åbertragenden Rechtstrgers ab dem Verschmelzungsstichtag als eigene; jedoch geht das zivilrechtliche bzw. wirtschaftliche Eigentum an dem betroffenen VermÇgen erst zu einem spteren Zeitpunkt auf den Åbernehmenden Rechtstrger Åber.7 Um in Fllen von Transaktionen 1 Nach BFH v. 21.12.2005 – I R 66/05, BStBl. II 2006, 469 = FR 2006, 604 fÅhrt eine rÅckwirkende (unterjhrige) Verschmelzung auch zur rÅckwirkenden BegrÅndung eines Rumpfwirtschaftsjahres. Ein – handelsrechtlich maßgebliches – Rumpfgeschftsjahr endet mit dem steuerlichen bertragungsstichtag aber nicht, vgl. FG Nds. v. 26.9.2007 – 3 K 11559/02, EFG 2008, 263. 2 BGH v. 14.12.1987 – II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 = GmbHR 1988, 174. 3 Strittig: DafÅr Philippi/Neveling, BB 2003, 1685 (1691); Meyer, GmbH-StB 2005, 237; Altmeppen, DB 1999, 2453 (2455) mwN, dagegen DÇtsch, Ubg 2011, 20. 4 BGH v. 14.12.1987 – II ZR 170/87, GmbHR 1988, 174 = NJW 1988, 1326. 5 Gelhausen/Heinz, NZG 2005, 775; Herlinghaus in RÇdder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG2, Anh. 4 Rz. 12. 6 Ab dem Verschmelzungsstichtag sind die Geschftsvorflle des Åbertragenden Rechtstrgers ergebnismßig dem Åbernehmenden Rechtstrger zuzuordnen, rechtswirksam wird diese Ergebniszuordnung jedoch erst mit Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister, vgl. IDW RS HFA 42, Rz. 31. 7 Das zivilrechtliche Eigentum am zu Åbertragenden VermÇgen geht erst mit Eintragung der Umwandlung ins Handelsregister des Åbernehmenden Rechtstrgers Åber (§ 20 Abs. 1 UmwG). Das wirtschaftliche Eigentum geht ggf. frÅher Åber, sofern zu einem Zeitpunkt vor Eintragung (i) der Verschmelzungsvertrag formwirksam abgeschlossen und die erforderlichen ZustimmungsbeschlÅsse

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20.35

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

mit konzernfremden Parteien diesbezÅgliche Unsicherheiten zu vermeiden, empfiehlt sich, bei der Verußerung von Anteilen an Organgesellschaften eine entsprechende vertragliche Regelung bzw. Absicherung vorzusehen. In Betracht kommt insoweit etwa, den Erwerber der Anteile an einer Organgesellschaft zu verpflichten, keine Umwandlung mit RÅckwirkung auf einen Zeitpunkt vor der bertragung der Anteile vorzunehmen. Zustzliche Fragen treten auf, wenn bei Verschmelzung auf einen unterjhrigen Stichtag im RÅckwirkungszeitraum noch ein Regelgeschftsjahr der Organgesellschaft endet. Sofern die Umwandlung in diesen Fllen erst nach dem Ende des Regelgeschftsjahres beschlossen wird, ist der Anspruch auf GewinnabfÅhrung bzw. Verlustausgleich zum Zeitpunkt der Umwandlung bereits entstanden und dÅrfte auch durch die berlagerung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags nicht rÅckwirkend beseitigt oder beschrnkt werden kÇnnen.1 2. Umwandlungssteuerrechtliche Grundlagen

20.36 Steuerliche RÅckwirkung. Bei einer Verschmelzung, Spaltung oder Einbringung ist das Einkommen der Åbertragenden KÇrperschaft (ggf. auf Antrag) nach §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 5 und 24 Abs. 4 UmwStG ab dem steuerlichen bertragungsstichtag dem Åbernehmenden Rechtstrger zuzurechnen. Dies gilt auch fÅr den steuerlich als bertragung zu behandelnden typusndernden Formwechsel (§§ 9, 25 UmwStG). Durch die steuerliche RÅckwirkung kann es auch zur organschaftlichen Erfassung von Einkommensteilen kommen, die vor der BegrÅndung der relevanten Organschaft entstanden sind, wenn etwa eine neu gegrÅndete Kapitalgesellschaft ab GrÅndung als Organgesellschaft fungiert und diese Gesellschaft Anteile an einem weiteren Rechtstrger erwirbt, der sodann mit steuerlicher RÅckwirkung auf die neu gegrÅndete Kapitalgesellschaft verschmolzen wird. Beispiel: Verschmelzung und Organschaft „vor“ GrÅndung Die M-GmbH grÅndet zum 1.6.01 die T-GmbH. Mit GrÅndung der T-GmbH wird zwischen dieser und der M-GmbH ein ErgebnisabfÅhrungsvertrag abgeschlossen und noch im Jahr 01 ins Handelsregister eingetragen. Am 15.6.01 erwirbt die T-GmbH smtliche Anteile an der E-GmbH. Mit Verschmelzungsvertrag vom 1.7.01 wird die E-GmbH unter Zugrundlegung der Bilanz der E-GmbH zum 31.12.00 auf die T-GmbH verschmolzen. Da die steuerliche RÅckwirkungsfiktion des §§ 2 Abs. 1 UmwStG nicht voraussetzt, dass der Åbernehmende Rechtstrger zum steuerlichen bertragungsstichtag

vorliegen, (ii) der Verschmelzungsstichtag vor diesem Stichtag liegt oder mit ihm zusammen fllt, (iii) wenn die Eintragung innerhalb der Aufhellungsphase erfolgt oder so gut wie sicher ist und (iv) wenn sichergestellt ist, dass der Åbertragende Rechtstrger nur im Rahmen eines ordnungsmßigen Geschftsgangs oder mit Einwilligung des Åbernehmenden Rechtstrgers Åber die VermÇgensgegenstnde verfÅgen kann; vgl. IDW RS HFA 42, Rz. 29. 1 Vgl. hierzu insbesondere Gelhausen/Heinz, NZG 2005, 775 (779) sowie RÇdder in RÇdder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG2, Anh. 2 Rz. 43.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung zivilrechtlich bereits besteht,1 ist eine Verschmelzung der E-GmbH auf die T-GmbH mit steuerlicher RÅckwirkung zum 31.12.00/1.1.01 mÇglich, obgleich die T-GmbH erst am 1.6.01 gegrÅndet wurde. Die Steuerpflicht der T-GmbH beginnt daher wegen der rÅckwirkenden Verschmelzung unabhngig von ihrer zivilrechtlichen Entstehung bereits mit dem Ablauf des 31.12.00.

RÅckwirkende BegrÅndung eines Rumpfwirtschaftsjahres. Nach Auffassung des BFH kann die umwandlungssteuerliche RÅckwirkung, sofern der steuerliche bertragungsstichtag nicht auf einen Jahresabschlussstichtag fllt, auch zur rÅckwirkenden BegrÅndung eines Wirtschaftsjahrs bei der Åbertragenden Gesellschaft fÅhren, ohne dass dieses Rumpfwirtschaftsjahr in gesellschaftsrechtlich wirksamer Weise beschlossen, in das Handelsregister eingetragen oder von der Finanzverwaltung genehmigt werden mÅsste.2 Entsprechend kann die Verschmelzung, Spaltung oder der Formwechsel einer (ehemaligen) Organgesellschaft ggf. zu einem Einkommenszurechnungskonflikt zwischen den Regelungen des § 2 Abs. 1 UmwStG und § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG fÅhren. Beispiel: Anteilsverußerung und Verschmelzung auf unterjhrigen Stichtag Die M-GmbH erwirbt von der OT-GmbH (Organtrgerin) smtliche Anteile an deren Organgesellschaft OG-GmbH zum 31.12.10. Die Geschftsjahre der OT-GmbH und der OG-GmbH entsprechen jeweils dem Kalenderjahr. Der seit dem Jahr 01 zwischen der OT-GmbH und der OG-GmbH bestehende ErgebnisabfÅhrungsvertrag wird zeitgleich außerordentlich gekÅndigt. Nach dem Erwerb der Anteile wird die OG-GmbH unter Zugrundelegung einer auf den 30.6.10 erstellten Bilanz auf die M-GmbH verschmolzen. Im Zeitraum 1.1.-30.6.10 erzielt die OG-GmbH ein Einkommen in HÇhe von Euro 400.000. Im Zeitraum 1.7.–31.12.10 erzielt die OGGmbH ein Einkommen in HÇhe von Euro 500.000.

Die Verschmelzung der OG-GmbH fÅhrt bei dieser (rÅckwirkend) zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres. Das letzte (steuerlich fingierte) Wirtschaftsjahr der OGGmbH umfasst daher den Zeitraum 1.1.-30.6.10. Das in diesem Zeitraum erzielte Einkommen der OG-GmbH in HÇhe von Euro 400.000 ist steuerlich nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG der OT-GmbH zuzurechnen. Auch das im Zeitraum 1.7.– 31.12.10 erzielte Einkommen der OG-GmbH in HÇhe von Euro 500.000 ist steuerlich grundstzlich nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG der OT-GmbH zuzurechnen, wh1 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 02.11. 2 BFH v. 21.12.2005 – I R 66/05, BStBl. II 2006, 469 = FR 2006, 604 = GmbHR 2006, 497 m. Anm. Sinewe.

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20.37

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf rend dieses Einkommen nach § 2 Abs. 1 UmwStG der M-GmbH zuzurechnen ist. Nach hM ist insoweit § 2 Abs. 1 UmwStG vorrangig.1 Ein handelsrechtliches Rumpfgeschftsjahr entsteht insoweit nicht. Die steuerliche Zurechnung des Ergebnisses der OG-GmbH im Jahr 2010 weicht demzufolge von der zivilrechtlichen Gewinnzuordnung ab: GewinnabfÅhrungsanspruch:

20.38 Reichweite der steuerlichen Rechtsnachfolge. Nach §§ 4 Abs. 2, 12 Abs. 3, 23 Abs. 1, 24 Abs. 4 UmwStG tritt bei einer Verschmelzung, Spaltung sowie bei einem (typusndernden) Formwechsel der Åbernehmende Rechtstrger in die steuerliche Rechtsstellung des Åbertragenden Rechtstrgers ein. Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG ist der Zeitraum der ZugehÇrigkeit zum BetriebsvermÇgen der Åbertragenden KÇrperschaft dem Åbernehmenden Rechtstrger anzurechnen, sofern die Dauer der ZugehÇrigkeit zum BetriebsvermÇgen fÅr die Besteuerung bedeutsam ist. Neben die ggf. anzunehmende zivilrechtliche Gesamtrechtsnachfolge tritt somit auch eine steuerliche Gesamtrechtsnachfolge der Åbernehmenden Gesellschaft. Mit Blick auf Organschaftsverhltnisse bewirkt die Rechtsnachfolge nach zutreffender Verwaltungsauffassung zunchst, dass mit Blick auf die PrÅfung der Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG die Vertragslaufzeiten bei dem bisherigen und einem kÅnftigen Organtrger (dh. dem Åbernehmenden Rechtstrger bzw. Organtrger neuer Rechtsform) zusammenzurechnen sind,2 wenn der Åbernehmende Rechtstrger aufgrund der Umwandlung in den bestehenden GewinnabfÅhrungsvertrag eintritt. Zudem hat die Rechtsnachfolge insbesondere insoweit Bedeutung, als auch die finanzielle Eingliederung eines Rechtstrgers in einen anderen Rechtstrger ein Tatbestand ist, der von der steuerlichen Rechtsnachfolge erfasst wird.3 Beispiel: Teilbetriebsausgliederung zur NeugrÅndung mit anschließendem Anteilstausch Die M-GmbH ist alleinige Gesellschafterin der T-GmbH. Zum 15.4.01 gliedert sie mit steuerlicher RÅckwirkung zum 1.1.01 einen Teilbetrieb zur NeugrÅndung auf die N-GmbH aus. Sodann bringt die M-GmbH die Anteile an der N-GmbH, ebenfalls mit steuerlicher RÅckwirkung zum 1.1.01, gegen Gewhrung neuer Anteile in

1 Vgl. hierzu insbesondere RÇdder in RÇdder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG2, Anh. 2 Rz. 43. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.11. 3 BFH v. 28.7.2010 – I R 89/09, BStBl. II 2011, 528 = FR 2011, 184; v. 28.7.2010 – I R 111/09, GmbHR 2011, 44 = BFH/NV 2011, 67.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung die T-GmbH ein. Zwischen der T-GmbH und der N-GmbH wird hiernach mit Wirkung ab dem Wirtschaftsjahr 01 ein ErgebnisabfÅhrungsvertrag geschlossen.

Nach Auffassung des BFH gilt die N-GmbH aufgrund des Eintritts der T-GmbH in die Rechtsstellung der M-GmbH (hinsichtlich der Anteile an der N-GmbH) sowie des Eintritts der N-GmbH in die Rechtsstellung der M-GmbH (hinsichtlich des Åbertragenen Teilbetriebs) ab Beginn des Wirtschaftsjahres 01 als in die T-GmbH finanziell eingegliedert. Die steuerliche Rechtsnachfolge im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG gilt nach Auffassung des BFH fÅr jegliche Gewinnermittlungsvorschriften und damit auch fÅr die kÇrperschaftsteuerlichen Organschaftsvoraussetzungen. Die Ausgliederung einer Mehrheitsbeteiligung mit nachfolgender erstmaliger BegrÅndung einer Organschaft ist somit mÇglich, wenn seit dem Beginn des Wirtschaftsjahres eine finanzielle Eingliederung zunchst zum Åbertragenden Rechtstrger und anschließend zum Åbernehmenden Rechtstrger besteht und dieses Erfordernis bis zum Ende des Wirtschaftsjahres aufrechterhalten bleibt. Sind diese Voraussetzungen bei der Åbertragenden KÇrperschaft (hier: der M-GmbH) erfÅllt, setzt sich dies fÅr die Åbernehmende KÇrperschaft fort. Das betrifft auch den bergang eines Teilbetriebes der bertrgerin auf eine neu gegrÅndete Tochter-Kapitalgesellschaft durch Abspaltung oder Ausgliederung, da das insoweit Åbergehende VermÇgen bereits vor der Umwandlung in die M-GmbH eingegliedert war (Teilbetriebseigenschaft als „strkste Form der Eingliederung“). Auf die Frage ob die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung einer RÅckwirkung zugnglich ist, kommt es insoweit nicht an.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

3. Verschmelzung eines Organtrgers

20.39 Bei der Aufwrts- oder Seitwrtsverschmelzung eines Organtrgers geht der ErgebnisabfÅhrungsvertrag auf den Åbernehmenden Rechtstrger Åber.1 Folglich tritt der Åbernehmende Rechtstrger in die Stellung des Organtrgers ein und das Organschaftsverhltnis kann, sofern die Åbrigen Voraussetzungen hierfÅr (zB gewerbliche Ttigkeit einer Åbernehmenden Personengesellschaft) erfÅllt sind, fortgesetzt werden. Soll das bisher bestehende Organschaftsverhltnis fortgesetzt werden, ist demnach der Neuabschluss eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags nicht erforderlich. Eine Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags durch Aufhebung oder KÅndigung ist nur erforderlich, sofern das Organschaftsverhltnis anlsslich der Verschmelzung des Organtrgers beendet werden soll. Zur Zulssigkeit der Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags vgl. Rz. 20.8 und Rz. 20.13. Der GewinnabfÅhrungsanspruch bzw. die Verlustausgleichsverpflichtung fÅr das zum Zeitpunkt der Verschmelzung laufende Jahr geht wegen der Gesamtrechtsnachfolge auf den Åbernehmenden Rechtstrger bzw. neuen Organtrger Åber.

20.40 Bei der Abwrtsverschmelzung eines Organtrgers auf eine Organgesellschaft erlischt der ErgebnisabfÅhrungsvertrag wie auch ein GewinnabfÅhrungsanspruch bzw. Verlustausgleichsverpflichtung fÅr das laufende Geschftsjahr durch Konfusion.2 Folglich ist insoweit eine Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags durch Aufhebung oder KÅndigung nicht erforderlich. Die Organschaft endet in diesem Fall zum steuerlichen bertragungsstichtag.3 Sofern in einer mehrstufigen Organschaft eine Organgesellschaft („OG1“), die zugleich selbst Organtrger eines nachgeordneten Rechtstrgers („OG2“) ist, abwrts auf diese nachgeordnete Organgesellschaft verschmolzen wird, wird nach ganz hM4 neben dem konfusionsbedingten Untergang des ErgebnisabfÅhrungsvertrags mit der OG2 auch der zum vorgeordneten Organtrger bestehende ErgebnisabfÅhrungsvertrag beendet. Das Organschaftsverhltnis zur jeweiligen Organgesellschaft endet zum steuerlichen bertragungsstichtag.5 Da der Organtrger auch nicht Gesamtrechtsnachfolger der abwrts verschmolzenen OG1 ist (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) und er folglich nicht in den ErgebnisabfÅhrungsvertrag eintritt, ist zur Fortsetzung des Organschaftsverhlt1 OLG Karlsruhe v. 7.12.1990 – 15 U 256/89, ZIP 1991, 101; LG Bonn v. 30.1.1996 – 11 T 1/96, GmbHR 1996, 774; auch: BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.01. 2 Vgl. zB OLG Hamm v. 19.2.2003 – 8 U 139/02, NZG 2003, 632. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.04. 4 Der ErgebnisabfÅhrungsvertrag endet zwingend, wenn eine abhngige Gesellschaft verschmolzen wird, vgl. zB Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG, § 291 AktG Rz. 51; OLG Karlsruhe v. 7.12.1994 – 15 W 19/94, ZIP 1994, 1529; BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.21. 5 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.21.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

nisses zwischen dem Organtrger und der OG2 der Neuabschluss eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags notwendig.1 Verschmelzung auf einen Organtrger. Die Verschmelzung eines anderen (dritten) Rechtstrgers auf den Organtrger berÅhrt den Bestand eines ErgebnisabfÅhrungsvertrages zu einer nachgeordneten Gesellschaft und das Organschaftsverhltnis nicht.2

20.41

Finanzielle Eingliederung und Rechtsnachfolge. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist dem Åbernehmenden Rechtstrger die zum bisherigen Organtrger bestehende finanzielle Eingliederung frÅhestens ab dem steuerlichem bertragungsstichtag zuzurechnen.3 Dies steht nach ganz hM4 nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des BFH, wonach die Zeiten finanzieller Eingliederung in den Åbertragenden bzw. Åbernehmenden Rechtstrger aufgrund des Eintritts des Åbernehmenden Rechtstrgers in die Rechtsstellung des Åbertragenden Rechtstrgers im Ergebnis zusammenzurechnen bzw. insgesamt zu betrachten sind.5 Auf die Frage der RÅckwirkung kommt es insoweit nach Auffassung des BFH nicht an. Entsprechend dÅrfte eine nahtlose Fortsetzung (oder auch erstmalige BegrÅndung rÅckwirkend auf den Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft)6 der Organschaft zu einem neuen Organtrger auch dann mÇglich sein, wenn die Verschmelzung des bisherigen Organtrgers nicht auf das Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft fllt, sondern zu einem anderen (aus Sicht der Organgesellschaft unterjhrigen) Zeitpunkt erfolgt.

20.42

Beispiel: Unterjhrige Verschmelzung des Organtrgers Die OT-GmbH ist alleinige Gesellschafterin der OG-GmbH. Zwischen der OTGmbH und der OG-GmbH besteht ein ErgebnisabfÅhrungsvertrag. Das Geschftsjahr der OT-GmbH umfasst den Zeitraum vom 1.7. bis zum 30.6. Das Geschftsjahr der OG-GmbH entspricht dem Kalenderjahr. Basierend auf der Bilanz zum Ende ihres Geschftsjahrs wird die OT-GmbH zum 30.6.01 auf ihre Schwestergesellschaft OT-AG verschmolzen. Obgleich die OG-GmbH weder in die OT-GmbH, noch in die OT-AG whrend ihres ganzen Geschftsjahrs 01 finanziell eingegliedert war, ist

1 Vgl. hierzu das instruktive Beispiel von DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, Anh. 1 UmwStG Rz. 15. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.20. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.02 und Org.03. 4 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, Anh. 1 UmwStG Rz. 22 aE mwN. 5 Vgl. BFH v. 28.7.2010 – I R 89/09, BStBl. II 2011, 528 = FR 2011, 184 unter II.2.c); v. 28.7.2010 – I R 111/09, GmbHR 2011, 44 = BFH/NV 2011, 67 unter II.2.b): „Die Ausgliederung einer Mehrheitsbeteiligung mit nachfolgender erstmaliger BegrÅndung einer Organschaft ist mÇglich, wenn seit dem Beginn des Wirtschaftsjahres eine finanzielle Eingliederung zunchst zum Åbertragenden Rechtstrger und anschließend zum Åbernehmenden Rechtstrger besteht und dieses Erfordernis bis zum Ende des Wirtschaftsjahres aufrechterhalten bleibt.“ 6 AA BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.03.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf die steuerliche Organschaft mE entgegen der Verwaltungsauffassung durchgngig anzuerkennen.1 Vgl. zur Ergebniszurechnung Rz. 20.72.

20.43 Ist bei einer mehrstufigen Organschaft der verschmolzene Organtrger zugleich Organgesellschaft, so ist zu beachten, dass fÅr die Gesellschafterebene (dh. die Ebene des vorgeordneten Organtrgers) die steuerliche RÅckwirkung nicht gilt.2 Folglich kommt insoweit eine nahtlose Fortsetzung der Organschaft zum Åbernehmenden (neuen) Organgetrger nach Verwaltungsauffassung nur in Betracht, wenn die verschmolzene Gesellschaft bereits zu Beginn ihres Wirtschaftsjahres (mittelbar) in den Organtrger eingegliedert war.3

20.44 Finanzielle Eingliederung und RÅckwirkung. Soweit durch die Verschmelzung die Beteiligungsvoraussetzungen fÅr die finanzielle Eingliederung erst geschaffen werden, weil vor der Verschmelzung weder der Åbertragende noch der Åbernehmende Rechtstrger Åber eine Mehrheitsbeteiligung an der betreffenden nachgeordneten Gesellschaft verfÅgten, lehnt die Finanzverwaltung die rÅckwirkende BegrÅndung eines Organschaftsverhltnisses zum Åbernehmenden Rechtstrger ab.4 BegrÅndet wird dies damit, dass der Åbernehmende Rechtstrger in diesem Fall nicht in die (zuvor nicht gegebene) Rechtsposition der Mehrheitsbeteiligung bzw. finanziellen Eingliederung eintreten kann. Aus der steuerlichen Rechtsnachfolge lsst sich die rÅckwirkende BegrÅndung der Organschaft somit nicht ableiten. In Betracht kommt eine rÅckwirkende BegrÅndung der Organschaft daher nur dann, wenn die steuerliche RÅckwirkung nach §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 5 und 24 Abs. 4 UmwStG auch das Merkmal der finanziellen Eingliederung erfasst. Ob dies der Fall ist, hat der BFH bislang offen gelassen. Nach hM in der Literatur ist dies der Fall.5 4. Verschmelzung einer Organgesellschaft

20.45 Bei der Aufwrtsverschmelzung einer Organgesellschaft (auf den Organtrger) erlischt der ErgebnisabfÅhrungsvertrag wie auch ein GewinnabfÅhrungsanspruch bzw. Verlustausgleichsverpflichtung durch Konfusion. Folglich ist auch insoweit eine Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags durch Aufhebung oder KÅndigung nicht erforderlich. Die Organschaft endet wegen der durch § 2 Abs. 1 UmwStG angeordneten RÅckwir-

1 So ausdrÅcklich noch BMF v. 25.3.1998 – IV B 7 - S 1978 – 21/98, BStBl. I 1998, 268, Rz. Org.02 Satz 2 bis 4. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 02.03 und 13.08. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 02.03 und Org.21. 4 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.03 Satz 3. 5 Vgl. insbesondere Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 159 mwN, ebenso Blumenberg/Lechner, DB 2012, 57 (59) mwN.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

kung zum steuerlichen bertragungsstichtag.1 Sofern es sich insoweit um einen aus Sicht der Organgesellschaft unterjhrigen Stichtag handelt, entsteht bei der Organgesellschaft ein Rumpfwirtschaftsjahr, dessen Einkommen dem Organtrger noch nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG zuzurechnen ist.2 Ab dem steuerlichen bertragungsstichtag ist dem Organtrger das Einkommen der Organgesellschaft gem. § 2 Abs. 1 UmwStG zuzurechnen (Rz. 20.40). Auch bei der Seitwrts- oder Abwrtsverschmelzung einer Organgesellschaft erlischt der ErgebnisabfÅhrungsvertrag nach ganz hM ohne Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags durch Aufhebung oder KÅndigung.3 Der Grund hierfÅr liegt zum einen darin, dass der ErgebnisabfÅhrungsvertrag nicht ohne Zustimmung der Gesellschafter eines Åbernehmenden Rechtstrgers auf diesen erstreckt werden soll. Zum anderen wird durch diese Sichtweise verhindert, dass es zum Konflikt zweier ErgebnisabfÅhrungsvertrge kommen kann, wenn auch der Åbernehmende Rechtstrger als abhngige Gesellschaft in ein Organschaftsverhltnis eingebunden ist.4 Die Organschaft endet zum steuerlichen bertragungsstichtag.5 Die fÅr das letzte (Rumpf-) Geschftsjahr erfolgenden Zahlungen der Organgesellschaft an den bisherigen Organtrger (oder umgekehrt) sind, obgleich diese erst nach Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags erfolgen, steuerlich nicht als GewinnausschÅttung bzw. Einlage, sondern als GewinnabfÅhrung bzw. Verlustausgleich zu werten, R 61 Abs. 7 KStR. Eine Fortsetzung der Organschaft kann ggf. durch den Abschluss eines neuen ErgebnisabfÅhrungsvertrags mit dem Åbernehmenden Rechtstrger erreicht werden. Eine bestehende GewinnabfÅhrungsverpflichtung bzw. ein Verlustausgleichsanspruch der bisherigen Organgesellschaft geht wegen der Gesamtrechtsnachfolge auf den Åbernehmenden Rechtstrger Åber und ist von diesem oder diesem gegenÅber zu erfÅllen, um eine Nichtanerkennung der Organschaft zu vermeiden.

20.46

Finanzielle Eingliederung. Bei der Seitwrts- oder Abwrtsverschmelzung einer Organgesellschaft ist zu beachten, dass fÅr die Gesellschafterebene (dh. die Ebene des Organtrgers) die steuerliche RÅckwirkung nicht gilt.6 Folglich kommt eine nahtlose Fortsetzung der Organschaft des bisherigen Organtrgers zur Åbernehmenden (neuen) Organgesellschaft nach Verwaltungsauffassung nur in Betracht, wenn diese bereits zu Beginn ihres Wirt-

20.47

1 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.21. 2 BFH v. 21.12.2005 – I R 66/05, BStBl. II 2006, 469 = FR 2006, 604. 3 Vgl. zB Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG, § 291 AktG Rz. 51; OLG Karlsruhe v. 7.12.1994 – 15 W 19/94, ZIP 1994, 1529. 4 Philippi/Neveling, BB 2003, 1685 (1686). 5 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.04. 6 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 02.03 und 13.08.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

schaftsjahres (mittelbar) in den Organtrger eingegliedert war.1 Wird die finanzielle Eingliederung des Åbernehmenden Rechtstrgers hingegen erst durch die Eintragung der Verschmelzung begrÅndet, so ist eine Organschaft des bisherigen Organtrgers zu diesem Rechtstrger nach Verwaltungsauffassung erst ab dem Beginn des nchsten (ggf. Rumpf-) Wirtschaftsjahres der (neuen) Organgesellschaft mÇglich. Gegen diese Sichtweise lsst sich allerdings fÅr Flle der BuchwertfortfÅhrung (§ 13 Abs. 2 Satz 1 UmwStG) ggf. einwenden, dass nach § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG die Anteile an der Åbernehmenden KÇrperschaft bzw. neuen Organgesellschaft steuerlich an die Stelle der Anteile an der Åbertragenden KÇrperschaft (dh. der bisherigen Organgesellschaft) treten.2

20.48 Verschmelzung auf eine Organgesellschaft. Die Umwandlung eines anderen Rechtstrgers als des Organtrgers auf eine Organgesellschaft als Åbernehmender Rechtstrger hat auf den Fortbestand eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags keinen Einfluss, sofern die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft auch nach der Umwandlung gegeben ist.3 5. Spaltung

20.49 Bei der Aufspaltung eines Organtrgers geht der ErgebnisabfÅhrungsvertrag wie auch ein hiermit verbundener GewinnabfÅhrungsanspruch bzw. eine Verlustausgleichsverpflichtung aufgrund der partiellen Gesamtrechtsnachfolge (§§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) und entsprechend der Zuordnung im Spaltungsplan oder -vertrag auf den Åbernehmenden Rechtstrger Åber und dieser tritt in den bestehenden ErgebnisabfÅhrungsvertrag ein4 und das Organschaftsverhltnis kann, sofern die Åbrigen Voraussetzungen hierfÅr erfÅllt sind, fortgesetzt werden. Gleiches gilt grundstzlich fÅr die Abspaltung5 und Ausgliederung durch einen Organtrger, sofern der ErgebnisabfÅhrungsvertrag (und die Beteiligung an der Organgesellschaft) dem abzuspaltenden bzw. auszugliedernden VermÇgen zugeordnet wird.6 Andernfalls bleiben der ErgebnisabfÅhrungsvertrag und das Organschaftsverhltnis unberÅhrt, sofern eine die Mehrheit der Stimmrechte vermittelnde Beteiligung an der Organgesellschaft beim bisherigen Organtrger verbleibt.7 Bei der Abspaltung der Beteiligung an einer Organgesell1 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 02.03 und Org.21. 2 So Herlinghaus in RÇdder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG2, Anh. 4 Rz. 53, aA DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, Anh. 1 UmwStG Rz. 44. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.29. 4 HÇrtnagl in Schmitt/HÇrtnagl/Stratz6, § 131 UmwG Rz. 75 mwN; BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.06. 5 Vgl. zur Abspaltung von Organbeteiligungen Stegemann, DStR 2002, 1549. 6 HÇrtnagl in Schmitt/HÇrtnagl/Stratz6, § 131 UmwG Rz. 75 mwN. 7 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.09.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

schaft erlischt der ErgebnisabfÅhrungsvertrag und die Organschaft endet zum steuerlichen bertragungsstichtag.1 Die (wirtschaftliche) Aufspaltung eines Organtrgers in der Rechtsform einer Personengesellschaft ist auch mÇglich im Wege der sog. Realteilung, also der AuflÇsung der Personengesellschaft und der Auseinandersetzung durch Zuteilung der einzelnen VermÇgensgegenstnde der Personengesellschaft an deren Gesellschafter außerhalb des Anwendungsbereichs des UmwG im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Durch die AuflÇsung der Organtrger-Personengesellschaft bzw. mangels Gesamtrechtsnachfolge endet der betreffende ErgebnisabfÅhrungsvertrag in diesen Fllen und muss ggf. mit den Åbernehmenden Rechtstrgern neu begrÅndet werden.

20.50

Finanzielle Eingliederung. Geht die Beteiligung an einer Organgesellschaft im Wege der Aufspaltung, Abspaltung oder Ausgliederung auf ein anderes gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG Åber, wird dem Åbernehmenden Rechtstrger eine gegenÅber dem Åbertragenden Rechtstrger bestehende finanzielle Eingliederung zugerechnet.2 Allerdings ist dem Åbernehmenden Rechtstrger die zum bisherigen Organtrger bestehende finanzielle Eingliederung nach mE unzutreffender (Rz. 20.42) Auffassung der Finanzverwaltung wie bei der Verschmelzung frÅhestens ab dem steuerlichem bertragungsstichtag zuzurechnen. FÅr den Fall der Ausgliederung der Beteiligung an einer Organgesellschaft im Wege eines (reinen) Anteilstauschs hat dies nach Auffassung der Finanzverwaltung zur Folge, dass die finanzielle Eingliederung in den Åbernehmenden Rechtstrger erst ab der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Ausgliederung bzw. ab bergang des wirtschaftlichen Eigentums an der Beteiligung an der Organgesellschaft anzunehmen ist, da insoweit mangels Verweis des § 21 UmwStG auf § 20 Abs. 5, 6 UmwStG keine RÅckwirkung mÇglich ist.3 Diese Auffassung steht insoweit nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des BFH, als der Anteilstausch zum Buch- oder Zwischenwert erfolgt. In diesen Fllen tritt der Åbernehmende Rechtstrger nach §§ 23 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG in die Rechtsstellung des ausgliedernden Rechtstrgers ein. Die hierdurch bedingte steuerliche Rechtsnachfolge fÅhrt nach der Rechtsprechung des BFH dazu, dass die Zeitrume der finanziellen Eingliederung zusammen-

20.51

1 Kallmeyer/Sickinger in Kallmeyer, UmwG5, § 126 Rz. 26; BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.23. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.06, Org.07, Org.08. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.08 und Org.15. Anders liegt der Fall, wenn die Anteile als Teil einer Betriebs- oder Teilbetriebseinbringung Åbertragen werden, BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.14.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

zurechnen sind. Auf die Frage der RÅckwirkung kommt es insoweit nicht an.1

20.52 Mittelbare finanzielle Eingliederung. Zur Sicherstellung einer lÅckenlosen Organschaft kann sich anbieten, ein bisheriges Organschaftsverhltnis im Zeitraum zwischen der Ausgliederung der Beteiligung an der Organgesellschaft und dem Ende des laufenden Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft fortbestehen zu lassen und die Organschaft zum Åbernehmenden Rechtstrger erst ab Beginn des nchsten Geschftsjahres der Organgesellschaft zu etablieren.2 In Fllen, in denen die fÅnfjhrige Mindestvertragsdauer zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen, stellt sich allerdings die Frage, ob in diesen Fllen von einer Beendigung aus wichtigem Grund auszugehen ist;3 insoweit dÅrfte eine Absicherung durch Einholung einer verbindlichen Auskunft ratsam sein.

20.53 Bei der Aufspaltung einer Organgesellschaft erlischt der ErgebnisabfÅhrungsvertrag und die Organschaft endet zum steuerlichen bertragungsstichtag.4 Die bertragung eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags im Rahmen der Abspaltung bzw. Ausgliederung von VermÇgen der Organgesellschaft kommt allenfalls bei Abspaltung bzw. Ausgliederung zur NeugrÅndung in Betracht. Bei einer Abspaltung bzw. Ausgliederung zur Aufnahme bleibt der ErgebnisabfÅhrungsvertrag zwingend zurÅck und ist grundstzlich fortzufÅhren.5

20.54 Finanzielle Eingliederung. Bei der Aufspaltung einer Organgesellschaft sollen nach Verwaltungsauffassung die gleichen Grundstze wie bei der Verschmelzung gelten, dh. eine nahtlose Fortsetzung der Organschaft des bisherigen Organtrgers zur Åbernehmenden (neuen) Organgesellschaft kommt nur in Betracht, wenn diese bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres, in dem die Aufspaltung erfolgt, (mittelbar) in den Organtrger eingegliedert war.6 Vgl. zur Kritik Rz. 20.42. Bei einer Abspaltung oder Ausgliederung aus einer Organgesellschaft besteht diese (und der ErgebnisabfÅhrungsvertrag) hingegen fort und die Organschaft bleibt unberÅhrt.7

1 BFH v. 28.7.2010 – I R 111/09, GmbHR 2011, 44 = BFH/NV 2011, 67. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.16f. 3 Bejahend Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, Rz. 478. 4 Kallmeyer/Sickinger in Kallmeyer, UmwG5, § 126 Rz. 26; BMF v. 11.11.2011 IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.23. 5 HÇrtnagl in Schmitt/HÇrtnagl/Stratz6, § 131 UmwG Rz. 77f. mwN; BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.22. 6 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 02.03 und Org.21. 7 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.22.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

Bei der Ausgliederung eines Teilbetriebs auf eine Kapitalgesellschaft zur NeugrÅndung1 und unterhalb des gemeinen Werts kann gemß der Rechtsprechung des BFH mit Wirkung ab dem steuerlichen bertragungsstichtag ein Organschaftsverhltnis zwischen dem ausgliedernden Rechtstrger und der neu gegrÅndeten Kapitalgesellschaft begrÅndet werden. Die bis zur bertragung des Betriebs bestehende Eingliederung in den Betrieb des ausgliedernden Rechtstrgers gilt als hinreichendes Substitut fÅr eine finanzielle Eingliederung.2 Demzufolge ist die Zeit der Eingliederung (des Teilbetriebs) in den Betrieb des ausgliedernden Rechtstrgers wegen des Eintritts der neu gegrÅndeten Kapitalgesellschaft in dessen steuerliche Rechtsstellung (§§ 4 Abs. 2, 12 Abs. 3, 23 Abs. 1 UmwStG) dem Åbernehmenden Rechtstrger zuzurechnen.

20.55

6. Einbringung Bei der Einbringung einer Organbeteiligung durch einen Organtrger im Wege der Einzelrechtsnachfolge geht der ErgebnisabfÅhrungsvertrag bzw. ein hiermit verbundener GewinnabfÅhrungsanspruch bzw. eine Verlustausgleichsverpflichtung nicht auf den Åbernehmenden Rechtstrger Åber.3 Folglich bleibt der ErgebnisabfÅhrungsvertrag und das Organschaftsverhltnis zum bisherigen Organtrger unberÅhrt, sofern bei diesem eine die Mehrheit der Stimmrechte vermittelnde (mittelbare) Beteiligung an der Organgesellschaft verbleibt.4

20.56

Finanzielle Eingliederung. Wird die Beteiligung an einer Organgesellschaft im Wege einer Betriebs- oder Teilbetriebseinbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge eingebracht, wird dem Åbernehmenden Rechtstrger eine gegenÅber dem Åbertragenden Rechtstrger bestehende finanzielle Eingliederung zugerechnet.5 Allerdings ist dem Åbernehmenden Rechtstrger die zum bisherigen Organtrger bestehende finanzielle Eingliederung nach Auffassung der Finanzverwaltung frÅhestens ab dem steuerlichem bertragungsstichtag zuzurechnen.6 FÅr den Fall der Ausgliederung bzw. Einbringung der Beteiligung an einer Organgesellschaft im Wege eines (reinen) Anteilstauschs hat dies nach Auffassung der Finanzverwaltung zur Folge, dass die finanzielle Eingliederung in den Åbernehmenden

20.57

1 Nach Verwaltungsauffassung gilt dies wohl auch fÅr Einbringungen in bestehende Tochterkapitalgesellschaften, vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.13. 2 BFH v. 28.7.2010 – I R 89/09, BStBl. II 2011, 528 = FR 2011, 184 = GmbHR 2010, 1268. 3 Vgl. zB Herlinghaus in RÇdder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG2, Anh. 4 Rz. 22. 4 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.16. 5 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.14. 6 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.14.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

Rechtstrger erst ab der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Ausgliederung bzw. ab bergang des wirtschaftlichen Eigentums an der Beteiligung an der Organgesellschaft anzunehmen ist, da insoweit mangels Verweis des § 21 UmwStG auf § 20 Abs. 5, 6 UmwStG keine RÅckwirkung mÇglich ist.1 Vgl. zur Kritik hieran Rz. 20.42.

20.58 Bei der Einbringung eines Teilbetriebs in eine neu gegrÅndete oder bereits bestehende Tochterkapitalgesellschaft zur NeugrÅndung2 und unterhalb des gemeinen Werts kann nach der Rechtsprechung des BFH mit Wirkung ab dem steuerlichen bertragungsstichtag ein Organschaftsverhltnis zwischen dem ausgliedernden Rechtstrger und der neu gegrÅndeten Kapitalgesellschaft begrÅndet werden (Rz. 20.55). 7. Formwechsel

20.59 Die formwechselnde Umwandlung eines Organtrgers steht dem Fortbestand eines ErgebnisabfÅhrungsvertrages fÅr sich betrachtet nicht entgegen.3 Mit Blick auf den Fortbestand der steuerlichen Organschaft ist der Formwechsel eines Organtrgers dann unschdlich, wenn die aus dem Formwechsel entstehende neue Rechtsform als Organtrger fungieren kann, es sich also entweder um eine Kapitalgesellschaft oder eine gewerblich ttige Personengesellschaft handelt (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG und R 58 KStR). Mit Blick auf die Rechtsprechung des BFH4 kommt auch eine rÅckwirkende Herstellung der Organtrgereignung einer (nicht gewerblich ttigen) Personengesellschaft durch formwechselnde Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft in Betracht.5 Sofern im Anschluss an eine formwechselnde Umwandlung eines Organtrgers zu diesem erstmals eine Organschaft begrÅndet werden soll, kann diese nach Verwaltungsauffassung durch den Rechtstrger neuer Rechtsform dann rÅckwirkend begrÅndet werden, wenn diesem die Anteile an der kÅnftigen Organgesellschaft bereits zu Beginn des betreffenden Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft zuzurechnen waren oder diesem steuerlich rÅckwirkend nach §§ 2, 20 Abs. 5 und 6 oder § 24 Abs. 4 UmwStG zuzurechnen sind.6

20.60 Auch die formwechselnde Umwandlung einer Organgesellschaft steht dem Fortbestand eines ErgebnisabfÅhrungsvertrages fÅr sich betrachtet nicht entgegen und zwar selbst dann nicht, wenn diese in eine Personen1 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.15. 2 Nach Verwaltungsauffassung gilt dies wohl auch fÅr Einbringungen in bestehende Tochterkapitalgesellschaften, vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.13. 3 Meister/KlÇcker in Kallmeyer, UmwG5, § 202 Rz. 18. 4 BFH v. 17.9.2003 – I R 55/02, BStBl. II 2004, 534 = FR 2004, 36 m. Anm. Lieber. 5 Meyer, GmbH-StB 2005, 237 (240). 6 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.10 iVm. Org.03.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

gesellschaft umgewandelt wird.1 DemgegenÅber ist die formwechselnde Umwandlung der Organgesellschaft mit Blick auf den Fortbestand des Organschaftsverhltnisses nur dann unschdlich, sofern die neue Rechtsform als Organgesellschaft fungieren kann ist (andere Kapitalgesellschaft).2 Bei Umwandlung einer Organgesellschaft in eine Personengesellschaft endet der ErgebnisabfÅhrungsvertrag zum steuerlichen bertragungsstichtag.3 Sofern dieser nicht auf den Jahresabschlussstichtag der Organgesellschaft fllt, dÅrfte ein steuerliches Rumpf-Wirtschaftsjahr anzunehmen sein, das zum steuerlichen bertragungsstichtag endet.4 FÅr dieses letzte Rumpf-Wirtschaftsjahr dÅrfte die steuerliche Organschaft grds. noch anzuerkennen sein. Der ErgebnisabfÅhrungsvertrag endet hierdurch jedoch nicht automatisch, sondern muss gekÅndigt oder aufgehoben werden, um ihn zu beenden.5 Bei formwechselnder Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft ist eine rÅckwirkende BegrÅndung einer Organschaft, jedenfalls soweit die Personengesellschaft zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden hat und finanziell eingegliedert war, zu dieser Kapitalgesellschaft (als Organgesellschaft) mÇglich: Beispiel: Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft Die Organtrgerin OT ist seit Beginn des Jahres 01 zu 100% als Kommanditistin an einer KG beteiligt. Im Laufe des Jahres 01 wird die KG mit steuerlicher RÅckwirkung (nach §§ 25, 20 Abs. 6 Satz 1, 9 Satz 2, 2 Abs. 1 UmwStG) zum 1.1.01 bzw. unter Zugrundlegung der Bilanz der KG zum 31.12.00 nach §§ 190 ff., 214 ff. UmwG in eine GmbH formgewechselt.

In dieser Fallkonstellation ist die rÅckwirkende BegrÅndung eines Organschaftsverhltnisses mÇglich, dh. die Organtrgerin OT kann mit der aus dem Formwechsel entstandenen GmbH ab 1.1.01 ein Organschaftsverhltnis begrÅnden. Der BFH hat insoweit entschieden, dass eine durch eine (Åbertragende) Umwandlung aus einer Personengesellschaft entstandene Kapitalgesellschaft rÅckwirkend vom Beginn ei-

1 OLG DÅsseldorf v. 27.2.2004 - 19 W 3/00 AktE, NZG 2005, 280. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.24. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.24. 4 BFH v. 21.12.2005 – I R 66/05, BStBl. II 2006, 469 = FR 2006, 604 = GmbHR 2006, 497 m. Anm. Sinewe. 5 OLG DÅsseldorf v. 27.2.2004 – 19 W 3/00 AktE, NZG 2005, 280.

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20.61

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf nes Wirtschaftsjahres an Organgesellschaft sein kann, wenn der steuerliche bertragungsstichtag auf den Beginn des Wirtschaftsjahres zurÅckverlegt wird und die Eingliederungsvoraussetzungen tatschlich bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres erfÅllt waren.1 Dies gilt mE wegen der Reichweite der umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge2 und ggf. entgegen der insoweit engen Anwendungsregelung der Verwaltung3 auch dann, wenn die KG auf die GmbH rÅckwirkend verschmolzen wird und der Åbernehmende Rechtstrger das „eingebrachte“ BetriebsvermÇgen mit einem unter dem gemeinen Wert liegenden Wert ansetzt (§§ 23 Abs. 1, 12 Abs. 3 UmwStG).4

8. Anwachsung

20.62 Anwachsung einer Organtrger-Personengesellschaft. Wie bei Umwandlungen nach UmwG stellt sich die Frage, ob eine nahtlose Fortsetzung der Organschaft zu einem neuen Organtrger mÇglich ist auch dann, wenn das VermÇgen eines Organtrgers in der Rechtsform einer Personengesellschaft infolge des Ausscheidens ihres vorletzten Gesellschafters auf den letzten verbleibenden Gesellschafter anwchst. Unkritisch ist dies in den Fllen, in denen die Organgesellschaft bereits vor der Anwachsung mittelbar in den letzten verbleibenden Gesellschafter der Organtrger-Personengesellschaft eingegliedert war. Sofern dies nicht der Fall ist, unterscheidet die Finanzverwaltung fÅr die Beurteilung des Vorliegens der finanziellen Eingliederung wie folgt:5 – Sofern die Anwachsung Folge einer Åbertragenden Umwandlung mit steuerlicher RÅckwirkung ist, ist dem verbleibenden Gesellschafter die Beteiligung an der Organgesellschaft auch mit steuerlicher RÅckwirkung zuzurechnen. – Ist die Anwachsung Folge einer bertragung, fÅr die die steuerliche RÅckwirkung nach dem UmwStG nicht gilt (zB Verußerung der Mitunternehmerbeteiligung), ist die Beteiligung an der Organgesellschaft dem verbleibenden Gesellschafter erst mit bergang des wirtschaftlichen Eigentums zuzurechnen. Dieser Auffassung dÅrfte zuzustimmen sein. Zwar handelt es sich bei der Anwachsung um einen Vorgang mit Gesamtrechtsnachfolge (§ 738 BGB). Jedoch kommt es insoweit nicht zu einem Eintritt des letzten verbleibenden Gesellschafters in die steuerliche Rechtsstellung der Organtrger-Personengesellschaft. Folglich kommt es nicht zu einer „Zusammenrechnung“ der Zeiten finanzieller Eingliederung und eine rÅckwirkende Zu-

1 BFH v. 17.9.2003 – I R 55/02, BStBl. II 2004, 534 = FR 2011, 184 sowie BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.25. 2 Vgl. hierzu BFH v. 28.7.2010 – I R 89/09, BStBl. II 2011, 528 = FR 2011, 184; v. 28.7.2010 – I R 111/09, GmbHR 2011, 44 = BFH/NV 2011, 67. 3 BMF v. 25.4.2004 – IV A 2 - S 2770 - 15/04, DB 2004, 1343. 4 So auch Sinewe, GmbHR 2004, 62 (63). 5 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.18.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

rechnung der finanziellen Eingliederung kommt nur insoweit in Betracht, als die die Anwachsung auslÇsende Transaktion eine solche ist, die mit steuerlicher RÅckwirkung erfolgen kann. 9. Umwandlung als wichtiger Grund fÅr die fristlose bzw. vorzeitige Beendigung eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags Wichtiger Grund im Zivilrecht. Nach § 297 Abs. 1 AktG ist eine fristlose KÅndigung nur „aus wichtigem Grunde“ mÇglich. Ein wichtiger Grund liegt nach dem Gesetzeswortlaut insbesondere dann vor, wenn der andere Vertragsteil voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine auf Grund des Vertrags bestehenden Verpflichtungen zu erfÅllen. Zudem kÇnnen die Vertragspartner im Rahmen der Vertragsfreiheit auch festlegen, dass bestimmte, durch die Vertragsparteien beeinflussbare Tatsachen als wichtiger Grund fÅr eine fristlose KÅndigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags gelten sollen. (Rz. 20.13).1

20.63

Wichtiger Grund im Steuerrecht. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG muss ein ErgebnisabfÅhrungsvertrag auf fÅnf Jahre abgeschlossen sein, um steuerlich anerkannt werden zu kÇnnen. Eine vorzeitige Beendigung ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG nur dann unschdlich, wenn diese auf einem wichtigem Grund beruht. Die Finanzverwaltung sieht insbesondere in folgenden Umwandlungsvorgngen einen solchen wichtigen Grund: – Einbringung der Organbeteiligung durch den Organtrger, R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR, – Verschmelzung oder Spaltung des Organtrgers2, R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR, einschließlich der Abwrtsverschmelzung des Organtrgers auf die Organgesellschaft,3 – Verschmelzung oder Spaltung der Organgesellschaft, R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR.4

20.64

Der Formwechsel, jedenfalls ein solcher in eine Kapitalgesellschaft anderer Rechtsform, stellt demgegenÅber keinen wichtigen Grund dar, R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR. DemgegenÅber kann ein typusndernder Formwechsel mE grundstzlich einen wichtigen Grund fÅr die vorzeitige Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags darstellen.5 Nach Verwaltungsauf1 BGH v. 5.4.1993 – II ZR 238/91, GmbHR 1993, 446 = NJW 1993, 1976; LG MÅnchen v. 14.12.2006 – HK O 17059/06, Der Konzern 2007, 279. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.12. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.04. 4 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.26. 5 Evtl. aA die Finanzverwaltung, BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.12.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

fassung ist bei Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags aufgrund Verschmelzung oder Spaltung der Organgesellschaft selbst dann ein wichtiger Grund anzunehmen, wenn bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses feststand, dass der ErgebnisabfÅhrungsvertrags vor Ablauf der ersten fÅnf Jahre beendet werden wird.1 Mit Blick auf die Rechtsprechung des BFH2 kann jedoch im Einzelfall Vorsicht geboten sein, wenn die fragliche Umwandlung innerhalb eines Konzernverbunds erfolgt und sich die Beendigung der Organschaft durch eine konzerninterne Umwandlung einer Organgesellschaft angesichts der Sachverhaltsumstnde als steuerlich motiviertes Unterlaufen der Mindestlaufzeit des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG darstellen kÇnnte.

III. Auswirkungen auf organschaftliche Ausgleichsposten 1. Begriff und Zweck von Ausgleichsposten

20.65 Begriff. In der Steuerbilanz eines Organtrgers sind nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG erfolgsneutral aktive bzw. passive Ausgleichsposten zu bilden fÅr in organschaftlicher Zeit verursachte Minder- bzw. MehrabfÅhrungen einer Organgesellschaft, dh. fÅr Unterschiede zwischen dem an den Organtrger abgefÅhrten Gewinn der Organgesellschaft und dem Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft (§ 14 Abs. 4 Satz 6 KStG). Diese Unterschiede kÇnnen zB resultieren aus – (der nderung von) Bewertungsunterschieden bei Aktiv- oder Passivposten der Handels- bzw. Steuerbilanz, zB iVm. einer Sach- oder Anteilseinbringung durch die Organgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft, die steuerlich mit dem Buchwert, in der Handelsbilanz jedoch mit dem Verkehrswert angesetzt wird,3 – der Bildung oder AuflÇsung einer RÅcklage gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KStG, – der Verpflichtung zum Ausgleich vorvertraglicher Verluste.

20.66 Zweck. Ein aktiver Ausgleichsposten fingiert die AbfÅhrung und Wiedereinlage einer MinderabfÅhrung und dient dem Ziel, eine Doppelbesteuerung der whrend des Bestehens der Organschaft erzielten Ertrge der Organgesellschaft zu vermeiden. Umgekehrt dient ein passiver Ausgleichsposten dazu, die Nichtbesteuerung von MehrabfÅhrungsbetrgen zu vermeiden. Nach Auffassung des BFH4 ist ein passiver Ausgleichsposten fÅr MehrabfÅhrungen nicht zu bilden, sofern die Steuerbilanzabweichung (im entschiedenen Fall aufgrund § 15a EStG) durch eine außerbilanzielle Korrektur neutralisiert wird und damit das dem Organtrger zuzurech1 R 60 Abs. 6 Satz 3, 4 KStR. 2 BFH v. 13.11.2013 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = FR 2014, 608. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.28. 4 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

nende Einkommen durch die MehrabfÅhrung nicht gemindert wird. Wenngleich nach § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG MehrabfÅhrungen insbesondere dann vorliegen, wenn der an den Organtrger abgefÅhrte Gewinn von dem Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht und diese Abweichung in organschaftlicher Zeit verursacht ist, sei diese bilanzielle Betrachtung dann zu durchbrechen und keine MehrabfÅhrung anzunehmen, wenn die Abweichung zwischen der handelsrechtlichen GewinnabfÅhrung und dem Steuerbilanzgewinn durch die außerbilanzielle Zurechnung nicht abziehbarer Verluste i.S.d. § 15a EStG neutralisiert wird. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist diese Entscheidung nur fÅr vergleichbare Fallkonstellationen anzuwenden.1 2. AuflÇsung von Ausgleichsposten AuflÇsungsgrÅnde. Die bloße Beendigung eines ErgebnisabfÅhrungsvertrags lsst einen aktiven oder passiven Ausgleichsposten unberÅhrt. Ausgleichsposten sind hingegen aufzulÇsen – whrend des Bestehens der Organschaft bei AuflÇsung der Unterschiede zwischen dem an den Organtrger abgefÅhrten Gewinn der Organgesellschaft und dem Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft (erfolgsneutrale AuflÇsung des Ausgleichspostens), – nach § 14 Abs. 4 Satz 2 KStG bei Verußerung der Organbeteiligung (gewinnwirksame AuflÇsung), R 63 Abs. 3 KStR.

20.67

Eine verußerungsbedingte und somit gewinnwirksame AuflÇsung eines Ausgleichspostens erhÇht bzw. verringert das Einkommen des Organtrgers vorbehaltlich der nach § 14 Abs. 4 Satz 3 KStG anzuwendenden Regelungen des § 8b KStG sowie der §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind organschaftliche Ausgleichposten Korrekturposten zum Beteiligungsbuchwert.2 Die AuflÇsung des Ausgleichspostens im Zusammenhang mit der Verußerung einer Beteiligung erhÇht oder verringert somit den Verußerungsgewinn oder -verlust und § 8b KStG ist nach Verwaltungsauffassung auf den saldierten Betrag anzuwenden (Rz. 20.21).3 Die steuerlichen Folgen der AuflÇsung eines Ausgleichspostens sind wegen der Anwendbarkeit der § 8b KStG sowie der §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG insbesondere bedeutsam fÅr Organtrger, die keine Kapitalgesellschaften sind.

20.68

AuflÇsung bei Umwandlung. Die Finanzverwaltung geht bzgl. Verschmelzungen und Spaltungen allgemein davon aus, dass diese als Verußerun-

20.69

1 BMF v. 15.7.2013 – IV C 2 - S 2770/07/10004 :004, BStBl. I 2013, 921. 2 BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003 437 = FR 2003, 981, Rz. 43; aA wohl BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285. 3 OFD Frankfurt v. 8.11.2005 – S 2750a A - St II 1.01, DB 2005, 2608, auch R 63 Abs. 3 KStR; vgl. auch von Freeden/Joisten, Ubg 2014, 512.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

gen1 anzusehen sind und somit grundstzlich zur gewinnwirksamen AuflÇsung bestehender Ausgleichsposten fÅhren. Insbesondere lÇsen nach Verwaltungsauffassung die folgenden Umwandlungsvorgnge zwingend eine (ggf. anteilige) AuflÇsung des Ausgleichspostens aus: – die Aufwrts- und Seitwrtsverschmelzung eines Organtrgers zum Zwischen- oder Verkehrswert,2 – die Abwrtsverschmelzung eines Organtrger,3 – die Aufspaltung eines Organtrgers zum Zwischen- oder Verkehrswert,4 – die Abspaltung der Beteiligung an einer Organgesellschaft zum Zwischen- oder Verkehrswert,5 – die Ausgliederung bzw. Einbringung der Beteiligung an einer Organgesellschaft zum Zwischen- oder Verkehrswert,6 – die Verschmelzung einer Organgesellschaft,7 – die Aufspaltung einer Organgesellschaft,8 – die Abspaltung von einer Organgesellschaft zum Zwischen- oder Verkehrswert,9 – der Formwechsel einer Organgesellschaft in eine Personengesellschaft.10

20.70 Keine AuflÇsung des Ausgleichspostens ist nach Verwaltungsauffassung in folgenden Fllen erforderlich: – bei Buchwertumwandlung eines Organtrgers und FortfÅhrung der Organschaft durch den neuen Organtrger,11

1 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 00.02. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.05. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.05. 4 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.06. 5 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.07; vgl. hierzu auch Schmidtmann, DStR 2014, 405. 6 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org. 08 bzw. Org.16. 7 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.21. 8 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.23, Org.21. 9 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.22. 10 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.24. 11 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.05 (Verschmelzung), Org.06 (Aufspaltung), Org.07 (Abspaltung), Org.08 u. Org.18 (Ausgliederung).

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

– bei Buchwertabspaltung von einer Organgesellschaft und FortfÅhrung der Organschaft durch den neuen Organtrger,1 – bei Formwechsel der Organgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft,2 – bei Anwachsung.3 In diesen Fllen ist der Ausgleichsposten durch den neuen Organtrger (bzw. im Fall des Formwechsels vom bisherigen Organtrger) fortzufÅhren. Beispiel: Ausgleichsposten Im Jahr 01 bildet eine Organgesellschaft („OG-GmbH“, Geschftsjahr entspricht Kalenderjahr) eine steuerlich nicht anzuerkennende DrohverlustrÅckstellung. Unter Zugrundelegung der Bilanz zum 31.12.01 wird deren Organtrger („OT alt“) auf eine andere Kapitalgesellschaft („OT neu“) verschmolzen. Im Jahr 03 wird die DrohverlustrÅckstellung gewinnerhÇhend aufgelÇst.

Die Bildung der DrohverlustrÅckstellung in der Handelsbilanz der OG-GmbH fÅhrt im Jahr 01 zu einer in organschaftlicher Zeit verursachten MinderabfÅhrung, da die handelsrechtliche GewinnabfÅhrung niedriger ist als der Steuerbilanzgewinn der OG-GmbH. Aufgrund dieser MinderabfÅhrung ist bei OT-alt nach § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG ein aktiver Ausgleichsposten zu bilden. Sofern die Verschmelzung auf Antrag (§ 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG) zu Buchwerten vollzogen wird und OT-neu das aufgrund Gesamtrechtsnachfolge grds. Åbergehende (Rz. 20.40) Organschaftsverhltnis zur OG-GmbH fortsetzt, hat OT-neu den Ausgleichsposten fortzufÅhren. Ansonsten ist dieser Ausgleichsposten anlsslich der als Verußerung zu wertenden Verschmelzung des OT-alt grundstzlich erfolgswirksam aufzulÇsen und mindert das bertragungsergebnis. Soweit die Verschmelzung zu gemeinen Werten erfolgt, ist der Ausgleichsposten vollstndig aufzulÇsen. Bei einer Verschmelzung zu Zwischenwerten ist der aktive Ausgleichsposten anteilig aufzulÇsen. Ein aus einer ggf. vorzunehmenden AuflÇsung des aktiven Ausgleichsposten entstehender bernahmeverlust mindert das Einkommen des OT-alt wegen § 8b Abs. 3 KStG nicht, wenn OT-alt die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft hat. Ist OT-alt eine natÅrliche Person oder eine Personengesellschaft, an der (auch) natÅrliche Personen beteiligt sind, ist insoweit § 3c Abs. 2 EStG anzuwenden, so dass der AuflÇsungsverlust iHv. 60 % steuerlich abzugsfhig ist.

1 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.22. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.24. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.18.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

20.71 Kritik. Angesichts dessen, dass ein Ausgleichsposten grundstzlich auch bei Beendigung eines Organschaftsverhltnisses (ohne gleichzeitige Verußerung der Organbeteiligung) fortzufÅhren ist, verwundert die Verwaltungsauffassung, wonach neben der BuchwertfortfÅhrung zudem auch die FortfÅhrung des Organschaftsverltnisses Voraussetzung fÅr die NichtauflÇsung organschaftlicher Ausgleichsposten ist. Dies kann dazu fÅhren, dass der Ausgleichsposten als Korrekturposten zum Beteiligungsansatz (Rz. 20.68) ertragswirksam aufzulÇsen ist, obgleich die stillen Reserven in der Beteiligung fortgefÅhrt werden.1 Konsequent scheint insoweit die Sichtweise, dass der Ausgleichsposten das Schicksal der Beteiligung teilt, also nur dann ertragswirksam aufzulÇsen ist, wenn die Umwandlung nicht zum steuerlichen Buchwert erfolgt.

IV. Umwandlungsspezifische Fragen der GewinnabfÅhrung und Einkommenszurechnung 1. Vernderungen auf Ebene des Organtrgers

20.72 Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft. Das Einkommen der Organgesellschaft ist dem Organtrger fÅr das Kalenderjahr (bzw. den Veranlagungszeitraum) zuzurechnen, in dem die Organgesellschaft das Einkommen bezogen hat.2 Bei nahtloser Fortsetzung einer bestehenden Organschaft nach Umwandlung des Organtrgers auf einen anderen Rechtstrger (etwa bei Verschmelzung des Organtrgers) ist das Organeinkommen demjenigen Rechtstrger zuzurechnen, der zum Schluss des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft als Organtrger anzusehen ist.3 Bei einer Verschmelzung zum Ende eines Geschftsjahres der Organgesellschaft bedingt dies, dass das Einkommen dieses Jahres noch dem bisherigen Organtrger zuzurechnen ist. Bei einer (aus Sicht der Organgesellschaft) unterjhrigen Verschmelzung eines Organtrgers ist das Einkommen der Organgesellschaft steuerlich insgesamt dem neuen Organtrger zuzurechnen und zwar ungeachtet dessen, dass auf Ebene des bisherigen Organtrgers verschmelzungsbedingt ein Rumpfwirtschaftsjahr4 entsteht (Rz. 20.37).

20.73 Organtrger-Personengesellschaft. Der sich nach Maßgabe der Handelsbilanz ergebende Anspruch einer Organtrger-Personengesellschaft auf GewinnabfÅhrung entsteht erst mit dem Ende des Wirtschaftsjahres der jeweiligen Organgesellschaft. Erst zu diesem Zeitpunkt ist dem Organtrger das Organeinkommen, welches aus der Steuerbilanz der Organgesellschaft abgeleitet wird, zuzurechnen. Nach Auffassung des BFH5 ist das 1 Sistermann, Beihefter zu DStR 2012, Heft 2, 18 (21). 2 BFH v. 29.10.1974 – I R 240/72, BStBl. II 1975, 126. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.19. 4 BFH v. 21.12.2005 – I R 66/05, BStBl. II 2006, 469 = FR 2006, 604. 5 BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494 = FR 2013, 1137.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

Einkommen einer Organgesellschaft daher entsprechend dem allgemeinen GewinnverteilungsschlÅssel nur den Gesellschaftern einer Organtrger-Personengesellschaft zuzurechnen, die im Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an dem Organtrger beteiligt sind. Sofern sich im Laufe des Wirtschaftsjahres des Organtrgers umwandlungsbedingte nderungen im Bestand der Gesellschafter ergeben haben, kommt es zu keiner zeitanteiligen Zurechnung des Organeinkommens zu den ausgeschiedenen Gesellschaftern der Organtrger-Personengesellschaft. 2. Umwandlung unter Beteiligung einer Organgesellschaft a) Behandlung von bertragungs- und Einbringungsergebnissen Begriff. Das bertragungs- bzw. Einbringungsergebnis entsteht bei einer Umwandlung auf der Ebene des Åbertragenden Rechtstrgers und entspricht dem Gewinn oder Verlust aus dem Ansatz der WirtschaftsgÅter des Åbertragenden Rechtstrgers in seiner steuerlichen Schlussbilanz zu Zwischenwerten oder gemeinen Werten. Mit Blick auf Organgesellschaften kann ein bertragungs- oder Einbringungsergebnis entstehen – im Rahmen der Verschmelzung, Auf- oder Abspaltung (von) einer Organgesellschaft auf eine andere Kapitalgesellschaft (§ 11 UmwStG), – bei Verschmelzung oder Formwechsel einer Organgesellschaft auf/in eine Personengesellschaft (§ 3 UmwStG), wenn ein Antrag, die Buchwerte fortzufÅhren nicht mÇglich ist oder nicht gestellt wird (bertragungsergebnis), – oder bei Ausgliederung bzw. Einbringung aus einer Organgesellschaft auf (in) eine Kapitalgesellschaft, aufgrund entsprechendem Ansatz der Åbergehenden WirtschaftsgÅter bei der bernehmerin (Einbringungsergebnis, §§ 20 Abs. 2, 21 Abs. 1 UmwStG).

20.74

Handelsbilanz. Handelsbilanziell kann ein bertragungsgewinn wegen der bei Verschmelzung, Auf- und Abspaltung nach § 17 Abs. 2 UmwG bestehenden Pflicht zum Ansatz der Buchwerte1 in der Schlussbilanz der Åbertragenden Gesellschaft nur bei Ausgliederung entstehen.2 Soweit eine Organgesellschaft einen Ausgliederungsgewinn erzielt, ist dieser abfÅhrungspflichtig.3 In Anbetracht der Aufgabe der Maßgeblichkeit der Handels- fÅr die Steuerbilanz im Rahmen der Novellierung des UmwStG durch das SEStEG ergibt sich bei Ausgliederungen die MÇglichkeit, auf Ebene einer Organgesellschaft vorhandene stille Reserven durch Ausgliederung des Geschftsbetriebs der Organgesellschaft oder der Beteiligung an dieser auf eine Tochterkapitalgesellschaft handelsbilanziell zu realisie-

20.75

1 IDW RS HFA 43 Rz. 10 f. 2 IDW RS HFA 43 Rz. 21. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.27; RÇdder, DStR 2011, 1053 (1058); vgl. auch Nachweise bei Vogel, DB 2011, 1239 (1241); aA MÅller/StÇcker, Die Organschaft8, 2011, Rz. 412 und 421.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

ren und sie in eine GewinnabfÅhrung zu transformieren. Steuerlich kÇnnen – ungeachtet der Gewinnrealisierung in der Handelsbilanz – auf Antrag der Åbernehmenden Tochterkapitalgesellschaft die Buchwerte der entsprechenden WirtschaftsgÅter fortgefÅhrt werden, sofern die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG erfÅllt sind. Entsprechend entsteht auf Ebene der ausgliedernden Organgesellschaft kein steuerpflichtiger Gewinn (§ 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG). Beispiel: Betriebsausgliederung zu Zeitwerten Die Organgesellschaft („OG-GmbH“) verfÅgt Åber erhebliche stille Reserven, die realisiert und an die Gesellschafter der Organtrgerin („OT-KG“), eine AG und eine natÅrliche Person, ausgekehrt werden sollen.

Zur Realisierung der stillen Reserven bringt die OG-GmbH ihren Geschftsbetrieb durch Ausgliederung zu Zeitwerten1 in eine neu gegrÅndete NewCo-GmbH ein. Die OG-GmbH erzielt somit handelsbilanziell einen entsprechenden Gewinn. Steuerlich setzt die NewCo-GmbH das eingebrachte VermÇgen nach § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG mit dem Buchwert an. Die OG-GmbH hat die neuen Anteile an der NewCo-GmbH gem. § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG mit dem Buchwert des hingegebenen BetriebsvermÇgens anzusetzen, mithin ergibt sich steuerbilanziell kein Gewinn. Aus der Differenz zwischen dem Gewinn laut Handelsbilanz bzw. Steuerbilanz resultiert eine MehrabfÅhrung der OG-GmbH an die OT-KG. Da diese in organschaftlicher Zeit entsteht, ist hierauf § 14 Abs. 4 KStG anzuwenden.2 Diese organschaftliche MehrabfÅhrung wird folglich nicht als Dividende besteuert, sondern fÅhrt lediglich zur Bildung eines passiven Ausgleichspostens. Es kommt mithin zu

1 Nach IDW RS HFA 43 Rz. 21 gelten fÅr die Bewertung der fÅr das ausgegliederte VermÇgen erhaltenen Anteile die allgemeinen Tauschgrundstze. Folglich kÇnnen die erhaltenen Anteile ua. mit dem Zeitwert des Åbergegangenen VermÇgens bewertet werden, wodurch die in diesem VermÇgen enthaltenen stillen Reserven auf Ebene der ausgliedernden Organgesellschaft handelsbilanziell realisiert werden. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.28.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung einer Steuerstundung mit Blick auf die MehrabfÅhrung bzw. das hierdurch ggf. entstehende Entnahmepotential auf Ebene der OT-KG.1 Das gleiche Ergebnis kann eintreten, wenn eine Organgesellschaft Anteile an einer Tochtergesellschaft, deren Verkehrswert den Beteiligungsbuchwert Åbersteigt, in eine Tochterkapitalgesellschaft einbringt. Werden die Anteile handelsrechtlich zum Zeitwert, steuerlich jedoch nach § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG zum Buchwert eingebracht, ist die Differenz zwischen dem Gewinn der Organgesellschaft laut Handelsbilanz bzw. Steuerbilanz wiederum als organschaftliche MehrabfÅhrung i.S.d. § 14 Abs. 4 KStG erfassen.2 Die MehrabfÅhrung fÅhrt folglich zur Bildung eines passiven Ausgleichspostens und der insoweit erzielte handelsrechtliche Gewinn wird erst besteuert, wenn die Organgesellschaft verußert wird oder der Gewinn auch steuerlich realisiert und an die Organgesellschaft ausgekehrt wird.

Besteuerung. Ein bertragungs- bzw. Einbringungsgewinn unterliegt, sofern er nicht aufgrund DBA freigestellt ist, der laufenden Besteuerung (KÇrperschaftsteuer und Gewerbesteuer) ohne spezielle VergÅnstigungen. Er entsteht mit Ablauf des steuerlichen bertragungsstichtags, dh. die Besteuerung des bertragungsgewinns oder -verlusts erfolgt in dem Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in das der steuerliche bertragungsstichtag fllt.3 Zurechnung des steuerlichen bertragungs- bzw. Einbringungsgewinns. Bei einer Abspaltung oder Ausgliederung ist der steuerliche bertragungsgewinn der nach der Umwandung fortbestehenden Organgesellschaft dem Organtrger zuzurechnen.4 Bei der Verschmelzung oder Aufspaltung ist ein steuerlicher bertragungsgewinn nach Auffassung der Finanzverwaltung von der Organgesellschaft selbst zu versteuern.5 BegrÅndet wird dies mit der analogen Anwendung der Grundstze zur Liquidation.6 ME ist diese Auffassung abzulehnen, da die H 61 KStR zugrunde liegende BFHEntscheidung7 die Anwendung des GewinnabfÅhrungsvertrags im entschiedenen Fall insbesondere deshalb abgelehnt hat, weil die Organgesellschaft aufgrund Liquidation nicht mehr ein auf Erwerb gerichtetes Unternehmen betrieb. An einer solchen Zwecknderung der Organgesellschaft fehlt es bei Umwandlungsfllen typischerweise.8 1 Vgl. hierzu auch DÇtsch, GmbHR 2012, 175 (179). 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.28. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 02.04. 4 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.27; anders noch die Auffassung in BMF v. 25.3.1998 – IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I 1998, 268, Rz. Org.19. 5 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.27. 6 Vgl. H 61 KStR. 7 BFH v. 18.10.1967 – I 262/63, BStBl. II 1968, 105; vgl. zu weiterer Kritik an der Entscheidung des BFH bzw. zu Zweifeln an der Geltung der insoweit entwickelten Grundstze bei heutiger Rechtslage, Bahns/Graw, DB 2008, 1645. 8 So auch Herlinghaus in RÇdder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG2, Anh. 4 Rz. 63; Hierstetter, BB 2015, 859; aA MÅller/StÇcker, Die Organschaft8, 2011, Rz. 412.

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20.76

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

20.77 Verrechnung eines bertragungsgewinns mit Verlusten. Nach §§ 2 Abs. 4 Satz 1 und 2, § 20 Abs. 6 Satz 4 UmwStG ist der Ausgleich oder die Verrechnung eines bertragungs- bzw. Einbringungsgewinns eines Åbertragenden Rechtstrgers mit dessen – verrechenbaren Verlusten, – verbleibenden Verlustvortrgen, – nicht ausgeglichenen negativen EinkÅnften, – einem Zinsvortrag nach § 4h Abs. 1 Satz 5 EStG, – einem EBITDA-Vortrag nach § 4h Abs. 1 Satz 3 EStG, und – negativen EinkÅnften im RÅckwirkungszeitraum nur zulssig, wenn dem Åbertragenden Rechtstrger (bzw. bei negativen EinkÅnften im RÅckwirkungszeitraum dem Åbernehmenden Rechtstrger, § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwStG) die Verlustnutzung auch ohne die steuerliche RÅckwirkung nach § 2 Abs. 1 UmwStG mÇglich gewesen wre. Dies kann sich auch auf die Verrechnung bzw. Zurechnung von bertragungsbzw. Einbringungsgewinnen einer Organgesellschaft auswirken. Diese dÅrfen, soweit eine Verrechnung ohne RÅckwirkung, etwa wegen eines zwischenzeitlich erfolgten schdlichen Beteiligungserwerbs i.S.d. § 8c KStG, nicht mÇglich gewesen wre, nicht mit eigenen (vororganschaftlichen) Verlusten verrechnet werden. Mit Blick auf Organschaftsverhltnisse ist insoweit unklar, ob die Beschrnkung des Verlustabzugs nach § 8c KStG auf Ebene des Organtrgers vor oder nach Zurechnung des Organeinkommens anzuwenden ist.1 Beispiel: bertragungs-/Einbringungsgewinn Die OT-GmbH ist alleinige Gesellschafterin der OG-GmbH. Weitere WirtschaftsgÅter weist die Bilanz der OT-GmbH nicht aus. Zwischen der OT-GmbH und der OG-GmbH besteht ein ErgebnisabfÅhrungsvertrag. Das Geschftsjahr der OTGmbH und der OG-GmbH entspricht dem Kalenderjahr. Die OT-GmbH verfÅgt zum 31.12.01 Åber einen steuerlichen Verlustvortrag iHv. Euro 500.000, die OGGmbH Åber einen vororganschaftlichen Verlustvortrag iHv. Euro 100.000. Smtliche Anteile an der OT-GmbH werden zum 1.5.2002 an einen konzernfremden Erwerber Åbertragen. Mangels steuerpflichtiger stiller Reserven (Rz. 20.3) auf Ebene der OT-GmbH droht der Untergang des steuerlichen Verlustvortrags der OTGmbH. Um dies zu vermeiden, – wird die OG-GmbH rÅckwirkend zum 31.12.01 auf die OT-GmbH verschmolzen. In ihrer steuerlichen Schlussbilanz setzt die OG-GmbH gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG Zwischenwerte an, woraus sich ein steuerpflichtiger Gewinn iHv. Euro 600.000 ergibt (Variante 1) bzw. – bringt die OG-GmbH ihren Geschftsbetrieb rÅckwirkend zum 31.12.01 in eine neu gegrÅndete Tochtergesellschaft (T-GmbH) ein. Die T-GmbH setzt das Åbergegangene VermÇgen gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG zu Zwischenwerten an, woraus sich ein steuerpflichtiger Gewinn iHv. Euro 600.000 ergibt (Variante 2). Variante 1: Auf Ebene der OG-GmbH fÅhrt der (mittelbare) schdliche Beteiligungserwerb zum 1.5.2002 wegen der insoweit vorhandenen stillen Reserven aufgrund § 8c Abs. 1 Satz 6 ff. KStG nicht zum Untergang des vororganschaftlichen 1 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 8c KStG, Rz. 91, 91a.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung Verlustvortrags der OG-GmbH.1 Folglich kann der erzielte bertragungsgewinn, der von der OG-GmbH nach Verwaltungsauffassung selbst zu versteuern ist (Rz. 20.76), iHv. Euro 100.000 mit dem vororganschaftlichen Verlustvortrag der OG-GmbH verrechnet werden, da die Verrechnung auch ohne die BerÅcksichtigung der steuerlichen RÅckwirkung mÇglich gewesen wre. Eine Verrechnung des restlichen bertragungsgewinns der OT-GmbH mit dem steuerlichen Verlustvortrag der OT-GmbH scheitert nach Verwaltungsauffassung daran, dass die OG-GmbH diesen Gewinn auch insoweit selbst zu versteuern hat. Wenn man diese Auffassung ablehnt (Rz. 20.76), so wre der OT-GmbH der bertragungsgewinn zuzurechnen und mit dem steuerlichen Verlustvortrag der OT-GmbH zu verrechnen (vgl. insoweit Variante 2). Variante 2: Wie in Variante 1 fÅhrt der (mittelbare) schdliche Beteiligungserwerb zum 1.5.2002 wegen der insoweit vorhandenen stillen Reserven nicht zum Untergang des vororganschaftlichen Verlustvortrags der OG-GmbH.2 Der erzielte bertragungsgewinn ist (auch) nach Verwaltungsauffassung abfÅhrungspflichtig und damit steuerlich der OT-GmbH zuzurechnen und iHv. Euro 500.000 mit dem steuerlichen Verlustvortrag der OT-GmbH zu verrechnen. Die Verrechnung scheitert mE in diesem Fall nicht an § 2 Abs. 4 Satz 1, 2 UmwStG, weil der „Åbertragende Rechtstrger“ (dh. die OG-GmbH) nicht identisch mit dem Rechtstrger ist, bei dem die Verlustverrechnung erfolgt (OT-GmbH). FÅr ein interpersonales Verrechnungsverbot gibt § 2 Abs. 4 Satz 1, 2 UmwStG (anders als § 2 Abs. 4 Satz 3 ff. UmwStG, vgl. § 2 Abs. 4 Satz 4 UmwStG) nichts her.

b) Behandlung von bernahmeergebnissen Begriff. Das bernahmeergebnis entsteht bei einer Umwandlung auf der Ebene des Åbernehmenden Rechtstrgers (dh. der Åbernehmenden Organgesellschaft) und entspricht nach § 4 Abs. 4 UmwStG und § 12 Abs. 2 UmwStG der Differenz zwischen dem Ansatzwert der Åbergehenden WirtschaftsgÅter und dem Wert der Anteile an der Åbertragenden KÇrperschaft (abzgl. Umwandlungskosten). Der Ansatzwert der Åbergehenden WirtschaftsgÅter bei dem Åbernehmenden Rechtstrger entspricht dabei gem. §§ 4 Abs. 1, 12 Abs. 1 UmwStG den in der Schlussbilanz des Åbertragenden Rechtstrgers angesetzten Werten.

20.78

Bewertung in der Handelsbilanz. Anders als in der Steuerbilanz besteht in der Handelsbilanz bezÅglich der Bewertung der durch die Umwandlung Åbergehenden WirtschaftsgÅter ein Wahlrecht. Nach § 24 UmwG kann die Åbernehmende Organgesellschaft

20.79

1 Durch die EinfÅhrung der sog. Verschonungsregelung des § 8c Abs. 1 Satz 6 ff. KStG durch das WachstumsbeschleunigungsG ist die Regelung des § 2 Abs. 4 KStG weitgehend konterkariert worden. Nach § 8c Abs. 1 Satz 6 ff. KStG gehen die Verluste einer KÇrperschaft insoweit nicht unter, als in ihrem BetriebsvermÇgen steuerpflichtige stille Reserven enthalten sind. Da bertragungsgewinne i.S.d. § 2 Abs. 4 UmwStG stille Reserven gerade voraussetzen, bedeutet dies regelmßig, dass der Hauptanwendungsfall des § 2 Abs. 4 UmwStG, nmlich der Wegfall eines steuerlichen Verlustvortrags aufgrund § 8c KStG, außer in Fllen des § 8c Abs. 1 Satz 9 KStG, nicht eintritt. 2 Vgl. die vorstehende Fn.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

– entweder die Buchwerte (der Åbernommenen WirtschaftsgÅter) fortfÅhren, – oder die Åbernommenen WirtschaftsgÅter zu Anschaffungskosten, dh. – bei DurchfÅhrung einer KapitalerhÇhung mit dem Betrag der (ggf. vorgenommenen) NennkapitalerhÇhung zzgl. Agio1 – sofern keine KapitalerhÇhung erfolgt2 – mit dem Buchwert der untergegangenen Anteile am Åbertragenden Rechtstrger, – oder einem (erfolgsneutralen) Zwischenwert dieser Anteile, – oder mit dem Zeitwert der untergegangenen Anteile bewerten.

20.80 Erfassung der VermÇgensmehrung bzw. -minderung in der Handelsbilanz. Eine sich hieraus ggf. ergebende VermÇgensmehrung ist in der Handelsbilanz der Organgesellschaft – bei einer Aufwrtsverschmelzung erfolgswirksam auszuweisen,3 – bei einer Abwrts- oder Seitwrtsverschmelzung sowie einer Ausgliederung den RÅcklagen gutzuschreiben bzw. ist eine Verrechnung mit dem Eigenkapital der Organgesellschaft vorzunehmen, dh. es kommt nicht zur Entstehung eines bernahmeergebnisses.4 Eine VermÇgensminderung ist hingegen erfolgswirksam als Verlust auszuweisen.5 FÅr die Spaltung gelten entsprechende Grundstze.6

20.81 AbfÅhrungs- bzw. Ausgleichspflicht. Ein von einer Organgesellschaft aufgrund der Aufwrtsverschmelzung einer Tochtergesellschaft erzielter handelsbilanzieller bernahmegewinn unterliegt der AbfÅhrungspflicht.7 Bei einer Seitwrts- oder Abwrtsverschmelzung auf eine Organgesellschaft kommt es idR nicht zur Entstehung eines bernahmegewinns, sondern zu einer RÅcklagendotierung und damit zu keiner AbfÅhrungspflicht. Auch wenn diese RÅcklage spter aufgelÇst wird, kann diese – trotz Entstehung in organschaftlicher Zeit – nur ausgeschÅttet, nicht jedoch abgefÅhrt werden.8 Ihre AuflÇsung mindert, anders als in organschaftlicher Zeit gebildete „andere GewinnrÅcklagen“ i.S.d. § 302 Abs. 1 AktG, auch nicht eine etwaige VerlustÅbernahmeverpflichtung des Or-

1 2 3 4 5 6 7

IDW RS HFA 42, Rz. 43. IDW RS HFA 42, Rz. 46. IDW RS HFA 42, Rz. 72. IDW RS HFA 42, Rz. 68, 74. IDW RS HFA 42, Rz. 70, 74 f. IDW RS HFA 43, Rz. 24 f. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.30; offen lassend BFH v. 24.1.2001 – I R 103/99, GmbHR 2001, 838 = BFH/NV 2001, 1455. 8 BFH v. 8.8.2001 – I R 25/00, BStBl. II 2003, 923 = FR 2002, 514.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

gantrgers. Ein bernahmeverlust unterliegt der Verlustausgleichsverpflichtung nach § 302 AktG.1 Ein bernahmeverlust kann entstehen – bei einer Aufwrtsverschmelzung, wenn der Buchwert der untergehenden Anteile grÇßer ist als der NettovermÇgenswert der Åbergehenden WirtschaftsgÅter, – bei einer Seitwrtsverschmelzung, wenn der Betrag der NennkapitalerhÇhung grÇßer ist als der NettovermÇgenswert der Åbergehenden WirtschaftsgÅter. Bei einer Abwrtsverschmelzung kann ein bernahmeverlust hingegen nicht entstehen, einer Minderbetrag ist stattdessen mit dem Eigenkapital des Åbernehmenden Rechtstrgers zu verrechnen.2 Steuerbilanzielles bernahmeergebnis. Ein steuerliches bernahmeergebnis i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ist nach Verwaltungsauffassung und Rechtsprechung in allen Fllen der Auf-, Ab- und Seitwrtsverschmelzung – ungeachtet einer Beteiligung an der Åbertragenden KÇrperschaft – zu ermitteln.3 Die Åbernehmende Organgesellschaft muss steuerlich gem. §§ 4 Abs. 1, 12 Abs. 1 UmwStG die in der Schlussbilanz des Åbertragenden Rechtstrgers ausgewiesenen Buchwerte fortfÅhren. Das handelsbilanzielle bernahmeergebnis bzw. der bernahmegewinn kann daher (insbesondere bei Ansatz der Zeitwerte) deutlich hÇher sein als das bernahmeergebnis gemß Steuerbilanz. Bewertungsunterschiede zwischen der Handelsbilanz und der Steuerbilanz des Åbertragenden Rechtstrgers (bzw. der hieraus resultierende Unterschiedsbetrag zwischen dem handelsrechtlichen und dem steuerlichen bernahmegewinn einer Organgesellschaft) als auch deren sptere AuflÇsung fÅhrt nach Verwaltungsauffassung zu Mehr- bzw. MinderabfÅhrungen i.S.d. § 14 Abs. 3 KStG (Rz. 20.87).4 Das bei steuerlich gebotener BuchwertfortfÅhrung resultierende bernahmeergebnis ist in der Steuerbilanz zunchst erfolgswirksam abzubilden. Der sog. Beteiligungskorrekturgewinn i.S.d. § 12 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2, 3 UmwStG ist nicht Teil des bernahmegewinns. Diese Vorschriften sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG auch auf Flle anzuwenden, in denen VermÇgen einer KÇrperschaft durch Aufspaltung oder Abspaltung auf eine Organgesellschaft Åbergeht. Gewerbesteuerlich ist das bernahmeergebnis unbeachtlich (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Das bernahmeergebnis entsteht (wie auch das bertragungsergebnis) mit Ablauf des steuerlichen bertragungsstichtags, dh. die Besteuerung des bernahme-

1 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.30. 2 IDW RS HFA 42, Rz. 70, 74 f. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 12.05; BFH v. 9.1.2013 – I R 24/12, FR 2013, 514 = BFH/NV 2013, 881. 4 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.34.

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20.82

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

gewinns oder -verlusts erfolgt in dem Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in das der steuerliche bertragungsstichtag fllt.1

20.83 Außerbilanzielle Korrektur des bernahmeergebnisses. Gemß § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG kommt bei der Aufwrtsverschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Organgesellschaft, bzw. allgemein, soweit die Organgesellschaft an der Åbertragenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist, § 8b KStG zur Anwendung. Demnach ist ein etwaiger bernahmegewinn im Ergebnis (wegen § 8b Abs. 3 KStG) zu 5 % steuerpflichtig. Da § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG die Anwendung der sog. Bruttomethode fÅr die Besteuerung von bernahmegewinnen nicht explizit anordnet, dÅrfte dies auch dann gelten, wenn der Organtrger eine natÅrliche Person ist bzw. die Rechtsform einer Personengesellschaft hat und auch natÅrliche Personen am Organtrger beteiligt sind.2 Die Anwendung des § 8b KStG fÅr bernahmegewinne einer Organgesellschaft erfolgt demnach – anders als bei Verußerungsgewinnen (Rz. 20.26) – auf Ebene der Organgesellschaft. Ein bernahmeverlust ist gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG vollstndig nicht abziehbar. Bei einer („reinen“) Seitwrts- oder Abwrtsverschmelzung auf eine Organgesellschaft kommt § 8b KStG mangels einer Beteiligung der Organgesellschaft an dem Åbertragenden Rechtstrger nicht zur Anwendung. Somit bleibt ein bernahmegewinn oder -verlust gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG insgesamt außer Ansatz.3

20.84 Bei der Verschmelzung einer Organgesellschaft auf den Organtrger stellt sich mit Blick auf die Ermittlung des bernahmeergebnisses zum einen die Frage, ob steuerliche Ausgleichsposten (bzgl. der Beteiligung an der Organgesellschaft) Teil des Buchwerts der Anteile i.S.d. § 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG sind. Dies entscheidet darÅber, ob die AuflÇsung eines aktiven Ausgleichspostens den ggf. zu 5 % steuerpflichtigen bernahmegewinn vermindert oder als (separate) Wertminderung gem. § 8b Abs. 3 KStG in voller HÇhe nicht abzugsfhig ist. Die Finanzverwaltung sieht den Ausgleichsposten als Korrekturposten zum Beteiligungsansatz.4 Folglich erhÇht oder verringert die AuflÇsung des Ausgleichspostens im Zusammenhang mit der Verschmelzung den bernahmegewinn oder -verlust und § 8b KStG ist auf den saldierten Betrag anzuwenden.5 Zum anderen stellt sich (bei mehrstufigen Organschaftsverhltnissen) die Frage, ob ein steuerlicher Ausgleichsposten bzgl. der Beteiligung an einer der Organgesellschaft nachgeordneten Organgesellschaft ein Åbergehendes Wirtschaftsgut i.S.d. § 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG ist. Die Finanzverwaltung bejaht

1 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 02.04, 12.05. 2 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, Anh. 1 UmwStG Rz. 65, der allerdings darauf hinweist, dass die Finanzverwaltung diese Auffassung nicht teilt. 3 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 12 UmwStG Rz. 49. 4 BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003 437, Rz. 43. 5 OFD Frankfurt v. 8.11.2005 - S 2750a A - St II 1.01, DB 2005, 2608, auch R 63 Abs. 3 KStR.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

dies wohl.1 Die oben dargestellten Auffassungen der Finanzverwaltung stehen allerdings mÇglicherweise in Widerspruch zu der Rechtsprechung des BFH wonach „Ausgleichsposten ... weder als eigenstndiges Wirtschaftsgut noch als Korrekturposten zum Beteiligungsansatz, sondern als steuerliche Bilanzierungshilfe zu qualifizieren“ sind.2 Beispiel: bernahmeergebnis bei Ausgleichsposten Die OT-GmbH ist alleinige Gesellschafterin und Organtrgerin der OG1-GmbH. Die OG1-GmbH ist alleinige Gesellschafterin und Organtrgerin der OG2-GmbH. Aufgrund einer in organschaftlicher Zeit verursachten MinderabfÅhrung der OG2 -GmbH an die OG1-GmbH (und damit auch von der OG1-GmbH an die OT-GmbH, (Rz. 14.38; Rz. 14.50) besteht auf Ebene der OT-GmbH bzgl. der OG1-GmbH ein aktiver Ausgleichsposten in HÇhe von 100. In gleicher HÇhe besteht ein Ausgleichposten auf Ebene der OG1-GmbH bzgl. der OG2-GmbH. Die OG1-GmbH wird auf die OT-GmbH verschmolzen. Bei Ermittlung des bernahmeergebnisses ist die AuflÇsung des Ausgleichspostens bzgl. der OG1-GmbH gewinnmindernd zu erfassen. Der Ausgleichsposten bzgl. der OG1-GmbH erhÇht das auf die OT-GmbH Åbergehende BetriebsvermÇgen der OG1-GmbH und erhÇht somit das bernahmeergebnis.

Zurechnung des bernahmeergebnisses bei Organschaft. Das von einer Organgesellschaft erzielte bernahmeergebnis ist dem Organtrger zuzurechnen.3 Die Bruttomethode des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG dÅrfte jedoch auf bernahmegewinne nicht anwendbar sein (Rz. 20.83), so dass § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG bzw. § 8b Abs. 2 KStG auf Ebene der Organgesellschaft anzuwenden ist. Etwas anderes gilt insoweit fÅr (die in § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG genannten) bernahmeverluste i.S.d. § 4 Abs. 6 UmwStG, die nicht die Organgesellschaft selbst, sondern eine ihr nachgeordnete Personengesellschaft erzielt.

20.85

V. Umwandlungen und vororganschaftlich bedingte Mehr- und MinderabfÅhrungen 1. Begriff und Sinn vororganschaftlicher Mehr- und MinderabfÅhrungen Begriff. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG gelten MehrabfÅhrungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, als GewinnausschÅttungen der Organgesellschaft an den Organtrger. Zweck dieser Regelung ist, ergebnismßige Folgewirkungen steuerlich relevanter Sachverhalte, die vor der Entstehung einer steuerlichen Organschaft verwirklicht worden sind, nach den allgemeinen Bestimmungen zu behandeln (Rz. 14.3).

1 BMF v. 15.7.2013 – IV C 2 - S 2770/07/10004:004 – DOK 2013/0457677, BStBl. I 2013, 921. 2 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.30, Org.32.

Hierstetter

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20.86

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf Beispiel: Vororganschaftliche MehrabfÅhrung Die T-GmbH bildet in ihrer Handelsbilanz zum 31.12.01 eine DrohverlustrÅckstellung iHv. Euro 100.000. FÅr die Steuerbilanz besteht insoweit ein Ansatzverbot (§ 5 Abs. 4a EStG). Ab 1.1.2002 ist die T-GmbH organschaftlich in die M-GmbH eingebunden. Im Jahr 02 erfolgt die Inanspruchnahme der DrohverlustrÅckstellung. Der auf Ebene der T-GmbH im Jahr 01 entstehende steuerbilanzielle „Mehrgewinn“ wegen der Nichtpassivierung der DrohverlustrÅckstellung unterliegt auf Ebene der T-GmbH der KÇrperschaft- und Gewerbesteuer. Im Jahr 02 kommt es zur phasenverschobenen steuerlichen Realisierung des Aufwands iHv. Euro 100.000, der sich in der Handelsbilanz bereits im Jahr 01 ausgewirkt hat. Die Folge hiervon ist, dass die handelsrechtliche ErgebnisabfÅhrung im Jahr 02 die in der Steuerbilanz ausgewiesene VermÇgensmehrung um Euro 100.000 Åbersteigt. Dieser Betrag stellt, da es sich insoweit um die Folgewirkung einer Bestandsdifferenz zwischen der Handels- und Steuerbilanz aus vororganschaftlicher Zeit handelt, eine MehrabfÅhrung i.S.v. § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG dar. Bei der M-GmbH unterliegen 5 % dieser MehrabfÅhrung nach § 8b Abs. 1 und 3 KStG und §§ 7 Satz 1, 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG der Besteuerung. Zudem muss die T-GmbH ggf. Kapitalertragsteuer gem. § 44 Abs. 7 EStG einbehalten und abfÅhren.

2. Vororganschaftliche MehrabfÅhrungen bei Umwandlung auf eine Organgesellschaft

20.87 Wird ein anderer Rechtstrger auf eine Organgesellschaft umgewandelt, so stellt sich die Frage, inwieweit hieraus resultierende Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz zu vororganschaftlich bedingten MehrabfÅhrungen fÅhren kÇnnen. Mit Blick auf den Gesetzeswortlaut naheliegend1 (wenngleich nicht unumstritten2) ist insoweit nur, dass Bewertungsunterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz, die bei dem Åbertragenden Rechtstrger bereits vor der Umwandlung bestanden haben, sowohl mit Blick auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem handelsrechtlichen und dem steuerlichen bernahmegewinn als auch hinsichtlich der spteren AuflÇsung der Bewertungsunterschiede bei der Organgesellschaft zu Mehr- bzw. MinderabfÅhrungen i.S.d. § 14 Abs. 3 KStG fÅhren.3

20.88 Entstehung von Bewertungsdifferenzen auf Ebene der Organgesellschaft. Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll eine MehrabfÅhrung i.S.d. § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG auch dann anzunehmen sein, wenn das VermÇgen einer anderen Gesellschaft durch Umwandlung oder Einbringung auf eine Organgesellschaft Åbergeht und Bewertungsunterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz erst dadurch entstehen, dass die Åbernehmende Organgesellschaft das auf sie Åbergehende VermÇgen in der Steuerbilanz mit den Buchwerten, handelsrechtlich jedoch mit den Verkehrswerten an-

1 Vgl. Herlinghaus in RÇdder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG2, Anh. 4 Rz. 72 mwN. 2 AA Schumacher in FS fÅr Schaumburg, 2009, 477 sowie Lohmann/Heerdt, Ubg 2012, 91. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.34.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

setzt.1 Die sich hieraus ergebenden steuerlichen Konsequenzen kÇnnen erheblich sein: Beispiel: Verschmelzung auf eine Organgesellschaft Zum 1.5.02 erwirbt die Erwerber-GmbH smtliche Anteile an der Ziel-GmbH. Der Kaufpreis fÅr die Anteile Åbersteigt das (steuer- und handelsbilanzielle) ReinvermÇgen der Ziel-GmbH um Euro 100 Mio. Mit steuerlicher Wirkung zum 31.12.01 wird die Ziel-GmbH auf ihre neue Anteilseignerin, die Erwerber-GmbH verschmolzen. In ihrer steuerlichen Schlussbilanz setzt die Ziel-GmbH die Buchwerte an. Die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister erfolgt im Oktober 02. Die bernahme des VermÇgens der Ziel-GmbH erfolgt bei der Erwerber-GmbH in der Handelsbilanz zu einem erfolgsneutralen Zwischenwert, dh. ein handelsbilanzieller Verschmelzungsverlust wird – in AusÅbung des insoweit nach § 24 UmwG bestehenden Wahlrechts – durch den Ansatz eines Geschftswerts vermieden. Die Erwerber-GmbH ist seit 1.1.01 Organgesellschaft der OT-GmbH. Zwischen der ZielGmbH und der Erwerber-GmbH bzw. der OT-GmbH bestand keine Organschaft. Das Wirtschaftsjahr der beteiligten Gesellschaften entspricht dem Kalenderjahr. Die Verschmelzung fÅhrt auf Ebene der Erwerber-GmbH steuerbilanziell zu einem Verschmelzungsverlust bzw. negativen bernahmeergebnis iHv. Euro 100 Mio. Dieses ist wegen der steuerlichen RÅckwirkung der Verschmelzung in der Steuerbilanz zum 31.12.01 zu erfassen.2 Auf die Handelsbilanz der Erwerber-GmbH zum 31.12.01 wirkt sich die Verschmelzung demgegenÅber – unabhngig von dem insoweit gewhlten Ansatzwert fÅr das Åbergehende VermÇgen – nicht aus. Folglich Åbersteigt das Ergebnis der Erwerber-GmbH laut Handelsbilanz bzw. die GewinnabfÅhrung den Steuerbilanzgewinn um Euro 100 Mio., mithin ergibt sich eine MehrabfÅhrung. Ursache hierfÅr ist das rÅckwirkungsbedingte zeitliche Auseinanderfallen der Erfassung des Geschftsvorfalls der Verschmelzung in der Handelsund Steuerbilanz. Aufgrund der erheblichen Zeitspanne zwischen dem steuerlichen bertragungsstichtag und dem Zeitpunkt der bilanziellen Erfassung der Verschmelzung in der Handelsbilanz und weil in der Praxis Umwandlungen zumeist auf Grundlage der Bilanz zum Ende des letzten Geschftsjahres vollzogen werden, bedingt dieses zeitliche Auseinanderfallen typischerweise auch eine Erfassung des Geschftsvorfalls in unterschiedlichen Veranlagungszeitrumen. Im aktuellen Umwandlungssteuererlass wird zur Frage, ob die so entstehende MehrabfÅhrung als organschaftlich oder vororganschaftlich bedingt anzusehen ist, nichts ausgefÅhrt. Im Ergebnis will die Verwaltung so entstandene Differenzen aber wohl als organschaftlich bedingt ansehen.3 Folglich ist im Beispielsfall insoweit erfolgsneutral ein passiver Ausgleichsposten i.S.d. § 14 Abs. 4 KStG iHv. Euro 100 Mio. zu bilden.

1 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. Org.33. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 02.04. 3 Anders noch Entwurfsversionen zu BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/ 08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, in denen von einer vororganschaftlichen Veranlassung solcher, durch die unterschiedlichen Erfassungszeitpunkte bedingten MehrabfÅhrungen ausgegangen wurde. Aus der NichtÅbernahme dieser Einschtzung in den verabschiedeten Erlass dÅrfte vermutlich zu schließen sein, dass die Finanzverwaltung nunmehr von einer organschaftlichen Veranlassung ausgeht. GlA DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, Anh. 1 UmwStG Rz. 62, der davon ausgeht, dass die Verwaltung dies als eine Billigkeitsmaßnahme versteht.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf Im Jahr 02 ist die Verschmelzung in der Handelsbilanz der Erwerber-GmbH abzubilden. Hierdurch lÇsen sich zum einen die durch die zeitversetzte Erfassung des Untergangs der Beteiligung an der Ziel-GmbH und des bergangs der WirtschaftsgÅter der Ziel-GmbH entstandenen Differenzen zwischen der Handels- und der Steuerbilanz auf. Insoweit entsteht eine organschaftlich verursachte MinderabfÅhrung, die zu einer (erfolgsneutralen) KÅrzung des im Vorjahr gebildeten passiven Ausgleichspostens (idealtypisch bis auf Null) fÅhrt. Zum anderen entsteht durch die Abbildung der Verschmelzung in der Handelsbilanz im Jahr 02 eine neue Differenz zwischen Handels- und Steuerbilanz aufgrund der Aktivierung des steuerbilanziell nicht anzusetzenden Geschftswerts iHv. Euro 100 Mio. Nach Auffassung der Finanzverwaltung fÅhrt diese Differenz zu einer vororganschaftlich verursachten MehrabfÅhrung und ist demnach als GewinnausschÅttung der Erwerber-GmbH zu behandeln mit der Folge, dass (i) die Erwerber-GmbH Kapitalertragsteuer iHv. Euro 25 Mio. zzgl. Solidarittszuschlag einzubehalten und abzufÅhren hat und (ii) die OT-GmbH nach § 8b Abs. 3 KStG 5 % des Geschftswerts der soeben erworbenen Ziel-GmbH als Gewinn zu versteuern hat.

20.89 Vororganschaftliche vs. organschaftliche Verursachung. Sofern man die im Beispiel dargestellte Auffassung der Finanzverwaltung fÅr richtig hlt, kann diese Steuerbelastung wohl auch nicht durch Saldierung der vororganschaftlich verursachten MehrabfÅhrung mit der im gleichen Jahr entstehenden organschaftlich verursachten MinderabfÅhrung vermieden werden.1 Ferner ist unbeachtlich, ob die Organgesellschaft tatschlich Gewinn abfÅhrt oder es zu einer VerlustÅbernahme kommt.2 Die Auffassung der Finanzverwaltung ist jedoch – unabhngig davon, ob es sich bei dem Åbertragenden Rechtstrger ebenfalls um eine Organgesellschaft handelt oder nicht3 – abzulehnen. Eine vororganschaftlich verursachte MehrabfÅhrung ist mE nur anzunehmen, wenn sich diese als „Umkehreffekt“ eines vororganschaftlichen Geschftsvorfalls darstellt. Hiervon ist auszugehen, wenn die Differenz zwischen der Handelsbilanz und der Steuerbilanz der (spteren) Organgesellschaft bereits vor BegrÅndung der Organschaft entstanden ist.4 Insofern die Bewertungsdifferenz bzw. die MehrabfÅhrung hingegen aus einem Geschftsvorfall resultiert, der sich whrend des Bestehens der Organschaft der Organgesellschaft (im Beispielsfall der Erwerber-GmbH) ereignet hat, bedarf es keiner Behandlung der folgenden MehrabfÅhrung als DividendenausschÅttung, da sowohl das auslÇsende

1 BFH v. 6.6.2013 – I R 38/11 BStBl. II 2014, 398 = FR 2013, 1140; v. 27.11.2013 – I R 36/13, GmbHR 2014, 823 m. Anm. Suchanek = BB 2014, 1775. 2 Nach BFH v. 6.6.2013 – I R 38/11 BStBl. II 2014, 398 = FR 2013, 1140 sowie BFH v. 27.11.2013 – I R 36/13, GmbHR 2014, 823 m. Anm. Suchanek = BB 2014, 1775, sind vororganschaftlich verursachte MehrabfÅhrungen als rein rechnerische Differenzbetrge zu begreifen. Eine MehrabfÅhrung ist demnach nicht der HÇhe nach auf den Betrag der tatschlichen GewinnabfÅhrung begrenzt. Ferner ist eine Saldierung mit weiteren vororganschaftlichen und/oder organschaftlichen Mehr- und MinderabfÅhrungen ausgeschlossen. 3 Die Verwaltungsauffassung insbesondere fÅr den Fall der Verschmelzung zweier Organgesellschaften ablehnend zB Vogel, DB 2011, 1237 (1244), s. auch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, Anh. 1 UmwStG Rz. 66 mwN und Rz. 66b. 4 So zB auch Heerdt, DStR 2009, 938 (941); Lohmann/Heerdt, Ubg 2012, 91, Schumacher in FS fÅr Schaumburg, 2009, 477.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

Moment der Differenz als auch der Umkehreffekt in die Besteuerungsgrundlagen des Organtrgers eingehen und Åber Ausgleichsposten abgebildet werden kÇnnen. Entsprechend liegen mit Blick auf Fallkonstellationen, in denen Bewertungsunterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz durch die AusÅbung des nach § 24 UmwG bestehenden Wahlrechts durch eine Organgesellschaft entstehen, keine vororganschaftlichen, sondern organschaftlich verursachte MehrabfÅhrungen vor, da schon die Entstehung der Differenz (bzw. der Geschftsvorfall der Verschmelzung) in den Zeitraum des Bestehens der Organschaft fllt. Zudem kÇnnte mit Blick auf die Rechtsprechung des BFH1 zweifelhaft sein, ob eine MehrabfÅhrung auch dann anzunehmen ist, wenn die Abweichung zwischen der handelsrechtlichen GewinnabfÅhrung und dem Steuerbilanzgewinn (wie vorliegend wegen § 12 Abs. 2 UmwStG der Fall) durch eine außerbilanzielle Zurechnung nicht abziehbarer Verluste neutralisiert wird. Zur Vermeidung dieser Problematik insgesamt bietet sich an, soweit gestaltbar, statt einer Aufwrtsverschmelzung eine Seitwrtsverschmelzung vorzunehmen, weil in diesen Fllen die Entstehung eines Verschmelzungsverlustes bzw. einer MehrabfÅhrung typischerweise vermeidbar ist (Rz. 20.81). Beteiligung natÅrlicher Personen. Wird ein Rechtstrger auf eine Organgesellschaft umgewandelt, deren Organtrger eine natÅrliche Person oder eine Personengesellschaft mit Beteiligung natÅrlicher Personen ist, so kommt nach Auffassung der Finanzverwaltung eine BuchwertfortfÅhrung bzgl. der Åbergehenden WirtschaftsgÅter wegen der Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG allenfalls aus BilligkeitsgrÅnden in Betracht. Voraussetzung hierfÅr ist – fÅr UmwandlungsbeschlÅsse, die nach dem 31.12.2011 gefasst worden sind2 – dass sich alle an der Verschmelzung Beteiligten Åbereinstimmend schriftlich damit einverstanden erklren, dass auf die aus der Verschmelzung resultierenden MehrabfÅhrungen § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG anzuwenden ist, insoweit also vororganschaftlich bedingte MehrabfÅhrungen anzunehmen sind.3

20.90

Anwachsung auf eine Organgesellschaft. Nach hM hat der Åbernehmende Rechtstrger auch im Rahmen einer Anwachsung in analoger Anwendung des § 24 UmwG ein Wahlrecht, das im Wege der Anwachsung Åbergehende VermÇgen mit den Buchwerten oder den Zeitwerten anzusetzen.4 Soweit VermÇgen einer Personengesellschaft auf eine Organgesellschaft als letzte Gesellschafterin dieser Personengesellschaft anwchst, kann die Organgesellschaft das Åbergehende VermÇgen in der Handelsbilanz demzufolge mit einem hÇheren Wert als dem Buchwert ansetzen. Steuerlich

20.91

1 BFH v. 29.8.2012 – I R 65/11, BStBl. II 2013, 555 = FR 2013, 285. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. S.06. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 11.08. 4 Schubert/Gadek in Beck Bil. Komm9, § 255 HGB, Anm. 45.

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

sind insoweit je nach Sachverhaltsumstnden ggf. zwingend die Buchwerte fortzufÅhren.1 Insoweit stellt sich, wie bei einer Umwandlung eines Rechtstrgers auf eine Organgesellschaft (Rz. 20.88) die Frage, ob die insoweit entstehenden Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz als außer- und ggf. vororganschaftliche Tatbestnde zu erfassen sind mit der Folge, dass etwaige MehrabfÅhrungen als GewinnausschÅttungen zu behandeln sind. Die Finanzverwaltung dÅrfte dies wohl bejahen.2 ME ist dies abzulehnen (Rz. 20.88). 3. Vororganschaftliche MehrabfÅhrung als schdliches Ereignis nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG

20.92 Sperrfrist i.S.d. § 22 Abs. 1 UmwStG. Sofern bei einer Sacheinlage i.S.d. § 20 Abs. 1 UmwStG gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ein niedrigerer Wert als der gemeine Wert angesetzt worden ist und innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung die als Gegenleistung fÅr die Sacheinlage erhaltenen Anteile verußert werden, ist der Einbringungsgewinn nach § 22 Abs. 1 UmwStG rÅckwirkend (ggf. anteilig) auf Basis gemeiner Werte zu ermitteln und zu besteuern. Als einen diese rÅckwirkende Besteuerung ebenfalls auslÇsender Ersatztatbestand fÅr eine Verußerung gilt nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG die Zahlung bzw. AusschÅttung von Betrgen aus dem Einlagekonto der Gesellschaft, der die Sacheinlage zugewendet wurde. FÅr Flle, in denen zwischen dem einbringenden Rechtstrger und dem Åbernehmenden Rechtstrger ein steuerliches Organschaftsverhltnis besteht, birgt dies nach dem Gesetzeswortlaut die Gefahr, dass etwaige vororganschaftlich verursachte MehrabfÅhrungen, selbst solche kleineren Umfangs, die Besteuerung nach § 22 Abs. 1 UmwStG auslÇsen kÇnnen. Die Finanzverwaltung hat hierzu jedoch festgelegt, dass es in Fllen der EinlagenrÅckgewhr nur insoweit zu einer rÅckwirkenden Einbringungsgewinnbesteuerung kommt, als der tatschlich aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S.v. § 27 KStG ausgekehrte Betrag den Buchwert bzw. die Anschaffungskosten der sperrfristbehafteten Anteile im Zeitpunkt der EinlagenrÅckgewhr Åbersteigt. Der Åbersteigende Betrag gilt dabei unter Anwendung der Siebtelregelung des § 22 Abs. 1 Satz 3 UmwStG als Einbringungsgewinn, wenn dieser den tatschlichen Einbringungsgewinn (§ 22 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 UmwStG) nicht Åbersteigt. Dies gilt auch in den Fllen von MehrabfÅhrungen i.S.d. § 14 Abs. 3 oder 4 KStG, soweit dafÅr das steuerliche Einlagekonto i.S.v. § 27 KStG als verwendet gilt.3 Hierdurch werden im Erlasswege ggf. nur zufllig eintretende „Fallbeileffekte“ vermieden. 1 OFD Berlin v. 19.7.2002 – St 122 - S 2241 - 2/02, DStR 2002, 1811. 2 Nach DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 410a sieht die Finanzverwaltung bei smtlichen Differenzen, die in Zusammenhag mit stillen Reserven stehen, die einer Organgesellschaft von außen „angewachsen“ sind, eine vororganschaftliche Verursachung. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 22.24.

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C. Organschaft und Umwandlung bzw. Umstrukturierung

VI. Auswirkungen auf Verlust-, Zins- und EBITDA-Vortrge Umwandlung des Organtrgers. Bei – der Verschmelzung (§§ 4 Abs. 2 Satz 2, 12 Abs. 3 UmwStG) – der Spaltung (§ 15 Abs. 3 UmwStG), – der Ausgliederung bzw. Einbringung (§§ 20 Abs. 9, 23 Abs. 5, 24 Abs. 6 UmwStG) oder – einem typusndernden Formwechsel (§§ 4 Abs. 2 Satz 2, 20 Abs. 9, 23 Abs. 5 UmwStG)

20.93

eines Organtrgers kommt es zum (ggf. anteiligen) Wegfall eines ggf. vorhandenen steuerlichen Verlust-, Zins- und (anders als im Anwendungsbereich des § 8c KStG) auch eines EBITDA-Vortrages des Organtrgers. Insoweit ergeben sich in Organschaftsfllen keine Besonderheiten. Zudem kann es im Rahmen einer Verschmelzung, Spaltung oder Ausgliederung bzw. Einbringung des Organtrgers wegen des ggf. mittelbar eintretenden schdlichen Beteiligungserwerbs auch bei nachgeordneten Organgesellschaften zum Wegfall der bei diesen ggf. vorhandenen vororganschaftliche Verlust- und/oder Zinsvortrge aufgrund § 8c KStG kommen, sofern nicht eine der in §§ 8c Abs. 1 Satz 5 ff. KStG getroffenen Ausnahme- bzw. Verschonungsregelungen eingreift. Umwandlung der Organgesellschaft. Bei der Verschmelzung, Spaltung, Ausgliederung bzw. Einbringung oder einem typusndernden Formwechsel einer Organgesellschaft kommt es ggf. zu einem Wegfall vororganschaftlicher Verlust-, Zins- und EBITDA-Vortrge der Organgesellschaft. Zudem kann es nach Auffassung der Finanzverwaltung durch die umwandlungsbedingte Beendigung der Organschaft zu einer Organgesellschaft zu einem Wegfall von Zinsvortrgen auf Ebene des Organtrgers kommen.1 Diese Auffassung findet allerdings keine gesetzliche Grundlage.2

20.94

Gewinne im RÅckwirkungszeitraum. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 und 2, § 20 Abs. 6 Satz 4 UmwStG ist der Ausgleich oder die Verrechnung eines bertragungs- bzw. Einbringungsgewinns eines Åbertragenden Rechtstrgers mit dessen – verrechenbaren Verlusten, – verbleibenden Verlustvortrgen, – nicht ausgeglichenen negativen EinkÅnften, – einem Zinsvortrag nach § 4h Abs. 1 Satz 5 EStG, – einem EBITDA-Vortrag nach § 4h Abs. 1 Satz 3 EStG, und – negativen EinkÅnften im RÅckwirkungszeitraum

20.95

1 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 = FR 2008, 778, Rz. 47. 2 Hierstetter, DB 2009, 79 (83).

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Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

nur zulssig, wenn dem Åbertragenden Rechtstrger (bzw. bei negativen EinkÅnften im RÅckwirkungszeitraum dem Åbernehmenden Rechtstrger, § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwStG) die Nutzung auch ohne die steuerliche RÅckwirkung nach § 2 Abs. 1 UmwStG mÇglich gewesen wre (Rz. 20.77).

D. BegrÅndung stiller Gesellschaften 20.96 Atypisch stille Beteiligung am Organtrger. Beteiligt sich ein stiller Gesellschafter an einem Organtrger in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft und entsteht hierdurch eine AG bzw. GmbH & atypisch stille Gesellschaft, so fÅhrt dies nach Auffassung der Finanzverwaltung zur Beendigung des Organschaftsverhltnisses.1 Entsprechendes gilt bei der geplanten BegrÅndung einer Organschaft durch eine KapGes & Atypisch Still. Die AG bzw. GmbH & atypisch stille Gesellschaft ist steuerlich als Personengesellschaft anzusehen. Die fÅr die Anerkennung eines Organschaftsverhltnisses erforderliche finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft muss demnach gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG im Verhltnis zur AG bzw. GmbH & atypisch stille Gesellschaft selbst erfÅllt sein. Nach Verwaltungsauffassung soll dies erfordern, dass die Anteile, die die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft vermitteln, im GesamthandsvermÇgen der Personengesellschaft gehalten werden.2 Da die AG bzw. GmbH & atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft zivilrechtlich Åber kein GesamthandsvermÇgen verfÅgt, kÇnnen die Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung nach Verwaltungsauffassung nicht erfÅllt werden.3 Ob diese Ansicht zutreffend ist, ist umstritten und bislang nicht finanzgerichtlich geklrt. In Betracht kommt auch, die Zurechnung der Organbeteiligung zu dem in der Steuerbilanz4 der Innengesellschaft zu erfassenden BetriebsvermÇgen ausreichen zu lassen.5 Das von der Finanzverwaltung angenommene Erfordernis einer Zurechnung zu einem GesamthandsvermÇgen lsst sich § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG nicht entnehmen.6

20.97 Typisch stille Beteiligung am Organtrger. Die BegrÅndung einer typisch stillen Beteiligung an einem Organtrger wirkt sich auf die Anerkennung des bestehenden Organschaftsverhltnisses nicht aus. Mit Blick auf die sich ggf. stellenden Abgrenzungsfragen zur atypisch stillen Beteiligung ist allerdings Vorsicht geboten, insbesondere, sofern der stille Gesellschafter, 1 OFD Frankfurt v. 30.1.2013 – S 2770 A - 53 - St 51, DB 2013, 610 sowie FinMin Schl.-Holst. v. 30.1.12013 – S 2770 A - 53 - St 51, Der Konzern 2013, 362. 2 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 13. 3 OFD Frankfurt v. 30.1.2013 – S 2770 A - 53 - St 51, DB 2013, 610. 4 Vgl. Wacker in Schmidt, EStG33, § 15 Rz. 347. 5 Schmidt/HagebÇke, DStR 2005, 761 (764). 6 HagebÇke, Der Konzern 2013, 334 (337), auch Neumann, in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 80a, jeweils mwN.

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D. BegrÅndung stiller Gesellschaften

ggf. mittelbar, an stillen Reserven des Unternehmens beteiligt werden soll oder ihm Gesellschafterrechte jenseits der Vorgaben des § 230 ff. HGB eingerumt werden sollen. Atypische stille Beteiligung an einer Organgesellschaft. Auch die BegrÅndung einer atypisch stillen Beteiligung eines Gesellschafters an einer Organgesellschaft fÅhrt nach Auffassung der Finanzverwaltung1 und des BFH2 zur Nichtanwendung des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG und des §§ 14 ff. KStG, insoweit jedenfalls fÅr den Gewinn, der fÅr die AG bzw. GmbH & atypisch stille Gesellschaft zu ermitteln ist. Der Grund hierfÅr ist, dass die mitunternehmerschaftlichen EinkÅnfte der AG bzw. GmbH & atypisch stillen Gesellschaft die gewerbesteuerliche Betriebsstttenfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG verdrngen.3 Eine andere Frage ist, ob die Kapitalgesellschaft als Inhaberin des Handelsgeschfts Organgesellschaft sein kann. Das FG Hamburg verneint dies, weil es aufgrund der (partiellen) GewinnabfÅhrung an den stillen Gesellschafter an der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG erforderlichen AbfÅhrung des „ganzen“ Gewinns an den Organtrger fehle.4 Der BFH hat zu dieser Frage noch nicht abschließend Stellung genommen.5 ME dÅrfte in der AbfÅhrung des in § 301 AktG definierten AbfÅhrungshÇchstbetrags dann eine AbfÅhrung des „ganzen“ Gewinns zu sehen sein, wenn die Zahlung an den stillen Gesellschafter nicht als (eigenstndige) GewinnabfÅhrung i.S.d. § 301 Satz 1 AktG zu verstehen ist.6 Die BasisgrÇße fÅr die Bestimmung des AbfÅhrungshÇchstbetrags, der JahresÅberschuss, ist nach Maßgabe des Handelsrechts (§ 275 HGB) zu bestimmen,7 wobei der an den stillen Gesellschafter zu zahlende Gewinnanteil unabhngig von der steuerlichen Einordnung der stillen Beteiligung als Betriebsausgabe zu erfassen ist.8 Die von § 301 AktG definierte SaldogrÇße ist demnach grds. bereits um die VergÅtung eines (typisch oder atypisch) still beteiligten Gesellschafters gemindert.9 Die hiervon abweichende steuerliche Behandlung der VergÅtung eines atypisch still Beteiligten sollte wegen der Maßgeblichkeit der Behandlung in der

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OFD Frankfurt v. 30.1.2013 – S 2770 A - 53 - St 51, DB 2013, 610. BFH v. 31.3.2011 – I B 177/10, GmbHR 2011, 836 = BFH/NV 2011, 1397. BFH v. 11.8.2011 – I B 179/10, GmbHR 2011, 1284 = BFH/NV 2011, 2052. FG Hamburg v. 26.10.2010 – 2 K 312/09, rkr., GmbHR 2011, 329, so auch FinMin Schl.-Holst. v. 30.1.12013 – S 2770 A - 53 - St 51, Der Konzern 2013, 362. BFH v. 11.8.2011 – I B 179/10, GmbHR 2011, 1284 = BFH/NV 2011, 2052 unter 3. der GrÅnde. AA DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 54, 197b, der die Frage als (im Sinne der Entscheidung des FG Hamburg) geklrt ansieht. Nach § 301 Satz 1 AktG kann eine Organgesellschaft als Gewinn hÇchstens den vor GewinnabfÅhrung entstehenden JahresÅberschuss abfÅhren. Vgl. auch BFH v. 18.12.2002 – I R 51/01, BStBl. II 2005, 49 (51) = FR 2003, 457 m. Anm. Then. Blaurock, Handbuch stille Gesellschaft7, Rz. 13.125; Schmidt/Werner, GmbHR 2010, 29 (31) mwN. HagebÇke, Der Konzern 2013, 334 (341) mwN.

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20.98

Kapitel 20 Organschaft und Umwandlung/Umstrukturierung/Unternehmenskauf

Handelsbilanz ohne Belang sein.1 Nach Auffassung des BGH2 ist die stille Beteiligung an einer AG jedoch als TeilgewinnabfÅhrungsvertrag i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG anzusehen. Insoweit stellt sich die Frage, ob die Zahlung einer VergÅtung an einen stillen Gesellschafter als „GewinnabfÅhrung“ i.S.d. § 301 Satz 1 AktG zu verstehen sein kÇnnte mit der Folge, dass im Ergebnis zwei GewinnabfÅhrungen vorliegen und damit der GewinnabfÅhrungsvertrag nicht die AbfÅhrung des gesamten Gewinns umfasst. Sofern die Beteiligung des stillen Gesellschafters sich auf das gesamte Unternehmen der Organgesellschaft bezieht, kÇnnte dies zu bejahen sein.3 Sind nur Unternehmensteile bzw. Teilbetriebe Gegenstand der stillen Beteiligung, so ist die Anwendbarkeit des § 301 AktG zweifelhaft.4 Ebenso ist fraglich, ob die Rechtsprechung des BGH auf Flle einer stillen Beteiligung an einer GmbH Åbertragen werden kann.5 Schließlich lsst sich ggf. argumentieren, dass die VergÅtung des still Beteiligten nicht als Gewinnverwendung zu sehen, sondern der Sphre der Gewinnerzielung zuzurechnen ist,6 da es sich bei einer stillen Gesellschaft ungeachtet der aktienrechtlichen Einordnung als TeilgewinnabfÅhrungsvertrag um eine VergÅtung fÅr Fremdkapital bzw. eine Betriebsausgabe handelt.7

20.99 Typische stille Beteiligung an einer Organgesellschaft. Die BegrÅndung einer typisch stillen Beteiligung an einer Organgesellschaft ist nach hM unschdlich fÅr ein insoweit bestehendes Organschaftsverhltnis.8 Wegen der aktienrechtlichen Einordnung der stillen Gesellschaft als TeilgewinnabfÅhrungsvertrag9 besteht jedoch mE zumindest fÅr die AG & typisch stille Gesellschaft das Risiko, dass die AbfÅhrung des ganzen Gewinns i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG verwaltungsseitig bzw. finanzgerichtlich verneint wird. Insofern empfiehlt sich die Einholung einer verbindlichen Auskunft vor BegrÅndung einer typisch stillen Beteiligung an einer Organgesellschaft.

1 AA DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 53, der das Erfordernis der AbfÅhrung des ganzen Gewinns im Ergebnis als steuerliches Merkmal wertet. 2 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38; v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, DStR 2005, 35; v. 1.3.2005 – II ZR 140/03, AG 2005, 390; v. 8.5.2006 – II ZR 123/05, AG 2006, 546. 3 Vgl. Koch in HÅffer, AktG11, § 301 Rz. 2. 4 Vgl. Koch in HÅffer, AktG11, § 301 Rz. 2 mwN. 5 BayObLG v. 18.2.2003 – 3Z BR 233/02, GmbHR 2003, 534 sowie Blaurock, Handbuch stille Gesellschaft7, Rz. 7.32 ff. mwN. 6 So Schmidt/Werner, GmbHR 2010, 29 (30) mwN. 7 BayObLG v. 18.2.2003 – 3Z BR 233/02, GmbHR 2003, 534. 8 DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 53 mwN. 9 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38; v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, DStR 2005, 35; v. 21.3.2005 – II ZR 140/03, AG 2005, 390; v. 8.5.2006 – II ZR 123/05, AG 2006, 546.

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| Hierstetter

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen (Kommunale sowie gemeinnÅtzige Unternehmen) Literatur Buchna/Seeger/Brox, GemeinnÅtzigkeitsrecht im Steuerrecht, 10. Aufl., Achim 2010; Eversberg, Steuerwirksame Verrechnung von Gewinnen und Verlusten der Stdte und Gemeinden durch Betriebe gewerblicher Art als Organtrger, DStZ 2012, 278; Heurung/Seidel, Organschaftsbesteuerung der Çffentlichen Hand, BB 2009, 1786; HÅttemann, GemeinnÅtzigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl., KÇln 2015; Milatz/Schfers, Ausgliederung im GemeinnÅtzigkeitssektor am Beispiel von Krankenhusern – KÇnnen Betriebe gewerblicher Art oder gemeinnÅtzige KÇrperschaften steuerliche Organschaften nutzen?, DB 2005, 1761; Orth, Outsourcing durch gemeinnÅtzige Einrichtungen, Stiftung & Sponsoring 5/1999, Beilage; Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnÅtziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des Çffentlichen Rechts, 6. Aufl., MÅnchen 2009.

A. ffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil der Organschaft I. Der „Betrieb gewerblicher Art“ als Organtrger im Kommunalbereich Im Bereich der juristischen Personen des Çffentlichen Rechts spielt die MÇglichkeit der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten im Rahmen der steuerpflichtigen Bettigungen eine bedeutende Rolle. Insofern ist die Option der BegrÅndung einer wirksamen ertragsteuerlichen Organschaft ein wichtiges Gestaltungsinstrument, um die Steuerbelastung im Bereich der steuerpflichtigen Bettigungen zu senken. Gemß § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG ist sie insoweit unbeschrnkt kÇrperschaftsteuerpflichtig, als sie einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) unterhlt. Die juristische Person des Çffentlichen Rechts ist insoweit nicht unbeschrnkt steuerpflichtig, wie sie sich auf die ihre eigentÅmlichen und vorbehaltenen hoheitlichen Ttigkeiten beschrnkt.1 Betriebe gewerblicher Art sind gem. § 4 Abs. 1 KStG alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbettigung der juristischen Person des Çffentlichen Rechts wirtschaftlich herausheben, wobei die Absicht, Gewinn zu erzie1 Stndige Rechtsprechung seit dem Gutachten des RFH v. 9.7.1937 – V D 1/37, RFHE 42, 253-256.

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21.1

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen

len, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich sind. Nach der Rechtsprechung des BFH ist nicht der Betrieb gewerblicher Art Steuerrechtssubjekt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, sondern die juristische Person des Çffentlichen Rechts wegen jedes einzelnen Betriebs gewerblicher Art.1 FÅr jeden einzelnen BgA sei grundstzlich das Einkommen gesondert zu ermitteln und die KÇrperschaftsteuer mangels Rechtsfhigkeit des einzelnen BgA gegen die dahinter stehende juristische Person des Çffentlichen Rechts festzusetzen.2 Auf der anderen Seite wird nach der vom BFH entwickelten Rechtsprechung in Bezug auf die ertragsteuerliche Abgrenzung zwischen dem einzelnen BgA und der Çffentlich-rechtlichen KÇrperschaft als Trger fingiert, dass dem BgA eine (beschrnkte) eigenstndige Rechtssubjektqualitt zukommt.3 Danach ist der einzelne BgA in Beziehung zur TrgerkÇrperschaft so zu behandeln wie eine Kapitalgesellschaft in Beziehung zu seinem Alleingesellschafter. Der einzelne BgA kann insoweit selbstndig steuerlich wirksame Vereinbarungen schließen und ist beim Fehlen solcher Regelungen an den Grundstzen zum Vorliegen einer verdeckten GewinnausschÅttung zu messen.

21.2 Eine steuerlich wirksame Zusammenfassung verschiedener BgA ist gem. § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG nur zulssig, wenn sie gleichartig sind (Nr. 1) oder zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht (Nr. 2) oder Betriebe gewerblicher Art i.S.d. Abs. 3 vorliegen (Nr. 3), dh. es sich um Betriebe, die der Versorgung der BevÇlkerung mit Wasser, Gas, Elektrizitt oder Wrme, dem Çffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen, handelt. Beispiel: Die Stadt X ist als Versorgungsbetrieb ua. in den Bereichen Strom und Gas auf ihrem eigenen Gebiet ttig. Daneben errichtet und betreibt sie auf verschiedenen Schuldchern Photovoltaik-Anlagen; außerdem betreibt sie ein Schwimmbad, das mittels Blockheizkraftwerk mit Strom und Wrme versorgt wird, ÅberschÅssiger Strom wird eingespeist.

Die Zusammenfassung der unterschiedlichen Photovoltaik-Anlagen kommt sowohl unter dem Aspekt der Gleichartigkeit (Nr. 1) als auch unter dem Aspekt der Versorgung mit Elektrizitt (Nr. 3) in Betracht. Im Fall des Blockheizkraftwerkes kÇnnte unter bestimmten technischen Voraussetzungen eine Zusammenfassung („enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht“) des in der Regel defizit1 BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391. 2 BFH v. 18.8.1988 – V R 194/83, BStBl. II 1988, 932. 3 BFH v. 17.5.2000 – I R 50/98, BStBl. II 2001, 558 = FR 2000, 1039; v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412 = FR 2002, 1222; Krmer in D/J/P/W, § 4 KStG Rz. 205.

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A. ffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil der Organschaft

ren Betriebs eines Schwimmbades mit der profitablen Bereich der Stromund Gasversorgung stattfinden. Ein Betrieb gewerblicher Art kann gem. § 4 Abs. 6 Satz 2 KStG nicht mit einem Hoheitsbetrieb zusammengefasst werden.

II. Besondere Anforderungen an die Organschaft Grundstzlich steht es der Çffentlich-rechtlichen KÇrperschaft frei, unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 14 – 19 KStG eine Ergebnisverrechnung gewerblich ttiger Unternehmen zu erreichen. Spartentrennung bei strukturellen Dauerverlusten: Um eine einfache Umgehung der og. Beschrnkungen zur Verrechnung unterschiedlicher BgA-Ergebnisse durch organisatorische Zusammenfassung in einer Kapitalgesellschaften zu verhindern, hat der Gesetzgeber als Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH1 im Jahressteuergesetz 2009 gem. § 8 Abs. 9 S. 2 KStG die getrennte Ermittlung des jeweiligen Gesamtbetrags der EinkÅnfte in sog. Sparten i.S.d. § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1–3 KStG angeordnet. Die einzelnen Ttigkeiten der Gesellschaft sind konkret den folgenden Sparten zuzuordnen: – Ttigkeiten, die als Dauerverlustgeschfte Ausfluss einer Ttigkeit sind, die bei juristischen Personen des Çffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehÇren, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen (Nr. 1); – Ttigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 zusammenfassbar sind oder aus den Åbrigen, nicht in Nr. 1 bezeichneten Dauerverlustgeschften stammen, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Ttigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden (Nr. 2); – Alle Åbrigen Ttigkeiten sind einer einheitlichen Sparte zuzuordnen (Nr. 3). Anwendung der Spartentrennung bei Organschaft: Diese gesetzlich geregelte Trennung der Ermittlung des jeweiligen Gesamtbetrags der EinkÅnfte setzt sich im Fall der Organschaft insoweit fort, als der auf Ebene der Organgesellschaft ermittelte Gesamtbetrag der EinkÅnfte an den Organtrger abgefÅhrt und auf Ebene des Organtrgers der jeweiligen Sparte zuzuordnen ist (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 KStG).

1 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = FR 2007, 1160 m. Anm. Orth.

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21.3

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen Beispiel:1 Die Stadt X hat folgende Ttigkeitsbereiche auf ihre Tochtergesellschaften AGmbH und B-GmbH ausgegliedert: A-GmbH: Schwimmbad (Verlust gesamt 50, davon Schulschwimmen Verlust 10); Theater (Verlust 25); HausmÅllentsorgung (Gewinn 20) B-GmbH: Spaßbad (Verlust 30); Stromversorgung/Verkehr (Gewinn 10); IT-Dienstleistungen (Gewinn 20) Die Beteiligungen werden im Rahmen einer Organschaft vom BgA GrundstÅcksverwertung gehalten. Auf Ebene des Organtrgers sind die folgenden getrennten Sparten zu bilden: – Sparte „Schulschwimmen“ (-10): Hoheitliches Dauerverlustgeschft – Sparte „Bder“ (-70 dauerdefizitr): gleichartig zusammengefasste, nicht verrechenbare, begÅnstigte Ttigkeiten – Sparte „Theater“ (-25 dauerdefizitr): nicht verrechenbare, begÅnstigte Ttigkeit – Sparte „Stromversorgung/Verkehr“ (+10) – Sparte „Åbrige Ttigkeiten“ (+40): GrundstÅcksverwertung, IT-Dienstleistungen, HausmÅllentsorgung

Die Verluste der Sparten „Schulschwimmen“, „Bder“ und „Theater“ werden gesondert festgestellt und sind nicht mit Gewinnen aus anderen Sparten verrechenbar. Die Sparten „Strom/Verkehr“ und „Åbrige Ttigkeiten“ werden bei der Einkommensermittlung des Organtrgers BgA berÅcksichtigt, dh. sind auf dieser Ebene zusammenfassbar.

III. Organtrger-Eigenschaft 1. ffentlich-rechtliche KÇrperschaft

21.4 Der Organtrger muss gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG eine natÅrliche Person oder eine nicht von der KÇrperschaftsteuer befreite KÇrperschaft, Personenvereinigung oder VermÇgensmasse sein oder eine Personengesellschaft i.S.d. §§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Satz 2 ff. KStG. Aus § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG ergibt sich, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag zur AbfÅhrung des ganzen Gewinns an ein „anderes gewerbliches Unternehmen“ verpflichten muss. In Bezug auf die Rechtsform des Organtrgers ergibt sich im Fall Çffentlich-rechtlicher KÇrperschaften die besondere Fragestellung, unter welchen Voraussetzungen die KÇrperschaft selbst als tauglicher Organtrger i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG iVm. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG in Betracht kommt. Anders als die von der KÇrperschaft unterhaltenen Hoheitsbetriebe i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG, die Åberwiegend der AusÅbung der Çffentlichen 1 Vgl. auch BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303.

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A. ffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil der Organschaft

Gewalt dienen, stellen die Betriebe gewerblicher Art nach der gesetzlichen Definition des § 4 Abs. 1 KStG Einrichtungen dar, die einer „nachhaltigen wirtschaftlichen Ttigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen“ und „sich innerhalb der Gesamtbettigung wirtschaftlich herausheben“. Aufgrund der oben dargestellten fehlenden Rechtssubjektqualitt des Betriebs gewerblicher Art kann nur die Çffentlich-rechtliche KÇrperschaft selbst Organtrger sein. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundstzen ist die juristische Person des Çffentlichen Rechts wegen jedes einzelnen Betriebs gewerblicher Art steuerlich einzeln zu erfassen und kann insoweit auch jeweils als gesonderter Organtrger fungieren1, dh. mehrere, voneinander unabhngige Organkreise bilden. 2. Gewerbliches Unternehmen als Voraussetzung einer Organtrger-Stellung Das Tatbestandsmerkmal des gewerblichen Unternehmens setzt abweichend von den gem. §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 2 KStG genannten Voraussetzungen des Betriebs gewerblicher Art voraus, dass das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht und der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr i.S.d. § 2 GewStG vorliegt.2 Zu beachten ist insoweit, dass die gesetzlich vorausgesetzte Gewerblichkeit nicht Kraft gesetzlicher Definition i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG als Betrieb „gewerblicher“ Art erfÅllt wird. Im Ergebnis kÇnnen nur solche Betriebe gewerblicher Art die Organtrgereigenschaft ausfÅllen, die alle gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des Gewerbebetriebs im Sinne des Gewerbesteuergesetzes erfÅllen, dh. der Gewerbesteuer unterliegen. Unter Gewerbebetrieb ist gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Gemß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG setzt dies eine selbstndige nachhaltige Bettigung voraus, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und nicht als AusÅbung von Land- und Forstwirtschaft oder als AusÅbung eines freien Berufs oder andere selbstndige Arbeit anzusehen ist. Das Kriterium der Gewerblichkeit stellt einen SchlÅsselpunkt bei der Frage der Verrechnungsfhigkeit von Ergebnissen auf Ebene des BgA-Organtrgers dar. Daran anknÅpfend ergeben sich in der Praxis zahlreiche Fragestellungen, die teilweise dem besonderen Charakter der partiellen Steuerpflicht Çffentlich-rechtlicher KÇrperschaften geschuldet sind, wie zB:

1 BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391. 2 BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 = FR 2003, 981 Rz. 2.

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21.5

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen

– Fehlende Gewerblichkeit bei nachhaltig defizitren Ttigkeiten (sog. dauerdefizitrer BgA) – MÇglichkeit der Einbeziehung von Beteiligungsertrgen zum Ausgleich dauerdefizitrer Ttigkeiten – MÇglichkeit der Anwendung der Zusammenfassungskriterien auf Ebene Organtrger – Organgesellschaft – Organtrgereigenschaft im Fall des Verpachtungs-BgA sowie im Fall der Anwendbarkeit der Betriebsaufspaltungsgrundstze

21.6 Zu diesen Fallgestaltungen liegen nur punktuelle ußerungen des BFH in Gestalt des Beschlusses vom 25.7.20021 sowie des Urteils vom 2.9.20092 vor. Deutlich detaillierter hat sich insbesondere das FG DÅsseldorf3 in insgesamt drei Urteilen mit der Frage der Organtrgereigenschaft eines BgA auseinandergesetzt. Aufgrund der ausfÅhrlichen Auseinandersetzung mit den systematischen Fragestellungen der Abgrenzung zu hoheitlichen Bettigungen und der partiellen Steuerpflicht Çffentlich-rechtlicher KÇrperschaften werden die Urteile im Folgenden nher dargestellt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich aufgrund des Fehlens hÇchstrichterlicher Entscheidungen ein hohes Maß an Unsicherheit ergibt, zu welchen Ergebnissen die aktuelle Rechtsauslegung des BFH fÅhren wÅrde. Weitgehende Einigkeit besteht, dass die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein BgA Organtrger sein kann, von der im Jahressteuergesetz 2009 erfolgten Neuregelung der steuerlichen Behandlung dauerdefizitrer Ttigkeiten gem. §§ 8 Abs. 7–9 KStG sowie § 15 KStG unberÅhrt bleibt.4 3. Dauerdefizitre BgA und ihre Organtrger-Eignung

21.7 Die Finanzverwaltung hat explizit auf die fehlende Organtrgereigenschaft dauerdefizitrer Betriebe gewerblicher Art mit Hinweis auf das Fehlen der allgemeinen Voraussetzungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG hingewiesen.5 Gewinnerzielungsabsicht ist die Absicht einer nachhaltigen Mehrung des BetriebsvermÇgens.6 An dieser Absicht fehlt es regelmßig, wenn die Prognose des zu erwirtschaftenden Totalgewinns negativ ausfllt. 1 BFH v. 25.7.2002 – I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341. 2 BFH v. 2.9.2009 – I R 20/09, GmbHR 2010, 273 = BFH/NV 2010, 391. 3 FG DÅsseldorf v. 22.6.2006 – 15 K 2567/03 BB, rkr., DStZ 2007, 85 = EFG 2006, 1769; v. 29.6.2010 – 6 K 2990/07 K, rkr., DStRE 2011, 1009 = EFG 2010, 1732; v. 18.3.2014 – 6 K 3493/11 K, EFG 2014, 1032 – Rev. I R 26/14. 4 DÇtsch in D/J/P/W, § 14 KStG Rz. 82. 5 BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 = FR 2003, 981 Rz. 5. 6 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619.

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A. ffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil der Organschaft

Allerdings lsst nach der Rechtsprechung des BFH allein das Erzielen langjhriger Verluste noch keinen zwingenden Schluss auf das Nichtvorliegen der inneren Tatsache „Gewinnerzielungsabsicht“ zu. Zumindest bei Ttigkeiten, die typischerweise auf die Erzielung von Gewinnen gerichtet und deshalb grundstzlich nicht dazu bestimmt und geeignet sind, der Befriedigung persÇnlicher (außersteuerlicher) Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunfts-Sphre zu dienen, muss aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung mÇglich sein, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Ttigkeit nur aus im Bereich seiner LebensfÅhrung liegenden persÇnlichen GrÅnden oder Neigungen ausÅbt.1 Daran anknÅpfend wird im Falle defizitrer BgA im Sinne laufender Geschftsergebnisse argumentiert, dass erst anhand einer „Totalgewinnprognose“ ermittelt werden kÇnne, ob es sich um einen dauerdefizitren BgA handle, dem die Gewinnerzielungsabsicht abzusprechen sei. Einzubeziehen seien insoweit auch Verußerungsgewinne, Sonderdividenden, stille Reserven und steuerfreie Dividenden. Denn Gewinnerzielungsabsicht sei die Absicht, eine Mehrung des BetriebsvermÇgens i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG zu erzielen. Der BFH hatte im Beschluss vom 25.7.20022 festgestellt, dass im Fall der Einlage von Aktien in das BetriebsvermÇgen eines BgA zwecks Verbesserung der Ertragslage und Verrechnung mit den operativ anfallenden Verlusten gewerbesteuerrechtlich relevante Gewinne des BgA entstehen. Der BFH war nach summarischer PrÅfung zu dem Ergebnis gekommen, dass der BgA Musikschule und Volkshochschule aufgrund der Einlage der Aktien mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wurde. Die Zuordnung der Aktien zum BetriebsvermÇgen sei nicht missbruchlich, sondern als Teil des gewillkÅrten BetriebsvermÇgens als Teil des Gewinns der BgA anzusehen. Der BgA erziele auf Grundlage der zu erwartenden Beteiligungsertrge einen Totalgewinn, so dass unter Einbeziehung des gewillkÅrten BetriebsvermÇgens insgesamt von einer Gewinnerzielungsabsicht des BgA Musikschule und Volkshochschule auszugehen sei. Das FG DÅsseldorf hatte in seinem Urteil vom 22.6.2006 ausdrÅcklich „gegen BFH-Beschluss vom 25.7.2002“ festgestellt, dass ein strukturell dauerdefizitrer kommunaler Betrieb gewerblicher Art, der nur durch die Ertrge eingelegter Finanzanlagen berschÅsse erziele, mangels Gewinnerzielungsabsicht keinen Gewerbebetrieb unterhalte.3

1 Vgl. BFH v. 12.9.2002 – IV R 60/01, BStBl. II 2003, 85 = FR 2003, 135; v. 21.7.2004 – X R 33/03, BStBl. II 2004, 1063 = FR 2005, 314 m. Anm. Freiherr v. Proff zu Irnich. 2 BFH v. 25.7.2002 – I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341. 3 FG DÅsseldorf v. 22.6.2006 – 15 K 2567/03 BB, rkr., DStZ 2007, 85 = EFG 2006, 1769.

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21.8

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen

An dieser Absicht fehle es regelmßig, wenn die Prognose des zu erwirtschaftenden Totalgewinns negativ ausfalle. AnknÅpfend an die fÅr natÅrliche Personen entwickelten Rechtsprechungsgrundstze bedÅrfe es bei Ttigkeiten von KÇrperschaften des Çffentlichen Rechts, soweit sie in Eigenregie ausgeÅbt wÅrden, einer vergleichbaren Abgrenzung zwischen steuerbarer und nichtsteuerbarer Ttigkeit. An einer (gewerbe-) steuerbaren Ttigkeit der Çffentlich-rechtlichen KÇrperschaft fehle es abgesehen vom hoheitlichen Aufgabenbereich auch bei solchen Ttigkeiten, die ohne Einkunftserzielungsabsicht unternommen werden. Zwar werde diese Abgrenzung durch die kÇrperschaftsteuerrechtliche Sonderregelung fÅr den BgA Åberlagert, der gerade keine Gewinnerzielungsabsicht erfordere. Auf der anderen Seite kÇnne aber eine Ttigkeit, die bereits typischerweise nicht auf Erzielung von Gewinnen gerichtet ist und mit der auf Dauer gesehen auch nur Verluste erwirtschaftet werden – unabhngig davon, ob sie von einer natÅrlichen Person oder von einer Çffentlichrechtlichen KÇrperschaft in Eigenregie ausgeÅbt werde – keinen Gewerbebetrieb begrÅnden. Der originre Betriebszweck des BgA-Bder, der konkretisiert werde durch die am Markt gegen Entgelt angebotenen Leistungen, bestehe in dem Betrieb eines Freibades. Die in diesem Betrieb erzielten und erzielbaren Einnahmen reichten zur Deckung der damit verbundenen Betriebskosten dauerhaft nicht aus. Es handele sich um einen strukturell dauerdefizitren BgA. Es stehe außer Zweifel, dass der BgA Freibad nach seiner Wesensart und der Art der Bewirtschaftung auf Dauer gesehen weder dazu geeignet noch bestimmt sei, mit Gewinn zu arbeiten. Die Entscheidung, den Bderbetrieb trotz Dauerverluste weiterzufÅhren und der Verzicht auf EinnahmeerhÇhungen, soweit diese Åberhaupt am Markt durchsetzbar wren, stelle eine kommunalpolitische Entscheidung dar, die einen Bereich betreffe, der bei natÅrlichen Personen dem nichtsteuerbaren Bereich der LebensfÅhrung zuzurechnen wre. 4. Beteiligungsertrge im dauerdefizitren BgA

21.9 Die Einlage der Finanzanlagen in den BgA stelle aus betriebswirtschaftlicher Sicht keine (sinnvolle) Maßnahme der Strukturverbesserung dar. Hiervon kÇnne allenfalls ausgegangen werden, wenn diese Mittel entweder zur Kostenreduzierung, etwa zur AblÇsung von Verbindlichkeiten oder zur Einnahmesteigerung, zB durch Angebotsverbesserungen im Bderbetrieb, verwendet worden wren. Entgegen der Auffassung des BFH vom 25.7.2002 kÇnne eine FortfÅhrung eines strukturell dauerdefizitren Betriebs ohne nhere PrÅfung der Betriebsstruktur und des Betriebszwecks nicht allein deshalb eine Gewinnerzielungsabsicht unterstellt werden, weil durch die Einlage von im Rahmen der VermÇgensverwaltung gehaltenen Kapitalanlagen in den Verlustbetrieb sich rechnerisch Gewinne ergeben.

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A. ffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil der Organschaft

An dieser Linie hat das FG DÅsseldorf durch die Entscheidungen vom 29.6.20101 sowie 18.3.20142, denen der gleiche Sachverhalt zugrunde lag, festgehalten bzw. diese fortentwickelt. Neben der Frage der BerÅcksichtigung von Beteiligungsertrgen aus gewillkÅrtem BetriebsvermÇgen wird dabei der Aspekt der wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung in Form eines Blockheizkraftwerkes zwischen BgA und der GmbH-Beteiligung behandelt. Die den og. Entscheidungen zugrunde liegende Fallgestaltung stellte sich so dar, dass der operativ defizitre kommunale BgA Bderbetrieb ua. eine organschaftlich verbundene Mehrheitsbeteiligung an einem Energie- und Wasserversorger in der Rechtsform einer GmbH innehatte. Mittels Blockheizkraftwerk wurde außerdem die wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung zwischen Schwimmbad und Strom- und Wrmeversorgung der GmbH i.S.d. § 4 Abs. 6 KStG hergestellt. Auch in diesem Fall kommt es nach Ansicht des FG DÅsseldorf auf den originren Betriebszweck des BgA Bderbetrieb an, der durch die am Markt gegen Entgelt angebotenen Leistungen konkretisiert werde und allein im Betrieb des Bades bestehe. Es handele sich um einen strukturell dauerdefizitren Betrieb, da die am Markt erzielbaren Einnahmen nicht zur Deckung der damit verbundenen Kosten ausreichten. Der Bderbetrieb sei damit nach seiner Wesensart wie auch der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer gesehen weder dazu geeignet noch dazu bestimmt, mit Gewinn zu arbeiten und stelle damit einen sog. Liebhabereibetrieb dar, der auf einer kommunalpolitischen Entscheidung beruhe. Nach Auffassung des FG muss der Organtrger unabhngig von der Beteiligung ein originr gewerbliches Unternehmen unterhalten, da anderenfalls dem Tatbestandsmerkmal „anderes gewerbliches Unternehmen“ in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG im Ergebnis keine eigenstndige Bedeutung zukme. Insoweit sei es nach Ansicht des FG sogar zweifelhaft, ob es sich bei der Beteiligung an der GmbH Åberhaupt um gewillkÅrtes BetriebsvermÇgen des BgA handele, da der reine Ausgleich von Verlusten oder die Strkung des Betriebskapitals durch Einlage der Beteiligung keinen betrieblichen Zweck darstellen kÇnne, da eine Ausgleichspflicht von Defiziten bereits auf haushaltsrechtlicher Grundlage geboten sei. FÅr diese strikte geschftsvorfallbezogene Betrachtungsweise spreche auch die Rechtsprechung des BFH, wonach sich die Verluste dauerdefizitrer Betriebe nicht durch die Ergebnisse einer gewinntrchtigen eingelegten Beteiligung kompensieren lassen.3 Diese zu kommunalen Betrieben 1 FG DÅsseldorf v. 29.6.2010 – 6 K 2990/07 K, rkr., DStRE 2011, 1009 = EFG 2010, 1732. 2 FG DÅsseldorf v. 18.3.2014 – 6 K 3493/11 K, EFG 2014, 1032 – Rev. I R 26/14. 3 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = FR 2007, 1160 m. Anm. Orth.

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Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen

in der Rechtsform privater Kapitalgesellschaften ergangene Rechtsprechung gelte im Grundsatz auch fÅr einen BgA. Auf das Bestehen einer wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht i.S.d. § 4 Abs. 6 KStG komme es nicht an, da eine solche nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu einer Kapitalgesellschaft, sondern nur zwischen mehreren BgA zu einem einzigen Betrieb mÇglich sei.

21.10 Das FG DÅsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 18.3.20141 als neuen Aspekt auf die Rechtsprechung des BFH bei Einzelgewerbetreibenden und Personengesellschaften zur gesonderten Betrachtung der wirtschaftliche eigenstndigen Bettigungen verwiesen und den Begriff der „Segmentierung“ eingefÅhrt. Dies ergebe sich aus der Erkenntnis, dass der BgA Åber eine außerbetriebliche Sphre verfÅge2 und insofern mit einer Personengesellschaft vergleichbar sei. Der BgA Bder betreibe bezÅglich der Bder einen gewerblichen Ttigkeitsbereich ohne Gewinnerzielungsabsicht und bezÅglich der Beteiligungen eine vermÇgensverwaltende Ttigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht, so dass im Ergebnis kein gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG iVm. § 17 Satz 1 KStG vorliege. Da das Halten der Beteiligung keinen BgA, sondern VermÇgensverwaltung darstelle, komme eine Zusammenfassung (zweier BgA) unter dem Aspekt der wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung nicht in Betracht. Zwischen dem Halten einer GmbH-Beteiligung und dem Betreiben von Schwimmbdern bestehe keine wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung, so dass eine Zusammenfassung nicht in Betracht komme. Inwieweit das Vorhandensein der wechselseitigen technischwirtschaftlichen Verflechtung zur Charakterisierung der Beteiligung als notwendiges BetriebsvermÇgen fÅhren kÇnnte, hat das FG DÅsseldorf nicht geprÅft. Voraussetzung dafÅr wre, dass die Beteiligung ausschließlich und unmittelbar fÅr eigenbetriebliche Zwecke des Steuerpflichtigen genutzt wird oder dazu bestimmt ist.3 Der Besitz und die Verwaltung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ist grundstzlich keine wirtschaftliche Ttigkeit i.S.d. § 4 KStG. Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft stellt jedoch einen BgA dar, wenn mit ihr tatschlich ein entscheidender Einfluss auf die laufende GeschftsfÅhrung des Unternehmens ausgeÅbt wird.4

1 2 3 4

FG DÅsseldorf v. 18.3.2014 – 6 K 3493/11 K, EFG 2014, 1032 – Rev. I R 26/14. Siehe dazu: Gosch in Gosch, KStG2, § 8 Rz. 1042. R 4.2 Abs. 1 Satz 1 EStR 2008. Krmer in D/J/P/W, § 4 KStG Rz. 55.

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A. ffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil der Organschaft

AusdrÅcklich in Abweichung zur o.g. Rechtsprechung des FG DÅsseldorf hat das FG KÇln in seiner Entscheidung vom 19.12.20131 festgestellt, dass die Einbringung einer Kapitalbeteiligung von unter 10% die Ertragslage eines im brigen defizitren BgA (Çffentlicher Badebetrieb mit Freibad) so grundlegend ndern kÇnne, dass von einer Gewinnerzielungsabsicht in gewerbesteuerlicher Hinsicht auszugehen sei. Der Senat folgt nicht der Auffassung des FG DÅsseldorf, dass die Einlage keine betriebswirtschaftlich sinnvolle Maßnahme sei und daher im Hinblick auf die Gewinnerzielungsabsicht sich nicht auswirke. Der Senat kÇnne dem Gesetz nicht entnehmen, dass bestimmte Einkunftsquellen bei der Bestimmung der Gewinnerzielungsabsicht eines BgA nicht zu berÅcksichtigen seien. Soweit Anteile als gewillkÅrtes BetriebsvermÇgen zur Verstrkung des Eigenkapitals eingebracht wÅrden, seien die aus den AusschÅttungen resultierenden Ertrge auch gewerbesteuerlich zu erfassen.

21.11

Im vom FG DÅsseldorf entschiedenen Fall ist insoweit nicht nachvollziehbar, warum die Beteiligung der Kommune i.H.v. 74,9 % sptestens nach Abschluss des EAV keine als BgA zu erfassende wirtschaftliche Ttigkeit sein soll. Stellt das Halten der Beteiligung – unabhngig vom Vorliegen der Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung – eine als BgA zu erfassende Bettigung aufgrund des entscheidenden Einflusses auf die laufende GeschftsfÅhrung dar, ist im nchsten Schritt das Vorhandensein einer engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung zwischen dem Bderbetrieb (BgA Bder) und der laufenden GeschftsfÅhrung, die ua. im Betrieb eines Blockheizkraftwerk besteht (Versorgungs-GmbH), zu prÅfen. FÅr den Fall des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Nr. 2 KStG muss es insoweit mÇglich sein, die Ergebnisse beider BgA zusammenzufassen.

21.12

5. Vorliegen einer Betriebsaufspaltung Befindet sich dagegen aufgrund des Bestehens einer Betriebsaufspaltung die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft im notwendigen BetriebsvermÇgen des BgA, ist eine Zusammenfassung der Ergebnisse auf Ebene des BgA nach der Entscheidung des BFH vom 2.9.20092 zulssig und fÅhrt bei einer insgesamt positiven Ergebnisprognose zur Qualifizierung als Organtrger im Sinne eines gewerblichen Unternehmens. In dem vom BFH entschiedenen Fall verpachtete der BgA einen Teil der von der Tochter-Versorgungs-GmbH genutzten Anlagen, so dass seit Beginn der Verpachtung eine Betriebsaufspaltung bestand. Smtliche GmbH-Anteile wurden damit notwendiges BetriebsvermÇgen des BgA als Besitzunternehmen. Zwischen BgA und Tochter GmbH wurde ein ErgebnisabfÅhrungsvertrag geschlossen. Der BgA erzielte in Bezug auf das Verpachtungsentgelt sowie sonstige Baubetreuungs-Dienstleistungen dauer1 FG KÇln v. 19.12.2013 – 10 K 2933/11, EFG 2014, 662 f. – Rev. zugelassen. 2 BFH v. 2.9.2009 – I R 20/09, GmbHR 2010, 273 = BFH/NV-2010, 391.

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21.13

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen

haft operative Verluste. Auf Ebene der GmbH wurden vor ErgebnisabfÅhrung positive Ergebnisse erzielt.

21.14 Der BFH entschied, dass der betroffene BgA mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werde und als tauglicher Organtrger i.S.d. § 14 KStG anzusehen sei. Besitzgesellschaft und Betriebsgesellschaft seien rechtlich und wirtschaftlich selbstndige Unternehmen. Der Besitzgesellschaft kÇnne die Gewinnerzielungsabsicht fehlen, wenn sie der mit Gewinn ttigen Betriebsgesellschaft die wesentlichen Betriebsgrundlagen zu einem nicht kostendeckenden Entgelt Åberlsst. Die Gewinnerzielungsabsicht des Besitzunternehmens kÇnne jedoch in dem Bestreben liegen, Beteiligungsertrge zu erzielen. Unerheblich sei dabei, ob die Betriebsgesellschaft GewinnausschÅttungen vornehme oder diese thesauriere, denn GewinnausschÅttungen kÇnnten nachgeholt werden und erhÇhten im brigen den Wert der Beteiligung. Die Gewinnerzielungsabsicht sei erst dann zu verneinen, wenn der Gesellschafter mit den vereinbarten Entgelten und den tatschlichen und mÇglichen AusschÅttungen auf die Dauer keine Kostendeckung erwarten kÇnne. Darauf, dass der BgA zum Zeitpunkt der BegrÅndung der Organschaft noch gewinnlos war, komme es bei der PrÅfung, ob ein Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird, nicht an. Unter Einbeziehung der erfolgten oder mÇglichen GewinnausschÅttungen sei auf Dauer ein positives Geschftsergebnis zu erwarten, so dass der BgA seit seiner GrÅndung als gewerbliches Unternehmen einzustufen war. Seit Wegfall des Kriteriums der wirtschaftlichen Eingliederung kÇnne auch eine Besitzgesellschaft, die nur Åber eine Betriebsgesellschaft als Gewerbebetrieb verfÅge, als Gewerbebetrieb im Sinne eines tauglichen Organtrger beurteilt werden. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG bestimme, dass eine Personengesellschaft nur Organtrger sein kÇnne, wenn sie ein originr gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG betreibe. Daraus folge im Umkehrschluss, dass fÅr Besitzunternehmen, die nicht in der Rechtsform der Personengesellschaft betrieben werden, eine originre gewerbliche Ttigkeit nicht erforderlich sei. Der BFH hat ausdrÅcklich offen gelassen, wie der Fall zu entscheiden gewesen wre, wenn keine Betriebsaufspaltung bestanden htte. 6. Zusammenfassendes Ergebnis: Organtrgereigenschaft eines BgA

21.15 Einigkeit besteht in Bezug auf die gesetzliche Definition der Organtrgereigenschaft und die grundstzlichen Konsequenzen fÅr einen BgA als Organtrger i.S.d. § 14 KStG. Grundstzlich kann ein BgA als Organtrger fungieren, sofern dieser Åber seine gesetzlichen Merkmale i.S.d. § 4 KStG hinaus die Voraussetzungen fÅr einen Gewerbebetrieb i.S.d. § 2 GewStG erfÅllt. 824

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A. ffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil der Organschaft

Gewinnerzielungsabsicht des BgA als Organtrger-Voraussetzung: Dies ist nach weitgehend einhelliger Meinung nicht der Fall, wenn der BgA insgesamt dauerhaft defizitre Ergebnisse erzielt und somit Åber keine Gewinnerzielungsabsicht im Sinne einer Totalgewinnprognose verfÅgt. Umstritten ist derzeit, inwieweit Beteiligungsergebnisse von Organgesellschaften oder sonstigen Beteiligungen an Kapitalgesellschaft zur Gewinnerzielungsabsicht auf Ebene des BgA fÅhren kÇnnen. Nach den BFH Entscheidungen vom 25.7.2002 sowie 2.9.2009 ist es als ausreichend und keinesfalls rechtsmissbruchlich anzusehen, wenn es sich um gewillkÅrtes BetriebsvermÇgen handelt, das zum Ausgleich der operativ anfallenden Verluste gehalten wird und im Ergebnis zu positiven Ergebnissen auf Ebene des BgA fÅhrt. Der Aspekt der Steuerfreiheit solcher Beteiligungsertrge i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG spielt nach den beiden Entscheidungen des BFH keine Rolle. Als besonders erwhnenswerter Aspekt des BFH Urteils vom 2.9.2009 ist zu nennen, dass der BFH ausdrÅcklich festgestellt hat: – Seit Wegfall des Kriteriums der wirtschaftlichen Eingliederung kann auch eine Besitzgesellschaft, die nur Åber eine Betriebsgesellschaft als Gewerbebetrieb verfÅge, als Gewerbebetrieb im Sinne eines tauglichen Organtrger beurteilt werden – § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG bestimmt, dass eine Personengesellschaft nur Organtrger sein kann, wenn sie ein originr gewerbliches Unternehmen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG betreibt. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass fÅr Besitzunternehmen, die nicht in der Rechtsform der Personengesellschaft betrieben werden, eine originre gewerbliche Ttigkeit nicht erforderlich ist. Obwohl im Urteil ausdrÅcklich offengelassen wird, wie der Fall ohne das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung zu entscheiden gewesen wre, geht der BFH mit seiner gesetzlichen Auslegung, dass sich aus dem Umkehrschluss des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ergebe, dass eine originre gewerbliche Ttigkeit nicht erforderlich sei, sehr weit und stellt sich eindeutig in Widerspruch zu den ausfÅhrlich erluterten Urteilen des FG DÅsseldorf, die grundstzlich eine originre gewerbliche Ttigkeit des Organtrgers verlangen. Zu diesem Punkt bleibt abzuwarten, ob in der Zukunft Urteile des BFH Klarheit bringen. Von Seiten der Finanzverwaltung ist zu diesem Punkt in der Praxis derzeit wohl nicht zu erwarten, dass die Einbeziehung von Beteiligungsergebnissen aus dem gewillkÅrten BetriebsvermÇgen oder BerÅcksichtigung der Zusammenfassungsgrundstze auf Beteiligungsebene akzeptiert wird. Auf der Grundlage des BFH-Urteils vom 2.9.2009 darf es zumindest als derzeit gesichert angesehen werden, dass die Einbeziehung von Ergebnissen von Kapitalgesellschaften, die sich aufgrund des Vorliegens einer Betriebsaufspaltung im notwendigen BetriebsvermÇgen des BgA befinden, unabhngig von der HÇhe der tatschlichen AusschÅttung zulssig ist und zur Gewerblichkeit des Organtrgers BgA fÅhren, soweit sich eine positive Totalgewinnprognose ergibt.

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21.16

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen

21.17 ffentlich-rechtlich beherrschte Kapitalgesellschaft als Organtrger: Da die Ttigkeit einer Kapitalgesellschaft nach § 2 Abs. 2 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, kommen dagegen auch vermÇgensverwaltende oder dauerdefizitre Kapitalgesellschaften als Organtrger in Betracht.1 Insofern kÇnnen die Çffentlich-rechtlichen KÇrperschaften grundstzlich durch eine Verlagerung der Ttigkeiten auf eine Eigengesellschaft in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft die Organtrger-Eigenschaft erreichen.

IV. Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrages – § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG 21.18 Nach der grundlegenden BFH-Rechtsprechung zur Gewinnermittlung auf Ebene des BgA als Teil seiner TrgerkÇrperschaft, der die eigentliche Steuersubjekt-Qualitt zukommt,2 ist nicht ganz geklrt, ob die Çffentlichrechtliche KÇrperschaft selbst oder der (teil-) verselbstndigte BgA als Vertragspartei des GewinnabfÅhrungsvertrages anzusehen ist. Aus steuerlicher Sicht besteht an der Organtrger-Eigenschaft des BgA selbst kein Zweifel, so dass konsequenterweise bislang nicht in Zweifel gezogen wird, dass der BgA als Partei des GewinnabfÅhrungsvertrages aufzutreten hat.3 Auf der anderen Seite kÇnnte angefÅhrt werden, dass die steuerliche Verselbstndigung des BgA abzugrenzen ist von der Frage, inwieweit eine zivilrechtliche Bindungswirkung des GewinnabfÅhrungsvertrages durch einen lediglich zu steuerlichen Zwecken verselbstndigten Teil abgeschlossen werden kann. Folgt man dieser berlegung, wre als Vertragspartei die Çffentlich-rechtliche KÇrperschaft bezogen auf ihr fÅr steuerliche Zwecke verselbstndigtes VermÇgen im Sinne des BgA zu benennen.4

V. Besondere Fragestellungen zur Ermittlung des Einkommens i.S.d. § 15 KStG im Fall Çffentlich-rechtlicher Organtrger 1. Nicht-Vorliegen einer vGA gem. § 15 Satz 1 Nr. 4 KStG

21.19 § 15 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 KStG bestimmt zunchst, dass auf Ebene der Organgesellschaft die Vorschriften des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sowie § 8 Abs. 7 KStG im Fall des Vorliegens von Dauerverlustgeschften i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG keine Anwendung finden.

1 Vgl. BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 = FR 2003, 981 Rz. 3. 2 BFH v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242 = FR 1990, 285. 3 Sterner in HHR, § 14 KStG Anm. 153; FG Nds. v. 2.10.1986 – VI 85/84, rkr., ZKF 1987, 281. 4 Vgl. Eversberg, DStZ 2012, 282.

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A. ffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil der Organschaft

Dies bedeutet zum einen, dass im Rahmen der Einkommensermittlung auf Ebene der Organgesellschaft die Hinzurechnung des Einkommens fÅr den Fall des Vorliegens einer verdeckten GewinnausschÅttung aufgrund von Dauerverlustgeschften korrigiert wird.1 Zum anderen wird klargestellt, dass die Regelungen des § 8 Abs. 7 KStG nicht auf Ebene der Organgesellschaft, sondern gem. § 15 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 KStG bei der Ermittlung des Einkommens des Organtrgers Anwendung finden. Der Gesetzgeber definiert im § 8 Abs. 7 KStG sog. „begÅnstigte“ Dauerverlustgeschfte, die die Rechtsfolgen einer verdeckten GewinnausschÅttung nicht auslÇsen. Solche liegen vor, soweit die Ttigkeit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen GrÅnden eine wirtschaftliche Bettigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fllen einer Kapitalgesellschaft, bei der die Çffentlich-rechtlichen KÇrperschaft die Mehrheit der Stimmrechte ausÅbt und ausschließlich die Verluste aus den Dauerverlusten trgt, das Geschft Ausfluss einer Ttigkeit ist, die bei juristischen Personen des Çffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehÇren.2 Im Fall der Organschaft bedeutet dies, dass zunchst auf Ebene der Organgesellschaft zu prÅfen ist, ob einzelne dauerdefizitre Ttigkeiten vorliegen, dh. eine wirtschaftliche Bettigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird, und ob die jeweils identifizierte dauerdefizitre Ttigkeit als begÅnstigt i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG anzusehen ist, dh. konkret einem der im Gesetz genannten Ttigkeitsbereiche zugeordnet werden kann (Verkehr, Umwelt, Soziales, Kultur, Bildung, Gesundheitspolitik). Ist dies der Fall, erfolgt im ersten Schritt eine Ermittlung des zuzurechnenden Einkommens ohne dass die Rechtsfolgen einer verdeckten GewinnausschÅttung gezogen werden. Werden auf Ebene der Organgesellschaft dagegen wirtschaftliche Bettigungen ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten, die nicht zu den im Gesetz genannten begÅnstigten Bereichen gehÇren, ist die Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 1 KStG nicht anzuwenden, dh. die Rechtsfolgen einer verdeckten GewinnausschÅttung i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sind bereits auf Ebene der Organgesellschaft zu ziehen. Beispiel: Die Stadt X hat die Ttigkeitsbereiche WirtschaftsfÇrderung sowie Tourismus auf ihre Tochtergesellschaften A-GmbH bzw. B-GmbH ausgegliedert. Die Beteiligungen werden im Rahmen einer Organschaft vom BgA GrundstÅcksverwertung gehalten. A-GmbH und B-GmbH erzielen nachhaltig Verluste. 1 Krmer in D/J/P/W, § 15 KStG Rz. 95; Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 40; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 KStG Rz. 139: Hinzurechnung als vGA auf Ebene der OG und Korrektur auf Ebene des OT. 2 Zu den einzelnen begÅnstigten Ttigkeitsbereichen vgl. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303.

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21.20

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen

Die Aktivitten WirtschaftsfÇrderung und Tourismus stellen nicht begÅnstigte wirtschaftliche Bettigungen dar. Bereits jeweils auf Ebene der A-GmbH bzw. B-GmbH werden die im Wirtschaftsjahr erzielten Verluste als verdeckte GewinnausschÅttung erfasst, ohne dass eine Verrechnung mit positiven Ergebnissen auf Ebene des Organtrgers erfolgen kann. Im nchsten Schritt ist gem. § 15 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 KStG auf Ebene des Organtrgers zu prÅfen, ob das zugerechnete Einkommen Verluste aus (begÅnstigten) Dauerverlustgeschften i.S.d. § 8 Abs. 7 Sat 2 KStG (Verkehr, Umwelt, Soziales, Kultur, Bildung, Gesundheitspolitik) enthlt. FÅr diesen Teil des zugerechneten Einkommens ist nach dem Gesetzeswortlaut „.... § 8 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 7 bei der Ermittlung des Einkommens des Organtrgers anzuwenden.“ Diese Formulierung ist insoweit widersprÅchlich, als im Fall des Vorliegens eines begÅnstigten Dauerverlustgeschftes i.S.d. § 8 Abs. 7 KStG die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gerade keine (direkte) Anwendung findet, dh. die Hinzurechnung zum Einkommen aufgrund des Vorliegens einer vGA aufgrund der BegÅnstigung i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG unterbleibt.

21.21 Anwendung der Bruttomethode bei strukturellen Dauerverlusten: Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich der Regelungsinhalt des § 15 Satz 1 Nr. 4 KStG auf die begÅnstigten Dauerverlustgeschfte i.S.d. § 8 Abs. 7 KStG bezieht und deren steuerliche Privilegierung in Form einer Negierung der Rechtsfolgen einer verdeckten GewinnausschÅttung sowohl auf Ebene der Organgesellschaft als auch auf Ebene des Organtrgers festlegt. Im Fall des Organtrgers in Form einer Kapitalgesellschaft oder eines BgA ist die Systematik insoweit relativ eindeutig. Wenn es sich beim Organtrger dagegen um eine Personengesellschaft handelt, kommt eine direkte Anwendbarkeit der Regelungen zur verdeckten GewinnausschÅttung i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bzw. der RÅckgngigmachung von deren Folgen im Falle eines Dauerverlustgeschftes i.S.d. § 8 Abs. 7 KStG nicht in Betracht. In diesem Fall sind die Grundstze des § 8 Abs. 7 KStG auf Personengesellschaften mit Dauerverlustgeschften analog anzuwenden.1 Nach diesen Grundstzen ist eine Personengesellschaft, deren Geschftsttigkeit sich auf ein Dauerverlustgeschft beschrnkt, keine Mitunternehmerschaft. Die der Çffentlich-rechtlichen KÇrperschaft zugerechnete anteilige Ttigkeit der Gesellschaft stellt bei der Çffentlich-rechtlichen KÇrperschaft aber nach Auffassung der Finanzverwaltung nach den allgemeinen Grundstzen des § 4 KStG einen BgA dar, auf den die Regelungen des § 4 Abs. 6 KStG und § 8 Abs. 7 KStG anzuwenden sind. Im Fall der AusÅbung von nicht verrechenbaren Gewinn1 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 60-62.

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A. ffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil der Organschaft

und Verlustttigkeiten durch die Personengesellschaft, werden aus Sicht des Çffentlich-rechtlichen Gesellschafters unterschiedliche BgA begrÅndet, fÅr deren Verlust-BgA die Regelungen des § 4 Abs. 6 und § 8 Abs. 7 KStG jeweils Anwendung finden.1 2. Anwendung der Spartenrechnung i.S.d. § 8 Abs. 9 KStG auf Ebene des Organtrgers gem. § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG Die fÅr steuerliche Zwecke grundstzlich erfolgende Zusammenfassung smtlicher Ttigkeiten auf Ebene einer Kapitalgesellschaft ohne BerÅcksichtigung der fÅr die BgA geltenden, dargestellten Regelungen des § 8 Abs. 7 iVm. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu den (begÅnstigten) Dauerverlustgeschften wird gem. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG im Fall von Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des Çffentlichen Rechts entfllt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschften tragen, teilweise außer Kraft gesetzt.

21.22

Steuerlicher Querverbund gem. § 8 Abs. 9 KStG: Liegt eine Kapitalgesellschaft i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG vor, bestimmt § 8 Abs. 9 KStG, dass im Rahmen der Ermittlung des Gesamtbetrags der EinkÅnfte eine Trennung nach folgenden „Sparten“ zu erfolgen hat (vgl. § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1–3 KStG):

21.23

Nr. 1: Ttigkeiten, die bei einer AusÅbung durch die Çffentlich-rechtlichen KÇrperschaft als hoheitlich zu qualifizieren sind und Dauerverluste erzielen, sind jeweils gesondert zu erfassen; Nr. 2: Åbrige Dauerverlustgeschfte sind jeweils gesondert zu erfassen, soweit keine Zusammenfassung i.S.d. § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG erfolgt; Nr. 3: alle Åbrigen Ttigkeiten sind zusammen als einheitliche Sparte zu erfassen. Sinn und Zweck der sowohl im Wortlaut als auch in der praktischen Umsetzung extrem komplizierten gesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 9 KStG ist es letztlich, diejenigen Ttigkeiten, die im Interesse oder im Rahmen des hoheitlichen Auftrags des Çffentlich-rechtlichen Gesellschafters ausgeÅbt werden, im Rahmen der Ermittlung des Gesamtbetrags der EinkÅnfte „herauszupicken“ und der im brigen auf Ebene der Kapitalgesellschaft stattfindenden Verrechnung der Ergebnisse zu entziehen. Anwendung des § 8 Abs. 9 KStG beim Organtrger: In Bezug auf die Organschaft bestimmt § 15 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 KStG, dass die Sparten-Rechnung i.S.d. § 8 Abs. 9 KStG auf Ebene der Organgesellschaft keine Anwen1 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 62; vgl. auch Krmer in D/J/P/W, § 15 KStG, Rz. 95; Neumann in Gosch, KStG2, § 15 Rz. 41.

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21.24

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen

dung findet. Die Einkommensermittlung findet insoweit grundstzlich auf Ebene der Organgesellschaft ohne BerÅcksichtigung der Kriterien der Spartentrennung statt und wird dem Organtrger unter Verrechnung smtlicher Gewinne und Verluste aus den Ttigkeitsbereichen als Summe zugerechnet. Gemß § 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 KStG ist im nchsten Schritt zu prÅfen, ob in dem zugerechneten Einkommen der Organgesellschaft Einkommen einer Kapitalgesellschaft enthalten sind, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG anzuwenden ist. Aus dieser gesetzlich vorgesehenen Systematik zur Vornahme der Spartenrechnung ergeben sich mehrere Fragestellungen. Davon abgesehen ist vorab darauf hinzuweisen, dass die DurchfÅhrung der Spartenberechnung erst auf Ebene des Organtrgers im Regelfall nicht praktikabel ist und in der Praxis in Form einer Nebenrechnung durch eine vorgelagerte Spartenbetrachtung auf Ebene der Organgesellschaften ergnzt wird, die dann auf Ebene des Organtrgers zusammengefÅhrt wird. Die Vornahme der Spartenrechnung auf Ebene des Organtrgers ist gem. § 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 KStG (nur dann) vorzunehmen, wenn auf zugerechnete Einkommensteile die Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG Anwendung findet, dh. (begÅnstigte) Dauerverluste enthalten sind. Da die Vorschrift im ersten Schritt lediglich die Anwendung der Spartenrechnung i.S.d. § 8 Abs. 9 KStG auf Ebene des Organtrgers fÅr die zugerechneten Einkommensteile vorsieht, kÇnnte vertreten werden, dass eigene Einkommensteile des Organtrgers nicht in die Spartenrechnung einzubeziehen sind, falls der Organtrger keine EinkÅnfte i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG enthlt.1 Da die Vorschrift jedoch eine Anwendung des § 8 Abs. 9 KStG „bei der Ermittlung des Einkommens des Organtrgers“ vorsieht, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Vornahme der Spartenrechnung unter Einbeziehung smtlicher zugerechneter und eigener Einkommensteile unabhngig davon vorsieht, wo und in welcher HÇhe die begÅnstigten Dauerverluste angefallen sind.

21.25 Diese Sichtweise ist systematisch nicht nachvollziehbar und kann in der Praxis in Einzelfllen zu einem erheblichen Aufwand auf Ebene des Organtrgers fÅhren, der selbst Åber keine EinkÅnfte i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG verfÅgt, der in Bezug zum steuerlichen Nutzen in keinem Verhltnis steht. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass die Spartenrechnung einen bergang zur ttigkeitsbezogenen Betrachtung auf Ebene der Kapitalgesellschaft fÅhrt. Im Ergebnis ist ein Organtrger sogar dann gezwungen, smtliche Geschftsbereiche im Konzern der Ttigkeitsbetrachtung im Sinne der Spartenrechnung zu unterwerfen, obwohl lediglich auf Ebene einer Organgesellschaft ggf. geringfÅgige begÅnstigte Dauerverluste i.S.d. 1 Vgl. auch Heurung/Seidel, BB 2009, 1786; Krmer in D/J/P/W, § 15 KStG, Rz. 99.

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A. ffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil der Organschaft

§ 8 Abs. 7 Satz 2 KStG vorliegen. WÅnschenswert wre insoweit eine gesetzliche Anpassung oder Klarstellung der Finanzverwaltung, dass in diesen Fllen die von der betroffenen Organgesellschaft erstellte Spartenrechnung auf Ebene des Organtrgers zu berÅcksichtigen ist, ohne dass sich ein gesondertes Erfordernis auf Ebene des Organtrgers zur Aufstellung ergibt. Die Finanzverwaltung verlangt davon unabhngig die Vornahme der Spartenrechnung immer dann, wenn neben einer Ttigkeit i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG andere ggf. zusammenfassbare Ttigkeiten vorliegen.1 Nach der Regelung des § 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 KStG „ist § 8 Abs. 9 KStG bei der Ermittlung des Einkommens des Organtrgers anzuwenden“, sofern die Voraussetzungen des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG bei einer Organgesellschaft vorliegen.

21.26

Dies bedeutet, dass auf Organtrger-Ebene die Spartenrechnung fÅr das gesamte innerhalb des Organkreises zugerechnete und vom Organtrger selbst erzielte Einkommen durchzufÅhren ist. Auf dieser Ebene findet dementsprechend in einem ersten Schritt eine ttigkeitsbezogene Erfassung smtlicher Aktivitten statt, um in einem zweiten Schritt die Zuordnung zu den drei Kategorien i.S.d. § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 – 3 KStG sowie zu den innerhalb der Kategorien zu bildenden Sparten vornehmen zu kÇnnen. Der ttigkeitsbezogene Ansatz entspricht im Ergebnis einer „BgA-Betrachtung“, smtliche Aktivitten auf ihre „Nhe“ zum hoheitlichen Gesellschafter zu ÅberprÅfen und entsprechende Kategorien zu bilden. Dies beinhaltet die MÇglichkeit der Zusammenfassung unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 KStG sowie der BegÅnstigung i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG. Grundstzlich erfolgt diese Betrachtung losgelÇst von der Frage, welche Gesellschaft innerhalb des Organkreises die entsprechende Ttigkeit ausgeÅbt hat, in der Praxis ist im Regelfall – wie bereits erwhnt – eine erste PrÅfung auf Ebene der betroffenen Organgesellschaft empfehlenswert, um im zweiten Schritt die zusammengefÅhrten Kategorien unter BerÅcksichtigung des gesamten Organkreises zu prÅfen. Besonderheiten bei einem BgA als Organtrger: Handelt es sich bei dem Organtrger um einen BgA, ist eine Spartenbildung i.S.d. § 8 Abs. 9 KStG unter Einbeziehung der Ttigkeiten des Organtrgers grundstzlich nicht denkbar. Dies hat seinen Grund darin, dass § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG explizit abschließend Ttigkeiten von Kapitalgesellschaften einer gesonderten Spartenbetrachtung unterzieht. Eine ttigkeitsbezogene Spartenbetrachtung im Fall eines BgA ist systematisch nicht mÇglich, da es sich bei dem BgA bereits um eine rein ttigkeitsbezogene BesteuerungsgrÇße i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG handelt. 1 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 66.

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21.27

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen

Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist § 8 Abs. 9 KStG auch dann anzuwenden, wenn der Organtrger ein BgA ist.1 Dem kann bezogen auf das nicht zugerechnete, dh. eigene Einkommen des Organtrgers BgA nicht zugestimmt werden. Sowohl der Wortlaut des § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG als auch der Wortlaut des § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG setzen der Auslegung an dieser Stelle eine klare Grenze, die nach den allgemeinen rechtstaatlichen Auslegungsgrundstzen nicht Åberschritten werden kann. Der Tatbestand des § 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 KStG erfasst nach seinem Wortlaut das zugerechnete Einkommen von Kapitalgesellschaften, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG anzuwenden ist. § 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 KStG bestimmt, dass § 8 Abs. 9 KStG bei der Organgesellschaft nicht anzuwenden ist. § 15 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 KStG regelt, dass § 8 Abs. 9 KStG bei der Ermittlung des Einkommens des Organtrgers anzuwenden ist. § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG regelt, dass die Spartenrechnung bei Kapitalgesellschaften durchzufÅhren ist, fÅr die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG zur Anwendung kommt. Die Auslegung des Wortlauts ergibt, dass beim Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen auf Ebene des Organtrgers § 8 Abs. 9 KStG „bei der Ermittlung des Einkommens“ anzuwenden ist.

21.28 Dies kann nur bedeuten, dass die fÅr Kapitalgesellschaften aufgestellten Kriterien des § 8 Abs. 9 KStG zwar auf Ebene der Einkommensermittlung des Organtrgers heranzuziehen sind, eine Einbeziehung von eigenen BgA-EinkÅnften des Organtrgers in diese Betrachtung jedoch nicht erfolgt.2 Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass es zu einem „Hochziehen“ der Einkommensermittlung i.S.d. § 8 Abs. 9 KStG auf die Ebene des Organtrgers kommt, die Anwendbarkeit der Sparten-Ermittlungsprinzipien auf die BgA-EinkÅnfte ist jedoch nach dem klaren Wortlaut des § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG „gesperrt“.

B. GemeinnÅtzige KÇrperschaften mit partieller Steuerpflicht als Teil der Organschaft I. Besonderheiten der Organschaft im GemeinnÅtzigkeitsrecht 1. Partielle Steuerpflicht gemeinnÅtziger KÇrperschaften

21.29 KÇrperschaften kÇnnen unter bestimmten Bedingungen nach § 5 KStG von der KÇrperschaftsteuer und gem. § 3 GewStG von der Gewerbesteuer befreit sein (zB Pensions- und UnterstÅtzungskassen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 1 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 92; zustimmend Eversberg, DStZ 2012, 278. 2 Heurung/Seidel, BB 2009, 1786; Krmer in D/J/P/W, § 15 KStG Rz. 100.

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B. GemeinnÅtzige KÇrperschaften mit partieller Steuerpflicht

KStG oder Berufsverbnde gem. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG). Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind insbesondere auch KÇrperschaften, Personenvereinigungen und VermÇgensmassen, die nach ihrer Satzung, dem Stiftungsgeschft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatschlichen GeschftsfÅhrung entsprechend §§ 51 bis 68 AO ausschließlich und unmittelbar gemeinnÅtzigen, mildttigen oder kirchlichen Zwecken dienen, kÇrperschaftsteuer- und nach § 3 Nr. 6 GewStG auch gewerbesteuerbefreit. Die Steuerbefreiung ist aber insoweit ausgeschlossen als die gemeinnÅtzigen KÇrperschaften einen wirtschaftlichen Geschftsbetrieb – ausgenommen Land- und Forstwirtschaft – unterhalten (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 KStG bzw. § 3 Nr. 6 S. 2 GewStG, sog. partielle Steuerpflicht). Ein wirtschaftlicher Geschftsbetrieb ist nach der Legaldefinition des § 14 AO „eine selbstndige nachhaltige Ttigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die Åber den Rahmen einer VermÇgensverwaltung hinausgeht.“ Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist hierfÅr nicht erforderlich. Eine VermÇgensverwaltung liegt in Abgrenzung zum wirtschaftlichen Geschftsbetrieb in der Regel vor, wenn VermÇgen genutzt, zB KapitalvermÇgen verzinslich angelegt oder unbewegliches VermÇgen vermietet oder verpachtet wird (§ 14 S. 3 AO). GemeinnÅtzige KÇrperschaften sind also mit ihren wirtschaftlichen Geschftsbetrieben partiell steuerpflichtig, was in §§ 14, 64 AO nher ausgeformt ist.1 Unterhlt eine KÇrperschaft mehrere wirtschaftliche Geschftsbetriebe werden diese gem. § 64 Abs. 2 AO zusammengefasst. Mehrere wirtschaftliche Geschftsbetriebe bilden ertragsteuerlich sowie gemeinnÅtzigkeitsrechtlich damit eine Einheit.2 Ertragsteuerlich fÅhrt dies dazu, dass eine Gewinn- und Verlustverrechnung zwischen den einzelnen wirtschaftlichen Geschftsbetrieben mÇglich wird. Auch gemeinnÅtzigkeitsrechtlich ist bei einer KÇrperschaft, die mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschftsbetriebe unterhlt, fÅr die Frage, ob gemeinnÅtzigkeitsrechtlich schdliche Verluste vorliegen, nicht auf das Ergebnis des einzelnen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschftsbetriebs, sondern auf das zusammengefasste Ergebnis aller wirtschaftlichen Geschftsbetriebe abzustellen.3

21.30

2. GemeinnÅtzigkeitsrechtliche Grundstze Das Privileg der Steuerbefreiung ist bei gemeinnÅtzigen KÇrperschaften an zahlreiche Bedingungen geknÅpft. Insbesondere mÅssen gemeinnÅtzige KÇrperschaften selbstlos i.S.d. § 55 AO handeln (Grundsatz der Selbstlosigkeit). Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO dÅrfen gemeinnÅtzige KÇrperschaften die ihnen zur VerfÅgung stehenden Mittel ausschließlich fÅr satzungsgemße und damit gemeinnÅtzige Zwe1 Vgl. HÅttemann, GemeinnÅtzigkeits- und Spendenrecht3, Rz. 6.61 ff. 2 AEAO Nr. 11zu § 64 Abs. 2 AO; vgl. Buchna/Seeger/Brox, GemeinnÅtzigkeit im Steuerrecht10, S. 323 f. 3 AEAO Nr. 13 zu § 64 Abs. 2 AO.

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21.31

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen

cke verwenden (sog. Mittelverwendungsgebot). Es dÅrfen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 AO weder Mitglieder noch Gesellschafter Gewinnanteile oder sonstige Zuwendungen von der gemeinnÅtzigen KÇrperschaft erhalten. Dem Mittelverwendungsgebot des § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO entnehmen Rechtsprechung1 und Finanzverwaltung2 sowie Teile der Literatur3 zudem ein grundstzliches Verbot, Verluste in einem wirtschaftlichen Geschftsbetrieb mit gemeinnÅtzig zu verwendenden Mitteln auszugleichen. GemeinnÅtzigen KÇrperschaften ist es daher untersagt, Mittel aus den steuerbefreiten Bereichen zum Ausgleich von Verlusten aus dem wirtschaftlichen Geschftsbetrieb zu verwenden. Zu den Mitteln aus dem steuerbefreiten Bereich zhlen sowohl Mittel aus dem ideellen Bereich (zB Spenden, Mitgliedbeitrge) und Gewinne aus den Zweckbetrieben als auch berschÅsse aus der VermÇgensverwaltung.4 Die vorgenannten Grundstze sollen nicht nur fÅr wirtschaftliche Geschftsbetriebe, sondern auch fÅr steuerfreie vermÇgensverwaltende Ttigkeiten gemeinnÅtziger KÇrperschaften gelten, so dass auch der Ausgleich von Verlusten in der VermÇgensverwaltung durch gemeinnÅtzig gebundene Mittel (aus dem ideellen Bereich und dem Zweckbetrieb) einen Verstoß gegen die Selbstlosigkeit darstellen wÅrde.5 Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit kann die GemeinnÅtzigkeit und damit die Steuerbefreiung der (gemeinnÅtzigen) KÇrperschaft gefhrden.

21.32

3. Fragestellungen zur Organschaft im GemeinnÅtzigkeitsrecht Eine ertragsteuerliche (kÇrperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche) Organschaft nach §§ 14 ff. KStG und § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG bietet die MÇglichkeit einer rechtstrgerÅbergreifenden steuerlichen Gewinn- und Verlustverrechnung bei fortbestehender zivilrechtlicher Selbstndigkeit des Organtrgers und der Organgesellschaften.6 Besteht eine Organschaft, unterliegen die sog. Innenumstze auf Ebene der Organgesellschaft nicht der Ertragsbesteuerung, Verluste im Organkreis kÇnnen mit Gewinnen aus dem Organkreis verrechnet werden, dh. sie mindern das Einkommen des Organtrgers.7 1 BFH v. 13.11.1996 – I R 152/93, BStBl. II 1998, 711 = FR 1997, 231; v. 1.7.2009 – I R 6/08, BFH/NV 2009, 1837. 2 Vgl. AEAO Nr. 4 ff. zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO. 3 Statt vieler Buchna/Seeger/Brox, GemeinnÅtzigkeit im Steuerrecht10, S. 138 ff.; zum Diskussionstand HÅttemann, GemeinnÅtzigkeits- und Spendenrecht3, Rz. 6.13 ff. 4 Buchna/Seeger/Brox, GemeinnÅtzigkeit im Steuerrecht10, S. 138. 5 Vgl. AEAO Nr. 8 zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO; Buchna/Seeger/Brox, GemeinnÅtzigkeit im Steuerrecht10, S. 148. 6 HÅttemann in Herzig, Organschaft, 2003, S. 399 mwN. 7 Halaczinsky in Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnÅtziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des Çffentlichen Rechts6, Kap. I Rz. 2.

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B. GemeinnÅtzige KÇrperschaften mit partieller Steuerpflicht

Dies kann auch im gemeinnÅtzigen Bereich von Vorteil sein. So kÇnnte die Organschaft insbesondere dazu genutzt werden, um laufende Verluste in wirtschaftlichen Geschftsbetrieben oder dem Bereich der VermÇgensverwaltung einer gemeinnÅtzigen KÇrperschaft (zB Organtrger) mit Gewinnen aus Organgesellschaften abzudecken. Hierdurch kÇnnte ggf. vermieden werden, die Verluste mit gemeinnÅtzig gebundenen Mitteln ausgleichen zu mÅssen, was zu einer Gefhrdung der GemeinnÅtzigkeit fÅhren kÇnnte. Eine solche Ergebnisverrechnung setzt aber im Grundsatz die KÇrperschaft- und Gewerbesteuerpflicht des Organtrgers sowie der Organgesellschaften voraus. Insofern ist zu klren, ob und unter welchen Bedingungen gemeinnÅtzige KÇrperschaften als Organtrger in Betracht kommen. Zudem ist zu fragen, ob steuerbefreite KÇrperschaften Åberhaupt Organgesellschaften sein kÇnnen. Dabei sind die oben genannten Grundstze zur GemeinnÅtzigkeit (insb. der Grundsatz der Selbstlosigkeit und das Mittelverwendungsgebot) zu beachten.

II. Steuerbefreite KÇrperschaft als Organtrger 1. Organtrger bei partieller Steuerpflicht Nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 KStG muss der Organtrger eine „nicht von der KÇrperschaftsteuer befreite KÇrperschaft ...’’ sein. § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG verweist uneingeschrnkt auf die Regelungen der §§ 14 ff. KStG. Durch diese Voraussetzung soll sichergestellt werden, dass das Einkommen tatschlich der KÇrperschaftsteuer auf Ebene des Organtrgers unterliegt.1 Diesem Zweck entsprechend kann Organtrger tatschlich kein Rechtstrger sein, der insgesamt nicht steuerpflichtig ist, zB weil er vollstndig steuerbefreit ist. Das Erfordernis der Steuerpflicht des Organtrgers schließt dagegen die Organtrgereigenschaft persÇnlich steuerbefreiter KÇrperschaften fÅr den Fall nicht aus, dass eine partielle Steuerpflicht besteht und die Beteiligung an der Organgesellschaft in dem partiell steuerpflichtigen Bereich gehalten wird.2 In diesem Fall ist die Besteuerung der Gewinne der Organgesellschaft sichergestellt. FÅr gemeinnÅtzige Organtrger setzt dies voraus, dass die Beteiligung an der Organgesellschaft Teil des wirtschaftlichen Geschftsbetriebes i.S.d. § 14 AO sein muss.3

1 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 105a; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 266. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 105a; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 267; Milatz/Schfers, DB 2005, 1761; HÅttemann in Herzig, Organschaft, 2003, S. 399 f. 3 Ebenso BFH v. 20.8.2009 – V R 30/06, BStBl. II 2010, 863; Milatz/Schfers, DB 2005, 1761; HÅttemann in Herzig, Organschaft, 2003, S. 399 f.

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21.33

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen

In der Regel ist die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft aber dem Bereich der VermÇgensverwaltung zuzurechnen.1 Die Zuordnung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschftsbetrieb stellt die Ausnahme dar. Sie ist gegeben, wenn entweder ein Fall der Betriebsaufspaltung vorliegt, also eine sachliche und personelle Verpflechtung zwischen Besitz- und Betriebsgesellschaft gegeben ist.2 Ebenso soll nach hM in dem Fall, in dem die steuerbefreite KÇrperschaft (Organtrger) einen entscheidenden Einfluss auf die laufende GeschftsfÅhrung der Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) ausÅbt, die Beteiligung an dieser Kapitalgesellschaft dem wirtschaftlichen Geschftsbetrieb zuzuordnen sein.3 2. Partiell steuerpflichtiger Organtrger als gewerbliches Unternehmen

21.34 Als weiteres gesetzliches Merkmal setzt die kÇrperschaft- und gewerbesteuerliche Organschaft gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG, § 2 Abs. 2 GewStG voraus, dass es sich bei dem Organtrger um ein „gewerbliches Unternehmen“ handelt. Anders als im Fall der Çffentlich-rechtlichen KÇrperschaft ist es im Fall der steuerbefreiten Kapitalgesellschaft als Organtrger als ausreichend anzusehen, dass das Gesetz gem. § 2 Abs. 2 GewStG die Eigenschaft als Gewerbebetrieb fingiert. Als Gewerbebetrieb gilt gem. § 2 Abs. 3 GewStG auch die Ttigkeit sonstiger juristischer Personen des Privatrechts und der Vereine, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschftsbetrieb unterhalten. Es kommt insofern nicht darauf an, ob die KÇrperschaft eine originr gewerbliche Ttigkeit ausÅbt.4 Sofern also eine gemeinnÅtzige KÇrperschaft einen (steuerpflichtigen) wirtschaftlichen Geschftsbetrieb unterhlt, kann sie prinzipiell Organtrger sein, vorausgesetzt die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft ist dem wirtschaftlichen Geschftsbetrieb zuzuordnen.5

1 AEAO Nr. 3 zu § 64 Abs. 1 AO; vgl. auch statt vieler Buchna/Seeger/Brox, GemeinnÅtzigkeit im Steuerrecht10, S. 295 ff. 2 BFH v. 21.5.1997 – I R 164/94, GmbHR 1997, 1007 = BFH/NV 1997, 825; AEAO Nr. 3 zu § 64 Abs. 1 AO; FinMin. Bdb. v. 7.3.1996 – 35 - S 0171 - 6/96, DB 1996, 1161; Buchna/Seeger/Brox, GemeinnÅtzigkeit im Steuerrecht10, S. 309. Vgl. HÅttemann, GemeinnÅtzigkeits- und Spendenrecht3, Rz. 6.135 f. 3 BFH v. 30.6.1971 – I R 57/70, BStBl. II 1971, 753; AEAO Nr. 3 zu § 64 Abs. 1 AO; Buchna/Seeger/Brox, GemeinnÅtzigkeit im Steuerrecht10, S. 297; einschrnkend HÅttemann, GemeinnÅtzigkeits- und Spendenrecht3, Rz. 6.131. 4 Zur Diskussion vgl. Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 184 ff.; HÅttemann in Herzig, Organschaft, 2003, S. 401 f. 5 Ebenso Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 267; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 Rz. 57, Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 105a; HÅttemann in Herzig, Organschaft, 2003, S. 405; Milatz/Schfers DB 2005, 1761.

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B. GemeinnÅtzige KÇrperschaften mit partieller Steuerpflicht

3. VerlustÅbernahmeverpflichtung vs. Mittelverwendungsgebot Die BegrÅndung eines Organschaftsverhltnisses setzt gem. § 14 Abs. 1 KStG den Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrages zwischen dem Organtrger und der Organgesellschaft i.S.d. §§ 291 Abs. 1 AktG voraus, der entsprechend § 302 AktG auch zur steuerlichen Anerkennung eine VerlustÅbernahmeverpflichtung des Organtrgers beinhalten muss (§ 17 Nr. 2 KStG). Im Fall des gemeinnÅtzigen Organtrgers stellt sich die Frage, ob die im Rahmen des GewinnabfÅhrungsvertrags eingegangene Verpflichtung zur VerlustÅbernahme nicht einen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot i.S.d. § 55 Abs. 1 Satz 1 AO darstellt. Hiernach darf eine gemeinnÅtzige Einrichtung ihre Mittel nur fÅr die satzungsmßigen, gemeinnÅtzigen Zwecke und deshalb nicht zum Ausgleich von Verlusten im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschftsbetrieb verwenden.1 Prinzipiell ergeben sich bei der BegrÅndung einer Organschaft keine Unterschiede zum direkten Unterhalten eines wirtschaftlichen Geschftsbetriebs durch eine steuerbefreite KÇrperschaft. Damit steht die Vereinbarung der VerlustÅbernahmeverpflichtung nicht per se der GemeinnÅtzigkeit des Organtrgers entgegen.2 Es mÅssen aber die gemeinnÅtzigkeitsrechtlichen Grenzen und insbesondere die Grundstze zum Ausgleich von Verlusten aus wirtschaftlicher Bettigung (Mittelverwendungsgebot) beachtet werden.3 Die Grundstze der GemeinnÅtzigkeit, welche die Finanzverwaltung im Anwendungserlass zur Abgabenordnung nher ausgefÅhrt hat,4 stellen in der Praxis ein sehr enges Korsett dar, das im Fall des Auftretens von Verlusten auf Ebene der Organgesellschaft sehr schnell zu einer unmittelbaren Gefhrdung der GemeinnÅtzigkeit des Organtrgers fÅhren kann. Soweit die Organgesellschaft Gewinne erzielt und diese abfÅhrt, oder die Verluste aus der Organgesellschaft zumindest mit Gewinnen aus anderen wirtschaftlichen Geschftsbetrieben des Organtrgers (hierzu kÇnnten auch andere Organgesellschaften zhlen) ausgeglichen werden kÇnnen, ist die GemeinnÅtzigkeit des Organtrgers nicht gefhrdet. Sollten aber die Verluste in der Organgesellschaft mit gemeinnÅtzig gebundenen Mitteln ausgeglichen werden mÅssen, besteht ein hohes Risiko der Aberkennung der GemeinnÅtzigkeit des Organtrgers.5 1 S. Rz. 21.31; HÅttemann in Herzig, Organschaft, 2003, S. 402 f.; Milatz/Schfers DB 2005, 1761. 2 HÅttemann in Herzig, Organschaft, 2003, S. 405; Orth, Stiftung & Sponsoring 1999, Beilage zu Heft 5, S. 14 f. 3 Ebenso HÅttemann in Herzig, Organschaft, 2003, S. 405; Milatz/Schfers DB 2005, 1761. 4 AEAO Nr. 4 ff. zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO. 5 Zu den Ausnahmen vgl. AEAO Nr. 4 ff. zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO; statt vieler Buchna/Seeger/Brox, GemeinnÅtzigkeit im Steuerrecht10, S. 138 ff.; HÅttemann, GemeinnÅtzigkeits- und Spendenrecht3, Rz. 6.13 ff.

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21.35

Kapitel 21 Organschaft bei non-profit-Organisationen

Daher kann zwar grundstzlich auch eine gemeinnÅtzige KÇrperschaft Organtrger sein, vorausgesetzt sie unterhlt einen (steuerpflichtigen) wirtschaftlichen Geschftsbetrieb dem auch die Beteiligung an der Organgesellschaft zuzuordnen ist. Aufgrund des hohen Gefhrdungspotentials fÅr die GemeinnÅtzigkeit dÅrfte die Organschaft im Fall gemeinnÅtziger Trger nur in seltenen Fllen empfehlenswert sein. Beispiel: Ein gemeinnÅtziger Krankenhaustrger (zB in der Rechtsform einer Stiftung, GmbH oder eines Vereins) hlt mehrheitlich die Anteile an einer Service-GmbH, die den Betrieb der Kantine Åbernimmt. Die Rumlichkeiten werden der ServiceGmbH von dem Krankenhaustrger zur Nutzung Åberlassen. Es liegt aufgrund der personellen und sachlichen Verpflechtung ein Fall einer Betriebsaufspaltung vor. Die Beteiligung an der Service-GmbH ist dem wirtschaftlichen Geschftsbetrieb des gemeinnÅtzigen Krankenhaustrgers zuzuordnen.

Bei Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrages zwischen dem gemeinnÅtzigen Krankenhaustrger und der Service-GmbH i.S.d. §§ 291 Abs. 1 AktG kann der gemeinnÅtzige Krankenhaustrger als Organtrger sein. GemeinnÅtzigkeitsrechtlich ist darauf zu achten, dass die Service-GmbH keine Verluste erzielt, die mit gemeinnÅtzig gebundenen Mitteln ausgeglichen werden mÅssen.

III. Steuerbefreite KÇrperschaften als Organgesellschaft 21.36 Die §§ 14–19 KStG treffen keine Regelung dazu, ob eine nach § 5 KStG steuerbefreite Kapitalgesellschaft Organgesellschaft sein kann.1 In seinem zur Gewerbesteuer ergangenen Urteil vom 9.10.1974 hat der BFH diese Frage ausdrÅcklich offen gelassen.2 Sie scheint aber ohnehin eher akademischer Natur zu sein.3 Die Organgesellschaft muss sich im Rahmen des GewinnabfÅhrungsvertrages i.S.d. § 291 AktG verpflichten, ihren gesamten Gewinn an den Organtrger abzufÅhren. Handelt es sich bei dem Organtrger um ein gewerbliches, nicht steuerbefreites Unternehmen, wÅrde die GewinnabfÅhrung der gemeinnÅtzigen KÇrperschaft regelmßig gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO und das Mittelverwendungsgebot (Rz. 21.31) verstoßen.4 Hiernach darf eine gemeinnÅtzige Einrichtung ihre Mittel nur fÅr die satzungsmßigen, gemeinnÅtzigen Zwe1 Zur Diskussion Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 184; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 97. 2 BFH v. 9.10.1974 – I R 5/73, BStBl. II 1975, 179. 3 DÇtsch in D/J/P/W, § 14 KStG Rz. 58. 4 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 184; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG3, § 14 KStG Rz. 32; DÇtsch in D/J/P/W, § 14 KStG Rz. 58; HÅttemann in Herzig, Organschaft, 2003, S. 403; MÅller in MÇssner/Seeger, KStG2, § 14 Rz. 73; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 102 wenn der Organtrger ein gewerbliches Unternehmen ist; Milatz/Schfers DB 2005, 1761.

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B. GemeinnÅtzige KÇrperschaften mit partieller Steuerpflicht

cke verwenden. Auch wÅrde die GewinnabfÅhrung einen Verstoß gegen das Verbot des § 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 AO darstellen, Mitgliedern oder Gesellschaftern Gewinnanteile oder sonstige Vorteile zuzuwenden. Etwas anderes kÇnnte zwar gelten, wenn es sich bei dem Organtrger um eine ebenfalls gemeinnÅtzige KÇrperschaft handelt, deren Mittel ebenfalls dem gemeinnÅtzigen Verwendungsgebot (Mittelverwendungsgebot) unterliegen.1 Allerdings wird dieser Sachverhalt in der Praxis kaum darstellbar sein. Eine gemeinnÅtzige KÇrperschaft kann nur Organtrger sein, wenn sie einen (steuerpflichtigen) wirtschaftlichen Geschftsbetrieb unterhlt, dem auch die Beteiligung an der Organgesellschaft zuzuordnen ist. Daher fließen die Mittel der Organgesellschaft zumindest in einem ersten Schritt in den wirtschaftlichen Geschftsbetrieb des gemeinnÅtzigen Organtrgers. Es ist damit in der Regel nicht sichergestellt, dass die Mittel gemeinnÅtzigen Zwecken zu Gute kommen, zumal entsprechend § 64 Abs. 2 AO die MÇglichkeit besteht, dass Gewinne der Organgesellschaft mit Verlusten aus anderen wirtschaftlichen Geschftsbetrieben verrechnet werden. Aus gleichem Grund lsst sich auch regelmßig weder aus der Regelung des § 58 Nr. 1 AO noch § 58 Nr. 2 AO die Tauglichkeit einer gemeinnÅtzigen Kapitalgesellschaft als Organgesellschaft rechtfertigen.2 Zwar ist es hiernach unter gewissen Voraussetzungen gemeinnÅtzigkeitsrechtlich unschdlich, wenn eine gemeinnÅtzige KÇrperschaft Mittel an eine andere gemeinnÅtzige KÇrperschaft weitergibt. HierfÅr ist aber ua. erforderlich, dass die Mittel zur Verwirklichung „steuerbegÅnstigter Zwecke“ zugewendet werden. Dies ist regelmßig nicht sichergestellt, wenn der Organtrger steuerpflichtig oder auch nur partiell steuerpflichtig mit seinem wirtschaftlichen Geschftsbetrieb ist, was aber nach hier vertretener Ansicht notwendige Eigenschaft des gemeinnÅtzigen Organtrgers ist.

21.37

IV. Fazit/Zusammenfassung – GemeinnÅtzige KÇrperschaften mit partieller Steuerpflicht als Teil der Organschaft Auch eine gemeinnÅtzige KÇrperschaft kann prinzipiell Organtrger sein, vorausgesetzt die Beteiligung an der Organgesellschaft ist dem (steuerpflichtigen) wirtschaftlichen Geschftsbetrieb zugeordnet. Allerdings sind die gemeinnÅtzigkeitsrechtlichen Grundstze zu beachten. Es kann zu einer gemeinnÅtzigkeitsrechtlichen Gefhrdung des Organtrgers kommen, wenn Verluste der Organgesellschaft mit gemeinnÅtzig gebundenen Mitteln ausgeglichen werden (mÅssen). Als Organgesellschaft kommt eine gemeinnÅtzige KÇrperschaft dagegen regelmßig nicht in Betracht.

1 So wohl Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 102. 2 HÅttemann in Herzig, Organschaft, 2003, S. 403; Milatz/Schfers, DB 2005, 1761.

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21.38

Kapitel 22 Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

A. Entwicklung der umsatzsteuerlichen Organschaft I. Abgrenzung zur ertragsteuerlichen Organschaft 22.1 Im Rahmen des uneinheitlichen deutschen Organschaftsrechts unterliegt die umsatzsteuerliche Organschaft seit lngerer Zeit eigenen rechtlichen Voraussetzungen und fÅhrt zu eigenen umsatzsteuerlichen Rechtsfolgen (Rz. 1.2; Rz. 1.9). Die Tatbestandsmerkmale der umsatzsteuerlichen Organschaft entsprechen nicht (mehr) denen des Ertragsteuerrechts.1 Seit dem Jahr 1968 hat zudem das sekundre Unionsrecht Einfluss auf das deutsche Organschaftsrecht. (Auch) insoweit nimmt das Umsatzsteuerrecht eine Sonderstellung ein. Bei der bertragung von ertragsteuerrechtlichen berlegungen auf die Umsatzsteuer ist insoweit Vorsicht geboten. Oder Åberspitzt gesagt: Bei der Umsatzsteuer ist (fast) immer (fast) alles anders ...

II. Die Rechtsprechung des RFH 22.2 Das Institut der Organschaft bei der Umsatzsteuer blickt im nationalen Recht auf eine sehr lange, aber durchaus wechselvolle Tradition zurÅck, die es bei der Beleuchtung aktueller Fragen im Blick zu behalten gilt, weil das historische „Grundverstndnis“ der Organschaft teilweise bis heute nachwirkt.

22.3 Unter der Geltung der ersten reichsweiten Vorschriften zur Umsatzsteuer beruhte das Institut der Organschaft zunchst allein auf einer RechtsschÇpfung des RFH, wobei diese eher wirtschaftlich begrÅndet wurde: Der RFH fÅhrte – gestÅtzt darauf, dass bei natÅrlichen Personen eine Abhngigkeit gegenÅber einem Arbeitgeber mÇglich sei2 – unter Berufung auf frÅhere Rechtsprechung des Preußischen OVG aus, dass – ausnahmsweise – auch eine „Abhngigkeit“ bei einer juristischen Person mÇglich sei, wenn ihre Ttigkeit im „Organismus“ eines Unternehmens so ausgeÅbt werde, dass die ttige Person in der Bettigung ihres geschftlichen Willens unter der „Leitung“ des Unternehmers stehe, wofÅr der Unternehmer die MÇglichkeit der „maßgebenden“ Einwirkung auf die physischen 1 Zutreffend UStAE 2.8 Abs. 3; s. auch BFH v. 5.12.2007 – V R 26/06, BStBl. II 2008, 451 = GmbHR 2008, 331 m. Anm. Binnewies = UR 2008, 259 m. Anm. Hidien. 2 RFH v. 12.5.1920 – II A94/20, RFHE 2, 339 (340), zu angestellten Bezirksschornsteinfegern – Selbstndigkeit bejahend; v. 17.5.1921 – II A 65-71/21, BFHE 5, 317, zu „Winzerwirten“.

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| Treiber

A. Entwicklung der umsatzsteuerlichen Organschaft

Vertreter der juristischen Person haben mÅsse (Abhngigkeit „wirtschaftsorganisatorischer“ Art).1 Die Entstehung der Organschaft beruhte danach auf einer (aus heutiger Sicht mÇglicherweise zu) engen Definition des Tatbestandsmerkmals der „Selbstndigkeit“. Der II. Senat des RFH ließ zunchst offen, mit welchen Folgen eine umsatzsteuerliche Organschaft mÇglich sei.2 Auch der V. Senat des RFH betonte anfangs, dass im Verhltnis von Gesellschaften mit demselben Gesellschafter (auch) das Umsatzsteuerrecht die bÅrgerlich-rechtliche „Sonderung“ des VermÇgens (auch) gegenÅber dem Gesellschafter grundstzlich anerkennen mÅsse.3 Spter hat er daran so nicht mehr festgehalten, sondern strker wirtschaftlich argumentiert.4 In der Folgezeit wurden durch die Rechtsprechung des RFH drei Eingliederungsvoraussetzungen (finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische „Abhngigkeit“) herausgearbeitet, die kumulativ vorliegen mussten.5 Entsprechend wurde bereits vom RFH eine MehrmÅtterorganschaft abgelehnt.6 Bestand eine Organschaft, war die Organgesellschaft – anders als eine natÅrliche Person – insgesamt nicht mehr selbstndig.7

22.4

III. Kodifikation durch das UStG 1934 und weitere Rechtsentwicklung bis zum UStG 1951 Der Gesetzgeber des UStG 1934 kodifizierte diese Rechtsprechung durch § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1934:8 Danach wurde die unternehmerische Ttigkeit nicht selbstndig ausgeÅbt, „wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen hat“. Die Umsatzsteuer-DurchfÅhrungsbestimmungen legten fest, dass dies dann der Fall sei, wenn die juristische Person nach dem Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des beherrschenden Unternehmers eingegliedert ist. Die Gesetzesvorschrift war zunchst eigentlich nur deklarato1 RFH v. 6.10.1920 – II 141/20, RFHE 3, 290 (291, 294). 2 So noch RFH v. 6.10.1920 – II A 189/20, RFHE 3, 281 (283 f.). 3 So RFH v. 10.10.1921 – V A 12/21, RFHE 7, 207 (208 ff.), zum UStG 1918 und der Besteuerung von Umstzen zwischen Schwester-OHGs. 4 Einschrnkend bereits RFH v. 5.5.1922 – V A 218/21, RFHE 10, 101 (102), das wirtschaftliche Grundstze betont; in der Sache Organschaft einer Tochtergesellschaft als „Organismus“ der Muttergesellschaft bejahend RFH v. 14.12.1923 – V A 141 und 150/23, RFHE 13, 146 (147 f., 149 f., 152); die frÅhere Rechtsprechung ausdrÅcklich aufgebend RFH v. 26.9.1927 – V A 417/27, RFHE 22, 69. 5 Vgl. RFH v. 3.11.1933 – V A 867/32, RFHE 34, 320 (323 f.); v. 23.2.1934 – V A 480/33, RFHE 36, 39 (42 f.). 6 RFH v. 23.2.1934 – V A 480/33, RFHE 36, 39 (43); s. zur Notwendigkeit einer Ober- bzw. Muttergesellschaft bereits RFH v. 14.12.1925 – V A 185/25, RFHE 18, 75 (78). 7 RFH v. 28.1.1938 – V 386/37, RFHE 43, 153 (154). 8 RGBl. I 1934, 942.

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22.5

Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

risch. Dies lsst sich ua. daran erkennen, dass der RFH – und ihm folgend zunchst auch der BFH – die im Jahr 1927 entwickelte Rechtsfigur der Unselbstndigkeit bei „Unternehmereinheit“ bis 1978 beibehalten und auf „organschaftshnliche Verhltnisse“ ausgeweitet hat, obwohl der Gesetzgeber diese Rechtsfigur im Jahr 1934 nicht kodifiziert hatte.1 Danach konnten ua. in gleicher Weise untergeordnete Personengesellschaften mit einem Åbergeordneten Unternehmer in einem „organschaftshnlichen Verhltnis“ stehen.

22.6 Nach Ende des 2. Weltkriegs beschrnkten die Alliierten durch Art. II des Kontrollratsgesetzes Nr. 152 – gemß dem Wortlaut nur teilweise – die Wirkungen der Organschaft, ohne diese gnzlich aufzuheben. § 2 Abs. 2 UStG 1934 „trat außer Kraft“ bzw. „wurde nach Maßgabe der Vorschriften ... gendert“. Allerdings ließ der BFH stattdessen – gestÅtzt auf Rechtsprechung des RFH – die sog. „Unternehmereinheit“3 auch zwischen juristischen Personen zu.4 Zum 1.4.1958 wurde schließlich5 die Organschaft wieder eingefÅhrt.

22.7 Diese genÅgte nach den Feststellungen des BVerfG6 der „Steuergerechtigkeit“ insoweit nicht, als das UStG die Außenumstze der einstufigen Unternehmen den Außenumstzen der mehrstufigen Unternehmen ausnahmslos gleichstellte; allerdings erklrte das BVerfG weder das UStG insgesamt noch speziell § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG fÅr verfassungswidrig, sondern gab dem Gesetzgeber lediglich auf, eine umfassende Umsatzsteuerreform vorzunehmen, um die Benachteiligung einstufiger Unternehmen zu beseitigen: Die vorlufige Beibehaltung der Organschaft bis zur Neuregelung sei geboten, weil sonst bei großen mehrstufigen Unternehmensgebilden die Einheitsgesellschaften vor den Konzernen ohne zureichenden Grund begÅnstigt und damit wirtschaftlich gleiche Vorgnge nur wegen ihrer formalrechtlich verschiedenen Ausgestaltung verschieden behandelt wÅrden. Durch den geplanten Vorsteuerabzug werde die wettbewerbsbeeintrchtigende Wirkung „entschrft“.7

22.8 Vollstndig beseitigt worden ist diese Ungleichbehandlung allerdings nach wie vor nicht; sie besteht vielmehr dort, wo der Vorsteuerabzug ganz

1 Vgl. zur Rechtsprechungsgeschichte die BFH v. 7.12.1978 – V R 22/74, BStBl. II 1979, 356; v. 8.2.1979 – V R 101/78, BStBl. II 1979, 362; v. 16.11.1978 – V R 22/73, BStBl. II 1979, 347; v. 23.11.1978 – V R 36/78, BStBl. II 1979, 350 und BFH v. 30.11.1978 – V R 29/73, BStBl. II 1979, 352, mit denen der BFH diese Rechtsprechung aufgegeben hat. 2 ABl. d. Alliierten Hohen Komm. 1946, 75. 3 Zum Begriff s. zB Hartmann, Die Vereinbarkeit der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft mit dem Europischen Unionsrecht, S. 25 f. unter B.I. 4 BFH v. 8.2.1955 – V 162/52 S, BStBl. III 1955, 113. 5 Durch das Neunte Gesetz zur nderung des UStG, BGBl. I 1957, 1743. 6 BVerfG v. 20.12.1966 – 1 BvR 70/63, BVerfGE 21, 12 = BStBl. III 1967, 7. 7 BVerfG v. 20.12.1966 – 1 BvR 70/63, BVerfGE 21, 12 = BStBl. III 1967, 7, unter B.III.2.

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A. Entwicklung der umsatzsteuerlichen Organschaft

oder teilweise ausgeschlossen ist, bis heute unverndert fort. Konzerne, die zB umsatzsteuerfreie Bank- oder Versicherungsumstze ausfÅhren, werden – je nach Unternehmensstruktur – nach wie vor unterschiedlich besteuert. Insoweit ist dieser rechtliche Gesichtspunkt zur Erfassung des Zwecks der Vorschrift auch heute noch von Bedeutung.

IV. UStG 1967 und Zweite Richtlinie 67/228/EWG Das Jahr 1967 brachte eine dogmatisch zentrale Rechtsnderung, ohne dass dies bei der Organschaft zunchst groß aufgefallen sein mag. Das UStG 19671 Åbernahm nmlich zum 1.1.1968 in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG im Kern die Organschaftsregelung des UStG 1934/1951.2

22.9

Jedoch wurde mit der Zweiten Richtlinie 67/288/EWG3 der Weg hin zu einem harmonisierten gemeinsamen Mehrwertsteuersystem eingeschlagen, der auch Auswirkungen fÅr die Organschaft brachte: Gemß Art. 4 der Richtlinie 67/228/EWG galt als „Steuerpflichtiger“, wer regelmßig mit oder ohne Absicht, Gewinn zu erzielen, selbstndig Leistungen erbringt, die zu den Ttigkeiten eines Erzeugers, Hndlers oder Dienstleistenden gehÇren. Im Anhang A Nr. 2, der Bestandteil der Richtlinie 67/228/EWG war und ua. Auslegungsfragen enthielt,4 war dazu weiter bestimmt, dass der Begriff „selbstndig“ es den einzelnen Mitgliedstaaten gestattet, Personen, die „zwar rechtlich unabhngig, aber durch finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen untereinander verbunden“ sind, nicht „getrennt als mehrere Steuerpflichtige, sondern zusammen als einen Steuerpflichtigen“ zu behandeln. Der Mitgliedstaat, der eine solche Regelung beabsichtigte, hatte eine Konsultation durchzufÅhren. Die umsatzsteuerliche Organschaft ist deshalb seither nicht (mehr) nur am nationalen Verfassungsrecht, sondern auch am sekundren Unionsrecht zu messen.

22.10

Man kann zwar auch hier davon sprechen, dass der Gesetzgeber das Unionsrecht nur dadurch „umgesetzt“ hat, dass er seine bisherigen Regelungen im Wesentlichen unverndert weitergefÅhrt hat.5 Allerdings ist dies

22.11

1 BGBl. I 1967, 545. 2 Einzig eine zwischenzeitliche ErhÇhung der Beteiligungsquote fÅr die finanzielle Eingliederung wurde von zwischenzeitlich 75 % wieder auf mehr als 50 % abgesenkt. 3 Zweite Richtlinie 67/228/EWG des Rates v. 11.4.1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Åber die Umsatzsteuern – Struktur und Anwendungsmodalitten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (ABl. EG Nr. 71 v. 14.4.1967, S. 1303). 4 So der letzte Erwgungsgrund der Richtlinie 67/228/EWG. 5 So zB BFH v. 18.8.2005 – V R 71/03, BStBl. II 2006, 143 = UR 2006, 166 m. Anm. Heidner, unter II.2.c; v. 16.10.2013 – XI R 19/11, BFH/NV 2014, 190, Rz. 20.

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Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

hier nicht als Kritik am Gesetzgeber zu verstehen: Die RichtlinienbegrÅndung der Kommission1 verwendete nmlich fÅr die geschaffene Option den Begriff „Organschaft“ und fÅhrte aus, dass bei „sauberer“ Anwendung eine Organschaft keine Vorteile in „wettbewerblicher“ Sicht biete. Es schienen daher keine „grÇßeren Nachteile“ vorhanden zu sein, wenn bestimmte Mitgliedstaaten weiterhin die „Organschaft“ als einen Steuerpflichtigen ansehen. Die RichtlinienbegrÅndung legt also nahe, dass die WeiterfÅhrung der bisherigen nationalen Regelungen von der Kommission als zulssig angesehen wurde. Die Gruppenbesteuerung war auch unionsrechtlich (noch) ein Unterfall fehlender Selbstndigkeit.

V. Rechtsentwicklung seit 1980 22.12 § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1980 Åbernahm die Organschaftsregelung des UStG 1967 unverndert. Zum 1.1.1987 wurde durch das Steuerbereinigungsgesetz 19862 – auf Klage der Kommission (Rz. 22.71) – die Wirkung der Organschaft auf das Inland (damals: Erhebungsgebiet) beschrnkt.

22.13 Das Unionsrecht wurde durch die Sechste Richtlinie 77/388/EWG3 dahin gehend gendert, dass Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/ EWG den unionsrechtlichen Rahmen vernderte: Vorbehaltlich einer Konsultation, die Deutschland durchgefÅhrt hat,4 stand es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansssige Personen, die zwar rechtlich unabhngig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. Diese Bestimmung wurde im Jahr 20065 dahin gehend inhaltlich ergnzt, dass ein Mitgliedstaat, der die in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 Richtlinie77/388/EWG vorgesehene MÇglichkeit in Anspruch nimmt, die erforderlichen Maßnahmen treffen kann, um Steuerhinterziehung oder -umgehung durch die Anwendung dieser Bestim-

1 Unterrichtung der gesetzgebenden KÇrperschaften gem. Art. 2 des Gesetzes zu den GrÅndungsvertrgen der Europischen Gemeinschaften v. 3.5.1965, BTDrucks. IV/3335, 14, zu Art. 2. 2 BGBl. I 1985, 2436. 3 Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates v. 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Åber die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. EG Nr. L 145 v. 13.6.1977, S. 1). 4 Vgl. BFH v. 19.10.1995 – V R 71/93, UR 1996, 266 = BFH/NV 1996, 273, unter II.3. 5 Richtlinie 2006/69/EG v. 24.7.2006 zur nderung der Richtlinie 77/388/EWG hinsichtlich bestimmter Maßnahmen zur Bekmpfung der Steuerhinterziehung oder -umgehung, zur Vereinfachung der Erhebung der Mehrwertsteuer sowie zur Aufhebung bestimmter Entscheidungen Åber die Genehmigung von Ausnahmeregelungen (ABl. EG Nr. L 221 v. 12.8.2006, S. 9).

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B. Zweck der umsatzsteuerlichen Organschaft

mung vorzubeugen. Die Gesamtregelung in dieser Form wurde sodann nach Art. 11 Abs. 1 und 2 MwStSystRL1 Åbernommen.

B. Zweck der umsatzsteuerlichen Organschaft Macht man sich anhand dieser Rechtsentwicklung auf die Suche, welcher Zweck mit der Organschaft (noch) verfolgt wird, stÇßt man auf ein MotivbÅndel: Nationaler Gesetzgeber wie Richtliniengeber betonen, die Regelung verfolge seit EinfÅhrung des UStG 1967 (wegen der MÇglichkeit zum Vorsteuerabzug) nur noch einen Vereinfachungszweck. Der Finanzausschuss des Bundestags2 gab an, er habe das Institut der Organschaft zur Vermeidung unnÇtiger Verwaltungsarbeit in der Wirtschaft beibehalten. Steuerliche Auswirkungen seien mit der Organschaft wegen des Vorsteuerabzugs grundstzlich nicht verbunden. hnlich gab die Kommission3 an, die Bestimmung Åber die Mehrwertsteuer-Gruppen sei fÅr die Zwecke der Verwaltungsvereinfachung bzw. der Bekmpfung unlauterer Praktiken geschaffen worden (Rz. 1.62).4 Teilweise wird in der Vorschrift auch ein verkapptes Haftungsinstrument gesehen.5

22.14

Dabei kommt zu kurz, dass die Organschaft nach wie vor auch das Ziel der Gleichbehandlung verfolgt: Durch die Organschaft wird – wenn auch zugegebenermaßen recht unvollkommen – verhindert, dass nicht zum (vollen) Vorsteuerabzug berechtigte Einheitsgesellschaften gegenÅber Organkreisen ohne zureichenden Grund begÅnstigt und damit wirtschaftlich gleiche Vorgnge nur wegen ihrer formal unterschiedlichen Ausgestaltung verschieden besteuert werden. Dies betrifft zwar nicht mehr alle Unternehmer, aber immer noch sehr viele, die in ganz erheblicher Zahl die Organschaft als Gestaltungsmittel zur Minimierung nicht abziehbarer Vorsteuer nutzen. Benachteiligt bleiben allerdings mehrstufige Unternehmensstrukturen, die die Tatbestandsmerkmale der Organschaft nicht erfÅllen, und deshalb anders als Einheitsgesellschaften und Organkreise besteuert werden. Wollte man diese Benachteiligung beseitigen, mÅsste man gemß der Option des Art. 18 MwStSystRL Innenumstze wie Umstze zwischen selbstndigen Unternehmern besteuern, wenn kein Recht zum vollen Vorsteuerabzug besteht, und zwar nicht nur in Organkreisen, sondern auch bei Einheitsgesellschaften.

22.15

1 Richtlinie 2006/2112/EG des Rates v. 28.11.2006 Åber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. EG Nr. L 347 v. 11.12.2006, S. 1). 2 BT-Drucks. V/1581, S. 10 f., zu § 2. 3 Mitteilung der Kommission an das Europische Parlament und den Rat Åber die Option der Mehrwertsteuer-Gruppe gem. Art. 11 MwStSystRL (nationale Organschaftsregelungen), UR 2009, 632, unter 2. 4 Ebenso EuGH v. 9.4.2013 – C-85/11 – Kommission/Irland, UR 2013, 418 = DStR 2013, 806, Rz. 47. 5 Stadie in Rau/DÅrrwchter, UStG, § 2 Rz. 824 f.

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Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

22.16 Man mag diesen gleichheitsrechtlichen Zweck argumentativ auf nationales Verfassungsrecht,1 den Grundsatz der Neutralitt der Mehrwertsteuer oder den unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz2 stÅtzen. Fest steht mE, dass sich aus einer geglÅckten Organschaft fÅr Steuerpflichtige erhebliche steuerliche Vorteile und aus einer verunglÅckten Organschaft erhebliche steuerliche Nachteile ergeben kÇnnen, die das Prinzip der Neutralitt gefhrden und Einfluss auf den steuerlichen Wettbewerb zwischen Unternehmen und Mitgliedstaaten haben kÇnnen.3 Durch eine vom EuGH fÅr mÇglich gehaltene Einbeziehung von Nichtsteuerpflichtigen in den Organkreis4 wird der potentielle Vorteil respektive Nachteil noch vergrÇßert.

22.17 Angesichts von mittlerweile Åber 300 Entscheidungen zu § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG5 und zahlreichen trotzdem nach wie vor ungeklrten Rechtsfragen wird eine Vereinfachung durch die Organschaft tatschlich oftmals kaum erreicht.6 Vielmehr wird die Organschaft bereits teilweise als „strukturelle Rechtsunsicherheit“ bezeichnet (Rz. 1.19). Schon mancher Organtrger dÅrfte eine ihm gegen seinen Willen angediente „Vereinfachung“ als Danaergeschenk empfunden haben, zumal diese „Vereinfachung“ fÅr ihn mitunter im Einzelfall strafrechtliche Bedeutung haben kÇnnte.7

22.18 Deutlich machen mag die Zweifel an einer Vereinfachung auch die vom EuGH gebilligte Regelung Irlands,8 dass Nichtsteuerpflichtige Mitglieder der Mehrwertsteuergruppe sein kÇnnen. WÅrden zB nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ein gemeinnÅtziger Verein mit ausschließlich nichtwirtschaftlicher Ttigkeit und eine wirtschaftliche ttige GmbH, an der der Verein mehr1 BVerfG v. 20.12.1966 – 1 BvR 70/63, BVerfGE 21, 12 = BStBl. III 1967, 7. 2 EuGH v. 25.4.2013 – C-480/10 – Kommission/Schweden, UR 2013, 423 m. Anm. Hamacher/Dahm = BFH/NV 2013, 1212, Rz. 17. 3 Zutreffend Kommission, UR 2009, 632, unter 1.; Klenk in SÇlch/Ringleb, UStG, § 2 Rz. 90, mwN.; Generalanwalt Jskinen hat in Rz. 45 seiner Schlussantrgen vom 27.11.2012 C-85/11 – Kommission/Irland unter Verweis auf die Auffassung der Kommission ausgefÅhrt, diese Vorteile seien einfach die zwangslufige Konsequenz der „grundlegenden steuerpolitischen Entscheidung“ eines Mitgliedstaats, Mehrwertsteuergruppen zuzulassen. Dies beantwortet jedoch nicht die Frage nach der rechtlichen Zulssigkeit. 4 So EuGH v. 9.4.2013 – C-85/11 – Kommission/Irland, UR 2013, 418 = DStR 2013, 806. 5 Zhlung nach juris, Stand Mai 2015. 6 Aufgrund der weitgehenden Unanwendbarkeit der Mindestbemessungsgrundlage auf Umstze zwischen voll zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern (vgl. EuGH v. 26.4.2012 – C-621/10, C-129/11 – Balkan and Sea Property, HFR 2012, 675; BFH v. 5.6.2014 – XI R 44/12, UR 2014, 700 = DStR 2014, 1673; aA BFH v. 24.1.2008 – V R 39/06, BStBl. II 2009, 786 = UR 2008, 342, bei Vorsteuerbetrgen, die der Berichtigung nach § 15a UStG unterliegen), stellte diese fÅr den „Normalfall“, der zur BegrÅndung des Vereinfachungszwecks herangezogen wird, kein Argument gegen eine Abschaffung mehr dar. 7 Vgl. BGH v. 19.3.2013 – 1 StR 318/12, wistra 2013, 463, unter II.1. 8 EuGH v. 9.4.2013 – C-85/11 – Kommission/Irland, DStR 2013, 806.

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C. Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft

heitlich beteiligt ist, deren GeschftsfÅhrer der Vereinsvorstand ist und die bisher ausschließlich steuerpflichtige Ausgangsumstze (ua. an den Verein) ausgefÅhrt und dadurch den Vereinszweck gefÇrdert hat, (zwingend?) eine Organschaft bilden (Rz. 22.25 ff.), mÅssten zB im Bereich der Vorsteuer mÇglicherweise Eingangsleistungen des Vereins auf ihre Abziehbarkeit untersucht und jedenfalls ein AufteilungsschlÅssel auf wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Ttigkeiten gefunden werden, dessen es vorher nicht bedurfte. Von einer „Vereinfachung“ kann mE nicht die Rede sein. Sollte die Organschaft tatschlich nur der Vereinfachung dienen, kÇnnten Richtliniengeber bzw. Gesetzgeber erwgen, sie wegen Zweckverfehlung – aus VereinfachungsgrÅnden – ersatzlos aufzuheben.1 Zweck einer solchen Regelung kann allerdings die Gleichbehandlung sein. Der Verein, der seine wirtschaftliche Ttigkeit in eine GmbH auslagert, soll nicht gegenÅber dem Verein benachteiligt werden, der dieser zulssigerweise selbst nachgeht. Dieser Zweck ist nach wie vor aktuell, wenn auch seinerseits gleichheitsrechtlich nicht unproblematisch.2

22.19

C. Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft I. Nationales Recht und Unionsrecht Betrachtet man die Tatbestandsmerkmale des heutigen § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG und vergleicht diese mit Art. 11 MwStSystRL, fallen schon auf den ersten Blick erhebliche Unterschiede ins Auge, die die Frage aufwerfen, ob sie mit Unionsrecht vereinbar sind. Deshalb wird im Folgenden jeweils zunchst fÅr jedes Tatbestandsmerkmal dargestellt, welche Anforderungen das nationale Recht an das Vorliegen einer Organschaft stellt, dem das Unionsrecht gegenÅbergestellt und sodann erÇrtert, ob die bisherige nationale Sicht Bedenken begegnet.

22.20

II. MÇgliche Beteiligte des Organkreises bei der Umsatzsteuer 1. Nationales Recht § 2 Abs. 2 UStG verlangt in seinem Einleitungssatz zunchst, dass eine „gewerbliche oder berufliche Ttigkeit“ (i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 UStG) ausgeÅbt wird. Diese wird nicht selbstndig ausgeÅbt, wenn eine „juristische Person“ in das „Unternehmen“ des „Organtrgers“ (in einer

1 Diese Forderung erhebt im Ergebnis Hartmann, Die Vereinbarkeit der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft mit dem Europischen Unionsrecht, S. 232 ff. (235). 2 BVerfG v. 20.12.1966 – 1 BvR 70/63, BVerfGE 21, 12 = BStBl. III 1967, 7.

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22.21

Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

unter Rz. 22.38 ff. noch darzustellenden Weise) eingegliedert ist. Daraus folgen in personeller Hinsicht vier personelle Voraussetzungen: – Organgesellschaft kann nur eine juristische Person sein (Rz. 22.22 ff.); – die Organgesellschaft muss Unternehmerin sein (Rz. 22.29 ff.); – Organtrger kann jede Person sein (Rz. 22.35); – der Organtrger muss Unternehmer sein (Rz. 22.36 ff.). 2. Organgesellschaft kann nur eine juristische Person sein

22.22 Rechtsprechung und Verwaltung leiten (im Ergebnis seit Aufgabe der Rechtsprechung zu den „organschaftshnlichen Verhltnissen“ und zur „Unternehmereinheit“)1 aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ab, dass im Organkreis eine Organgesellschaft als untergeordnetes Unternehmen existiert; dies kÇnne nur eine juristische Person sein.2 Personengesellschaften kÇnnen nach bisher herrschender Auffassung nicht Organgesellschaft sein.

22.23 Der Wortlaut des Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL spricht demgegenÅber von „Personen“. Der BFH hat deshalb in seinen VorlagebeschlÅssen vom 11.12.20133 die bisher herrschende Auffassung in Frage gestellt und beim EuGH angefragt, ob die Beschrnkung auf juristische Personen mit Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL einerseits und dem Grundsatz der Rechtsformneutralitt andererseits vereinbar sei.4 Dies war von Teilen der Literatur bereits seit einiger Zeit in Frage gestellt worden.5 Generalanwalt Mengozzi hat sich in seinen Schlussantrgen vom 26.5.20156 dieser Auffassung ebenfalls angeschlossen.

22.24 Der Gegenauffassung der Literatur ist mE zuzustimmen. Dies folgt sowohl aus dem nationalen Verfassungsrecht7 als auch dem sekundrrechtlichen Grundsatz der Neutralitt der Mehrwertsteuer8 als Ausprgung des 1 BFH v. 7.12.1978 – V R 22/74, BStBl. II 1979, 356, unter I.5.; v. 8.2.1979 – V R 101/78, BStBl. II 1979, 362, zu 5. und 6.; UStAE 2.2 Abs. 5, 2.8. Abs. 2 S. 1. 2 ZB BFH v. 19.5.2005 – V R 31/03, BStBl. II 2005, 671 = GmbHR 2005, 1209 = UR 2005, 496, unter II.2.b cc; v. 10.3.2009 – XI B 66/08, BFH/NV 2009, 977. 3 BFH v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417 = UR 2014, 313 m. Anm. Marchal = GmbHR 2014, 376 m. Anm. Masuch; v. 11.12.2013 – XI R 38/12, BStBl. II 2014, 428 = UR 2014, 323; Az. des EuGH: C-108/14 und C-109/14. 4 Verneinend bereits Urteil des FG MÅnchen v. 13.3.2013 – 3 K 235/10, EFG 2013, 1434 – Rev. V R 25/13. 5 ZB Klenk in SÇlch/Ringleb, UStG, § 2 Rz. 89; Stadie in Rau/DÅrrwchter, UStG, § 2 Rz. 840 ff.; Birkenfeld, UR 2008, 2 (4); sowie Birkenfeld in Birkenfeld/ Wger, Das Große Umsatzsteuer-Handbuch, § 44 Rz. 74, 101, 273; Wger, FS Schaumburg, 1189 (1191 ff.). 6 Schlussantrge v. 26.3.2015, C-108/14, C-190/14, ECLI:EU:C:2015:212, Rz. 59 ff. 7 Vgl. BVerfG v. 10.11.1999 – 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151 = BStBl. II 2000, 160 = UR 1999, 498. 8 Vgl. EuGH v. 10.9.2002 – C-141/00 – KÅgler, Slg. 2002, I-6833 = BFH/NV 2003, Beilage 1, 30, Rz. 30; v. 4.5.2006 – C-169/04 – Abbey National, Slg. 2006, I-4027 = BStBl. II 2010, 567, Rz. 56.

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C. Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft

primrrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung,1 der auch fÅr die Definition des Begriffs des Unternehmers Bedeutung hat.2 Der Wortlaut des Art. 11 MwStSystRL lsst – anders als der Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG – diese schon primrrechtlich gebotene Sichtweise sekundrrechtlich zu. Das bisher vom BFH herangezogene Gegenargument,3 das deutsche Recht sei mit dem Unionsrecht vereinbar, weil die Ermchtigung zur Bildung einer Mehrwertsteuergruppe gerade deshalb in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG aufgenommen worden sei, um die nationale Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG unionsrechtlich abzusichern,4 greift insoweit schon deshalb nicht durch, weil es nicht beachtet, dass zur damaligen Zeit (das heißt bei Schaffung sowohl der Richtlinie 67/228/ EWG als auch der Richtlinie 77/388/EWG) – Åber die Figur des organschaftshnlichen Verhltnisses – Personengesellschaften in Deutschland Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe sein konnten. Sowohl die Richtlinie 67/288/EWG als auch die Richtlinie 77/388/EWG haben auch das richterrechtlich begrÅndete organschaftshnliche Verhltnis als unionsrechtlich zulssige Mehrwertsteuergruppe legitimiert;5 diese Rechtsprechung hat der V. Senat des BFH erst im Jahr 19786 (und damit nach VerkÅndung beider Richtlinien) aufgegeben, ohne die gleichheitsrechtliche Dimension und die ausdrÅcklich weiter gefasste unionsrechtliche Ermchtigung im Rahmen der nderung seiner Rechtsprechung zu erÇrtern.

22.25

Außerdem legitimierte die Bestimmung bereits bei ihrer EinfÅhrung auch die niederlndische „fiscale eenheid van de onderneming“,7 die diese Einschrnkung nicht kennt.8 Auch deshalb enthlt das Unionsrecht diese Beschrnkung nicht.

22.26

1 Vgl. EuGH v. 8.6.2006 – C-106/05 – L.u.P., Slg. 2006, I-5123 = BFH/NV 2006, Beilage 4, 442, Rz. 48. 2 Vgl. EuGH v. 29.3.2012 – C-436/10 – BLM SA, BFH/NV 2012, 908, Rz. 27; s. auch EuGH v. 6.10.2009 – C-267/08 – SP Landesorganisation Krnten, Slg. 2009, I-9781 = BFH/NV 2009, 2095, Rz. 20. 3 BFH v. 17.1.2002 – V R 37/00, BStBl. II 2002, 373, unter II.2.b bb. 4 AnhÇrung des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag der Richtlinie 77/388/EWG v. 31.1.1974, ABl. EG Nr. C 139 v. 12.11.1974, S. 17. 5 Vgl. Stadie in Rau/DÅrrwchter, UStG, § 2 Rz. 807. 6 BFH v. 7.12.1978 – V R 22/74, BStBl. II 1979, 356, v. 8.2.1979 – V R 101/78, BStBl. II 1979, 362. 7 Vgl. EuGH v. 12.6.1979 – Rs. 181/78, 229/78 – Ketelhandel van Paassen und Denkavit Dienstbetoon, Slg. 1979, 2063 = UR 1980, 5 m. abl. Anm. Weiß, Rz. 7, 11 ff. 8 Siehe www.belastingdienst.nl sowie Boor, Die Gruppenbesteuerung im harmonisierten Mehrwertsteuerrecht, S. 33, mwN.

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Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

22.27 Soweit der BFH bisher weiter angenommen hat, den Mitgliedstaaten stehe das Recht zu, das Unionsrecht nur teilweise, das heißt selektiv, umzusetzen,1 hat der EuGH entschieden, das Unionsrecht sehe nicht die MÇglichkeit vor, den Wirtschaftsteilnehmern weitere Bedingungen fÅr die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe aufzubÅrden als diejenigen, die in dieser Bestimmung genannt sind.2 Dies lsst die bisherige Argumentation des BFH als nicht durchgreifend erscheinen.

22.28 Eine mÇgliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung bestimmter Rechtsformen von Unternehmen ist mE nicht ersichtlich. Einzig zu verlangen ist, dass die Person die Eingliederungsmerkmale erfÅllt. Die natÅrliche Person schiede deshalb mE zulssigerweise weiter als untergeordnete Organgesellschaft aus, weil sie zB nicht finanziell eingegliedert sein kann. S. allerdings zur Unterordnung Rz. 22.38 ff. 3. Organgesellschaft muss Unternehmerin sein

22.29 Weiter wird aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bisher abgeleitet, dass die Organgesellschaft eine gewerbliche oder berufliche (das heißt unternehmerische) Ttigkeit ausÅben muss.3

22.30 Diese Auffassung stellt zweifellos aufgrund des Wortlauts des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG eine zutreffende Auslegung des nationalen Rechts dar. Sie entspricht allerdings nicht Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL in seiner Auslegung durch den EuGH,4 der es aufgrund der Formulierung „Person“ zulsst, dass auch nichtsteuerpflichtige Personen Mitglied einer MehrwertsteuerGruppe sein kÇnnen. Da Art. 11 MwStSystRL nach Auffassung des EuGH seine Anwendung nicht von weiteren Voraussetzungen abhngig macht5 und fÅr die Mitgliedstaaten nicht die MÇglichkeit vorsieht, den Wirtschaftsteilnehmern weitere Bedingungen fÅr die Bildung einer Mehrwert-

1 BFH v. 3.4.2008 – V R 76/05, BStBl. II 2008, 905 = GmbHR 2008, 836 = UR 2008, 549, unter II.1.; v. 14.2.2008 – V R 13/06, BFH/NV 2008, 1365, unter II.2.c, jeweils mwN. 2 Vgl. EuGH-Urteile EuGH v. 9.4.2013 – Rs. C-85/11 – Kommission/Irland, UR 2013, 418 = DStR 2013, 806, Rz. 36; v. 25.4.2013 – C-480/10 – Kommission/ Schweden, UR 2013, 423 m. Anm. Hamacher/Dahm = BFH/NV 2013, 1212 Rz. 35. 3 Wger, FS Schaumburg, 1189 (1190); Birkenfeld in Kessler/KrÇner/KÇhler, Konzernsteuerrecht2, Rz. 194; Stadie in Rau/DÅrrwchter, UStG, § 2 Rz. 851; s. auch UStAE 2.8 Abs. 1 Satz 5; fÅr Personen allgemein auch die Kommission, UR 2009, 632. 4 EuGH v. 9.4.2013 – C-85/11 – Kommission/Irland, UR 2013, 418 = DStR 2013, 806, Rz. 41 ff. 5 EuGH v. 9.4.2013 – C-85/11 – Kommission/Irland, UR 2013, 418 = DStR 2013, 806, Rz. 36.

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C. Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft

steuergruppe aufzubÅrden,1 kÇnnte die im UStG enthaltene Einschrnkung unionsrechtswidrig sein.2 Zwar wird teilweise vertreten, dass der Rechtfertigungsgrund, Steuerhinterziehungen oder Steuerumgehungen entgegenzutreten,3 die deutsche Regelung gleichwohl legitimiere.4 Aber der EuGH hat in seinem Urteil Kommission/Irland sogar umgekehrt angenommen, dass die Einbeziehung Nichtsteuerpflichtiger Missbruche vermeiden kÇnne.5 Soweit das BMF6 nunmehr betont, die Nichteinbeziehung Nichtsteuerpflichtiger vermeide Missbruche beim Vorsteuerabzug, halte ich dies fÅr erluterungsbedÅrftig. Wieso soll die Begrenzung nun plÇtzlich dazu dienen, Umgehungen zu verhindern, obwohl bei Verwendung einer Eingangsleistung fÅr eine nichtwirtschaftliche Ttigkeit kein Recht zum Vorsteuerabzug besteht7? Weder Gesetzgeber noch RFH bzw. BFH haben die Beschrnkung der Organschaft auf Unternehmer bisher mit solchen Erwgungen begrÅndet.

22.31

Wie fast immer kommt es auch hier bei der Beurteilung auf den Blickwinkel an: FÅr die – auf den ersten Blick systemwidrige – Einbeziehung Nichtsteuerpflichtiger in den Organkreis kÇnnte immerhin das Prinzip der Gleichbehandlung von einstufigen und mehrstufigen Gestaltungen und der Rechtsformneutralitt sprechen. Es ist nmlich ebenso systemwidrig, dass ein Unternehmer, der in einer Person wirtschaftlich und nichtwirtschaftlich ttig ist, anders (= aus Sicht des BMF wohl „besser“) besteuert werden soll als andere Unternehmer, die eine der beiden Ttigkeiten in eine Tochtergesellschaft auslagern (mÅssen). Eine solche Auslagerung auf eine Tochtergesellschaft ist weder eine Steuerumgehung noch ein Missbrauch.

22.32

Allerdings weist Boor mE zu Recht darauf hin, dass sich ein mÇglicher Verstoß gegen Unionsrecht nicht auswirkt, wenn keine ausreichende

22.33

1 EuGH v. 25.4.2013 – C-480/10 – Kommission/Schweden, UR 2013, 423 m. Anm. Hamacher/Dahm = BFH/NV 2013, 1212, Rz. 35. 2 ZB GrÅnwald, MwStR 2013, 241; aA Sterzinger, UR 2014, 133. 3 EuGH v. 25.4.2013 – C-480/10 – Kommission/Schweden, UR 2013, 423 m. Anm. Hamacher/Dahm = BFH/NV 2013, 1212, Rz. 38. 4 BMF v. 5.5.2014 – IV D 2 - S 7105/11/10001, IV D 2 - S 7105/13/10003 – DOK 2014/0394588, BStBl. I 2014, 820 = UR 2014, 497, unter I.; aA von Streit, UStB 2013, 295; Slapio, UR 2013, 407. 5 EuGH v. 9.4.2013 – C-85/11 – Kommission/Irland, UR 2013, 418 = DStR 2013, 806, Rz. 48. 6 BMF v. 5.5.2014 – IV D 2 - S 7105/11/10001, IV D 2 - S 7105/13/10003 – DOK 2014/0394588, BStBl. I 2014, 820 = UR 2014, 497, unter I. 7 BFH v. 9.2.2012 – V R 40/10, BStBl. II 2012, 844 = UR 2012, 394, Rz. 25; v. 19.7.2011 – XI R 29/09, BStBl. II 2012, 430 = UR 2012, 238, Rz. 21, 45; EuGH v. 13.3.2008 – C-437/06 – Securenta, Slg. 2008, I-1597; v. 12.2.2009 – C-515/07 – VNLTO, Slg. 2009, I-839.

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Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

wirtschaftliche Eingliederung des Nichtsteuerpflichtigen vorliegt.1 Zur wirtschaftlichen Eingliederung s. Rz. 22.38 ff. 4. Rechtsform des Organtrgers

22.35 Hinsichtlich des Organtrgers ist anerkannt, dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG rechtsformneutral ist und keine bestimmte Rechtsform des Organtrgers vorschreibt.2 Dies stimmt mit Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL und dem Grundsatz der Rechtsformneutralitt Åberein. 5. Organtrger muss Unternehmer sein

22.36 Weiter wird bisher Åberwiegend gefordert, dass der Organtrger Unternehmer sein muss,3 weil nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG eine Eingliederung in das „Unternehmen“ des Organtrgers vorliegen muss. Reichte es hierfÅr nach frÅherer Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung aus, dass die unternehmerische Ttigkeit der Organgesellschaft die Unternehmerstellung des Organtrgers begrÅnden kann, wenn sich der Organtrger der Organgesellschaft bediente,4 hat der BFH auch diese Rechtsprechung erst unter der Geltung des Unionsrechts aufgegeben und verlangt nunmehr, dass der Organtrger – unabhngig vom Bestehen einer Organschaft – eine eigene entgeltliche Leistungsttigkeit ausÅbt.5 Nach Åberwiegender Auffassung kann zB deshalb eine Finanzholding, die lediglich Beteiligungen an Tochtergesellschaften hlt und nicht selbst unternehmerisch ttig ist,6 keine Organtrgerin sein.7

22.37 Auch dies begegnet unionsrechtlichen Zweifeln, nachdem der EuGH entschieden hat, dass auch Nichtsteuerpflichtige Mitglieder einer Mehrwertsteuergruppe sein kÇnnen. Auswirken kann sich dies indes nur, wenn eine wirtschaftliche Eingliederung vorliegt (Rz. 22.38 ff.).

1 Boor, Die Gruppenbesteuerung im harmonisierten Mehrwertsteuerrecht, S. 120 unter 2. 2 Korn in Bunjes, UStG13, § 2 Rz. 112; Klenk in SÇlch/Ringleb, UStG, § 2 Rz. 96. 3 UStAE 2.8 Abs. 1 Satz 2 und 6; BFH v. 9.10.2002 – V R 64/99, BStBl. II 2003, 375 = GmbHR 2003, 123 = UR 2003, 74; v. 22.10.2009 – V R 14/08, BStBl. II 2011, 988 = UR 2010, 268. 4 Vgl. zB BFH v. 26.2.1959 – V 209/56 U, BStBl. III 1959, 204, zur Holding; s. auch BFH v. 19.10.1995 – V R 71/93, UR 1996, 266 = BFH/NV 1996, 273, bei Betriebsaufspaltung; allgemein Abschnitt 21 Abs. 1 Satz 5 UStR 1996. 5 BFH v. 9.10.2002 – V R 64/99, BStBl. II 2003, 375 = GmbHR 2003, 123 = UR 2003, 74; v. 29.1.2009 – V R 67/07, BStBl. II 2009, 1029; v. 22.10.2009 – V R 14/08, BStBl. II 2011, 988 = UR 2010, 268. 6 EuGH v. 20.6.1991 – C-60/90 – Polysar, Slg. 1991, I-3111. 7 Vgl. BFH v. 26.2.1959 – V 209/56 U, BStBl. III 1959, 204; v. 19.10.1995 – V R 71/93, UR 1996, 266 = BFH/NV 1996, 273; v. 22.5.2003 – V R 94/01, BStBl. II 2003, 954 = UR 2003, 541; v. 7.7.2005 – V R 78/03, BStBl. II 2005, 849 = UR 2005, 608; v. 3.4.2008 – V R 76/05, BStBl. II 2008, 905 = GmbHR 2008, 836 = UR 2008, 549 hatten dies noch ausdrÅcklich offen gelassen.

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C. Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft

III. Eingliederungsvoraussetzungen 1. Wortlautvergleich Der Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG verlangt fÅr das Vorliegen einer Organschaft außerdem, dass die Organgesellschaft in das Unternehmen des Organtrgers in dreifacher Weise „eingegliedert“ ist.

22.38

Eine „Eingliederung“ setzt nach stndiger Rechtsprechung des BFH voraus, dass ein ber- und Unterordnungsverhltnis zwischen dem Organtrger und der Organgesellschaft als „untergeordneter Person“ besteht.1 Diese Auslegung durch den BFH stellt auch heute noch in gewisser Weise das Bindeglied zu der vor fast 100 Jahren vom RFH getroffenen Aussage dar, dass die Ttigkeit der Organgesellschaft im „Organismus“ eines Unternehmens so ausgeÅbt werden mÅsse, dass die ttige Person in der Bettigung ihres geschftlichen Willens unter der „Leitung“ des Unternehmers stehe.2 Entsprechend wird heute eine MehrmÅtterorganschaft3 ebenso abgelehnt wie eine Organschaft zwischen Schwestergesellschaften.4

22.39

Das Unionsrecht whlt auch hier begrifflich einen anderen Ansatz: Es lsst „gegenseitige ... Beziehungen“ fÅr eine Mehrwertsteuergruppe genÅgen. Nachdem der EuGH entschieden hat, das Unionsrecht sehe nicht die MÇglichkeit vor, den Wirtschaftsteilnehmern weitere Bedingungen fÅr die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe aufzubÅrden als diejenigen, die in dieser Bestimmung genannt sind,5 ist zweifelhaft geworden, ob die (in den letzten Jahren vom BFH verschrften) Anforderungen an eine „Eingliederung“ im Sinne einer Unterordnung tatschlich mit dem Unionsrecht kompatibel sind. Der BFH hat deshalb auch diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.6

22.40

1 Vgl. zB Urteile BFH v. 19.5.2005 – V R 31/03, BStBl. II 2005, 671 = GmbHR 2005, 1209 = UR 2005, 496, unter II.2.a aa; v. 22.4.2010 – V R 9/09, BStBl. II 2011, 597 = UR 2010, 579 m. Anm. Korf = GmbHR 2010, 823, Rz. 20; v. 8.8.2013 – V R 18/13, BFH/NV 2013, 1747, Rz. 22, mwN.; ebenso BGH v. 19.3.2013 – 1 StR 318/12, Der Konzern 2013, 574, unter B.II.1.a bb (1) (b)). 2 RFH v. 6.10.1920 – II A 189/20, RFHE 3, 281. 3 BFH v. 30.4.2009 – V R 3/08, BStBl. II 2013, 873 = UR 2009, 639 = GmbHR 2009, 1003. Inhaltlich gleich die Rechtsprechung des RFH v. 23.2.1934 – V A 480/33, RFHE 36, 39; v. 14.12.1925 – V A 185/25, RFHE 18, 75. 4 BFH v. 22.4.2010 – V R 9/09, BStBl. II 2011, 597 = UR 2010, 579 m. Anm. Korf = GmbHR 2010, 823; v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600 = GmbHR 2011, 494 = UR 2011, 456 m. Anm. Eberhard/Mai. 5 Vgl. EuGH v. 9.4.2013 – C-85/11 – Kommission/Irland, UR 2013, 418 = DStR 2013, 806, Rz. 36; v. 25.4.2013 – C-480/10 – Kommission/Schweden, UR 2013, 423 m. Anm. Hamacher/Dahm = BFH/NV 2013, 1212 Rz. 35. 6 BFH v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417 = UR 2014, 313 m. Anm. Marchal = GmbHR 2014, 376 m. Anm. Masuch; v. 11.12.2013 – XI R 38/12, BStBl. II 2014, 428 = UR 2014, 323; Az. des EuGH: C-108/14 und C-109/14.

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Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

22.41 Soweit der BFH frÅher zur BegrÅndung, dass ein Verhltnis der Unterordnung unionsrechtlich zulssig bzw. geboten sei, die Aussagen des EuGH im Urteil „Ampliscientifica und Amplifin“1 zu „untergeordneten Personen“ bemÅht hat, sind diese schon sprachlich unklar, weil zB die englische Sprachfassung des Urteils nur von „persons who are thus closely linked“ spricht.2 Generalanwalt Mengozzi hat in seinen Schlussantrgen vom 26.3.20153 diesen Ansatz ebenfalls fÅr nicht durchgreifend erachtet.

22.42 Mit Unionsrecht vereinbar (weil begrifflich identisch) ist hingegen, dass auf drei Bereiche abzustellen ist: Zu untersuchen sind die finanziellen, organisatorischen und wirtschaftlichen Beziehungen, wobei die Eingliederung (wenn auch ggf. in unterschiedlich starker Ausprgung) in allen drei Bereichen vorliegen muss.4 Das Unionsrecht hat diese Merkmale des deutschen Rechts 1967 Åbernommen. Eine fehlende finanzielle Eingliederung kann zB nicht durch einen EAV ersetzt werden5 und eine organisatorische Eingliederung nicht durch die Abhngigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG.6

22.43 Weder nach Unionsrecht noch nach nationalem Recht kommt es auf einen Antrag des Unternehmers an, so dass auch eine Organschaft ohne Antrag unionsrechtskonform ist.7 2. Finanzielle Eingliederung a) Mehrheit der Stimmrechte

22.44 Eine finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organtrgers liegt vor, wenn der Organtrger an ihr so beteiligt ist, dass er seinen Willen durch MehrheitsbeschlÅsse in der Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft durchsetzen kann.8 Er muss Åber die

1 EuGH v. 22.5.2008 – C-162/07 – Ampliscientifica und Amplifin, Slg. 2008, I-4019 = BFH/NV 2008, Beilage 3, 217, Rz. 19. 2 Die franzÇsische Sprachfassung hingegen spricht (wie die deutsche) von „personnes subordonnes“ und die italienische Verfahrenssprache (noch strenger?) von „soggetti giuridicamente dipendenti“. 3 Schlussantrge v. 26.3.2015, C-108/14, C-109/14, ECLI:EU:C:2015:212, Rz. 91, 99. 4 ZB BFH v. 3.4.2008 – V R 76/05, BStBl. II 2008, 905 = GmbHR 2008, 836 = UR 2008, 549; UStAE 2.8 Abs. 1 Stze 2 bis 4. 5 BFH v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600 = GmbHR 2011, 494 = UR 2011, 456 m. Anm. Eberhard/Mai. 6 BFH v. 5.12.2007 – V R 26/06, BStBl. II 2008, 451 = GmbHR 2008, 331 m. Anm. Binnewies = UR 2008, 259 m. Anm. Hidien. 7 BFH v. 22.4.2010 – V R 9/09, BStBl. II 2011, 597 = UR 2010, 579 m. Anm. Korf = GmbHR 2010, 823; v. 29.10.2008 – XI R 74/07, BStBl. II 2009, 256 = GmbHR 2009, 163 = UR 2009, 344 m. Anm. Straub = UR 2009, 47; UStAE 2.8. Abs. 4. Ob sie de lege ferenda wirklich sinnvoll ist, ist eine andere Frage. S. dazu Rz. 22.76 ff. 8 Birkenfeld, Das Große Umsatzsteuer-Handbuch, § 44 Rz. 301 ff.; Klenk in SÇlch/Ringleb, UStG, § 2 Rz. 110 ff.

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C. Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft

Mehrheit der Stimmrechte (nicht: Anteile) an der Organgesellschaft verfÅgen.1 Entsprechen die Beteiligungs- den Stimmrechtsverhltnissen, muss die Beteiligung des Organtrgers regelmßig Åber 50 % betragen (Sperrminoritt von 50 % reicht nicht aus),2 wenn keine andere3 Mehrheit verlangt wird. Da bei Personengesellschaften nach dem Regelstatut Einstimmigkeit erforderlich ist (§ 709 Abs. 1 BGB, § 119 Abs. 1 HGB), wenn der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung enthlt, wÅrde fÅr den Fall, dass eine Personengesellschaft Organgesellschaft sein kÇnnte (Rz. 22.22 ff.), eine finanzielle Eingliederung nur vorliegen, wenn der Organtrger Åber smtliche Stimmrechte verfÅgt;4 ist nach dem Gesellschaftsvertrag Stimmenmehrheit vorgesehen, reichte diese aus.5

22.45

Durch Ausgabe stimmrechtsloser Anteile (zB Vorzugsaktien), Mehrfachstimmrechte oder Stimmrechtsbindungsvertrge kann eine Stimmrechtsmehrheit auch ohne Mehrheitsbeteiligung anderweitig gesichert werden.6 Alleine ein Beherrschungsvertrag soll hierfÅr nicht genÅgen.7

22.46

1 BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747, Rz. 35. 2 Vgl. BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747, Rz. 29. 3 Vgl. BFH v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600 = GmbHR 2011, 494 = UR 2011, 456 m. Anm. Eberhard/Mai, Rz. 28. 4 Weitergehend Stadie in Rau/DÅrrwchter, UStG, § 2 Rz. 839: „eignet sich nicht fÅr finanzielle Eingliederung“; ihm folgend Wger, DB 2014, 915, unter V.2.c. und Fußnote 50: „zutreffend“. 5 So wohl auch Stadie in Rau/DÅrrwchter, UStG, § 2 Rz. 840 ff., 863. 6 Vgl. BFH v. 22.11.2001 – V R 50/00, BStBl. II 2002, 167 = UR 2002, 127 = GmbHR 2002, 174, unter II.1.b. 7 FÅr den dortigen Beherrschungsvertrag BFH v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600 = GmbHR 2011, 494 = UR 2011, 456 m. Anm. Eberhard/Mai, Rz. 32; verallgemeinernd UStAE 2.8 Abs. 5 Satz 9. In dieser Allgemeinheit hat die Aussage des BMF mE eine Åberschießende Tendenz: Es kommt mE auf den Vertragsinhalt an. In dem vom XI. Senat des BFH entschiedenen Fall war der Alleingesellschafter-GeschftsfÅhrer der klagenden GmbH, die von ihrer SchwesterGmbH htte beherrscht werden sollen, zugleich Alleingesellschafter-GeschftsfÅhrer der Schwester-GmbH, und der Beherrschungsvertrag ließ zwar Weisungen der Schwester-GmbH an den GeschftsfÅhrer zu (Rz. 3 = organisatorische Eingliederung), vermittelte aber keine Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung (und schon gar keine Mehrheit). Die Stimmrechte standen nicht der Schwester-GmbH zu, sondern weiterhin dem Alleingesellschafter-GeschftsfÅhrer beider GmbHs (Nichtunternehmer). Aufgrund der im Jahr 2013 vom EuGH (EuGH v. 9.4.2013 – C-85/11 – Kommission/Irland, UR 2013, 418 = DStR 2013, 806) bejahten MÇglichkeit, dass Nichtsteuerpflichtige Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe sein kÇnnen, wre nunmehr wohl auch eine Organschaft mit dem Gesellschafter-GeschftsfÅhrer als unmittelbar beteiligtem (nichtunternehmerischem) Organtrger zu erwgen (wenn dessen GeschftsfÅhrerttigkeit fÅr mehrere GmbHs nicht ohnehin unternehmerisch ist, wofÅr viel spricht [dann ohnehin tauglicher Organtrger]).

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Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

b) Mittelbare Beteiligung

22.47 Eine finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen

22.48

22.49

des Organtrgers ist auch bei einer mittelbaren Beteiligung mÇglich (mittelbare finanzielle Eingliederung).1 Typischerweise existieren zwei Fallgruppen: – Der Organtrger (Muttergesellschaft) hlt als Gesellschafter eine Mehrheitsbeteiligung an der Tochtergesellschaft, die ihrerseits eine Mehrheitsbeteiligung an einer (oder mehreren) Enkelgesellschaft(en) hlt; die Enkelgesellschaft(en) und die Tochtergesellschaft sind Organgesellschaften der Muttergesellschaft. Ist die Tochtergesellschaft nichtunternehmerisch ttig, steht dies zwar der Organschaft zwischen Mutterund Enkelgesellschaft nicht entgegen;2 allerdings ist die Tochtergesellschaft dann nach nationalem Recht kein Mitglied des Organkreises (s. auch Rz. 22.30). – Die Stimmenmehrheit an der Organgesellschaft (Enkelgesellschaft) wird mittelbar durch Zusammenrechnung eigener Anteile an dieser mit den Anteilen der Tochtergesellschaft erlangt: Die Muttergesellschaft hlt die Mehrheit an der Tochtergesellschaft; daneben halten Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft zwar jede fÅr sich eine Minderheit der Anteile der Enkelgesellschaft (zB je 30 %), aber zusammen die Mehrheit (im Beispiel 60 %); die Enkelgesellschaft (und die Tochtergesellschaft) sind Organgesellschaften der Muttergesellschaft.

22.50 Es reicht hingegen nicht (mehr)3 aus, dass mehrere Gesellschafter nur gemeinsam Åber die Anteilsmehrheit an Organtrger und Organgesellschaft verfÅgen.4 Unerheblich ist dabei, dass sich die Anteile zB ertragsteuerrechtlich im SonderbetriebsvermÇgen einer Personengesellschaft befinden, weil damit die Stimmrechte des Gesellschafters der GmbH nicht auf die Personengesellschaft Åbergehen.5 Folglich ist auch die KomplementrGmbH, deren Anteile nicht die KG, sondern ein Gesellschafter der KG hlt, nicht Organgesellschaft der KG.6 Hlt die KG indes unmittelbar

1 BFH v. 22.4.2010 – V R 9/09, BStBl. II 2011, 597 = UR 2010, 579 m. Anm. Korf = GmbHR 2010, 823; v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600 = GmbHR 2011, 494 = UR 2011, 456 m. Anm. Eberhard/Mai. 2 Vgl. BFH v. 7.12.2006 – V R 2/05, BStBl. II 2007, 848 = UR 2007, 277 = GmbHR 2007, 504, Rz. 1, 16; BMF v. 26.1.2007 – IV A 5 - S 7300 - 10/07, BStBl. I 2007, 211 = UR 2007, 150, Rz. 17. 3 Vgl. zur bergangsregelung der Finanzverwaltung bis 31.12.2011 BMF v. 5.7.2011 – IV D 2 - S 7105/10/10001 – DOK 2011/0518308, BStBl. I 2011, 703 = UR 2011, 681. 4 BFH v. 24.11.2011 – V R 45/10, GmbHR 2012, 811 = BFH/NV 2012, 1184; v. 10.6.2010 – V R 62/09, GmbHR 2011, 443 = UR 2010, 907 = BFH/NV 2011, 79; zur stillen Gesellschaft s. bereits BFH v. 2.8.1979 – V R 111/77, BStBl. II 1980, 20 = GmbHR 1980, 119 = UR 1980, 50 m. Anm. Weiß. 5 BFH v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600 = GmbHR 2011, 494 = UR 2011, 456 m. Anm. Eberhard/Mai, Rz. 43 ff. 6 BFH v. 19.9.2011 – XI B 85/10, BFH/NV 2012, 283.

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C. Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft

selbst die Anteile der Komplementr-GmbH, wird eine Organschaft von der Verwaltung bejaht;1 allerdings ist dazu auch eine organisatorische Eingliederung erforderlich. Im brigen kommt es fÅr die finanzielle Eingliederung auf die rechtliche Durchsetzbarkeit des Willens des Organtrgers bei der Organgesellschaft an; unerheblich fÅr die finanzielle Eingliederung ist, ob der Organtrger rein faktisch seinen Willen in der Organgesellschaft durchsetzt.2

22.51

c) Vereinbarkeit mit Unionsrecht Die nationale Sichtweise entspricht im Grundsatz der Auffassung der Kommission zu Art. 11 MwStSystRL.3 Diese ist zwar nicht verbindlich, aber im Kern bestehen keine Zweifel an der Vereinbarkeit mit Unionsrecht.

22.52

3. Wirtschaftliche Eingliederung a) Grundstze FÅr die wirtschaftliche Eingliederung ist nach stndiger Rechtsprechung des BFH charakteristisch, dass die Organgesellschaft im GefÅge des Åbergeordneten Organtrgers als dessen Bestandteil erscheint.4 HierfÅr kommt es nicht auf eine wirtschaftliche Zweckabhngigkeit der Organgesellschaft an.5 Es genÅgt, dass zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organtrgers ein vernÅnftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung vorhanden ist.6 Die Ttigkeiten von Organtrger und Organgesellschaft mÅssen lediglich aufeinander abgestimmt sein und sich dabei fÇrdern und ergnzen.7 Eine das Unternehmen der Organgesellschaft fÇrdernde Ttigkeit des Organtrgers kann ausreichen,8 zB die Vermietung eines BetriebsgrundstÅcks, wenn dieses fÅr die Organgesellschaft 1 UStAE 2.8 Abs. 2 Satz 5. 2 BFH v. 16.12.2010 – V B 46/10, GmbHR 2011, 442 = BFH/NV 2011, 857; s. auch BFH v. 22.4.2010 – V R 9/09, BStBl. II 2011, 597 = UR 2010, 579 m. Anm. Korf = GmbHR 2010, 823, unter II.2; v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600 = GmbHR 2011, 494 = UR 2011, 456 m. Anm. Eberhard/Mai, Rz. 45. 3 Kommission, UR 2009, 632, Tz. 3.3.4. 4 ZB BFH v. 17.1.2002 – V R 37/00, BStBl. II 2002, 373; BFH v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417 = UR 2014, 313 m. Anm. Marchal = GmbHR 2014, 376 m. Anm. Masuch. 5 BFH v. 3.4.2003 – V R 63/01, BStBl. II 2004, 434 = GmbHR 2003, 904 m. Anm. Hering = UR 2003, 394. 6 BFH v. 29.10.2008 – XI R 74/07, BStBl. II 2009, 256 = GmbHR 2009, 163 = UR 2009, 47 = UR 2009, 344 m. Anm. Straub. 7 ZB BFH v. 25.6.1998 – V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534. 8 Vgl. BFH v. 17.4.1969 – V 44/65, BStBl. II 1969, 413, zur Verpachtung von Anlagegegenstnden, die fÅr das Unternehmen der Organgesellschaft wesentlich sind.

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22.53

Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

von nicht nur geringer Bedeutung ist,1 oder wenn die Organgesellschaft als Bautrgerin smtliche fÅr sie wesentlichen Architektenleistungen vom Organtrger bezieht und der Organtrger als Architekt ausschließlich fÅr die Organgesellschaft ttig ist.2 Keine wirtschaftliche Eingliederung liegt dagegen vor, wenn den entgeltlichen Leistungen des Gesellschafters fÅr die Unternehmensttigkeit der Untergesellschaft nur unwesentliche Bedeutung zukommt,3 zB der Gesellschafter fÅr die Gesellschaft lediglich Verwaltungsaufgaben in den Bereichen BuchfÅhrung und laufende Personalverwaltung Åbernimmt.4 Dies gilt auch in Holding-Strukturen.5

22.54 Entscheidend fÅr die wirtschaftliche Eingliederung sind somit die Art und der Umfang der zwischen den Unternehmensbereichen von Organtrger und Organgesellschaft bestehenden Verflechtungen;6 Leistungen an den nichtunternehmerischen Bereich begrÅnden keine wirtschaftliche Eingliederung.7 Auch deshalb kÇnnen bisher Nichtsteuerpflichtige in der Regel (mangels wirtschaftlicher Eingliederung) nicht Mitglied im Organkreis sein. b) Vereinbarkeit mit Unionsrecht

22.55 Verbindliche Aussagen des EuGH zur Auslegung des Unionsrechts liegen insoweit bisher noch nicht vor. Nach (nicht verbindlicher) Auffassung der Kommission8 beruhen wirtschaftliche Beziehungen i.S.d. Art. 11 MwStSystRL auf zumindest einer der folgenden Situationen einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit: – Die Gruppenmitglieder Åben die gleiche Hauptttigkeit aus, oder – die Ttigkeiten der Gruppenmitglieder ergnzen einander oder hngen voneinander ab, oder – ein Mitglied der Gruppe Åbt Ttigkeiten aus, die den Åbrigen Mitgliedern in vollem oder in wesentlichem Umfang zugutekommen.

22.56 Das nationale Recht erscheint danach mit Unionsrecht grundstzlich vereinbar. Problematisch erscheint, ob anders als bisher (Rz. 22.54), nichtwirtschaftliche Ttigkeiten in die Betrachtung einbezogen werden mÅssen. 1 Vgl. BFH v. 16.8.2001 – V R 34/01, UR 2002, 214 = BFH/NV 2002, 223; v. 6.5.2010 – V R 26/09, BStBl. II 2010, 1114 = GmbHR 2010, 1221 = UR 2010, 902. 2 Vgl. BFH v. 11.12.2013 – XI R 21/11, BStBl. II 2014, 425 = UR 2014, 276 m. Anm. Sterzinger, mwN. 3 Vgl. BFH v. 18.6.2009 – V R 4/08, BStBl. II 2010, 310 = GmbHR 2009, 1285 = UR 2009, 793; v. 23.2.2012 – V R 59/09, BStBl. II 2012, 544 = UR 2012, 557. 4 BFH v. 25.6.1998 – V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534. 5 Wger, FS Schaumburg, 1189, 1202. 6 BFH v. 20.8.2009 – V R 30/06, BStBl. II 2010, 863 = UR 2009, 800, unter II.2.c.aa, cc und dd. 7 Ebenso Klenk in SÇlch/Ringleb, UStG, § 2 Rz. 120. 8 Kommission, UR 2009, 632, unter 3.3.4.

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C. Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft

Die Kommission hat im Jahr 2009 ausgefÅhrt, der Wortlaut von Art. 11 MwStSystRL sei kurz, was es den Mitgliedstaaten Åberlasse, detaillierte Vorschriften fÅr die Umsetzung der Option zur Bildung von Mehrwertsteuer-Gruppen festzulegen.1 Der vom EuGH zu Art. 11 MwStSystRL im Jahr 2013 betonte2 Grundsatz der unionsweiten autonomen Auslegung stÇßt an Grenzen, wenn der Richtliniengeber unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet und dabei stillschweigend auf Begriffe des nationalen Rechts Bezug genommen hat; es ist dann nicht Sache des EuGH, ihnen eine unionsweit einheitliche Definition zu geben.3 Dies gilt auch im Bereich der Mehrwertsteuer.4

22.57

Angesichts der Entstehungsgeschichte der Bestimmung und ihrer Vorgngerbestimmungen (Rz. 22.9 ff.) sowie des Fehlens jeglicher Hinweise auf den Inhalt der verwendeten Begriffe ließe diese Rechtsprechung des EuGH es zu, den Mitgliedstaaten die genauere Definition der „gegenseitigen Beziehungen“ zu Åberlassen, soweit sie dabei die allgemeinen Grundstze des Unionsrechts beachten. Die Definition des nationalen Rechts wre dann unionsrechtlich zulssig.5 Auch hier hat jedoch auf Vorlage des BFH der EuGH das letzte Wort,6 ob er den Mitgliedstaaten diese MÇglichkeit Åberlsst.

22.58

4. Organisatorische Eingliederung a) Grundstze In der Praxis erÇffnet die organisatorische Eingliederung das grÇßte Gestaltungspotential: Whrend die Mehrheitsverhltnisse und die wirtschaftliche Verflechtung von Konzerngesellschaften zumeist nur begrenzt disponibel sind, bestehen bei der konkreten Ausgestaltung der GeschftsfÅhrung bei der Organgesellschaft oftmals mehrere MÇglichkeiten. Durch gezielte Gestaltung kann (bei bestehender finanzieller und wirtschaftlicher Eingliederung) eine Organschaft herbeigefÅhrt oder vermieden werden. Gleichzeitig bereitet dieses Merkmal aber auch die grÇßten Schwierigkeiten, da Rechtsprechung und Verwaltung7 hieran seit Jahren unterschiedliche Maßstbe anlegen. Der BFH hat seine Rechtsprechung dazu in den letzten Jahren dynamisch weiterentwickelt.

1 Kommission, UR 2009, 632, unter 1. 2 Vgl. EuGH v. 25.4.2013 – C-480/10 – Kommission/Schweden, UR 2013, 423 m. Anm. Hamacher/Dahm = BFH/NV 2013, 1212 Rz. 34 und 35. 3 EuGH v. 18.1.1984 – Rs. 327/82 – Ekro, Slg. 1984, 107, Rz. 14. 4 EuGH v. 28.3.1996 – C-468/93 – Gemeinde Emmen, Slg. 1996, I-1721, Rz. 22, zum Begriff „BaugrundstÅck“. 5 Im Ergebnis ebenso Boor, Die Gruppenbesteuerung im harmonisierten Mehrwertsteuerrecht, S. 32, 118 f. 6 Az. des EuGH: C-108/14 und C-109/14. 7 Zuletzt BMF v. 5.5.2014 – IV D 2 - S 7105/11/10001, IV D 2 - S 7105/13/10003 – DOK 2014/0394588, BStBl. I 2014, 820 = UR 2014, 497, unter II. und III.

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22.59

Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

22.60 Als vorlufiger1 Abschluss kann derzeit festgehalten werden, dass nach Auffassung des BFH eine organisatorische Eingliederung voraussetzt, dass der Organtrger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene MÇglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden GeschftsfÅhrung wahrnimmt, wobei er die Organgesellschaft durch die Art und Weise der GeschftsfÅhrung beherrschen muss.2

22.61 Hatte der BFH frÅher angenommen, dass sich die organisatorische Eingliederung – ohne MÇglichkeit zur Willensdurchsetzung – auch daraus ergeben kann, dass eine vom Organtrger abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft ausgeschlossen ist,3 hat er diese Rechtsprechung – mit Ansage4 – im Jahr 2013 gendert: Die MÇglichkeit, eine abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft zu verhindern, reicht nicht mehr aus.5 Eine Abweichung von der Rechtsprechung des XI. Senats des BFH6 hat der V. Senat des BFH verneint.7 DemgegenÅber hlt die Finanzverwaltung zumindest vorlufig weiter an der frÅheren Sichtweise des BFH fest.8

1 Das heißt bis zum Abschluss der EuGH-Verfahren C-108/14 und C-109/14 maßgeblicher. 2 BFH v. 5.12.2007 – V R 26/06, BStBl. II 2008, 451 = GmbHR 2008, 331 m. Anm. Binnewies = UR 2008, 259 m. Anm. Hidien, unter II.2.; v. 14.2.2008 – V R 12, 13/06, BFH/NV 2008, 1365, unter II.2.f aa; v. 28.10.2010 – V R 7/10, BStBl. II 2011, 391 = GmbHR 2011, 333 = UR 2011, 256 m. Anm. von Streit/Duyfjes, unter II.2., mwN. 3 BFH v. 20.2.1992 – V R 80/85, BFH/NV 1993, 133, unter II.a.bb; v. 13.3.1997 – V R 96/96, BStBl. II 1997, 580 = UR 1997, 396 = GmbHR 1997, 912, unter II.2.; v. 28.1.1999 – V R 32/98, BStBl. II 1999, 258 = UR 1999, 251 = GmbHR 1999, 496, unter II.1. und 2.; v. 16.8.2001 – V R 34/01, UR 2002, 214 = BFH/NV 2002, 223, unter II.3., v. 1.4.2004 – V R 24/03, BStBl. II 2004, 905 = UR 2004, 352 = GmbHR 2004, 981, unter II.2. 4 BFH v. 7.7.2011 – V R 53/10, BStBl. II 2013, 218, = GmbHR 2011, 1222 = UR 2011, 943 unter II.3.b. 5 BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747, Rz. 27 ff. 6 BFH v. 14.3.2012 – XI R 28/09, BFH/NV 2012, 1493; v. 27.6.2008 – XI B 224/07, juris; v. 11.11.2008 – XI B 65/08, UR 2009, 346 = BFH/NV 2009, 235; v. 10.3.2009 – XI B 66/08, BFH/NV 2009, 977. 7 Im BFH, Urt. v. 29.10.2008 – XI R 74/07, BStBl. II 2009, 256 = GmbHR 2009, 163 = UR 2009, 47 = UR 2009, 344 m. Anm. Straub, Rz. 16, das der V. Senat in Rz. 35 seines Urteils nicht erwhnt hat, hat der XI. Senat des BFH wÇrtlich ausgefÅhrt: „DarÅber hinaus ist erforderlich, dass der Organtrger ... organisatorisch eine von seinem Willen abweichende Willensbildung bei der Organgesellschaft verhindern kann (vgl. BFH-Urteil v. 5.12.2007 – V R 26/06, BFHE 219, 463, BStBl. II 2008, 451).“ Diese mÇgliche Abweichung ist aber nicht entscheidungserheblich, weil sie einen nicht vergleichbaren Sachverhalt betraf und die neue Definition des V. Senats im Urteilsfall des XI. Senats zum selben Ergebnis gefÅhrt htte. 8 UStAE 2.8 Abs. 7 Satz 2.

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C. Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft

b) Organisatorische Eingliederung durch personelle Verflechtung Von organisatorischer Eingliederung ist danach zB auszugehen, wenn bei zwei GmbHs eine Personenidentitt in den GeschftsfÅhrungsorganen besteht.1 FÅr das Vorliegen einer organisatorischen Eingliederung ist es jedoch nicht in jedem Fall erforderlich, dass die GeschftsfÅhrung des Organtrgers mit derjenigen der Organgesellschaft vollstndig personenidentisch ist.2 Sind fÅr die Organgesellschaft mehrere GeschftsfÅhrer bestellt, reicht es aus, dass zumindest einer von ihnen auch GeschftsfÅhrer der Organtrgers ist, der Organtrger Åber ein umfassendes Weisungsrecht gegenÅber der GeschftsfÅhrung der Organgesellschaft verfÅgt und zur Bestellung und Abberufung aller GeschftsfÅhrer der Organgesellschaft berechtigt ist.3 Ganz allgemein kann man sagen: Ob eine organisatorische Eingliederung vorliegt, wenn die Organgesellschaft Åber mehrere GeschftsfÅhrer verfÅgt, die nur zum Teil auch in dem Leitungsgremium des Organtrgers vertreten sind, hngt von der Ausgestaltung der GeschftsfÅhrungsbefugnisse in der Organgesellschaft ab.4 Entscheidend ist, ob im Einzelfall die Voraussetzungen der Rz. 22.61 vorliegen, nicht wie dies geschieht.

22.62

Auch ein „leitender Mitarbeiter“ des Organtrgers mit solchen Befugnissen5 kann eine organisatorische Eingliederung begrÅnden,6 wenn er den Weisungen des Organtrgers unterworfen ist.7 Die Verwaltung lsst mittlerweile auch andere Mitarbeiter genÅgen.8 Allerdings muss der Mitarbeiter weisungsgebunden sein.9

22.63

Die Besetzung des Aufsichtsrats dÅrfte hingegen im Regelfall nicht genÅgen,10 weil sie gem. § 111 Abs. 1 AktG keine ausreichende Willensdurchsetzung bei der laufenden GeschftsfÅhrung gewhrleistet. Bei entspre-

22.64

1 BFH v. 17.1.2002 – V R 37/00, BStBl. II 2002, 373, unter II.1.c.bb; v. 5.12.2007 – V R 26/06, BStBl. II 2008, 451 = GmbHR 2008, 331 m. Anm. Binnewies = UR 2008, 259 m. Anm. Hidien, unter II.3; UStAE 2.8 Abs. 8 Satz 2 i.d.F. des BMF, Schr. v. 7.3.2013 – IV D 2 - S 7105/11/10001 – DOK 2013/0213861, BStBl. I 2013, 333 = UR 2013, 312. 2 UStAE 2.8 Abs. 8 Satz 3. 3 BFH v. 7.7.2011 – V R 53/10, BStBl. II 2013, 218 = GmbHR 2011, 1222 = UR 2011, 943, unter II.3.a aa; UStAE 2.8 Abs. 8 Satz 8. 4 UStAE 2.8 Abs. 8 Satz 5. 5 Nicht ausreichend ist Prokura des leitenden Mitarbeiters des Organtrgers in der Organgesellschaft, vgl. BFH v. 28.10.2010 – V R 7/10, BStBl. II 2011, 391 = GmbHR 2011, 333 = UR 2011, 256 m. Anm. von Streit/Duyfjes. 6 BFH v. 20.8.2009 – V R 30/06, BStBl. II 2010, 863 = UR 2009, 800, Rz. 38. 7 S. zur Abgrenzung BFH v. 7.7.2011 – V R 53/10, BStBl. II 2013, 218 = GmbHR 2011, 1222 = UR 2011, 943, Rz. 26 ff. 8 UStAE 2.8 Abs. 9 i.d.F. des BMF, Schr. v. 5.5.2014 – IV D 2 - S 7105/11/10001, IV D 2 - S 7105/13/10003 – DOK 2014/0394588, BStBl. I 2014, 820 = UR 2014, 497. 9 Vgl. BFH v. 20.2.1992 – V R 80/85, BFH/NV 1993, 133. 10 UStAE 2.8 Abs. 8 Satz 11; aA Birkenfeld, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, § 44 Rz. 418.

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Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

chender Gestaltung im brigen sind jedoch Ausnahmen denkbar. Zu Fortbestand und Wegfall der Organschaft bei Insolvenz s. Kapitel 24. c) Organisatorische Eingliederung ohne personelle Verflechtung

22.65 Die erforderliche organisatorische Eingliederung muss nicht zwingend durch eine personelle Verflechtung sichergestellt werden.1 Entscheidend ist, dass der Organtrger die Organgesellschaft durch die Art und Weise der GeschftsfÅhrung beherrscht, und nicht, wie er dies tut. HierfÅr lsst die Verwaltung zu Recht schriftliche GeschftsfÅhrerordnungen, Konzernrichtlinien, Beherrschungsvertrge oder eine Eingliederung nach §§ 319 f. AktG genÅgen, wenn diese die in Rz. 22.61 genannten Rechte einrumen.2 Insbesondere muss sichergestellt werden, dass sich die MÇglichkeit zur Willensdurchsetzung auf die laufende GeschftsfÅhrung sowie auf die gesamte unternehmerische Sphre der Organgesellschaft erstreckt.3 Bei der Ausgestaltung, wie die in Rz. 22.61 genannten Anforderungen erfÅllt werden, ist der Unternehmer im brigen weitgehend frei. d) Beteiligungsketten

22.66 Je grÇßer der Konzern, umso schwieriger wird es, die organisatorische Eingliederung Åber alle Ebenen zu gewhrleisten. Die (aus Sicht der Rechtsprechung idealtypische) personelle Verflechtung durch personenidentische GeschftsfÅhrung auf allen Ebenen stÇßt bei mehreren Organmitgliedern schnell an natÅrliche Grenzen, wenn der Einfluss auf die laufende GeschftsfÅhrung nicht nur auf dem Papier stehen soll. Erste Wahl wird deshalb oftmals die in Rz. 22.65 geschilderte organisatorische Eingliederung ohne personelle Verflechtung sein. Andererseits wird von Seiten der Literatur z.T. grundstzlich in Frage gestellt, ob eine „mittelbare personelle Verflechtung“ mÇglich ist.4

22.67 Im Interesse der Rechtssicherheit fÅr die betroffenen Unternehmer ist es deshalb zu begrÅßen, dass die Verwaltung5 nunmehr klargestellt hat, dass aus ihrer Sicht eine organisatorische Eingliederung durch eine ununterbrochene Eingliederung Åber alle Beteiligungsstufen gewhrleistet werden kann. Die Verwaltung lsst zu, dass das Medium, durch das der Einfluss auf die laufende GeschftsfÅhrung gewhrleistet wird, in der Kette gewechselt wird. 1 BFH v. 3.4.2008 – V R 76/05, BStBl. II 2008, 905 = GmbHR 2008, 836 = UR 2008, 549: institutionell abgesicherte EingriffsmÇglichkeiten erforderlich. 2 UStAE 2.8 Abs. 10 i.d.F. des BMF, Schr. v. 5.5.2014 – IV D 2 - S 7105/11/10001, IV D 2 - S 7105/13/10003 – DOK 2014/0394588, BStBl. I 2014, 820 = UR 2014, 497. 3 hnlich UStAE 2.8 Abs. 10 Satz 6. 4 Verneinend Birkenfeld, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, § 44 Rz. 441 ff. 5 In Abschnitt 2.8. Abs. 10a UStAE i.d.F. des BMF, Schr. v. 5.5.2014 – IV D 2 - S 7105/11/10001, IV D 2 - S 7105/13/10003 – DOK 2014/0394588, BStBl. I 2014, 820 = UR 2014, 497.

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C. Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft Beispiel:1 Unternehmer U (Organtrger) ist zu 100 % an der T-GmbH (Tochtergesellschaft, Finanzholding, kein Unternehmer i.S.d. § 2 UStG) beteiligt. GeschftsfÅhrer der T-GmbH ist U. Die T-GmbH ist ua. zu 100 % an der unternehmerisch ttigen E-GmbH (Enkelgesellschaft) beteiligt. Aufgrund eines Beherrschungsvertrages (§ 291 AktG) beherrscht die T-GmbH die GeschftsfÅhrung der E-GmbH. LÇsung des BMF: Die E-GmbH ist organisatorisch in das Unternehmen des U eingegliedert. Aufgrund der personenidentischen GeschftsfÅhrungen (U und T-GmbH) sowie des zwischen T-GmbH und E-GmbH abgeschlossenen Beherrschungsvertrags ist sichergestellt, dass U seinen Willen nicht nur bei der T-GmbH, sondern auch bei der E-GmbH durchsetzen kann. Die nichtunternehmerisch ttige T-GmbH soll allerdings nicht Bestandteil des Organkreises sein (Rz. 22.29; Rz. 22.53).

e) Vereinbarkeit mit Unionsrecht Nach Auffassung der EU-Kommission2 liegen organisatorische Beziehungen bei einer „gemeinsamen oder zumindest teilweise gemeinsamen Managementstruktur“ vor. Die Kriterien des nationalen Rechts sind danach jedenfalls nicht zu weit gefasst. Allenfalls kÇnnten die Kriterien zu eng gefasst sein, da nach Unionsrecht gegenseitige organisatorische Beziehungen ausreichen. Dies scheint die Forderung des BFH nach „Willensdurchsetzung“ nicht zu decken. Auch die Missbrauchsvermeidung kann zur Rechtfertigung nicht herangezogen werden. In diese Richtung neigt auch Generalanwalt Mengozzi in seinen Schlussantrgen vom 26.3.2015.3

22.68

Wre jedoch die Definition der „gegenseitigen Beziehungen“ den Mitgliedstaaten Åberlassen (Rz. 22.55), soweit sie dabei die allgemeinen Grundstze des Unionsrechts beachten, wre eine engere deutsche Definition unionsrechtlich zulssig. Auch insoweit hat der EuGH das letzte Wort.4

22.69

IV. Beschrnkung der Organschaft auf das Inland 1. Nationales Recht Die Organschaft ist seit dem 1.1.1987 auf das Inland beschrnkt, nachdem die Kommission der EU gegen die Bundesrepublik Deutschland zu § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG 1980 am 4.10.1985 eine Vertragsverletzungsklage erhoben und diese damit begrÅndet hatte, die Ausdehnung der umsatzsteuerlichen „Organschaft“ Åber das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hinaus verstoße gegen den eindeutigen Wortlaut der Richt-

1 2 3 4

Frei nach UStAE 2.8 Abs. 10a, Beispiel 2. Kommission, UR 2009, 632, unter 3.3.4. Schlussantrge v. 26.3.2015, C-108/14, C-109/14, ECLI:EU:C:2015:212, Rz. 99. Az. des EuGH: C-108/14 und C-109/14.

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22.70

Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

linie 77/388/EWG.1 Nachdem Deutschland sein Recht gendert hatte, wurde die Klage zurÅckgenommen und das Verfahren beendet.2

22.71 Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 und 3 UStG sind im Falle der grenzÅberschreitenden Organschaft nur die im Inland gelegenen Unternehmensteile als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organtrger seine Geschftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 UStG). 2. Vereinbarkeit mit Unionsrecht

22.72 Nach Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL kann ein Mitgliedstaat nur „in seinem Gebiet ansssige Personen“ zusammen als einen neuen einzigen Steuerpflichtigen behandeln. Trotz dieses eindeutigen Wortlauts des Richtlinienrechts ist die Unionsrechtmßigkeit der von der Bundesrepublik auf Druck der EU Åbernommenen Beschrnkung auf das Inland in letzter Zeit unter Hinweis auf das Primrrecht der EU erneut in Frage gestellt und geltend gemacht worden, Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL sei ungÅltig.3

22.73 Der EuGH hat allerdings in seinem Urteil in der Rechtssache Skandia America Corp. (USA), filial Sverige4 (in einem Drittlandsfall) mittelbar besttigt, dass nur die inlndische feste Niederlassung einer auslndischen Muttergesellschaft (und nicht die in den USA ansssige Muttergesellschaft selbst) Mitglied der Mehrwertsteuergruppe sein kann:5 Da die Wirkungen der Organschaft auf das Inland des jeweiligen Mitgliedstaats beschrnkt seien, seien entgeltliche Leistungen der Muttergesellschaft an die feste Niederlassung steuerbar.6 Leistungsempfnger sei die Mehrwertsteuergruppe.7 Komme es zur Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfnger, schulde die Gruppe (und nicht die feste Niederlassung oder die Muttergesellschaft) die Umsatzsteuer.8

22.74 Nun kann man sicher anmerken, dass der EuGH nicht nach der GÅltigkeit des Art. 11 MwStSystRL gefragt worden sei und sich folgerichtig im 1 Vgl. ABl. EG Nr. C 285 v. 8.11.1985, S. 6; Az. des EuGH: Rs. 298/85. 2 Streichungsbeschluss v. 11.2.1987, ABl. EG Nr. C 80 v. 27.3.1987, S. 6. 3 ZB Boor, Die Gruppenbesteuerung im harmonisierten Mehrwertsteuerrecht, S. 48 ff., 70 ff.; aA zB Hartmann, Die Vereinbarkeit der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft mit dem EU-Recht, S. 148 ff. 4 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne. 5 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Rz. 37: Muttergesellschaft (in den USA) und Mehrwertsteuergruppe (in Schweden) sind getrennte Steuerpflichtige. 6 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Rz. 31. 7 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Rz. 30. 8 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Rz. 38.

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C. Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft

Urteil dazu nicht geußert hat. Trotzdem bestehen nach dem Urteil keinerlei Anhaltspunkte dafÅr, dass die Begrenzung unionsrechtswidrig sein kÇnnte. Primrrechtlich dient die Beschrnkung der Organschaft auf das Inland der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten1 (insbesondere bei grenzÅberschreitenden Dienstleistungen).2 Wollte man die unterschiedliche Behandlung von in- und auslndischen Unternehmern im Mehrwertsteuerrecht fÅr unzulssig halten, wren weite Teile der MwStSystRL ungÅltig (zB zu den steuerbaren Leistungen, zum Leistungsort, zu den Steuerbefreiungen, der Steuerschuldnerschaft und zum Besteuerungsverfahren).

V. Folge einer mÇglichen partiellen Unionsrechtswidrigkeit 1. Erfordernis der ber- und Unterordnung Sollte der EuGH in den Verfahren C-108/14 und C-109/14 das Erfordernis der ber- und Unterordnung (Rz. 22.39) als unionsrechtswidrig ansehen, wre eine richtlinienkonforme Auslegung mÇglich: Die Wortlautgrenze des Begriffs „eingegliedert“ wÅrde ein weiteres Verstndnis als bisher nicht zwingend hindern.

22.75

2. Personelle Voraussetzungen der Organschaft a) Unionsrechtskonforme / verfassungskonforme Auslegung Eine richtlinienkonforme Auslegung der personellen Voraussetzungen der Organschaft (Rz. 22.22 ff.) erscheint angesichts des eindeutig anderen Wortlauts des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG schwerer mÇglich.3

22.76

Ein erster „Ausweg“ wre, wenn der BFH im Wege unionsrechtskonformer und verfassungskonformer Auslegung des § 2 Abs. 2 (Nr. 1) UStG zur frÅheren Rechtsfigur des organschaftshnlichen Verhltnisses zurÅckzukehren wÅrde, um die Einbeziehung anderer Personen als Organgesellschaften in einen Organkreis wieder zu ermÇglichen.

22.77

Bei gleichheitsrechtlichen Bedenken kÇnnten Betroffene darÅber hinaus eine Befassung des BVerfG anstreben. Verfassungsbeschwerden haben jedoch bereits mehrfach nicht zum Erfolg gefÅhrt.4

22.78

1 Vgl. zuletzt EuGH v. 17.7.2014 C-48/13 – Nordea Bank, IStR 2014, 563, Rz. 27. 2 AA Boor, Die Gruppenbesteuerung im harmonisierten Mehrwertsteuerrecht, S. 79 ff.: unverhltnismßig. 3 BFH v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417 = UR 2014, 313 m. Anm. Marchal = GmbHR 2014, 376 m. Anm. Masuch, Rz. 75. 4 NichtannahmebeschlÅsse BVerfG v. 2.4.1996 – 1 BvR 2604/95, UVR 1996, 212; v. 22.9.2009 – 1 BvR 1314/09, juris.

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Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

b) Unmittelbare Berufung auf Unionsrecht

22.79 Zuletzt bleibt die Frage, ob eine unmittelbare Berufung auf Unionsrecht mÇglich ist. Dies ist mE bereits wegen Unbestimmtheit der unionsrechtlichen Definitionen (Rz. 22.57 ff.) weitgehend zu verneinen, muss aber der EuGH auf Frage des BFH in den Verfahren C-108/14 und C-109/14 entscheiden.

22.80 Lsst der EuGH gleichwohl eine Berufung auf Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL unter bestimmten Bedingungen zu, fÅhrt dies mE zu ganz erheblichen praktischen Schwierigkeiten, weil potentieller Organtrger und potentielle Organgesellschaft (sowie eventuelle andere Gesellschafter der Organgesellschaft) nicht immer gleichgerichtete Interessen verfolgen, zB bei Insolvenz oder nach AnteilsÅbertragung. Auf wen soll es dann ankommen, dh., kann die Berufung auf das Unionsrecht durch einen Beteiligten fÅr die anderen Beteiligten bindend sein? Beispiel: Die A-GmbH ist im Jahr 01 zu 80 % an der B-GmbH & Co. KG sowie zu 100 % an der B-GmbH beteiligt. Weiterer Kommanditist der KG ist C (Beteiligung 20 %). Der einzige GeschftsfÅhrer der A-GmbH ist zugleich einziger GeschftsfÅhrer der B-GmbH. Die B-GmbH hlt keinen Kapitalanteil an der KG, aber fÅhrt allein die Geschfte der KG. Im Jahr 02 verußert die A-GmbH ihre Beteiligung der KG und der B-GmbH an D. GeschftsfÅhrer der B-GmbH wird D. Im Besteuerungsverfahren der KG fÅr das Jahr 01 macht diese im Jahr 02 mit dem Einspruch geltend, sie sei im Jahr 01 nach Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL Organgesellschaft der A-GmbH gewesen. Ihr gegenÅber dÅrfe deshalb kein Umsatzsteuerbescheid ergehen. Die A-GmbH wird zum Einspruchsverfahren der KG hinzugezogen (§ 360 AO)1 und widerspricht der unmittelbaren Berufung der KG auf das Unionsrecht. Im Besteuerungsverfahren der A-GmbH lsst diese unter Hinweis auf § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Umstze der KG unberÅcksichtigt.

22.81 Die LÇsung erscheint unklar: Kann es (trotz Hinzuziehung) zu widerstreitenden Entscheidungen bei A-GmbH und KG kommen, weil sich beide auf unterschiedliche Rechtslagen berufen kÇnnen? Eine „Keinmalbesteuerung“ widersprche eklatant dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem in seiner in Art. 1 Abs. 2 MwStSystRL niedergelegten Ausprgung.

22.82 Da im Falle der Organschaft – anders als aus Sicht des nationalen Rechts2 – aus unionsrechtlicher Sicht Steuerpflichtiger die Mehrwertsteuergruppe ist,3 wre Folge einer erfolgreichen Berufung auf das Unionsrecht, dass – 1 S. dazu BFH v. 19.12.2013 – V R 5/12, BFH/NV 2014, 1122; v. 25.3.2014 – XI B 127/13, BFH/NV 2014, 1012. 2 BFH v. 19.5.2005 – V R 31/03, BStBl. II 2005, 671 = GmbHR 2005, 1209 = UR 2005, 496, unter II.2.b.dd, mwN. 3 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Rz. 33 ff.; so auch die Kommission, UR 2009, 362, unter 3.4.; s. auch Birkenfeld, UR 2014, 120 ff.

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D. Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft

entgegen dem nationalen Recht – unionsrechtlich die Gruppe und nicht jedes Gruppenmitglied die steuerrechtlichen Verpflichtungen zu erfÅllen htte (Rz. 22.85 ff.).1 Die „Berufung“ betrifft damit auch das Rechtsverhltnis zwischen den (potentiellen) Mitgliedern der Gruppe2 und nicht nur die Rechtsbeziehungen der jeweiligen Gruppenmitglieder gegenÅber dem Staat. Dies spricht mE dagegen, dass sich einzelne Gruppenmitglieder gegen den Willen der anderen Gruppenmitglieder teilweise auf Unionsrecht berufen und dann im Weiteren auf hiervon abweichende Rechtsfolgen des nationalen Rechts pochen dÅrfen.3

D. Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft I. Nationales Recht Die Rechtsfolgen des nationalen Rechts umschreibt § 2 Abs. 2 UStG damit, dass die gewerbliche oder berufliche Ttigkeit der Organgesellschaft „nicht selbstndig“ ausgeÅbt wird. Die Organgesellschaft ist daher nicht Unternehmerin. Da die Organschaft nach nationalem Recht voraussetzt, dass der Organtrger Unternehmer ist (Rz. 22.36) und nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG bewirkt, dass die im Inland belegenen Unternehmensteile als ein Unternehmen behandelt werden, schuldet damit der Organtrger die Umsatzsteuer auf Leistungen der Organgesellschaft (§ 13a Nr. 1 UStG). Innenumstze sind nicht steuerbar (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG). Werden versehentlich Rechnungen Åber Innenumstze mit offenem Steuerausweis erteilt, liegen trotzdem die Voraus1 EuGH v. 22.5.2008 – C-162/07 – Ampliscientifica und Amplifin, Slg. 2008, I-4019 = BFH/NV 2008, Beilage 3, 217, Rz. 19; v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Rz. 29. 2 Vgl. zu den zivilrechtlichen Folgen BGH v. 29.1.2013 – II ZR 91/11, GmbHR 2013, 318 = DB 2013, 447; v. 19.1.2012 – IX ZR 2/11, BGHZ 192, 221; v. 1.12.2003 – II ZR 202/01, GmbHR 2004, 258 = DStR 2004, 468. 3 Vgl. allgemein EuGH v. 28.11.2013 – C-319/12 – MDDP, HFR 2014, 177, Rz. 45. Herrscht innerhalb der Gruppe Uneinigkeit, bliebe eine Willenserklrung einzelner Gruppenmitglieder namens der Gruppe, der andere Gruppenmitglieder nicht zugestimmt haben, ohne Vertretungsmacht fÅr die Gruppe und damit jedenfalls so lange wirkungslos bis ein Gruppenmitglied von allen anderen Mitgliedern eine Zustimmung zu seiner Willenserklrung erlangt hat (ggf. im Wege der zivilrechtlichen Klage). Der EuGH weist in mehreren Entscheidungen darauf hin, dass der klagende Beteiligte vertretungsberechtigtes Mitglied der Gruppe war (EuGH v. 28.10.2010 – C-175/09 – Axa UK, Slg. 2010, I-10701 = BFH/NV 2010, 2387, Rz. 6; v. 10.3.2011 – C-540/09 – SEB, Slg. 2011, I-1509 = BFH/NV 2011, 956, Rz. 8; v. 10.11.2011 – C-260/10 – The Rank Group, Slg. 2011, I-10947, Rz. 13; v. 28.7.2011 – C-350/10 – Nordea, Slg. 2011, I-7359 = BFH/NV 2011, 1644, Rz. 9; v. 21.11.2013 – C-494/12 – Dixons, HFR 2014, 84, Rz. 9. Unklar bleibt dies im EuGH, Urt. v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Rz. 17; die GruppenzugehÇrigkeit war dort aber durch Bescheid festgestellt.

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22.83

Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

setzungen des § 14c UStG nicht vor.1 Dem Organtrger steht der Vorsteuerabzug (einschließlich eventueller Berichtigungen nach § 15a UStG) zu (§ 15 Abs. 1 Satz 1 UStG). FÅr die Frage des Vorsteuerabzugs ist nicht auf die nicht steuerbaren Innenumstze, sondern auf die Ausgangsumstze gegenÅber Dritten abzustellen.2 Auch die Pflichten im Besteuerungsverfahren (§§ 18 ff., 22 UStG) hat grundstzlich der Organtrger zu erfÅllen. Bei der PrÅfung des § 19 UStG und § 20 UStG ist wegen § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG auf die Verhltnisse des gesamten Unternehmens abzustellen. Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist dem Organtrger zu erteilen (§ 27a Abs. 1 Satz 1 UStG); allerdings kann auch Organgesellschaften eine solche erteilt werden (§ 27a Abs. 1 Satz 3 UStG); diese mÅssen eigene Zusammenfassende Meldungen abgeben (§ 18a Abs. 5 Satz 4 UStG).

22.84 Wre es unionsrechtlich zwingend, dass auch Nichtsteuerpflichtige Organtrger sein kÇnnen (Rz. 22.36; Rz. 22.55 f.), bestÅnde nach nationalem Recht ein „unternehmerisches Vakuum“: Die Organgesellschaft wre unselbstndig (§ 2 Abs. 2 UStG) und damit nicht Unternehmerin und der Organtrger in eigener Person auch nicht (§ 2 Abs. 1 UStG). In einem solchen Fall wre zu Åberlegen, dem Organtrger (wie frÅher)3 die unternehmerische Ttigkeit der Organgesellschaft als eigene zuzurechnen (s. aber Rz. 22.85 ff.).

II. Unionsrecht 22.85 Anders stellt sich die Rechtslage nach Unionsrecht dar. Der Wortlaut des Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL sieht vor, dass die Mitgliedstaaten mehrere Personen „zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln“.

22.86 Der EuGH hat daraus bereits zur Vorgngerregelung des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 Richtlinie 77/388/EWG abgeleitet, dass, wenn ein Mitgliedstaat von dieser Bestimmung Gebrauch macht, „die untergeordnete Person oder die untergeordneten Personen im Sinne dieser Vorschrift“ (das heißt die Gruppenmitglieder) „nicht als Steuerpflichtiger oder Steuerpflichtige i.S.v. Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie gelten“, sondern es zur „Verschmelzung zu einem einzigen Steuerpflichtigen“ kommt. Dies schließe aus, dass “die untergeordneten Personen“ (das heißt Gruppenmitglieder) „weiterhin getrennt Mehrwertsteuererklrungen abgeben“ und „innerhalb und außerhalb ihres Konzerns“ (das heißt: der Mehrwertsteuergruppe) weiter als Steuerpflichtige angesehen werden, da nur „der einzige 1 Vgl. BFH v. 28.10.2010 – V R 7/10, BStBl. II 2011, 391 = GmbHR 2011, 333 = UR 2011, 256 m. Anm. von Streit/Duyfjes. 2 ZB BFH v. 19.5.2005 – V R 31/03, BStBl. II 2005, 671 = GmbHR 2005, 1209 = UR 2005, 496, unter II.2.a; v. 29.10.2008 – XI R 74/07, BStBl. II 2009, 256 = GmbHR 2009, 163 = UR 2009, 47 = UR 2009, 344 m. Anm. Straub, unter II.2.d. 3 Vgl. RFH v. 11.1.1935 – V A 136/34, RFHE 37, 132 (134), mwN, bei GbR; s. auch BFH v. 26.2.1959 – V 209/56 U, BStBl. III 1959, 204, unter I., bei AG; Abschnitt 21 Abs. 1 Satz 4 und 5 UStR 1996.

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D. Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft

Steuerpflichtige“ (das heißt: die Gruppe) befugt ist, diese Erklrungen abzugeben.1 Die nationale Umsetzungsregelung muss also „einen einzigen Steuerpflichtigen“ vorsehen und „dem Konzern“ (dh. der Gruppe) darf nur eine „Mehrwertsteuernummer“ zugeteilt werden.2 Noch deutlicher hat der EuGH in der Rechtssache „Skandia Sverige“3 zu Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL entschieden, dass, wenn eine Zweigniederlassung einer auslndischen Muttergesellschaft einer nach Art. 11 MwStSystRL gebildeten Mehrwertsteuergruppe angehÇrt, „diese Mehrwertsteuergruppe als Dienstleistungsempfnger die Mehrwertsteuer schuldet“,4 weil die Zweigniederlassung „mit den anderen Mitgliedern einen einzigen Steuerpflichtigen bildet.“5 Weiter heißt es dort, dass „die Verschmelzung zu einem einzigen Steuerpflichtigen“ es „ausschließt“, dass die „Mitglieder“ (!) „einer Mehrwertsteuergruppe“ ... „innerhalb wie außerhalb ihres Konzerns weiter als Steuerpflichtige angesehen werden“.6 Die von einem Dritten zugunsten eines Mitglieds der Mehrwertsteuergruppe erbrachten Dienstleistungen seien „fÅr Mehrwertsteuerzwecke nicht als zugunsten dieses Mitglieds, sondern vielmehr als zugunsten seiner Mehrwertsteuergruppe erbracht anzusehen.“7 Der EuGH stellt weiter fest, dass „die Mehrwertsteuergruppe, der die Zweigniederlassung angehÇrt, die diese Dienstleistungen in Anspruch genommen hat, fÅr Mehrwertsteuerzwecke als der Empfnger dieser Dienstleistungen gilt.“8 Unter diesen Umstnden – und wenn ferner feststeht, dass die Gesellschaft, die diese Dienstleistungen erbracht hat, in einem Drittland ansssig ist und eine von der Mehrwertsteuergruppe getrennte Steuerpflichtige darstellt – wird die Mehrwertsteuer gemß der Ausnahmeregelung des Art. 196 MwStSystRL „von der Mehrwertsteuergruppe“ als Empfnger von Dienstleistungen i.S.v. Art. 56 MwStSystRL „geschuldet“.9

22.87

Daraus ergibt sich, dass der EuGH nicht ein Gruppenmitglied wie den Organtrger, sondern die Gruppe als Steuerpflichtigen (und Steuerschuldner)

22.88

1 EuGH v. 22.5.2008 – C-162/07, Slg. 2008, I-4019, BFH/NV 2008, Beilage 3, 217, Rz. 19. 2 EuGH v. 22.5.2008 – C-162/07, Slg. 2008, I-4019, BFH/NV 2008, Beilage 3, 217, Rz. 20. 3 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne. 4 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Tenor und Rz. 38. 5 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Rz. 28. 6 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Rz. 29. 7 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Rz. 29. 8 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Rz. 35. 9 EuGH v. 17.9.2014 – C-7/13 – Skandia Sverige, UR 2014, 850 m. Anm. Maunz = BB 2014, 2264 m. Anm. Hahne, Rz. 37.

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Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

ansieht. Organgesellschaft und Organtrger sind danach unionsrechtlich keine Unternehmer. Da die Organschaft nach Unionsrecht die Zusammenfassung (inlndischer) Personen zu einem Steuerpflichtigen bewirkt, sind auch unionsrechtlich die im Inland belegenen Unternehmensteile als ein Unternehmen anzusehen. Innenumstze sind nicht steuerbar. Die Gruppe schuldet die Umsatzsteuer auf Leistungen der Mitglieder (Art. 192a, 193, 11 Abs. 1 MwStSystRL) und ist deshalb auch der „Steuereinnehmer des Staates“. Der Gruppe steht der Vorsteuerabzug zu (Art. 168 MwStSystRL). Bei der PrÅfung der Art. 284 ff., Art. 3 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL ist auf die Verhltnisse des gesamten Unternehmens abzustellen.1 Auch die Pflichten im Besteuerungsverfahren (Art. 206 ff., 213 ff., 217 ff., 241 ff., 250 ff., 262 ff. MwStSystRL) hat die Gruppe zu erfÅllen.

III. Vereinbarkeit? 22.89 Die Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht ist bereits zuvor in Frage gestellt worden2 und ist sptestens seit dem EuGH-Urteil „Skandia Sverige“ zweifelhaft: Es kann angesichts dieser Aussagen des EuGH zur Mehrwertsteuergruppe nicht mehr davon gesprochen werden, dass „die gerichtliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts“ (jetzt: Unionsrechts) „derart offenkundig ist, dass fÅr einen vernÅnftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt.“3

22.90 Nicht durchgreifend gegen eine Besteuerung der Gruppe spricht mE der Einwand, es sei nicht mÇglich, den Konzern (als Gruppe) als Steuerschuldner anzusehen, weil ein derartiges, rein steuerrechtliches Gebilde nicht rechtsfhig sei und daher weder Steuer- noch Vollstreckungsschuldner sein kÇnnte.4 Einmal abgesehen davon, dass zumindest Schweden dies so praktiziert, kÇnnen nmlich Leistungen umsatzsteuerrechtlich bereits heute auch von Nichtrechtsfhigen erbracht werden.5 Bei der Umsatzsteuer ist jedes „Gebilde“ steuerrechtsfhig, das sich am Wirtschaftsleben beteiligt.6 Entscheidend fÅr die Steuerrechtsfhigkeit ist, wer hinsichtlich der im Streit befindlichen Steuer aus dem Steuerrechtsverhltnis in Anspruch genommen wird oder werden soll; auch nichtrechtsfhigen Gebilden kommt Steuerrechtsfhigkeit (und damit im gerichtlichen Verfahren Beteiligtenfhigkeit) zu, wenn sie den Tatbestand erfÅllen, an den das Gesetz die subjektive Steuerpflicht knÅpft, wie zB nichtrechtsfhige Per-

1 Boor, Die Gruppenbesteuerung im harmonisierten Mehrwertsteuerrecht, S. 44, mwN. 2 Birkenfeld, UR 2014, 120 ff. 3 So die Definition des „acte clair“, zB EuGH v. 6.10.1982 – 283/81 – C.I.L.F.I.T, Slg. 1982, 3415. 4 So aber Wger, DB 2014, 915, unter III.3.b. 5 BFH v. 21.4.1994 – V R 105/91, BStBl. II 1994, 671 = UR 1995, 94, mwN. 6 BFH v. 11.12.1991 – I R 66/90, BStBl. II 1992, 595 = GmbHR 1992, 543, unter II.1.

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D. Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft

sonenvereinigungen nach § 2 Abs. 1 UStG.1 Deshalb kÇnnen zB Bruchteilsgemeinschaften Unternehmer sein.2 § 44 Abs. 1 AO ordnet fÅr den Fall, dass mehrere Personen eine Steuer schulden, an, dass diese Gesamtschuldner sind. § 267 AO regelt die Vollstreckung gegen nichtrechtsfhige Personengemeinschaften, was ebenfalls deren besondere Steuerrechtsfhigkeit voraussetzt.3 Mit den §§ 420 ff., 428 ff., 741 ff. BGB stellt das Zivilrecht die Mittel zur VerfÅgung, mit denen das Außenverhltnis und das Innenverhltnis der Gruppe als Schuldner oder Glubiger zivilrechtlich abgewickelt werden kÇnnte. Der Organtrger und die Organgesellschaften werden von der Rechtsprechung des BGH wegen § 44 Abs. 1 AO untereinander ohnehin bereits heute als Gesamtschuldner behandelt und der Innenausgleich entsprechend § 426 BGB vorgenommen.4 Auch die Insolvenzfhigkeit der Gruppe, die keine Rechtsfhigkeit voraussetzt,5 wre zu prÅfen; mit den VorsteuervergÅtungsansprÅchen gegen den Fiskus verfÅgt die Gruppe Åber VermÇgen.

22.91

Sollte eine Mehrwertsteuergruppe tatschlich eine fÅr Mehrwertsteuerzwecke geschaffene „fiktive Einrichtung“ sein,6 was nach der Rechtsprechung des EuGH unionsrechtlich festzustehen scheint, wre eine Umsetzung in nationales Recht (einschließlich Festsetzung und Erhebung) folglich keineswegs unmÇglich.

22.92

Gleichwohl kann daraus nicht geschlossen werden, das nationale Recht sei zwingend mit Unionsrecht nicht vereinbar (Rz. 22.57 ff.; Rz. 22.79 ff.). Ob trotz dieser AusfÅhrungen der „einzige Steuerpflichtige“7 nicht vielleicht doch auch ein Gruppenmitglied sein darf, bedarf mE der Klrung durch den EuGH. Außerdem kÇnnten sowohl Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL als auch Art. 205 MwStSystRL § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG rechtfertigen. Indes fÅhrt mÇglicherweise gerade die Annahme, die Gruppe8 sei statt des Or-

22.93

1 BFH v. 6.12.1983 – VIII R 203/81, BStBl. II 1984, 318 = FR 1984, 294, unter II.1.a. 2 Vgl. BFH v. 15.12.2011 – V R 48/10, BFH/NV 2012, 808; v. 1.9.2010 – XI S 6/10, UR 2010, 905 = BFH/NV 2010, 2140. 3 BFH v. 11.2.1987 – II R 103/84, BStBl. II 1987, 325. 4 Vgl. BGH-Urteile v. 22.10.1992 – IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50 (55 f.) = GmbHR 1993, 92; v. 1.12.2003 – II ZR 202/01, GmbHR 2004, 258 = ZIP 2004, 164 (165); v. 19.1.2012 – IX ZR 2/11, BGHZ 192, 221 Rz. 19; v. 29.1.2013 – II ZR 91/11, GmbHR 2013, 318 = DB 2013, 447; s. in anderem Zusammenhang auch BFH v. 19.3.2014 – V B 14/14, UR 2014, 431 = GmbHR 2014, 663 = BFH/NV 2014, 999. 5 Vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 InsO. 6 So die Kommission, UR 2009, 632, unter 3.2. 7 EuGH v. 22.5.2008 – C-162/07 – Ampliscientifica und Amplifin, Slg. 2008, I-4019 = BFH/NV 2008, Beilage 3, 217, Rz. 20. 8 Eventuell (wegen § 44 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO und der Rechtsprechung des BGH) alle Gruppenmitglieder als Gesamtschuldner? Oder doch die steuerrechtsfhige Gruppe selbst, wobei indes alle Mitglieder fÅr die von der Gruppe geschuldete Steuer als Gesamtschuldner haften (s. zur „Organgesellschaft“ § 73 AO)?

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gantrgers Schuldner der Umsatzsteuer der gesamten Gruppe, zur Vermeidung von Missbruchen und Steuerumgehungen sowie Steuerausfllen. Und Art. 205 MwStSystRL kann an sich nicht dahin ausgelegt werden, dass der anderen Person eine eigenstndige Steuerpflicht auferlegt werden darf;1 zudem darf kein System der unbedingten gesamtschuldnerischen Haftung eingefÅhrt werden.2

E. Beginn und Ende der Organschaft I. Beginn 22.94 Die Organschaft beginnt an dem Tag, an dem die drei Eingliederungsvoraussetzungen gegeben sind.3 FÅr die wirtschaftliche Eingliederung reichen Vorbereitungshandlungen aus.4 Maßgeblich sind die Verhltnisse bei Steuerentstehung,5 was eine RÅckwirkung grundstzlich ausschließt. Ab diesem Zeitpunkt werden Leistungen von6 und an7 den Organkreis nach deutschem Recht dem Organtrger zugerechnet. Zuvor von einem anderen Steuerpflichtigen versteuerte Anzahlungen sind jedoch bei der Steuerfestsetzung steuermindernd zu berÅcksichtigen.8

II. Ende 22.95 Die Organschaft endet (insgesamt oder fÅr einzelne Mitglieder des Organkreises), sobald und soweit eine der Voraussetzungen nicht mehr vorliegt. In Betracht kommt dies bei – Wegfall der personellen Voraussetzungen fÅr eine Organschaft (nach nationalem Recht zB Umwandlung der Organgesellschaft in eine Personengesellschaft);9

1 EuGH v. 10.10.2013 – C-622/11 – Pactor Vastgoed BV, UR 2014, 662 = HFR 2013, 1075, Rz. 39. 2 EuGH v. 21.12.2011 – C-499/10 – Vlaamse Oliemaatschappij, Slg. 2011, I-14191, Rz. 24; v. 11.5.2006 – C-384/04 – Federation of Technological Industries, BFH/NV 2006, Beilage 3, 312, Rz. 32. 3 Vgl. BFH v. 9.3.1978 – V R 90/74, BStBl. II 1978, 486, zur GmbH in GrÅndung. 4 Vgl. BFH v. 17.1.2002 – V R 37/00, BStBl. II 2002, 373, zur Åbertragenden Sanierung. 5 BFH v. 30.4.2009 – V R 3/08, BStBl. II 2013, 873 = UR 2009, 639 = GmbHR 2009, 1003, unter II.2.b.bb.; aA Stadie in Rau/DÅrrwchter, UStG, § 2 Rz. 1001 ff. 6 BFH v. 20.2.1992 – V R 80/85, BFH/NV 1993, 133, unter II.a.aa. 7 Vgl. BFH v. 13.5.2009 – XI R 84/07, BStBl. II 2009, 868 = UR 2009, 644 = GmbHR 2009, 948: Zeitpunkt der Rechnungserteilung irrelevant, weil dieser nur die AusÅbung des bereits zuvor entstandenen Rechts auf Vorsteuerabzug betrifft. 8 BFH v. 21.6.2001 – V R 68/00, BStBl. II 2002, 255 = UR 2002, 29. 9 Korn in Bunjes, UStG13, § 2 Rz. 145.

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E. Beginn und Ende der Organschaft

– Wegfall der finanziellen Eingliederung (zB durch nderung der Stimmrechtsverhltnisse);1 – Wegfall der wirtschaftlichen Eingliederung (zB bei Zwangsversteigerung des zur Nutzung Åberlassenen GrundstÅcks2 oder Verpachtungsende);3 – Wegfall der organisatorischen Eingliederung, zB durch ErÇffnung des Insolvenzverfahrens bei der Organgesellschaft (wegen der Einzelheiten s. Kapitel 24).4 Wird die Organschaft in anderer organschaftlicher Verbindung mit anderen Mitgliedern fortgesetzt, bestehen unterschiedliche Organkreise, die geendet und begonnen haben.5

22.96

III. Kein Wahlrecht Das nationale Recht sieht – trotz teilweise recht heftiger Kritik im Schrifttum – fÅr das Entstehen der Organschaft kein Wahlrecht vor.6 Ein solches ist mE auch nicht zwingend (Rz. 22.43). Treten jedoch die Wirkungen ohne Weiteres kraft Gesetzes ein und fallen wieder weg, kann dies zB dazu fÅhren, dass eine Organschaft fÅr einige Tage oder Wochen wegfllt und danach wieder neu begrÅndet wird, wenn zB nach Abberufung eines von mehreren GeschftsfÅhrern bis zur Bestellung eines neuen GeschftsfÅhrers eine Willensdurchsetzung durch den Organtrger (Rz. 22.61) nicht mehr gewhrleistet ist. De lege ferenda sollte der Gesetzgeber deshalb mindestens eine Feststellung der Organschaft durch Bescheid (ob nun nur auf Antrag oder auch von Amts wegen) erwgen, bei der die Rechtsfolgen erst nach Erlass des Feststellungsbescheids eintreten, um – fÅr Unternehmer und Finanzverwaltung – Rechtssicherheit zu schaf1 BFH v. 27.1.2011 – V R 38/09, BStBl. II 2012, 68 = GmbHR 2011, 435 = UR 2011, 307, unter II.1.cc.; v. 11.1.1990 – V R 156/84, UR 1990, 355 = BFH/NV 1990, 741, unter II.1.c. 2 Der genaue Zeitpunkt ist allerdings streitig; vgl. BFH v. 29.1.2009 – V R 67/07, BStBl. II 2009, 1029: Anordnung genÅgt; insoweit aA BMF, Schr. v. 1.12.2009 – IV B 8 - S 7105/09/10003 – DOK 2009/0793833, BStBl. I 2009, 1609 = UR 2010, 34: Anordnung genÅgt noch nicht, aber Wegfall der organisatorischen Eingliederung. Deshalb endet nach beiden Auffassungen die Organschaft mit Anordnung der Zwangsversteigerung. 3 Vgl. BFH v. 7.7.2005 – V R 78/03, BStBl. II 2005, 849 = UR 2005, 608, unter II.1.a.cc und b. 4 Vgl. BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747; BFH v. 19.3.2014 – V B 14/14, UR 2014, 431 = GmbHR 2014, 663 = BFH/NV 2014, 999. 5 Vgl. BFH v. 13.5.2009 – XI R 84/07, BStBl. II 2009, 868 = UR 2009, 644 = GmbHR 2009, 948. 6 Vgl. BFH v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417 = UR 2014, 313 m. Anm. Marchal = GmbHR 2014, 376 m. Anm. Masuch; v. 11.12.2013 – XI R 38/12, BStBl. II 2014, 428 = UR 2014, 323; jeweils mwN.; s. auch Michel, DB 2014, 639 (640); aA ua. Stadie in Rau/DÅrrwchter, UStG, § 2 Rz. 910 ff. mwN.

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22.97

Kapitel 22

Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

fen. Eine derartige Regelung wre mE mit Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL sowie den Grundstzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zu rechtfertigen.

F. „VerunglÅckte“ und „unerkannte“ umsatzsteuerliche Organschaft 22.98 Die Komplexitt und Streitanflligkeit der Tatbestandsmerkmale (in tatschlicher und rechtlicher Hinsicht) macht die rechtssichere Beurteilung schwierig, ob eine Organschaft vorliegt. Hinzu kommen mehrere Rechtsprechungsnderungen des BFH innerhalb der letzten 5 Jahre,1 weitere offene Fragen2 sowie Nichtanwendungserlasse3 und bergangsregelungen4 des BMF. Deshalb entsteht manchmal erst Jahre spter Streit darÅber, ob eine von den Beteiligten zunchst angenommene Organschaft tatschlich bestand oder eine bisher nicht erkannte Organschaft vorlag.

22.99 Wurde irrtÅmlich eine Organschaft angenommen, wurde die Umsatzsteuer der Organgesellschaft zu Unrecht gegenÅber dem Organtrger festgesetzt. Deshalb muss der Umsatzsteuerbescheid gegen den Organtrger gendert und die Umsatzsteuer herabgesetzt werden. Ihm wird die von ihm zu viel gezahlte Umsatzsteuer erstattet.5 Die Umsatzsteuer muss stattdessen gegen die Organgesellschaft festgesetzt (oder ein bereits vorhandener Bescheid gendert) werden.6 Da diese im Regelfall Dritte i.S.d. § 174 Abs. 5 AO ist,7 kann dieser nderung der Ablauf der Festsetzungs1 Vgl. BFH v. 22.10.2009 – V R 14/08, BStBl. II 2011, 988 = UR 2010, 268; v. 22.4.2010 – V R 9/09, BStBl. II 2011, 597 = UR 2010, 579 m. Anm. Korf = GmbHR 2010, 823; v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600 = GmbHR 2011, 494 = UR 2011, 456 m. Anm. Eberhard/Mai; v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747. 2 BFH v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417 = UR 2014, 313 m. Anm. Marchal = GmbHR 2014, 376 m. Anm. Masuch; v. 11.12.2013 – XI R 38/12, BStBl. II 2014, 428 = UR 2014, 323; v. 19.3.2014 – V B 14/14, UR 2014, 431 = GmbHR 2014, 663 = BFH/NV 2014, 999. 3 ZB BMF v. 5.5.2014 – IV D 2 - S 7105/11/10001, IV D 2 - S 7105/13/10003 – DOK 2014/0394588, BStBl. I 2014, 820 = UR 2014, 497; v. 1.12.2009, BStBl. I 2009, 1609. 4 BMF, Schr. v. 7.3.2013 – IV D 2 - S 7105/11/10001 – DOK 2013/0213861, BStBl. I 2013, 333 = UR 2013, 312; v. 10.12.2013 – IV D 2 - S 7105/11/10001 – DOK 2013/1136548, BStBl. I 2013, 1625 = UR 2014, 74; v. 5.5.2014 – IV D 2 - S 7105/11/10001, IV D 2 - S 7105/13/10003 – DOK 2014/0394588, BStBl. I 2014, 820 = UR 2014, 497. 5 Vgl. BFH v. 26.11.1996 – VII R 49/96, GmbHR 1997, 914 = UR 1998, 111 = BFH/NV 1997, 537. 6 Vgl. BFH v. 8.2.1996 – V R 54/94, BFH/NV 1996, 733; im Ergebnis ebenso zur RAO s. BFH v. 7.7.1966 – V 20/64, BStBl. III 1966, 613. 7 Vgl. BFH v. 19.12.2013 – V R 5/12, BFH/NV 2014, 1122 – ohne Abgrenzung zu BFH v. 28.2.2002 – V B 167/01, BFH/NV 2002, 1010, der § 174 Abs. 4 Satz 3 AO

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G. Fazit

frist entgegenstehen und die Organgesellschaft zur Vermeidung des Eintritts einer solchen zum Verfahren des Organtrgers hinzugezogen1 bzw. beigeladen2 werden (vgl. auch Rz. 6.96 ff.). Wurde eine bestehende Organschaft Åbersehen, wurde die Umsatzsteuer des Organtrgers und der Organgesellschaft zu Unrecht in separaten Bescheiden festgesetzt. Deshalb muss der Umsatzsteuerbescheid gegen die Organgesellschaft im Regelfall ersatzlos aufgehoben3 und der Umsatzsteuerbescheid gegen den Organtrger dahin gehend gendert werden, dass die zuvor gegenÅber der Organgesellschaft festgesetzte Umsatzsteuer nun gegenÅber dem Organtrger festgesetzt wird. Eine Billigkeitsmaßnahme hat der BFH abgelehnt.4 Der Organgesellschaft wird die von ihr zu viel gezahlte Umsatzsteuer erstattet.5 Da auch hier Organtrger und Organgesellschaft Dritte i.S.d. § 174 Abs. 5 AO sind,6 kann der nderung beim Organtrger der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegenstehen und der Organtrger zur Vermeidung des Fristablaufs zum Verfahren der Organgesellschaft beigeladen werden.7

22.100

G. Fazit Die unionsrechtlichen Bestimmungen zur Mehrwertsteuergruppe sind zwar fast 50 Jahre alt; gleichwohl drngt sich der Eindruck auf, die „Entdeckung“ der Gruppenbesteuerung durch EU-Kommission und EuGH habe gerade erst begonnen. Ironischerweise stellen die von der Kommission gegen andere Mitgliedstaaten – smtlich erfolglos – eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren nun mÇglicherweise erfolgreich die Vorschriften Åber die deutsche Organschaft teilweise in Frage.

22.101

MÇglicherweise mit Unionsrecht nicht vereinbar sind insbesondere: – Die Beschrnkung, dass nur juristische Personen Organgesellschaft sein kÇnnen;

22.102

1 2

3 4 5 6

7

auch auf die Organgesellschaft fÅr anwendbar hlt; anders bei spterer Verschmelzung BFH v. 19.12.2013 – V R 6/12, BFH/NV 2014, 1126. ZB OFD Magdeburg v. 23.6.2014, USt-Kartei ST § 2 Abs. 2 UStG Karte 3. Beiladung nach § 174 Abs. 5 Satz 2 AO; vgl. BFH v. 4.3.1998 – V B 3/98, BFH/NV 1998, 1056; v. 4.8.2006 – V B 98/04, juris; v. 25.3.2014 – XI B 127/13, BFH/NV 2014, 1012. Vgl. BFH v. 17.1.1995 – VII R 28/94, UR 1996, 268 = BFH/NV 1995, 580. Vgl. BFH v. 14.3.2012 – XI R 28/09, BFH/NV 2012, 1493. Vgl. BFH v. 23.8.2001 – VII R 94/99, BStBl. II 2002, 330; v. 16.11.2004 – VII B 106/04, BFH/NV 2005, 660. Vgl. BFH v. 19.12.2013 – V R 5/12, BFH/NV 2014, 1122 – ohne Abgrenzung zu BFH v. 28.2.2002 – V B 167/01, BFH/NV 2002, 1010, der § 174 Abs. 4 Satz 3 AO auch auf die Organgesellschaft fÅr anwendbar hlt; anders bei spterer Verschmelzung BFH v. 19.12.2013 – V R 6/12, BFH/NV 2014, 1126. BFH v. 27.8.1997 – V B 14/97, BFH/NV 1998, 148.

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Sonderfragen umsatzsteuerlicher Organschaft

– die Beschrnkung, dass nur Unternehmer Mitglied im Organkreis sein kÇnnen; – das Erfordernis der ber- und Unterordnung im Organkreis (insbesondere im Bereich der organisatorischen Eingliederung deutlich ausgeprgt); – die Steuerschuldnerschaft des Organtrgers statt der Mehrwertsteuergruppe.

22.103 FÅr die Verfahrensbeteiligten (Unternehmer wie Finanzverwaltung) birgt dieser Befund ganz erhebliche Unwgbarkeiten: Wenn zB Birkenfeld meint,1 Steuerbescheide gegen einen Organtrger kÇnnten „keinen Bestand“ haben, soweit darin Besteuerungsgrundlagen aus der organschaftlichen Bettigung enthalten sind, weil die Mehrwertsteuergruppe Steuerpflichtige sei, stellt dies nicht weniger als jede Umsatzsteuerfestsetzung gegen einen Organtrger seit dem Jahr 1968 unter den Verdacht, nicht mit Unionsrecht vereinbar (gewesen) zu sein, obwohl die Richtlinienbestimmung damals geschaffen worden ist, damit ua. die Bundesrepublik Deutschland ihre Organschaft beibehalten kann.2 Dies kÇnnten Organtrger in allen verfahrensrechtlich noch nderbaren Fllen geltend machen, whrend gleichzeitig bei der Gruppe als potentiellem anderen Steuerpflichtigen Festsetzungsverjhrung einzutreten droht.

22.104 Auch deshalb war es wichtig, dass der BFH zwar nicht bei der ersten sich ihm bietenden Gelegenheit,3 aber doch sehr schnell nach Ergehen der EuGH-Urteile Kommission/Irland4 und Kommission/Schweden5 noch im Jahr 2013 den EuGH zu einigen Auswirkungen auf das deutsche Organschaftsrecht befragt hat, um mÇglichst bald zumindest in Teilen fÅr Rechtssicherheit zu sorgen. Es bleibt nun zu hoffen, dass der EuGH im Jahr 20156 in den Verfahren C-108/14 und C-109/14 zumindest teilweise klrt, wie weit der Einfluss des Unionsrechts auf die deutsche Organschaft reicht.

22.105 Man sollte eventuellen Vernderungen durch die Rechtsprechung des EuGH nicht nur mit Skepsis begegnen: Ein mÇgliches Ergebnis kÇnnte 1 Birkenfeld, UR 2014, 120 (126), unter c. 2 Unterrichtung der gesetzgebenden KÇrperschaften gem. Art. 2 des Gesetzes zu den GrÅndungsvertrgen der Europischen Gemeinschaften v. 3.5.1965, BTDrucks. IV/3335, 14, zu Art. 2. 3 Vgl. BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747, Rz. 22. 4 EuGH v. 9.4.2013 – C-85/11 – Kommission/Irland, UR 2013, 418 = DStR 2013, 806. 5 EuGH v. 25.4.2013 – C-480/10 – Kommission/Schweden, UR 2013, 423 m. Anm. Hamacher/Dahm = BFH/NV 2013, 1212. 6 Der EuGH hat am 7.1.2015 die mÅndliche Verhandlung durchgefÅhrt. Generalanwalt Mengozzi hat am 26.3.2015 (C-108/14, C-109/14, ECLI:EU:C:2015:212) seine Schlussantrge verlesen. Mit der Entscheidung ist deshalb noch im Jahr 2015 zu rechnen.

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G. Fazit

eine unionsweit einheitliche Gruppenbesteuerung im wahrsten Sinne des Wortes sein, wenn auch nur in den Mitgliedstaaten, die von der Option des Art. 11 MwStSystRL Gebrauch gemacht haben (mit gleichen Vor- und Nachteilen). Dies wÅrde Wettbewerbsverzerrungen zwischen Mehrwertsteuergruppen, die in verschiedenen Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen Gruppenregimen ansssig sind, vermindern und damit fÅr mehr Gleichbehandlung sorgen.

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Kapitel 23 Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft Literatur Behrens/Meyer-Wirges, Anmerkungen zum koordinierten Lndererlass vom 21.3.2007 zur grunderwerbsteuerlichen Organschaft, DStR 2007, 1290; Behrens, Die grunderwerbsteuerliche Konzernklausel fÅr Åbertragende Umwandlungen in § 6a GrEStG, AG 2010, 119; Behrens, Reform- und nderungsbedarf bei der Grunderwerbsteuer, UVR 2014, 147; Boruttau/Klein, Das Grunderwerbsteuergesetz vom 29.3.1940, 2. Aufl., Eberswalde 1942; Dettmeier/Geibel, Die neue Grunderwerbsteuerbefreiung fÅr Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns – Wachstumsbeschleuniger oder Rohrkrepierer?, NWB 2010, 582; Fuchs/Lieber, Grunderwerbsteuer bei Organschaft – Inflation von Grunderwerbsteuertatbestnden? – Zugleich Anmerkung zu FG DÅsseldorf vom 14.8.1998 und zu BFH vom 1.3.2000, DStR 2000, 1333; Gottwald, Grunderwerbsteuer – Leitfaden fÅr die Praxis, 4. Aufl., KÇln 2013; GÅnkel/Lieber, Grunderwerbsteuerliche Organschaft, in Herzig, Organschaft, FS fÅr Thiel, Stuttgart 2003, 353; Heine, Neue Anwendungserlasse der Lnder zu § 6a GrEStG: Ziel verfehlt, Stbg 2012, 485; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz Kommentar, 10. Aufl., Herne 2014; Kaiser, Grunderwerbsteuerplanung bei Umstrukturierung und Unternehmenserwerb, Diss., Stuttgart 2007; Klass/MÇller, Umwandlungsprivileg fÅr Konzerne bei der Grunderwerbsteuer – koordinierte Lndererlasse vom 1.12.2010, BB 2011, 407; Kroschewski, Grunderwerbsteuerliche Anteilsvereinigung im Unternehmensverbund, Diss., Regensburg 2001; Lieber, Anwendung des § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsflle – Anmerkungen zu den gleich lautenden Erlassen der obersten FinanzbehÇrden der Lnder vom 21.3.2007, DB 2007, Beil. 4 zu Heft 25; Lion, Grunderwerbsteuergesetz, 2. Aufl., Berlin 1929; Neitz/Lange, Grunderwerbsteuer bei Umwandlungen – Neue Impulse durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, Ubg 2010, 17; RothenÇder, Der Anteil i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG – Zugleich eine ErÇrterung des Normzwecks nach Absenkung der MindestbeteiligungshÇhe auf 95 v.H. der Anteile, Diss., Berlin 2009; Schaflitzl/GÇtz, Erlass zur Anwendung der Konzernklausel i.S.v. § 6a GrEStG – geklrte und offene Fragen, DB 2011, 374; Schanko, Der Anwendungserlass zum neuen Ergnzungstatbestand § 1 Abs. 3a GrEStG, UVR 2014, 44; Schober/Kuhnke, Die „Anti-RETT-Blocker“-Regelung des § 1 Abs. 3a GrEStG, NWB 2013, 2225; Wagner/Mayer, Der neue § 1 Abs. 3a GrEStG als „Super-Auffangtatbestand“? – Offene Fragen nach den gleichlautenden Erlassen der Lnder vom 9.10.2013, BB 2014, 279; Willibald/Widmayer, Grunderwerbsteuerliche Organschaft – BFH entscheidet gegen OFD MÅnster, DB 2005, 2543; Wischott/SchÇnweiß, Grunderwerbsteuerpflicht bei Wechsel des Organtrgers – Anmerkungen zum BFH-Urteil v. 20.7.2005, DStR 2006, 172; Wischott/SchÇnweiß, Wachstumsbeschleunigungsgesetz – EinfÅhrung einer Grunderwerbsteuerbefreiung fÅr Umwandlungsvorgnge, DStR 2009, 2638.

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A. Bedeutung der Organschaft im Grunderwerbsteuerrecht

A. Bedeutung der Organschaft im Grunderwerbsteuerrecht Durch die Anhebung des Steuersatzes von ursprÅnglich bundesweit 3,5 % (der seit dem 1.1.1997 galt) auf nunmehr 4 – 6,5 % (lediglich in Bayern und in Sachsen blieb es bislang bei den 3,5 %) rÅckt die Grunderwerbsteuerbelastung auch im Unternehmensbereich in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus.1 „Betroffen“ sind neben Immobilienunternehmen auch operativ ttige Konzerne mit Grundbesitz im Inland. Problematisch fÅr Konzerne ist insoweit, dass die in § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 Nr. 2 GrEStG geregelte „grunderwerbsteuerliche Organschaft“ steuerbegrÅndend wirkt und gerade nicht – wie die kÇrperschaft- oder umsatzsteuerliche Organschaft – steuerlich vorteilhaft sein kann. Außerdem kÇnnen - und zwar nicht nur im Rahmen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft, sondern des gesamten § 1 Abs. 3 GrEStG auch Rechtsvorgnge in Bezug auf auslndische „Konzerngesellschaften“ Grunderwerbsteuer fÅr inlndischen Grundbesitz auslÇsen. Vor diesem Hintergrund stellen die Grunderwerbsteuer und somit auch die grunderwerbsteuerliche Organschaft an den steuerlichen Berater und an den Konzern erhÇhte Anforderungen. Betriebswirtschaftlich notwendige Restrukturierungen mÅssen gut durchdacht werden, in vielen Fllen bietet sich die HerauslÇsung des inlndischen Grundbesitzes aus dem operativen Konzern an. Nicht in allen Fllen kann jedoch eine grunderwerbsteuerlich motivierte Restrukturierung durchgefÅhrt werden, insbesondere wenn die ertragsteuerlichen Folgen (Realisierung stiller Reserven) mÇgliche Restrukturierungsvorteile der Zukunft nicht aufwiegen kÇnnen. Die EinfÅhrung der sog. AntiRETT2-Blocker Regelung in § 1 Abs. 3a GrEStG seit dem 7.6.2013 durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz3 hat die Bedeutung der grunderwerbsteuerlichen Organschaft nicht gemindert, denn der neue „SuperAuffangtatbestand“4 erfasst zwar auch Flle der grunderwerbsteuerlichen Organschaft, bleibt jedoch subsidir.

1 Das Aufkommen der GrESt betrug 1950 noch nur ca. 84 Mio. DM, stieg dann bereits im Jahr 1978 auf ca. 1,8 Mrd. DM. Seit der Jahrtausendwende ist die GrESt eine der wichtigsten Steuerquellen der Lnder mit ca. 6,1 Mrd. E Aufkommen in 2006 und ca. 8,4 Mrd. E in 2013. 2 Die Grunderwerbsteuer wird im Englischen als Real Estate Transfer Tax (RETT) bezeichnet. 3 Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur nderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809. 4 Zu dieser Bezeichnung vgl. Wagner/Mayer, BB 2014, 279.

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23.1

Kapitel 23

Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

B. Die Organschaft im GesamtgefÅge der grunderwerbsteuerlichen Tatbestnde 23.2 Die Grunderwerbsteuer ist grundstzlich als Rechtsverkehrsteuer konzeptioniert. Sie knÅpft an den Wechsel der Sachherrschaft Åber inlndischen Grundbesitz an. Die Tatbestnde des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 GrEStG sind strikt an zivilrechtlichen Rechtsvorgngen in Bezug auf inlndische GrundstÅcke ausgerichtet. Die Grunderwerbsteuer hat sich jedoch von der „Stempelsteuer“ insoweit entfernt, als nicht erst der EigentumsÅbergang, sondern bereits das schuldrechtliche Geschft den Steuertatbestand auslÇst.

23.3 Die folgenden Abstze des § 1 GrEStG beinhalten sog. Ersatztatbestnde. Eine erste Erweiterung bildet § 1 Abs. 2 GrEStG (sog. Verschaffung der Verwertungsbefugnis).1 Die frÅher vereinzelt vertretene Auffassung, dass ein Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrag dem herrschenden Unternehmen eine Verwertungsbefugnis einrume, wird jedoch nicht mehr vertreten.2 Die Tatbestnde des § 1 Abs. 3 GrEStG – wozu auch die grunderwerbsteuerliche Organschaft gehÇrt – sollen Steuerumgehungen entgegenwirken.3 Weder ist eine Umgehungsabsicht noch ein Vorsatz oder ein Tatbestandsbewusstsein erforderlich.4 § 1 Abs. 3 GrEStG fingiert im Ergebnis GrundstÅckserwerbe, wenn Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft im notwendigen Quantum (seit 1999: mindestens 95 %) in einer Hand vereinigt oder aus einer vereinigten Hand auf eine andere Hand Åbertragen werden. Der BFH begrÅndet den Steuertatbestand damit, dass der Inhaber des notwendigen Anteilsquantums so behandelt wird, als gehÇrten ihm zufolge der Vereinigung dieser Anteile in seiner Hand die GrundstÅcke, die dieser Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen sind.5 Im Ergebnis geht es um eine mediatisierte Sachherrschaft bzw. VerfÅgungsbefugnis Åber die GrundstÅcke der Gesellschaft als wirtschaftlich begrÅndeter Durchgriff durch die Kapital- bzw. Personengesellschaft.6 Soweit ein Anteil von mehr als 5 % (bis 1999 genÅgte ein Zwer-

1 Vgl. umfassend bei Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 610 ff. 2 Vgl. BFH v. 1.3.2000 – II R 53/98, BStBl. II 2000, 357 = GmbHR 2000, 744; Fuchs/ Lieber, DStR 2000, 1333; nunmehr ebenso Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 761 unter Aufgabe seiner bis zur 14. Aufl. (1997) vertretenen Auffassung. 3 RFH v. 26.4.1921 – II A 412/20, RFHE 5, 247; BFH v. 16.3.1966 – II 70/63, BStBl. III 1966, 378. 4 RFH v. 13.10.1931 – II A 281/31, RStBl. 1932, 27; Lion in Lion2, § 3 GrEStG Rz. 6. 5 BFH v. 8.8.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, 156 = GmbHR 2001, 1065 m. Anm. GÇtz. 6 Vgl. BVerfG v. 16.5.1969 – 1 BvR 600/66, HFR 1969, 398; Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 912, mwN. Vereinzelt wurde § 1 Abs. 3 GrEStG durch die Rechtsprechung auch als Ergnzung des § 1 Abs. 2 GrEStG angesehen, da durch die Vereinigung aller Anteile die Verwertungsbefugnis an den der Gesellschaft gehÇrenden GrundstÅcken auf den Erwerber der Anteile Åbergegangen sei, vgl. BFH v. 26.2.1975 – II R 130/67, BStBl. II 1975, 456.

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B. Die Organschaft im GesamtgefÅge der grunderwerbsteuerlichen Tatbestnde

genanteil > 0 %) bei der bertragung außen vor bleibt, greift der Ergnzungstatbestand jedoch nicht ein. Die unterschiedlichen Kriterien der grunderwerbsteuerlichen Tatbestnde sollen in der Praxis zu „unerfreulichen, dem Gerechtigkeitsempfinden widersprechenden Ergebnissen“ fÅhren.1 Dies liegt jedoch an der Konzeption als Verkehrssteuer nebst Missbrauchsvermeidungsnormen und macht die Steuer nicht verfassungswidrig.2 Bereits mit dem GrEStG 19403 wurde die Anteilsvereinigung auf bzw. durch „Konzerne“ als Erwerb durch „eine Hand“ erweitert. Ausweislich der GesetzesbegrÅndung war tragender Gedanke, dass gerade in Konzernen eine Anteilsvereinigung umgangen werden kÇnne, wenn Anteile in der Hand des herrschenden und eines abhngigen Unternehmens oder in der Hand mehrerer abhngiger Unternehmen vereinigt wÅrden.4 Die grunderwerbsteuerliche Organschaft orientierte sich in der Zeit von 1940 bis 19825 durch gesetzlichen Verweis an den Tatbestandsvoraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft.

23.4

FÅr die bertragung von Beteiligungen an Personengesellschaften verblieb insoweit eine BesteuerungslÅcke, als unter einem Anteil die gesellschaftsrechtliche Beteiligung (gesamthnderische Mitberechtigung hinsichtlich des GesellschaftsvermÇgens) unabhngig von der Beteiligung am Gesellschaftskapital verstanden wurde.6 Dementsprechend war der vollstndige Wechsel aller Kommanditisten einer grundbesitzenden GmbH & Co. KG nicht tatbestandsmßig, wenn die Komplementr-GmbH in der KG verblieb. Dieser Fall wird seit 1997 von § 1 Abs. 2a GrEStG erfasst, der den Wechsel der Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftskapital zum Anlass nimmt, eine Verußerung des Grundbesitzes auf eine neue Personengesellschaft zu fingieren, obgleich die Personengesellschaft zivilrechtlich unverndert fortbesteht.

23.5

Durch die Zivilrechtsakzessoriett der Ergnzungstatbestnde verblieben auch nach EinfÅhrung des § 1 Abs. 2a GrEStG BesteuerungslÅcken.7 Ausweichgestaltungen, sog. RETT-Blocker-Strukturen, fanden Eingang in die Praxis der Konzernreorganisation; dies jedoch nicht nur mit der Absicht der „ungerechtfertigten Steuervermeidung“, sondern auch in Kenntnis der zum Teil Åberschießenden Anwendungsbereiche der Ergnzungstatbestnde. Abweichend von den weitreichenden MÇglichkeiten einer ertragsteuerneutralen Umwandlung blieb das Grunderwerbsteuergesetz bis zur EinfÅhrung des § 6a GrEStG auf diesem Auge weitgehend blind. Die

23.6

1 2 3 4 5 6 7

So Lieber in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9 Rz. 1755. AA ausdrÅcklich Tipke, Die Steuerrechtsordnung II, 937 (945). Gesetz v. 29.3.1940, RGBl. I 1940, 585. RStBl. 1940, 387 (392). nderung durch das Gesetz v. 17.12.1982, BGBl. I 1982, 1770. BFH v. 26.7.1995 – II R 68/92, BStBl. II 1995, 736 = GmbHR 1995, 840, mwN. Vgl. die Stellungnahme des Bundesrats zum JStG 2013, BT-Drucks. 17/10604, 41.

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Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

typisierten Ergnzungstatbestnde wurden zur sog. „Umwandlungsbremse“.1 In einer typischen RETT-Blocker-Struktur erwarb deshalb ein Erwerber eine GrundstÅcksgesellschaft nur zu weniger als 95 %, whrend die Åbrigen mehr als 5 % bei einem Vehikel des Verußerers blieben. Soweit dieses Vehikel eine Personengesellschaft war, kam zudem ein zeitlich gestreckter Erwerb der Anteile in Betracht um die Privilegierung des § 6 Abs. 2 GrEStG zu nutzen.2 Teilweise wurde vertreten, dass auch an der Blocker-Personengesellschaft smtliche Kommanditanteile erworben werden konnten, wenn nur der Verußerer als Gesellschafter ohne Beteiligung am Kapital und VermÇgen (sog. 0 %-Gesellschafter) verblieb, da auch dem vermÇgensmßig nicht beteiligten Gesellschafter eine sachenrechtliche Mitberechtigung an der Gesamthand zukam.3 Der BFH hat Åber solche Gestaltungen (noch) nicht entschieden; die Tendenz solche modellhaften Gestaltungen nicht anzuerkennen ist jedoch ersichtlich geworden.4 Mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz wurde deshalb in § 1 Abs. 3a GrEStG ein weiterer Ergnzungstatbestand eingefÅhrt.5 § 1 Abs. 2a und § 1 Abs. 3 GrEStG gehen der Neuregelung jedoch weiterhin ausdrÅcklich vor.6 Die hier im Fokus stehende Regelung der grunderwerbsteuerlichen Organschaft ist somit vorrangig zu prÅfen. Auch wenn § 1 Abs. 3a GrEStG im Ergebnis einen Rechtsvorgang i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG fingiert („gilt als“), handelt es sich qua gesetzlicher Anordnung um Tatbestnde, auf die § 1 Abs. 6 GrEStG anwendbar ist. Die Grunderwerbsteuer wird nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage fÅr den nachfolgenden Rechtsvorgang den Betrag Åbersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist. Voraussetzung ist, dass sowohl GrundstÅcks- als auch Erwerberidentitt besteht.7

1 Wischott/SchÇnweiß, DStR 2009, 2638. 2 Vgl. zu diesen Modellen die umfangreichen Beispiele bei Gottwald4, Rz. 327 ff. 3 In diese Richtung Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 968; kritisch Pahlke5, § 1 GrEStG Rz. 301 aE mwN. 4 Vgl. zB BFH v. 12.3.2014 – II R 51/12, BFH/NV 2014, 1315 oder BFH v. 9.7.2014 – II R 49/12, BFH/NV 2014, 1667. 5 Vgl. nur Behrens, UVR 2014, 147; Schanko, UVR 2014, 44; Schober/Kuhnke, NWB 2013, 2225; Wagner/Mayer, BB 2014, 279. 6 So auch der Gleichlautende Erlasse der obersten FinanzbehÇrden der Lnder, Anwendung des § 1 Abs. 3a GrEStG v. 9.10.2013, BStBl. I 2013, 1364, Rz. 3. 7 Vgl. nur Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 1131.

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C. Voraussetzungen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft

C. Voraussetzungen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft I. berblick Die grunderwerbsteuerliche Organschaft erweitert den Anwendungsbereich der (unmittelbaren oder mittelbaren) Anteilsvereinigung von Gesellschaften mit inlndischem Grundbesitz auf Rechtsgeschfte, wenn durch die bertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile in der Hand von – herrschenden und abhngigen Unternehmen – herrschenden und abhngigen Personen – abhngigen Unternehmen allein – abhngigen Personen allein

23.7

vereinigt werden (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 Variante 2 und 3 iVm. Abs. 4 Nr. 2 GrEStG).

II. Gesellschaft mit inlndischem Grundbesitz Die Gesellschaft, deren Anteile „im Organkreis“ vereinigt werden mÅssen, muss Åber inlndischen Grundbesitz verfÅgen (sog. GrundstÅcksgesellschaft). Bei der Gesellschaft kann es sich um eine Personen- oder Kapitalgesellschaft handeln; der Hauptanwendungsfall sind jedoch Kapitalgesellschaften. Das GrundstÅck muss noch nicht im zivilrechtlichen Eigentum der Gesellschaft stehen. Entscheidend ist die sog. spezifische grunderwerbsteuerliche Zuordnung des Grundbesitzes.1 Es genÅgt, wenn in Bezug auf ein inlndisches GrundstÅck ein Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 Abs. 1 oder 2 GrEStG verwirklicht wurde. Spiegelbildlich gehÇrt ein GrundstÅck bereits ab Abschluss des schuldrechtlichen (Verußerungs)Geschfts nicht mehr zum VermÇgen einer Gesellschaft. Im Fall von Umwandlungsvorgngen bewirkt die steuerliche RÅckwirkung (ua. § 2 UmwStG) keine rÅckwirkende ZugehÇrigkeit des GrundstÅcks im Sinne des GrESt-Rechts. Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG ist erst zu dem Zeitpunkt bewirkt, in dem zivilrechtliches Eigentum erworben wird, mithin mit Eintragung des Umwandlungsvorgangs in das Handelsregister. Allerdings gilt als GrundstÅck auch die Beteiligung an einer weiteren GrundstÅcksgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG. Insoweit genÅgt bei einem Umwandlungsvorgang (bspw. Abspaltung von 95 % der Anteile an einer GrundstÅcksgesellschaft) bereits das schuldrechtliche Geschft (Abspaltungsvertrag) fÅr die spezifische grunderwerbsteuerliche Zuordnung.

1 Vgl. Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 989 ff.

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Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

23.9 Problematisch kann die spezifische grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung zB dann werden, wenn ein schuldrechtlicher Vertrag Åber ein GrundstÅck geschlossen wird und sodann die Anteile am Verußerer Åbertragen werden, jedoch spter der GrundstÅcksverkauf mit Wirkung fÅr die Vergangenheit rÅckabgewickelt wird (insb. Anfechtung). Dies kann rÅckwirkend eine Anteilsvereinigung bzw. AnteilsÅbertragung i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG auslÇsen. Da kein subjektives Element (Absicht) zur Verwirklichung der Anteilsvereinigung von GrundstÅcksgesellschaften erforderlich ist, kommt es auch nicht auf einen vermeintlichen guten Glauben in Bezug auf die GrundstÅckslosigkeit der Gesellschaft an; der gute Glaube in Bezug auf die GrundstÅckslosigkeit einer Gesellschaft ist nicht geschÅtzt.

III. Herrschendes Unternehmen 1. Unternehmereigenschaft des herrschenden Unternehmens

23.10 In der Grundkonstellation liegt eine Anteilsvereinigung in der Hand von herrschenden und abhngigen Unternehmen oder in der Hand von abhngigen Unternehmen allein vor. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist somit eine Unternehmereigenschaft erforderlich. Nach der hM in der Literatur und Rechtsprechung kann – trotz des vor Åber 30 Jahren weggefallenen Verweises auf das Umsatzsteuergesetz – auf die Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Organschaft zurÅckgegriffen werden, da die Vorschriften (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchstb. b GrEStG und § 2 Abs. 2 Satz 1 UStG) im Kernbereich wortgleich sind.1 Der „Herrscher“ muss demnach ein umsatzsteuerlicher Unternehmer sein.2 Diese Voraussetzung ist nach der hM nicht erfÅllt, wenn der „Herrscher“ die Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft im PrivatvermÇgen hlt.3 Ferner sei die Unternehmereigenschaft nicht gegeben, wenn eine reine Finanzholding vorliege, die aufgrund der Rechtsprechung des EuGH4 mangels eigener wirtschaftlicher Ttigkeit nicht Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist. Der nicht vorhandene Wille zum unmittelbaren Eingreifen in die Verwaltung der abhngigen Gesellschaften fÅhre dazu, dass mangels Beherrschungswille auch kein Unternehmen i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG vorliege.5

1 Vgl. Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 1051; Gleichlautender Erlass zur Anwendung des § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsflle v. 21.3.2007, BStBl. I 2007, 422, Rz. 1. 2 Vgl. auch BFH v. 20.3.1974 – II R 185/66, BStBl. II 1974, 769. 3 Kritisch aber Kroschewski, 256 ff. und 263 ff. 4 EuGH v. 20.6.1991 – Rs. C-60/90 – Polysar, Slg. 1991, I-3111 = UR 1993, 119; v. 14.11.2000 – Rs. C-142/99 – Floridienne und Berginvest, Slg. 2000, I-9567 = UR 2000, 530; v. 27.9.2001 – Rs. C-16/00 – Cibo Participations, Slg. 2001, I-6663 = UR 2001, 500 m. Anm. Wger. 5 Vgl. Behrens/Meyer-Wirges, DStR 2007, 1290.

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C. Voraussetzungen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft

2. Kritik an der umsatzsteuerrechtlichen Auslegung der Norm Im Ergebnis erscheint die Auslegung des Gesetzes fÅr Immobilienunternehmen und Konzerne vorteilhaft, da eine grunderwerbsteuerliche Organschaft nicht vorliegen kann, wenn die relevante Anteilsvereinigung nur auf Ebene einer Finanzholding als „Konzernspitze“ erfolgt. Die Auslegung durch die Rspr. und hM ist mE aber nicht zwingend und widerspricht dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Ausweislich der ursprÅnglichen GesetzesbegrÅndung1 sollte mit der grunderwerbsteuerlichen Organschaft eine Aufteilung des relevanten Quantums der Anteile innerhalb des Konzerns verhindert werden. Die Nichterfassung der Finanzholding als mÇglichen Organtrger luft dem zuwider und erÇffnet GestaltungsmÇglichkeiten.

23.11

Der Begriff des „herrschenden Unternehmens“ wird seit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.20092 nicht nur in der „steuerverschrfenden“ Norm verwandt, sondern hat auch Eingang in die SteuervergÅnstigung des § 6a GrEStG gefunden. FÅr die Anwendung dieser „Konzernklausel“ kann es nunmehr vorteilhaft sein, wenn als herrschendes Unternehmen auch eine Finanzholding bzw. ein Privatier in Betracht kommen wÅrde. Nur in diesem Fall kÇnnten Umwandlungsvorgnge unterhalb einer Finanzholding bzw. einem offenen Immobilienfonds grunderwerbsteuerneutral vorgenommen werden. Das FG Hamburg hat in seinem Urteil vom 26.11.20133 entschieden, dass fÅr die Bestimmung des „herrschenden Unternehmens“ gem. § 6a Satz 3 GrEStG die umsatzsteuerliche Definition des Unternehmers heranzuziehen sei. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich nicht eindeutig, welche Anforderungen an das „herrschende Unternehmen“ zu stellen seien, da zum einen auf Unternehmen und zum anderen auf Konzernsachverhalte abgestellt werde. DemgegenÅber verwende die Norm ausdrÅcklich den Begriff des „herrschenden Unternehmens“. Aus Sicht des Gerichts bestehe keine Veranlassung, die konzernrechtliche Definition des herrschenden Unternehmens heranzuziehen, da diese an einem Schutz der Minderheitsaktionre orientiert sei und dieser Schutzzweck im Grunderwerbsteuerrecht keine Rolle spiele. Der Grundsatz der Einheit der Steuerrechtsordnung spreche eher fÅr eine Heranziehung einer steuergesetzlichen Definition, hier die des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG. Dies gelte insbesondere, als fÅr Zwecke der grunderwerbsteuerlichen Organschaft das „herrschende Unternehmen“ ebenfalls im umsatzsteuerlichen Sinne verstanden werde.

23.12

Der Wortlaut des Gesetzes erfordert mE keine umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft. § 1 Abs. 3 GrEStG erfasst „herrschende und abhngige Unternehmen“. Der Begriff des abhngigen Unternehmens wird im

23.13

1 Vgl. die BegrÅndung zum Grunderwerbsteuergesetz 1940, RStBl. 1940, 387 (392). 2 Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) v. 22.12.2009, BGBl. I 2009, 3950. 3 FG Hamburg v. 26.11.2013 – 3 K 149/12, EFG 2014, 570, rkr.

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Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

Gesetz sodann legaldefiniert. Der Begriff des „herrschenden Unternehmens“ ist dem Steuerrecht jedoch ansonsten fremd. Das Umsatzsteuergesetz nutzt den Terminus nicht. Von Beherrschung ist in der Regel nur im Rahmen der KÇrperschaftsteuer die Rede (beherrschende Gesellschafter bzw. Beherrschungsverhltnisse im Rahmen der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft). Auch innerhalb des Steuerrechts kÇnnen Begriffe unterschiedlich ausgelegt werden, nur eine unterschiedliche Auslegung innerhalb eines Gesetzes ist begrÅndungsbedÅrftig.1 Der Unternehmensbegriff des GrEStG muss nicht zwingend umsatzsteuerlich ausgelegt werden. Insbesondere sollte eine voreilige bernahme von EuGH Rechtsprechung zum harmonisierten Umsatzsteuerrecht unterbleiben. Letztlich bleibt unbegrÅndet, warum die Finanzholding auch fÅr Zwecke des Grunderwerbsteuerrechts nicht Unternehmer sein soll.2 Umsatzsteuerlich ist die nicht vorliegende wirtschaftliche Ttigkeit der Holding entscheidend, da diese nicht unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften eingreift. Dies kann jedoch fÅr Zwecke der grunderwerbsteuerlichen Organschaft kein Kriterium sein, da die Sachherrschaft grundstÅcksbezogen auszulegen ist. Die Beherrschung der Organgesellschaften ist unerheblich, insbesondere muss keine Beherrschung der GrundstÅcksgesellschaft vorliegen. Es ist anerkannt, dass allein das Quantum von 95 % der Anteile in der Hand der Organgesellschaften genÅgt. Der Aspekt der Beherrschung sollte also nicht in den Unternehmensbegriff einfließen, sondern sich spiegelbildlich aus der Abhngigkeit (Eingliederungsvoraussetzungen des § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG) ergeben.

23.14 Der BFH hatte zwar im Jahr 1974 entschieden, dass der Wille des Gesetzes angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht dahin verstanden werden kann, Flle umsatzsteuerlicher Nichtunternehmer zu erfassen.3 Allerdings lag der Entscheidung (Streitjahr 1959) noch der alte Wortlaut des § 3 GrEStG mit dem ausdrÅcklichen Gesetzesverweis zugrunde. Die Auslegung der hM widerspricht ferner dem Gesetzeszweck des § 1 Abs. 3 GrEStG. Der ursprÅngliche Verweis in § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG auf § 2 Abs. 2 UStG diente allein der Vereinfachung des finanzbehÇrdlichen Verfahrens, da die Finanzverwaltung nach vorhandenem Aktenwissen entscheiden kÇnnen sollte, ohne selbststndige Ermittlungen vornehmen zu mÅssen.4 Bereits kurz nach EinfÅhrung der Norm wurde in der Literatur thematisiert, dass die Norm entgegen dem Wortlaut auch anzuwenden sei, „wenn der an der Spitze des Konzerns Stehende die Anteile, durch die er den vielleicht sogar sehr großen und wirtschaftlich bedeutenden Konzern beherrscht, in seinem PrivatvermÇgen hlt.“5 Die GesetzesbegrÅn1 BFH v. 25.11.2002 – GrS 2/01, BStBl. II 2003, 548. 2 Zur Kritik vgl. im brigen: Schaflitzl/GÇtz, DB 2011, 374; Heine, Stbg 2012, 485; Klass/MÇller, BB 2011, 407. 3 BFH v. 20.3.1974 – II R 185/66, BStBl. II 1974, 769. 4 Boruttau/Klein2, § 1 GrEStG Rz. 29. 5 Boruttau/Klein2, § 1 GrEStG Rz. 29.

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dung benutzte den Konzern- und Unternehmensbegriff nicht einheitlich. Zunchst war von „mehreren Gesellschaften eines Konzerns“ die Rede, sodann von „grÇßere[n] Unternehmen mit weitgehender gesellschaftlicher Verschachtelung“ und eben den abhngigen und herrschenden Unternehmen. Der Verweis zu § 2 Abs. 2 UStG sollte dem „Gedanken der Einheit des Steuerrechts“ entsprechen und zugleich die Anwendung der neuen Vorschrift erleichtern. Der historische Gesetzgeber hatte somit nicht strikt zwischen Konzernen oder „umsatzsteuerlichen Organschaften“ unterschieden. Eine nichtunternehmerische Konzernspitze (Finanzholding) hat in der Vorstellungswelt des historischen Gesetzgebers nicht existiert. Sie musste es auch nicht, da die nichtunternehmerische Sphre – in der damaligen Vorstellungswelt – nur eine private Sphre sein konnte und hierzu die Anteilsvereinigung „in der Familie“ (Fiktion der Familie von Ehegatten, Eltern und Kindern als eine Person nach § 3 Satz 1 GrEStG 1940) vorgesehen wurde. Eine nichtunternehmerische privatrechtliche Personenvereinigung (Personen- oder Kapitalgesellschaft) gab es nicht.1 Wegen der VerknÅpfung der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft mit dem Konzernrecht (Erfordernis eines Unternehmensvertrages i.S.d. § 291 AktG) liegt es mE nahe, fÅr das Grunderwerbsteuerrecht einen konzernrechtlichen Unternehmensbegriff2 anzunehmen. Konzernrechtliche Vorschriften sind dann anzuwenden, wenn von der Unternehmenseigenschaft einflussreicher Gesellschafter die fÅr einen Konzern typischen Gefahren ausgehen. Der BGH geht bereits dann von einer Unternehmereigenschaft des Gesellschafters aus, wenn er neben der Beteiligung anderweitige wirtschaftliche Interessenbindungen hat, die nach Art und Intensitt die ernsthafte Sorge begrÅnden, er kÇnne wegen dieser Bindung seinen aus der Mitgliedschaft folgenden Einfluss auf die Gesellschaft zu deren Nachteil ausÅben. Bei der Beteiligung an einer anderen Gesellschaft ist diese Besorgnis bereits dann gegeben, wenn seine Beteiligung „maßgeblich“ ist und somit die MÇglichkeit besteht, dass er sich unter AusÅbung von Leitungsmacht auch in anderen Gesellschaften unternehmerisch bettigt.3 Bei einer Anwendung des konzernrechtlichen Unternehmensbegriffs im Grunderwerbsteuerrecht geht es auch nicht – entgegen der Auffassung des FG Hamburg – um den Schutz der Minderheitsaktionre, sondern spiegelbildlich um die Herrschaft des Mehrheitsaktionrs. Insofern ist es mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes zu vereinbaren, vom wirtschaftlich geprgten Unternehmensbegriff des Umsatzsteuerrechts abzugehen und stattdessen auf konzernrechtliche Beherrschungsaspekte abzustellen. Vereinfachungsaspekte sind durch den RÅckgriff auf das Umsatzsteuerrecht ohnehin nicht mehr ersichtlich. Eine berprÅfung 1 FÅr die Erfassung auch von Anteilen im PrivatvermÇgen im Fall des § 6a GrEStG vgl. Neitz/Lange, Ubg 2010, 17. 2 Vgl. zum aktien- bzw. konzernrechtlichen Unternehmensbegriff allgemein Bayer in MÅKo/AktG3, § 15 AktG Rz. 7 ff.; fÅr den Rekurs auf das Konzernrecht vgl. insb. Behrens, AG 2010, 119; Dettmeier/Geibel, NWB 2010, 582. 3 Vgl. BGH v. 18.6.2001 – II ZR 212/99, BGHZ 148, 123, mwN.

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Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

der Umsatzsteuerunternehmereigenschaft (aus nationaler bzw. europarechtskonform ausgelegter Sicht) der in Betracht kommenden Konzernspitzen erfordert eine deutlich umfangreichere Sachverhaltsermittlung durch die Finanzverwaltung. 3. Folgen fÅr die Praxis

23.16 In der Praxis ist aus GrÅnden der Vorsicht vom umsatzsteuerlichen Unternehmensbegriff auszugehen. Auch wenn die FinanzbehÇrden im Einzelfall zu Recht von einer Anteilsvereinigung im Organkreis ausgehen, sollte die Bestimmung des jeweiligen Organkreises genau ÅberprÅft werden. Im konkreten Fall mag es augenscheinlich unerheblich sein, ob nun die Mutter- oder die Großmuttergesellschaft als Organtrger angesehen wird, solange es in jedem Fall zu einer Anteilsvereinigung kommt. FÅr sptere Strukturvernderungen im Konzern ist es jedoch bedeutsam, welche Gesellschaften zum Organkreis gehÇren. Es besteht nmlich eine faktische Bindung an das einmal gefundene Ergebnis, auch wenn die Bestimmung des Organtrgers nicht fÇrmlich festgestellt wird bzw. anderweitig in Bestandskraft erwachsen kann.

23.17 De lege ferenda entsprche es einer tatschlichen Vereinfachung, den Wortlaut des § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG abzundern und auf die umsatzsteuerlichen Eingliederungsvoraussetzungen zu verzichten. Soweit die Finanzverwaltung auf auslndische Konzerne trifft, erfordert die Anwendung der Regeln zur umsatzsteuerlichen Organschaft einen erhÇhten Ermittlungsaufwand, da die Informationen zu mÇglichen anderen Organgesellschaften im Ausland, die ein relevantes Quantum von Anteilen vermitteln, gerade nicht in den Umsatzsteuerakten vorhanden sind. Es entsprche einer Vereinfachung, einen gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriff, bspw. wie im Rahmen der Zinsschranke, zu nutzen und auf vorhandene Unterlagen (bspw. Angaben in KonzernabschlÅssen nach IAS/ IFRS) zurÅckzugreifen.

IV. Abhngige Personen 1. Abhngige natÅrliche Person

23.18 Soweit das Gesetz die „abhngige Person“ erwhnt (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a GrEStG), luft das Gesetz nach der hM leer, da es eine solche abhngige Person nicht geben kann.1 Erfasst sind von Buchst. a lediglich Personengesellschaften von natÅrlichen Personen; soweit eine juristische Person beteiligt ist, ist Buchst. a nicht einschlgig.2

1 Hofmann in Hofmann10, § 1 GrEStG Rz. 175. 2 Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 1055, mwN.

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C. Voraussetzungen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft

2. Abhngige juristische Person a) Juristische Personen des in- und auslndischen Rechts (Notwendigkeit des Rechtstypenvergleichs) Nach § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG kommen ferner „juristische Personen“ als abhngige Unternehmen in Betracht.1 Die juristische Person muss nach dem Gesamtbild der Verhltnisse finanziell, organisatorisch und wirtschaftlich in das herrschende Unternehmen eingegliedert sein. Die drei Merkmale mÅssen nicht gleich stark ausgeprgt sein, jedoch muss jedes Merkmal vorliegen. Juristische Personen sind im Wesentlichen die Kapitalgesellschaften, aber auch die Genossenschaften. Der Anwendungsbereich ist nicht auf inlndische juristische Personen beschrnkt. Eine auslndische Kapitalgesellschaft kommt dann als juristische Person i.S.d. GrEStG in Betracht, wenn sie wie eine inlndische juristische Person eigene RechtspersÇnlichkeit erlangt hat2. Eine US-amerikanische Limited Liable Company (LLC) wird zwar nach dem kÇrperschaftsteuerlichen Rechtstypenvergleich meist als KÇrperschaft behandelt,3 aber sie ist mangels RechtspersÇnlichkeit nicht als juristische Person i.S.d. GrEStG anzusehen. Auf der anderen Seite ist auch eine nach US-Steuerrecht als Personengesellschaft behandelte S-Corporation eine juristische Person i.S.d. GrEStG.4 Ebenfalls als juristische Person sollte die UK-LLP qualifizieren, denn bei dieser handelt es sich – auch wenn sie oftmals mit einer Kommanditgesellschaft ohne Komplementr verglichen wird – um eine Corporation.5 Ebenfalls unklar ist die Qualifikation zahlreicher anderer Rechtsgebilde, ua. des fonds commune de placement (FCP), einer VermÇgensmasse (offener Fonds bzw. Spezialfonds) des luxemburgischen Rechts. Bei diesen dÅrfte jedoch eine Vergleichbarkeit mit inlndischen SondervermÇgen vorliegen. Bei dem inlndischen SondervermÇgen einer Kapitalverwaltungsgesellschaft handelt es sich nicht um eine gesonderte und verselbststndigte juristische Person, vielmehr ist das VermÇgen der Kapitalverwaltungsgesellschaft zuzurechnen.6 Insoweit sind die Regeln zur grunderwerbsteuerlichen Organschaft bei der Reorganisation von Banken von großer praktischer Bedeu-

1 Eine europarechtskonforme Auslegung der umsatzsteuerlichen Organschaft, wonach auch eine Personengesellschaft abhngiges Unternehmen sein kann (Rz. 22.22 ff.), ist wegen des entgegenstehenden klaren Wortlaut des § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG nicht auf das Grunderwerbsteuerrecht Åbertragbar. 2 Zu den abweichenden Kriterien beim kÇrperschaftsteuerlichen Rechtstypenvergleich vgl. Klein in HHR, § 1 KStG, Anm. 27. 3 Vgl. BMF v. 19.3.2004 – IV B 4 - S 1301 USA - 22/04, BStBl. I 2004, 411. 4 Vgl. zur ertragsteuerlichen Qualifizierung OFD Berlin v. 21.1.2003 – St 127 - S 1301 - USA - 4/97, FR 2003, 217. 5 Art. 1 (2) UK Limited Liability Partnerships Act 2000; vgl. auch SenF Berlin v. 19.1.2007, DStR 2007, 1034 zur ertragsteuerlichen Qualifizierung. 6 Dies gilt unbeschadet der kÇrperschaftsteuerlichen Behandlung solcher SondervermÇgen als KÇrperschaftsteuersubjekt nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG.

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23.19

Kapitel 23

Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

tung, da sie zumeist alleinige Anteilsinhaber von Kapitalverwaltungsgesellschaften sind. b) Finanzielle Eingliederung

23.20 Die juristische Person muss finanziell eingegliedert sein.1 Hierunter wird nach der stndigen Rechtsprechung und in der Literatur die Mehrheit der Stimmrechte, vermittelt durch die Anteile, verstanden. Von wesentlichem Interesse ist insoweit der Anteilsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG. Eine relevante (ggf. durch die Satzung vom gesetzlichen Typus abweichende) Stimmrechtsmehrheit muss in der Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung gegeben sein. Auszuscheiden sind somit Vorzugsaktien, die ohne Stimmrecht, jedoch mit hÇheren Gewinnbezugsrechten ausgestattet sind. Zu berÅcksichtigen sind jedoch Mehrstimmrechte bzw. sog. „Golden Shares“. Ermittlungsschwierigkeiten ergeben sich bei auslndischen Gesellschaften, die Åber verschiedene Klassen von Anteilen verfÅgen (unterschiedlich ausgeprgte Stimm- und Gewinnbezugsrechte in sog. classshares) bzw. die durch hybride Instrumente finanziert werden (Anteile, die typische Elemente von Fremd- und Eigenkapital enthalten). Eine mittelbare finanzielle Eingliederung genÅgt, dh. die Stimmrechtsmehrheit kann auch Åber mehrere Gesellschaften im Konzern vermittelt werden; insoweit ist durchzurechnen (Rz. 22.47 ff.). c) Organisatorische Eingliederung

23.21 Eine organisatorische Eingliederung der abhngigen juristischen Person liegt vor, wenn das herrschende Unternehmen seine Stimmrechtsmehrheit organisatorisch absichert und tatschlichen Einfluss auf die juristische Person nimmt. Nach der Rechtsprechung liegt eine organisatorische Eingliederung vor, wenn der Organtrger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene MÇglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden GeschftsfÅhrung wahrnimmt, wobei er die Organgesellschaft durch die Art und Weise der GeschftsfÅhrung beherrschen muss.2 Die neuere Rechtsprechung sieht eine organisatorische Eingliederung nicht als gegeben an, wenn nur sichergestellt wird, dass eine vom Willen des Organtrgers abweichende Willensbildung bei der Organgesellschaft nicht stattfindet.3 Noch unklar ist, ob diese umsatzsteuerliche Einschrnkung, auch fÅr den Bereich der Grunderwerbsteuer anzuwenden sein wird, da diese auf rein umsatzsteuerlichen Erwgungen beruht (der Organtrger, der lediglich ein Vetorecht hat, kann fÅr die Organgesellschaft nicht als Steuereinnehmer fungieren). Typischerweise liegt eine organisatorische Eingliederung vor, wenn eine personelle Verflechtung der GeschftsfÅhrung oder weiterer Organe (Beirte, Aufsichtsrte) vorliegt. Ein 1 Insoweit unterfallen anteilslose juristische Personen (insb. Stiftungen) nicht der Vorschrift, da es sich hierbei um verselbststndigte VermÇgensmassen handelt. 2 BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, UR 2013, 785 = DStR 2013, 1883. 3 So noch BFH v. 3.4.2008 – V R 76/05, BStBl. II 2008, 905 = UR 2008, 549.

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C. Voraussetzungen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft

klassischer Fall der organisatorischen Eingliederung ist gegeben, wenn eine Personalunion der GeschftsfÅhrungsorgane zwischen herrschendem Unternehmen und abhngiger juristischer Person besteht. Da es sich bei den Eingliederungsvoraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft jedoch um Typusbegriffe handelt, kommt eine organisatorische Eingliederung auch durch Weisungen im tglichen Geschftsbetrieb bzw. durch Besetzung der GeschftsfÅhrung der abhngigen juristischen Person mit leitenden Angestellten des herrschenden Unternehmens in Betracht. In der Praxis ergeben sich Schwierigkeiten, wenn eine inlndische GrundstÅcksgesellschaft eines auslndischen Konzerns betroffen ist, da insoweit die GeschftsfÅhrungspraxis eines gesamten Konzerns auf eine Beherrschung untersucht werden muss. In der Praxis anzutreffende Versuche, eine organisatorische Eingliederung zu vermeiden, indem lediglich Strohmann-GeschftsfÅhrer eingesetzt werden, sind nicht erfolgsversprechend, da in diesen Fllen Weisungen an die GeschftsfÅhrung bestehen. d) Wirtschaftliche Eingliederung Bei dem Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung wird der Bezug zur umsatzsteuerlichen Organschaft deutlich; zugleich wird jedoch ersichtlich, dass beide Konzepte nicht aufeinander abgestimmt sind. Eine fehlende wirtschaftliche Eingliederung einer juristischen Person ndert nichts an der Sachherrschaft des herrschenden Unternehmens in Bezug auf GrundstÅcke der abhngigen Unternehmen. Whrend die beiden erstgenannten Eingliederungsvoraussetzungen eine organisatorisch abgesicherte Beherrschung der abhngigen juristischen Person abbilden, mÅsste das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer wirtschaftlichen Eingliederung aus grunderwerbsteuerlicher Sicht schlicht unerheblich sein. Eine wirtschaftliche Eingliederung liegt dann vor, wenn die juristische Person im GefÅge des Åbergeordneten Unternehmens als dessen Bestandteil erscheint und zwischen beiden ein vernÅnftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung besteht.1 Die Ttigkeiten mÅssen aufeinander abgestimmt sein und sich fÇrdern bzw. ergnzen.2 Als klassische Beispiele kommen hier die ertragsteuerliche Betriebsaufspaltung (berlassung der GrundstÅcke an das herrschende Unternehmen) bzw. operative Konzerne in Betracht. In diesen Fllen wird die Feststellung einer wirtschaftlichen Eingliederung wenig problematisch sein. Schwieriger sind Flle, in denen GrundstÅcksgesellschaften von Immobilienunternehmen (ua. Immobilienfonds) betroffen sind. In diesen Fllen beschrnkt sich die wirtschaftliche Beziehung zumeist auf eine Gesellschafterfremdfinanzierung bzw. die bernahme von Verwaltungs- und GeschftsfÅhrungsaufgaben, was jedoch ausreichend fÅr die Annahme einer wirtschaftlichen Eingliederung sein sollte. Das Typusmerkmal der wirtschaftlichen Eingliederung degeneriert 1 BFH v. 20.8.2009 – V R 30/06, BStBl. II 2010, 863 = UR 2009, 800. 2 BFH v. 22.10.2009 – V R 14/08, BStBl. II 2011, 988 = UR 2010, 268; v. 3.4.2003 – V R 63/01, BStBl. II 2004, 434 = GmbHR 2003, 904 m. Anm. Hering.

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23.22

Kapitel 23

Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

im Immobilienkonzern zu einer reinen Unterstellung, wenn aus der organisatorischen Eingliederung (bspw. Personalunion) auf eine wirtschaftliche Eingliederung geschlossen wird. Eine wirtschaftliche Eingliederung ist jedoch dann nicht mehr gegeben, wenn sich das herrschende Unternehmen auf das Halten der Beteiligung beschrnkt. In diesen Fllen wird aber zugleich eine organisatorische Eingliederung fehlen.

V. Zeitlicher Bezug zur BegrÅndung der Organschaft 23.23 Im Grundsatz setzt § 1 Abs. 3 GrEStG voraus, dass sich die relevanten Anteile im Organkreis vereinigen. Der Tatbestand geht also in seiner Grundkonstellation von einem bestehenden Organschaftsverhltnis und dem Erwerb bzw. der Vereinigung von Anteilen im bestehenden Organkreis aus.

23.24 Beispiel 1: Grundfall der grunderwerbsteuerlichen Organschaft1

Die M-GmbH hlt 51 % der Anteile an der A-GmbH und 50 % der Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft G; ein Organschaftsverhltnis zwischen der M- und der A-GmbH ist bereits begrÅndet. Nunmehr erwirbt die A-GmbH 45 % der Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft G. Es liegt eine Anteilsvereinigung in der Hand von herrschenden und abhngigen Unternehmen vor. Ohne das Beherrschungsverhltnis wÅrde keine Grunderwerbsteuer ausgelÇst werden, denn die neu erworbenen 45 % Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft kÇnnten der M-GmbH nicht zugerechnet werden (Beteiligung an der A-GmbH < 95 %).

1 In den weiteren Fllen werden die Eingliederungsvoraussetzungen (s.o.) vorausgesetzt; vereinfachend handelt es sich bei allen beteiligten Gesellschaften – soweit nicht anders vermerkt – um GmbH.

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C. Voraussetzungen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft ErfÅllt ist der Tatbestand auch, wenn ein Anteilserwerb mit der BegrÅndung eines relevanten Organschaftsverhltnisses zeitlich zusammenfllt, wenn also erst mit dem Erwerb der Anteile durch die A-GmbH ein Organschaftsverhltnis zwischen der M- und der A-GmbH begrÅndet wird.

23.25

Beispiel 2: Anteilsvereinigung nur in der Hand von abhngigen Unternehmen

Die M-GmbH hlt jeweils 51 % der Anteile an der A-, B- und C-GmbH. Die A- und B-GmbH halten jeweils 50 % der Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft G. Nunmehr erwirbt die C-GmbH von der B-GmbH 10 % der Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft G und zeitgleich begrÅndet die M-GmbH ein Organschaftsverhltnis zu der A-, B- und C-GmbH. Es liegt eine Anteilsvereinigung allein in der Hand von abhngigen Unternehmen vor. Dass die M-GmbH ggf. keinen Einfluss auf die Anteilsverschiebung zwischen der B- und der C-GmbH hatte, ist unerheblich. Der Tatbestand der Anteilsvereinigung im Organkreis ist nach der herrschenden Meinung nicht erfÅllt, wenn ohne relevanten Anteilserwerb lediglich ein Organschaftsverhltnis begrÅndet wird. Wird im Beispiel 2 also nur ein Organschaftsverhltnis von der M-GmbH zu deren Tochtergesellschaften begrÅndet, ist dieser Vorgang nicht steuerbar. Auch die isolierte bertragung des Anteils von 10 % von der B- auf die C-GmbH ohne BegrÅndung eines Organschaftsverhltnisses ist nicht steuerbar.

Kein relevanter Anteilserwerb im Organkreis liegt ferner vor, wenn Gesellschaften eines Organkreises eine neue Organgesellschaft grÅnden und ein GrundstÅck als Sacheinlage einbringen.1 Zum einen wird die bertragung des GrundstÅcks bereits nach § 1 Abs. 1 GrEStG erfasst und zum anderen liegt in der erstmaligen Zuordnung der bei der GesellschaftsgrÅndung neu entstehenden Anteile kein Anteilserwerb vor. Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass eine widerlegbare Vermutung eines vorgefassten Planes besteht, wenn ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen dem Erwerb und der BegrÅndung

1 Vgl. BFH v. 28.11.1979 – II R 117/78, BStBl. II 1980, 357.

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Kapitel 23

Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

des Organschaftsverhltnisses gegeben ist.1 In diesem Fall soll eine Anteilsvereinigung im Organkreis gegeben sein. Ein zeitlicher Zusammenhang sei dann anzunehmen, wenn zwischen beiden Vorgngen ein Zeitraum von nicht mehr als 15 Monaten liege. Im o.g. Beispiel 2 wÅrde die Finanzverwaltung somit Grunderwerbsteuer auch dann festsetzen, wenn ein Organschaftsverhltnis dem Anteilserwerb innerhalb von 15 Monaten nachfolgt. FÅr die umgekehrte Reihenfolge soll die widerlegbare Vermutung nicht gelten.2 Der lange Zeitraum wirft zudem Folgefragen zum Zusammenspiel mit § 1 Abs. 3a GrEStG auf. Nimmt die Finanzverwaltung zunchst (mangels zeitnaher Eingliederung) eine Anteilsvereinigung nach dem subsidiren § 1 Abs. 3a GrEStG an und erfolgt sodann innerhalb des 15 Monatszeitraums die BegrÅndung der Organschaft, mÅsste nunmehr eine Festsetzung nach § 1 Abs. 3 GrEStG erfolgen, da bei Annahme eines Gesamtplans der Tatbestand bereits zum Zeitpunkt der AnteilsÅbertragung als erfÅllt anzusehen sein mÅsste.3 Festsetzungen nach § 1 Abs. 3a GrEStG sind – soweit eine Organschaft in Betracht kommt – deshalb verfahrensrechtlich durch einen Einspruch „offen“ zu halten, wenn die Festsetzung nicht unter dem Vorbehalt der NachprÅfung (§ 164 AO) erfolgt ist; darÅber hinaus kÇnnte eine nderung nach § 174 AO in Betracht kommen.

23.27 Diese Auffassung findet mE keine StÅtze im Gesetz, denn der „vorgefasste Plan“ einer Tatbestandsverwirklichung kann diese nicht ersetzen. Der recht eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 3 GrEStG („unterlieg[t] der Steuer ... ein Rechtsgeschft ..., wenn durch die bertragung ... Anteile ... vereinigt werden“) lsst insoweit keinen Auslegungsspielraum. Ein vorgefasster Plan wre nur dann erheblich, wenn § 42 AO neben § 1 Abs. 3 GrEStG anwendbar bliebe, dh. ein Missbrauch der Missbrauchsvermeidungsnorm erfasst wre. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall.4 Eine extensive Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG – ohne RÅckgriff auf § 42 AO – ist mE mangels planwidriger RegelungslÅcke ebenfalls nicht mÇglich. Die Problematik ist in der Finanzverwaltung zumindest seit dem Erlass des Finanzministeriums Baden-WÅrttemberg vom 11.10.20055 bekannt. Es htte nahe gelegen, eine entsprechende Gesetzesnderung zu forcieren, insbesondere hat der Bundesrat zahlreiche nderungsvorschlge zum GrEStG in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht, ohne hinsichtlich der hier diskutierten Frage die Notwendigkeit der Normierung zu sehen. 1 Vgl. Gleichlautender Erlass zur Anwendung des § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsflle v. 21.3.2007, BStBl. I 2007, 422, Rz. 2.4.2. 2 So Lieber, DB 2007, Beil. 4, 4; wohl ebenso Hofmann in Hofmann10, § 1 GrEStG Rz. 179. 3 AA Lieber in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 1830, die davon ausgeht, dass eine Anteilsvereinigung im Organkreis dann nicht mehr in Betracht kommen sollte. 4 Vgl. nur BFH v. 29.5.2011 – II B 133/10, BFH/NV 2011, 1539; RothenÇder, 301 ff.; zweifelnd zumindest Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 1067. 5 Erlass betr. Anwendung des § 1 Abs. 3 GrEStG in Organschaftsfllen v. 11.10.2005 – 3 - S 4501/10, DB 2005, 2270.

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D. Rechtsfolgen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft

D. Rechtsfolgen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft I. Allgemeine Rechtsfolge (Steuererhebung) Vorrangige Rechtsfolge ist, dass Grunderwerbsteuer in Bezug auf den der GrundstÅcksgesellschaft zuzuordnenden inlndischen Grundbesitz erhoben wird. Die Anteilsvereinigung im Organkreis fingiert GrundstÅckserwerbe und fÅhrt zu so vielen Erwerben, wie der GrundstÅcksgesellschaft, deren Anteile betroffen sind, GrundstÅcke zuzuordnen sind.1 Die AnteilsÅbertragung bzw. -vereinigung fingiert einen vollstndigen GrundstÅckserwerb; Grunderwerbsteuer wird somit nicht nur anteilig – in HÇhe des steuerauslÇsenden Anteilserwerbs – erhoben. Soweit keine SteuervergÅnstigung in Betracht kommt (insb. §§ 5, 6 und 6a GrEStG), wird die Steuer grundstzlich nach einer Gegenleistung bemessen. Eine Gegenleistung fÅr erworbene und vereinigte Anteile ist nicht in eine Gegenleistung fÅr die der GrundstÅcksgesellschaft gehÇrenden GrundstÅcke umzurechnen. Aus diesem Grund ist die Geltung der Ersatzbemessungsgrundlage nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG iVm. § 138 Abs. 2 bis 4 BewG angeordnet.2 Die Steuer wird mit einem lnderspezifischen Steuersatz auf diese Bemessungsgrundlage erhoben (§ 11 Abs. 1 GrEStG ist insoweit missverstndlich formuliert und gilt so nur noch fÅr die Lnder Sachsen und Bayern, die keinen abweichenden Steuersatz bestimmt haben).

23.28

Der II. Senat des BFH ist jedoch von einem Verstoß des § 11 GrEStG iVm. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG und §§ 138 ff. BewG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz Åberzeugt und hat mit Beschluss vom 2.3.20113 dem BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG die Frage vorgelegt, „ob § 11 GrEStG in der im Jahre 2002 geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 GG insofern unvereinbar ist, als er die Beteiligten an Erwerbsvorgngen i.S.d. § 8 Abs. 2 GrEStG, fÅr die die (Ersatz-)Steuerbemessungsgrundlage nach § 138 Abs. 3 BewG in der im Jahre 2002 geltenden Fassung zu ermitteln ist, mit einheitlichen Steuerstzen belastet“. ber die Vorlage hat das BVerfG bis zum Redaktionsschluss noch nicht entschieden.4

23.29

1 Vgl. BFH v. 17.2.1982 – II R 25/81, BStBl. II 1982, 336; zu den verfahrensrechtlichen Folgen vgl. unten unter G. 2 FÅr den Regelfall des bebauten BetriebsgrundstÅcks ergibt sich der anzusetzende Wert bisher aus der 12,5fachen (Netto)Jahresmiete (bzw. einer Åblichen Miete) abzgl. einer Alterswertminderung von 0,5 % je Jahr nach Bezugsfertigkeit (max. 25 %); der Wert des unbebauten GrundstÅcks darf ebenfalls nicht unterschritten werden (§ 146 BewG). 3 BFH v. 2.3.2011 – II R 64/08, GmbHR 2009, 894 = BFH/NV 2011, 1009. 4 Aktenzeichen des BVerfG: 1 BvL 14/11.

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Kapitel 23

Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

II. Exkurs: Bilanzsteuerrechtliche Behandlung der Grunderwerbsteuer 23.30 Seit dem BFH-Urteil vom 20.4.20111 und dessen VerÇffentlichung im Bundessteuerblatt ist anerkannt, dass nach § 1 Abs. 3 GrEStG entstandene Grunderwerbsteuer sofort abzugsfhiger Aufwand (= Betriebsausgaben, § 4 Abs. 4 EStG) ist.2 Im Fall der Anteilsvereinigung im Organkreis sind Steuerschuldner die Glieder des Organkreises, die Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft halten. Diese sind Gesamtschuldner (§ 44 AO). Die Grunderwerbsteuer ist anteilig als Aufwand (im Verhltnis der Beteiligungen) zu erfassen und innerhalb des Organkreises auszugleichen, damit weder verdeckten GewinnausschÅttungen noch verdeckte Einlagen angenommen werden kÇnnen. Dies gilt insbesondere, wenn der Organtrger die Steuerschuld leistet, obgleich er nicht Steuerschuldner ist.

III. Sonstige Rechtsfolgen 1. Verhltnis zu den anderen Tatbestandsalternativen des § 1 Abs. 3 GrEStG

23.31 Nach der (wohl) herrschenden Meinung modifiziert das Organschaftsverhltnis lediglich das Tatbestandsmerkmal „der einen Hand“; die grunderwerbsteuerliche Organschaft stellt sich deshalb als ein besonders geregelter Fall der mittelbaren Anteilsvereinigung dar.3 Hofmann betont jedoch den Unterschied zwischen Anteilsvereinigung im Organkreis und mittelbarer Anteilsvereinigung.4 Der relevante Unterschied bestÅnde darin, dass an der Spitze des „bloß organschaftlich verbundenen Konzerns“ ein Unternehmer stehen mÅsse, whrend eine mittelbare Anteilsvereinigung auch durch Beteiligungen im PrivatvermÇgen mÇglich sei.5 Hofmann vertritt diese Ansicht auf Basis der hM, wonach nur ein Umsatzsteuer-Unternehmer herrschendes Unternehmen sein kÇnne. Dass dies nicht zwingend ist, wurde bereits ausgefÅhrt. Auch Lieber spricht sich gegen eine Bezeichnung als besonders geregelten Fall der mittelbaren Anteilsvereinigung aus, da der Grundbesitz der „Hand des Organkreises“ und nicht einer einzelnen Gesellschaft zugerechnet werde.6 Im brigen haben diese terminologischen Differenzierungen keinerlei praktische Auswirkungen. 1 BFH v. 20.4.2011 – I R 2/10, BStBl. II 2011, 761 = FR 2011, 904. 2 Vgl. ausdrÅcklich OFD-Rheinland v. 23.1.2012 – S 2174 - St 141 (01/2009), FR 2012, 284. 3 Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 1040; ebenso Gleichlautender Erlass zur Anwendung des § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsflle v. 21.3.2007, BStBl. I 2007, 422, Rz. 1; BFH v. 16.1.1980 – II R 52/76, BStBl. II 1980, 360; Gottwald4, Rz. 301; 4 Vgl. Hofmann in Hofmann, GrEStG10 § 1 GrEStG Rz. 178. 5 Dazu auch ausfÅhrlich RothenÇder, 269 f. 6 Lieber in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 1805.

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D. Rechtsfolgen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft

Als geklrt angesehen werden kann das Verhltnis der grunderwerbsteuerlichen Organschaft zur „einfachen“ Anteilsvereinigung. Die Finanzverwaltung ging frÅher davon aus, dass eine Anteilsvereinigung im Organkreis auch erfolgen kÇnne, obgleich 95 % oder mehr der Anteile bei einer Organgesellschaft vereinigt wurden.1 Nach dem Urteil des BFH vom 20.7.20052 wird dies nicht mehr vertreten. Die Regelungen zur Organschaft sind im Ergebnis nur in Bezug auf solche GrundstÅcksgesellschaften zu ÅberprÅfen, deren Anteile nicht bereits unmittelbar oder mittelbar in der Hand einer Person vereinigt sind.3

23.32

2. Grunderwerbsteuerliche Selbststndigkeit der Organgesellschaften Die Nhe zur umsatzsteuerlichen Organschaft darf nicht dazu verleiten, die Organgesellschaften als unselbststndig zu betrachten (vgl. ausfÅhrlich zur Umsatzsteuerorganschaft Rz. 22.83 ff.). Das GrEStG kennt diese Rechtsfolge nicht, vielmehr bleiben die Organgesellschaften selbststndige Zuordnungssubjekte. Die Organschaftsregelungen sind punktuell zu prÅfen und haben keine Auswirkungen auf einen bestimmten Zeitabschnitt. Folge dessen ist auch, dass GrundstÅcksgeschfte zwischen Organgesellschaften steuerbar sind.

23.33

3. Zuordnung des inlndischen Grundbesitzes im Fall der Organschaft Soweit eine Anteilsvereinigung im Organkreis vorliegt, stellt sich die Frage, ob der Grundbesitz allen Organkreismitgliedern zusammen (dem Organkreis) oder nur dem Organtrger zuzuordnen ist. Diese Frage hat Bedeutung fÅr weitere Anteilsvernderungen (bspw. durch Umwandlungen) im Organkreis.

1 OFD MÅnster v. 7.12.2000 – S 4500 - 49 - St 24-35, UVR 2001, 366, Rz. 4. 2 BFH v. 20.7.2005 – II R 30/04, BStBl. II 2005, 839 = GmbHR 2005, 1578 m. Anm. Adolf/Kleinert. 3 Vgl. Willibald/Widmayer, DB 2005, 2543 (2546); Wischott/SchÇnweiß, DStR 2006, 172.

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23.34

Kapitel 23

Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

Beispiel 3: Zuordnung des inlndischen Grundbesitzes1

Die M-GmbH hlt 75 % an der Organgesellschaft T-GmbH. Die GrundstÅcksgesellschaft G wird zu 45 % von der M-GmbH und zu 50 % von der T-GmbH gehalten. Die restlichen Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft G werden von einem fremden Dritten gehalten. Nunmehr wird die T-GmbH auf die M-GmbH verschmolzen. Nach der hM2 ist der Grundbesitz der GrundstÅcksgesellschaft G vor der Verschmelzung dem Organkreis und nicht der Organtrgerin (M-GmbH) zuzuordnen. Die Verschmelzung fÅhrt deshalb zu einer erstmaligen Anteilsvereinigung bei der M-GmbH. Allerdings hat der Organkreis (bestehend aus herrschendem und abhngigen Unternehmen) keinerlei grunderwerbsteuerlich relevante RechtspersÇnlichkeit, auch wenn dieser als „eine Hand“ fingiert wird. Die Fiktion der „einen Hand“ dient lediglich der Erfassung der Anteilsvereinigung. Die Fiktion reicht jedoch nach der hM nicht so weit, dass daraus die Unselbststndigkeit der Organgesellschaften folgt. Die grunderwerbsteuerliche Zuordnung zum Organkreis bedingt somit keine grunderwerbsteuerliche Neutralitt von Reorganisationen des Organkreises bzw. GrundstÅcksgeschften zwischen den Organgesellschaften.

23.35 Nach aA ist der Grundbesitz dem Organtrger allein zuzuordnen. In diesem Fall wÅrde die Verschmelzung der T-GmbH auf die M-GmbH im Beispiel 3 unter AuflÇsung der Organschaft nicht steuerbar sein, da keine relevante Anteilsvereinigung bei der M-GmbH vorlge.3 Die Zuordnung allein zum herrschenden Unternehmen entspricht auch der Systematik der anderen Flle der mittelbaren Anteilsvereinigung, denn insoweit kommt es zu keiner Zuordnung des Grundbesitzes auch zu den mittelnden Gesellschaften:

1 Fall nach RothenÇder, 271 (dort als Beispiel 26). 2 Vgl. die gleichlautende Erlasse zur Anwendung des § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsflle v. 21.3.2007, BStBl. I 2007, 422, Rz. 1. 3 Vgl. RothenÇder, 271 ff.; Kaiser, 308 ff.; wohl auch Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 1043 f.

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D. Rechtsfolgen der grunderwerbsteuerlichen Organschaft Beispiel 4: Mittelbare Anteilsvereinigung

An der GrundstÅcksgesellschaft G ist zu jeweils 50 % die B- und C-GmbH beteiligt. Die A-GmbH hlt jeweils smtliche Anteile an der B- und C-GmbH. Im Beispielsfall erfolgt eine Zuordnung des GrundstÅcks nur zur GrundstÅcksgesellschaft G und zur A-GmbH. Den Mittlern (B-GmbH und C-GmbH) wird das GrundstÅck grunderwerbsteuerlich nicht zugerechnet, da deren Anteilsbesitz an der GrundstÅcksgesellschaft das relevante Quantum von 95 % nicht erreicht.1 Erst auf mittelbarer Ebene (A-GmbH) wird das relevante Quantum erreicht (2x 100 % von 50 %).

FÅr die Zuordnung zum Organtrger (herrschendem Unternehmen) spricht somit die Vergleichbarkeit mit der einfachen mittelbaren Anteilsvereinigung. Die Flle unterscheiden sich nur in der Ausgestaltung der Herrschaft Åber den Grundbesitz der GrundstÅcksgesellschaft. Im Fall der grunderwerbsteuerlichen Organschaft kann der Organtrger die (mittelbare) Sachherrschaft nur durch die von ihm beherrschten (eingegliederten) Organgesellschaften ausÅben. Im Fall der „einfachen“ mittelbaren Anteilsvereinigung liegt jedoch auf allen Ebenen eine durch das grunderwerbsteuerlich notwendige Quantum von 95 % vermittelte Sachherrschaft vor. Dies fÅhrt dazu, dass sogar wirtschaftlich zu vernachlssigende mittelbare Beteiligungen zum berschreiten der 95 % Grenze fÅhren kÇnnen. Eine Zuordnung zu allen mittelnden Gesellschaften erfolgt jedoch bei einer Kette von Beteiligungen, soweit das relevante Quantum von 95 % auf jeder Stufe erreicht wird. Diese Zuordnung zu allen Gesellschaften ist notwendig und folgerichtig, denn eine isolierte Zuordnung nur zur

1 Sofern nunmehr die B-GmbH auf die A-GmbH verschmolzen wird und bspw. die A-GmbH von der C-GmbH deren Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft G erwirbt, liegt kein weiter steuerbarer Tatbestand vor, da die A-GmbH in Bezug auf die GrundstÅcksgesellschaft G nur ihre Position auf eine unmittelbare 100 % Beteiligung verstrkt; vgl. dazu ausfÅhrlich bei Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 980.

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Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

obersten Gesellschaft wÅrde Anteilsbewegungen unterhalb Konzernspitze nicht erfassen.

23.36 FÅr die hM und die Zuordnung zum Organkreis sprechen letztlich die mittelbaren Folgen: Wre der Grundbesitz im Fall einer Organschaft dem Organtrger zuzuordnen, wÅrde dies eine teilweise grunderwerbsteuerliche Neutralitt von Reorganisationen des Organkreises bedeuten (s. Beispiel 3). Dies ist vom Gesetzgeber nicht gewollt. Erhebliche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der EinfÅhrung des § 6a GrEStG im Jahre 2009 zu. Der Gesetzgeber stellt bestimmte Umstrukturierungen im Konzern nur unter engen Voraussetzungen steuerfrei.1 Er nutzt hierbei (zum Teil) auch die Terminologie der grunderwerbsteuerlichen Organschaft (herrschende Unternehmen und abhngige Gesellschaften). Wenn der Gesetzgeber jedoch eine Notwendigkeit der (punktuellen) Steuerbefreiung erkennt und eine spezielle Befreiungsnorm einfÅhrt, kann mE eine Zuordnung zum Organtrger nicht mehr in Betracht kommen. Dieses Ergebnis ist zwar wirtschaftlich und gesetzessystematisch fraglich, der Gesetzgeber ist jedoch frei darin, Ausnahmen von speziellen Missbrauchsvermeidungsnormen nur punktuell einzufÅhren. Eine abweichende Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG dÅrfte aus systematischen GrÅnden deshalb nicht mehr vertretbar sein.

E. Vernderungen des Organkreises (Anteilsverschiebung, Umwandlung) I. EinfÅhrung 23.37 Ausgehend von der hM, wonach eine Zuordnung des inlndischen Grundbesitzes zum Organkreis anzunehmen ist, ist bei jeder Konzernreorganisation zu prÅfen, ob sie zu einer Anteilsvereinigung im bestehenden Organkreis fÅhrt. Die bertragung von Grundbesitz im Rahmen eines GrundstÅckskaufvertrags ist in jedem Fall steuerbar (§ 1 Abs. 1 GrEStG), da die Glieder des Organkreises selbststndig bleiben. Durch die Zuordnung zum Organkreis kann darÅber hinaus insbesondere eine Vernderung der Anteilsverhltnisse nach einer tatbestandlichen Vereinigung von Anteilen in der Hand von Organtrger und Organgesellschaften weitere Grunderwerbsteuer auslÇsen. Nicht abschließend geklrt ist die Frage, wie mit Umwandlungen oberhalb eines Organkreises umzugehen ist.

1 Zur Anwendbarkeit des § 6a GrEStG im Fall der grunderwerbsteuerlichen Organschaft, vgl. unten Rz. 23.43.

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E. Vernderungen des Organkreises (Anteilsverschiebung, Umwandlung)

II. Vernderung der Anteilsverhltnisse im Rahmen einer Organschaft Grunderwerbsteuer wird ausgelÇst, wenn sich Anteile an einer GrundstÅcksgesellschaft erstmals im Organkreis vereinigen. Der Tatbestand wird allerdings auch dann erfÅllt, wenn unterhalb einer Organgesellschaft vereinigte Anteile nunmehr auf Gesellschaften eines Organkreises „verteilt“ werden. Beispiel 5: Erstmalige Vereinigung im Organkreis bei bestehender Anteilsvereinigung auf Ebene einer Gesellschaft des Organkreises1

Die M-GmbH hlt 80 % an der Organgesellschaft T-GmbH, die ebenfalls grundbesitzend ist. Die GrundstÅcksgesellschaft G wird bereits zu 95 % von der T-GmbH gehalten. Der Grundbesitz der GrundstÅcksgesellschaft G ist nach hM nur der T-GmbH zuzuordnen. In der Hand des Organkreises ergibt sich keine zustzliche Anteilsvereinigung.2 Die Organschaft hat auch fÅr den eigenen Grundbesitz der T-GmbH keine Relevanz, da die Eingliederung in M-GmbH den fehlenden Anteilsbesitz nicht ersetzen kann.3 Trotz bestehender Organschaft ist der Grundbesitz der T-GmbH nicht der M-GmbH zuzuordnen. Soweit nunmehr die M-GmbH Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft G erwirbt, wird in jedem Fall Grunderwerbsteuer ausgelÇst, denn entweder werden in der Hand der M-GmbH 95 % der Anteile vereinigt (bertragung von mindestens 90 % der Anteile) oder es kommt zur Anteilsvereinigung im Organkreis von M- und 1 Entspricht dem Beispiel des gleichlautenden Erlasses zur Anwendung des § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsflle v. 21.3.2007, BStBl. I 2007, 422, Rz. 2.3.1. 2 BFH v. 20.7.2005 – II R 30/04, BStBl. II 2005, 839 = GmbHR 2005, 1578 m. Anm. Adolf/Kleinert; vgl. auch das Beispiel des gleichlautenden Erlasses zur Anwendung des § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsflle v. 21.3.2007, BStBl. I 2007, 422, Rz. 2.3.5. 3 Vgl. das Beispiel des gleichlautenden Erlasses zur Anwendung des § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsflle v. 21.3.2007, BStBl. I 2007, 422, Rz. 2.2.1.

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23.38

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Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

T-GmbH (bertragung von weniger als 90 % der Anteile).1 Im letzteren Fall steht die vorangegangene unmittelbare Anteilsvereinigung bei einer Organgesellschaft dem nicht entgegen, weil der Organkreis und seine Mitglieder nicht identisch sind.

Dieselbe Rechtsfolge ergibt sich, wenn zunchst im Organkreis vereinigte Anteile erstmals in der Hand einer Organgesellschaft bzw. beim Organtrger vereinigt werden.2

23.39 Die Erweiterung eines Organschaftsverhltnisses ist nur dann steuerbar, wenn es nicht nur zu einer bloßen Verstrkung der Beteiligung im Organkreis kommt. Beispiel 6: Verstrkung der Beteiligung im Organkreis

Die M-GmbH hlt jeweils 75 % der Anteile an der A- und B-GmbH. Die A-GmbH ist Organgesellschaft der M-GmbH, eine Eingliederung der B-GmbH wurde bisher vermieden. Die M-GmbH und die A-GmbH halten insgesamt 95 % der Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft G; die B-GmbH hlt die Åbrigen 5 %. Die Anteile der GrundstÅcksgesellschaft G sind im Organkreis der M- und A-GmbH vereinigt. Soweit die M-GmbH ihre Beteiligung an der B-GmbH aufstockt und das Organschaftsverhltnis auf diese erstreckt, handelt es sich um eine Verstrkung der Beteiligung im Organkreis. Diese ist grunderwerbsteuerlich unerheblich. Dasselbe gilt, wenn innerhalb eines bestehenden Organkreises der Anteilsbesitz an Organgesellschaften bzw. der GrundstÅcksgesellschaft verndert wird, ohne dass dies zu einer erstmaligen Anteilsvereinigung bei einer Gesellschaft oder in einem neuen Organkreis fÅhrt.3 1 Eine teleologische Reduktion der Norm dÅrfte mangels RegelungslÅcke bzw. Åberschießender Wirkung der Missbrauchsvermeidungsnorm nicht in Betracht kommen; so allerdings Behrens/Meyer-Wirges, DStR 2007, 1290 (1292). 2 Vgl. das Beispiel des gleichlautenden Erlasses zur Anwendung des § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsflle v. 21.3.2007, BStBl. I 2007, 422, Rz. 2.3.7. 3 Insoweit ist das Beispiel bei Lieber in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 1819 missverstndlich, da die dortige C-GmbH mangels Beteiligung an der

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E. Vernderungen des Organkreises (Anteilsverschiebung, Umwandlung) Im Beispiel 6 Åbertrgt die A-GmbH weniger als 50 % der Anteile auf die M-GmbH. Das Ausscheiden einer Organgesellschaft aus einem bestehenden Organkreis kann nur dann steuerneutral erfolgen, wenn es zu einer Anteilsverstrkung ohne Anteilsverschiebungen kommt. Im Beispiel 6 verußert die M-GmbH ihren Anteil an der B-GmbH an einen Dritten. Grunderwerbsteuer wird nicht ausgelÇst, da die Anteile weiterhin im Organkreis vereinigt sind.

III. Umwandlungsvorgnge im Organkreis Umwandlungsvorgnge innerhalb eines Konzerns sind ebenfalls darauf zu ÅberprÅfen, ob der Umwandlungsvorgang einen fÅr die grunderwerbsteuerliche Organschaft relevanten Anteilserwerb und damit einhergehende Vernderung des Organkreises umfasst. Beispiel 7: Verschmelzung des Organtrgers (side-stream)

Die M-GmbH hlt jeweils 75 % der Anteile an den Organgesellschaften A- und B-GmbH. Die Organgesellschaften halten insgesamt 95 % der Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft G. Im Rahmen eines Unternehmenskaufs soll nunmehr die Konzernmutter X-AG des erwerbenden Konzerns mit der M-GmbH verschmolzen werden. Alternative 1: Soweit die M-GmbH auf die X-AG verschmolzen wird und die Organgesellschaften in die X-AG eingegliedert werden, fÅhrt dies zum bergang der Anteile an der A- und B-GmbH auf die X-AG. Es liegt eine Anteilsvereinigung der Anteile der GrundstÅcksgesellschaft G im sog. fortgefÅhrten Organkreis mit der

GrundstÅcksgesellschaft (E-GmbH) vorher nicht Organgesellschaft eines grunderwerbsteuerlichen Organkreises gewesen sein kann.

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23.40

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Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

X-AG als Organtrgerin vor.1 Durch den Eintritt der X-AG in die Stellung als Organtrger entsteht ein neuer Organkreis und eine neue grunderwerbsteuerliche Zuordnung des Grundbesitzes der GrundstÅcksgesellschaft G, die es rechtfertigen, Grunderwerbsteuer auszulÇsen. Alternative 2: Eine Grunderwerbsteuerbelastung entsteht nicht, wenn die X-AG auf die M-GmbH verschmolzen wird, denn in diesem Fall kommt es nicht zu einer AnteilsÅbertragung in Bezug auf die A- und B-GmbH.

23.41 Steuerbar sind deshalb ebenfalls Gestaltungen, in denen der Organtrger auf eine Organgesellschaft (down-stream) verschmolzen wird und die Åbrigen Organgesellschaften in diese eingegliedert werden. Beispiel 8:Verschmelzung desOrgantrgers auf eine Organgesellschaft (down-stream)

Die M-GmbH bildet mit der A-, B- und C-GmbH einen Organkreis in Bezug auf die Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft G. Wird die M-GmbH auf die C-GmbH verschmolzen und die A- und B-GmbH in die C-GmbH eingegliedert, liegt eine Anteilsvereinigung im fortgefÅhrten Organkreis vor.2 Es kommt zwar zu keinem Eintritt einer neuen Gesellschaft in den Organkreis (so Beispiel 7), fÅr die AuslÇsung von Grunderwerbsteuer genÅgt jedoch bereits die Umqualifizierung der C-GmbH zur neuen Organtrgerin. Im Beispiel kann die Grunderwerbsteuer vermieden werden, wenn die C-GmbH auf die M-GmbH (up-stream) verschmolzen wird. Denn das Ausscheiden der C-GmbH aus dem Organkreis unter bertragung ihrer Anteile auf die M-GmbH fÅhrt nicht zu einem fortgefÅhrten Organkreis. Die AnteilsÅbertragung fÅhrt nur

1 Vgl. das Beispiel des gleichlautenden Erlasses zur Anwendung des § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsflle v. 21.3.2007, BStBl. I 2007, 422, Tz. 4.1.2. 2 So auch das Beispiel des gleichlautenden Erlasses zur Anwendung des § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsflle v. 21.3.2007, BStBl. I 2007, 422, Rz. 4.2, auch wenn die dortige B-GmbH nicht Organgesellschaft des Organkreises sein kann, da diese keinerlei Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft (C-GmbH) vermittelte, deren Anteile im Organkreis vereinigt wurden.

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E. Vernderungen des Organkreises (Anteilsverschiebung, Umwandlung) zu einer unerheblichen Verstrkung der M-GmbH in Bezug auf die GrundstÅcksgesellschaft G.

FÅr internationale Konzernstrukturen ergeben sich weitere Probleme, wenn in einer Kette von Beteiligungen Organschaftsbeziehungen bestehen. Beispiel 9: Verschmelzung der Konzernspitze (Erweiterung von Beispiel 7)

Es besteht eine grunderwerbsteuerliche Organschaft zwischen der T- und der E-GmbH in Bezug auf die Anteile der GrundstÅcksgesellschaft G. Die T-GmbH wird von der O- und X-Corp. sowie von der M-Ltd. gehalten. Die M-Ltd. ist in das Unternehmen der O-Corp. eingegliedert. Wird nunmehr die O-Corp. auf die X-Corp. verschmolzen, stellt sich die Frage, ob dies eine Anteilsvereinigung im fortgefÅhrten Organkreis darstellen kann, denn im Organkreis von O-Corp. und M-Ltd. sind 95 % der Anteile an der T-GmbH vereinigt. Die Finanzverwaltung behandelt im Erlass nur einen hnlich gelagerten Fall, in dem in einer Kette von Beteiligungen eine Beteiligung an einem Organtrger besteht.1 Die LÇsung der Finanzverwaltung (keine Anteilsvereinigung, da das Organschaftsverhltnis den notwendigen Anteilsbesitz nicht ersetzt), ist zutreffend. Diese Auslegung ist jedoch davon abhngig, dass das GrundstÅck dem Organkreis von T- und E-GmbH zugerechnet wird und nicht der T-GmbH als Organtrgerin.

1 Vgl. das Beispiel des gleichlautenden Erlasses zur Anwendung des § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsflle v. 21.3.2007, BStBl. I 2007, 422, Rz. 6.

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23.42

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Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

Im Beispielsfall kÇnnte eine AnteilsÅbertragung im fortgefÅhrten Organkreis der X-Corp. nur angenommen werden, wenn in das Unternehmen der O-Corp. die Tund E-GmbH eingegliedert wren, denn in diesem Fall wÅrde ein Organkreis unterhalb der O-Corp. bestehen, dem der Grundbesitz zuzuordnen wre.

23.43 Die sog. Konzernklausel (§ 6a GrEStG) hat fÅr den Fall der Umwandlung innerhalb der grunderwerbsteuerlichen Organschaft keine Relevanz. Nach dessen Satz 1 wird auch fÅr einen nach § 1 Abs. 3 GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang – und somit auch fÅr Flle der Anteilsvereinigung im Organkreis – auf Grund einer Umwandlung die Steuer nicht erhoben. Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhngige Gesellschaften etc. beteiligt sind. Da Satz 3 jedoch die Beherrschung allein an die BeteiligungshÇhe von 95% und eine Haltedauer knÅpft, kÇnnen Umwandlungen betreffend Organgesellschaften bzw. GrundstÅcksgesellschaften nicht erfasst sein, da die Regelungen zur grunderwerbsteuerlichen Organschaft nur greifen, wenn das relevante Quantum von 95% gerade nicht erreicht wird (vgl. in Beispiel 8 die Verschmelzung des Organtrgers auf die Organgesellschaft). Die Konzernklausel kann jedoch fÅr Umwandlungen oberhalb eines Organkreises relevant werden.1

F. Vermeidungsstrategien in der Praxis 23.44 Vermeidungsstrategien in der Praxis setzen an den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen bzw. an den weiteren Voraussetzungen der Finanzverwaltung an: – Finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft – Organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft – Zeitlich enger Zusammenhang zwischen Anteilstransfer und BegrÅndung der Organgesellschaft. Das Kriterium der wirtschaftlichen Eingliederung eignet sich nicht fÅr Vermeidungsstrategien, da es zu unbestimmt ist und es keinerlei Rechtssicherheit bietet (Rz. 23.22).2 Ob die Vermeidung einer Organschaft durch Reduzierung des vermeintlichen Organtrgers auf eine Finanzholding empfehlenswert ist, dÅrfte bezweifelt werden (Rz. 23.11 ff.).3 Auch die weiteren Vermeidungsstrategien mÅssen zudem smtliche weitere Grunderwerbsteuertatbestnde in Betracht ziehen (hier insb. § 1 Abs. 3a GrEStG). Die Åblichen Blocker-Modelle mit zwischengeschalteten Personengesell-

1 Vgl. das Beispiel bei Lieber in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 1764. 2 Mit dieser Tendenz bereits GÅnkel/Lieber in FS Herzig, 353, (368). 3 So aber Lieber in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 1783.

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F. Vermeidungsstrategien in der Praxis

schaften1 vermeiden zwar eine Anteilsvereinigung i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG, nicht jedoch eine „wirtschaftliche Anteilsvereinigung“ i.S.d. § 1 Abs. 3a GrEStG. In der Praxis dÅrfte die PrÅfung der geplanten Gestaltung durch das zustndige Finanzamt (dazu unter E. I.) im Rahmen einer – wenn auch kostenpflichtigen – verbindlichen Auskunft (§ 89 Abs. 2 ff. AO) empfehlenswert sein. Eine finanzielle Eingliederung kann grundstzlich verhindert werden, wenn der rechnerische Anteilsbesitz (ausgehend vom Nominalwert der Anteile) von den Stimmrechten abweicht. Hlt eine Obergesellschaft zwar mehr als 50 % der Anteile an einer Untergesellschaft, verfÅgt sie jedoch nicht in gleichem Maße Åber Stimmrechte (bspw. durch Gewhrung von Mehrstimmrechten an den Minderheitsgesellschafter), liegt keine finanzielle Eingliederung vor.

23.45

Beispiel 10: Vermeidung der finanziellen Eingliederung (FortfÅhrung von Beispiel 1)

Die M-GmbH hlt 51 % der Anteile an A-GmbH und 50 % der Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft. Nach Erwerb von 45 % der Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft G durch die A-GmbH wird eine finanzielle Eingliederung der A-GmbH unter der M-GmbH durch Gewhrung von Mehrstimmrechten an den Dritten vermieden. In der Praxis ist hier sicherzustellen, dass der Dritte fÅr einen Teil der Anteile nicht als Treuhnder fÅr die M-GmbH handelt bzw. eine Stimmbindungsvereinbarung den Gleichlauf von Stimmrechten und kapitalmßiger Beteiligung wieder herstellt. Im Beispielsfall greift § 1 Abs. 3a GrEStG nicht ein, da auch wirtschaftlich dem Dritten insgesamt 22,05 % der Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft zuzurechnen sind (49 % von 45 %).

Die organisatorische Eingliederung kann vermieden werden, wenn der potenzielle Organtrger eine von seinem Willen abweichende Willensbildung bei der Untergesellschaft nicht ausschließen kann, insbesondere 1 Vgl. nur das Beispiel bei GÅnkel/Lieber in FS Herzig, 353 (369 f.) aus der Zeit vor Inkrafttreten des § 1 Abs. 3a GrEStG.

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23.46

Kapitel 23

Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

keine personelle Verflechtung der GeschftsfÅhrung oder weiterer Organe vorliegt. Abzuwarten bleibt, ob die neuere Rechtsprechung des BFH MÇglichkeiten zur Vermeidung der organisatorischen Eingliederung bieten kann. Von Gestaltungen ist momentan noch abzuraten, da sich die FinVerw. noch nicht zum Urteil des BFH v. 8.8.2013 positioniert hat und dieses insbesondere noch nicht im Bundessteuerblatt verÇffentlicht wurde. Die Relevanz fÅr die Grunderwerbsteuer dÅrfte ebenfalls zweifelhaft sein. Beispiel 11: Vermeidung der organisatorischen Eingliederung (FortfÅhrung von Beispiel 10)

Wie in Beispiel 10 erfolgt ein Anteilserwerb durch die A-GmbH. Die GeschftsfÅhrung der M-GmbH wird durch Herrn A, Frau B und Frau C im Wege der Gesamtvertretung Åbernommen. Bei der A-GmbH sind neben Frau C noch Herr D und Herr E als bestellt. Eine Einzelvertretung ist nicht vereinbart (§ 35 Abs. 2 GmbHG). Durch die MÇglichkeit der berstimmung von Frau C in der GeschftsfÅhrung der A-GmbH liegt keine organisatorische Eingliederung vor. Die Anteile der GrundstÅcksgesellschaft G sind nicht im Organkreis vereinigt. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn bspw. Herr A und Frau B bei der A-GmbH in sonst leitender Stellung ttig werden. Ein sicheres Indiz fÅr eine tatschlich nicht vorliegende organisatorische Eingliederung wre gegeben, wenn Herr D und Herr E in den Organisationsbereich des Dritten gehÇren.

23.47 Im Zweifel empfiehlt sich, die organisatorische und die finanzielle Eingliederung zugleich zu vermeiden. Die Entstehung einer grunderwerbsteuerlichen Organschaft wird mit Sicherheit nur dann vermieden, wenn zwischen Anteilserwerb und BegrÅndung des Abhngigkeitsverhltnisses ein Zeitraum von mehr als 15 Monaten liegt (in den Beispielen 10 und 11 wird nach dem Erwerb der Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft die finanzielle und organisatorische Eingliederung zunchst vermieden und erst nach 15 bzw. 18 Monaten hergestellt). Die Gestaltungen mit Mehrstimmrechten und gemischten GeschftsfÅhrungsorganen sind deshalb idR nur fÅr eine bergangszeit erforderlich.

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G. Compliance-Aspekte der grunderwerbsteuerlichen Organschaft

G. Compliance-Aspekte der grunderwerbsteuerlichen Organschaft I. Mitwirkungspflichten Der Erwerb eines inlndischen GrundstÅcks (steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) stellt an die Beteiligten in Bezug auf Mitwirkungs-, Dokumentations- und Erklrungspflichten keine Anforderungen. Die Anzeige Åbernimmt der beurkundende Notar gem. § 18 Abs. 1 GrEStG. Die Finanzverwaltung erlsst in der Regel daraufhin ohne weitere AnhÇrung einen Grunderwerbsteuerbescheid nach Maßgabe der vereinbarten Gegenleistung. Gemß § 18 Abs. 2 Satz 2 GrEStG gilt die Anzeigepflicht der Notare auch fÅr beurkundete bertragungen von Kapitalgesellschaftsanteilen (insb. Anteile einer GmbH), wenn zum VermÇgen der Gesellschaft ein inlndisches GrundstÅck gehÇrt. FÅr den Notar besteht nur eine Erkundigungs-, nicht jedoch eine besondere Nachforschungspflicht, ob der betroffenen Gesellschaft GrundstÅcke zuzuordnen sind.1 FÅr die Flle der grunderwerbsteuerlichen Organschaft ist die Anzeigepflicht des Notars nicht einschlgig, wenn sich die Beurkundung nicht auf die GrundstÅcksgesellschaft, deren Anteile im Organkreis vereinigt werden, bezieht (insbesondere Anteile an potenziellen Organgesellschaften). Auch der Abschluss eines Unternehmensvertrages im Sinne des §§ 291 ff. AktG fllt nicht unter die Anzeigepflicht des § 18 Abs. 2 Satz 2 GrEStG, da es sich hierbei nicht um einen Vorgang handelt, der der bertragung von Anteilen an einer GrundstÅcksgesellschaft dient. Dies wird deutlich, wenn es bspw. um die Beurkundung eines Unternehmensvertrags im Bsp. 1 oder 2 geht, da die GrundstÅcksgesellschaft hier nicht Vertragspartei ist. DarÅber hinaus besteht fÅr AnteilsÅbertragungen im Ausland keine Anzeigepflicht. In diesen Fllen hat die Anzeigepflicht der Beteiligten (§ 19 GrEStG) eine erhÇhte Bedeutung.2

23.48

Gemß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 mÅssen die Steuerschuldner Rechtsgeschfte bzw. die tatschliche Vereinigung von Anteilen i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 GrEStG anzeigen. Im Fall der grunderwerbsteuerlichen Organschaft sind Steuerschuldner gem. § 13 Nr. 5 Buchstb. b GrEStG alle Beteiligten. Soweit der Organtrger selbst keine Anteile an der GrundstÅcksgesellschaft hlt (vgl. das Beispiel 2), soll ein RÅckgriff auf diesen als Steuerschuldner und somit auch als Anzeigepflichtigen nicht in Betracht kommen.3 Soweit dennoch der Organtrger eine Anzeige macht, sollte diese im Namen der Organgesellschaften erfolgen. Die Anzeigefrist ist, mit nur zwei Wochen ab Kenntnis des Vorgangs, ußerst kurz. Auf die

23.49

1 Vgl. zutreffend OFD MÅnchen v. 6.11.2001 – S 4540 - 35 St 351. 2 Unter anderem schon deshalb, um eine Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO zu verhindern; vgl. BFH v. 6.7.2005 – II R 9/04, BStBl. II 2005, 780 zur Verhinderung der Anlaufhemmung durch die Anzeige des Notars. 3 Viskorf in Boruttau17, § 13 GrEStG Rz. 42; ebenso schon Heine, UVR 2007, 245 (248).

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Sonderfragen grunderwerbsteuerlicher Organschaft

Kenntnis der Steuerbarkeit des betreffenden Vorgangs kommt es nicht an.1 Da die Anzeigen ausdrÅcklich als Steuererklrungen gelten (§ 19 Abs. 5 Satz 1 GrEStG), drohen auch strafrechtliche Konsequenzen, denn die versptete Abgabe einer Steuererklrung steht einer Nichtabgabe grundstzlich gleich.2 Erhebliche Auswirkungen hat in der Praxis auch § 16 Abs. 5 GrEStG, der die Anwendbarkeit der besonderen Korrekturvorschriften (§ 16 Abs. 1 und 2 GrEStG)3 ausschließt, wenn der Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemß angezeigt wurde.

23.50 Im Fall der grunderwerbsteuerlichen Organschaft ist das zustndige Finanzamt sorgfltig zu bestimmen, da die Anzeige nur bei Erstattung an das zustndige Finanzamt Frist wahrend ist. Im Zweifel sollte die Anzeige – unter Hinweis auf mehrfache Anzeige – bei allen in Betracht kommenden Finanzmtern eingereicht werden. Maßgeblich ist das Finanzamt Çrtlich zustndig, in dessen Bezirk sich die Geschftsleitung der GrundstÅcksgesellschaft befindet.4 Dieses Finanzamt fÅhrt eine gesonderte Feststellung nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG durch (Ausnahme: nur ein GrundstÅck im Bezirk nur eines Finanzamts). Liegt die Geschftsleitung der GrundstÅcksgesellschaft nicht im Inland, ist dasjenige Finanzamt Çrtlich zustndig, in dessen Bezirk sich der wertvollste GrundstÅcksteil befindet (§ 17 Abs. 3 Satz 2 GrEStG). Im Rahmen der gesonderten Feststellung ist Åber die Tatbestandsmßigkeit des Vorgangs, nicht jedoch Åber den Wert i.S.d. § 138 Abs. 2 bis 4 BewG zu entscheiden. Im Einverstndnis der Finanzmter ist auch eine Zustndigkeit des Finanzamts der inlndischen Konzernspitze mÇglich (§ 27 AO).

II. Sonstige Dokumentationsanforderungen 23.51 Soweit Konzernstrukturen inlndischen Grundbesitz haben, ist eine vorherige Sensibilisierung der Geschftsleiter (insbesondere auslndischer Konzernspitzen) erforderlich. Dies gilt insbesondere dann, wenn in der auslndischen Rechtsordnung die „Bewegung“ von Gesellschaftsanteilen zum Tagesgeschft gehÇrt (AusschÅttung von Anteilen zur Straffung von Konzernstrukturen, bertragung und sptere RÅckÅbertragung von Anteilen als Sicherungsmittel oder auch Umwandlungen von Gesellschaften statt deren Liquidierung). Nach einem Unternehmenskauf kann es zu einer Vielzahl von Reorganisationsschritten im Ausland kommen, die smtliche Auswirkungen auf bestehende grunderwerbsteuerliche Organschaften haben kÇnnen. Im schlimmsten Fall kÇnnen nachgelagerte Reorganisa-

1 Viskorf in Boruttau17, § 19 GrEStG Rz. 22. 2 Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht7, § 370 AO Rz. 177. 3 Zur Anwendbarkeit von § 16 Abs. 1 und 2 GrEStG auf den Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG vgl. Loose in Boruttau17, § 16 GrEStG Rz. 275. 4 Vgl. auch den Gleichlautenden Erlass zur DurchfÅhrung der Feststellungen des § 17 GrEStG v. 18.7.2007, BStBl. I 2007, 549.

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H. Fazit

tionen somit mehrfach Grunderwerbsteuer in Bezug auf das nmliche GrundstÅck auslÇsen. Die Beteiligungsverhltnisse inlndischer GrundstÅcksgesellschaften sollten deshalb dokumentiert und fortlaufend Åberwacht werden, damit entweder der Anfall von Grunderwerbsteuer vermieden wird oder zumindest den Anzeigepflichten in der gesetzlichen Frist nachgekommen werden kann. Soweit eine Anteilsvereinigung im Organkreis aktiv vermieden wird, ist auch dies zu Åberwachen und zu dokumentieren (bspw. Aufbewahrung von Organigrammen, Dokumentation zum Einsatz von GeschftsfÅhrern und sonstigen leitenden Angestellten).

23.52

H. Fazit Die Regelung zur grunderwerbsteuerlichen Organschaft in § 1 Abs. 3 iVm. Abs. 4 Nr. 2 GrEStG ist „eine Herausforderung fÅr die Freunde von Denksportaufgaben“1. Die Norm wurde als Missbrauchsvermeidungsvorschrift eingefÅhrt und enthielt durch den ursprÅnglichen Verweis auf die umsatzsteuerliche Organschaft eine materielle Vereinfachung fÅr die Finanzverwaltung. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich der Anwendungsbereich jedoch erheblich vergrÇßert. Anteilsbewegungen im auslndischen Konzern, selbst mehrere Ebenen oberhalb der GrundstÅcksgesellschaft, kÇnnen Grunderwerbsteuer auslÇsen und werden zunehmend von der Finanzverwaltung im Rahmen von KonzernbetriebsprÅfungen tatschlich aufgegriffen. Die Regelungen zur Organschaft, aber auch der Gestaltungswille der Konzerne zur Vermeidung von Steuerbelastungen, fÅhren zu einem erheblichen Vollzugsaufwand auf Ebene der Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung.

Die neue Regelung des § 1 Abs. 3a GrEStG entbindet nicht von einer PrÅfung der grunderwerbsteuerlichen Organschaft, da § 1 Abs. 3a GrEStG nur anwendbar ist, wenn kein Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG vorliegt. Trotzdem hat die grunderwerbsteuerliche Organschaft durch die EinfÅhrung des § 1 Abs. 3a GrEStG faktisch an Bedeutung verloren. Soweit der Gesetzgeber an § 1 Abs. 3a GrEStG festhlt, sollte er Åber eine Abschaffung des § 1 Abs. 3 GrEStG, zumindest jedoch in der Organschaftsalternative nachdenken.

1 So ausdrÅcklich Fischer in Boruttau17, § 1 GrEStG Rz. 1047. S. auch die „Denksport-Erkenntnis“ des Çsterreichischen Verfassungsgerichtshofs v. 29.6.1990, VfSlg. 12.420/1990.

Schober

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23.53

Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung Literatur Fichtelmann, Die Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags und ihre Auswirkungen auf die Organschaft, GmbHR 2010, 576; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014; Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2015; Großkomm/AktG, hrsg. von Herbert Wiedemann, Band 8, 8. Aufl., Stand: 1.10.2012; Graeber, Der Konzerninsolvenzverwalter – Pragmatische berlegungen zu MÇglichkeiten eines Konzerninsolvenzverfahrens, NZI 2007, 265; Jaff/Friedrich-Vache, Blick ins „Insolvenzumsatzsteuerrecht“: Umsatzsteuer als Masseverbindlichkeit in der vorlufigen Eigenverwaltung?, MwStR 2014, 86; Kahlert, Beendigung der ertragsteuerlichen Organschaft mit dem vorlufigen Insolvenzverfahren, DStR 2014, 73; Kahlert, Ein neuer SchÇpfungsakt des V. BFH-Senats zur Umsatzsteuer im Insolvenzverfahren und seine EntschlÅsselung, ZIP 2015, 11; Kahlert, Fiktive Masseverbindlichkeiten im Insolvenzverfahren – Wie funktioniert § 55 Abs. 4 InsO?, ZIP 2011, 401; Kahlert, Umsatzsteuerliche Organschaft und (vorlufige) Eigenverwaltung, ZIP 2013, 2348; Kahlert, Insolvenzrecht und Steuerrecht – Gemeinsam fÅr ein wettbewerbsfhiges Insolvenzrecht, ZIP 2014, 1101; Kahlert/RÅhland, Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2011; Kahlert/Schmidt, Keine Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft bei Eigenverwaltungsverfahren; DStR 2014, 419; Lange, Der steuerlich wichtige KÅndigungsgrund bei der ertragsteuerlichen Organschaft, GmbHR 2011, 807; Lenger/Khanian, Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft in der vorlufigen Eigenverwaltung, NZI 2014, 385; Marchal/Oldiges, Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft auch bei Bestellung eines schwachen vorlufigen Insolvenzverwalters – BFH verschrft Anforderungen an umsatzsteuerliche Organschaft, DStR 2013, 2211; MÇhlenkamp/MÇhlenkamp, (Umsatz-)Steuerliche Organschaft und eigenverwaltete Konzerninsolvenz – wohin treibt das Sanierungssteuerrecht?, DStR 2014, 1357; Roth, Insolvenzsteuerrecht, 2011; Scheifele/Marx, Die zeitlichen Anforderungen an den GewinnabfÅhrungsvertrag und seine DurchfÅhrung, DStR 2014, 1793; Schneider/Hinz, VerunglÅckte Organschaften – Ursachen und HeilungsmÇglichkeiten, Ubg 2009, 738; Sterzinger, Fiskusprivileg im Insolvenzverfahren, BB 2011, 1367; Suchanek/Herbst, Die tatschliche DurchfÅhrung von GewinnabfÅhrungsvertrgen i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG, FR 2005, 665; Trendelenburg, Der GewinnabfÅhrungs- und Beherrschungsvertrag in der Krise der Obergesellschaft, NJW 2002, 647; Urban, Aufgedrngter Haftungsanspruch – Insolvenzanfechtung bei umsatzsteuerlicher Organschaft in der neueren Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte und des BFH, UR 2011, 285; Wger, Rechtsprechungsauslese 2013, UR 2014, 90; Wger, Umsatzsteuerliche Organschaft im Wandel, DB 2014, 915; Wagner/Fuchs, Das Schicksal der umsatzsteuerlichen Organschaft bei ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen von Konzerngesellschaften, BB 2014, 2583; Wagner/Marchal, Umsatzsteuerliche Auswirkungen der Bestellung eines vorlufigen Insolvenzverwalters, BB 2015, 86; Waza/Uhlnder/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 10. Aufl. 2014; Zeeck, Die Umsatzsteuer in der Insolvenz, KTS 2006, 407; Zeidler, Ausgewhlte Probleme des GmbH-Vertragskonzernrechts, NZG 1999, 692.

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A. Insolvenz und Steuerrecht

A. Insolvenz und Steuerrecht I. Steuerverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten oder Insolvenzforderungen Eine der zentralen Fragen an der Schnittstelle zwischen Insolvenz- und Steuerrecht ist die nach der Abgrenzung zwischen SteueransprÅchen des Fiskus, die beim Insolvenzschuldner Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 InsO sind, und solchen, die Insolvenzforderungen i.S.d. § 38 InsO darstellen. Whrend der Fiskus eine Insolvenzforderung nur durch Anmeldung zur Tabelle (§§ 87, 174 ff. InsO) geltend machen kann, sind Masseverbindlichkeiten vorrangig aus der Masse zu bedienen (§ 53 InsO). Im Grundsatz kommt es darauf an, ob die jeweilige Steuerverbindlichkeit vor ErÇffnung des Insolvenzverfahrens begrÅndet wurde (dann: Insolvenzforderung, § 38 InsO) oder ob sie nach VerfahrenserÇffnung durch eine Handlung des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begrÅndet wurde (dann: Masseverbindlichkeit, § 55 Abs. 1 InsO). Unter bestimmten Voraussetzungen werden zudem Verbindlichkeiten, die nach Antragstellung, aber vor VerfahrenserÇffnung unter Mitwirkung eines vorlufigen Insolvenzverwalters begrÅndet worden sind, gem. § 55 Abs. 2 und Abs. 4 InsO zu Masseverbindlichkeiten. Wurde die Steuerverbindlichkeit zwar nach VerfahrenserÇffnung begrÅndet, erfÅllt sie aber nicht die weiteren Voraussetzungen des § 55 InsO, entsteht eine den Schuldner im insolvenzfreien Bereich treffende sog. neue Forderung.1 Wann eine Steuerverbindlichkeit im insolvenzrechtlichen Sinne begrÅndet ist, ist weder in der InsO noch in den Steuergesetzen ausdrÅcklich geregelt.2

24.1

FÅr das Umsatzsteuerrecht geht der BFH davon aus, dass eine Steuerverbindlichkeit insolvenzrechtlich in dem Zeitpunkt begrÅndet sei, in dem der Steuertatbestand nach steuerlichen Maßstben „vollstndig verwirklicht und damit abgeschlossen“ ist, wobei es auf die Entstehung und Flligkeit der Steuerschuld nicht ankomme.3 In Fllen der Ist-Besteuerung ist damit ohne weiteres der Zeitpunkt der Entgeltvereinnahmung maßgeblich. In der Konstellation der Soll-Besteuerung, in der die Entgeltvereinnahmung eigentlich irrelevant ist, gelangt der BFH dennoch zu demselben Ergebnis, indem er einen Kunstgriff anwendet: Mit bergang der Verwal-

24.2

1 Vgl. BFH v. 18.5.2010 – X R 11/09, BFH/NV 2010, 2114; s. dazu auch Ries in Kreft7, § 38 InsO Rz. 3, 28 mwN. 2 Vgl. Kahlert, ZIP 2014, 1101 (1102), auch allgemein zu der Problematik der fehlenden Verzahnung zwischen Insolvenz- und Steuerrecht. 3 BFH v. 29.1.2009 – V R 64/07, BStBl. II 2009, 682 = UR 2009, 388; v. 8.3.2012 – V R 24/11, BStBl. II 2012, 466 = UR 2012, 399; v. 25.7.2013 – VII R 29/11, BStBl. II 2013, 36 = UR 2012, 927 m. Anm. Marchal; v. 11.7.2013 – XI B 41/13, BFH/NV 2013, 1647; v. 11.3.2014 – V B 61/13, BFH/NV 2014, 920; kritisch dazu ua. Kahlert, ZIP 2014, 1101 (1103); Frotscher, 216 ff.; Bornemann in FK-InsO8, § 55 InsO Rz. 15, 54.

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Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung

tungs- und VerfÅgungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter des Glubigers wird dessen Forderung fÅr uneinbringlich i.S.d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG erklrt, so dass es zu einer (ersten) Berichtigung kommt, der dann entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG eine (zweite) Berichtigung folgt, wenn das Entgelt vereinnahmt wird (Rz. 24.33 ff.).1 Beispiel:2 ber das VermÇgen des H, der seine Umstze nach vereinbarten Entgelten versteuert, wurde das Insolvenzverfahren erÇffnet und I zum Insolvenzverwalter bestellt. Damit ist auf diesen die Verwaltungs- und VerfÅgungsbefugnis Åbergegangen (§ 80 Abs. 1 InsO). In Bezug auf das von H bis zur VerfahrenserÇffnung noch nicht vereinnahmte Entgelt fÅr vor VerfahrenserÇffnung erbrachte Leistungen tritt nach der Rechtsprechung des BFH (sptestens)3 in diesem Zeitpunkt Uneinbringlichkeit ein. Es kommt zu einer (ersten) Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG. Vereinnahmt der Insolvenzverwalter das Entgelt nach VerfahrenserÇffnung, kommt es zu einer erneuten Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG. Die aus der zweiten Berichtigung resultierende Steuerschuld ist eine Masseverbindlichkeit.

24.3 FÅr Einkommen- und KÇrperschaftsteuerzwecke sind Veranlagungsabschnitte zu bilden, wobei die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten nicht abschließend geklrt ist. Letztlich im Anschluss an die Rechtsprechung des V., VII. und XI. Senats zur Umsatzsteuer stellt der IV. Senat des BFH darauf ab, ob der einzelne (unselbstndige) Besteuerungstatbestand vor oder nach InsolvenzerÇffnung verwirklicht wurde.4 Dies soll unabhngig davon gelten, ob die stillen Reserven vor oder nach VerfahrenserÇffnung entstanden sind und ob der ErlÇs in die Masse fließt oder einem absonderungsberechtigten Glubiger gebÅhrt.5 Beispiel:6 Die A-GmbH ist seit zehn Jahren EigentÅmerin eines bebauten und mit Grundpfandrechten belasteten GrundstÅcks. Am 15. Januar 2015 wird Åber ihr VermÇgen das Insolvenzverfahren erÇffnet. Am 15. Februar 2015 verußert der Insolvenzverwalter das GrundstÅck im Einverstndnis mit den Grundpfandglubigern freihndig an einen Dritten und erzielt dabei einen Verußerungsgewinn von 100.000 Euro. Nach Befriedigung der absonderungsberechtigten Grundpfandglubiger fließen der Masse 10.000 Euro zu. Nach der Rechtsprechung des IV. Senats ist die auf den gesamten Gewinn anfallende KÇrperschaftsteuer Masseverbindlichkeit, weil die erfolgswirksame Verußerung nach VerfahrenserÇffnung stattgefunden hat. Dass die aufgedeckten stillen Reserven vermutlich bereits vor VerfahrenserÇffnung entstanden sind, ist danach ebenso irrelevant wie die Tatsache, dass der tatschlich zur

1 Vgl. BFH v. 9.12.2010 – V R 22/10, BStBl. II 2011, 996. 2 Nach BFH v. 9.12.2010 – V R 22/10, BStBl. II 2011, 996. 3 Nach BFH v. 24.9.2014 – V R 48/13, BFH/NV 2015, 133, tritt Uneinbringlichkeit bereits mit Bestellung eines „schwachen“ vorlufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt und Recht zum Forderungseinzug ein. 4 BFH v. 16.5.2013 – IV R 23/11, BStBl. II 2013, 759 = FR 2014, 129 = FR 2014, 243 m. Anm. Roth; kritisch dazu Kahlert, ZIP 2014, 1101 (1103 f.). 5 BFH v. 16.5.2013 – IV R 23/11, BStBl. II 2013, 759 = FR 2014, 129 = FR 2014, 243 m. Anm. Roth. 6 Nach BFH v. 16.5.2013 – IV R 23/11, BStBl. II 2013, 759.

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A. Insolvenz und Steuerrecht Masse gelangte ErlÇs nicht ausreicht, um die aus der Verwertungshandlung resultierende KÇrperschaftsteuerforderung zu befriedigen.

Der X. Senat schloss sich der Rechtsprechung des IV. Senats an. Er entschied hinsichtlich der vollstndigen Verwirklichung des Besteuerungstatbestands, dass die insolvenzrechtliche BegrÅndung einer Einkommensteuerforderung insoweit auch von der Art der Gewinnermittlung abhngen kÇnne.1 Demnach sei im Falle der Einnahmen-berschuss-Rechnung der Tatbestand fÅr die Einkommensbesteuerung aus einem Verußerungsgewinn erst vollstndig verwirklicht, wenn die Einnahmen dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Der I. Senat macht die Einordung als Masseverbindlichkeit oder Insolvenzforderung anders als der IV. und X. Senat davon abhngig, „wann der zugrunde liegende zivilrechtliche Sachverhalt [...] verwirklicht“ worden und die relevante Forderung „ihrem Kern nach“ entstanden ist.2 Ob und inwieweit dieses Kriterium zu abweichenden Ergebnissen fÅhrt, ist offen. FÅr den Fall der Einkommensteuerforderung aus Verußerungsgewinn eines Schuldners, der seinen Gewinn durch Einnahmen-berschuss-Rechnung ermittelt, ließe sich argumentieren, dass der fÅr das Entstehen der Steuerforderung maßgebliche Sachverhalt in seinem Kern nicht erst mit der Vereinnahmung des Kaufpreises, sondern bereits mit der Verußerung der WirtschaftsgÅter verwirklicht wurde;3 dann aber wre die Steuerforderung als Insolvenzforderung einzuordnen. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Verbindlichkeiten, die vor ErÇffnung des Insolvenzverfahrens begrÅndet worden sind, nach § 38 InsO Insolvenzforderungen sind, gilt nach § 55 Abs. 2 und 4 InsO im InsolvenzerÇffnungsverfahren. Nach § 55 Abs. 2 InsO gelten Verbindlichkeiten, die von einem „starken“ vorlufigen Insolvenzverwalter begrÅndet worden sind, nach VerfahrenserÇffnung als Masseverbindlichkeiten. Dasselbe gilt nach § 55 Abs. 4 InsO fÅr Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhltnis, die von einem „schwachen“ vorlufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorlufigen Insolvenzverwalters begrÅndet worden sind. Die Vorschrift des § 55 Abs. 4 InsO ist rechtspolitisch umstritten,4 außerdem ist eine Vielzahl von Anwendungsfragen ungeklrt.5 Der BFH hat jÅngst entschieden, dass umsatzsteuerrechtliche Verbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO nur durch die Entgeltvereinnahmung durch den „schwachen“ vorlufigen Insolvenzverwalter begrÅndet werden kÇnnen und damit seine Rechtsprechung zur

1 2 3 4 5

BFH v. 9.12.2014 – X R 12/12, ZIP 2015, 1035. BFH v. 23.2.2011 – I R 20/10, BStBl. II 2011, 822 = FR 2011, 714 m. Anm. Roth. So unter Berufung auf den I. Senat Kahlert, ZIP 2014, 1101 (1104 f.). S. dazu Bornemann in FK-InsO7, § 55 InsO Rz. 48 mwN AusfÅhrlich Kahlert, ZIP 2011, 401 (402 ff.); Sterzinger, BB 2011, 1367 (1371 f.).

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24.4

Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung

doppelten Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG (siehe dazu bereits oben Rz. 24.2) auf das InsolvenzerÇffnungsverfahren ausgeweitet.1

II. Haftung nach § 73 AO 1. Regelungsgegenstand

24.5 Nach § 73 Satz 1 AO haftet eine Organgesellschaft fÅr solche Steuern des Organtrgers, fÅr welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist; nach Satz 2 stehen die AnsprÅche auf Erstattung von SteuervergÅtungen den Steuern gleich. Der Haftungsschuldner wird nach § 191 AO grundstzlich durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen, wobei zu beachten ist, dass er gem. § 219 Satz 1 AO grundstzlich nur subsidir in Anspruch genommen werden darf. Die Entscheidung Åber die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners ist eine Ermessensentscheidung.2 Die Vorschrift des § 73 AO definiert den Begriff der Organschaft nicht selbst, sondern setzt das Bestehen einer Organschaft nach dem UStG, dem KStG oder dem GewStG voraus. Sinn und Zweck der Regelung ist es, einer Gefhrdung des Steueranspruchs entgegenzuwirken, welche andernfalls aus der Konzentration der Steuerschuldnerschaft auf den Organtrger – als zivilrechtlich und steuerrechtlich selbstndiges Rechtssubjekt – fÅr alle im Organkreis begrÅndeten SteueransprÅche resultieren kÇnnte.3 2. Umfang der Haftung

24.6 Die Organgesellschaft haftet – auch nach Beendigung der Organschaft – fÅr solche Steuerverbindlichkeiten des Organtrgers, die whrend des Bestehens der Organschaft entstanden sind. Die Haftung der Organgesellschaft ist tatbestandlich nicht auf ihre eigenen Verursachungsbeitrge beschrnkt, sondern umfasst smtliche Steuern, die der Organtrger schuldet.4 Das bedeutet, dass die Organgesellschaft auch fÅr solche Steuern

1 Vgl. BFH v. 24.9.2014 – V R 48/13, BFH/NV 2015, 133; kritisch dazu Kahlert, ZIP 2015, 11; zustimmend BMF v. 20.5.2015 – IV A 3 - S 0550/10/10020-05 – DOK 2015/0416027, ZIP 2015, 1093. 2 So bereits die BegrÅndung der Bundesregierung zum Entwurf einer Abgabenordnung (AO 1974) v. 19.3.1971, BT-Drucks. 6/1982, 120 („nach pflichtgemßem Ermessen zu entscheiden“); Boeker in H/H/S, § 73 AO Rz. 15, 22 f.; Halaczinsky in Koch/Scholtz5, § 73 AO Rz. 4; Loose in Tipke/Kruse, § 73 AO Rz. 8; RÅsken in Klein12, § 73 AO Rz. 12; Schwarz in Schwarz, § 73 AO Rz. 9; darÅber hinausgehend offenbar FG BW v. 30.4.1985 – I 174/81, EFG 1985, 533; FG NÅrnberg v. 11.12.1990 – II 238/86, EFG 1991, 437 „Beschrnkung der Haftung“. 3 Vgl. Loose in Tipke/Kruse, § 73 AO Rz. 2; Boeker in H/H/S, § 73 AO Rz. 4. 4 Boeker in H/H/S, § 73 AO Rz. 4; Loose in Tipke/Kruse, § 73 AO Rz. 4; RÅsken in Klein12, § 73 AO Rz. 7 mwN; aA wohl FG BW v. 30.4.1985 – I 174/81, EFG 1985, 533; FG NÅrnberg, v. 11.12.1990 – II 238/86, EFG 1991, 437.

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A. Insolvenz und Steuerrecht

haftet, die durch die Ttigkeit des Organtrgers selbst oder einer anderen Organgesellschaft verursacht worden sind.1 Im Rahmen der AusÅbung seines Ermessens hat das Finanzamt jedoch grundstzlich zu berÅcksichtigen, in welchem Umfang welcher zum Organkreis gehÇrende Rechtstrger die jeweilige Steuerverbindlichkeit verursacht hat. Regelmßig wird die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners nur insoweit ermessensgerecht sein, als sie seinen Verursachungsbeitrag umfasst.2 Etwas anderes gilt jedoch zB dann, wenn die finanzielle Basis des Organtrgers oder anderer Organgesellschaften willkÅrlich zugunsten des Haftungsschuldners geschmlert wurde.3

24.7

§ 73 AO erstreckt die Haftung nur auf Steuern und auf Forderungen zur Erstattung von SteuervergÅtungen, nicht auf smtliche AnsprÅche aus dem Steuerschuldverhltnis gem. § 37 Abs. 1 AO; Steuerabzugsbetrge und steuerliche Nebenleistungen sind infolgedessen nicht Gegenstand der Haftung.4

24.8

3. Gesamtschuldnerschaft und Innenausgleich Der Organtrger als Steuerschuldner und die Organgesellschaft als Haftungsschuldnerin werden – obwohl der Haftungsschuldner nach § 219 Satz 1 AO grundstzlich nur subsidir in Anspruch genommen werden darf – als Gesamtschuldner i.S.d. § 44 AO behandelt.5

24.9

Soweit vertraglich nichts anderes vereinbart ist (wie generell im Rahmen der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft, bei der es – abgesehen von der GewinnabfÅhrung und dem Verlustausgleich – keinen separaten Innenausgleich gibt), hat die Organgesellschaft gegen den Organtrger daher grundstzlich einen Ausgleichsanspruch entsprechend § 426 Abs. 1 BGB.6

24.10

1 BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 244/91, GmbHR 1993, 92 = NJW 1993, 585, 586; Boeker in H/H/S, § 73 AO Rz. 4, 15; Loose in Tipke/Kruse, § 73 AO Rz. 4; RÅsken in Klein12, § 73 AO Rz. 7. 2 Boeker in H/H/S, § 73 AO Rz. 15, 22 f.; Halaczinsky in Koch/Scholtz5, § 73 AO Rz. 4; Loose in Tipke/Kruse, § 73 AO Rz. 8, RÅsken in Klein12, § 73 AO Rz. 12; darÅber hinausgehend offenbar FG BW v. 30.4.1985 – I 174/81, EFG 1985, 533; FG NÅrnberg, v. 11.12.1990 – II 238/86, EFG 1991, 437 „Beschrnkung der Haftung“; einschrnkend hingegen Schwarz in Schwarz, § 73 Rz. 9. 3 RÅsken in Klein12, § 73 AO Rz. 12; i.E. auch FG BW v. 30.4.1985 – I 174/81, EFG 1985, 533 und FG NÅrnberg v. 11.12.1990 – II 238/86, EFG 1991, 437. 4 Boeker in H/H/S, § 73 AO Rz. 19. 5 BGH v. 29.1.2013 – II ZR 91/11, GmbHR 2013, 318; BFH v. 23.9.2009 – VII R 43/08, BStBl. II 2010, 215; v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747; aA Ratschow in Klein12, § 44 AO Rz. 7. 6 BGH v. 29.1.2013 – II ZR 91/11, GmbHR 2013, 318; BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747.

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Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung

Hierbei gilt im Grundsatz, dass im Innenverhltnis derjenige die Steuern zu tragen hat, der sie verursacht hat.1

24.11 Umgekehrt ist der Organtrger der Organgesellschaft im Innenverhltnis entsprechend § 430 BGB zum Ausgleich der Vorsteuerabzugsbetrge verpflichtet, die auf LeistungsbezÅge der Organgesellschaft entfallen und die lediglich infolge der umsatzsteuerlichen Organschaft dem Organtrger zu Gute gekommen sind.2

B. Umsatzsteuerliche Organschaft I. Grundstzliche Problematik 24.12 Welche Auswirkungen die Insolvenz eines zu einem umsatzsteuerlichen Organkreis gehÇrenden Rechtstrgers auf den Fortbestand der Organschaft hat, hngt je nach Fallkonstellation von einer Reihe von Fragen ab, die noch nicht abschließend geklrt sind, so dass erhebliche Rechtsunsicherheit herrscht und in der Praxis das Risiko besteht, dass die Beteiligten zu Unrecht vom Bestehen oder Nichtbestehen einer Organschaft ausgehen. Die ohnehin nicht einfache RÅckabwicklung ist in Konstellationen mit Insolvenzbezug besonders schwierig. Außerdem besteht Unklarheit Åber die Frage, inwieweit die verschiedenen Verbindlichkeiten, die die zum Organkreis gehÇrenden Rechtstrger treffen – nmlich die Steuerschuld des Organtrgers, die Haftungsschuld der Organgesellschaft und die Verpflichtung zum Innenausgleich – als Masseverbindlichkeiten oder als Insolvenzforderungen einzuordnen sind. Zuletzt stellt sich die Frage, welche Konsequenzen sich aus einer Beendigung der Organschaft in Folge der Insolvenz eines am Organkreis beteiligten Rechtstrgers ergeben.

II. Bedeutung des insolvenzrechtlichen Einzelverfahrensgrundsatzes 24.13 Der V. Senat des BFH hat sich in seinem AdV-Beschluss v. 19.3.2014 – im Wesentlichen obiter dictu – zu den Auswirkungen geußert, die die ErÇffnung eines Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen eines zu einem Organkreis gehÇrenden Rechtstrgers auf den Fortbestand der Organschaft hat.3 Danach endet die Organschaft stets, wenn Åber das VermÇgen der Organgesellschaft, Åber das VermÇgen des Organtrgers oder Åber das VermÇgen von Organgesellschaft und Organtrger ein Insolvenzverfahren erÇffnet 1 BGH v. 29.1.2013 – II ZR 91/11, GmbHR 2013, 318; v. 19.1.2012 – IX ZR 2/11, BGHZ 192, 221. 2 BGH v. 29.1.2013 – II ZR 91/11, GmbHR 2013, 318. 3 BFH v. 19.3.2014 – V B 14/14, UR 2014, 431 = GmbHR 2014, 663 = BFH/NV 2014, 999; zustimmend Stadie in Rau/DÅrrwchter, § 2 UStG Rz. 1012.

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B. Umsatzsteuerliche Organschaft

wird. Dies soll jeweils unabhngig davon gelten, ob ein Insolvenzverwalter bestellt oder Eigenverwaltung angeordnet wird. Folgerichtig mÅsste der V. Senat wohl auch bei Bestellung eines vorlufigen Insolvenzverwalters und bei vorlufiger Eigenverwaltung bei Organgesellschaft und/oder Organtrger die Organschaft als beendet ansehen. Zur BegrÅndung dieser Sichtweise geht der V. Senat nicht auf die in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG genannten Tatbestandsvoraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft ein. Vielmehr konzentriert er seine Argumentation auf die Rechtsfolgen der Organschaft und prÅft, ob diese mit den Grundstzen des Insolvenzverfahrens in Einklang zu bringen wren, wenn man den Fortbestand der Organschaft als gegeben unterstellt. Er beruft sich dabei auf den insolvenzrechtlichen Einzelverfahrensgrundsatz, nach dem die VermÇgensmassen konzernzugehÇriger Gesellschaften getrennt voneinander abzuwickeln sind.1 Vor diesem Hintergrund untersucht er nacheinander die oben genannten Fallkonstellationen.

24.14

Maßgeblich stellt der V. Senat darauf ab, dass der (hypothetische) Organtrger nicht mehr als „Steuereinnehmer“ fÅr die auf die Umstze der Organgesellschaft entfallenden Umsatzsteuern fungieren kÇnne, weil der aus § 426 BGB folgende (hypothetische) Ausgleichsanspruch des (hypothetischen) Organtrgers gegen die insolvente (hypothetische) Organgesellschaft bei dieser keine Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO darstelle. Damit bezieht sich der V. Senat auf die Rechtsprechung des EuGH, nach der bei Ausgestaltung und Anwendung der Organschaftsregeln zu berÅcksichtigen ist, dass der Organtrger als Steuerpflichtiger fÅr alle Organgesellschaften „Çffentliche Gelder“ als „Steuereinnehmer fÅr Rechnung des Staates“ vereinnahmt.2 Dieser Rolle kÇnne der Organtrger nicht nachkommen, wenn der organschaftliche Ausgleichsanspruch am Ende keine Masseverbindlichkeit begrÅnde, wovon der V. Senat nach „summarischer PrÅfung“ ausgeht: Der Ausgleichsanspruch sei weder durch eine Handlung des Insolvenzverwalters noch durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse der Organgesellschaft begrÅndet (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Ob diese Prmisse uneingeschrnkt richtig ist, ist indes zweifelhaft (Rz. 24.22).

24.15

Bevor aber die Frage zu beantworten ist, ob der (hypothetische) Ausgleichsanspruch § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO unterfllt, ist die entscheidende Vorfrage zu klren, ob es fÅr den Fortbestand der Organschaft Åberhaupt darauf ankommt, ob der Organtrger effektiv als Steuereinnehmer fungieren kann. Der EuGH zieht die Rolle der Unternehmen als „Steuereinneh-

24.16

1 S. dazu und allgemein zu den Problemen der „Konzerninsolvenz“ Graeber in MÅKo/InsO3, § 56 Rz. 44; NZI 2007, 265. 2 EuGH v. 20.10.1993 – C-10/92 – Balocchi, Slg. 1993, I-5105 = UR 1994, 116; v. 21.2.2008 – C-271/06 – Netto Supermarkt, Slg. 2008, I-771 = UR 2008, 508; dieses Argument hat der BFH bereits zur BegrÅndung des Erfordernisses eines ber-/Unterordnungsverhltnisses bemÅht, s. BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio.

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mer“ nmlich nur zur Rechtfertigung einschrnkender mitgliedstaatlicher Regelungen heran.1 § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG enthlt jedoch ebenso wenig wie Art. 11 MwStSystRL einen Hinweis auf eine derartige Einschrnkung;2 es wÅrde sich also um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal handeln. Gegen ein solches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal spricht neben dem Gesetzeswortlaut vor allem die systematische Erwgung, dass der Gesetzgeber – wie § 73 AO zeigt – selbst davon ausgeht, dass es auch im Rahmen einer bestehenden Organschaft vorkommen kann, dass der Organtrger seiner Aufgabe als Steuereinnehmer nicht gerecht wird. Nach der hier vertretenen Auffassung ist der insolvenzrechtliche Einzelverfahrensgrundsatz daher kein geeigneter Ansatzpunkt fÅr die generelle Beantwortung der Frage, ob die Organschaft nach VerfahrenserÇffnung fortbesteht.3 Vielmehr ist allein auf die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG genannten Eingliederungsvoraussetzungen abzustellen und in jeder Phase des Insolvenzverfahrens anhand aller Umstnde des Einzelfalls sorgfltig zu prÅfen, ob die Organgesellschaft noch finanziell, organisatorisch und wirtschaftlich in das Unternehmen des Organtrgers eingegliedert ist.

24.17 Die im AdV-Beschluss vom 19.3.2014 zum Ausdruck kommende Sichtweise des V. Senats ist – abgesehen von den skizzierten dogmatischen Bedenken – in der Literatur zu Recht auch wegen ihrer potentiell krisenverschrfenden Auswirkungen kritisiert worden.4

III. Auswirkungen der Insolvenz auf die Eingliederungsvoraussetzungen 1. Finanzielle und wirtschaftliche Eingliederung

24.18 Weder der Eintritt der materiellen Insolvenz, also der Zahlungsunfhigkeit oder berschuldung, noch die Bestellung eines (vorlufigen) Insolvenzverwalters oder die Anordnung der (vorlufigen) Eigenverwaltung bei Organgesellschaft und/oder Organtrger ndern unmittelbar und automatisch etwas an einer bis dahin bestehenden finanziellen und wirtschaftlichen Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organtrgers. Insbesondere tangieren sie nicht die fÅr die finanzielle Eingliederung maßgebliche Anteilsmehrheit des Organtrgers.5 Auf die fÅr die wirtschaftliche Eingliederung maßgebliche Frage, ob die Organgesellschaft noch in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Gesamt1 S. EuGH v. 20.10.1993 – C-10/92 – Balocchi, Slg. 1993, I-5105 = UR 1994, 116; v. 21.2.2008 – C-271/06 – Netto Supermarkt, Slg. 2008, I-771 = UR 2008, 508. 2 Zutreffend Marchal/Oldiges, DStR 2013, 2211 (2213). 3 S. auch Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2585 ff.). 4 MÇhlenkamp/MÇhlenkamp, DStR 2014, 1357 (1363); Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2586 f.). 5 AA Frotscher, 269 ff., demzufolge nicht nur die organisatorische (Rz. 19 ff.), sondern auch die finanzielle Eingliederung mit dem bergang der Verwaltungsund VerfÅgungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter entfallen soll.

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unternehmen ttig ist, haben Insolvenz und VerfahrenserÇffnung ebenso keine unmittelbaren Auswirkungen;1 allerdings ist durchaus denkbar, dass die wirtschaftliche Eingliederung im Zuge eines Insolvenzverfahrens entfllt, weil der Insolvenzschuldner seine werbende Ttigkeit einstellt.2 2. Organisatorische Eingliederung a) Insolvenz (nur) der Organgesellschaft Die materielle Insolvenz der Organgesellschaft als solche hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf ihre organisatorische Eingliederung.

24.19

Wird Åber das VermÇgen der Organgesellschaft das Insolvenzverfahren erÇffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt, so geht gem. § 80 Abs. 1 InsO auf diesen die Verwaltungs- und VerfÅgungsbefugnis Åber das VermÇgen der Organgesellschaft Åber. Der Organtrger verliert sptestens zu diesem Zeitpunkt seinen Einfluss auf die Willensbildung in der Organgesellschaft. Grundstzlich endet damit auch die organisatorische Eingliederung in das Unternehmen des Organtrgers (zum Fall der Bestellung eines personenidentischen Insolvenzverwalters beim Organtrger siehe Rz. 24.31).3 Regelmßig wird die organisatorische Eingliederung aber bereits zuvor, nmlich mit der Bestellung eines vorlufigen Insolvenzverwalters, enden.

24.20

Bei der Bestellung eines „starken“ vorlufigen Insolvenzverwalters (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 InsO, allgemeines VerfÅgungsverbot) Åber das VermÇgen der Organgesellschaft folgt dies daraus, dass der Organtrger, wenn dem vorlufigen Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und VerfÅgungsbefugnis zusteht, nicht einmal mehr eine abweichende Willensbildung auf Ebene der (ehemaligen) Organgesellschaft verhindern kann;4

24.21

1 So auch Frotscher, 269 f. 2 Frotscher, 269 f. 3 BFH v. 13.3.1997 – V R 96/96, BStBl. II 1997, 580 = UR 1997, 396 = GmbHR 1997, 912 (noch zur Bestellung des Konkursverwalters nach der KO); Abschn. 2.8 Abs. 12 Satz 1 UStAE; OFD Frankfurt/M. v. 11.6.2014 – S 7105 A 21 - St 110, Rz. 2.1, juris; Birkenfeld in Birkenfeld/Wger, § 44 Rz. 721 f.; Klenk in SÇlch/Ringleb, § 2 UStG Rz. 135; Korn in Bunjes/Geist13, § 2 UStG Rz. 132; Radeisen in Schwarz/Widmann/Radeisen, § 2 UStG, Rz. 255; Stadie in Rau/ DÅrrwchter, § 2 UStG Rz. 1012; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 270; Roth, Insolvenzsteuerrecht, Rz. 4.357; RÅhland in Kahlert/RÅhland2, Rz. 9.186; Schumacher, Die Organschaft im Steuerrecht2, 239; SchÅppen/Ruh in MÅKo/InsO3, InsolvenzsteuerR, Rz. 191a; StÇcker in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 1454, 1605; Zeeck, KTS 2006, 407 (415); Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2590 f.). 4 BFH v. 1.4.2004 – V R 24/03, BStBl. II 2004, 905 = UR 2004, 352 = GmbHR 2004, 981; v. 13.6.2007 – V B 47/06, UR 2007, 809 = BFH/NV 2007, 1936; v. 24.8.2011 – V R 53/09, BStBl. II 2012, 256 = GmbHR 2012, 535 = UR 2012, 268; Abschn. 2.8 Abs. 12 Satz 1 UStAE; OFD Frankfurt/M. v. 11.6.2014 – S 7105 A 21 - St 110, Rz. 1.3.1, juris; Birkenfeld in Birkenfeld/Wger, § 44 Rz. 721 f.; Klenk in SÇlch/Ringleb, § 2 UStG Rz. 135; Korn in Bunjes/Geist13, § 2 UStG Rz. 133; Radeisen in Schwarz/Widmann/Radeisen, § 2 UStG, Rz. 255; Stadie in

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es kommt in diesem Fall also nicht darauf an, ob fÅr die organisatorische Eingliederung darÅber hinaus erforderlich ist, dass der Organtrger seinen Willen positiv durchsetzen kann (Rz. 24.22; zum Fall der Bestellung eines personenidentischen vorlufigen Insolvenzverwalters beim Organtrger siehe Rz. 24.31).

24.22 Ordnet das Insolvenzgericht im InsolvenzerÇffnungsverfahren dagegen kein allgemeines VerfÅgungsverbot an, sondern bestimmt es lediglich, dass VerfÅgungen der Organgesellschaft nur mit Zustimmung des vorlufigen Insolvenzverwalters wirksam sein sollen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO, Zustimmungsvorbehalt – sog. „schwacher“ vorlufiger Insolvenzverwalter), so kann der Organtrger nach wie vor eine abweichende Willensbildung auf Ebene der Organgesellschaft verhindern. Es ist aber nicht mehr gewhrleistet, dass er seinen Willen positiv durchsetzen kann. Nach der frÅheren Rechtsprechung des BFH sollte die organisatorische Eingliederung in diesem Fall fortbestehen.1 Zuletzt hat der V. Senat des BFH dagegen festgestellt, dass die organisatorische Eingliederung endet, wenn VerfÅgungen der Organgesellschaft nur mit Zustimmung des vorlufigen Insolvenzverwalters wirksam sind, weil dann nicht mehr sichergestellt ist, dass der Organtrger seinen Willen positiv durchsetzen kann.2 Das ist Åberzeugend, weil es bei der organisatorischen Eingliederung um die Umsetzung der mit der Stimmrechtsmehrheit verbundenen finanziellen Eingliederung auf Geschftsleitungsebene geht und fÅr die finanzielle Eingliederung eine Stimmenanzahl, mit der lediglich andere Mehrheiten verhindert werden kÇnnen, auch nicht ausreicht.3 Die Finanzverwaltung hat sich der genderten Sichtweise des BFH freilich (noch) nicht angeschlossen4 und verweist darauf, dass vor dem EuGH derzeit zwei vom XI. Senat des BFH angestrengte Vorabentscheidungsverfahren anhngig sind. In den Vorabentscheidungsverfahren geht es ua. um die Frage, ob eine nationale Regelung, nach der die umsatzsteuerliche Organschaft voraussetzt, dass die Organgesellschaft im Sinne eines ber- und Unterordnungsver-

1

2 3 4

Rau/DÅrrwchter, § 2 UStG Rz. 1013; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 270 f.; Roth, Insolvenzsteuerrecht, Rz. 4.359; RÅhland in Kahlert/RÅhland2, Rz. 9.187; Schumacher, Die Organschaft im Steuerrecht2, 239; SchÅppen/Ruh in MÅKo/InsO3, InsolvenzsteuerR, Rz. 191a; StÇcker in MÅller/StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 1605. BFH v. 1.4.2004 – V R 24/03, BStBl. II 2004, 905 = UR 2004, 352 = GmbHR 2004, 981; v. 3.3.2006 – V B 15/05, BFH/NV 2006, 1366; v. 13.6.2007 – V B 47/06, UR 2007, 809 = BFH/NV 2007, 1936; v. 11.11.2008 – XI B 65/08, UR 2009, 346 = BFH/NV 2009, 235; v. 29.1.2009 – V R 67/07, BStBl. II 2009, 1029; v. 10.3.2009 – XI B 66/08, BFH/NV 2009, 977; v. 22.10.2009 – V R 14/08, BStBl. II 2011, 988 = UR 2010, 268. BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747; v. 3.7.2014 – V R 32/13, DB 2014, 2512. So auch Wger, UR 2014, 90 (91) „Sperrminoritt von nur 50 %“ nicht ausreichend; Wagner/Marchal, BB 2015, 86 (86 f.). BMF v. 5.5.2014 – IV D 2 - S 7105/11/10001, IV D 2 - S 7105/13/10003 – DOK 2014/0394588, BStBl. I 2014, 820; Abschn. 2.8 Abs. 12 Satz 1 UStAE; OFD Frankfurt/M. v. 11.6.2014 – S 7105 A - 21 - St 110, Rz. 1.3.1, juris.

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hltnisses in das Unternehmen des Organtrgers eingegliedert ist, mit Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL vereinbar ist.1 Wird kein Insolvenzverwalter bestellt, sondern Eigenverwaltung angeordnet und ein Sachwalter Åber das VermÇgen der Organgesellschaft bestellt, so verbleibt die Verwaltungs- und VerfÅgungsbefugnis bei der Organgesellschaft (vgl. §§ 274 ff. InsO), so dass die Organschaft – entgegen der Auffassung des V. Senats des BFH (Rz. 24.13 ff.) – nach der hier vertretenen Auffassung nicht automatisch endet. Ein Wegfall der organisatorischen Eingliederung lsst sich jedenfalls nicht damit begrÅnden, dass der Organtrger seinen Einfluss auf die Willensbildung bei der Organgesellschaft verlieren wÅrde;2 etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn dem Sachwalter im Einzelfall ausnahmsweise besonders weitreichende Verwaltungs- und VerfÅgungsbefugnisse eingerumt werden.3 In der Literatur wird zum Teil argumentiert, die fÅr die organisatorische Eingliederung erforderliche MÇglichkeit der Willensdurchsetzung des Organtrgers scheitere im Fall der Eigenverwaltung generell an der Massesicherungspflicht auf Ebene der Organgesellschaft.4 Dieses Argument Åberzeugt jedoch nicht, weil es fÅr die Frage der organisatorischen Eingliederung nicht auf den Pflichtenkreis (das rechtliche „DÅrfen“), sondern auf die tatschliche Beherrschungsmacht (die ihre Grenze nur im rechtlichen „KÇnnen“ findet) ankommt.5 Entscheidend ist nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG das „Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse“.6 Die sich aus der insolvenzgerichtlichen Anordnung der Eigenverwaltung ergebende nderung der Pflichten der personell weiter unverndert ttigen GeschftsfÅhrung fÅhrt deswegen nicht dazu, dass die organisatorische Eingliederung endet.7 Etwas anderes lsst sich nach der hier vertretenen 1 BFH v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417 = UR 2014, 313 m. Anm. Marchal = GmbHR 2014, 376 m. Anm. Masuch; 11.12.2013 – XI R 38/12, BStBl. II 2014, 428 = UR 2014, 323; siehe dazu auch die Schlussantrge des Generalanwalts des EuGH Mengozzi v. 26.3.2015 in den Verfahren C-108/14 – Larentia + Minerva; C-109/14 – Marenave Schiffahrt, ECLI:EU:C:2014:212 = BeckRS 2015, 80448 = MwStR 2015, 253 m. Anm. Wagner/Marchal. 2 FG Hess. v. 6.11.2013 – 6 V 2469/12, EFG 2014, 603; Stadie in Rau/DÅrrwchter, § 2 UStG Rz. 1012; Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2590); Zeeck, KTS 2006, 407 (416); aA Lenger/Khanian, NZI 2014, 385. 3 OFD Hannover v. 6.8.2007 – S 7105 - 49 - StO 172, Rz. 1.3.2, juris; RÅhland in Kahlert/RÅhland2, Rz. 9.203; Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2591); differenzierend Wger, UR 2014, 90 (92), demzufolge zB die Anordnung der KassenfÅhrungsbefugnis des Sachwalters als nur „interne Maßnahme“ nicht ausreicht, um die organisatorische Eingliederung zu beenden; abweichend hiervon aber nunmehr ders., BFH/PR 2014, 229, 230: Die Organschaft soll unabhngig davon enden, „ob fÅr [... den ...] Sachwalter (§ 274 InsO) besondere Befugnisse wie KassenfÅhrung (§ 275 Abs. 2 InsO) [...] bestehen“. 4 So Kahlert, ZIP 2013, 2348 (2349); Kahlert/Schmidt, DStR 2014, 419. 5 MÇhlenkamp/MÇhlenkamp, DStR 2014, 1357 (1362); Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2590). 6 Vgl. dazu auch Stadie in Rau/DÅrrwchter, § 2 UStG Rz. 894 ff. 7 Wger, UR 2014, 90 (91 f.).

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Auffassung auch nicht aus dem bereits erwhnten Urteil des BFH vom 8.8.20131 ableiten.2 Das vom V. Senat des BFH in dem AdV-Beschluss vom 19.3.2014 (s. dazu bereits Rz. 24.13 ff.) vorgebrachte Argument, die Organschaft mÅsse deshalb enden, weil – bei unterstelltem Fortbestand der Organschaft – die Ausgleichspflicht der Organgesellschaft gegenÅber dem Organtrger keine Masseverbindlichkeit darstelle, ist zumindest nicht zwingend. Eine Verbindlichkeit des Insolvenzschuldners ist im Verfahren der Eigenverwaltung gem. §§ 270 Abs. 1 Satz 2, 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO Masseverbindlichkeit, wenn sie durch eine Handlung des GeschftsfÅhrers/ Vorstands oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse nach VerfahrenserÇffnung begrÅndet worden ist. Der Ausgleichsanspruch des Organtrgers beruht auf einem Umsatz der Organgesellschaft und damit – im Fall der Eigenverwaltung – auf einer Handlung ihres GeschftsfÅhrers/Vorstands, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO nach der hier vertretenen Auffassung erfÅllt sind.3

24.23 Die organisatorische Eingliederung bleibt nach der hier vertretenen Auffassung außerdem bestehen, wenn im InsolvenzerÇffnungsverfahren bei der Organgesellschaft kein vorlufiger Insolvenzverwalter bestellt, sondern vorlufige Eigenverwaltung angeordnet wird.4 b) Insolvenz (nur) des Organtrgers

24.24 Anders als die materielle Insolvenz der Organgesellschaft kann die berschuldung oder Zahlungsunfhigkeit des Organtrgers durchaus zur Beendigung der organisatorischen Eingliederung fÅhren, nmlich dann, wenn diese nicht auf einer personellen Verflechtung, sondern auf einem Beherrschungsvertrag beruht. In diesem Fall hat die Organgesellschaft das Recht, die Befolgung von Weisungen auf Basis des Beherrschungsvertrags nach § 273 BGB zu verweigern, weil nicht mehr sichergestellt ist, dass der Organtrger seine mit dem Beherrschungsvertrag verbundene Verlustausgleichsverpflichtung (§ 302 AktG) wird erfÅllen kÇnnen;5 sptestens mit ErÇffnung des Insolvenzverfahrens soll der Beherrschungsvertrag nach wohl Åberwiegender Auffassung sogar automatisch enden oder zumindest

1 BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747. 2 Dazu im Einzelnen Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2590); vgl. auch Wger, UR 2014, 90 (91 f.); aA Kahlert, ZIP 2013, 2048 (2050 f.). 3 So auch MÇhlenkamp/MÇhlenkamp, DStR 2014, 1357 (1363); Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2586); aA Stadie in Rau/DÅrrwchter, § 2 UStG Rz. 1012; Wger, BFH/PR 2014, 229 (230). 4 Ebenso Wger, UR 2014, 90 (91 f.); aA Kahlert, ZIP 2013, 2048 (2050 f.); Lenger/ Khanian, NZI 2014, 385. 5 Altmeppen in MÅKo/AktG3, § 302 Rz. 38; hnlich Kahlert, ZIP 2013, 2348 (2350).

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suspendiert werden.1 Beruht die organisatorische Eingliederung dagegen auf einer personellen Verflechtung der Geschftsleitungsebenen, so wird sie durch die materielle Insolvenz des Organtrgers nicht zwangslufig berÅhrt; es kommt vielmehr auf die Gegebenheiten des Einzelfalls an. Wird bei ErÇffnung des Insolvenzverfahrens ein Insolvenzverwalter fÅr das VermÇgen des Organtrgers bestellt, so hngen die Auswirkungen auf die organisatorische Eingliederung nach der hier vertretenen Auffassung davon ab, worauf diese bis dato beruhte. Beruhte sie (ausschließlich) auf einem Beherrschungsvertrag, so entfllt sie, weil die Organgesellschaft den Weisungen des Organtrgers (bzw. des Insolvenzverwalters) nicht mehr Folge leisten muss (Rz. 24.24). Beruhte sie (ausschließlich) auf der Personenidentitt in den Geschftsleitungsorganen von Organtrger und Organgesellschaft, so endet sie mit dem bergang der Verwaltungs- und VerfÅgungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter. Beruhte die organisatorische Eingliederung hingegen darauf, dass Mitarbeiter des Organtrgers GeschftsfÅhrer der Organgesellschaft waren, so ndert die Bestellung des Insolvenzverwalters nichts an der organisatorischen Eingliederung, weil mit der Bestellung das Direktionsrecht des Arbeitgebers auf den Insolvenzverwalter Åbergeht.2

24.25

Ordnet das Insolvenzgericht im InsolvenzerÇffnungsverfahren ein allgemeines VerfÅgungsverbot gegenÅber dem Organtrger an und bestellt es einen „starken“ vorlufigen Insolvenzverwalter Åber das VermÇgen des Organtrgers, so gelten die AusfÅhrungen fÅr den Fall der Bestellung eines Insolvenzverwalters bei ErÇffnung des Insolvenzverfahrens (Rz. 24.25) grundstzlich entsprechend; ob die organisatorische Eingliederung endet oder fortbesteht, hngt nach der hier vertretenen Auffassung von den Umstnden des Einzelfalls ab, insbesondere davon, worauf die organisatorische Eingliederung bis dato beruhte.3

24.26

Bestellt das Insolvenzgericht einen „schwachen“ vorlufigen Insolvenzverwalter Åber das VermÇgen des Organtrgers, so endet die organisatorische Eingliederung nur dann, wenn diese bis dato (ausschließlich) auf ei-

24.27

1 Die nach wie vor wohl hM befÅrwortet die automatische Beendigung, s. Altmeppen in MÅKo/AktG3, § 297 Rz. 108; Koppensteiner in KÇlner Kommentar3, § 297 AktG Rz. 48; MÅlbert in Großkomm4, § 297 AktG Rz. 136 mwN; fÅr „Suspendierung“ im Fall der Eigenverwaltung: Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 52a; Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 38; aA – KÅndigungsmÇglichkeit aus wichtigem Grund: Hirte/Hasselbach in Großkomm4, § 304 AktG Rz. 19; Zeidler, NZG 1999, 692 (697); Trendelenburg, NJW 2002, 647 (649). 2 S. etwa Uhlenbruck in Uhlenbruck13, § 80 InsO Rz. 93; Ott/Vuia in MÅKo/ InsO3, § 80 Rz. 121 f. 3 S. dazu ausfÅhrlich Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2589 f.); s. auch BFH v. 28.1.1999 – V R 32/98, BStBl. 1999, 258 = UR 1999, 251 = GmbHR 1999, 496; Abschn. 2.8 Abs. 12 Satz 4 UStAE; nicht differenzierend Stadie in Stadie2, § 2 UStG Rz. 232, wonach mit der ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen des Organtrgers das Organschaftsverhltnis regelmßig nicht endet.

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nem Beherrschungsvertrag beruhte und der Organgesellschaft nunmehr nach § 273 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht gegenÅber den Weisungen des (ehemaligen) Organtrgers zusteht (Rz. 24.24). In allen anderen Konstellationen ist grundstzlich nach wie vor gewhrleistet, dass der Organtrger seinen Willen auf Ebene der Organgesellschaft durchsetzen kann, so dass die organisatorische Eingliederung bestehen bleibt.1

24.28 Zu beachten ist freilich, dass nach den AusfÅhrungen, die der V. Senat des BFH in seinem AdV-Beschluss v. 19.3.20142 gemacht hat (insoweit obiter dictu), die Organschaft im Hinblick auf den insolvenzrechtlichen Einzelverfahrensgrundsatz auch stets dann enden soll, wenn Åber das VermÇgen des Organtrgers das Insolvenzverfahren erÇffnet wird. Dies begrÅndet der V. Senat damit, dass die aus den Umstzen der Organgesellschaft resultierenden Umsatzsteuern keine Masseverbindlichkeiten des Organtrgers seien.3 Nach der hier vertretenen Ansicht ist – im Hinblick auf die Existenz des § 73 AO, der dem Fiskus einen direkten Zugriff auf die Organgesellschaft erlaubt – zum einen schon die Prmisse des V. Senats zweifelhaft, nach der die Qualifikation der gesamten Steuerschuld des Organtrgers als Masseverbindlichkeit tatschlich ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Organschaft ist (Rz. 24.16). Zum anderen ist fraglich, ob die Annahme zutrifft, bei den aus den Umstzen der Organgesellschaft resultierenden Steuern kÇnne es sich nicht um Masseverbindlichkeiten des Organtrgers handeln. Denn wenn der Insolvenzverwalter des Organtrgers seinen Willen auf Ebene der Organgesellschaft durchsetzen kann (was condicio sine qua non der Organschaft ist), wird man schwerlich argumentieren kÇnnen, dass die durch Umstze der Organgesellschaft begrÅndeten Umsatzsteuerverbindlichkeiten nicht „durch die Verwaltung [...] der Insolvenzmasse“ (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) begrÅndet seien. Ohne Zweifel gehÇren die dem Organtrger zustehenden Anteile an der Organgesellschaft zur Insolvenzmasse.4 Dass das GesellschaftsvermÇgen der Organgesellschaft dagegen selbst nicht unmittelbar zur Insolvenzmasse des Organtrgers gehÇrt,5 ndert an der Beurteilung nichts. Denn aufgrund der finanziellen und organisatorischen Eingliederung der Organgesellschaft hat es der Insolvenzverwalter des Organtrgers in der Hand, die steuerbegrÅndende Umsatzttigkeit der Organgesellschaft zu unterbinden. Etwas anderes gilt freilich, wenn beim Organtrger nur ein vorlufiger Insolvenzverwalter bestellt ist. In diesem Fall kÇnnen Umsatzsteuern, die durch Umstze der Organgesellschaft verursacht sind, aufgrund des eng1 Vgl. BFH v. 22.10.2009 – V R 14/08, BStBl. II 2011, 988 = UR 2010, 268 – noch zum Konkursverfahren nach der KO; Abschn. 2.8 Abs. 12 Satz 3 UStAE. 2 BFH v. 19.3.2014 – V B 14/14, UR 2014, 431 = GmbHR 2014, 663 = BFH/NV 2014, 999; dazu auch Rz. 24.13 ff. 3 Zustimmend Stadie in Rau/DÅrrwchter, § 2 UStG Rz. 1016; Wger, BFH/PR 2014, 229 (230); ablehnend MÇhlenkamp/MÇhlenkamp, DStR 2014, 1357 (1363); Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2585 f.). 4 Dazu bereits Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2585 f.); ebenso Wger, DB 2014, 915 (919). 5 Dazu Wger, DB 2014, 915 (919).

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B. Umsatzsteuerliche Organschaft

gefassten Wortlauts des § 55 Abs. 2 bzw. 4 InsO tatschlich keine Masseverbindlichkeiten des Organtrgers begrÅnden. Das ndert nach der hier vertretenen Auffassung aber nichts am Fortbestand der Organschaft, weil es kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal gibt, wonach der Organtrger effektiv als Steuereinnehmer fungieren muss (Rz. 24.16). Im Hinblick auf die drohende Inanspruchnahme der Organgesellschaft nach § 73 AO ist jedoch fÅr die Praxis davon abzuraten, dass die Organgesellschaft in diesem Fall fÅr die von ihr verursachten Steuern Ausgleichszahlungen entsprechend § 426 Abs. 1 BGB an den Organtrger leistet; vorzugswÅrdig dÅrfte es sein, unter ausdrÅcklicher Tilgungsbestimmung sowie unter dem Vorbehalt der RÅckforderung fÅr den Fall, dass die Voraussetzungen fÅr eine Inanspruchnahme nach § 73 AO nicht vorliegen, auf die eigene Haftungsschuld direkt an das Finanzamt zu zahlen (Rz. 24.40 ff.). Wenn das Insolvenzgericht mit VerfahrenserÇffnung Eigenverwaltung beim Organtrger anordnet, bleibt nach der hier vertretenen Auffassung die organisatorische Eingliederung grundstzlich bestehen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn diese bis dato auf einem Beherrschungsvertrag beruhte; denn entweder endet dieser mit VerfahrenserÇffnung automatisch,1 oder der Organgesellschaft steht wenigstens eine Einrede gegen weitere Weisungen des Organtrgers zu (Rz. 24.24). Auch hier ist freilich der AdVBeschluss des V. Senats des BFH vom 19.3.2014 zu beachten, demzufolge die Organschaft bei ErÇffnung des Insolvenzverfahrens stets (also auch im Fall der Eigenverwaltung) enden soll (Rz. 24.13 ff.).

24.29

Die AusfÅhrungen zur Eigenverwaltung gelten entsprechend fÅr den Fall der vorlufigen Eigenverwaltung – freilich mit dem Unterschied, dass der V. Senat sich in seinem AdV-Beschluss vom 19.3.2014 dazu nicht geußert hat. Seine (ohnehin kritikwÅrdige) Argumentation, die durch die Umstze der Organgesellschaft verursachten Umsatzsteuerverbindlichkeiten seien keine Masseverbindlichkeiten, kann hier nur dann durchschlagen, wenn das Insolvenzgericht nach § 270b Abs. 3 Satz 1 iVm. § 55 Abs. 2 InsO anordnet, dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten begrÅndet; denn ohne eine solche Anordnung kÇnnen im Verfahren der vorlufigen Eigenverwaltung keine Masseverbindlichkeiten begrÅndet werden, weil insbesondere § 55 Abs. 4 InsO keine Anwendung findet.2

24.30

c) Insolvenz von Organtrger und Organgesellschaft Wenn sowohl Åber das VermÇgen des Organtrgers als auch Åber das VermÇgen der Organgesellschaft Insolvenzverfahren erÇffnet werden und bei 1 Wohl hM, s. Altmeppen in MÅKo/AktG3, § 297 Rz. 108; Koppensteiner in KÇlner Kommentar3, § 297 AktG Rz. 48; MÅlbert in Großkomm4, § 297 AktG Rz. 136 mwN; fÅr „Suspendierung“ im Fall der Eigenverwaltung: Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 52a; Veil in Spindler/Stilz2, § 297 AktG Rz. 38; aA Hirte/Hasselbach in Großkomm4, § 304 AktG Rz. 19; Zeidler, NZG 1999, 692 (697); Trendelenburg, NJW 2002, 647 (649). 2 S. Mohlitz in Bork/HÇlzle, Kap. 21 Rz. 102; Kahlert, ZIP 2014, 1101 (1105).

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24.31

Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung

beiden Schuldnern derselbe Insolvenzverwalter bestellt wird, bleibt die organisatorische Eingliederung nach der hier vertretenen Auffassung grundstzlich bestehen;1 dasselbe gilt bei Bestellung desselben vorlufigen Insolvenzverwalters im ErÇffnungsverfahren.2 Mehr noch: Es kann sogar dazu kommen, dass die organisatorische Eingliederung durch die Bestellung desselben Insolvenzverwalters erst begrÅndet wird, nmlich dann, wenn sie vorher mangels personeller Verflechtung oder institutioneller Vorkehrungen nicht bestanden hat. UnberÅhrt bleibt die organisatorische Eingliederung richtigerweise erst recht, wenn Åber das VermÇgen von Organtrger und Organgesellschaft Insolvenzverfahren erÇffnet werden und jeweils Eigenverwaltung angeordnet wird. Zum Teil wird gegen den Fortbestand der organisatorischen Eingliederung vorgebracht, die MÇglichkeit der Willensdurchsetzung des Organtrgers in der Organgesellschaft scheitere im Fall des personenidentischen Insolvenzverwalters und selbst bei fortbestehender personeller Verflechtung im Rahmen der Eigenverwaltung daran, dass den Verwalter in seiner Rolle als Insolvenzverwalter der Organgesellschaft bzw. – im Fall der Eigenverwaltung – die GeschftsfÅhrung der Organgesellschaft die Pflicht zu Massesicherung treffe.3 Dabei wird jedoch Åbersehen, dass Leitungsorgane von Organgesellschaften auch außerhalb der Insolvenz anderen Interessen als denen des Organtrgers verpflichtet sein kÇnnen, ohne dass sich dadurch etwas an der tatschlichen Beherrschung durch den Organtrger ndert.4 Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG kommt es auf das „Gesamtbild der tatschlichen Verhltnisse“ an, nicht auf die auf den einzelnen Ebenen bestehenden Pflichtenkreise.5

24.32 Der V. Senat des BFH geht in seinem AdV-Beschluss v. 19.3.2014 demgegenÅber davon aus, dass die Organschaft stets mit ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen des Organtrgers und der Organgesellschaft endet, wobei es insoweit unerheblich sein soll, ob das Insolvenzgericht fÅr Organtrger und Organgesellschaft denselben oder unterschiedliche Insolvenzverwalter bestellt oder ob es Eigenverwaltung anordnet. Diese Sichtweise beruht freilich auf der Prmisse, es gebe ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, wonach der Organtrger effektiv als Steuereinnehmer auch fÅr die aus Umstzen der Organgesellschaft resultierenden Steuerschulden fungieren mÅsse (Rz. 24.15 f.). 1 So auch OFD Frankfurt/M. v. 11.6.2014 – S 7105 A - 21 - St 110, Rz. 2.3, juris; Klenk in SÇlch/Ringleb, § 2 UStG Rz. 135; Korn in Bunjes/Geist13, § 2 UStG Rz. 134; Radeisen in Schwarz/Widmann/Radeisen, § 2 UStG, Rz. 256; Wagner/ Fuchs, BB 2014, 2583 (2591); SchÅppen/Ruh in MÅKo/InsO3, Insolvenzsteuerrecht, Rz. 191d; im Ergebnis auch Boeker in H/H/S, § 73 AO Rz. 8; Birkenfeld in Birkenfeld/Wger, § 44 Rz. 731 – solange das Unternehmen unverndert fortgefÅhrt wird; Schumacher2, 239. 2 So grundstzlich auch Frotscher in Frotscher8, 271; Wger, UR 2014, 81 (91 f.). 3 Kahlert/Schmidt, DStR 2014, 419; fÅr den Fall des personenidentischen Insolvenzverwalters auch Wger, UR 2014, 90 (91 f.). 4 Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2590). 5 So fÅr den Fall der Eigenverwaltung auch Wger, UR 2014, 90 (92).

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B. Umsatzsteuerliche Organschaft

IV. Folgen der Beendigung der Organschaft 1. Berichtigung nach § 17 UStG Wenn es im Zusammenhang mit der Beendigung der Organschaft zu Umsatzsteuer- oder Vorsteuerberichtigungen kommt, stellt sich jeweils die Frage, ob die Berichtigung bei dem ehemaligen Organtrger oder bei der ehemaligen Organgesellschaft vorzunehmen ist. Zur Berichtigung kommt es ua. nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG stets dann, wenn das Entgelt fÅr einen steuerpflichtigen Umsatz uneinbringlich geworden ist.

24.33

Forderungen sind nach der Rechtsprechung tatschlich uneinbringlich, wenn der Schuldner sie nicht erfÅllt und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Glubiger sie jedenfalls auf absehbare Zeit auch nicht durchsetzen kann.1 Diese Voraussetzungen werden in vielen Fllen bereits vor Bestellung eines vorlufigen Insolvenzverwalters erfÅllt sein.2

24.34

DarÅber hinaus tritt aus rechtlichen GrÅnden Uneinbringlichkeit ein, wenn ein („schwacher“ oder „starker“) vorlufiger Insolvenzverwalter bei dem Schuldner bestellt wird. Dann nmlich kann der Glubiger seinen Entgeltanspruch nicht mehr durchsetzen, da der vorlufige Insolvenzverwalter vor dem Hintergrund der Massesicherungspflicht einem Verbot unterliegt, GlubigeransprÅche zu erfÅllen, die vor seiner Bestellung begrÅndet wurden und im Insolvenzverfahren lediglich Insolvenzforderungen sind.3

24.35

Aber auch wenn die Verwaltungs- und VerfÅgungsbefugnis Åber das VermÇgen des Glubigers gem. § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter Åbergeht, soll die Forderung nach Auffassung des BFH – was nach Wortsinn und allgemeinem Sprachgebrauch zunchst Åberrascht – uneinbringlich werden.4 Der BFH begrÅndet dies damit, dass die Vereinnahmung der Forderung fortan Sache des Insolvenzverwalters sei.5 Dies gilt auch dann, wenn ein „starker“ vorlufiger Insolvenzverwalter bestellt wird,6 sowie bei Bestellung eines „schwachen“ vorlufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt und Recht zum Forderungseinzug.7

24.36

1 BFH v. 10.3.1983 – V B 46/80, BStBl. II 1983, 389 = UR 1983, 92 m. Anm. Weiß; v. 22.4.2004 – V R 72/03, BStBl. II 2004, 684 = UR 2004, 480 m. Anm. Stadie; v. 20.7.2006 – V R 13/04, BStBl. II 2007, 22 = UR 2006, 713; v. 4.6.2007 – V B 76/06, UR 2007, 945 = BFH/NV 2007, 2151. 2 So auch RÅhland in Kahlert/RÅhland2, Rz. 9.203. 3 BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747; v. 3.7.2014 – V R 32/13, DB 2014, 2512. 4 BFH v. 9.12.2010 – V R 22/10, BStBl. II 2011, 996 = UR 2011, 551 m. Anm. Widmann; vgl. auch Abschn. 17.1 Abs. 11 UStAE. 5 S. dazu auch Korn in Bunjes/Geist13, § 2 UStG Rz. 68. 6 Abschn. 17.1 Abs. 12 UStAE. 7 BFH v. 24.9.2014 – V R 48/13, BFH/NV 2015, 133.

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Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung

Außerdem spricht viel dafÅr, dass der BFH auch die Anordnung der Eigenverwaltung als Berichtigungsereignis ansehen wÅrde.1

24.37 Die Berichtigung ist nach dem Gesetzeswortlaut (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 iVm. Abs. 1 Satz 2 UStG) „bei dem Unternehmer [vorzunehmen], an den der Umsatz ausgefÅhrt wurde“. Diese gesetzliche Formulierung spricht dafÅr, dass sie – unabhngig davon, ob Schuldner oder Glubiger der (ehemalige) Organtrger oder die (ehemalige) Organgesellschaft ist – stets beim (ehemaligen) Organtrger vorzunehmen ist, wenn zum Zeitpunkt der AusfÅhrung des Umsatzes eine Organschaft bestanden hat. Die gesetzliche Formulierung „Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgefÅhrt wurde“ ist nach der stndigen Rechtsprechung des BFH aber nicht so zu verstehen, dass dadurch der Schuldner des aus der Berichtigung resultierenden Steueranspruchs bezeichnet wird; vielmehr soll damit nur die jeweilige Seite der Leistungsbeziehung (ausfÅhrender vs. empfangender Unternehmer) bezeichnet werden.2 FÅr die Frage, welcher Steuerpflichtige Schuldner des Berichtigungsanspruchs ist, soll es auf den Zeitpunkt ankommen, in dem das Berichtigungsereignis eintritt, weil nach § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG die Berichtigung fÅr den Besteuerungszeitraum vorzunehmen ist, in dem die Berichtigung eingetreten ist. Folglich ist die Berichtigung nicht bei dem ehemaligen Organtrger, sondern bei der ehemaligen Organgesellschaft vorzunehmen, wenn ihre Forderung oder Verbindlichkeit zu einem Zeitpunkt uneinbringlich geworden ist, in dem die Organschaft nicht mehr bestanden hat.3 Die rechtliche Uneinbringlichkeit aufgrund Bestellung eines (vorlufigen) Insolvenzverwalters tritt nach Auffassung des BFH eine juristische Sekunde vor Beendigung der Organschaft ein, so dass die (erste) Berichtigung in diesen Fllen stets beim Organtrger vorzunehmen ist.4

24.38 Wird die Forderung zu einem spteren Zeitpunkt durch den Insolvenzverwalter des Schuldners beglichen bzw. vom Insolvenzverwalter des Glubigers vereinnahmt, kommt es nach Auffassung des BFH gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu einer erneuten Berichtigung (diesmal bei der ehemaligen Organgesellschaft); der hieraus resultierende Vorsteuerberichtigungsanspruch bzw. die hieraus resultierende Umsatzsteuerberichtigungsverbindlichkeit sind der Masse zuzurechnen.5 Dasselbe gilt nach dem jÅngsten Urteil des BFH zu § 55 Abs. 4 InsO im Fall der Vereinnah1 Dazu ausfÅhrlich Kahlert, ZIP 2014, 1101 (1106); aA Jaff/Friedrich-Vache, MwStR 2014, 86, 91 f. 2 BFH v. 7.12.2006 – V R 2/05, BStBl. II 2007, 848 = UR 2007, 277 = GmbHR 2007, 504; v. 5.12.2008 – V B 101/07, BFH/NV 2009, 432. 3 BFH v. 7.12.2006 – V R 2/05, BStBl. II 2007, 848 = UR 2007, 277 = GmbHR 2007, 504; v. 5.12.2008 – V B 101/07, BFH/NV 2009, 432. 4 BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747; v. 3.7.2014 – V R 32/13, DB 2014, 2512; Korn in Bunjes/Geist13, § 2 UStG Rz. 146. 5 BFH v. 22.10.2009 – V R 14/08, BStBl. II 2011, 988 = UR 2010, 268; Abschn. 17.1 Abs. 11, 16 UStAE; Korn in Bunjes/Geist13, § 2 UStG Rz. 146.

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B. Umsatzsteuerliche Organschaft

mung durch einen „schwachen“ vorlufigen Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt und Recht zum Forderungseinzug.1 Entgegen seiner frÅheren Auffassung schloss sich das BMF der Rechtsprechung des BFH an und erweiterte sie insoweit, als die AusfÅhrungen des BFH unabhngig davon gelten sollen, ob dem schwachen vorlufigen Insolvenzverwalter ausdrÅcklich das Recht zum Forderungseinzug eingerumt wurde.2 2. Berichtigung nach § 15a UStG Kommt es nach Beendigung der Organschaft aufgrund von Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters der ehemaligen Organgesellschaft zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG, so richtet sich der Anspruch des Fiskus gegen die ehemalige Organgesellschaft; es handelt sich insoweit um eine Masseverbindlichkeit.3

24.39

V. Insolvenzanfechtung und Organschaft Nicht abschließend geklrt (und zwischen dem VII. Senat des BFH und dem IX. Zivilsenat des BGH umstritten) ist, ob und unter welchen Voraussetzungen Zahlungen, die die Organgesellschaft im Hinblick auf von ihr verursachte Steuerschulden des Organtrgers vor ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber ihr VermÇgen an das Finanzamt leistet, vom Insolvenzverwalter nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO angefochten werden kÇnnen, wenn gegen sie (noch) kein Haftungsbescheid ergangen ist. Nach dieser Bestimmung ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzglubiger eine Befriedigung gewhrt hat, die er nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf ErÇffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist. Voraussetzung der Anfechtung der Zahlung der Organgesellschaft ist somit, dass das Finanzamt bezÅglich der Zahlung als Insolvenzglubiger der Organgesellschaft anzusehen ist.4 Das fÅhrt – wenn es an einer ausdrÅcklichen Tilgungsbestimmung fehlt – zu der Frage, ob die Organgesellschaft (ausschließlich) auf die Steuerschuld des Organtrgers oder (auch) auf ihre eigene latente (weil noch nicht durch Bescheid festgesetzte) Haftungsschuld zahlt.

24.40

Whrend der VII. Senat des BFH der Auffassung ist, die Organgesellschaft zahle – wohl zumindest bei Fehlen einer anderweitigen ausdrÅcklichen

24.41

1 BFH v. 24.9.2014 – V R 48/13, BFH/NV 2015, 133. 2 BMF v. 20.5.2015 – IV A 3 - S 0550/10/10020-05 – DOK 2015/0416027, ZIP 2015, 1093. 3 BFH v. 9.2.2011 – XI R 35/09, BStBl. II 2011, 1000 = UR 2011, 538 = BB 2011, 1765 m Anm. KÇhler/Wagner; aA wohl BFH v. 6.10.2005 – VII B 309/04, BFH/NV 2006, 369; v. 17.4.2007 – VII R 27/06, BStBl. II 2009, 589. 4 Frotscher, 107 f.

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Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung

Tilgungsbestimmung – grundstzlich auf die Verbindlichkeit des Organtrgers,1 meint der IX. Senat des BGH, sie zahle – wiederum vorbehaltlich einer abweichenden ausdrÅcklichen Tilgungsbestimmung – grundstzlich auf ihre eigene Haftungsschuld gem. § 73 AO.2 Folgerichtig verneint der VII. Senat des BFH die Anfechtbarkeit, whrend der IX. Senat des BGH sie – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO – bejaht.

24.42 Der VII. Senat des BFH begrÅndet seine Auffassung, die Organgesellschaft zahle regelmßig nur auf die Steuerschuld des Organtrgers, damit, dass das Finanzamt im Zeitpunkt der Zahlung noch keinen Anspruch gegen die Organgesellschaft habe, solange das Ermessen gem. § 191 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 5 AO nicht ausgeÅbt worden sei.3 Im Hinblick auf die in § 219 Satz 1 AO angeordnete Subsidiaritt kÇnne ein Haftungsbescheid gegen die Organgesellschaft so lange nicht festgesetzt werden, wie eine Vollstreckung gegenÅber dem Organtrger mÇglich ist.4

24.43 Der IX. Senat des BGH wendet sich explizit gegen diese Argumentation. Zunchst komme es fÅr die Anfechtung nicht darauf an, ob die beglichene Forderung tatschlich besteht oder nicht. Selbst wenn gesetzliche Haftungsvoraussetzungen fehlten, sei eine Anfechtung mÇglich. Bereits der Wortlaut des § 131 Abs. 1 InsO, der ausdrÅcklich auch Zahlungen der Anfechtbarkeit unterwerfe, die nicht htten beansprucht werden kÇnnen, zeige, dass auch der Empfnger einer rechtsgrundlosen Leistung Insolvenzglubiger sei – eine Ungleichbehandlung im Verhltnis zu Empfngern rechtlich begrÅndeter AnsprÅche mit (nur) inkongruenter Deckung sei nicht zu rechtfertigen. Gleiches gelte fÅr § 130 InsO, der als Auffangvorschrift auch smtliche Flle des § 131 InsO erfasse.5 Dass die Organgesellschaft als Haftungsschuldnerin nach § 219 Satz 1 AO nur sekundr hafte, sei ebenfalls irrelevant. Auch die Inhaber aufschiebend bedingter Forderungen seien Insolvenzglubiger i.S.d. §§ 130 f. InsO, weil nach § 191 Abs. 1 InsO selbst bedingte Forderungen einen VermÇgensanspruch begrÅndeten. Deswegen sei etwa auch der Glubiger eines BÅrgen, der unter Verzicht auf die ihm zustehende Einrede der Vorausklage freiwillig 1 So BFH v. 23.9.2009 – VII R 43/08, BStBl. II 2010, 215 = GmbHR 2010, 108 = UR 2010, 18, Rz. 25 ff.; implizit wohl auch BFH v. 26.8.2014 – VII R 16/13, juris; s. auch FG Hess. v. 16.10.2012 – 6 K 721/10, EFG 2013, 1084, juris. 2 BGH v. 19.1.2012 – IX ZR 2/11, BGHZ 192, 221, der sich ausdrÅcklich gegen BFH v. 23.9.2009 – VII R 43/08, BStBl. II 2010, 215 = GmbHR 2010, 108 = UR 2010, 18, wendet; ebenso OLG KÇln v. 14.12.2005 – 2 U 89/05, ZInsO 2006, 1329; OLG NÅrnberg v. 9.3.2009 – 4 U 2506/08, ZInsO 2010, 207; OLG Hamm, v. 2.12.2010 – 27 U 55/10, I-27 U 55/10, GmbHR 2011, 258 = ZIP 2010, 2517. 3 BFH v. 23.9.2009 – VII R 43/08, BStBl. II 2010, 215 = GmbHR 2010, 108 = UR 2010, 18. 4 Zustimmend Urban, UR 2011, 285 (287); Frotscher, 107 f.; StÇcker in MÅller/ StÇcker/Lieber, Die Organschaft9, Rz. 1503; offen lassend RÅhland in Kahlert/ RÅhland2, Rz. 9.264 b ff. und Uhlnder in Waza/Uhlnder/Schmittmann, Rz. 1953 f. 5 BGH v. 19.1.2012 – IX ZR 2/11, BGHZ 192, 211.

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B. Umsatzsteuerliche Organschaft

zahle, Insolvenzglubiger. Diese Grundstze seien auch auf den Glubiger des Haftungsanspruchs gem. § 73 AO Åbertragbar. Dieser werde bereits mit Entstehung des Steueranspruchs gegen den Organtrger begrÅndet. Der Erlass eines Haftungsbescheids sei ohne Auswirkung auf die Entstehung des materiell-rechtlichen Anspruchs aus dem Steuerschuldverhltnis. Hierbei beruft sich der BGH auf die Rechtsprechung des VII. Senats des BFH1, nach der der Haftungsanspruch des Finanzamts entstehe, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen des Haftungstatbestandes erfÅllt seien, ohne dass es hierzu des Erlasses eines Haftungsbescheids bedÅrfe.2 Die Anfechtung setze zudem voraus, dass der Schuldner mit Zahlung aus Sicht eines objektiven Empfngers die Tilgung einer eigenen Schuld bezweckte. Hier glten die allgemeinen Regeln des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs. Lasse sich aus Sicht des Finanzamts nicht erkennen, ob auf die Haftungsschuld oder die Steuerverbindlichkeit gezahlt werden sollte, so sei – auch nach der Rechtsprechung des BFH – davon auszugehen, dass ein zahlender Gesamtschuldner nur seine eigene Schuld tilgen wollte.3 Nhme man eine Zahlung auf die Steuerforderung und zugleich auf den Haftungsanspruch an, wÅrde die Unterscheidung zwischen Steuer- und Haftungsschuld de facto aufgehoben, was nicht dem Leitbild der AO entspreche.4 Schließlich ndere hieran weder das interne Ausgleichsverhltnis zum Organtrger etwas, noch die Tatsache, dass die Organgesellschaft auch dem Organtrger – als Sicherungsglubiger – gegenÅber zur Anfechtung gem. §§ 130, 131 InsO berechtigt sei. Die Zahlung an das Finanzamt komme auch dem Organtrger zu Gute („Doppelwirkung“), weil dieser im Verhltnis zum Fiskus befreit werde. Der Insolvenzverwalter habe die Wahl, welchen der beiden Leistungsempfnger er in Anspruch nehme; beide wÅrden ihrerseits als Gesamtschuldner haften.5 Die Sichtweise des IX. Senats des BGH erscheint Åberzeugend. Wre es richtig, dass – wie der VII. Senat des BFH meint – die Haftungsverbindlichkeit der Organgesellschaft nicht schon durch deren Umsatzsttigkeit begrÅndet wird, so wÅrde zu diesem Zeitpunkt im brigen auch noch keine Gesamtschuld entstehen und der Organtrger htte gegen die Organgesellschaft – bei Fehlen entsprechender vertraglicher Vereinbarungen – auch keinen Ausgleichsanspruch entsprechend § 426 BGB. Das wre aber wiederum mit der (zuletzt im AdV-Beschluss v. 19.3.2014 besttigten) Rechtsprechung des BFH, nach der ein solcher Ausgleichsanspruch unabhngig davon entsteht, ob gegen die Organgesellschaft ein Haftungsbescheid erlassen wird oder nicht, nur schwer zu vereinbaren.6 1 2 3 4 5 6

BFH v. 15.10.1996 – VII R 46/96, BStBl. II 1997, 171 = GmbHR 1997, 468. BGH v. 19.1.2012 – IX ZR 2/11, BGHZ 192, 211. BGH v. 19.1.2012 – IX ZR 2/11, BGHZ 192, 211. BGH v. 19.1.2012 – IX ZR 2/11, BGHZ 192, 211. BGH v. 19.1.2012 – IX ZR 2/11, BGHZ 192, 211. Vgl. zuletzt BFH v. 19.3.2014 – V B 14/14, UR 2014, 431 = GmbHR 2014, 663 = BFH/NV 2014, 999 unter Verweis auf BGH v. 29.1.2013 – II ZR 91/11, GmbHR 2013, 318.

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24.44

Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung

C. KÇrperschaftsteuerliche Organschaft I. Grundstzliche Problematik 24.45 Anders als die umsatzsteuerliche Organschaft endet die kÇrperschaftsteuerliche Organschaft bei Wegfall ihrer Tatbestandsvoraussetzungen grundstzlich nicht ex nunc. Vielmehr entfallen die Wirkungen der Organschaft fÅr das gesamte Wirtschaftsjahr, whrend dessen eine der Tatbestandsvoraussetzungen wegfllt. Wenn die Organschaft vor Ablauf der in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG geregelten Mindestlaufzeit endet, kÇnnen ihre Wirkungen unter Umstnden sogar mit RÅckwirkung fÅr bereits abgeschlossene Wirtschaftsjahre entfallen. Im Regelfall ist eine FortfÅhrung der Organschaft bei Insolvenz (auch) der Organgesellschaft aufgrund der Verlustausgleichsverpflichtung aus Sicht der Glubiger des Organtrgers nicht sinnvoll. Ist allein der Organtrger insolvent, so kann es jedoch zweckmßig sein, die Organschaft weiterzufÅhren, um entstehende Verluste mit etwaigen Gewinnen der Organgesellschaft zu verrechnen.

II. Auswirkungen der Insolvenz auf die Tatbestandsvoraussetzungen 1. Finanzielle Eingliederung a) Insolvenz (nur) der Organgesellschaft

24.46 Anders als im Umsatzsteuerrecht wird der Begriff der finanziellen Eingliederung fÅr Zwecke der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG legaldefiniert. Danach muss der Organtrger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht. Die materielle Insolvenz der Organgesellschaft als solche wirkt sich auf den Fortbestand der finanziellen Eingliederung nicht aus. Ob und unter welchen Voraussetzungen aber ein Insolvenz(erÇffnungs)verfahren Åber das VermÇgen der Organgesellschaft dazu fÅhren kann, dass deren finanzielle Eingliederung entfllt, ist nicht abschließend geklrt.

24.47 Rechtsprechung und Finanzverwaltung haben sich zu der Problematik bislang nicht geußert. In der Literatur ist die Frage umstritten. In den Kommentaren zum KÇrperschaftsteuerrecht wird Åberwiegend die Auffassung vertreten, die finanzielle Eingliederung entfalle mit ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen der Organgesellschaft, da der Organtrger ab diesem Zeitpunkt seine Stimmrechte nicht mehr ausÅben

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C. KÇrperschaftsteuerliche Organschaft

kÇnne.1 Diese Sichtweise ist jedoch nicht Åberzeugend. Denn die ErÇffnung des Insolvenzverfahrens ndert nichts daran, dass der Gesellschafter die mit seinen Anteilen verbundenen Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung bzw. in der Hauptversammlung des Schuldners ausÅben kann. Die Anteile oder Stimmrechte gehen nicht auf einen anderen, etwa den Insolvenzverwalter, Åber. Es kommt lediglich zu einer Verschiebung der Zustndigkeiten in allen masserelevanten Angelegenheiten hin zum Insolvenzverwalter. In allen Åbrigen Angelegenheiten behlt die Gesellschafterversammlung bzw. die Hauptversammlung ihre Zustndigkeiten.2 Da § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG seinem Wortlaut nach lediglich auf die Mehrheit der Stimmrechte abstellt und nicht verlangt, dass mit diesen Stimmrechten ein bestimmtes Mindestmaß an Einfluss auf die GeschftsfÅhrung verbunden ist, kann die ErÇffnung des Insolvenzverfahrens richtigerweise keinen Einfluss auf die finanzielle Eingliederung haben.3 Bei der Frage nach dem Einfluss des Organtrgers auf die GeschftsfÅhrung auf Ebene der Organgesellschaft handelt es nicht um eine Frage der finanziellen, sondern vielmehr um eine der organisatorischen Eingliederung; letztere ist aber seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Senkung der Steuerstze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (StSenkG) vom 23.10.20004 gerade nicht mehr Voraussetzung der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft. FÅr die hier vertretene Sichtweise spricht im brigen auch der vom Gesetzgeber mit Streichung der Åbrigen Eingliederungsvoraussetzungen verfolgte Zweck der Steuervereinfachung; schwierige Abgrenzungsfragen sollten gerade vermieden werden.5 Dieser Zweck wÅrde konterkariert, wenn einstmals (zutreffend) im Rahmen der organisatorischen Eingliederung diskutierte Abgrenzungsfragen nun auf einmal in die Auslegung des Merkmals der finanziellen Eingliederung verschoben werden, ohne dass der Gesetzeswortlaut hierfÅr irgendeinen Anhaltspunkt bÇte. Daher entfllt die finanzielle Eingliederung bei ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das VermÇgen der Organgesellschaft nicht;6 das-

1 So DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 251 (Stand: September 2012); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 675; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 780; Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 110; aA Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 297. 2 S. im Einzelnen Haas/Hossfeld in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch5, § 92 Rz. 319 ff. fÅr die GmbH und § 93 Rz. 28 ff. fÅr die AG; fÅr die Hauptversammlung in der AG: Hirte in Uhlenbruck, Insolvenzordnung13, § 11 Rz. 189 ff.; fÅr die Gesellschafterversammlung in der GmbH: OLG Karlsruhe v. 8.1.1993 – 4 W 28/92, GmbHR 1993, 101 – noch unter Geltung der KO; Haas in Baumbach/ Hueck20, § 60 GmbHG Rz. 52 f. 3 So auch Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 297; Roth, Rz. 4.306; Uhlnder in Waza/Uhlnder/Schmittmann10, 621. 4 BGBl. I 2000, 1433. 5 Vgl. dazu die BegrÅndung der Regierungsfraktionen zum Entwurf des StSenkG v. 15.2.2000, BT-Drucks. 14/2683, 121. 6 So auch Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 297; Roth, Rz. 4.306; Uhlnder in Waza/Uhlnder/Schmittmann10, 621.

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24.48

Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung

selbe gilt bei Bestellung eines vorlufigen Insolvenzverwalters sowie (erst recht) im Fall der (vorlufigen) Eigenverwaltung.

24.49 Stellt man dagegen darauf ab, ob die Stimmrechte eine umfassende Beherrschung der Organgesellschaft ermÇglichen, so muss man die finanzielle Eingliederung konsequenterweise bereits ab dem Zeitpunkt der Bestellung eines „schwachen“ vorlufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO) Åber das VermÇgen der Organgesellschaft verneinen.1 Denn gegen dessen Willen kann der Mehrheitsgesellschafter seinen Willen auf Ebene der Organgesellschaft nicht durchsetzen (Rz. 24.22). Wenn man den Wegfall der finanziellen Eingliederung in diesem Fall wie Kahlert außerdem mit der Massesicherungspflicht des vorlufigen Insolvenzverwalters begrÅndet, so muss man darÅber hinaus zu dem Ergebnis kommen, dass die finanzielle Eingliederung sogar im Fall der (vorlufigen) Eigenverwaltung entfllt, weil dann den GeschftsfÅhrer die Pflicht zur Massesicherung trifft.2 b) Insolvenz (nur) des Organtrgers

24.50 Die Insolvenz des Organtrgers und die Bestellung eines (vorlufigen) Insolvenzverwalters oder die Anordnung der (vorlufigen) Eigenverwaltung Åber dessen VermÇgen haben nach der hier vertretenen Auffassung keine Auswirkungen auf die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft. Dass nunmehr ggf. der (vorlufige) Insolvenzverwalter die Stimmrechte in der Tochtergesellschaft wahrnimmt und er – bzw. im Fall der (vorlufigen) Eigenverwaltung der GeschftsfÅhrer – zur Sicherung der Masse des Organtrgers verpflichtet ist, vermag nichts daran zu ndern, dass dem Organtrger nach wie vor die Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zustehen.3

24.51 Nach Auffassung von Teilen der Literatur soll die finanzielle Eingliederung im Fall der Insolvenz des Organtrgers jedoch deswegen entfallen, weil der Organgesellschaft gegenÅber Weisungen des Organtrgers ein 1 So im Ergebnis Kahlert, DStR 2014, 73 (74); unter Bezugnahme auf diesen ebenso DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 253 (Stand: Dezember 2014); fÅr den Fall der Bestellung eines „starken“ vorlufigen Insolvenzverwalters Frotscher, 189; ablehnend hingegen beim „schwachen“ vorlufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt vgl. Frotscher in Frotscher/ Maas, § 14 KStG Rz. 678, unter Berufung auf ein Urteil des BFH v. 1.4.2004 – V R 24/03, BStBl. II 2004, 905 = UR 2004, 352 = GmbHR 2004, 981, das zur organisatorischen Eingliederung bei der umsatzsteuerlichen Organschaft ergangen und durch die Urteile des BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, GmbHR 2013, 1167 = UR 2013, 785 m. Anm. Slapio = BFH/NV 2013, 1747 und BFH v. 3.7.2014 – V R 32/13, DB 2014, 2512 inzwischen Åberholt ist. 2 Konsequent Kahlert, DStR 2014, 73 (74 f.); sich diesem anschließend DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 253 (Stand: Dezember 2014). 3 Wie hier Frotscher, 189; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 676; s. auch noch DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 251 (Stand: September 2012).

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C. KÇrperschaftsteuerliche Organschaft

Leistungsverweigerungsrecht nach § 273 BGB zustehe.1 Dagegen spricht, dass es fÅr die finanzielle Eingliederung Åberhaupt nicht darauf ankommt, ob der Organtrger Weisungen erteilt oder erteilen kann; andernfalls wren zB Aktiengesellschaften keine tauglichen Organgesellschaften, weil der Mehrheitsaktionr selbst außerhalb der Insolvenz grundstzlich kein Weisungsrecht gegenÅber deren Vorstand hat (§ 76 Abs. 1 AktG; Ausnahmen: bestehender Beherrschungsvertrag oder Eingliederung, §§ 308, 323 AktG).2 Im brigen ist fraglich, ob es außerhalb von Beherrschungsvertrgen3 (deren Bestand fÅr die kÇrperschaftsteuerliche Organschaft – anders als fÅr die umsatzsteuerliche Organschaft – ohne Bedeutung ist) Åberhaupt einen Anwendungsbereich fÅr ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 273 BGB gibt. c) Insolvenz von Organtrger und Organgesellschaft Im Fall der Insolvenz von Organtrger und Organgesellschaft ergeben sich nach der hier vertretenen Auffassung keine Besonderheiten; die finanzielle Eingliederung besteht auch hier fort.

24.52

Nach der Gegenauffassung, die fÅr die Frage nach der finanziellen Eingliederung auf das insolvenzrechtliche Pflichtenprogramm abstellt (Rz. 24.49), soll die finanzielle Eingliederung (auch) mit ErÇffnung des vorlufigen Insolvenzverfahrens sowohl Åber das VermÇgen des Organtrgers als auch Åber das VermÇgen der Organgesellschaft enden.4

24.53

Nach einer differenzierenden Auffassung5 soll die finanzielle Eingliederung (nur) dann fortbestehen, wenn in beiden Gesellschaften derselbe Insolvenzverwalter eingesetzt wird.

24.54

2. Fortbestand des GewinnabfÅhrungsvertrags Die Auswirkungen der Insolvenz von Organtrger und/oder Organgesellschaft auf den zwischen ihnen bestehenden GewinnabfÅhrungsvertrag sind umstritten. Nach wohl Åberwiegender Auffassung wird der GewinnabfÅhrungsvertrag durch die ErÇffnung des Insolvenzverfahrens Åber das

1 Vgl. Kahlert, DStR 2014, 73 (75); unter Bezugnahme auf diesen nun ebenso DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 254 (Stand: Dezember 2014). 2 Einhellige Auffassung, s. nur BGH v. 5.5.2008 – II ZR 108/07, GmbHR 2008, 758 m. Anm. BlÇse = DStR 2008, 1448, Rz. 13; Spindler in MÅKo/AktG3, § 76 AktG Rz. 22; Koch in HÅffer11, § 76 AktG Rz. 25. 3 S. dazu Altmeppen in MÅKo/AktG3, § 302 AktG Rz. 38. 4 So Kahlert, DStR 2014, 73 (75); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 255 (Stand: Dezember 2014); differenzierend danach, ob derselbe oder unterschiedliche Insolvenzverwalter bestellt werden noch DÇtsch in DÇtsch/ Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 254 (Stand: September 2012). 5 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 676.

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24.55

Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung

VermÇgen einer der Parteien automatisch beendet;1 dies entspricht der Rechtsprechung des BGH zur ErÇffnung eines Konkursverfahrens Åber das VermÇgen einer an einem Unternehmensvertrag beteiligten Partei.2 Nach anderer Auffassung soll der GewinnabfÅhrungsvertrag grundstzlich fortbestehen.3 Nach wiederum anderer Auffassung bleibt der GewinnabfÅhrungsvertrag zwar bestehen, wird in seiner Geltung aber fÅr die Dauer des Insolvenzverfahrens suspendiert.4

24.56 Einigkeit besteht lediglich darÅber, dass der Organgesellschaft gem. (oder – im Fall der GmbH – analog) § 297 Abs. 1 Satz 2 AktG ein außerordentliches Recht zur fristlosen KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags zusteht, wenn der Organtrger insolvent ist. Nach § 297 Abs. 1 Satz 2 AktG liegt ein wichtiger Grund fÅr eine KÅndigung namentlich dann vor, wenn der andere Vertragsteil voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine auf Grund des Vertrags bestehenden Verpflichtungen zu erfÅllen. Dies ist jedenfalls nach gestelltem Insolvenzantrag anzunehmen.5 Sind darÅber hinaus bereits im Vorfeld des Insolvenzverfahrens konkrete Anhaltspunkte zu erkennen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit eine dauernde Leistungsunfhigkeit erwarten lassen, kann die KÅndigung bereits zu diesem frÅheren Zeitpunkt erklrt werden (siehe auch Rz. 24.63).6 Ob auch umgekehrt im Fall der Insolvenz der Organgesellschaft dem Organtrger ein solches KÅndigungsrecht zusteht, ist dagegen umstritten.7

24.57 Dass das Insolvenzverfahren nicht automatisch auf die Liquidation des SchuldnervermÇgens gerichtet ist, sondern stattdessen auch die Sanierung Ziel des Insolvenzverfahrens sein kann (§§ 1 Satz 1, 157 Satz 1 InsO),8 spricht nach der hier vertretenen Auffassung entscheidend dafÅr, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag auch im Fall der Insolvenz einer oder beider Parteien grundstzlich bestehen bleibt, der jeweils anderen Vertragspartei im Fall der Insolvenz jedoch stets ein außerordentliches Recht zur KÅndigung zusteht.

1 So zB Altmeppen in MÅKo/AktG3, § 297 AktG Rz. 103, 116 ff.; Deilmann in HÇlters2, § 297 AktG Rz. 40; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 52b; Koch in HÅffer11, § 297 AktG Rz. 22a; Kolbe in HHR, § 14 KStG, Anm. 216; DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 223 (Stand: Dezember 2014). 2 Vgl. dazu BGH v. 14.12.1987 – II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 = GmbHR 1988, 174. 3 So etwa Koppensteiner in KÇlner Kommentar3, § 297 AktG Rz. 47 f.; MÅlbert in Großkomm4, § 297 AktG Rz. 134; Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 296 f.; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 780. 4 Vgl. zB K. Schmidt, Gesellschaftsrecht4, 957 f.; fÅr den Fall der Eigenverwaltung auch Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 52b. 5 Deilmann in HÇlters2, § 297 AktG Rz. 13. 6 Deilmann in HÇlters2, § 297 AktG Rz. 13; Emmerich in Emmerich/Habersack7, § 297 AktG Rz. 21; Langenbucher in Schmidt/Lutter2, § 297 AktG Rz. 4. 7 DafÅr zB Koppensteiner in KÇlner Kommentar3, § 297 AktG Rz. 48; Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 296; dagegen Fichtelmann, GmbHR 2010, 576 (581). 8 S. dazu zB Kirchhof in Kreft7, § 1 InsO Rz. 3.

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C. KÇrperschaftsteuerliche Organschaft

3. Tatschliche DurchfÅhrung Der „schwache“ vorlufige Insolvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO) ist (ebenso wie der „starke“ vorlufige Insolvenzverwalter) zur Sicherung der Masse verpflichtet.1 Daher darf er seine Zustimmung grundstzlich nicht zur Begleichung solcher Verbindlichkeiten erteilen, die im Insolvenzverfahren nach § 38 InsO Insolvenzforderungen darstellen wÅrden.2 Dies gilt auch fÅr Verbindlichkeiten aus einem GewinnabfÅhrungsvertrag (dh. GewinnabfÅhrungs- oder Verlustausgleichsverbindlichkeiten). Die jeweils andere Partei des GewinnabfÅhrungsvertrags ist vielmehr darauf verwiesen, ihre Forderungen insoweit zur Tabelle anzumelden. Die Frage ist, ob dies dazu fÅhrt, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag nicht mehr als i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG tatschlich durchgefÅhrt anzusehen ist.

24.58

Unter welchen Voraussetzungen allgemein von einer tatschlichen DurchfÅhrung auszugehen ist, ist nicht abschließend geklrt. Nach einer Auffassung, der in der Praxis wohl auch die Finanzverwaltung folgt, gilt ein GewinnabfÅhrungsvertrag nur dann als tatschlich durchgefÅhrt, wenn die vertraglichen Verpflichtungen innerhalb angemessener Zeit beglichen werden.3 Nach anderer Auffassung ist der GewinnabfÅhrungsvertrag auch dann tatschlich durchgefÅhrt worden, wenn die Forderungen und Verbindlichkeiten erst bei Beendigung des Vertrags ausgeglichen werden.4 Nach beiden Auffassungen ist jedoch grundstzlich der effektive Ausgleich der Forderungen und Verbindlichkeiten Voraussetzung der tatschlichen DurchfÅhrung. Das leuchtet aber nur dann ein, wenn der effektive Ausgleich rechtlich mÇglich ist und die Parteien sich – in Abweichung von dem, was der GewinnabfÅhrungsvertrag vorsieht – auf ein anderes Prozedere verstndigen. Es ist jedoch fraglich, ob das auch dann gelten kann, wenn die Parteien nicht willentlich von dem Vertrag abweichen, sondern weil zwingende Vorschriften des Insolvenzrechts vorsehen, dass Forderungen nur noch Åber die Anmeldung zur Tabelle geltend gemacht werden kÇnnen. Nach der hier vertretenen Auffassung kann das Steuerrecht von den Parteien nur das verlangen, was ihnen insolvenzrechtlich mÇglich ist. Die Anmeldung zur Tabelle tritt danach an die Stelle des effektiven Ausgleichs durch Zahlung, so dass die Insolvenz der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags nicht entgegensteht.

24.59

1 2 3 4

BGH v. 4.11.2004 – IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49. Kahlert, DStR 2014, 73 (74). Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 321; Suchanek/Herbst, FR 2005, 665 (666). DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 210 (Stand: April 2015); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 450; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 651.

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Kapitel 24 Organschaft bei Insolvenz und Sanierung

4. Fazit

24.60 Nach der hier vertretenen Auffassung endet die kÇrperschaftsteuerliche Organschaft aufgrund der Insolvenz einer Vertragspartei oder der ErÇffnung eines Insolvenzverfahrens nicht automatisch. Die finanzielle Eingliederung und der GewinnabfÅhrungsvertrag bleiben vielmehr auch nach ErÇffnung des Insolvenzverfahrens bestehen. Auch ist weiterhin von einer tatschlichen DurchfÅhrung des Vertrags auszugehen. Den Parteien steht jedoch das Recht zur KÅndigung aus wichtigem Grund nach § 297 Abs. 1 Satz 2 AktG (analog) zu. Das hat zur Folge, dass – zB im Fall der Bestellung eines personenidentischen (vorlufigen) Insolvenzverwalters fÅr die VermÇgen von Organgesellschaft und Organtrger oder im Fall der (vorlufigen) Eigenverwaltung – die MÇglichkeit besteht, die Organschaft aufrechtzuerhalten, wenn dies im Interesse der Glubiger sowohl des Organtrgers als auch der Organgesellschaft liegt.

III. Folgen des Fortbestands bzw. der Beendigung 24.61 Endet die Organschaft durch KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags aus wichtigem Grund, so ist es unschdlich, wenn zu diesem Zeitpunkt die fÅnfjhrige Mindestlaufzeit noch nicht abgelaufen ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG); die unterjhrige KÅndigung fÅhrt zur Beendigung der Organschaft mit RÅckwirkung auf den Beginn des laufenden Wirtschaftsjahrs (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG).

24.62 Endet die Organschaft aus einem anderen Grund als durch KÅndigung vor Ablauf der fÅnfjhrigen Mindestlaufzeit des GewinnabfÅhrungsvertrags – zB weil entsprechend den anderen in der Literatur geußerten Ansichten der GewinnabfÅhrungsvertrag automatisch endet, er nicht mehr tatschlich durchgefÅhrt wird oder sogar die finanzielle Eingliederung entfllt –, stellt sich die Frage, ob die Organschaft fÅr die vorangegangenen Wirtschaftsjahre anerkannt werden kann. Nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 KStG ist nmlich nur die vorzeitige KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrags aus wichtigem Grund unschdlich; andere Flle der vorzeitigen Beendigung der Organschaft sind von ihm jedoch nicht umfasst. Zwar erkennt die Finanzverwaltung auch die vorzeitige einvernehmliche Vertragsaufhebung als unschdlich an, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.1 Keine solche Aussage der Finanzverwaltung gibt es dagegen fÅr die (automatische) Vertragsbeendigung von Gesetzes wegen. Es entspricht jedoch zu Recht der wohl Åberwiegenden Auffassung in der Literatur, dass auch in diesem Fall die Organschaft fÅr die vorangegangenen Wirtschaftsjahre anzuerkennen ist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.2 Ein unterjhriger Wegfall der finanziellen Eingliederung kann nach zutreffender Ansicht von vorneherein nicht zu einem Scheitern der Organschaft 1 S. Abschn. 60 Abs. 6 Satz 1 KStR. 2 Vgl. Olbing in Streck, KStG8, § 14 Rz. 106; Sterner in HHR, § 14 KStG, Anm. 212; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 782.

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in den Vorjahren fÅhren, da das Gesetz eine Mindestlaufzeit nur fÅr den GewinnabfÅhrungsvertrag, nicht aber fÅr die finanzielle Eingliederung vorschreibt.1 Aber selbst wenn man mit der Gegenauffassung auch fÅr die finanzielle Eingliederung eine fÅnfjhrige Mindestlaufzeit verlangen wÅrde, mÅsste man wohl konsequenterweise bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die vorzeitige Beendigung als fÅr die Vorjahre unschdlich behandeln,2 so dass die Streitfrage fÅr den Insolvenzfall letztlich dahinstehen kann. Aufgrund der dargestellten Unsicherheiten kann jedoch auch in diesen Fllen eine vorsorgliche KÅndigung aus wichtigem Grund sinnvoll sein.3 Dabei ist darauf zu achten, dass die KÅndigung wirksam wird, bevor eine andere Organschaftsvoraussetzung entfllt. Die KÅndigung ist auch vor Stellung des Insolvenzvertrags mÇglich, wenn konkrete Umstnde mit einiger Wahrscheinlichkeit eine dauernde Leistungsunfhigkeit erwarten lassen (siehe dazu Rz. 24.56). Sie kann fristlos erfolgen, ist allerdings zum Handelsregister anzumelden, vgl. § 298 AktG, wobei die Eintragung nur deklaratorische Bedeutung hat.4 KÅndigen sollte allerdings nur die nicht von der Insolvenz bedrohte Partei, da andernfalls die Gefahr einer Anfechtung nach §§ 129 ff. InsO besteht. Um darÅber hinaus sicherzustellen, dass die KÅndigung von Seiten der Finanzverwaltung fÅr steuerliche Zwecke akzeptiert und nicht etwa von einer schdlichen Beendigung oder tatschlichen NichtdurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags ausgegangen wird, ist zudem zur vorigen Abstimmung der KÅndigung mit dem Finanzamt zu raten.

1 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 14 Rz. 493; DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 233 (Stand: Dezember 2014); Scheifele/Marx, DStR 2014, 1793 (1795); Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738 (739); aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 277; Lange, GmbHR 2011, 806 (808); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 637, nach denen die Organschaft in diesem Fall von Beginn an nicht anzuerkennen ist. 2 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 277a; Lange, GmbHR 2011, 806 (808 f.); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 637. 3 So bereits Lange, GmbHR 2011, 807 (808). 4 Paschos in Henssler/Strohn2, § 298 AktG Rz. 5.

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3. Teil Internationale Sonderfragen der Organschaft Kapitel 25 Grundlagen internationaler Organschaft Literatur Czakert, Der Stand der Arbeiten an einer gemeinsamen konsolidierten KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrund-lage in der Europischen Union, IStR 2006, 561; Danelsing, Reform, der inlndischen Organschaftsbesteuerung – die Çsterreichische Gruppenbesteuerung als mÇgliches Modell, DStR 2005, 1342; Endres, Gesetzgeberischer berarbeitungsbedarf bei der Organschaft: eine Bestandsaufnahme, FS Herzig, 2010, S. 189; Esterer/Barelt, Modernes Gruppenbesteuerungssystem fÅr Deutschland, BB Special 1.2010 zu Heft 5, 2; FÇrster/Krauß, Der Richtlinienvorschlage der Europischen Kommission zur Gemeinsamen konsolidierten KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) vom 16.3.2011, IStR 2011, 607; Frotscher, GrenzÅberschreitende Organschaft – wo stehen wir?, IStR 2011, 697; Goebel/ KÅntscher, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen auf dem europarechtlichen PrÅfstand – Ein Beitrag anlsslich der UrteilsverkÅndung im Fall Scheuten Solar Technology, IStR 2011, 630; Gosch, ber Cross Border-Organschaften, IWB 2012, 694; GÅnkel/Wagner, Ertragsteuerliche Organschaft bei Wegfall des GewinnabfÅhrungsvertrags – berlegungen zu einer neuen Gruppenbesteuerung, Ubg 2010, 603; Herzig/Wagner, EuGH-Urteil „Marks & Spencer“ – Begrenzter Zwang zur ffnung nationaler Gruppenbesteuerungssysteme fÅr grenzÅberschreitende Sachverhalte, DStR 2006, 1 Homburg, AWD – ein deutscher Anwendungsfall fÅr Marks & Spencer, IStR 2009, 350; IFSt, EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung, IFSt-Schrift Nr. 471 (2011); Ismer, Gruppenbesteuerung statt Organschaft im Ertragsteuerrecht?, DStR 2012, 821; Kußmaul/Nieren/Pfeifer, CCCTB-Illusion oder Wirklichkeit? Ein internationales Modell ruft (inter)nationale Reaktionen hervor, StuW 2010, 177; Mayr, Moderne Gruppenbesteuerung fÅr Deutschland? – zehn Vorschlge aus den Praxiserfahrungen sterreichs, IStR 2010, 633; Mayr, Moderne Konzernbesteuerung im Lichte der EuGH-Rechtsprechung, BB 2008, 1312; Pache/Englert, GrenzÅberschreitende Verlustverrechnung deutscher Konzernspitzen – Ist die Organschaft noch zu retten?, IStR 2007, 47; Rautenstrauch, Die gemeinsame konsolidierte KSt-Bemessungsgrundlage (GKKB) als Vorbild fÅr ein eigenstndiges Bilanzsteuerrecht in Deutschland?, FR 2009, 114; RÇdder/SchÇnfeld, Abschied (auslandsbeherrschter) inlndischer Kapitalgesellschaften von der deutschen Ertragsteuerpflicht? Erste Anmerkungen zum Åberraschenden Urteil des BFH v. 9.2.2011 (I R 54, 55/10, DStR 2011, 762), DStR 2011, 886; Scheffler/Krebs, Richtlinienvorschlag zur CCCTB: Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage im Vergleich mit der Steuerbilanz nach EStG, DStR-Beih 2011, 13; Rublack, BerÅcksichtigung finaler Auslandsverluste – Ein Vorschlag zur Umsetzung der unionsrechtlichen Anforderungen im deutschen Steuerrecht, IFSt-Schrift Nr. 472 (2011); SchÇnfeld, Praxisfragen der grenzÅberschreitenden Organschaft – dargestellt anhand von Fallbeispielen, IStR 2012, 368; Schmidt/Heinz, Gruppenbesteuerung im internationalen Vergleich, Stbg 2006, 60; Schnitger/Berliner, Die Anwendung der deutschen Organschaft bei grenzÅberschreitenden Sachverhalten, IStR 2011, 753; Spengel/Oestreicher, Gemeinsame (konsolidierte) KÇrperschaftsteuerbemessungsgrundlage in der EU und

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Kapitel 25 Grundlagen internationaler Organschaft Umsetzungsfragen, DStR 2009, 773; Staringer, Kann die Gruppenbesteuerung wieder abgeschafft werden?, StZ 2006, 493; Sven-Christian Witt, GrenzÅberschreitende Organschaft – Neue Entwicklung der Rechtsprechung, Ubg 2010, 737; Sydow, Gruppenbesteuerung: steuerliche Einheit zwischen Tochtergesellschaften – EuGHEntscheidung in den verb. Rs. C-39-41/13 „SCA Group Holding BV“, IStR 2014, 480; Walter, Organschaft zwischen Schwestergesellschaften de lege lata, GmbHR 2015, 182.

A. Bedeutung von Organschaften im grenzÅberschreitenden Kontext 25.1 Im nationalen Steuerrecht trgt das Institut der Organschaft Konzernsachverhalten Rechnung.1 Gesellschaften sind zwar eigenstndige Rechts- und Steuersubjekte, sind sie jedoch in einem Konzern verbunden, entspricht eine isolierte Besteuerung nicht mehr der wirtschaftlichen Konsolidierung, wie sie fÅr Zwecke der Bilanzierung und auch im Hinblick auf die Regeln des Konzernrechts besteht. Der nationale Gesetzgeber regelt diese Flle nicht mit einer Gruppen- oder Konzernbesteuerung, sondern steuerartenspezifisch mittels des Instituts der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft (§§ 14–19 KStG), der gewerbesteuerlichen Organschaft (§ 2 Abs. 2 S. 2 GewStG) und der umsatzsteuerlichen Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG).2 Konzerne sind heute regelmßig grenzÅberschreitend ttig. Mithin stellt sich in grenzÅberschreitenden Konzernsachverhalten die Frage, wie auch hier eine steuerliche Konsolidierung erreicht werden kann. Das nationale Recht der Organschaft trgt grenzÅberschreitenden Sachverhalten zumindest partiell Rechnung.3 – Die Organgesellschaft muss ihre Geschftsleitung im Inland haben, der Sitz muss sich in einem Mitgliedstaat der Europischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens befinden (§ 14 Abs. 1 S. 1 KStG nF). – Der Organtrger kann eine auslndische Gesellschaft (auch in einem Drittstaat) sein, die Beteiligung an der Organgesellschaft muss jedoch einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zuzuordnen sein, (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4, 7 KStG). 1 Herzig in Herzig, Organschaft, 2003, S. 3. 2 Hierbei unterscheiden sich die Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft, welche die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft voraussetzt, von denen der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft, die neben weiteren Voraussetzungen nur noch die finanzielle Eingliederung verlangt. Die gewerbesteuerliche Organschaft orientiert sich an der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft (§ 2 Abs. 2 S. 2 GewStG). AusfÅhrlich hierzu Rz. 1.2 ff. 3 Zu den internationalen BezÅgen der Organschaft vgl. auch Rz. 1.48 f.

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A. Bedeutung von Organschaften im grenzÅberschreitenden Kontext

Im Ergebnis ist die Organschaft wegen des Inlandsbezugs der Betriebssttte jedoch weiterhin national begrenzt, so dass insbesondere erhebliche europarechtliche Bedenken bestehen (vgl. hierzu Kapitel 27). Ferner bleibt das Erfordernis des EAV gem. § 14 Abs. 1 S. 1 KStG bestehen, was ein zustzliches Hemmnis fÅr die grenzÅberschreitende Organschaft bedeutet, da insoweit unklar ist, ob eine inlndische Kapitalgesellschaft Åberhaupt einen EAV mit einem auslndischen Organtrger oder einer auslndischen Organgesellschaft abschließen kann (hierzu Kapitel 26). Der restriktiven Haltung des Gesetzgebers liegt im Wesentlichen die Sicherstellung des inlndischen Steuersubstrats zugrunde. WÅrden im Rahmen der grenzÅberschreitenden Organschaft EinkÅnfte der Organgesellschaft dem auslndischen Organtrger zugerechnet, bestÅnde nach Meinung der Finanzverwaltung die Gefahr der inlndischen Nichtbesteuerung.1 In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG in problematischer Weise verschrft (vgl. hierzu Kapitel 28), hierdurch soll die doppelte Verlustnutzung vermieden werden, jedoch sind in der konkreten Ausgestaltung erhebliche Rechtsanwendungsprobleme kreiert worden. Beispiel: Die A-AG ist alleiniger Anteilseigner der A-GmbH und der B-GmbH. Im VZ 01 hat die A-GmbH einen Gewinn von 50, die B-GmbH einen Verlust von 50. Wirtschaftlich betrachtet hat die A-AG ein Interesse, den Gewinn der A-GmbH ohne weitere Beschrnkungen mit dem Verlust der B-GmbH zu verrechnen. Dies ermÇglicht § 14 Abs. 1 S. 1 KStG – sofern die weiteren Voraussetzungen der Organschaft erfÅllt sind – indem das Einkommen der Organgesellschaft dem Organtrger zugerechnet wird. Die A-AG ist alleinige Anteilseignerin der in den Niederlanden ansssigen N-B.V. und der inlndischen B-GmbH. Die N-B.V. erwirtschaftet im VZ 01 einen Gewinn von 50, die B-GmbH einen Verlust von 50. Die wirtschaftlichen Interessen der A-AG sind unzweifelhaft wie im obigen Beispiel, nur liegt diesmal ein grenzÅberschreitender Sachverhalt vor. § 14 Abs. 1 S. 1 KStG setzt eine inlndische Geschftsleitung der Organgesellschaft voraus, mithin kann die N-B.V. nicht in die kÇrperschaftsteuerliche Organschaft einbezogen werden.

Rechtsvergleichend ist festzustellen, dass insbesondere europische Lnder ihre Rechtsordnung auf Verbundbesteuerungssysteme angepasst haben, was im Wesentlichen im Zusammenhang mit den EU-Vertrgen sowie der darauf beruhenden EuGH-Rechtsprechung zu erklren ist. Hierbei erkennt der EuGH in steter Rechtsprechung zwar die Zustndigkeit der Mitgliedstaaten im Bereich direkter Steuern an, jedoch mÅssen diese ihre Kompetenz unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausÅben und des1 Hierzu das Urteil des BFH zur gewerbesteuerlichen Organschaft, BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106 = FR 2011, 584 m. Anm. Buciek und Nichtanwendungserlass des BMF v. 27.12.2011 – IV C 2 - S 2770/11/10002 – DOK 2011/0965132, BStBl. I 2012, 119 = FR 2012, 95. Vor dem Hintergrund des Urteils GestaltungsÅberlegungen zu „weißen EinkÅnften“ bei RÇdder/SchÇnfeld, DStR 2011, 886, 888.

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25.2

Kapitel 25 Grundlagen internationaler Organschaft

halb jede offene oder verdeckte Diskriminierung unterlassen.1 Die Gruppen- oder Konzernbesteuerung wird demnach durch die Grundfreiheiten, insbesondere die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 ff. AEUV) sowie subsidir die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 ff. AEUV) und auch das DBA Diskriminierungsverbot in Art. 24 OECD-MA beeinflusst. Eine grenzÅberschreitende Verlustverrechnung in organschaftshnlichen Strukturen ist bislang in Dnemark, Italien,2 sterreich3 und restriktiv in Frankreich4 zugelassen.5 Eine vollstndige grenzÅberschreitende Ergebnisverrechnung sehen Dnemark, Frankreich und Italien unter Anrechnung der im Ausland gezahlten Steuern vor. Die Çsterreichische Gruppenbesteuerung erlaubt zumindest teilweise die grenzÅberschreitende Einbeziehung der Verluste auslndischer Tochtergesellschaften in die Besteuerung der Muttergesellschaft.6 Insoweit dabei die Verluste im laufenden Jahr nicht berÅcksichtigt werden kÇnnen, sind sie in folgenden Jahren als vortragsfhige Verluste des Gruppentrgers abzuziehen. Voraussetzung hierfÅr ist die finanzielle Eingliederung (Stimm- und Kapitalmehrheit von mehr als 50 % des Unternehmens) an der Gruppenspitze, der Abschluss eines Gruppenvertrags mit mindestens dreijhriger Laufzeit sowie der Gruppenantrag, welcher den EAV ersetzt.7 Der Verlustabzug wird im Falle spterer Gewinne der Tochtergesellschaft zur Vermeidung doppelter Verlustnutzung nachversteuert. Gewinne der auslndischen Tochtergesellschaft berÅcksichtigt die Çsterreichische Gruppenbesteuerung wegen der mÇglichen Doppelbesteuerung nicht.

1 Vgl. EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, S. I-10837 = FR 2006, 177 = IStR 2006, 19. 2 Zur italienischen Gruppenbesteuerung Schneider, IStR 2007, 457. 3 Zur Çsterreichischen Gruppenbesteuerung s. Kessler/Daller, IStR 2006, 289; Mayr, IStR 2010, 633 sowie zu Erwgungen dazu aus deutscher Sicht Prinz, GmbHR 2005, 917. 4 Zum franzÇsischen System der intgration fiscale vgl. Hahn, IStR 2009, 198 im Zusammenhang mit der Erluterung der EuGH-Entscheidung in der Rs. Papillon, EuGH v. 27.11.2008 – Rs. C-418/07 – Papillon, IStR 2009, 66. 5 Zur Gruppenbesteuerung im internationalen Vergleich s. Schmidt/Heinz, Stbg 2006, 60 ff. sowie Esterer/Barelt, BB Special 1.2010 zu Heft 5, 2. 6 Bei nicht in sterreich unbeschrnkt steuerpflichtigen auslndischen Gruppenmitgliedern sind Verluste aus Einkunftsquellen des jeweiligen Wirtschaftsjahres, hÇchstens jedoch die nach auslndischem Steuerrecht ermittelten Verluste des betreffenden Wirtschaftsjahres dem unmittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw. Gruppentrger im Ausmaß der Beteiligungen aller beteiligter Gruppenmitglieder einschließlich eines beteiligten Gruppentrgers zuzurechnen. Zuzurechnende Verluste kÇnnen nur im Ausmaß von 75 % der Summe der eigenen Einkommen smtlicher unbeschrnkt steuerpflichtiger Gruppenmitglieder sowie des Gruppentrgers berÅcksichtigt werden, vgl. § 9 Abs. 6 Ziff. 6 ÇKStG. 7 AusfÅhrlich zur Çsterreichischen Gruppenbesteuerung Danelsing, DStR 2005, 1342; Staringer, StZ 2006, 493; Mayr, IStR 2010, 633. Nachdem sterreich den EAV durch den Gruppenantrag ersetzt hat, ist Deutschland das einzige Land, welches an einem EAV als Voraussetzung der Organschaft festhlt.

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A. Bedeutung von Organschaften im grenzÅberschreitenden Kontext

Die EinfÅhrung eines – der wirtschaftlichen Konsolidierung entsprechendes – modernen Gruppen- oder Konzernbesteuerungssystems welches eine grenzÅberschreitende Ergebniskonsolidierung zulsst, steht (vermeintlich) im Spannungsverhltnis zur gesetzgeberischen Intention der Sicherstellung des inlndischen Steuersubstrats. Aus diesem Grund bleibt auch die „Kleine Organschaftsreform“1 hinter den Erwartungen zurÅck. Ungeachtet dessen wurden und werden Konzepte der Gruppenbesteuerung weiterhin diskutiert.2 Insbesondere die IFSt-Arbeitsgruppe legte 2011 einen Reformvorschlag zur EinfÅhrung einer modernen Gruppenbesteuerung vor, welcher auch die MÇglichkeiten einer grenzÅberschreitenden Gruppenbesteuerung behandelt.3 Hierin wird ua. diskutiert: – Abschaffung des EAV; im Rahmen der durch die finanzielle Eingliederung sichergestellten wirtschaftlichen Einheit des Konzerns fÅhren Verluste der Gruppengesellschaften zu einer wirtschaftlichen Belastung beim Gruppentrger – Gruppentrger kann sein, wer Geschftsleitung oder Sitz im Inland hat; bei doppeltansssigen Gesellschaften mit Geschftsleitung im Ausland muss die Beteiligung an der Gruppengesellschaft zu einer inlndischen Betriebssttte gehÇren – Gesetzliche Fiktion der Einkommenszurechnung zur inlndischen Betriebssttte des Gruppentrgers in Fllen, in denen aus GrÅnden des DBA-Diskriminierungsverbots, aus europarechtlichen oder aus anderen GrÅnden eine anderweitige Einkommenszurechnung erfolgt – Gruppengesellschaft kann sein, wer die Geschftsleitung im Inland hat. EU/EWR-Gesellschaften mit Sitz im Inland, kÇnnen mit inlndischen Betriebssttten in die Gruppenbesteuerung einbezogen werden – Unter dem Vorbehalt des Vorliegens der Voraussetzungen der Gruppenbesteuerung sollen „finale“ Verluste von in EU/EWR-ansssigen Auslandsgesellschaften berÅcksichtigt werden – Eine darÅber hinausgehende echte grenzÅberschreitende Gruppenbesteuerung ist nicht vorgesehen. Der Gesetzgeber wird wohl auch nach der „Kleinen Organschaftsreform“ von einer grundlegenden Reform der steuerlichen Organschaft absehen. (Punktuelle) Auswirkungen kÇnnten sich jedoch aus der mÇglichen Unionsrechtswidrigkeit der derzeitigen Rechtslage (insbesondere im Hinblick auf die Nicht-Einbeziehung von inlndischen Betriebssttten auslndischer EU-Gesellschaften) ergeben, wobei diese bislang noch nicht Verfahrensgegenstand des EuGH war.

1 Durch Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. 2 Beispielhaft Endres in FS Herzig, 2010, S. 189; Pache/Englert, IStR 2007, 47; Mayr, IStR 2010, 633;GÅnkel/Wagner, Ubg 2010, 603; Ismer, DStR 2012, 821. 3 IFSt-Schrift Nr. 471 (2011), S. 69 ff.

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25.3

Kapitel 25 Grundlagen internationaler Organschaft

So ist etwa das Verlustabzugsverbot einer auslndischen Tochtergesellschaft bei der inlndischen Muttergesellschaft wie im obigen Fall nach dem EuGH-Urteil in der Rs. Marks & Spencer1 unionsrechtswidrig, soweit die Verluste der auslndischen Tochtergesellschaft „final“ sind.2 Nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG ist eine Organschaft mit einer auslndischen Tochtergesellschaft nicht mÇglich, so dass mit Blick auf das unionsrechtliche Gebot der BerÅcksichtigung „finaler Verluste“ der (auslndischen) Tochtergesellschaft bei der (inlndischen) Muttergesellschaft die Unionsrechtskonformitt der Regelung hÇchst fraglich ist.3 Offen ist des Weiteren, ob eine BerÅcksichtigung „finaler Verluste“ auch im Organschaftsfall dann einen GewinnabfÅhrungsvertrag oder eine vergleichbare schuldrechtliche Vereinbarung voraussetzt.4 Ein weiterer Reformvorstoß geht von der Europischen Kommission aus, welche eine EU-weite Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung anstrebt.5 Auf Grundlage der Common Consolidated Tax Base (CCTB) bzw. der nachfolgenden Common Consolidated Corporate Tax Base (CCCTB) sollen Unternehmensteile, die in der EU belegen sind, nach einheitlichen Gewinnermittlungsvorschriften eine gemeinsame Bemessungsgrundlage errechnen. Der so innerhalb der EU erzielte Gesamtgewinn wird durch einen SchlÅssel auf die EU-Staaten aufgeteilt, in denen das Unternehmen seine Geschftsleitung oder eine Betriebssttte bzw. Tochtergesellschaft hat. Jeder Mitgliedstaat kann den auf ihn entfallenden Anteil an der Bemessungsgrundlage mit dem von ihm festgesetzten Steuersatz besteuern.6

1 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, S. I-10837 = FR 2006, 177 = IStR 2006, 19. 2 Zur „Finalitt“ s. Rz. 25.4. Wenngleich der EuGH entgegen dem Vorbringen der Generalanwlte in mehreren Schlussantrgen an der Marks & Spencer-Ausnahme grundstzlich festhlt (vgl. EuGH v. 3.2.2015 – Rs. C-172/13, IStR 2015, 137 mit Anm. Benecke = ISR 2015, 139 m. Anm. MÅller), ist derzeit noch ungeklrt, ob der EuGH finale Verluste einer auslndischen Tochtergesellschaft auch bei der Muttergesellschaft zum Abzug zulassen wÅrde. 3 Vgl. zB Herzig/Wagner, DStR 2006, 1 (10); Pache/Englert, IStR 2007, 47; SvenChristian Witt, Ubg 2010, 737 (740 ff.); Rublack, IFSt-Schrift Nr. 472 (2011); SchÇnfeld, IStR, 2012, 368 (369). 4 S. SchÇnfeld, IStR 2012, 368 (369 f.). 5 Europische Kommission, v. 16.3.2011, KOM (2011)121/4. 6 Siehe Scheffler/Krebs, DStR-Beih 2011, 13; FÇrster/Krauß, IStR 2011, 607; Kußmaul/Nieren/Pfeifer, StuW 2010, 177; Rautenstrauch, FR 2009, 114; Spengel/ Oestreicher, DStR 2009, 773; Czakert, IStR 2006, 561.

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B. Entwicklung in Rechtsprechung und Gesetzgebung

B. Entwicklung in Rechtsprechung und Gesetzgebung I. Entwicklung in der Rechtsprechung 1. Rechtsprechung des EuGH zur grenzÅberschreitenden Gruppen- bzw. Konzernbesteuerung Urteil des EuGH in der Rs. C-446/03 (Marks & Spencer):1 In seiner Marks & Spencer-Entscheidung befasste sich der EuGH erstmals mit der grenzÅberschreitenden Gruppenbesteuerung. Eine in Großbritannien ansssige Muttergesellschaft verlangte den Abzug der Verluste der in Belgien, Frankreich und Deutschland ansssigen Tochtergesellschaften. Nach anwendbarem Recht war die UK group relief auf inlndische KÇrperschaften beschrnkt. Der EuGH sah hierin zwar einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit, dieser sei jedoch aus GrÅnden der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten, der Vermeidung einer Steuerfluchtgefahr sowie zur Verhinderung doppelter Verlustnutzung gerechtfertigt. Eine Ausnahme sei dann erforderlich, soweit es sich um „finale“ Verluste handelt. Unklar blieb zunchst, was genau unter „finalen“ Verlusten zu verstehen sei. Der BFH erkennt mittlerweile in stetiger Rechtsprechung eine derartige „Finalitt“ bei auslndischen Betriebssttten an, „wenn die Verluste im Quellenstaat aus tatschlichen GrÅnden nicht mehr berÅcksichtigt werden kÇnnen oder ihr Abzug in jenem Staat zwar theoretisch noch mÇglich, aus tatschlichen GrÅnden aber so gut wie ausgeschlossen ist und ein wider Erwarten dennoch erfolgter spterer Abzug im Inland verfahrensrechtlich noch rÅckwirkend nachvollzogen werden kÇnnte.“2 Dies sollte auch fÅr den Fall der grenzÅberschreitenden Organschaft gelten.3 In der Rs. C-414/06 Lidl Belgium4 hat der EuGH seine Rechtsprechung aus dem Marks & Spencer-Urteil auf auslndische Betriebssttten Åbertragen. Nach der Symmetriethese sind Verluste auslndischer Betriebssttten im Inland grundstzlich nicht abzugsfhig, sofern die korrespondierenden Gewinne von der inlndischen Besteuerung ausgenommen werden; hinsichtlich finaler Verluste ist jedoch eine Ausnahme erforderlich. 1 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, S. I-10837 = FR 2006, 177; vgl. hierzu zuletzt EuGH v. 3.2.2015 – Rs. C-172/13 – Europische Kommission/Vereinigtes KÇnigreich und Nordirland, unterstÅtzt durch Bundesrepublik Deutschland, KÇnigreich Spanien, KÇnigreich der Niederlande, Republik Finnland, IStR 2015, 137 m. Anm. von Benecke/Staats = ISR 2015, 139 m. Anm. MÅller. 2 BFH v. 5.2.2014 – I R 48/11, FR 2014, 714 = DStR 2014, 837; v. 9.6.2010 – I R 107/09, FR 2010, 896 m. Anm. Buciek = DStR 2010, 1611. 3 Sven-Christian Witt, Ubg 2010, 737 (744). 4 EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, FR 2008, 831 = IStR 2008, 400.

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25.4

Kapitel 25 Grundlagen internationaler Organschaft

Die EntscheidungsgrÅnde in der Rs. C-414/06 Lidl Belgium haben durch die Rs. C-157/07 KR Wannsee1 eine Einschrnkung dahingehend erfahren, dass eine nationale Regelung nicht die Niederlassungsfreiheit beschrnkt, wenn Verluste einer Betriebssttte bei der Festsetzung der Steuer des Stammhauses berÅcksichtigt werden kÇnnen, bei Gewinnen der Betriebssttte spter aber steuerlich wieder hinzugerechnet werden mÅssen, wenn der Betriebsstttenstaat keinen Vortrag von Verlusten einer Betriebssttte zulsst. Der Nachteil der fehlenden VerlustvortragsmÇglichkeit im Betriebsstttenstaat wirkt folglich nicht zu Lasten des Ansssigkeitsstaats des Stammhauses. In der Literatur ist man sich weitgehend einig, dass das Marks & SpencerUrteil grundstzlich zur Unionsrechtswidrigkeit der Organschaftsregelung in § 14 Abs. 1 S. 1 KStG fÅhrt, da nach geltendem Recht finale Verluste einer auslndischen Tochtergesellschaft bei der Muttergesellschaft nicht berÅcksichtigt werden kÇnnen.2 Somit besteht hinsichtlich der Abzugsfhigkeit finaler Verluste auslndischer Tochtergesellschaften bei inlndischen Muttergesellschaften die Frage, ob die derzeitige Regelung der Organschaft einer Anpassung an das Unionsrecht bedarf. Kernfrage ist dabei vor allem, ob mit der auslndischen Konzerngesellschaft der Abschluss eines EAV vorausgesetzt wird oder nicht.3

25.5 Urteil des EuGH in der Rs. C-231/05 (Oy AA):4 Der EuGH hatte Åber die finnische Gruppenbesteuerung zu befinden, nach der ein Konzernbeitrag beim Zahlenden als Betriebsausgabe und beim Empfnger als Betriebseinnahme zu behandeln ist. Im streitigen Sachverhalt leistete eine finnische Tochtergesellschaft fÅr Zwecke des Verlustausgleichs bei der in Großbritannien ansssigen Muttergesellschaft einen Konzernbeitrag an diese. Aufgrund der Ansssigkeit der Muttergesellschaft im Ausland wurde dieser nicht anerkannt. Der EuGH stellte zwar eine Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit fest, sah diese im Ergebnis aber aus GrÅnden der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten sowie der Gefahr der Steuerumgehung als gerechtfertigt an. In der Entscheidung des EuGH in der Rs. C-337/08 X Holding5 begehrte die niederlndische Muttergesellschaft die Einbeziehung einer belgischen Tochtergesellschaft in die Gruppenkonsolidierung (fiscale eenheid), welche nach dem anwendbaren Recht auf inlndische Kapitalgesellschaften beschrnkt war. Der EuGH sah wiederum eine Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit als gegeben an, welche aber ebenfalls aus GrÅnden der 1 EuGH v. 23.10.2008 – Rs. C-157/07 – Krankenheim Ruhesitz am Wannsee, GmbHR 2008, 1285 = IStR 2008, 769; vgl. hierzu Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981. 2 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, S. I-10837 = FR 2006, 177 = IStR 2006, 19. 3 Vgl. hierzu zB SchÇnfeld, IStR 2012, 368 (370). 4 EuGH v. 18.7.2007 – Rs. C-231/05 – Oy AA, IStR 2007, 631. 5 EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X Holding, DStR 2010, 427.

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B. Entwicklung in Rechtsprechung und Gesetzgebung

ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten gerechtfertigt sei. Das Abzugsverbot fÅr laufende Verluste auslndischer Tochtergesellschaften bei der inlndischen Muttergesellschaft (bzw. im Fall Oy AA das Abzugsverbot des Konzernbeitrags fÅr Zwecke des Verlustausgleichs einer auslndischen Muttergesellschaft)1 entspricht der aktuellen Rechtslage und verstÇßt somit grundstzlich gegen die Niederlassungsfreiheit, ist aber mit Blick auf die Urteile des EuGH in der Rs. Oy AA sowie X-Holding gerechtfertigt. Urteil des EuGH in der Rs. C-18/11 (Philips Electronics):2 In dem Fall Philips Electronics hatte die niederlndische Tochtergesellschaft einer in Großbritannien ansssigen Muttergesellschaft eine Betriebssttte in Großbritannien. Nach dem UK group relief war eine BerÅcksichtigung der Verluste der Betriebssttte bei der britischen Muttergesellschaft zu versagen, da der britische Verlust in den Niederlanden berÅcksichtigt werden kÇnne. Dieses Erfordernis galt fÅr eine britische Tochtergesellschaft nicht, weshalb der EuGH eine im Ergebnis nicht zu rechtfertigende Beschrnkung gegen die Niederlassungsfreiheit angenommen hat. Die ebenfalls zur britischen Gruppenbesteuerung ergangene Entscheidung des EuGH v. 1.4.2014, Rs. 80/12 (Felixstowe)3 behandelt VerlustÅbertragungen zwischen Gesellschaften eines Konsortiums und Konzerngesellschaften Åber eine gemeinsame, EU-ansssige „Bindegliedgesellschaft“. Das Erfordernis der Ansssigkeit der „Bindegliedgesellschaft“ in Großbritannien bzw. des Innehabens einer britischen Betriebssttte hat der EuGH als unionsrechtswidrig angesehen. Aus dem Urteil sollten fÅr die bestehenden deutschen Regelungen unmittelbar jedoch keine Schlussfolgerungen hinsichtlich unionsrechtlich gebotener nderungen wie etwa der Streichung des BetriebsstttenzugehÇrigkeitskriteriums gezogen werden kÇnnen. In der verb. Rs. C-39-41/13 SCA Group Holding4 beantragten drei niederlndische Schwestergesellschaften die Anwendung der niederlndischen Gruppenbesteuerung zur Gruppenkonsolidierung (fiscale eenheid) ihres niederlndischen Einkommens. Die in der EU ansssige Muttergesellschaft, die nicht in die Gruppenbesteuerung mit einbezogen werden sollte, verfÅgte zu keinem Zeitpunkt Åber eine Betriebssttte in den Niederlanden. Die niederlndische Finanzverwaltung lehnte den Antrag mangels steuerlicher Ansssigkeit der Muttergesellschaft in den Niederlanden ab. 1 EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X Holding, DStR 2010, 427. 2 EuGH v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11 – Philips Electronics UK, DStRE 2013, 238 = ISR 2012, 101 m. Anm. Pohl. Siehe hierzu auch Rz. 27.5. 3 EuGH v. 1.4.2014 – Rs. C-80/12 – Felixstowe, GmbHR 2014, 612 = ISR 2014, 170 m. Anm. MÅller. 4 EuGH v. 12.6.2014 – Rs. C-39/13, C-40/13, C-41/13 – SCA Group Holding, IStR 2014, 486. Siehe hierzu auch Rz. 27.35 f.

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25.6

Kapitel 25 Grundlagen internationaler Organschaft

Der EuGH sah hierin eine Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit, die auch nicht gerechtfertigt werden konnte. Nach Ansicht des EuGH macht es die Niederlassungsfreiheit erforderlich, dass eine Gruppenbesteuerung zwischen Tochtergesellschaften einer gemeinsamen EU/EWR-Muttergesellschaft steuerlich anerkannt wird. Die Urteile des EuGH in der Rs. Philips Electronics und SCA Group Holding weisen jeweils einen Inlandsbezug auf: zum einen die inlndische Betriebssttte der auslndischen Tochtergesellschaft, deren laufender Verlust bei der inlndischen Muttergesellschaft berÅcksichtigt werden muss; zum anderen die inlndischen Schwestergesellschaften einer auslndischen Muttergesellschaft, die laufende inlndische Gewinne mit laufenden inlndischen Verlusten auf Ebene der Schwestergesellschaften verrechnen wollen. Sofern ein Inlandsbezug gegeben ist, sieht der EuGH offensichtlich den Rechtfertigungsgrund der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten als nicht gegeben an. Daher sind laufende Verluste im Gegensatz zum Urteil in der Rs. X Holding zu berÅcksichtigen. FÅr die nationale Regelung zur Organschaft in § 14 Abs. 1 S. 1 KStG bedeutet dies, dass sowohl der Inlandsbezug des Organtrgers durch die Betriebssttte in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG (Rz. 27.36), als auch das Erfordernis der Geschftsleitung im Inland fÅr die Organgesellschaft in § 14 Abs. 1 S. 1 KStG (Rz. 27.5) wohl unionsrechtswidrig ist. Außerdem stellt sich die Frage, ob nicht auch eine Organschaft zwischen (insbesondere inlndischen) Schwestergesellschaften bei einer auslndischen Muttergesellschaft zulssig sein muss und ob dies bereits de lege lata,1 was mE gut vertretbar ist oder im Wege der Umsetzung des EuGH-Urteils SCA Group Holding durch den Gesetzgeber erst de lege ferenda zu ermÇglichen ist.2 Gleiches gilt ua. fÅr eine auslndische Organgesellschaft in Bezug auf ihre inlndische Betriebssttte.

25.7 Urteil des EuGH in der Rs. C-397/09 (Scheuten Solar):3 In dem Fall Scheuten Solar hatte der EuGH Åber die Frage zu entscheiden, ob die Hinzurechnung der Zinszahlungen gem. § 8 Nr. 1 GewStG zum Gewinn aus Gewerbebetrieb, die eine in Deutschland ansssige Tochtergesellschaft an eine in den Niederlanden ansssige Muttergesellschaft geleistet hat, gegen Art. 1 Abs. 1 der Zins- und Lizenzrichtlinie verstoßen. Das Verfahren hatte Åber den konkreten Fall hinaus Bedeutung fÅr die EU-rechtliche Beurtei-

1 Vgl. hierzu Walter, GmbHR 2015, 182, der davon ausgeht, dass eine Organschaft zwischen Schwestergesellschaften de lege lata mÇglich ist, wenn zwischen den Schwestergesellschaften ein EAV abgeschlossen wird und das Tatbestandsmerkmal der finanziellen Eingliederung teleologisch extendiert ausgelegt wird. 2 S. v. Brocke/MÅller, DStR 2014, 2106 (2111). 3 EuGH v. 21.7.2011 – Rs. C-397/09 – Scheuten Solar; IStR 2011, 590 m. Anm. Sydow = GmbHR 2011, 935 m. Anm. Rehm/Nagler.

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lung der sog. Zinsschranke des § 4h EStG iVm. § 8a KStG.1 Der EuGH verneinte ein Verstoß gegen die Zins- und Lizenzrichtlinie, da deren Sinn die Vermeidung der Doppelbesteuerung grenzÅberschreitender Zinszahlungen sei, welche durch § 8 Nr. 1 GewStG gewahrt wÅrden.2 Das Urteil des EuGH in der Rs. Scheuten Solar scheint zunchst Druck vom Gesetzgeber zu nehmen, eine grenzÅberschreitende Gruppen- oder Konzernbesteuerung einzufÅhren, obwohl somit ein klarer Besteuerungsunterschied zwischen Zinszahlungen in einer Organschafts-Struktur und einem grenzÅberschreitenden Konzern ohne Bestehen einer Organschaft besteht. 2. Rechtsprechung der nationalen Gerichte zur grenzÅberschreitenden Organschaft Trotz der durchaus berechtigten Zweifel an der Unionsrechtskonformitt der Regelung zur Organschaft in § 14 Abs. 1 KStG nF war diese Frage weder Gegenstand einer hÇchstrichterlichen Entscheidung, noch wurde sie bisher dem EuGH vorgelegt, was zunchst etwas verwundern mag.3 – Das FG Niedersachsen4 hatte Åber eine Sachlage zu urteilen, in der eine inlndische Holdinggesellschaft die Verluste zweier italienischer Tochtergesellschaften in Liquidation als „final“ geltend machen wollte. Der Senat ließ in seinen UrteilsgrÅnden erkennen, dass nach seiner Ansicht sowohl der nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG aF geltende doppelte Inlandsbezug als auch das Erfordernis des EAV gegen Unionsrecht verstÇßt, da ein EAV „Åber die Grenze“ vielfach nicht mÇglich sei. Im Ergebnis ließ das FG Niedersachsen dies jedoch offen, wies die Klage der Holdinggesellschaft mangels vorausgehender schuldrechtlicher Verpflichtung zur bernahme von Verlusten ab. Die Revision beim BFH5 war jedoch mangels Finalitt der Verluste im streitgegenstndlichen VZ unbegrÅndet. Auf die eigentliche Streitfrage nach der Abzugsfhigkeit der Verluste

1 EuGH v. 21.7.2011 – Rs. C-397/09 – Scheuten Solar; IStR 2011, 590 (592) m. Anm. Sydow = GmbHR 2011, 935 m. Anm. Rehm/Nagler; Goebel/KÅntscher, IStR 2011, 630 (634). 2 Nach einem Urteil des FG KÇln verstÇßt § 8 Nr. 1 GewStG auch nicht gegen die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV, vgl. FG KÇln v. 11.4.2013 – 13 K 1911/08, EFG 2013, 1422; s. nunmehr BFH v. 17.9.2014 – I R 30/13, GmbHR 2015, 215 = ISR 2015, 63 m. Anm. MÅller, nachfolgend zusammengefasst unter Rz. 25.9. 3 Erklrungsversuche stellen Homburg, IStR 2009, 350, und Sven-Christian Witt, Ubg 2010, 737 (744) an. Auch die jÅngste Vorlagefrage des FG KÇln an den EuGH behandelt nur Aspekte der Finalitt der Verluste, FG KÇln v. 19.2.2014 – 13 K 3906/09, IStR 2014, 733 = ISR 2014, 341 m. Anm. MÅller – Az. beim EuGH C-388/14 – Timac Agro Deutschland. 4 FG Nds. v. 11.2.2010 – 6 K 406/08, DStRE 2010, 474. AusfÅhrlich zur Ausgangskonstellation Homburg, IStR 2009, 350. 5 BFH v. 9.11.2010 – I R 16/10, FR 2011, 489 = DStR 2011, 169.

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25.8

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musste der BFH nicht mehr eingehen. Immerhin ergibt sich aus der BFH-Entscheidung neben der Erkenntnis, dass die fÅr Auslandsbetriebssttten geltenden Finalittsmaßstbe auch auf Verluste EU-auslndischer Kapitalgesellschaften Åbertragbar seien, zumindest auch, dass ein „gedachtes Organschaftsverhltnis“ tatschlich vereinbart und durchgefÅhrt werden muss. – Dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz1 lag der Sachverhalt zugrunde, dass eine inlndische Muttergesellschaft eine BerÅcksichtigung der laufenden Verluste ihrer in Dnemark ansssigen Tochtergesellschaft begehrte. Das FG Rheinland-Pfalz wies die Klage als unbegrÅndet ab, da eine Vergleichbarkeit zwischen einer inlndischen Tochtergesellschaft mit EAV und eine auslndischen Tochtergesellschaft ohne EAV nicht gegeben sei, mithin die Niederlassungsfreiheit nicht beschrnkt ist. Ferner sei nach der Entscheidung des EuGH in der Rs. X Holding eine mÇgliche Beschrnkung jedenfalls gerechtfertigt.

25.9 Urteile des BFH zur grenzÅberschreitenden Organschaft: GrenzÅberschreitende Organschaftsverhltnisse haben auch die BFH-Rechtsprechung mehrfach beschftigt. Die einzelnen Entscheidungen verdeutlichen die Gemengelage von rein nationalem, Unions- und Abkommensrecht als Koordinaten fÅr die steuerliche Anerkennung grenzÅberschreitender Organschaften. – Fall der Dual Resident Organtrgerin: Der BFH entschied mit Urteil vom 29.1.2003, dass eine nach dem Recht des Staates Delaware gegrÅndete US-Kapitalgesellschaft mit statutarischem Sitz in den USA, die ihre tatschliche Geschftsleitung in die Bundesrepublik verlegt, Organtrgerin einer inlndischen Kapitalgesellschaft sein kann. Die dem entgegenstehende Regelung des § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1984 war nicht mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 1 und 4 DBA-USA 1989 vereinbar.2 Praktisch hatte die Entscheidung geringe Auswirkungen, da der Gesetzgeber zuvor im UntStFG den doppelten Inlandsbezug des Organtrgers aufgegeben hatte (hierzu auch Rz. 25.11). Beachtlich ist das Urteil aber insoweit, dass Åber die unionsrechtlichen Grundfreiheiten hinaus auch abkommensrechtliche Diskriminierungsverbote grundstzlich Einfluss auf die Organschaft haben kÇnnen. – Fall der grenzÅberschreitenden gewerbesteuerlichen Organschaft: Mit Urteil vom 9.2.2011 erkannte der BFH fÅr die Rechtslage bis einschließlich 2001 (also zu einer Zeit, in der die gewerbesteuerliche Organschaft isoliert ohne BegrÅndung eines EAV begrÅndet worden konnte) eine gewerbesteuerliche Organschaft zwischen einer Gesellschaft mit Sitz und Geschftsleitung in Großbritannien als Organtrgerin (einer Kapitalgesellschaft englischen Rechts) und einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschftsleitung im Inland als Organgesellschaft an.3 Die entgegenste1 FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, EFG 2010, 1632 = DStRE 2010, 802. 2 BFH v. 29.1.2003 – I R 6/99, BStBl. II 2004, 1043 = FR 2003, 912. 3 BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106 = FR 2011, 584 m. Anm. Buciek. Vgl. Rz. 27.9.

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hende Beschrnkung der Organtrgerfhigkeit auf ein Unternehmen mit Geschftsleitung und Sitz im Inland nach § 14 Halbs. 2 KStG und § 14 Nr. 3 S. 1 KStG 1999 iVm. § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG 1999 war nach Ansicht des BFH nicht mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 20 Abs. 4 und 5 DBA-Großbritannien 1964/1970 vereinbar.1 Als Folge wurde die persÇnliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft fÅr die Dauer der Organschaft dem Organtrger und der Gewerbeertrag der inlndischen Kapitalgesellschaft dem auslndischen Organtrger fÅr das Streitjahr 1999 zugerechnet, was zu einer grenzÅberschreitenden „Keinmalbesteuerung“ fÅhrte. Die Entscheidung hatte zu einer ganz erheblichen Resonanz im Schriftum gefÅhrt,2 so wurde schon plakativ nach dem „,Abschied‘ von KSt und GewSt“ gefragt.3 Schließlich wurde noch vor Ende des Jahres 2011 ein sog. Nichtanwendungserlass des BMF in Vorbereitung einer Gesetzesnderung verÇffentlicht.4 In den beiden genannten Urteilen verwarf der BFH jeweils die streitgegenstndliche Regelungen wegen Verstoßes gegen das abkommensrechtliche Diskriminierungsverbots. Insbesondere die Entscheidung zur gewerbesteuerlichen Organschaft veranlasste den Gesetzgeber zur nderung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG in der kleinen Organschaftsreform (Rz. 25.12 und Kapitel 27). – Im Rahmen des Schlussurteils zur Rechtssache Scheuten Solar diskutierte der BFH in Bezug auf die Geltendmachung eines durch die innerstaatlich erÇffnete MÇglichkeit, durch BegrÅndung eines Organschaftsverhltnisses eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen zu verhindern.5 Der BFH6 betonte hierbei, dass Unternehmen eines grenzÅberschreitenden Verbundes nicht nachtrglich einzelne fÅr sie vorteilhafte Elemente der Organschaftsbesteuerung fÅr sich in Anspruch nehmen kÇnnen, ohne zumindest den Willen bekundet zu haben, eine Organschaft zu bilden. Im Streitfall lag die Voraussetzung eines abgeschlossenen und durchgefÅhrten GewinnabfÅhrungsvertrags nicht vor. Der BFH betonte gleichwohl, dass von der MÇglichkeit grenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrge auszugehen sei. Allerdings mÅsse die Organschaft zwecks grenzÅberschreitender Anerkennung dann auch „faktisch gelebt“ werden. Dazu sei zumindest zu verlangen, dass zum einen die Organtrgerin laufende Verluste Åbernimmt und die Organgesellschaft ihre Gewinn ununterbrochen an die Organtrgerin ab1 BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106 = FR 2011, 584 m. Anm. Buciek. Zum Zeitpunkt des streitigen Erhebungszeitraums war ein GewinnabfÅhrungsvertrag fÅr die gewerbesteuerliche Organschaft noch keine Voraussetzung. 2 Vgl. zB Frotscher, IStR 2011, 697; MÇssner, IStR 2011, 349; RÇdder/SchÇnfeld, DStR 2011, 886; Buciek, FR 2011, 588; Kotyrba, BB 2011, 1382. 3 Frotscher, IStR 2011, 697. 4 Vgl. BMF v. 27.12.2011 – IV C 2 - S 2770/11/10002 – DOK 2011/0965132, BStBl. I 2012, 119 = FR 2012, 95. 5 Vgl. BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08, BStBl. II 2012, 507 = FR 2012, 536. 6 Vgl. BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08, BStBl. II 2012, 507 = FR 2012, 536.

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fÅhrt und zum anderen auch die Absicht, ein Organschaftverhltnis begrÅnden zu wollen, auch gegenÅber den FinanzbehÇrden nach außen hin kundgetan wird, und zwar nicht erst im Nachhinein unter Hinweis auf tatschliche Gegebenheiten. – Schließlich hatte der BFH zuletzt im Urteil v. 17.9.20141 auf der Linie seines Schlussurteils in der Rechtssache Scheuten Solar einen Verstoß der bei grenzÅberschreitenden Darlehen fÅr Gewerbesteuerzwecke erfolgten Zinshinzurechnungen gegen die Zins- und LizenzgebÅhrenrichtlinie verneint und konnte dabei im Ergebnis offen lassen, ob aus dem Inlandsbezug des Gewerbesteuerrechts bei Außerachtlassung der steuerlichen Behandlung der Zinsaufwendungen im Ausland eine unionsrechtswidrige Besteuerung grenzÅberschreitender Konzernbeziehungen liegt. Im Unterschied zu der dem Schlussurteil Scheuten Solar zugrunde liegenden Sachverhaltskonstellation betraf diese Entscheidung einerseits die Streitjahre 1999 bis 2001, in denen die BegrÅndung einer gewerbesteuerlichen Organschaft gerade nicht vom Erfordernis eines GewinnabfÅhrungsvertrags abhing,2 andererseits verfÅgte die Klgerin, eine US-amerikanische Gesellschaft in der Rechtsform der Inc. mit tatschlicher Geschftsleitung im Inland, Åber eine deutsche Niederlassung und konnte daher potentiell nach als Organtrgerin gegenÅber der Tochtergesellschaft und Darlehensgeberin qualifizieren. Obwohl letztlich nicht entscheidungserheblich, ist die Problematik der Unionsrechtkonformitt deutlich angesprochen: So wirft der BFH ua.3 die (offen gelassene) Frage auf, wie ein im Vergleich zum Streitfall umgekehrter Sachverhalt zu beurteilen wre, in dem die auslndische Muttergesellschaft als Organtrgerin fÅr eine inlndische Organgesellschaft fungieren wÅrde – insoweit schlgt der BFH in seinen berlegungen die BrÅcke zum oben geschilderten Urteilssachverhalt in der Entscheidung vom 9.2.2011,4 in welcher das abkommensrechtliche Diskriminierungsverbot bemÅht wurde. Die BFH-Rechtsprechung zeigt deutlich, dass auch die Regelungen der „Kleinen Organschaftsreform“ sich zukÅnftig an den europa- und abkommensrechtlichen Vorgaben messen lassen mÅssen. Hervorzuheben ist die grundstzliche Anerkennung grenzÅberschreitender Organschaften, wobei allerdings fÅr die Praxis nach wie vor erhebliche Unsicherheiten darÅber bestehen, wie im grenzÅberschreitenden Kontext unter Beachtung des 1 BFH v. 20.9.2014 – I R 30/13, GmbHR 2015, 215 = ISR 2015, 63 m. Anm. MÅller. Siehe dazu die Urteilsanmerkung von Gosch, BFH/PR 2015, 91. 2 Insoweit genÅgten die Tatbestandsmerkmale finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung. 3 Die ebenfalls vom BFH aufgeworfene Frage, ob sich die Klgerin als in einem Drittstaat ansssige US-Gesellschaft Åberhaupt auf die Niederlassungsfreiheit berufen kÇnne, sollte mittlerweile durch den EuGH im Urt. v. 11.9.2014 – Rs. C-47/12, Kronos International, IStR 2014, 724 = ISR 2014, 28 m. Anm. Pohl geklrt sein, in welcher der EuGH einer Drittstaatengesellschaft die Berufung auf die Niederlassungsfreiheit versagt hat. 4 BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106 = FR 2011, 584 m. Anm. Buciek.

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jeweils anwendbaren Rechts hinreichend sichergestellt werden kann, dass die Organschaftsbeziehung auch „faktisch gelebt“ wird und damit eine steuerlich anzuerkennende Organschaft bestehen kann.

II. Vertragsverletzungsverfahren der Europischen Kommission wegen des doppelten Inlandsbezugs der Organgesellschaft nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG aF1 Die Europische Kommission leitete wegen des sog. doppelten Inlandsbezugs ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV gegen die Bundesrepublik Deutschland ein.2 Die Europischen Kommission war der Auffassung, der doppelte Inlandsbezug in §§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 S. 1 KStG aF sei ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV und Art. 31 EWR-Abkommen.

25.10

Das BMF reagierte hierauf mit Schreiben vom 28.3.2011, in welchem der doppelte Inlandsbezug gem. §§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 S. 1 KStG fÅr nach EUbzw. EWR-Recht gegrÅndete auslndische Kapitalgesellschaften mit Geschftsleitung im Inland aufgegeben wurde.3 Der EuGH erachtet in stndiger Rechtsprechung eine Verwaltungsanweisung als nicht ausreichend, um eine Vertragsverletzung zu beseitigen, weshalb die Europische Kommission am 22.3.2012 die Bundesrepublik Deutschland vor dem EuGH verklagt hat.4 Der Gesetzgeber reagierte auf das Vertragsverletzungsverfahren in der „Kleinen Organschaftsreform“ durch nderung des § 14 Abs. 1 S. 1 KStG (Rz. 25.12 und Kapitel 27).

III. Entwicklung in der Gesetzgebung 1. Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (UntStFG) v. 20.12.20015 Mit dem UntStFG wollte der Gesetzgeber der „zunehmenden internationalen Verflechtung der deutschen Wirtschaft Rechnung tragen“.6 In Bezug auf die Organschaft waren wesentliche nderungen:

1 Vgl. Rz. 27.1-27.3. 2 Nr. 2008/4909. 3 BMF v. 28.3.2011 – IV C 2 - S 2770/09/10001 – DOK 2011/0250044, BStBl. I 2011, 300 = FR 2011, 436. 4 Europische Kommission, Pressemitteilung v. 22.3.2012, IP/12/283. 5 BGBl. I 2011, 3858. 6 BT-Drucks. 14/6882, 37.

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25.11

Kapitel 25 Grundlagen internationaler Organschaft

– Aufgabe des „doppelten Inlandsbezugs“ mit Sitz und Geschftsleitung des Organtrgers im Inland, stattdessen war die Geschftsleitung im Inland ausreichend (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG aF) – EinfÅgung der Verlustnutzungsbeschrnkung, um eine doppelte VerlustberÅcksichtigung zu verhindern (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG aF). 2. Die „Kleine Organschaftsreform“ v. 24.2.2013

25.12 Der Gesetzgeber reagierte auf das Urteil des BFH zur gewerbesteuerlichen Organschaft und das Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission mit der „Kleinen Organschaftsreform“.1 Wesentliche nderungen der Organschaftsreform sind: – Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs bei der Organgesellschaft (§ 14 Abs. 1 S. 1 KStG) – Aufgabe des Inlandsbezugs beim Organtrger, stattdessen „Inlandsbezug durch die HintertÅr“2 infolge EinfÅhrung der Betriebsstttenbezogenheit (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4-7 KStG) – Ersatzlose Streichung des § 18 KStG aF – Verschrfungen der Verlustnutzungsbeschrnkung (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG). Unverndert bleibt das Erfordernis des EAV.

25.13 Die Neuregelung ist im Hinblick auf das klare BedÅrfnis der grenzÅberschreitenden Organschaft und der europarechtlichen Rechtslage sowie das abkommensrechtliche Diskriminierungsverbot als sehr unbefriedigend zu sehen. Das Erfordernis der Betriebsstttenbezogenheit (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Stze 4-7 KStG) bereitet erhebliche Probleme in der Praxis, es kÇnnen sich erhebliche Unsicherheiten im Hinblick auf das Bestehen der Organschaft ergeben; dies gilt insbesondere fÅr Personengesellschaften als Organtrger, bei denen es mÇglich ist, dass die Organschaft allein durch die Neuregelung entfallen ist. Positiv ist zwar zu werten, dass nunmehr auch auslndische Rechtstrger taugliche Organtrger sein kÇnnen, aber es bleibt auch hier als zentrales Problem die Zulssigkeit und damit verbunden die Frage der steuerlichen Anerkennung eines EAV zwischen auslndische Rechtstrgern. So ist momentan immer noch unklar, ob ein EAV zwischen einer oder zwei auslndischen Gesellschaften (mit Geschftsleitung im Inland) von der Finanzverwaltung anerkannt wird.3 Ist eine Eintragung in dem dem deutschen 1 Durch Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. AusfÅhrlich hierzu Kapitel 27. 2 Gosch, IWB 2012, 694 (695). 3 Vgl. hierzu auch Kapitel 29 und Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG, Rz. 327a (Stand Juni 2013); Winter/Marx, DStR 2011, 1101 (1104); Neu in Kall-

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Handelsregister vergleichbaren Register erforderlich? Es ist hierzu noch kein Erlass der Finanzverwaltung ergangen und dem Vernehmen nach werden hierzu derzeit auch keine verbindlichen AuskÅnfte erteilt. Dies macht die Implementierung einer grenzÅberschreitenden Organschaft derzeit sehr schwierig. Schließlich ist auch die Neuregelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG total missglÅckt und Grund vieler offener Anwendungsfragen (siehe hierzu ausfÅhrlich Kapitel 28) kaum anwendbar, wobei sich aber bei jedem Jahresabschluss die Frage stellen kann, ob nicht eine entsprechende SteuerrÅckstellung zu bilden ist oder im Rahmen der Steuererklrung eine entsprechende Offenlegung zu erfolgen hat.

IV. Ausblick Im Hinblick auf die aufgezeigten Defizite der Neuregelungen bzgl. einer internationalen Organschaft im Rahmen der „Kleinen Organschaftsreform“ bleibt zu hoffen, dass hier weitere Klarstellungen durch die Finanzverwaltung erfolgen,1 mit einer neuerlichen gesetzlichen nderung ist wohl kurzfristig nicht zu rechnen. Mit Blick auf die Rechtsprechung, insbesondere des EuGH in den Rs. Marks & Spencer, Philips Electronics und SCA Group Holding ist zu erwarten, dass diese Urteile zukÅnftig auf die Regelung in § 14 Abs. 1 KStG ausstrahlen. Eine national anders zu beurteilende Sachlage wegen des Erfordernisses der EAV ist fraglich, da diese Voraussetzung ggf. selbst ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit darstellt. Von besonderem Interesse ist die Rs. SCA Group Holding, da die mÇgliche Rechtsfolge der Seitwrtskonsolidierung zwischen zwei Schwestergesellschaften bisher nach nationalem Recht nicht vorgesehen ist, allerdings nicht unmÇglich erscheint.2 Allerdings wre eine „klarstellende“ Gesetzesnderung vorzuziehen, diese kÇnnte gleichzeitig weitere Schwachstellen der internationalen Organschaft beseitigen. Bisher hat man allerdings den Eindruck, dass die Sicherstellung des Besteuerungssubstrats Prioritt hat und gewissermaßen den (erforderlichen) Reformprozess blockiert.

meyer u.a., GmbH-Handbuch, 15. Abschnitt, Rz. 5676; iE ebenso Richter/ Braun, GmbHR 2012, 18 (22) zur englischen Ltd.; Frotscher, IStR 2011, 697 (701; 702); Glahe, IStR 2012, 128 (131); Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (145); Hoene, IStR 2012, 462; Schnitger, IStR 2013, 82). 1 Allerdings besteht hier das Risiko, dass in einem spteren Finanzgerichtsverfahren die mÇgliche gÅnstige Auffassung der Finanzverwaltung nicht besttigt wird. 2 S. hierzu Walter, GmbHR 2015,182.

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25.14

Kapitel 26 Gesellschaftsrechtliche Fragen Literatur Bayer/Schmidt, GrenzÅberschreitende Sitzverlegung und grenzÅberschreitende Restrukturierung nach MoMiG, Cartesio und Trabrennbahn, ZHR 2009, 735; Behme/ Nohlen, „Entscheidung Åberraschend fÅr die Praxis“ – BB-Kommentar zur EuGH Cartesio-Entscheidung, BB 2009, 13; Bernstein/Koch, Internationaler Konzern und deutsche Mitbestimmung, ZHR 143 (1979), 522; Brakalova/Barth, Nationale Beschrnkungen des Wegzugs von Gesellschaften innerhalb der EU bleiben zulssig, DB 2009, 213; Dubler/Heuschmid, Cartesio und MomiG – Sitzverlagerung ins Ausland und Unternehmensmitbestimmung, NZG 2009, 493; EidenmÅller, Die GmbH im Wettbewerb der Rechtsformen, ZGR 2007, 168; Frotscher, GrenzÅberschreitende Organschaft – wo stehen wir?, IStR 2011, 697; Heckschen, GrÅndungserleichterung nach dem MoMiG – Zweifelsfragen in der Praxis, DStR 2009, 166; Herzig/Wagner, Zukunft der Organschaft im EG-Binnenmarkt, DB 2005, 1; Hirte, Die „Große GmbH-Reform“ – Ein berblick Åber das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekmpfung von Missbruchen (MoMiG), NZG 2008, 761; Kort, Anwendung der Grundstze der fehlerhaften Gesellschaft auf einen „verdeckten“ Beherrschungsvertrag NZG 2009, 364; Astrid KrÅger, Rechtsgrundlagen und Abgrenzung zur Sitzverlegung, Beck’sches Handbuch Umwandlungen international, 2013; Jung, Die Niederlassungsfreiheit von Schweizer Gesellschaften bei Sitzwahl und Sitzverlegung im Europischen Wirtschaftsraum, EuZW 2012, 863; Kindler, Internationales Gesellschaftsrecht 2009: MoMiG, Trabrennbahn, Cartesio und die Folgen, IPrax 2009, 189; Leible/Hoffmann, Cartesio – fortgeltende Sitztheorie, grenzÅberschreitender Formwechsel und Verbot materiell-rechtlicher Wegzugsbeschrnkung, BB 2009, 58; Meilicke, Korporative Versklavung deutscher Aktiengesellschaften durch Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrge gegenÅber inlndischen und auslndischen Unternehmen, Festschrift Hirsch, 1968, S. 99; U. Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013; Rixecker/Scker, MÅnchener Kommentar zum BÅrgerlichen Gesetzbuch, Band 11, 6. Aufl. 2015; Scheunemann, Praktische Anforderungen einer grenzÅberschreitenden VerlustberÅcksichtigung im Konzern in Inbound- und Outboundfllen nach der Entscheidung Marks & Spencer, IStR 2006, 145; Selzner/Sustmann, Der grenzÅberschreitende Beherrschungsvertrag, Der Konzern 2003, 85; Spahlinger/Wegen, Internationales Gesellschaftsrecht in der Praxis: Kollisions- und Sachrecht wesentlicher Flle mit AuslandsberÅhrung, Europisches Unternehmensrecht, Wahl der Gesellschaftsform, Corporate Governance, Wichtige auslndische Rechtsformen, 2005; Staudinger/Großfeld, Kommentar zu BÅrgerlichen Gesetzbuch mit EinfÅhrungsgesetz und Nebengesetzen – Internationales Gesellschaftsrecht, 1998, Rz. 575; Scheunemann, GrenzÅberschreitende konsolidierte Konzernbesteuerung 2005, 121 ff.; Sethe/Winzer, Der Umzug von Gesellschaften in Europa nach dem Cartesio-Urteil, WM 2009, 536; SÅß/Wachter, Handbuch des internationalen GmbHRechts, 2. Aufl. 2011; Werner, Das deutsche Internationale Gesellschaftsrecht nach „Cartesio“ und „Trabrennbahn“, GmbHR 2009, 191.

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A. GrenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag

A. GrenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag I. Grundlagen Zulssigkeit grenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrge. Die gesellschaftsrechtliche Zulssigkeit von grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrgen wird von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur heute anerkannt.1 Die vereinzelten frÅheren Gegenstimmen konnten sich nicht durchsetzen.2

26.1

FÅr grenzÅberschreitende Beherrschungsvertrge gelten die nachstehenden AusfÅhrungen grundstzlich entsprechend. Im Kontext der ertragsteuerlichen Organschaft kommt ihnen allerdings keine Bedeutung zu. Konstellationen des grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrags. FÅr einen grenzÅberschreitende GewinnabfÅhrungsvertrag gibt es zwei mÇgliche Konstellationen: (1) Ein Vertragsverhltnis zwischen einer auslndischen Muttergesellschaft und einer inlndischen Tochtergesellschaft, oder (2) zwischen einer inlndischen Muttergesellschaft und einer auslndischen Tochtergesellschaft. In beiden Konstellationen stellen sich gesellschaftsrechtliche Fragen auf der Ebene des Vertragsabschlusses, des Vertragsinhalts und der VertragsdurchfÅhrung.

26.2

II. Anwendbares Recht Vorfrage: Vor der Vertiefung dieser sachrechtlichen Fragen ist jedoch zunchst zu klren, welches Gesellschaftsrecht Åberhaupt fÅr den grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrag maßgeblich ist.

26.3

Gesellschaftsstatut und Vertragsstatut. Die herrschende Meinung in Deutschland geht davon aus, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag eine gesellschaftsrechtliche Frage der gewinnabfÅhrenden – dh. idR der abhngigen – Gesellschaft ist.3 Grund dafÅr ist, dass ein GewinnabfÅhrungsvertrag als Organisationsvertrag zu qualifizieren ist, da er in seiner Wirkung – insbesondere durch die Verpflichtung zur GewinnabfÅhrung – einer Sat-

26.4

1 BGH v. 15.6.2992 – II ZR 18/91, BGHZ 119, 1; v. 25.2.1998 – VIII RZR 276/96, BGHZ 138, 126; Altmeppen in MÅnchKomm/AktG, Einl. §§ 291 ff. Rz. 47; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 291 AktG Rz. 34 ff., 37a; Koppensteiner in KÇlnKomm/AktG, Vorb. § 291 Rz. 194, jeweils m.w.N. 2 Meilicke in FS Hirsch, S. 99 (118 ff.); Bernstein/Koch, ZHR 143 (1979), 522 (535). 3 Frotscher, IStR 2011, 697 (701); Kindler in MÅnchKomm/BGB, InterGesR, Rz. 681; Kort, NZG 2009, 364 (366); HÅffer, AktG11, § 291 Rz. 17; Spahlinger/ Wengen, Internationales Gesellschaftsrecht, S. 102 Rz. 370 f.

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zungsnderung gleichkommt.1 Er hat kÇrperschaftsrechtlichen Charakter.2 Eine AnknÅpfung nach dem Vertragsstatut scheidet somit aus. In der Folge ist auch eine Rechtswahl fÅr den GewinnabfÅhrungsvertrag nicht mÇglich.3 Das auf einen grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrag anwendbare Recht bestimmt sich also nach dem Gesellschaftsstatut, dh. dem auf die gewinnabfÅhrende Gesellschaft anwendbaren Recht.

26.5 Auch die Bundesfinanzhofrechtsprechung folgt dieser Auffassung: Der BFH hat jÅngst in einer Entscheidung Åber die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen bei einer deutschen Tochtergesellschaft aus Darlehen von einer niederlndischen Muttergesellschaft darauf hingewiesen, dass sich die Zulssigkeit und der Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrags nach dem Konzernrecht der gewinnabfÅhrenden Gesellschaft (hier: deutsches Recht) bestimme.4 Im zu entscheidenden Fall war die alleinige Muttergesellschaft einer deutschen GmbH eine niederlndische B.V. Die B.V. hatte der GmbH elf Darlehen Åber insgesamt ca. 5,2 Mio. Euro zu einem Zinssatz von 5 % gewhrt. Die Finanzverwaltung hatte unter Berufung auf § 8 Nr. 1 GewStG 2002 diese Zinsen fÅr Gewerbesteuer-Zwecke zur Hlfte auf den Gewinn der deutschen GmbH hinzugerechnet. Hiergegen richtete sich die Klage der GmbH mit dem Argument, dies sei diskriminierend, da in einer deutsch-deutschen Situation und unter Annahme einer steuerlichen Organschaft eine Hinzurechnung nicht erfolgt wre.5 Im Ergebnis lehnte der BFH die Klage ab, da die Beteiligten gerade keinen grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrag geschlossen – und damit keine steuerliche Organschaft begrÅndet – htten, was in dieser Konstellation seiner Ansicht nach aber zivilrechtlich mÇglich gewesen wre.6

26.6 Bestimmung des Gesellschaftsstatuts. Zur Ermittlung des Gesellschaftsstatuts lautet die Grundregel des internationalen Gesellschaftsrechts: Maßgeblich fÅr alle rechtlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft7 ist ihr Sitzland. Zwar beurteilen die einzelnen Staaten unterschiedlich, ob dieses Sitzland anhand des GrÅndungssitzes oder des tatschlichen Verwaltungssitzes der Gesellschaft bestimmt wird,8 zudem sind im deutschen Kollisionsrecht insbesondere im EU-Kontext viele Einzelheiten streitig, zu weiteren Einzelheiten s. unten Rz. 26.27 ff. FÅr Zwecke dieses 1 Kort, NZG 2009, 364 (366); HÅffer, AktG11, § 291 Rz. 17; Spahlinger/Wengen, Internationales Gesellschaftsrecht, S. 102 Rz. 370 f. 2 Kindler in MÅnchKomm/BGB, InterGesR, Rz. 699. 3 Spahlinger/Wengen, Internationales Gesellschaftsrecht, S. 102 Rz. 370. 4 BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08, BStBl. II 2012, 507 = FR 2012, 536 = IStR 2012, 262. 5 BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08, BStBl. II 2012, 507 = FR 2012, 536 = IStR 2012, 262 (265). 6 BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08, BStBl. II 2012, 507 = FR 2012, 536 = IStR 2012, 262, 264. 7 Der Begriff bezieht sich in diesem Kapitel auf Kapitalgesellschaften, sofern nicht anders gekennzeichnet. 8 FÅr einen berblick: Kindler in MÅnchKomm/BGB, InterGesR, Rz. 508 f.

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A. GrenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag

Kapitels kommt es jedoch zunchst auf diese Theorien nicht an, weil von einer im gleichen Staat gegrÅndeten und tatschlich verwalteten Gesellschaft ausgegangen wird. Zu den Auswirkungen des Auseinanderfallens von GrÅndungssitz und tatschlichem Verwaltungssitz s. unten B., Rz. 26.27 ff. Inlndische abfÅhrende Gesellschaft, Reichweite des anwendbaren Rechts. FÅr den Fall einer deutschen gewinnabfÅhrenden Gesellschaft kme man nach den vorstehenden AusfÅhrungen zur Anwendung deutschen Rechts. Das deutsche Konzernrecht enthlt Vorschriften in Bezug auf die gewinnabfÅhrende als auch auf die herrschende Gesellschaft. Insofern stellt sich die Frage, in welchem Umfang die deutschen Konzernrechtsvorschriften auf einen grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrag mit einer inlndischen Tochter anwendbar sind. Die Rechtsprechung und die Literatur gehen einhellig davon aus, dass diejenigen Vorschriften greifen, die den Interessenschutz der Tochtergesellschaft, der außenstehenden Gesellschafter und der Glubiger bezwecken.1 Keine Anwendung finden hingegen solche Vorschriften, die die Beziehung der herrschenden auslndischen Gesellschaft zu ihrer abhngigen inlndischen Tochter regeln.2 Insofern besteht keine Berichtspflicht der herrschenden Gesellschaft gem. § 293a AktG und auch keine PrÅfungspflicht gem. § 239b AktG. Auch das Zustimmungserfordernis nach § 293 Abs. 2 AktG gilt fÅr die herrschende Gesellschaft nicht, da die Vorschrift nur den Schutz der herrschenden Gesellschaft bezweckt.3 Das deutsche Recht wÅrde aber grundstzlich die Anwendung besonderer Wirksamkeitsvoraussetzungen fÅr die herrschende Gesellschaft nach deren auslndischen Rechtsordnung anerkennen.4

26.7

Auslndische abfÅhrende Gesellschaft. Handelt es sich um eine auslndische gewinnabfÅhrende Tochtergesellschaft so gelangt das deutsche Kollisionsrecht aufgrund des Personalstatuts der Gesellschaft grundstzlich zur Anwendung der jeweiligen auslndischen Rechtsordnung.5 Damit gilt auch fÅr den grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrag das auslndische Recht. Hier stellt sich das Problem, dass die meisten auslndischen Rechtsordnungen das Instrument des GewinnabfÅhrungsvertrags nicht kennen. Lediglich die Rechtsordnungen von sterreich, Portugal

26.8

1 MÅlbert in Großkomm/AktG, Vor §§ 291 ff. Rz. 26 f.; OLG Stuttgart v. 5.6.2013 – 20 W 6/10, AG 2013, 724; Spahlinger/Wengen, Internationales Gesellschaftsrecht, S. 102 Rz. 371; Veil in Spindler/Stilz, Vor § 291 Rz. 47. 2 MÅlbert in Großkomm/AktG, Vor §§ 291 ff. Rz. 26; Veil in Spindler/Stilz, Vor § 291 AktG Rz. 47. 3 MÅlbert in Großkomm/AktG, Vor §§ 291 ff. Rz. 26; Spahlinger/Wengen, Internationales Gesellschaftsrecht, S. 102 Rz. 371; Veil in Spindler/Stilz, Vor § 291 AktG Rz. 47. 4 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG, Einl. §§ 291 ff. Rz. 50. 5 Frotscher, IStR 2011, 697 (701).

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und wohl noch Brasilien verfÅgen Åber entsprechende Instrumente.1 In der Praxis gibt es deshalb Versuche, sich in solchen Fllen mit rein schuldrechtlichen Konstruktionen zu behelfen, siehe hierzu unten unter Rz. 26.18.

III. GewinnabfÅhrung durch inlndische Tochter an auslndische Mutter 1. Vertragsabschluss

26.9 Die Wirksamkeit des Vertragsabschlusses richtet sich – wie vorstehend gezeigt – in der Konstellation „deutsche Tochter – auslndische Mutter“ nach deutschem Recht. Der Vertrag bedarf gem. § 293 Abs. 3 AktG der Schriftform. Beide Gesellschaften mÅssen nach ihrem jeweiligen Recht ordnungsgemß vertreten sein. Die Hauptversammlung bzw. die Gesellschafterversammlung der gewinnabfÅhrenden deutschen Tochtergesellschaft muss dem Vertragsabschluss gem. § 293 Abs. 1 AktG zustimmen.2 Ob die Gesellschafterversammlung der beherrschenden Gesellschaft oder ein anderes Gremium zustimmen muss, richtet sich nach dem auf diese anwendbaren Recht – also in dieser Konstellation der entsprechenden auslndischen Rechtsordnung. Wenn die entsprechende auslndische Rechtsordnung den Vertragstyp GewinnabfÅhrungsvertrag nicht ausdrÅcklich kennt, wird man Åberlegen mÅssen, ob sich ein Zustimmungserfordernis aus allgemeinen Regeln und insbesondere im Hinblick auf das mÇgliche wirtschaftliche Risiko aus der VerlustÅbernahmeverpflichtung ergibt oder ob der Abschluss des GewinnabfÅhrungsvertrags im Rahmen des Handlungsspielraums des Vertretungsorgans ist.

26.10 Eintragung. Der GewinnabfÅhrungsvertrag mit der deutschen gewinnabfÅhrenden Gesellschaft bedarf zu seiner Wirksamkeit ferner gem. § 294 Abs. 2 AktG der Eintragung in das Handelsregister der beherrschten Gesellschaft. 2. Vertragsinhalt

26.11 Mindestinhalt. Grundstzlich wird ein grenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag dieselben inhaltlichen Regelungen wie ein rein inlndischer Vertrag enthalten, also insbesondere die Pflicht zur GewinnabfÅhrung durch die Tochtergesellschaft gem. § 301 AktG und die Pflicht zur VerlustÅbernahme durch die Muttergesellschaft gem. § 302 AktG.3 Der

1 Herzig/Wagner, DB 2005, 1 (5); Scheunemann, IStR 2006, 145 (146); Scheunemann, GrenzÅberschreitende konsolidierte Konzernbesteuerung 2005, 121 (122). 2 Da die herrschende Muttergesellschaft Åblicherweise mindestens eine Dreiviertel-Mehrheit an der Tochtergesellschaft halten wird, ist das Zustimmungserfordernis regelmßig unproblematisch. 3 MÅlbert in Großkomm/AktG, Vor §§ 291 ff. Rz. 26.

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A. GrenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag

Verweis auf § 302 AktG ist dynamisch auszugestalten. Sofern außenstehende Gesellschafter vorhanden sind, muss der Vertrag Regelungen zum angemessenen Ausgleich gem. § 304 AktG und zur Abfindung gem. § 305 AktG enthalten. Zustzlicher Inhalt. Daneben verlangen manche Meinungsvertreter in der Literatur noch zustzliche nachfolgend dargestellte Vertragsinhalte.1

26.12

Loyalittsklausel. Eine verbreitete Literaturmeinung verlangt, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag eine sog. „Loyalittsklausel“ enthalten mÅsse, in der ausdrÅcklich das deutsche Recht als anwendbar erklrt werde.2 Dies soll eine Wirksamkeitsvoraussetzung fÅr den GewinnabfÅhrungsvertrag sein, damit auf diese Weise die Durchsetzung des deutschen (Konzern-)Rechts sichergestellt werde.3 Das BedÅrfnis einer Loyalittsklausel wird allerdings von zahlreichen Meinungsvertretern bestritten.4 Mangels bislang hÇchstrichterlicher Klrung empfiehlt aber selbst manche Gegenstimme zur Vermeidung des Unwirksamkeitsrisikos, eine Loyalittsklausel aufzunehmen.5

26.13

Gerichtsstandklausel. Die gleiche Literaturmeinung fordert neben bzw. als weiteren Bestandteil der Loyalittsklausel auch eine Gerichtsstandklausel, in der die Zustndigkeit der deutschen Gerichte fÅr alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Vertrag festgeschrieben wird.6 Argument ist auch hier wieder die Sicherstellung der Durchsetzbarkeit deutschen Rechts.7 Ebenso wie die Loyalittsklausel wird das Erfordernis einer Gerichtsstandklausel Åberwiegend abgelehnt, aber zur Vermeidung des Unwirksamkeitsrisikos letztlich doch empfohlen.8

26.14

Hinnahme der Zwangsvollstreckung. Vereinzelt wird schließlich gefordert, dass ein grenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag eine Verpflichtung der auslndischen herrschenden Gesellschaft zur Hinnahme der Zwangsvollstreckung aus AnsprÅchen aus dem GewinnabfÅhrungs-

26.15

1 FÅr einen berblick Åber diese zustzlichen Anforderungen: Spahlinger/Wengen, Internationales Gesellschaftsrecht, S. 102 Rz. 368 ff. 2 Selzner/Sustmann, Der Konzern 2003, 85 (95); Staudinger/Großfeld, InterGesR, Rz. 575; Wiedemann, Gesellschaftsrecht Band 1, S. 805. 3 Staudinger/Großfeld, InterGesR, Rz. 575; Wiedemann, Gesellschaftsrecht Band 1, S. 805. 4 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG, Einl. §§ 291 ff. Rz. 49; MÅlbert in Großkomm/AktG, Vor §§ 291 ff. Rz. 25; Spahlinger/Wengen, Internationales Gesellschaftsrecht, S. 102 Rz. 374; Veil in Spindler/Stilz, Vor § 291 AktG Rz. 49. 5 Spahlinger/Wengen, Internationales Gesellschaftsrecht, S. 102 Rz. 374. 6 Selzner/Sustmann, Der Konzern 2003, 85 (95); Staudinger/Großfeld, InterGesR, Rz. 575. 7 Selzner/Sustmann, Der Konzern 2003, 85 (95); Staudinger/Großfeld, InterGesR, Rz. 575. 8 Altmeppen in MÅnchKomm/AktG, Einl. §§ 291 ff. Rz. 49; MÅlbert in Großkomm/AktG, Vor §§ 291 ff. Rz. 25; Spahlinger/Wengen, Internationales Gesellschaftsrecht, S. 102 Rz. 374; Veil in Spindler/Stilz, Vor § 291 AktG Rz. 49.

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Kapitel 26 Gesellschaftsrechtliche Fragen

vertrag enthalten mÅsse, sofern sie Åber kein VermÇgen im Inland verfÅge. Erst dann dÅrfe die GeschftsfÅhrung der inlndischen Tochtergesellschaft nachteilige Weisungen befolgen.1 Auch hier gilt fÅr die vorsichtige GeschftsfÅhrung wohl die Empfehlung, eine solche Klausel aufzunehmen, bis der Punkt hÇchstrichterlich geklrt ist.2 3. VertragsdurchfÅhrung

26.16 Auch die Rechtsfolgen des grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrags bestimmen sich nach deutschem Recht.3 Insofern bestehen keine Besonderheiten im Vergleich zu einer deutsch-deutschen Konstellation. Die Tochtergesellschaft muss ihren JahresÅberschuss gemß § 301 AktG abfÅhren. Die Gewinnermittlung auf Ebene der inlndischen Tochtergesellschaft erfolgt nach HGB und AktG bzw. GmbHG. FÅr die HÇhe der GewinnabfÅhrung gilt § 301 AktG. Bei einem Verlust am Ende des Geschftsjahres muss die auslndische Muttergesellschaft diesen gem. § 302 AktG ausgleichen. Zu den Einzelheiten vgl. oben Rz. 26.9 und zu den steuerlichen Anforderungen an die VertragsdurchfÅhrung oben Rz. 3.48 ff.

26.17 Beendigung. Die Beendigung des grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrags kann – wie in einer deutsch-deutschen Konstellation auch – gem. §§ 296, 297 AktG entweder durch Aufhebung oder durch – ordentliche oder außerordentliche – KÅndigung erfolgen. Die Zustimmungserfordernisse auf der Ebene der gewinnabfÅhrenden deutschen Gesellschaft unterscheiden sich nicht von denen im rein nationalen Fall, s. Rz. 11.11 ff. Im Falle einer Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags haben die Glubiger der Gesellschaft gem. § 303 AktG das Recht, von der auslndischen Muttergesellschaft Sicherheitsleistung zu verlangen.

IV. GewinnabfÅhrung durch auslndische Tochter an inlndische Mutter 1. Vertragsabschluss

26.18 In der Konstellation „auslndische Tochtergesellschaft – inlndische Muttergesellschaft“ gilt nach dem Gesellschaftsstatut der Tochtergesellschaft fÅr den Vertragsabschluss grundstzlich deren auslndische Rechtsordnung (Rz. 26.8). Allerdings kennen die meisten auslndischen Rechtsordnungen das Instrument des GewinnabfÅhrungsvertrags nicht. Ferner entsprechen die in auslndischen Rechtsordnungen vorgesehenen GewinnabfÅhrungsvertrge mÇglicherweise dem deutschen GewinnabfÅhrungs-

1 Staudinger/Großfeld, InterGesR, Rz. 577; Kindler in MÅnchKomm/BGB, IntGesR Rz. 786. 2 So auch Spahlinger/Wengen, Internationales Gesellschaftsrecht, S. 102 Rz. 376. 3 Kindler in MÅnchKomm/BGB, IntGesR Rz. 786.

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A. GrenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag

vertrag nicht genau.1 Insofern stellt sich in der Praxis die Frage, ob eine dem GewinnabfÅhrungsvertrag vergleichbare schuldrechtliche Gestaltung mÇglich und sinnvoll wre. Schuldrechtliche MÇglichkeit. Die rein schuldrechtliche MÇglichkeit zur Vereinbarung Åber GewinnabfÅhrung bzw. VerlustÅbernahme wird man vor dem Hintergrund der Vertragsfreiheit wohl grundstzlich bejahen kÇnnen, sofern das jeweilige auslndische (Konzern-)Gesellschaftsrecht der Tochtergesellschaft dem nicht entgegensteht. Hier kÇnnte insbesondere problematisch sein, ob das auslndische Recht die vollstndige GewinnabfÅhrung duldet, da hierdurch gegen Gewinnbezugsrechte der (Åbrigen) Gesellschafter verstoßen werden kÇnnte. Zudem kÇnnten auslndische Glubigerschutzregelungen der – erschwerend auch noch „Åber die Grenze“ erfolgenden – GewinnabfÅhrung entgegenstehen. Das deutsche Konzernrecht auf Seite der Muttergesellschaft hingegen sollte einer schuldrechtlichen Vereinbarung nicht entgegenstehen, da es die VerlustÅbernahme in § 302 AktG durch die herrschende Gesellschaft bereits fÅr inlndische Sachverhalte kennt.

26.19

Steuerliche Organschaft. Der Grund fÅr einen GewinnabfÅhrungsvertrag liegt fÅr die Beteiligten regelmßig in der Schaffung einer steuerlichen Organschaft. Nur wenn dieses Ziel erreicht werden kann, wird ihnen eine vergleichbare schuldrechtliche Gestaltung sinnvoll erscheinen. Hierzu gibt es insbesondere die zwei nachfolgend dargestellten relevanten Flle aus der jÅngeren Finanzrechtsprechung.

26.20

Das Niederschsische FG hat in einer jÅngeren rechtskrftigen Entscheidung ausgefÅhrt, dass ein GewinnabfÅhrungsvertrag durch eine Vereinbarung mit der rechtlichen Verpflichtung zur VerlustÅbernahme als Voraussetzung fÅr eine Organschaft ersetzt werden kÇnnte.2 In dem Fall hatte eine deutsche Muttergesellschaft Verluste von zwei italienischen Tochtergesellschaften gegenÅber dem Finanzamt geltend gemacht. Die MÇglichkeiten zur steuerlichen BerÅcksichtigung in Italien waren vorher ausgeschÇpft worden. Das deutsche Finanzamt lehnte die Verlustverrechnung, mit dem Argument ab, es bestÅnde kein GewinnabfÅhrungsvertrag und damit keine steuerliche Organschaft. Das Niederschsische FG stellte zunchst fest, dass ein GewinnabfÅhrungsvertrag in dieser Konstellation nicht mÇglich sei.3 § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG fÅhre damit zu einer versteckten Diskriminierung grenzÅberschreitender Sachverhalte, da die Voraussetzung eines GewinnabfÅhrungsvertrags von auslndischen Toch-

26.21

1 ZB schildert Scheunemann, GrenzÅberschreitende konsolidierte Konzernbesteuerung 2005, 121 (122 f.), dass der portugiesische GewinnabfÅhrungsvertrag keine korrespondierende gesetzliche laufende VerlustÅbernahmeverpflichtung kennt. 2 FG Nds. v. 11.2.2010 – 6 K 406/08, DStRE 2010, 474 ff. 3 FG Nds. v. 11.2.2010 – 6 K 406/08, DStRE 2010, 474 (475).

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Kapitel 26 Gesellschaftsrechtliche Fragen

tergesellschaften nicht erfÅllt werden kÇnnte.1 Daher sei das Tatbestandsmerkmal „GewinnabfÅhrungsvertrag“ in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG und die VerlustÅbernahmeverpflichtung in § 17 Satz 2 KStG teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass bei grenzÅberschreitenden Sachverhalten stattdessen eine rechtliche Verpflichtung der Muttergesellschaft zur bernahme der Verluste ihrer Tochtergesellschaft erforderlich sei.2 Hierzu mÅsse sich die Muttergesellschaft rechtsverbindlich fÅr mindestens 5 Jahre verpflichtet haben. Zudem mÅssten die in §§ 14 ff. KStG geforderten Beteiligungsverhltnisse vorliegen.3 Im Ergebnis fehlte es allerdings im Fall an diesen Voraussetzungen, so dass eine Verrechnung vom Niederschsischen FG letztlich abgelehnt wurde.

26.22 Das FG Rheinland-Pfalz4 hatte einen hnlichen Fall zu entscheiden. Das Urteil ist ebenfalls rechtskrftig. Eine deutsche Muttergesellschaft wollte die im Geschftsjahr angefallenen Verluste einer dnischen Tochtergesellschaft von ihrem zu versteuernden Einkommen abziehen. Das Finanzamt lehnte dies ab, da es an einer Organschaft fehle. Ebenso wie das FG Niedersachsen kam auch das FG Rheinland-Pfalz zu dem Ergebnis, dass es durch die §§ 14 ff. KStG zu einer Ungleichbehandlung zwischen auslndischen und inlndischen Tochtergesellschaften kommen kÇnne.5 Diese Ungleichbehandlung sei allerdings nur dann mit der europischen Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar, wenn die Situationen objektiv miteinander vergleichbar seien und kein zwingender Grund fÅr die Ungleichbehandlung vorliege.6 Im vorliegenden Fall war nach Ansicht des FG Rheinland-Pfalz das richtige Vergleichspaar nicht eine deutsche Muttergesellschaft und eine deutsche Tochtergesellschaft mit einem GewinnabfÅhrungsvertrag. Vielmehr sei die Situation vergleichbar mit einer deutschdeutschen Konstellation ohne GewinnabfÅhrungsvertrag, bei der es ebenfalls an einer Organschaft fehle.7 Hier wie dort kÇnnten Verluste von Tochtergesellschaften mangels steuerlicher Organschaft nicht abgezogen werden.8 Ein GewinnabfÅhrungsvertrag htte nach Ansicht des FG Rheinland-Pfalz auch mit der auslndischen Tochtergesellschaft – wenn auch in teleologisch reduzierter Form – geschlossen werden kÇnnen.9 Die Beteiligten htten zwar mÇglicherweise keinen „formalen“ GewinnabfÅhrungsvertrag „Åber die Grenze“ schließen kÇnnen. Eine entsprechende schuldrechtliche Vereinbarung sei aber mÇglich gewesen.10 Wesentlicher Bestandteil dieser Vereinbarung sei die Verpflichtung zur VerlustÅbernahme durch die inlndische Muttergesellschaft, die auf mindestens fÅnf Jahre 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

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FG Nds. v. 11.2.2010 – 6 K 406/08, DStRE 2010, 474 (476). FG Nds. v. 11.2.2010 – 6 K 406/08, DStRE 2010, 474 (476). FG Nds. v. 11.2.2010 – 6 K 406/08, DStRE 2010, 474 (476). FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, DStRE 2010, 802. FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, DStRE 2010, 802 (805). FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, DStRE 2010, 802 (805). FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, DStRE 2010, 802 (805). FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, DStRE 2010, 802 (805). FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, DStRE 2010, 802 (805). FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, DStRE 2010, 802 (805).

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A. GrenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag

abgeschlossen und whrend der gesamten Geltungsdauer durchgefÅhrt worden sein mÅsste.1 Daran habe es hier gefehlt, so dass eine Verlustverrechnung im Ergebnis ausscheiden mÅsse. Letztlich mussten beide Finanzgerichte nicht endgÅltig entscheiden, ob eine steuerliche Organschaft grenzÅberschreitend in der Konstellation „deutsche Muttergesellschaft – auslndische Tochtergesellschaft“ begrÅndet werden kann. Die beiden Entscheidungen legen aber nahe, dass dies zumindest nicht an dem fehlenden Merkmal des GewinnabfÅhrungsvertrags scheitern wÅrde. Das kann wohl nach Ansicht der beiden Gerichte durch teleologische Reduktion von insbesondere § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG durch eine vergleichbare schuldrechtliche Vereinbarung ersetzt werden.

26.23

2. Vertragsinhalt Die beiden vorgenannten Urteile liefern Anhaltspunkte fÅr den wesentlichen Vertragsinhalt einer vergleichbaren schuldrechtlichen Vereinbarung. Wichtigster Bestandteil ist die VerlustÅbernahmeverpflichtung durch die Muttergesellschaft.2 Daneben gelten die Anforderungen an einen GewinnabfÅhrungsvertrag entsprechend, dh. die Verpflichtung muss fÅr fÅnf Jahre fest abgeschlossen werden und whrend der gesamten Dauer durchgefÅhrt worden sein.3

26.24

Da es sich formal betrachtet in dieser Konstellation nicht um einen GewinnabfÅhrungsvertrag, sondern um eine rein schuldrechtliche Vereinbarung handelt, wÅrde dieser Vertrag kollisionsrechtlich dem Vertragsstatut unterliegen. Damit wre wohl auch eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts mÇglich. Das fÅr die Tochtergesellschaft anwendbare auslndische Recht muss ihr aber dennoch erlauben, in einen solchen Vertrag – insbesondere zur AbfÅhrung ihres Gewinns – einzutreten. Zu erwgen wre, ob auch eine schuldrechtliche Vereinbarung ausreicht, die lediglich eine VerlustÅbernahme, nicht jedoch auch eine GewinnabfÅhrung regelt. Eine solche wre vermutlich nach den jeweiligen auslndischen Rechtsordnungen eher zulssig.

26.25

3. VertragsdurchfÅhrung Gegenstand der DurchfÅhrung ist die schuldrechtliche Vereinbarung, die inhaltlich soweit wie mÇglich dem Instrument des GewinnabfÅhrungsvertrags entsprechen wird. Danach muss die auslndische Tochtergesellschaft ihren JahresÅberschuss an die deutsche Muttergesellschaft abfÅhren. Dieser JahresÅberschuss mÅsste wohl nach dem auslndischen Recht der Tochtergesellschaft ermittelt werden. Gleiches gilt fÅr den Fall eines 1 FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, DStRE 2010, 802 (807 f.). 2 FG Nds. v. 11.2.2010 – 6 K 406/08, DStRE 2010, 474 (476); FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, DStRE 2010, 802 (807 f.). 3 FG Rh.-Pf. v. 17.3.2010 – 1 K 2406/07, DStRE 2010, 802 (807 f.).

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26.26

Kapitel 26 Gesellschaftsrechtliche Fragen

etwaigen Jahresfehlbetrags. Teilweise wird die Frage aufgeworfen, ob fÅr die BerÅcksichtigung dieses JahresÅberschuss bzw. -fehlbetrags in der Bilanz der deutschen Muttergesellschaft der nach auslndischer Rechtsordnung ermittelte Gewinn oder Verlust in deutsche BuchfÅhrungsgrundstze „transformiert“ werden mÅsste. Dies erscheint bereits aus praktischer Sicht nicht durchfÅhrbar. Einen Anhaltspunkt gegen das BedÅrfnis einer Transformation lsst sich uE auch aus dem Gesetz herleiten: Im Bereich der Verlustabzugssperre des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG (Versagung doppelter Verlustnutzung bei grenzÅberschreitender Organschaft) findet sich eine ausdrÅckliche AnknÅpfung an die Besteuerung „in einem auslndischen Staat“ (Rn. 28.25 f.). Diese wird regelmßig von auslndischen Gewinnermittlungsvorschriften abhngen, so dass insoweit eine bernahme des danach zu ermittelnden Ergebnisses fÅr inlndische Besteuerungszwecke erfolgt. Wenn der Gesetzgeber damit im Bereich der negativen EinkÅnfte implizit auf auslndische Gewinnermittlungsvorschriften abhebt, sollte dies auch auf die Frage der Anforderungen an die Ermittlung des abzufÅhrenden JahresÅberschusses Åbertragbar sein. Im Ergebnis wird die inlndische Muttergesellschaft den JahresÅberschuss bzw -fehlbetrags daher wohl so zu Åbernehmen haben wie er von der auslndischen Tochtergesellschaft nach ihren BuchfÅhrungsregeln ermittelt wurde. Zudem ist zu erwgen, ob es einer steuerlichen BuchfÅhrung fÅr die auslndische Tochtergesellschaft bedarf. Bei einem Jahresfehlbetrag ist die deutsche Muttergesellschaft zur bernahme verpflichtet, dh. es bedarf einer tatschlichen Zahlung der Muttergesellschaft an die auslndische Tochtergesellschaft.

B. Doppelte Ansssigkeit von Organgesellschaft/ Organtrger I. Problemstellung 26.27 Die Frage nach einer steuerlichen „Doppeltansssigkeit“ wird stets dann relevant, wenn eine Kapitalgesellschaft ihren Ort der Geschftsleitung in einem anderen Staat hat als dem, nach dessen Recht sie gegrÅndet wurde. Dabei ist der Ort der Geschftsleitung, dh. nach § 10 AO der Mittelpunkt der geschftlichen Oberleitung, nicht zwingend der gleiche Ort wie der fÅr die gesellschaftsrechtliche Zuordnung relevante tatschliche Verwaltungssitz, dh. nach der Rechtsprechung des BGH1 der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende GeschftsfÅhrungsakte umgesetzt werden. Beide Orte kÇnnen theoretisch auseinander fallen. Gesellschaftsrechtlich relevant wird der Fall der steuerlich doppelt ansssigen Kapitalgesellschaft allerdings nur dann, wenn 1 BGH v. 21.3.1986 – V ZR 10/85, BGHZ 97, 269 (272).

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B. Doppelte Ansssigkeit von Organgesellschaft/Organtrger

sich auch der tatschliche Verwaltungssitz in einem anderen Staat befindet, nach dessen Recht die betreffende Kapitalgesellschaft gegrÅndet wurde. Um zu beurteilen, welche Folgen eine solche Konstellation gesellschaftsrechtlich hat, muss man unterscheiden zwischen den sog. „Zuzugsfllen“ – also den Fllen, in denen der tatschliche Verwaltungssitz einer nach dem Recht eines anderen Staates gegrÅndeten Gesellschaft in Deutschland liegt – und den sog. „Wegzugsfllen“ – also den Fllen, in denen eine nach deutschem Recht gegrÅndete Gesellschaft ihren tatschlichen Verwaltungssitz nicht in Deutschland hat. Innerhalb der Zuzugsflle und der Wegzugsflle ergeben sich wiederum gesellschaftsrechtlich unterschiedliche Folgen, abhngig davon, ob der Zuzug aus einem anderen EU-Mitgliedstaat oder einem Drittstaat oder ob der Wegzug in einen anderen EUMitgliedstaat oder einen Drittstaat erfolgt.

26.28

II. Gesellschaftsrechtliche Folgen des Auseinanderfallens von GrÅndungsstaat und tatschlichem Verwaltungssitz 1. Zuzugsflle Aus Drittstaaten. Grundstzlich wird in Deutschland das anwendbare Gesellschaftsstatut entsprechend dem Kollisionsrecht nach der Sitztheorie bestimmt. Danach ist auf eine Kapitalgesellschaft das Recht des Staates anzuwenden, in dem sie ihren tatschlichen Verwaltungssitz hat.1 Etwas anderes ergibt sich nur bei grenzÅberschreitenden Sachverhalten mit anderen Mitgliedsstaaten der EU oder des EWR (Rz. 26.32) oder wenn ein besonderes bilaterales Anerkennungs-Abkommen mit dem jeweiligen Drittstaat besteht.2

26.29

Infolge der Anwendung der Sitztheorie ist grundstzlich auf eine Drittstaaten-Kapitalgesellschaft, die ihren tatschlichen Verwaltungssitz nach Deutschland verlegt oder ihn hier hat, deutsches Recht anzuwenden. Da das deutsche Recht die auslndische Gesellschaftsform regelmßig nicht kennt und die Gesellschaft auch nicht die (insbesondere formalen) Voraussetzungen einer vergleichbaren deutschen Kapitalgesellschaft – also zB GrÅndung mit beurkundetem Gesellschaftsvertrag und Eintragung in das Handelsregister – erfÅllen wird, behandelt es sie als Personengesellschaft, dh. BGB-Gesellschaft oder OHG, nach deutschem Recht.3 Denn es besteht zumindest nach dem Willen der Gesellschafter ein rechtlich verselbstndigter Verband, dem die Gesellschafter durch GrÅndung der auslndischen Gesellschaft eine VerkÇrperung verleihen wollten.

26.30

1 Kindler in MÅnchKomm/BGB, IntGesR Rz. 420. 2 ZB Art. XXV Abs. 5 Deutsch-Amerikanischer Handels-, Schifffahrts- und Freundschaftsvertrag v. 29.10.1954 (BGBl. II 1956, 487). 3 Kindler in MÅnchKomm/BGB, IntGesR Rz. 486 ff.

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Kapitel 26 Gesellschaftsrechtliche Fragen

FÅr die Beurteilung der Zulssigkeit und DurchfÅhrung eines GewinnabfÅhrungsvertrags mit solchen Gesellschaften sollte dann aus deutscher Sicht deutsches Konzernrecht anzuwenden sein.1

26.31 Zu einer steuerlichen Doppeltansssigkeit der Gesellschaft kann es in diesem Szenario nicht kommen, da Personengesellschaften im deutschen Recht ertragsteuerlich als transparent behandelt werden und keine steuerliche „Ansssigkeit“ fÅr sich in Anspruch nehmen kÇnnen. Dies gilt unabhngig davon, ob der Drittstaat, aus dem die Gesellschaft wegzieht, der GrÅndungs- oder der Sitztheorie folgt. Denn in Deutschland wÅrde die Anwendung der Sitztheorie stets zur Behandlung als Personengesellschaft fÅhren, so dass aus steuerlicher Sicht die Ansssigkeit einer DrittstaatenKapitalgesellschaft in Deutschland ausscheiden mÅsste.

26.32 Aus EU- und EWR-Staaten. Ganz anders stellen sich die Folgen bei einem „Zuzug“ einer Gesellschaft aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat oder einem EWR-Staat dar. Aufgrund der europischen Niederlassungsfreiheit muss die deutsche Rechtsordnung wirksam bestehende Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten anerkennen. Dies hat der EuGH in seinen Entscheidungen Centros,2 berseering3 und Inspire Art4 entschieden. Eine nach dem Recht eines anderen EU-Mitgliedsstaates wirksam bestehende Kapitalgesellschaft, die ihren tatschlichen Verwaltungssitz in Deutschland hat, behlt dementsprechend in Deutschland ihre Rechtsund Parteifhigkeit nach dem Recht ihres GrÅndungsstaates.5 FÅr eine Gesellschaft aus einem EWR-Staat gelten hinsichtlich der europischen Niederlassungsfreiheit aufgrund Art. 31 des EWR-Abkommens die gleichen Grundstze.6 In diesen Fllen kann es mithin zu einer steuerlichen Doppeltansssigkeit der Gesellschaft kommen. FÅr die Problematik der grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrge bedeutet dies: Auf den grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrag mit einer abhngigen EU- oder EWR-Gesellschaft, die ihren tatschlichen Verwaltungssitz nach Deutschland verlegt, wird das auslndische Recht dieser Gesellschaft anzuwenden sein, da sie ihren Status als auslndische Gesellschaft weiterhin behlt.

1 So wohl auch: Gsell in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rn. 2.34 ff. 2 EuGH v. 9.3.1999 – Rs. C-212/97 – Centros, Slg. 1999, I-1459 = FR 1999, 449 m. Anm. Dautzenberg. 3 EuGH v. 5.11.2002 – Rs. C-2008/00 – berseering, Slg. 2002, I-9919. 4 EuGH v. 30.9.2003 – Rs. C-167/01 – Inspire Art, Slg. 2003, I-10195 = GmbHR 2003, 1260 m. Anm. Meilicke. 5 Astrid KrÅger in Beck’sches Handbuch Umwandlungen international, 1. Teil Rz. 33; berblick Åber die umfangreiche Literatur bei: Thorn in Palandt74, Anh zu EGBGB 12 (IPR), Rz. 4 ff. 6 Vgl. auch BGH v. 19.9.2005 – II ZR 372/03, NJW 2005, 3351 = GmbHR 2005, 1483 m. Anm. Wachter; Gsell in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rn. 2.15.

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B. Doppelte Ansssigkeit von Organgesellschaft/Organtrger

Trger der Niederlassungsfreiheit kann aber nur eine nach ihrem GrÅndungsstaat wirksam (fort-) bestehende Gesellschaft sein, siehe hierzu schon oben Rz. 26.32. Voraussetzung ist daher, dass der Wegzugsstaat der betreffenden Gesellschaft nach seinem nationalen Recht die Verlegung des tatschlichen Verwaltungssitzes ins Ausland unter Fortbestehung der Gesellschaft erlaubt.1 Dies ist daher fÅr jeden Einzelfall vor der Annahme des Fortbestands der Gesellschaft auch mit tatschlichem Verwaltungssitz in Deutschland zu prÅfen.

26.33

2. Wegzugsflle In Drittstaaten. Verlegt eine deutsche Kapitalgesellschaft ihren tatschlichen Verwaltungssitz in einen Drittstaat, so ist aus Sicht des deutschen Kollisionsrechts nach der Sitztheorie zunchst das Recht des auslndischen Staates anwendbar. FÅr die daraus resultierenden Folgen, ist jedoch zu differenzieren, ob der tatschliche Verwaltungssitz in einen der Sitz- oder der GrÅndungstheorie folgenden Staat erfolgt.

26.34

Verlegung in GrÅndungstheoriestaaten. Das deutsche Recht wÅrde nach der Sitztheorie bei einem tatschlichen Verwaltungssitz in einem Drittstaat zunchst diesem das anwendbare Recht zuweisen. Folgt der Drittstaat der sog. GrÅndungstheorie, bedeutet das jedoch, dass er sich fÅr die Frage des anwendbaren Rechts immer nach dem fÅr die GrÅndung angewandten Recht richtet, hier also nach deutschem Recht. Das deutsche Kollisionsrecht wÅrde diese sog. RÅckverweisung annehmen (Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) und deutsches Sachrecht auf die Gesellschaft anwenden. Es bestÅnde also eine deutsche Kapitalgesellschaft mit tatschlichem Verwaltungssitz im Ausland. Nach deutschem Sachrecht ist eine Verlegung des tatschlichen Verwaltungssitzes auch grundstzlich zulssig (§ 4a GmbHG, § 5 AktG), wobei allerdings teilweise bestritten wird, ob dies auch fÅr Verlegungen ins Ausland gilt.2 Die herrschende Meinung geht aber inzwischen von einer zulssigen Verwaltungssitzverlegung auch ins Ausland aus.3 Im Ergebnis wÅrde damit in diesem Szenario aus deutsch-rechtlicher Sicht eine deutsche Kapitalgesellschaft mit Verwaltungssitz im Ausland existieren.4 Es kÇnnte somit zu einer steuerlichen Doppeltansssigkeit kommen, da die Gesellschaft in Deutschland weiterhin existiert, ihren Ort der Geschftsleitung aber in einem anderen Staat htte.

26.35

1 Vgl. hierzu auch EuGH v. 16.12.2008 – Rs. C-210/06 – Cartesio, Slg. 2008, I-9641 = GmbHR 2009, 86; s. unten Rz. 26.34. 2 EidenmÅller, ZGR 2007, 168 (205); Heckschen, DStR 2009, 166 (168 f.). 3 Bayer in Lutter/Hommelhoff18, § 4a GmbHG Rz. 15; Bayer/Schmidt, ZHR 2009, 735 (749 ff.); Hirte, NZG 2008, 761 (766); Leible/Hoffmann, BB 2009, 58 (62); SÅß in SÅß/Wachter2, § 1 Rz. 39. 4 Astrid KrÅger in Beck’sches Handbuch Umwandlungen international, 1. Teil Rz. 35.

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26.36 Verlegung in Sitztheoriestaaten. Folgt der Staat dagegen der Sitztheorie, kme man auch nach dem Kollisionsrecht dieses Staates zur Anwendung des Rechts des tatschlichen Verwaltungssitzes, also des Drittstaats, auf die „weggezogene“ deutsche Kapitalgesellschaft. Es wÅrde sich also nicht mehr um eine deutsche Kapitalgesellschaft handeln, sondern um die Rechtsform, die der Drittstaat dem Gebilde zuweist. Somit kann es nicht zu einer Doppeltansssigkeit kommen.

26.37 In das EU- oder EWR-Ausland. Auch wenn eine deutsche Gesellschaft ihren tatschlichen Verwaltungssitz in einen anderen EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat verlegt, ist zu differenzieren, ob der Sitz in einen der Sitzoder der GrÅndungstheorie folgenden Mitgliedstaat bzw. EWR-Staat erfolgt.

26.38 Verlegung in GrÅndungstheorie-Mitgliedstaat bzw. -EWR-Staat. In diesem Fall kme es, wie oben unter Rz. 26.35 fÅr den „Wegzug“ in einen Drittstaat erlutert, Åber eine RÅckverweisung zur Anwendung deutschen Sachrechts auf die „weggezogene“ deutsche Kapitalgesellschaft. Im Ergebnis wÅrde damit auch in diesem Szenario aus deutsch-rechtlicher Sicht eine deutsche Kapitalgesellschaft mit Verwaltungssitz im EU- oder EWRAusland existieren, die steuerlich doppeltansssig sein kÇnnte, da die Gesellschaft in Deutschland weiterhin existiert, ihren Ort der Geschftsleitung aber in einem anderen Staat htte.

26.39 Verlegung in Sitztheorie-Mitgliedstaat bzw. -EWR-Staat. Verlegt eine deutsche Kapitalgesellschaft ihren Sitz in einen Mitgliedstaat bzw. EWRStaat, der der Sitztheorie folgt, ist dagegen umstritten, wie die Rechtsprechung des EuGH in diesem Kontext zu verstehen ist. Einerseits wird vertreten, dass im deutschen internationalen Privatrecht sowohl bei Zuzugsals auch bei Wegzugsfllen innerhalb Europas die GrÅndungstheorie gelten mÅsse.1 Dann wre auch in diesem Fall die deutsche Kapitalgesellschaft als fortbestehend anzuerkennen. Andererseits wird argumentiert, dass im deutschen Kollisionsrecht grundstzlich die Sitztheorie gelte. Die vom EuGH entschiedenen Flle wÅrden nur Zuzugsflle betreffen. Die Anwendung der GrÅndungstheorie sei daher nur fÅr Zuzugsflle verpflichtend. Auf Wegzugsflle kÇnne weiterhin die Sitztheorie angewendet werden.2

26.40 Auch wenn viele gute praktische Erwgungen fÅr die allgemeine Geltung der GrÅndungstheorie fÅr Sitzverlegungsflle innerhalb der EU und des EWR-Raumes sprechen, ist zu befÅrchten, dass die deutschen Gerichte der zweiten Ansicht folgen wÅrden. Der BGH hat zuletzt bereits in Kennt1 Brakalova/Barth, DB 2009, 213 (215 f.); Behme/Nohlen, BB 2009, 13 (14); Dubler/Heuschmid, NZG 2009, 493 (494); weitere Nachweise bei: Astrid KrÅger in Beck’sches Handbuch Umwandlungen international, 1. Teil Rz. 35. 2 Leible/Hoffmann, BB 2009, 58 (62); Jung, EuZW 2012, 863 (865); Kindler, IPrax 2009, 189 (192); Heckschen, DStR 2009, 166 (168 f.); Sethe/Winzer, WM 2009, 536 (540); Werner, GmbHR 2009, 191 (193 f.).

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B. Doppelte Ansssigkeit von Organgesellschaft/Organtrger

nis der EuGH-Rechtsprechung zu Zuzugsfllen in seiner Trabrennbahn Entscheidung die Anwendung der Sitztheorie fÅr Gesellschaften aus Drittstaaten besttigt. Die EuGH-Entscheidungen Centros,1 berseering2 und Inspire Art3 betrafen alle nur Zuzugsflle. In seiner Cartesio- Entscheidung hat der EuGH dagegen geurteilt, dass die europische Niederlassungsfreiheit einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, einer nach seinem Recht gegrÅndeten Gesellschaft im Falle ihres Wegzugs die rechtliche Anerkennung zu versagen.4 Insofern ist es nach gegenwrtigem Stand in Deutschland aus Sicht des EuGH weiterhin zulssig – wenn auch wenig praktikabel und materiell eher nicht gewollt –, auf Wegzugsflle weiterhin die Sitztheorie anzuwenden. Konsequenz fÅr Doppeltansssigkeit. Bei Wegzug einer deutschen Kapitalgesellschaft in einen Sitztheorie-Mitgliedstaat wÅrde somit nach deutschem Kollisionsrecht (Sitztheorie) wie auch im Fall des Wegzugs in einen Drittstaat (Rz. 26.36) das Recht dieses Sitztheorie-Mitgliedstaates gelten. Dieser wÅrde nach seinem Kollisionsrecht – ebenfalls Sitztheorie – zum gleichen Ergebnis kommen. Da das Recht dieses Staates die deutsche Gesellschaft nicht kennt, wÅrde sie in ihrer bisherige Rechtsform nicht weiter existieren kÇnnen, sondern wÅrde entsprechend der hierfÅr jeweils in dem betreffenden Mitgliedstaat entwickelten Sondervorschriften behandelt werden. In Deutschland wÅrde die Gesellschaft aufhÇren zu existieren. Damit wre in diesem Szenario eine steuerliche Doppeltansssigkeit nicht denkbar.

1 EuGH v. 9.3.1999 – Rs. C-212/97 – Centros, Slg. 1999, I-1459 = FR 1999, 449 m. Anm. Dautzenberg. 2 EuGH v. 5.11.2002 – Rs. C-208/00 – berseering, Slg. 2002, I-9919 = GmbHR 2001, 1137. 3 EuGH v. 30.9.2003 – Rs. C-167/01 – Inspire Art, Slg. 2003, I-10195 = GmbHR 2003, 1260 m. Anm. Meilicke. 4 Leible/Hoffmann, BB 2009, 58 (58 f.).

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26.41

Kapitel 27 Inlandsbezug bei Organtrger und Organgesellschaft in grenzÅberschreitenden Fllen Literatur Benecke/Schnitger, Wichtige nderungen bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft durch das UntStG 2013, IStR 2013, 143; Breuninger, Die Zentralfunktion des Stammhauses bei grenzÅberschreitenden Verschmelzungen, FS Schaumburg, 2009, 587; v. Brocke/MÅller, Die Auswirkungen des SCA Group Holding-Urteils auf das deutsche Steuerrecht, DStR 2014, 2106; Cloer/Kahlenberg, Die Gruppenbesteuerung im Lichte der EuGH-Rechtsprechung, SteuK 2014, 511; DÇtsch/Pung, Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts: Die nderungen bei der Organschaft, DB 2013, 305; DÇtsch/Pung, Organtrger-Personengesellschaft mit auslndischen Gesellschaftern: Zur Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG, DB 2014, 1215; Ehlermann/Petersen, Abkommensrechtliche vs. nationale Zuordnung von Beteiligungen – Besonderheiten bei ertragsteuerlicher Organschaft, IStR 2011, 747; FÇrster/ Naumann/Rosenberg, Generalthema II des IFA-Kongresses 2006 in Amsterdam: Gewinnabgrenzung bei Betriebssttten, IStR 2005, 617; Goebel/Ungemach, Neuregelung bei der Besteuerung ertragsteuerlicher Organschaften mit Auslandsbezug, NWB 2013, 595; Gosch, ber Cross Border-Organschaften, IWB 2012, 694; Hagemann, Betriebsstttenbesteuerung: Zuordnung von WirtschaftsgÅtern (Teil 1), PIStB 2014, 111; Jesse, Neuregelungen zur ertragsteuerlichen Organschaft, FR 2013, 629; Kleinheisterkamp, Personengesellschaften als Organtrger, JbFSt 2014/2015, S. 447; Kraft/Dombrowski, Die praktische Umsetzung des „Authorized OECD Approach“ vor dem Hintergrund der Betriebsstttengewinnaufteilungsverordnung, FR 2014, 1105; Kumpf/Roth, Grundstze der Ergebniszuordnung nach den neuen Betriebssttten-Verwaltungsgrundstzen, DB 2000, 741; LÅdicke, Das DBA-Gespenst bei der Organschaft, IStR 2011, 740; Meretzki, Weshalb der neue 50d Abs. 10 EStG sein Ziel verfehlt und neue Probleme schafft – Mitunternehmer-Betriebssttten, floating income und weitere Streitfragen, IStR 217; Micker, Die Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs bei der Organschaft, IWB 2013, 309; Mitschke, Keine Diskriminierung nach Art. XX Abs. 4 DBA-Großbritannien in Fllen auslnderbeherrschter Inlandskapitalgesellschaften, IStR 2011, 537; Rehfeld, Isolierte Gruppenbesteuerung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften, IWB 2014, 619; RÇdder/SchÇnfeld, Abschied (auslandsbeherrschter) inlndischer Kapitalgesellschaften von der deutschen Ertragsteuerpflicht? Erste Anmerkungen zum Åberraschenden Urteil des BFH v. 9.2.2011 (I R 54, 55/10, DStR 2011, 762), DStR 2011, 886; Ronge, Anmerkungen zur geplanten Neufassung der Kommentierung zu Art. 5 des OECD-MA-Kommentars, IStR 2013, 266; Schirmer, Organschaft: Zuordnung zu einer inlndischen Betriebssttte, FR 2013, 605; Schnitger, Urteil des EuGH in der Rs. SCA als Katalysator fÅr eine deutsche Organschaftsreform – jetzt geht’s los (?), IStR 2014, 587; Sydow, Gruppenbesteuerung: steuerliche Einheit zwischen Tochtergesellschaften – EuGH-Entscheidung in den verb. Rs. C-39-41/13 „SCA Group Holding BV“, IStR 2014, 480; Schwenke, GrenzÅberschreitende Organschaft – Anmerkung zu den Neuregelungen im Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts, ISR 2013,41; Spahlinger/Wegen, Internationales Gesellschaftsrecht in der Praxis: Kollisions- und Sachrecht wesentlicher Flle mit AuslandsberÅhrung, Europisches Unternehmensrecht, Wahl der Gesellschafts-

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A. Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs der Organgesellschaft form, Corporate Governance, Wichtige auslndische Rechtsformen, 2005; Stangl/ BrÅhl, Die „kleine Organschaftsreform“, Der Konzern 2013, 77; Wassermeyer, Die BFH-Rechtsprechung zur Betriebsstttenbesteuerung vor dem Hintergrund des § 1 Abs. 5 AStG und der BsGaV, IStR 2015, 37; Weigert/Strohm, Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft, Der Konzern, 2013,256; Wichmann, Seminar F: Kommt nach dem „Anstreicher-Beispiel“ die „Subunternehmer-Betriebssttte“?, IStR 2012, 711.

A. Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs der Organgesellschaft I. Bisherige Rechtslage Nach der Rechtslage vor Umsetzung der sog. kleinen Organschaftsreform mit dem Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.20131 musste eine Organgesellschaft nach §§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 S. 1 KStG aF sowohl ihren Sitz als auch ihren Ort der Geschftsleitung im Inland haben (sog. „doppelter Inlandsbezug“). Das Bestehen der unbeschrnkten Steuerpflicht, die bereits durch einen inlndischen Sitz oder einen inlndischen Ort der Geschftsleitung begrÅndet wird, war nicht ausreichend. Sog. doppelt ansssige Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland und einem Ort der Geschftsleitung im Inland waren damit ebenso wenig taugliche Organgesellschaften wie auslndische Gesellschaften, die weder Sitz noch Ort der Geschftsleitung im Inland haben, aber eine deutsche Betriebssttte unterhalten.

27.1

Der doppelte Inlandsbezug wurde in der Literatur bereits seit Lngerem als europarechtswidrig kritisiert.2 Die Europische Kommission leitete deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV gegen die Bundesrepublik Deutschland ein.3 Sie sah im Erfordernis des doppelten Inlandsbezugs fÅr doppelt ansssige EU-/EWR-Kapitalgesellschaften einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV und Art. 31 EWR-Abkommen, da diese Gesellschaften durch diese Regelung davon abgehalten werden kÇnnten, im Inland ttig zu werden, ohne gleichzeitig, wie inlndische Gesellschaften, den steuerlichen Vorteil des

27.2

1 BGBl. I 2013, 285. 2 So erschien es zumindest zweifelhaft, ob der doppelte Inlandsbezug uneingeschrnkt fÅr die OG gelten konnte. Bedenken hiergegen ergaben sich ua. aus der sog. berseering-Entscheidung des EuGH (EuGH v. 5.11.2002 – Rs. C-208/00, GmbHR 2002, 1137 = NJW 2002, 3614). Vgl. zB Danelsing in BlÅmich, § 14 KStG, Rz. 52 mwN; Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 56 mwN; Mayr, IStR 2010, 630 (633); Frotscher, Der Konzern 2003, 98 (103). 3 Nr. 2008/4909.

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Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

Verlust- und Gewinnausgleichs im Rahmen des Organschaftsregime nutzen zu kÇnnen.1

27.3 Das BMF reagierte hierauf mit Schreiben vom 28.3.2011, in welchem der doppelte Inlandsbezug fÅr im EU-/EWR-Ausland gegrÅndete Kapitalgesellschaften mit Geschftsleitung im Inland aufgegeben wurde.2 Da eine durch eine Rechtsvorschrift verursachte Vertragsverletzung nach stndiger Rechtsprechung des EuGH jedoch nicht durch eine einfache Verwaltungsanweisung behoben werden kann, verklagte die Europische Kommission die Bundesrepublik Deutschland am 22.3.2012 vor dem EuGH.3

II. Neuregelung im Zuge der Kleinen Organschaftsreform 27.4 Im Rahmen der sog. Kleinen Organschaftsreform wurden die §§ 14 Abs. 1 S. 1, 17 Abs. 1 S. 1 KStG dahingehend gendert, dass eine Organgesellschaft zwar ihre Geschftsleitung im Inland haben muss, ihren Sitz jedoch in einem anderen Mitgliedstaat der Europischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens haben kann.4 Der doppelte Inlandsbezug wurde mithin aufgegeben.5

27.5 Damit wurde im Ergebnis die von der Europischen Kommission kritisierte und dem EuGH vorgelegte Fallkonstellation neu geregelt.6 Auch nach neuer Rechtslage kommen als Organgesellschaften aber weiterhin nicht in Betracht: – Kapitalgesellschaften mit Sitz in einem Drittstaat (Fall 1); – Kapitalgesellschaften mit Ort der Geschftsleitung im Ausland (Fall 2); – Kapitalgesellschaften mit Sitz und Ort der Geschftsleitung im Ausland, die eine inlndische Betriebssttte unterhalten (Fall 3).7

27.6 In der Rechtsache „Philips Electronics“ hat der EuGH in einer der Fallkonstellation 3 vergleichbaren Sachlage entschieden, dass eine Beschrn1 Vgl. Jesse, FR 2013, 629 (630); hierbei stÅtzte sich die Europische Kommission auf die Rechtsprechung des EuGH, insb. EuGH v. 9.3.1999 – Rs. C-212/97 – Centros, DStRE 1999, 414 = FR 1999, 449 m. Anm. Dautzenberg; v. 5.11.2002 – Rs. C-208/00 – berseering, IStR 2002, 809 = GmbHR 2002, 1137; v. 30.9.2003 – Rs. C-167/01– Inspire Art, IStR 2003, 849 GmbHR 2003, 1260 m. Anm. Meilicke. 2 BMF v. 28.3.2011 – IV C 2 - S 2770/09/10001 – DOK 2011/0250044; BStBl. I 2011, 300. 3 Europische Kommission, Pressemitteilung v. 22.3.2012, IP/12/283. 4 Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. 5 Zur Problematik des grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrags vgl. KrÅger/Epe in Kapitel 26. 6 Vgl. zur Kritik daran zB Schwenke, ISR 2013, 41 (42 f.): nderungen im „minimal-invasiven“ Bereich. 7 Kritisch hierzu etwa Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 14 Rz. 191, 188; Schwenke, ISR 2013, 41, 43; Jesse, FR 2013, 629 (630 f.); vgl. zu den Fallkonstellationen Micker, IWB 2013, 309 (315 ff.).

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A. Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs der Organgesellschaft

kung der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV vorliegt, wenn nationale Rechtsvorschriften die MÇglichkeit der bertragung der Verluste, die eine inlndische Betriebssttte einer auslndischen Kapitalgesellschaft erlitten hat, auf eine im Inland ansssige Gesellschaft im Wege des Konzernabzugs von der Voraussetzung abhngig machen, dass die Verluste nicht fÅr die Zwecke einer auslndischen Steuer verwendet werden kÇnnen, obwohl fÅr die bertragung von Verlusten, die eine gebietsansssige Gesellschaft im Inland erlitten hat, keine entsprechende Voraussetzung gilt.1 § 14 Abs. 1 S. 1 KStG nF stellt hinsichtlich der Organgesellschaft nur auf die Geschftsleitung im Inland ab, ob die Organgesellschaft im Inland eine Betriebssttte hat, ist unerheblich. Fraglich ist damit, ob im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Philips Electronics“ nicht eine – ungerechtfertigte – Ungleichbehandlung zwischen der inlndischen Betriebssttte einer auslndischen Gesellschaft und der inlndischen Betriebssttte einer inlndischen Gesellschaft besteht. Auch fÅr die Fallkonstellation 2, in der die Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland (aber Geschftsleitung im Ausland) inlndische EinkÅnfte haben kann, welche weiterhin der deutschen unbeschrnkten Steuerpflicht unterliegen,2 erscheint es zumindest zweifelhaft, inwiefern ein Ausschluss dieser Fallkonstellationen aus dem Organschaftsregime gerechtfertigt ist.3 Ferner stellt sich mit Blick auf Fallkonstellation 1, der Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat, das Problem der Vereinbarkeit mit einem etwaigen Diskriminierungsverbot nach Art. 24 Abs. 1, Abs. 5 OECD-MA.4 Der Gesetzgeber gibt zwar den doppelten Inlandsbezug der Organgesellschaft auf, hlt aber nach wie vor durch das Erfordernis der Geschftsleitung im Inland an einer unbeschrnkten Steuerpflicht der Organgesellschaft selbst als tatbestandliche Voraussetzung einer wirksamen ertragsteuerlichen Organschaft fest. Die Vereinbarkeit der Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG nF mit dem Unionsrecht, insbesondere mit Art. 49 AEUV, erscheint insoweit weiterhin fragwÅrdig.5

27.7

Gemß § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG gilt die Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs in allen noch nicht bestandskrftig veranlagten Fllen.

27.8

1 EuGH v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11 – Philips Electronics, ISR 2012, 101 m. Anm. Pohl. 2 Auch wenn sich wegen der Geschftsleitung im Ausland ggf. die Ansssigkeit nach dem jeweiligen DBA ndern kÇnnte. 3 Vgl. dazu Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 191 mwN; Schnitger, IStR 2013, 82 (85 f.); Schwenke, ISR 2013, 41 (43); aA DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 59c. 4 Vgl. Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (144); Jesse, FR 2013, 629 (630 f.); Weigert/Strohm, Der Konzern, 2013, 249 (256); Walter in Ernst & Young, KStG, § 14 Rz. 74. 5 Vgl. dazu zB Micker, IWB 2013, 309 (316).

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Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

B. Wegfall des Erfordernisses der unbeschrnkten Steuerpflicht bzw. der Eintragung einer Zweigniederlassung im Handelsregister fÅr auslndischen Organtrger I. UrsprÅngliche Rechtslage 27.9 Nach § 14 KStG aF musste der Organtrger eine unbeschrnkt steuerpflichtige natÅrliche Person, ein unbeschrnkt steuerpflichtiges KÇrperschaftssteuersubjekt mit Geschftsleitung im Inland oder eine Personengesellschaft mit Geschftsleitung im Inland sein. Nicht erforderlich war im Gegensatz zur Organgesellschaft ein sog. doppelter Inlandsbezug. Durch die AnknÅpfung an den inlndischen Ort der Geschftsleitung des Organtrgers sollte sichergestellt werden, dass das dem Organtrger zugerechnete Einkommen der Organgesellschaft der inlndischen Besteuerung auf Ebene des Organtrgers unterliegt.1 Ein auslndisches gewerbliches Unternehmen konnte daher nur im Fall eines inlndischen Orts der Geschftsleitung oder bei Vorliegen der in § 18 KStG aF genannten Voraussetzungen als Organtrger fungieren. In letztgenanntem Fall musste das auslndische Unternehmen im Inland eine in das Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung unterhalten, unter deren Firma der GewinnabfÅhrungsvertrag abgeschlossen wurde. Weiter forderte § 18 KStG aF, dass die Organbeteiligung zum BetriebsvermÇgen der inlndischen Zweigniederlassung des auslndischen gewerblichen Unternehmens gehÇrte. Dem auslndischen gewerblichen Unternehmen, das durch die BegrÅndung einer inlndischen Betriebssttte der beschrnkten Steuerpflicht im Inland unterlag, wurde das Einkommen der inlndischen Organgesellschaften zugerechnet und im Inland besteuert.

27.10 Mit Urteil vom 9.2.2011 erkannte der BFH fÅr die Rechtslage bis einschließlich 2001 eine gewerbesteuerliche Organschaft zwischen einer Gesellschaft mit Sitz und Geschftsleitung in Großbritannien als Organtrgerin und einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschftsleitung im Inland als Organgesellschaft an.2 Tatbestandlich war dies nach § 14 Abs. 1 KStG 1999 iVm. § 2 Abs. 2 GewStG zwar ausgeschlossen, da ein auslndisches Unternehmen weder Sitz noch Geschftsleitung im Inland hat, folglich kein inlndisches Unternehmen i.S.v. § 14 Abs. 3 KStG 1999 sein konnte. Die entgegenstehende Beschrnkung der Organtrgerfhigkeit auf ein Unternehmen mit Geschftsleitung und Sitz im Inland nach § 14 Halbs. 2 KStG und § 14 Nr. 3 S. 1 KStG 1999 iVm. § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG 1999 war jedoch nach Ansicht des BFH nicht mit dem Diskriminierungs-

1 Vgl. insoweit Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 100. 2 BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106 = FR 2011, 584 m. Anm. Buciek.

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B. Wegfall verschiedener Erfordernisse fÅr auslndischen Organtrger

verbot des Art. 20 Abs. 4 und 5 DBA-Großbritannien 1964/1970 vereinbar.1 Die Anerkennung der Organschaft fÅhrte dazu, dass das Einkommen der inlndischen Organgesellschaft dem auslndischen Organtrger zugerechnet und der Besteuerung im Inland entzogen wurde. Weil auch eine Besteuerung des inlndischen Organeinkommens auf Ebene des britischen Organtrgers nach dem nationalen Steuerrecht Großbritanniens nicht mÇglich war, blieb das Organeinkommen unversteuert. Der steuerliche Zugriff auf den auslndischen Organtrger scheiterte nach den AusfÅhrungen des BFH an der abkommensrechtlichen Verteilung der Besteuerungsrechte nach Art. 7 Abs. 1 iVm. Art. 5 Abs. 7 OECD-MA.2

27.11

In der Literatur wurden nach VerÇffentlichung des Urteils einerseits GestaltungsÅberlegungen diskutiert, die durch den Abschluss eines EAV mit einer in einem DBA-Staat ansssigen Muttergesellschaft das Einkommen und den Gewerbeertrag der deutschen Organgesellschaften der inlndischen Besteuerung entziehen sollten.3 Andererseits wurde das Urteil als unzutreffend kritisiert, mit der BegrÅndung, aus der Anti-Organklausel (Art. 5 Abs. 7 OECD-MA) kÇnne nicht abgeleitet werden, dass die inlndische Organgesellschaft dem auslndischen Organtrger keine abkommensrechtliche Betriebssttte vermittle.4

27.12

Das BMF belegte das Urteil des BFH mit einem Nichtanwendungserlass.5 Zur BegrÅndung fÅhrte es an, das Urteil widerspreche Tz. 77 des OECD -MK 2010 zu Art. 24 OECD-MA6 und der einhelligen Auslegung des Dis-

27.13

1 BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106 = FR 2011, 584 m. Anm. Buciek. Zum Zeitpunkt des streitigen Erhebungszeitraums war ein GewinnabfÅhrungsvertrag fÅr die gewerbesteuerliche Organschaft noch keine Voraussetzung. 2 BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106 = FR 2011, 584 m. Anm. Buciek. 3 RÇdder/SchÇnfeld, DStR 2011, 886, 888. 4 Mitschke, IStR 2011, 537; so auch das Argument des BMF zum Nichtanwendungserlass, s. unten. 5 BMF v. 27.12.2011 – IV C 2 - 2770/11/10002, BStBl. I 2012, 119. 6 In der Tz. wird ausgefÅhrt, dass Art. 24 Abs. 5 OECD-MA nicht so ausgelegt werden kann, „dass er die Tragweite von Vorschriften, die der Verbundenheit eines ansssigen Unternehmens mit anderen ansssigen Unternehmen Rechnung tragen (zB Vorschriften, nach denen die Konsolidierung zwischen Unternehmen, die dieselben EigentÅmer haben, zulssig ist) ausdehnt. Wenn das innerstaatliche Recht eines Staates einer ansssigen Gesellschaft erlaubt, ihr Einkommen mit dem einer ansssigen Muttergesellschaft zu konsolidieren, kann Abs. 5 zB nicht die Wirkung haben, den Staat zu zwingen, eine solche Konsolidierung zwischen einer ansssigen Gesellschaft und einer nicht ansssigen Muttergesellschaft zuzulassen. Dies setzte voraus, einen Vergleich zwischen der gemeinsamen Behandlung eines ansssigen Unternehmens und des nicht ansssigen Unternehmens, dem sein Kapital gehÇrt, und der gemeinsamen Behandlung eines ansssigen Unternehmens und des ansssigen Unternehmens, dem sein Kapital gehÇrt, vorzunehmen, was eindeutig Åber die Besteuerung des ansssigen Unternehmens allein hinausginge.“

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Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

kriminierungsverbots durch die OECD-Mitgliedstaaten. Außerdem gingen die nach § 14 Nr. 1 bis 3 KStG 1999 iVm. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 zu erfÅllenden Eingliederungserfordernisse der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organtrgers Åber das Merkmal der Beherrschung des Art. 5 Abs. 7 OECD-MA hinaus, so dass Art. 5 Abs. 7 OECD-MA der Annahme einer Betriebssttte bei Vorliegen der organschaftlichen Eingliederungsvoraussetzungen nicht entgegenstehe.1

II. Neuregelung im Zuge der Kleinen Organschaftsreform 27.14 Durch das Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts2 wurde § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG neu gefasst und § 18 KStG mit erstmaliger Geltung fÅr den VZ 2012 aufgehoben. Die Neuregelung unterscheidet jetzt nicht mehr zwischen inlndischen und auslndischen Unternehmen als Organtrger. Damit reagierte der Gesetzgeber auf das BFH-Urteil v. 9.2.2011 und vermeidet nun eine AnknÅpfung an ansssigkeitsbegrÅndende Merkmale i.S.d. Art. 4 OECD-MA, die den BFH zur Anwendung des abkommensrechtlichen Diskriminierungsverbots veranlasst hatten.3 Das Erfordernis der inlndischen Geschftsleitung wurde durch die Zuordnung der Beteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers ersetzt. Durch diese Erweiterung von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG soll sichergestellt werden, dass ein deutsches Besteuerungsrecht an dem Einkommen der inlndischen Organgesellschaft besteht. Um zu vermeiden, dass das Einkommen der Organgesellschaft im „steuerlichen Nirwana“ verschwindet, normieren die neu angefÅgten Stze 4 bis 7, dass die Organbeteiligung einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers i.S.v. § 12 AO zuzuordnen sein muss und die der Betriebssttte zugerechneten EinkÅnfte sowohl nach innerstaatlichem Recht als auch nach einem anzuwendenden DBA der deutschen Besteuerung unterliegen mÅssen.

27.15 Whrend die Streichung von § 18 KStG und die korrespondierende nderung von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 1 und 2 KStG auf den ersten Blick erheblich erscheinen, stellt sich bei nherer Betrachtung heraus, dass dieser Teil der gesetzlichen Neuregelung bzgl. der Organtrgerfhigkeit auslndischer Gesellschaften keine wesentliche materielle nderung bedeutet. Den Kernpunkt der Gesetzesnderung stellen vielmehr die neu angefÅgten Stze 4 bis 7 dar (s. hierzu unter C.).4

1 BMF v. 27.12.2011 – IV C 2 - 2770/11/10002, BStBl. I 2012, 119. 2 Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. 3 Vgl. Schwenke, ISR 2012, 41 (46); Jesse, FR 2013, 629 (632) und auch die GesetzesbegrÅndung, BT-Drucks. 17/10774, 19. 4 DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (307).

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B. Wegfall verschiedener Erfordernisse fÅr auslndischen Organtrger

Auswirkungen auf Sachverhalte nach § 18 KStG aF: FÅr auslndische Unternehmen, die nach § 18 KStG aF Organtrger sein konnten, sollten sich insoweit keine nderungen ergeben, als Zweigniederlassungen nach § 12 Satz 2 Nr. 2 AO als Betriebssttten anzusehen sind.1 Zu einer Erleichterung kommt es insoweit, als dass das Eintragungserfordernis einer Zweigniederlassung entfllt, da nach § 14 KStG nF nur eine Betriebssttte bestehen muss. Die Einordnung auslndischer Rechtsgebilde als KÇrperschaft, Personenvereinigung, VermÇgensmasse oder Personengesellschaft fÅr Zwecke der Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG sollte nach den allgemeinen Grundstzen des Rechtstypenvergleichs erfolgen. Bei der Beurteilung der Organtrgerfhigkeit eines auslndischen Rechtstrgers, der in seinem Ansssigkeitsstaat als KÇrperschaft qualifiziert, nach deutschem Recht aber als Personengesellschaft eingeordnet wird, ist zu beachten, dass das auslndische Gebilde nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG eine gewerbliche Ttigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausÅben muss, um tauglicher Organtrger sein zu kÇnnen.

27.16

Auslndische Unternehmen, die nicht Åber eine „qualifizierte“ inlndische Betriebssttte2 verfÅgen, kÇnnen auch nach dem Wortlaut der Neuregelung nicht als Organtrger fungieren. Demnach ist die Ergebnisverrechnung zwischen inlndischen Schwestergesellschaften weiterhin ausgeschlossen, wenn die Muttergesellschaft keine inlndische Betriebssttte unterhlt, der die Beteiligungen zuzuordnen sind.

27.17

Unionsrechtskonformitt der Neuregelung: Mit Blick auf das Urteil des EuGH in den verbundenen Verfahren C-39/13, C-40/13 und C- 41/13 in der Rechtssache – SCA Group Holding BV begegnet die Neuregelung unionsrechtlichen Bedenken.3 Der EuGH hatte in dem Urteil entschieden, dass eine Regelung des niederlndischen Steuerrechts, die es einer gebietsansssigen Muttergesellschaft mit gebietsansssigen Tochtergesellschaften ermÇglicht, eine steuerliche Einheit zu bilden, whrend dies gebietsansssigen Schwestergesellschaften, deren gemeinsame Muttergesellschaft ihren Sitz nicht in diesem Mitgliedstaat hat und dort keine Betriebssttte unterhlt, nicht mÇglich ist, eine nicht zu rechtfertigende Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit darstellt.4 Wie § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Satz 4 und 7 KStG verlangt auch das niederlndische Recht das Vorliegen einer inlndische Betriebssttte.

27.18

1 nderungen kÇnnen sich jedoch aufgrund der von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4-7 KStG nF geforderten Zuordnung der Beteiligung an der Organgesellschaft zur inlndischen Betriebssttte ergeben. 2 Siehe hierzu Jesse, FR 2013, 629 (633). 3 Siehe Schnitger, IStR 2014, 587 (589); MÇhlenbrock, DB 2014, 1582 (1583); v. Brocke/MÅller, DStR 2014, 2106 (2107); Cloer/Kahlenberg, SteuK 2014, 511 (514); Rehfeld, IWB 2014, 619 (623 f.); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 62a. Die Unionsrechtskonformitt der Neuregelung bejahend: Sydow, IStR 2014, 480 (484); DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 106a. 4 EuGH v. 12.6.2014 – Rs. C-39/13, C-40/13, C-41/13, DStR 2014, 1333.

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Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

27.19 Mit seiner Entscheidung erÇffnete der EuGH die MÇglichkeit einer horizontalen Gruppenbesteuerung und setzte sich Åber die im niederlndischen (wie auch im deutschen) nationalen Recht verankerte Notwendigkeit hinweg, dass eine steuerliche Einheit nur vertikal aus inlndischen Mutter- und Tochtergesellschaften bestehen kann. Welche Auswirkungen sich dadurch letztlich auf die deutsche Organschaft ergeben, bleibt abzuwarten.

27.20 Inlndische steuerliche Organschaft zwischen zwei auslndischen Rechtstrgern: Seit der Neuregelung ist damit nach dem Gesetzeswortlaut von §§ 14, 17 KStG auch die BegrÅndung einer Organschaft zwischen zwei auslndischen Gesellschaften mÇglich, soweit der Organtrger Åber eine inlndische Betriebssttte verfÅgt und dieser die Beteiligung an einer EU-/ EWR-Organgesellschaft, die nach dem Gesetzeswortlaut einen inlndischen Ort der Geschftsleitung haben muss, steuerlich zuzuordnen ist. In diesen Fllen stellt sich dann die Frage, ob zwischen diesen Gesellschaften ein fÅr Zwecke des § 14 KStG anzuerkennender GewinnabfÅhrungsvertrag abgeschlossen werden kann und welche Voraussetzungen fÅr seine Wirksamkeit gegeben sein mÅssen. Dies richtet sich nach hM nach dem Gesellschaftsstatut der Tochtergesellschaft bzw. Organgesellschaft.1 Im Fall einer Organgesellschaft mit statutarischem Sitz im Ausland ist mithin auf die Vorschriften des auslndischen Gesellschaftsrechts abzustellen. Die Zulssigkeit und Wirkungen eines GewinnabfÅhrungsvertrages hngen dann von dem auslndischen Recht ab. Ist der GewinnabfÅhrungsvertrag nach dem einschlgigen auslndischen Gesellschaftsrecht zulssig, bestimmen sich auch Form und Zustimmungserfordernisse nach diesem auslndischen Gesellschaftsrecht.2 Ist damit der Abschluss eines GewinnabfÅhrungsvertrages nach dem Recht des auslndischen Staates der Organgesellschaft zulssig (wie zB in sterreich), so muss auch das Organschaftsverhltnis zwischen zwei „zugezogenen“ auslndischen Gesellschaften, also solchen Gesellschaften, die nach auslndischem Recht gegrÅndet wurden und ihren Ort der Geschftsleitung nach Deutschland verlegt haben, fÅr deutsche steuerliche Zwecke anerkannt werden. Dies gilt zumindest fÅr den Fall, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag im Staat der auslndischen Organgesellschaft eingetragen werden kann.3 Dem Vernehmen nach will die 1 Vgl. BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08, IStR 2012, 262 = FR 2012, 536; BGH v. 13.12.2004 – II ZR 256/02, GmbHR 2005, 299 = DStR 2005, 340; OLG Stuttgart v. 30.5.2007 – 20 U 12/06, AG 2007, 633; Winter/Marx, DStR 2011, 1101 (1103) mwN. Vgl. auch Kindler in MÅnchKomm/BGB, InterGesR, Rz. 681; Kort, NZG 2009, 364 (366); HÅffer, AktG11, § 291 Rz. 17; Spahlinger/Wengen, Internationales Gesellschaftsrecht, S. 102 Rz. 370 f.; vgl. Rz. 26.4. 2 Vgl. dazu Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG, Rz. 327a (Stand Juni 2013); Winter/Marx, DStR 2011, 1101 (1104); Neu in Kallmeyer ua., GmbH-Handbuch, 15. Abschnitt, Rz. 5676; iE ebenso Richter/Braun, GmbHR 2012, 18 (22), zur englischen Ltd. Frotscher, IStR 2011, 697 (701 f.); Glahe, IStR 2012, 128 (131). 3 Sofern die Eintragung nach dem Recht des auslndischen Staates keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist, sollte die Eintragung auch fÅr deutsche steuerliche Zwecke entbehrlich sein.

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B. Wegfall verschiedener Erfordernisse fÅr auslndischen Organtrger

Finanzverwaltung diese Gestaltung bislang nicht anerkennen, sie ist jedoch eindeutig vom Wortlaut der Neuregelung gedeckt. Hinsichtlich der Anforderungen an einen solchen GewinnabfÅhrungsvertrag außerhalb des § 291 AktG sollen nach Auffassung der Finanzverwaltung1 bloße schuldrechtliche Vertrge nicht ausreichen, um ein steuerlich anzuerkennendes Organschaftsverhltnis wirksam zu begrÅnden. Auch wenn das auslndische Gesellschaftsrecht das Institut des GewinnabfÅhrungsvertrages entsprechend dem deutschen Recht kennt und den Abschluss eines solchen zulsst, soll ein Organschaftsverhltnis mit steuerlicher Wirksamkeit dann nicht begrÅndet werden kÇnnen, wenn das Bestehen eines GewinnabfÅhrungsvertrages nicht im Handelsregister der auslndischen Organgesellschaft eingetragen wird. Die Eintragung in das Handelsregister des inlndischen Organtrgers soll nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht ausreichen.2 Nach zutreffender Auffassung, insbesondere unter BerÅcksichtigung unionsrechtlicher Anforderungen kann es darauf nicht ankommen. Vielmehr ist darauf abzustellen, dass die Organschaft faktisch gelebt wird. In diesem Zusammenhang muss nach der Auffassung von Gosch der Versuch unternommen werden, einen grenzÅberschreitenden ErgebnisabfÅhrungsvertrag zu schließen. Sollte das auslndische Gesellschaftsrecht dies jedoch nicht ermÇglichen, muss das der steuerlichen Anerkennung des Organschaftsverhltnisses im Inland nicht entgegenstehen.3 Zeitlicher Anwendungsbereich: Die Neuregelung ist erstmalig ab dem VZ 2012 anzuwenden, § 34 Abs. 1 KStG. Das Gesetz wurde am 17.1.2013 vom Bundestag und am 1.2.2014 vom Bundesrat beschlossen und am 20.2.2013 im Bundesgesetzblatt verÇffentlicht.4 Der zeitliche Anwendungsbereich liegt somit vor dem Zeitpunkt des Gesetzeserlasses, so dass eine „echte RÅckwirkung“ vorliegt, welche grundstzlich unzulssig ist.5 Insbesondere in solchen Fllen, in denen eine nach altem Recht bestehende Organschaft den neuen Anforderungen nicht mehr entspricht – etwa im Falle einer doppelt ansssigen Gesellschaft aufgrund einer Zuordnung der Beteiligung zu einer auslndischen Betriebssttte – ist die Regelung verfassungswidrig.6 Nach der – innerhalb der Finanzverwaltung wohl nicht abgestimmten – VerfÅgung der OFD Karlsruhe kommt fÅr solche 1 Vgl. dazu die finanzverwaltungsintern wohl nicht abgestimmte VerfÅgung der OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, BeckVerw 281800 = FR 2014, 434. 2 Vgl. dazu die finanzverwaltungsintern wohl nicht abgestimmte VerfÅgung der OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, BeckVerw 281800 = FR 2014, 434. 3 Vgl. Gosch, BFH/PR 2012, 163 (164). 4 Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. 5 AusfÅhrlich Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141b. 6 So auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141b; Walter in Ernst & Young, KStG, § 14 Rz. 114; Goebel/Ungemach, NWB 2013, 595 (598); verfassungsrechtliche Bedenken ußern ebenfalls Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (84).

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27.21

Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

„Altflle“ ggf. eine Heilung in Betracht; ferner soll die Neuregelung keine Auswirkung auf Vorjahre haben, wenn in Altfllen die Organschaft wegen der Gesetzesnderung whrend der Mindestlaufzeit nicht mehr anerkannt werden kÇnnte.1

C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT und Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Satz 4-7 KStG) I. Neuregelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Satz 4-7 KStG 27.22 Im Rahmen der „Kleinen Organschaftsreform“ wurde § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG um die Stze 4 bis 7 ergnzt. Whrend in der Vergangenheit das inlndische Besteuerungsrecht hinsichtlich des dem Organtrger zugerechneten Einkommens der Organgesellschaft dadurch sichergestellt wurde, dass der Organtrger seinen Ort der Geschftsleitung in Deutschland haben musste und Deutschland damit auch im Fall der Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen als Ansssigkeitsstaat des Organtrgers galt,2 ist die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers der Dreh- und Angelpunkt der Neuregelung.3

27.23 Eine Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zum Organtrger setzt nach den Stzen 4 bis 6 zunchst voraus, dass die Beteiligung an der Organgesellschaft whrend der gesamten Dauer der Organschaft ununterbrochen einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers i.S.v. § 12 AO zuzuordnen ist. Dies allein reicht aber fÅr eine Zurechnung des Organeinkommens nicht aus, sondern nach S. 7 ist zustzlich4 erforderlich, dass die dieser inlndischen Betriebssttte zuzurechnenden EinkÅnfte5 auch nach

1 Siehe die finanzverwaltungsintern wohl nicht abgestimmte VerfÅgung der OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, BeckVerw 281800 = FR 2014, 434. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 100. 3 Vgl. hierzu Schirmer, FR 2013, 605 (606). 4 S. 7 erwhnt ergnzenden zur Besteuerung nach dem DBA die Besteuerung nach innerstaatlichem Recht. Zu Recht wird aber in der Literatur darauf hingewiesen, dass Letzteres ÅberflÅssig ist, da durch die Zuordnung zu einer inlndischen Betriebssttte nach S. 4 das inlndische Besteuerungsrecht bereits ohnehin gegeben ist. 5 Abweichend von Satz 6, der vom zuzurechnenden „Einkommen“ der Organgesellschaft spricht, verwendet Satz 7 den Begriff der EinkÅnfte, was in der Literatur zu Recht als sprachlich Ungenauigkeit kritisiert wird, da es um die Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts an dem zugerechneten Einkommen der Organgesellschaft geht. Vor dem Hintergrund dieses Regelungszwecks erschiene es widersinnig, S. 7 dahingehend auszulegen, dass das entsprechende inlndische Besteuerungsrecht nicht nur an dem zugerechneten Einkommen der

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C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT

einem anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen der inlndischen Besteuerung unterliegen.1 Satz 7, der auch als „Aufkommensvorbehalt“ bezeichnet wird,2 soll nach der GesetzesbegrÅndung sicherstellen, dass ein abweichendes Betriebsstttenverstndnis von nationalem Recht und Abkommensrecht nicht dazu fÅhrt, dass das Einkommen der Organgesellschaft in Deutschland im Ergebnis unbesteuert bleibt.3 Ohne die Regelung des Satz 7 wre dies etwa dann der Fall, wenn zwar nach inlndischem Recht eine Betriebssttte vorlge, nicht aber nach Abkommensrecht und Deutschland infolgedessen mangels Betriebssttte kein Besteuerungsrecht nach Art. 7 OECD-MA htte. Wenn auch in der GesetzesbegrÅndung nicht ausdrÅcklich aufgefÅhrt, so sind vom Wortlaut und Gesetzeszweck des Satz 7 auch solche Flle umfasst, in denen zwar sowohl eine Betriebssttte i.S.v. § 12 AO als auch eine Betriebssttte im abkommensrechtlichen Sinne vorliegt, dieser Betriebssttte aber nach vom inlndischen Steuerrecht abweichenden abkommensrechtlichen Zuordnungsgrundstzen das Einkommen der Organgesellschaft nicht zuzurechnen ist.4 Um das deutsche Besteuerungsrecht in jedem Fall sicherzustellen, hat der Gesetzgeber den Begriff der Betriebssttte durch die Regelung in Satz 7 „organschaftsspezifisch“ definiert.5 Im Ergebnis liegt damit eine Betriebssttte i.S.d. Stze 4 bis 6 nur vor, wenn das Einkommen der Organgesellschaft sowohl nach nationalem Recht als auch nach DBA-Recht einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zuzurechnen ist.6

27.24

Auf reine Inlandssachverhalte hat die Neuregelung keine Auswirkungen: Ist der Organtrger eine Kapitalgesellschaft mit Sitz und Ort der Geschftsleitung in Deutschland ohne auslndische Betriebssttte und verfÅgt die Organgesellschaft ebenfalls Åber einen inlndischen Ort der Geschftsleitung, ist die erforderliche Zuordnung der EinkÅnfte der Organgesellschaft zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers stets gegeben. Dies gilt selbst fÅr den Fall, dass die Organtrger-Kapitalgesellschaft keine originr gewerbliche Ttigkeit ausÅbt und Åberhaupt kein funktionaler Zusammenhang zwischen der Ttigkeit der Organtrger-Kapitalgesellschaft und der Organgesellschaft besteht. Einer Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts Åber S. 7 bedarf es insoweit nicht.7 So-

27.25

1

2 3 4 5 6 7

Organgesellschaft, sondern an smtlichen EinkÅnfte der inlndischen Betriebssttte bestehen muss. Zu dem „Zirkelschluss“ der sich aufgrund der ungewÇhnlichen Reihenfolge ergibt, vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141c; DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1215). Vgl. Stang/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (79). Vgl. BT-Drucks. 17/10774. Vgl. Stang/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (83); Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (268). Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 195. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141z und 142b f.; Jesse, FR 2013, 629 (636); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 195. Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 106m.

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Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

weit in der Literatur vereinzelt1 die Ansicht vertreten wird, dass auch bei rein inlndischen Sachverhalten zu prÅfen sei, ob die Beteiligung an der Organgesellschaft einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zuzuordnen ist und damit das frÅhere Merkmal der wirtschaftlichen Eingliederung wieder eingefÅhrt wird, ist dies abzulehnen. Zutreffend wird insoweit darauf verwiesen, dass im reinen Inlandsfall der Organtrger zumindest eine inlndische Geschftsleitungsbetriebssttte hat.2 Da nach der Rechtsprechung des BFH3 jedes Wirtschaftsgut einer Betriebssttte zugeordnet werden muss und es somit kein betriebsstttenloses VermÇgen gibt, ist die Beteiligung an der Organgesellschaft im Zweifelsfall der Geschftsleitungsbetriebssttte des Organtrgers – und damit einer inlndischen Betriebssttte i.S.v. § 12 AO – zuzuordnen.4

27.26 Auch fÅr den Inlandsfall einer deutschen gewerblich ttigen OrgantrgerPersonengesellschaft mit zum Teil steuerbefreiten Mitunternehmern als Gesellschafter ergeben sich uE aus der Neuregelung keine Implikationen: Insoweit vertritt die Finanzverwaltung – uE unzutreffend – im Hinblick auf die Anerkennung von Organschaftsverhltnissen mit Organtrger-Personengesellschaften die Auffassung, dass deren steuerliche Anerkennung zu versagen sei, wenn Mitunternehmer an der Personengesellschaft beteiligt sind, die einer persÇnlichen Steuerbefreiung unterliegen.5 Dies ergebe sich zwingend aus der Grundvoraussetzung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (aF und nF), wonach der Organtrger eine unbeschrnkt steuerpflichtige natÅrliche Person oder eine nicht steuerbefreite KÇrperschaft sein muss. Tatschlich aber bezieht sich § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 (aF und nF), der die Steuerpflicht des Organtrgers verlangt und eine Steuerbefreiung als schdlich ansieht, nicht auf Personengesellschaften. Satz 2, der auch Personengesellschaften als Organtrger zulsst, stellt nur auf die Personengesellschaft selbst ab und nicht auf die hinter der Personengesellschaft stehenden Mitunternehmer. Wer an einer Organtrgerpersonengesellschaft beteiligt ist, spielt demnach fÅr deren Eignung als Organtrgerin keine Rolle. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der im Zuge des sog. SteuervergÅnstigungsabbaugesetz (StVergAbG)6 vorgenommenen Streichung der Anforderung in § 14 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 KStG KStG i.d.F. vor StVergAbG, dass an einer Organtrgerpersonengesellschaft nur Gesellschafter beteiligt sein durften, die mit dem auf sie entfallenden Teil des zu1 2 3 4

Vgl. Schirmer, FR 2013, 605 (607); Schirmer, GmbHR 2013, 797. Vgl. Jesse, FR 2013, 629 (633). Vgl. BFH v. 19.12.2007 – I R 19/06, BStBl. II 2010, 398 = FR 2008, 920. Vgl. Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, S. 80 f.; die Ansicht von Schirmer ablehnend auch DÇtsch, in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 97a (Stand: August 2014). 5 Vgl. die finanzverwaltungsintern wohl nicht abgestimmte VerfÅgung der OFD Frankfurt v. 12.2.2014 – S 2241 A - 107 - St 213, BeckVerw 282744; OFD Nds. v. 25.6.2013 – S 2270 – 117 - St 241, BeckVerw 273824; FinMin. Schl.-Holst., Kurzinformation v. 19.6.2013 – VI 3011 - S 2770 - 085, DStR 2013, 1607. 6 Gesetz zum Abbau von SteuervergÅnstigungen und Ausnahmeregelungen (SteuervergÅnstigungsabbaugesetz – StVergAbG) v. 20.5.2003, BGBl. I 2003, 660.

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C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT

zurechnenden Einkommens der Einkommensteuer oder KÇrperschaftsteuer unterlagen. FÅr die diesbezÅgliche Irrelevanz des Gesellschafterkreises der Organtrgerpersonengesellschaft spricht weiter auch Satz 3, der die finanzielle Eingliederung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG im Verhltnis zur Personengesellschaft selbst fordert. Auch aus der Neuregelung in Satz 7, wonach die der inlndischen Betriebssttte zuzurechnenden EinkÅnfte der inlndischen Besteuerung unterliegen mÅssen, folgt insoweit keine dahingehende Verschrfung, dass eine Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft auch im Inlandsfall nur mÇglich ist, wenn tatschlich eine Besteuerung des Einkommens der Organgesellschaft erfolgt.1 Dies wÅrde den Regelungszweck des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 Åberdehnen, der nach der GesetzesbegrÅndung nur darauf abzielt, im DBA-Fall das deutsche Besteuerungsrecht zu sichern. Zudem sollte auch § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG lediglich das Bestehen des deutschen Besteuerungsrechts fordern und nicht, dass dieses Besteuerungsrecht auch tatschlich ausgeÅbt wird.

II. Zuordnung der Beteiligung an der Organgesellschaft zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Stze 4 und 7 KStG) 1. Vorliegen einer Betriebssttte a) Vorliegen einer Betriebssttte i.S.v. 12 AO Die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zum Organtrger erfordert, dass das Einkommen der Organgesellschaft sowohl nach nationalem Recht als auch nach DBA-Recht einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zuzurechnen ist. Die Frage, ob eine Beteiligung, die nach innerstaatlichem Verstndnis zum BetriebsvermÇgen des Organtrgers gehÇrt, auch einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers zuzuordnen ist, stellt sich grundstzlich immer dann, wenn der Organtrger nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland ttig ist. Dies betrifft insbesondere folgende Sachverhalte: – Auslndischer Organtrger mit inlndischer Betriebssttte; – Inlndischer Organtrger mit auslndischer Betriebssttte; – Personengesellschaft als Organtrger mit auslndischen Gesellschaftern. Eine Betriebssttte nach § 12 AO Satz 1 ist eine feste Geschftseinrichtung oder Anlage,2 die der Ttigkeit eines Unternehmens dient. Die feste 1 So aber – uE unzutreffend – DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 201a, der die Auffassung vertritt, mit Inkrafttreten des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG nF, dh. ab dem VZ 2012, habe sich die Rechtslage verschrft, da § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 7 KStG die inlndische Besteuerung der der inlndischen Betriebssttte des OT zuzurechnenden EinkÅnfte voraussetzt und daher Personengesellschaften mit steuerbefreiten Gesellschaftern nicht lnger Organtrger sein kÇnnen, whrend dies nach alter Rechtslage mÇglich war. 2 Die Anlage wird gemeinhin als ein Unterfall der Geschftseinrichtung angesehen. So etwa der Betriebsstttenerlass, BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 111/99, BStBl. I 1999, 1076, Rz. 1.1.1.1.

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Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

Einrichtung (zB BÅro) muss fest i.S.v. dauerhaft vorhanden sein (zeitliches Merkmal) und ein Bezug zu einem bestimmten Teil der Erdoberflche aufweisen.1 Ferner muss die Einrichtung der Ttigkeit des Unternehmens unmittelbar „dienen“,2 wobei es unerheblich ist, ob es sich um Hauptttigkeiten oder bloße Hilfs- und Nebenttigkeiten handelt. Zwingende Voraussetzung ist jedoch die gewerbliche Ttigkeit.3 Schließlich muss der Steuerpflichtige eine nicht nur vorÅbergehenden VerfÅgungsmacht Åber die Einrichtung besitzen, dh. eine Rechtsposition, die ohne Mitwirkung des Betreffenden nicht ohne weiteres beseitigt oder verndert werden kann.4 Das Kriterium der VerfÅgungsmacht wird bereits dann als erfÅllt angesehen, wenn aus tatschlichen GrÅnden anzunehmen ist, dass dem Unternehmer irgendein fÅr seine Ttigkeit geeigneter Raum zur VerfÅgung gestellt wird.5

27.29 Der Betriebsstttengrundtatbestand des § 12 Satz 1 AO wird durch die Aufzhlung der sog. Katalogbetriebssttten in Satz 2 teilweise insoweit erweitert, als das Vorliegen einer festen Geschftseinrichtung nicht zwingend erforderlich ist. Dies gilt insbesondere fÅr die Sttte der Geschftsleitung (§ 12 Satz 2 Nr. 1 AO).6 Bei einem inlndischen Organtrger wird daher das Vorliegen einer Betriebssttte i.S.d. § 12 AO idR unproblematisch gegeben sein.7 b) Betriebssttte i.S.d. Art. 5 OECD-MA und Abweichungen zum nationalen Betriebsstttenbegriff

27.30 Maßgeblich ist der Betriebsstttenbegriff des jeweils anzuwendenden DBA, dabei ist zu beachten, dass sich die Betriebsstttendefinitionen in den einzelnen DBA unterscheiden, und auch vom OECD-MA abweichen kÇnnen. Daher ist eine konkrete Einzelfallbetrachtung geboten.

27.31 Nach Art. 5 Abs. 1 OECD-MA bedeutet der Ausdruck „Betriebsttte“ eine feste Geschftseinrichtung, durch die die Geschftsttigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeÅbt wird. Insoweit ergeben sich – trotz des abweichenden Wortlauts – keine materiellen Unterschiede zum Betriebsstttengrundtatbestand nach § 12 AO.

27.32 Unterschiede zwischen dem nationalen und dem abkommensrechtlichen Betriebsstttenbegriff ergeben sich jedoch vor allem in folgenden Fllen: – Durch vorbereitende Ttigkeiten und Hilfsttigkeiten wird abkommensrechtlich keine Betriebssttte begrÅndet (Art. 5 Abs. 4 OECD1 2 3 4 5

BFH v. 17.9.2003 – I R 12/02, BStBl. II 2004, 396 = FR 2004, 291. BFH v. 10.2.1988 – VIII R 159/84, BStBl. II 1988, 653 = FR 1988, 398. BFH v. 10.2.1988 – VIII R 159/84, BStBl. II 1988, 653 = FR 1988, 398. BFH v. 17.9.2003 – I R 12/02, BStBl. II 2004, 396 = FR 2004, 291. BFH v. 3.2.1993 – I R 80/91, I R 81/91, BStBl. II 1993, 462 = FR 1993, 336 m. Anm. Kempermann. 6 Vgl. Gersch in Klein, AO12, § 12 Rz. 10. 7 Vgl. Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 188 (Stand: Januar 2015).

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C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT

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MA), nach nationalen Recht hingegen schon, da § 12 AO eine solche Ausnahme, wie sie das OECD-MA vorsieht, nicht kennt. Ein abhngiger Vertreter begrÅndet keine Betriebssttte nach § 12 AO (vgl. § 13 AO), jedoch nach Abkommensrecht (Art. 5 Abs. 5 OECD-MA). Nach nationalem Recht wird eine Montagebetriebssttte bereits nach sechs Monaten angenommen (§ 12 Satz 2 Nr. 8 AO), whrend die maßgebliche Frist nach Abkommensrecht zwÇlf Monate betrgt (Art. 5 Abs. 3 OECD-MA). Seit einigen Jahren ist insbesondere bei Kapitalimport-Staaten aber auch innerhalb der OECD die Tendenz erkennbar, den Betriebsstttenbegriff nach Art. 5 OECD-MA aufzuweichen. Dies betrifft insbesondere die Dienstleistungsbetriebssttte. Deutschland ist dieser Tendenz bislang nicht gefolgt, was in der Praxis dazu fÅhren kann, dass der auslndische Quellenstaat eine Betriebssttte annimmt und BesteuerungsansprÅche erhebt, Deutschland aber nicht auf sein Besteuerungsrecht verzichtet, da nach deutschem Verstndnis keine auslndische Betriebssttte vorliegt. Abweichungen kÇnnen sich auch durch Fiktionen des deutschen Steuerrechts ergeben, die nicht auf das Abkommensrecht durchschlagen. So vermittelt eine gewerblich geprgte oder gewerbliche infizierte Personengesellschaft zwar eine Betriebssttte nach nationalem, jedoch nicht nach abkommensrechtlichen Verstndnis. Da Voraussetzung fÅr die Anerkennung einer Organtrger-Personengesellschaft aber ohnehin deren originr gewerbliche Ttigkeit ist, entfaltet diese Unterscheidung keine Auswirkung auf die hier zu diskutierende Problematik.

Inwieweit die graduellen Abweichungen in den Betriebsstttendefinitionen tatschlich dazu fÅhren, dass eine Betriebsstttenzuordnung zwar nach nationalem Recht, nicht aber nach Abkommensrecht gegeben ist, kann letztlich nur anhand des konkreten Einzelfalls beurteilt werden. In diesen tendenziell eher seltenen Fllen dÅrfte sich ohnehin die Frage stellen, ob die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft tatschlich am Nichtvorhandensein einer abkommensrechtlichen Betriebssttte scheitert oder ob die Zurechnung des Organgesellschaftseinkommens nicht vielmehr bereits an einer fehlenden Zuordenbarkeit der Beteiligung an der Organgesellschaft zur inlndischen Betriebssttte scheitert. So erscheint etwa die Zuordnung einer Organgesellschaft zu einer Bau- oder Montagbetriebssttte ungeachtet der Dauer dieser Betriebssttte tendenziell eher fraglich.

27.33

2. Zuordnung der Organbeteiligung zur inlndischen Betriebssttte des Organtrgers a) Allgemeines zur Zuordnung § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG erfordert zunchst eine Zuordnung der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers nach innerstaatlichem Recht. In grenzÅberschreitenden Sachverhalten, in deSchade/S. Wagner

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27.34

Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

nen ein Doppelbesteuerungsabkommen Anwendung findet, ist zudem nach S. 7 zu prÅfen, inwieweit neben der Zurechnung nach innerstaatlichem Recht nach dem jeweils anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen eine Zurechnung der EinkÅnfte der Organgesellschaft zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers erfolgt. Innerstaatliche Grundlagen fÅr die Zuordnung der Organbeteiligung: Da § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG keine Kriterien fÅr die Zuordnung der Beteiligung zur inlndischen Betriebssttte i.S.d. § 12 AO enthlt, ist die Zuordnungsfrage auf Grundlage der allgemeinen innerstaatlichen Zuordnungsgrundstze zu entscheiden (Rz. 27.22 ff.).1 Dass es sich bei der Organbeteiligung um BetriebsvermÇgen2 des Organtrgers handeln muss, ergibt sich dabei bereits aus dem Erfordernis der finanziellen Eingliederung nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG.3 Die ZugehÇrigkeit der Beteiligung zum BetriebsvermÇgen des Organtrgers allein stellt aber noch kein Zuordnungskriterium zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers dar, wenn der Organtrger daneben auch eine oder mehrere Betriebssttten im Ausland unterhlt. Nicht ausreichend fÅr eine Zuordnung ist die bloße Aktivierung der Beteiligung in einer Bilanz der Betriebssttte,4 da dies letztlich auf eine freie Zuordenbarkeit der Beteiligung hinauslaufen wÅrde. Vielmehr ist nach allgemeinen Zuordnungsgrundstzen zu bestimmen, ob eine Zuordnung der Organbeteiligung zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers gegeben ist.5 Zumindest bis zum Inkrafttreten der Betriebsstttengewinnaufteilungsverordnung (Rz. 27.45 ff.) gab es im innerstaatlichen Recht keine expliziten Kriterien fÅr die Zuordnung von WirtschaftsgÅtern zu Betriebssttten.6 Die Zuordnung von WirtschaftsgÅtern zu einer Betriebssttte erfolgte daher ausgehend vom Veranlassungsprinzip nach wirtschaftlichen Grundstzen.

27.35 Abkommensrechtliche Grundlagen fÅr die Zurechnung der EinkÅnfte der Organgesellschaft zu einer inlndischen Betriebssttte: bt ein Unternehmen seine Geschftsttigkeit in einem anderen Staat Åber eine dort belegene Betriebssttte aus, so hat dieser Staat (Betriebsstttenstaat) das Recht, die auf die Betriebssttte entfallenden Gewinne zu besteuern (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 OECD-MA). Voraussetzung dafÅr ist unter BerÅcksichti1 Vgl. Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 189. 2 Nach hM kann die Organbeteiligung auch gewillkÅrtes BetriebsvermÇgen des Organtrgers sein, vgl. finanzverwaltungsintern wohl nicht abgestimmte VerfÅgung der OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, BeckVerw 281800 = FR 2014, 434, wonach eine „Zuordnung der Beteiligung zum gewillkÅrten BV denkbar“ ist; Goebel/Ungemach, NWB 2013, 595 (596 f.); Kolbe in HHR, § 14 KStG, Rz. 189; Schirmer, FR 2013, 605 (607 f.); Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (267). 3 Vgl. Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 188 (Stand: Januar 2015). 4 So aber Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141h (Stand: Januar 2015). 5 Vgl. Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (80); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 189 (Stand: Januar 2015). 6 Vgl. Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (80).

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C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT

gung des Wortlauts der Betriebsstttenvorbehalte (Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 4, Art. 12 Abs. 3 OECD-MA),1 dass ein Wirtschaftsgut „tatschlich zu dieser Betriebssttte gehÇrt“. Zudem hat der Betriebsstttenstaat das Besteuerungsrecht an Verußerungsgewinnen, wenn die WirtschaftsgÅter BetriebsvermÇgen der Betriebssttte in diesem Staat sind (Art. 13 Abs. 2 OECD-MA). Unter welchen Voraussetzungen diese tatschliche ZugehÇrigkeit gegeben ist, regeln die DBA nicht. FÅr die EinkÅnftezuordnung, die der Zuordnung des zugrunde liegenden Wirtschaftsgutes folgt, ergibt sich demnach abkommensrechtlich folgendes PrÅfungsschema:2 – BetriebssttteneinkÅnfte fallen unter Art. 7 OECD-MA (Unternehmensgewinne). Die Zuordnung von WirtschaftsgÅtern erfolgt nach dem Fremdvergleichsgrundsatz (Art. 7 Abs. 2 OECD-MA), dh. es wird fÅr die Zuordnung ein selbstndiges und unabhngiges Unternehmen unter sonst gleichen Umstnden unterstellt. Das Besteuerungsrecht fÅr Unternehmensgewinne steht dem Betriebsstttenstaat zu. – Enthlt der Betriebsstttengewinn EinkÅnfte, die einem spezielleren Artikel des Abkommens unterfallen (zB Dividenden, Zinsen, LizenzgebÅhren), geht dieser speziellere Artikel dem Art. 7 OECD-MA vor und schrnkt das Besteuerungsrecht des Quellenstaates der HÇhe nach ein. – Soweit jedoch eine „tatschliche ZugehÇrigkeit“ zur Betriebssttte gegeben ist, kommt es zu einer RÅckverweisung zu Art. 7 (sog. Betriebsstttenvorbehalte in den Art. 10 Abs. 4, 11 Abs. 4 und 12 Abs. 3 OECDMA). Daraus resultiert das Erfordernis der tatschlichen ZugehÇrigkeit zu einer Betriebssttte, welches Gegenstand zahlreicher BFH-Entscheidungen geworden ist.

27.36

b) Funktionale Zuordnung als maßgebliches Zuordnungskriterium Funktionale Zuordnung: Die Zuordnung von Beteiligungen zu einer Betriebssttte ist im Einzelnen mit erheblichen Unsicherheiten belastet.3 Einvernehmen besteht aber darÅber, dass weder eine Attraktivkraft der Betriebssttte dergestalt besteht,4 dass smtliche inlndischen Beteiligungen zwingend einer inlndischen Betriebssttte zuzuordnen wren noch allein rechtliche Zuordnungskriterien maßgeblich sind.5 Stattdessen be1 Zu abweichenden Formulierungen im DBA Schweiz vgl. BFH v. 13.2.2008 – I R 63/06, BStBl. II 2009, 414 = FR 2008, 1053. 2 Vgl. Ehlermann/Petersen, IStR 2011, 747. 3 Vgl. Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (80). 4 Vgl. BFH v. 1.4.1987 – II R 186/80, BStBl. II 1987, 550; Gosch in Kirchhof, EStG14, § 49 Rz. 15 mwN; Schaumburg, Internationales Steuerrecht3, Rz. 16.328; Looks/Maier in LÇwenstein/Looks/Heinsen, Betriebsstttenbesteuerung2, Rz. 725. 5 Vgl. dazu auch Gosch in Kirchhof, EStG14, § 49 Rz. 15 mit dem Hinweis, dass im Bereich der Besteuerung von Mitunternehmerschaften auch rechtliche Maßstbe genÅgen kÇnnen.

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27.37

Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

steht nach der hM in Literatur,1 Rechtsprechung2 und Finanzverwaltung3 im Grundsatz Einigkeit darÅber, dass Beteiligungen einer Betriebssttte dann zuzuordnen sind, wenn ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Ttigkeit der Betriebssttte und der entsprechenden Beteiligungsgesellschaft besteht.4 Wann ein solch funktionaler Zusammenhang besteht, ist im Einzelnen allerdings umstritten. Die Herausbildung allgemeiner Grundstze wird zudem dadurch weiter verkompliziert, dass die zur Zuordnungsfrage ergangenen BFH-Urteile zum Teil Personengesellschaften betreffen. Zwar vermitteln gewerblich ttige Gesellschaften ihren Gesellschaftern sowohl nach innerstaatlichen Recht wie auch nach abkommensrechtlichem Verstndnis Betriebssttten, gleichwohl wird aufgrund der Qualifikation der Personengesellschaften als eigenstndige Gewinnermittlungs- und partielle Steuersubjekte diskutiert, ob insoweit abweichende Zuordnungsgrundstze gelten (s. dazu auch Rz. 27.59).

27.38 Funktionale Zuordnung von Beteiligungen nach der Rechtsprechung des BFH: Nach der Rechtsprechung des BFH ist fÅr die Zuordnung maßgeblich darauf abzustellen, ob ein tatschlicher Funktionszusammenhang zwischen einem Wirtschaftsgut und einer Betriebssttte besteht. Eine ZugehÇrigkeit einer Beteiligung zu einer Betriebssttte ist danach gegeben, wenn die Beteiligung in einem funktionalen Zusammenhang zu einer in der Betriebssttte ausgeÅbten aktiven Ttigkeit steht und sich deshalb die Beteiligungsertrge bei funktionaler Betrachtungsweise als Nebenertrge der aktiven Betriebsstttenttigkeit darstellen.5 Weiter hat der BFH in sei1 Vgl. zB Gosch in Kirchhof, EStG14, § 49 Rz. 15; Looks/Maier in LÇwenstein/ Looks/Heinsen, Betriebsstttenbesteuerung2, Rz. 773; Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (80); Goebel/Ungemach, NWB 2013, 595 (599). 2 Vgl. zur Zuordnung von Beteiligungen BFH v. 26.2.1992 – I R 85/91, BStBl. II 1992, 937 = GmbHR 1993, 58; v. 19.12.2007 – I R 66/06, BStBl. II 2008, 510 = FR 2008, 724 m. Anm. Lohmann/Rengier; v. 17.12.2003 – I R 47/02, BFH/NV 2004, 771. 3 Vgl. finanzverwaltungsintern wohl nicht abgestimmte VerfÅgung der OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, BeckVerw 281800 = FR 2014, 434; BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999,1076. 4 Unter Berufung auf das BFH, Urt. v. 12.6.2013 – I R 47/12, FR 2014, 57 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2013, 1999 wurde in der Literatur diskutiert, ob der BFH nach neuerer Rechtsprechung einen „wirtschaftlichen Zusammenhang“ zwischen dem zuzuordnenden Wirtschaftsgut und der Betriebssttte ausreichen lasse, um das betreffende Wirtschaftsgut dieser Betriebssttte zuzuordnen, vgl. Kempermann, FR 2014, 60 (61 f.); Hagemann, PIStB 2014, 111 (118). Dies hatte der BFH im Urteilsfall fÅr ausreichend erachtet. Allerdings ging es in dem Urteilsfall nicht um die Anwendung des Betriebsstttenvorbehalts, so dass uE fÅr die Zuordnungsfrage im Rahmen der Abgrenzung von Art. 7 und Art. 10 OECD-MA keine Abkehr von dem Erfordernis der tatschlichen ZugehÇrigkeit anzunehmen ist, vgl. Gosch, BFH/PR 2014, 36; DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216). 5 Vgl. BFH v. 26.2.1992 – I R 85/91, BStBl. II 1992, 937 = GmbHR 1993, 58; v. 19.12.2007 – I R 66/06, BStBl. II 2008, 510 = FR 2008, 724 m. Anm. Lohmann/ Rengier; finanzverwaltungsintern wohl nicht abgestimmte VerfÅgung der OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, BeckVerw 281800 = FR 2014, 434.

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C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT

ner bisherigen Rechtsprechung geprÅft, ob die Beteiligung der Betriebssttte „dient“1 oder von der wirtschaftlichen Konzeption her der Betriebssttte untergeordnet ist.2 Die vorgenannte Rechtsprechung des BFH ist zwar primr im abkommensrechtlichen Kontext zur Frage des „tatschlichen GehÇrens“ zu einer Betriebssttte ergangen. Es ist aber davon auszugehen, dass auch im innerstaatlichen Zusammenhang im Rahmen des Veranlassungsprinzips grundstzlich dieselben Zuordnungsgrundstze gelten.3 Verwaltungsansicht zur funktionalen Zuordnung von Beteiligungen: Nach dem Betriebssttten-Erlass4 aus dem Jahr 1999, der die bis dahin ergangene BFH-Rechtsprechung (teilweise) berÅcksichtigt, sind einer Betriebssttte diejenigen WirtschaftsgÅter zuzuordnen, die der ErfÅllung der Betriebsstttenfunktion dienen.5 Dazu zhlen vor allem die WirtschaftsgÅter, die zur ausschließlichen Verwertung und Nutzung durch die Betriebssttte bestimmt sind oder aus denen EinkÅnfte erzielt werden, zu deren Erzielung die Ttigkeit der Betriebssttte Åberwiegend beigetragen hat. Maßgeblich sind immer die tatschlichen Verhltnisse und insbesondere Struktur, Organisation und Aufgabenstellung der Betriebssttte im Unternehmen. FÅr die Zuordnung von Beteiligung ist nach Verwaltungsansicht die sog. „Zentralfunktion des Stammhauses“ des Stammhauses zu beachten, wonach Beteiligungen in der Regel dem Stammhaus zuzurechnen sind. Etwas anderes soll nur gelten, wenn die Beteiligung einer in der Betriebssttte ausgeÅbten Ttigkeit dient.6 Zu Recht wird die Zentralfunktion des Stammhauses in der Literatur aber abgelehnt, da sie vielfach der Organisationsstruktur von Unternehmen widerspricht.7

27.39

Relevanz von ErgebnisabfÅhrungsvertrag und Stimmrechtsallokation fÅr Zuordnungsfrage: Die Neuregelung der Organtrgerfhigkeit trifft keine Aussage darÅber, ob der Gewinn der Organgesellschaft an die inlndische Betriebssttte oder an das auslndische Stammhaus abzufÅhren ist. Gleiches gilt fÅr die Frage, ob der EAV mit dem auslndischen Organtrger abgeschlossen werden kann. Nach alter Rechtslage war es erforderlich, dass der EAV unter der Firma der inlndischen Zweigniederlassung abgeschlossen wurde. UE sollte die Frage, ob der EAV mit dem Stammhaus oder der Betriebssttte abgeschlossen ist ebenso wie die Frage der Stimmrechtsallokation grds. keine Auswirkung auf die Zuordnung der Beteiligungen

27.40

1 Vgl. BFH v. 1.4.1987 – II R 186/80, BStBl. II 1987, 550. 2 Vgl. BFH v. 13.2.2008 – I R 63/06, BStBl. II 2009, 414 = GmbHR 2008, 780 = FR 2008, 1053. 3 Vgl. dazu Gosch in Kirchhof, EStG14, § 49 Rz. 15 mit dem Hinweis, dass im Bereich der Besteuerung von Mitunternehmerschaften nach innerstaatlichem Recht ggf. abweichende Zuordnunsgsgrundstze gelten. 4 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076. 5 BFH v. 29.7.1992 – II R 39/89, BStBl. II 1993, 63 = GmbHR 1993, 61; BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076, Rz. 2.4. 6 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076, Rz. 2.4. 7 Vgl. Breuninger in FS fÅr Schaumburg, KÇln 2009, 587 ff.

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haben,1 wenn sich aufgrund anderer Umstnde ein eindeutiger funktionaler Zusammenhang ergibt. Gleichwohl kann dem Abschluss des EAV unter der Firma der Zweigniederlassung ebenso wie der Stimmrechtsallokation in bestimmten Fllen eine Indizwirkung zukommen, welche eine Zuordnung zur inlndischen Betriebssttte unterstÅtzt. Im brigen ist darauf hinzuweisen, dass der sog. Personalfunktion im Rahmen der Betriebsstttengewinnaufteilungsverordnung (Rz. 27.49 ff.) eine entscheidende Bedeutung zukommt, weshalb es sinnvoll erscheint, die Verwaltung der Beteiligung ebenso wie die StimmrechtsausÅbung bei der inlndischen Betriebssttte anzusiedeln.

27.41 Hilfsmaßstab fÅr funktionale Zuordnung: UE kann fÅr die Frage des Vorliegens eines funktionalen Zusammenhangs zumindest indiziell Anleihe bei den Grundstzen fÅr die Qualifikation von Beteiligungen als SonderbetriebsvermÇgen bei einer Personengesellschaft genommen werden. Liegt nach diesen SonderbetriebsvermÇgen vor, so dÅrfte auch eine funktionale Zuordnung zu bejahen sein. Denn die Voraussetzungen, die erfÅllt sein mÅssen, um eine Wirtschaftsgut als notwendiges SonderbetriebsvermÇgen zu qualifizieren, kÇnnen (bei WirtschaftsgÅtern des GesamthandsvermÇgens) uE grundstzlich auch eine funktionale ZugehÇrigkeit begrÅnden. Voraussetzung fÅr die ertragsteuerliche Anerkennung eines Organschaftsverhltnisses mit einer Organtrgerpersonengesellschaft ist aber immer die ZugehÇrigkeit der Beteiligung zum GesamthandsvermÇgen (siehe hierzu auch Rz. 27.57).

27.42 Grundfall funktionaler Zuordnung: Als Paradebeispiel fÅr einen bestehenden funktionalen Zusammenhang gilt allgemein eine Produktionsbetriebssttte, welcher die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die die Produkte der Produktionsbetriebssttte vertreibt, zuzuordnen ist.2 Durch den Vertrieb der Produkte der Betriebssttte unterstÅtzt und fÇrdert die Vertriebsgesellschaft unzweifelhaft die unternehmerische Ttigkeit der Produktionsbetriebssttte, so dass die Voraussetzungen einer funktionalen Zuordnung gegeben sind. Gleiches sollte uE im umgekehrten Fall gelten, wenn eine Betriebssttte die Produkte einer Produktionskapitalgesellschaft vertreibt. Ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Ttigkeit einer Betriebssttte ist uE auch dann zu bejahen, wenn die Kapitalgesellschaft durch die Betriebssttte outgesourcte Funktionen wahrnimmt, die ohne das erfolgte Outsourcing andernfalls durch die Betriebssttte selbst htten wahrgenommen mÅssen. Gleiches gilt uE dann, wenn zB auf Ebene der Betriebssttte und der Kapitalgesellschaft verschiedene Produktionsstufen fÅr ein bestimmtes Produkt angesiedelt sind, da auch in diesem Fall ein entsprechender Zusammenhang zwischen den Ttigkeiten von Betriebssttte und Beteiligungsgesellschaft besteht. 1 Vgl. zur Unschdlichkeit der Stimmrechtsallokation zB Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (81); Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (267). 2 Vgl. zB Looks/Maier in LÇwenstein/Looks/Heinsen, Betriebsstttenbesteuerung2, Rz. 774;

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C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT

Funktionale Zuordnung bei multiplem funktionalen Zusammenhang: Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Frage, wie eine Zuordnung zu erfolgen hat, wenn ein funktionaler Zusammenhang sowohl zum auslndischen Stammhaus des Organtrgers als auch der inlndischen Betriebssttte des Organtrgers besteht. Als Beispiel kann insoweit eine inlndische Vertriebskapitalgesellschaft gelten, welche zu 70 % Produkte des auslndischen Stammhauses und zu 30 % Produkte der inlndischen Produktionsbetriebssttte vertreibt. Zumindest nach Verwaltungsansicht ist davon auszugehen, dass die Zuordnung der Beteiligung zu einer Betriebssttte nur einheitlich und nicht anteilig erfolgen kann. Zwar kÇnnte man daran denken, die Beteiligung aufgrund des Åberwiegenden Vertriebs von Produkten des auslndischen Stammhauses diesem zuzuordnen. Dies ist uE aber keinesfalls zwingend, da unstreitig auch ein funktionaler Zusammenhang mit der inlndischen Produktionsbetriebssttte besteht. Maßgeblich sollte uE in diesem Fall vielmehr sein, wo die Beteiligung innerhalb der Organisationsstruktur des Gesamtunternehmens angegliedert ist. Ist beispielsweise die Beteiligung in der Betriebsstttenbilanz der deutschen Betriebssttte ausgewiesen und werden die maßgeblichen Gesellschafterrechte durch Mitarbeiter der deutschen Betriebssttte ausgeÅbt (ggf. ist ein Mitarbeiter der inlndischen Betriebssttte auch GeschftsfÅhrer der Beteiligungsgesellschaft), so dass die deutsche Beteiligungsgesellschaft organisatorisch als Teil des einheitlichen Deutschlandgeschfts des Gesamtunternehmens verstanden wird, sind diese Bezugspunkte zur deutschen Betriebssttte uE strker zu gewichten als der Umstand, dass nur 30 % der durch die Kapitalgesellschaft vertriebenen Produkte aus der deutschen Betriebssttte stammen. In diesem Fall kann der StimmrechtsausÅbung ebenso wie der Frage, ob der GewinnabfÅhrungsvertrag unter der Firma der Zweigneiderlassung abgeschlossen wurde, eine zumindest indizielle Bedeutung fÅr die Frage der Zuordnung zu einer inlndischen Betriebssttte zukommen. Anders wre der Beispielsfall uE aber zu lÇsen, wenn die Beteiligung gerade nicht als Teil des Deutschlandgeschfts verstanden wÅrde, sondern eine organisatorische Eingliederung der inlndischen Kapitalgesellschaftsbeteiligung in das auslndische Stammhaus erfolgen wÅrde.

27.43

Funktionale Zuordnung zu Holding-Betriebssttte: Gerade auch vor dem Hintergrund der Neuregelung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG wird die Frage diskutiert, inwieweit eine Zuordnung von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen zu einer inlndischen Holdingbetriebssttte erfolgen kann.1 In diesem Fall sollte bereits die Qualifikation als Betriebssttte i.S.v. § 12 AO erfordern, dass es sich bei der ausgeÅbten Holdingttigkeit der Betriebssttte um eine gewerbliche Ttigkeit handelt. Unstreitig sind diese Voraussetzungen einer gewerblichen Ttigkeit nicht erfÅllt, wenn die Ttigkeit der Betriebssttte als bloße VermÇgensverwaltung zu qualifizieren ist. Sofern einer Betriebssttte aber die Funktion einer geschftsleitenden

27.44

1 Vgl. Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 261 (267); Goebel/Ungemach, NWB 2013, 595 (599).

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Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

Holding zugewiesen ist und von dieser ausgeÅbt wird, sollte uE grundstzlich eine funktionale Zuordnung der geleiteten Beteiligungsgesellschaften zu dieser Betriebssttte mÇglich sein. Da sich die Frage des Vorliegens einer Holdingbetriebssttte in der Praxis insbesondere in Zusammenhang mit Holding-Personengesellschaft stellt, werden die entsprechenden Anforderungen vorliegend einheitlich bei den AusfÅhrungen zur HoldingPersonengesellschaft unten (Rz. 27.60 ff.) dargestellt. Die Anforderungen gelten uE im Rahmen einer Holding-Betriebssttte entsprechend. c) Zuordnungsgrundstze nach der Betriebsstttengewinnaufteilungsverordnung aa) Anwendungsbereich des AOA

27.45 Es stellt sich die Frage, inwieweit die vorgenannten Zuordnungskriterien Modifikationen durch die die vom BMF erlassene Betriebsstttengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV)1 erfahren. Die BsGaV ist eine Rechtsverordnung und hat als solche Gesetzeskraft. Es ist die erste Norm im innerstaatlichen Recht, welche Grundstze zur Zuordnung von Beteiligungen zu einer Betriebssttte enthlt. Die auf Grundlage von § 1 Abs. 6 AStG erlassene BsGaV dient der Konkretisierung von § 1 Abs. 5 AStG, der durch das AmtshilfeRL-UmsG v. 26.6.20132 eingefÅgt wurde. Regelungszweck von § 1 Abs. 5 AStG ist die Umsetzung des sog. Authorized OECD Approach (AOA), welcher auch unter der Bezeichnung „functionally separate entity approach“ diskutiert wird. Mit dem AOA verfolgt die OECD das Ziel, eine Betriebssttte fÅr Zwecke der abkommensrechtlichen Gewinnaufteilung zwischen Stammhaus und Betriebssttte als eigenstndiges und selbstndiges Unternehmen zu behandeln. Basierend auf diesem Konzept wurden Art. 7 OECD-MA sowie der Kommentar zum OECD-MA maßgeblich gendert.

27.46 Ob die in der BsGaV dargelegten Grundstze zur Zuordnung von Beteiligungen zu einer Betriebssttte unmittelbar auch im Rahmen von § 14 Abs. 1 Nr. 2 S. 4 bis 7 KStG gelten, erscheint fraglich. Die Finanzverwaltung geht wohl von einer unmittelbaren Anwendbarkeit aus.3 Im Regelungskontext des § 1 AStG handelt es sich bei § 1 Abs. 5 AStG grundstzlich um eine EinkÅnftekorrekturnorm zur Ermittlung fremdÅblicher Verrechnungspreise. Auch wenn der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 5 AStG iVm. § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 AStG Åber die bloße EinkÅnftekorrektur hinausgeht und Åberhaupt erst die Grundlage dafÅr schafft, auch Innentransaktionen zwischen einem Unternehmen und seiner Betriebssttte 1 BGBl. I 2014, 1603. 2 § 1 Abs. 5 angef. durch Gesetz v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809. 3 Vgl. Rz. 2.2.4.1. des BMF-Schreibens v. 26.9.2014 zur Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen auf Personengesellschaften. Dort heißt es insoweit: „WirtschaftsgÅter einer Personengesellschaft sind BetriebsvermÇgen der im anderen Staat gelegenen Betriebssttte bzw. gehÇren tatschlich zu der Betriebssttte, wenn sie nach § 1 Abs. 5 AStG der Betriebssttte zuzuordnen sind.“

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C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT

als gewinnwirksame Geschftsvorflle zu fingieren, besteht der Regelungsgegenstand des § 1 Abs. 5 AStG ausweislich seines Wortlauts darin, die Bedingungen von Geschftsvorfllen, insbesondere die Verrechnungspreise, zwischen einem Unternehmen und seiner Betriebssttte so anzupassen, dass sie dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Dies besttigt auch § 1 Abs. 1 der BsGaV, wonach die darin beschriebene Funktionsund Risikoanalyse der Geschftsttigkeit der Betriebssttte und die darauf aufbauende Vergleichbarkeitsanalyse dazu dienen, fremdvergleichskonforme Verrechnungspreise fÅr die Geschftsbeziehungen der Betriebssttte zu bestimmen. Zutreffend ist es daher, wenn von Gosch1 darauf hingewiesen wird, dass die Umsetzung des AOA im Rahmen von § 1 Abs. 5 AStG „eigentlich“ und unmittelbar bloß in Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 AStG und in Zusammenhang mit der beschrnkten Steuerpflicht, wenn Åberhaupt, allenfalls Åber Art. 7 Abs. 1 OECD-MA wirkt. Richtigerweise htte der Gesetzgeber die Regelung des § 1 Abs. 5 AStG in die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften aufnehmen mÅssen.2 Zudem enthlt § 1 Abs. 5 S. 8 AStG fÅr Altabkommen, die den AOA – wie im brigen die meisten deutschen DBA – noch nicht umgesetzt haben, eine Bestandsklausel, wonach § 1 Abs. 5 AStG keine Anwendung findet, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der andere Staat sein Besteuerungsrecht entsprechend diesem Abkommen ausÅbt und deshalb die Anwendung der Stze 1 bis 7 zu einer Doppelbesteuerung fÅhren wÅrde.

27.47

Ungeachtet der vorstehenden systematischen Bedenken ist aber gleichwohl davon auszugehen, dass die Zuordnungsgrundstze der BsGaV zumindest faktisch auch auf die Frage der Betriebsstttenzuordnung der Beteiligung an der Organgesellschaft ausstrahlen. Zudem erscheint es vor dem Hintergrund einer in sich geschlossenen und konsistenten Besteuerungskonzeption naheliegend, einheitliche Zuordnungsgrundstze im Rahmen des nationalen Steuerrechts wie auch auf Ebene der Doppelbesteuerungsabkommen anzuwenden.

27.48

bb) Die Zuordnung von Beteiligungen nach dem AOA § 7 BsGaV regelt die Zuordnung von Beteiligungen zu Betriebssttten. Nach § 7 Abs. 1 BsGaV ist fÅr die Zuordnung einer Beteiligung die Nutzung der Beteiligung entscheidend, welche anhand der sog. Personalfunktion zu ermitteln sein soll, dh. die Zuordnung erfolgt zu der Betriebssttte, in der die wesentliche Personalfunktion wahrgenommen wird.

27.49

Die Personalfunktion definiert die BsGaV als eine Geschftsttigkeit, die von eigenem Personal des Unternehmens fÅr das Unternehmen ausgeÅbt wird (§ 2 Abs. 3 BsGaV). Sie erfordert außerdem einen sachlichen Bezug zur Geschftsttigkeit der Betriebssttte sowie einen zeitlichen Bezug zur

27.50

1 Vgl. Gosch in Kirchhof, EStG14, § 50 Rz. 19a. 2 Vgl. Ditz, IStR 2013, 262; Hagemann, PIStB 2014, 111 (113).

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Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

Betriebssttte, § 4 Abs. 1 BsGaV. Die Nutzung der Beteiligung ergibt sich aus dem funktionalen Zusammenhang zur Geschftsttigkeit der Betriebssttte. Besteht ein funktionaler Zusammenhang gleichzeitig zu verschiedenen Betriebssttten, so ist die Beteiligung der Betriebssttte zuzuordnen, zu der der Åberwiegende funktionale Zusammenhang besteht, § 7 Abs. 1 BsGaV.

27.51 Eine davon abweichende Zuordnung ist nach § 7 Abs. 2 BsGaV mÇglich, wenn die Bedeutung einer in dieser anderen Betriebssttte ausgeÅbten anderen Personalfunktion eindeutig gegenÅber der Personalfunktion nach Abs. 1 Åberwiegt. Dies sind insbesondere solche Personalfunktionen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung, der Verwaltung, der Risikosteuerung oder Verußerung einer Beteiligung im Sinne von Abs. 1 Satz 1 stehen. Werden andere Personalfunktionen i.S.d. Abs. 2 Satz 1 gleichzeitig in verschiedenen Betriebssttten des Unternehmens ausgeÅbt, so ist ein VermÇgenswert i.S.d. Abs. 1 Satz 1 der Betriebssttte zuzuordnen, deren anderer Personalfunktion die grÇßte Bedeutung zukommt, § 7 Abs. 3 BsGaV. Sofern ein VermÇgenswert i.S.d. Abs. 1 Satz 1 nicht eindeutig zugeordnet werden kann oder sich der Åberwiegende funktionale Zusammenhang hufig ndert, so ist nach § 7 Abs. 4 BsGaV eine Zuordnung vorzunehmen, die den Abs. 1 bis 3 nicht widerspricht. cc) Auswirkungen der BsGaV auf die Beteiligungszuordnung

27.52 In der BegrÅndung der Verordnung wird ausgefÅhrt, dass fÅr Beteiligungen die Nutzung der zuverlssigste und eindeutigste AnknÅpfungspunkt ist, wenn eine entsprechende funktionale Nutzung festgestellt werden kann, weshalb die Beteiligung i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 BsGaV der Betriebssttte zuzuordnen ist, in welcher die Beteiligung funktional genutzt wird.1 Demnach wird das Kriterium des Funktionszusammenhangs weiterhin herangezogen, was sich im brigen auch aus der Verordnung in § 7 Abs. 1 S. 2 BsGaV ergibt, wo der Funktionszusammenhang insbesondere Åber die Personalfunktion sichergestellt werden soll. Nach dem Verstndnis der Finanzverwaltung stimmen die Grundstze von § 1 Abs. 5 AStG mit der Rechtsprechung des BFH zum funktionalen Zusammenhang Åberein.2

27.53 Im Hinblick auf die Personalfunktion sind Unklarheiten hinsichtlich der Abgrenzung der wesentlichen von der unwesentlichen Personalfunktion zu erwarten. Ferner wird insbesondere bei multinationalen Unternehmensgruppen mit komplexen Entscheidungsstrukturen eine klare Zuordnung nicht ohne weiteres mÇglich sein. Die Frage, ob die aus der Beteiligung resultierenden Stimmrechte vom Stammhaus oder der Betriebssttte wahrgenommen werden, wurde zur alten Rechtslage und wird auch 1 BR-Drucks. 401/14 v. 28.8.2014, 70. 2 Vgl. BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 zur Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf Personengesellschaften.

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C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT

im Zuge der „kleinen Organschaftsreform“ als weitgehend unproblematisch angesehen.1 Mit Blick auf die nach der BsGaV maßgebliche Personalfunktion kÇnnte dies jedoch wieder in Frage gestellt werden. Unterstellt, dass durch Gesellschafterbeschluss der Organtrgergesellschaft wesentliche, die Organgesellschaft betreffende Entscheidungen getroffen werden, kÇnnte die Personalfunktion auf die zivilrechtliche Gesellschafterstellung rekurrieren. Danach wÅrde die Zuordnung der Beteiligung zum Stammhaus erfolgen, da die Stimmrechtsallokation stets entsprechend der zivilrechtlichen Gesellschafterstellung beim Stammhaus liegt. Dies wÅrde die Zentralfunktion des Stammhauses durch die HintertÅr bedeuten und steht uE nicht in Einklang mit der Selbstndigkeitsfiktion der Betriebssttte und einer Zuordnung nach der funktionalen Nutzung, wie sie die BsGaV normiert. Nach der BsGaV und unter BerÅcksichtigung der – nach neuem Verstndnis – weiterreichenden Selbstndigkeitsfiktion der Betriebssttte sollte an der von der Finanzverwaltung propagierten Zentralfunktion des Stammhauses nicht weiter festgehalten werden.2 Hinzu kommt, dass die Zentralfunktion des Stammhauses jeglicher Rechtsgrundlage entbehrt und auch nicht auf die von der Finanzverwaltung zitierte Rechtsprechung des BFH zurÅckgefÅhrt werden kann. Die BsVaG ist als Rechtsverordnung auf der Grundlage von § 1 Abs. 6 AStG rechtsverbindlich,3 wohingegen der Betriebsstttenerlass lediglich die Auffassung der Finanzverwaltung wiedergibt und nur fÅr diese bindend ist.

27.54

III. Besonderheiten der Zuordnung einer Beteiligung zur inlndischen Organtrger-Personengesellschaft mit auslndischen Gesellschaftern 1. nderungen durch die Neuregelung fÅr OrgantrgerPersonengesellschaften Die Altregelung setzte voraus, dass die Organtrger-Personengesellschaft eine originr gewerbliche Ttigkeit ausÅbte und die Organbeteiligung zum GesamthandsvermÇgen der Personengesellschaft gehÇrte. Auf die hinter der Personengesellschaft stehenden Personen kam es nicht an.4 Die originre Ttigkeit der Personengesellschaft ist auch nach der Neuregelung weiterhin Voraussetzung fÅr die Organtrgereigenschaft einer Personengesellschaft. Zustzlich ist nun § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG zu beachten, der eine Zuordnung zur inlndischen Betriebssttte auch nach abkommensrechtlichen Grundstzen verlangt. Dies kann in Bezug auf Organschaftsverhltnisse mit Organtrger-Personengesellschaften, de1 Vgl. Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (81). 2 Vgl. Kraft/Dombrowski, FR 2014, 1109 mwN. 3 Vgl. zur Rechtsverbindlichkeit BVerfG v. 5.5.1965 – 2 BvL 4/63, BVerfGE 19, 17 (29). 4 DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1216).

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27.55

Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

ren Mitunternehmer im Ausland ansssig sind, in den unter bb) dargestellten Fllen zu einer Verschrfung der Rechtslage fÅhren. 2. Zuordnung nach innerstaatlichem Recht

27.56 Die Voraussetzung des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG muss gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 im Verhltnis zur Personengesellschaft selbst erfÅllt sein, dh. die Beteiligung an der Organgesellschaft muss zum GesamthandsvermÇgen der Personengesellschaft gehÇren.1 WirtschaftsgÅter, die im GesamthandsvermÇgen einer Personengesellschaft stehen, stellen grundstzlich BetriebsvermÇgen der Personengesellschaft dar.2 Nach nationalem deutschen Steuerrecht sind WirtschaftsgÅter, die zum GesamthandsvermÇgen einer gewerblichen Personengesellschaft gehÇren, der Personengesellschaft als Gewinnermittlungssubjekt und nicht den dahinter stehenden Gesellschaftern zuzuordnen.3 Bei einer Organtrger-Personalgesellschaft mit auslndischen Gesellschaftern indiziert das zivilrechtliche Gesamthandseigentum eine ununterbrochene Zuordnung zur inlndischen Betriebssttte nach nationalen Grundstzen.4 3. Abkommensrechtliche Zuordnung

27.57 Nach deutschem Steuerrecht transparent behandelte gewerblich ttige Personengesellschaften werden abkommensrechtlich grundstzlich als Betriebssttte behandelt, dh. sie vermitteln ihren Gesellschaftern, die das Unternehmen i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. d) OECD-MA betreiben, eine abkommensrechtliche Betriebssttte. Gewerblich ttige Personengesellschaften erzielen abkommensrechtlich grundstzlich Unternehmensgewinne i.S.v. Art. 7 OECD-MA, so dass die unter Rz. 27.34 ff. dargestellten Grundstze zur funktionalen Zuordnung entsprechend Anwendung finden. Ebenso wie nach alter Rechtslage ist es auch weiterhin erforderlich, dass die Beteiligung an der Organgesellschaft zum GesamthandsvermÇgen der Organtrger-Personengesellschaft gehÇrt.5 Dh. die Zuordnung einer Betei1 Vgl. BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038, Tz. 13. 2 Eine Zurechnung zum Gesellschafter nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO scheidet bei der Gewinnermittlung einer Mitunternehmerschaft tatbestandsmßig aus, da sie ist fÅr die Besteuerung nicht erforderlich ist, weil Subjekt der Gewinnerzielung und Gewinnermittlung die Mitunternehmerschaft selbst und nicht der Mitunternehmer ist, vgl. BFH v. 16.6.1994 – IV R 48/93, BStBl. II 1996, 82 = FR 1994, 750 m. Anm. SÇffing; Ehlermann/Petersen, IStR 2011, 747 (748). 3 Vgl. BFH v. 16.6.1994 – IV R 48/93, BStBl. II 1996, 82 = FR 1994, 750 m. Anm. SÇffing. 4 Finanzverwaltungsintern wohl nicht abgestimmte VerfÅgung der OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, BeckVerw 281800 = FR 2014, 434; Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (153). 5 Siehe auch die finanzverwaltungsintern wohl nicht abgestimmte VerfÅgung der OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, BeckVerw 281800 = FR 2014, 434.

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C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT

ligung zum SonderbetriebsvermÇgen eines (auslndischen) Mitunternehmers bei der Personengesellschaft ist nicht ausreichend, um ein Organschaftsverhltnis zu begrÅnden. Gleichwohl kann die zur Zuordnung von SonderbetriebsvermÇgen ergangene Rechtsprechung uE herangezogen werden, um zu beurteilen, ob eine Beteiligung, die Teil des GesamthandsvermÇgens ist, einer durch die Personengesellschaft begrÅndeten Betriebssttte nach den Kriterien der funktionaler ZugehÇrigkeit zugeordnet werden kann. Denn die ZugehÇrigkeit eines Wirtschaftsguts zum notwendigen SonderbetriebsvermÇgen impliziert uE eine funktionale ZugehÇrigkeit. Den nationalen Zuordnungsgrundstzen, wonach WirtschaftsgÅter des GesamthandsvermÇgens und sogar solche des SonderbetriebsvermÇgens der Personengesellschaft zuzuordnen sind, kommt abkommensrechtlich keine Bedeutung zu. Vielmehr stehen abkommensrechtlich durch die Personalgesellschaft vermittelte Betriebssttten und Betriebssttten des Gesellschafters, die dieser aufgrund seiner außerhalb der Personengesellschaft erfolgenden Aktivitten unterhlt, als gleichberechtigte Zurechnungsobjekte gegenÅber.1

27.58

Fraglich ist, ob ein funktionaler Zusammenhang zu einer inlndischen Betriebssttte der Personengesellschaft auch dann erforderlich ist, wenn neben der inlndischen Personengesellschafts-Betriebssttte keine weitere Betriebssttte besteht, etwa weil die im Ausland ansssigen Mitunternehmer weder fÅr die Personalgesellschaft noch daneben selbst originr unternehmerisch ttig sind. In diesem Fall entschied der BFH zur Zuordnung von SonderbetriebsvermÇgen II, dass eine Kapitalgesellschaftsbeteiligung der inlndischen Betriebssttte zuzuordnen ist, da die im Ausland ansssigen Gesellschafter keine weiteren Betriebssttten i.S.d. Abkommensrechts besitzen und eine solche (Mitunternehmer-) Betriebssttte auch nicht durch das bloße Innehaben einer Kapitalbeteiligung begrÅndet wird.2

27.59

4. Holding-Personengesellschaft Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Frage, inwieweit eine Holding-Personengesellschaft als Organtrgerin fungieren und dieser die Organschaftsbeteiligung zugeordnet werden kann. Eine geschftsleitend ttige Holding-Personengesellschaft, die Managementleistungen gegenÅber ihren Tochtergesellschaften erbringt, erzielt nach der Rechtsprechung des BFH gewerbliche EinkÅnfte.3 Nach Auffas1 Vgl. BFH v. 30.8.1995 – I R 112/94, BStBl. II 1995, 563; v. 29.11.2000 – I R 84/99, IStR 2001, 185; v. 19.12.2007 – I R 66/06, BStBl. II 2008, 510 = FR 2008, 724 m. Anm. Lohmann/Rengier. 2 Vgl. BFH v. 12.6.2013 – I R 47/12, BStBl. II 2014, 770 = FR 2014, 57 m. Anm. Kempermann. 3 Vgl. BFH v. 17.12.1969 – I 252/64, BStBl. II 1970, 257; v. 31.1.1973 – I R 166/71, BStBl. II 1973, 420; v. 12.8.2002 – VIII B 69/02, GmbHR 2002, 1259 = BFH/NV 2002, 1579; v. 17.9.2003 – I R 95, 98/01, BFH/NV 2004, 808.

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27.60

Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

sung der Finanzverwaltung – welche in der Literatur uE zu Recht kritisiert wird1 – reicht die Ttigkeit als geschftsleitende Holding hingegen nicht aus, um eine gewerbliche Ttigkeit zu begrÅnden; vielmehr geht die Finanzverwaltung davon aus, dass eine gewerbliche Ttigkeit zwingend die Erbringung sonstiger Dienstleistungen erfordert.2 Im BMF-Schreiben zu § 50d Abs. 3 EStG, der auf eine „wirtschaftliche Ttigkeit“ abstellt, erkennt die Finanzverwaltung eine solche hingegen bereits dann an, wenn mindestens zwei Beteiligungen von einigem Gewicht gehalten und diesen gegenÅber geschftsleitende Funktionen wahrgenommen werden.3 Insoweit stimmt die Finanzverwaltungsauffassung zur aktiven Beteiligungsverwaltung mit der BFH-Rechtsprechung zur gewerblichen Ttigkeit Åberein.4 Wenngleich fÅr das Mindesterfordernis des Haltens zweier Beteiligungen uE keine Rechtsgrundlage ersichtlich ist, sollte zumindest auf das Erfordernis der Erbringung weiterer Dienstleistungen auch fÅr Zwecke des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG verzichtet werden kÇnnen. In der Praxis werden gleichwohl regelmßig (ergnzend) Service-Agreements zwischen der Organtrger-Personengesellschaft und den Organgesellschaften geschlossen werden, wodurch auch nach Auffassung der Finanzverwaltung die Voraussetzungen fÅr eine gewerbliche Ttigkeit vorliegen sollten.

27.61 Zentraler Anhaltspunkt fÅr das Vorliegen einer geschftsleitende Holding (in Abgrenzung zu einer vermÇgensverwaltenden Holding) ist die faktische AusÅbung der Leitungsfunktion.5 Geschftsleitende Funktionen werden durch FÅhrungsentscheidungen ausgeÅbt, die sich durch ihre langfristige Natur, Grundstzlichkeit und Bedeutung auszeichnen, welche sie fÅr den Bestand der Beteiligungsgesellschaft haben. Als solche unterscheiden sie sich von Entscheidungen, die kurzfristig und ausfÅhrungsbezogen sind.6 Sie kommen beispielsweise in folgenden Fllen in Betracht: – Festlegung der Unternehmensstrategie, – Steuerung der Unternehmensfinanzierung, – Rechtliche Organisation des Konzerns als ganzen sowie die Produktions- und Investitionssteuerung im Gesamtkonzern

1 Vgl. zB DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 97; Orth, DB 2005, 741; Walter, GmbHR 2005, 458. 2 Vgl. BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216; siehe dazu DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1217); DÇtsch in DÇtsch/Pung/ MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 97. 3 BMF v. 24.1.2012 – IV B 3 - S 2411/07/10016 – DOK 2011/1032913, BStBl. I 2012, 171 = FR 2012, 233, Tz. 5.2. 4 Vgl. BFH v. 15.4.1970 – I R 122/66, BStBl. II 1970, 554; BMF v. 24.1.2012 – IV B 3 - S 2411/07/10016 – DOK 2011/1032913, BStBl. I 2012, 171 = FR 2012, 233. 5 Vgl. Hruschka, DStR 2014, 2421 (2424). 6 BMF v. 24.1.2012 – IV B 3 - S 2411/07/10016 – DOK 2011/1032913, BStBl. I 2012, 171 = FR 2012, 233.

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C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT

– Wahrnehmung von Åbergeordneten Aufgaben in folgenden Bereichen (zB durch Erstellung von zentralen Leitlinien) – Corporate Governance, – Recht und Steuern, – Personal, – Corporate Identity, Marketing, ffentlichkeitsarbeit – Strategischer Einkauf Dabei ist ein Erscheinen nach außen nicht zwingend erforderlich, so dass auch die Einrumung von Zustimmungsvorbehalten in einem solchen Maße genÅgen kann, dass der GeschftsfÅhrung der Beteiligungsgesellschaft kein echter Spielraum fÅr unternehmerische Entscheidungen bleibt.1 Hingegen reicht es nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht aus, wenn nur einzelne Geschftsfunktionen, wie zB Lizenzverwertung und oder/Kreditgewhrung durch die Holdinggesellschaft erbracht werden.2 Die nach Satz 7 nunmehr ergnzend erforderliche Zuordnung der Organschaftsbeteiligung nach abkommensrechtlichen Grundstzen verlangt eine funktionale ZugehÇrigkeit jeder Organschaftsbeteiligung zur inlndischen Betriebssttte der Holding-Personengesellschaft, dh. die funktionale ZugehÇrigkeit ist im Verhltnis zu jeder einzelnen Beteiligung zu prÅfen.3 Sofern in diesem Zusammenhang in der Literatur vereinzelt die Auffassung vertreten wird, dass zwischen dem Organtrger und der Organgesellschaft jeweils Liefer- oder Leistungsbeziehungen unterhalten werden mÅssen,4 ist dies uE abzulehnen. Denn sofern nachgewiesenermaßen tatschlich geschftsleitende Funktionen in nicht nur unwesentlichem Umfang im oben dargestellten Sinne erbracht werden, sind derartige Ttigkeiten bereits isoliert betrachtet geeignet, um dadurch eine funktionale ZugehÇrigkeit zu begrÅnden. DarÅber hinausgehende, im Umfang und der Bedeutung nachgeordnete Dienstleistungsfunktionen kÇnnen insoweit nicht fÅr die Frage der funktionalen Zuordnung maßgeblich sein.

27.62

Dass auch eine geschftsleitende Personenholdinggesellschaft als tauglicher Organtrger und Zurechnungssubjekt ausreichen sollte, steht auch im Einklang mit der Zuordnung nach dem AOA, wonach die Organschaftsbeteiligung der Holding-Personengesellschaft zuzuordnen ist, wenn Personal der unternehmerisch ttigen Holdinggesellschaft Leitungsaufgaben in den Beteiligungsgesellschaften Åbernimmt. Denn die unternehmerische Leitungsttigkeit, die in der Betriebssttte der Holding-Personengesellschaft ausgeÅbt wird, hngt funktional unmittelbar mit den nachgeord-

27.63

1 Vgl. Hruschka, DStR 2014, 2421 (2426). 2 BMF v. 24.1.2012 – IV B 3 - S 2411/07/10016 – DOK 2011/1032913, BStBl. I 2012, 171 = FR 2012, 233. 3 Vgl. DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1217). 4 Vgl. DÇtsch/Pung, DB 2014, 1215 (1217).

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Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

neten Beteiligungsgesellschaften zusammen.1 In der Praxis sollte gleichwohl die funktionale Zuordnung der Beteiligung zur Organtrger-Holdingpersonengesellschaft durch den Abschluss von Service-Agreements mit den Organgesellschaften unterstÅtzt werden. 5. nderung der Zuordnung der Organbeteiligung whrend des Bestehens der Organschaft

27.64 In zeitlicher Hinsicht verlangt § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG whrend der gesamten Dauer der Organschaft eine ununterbrochene Zuordnung der Organbeteiligung zur inlndischen Betriebssttte. Analog zur Voraussetzung der finanziellen Eingliederung muss auch die Zuordnung zur inlndischen Betriebssttte seit Beginn und whrend des ganzen Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft gegeben sein.2 Eine nderung der Zuordnung3 fÅhrt zu einem Ende der Organschaft mit Wirkung zum Beginn des Wirtschaftsjahres der genderten Zuordnung, hat aber grds. keine Auswirkungen auf vorangegangene Wirtschaftsjahre. Hat die Organschaft aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht Åber die Mindestlaufzeit von 5 Jahren nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KStG bestanden, so stellt sich mangels ausdrÅcklicher Regelung die Frage, ob die Organschaft entsprechend den Regeln zur NichtdurchfÅhrung rÅckwirkend entfllt, wenn die Beteiligung aufgrund einer nderung der tatschlichen Umstnde nicht lnger der inlndischen Betriebssttte zuzuordnen ist. Letzteres wird von Teilen der Literatur4 bejaht, da der Zweck der Mindestlaufzeit darin bestÅnde, das willkÅrliche BegrÅnden und Beenden von Organschaften zu verhindern. Wre die nderung der Zuordnung der Organbeteiligung whrend der Mindestlaufzeit unschdlich, kÇnnte dies quasi „durch die HintertÅr“ zu einer Umgehung der Mindestvertragslaufzeit fÅhren. Auch die Finanzverwaltung sieht die genderte Zuordnung whrend der Mindestlaufzeit als schdlich an.5 Dem wird aber zu Recht entgegen gehalten, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KStG nur erfordert, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag whrend des FÅnfjahreszeitraums tatschlich durchgefÅhrt wird, whrend die finanzielle Eingliederung nur whrend des gesamten Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft bestehen muss.6 Im brigen kÇnnte die Organschaft im RÅckgriff auf die Grundstze zur – unschdlichen – vorzeitigen Beendigung von GewinnabfÅhrungsvertrgen auch fÅr die Vergangenheit anzuer1 Vgl. Hruschka, DStR 2014, 2421 (2426). 2 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141k (Stand Januar 2015); Kolbe in HHR, § 24 KStG Anm. 190 (Stand: Januar 2015); Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (268). 3 Zur Zuordnung an eine andere inlndische Betriebssttte vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141l (Stand Januar 2015), der eine solche fÅr unschdlich hlt; aA Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 14 KStG Anm. 190. 4 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141k (Stand Januar 2015). 5 Vgl. die finanzverwaltungsintern wohl nicht abgestimmte VerfÅgung der OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, BeckVerw 281800 = FR 2014, 434. 6 Vgl. Kolbe in HHR, § 14 KStG, Anm. 189; Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249, 268; Jesse, FR 2013, 629, 635.

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C. Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inlndischen Betriebssttte des OT

kennen sein, wenn die Beendigung der Zuordnung der Organbeteiligung auf einem wichtigen Grund1 beruht (zB fÅr den Fall, dass die inlndische Betriebssttte mit oder ohne die Organbeteiligung verußert wird).2

IV. Abkommensrechtliche Behandlung des zugerechneten Organeinkommens Nach S. 7 ist wie oben dargestellt erforderlich, dass die der inlndischen Betriebssttte zugerechneten EinkÅnfte der Organgesellschaft auch nach dem anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen der deutschen Besteuerung unterliegen. Vor dem Hintergrund verschiedener Literaturußerungen3 zu dem BFH-Urteil I R 54, 55/10 v. 9.2.2011 wird die Frage diskutiert, ob das der auslndischen Betriebssttte nach den zuvor dargestellten Grundstzen zuzurechnende Organeinkommen abkommensrechtlich tatschlich als Unternehmensgewinne im abkommensrechtlichen Sinn des auslndischen Organtrgers zu behandeln ist, mit der Folge, dass Deutschland das ausschließliche Besteuerungsrecht fÅr diesen Betriebsstttengewinn zusteht. Diese berlegungen4 beruhen darauf, dass es sich nicht um eigene EinkÅnfte des Organtrgers, sondern um bloß zugerechnete EinkÅnfte eines eigenstndigen Rechtstrgers handelt. UE ist diesen berlegungen nicht zu folgen. Auch der Gesetzgeber hat diese Zweifel bei der nderung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG als unberechtigt angesehen

1 Vgl. R 60 Abs. 6 KStR 2004. 2 Gemß der beispielhaften („insbesondere“) Aufzhlung in R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004 ist nach Auffassung der Finanzverwaltung ein wichtiger Grund ua. in der „Verußerung“ (der Organbeteiligung) zu sehen. Eine Unterscheidung zwischen konzerninternen und konzernexternen Verußerungen sehen die KÇrperschaftsteuerrichtlinien nicht vor. Die Praxis ist bislang davon ausgegangen, dass die angefÅhrten Flle (Verußerung oder Einbringung der Organbeteiligung durch den Organtrger, Verschmelzung, Spaltung oder Liquidation des Organtrgers oder der Organgesellschaft) außerhalb der Ausnahme des R 60 Abs. 6 Satz 3 KStR, dh. wenn nicht bereits bei Vertragsabschluss feststand, dass der GewinnabfÅhrungsvertrag vor Ablauf der ersten fÅnf Jahre beendet werden wird, mit hinreichender Sicherheit von der Finanzverwaltung als wichtige GrÅnde i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG anerkannt werden, vgl. zB Stangl/BrÅhl, Ubg 2012, 657. Die Beendigung eines GewinnabfÅhrungsvertrags infolge einer konzerninternen Verußerung der Organgesellschaft war jÅngst Gegenstand eines BFH-Verfahrens (BFH 13.11.2013 – I R 45/12, FR 2014, 608 = BFH/NV 2014, 783; Vorinstanz FG Nds. v. 10.5.2012 – 6 K 140/10, EFG 2012, 1591). Hier verneinte der BFH das Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG bei einer konzerninternen Verußerung der Organbeteiligung. Allerdings enthielt der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt mehrere Anzeichen, die auf das (alleinige) Motiv der Verlustnutzung schließen lassen, und das Gericht dazu veranlassten, den konkreten Fall in die Nhe eines steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs zu rÅcken. Vgl. dazu auch Herzberg, GmbHR 2014, 502; Benecke/Schnittger, IStR 2013, 143 (153). 3 Vgl. LÅdicke, IStR 2011, 740 (744). 4 Vgl. zu dieser Frage Weigert/Strohm, Der Konzern 2013, 249 (271).

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27.65

Kapitel 27 Inlandsbezug bei OT und OG in grenzÅberschreitenden Fllen

und ist davon ausgegangen, dass das zugerechnete Organeinkommen dem abkommensberechtigten Organtrger als Unternehmensgewinn einer abkommensrechtlichen Betriebssttte zuzuordnen ist. Gleichwohl sollte die weitere Entwicklung dazu im Auge behalten werden.

V. Betriebsstttenzuordnung bei mittelbarer Beteiligung 27.66 Bei einer mittelbaren Beteiligung des Organtrgers an der Organgesellschaft mÅssen die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 in Bezug auf die Beteiligung an der vermittelnden Gesellschaft vorliegen. Besteht die mittelbare Beteiligung Åber mehrere vermittelnde Gesellschaften, ist nur auf die unmittelbare Beteiligung des Organtrgers an der ersten vermittelnden Gesellschaft abzustellen.1 Denn Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 stellt – im Gegensatz zu Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 – nicht auf die Beteiligung an „jeder vermittelnden Gesellschaft“, sondern auf die Beteiligung „an der vermittelnden Gesellschaft“ ab.2 Im Ergebnis ist es fÅr das Bestehen der Organschaft insoweit irrelevant, ob es sich bei der bzw. den vermittelnden Gesellschaften um im Inland steuerpflichtige Gesellschaften handelt und ob die Organgesellschaftsbeteiligung einer inlndischen Betriebssttte der vermittelnden Gesellschaft zuzuordnen ist.3

27.67 Ist der Organtrger mittelbar Åber eine oder mehrere Personengesellschaften an der Organgesellschaft beteiligt, gilt Satz 4 sinngemß, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 5 KStG. Gegenstand von S. 5 sind – hnlich wie im Fall des S. 4 – nur Konstellationen, in denen die Organschaft direkt mit dem mittelbar beteiligten Organtrger und der Organgesellschaft besteht, nicht aber Flle, in denen die Personengesellschaft selbst aufgrund unmittelbarer Beteiligung Organtrger ist. Fraglich ist ua., was genau mit der sinngemßen Anwendung von S. 4 bei einer mittelbaren Beteiligung Åber eine oder mehrere Personengesellschaften gemeint ist.4 Richtigweise sollte sich die Regelung des S. 5 nur auf die erste Beteiligung des Organtrgers an einer oder mehreren Personengesellschaften,5 die die Beteiligung an der Organgesellschaft vermitteln, beziehen.6 Es sollte daher auf die Zuord1 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 106b; DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (307); Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141o f.; Jesse, FR 2013, 629 (635); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 189; aA Schirmer, FR 2013, 605 (608). Nicht Gegenstand von S. 4 sind sog. Organschaftsketten, in den eine unmittelbare Beteiligung des jeweiligen Organtrgers an der jeweils nachgeordneten Organgesellschaft besteht. 2 Vgl. Jesse, FR 2013, 629 (635); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 191. 3 Vgl. Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (154); Kolbe in HHR, § 14 KStG Rz. 191. 4 Vgl. im Einzelnen dazu zB Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 14 Rz. 141r ff. und (ausfÅhrlich) Kolbe in HHR, § 14 KStG, Anm. 192 ff. jeweils mit weiteren Nennungen. 5 Bzw. wegen der sog. Spiegelbildtheorie deren WirtschaftsgÅtern. 6 Vgl. DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 106i; Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 141r; Kolbe in HHR, § 14 KStG, Anm. 192 ff., je-

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D. Fazit und Ausblick

nung der Beteiligung an der (bzw. den) Personengesellschaft(en)1 zu einer inlndischen Betriebssttte des Organtrgers ankommen.

D. Fazit und Ausblick Durch die nderung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG ist der Gesetzgeber letztlich europarechtlichen Notwendigkeiten gefolgt, indem er offenkundige VerstÇße gegen die EU-Grundfreiheiten beseitigt hat. Der große Wurf ist mit der Neuregelung jedoch nicht gelungen, da wie oben dargestellt, in verschiedensten Fallkonstellationen weiterhin erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit mit EU-Recht bestehen, so dass zumindest mittelfristig weitere nderungen zu erwarten sind. Durch das genderte Regelungskonzept werden insbesondere schwierige Abgrenzungsfragen aus dem Bereich der Betriebsstttenbesteuerung in die Organschaftsregelungen inkorporiert, was dem Gedanken einer Vereinfachung des Organschaftsrechts zuwider luft. Dies gilt umso mehr, als mit dem AOA und dessen Umsetzung im Rahmen von § 1 Abs. 5 AStG sowie der Betriebsstttengewinnaufteilungsverordnung weiteres Neuland betreten wird und die Auswirkungen noch nicht vollumfnglich absehbar sind. FÅr den reinen Inlandsfall hingegen sollte sich durch die Neuregelung nichts gendert haben.

weils mit weiteren Nennungen. AA wohl die GesetzesbegrÅndung (BT-Drucks. 17/10774, 31). 1 Bzw. wegen der sog. Spiegelbildtheorie deren WirtschaftsgÅter.

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27.68

Kapitel 28 GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG Literatur Benecke/Schnitger, Wichtige nderungen bei der kÇrperschaftsteuerlichen Organschaft durch das UntStG 2013, IStR 2013, 143; Blessing, The U.S. Dual Consolidated Loss Rules: An Analysis and Reappraisal, Der Konzern 2003, 113 (Teil I) und 203 (Teil II); DÇtsch/Pung, Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts: Die nderungen bei der Organschaft, DB 2013, 305; von Freeden/Liekenbrock, Neue Zinsabzugsbeschrnkung fÅr Inbound-Akquisitionsfinanzierungen durch § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG n.F., DB 2013, 1690; Goebel/Ungemach, Neuregelung bei der Besteuerung ertragsteuerlicher Organschaften mit Auslandsbezug, NWB 2013, 595; GrÅndig/Schmid, Die nderung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG und deren Auswirkung auf grenzÅberschreitende Unternehmensstrukturen, DStR 2013, 617; KrÇner/Momen/Boller, Zeitliche Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG n.F. und verfahrensrechtliche Konsequenzen, IStR 2013, 405; Liekenbrock, Zusammenspiel von Zinsschranke und Anti-Double-dip-Rule, Ubg 2014, 785; LÇwenstein/Maier, Organschaft und eingeschrnkte Verlustnutzung bei doppelt ansssigen Organtrgern – Mitwirkung von Dr. Jekyll und Mr. Hyde bei den Neuregelungen des UntStFG?, IStR 2002, 185; Polatzky/Seitner, Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG auf US-Inbound-Strukturen nach Deutschland vor dem Hintergrund des US-Steuerrechts, Ubg 2013, 285; Rehm/Nagler, Neues von der grenzÅberschreitenden Verlustverrechnung!, IStR 2008, 129; Ritzer/Aichberger, Die Anti-Double-Dip-Regelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG, Der Konzern 2013, 602; RÇdder, Die kleine Organschaftsreform, Ubg 2012, 717; Schaden/Polatzky, Neuregelung der Verlustausgleichsbeschrnkung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG – Auswirkungen auf deutsche Inbound-Finanzierungen Åber KG-Holding-Strukturen, IStR 2013, 131; Scheipers/Linn, Zur Unionsrechtswidrigkeit des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG n.F., IStR 2013, 139; SchÇnfeld, Praxisfragen der grenzÅberschreitenden Organschaft – dargestellt anhand von Fallbeispielen, IStR 2012, 368; Schneider/Schmitz, Ausschluss der VerlustberÅcksichtigung bei Organschaft – berblick Åber § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG n.F., GmbHR 2013, 281; Schreiber/Meiisel, Auswirkungen des § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG auf die Nutzung von Organtrgerverlusten, IStR 2002, 581; Schwenke, GrenzÅberschreitende Organschaft – Anmerkungen zu den gesetzlichen Neuregelungen, ISR 2013, 41; Stangl/BrÅhl, Die „kleine Organschaftsreform“, Der Konzern 2013, 77; TÇben/Schulte-Rummel, Doppelte VerlustberÅcksichtigung in Organschaftsfllen mit AuslandsberÅhrung, FR 2002, 425; Urtz, Aktuelle nderungen des Verlustverwertungsverbots bei Organschaften gemß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG, FS Frotscher, 629; Wagner/Liekenbrock, Organschaft und Ausschluss der doppelten VerlustberÅcksichtigung im In- und Ausland nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG n.F., Ubg 2013, 133; Walter, Berichtigungspflicht nach rÅckwirkend verschrfter organschaftlicher Verlustverrechnungsbeschrnkung, IStR 2013, 535.

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A. Hintergrund der Neufassung der Verlustabzugssperre

A. Hintergrund der Neufassung der Verlustabzugssperre I. Inhalt und Bedeutung Seit EinfÅhrung durch das UntStFG vom 20.12.2001 sieht § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG1 die Beschrnkung der BerÅcksichtigung negativer EinkÅnfte im Inland unter AnknÅpfung an auslndische Besteuerungsmerkmale vor. Flankierende Vorschriften mit der Zielsetzung der Verhinderung der Einbeziehung negativer, bereits in einer Jurisdiktion berÅcksichtigter EinkÅnfte einer Gruppengesellschaft in das Besteuerungsregime einer anderen Jurisdiktion sind international verbreitet und bekannt unter der Bezeichnung „Dual Consolidated Loss Rules“.

28.1

Die Stellung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG innerhalb des § 14 KStG mag verwundern: Systematisch ist die Regelung auf der Rechtsfolgenseite der Organschaftsregelungen anzusiedeln. Sie stellt kein (negatives) Tatbestandsmerkmal der Organschaft dar2 und diese damit nicht in Frage. Im Zuge der sog. kleinen Organschaftsreform3 wurde auch die Vorschrift des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG gendert und in ihrem Anwendungsbereich erheblich erweitert. Der Neuregelung dÅrfte eine sehr viel zentralere Bedeutung fÅr die Organschaftsbesteuerung als der bisherigen Regelung zukommen.4

28.2

II. Normhistorie, Gesetzgebungsverfahren und HintergrÅnde UrsprÅngliche Fassung: In ihrer ursprÅnglichen Fassung wurde die Regelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG vor dem Hintergrund der seinerzeitigen Aufgabe des bis dahin erforderlichen doppelten Inlandsbezugs des Organtrgers eingefÅhrt. Ausweislich der damaligen GesetzesbegrÅndung sollte die Regelung bei doppelansssigen Gesellschaften als Organtrger verhindern, dass sich Verluste im In- und Ausland doppelt auswirken oder infolge der Anwendung nationaler Regelungen auslndischer Staaten stets zu Lasten des deutschen Fiskus berÅcksichtigt werden.5 Die Regelung ist angelehnt an die Dual Consolidated Loss Regelung nach US-amerikanischem Vorbild. Nach dieser ist einer doppelt ansssigen Gesellschaft die 1 Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts, BGBl. I 2001, 3858. Die Regelung hatte folgenden Wortlaut: „Ein negatives Einkommen des Organtrgers bleibt bei der inlndischen Besteuerung unberÅcksichtigt, soweit es in einem auslndischen Staat im Rahmen einer der deutschen Besteuerung des Organtrgers entsprechenden Besteuerung berÅcksichtigt wird.“ 2 Zur Neuregelung vgl. Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (98); zur Altregelung vgl. Orth, IStR 2002, Beihefter zu Heft 9, 10. 3 Durch das Gesetz zur nderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts, BGBl. I 2013, 285. 4 Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (145); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 963. 5 BT-Drucks. 14/6882, 37.

M. MÅller

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28.3

Kapitel 28

GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

Verlustnutzung in den USA grundstzlich versagt und auf einen Ausgleich mit spteren Gewinnen beschrnkt, wenn eine VerlustberÅcksichtigung gleichzeitig auch in einem anderen auslndischen Staat im Rahmen einer dort begrÅndeten unbeschrnkten Steuerpflicht erfolgt.1 Nach EinfÅhrung fÅhrte die Altfassung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG in der Praxis ein „Schattendasein“: Weder hat die Finanzverwaltung in Form einer offiziellen Verlautbarung Erluterungen zum Anwendungsbereich gegeben, noch fand die Regelung Niederschlag im Einkommensermittlungsschema der KÇrperschaftsteuerrichtlinien bzw. in anderen Steuerformularen. Ebenso wenig hat die Vorschrift – soweit ersichtlich – die Finanzgerichte beschftigt.2 Dieser Befund muss vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung der Thematik grenzÅberschreitender Verluste verwundern. Im Schrifttum fllt die Beurteilung der Vorschrift bislang durchweg negativ aus, da eine Vielzahl von Autoren die Vorschrift als missglÅckt, kaum verstndlich und letztlich praxisuntauglich einstuft.3 Einen in der FachÇffentlichkeit diskutierten „Praxistest“ hat die Altfassung – soweit ersichtlich – nicht durchlaufen. Daher ist eine Reihe von Anwendungsfragen offen geblieben, die sich auch in Bezug auf die Auslegung der Neufassung fortsetzen.

28.4 Neuregelung im Zuge der sog. Kleinen Organschaftsreform: Die Neufassung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG ist als flankierende Maßnahme zur Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs fÅr Organgesellschaften (§ 14 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 KStG, s. dazu ausfÅhrlich Kapitel 27) zu sehen. Nachdem bislang nur Organtrger doppelt ansssig sein konnten, sind taugliche Organgesellschaften nunmehr auch Kapitalgesellschaften mit statutarischem Sitz in einem EU/EWR-Staat und Ort der Geschftsleitung im Inland. Der Gesetzgeber befÅrchtete offenbar vor diesem Hintergrund, dass auch auf Ebene der Organgesellschaft eine doppelte Verlustnutzung nicht auszuschließen sei und fasste dabei ausdrÅcklich die Fallkonstellation ins Auge, bei der negative EinkÅnfte einer doppelt ansssigen Organgesellschaft im Rahmen der Besteuerung in einem auslndischen Staat mit positiven EinkÅnfte eines Organtrgers ausgeglichen bzw. abgezogen werden.4 Zwischenzeitlich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens diskutierte nderungsvorschlge, die insbesondere europarechtlichen Bedenken

1 Zur US-amerikanischen Dual Consolidated Loss Rule ausfÅhrlich Blessing, Der Konzern 2003, 113 und 203; zu deren Anwendung insbesondere auch im Zusammenhang mit den sog. „check-the-box“ Regelungen s. Endres/Thies, RIW 2002, 275; Kestler/Weger, GmbHR 2003, 156 sowie Prinz/Simon, Der Konzern 2003, 104 (109); Schreiber/Meiisel, IStR 2002, 581. Siehe auch nachstehend die hierzu unter BerÅcksichtigung der Neuregelung des § 14 Abs. 1 S 1 Nr. 5 KStG erluterten Beispielsflle unter Rz. 28.40 f. 2 DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (312) gehen davon aus, dass die Regelung wohl bislang in der Praxis noch nicht zur Anwendung gelangt ist. 3 Vgl. zB LÅdicke in Herzig, Organschaft, 2003, S. 442; Kestler/Weger, GmbHR 2003, 156; Herlinghaus, GmbHR 2001, 963. 4 BT-Drucks. 17/10774, 20.

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A. Hintergrund der Neufassung der Verlustabzugssperre

Rechnung tragen sollten, wurden verworfen.1 Die wesentlichen nderungen gegenÅber der bisher geltenden Fassung sind folgende:2 – Verluste der Organgesellschaft werden erfasst – Vernderte Begriffsverwendung („negative EinkÅnfte“ statt negatives Einkommen) – Ausdehnung des Merkmals der VerlustberÅcksichtigung im Ausland vom Organtrger auf die Organgesellschaft oder eine andere Person. Die Neufassung stellt gegenÅber der bisherigen Regelung insgesamt eine deutliche Erweiterung dar. Sie kann deswegen nicht als bloß klarstellende bzw. redaktionelle Umformulierung angesehen werden, sondern bedeutet – wie nachfolgend aufgezeigt wird – insgesamt eine deutliche Verschrfung.3 Die weitere Entwicklung der Verlustabzugssperre wird davon abhngen, ob der Gesetzgeber durch die Schaffung einer Generalvorschrift die Spezialvorschrift des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG mÇglicherweise entbehrlich macht. Durch die Umsetzung des Aktionsplanes der OECD/G 20 vom Juni 2013 auf der Grundlage der sog. Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) Initiative zu hybriden Gestaltungen kÇnnte der Gesetzgeber ein allgemein gefasstes Verbot eines doppelten Betriebsausgabenabzugs einfÅhren und die Verlustabzugssperre in ihrer derzeitigen Gestalt redundant machen. Der Bundesrat hat initiativ einen wie folgt gefassten neuen § 4 Abs. 5a EStG-E vorgeschlagen:4 „(5a) Aufwendungen sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar, soweit sie beim unmittelbaren oder mittelbaren Empfnger nicht als Einnahmen in der Steuerbemessungsgrundlage berÅcksichtigt werden oder einer Steuerbefreiung unterliegen, weil das zugrunde liegende Rechtsverhltnis bei der Besteuerung des Leistenden und des Empfngers nicht einheitlich als FremdkapitalÅberlassung behandelt wird. Die einer Betriebsausgabe zugrunde liegenden Aufwendungen sind nur abziehbar, soweit die nmlichen Aufwendungen nicht in einem anderen Staat die Bemessungsgrundlage mindern. [ . . .]“. 1 Ein Vorschlag der Regierungskoalition sah folgenden, gegenÅber der endgÅltigen Fassung auf in Drittstaaten berÅcksichtigte Verluste beschrnkten Gesetzeswortlaut vor, vgl. BT-Drucks. 17/11180 v. 24.10.2012: „Negative EinkÅnfte eines unbeschrnkt steuerpflichtigen Organtrgers oder einer unbeschrnkt steuerpflichtigen Organgesellschaft, deren satzungsmßiger Sitz sich nicht im Inland befindet, bleiben bei der inlndischen Besteuerung unberÅcksichtigt, soweit sie im auslndischen Staat, der nicht Mitgliedstaat der Europischen Union oder des Europischen Wirtschaftsraums ist, im Rahmen der Besteuerung des Organtrgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berÅcksichtigt werden.“ 2 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 14 Rz. 511 (127 Lfg. 1/2015). 3 DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (312). 4 Vgl. BR-Drucks. 432/14 v. 7.11.2014. Den Gesetzesentwurf kommentieren Staats, DB 2015, Heft 12 „Standpunkte“, 1 und Hierstetter, aaO, 3. Siehe ferner Linn, IStR 2014, 920; Kahlenberg, ISR 2015, 91.

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Kapitel 28

GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

Nach diesem Gesetzesvorschlag wÅrde ein allgemeines Betriebsausgabenabzugsverbot losgelÇst von dem Bestehen einer Organschaft Platz greifen. Im Vergleich zur derzeit geltenden Verlustabzugssperre wre das Vorliegen einer Organschaft als Tatbestandsmerkmal ebenso wenig von Bedeutung wie die Verlustsituation der Organgesellschaft oder des Organtrgers. Die weitere Gesetzesentwicklung bleibt abzuwarten.

28.5 Erste praktische Erfahrungen mit der Neuregelung: Die Finanzverwaltung hat bislang – soweit ersichtlich – trotz umfnglicher WÅrdigung der Vorschrift im Schrifttum keine Verlautbarung oder Hinweise zu den vielschichtigen Problemstellungen bei der praktischen Anwendung der Vorschrift verÇffentlicht und zunchst eine abwartende Haltung eingenommen.1 Derzeit warten vielgestaltige Fallkonstellationen auf einen „Praxistest“, dessen Parameter nachfolgend dargestellt und anhand potentieller Anwendungsflle exemplarisch beleuchtet werden sollen. FÅr den Steuerpflichtigen stellt sich in erster Linie die Frage nach Handlungs- und ggf. Anpassungsbedarf in Bezug auf bestehende Organschaftsstrukturen. Des Weiteren besteht nach wie vor die Herausforderung, die AnknÅpfung der Vorschrift an die Behandlung negativer EinkÅnfte im Ausland zu bewltigen, was nicht nur profunde Kenntnis des auslndischen Rechts erfordert, sondern in Ermangelung der Vorgabe klarer Leitlinien durch die Finanzverwaltung in Bezug auf die Reichweite des Tatbestands mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden ist (Rz. 28.25 f.). FÅr laufende wie auch bereits abgeschlossene, jedoch nicht bestandskrftige Veranlagungen stellt sich im Anschluss daran die Folgefrage, wie diese Problematik verfahrensrechtlich umzusetzen ist und inwieweit sich daraus Handlungspflichten des Steuerpflichtigen ergeben kÇnnten (eingehend Rz. 28.44 f.).

1 So hat das BMF in einem Antwortschreiben vom 29.5.2013 (Az. IV C 2 - S 1910/10/10117 :005, nicht amtlich verÇffentlicht, BeckVw 276566) auf ein Schreiben der Wirtschaftsverbnde vom 19.4.2013 zu Anwendungsfragen allgemeiner Bedeutung auch in Bezug auf die evtl. Åberschießenden Wirkungen der Regelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG zunchst festgehalten: „Da es sich vielfach um komplexe, mehrstufige grenzÅberschreitende Gestaltungen handelt, in denen zum Teil auch Wahlrechte hinsichtlich der Besteuerung einzelner Gesellschaften bestehen kÇnnen, sollen auch die steuerlichen Auswirkungen dieser Regelung zunchst anhand konkreter tatschlicher Einzelflle untersucht werden. Im Anschluss daran kann entschieden werden, ob der Erlass eines BMFSchreibens zu dieser Regelung erforderlich ist.“ In einer VerfÅgung der OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434 („Kleine Organschaftsreform – Arbeitshilfe fÅr die Finanzmter“) findet ebenfalls keine nhere thematische Auseinandersetzung statt, ebenso wenig in der VerfÅgung der OFD Frankfurt/M. v. 14.4.2014 – S 2770 A - 55 - St 51, DB 2014, 2194. Schließlich finden sich im Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Åber die Neufassung der KÇrperschaftsteuer-Richtlinien 2015 (KStR-E 2015) v. 18.5.2015 (DOK 2015/0343992, abrufbar auf bundesfinanzministerium.de) keine nheren AusfÅhrungen zu Anwendungsfragen der Verlustabzugssperre.

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B. Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

B. Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG I. Sachlicher und persÇnlicher Anwendungsbereich Einschrnkende Auslegung des Tatbestands – Beschrnkung auf doppelt ansssige Gesellschaften? Bereits die Bestimmung des sachlichen und persÇnlichen Anwendungsbereichs der Neufassung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG wirft zahlreiche Fragen auf, die im Schrifttum lebhaft diskutiert werden. Es kann daher als keineswegs gesichert angesehen werden, welchen Anwendungsbereich die Vorschrift Åberhaupt hat. Nachfolgend wird der derzeitige Diskussionsstand in Bezug auf den sachlichen und persÇnlichen Anwendungsbereich dargestellt.

28.6

Vor dem Hintergrund der GesetzesbegrÅndung zur nderung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG1 wird im Schrifttum diskutiert, den Anwendungsbereich der Vorschrift im Wege einschrnkender Auslegung allein auf Flle doppelt ansssiger Gesellschaften zu beschrnken.2 Der Gesetzgeber hat die Ausdehnung der Regelung auf Organgesellschaften als Folge der Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs der Organgesellschaft angesehen.3 Daraus wird geschlussfolgert, dass nach dem Gesetzeszweck nur diese Flle erfasst werden kÇnnen, um einen „Verlustimport“ nach Deutschland auszuschließen. Es wird daher im Schrifttum vorgeschlagen, den Anwendungsbereich der Norm auf Sachverhaltskonstellationen zu begrenzen, in denen – kumulativ – (i) Doppelansssigkeit der Gesellschaft (Organgesellschaft oder Organtrger), (ii) Einbeziehung dieser Gesellschaft in eine auslndische Gruppenbesteuerung sowie (iii) doppelte VerlustberÅcksichtigung im In- und Ausland gegeben sind. Diese Einschrnkungen sollen gewhrleisten, dass nur gruppenbesteuerungsbedingte und nicht jedwede denkbare doppelte Verlustnutzung vom Anwendungsbereich der Norm erfasst werden. Fallgestaltungen, die keinerlei Bezug zu der Erweiterung des Tatbestands auf doppelt ansssige Organgesellschaften haben, sollen dagegen außen vor bleiben, da fÅr ihre Erfassung kein Grund bestehe.4

28.7

1 BT-Drucks. 17/10774, 20: „Ein Fall i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG liegt insbesondere dann vor, wenn die negativen EinkÅnfte einer doppelt ansssigen Organgesellschaft im Rahmen der Besteuerung im auslndischen Staat mit positiven EinkÅnften eines Gruppentrgers ausgeglichen oder abgezogen werden.“ 2 Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (100 f.); von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, 1690 (1693). Eine einschrnkende Auslegung wurde auch im Hinblick auf die Altfassung diskutiert, vgl. Kestler/Weger, GmbHR 2003, 156 (161); LÇwenstein/ Maier, IStR 2002, 185 (189); Prinz/Simon, Der Konzern 2003, 104 (109). 3 Vgl. BT-Drucks. 17/10774, 20. 4 Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (100).

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Kapitel 28

GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

28.8 Der Gesetzeswortlaut gibt unmittelbar eine solche Auslegung nicht her1 und ebenso wenig ist der GesetzesbegrÅndung eindeutig zu entnehmen, ob Åberhaupt und wenn ja, welche weiteren Voraussetzungen neben der Erweiterung des Tatbestands auf doppelt ansssige Organgesellschaften ins Blickfeld geraten.2 Die in der GesetzesbegrÅndung zur Skizzierung des Anwendungsbereichs gebrauchte Formulierung „insbesondere“3 erscheint beispielhaft und nicht abschließend. Dies lsst daher Raum zur Annahme eines grundstzlich weiten Anwendungsbereichs, der einer teleologischen Auslegung nur schwer zugnglich sein dÅrfte. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags hatte zwar die Empfehlung ausgesprochen, die Regelung ausdrÅcklich auf doppelt ansssige Gesellschaften zu beschrnken.4 Dieser Empfehlung wurde jedoch nicht gefolgt. Im Ergebnis bleibt fÅr die Praxis die Annahme, dass die Finanzverwaltung zur Frage der Einschrnkung des Anwendungsbereichs auf doppelt ansssige Organgesellschaften wohl einer streng wortlautorientierten Auslegung zuneigen wird.5 Es bleibt daher mit Spannung abzuwarten, wie sich die Finanzgerichte – sollte die Frage jemals hÇchstrichterlich entschieden werden – hierzu positionieren werden. Sowohl strenge Wortlautinterpretation als auch eine einschrnkende Auslegung erscheinen jeweils als denkbare Auslegungsergebnisse.6 Eine klarstellende Verwaltungsanweisung fehlt bislang.

28.9 Anwendbarkeit auf Personengesellschaften als Organtrger? Umstritten ist insbesondere vor dem Hintergrund der Neufassung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG die Anwendbarkeit auf Organtrger-Personengesellschaften. Im Schrifttum wird einerseits von der Anwendbarkeit der Vorschrift auf Personengesellschaften als Organtrger ausgegangen.7 Auch in diesem Falle kÇnne es zu einer doppelten Verlustnutzung kommen, wenn auf Gesellschafterebene ein Verlustabzug bei der inlndischen Besteuerung mÇglich ist. Dagegen wird angefÅhrt, dass die Vorschrift infolge der AnknÅp1 So auch Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 271 (Stand Januar 2015) sowie Schwenke, ISR 2013, 41 (43). 2 Die Formulierung „insbesondere“ scheint nahezulegen, dass die BegrÅndung beispielhaft und nicht abschließend ist und daher Raum fÅr einen weiten Anwendungsbereich lsst, der einer teleologischen Auslegung nur schwer zugnglich sein dÅrfte. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags hatte zwar die Empfehlung ausgesprochen, die Regelung auf doppelt ansssige Gesellschaften zu beschrnken (BT-Drucks. 17/11180, 15). Dieser Empfehlung wurde jedoch nicht gefolgt. 3 BT-Drucks. 17/10774, 20. 4 BT-Drucks. 17/11180, 15. 5 Die Doppelansssigkeit als Anwendungsvoraussetzung verneinen auch Wagner/ Liekenbrock, Ubg 2013, 133 (141), Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (151); Urtz, FS Frotscher, 629 (651). 6 In Bezug auf weitere Anwendungsfragen erscheint mE eine einschrnkende Auslegung sogar zwingend, s. Rz. 28.12. 7 So zB Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 499 (127. Lfg. 1/2015), der auch verfassungsrechtlich die Einbeziehung von Personengesellschaften fÅr erforderlich hlt; Jesse, FR 2013, 629 (638); Lohmar in Lademann, KStG, § 14 Rz. 399.

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B. Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

fung an die Besteuerung des Organtrgers bei Personengesellschaften mangels Steuerrechtssubjektivitt der Personengesellschaft ins Leere gehe und daher nicht anwendbar sei. Zur BegrÅndung dieser Auffassung wird angefÅhrt, die Personengesellschaft als solche beziehe wegen ihrer (ertrag-)steuerlichen Transparenz keine EinkÅnfte.1 Diejenigen Autoren, die eine einschrnkende Auslegung des Tatbestands fordern, weisen darauf hin, dass entweder zumindest ein Gesellschafter der Personengesellschaft im Ausland in eine Gruppenbesteuerung einbezogen sein mÅsse oder aber sehen eine doppelte Verlustnutzung im Falle einer Organtrger-Personengesellschaft als nicht „organschaftsbedingt“ an.2 Die Streitfrage hat erhebliche Bedeutung fÅr in der Praxis hufig anzutreffende Akquisitionsfinanzierungen unter Zwischenschaltung einer inlndischen Organtrger-Personengesellschaft (s. dazu das Fallbeispiel unter Rz. 28.32). Durchschlagen auf die Gewerbesteuer? Ebenfalls ungeklrt ist derzeit, ob die Rechtsfolgen der Vorschrift auf die Gewerbesteuer durchschlagen und damit auch fÅr Gewerbesteuerzwecke von einer Verlustabzugssperre auszugehen ist. Der Gesetzgeber hat im Zuge der kleinen Organschaftsreform im Rahmen der Gewerbesteuer nur eine redaktionelle Anpassung des § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG vorgenommen,3 ohne zu dieser Frage konkret Stellung zu beziehen. Aus gesetzessystematischer Sicht sollten folgende berlegungen maßgeblich sein: Das GewStG verweist auf die im KStG normierten Voraussetzungen fÅr die BegrÅndung einer Organschaft, ohne jedoch zugleich auf die kÇrperschaftsteuerlichen Einkommensermittlungsvorschriften Bezug zu nehmen. Da die Vorschrift des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG eine Einkommensermittlungsvorschrift ist,4 sollte diese bereits aus diesem Grund keine Anwendung fÅr Zwecke der Gewerbesteuer finden.5 Technisch knÅpft die Gewerbeertragsermittlung nach § 7 GewStG an den Gewinn aus Gewerbebetrieb und nicht an die negativen EinkÅnfte an. Es fehlt an einem expliziten Verweis auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG und dieser kann mE auch nicht Åber die Bestimmung des § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG begrÅndet werden, da diese nur die Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft regelt.

28.10

In Bezug auf die Altfassung wurde bislang gegen eine BerÅcksichtigung bei der Gewerbesteuer angefÅhrt, im Ausland gebe es regelmßig kein quivalent zur deutschen Gewerbesteuer und daher bestehe bereits abstrakt keine Gefahr einer doppelten VerlustberÅcksichtigung.6 Diese Argu-

28.11

1 GrÅndig/Schmid, DStR 2013, 617; Schaden/Polatzky, IStR 2013, 131 (134). 2 Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (604). 3 Wegen Streichung des § 18 KStG musste korrespondierend der Verweis darauf in § 2 Abs. 2 GewStG gestrichen werden, BT-Drucks. 17/11217, 11. 4 Nach Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (147) soll dagegen § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG deswegen auf die Gewerbesteuer durchschlagen, weil die Vorschrift im Rahmen des § 7 S. 1 GewStG als Gewinnermittlungsvorschrift anzusehen sei. 5 So auch Schaden/Polatzky, IStR 2013, 131 (137); Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, 281 (282); Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, 133 (141). 6 Vgl. zB Schreiber/Meiisel, IStR 2002, 581.

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GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

mentation trifft in gleichem Maße auf die Neufassung zu. Aufgrund des Territorialittsprinzips und des Inlandsbezugs der Gewerbesteuer wre es Åberdies auch systemwidrig, auslndische Besteuerungsmerkmale fÅr die Besteuerung des inlndischen Gewerbebetriebs heranzuziehen.1

28.12 PersÇnlicher Anwendungsbereich: Die Neufassung zieht den Personenkreis, auf den hinsichtlich der Verlustnutzung im Ausland abzustellen ist, weit: Organtrger, die Organgesellschaft oder eine andere Person sind in Betracht zu nehmen. Der Wortlaut erfasst eine BerÅcksichtigung negativer EinkÅnfte im Rahmen einer auslndischen Besteuerung somit unabhngig davon, bei welcher Person diese im Ausland erfolgt.2 Diese Reichweite nimmt bei reiner Wortlautauslegung ohne einschrnkende Auslegung (organschaftsbedingte Nutzung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal) uferlose Dimensionen an, die nicht mehr im Zusammenhang mit einer Gruppenbesteuerung stehen. Dies wird besonders deutlich in Fallgestaltungen, bei denen mittelbare und unmittelbare Gesellschafter daraufhin zu ÅberprÅfen sind, ob ihnen die jeweils anwendbare auslndische Rechtsordnung ein negatives Ergebnis zurechnet.

II. Zeitlicher Anwendungsbereich 28.13 Erstmalige Anwendung der Neufassung und Folgeprobleme der Anwendungsregelung: Nach § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG findet die Neuregelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG in allen noch nicht bestandskrftig veranlagten Fllen Anwendung. Dies wirft insbesondere Probleme im Zusammenhang mit einer ggf. erforderlichen Berichtigung bereits abgegebener Steuererklrungen auf (siehe dazu Rz. 28.42 f.). Soweit die Neuregelung in Bezug auf bereits abgeschlossene Sachverhalte Anwendung findet, ist fraglich, ob darin eine unzulssige RÅckwirkung zu sehen ist.

28.14 In der Rechtsprechung des BVerfG werden grundstzlich zwei Arten von RÅckwirkungen unterschieden: Zum einen die sog. echte RÅckwirkung (auch „RÅckbewirkung von Rechtsfolgen“ genannt) und die sog. unechte RÅckwirkung (auch als „tatbestandliche RÅckanknÅpfung“ bezeichnet). Bezogen auf steuerrechtliche Sachverhalte liegt danach eine echte RÅckwirkung vor, wenn der Gesetzgeber eine im Zeitpunkt der VerkÅndung des Gesetzes bereits entstandene Steuerschuld nachtrglich zuungunsten des Steuerpflichtigen abndert. Eine unechte RÅckwirkung liegt hingegen vor, wenn ein Steuergesetz whrend einer Veranlagungsperiode verkÅndet wird, aber fÅr die gesamte Veranlagungsperiode gelten soll und somit auf zwischen Beginn des Veranlagungszeitraums und VerkÅndung der Steuergesetze bereits verwirklichte Sachverhalte einwirkt. Hinsichtlich der Zulssigkeit der beiden RÅckwirkungsformen vertritt das BVerfG in stndiger Rechtsprechung die Ansicht, dass die echte RÅckwirkung grundstz1 Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (604). 2 Stangl/BrÅhl, Der Konzern 2013, 77 (103); Schwenke, ISR 2013, 41 (43).

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lich unzulssig ist und nur unter engen Voraussetzungen gerechtfertigt werden kann,1 whrend die unechte RÅckwirkung ursprÅnglich als grundstzlich zulssig gewertet wurde.2 Die letztere Wertung hat das BVerfG in seiner neueren Rechtsprechung3 fÅr das Steuerrecht allerdings revidiert: RÅckwirkende nderungen fÅr einen noch laufenden Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum sind als Flle unechter RÅckwirkung nicht grundstzlich unzulssig, stehen den Fllen echter RÅckwirkung allerdings nahe und unterliegen daher besonderen Anforderungen unter den Gesichtspunkten von Vertrauensschutz und Verhltnismßigkeit. Insofern sind die Voraussetzungen auch fÅr eine unechte RÅckwirkung verengt worden. Damit diese strengen Anforderungen erfÅllt sind, darf nicht gegen bestimmte Kriterien und Vertrauensschutztatbestnde verstoßen werden, die das BVerfG in seiner Rechtsprechung entwickelt hat.4 Echte RÅckwirkung durch § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG jedenfalls fÅr VZ bis vor 2012: Die Neuregelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG fÅhrt jedenfalls zu einer echten RÅckwirkung hinsichtlich der Veranlagungszeitume vor 2012.5 Da in diesen Steuerfllen der zugrunde liegende und tatbestandsauslÇsende Lebenssachverhalt bereits unwiderruflich verwirklicht wurde und durch den Steuerpflichtigen im Regelfall nicht mehr beeinflusst werden konnte, liegt eine echte RÅckwirkung im oben beschriebenen Sinne vor. Eine ausnahmsweise Rechtfertigung nach den Maßstben der Rechtsprechung des BVerfG ist nicht ersichtlich. Insbesondere kann in der Neuregelung eine bloß klarstellende bzw. redaktionelle Umformulierung der bisherigen Regelung, mit welcher der Steuerpflichtige zu rechnen hatte, nicht gesehen werden (Rz. 28.4). RÅckwirkungsproblematik bezogen auf den VZ 2012: FÅhrt man sich das Gesetzgebungsverfahren vor Augen,6 stellt sich hier zunchst die Frage nach der zeitlichen Abgrenzung in Bezug auf etwaigen Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen,7 da Beschlussfassung des Bundestages und GesetzesverkÅndung in verschiedene Veranlagungszeitrume fallen. In Bezug auf Sachverhalte aus dem VZ 2012 sollte die Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG ebenfalls eine echte RÅckwirkung begrÅnden, da nach Ab1 Vgl. hierzu BVerfG v. 17.12.2013 – 1 BvL 5/09, FR 2014, 326 mit Anm. Birk; BVerfG v. 18.2.2009 – 1 BvR 3076/08, BVerfGE 122, 374, 394 mwN zur stndigen Rechtsprechung. 2 Vgl. BVerfG v. 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302 (318) mwN. 3 BVerfG v. 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, BStBl. II 2012, 932. 4 Vgl. zu diesen Kriterien im Einzelnen KrÇner/Momen/Boller, IStR 2013, 405 (407). 5 So auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 485c (127 Lfg. 1/2015); Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (145). 6 Gesetzesbeschluss des Bundestags am 25.10.2012 (BR-Drucks. 663/12), Beschluss des Vermittlungsausschusses am 12.12.2012 (BT-Drucks. 17/11841), VerÇffentlichung des Gesetzes erst am 25.2.2013 (BGBl. I 2013, 285). 7 Auf den Gesetzesbeschluss des Bundestags (BR-Drucks. 663/12) abstellend KrÇner/Momen/Boller, IStR 2013, 405 (408).

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GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

lauf des Veranlagungszeitraums als zeitlichem AnknÅpfungspunkt fÅr die Entstehung der Steuerpflicht (§ 38 Abs. 1 AO)1 eine RÅckbewirkung von Rechtsfolgen vorliegt.2 Diese ist ebenfalls aus GrÅnden des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich unzulssig: Die Verabschiedung des zugrunde liegenden Gesetzes war bis Ende 2012 noch nicht sicher absehbar.3 Eine gesicherte Erkenntnislage des Steuerpflichtigen, die im VZ 2012 ein auf die Gesetzesnderung bezogenes Vorgehen ermÇglicht htte,4 kann daher nicht angenommen werden. Kein Vertrauensschutz im Hinblick auf VZ 2013: Die Verlustabzugssperre greift in Bezug auf einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ein, da die KÇrperschaftsteuer fÅr den VZ 2013 noch nicht entstanden war. Jedenfalls ab dem VZ 2013 sollten jedoch wegen des im VZ 2012 erfolgten Beschlusses des Vermittlungsausschusses Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht mehr berÅcksichtigt werden kÇnnen, wenngleich die GesetzesverkÅndung im BGBl. erst am 25.2.2013 erfolgt ist.5

C. Tatbestandsvoraussetzungen der Verlustabzugssperre I. Negative EinkÅnfte 28.16 EinkÅnftebegriff und Organschaft: Die Neuregelung knÅpft nicht mehr an den Begriff des „Einkommens des Organtrgers“6 an, sondern erfasst negative „EinkÅnfte“ sowohl der Organgesellschaft als auch des Organtrgers. 1 Das BVerfG nimmt eine echte RÅckwirkung an, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachtrglich abndert und zieht daraus fÅr den Bereich des Einkommensteuerrechts die Schlussfolgerung, dass dies erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, dh. des Kalenderjahres (§ 38 AO i.V.m. §§ 25 Abs. 1, 36 Abs. 1 EStG) erfolgt, vgl. BVerfG v. 14.5.1986 – 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 252 f. sowie BVerfG v. 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, 318 mwN. Entsprechendes gilt nach § 30 Nr. 3 KStG fÅr die KÇrperschaftsteuer. 2 So auch von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, 1690 (1696). 3 Nachdem der Bundesrat dem Gesetz am 23.11.2012 seine Zustimmung verweigert hatte (s. BR-Drucks. 633/12), wurde durch die Bundesregierung am 28.11.2012 der Vermittlungsausschuss angerufen (BT-Drucks. 17/11694), durch den am 12.12.2012 ein Vermittlungsvorschlag unterbreitet wurde. ber diesen Vorschlag wurde trotz weiterer Terminierungen im Jahr 2012 erst im darauffolgenden Jahr 2013 entschieden. 4 Vgl. auch BVerfG v. 7.7.2010 – 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BStBl. II 2011, 86: „[...] zumindest aber bis zum endgÅltigen Gesetzesbeschluss muss der von einem Gesetz Betroffene grundstzlich darauf vertrauen kÇnnen, dass seine auf geltendes Recht gegrÅndete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rÅckwirkende nderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verndert wird [...]“. 5 So auch Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (614). 6 Umstritten war bislang, wie dieses Merkmal zu przisieren ist. Im Schrifttum wurde auf das gesamte Einkommen des Organkreises abgestellt oder eine iso-

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C. Tatbestandsvoraussetzungen der Verlustabzugssperre

Bezogen auf die Gewinnermittlung bei Organschaften sind die Begriffe nicht eindeutig und bedÅrfen der Auslegung, zumal die GesetzesbegrÅndung zur Neuregelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG1 keinerlei explizite Hinweise bezÅglich der nderung der Begrifflichkeiten bereit hlt. Als zivilrechtlich und steuerrechtlich selbstndige Rechtstrger ermitteln Organtrger und Organgesellschaft ihre EinkÅnfte selbstndig. Die Zurechnung der EinkÅnfte der Organgesellschaft zum Organtrger erfolgt dabei nicht im Rahmen der Gewinnermittlung, sondern wird als Zurechnung von FremdeinkÅnften betrachtet,2 die nicht in den EinkÅnften des Organtrgers enthalten sind. Im Ergebnis kann die Organschaft insgesamt ein positives Einkommen erzielen, whrend einzelne Gesellschaften des Organkreises fÅr sich betrachtet negative EinkÅnfte erzielen. Aus diesen Grundstzen folgt fÅr die Anwendung der Neureglung, dass die negativen EinkÅnfte von Organtrger und Organgesellschaft jeweils eigenstndig auf jeder Ebene zu ermitteln sind (Stand-Alone-Betrachtung).3 Dabei sollte mE auf die EinkÅnfte des Organtrgers und der Organgesellschaft vor Einkommenszurechnung im Rahmen der Organschaft abzustellen sein. In der von den KÇrperschaftsteuerrichtlinien vorgegebenen Systematik der Einkommensermittlung4 sind die maßgeblichen GrÇßen diejenigen des steuerlichen Gewinns bzw. der Summe der EinkÅnfte. Auf den Gesamtbetrag der EinkÅnfte nach Zurechnung des Organeinkommens kann dagegen nicht abgestellt werden, da ansonsten die EinkÅnfte der Organgesellschaft immer Null und folglich keine negativen EinkÅnfte der Organgesellschaft vorhanden wren, so dass die Verlustabzugsbeschrnkung fÅr Organgesellschaften keinen Anwendungsbereich htte. Negative EinkÅnfte von Gesellschaften außerhalb des Organkreises werden nicht erfasst. Ebenso wenig kommt es auf das konsolidierte Ergebnis des gesamten Organkreises an. Der Gesetzeswortlaut stellt auf EinkÅnfte, nicht einzelne Einkunftsbestandteile ab. Daraus ist als Voraussetzung fÅr die Anwendung der Neuregelung zu schließen, dass insgesamt negative EinkÅnfte auf Ebene des Organtrgers oder der Organgesellschaft vorliegen mÅssen. Einzelne negative Einkommensbestandteile (Gewinnminderungen, Aufwendungen) kÇnnen unter der Neuregelung nicht berÅcksichtigt werden, da der Begriff „EinkÅnfte“ eine SaldogrÇße darstellt.

28.17

EinkÅnfte aus mehreren Quellen: Dem Merkmal der negativen EinkÅnfte ist fÅr die Anwendbarkeit der Verlustabzugsbeschrnkung zu entnehmen, dass ein Verlustausgleich innerhalb der gleichen Einkunftsart bereits er-

28.18

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lierte Betrachtung des Einkommens des Organtrgers oder der Organgesellschaft diskutiert, vgl. Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 478. BT-Drucks. 14/6882, 37. BFH v. 23.1.2002 – XI R 95/97, BStBl. II 2003, 9 = FR 2002, 786 m. Anm. Wendt. Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (145); Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, 281 (283); von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, 1690 (1692); Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, 133 (136). Vgl. R 29 (1) KStR (= R. 7.1 KStR-E 2015).

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folgt ist, da es innerhalb dieser Einkunftsart ohne Unterscheidung der einzelnen Einkunftsquellen nach der Grundsystematik des § 2 Abs. 1 EStG nur einheitliche EinkÅnfte gibt.1 Whrend unbeschrnkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften (§ 8 Abs. 2 KStG) ebenso wie gewerblich ttige Personengesellschaften ausschließlich EinkÅnfte aus Gewerbebetrieb erzielen, stellt sich bei diesen von vornherein nicht die Frage, inwiefern bei getrennter Gewinnermittlung innerhalb der EinkÅnfte aus Gewerbebetrieb fÅr Zwecke der Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG weiter zu differenzieren ist (zB betriebsbezogene Ermittlung negativer EinkÅnfte).2 Im Rahmen der einzigen Einkunftsart hat hier nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG also eine Verrechnung von positiven und negativen EinkÅnfte zu erfolgen und die Rechtsfolge der Nichtabziehbarkeit tritt nur ein, wenn nach dieser Verrechnung noch ein Verlust vorhanden ist. Beispiel: Die deutsche A-AG ist Organtrgerin. Sie erzielt neben inlndischen Gewinnen iHv. 100 auch negative EinkÅnfte aus einer auslndischen (Anrechnungs-)betriebssttte von 50. Diese Verluste werden im Ausland auch berÅcksichtigt. FÅr Zwecke der Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG ergibt sich, dass die A-AG bei einkunftsartbezogener Verrechnung positive EinkÅnfte von 50 erzielt. Die negativen auslndischen BetriebssttteneinkÅnfte kÇnnen also trotz BerÅcksichtigung bei der Besteuerung im Ausland durch Verrechnung mit den inlndischen EinkÅnften bei der inlndischen Besteuerung abgezogen werden, da hier insgesamt bei isolierter Betrachtung auf Ebene der A-AG keine negativen EinkÅnfte entstehen.

28.19 Eine natÅrliche Person als Organtrger3 kann verschiedene Einkunftsarten verwirklichen und im Rahmen der Einkunftsart der gewerblichen EinkÅnfte mehrere Betriebe und Gewinnermittlungen haben. Gleichwohl kommt es hier fÅr die Anwendung der Verlustabzugsbeschrnkung nicht auf das Vorliegen einer negativen Gesamtsumme der EinkÅnfte an. Eine Verrechnung von positiven und negativen EinkÅnften zwischen verschiedenen Einkunftsarten ist fÅr Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG ausgeschlossen. Wenngleich der Gesetzeswortlaut den Begriff „negative EinkÅnfte“ nicht allein auf EinkÅnfte aus Gewerbebetrieb begrenzt, folgt dies aus dem gesetzessystematischen Zusammenhang, da die Organtrgereigenschaft einer natÅrlichen Person an das Vorliegen eines anderen gewerblichen Unternehmens geknÅpft ist.

28.20 Folgefragen in Bezug auf das Verhltnis zu § 15 KStG: Die AnknÅpfung des Tatbestands an negative EinkÅnfte wirft auch bei der EinkÅnfteermittlung innerhalb des Organkreises Fragen auf, soweit hier die Anwendung des § 15 S. 1 Nr. 2 KStG zu organschaftsbedingten gegenlufigen Effekten im Hinblick auf negative EinkÅnfte der Organgesellschaft fÅhrt. Nach der sog. Bruttomethode bleiben bestimmte Hinzurechnungen und KÅrzungen bei der EinkÅnfteermittlung der Organgesellschaft unberÅck1 Frotscher in Frotscher, § 14 KStG Rz. 509 (127 Lfg. 1/2015). 2 Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (146). 3 Diese konnte auch bisher unter die Altregelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG fallen, vgl. LÅdicke in Herzig, Organschaft, 2003, S. 436 (444).

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C. Tatbestandsvoraussetzungen der Verlustabzugssperre

sichtigt.1 Es stellt sich die Frage, ob Gegenkorrekturen auf der Ebene des Organtrgers fÅr Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG betragsmßig wieder herauszurechnen sind, wenn – jedenfalls soweit die Korrektur reicht – eine doppelte Verlustnutzung nicht in Betracht kommt. Mit Blick auf die spezielle Ermittlungstechnik der Einkommenszurechnung im Rahmen einer Organschaft ergibt sich zunchst Folgendes: Die Korrekturen nach § 15 KStG auf Organtrgerebene werden erst nach der EinkÅnfteermittlung bei der Organgesellschaft vorgenommen, da sie sich auf das dem Organtrger zugerechnete Einkommen und mithin auch auf die darin enthaltenen (Organgesellschafts-)Bestandteile beziehen. Ausgehend von dem in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG verwendeten Begriff der negativen EinkÅnfte wren diese Korrekturen jedoch unbeachtlich, weil diese erst nach der EinkÅnfteermittlung der Organgesellschaft erfolgen.2 Bei reiner Wortlautinterpretation („negative EinkÅnfte“) wre an sich eine BerÅcksichtigung der vorstehend beschriebenen Effekte aufgrund der Anwendung der Bruttomethode nicht mÇglich,3 was aber dann ggf. zu einer doppelten NichtberÅcksichtigung von Verlusten fÅhren kann. Wenn zB eine Abschreibung auf eine Beteiligung zu negativen EinkÅnften der Organgesellschaft im Sinne der Verlustabzugssperre fÅhren wÅrde und dann unberÅcksichtigt bliebe, dass die Hinzurechnung der wegen § 8b Abs. 3 KStG steuerlich grundstzlich nicht relevanten Teilwertabschreibung beim Organtrger erfolgt, bliebe dieser Gegeneffekt fÅr Zwecke der Verlustabzugssperre unbeachtlich. Richtigerweise wird im Schrifttum gefordert, dass deshalb die besondere Technik der Einkommensermittlung aufgrund der Bruttomethode nicht die Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG begÅnstigen soll.4 Dazu werden folgende LÇsungsvorschlge diskutiert: – Keine Anwendung der Verlustabzugssperre, soweit bei einer Organgesellschaft negative EinkÅnfte entstehen, die sich aufgrund einer gegenlufigen Korrektur auf Ebene des Organtrgers insgesamt nicht mindernd auf die im Inland steuerpflichtige Bemessungsgrundlage auswirken. – Einschrnkung der Bruttomethode mit der Folge, dass eine Hinzurechnung beim Organtrger unterbleibt, soweit die Verlustabzugssperre in Bezug auf die Organgesellschaft angewendet wird.5 1 Dies betrifft bspw. die KÅrzung von BezÅgen und Gewinnen i.S.v. § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b KStG oder die Hinzurechnung eines bernahmeverlusts nach § 4 Abs. 6 UmwStG. 2 Vgl. R 29 Abs. 1 Nr. 16 KStR (= R. 7.1 Nr. 19 KStR-E 2015). 3 Zu diesem Ergebnis gelangt DÇtsch in DÇtsch/Pung/MÇhlenbrock, § 14 KStG Rz. 249d. 4 Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (606); Wagner/Liekenbrok, Ubg 2013, 133 (136); Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (146). 5 So Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (606) hinsichtlich einer von § 8b Abs. 3 KStG erfassten Teilwertabschreibung mit der BegrÅndung, der Wortlaut des § 15 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG setze voraus, dass in dem dem Organtrger zuzu-

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GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

Daher sollte mE im Anwendungsbereich der Bruttomethode so verfahren werden, als werde das Organeinkommen auch bei § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG berÅcksichtigt. Es wre danach zu prÅfen, ob bei isolierter Betrachtung entstandene negative EinkÅnfte auf der Ebene der Organgesellschaft wegen einer gegenlufigen Korrektur beim Organtrger insgesamt zu einer Minderung der im Inland steuerpflichtigen Bemessungsgrundlage des Organkreises fÅhren. Ist dies nicht der Fall, sollte die Verlustabzugssperre mE nicht greifen. Denn aufgrund der gegenlufigen Korrektur auf Organtrgerebene werden die negativen EinkÅnfte der Organgesellschaft letztlich im Inland nicht berÅcksichtigt, weshalb die Anwendung der Verlustabzugssperre Åberschießend erscheint.

28.22 Verhltnis der Verlustabzugssperre zur Zinsschranke: Hinsichtlich der BerÅcksichtigung von Zinsaufwand nach Maßgabe der Zinsschranke (§ 4h EStG) stellen sich fÅr das Zusammenspiel mit der Verlustabzugssperre weitere Fragen aufgrund der speziellen Einkommensermittlungstechnik bei der Organschaft.1 Bei der Organgesellschaft ist die Zinsschranke nicht anzuwenden, denn die Organgesellschaft bildet kraft gesetzlicher Fiktion mit dem Organtrger einen Betrieb im Sinne der Zinsschranke (vgl. § 15 S. 1 Nr. 3 S. 1 und 2 KStG). Daraus folgt fÅr die Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG, dass mangels Anwendbarkeit der Zinsschranke auf Ebene der Organgesellschaft insoweit kein Konkurrenzverhltnis besteht.2 Die Voraussetzungen der Zinsschrnke werden auf Organtrgerebene unter Einbeziehung der Organgesellschaft geprÅft und die entsprechenden Rechtsfolgen gezogen. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 KStG werden im Einkommen der Organgesellschaft enthaltene Zinsaufwendungen und -ertrge der Organgesellschaft beim Organtrger berÅcksichtigt („Zinsschranken-Bruttomethode“). Die fÅr die Anwendung der Zinsschranke auf Organtrgerebene maßgeblichen GrÇßen (wie zB Zinssaldo und verrechnenden Einkommen auch Gewinnminderungen i.S.d. § 8b KStG enthalten sein mÅssen. Daher stelle sich die Frage, ob dies nach Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG bei der Organgesellschaft Åberhaupt der Fall sei. Ritzer/ Aichberger, aaO, verneinen dies mit der BegrÅndung, bei getrennter Anwendung der Verlustabzugssperre jeweils auf Ebene des Organtrgers und der Organgesellschaft seien die von der Verlustabzugssperre betroffenen EinkÅnfte bereits ausgeschieden worden. 1 Dazu eingehend Liekenbrock, Ubg 2014, 785 f. mit Berechnungsbeispielen. 2 Zinsaufwendungen der Organgesellschaft kÇnnen unter der Verlustabzugssperre im Ergebnis nicht abzugsfhig sein, wenn sie im Rahmen der Stand-Alone-Betrachtung der Organgesellschaft einen Verlust erhÇht oder begrÅndet haben. Solche von der Anwendung der Verlustabzugssperre betroffenen Zinsaufwendungen sollten dann auch nicht der Einkommenszurechnung zum Organtrger unterliegen. Steuerlich wegen Eingreifens der Verlustabzugssperre nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind vom Zinsbegriff der Zinsschranke nicht erfasst, da die Legaldefinition in § 4h Abs. 3 S. 2 EStG VergÅtungen fÅr Fremdkapital verlangt, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben. Eine Gewinnminderung tritt infolge der Anwendung der Verlustabzugssperre nicht ein.

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C. Tatbestandsvoraussetzungen der Verlustabzugssperre

rechenbares EBITDA) werden unter BerÅcksichtigung des zugerechneten Einkommens der Organgesellschaft ermittelt. Whrend die Zinsschranke eine Gewinnermittlungsvorschrift darstellt, knÅpft § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG als der EinkÅnfte- und Gewinnermittlung nachgelagerte Korrekturvorschrift an eine abgeschlossene steuerliche Gewinnermittlung an. Das Anwendungsverhltnis beider Vorschriften wirft Fragen auf und erscheint auf den ersten Blick zirkulr. Es kÇnnte bei Organschaften mit KÇrperschaften als Organtrger aus dem Wortlaut § 8a Abs. 1 S. 2 KStG die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Verlustabzugssperre vor Anwendung der Zinsschranke anzuwenden ist, weil fÅr Zinsschrankenzwecke das „Einkommen“ ermittelt werden muss und dies auch die (vorrangige) PrÅfung der Verlustabzugssperre voraussetzen kÇnnte. Der Tatbestand der Verlustabzugssperre knÅpft seinerseits an negative „EinkÅnfte“ an und diese wiederum werden nach den Gewinnermittlungsvorschriften bestimmt. Die Verlustabzugssperre sollte mE als Korrekturvorschrift erst im Anschluss an die Anwendung der Zinsschranke als Einkommensermittlungsvorschrift Anwendung finden, dh. die PrÅfung der Zinsschranke entscheidet mit darÅber, ob der Organtrger „negative EinkÅnfte“ erzielt.1 Andernfalls wre die Beurteilung nach auslndischem Steuerrecht in die inlndische Gewinnermittlung durch (vorrangige) Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG Åber das Tatbestandsmerkmal der BerÅcksichtigung bei der auslndischen Besteuerung zu Åbernehmen. Dies ist mE weder von § 8a Abs. 1 S. 2 KStG bezweckt noch kÇnnte diese Vorschrift eine solche Vorgehensweise rechtfertigen. Folglich beeinflusst die Zinsschranke als Gewinnermittlungsvorschrift, ob und in welcher HÇhe negative EinkÅnfte i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG auf Organtrgerebene bestehen.2

II. BerÅcksichtigung bei der Besteuerung im Ausland Die negativen EinkÅnfte des Organtrgers oder der Organgesellschaft mÅssen in einem auslndischen Staat bei der Besteuerung des Organtrgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berÅcksichtigt werden. Im Gegensatz zur bisher geltenden Fassung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG, dessen Wortlaut auf das negative Einkommen des Organtrgers abstellte, knÅpft der Tatbestand der Neuregelung nunmehr nicht daran an, ob der Organtrger oder die Organgesellschaft im Ausland in eine Gruppenkonsolidierung einbezogen werden.

1 Gleicher Ansicht Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (146); Liekenbrock, Ubg 2014, 785 (788). 2 Zu Beispielsfllen s. Liekenbrock, Ubg 2014, 785 (789 f.), der aufzeigt, inwieweit durch das Eingreifen der Zinsschranke beim Organtrger infolge der hintereinandergeschalteten Anwendung von Zinsschranke und Verlustabzugssperre deren Wirkung abgemildert oder gnzlich ausgeschlossen wird.

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Kapitel 28

GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

Eine „BerÅcksichtigung“ im Ausland liegt nach zutreffender herrschender Meinung1 dann vor, wenn es tatschlich zur Minderung der auslndischen Bemessungsgrundlage kommt (konkrete Betrachtungsweise). Eine rein abstrakte BerÅcksichtigungsmÇglichkeit sollte dagegen nicht genÅgen. Die BerÅcksichtigung der negativen EinkÅnfte im Ausland stellt damit eine konkret zu prÅfende sachliche Begrenzung der Verlustabzugssperre dar. Die nachfolgenden AusfÅhrungen dienen der Verdeutlichung praktisch wichtiger Anwendungsfragen in Bezug auf die VerlustberÅcksichtigung im Ausland.

28.24 Eine nur mittelbare BerÅcksichtigung der Verluste im Ausland ist vom Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG nicht erfasst.2 Die Vorschrift findet daher zB keine Anwendung, wenn eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung am Organtrger erfolgt, da diese keine Verluste des Organtrgers bewirkt, sondern des Gesellschafters und damit einer anderen Person.3 Es besteht hierin keine doppelte Verlustnutzung, sondern die Mehrstufigkeit der Beteiligungsstruktur zeitigt eine Folgewirkung.4 Die Teilwertabschreibung auf die Beteiligung resultiert lediglich aus negativen EinkÅnften, sofern diese fÅr eine Wertminderung urschlich sind, stellt aber nicht deren Nutzung dar.

28.25 Im Rahmen der konkreten Betrachtungsweise stellt sich die Frage, wie Besonderheiten der auslndischen Besteuerung, insbesondere abweichende auslndische Gewinnermittlungsvorschriften, im Einzelfall zu wÅrdigen sind. BerÅcksichtigung auslndischer Gewinnermittlungsvorschriften: Die AnknÅpfung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG an die BerÅcksichtigung negativer EinkÅnfte im Ausland setzt die PrÅfung auslndischer Rechtsvorschriften voraus und dies bedeutet, dass im Vergleich zu den inlndischen Regelungen konzeptionell vÇllig verschiedene Abzugs- oder EinkÅnfteermittlungsregeln zum Tragen kommen. Eine profunde Kenntnis dieser Regelungen ist nicht zuletzt im Hinblick auf Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten (§ 90 Abs. 2 AO; Rz. 28.45) unerlsslich. So wird es in der Praxis hufig dazu kommen, dass aufgrund unterschiedlicher Regelungskonzepte im Ausland ein anderes Ergebnis ausgewiesen wird als unter Zugrundelegung der inlndischen Regelungen oder dass sich eine zeitversetzte BerÅcksichtigung ergibt. Die denkbaren Beispielsflle sind vielgestaltig und es ist jeweils genau zu prÅfen, ob die deutsche Verlustabzugssperre greift. Die nachfolgende Auflistung bildet in der Praxis hufig anzutreffende Fallkonstellationen ab. 1 So bereits zur Altregelung Kestler/Weger, GmbHR 2003, 156 (160); Prinz/Simon, Der Konzern 2003, 104 (110); LÇwenstein/Maier, IStR 2002, 185 (192); Schreiber/ Meiisel, IStR 2002, 581 (583). 2 Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (607). 3 Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, 281 (283). 4 Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (607).

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C. Tatbestandsvoraussetzungen der Verlustabzugssperre

– Abschreibungen vs. sofortiger Betriebsausgabenabzug: Sieht das Ausland sofortigen Betriebsausgabenabzug vor, das Inland dagegen ratierliche Abschreibungen, die insgesamt im Inland bei Vorliegen anderer EinkÅnfte nicht zu negativen EinkÅnften fÅhren, findet § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG keine Anwendung. – Abschreibungen und Finanzierungsaufwand: FÅr Zwecke der Besteuerung im Inland entstehen Verluste infolge Zinsabzugs fÅr ein finanziertes Wirtschaftsgut, auf das keine Abschreibungen zulssig sind; die auslndische Besteuerung lsst dagegen Abschreibungen zu, Finanzierungsaufwand aber unberÅcksichtigt. VerlustbegrÅndend sind hier in den unterschiedlichen Jurisdiktionen jeweils zwei verschiedene Besteuerungsgrundlagen (Abschreibungen einerseits, Zinsaufwand anderseits), die in beiden Jurisdiktionen auseinanderfallend und nicht gleichermaßen aufgrund vergleichbarer Gewinnermittlungsvorschriften berÅcksichtigt werden.1 Einen „Gleichlauf“ in Bezug auf anzuwendende inlndische und auslndische Gewinnermittlungsvorschriften sieht der Gesetzeswortlaut des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG nicht vor, es genÅgt allein die BerÅcksichtigung bei der Besteuerung im Ausland, ohne dass die „Verlustursache“ gewÅrdigt wird. Daher sollte auch dieser Fall vom Gesetzeswortlaut der Verlustabzugssperre erfasst sein, obwohl mE eine differenzierte Betrachtung in Bezug auf die Verlustverursachung angemessener erscheint. – Abhngigkeit der VerlustberÅcksichtigung im Ausland von einem Wahlrecht: Eine tatschliche BerÅcksichtigung sollte bei konkreter Betrachtung nur dann vorliegen, wenn das Wahlrecht auch ausgeÅbt wird.2 Das bloße Bestehen des Wahlrechts sollte dagegen nicht genÅgen. Im Rahmen der konkreten Betrachtungsweise, wonach fÅr § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG eine tatschliche und nicht bloß abstrakte BerÅcksichtigung negativer EinkÅnfte im Ausland zu fordern ist, sollte mE auch die MÇglichkeit bestehen, durch Verzicht auf eine im Ausland bestehende AbzugsmÇglichkeit die Rechtsfolgen der inlndischen Verlustabzugssperre zu vermeiden. Eine bloß theoretisch im Ausland bestehende VerlustabzugsmÇglichkeit, die nicht in Anspruch genommen wird, sollte keine BerÅcksichtigung i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG darstellen. Sinnvoll kann der Verzicht auf eine im Ausland bestehende VerlustabzugsmÇglichkeit dann sein, wenn sich aufgrund unterschiedlicher Steuerstze im Inland eine hÇhere steuerliche Auswirkung der BerÅcksichtigung der negativen EinkÅnfte ergibt. – Negativer Progressionsvorbehalt: Sofern negative EinkÅnfte im Rahmen eines negativen Progressionsvorbehalts im Rahmen der auslndischen Besteuerung erfasst werden, wird die Auffassung vertreten, dass die Verlustabzugssperre nicht eingreife.3 Dem ist zuzustimmen, da 1 Nach Prinz/Simon, Der Konzern 2003, 104 (111) liegt in diesem Fall kein echter Double Dip vor. 2 So auch Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 488. 3 Neumann in Gosch, KStG2, § 14 Rz. 488; Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (150); Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, 281 (283); Wagner/Liekenbrock, Ubg

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das Merkmal der BerÅcksichtigung im Ausland eine Minderung der Bemessungsgrundlage erfordert, whrend eine BerÅcksichtigung beim Steuertarif nicht genÅgt, da das auslndische Besteuerungsniveau bei der inlndischen Besteuerung (abgesehen von der Hinzurechnungsbesteuerung) unbeachtlich ist. – Auslndische Hinzurechnungsbesteuerung: Werden negative EinkÅnfte durch auslndische Rechtsvorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung erfasst, sollte danach unterschieden werden, ob die inlndischen negativen EinkÅnfte nur bei der PrÅfung des Bestehens einer Niedrigbesteuerung herangezogen werden oder ob sie tatschlich zu einer Minderung positiver auslndischer EinkÅnfte fÅhren.1 Nur im letzteren Fall sollte mE eine Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1. Nr. 5 KStG denkbar sein.

28.26 Zeitpunkt der BerÅcksichtigung im Ausland: Der Gesetzeswortlaut sieht keinen Zeitpunkt hinsichtlich der VerlustberÅcksichtigung vor und trifft damit keine Aussage dazu, ob die negativen EinkÅnfte phasengleich im selben Veranlagungszeitraum berÅcksichtigt werden mÅssen oder ob eine phasenverschobene BerÅcksichtigung, etwa infolge eines Verlustvortrags oder -rÅcktrags bei der auslndischen Besteuerung genÅgt.2

28.27 Im Einklang mit der konkreten Betrachtungsweise erscheint es konsequent, in zeitlicher Hinsicht erst dann eine tatschliche BerÅcksichtigung im Ausland zu bejahen, wenn es tatschlich zu einer Minderung positiver EinkÅnfte infolge der „Verwendung“ des Verlustvortrags kommt.3 Dies ist bei Verlustvortrgen grundstzlich erst dann der Fall, wenn eine Nutzung von Verlustvortrgen auch tatschlich stattfindet. Das bloße Entstehen eines Verlustvortrags fÅhrt nicht zu einer „BerÅcksichtigung“, da diese nicht konkret, sondern ungewiss ist. Ob in der Praxis die ggf. phasenverschobene tatschliche Verlust(vortrags)nutzung nach auslndischen Rechtsvorschriften jedoch zuverlssig ermittelt werden kann, erscheint dagegen zweifelhaft: Es ist fraglich, wie genau der Zeitpunkt bestimmt werden soll, in dem im Ausland derjenige Teil der negativen EinkÅnfte der Organgesellschaft oder des Organtrgers, der nach Maßgabe des auslndischen Steuerrechts in den Verlustvortrag eingegangen ist, tatschlich zur Verrechnung gebracht und damit (konkret) genutzt wurde. Die Ermittlung verkompliziert sich insbesondere, wenn mehrere „Verlustquellen“ den Verlustvortrag bilden und sich dann die Frage einer etwaigen Verwendungsreihenfolge stellt. Der Steuerpflichtige wird hier vor nicht unerhebliche

2013, 133 (138); RÇdder, DStR 2002, 1800 (1802); Prinz/Simon, Der Konzern 2003, 104 (110). 1 Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (150). 2 Zur Altregelung vgl. insoweit LÅdicke in Herzig, Organschaft, 2003, S. 449: zeitgleiche Minderung einer positiven auslndischen Bemessungsgrundlage erforderlich. 3 Ebenso Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (608); Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, 281 (283); Polatzky/Seitner, Ubg 2013, 285 (286).

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D. Rechtsfolgen und Anwendungsbeispiele

praktische Schwierigkeiten gestellt, die eine profunde Kenntnis der auslndischen Besteuerungsmaßstbe erfordert. PeriodenÅbergreifend kann sich bei einer temporren steuermindernden BerÅcksichtigung von negativen EinkÅnften im Ausland in einem bestimmten Veranlagungszeitraum bei spterer Nachversteuerung von Gewinnen in Folgejahren die Frage stellen, ob der dadurch periodenÅbergreifend verwirklichte Kompensationseffekt die vorherige BerÅcksichtigung im Sinne der Verlustabzugssperre entfallen lsst.1 Gerade in auslndischen Jurisdiktionen mit vollumfnglichen Anrechnungssystemen stellt sich die Verlustnutzung als bloßer Timing-Effekt dar, der durch den gegenlufigen Effekt der Besteuerung zukÅnftiger Gewinne wieder umgekehrt wird mit der Folge, dass es bei Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG zu einer endgÅltigen NichtberÅcksichtigung des Verlusts im Inland kme, die sich als systemwidrig darstellt. Die Verwirklichung der gesetzgeberischen Intention, eine doppelte Verlustnutzung im In- und Ausland zu verhindern, darf nicht in einer „Keinmalnutzung“ resultieren. Vor diesem Hintergrund ist auch im Blick zu behalten, dass Verlustvortrge, in denen negative EinkÅnfte des Organtrgers oder der Organgesellschaft enthalten sind, ggf. nach auslndischen Besteuerungsvorschriften zu einem spteren Zeitpunkt nicht mehr nutzbar sein kÇnnten (Entfallen der abstrakt denkbaren VerlustnutzungsmÇglichkeit). Daher sollte die Erfassung negativer EinkÅnfte bei der auslndischen Besteuerung durch Verlustvortrag nicht genÅgen, um eine „BerÅcksichtigung“ i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG darzustellen.

28.28

D. Rechtsfolgen und Anwendungsbeispiele I. Rechtsfolgen der Verlustabzugssperre Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG ist, dass die negativen EinkÅnfte im Rahmen der Besteuerung des Organtrgers bei der inlndischen Besteuerung nicht berÅcksichtigt werden. Soweit es sich dabei um negative EinkÅnfte der Organgesellschaft handelt, ist das dem Organtrger zuzurechnende Einkommen ohne BerÅcksichtigung dieser negativen EinkÅnfte zu ermitteln.2 Eine Verlustverrechnung von positivem Einkommen der Organgesellschaft mit etwaigen auf Ebene des Organtrgers entstandenen negativen EinkÅnften ist ausgeschlossen. Die negativen EinkÅnfte sind fÅr die inlndische Besteuerung endgÅltig gesperrt, da eine MÇglichkeit mit der Verrechnung kÅnftiger positiver EinkÅnfte nicht vor1 Vgl. Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, 133 (138) mit Hinweis auf die recaptureRegelung bei der Çsterreichischen Gruppenbesteuerung. 2 Dh. das zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft ist keine negative GrÇße, sondern betrgt Null, soweit es aus doppelt abzugsfhigen negativen EinkÅnften besteht.

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28.29

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GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

gesehen ist. Diese NichtberÅcksichtigung bewirkt also regelmßig die Versagung der Verlustverrechnung innerhalb der Organschaft bzw. die ErhÇhung eines steuerlichen Verlustvortrags des Organtrgers.

II. Inbound-Finanzierung Åber Personengesellschaftsstruktur 28.30 Beispiel 1: Organtrger-Personengesellschaft als Akquisitionsvehikel Die nachfolgend dargestellte Akquisitionsstruktur war bislang in der Praxis hufig anzutreffen. Dabei werden die zum Erwerb der Zielgesellschaft erforderlichen Fremdmittel von einem auslndischen Investor zunchst direkt aufgenommen. Zwecks Erwerbs der Anteile an der Zielgesellschaft wird eine Personengesellschaft mit Sitz und Geschftsleitung im Inland als Erwerbsvehikel gegrÅndet. An diese werden die durch den Steuerauslnder aufgenommenen Fremdmittel (als Eigenoder Fremdkapital) weitergereicht. Die Personengesellschaft finanziert damit wiederum den unmittelbaren Erwerb der Anteile an der Zielgesellschaft und begrÅndet im Anschluss an den Erwerb mit der Zielgesellschaft eine ertragsteuerliche Organschaft.1

28.31 Das Aufsetzen einer solchen Akquisitionsstruktur beruht im Wesentlichen auf folgenden (steuerlichen) Erwgungen: Durch BegrÅndung einer ertragsteuerlichen Organschaft wird zunchst eine Ergebniskonsolidierung zwischen Zielgesellschaft und Organtrger-Personengesellschaft bewirkt. Zudem wird dem auslndischen Investor durch die Zwischenschaltung der Organtrger-Personengesellschaft ermÇglicht, etwaige Gewinne 1 Dabei sind freilich die Anforderungen an eine Organtrgerpersonengesellschaft sicher zu stellen, vgl. dazu BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 = FR 2005, 1216, Rz. 13 f.

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D. Rechtsfolgen und Anwendungsbeispiele

durch Entnahmen ohne Kapitalertragsteuerbelastung zu repatriieren. Wesentliche Bedeutung kommt im Rahmen dieser Struktur regelmßig der Behandlung des Zinsaufwands zu: Dieser stellt steuerlich aus deutscher Sicht grundstzlich Sonderbetriebsausgaben des auslndischen Investors bei der deutschen Mitunternehmerschaft dar (Darlehensverbindlichkeit als negatives SonderbetriebsvermÇgen) und ist im Rahmen der Zinsschranke (§ 4h EStG) bei der Ermittlung der inlndischen EinkÅnfte des auslndischen Investors als Mitunternehmer zu berÅcksichtigen.1 Aufgrund dieser deutschen ertragsteuerlichen Behandlung wird im Ergebnis Finanzierungsaufwand im Inland grundstzlich2 steuerlich berÅcksichtigt. Wenn darÅber hinaus auch im Ansssigkeitsstaat des auslndischen Investors ein Abzug von Zinsaufwand mÇglich ist, wird dieser im Ergebnis sowohl im Inland als auch im Ansssigkeitsstaat berÅcksichtigt (Double-Dip). Die Neufassung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG wirft die Frage auf, ob in Bezug auf den doppelt berÅcksichtigten Zinsaufwand nunmehr – vor dem Hintergrund der Anwendungsregelung ggf. auch mit Wirkung fÅr die Vergangenheit – eine Abzugssperre hinsichtlich des Zinsaufwands bei der inlndischen Besteuerung besteht. Unterstellt man die Anwendbarkeit der Neufassung auf Organtrger-Personengesellschaften (s. oben Rz. 28.9), sind im Lichte der oben diskutierten verbleibenden Zweifelsfragen zum Tatbestandsmerkmal „BerÅcksichtigung negativer EinkÅnfte im Ausland“ in Abhngigkeit von der konkreten Fallgestaltung folgende Auslegungsergebnisse denkbar: – Die (unterstellte) Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG kÇnnte auf Basis einer Stand-Alone-Betrachtung die Folge haben, dass die Organtrger-Personengesellschaft etwaigen Zinsaufwand nicht mit dem zugerechneten Einkommen der Organgesellschaft verrechnen kÇnnte. – Stellt man darauf ab, dass auch nach auslndischem Steuerrecht dem im Ausland ansssigen Investor insgesamt negative EinkÅnfte aus seiner Beteiligung an der Organtrger-Personengesellschaft vermittelt 1 Die Beteiligung an der Organtrger-Personengesellschaft vermittelt der M Inc. eine inlndische Betriebssttte, vgl. Tz. 2.2.3 des BMF-Schreibens zur Anwendung von DBA auf Personengesellschaften, BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/1003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258. 2 Zur Diskussion einer Einschrnkung des Sonderbetriebsausgabenabzugs infolge der Anwendung des § 50d Abs. 10 EStG (iVm. § 7 S. 6 GewStG) vgl. Blumenberg in JbFfSt 2014/2015, 621 (635); Brandenburg, DStZ 2015, 393. Es kÇnnte im Einzelfall fraglich sein, ob durch das SonderbetriebsvermÇgen veranlasster Zinsaufwand einer durch die Beteiligung an der Organtrger-Personengesellschaft vermittelten deutschen Betriebssttte auch dieser Betriebssttte zuzuordnen ist. Zu Anwendungsfragen des § 50d Abs. 10 EStG vgl. weiterfÅhrend Rosenberg/ Placke, DB 2014, 2434; Pohl, DB 2013, 1572 sowie Prinz, GmbHR 2014, 729. Im Hinblick auf die Anwendung von § 50d Abs. 10 EStG bleibt ferner die offene Frage nach der Verfassungsmßigkeit eines Treaty Override, vgl. BFH v. 11.12.2013 – I R 4/13, IStR 2014, 217 = GmbHR 2014, 323 = ISR 2014, 94 m. Anm. Hagemann/Kahlenberg, zu § 50d Abs. 10 EStG sowie in Bezug auf die Verlustabzugssperre unten Rz. 28.56 mwN.

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28.32

Kapitel 28

GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

werden, kann die Anwendung der Vorschrift ausscheiden, wenn aufgrund des auslndischen Steuerrechts insgesamt positive EinkÅnfte vermittelt wÅrden.1 Das kÇnnte bspw. der Fall sein, wenn der Zinsaufwand abweichend von der deutschen steuerrechtlichen Behandlung als Sonderbetriebsausgaben nicht den deutschen EinkÅnften aus der Personengesellschaft, sondern im Rahmen der Åbrigen im Ausland der unbeschrnkten Steuerpflicht des Investors zu erfassenden EinkÅnfte zu berÅcksichtigen ist und sich dabei per Saldo keine negativen EinkÅnfte nach Maßgabe des auslndischen Steuerrechts ergeben.

28.33 Das folgende Beispiel verdeutlicht die Wirkungsweise der Vorschrift bei unterstellter Anwendbarkeit auf Personengesellschaften: VZ

Zinsaufwand Ebene M Inc.

EinkÅnfte OT PersGes (Stand-Alone-Basis)

EinkÅnfte OG (Stand-Alone-Basis)

2015

200.000

./. 100.000

400.000

2016

200.000

300.000

300.000

Bei unterstellter BerÅcksichtigung des Zinsaufwands auf Ebene des M Inc. im Ausland ergeben sich fÅr die Frage, inwieweit der Zinsaufwand bei der inlndischen Besteuerung zu berÅcksichtigen ist, folgende Ergebnisse bei Beachtung der Rechtsfolgen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG: – VZ 2015: Zinsaufwand und negatives Stand-Alone-Ergebnis der OT PersGes ergeben in der Summe „negative EinkÅnfte“ der OT PersGes i.H.v. ./. 300.000. Davon entfallen 200.000 auf den ebenfalls im Ausland steuerlich zu berÅcksichtigenden Zinsaufwand mit der Folge, dass diese nach der Verlustabzugssperre von einer BerÅcksichtigung im Inland ausgeschlossen wren. FÅr den Organkreis (OG und OT PersGes) ergibt sich ein Einkommen von 300.000 (400.000 ./.100.000) – VZ 2016: Hier ergeben Zinsaufwand (200.000) und „EinkÅnfte“ der OT PersGes (300.000) einen positiven Saldo von 100.000. Damit greift die Verlustabzugssperre mangels „negativer EinkÅnften des Organtrgers“ nicht.

Das einfache Zahlenbeispiel erhellt, dass die Wirkungen der Verlustabzugssperre hier mÇglicherweise „ergebnisbezogen“ gesteuert werden kÇnnten, wenn sich auf Ebene der Organtrger-Personengesellschaft „negative EinkÅnfte“ vermeiden lassen. Beispielsweise kÇnnte die Organtrger-Personengesellschaft durch bertragung von Dienstleistungsfunktionen der Organgesellschaft und entsprechende RÅckbelastung oder mittels verzinslichen Gesellschafterdarlehens an die Organgesellschaft zur Kompensation des Zinsaufwands zustzliche Einnahmen generieren. In der Praxis kann eine solche Adjustierung mÇglicherweise im Einzelfall nicht erreicht werden, insbesondere da hier mehrere (ggf. unsichere) Faktoren zielgerichtet und vorhersehbar ermittelt werden mÅssten. So kann nicht nur die Betrachtung der Organtrger-Ebene, sondern gerade auch die Ermittlung des im Ausland berÅcksichtigungsfhigen Zinsaufwands praktisch erhebliche Schwierigkeiten bereiten, etwa wenn im Ausland komplexe, der deutschen Zinsschrankenregelung vergleichbare Regelungen zur Anwendung gelangen. Um die Wirkungsweise der Verlustabzugssperre gnzlich zu vermei1 Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (611); von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, 1690 (1692).

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D. Rechtsfolgen und Anwendungsbeispiele

den, mÅsste ggf. eine Beendigung der Organschaft in Betracht gezogen werden, zB durch (Aufwrts-)Verschmelzung der Organgesellschaft oder Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags.

III. Auslndische Betriebssttten von Organtrger und/oder Organgesellschaft Beispiel 2: Auslandsbetriebssttten von Organtrger/Organgesellschaft Die vorliegende Fallkonstellation dient der Verdeutlichung der Wirkungsweise der Verlustabzugssperre bei Auslandsbetriebssttten. Zwischen OT und OG, beide ansssig im Inland und dort unbeschrnkt steuerpflichtig, besteht eine ertragsteuerliche Organschaft. Beide Gesellschaften unterhalten jeweils im Ausland eine Betriebssttte.

– DBA mit Freistellungsmethode: Findet die Freistellungsmethode Anwendung, werden grundstzlich weder Gewinne noch Verluste aus der auslndischen Betriebssttte bei der Besteuerung in Deutschland berÅcksichtigt (Symmetriethese).1 Daher findet die Neuregelung in diesem Fall bereits deshalb grundstzlich2 keine Anwendung. – DBA mit Anrechnungsmethode: Sieht das einschlgige DBA die Anrechnungsmethode vor, ergibt sich Folgendes: Soweit sich Betriebsstttenverluste im Inland mindernd auf die Bemessungsgrundlage auswirken, findet § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG nach seinem Wortlaut grundstzlich Anwendung.

1 Zur ausnahmsweisen BerÅcksichtigung finaler Auslands(betriebssttten)verluste vgl. eingehend Rz. 5.31 sowie Kapitel 25 jeweils mwN. 2 Ausnahmsweise kann eine BerÅcksichtigung in Betracht kommen, soweit ein Anwendungsstaat die Symmetriethese ablehnt wie bspw. sterreich (vgl. VwGH, Erkenntnis v. 25.9.2001, IStR 2001, 754).

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28.34

Kapitel 28

GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

Insoweit ist zunchst die Vorschrift des § 2a EStG zu prÅfen, die ggf. eine Verlustverrechnung im Inland in Bezug auf sog. „passive“ BetriebssttteneinkÅnfte ausschließt. Allerdings stellt sich dabei die Frage des Anwendungsverhltnisses zwischen § 2a EStG und § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG: Wendet man § 2a EStG vorrangig an, sind die dabei erfassten negativen passiven BetriebssttteneinkÅnfte bereits nicht bei der Inlandsbesteuerung erfasst, so dass folglich auch kein Raum fÅr die Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG bliebe. Allerdings mÅssen dann wiederum etwaige Auswirkungen in Folgejahren nachgehalten werden: Soweit die zunchst nicht berÅcksichtigten Verluste in einem spteren Gewinnjahr doch wieder zum Abzug im Inland zugelassen werden (§ 2a Abs. 1 S. 3 EStG), fÅhrt dies im Ergebnis dann doch zu einer DoppelberÅcksichtigung und es stellt sich die Frage, ob die Verlustabzugssperre eingreift. 1 Im skizzierten Beispielsfall hngt die VerlustberÅcksichtigung davon ab, ob jeweils auf Ebene der Organtrgerin und der Organgesellschaft durch die jeweiligen Betriebsstttenverluste negative EinkÅnfte entstehen. Dabei ist insbesondere auf Ebene des Organtrgers unerheblich, ob dieser erst nach Zurechnung des Organeinkommens ein negatives Einkommen aufweist, wenn der Organtrger auch unter BerÅcksichtigung negativer EinkÅnfte aus der „eigenen“ auslndischen Betriebssttte positive EinkÅnfte bzw. positives Einkommen vorweist.

28.35 Aus den LÇsungshinweisen wird ersichtlich, dass die Anwendung der Verlustabzugsbeschrnkung im Fall eines Doppelbesteuerungsabkommens mit Anrechnungsmethode zu unsachgerechten Ergebnissen fÅhrt: Erzielen Organtrger oder Organgesellschaft negative EinkÅnfte aus einer auslndischen Anrechnungsbetriebssttte und ergeben sich auf Ebene des Organtrgers bzw. der Organgesellschaft insgesamt negative EinkÅnfte, wÅrde dies grundstzlich die NichtberÅcksichtigung der negativen BetriebssttteneinkÅnfte im Inland nach sich ziehen. Im umgekehrten Fall positiver BetriebssttteneinkÅnfte wÅrden diese im Inland jedoch der vollen Besteuerung unterliegen, ohne dass eine VerlustverrechnungsmÇglichkeit mit Verlusten aus vergangenen Veranlagungszeitrumen besteht mit der Folge, dass es zu einer Besteuerung von Scheingewinnen kommen kann.2

28.36 Denkt man sich die Organschaft im Beispielsfall weg, wird deutlich, dass die Anwendung der Verlustzabzugsbeschrnkung bei Anrechnungsbetriebsttten zu unsachgerechten Ergebnissen fÅhrt: Der bloße Umstand des Bestehens einer Organschaft wÅrde zu einer NichtberÅcksichtigung der Verluste fÅhren, whrend ohne Organschaft ganz andere (sachgerechte) Ergebnisse erzielt wÅrden.

1 Vgl. dazu Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, 281 (285). 2 Vgl. zu konkreten Beispielen auch IDW, Schreiben an das BMF v. 5.3.2014, abrufbar unter http://www.idw.de/idw/portal/d637626.

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D. Rechtsfolgen und Anwendungsbeispiele Beispiel:1 Eine GmbH mit Sitz und Geschftsleitung im Inland erzielt einen Verlust in einer Anrechnungsbetriebssttte und hat im VZ 01 keine positiven in- oder auslndischen EinkÅnfte. – Ohne Organschaft: Der Auslandsbetriebsstttenverlust wird bei der GmbH als Verlustvortrag erfasst und zugleich im auslndischen Betriebsstttenstaat berÅcksichtigt. – Mit Organschaft: Ist die GmbH organschaftlich eingebunden (als Organtrger oder Organgesellschaft eines rein inlndischen Organkreises), greift § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG ein und schließt die BerÅcksichtigung des zu negativen EinkÅnften fÅhrenden Betriebsstttenverlusts im Inland aus, und zwar selbst dann, wenn die Betriebssttte im Folgejahr (VZ 02) einen Gewinn erwirtschaftet, welcher der deutschen Besteuerung unterliegt.

Vor diesem Hintergrund sollte eine schdliche „doppelte Verlustverwertung“ i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG nur dann angenommen werden und die Anwendung der Verlustabzugssperre rechtfertigen, wenn negative EinkÅnfte des Organtrgers oder der Organgesellschaft in einem auslndischen Staat mit positiven EinkÅnften verrechnet werden, die keiner Besteuerung im Inland unterliegen.2 Andernfalls kommt § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG in Bezug auf Anrechnungsbetriebssttten eine Åberschießende Wirkung zu, wie auch die Finanzverwaltung zumindest ansatzweise erkannt hat.3 Abwandlung zu Beispiel 2: OG hat Betriebssttten in zwei verschiedenen Staaten Htte die OG im Beispielsfall mehrere EinkÅnftequellen in verschiedenen Staaten (zB mehrere Anrechnungsbetriebssttten) stellt sich die Frage, ob Gewinne aus der Einkunftsquelle des einen Staates mit Verlusten aus der Einkunftsquelle eines anderen Staates fÅr Zwecke der Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG zu verrechnen sind und dann das verbleibende (Gesamtbetriebssttten-)Ergebnis negativ sein mÅsste, um die Rechtsfolgen der inlndischen Verlustabzugssperre zu bewirken. Gegen eine solche Saldierung spricht der Wortlaut, da dieser lediglich die BerÅcksichtigung in „einem“ auslndischen Staat verlangt.4

1 Vgl. DÇtsch/Pung, DB 2013, 305 (312). 2 Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (149). 3 BMF v. 29.5.2013 – IV C 2 - S 1910/10/10117:005 – DOK 2013/0499578, GmbHR 2013, 728: „Sollten zu den Neuregelungen konkrete Anwendungsfragen mit allgemeiner Bedeutung auftreten, werden diese in dem Åblichen Verfahren Åber die Lnderfinanzverwaltungen an das BMF herangetragen und dann selbstverstndlich in den entsprechenden Gremien des Bundes und der Lnder erÇrtert. Das gilt auch fÅr den Hinweis auf evtl. Åberschießende Wirkungen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG in den Fllen, in denen die Anrechnungsmethode zur Anwendung kommt.“ 4 Gleicher Ansicht Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, 133 (143), die jedoch einschrnkend anmerken, dass insbesondere bei abweichenden Gewinnermittlungsvorschriften in den verschiedenen Staaten Konstellationen vorstellbar seien, in denen eine staatenÅbergreifende Gesamtbetrachtung gerechtfertigt erscheine.

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Kapitel 28

GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

IV. Inbound-Fall und US-amerikanische Check the Box Rules 28.38 Im Zusammenhang mit Inbound-Strukturen aus US-amerikanischer Sicht ist die Wirkungsweise der neu gefassten deutschen Verlustabzugssperre bereits mehrfach erÇrtert worden.1 Um die Auswirkungen des US-Steuerrechts auf die Anwendung von § 14 Abs. 1 Nr. 1 S. 5 KStG verstndlich zu machen, sind vorab zunchst die wesentlichen konzeptionellen Vorgaben der zu berÅcksichtigenden US-Regelungen kurz zusammenzufassen:2 – Check-the-box election: Das US-Steuerrecht rumt bestimmten auslndischen Gesellschaften (zB einer deutschen GmbH) als sog. eligible entities ein Wahlrecht ein, ob sie aus US-Steuersicht als intransparent oder transparent behandelt werden sollen.3 Bei intransparenter Behandlung werden AusschÅttungen beim US-Gesellschafter erfasst und besteuert. Bei transparenter Behandlung fÅhrt die AusÅbung des Wahlrechts dazu, dass aus US-Sicht eine Betriebssttte vorliegt und das Einkommen beim US-Gesellschafter unter Anrechnung der Steuern der Gesellschaft besteuert wird. – Dual consolidated loss rules: FÅr den Fall, dass ein Verlust sowohl in den USA als auch im Ausland berÅcksichtigt werden kÇnnte, hlt das US-Steuerrecht mit den dual consolidated loss rules4 Regelungen bereit, wonach der Steuerpflichtige grundstzlich whlen kann, wo der Verlust berÅcksichtigt werden soll. Sofern bspw. im Falle deutscher InboundStrukturen deutsche Gesellschaften fÅr Zwecke der US-Besteuerung nach der check-the-box-election als transparent behandelt werden, erfasst dies positive wie negative EinkÅnfte gleichermaßen. Aus Sicht des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG stellt sich fÅr deutsche steuerliche Zwecke die Frage, ob dies eine BerÅcksichtigung von Verlusten im Ausland darstellt (dazu sogleich). – Mirror legislation rule: Bei der VerlustberÅcksichtigung in den USA sind Einschrnkungen zu beachten. Die sog. mirror legislation rule5 soll verhindern, dass Verluste stets in den USA berÅcksichtigt werden und richtet ihrerseits den Blick auf die VerlustberÅcksichtigung im Ausland. Wenn wegen der mÇglichen VerlustberÅcksichtigung in den USA eine Verlustabzugssperre im Ausland eingreifen kÇnnte, ist die (sofortige) VerlustberÅcksichtigung in den USA ausgeschlossen, indem kraft Fiktion der Verlust dann als im Ausland genutzt gilt. Auf diese Weise soll die auslndische Verlustabzugssperre fÅr US-Steuerzwecke 1 Vgl. GrÅndig/Schmid, DStR 2013, 617; Polatzky/Seitner, Ubg 2013, 285; Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, 281 (285). 2 Siehe eingehend GrÅndig/Schmid, DStR 2013, 617; Polatzky/Seitner, Ubg 2013, 285. 3 § 301.7701-3 Treasury Regulations. Das Wahlrecht ist durch Abgabe eines entsprechenden Formulars durch Setzen eines Hkchens („check the box“) auszuÅben. Zur Check-the-box election s. auch Polatzky/Seitner, Ubg 2013, 285 (288); Jorde/Bernard, DB 2013, 2765; Flick, IStR 1998, 110. 4 § 1.1503(d) Internal Revenue Code zur Begriffsdefinition dual consolidated losses. 5 § 1.1503(d)-3 (e) Treasury Regulations.

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D. Rechtsfolgen und Anwendungsbeispiele

grundstzlich ausgehebelt werden, um eine einseitige Auswirkung zu Lasten des US-Steueraufkommens zu verhindern. Hat eine auslndische, der US-Besteuerung unterliegende Gesellschaft Verluste, die nicht bei einer anderen auslndischen Gesellschaft berÅcksichtigt werden kÇnnen (zB im Rahmen einer Organschaft oder einer gruppeninternen bertragung), sehen die Regelungen hierfÅr eine Ausnahme vor (sog. stand alone exception). DarÅber hinaus ist auch bei Eingreifen der mirror legislation rule keine endgÅltige NichtberÅcksichtigung der Verluste gegeben, sondern vielmehr ist eine GewinnverrechnungsmÇglichkeit der auslndischen Gesellschaft durch VerlustrÅcktrag (bis zu zwei Jahre zurÅck) oder Verlustvortrag (bis zu 20 Jahren) vorgesehen.1 Beispiel: Die US Corp., eine US-Kapitalgesellschaft, ist zu 100 % an der deutschen Organtrger-Kapitalgesellschaft OT beteiligt. OT hlt wiederum 100 % an der Organgesellschaft OG, ebenfalls eine deutsche Kapitalgesellschaft. Zwischen OT und OG besteht eine ertragsteuerliche Organschaft, der erforderliche ErgebnisabfÅhrungsvertrag wurde in 2012 geschlossen. Vor Einkommenszurechnung im Rahmen der Organschaft erzielt OT im VZ 2014 negative EinkÅnfte i.H.v. 100, die OG positive EinkÅnfte i.H.v. 100. OT hat im Rahmen der check-the-box election die transparente Behandlung fÅr US-Steuerzwecke beantragt und wird demzufolge als sog. disregarded entity aus US-Sicht als transparent behandelt.

Anwendung des US-Steuerrechts: Aus US-steuerlicher Sicht wird OT aufgrund der check-the-box election wie eine Betriebssttte der US Corp. behandelt mit der Folge, dass EinkÅnfte der OT – anders als die positiven EinkÅnfte der aus US-Sicht intransparenten OG – bei der US Corp unter Anrechnung deutscher Steuern erfasst werden. Negative EinkÅnfte von OT werden grundstzlich ebenfalls in den USA berÅcksichtigt, es sei denn, die dual consolidated loss rules fÅhren hier zu einem anderen Ergebnis. Mit § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG existiert aus US-Sicht eine auslndische Verlustabzugsbeschrnkung. Daher greift die mirror legislation rule, und 1 Nach Maßgabe der sog. separate return limitation year provisions (SRLY), § 1.503(d)-4 Treasury Regulations.

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Kapitel 28

GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

zwar ohne RÅckausnahme, da die stand alone exception auf die Organschaft zwischen OG und OT keine Anwendung findet. Folglich kÇnnen im VZ 2014 die negativen EinkÅnfte von OT in den USA nicht in Abzug gebracht werden und daher allenfalls im Wege eines VerlustrÅcktrags oder -vortrags fÅr US-steuerliche Zwecke BerÅcksichtigung finden. Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG: OT erzielt negative EinkÅnfte und diese werden wegen der Anwendung der check-the-box Regeln in den USA auch grundstzlich zur Besteuerung herangezogen. Allerdings ist fraglich, ob insoweit auch eine hinreichende BerÅcksichtigung bei der Besteuerung im Ausland fÅr Zwecke des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG gegeben ist.

Insoweit ist auf die oben im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal „BerÅcksichtigung bei der Besteuerung im Ausland“ angestellten berlegungen (Rz. 28.25 f.) Folgendes festzuhalten: – Die grundstzliche Erfassung der Verluste von OT folgt hier daraus, dass aufgrund der check-the-box election dieselben Rechtsfolgen greifen wie im Fall einer Anrechnungsbetriebssttte. Das bedeutet, dass etwaige in den Folgejahren durch die OT erzielte positive EinkÅnfte sowohl in den USA als auch im Inland in die Besteuerung einbezogen werden. Dieser doppelte Ansatz (zukÅnftiger) positiver EinkÅnfte wird durch § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG jedoch nicht berÅcksichtigt, da die Verlustabzugssperre nach ihrem Wortlaut nur an (irgend-)eine BerÅcksichtigung im Ausland anknÅpft. – Soweit die negativen EinkÅnfte aus US-Sicht in einen Verlustvortrag oder -rÅcktrag Eingang finden, stellt sich die Frage, ob dies bereits eine „BerÅcksichtigung“ im Sinne der Verlustabzugssperre darstellt. Die USRegelungen fÅhren dazu, dass von OT in den USA maximal EinkÅnfte von Null erfasst werden, so dass eine Verlustnutzung (auch temporr) in den USA ausscheidet. Denn Åber die Totalperiode werden negative EinkÅnfte der OT nur insoweit berÅcksichtigt, als diese positive EinkÅnfte, welche in die Besteuerung der USA eingehen, Åbersteigen. Daraus folgt mE, dass § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG auf diesen Fall keine Anwendung finden sollte. Zum einen sind die oben dargelegten systematischen berlegungen zur Anwendung im Fall von Anrechnungsbetriebssttten entsprechend heranzuziehen. Andererseits liegt hier auch kein Fall eines echten „double dip“ vor, da effektiv nur die negative EinkÅnfte Åbersteigenden positiven EinkÅnfte von OT in den USA berÅcksichtigt werden. 1. Abwandlung des Beispiels: Hufig stellen sich auch im Zusammenhang mit Akquisitionsfinanzierungen Fragen in Bezug auf die Anwendung der Verlustabzugsbeschrnkung. Resultieren in Abwandlung des Ausgangsfalls die negativen EinkÅnfte von OT aus einem Darlehen, welches OT von der US Corp. erhalten hat, um die Beteiligung an der OG zu finanzieren, sind die nachfolgenden berlegungen fÅr die Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG von Bedeutung.

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D. Rechtsfolgen und Anwendungsbeispiele

Anwendung des US-Steuerrechts: Wie im Ausgangsfall gilt die OT als Betriebssttte der US Corp. und die EinkÅnfte von OT sind unter Anrechnung deutscher Steuern grundstzlich steuerlich zu erfassen, einschließlich negativer EinkÅnfte unter BerÅcksichtigung der dual consolidated loss rules. Hinsichtlich des Darlehens ist aus US-Steuersicht zu berÅcksichtigen, dass OT wegen der check-the-box election steuerlich nicht existent ist und aufgrund dessen auch das Darlehen steuerlich nicht besteht, da smtliche Aktiva und Passiva der OT als solche der US Corp. behandelt werden. Mangels steuerlicher Existenz der Darlehensbeziehung zwischen US Corp. und OT werden weder Zinsaufwendungen noch -ertrge in den USA berÅcksichtigt. Aus US-steuerlicher Sicht liegt damit in Bezug auf die Zinsaufwendungen von OT bereits kein Verlust vor, so dass folglich auch die dual consolidated loss rules nicht anzuwenden sind. Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG: Die Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG scheitert bereits daran, dass in den USA bei der US Corp. keine negativen EinkÅnfte der OT in die dortige Besteuerung eingehen. Eine Minderung der auslndischen Bemessungsgrundlage um negative inlndische EinkÅnfte liegt damit nicht vor. Die Negierung der Darlehensbeziehung zwischen US Corp. und OT kann mE nicht als BerÅcksichtigung negativer EinkÅnfte bei der Besteuerung im Ausland im Sinne der Verlustabzugssperre angesehen werden. 2. Abwandlung des Beispiels: Neben OT beantragt nunmehr auch OG die transparente Behandlung nach den check-the-box Regeln als sog. disregarded entity. Fraglich ist die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG, wenn OT wie im Ausgangsfall fÅr sich betrachtet negative EinkÅnfte aufweist, das Einkommen im Organkreis insgesamt aber entweder positiv (Variante 1) oder negativ (Variante 2) ist.

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Kapitel 28

GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

Anwendung des US-Steuerrechts: In dieser Fallvariante werden OT und OG aus US-Sicht wie Betriebssttten behandelt. Die EinkÅnfte von OT und OG werden nach Maßgabe des US-Steuerrechts ermittelt und bei der US Corp. steuerlich unter Anrechnung deutscher Steuern erfasst. FÅr Zwecke der dual consolidated loss rule werden OT und OG als Einheit behandelt. FÅr die Variante 1 (Einkommen im Organkreis insgesamt positiv) bedeutet dies, dass die dual consolidated loss rule keine Anwendung findet, da aus US-Sicht bei einheitlicher Betrachtung von OT und OG kein Verlust vorliegt. In Variante 2 dagegen (Einkommen im Organkreis insgesamt negativ), findet die dual consolidated loss rule Anwendung. Da § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG aus US-Sicht eine auslndische Verlustabzugsbeschrnkung darstellt, ist grundstzlich die mirror rule zu beachten. In Bezug auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation greift dabei wiederum die stand alone exception, da OT und OG keine weiteren Tochtergesellschaften halten und es deswegen keine anderen, nicht der US-Besteuerung unterliegenden deutschen Gesellschaften gibt. Somit werden die negativen EinkÅnfte von OT und OG im Ergebnis ohne Einschrnkung durch die dual consolidated loss rule bei der US-Besteuerung im Verlustentstehungsjahr erfasst. Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG: Sowohl die negativen EinkÅnfte der OT also auch die positiven EinkÅnfte der OG werden zur Besteuerung in den USA herangezogen, und zwar bei Variante 1 das insgesamt positive Einkommen des gesamten Organkreises und in Variante 2 das in der Summe negative Einkommen des Organkreises. Es stellt sich jeweils die Frage, ob eine VerlustberÅcksichtigung im Ausland i.S.v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG vorliegt mit der Rechtsfolge der Versagung der VerlustberÅcksichtigung im Inland.

Zu Variante 1 sind folgende berlegungen anzustellen: – Die BerÅcksichtigung der negativen EinkÅnfte von OT beruht ebenso wie die BerÅcksichtigung positiver EinkÅnfte von OG auf dem Umstand, dass die USA diese unter Anrechnung ggf. anfallender deutscher Steuern fÅr US-Steuerzwecke erfassen. Der unmittelbare Abzug der negativen EinkÅnfte von OT bei der US-Besteuerung im selben VZ beruht jedoch darauf, dass auch die positiven EinkÅnfte der OG in den USA erfasst werden.

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D. Rechtsfolgen und Anwendungsbeispiele

– Es liegt daher kein echter „double dip“ in Bezug auf die negativen EinkÅnfte von OT vor, weil positive EinkÅnfte von OG, welche die negativen EinkÅnfte von OT Åbersteigen, ebenfalls in den USA der Besteuerung unterliegen. Im Hinblick auf Variante 2 sollte Folgendes berÅcksichtigt werden: – Die NichtberÅcksichtigung negativer EinkÅnfte nach Maßgabe der inlndischen Verlustabzugssperre kann sich hier zunchst nur in HÇhe des negativen Saldos des Organkreises ergeben, da nur insoweit auch eine Erfassung fÅr US-Steuerzwecke erfolgt. – Allerdings fehlt es auch hier wiederum an einer doppelten Verlustnutzung, da sowohl in den USA als auch in Deutschland die positiven EinkÅnfte der OG erfasst werden. Es findet auch keine phasenverschobene doppelte Verlustnutzung statt. In den USA kommt es in Bezug auf den Negativsaldo zu einer Direkterfassung, whrend in Deutschland die negativen EinkÅnfte im Wege eines Verlustvortrags erfasst werden. Kommt es dann in Deutschland zu einer spteren Verrechnung mit positiven EinkÅnften, steht dieser eine entsprechende Besteuerung in den USA gegenÅber. Aufgrund dieser berlegungen sollte mE die inlndische Verlustabzugssperre des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG in beiden Fallvarianten nicht anwendbar sein. Verrechnungen von Gewinnen der OG aufgrund der Regelungstechnik im Anrechnungsstaat USA dÅrfen zur Verhinderung einer bermaßbesteuerung nicht als schdliche doppelte BerÅcksichtigung von Verlusten der OT betrachtet werden.

V. Doppelt ansssige Gesellschaften 1. Doppelt ansssiger Organtrger Auch im Hinblick auf einen nach auslndischem Recht gegrÅndeten Organtrger (OT) mit Ort der Geschftsleitung im Inland kann § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG grundstzlich eingreifen. OT ist im Inland unbeschrnkt steuerpflichtig und auch im Ausland besteht regelmßig bei AnknÅpfung der Steuerpflicht an den statutarischen Sitz eine unbeschrnkte Steuerpflicht, im Rahmen derer das Welteinkommen erfasst wird.

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Kapitel 28

GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

Besteht zwischen Deutschland und dem auslndischen Staat ein DBA, welches die negativen inlndischen EinkÅnfte freistellt und kommt es infolgedessen nicht zu einer BerÅcksichtigung im Inland, sollte die Verlustabzugssperre nicht eingreifen. Besteht kein DBA oder sieht ein bestehendes DBA keine Freistellung der negativen EinkÅnfte vor, kÇnnen diese sowohl in Deutschland als auch im Ausland grundstzlich berÅcksichtigt werden. In diesem Fall ist die Verlustabzugssperre zu prÅfen. 2. Doppelt ansssige Organgesellschaft

28.40 In Bezug auf doppelt ansssige Organgesellschaften ist die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG ebenfalls zu prÅfen, jedoch dÅrfte sich der praktische Anwendungsbereich in Bezug auf das nachfolgend gebildete Beispiel auf wenige Ausnahmekonstellationen beschrnken.1 Die Organgesellschaft (OG) wurde nach dem Recht eines auslndischen Staates gegrÅndet und hat ihren Ort der Geschftsleitung ins Inland verlegt. Ihre organschaftliche Anbindung hngt zunchst davon ab, dass gesellschaftsrechtlich auch die doppelt ansssige OG zulssigerweise einen in seiner Regelungswirkung einem Beherrschungs- und GewinnabfÅhrungsvertrag gleichstehenden Vertrag abschließen kann, der auch tatschlich durchgefÅhrt wird (zu grenzÅberschreitenden GewinnabfÅhrungsvertrgen s. Rz. 26.1 f.).

1 GrÅndig/Schmid, DStR 2013, 617 (620); Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, 133 (144).

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E. Verfahrensrechtliche Gesichtspunkte

Die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG hngt von der BerÅcksichtigung negativer EinkÅnfte der OG im Ausland ab. Dies wird nur dann der Fall sein, wenn die OG selbst andere (negative) EinkÅnfte im Ausland erzielt, das jeweils anwendbare DBA die OG ausnahmsweise als nicht nur in einem Staat ansssig ansieht1 oder es zu einer bertragung (und damit Nutzung) der Verluste auf einen anderen Rechtstrger im Ausland zB aufgrund gruppeninterner bertragungsmÇglichkeiten kommt.2 Im Regelfall bestimmt sich die Ansssigkeit nach DBA-Recht jedoch nach dem Ort der tatschlichen Geschftsleitung, so dass die negativen EinkÅnfte der OG allein in Deutschland zu berÅcksichtigen sind.

E. Verfahrensrechtliche Gesichtspunkte Feststellungslast: Da die BerÅcksichtigung negativer EinkÅnfte im Ausland fÅr die inlndische Besteuerung zugrunde zu legen ist und einen steuererhÇhenden Umstand durch Versagung der Verlustnutzung begrÅndet, trgt nach allgemeinen Grundstzen grundstzlich die Finanzverwaltung die Darlegungs- und Feststellungslast. Wegen des Auslandsbezugs folgt fÅr den Steuerpflichtigen dabei aus § 90 Abs. 2 AO eine erhÇhte Mitwirkungspflicht.3 Daraus folgt insbesondere auch, dass der Steuerpflichtige ggf. etwaige Folgeentwicklungen in Bezug auf eine Verlustnutzung 1 Vgl. Art. 4 Abs. 3 OECD-MA. 2 In diesem Ausnahmefall dÅrfte es aus praktischer Sicht allenfalls eine dogmatische Frage sein, ob die Verlustabzugssperre dann dergestalt wirkt, dass die EinkÅnfte von OG erst gar nicht OT zugerechnet werden oder die NichtberÅcksichtigung allein auf Ebene von OT erfolgt, vgl. Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, 281 (286). 3 Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 266 (Stand Januar 2015); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 962 (Stand April 2013); Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (610).

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GrenzÅberschreitende Verlustabzugssperre, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG

im Ausland nachzuhalten hat. Die praktischen Probleme sind dabei vielschichtig: Nicht nur kÇnnen komplexe auslndische Rechtsvorschriften erheblichen Bedarf an Rechtsberatung auslÇsen, sondern vor allem mÅssen zeitlich gestreckte Vorgnge und zukÅnftige Ereignisse (bspw. spteres Entfallen der Verlustnutzung im Ausland) nachgehalten und berÅcksichtigt werden. So erscheint es denkbar, dass sich die MÇglichkeit der Verlustverrechnung im Ausland erst zu einem spteren Zeitpunkt ergibt. Diese „grenzÅberschreitende VerlustnutzungsÅberwachung“ kann in der Praxis erheblichen Aufwand bedeuten und damit unter Umstnden zu einer jahrelang andauernden Schwebelage fÅhren.

28.42 Anzeige- und Berichtigungspflichten nach § 153 AO: Aufgrund der bereits im Zusammenhang mit dem zeitlichen Anwendungsbereich der Neuregelung erluterten RÅckwirkungsproblematik besteht die MÇglichkeit, dass auf einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt, fÅr den bereits eine Steuererklrung eingereicht worden ist, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG ggf. anzuwenden wre (zu den verfassungsrechtlichen Einschrnkungen im Hinblick auf die Anordnung der rÅckwirkenden Geltung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG s. Rz. 28.14). Daraus resultiert die Folgefrage, ob der Steuerpflichtige in diesen Fllen nach § 153 AO zu einer Berichtigung bzw. Anzeige verpflichtet ist. Die Existenz einer solchen Anzeige- und Berichtigungspflicht ist nicht zuletzt deshalb von erheblicher Bedeutung, weil der Anzeige- und Berichtigungspflichtige bei NichterfÅllung dieser Pflicht ggf. einem Strafbarkeitsvorwurf ausgesetzt ist (§§ 370, 378 AO). Die Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO hat tatbestandlich folgende Voraussetzungen: – Es muss eine unrichtige oder unvollstndige Erklrung abgegeben worden sein, auf deren Grundlage eine SteuerverkÅrzung entweder bereits eingetreten ist oder der Eintritt einer SteuerverkÅrzung droht; – der Steuerpflichtige muss dies nachtrglich erkennen und die Festsetzungsfrist darf noch nicht abgelaufen sein, so dass eine Korrektur der ergangenen fehlerhaften Steuerfestsetzung noch mÇglich ist.

28.43 Der Begriff der Unrichtigkeit oder Unvollstndigkeit ist nach allgemeiner Auffassung in Anlehnung an § 370 AO zu interpretieren. Dabei ist auf den Zeitpunkt der Abgabe der Erklrung abzustellen. Unrichtigkeit liegt vor, wenn in der Erklrung die tatschlichen oder rechtlichen Verhltnisse, die fÅr den Steuerpflichtigen und die Bemessung der Steuer maßgebend sind, falsch dargestellt werden.1 Unvollstndig ist eine Erklrung hingegen, wenn sie nicht alle in der Erklrung erforderlichen Angaben enthlt.2

28.44 Die Frage des Bestehens einer Anzeige- und Berichtigungspflicht wird im Schrifttum in Bezug auf die rÅckwirkende Anwendung der Neuregelung 1 Vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 153 AO Rz. 8 (Stand Juni 2012). 2 Seer, aaO.

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E. Verfahrensrechtliche Gesichtspunkte

kontrovers diskutiert: Einerseits wird die MÇglichkeit einer strafbewehrten Verfehlung einer Anzeige- und Berichtigungspflicht fÅr mÇglich gehalten.1 Andererseits wird jedoch bereits das Bestehen einer solchen Pflicht fÅr zurÅckliegende VZ verneint mit der BegrÅndung, es komme fÅr die Frage der Unrichtigkeit bzw. Unvollstndigkeit einer Steuererklrung auf den Rechtsstand im Zeitpunkt der Abgabe an.2 Im Lichte des verfassungsrechtlichen RÅckwirkungsverbots fÅr Strafvorschriften gem. Art. 103 Abs. 2 GG erscheint letztere Auffassung mE folgerichtig: Da eine Tat nur bestraft werden kann, wenn im Zeitpunkt der Tatbegehung bereits ein entsprechendes Strafgesetz existiert hat, kann im Umkehrschluss aus einer rÅckwirkend eingefÅhrten Norm keine Berichtigungspflicht entstehen, wenn im Falle des Verstoßes gegen diese Berichtigungspflicht ein Straftatbestand, konkret § 370 AO, verwirklicht werden wÅrde. Offenlegung der Tatsachenbasis bei Zugrundelegung einer von der Sichtweise der Finanzverwaltung abweichenden Rechtsauffassung: Die zahlreichen Rechtsunsicherheiten bei der Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG lassen erwarten, dass Steuerpflichtige und Finanzverwaltung in Bezug auf bestimmte Sachverhalte unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten (werden). FÅr diesen Fall wird in Bezug auf Anzeige- und Berichtigungspflichten neuerdings insbesondere aus strafrechtlicher Sicht zunehmend diskutiert,3 wie sich bei der Beurteilung der Unrichtigkeit/Unvollstndigkeit i.S.d. § 153 AO die Zugrundelegung bestimmter Rechtsauffassungen auswirkt. Im Ergebnis sollten jedenfalls vertretbare RechtsausfÅhrungen in einer Steuererklrung nicht zu einer Berichtigungspflicht fÅhren, soweit keine entscheidungserheblichen Tatsachen verschwiegen werden.4 Eine klare Grenzziehung zwischen dem Tatsachenvortrag einerseits, fÅr den der Steuerpflichtige die Verantwortung trgt, und der rechtlichen WÅrdigung andererseits, die der FinanzbehÇrde obliegt, ist gerade im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden, insbesondere da die Tatsachenbasis immer von der zugrunde gelegten Rechtslage mitbestimmt wird5 und diese hier maßgeblich von auslndische Rechtsvorschriften abhngt. Die fÅr die Offenlegungspflicht nach § 153 AO zu stellenden Anforderungen sollten mE unter RÅckgriff auf die von der BGH-Rechtsprechung zu § 370 AO entwickelten Grundstze, wonach eine weitgehende Pflicht zur Offenlegung der steuerlich relevanten Vorgnge angenommen wird,6 bemessen werden. 1 KrÇner/Momen/Boller, IStR 2013, 405 (409 f.). 2 Walter in Ernst&Young, § 14 KStG Rz. 969, Walter, IStR 2013, 535. 3 Vgl. Sontheimer, DStR 2014, 357; Steinhauff, AO-StB 2014, 113; Seer/Krumm, DStR 2013, 1757. 4 Vgl. Geuenich/Kiesel, BB 2012, 155 (160). 5 So auch Seer in Tipke/Kruse, § 153 AO Rz. 8 (Stand Juni 2012). 6 Vgl. BGH v. 10.11.1999 – 5 StR 221/99, NStZ 2000, 203 sowie BGH v. 8.9.2011 – 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160. Der BGH lsst insoweit fÅr die Annahme bedingten Vorsatzes zur BegrÅndung der Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung sogar in subjektiver Hinsicht das bloße FÅr-MÇglich-Halten der Existenz eines Steueranspruchs genÅgen, wenn die FinanzbehÇrden dabei Åber die tatschlichen Be-

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Im Ergebnis bedeutet dies, dass jedenfalls dann keine unrichtigen Angaben erfolgt sind, wenn der Steuerpflichtige eine ihm gÅnstige unzutreffende Rechtsansicht vertritt und dabei die steuerrechtlich erheblichen Tatsachen in der Weise richtig und vollstndig offenlegt, dass die FinanzbehÇrde in die Lage versetzt wird, die Steuer unter abweichender rechtlicher Beurteilung aus ihrer Sicht zutreffend festzusetzen.1 Entscheidend kommt es somit auf die lÅckenlose Darstellung derjenigen relevanten Tatsachen an, die unter Ermittlung des „typisierten Empfngerhorizonts der Finanzverwaltung“2 fÅr deren Beurteilung maßgeblich sind. Die endgÅltige Beurteilung der Rechtslage bleibt dann ggf. einem sich anschließenden Steuerstreit vorbehalten. FÅr den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG kommt derzeit erschwerend Folgendes hinzu: Mangels offizieller Verlautbarung der Finanzverwaltung steht der Steuerpflichtige vor dem Problem, wie die fÅr die Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG relevanten Sachverhaltselemente erkannt werden kÇnnen, hinsichtlich derer auf der Grundlage des „typisierten Empfngerhorizonts der Finanzverwaltung“ eine Offenlegungspflicht besteht.3 Aus VorsichtsgrÅnden empfiehlt sich daher im Zweifel, den gesamten potentiell relevanten Sachverhalt zB in einer Anlage offenzulegen, um grÇßtmÇgliche Transparenz zu schaffen.4 Allerdings dÅrfen mE die Anforderungen an den „typisierten Empfngerhorizont“ auch nicht Åberspannt werden, da ansonsten die Erklrungspflichten nicht mehr praktikabel erfÅllt werden kÇnnten. Es sollte daher genÅgen, wenn der Steuerpflichtige in einer Anlage zur Steuererklrung zu erkennen gibt, dass die Verlustabzugssperre in Bezug auf konkret bezeichnete negative EinkÅnfte nicht eingreift und dabei die Verhltnisse im Ausland dergestalt offenlegt, dass die Finanzverwaltung in die Lage versetzt wird, diese eigenstndig zu ÅberprÅfen.

28.46 nderung von Steuerbescheiden bei nderungen der VerlustberÅcksichtigung im Ausland: Zeitliche Verschiebungen der VerlustberÅcksichtigung im Ausland und im Inland (Rz. 28.28 f.; Rz. 28.30) mÅssen auch verfah-

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steuerungsgrundlagen in Unkenntnis gelassen werden, BGH v. 10.11.1999 – 5 StR 221/99, NStZ 2000, 203. Vgl. BGH v. 10.11.1999 – 5 StR 221/99, NStZ 2000, 203. So BGH v. 10.11.1999 – Az. 5 StR 221/99, NStZ 2000, 203. FÅr Zwecke des § 370 AO wird insoweit mit Blick auf das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG) geschlussfolgert, dass eine Offenbarungspflicht nur dann begrÅndet werden kÇnne, wenn die abweichende Rechtsansicht der Finanzverwaltung verÇffentlicht ist, vgl. Sontheimer, DStR 2014, 357 (360); Seer/Krumm, DStR 2013, 1814 (1815) beziehen insoweit nur Verwaltungsvorschriften bzw. Entscheidungen des BFH mit ein, die im BStBl. verÇffentlicht werden. Dies sollte mE auch fÅr § 153 AO gelten, kann aber im Einzelfall zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten fÅhren (etwa wenn ein zu einem Problemkreis verÇffentlichtes BMF-Schreiben einen bestimmten Sachverhalt nicht ausdrÅcklich erfasst, die AusfÅhrungen aber auf eine abweichende WÅrdigung schließen lassen). Ebenso allgemein auch Werder/Rudolf, BB 2015, 665 (669).

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rensrechtlich nachvollzogen werden. Insoweit wird im Schrifttum die Anwendung von § 175 AO diskutiert.1 Dazu ist zunchst festzuhalten, dass die Bestimmung des § 175 Abs. 2 S. 1 AO (Wegfall einer Voraussetzung fÅr eine SteuervergÅnstigung als rÅckwirkendes Ereignis) nicht einschlgig ist und daher allenfalls § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO in Betracht kommt. Die Anwendung erscheint jedenfalls im Ergebnis angezeigt, wenn eine zeitversetzte BerÅcksichtigung der Verluste im In- und Ausland vorliegt. Wenn zB eine VerlustberÅcksichtigung im Inland durch die Finanzverwaltung so lange versagt wird, bis fÅr die auslndische Besteuerung endgÅltig feststeht, dass die in Frage stehenden Verluste endgÅltig nicht mehr im Ausland berÅcksichtigt werden, nachdem sie sich auch dort zunchst nicht effektiv ausgewirkt haben (zB Entstehen eines Verlustvortrags ohne Minderung der Bemessungsgrundlage und dessen spterer Wegfall), sollten in einem spteren Veranlagungszeitraum fÅr die inlndische Besteuerung die entsprechenden Rechtsfolgen (keine Anwendbarkeit der inlndischen Verlustabzugssperre) gezogen werden kÇnnen und vor allem auch verfahrensrechtlich umsetzbar sein (rÅckwirkende nderung der entsprechenden Steuerbescheide unter BerÅcksichtigung der Verluste im Inland). Aus Sicht der Finanzverwaltung ist, soweit eine Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG in Betracht kommt, vor diesem Hintergrund an eine Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der NachprÅfung oder mit Vorlufigkeitsvermerk zu denken, da die endgÅltige Steuerfestsetzung erst dann erfolgen kann, wenn feststeht, ob sich der Verlust im Ausland tatschlich ausgewirkt hat.2 Rechtsbehelfseinlegung bei Versagung der VerlustberÅcksichtigung aufgrund der Verlustabzugssperre: Die Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG betrifft mit der Organschaft zusammenhngende Besteuerungsgrundlagen. FÅr diese ist verfahrensrechtlich nunmehr gem. § 14 Abs. 5 KStG die einheitliche und gesonderte Feststellung gegenÅber dem Organtrger und der Organgesellschaft vorgesehen (ausfÅhrlich Rz. 4.21 f. mwN). Besteht Streit Åber die Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG, ist der Bescheid Åber die einheitliche und gesonderte Feststellung i.S.v. § 14 Abs. 5 KStG anzufechten.3

1 Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (149); Goebel/Ungemach, NWB 2013, 595 (603); Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 266 (Stand Januar 2015); Schneider/ Schmitz, GmbHR 2013, 281 (283); von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, 1690 (1692); Wagner/Liekenbrok, Ubg 2013, 133 (138). 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 515 (127 Lfg. 1/2015). 3 Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 266 (Stand Januar 2015).

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F. Vereinbarkeit mit hÇherrangigem Recht und DBA-Grundstzen I. Unionsrecht 28.48 Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Philips Electronics: Europarechtlich begegnet die Neufassung erheblichen Bedenken im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Philips Electronics.1 Diese Entscheidung ist Åber eine Regelung im Rahmen der britischen Gruppenbesteuerung ergangen, deren Anwendungsvoraussetzungen deutliche Parallelen zur Neufassung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG aufweisen. Die Entscheidung hatte (vereinfacht) folgenden Sachverhalt zum Gegenstand: Im Rahmen der britischen Gruppenbesteuerung ermÇglicht der sog. group relief unter bestimmten Voraussetzungen eine VerlustÅbertragung innerhalb einer Unternehmensgruppe. Einbezogen in die bertragungsmÇglichkeit werden dabei auch Verluste einer britischen Betriebssttte, die von einer auslndischen (nicht britischen) Gesellschaft gehalten wird. Allerdings ist nach dem Regelungsregime eine VerlustÅbertragung dann ausgeschlossen, wenn der Verlust im selben oder einem anderen Rechnungsjahr bei der auslndischen Besteuerung von den Gewinnen der auslndischen Gesellschaft oder einer anderen Person abziehbar ist oder eine sonstige anderweitige MÇglichkeit der Gewinnverrechnung besteht.

28.49 Der EuGH sieht darin eine nicht gerechtfertigte Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) eines gebietsfremden Unternehmens, wenn ein Mitgliedsstaat in seinem nationalen Steuerrecht nachteilige Folgen an die steuerliche Behandlung eines Sachverhalts in einem anderen Mitgliedsstaat knÅpft. Der Urteilstenor lautet: „Art. 43 EG ist dahin auszulegen, dass es eine Beschrnkung der Freiheit eines gebietsfremden Unternehmens, sich in einem anderen Mitgliedsstaat niederzulassen, darstellt, wenn nationale Rechtsvorschriften die MÇglichkeit der bertragung von Verlusten, die eine in diesem Mitgliedstaat ansssige Betriebssttte einer gebietsfremden Gesellschaft im Wege des Konzernabzugs von der Voraussetzung abhngig machen, dass die Verluste nicht fÅr die Zwecke einer auslndischen Steuer verwendet werden kÇnnen, obwohl fÅr die bertragung von Verlusten, die eine gebietsansssige Gesellschaft in diesem Mitgliedstaat erlitten hat, keine entsprechende Voraussetzung gilt.“2 1 EuGH v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11 – The Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs/Philips Electronics UK Ltd, IStR 2012, 847 = ISR 2012, 101 m. Anm. Pohl. Zum unionsrechtlichen Einfluss auf die Organschaft s. ausfÅhrlich Lausterer/Hulde, Kapitel 5. 2 Das Urteil steht damit im Einklang zu der Entscheidung in der Rs. Krankenheim Ruhesitz Wannsee, EuGH v. 23.10.2008 – Rs. C-157/07, GmbHR 2008, 1285 = IStR 2008, 769, in welcher der EuGH ebenfalls judiziert hat, dass ein Mit-

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Sachliche RechtfertigungsgrÅnde fÅr diese Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit hat der EuGH nicht erkannt. Weder die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungshoheit zwischen den Mitgliedsstaaten konnte nach Ansicht des EuGH als sachliche Rechtfertigung angefÅhrt werden, da die Besteuerungshoheit Großbritanniens nicht durch eine VerlustberÅcksichtigung in einem anderen Mitgliedsstaat in Frage gestellt wird (fÅr die Betriebssttte steht Großbritannien das Besteuerungsrecht zu), noch stehe es einem Mitgliedsstaat offen, sich allein auf die Gefahr doppelter Verlustnutzung als Rechtfertigungsgrund zu berufen.1 Einem Mitgliedsstaat ist es danach nicht erlaubt, die BerÅcksichtigung eines in seinem Hoheitsgebiet entstandenen Verlustes mit der BegrÅndung einzuschrnken, dieser werde auch in einem anderen Mitgliedsstaat berÅcksichtigt. Dass die Gesellschaften Beteiligte einer Gruppenbesteuerung waren, hat der EuGH in der PrÅfung der mÇglichen RechtfertigungsgrÅnde nicht nher berÅcksichtigt. Leitgedanke bei der RechtfertigungsprÅfung ist insbesondere die berlegung, dass mit einem bestehenden Besteuerungsrecht eines Mitgliedsstaates auch die Verpflichtung zur VerlustberÅcksichtigung korrespondiert und diese nicht von Merkmalen der Besteuerung in einem anderen auslndischen Staat abhngig gemacht werden kann. Schlussfolgerungen fÅr die deutsche Regelung: Im Schrifttum wird die Europarechtswidrigkeit der Neufassung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG zu Recht in Anlehnung an die Entscheidung in der Rechtssache Philips Electronics fast einhellig bejaht.2 Zwischen der durch den EuGH verworfenen Bestimmung des britischen group relief und der deutschen Neuregelung bestehen mE keine wesentlichen sachlichen Unterschiede, so dass die Grundstze der EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Philips Electronics auf die deutsche Verlustabzugssperre Åbertragbar sind. Ein auslndischer Gesellschafter eines inlndischen Organtrgers sollte sich im Hinblick auf die Verlustabzugssperre auf die Niederlassungsfreiheit berufen kÇnnen, wenn negative InlandseinkÅnfte von Organkreisgesellschaften in Deutschland deswegen nicht verrechnet/vorgetragen werden kÇnnen, weil an auslndische Rechtsvorschriften im Ansssigkeitsstaat des auslndischen Gesellschafters angeknÅpft wird, welche die Verrechnung mit anderen EinkÅnften dieses Gesellschafters (oder ggf. anderer Gruppengliedsstaat nicht verpflichtet sein kann, die eventuell ungÅnstigen Auswirkungen der Besonderheiten einer Regelung eines anderen Staates zu berÅcksichtigen und seine Steuervorschriften auf diejenigen eines anderen Mitgliedsstaates abzustimmen. 1 EuGH v. 6.9.2012 – Rs. C-18/11, IStR 2012, 847 = ISR 2012, 101 m. Anm. Pohl, Rz. 31-33. 2 Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (612); Scheipers/Linn, IStR 2013, 139 (142); von Freeden/Liekenbrock, DB 2013, 1690 (1695); Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, 281 (287); ThÇmmes, JbFfSt 2014/2015, 40 (44 f.). Im Ergebnis auch Gosch, IWB 2012, 694 (696). Anders Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 515 (127. Lfg. 1/2015), der das Urteil als nicht auf die deutsche Regelung Åbertragbar ansieht, aber eine nicht gerechtfertigte Beeintrchtigung der Niederlassungsfreiheit annimmt.

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gesellschaften) ermÇglichen. Vergleichsmaßstab fÅr die Frage der Diskriminierung wre hierbei die rein nationale Konstellation eines deutschen inlndischen Gesellschafters des Organtrgers. Auf diesen findet § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG keine Anwendung, da eine BerÅcksichtigung der negativen EinkÅnfte hier nicht vorliegt. Wenn der EuGH die AnknÅpfung der inlndischen VerlustverrechnungsmÇglichkeit an die Verhltnisse der Regelungen in einem anderen Mitgliedsstaat jedenfalls dann als Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit ansieht, wenn eine solche AnknÅpfung im reinen Inlandsfall nicht besteht, greift diese berlegung auch hier. RechtfertigungsgrÅnde sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse insoweit keine Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen. Es liegt außerhalb des Verantwortungsbereichs Deutschlands, bei grenzÅberschreitenden Sachverhalten einen „Einmalabzug“ sicherzustellen, wenn dadurch das inlndische Besteuerungssubstrat nicht berÅhrt wird.

28.51 Daher ist die Neuregelung als europarechtswidrig anzusehen. Der Gesetzgeber hat die Problematik erkannt,1 aber nicht gelÇst, indem er die ursprÅnglich vorgesehene Beschrnkung der Neuregelung auf Verluste, die in Drittstaaten (nicht EU- oder EWR-Staaten) berÅcksichtigt werden, verworfen hat. Letztlich hat der Gesetzgeber sehenden Auges und unverstndlicherweise eine nicht unionsrechtskonforme Regelung geschaffen.

II. Verfassungsrecht 28.52 Verstoß gegen Leistungsfhigkeitsprinzip: Das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfhigkeit wird durch die Regelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG nicht vollumfnglich eingehalten. Vielmehr wird eine ungerechtfertigte bermaß- bzw. Doppelbesteuerung bewirkt, da durch diese Norm im Einzelfall die Gefahr besteht, dass Gewinne sich in zwei Staaten steuererhÇhend auswirken, Verluste aber aufgrund des Verbots des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG nur einmal steuermindernde Wirkung entfalten.2 Diese Situation wird noch dadurch verschrft, dass ein Verlustvortrag zur Verrechnung mit kÅnftigen Gewinnen hingegen nicht geregelt wurde, so dass in der Folge von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG ausgeschlossene Verluste auch zukÅnftig vollstndig unberÅcksichtigt bleiben.3 Die Verlustabzugssperre erfasst lediglich doppelt berÅcksichtigte negative EinkÅnfte, sieht jedoch keine Verhinderung ei1 Vgl. die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses BT-Drucks. 17/11180, 15, welche die Einschrnkung des Anwendungsbereichs auf Verluste, die in Drittstaaten (nicht EU oder EWR-Staaten) berÅcksichtigt werden, vorsah, aber im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens nach Anrufung des Vermittlungsausschusses (BT-Drucks. 17/11841) wieder verworfen wurde. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 510 (127 Lfg. 1/2015). 3 Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143 (151); Lohmar in Lademann, § 14 KStG Rz. 413; Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (613); Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 963.

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ner doppelten BerÅcksichtigung positiver EinkÅnfte in zwei verschiedenen Staaten vor. Steuerliche Verluste werden hinsichtlich der DoppelberÅcksichtigung gegenÅber steuerlichen Gewinnen mithin diskriminiert, ohne dass dafÅr eine systematische Rechtfertigung besteht. Konsequent wre es, zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen bei steuererhÇhender Auswirkung von Gewinnen in zwei Staaten auch die steuermindernde Wirkung von Verlusten in diesen Staaten anzuerkennen. Eine andere Behandlung verstÇßt gegen das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfhigkeit. Sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen: § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG bewirkt zudem in mehrfacher Hinsicht sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen von Organschaften gegenÅber anderen Unternehmen (Rz. 4.21 f. mwN). Die Gefahr des doppelten Verlustabzuges im In- und Ausland besteht nicht nur im Fall von Organschaften, sondern auch bei nicht organschaftlich verbundenen Unternehmen, ohne dass der Gesetzgeber eine entsprechend einschrnkende Regelung vorgesehen htte.1 Ein rechtfertigender Grund fÅr diese unterschiedliche Behandlung gleichgelagerter Flle ist hingegen nicht ersichtlich, vielmehr bekommt die Norm den Charakter einer „Strafregelung“ fÅr Organschaften.2 Insbesondere kann als Rechtfertigung nicht das Argument der Missbrauchsvermeidung fruchtbar gemacht werden, da ein solch pauschaler Missbrauchsverdacht gerade nicht vorliegt. Denn eine Beschrnkung der Norm auf „passive“ EinkÅnfte ist nicht gegeben.3 Die Entscheidung Åber den Umfang der VerlustberÅcksichtigung im Rahmen des nationalen Steuerrechts liegt bei dem auslndischen Staat, nicht bei dem Steuerpflichtigen. Ein Missbrauch ist damit bereits ausgeschlossen.4 Zudem ist es nicht Aufgabe des deutschen Gesetzgebers, die BerÅcksichtigung von Verlusten in fremden Rechtsordnungen zu regeln oder sanktionieren.5

28.53

Wenn – wie oben dargelegt – § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG auch bei Anrechnungsbetriebssttten eingreifen sollte, bestehen im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtliche Bedenken, da eine sachliche Rechtfertigung fÅr den Ausschluss der sonst nach allgemeinen Grundstzen im Vergleichsfall mit der Situation der Verlustnutzung in einer Konstellation ohne Organschaft bestehenden Verlustnutzung nicht ersichtlich ist. Es ist verfassungsrechtlich daher zu beanstanden, dass hier der Ausschluss der Verlustnutzung nur in Organschaftskonstellationen besteht.6

28.54

Sonstige verfassungsrechtliche Bedenken: Auch das Gebot der Folgerichtigkeit wird durch die Vorschrift und die daraus resultierende Beschrn-

28.55

1 Siehe dazu Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 529a (127 Lfg. 1/2015) mit Beispielen. 2 Schneider/Schmitz, GmbHR, 2013, 281 (287). 3 Lohmar in Lademann, § 14 KStG Rz. 414. 4 Frotscher in Frotscher/Maas, § 14 KStG Rz. 532 (127 Lfg. 1/2015). 5 Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (612). 6 Schneider/Schmitz, GmbHR 2013, 281 (286).

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kung bei der Verlustverrechnung verletzt. Denn dem Institut der Organschaft ist die erweiterte MÇglichkeit zur Verlustnutzung immanent, die dem Steuerpflichtigen ermÇglicht, EinkÅnfte verschiedener Gesellschaften zu verrechnen und damit auch Verluste steuerlich effektiver nutzen zu kÇnnen.1 Diese Wesensimmanenz ohne Rechtfertigung einzuschrnken ist kaum nachvollziehbar und mithin verfassungsrechtlich zu beanstanden. Ferner wird gegen den verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgrundsatz2 verstoßen. Dieser besagt, dass eine Eingriffsnorm so ausgestaltet sein muss, dass die Eingriffe messbar und fÅr den Steuerpflichtigen in einem bestimmten Umfang vorhersehbar und berechenbar sind. Dem Bestimmtheitsgebot ist dann nicht genÅge getan, wenn offene Tatbestandsmerkmale eine rechtssichere Auslegung nicht zulassen, dh. deren Inhalt nicht nur unbestimmt, sondern unbestimmbar ist. Die durch die Neufassung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG verursachten Rechtsunsicherheiten sind mE teilweise so weitgehend, dass die Reichweite der Norm und deren Anwendungsflle praktisch kaum bestimmbar sind und daher dem Bestimmtheitsgebot nicht genÅgen dÅrften.3 Die Norm gibt ohne hinreichende Konkretisierung ihrer Tatbestandsmerkmale eine Rechtsfolge an, deren tatbestandliche Voraussetzungen „gleich einem Ratespiel fÅr den Gesetzesanwender“4 allenfalls mittelbar aus dem gesetzessystematischen Zusammenhang oder dem ebenfalls unvollkommen zum Ausdruck gelangten Willen des historischen Gesetzgebers abgeleitet werden kÇnnen.

III. DBA 28.56 Unzulssiger Treaty Override? § 14 Abs. 1 S. 1. Nr. 5 KStG kann ggf. auch zur berschreibung von Abkommensgrundstzen fÅhren und damit als Treaty Override qualifizieren. Die Vorschrift bestimmt nicht ausdrÅcklich, dass das Abzugsverbot ungeachtet der Bestimmungen des Abkommens anzuwenden ist. Sie kann jedoch in Widerspruch zu abkommensrechtlichen Vorschriften stehende Besteuerungsfolgen bewirken. Dies kÇnnte zB der Fall sein, wenn – wie oben erlutert (s. Beispiel Rz. 28.34) – die Verlustabzugsbeschrnkung zur NichtberÅcksichtigung der in einer Anrechnungsbetriebssttte entstandenen Verluste fÅhrt. Im Schrifttum herrscht seit lngerer Zeit eine lebhafte Diskussion, ob die unilaterale Verletzung von vÇlkerrechtlichen Vertrgen mit der verfassungsmßigen Ordnung in Einklang zu bringen ist.5 Der BFH hat – unter ausdrÅcklicher 1 Schneider/Schmitz, GmbHR, 2013, 281 (287). 2 Zum Bestimmtheitsgebot s. Hey in Tipke/Lang22, § 4 Rz. 243 mwN. 3 Zur Kritik hinsichtlich der Altfassung im Lichte des Bestimmtheitsgebots s. Meilicke, DB 2002, 911. Zur Neuregelung im Ergebnis ebenso Ritzer/Aichberger, Der Konzern 2013, 602 (613). 4 So treffend Kolbe in HHR, § 14 KStG Anm. 260 (Stand Januar 2015). 5 Siehe dazu die umfassenden Nachweise im Vorlagebeschluss des BFH v. 10.1.2012 – I R 66/09, FR 2012, 819 zu § 50d Abs. 8 EStG.

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F. Vereinbarkeit mit hÇherrangigem Recht und DBA-Grundstzen

Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung1 – dem BVerfG mehrere Bestimmungen, die als Treaty Override qualifizieren, zur Entscheidung Åber die Verfassungsmßigkeit vorgelegt.2 Damit wird das Treaty Overriding grundstzlich auf den verfassungsrechtlichen PrÅfstand gestellt. Der vorlegende Senat fÅhrt zur BegrÅndung der Vorlage unter Bezugnahme auf jÅngere Rechtsprechung des BVerfG3 aus, dass der Gesetzgeber mit der berschreibung bilateraler Vereinbarungen nicht nur dem Vorwurf eines Verstoßes gegen VÇlkerrecht ausgesetzt sei, sondern grundstzlich gegen Verfassungsrecht verstÇßt, wenn eine vÇlkerrechtlich vereinbarte Verpflichtung nicht eingehalten wird und nicht besondere RechtfertigungsgrÅnde hierfÅr vorliegen. Diesen Befund stÅtzt der BFH im Wesentlichen auf den Gedanken des Vorrangs der prinzipiellen VÇlkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes. Nur in Ausnahmefllen kÇnne ein Bruch des VÇlkervertragsrechts innerstaatliche Bindung erlangen, wenn nur auf diese Weise VerstÇßen gegen tragende Verfassungsgrundstze begegnet werden kÇnne (Erforderlichkeitsgrundsatz). Das Ergebnis der weiteren Rechtsentwicklung bleibt abzuwarten. Die uneingeschrnkte Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG fÅhrt jedenfalls zu einem Verstoß gegen DBA, die jeweils die Besteuerung einer auslndischen Betriebssttte im Inland unter der Anrechnungsmethode vorsehen. RechtfertigungsgrÅnde, die der BFH in seinen VorlagebeschlÅssen unter Erforderlichkeitsgesichtspunkten in Erwgung gezogen hat (zB schnelles Handeln im Falle eines besonderen Missstandes oder kurzfristig zutage tretende Steuerausflle), sollten in Bezug auf die Verlustabzugssperre nicht greifen. Daher sollten Fallgestaltungen, in denen die Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG einer DBA-Bestimmung zuwiderluft, unter diesem Gesichtspunkt im Auge behalten und mit entsprechender BegrÅndung offen gehalten werden.

1 Nach bisheriger Spruchpraxis sah der BFH das Treaty Overriding nicht als verfassungsrelevanten Vorgang an, vgl. bspw. BFH v. 13.7.1994 – I R 120/93, FR 1994, 829. 2 BFH, Beschl. v. 10.1.2012 – I R 66/09, FR 2012, 819, zu § 50d Abs. 8 EStG; v. 11.12.2013 – I R 4/13, IStR 2014, 217 = GmbHR 2014, 323 = ISR 2014, 94 m. Anm. Hagemann/Kahlenberg, zu § 50d Abs. 10 EStG, sowie bereits angedeutet im Rahmen summarischer PrÅfung im AdV-Beschluss BFH v. 19.5.2010 – I B 191/09, FR 2010, 999, zu § 50d Abs. 9 EStG, vgl. zur aktuellen Diskussion der Treaty Override Problematik Gosch, BFH/PR 2014, 176; BFH/PR 2015, 94; IStR 2014, 698; Ismer/Baur, IStR 2014, 421; Jochimsen/Gradl, IStR 2015, 236; Lehner, IStR 2014, 189; Mitschke, FR 2015, 467. 3 BVerfG, BeschlÅsse v. 14.10.2004 –2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307 – GÇrgÅlÅ, sowie BVerfG v. 26.10.2004 – 2 BvR 955/00, 2 BvR 1038/01, BVErfGE 112, 1 – AlteigentÅmer.

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G. Fazit und Ausblick 28.58 Der Gesetzgeber hat mit der Erweiterung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG eine bereits in der Altfassung unvollkommene Norm noch einmal verschrft und dabei sehenden Auges bekannte, im Gesetzgebungsverfahren diskutierte „WarnschÅsse“ ignoriert. Der jetzige Gesetzeswortlaut fÅhrt in der Praxis zu Åberschießenden Auswirkungen. Der Neufassung haftet nicht nur der evidente Makel der Europarechtswidrigkeit an, sondern in zeitlicher und sachlicher Hinsicht begegnet die Vorschrift auch begrÅndeten verfassungsrechtlichen Bedenken. Selbst eine Anwendung „mit Augenmaß“ durch die Finanzverwaltung kann die gesetzgeberische Fehlleistung nicht beheben. Will man die Vorschrift gleichwohl wortlautgetreu ohne Einschrnkungen anwenden, zeichnet sich aus Sicht der Steuerpflichtigen bereits jetzt eine breite FÅlle von Argumenten zur Verteidigung gegen die Åberschießenden Rechtsfolgen ab. Die zahlreichen offenen Anwendungsfragen betreffen zwar in erster Linie die Steuerpflichtigen selbst, allerdings besteht auch auf Seiten der zum Testat von JahresabschlÅssen berufenen WirtschaftsprÅfer im Hinblick auf das Erfordernis der Bildung von SteuerrÅckstellungen eine starke Verunsicherung.1 Die Finanzgerichtsbarkeit dÅrfte – sofern es zum Schwur kommt – alsbald mit Praxisfllen konfrontiert werden. Besondere Bedeutung kommt dabei der profunden Kenntnis auslndischer Rechtsvorschriften zu – verlsslicher Rechtsrat hierzu ist aus Sicht des Steuerpflichtigen daher unabdingbar, da dieser hier gezwungenermaßen in eine „Vorleistungspflicht“ gegenÅber der Finanzverwaltung treten muss, um mÇgliche Nachteile zu vermeiden.

H. Checkliste: Problemkreise der Verlustabzugssperre in der Beratungspraxis 28.59 Aus der Vielzahl der dargestellten Einzelprobleme bei der Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG sollten fÅr die praktische Handhabung insbesondere folgende Punkte besonders beachtet werden: – Sicherstellung der Einholung verlsslichen Rechtsrats im Hinblick auf die BerÅcksichtigung von negativen EinkÅnften bei der Besteuerung im Ausland nach Maßgabe der dort anwendbaren Vorschriften. – Laufende berprÅfung der Auswirkung von inlndischen Verlusten bei der auslndischen Besteuerung und Offenlegung der maßgeblichen tatschlichen Umstnde und Besteuerungsvorschriften zur ErfÅllung erhÇhter Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten.

1 IDW, Schreiben an das BMF v. 5.3.2014, abrufbar unter http://www.idw.de/idw/ portal/d637626.

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H. Checkliste: Problemkreise der Verlustabzugssperre in der Beratungspraxis

– Erforderlichenfalls Bildung von RÅckstellungen bei unsicherer Rechtslage, wenn mit einer Versagung der im Inland beanspruchten Verlustnutzung durch die Finanzverwaltung zu rechnen ist. – Aus VorsichtsgrÅnden Offenlegung einer gegenÅber der Finanzverwaltungsmeinung (potenziell) abweichenden Rechtsansicht in Bezug auf die Anwendung von § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG bei der Abgabe von Steuererklrungen. – berprÅfung bestehender Akquisitionsstrukturen unter Einschaltung einer Personengesellschaft als Organtrger im Verhltnis zur Zielgesellschaft. – Offenhalten laufender Verfahren im Hinblick auf die fragliche Vereinbarkeit mit hÇherrangigem Recht. – BeendigungsmÇglichkeiten von Organschaften in Erwgung ziehen, soweit Anwendung der Verlustabzugssperre zu erheblichen steuerlichen Nachteilen fÅhrt, die kurzfristig nicht hinnehmbar erscheinen.

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Stichwortverzeichnis A OY, Urteil des Europischen Gerichtshofs (EuGH) 5.52 f. Abfrbe- und Infektionstheorie 8.32 – Rechtsprechung 16.20, 16.35 Abfrbung, gewerbliche gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG 6.7 Abfindung – gemß § 305 AktG 2.38 f.; 26.11 – gemß §§ 304, 305 AktG, s.a. angemessener Ausgleich Abfindungsanspruch, außenstehender Aktionre 2.92 ff. AbfÅhrungssperre – nach § 301 AktG fÅr Organgesellschaften 7.34 – nach § 301 AktG iV. § 268 Abs. 8 HGB 1.43 AbfÅhrungsverbot, gemß § 324 Abs. 2 Satz 1 AktG 18.30 Abgeltungsteuer, Ausgleichszahlung an außenstehenden Gesellschafter 15.47 Abhngige juristische Person 23.19 Abhngigkeitsbericht 2.19, 2.106; 10.32 – Befreiung 2.19 Abschlussarbeiten, Beendigung 13.35 AbschlussprÅfer 13.37, 13.40 Absonderungsberechtigter Glubiger 24.3 Abspaltung 20.29 – der Beteiligung an einer Organgesellschaft 20.49 – Organgesellschaft 20.53 – Organtrger 20.49 Abspaltungsvertrag 23.8 Abstockung, der Organbeteiligung 14.43 Abwrtsverschmelzung – einer Organgesellschaft 20.46, 20.80 – eines Organtrgers 20.40 Abweichendes Wirtschaftsjahr, zwischen Organtrger und Organgesellschaft 1.38 f. Abzugsfhigkeit der Gewerbesteuer, als Betriebsausgabe 16.12 Abzugsverbot 13.81 Additionsmethode 7.19; 12.36 AdV-Beschluss, des V. Senats des BFH vom 19.03.2014 24.13, 24.28, 24.32 Aktienrechtlicher Minderheitenschutz 1.43

Aktive latente Steuer 10.33 All-in-all-out-Prinzip 10.29 Allphasenbruttoumsatzsteuer 1.57 – s.a. Bruttoallphasenumsatzsteuer Allphasennettoumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug 1.57 Alternativstruktur, zur Organschaft 1.68 ff. Altvertrag 7.20 f. Amendement Carrez 9.37 f. Amendement Charasse 9.36 Amthilferichtlinie-Umsetzungsgesetz 23.1, 23.6 Amtshilfe-Richtlinie 5.8 Andere Besteuerungsgrundlagen 4.27 Anfechtung – Beschluss Åber Verwendung des Bilanzgewinns (§ 254 Abs. 1 AktG) 2.13 – des zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses 2.71 – Ergebnisverwendungsbeschluss 2.15 – nach §§ 129 ff. InsO 24.63 Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage 2.70 Anfechtungs- und Nichtigkeitsverfahren 2.72 Angemessener Ausgleich, gemß § 304 AktG 26.11 Angestelltentheorie 1.20 Anlage MO 7.4; 13.83 Anlage ORG 7.4 Anrechnung der Gewerbesteuer – Anrechnungspotential 16.71 f. – AnrechnungsÅberhang 16.71 f. – auf die Einkommensteuer gemß § 35 EStG 16.70 ff. – bei mehrstÇckigen Mitunternehmerschaften 16.74 f. – berkompensation 16.71 f. – Unterkompensation 16.72 Anrechnungsbetriebssttte 14.14; 28.36 f., 28.54 Anrechnungsverfahren 15.2 – Abschaffung 1.5, 1.23; 15.3 – zur Vermeidung der Doppelbesteuerung 8.53 Anschluss-Organschaft, nach Anteilserwerb 12.66; 20.22 AnschlussprÅfung, nach § 4 Abs. 2 BetriebsprÅfungsordnung (BpO) 7.5

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Stichwortverzeichnis Anspruch – auf Sicherheitsleistung bei Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags 2.147 ff. – auf Steueranrechnung 16.64 ff. Anteilige Verußerung, der Organbeteiligung 11.39; 14.42 Anteilstausch 6.15; 12.63; 20.39, 20.51 AnteilsÅbertragungsanspruch, schuldrechtlicher 12.28 ff. Anteilsvereinigung – gemß § 1 Abs. 3 GrEStG 1.14; 23.7 – im Organkreis 23.23 ff. – mittelbare 23.31, 23.35 Anti-Debt Push Down-Regel 9.37 Anti-RETT-Blocker-Regelung, gemß § 1 Abs. 3a GrEStG 23.1 Anti-Treaty-Regelung 8.40 Anwachsung 20.31 – auf eine Organgesellschaft 20.91 – einer Organtrger-Personengesellschaft 20.62 Anzurechnende Steuer 4.31 ArbeitnehmerfreizÅgigkeit 5.14 Asset Deal 1.19 Atypisch stille Beteiligung – am Organtrger 3.13; 20.96 – an einer Organgesellschaft 3.23; 6.57; 20.98 Atypisch stille Gesellschaft 16.25 – als Organtrger 3.12 ff. Aufkommensvorbehalt, gemß § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Satz 7 KStG 27.24 AuflÇsung – der Organgesellschaft 11.43, 11.53; 14.49 – des Organtrgers 11.43 Aufrechnung 13.6 Aufspaltung 20.29 – einer Organgesellschaft 20.53 – eines Organtrgers 20.49 Aufstockung – der Organbeteiligung 14.59 – s.a. Abstockung der Organbeteiligung Aufteilung anrechenbarer Steuerabzugsbetrge 16.66 f. Aufteilung der Besteuerungsbefugnis, zwischen den Mitgliedsstaaten 22.74 Aufwrtskonsolidierung 12.14 Aufwrtsverschmelzung 20.28 – einer Organgesellschaft 20.45, 20.80 – eines Organtrgers 20.39 Aufwendung, auf Beteiligung an einer Organgesellschaft 13.113

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Ausfallhaftung, der Organgesellschaft (§ 73 AO) 1.60, 1.63 Ausgleichsanspruch – außenstehender Aktionre 2.33 ff., 2.88 ff. – Nießbrauch 15.49 Ausgleichsposten – aktiver 1.8; 6.77; 7.41, 7.46; 20.66 – aktiver gem. § 14 Abs. 4 KStG 14.5, 14.38; 20.21 – als Korrekturposten zum Beteiligungsbuchwert 20.68, 20.84 – AuflÇsung 20.67 ff. – AuflÇsung bei Umwandlung 20.69 – AuflÇsung, einkommensneutral 14.56 – AuflÇsung, einkommenswirksame 14.39 ff., 14.52 ff. – AuflÇsung, erfolgsneutrale 20.67 – AuflÇsung, gewinnwirksame (verußerungsbedingte) 20.67 – AuflÇsungsgrÅnde 20.67 – Begriff 20.65 – Behandlung bei Verußerung von Anteilen an einer Organgesellschaft 20.21 – bei organschaftlich verusachten Mehroder MinderabfÅhrungen 8.47 f. – einkommensneutrale Bildung 14.34 – einkommensneutrale Bildung (in der Steuerbilanz des Orantrgers) 14.68 – nicht erforderliche AuflÇsung (nach Verwaltungsauffassung) 20.70 – passiver 1.8; 6.75 ff.; 20.66 – passiver gem. § 14 Abs. 4 S.1 KStG 7.37; 14.5, 14.30 ff.; 20.21 – Rechtsnatur 14.58 – Saldierung 14.33, 14.36 – steuerliche Bilanzierungshilfe (nach Auffassung des BFH) 14.58, 14.61; 20.84 – Teilwertabschreibung 14.62 – Zeitpunkt der Bildung 14.32 – Zweck 20.66 Ausgleichszahlung – nderung der HÇhe 15.43 – an Minderheitsgesellschafter/außenstehende Gesellschafter 1.8; 7.38; 15.1 ff., 15.10 – Bemessung 15.17 ff. – Bruttoausgleich 15.19 – fixe 15.18 ff. – FÅnfjahresfrist nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG 15.43 – gemß §§ 304, 305 AktG 1.43 – Gewerbesteuer 15.59

Stichwortverzeichnis – HÇhe 15.43 – Kapitalertragsteuer 15.56 ff. – nicht abziehbare Betriebsausgabe 15.46 – Nullausgleich 15.20 – Passivierung 15.46 – Solidarittszuschlag 15.60 – Sonderregelung gemß § 16 KStG 1.6 – steuerfreie Einnahmen 15.51 – steuerliches Einlagenkonto 15.52 f. – steuerrechtliche Behandlung 15.28 ff. – ÅberhÇhte 15.61 – variable 15.21 – verdeckte Einlagen/verdeckte GewinnausschÅttungen 15.61 ff. – verfassungsrechtlich geboten (Art. 14 GG) 15.5 – Verlustausgleich innerhalb des Organkreises 15.45 – Verrechnung mit dem steuerlichen Einlagenkonto 15.55 – Versteuerung beim außenstehenden Gesellschafter 15.47 f. – Versteuerung durch die Organgesellschaft 15.44 ff. – Verwendungsreihenfolge 15.52 ff. – vororganschaftliche Verluste 15.50 – Zeitpunkt des Abflusses 15.45 Ausgliederung 20.29, 20.80 – durch einen Organtrger 20.49 – Teilbetrieb 20.38, 20.55 – von VermÇgen einer Organgesellschaft 20.53 Auskunft, verbindliche 4.16 Auslndische Hinzurechnungsbesteuerung, und Verlustabzugssperre 28.25 Auslndische Organgesellschaft 3.19 Auslndischer Organtrger 13.7 AuslandsÇffnung, ertragsteuerlicher Organschaftsregelungen 1.72 Ausschluss des Bezugsrechts 2.53 AusschÅttung, an die Organgesellschaft von außerhalb des Organkreises 7.49 f. AusschÅttungssperre 7.34 – gemß § 268 Abs. 8 HGB 18.31 AußenprÅfung 4.18 Außenstehender Aktionr/Gesellschafter 15.13 ff. Außenwirkung – der Gesellschafterversammlung zum GewinnabfÅhrungsvertrag 2.59 – der Hauptversammlungszustimmung zum GewinnabfÅhrungsvertrag 2.49

Authorized OECD Approach (AOA) 27.45 Back-to-Back-Finanzierung 9.106, 9.108 Barabfindung 2.38, 2.95 Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) 9.11, 9.33, 9.64; 28.4 Beanstandung, in der Vor-BetriebsprÅfung 7.35 f. Beherrschung 23.13 Beherrschungsvertrag 1.7; 2.17 – unternehmensrechtlicher, § 291 Abs.1 AktG 1.12 Beitreibungs-Richtlinie 5.8 Beitritt eines außenstehendes Gesellschafter, steuerrechtlich wichtiger Grund fÅr Beendigung des GAV 11.41 Bekanntgabe, einheitlicher Feststellungsbescheid 4.45 f. Bekanntgabeerleichterung, nach § 183 AO 4.46 Belastungsmethode, Berechungsmethode Steuerumlage 10.38 ff. Belegenheitsprinzip 5.55 Berichtigungspflicht 4.42 Beschlusskontrolle, materielle 2.52 Beschrnkte Steuerpflicht 27.9 Besitzpersonengesellschaft 16.24 Besitzunternehmen 6.7 Besttigungsvermerk – eingeschrnkter 13.38 – uneingeschrnkter 13.37 – uneingeschrnkter zu einem Konzernabschluss 13.39 – Versagung 13.37 Besteuerung, rechtsformabhngige 4.2 Besteuerung thesaurierter Gewinne, nach § 34 a EStG 16.2 Besteuerungsgrundlagen, andere 4.27 Besteuerungsrecht des Ansssigkeitsstaates 17.22 Besteuerungsrecht des Betriebsstttenstaates 5.51; 17.22 Bestimmheitsgrundsatz 28.55 Beteiligung – Anschaffungskosten 13.66 – mittelbare 7.19; 27.66 f. Beteiligungsaufwand – auf Ebene der Organgesellschaft 8.16 – auf Ebene des Organtrgers 8.15 Beteiligungsertrag 21.5 Beteiligungserwerb, unterjhriger 20.3 Beteiligungsfreistellung 5.59 Beteiligungskette 22.66 f.

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Stichwortverzeichnis Beteiligungskorrekturgewinn 20.82 Betrieb – Begriff im Sinne der Zinsschranke 19.3 – einer Mitunternehmerschaft 19.3 – einer Personengesellschaft 19.3 – einer Kapitalgesellschaft 19.3 – eines Einzelunternehmers 19.3 Betrieb gewerblicher Art (BgA) 3.8; 6.10; 21.1 f. – s.a. dauerdefizitrer Betrieb gewerblicher Art (BgA) – dauerdefizitrer 6.10; 21.5 – strukturell dauerdefizitr 21.8 – Zusammenfassung 21.2 Betriebsaufgabe 14.41 Betriebsaufspaltung 6.7; 16.34 ff.; 21.13, 21.33; 23.22 – in Besitz-Personengesellschaft und Betriebs-Kapitalgesellschaft 16.116 Betriebsausgabenkonsolidierung 9.7 Betriebseinnahmenkonsolidierung 9.7 Betriebsfiktion 9.10; 19.31 BetriebsprÅfung 7.5 – Ausgleichszahlung an außenstehende Gesellschafter 7.38 – Beanstandung 7.35 f. – Checkliste 7.7 BetriebsprÅfungsordnung (BpO) 7.5 f. Betriebssttte – abkommensrechtliche 27.57 f. – Begriff 16.55 – Begriff gemß § 12 AO 27.28 – Begriff gemß Art. 5 Abs. 1 OECD-MA 27.31 f. – inlndische 3.16 f.; 12.40; 13.88; 16.53 f., 16.58 ff.; 17.7 f. – Organbeteiligung, funktionaler Zusammenhang 17.16 – Organgesellschaft 4.56 – Selbstndigkeitsfiktion 27.54 Betriebssttten-Erlass von 1999 27.39 Betriebsstttenbegriff – DBA-rechtlicher 17.11 – nationaler (§ 12 AO) 17.11, 17.20 Betriebsstttenbezogenheit, Kleine Organschaftsreform 25.12 f. Betriebsstttenfiktion 4.56; 7.4 – des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 20.98 Betriebsstttengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) 27.40 – Zuordnungsgrundstze 27.45 ff. Betriebsstttenkonzept, gewerbesteuerliche Organschaft 1.36, 1.40 ff.

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Betriebsstttenkriterium, Neuerung fÅr den Organtrger gemß § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1.49 Betriebsstttenstaat 27.35 Betriebsstttenvorbehalt, gemß Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 4, Art. 12 Abs. 3 OECD-MA 27.35 Betriebsstttenzurechnung 3.2, 3.16 f.; 11.8 BetriebsvermÇgen – gewillkÅrtes 21.7, 21.9 – notwendiges 21.13 BetriebsvermÇgenszufÅhrung, bei verunglÅckter Organschaft 18.13 Bezugsrecht, Ausschluss 2.53 BFH-Entscheidungen zur grenzÅberschreitenden Organschaft 25.9 Bilanzansatz – AbfÅhrungsverpflichtung 13.52 – Beanstandung 13.43 ff. – fehlerhafter 13.13, 13.18; 18.27 – Folgefehler 13.18 Bilanzgewinn 2.4, 2.7, 2.11 ff. – verteilungsfhiger 2.20 – Verwendung 2.13 Bilanzierungsfehler 18.26 ff. – Beanstandung 13.43 ff. – Erkennbarkeit 13.27 ff., 13.36 ff. – gravierender mit der Folge der Nichtigkeit des Jahresabschlusses 18.26 – handelsrechtlicher 7.32 – handelsrechtlicher, Anerkennung 7.36 – Heilung 13.10 ff.; 18.27 – Kennen-MÅssen 13.38 – nicht wesentlicher 18.26 – Tatsachen 13.33 – Verschulden 13.27 ff. – wesentlicher 13.17; 18.26 Billigkeitsregelung 13.96 Bindegliedgesellschaft 5.56 f., 5.82 Bindungswirkung, einer Feststellung 4.19 BÇrsengang der Organgesellschaft 11.44 BÇrsenkurs 2.35, 2.39 BÇrsennotierte Gesellschaft 2.31 Bruttoallphasenumsatzsteuer 1.31 Bruttomethode 6.59; 7.49; 8.12; 13.78 ff.; 16.10; 28.20 f. – bei strukturellen Dauerverlusten im Çffeentlichen Bereich 21.21 – beim internationalen Schachtelprivileg (§ 15 Satz 2 KStG) 13.125 – Einschrnkung bei Verlustabzugssperre 28.21

Stichwortverzeichnis – gemß § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG 1.6; 13.2, 13.118 ff. – im Rahmen der Zinsschranke 19.30 – Organschaftskette 13.103 – zur Ermittlung des Ergebnisses aus der AuflÇsung eines Ausgleichspostens 14.53 BuchprÅfer, vereidigter 13.41 BuchwertfortfÅhrung 20.90 BuchwertkÅrzung 19.23, 19.44 – Beispielsrechnung 19.23 Cash-Pooling 2.101 Cash-Pooling-Vertrag 18.12 Cash-Repatriierung 12.35 CCCTB-Projekt 1.73; 10.10 ff. CFC-rules 6.38 Check-the-box election 28.38 Class-shares 23.20 Closing 12.52; 20.10 Closing Conditions 12.54 Common Consolidated Corporate Tax Base (CCCTB) 1.71; 10.10; 25.3 Common Consolidated Tax Base (CCTB) 25.3 Consortium group relief 5.56 – s.a. group relief Control-Konzept 10.3 Cum/ex-Transaktion 12.29 Darlehensanspruch, Verzicht 13.6 Dauerdefizitrer Betrieb gewerblicher Art (BgA) 21.5 – und Organtrger-Eignung 21.7 f. Dauerverlustgeschft 13.67, 13.116, 13.129; 21.3 – begÅnstigtes 21.19 f. DBA, s. Doppelbesteuerungsabkommen DBA-Diskriminierungsverbot 6.131; 25.2, 25.9 DBA-Freistellung (mit Progressionsvorbehalt), bei Auslandsbetriebssttten 8.40 Debt push down 9.11, 9.65, 9.82, 9.125 Debt push down-Gestaltung 9.11, 9.130 Depotbank, Abzug der Kapitalertragsteuer 15.58 Dienstleistungsfreiheit 5.14 Directive Shopping-Regelung 8.40 Disagio 14.16 Diskriminierungsverbot, abkommensrechtliches 25.9; 27.13 Disquotale Entnahme 16.3 Disregarded entity 28.38

Divergenz, in der Anerkennung der Organschaft 7.11 Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) 7.23 – mit Anrechnungsmethode 28.34 f. – mit Freistellungsmethode 28.34 – steuerfreie Gewinnanteile 13.82, 13.125 DoppelstÇckige Mitunternehmerschaft 16.74 f. DoppelstÇckige Organschaft 8.26 DoppelstÇckige Personengesellschaft 8.26 Doppelt ansssige Kapitalgesellschaft 27.1 Doppeltansssigkeit, steuerliche 26.27 ff. Doppelte VerlustberÅcksichtigung (double dipping) 9.59 Doppelte Verlustnutzung 16.52; 25.1; 28.28 Doppelter Inlandsbezug 5.80 – der Organgesellschaft 25.10; 27.1 f. – der Organgesellschaft, Aufgabe 25.11 f.; 27.4 – der Organgesellschaft, Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV 25.10 Double dipping, double-dip-Regelung 1.72; 9.59; 10.66 – Ausweitung nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG 1.23 Double-Dip 8.37; 28.31 – und Verlustabzugssperre 28.32 f. Down-stream 23.41 Dritter – i.S.d. § 174 Abs. 5 AO 6.104 ff. – i.S.d. § 174 Abs. 5 AO bei kÇrperschaftsteuerlicher Organschaft 6.108 f. – i.S.d. § 174 Abs. 5 AO bei umsatzsteuerlicher Organschaft 6.104 ff. Drittmittelbestimmung 2.109 Drohende Verfallanordnung 11.47 Dual Consolidated Loss Rules 28.1, 28.38 Dualismus der Unternehmensbesteuerung, Durchbrechung 1.6 DurchfÅhrungsgebot, gemß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG 20.18 Durchgriff, bei der Organschaft 1.35 Durchrechnungsmethode 7.19; 12.36 – s.a. Additionsmethode Dynamischer VerlustÅbernahmeverweis, § 34 Abs. 10 b KStG 1.61

1061

Stichwortverzeichnis Dynamischer Verweis 3.76 f.; 7.20; 18.23

3.36, 3.70 f.,

EBITDA – gruppenbezogenes 9.35 – steuerliches, Kapitalgesellschaften/ KÇrperschaften 19.25 – steuerliches, Organkreis 19.32 ff. – steuerliches, Personenunternehmen 19.10 EBITDA-Vortrag 19.12 ff. – auf Ebene des Organtrgers 19.54 – Beendigung der Organschaft 19.61 – bei Umwandlung der Organgesellschaft 20.94 – bei Umwandlung des Organtrgers 20.93 – bei Unternehmenskauf/-verkauf 20.3 f. – bei Verußerung der Anteile an einer Organgesellschaft 20.11 – bei Verußerung des Geschftsbetriebs der Organgesellschaft 20.24 – Untergang 19.16 – vororganschaftlicher 19.36, 19.54; 20.94 – whrend der Organschaft 19.35 – zeitliche Begrenzung 19.14, 19.37 Echter Haftungsverbund, nach § 322 AktG, aktienrechtliche Eingliederung 10.59 Effective Tax Rate (ETR) 1.67 Eigenkapital 13.14 Eigenkapitalquote, im Sinne der Zinsschranke 19.22 Eigenverwaltung 24.13, 24.22, 24.29 – vorlufige 24.13, 24.23, 24.30 Ein-Mutter-Organschaft 1.26 Einbringung 6.15; 20.29, 20.56 ff. – einer Beteiligung an einer Organgesellschaft 20.57 – einer Organbeteiligung durch einen Organtrger 11.40; 20.56 f. – eines Teilbetriebs 6.15; 12.63 f.; 20.58 Einbringungsergebnis 20.74 Einbringungsgewinn – § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG 14.28 – Besteuerung 20.75, 20.92 – Verrechnung mit Verlusten 20.77, 20.95 – Zurechnung 20.76 Eingeschrnkter Besttigungsvermerk 13.38

1062

Eingeschrnktes Einheitskonzept 9.14 f. Eingliederung – der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organtrgers 22.38 ff. – finanzielle 12.1 ff.; 22.44 ff.; 24.46 ff. – finanzielle, Insolvenz der Organgesellschft 24.46 ff. – finanzielle, Insolvenz des Organtrgers 24.50 ff. – finanzielle, Insolvenz von Organtrger und Organgesellschaft 24.52 ff. – finanzielle, Legaldefinition 24.46 – mittelbare finanzielle 22.47 ff. – organisatorische 1.12 f.; 22.59 ff. – organisatorische und Insolvenz der Organgesellschaft 24.19 ff. – organisatorische und Insolvenz des Organtrgers 24.24 ff. – organisatorische und Insolvenz von Organtrger und Organgesellschaft 24.31 ff. – wirtschaftliche 22.53 ff. Eingliederungsvoraussetzung 24.16 ff. – umsatzsteuerliche 1.12 Einheitliche Feststellung 4.24 Einheits-GmbH & Co. KG – s.a. GmbH & Co.KG – und Organschaft 16.111 Einheitsgrundsatz 10.3 Einheitsprinzip 9.1 ff., 9.6 ff. Einheitstheorie 1.2, 1.10, 1.37 – eingeschrnkte/gebrochene 1.24, 1.40; 6.84, 6.89; 15.59 Einkommen – Ermittlung 13.57 ff. – Zurechnung 13.2, 13.86 ff. Einkommen der Organgesellschaft 13.57 ff. – Ermittlung/Errechnung 13.59 f. – zu versteuerndes 13.61 Einkommen des Organtrgers, Ermittlung 13.106 ff. Einkommensermittlung – der Organgesellschaft, dem Organtrger zuzurechnen 4.25 – der Organgesellschaft, des Organtrgers 4.13 – getrennte 4.13 Einkommenszurechnung – bei Organschaft 20.5 – bei Umwandlung 20.72 Einkommenszurechnungskonflikt, zwischen § 2 Abs. 1 UmwStG und § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG 20.37 Einlage, verdeckte 13.62 ff.; 15.36; 18.4

Stichwortverzeichnis Einlagekonto, steuerliches 7.37; 14.5, 14.37 f. EinlagenrÅckgewhr 20.92 Einnahmen-berschuss-Rechnung 24.3 Einstweiliger Rechtsschutz 4.55 Eintragung ins Handelsregister – bei grenzÅberschreitendem GewinnabfÅhrungsvertrag 26.10 – bei Umwandlung 20.33 Einzelbilanzkonzept 9.13 Einzelrechtsnachfolge 20.29, 20.56 – s.a. Gesamtrechtsnachfolge Einzelverfahrensgrundsatz, insolvenzrechtlicher 24.14, 24.28 Eligible entity 28.38 Enkelgesellschaft 2.51 – franzÇsisches Steuerrecht 9.22 – schwedisches Steuerrecht 9.91 Entgeltvereinnahmung 24.2 Entherrschungsvertrag 12.8 Entnahme aus der KapitalrÅcklage, gemß § 158 Abs. 1 Satz 1 Nr. AktG 18.30 Erbfolge, vorweggenommene 16.4 Erbschaftsteuer-Sparkasse 16.3 Erbschaftsteuervorsorge, bei Familienunternehmern 16.3 f. Erforderlichkeitsgrundsatz 28.56 ErfÅllungssurrogat – DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags (GAV) 3.56 ff. – Werthaltigkeit 3.59 f. ErgebnisabfÅhrungsvertrag – s.a. GewinnabfÅhrung, GewinnabfÅhrungsvertrag – s.a. VerlustabfÅhrung, VerlustabfÅhrungsverpflichtung – AbfÅhrungspflicht 20.23 – Auswirkungen durch Unternehmenskauf/-verkauf 20.1 f. – Beendigung 20.8 f., 20.23 – Beendigung bei unterjhriger Verußerung der Organgesellschaft 20.12 ff. – bei Formwechsel 20.59 ff. – bei Spaltung 20.49 ff. – bei Verschmelzung einer Organgesellschaft 20.45 ff. – bei Verschmelzung eines Organtrgers 20.39 ff. – DurchfÅhrung des beendeten Vertrags 20.19 – fristlose KÅndigung 20.63 f. – rÅckwirkende Beendigung 20.8 – unterjhrige Beendigung 20.35 – vorzeitige Beendigung 20.16, 20.63 f.

– zivil- und steuerrechtliche Abwicklung 20.17 ff. Ergebniskonsolidierung 8.2 ff. – Auswirkungen 8.4 ff. Erkennbarkeit, Fiktion 13.36 ff. Erklrungspflicht 4.41 – Trger 4.41 Ersatztatbestand, im Grunderwerbsteuerrecht 23.3 Ertragsteuerliche Organschaft 1.3 – Begriff und Bedeutung 3.1 – Gestaltungsfragen 8.1 ff. – Nachteile 1.60 – steuerliche Vorteile 10.21 – Tatbestandsvoraussetzungen 1.7 – Verfassungsfragen 1.54 ff. – Voraussetzungen 3.1 ff. – Vorteile 1.59 Ertragsteuerliche Rechtsgrundlagen, der Organschaft 1.5 ff. Ertragsteuerrecht 1.1 Ertragswertverfahren 2.34, 2.38 Erweiterte KÅrzung, im Organkreis 7.47 f. Erweiterung Organschaftsverhltnis 23.39 Escape Klausel 8.18; 9.35; 19.21 ff., 19.42 ff. – Fragen bei BegrÅndung einer Organschaft 19.59 ff. EuGH, s. Europischer Gerichtshof Europische Kommission, Reformvorschlag zur Gruppenbesteuerung 25.3 Europische Niederlassungsfreiheit 5.14; 26.22, 26.32 Europischer Gerichtshof (EuGH) 5.13 ff. – s.a. Rechtsprechung des Europischen Gerichtshofs (EuGH) – Felixstowe-Entscheidung 25.6 – KR Wannsee 25.4 – Lidl Belgium-Entscheidung 25.4 – Marks & Spencer-Entscheidung 25.4 – Oy AA-Entscheidung 25.5 – Philips Electronics-Entscheidung 25.6 – SCA Group Holding-Entscheidung 25.6 – Scheuten Solar-Entscheidung 25.7 – X Holding-Entscheidung 25.5 Existenzvernichtender Eingriff 2.108 Exit-Falle der Gruppenbesteuerung 9.60 Fahrlssigkeit 13.31 Faktische Organschaft

1.3, 1.65 f.

1063

Stichwortverzeichnis Faktische Organschaft ohne Antragsrecht 1.9 Faktischer Konzern 2.31 – fÅr Umsatzsteuerzwecke (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) 1.3 Familienunternehmen 16.3 ff. Fehler bei der Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags – Beendigung ohne wichtigen Grund vor Ablauf der fÅnfjhrigen Mindestdauer 18.38 ff. – Handlungsalternativen 18.41 f. Fehler bei der DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags 18.25 ff. – AbfÅhrungsverbot fÅr in vorvertraglicher Zeit gebildeter GewinnrÅcklagen 18.30 – AbfÅhrungsverbot fÅr KapitalrÅcklagen 18.30 f. – Bilanzierungsfehler 18.26 f. – fehlender Ausgleich des vororganschaftlichen Verlusts 18.28 f. – fehlerhafte RÅcklagenbildung 18.33 – fehlerhafter oder fehlender Ausgleichsanspruch 18.32 – Handlungsalternativen 18.35 ff. – Verstoß gegen AusschÅttungssperren 18.31 Fehlerhafte Gesellschaft 2.113; 3.30; 13.93 – s.a. Grundstze Åber die fehlerhafte Gesellschaft Fehlerhafte GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme 13.10 f. Fehlerhafter Bilanzansatz 13.13, 13.18 Fehlerhafter GewinnabfÅhrungsvertrag 18.14 ff. – fehlerhafte Formulierung der Ausgleichszahlung an außenstehende Aktionre 18.22 – fehlerhafte Formulierung der Mindestlaufzeit 18.21 – Formulierungsfehler bei GewinnabfÅhrungs-bzw. VerlustÅbernahmeklausel 18.15 – Handlungsalternativen 18.24 – Verletzung von Formvorschriften 18.16 – versptete Eintragung ins Handelsregister 18.23 – zivilrechtliche Unwirksamkeit 18.14 Felix Stowe Dock-Entscheidung, Urteil des Europischen Gerichtshofs 1.52; 5.56 f.; 9.115; 25.6 Festellungserklrung 4.40

1064

Festsetzungsfinanzamt 7.1 Festsetzungsfrist 4.20 Feststellung – einheitliche 4.24 – fehlerhafte 4.30 – Jahresabschluss 13.19 ff. – lÅckenhafte 4.30 Feststellung Jahresabschluss – s.a. Jahresabschluss, Feststellung – bei einer Aktiengesellschaft 13.20 – bei einer GmbH 13.22 – bei einer KGaA 13.23 – bei einer Societeas Europaea 13.21 Feststellungsbescheid 4.20 – Grundlagenwirkung 4.20 – nach § 14 Abs. 5 KStG 4.23 – negativer 4.35 Feststellungsverfahren – bei kÇrperschaftsteuerlicher Organschaft (§ 14 Abs. 5 KStG) 4.21 ff. – gestuftes 4.38 – nach § 14 Abs. 5 KStG nF 4.21 ff.; 7.4, 7.24 – nach der Kleinen Organschaftsreform 1.36 – Rechtsfolgen 4.47 ff. – Zustndigkeiten 4.43 f. Feststellungsverfahren bei der KÇrperschaftsteuer, nach § 1 Abs. 5 KStG 4.11 Feststellungsverjhrung 4.48 Feststellungswirkung 4.19 Feststellungszustndigkeit 4.43 f. Fiktion der tatschlichen DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags 13.10 ff.; 18.25, 18.36 Fiktion des Nicht-Erkennen-mÅssens eines Bilanzierungsfehlers 18.25 – s.a. Bilanzierungsfehler Fiktive Betriebssttte 1.33 – s.a. Betriebsstttenfiktion Fiktive GewinnausschÅttung, der Organgesellschaft bei vororganschaftlicher MehrabfÅhrung 14.24 Filialtheorie 1.2, 1.6 Finaler Verlust 5.32, 5.75; 9.99 f., 9.104; 25.4 Financial Assistance, Verbot 2.101 Finanzamt Linz, Rechtssache im Rahmen der Çsterreichischen Gruppenbesteuerung 5.68 ff. Finanzholding 22.36; 23.10 f. Finanzielle Eingliederung 12.1 ff. – Begriff 12.1 ff. – bei Aufspaltung einer Organgesellschaft 20.54

Stichwortverzeichnis – – – – –

bei Einbringung 20.57 bei Spaltung 20.51 bei Verschmelzung 20.47 Dauer 12.46 ff. der Organgesellschaft 8.29 ff., 8.44; 16.7 f., 16.26 ff. – Ende 20.10 – in der Rechtsprechung 6.12 ff. – Mehrheit der Stimmrechte 12.3 ff. – Mindestdauer 12.47 – mittelbare 20.52 – steuerliche Rechtsnachfolge 20.38 – Treuhandvertrag 12.48 – Wegfall 12.65 ff. – wirtschaftliches Eigentum an den Anteilen 12.11 ff. Finanzverfassung 4.2 Firmenwert, negativer 9.62 Firmenwertabschreibung 9.62 Fixe Ausgleichszahlung 15.18 ff. Folgekorrektur 4.47 Fonds commune de placement (FCP) 23.19 Forderungsabschreibung 13.112 Forderungsanmeldung, zur Tabelle im Insolvenzrecht 24.1, 24.58 f. Forderungsverzicht 7.32 Formwechsel 11.41, 11.50; 20.30, 20.59 ff., 20.64 Formwechselnde Umwandlung – einer Organgesellschaft 20.60 – eines Organtrgers 20.59 – Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft 20.61 FortgefÅhrter Organkreis 23.40 ff. Fragerecht des Aktionrs, Verletzung 2.70 Frankreich, Gruppenbesteuerung 9.16 ff. FranzÇsisches KÇrperschaftsteuerrecht 9.16 f., 9.19 Freigabeverfahren 2.67 Freigrenze, Zinsschranke 8.19; 19.18, 19.38 Freistellung von AuslandseinkÅnften 8.40 FreizÅgigkeitsverordnung 5.6 Fremdkapital 19.6 FremdkapitalvergÅtung 19.7 f. FÅhr-ab-hol-zurÅck-Verfahren 7.32 Funktionale Zuordnung der Organbeteiligung, zu einer (inlndischen) Betriebssttte 27.37 ff. Fusionsrichtlinie 5.8 Fußstapfentheorie 6.12, 6.14; 12.62

Gateway Test 9.124 Gebot der Rechtsschutzklarheit 4.15 Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, gemß § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO 3.27 Gebrochene Einheitstheorie 15.59 GemeinnÅtzige KÇrperschaft 21.29 ff. – s.a. Çffentlich-rechtliche KÇrperschaft – gemeinnÅtzlichkeitsrechtliche Grundstze 21.31 f. – partielle Steuerpflicht 21.29 f. GemeinnÅtzigkeitsrecht 21.29 ff. – Organschaft 21.29 ff. GemeinnÅtzlichkeitsrechtliche Grundstze 21.31, 21.35 Gemeinsame konsolidierte KÇrperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) 5.9, 5.12; 9.130 Gerichtstandklausel, grenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag 26.14 GeringfÅgigkeitsgrenze 16.20 Gesamtbetriebsverußerung – Organgesellschaft 20.23 f. – Organtrger 20.6 Gesamtgewinnermittlung, originre 9.15 GesamthandsvermÇgen 7.42; 16.25 – bei einer Personengesellschaft 12.32 Gesamtleistungsfhigkeit, steuerliche 10.5 Gesamtrechtsnachfolge – s.a. Einzelrechtsnachfolge – Anwachsung 20.31, 20.62 – bei Spaltung 20.29 – bei Verschmelzung 20.28 – ErgebnisabfÅhrungsvertrag 20.32 – gemß Umwandlungsgesetz 20.32 – partielle (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) 20.29, 20.49 – steuerliche 20.38 Gesamtschuldner 24.9 Gesamtschuldnerausgleich 10.37 Geschftsbetrieb, wirtschaftlicher 21.29 Geschftsjahr, Umstellung 20.14 Geschftsleitende Holding 17.4 Geschftsleitende Holding-Personengesellschaft, s. Holding-Personengesellschaft als Organtrger Geschftsleitung, Ort bei Doppeltansssigkeit 26.27 Geschftsleitungsbetriebssttte, des Organtrgers 27.25 Gesellschafterdiskriminierungsverbot 8.52

1065

Stichwortverzeichnis Gesellschafterfremdfinanzierung, schdliche 19.27 ff., 19.48 Gesellschafterliste GmbH, finanzielle Eingliederung 12.31 Gesellschaftsrechtlicher Nachteilsausgleich 1.13 Gesellschaftsstatut 26.4 ff. Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (UntStFG) 25.11 Gestaltungsfreiheit 4.1 Getrennte Einkommensermittlung 4.13 Gewerbebetrieb 3.4 ff.; 21.5 Gewerbesteuer – Anrechnung auf die Einkommensteuer 16.16 – Ausgleichszahlung an außenstehenden Gesellschafter 15.59 – Bedeutung in der unternehmenssteuerlichen Praxis 16.12 – bei vororganschaftlicher MehrabfÅhrung 14.27 Gewerbesteueranrechnung, gemß § 35 EStG 6.99 ff. Gewerbesteuerliche Hinzurechnung 18.4 Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von (Dauerschuld-)Zinsen, bei grenzÅberschreitendem Unternehmensverbund 25.9 Gewerbesteuerliche Mehrbelastung 12.57 Gewerbesteuerliche Organschaft, s. Organschaft, gewerbesteuerliche Gewerbesteuerliche Zerlegung 8.28 Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg 12.57 Gewerbesteuermessbescheid 4.57 – einheitlicher 4.56 Gewerbesteuermessbetrag 16.15 Gewerbesteuerpflicht, Organgesellschaft 4.56 Gewerbliche Abfrbung, s. Abfrbung, gewerbliche Gewerbliche Infektion, s. Infektion, gewerbliche Gewerbliches Unternehmen 3.4 ff. GewillkÅrtes BetriebsvermÇgen 21.7 Gewinn, handelsrechtlicher 13.14 Gewinn der Organgesellschaft 13.59 f. Gewinn- und Verlustrechnung 2.8 Gewinn- und Verlustvortrag 2.7 GewinnabfÅhrung 16.6 – s.a. GewinnabfÅhrungvertrag (GAV)

1066

– Anspruch der Organtrger-Personengesellschaft 16.38 – auslndischer Organtrger 13.7 – bei grenzÅberschreitender Organschaft 3.42 ff. – BetragshÇhe 3.70 f. – fehlerhafte 3.50; 13.10 – fehlerhafte Berechnung 13.52 – Folgen bei verunglÅckter Organschaft 18.5 ff. – Frist zur 13.51 – HÇchstbetrag nach § 301 AktG 1.43 – Stundung 3.62 – tatschliche 13.51 – ÅberhÇhte 18.6 – vorweggenommene 7.43, 7.45; 13.6, 13.70; 18.10 GewinnabfÅhrungsanspruch – s.a. GewinnabfÅhrung – Flligkeit 3.74 GewinnabfÅhrungsverbot 14.16 GewinnabfÅhrungsvertrag (GAV) 1.3, 1.42 f.; 2.16 ff., 2.20 ff.; 3.30 ff.; 9.2; 16.7 – nderung 2.114 ff.; 13.94 – als gesellschaftsrechtlicher Organisationsvertrag 3.65 – Aufhebung (§ 296 AktG) 1.43 – aufschiebende Bedingung 11.4 f. – Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter 3.87 ff. – Auslegung 2.44 – außerordentliche KÅndigung 18.24 – Beendigung 2.122 ff. – Beendigung aus steuerrechtlich wichtigem Grund 11.25 ff. – Beendigung aus zivilrechtlich wichtigem Grund 11.24 – Beendigung durch Aufhebung 2.122 ff. – Beendigung durch außerordentliche KÅndigung 2.135 ff. – Beendigung durch ordentliche KÅndigung 2.128 ff. – Beendigung durch weitere GrÅnde 2.144 ff. – Beendigung nach Ablauf der Mindestlaufzeit 11.11 ff. – Beendigung whrend der Mindestlaufzeit 11.22 ff. – Befristung 2.41 – Begriff 2.1 ff. – bei auslndischem Organtrger 13.7 – Bilanzierung der GewinnabfÅhrung/ des Verlustausgleichs 2.97 ff.

Stichwortverzeichnis – Eintragung ins Handelsregister 2.66 ff.; 11.5; 13.92 – ErfÅllung 13.6 – Flligkeit des GewinnabfÅhrungsanspruchs 3.74 – fehlerhafte Beendigung 18.2 – fehlerhafte DurchfÅhrung 18.2 – fehlerhafter 2.111 ff.; 18.2, 18.14 ff. – Fiktion der DurchfÅhrung 18.25 – Forderung aus 13.6 – Fortbestand bei Insolvenz 24.55 ff. – genderter 13.94 – gemß §§ 291, 300, 304 AktG 15.1; 18.2 – Gesetzesnderung 13.3 – gesetzliche Regelung 2.2 f. – GewinnabfÅhrung 13.2 – GewinnabfÅhrungsklausel 3.70 ff. – GewinnabfÅhrungsverpflichtung 3.35 – gleitende Laufzeitklausel 3.79 – grenzÅberschreitender 3.42 ff.; 26.1 ff. – s.a. grenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag – in der Rechtsprechung 6.21 ff. – Inhalt 2.28 ff. – isolierter 2.17 ff., 2.25, 2.31, 2.80, 2.102 ff., 2.106, 2.108 f. – KÅndigungsgrÅnde 3.39 ff. – KÅndigungsmÇglichkeiten 3.83 ff. – Laufzeitklausel 3.68 – Maximalbetrag der GewinnabfÅhrung 2.76 ff. – Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter 18.17 f. – Mindestlaufzeit 3.31 ff., 3.78 ff.; 6.22 ff.; 11.6 ff.; 13.9 – Mindestlaufzeit, strikte Berechnung 3.33 – Mindestlaufzeit, Verstoß 18.4 – Muster 3.64 – Nebenpflichten 13.8 – neue Laufzeit bei Ergnzung oder nderung 11.62 ff. – nicht eingegliederte Gesellschaft 13.92 – NichtdurchfÅhrung 11.69 – Nichtigkeit 15.11, 15.15 – notarielle Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses 18.19 – RÅckbeziehung, RÅckwirkung 2.42 f. – rÅckwirkende Umwandlung 3.34 – RÅckwirkung 11.2 f.

– Rumpfwirtschaftsjahr bei Beginn der Organschaft 3.81 – Rumpfwirtschaftsjahr whrend der Organschaft 3.82 – salvatorische Klausel 3.69 – Schriftform 18.16 – steuerliche Auslegung 6.48 ff. – stufenÅberspringender 12.34 – tatschliche DurchfÅhrung 3.48 ff.; 6.29; 7.26 ff.; 13.1, 13.3 ff.; 18.25 – tatschliche DurchfÅhrung bei Insolvenz 24.58 f. – Teilnichtigkeit 3.71 – Umwandlung in Darlehensverbindlichkeit 13.6 – unterjhrige KÅndigung (§ 297 AktG) 1.43 – Verbindlichkeit aus 13.6 – VerlustÅbernahmeklausel 3.76 f. – VerlustÅbernahmeverpflichtung 3.36; 13.2 – VerlustÅbernahmeverpflichtung, Altflle 3.37 f. – Verzicht 10.7 f. – Voraussetzung fÅr die Organschaft 13.1 – vororganschaftliche Verluste 13.5 – vorzeitige Beendigung aus wichtigem Grund 6.36 ff.; 18.39 f. – Wirksamkeit 13.93 – zeitnahe DurchfÅhrung 7.27 f. – zivilrechtliche Nichtigkeit (§ 304 Abs. 3 Satz 1 AktG) 18.32 – zivilrechtliche Wirksamkeit 3.30; 13.93 – Zustandekommen 2.45 ff. – Zustimmung der Gesellschafter 2.49 ff. – Zustimmungspflicht 2.54 – Zuviel- AbfÅhrung (HÇchstbetragsregelung) 3.70 f. – Zuviel- oder ZuwenigabfÅhrung 18.25 – Zuwenig-AbfÅhrung (MindestabfÅhrungsbetrag), s.a. ErgebnisabfÅhrungsvertrag 3.72 – zwischen Schwestergesellschaften 2.25 GewinnabfÅhrungsvertrag (GAV) zugunsten Dritter 2.26 Gewinnanspruch des Aktionrs 2.11 GewinnausschÅttung – verdeckte 7.25, 7.43 ff.; 9.33; 11.16, 11.18 f.; 13.6, 13.62 ff., 13.115 f.; 15.37, 15.61 ff.; 18.4 ff.

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Stichwortverzeichnis – verdeckte innerhalb des Organkreises 8.22; 13.120 – verdeckte, Dauerverlustgeschft 13.67, 13.116 – verdeckte, Gesellschafter 13.65 – verdeckte, Organtrger 13.63 – verdeckte, Schwestergesellschaft 13.64 – verdeckte, Zeitpunkt 18.6 Gewinnerzielungsabsicht 6.10; 21.14 – bei Organtrger-Personengesellschaften 16.22 GewinnrÅcklage 2.9 f., 2.77; 13.3; 14.16 Gewinnverwendung, i.S.d. § 8 Abs. 3 KStG 18.5 Gleich geordnete Schwestergesellschaft 16.113 Gleichheitssatz 4.3; 23.29 Gleichordnungskonzern 19.19 GmbH & Co. KG – s.a. Einheits-GmbH & Co. KG – und Organschaft 16.111 GmbH, GeschftsfÅhrer 13.29 GmbH-Konzern 7.20 f. Golden Shares 23.20 GrenzÅberschreitende “Wegrechnung“, des inlndischen Organeinkommens 16.49; 17.9 GrenzÅberschreitende Fusion 5.52 GrenzÅberschreitende Organschaft 1.52; 22.71; 25.1 ff. – s.a. Organschaft, grenzÅberschreitende – BFH-Entscheidungen 25.9 GrenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag 3.42 ff.; 26.1 ff. – anwendbares Recht 26.3 ff. – Beendigung 26.17 – Gerichtsstandklausel 26.14 – Gesellschaftsstatut 26.4 ff. – gewinnabfÅhrende auslndische Tochter- an inlndische Muttergesellschaft 26.18 ff. – gewinnabfÅhrende inlndische Tochter- an auslndische Muttergesellschaft 26.9 ff. – Hinnahme der Zwangsvollstreckung 26.15 – Konstellationen 26.2 – Loyalittsklausel 26.13 – Problematik GewinnabfÅhrung der auslndischen Tochtergesellschaft 26.18 ff. – Sicherheitsleistung 26.17 – Zulssigkeit 26.1

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Großbetrieb 7.5 Großmuttergesellschaft, franzÇsisches Steuerrecht 9.22 Group contribution 5.36; 9.13 Group Contribution-System 1.72 Group relief 5.31 ff., 5.56; 9.13, 9.111 ff.; 28.48 Group relief for losses 5.31 GrÅndungstheorie 3.19; 26.31, 26.34 f., 26.37 ff. – s.a. Sitztheorie GrÅndungstheoriestaat, Verlegung 26.35 Grunderwerbsteuer 23.1 ff. – als immobilienbezogene Rechtsverkehrsteuer 1.1 – als Rechtsverkehrsteuer 23.2 – AuslÇsung 23.38 – bilanzsteuerrechtliche Behandlung 23.30 Grunderwerbsteuerliche Organschaft 1.3, 1.14 ff.; 10.21; 23.1 ff., 23.4, 23.53 – Compliance Aspekte 23.48 ff. – Organkreisfiktion 1.15 – Praxisrelevanz 1.15 – Rechtsfolgen 23.28 ff. – Vermeidungsstrategien in der Praxis 23.44 ff. – Voraussetzungen 23.7 ff. Grunderwerbsteuerrecht 23.1 ff. Grundfreiheiten – als Beschrnkungsverbote 5.19 – als Diskriminierungsverbote 5.18 – fÅr direkte Steuern 5.13 ff. Grundlagenwirkung, des Feststellungsbescheids 4.20 Grundstze der GemeinnÅtzigkeit 21.31, 21.35 Grundstze Åber die fehlerhafte Gesellschaft 2.113; 3.30 Grundsatz der Einmalbesteuerung 5.27; 14.5 Grundsatz der Einzelveranlagung 9.94 Grundsatz der Gleichbehandlung 6.119; 22.16 Grundsatz der Neutralitt, innerhalb des Organkreises 7.47 Grundsatz der Neutralitt der Mehrwertsteuer 22.16 Grundsatz der Rechtsformneutralitt 22.35 Grundsatz der Selbstlosigkeit, i.S.d. § 55 AO 21.31, 21.36 Grundsatz von Treu und Glauben 6.110 f. GrundstÅcksgesellschaft 23.8

Stichwortverzeichnis GrundstÅcksunternehmen 6.87, 6.91 Gruppenbesteuerung 9.1 ff.; 16.119; 25.2 – Exit-Falle 9.60 – Formalerfordernis GewinnabfÅhrungsvertrag 9.2 – grenzÅberschreitende 9.3 ff. – im Vereinigten KÇnigreich 9.111 ff. – s.a. Group relief – in Frankreich 9.16 ff. – in sterreich 9.40 ff. – in Polen 9.70 ff. – in Schweden 9.85 ff. – Rechtsvergleich in einzelnen europischen Staaten 25.2 – Reformvorschlag der IFST-Arbeitsgruppe 25.3 Gruppenbesteuerungskonzept/-modell 1.71 ff. – einzelveranlagungsbasiert 9.13 – s.a. Einzelbilanzkonzept – in beispielhaft ausgesuchten Lndern 9.15 – Rechtsprechung des EuGH 6.121 – zusammenveranlagungsbasiert 9.13 ff. – s.a. Zusammenveranlagung, Zusammenveranlagungsmodell Gruppenbesteuerungssystem 10.1 ff. – Gedanke der wirtschaftlichen Einheit 9.130 – grenzÅberschreitendes 9.40 – Systematisierung 9.12 ff. Haftung – gemß § 73 AO 24.5 ff. – Umfang 24.6 ff. Haftung der Organgesellschaft, gemß § 73 AO 18.11 Haftungsbescheid 24.5 Haftungskonzentration, des Organtrgers 1.60 Haftungsschuldner 24.5 – Verursachungsbeitrag 24.7 HaftungsÅbernahmeerklrung 10.59 Haftungsverbund, der Organschaft 1.19 HalbeinkÅnfteverfahren 1.23; 15.3 Handelsrechtlicher Bilanzierungsfehler 7.32 – Anerkennung 7.36 Harte Patronatserklrung 10.59 HeilungsmÇglichkeit, fehlerhafter GewinnabfÅhrung/VerlustÅbernahme 13.10 ff.

Hinnahme der Zwangsvollstreckung, grenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag 26.15 Hinzurechnung, gewerbesteuerliche 18.4 Hinzurechnungstatbestand, des § 8 Nr. 1 GewStG 16.12 Holding 16.1 ff. – als ertragsteuerlicher Organtrger 17.7 ff. – als Organisationsstruktur 17.1 ff. – als Organtrger 17.1 ff. – als Personengesellschaft 16.1 ff. – als umsatzsteuerlicher Organtrger 17.27 ff. – auslndische 17.12 – Begriff 17.1 ff. – Finanz- 17.5 – FÅhrungs- 17.4 – funktionale Differenzierung 17.2 ff. – gemischte 17.6 – geschftsleitende 17.4, 17.23; 27.61 – Management- 17.4 – Rechtsform 17.2 – Stammhaus-Konzern 17.3 – und kleine Organschaftsreform 17.7 ff. – VermÇgens- 17.4 – vermÇgensverwaltende 27.61 – s.a. VermÇgensverwaltung Holding-Betriebssttte 27.44 Holding-Personengesellschaft, als Organtrger 16.61 f.; 27.60 ff. Holding-Rechtsprechung, im Gegensatz zur 17.32 Holdingkapitalgesellschaft, inlndische 17.13 Holdingvorstand, Leitungsverantwortung 17.4 Horizontale Einkommenszurechnung, zwischen Schwestergesellschaften 3.47 IFST-Arbeitsgruppe, Reformvorschlag zur Gruppenbesteuerung 25.3 Inbound-Finanzierung 28.30 ff. Inbound-Investition 8.1, 8.36 ff. Inbound-Struktur, aus US-amerikanischer Sicht 28.38 ff. Individualbesteuerung 1.1; 4.5 Infektion, gewerbliche gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG 6.7 Infektionswirkung 17.26 Inlndische Betriebssttte 17.7 f. – s.a. Betriebssttte, inlndische

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Stichwortverzeichnis – bei mittelbarer finanzieller Eingliederung 12.40 Inlndische Holdingkapitalgesellschaft 17.13 Inlndische Organtrger-Personengesellschaft – mit auslndischen Gesellschaftern 17.12 – mit inlndischen Gesellschaftern 17.13 Inlndisches SondervermÇgen 23.19 Inlandsbezug, doppelter 25.10; 27.1 f. Inlandsbindung, erweiterte 3.16 Innenausgleich 24.10 f. – Ausgleich der Vorsteuerabzugsbetrge entsprechend § 430 BGB 24.11 – Ausgleichsanspruch entsprechend § 426 Abs. 1 BGB 24.10 Innengesellschft 7.42 Innenumsatz 1.30 – Steuerbarkeit 22.83 Innerperiodische Verrechnung 9.3 Insolvenz 24.1 ff. – der Organgesellschaft 11.38 – des Organtrgers 11.38 Insolvenzanfechtung 24.40 ff. InsolvenzerÇffnungsverfahren 24.4 Insolvenzforderung 24.1, 24.3 Insolvenzmasse 24.28 Insolvenzrechtlicher Einzelverfahrensgrundsatz 24.14 Insolvenzverfahren 24.1 ff. – Åber das VermÇgen der Organgesellschaft 11.58 ff. – Åber das VermÇgen des Organtrgers 11.61 – Wegfall der finanziellen Eingliederung 11.58 ff. Insolvenzverwalter 24.1, 24.20, 24.25 – schwacher vorlufiger, Zustimmungsvorbehalt 24.22, 24.27 – starker vorlufiger, allgemeines VerfÅgungsverbot 24.21, 24.26 – vorlufiger 24.4 Intgration fiscale – franzÇsische Regelung zur Gruppenbesteuerung 5.45; 9.22 ff. – Unterschied zur deutschen Orgnschaft 9.24 Internationales Schachtelprivileg 13.125 Intragruppeninterne Verlustverrechnung 9.3

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Isolierter GewinnabfÅhrungsvertrag 2.17 ff., 2.25, 2.31, 2.80, 2.102 ff., 2.106, 2.108 f. – Zulssigkeit 2.18 Ist-Besteuerung 24.2 Jahresabschluss – Aktiengesellschaft 13.20 – Aufstellung 13.35, 13.50 – Besttigungsvermerk 13.37 ff. – Einbeziehung in Konzernabschluss 13.39 – Erstellung 13.35 – fehlerhafter Bilanzansatz 13.13 – Feststellung 2.8 f., 2.11, 2.14, 2.80; 13.16, 13.20 ff., 13.35 – freiwillige PrÅfung 13.40 – GmbH 13.29 – handelsrechtlicher 13.13, 13.54 – KGaA 13.23 – Korrektur 13.46 – Nichtigkeit 13.16, 13.24 f. – objektiv richtiger 13.26 – Organgesellschaft 13.19 – PrÅfung 13.36 ff. – Societas Europaea 13.21 – wesentlicher Fehler 13.55 – wirksame Feststellung 13.19 ff. Jahressteuergesetz 2009 21.3 JahresÅberschuss 2.5 – Verwendung 2.6 K, Rechtssache, Urteil des Europischen Gerichtshofs (EuGH) 5.54 f. Kapitalertragsteuer 8.21; 14.3; 18.4, 18.7 – Ausgleichszahlung an außenstehenden Gesellschafter 15.56 ff. – bei vororganschaftlicher MehrabfÅhrung 14.26 Kapitalgesellschaft – als Organgesellschaft 3.18 – als Organtrger 3.5 Kapitalkonsolidierung 1.3; 9.7 KapitalrÅcklage 2.8 Kapitalverkehrs-Richtlinie 5.8, 5.14 Kapitalverkehrsfreiheit 5.14 f. – Art. 63 ff. AEUV 25.2 Kartellfreigabe 2.41 Katalogbetriebssttte, gemß § 12 AO S. 2 27.29 Kaufmann, Sorgfalt eines ordentlichen 13.31 Keinmalbesteuerung 6.130 Kettenorganschaft 4.37 KG 16.17

Stichwortverzeichnis KGaA, persÇnlich haftender Gesellschafter 13.30 Klammerorganschaft 18.4 Kleine Organschaftsreform 1.5, 1.19, 1.23, 1.71; 4.20; 5.80; 6.1, 6.9, 6.35, 6.109, 6.130; 7.26; 8.52 f.; 10.1, 10.9; 13.1; 16.16, 16.42 ff., 16.97, 16.121; 17.7 f.; 18.15; 20.20; 25.3, 25.9, 25.12 f.; 27.4 ff., 27.14 ff.; 28.2, 28.4 – Reaktion auf Vertragsverletzungsverfahren der Europischen Kommission 25.10 KÇrperschaft – gemeinnÅtzige 21.29 ff. – Çffentlich-rechtliche 21.1 ff. – steuerbefreite als Organgesellschaft 21.36 f. – steuerbefreite als Organtrger 21.33 ff. KÇrperschaftsteuer-Nullbescheid 4.13 KÇrperschaftsteuerliche Organschaft 1.22 ff.; 24.45 ff. – internationale ffnung 1.23 – Zurechnungskonzept 1.37 ff. KÇrperschaftsteuerlicher Systemwechsel 1.23 KÇrperschaftsteuerliches Anrechnungsverfahren, s. Anrechnungsverfahren KÇrperschaftsteuerrecht, franzÇsisches 9.16 f., 9.19 KÇrperschaftsteuerstelle 7.1 Kohrenz des Steuersystems 5.26 f. Kollisionsrecht, deutsches 3.43; 26.35 Kollisionsregel 3.42 Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), finanzielle Eingliederung 12.9 Kompensationseffekt, Verlustabzugssperre 28.28 Konfusion 20.40, 20.45 Konkrete Betrachtungsweise, BerÅcksichtigung der Verlustabzugssperre bei der Besteuerung im Ausland 28.23, 28.25 Konsolidierte Konzernbesteuerung 4.5 Konsolidierung – CCCTB-Projekt 10.14 – steuerliche 9.6 – steuerliche bei grenzÅberschreitend ttigen Konzernen 25.1 – steuerliche, in der Gruppe 10.49 ff. Konsortium 9.114 Konzern – als wirtschaftliche Einheit 10.2 ff. – mehrstufiger 1.12 Konzernabschluss 13.39

Konzernabzug, Ertragsteuerrecht Schweden 9.85, 9.99 ff. Konzernbegriff – gesellschaftsrechtlicher 10.3 – handelsrechtlicher 10.3 Konzernbeitrag 5.36 f. – Ertragsteuerrecht Schweden 9.85 ff. Konzernbeitragssperre, Ertragsteuerrecht Schweden 9.97 Konzernbesteuerung – europische 10.10 – konsolidierte 4.5 KonzernbetriebsprÅfung 4.18; 7.10 ff.; 23.53 Konzernklausel – § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b) EStG 9.10 – § 6a GrEStG 1.3; 23.43 – 7.39 – Beendigung einer Organschaft 19.62 – BegrÅndung einer Organschaft 19.54 ff. – Zinsschranke 19.19 f., 19.39 ff. Konzernneutralitt 10.5, 10.54 Konzernprmie 10.38 Konzernrecht 23.15 Konzernsteuerquote 1.67 Konzernsteuerrecht 1.3; 4.4; 10.1 f. – Bedeutung in der Praxis 6.1 Konzernstruktur, vertikale 9.72 Konzernumlage 16.68 f. KonzernzugehÇrigkeit, Zeitpunkt 19.20 Korrektur – freiwillige 13.45 – Unterbleiben der 13.56 – Zeitpunkt der 13.46 KorrekturlÅcke, bei der gewerbesteuerlichen Organschaft 4.58 KR Wannsee, Urteil des Europischen Gerichtshofs (EuGH) 5.42 ff.; 25.4 Krankenversicherungsunternehmen, branchenspezifische Besonderheiten 1.28 ff. Kroatien-Anpassungsgesetz 16.29, 16.43 Latente Steuern 13.69 f. Laufzeitklausel, im GewinnabfÅhrungsvertrag (GAV) 3.68 Lebensversicherungsunternehmen, branchenspezifische Besonderheiten 1.28 ff. Leistungsfhigkeit, wirtschaftliche 4.3 Leistungsfhigkeitsprinzip 1.1; 4.3; 28.52

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Stichwortverzeichnis Leistungsverweigerungsrecht, nach § 273 BGB 24.27, 24.51 Leitungs- und Kontrollmacht, in der Organschaft 16.5 Leitungsmacht, konzernrechtliche 2.102 Lidl Belgium, Urteil des Europischen Gerichtshofs (EuGH) 5.39 ff.; 10.9; 25.4 Limited Liable Company (LLC) 23.19 Liquidation 20.23 Loyalittsklausel, grenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag 26.13 Mander-Struktur 12.39 Mantelgesellschaft, s. Vorratsgesellschaft Mantelkauf 18.13 Marks & Spencer, Urteil des Europischen Gerichtshofs (EuGH) 5.31 ff.; 9.4, 9.120; 10.9; 25.4 Massesicherungspflicht 24.35, 24.49 Masseverbindlichkeit 24.1, 24.3 Maßgeblichkeit, der Handels- fÅr die Steuerbilanz, Aufgabe 20.75 Maßgeblichkeitsgrundsatz, gemß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 13.100 Materielle Beschlusskontrolle 2.52 MehrabfÅhrung 1.8; 6.65 ff.; 8.47 f.; 20.65 f. – aus Umwandlungsmaßnahmen 8.47 ff. – außerorganschaftliche 14.19 – Begriff (Regelfall) 14.11 ff. – Beispiele fÅr Ursachen 14.16 – i.S.d. § 14 Abs. 3 und 4 KStG 4.28; 7.37; 14.1 ff.; 16.46 – infolge Umwandlung einer Organgesellschaft 8.50 f. – innerorganschaftliche 14.30 ff. – organschaftlich verursacht 7.37; 8.47; 14.17 ff. – organschaftliche 1.23; 6.65 f.; 20.75 – Saldierung 14.20 f., 14.68 – Schritte zur PrÅfung der Voraussetzungen 14.10 ff. – vororganschaftlich verursacht 7.37; 8.47, 8.49; 14.17 ff.; 20.89 – vororganschaftliche (§ 14 Abs. 3 KStG) 1.23; 6.65; 14.3, 14.17 – s.a. vororganschaftliche MehrabfÅhrung MehrmÅttergruppe 9.43

1072

MehrmÅtterorganschaft 1.20, 1.25 ff.; 2.24; 6.133; 16.18 f.; 22.4, 22.39 – Abschaffung 1.23; 4.10; 6.5; 16.18, 16.27 – Abschaffung, steuergesetzliche Auswirkungen 1.27 – Rechtsentwicklung 1.26 – umsatzsteuerliche 1.13 Mehrstimmrecht 23.45 MehrstÇckige Mitunternehmerschaft 16.74 ff. MehrstÇckige Organschaft 14.63 MehrstÇckige Personengesellschaft 16.81, 16.90 f. Mehrstufige Organschaft 20.40, 20.43 Mehrstufiger Konzern 18.10 Mehrstufiges Beteiligungsverhltnis 16.81 Mehrwertsteuergruppe 22.86 f., 22.92, 22.101 ff. Mehrwertsteuersystem 1.32 Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystemRL) 1.11 MinderabfÅhrung 1.8; 6.65 ff.; 8.47 f.; 20.65 f. – außerorganschaftliche 14.19 – Begriff (Regelfall) 14.11 ff. – Beispiele fÅr Ursachen 14.16 – innerorganschaftliche 14.38 – nach § 14 Abs. 3 und 4 KStG 4.28; 7.37; 14.1 ff. – organschaftlich verursacht 8.47; 14.17 ff. – organschaftliche 1.23; 6.65 f. – Saldierung 14.20 f., 14.68 – Schritte zur PrÅfung der Voraussetzungen 14.10 ff. – vororganschaftlich verursacht 8.47; 14.17 ff. – vororganschaftliche (§ 14 Abs. 3 KStG) 1.23; 6.65; 14.3, 14.29 – s.a. vororganschaftliche MinderabfÅhrung Minderheitenschutz – aktienrechtlicher 1.43 – im GmbH-Recht 10.45 f. Mindestbesteuerung 9.28 – Grenzen (§ 10 d Abs. 2 EStG) 8.3 MindestverlustÅbernahme 6.71 Mirror legislation rule 28.38 Mißbrauchsabwehr 4.9 Mißbrauchsvermeidungsnorm, § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 GrEStG 23.27, 23.53 Mitbestimmung, parittische 2.110

Stichwortverzeichnis Mittelbare Anteilsvereinigung 23.31, 23.35 Mittelbare Beteiligung 7.19 – Betriebsstttenzuordnung 27.66 f. Mittelbare finanzielle Eingliederung 12.33 ff. – Unterscheidung zur Organschaftskette 12.34 Mittelbare Organschaft 8.11; 14.65 f. – s.a. Organschaft, mittelbare – AuflÇsung des organschaftlichen Ausgleichsposten 12.44 f. – organschaftlicher Ausgleichsposten 12.43 – verdeckte Einlage 12.42 – verdeckte GewinnausschÅttung 12.42 Mittelverwendungsgebot 21.31, 21.36 Mitternachtserlass 1.67; 20.22 Mitternachtsgeschft 8.30; 12.66; 20.22 Mitunternehmer 16.14 Mitunternehmerinitiative 16.17 Mitunternehmerrisiko 16.17 Mitunternehmerschaft 16.17 – § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1.1 – doppelstÇckige 16.74 f. – mehrstÇckige 16.74 ff. Mitwirkungspflicht 4.12 Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen, bei Auslandssachverhalten 28.25 Monitoring 1.61 Muster eines GewinnabfÅhrungsvertrags (GAV) 3.64 Mutter-Tochter-Richtlinie 5.8; 8.40, 8.42 Nachsteuer, begÅnstigt besteuerter thesaurierter Ertrge 16.2 f. Nachteilsausgleich – §§ 311, 317 Abs. 1 S. 1 10.30 f. – gesellschaftsrechtlicher 1.13 Nachtragsvermerk 7.16 f. – gelungener 7.16 – misslungener 7.17 Nationaler Betriebsstttenbegriff 17.11, 17.14 f. NatÅrliche Person 16.8 Negative EinkÅnfte, bei Verlustabzugssperre 28.16 ff. Negative Steuerumlage 10.43 Negativer Feststellungsbescheid 4.35 Negativer Progressionsvorbehalt, und Verlustabzugssperre 28.25 Negativerklrung des Vorstands 2.67

Nettomethode, zur Ermittlung des Ergebnisses aus der AuflÇsung des Ausgleichspostens 14.53 Neuvertrag 7.20 Nicht abziehbare Betriebsausgaben, gemß § 8 b Abs. 5 KStG 1.20 Nicht (vollstndig) vorsteuerabzugsberechtigtes Unternehmen 1.63 Nichtanwendungserlass 7.38; 15.40; 25.9; 27.13 Nichtbeanstandungsregelung, der Finanzverwaltung 6.56 NichtdurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags (GAV) 11.69 Nichtigkeit, des Jahresabschlusses 13.24 f. Niederlassungsfreiheit 1.48, 1.51 – Beschrnkung 25.6; 28.49 – europische 26.22, 26.32 – gemß Art. 49 ff. AEUV 25.2 – unionsrechtliche 6.120 – Verstoß 25.10; 27.2 Nießbrauch 12.20 – am Ausgleichsanspruch 15.49 – und Organschaft 12.20 f. Non-Profit-Organisation 21.1 ff. Nordea Bank, Urteil des Europischen Gerichtshofs 5.61 ff. Novation 3.56 ff.; 7.29 f. Novellierung des Umwandlungssteuergesetzes 20.75 Nullausgleich 15.20 ffentlich-rechtliche KÇrperschaft 21.1 ff. – s.a. gemeinnÅtzige KÇrperschaft – als Teil der Organschaft 21.1 ff., 21.4 rtliche Zustndigkeit, fÅr die Besteuerung der Organschaft 7.2 f. sterreich, Gruppenbesteuerung 9.40 ff. Offenbare Unrichtigkeit 7.17 Offensichtliche Unrichtigkeit – Begriff (i.S.v. § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG) 3.66 – im GewinnabfÅhrungsvertrag (GAV) 3.66 OHG 16.17 Organeinkommen, Zurechnung bei Ausscheiden eines Gesellschafters 16.37 ff. Organgesellschaft 16.8 ff. – als Betriebssttte 4.56 – als Bilanzierungssubjekt 1.6, 1.38 – als eigenstndiges Feststellungssubjekt/KÇrperschaftsteuersubjekt 4.12

1073

Stichwortverzeichnis – als eigenstndiges KÇrperschaftsteuersubjekt 1.6 – als Teilbetriebsverußerung 20.25 – atypisch stille Beteiligung 3.23 – AuflÇsung 14.49 – AuflÇsung durch den Alleingesellschafter 20.13 – auslndische 3.19 – auslndische Tochtergesellschaft 3.43 – Besonderheiten bei der Rechtsform der GmbH 15.25 ff., 15.32 ff. – Bruttomethode 13.78 ff. – Eignung 3.18 ff. – Einkommen 13.2, 13.57 ff. – faktische Abwicklung 20.23 – finanzielle Eingliederung 3.29 – Gesamtbetriebsverußerung 20.23 f. – Gewinn 13.60 – GewinnabfÅhrungsvertrag (GAV) 3.30 ff. – s.a. GewinnabfÅhrungsvertrag (GAV) – hybride 4.38 – im Gewerbesteuerrecht 16.15 – Jahresabschluss 13.4, 13.15, 13.19, 13.46 – Kapitalgesellschaft 3.18 – Sanierung 11.68 – Sitz und Ort der Geschftsleitung (Inland/Ausland) 3.28; 9.2 – Spendenabzug 13.68 – steuerbefreite KÇrperschaft 3.27 – Steuersubjekt 1.38 – stille Gesellschaft 3.21 – Tracking Stock-Modell 3.24 – typisch stille Beteiligung 3.22 – verdeckte Einlage 13.66 ff. – verdeckte GewinnausschÅttung 13.62 ff. – Verlustabzug 13.71 ff. – Verluste 13.109 – VerlustrÅcktrag 13.17 – Verlustvortrag 11.68 – Verschmelzung 20.45 ff. – Vorgesellschaft 3.26 – VorgrÅndungsgesellschaft 3.25 – Zurechnung des Einkommens beim Organtrger 13.86 ff. Organisationsvertrag 2.20 Organisatorische Eingliederung 1.12 f. – bei Insolvenz der Organgesellschaft 1.12 – in der Rechtsprechung 6.18 ff. Organkreis 23.8, 23.16, 23.23, 23.34 – Anteilsvereinigung 23.23 ff.

1074

– Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben 6.110 f. – fortgefÅhrter 23.40 ff. – grunderwerbsteuerlicher 1.16 – umsatzsteuerlicher 1.3 – Vernderungen durch Anteilsverschiebung 23.37 ff. – Vernderungen durch Umwandlung 23.40 ff. – verdeckte GewinnausschÅttung 13.120 – Zinsschrankenwirkung (§ 15 Nr. 3 KStG) 1.61 Organkreisfiktion, bei der grunderwerbsteuerlichen Organschaft 1.15 Organschaft 16.14 f. – als Finanzierungsinstrument im Konzern 1.3 – als Gestaltungsmittel 16.13 – als Gewinntransferinstrument im Konzern 1.3 – als Verlustnutzungsinstrument im Konzern 1.2 – Alternativstrukturen 1.68 ff. – Anerkennung nach der Rechtsprechung des BFH 15.38 ff. – Ausgleichsposten 20.65 ff. – Bedeutung im Grunderwerbsteuerrecht 23.1 ff. – beendete 13.53 – Beendigung 11.10 ff.; 20.9, 20.96; 24.33 ff. – Beendigung durch Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags 11.11 ff. – Beendigung durch gewollte ZerstÇrung 11.67 ff. – Beendigung durch Wegfall sonstiger Organschaftsvoraussetzungen 11.55 ff. – Beginn 11.1 ff. – bei Non-Profit-Organisationen 21.1 ff. – Beschrnkung auf das Inland 22.70 ff. – Divergenz in der Anerkennung 7.11 – Einkommenszurechnung 20.5 – ertragsteuerliche Rechtsgrundlagen 1.5 ff. – ertragsteuerliche (§§ 14 ff. KStG) 1.3; 10.21; 16.7 ff. – s.a. Ertragsteuerliche Organschaft – faktische 1.3, 1.65 f. – Fehlerquelle richtige Vereinbarung der Mindestlaufzeit 3.33 – Fortsetzung im Umwandlungsfall 8.43

Stichwortverzeichnis – gesellschaftsrechtliche Grundlagen 2.1 ff. – Gestaltungspotential in Bezug auf die Zinsschranke 19.63 ff. – Gewerbesteuerbelastung 8.23 ff. – gewerbesteuerliche 1.24; 4.56 ff.; 7.4, 7.47 ff. – gewerbesteuerliche, Betriebsstttenkonzept 1.36 – gewerbesteuerliche, Vorteile 16.14; 25.1 – grenzÅberschreitende 1.52; 8.52 ff.; 9.2; 22.71; 25.1 ff. – grunderwerbsteuerliche 1.14 ff.; 23.7 – s. a. grunderwerbsteuerliche Organschaft – haftungserweiternde Wirkung 1.60 – Haftungsverbund 1.19 – Heilung 3.38 – im GemeinnÅtzigkeitsrecht 21.29 ff. – im Veranlagungsverfahren 7.1 ff. – Inlandsbegrenzung 1.19 – Insolvenz 24.1 ff. – Insolvenzanfechtung 24.40 ff. – internationale 25.1 ff. – internationale BezÅge 1.48 ff. – Kapitalertragsteuer 8.21 – kein Steuerprivileg 1.19 – kÇrperschaftsteuerliche 1.22 ff.; 24.45 ff.; 25.1 – kÇrperschaftsteuerliche, internationale ffnung 1.23 – lÅckenlose 20.52 – mehrstÇckige 14.63 – mehrstufige 20.40, 20.43 – mit auslndischer Gesellschaft 3.42 ff. – mittelbare 8.11; 12.41 ff.; 14.65 f. – Nachteile in Bezug auf die Zinsschranke 19.66 – nahtlose Fortsetzung 20.22, 20.42 f., 20.47, 20.54, 20.72 – NeubegrÅndung 20.22 – Nichtanerkennung 3.84; 16.60 – Çffentlich-rechtliche KÇrperschaften als Teil 21.1 ff. – Çrtliche Zustndigkeit fÅr die Besteuerung 7.2 f. – partielle Durchbrechung des kÇrperschaftsteuerlichen Trennungsprinzips 4.5 – Rechtsentwicklung 1.20 ff. – rechtsformspezifische Beschrnkung 1.19 – rÅckwirkende BegrÅndung 20.44

– Rumpfwirtschaftsjahr whrend der Laufzeit 3.82 – Rumpfwirtschaftsjahr zu Beginn 3.81 – Sanierung 24.1 ff. – Sonderbestimmungen 1.8 – Steuereffekte 8.4 ff. – steuerliche Anerkennung 15.63 – Steuersatzeffekte 8.13 f. – umsatzsteuerliche Rechtsentwicklung 1.30 ff. – umsatzsteuerliche Rechtsgrundlagen 1.9 ff. – umsatzsteuerliche, § 2 Abs. 2 UStG 1.3, 1.9 ff., 1.30, 1.62 ff.; 10.21; 16.107 ff.; 22.1 ff.; 24.12 ff.; 25.1 – umsatzsteuerliche, Beginn 22.94 – umsatzsteuerliche, Ende 22.95 f. – umsatzsteuerliche, Entwicklung 22.1 ff. – umsatzsteuerliche, Rechtsfolgen 22.83 ff. – umsatzsteuerliche, Voraussetzungen 22.20 ff. – umsatzsteuerliche, Zweck 22.14 ff. – und Nießbrauch 12.20 f. – und Umwandlungen 8.43 ff. – und Unterbeteiligung 12.22 – und Unternehmenskauf 20.2 ff. – s.a. Unternehmenskauf – unerkannte umsatzsteuerliche 22.98 ff. – unionsrechtliche Prgung 5.78 ff. – unionsrechtlicher Einfluss 5.1 ff. – Unionsrechtswidrigkeit 25.4, 25.6, 25.8 – verfahrensrechtliche Grundlagen 4.11 ff. – Verfassungsfragen 1.54 ff.; 4.7 f. – verfassungsrechtliche Grundlagen 4.1 ff. – vertragliche 1.65 f. – verunglÅckte 1.43; 3.50; 7.12, 7.51; 13.96; 15.63; 18.1 ff. – s.a. verunglÅckte Organschaft – verunglÅckte umsatzsteuerrechtliche 22.98 ff. – volle 1.65 f. – Voraussetzungen 13.1, 13.3 ff. – Vorteile in Bezug auf die Zinsschranke 19.63 ff. – Weiterentwicklung zum Gruppenbesteuerungskonzept 1.71 ff. – Wiederbelebung nach Organschaftspause 11.70 ff. – Wirksamkeit 3.48

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Stichwortverzeichnis – wirtschaftliche Bedeutung 1.58 ff. – Zinsschranke 19.1 ff. – Zustndigkeitsvereinbarung (§ 27 AO) 7.3 – zwischen inlndischen Schwestergesellschaften 3.47 ff.; 5.83 Organschaftliche Ausgleichsposten 20.65 ff. Organschaftliche MehrabfÅhrungen 6.66, 6.75 ff. Organschaftliche MinderabfÅhrungen 6.66, 6.75 ff. Organschaftskette 1.38, 1.52, 1.59; 8.10 f.; 13.89, 13.103, 13.123; 14.63 – Bruttomethode 13.123 – Unterbrechung bei Zwischenschaltung einer Personengesellschaft 8.11 – Verußerung der Beteiligung 13.102 OrganschaftslÅcke 11.19 Organschaftspause 1.46, 1.67; 8.44; 11.70 ff. Organschaftsrecht – deutsches 9.2 – steuerliches 1.2 Organschaftsreform – Kleine 1.5, 1.19, 1.23, 1.36, 1.71; 4.20; 5.80; 6.1, 6.9, 6.35, 6.109, 6.131; 7.26; 8.52 f.; 10.1, 10.9; 13.1; 16.16, 16.42 ff., 16.97, 16.121; 17.7 ff.; 18.15; 20.20; 25.3, 25.9 f., 25.12 f.; 27.4 ff., 27.14 ff.; 28.2, 28.4 – Kleine, HeilungsmÇglichkeiten fÅr fehlerhafte JahresabschlÅsse 1.43 Organschaftsverbot, zeitlich befristetes fÅr Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen 1.20 Organschaftsverhltnis – Beendigung 20.96 – Erweiterung 23.39 Organschaftsvertrag 1.7 Organtrger 16.8 ff. – als eigenstndiges Feststellungssubjekt/KÇrperschaftsteuersubjekt 4.12 – atypisch stille Beteiligung 3.13 – atypisch stille Gesellschaft 3.12 ff. – auslndische Muttergesellschaft 3.42 – auslndischer 13.7, 13.88 – Beteiligungsaufwendungen 8.15 – Betrieb gewerblicher Art (BgA) 3.8 – Bruttomethode 13.118 ff. – Eignung 3.3 ff. – Einkommen 13.106 ff. – Einzelunternehmer 1.6 – Gesamtbetriebsverußerung 20.6 – Holding 17.1 ff.

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– – – –

inlndische Betriebssttte 13.88 Jahresabschluss 13.46 Kapitalgesellschaft 3.5 Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) 3.6 – Personengesellschaft 1.6; 3.9; 13.86 – Schachtelprivileg 13.125 – Spendenabzug 13.117 – steuerbefreite KÇrperschaft 3.7 – steuerlicher Querverbund 13.129 – stille Gesellschaft 3.11 – Tracking Stock-Modell 3.13 – Treuhand-KG 3.10 – typisch stille Beteiligung 3.13 – verdeckte Einlage 13.115 – verdeckte GewinnausschÅttung 13.115 – Verlustvortrag 11.68 – Verschmelzung 20.39 ff. – Vorgesellschaft 3.15 – VorgrÅndungsgesellschaft 3.14 – Zinsschranke 13.128 – Zurechnung 13.86 ff., 13.91 ff. Organtrger-Personengesellschaft 1.38; 8.26; 16.16 – Anspruch auf GewinnabfÅhrung 20.73 – Anwendbarkeit der Verlustabzugssperre (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG) 28.9 – AuflÇsung 20.51 – Einkommenszurechnung 20.5 – Gesellschafterwechsel 6.60 ff. – mit auslndischen Gesellschaftern 16.49; 17.12, 17.21 ff. – mit inlndischen Gesellschaftern 17.13 – Verußerung von Anteilen 14.44; 20.4 – Zurechnung des Organeinkommens bei Gesellschafterwechsel 6.60 ff. Organtrgerfhigkeit 7.18 Originre Gesamtgewinnermittlung 9.15 Outbound-Investition 8.1, 8.40 ff. – Direktinvestition in Form einer auslndischen Betriebssttte/Personengesellschaft 8.41 – Direktinvestition in Form einer auslndischen Kapitalgesellschaft 8.42 Outbound-Struktur 1.51 Oy AA, Urteil des Europischen Gerichtshofs (EuGH) 5.36 ff.; 9.5; 10.9; 25.5

Stichwortverzeichnis Papillon, Urteil des Europischen Gerichtshofs (EuGH) 5.45 f. Parittische Mitbestimmung 2.110 Partenreederei 16.17 Partiarisches Darlehen 3.22 Partielle Steuerpflicht 21.29 Passiver Ausgleichsposten, nach § 14 Abs. 4 S. 1 KStG, s. Ausgleichsposten, passiver Patronatserklrung 7.30 – harte 10.59 Personalfunktion 27.49 ff. Personen-Investitionsgesellschaft 16.17 Personengesellschaft 2.22, 2.24; 16.1 ff., 16.8 – als Organtrger 8.26, 8.32; 12.32; 13.104, 13.126; 16.1 ff., 16.6, 16.16 ff. – als Organtrger einer umsatzsteuerlichen Organschaft 16.107 ff. – als Organtrger, Beginn der gewerblichen Ttigkeit 16.31 ff. – als Organtrger, eigengewerbliche Ttigkeit 16.16 – doppelstÇckige 8.26 – erbschaftsteuerbegÅnstigte VermÇgensÅbertragung 16.4 – Holdingstruktur 16.1 ff. – Transparenzprinzip 1.34 Personengesellschaft auslndischen Rechts 16.17 Personengesellschafts-Holding 16.5 Personenidentitt, in den GeschftsfÅhrungsorganen 22.62 Pfndung 7.31 – und Organschaft 12.23 Phasengleiche Verlustverrechnung 5.41 Philips Electronics-Entscheidung, Urteil des Europischen Gerichtshofs 1.53; 5.50 f.; 9.120; 28.48 f. Polen – Gruppenbesteuerung 9.70 ff. – s.a. steuerliche Kapitalgruppe Polysar-Entscheidung des EuGH 17.27 Poolvertrag 12.26 Poolwirkung 1.50 Prinzip der stufenweisen Zurechnung 9.56 Progressionsvorbehalt, negativer und Verlustabzugssperre 28.25 PrÅfvermerk, s. Besttigungsvermerk Put-Option 11.39 Qualifizierte Stimmrechtsmehrheit 12.5

Querkonsolidierung 12.14 f. Querverbund, steuerlicher 13.85, 13.129; 21.23 Realteilung 20.29, 20.50 Recht des faktischen Konzerns 10.30 Rechtsakt fÅr die AusÅbung der Zustndigkeiten der Union 5.6 ff. Rechtsangleichungsgrundnorm 5.3 Rechtsanwalt 13.41 Rechtsbehelfsbefugnis 4.54 Rechtsentwicklung, der Organschaft 1.20 ff. Rechtsfhigkeit, zivilrechtliche 4.4 Rechtsformabhngige Besteuerung 4.2 Rechtsformneutralitt 22.32 Rechtsfragen, bilanzielle 13.32 Rechtsinstitut der Organschaft 9.2 Rechtskonzept der Organschaft 1.33 ff. Rechtsnachfolge, steuerliche bei Umwandlung 20.38 Rechtsprechung – DBA-rechtliche Aspekte 6.130 f. – des BFH zur wirtschaftlichen Eingliederung 17.16 – unionsrechtliche Aspekte 6.120 ff. – verfahrensrechtliche Aspekte 6.104 ff. – verfassungsrechtliche Aspekte 6.112 ff. – zu den gewerbesteuerlichen Aspekten der Organschaft 6.84 ff. – zu den Rechtsfolgen einer Organschaft 6.58 ff. – zu den Voraussetzungen einer Organschaft 6.5 ff. – zum GewinnabfÅhrungsvertrag 6.21 ff. Rechtsprechung des Europischen Gerichtshofs (EuGH) – mit Organschaftsbezug 5.28 ff. – mit Organschaftsbezug, A OY 5.52 f. – mit Organschaftsbezug, Felixstowe 5.56 f. – mit Organschaftsbezug, K 5.54 f. – mit Organschaftsbezug, KR Wannsee 5.42 ff. – mit Organschaftsbezug, Lidl Belgium 5.39 ff. – mit Organschaftsbezug, Marks & Spencer 5.31 ff. – mit Organschaftsbezug, Nordea Bank 5.61 ff. – mit Organschaftsbezug, Oy AA 5.36 ff.

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Stichwortverzeichnis – mit Organschaftsbezug, Papillon 5.45 f. – mit Organschaftsbezug, Philips Electronics UK 5.50 f. – mit Organschaftsbezug, REWE Zentralfinanz 5.34 ff. – mit Organschaftsbezug, SCA Group Holding 5.58 ff. – mit Organschaftsbezug, X Holding 5.47 ff. Rechtsschutz, einstweiliger 4.55 Rechtsschutzklarheit 4.15 Rechtsschutzkonzentration 4.53 Rechtssicherheit 4.21 Rechtstypenvergleich 23.19 RETT-Blocker-Struktur 23.6 REWE Zentralfinanz, Entscheidung des Europischen Gerichtshofs (EuGH) 5.34 ff. Richtlinien-Umsetzungsgesetz vom 9.12.2004 6.112 RÅckabwicklung 9.63 RÅckanknÅpfung – tatbestandliche 28.14 – s.a. RÅckwirkung, unechte RÅckbewirkung von Rechtsfolgen 28.14 f. – s.a. RÅckwirkung, echte RÅckstellung, wegen drohender VerlustÅbernahme 13.114 RÅckverweisung 26.35, 26.38 RÅckwirkende BegrÅndung, der Organschaft 20.44, 20.61 RÅckwirkende Herstellung, der Organtrgereignung 20.59 RÅckwirkende Umwandlung 3.34 RÅckwirkende Verschmelzung 12.56 RÅckwirkender Teilwertansatz, Vermeidung 16.28 RÅckwirkung 4.10; 6.15 – echte 28.14 f. – gemß § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG 12.48 – steuerliche 6.31 ff.; 20.36, 20.44, 20.47, 20.62; 23.8 – unechte 6.113; 28.14 – unzulssige 28.13 RÅckwirkungsfiktion 1.45; 6.15 – steuerliche gemß § 2 Abs. 1 UmwStG 20.36 – umwandlungssteuerliche (§§ 2, 20 Abs. 5 und 6 sowie § 24 Abs. 4 UmStG) 8.44 RÅckwirkungsfragen, bei finanzieller Eingliederung 1.44 RÅckwirkungsverbot 1.55; 2.125 RÅckwirkungszeitraum 20.35, 20.95

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Rumpfwirtschaftsjahr 6.27 ff.; 8.30; 12.52; 13.100 f. – bei der Organgesellschaft 8.30 – bei GewinnabfÅhrungsvertrag 6.27 ff.; 18.24 S-Corporation 23.19 Safe harbor 9.34 Saldierungsverbot, zwischen Mehr- und MinderabfÅhrungen 6.72 Salvatorische Klausel, im GewinnabfÅhrungsvertrag (GAV) 3.69 Satzungsstrenge, aktienrechtliche 2.28 SCA Group Holding BV-Entscheidung, Urteil des Europischen Gerichtshofs 1.52; 5.58 ff.; 9.22; 25.6 Schachtelbeteiligung 7.49 Schachteldividende 6.92; 7.49 Schachtelprivileg 8.40; 16.10 – gewerbesteuerliches 6.94 – internationales 13.82, 13.125 – Personengesellschaft 13.126 Schachtelstrafe, gemß § 8b Abs. 5 KStG 6.92, 6.133; 7.49; 8.12, 8.15, 8.55 Schdliche Gesellschafterfremdfinanzierung 19.27 ff., 19.48 Schdlicher Gesellschafterwechsel, gemß § 8 c KStG 8.6 Scheuten Solar, Urteil des Europischen Gerichtshofs (EuGH) 25.7 Schiedskonvention 5.4 Schlussgesellschafter 6.101 Schneeballsystem 9.56 Schuldenkonsolidierung 1.3; 9.7 Schuldrechtlicher AnteilsÅbertragungsanspruch 12.28 ff. Schweden, Gruppenbesteuerung 9.85 ff. Schwestergesellschaft 12.12 ff. – Ergebniskonsolidierung 8.2 – GewinnabfÅhrungvertrag 5.83 – gleich geordnete 16.113 – Organschaft 5.83 Segmentierung 6.10 Seitwrtskonsolidierung, zwischen Schwestergesellschaften 25.14 Seitwrtsverschmelzung – einer Organgesellschaft 20.46, 20.80 – eines Organtrgers 20.39 Share Deal 1.19 Sicherheitsleistung – Anspruch auf 2.147 – bei grenzÅberschreitendem GewinnabfÅhrungsvertrag 26.17 Sicherungsgeber, finanzielle Eingliederung 12.18

Stichwortverzeichnis Sicherungsnehmer, finanzielle Eingliederung 12.19 SicherungsÅbereignung 12.18 Signing 20.10 Sitztheorie 26.29 f., 26.31, 26.34, 26.37 ff. – s.a. GrÅndungstheorie Sitztheoriestaat, Verlegung 26.36 Societas Europaea 13.21 Socit Papillon, Urteil des Europischen Gerichtshofs 9.22 Solidarittszuschlag, Ausgleichszahlung an außenstehenden Gesellschafter 15.60 Soll-Besteuerung 24.2 Sonderbeschluss 2.87, 2.118, 2.123 ff., 2.134, 2.137 SonderbetriebsvermÇgen 16.26 – einer Personengesellschaft 22.50 SondervermÇgen, inlndisches 23.19 Spaltung 11.41; 20.29 – Formen 20.29 Sparte 21.3 Spartenrechnung, i.S.d. § 8 Abs. 9 KStG 21.22 ff. Spartentrennung 21.3 Spendenabzug 13.68 – beim Organtrger 13.117 – Stiftungsspenden 13.68 Sperrfrist, i.S.d. § 22 Abs.1 UmwStG 20.92 Sperrfristbehafteter Anteil, § 22 Abs. 1 UmwStG 14.28 Spezifische grunderwerbsteuerliche Zuordnung, des Grundbesitzes 23.8 f. Sphrentheorie 17.28 – in der BetriebsprÅfungspraxis 17.28 ff. Spiegelbildliche Logik der Versagung des Verlustausgleichs 5.55 Spruchverfahren 2.71, 2.89, 2.112, 2.140; 15.11 Stammhaus, Zentralfunktion 17.20 Stammhaus-Konzern 17.3 Stand-alone-Betrachtung 28.32 Stand-alone-exception 28.38 Stand-alone-Methode – Berechnung der negativen EinkÅnfte 10.38 ff. – Berechnungsmethode Steuerumlage 10.38 ff. Statusfeststellungsverfahren 4.34 Steuer, anzurechnende 4.31 ff. Steueranrechnung, gemß § 19 Abs. 5 KStG 16.65 f. Steueranrechnungsanspruch 16.64 ff.

Steuerartenspezifische Zersplitterung 10.22 Steuerbarwert 8.5 Steuerbefreite KÇrperschaft – als Organgesellschaft 3.27; 21.36 ff. – als Organtrger 3.7; 21.33 ff. Steuerbemessungsgrundlage, Harmonisierung 10.13 Steuerberater 13.41 Steuerberatungsgesellschaft 13.41 Steuerbilanz 13.15 Steuereffekte der Organschaft 8.4 ff. Steuererklrung, Berichtigung bei Verlustabzugssperre 28.13 Steuerfestsetzungsverfahren, Zustndigkeiten 4.43 f. Steuerliche Auslegung, des GewinnabfÅhrungsvertrags 6.48 ff. Steuerliche Gesamtleistungsfhigkeit 10.5 Steuerliche Kapitalgruppe, Polen 9.70 ff. Steuerliche RÅckwirkung 6.31 ff.; 23.8 Steuerlicher Querverbund 13.85, 13.129 Steuerliches Einlagekonto 7.37; 14.5, 14.37 f. Steuerliches Organschaftsrecht 1.2 Steuerpflicht, partielle 21.29 Steuerrechtlich wichtiger Grund – nderung der steuerlichen Rahmenbedingungen 11.35 – nderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen 11.36 ff. – Beendigung des GAVs ohne oder gegen den Willen der Vertragsparteien 11.54 – zur Beendigung des GAVs whrend der Mindestlaufzeit 11.25 ff. – zur Beendigung des GAVs whrend der Mindestlaufzeit, Fallgruppen 11.35 ff. – zur Beendigung des GAVs whrend der Mindestlaufzeit, Reichweite 11.34 Steuerrechtsfhigkeit 22.90 Steuersatzeffekte der Organschaft 8.13 f. Steuerstundungseffekt 10.53 Steuersubjektprinzip 1.1, 1.33 f.; 10.6 – Durchbrechung 1.6, 1.33 f. Steuerumlage 10.35 ff.; 13.69 f. – negative 10.43 – steuerliche Behandlung 10.48 Steuerumlage im Gruppenbesteuerungskonzept, Berechnungsmethoden 10.38 ff.

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Stichwortverzeichnis Steuerumlage im Konzern 16.68 f. – s.a. Konzernumlage Steuerumlagevereinbarung 9.51 Steuerumlagevertrag 10.35 ff. Steuerverbindlichkeit – als Insolvenzforderung (§ 38 InsO) 24.1 – als Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 InsO) 24.1 SteuervergÅnstigungsabbaugesetz (StVergAbG) 6.5; 16.18, 16.41; 27.26 Stiftungsspende 13.68 Stille Beteiligung 6.57 Stille Gesellschaft 20.96 ff. – s.a. atypisch stille Gesellschaft – als Organgesellschaft 3.21 – als Organtrger 3.11 – atypisch stille Gesellschaft 7.42 – typisch stille Gesellschaft 7.42 Stille Reserve 2.11 Stille-Reserven-Klausel – § 8c Abs. 1 Stze 6 - 9 KStG 1.35; 20.3 – 7.39 f.; 8.39 Stimmbindung 12.7 Stimmenmehrheit, einfache 12.4 Stimmrechtsbeschrnkung 12.25 ff. Stimmrechtsmehrheit 23.20 – qualifizierte 12.5 Stimmrechtsverbot 12.25 Stimmrechtsvollmacht 12.7, 12.25 Strategische Beteiligung 17.31 Streubesitz 13.124 Strukturneutralitt der Besteuerung 9.49 Stundung 7.31 – Anspruch auf GewinnabfÅhrung 3.62 Substanzwert 13.110 Supermarkt-Entscheidung des Bundesgerichtshofs 2.60 Symmetriethese 28.34 System des Einzelausgleichs 10.31 Systematik der Einkommensermittlung, gemß KÇrperschaftsteuerrichtlinien 28.16 Tatbestandliche RÅckanknÅpfung 6.113; 28.14 – s.a. RÅckwirkung, unechte Teilabzugsverfahren 8.16 Teilbetriebsausgliederung 20.38, 20.55 Teilbetriebsverußerung, Organtrger 20.7

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TeileinkÅnfteverfahren 1.5, 1.23; 8.13, 8.16; 14.53, 14.55; 16.11 – Anwendung auf der Ebene des Organtrgers 13.118 ff. – Ausgleichszahlung an außenstehenden Gesellschafter 15.47 TeilgewinnabfÅhrungsvertrag 2.1, 2.74; 6.57 Teilkonzernabschluss 19.43 Teilverußerung, der Organbeteiligung, s. anteilige Verußerung der Organbeteiligung Teilwert 13.108 Teilwertabschreibung 7.46; 13.108 ff. – s.a. Forderungsabschreibung – abfÅhrungsbedingte 13.111 – auf Beteiligung 13.108 – eines aktiven Ausgleichspostens 14.62 – Ertragswert 13.110 – Forderung 13.112 – funktionale Bedeutung 13.110 – niedrigerer 13.109 – Substanzwert 13.110 Territorialittsprinzip 5.33 Testat 13.41 ThesaurierungsbegÅnstigung, gemß § 34a EStG 16.104 Tilgungsbestimmung 24.40 f. Timac Agro, Rechtssache vor dem EuGH zur Frage finaler Verluste 5.69 Totalgewinn 21.7 Totalgewinnprognose 21.7, 21.16 Trabrennbahn-Entscheidung des BGH 26.40 Tracking-Stock-Modell/-Struktur 1.69; 15.42 – am Organtrger (auf Ebene des Organtrgers) 3.13 – an der Organgesellschaft 3.24 – Begriff 3.13 Transparenzprinzip 1.1, 1.34 Treaty Override 28.56 Trennungsprinzip 1.1; 4.4 ff.; 8.3, 8.36; 9.1 ff.; 10.6 – kÇrperschaftsteuerliches 4.4 – partielle Durchbrechung bei der Organschaft 4.5 – verfahrensrechtliches 4.12 Trennungstheorie 6.2 Treuepflicht, gesellschaftsrechtliche 2.15, 2.64 Treugeber, finanzielle Eingliederung 12.18 Treuhnder, finanzielle Eingliederung 12.19

Stichwortverzeichnis Treuhand-KG, als Organtrger 3.10 Treuhand-Personengesellschaft (Treuhandmodell) 1.69 Treuhandverhltnis, finanzielle Eingliederung 12.18 Treuhandvertrag, finanzielle Eingliederung 12.48 Typenvergleich 3.19; 9.2, 9.46; 16.17 Typisch stille Beteiligung – am Organtrger 3.13; 20.97 – an einer Organgesellschaft 3.22; 20.99 Typisch stille Gesellschaft 16.25 Typisierter Empfngerhorizont der Finanzverwaltung 28.45 bergangsregelung 6.112 ff. berkompensation, Gewerbesteueranrechnung gem. § 35 EStG 16.71 f. berleitungsrechnung, passiver Ausgleichsposten 14.30 bermaßbesteuerung 15.8 bernahmeangebot 2.31 bernahmeergebnis – außerbilanzielle Korrektur 20.83 – steuerbilanzielles 20.82 – Zurechnung bei Organschaft 20.85 bernahmegewinn 14.16 – AbfÅhrungspflicht 20.81 bernahmeverlust 20.81 – Verlustausgleichsverpflichtung nach § 302 AktG 20.81 bertragungsergebnis 20.74, 20.78 bertragungsgewinn – Besteuerung 20.75 – handelsbilanziell 20.75 – Verrechnung mit Verlusten 20.77, 20.95 – Zurechnung 20.76 bertragungsstichtag, steuerlicher 20.45 f., 20.51, 20.55, 20.57, 20.60, 20.75 berwachungsbogen 7.9 UK-LLP 23.19 Umhngung innerhalb einer Beteiligungskette 12.38 Umlagegewinn 10.38 Umsatzsteuer-Identifikationsnummer 22.83 Umsatzsteuerberichtigungsverbindlichkeit 24.38 Umsatzsteuerliche Organlehre 1.30 Umsatzsteuerliche Organschaft 1.30 ff.; 22.1 ff.; 24.12 ff. – s.a. Organschaft, umsatzsteuerliche – gemß § 2 Abs. 2 Nr. UStG 16.107 ff.

Umsatzsteuerliche Rechtsgrundlagen, der Organschaft 1.9 ff. Umsatzsteuerlicher Unternehmer 16.108 Umstellung des Geschftsjahres 20.14, 20.22 Umstrukturierung 20.1, 20.27 ff. Umwandlung 14.16, 14.45 ff.; 20.1, 20.27 ff. – als steuerrechtlich wichtiger Grund zur Beendigung des GAV 11.31, 11.41 – AuflÇsung von Ausgleichsposten 20.69 – Einkommenszurechnung 13.105 – formwechselnde 20.59 ff. – unter Beteiligung einer Organgesellschaft 20.74 ff. Umwandlungsform – nach Umwandlungsgesetz 20.27 ff. – praxisrelevante 20.27 ff. Umwandlungssteuererlass 14.45 Umwandlungssteuerliche RÅckswirkungsfiktion, gemß §§ 2, 20 Abs. 5 und 6 sowie § 24 Abs. 4 UmwStG) 8.44 Umwandlungsstichtag, handelsrechtlicher 20.33 Unbeschrnkte Steuerpflicht, der Organgesellschaft 27.7 Unechte RÅckwirkung 6.113 Uneinbringlichkeit, von Forderungen 24.33 ff. Uneingeschrnkter Besttigungsvermerk 13.37 – zu einem Konzernabschluss 13.39 Uneingeschrnktes Einheitskonzept 9.14 f. Unionsrechtskompatibilitt 1.51 ff. Unterbeteiligung, und Organschaft 12.22 Unterjhrige Beendigung des ErgebnisabfÅhrungsvertrags 20.35 Unterjhrige bertragung, der Anteile an einer Organgesellschaft 20.17 Unterjhrige Verußerung 20.12 ff., 20.18 Unterjhrige Verschmelzung 20.72 Unterjhriger Beteiligungserwerb 20.3 Unterjhriger Stichtag 20.34 Unterjhriger Verkauf einer Organbeteiligung 12.51 Unterkapitalisierung 9.34 Unterkapitalisierungsregeln 9.34 f., 9.81, 9.122

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Stichwortverzeichnis Unterkompensation, Gewerbesteueranrechnung gem. § 35 EStG 16.72 Unternehmen, wirtschaftliche Verflochtenheit 4.2 Unternehmensbegriff – des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 23.13 – umsatzsteuerlicher 23.16 Unternehmensbesteuerung 4.2 Unternehmenseinheit 4.12 Unternehmensgruppe 9.41 Unternehmenskauf – Verußerung der Anteile am Organtrger 20.2 ff. – Verußerung der Anteile an der Organgesellschaft 20.8 ff. – Verußerung des Geschftsbetriebs der Organgesellschaft 20.23 ff. – Verußerung des Geschftsbetriebs des Organtrgers 20.6 f. Unternehmenssteuerrecht 1.1 Unternehmenssteuerreform 2008 (UntStRG 2008) 16.12 Unternehmensverbund 1.42; 4.2 Unternehmensvertrag, im Sinne des § 291 AktG 23.15, 23.48 Unternehmerfreiheit, freiheitsrechtlich geschÅtzt durch Art. 2 Abs. 1 GG 4.2 Up-stream 23.41 Up-Stream-Verschmelzung 14.16 Urenkelgesellschaft, schwedisches Steuerrecht 9.91 Variable Ausgleichszahlung 15.21 Verußerung – als steuerrechtlich wichtiger Grund zur Beendigung des GAV 11.30 – der Organbeteiligung 11.39; 14.40 – s.a. anteilige Verußerung der Organbeteiligung – des Geschftsbetriebs der Organgesellschaft 20.23 ff. – des Geschftsbetriebs des Organtrgers 20.6 f. – von Anteilen am Organtrger 20.2 ff. – von Anteilen an einer Organgesellschaft 20.8 ff. – von Anteilen an einer OrgantrgerPersonengesellschaft 14.44; 20.4 Veranlagungsabschnitt 24.3 Veranlagungsbezirk 7.1 Veranlagungsverfahren 7.1 ff. Verbindliche Auskunft 4.16; 11.32 Verbundbesteuerungssystem 25.2

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Verbundene Unternehmen, Besteuerung 9.9 ff. Verbundleistungsfhigkeit 10.5 Verdeckte Einlage 13.62 ff., 13.66, 13.115 f.; 14.48; 15.36, 15.61 f.; 18.4 Verdeckte GewinnausschÅttung, s. GewinnausschÅttung, verdeckte Vereinbarungstreuhand 16.23 Vereinigtes KÇnigreich – Gruppenbesteuerung 9.111 ff. – s.a. Group relief VerfahrensÇkonomie 4.21 Verfahrensrecht 4.11 ff. Verfahrensrechtliche Grundlagen, der Organschaft 4.11 ff. Verfahrensrechtliche Grundlagen-/Folgebescheid-Beziehung, gemß § 14 Abs. 5 KStG 16.97 ff. Verfahrensrechtliche Selbstndigkeit 4.18 Verfahrensrechtliche VerknÅpfung 4.14 Verfahrensregeln 4.11 Verfahrenstrennung 4.12 Verfassungsfragen – bei ertragsteuerlicher Organschaft 1.54 ff. – bei umsatzsteuerlicher Organschaft 1.57 Verfassungsrecht 4.1 ff. – fÅr die Organschaft 4.1 ff. VergÅtung fÅr Fremdkapital, s. FremdkapitalvergÅtung Verhltnismßigkeit, bei unechter RÅckwirkung 28.14 Verhinderung der grenzÅberschreitenden doppelten Verlustnutzung 8.37, 8.53 ff. Verlust – aus nichtorganschaftlicher Zeit 13.73 – aus organschaftlicher Zeit 13.73 – finaler 25.4 – vororganschaftlicher 13.75 Verlustabzugsbeschrnkung – § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG 13.72 – § 8c KStG 1.8, 1.23, 1.35 Verlustabzugssperre – § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG 1.49; 5.80; 28.1 ff. – § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG, grenzÅberschreitender GewinnabfÅhrungsvertrag 26.26 – § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG, Unionsrechtskompatibilitt 1.53 – Anwendungsbeispiele 28.30 ff.

Stichwortverzeichnis – Anzeige- und Berichtigungspflichten (§ 153 AO) 28.42 ff. – bei Auslandsbetriebssttten 28.34 – BerÅcksichtigung bei der Besteuerung im Ausland 28.23 ff. – doppelt ansssige Gesellschaften 28.39 ff. – Feststellungslast 28.41 – grenzÅberschreitende 28.1 ff. – negative EinkÅnfte 28.16 ff. – Problemkreise in der Beratungspraxis 28.59 – Rechtsfolgen 28.29 – rÅckwirkende 1.55 – Tatbestandsvoraussetzungen 28.16 ff. – Vereinbarkeit mit Doppelbesteuerungsabkommen 28.56 f. – Vereinbarkeit mit Unionsrecht 28.48 ff. – Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht 28.52 ff. – Verhltnis zur Zinsschranke 28.22 Verlustallokation – horizontale 9.118 – vertikale 9.118 Verlustausgleich 2.40 – Anspruch auf 2.81 f. – Entstehung, Flligkeit 2.85 ff. – HÇhe 2.81 ff. – innerhalb des Organkreises 15.45 Verlustausgleichsanspruch – der Organgesellschaft 11.21 – Verrechnung 3.63 – Verzicht auf die Geltendmachung 18.8 – Verzinsung 3.75 Verlustausgleichspflicht/-verpflichtung 2.81 ff., 2.142 – ErfÅllung 3.51 ff. – gemß § 302 AktG 20.81; 24.24 – HÇhe 3.45 VerlustberÅcksichtigung, mehrfache, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG 10.66 Verlustkompensation, im Organkreis 4.5 VerlustkÅrzung, nach § 8c KStG 7.41 Verlustnutzung, doppelte 8.37, 8.53 ff.; 9.120; 16.52; 28.28 Verlustnutzungsbeschrnkung, gemß § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG 25.11 f. Verlustnutzungsinstrument, Organschaft 1.2 VerlustnutzungsÅberwachung 28.41 VerlustrÅcktrag 6.82 ff.; 13.77 – franzÇsisches Steuerrecht 9.28

– schwedisches Steuerrecht 9.97 – Vereinigtes KÇnigreich 9.119 VerlustÅbernahme 6.53 ff.; 10.7; 16.6 – s.a. GewinnabfÅhrung – drohende 13.114 – einseitige 18.15 – fehlerhafte 13.10 – fehlerhafte Berechnung 13.52 – Folgen bei verunglÅckter Organschaft 18.8 – Frist zur 13.51 – gemß § 302 AktG 1.43 – tatschliche 13.51 – verdeckte Regelungen im GewinnabfÅhrungsvertrag (GAV) 3.77 – vertragliche Regelung 6.53 ff. VerlustÅbernahmeklausel, im GewinnabfÅhrungsvertrag (GAV) 3.76 f. VerlustÅbernahmeverpflichtung – bei grenzÅberschreitendem GewinnabfÅhrungsvertrag 26.24 f., 26.26 – des Organtrgers 21.35 – versus Mittelverwendungsgebot 21.35 – wirtschaftliches Risiko 26.9 VerlustÅbernahmeverweis, dynamischer (§ 34 Abs. 10b KStG) 1.61 Verlustuntergang, gemß § 8c KStG 8.38 f. Verlustverrechnung – gruppeninterne beim group relief 9.111 – phasengleiche 5.41 Verlustverrechnungspotential 10.42 f. Verlustvortrag 2.8; 7.40 – bei Umwandlung der Organgesellschaft 20.94 – bei Umwandlung des Organtrgers 20.93 – bei Unternehmenskauf/-verkauf 20.3 f. – bei Verußerung von Anteilen an einer Organgesellschaft 20.11 – eingefrorener 8.8 – schwedisches Steuerrecht 9.97 – steuerwirksame Nutzung 8.7 ff. – Untergang 20.3 – Vereinigtes KÇnigreich 9.119 – Verwendung 28.27 – vororganschaftlicher 7.33 f.; 8.38; 13.75; 15.54; 20.11, 20.94 – zweifache Sperre 9.97 Verlustwegfall, gemß § 8c KStG 7.39 Vermittlungsklausel 9.92 VermÇgensverwaltung 21.29 – gemß § 11 Abs. 5 Satz 2 PublG 17.5

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Stichwortverzeichnis Verrechnung von Gewerbeverlusten 16.14 Verrechnung von VerlustausgleichsansprÅchen 3.63 Verrechnungskonto 13.6 Verrechnungsverbot, vororganschaftlicher Verluste 15.50 Verschaffung der Verwertungsbefugnis, gemß § 1 Abs. 2 GrEStG 23.3 Verschmelzung 11.41, 11.51; 12.30; 20.28 – auf einen unterjhrigen Stichtag 20.35 – einer Organgesellschaft 20.45 ff. – eines Organtrgers 20.39 ff. – rÅckwirkende 12.56 Verschmelzung zur Aufnahme 20.28 Verschmelzungsklausel 9.91 Verschmelzungsverlust 20.88 Verschulden – Begriff 13.31 – mangelndes 13.34 Verstndigungsverfahren 4.17 Verteilungsmethode, Berechnungsmethode Steuerumlage 10.38 ff. Vertikale Konzernstruktur 9.72 Vertrag Åber die Arbeitsweise der Europischen Union (AEUV) 5.1 ff. Vertrag Åber die Eropische Union (EUV) 5.1 Vertragliche Organschaft 1.65 f. Vertragskonzern 1.65; 10.30 – Schutzmechanismen 10.30 Vertragsstatut 26.4 Vertragsverletzungsverfahren – der Europischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland 5.80; 25.10; 27.2 – der Europischen Kommission gegen Vereinigtes KÇnigreich 5.65 ff. Vertrauensschutz – im Fall der echten RÅckwirkung 28.15 – im Fall der unechten RÅckwirkung 6.113; 28.14 VerunglÅckte Organschaft 1.43; 15.63; 18.1 ff. – Begriff 18.1 ff. – entfallende Haftung 18.11 – Folgen 18.4 ff. – Folgen bei verußerter Organgesellschaft 18.9 – Folgen in Konzernstrukturen 18.10 – GrÅnde 18.14 ff. – Mantelkauf 18.13 – mittelbare Folgen 18.12 f.

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– wegen Fehler bei der Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags 18.38 ff. – s.a. Fehler bei der Beendigung des GewinnabfÅhrungsvertrags – wegen Fehler bei der DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags 18.25 ff. – s.a. Fehler bei der DurchfÅhrung des GewinnabfÅhrungsvertrags – wegen fehlerhaftem GewinnabfÅhrungsvertrag 18.14 ff. – s.a. fehlerhafter GewinnabfÅhrungsvertrag – Zinsschranke 18.12 Verwaltungskonzentration 4.23 Verwaltungssitz 26.27 f. – Wegzugsfall 26.28 – Zuzugsfall 26.28 Verwendung des Verlustvortrags 28.27 Verwendungsreihenfolge, des § 27 Abs. 1 KStG 14.28; 15.52 ff. Verzinsung, Gewinnanspruch/VerlustÅbernahme 13.8 Volle Organschaft 1.65 f. Vorbehalt der NachprÅfung, nach § 164 Abgabenordnung (AO) 4.49 f.; 7.5, 7.22; 28.46 Vorgesellschaft – als Organgesellschaft 3.26 – als Organtrger 3.15 VorgrÅndungsgesellschaft – als Organgesellschaft 3.25 – als Organtrger 3.14 Vorgruppenverlust 9.29, 9.79, 9.119; 10.67 f. Vorlufiges Insolvenzverfahren, steuerrechtlich wichtiger Grund zur Beendigung des GAV 11.38 Vorlufigkeitsvermerk, Steuerfestsetzung 28.46 Vororganschaftliche MehrabfÅhrung 6.69 ff. – Begriff 6.65; 20.86 – bei Umwandlung auf eine Organgesellschaft 20.87 ff. – Rechtslage ab 2004 6.67 – Rechtslage vor 2004 6.66 Vororganschaftliche MinderabfÅhrung 6.69 ff. – Begriff 6.65 – Rechtslage ab 2004 6.67 – Rechtslage ab 2008 6.68 – Rechtslage vor 2004 6.66 Vororganschaftlicher Verlust 13.5 – fehlender Ausgleich 18.28 f. – fehlender Ausgleich, Heilung 18.29

Stichwortverzeichnis Vororganschaftlicher Verlustvortrag 7.33 f.; 8.38; 15.54 Vorrangiges Besteuerungsrechts, des Ansssigkeitsstaates eines Gesellschafters 16.58 Vorratsgesellschaft 6.16 – unterjhriger Erwerb 12.58 ff. Vorstand 13.28 Vorsteuerabzug 22.83 – bei Holdinggesellschaften 17.27 Vorsteuerberichtigungsanspruch 24.38 Vorteile gewerbesteuerlicher Organschaft 16.14 Vorweggenommene Erbfolge 16.4 – Gestaltung 16.4 Wachstumsbeschleunigungsgesetz 19.12; 23.12 Wegzugsfall, Verwaltungssitz 26.28, 26.34 ff. Weiße EinkÅnfte 1.45; 6.130; 16.55; 17.9 Weisung, durch Gesellschafterversammlung der GmbH 2.108 Weisungsrecht 2.80, 2.103, 2.107 Welteinkommensprinzip 9.16 Wichtiger Grund – fÅr die KÅndigung des GewinnabfÅhrungsvertrages 24.56 – fÅr die vorzeitige Beendigung der Organschaft 8.33 ff. – fÅr die vorzeitige Beendigung eines ErgebnisabfÅhrungsvertrages, Steuerrecht 20.64 – fÅr die vorzeitige Beendigung eines ErgebnisabfÅhrungsvertrages, Zivilrecht 20.63 Wiederaufbauhilfe 2.151 Wiederbelebung der Organschaft 1.70 ff. Willensbildungs-GbR, als Organtrger 1.25 f. Wirtschaftliche Bedeutung – der ertragsteuerlichen Organschaft 1.58 ff. – der Organschaft 1.58 ff. – der umsatzsteuerlichen Organschaft 1.62 ff. Wirtschaftliche Zweckabhngigkeit 17.17 Wirtschaftlicher Geschftsbetrieb 21.29 Wirtschaftsjahr – s.a. Rumpfwirtschaftsjahr

– abweichendes zwischen Organtrger und Organgesellschaft 1.38 f.; 13.99 f. – Åbereinstimmendes zwischen Organtrger und Organgesellschaft 13.98 WirtschaftsprÅfer 13.41 Worldwide dept cap regime 9.123 f. X Holding BV-Entscheidung, Urteil des Europischen Gerichtshofs (EuGH) 1.51; 5.47 ff.; 10.9; 25.5 Zeitlicher Bezug, zur BegrÅndung einer Organschaft 23.23 ff. Zeitnahe Mittelverwendung 3.27 Zeitpunkt 13.91 ff. Zentralfunktion des Stammhauses 17.20 Zerlegung der KÇrperschaftsteuer – nach §§ 2 - 6 Zerlegungsgesetz (ZerlG) 7.9 – Zweck 7.9 Zerlegungserklrung 7.9 Zerlegungsverfahren 7.9 – gemß § 28 GewStG 1.41 Zersplitterung, steuerartenspezifische 10.22 Zins- und LizenzgebÅhren-Richtlinie 5.8 Zinsabzugsbeschrnkung, im franzÇsischen Steuerrecht 9.33 ff. Zinsaufwand – im Sinne der Zinsschranke 19.5 – Verlagerung ins Ausland 9.11 – s.a. debt push down Zinsertrag, im Sinne der Zinsschranke 19.9 Zinsertrag-Richtlinie 5.8 Zinssaldo 19.4 Zinsschranke – § 15 S. 1 Nr. 3 S. 3 KStG 7.40 – § 4h EStG, § 8a KStG 9.10; 19.1 ff. – 1.20, 1.23; 8.17 ff.; 13.84, 13.128; 18.4 – als Fremdfinanzierungsregelung 19.1 – als Gewinnermittlungsvorschrift 28.22 – Anwendung beim Organtrger 13.128 – Ausnahme Escape Klausel 19.21 ff., 19.42 ff. – Ausnahme Freigrenze 19.18, 19.38 – Ausnahme Konzernklausel 19.19 f., 19.39 ff. – Ausnahmen 19.17 ff. – Begriff 19.2

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Stichwortverzeichnis – bei verunglÅckter Organschaft 18.12 – Escape-Klausel (§ 4 h Abs. 2 Satz 1 EStG) 8.18 – europarechtliche Beurteilung 25.7 – Europarechtskonformitt 19.40 – Funktions- und Wirkungsweise 19.2 ff. – Verhltnis zur Zinsschranke 28.22 – ZerstÇrung der Organschaft 11.68 Zinsschranken-Bruttomethode 28.22 Zinsschrankenwirkung, eines Organkreises (§ 15 Nr. 3 KStG) 1.61 Zinsvortrag 19.15 f. – auf Ebene des Organtrgers 19.54 – Beendigung der Organschaft 19.61 – bei Kapitalgesellschaften/KÇrperschaften 19.26 – bei Umwandlung der Organgesellschaft 20.94 – bei Umwandlung des Organtrgers 20.93 – bei Unternehmenskauf/-verkauf 20.3 f. – bei Verußerung des Geschftsbetriebs der Organgesellschaft 20.24 – bei Verußerung von Anteilen an einer Organgesellschaft 20.11 – des Organtrgers bei Beendigung der Organschaft 8.20 – Untergang 19.16, 19.37; 20.3 – vororganschaftlicher 19.36, 19.54; 20.11, 20.94 – whrend der Organschaft 19.35 Zivilrechtliche Rechtsfhigkeit 4.4 Zivilrechtsakzessoriett, von Ergnzungstatbestnden bei der Grunderwerbsteuer 23.6 Zuflusszeitpunkt 15.56 Zurechnung – bei Umwandlung 13.105 – bei Verußerung 13.102 – erstmalige 13.91 ff., 13.95 – Gesamtbetrag der EinkÅnfte 13.90 – Organschaftskette 13.103 – Personengesellschaft 13.104 – whrend der Organschaft 13.97 ff.

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Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft – beim Organtrger 13.86 ff. – zeitliche Zurechnung 13.91 ff. Zurechnungskonzept 1.3; 9.14 f., 9.55 – Durchbrechung 1.37 – kÇrperschaftsteuerliche Organschaft 1.37 ff. Zurechnungstheorie 1.2, 1.21 – modifizierte 1.24 Zusammenfassende Meldung 22.83 Zusammenfassung, von Betrieben gewerblicher Art (BgA) 21.2 Zusammenveranlagung 9.14 Zusammenveranlagungsmodell 9.14 – eingeschrnktes Einheitskonzept 9.14 f. – uneingeschrnktes Einheitskonzept 9.14 f. – Zurechnungskonzept 9.14 f. Zustndigkeit, Çrtliche, fÅr die Besteuerung der Organschaft 7.2 f. Zustndigkeitsvereinbarung, im Sinne von § 27 Abgabenordnung (AO) 7.3 Zustimmungspflicht, zum GewinnabfÅhrungsvertrag 2.54 Zuzugsfall, Verwaltungssitz 26.28 ff. Zwangsorganschaft 1.3, 1.9 Zweckabhngigkeit, wirtschaftliche 17.17 Zweigniederlassung 16.44 Zwischenabschluss, handelsrechtlicher 3.82 Zwischenbilanz, der Organgesellschaft 20.17 Zwischenergebniseliminierung 1.3, 1.72; 9.7 Zwischenergebniseliminierungskonzept 1.72 Zwischengesellschaft 14.65 f.; 15.62 – AusgleichspostenauflÇsung 14.67 – Ausgleichspostenbildung 14.67 Zwischengewinn 9.7 Zwischengewinneliminierung 4.5 f.; 10.53 ff. Zwischenveranlagung 20.3