Österreichische Freimaurer im Nationalsozialismus: Treue und Verrat 9783205790938, 9783205785460

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Österreichische Freimaurer im Nationalsozialismus: Treue und Verrat
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Marcus G. Patka

Österreichische Freimaurer im Nationalsozialismus Treue und Verrat

Böhlau Verlag Wien · Köln · Weimar

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Umschlagbilder: Der langjährige Stammsitz der österreichischen Freimaurer in der Dorotheergasse 12 im Jahr 1939; ÖNB, Bildarchiv; Das Emblem der GLvW in den 1920er Jahren; GLvÖ-Archiv Gedruckt mit Unterstützung durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung in Wien

und die Stiftung zur Förderung der Masonischen Forschung an Hochschulen und Universitäten, Köln

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-205-78546-0 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 2010 by Böhlau Verlag Ges. m. b. H und Co. KG, Wien · Köln · Weimar http ://www.boehlau.at http ://www.boehlau.de Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefrei gebleichtem Papier. Druck : General 6726-Szeged

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

I .

Die Zerschlagung der Grossloge von Wien

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Antimasonisches Schrifttum aus Österreich . . . . . . . . . . . . Die Großloge von Wien und der Faschismus in Ungarn, Italien und Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . Vom österreichischen zum deutschen Faschismus . . . . . . . . . März 1938: Dorotheergasse 12 und Schwindgasse 8 . . . . . . . . Die Haltung des Nationalsozialismus zur Freimaurerei nach 1938 . Verfolgung und Ermordung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . NSDAP-Mitglieder und -Mitläufer . . . . . . . . . . . . . . . . Dr . Kurt Reichl, der Verräter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Widerstand gegen das NS-Regime . . . . . . . . . . . . . . . .

II .

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Österreichische Freimaurer im Exil – Logengründungen und deren Verhinderung . . . . 119 Erste Exilstationen Prag, Paris, Zürich, Budapest . . . . . . . . Die schwere Geburt der Loge „Mozart No 6997“ in London . . Die verhinderte Loge „Humanitas“ in Sydney . . . . . . . . . . Die Logen „Lux Orientis“ und „Humanitas in The Far East“ in Schanghai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deutsche Logen in Palästina/Israel . . . . . . . . . . . . . . . Die Logen „Humanitas No 387“ und „Socrates“ in Buenos Aires Die Loge „Humanitas #1123“ in New York und der „Fraternitas“-Kreis in Los Angeles . . . . . . . . . . . . . . . .

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. . 119 . . 125 . . 132 . . 138 . . 147 . . 155 . . 159

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Inhalt

III . Schwieriger Neubeginn in Wien 1945–1955

. . .

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Bibliografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Personen-, Orts- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

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Vorwort

Am Beginn meines Interesse am vorliegenden Thema stand die Erkenntnis, dass die österreichischen Freimaurer in der Zwischenkriegszeit mehrheitlich jüdischer Herkunft waren – dies im Gegensatz zu Deutschland, wo die Freimaurerei überweigend deutsch-national geprägt war. Mehr noch: Die Großloge von Wien (1918–1938) war pazifistisch und sozialreformerisch geprägt und unterstützte unter vielen anderen vor allem das Engagement ihrer Mitglieder Alfred Hermann Fried und Richard Coudenhove-Kalergi für die politische Einheit und einen dauerhaften Frieden in Europa. Dieser Teil der Geschichte harrt jedoch seiner Aufarbeitung, solange sich das 1938 von der SS und 1945 von den Sowjets geraubte Archiv der Großloge von Wien noch im Moskauer Sonderarchiv befindet. Darstellen lassen sich hingegen die Feinde der Freimaurer und das Jahr 1938 mit allen seinen Folgen. Die Freimaurerei stellte für die NS-Propaganda ebenso ein konstruiertes Feindbild dar wie das Judentum oder der Kommunismus, wenn auch in geringerem Ausmaß. Dennoch existiert in Anbetracht der extensiven Aufarbeitung der NS-Zeit hierzu recht wenig wissenschaftliche Literatur. Während das Schicksal der deutschen Freimaurerei in den Studien von Johannes Rogalla von Bieberstein, Helmut Neuberger und Ralf Melzer recht umfassend dargestellt wird, so fehlt es total an entsprechenden Arbeiten zur Situation in Österreich – und wenn es ein Buch, das man gerne lesen möchte, nicht gibt, dann muss man es eben selber schreiben. Den eigentlichen Anlass lieferte ein Zufallsfund: Auf der Suche nach Akten zum jüdischen Vereinswesen in Wien stieß ich im Deutschen Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde auf die Akten der SS-Razzia gegen die Großloge von Wien im März 1938. Dieser Fund wirkte umso bizarrer, als sich dort auch Dokumente über den Verrat Dr. Kurt Reichls fanden, der als vormaliger Hochgradmaurer ab 1935 als Informant für die SS arbeitete. Da mir das

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Vorwort

Archiv der Großloge von Österreich zugänglich gemacht wurde, lässt sich aufgrund zahlreicher Korrespondenzen auch die Geschichte österreichischer Freimaurer im Exil umfassend dokumentieren. Im Österreichischen Staatsarchiv, im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes oder auch an der Forschungsstelle Österreichische Literatur im Nationalsozialismus fanden sich vereinzelte Dokumente zu den Lebenswegen ehemaliger Freimaurer unter dem NS-Regime zwischen Anpassung, Verfolgung und Widerstand. Nicht möglich gewesen wäre diese Arbeit ohne das Monumentalwerk von Günter K. Kodek, sein Register „Unsere Bausteine sind die Menschen. Die Mitglieder der Wiener Freimaurer-Logen 1869–1938“ (Wien 2009), das erstmals Klarheit über die personelle Struktur der Freimaurer schafft. Ihm verdanke ich zahlreiche Hinweise, ebenso Hans Kummerer und Robert Minder. Weiters gilt mein kollegialer Dank für sachdienliche Hinweise Lisa Fischer, Walter Göhring, Bernhard Göller, Norbert Knittler, Michael Ley und Helmut Reinalter. Marcus G. Patka, im April 2010

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Aus der Zeitschrift einer GLvW-Vorfeldorganisation, dem sozialen Verein „Bereitschaft“, 1924. GLvÖ-Archiv

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Der Industrielle und Philanthrop Martin Bunzl um 1920. GLvÖ-Archiv

Der Volkshochschullehrer und langjährige GLvW-Großsekretär Wladimir Misař. Wien Bibliothek, Nachlass Wilhelm Börner

Dr. Kurt Reichl um 1930. GLvÖ-Archiv

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Werbung für das unter Pseudonym erschienene Pamphlet des österreichischen Nationalsozialisten Paul Heigl, das 1927 in Graz erschien. GLvÖ-Archiv

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Collage mit Richard Coudenhove-Kalergi als Feindbild aus dem Schulungsbrief der NSDAP von 1939. GLvÖ-Archiv

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Dieses gestellte Foto aus dem Stürmer zeigt den Großen Tempel der GLvW nach deren Verbot 1938. ÖNB, Druckschriftensammlung

Das vermutlich letzte Foto des von der Krankheit und Haft gezeichneten GLvW-Großmeisters Richard Schlesinger aus dem Stürmer von 1938. ÖNB, Druckschriftensammlung

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Der Beamtenrat der Loge „Müffelmann zur Treue“ 1936 in Tel Aviv. GLvÖ-Archiv

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Die Loge „Humanitas in the Far East“ 1948 in Schanghai. GLvÖ-Archiv

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Der Großmeister der Großloge von New York Gay H. Brown (hoher Sessel) zu Besuch bei der Loge „Humanitas # 1123“ um 1950, rechts daneben sitzend Oscar Beer und Abraham Felt. GLvÖ-Archiv

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I. Die Zerschlagung der Grossloge von Wien Antimasonisches Schrifttum aus Österreich Nach der Niederlage der Mittelmächte im Ersten Weltkrieg suchten die völkisch-nationalen Kräfte panisch, die Schuld für das Desaster anderen zuzuweisen. Ins Visier gerieten mehr oder weniger alle international ausgelegten und agierenden Institutionen und Persönlichkeiten. Einen religiös motivierten Antisemitismus hatte es seit dem Mittelalter gegeben, die Attacken gegen die Freimaurerei seit dem 18. Jahrhundert, die Kombination daraus im 19. Jahrhundert, doch die Heftigkeit der Angriffe in den Jahren nach 1918 war neu.1 Abstruse Konspirationstheorien um eine „jüdische Weltverschwörung“ hatten bereits eine lange Tradition, nach 1918 wurde insbesondere die „Internationale Freimaurerei“ als Vehikel entdeckt. Dies lässt sich am wirkungsmächtigsten Pamphlet seiner Art nachweisen: Die Geheimnisse der Weisen von Zion. In der russischen Erstausgabe werden Freimaurer nur am Rande erwähnt. In der von Ludwig Müller von Hausen unter dem Pseudonym Gottfried zur Beek bearbeiteten und mit ausführlichem Vor- und Nachwort versehenen deutschen Erstausgabe von 1919 werden die Freimaurer fast auf jeder Seite durch neu verfasste Zwischenüberschriften attackiert, die etwa „Die Unüberwindlichkeit der jüdischen Freimaurerschaft“, „Das Heer der jüdischen Freimaurerlogen“ oder „Wie die jüdischen Freimaurerlogen zur Macht gelangten“ lauten, obwohl im

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Jacob Katz: Jews and Freemasons in Europe 1723–1939. Cambridge, Mass.: Harvard Univ. Press 1970.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

Haupttext daneben die Freimaurerei überhaupt nicht erwähnt wird.2 Somit wurde dem Pamphlet nicht zuletzt ein prophetischer Gehalt zugesprochen, der sich durch die Niederlage im Krieg bewahrheitet hätte. Dennoch findet sich darin auch ein zentraler und zutiefst verleumderischer Vorwurf gegen die Freimaurerei, der in seinem Kern über den Nationalsozialismus hinaus bis heute tradiert wird: „So lange wir noch nicht zur Herrschaft gelangt sind, müssen wir vorläufig, im Gegensatz zu den vorhin entwickelten Grundsätzen, in der ganzen Welt die Zahl der Freimaurerlogen beträchtlich vermehren. Wir werden den Einfluß der Logen dadurch verstärken, daß wir ihnen alle Persönlichkeiten zuführen, die in der Öffentlichkeit eine hervorragende Rolle spielen oder doch wenigstens spielen könnten. Denn wir sehen in den Logen ein Hauptmittel zur Verbreitung unserer Lehren und zur Verwirklichung unserer Ziele./ Alle Logen fassen wir unter einer Hauptleitung zusammen, die nur uns bekannt ist, allen anderen aber verborgen bleibt, nämlich der Hauptleitung unserer Weisen. Die Logen werden ihren Vorsitzenden haben, der es verstehen muß, die geheimen Weisungen der Hauptleitung durch seine Person zu decken. In diesen Logen werden die Fäden aller umstürzlerischer und freisinniger Bestrebungen zusammen laufen. Die Logenmitglieder werden den verschiedensten Gesellschaftskreisen angehören. Die geheimen Pläne der Staatskunst werden uns am Tage ihrer Entstehung bekannt werden und sofort unserer Leitung verfallen.“3 War die Erstausgabe der Geheimnisse der Weisen von Zion recht aufwendig produziert, so erschienen etliche Folgeauflagen mit immer wieder „aktualisierten“ Begleittexten als rasch nachdruckbare Broschüren, einige davon bereits im Zentralverlag der NSDAP. Prinzipiell muss angemerkt werden, dass es niemals eine weltweit agierende Freimaurerei gegeben hat: Rituale und Konstitutionen aus England, Frankreich, Deutschland, Russland oder den USA unterscheiden sich in vielen Einzelheiten.4 Einzig das Hochgradsystem des AASR hatte aus Amerika kom2 3 4

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Gottfried Zur Beek [Ps. für Ludwig Müller zu Hausen]: Die Geheimnisse der Weisen von Zion. Charlottenburg: „Auf Vorposten“ 1919, S. 65, 72, 77. Siehe auch Katz 1970, S. 180. Zur Beek 1919, S. 105–106. Siehe etwa: Dieter A. Binder: Die diskrete Gesellschaft. Geschichte und Symbolik der Freimaurer. Graz, Wien, Köln 1988. Alexander Giese: Die Freimaurer. Eine Einführung. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2005. Helmut Reinalter: Die Freimaurer. München: C.H. Beck 2000.

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Antimasonisches Schrifttum aus Österreich

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mend auch in Österreich Fuß gefasst, dies allerdings erst 1925 und von Wien ausgehend 1930 auch in Berlin, eine lange Lebensdauer war ihm somit nicht beschieden.5 Jede Großloge entscheidet autonom, allein in Deutschland gab es in der Zwischenkriegszeit zeitweise zehn verschiedene Großlogen, die sich mitunter stark voneinander abgrenzten, ein wesentlicher Punkt hierbei war die Frage, ob man Juden als Freimaurer in die Logen aufnehmen könne. Im katholischen Habsburgerreich war die Freimaurerei nach ihrer kurzen Blütezeit im Zeitalter der Aufklärung ab 1793 verboten. 1848 gab es ein kurzes Aufflackern, doch es dauerte weitere 20 Jahre, bis 1868 in der ungarischen Reichshälfte ein weit liberaleres Vereinsrecht als in Wien in Kraft trat, wonach sich „Grenzlogen“ bildeten, die rituell nur in Ungarn arbeiten konnten (in Pressburg, Ödenburg und Neudörfl an der Leitha), sich in Wien aber als zumeist gleichnamige „unpolitische Vereine“ präsentierten. Schon die ungarischen Freimaurer waren zu einem überwiegenden Teil jüdischer Herkunft, die österreichischen Juden folgten diesem Beispiel. Dies ist insofern verständlich, als Juden durch die neue Verfassung in Österreich nun erstmals volle Ansiedelungsfreiheit und Bürgerrechte erhielten, somit auch zu allen Vereinen zugelassen waren und daher verstärkt in solche drängten. Die Freimaurerei hatte insbesondere die absolute Egalität auch zu ihrem Prinzip gemacht. Die Großloge von Wien (GLvW) konnte jedoch erst nach dem Untergang des Habsburgerreiches im Jahr 1918 errichtet werden. Antimasonismus und Antisemitismus haben eine gemeinsame Wurzel, einen zur Ideologie erstarrten „Verschwörungsmythos“, der von der Existenz einer angeblich konspirativen Subversion ausgeht, ohne diese empirisch belegen zu können. Negative Mythen dieser Art stehen somit im Gegensatz zur Aufklärung und fungieren als identitätsstiftende Abgrenzung gegenüber dem anderen. In dieses wird das ultimativ Böse hineinprojiziert, erst durch dessen Eliminierung erfolgt die „Reinigung“ und damit der Aufstieg der ei-

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Jasper Ridley: The Freemasons. A History of the World’s Most Powerfull Secret Society. New York: Arcade Publ. 2001. Thomas Richert: Die Mitglieder des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus in Deutschland bis 1933, in: Der Schottische Ritus in Geschichte und Gegenwart 2/1986, S. 65–89. Tim Dedopulos: Die Welt der Freimaurer. Die geheime Bruderschaft. Wien: Tosa/Ueberreuter 2006.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

genen Gruppe, des eigenen Volkes. Die extremste Manifestation solchen Denkens und Handelns findet sich im Genozid an den europäischen Juden im 20. Jahrhundert. Beginnend mit der Bulle In Eminenti 1738 begannen die römischen Päpste ihren „Kreuzzug“ gegen die Freimauerei.6 1797 erschienen unabhängig voneinander die Bücher Mémoires pour servir à l’histoire de Jacobinism des französischen Ex-Jesuiten Abbé Augustin Barruel und Proofs of a Conspiracy against all the Religions and Governments of Europe carried on the Secret Meetings of Free Masons, Illuminati and Reading Societies des schottischen Philosophieprofessors John Robinson. Inhaltlich sind sie fast ident, denn sie verleumden die Freimaurerei als Drahtzieher der Französischen Revolution. Tatsächlich jedoch vertritt die Freimaurerei dieselben Ideale wie die Französische Revolution, unter ihren Führern war sie jedoch so gut wie nicht vertreten.7 Bereits vor diesem epochalen Ereignis erhielt der Antimasonismus insbesondere in Deutschland seine antisemitische Note.8 Juden und Freimaurer wurden als Drahtzieher einer gemeinsamen Verschwörung gegen „Thron und Altar“ bezeichnet, wobei sie sich „geheimer Gesellschaften“ bedienen würden. Dabei spielte es keine Rolle, dass Juden zu dieser Zeit vielfach nicht einmal Aufnahme in die Freimaurerlogen fanden. Die bedeutendsten Autoren antisemitisch-antimasonischer Pamphlete aus Deutschland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind Eduard Emil Eckert und der Jesuit Georg Michael Prachtler, die schnell Nachahmer fanden. Ende des 19. Jahrhunderts kam es im Spannungsfeld zwischen Nationalismus und sozialer Revolution sowie zwischen Klerikalismus und Freidenkertum auch in Österreich zu einer Vielzahl antimasonischer Schriften, deren Attacken auf verschiedenen Ebenen geritten wurden. Als extremes Beispiel einer antisemitischen „Argumentation“ ist Pfarrer Joseph Deckerts Pamphlet Der neugeplante jüdisch-freimaurerische Weltbund zu nennen, dem das „offenherzige“ Motto voransteht: „Der Antisemitismus ist das beste Wanzenpulver gegen die

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Charles von Bokor: Winkelmaß und Zirkel. Die Geschichte der Freimaurer. Wien: Amalthea 1980. Ridley 2001, S. 122–137. Armin Pfahl-Traughber: Der antisemitisch-antifreimaurerische Verschwörungsmythos in der Weimarer Republik und im NS-Staat. Wien 1993, S. 11–19 (Vergleichende Gesellschaftsgeschichte und politische Ideengeschichte der Neuzeit, Bd. 9).

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Freimaurerei.“9 Weitere Broschüren dieser Art sind Paul Hertls Der jüdischfreimaurerische Weltbund oder das aus dem Französischen übersetzte Buch Die geheimen Gesellschaften und die Juden von Ludwig Dasté.10 Vielfach sah die katholische Kirche in der Freimaurerei nicht nur einen atheistischen Geheimbund, sondern weit realpolitischer auch einen Vertreter des preußischen Protestantismus.11 Auf theologischer Basis argumentierend erheben einige Autoren wiederum den Vorwurf des Indifferentismus und der prinzipiellen und unversöhnlichen Feindschaft gegen Glauben und Kirche.12 Zu regelmäßigen Angriffen auf die Freimaurerei kam es insbesondere in der Tageszeitung Das Vaterland.13 Das Engagement vieler Freimaurer für eine Liberalisierung und Entklerikalisierung des Schul- und Eherechts war ein weiterer Angriffspunkt.14 9 10

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Joseph Deckert: Der neugeplante jüdisch-freimaurerische Weltbund. Wien: Verlag der „Reichspost“ 1896. Paul Hertl: Der jüdisch-freimaurerische Weltbund. Ein Mahnwort in letzter Stunde. I. Die internationale Schlingpflanze. Wien: Gürtler o.J. (Broschürensammlung „Volksaufklärung“, Bd. 102). Louis Dasté: Die geheimen Gesellschaften und die Juden. Graz, Wien: Styria 1919. Siehe auch: Christian Loge, Prinz Alois Liechtenstein: Der Geheimbund der Freimaurer. Wien: Karl Vogelsang Verlag 1920 (Volkssturm-Schriften, Bd. 14). Aman Amantus (Ps. für Franz Schaffgotsch): Die Loge der Freimaurer. Wien: Mayer & Comp. 1886. Annuarius Osseg (Ps. von Georg Michael Prachtler): Der Hammer der Freimaurerei am Kaiserthrone der Habsburger. Wien, Leipzig: Amberg 1880. M. Stettinger: Die treibenden Kräfte der Revolution. Klagenfurt. St. Joseph-Vereins-Buchdruckerei 1911 (Volksaufklärung, Bd. 149). P. H. Opitz: Die Freimaurerei in selbsteigener Beleuchtung. Wien: Opitz 1907. Siehe auch: Der Papst und die modernen Ideen. IV. Heft. Der Heilige Stuhl und die Freimaurer. Wien: Carl Sartori 1866. Pressverein der Diözese St. Pölten (Hg.): Die Freimaurerei. Krems: Kinzl 1876. Was wollen die Freimaurer, in: Weckstimmen für das katholische Volk 7/1882. Päpstliches Weltrundschreiben unseres heiligen Vaters Papst Leo XIII. vom 20. April 1884 über die verderbliche Sekte der Freimaurerei. Salzburg: Salzburger Kirchenblatt o.J. Norbert Hahnrieder: Kelle – oder Kreuz oder Freimaurer und Jesuiten. Linz: Katholischer Preßverein 1904 (Christliche Schul- und Vereinsbühne, Nr. 32). Siehe etwa: Österreich und die Freimaurer I–VI, in: Das Vaterland, 15.4.1888, S. 1/17.4.1888, S. 1/18.4.1888, S. 1/ 19.4.1888, S. 1/20.4.1888, S. 1–2/21.4.1888, S. 1–3. Verzeichnis der dem ungarischen Großorient angehörenden Freimaurer, in: Das Vaterland, 22.4.1888, S. 3–4. Die FreimaurerVerbände Österreich-Ungarns, in: ebd., 6.1.1898, S. 1–2. Ist die Freimaurerei erlaubt? In: ebd., 19.1.1904, S. 1/20.1.1904, S. 1. Der zweite internationale Freimaurerkongreß in Genf, in: ebd., 25.3.1904, S. 1/ 27.3.1904, S. 1. Einige Andeutungen über das Freimaurertum in Österreich, in: ebd., 1.5.1904, S. 1. Das Revolutionsprogramm der ungarischen Freimaurerei, in: ebd., 16.3.1906, S. 1–2. Freimaurerei und Unterricht. Separatdruck aus dem „Grazer Volksblatt“. Graz: „Grazer Volks-

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

Hier trafen sich die Bestrebungen von Freimaurern mit jenen der Freidenker, wobei insbesondere auf den radikalliberalen Politiker, Publizisten und Mitbegründer des Vereins „Freie Schule“ Ernst Victor Zenker zu verweisen ist.15 Er und auch viele andere Vertreter des politischen Liberalismus waren in beiden Institutionen tätig, weshalb das klerikale Lager zusätzlich noch von der ideologischen Identität Freidenker-Freimaurer überzeugt war. Im Frühling 1897 wurde im kleinen Musikvereinssaal eine dreitägige antimasonische Konferenz abgehalten, bei der prominente Vertreter aus Politik, Kirche und Wissenschaft den Weg der Freimaurerei in Österreich und Ungarn als Wegbereiter von Revolution und Anarchie verleumdeten.16 Die enge Verbindung der Symbolischen Großloge von Ungarn und der ihr angeschlossenen österreichischen Tochterlogen mit dem politisch aktiven Grand Orient de France waren die Basis dieser Unterstellung. Bereits vor und verstärkt während des Ersten Weltkriegs wurden die Freimaurer auch in Österreich-Ungarn als „Landesverräter“ bezeichnet.17 In diesen Tenor stimmte auch die einflussreiche Tageszeitung Die Reichspost ein, die in der Republik die Speerspitze der katholischen Angriffe gegen die Freimaurerei blieb.18 Besondere Brisanz in

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blatt 1885. A. Kemetter: Die Loge ist der Feind! [Wien, um 1905]. Andreas Hamerle: Das Versuchskaninchen oder Das Kind und der Verein „Freie Schule“. Wien: „St. Norberts“ 1906. Gürtler-Warnsdorf: Die „Freie Schule“, ein Attentat der Freimaurer. Wien: Verlag des katholischen Schulvereins für Österreich 1906. Julius Petz an der Ecke: Die Feinde des Volkes und ihr Wirken. Wien: Franz Doll „Austria“ 1906. Franz Stauracz: Freimauschelei. Die Ziele der Gründer und Protektoren des Vereines „Freie Schule“. Wien: Georg Eichinger 1906. Ders.: Die Loge an der Arbeit. Wien: Georg Eichinger 1906. Ders.: Die Ziele der Freimaurerei. Wien: Selbstverlag „Austria“ 1911. Siehe dazu: Alois Achrainer: Ernst Viktor Zenker und die österreichische Politik von 1907– 1919. Ein Beitrag zum Verständnis der politischen Stellung des spätliberalen Freisinns in der Habsburgermonarchie. Wien: (Diss.) 1975. Franz Sertl: Die Freidenkerbewegung in Österreich im zwanzigsten Jahrhundert. Wien: Wiener Universitätsverlag 1995. Carl Graf von Chorinsky (Hg.): Die Freimaurerei Österreich-Ungarns. Zwölf Vorträge. Wien: Herder 1897. Die ungarische Freimaurerei und das k. k. Heer. Seperatdruck aus dem „Vaterland“. Wien: „Austria“ 1889. Peter Gerhard: Freimaurerei und Politik. Eine kritische Studie. Wien: Verlag der „Reichspost“ 1917. Josef Kunte: Die freimaurerischen Weltbrandstifter. Klagenfurt: Buchdruckerei „Carinthia“ des St. Josef-Vereines 1917 (Broschürensammlung Volksaufklärung, Nr. 203/4). Hermann Gruber: Freimaurerei, Weltkrieg und Weltfriede. Wien: Wilhelm Braumüller 1917 (Sonderdruck aus der Monatsschrift „Das neue Österreich“). Siehe etwa: Die Verschwörung der italienischen Loge, in: Reichspost, 23.9.1915, S. 1–2. Die Sie-

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Österreich und Deutschland hatte die Verleumdung, dass die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand 1914 in Sarajevo das Werk serbischer und französischer Freimaurer gewesen wäre, ging es hier doch um die Kriegsschuldfrage. Noch im Jahr 1931 sah sich der Verein deutscher Freimaurer zu einer umfassenden Gegendarstellung genötigt.19 Bezeichnend für alle Pamphlete ist, dass aus dem Zusammenhang gerissene Zitate aus masonischen Schriften aus ganz Europa als allgemeingültig dargestellt wurden und dem Konstrukt die Annahme zugrunde lag, es handle sich bei der Freimaurerei um eine straffe und weltweit einheitlich agierende Organisation. Die Angriffe auf die Freimaurerei von katholischer Seite wurden nach 1918 durch völkische abgelöst. Das wohl wirkungsmächtigste Pamphlet war Weltfreimaurerei, Weltrevolution, Weltrepublik. Eine Untersuchung über Ursprung und Endziele des Weltkrieges des österreichischen Reichsratsabgeordneten Friedrich Wichtl, das die genannten Vorwürfe bündelte und darüber hinaus die bolschewistische Komponente einbaute und den Internationalismus kommunistischer Prägung als Endziel der „jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung“ benannte. Konkret und Österreich betreffend beschuldigt er die Freimaurerei, die Schuld am Selbstmord von Kronprinz Rudolf und an der Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand zu tragen.20 Leo Haubenberger, der damalige Vorsitzende der österreichischen NSDAP, verwies 1923 in seinem Pamphlet auf einen prizipiellen Wesensunterschied: „Die Freimaurerei ist der Todfeind des nationalen Gedankens …“21 Bereits hier werden die Mitglieder der Hochgrade als Träger des internationalen Netzwerkes und damit als Hauptfeind ausgemacht. Umfassender und bedeutsamer war das Pamphlet des Historikers Paul Heigl Aus der Werkstatt der Freimaurer und Juden im Österreich der Nachkriegszeit, das 1927 unter Pseudonym in Graz erschien.22 Zwar hatten schon zuvor

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ger, in: Ebd., 9.11.1918, S. 1. Die Freimaurerei in Serbien, in: ebd., 26.3.1919, S. 2–3. Freimaurerei und Weltkrieg, in: ebd., 29.3.1919, S. 4. Stephan Kekule von Stradonitz: Der Mord von Sarajewo. Eine Aufklärung. Leipzig: Verein deutscher Freimaurer 1931. Friedrich Wichtl: Weltfreimaurerei, Weltrevolution, Weltrepublik. Eine Untersuchung über Ursprung und Endziele des Weltkrieges. München: Lehmann 1919. Leo Haubenberger: Es werde Licht! Wien: Nationalsozialistische Partei Österreichs 1923, S. 14. Friedrich Hergeth (Ps. für Paul Heigl): Aus der Werkstatt der Freimaurer und Juden im Österreich der Nachkriegszeit. Graz: Stocker 1927.

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klerikale und nationale Zeitungen Listen mit Namen österreichischer Freimaurer veröffentlicht, doch dieses Buch bestand nicht nur aus Weltverschwörungsfantasien, sondern war eine mit Fakten und Namen angereicherte relativ präzise Darstellung ihrer gesamten Tätigkeit – verbunden mit den üblichen Verdrehungen, antisemitischen Untertönen und der Kommunismus-Unterstellung. Auch findet sich die argumentative Verbindung zwischen klerikalem und nationalsozialistischem Antimasonismus.23 Anfang 1934 erschienen in der illegalen Wiener Ausgabe des Stürmer eine Reihe antimasonischer Artikel, vermutlich um Druck auf den Ständestaat auszuüben, der im Gegensatz zum NS-Regime die Freimaurerei nicht verboten hatte.24 So heißt es zum Abschluss eines dieser Artikel: „In Österreich aber sind diese getarnten Vaterlandsverräter noch immer erlaubt.“25 Angegriffen wurde hierbei aber nicht die Freimaurerei in Österreich, sondern die anderer Länder. Nur der Präsident der Wiener Kaufmannschaft, Leopold Langer, geriet ins Visier der NS-Propagandisten, nachdem er sich öffentlich zur Vaterländischen Front bekannt hatte, doch er war nachweislich kein Freimaurer.26 Es lässt sich konstatieren, dass zwar die Anzahl der Pamphlete gegen die österreichische Freimaurerei zur Zeit des Verbots vor 1918 größer war, danach jedoch – mit gleichbleibenden Stereotypen und Klischees – ihr verbaler Vernichtungswille deutlich zunahm. Als bedeutsamste Gegenschrift ist Die Vernichtung der Unwahrheiten über die Freimaurerei zu nennen, herausgegeben 1928 vom Verein deutscher Freimaurer, doch die Broschüre kam über eine zweite Auflage nicht hinaus und war somit machtlos gegen die Flut der Verleumdungen. Andererseits agierte etwa ein weithin angesehener freimaurerischer Intellektueller wie Diedrich Bischoff in seiner programmatischen Schrift Freimaurerei und Nationalsozialismus erschreckend defensiv, da heißt es, 23 24

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Pfarrer Gaston Ritter: Das Judentum und die Schatten des Antichrist. Graz: Styria 1933, S. 47–57. Egon Fassbinder: Spaltung in der Freimaurerei, in: Der Stürmer (Wien), 3.2.1934, 3. Selva: Schach dem Judengeist, in: ebd., 17.3.1934, S. 1–2. Westliche und östliche Freimaurer, in: ebd., 2.6.1934, S. 3–4. Freimaurer an der Arbeit, in: ebd., 30.6.1934, S. 1. Die Arbeit der Freimaurerei unter den russischen Emigranten, in: ebd., 14.7.1934, S. 4. Der Exmeister vom Stuhle spricht, in: ebd., 14.7.1934, S. 9. „Vaterländischer“ Freimaurergeist, in: ebd., 28.4.1934, S. 4. In Kodek (Bausteine) 2009, S. 206 findet sich zwar ein Leopold Langer, der aber bereits 1910 die Loge wieder verlassen hat und mit dem hier genannten nicht identisch sein dürfte.

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es gelte, „der grundsätzlichen kulturellen Einstellung des Nationalsozialismus kritisch nachzugehen. Solchem Urteil aber eröffnen sich gerade vom Standpunkt unseres freimaurerischen Kulturgedankens sehr förderliche Einblicke und Ausblicke. Von da aus lernen wir erkennen, was die fragliche weltanschauliche Bewegung an Wahrheit in sich trägt, und wo ihr Irrwege drohen.“27

Die Grossloge von Wien und der Faschismus in Ungarn, Italien und Deutschland Nach dem Verbot von 1793 war der freimaurerische Gedanke in Österreich nie ganz erloschen, 1848 gab es ein kurzes Aufflackern, doch erst durch die neue Verfassung 1867 im Zuge des „Ausgleichs“ mit der ungarischen Reichshälfte konnte sich die Freimaurerei in der „Grenzlogenzeit“ von 1869 bis 1918 neu entfalten. Zunächst geschah dies unter der 1871 gegründeten Großloge für die drei Johannisgrade und ab 1886 unter dem Schutz der durch die Fusion mit dem ebenfalls 1871 gegründeten und vom Grand Orient de France anerkannten Großorient von Ungarn entstandenen Symbolischen Großloge von Ungarn. Das weit liberalere ungarische Vereinsgesetz ermöglichte bis zum Jahr 1918 das Entstehen von insgesamt 102 Logen mit über 7000 Mitgliedern. Der Liberalismus konnte vor dem Ersten Weltkrieg weder in der Bevölkerung noch auf dem Wiener politischen Parkett reüssieren, nach dem Krieg blieb die Sozialdemokratie als die einzige politische Kraft der Republik, die eine progressive Politik betrieb. Bedeutende Liberale und Sozialdemokraten fanden ihren Weg in die Freimaurerei, als Vorbild galt Frankreich, wo die Freimaurerei fest in Politik und Wirtschaft verankert war. Dem Beispiel des Grand Orient de France folgend war die Mehrzahl der Mitglieder der am 8. Dezember 1918 konstituierten Großloge von Wien (GLvW) links-liberal orientiert, sie unterstützten pazifistische und sozialreformerische Bestrebungen wie die Österreichische Friedensgesellschaft um Alfred Hermann Fried und die Paneuropäische Union um Richard Coudenhove-Kalergi (auch noch nach dessen Ausscheiden aus der Loge „Humanitas“ 1926) ebenso wie andere 27

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Diedrich Bischoff: Freimaurerei und Nationalsozialismus, in: Allgemeine Logen-Zeitung 6/1931, S. 11.

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sozialpolitische Inititativen wie den Verein „Allgemeine Nährpflicht“ um den Sozialphilosophen Josef Popper-Lynkeus und die Ethische Gemeinde um den Volksbildner Wilhelm Börner.28 Genuine Schöpfungen österreichischer Freimaurer waren 1914 der soziale Verein „Bereitschaft“ und 1926 die Liga für Menschenrechte. Letztere wurde von Rudolf Goldscheid initiiert. Hinzu kamen zahlreiche Sozialprojekte, insbesondere für bedürftige Kinder und Jugendliche.29 Meinungsbildende Intellektuelle innerhalb der GLvW waren zudem Friedensnobelpreisträger Hermann Fried, die Schriftsteller Balduin Groller (eigentlich Adalbert Goldscheider), Johann Ferch, Max Ermers sowie der Nationalökonom Friedrich Otto Hertz.30 Einen nicht unbedeutenden Einfluss hatte die Wiener Loge des Freimaurerbundes „Zur aufgehenden Sonne“ mit dem Ökonomen und Multiaktivisten Rudolf Goldscheid, dem Schriftsteller Edgar Herbst sowie den Verlagsbuchhändlern Philipp und Wilhelm Suschitzky (Anzengruber Verlag) an der Spitze. Der Großteil der GLvW-Mitglieder rekrutierte sich aus Vertretern des Wirtschaftslebens, der Ärzteschaft, der Jurisprudenz und Künstlern. Hierbei handelte es sich etwa um die Schriftsteller Felix Salten und Ernst Lothar, den Kabarettisten Fritz Grünbaum, den Dramaturgen Heinrich Glücksmann, den Solocellisten Friedrich Buxbaum, die Komponisten Edmund Eysler, Leo Fall, Oskar Jascha, die bildenden Künstler Siegfried Charoux, Karl Gelles, Remigius Geyling, Rudolf Huber-Wiesenthal und Carl Zewy, den Biologen Paul Kammerer – um nur einige Namen Prominen28

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Siehe dazu: Walter Göhring: Verdrängt und vergessen. Friedensnobelpreisträger Alfred Hermann Fried. Wien: Kremayr & Scheriau 2006. Anita Ziegenhofer-Prettenthaler: Botschafter Europas. Richard Coudenhove-Kalergi und die Paneuropa-Bewegung in den zwanziger und dreißiger Jahren. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2004. Friedrich Stadler: Spätaufklärung und Sozialdemokratie in Wien 1918–1938. Soziologisches und Ideologisches zur Spätaufklärung in Wien, in: Franz Kadrnoska (Hg.): Aufbruch und Untergang. Österreichische Kultur zwischen 1918 und 1938. Wien: Europa 1981, S. 441–473. Ingrid Belke: Die sozialreformatorischen Ideen von Josef Popper-Lynkeus (1838–1921) im Zusammenhang mit allgemeinen Reformbestrebungen des Wiener Bürgertums um die Jahrhundertwende. Tübingen: J.C.B. Mohr 1978. Marcus G. Patka: Freimaurerei und Sozialreform. Der Kampf für Menschenrechte, Pazifismus und Zivilgesellschaft in Österreich 1868 bis 1938 (erscheint 2011 in Wien). Informationen über die maurerische Identität der genannten Personen wie andere biografische Einzelheiten verdanke ich der umfassenden Arbeit von Günter K. Kodek: Unsere Bausteine sind die Menschen. Mitglieder der Wiener Freimaurer-Logen 1869–1938. Wien: Löcker 2009.

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ter zu nennen. Von den Journalisten waren Carl Colbert (Herausgeber des Abend), Heinrich Eduard Jacob (Korrespondent des Berliner Tageblatts in Wien), Maximilian Schreier (Herausgeber und Chefredakteur der Wochenzeitung Der Morgen – Wiener Montagsblatt), Eugen Lennhoff (Mitherausgeber der Wiener Freimaurer-Zeitung von 1923 bis 1934) vertreten. Vor allem in der Zeitschrift Die Wage kamen vielfach Freimaurer wie Rudolf Lothar Spitzer, Rudolf Strauß, Ludwig Karell und vor allem Ernst Victor Zenker zu Wort. Auch etliche Journalisten der Neuen Freien Presse wie Armin Brunner, Richard Charmatz, Moriz Epstein, Friedrich Anton Fliegel, Hermann Goldschmiedt und Wilhelm Singer waren Freimaurer, beim Neuen Wiener Abendblatt Paul Busson, Moritz Scheyer und Felix Schmal. Die Tageszeitungen Der Abend, Der Morgen und Der Tag standen in einem Naheverhältnis, was sich nicht zuletzt in Ankündigungen der Veranstaltungen der Vereine im Umfeld manifestiert. Max Ermers gab 1919/20 die aktivistische Zeitschrift Neue Erde und 1934/35 die politische Zeitschrift Die Zeit heraus, die sich für eine Versöhnung der Arbeiterschaft mit den Christlichsozialen einsetzte. Der aus Böhmen stammende Anwalt Heinrich Herbatschek edierte von 1929 bis 1931 die Zeitschrift Der Nachbar. Blätter zur Förderung der Kulturgemeinschaft und Völkerverständigung, die positiv auf den österreichisch-tschechischen Dauerkonflikt einzuwirken versuchte. Victor Hammerschlag und Eugen Lennhoff wiederum waren die treibende Kraft in der UFL, die einen internationalen Dachverband für die Freimaurer aus den unterschiedlichen Logensystemen geschaffen hatte.31 In ihren besten Zeiten bis 1933 zählte die GLvW 24 Logen mit bis zu 2000 Mitgliedern.32 Im Gegensatz zu Deutschland waren die Mitglieder der GLvW zu 70 bis 80 Prozent jüdischer Herkunft, weshalb sie ein weit attraktiveres Ziel für den antisemitischen Antimasonismus abgaben. Auch hatten etliche Sozialdemokraten bereits vor dem Ersten Weltkrieg ihren Weg zur Freimaurerei gefunden, dies waren unter anderen der erste Obmann der 1874 gegründeten Sozialdemokratischen Partei, Hippolyt Tauschinsky, der „Volkstribun von Ottakring“ Franz 31 32

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Adi Pohl: Eugen Lennhoff: Journalist, Schriftsteller, Freimaurer, in: Quatuor Coronati Jahrbuch für Freimaurerforschung 38/2001, S. 141–178. Günter K. Kodek: Die Gründung von Logen und Kränzchen in Österreich-Ungarn und in der Ersten Republik, in: QC-Berichte 26/2006, S. 29–66.

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Schuhmeier und der Gewerkschafter Ferdinand Hanusch, 1920 kam Stadtrat Julius Tandler hinzu. Vor allem Hanusch und Tandler sind jene, die in ihren politischen Funktionen sozialdemokratisches und freimaurerisches Gedankengut in die Tat umsetzen konnten.33 Nicht weniger wichtig waren jedoch der Wiener Gemeinderat und Begründer des Arbeiter-Samariterbundes Josef Karl Friedjung sowie Victor Hammerschlag, der ebenso wie Tandler an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien lehrte, mit Carl Appel ein zeitweiliger Sekretär des Wiener Bürgermeisters Karl Seitz und späterer Nationalrat, der Wiener Vizebürgermeister Georg Emmerling und mit Josef Pazelt ein weiterer Nationalratsabgeordneter. Aus dem Umfeld der Arbeiter-Zeitung sind Ludwig Brügel, Fritz Brügel, Johann Ferch, Stefan Großmann, Zsigmund Kunfi, Franz Schamann, Paul Szende, Oskar Trebitsch und Julius Wilhelm zu nennen. Etliche führende österreichische Freidenker wie Franz Ronzal, Karl Frantzl, Friedrich Haller, Franz Hirsch und Angelo Carraro waren gleichzeitig auch noch Sozialdemokraten und Freimaurer. Dennoch können die Freidenker keinesfalls als Organisation im Umfeld der GLvW bezeichnet werden, zudem gibt es gravierende weltanschauliche Unterschiede: Während die Freimaurerei deistischen Charakter hat, entwickelte sich das Freidenkertum nach dem Ersten Weltkrieg in Richtung atheistischer Materialismus. Zu den rein jüdischen B’nai B’rith-Logen und ihrer Großloge gab es keine direkten Beziehungen, allerdings gab es auch hier etliche Doppelmitgliedschaften, insbesondere der Architekt Max Fleischer, der Rabbiner David Feuchtwang, der Maler Isidor Kaufmann, der Schriftsteller und Linguist Adolf Kapralik, der Industrielle Julius Bunzl, der Generalsekretär der Baron-Hirsch-Stiftung Arnold Ascher und der Musiker, Komponist und Leiter des B’nai B’rith-nahen Vereins für jüdische Musik Julius Wolfsohn sowie kurzzeitig auch der Journalist Eugen Lennhoff. Die Liste ließe sich bei weiteren Quellenstudien erweitern, doch Freimaurerei und B’nai B’rith, beides Treffpunkte des liberalen aufgeklärten Bürgertums, sind nach wie vor Forschungsdesiderate innerhalb der jüdischen Geschichte Österreichs.34 33 34

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Walter Göhring, Brigitte Pellar: Ferdinand Hanusch. Aufbruch zum Sozialstaat. Wien: ÖGB 2003, 134–154. Josef Sura: Der Einfluß der Freimaurer auf karitative und sozialpolitische Einrichtungen im Österreich der Zwischenkriegszeit. Wien: (Diss.) 1990, S. 78–103. Marcus G. Patka: Die israelitischen Humanitätvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei, in: Frank Stern, Barbara

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Die Geschicke der GLvW lagen von 1919 bis 1938 in den Händen von Großmeister Richard Schlesinger, einem Juristen und Regierungsrat, dem ab 1922 mit dem Volksbildner Wladimir Misař ein ebenso unermüdlicher Großsekretär zur Seite stand. Dessen Frau Olga Misař war eine der aktivsten Pazifistinnen ihrer Zeit. Auch fanden dissidente deutsche Freimaurer mit Leo Müffelmann an der Spitze bei der Wiener Loge „Labor“ eine interemistische Heimat und dem AASR gelang es 1930 sogar, von Wien aus die von diesen Dissidenten angestrebte Gründung eines Kapitels und eines Areopags in Berlin wesentlich zu unterstützen. Dies und vor allem aber die seit der Gründung gezeigte pazifistische, die internationale freimaurerische Weltenkette betonende Grundhaltung der GLvW führten unweigerlich zu Konflikten mit den national eingestellten deutschen Großlogen, die nicht zuletzt auch aufgrund der Verträge von Versailles jeden Kontakt mit französischen Freimaurern verweigerten. Im Mai 1931 brach daher die Große National-Mutterloge „Zu den 3 Weltkugeln“ ihre offiziellen Beziehungen zur GLvW ab, bald darauf folgte auch der Deutsche Großlogenbund. Daraufhin anerkannte die GLvW die Symbolische Großloge von Deutschland (SGLD), die gleichermaßen von humanitären, pazifistischen und unversalistischen Idealen erfüllt war und daher mit den anderen deutschen Großlogen in keinem Anerkennungsverhältnis stand, jedoch 1933 ihre Lichter in Deutschland löschte und ins Exil nach Jerusalem ging. Rein geografisch gesehen war die GLvW freimaurerisch zutiefst isoliert. Frankreich und England waren fern, die Beziehungen zu Deutschland zerrüttet und in zwei Nachbarländern siegte der Faschismus. Per Dekret vom 18. Mai 1920 wurde die Symbolische Großloge von Ungarn verboten. In Italien wurden die Freimaurer zum Austritt gezwungen; als ein letzter Rest offen gegen Mussolini und den Faschismus Stellung bezog, rächte sich dieser in der Eichinger (Hg.): Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938. Akkulturation – Antisemitismus – Zionismus. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2009, S. 115–130. Robert Breitler: „B’nai B’rith“ in Graz. Zur Sozialgeschichte des Grazer jüdischen Bürgertums in der Zwischenkriegszeit. Graz: (Diplomarbeit) 2002. Susanne Winkler: Das Protokoll der B’nai B’rith Loge Wahrheit 1928–1933. Ein Beitrag zum Judentum in Wien. Wien: (Diplomarbeit) 1994. Stefan Ludwig Hoffmann: Bürger zweier Welten? Juden und Freimaurer im 19. Jahrhundert. In: Andreas Gotzmann (Hg.): Juden, Bürger, Deutsche: zur Geschichte von Vielfalt und Differenz 1800– 1933. Tübingen V & R, 2001, S. 97–119, hier 100. Siehe auch: Andreas Reinke. „Eine Sammlung des jüdischen Bürgertums“. Der Unabhängige Orden B’nai B’rith in Deutschland. In: ebd., S. 315–340.

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Nacht des 3. Oktober 1925 in Florenz mit Mord und Brandstiftung. Im Gegensatz zu deutschen Publikationen ist die Wiener Freimaurer-Zeitung (WFZ) ein umfassendes Kompendium über den schleichenden Krieg des Faschismus gegen die Freimaurerei in einer stetig wachsenden Zahl europäischer Länder. Dennoch finden die Ereignisse unterschiedliche Darstellung: Minutiös wurde über die Jahre hinweg über die sukzessive und gewaltsame Ausschaltung der Freimaurerei in Italien und den langen Leidensweg von Großmeister Domizio Torrigiani berichtet.35 Die Ausgabe der WFZ vom November 1925 widmet sich fast ausschließlich dem Schicksal der italienischen Brüder.36 Auch die Berichterstattung über die Freimaurerei in Ungarn war überaus genau, diese war 35

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Italien. Nochmals: Fascismus und Freimaurerei, in: WFZ 5–6/1923, S. 13. Italien. Fascismus und Freimaurerei, in: WFZ 1–4/1924, S. 19–21. Fascismus und Freimaurerei, in: WFZ 10–11/1924, S. 6–9. Freimaurerei und Fascismus, in: WFZ 3/1925, S. 4–11. Viel Feind, viel Ehr’. Der Kampf gegen die Freimaurerei, in: WZF 5–6/1925, S. 6–10. Italien. Die Freimaurer [des] Großorients arbeiten, in: WFZ 7–8/1925, S. 40–41. Fascismus und Freimaurerei. Der Kampf auf dem Höhepunkt, in: WFZ 9/1925, S. 8–12. Der Kampf des italienischen Fascismus gegen die Freimaurerei. Die neuesten Nachrichten, in: WZF 12/1925, S. 10–13. Fascismus und Wiener Freimaurertum. Was der Korrespondent des „Secolo“ zu berichten weiß, in: WZF 1/1926, S. 5–6. Die italienischen Freimaurer werden wieder arbeiten, in: WFZ 4–5/1926, S. 5–6. Neues aus Italien, in: WFZ 6/1926, S. 18. Reiß: Von der italienischen Freimaurerei, in: WFZ 7–9/1926, S. 17–19. Von der italienischen Freimaurerei. Bevorstehender Rücktritt des Großmeisters Torrigiani, in: WFZ 11/1926, S. 5–6. Fascismus und Freimaurerei, in: WFZ 12/1926, S. 23–24. Der Prozess Cappello abermals verschoben, in: WFZ 2/1927, S. 7–8. Der Prozess Cappello hat begonnen, in: WFZ 4/1927, S. 5–8. E. L.: Justizmord. Die Verurteilung Capellos und Torrigianis, in: WFZ 5/1927, S. 2–9. Torrigiani und der Fascismus, in: WFZ 5/1927, S. 9–17. Pressestimmen zum Capello-Prozeß, in: WFZ 5/1927, S. 18–20. Die italienische Presse und der Fall Capello-Torrigiani, in: WFZ 5/1927, S. 21–22. Nach dem Prozeß Capello, in: WFZ 6/1927, S. 6–8. Italien. Wieder eine Deportation, in: WFZ 7–8/1927, S. 33. Notizen aus Italien, in: WFZ 12/1927, S. 20–22. Italien. Brief von der italienischen Grenze, in: WFZ 1/1928, S. 29–30. Italien. Nachricht über Großmeister Torriagni, in: WFZ 4/1929, S. 33–34. Großmeister Torriagni erblindet, in: WFZ 6/1929, S. 11. Neue Freimaurerverfolgung in Italien, in: WFZ 7–8/1929, S. 3–4. Keine neue italienische Freimaurerei, in: WFZ 9–10/1929, S. 30. Zur neuerlichen Verfolgung italienischer Brüder, in: WFZ 9–10/1929, S. 31. Italien. Der Papst gegen die Freimaurerei, in: WFZ 11/1929, S. 35. Freimaurerlos in Italien, in: WFZ 3/1930, S. 102–104. F. F. Nitti: Torrigiani auf Lipari, in: WFZ 4/1930, S. 150–152. Die Opfer der Freimaurerverfolgung in Italien, in: WFZ 12/1930, S. 376. Ein „Großorient von Italien“ in London, in: WFZ 4–5/1931, 91–92. Vatikan, Fascisten und Freimaurerei, in: WFZ 6–7/1931, S. 121–122. Immer wieder Mordmärchen, in: WFZ 6–7/1932, S. 82. Italien. Br. Domizio Torrigiani †, in: WFZ 6–7/1932, S. 85. Br. Domizio Torrigiani †, in: WFZ 8–9/1932, S. 96–98. Der Vernichtungskampf gegen die italienische Freimaurerei, in: WFZ 10–11/1925, S. 9–25.

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zwar verboten, konnte sich aber bis 1940 ähnlich der österreichischen „Grenzlogenzeit“ in karitativen Vereinen reorgansieren, was natürlich in der WFZ nicht erwähnt werden konnte.37 Auch über die antimasonische Hetze in der Schweiz38, in Frankreich39 und Jugoslawien40, über Attentate in Rumänien41 und die wechselhafte Lage in Spanien42 wurde berichtet. Die Berichte über Österreich beziehen sich ebenfalls auf Zeitungsmeldungen und Pamphlete, zusehends wurde hierbei auch im Gleichklang mit der völkischen Propaganda in Deutschland der österreichischen Freimaurerei Landesverrat im Ersten Weltkrieg angedichtet.43 Daher ist es auch nicht erstaunlich, dass auch die Le37

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Ungarn, in: WFZ 6/1920, S. 11. Ungarn, in: WFZ 7–8/1920, S. 15. Budapest, in: WFZ 8–9/1922, S. 14. Freimaurertum und Kirche, in: WFZ 8–9/1922, S. 14. Englische Freimaurer über Ungarn, in: WFZ 10/1922, S. 11–12. Ungarn. Rückgabe konfiszierten Freimaurervermögens, in: WFZ 7–8/1925, S. 37–38. Ungarn. Rücktritt des Br. Senatspräsidenten Bakonyi, in: WFZ 10–11/1925, S. 49–50. Freimaurerdebatten im ungarischen Parlament, in: WFZ 4–5/1926, S. 7–11. Ungarn. Der Thronfolgermord und die ungarische Freimaurerei, in: WFZ 7–9/1926, S. 52. Die Schicksale der ungarischen Freimaurerei, in: WFZ 5/1927, S. 23–25. Von der ungarischen Freimaurerei, in: WFZ 10–11/1927, S. 29–38. Brief aus Ungarn, in: WFZ 12/1927, S. 22–23. Eine ungarische Freimaurerabordnung in Amerika, in: WFZ 5/1928, S. 21–22. Ungarn. Die Einrichtung der ungarischen Großloge beim Trödler, in: WFZ 12/1929, S. 41–42. Versteigerung der freimaurerischen Kultgegenstände in Budapest, in: WFZ 10/1930, S. 315–316. Josef Balasse: Die ungarische Freimaurerei, in: WFZ 1/1931, S. 6–8. Für die ungarische Freimaurerei, in: WFZ 4–5/1932, S. 61. Antifreimaurerische Hetze in der Schweiz, in: WFZ 5/1928, S. 17–18. Das Kesseltreiben gegen die Freimaurerei in der Schweiz, in: WFZ 6–7/1928, S. 26–29. Rothenberger: Der freimaurerische Abwehrkampf in der Schweiz, in: WFZ 10/1930, S. 306–309. Neue Gegner in der Schweiz, in: WFZ 6–8/1933, S. 81–85. Ed. E. Plantagenet: Der Kampf gegen die Freimaurerei in Frankreich, in: WFZ 8/1928, S. 12–17. Eine neue unverantwortliche Hetze. Die Beschuldigungen gegen die jugoslawische Freimaurerei, in: WFZ 4/1927, S. 8–11. Die Hetze gegen die jugoslawische Freimaurerei, in: WFZ 5/1927, S. 25–26. Überfall auf den Großorient von Rumänien, in: WFZ 12/1929, S. 14–15. Bombenattentat gegen die rumänische Nationalgroßloge, in: WFZ 11/1930, S. 338–340. Rumänien. Antifreimaurerischer Vorstoß im Parlament, in: WFZ 10/1931, S. 190. Die Vorgänge in Spanien, in: WFZ 9–10/1928, S. 21–22. Neues freimaurerisches Leben in Spanien, in: WFZ 2/1930, S. 68–69. Die „Freimaurer-Republik“ Spanien, in: WFZ 4–5/1931, S. 80–81. E. L.: Die Vorgänge in Spanien und die Freimaurerei, in: WFZ 6–7/1931, S. 119–120. Spanien. Antifreimaurerische Propaganda, in: WFZ 4–5/1932, S. 43. Spanien. Die Freimaurer und das neue Regime, in: WFZ 1–2/1933, S. 15. Die deutschen und österreichischen Freimaurer im Weltkrieg, in: WFZ 3/1925, S. 20–24. Angriffe gegen die österreichische Freimaurerei, in: WFZ 4/1925, S. 6–9. Ein antifreimaurerischer Roman. „Ritas Vermächtnis“ von Enrica Handel-Mazzetti, in: WFZ 7–8/1920, S.

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gende von einer Verwicklung serbischer und französischer Freimaurer in den Thronfolger-Mord in Sarajevo wieder auftauchten.44 Für besondere Häme in der WFZ sorgte 1935 ein mehrfach abgesagter Anti-Freimaurerkongress in Wien.45 In Bezug auf Deutschland konzentrierte sich die Berichterstattung auf die üblen Pamphlete aus der Schreibwerkstatt von Erich Ludendorff, dessen immer neue Konstrukte und Beschuldigungen aber so abenteuerlich wurden, dass sogar die NS-Propaganda sich von diesem distanzierte.46 Neben Verweisen auf weitere Attacken werden auch die Beziehungen der zahlreichen deutschen Großlogen untereinander und zur GLvW kommentiert, insbesondere nach dem Auftreten von Leo Müffelmann und der von ihm gegründeten SGLD beziehungsweise seine Versöhnungsgesten in Richtung Frankreich.47

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20–25. Oesterreich. Ein Buch gegen die österreichische Freimaurerei, in: WFZ 9/1927, S. 20–21. Wichtls Buch in neuer Auflage, in: WFZ 3/1928, S. 8–9. Oesterreich. Weltkriegspionage und Freimaurerei, in: WFZ 2/1931, S. 42. Die Grundlagen des Sarajevomärchens – eine Fälschung! In: WFZ 6/1929, S. 7–9. Freimaurertum und Attentat in Sarajevo, in: WFZ 1/1930, S. 8–10. Noch einmal: Das Attentat von Sarajevo, in: WFZ 2/1930, S. 62–63. Die Sarajevolegende geht wieder um, in: WFZ 2/1931, S. 32–34. Der Wiener Antifreimaurerkongreß, in: WFZ 1/1930, S. 23–24. Der Antifreimaurerkongreß findet nicht statt, in: WFZ 2/1930, S. 55. Der Wiener Antifreimaurerkongreß abermals „verschoben“, in: WFZ 8–9/1930, S. 268–270. General Ludendorffs neues Pamphlet, in: WFZ 7–8/1927, S. 12–15. Das Echo des „künstlichen Juden“. Vernichtende Urteil über Ludendorffs „Vernichtungsschrift“, in: WFZ 9/1927, S. 15–20. Der Fall Ludendorff, in: WFZ 10–11/1927, S. 12–19. Katzenjammer bei Ludendorffs, in: WFZ 12/1927, S. 7–8. Immer noch Ludendorff, in: WFZ 1/1928, S. 17–19. Von Monat zu Monat, in: WFZ 3/1928, S. 3–4. Deutschland. „Mordkomplott“ gegen Ludendorff, in: WFZ 8/1928, S. 30–31. Neues von Ludendorff, in: WFZ 9–10/1928, S. 17–18. Deutschland. Ludendorff macht aus sich selbst Gold!, in: WFZ 2/1929, S. 19–24. Prozesse gegen Ludendorff und Konsorten, in: WFZ 3/1929, S. 16–18. Neue Absage an Ludendorff, in: WFZ 3/1929, S. 23–24. Ludendorff verurteilt, in: WFZ 3/1929, S. 32–33. Der verurteilte Ludendorff, in: WFZ 3/1929, S. 25–27. Der Prozeß des Grafen Dohna gegen Ludendorff, in: WFZ 12/1929, S. 39–40. „Weltkrieg droht!“ Der neueste Ludendorff, in: WFZ 12/1930, S. 378–380. Deutschland. Ludendorff in der Gewerbeschule, in: WFZ 2/1931, S. 42–43. Deutschland. Ludendorff verurteilt, in: WFZ 6–7/1931, S. 138–139. Gegen den Antisemitismus, in: WFZ 9–12/1920, S. 25. Die Geheimnisse der Weisen von Zion, in: WFZ 1–2/1920, S. 29. Die Krise der deutschen Freimaurerei, in: WFZ 1–4/1924, S. 3–7. Wagler: Die Gegner der Freimaurerei, in: WFZ 10–11/1924, S. 9–12. Deutschland. Sozialismus und Freimaurerei, in: WFZ 7–8/1925, S. 34–37. Der Nationalverband deutscher Offiziere und die Freimaurer, in: WFZ 4–5/1926, S. 23–27. Der Kampf gegen die Freimaurerei in Deutschland, in: WFZ 7–9/1926, S. 24–25. Vom Kampf gegen die Freimaurerei, in: WFZ 11/1926, S. 20–21. Leo

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Die grossloge von Wien

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Ab 1931 finden sich in der WFZ auch Artikel über die Tätigkeit der NS-Propaganda.48 Aus allen Ausgaben der WFZ ist besonders jene von März/April 1923 zu nennen, in der ein mehrseitiger Artikel eine Rundschau nach Italien, Deutschland, Ungarn und der Sowjetunion macht – dort hatte zu diesem Zeitpunkt Leo Trotzki die Freimaurerei mit dem Bannfluch belegt.49

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Müffelmann: Belgrad und wieder Belgrad, in: WFZ 11/1926, S. 30–33. Neues aus Deutschland, in: WFZ 1/1927, S. 22–24. Frankfurt und die Folgen, in: WFZ 4/1927, S. 11–15. Eine wichtige Entscheidung. Ein Prozess zwischen zwei deutschen Großlogen, in: WFZ 4/1927, S. 20–22. Die Krise des F.Z.A.S, in: WFZ 6/1927, S. 17–18. A.H.: Die Konferenz der deutschen Großmeister in Berlin, in: WFZ 9/1927, S. 1–2. Maurerische deutsch-französische Annäherung, in: WFZ 1/1928, S. 13–16. Brief aus Deutschland, in: WFZ 4/1928, S. 12–16. Leo Müffelmann: Zur deutschfranzösischen freimaurerischen Annäherung, in: WFZ 5/1928, S. 1–4. Bruch zwischen Großer Landesloge und Bayreuth, in: WFZ 5/1928, S. 10–12. Wieder ein antifreimaurerisches Werk, in: WFZ 5/1928, S. 12–15. Großloge „Zur Sonne“, Bayreuth, und Große Landesloge, in: WFZ 6–7/1928, S. 6. Wieder ein antifreimaurerischer Riesenschwindel, in: WFZ 6–7/1928, S. 14–17. Deutschland. Stresemann als Freimaurer, in: WFZ 6–7/1928, S. 33–35. Carl Vogler: Zum Fall Müffelmann, in: WFZ 8/1928, S. 18–19. Die Jahresversammlung des Vereines deutscher Freimaurer, in: WFZ 9–10/1928, S. 18–20. Antifreimaurer unter sich, in: WFZ 6/1929, S. 9–10. Eine Zuschrift der Großloge von Preußen, genannt „Zur Freundschaft“, in: WFZ 7–8/1929, S. 20–21. Deutschland. Eine Erklärung der Großen National-Mutterloge, in: WFZ 7–8/1929, S. 31–34. Der „Freimaurerbund zur aufgehenden Sonne“ und die Weltfreimaurerei, in: WFZ 1/1930, S. 29. Die Kämpfe im F. z. a. S, in: WFZ 5/1930, S. 189. Spaltung im „F. z. a. S.“, in: WFZ 6–7/1930, S. 225–227. Wie der antifreimaurerische Kampf inszeniert wird, in: WFZ 11/1930, S. 341–343. Deutschland. Der Kampf um die Symbolische Großloge, in: WFZ 11/1930, S. 358–359. Der Kampf gegen die Freimaurerei, in: WFZ 12/1930, S. 367–369. Brief aus Deutschland, in: WFZ 12/1930, S. 374–375. Deutschland. Symbolische Großloge von Deutschland, in: WFZ 12/1930, S. 385. Großloge von Wien und Große National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“, in: WFZ 4–5/1931, S. 78–80. Die Anerkennung der Symbolischen Großloge von Deutschland und ihre Folgen, in: WFZ 10/1931, S. 175–177. Br. Müffelmann über die deutsche Freimaurerei, in: WFZ 1/1932, S. 2–3. Deutschland. Urteile gegen Verleumder der Freimaurerei, in: WFZ 1/1932, S. 17. Offner Brief an Br. Dr. Bernhard Beyer, zugeordneter Großmeister der Großloge „Zur Sonne“, Orient Bayreuth, in: WFZ 8–9/1932, S. 89–93. Erklärung, in: WFZ 10–12/1932, S. 109–110. Hitler läßt photographieren! In: WFZ 6–7/1931, S. 139–140. Nationalsozialisten und Freimaurer, in: WFZ 10/1931, S. 178–179. Die Lage in Deutschland, in: WFZ 4–5/1932, S. 56–58. Deutschland. Freimaurerei und Nationalsozialismus, in: WFZ 2–3/1932, S. 47–49. Die Altpreußen und die Politik. Freimaurerei und Hakenkreuz, in: WFZ 6–7/1932, S. 74–76. Die Lage in Deutschland, in: WFZ 6–7/1932, S. 76–78. Deutschland. Nationalsozialismus und Freimaurerei, in: WFZ 8–9/1932, S. 104–105. Deutschland: Die nationalsozialistischen Lügen, in: WFZ 10–12/1932, S. 125–126. Der Kampf gegen die Freimaurerei, in: WFZ 3–4/1923, S. 2–10.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

Vom österreichischen zum deutschen Faschismus Im November 1918 wurde die Republik Deutsch-Österreich ausgerufen, doch große Teile der Bevölkerung trauerten der Monarchie nach. In den Friedensverträgen von St. Germain wurde die Donaumonarchie endgültig zerteilt und kaum jemand hielt den von seinen Lebensadern abgeschnittenen Staat mit der vergleichsweise überdimensionierten Hauptstadt Wien, in der fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung Restösterreichs lebte, für lebensfähig. Die Sozialdemokratie war zwar republikanisch gesinnt, befürwortete aber den Zusammenschluss mit Deutschland, da es dort im Gegensatz zum agrarisch geprägten Österreich ein weit größeres Industrieproletariat gab. Die Christlich-Soziale Partei und die konservativen Kleinparteien fürchteten hingegen die nummerische Übermacht des Protestantismus in Deutschland. Die Völkischen sahen sich ohnehin als Deutsche und lehnten die österreichische Nation ebenso ab wie den Katholizismus. Die Sozialdemokratie konnte sich nur 1919/20 in der Regierung behaupten, danach lag deren Schicksal in den Händen der Christlich-Sozialen Partei mit wechselnden Koalitionspartnern. Die Kommunistische Partei Österreichs kam aufgrund des Konzeptes des „Austromarxismus“ der Sozialdemokraten nie über den Status einer Minderheit hinaus. Eine weitere Hypothek für die junge Republik war das starke Stadt-Land-Gefälle, da das „Rote Wien“ von konservativ-klerikal geprägten Bundesländern „umzingelt“ war. Nach dem militärischen Zusammenbruch der Donaumonarchie bildeten sich regional gegliederte Heimwehren, in denen sowohl klerikale wie völkische Kreise vertreten waren und die daher auch nie auf einen gemeinsamen Nenner kamen. Zur Führungselite gehörten auch aus Deutschland geflüchtete Offiziere, die 1920 am Kappoder 1923 an Hitlers „Bürgerbräu“-Putsch beteiligt gewesen waren. 1923 wurde der sozialdemokratische Republikanische Schutzbund gegründet, immer wieder kam es zu Reibereien und Scharmützeln zwischen den verfeindeten Militärverbänden, wobei jedoch Heimwehrleute bei einem gerichtlichen Nachspiel die weit größeren Chancen auf Freispruch oder geringfügige Haftstrafen hatten. Als es nach der Ermordung von zwei Arbeitern durch die Heimwehr im burgenländischen Schattendorf erneut zu Freisprüchen kam, erfolgten am 15. Juli 1927 spontane Protestdemonstrationen, in deren Folge der Justizpalast in Flammen aufging, woraufhin die Polizei in die Menge

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schoss und 89 Menschen zu Tode kamen. Am 18. Mai 1930 leisteten zahlreiche Heimwehr-Führer den „Korneuburger Eid“ auf die Zerstörung der parlamentarischen Demokratie, im September wurde mit Ernst Rüdiger Graf Starhemberg ein Veteran des „Bürgerbräu“-Putsches, der inzwischen mit Hitler gebrochen hatte, zum obersten Führer der Heimwehr ernannt. Als Ende 1931 der steirische Heimwehr-Führer Walter Pfrimer gegen die Staatsgewalt putschte, wurde auch er vor Gericht freigesprochen. Der im Mai 1932 zum Bundeskanzler ernannte Engelbert Dollfuß orientierte sich an Italiens Diktator Benito Mussolini und war bereit, autoritär zu regieren, bereits im Oktober 1932 wendete er erstmals das Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz an. Parallel zum Aufstieg der NSDAP in Deutschland erhielt diese auch in Österreich ab 1930 gewaltigen Zulauf, sodass eine Machtübernahme nur noch eine Frage der Zeit schien. Dem suchte die Regierung Dollfuß zuvorzukommen: Nur wenige Tage nach dem Reichstagsbrand in Berlin und der damit verbundenen Zerschlagung der politischen Opposition in Deutschland kam es am 4. März 1933 unter Zuhilfenahme eines juristischen Tricks auch zur Ausschaltung des Parlaments in Österreich, dieses wurde aufgelöst und das Gebäude von der Polizei besetzt.50 Nach der „Machtergreifung“ in Deutschland schien es nur eine Frage der Zeit, wann die NSDAP auch in Österreich stärkste Partei sein würde. Mit Mussolini im Rücken grenzte sich Bundeskanzler Dollfuß gegen Hitler ab und ging unmittelbar nach der sogenannten „Selbstausschaltung des Parlaments“ im März 1933 gegen seine politischen Erzfeinde vor. Schon im Mai verbot er den Republikanischen Schutzbund, die Freidenker-Organisationen, die Kommunistische Partei Österreichs sowie Landtags- und Gemeinderatswahlen. Durch die Gründung der Vaterländischen Front (VF) sollten alle anderen Verbände bedeutungslos gemacht werden. Nach der Verhängung der „Tausend-Mark-Sperre“ durch Hitler und blutigen NS-Terroranschlägen verbot Dollfuß auch NSDAP, SA und SS. Im Zuge der Februarkämpfe 1934 erfolgte die Zerschlagung der Sozialdemokratischen Partei. Nach Dollfuß’ Er50

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Siehe dazu u.a.: Francis L. Carsten: Faschismus in Österreich. München: Fink 1978. Helene Maimann (Hg.): Die ersten 100 Jahre Österreichische Sozialdemokratie. Wien: Brandstätter 1988. Bruce F. Pauley (Hg.): Hahnenschwanz und Hakenkreuz. Wien: Europa 1972. Ders.: Eine Geschichte des österreichischen Antisemitismus. Wien: Kremayr & Scheriau 1993.

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mordung beim nationalsozialistischen Putschversuch am 25. Juli 1934 folgte ihm bis 1938 Kurt Schuschnigg als Bundeskanzler. In Folge des Juliabkommens 1936 wurden auch NS-Vertreter in die Regierung aufgenommen. Trotz aller Demutsgesten verstärkt sich Hitlers Druck, nach einem Ultimatum an Schuschnigg setzte dieser für den 13. März 1938 eine Volksabstimmung über die Eigenstaatlichkeit Österreichs an, die durch den Einmarsch deutscher Truppen vereitelt wurde. Die GLvW konnte dem rasanten Aufstieg des Faschismus nur tatenlos zusehen und wurde dabei sukzessive in die Enge gedrängt: Da tschechische und polnische Zeitungen bereits 1933 voreilig ihre Auflösung bekannt gegeben hatten, richtete die kurzlebige Nachrichtenagentur Meteor eine entsprechende Anfrage an die GLvW. In der Antwort der GLvW heißt es: „Man verwechselte das in der letzten Zeit von der österreichischen Regierung erlassene, die Gottlosenbewegung der Freidenker treffende Verbot, mit der Freimaurerei, die mit dieser Bewegung in keinen wie immer gearteten Zusammenhang zu bringen ist. Die österreichischen Freimaurer sind ebenso staats- wie religionsbejahend, was schon aus dem ‚Alten Pflichten‘ von 1723 […] hervorgeht.“ Dieses wird ebenso zitiert wie § 3 der Konstitution mit der Konklusio: „Daraus geht nicht nur die vaterländische Einstellung der Großloge von Wien klar hervor, sondern auch ihre absolute Neutralität in religiösen Fragen. Katholiken, Protestanten und Juden finden sich in der Großloge von Wien zu fruchtbarer Arbeit zusammen. Die Zahl der Freidenker (im bürgerlich-liberalistischen und nicht im Sinne der proletarischen Gottlosenbewegung) in unseren Reihen, entspricht ungefähr derjenigen innerhalb der Gesamtbevölkerung. Wenn noch ein Beweis für die alle Religionen bejahende Einstellung der Wiener Großloge nötig wäre, so möge darauf verwiesen werden, daß in allen unseren Arbeitsstätten die Bibel als Symbol der Wahrheit aufliegt./ Die Großloge von Wien hat schon vor Wochen, als die österreichische Regierung an die Öffentlichkeit den Aufruf erließ, auch im Auslande für den österreichischen Fremdenverkehr zu werben, an alle befreundeten Großlogen in der ganzen Welt ein Schreiben gerichtet, in dem sie herzlichst ersucht werden, den Besuch unseres, um seine Existenz schwer ringenden Vaterlandes, im Interesse des Weltfriedens zu propagieren. Zahlreiche Zuschriften, die als Antwort hierauf von verschiedenen freimaurerischen Großbehörden bisher eingetroffen

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sind, beweisen, daß der Aufruf der Großloge von Wien nicht erfolglos geblieben ist. Ebenso beteiligen sich die österreichischen Freimaurerlogen an der Ferien-Kinderhilfsaktion der Bundesregierung.“51

Ausgerechnet die Reichspost zitierte diese Meldung und erteilte ihr trotz einiger hämischer Kommentare die „Absolution“.52 Da der Ständestaat aufgrund außenpolitischer Rücksichten jede Form des äußerlich erkennbaren Antisemitismus peinlich mied und die Behörde sich der mehrheitlich jüdischen Herkunft der Freimaurer bewusst war, setzte man auf eine Zermürbungstaktik. Beamten aller Ebenen war eine weitere Mitgliedschaft verwehrt, dies wurde auch durch eine Broschüre von Adalbert Hohenberg propagiert.53 Auch deklarierte Katholiken erkannten die Zeichen der Zeit und verließen die Loge, die GLvW wiederum legte dies einigen kommunistischen und linksradikalen Mitgliedern nahe.54 Auch das Auftreten des in der Wiener Gesellschaft weithin angesehenen Großmeisters Richard Schlesingers dürfte ein Freimaurerverbot abgewendet haben: „Er verstand es, die österreichischen Regierungsstellen davon zu überzeugen, dass die Freimaurerei eine wohltätige und nützliche Einrichtung sei, die auch für den Staat von Vorteil und durch das Prinzip der Duldung und der Achtung von weltanschaulichen und religiösen Überzeugungen einen positiven Wert für das ruhige und sittliche Zusammenleben der staatlichen Gemeinschaft darstelle.“55 Das wahre Gesicht der VF gegenüber Juden erweist sich in einem Briefwechsel mit dem einflussreichen Großindustriellen und prominenten Freimaurer Martin Bunzl. Dieser schrieb im September 1933 an die Leitung der 51 52 53 54

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Die Einstellung der Freimaurer zur österreichischen Regierung. Bedeutsame Äußerungen im Gespräch mit dem Vertreter des „Meteor“, in: Meteor. Internationaler Informationsdienst und Korrespondenzbüro 12/1933, S. 1. Die Freimaurer staats- und religionsbejahend? Eine Erklärung der Großloge von Wien, in: Reichspost, 20.7.1933, S. 8. Adalbert Hohenberg: Freimaurer-Registrierung zum Schutze des Staates. Wien: Hohenberg 1934. Gregor Cardon [Ps. für Kurt Reichl]: Die Großloge von Wien, in: Reichspost, 30.4.1935, S. 6. Siehe auch: Die Freimaurerei in Österreich, in: Innsbrucker Nachrichten, 144/1934, S. 3, in: BArch R58/6111, Bl. 253. Massenflucht aus der Freimaurerei [Zeitungsausschnitt, Innsbruck], 18.4.1934, in: BArch R58/6111, Bl. 246. Siehe auch Josef Foscht an Johann Heeger, Brief vom 16.2.1951, in: QC-Archiv Wien. Oesterreich. Br. Dr. Richard Schlesinger, in: Die drei Ringe 1/1937, S. 10.

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VF, dass er ihr längst beigetreten wäre, wenn er überzeugt wäre, „dass dort Juden nicht nur geduldet, sondern ebenso willkommen sind, wie die christlichen Mitglieder, wenn sie auch nur bereit sind, für ihr Vaterland entsprechend einzustehen! Der Herr Bundeskanzler soll zwar bei einer Gelegenheit erklärt haben, dass ‚für ihn als Christ die Seele des Menschen wichtiger sei, als seine Rasse‘, aber in allen öffentlichen Kundgebungen der Vaterländischen Front habe ich bisher eine unzweideutige klare Stellungnahme in der Judenfrage vermisst. “56 Der Brief wurde offensichtlich ebenso missverstanden wie Bunzls jüdische Herkunft, denn in der Antwort heißt es: „Es ist nicht zu leugnen, dass innerhalb der Vaterländischen Front sich auch Juden befinden. Selbst künftig wird es nicht möglich sein, jeden Juden aus der Vaterländischen Front zu verdrängen und damit selbstverständlich auf jede Hilfe seinerseits zu verzichten. Trotzdem gehen die Bestrebungen unseres Führers dahin, ‚den christlich-deutschen Ständestaat‘ zu schaffen und wenn wir überlegen, was das bedeutet, ist uns auch die Judenfrage klar. Wir werden dafür zu sorgen wissen, dass keiner von Ihnen [sic] irgendwo im Rampenlicht steht, um auf jeden Fall den Eindruck zu vermeiden, dass wir nach dieser Richtung hin ein ganz grosses Erfordernis übersehen. Sie dürfen nicht vergessen, sehr geehrter Herr Kommerzialrat, dass wir heute noch nicht nach allen Seiten ausschlagen dürfen, wenn wir vermeiden wollen, dass wir rasch und endgültig siegen.“57

Doch zumindest gegenüber der Freimaurerei änderte sich die Haltung des Ständestaats. Retrospektiv erinnert sich Franz Fackel: „Die Freimaurerei fand auf einmal die besondere Aufmerksamkeit der Polizei, natürlich in negativem Sinn. Es wurden Polizeiorgane als Aufpasser in die Logen entsandt; kamen diese Organe noch vor Beginn der EröffnungsZeremonien in unseren Tempel, wurde formlos ohne [rituelle] Bekleidung der Tempel betreten. Der Meister vom Stuhl eröffnete mit einfachen Worten die 56 57

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Martin Bunzl an die Leitung der Vaterländischen Front, Brief vom 22.9.1933, in: DÖW 21728/2. Leitung der Vaterländischen Front (gez. Groder i. V.) an Martin Bunzl, Brief vom 29.9.1933, in: ebd.

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Loge, die Kerzen wurden nicht entzündet und der vorgesehene Vortrag, sofern ein Thema allgemeiner, nicht freimaurerischer Natur besprochen wurde, gehalten, die Diskussion manchmal noch in der Loge abgeführt und die Loge ohne Beachtung des Rituals geschlossen. Traf das Polizeiorgan nach der rituellen Eröffnung der Loge ein, wurde – falls nötig – unbemerkt das Thema gewechselt. Hier muß vorausgeschickt werden, daß vorsichtshalber Themen aus der Wirtschaft vorgetragen wurden [...]. Die Polizeiorgane pflegten die Anzahl der Anwesenden festzustellen und mit den Eintragenden im Besuchsprotokoll zu vergleichen. Manchmal wurden Abschriften der Besucherliste mit Angaben der Wohnadressen verlangt (unsere Zusammenkünfte waren sogenannte § 2-Versammlungen, die nur von Mitgliedern besucht werden durften und deren Anwesenheit durch persönliche Eintragung in ein ‚Besuchs‘-Protokoll festgehalten wurden.“58

Ähnliches berichtete auch der nach England emigrierte Konrad Weil: „Als in Österreich Dollfuß Bundeskanzler war, hatten wir keine guten Zeiten. Es erschien Polizei bei unseren Arbeiten und wir hatten für diese Fälle ein erfundenes Ritual vorbereitet. Wir eröffneten die Arbeit mit diesem Ritual, hatten unseren Vortrag und schlossen die Arbeit wieder mit einem erfundenen Ritual. Da die Polizei ‚Präsenzlisten‘ verlangte, verloren wir manche wertvolle Brüder, deren Existenz gefährdet worden wäre. Unter dem Regime Schuschnigg wurde dann alles viel besser für uns Freimaurer.“ 59 Dies mag neben vielen anderen Gründen auch daran gelegen haben, dass eine intensive wie defensive Informationskampagne der Freimaurer ihre Früchte trug, obwohl sie um 1935 zum Verstummen kam. Die Kirche hatte immer wieder die Geheimhaltung der Freimaurerei als prinzipiell verdächtig bezeichnet, daher wurde diese durch einige Publikationen behutsam gelockert. Als bis heute bedeutsames Werk erschien 1932 das Internationale Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner.60 Aus dem Umfeld der 58 59 60

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Franz Fackel: Bericht über Behinderungen des Logenlebens 1934–1938 insbesondere der Loge Lessing sowie über die Verfolgungen durch die Nationalsozialisten nach 1938, in: Quellen zur freimaurerischen Geschichtsforschung 5/1991, S. 32–33. Konrad Weil an Dieter Scheitz, Brief vom 6.7.1989, in: QC-Archiv Wien. Eugen Lennhoff, Oskar Posner: Internationales Freimaurerlexikon. Zürich, Leipzig, Wien: Amalthea 1932.

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GLvW folgte eine Broschüre von Josef Reiss, der für eine profane Öffentlichkeit die Grundprinzipien der Freimaurerei und deren Geschichte in Österreich replizierte, den gängigen Vorwürfen widersprach und dabei insbesondere auf die „Aachener Konferenz“ zwischen Wiener Hochgradmaurern und dem Jesuiten Hermann Gruber einging, die eine Annäherung der Standpunkte gebracht habe.61 Von dieser ist auch in dem 1933 von Kurt Reichl herausgegebenen Blaubuch der Weltfreimaurerei die Rede. Weitere Beiträge in dieser Publikation beschäftigten sich mit der SGLD, der Paneuropäischen Union, der UFL, den Hochgraden und der Verfolgung der Freimaurerei in mehreren europäischen Ländern.62 Die Folgepublikation im Jahr 1934 gab einen Überblick über Tätigkeit und Anzahl von Freimaurern in aller Welt.63 Der dritte, nicht mehr von Reichl herausgegebene und letzte erschienene Band wiederum bemühte sich um eine philosophische, ethische und esoterische Deutung der Freimaurerei fernab von Politik und Religion.64 Im Übrigen reagierte auch die B’nai B’rith Anfang der 1930er-Jahre auf die Bedrängnisse der Zeit mit einer publizistischen Öffnung.65 Trotz ihrer gezeigten Kooperationsbereitschaft geriet die GLvW im Zuge der staatlichen Zwangsmaßnahmen nach dem kurzen Bürgerkrieg 1934 ins Visier der Obrigkeit. Waldimir Misař erinnerte sich an die Zeitenwende: „Der Beginn des letzten Zeitabschnittes kann auf den 24. März 1934 angesetzt werden, an welchem Tage ein für die Freimaurerei freier Nationen unerhörtes Ereignis eintrat: Ein Polizeibeamter erschien vor Eröffnung der Jahresversammlung in der Großloge und blieb anwesend während ihres Verlaufes. Die anwesenden Mitglieder unterließen es natürlich, sich maurerisch zu bekleiden, und die Versammlung vollzog sich ohne rituelle Formen, wie die Jahresversammlung irgendeines profanen Vereines. Seit diesen Tagen kamen Polizeibeamte zu fast allen maurerischen Versammlungen. [...] An allen drei Orten 61 62 63 64 65

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Josef Reiss: Die österreichischen Freimaurer. Wien, Leipzig: Artur Wolf 1932. Kurt Reichl (Hg.): Das Blaubuch der Weltfreimaurerei 1933. Wien: Saturn 1933. [Kurt Reichl (Hg.)]: Das Blaubuch der Weltfreimaurerei 1934. Wien: Saturn 1934. Paul Nettl (Hg.): Das Jahrbuch der Weltfreimaurerei 1935. Wien: Saturn 1935. Isidor Herrisch: Der jüdische Weltorden Bne-Breiss. I. O. B. B., Independent Order B’nai B’rith. Wien: (Selbstverlag) 1932. Salomon Frankfurter: Der Bund „Bne Brith“. Wien: (Selbstverlag) 1935. Wilhelm Knöpfmacher: Entstehungsgeschichte und Chronik der Vereinigung „WIEN“ B’nai B’rith in Wien 1895–1935. Wien: (Selbstverlag) 1935

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fanden wochentags Versammlungen verschiedener Logen statt, und auf diese Weise waren regelmäßig 2 oder 3 Polizeibeamte zur gleichen Zeit anwesend. Sehr oft warteten sie auch noch außerhalb des Speisesaals bis das Brudermahl vorüber war, und alle Teilnehmer das Haus verlassen hatten. Es ist nicht verwunderlich, daß unter solchen Umständen die Zahl der Teilnehmer an den Versammlungen sehr schnell abzunehmen begann und die Logen selbst es vorzogen, auf solche Zusammenkünfte ohne rituelle Arbeiten und unter polizeilicher Kontrolle zu verzichten.“66 Die GLvW verlor im Ständestaat mehr als ein Drittel ihrer Mitglieder und schrumpfte bis Mitte 1937 auf exakt 1167, obwohl es auch Neuaufnahmen gab und zahlreiche ausgetretene Brüder eine „permanente Besuchserlaubnis“ erhielten. Die erst wenige Jahre davor gegründeten Logen in Wr. Neustadt, Graz und Klagenfurt und auch das freimaurerische Kränzchen in Linz mussten in den Jahren 1933 und 1936 wieder eingeschläfert werden. Im März 1935 trat die GLvW mit einem Spendenaufruf an ihre Mitglieder heran, da die finanzielle Situation überaus angespannt war.67 Trotz dieser Einschüchterungsmaßnahmen kann aber nicht von einer organisierten Freimaurerverfolgung von staatlicher Seite gesprochen werden: „Vor März 1938 war die Zugehörigkeit zum Bunde in Wien eigentlich nicht gefährlich, zum Unterschied von den Provinzstädten.“68 Andererseits sammelte die Polizei Material über und gegen die Freimaurerei, wie aus folgender Aktennotiz hervorgeht: „Auf vertraulichem Wege wurde der Bundespolizeidirektion die zuliegende Zusammenstellung über Freimaurerlogen übermittelt. Sie stammt aus Material, welches im Herbst 1936 im Keller des Wohnhauses des Heinrich Eduard Jacob, Korrespondent des Berliner Tagblatt, III., Reisnerstrasse Nr. [?] im Zuge des gegen ihn beim Landesgericht für Strafsachen Wien I unter Zahl 26 f Vr 373/36 wegen Verdachtes des Betruges, der Veruntreuung und der Erpressung anhängigen Strafverfahrens gefunden wurde.“69 66 67 68 69

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Wladimir Misař: Die letzten Tage der Großloge von Österreich, in: Quellen zur Freimaurerischen Geschichtsforschung 5/1991, S. 12–13. Günter K. Kodek: Zwischen verboten und erlaubt. Chronik der Freimaurerei in der österreichisch-ungarischen Monarchie 1867–1918 und der I. Republik 1918–1938. Wien: Löcker 2009, S. 333. A.G.F. Grenville an Otto Staininger, Brief vom Jänner 1990, in: QC-Archiv Wien. Aktenvermerk: Material über die Freimaurerbewegung in Wien, 10.12.1936, in: GLvÖ-Archiv (Kopie).

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

Der Umfang der Wiener Freimaurer-Zeitung (WFZ) musste stark reduziert werden, als Herausgeber und wichtigster Autor fungierte im Ständestaat Wladimir Misař, der im April 1933 die ganze Nummer dem Schicksal der deutschen Großlogen unter dem NS-Regime widmete.70 Die Berichterstattung über das Schicksal der Freimaurerei im NS-Staat hielt allerdings nur bis 1935 an, dem Jahr der endgültigen Zerschlagung der Logenstrukturen. 71 Misařs Leitartikel haben defensiven Charakter und sind zugleich von Zweckoptimismus gekennzeichnet. So heißt es im Jänner 1934 in Zusammenhang mit dem Humanitätsideal: „In diesem und nur in diesem Sinne ist die Freimaurerei übernational. Sie ist in jedem Vaterland Dienerin dieses Vaterlandes und in allen Vaterländern Dienerin der Menschheit. Sie folgt den Gesetzen ihres Vaterlandes und empfängt von nirgendwo sonst ihre Weisungen.“72 In der folgenden Nummer geht Misař auf die Widersprüchlichkeit der gegen die Freimaurerei erhobenen Anschuldigungen ein: „So gilt die Freimaurerei den religiösen Gruppen als Trägerin der Gottlosenbewegung, während sie vom Kommunismus wegen ihrer Religionsbejahung heftig bekämpft wird. Die Freimaurerei gilt aber auch gleichzeitig als nationalistisch und als international; denn von zwei Staaten, zwischen denen politische Differenzen bestehen, findet jeder der beiden, der eigenen Freimaurerei Internationalismus, der Freimaurerei des anderen Staates hingegen nationalen Chauvinismus vorwerfen zu müssen.“73 Auf den Vorwurf, die Freimaurerei sei in die Februarkämpfe verstrickt, antwortete Misař mit erstaunlicher Ruhe in Form eines Lessings Ernst und Falk nachempfundenen Dialogs.74 Ihre Loyalität zum österreichischen Staat bewies die GLvW durch eine Trauerarbeit für den von Nationalsozialisten ermordeten Bundeskanzler Dollfuß, zudem beteiligte sie sich an

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Das Schicksal der deutschen Freimaurerei, in: WFZ 4–5/1933, S. 41–64. Die Entwicklung in Deutschland, in: WFZ 6–8/1933, S. 70–79. Bilanz 1933, in: WFZ 9–12/1933, S. 92–96. Göring gegen die Freimaurerei, in: WFZ 9–12/1933, S. 97–98. Die neuen deutschen Rituale, in: WFZ 9–12/1933, 98–99. Nationalsozialismus und Freimaurerei, in: WFZ 3/1934, S. 48. Die „Symbolische Großloge von Deutschland im Exil“, in: WFZ 4/1934, S. 60. „Symbolische Großloge von Deutschland im Exil“, in: WFZ 2/1935, S. 22. Auflösung der deutschen Freimaurerlogen, in: WFZ 3/1935, S. 50. Wladimir Misař: Die Großloge von Wien, in: WFZ 1/1934, S. 3. W. M. [Wladimir Misař]: Die Freimaurerei im Abwehrkampf, in: WFZ 2/1934, S. 19. Ders.: „Die Freimaurer sind schuld!“, in: WFZ 3/1934, S. 38–45.

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vom österreichischen zum deutschen Faschismus

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der Fremdenverkehrswerbung.75 In seinem Rechenschaftsbericht 1935 beklagte Misař das „böse Schicksal“ und den die Arbeit massiv beeinträchtigenden Aderlass der Freimaurerei, betonte aber, dass man es im Vergleich zu vielen anderen Ländern als „noch verhältnismäßig günstig bezeichnen“ könne, denn in Österreich gebe es „keine politische Partei, die der Freimaurerei geschlossen gegenübersteht. (...) Bei uns gibt es auch keine Presse von einiger Bedeutung, die den Kampf gegen die Freimaurerei zu ihrem Tagesgeschäft machen würde.“ Nur in einem Fall, nämlich als die Freimaurerei im Zusammenhang mit den Februarkämpfen 1934 in der ausländischen Presse und im Rundfunk als „mutmaßliche Drahtzieherin“ bezeichnet wurde, brach die GLvW ihr Schweigen in politischen Belangen in Form einer an die Regierung gerichteten Richtigstellung.76 In einem weiteren Leitartikel stellte Misař klar, dass das generelle Schweigen zu allen gegen sie und die Freimaurerei erhobenen Vorwürfen keineswegs als Zustimmung missverstanden werden dürfe.77 Ein interner SD-Bericht vom Juli 1934 zeichnete folgendes Bild der Freimaurerei im Ständestaat: „Dass die Freimaurerei sich nach Österreich vollständig frei entfalten kann, ist auf das gute Einvernehmen mit dem kath. Klerus zurückzuführen. (…) Es steht somit fest, dass zwischen Freimaurerei und Katholizismus ein Bündnis zustande gekommen ist, sich gegenseitig nicht zu befehden. (…) Die größten Verluste erlitt aber die österr. Freimaurerei durch die im Februar 1934 erfolgte Zerschlagung des Austro-Marxismus. – Von diesem Schlag dürfte sie sich so bald nicht wieder erholen, es sei denn, dass sie in der vaterländischen Bewegung fortschreitet, – denn die Arbeit, welche die sozialdemokratische Organisation bewusst für die Freimaurerziele geleistet hat, sind den wenigsten bekannt. (…) Die Selbständigkeitsbewegung in Österreich brachte es mit sich, dass nun für die österr. Freimaurerei Zeit und Gelegenheit gekommen wäre, ihre vaterländische Gesinnung zu manifestieren. Auch für die Propaganda des Fremdenverkehrs im weitesten Ausland nimmt die Großloge Wien für 75 76 77

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Trauerkundgebung der Großloge, in: WFZ 3/1934, S. 47. Fremdenverkehrswerbung der Großloge von Wien, in: WFZ 2/1935, S. 23. W. M. [Wladimir Misař]: Rechenschaftsbericht, in: WFZ 1/1935, S. 2–3. Ders.: „Qui tacet, consentire videtur“, in: WFZ 2/1935, S. 17–20.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

sich den Verdienst in Anspruch der österr. Fremden-Verkehrswerbung durch Vermittlung von Werbeschriften an alle befreundeten Großlogen und Einzelbrüder sowie durch Artikel in Logenzeitungen ihr möglichstes unter dem Schlagwort ‚Österreich ladet‘ geleistet zu haben.“78

Auch in ihrer inhaltlichen Ausrichtung sah sich die GLvW zu Kompromissen gezwungen. In den Jahresberichten von 1934 bis 1938 werden alle trotz der großen wirtschaftlichen Depression unterstützten Vereine genannt: „Allgemeine Nährpflicht“, Arbeitsgemeinschaft österreichischer Friedensvereine, Bereitschaft, Ethische Gemeinde, Französisch-österreichisches Schüleraustausch-Komitee, Guttempler, Lebensmüdenstelle der Ethischen Gemeinde, Liga für Menschenrechte, Österreichische Friedensgesellschaft, Pan-Europa, Settlement, Volksbildungsverein, Völkerbundliga. Auch die unterstützten rein karitativen und teilweise nichtmaurerischen, manchmal sogar ständestaatlichkatholischen Vereine werden minutiös aufgezählt: Allgemeines Krankenhaus, Asyl für Obdachlose, Bund der Später-Erblindeten, Bund für Mutterschutz, Charité, Distriktskrankenpflege, Ferienkolonienverein „Pestalozzi“, Freimilchverteilung, Hilfsverband für notleidende jüdische Schulkinder, Israelitisches Blindeninstitut, Jugendwohlfahrtswerk, Lessingdenkmalfonds, Poliklinik, Reichsbund der Kriegsopfer, Reichsverband für Jugendfürsorge, Reichsverband österreichischer Künstler, Rettungsgesellschaft der Barmherzigen Brüder, Verein Frohe Kindheit, Verein gegen Verarmung, Waisenhaus Francke, Wirtschaftsverband für Jugendfürsorge, Wohlfahrtsaktion für Kriegsopfer, Zentralkrippenverein, Zentralverband für Blindenfürsorge u.v.a. Außerdem wurden alle großen öffentlichen Sammelaktionen wie Winterhilfswerk, Februaropfer, Muttertag, Josefstische, Kinderrettungswoche sowie die Sammelaktionen für verschiedene Kategorien öffentlich Angestellter sowie Sicherheitsorgane mit Spenden bedacht.79 Großsekretär Misař verwies in einem ausführlichen Artikel auch auf die karitative Tätigkeit von Freimaurern in anderen Ländern.80 Aber Misař machte auch unmissverständlich klar, dass bei aller Auskunfts78 79 80

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Die Freimaurer-Organisation in Österreich, 27.2.1934, in: BArch R 58/6118, Bl. 255. Wladimir Misař: Die Großloge von Wien, in: WFZ 1/1934, S. 8. Ders.: Rechenschaftsbericht, in: WFZ 1/1935, S. 10. Ebd. 1/1936, S. 11. Ebd. 1/1937, S. 1–14. Ebd. 1/1938, S. 10–11. W. M. [Wladimir Misař]: „Gute Werke brauchen das Tageslicht nicht zu scheuen!“, in: WFZ 2/1936, S. 17–25.

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willigkeit ein generelles Öffnen der Tempelpforten ausgeschlossen sei, da die Preisgabe des Brauchtums die Gegner nicht überzeugen, die Freimaurer selbst jedoch eines unwiederbringlichen ideellen Gutes berauben würde.81 Eine letzte äußere Manifestation des Toleranzgedankens war die wesentliche Finanzierung des 1935 enthüllten Lessing-Denkmals von Siegfried Charoux auf dem Wiener Judenplatz.82 Das Werk wurde 1939 von den Nazis eingeschmolzen und erst 1968 durch einen neuen Bronzeguss ersetzt. Trotz der allgemeinen wirtschaftlichen Notlage waren einzelne Freimaurer bis zuletzt gewillt, für ein freies Österreich zu kämpfen. Im Zuge der Propaganda der von Schuschnigg für den 13. März 1938 anberaumten Volksabstimmung wurde der Großindustrielle und prominente Freimaurer Martin Bunzl ins Bundeskanzleramt und dort um eine großzügige Spende gebeten. Seine Zusage war mit der GLvW nicht akkordiert, dennoch wurde ihr dies nach dem Krieg von der UGL als unerlaubte „politische Tätigkeit“ vorgeworfen.83

März 1938: Dorotheergasse 12 und Schwindgasse 8 „Dir, meinem aufrichtigen Freunde, sage ich – dass wir bald nicht mehr existieren werden. Alle unsere Lokalitäten sind seit 2 Tagen geschlossen. Unsere Großbeamten und Meister der Logen werden – während ich dies schreibe – eben verhört. Ich selbst schon vor 2 Tagen. Unser Tempel in der Dorotheergasse soll ein Freimaurermuseum werden. Alle Briefe an unsere alte Adresse werden geöffnet, daher bitte ich dich und alle unsere Freunde, uns nicht mehr zu schreiben. Da ich mich nach einem freundlichen Wort von dir sehne, so will ich dir ehestens eine Privatadresse mitteilen. Nun ein Lebewohl. Ich werde niemals unsere schönen gemeinsamen Stunden in Schottland vergessen.“84 81 82 83 84

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Ders.: Sollen wir die Pforten unserer Tempel öffnen?, in: WFZ 3/1936, S. 34–38. Gregor Cardon [Ps. für Kurt Reichl]: „Einschläferung“, in: Allgemeine Katholische Korrespondenz (München), 12.8.1935. Bernhard Scheichelbauer, Gustav Kuéss: 200 Jahre Freimaurerei in Österreich. Wien: Kerry 1959, S. 218–219. [N.N.]: Die österreichische Freimaurerei 1918 bis 1938, in: QC-Berichte 27/2007, S. 73. Zit. in Ray Denslow: Die letzten Tage der Großloge von Wien im Jahr 1938 [Handschrift], in: GLvÖ-Archiv.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

Diese Zeilen schrieb Großsekretär Wladimir Misař am 16. März 1938 an den amerikanischen Großbeamten Ray Denslow aus Missouri, und es dürfte für lange Jahre der letzte Brief seiner Art gewesen sein. Der Freundschaft dieser beiden Großbeamten ist es zu verdanken, dass das Ende der GLvW im März 1938 gut dokumentiert ist. Bereits 1942 veröffentlichte Denslow einen entsprechenden Gedächtnisbericht Misařs in den USA.85 Dieser hatte jedoch eine längere Genese, denn nach seiner geglückten Flucht nach England schrieb Misař im März 1939 an Denslow: „Du hast recht, wenn du in deinem letzten Briefe sagst, dass geschichtliche Daten niedergeschrieben werden sollen, solange sie noch frisch im Gedächtnis haften. So tat auch ich, musste aber, der Hausdurchsuchungen wegen, wieder alles vernichten. Manches lernte ich auswendig und – ein zweites Mal niedergeschrieben – versteckte ich sie unter unauffälligen, wissenschaftlichen Notizen. Kannst du dir vorstellen, wie dem zumute ist, der seiner einstigen Heimat entrann? Man muss sich erst gewöhnen wieder frei schreiben und sprechen zu dürfen.“86 Nachdem das NS-Regime 1935 die letzten deutschen Großlogen enteignet und aufgelöst hatte, wurde es für die Verantwortlichen in der GLvW wohl zunehmend klarer, dass auch sie dieses Schicksal ereilen könnte, aber erst in den letzten Tagen vor dem „Anschluss“ Österreichs kam es zu hektischen Beratungen: „Verschiedene Maßnahmen wurden vorgeschlagen und erwogen bezüglich Bewahrung und Rettung des Vermögens der Großloge und der einzelnen Logen, des Archivs und der Fonds. Aber damals herrschte die Meinung vor, daß es nichts gebe, was die Freimaurerei zu verbergen und zu verhehlen hätte, und daß man ihrem obersten Prinzip, dem der Loyalität gegenüber dem Staate, 85

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[Wladimir Misař]: Masonic Martyrs [und] The last Days of the Grand Lodge of Vienna, in: Ray V. Denslow: The Masonic World. St. Louis, Missouri: (Eigenverlag) 1942, S. 34–48, deutsche Übersetzung von Gustav Kuéss (1960): Wladimir Misař: Die letzten Tage der Großloge von Österreich, in: Quellen zur Freimaurerischen Geschichtsforschung 5/1991, S. 8–25. Davor veröffentlicht in: Lessing zu den drei Ringen 23/1963, S. 1–6. Siehe auch Lewis C. „Wes“ Cook (Hg.): ‚The Masonic World‘ of Ray V. Menslow. St. Louis, Missouri: (Eigenverlag) 1964, S. 124–131. Zit. in Ray Denslow: Die letzten Tage der Großloge von Wien im Jahr 1938 [Handschrift], in: GLvÖ-Archiv.

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nicht zuwider handeln dürfe. Stimmen wurden laut, daß gegen einen Gegner, dem alle Grundsätze der Moralität mangeln, die Prinzipien der Selbsterhaltung mit angewendet werden können. Wieder andere aber behaupteten, daß eine Beseitigung eines Teiles des Eigentums und der Archive und der Mitgliederlisten etc. erst recht Verdacht erregen und als Beweis für die gegnerischen Beschuldigungen gegen die Freimaurerei dienen könnte. So wurde in jenen Tagen nichts weggeräumt und nichts verborgen, und die österreichischen Freimaurer erwarteten tapfer ihr kommendes Schicksal.“87

Für den 9. März 1938 lud Großmeister Schlesinger die Stuhlmeister aller Logen in sein Büro, um die politische Lage angesichts der von der Regierung Schuschnigg für den 13. März anberaumten Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Österreichs zu beraten. „Die Anregung, die österreichische Freimaurerei möge ihre helfende Hand bei der Vorbereitung der Abstimmung leihen, wurde von der Großloge strikte abgelehnt, sie hatte aber nichts einzuwenden gegen eine private Unterstützung durch einzelne Mitglieder.“88 Für den 11. März war eine Versammlung der Großbeamten in der Dorotheergasse 12 anberaumt, die aber abgebrochen wurde, nachdem der Sohn des Großmeisters Dr. Hans Schlesinger die Nachricht brachte, dass die Volksabstimmung abgesagt worden sei. Am 12. März 1938 schließlich besetzten deutsche Truppen um 5:30 Uhr die Grenzposten in Österreich und rückten sukzessive in die Landeshauptstädte vor. Bereits davor, um drei Uhr früh, wurde das Logenhaus in der Dorotheergasse 12 von einer Menschenmenge belagert, worüber der „dienende Bruder“ Konrad Loch Großsekretär Misař informierte, der sich telefonisch mit dem Deputierten Großmeister Robert Pelzer beriet. Sie kamen überein, den Schlüssel zum Haus sofort bei der nächsten Polizeistation zu deponieren, damit das Haus nicht gewaltsam geöffnet werde. Am Nachmittag des 13. März erschienen sechs Gestapo-Beamte bei dem von seiner Krankheit stark gezeichneten Großmeister Schlesinger und befahlen ihm die Übergabe des GLvW-Vermögens. Aufgrund seines Leidens bat er Großsekretär Misař, an seiner Stelle diese Anordnung auszuführen und sich noch am selben Tag in 87 88

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Wladimir Misař: Die letzten Tage der Großloge von Österreich, in: Quellen zur Freimaurerischen Geschichtsforschung 5/1991, S. 13. Ebd., S. 14.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

der Schwindgasse 8 einzufinden. Da der dortige Hausbesitzer Parteimitglied war, fand Misař bei seiner Ankunft alle Türen geöffnet und die Räumung in vollem Gang: „Die Exemplare der Rituale, eine große Zahl von Briefordnern, große Schachteln Briefpapier und Kuverts, Bücher etc. waren auf dem Tisch, auf Stühlen und am Fußboden ausgebreitet. Daher schien sich eine formelle Übergabe zu erübrigen.“89 Misař wurde von Kulturrat Leopold Schneider zu den Vermögensverhältnissen der GLvW und ihrer Tochterlogen verhört, über die österreichische Loge „Lux Orientis“ in Schanghai, die Beziehungen zur B’nai B’rith und – ob die UGL der GLvW in irgendeiner Form zu Hilfe kommen werde. Danach musste Misař den Beamten in die Dorotheergasse 12 folgen und auch die dortige Kasse mit allen Geschäftsbüchern übergeben. Somit lief die Beschlagnahme des Großlogenbesitzes wesentlich rascher und präziser ab als zwischen 1933 und 1935 in Deutschland. Mit SS-Sturmführer Erich Ehlers hatte das Berliner SD-Hauptamt einen seiner versiertesten Mitarbeiter nach Wien abkommandiert.90 Leiter des dortigen Referates für Juden- und Freimaurerfragen, Abteilung II 111 waren von 1934 bis 1937 Theodor Christensen und danach Helmut Knochen, beide stiegen im Zuge ihrer Tätigkeit vom SS-Sturm- zum SS-Obersturmführer auf. Seit Jänner 1934 verfügte auch die Geheime Staatspolizei (Gestapo) über ein eigenes Referat für Juden- und Freimaurerfragen, geleitet wurde es vom Gerichtsassistenten Dr. Karl Haselbacher. Im September 1939 wurde das Reichssicherheitshauptamt gegründet, in dem Abteilungen der „Sicherheitspolizei“ und des SD zusammengezogen wurden. Hier befand sich auch ein Amt für „weltanschauliche Forschung und Auswertung“ der Gegner Judentum und Freimaurerei. 1940 wurden hierin auch das Freimaurerreferat des SD aufgenommen und mit dem Judenreferat zusammengelegt. Ende 1942 wurden die Ämter wieder getrennt, wobei Erich Ehlers zum Leiter der Freimaurerabteilung berufen wurde. 91 Die österreichischen Logen waren somit „Übergriffen ausgesetzt, die über die aus Deutschland bekannten Maßnahmen hinausgingen. Dies hing einerseits 89 90

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Ebd., S. 16. Vgl. Helmut Neuberger: Winkelmaß und Hakenkreuz. Die Freimaurerei und das Dritte Reich. München: Amalthea 2001, S. 313. Siehe auch Volker Knüpfer: Antimasonische Ausstellungen im „Dritten Reich“. Das „Sächsische Logenmuseum“ in Chemnitz, in: Zeitschrift für Internationale Freimaurer-Forschung 19/2008, S. 31–58. Pfahl-Traughber 1993, S. 92–98.

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damit zusammen, dass sich ein gewisser Teil der österreichischen Logen der Selbstauflösung widersetzte und andererseits die deutschen Behörden geplanter und gezielter vorgingen.“92 Generell lief der „Anschluss“ mit militärischer Präzision ab. Alle Zwangsmaßnahmen gegen die Juden, die in Deutschland erst sukzessive ab 1933 durchgesetzt wurden, konnten in Österreich in wenigen Wochen exekutiert werden. Neben dem organisierten Raubzug gegen das Eigentum von Juden kam es auch zu „wilden Arisierungen“ und mutwilligen Verwüstungen jüdischer Geschäfte, wogegen die Machthaber in Berlin energisch einschritten, da sie dieses Eigentum erhalten und selbst besitzen beziehungsweise an Günstlinge verteilen wollten. Gestapo und SS ging es in Wien in erster Linie um die rasche Ausschaltung der Logentätigkeit und den Raub der Vermögenswerte, hierfür waren sie vom Freimaureramt im SD mit ausreichend Informationen versorgt worden, so heißt es in einem Schreiben vom Februar 1938: „Für die Bearbeitung der weltanschaulichen Gegner in den volksdeutschen Gebieten sind für II 111 nachgenannte Grundlagen vorhanden: Im Folgenden wird für Österreich mitgeteilt:/ 1. Es werden die in Österreich bestehenden Logen festgestellt./ 2. Nach Möglichkeit werden die Mitgliederverzeichnisse erfasst. Hierfür sind die entsprechenden Vorbesprechungen mit Dr. R.[eichl] geführt; eine Nebenstelle kann über Dr. R. in Wien aufgemacht werden./ 3. Systematisch werden die führenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens als Freimaurer zusammen gestellt. Die Ordnung erfolgt nach Möglichkeit nach Gradzugehörigkeit oder aber nach der Tätigkeit in den Lebensgebieten, u. zw. in Zusammenarbeit mit II 2./ 4. Von II 111 können weitere Exemplare des internationalen Freimaurerlexikons beschafft werden, das die Grundlage für wichtige Auswertungen gibt./ 5. Von II 111 können die Vorstandsmitglied der freimaurerähnlicher Organisationen und Nebenorganisationen – wie: Friedensgesellschaft, Europäische Union, Frauenliga für Friede und Freiheit, Völkerbundliga usw. – beschafft werden. Für die Durchführung der geplanten Materialbeschaffung erscheint die in Wien sitzende Sekretärin des Dr. R. geeignet.“93 92 93

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Ebd., S. 82. SS-Obersturmführer Knochen an den Leiter der Zentralabteilung II 1, Bericht vom 17.2.1938, in: BArch R58/6120, Bl. 82.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

Zudem geht aus dem Dokument hervor, dass die SS ihre Namenslisten auch mit Informationen von der Österreichischen Polizeidirektion zusammengestellt hatte. Insgesamt konnte die Abteilung II 111 zu diesem Zeitpunkt die Namen von 925 österreichischen Freimaurern ermitteln. Unmittelbar nach der Aktion wurde folgendes Material bereitgestellt: „1. Vorschläge für SofortMassnahmen in Wien, Graz, Klagenfurt, Salzburg, Burgenland./ 2. Liste der Freimaurerlogen in Wien, Angaben der Adressen der Meister vom Stuhl./ 3. Liste der in Schutzhaft zu nehmenden führenden Freimaurer in Wien./ 4. Ergänzungen zu den verschiedenen Listen./ 5. Liste führender Freimaurer in Wien./ 6. Liste führender altpreussischer Freimaurer in Wien.“94 An der Erstellung von Karteikarten und Namenslisten hatte in den Jahren davor auch Adolf Eichmann mitgearbeitet. 95 1938 gehörte er in Wien zum Führungsstab der SS, während des Kriegs fungierte er von hier aus als führender Organisator der Deportationen von Juden in die Vernichtungslager. Für den 14. März hatte Großmeister Schlesinger die Stuhlmeister aller Logen zu weiteren Beratungen in sein privates Büro gebeten, doch das Treffen wurde wegen der zu erwartenden Verkehrsbehinderungen im Zuge des „Führerbesuches“ am Wiener Heldenplatz auf den 16. März verlegt – es sollte nicht mehr zustande kommen. Bereits am Morgen dieses Tages wurde Schlesinger in seiner Wohnung verhaftet und in eine Zelle im Gefängnis in der Elisabethpromenade gebracht. Auch die Stuhlmeister hatten an diesem Tag vor der Gestapo zu erscheinen und wurden bis in die Morgenstunden verhört, die Vorladungen waren von der Bundespolizeidirektion Wien ausgeschickt worden. Nun ging es um die Vermögenswerte der einzelnen Logen. Wie die Kommandoaktion am 16. März ablief, schildert Konrad Weil retrospektiv: „Als im Jahre 1938 der Anschluss kam, war ich Sekretär und Schatzmeister meiner Mozartloge. Da die Stuhlmeister (als Präsidenten) und die Schatzmeister nach dem Vereinsgesetze polizeilich gemeldet waren, erhielt ich wenige Tage nach dem Anschluss von der Gestapo, die alle Stuhlmeister und 94 95

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Aktennotiz SS-Obersturmführer Knochen. Betr. Österreich, 14.3.1938, in: BArch R 58/6127, Bl. 366. Josef Kannicht: Adolf Eichmann und die Freimaurerei, in: Die Bruderschaft 1/Jan. 1962, S. 19–21. Siehe auch Pfahl-Traughber 1993, S. 93.

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Schatzmeister zugleich vorgeladen hatte, eine Aufforderung, um 2 Uhr in dem Logenhaus in der Schwindgasse zu erscheinen. Als ich in die Schwindgasse kam, standen unten vor dem Haus die großen Kommandowagen und in den Räumen waren alle Jalousien heruntergelassen und wir Stuhlmeister und Schatzmeister begannen die Ankunft der Gestapo abzuwarten. – So gegen 6 Uhr erschienen SA-Männer (…). Später kam die Gestapo und rief einen Bruder nach dem anderen hinaus. Doch keiner von den hinaus Gerufenen kam zurück. So gegen 10 Uhr abends wurde ich gerufen und wurde ‚verhört‘. Es wurden Fragen über das Logenvermögen gestellt etc. aber auch was der wirkliche Zweck der Großloge sei und ähnliches. Und dann wurde ich in den großen Tempel geführt, wo auch die vor mir ‚verhörten‘ Brüder saßen. Es wird mir unvergesslich bleiben, wie die neu hereingeführten Brüder ängstlich vermieden, den tapis, der noch immer mit den Lichtern in der Mitte des Tempels lag, zu betreten, und wie die SA auf dem tapis herumtrampelten. Spät nachts wurden wir nach Hause geschickt. – Am nächsten Morgen begannen die Verhaftungen der Brüder.“96

Die Aktion ist auch in den SD-Akten gut dokumentiert: So lassen sich in etlichen Fällen die Namen der einvernommenen Freimaurer und die Summen der beschlagnahmten Vermögenswerte nennen: Von der Loge „Eintracht“ wurde der Kaufmann Rudolf Gross vorgeladen, von der Loge „Fortschritt“ der pensionierte Bundesbahninspektor Moritz Weiss und Ing. Gustav Bild, von der Loge „Freiheit“ der Chemiker Franz Nozicka, von der Loge „Gleichheit“ der Bankprokurist Otto Hasterlik und der Optiker Erich Oppenheimer, von der Loge „Goethe“ der pensionierte Bankprokurist Emil Rie, der RealschulProfessor Edmund Aschauer, der Privatier Heinrich Kerr und der Direktor a. D. Alfred Morawitz, von der Loge „Heimat“ Generaldirektor i. R. Michael Kühnel, von der Loge „Helios“ der Pensionist Emil Ornstein, von der Loge „Humanitas“ der Rechtsanwalt Karl Fried, der Direktor a. D. Arthur Stern und der Kaufmann Isidor Ungar, von der Loge „In labore virtus“ der Generaldirektor der Semperit-Werke und Landwirt Marcel Herczeg, von der Loge „Kosmos“ der Buchdrucker David Strammer, von der Loge „Mozart“ der Angestellte Konrad Weil (eig. Weiss), von der Loge „Pionier“ der pensionierte 96

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Konrad Weil an Dieter Scheitz, Brief vom 6.7.1989, in: QC-Archiv Wien.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

Bankprokurist Fritz Bettelheim, von der Loge „Plato“ der Rechtsanwalt Fritz Oberländer, von der Loge „Schiller“ der Handelsagent Oskar Grauer, von der Loge „Sokrates“ Regierungsrat Gustav Schuster, von der Loge „Treue“ der Papiererzeuger Franz Oberländer und der Privatier Hermann Landau, von der Loge „Zukunft“ der Fabrikant Robert Bunzl, der Direktor Hans Schönberg und der Rechtsanwalt Siegfried Geyerhahn. Ebenso anwesend war Kommerzialrat Otto Ehrenfest für die Firma Pax GmbH, der Betriebsgesellschaft der Wiener Logenhäuser.97 Alle Dokumente wurden unterzeichnet von SS-Untersturmführer Ehlers und SS-Oberscharführer Schröder, das Kommando der Aktion lag bei SS-Obersturmbannführer Meisinger. Im Aktenkonvolut „Mitglieder von Logen“ finden sich weitere, nach Personen geordnete Belege zur Übergabe von Vermögenswerten, vermutlich aus dem Logenbesitz. Hierbei handelt es sich großteils um Stuhl- und Schatzmeister sowie weitere leitende Beamte der Wiener Logen, diese sind Edmund Aschauer (Stuhlmeister „Goethe“), Max Barber (Stuhlmeister „Mozart“), Oskar Beer (Stuhlmeister „Schiller“), Fritz Bettelheim (Schatzmeister „Pionier“), Adolf Berger (2. Aufseher „Plato“), Gustav Bild (Stuhlmeister „Fortschritt“), Isidor Braun (Stuhlmeister „Treue“), Robert Bunzl, Richard Engler (Stuhlmeister „Freiheit“), Otto Ehrenfest, Viktor Frankel (Stuhlmeister „Heimat“), Karl Fried, Max Gara, Siegfried Geyerhahn (Stuhlmeister „Zukunft“), Oskar Grauer (Schatzmeister „Schiller“), Rudolf Gross, Alois Grossmann (Schatzmeister „Treue“), Otto Hasterlik, Marcel Herczeg, Max Kassner (Stuhlmeister „Sokrates“), Heinrich Kerr, Imre Kovács (Stuhlmeister „Pionier“), Philipp Krassó (Schatzmeister „Eintracht“), Michael Kühnel (Schatzmeister „Heimat“), Erwin Kulka (Stuhlmeister „Humanitas“), Hermann Landau, Philipp Leitner, Josef Marx, Alfred Morawitz, Sigmund Nagel, Franz Nozicka (Schatzmeister „Freiheit“), Fritz Oberländer (Stuhlmeister „Plato“), Erich Oppenheimer, Emil Ornstein, Julius Ostersetzer, Gustav Radler, Emil Rie (Schatzmeister „Goethe“), Hans Schönberg (Schatzmeister „Zukunft“), Gustav Schuster, Josef Schwarz (Stuhlmeister „Kosmos“), Rudolf Steiner, Artur Stern (Schatzmeister „Humanitas“), David Strammer, Isidor Ungar, Konrad

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SD-Hauptamt II 111, Vermögenswerte der aufgelösten Wiener Freimaurerlogen, 22.03.1938, in: BArch R 58/6127, Bl. 314–338.

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Weil, Moritz Weiss (Schatzmeister „Fortschritt“) und Rudolf Wohlmuth.98 Von den Zwangsmaßnahmen eingeschüchtert, verwiesen einige der Genannten auf Logenregister in ihrem Besitz.99 Trotz der großen Präzision war die Loge „Lessing zu den drei Ringen“ übersehen worden, die Vermögensübergabe durch den Waisenhausdirektor Alfred Zohner, den Rechtsanwalt Michael Munkacsy und den Zahnarzt Moriz Hacker erfolgte erst am 21. März 1938. Die Einvernahme wurde von Kriminalbezirkssekretär Kuchmann durchgeführt.100 Auch in den folgenden Wochen und Monaten wurden Stuhlmeister und andere Freimaurer immer wieder zu Verhören geladen oder inhaftiert, wobei ihnen nahegelegt wurde, nach Bezahlung der „Reichsfluchtsteuer“ umgehend das Land zu verlassen. Diese erste Verhaftungswelle war auch als massive Einschüchterungsaktion gegen alle anderen Freimaurer gedacht, woran sich ein Betroffener erinnerte: „Den nächsten Tag, Samstag, ging ich zu Fuß in unsere Firma und warf bei einem Kanal mein freimaurerisches Gold-Medaillon hinein. Sonntag Nachmittag hatte unsere Haushilfe Ausgang und das benutzten wir, um alle freimaurerische Literatur, Bücher etc. zu verbrennen.“101 Bereits davor war es am 17. März 1938 zu einer weiteren Kommandoaktion gekommen. In zwei Lastwagen fuhren 40 SS-Männer vor der Dorotheergasse 12 auf, um unter dem Kommando von SS-Untersturmführer Ehlers, SSHauptscharführer Burmester und SS-Oberscharführer Postus die Räume der GLvW eingehender zu durchsuchen und deren bewegliche Güter ebenfalls in die Gestapo-Dienststelle in der Theresianumgasse 16 zu schaffen. Aus dem abschließenden Bericht geht hervor, dass die GLvW vor der Razzia doch noch Archivmaterial oder Regalien zerstört oder versteckt haben dürfte: „Bei der Entnahme der Akten aus den einzelnen Schränken wurde festgestellt, dass sie vollkommen unordentlich geführt worden sind, dass ein festes Schema für die Ablage nicht beachtet wurde, wie überhaupt auch alles Aktenmaterial vollkommen verdreckt und verstaubt war. Logenmatrikeln, wie sie bei den deutschen Logen üblich waren, wurden bisher überhaupt nicht gefunden. 98 99 100 101

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Mitglieder von Logen, in: BArch R 58/6137, Bl. 14–68. SD-Hauptamt II 111, Mitglieder von Logen, o. D, in: BARch R 58/6137, Bl. 14–70. Verhandelt, 21.03.1938, in: BArch R 58/6137, Bl. 99–100. A. G. F. Grenville an Dieter Scheitz, Brief vom 25.9.1989, in: QC-Archiv Wien.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

Entweder sind solche Bücher überhaupt nicht geführt worden oder sie befinden sich nicht in den Räumen der Logen. (…) Die Bücherei der ‚Großloge von Wien‘ wurde, da sie – nach kurzer Einsichtnahme zu urteilen – viele neuere Veröffentlichungen über internationale Freimaurerei enthält, ebenfalls abtransportiert. (…) Es wird bemerkt, dass bisher weder irgendwelche Ritualgegenstände, freimaurerische Bekleidungen – Schurze und Abzeichen wie Einrichtungsgegenstände nach hier überführt wurden.“102

Dem Logenwirt Leo Klein wurde gegen Quittung die Entnahme der penibel aufgelisteten vorhandenen Lebensmittel gestattet, bezüglich seines Inventars habe er sich jedoch mit entsprechenden Unterlagen an die zuständige Dienststelle der Gestapo zu wenden. Besonderes Augenmerk widmete die SS dem AASR, da man sich hiervon spezielle Erkenntnisse über das „internationale Netzwerk“ und das „Judentum“ der Freimaurerei erwartete. Daher wurden die Razzien hier fortgesetzt: „Die Arbeitsräume des ‚Obersten Rates- von Österreich‘ befanden sich im Hause Wien I., Annagasse 18. Dort wurde jedoch wesentliches Aktenmaterial nicht gefunden. Es wurde deshalb der letzte Souv.Gross-Komandeur des O.H., Dr. med. Karl Doppler , Wien VIII., Lammgasse 12, nach der Loge gerufen. Er sagte aus, dass er einige Akten bei sich in seiner Wohnung habe, während das eigentliche Archiv sich in den Büro des Rechtsanwalts Dr. Viktor Krauß, Wien I., Freyung 6, Stiege IV., befinde./ Der Unterzeichnete und SS-Unterscharführer Schröder begaben sich anschliessend mit Doppler in dessen Wohnung, wo dieser verschiedene Akten des ‚Obersten Rates‘ — insbesondere zwei Aktenstücke zur Angelegenheit Aachen (Schriftwechsel Dr. Reichl mit Pater Gruber und Pater Muckermann) sowie ein Manuskript für eine Gegenschrift gegen die Broschüre von Dr. Reichl ‚Sind Jesuiten Freimaurer‘ – sowie seine persönlichen Ausweise, Bekleidung usw. Weitere auf die Freimaurerei bezügliche Unterlagen wurden nicht gefunden./ Anschliessend wurde die Büro des Rechtsanwalts Dr. Krauß, Freyung 6, aufgesucht, wo ein Schrank mit Aktenmaterial des ‚Obersten Rates von Österreich‘ sichergestellt wurde. Der Schrank wurde zunächst ver102 SD-Hauptamt II 111, Aktionsbericht Freimaurer für Donnerstag, den 17.3.1938, in: BArch R 58/6137, Bl. 105–106.

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siegelt und das Material noch am gleichen Tage nach der hiesigen Dienststelle verbracht./ Nach kurzer Durchsicht kann gesagt werden, dass es sich hier um sehr gutes Material handelt, aus dem bedeutende Aufschlüsse über die Personenzusammensetzung der ‚Obersten Räte‘ der Welt gewonnen werden können. Der Schriftwechsel reicht bis zum Jahre 1938, sodass angenommen werden darf, dass er vollständig ist./ Besonders bemerkenswert sind die besonderen Akten über den Schriftwechsel mit den anderen ‚Obersten Räten‘ der Welt./ Aus den Akten ist auch ersichtlich, dass der ‚Oberste Rat‘ sich erheblich mit der Angelegenheit Dr. Reichl befasst hat, es wurde u.a. die Internationale Abwehrstelle in der Schweiz mit der Angelegenheit befasst. Sie wurde eingehend darüber unterrichtet, dass Dr. Reichl gezwungenermassen aus der Loge ausgeschieden ist, nachdem er fast sämtliche Logenbrüder um Geld angepumpt hatte, dass er niemals zurückzahlte usw. Es wird ihm sogar vorgeworfen, die Logenbrüder betrogen zu haben. Ausserdem wirft man ihm Verrat vor, dass er noch als Logenmitglied schon Artikel über die Freimaurerei in der profanen Presse geschrieben hat. In den verschiedenen Briefen wird besonders darauf hingewiesen, dass Dr. Reichl durchaus keinen Grund hatte, der Loge den Rücken zu kehren und als ihr Feind aufzutreten, weil er während seiner Zugehörigkeit zur Loge finanziell sehr gut gestanden habe und für seine Arbeiten gut bezahlt wurde./ Ein Teil dieser Briefe bezüglich Dr. Reichl wurden bereits beseite gelegt./ Nach Durchsicht des Aktenmaterials wird es für notwendig erachtet, das gesamte Material nach Berlin zu schaffen, da es für die weitere Bearbeitung des Sachgebietes II 111 im Hauptamt von ausserordentlicher Bedeutung ist./ Am Rande ist zu bemerken, dass in dem Material sehr viele Jahresberichte ausländischer Oberster Räte sowie Berichte internationaler Tagungen aus neuerer Zeit (1937 und 1936) enthalten sind./ In diesem Zusammenhang muss bemerkt werden, dass es notwendig erscheint, auch noch bei den anderen Mitgliedern des ‚Obersten Rates‘ Durchsuchungen vorzunehmen, da Grund besteht, dass die einzelnen Mitglieder ebenfalls noch wichtige Unterlagen in ihrem Besitz haben. Zunächst einmal werden Durchsuchungen vorgeschlagen bei Otto Ludwig Klein und Paul Duschnitz. Der Erstere ist Leiter der ‚Wiener Freimaurer-Zeitung‘ und der letztere ist Obmann der ‚Allgemeinen Freimaurer-Liga‘ für Österreich. Beide sind in der für die Haussuchungen in Vorschlag gebrachten Liste enthalten.“103 103 Aktennotiz SS-Untersturmführer Ehlers: Aktenmaterial des Obersten Rates in Österreich,

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

Im Gegensatz dazu blieb die Razzia am 21. März gegen die gemischten Logen „Harmonie“ und „Vertrauen“ des Droit Humain für die SS überaus enttäuschend: „Gelegentlich der Vernehmung der Schatzmeister der Wiener Logen am 16.3.1938 erhielt der Unterzeichnete von dem bekannten Pg. Leopold Schneider ein Bund Schlüssel mit dem Bemerken, dass diese Schlüssel zu den „Frauenlogen“ in der Berggasse gehörten./ Am Sonnabend, den 19.3.1938 begab sich der Unterzeichnete mit dem SS-Oberscharführer Schröder nach der Berggasse 16. Dort musste in Anwesenheit des Hausbesorgers Karl Smolik, Berggasse 16, festgestellt werden, dass die Tür gewaltsam geöffnet worden war und notdürftig durch einen Beamten des Polizeikommissariats wieder versiegelt worden./ Beim Betreten der Logenräume bot sich ein furchtbares Bild. Alles war durcheinandergeworfen, die Schränke gewaltsam aufgebrochen, Vorhänge usw. lagen verstreut im Raum und kein Aktenstück war überhaupt aufzufinden./ Der Hausbesorger erzählt im Übrigen, dass einige Nächte zuvor ein Klavier aus den Logenräumen abtransportiert worden sei. Wer das Klavier geholt hat, kann Sm. nicht sagen./ Der Hausbesorger konnte irgenwelche Erklärung, wer die Loge das erste Mal versiegelt hatte, wer dann dort gewesen ist usw. nicht geben./ Der Unterzeichnete setzte sich dann sofort mit dem Polizeikommissariat Alsergrund in Verbindung und besprach die Angelegenheit mit dem Polizeirat Dr. Misselly [?], der aber auch keine genauen Auskünfte geben konnte. Er verwies den Unterzeichneten vielmehr an die zuständige Bezirksleitung der NSDAP in der Grünentorgasse. Hier wurde die Angelegenheit zunächst mit dem Pg. Roda besprochen, der aber sagte, dass er die Loge habe schliessen wollen, aber nicht mehr ins Haus hineingekommen sei. Auch der Bezirksleiter sowie ein weiterer Bearbeiter Pg. Steffl konnten keine Aufklärung geben./ Es erscheint dringend notwendig, dass diese eigenartige Angelegenheit von polizeilicher Seite geprüft wird, um festzustellen, wo das Material hingekommen ist./ Im übrigen dürfte es angebracht sein, die leitende Person aus diesen Frauenlogen, die Jüdin Stern, Frau des Direktors a. D. Arthur Stern, Wien IV., Kolschitzkygasse 23, zur Einvernahme bei der Staatspolizeileitstelle vorzuladen.“104 23.3.1938, in: BArch R 58/6127, Bl. 345–346. Die Personalbögen etlicher Mitglieder des AASR finden sich in: BArch R 58/6105 und 6149. 104 SS-Untersturmführer Ehlers an SS-Obersturmbannführer Dr. Six, Brief vom 21.3.1938. Betr:

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Der Verbleib des Inventars ist unbekannt, ein Teil der Dokumente findet sich im Moskauer Sonderarchiv. Auch einige private Unternehmen wurden durchsucht: Der Saturn-Verlag war ins Visier der SS gekommen, weil dort in den 1930er-Jahren das von Kurt Reichl herausgegebene Blaubuch der Weltfreimaurerei und Rudolf Cefarins Kärnten und die Freimaurerei erschienen waren, ein Restposten des Blaubuchs wurde zum Einstampfen befohlen.105 Der abschließende Bericht der SS über die Zerschlagung der GLvW liest sich folgendermaßen: „Als Vorbereitung der Machtübernahme in Österreich wurde durch die Zentralabteilung II 1 in systematischer Arbeit sämtliches Material listenmäßig erfasst, das auf die Freimaurerei in Österreich Bezug nimmt. Es waren so im Augenblick der Machtübernahme zur Hand: Eine lückenlose Liste sämtlicher österreichischer Logen, einschl. der Rotary-Clubs, eine Liste der führenden Freimaurer und ein genauer Plan über die Durchführung der Aktion im einzelnen./ Im Zuge der Aktion gegen die Freimaurerei wurden bisher folgende Maßnahmen getroffen: sämtliche in Österreich bestehenden Freimaurerlogen und logenähnliche Verbände wurden geschlossen. Ihr gesamtes Aktenmaterial und die Vermögenswerte wurden beschlagnahmt./ Dem Rotary-Club wurde aufgegeben, sich selbst aufzulösen und sein Aktenmaterial herauszugeben. Am 18.3.38 leistete der Rotary-Club dieser Aufforderung Folge. Die als Verleger freimaurerischen, theosophischen und anthroposophischen Schrifttums bekannten Verlage: Amalthea-Verlag und Saturn-Verlag wurden durchsucht. Freimaurerisches Schrifttum wurde bei ihnen beschlagnahmt./ Folgende Logen wurden geschlossen: Die Tochterlogen der Großen Loge von Wien wurden versiegelt, das wesentliche Material wurde alsbald nach Theresianumgasse 16 verbracht./ Der Oberste Rat von Österreich, der in der Annagasse 18 arbeitete, wurde ebenfalls durchsucht und geschlossen. Bei dem Großkommandeur Dr. Doppler wurde eine Haussuchung durchgeführt und bedeutsames Material über die Aachener Konferenz sichergestellt. Desgleichen wurde das Joh.Loge „Harmonie“ und „Vertrauen“ (Ordre Maconique Mixte Internationale „Le droit Humain“), Wien, Berggasse 16, in: BArch R 58/6127, Bl. 350–351 105 SD-Hauptamt II 111, „Saturn-Verlag“, Wien I., Teinfaltstrasse 6. Inhaber Dr. Ungar ( Jude!), in: BArch R 58/6127, Bl. 352–354.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

gesamte Material des Obersten Rates von Österreich nach der Theresianumgasse 16 überführt./ Die Odd-Fellow-Logen in Wien wurden geschlossen./ Die beiden in Wien befindlichen Tochterlogen des ‚Droit Humain‘ waren bereits von unbekannter Seite durchsucht worden. Das Material war restlos verschleppt. Die Nachforschungen sind eingeleitet./ Die in Wien bestehende profan-freimaurerische Vereinigung ‚Die Bereitschaft‘ wurde ebenfalls durchsucht./ Der Rotary-Club löste sich auf entsprechenden Hinweis am 18.3.38 freiwillig auf. Sein Material wurde versiegelt und wird in den nächsten Tagen überführt. Vermögensbeschlagnahmungen:/ An Vermögenswerten wurden bei den Freimaurerlogen insgesamt ca. 200.000 Schilling in bar und auf Sparkonten sowie in Wertpapieren beschlagnahmt. Sie wurden an SS-Obersturmführer Meisinger weitergeleitet. Weiteres Arbeitsprogramm:/ Da die für die Arbeit des Sicherheitsdienstes unentbehrlichen Matrikelbücher und sonstige Logenmitgliederverzeichnisse mit einer Ausnahme in allen Logen nicht mehr aufzufinden waren, sind im Laufe der kommenden Tage die maßgeblichen Logenbeamten über den Verbleib der Bücher zu vernehmen und zur Aushändigung zu zwingen./ Die Vernehmungen der führenden Logenbeamten müssen aber weiterhin dem Ziel der Feststellung von Beziehungen zwischen den Freimaurerlogen und jüdisch-internationalen Verbänden und zwischen der österreichischen und der deutschen Freimaurerei und ihren leitenden Personen dienen./ Diesem Zweck dient vor allem die Vernehmung der Mitglieder des Obersten Rats von Österreich. Das wichtigste Material des Obersten Rates ist vorläufig zu sichten, da es möglicherweise die Grundlage für weitere Festnahmen, Durchsuchungen und Vernehmungen gibt.“106

Die Vermögenswerte der Wiener Logen dürften mit den genannten 200.000 Schilling weit unter den Erwartungen der SS gelegen haben, doch die finanziellen Reserven der GLvW waren durch Wirtschaftskrise und die allgemeine Not schon sehr dezimiert. Das Geld wurde auf Anweisung von SS-Gruppenführer Reinhard Heydrich am 26. März Regierungsrat Karl Haselbacher 106 SD-Hauptamt II 111, Die Aktion gegen die Freimaurerei, 22.03. 1938, in: BArch R 58/6127, Bl. 341–343.

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übergeben und anschließend von SS-Untersturmführer Scheidler nach Berlin überführt. Das Inventar der Logenräume wurde, sofern es sich nicht um Ritualgegenstände handelte, an örtliche NSDAP-Dienststellen ausgehändigt. Erst im August 1939 wurde gemäß dem „Stillhalteabkommen“ die Einziehung der Vermögenswerte verfügt.107 Hierbei handelte es sich im Detail um folgende Summen: GLvW S 10.192,23; Loge „Eintracht“ S 18,32; Loge „Fortschritt“ S 5.367,74 + Sfr 3.800,-; Loge „Freiheit“ S 58,06; Loge „Gleichheit“ S 3.904,71; Loge „Goethe“ S 4.577,52; Loge „Humanitas“ S 15.277,11; Loge „Heimat“ S 297,07; Loge „Helios“ S 5.466,18; Loge „In Labore Virtus“ S 8.978,80; Loge „Kosmos“ S 2.392,06; Loge „Lessing zu den drei Ringen“ S 4.472,05; Loge „Mozart“ S 270,25; Loge „Pionier“ S 423,85; Loge „Plato“ S 1.045,41; Loge „Schiller“ S 22.903,89 (teilweise in Fremdwährungen); Loge „Sokrates“ S 389,74; Loge „Treue“ S 2.738,37; Loge „Zukunft“ S 113.513,61 und schließlich S 5.466,14 der Pax GmbH. Die Bibliothek der GLvW war auf Anweisung des SD-Hauptamts bereits am 16. März 1938 nach Berlin verschickt worden und dort im ehemaligen Logenhaus in der Eisenacher Straße gelagert, wo eine komplette Sammlung aller Logenschriften hätte entstehen sollen. Doch bereits einige Wochen später gelang es dem professionellen Bücherräuber Dr. Paul Heigl, einem fanatischen Sammler von Judaica und Masonica und hauptberuflich der von den Nazis eingesetzte Generaldirektor der Österreichischen Nationalbibliothek, die GLvW-Bibliothek wieder aus Berlin zurück und an sein Institut zu bekommen.108 Dabei dürfte ihm geholfen haben, dass er im Mai 1938 zum „Freimaurer-Referenten“ des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands ernannt worden war. Heigl kann durchaus als „Fachmann“ bezeichnet werden, wie schon erwähnt, hatte er bereits 1927 unter dem Pseudonym Fried107 SD-Hauptamt II 111 an IV (II 2), Vermögen der ehem. Freimaurerlogen in Wien, 25.11.1939, in: BArch R 58/6137, Bl. 113–114. 108 Paul Heigl an Dr. Spengler (Sicherheitshauptamt Berlin), Brief vom 13.5.1938, in: Österreichische Nationalbibliothek, Archiv. Siehe auch Murray G. Hall, Christina Köstner: „…allerlei für die Nationalbibliothek zu ergattern…“. Eine österreichische Institution in der NS-Zeit. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2006, S. 104–105. Murray G. Hall, Christina Köstner, Margot Werner (Hg.): Geraubte Bücher. Die Österreichische Nationalbibliothek stellt sich ihrer Vergangenheit. Wien: ÖNB 2004, S. 36–37. Otto Seifert: Bücherverwertungsstelle Wien I, Dorotheergasse 12, in: DÖW-Jahrbuch 1997, S. 88–94.

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rich Hergeth mit dem Buch Aus der Werkstatt der Juden und Freimaurer im Österreich der Nachkriegszeit das „bedeutendste“ antimasonische Pamphlet im Österreich der Zwischenkriegszeit verfasst. Nach dem Raub der Vermögenswerte und der Abreise des Berliner SSKommandos unter Erich Ehlers dürfte es innerhalb der Gestapo zu Planlosigkeiten beziehungsweise Unstimmigkeiten gekommen sein, wie mit ehemaligen Freimaurern zu verfahren sei. Am 21. März wurde auch die Wohnung von Großsekretär Misař durchsucht, seine Privatkorrespondenz sowie zahlreiche Bücher wurden konfisziert. Am 23. und 24. März folgten Hausdurchsuchungen bei den Stuhl- und Schatzmeistern. „Diese Aktion erfolgte ganz oberflächlich und mit der gleichen Inkonsequenz, wie das ganze weitere Verfahren. [...] Am 25. März wurde der Deputierte Großmeister Bruder Robert Pelzer samt einigen Beamten seiner Loge verhaftet. Sie wurden in einer überfüllten Zelle interniert, zuerst auf der Elisabethpromenade, dann im Landesgericht. Während solche unterschiedliche und inkonsequente Behandlung dem planlosen Verfahren zuzuschreiben war, wurden auch absichtlich und bewußte Unterschiede gemacht, speziell zwischen jüdischer und nichtjüdischer Abstammung. Dem Großsekretär wurde mitgeteilt, daß man ihn – weil er Arier war – so lange nicht verhaften würde, als er bei den Untersuchungen Auskunft erteilen würde. Im Verlauf des ganzen Jahres 1938 fanden viele solche Verhöre sowohl in den Büros der Gestapo als auch in der Wohnung des Großsekretärs statt. Im Gegensatz zu den vielen Inkonsequenzen im Verfahren des Gestapo-Apparates schien die Untersuchung eines Vorladers hauptsächlich auf die Idee der Grundprinzipien und Hauptziele der Freimaurerei gerichtet zu sein, natürlich vom Standpunkt der Nazi aus gesehen. Die gestellten Fragen betrafen die Universalität und Internationalität der Freimaurerei, ihren universellen Einfluß in allen Staaten, ihre Einmischung in die politischen Angelegeheiten aller Staaten, ihren Mangel an Nationalgefühl und ihre Abhängigkeit von jüdischen Einflüssen.“109

109 Wladimir Misař: Die letzten Tage der Großloge von Österreich, in: Quellen zur Freimaurerischen Geschichtsforschung 5/1991, S. 19.

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Zudem wurde Misař eingehend davor gewarnt, mit Freimaurern anderer Länder in brieflichen Kontakt zu treten. Über das weitere Schicksal von Großmeister Schlesinger berichtete retrospektiv sein Sohn Hans: „Am 16. März 1938 wurden mein Vater und ich in der Frühe von der Gestapo verhaftet – er in seiner Wohnung und ich in meiner. Beide wurden wir eingekerkert. Anfangs 1938 hatte mein Vater sich einer chirurgischen Operation unterziehen müssen und hatte noch ärztliche Betreuung notwendig, die ihm im Gefängnis fehlte. Er war nicht imstande, seine Kleider zu wechseln, da die Zelle so überfüllt war. Es war zwar eine Toilette in seiner Zelle vorhanden, aber keine Möglichkeit, sie reinzuhalten. Die Nahrung war schrecklich und bestand aus fast nichts. In wenigen Tagen brach er zusammen. Meine Mutter war im Jahre 1918 gestorben und so unternahm es meine Frau, einen einflußreichen Nazi-Rechtsanwalt zu finden, welcher (mit einem GestapoMann) in die Zelle meines Vaters ging. Als sie seinen jämmerlichen Zustand sahen, durfte er nach Erlag einer hohen Kaution in einem Krankenwagen der Gestapo in ein Spital gebracht werden, doch wurde ihm nicht gestattet, Verbindung mit der Außenwelt aufzunehmen. Bemühungen, ihm eine private Pflegerin beizustellen, blieben ohne Erfolg. Selbst sein alter Hausarzt durfte ihn nicht besuchen. Aber die physischen Strapazen des Gefängnisses, seine Behandlung als Verbrecher und Gefangenen, das Schicksal seines geliebten Landes und der Brüderschaft und die Verfügung der Gestapo, daß ich das Land verlassen müsse, brachen seine letzten Kräfte. Er starb am 5. Juni 1938 an Pneumonie. Frau Schlesinger eilte zur Gestapo, als sie merkte, daß es mit ihm zu Ende gehe, um für mich die Erlaubnis zu erwirken, ihn noch einmal zu sehen. Als Antwort drohte man ihr noch mit dem Gefängnis.“110

Der Stürmer höhnte Schlesinger noch hinterher, indem ein offensichtlich in der Haft aufgenommenes Foto auf seinen Seiten platziert wurde, ohne jedoch dessen Tod zu erwähnen.111 Dazu kamen noch ein Foto des Großen Tempels der GLvW und ein Artikel, in dem es heißt: 110 Zit. in ebd., S. 9. Siehe auch: Oskar Böhm: In memoriam Dr. Richard Schlesinger, in: ebd., S. 27–31 111 Der Halbjude Dr. Schlesinger, in: Der Stürmer (Sondernummer) 9/1938, S. 6.

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„Aber auch auf der sogenannten ‚bürgerlichen‘ Seite gab es eine von Juden dirigierte Organisation. Die Freimaurerei. Hohe Beamte, Offiziere, Rechtsanwälte, Ingenieure, Industrielle, Theaterdirektoren usw. wurden in die Logen eingeladen. Bald waren sie gefangen und eingenebelt von der jüdisch-freimaurerischen Idee. Die Freimaurerlogen in Wien, von denen es ein paar Dutzend gab, waren total verjudet. Auch die sogenannten ‚christlichen‘ Logen wimmelten von Juden. Der letzte Großmeister der ‚christlichen‘ ‚Großloge von Wien‘ war der Judenbastard Dr. Schlesinger. Ein würdiger Vorsitzender einer freimaurerischen Zuhörerschaft, die zur Hälfte aus Juden, zur Hälfte aus Nichtjuden bestand./ Wie die Ziele der Freimaurerei heißen, das schreibt der Wiener Gelehrte Dr. Friedrich Wichtl in seinem Buch: ‚Weltfreimaurerei – Weltrevolution – Weltrepublik‘. Gegen Wichtl wurden wegen der Herausgabe dieses Buches wiederholt Mordanschläge ausgeübt. Die Ziele der Freimaurerei sind die Gleichen wie die Ziele des Marxismus: Die jüdische Weltherrschaft.“112

Diese spezielle Verhetzung erschien im Rahmen einer viel größeren, nämlich der in einer Sondernummer des Stürmer vom Juli 1938 unter dem Titel Der Jude in Österreich. Bereits in den vorangegangen Nummern waren speziell Hetzartikel gegen die Wiener Juden erschienen.113 Im Zuge des „Novemberpogroms“ 1938 kam es auch in Wien neuerlich zu massivem und gezieltem NS-Terror gegen die jüdische Bevölkerung, unter den zahlreichen Verhafteten befanden sich auch etliche Freimaurer, statistische Daten dazu konnten nicht ermittelt werden. Über den willkürlichen Verlauf dieser Inhaftierungen berichtete Wladimir Misař: „Die meisten verhafteten Freimaurer wurden überhaupt nicht einvernommen. Nach Wochen fragte man einige von ihnen, aus welchem Grund sie eingesperrt worden seien, und sie wurden freigelassen, nachdem sie erklärten, daß sie keinen Grund wüßten. Sie alle aber hatten vor Verlassen des Gefängnisses einen langen Fragebogen auszufüllen und feierlich zu versprechen, niemals Einzelheiten über ihre Inhaftierung und Behandlung im Gefängnis zu ver112 113

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Die Freimaurerei, in: ebd., S. 8. Ernst Hiemer: Der Jude in Wien, in: ebd. 24/1938, S. 4–5. Ders.: Was haben die Wiener Juden vor?, in: ebd. 25/1938, S. 4–5. Ders.: In der Leopoldstadt, in: ebd. 26/1938, S. 4–5.

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lautbaren, widrigenfalls sie das Land binnen einer bestimmten Frist verlassen müßten oder – wurden sie gewarnt – nach Dachau gebracht würden. [...] Die Mehrzahl der inhaftierten Freimaurer wurden nach 3 oder 4 Monaten wieder freigelassen, aber einige wurden nach Dachau oder Buchenwald gebracht, wo viele Schaden erlitten durch harte Arbeit und brutale Behandlung.“114

Vereinzelt lässt sich auch nachweisen, dass einzelne Freimaurer wegen vermuteter Vermögenswerte auch weiterhin drangsaliert wurden. So schreibt Hugo Bunzl am 19. September 1938: „Ich habe mit den Vermögenswerten resp. mit der Kassagebarung des Freimaurer-Vereines Loge Zukunft nie etwas zu tun gehabt. Es ist aber bekannt, dass gleich nach dem Umbruch im Vereinslokal Schwindgasse 8, Organen der Gestapo über deren Verlangen sämtliche Vermögenswerte und sämtliche Belege sowie Geschäftsbücher übergeben wurden, so dass jetzt keine Aufzeichnungen mehr vorliegen und ich daher auch die mir eingesandten Fragebögen nicht beantworten kann.“115 Marianne Geyerhahn hatte schon im August 1938 darauf hingewiesen, dass eine Beantwortung eines von gleicher Stelle eingelangten Schreibens erst nach der Rückkehr ihres Ehemannes Siegfried Geyerhahn aus der „Schutzhaft“ in Dachau geleistet werden könne und dass das Vermögen der Gestapo ausgeliefert wurde.116 Umso eigentümlicher ist ein mit „Heil Hitler“ unterzeichneter Brief des Kastellans der GLvW Konrad Loch an den Stillhaltekommissär, in dem er eine noch ausstehende Gehaltsnachzahlung von 4.586,67 Reichsmark aus dem Vermögen der GLvW einforderte.117 Dies hatte im Übrigen einen regen Briefwechsel zwischen dem Gewerbegericht Wien und der Polizeidirektion zur Folge, da Letztere trotz verschiedener Anfragen nicht feststellen konnte, wer nun für den aufgelösten Verein haftbar zu machen sei. Erst ein Schreiben der Geheimen 114 115

Misař 1991, S. 22. Hugo Bunzl an den Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich, Brief vom 19.8.1938, in: ÖSA, AdR, Bestand „Stillhalteabkommen“, Verein „Grossloge von Wien“ (IVAcDrF/Ra. 25–50). 116 Marianne Geyerhahn an den Stillhaltekommissär für Vereine, Organisationen und Verbände, Brief vom 29.6.1938, in: ÖSA, AdR, Bestand „Stillhalteabkommen“, Verein „Grossloge von Wien“ (IVAcDrF/Ra.). 117 Konrad Loch an den Stillhaltekommissär für Vereine, Organisationen und Verbände, Brief vom 21.10.1938, in: ÖSA, AdR, Bestand „Stillhalteabkommen“, Verein „Grossloge von Wien“.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

Staatspolizei schafft hier Klarheit und besagt, dass die GLvW mit Wirkung von 15. April 1938 aufgelöst wurde: „Die Fortführung und Neugründung dieser Vereinigungen, sowie die Gründung getarnter Nachfolgeorganisationen sind verboten. Das aus Effekten und Barbeständen bestehende Vermögen wurde zu Gunsten des Deutschen Reiches eingezogen. Alle Rechte Dritter an diesen Vermögenswerten wurden für erloschen erklärt.“118 Somit erfolgte am 21. November 1938 die Löschung aus dem Vereinskataster.119 Dass allerdings Behörden nicht immer koordiniert agieren, zeigte sich im Oktober 1940 in einem empörten Schreiben der NSDAP-Gauleitung an den Polizeipräsidenten, in dem das Aufscheinen der GLvW im amtlichen Telefonbuch moniert wurde.120 In ihrer generellen Verkennung des Freimaurertums hatte die Gestapo 1938 befürchtet, dass die Gewaltaktionen gegen die GLvW zu heftigen Reaktionen des Auslands führen würden, die aber nicht eintraten. So heißt es in einem internen Bericht: „1. Unmittelbare Meldungen über die Aufnahme der Ereignisse in Österreich in ausländischen Freimaurerkreisen liegen bislang nicht vor. Insbesondere ist nicht bekannt, wie in ausländischen Freimaurerkreisen über die Lage der Freimaurer in Österreich und der österreichischen Freimaurerei berichtet wird. Ausländische Freimaurer-interne Zeitschriften haben bislang noch keine Stellungnahme nehmen können. 2. Die profane Auslandspresse befasst sich mit der Lage der Freimaurerei in Österreich überhaupt nicht. Der Grund hierfür dürfte darin zu suchen sein, dass nach außen hin bisher gegen die Freimaurerei als solche noch nicht vorgegangen ist. Dennoch ist es verwunderlich, dass die Auslandspresse nichts über die intern gegen die Logen in Österreich durchgeführten Aktionen berichtet. Dadurch, dass die gesamte Auslandspresse hierüber schweigt, ist der Eindruck nicht von der Hand zu weisen, daß entsprechende Weisungen innerhalb der Freimaurerei ergangen sind. Als Grund dafür mag der Umstand mitsprechen, daß die anti-freimaurerische 118

Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Wien an das Vereinsbüro der Polizeidirektion Wien, Brief vom 25.10.1939, in: GLvÖ-Archiv (Kopie). 119 Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten, Abt. III, Gruppe Sicherheitspolizei. Löschung der Großloge von Wien, 21.11.1938, in: GLvÖ-Archiv (Kopie). 120 NSDAP, Gauleitung Wien an den Polizeipräsidenten Wien, Brief vom 16.10.1940, in: GLvÖArchiv (Kopie).

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Bewegung im Ausland ständig an Einfluss gewinnt, und dass seitens der Freimaurerei alles vermieden wird, was das Thema ‚Freimaurerei‘ in die öffentliche Diskussion werfen könnte.“121

Tatsächlich nahm außer den Betroffenen so gut wie niemand von der Auflösung der GLvW Notiz, was auch daran lag, dass der Hauptstoß des NS-Regimes sich gegen jüdische Institutionen und den politischen Gegner richtete und dass die Erstürmung der Logengebäude in der von Selbstbereicherung und öffentlichen Demütigungen geprägten Atmosphäre der „Anschluss“-Tage in Österreich nur ein Fall unter vielen war. Ein trauernder Nachruf auf die GLvW findet sich in Die drei Ringe, der Zeitschrift der deutschsprachigen Großloge „Lessing zu den drei Ringen“ in Prag, der aber nur noch eine kurze Galgenfrist vergönnt war.122 Die Großbehörden in England, Frankreich und Amerika schwiegen zu den Ereignissen in Wien, befand man sich doch in der Periode des „Appeasement“, und nicht einmal die Regierungen der Westmächte konnten sich zu öffentlichem Protest über das Ende des souveränen Staates Österreich aufraffen. In den folgenden Monaten begann das „Freimaurer-Amt“ der Gestapo in Wien seine Tätigkeit auf die Nachbarländer auszudehnen. Die Suche nach italienischen Freimaurern in Wien brachte keine Ergebnisse.123 Im November 1938 wurde ein ausführlicher Bericht über die Freimaurerei in der Slowakei und im August 1939 einer über Ungarn verfasst.124 Noch im Februar 1940 wurde die weitere Aktivität der ungarischen Freimaurerei festgestellt.125 Bis August 1939 dienten die Räume in der Dorotheergasse 12 aufgrund ihrer Nähe zur Nationalbibliothek als „NS-Bücherverwertungsstelle“ – als Umschlagplatz für „arisierte“ Bibliotheken, verschiedene Bücherkontingente wurden von hier 121 122 123 124

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SD-Hauptamt II 111 (SS-Untersturmführer Harms) an den Leiter der Zentralabteilung II 1 (SS-Obersturmführer Knochen), Brief vom 12.04.1938, in: BArch R 58/6120, Bl. 94–95. Ruhiges Beharren, in: Die drei Ringe 4/1938, S. 49–50. II 111, SS-Führer des Oberabschnitts Donau an Fasci Italiani all Astero, Brief vom 19.05.1939, in: AJB F 29, Bl. 518 (Kopie im GLvÖ-Archiv). SS-Führer des Oberabschnitts Donau an den Chef des RSHA II 111 (Freimaurerei in Ungarn), Wien, Brief vom 22.8.1939, in: AJB F 29, Bl. 423–428 (Kopie in GLvÖ-Archiv). SS-Führer des Oberabschnitts Donau an den Chef des RSHA II 111 (Freimaurerei in der Slowakei), Wien, o.D. [November 1938], in: AJB F 29, Bl. 669 (Kopie im GLvÖ-Archiv). Getarntes Freimaurertum in Ungarn, 15.2.1940, in: BArch R 58/6118, Bl. 420–421.

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aus ins gesamte Reichsgebiet verschickt. Auch danach diente das Gebäude als Bücherspeicher. Seitens der Wiener Gauleitung gab es großes Interesse, hier ein „Museum der Geheimbünde“ zu errichten. Am 20. Februar 1939 kam es zu einer diesbezüglichen Besprechung, an der Dr. Körber seitens der Gauleitung, Kriminalsekretär Bandow von der Staatspolizei und ein nicht genannter SS-Untersturmführer teilnahmen, doch der aus Berlin erwartete SS-Hauptsturmführer Richter war trotz mehrmaligen Nachfragens noch immer nicht angekommen.126 Dort gab es offensichtlich dauerhafte Bestrebungen, die wertvolle und bis ins 18. Jahrhundert zurückreichende historische Sammlung der GLvW nach Berlin zu verfrachten. Im April 1940 heißt es: „Da die Geheime Staatspolizei diese Räume leer haben will, wird um Bescheid gebeten, was veranlasst werden soll.“127 Einige Objekte wurden kurz danach leihweise dem Wiener Büro des Reichspropagandaamtes überlassen, um sie für die Ausstellung „Raubstaat England“ in München zu verwenden.128 Nach dem Krieg fanden sich in der Dorotheergasse auch Objekte von Rotary-Club und Schlaraffia. Wer während der Kriegsjahre in den ehemaligen Logen-Räumlichkeiten in der Schwindgasse residierte, geht neben anderen Details aus einem internen Schreiben der Nachkriegszeit hervor: „Br. [Hugo] Blau war 1938 Geschäftsführer der ‚Pax‘ G.m.b.H., die zur Wirtschaftsführung des Logenheims in der Schwindgasse gegründet wurde. Nach erhaltenen Informationen mußte Br. Blau sich nach der Okkupation Oesterreichs bei der Gestapo verpflichten, Deutschland zu verlassen. Das Verlassen Deutschlands wurde davon abhängig gemacht, dass Br. Blau alle Schulden der Vereine und Gesellschaften, deren Obmann bzw. Geschäftsführer er war, bezahlt sind. Unter Anderen hat auch die Eigentümerin des Hauses Wien IV. Schwindgasse 8, Frau Ettingshausen, vertreten durch ihren Sohn, den Rechtsanwalt Ettingshausen, die Forderung gestellt, dass der gesamte, bis zum Ablauf des langjährigen Mietvertrages noch fällig werdende Mietzins bezahlt wird. Unter dem Drucke der bekannten Verhältnisse wurde diese 126 II 111, Freimaurermuseum in Wien, 9.3.1939, in: AJB F 29, Bl. 585 (Kopie im GLvÖ-Archiv). 127 II B1, Aktenvermerk Kultgegenstände der Freimaurer aus dem Logengebäude in der Dorotheergasse, Wien, 10.4.1940, in: AJB F 29, Bl. [nicht lesbar] (Kopie im GLvÖ-Archiv). 128 II B1, Aktenvermerk Kultgegenstände der Freimaurer aus dem Logengebäude in der Dorotheergasse, Wien, 2.5.1940, in: AJB F 29, Bl. 779 (Kopie im GLvÖ-Archiv).

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Forderung durch Br. Blau erfüllt. Inwieweit Br. Blau hiezu eigenes Vermögen oder Fonds der Logen ‚Wahrheit‘ und ‚Freundschaft‘ verwendet hat, ist noch nicht festgestellt./ Die Hauseigentümerin Ettingshausen hat in der Folge die Logenräume, für die sie den vollen Mietzins auf eine Reihe von Jahren durch Br. Blau erhalten hatte, an das Luftgaukommando XVII wiedervermietet, das dort das Feldgericht installierte. Offenbar hat das Luftgaukommando an die Hauseigentümerin für diese Räume einen weiteren Mietzins bezahlt. Es liegt daher nach Ansicht des Gr.-Beamtenrates eine Bereicherung der Hauseigentümerin vor, zu welcher der Rechtsanwalt Ettingshausen wider sein besseres Wissen Hilfe geleistet hat./ Ferner wäre noch die Frage zu ventilieren, ob die Hauseigentümerin nicht für den Schaden, der der ‚Pax‘ und den in der Schwindgasse arbeitenden Logen dadurch entstanden ist, dass die gesamte Einrichtung (Mobiliar, Bibliothek, Ritualien u.s.w.) von den Nazis verschleppt wurde, haftbar zu machen ist. Durch den für 15 bis 20 Jahre vorausbezahlten Mietzins haben die ‚Pax‘ und die dieser angeschlossenen Logen ihre Mietrechte für die Zeit der Bestandsdauer erworben.“129

Daran angeschlossen ist die Frage, wieweit die Hauseigentümerin noch belangt werden könnte, wovon aber offensichtlich Abstand genommen wurde.

Die Haltung des Nationalsozialismus zur Freimaurerei nach 1938 „Die gegen (ehemalige) Freimaurer im ‚Dritten Reich‘ gerichteten staatlichen Maßnahmen können drei Phasen zugeordnet werden, die sich jedoch partiell überlagern. Die erste Phase bildete die Zerschlagung der Logenstrukturen im Deutschen Reich. Zugleich standen die Ermittlung von Mitgliedern bzw. Logenlisten, die Überprüfung von Beamten und anderen Personen auf mögliche Logenzugehörigkeit, die Erfassung und Ausweitung beschlagnahmter Logenmaterials sowie die Ausarbeitung von Richtlinien im Umgang mit (ehemaligen) Freimaurern im Vordergrund. Die zweite Phase umfasste mehr oder 129 Großmeister und Großsekretär der GLvWfÖ an den Ausschuss für Wiedergutmachung, z.Hd. Br. Kisselitze, Brief vom 24.2.1947, in: GLvÖ-Archiv.

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weniger die Durchsetzung dieser Richtlinien und die ideologische Auseinandersetzung mit der Freimaurerei unter Einbeziehung der geraubten Archive und Logenbestände, wobei für die Zeit ab 1937 ein schärferes sicherheitspolitisches Vorgehen gegen freimaurerische Kreise zu beobachten ist. Die dritte Phase setzte mit dem ‚Anschluss‘ Österreichs ein und bestand in der Übertragung der NS-Freimaurerpolitik auf den expandierenden deutschen Einflussbereich. Der Kriegsbeginn leitete zudem eine neue massenpropagandistische Offensive unter Rückgriff auf das gängige Weltverschwörungstheorem ein.“130

Für die Erfassung von Daten zur internationalen Freimaurerei war im SDHauptamt die Abteilung II 111 zuständig, der einige Unterabteilungen für die verschiedenen Zweige der Freimaurerei unterstellt waren, die ersten vier wurden „Christlich nationale Freimaurerei in Deutschland“, „Humanitäre Freimaurerei und 33° System in Deutschland“, „Winkellogen und Nebenorganisationen“ und „Freimaurerei im Ausland“ genannt.131 Entsprechend einer statistischen Übersicht aus dem Jahr 1932 gingen die NS-Behörden zu diesem Zeitpunkt europaweit von 8.692 Logen mit 666.691 Mitgliedern aus. Für Österreich werden in diesem Papier richtigerweise 24 Logen ausgewiesen, doch die Mitgliederzahl wird mit 1.034 zu niedrig angegeben.132 1.034 Mitglieder hatte die GLvW bei ihrer Gründung im Jahr 1918, im Jahr 1932 waren es etwa 1.900. Bereits 1933 verfügten die NS-Behörden über eine Liste der österreichischen Stuhlmeister.133 Dass im NS-Regime verschiedene rivalisierende Fraktionen miteinander um ihre Teilhabe an Macht und Einfluss rangen, wirkte sich auch auf die Politik gegen die Freimaurerei aus. Die unterschiedlichen NS-Sicherheitsapparate arbeiteten alles andere als fehlerfrei und scheiterten mitunter an der immer unübersichtlicher werdenden Zunahme an Aufgaben. Gleichzeitig umfasste die Haltung des Nationalsozialismus in der Freimaurerfrage eine Spannweite, die von bloßer Geringschätzung bis zur fanatischen Verhetzung reichte. Im 130 Ralf Melzer: Konflikt und Anpassung. Freimaurerei in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“, Wien: Braumüller 1999, S. 196. 131 II 111, Freimaurertum, Grobe Aufgliederung nach Teilgebieten, in: BArch R 58/ 6153, o.P. (7 Blatt). 132 Statistische Übersicht, o.D, in: BArch R 58/6128, Bl. 39. 133 Verzeichnis der Mst.v.St. für das Jahr 1933, in: BArch R58/118, Bl. 250.

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Gegensatz zum dogmatischen Antisemitismus gab die NSDAP diesbezüglich keine Glaubenssätze vor. Während vor allem in den 1920er-Jahren „freischaffende“ völkische Autoren wie Friedrich Wichtl, Erich Ludendorff, Friedrich Hasselbacher und Gregor Schwartz-Bostunitsch mit wilden Konstrukten ihrer Fantasie den Boden aufbereiteten, sind die Publikationen der SD-Mitarbeiter in der Abteilung II 111 wesentlich sachlicher, weil sie auf der Auswertung der requirierten Logenarchive basierten.134 Hierauf wird noch im Kapitel zu Kurt Reichl einzugehen sein. Laut einem Spruch des Obersten Parteigerichts vom 8. Jänner 1934 wurden alle nach der „Machtergreifung“ in ihren Logen verbliebenen Freimaurer von der Parteimitgliedschaft ausgeschlossen und allen ehemaligen Logenmitgliedern die Fähigkeit zur Bekleidung von Parteiämtern aberkannt. In Vorfeldorganisationen wie der Deutschen Arbeitsfront und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt wurde dies aber mitunter nicht so rigoros gehandhabt. Aufgrund einer Vielzahl von keineswegs einheitlichen Bestimmungen verloren die hiermit befassten Parteidienststellen bald den Überblick und behandelten die ihnen vorgelegten Fälle nach Gutdünken. Um diesem „Wildwuchs“ Herr zu werden, verfasste das Zentralamt des Obersten Parteigerichts Ende 1936 einen zehnseitigen Entwurf, der die gültigen Bestimmungen zusammenfasste. Demnach konnten ehemalige Freimaurer nur dann NSDAP-Mitglied werden bzw. bleiben, wenn sie vor dem 30. Jänner 1933 aus der Loge ausgeschieden und weder ein führendes Logenamt (wie Stuhlmeister, Aufseher, Redner und Sekretär) bekleidet hatten noch Mitglied der Hochgrade gewesen waren. Dies mussten sie von ihren ehemaligen Großlogen bestätigen lassen. In zweifelhaften Fällen wurde ihnen die Mitgliedschaft verwehrt, wogegen es keine Einspruchsmöglichkeit gab. Allerdings gab es in besonderen Fällen die Möglichkeit eines Gnadengesuchs an den „Führer“, das jedoch vom SD-Hauptamt und vom Obersten Parteigericht abgesegnet werden musste, bevor es dem „Führer“-Büro vorgelegt werden konnte. So brutal nach dem „Anschluss“ in Österreich gegen ehemalige Freimaurer vorgegangen wurde, so gab gerade dieser Erfolg des Nationalsozialismus auch den Anlass für eine „Führer-Amnestie“ im Bereich der Parteigerichtsbarkeit. Danach wurden alle Parteigerichtsverfahren aufgrund von Delikten, die eine 134 Neuberger 2001, S. 317–377. Melzer 1999, S. 180–213.

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geringere Strafe als den Parteiausschluss erwarten ließen, eingestellt bzw. nicht mehr eröffnet. Bereits ausgesprochene Strafen wurden in gleichem Umfang erlassen. In diesem Zusammenhang wurden auch alle Beschränkungen, denen ehemalige Freimaurer in der NSDAP unterworfen waren, aufgehoben. Lediglich Hochgradfreimaurer und Inhaber höherer Logenämter blieben von dieser Regelung und damit von einem Beitritt zur NSDAP prinzipiell ausgeschlossen. Diese Amnestie wurde am 27. April 1938 im Völkischen Beobachter verkündet und trat vorbehaltlich zukünftiger Durchführungsbestimmungen sofort in Kraft. Helmut Neuberger fasst ihre Umsetzung folgendermaßen zusammen: „Als letztere Anfang Mai schließlich durch das Oberste Parteigericht erlassen wurden, zeigte sich, dass trotz der umfassenden und großzügigen Formulierungen Hitlers von spürbaren Erleichterungen kaum gesprochen werden konnte, da sich die ‚Amnestie‘ in der Praxis nur auf Bagatellfälle erstreckte. Namentlich ehemalige Freimaurer sahen ihre rechtliche Stellung gegenüber der NSDAP kaum nennenswert verbessert. Vielmehr wurde in den Durchführungsbestimmungen der Standpunkt des Obersten Parteigerichts unterstrichen, wonach die grundsätzlich ablehnende Haltung der Partei gegenüber ehemaligen Freimaurern von der Amnestie unberührt blieb. Die angekündigten Erleichterungen blieben somit auf jene Logenmitglieder beschränkt, die entweder bereits Mitglieder der NSDAP waren oder aber ihre Mitgliedschaft wegen ihrer freimaurerischen Vergangenheit hatten aufgeben müssen. Den übrigen Freimaurern blieb der Beitritt zur Partei nach wie vor grundsätzlich verwehrt. Echte Vorteile brachte die Amnestie Hitlers daher nur den wenigen, die auf Grund früherer Logenzugehörigkeit aus der Partei ausgeschlossen worden waren, während von der Beschränkung der Mitgliedsrechte freimaurerisch ‚vorbelasteter‘ Parteigenossen bereits in den ‚Richtlinien‘ des Obersten Parteigerichts vom August 1936 nicht mehr die Rede war.“135

Tasächlich dürfte die „Führer-Amnestie“ für etlichen Unmut im Sicherheitsapparat gesorgt haben, so wird in einer Aktennotiz vom Mai 1938 bemängelt, dass die Durchführungsbestimmungen ebenso wenig definiert wurden wie eine mögliche Zulassung zu NSDAP-Vorfeldorganisationen. Auch wurde vor 135

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Neuberger 2001, S. 284.

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einer freimaurerischen Unterwanderung, insbesondere in ideologischen Schulungsorganisationen, gewarnt.136 Die Entscheidungen über die „Gnadengesuche“ lagen weiterhin bei der Dienststelle „Stellvertreter des Führers“ oder bei der jeweiligen Gauleitung der NSDAP. Eine weitere Erklärung für die recht unterschiedliche Entscheidung der vorgelegten Fälle war, dass manche ehemalige Freimaurer über hochrangige Beschützer verfügten, sofern sie sich für das System als nützlich erwiesen und auch willig waren, sich diesem zu unterwerfen. So wird in einem geheimen Lagebericht des SD von 1938 beklagt, dass nach der Amnestieverfügung ein großer Teil früherer Freimaurer Eingang in die Partei gefunden habe und hier offensichtlich mit größerer Schärfe vorgegangen werden müsse.137 Die fraglos bedeutsamste Karriere machte der Reichsbankpräsident und von 1934 bis 1937 Reichswirtschaftsminister Hjalmar Schacht, der von 1906 bis 1933 Mitglied einer altpreußischen Loge war und auch 1947 wieder einer Loge beitrat. Obwohl das NS-Regime die politische Machtlosigkeit der Freimaurerei längst erkannt hatte, spielte sie weiterhin eine bedeutende Rolle in der Propaganda gegen die Westmächte mit den Freimaurern Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt an der Spitze. Im April 1938 gelangten Richtlinien zur Neuordnung des österreichischen Berufsbeamtentums aus Berlin nach Wien.138 Nach § 4 wurden Juden ausnahmslos aus dem Staatsdienst entfernt, bei politisch bedenklichen Personen wie Marxisten, Freimaurern, Schlaraffen sowie Vertretern des politischen Katholizismus und des Legitimismus wurde dies optional verfügt. Im Juni 1938 erschienen die vertraulich gehaltenen Richtlinien zur Durchführung der Berufsbeamtenverordnung, die sich eingehend mit der Frage der Freimaurer beschäftigten. Diese waren von der Entlassung ausgenommen, wenn sie „vor dem 2. September 1936 aus einer Freimaurerloge, anderen Logen, logenähnlichen Organisationen oder deren Ersatzorganisationen ausgeschieden und bereits vor diesem Zeitpunkt der NSDAP als Mitglied eingetreten sind, (…) Das gleiche gilt im allgemeinen für Personen, die vor dem 2. September 1936 aus der Freimaurerloge usw. ausge136 SD-Hauptamt II 111-1, Amnestie für die Parteigerichtsbarkeit, Verfügung des Führers vom 27. April 1938 (SS-Untersturmführer Ehlers), Brief vom 1.5.1938, in: BArch R 58/ 6120, Bl. 105–110. 137 Heinz Boberach (Hg.): Meldungen aus dem Reich. Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS, Bd. 2. Herrsching: Pawlak 1984, S. 10. 138 Annexion, Berufsbeamtentum, in: DÖW 21058/2.

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schieden sind und sich bis zur Machtübernahme in Österreich Verdienste um die nationalsozialistische Bewegung nachweislich erworben haben, (…) Ehemalige Freimaurer dürfen grundsätzlich weder als Behördenvorstand tätig noch mit Personalangelegenheiten beschäftigt sein.“139 In weiterer Folge zählt das Papier elf deutsche Großlogen auf, außerdem ihnen vermeintlich verwandte Organisationen wie die Orden der Odd Fellows, der Druiden und der Rechabiten, des Droit Humain, die Internationale Arbeiter-Freimaurerloge, den Arbeiter-Freimaurerbund, die Anthroposophische und die Theosophische Gesellschaft sowie zahlreiche Winkellogen, Neugründungen von Illuminaten sowie von mittelalterlichen und asiatischen Kulten. Bezüglich Österreich wird auf die GLvW mit ihren 21 Tochterlogen und den Außenstellen in Wr. Neustadt, Graz, Klagenfurt und Linz verwiesen sowie auf den AASR mit seinen Unterorganisationen „Kapitel Mozart“ und „Perfektionsloge Voltaire“ (obwohl bereits seit 1929 weitere Einrichtungen des Schottischen Ritus bestanden!). Als verdächtig wurden auch zahlreiche pazifistische Organisationen eingestuft, die von der GLvW ideell und finanziell unterstützt worden waren, dazu gehörten die Arbeitsgemeinschaft österreichischer Friedensvereine, die Österreichische Liga für Menschenrechte, die Österreichische Völkerbundliga, die Weltjugendliga, die Paneuropa-Union, die Österreichische Friedensgesellschaft, die Gesellschaft für Friedenserziehung sowie die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit. All dies fand hinter den Kulissen statt, doch auch auf der propagandistischen Bühne wurde die Freimaurerei attackiert: Am 29. Oktober 1938 wurde im Wiener Künstlerhaus die direkt vom Reichsparteitag in Nürnberg übernommene Ausstellung Europas Schicksalskampf im Osten für zwei Monate gezeigt. In dieser befand sich unter anderem auch die konstruierte Nachbildung eines Freimaurertempels, wie ein Foto in der Zeitung Das Kleine Blatt belegt.140 Dem Ausstellungskatalog ist zu entnehmen, dass die Objekte dem Logenmuseum des Reichsführers SS in Berlin-Wilmersdorf entstammten.141 Wie unterschiedlich die Positionen zur Freimaurerei innerhalb der NS139 Richtlinien zur Durchführung der Berufsbeamtenverordnung [Wien 1938], in: DÖW 21.058/71. 140 „Europas Schicksalskampf im Osten“, in: Das Kleine Blatt, 30.10.1938, S. 6. 141 Europas Schicksalskampf im Osten. Austellung zum Reichsparteitag 1938. [Nürnberg: Selbstverlag] 1938, S. 132.

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Führungselite waren, lässt sich auch einem internen Schreiben Reinhard Heydrichs entnehmen, das zwar in seiner Terminologie eindeutig ist, aber die Freimaurerei des 18. Jahrhunderts positiv schildert und den negativen Einfluss dem Judentum zuschreibt: „…war es aber besonders der Umstand, dass man auch den Juden als gleichberechtigtes Mitglied aufnahm, der entscheidend für die Entwicklung der Freimaurerei wurde. Das alte primitive Brauchtum wurde ausgebaut zum klug durchdachten Erziehungssystem. Das Logentum, in welcher Form es auch auftreten mag, richtet sich stets gegen alle autoritär regierten Staaten, denn das Großziel der Freimaurerei ist letzten Endes ein Weltstaatenbund von Demokratien.“ Sehr genau wird das überaus unterschiedliche Erscheinungsbild in verschiedenen Ländern analysiert: Zu Frankreich heißt es: „Die ‚Alliance Israèlite‘ ist keine freimaurerische Organisation, sondern eine rein jüdische Hilfsorganisation ohne freimaurerischen Charakter.“ Auch dies steht im Gegensatz zu offiziellen antimasonischen Schriften der NS-Propaganda. Über Österreich heißt es: „In den gesellschaftlichen Kreisen Wiens ist das einerseits jüdisch-liberale und andererseits ebenso jüdisch-marxistische, freidenkerische Gepräge der österreichischen Freimaurer bekannt und bewirkt, dass aus arischen und katholischen Kreisen verhältnismäßig wenig Eintritte in die Loge erfolgen. Da es den Katholiken von der Kirche aus untersagt war, Mitglied einer geheimen Organisation zu sein, finden wir in Österreich einen ungemein hohen Hundertsatz an Juden in den Logen. Die namhaften Presseleute und Schriftsteller der liberalistischen Publizistik, Funktionäre der 1934 aufgelösten Sozialdemokratie, die jüdische Industrie und Finanz sind in den Zirkeln ausgiebig vertreten. Maßgebende Persönlichkeiten des politischen Systems von heute sind in der Bruderkette nicht anzutreffen.“ Auch diese Einschätzung ist abgesehen von der antisemitischen Rhetorik nicht unrichtig und belegt einmal mehr, dass der SD als staatliche Autorität weitaus sachlicher argumentierte als die freischaffenden völkischen Autoren. In seinen Schlussfolgerungen heißt es bei Heydrich: „Die Vermutung, dass zentral erteilte Anweisungen der Logen an ihre Mitglieder herausgegeben werden, trifft bei der Verschiedenartigkeit der Systeme nicht zu. Diese Auffassung wird dem Wesen der Freimaurerei in keiner Weise gerecht. Die ganzen Systeme mit ihrer Gradeinteilung sind letzten Endes nur Mittel zum Zweck: nämlich zur Erziehung und Auslese. Durch das Be-

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kenntnis zu einer Weltanschauung wird systematisch das Handeln sämtlicher Anhänger derselben gleichgerichtet. Im Laufe der Geschichte der Freimaurerei hat sich das Judentum mit großem Erfolg eingeschaltet und die Führung übernommen. Von dem englischen Deismus über den politischen Liberalismus der Demokratie zum revolutionären Marxismus führte schließlich die Entwicklung zum radikalsten Bekenntnis der Prinzipien von 1789. Im Bolschewismus erreicht die Bejahung von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ihre völlige Umkehrung ins Gegenteil, in die absolute Aufhebung jeglicher Liberté, Egalité, Fraternité. Die restlose Verwirklichung des kommunistischen Manifestes von Karl Marx ist nicht nur weltanschaulich das Ende der Loge, sondern auch politisch die Verneinung aller Freimaurerei. Hier setzt dann zum ersten Mal die emporgekommene Herrschaft des Judentums ein.“142

Letztendlich bildeten aber auch diese Einschätzungen nur Facetten einer Mystifikation des „Weltjudentums“, entscheidend bleibt das Ausmaß der Verfolgungsmaßnahmen unter dem NS-Regime: Gefahr für Leib und Leben dürfte für einen Freimaurer aus Österreich vor allem dann bestanden haben, wenn er sich noch in einer anderen Opferkategorie wiederfand, also wenn er entweder politisch bzw. gesellschaftlich aktiv oder wenn er Jude war. Da 70 bis 80 Prozent der Brüder in der Zwischenkriegszeit Juden bzw. jüdischer Herkunft waren, im Ständestaat sogar bis zu 90 Prozent, ist dies der Grund, warum der Prozentsatz an Exilanten unter den Freimaurern wesentlich höher liegt als in Deutschland und die Kontinuität der österreichischen Bruderkette 1938 so nachhaltig zerstört wurde. Etwa zwei Drittel der an die 200.000 österreichischen Juden konnten sich in ein Land retten, das ihnen Asyl gewährte – ein Drittel wurde von den NS-Schergen ermordet.

142 Reinhard Heydrich an das Auswärtige Amt, Brief vom 20.7.1937 (Abschrift 83–11, 20/7), in: AJB L/12, Bl. 329–337 (Kopie im GLvÖ-Archiv).

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Verfolgung und Ermordung Mit dem Ende freimaurerischer Tätigkeit endet auch die Institutionsgeschichte der GLvW, doch es bleibt das wesentlich komplexere Feld der Individualgeschichte. Daher wird in weiterer Folge auf zahlreiche Einzelschicksale verwiesen, die ein mosaikartiges Bild über sehr unterschiedliche Lebenswege ergeben. Die Erfassung ausnahmslos aller zwischen 1938 und 1945 im Zuge der Schoa ermordeten Freimaurer ist aufgrund von Namensgleichheiten und Forschungslücken bislang nur fragmentarisch. Als relativ gesichert können pars pro toto etwa 100 von Günter Kodek143 erfasste Namen festgehalten werden: Ludwig Adler, Schuhzubehör-Großhändler, KZ (unbekannt) Dr. med. Alfred Bass, Chefarzt der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien, KZ Litzmannstadt Franz Bauer, Papiergroßhändler, KZ Sobibor Samuel Bauer, Maschinenbau-Ingenieur, KZ Theresienstadt Franz Beck, Fabrikant, KZ Auschwitz Dr. med. Hermann Beer, praktischer Arzt, KZ (unbekannt) Hugo Berdach, Kaufmann, KZ Theresienstadt Dr. Ferdinand Victor Berger, Tabak-Hauptverleger, KZ Litzmannstadt Julius Bermann, Gewerkschaftssekretär, 1919–1934 Gemeinderat in Wien, KZ Theresienstadt Adolf Bettelheim, Fabrikant, KZ Theresienstadt Philipp Biach, Kaufmann, KZ Theresienstadt Hermann Bondy, Fabrikant, KZ Svatoboritz Julius Borgzinner, Prokurist, KZ Wlodawa Oskar Brill, Architekt, KZ Litzmannstadt Ludwig Brügel, Historiker, Schriftsteller, Beamter, KZ Theresienstadt Andor (Adolf ) Connard (geb. Kohn), Kaufmann, KZ Theresienstadt Dr. jur. Heinrich Dessauer, Hof- und Gerichtsadvokat, KZ Theresienstadt Dr. med. Adolf Deutsch, Chefarzt des Invalidenamtes, KZ Theresienstadt Oscar Deutsch, Kaufmann, KZ (unbekannt) Dr. jur. Siegfried Diamant, Hof- und Gerichtsadvokat, KZ Theresienstadt 143 Vgl.: Kodek (Bausteine) 2009

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Ludwig Dreichlinger, Inhaber einer Mietwagenfirma, KZ Theresienstadt Dr. jur. Richard Engler, Rechtsanwalt, KZ Buchenwald Max Fleischer, Bankbeamter, KZ Wlodawa Dr. med. Emil Fleischl, Zahnarzt, KZ Theresienstadt Dr. med. Julius Flesch, praktischer Arzt, KZ Maly Trostinec Wolf Wilhelm Flieg, Kaufmann, KZ Maly Trostinec Dr. jur. David Frankl, Hof- und Gerichtsadvokat, KZ Theresienstadt Dr. jur. Emil Frankl, Hof- und Gerichtsadvokat, KZ Theresienstadt Julius Frankl, KZ (unbekannt) Oskar Frankl, Fabrikant, KZ Auschwitz Dr. med. Emil Friedmann, parktischer Arzt, KZ Izbica Dr. jur. Jakob ( Jacques) Friedmann, stv. Vorsitzender der österr. allgemeinen Haftpflichtversicherung, KZ Theresienstadt Dr. jur. Max(imilian) Fürst, Hof- und Gerichtsadvokat, KZ Maly Trostinec Erich Israel Gayduschek, Bürovorstand, KZ (unbekannt) Oskar Geyerhahn, Kaufmann, KZ Lubin Dr. jur. Maximilian Gold, Rechtsanwalt, KZ Theresienstadt Dr. Nathan Grauer, Generalvertreter, KZ Theresienstadt Friedrich (Fritz) Grünbaum, Kabarettist, Schauspieler, Operetten-Librettist, KZ Dachau Adolf Haas, Kaufmann, KZ Litzmannstadt Dr. jur. Robert Hahndel, Rechtsanwalt, KZ Auschwitz Univ.-Prof. Dr. Victor Hammerschlag, Facharzt für HNO im Wilhelminenspital, KZ Theresienstadt Sigmund Handovsky, Kaufmann, KZ Litzmannstadt Nathan Helfand, Kaufmann, KZ Theresienstadt Hans Herzog, Bankbeamter, KZ Buchenwald Paul Hirsch, Kaufmann, KZ Theresienstadt Dr. med. Heinrich Keller, Facharzt für Kinderheilkunde, KZ Theresienstadt Josef Kende, Verlagsbuchhändler, KZ Buchenwald Alfred Kirsch, Kaufmann, KZ Theresienstadt Otto Ludwig Klein, Fabrikvertreter, KZ (unbekannt) Gustav Koenig, Kaufmann, KZ Theresienstadt Salomon Kohn, Kunsthändler und Postkarten-Verleger, KZ Auschwitz Gustav Kosak, Kaufmann, KZ Theresienstadt

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Dr. jur. Otto Kreisky, Rechtsanwalt, KZ Auschwitz Leon Lehr, Kaufmann, KZ (unbekannt) Moriz Leitersdorf, Direktor, KZ (unbekannt) Richard Lenhart, KZ (unbekannt) Dr. jur. August Libitzky, Rechtsanwalt, KZ Theresienstadt Dr. med. Otto Majer, Röntgenologe, KZ Theresienstadt Julius Mann, Bankier, KZ Auschwitz Max(imilian) Neuda, Kaufmann, KZ Sobibor Emil Ornstein, Generaldirektor, KZ Auschwitz Dr. jur. Friedrich Pachner, Rechtsanwalt, KZ Auschwitz Dr. jur. Norbert Pineles, Rechtsanwalt, KZ Izbica Julius Pollack, KZ (unbekannt) Gabriel Gustav Pollak, Prokurist, KZ Theresienstadt Heinrich Posamentier, Kohlenhändler, KZ Maly Trostinec Oskar Hans Pragmann, KZ Treblinka Prof. Heinrich Rauchinger, akad. Maler, KZ Theresienstadt Dr. med. Felix Reach, Univ.-Dozent für Physiologie, KZ Theresienstadt Rudolf Riesenfeld, Prof. an der Wiener Handelsakademie, KZ Theresienstadt Viktor Robitsek (auch Robitschek), Wiener Philharmoniker, KZ Litzmannstadt Hugo Rosinger, Direktor, KZ (unbekannt) Dr. phil. Robert Rübenstein, Realschul-Prof., KZ Auschwitz Leo Ruzicka, Bank-Prokurist, KZ Litzmannstadt Paul Schablin, Bankbeamter, KZ Auschwitz Eduard Scheib, Bankdirektor, KZ Maly Trostinec Dr. jur. Wilhelm Schick, Rechtsanwalt, KZ (unbekannt) Karl Schneider, KZ (unbekannt) Dr. jur. Armin Siebenschein, Rechtsanwalt, KZ Auschwitz Erwin Sobotka, Kaufmann, KZ (unbekannt) Hermann Sobotka, Prokurist, KZ (unbekannt) Max Starkmann, Wiener Philharmoniker, KZ Maly Trostinec Richard Steckler, Buch- und Kunsthändler, KZ Thersienstadt Arthur Stern, Direktor, KZ Theresienstadt Siegmund Stössel, KZ Auschwitz Dr. jur. Bernhard Heinrich Strassberg, Rechtsanwalt, KZ Theresienstadt Julius Stwertka, Konzertmeister der Wiener Staatsoper, KZ Theresienstadt

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Max Stwertka, Kaufmann, KZ Izbica Philipp Suschitzky, Verlagsbuchhändler, KZ Auschwitz Fritz Szamek, Antiquitätenhändler, KZ Auschwitz Dr. jur. rer. pol. Robert Theilhaber, Rechtsanwalt, KZ Auschwitz Richard Wildner, Kaufmann, KZ Maly Trostinec Ing. Rudolf Winternitz, KZ Auschwitz Dr. med. Max Winterstein, Augenarzt, KZ Theresienstadt Dr. jur. Oskar Wittner, Rechtsanwalt, KZ Dachau Dr. jur. Emil Wolf jun., Hof- und Gerichtsadvokat, KZ Theresienstadt Dr. jur. Siegfried Wolf, Rechtsanwalt, KZ Auschwitz Leo Wottitz, Kaufmann, KZ Theresienstadt

Andere Freimaurer überlebten das Lager schwer gezeichnet: Der bekannte Journalist und langjährige Herausgeber der Tageszeitung Der Morgen und anderer Blätter, Maximilian Schreier, wurde ab Juni 1938 für ein Jahr im KZ Buchenwald inhaftiert. Da er im November 1939 in Wien neuerlich verhaftet und des Hochverrats angeklagt wurde, beging er im Jänner 1942 Selbstmord.144 Der Direktor der Danubia AG Max Neumark überlebte drei Jahre im KZ Theresienstadt. Der Bankprokurist Egon Kessler überlebte trotz seiner jüdischen Herkunft dank seiner „arischen“ Frau als „Privilegierter“ in Wien. Langjährige Lagerhaft hatten auch der Leiter des Sekretariats des Klubs der sozialdemokratischen Gemeinderäte Wiens Karl Honay, der Schriftsteller und Journalist Heinrich Eduard Jacob und der Rechtsanwalt Siegfried Geyerhahn zu überstehen. Letzterer schrieb darüber: „Es dürfte ihnen bekannt sein, dass ich im März 1938 als Meister der Loge ‚Zukunft‘ von der Gestapo verhaftet, dann nach Dachau und später nach Buchenwald gebracht wurde. Im Jänner 1939 wurde ich entlassen und wanderte nach einem längeren Aufenthalt in London nach Amerika aus. Was ich an unglaublichen Niederträchtigkeiten erfahren habe, hat zwar einen grenzenlosen Hass und eine tiefe Verachtung für den Nazismus erzeugt, mich aber nur in den Idealen unserer königlichen Kunst bestärkt.“145 144 Susanne Falk: Die „Arisierung“ Wiener Zeitungsverlage. Das Verlagshaus Canisiusgasse 8–10. Taunusheim: Driesen 2002, S. 194–195. Alle anderen Daten aus: Kodek (Bausteine) 2009. 145 Siegfried Geyerhahn an Karl Doppler, Brief vom 14.3.1946, in: GLvÖ-Archiv.

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Jedenfalls sieht es so aus, als ob die überlebenden Brüder der Nachkriegszeit recht genau über ihre ermordeten Brüder unterrichtet waren. So schrieb Großsekretär Karl Kraus an Max Sugar, der sich nach einem Mitglied der Loge „Pionier“ erkundigt hatte: „Br. Otto Klein ist mit seiner Gattin in die Tschechoslowakei ausgewandert. Als die Nazis auch dorthin kamen, wurden sie verhaftet und in ein Konzentrationslager gebracht. Wie mir Brr., die wie durch ein Wunder der Hölle der Konzentrationslager entrinnen konnten, berichteten, sind beide dort gestorben.“146 Ein Fall von Berufsverbot ist der von Theodor Heinrich Mayer, bis 1939 Herausgeber der Pharmazeutischen Post. Aufgrund seiner Mitgliedschaft bei der Loge „Mozart“ beantragte die über seinen masonischen Werdegang genau informierte Gestapo Wien die Ablehnung seines Antrags an die RSK, wodurch jede Publikation im NS-Staat unmöglich wurde, selbst auf dem politisch unbedenklichen Feld der Pharmazie.147 Als Beispiel für eine „wilde Arisierung“ kann die Verlagsbuchhandlung von Arthur Eisenstein angeführt werden, anlässlich seiner Verhaftung vermerkt der durchführende Beamte: „Das Lager wurde heute morgen in Gegenwart von zwei Beamten der Staatspolizei besichtigt. Es umfasst etwa zwei Waggon Bücher. An Freimaurerliteratur wurden alte Zeitschriften gefunden. Im Übrigen sind es zum großen Teil alte wertvolle Bücher. Es wird vorgeschlagen, das Lager sofort zu räumen und die Bücher zwecks späterer Sichtung nach hier zu überführen.“148

NSDAP-Mitglieder und -Mitläufer Nach dem Krieg war die 1945 wieder erstandene GLvWfÖ sehr bestrebt, keine ehemaligen Mitglieder wieder zu akzeptieren, die sich mit dem NS-Regime eingelassen hatten. Dies geht unter anderem aus einem Brief von Großsekretär 146 Karl Kraus an Max Sugar, Brief vom 31.7.1949, in: GLvÖ-Archiv. 147 Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Wien (Dr. Blaschke) an den Reichsverband der deutschen Presse, Landesverband Ostmark (Dr. Held), Brief vom 9.10.1939, in: DÖW 21.834/60. 148 II 111 Aktennotiz Arthur Eisenstein, Brief vom 31.10.1938, in: AJB F 29, Bl. 681 (Kopie im GLvÖ-Archiv).

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Karl Kraus hervor: „Unsere Großloge hat durch das Nazi-Regime natürlich was Mitgliederanzahl betrifft sehr stark gelitten. Die in jüngeren und mittleren Jahren stehenden Brr. sind vielfach nach der Okkupation Österreichs durch die Deutschen in das Ausland gegangen, wo sie sich neue Existenzen gegründet haben. (...) Die vorgeschilderten Umstände haben es mit sich gebracht, dass unser Mitgliedsstand etwas überaltert ist und wir daher besorgt sind, jüngeres Blut unseren Reihen zuzuführen. Die Auswahl bei Neuaufnahmen wird rigoros durchgeführt. Wir sehen strenge darauf, dass sich in unseren Reihen keine faschistischen Tendenzen einschleichen können. Dies sind wir unseren vielen Brn., die durch die Nazi verfolgt, vertrieben, gemartert und getötet wurden, schuldig. Einige wenige Brr. konnten den Höllen des Konzentrationslagers entrinnen, viele und viele haben dort einen qualvollen Tod finden müssen. In jeder Arbeit gedenken wir ihrer in Wehmut. Wenngleich wir auf dem Standpunkt absoluter Toleranz stehen, so finden wir jede Verbindung mit der Nazi-Ideologie als im Widerspruch zur Idee der Humanität stehend und weisen solche Anhänger unfreimaurerischen Gedankengutes zurück. Nicht nur eingeschriebene Mitglieder der Nazi-Partei, auch alle jene, die sich um die Aufnahme in die Partei beworben haben und die die Partei irgendwie gefördert haben, zählen wir dazu. Nach Berichten, die uns aus anderen Ländern erreicht haben, scheinen wir in dieser Richtung wohl am strengsten zu sein. Leider waren unter den Brn., die vor 1938 unserem Bunde angehört haben, auch einige darunter, die natürlich jetzt nicht mehr in unseren Reihen sein können.“149 Dies konkretisiert sich auch in einem weiteren Schreiben: „Dr. [Carl] Appel, [Hermann] Reuther, [Viktor] Wiesner, [Edmund] Ledl und Dr. [Viktor] Kratochwil sind nicht mehr zu uns gekommen, vermutlich weil sie der früheren NSDAP in irgendeiner Form angehört haben oder zumindest ihr nahe gestanden sind.“150 Generell dürfte es aber für die GLvW nicht leicht gewesen sein, die an ihre Pforten klopfenden Brüder auf mögliche NS-Verbindungen zu überprüfen. Wesentlich leichter hatten es ab 1938 die NS-Behörden, ehemalige Logenmitglieder aufzuspüren, hiebei kam es aber vermutlich aufgrund übereifriger Denunzianten aber auch zu Irrläufern. So meldete der SD in Wien am 16. Ap149 Karl Kraus an J. Radinger, Brief vom 22.5.1947, in: GLvÖ-Archiv. 150 [Karl Doppler] an Dr. Oskar Gold, Brief vom 16.1.1947, in: GLvÖ-Archiv.

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ril 1940 ohne genauere Angaben die Auflösung des angeblich von Freimaurern betriebenen „Kunstvereins“.151 Zwar lässt sich für 1932 die Existenz eines Klubs der Kunstfreunde nachweisen, in dessen von Artur Wolf herausgegebene Zeitschrift Kultur sich ein Inserat für Josef Reiss Buch Die österreichischen Freimaurer findet, doch eine ideelle Verbindung lässt sich nicht belegen. Im Juli 1940 wollte eine Denunziantin eine geheime Loge in einer Maschinenfabrik bei Mödling entdeckt haben, doch nicht nur die Nachforschungen des SD verliefen im Sande, auch keine der dabei genannten Personen war jemals Freimaurer.152 Im Fadenkreuz des SD stand insbesondere der Chirurg Dr. Karl Doppler, da er nach dem Tod Schlesingers als Deputierter Großmeister der ranghöchste Freimaurer in Wien war: „SS-O’Stuf. Ehlers machte zur Beschaffung von Freimaurermaterial aus dem Ausland den Vorschlag, sich nochmals mit Doppler in Verbindung zu setzen. Aus der Tätigkeit des SS-O’Stuf. Ehlers beim Sonderkommando in Wien war ihm erinnerlich, dass Doppler den Wunsch geäußert habe, später einmal eine Dozentur zu erlangen. Da dies aber auf Grund seiner Zugehörigkeit zum Obersten Rat für Österreich auf Schwierigkeiten stoßen dürfte, wird es für angebracht gehalten, sich von hier aus dafür einzusetzen, dass Doppler keine Schwierigkeiten gemacht werden, da sich D., trotzdem er Souveräner Großkommandeur des Obersten Rates war, nur esoterisch und philosophisch mit der Freimaurerei abgegeben hat. Dieses Entgegenkommen dürfte aber nur dann angebracht sein, wenn D. sich bereit erklärt, den Bezug von Freimaurermaterial, insbesondere Zeitschriften aus dem Ausland, über ihn zu veranlassen.“153 Im gleichen Akt findet sich die Anordnung, dass er nur dann zur Durchführung einer Operation nach Rumänien fahren dürfe, wenn er danach einen Stimmungsbericht anfertige.154 In einer „politischen Einschätzung“ heißt es 1942 über Doppler: „Er ist heute Mitglied des NS-Ärztebundes, des RLB und 151 152 153 154

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Der Leiter der SD-Außenstelle Wien 1 an den Sicherheitsdienst des Reichführers SS, SDUnterabschnitt Wien, Brief vom 16.4.1940, in: AJB F 29, Bl. 190 (Kopie im GLvÖ-Archiv). II B1 SA 6/40, AJB F 29, Bl. 791–798 (Kopie im GLvÖ-Archiv). II 111 PA 2582/38, Vermerk Doppler, Dr. med. Karl, 21.12.1938, in: AJB F 29, Bl. 620 (Kopie im GLvÖ-Archiv). II 111 PA 2582/38 Aktennotiz Dr. med. Karl Doppler, 11.2.1939, in: AJB F 29/608 (Kopie im GLvÖ-Archiv).

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der NSV, zeigt sich auch recht gebefreudig und gibt in politischer Hinsicht seit dem Umbruch zu Klagen keinen Anlass mehr. Mit Rücksicht darauf, dass er bis zum Umbruch durch 12 Jahre der Freimaurerei angehört hat, kann er noch nicht als politisch vollkommen verlässlich angesehen werden, zumal bis zum Umbruch 90 % seiner Patienten Juden waren und er es sich auch recht lange überlegt hat, ob er flaggen soll.“155 Wie weit Doppler den andauernden Erpressungen entsprochen hat, ist nicht bekannt. Er wurde als Arzt zur Wehrmacht eingezogen, später wegen seiner Stellung in der Freimaurerei als „wehrunwürdig“ erklärt und noch 1944 zweimal von der SS verhört. Deren besonderes Interesse erweckte auch der Amerikaner Ossian Lang, 1928 Teilnehmer der „Aachener Konferenz“, der sich schon in der Zwischenkriegszeit immer wieder in Österreich aufgehalten hatte, so auch 1938/39: „Obgenannter ist Großhistoriograph der Großloge von New York und hält sich seit langen Jahren jährlich in Österreich auf. Es besteht die Vermutung, dass er hier persönliche Fühlungnahme mit ehemaligen Freimaurern aufrecht erhält, doch konnte ein Beweis hierfür bislang nicht erbracht werden.“156 Generell konnten österreichische Freimaurer ihre berufliche Karriere nur dann unbehindert im NS-Staat fortsetzen, wenn sie eine „arischer Herkunft“ vorweisen konnten, möglichst lange vor 1938 aus ihren Logen ausgetreten, für das neue Regime nützlich waren und ihm zumindest loyal gegenüberstanden. Obwohl Alois Hitschfeld erst im Dezember 1937 gedeckt hatte, heißt es über ihn: „Seine Mitgliedschaft zur Johannisloge ist für H. als Direktor der Mercurbank A.G. und Vorstand der Länderbank nicht belastend.“157 Die Mitgliedschaft in der NSDAP blieb auch ehemaligen österreichischen Freimaurern nicht versagt. Der prominenteste Fall ist der Schriftsteller und Militär-Kartograf Franz Karl Ginzkey, der von 1919 bis 1931 der Loge „Zukunft“ angehört hatte. Er wurde aufgrund einer „Gnadenverfügung des Führers“ vom 14. Dezember 1941 zur NSDAP zugelassen. Im 155

Gaupersonalamtsleiter (Volkmer) an die Geheime Staatspolizei, Brief vom 29.10.1942, in: ÖSA, AdR, Gauakt Karl Doppler. Siehe auch: Die Großloge von Wien für Österreich. Zum dreißigjährigen Bestehen 1949. Wien: (Eigenverlag) 1949, S. 81–82. 156 II 111 PA 5557/38, Der SD-Führer des SS-Oberabschnittes Donau an das Geheime Staatspolizeiamt, Staatspolizeileitstelle Wien, Brief o.D, in: AJB F 29, Bl. 966 (Kopie im GLvÖ-Archiv). 157 II 111 PA 8475/38, Vermerk Hirschfeld, Alois, Wien, 19.5.1939. In: AJB F 29, Bl. [nicht lesbar] (Kopie im GLvÖ-Archiv).

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Vorfeld war es deswegen jedoch zu internen Scharmützeln gekommen. Ginzkey gab an, er habe die Loge schon 1923 verlassen wollen und sich seither auch nicht mehr engagiert. Vorgeworfen wurde ihm auch seine Tätigkeit im Ständestaat: „Im Vorjahr hat, im Auftrage von Gauleiter Streicher, der stellvertretende Gauleiter Karl Holz, bei Gauleiter Globocnik für Dr. Ginzkey interveniert. Gauleiter Globocnik hat mir damals als dem zuständigen Gauinspektor die ganze Angelegenheit zur Bearbeitung übergeben und ich habe über die Persönlichkeit, die politische und charakterliche Haltung, sowie die geistigen und weltanschaulichen Schaffensgrundlagen Dr. Ginzkeys eine eingehende Untersuchung angestellt, deren Ergebnis für Dr. Ginzkey in politischer und charakterlicher Hinsicht vernichtend war. Gauleiter Globocnik hat daraufhin in einem ausführlichen Schreiben an den stellvertretenden Gauleiter Holz irgendeine befürwortende Einflussnahme für Ginzkey abgelehnt. Stellvertretender Gauleiter Holz hat dies auf Grund des vorgelegten Materials, das ihm übermittelt wurde, zustimmend zur Kenntnis genommen./ Dr. Ginzkey ist der Typus des konjunkturwitternden Salonliteraten und es ist bedauerlich, dass diese schöngeistelnde Kreatur, ähnlich wie der sattsam bekannte Perkonig, von gewissen altreichsdeutschen Blättern und leider auch vom V.B. immer wieder als ‚deutscher‘ Dichter hingestellt wird.“158

In der Antwort der RSK heißt es jedoch: „Ginzkey hat, wie glaubwürdig festgestellt wurde, in der Tat den ihm von der österreichischen System-Regierung angetragenen ‚Staatsrat‘ erst angenommen, nachdem er (während der Kampfzeit) sich beim Auswärtigen Amt darüber vergewissert hatte, dass von hier aus diese Berufung gewünscht werde. Er trat ferner sofort bei Gründung dem ‚Bund der deutschen Schriftsteller Österreichs‘ bei, einer Organisation, die nationalsozialistisch eingestellt war. Sein Schrifttum selbst kann als Deutsch bezeichnet werden, es gibt gleichfalls keine Anhaltspunkte.“159 Ein enger Freund von Ginzkey war Hermann Anton Franz Zerzawy, sei158

NSDAP Gau Wien, Kreisleitung VI (Hans Berner) an das Gaupersonalamt (Pg. Kamba), Brief vom 27.6.1939, in: Personalakte Franz Karl Ginzkey der RSK (Kopie in FÖLNS). 159 RSK an NSDAP Gauleitung Wien, Brief vom 19.9.1940, in: ebd.

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nes Zeichens Heimatforscher und Archivar im Kriegsarchiv, der ab 1933 auch dem AASR in leitender Position angehörte. Am 26. Februar 1934 trat er aus der GLvW aus, was ihm einen großen Karrieresprung ermöglichte, denn er avancierte zum Leiter der Auslandstelegramm-Überwachungsstelle und zum Archivar im Bundeskanzleramt. Von Kardinal Theodor Innitzer hatte er sogar eine Art „Absolution“ für seine freimaurerische Vergangenheit erwirkt, ab 1938 wurde Zerzawy Mitglied etlicher NSDAP-Nebenorganisationen.160 Ganz anders endete hingegen der Fall von Josef Friedrich Perkonig, der es ähnlich Ginzkey verstanden hatte, im Ständestaat eine große Karriere zu machen und sich gleichzeitig den illegalen Nationalsozialisten zur Verfügung zu stellen.161 Seine Aufnahme in die NSDAP wurde verhindert, wobei aber nicht ganz klar ist, ob hier nur ein Beamter nach dem Buchstaben des Gesetzes agierte oder ob jemand seinen Höhenflug stoppen wollte. Das Gaugericht der NSDAP Kärnten entschied über sein „Gnadengesuch“: „Im Zuge der Überprüfung der Aufnahmeanträge ist die Nachprüfung des Aufnahmeantrages des Professors Josef Friedrich Perkonig angeordnet worden, weil der Ortsgruppenleiter die Zurückstellung beantragt hat./ Der Antragsteller ist der bekannte Schriftsteller Josef Friedrich Perkonig und war bis zum Umbruch Volkspolitischer Referent des Landes Kärnten. Er hat daher eine illegale Betätigung aufzuweisen, wenn auch seine Leistungen als Volkspolitischer Referent nicht ganz den Anforderungen der NSDAP entsprachen. Mitglied der NSDAP war der Antragsteller nie./ Im Zuge der Überprüfung hat sich jedoch herausgestellt, dass der Antragsteller Freimaurer gewesen ist. Die Auskunft der SD besagt, dass der Antragsteller der Loge „Paracelsus“ in Klagenfurt, einer Tochterloge der Großloge von Wien, seit der Gründung im Jahre 1931 bis zur Auflösung im Jahre 1934 als Meister vom Stuhle angehört hat. Der Antragsteller hat nach dieser Auskunft die Loge nie gedeckt./ In seinem Fragebogen um Aufnahme in die Partei hat der Antragsteller die Frage, ob er einer Freimaurer-Loge oder einer ähnlichen Vereinigung (Odd 160 Kodek (Bausteine) 2009, S. 392. 161 Klaus Amann: Der Wort-Führer Kärntens. Josef Friedrich Perkonig und der „Anschluß“, in: Helmut Rumpler (Hg.): März 1938 in Kärnten. Fallstudien und Dokumente zum Weg in den „Anschluß“, Klagenfurt: Kärtner Druck- und Verlagsanstalt 1989, S. 32–55.

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Fellows, Druidenorden, Rotary Club) angehört hat, folgendermaßen beantwortet: ‚Nach kurzer Mitgliedschaft 1932 ausgetreten. – (Rotary Club)‘. Diese Eintragung musste den Eindruck erwecken, dass mit der Mitgliedschaft die Zugehörigkeit zum Rotaryclub gemeint war. Es hat auch die Abteilung für Mitgliedschaftswesen im Prüfungsvermerk die Zugehörigkeit zur Freimaurerei gar nicht erwähnt, was sie bestimmt getan hätte, wenn sie der Antwort des Antragstellers entnommen hätte, dass er ehemals Freimaurer gewesen sei./ Der Antragsteller behauptet, im Jahre 1932 schriftlich um Entlassung aus der Loge angesucht zu haben. Die Loge habe seinen Austritt zur Kenntnis genommen und seit 1932 habe er keine Veranstaltung mehr besucht. Er habe durch die vorerwähnte Angabe im Fragebogen seine Zugehörigkeit zur Freimaurerei bekannt geben wollen und das Wort „Rotary Club“ deshalb in Klammer gesetzt, weil dies in der Frageformel auch der Fall war./ Die Zugehörigkeit zu einer Freimaurer-Loge, mag sie bis 1932 oder 1934 gedauert haben, macht die Aufnahme nach den Richtlinien für die Neuaufnahme aus dem Jahre 1937, die in Überprüfungsverfahren anzuwenden ist, unmöglich. Die Amnestie des Führers vom 27. 4. 1938 betrifft nur jene früheren Freimaurer, die jemals im Besitze der roten Mitgliedskarte gewesen sind. Dies ist hier nicht der Fall./ Dazu kommt noch, dass der Antragsteller dem Rotary Club angehört und auch in der Schlaraffia ein wesentliches Amt inne gehabt hat. Er hat nämlich unter dem Namen ‚Ritter Trio der Toskanische‘ das Amt der Herrlichkeit der Kunst ausgeübt./ Der Antragsteller hat sich unbestreitbare Verdienste um die Kärntner Volksabstimmung im Jahre 1920 erworben und hat seine Bereitwilligkeit, für die NSDAP einzutreten, durch die Übernahme des Volkspolitischen Referates gezeigt. Trotzdem muss seine Ablehnung bei der Vielfalt der internationalen Bindungen, die er eingegangen ist, befragt werden.“162

Perkonig wurde nicht in die NSDAP aufgenommen, jedoch ohne Probleme in die RSK, wo er nun auch offiziell für den Nationalsozialismus schreiben konnte, woran er sich jedoch nach dem Krieg nicht mehr erinnern wollte. 162 Gaugericht Kärnten der NSDAP (Gez. Herzog, Vorsitzender; Dr. Kutschera, Beisitzender; Martin Just, Beisitzender), Klagenfurt, 23.5.1939, in: Personalakte Josef Friedrich Perkonig der RSK (Kopie in FÖLNS).

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Zweifelhaft ist seine maurerische Biografie, laut der in der Nachkriegszeit angelegten Karteikarte trat er 1931 in die Loge „Paracelsus“ ein und wurde 1933 zum Meister erhoben, trat jedoch im selben Jahr wieder aus. Nach dem Krieg trat er erneut in die „Paracelsus“ ein und bekleidete ab 1948 verschiedene Ämter. Daher erstaunt es auch nicht, dass ihm sein „Paracelsus“-Bruder und nunmehrige Großmeister Bernhard Scheichelbauer 1950 zur Verleihung der Klagenfurter Ehrenbürgerschaft gratulierte.163 Mitglied der NSDAP wurde hingegen der Professor für Musik Oskar Dachs, von 1924 bis 1929 Mitglied der Wiener Loge „Zum eisernen Anker am rauhen Stein“, die aber nicht unter dem Schutz der GLvW, sondern der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland in Berlin stand. Sein Ansuchen wurde anfangs zurückgewiesen, da er sich in der Verbotszeit nicht für die illegale NSDAP eingesetzt habe: „Damals aber wollte Dachs von der Partei nichts wissen. Dass er sich seit dem Umbruch befleißigt, den Nationalsozialisten zu spielen und auch seine künstlerischen Talente gelegentlich der Partei zur Verfügung stellt, ist kein weltbewegendes Moment, um hier eine Ausnahme von der Regel zu statuieren. Es würde diese Ausnahme auch böses Blut bei den vielen anderen ehemaligen Freimaurern erzeugen und mit Recht, da diese teilweise schon in der Verbotszeit die Interessen der Partei vertreten haben und dennoch wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Freimaurerloge bei der Erfassung der Mitglieder abgelehnt wurden.“164 Dachs berief sich in seinem Gnadengesuch erfolgreich darauf, nur an musikalischen Abenden teilgenommen zu haben, und betonte: „Diese Loge, die auf nationaler, antisemitischer Grundlage stand, hatte keinen Verkehr mit jüdischen und internationalen Logen und war der Verkehr mit diesen Logen strengstens untersagt.“165 Seine Aufnahme in die NSDAP erfolgte am 1. Juli 1940 (Nr. 8,450.494). Im Hinblick auf diese Mitgliedschaft wurde nach dem Krieg sein Gesuch um Aufnahme in die GLvWfÖ abgelehnt. Von Mitgliedern der GLvW gelang die Aufnahme in die NSDAP nach bisherigen Erkenntnissen auch dem Vorsteher des Gremiums Wiener Hoteliers 163 Bernhard Scheichelbauer und Karl Kraus an Josef Friedrich Perkonig, Brief vom 24.8.1950, in: GLvÖ-Archiv. 164 NSDAP-Gauleitung Wien an Kanzlei des Führers (Amt für Gnadensachen), Brief vom 22.1.1941, in: ÖSA, AdR, Gauakt Oskar Dachs. 165 Oskar Dachs an NSDAP-Gauleitung Wien, Brief vom 23.11.1941, in: ebd.

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Erhard Hammerand, dem Arzt Leopold Gerzner und dem Kupferstecher und Lithografen Luigi Kasimir (eigtl. Alois Heinrich). Letzterer hatte bereits 1924 gedeckt und war ab 1933 Mitglied der illegalen NSDAP. Ein besonderer Fall ist der Künstler Remigius Geyling, der von 1922 bis 1945 als Ausstattungschef des Wiener Burgtheaters und von 1926 bis 1946 als Professor an der Wiener Kunstgewerbeschule fungierte. Sein Gauakt ist nicht mehr auffindbar, daher lässt sich eine NSDAP-Mitgliedschaft nicht mehr nachweisen. In jedem Fall wurde ihm 1946 mit dieser Begründung der Wiedereintritt in die Loge untersagt. 166 Erfolglos um die Mitgliedschaft angesucht hatten auch der MedizinProfessor Dr. Otto Mayer, der Leiter des Landerziehungsheimes Hollabrunn Ottokar Wanecek oder der Handelsschuldirektor Otto Gratzenberger.167 Über Letzteren heißt es in einer internen Beurteilung: „… evang. D.R., verh., war früher Sozialdemokrat, gehörte aber der VF von 1934–1938 an. Außerdem ist er Freimaurer III. Grades der Loge ‚Zukunft‘ in Wien. Nach dem Umbruche wurde Vg. Gratzenberger als PA aufgenommen, doch wurde seine Aufnahme mit Beschluss des Kreisgerichtes Wien I vom 29.8.1941 abgelehnt. Gratzenberger ist förderndes Mitglied des NSFK, außerdem ist er bei der NSV und beim NSLB. Seine gegenwärtige Haltung gegenüber Partei und Staat ist gut, er ist gebefreudig, seine wirtschaftliche Lage ist geordnet.“168 Der Schriftsteller Ottokar Janetschek suchte am 6. Mai 1940 um Mitgliedschaft in der NSDAP an, wobei er seine ehemalige Zugehörigkeit zu den Logen „Schiller“ und später „Plato“ nicht verschwieg. Dies war auch der Grund für die Ablehnung am 27. November 1943. Andererseits hatte Janetschek keinerlei Probleme, in die RSK aufgenommen zu werden und weiterhin zu publizieren. Große Aufregung gab es allerdings im Oktober 1942: „Durch unseren Gauschrifttumsbeauftragten Wartheland erhielten wir eine Meldung das Buch ‚Mozart. Ein Künstlerleben‘ von Ottokar Janetschek, Verlag Bong, Berlin, betreffend. (…) Das Buch ist offensichtlich von einem Freimaurer geschrieben, Mozart als bewusst freimaurerisch denkenden Logenbruder in den Mittelpunkt zu stellen. (…) Das 1924 erschienene Buch ist also in der heutigen 166 GLvWfÖ an Remigius Geyling, Brief vom 9.7.1946, in: GLvÖ-Archiv. 167 Vgl.: Kodek (Bausteine) 2009, S. 230, 370, 124. 168 NSDAP Gau Wien, Kreisleitung I (Kreispersonalamtsleiter Karl Neuhuber) an die NSDAP Gauleitung Wien, Sachbearbeiter für Gnadensachen, Brief vom 3.1.1942, in: ÖSA, AdR, Gauakt Otto Gratzenberger.

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Neuauflage unbearbeitet geblieben. Dies ist unverständlich, noch unverständlicher aber ist, dass ein nationalsozialistischer Parteiverlag den Druck eines solchen nicht überarbeiteten Buches erhält und durchführt.“169 Der Verlag Richard Bong stellte sich allen Anfragen gegenüber taub, musste jedoch am 5. Jänner 1943 eine Restauflage von 208 Exemplaren einstampfen lassen. Der Schriftsteller Franz Xaver Resl hatte eine weitaus bessere Position, zwar war er von 1920 bis 1930 Mitglied der Loge „Schiller“ bzw. des freimaurerischen Kränzchens „Zu den sieben Weisen“ in Linz, in seinem Mitgliedsantrag für die NSDAP gab er jedoch nur an, 15 Jahren davor für eineinhalb Jahre Mitglied des Freimaurer-Kränzchens in Linz gewesen zu sein. Da er aber darauf verweisen konnte, bereits am 7. Oktober 1932 der illegalen NSDAP beigetreten zu sein, erfolgte am 3. Mai 1938 seine neuerliche Aufnahme (Nr. 6,374.665). Er fungierte von 1939 bis 1945 als Gemeinderat in Linz, in einer politischen Beurteilung heißt es: „Franz Resl gehörte früher der Großdeutschen Volkspartei an und ist seit 1933 Mitglied der NSDAP. Resl ist ein verlässlicher Nationalsozialist und bietet Gewähr, dass er sich für den nationalsozialistischen Staat restlos einsetzen wird. Sein Ruf in fachlicher und moralischer Beziehung ist sehr gut. Die politische Zuverlässigkeit ist vollkommen gegeben.“170 Trotz seines Alters von 78 Jahren suchte auch der Schriftsteller Hans Sittenberger 1939 um Mitgliedschaft in der NSDAP an. Er hatte von 1906 bis 1922 der Grenzloge „Pionier“ und danach der Grenzloge „Sokrates“ angehört, in einem selbst verfassten Lebenslauf heißt es: „Etwa 1907 (…) kam ich mit der Freimaurerei in Berührung. Ein – übrigens arischer – Bekannter veranlasste mich zum Eintritt durch die Versicherung, hier breite sich der Boden zum Ausgleich der sozialen Gegensätze, deren Gefahr ich für unser Volk längst erkannt hatte. Bei meiner Aufnahme in die Loge betonte ich ausdrücklich, dass ich nicht gesonnen sei, von meiner nationalen Gesinnung etwas abmarkten zu lassen. Man nahm keinen Anstoß daran, offenbar, weil ich damals in Wien ein sehr bekannter Mann war und man hoffte, mich allmählich umbiegen zu können, was natürlich nicht gelang. Sehr bald erkannte ich meine 169 NSDAP Reichsleitung an Zentralverlag der NSDAP, Franz Eher Nachf., Brief vom 29.10.1942, in: Personalakte Ottokar Janetschek der RSK (Kopie in FÖLNS). 170 Politische Beurteilung, NSDAP Gauleitung Oberdonau an Gaupersonalamt der NSDAP, Brief vom 24.11.1938, in: Personalakte Franz Resl der RSK (Kopie in FÖLNS).

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Täuschung. Ich besuchte die Logenabende immer seltener und blieb endlich ganz weg. Im Jahre 1919 oder 1920 vollzog ich auch formell meinen Austritt.“171 Zwar entwickelte sich der Antrag günstig, doch eine Entscheidung findet sich nicht in den Akten. Ein weiterer spezieller Fall ist der des Malers und Modezeichners Franz Papez, der ab 1931 Mitglied der Loge „Zukunft“ war. Im Zuge eines Verfahrens 1948 wegen Denunziation während der NS-Zeit, in dem Papez freigesprochen wurde, fertigte die Polizeidirektion Wien die Abschrift eines Schreibens an, das Papez im Dezember 1943 an die Kanzlei des Führers gerichtet hatte. Hierin ersuchte er um Gnadenerlass bezüglich seiner ehemaligen Mitgliedschaft als Freimaurer und um die Aufnahme in die NSDAP: „Ich bin Vater des Pg. Marzellus Papez (Mitgliedsnummer 97.032), welcher am 25. Juli 1934 als Teilnehmer der Julierhebung mit 13 Kameraden das RavagGebäude besetzte, von der Schuschniggregierung zu lebenslänglichem schweren Kerker verurteilt wurde und als Blutordensanwärter und Teilnehmer am Polenfeldzug am 5.12.1939 im Feldlazarett Jaroslau starb. Mein zweiter Sohn Peter, zur Zeit Obergefreiter an der Ostfront stand seit 1929 in der HJ. 1935 Mitglied der 89. SS-Standarte und Parteigenosse, seit 9. November 1937 zum SS-Uscha. befördert./ Meine Frau Josefine ist Parteigenossin, Mitgliedsnummer 6,264.755. (…)/ Von meiner Studienzeit an deutschnational und Gegner des Katholizismus, habe ich bereits 1929 meinen älteren Sohn Marzellus der Bewegung zugeführt und auch meinen jüngeren Sohn bald hernach in die HJ entsandt. Ende 1931 erfuhr ich von einer Korrespondenz zwischen Jesuiten und Freimaurern, sich zu verständigen, um eine gemeinsame Basis zu finden, den Nationalsozialismus zu bekämpfen. Ich entschloss mich alles zu tun, um in diese Korrespondenz Einblick zu gewinnen. Weiters erfuhr ich, dass ein Dr. Kurt Reichl die Korrespondenz mit den Jesuiten führte und suchte dessen Bekanntschaft zu machen, was mir auch gelang. Es gelang mir auch, sein Vertrauen zu gewinnen, nur kostete mich das sehr viel Geld. Dr. Kurt Reichl war Mitglied der Loge Zukunft und ich musste daher, um mit ihm in Verbindung zu bleiben, in die Loge Zukunft eintreten./ Ich bin mit Wissen meines Sohnes Marzellus, als Verbindungsmann einer Stelle der NSDAP, ab 1933 der 171

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Lebenslauf Hans Sittenberger, in: Personalakte Hans Sittenberger der RSK (Kopie in FÖLNS).

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SS, der Loge Zukunft beigetreten, um Einblick oder gar in den Besitz der Korrespondenz zwischen dem Jesuitenpater Dr. Gruber und Pater Muckermann zu kommen und diese in Fotokopie der SS weiterzuleiten. Die Weiterleitung sollte mein Sohn Marzellus durchführen. Die Durchführung dieses Planes, die bereits in allen Einzelheiten vorbereitet war, misslang in Folge der Juliereignisse 1934. Der von mir angesuchte Austritt aus der Loge wurde mir verweigert, Gründe hierzu wurden mir nicht bekannt gegeben.“172

Als Zeugen seiner Angaben legte Papez eine lange Namensliste bei, darunter 17 Blutordenträger und vier Parteimitglieder. Aus den weiteren Nachkriegsakten geht hervor, dass im Zuge der Erhebungen zum Prozess Wohnungsnachbarn Franz Papez als überzeugten Nazi bezeichneten und dass er Wien vor Ankunft der Roten Armee verlassen habe. Papez schrieb in seiner Stellungnahme von 1948: „...dass ich seit 1932 der Freimaurerloge Zukunft bis Umbruch 1938 angehörte. Als Freimaurer konnte ich deshalb auch nicht der ehem. NSDAP angehören. Ich hatte lediglich die Funktion eines Blockwartes beim RLB übernommen. Weiters gebe ich noch an, dass auch ich in ständiger Furcht lebte, von der ehem. Gestapo verhaftet zu werden, denn ich wurde nicht einmal von dieser verhört, da ich ja Freimaurer war und unterm HitlerRegime als Staatsfeind Nr. 1 damit galt.“173 Auch der Angestellte der Böhler-Werke Josef Huber nützte jede Gelegenheit, sich den Nazis anzubiedern: „Josef Huber ist kein Parteimitglied, gehört jedoch der NSV, der DAF, dem NSRB, dem RLB und dem RKB an. Soweit festgestellt werden konnte, gehörte er von 1924 bis 1937 der Loge ‚Zukunft‘ ohne Grad an und soll freiwillig ausgetreten sein. Angeblich war ihm die Loge zu sehr verjudet.“174 Hierbei handelte es sich um eine deutliche Schutzbehauptung, denn tatsächlich war Huber der Loge „Zukunft“ bereits 1922 beigetreten, 1945 gehörte er der Sammelloge „Humanitas renata“ und ab 1946 der neu 172 173 174

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Franz Papez an die Kanzlei des Führers, Brief vom 9.12.1943, in: Archiv des Landesgerichtes für Strafsachen. Für die Überlassung dieses und anderer Dokumente gilt mein Dank Norbert Knittler. Niederschrift Franz Papez, 29.12.1948, in: ebd. NSDAP-Gauleitung Wien, Personalamt, Hauptstelle politische Beurteilungen an die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Wien, Brief vom 10.12.1942, in: ÖSA, AdR, Gauakt Josef Huber.

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belebten Loge „Zukunft“ an. Über den Bauingenieur Walter Custer heißt es überaus ambivalent in einer „politischen Beurteilung“ des NSDAP-Personalamtes in Wien: „... sein Auftreten ist zurückhaltend und einigermaßen selbstherrlich in jüdischer Manier, obwohl er arischer Abstammung ist (...) seine Frau ist Mischling I. Grades (...) Es ist immerhin bemerkenswert, dass ein früherer Freimaurer, der mit einer Halbjüdin verheiratet ist, bei der SS als förderndes Mitglied einzahlt.“175 Über Franz Erwin John wurde anders verfügt: „Obgenannter war vom 26.6.33 bis zum Umbruch Mitglied der VF und Amtswalter der VF Berufsorganisation. Außerdem gehörte er von 1929 bis 1938 der Johannisloge Zukunft in Wien an. Gegen eine Verwendung des Obgenannten als Kriegsoffizier wird kein Einspruch erhoben.“176 Der Diplomkaufmann Carl Martin jun. verschwieg den NS-Behörden seinen im Jahr 1930 erfolgten Eintritt in die Loge „Zukunft“ und hatte damit Erfolg. Zwar wurden auch über ihn Auskünfte eingezogen, weil er seit 1927 die einzige Konzession in Österreich für einen privaten Amateur-Kurzwellensender innehatte, es wurde zwar auf seine nicht vorhandene NSDAP-Mitgliedschaft und seine nicht „arische“ Ehefrau hingewiesen, doch soweit ersichtlich hatte niemand seinen Namen in den Logenlisten gesucht.177 Bereits 1933 hatte sich die Loge „Pythagoras“ in Wiener Neustadt nach nur zehnjährigem Bestehen aufgelöst. Dies hing aber nicht mit den Zwangsmaßnahmen des Ständestaates zusammen, sondern mit den offenen Sympathien einiger Brüder für das NS-Regime. Der Hauptschullehrer Hans Wolf war bereits ab 1933 illegaler Nationalsozialist, auch die vormaligen Freimaurer Josef und Alois Sepp Platzer, Josef Bauer und Franz Günther wurden Parteimitglieder.178 Abschließend sei auf den eigentümlichsten Fall von Anbiederung an den NS-Staat bzw. das Weiterführen einer Karriere um jeden Preis verwiesen, den von Johann Ferch. Dieser war ursprünglich am linken Rand der Sozialdemokratie angesiedelt und verfasste in den 1920er-Jahren im Jahresrhythmus Tri175

NSDAP-Gauleitung Wien, Personalamt, Hauptstelle politische Beurteilungen an die NSDAP-Gauleitung, Personalamt, Brief vom 17.6.1941, in: ÖSA, AdR, Gauakt Walter Custer. 176 Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Wien an die NSDAP-Gauleitung Wien, Personalamt, Brief vom 5.5.1941, in: ÖSA, AdR, Gauakt Franz Erwin John. 177 ÖSA, AdR, Gauakt Karl Martin. 178 Hans Wagner: Der Großmeister kam zur Lichteinringung. Die kurze Geschichte der Loge „Pythagoras“ in Wiener Neustadt, in: QC-Berichte 18/1989, S. 45–56.

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vialromane und Broschüren, die sich gegen die restriktive Sexualmoral und deren Auswirkungen auf das Eheleben wendeten, zudem fungierte er 1919 als Gründer des „Bundes gegen Mutterschaftszwang“.179 Im Roman Mensch, nicht Jude! thematisiert er naiv-illusorisch die Liebesbeziehung eines Juden mit einer Christin, die an der Haltung beider Eltern zu scheitern droht, doch aufgrund des gemeinsamen Austritts aus den jeweiligen Religionsgemeinschaften doch noch ein Happy End findet. Mit den Büchern Soziale Arbeit der Freimaurer und Bekenntnisse eines Freimaurers gab Ferch offensiv seine Deckung auf.180 Anfang der 1930er-Jahre stellte der als Beamter im Sozialministerium arbeitetende seine schriftstellerische Produktion auf heitere Tierromane um, dennoch gehörte er im Ständestaat aufgrund seiner politischen Vergangenheit zu den Geächteten. Die Akte Ferch in der RSK ist die umfangreichste der hier genannten Schriftsteller: Im Oktober 1936 erfuhr er von seinem deutschen Verleger, dass seine Werke in Deutschland verboten seien, worüber er sich umgehend bei der RSK erkundigte, im Februar 1937 suchte er um die Mitgliedschaft an. Unterstützung fand er beim ehemaligen Gauleiter aus der „Verbotszeit“ Alfred Frauenfeld: „Ferch ist einmal der große Schreiber des Marxismus gewesen und hat eine Unzahl von Romanen, die ziemlich primitiv waren und in dem Verfasser einen weltfremden Idealisten vermuten ließen, verschiedene Ideen: Geburtenbeschränkung im Proletariat usw. literarisch verarbeitet. Es ging dann mit ihm ein tiefgreifender Wandel vor sich. Ferch erschien im Herbst 1933, als die NSDAP in Österreich bereits verboten war, bei mir und erklärte sich bereit, seine Person und sein schriftstellerisches Schaffen in den Dienst des Nationalsozialismus zu stellen. In mehreren Unterredungen überwand er seine aus der Vergangenheit entspringenden Bedenken und ich konnte auch im weiteren Verlauf feststellen, dass sein Gesinnungswandel in den verflossenen dreieinhalb Jahren ein grundlegender gewesen sei.“181 179 Karin Lehner: Verpönte Eingriffe. Sozialdemokratische Reformbestrebungen zu den Abtreibungsbestimmungen in der Zwischenkriegszeit. Wien: Picus 1989, S. 33–41. 180 Johann Ferch: Mensch, nicht Jude! Leipzig: Oldenbourg 1924. Ders.: Soziale Arbeit der Freimaurer. Wien, Leipzig: Hugo Heller 1921. Ders.: Bekenntnisse eines Freimaurers. Leipzig, Wien: Anzengruber 1924. 181 Gauleiter A. E. Frauenfeld (Geschäftsführer der Reichstheaterkammer) an die RSK z. Hd. Herrn Menz, Brief vom 15.3.1937, in: Personalakte Johann Ferch der RSK (Kopie in FÖLNS).

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Dem schloss sich auch Karl Otto Klingenfuß im Namen der NSDAP-Leitung der Auslands-Organisation an: „Seine Bücher, für die Ferch den Absatz im Reich erstrebt, behandeln in weltanschaulich einwandfreier Form z.B. die Judenfrage. So stellt er in einem Buch z.B. dar, wie er als einziger ‚Goi‘ unter den jüdischen Sozialistenführern zu einer Wandlung seiner gesamten politischen Weltanschauung gekommen sei. Das Buch soll durch die treffende Charakterisierung jüdischer Art wertvoll sein. Ein anderes Buch soll die Erbhoffrage behandeln und den Werdegang eines Bauern schildern, der erst unter dem Einfluss seines Sohnes wieder zum Bewusstsein der Verwurzelung mit der Scholle kommt. Diese Bücher sollen gerade im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung von propagandistischem Wert sein.“182 Auch der ideologisch versierte Literaturkritiker Dr. Karl Wache intervenierte für Ferch. Doch da es auch gegenteilige Stimmen gab, wurde im November 1937 entschieden, nur seine Schriften bis 1933 auf dem Index zu lassen. Eines seiner neuen Bücher pries Ferch folgendermaßen an: „‚Nur ein Goi!‘ Ein Entwicklungsroman gegen die jüdische Führung und Publizistik in der ges. österr. SD [Sozialdemokratie]. Das Leben des Verfassers im Helden Rank dargestellt. Bei dem jetzt hier wieder einsetzenden Werben um die Arbeiterschaft ist die Gefahr der Wiederholung des jüdischen Spieles übergroß. Das Buch würde bedeutsam wirken.“183 Noch am 11. März 1938 intervenierte erneut Parteigenosse Frauenfeld: „Gerade die jüngsten Ereignisse in Österreich lassen es zweifellos als wünschenswert erscheinen, dass jene Personen, die es zweifellos ehrlich meinen, Gelegenheit bekommen, gehört zu werden.“184 Dies glaubte nach dem „Anschluss“ auch Ferch für sich geltend machen und sich dabei auf allerhöchste Versprechen berufen zu können: „In diesen freudigen, uns alle mit unendlichem Glück erfüllenden Tagen gibt es hier keinen Redner, der nicht das völlige Vergessen des Gestern betont. Ich erspare mir die wundervollen Worte des Führers, des Herrn Ministerpräsidenten Göring und des Herrn Reichsministers Dr. Goebbels zu zitieren. Bei uns 182 NSDAP-Leitung der Auslands-Organisation (Klingenfuß) an den Präsidenten der RSK, Brief vom 13.5.1937, in: ebd. 183 Johann Ferch an die RSK, Wien, Brief o.D., in: ebd. 184 Gauleiter A. E. Frauenfeld an RSK, Brief vom 11.3.1938, in: ebd.

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werden die engagiertesten ehemaligen Gegner, Schutzbündler etc. in Dienst genommen, allen Anständigen ist das weiteste Entgegenkommen zugesichert, um alle Herzen zu gewinnen, die das große Werk nötig hat. Gestützt auf diese betonte Toleranz ersuche ich die endliche Freigabe meiner gewiss harmlosen drei Werke und um die Aufhebung der Beschränkung zur Vorlage künftiger Werke, was man hier dem einfachsten Arbeiter zubilligt, wird man doch auch mir – der ich während der vergangenen vier Jahre trotz Aufforderung keine einzige Zeile für das fluchwürdige Regime schrieb – im Sinne der feierlichen Versprechen zugestehen.“185 In seinem offiziellen Antrag um RSK-Mitgliedschaft vom 20. Juli 1938 gab Ferch auch seine Mitgliedschaft bei der Loge „Pionier“ an, dies allerdings ohne Zeitangaben, denn er hatte im Februar 1938 nur eine „Scheindeckung“ vollzogen. Seiner Logen-Vergangenheit wurde seltsamerweise in keinem Schriftstück Aufmerksamkeit geschenkt, vermutlich war dies im Vergleich zu seiner sonstigen Biografie eine „lässliche Sünde“. Außerdem verwies er im Antrag auf sein 1937 in München erschienenes Drama Das Gesetz des Blutes und auf einen Artikel im Völkischen Beobachter im März 1938. Die RSK-Landesleitung in Wien unterstützte Ferchs Antrag nicht, bald traf auch eine vernichtende Einschätzung der Gestapo in Berlin ein: „Der nationalsozialistischen Bewegung gegenüber hat Ferch stets eine neutrale Haltung eingenommen. Seine heutige Gesinnung ist undurchsichtig. Während er im Gespräch verschiedenes am Nationalsozialismus gut heißt, hüllt er sich bei entscheidenden Fragen in Schweigen, anscheinend um seine Gesinnung, die noch immer sozialdemokratisch sein dürfte, nicht zu verraten.“186 Doch Ferchs Unterstützer setzten sich durch, er wurde am 14. Juni 1940 mit der Nummer A 13.741 in die RSK aufgenommen. Anschließend wurde dies wieder eingeschränkt, da er nicht als Berufsschriftsteller anerkannt wurde, was Ferch zu etlichen weiteren Bittgesuchen an die RSK bewegte. Diese hatten offensichtlich Erfolg, denn mit 1. Oktober 1940 wurde er erneut in die RSK aufgenommen, diesmal mit der Nummer A 14.859. Anfang 1941 erhielt er einen Befreiungsschein für zwölf Publikationen mit je maximal 16 Seiten, tatsächlich hatte er bereits 1940 im Dresdner Verlag Wodni & Lindecke unter dem Pseudonym Johann Freiner 185 Johann Ferch an die RSK, Brief vom 23.3.1938, in: ebd. 186 Gestapo Wien (Blaschke) an den Präsidenten der RSK, Brief vom 13.12.1939, in: ebd.

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den Karl Lueger darstellenden und naturgemäß antisemitischen Roman Der Herrgott von Wien herausgebracht. 1943 rühmte er sich gegenüber der RSK, dass dieser in 5. Auflage als Wehrmachtsausgabe erschienen und bereits verfilmt sei. Noch am 5. Februar 1945 forderte Ferch von der RSK eine Entschädigung, weil diese Auflage bei einem Bombentreffer in Leipzig vernichtet wurde. Am 28. Juli 1945 gehörte Johann Ferch zu jenen 48 überlebenden Freimaurern, welche an der allerersten Tempelarbeit im Wien der Nachkriegszeit teilnahmen, er blieb dem Bund bis zu seinem Tod 1954 treu und verfasste nunmehr triviale Bergromane. 1946 schrieb Ferch einem Freund: „Wir haben ja in Wien verschiedenes mitgemacht, mehrmals knapp vor Lebensgefahr ausgewichen, außerdem interessierte sich auch die Gestapo für mich. Aber alles ging gut vorüber. Und das Leben ist ja doch die Hauptsache …“187

Dr. Kurt Reichl, der Verräter Kurt Reichl wurde 1899 in Wien als Sohn des burgenländischen Heimatdichters Joseph Reichl geboren, der nach dem Ersten Weltkrieg in der heanzerischen Mundart gegen die Abtrennung seiner Heimat an Ungarn agitierte. Eines seiner Bücher erschien mit einem Vorwort des antisemitischen Autors und Freimaurers Adam Müller-Guttenbrunn versehen, mit dem er offensichtlich befreundet war.188 Kurt Reichl studierte in Wien Theoretische Philosophie bei Prof. Adolf Stöhr, dessen Tochter er heiratete, wodurch er auch in den Besitz des schriftlichen Nachlasses seines Schwiegervaters kam, aus dem er einiges publizierte. 1922 wurde Dr. Kurt Reichl im Alter von 23 Jahren in die Loge „Zukunft“ aufgenommen und avancierte gewissermaßen zum „Jungstar“ der GLvW: Ab 1925 enstand eine Korrespondenz mit dem Jesuitenpater Hermann Gruber, dem zu dieser Zeit versiertesten Kritiker der Freimaurerei auf katholischer Seite. Am 22. Juni 1928 nahm Reichl mit dem Souveränen Großkommandeur des AASR Eugen Lennhoff und dem Großhistoriografen der 187

Johann Ferch an Josef Wessely, Wien, 1946, in: Antiquariatskatalog Inlibris, Wien (www.inlibris.at, Stand Dez. 2007). 188 Joseph Reichl: Hinter Pfluag und rn. Gedichte aus dem Raabtal in heanzerischer Mundart. Mit einem Geleitwort von Adam Müller-Guttenbrunn. Wien: Leonhardt 1918.

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Großloge von New York Ossian Lang an der „Aachener Konferenz“ teil, einem inoffiziellen Gedankenaustausch dieser Freimaurer-Delegation mit Hermann Gruber. Das einzige wesentliche Ergebnis war, dass man sich bei der gegenseitigen Kritik auf dem Boden der Wissenschaftlichkeit bewegen wolle.189 Ausführlich und enthusiastisch berichtete Reichl über den Erfolg der „Aachener Konferenz“ für die gesamte Freimaurerei in der WFZ und in dem 1933 von ihm herausgegebenen Blaubuch der Weltfreimaurerei.190 Reichl war zudem im Vorstand der Österreichischen Liga für Menschenrechte vertreten wie in jenem der UFL und ebenso als Volksbildner und im freimaurerischen Sozialverein „Bereitschaft“ tätig, zudem war er Mitglied in den von der GLvW unterstützten Vereinen Ethische Gemeinde, Monistenbund, Österreichische Friedensgesellschaft, „Allgemeine Nährpflicht“, Urania und Österreichische Völkerbundliga und somit eindeutig dem aktivistischen Flügel der GLvW zuzurechnen.191 Anlässlich einer Einladung zu einem Vortrag über Die Ethik der Gemeinschaft bei der Magdeburger Loge „Ferdinand zur Glückseligkeit“ im Oktober 1930 schrieb diese in ihrer Einladung an Pastor Karl Habicht, den NationalGroßmeister der Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“: „Br. Dr. Reichl ist ein sehr angesehener Wiener Philosoph und Freimaurer, der nach dem Urteil des Wiener Großmeisters zu den besten Köpfen gehört, welche die Wiener Freimaurerei jemals besessen hat. Der Abend würde durch Ihr Erscheinen eine ganz besondere Bedeutung und Note erhalten, und sie würden gleichzeitig, da Br. Reichl ein vielbegehrter Redner in allen Wiener Bauhütten ist, einen Einblick in die Arbeitsweise der zum System der Wiener Großloge gehörigen Bauhütten erhalten.“192 Da zu diesem Zeitpunkt die offiziellen Kontakte zwischen der GLvW und den deutschen Großlogen kurz vor dem Abbruch standen, bekommt Reichls Besuch in Magdeburg den Charakter einer diplomatischen Mission. Karl Habicht kam nicht zum Vortrag 189 Aachener Konferenz, in: Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder (Hg.): Internationales Freimauerlexikon. München: Herbig 2000, S. 43. René Fülüp-Miller: Macht und Geheimnis der Jesuiten. Kulturhistorische Monographie. Leipzig, Zürich: Grethlein & Co 1929, S. 526–527. 190 Kurt Reichl (Hg.): Das Blaubuch der Weltfreimaurerei 1933. Wien: Saturn 1933. 191 Personalblatt für die Zugehörigkeit zum Schottischen Ritus, Dr. Kurt Reichl, 20.2.1933, in: BArch R 58/6149, Bl. 601. 192 Loge „Ferdinand zur Glückseligkeit“ an den National-Großmeister der Großen NationalMutterloge „Zu den drei Weltkugeln“, Brief vom 24.10.1930, in: GSPK, ZSM 5.1.4./7627, Bl. 39.

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und da er sich in seinem Schreiben mehr als deutlich von der GLvW distanzierte, ist es fraglich, ob er Reichl jemals begegnete, was dieser später behaupten sollte.193 1929 war Reichl auch dem vier Jahre davor in Österreich gegründeten AASR beigetreten, in dem er ebenfalls eine steile Karriere machte und bereits 1932/33 das Amt des General-Großexperten einnahm. Da er sich jedoch seinen aufwendigen Lebensstil in der Wirtschaftskrise nicht mehr leisten konnte, kam es zu finanziellen Unregelmäßigkeiten. Am 26. Februar 1934 musste Reichl wegen betrügerischer Machenschaften gegenüber Brüdern auf Aufforderung des Großbeamtenrates seine Deckung einreichen, die ihm nach außen hin „ehrenvoll“ gewährt wurde. Daraufhin verfasste Reichl unter dem Pseudonym „Dr. Gregor Cardon“ denunziatorische Artikel in katholischen und nationalen Zeitungen sowie die Broschüre Sind Jesuiten Freimaurer?.194 Hierbei ging er auch auf die „Aachener Konferenz“ ein, wobei er hinter der sicheren Maske des Autorenpseudonyms auch seinen bürgerlichen Namen als Teilnehmer nannte und selbstverständlich auch seinen Doktortitel nie vergaß. Der Autor streicht die AASR-Mitgliedschaft der drei teilnehmenden Freimaurer heraus und nennt ihre Annäherung an die katholische Kirche einen „Canossagang“, der letztendlich aber auch in den eigenen Reihen von den Freidenkern wieder konterkariert worden wäre. Gleichzeitig weist die in einem deklariert katholischen Verlag erschienene Broschüre vehement Ludendorffs Attacken zurück, wonach es geheime Berührungspunkte zwischen Jesuiten, Juden und Freimaurern gäbe. Für besondere Aufregung in der GLvW sorgten zwei anonym verfasste Artikel Reichls, weil sie von zahlreichen ausländischen Zeitungen nachgedruckt wurden, was auch in der 232. Sitzung des Großbeamtenrates im August 1935 zur Sprache kam.195 In diesem Artikel heißt es: 193 Karl Habicht an den Vorsitzenden Meister der Loge „Ferdinand zur Glückseligkeit“, Brief vom 30.10.1930, in: GSPK, ZSM 5.1.4./7627, Bl. 40–43. 194 Gregor Cardon [Ps. für Kurt Reichl]: Sind Jesuiten Freimaurer? Kevelear: Butzon & Bercker 1934. Ders.: Die Großloge von Wien. Gestern und heute, in: Die Reichspost, 30.4.1935.S. 6. Ders.: Götzendämmerung, in: Deutsche Presse (Prag), 13.4.1935. Ders.: Die Ligen für Menschenrechte, in: Der Christliche Ständestaat, 24.3.1935, S. 293. Ders.: Freimaurereien im Exil, in: Der Christliche Ständestaat, 4.8.1935, S. 750–752. 195 Tagesordnung der 232. Sitzung des Großbeamtenrates, 28.8.1935, in: Moskauer Sonderarchiv 624/10, 10a.

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„Seit dem autoritären Staatskurs in Österreich, vornehmlich nach den Ereignissen im Februar 1934, hat sich die Lage der Dreipunkte-Bruderschaft wesentlich geändert. Die Logenanzahl blieb wohl in Wien unangetastet, aber die Austritte von ungefähr 500 Mitgliedern schwächten das Freimaurertum sehr. In Scharen verließen die öffentlich angestellten Ärzte und Anwälte, Hochund Mittelschullehrer, fast alle Schriftsteller und Journalisten, selbstverständlich alle Sozialdemokraten, die Bauhütten. Darunter befinden sich viele bekannte Namen. Von der geringen Anzahl der früheren arischen Logenbrüder blieb nichts zurück und man kann ohne Übertreibung sagen, daß die Freimaurerei in Österreich – nachdem sich die Bauhütten in den Bundesländern teils aufgelöst, teils ‚eingeschläfert‘ haben – eine rein jüdische Angelegenheit geworden ist./ Von den autoritär regierten Staaten ist Österreich der einzige, der bisher das Logentum nicht verboten hat. In Italien, Ungarn, Deutschland, ja sogar in Rußland ist der Geheimbund behördlich untersagt. In der Schweiz und in Frankreich ist im Zusammenhang mit den Reformbestrebungen ein starker antimaurerischer Auftrieb zu bemerken.“196

Dieser Artikel war aber nur der Auftakt zu einer elfteiligen Serie Reichls in der Wochenausgabe dieser deutschnationalen Zeitung, wobei insbesondere der AASR attackiert wurde.197 Als krönenden Abschluss dieser Verleumdungskampagne platzierte Reichl die Falschmeldung, wonach sich der AASR in Österreich aufgelöst habe und auch die GLvW diesem Schritt bald nachfolgen werde.198 Diese Artikel erregten die Aufmerksamkeit des deutschen Oberst196 [Kurt Reichl]: Freimaurertum in Österreich, in: Wiener Neueste Nachrichten, 7.3.1935, S. 1. 197 [Kurt Reichl]: Ursprung und Ziele der Freimaurerei, in: Wochenausgabe der Wiener Neuesten Nachrichten, 5.4.1935, S. 1–2. Ders.: Der „Suchende“. Aus der Werkstätte der Freimaurer, in: ebd., 12.4.1935, S. 4–5. Ders.: Die „Arbeit“ der Lehrlingsloge. Die Zusammenkünfte der Freimaurer, in: ebd., 19.4.1935, S. 5–6. Ders.: Der salomonische Tempel. Der Meistergrad der Freimaurer, in: ebd., 26.4.1935, S. 4–6. Ders.: Gehorsam und Verschwiegenheit. Die Hochgrade der Freimaurer, in: ebd., 10.5.1935, S. 4–5. Ders.: „Das königliche Gewölbe“. Die Vervollkommnungslogen der Freimaurer, in: ebd., 24.5.1935, S. 2–4. Ders.: Die Rosenkreuzer. Das Kapitel der Freimaurer, in: ebd., 7.6.1935, S. 13. Ders.: Aufklärung und Gewissensfreiheit. Die Aeropage der Freimaurer, in: ebd., 21.6.1935, S. 10. Ders.: Der Rachegrad der Freimaurer. Der Ritter Kadosch, in: ebd., 5.7.1935, S. 9–10. Ders.: Die „Fürsten der Maurerei“. Die Verwaltungsgrade der Freimaurer, in: ebd., 19.7.1935, S. 9–11. Ders.: Der „Oberste Rat“. Die höchste Behörde der Freimaurer, in: ebd., 23.8.1935, S. 8–10. 198 [Kurt Reichl]: Selbstauflösung der österreichischen Freimaurerei?, in: Wiener Neueste Nachrichten, 3.8.1935, S. 1.

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leutnant a. D. Ulrich Fleischhauer, der das Periodikum Welt-Dienst herausgab, das neben der gängigen antisemitischen auch von einer massiv antimasonischen Blattlinie geprägt waren. Über dessen Wiener Mitarbeiter, den Ministerialrat Hans Jonak von Freyenwald, konnte die Identität Reichls als Autors der genannten Artikel in Erfahrung gebracht werden.199 Am 1. Juli 1935 kam es in der Erfurter Wohnung des antimasonischen NS-Autors Friedrich Hasselbacher zu einer Besprechung, an der neben dem Gastgeber und Kurt Reichl folgende Personen teilnahmen: Dr. Karl Haselbacher vom Geheimen Staatspolizeiamt, SS-Oberscharführer Richter, SS-Scharführer Wisliceny und SSRottenführer Dr. Bolte. Letztere waren führende Offiziere im SD-Hauptamt, Freimaurerabteilung II 111. Das Protokoll dieses Gesprächs liest sich wie folgt: „Auf Veranlassung des Oberstleutnant a.D. Fleischhauer, Erfurt, war durch Mittelsmänner in Wien nach dem Verfasser einer Reihe von Aufsätzen, die das Verhältnis der internationalen Hochgradfreimaurerei zum Katholizismus behandelten, geforscht worden. Als Autor dieser Schriften, die unter dem Pseudonym Dr. Gregor Cardon erschienen waren, wurde ein Dr. Kurt Reichl aus Wien festgestellt. Dieser Mann war für J I als Großsekretär der Wiener Grossloge und Teilnehmer der Aachener Konferenz im Jahre 1928 ein Begriff. Da J I mit Recht erwarten konnte, von Dr. Reichl wertvolle Aufschlüsse über das Treiben der internationalen Hochgrade und ihre Beziehungen zur Freimaurerei in Deutschland zu bekommen, hatten eine Woche vorher Dr. Haselbacher und SS.-Rottenführer Dr. Bolte in Anwesenheit von Fleischhauer und Rechtsanwalt Schneider in Erfurt eine Unterredung mit Dr. Reichl gehabt. Bei dieser Besprechung hatte Dr. Reichl den Wunsch geäussert, den Verfasser des Werkes ‚Entlarvte Freimaurerei‘, Friedrich Hasselbacher kennen zu lernen. So war eine unauffällige Gelegenheit gegeben, den Kreis der Teilnehmer an den Besprechungen mit Dr. Reichl dergestalt zu erweitern, dass SS.-Oberscharführer Richter und SS.-Scharführer Wisliceny als gute Bekannte und Mitarbeiter Friedrich Hasselbachers eingeführt wurden./ Die Unterredung begann um 11 Uhr 15 Min. Nach kurzer Besprechung des Baseler 199 Zu Ulrich Fleischhauer siehe: Reinhard Bollmus: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1970, S. 121–122, und Pfahl-Traughber 1993, S. 99–102.

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Freimaurerprozesses, in welchem Dr. Reichl als Zeuge für Major Leonhardt aufzutreten sich bereit erklärt hatte, gab Dr. Reichl einen kurzen Überblick, wie er zur Freimaurerei gekommen ist. Er wäre als Dreiundzwanzigjähriger durch die Beschäftigung mit der klassischen Philosophie zwangsläufig über Lessing auf die Freimaurerei gestossen. Da er das Bestreben gehabt habe, sich über die letzten Hintergründe der Freimaurerei Kenntnis zu verschaffen, habe er sich mehr aktiv im freimaurerischen Leben betätigt und wäre durch diese Aktivität endlich 1930 in den 33. Grad des Schottischen Ritus befördert worden. Zum Beweise dafür legte er seine Beförderungsurkunde vor. Erst mit Erreichung des 33.Grades wäre ihm der Sinn der Freimaurerei und ihre vollkommene Verschmelzung mit dem Judentum klar geworden und er hätte nicht gezögert, 1932 daraus die Konsequenzen zu ziehen und auszutreten. Auf Anraten katholischer Kreise Oesterreichs, seine Kenntnisse in den Fragen der internationalen Hochgradfreimaurerei für die Bekämpfung derselben zu verwerten, sei er dazu gekommen, in den katholischen Blättern antimaurerische Artikel zu veröffentlichen. Seine Verbindungen zum politischen Katholizismus seien nur aus den politischen Verhältnissen in Oesterreich zu erklären. Er würde diese Verbindungen jederzeit abbrechen, wenn ihm in Deutschland ein Existenzminimum gesichert würde. Weltanschaulich wäre er in keiner Weise mit dem Katholizismus verbunden./ Das Ergebnis der Unterredung bestätigte die Auffassung von J I über das Wesen der Freimaurerei in allen wesentlichen Punkten. Dr. Reichl gab ein ansehnliches Bild über die Zusammenhänge zwischen Freimaurerei und Judentum. Er wies insbesondere darauf hin, dass die Freimaurerei eine organisatorische Verbindung mit dem BneiBrith Orden gar nicht nötig habe, da die Verbindung viel unauffälliger und besser durch Personalunion und Doppelmitgliedschaft bestände. Es wäre einer der wesentlichen Fehler des antifreimaurerischen Schrifttums, dass es überall organisatorische Bindungen zu konstruieren bestrebt sei, während in Wirklichkeit solche Bindungen geistiger und personeller Art seien./ Als Beispiel führte er an, dass von den 5 Hochgradfreimaurern, die sein Zertifikat unterschrieben haben, zwei Bnei-Brith Mitglieder seien. Die wahre Weltenkette der Freimaurerei bestehe nur aus den 36 Obersten Räten des Alten und angenommenen Schottischen Ritus, von denen es in jedem Lande der Welt nur einen gebe. Die Angehörigen dieser Obersten Räte seien sämtlich Inhaber des 33. Grades, die in den blauen Logen massgebenden Einfluss dadurch ausübten,

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dass sie dort zugleich Meister vom Stuhl und Logenbeamte seien. Zudem wäre es ihnen vermöge ihrer grösseren Aktivität und geistigen Regsamkeit ein Leichtes, der Masse der niederen Grade gegenüber die geheimen Beschlüsse des Obersten Rates durchzupauken, zudem ihre geheime Mission und ihr 33. Grad keinem Angehörigen der blauen Maurerei bekannt wäre. Hierin sei das Prinzip der Geheimen Oberen zu sehen./ Ein wichtiger Punkt in der Gemeinsamkeit und Einheitlichkeit der politischen Linie der Weltfreimaurerei sei in der geistigen Gleichschaltung der Hochgrade zu suchen. So setze sich auf ein gegebenes Stichwort hin gleichzeitig in allen Regierungsstellen und Gesandtschaften des In- und Auslandes der gesamte maurerische Apparat in Bewegung, ohne dass grosse Konferenzbeschlüsse und schriftliche Anweisungen an die einzelnen Hochgradbrüder in diesen Amtsstellen zu ergehen brauchen. Deshalb wäre es auch aussichtslos, in Logenarchiven nach Dokumenten über solche Beschlüsse und Kongresse zu forschen. Das wenige Material, das in diesem Sinne belastend für die Loge wirken könnte, sei längst vernichtet oder sichergestellt. In der Grossloge von Wien, wo man bereits seit Jahren bei dem augenblicklichen katholischen Kurs der oesterreichischen Regierung mit einer Überholung rechne, seien die Archive sorgfältig gesichtet und das belastende Material auf die tschecho-slowakische Gesandschaft geschafft worden. Doch gab Dr. Reichl auf Befragen zu, dass die Broschüre von Struensee über den Pariser Kongress 1917 richtig sei./ Wertvolle Arbeit für Durchführung der Pläne der obersten freimaurerischen Behörden leisten ferner die Nebengründungen der Hochgrade, die Dr. Reichl als die Vortrupps der Freimaurerei bezeichnete. So sei die Liga für Menschenrechte von der Grossloge von Wien gegründet worden. Auch die Paneuropa-Bewegung des Grafen von Cudenhowe/Kalergi [sic] sei Freimaurererzeugnis. Cudenhowe wäre später aus der Loge ausgetreten, um die Loge mit dieser Gründung nicht zu belasten. Der Rotary-Club sei eine Gründung amerikanischer Freimaurer, rein protektionistisch und wirtschaftlich orientiert./ Über die Frage des Freimaurermordes von Serajewo äusserte sich Dr. Reichl dahingehend, dass er selbst als sicher annehme, dass das Attentat auf Freimaurer-Initiative zurückzuführen sei; doch forsche er selbst noch nach den letzten Beweisen für diese Behauptung./ Von Einzelheiten war interessant zu hören, dass Helferich und [Franz] Seldte Freimaurer gewesen seien. Dr. [Bernhard] Beyer von der Grossloge ‚Zur Sonne‘ in Bayreuth sei 33-Grad-Bruder. Einer der wichtigsten Verbindungs-

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leute zwischen dem Obersten Rat von Oesterreich und den Altpreussischen Grosslogen sei der Rechtsanwalt und Notar [August] Pauls in Magdeburg, der selbst im 33. Grad und Mitglied des Obersten Rates von Oesterreich sei. Dieser Rechtsanwalt Pauls hätte sich um die Beziehungen zwischen den Altpreussischen Logen und der Grossloge von Wien besonders verdient gemacht. Er hätte alle 2 Tage grosse Berichte an Dr. Reichl geschickt und auf seine Initiative hin hatte Dr. Reichl im Jahre 1930 eine Vortragsreise durch Deutschland unternommen und wäre bei dieser Gelegenheit auch in Berlin mit Pfarrer [Karl] Habicht in Verbindung getreten./ Hierbei äusserte sich Dr. Reichl, dass im Anschluss an die Septemberwahl 1930 die Altpreussen darangegangen wären, mit aller Macht Anschluss an die Rechtsparteien zu bekommen. Die Symbolische Grossloge wäre deshalb auf Beschluss der Obersten Räte von Holland, Frankreich und Oesterreich in Deutschland gegründet worden, um die maurerische Weltenkette für Deutschland nicht abreissen zu lassen und dem Obersten Rat den Einfluss in Deutschland zu sichern. Heute hätte sich die Symbolische Grossloge von Deutschland in Tel Aviv neu konstituiert. Die Verbindung zu ihr soll nach der Meinung Dr. Reichls Raoul Koner aufrechterhalten./ Die Auffassung von J I, dass man zwischen Freimaurertum und Freimaurerei Unterschiede machen müsse, bestätigte Dr. Reichl. Er bezeichnete es als richtig, wenn man die geschichtliche Linie des Freimaurertums bei den jüdischen Sekten, wie Pharisäer und Essäer, ansetze, und diese Linie weiterverfolge über den Tempelritter-Orden zur strikten Observanz. Die Freimaurerei, in ihrer liberalistischen, weltbürgerlichen Tendenz trete mit der Gründung der Grossloge von England im Jahre 1717 in Erscheinung./ Über das Gebrauchtum in den Logen äusserte sich Dr. Reichl dahingehend, dass die für Aussenstehende so lächerlich anmutenden Gebräuche auf die einzelnen Logenbrüder einen tiefen Eindruck hinterliessen. So hätten auf ihn, der im allgemeinen für solche Dinge nicht zu haben sei, trotzdem sein Aufnahmezeremoniell, die Beförderung in den Meistergrad, in den 18. Grad und in den 30. Grad ungeheuer gewirkt. Im 30. Grad hätte er 3 Degenstiche führen müssen gegen die Krone der weltlichen Macht, gegen die Tiara als Symbol der kirchlichen Macht und gegen eine Art Bürgerkrone als Symbol jeder staatlichen Ordnung, die die freie Geistesneigung unterbindet. Zugleich hätte er in diesem Grade die 3 Säulen Weisheit, Schönheit, Stärke umstürzen müssen zum Zeichen dessen, dass alles, was er in den unteren Graden hätte anbeten

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müssen, für die 3 höchsten Grade keinen Sinn und keine Bedeutung mehr habe. Das Geistige in den einzelnen Graden sei rein jüdisch. Die mittelalterlichen Bauhütten und die Werkmaurerei hätten lediglich das Äussere der Logen geformt./ Die weiteren Ausführungen Dr. Reichls über viele Einzelheiten und das Wesen der Freimaurerei wiederzugeben, würde den Rahmen eines kurzen Berichtes überschreiten, da die ganze Unterredung ungefähr 4 Stunden 30 Min. dauerte./ Die Abhörvorrichtung funktionierte zwar einwandfrei, doch gingen viele Äusserungen Dr. Reichls, der sehr undeutlich sprach, verloren. Dr. Reichl machte auf die Anwesenden einen sehr intelligenten und äusserst gewandten Eindruck. Für die hohe Stellung, die Dr. Reichl in der Freimaurerei bekleidete, ist er verhältnismässig jung. Ideelle Momente dürften für seinen Kampf gegen die Freimaurerei nicht massgebend sein. Die Teilnehmer an der Unterredung waren sich vielmehr darüber klar, dass es Dr. Reichl lediglich um seine finanzielle Sicherheit zu tun sei./ Eine Zusammenarbeit mit Dr. Reichl ausserhalb des SD kann trotzdem wertvolle Ergebnisse für die Bekämpfung der Freimaurerei zeitigen, zumal Dr. Reichl noch heute im Besitz seiner 33-Grad-Stempel ist und infolgedessen wertvolles Zeitungs- und Mitgliederlisten-Material aus dem Auslande herbeischaffen könnte. Zudem verfügt Dr. Reichl über die im freimaurerischen Schriftverkehr nötigen Formen, und weiss als Se kretär der Grossloge von Wien, der die auswärtigen Angelegenheiten zu bearbeiten hatte, und als ehemaliges Mitglied des Obersten Rates von Oesterreich in den internationalen freimaurerischen Beziehungen besonders gut Bescheid.“200

Am 25. Juli 1935 wurde Heinrich Himmler von einem nicht genannten Mitarbeiter über das Treffen informiert, der auf der Durchreise in Erfurt mit Fleischhauer gesprochen hatte. Aus dem Transkript des stenografischen Protokolls geht hervor, dass Fleischhauer Reichl zutiefst misstraute und ihn sogar für einen Doppelagenten hielt: „Oberstleutnant Fleischhauer hat es für nötig gehalten, diesen Mann [Reichl] stärkstens finanziell an uns zu binden, da er tatsächlich Bescheid weiss, wie 200 Bericht über die Unterredung des Schriftstellers Friedrich Hasselbachers am 1.7.1935 mit dem Hochgradfreimaurer Dr. Kurt Reichl, Wien, in: BArch R 58/6135, Bl. 14–19.

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kaum ein anderer. Sein Abschwenken von der Freimaurerei ist psychologisch nur so zu erklären, dass er gefürchtet hat, in der Freimaurerei seinen bezahlten Posten zu verlieren, da er der festen Überzeugung ist, dass das letzte Stündchen der offiziell bestehenden Freimaurerei über kurz oder lang schlagen muss. Er glaubte, dass die Katholizität ihre augenblickliche Machtposition schneller gegen die Freimaurerei ausnützen würde, als dies tatsächlich geschehen ist. Es ist der Freimaurerei gelungen, sich noch Mal am Leben zu erhalten und zwar auf dem Umweg über die ‚Fremdenverkehrswerbung‘ (s. anliegenden Aufsatz des Dr. Reichel [sic]). Reichel hat aber in sich die feste Überzeugung, dass in kürzerer oder längerer Zeit das durchwegs nationalsozialistisch denkende österreichische Volk den Nationalsozialismus zum Siege bringen wird und dass dann die letzte Stunde für die Freimaurerei geschlagen hat. Da Dr. Reichel Geld verdienen muss, will er anscheinend Anschluss nach ‚rechts‘ suchen und vor allen Dingen durch journalistische Arbeiten Geld verdienen./ Oberstleutnant Fleischhauer ist immer noch der Ansicht, dass letzten Endes doch immer noch Rom hinter Dr. Reichel stehen könne. Bei seiner Einreiserlaubnis nach Deutschland, die sehr schwierig zu erlangen war, hat anscheinend der berüchtigte Jesuitenpater [P. Georg] Bichlmair tatkräftig mitgeholfen./ Oberstleutnant Fleischhauer hat Dr. Reichel finanziell an den U. Bodung-Verlag gebunden und zwar für den Fall, dass er in Österreich bleibt. Bei der letzten Unterredung am 15.7.35 hat Fleischhauer jedoch von Friedrich Hasselbacher gehört, dass er ihm ein Angebot gemacht hat und zwar mit Monatsfixum und Vertrags-Tantieme. Anscheinend hat der zu diesem gebildete ‚Finanzausschuss‘, zu dem Dr. Haselbach, Bolte usw. gehören, dies durchgeführt, das Geld scheint vorhanden zu sein. Fleischhauer hat deshalb an Dr. Reichel geschrieben, auf keinen Fall das ihm von anderer Seite gemachte Angebot zu verwerfen, da er ihm selbst dergleichen nicht bieten könne./ Reichel wird uns sehr gute Dienste leisten können. Er soll sich auch Hasselbacher gegenüber bereit erklärt haben, nicht nur gegen die Freimaurerei, sondern auch gegen Rom zu schreiben. Genaueres hierüber werden die Herren Dr. Haselbach und Bolte sagen können./ Reichel sieht sehr stark jüdisch aus, sodass sich Oberstleutnant Fleischhauer sogar scheut, sich mit Dr. Reichel auf der Strasse sehen zu lassen.“201 201 Oberstleutnant a.D. Fleischhauer, Erfurt, Gartenstraße 38, über eine Zusammenkunft mit Dr. Kurt Reichel, Wien 7, Richterstraße 7 [Bericht im Juli 1935], in: BArch R58/6135, Bl. 4–5.

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Ferner waren dem Bericht an Himmler drei getippte Artikel aus Reichls Werkstatt beigelegt (Die österreichische Freimaurerei und der Fremdenverkehr; Prag, Hochburg der Freimaurerei; Die Grossloge von Wien)202, die bereits von Fleischhauer bezahlt worden waren, um sie in der Zeitschrift Nordland zu veröffentlichen. 203 Tatsächlich publizierte Reichl noch 1935 unter dem Pseudonym Konrad Lerich in Fleischhauers Bodung-Verlag die Broschüre Der Tempel der Freimaurer, eine redigierte Fassung der einige Monate davor in Wien erschienenen Artikelserie.204 Reichl wurde daraufhin in eine Wohnung in Berlin-Charlottenburg einquartiert und überwacht, er musste sich verpflichten, nicht mehr an die Öffentlichkeit zu treten, sondern sein Wissen ausschließlich dem SD-Hauptamt zur Verfügung zu stellen, für das er eine Vielzahl von Referaten über Freimaurerei in Europa und Übersee verfasste. Er verstand es offenbar hervorragend, seine Kontakte zu katholischen Stellen als Rückzugsmöglichkeit auszuspielen, falls er beim SD keine feste Anstellung bekomme, davor würde er auch nicht sein komplettes Wissen preisgeben. SS-Unterscharführer Bolte vermerkte Ende 1935 im Akt. „Da Dr. Reichel für uns von unschätzbarem Wert ist, wird von J I vorgeschlagen, Dr. Reichel ein monatliches Gehalt von 800, – RM zu bewilligen ...“205 Unter Reichls Elaboraten befindet sich auch ein Exposé über die Aufgaben einer Kampfstelle gegen die Freimaurerei, in der er eine dauerhafte Institution anregt, die sich der Medien Zeitschrift, Film und internationaler Kongresse bedienen solle.206 In einem Referat bezüglich Österreich findet sich auch eine mögliche, aber nicht bewiesene Erklärung, warum der Ständestaat kein Verbot der Freimaurerei verfügte: „Die Wiener G.L. ging bei ihrer letzten (23.) Bundesversammlung ebenfalls mit der Verleihung von Ehrenmitgliedschaften vor, und zwar an englische Grosswürdenträger. Bedacht wurden mit der neuen Würde der stellvertretende Gr.M. der G.L. von England, der Earl of Harewood, der Schwager 202 [Kurt Reichl]: Die österreichische Freimaurerei und der Fremdenverkehr; Prag, Hochburg der Freimaurerei; Die Grossloge von Wien, in: BArch R58/6135, Bl. 6–13. 203 Unbekannt an Reichsführer SS Heinrich Himmler, Brief vom 25.7.1935, in: R58/6135, Bl. 3. 204 Konrad Lerich [Ps. für Kurt Reichl]: Der Tempel der Freimaurer. Der 1. bis 33. Grad. Vom Suchenden zum Wissenden. Erfurt: Bodung 1935. 205 Dr. Bolte: Betr. Kurt Reichel [sic], Bericht vom 19.12.1935, in: BArch R 58/6135, Bl. 48. 206 [Kurt Reichl]: Exposé über die Aufgaben einer Kampfstelle gegen die Freimaurerei, in: BArch R 58/6135, Bl. 26–30.

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König Georg VI., ferner der deputierte G.M. General Sir Francis Davies. Die G.L. von Wien symbolisierte damit eine Dankesschuld an die englische G.L. War es doch letztere, die beim ersten Anbruche des christlich-ständischen Staatskurses in Österreich durch Entsendung des überaus einflussreichen jüdischen Zeitungsmagnaten und Chef des Chemie-Trustes Sir Alfred Mond, Lord Melchett jr., den Ballhausplatz bestimmte, von einem schärferen Vorgehen oder einem drohenden Verbot der österreichischen Freimaurerei Abstand zu nehmen.“207 Die Ehrenabzeichen wurden vom Dep. Großmeister der GLvW Carl Lónyay am 8. Juli 1937 in London übergeben.208 In jedem Fall stellte Reichl durch sein authentisches Wissen eine „Gefahr“ für andere selbst ernannte Freimaurer-Spezialisten dar, zumal von diesen ein Freimaurer prinzipiell auch für einen „Juden“ gehalten wurde. Insbesondere daraus lässt sich die heftige Ablehnung Paul Heigls erklären, der in dieser Causa von einem Ministerialrat Dr. Hans Kummer zu Rate gezogen wurde: „Frühzeitig befasste er sich mit der Frage eines Ausgleichs zwischen der Logenwelt und der katholischen Kirche, einer Frage, die für die völlig verjudete Loge im katholischen Österreich natürlich aktuellstes Interesse hatte. [...] Was Reichl als Lerich bisher produzierte, ist nicht gerade berauschend. Auch sein Briefwechsel mit Gruber, den er vielleicht einer Veröffentlichung werthalten könnte, dürfte kaum ein Material darstellen, dass eine Zusammenarbeit mit ihm rechtfertigen würde. Und sonstige ‚Enthüllungen‘? Ich möchte dringend davor warnen, sich mit dem Manne daher einzulassen und zwar aus folgender Erwägung: Angesichts der überaus scharf ablehnenden und konsequenten Haltung, die der Nationalsozialismus aus seiner Weltanschauung heraus der Freimaurerei gegenüber einnehmen muss und einnimmt, muss unsere große Bewegung immer mit der Gefahr rechnen, dass die so schwer getroffene Logenwelt (auch die des Auslandes) alles daransetzen wird, sie aufs schwerste zu diskreditieren. Wenn man daher die Rolle, die Reichl als Hochgradmaurer und in der internationalen Freimaurerei gespielt hat, in Rechnung stellt, dann kann man sich der peinlichen Gefühle nicht erwehren, dass sich 207 [Kurt Reichl]: Österreich. Berichte aus der Grossloge von Wien, in: GSPK, ZSM, 5.1.15/197, Bl. 191. 208 Kodek (Chronik) 2009, S. 349–350.

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irgend einmal der im angeblichen Interesse des Nationalsozialismus ‚Enthüllende‘ als ein zweiter Taxil entpuppt, als ein ‚Verräter‘ im Interesse der Loge, der auftragsgemäss den Nationalsozialismus als die gefährlichste Bewegung in jene furchtbar lächerliche Stellung hineinmanövriert, in die der genannte Franzose zum Gaudium seiner Zeit, der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, die katholische Kirche brachte. Taxil machte sie zum Gespött der gebildeten Umwelt./ Reichl, dessen halbjüdische Abstammung immer behauptet, leider nie aktenmäßig bewiesen wurde [...] sein Typus und seine raffinierte Gescheitheit sprechen dafür! [...] gibt sich derzeit, wie ich von verschiedenen Seiten höre, in camera caritatis nicht nur als sehr religiös, sondern als ‚sehr katholisch‘. Ist diese Beobachtung richtig, dann ergeben sich auch aus Reichls Zwitterstellung, die in seiner Mittlertätigkeit zwischen Loge und Kirche bereits zum Ausdruck kam, schwere Gefahren für unsere Bewegung, falls sich irgend einer ihrer Gliederungen dazu entblösse, den ehemaligen Hochgradmaurer mitarbeiten zu lassen, ja auch nur entfernt ‚auszunützen‘. Ich meine, wir haben es nicht nötig, uns über die Tätigkeit der Freimaurer von einem ehemaligen Hochgradmaurer ‚aufklären‘ zu lassen. Nicht überprüfbare Mitteilungen aus dem Dunkel der Bruderschaft wird man aber eher mit der allergrössten Vorsicht aufnehmen müssen, weil eben immer die Gefahr besteht, im Interesse der Loge hineingelegt zu werden./ Im übrigen hat ja das amtliche Mitteilungsblatt des Obersten Parteigerichtes der NSDAP als ‚für den Kampf um die Ziele der NSDAP ungeeignet‘ denjenigen erklärt, ‚der jahrelang das Treiben der Freimaurerei mitmachen konnte oder gar in ihr in Hochgrade aufgestiegen war‘. Zum Kampf um die Ziele der NSDAP gehört aber doch auch der Kampf gegen die gesamte Logenwelt!!“209

Diese Warnung wurde jedoch in den Wind geschlagen, Reichl war offensichtlich zu interessant und auskunftsfreudig. Einer Aktennotiz von Reichls inzwischen einzigem Verbindungsmann, SS-Obersturmführer Theodor Christensen, vom Juni 1937 ist zu entnehmen, dass man zusehends Vertrauen zu ihm fasste: „Dr. Kurt Reichl ist seit über 1 1/2 Jahren als V.-Mann für II 111 tätig. [...] dass Dr. Reichl bisher durch seine Referate Zeugnis von seiner Zuverlässigkeit ab209 Dr. Paul Heigl an Ministerialrat Dr. Hans Kummer, Brief vom 17.6.1936, in: IfZ, MA-647, RFSS-Pers.-Stab, 2043–2045.

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gelegt hat, selbstverständlich unter fortwährender intensiver Kontrolle. Ferner ist zu berücksichtigen, dass er die Loge in einem Land deckte, wo sie noch voll tätig ist und grosse Geltung besitzt. Aus Konjunkturgründen hat er also keineswegs die Loge gedeckt.“210 Eine gewisse Unterstützung erhielt Reichl durch die ebenfalls 1937 in der Reihe Völkisches Erwachen erschienene Broschüre Römische Kirche und Bolschewismus. Die Konferenz zu Aachen von H. Igler. Diese bezog ihre Informationen mehrheitlich aus Gregor Cardons Sind Jesuiten Freimaurer?, wobei dessen Identität mit Reichl aber offensichtlich unerkannt blieb, hinzu kamen Zitate der kritischen Stimmen französischer Jesuiten gegen Hermann Gruber. Die Konferenz von Aachen wird als temporäres Bündnis zwischen Kirche und Freimaurerei gegen „Deutschlands Erwachen“211 dargestellt, gerade dies aber stärkte Reichls selbst gesponnenen Mythos als „Big Player“ und Inhaber von Arkanwissen. Reichl fühlte sich im Juli 1937 offensichtlich stark genug, in die Offensive zu gehen, um seine unklaren Verhältnisse zu beenden, dies tat er in einem Brief an keinen Geringeren als Reinhard Heydrich: „Die Beurteilung des Sachgebietes Freimaurerei bewegt sich in Extremen. Hart neben schrankenloser Überschätzung steht übergangslos beschränkteste Unterschätzung. Die Wahrheit liegt, wie fast immer, in der Mitte./ Die esoterische Unschuldsmiene des Logentums, ritualistisch aufgeschminkt, ruft die eine verfehlte Wertung hervor. Die andere, die Überwertung, hat ihren Ursprung in den Taxiliaden, die heute eine neue Blütezeit erleben, und nur das Gegenteil dessen erreichten, was sie anstreben: nämlich die Bekämpfung des überstaatlichen Geheimbundes in ärgsten Misskredit gebracht zu haben./ Da ich in der Zeit meiner Zugehörigkeit zur internationalen Hochgradfreimaurerei die höchsten Grade, Ämter und Würden nicht nur innehatte, sondern auch aktivistisch betraute, in den grossen politischen Planungen der Obersten Räte des Schottischen Weltritus teils als Wissender, teils als Weisender fungierte, kann ich mich wohl als ‚Fachmann‘ für das Thema Freimaurerei/Antimaurerei 210 SS-Obersturmführer Christensen: Betr. V-Mann Dr. Reichl, Bericht vom 2.6.1937, in: BArch R58/6135, 100–101. 211 H. Igler: Römische Kirche und Bolschewismus. Die Konferenz zu Aachen. Leipzig: Adolf Klein 1937 (Völkisches Erwachen, hg. von Gustav von Reinkirch, Nr. 17), S. 4.

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ansprechen./ Die Ausführung meiner Logenarbeiten auf international politischem und publizistischen Gebiete verschaffte mir nicht nur eine Fülle personeller Kenntnisse, sondern auch Erkenntnisse sachlich lebendiger Zusammenhänge, Einblicke in nahezu alle Couloirs der jüdischen und freimaurerischen Weltfront, das Wissen um zahlreiche Geschehnisse hinter den Kulissen./ Wesen und Weltanschauung des ‚Mythos‘ von 1789 waren für mich als vornehmlich philosophisch abgestimmten Menschen ebenso der Grund zum Eintritt in die Loge, sowie nach Erfassung des Mythos von 1933 das Motiv zur Deckung des Bundes. (An Hand von Originaldokumenten kann ich meinen ehrenvollen Abschied von der Kette nachweisen.)/ Meine Kenntnisse und Erkenntnisse von der Freimaurerei des Schottischen Weltritus (nicht des wie im früheren Deutschland ziemlich bedeutungslosen christlichen schwedischen Systems), die von unmittelbarer politischer und weltanschaulicher Bedeutung für den Kampf des nationalsozialistischen Deutschland gegen die überstaatlichen Mächte sind – Herr SS-Obersturmführer Theodor Christensen weiss auch um meine Zusammenhänge mit der Gesellschaft Jesu – will ich restlos, in gewohnter Aktivität, nicht nur als blosser Literat, Ihrem hohen Amte zur Verfügung stellen./ Zum Nutzen gedeihlicher Zusammenarbeit, zur Ausnutzung meiner ganzen Person sind allerdings gewisse Voraussetzungen notwendig, die freilich erst auf Grund einer Bewährungsfrist meiner Gesinnung ausgesprochen werden durften. Nach eineinhalbjährigen kameradschaftlichem Wirken mit Herrn SS-Obersturmführer Theodor Christensen und seiner Abteilung halte ich die Zeit für gekommen, die Bitte auszusprechen, einer entscheidenden Persönlichkeit des SD-Hauptamtes meine sachlichen und persönlichen Wünsche, deren Erfüllung ich als Grundlage für meine uneingeschränkte Indienststellung ansehen möchte, vortragen zu dürfen./ Nur weil ich mir vollkommen bewusst bin, einmal in die Lage versetzt, ungehemmt alles aussprechen und verwerten zu können, ganze und nicht unbedeutende Arbeit zu leisten, getraue ich mir, einige Anträge zu stellen./ Man möge es nicht als einen falschen Stolz oder als eine leichtfertige Angeberei auffassen, wenn ich behaupte, dass man nur einen fähigen Mann zum Generalgroßsekretär für Auswärtige Angelegenheiten eines Obersten Rates bestimmt und, dass man nicht einen beliebigen Dutzendmaurer mit einer geradezu historisch gewordenen Aktion führend betraute, nämlich mit der Überbrückung der Jahrhunderte alten Gegnerschaft zwischen

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Kurie und Loge. ‚Aachen‘ hat tatsächlich zu ungeahnten und unerhörten Auswirkungen geführt, die erst vor kurzem durch den Besuch Pacellis in Paris gleichsam eine Krönung fanden./ Die nun folgenden Punkte, um deren Regelung ich geziemend ansuche, sind meines Erachtens nur recht und billig und werden in erster Linie nur darum vorgebracht, um mich ganz an Ihre Führung zu binden und meine volle Arbeitskraft entwickeln zu können./ Nicht ist es mir darum zu tun, was auch gänzlich unnötig ist, dass ich in die Internistik Ihres Amtes oder der Aussenpolitik der Deutschen Reichsregierung besonders eingeweiht werde. Aber notwendig ist und einfach unerlässlich für meine Arbeit, dass ich aus der hermetischen Abgeschlossenheit meiner Person herauskomme und, dass ich in schon einmal erbetener Weise mit der antideutschen freimaurerischen und profanen Presse regelmässig versorgt werde. Mein Arbeitskreis muss eine solche Stellung nach aussen hin erhalten, dass ich mit dem allgemeinen politischen und kulturellen Leben in Wechselwirkung komme. Niemand brauchte dabei um meine Zusammenhänge mit Ihrem Amte wissen, dem ich trotzdem nach jeder Richtung hin unterstellt und voll verantwortlich bin. Die Leitung bezw. Übernahme des ‚Weltdienstes‘ wäre eine solche Position, wie sie mir vorschwebt. Eine noch länger andauernde Situation, in der ich mich jetzt befinde, würde mein Wissen verkalken, verdorren lassen, es würde zu einem rückständigen werden./ Der ‚Weltdienst‘, der gegenwärtig ganz unmöglich redigiert wird, eines der traurigsten Beispiele für geistige und politische Propaganda ist, wie sie nicht sein soll, der ‚Weltdienst‘, der bisher gewiss nicht zur Ehre und zum Nutzen und Ansehen des Reiches und der Bewegung im Auslande geführt wird, wäre eine Arbeitssache, in der ich mich ganz besonders ausleben könnte. Es würde schriftlich zu weit führen, wenn ich meine Pläne über eine andere Redaktion des WD hierhersetzen würde./ Natürlich gäbe es noch andere Möglichkeiten meine Arbeit zu legalisieren und zu qualifizieren./ Sind die bisherigen Vorschläge um der sachlichen Qualität meines Arbeitsgebietes willen gemacht worden, so sind die folgenden auf die, darf ich sagen, seelische Qualität abgestellt./ Unmöglich kann ich mein letztes, und getreuestes Wissen über die Freimaurerei und mit ihr zusammenhängender Organisationen preisgeben, ohne dass mir die geringste Sicherheit, ich meine eine sichere Anstellung gegeben wird. In meinen Gesprächen mit Herrn Obersturmführer Christensen habe ich mir den Vergleich erlaubt, dass ich mich wie eine Frau fühle, die nur für die Ehe ihre Liebe ver-

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schenkt./ Ich habe begriffen, dass man mich auf die Zuverlässigkeit meines Bekenntnisses zum Nationalsozialismus und die Wertigkeit meiner Arbeit erproben müsse. Ich glaube die Probe bestanden zu haben. Meine Referate haben vielfach aussenpolitische Dinge um Wochen und Monate vorweggenommen. Meine Arbeiten, darunter auch diese für das grosse Schulungsbuch, sprechen, wenn auch minder gute darunter sind, für sich und enthalten Ausarbeitungen, die nur jemand verfasst haben kann, der den Nationalsozialismus bis ins innerste Gemark, bis zu seiner weltanschaulichen Seele beipflichtend erkannt und begriffen hat. Es soll in diesem Zusammenhange nicht vergessen werden, dass ich in einem Lande die Loge deckte, wo sie noch heute in Rang und Geltung ist, ich also nicht, wie manche reichsdeutsche Freimaurer, einer politischen ‚Konjunktur‘ meine bessere Überzeugung ‚opferte‘./ Ich erbitte darum eine fixe Anstellung in irgendeiner vertraglichen Form. Voraussetzung dazu ist meine Einbürgerung. Das entsprechende Gesuch richtete ich bereits an die zuständige Stelle des Polizeipräsidiums und ich ersuche um gütige Befürwortung meines Ansuchens./ Nur jemand, der die Fronten des Judentums und der Freimaurerei aufs beste kennt, in ihre Taktiken und Praktiken voll eingeweiht ist, kann beurteilen, wie ungeheuer schwer und gefährlich der Kampf gegen diese Mächte ist. Ein offener ehrlicher, überzeugter Satz sei mir gestattet: Die nationalsozialistische Presseabwehr mit Propaganda ist gegenüber den Methoden ihrer Gegner grösstenteils entweder eine zu kurz geratene oder zu hoch gegriffene. Wiederum kann niemand dies besser verfolgen, oft mit Angst und Beunruhigung für die Zukunft des Staates, und der Bewegung, wie jemand, der den Feind nicht unter- und überschätzt, sondern einfach aufs genaueste seine Stärken und Schwächen kennt./ Im Verlaufe der Zusammenarbeit mit der betreffenden Abteilung Ihres hohen Amtes musste ich von selbst zu der sachlich bedrückenden Erkenntnis kommen, dass dem Thema Freimaurerei nicht jene außenpolitische und aussenkulturelle Bedeutung zugemessen wird, wie es unbedingt nötig wäre. Man darf die Herausstellung der internationalen Hochgradlager als Komponente im weltpolitischen Geschehen nicht verwechseln mit der organisatorischen Erledigung des reichsdeutschen Logenvereinsmeiertums./ Schon aus diesem Grunde allein ist es unbedingt erforderlich, eine publizistische Plattform, wie etwa den ‚Welt-Dienst‘, von Ihrem Amte aus zu schaffen, damit die internationale Hochgradpolitik ebenso international wie stichhaltig bekämpft wird./ Geben Sie mir bitte die

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ganze Möglichkeit, in diesem Kampfe meinen Mann am richtigen und wirksamsten Platze zu stellen!/ Heil Hitler.“212

Dass der Brief Wirkung gezeigt hätte, lässt sich nicht belegen, das Gegenteil scheint der Fall gewesen zu sein. Ende 1937 ging der Welt-Dienst in das Amt Rosenberg über, jedoch ohne dass dies auf dem Blatt aufschien.213 Fleischhauers antisemitisches Archiv bildete nicht ganz nach dessen Willen den Grundstock für das dort neu geschaffene Amt für Juden- und Freimaurerfragen, das von August Schirner geleitet wurde. Dieser schien ab Juni 1939 auch als der Herausgeber des Welt-Dienst auf, die Redaktion ging an Erich Schwarzburg in Frankfurt am Main. Auf Reichl kamen andere Aufgaben zu: Da er im Besitz seines Stempels für den 33. Grad des AASR war, versuchte er als „ehemaliger deutscher Logenbruder“ über ein Postfach in der Schweiz in Kontakt mit schweizerischen und amerikanischen Großbehörden zu treten, um an aktuelle Publikationen und andere Informationen heranzukommen. Weiter heißt es in dieser Aktennotiz: „Über Dr. Reichl wäre in Paris die Verbindung aufzunehmen zu der katholischen Liga gegen Freimaurerei. Ausser dem Material auf dem Gebiete der Freimaurerei könnte hier vielleicht noch katholisches Material gewonnen werden.“214 Hierfür sollte er in Paris Kontakt mit Pierre Loyer aufnehmen, dem Herausgeber der Revue Internationale des Sociétées secrètes.215 Auch über die Zukunft des Welt-Dienst wurde gesprochen, wobei Reichl den Auftrag erhielt, ein neues Konzept auszuarbeiten: „Für den Erfolg der Arbeit ist jedoch Voraussetzung, dass der Weltdienst in seiner bisherigen Form und Fassung völlig umgestaltet wird, was nur durch eine personelle Neubesetzung möglich ist./ Sollte der Weltdienst vom Propagandaministerium übernommen werden, so muss unbedingt dafür gesorgt sein, dass das SD-Hauptamt weiter Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung eines 212

Kurt Reichl an SS-Gruppenführer Reinhard Heydrich, Brief vom 26.7.1937, in: BArch R 58/6135, 106–110. 213 Helmut Keiler: Die Hohe Schule. Eine nationalsozialistische Planungsutopie, in: Quatuor Coronati Jahrbuch 31/1994, S. 156. 214 SS-Untersturmführer Knochen: Betr. Besprechung mit Dr. Reichl, Aktennotiz vom 27.8.1937, in: BArch R 58/6135, Bl. 118. 215 SS-Untersturmführer Harms: Betr. Nachrichtendienstliche Arbeit auf dem Gebiet Freimaurerei, Bericht vom 13.9.1937, in: BArch R 58/6135, Bl. 130.

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solchen Pressedienstes gewinnt, da hier das gesamte freimaurerische, jüdische, antifreimaurerische und antijüdische Material vorhanden ist.“216 Wie groß das Misstrauen gegen Reichl war, zeigt auch ein mit „Six“ unterzeichneter Aktenvermerk vom September 1937: „C. ist mit der Entsendung von Dr. Reichel [sic] nach der Schweiz einverstanden. Er soll jedoch bei dieser Gelegenheit durch einen Mann des Oberabschnittes überwacht werden, um festzustellen, ob er ehrlich ist oder nicht.“217 Reichl dürfte diese Probe bestanden haben, denn im Oktober 1937 wurde sein Referat Der Duce und die Freimaurerei für die Aufnahme in ein SS-Leitheft in Erwägung gezogen.218 Noch im Februar 1938 wurde an die Errichtung eines mit Reichl zu besetzenden Büros in Wien gedacht, da vor dem „Anschluss“ systematisch die Namen von Freimaurern und die von Mitgliedern der ihr nahestehenden Vereine erfasst wurden.219 Im Zuge der Einsichtnahme in die beschlagnahmten Dokumente der GLvW erfuhr der SD, dass Reichl jahrelang über die wahren Hintergründe seines Austritts aus der GLvW gelogen hatte – was insbesondere für einen Geheimdienst ziemlich peinlich war.220 Am 15. März 1938 wurde Reichl daher in Schutzhaft genommen und inquisitorischen Verhören unterzogen, wobei er aber nicht viel Neues preisgab.221 Anfang September erhielt Reichl in seiner Zelle Besuch von Erich Ehlers, der auch veranlasste, dass dem völlig verwahrlosten Delinquenten ein Stück Seife und frische Wäsche geliefert wurden, die unter dem NSRegime für Schutzhäftlinge nicht vom Staat finanziert wurden.222 Mitte November schrieb Reichl zweimal an Helmut Knochen, wobei er sein Vergehen eingestand, aber gleichzeitig auf seine bisherige tadellose Arbeit verwies und 216 SS-Untersturmführer Knochen: Betr. Welt-Dienst, Aktennotiz vom 27.8.1937, in: BArch R 58/6135, Bl. 122–123. 217 Aktennotiz Rücksprache am 21.9.37 mit C. , in: BArch R 58/6135, Bl. 135. 218 SS-Untersturmführer Knochen: Artikel Dr. Reichl: „Der Duce und die Freimaurerei“, Schulungsartikel im Leitheft, Bericht vom 13.10.1937, in: BArch R 58/6135, Bl. 137. 219 SD-Hauptamt II 111, Bearbeitung der weltanschaulichen Gegner in den volksdeutschen Gebieten, Bericht vom 17.02.1938, in: BArch R 58/6120, Bl. 82–84. 220 SD-Hauptamt II 111, Aktenmaterial des Obersten Rates in Österreich, Bericht vom 23.03. 1938 (gez. Ehlers), in: BArch R 58/6127, Bl. 345–346. 221 Geheimes Staatspolizeiamt II B 4. Vernehmungsniederschrift vom 11.7.1938, in: BArch R 58/6135, Bl. 280–295, abgedruckt in: Norbert Knittler: Dr. Reichl, ein Verräter aus Veranlagung, in: QC-Berichte 29/2009, S. 177–180. 222 Kurt Reichl an SS-Untersturmführer Erich Ehlers, Briefe vom 19.9.1938, 30.9.1938, 25.10.1938, 5.11.1938, 16.11.1938, in: BArch R 58/6135, Bl. 299–302, 317, 319, 321.

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sich darauf berief, „wie tief in mir die nationalsozialistische Weltanschauung Wurzel geschlagen hat.“223 Nach elf Monaten wurde Reichl wieder entlassen und stand noch ein Jahr lang unter Polizeiaufsicht. Sein Lebensweg während des Kriegs ist bislang kaum durch Dokumente belegt. In jedem Fall dürfte er für den SD reaktiviert worden sein, denn 1940 tauchte er als Mitarbeiter der Deutschen Gesandtschaft in Paris auf, wo er bis 1944 für die NS-Kirchenpolitik zuständig war – und dies, obwohl er kein Wort Französisch sprach und nur in Begleitung einer Dolmetscherin auftrat. So findet sein Name vielfache Erwähnungen in den Tagebüchern von Kardinal Alfred Baudrillart. Bei seinem Antrittsbesuch scheute sich Reichl nicht, sich auf den Knien vom Kardinal segnen zu lassen.224 Seine rhetorischen Verrenkungen dieser Zeit fasst der Historiker Jean-Louis Clément wie folgt zusammen: „... Kurt Reichl [...] presented himself as an attaché to the German Chancellery of the Third Reich. He may have been a Catholic, a Freemason and a spy, all at the same time. He may have been sent to Paris by the German dictator himself to prepare, on an intellectual plane, the collaboration begun after the notorious encounter at Montoire. To the aged rector of the Catholic Institute of Paris, he began by espousing Alphonse de Châteaubriant’s theories of Nazism, then went on to recount the tale of Alfred Rosenberg was in semi-disgrace in Berlin at the moment, at the end of autumn 1940.“225 In einer offiziellen Darstellung des französischen Klerus über die Besatzungszeit wird auf Reichls wenig kooperative Haltung verwiesen.226 Einer nicht genannten Quelle zufolge wurde er um 1944 in Wien der SS-Dienststelle „Kirche und Klerus“ in der Renngasse 12 zugeteilt, für die er erneut Referate verfasste.227 Gesichert hingegen ist, dass Reichls Referate über die Freimaurerei auch weiterhin gelesen, ausgewertet und verwendet wurden – Nutznießer war hier insbesondere Franz Alfred 223 Kurt Reichl an SS-Obersturmführer Dr. Helmut Knochen, Briefe vom 14.11.1938, 16.11.1938, in: BArch R 58/6135, Bl. 303–314, hier 304. 224 Paul Christophe (Hg.): Les carnets du Cardinal Baudrillart, Bd. 8, 11 avril 1939–19 mai 1941. Paris : Les Éditions du Clerf 1998, S. 685. 225 Jean-Louis Clément: The Birth of a Myth: Maurras and the Vichy Regime, in: Oxford Journal of French History 17/2003, S. 447. 226 Émile Guerry: L’eglise catholique en France sous l’occupation. Paris: Falmmarion 1947, S. 182. 227 Otto Fritsch: Charakterlosigkeit zum Prinzip erhoben. Das abenteuerliche Leben des Freimaurers Dr. Kurt Reichl, in: QC-Berichte 21/2001, S. 16. Der Verfasser hat auf Fußnoten verzichtet.

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Six. Dieser kam 1935 zum SD, leitete dort das Amt II (Inland) und war ab 1938 auch Professor für Zeitungswissenschaften in Königsberg, weshalb er als „SS-Intellektueller“ galt. Six scheute die Öffentlichkeit und avancierte rasch zu einem der mächtigsten Männer im Sicherheitsapparat, so reiste er am 12. März 1938 als Chef des SD-„Österreich-Kommandos“ nach Wien, um dort die Büros und Archive von potentiellen Gegnern wie Kommunisten, Juden und Freimaurern zu beschlagnahmen.228 Auf dieses authentische Quellenmaterial gestützt, führte Six sozusagen die wissenschaftliche Sichtweise der SS auf die Freimaurerei ein, was sich in einigen Publikationen äußerte, die 1942 unter dem Titel Studien zur Geistesgeschichte der Freimaurerei zusammengefasst erschienen. Der bei der Eröffnung der Ausstellung „Der ewige Jude“ in München gehaltene Vortrag Freimaurerei und Judenemanzipation findet sich in Auszügen auch im Schulungsbrief gegen die Freimaurerei.229 Identische Thesen und Textpassagen finden sich auch in der SS-Schulungsbroschüre für Parteimitglieder Die Freimaurerei. Weltanschauung, Organisation und Politik, die unter dem Pseudonym Dieter Schwarz 1938 im Zentralverlag der NSDAP erschien, wobei man ihr mit je einem Vorwort von Reinhard Heydrich und Ernst Kaltenbrunner einen hochoffiziellen Anstrich gab.230 In allen diesen Schriften finden sich frei von aller Dämonsierung oder offener Verhetzung ein 228 Lutz Hachmeister: Der Gegnerforscher. Die Karriere des SS-Führers Franz Alfred Six. München: C. H. Beck 1998, S. 192–193. Zu Six siehe auch: Jan Björn Potthast: Das jüdische Zentralmuseum der SS in Prag. Gegnerforschung und Völkermord im Nationalsozialismus. Frankfurt am Main, New York: Campus 2002, S. 25–50. 229 Franz Alfred Six: Freimaurerei und Judenemanzipation. Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt 1938. [Ders.]: Freimaurerei und Judenemanzipation. In: Der Schulungsbrief. Das zentrale Monatsblatt der NSDAP und DAF 7/1939, S. 263–365 (Themenheft „Gegen die Freimaurerei“). Ders.: Studien zur Geistesgeschichte der Freimaurerei. Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt 1942. 230 Dieter Schwarz: Die Freimaurerei. Weltanschauung, Organisation und Politik. Berlin: Zentralverlag der NSDAP 1938. Dieter Schwarz war ein Kollektiv-Pseudonym des Mitarbeiterstabes von Six. (Vgl.: Hachmeister 1998, S. 170. Siehe auch: Neuberger 2001, S. 354–356. Pfahl-Traughber 1993, S. 94–95. Melzer 1999, S. 189, 286. Leon Poliakov, Josef Wulf [Hg.]: Das dritte Reich und die Juden. Dokumente und Aufsätze. Berlin: Arani 1955, S. 88). Unter diesem Namen sind noch weitere Broschüren erschienen: Dieter Schwarz: Angriff auf die nationalsozialistische Weltanschauung. München, Berlin: Eher 1936. Ders.: Die große Lüge des politischen Katholizismus. Berlin: Zentralverlag der NSDAP 1938. Ders.: Das Weltjudentum. Organisation, Macht und Politik. Berlin: Zentralverlag der NSDAP 1939.

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sachlicher, akademischer Stil mit sauberen Fußnoten und der Hinweis auf die umfassenden Quellenstudien in den erbeuteten Logenarchiven. Der darin erhobene Vorwurf gegen die Freimaurerei ist im Endeffekt nur, dass sie politisch den Liberalismus gefördert habe und durch die Aufnahme von Juden in die Logen auch deren Integration in die Gesellschaft. Dies ist nicht falsch, aber im Rahmen der nationalsozialistischen Ideenwelt bereits ein Todesurteil. So heißt es in der SS-Broschüre von Dieter Schwarz: „Nordisch ist das Weltbild des Nationalsozialismus, orientalisch-jüdisch das der Freimaurer, rassebewußt die nationalsozialistische Einstellung gegenüber der antirassischen, projüdischen des Logentums./ Die Gemeinschaft des Nationalsozialismus ist das lebendige Gefüge artverwandter Volksgenossen, die Volksgemeinschaft, nicht der Kastengeist und Interessenklüngel des in den Logen organisierten Bürgertums./ Der Nationalsozialismus setzt einen bedingungslosen völkischen Nationalismus dem kosmopolitischen Internationalismus der Freimaurerei entgegen.“231 Seine größte Trumpfkarte spielte Six mit der „Aachener Konferenz“ aus, da er hierin den „Burgfrieden“ des Katholizismus mit dem politischen Laizismus im Kampf gegen den Nationalsozialismus manifestiert sah. Genau so hatte es Kurt Reichl in seinen Referaten dargestellt.232 Daher erstaunt es auch nicht, dass Kurt Reichl in diesen Broschüren immer wieder namentlich Erwähnung findet.233 In einem Text von Six wird sogar – in diesem Fall natürlich ohne Quellennachweis – Reichls retrospektives Protokoll der „Aachener Konferenz“ in voller Länge zitiert.234 Letztendlich blieben die Schriften von Six aber eine akademische Fingerübung, denn spätestens mit Kriegsbeginn setzte die völkisch-verleumderische Agitation gegen die Freimaurerei wieder ein. Mit einigen Publikationen wesentlichen Anteil daran hatte wiederum Friedrich Hasselbacher, der einen völlig unwissenschaftlichen Schreibstil pflegte und eher mit einem marktschreierischen Boulevard-Journalisten verglichen werden kann. Bereits zwischen 1934 und 1939 war sein vierbändiges Machwerk Entlarvte Freimaurerei erschienen. In dessen vierten Band mit dem Untertitel Der große Generalstabsplan der jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörer findet 231 Schwarz 1938, S. 67. Siehe auch Neuberger 2001, S. 354–356. 232 Kurt Reichl: Aachen im Jahre 1928, in: BArch R 58/6116, Bl. 433–449. Ders.: Wirkungen, in: BArch R 58/6116, Bl. 233–240. 233 Six 1942, S. 77, 79, 83. Schulungsbrief 1939, S. 277. Schwarz 1938, S. 56. 234 [Kurt Reichl: Ohne Titel], in: GSPK, ZSM, 5.1.15/201, S. 45–50. Vgl. Six 1942, S. 79–82.

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sich auch das Kapitel Das „Wunder“ von Aachen.235 Hierin wird Kurt Reichl mehrfach als Akteur und freimaurerischer Autor darüber namentlich genannt, doch offensichtlich wollte Hasselbacher hier alte Rechnungen begleichen: Er enthüllt, dass sich hinter Gregor Cardon ebenfalls Kurt Reichl verbirgt, der unter diesem Pseudonym als katholischer Autor von einem „Canossagang“ der Freimaurer geschrieben hatte. Darüber hinaus erwähnt Hasselbacher auch seine persönliche Begegnung mit Reichl, wodurch dessen Anklopfen beim NS-Regime offenbar wird – Reichls Tätigkeit als Informant für den SD wird aus naheliegenden Gründen verschwiegen, doch seine hiermit offenbarte Käuflichkeit verhinderte einmal mehr, dass er im Sinne des Nationalsozialismus als verlässlicher Autor gelten konnte. Inwieweit Kurt Reichl ab 1935 direkt mit Six oder Hasselbacher zusammengearbeitet hatte, lässt sich derzeit nicht eruieren, er dürfte bis Dezember 1944 für den SD tätig gewesen sein.236 Mit Erich Ludendorff fand sich noch ein weiterer „Freimaurer-Spezialist“, der auf die zwischenzeitliche Verfemung Reichls reagierte, so publizierte er unmittelbar nach dessen Verhaftung im März 1938 einen schnell aus einigen Zitaten verfassten Artikel über Reichls Verbindungen zu Hermann Gruber und Friedrich Muckermann.237 Nach dem Krieg wurde Dr. Kurt Reichl Ende 1946 auf die Fahndungsliste der Polizeidirektion Wien gesetzt, doch da er in Innsbruck lebte und dort eine Rednerschule der ÖVP leitete, blieb er vorerst unbehelligt. 1949 übersiedelte er nach Graz, wo ihn die Anzeige wegen NS-Kriegsverbrechen doch noch ereilte. Vermutlich in diesem Zusammenhang entstand ein Bericht Reichls über seine Tätigkeiten während der Kriegsjahre:

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Friedrich Hasselbacher: Entlarvte Freimaurerei, Bd. 4. Der große Generalstabsplan der jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörer. Berlin: Propaganda-Verlag Paul Hochmuth 1939, S. 238–248. 236 Jörg Rudolph: Überlieferung des Reichssicherheitshauptamtes Amt VII, Weltanschauliche Forschung und Auswertung. Anmerkungen zur Bestands- und Institutionsgeschichte eines nachrichtendienstlichen Archivs. Berlin: (Diplomarbeit) 1996, S. 58. 237 Erich Ludendorff: Neue Weltverschwörung. Jesuit und Freimaurer an der Arbeit, in: Ludendorffs Halbmonatsschrift, 20.3.1938, S. 937–940. Die Zeitschrift enthält den Vermerk „Die Folge wurde am 11.3. 1938 abgeschlossen“, aber auch einen „nachgereichten“ Artikel Österreich wieder Deutsch! von Walter Löhde, S. 962–967, wurde somit also erst nach den „Anschluss“Tagen in Wien fertiggestellt.

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„Am 15. März 1938, zwei Tage nach der Machtergreifung des Hitler-Regimes in Oesterreich, wurde ich von der Gestapo in meiner Berliner Wohnung (Kaiserallee 188, Wilmersdorf ) verhaftet und durch elf Monate in Schutzhaft gesetzt (Prinz Albrechtstraße 8, Berlin-Mitte). Bis zu dem Tage war ich als oesterreichischer Staatsbürger Ausländer gewesen und vor dem Zugriff gefeit. Meine Festsetzung erfolgte, wie aus dem einzigen Verhör, dem ich unterworfen wurde, hervorging, wegen meiner Zugehörigkeit zum Freimaurerbunde, dem ich zehn Jahre lang (bis 1933) angehört hatte. In dem Bunde hatte ich eine überaus aktivistische, international-europäische Rolle gespielt und den höchsten und letzten Grad, den 33. verliehen bekommen. Dazu war gekommen, dass ich während der ganzen Dauer der Mitgliedschaft mit weitgehendem Erfolg die Aktion betrieben hatte, mit hervorragenden Vertretern der katholischen Kirche, vor allem der Gesellschaft Jesu Unterhandlungen zu führen, um die zweihundertjährige Gegnerschaft zwischen Kirche und Loge weltanschaulich einzuebnen. Obwohl ich 1933 freiwillig und ohne politischen Zwang wegen sachlicher Verstimmungen aus der Großloge von Wien ausgetreten war und hernach sogar in Zusammenarbeit mit führenden Patres des Jesuitenordens (P. Friedrich Muckermann, P. Georg Bichlmair) schriftstellerisch gegen die Freimaurerei aufgetreten war, erblickte das nazistische Regime doch Gründe genug aus dieser meiner Vergangenheit, mich politisch und persönlich lahmzulegen. Für die Wahrheit und Tatsache meiner Inhaftierung besitze ich einen Zeugen in meinem damaligen Zellennachbar Graf ArcoVallay, der jetzt auf seinem Besitz bei Ried im Innkreis (O-Oe) lebt und sich meiner erinnert. Durch die Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft hindurch hatte ich Rede- und Schreibverbot, konnte nicht Mitglied der RSK werden, stand unter Polizeiaufsicht, die sich erst in den Jahren 1942 zu lockern begann, und konnte auch selbstverständlich niemals Mitglied der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen werden. Ich galt überdies nach zwei Richtungen hin als politisch unzuverlässig: wegen meiner freimaurerischen und katholischen Belastungen. Meine völlige Taubheit auf dem linken Ohr und peremptorische Herzschwächen haben neben der politischen Unwürdigkeit verhindert, dass ich zur Wehrmacht eingezogen worden bin. Ferner konnte ich nicht lückenlos den Ariernachweis erbringen./ Meinen Lebensunterhalt bestritt ich, da mir jede publizistische Tätigkeit unmöglich war, während der ganzen Zeit

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durch journalistische/propagandistische Beratung großer Industriekonzerne im Reich, die viel weniger parteipolitisch orthodox waren als die öffentlichen und kulturellen Stellen. Solche wirtschaftlich-publizistischen Aufgaben gab es genug und sie wurden sogar sehr gut honoriert. Meine zwei hauptsächlichen Verbindungen waren die zu den mächtigen Konzernen Feldmühle AG Papier und Phrix-Konzern (Zellulose)./ Langsam war es mir nach meiner Entlassung aus der Schutzhaft möglich geworden, in gesellschaftliche Kreise Berlins Eingang zu finden und auch Beziehungen zum katholischen Klerus herzustellen. In Folge davon ergab sich eine Bekanntschaft für mich, die bedeutungsvoll wurde für mich als einen Verfemten. Ich lernte in Berlin im Frühjahr 1940 Baron (Frh.) von Thienen kennen, gebürtiger Salzburger, insgeheimer Katholik, der nach seinen Aussagen damals viel Einfluß besaß bis zu Hitler hinauf und dem Auswärtigen Amt als Referent für die religiösen Fragen attachiert war. In mehreren Gesprächen konstatierte er bald die weitreichenden persönlichen und sachlichen Kenntnisse meinerseits auf kirchlichem Gebiet. Er selbst sprach immer häufiger von der Nützlichkeit und Notwendigkeit zu einem modus vivendi zwischen dem System und dem Vatikan zu kommen und dass manche Strömungen dazu auch bei der Regierung selbst bestünden. Gegen den Sommer 1940 machte er mir den Vorschlag in privatem Auftrag – die Schwierigkeiten technischer Natur würde er hinwegräumen –, aber doch durch das A[auswärtige] A[mt] gedeckt, eine Reise nach Rom zu machen und die Atmosphäre bei der Kurie zu sondieren. Ich griff in meiner damaligen Situation zu und fuhr nach Rom. Meine dortigen Gespräche, nicht sehr fruchtbringend, konzentrierten sich auf viermalige, mehrstündige Unterhaltungen mit P. Leiber S.J., dem Geheimsekretär des Papstes Pius XII. Hier ist wichtig zu erwähnen, dass ich bereits nach meinem Austritt aus der Loge, 1933, in direkte, nahe und nachrichtendienstliche Verknüpfungen zum Jesuitenorden selbst getreten war. Als ich daher im Zuge meiner Besprechungen mit P. Leiber die Frage aufwarf, inwieweit ich mich denn bei solchen Aufträgen von deutscher Seite wie jetzt weiterhin verhalten solle, da ich nicht nur kein Anhänger des Nazismus sei, sondern vielmehr schon aus persönlichen Gründen begreifbar ein Gegner wäre, erklärte mir Leiber, dass es der Kirche von großem Nutzen sein würde, wenn gerade u. a. eine Person wie ich solche Aufgaben nicht von sich weise. Nach meiner Rückkunft aus Rom schwieg Berlin einige Monate, bis an mich die neuerliche Aufforderung erging, Kardinal

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[Adolf ] Bertram (Breslau), Kardinal Innitzer und vielleicht auch einen anderen Prälaten des österreichischen Episkopats aufzusuchen. Diese Fahrt führte zu den erstaunlichsten Ergebnissen. Von Bertram ruhig aufgenommen, wurde ich von Fürsterzbischof Innitzer mit Begeisterung und höchster Genugtuung empfangen und bei Fürstbischof [Ferdinand Stanislaus] Pawlikowski war es soweit gekommen, dass er sich zu einer gemeinsamen Reise nach Rom zum Papst bereit erklärte. Er ist dann auch tatsächlich allein nach Rom gereist, da meine Person von Berlin aus zurückbehalten worden war./ Nur noch zwei mal wurde ich vom Auswärtigen Amt als Außenseiter in Szene gesetzt. Das erstemal davon wieder durch Baron von Thienen, der unterdessen bei der Deutschen Botschaft in Paris Legationsrat geworden war und sich weiterhin mit den religiösen Fragen (von Frankreich) amtlich beschäftigte. Er rief mich einigemale nach Paris, wo ich die höchsten Prälaten Frankreichs kennen lernte, vor allem Kardinal [Emmanuel Célestin] Suhard, den pariser Erzbischof, seinen Weihbischof Mgr. [Pierre] Beaussart, Kardinal [Pierre-Marie] Gerlier, den lyoner Erzbischof. Die pariser Unterhaltungen gaben meiner Person die meiste Gelegenheit befriedend zu wirken; so ist es mir z.B. u.a. gelungen über Thienen und durch ihn die Freilassung des Abbés Guerin zu erwirken, des Leiters der Jeunesse Ouvrier Chretienne ( JOC), dessen Verhaftung durch die Gestapo peinlichstes und gefährlichstes Aufsehen in den kirchlichen Kreisen Frankreichs hervorgerufen hatte. Meine Vermittlung hat mir größte freundschaftliche Sympathien beim französischen Klerus verschafft./ Das letztemal erschien bei mir in Wien zu Ostern 1945 noch ein Verbindungsoffizier zwischen Ribbentrop und Himmler (sein Name ist mir wirklich seit Monaten gründlich entfallen), der an mich die Frage richtete, ob ich die Möglichkeit sähe, durch direkte persönliche Fühlungname mit einigen Kirchenfürsten des In- und Auslandes den Vatikan für günstige Friedensbedingungen für Deutschland einzuschalten. Ich verneinte mit der Erklärung, daß es dazu reichlich zu spät sei./ Es ist mir nicht möglich, in den Handlungen, die ich im Vorstehenden dargestellt habe, irgendein Vergehen zu erblicken, das mir heute durch das Nationalsozialistengesetz angelastet werden könnte. Nicht war ich Mitglied der Partei oder einer ihrer Gliederungen, noch beging ich irgendwie eine kriegsverbrecherische Handlung. Vielmehr ist das Gegenteil ersichtlich./ Der Umstand, daß mein gesamtes Gepäck (mehrere Koffer) während der Wirren der Befreiungstage als Eisenbahngut befördert auf der

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Strecke Kirchdorf a.d. Krems-Kitzbühl unwiderbringlich in Verlust gegangen ist (Schriftverkehr mit der Eisenbahngepäcksversicherung liegt vor) und damit auch alle Schriftstücke, die als teilweise Beweise für die obige Darstellung dienen könnten, zwingt mich in den nächsten Wochen und Monaten mündlich und schriftlich bei folgenden Gewährsleuten Atteste für mich und meine vergangene Tätigkeit in den einzelnen Phasen einzuholen:/ 1) Graf ArcoValley (Ried, O-Oe)/ 2) P. Georg Bichlmair S.J. (Wien)/ 3) Kardinal Innitzer (Wien)/ 4) Fürstbischof Pawlikowski (Graz)/ 5) Erzbischof Mgr. Beaussart (Paris)/ 6) Kardinal Suhard (Paris)/ 7) Kardinal Gerlier (Lyon)/ 8) P. Leiber S.J. (Rom)/ 9) Frh. von Thienen (?), um nur die wichtigsten zu nennen.“238

Dass Kurt Reichl aufgrund seiner AASR-Mitgliedschaft die Aufnahme in die NSDAP prinzipiell verwehrt geblieben wäre, verschweigt er geflissentlich, ebenso seine langjährige Tätigkeit für den SD. Zudem fand er einige Fürsprecher, die für seine Streichung von der Fahndungsliste intervenierten, darunter den Grazer Fürstbischof Pawlikowski. 239 So lebte Reichl noch einige Jahre unbehelligt in Graz und verfasste ein Lexikon über steirische Persönlichkeiten.240 Als er 1949 in betont katholischem Salzburger Umfeld einen Vortrag hielt, der auch in der Lokalpresse Erwähnung fand, verfassten Großmeister Bernhard Scheichelbauer und Großsekretär Karl Kraus ein Schreiben: „Herr Dr. Kurt Reichl, ein Mann von hoher Intelligenz, aber stets in ungeordneten Verhältnissen lebend, pflegt sein Wissen um die Freimaurerei, seit er deren Hilfsquellen nicht mehr in Anspruch nehmen kann, dem Meistbietenden zur Verfügung zu stellen. Im Jahre 1938 waren dies die Nationalsozialisten; jetzt scheint er sein Glück bei der katholischen Aktion versuchen zu wollen.“ 241 Man kann Kurt Reichl ohne Bedenken als den übelsten Opportunisten und Verräter in der Geschichte der österreichischen Freimaurerei bezeichnen.

238 [Kurt Reichl]: [Bericht o.T., o.D], in: GLvÖ-Archiv. 239 Fritsch 2001, S. 17. 240 Kurt Reichl: Lexikon der Persönlichkeiten und Unternehmungen. Steiermark. Graz: Leykam 1955. 241 GLvWfÖ an die Redaktion der Salzburger Nachrichten, Brief vom 14.11.1949, in: GLvÖ-Archiv.

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Widerstand gegen das NS-Regime „Die Freimaurerei war natürlich nicht tot. Sie ging in den Untergrund. Wer von den Brüdern sich halbwegs ungeschoren bewegen konnte, wer die Möglichkeit hatte, einem anderen zu helfen, tat es. Bald gab es Interventionen bei den Emigrationsstellen und Gesandtschaften, Beschaffung von Affidavits, Rettung von Eigentum Verschleppter, Lebensmittelhilfen und später auch ‚U-Boote‘ in abgeschiedenen Räumen. Und natürlich auch die so nötige ärztliche Hilfe. Als dann die Zeit gekommen war, mit Aussicht eine Widerstandsbewegung zu organisieren, arbeiteten die Brüder in den verschiedenen Gruppen, ohne sich zu erkennen zu geben, ja oft ohne von einander zu wissen. In den Berichten, die nach 1945 über den Untergrund geschrieben worden sind, werden sie von den nicht zur Bruderschaft gehörenden Autoren natürlich nicht als Freimaurer, sondern nach ihrer persönlichen politischen Zugehörigkeit geführt. (…) Die Gegner der Nationalsozialisten, darunter eine ganze Reihe von Freimaurern oder solchen, die damals mit maurerischem Gedankengut in Berührung kamen und später den Weg in die Loge fanden, drangen bis in die geheimsten Verästelungen des Machtapparates ein und streuten Sand ins Getriebe. Dr. Hans Becker, Bruder der Loge ‚Zukunft‘, aber auch manche andere hatten führende Rollen inne. Ihre Namen sollen nach ihrem Willen hier nicht verzeichnet werden. Niemand fragte nach der Parteizugehörigkeit.“242

So liest es sich in der Retrospektive von Großmeister Bernhard Scheichelbauer, doch seine Darstellung erscheint als überaus euphemistisch und nur eine der vielen Bemühungen der Nachkriegszeit, zur Erlangung des Staatsvertrages das Bild eines „widerständigen“ Österreichs zu zeichnen. Bestenfalls war es zu „von der Gestapo geduldeten stammtischartigen Zusammenkünften früherer Logenmitglieder in öffentlichen Lokalen“243 gekommen, denn die mit massiver Einschüchterung verbundene Erfassung aller ehemaligen Freimaurer durch die NS-Behörden und ihre geringe Zahl nach Flucht oder Deportation der großen Anzahl an jüdischen Mitgliedern ließen einen organisierten Widerstand fast unmöglich erscheinen. 242 Scheichelbauer, Kuéss 1959, S. 221–222. 243 Neuberger 2001, S. 314.

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Tatsächlich lassen sich nur sehr wenige Fälle von aktivem Widerstand belegen, einer betrifft Aram Taschdjan: „My father Valentine Skidelsky – who was born in Tiflis on the 3rd of February 1901 and died in 1980 – lived in Vienna, Neustiftgasse 54/27 (…) From there he was forcibly moved to a flat, where Jews were concentrated. One night in April 1942 all inhabitants of the flat were fetched to be deported to a concentration camp. My father managed to escape and was hidden from then on until the end of the war by Mrs. Felicia Taschdjian and her husband in their house in Vienna 10, Raxstrasse 49.“244 Hierfür wurde Felicia Taschdjian 1993 von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem geehrt. Als Beweggrund formulierte sie: „Mein Mann war Freimaurer und als solcher von dem Gedanken der Menschlichkeit erfüllt.“245 Eingeweiht waren auch ihre Eltern, die Lebensmittelmarken beisteuerten, und die achtjährige Tochter, die ein eigenes Gefahrenelement darstellte. Eine fatale Situation entstand, als eines Abends Skidelsky mit den Taschdjians im Wohnzimmer saß und ein Ortsgruppenleiter in Uniform eintrat, der Haus und Garten jedoch nur aufgrund einer Anzeige wegen mangelnder Verdunkelung untersuchte und nicht nach der Identität des Gastes fragte. Gerade der Lebensweg von Taschdjian zeigt, wie komplex es sein kann, Entscheidungen von Menschen in der NS-Zeit zu bewerten. Aram Taschdjian kehrte noch Ende 1945 in die Kette zurück, informierte jedoch Großmeister Karl Doppler, dass er 1937 aus Opportunismus der Faschistischen Partei Italiens beigetreten sei und dass er seinerzeit auch Großmeister Schlesinger darüber informiert habe. Dies brachte Doppler in eine prekäre Situation, denn einerseits gab es den Beschluss gegen eine Wiederaufnahme von NSDAP-Mitläufern, andererseits setzten sich viele Brüder für Taschdjian ein. Der Fall wurde mehrfach im Großbeamtenrat diskutiert, schließlich wurde Dopplers Antrag angenommen, Taschdjian für zwei Jahre zu suspendieren.246 Danach kehrte er zurück und wurde 1952 zum Stuhlmeister der Loge „Zukunft“ und von 1966 bis 1970 zum Großsekretär der GLvÖ gewählt. 244 Daria Skidelsky an Yad Vashem (Mordecai Paldiel), Brief vom 24.7.1990, in: GLvÖ-Archiv. 245 Felicia (Fela) Taschdjian an Yad Vashem (Mordecai Paldiel und Moritz Baelz), Brief vom 22.4.1990, in: GLvÖ-Archiv. 246 Protokolle des Beamtenrates der Loge „Humanitas Renata“ vom 15., 22., 29.9. und 6.10.1945, in: GLvÖ-Archiv.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

Mit Hans Sidonius Becker findet sich eine zentrale Figur des österreichischen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus, der aus der Kette der Freimaurer stammt, doch auch hier sind die Fakten überaus komplex. Der Schriftsteller und Kunstmaler Becker hatte sich von 1920 bis 1927 als Ingenieur beim Bau einer Bahnlinie über die südamerikanischen Anden betätigt. 1929 wurde er Mitglied der Loge „Zukunft“, sein Bürge war kein Geringerer als der sozialdemokratische Gemeinderat Victor Hammerschlag. Da Becker 1933 der VF beitrat, könnte es sein, dass er wieder gedeckt hat. Bei der VF entwickelte er sich als Leiter des Werbedienstes im Bundeskanzleramt und als Referent des neu geschaffenen Bundeskommissariats für Heimatdienst zu einem der führenden Köpfe im Propaganda-Kampf der Regierung Schuschnigg gegen den Nationalsozialismus. Noch im Jänner 1938 wurde er für die Dauer von drei Jahren in den Vorstand der Österreichischen Völkerbundliga gewählt.247 Unmittelbar nach dem „Anschluss“ wurde Becker verhaftet und bis Ende 1940 im KZ Mauthausen interniert. Nach seiner Entlassung gelang Becker der Aufbau eines Operationsbüros, das über Kontakte in die Bundesländer verfügte und den Aufbau von Kleingruppen anstrebte, Kontakte zu Widerstandsgruppen der Nachbarländer hielt und zu stillen Sabotageakten in Betrieben und Mundpropaganda gegen die Siegesparolen des NS-Regimes aufrief. Ende 1944 konnte Becker die Gruppen in eine Organisation zusammenfassen, die als „05“ bekannt ist.248 Somit war er auch bei einem Treffen im Dezember 1944 zugegen, bei dem das Provisorische Österreichische Nationalkomitee gegründet wurde, in dem konservative, liberale und monarchistische Kräfte ebenso vertreten waren wie die Sozialdemokraten durch Adolf Schärf und die Kommunisten durch Viktor Matejka. Dieses Komitee wurde durch die Verhaftung von Becker und etlicher Vertrauensleute am 28. Februar 1945 wieder zerschlagen. Becker überlebte ein zweites Mal das KZ Mauthausen und trat nach dem Krieg in den diplomatischen Dienst und als Freimaurer in die Sammelloge „Humanitas renata“ ein.249 1948 starb er in Chile an den Folgen eines Attentats. 247 Österreichische Völkerbundliga an Hans Becker, Brief vom 25.1.1938, in: BArch R 58/6279b, Bl. 307. 248 Radomir Luža: Der Widerstand in Österreich 1938–1945. Wien: ÖBV 1985, S. 187–192, 246–248. 249 Elisabeth Gotschim-Jauk: Hans Becker. Ein Beitrag zu seiner Biographie unter besonderer Berücksichtigung seiner Opposition zum Nationalsozialismus. Wien: (Diss.) 1990.

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Widerstand gegen das NS-regime

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Auch Bernhard Scheichelbauer war an den Aktivitäten von „05“ beteiligt. Er wurde im Oktober 1931 in die Klagenfurter Loge „Paracelsus“ aufgenommen, da er jedoch seit 1930 Pressereferent der Kärntner Landesregierung war, reichte er im Dezember 1933 seine Deckung ein. 1934 avancierte er zum Hofrat und Regierungskommissar für Kärnten zur Bekämpfung staats- und regierungsfeindlicher Bestrebungen in der Privatwirtschaft, weshalb er 1938 „Gauverbot“ erhielt. In einem Schreiben aus jenen Tagen heißt es: „Scheichelbauer ist Freimaurer und der übelste und gehässigste Gegner des Nationalsozialismus. Er benützte immer die gemeinsten Mittel, um der Bewegung zu schaden, blieb dabei aber immer im Hintergrund, sodass man ihn nie fassen konnte.“250 Scheichelbauer übersiedelte nach Meran und kam 1940 wieder nach Wien. Hier traf er mit Hans Becker zusammen, doch über seine genaue Tätigkeit innerhalb der „05“ ist nur wenig bekannt, außer dass er an deren Entstehung beteiligt war: „Hofrat Bernhard Scheichelbauer stellte die Verbindung mit der einflussreichen christlichsozialen Stelle um Dr. Felix Hurdes her, mit einem Kreis um den früheren Landbund-Minister Vinzenz Schumy, mit dem Österreichischen Nationalkomitee, mit Dr. Schaginger, der Kontakte mit den Angestellten des ehemaligen österreichischen Telegraphenamtes hatte, mit der hochaktiven Wiener Gruppe rund um den jungen Studenten Walter de Comtes, der in Verbindung mit Dr. Karl Gruber in Berlin stand, und mit verschiedenen anderen Zellen und Einzelpersonen.“251 Nach der Zerschlagung des Provisorischen Österreichischen Nationalkomitees durch die Verhaftung Hunderter Mitglieder Anfang 1945 kam es am 25. März 1945 zu einem letzten konspirativen Treffen der „05“, an dem neben Scheichelbauer noch Felix Slavik, Prälat Jakob Fried und Mitglieder des militärischen Widerstandes mit General Eugen Luschinsky an der Spitze teilnahmen.252 Nach Kriegsende arbeitete Scheichelbauer für den Bundespressedienst im Bundeskanzleramt. Der „Humanitas renata“ trat er erst am 23. Februar 1946 bei und war von März 1948 bis Jänner 1960 Großmeister.

250 NSDAP-Gauleitung Kärnten (SS Prokop) an die Gauleitung der NSDAP, Personalamt, Brief vom 25.6.1938, in: ÖSA, AdR, Gauakt Bernhard Scheichelbauer. 251 Luža 1985, S. 191. 252 Ebd., S. 247. Siehe auch: Bernhard Scheichelbauer. 60 Jahre, in: Wiener Zeitung, 1.1.1950.

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1. Die zerschlagung der Grossloge von Wien

Zu den Widerstandskämpfern gegen das NS-Regime können auch jene Freimaurer gezählt werden, die sich an politischen Gruppen im österreichischen Exil betätigten, dies waren insbesondere Martin Bunzl, Friedrich Hertz und Emil Müller-Sturmheim in England.253 Eugen Lennhoff, der bereits 1933 „aus beruflichen Gründen“ gedeckt hatte und 1938 ebenfalls nach England emigriert war, hatte zu ihnen keinen Kontakt mehr, doch er verfasste zahlreiche Bücher über das politische Geschehen.254 Das generelle Problem bei der Erfassung von Widerstandstätigkeit liegt darin, dass die Beteiligten möglichst wenig Spuren hinterlassen wollten. Auch war es in der Nachkriegszeit nicht in allen Fällen ratsam, sich zum Widerstand zu bekennen. Zudem hat sich dieser nicht nur in militärischen oder propagandistischen Aktionen geäußert, sondern auch im Alltag, viele solche Aktionen kommen erst Jahre später, oft durch Zufall, an die Öffentlichkeit. Daher soll auch auf eine kleine Gruppe junger Männer von besonderer Tapferkeit verwiesen werden, die in der Wehrmacht dienten und weder wussten, ob sie den Krieg überleben, noch ahnten, dass sie in späteren Lebensjahren Freimaurer sein würden: Der später als Kunstmaler und Farbtheoretiker tätige Hugo-Damian Schönborn weigerte sich in der Wehrmacht, den ihm aufgrund seiner adeligen Herkunft zustehenden Offiziersrang einzunehmen, er kämpfte als einfacher Gefreiter vor Stalingrad und konnte 1944 in Flamen zur britischen Armee überlaufen. Der Lyriker Michael Guttenbrunner wurde bereits 1938 von der Schule verweisen, weil er sich geweigert hatte, das Horst-Wessel-Lied zu singen. Als Wehrmachtssoldat kam er dreimal vor ein Kriegsgericht, ein Todesurteil wurde nur nach Intervention aus der Truppe revidiert. Der Schauspieler Fritz Muliar verhalf als Soldat in Frankreich Juden zur Flucht und saß wegen „Wehrkraftzersetzung“ und „Beleidigung des Führers“ zum Tod verurteilt sieben Monate in Einzelhaft.255

253

Siehe dazu: DÖW (Hg., bearbeitet von Wolfgang Muchitsch): Österreicher im Exil. Großbritannien 1938–1945. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1992. Helene Maimann: Politik im Wartesaal. Österreichische Exilpolitik in Großbritannien 1938 bis 1945. Wien: Böhlau 1975. 254 Eugen Lennhoff: The last five days of Austria. London: Rich & Cowan 1938 (Dass.: New York: Stokes 1938). Ders.: In Defence of Dr. Benes and Czech Democracy. London: Rich & Cowan 1938. Ders.: X-ray of Europe. London: Hutchinson 1939. Ders.: Agents of Hell, Himmler’s fifth Column. London: Hutchinson 1940. Ebd.: Thousand and One Nazi Lies. London: Prager 1940. 255 Vgl. Christa Zöchling: Die andere Seite, in: profil 36/2009, S. 33–45.

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II. Österreichische Freimaurer im Exil – Logengründungen und deren Verhinderung

Erste Exilstationen Prag, Paris, Zürich, Budapest Nach dem NS-Terror im März 1938 waren Prag, Paris und London die ersten Fluchtziele österreichischer Exilanten. In Prag und anderen tschechoslowakischen Städten haben vermutlich die Freimaurer der deutschsprachigen Großloge „Lessing zu den drei Ringen“ Brüdern aus Österreich hilfreich beigestanden, worüber es jedoch derzeit an Unterlagen fehlt. Ein kleiner Hinweis findet sich in einem Brief von William Mayer aus Schanghai: „In Brünn bin ich mit Dr. Thieben, dem Anwaltskollegen meines Schwagers in engsten Kontakt gekommen, dem es zu verdanken ist, dass viele Brüder aus Wiener Logen gerettet werden konnten. Er hat den Erfolg nicht mehr gesehen, er hatte nicht mehr die Nervenkraft durchzuhalten. Er hat mit seiner Mutter gemeinsam Selbstmord begangen; wir haben ihn in Prag begraben. Von der ‚Humanitas‘ waren nur Arthur Stern und ich, aus dem Großbeamtenrat Ing. Otto Klein, Dr. Victor Kraus und zwei Prager Logenbrüder, die ich nicht mehr namentlich in Erinnerung habe. Klein, Kraus und Sterns sind vergast worden. Dr. Emil Bie und Frau (sie aus der Loge mixed) haben Selbstmord verübt. Prachtvolle Menschen, die wir nie vergessen dürfen.“256 Doch Prag war nur Durchgangsstation, da die Deutsche Wehrmacht fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem „Anschluss“ auch dort einmarschierte. In 256 William F. Mayer an Karl Doppler, Brief vom 20.1.1947, in: GLvÖ-Archiv.

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II. Österreichische Freimaurer im Exil

Paris hingegen konnten die exilierten Österreicher aller politischen Schattierungen rasch eine intensive, aber nur kurzfristige Kulturszene mit Institutionen und Publikationen aufbauen, denn mit Kriegsbeginn im September 1939 war es damit schon wieder vorbei. Wer noch konnte, flüchtete weiter in ein anderes Land. Aufgrund der lange bestehenden guten Beziehungen zur GLvW engagierte sich die Grande Loge de France wie wohl keine zweite Großbehörde für die bedrängten Brüder in Österreich. So berichtete Karl Kapralik, der im NS-regierten Wien als Funktionär der Israelitischen Kultusgemeinde arbeitete, über seine wundersame Errettung: „Mitte Juni 1938 erhielt ich durch die Grande Loge of France die Einreisebewilligung nach Frankreich. Ministerpräsident Chautemps, der damals Grossmeister der Grande Lodge war, gab persönlich den Auftrag, mir und meiner Frau die Visa zu erteilen.“257 Doch dies war wohl eher die Ausnahme von der Regel. Robert Wurmfeld Alfredson war über Zürich nach Paris gekommen, er berichtete über die Aufnahme in Paris und die spätere chaotische Flucht vor der anrückenden Deutschen Wehrmacht: „An einem der ersten Tage traf ich durch einen Zufall unseren Br.: Maximilian Brandeis, dem ehemaligen soz.dem. Bundesrat, der mit dem ehrw. M.: der deutschen L.: Goethe in Paris im Caféhaus saß. Br.: Altmann lud uns sofort ein, seine L.: zu besuchen, was wir auch taten, uns jedoch nicht restlos wohl fühlten. Wir traten daher mit dem Großsekretär der Grande Loge de France, Br.: [Philippe] Collaveri in Verbindung und wurden sofort in französische LL.: eingeladen. Nach und nach kamen andere Wiener Brr.: an. Durch unsere Verbindungen mit der Grande Loge konnten wir sofort vielerlei leisten, da ja die meisten der Neuankömmlinge mit 10 Mark in der Tasche da standen. Die Grande Loge gründete sofort einen Unterstützungsfonds, wir gründeten ein Beratungskomitee, dem Brandeis vorsaß und tatkräftige Hilfe setzte sofort ein. Es waren mindestens 300 Francs, die monatlich ausgezahlt wurden, an Familienväter bis 500. Das war sehr viel und deckte meistens die Miete. Andere Komitees sorgten dann für das übrige. Es müssen in diesen Jahren von 1938 bis 1940 viele hunderttausend Franken von der Grande Loge ausgezahlt worden sein, abgesehen 257

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Charles J. Kapralik: Erinnerungen eines Beamten der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde, in: Bulletin des Leo Baeck Institutes 58/1981, S. 62.

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von der administrativen Hilfe, die es gab, indem sie Brr.:, die visalos ankamen, legalisierte und in Regionen unterbrachte, wo französische Brr.: Präfekten, Bürgermeister etc. waren. Dafür können wir Wiener Brr.: den Franzosen niemals genug dankbar sein. Darüber hinaus aber luden sie uns ein, eine Wiener L.: zu gründen, was wir taten. Brandeis war M.:v.:St.:, ich war einige Zeit Sekretär, nach mir war es Br.: Guido Glaser, der jetzt in Manchester ist. Br.: Walter Loebl war zweiter, Br.: Ernst Hochmuth, der leider inzwischen verstorben ist, erster Aufseher. Wir bekamen die Chartre von der Grande Loge. Wir arbeiteten sehr aktiv, jeden Mittwoch. Nebenbei wurden viele von uns Mitglieder französischer LL.:, auch ich. Wir fühlten uns außerordentlich wohl und sind auch heute noch in engem und brdl.: Kontakt mit den französischen Br.:. Wo immer wir hinkamen, wurden wir brdl.: aufgenommen und selbst während der schwersten Wochen nach der Einnahme von Paris durch die Naziverbrecher trafen wir auf der Flucht in kleinen südlichen Provinzorten Brr.: und Freunde, die uns weiter halfen. Nur ihnen verdanken viele von uns Leben und Freiheit. Dabei haben die Barbaren unter diesen Brr.: furchtbar gehaust und in der L.:, der ich selbst angehörte, sind nicht weniger als 15 hingemordet worden, teilweise weil sie Juden waren, teilweise weil sie die Kühnheit besaßen, gute Franzosen zu sein.“258

Über die Gründung und kurze Lebensdauer der Loge „Mozart“ in Paris gibt es nur spärliches Quellenmaterial. In einem nachträglichen Bericht von Maximilian Peter Brandeis heißt es: „Da ich bereits seit Jahren einer französischen Freimaurer-Loge (Grande Loge de France) angehörte, wurde es mir und einigen anderen österreichischen Freimaurern möglich, eine Logen-Charter von der Grande Loge de France zur Gründung einer Loge in Paris zu bekommen, die wir symbolisch ‚Mozart‘ nannten. Nach den Aufgaben, die eine Freimaurer-Loge zu erfüllen hat, wurde die Loge ‚Mozart‘ zum Mittelpunkt und einzigen Hilfsquelle für österreichische Freimaurer im Auslande. Viele Freimaurer, die auf der Flucht von Österreich in Paris ankamen, mussten vom Bahnhof abgeholt werden, wenige sprachen Französisch, die meisten waren ohne Mittel, ohne Wohnung, etc. Sie fanden Freunde in den Mitgliedern der ‚Mozart‘ Loge in Paris. Die Frauen 258 Robert W. Alfredson an Karl Doppler, Brief vom 23.4.1946, in: GLvÖ-Archiv.

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II. Österreichische Freimaurer im Exil

der Mitglieder kümmerten sich um die Kinder und Frauen der Ankömmlinge. Mit Hilfe von Freunden in der Prefecture de Police konnten Aufenthaltsbewilligungen verschafft werden, die es den Neuankömmlingen ermöglichte, in Paris und Umgebung, in Nice, Montauban, Nantes, etc. sich niederzulassen.“259

Doch bei allem guten Willen dürfte die „Mozart“ bald vor großen Schwierigkeiten gestanden sein. So ist der Abschrift (nach 1945) eines im Juli 1939 von Wladimir Misař geschriebenen Briefes zu entnehmen: „Was Sie über die ‚Mozart‘ und alles, was damit zusammenhängt berichten, war mir zum Teil schon bekannt und ich bedauere es recht sehr. Es ist sehr zu befürchten, dass eine derartige Neugründung, wenn sie nicht rechtzeitig ins Geleise kommt, sich nicht mehr lebensfähig erweist.“260 Nach Kriegsbeginn im September 1939 wurden deutsche und österreichische Exilanten in Frankreich interniert und wer konnte, verließ das Land. Es heißt weiter bei Brandeis, dass auch bei der weiteren Flucht französische und amerikanische Freimaurer hinter den Kulissen aushalfen: „Mit der Gegenzeichnung des Groß-Meisters der Grande Loge de France wurde es mir möglich, allen Freimaurern aus Österreich, die nach Frankreich und Belgien kamen, eine Legitimation auszustellen, die ihnen in den USA, England, Australien von großem Nutzen war. Durch finanzielle Mittel, die uns von dem Supreme Council in Washington D.C. (USA) zur Verfügung gestellt wurden, konnten wir materielle Hilfe für Unterkunft, Verpflegung etc. leisten und mit Hilfe der HIAS einige Weiterreisen ermöglichen. Freimaurer, die Einreisevisa für andere Länder erhalten hatten, haben unsere Ideen und Erfahrungen benützt, um weitere österreichische Freimaurer Logen zu gründen. In England die Loge ‚Mozart‘, in Argentinien die Loge ‚Humanitas‘, in Australien die Loge ‚Humanitas‘. Diese Logen bestehen bis zum heutigen Tage und sind aktiv. Unsere österreichische Loge ‚Mozart‘ habe ich in New York im Jahre 1941 aufgelöst.“261 259 [Bericht von M. Peter Brandeis (NYC) über die Hilfstätigkeit von Freimaurern in den USA, vor Mai 1980], in: DÖW, 15.953; teilweise zit. in: DÖW (Hg., bearbeitet von Peter Eppel), Österreicher im Exil. USA 1938–1945, Bd. 1. Wien: ÖBV 1995, S. 128. 260 Wladimir Misař an Unbekannt, Brief vom 21.7.1939, in: GLvÖ-Archiv. 261 DÖW 1995, S. 128.

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Die Schweiz wiederum war keineswegs großzügig bei der Aufnahme von Flüchtlingen, doch bei den Schweizer Freimaurern war dies anders, wie Hans ( John) Schlesinger, der Sohn des Großmeisters, berichtet: „Ich verließ Wien im August 1938. Die Schweiz bot meiner Frau und mir Asyl für die Zeit bis wir unsere amerikanischen Visen erhalten konnten – März 1939. Unmittelbar nach meiner Ankunft auf Schweizer Boden wurde ich auf das Liebevollste von den Schweizer Brüdern aufgenommen, die ihre brüderliche Freundlichkeit über meinen ganzen Aufenthalt in der Schweiz ausdehnten – sie wurde damit gekrönt, dass ich als ordentlicher Bruder der Loge ‚Osiris‘ im Or. Basel aufgenommen worden bin – ich gehöre dieser ausgezeichneten Bauhütte auch weiterhin an. Während meines fast 8-monatlichen Aufenthaltes in der Schweiz konnte ich beobachten, wie unermüdlich die Brüder dort bemüht waren (ein wenig konnte ich auch mithelfen), Rettung und Hilfe für österreichische Brüder zu sichern. Arbeit und Geld wurde nicht gescheut. Wenn der Erfolg im Verhältnis zur Größe des grauenhaften Geschehens nicht allzu bedeutend war, so ist das nicht auf einen Mangel des Bemühens zurückzuführen. Weniger ermutigend sind die Berichte über das Verhalten der engl. Maurerei. Manches, was ich in dieser Beziehung erfahren habe, behalte ich späteren Berichten vor. Heute will ich nur eines hervorheben, das mich persönlich betraf. Kurz nach meiner Ankunft in der Schweiz schrieb ich an den (engl.) Vertreter der GL von Wien bei der engl. GL. Der genannte Bruder war, soviel ich weiß, Ehrenmitglied der GL von Wien. Ich verständigte ihn vom tragischen Tode meines Vaters, von meinem eigenen Schicksal, und bot ihm an, ihm oder von ihm zu bezeichnenden Persönlichkeit der GL von England einen genauen und sachlichen Bericht darüber zu geben, was sich in bezug auf die Maurerei nach dem Anschluss in Wien ereignet hatte. Dieser Brief wurde nie beantwortet, es kam nicht einmal eine Zeile, die eine Anteilnahme persönlicher Art ausgesprochen hätte. Was ich dann im Laufe meines Schweizer Aufenthaltes aus mir und aus den Schweizer Brüdern zugegangenen Mitteilungen aus England erfuhr, hat mir die Zwecklosigkeit gezeigt, weitere Annäherungsversuche zu unternehmen. Auch heute noch ist den ehemaligen österr. Brüdern der Zutritt zu engl. Logen verwehrt.“262

262 John Schlesinger an Karl Doppler, Brief vom 24.3.1946, in: GLvÖ-Archiv.

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II. Österreichische Freimaurer im Exil

Schlesinger berichtet weiter, dass er während des Krieges in den USA durch seinen Schweizer Logenpass wahrscheinlich der einzige österreichische Freimaurer in der Emigration war, der Angehöriger einer arbeitenden europäischen Obödienz war. Alle Logen stünden ihm daher offen. Die Affiliation in eine Loge sei ihm angeboten worden und auch die Hochgrade hätten ihr Wohlwollen signalisiert, doch aus finanziellen Gründen konnte er dem nicht nachkommen. Generell war der frankophone Bereich bis Kriegsbeginn ein guter Boden für geflüchtete Freimaurer, so auch Belgien: „…dass ich ein Jahr später Österreich verließ, und nach Brüssel kam, dort meinen gewesenen Meister vom Stuhl Dr. [Max] Barber traf. Er brachte mich mit einigen österreichischen Brüdern zusammen und wir trafen uns im Zimmer eines Bruders, wo wir unsere freimaurerischen Arbeiten abhielten. Ich hatte zu diesem Zweck einen ‚tapis‘ auf ein Zeichenblatt gemalt, wir legten dieses auf den Tisch, stellten 3 Kerzen darum und hielten unsere Arbeiten ab! Eröffnung, Vortrag und Schließung.“263 Ein wider Erwarten ebenfalls hilfreicher Boden war Budapest. In dem bereits zitierten internen Bericht von Heydrich heißt es über die Freimaurerei in Ungarn: „Die Freimaurerei in Ungarn ist aufgrund einer Verordnung des Außenministers Dr. Dömötör vom 18. Mai 1920 endgültig verboten. Wohl hat ein heftiger Kampf von Seiten der Freimaurer eingesetzt, um die Freimaurerei in Ungarn wieder neu zu beleben. Vor allem die AMI und die Großloge von New York mischten sich besonders stark in die rein ungarischen Verhältnisse. Obwohl die Gesellschaft in Ungarn verboten bleibt, kann doch nicht von ihrem gänzlichen Ende gesprochen werden. Mit Bewilligung des Außenministers ist es ungarischen Brüdern gestattet, auf Auslandsreisen offiziell als Vertreter der ungarischen Maurerei zu fungieren.“264 Ein interner Bericht des Sicherheitsdienstes über „Freimaurertum in Ungarn“ vom August 1939 listet minutiös Namen von karitativen Vereinen und Personen auf, die im Dienste der masonischen Idee stehen. Darin heißt es: „Die ungarischen Freimaurer haben 263 Konrad Weil an Dieter Scheitz, Brief vom 6.7.1989, in: QC-Archiv Wien. 264 Reinhard Heydrich an das Auswärtige Amt, Bericht vom 20.7.1937 (Abschrift 83–11, 20/7), in: AJB L/12, Bl. 335–336 (Kopie in GLvÖ-Archiv). Mihály Dömötör war 1920 nur drei Monate lang Innenminister (!), die Verordnung trug die Nr. 1550/1920.

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einen eigenen Fonds, der unter dem Titel ‚Kulturfonds‘ bei dem ‚Verein der Kinderfreunde‘ verrechnet wird. Aus diesem Fonds werden aus Deutschland ausgewiesene Juden, bzw. Emigranten unterstützt.”265 Ob die Freimaurerei in Ungarn diese Strukturen auch während des Zweiten Weltkriegs beibehalten konnte, ist ungewiss. Generell war an die Aufrecherhaltung eines Logenlebens in den von der Wehrmacht besetzten Ländern nicht zu denken. Das nicht eroberte England blieb daher die Ausnahme.

Die schwere Geburt der Loge „Mozart No 6997“ in London Regierung und Bevölkerung Großbritanniens brachten den Flüchtlingen aus Österreich und Deutschland anfangs großes Verständnis entgegen, zahlreiche aus Spendengeldern gespeiste Hilfskomitees bemühten sich um Unterbringung und Verpflegung der oft mittellosen und traumatisierten Flüchtlinge. Mit Kriegsbeginn änderte sich die Situation jedoch radikal: Die Tschechoslowakei war bereits kampflos von der Wehrmacht überrollt worden und in Frankreich wurden nun die deutschen und österreichischen Exilanten im wehrfähigen Alter in Lagern interniert. Auch in England setzte eine Hysterie gegen die etwa 62.000 deutschen und 12.000 österreichischen „enemy aliens“ ein. Ein Teil von ihnen wurde vorübergehend nach Australien oder Kanada deportiert, der Großteil kam für viele Monate in Internierungslager wie dem auf der halbautonomen Isle of Man in der Irischen See, wo schon im Ersten Weltkrieg Kriegsgefangene untergebracht worden waren. Entlang der Küste gab es eine Vielzahl an Badeorten mit kleinen Pensionen, die mit Stacheldraht umzäunt und in Lager umfunktioniert wurden. Nicht zuletzt aufgrund von Protesten der parlamentarischen Opposition erkannte auch die britische Öffentlichkeit recht bald, dass hier die falschen eingesperrt waren, sodass sie sukzessive wieder freikamen. Zahlreiche junge Österreicher meldeten sich später sogar zur British Army, um aktiv an der Befreiung ihrer Heimat mitzuwirken. In London entwickelte sich somit auch die bedeutendste österreichische 265 Der SD-Führer des SS-Oberabschnitts Donau I.V. an den Chef des Sicherheitshauptamtes, Abteilung II iii, Berlin, Bericht vom 22.8.1939, in: AJB F 29, Bl. 426 (Kopie in GLvÖ-Archiv).

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Exilszene, die von Kommunisten und Revolutionären Sozialisten dominiert wurde. Hinzu kamen legitimistische und bürgerlich-liberale Gruppen, wobei die Freimaurer großteils Letzterer zuzuordnen sind. Etwa 50 bis 60 österreichische Freimaurer gelangten nach England und fanden vereinzelt Unterstützung bei englischen Brüdern. Hans Heinrich Hoffmann und Wilhelm Brandt gestalteten erste informelle Treffen mit Brüdern und Schwestern und bald auch Abendessen in Restaurants mit Vortrag und Diskussion. Bald nannte man sich „Mozart-Kränzchen“, doch da die deutsche Sprache in der Öffentlichkeit mehr als verpönt war, wurde der Name in „Mozart-Circle“ anglisiert.266 Sein Komitee bildeten Martin Bunzl als Präsident, Hans Heinrich Hoffmann als Vorsitzender mit Paul Schwefel als seinem Vize, hinzu kamen Siegfried Sussmann, Hans Jakob Golwig und Konrad Weil. Die Treffen fanden in verschiedenen Lokalen wie Kaffeehäusern in der Baker Street oder am Portman Square im Zentrum, aber auch in der Finchley Road im Nordwesten Londons statt. Größere Veranstaltungen verlegte man ins Vienna Restaurant oder ins Dorice Restaurant. Letztendlich fand der „Mozart Circle“ seine Bleibe im Czech Club an der West End Lane, inzwischen waren auch einige Ungarn, Tschechen und vereinzelt Deutsche Mitglieder geworden. Die wichtigsten Österreicher waren: Martin und Hugo Bunzl, Friedrich Hertz, Wladimir Misař, Prof. Arnold Rosé, Prof. Friedrich Buxbaum, Dr. Emil Müller-Sturmheim, Dr. Karl Kapralik, Hans Heinrich Hoffmann und Julius Isserlis. An die Gründung einer Loge war aufgrund des andauernden Status als „enemy alien“ nicht zu denken. Doch etliche Freimaurer engagierten sich auch auf exilpolitischer Ebene. Die interessanteste Gruppierung in diesem Kontext ist die 1941 von bürgerlichen, aber keinesfalls legitimistischen Mitgliedern des Austrian Office gegründete Austrian Democratic Union (ADU, auch Österreichische Demokratische Union). Der Industrielle Julius Meinl, der allerdings kein Freimaurer war, und Emil Müller-Sturmheim standen an der Spitze dieser Gruppe von rund 200 Industriellen, Kaufleuten, Bankiers und Angehörigen der bürgerlichen Intelligenz. Zu den Exekutivmitgliedern gehörten Friedrich Hertz, Paul Abel und Karl Kapralik. Letztendlich war ihr Ziel auch, Kontakte zur britischen Oberschicht herzustellen, daher wurden Mitglieder 266 Fred Dunston: Mozart Lodge No 6997. Laying the Foundations. London: (Eigenverlag) 1998.

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wie der Viscount Cecil of Chelwood und der Dean of Chistester besonders geschätzt. Es darf vermutet werden, dass hier auch eine Plattform für den Dialog mit britischen Freimaurern gefunden wurde. Im Gründungsdokument heißt es in deutlich freimaurerischem Tonfall: „Die demokratische Union ist eine Bruderschaft für die demokratische Bemühung. Jeder kann Mitglied werden. Wir vertreten keine soziale Klasse oder politische Partei, nur Demokratie ... (...) Denn die herrliche Dreiheit von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, geboren während des großen menschlichen Erwachens, wird nur durch Demokratie zur Hymne der Menschlichkeit werden.“267 Die ADU stellte nicht den Kampf gegen den Nationalsozialismus in den Vordergrund, sondern war auf die Nachkriegszeit ausgerichtet und suchte Österreich als westliches Land zu erhalten. Sie plädierte für Anerkennung der Menschenrechte, demokratische Grundsätze, Freiheit, soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Sicherheit sowie internationale Zusammenarbeit und sah sich als Plattform für ein späteres Repräsentativkomitee.268 Mit Fortdauer des Krieges und dem absehbaren Sieg der Alliierten konkretisierte die ADU ihr Programm: Sie trat für ein freies unabhängiges Österreich ein und stemmte sich gegen alle die Wirtschaft hemmenden Reparationen. Gleichzeitig forderte sie Restitutionen für „arisiertes“ Vermögen. Martin Bunzl leitete 1945 ein Restitution Committee, das mit der Erfassung aller geraubten Güter beschäftigt war, damit diese nicht als nunmehriger NS-Besitz für mögliche Reparationen herangezogen würden. Zudem plädierte die ADU für eine Fortführung der Sozialpolitik, bürgerliche Freiheit sowie Gleichstellung mit anderen von Deutschland okkupierten Ländern. Für die ferne Zukunft wurde die Überleitung Mitteleuropas zu einer ökonomischen Einheit ohne Zollschranken bei freiem Arbeitsmarkt und Geldverkehr diskutiert.269 Zu den aktivsten Exilpolitikern aus dem Kreis der Freimaurer gehörte Friedrich Hertz: Er leitete von September 1938 bis Ende 1939 das überparteiliche Council of Austrians in Great Britain und formulierte den Gedanken, es sei sofort möglich, bis zu 600 junge Österreicher als Soldaten für die britische 267 Democratic Conscience. A Report of the Austrian Democratic Union to its members and friends. London: (Eigenverlag) 1942. Hier zit. nach: Maimann 1975, S. 100. 268 Ebd. 269 Ebd., S. 226–228.

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Armee zu rekrutieren. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Hertz 1940 auf einer Sonderfahndungsliste des RSHA (für den Fall der Invasion Großbritanniens) stand. Im Februar 1942 nahm er an einer Delegation teil, die Premierminister Winston Churchill vor seinem Amtssitz in Downing Street 10 eine von Österreichern gespendete Teeküche für die britische Armee übergab. Nach der Moskauer Deklaration im November 1943 wurde in London unverzüglich die lange geplante österreichische Vertretung gegründet, in der Hertz und Müller-Sturmheim als Vertreter der ADU fungierten. Beide finden sich im Juli 1944 auch im provisorischen Exekutivkomitee der Anglo-Austrian Democratic Society, die eine weitere Brücke zum liberalen britischen Bürgertum schlagen sollte. Zu ihren Mitgliedern gehörten Martin Bunzl und Otto Erich Deutsch. Letzterer hatte zwar über Mozart masonische Musik publiziert, war selbst aber kein Freimaurer. Martin Bunzl dürfte auch die treibende Kraft hinter der Gründung der Austrian Section der New Commonwealth Society im Juni 1943 gewesen sein, mit ihm waren von der ADU Paul Abel, Emil Müller-Sturmheim und Julius Meinl vertreten. Ziel dieser Society war die Verwirklichung eines internationalen Schiedsgerichts und einer internationalen Polizeitruppe. Präsident der Society war kein Geringerer als Winston Churchill.270 Doch alle Sympathiebekundungen änderten nichts an der prinzipiellen Haltung Großbritanniens gegenüber den Exilanten aus Österreich. Erst nach Kriegsende gab das britische Home Office den Exilanten, die schon länger als fünf Jahre im Land waren, die Möglichkeit, einen Einbürgerungsantrag zu stellen, was fast alle Mitglieder des „Mozart Circle“ auch taten. Ihr Ziel war natürlich auch eine Logengründung, doch eine solche hatte nach dem Book of Constitution der UGL folgende Voraussetzungen: Sieben von der UGL anerkannte Meister konnten dies beantragen, wobei auch Begleitpapiere ihrer jeweiligen Logen verlangt wurden, darunter die mit Mehrheit beschlossene Unterstützungserklärung einer bestehenden Loge. Da dies vorerst nicht gewährleistet werden konnte, wandte man sich um Rat an die GLvWfÖ, zu der anfangs noch mithilfe des Roten Kreuzes eine Korrespondenz eröffnet wurde. Doch bis zum Staatsvertrag im Jahr 1955 war Österreich in den Augen der Alliierten ein „enemy country“. Die Großlogen von 270 Vgl.: DÖW 1992, S. 78, 165, 249, 494. Maimann 1975, S. 67, 179–181, 197.

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England, Schottland und Irland hatten aber entschieden, Kontakte nur zu Großlogen alliierter Nationen aufzunehmen. Hinzu kam der Vorwurf an die ehemalige GLvW, sie habe sich zu einer „politischen“ Handlung hinreißen lassen: In den frühen Märztagen des Jahres 1938 hatte Bundeskanzler Schuschnigg Martin Bunzl zu sich rufen lassen und ihn um finanzielle Hilfe bei der bevorstehenden Abstimmung zur Unabhängigkeit Österreichs ersucht. Bunzl erfüllte diesen Wunsch. Aus heutiger Sicht wirkt dieser Vorwurf etwas konstruiert und ist aus der Kriegssituation zu erklären, in jedem Fall hatte die UGL der GLvW die erst 1930 erteilte Anerkennung kurz vor dem Kriegsausbruch 1939 wieder entzogen.271 Wie sehr die Entscheidungen der UGL von kriegs- und weltpolitischen Überlegungen dominiert wurden, zeigt sich auch daran, dass tschechoslowakische Freimaurer am 16. Mai 1941 Vladimir Klečanda zum Großmeister im Exil der Nationalen Großloge der Tschechoslowakei wählen konnten, was die UGL umgehend anerkannte. Noch nie zuvor in ihrer mehr als 220-jährigen Geschichte hatte die UGL auf englischem Territorium eine andere souveräne Großloge geduldet. Tschechoslowakische Freimaurer konnten ohne Hindernisse englische Logen besuchen, sie organisierten sich in der Loge „Jan Comenius im Exil“ und bekamen von der UGL einen Tempel in Freemason’s Hall in der Great Queen Street zugewiesen.272 Da etliche österreichische Freimaurer nach dem Krieg in England bleiben und sich endlich auch wieder regulär freimaurerisch betätigen wollten, entsprach die GLvWfÖ im Juli 1948 ihrem Urlaubsansuchen.273 Der ab Februar 1948 neu eingesetzte Großmeister Bernhard Scheichelbauer ergriff die Initiative und schlug vor, dass sieben Brüder Meister in London bei der GLvWfÖ darum ansuchen sollten, eine Arbeit unter freiem Himmel zur Gründung 271 Vgl.: Scheichelbauer, Kuéss 1959, S. 218–219. Siehe auch: Dunston 1998, S. 12–13. 272 [N.N.]: Heimkehr einer Großloge nach dem Kriege, in: TAU II/2008, S. 23–24 273 45. Tafel der Großloge von Wien für Österreich vom 20.7.1948, in: GLvÖ-Archiv. Dies waren Fred Beer, Siegfried Sussmann (Loge „Fortschritt“); Wladimir Misař („Freiheit“); Ernest Bauer, Hans Heinrich Hoffmann („Freundschaft“); Adolf Black („Gleichheit“); Arthur Dossmar, Dr. Hans Tauber, Dr. Robert Spitzer, Dr. Karl Kapralik, Camillo Roubitschek („Goethe“); Dr. O. P. Einerl, Dr. F. Neurath („Humanitas“); Konrad Weil („Mozart“); Paul Schwefel („Pionier“); Max Pfeffer, Dr. Paul Perten („Schiller“); Karl Fröhlich („Treue“); Paul Schüler („Zur Wahrheit“); Martin Bunzl, Eugen Winterberg, Johannes Adolf Spitz, Waldemar Busch, Theodor Trebitsch, Dr. Hans Scheuer, Ernst Steinhard, Arthur Grünfeld, Hugo Bunzl („Zukunft“).

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einer Loge durchzuführen, gleichzeitig müssten sie sich von der GLvWfÖ beurlauben lassen.274 Außerdem richtete er ein Ansuchen an die UGL, den Brüdern in London das Licht unter der Patronanz seiner Großloge zu erteilen. Erst ab diesem Zeitpunkt dürfte die UGL sich ernsthaft mit der Problematik der österreichischen Freimaurer in London beschäftigt haben. Am 23. Dezember 1948 ersuchte der UGL-Grand Secretary Sir Sidney White den Past Master der „Pilgrim Lodge No 238“, Frank Bernhart, um eine Unterredung, in der er ihn damit beauftragte, sich der Sache anzunehmen.275 Die altehrwürdige „Pilgrim Lodge“ arbeitete nach einem deutschen Ritual, und ihre Mitglieder waren der deutschen Sprache mächtig. In der Folge kam es zu einigen Treffen zwischen Sir White und Bernhart, die dieser in einem Brief am 31. März 1949 zusammenfasste: White verwies auf die „Deutschland Lodge No 3315“, die seit Februar 1940 nicht mehr rituell gearbeitet und mit 1941 auch den Kontakt zur UGL eingestellt habe. Diese Loge solle Bernhart und drei bis vier seiner Brüder affiliieren, um neues Leben eingehaucht zu bekommen und dann in zwei bis drei Zeremonien die 41 Freimaurer aus Österreich zu affiliieren. Danach würde die UGL einer Namensänderung in „Mozart Lodge“ zustimmen. Gleichzeitig müsste sich die Loge verpflichten, spätestens ab 1970 in Englisch zu arbeiten. Bernhart führte weiter aus, dass es seinen Brüdern keineswegs um den Logenschatz der „Deutschland“ gehe und dass der Großteil von ihnen schon an die 60 Jahre alt sei, sodass sie inzwischen auch ihre Söhne und Enkel dem Logenleben nahebringen würden. – Der Plan verlief jedoch sehr rasch im Sande. Daraufhin dürfte es zu einer Eigenmächtigkeit gekommen sein, um die Ereignisse zu beschleunigen:

274 Karl Kraus an Hans Heinrich Hoffmann, Brief vom 27.4.1948, in: GLvÖ-Archiv. 275 Bernhart wurde 1895 in Brünn geboren und am 16.11.1924 in Wien in die Loge „Schiller“ aufgenommen. Später übersiedelte er nach England und wurde am 15.2.1934 in der „Pilgrim Lodge“ aufgenommen, 1938/39 übernahm er das Amt des Stuhlmeisters. Bereits im März 1938 wurde er von Rudolf Kien über die dortigen Vorgänge informiert und um Hilfe gebeten. Siehe dazu: Frank Bernhart: [Vortrag ohne Titel über die Gründung der Loge „Mozart“, 1961], in: GLvÖArchiv.

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„Erst vor etwa 3 Tagen hatte ich Gelegenheit, mit einem unserer BBr. in London

zu sprechen, der über die dortigen Verhältnisse genau informiert ist, weil er

selbst, als gewählter M.v.St. der L. ‚Friendship‘ der österr. BBr. daran sehr in-

teressiert ist. Zunächst aber zu den Arbeiten der ‚Friendship‘ in London: Man

kommt dort regelmäßig in einem Raum, der sonst der Methodistenkirche dient

und für die Zusammenkünfte zum Tempel umgestellt wird, zusammen. Gearbei-

tet wird nach unserem Rituale, nur ohne den Lichtern, weil das Licht dort noch

nicht eingebracht wurde. Trotz des englischen Namens der L. wird in deutscher

Sprache gearbeitet. Nach meiner bescheidenen Meinung ist das, was in London

von unseren Brr. gemacht wird, etwas, was in keiner Konstitution steht, weil in diesen auch für solche Ausnahmefälle, wie dieser, nichts vorgesehen werden

konnte. Jedenfalls stehen die dortigen BBr. auf dem Standpunkte, die Entscheidung der G.L. von England abzuwarten, wie sie sich gegenüber der G.L. von

Wien verhält.“276

Der erwähnte Stuhlmeister war kein anderer als Hans Heinrich Hoffmann.277 Die Reaktion der UGL hierauf ist nicht bekannt, doch in jedem Fall konnte Frank Bernhart letztendlich doch noch den der Konstitution entsprechenden Weg gehen: In einem Schreiben vom 28. Jänner 1950 an Sir White teilte er ihm mit, dass er die erforderliche Anzahl englischer Br. nennen könne, welche die Gründung einer „Mozart Lodge“ unterstützen würden. Dies waren John Harrison PGD, The Hon. Maj. H. Fletcher-Moulton MC PGD, Lt. Col. H. C. Bruce Wilson CBE PGD, Frank J. Gerson PM, George W. Hookham PM, J. L. Smit MM, S. K. Westman MM, Frank Bernhart LGR, Philip Bysher PM. Bis auf Wilson waren alle von der „Pilgrim Lodge“. Somit konnte am 5. Februar 1950 mit den konkreten Vorbereitungen zu Logengründung begonnen werden. Der „Mozart Circle“ traf sich am 4. März 1950, Hoffmann fasste die Gespräche zusammen: Es wurde beteuert, dass die 47 Brüder sich nach der Affiliation in die zu gründende „Mozart Lodge“ von ihren englischen Gründern in allen wichtigen Fragen beraten lassen würden. Geplant wurden eine School of Instructions und die Umwandlung des „Mozart-Circles“ in einen sozialen Verein. Auch die zu erwartenden finanziellen Aufwendungen für die Ausstat276 Karl Kraus an J. M. Heisstein, Brief vom 12.10.1949, in: GLvÖ-Archiv. 277 Karl Kraus und Otto Ronge an Dr. Leopold Zechner, Brief vom 16.5.1949, in: GLvÖ-Archiv.

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tung der Loge und die Verpflichtungen für Räumlichkeiten in der Free Masons Hall in der Great Queen Street wurden bereitgestellt, wofür ein eigener Fonds errichtet wurde. Im Zuge ihrer Arbeit vom 13. April 1950 stimmte die „Pilgrim Lodge“ geschlossen für die formelle Unterstützung der Gründung der „Mozart Lodge“. In seinem Schreiben vom 19. April 1950 übermittelte White die Bewilligung des Vorhabens durch den englischen Grand Master. Als die sieben englischen Gründungsmeister fungierten John Harrison PGD (Worship Master); Frank Bernhart LGR (Senior Warden); Lt. Col. H. C. Bruce Wilson, PGD ( Junior Warden); The Hon. Maj. H. Fletcher-Moulton MC PGD; H. M. Pegg; J. L. Smit, E. B. Babler. Eine letzte Hürde entstand, weil einige Br. noch immer keine gültigen Papiere hatten, doch es wurde akzeptiert, dass Wladimir Misař als ehemaliger Großsekretär für ihre Identität bürgen könne. Als Tag der Einweihung wurde der 12. Juni 1950 fixiert. Die Arbeitstafel in der Free Masons Hall sah vor, dass die regulären Treffen der „Mozart Lodge“ an jedem zweiten Samstag im Jänner, März und September sowie am vierten Samstag des Juni stattfinden würden.

Die verhinderte Loge „Humanitas“ in Sydney Australien stand in den 1930er-Jahren in enger Abhängigkeit zum englischen Mutterland und suchte im Sinne der „White Australian Policy“ jede weitere Einwanderung aus Asien zu unterbinden. Doch auch gegen Juden konnten die Einwanderungsbestimmungen verwendet werden. Erst beim Massenansturm von 1938 wurden diese etwas gelockert, sodass an die 7.000 Flüchtlinge aus Mitteleuropa, darunter an die 2.000 Österreicher – unter ihnen viele Juden – in Sydney, Melbourne und Brisbane Aufnahme fanden. Vor allem in Sydney fanden sich österreichische Freimaurer zusammen, wobei auch solche aus der Tschechoslowakei und Ungarn eingeladen waren. Ihr Sprecher Eduard Korten schrieb im Sommer 1946 nach Wien: „Wir erwägen, unserer formlosen Vereinigung allenfalls maurerische Form, etwa als Kränzchen, zu geben. Wir wollen und werden nichts unternehmen, das den freimaurerischen Gesetzen zuwiderläuft, und wären dankbar für bezügliche Anleitung. (...) Um in Australien als Br. Freimaurer angesehen zu werden, muss man ein Meister-Zertifikat besitzen. Fast alle Br.:, die auswanderten, haben ihr Zertifikat vernichtet, weshalb

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ich ersucht wurde, die Großloge zu bitten, den unten angeführten Br.: einen Meisterbrief auszustellen.“278 Dies sollte sich noch weiterhin ein großes Problem darstellen, da die hierfür benötigten Urkunden aus der Zeit vor 1938 nicht mehr vorhanden waren.279 Doch das Kränzchen entwickelte sich gut und konnte an die 15 Mitglieder verzeichnen, in dem ohne Ritual Vorträge in maurerischem Sinne durchgeführt wurden, was auf Dauer aber unbefriedigend war. Daher wurde bei der GLvWfÖ angefragt, ob diese die neu zu gründende Loge unter ihren Schutz nehmen und einen Bruder für die Lichteinbringung namhaft machen könne. Sollte sie dazu nicht in der Lage sein und es dennoch zu einer Logengründung durch sieben Meister kommen, so wurde gefragt, ob die GLvWfÖ diese zu einem späteren Zeitpunkt unter ihren Schutz nehmen würde. In jedem Fall dürfte die GLvWfÖ den Wunsch einer Logengründung in Sydney in enger Korrespondenz mit jenem aus London behandelt haben. Im Juli 1948 erbaten Rudolph John Carver, Charles William Heins, Jakob Max Heisstein, Victor Karp, Julius Kein, Dr. Edward Korten, Oskar Ledermann, Ernest Munster, Henry Shipp (eig. Heinrich Schütz), Kurt Singer, Dr. Martin Singer und Hans Taussig überaus förmlich die GLvWfÖ um die Erlaubnis, eine Arbeit unter freiem Himmel zwecks Gründung der Loge „Humanitas, Sydney“ abhalten zu dürfen.280 Nach einem positiven Antwortschreiben der GLvWfÖ wurde am 8. November 1948 im Zuge einer Arbeit I. Grades unter freiem Himmel die Loge „Humanitas, Sydney“ gegründet; Heisstein wurde zum Stuhlmeister ernannt, Henry Shipp zum Sekretär. Die Planungen gingen schon weiter: „Der nächste Schritt wäre nunmehr die Lichteinbringung durch jene Großloge, unter deren Schutz unsere Loge gegründet worden ist. Wir erbitten hierüber Ihre Weisungen. Für den Fall, dass Sie die Lichteinbringung im Wege der Delegation durchgeführt sehen wollen, schlagen wir als Delegierte zu Ihrer Wahl zwei Br.: vor, die nach Jahren bzw. Zugehörigkeit 278 Edward Korten an Karl Doppler, Brief vom 18.9.1946, in: GLvÖ-Archiv. Genannt werden Rudolf Schnitzer, Karl Heinsheimer, Ernst Münster, Dr. Richard Ausch, Dr. Heinrich Schütz, Dr. Hans Taussig, Max Heisstein, Rudolf Kien, Dr. Eduard Korten, Oskar Ledermann, Eugen Zucker, Dr. Martin Singer und Berthold Löwinger. Außerdem lebten in Australien Dr. Berthold Blau und Kurt Singer. 279 [Karl Doppler] an Edward Korten, Brief vom 17.11.1946, in: GLvÖ-Archiv. 280 J. M. Heisstein an Karl Kraus, Brief vom 14.7.1948, in: GLvÖ-Archiv.

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zum Bund die Ältesten in unserer Loge sind u. zw. Br. Julius Kein und Br. Dr. Martin Singer.“281 Auf diesen Brief jedoch kam kein Antwortschreiben, sodass Henry Shipp im August 1949 erneut nach Wien schrieb und völlig richtig vermutete, dass die Verzögerung nur an der UGL liegen könne. Tatsächlich dauerte es bis zum Mai 1951, bis neuerlich ein Brief nach Wien geschickt wurde, diesmal direkt an den Großmeister, der die vergangenen Ereignisse noch einmal rekapituliert und weiter ausführt: „Wir berichteten über die abgehaltene Arbeit und gaben das Beamtenkollegium bekannt in der Erwartung, durch die Nominierung eines Vertreters des ehrw. G.M. die Lichteinbringung vorzunehmen. Diese Nominierung unterblieb, wegen eines Einspruchs der Großloge von England in einer parallelen Aktion, die in England lief und zwischenzeitig eine Lösung gefunden hat. Wir wurden neuerdings an die hiesigen frm. Behörden verwiesen; wir traten nochmals an diese heran, fanden jedoch gar kein Verständnis für unsere Situation. In der Zwischenzeit hat sich unser Kreis vergrößert; wir zählen heute ungefähr 30 Mitglieder. Die neu hinzugekommenen sind Brr., die ungarischen Logen angehörten und teilweise von Wiener Logen an uns gewiesen worden sind. Dieser erweiterte Kreis fühlt sich berufen und verpflichtet Aufgaben frm. Natur zu erfüllen und fühlt sich ebenso berechtigt eine legitime Form anzunehmen. Die Konstitution der hiesigen frm. Großbehörde hat solche Ausnahmezustände nicht vorgesehen; sie kann demnach unsere Wünsche nicht erfüllen. Nur ein Beispiel soll illustrieren, dass eine Regelung von hiesigen Stellen nicht erwartet werden kann: Mitglied einer australischen Loge kann nur ein australischer Staatsbürger sein. Die australische Staatsbürgerschaft kann man nicht vor 5 Jahren erwerben; demnach kann kein Neuankömmling australischer Frm. werden, bevor er hier 7 Jahre gelebt hat. Unser frm. Kreis ist eine äußerst wichtige Institution für die hier gelandeten europäischen Frm. geworden, die mit Recht erwarten, einen Kreis von Gleichgesinnten vorzufinden. Diese Tatsache allein rechtfertigt eine formale Existenz unserer Vereinigung, die den frm. Aufgabenkreis erweitern könnte, wenn ihr die entsprechende Legitimation erteilt wird. Alle diese Gründe veranlassen uns, an Dich, erw. Br. 281

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Henry Shipp an Karl Kraus, Brief vom 24.2.1947, in: GLvÖ-Archiv.

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G.M. nochmals heranzutreten, unsere Angelegenheit noch einer neuerlichen Prüfung zu unterwerfen. Eine Lösung, wie England sie fand, halten wir hier für nicht erlangbar. Das seinerzeitige Veto der Engl. G.L. konnte natürlich nicht uns betreffen. Ich glaube auch nicht, dass die Engl. G.L. irgendwelche Konsequenzen ziehen wird, aus einer Konzession, die die Gr. L. von Wien uns gegenüber gewähren würde. Nicht einmal die austral. Großlogen sind vereinigt, vielmehr gibt es eine Großloge von New South Wales, von Victoria, von Queensland, etc., die alle autonom sind. Die einzige Folgerung, die die Großloge von Wien zu befürchten hätte, ist keine Anerkennung der Großloge von New South Wales zu finden, wenn man ihr verübeln würde, dass sie uns unter ihren Schutz nahm. Es ist aber eher anzunehmen, dass die hiesige frm. Behörde, wenn auch nur inoffiziell, froh sein würde, auf diese Weise eine ihr ständig unangenehmer werdende Angelegenheit los zu werden.“282

In seinem Antwortschreiben verwies der neue Großsekretär Rudolf Rappos darauf, dass auch der Großmeister sich nicht über das Sprengelrecht hinwegsetzen könne: „Auf der Suche nach einem Ausweg hat der Br. GM. dem G. BrR. vorgeschlagen, den beiliegenden Brief an die für Euch zuständige australische G.L. zu schreiben und gibt Euch gleichzeitig eine vorläufige Arbeitsbewilligung nach § 29 Konst. Diese berechtigt Euch im Sinne des § 32 Konst. allgemeine Konferenzen abzuhalten, in diesen administrative Angelegenheiten zu erledigen, Aufnahms- und Affiliationsgesuche in Behandlung zu nehmen und das Informationsverfahren hierüber durchzuführen – die Abhaltung der rituellen Arbeiten dagegen, die Vornahme von Kugelungen über Suchende und Affiliationswerber, sowie über Vorschläge zur Lohnerhöhung kann erst vorgenommen werden, wenn die endgültige Arbeitsbewilligung erteilt wurde. Die feierliche Aufnahme und Affiliation, Beförderungen und Erhebungen können erst nach erfolgter Lichteinbringung erfolgen.“283

282 J. M. Heisstein an Bernhard Scheichelbauer, Brief vom 16.5.1951, in: GLvÖ-Archiv. 283 Rudolf Rappos an J. M. Heisstein, Brief vom 8.6.1951, in: GLvÖ-Archiv.

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Aus dem beigelegten Schreiben an die australische Großbehörde geht hervor, dass die vorläufige Arbeitsbewilligung sich vom 1. Juli 1951 bis zum 1. Juli 1952 erstreckte, gleichzeitig wurde appelliert: „We therefore apply to you with the question how the request of those Brethern could be granted without breaking the rules of masonry. If it should be impossible for your M.: W.: Grand Lodge to grant our Brethern the constitution of a regular Lodge of their own, and to take it under your protection, could you not then silently tolerate the consecration of such a Lodge under our iurisdiction, until the conditions are such you may accept its protection.“284 Hierüber herrschte große Freude in Sydney, doch der weitere Gang der Dinge verzögerte sich, weil einmal mehr das letzte Wort bei der UGL lag: „Der Großsekretär der Großloge von New South Wales, Br. Miller, wurde nach London entsandt, um dort als Vertreter der hiesigen Großloge bei der Einsetzung des Gr. M. der Großloge von England anwesend zu sein. Es wurde uns durch Mittelspersonen bekannt gegeben, dass der Brief der Großloge von Wien mit den frm. Großbehörden besprochen werden wird.“285 Erneut vergingen etliche Monate, im Juli 1952 hieß es wiederum, dass die Causa in Verhandlung sei, gleichzeitig wurde auf die Notwendigkeit verwiesen, dass die österreichischen Brüder formelle Meisterbriefe in deutscher und lateinischer Sprache mit zahlreichen Unterschriften versehen vorweisen müssten.286 Dies stellte nun die GLvWfÖ einmal mehr vor unlösbare Probleme, denn es gab keine schriftlichen Belege mehr über Logenzugehörigkeiten und Erhebungstermine. Erneut verging mehr als ein Jahr, ohne dass eine der Konstitution entsprechende Lösung gefunden werden konnte. Ein kurzer Hoffnungsschimmer war die Anerkennung der GLvWfÖ durch die United Grand Lodge of New South Wales infolge der Anerkennung durch die UGL, doch trotz eines Briefes mit zahlreichen Daten zu einzelnen Meistern blieben die bürokratischen Hindernisse ungelöst.287 Heisstein schlug daher vor, wenigstens sieben österreichische Meister mit den benötigten Papieren auszustatten, außerdem sollten spezielle Besucherkarten für sieben ungarische Brü284 285 286 287

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Ebd. J. M. Heisstein an Rudolf Rappos, Brief vom 9.11.1951, in: GLvÖ-Archiv. J. M. Heisstein an Rudolf Rappos, Brief vom 31.7.1952, in: GLvÖ-Archiv. Rudolf Rappos an J. M. Heisstein, Brief vom 26.8.1953, in: GLvÖ-Archiv.

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der ausgestellt werden. Gleichzeitig heißt es resignierend: „In der altehrwürdigen Constitution ist es nicht vorgesehen, dass jemals BBr:. ohne Dokumente flüchten müssen, all ihr Hab und Gut zurücklassend, und dass Logen unter den schlimmsten Umständen ‚aufgelöst‘ werden.“288 Das Jahr 1954 brachte das Ende aller Hoffnungen, Grand Secretary James Miller informierte die GLvWfÖ, dass die österreichischen Brüder sich um eine Affiliation in bestehende Logen bemühen könnten, sofern sie über die entsprechenden Papiere verfügten: „I was further directed to advise you that it is not the practice for this Grand Lodge to grant Charters to sectional Lodges.“289 Zwar hatte die United Grand Lodge of New South Wales inzwischen sieben Wiener Brüder anerkannt, sodass diese um Affiliation ansuchen könnten: „Es ist aber kaum anzunehmen, dass eine der hiesigen Logen den Gedanken ernstlich erwägen würde europäische Frm. in größerer Anzahl aufzunehmen.“290 Die GLvWfÖ versuchte zwar noch, durch einen Brief mit Verweis auf die Loge „Mozart“ in London und über ihren Großrepräsentanten Lindsay zu intervenieren, doch die Entscheidung blieb unumstößlich.291 Die „Humanitas“ arbeitete somit in formloser Art und Weise weiter, erfreute sich aber bei ihren Mitgliedern auch weiterhin großer Beliebtheit: „Eine äußerst wichtige Erscheinung unseres formlosen frm. Bestandes bildet die Tatsache, dass wir es vermochten Brr. österreichischer Herkunft, die in australischen Logen das frm. Licht erhielten für uns zu interessieren und heute eine Anzahl von diesen zu unseren ständigen Mitgliedern zählen.“292 Die Feier zu ihrem zehnjährigen Bestehen 1956 bildete einen kleinen Höhepunkt.293 Die Korrespondenz mit der GLvWfÖ wurde noch etliche Jahre weitergeführt.

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J. M. Heisstein an Rudolf Rappos, Brief vom 15.11.1953, in: GLvÖ-Archiv. James Miller an Rudolf Rappos, Brief vom 28.1.1954, in: GLvÖ-Archiv. J. M. Heisstein an Rudolf Rappos, Brief vom 24.2.1954, in: GLvÖ-Archiv. Rudolf Rappos an James Miller, Brief vom 19.3.1954, in: GLvÖ-Archiv. J. M. Heisstein an Rudolf Rappos, Brief vom 28.9.1955, in: GLvÖ-Archiv. Dr. Desider Klauber an Rudolf Rappos, Brief vom 23.8.1956, in: GLvÖ-Archiv.

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Die Logen „Lux Orientis“ und „Humanitas in The Far East“ in Schanghai Schanghai war nicht erst seit dem 19. Jahrhundert einer der wichtigsten Häfen Asiens und daher auch Wohnort von Menschen aus aller Welt. Darunter befanden sich Anfang der 1930er-Jahre auch etliche Freimaurer aus den Nachfolgestaaten der Donaumonarchie, sie waren großteils ehemalige Soldaten, die nach dem Ersten Weltkrieg für lange Jahre in russische Kriegsgefangenschaft geraten waren. 14 von ihnen kamen am 3. November 1931 auf Einladung von Dr. Friedrich Reiss in dessen Wohnung in Wien zusammen. Dieser präsentierte die Idee, die deutschsprachigen Maurer in Schanghai unter der Jurisdiktion der GLvW zu sammeln. Diese zögerte jedoch, da ihr außer Reiss kein einziger der Brüder bekannt war. Zudem gab es damals in Schanghai fünf Logen englischer, vier schottischer, drei amerikanischer und zwei irischer Konstitution, die der geplanten Neugründung eher misstrauisch gegenüberstanden. Durch eine intensive Korrespondenz konnten jedoch die Bedenken der Großlogen in England und Wien zerstreut werden, sodass die GLvW am 27. Oktober 1932 die Ermächtigung zur provisorischen Arbeit erteilte. Dr. Reiss wurde zum ersten Stuhlmeister gewählt, F. J. Fikerment zum Schriftführer. Zusammen mit dem Distriktsgroßmeister Henry J. Clark der Distriktsgroßloge englischer Konstitution in Schanghai konnten Vorbereitungen für die Lichteinbringung in die Loge „Lux Orientis“ getroffen werden. Diese fand vor 300 Besuchern in der Masonic Hall von Schanghai statt, es wurde ein ins Englische übersetztes Wiener Ritual verwendet.294 Der enthusiastische Tonfall im vorliegenden Bericht von F. J. Fikerment hält auch weiterhin an, er berichtet, dass die Unterstützung der Logen anderer Konstitutionen und Sprachen ungebrochen anhielt und dass durch die Erteilung der Ehrenmitgliedschaft an H. J. Clark die Bande zu den englischen Logen gefestigt wurden. Stuhlmeister Reiss nahm auch an Sitzungen des von Clark geleiteten Masonic Advisory Council for China teil und berichtete über die Freimaurerei in Österreich. Bei den Arbeiten der „Lux Orientis“ wurde die Zahl der Mitglieder von jener der Gäste um fast das Fünffache übertroffen, weshalb die Baustücke auch auf Englisch vorgetragen wurden. Ohne Zweifel interessierten sich die Brüder 294 F. J. Fikerment: Aus der Loge „Lux Orientis“ Shanghai, in: WFZ 3/1935, S. 42–43.

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auch für das fremdartige Ritual: „Die Einführung der hier unbekannten St. Johannisarbeit im Juni, deren Pièce de resistance, neben den musikalischen Darbietungen, stets der prachtvolle Vorgang des Dechanten der anglikanischen Holy Trinity Cathedral, Br. Dean A. C. S. Trivett, bildete, wurde nicht nur von uns selbst, sondern auch von den Besuchern aller Nationen und Konfessionen als würdiger, geistig erhebender Abschluss der Arbeiten vor den Sommerferien betrachtet.295 Außerdem sprach bei der Feier der Dep. Distriktsgroßmeister der Großloge von Massachusetts T. R. Porter.296 Die Bedeutung der „Lux Orientis“ sah Fikerment als Vorposten der Großloge von Wien mit dem Auftrag, deren Grundsätze von Humanität, Völkerversöhnung und Friedensliebe im fernen Osten zu vertreten – auch im ökonomischen Bereich. Die „Lux Orientis“ existierte bis 1938, genauer gesagt bis zur Zerschlagung der GLvW durch die Nazis – doch mehr darüber später. Bis zu 5.000 jüdische Flüchtlinge aus Österreich und etwa 8.000 aus Deutschland kamen ins Exil nach Schanghai. Dieses war der einzige Hafen, für den kein Visum benötigt wurde, gleichzeitig aber war es das Exil letzter Klasse: Die völlig fremde Umgebung, die schwer zugängliche Mentalität der chinesischen Bevölkerung, das extreme Klima, in dem sich glühende Hitze und sintflutartige Regenfälle abwechselten, aber auch tropische Krankheiten machten den Neuankömmlingen zu schaffen. Doch das größte Problem waren die sklavenähnlichen Arbeitsverhältnisse der Chinesen, diese „malochten“ mitunter für ein Schale Reis am Tag – das konnte ein Europäer beim besten Willen nicht unterbieten. Unterstützt wurden die Flüchtlinge zumeist von jüdischen Hilfskomitees. Die mondäne Kultur der ansässigen Europäer blieb ihnen verschlossen bzw. war bestenfalls durch den Dienstboteneingang zu erreichen. Im Zuge des Krieges im Pazifik besetzten die Japaner 1942 Schanghai, im Februar 1943 erließen sie einen Befehl zur Internierung der „staatenlosen Flüchtlinge“, was einen erneuten Rückfall in Elend und Armut bedeutete. Zudem wurde dieses Ghetto am 17. Juli 1945 von amerikanischen Bomben getroffen. Lange Jahre blieb das weitere Schicksal der österreichischen Freimaurer im Fernen Osten im Dunkeln. Auf einen nicht erhaltenen Brief des Großmeisters Doppler erfolgte eine Antwort von Theodor Sussmann: 295 Ebd., S. 43–44. 296 W. M. [Wladimir Misař]: Rechenschaftsbericht, in: WFZ 1/1935, S. 7–8.

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„Ich muss zu meinem größten Leidwesen berichten, dass die Br.: der hiesigen unter Wiener Obrigkeit gestandenen Loge ‚Lux Orientis‘ alles eher waren als das, was wir in Wien als Br.: Freimaurer zu bezeichnen gewohnt waren. Von einem weichen Herzen keine Rede, aber schöne Reden ohne Taten. Leider muss ich auch erwähnen, dass die hier eingewanderten Br.: aus Wien in vielen Fällen selbst große Versager waren. Von den englischen und amerikanischen Br.: will ich und muss ich schweigen, da wir von ihnen nach der Kriegserklärung als feindliche Ausländer betrachtet wurden, denen von ihrer Großloge jeder Verkehr mit uns untersagt war. Im Anfang unseres Hierseins (ich kam Ende 1938 hierher) hatte der eine oder andere von uns Gelegenheit einer Loge als eingeführter Gast beizuwohnen, später war dies unmöglich. (...) Ich habe versucht, die hierher gekommenen Br.: (18) zu sammeln, was mir auch gelang. Als wir aber weiter gingen und die hierher eingewanderten deutschen Br.: mit uns vereinigten, zeigte sich bald eine uns fremde freimaurerische Wesensart, trotzdem wir alles für einen innigen Zusammenhalt taten. Leider hat sich die Lux Orientis gerade in dieser für uns so schwierigen Situation als vollkommener Versager gezeigt. Der pazifische Krieg setzte diesen semifreimaurerischen Zusammenkünften ein Ende und nur einige Wiener Br.: haben den Zusammenhalt nicht verloren. Zwei von ihnen haben in den letzten Tagen Shanghai verlassen. David Steiner von der Kosmos ging nach USA zu seiner Tochter, der andere, Br.: Josef Weitzmann von der Zukunft, ging mit seiner Tochter nach Bolivien. (...) Trotz aller Enttäuschungen werfe ich die Flinte nicht ins Korn und will weiter für die Verbrüderung arbeiten und beabsichtige zu diesem Zwecke in eine hiesige englische Loge einzutreten, eine diesbezügliche Zusage habe ich bereits, doch benötige ich eine Bestätigung, dass ich ein Freimaurer bin.“297

Die GLvWfÖ bemühte sich daraufhin, die gewünschten Logenpässe auszustellen, was sich aber bis Mai 1947 hinauszögerte. Großsekretär Kraus erkundigte sich auch eingehend nach der „Lux Orientis“, um „von Wien die Auflösung dieser L. vorzunehmen bzw. ihr die Anerkennung [zu] entziehen“.298 Am 24. Mai 1947 schrieben die Meisterbrüder Dr. Theodor Sussmann, Dr. Ernst 297 Theodor Sussmann an Karl Doppler, Brief vom 23.1.1947, in: GLvÖ-Archiv. 298 Karl Kraus an Theodor Sussmann, Brief vom 4.5.1947, in: GLvÖ-Archiv.

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Strauss, Dr. Julius Stefanski, Ing. Benno Szanto, Dr. Oskar Hoffmann, Robert Rosenbaum an die GLvWfÖ, um erneut darauf zu drängen, ihnen eine masonische Betätigung zu ermöglichen: „Wir haben uns in den nunmehr acht Jahren unseres Shanghaier Aufenthaltes nach Kräften bemüht, etwas von dem Geiste unserer geliebten Wiener Bauhütte aufrecht zu erhalten und im maurerischen Sinne zu wirken. Dies wurde uns nicht allzu leicht gemacht, denn von den hier alteingesessenen englischen, schottischen, chinesischen und Philipino-Logen wurde uns als Emigranten die kalte Schulter gezeigt. Umso mehr haben wir uns untereinander zusammengeschlossen, und wenn unsere Kette auch klein ist, so steht sie an Festigkeit keiner anderen nach. Seit Kriegsende können wir uns in formloser Weise wieder regelmäßig treffen. (...) In Shanghai arbeitete vor dem Kriege eine Bauhütte der Wiener Großloge, Lux Orientis, die nicht mehr besteht, aber unseres Wissens niemals eingeschläfert wurde. Mit einigen dieser Br. stehen wir in gutem Einvernehmen, wenn auch die Loge als ganze uns keineswegs die Brüderlichkeit bewiesen hat, die wir von Br. derselben Großloge erwarten zu können glaubten. Vielleicht wäre es möglich, diese Bauhütte, eventuell in Verbindung mit diesen Br. einfach mit ihrer Genehmigung fortzusetzen.“299

Weiters verweist das Schreiben auf den Wunsch, wieder geregelt maurerisch arbeiten zu können, weshalb man dringend auf Dr. Theodor Frischauer, Wilhelm Mayer und Dr. Max Steingraber zurückgreifen wolle, die zum Zeitpunkt ihrer Flucht aus Wien noch Lehrlinge waren. „Aus allen diesen Gründen (...) haben wir uns entschlossen, in einer Meisterversammlung unter freiem Himmel und unter Zuziehung reichsdeutscher Br. den genannten Br. Lehrlingen in würdiger Form die Information des zweiten Grades zu erteilen und bitten nachträglich um Ihre Genehmigung.“300 Die Großloge wird des Weiteren um Erlaubnis ersucht, diese nun in den Dritten Grad erheben und darüber hinaus neue Suchende aufnehmen zu dürfen, um den Fortbestand der 299 Dr. Theodor Sussmann, Dr. Ernst Strauss, Dr. Julius Stefanski, Ing. Benno Szanto, Dr. Oskar Hoffmann, Robert Rosenbaum an die GLvWfÖ, z. Hd. Dr. Karl Doppler, Brief vom 24.5.1947, in: GLvÖ-Archiv. 300 Ebd.

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österreichischen Freimaurer in Schanghai zu gewährleisten. Inzwischen hatte die 4. Bundesversammlung am 11. März 1947 die Loge „Lux Orientis“ suspendiert.301 Möglicherweise hat die problematische Situation in Schanghai den Großbeamtenrat auch dazu bewogen, in der Sitzung vom 9. Mai 1947 folgenden Beschluss zu fassen: „a) Brr., die vor der Emigration nicht gedeckt haben, können ohne weiteres Verfahren einer unter dem Schutze der Großloge von Wien arbeitenden Loge als ordentliche Mitglieder angehören. b) Brr., die nicht gedeckt haben und einem ausländischen Orient beigetreten sind, verlieren ihre Mitgliedschaft bei einer inländischen Loge nicht, es sein denn, dass der Br. um seine Deckung angesucht hat (Paragraph 89, 2. Satz der Konstitution). Ist die Loge, welcher er früher angehört hat, nicht wiedererweckt worden, dann hat dieser Br. sich zu entscheiden, welcher gegenwärtig arbeitenden Loge er anzugehören wünscht. c) Affiliationsansuchen von Brrn., die einem fremden Oriente angehört haben, in welchem eine frm. Tätigkeit derzeit nicht stattfindet, sind dem Vorprüfungsausschuss zuzuweisen, der insbesonders Erhebungen über die politische Betätigung des Affiliationswerbers nach Paragraph 1 der Konstitution anzustellen hat.“302

Im Antwortschreiben der GLvWfÖ vom 29. September 1947 heißt es, „dass Lohnerhöhungen nur von einer ger. und vollk. L. vorgenommen werden können. Muss aus diesem aus irgendwelchen Gründen von diesem auf der ganzen Welt gültigen Grundsatz aus irgendwelchen Gründen ausnahmsweise einmal abgewichen werden, dann ist ausschließlich der erw. Br. GrM. berufen, einen Dispens zu erteilen, der vorher einzuholen ist. Andernfalls kommt eine solche Informationserteilung einer Verletzung der frm. Verschwiegenheitspflicht gleich.“303 Dennoch wird bezüglich der Erhebungen in den Dritten Grad empfohlen, sich diesmal vorher an den Großbeamtenrat zu wenden. Weitere bürokratische Hindernisse erschließt ein Brief des Großsekretärs an Sussmann: Robert Rosenbaum, Dr. Ernst Strauss, Dr. Oskar Hoffmann, Dr. 301 12. Tafel der GLvWfÖ vom 1.3.1947, in: GLvÖ-Archiv. 302 21. Tafel der GLvWfÖ vom 24.6.1947, in: GLvÖ-Archiv. 303 Otto Ronge und Karl Kraus an Theodor Sussmann, Brief vom 29.9.1947, in: GLvÖ-Archiv.

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Theodor Frischauer und Dr. Max Steingraber könnten erst dann Logenpässe ausgestellt werden, wenn sie Mitglieder einer der beiden in Wien ansässigen Logen „Zukunft“ und „Lessing“ seien, die in der Zwischenzeit aus der ursprünglichen „Humanitas renata“ hervorgegangen waren.304 Sussmann versuchte daraufhin, die Eigenmächtigkeit durch die besondere Treue der beförderten Lehrlinge zu rechtfertigen: „Wir verstehen sehr wohl Ihre Haltung, unseren Schritt nicht ausdrücklich genehmigen zu wollen, hoffen aber im Sinne der Tradition der Wiener Großloge, den Inhalt vor die Form zu stellen, auf Verständnis und Nachsicht.“305 Für die Erhebung zum Meistergrad war natürlich kein rituelles Provisorium vorgesehen, daher ersuchte man erneut um eine reguläre Lösung, ein Vorschlag hierfür lag auch bei: „Außer uns Wiener Br. leben hier eine Anzahl von Br. früherer deutscher Logen, die den kühnen Schritt gewagt haben, sich als Loge unter der Bezeichnung ‚Humanitas in The Far East‘ zu konstituieren. Da die Verfassungsmäßigkeit dieser Gründung mehr als fraglich war, mussten wir uns fernhalten, haben aber das Werk, das wir immerhin als freimaurerisches betrachteten, auf andere Weise, z.B. finanziell gefördert. Zu unserer großen Überraschung wurde nunmehr diese Gründung durch Schreiben des Großmeisters der Großen Loge von Hamburg, Pastor Hintze, auf Grund eines Beschlusses des Großbeamtenrates als Tochterloge der Großen Loge von Hamburg angenommen und ihr überdies die Ermächtigung erteilt, sich schon mit der Absendung des formellen Annahme-Gesuchs und vor Eintreffen des formellen Charakters als Tochterloge zu betrachten und als solche zu arbeiten. Es wäre für Sie ein leichtes, sich, falls Sie es als notwendig betrachten, bei der Großen Loge von Hamburg zu informieren. Wenn Sie nun unsere Ansicht über die Verfassungsmäßigkeit dieser Loge teilen, so bestünde die Möglichkeit, die Meistererhebung der in Frage kommenden Br. im Delegationswege durch diese durchzuführen.“306

304 Karl Kraus an Theodor Sussmann, Brief vom 21.10.1947, in: GLvÖ-Archiv. 305 Theodor Sussmann an den Großbeamtenrat der GLvWfÖ, Brief vom 23.12.1947, in: GLvÖArchiv. 306 Ebd.

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Sussmann hatte sich in seinem ersten Brief lange um eine präzise Auskunft herumgewunden, doch das Insistieren der Großloge erbrachte folgende Antwort: „In Erledigung Ihren Anfrage bezüglich der Loge Lux Orientis haben wir mitzuteilen, dass diese Loge seit der seinerzeitigen Auflösung der Ehrw. Großloge von Wien ihre Arbeiten eingestellt hat. Der letzte M. v. St. F. I. Fickerment [sic] hat sich leider als Nazi und Führer der hiesigen Sudetendeutschen entpuppt und ist zu Beginn des Krieges nach Deutschland gegangen. Einige Mitglieder sind abgewandert, andere haben Zutritt zu Logen anderer Oriente gefunden.“307 Als Nächstes traf ein Brief der bereits genannten deutschen Loge „Humanitas In The Far East“ in Wien ein, die auf ihre Regularität verwies und darauf, dass die Wiener Brüder Strauss, Hoffmann, Rosenbaum, Sussmann, Frischauer, Steingraber und William F. Mayer zu ihren ständigen Besuchern gehören und sie auch die Beförderung der drei Letztgenannten legalisiert habe. Nun werde darum angesucht, sie auch zu Meistern erheben zu dürfen.308 Danach geriet die Korrespondenz ins Stocken, da sie in die Phase des „Interregnums“ zwischen dem Tod von Großmeister Karl Doppler im Juli 1947 und der Bestellung seines Nachfolgers Bernhard Scheichelbauer im Februar 1948 fiel. Doch Sussmann blieb in Schanghai offensichtlich unglaublich aktiv. Anfang 1949 traf ein weiterer Brief in Wien ein, in dem es heißt: „Zu unserer großen Freude kann ich Ihnen mitteilen, dass die hiesige DistriktsGroßloge von Massachusetts uns Wiener Br. hier anerkannt hat. Sie teilte uns mit, dass jene Br. aus Wien, die zur Zeit der Auflösung der Wiener Großloge Mitglieder einer Loge daselbst waren, das Recht hätten, Logen unter ihrer Obödienz zu besuchen und sogar zu affiliieren. Wahrscheinlich werden die Br., die hier bleiben wollen, von letzterem Gebrauch machen. Jedenfalls wollen wir geschlossen das erste Mal nach fast zehn Jahren am 7.1.[1949] einer Arbeit beiwohnen. Ich werde Ihnen nachher Bericht zukommen lassen. Ich glaube annehmen zu können, dass sich auch die Wiener Br. der Heimat darüber freuen. (...) Zum Schluss habe ich namens aller Br. noch einmal die Bitte vorzubringen, ob es nicht doch möglich wäre uns so rasch als möglich bezüglich der Reaktivierung der Lux Orientis einen Bescheid zu geben, da die hiesigen Behörden 307 Ebd. 308 Ernst Schidkowski an die GLvWfÖ, Brief vom 15.1.1948, in: GLvÖ-Archiv.

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dieser Logengründung sehr freundlich gegenüber stehen und uns geradezu dazu auffordern. Für uns wäre das natürlich die Erfüllung eines Herzenswunsches. Auch die Deutsch sprechenden Br. hiesiger Logen würden gerne in so einem Falle mit uns mittun. Wir stehen ganz plötzlich im Mittelpunkt des Interesses, trotzdem man sich fast 10 Jahre um uns nicht kümmerte und uns immer wieder die kalte Schulter zeigte, daher wollen wir mit Ihrer Hilfe das Eisen schmieden, so lange es noch heiß ist. Ich hoffe, Sie werden diesmal mit uns Erbarmen haben und uns so rasch als möglich antworten.“309

Plötzlich änderte sich im Antwortschreiben die Anrede vom „Sie“ zum „Du“. Großsekretär Kraus drückte seine Freude über die Kontaktaufnahme zur Grand Lodge of Massachusetts auf, auch die Frage der Logenpässe fand eine unbürokratische Lösung. Ganz offensichtlich herrschte nunmehr der Wunsch, eine Logen-Neugründung zu ermöglichen: „Wegen der Frage der Wiedererweckung der ‚Lux Orientis‘ habe ich mit dem ehrenwerten Gr. M. gesprochen, der zu folgendem Schluss gekommen ist: Er erteilt Euch jedenfalls vorerst einmal die Bewilligung zur Abhaltung einer ‚Arb. unter freiem Himmel zwecks Gründung einer L‘. Es ist mir nicht bekannt, ob ihr die von der Konstitution/ Zahl von 7 BBr. MM. erreicht.“ 310 Angefügt waren noch einige bürokratische Erfordernisse wie die genaue Ausweisung der sieben Gründungsmeister, ein schriftliches Bekenntnis zur Großloge von Wien sowie eine Liste der zu bestimmenden Beamten. Bei der nächsten Bundeshauptversammlung werde die endgültige Arbeitsbewilligung beantragt. Abschließend verweist Kraus auf die mitgesandte Festschrift der GLvWfÖ zu ihrem dreißigjährigen Bestehen, aber auch auf die Schwierigkeiten bei einem geplanten Publikationsprojekt: „Diese Zeitschrift wäre geeignet, das zwischen den Freunden im Ausland und ihrer Gr. L. immer noch bestehende Band noch inniger zu knüpfen. Denn ich kann mir wohl vorstellen, dass es Euch in Shanghai interessieren wird, was unsere Freunde in Buenos Aires, Sydney etc. zu berichten wissen.“311 Doch die historischen Ereignisse der darauf folgenden Monate machten alle guten Bemühungen zunichte. Am 25. Mai 1949 eroberten die Revoluti309 Theodor Sussmann an den Großsekretär der GLvWfÖ, Brief vom 4.1.1949, in: GLvÖ-Archiv. 310 Karl Kraus an Theodor Sussmann, Brief vom 20.1.1949, in: GLvÖ-Archiv. 311 Ebd.

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onstruppen von Mao Tse Dong die strategisch so ungemein wichtige Stadt Schanghai, und es ist anzunehmen, dass ein Fortbestand der Freimaurerei unter den neuen Machthabern nicht vorgesehen war. Die verbliebenen Brüder mit österreichischen Wurzeln dürften großteils nach Amerika oder Australien weitergeflüchtet sein. Möglicherweise auch auf die Philippinen, die damals unter amerikanischer Verwaltung standen. Einem Brief an die Grand Lodge of the Philippine Island ist zu entnehmen, dass sie Carl Neumann bereits Ende 1946 als Mitglied anerkannte. 312 Auch auf dem indischen Subkontinent gab es vereinzelt Versuche von Brüdern, in englische Logen aufgenommen zu werden, was sich aufgrund deren ebenfalls englischer Zugehörigkeit als äußerst hindernisreich erwies, wie Emil Gelles aus Bombay berichtete: „Ich bin hier im Juni 1939 angekommen und ist außer mir hier nur noch Br. Walter Langhammer (Humanitas), wir versuchten in einer der hiesigen Logen (English) Anschluss zu finden, wurden aber mit der Begründung, dass wir weder Bijou noch Logenpass haben, abgelehnt, nach Ausbruch des Krieges begründeten die Logen es damit, dass doch keine ger. Wiener Großloge existiert und wir daher nicht empfangen werden können. Großzügig hat man uns angeboten, uns als Lehrlinge anzumelden. Von Affiliierung keine Rede. Taxe ungefähr Rupies 1000,– (Schilling 3000,–) und das für Refugees!!! Im letzten Jahr war ich in einer Loge eingeladen und man hat mein in London ausgestelltes Dokument nicht anerkannt. (...) Ich brauche natürlich auch Schurz und Bijou, wie kann ich bezahlen. All das macht mir bisserl Sorge aber es wird auch ohne Schurz und Bijou gehen. Bitte mein etwas schlechtes Deutsch zu entschuldigen, aber seit nahezu 8 Jahren habe ich keine Gelegenheit zum Deutsch schreiben gehabt. Sollten Br. da sein, die mich kennen, bitte ihnen zu sagen, dass es mir sehr gut geht. Ich hatte nach paar Wochen nach meiner Ankunft gute Arbeit und bin zwar nicht reich geworden, habe aber mein gutes Auskommen und keine Sorgen, nur dass die Nazis mir 4 Schwestern, 3 Schwager, darunter den Br. Julius Bermann (Goethe) und 3 erwachsene Neffen ermordeten, kann ich nicht verwinden.“313 312 313

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Karl Doppler und Karl Kraus an The Grand Lodge of the Philippine Island, Manila, USA, Brief vom 16.11.1946, in: GLvÖ-Archiv. Emil Gelles an Karl Doppler, Brief vom 11.1.1947, in: GLvÖ-Archiv.

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Deutsche Logen in Palästina/Israel Am 26. Juli 1930 fand auf Initiative von Leo Müffelmann durch den Obersten Rat des AASR in Hamburg die Gründung der SGLD mit acht Johannislogen statt. Im Jahre 1930 beschlossen einige aus Deutschland nach Palästina ausgewanderte Brüder mit Dr. Emanuel Propper, DI Andor Fodor und Dr. Joseph Treu an der Spitze, in Jerusalem eine deutschsprachige Loge zu gründen. Hierbei war auch ein bedeutender Wiener Freimaurer zu Diensten, wie Emanuel Propper ausführt: „Im Frühjahr 1930 wandte ich mich an B:. Eugen Lennhoff mit der Bitte, mir bei der Gründung einer Gruppe der Liga […] behilflich zu sein. Br:. Lennhoff scheute keine Arbeit und eine langatmige Korrespondenz bereitete den Boden zu der Weihnachten 1930 konstituierten Landesgruppe vor. Wir beschränkten uns in diesen ersten Monaten auf die Werbung von Mitgliedern. Wir hielten mehrere Vorträge in den Logen des Or:. Jerusalem und Jaffa/ Tel-Aviv und brachten es auf die Mitgliederzahl von über sechzig Mitgliedern. Unsere Propagandaarbeit war überaus schwierig, da wir ja selbst in LigaAngelegenheiten Autodidakten waren. Unterhandlung mit den sehr formalen englischen BBr:. blieben bis heute erfolglos, weil die klare, eindeutige Erklärung der Vereinigten Großloge von England Palästina noch nicht erreicht hat.“314

Zu jener Zeit waren in Palästina die National Grand Lodge of Egypt und die Grand Lodge of Scotland vertreten, doch die neue Loge wollte sich keiner von beiden anschließen, sondern entschied sich für die SGLD. Müffelmann selbst brachte am 3. März 1931 das Licht in die neue Bauhütte ein, die den Namen „Zur Quelle Siloah“ erhielt. Die bestehenden Großlogen warfen ihr einige Steine in den Weg und quartierten sie sogar aus dem gemeinsamen Logenhaus aus. Eine der wichtigsten Stützen in diesem Kampf kam vom deutschen Arzt Dr. Julius Fröhlich, dem Stuhlmeister der Loge „Barkai“. Am 3. Jänner 1933 wurde ebenfalls in Jerusalem die Loge „Ari“ gegründet, die in hebräischer 314 Emanuel Propper: Die Freimaurerei in Palästina, in: BArch R 58/6128, Bl. 77–78.

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Sprache nach Schroeder’schem Ritual arbeitete und sich ebenfalls der SGLD unterstellte. Auch die im Jahr zuvor konstituierte National Grand Lodge of Palestine hatte keine Freude mit einer weiteren Neugründung unter fremder Obödienz, doch es gelang Propper, eine Einigung zu erzielen.315 Nach der „Machtergreifung“ der Nazis wurde die SGLD gezwungen, ihre Selbstauflösung bzw. Einschläferung bekannt zu geben, die am 28. März 1933 erfolgte. Die Loge „Zur Quelle Siloah“ jedoch erklärte in einem Akt der Eigenmächtigkeit, diesen Schritt nicht mit zu vollziehen und arbeitete weiter. Leo Müffelmann und zahlreiche Brüder waren in Deutschland verhaftet worden. Müffelmann wurde im KZ Oranienburg gefoltert und nur aufgrund seines angegriffenen Gesundheitszustandes und auf Intervention des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt im Frühjahr 1934 entlassen. Um die Reise zu tarnen, konnte er im Zuge einer Kreuzfahrt einige Tage in Jerusalem verbringen und am 24. April 1934 das Licht in die neu gegründete Loge „Libanon“ einbringen, die in Jerusalem in ungarischer Sprache arbeitete. 1938 wurde diese Loge nach Haifa verlegt, die Arbeiten erfolgten ab jetzt in hebräischer und deutscher Sprache. Doch Müffelmann kam noch in einer anderen Mission: Er brachte das Licht der SGLD nach Jerusalem, wo die Symbolische Großloge von Deutschland im Exil (SGLDE) unter Großmeister Emanuel Propper etabliert wurde. Nachdem Müffelmann am 29. August 1934 in Berlin seinen Verletzungen erlegen war, übernahmen Propper und Andor Fodor das weitere Geschick der SGLDE. Fodor war es auch, der am 14. April 1935 die Lichteinbringung in die Loge „Müffelmann zur Treue“ durchführte, die in deutscher Sprache in Tel Aviv unter Stuhlmeister Jona Ron (eig.: Julius Fröhlich) arbeitete.316 Ebenfalls 1935 wurde im Orient Jerusalem mit der Stuhlmeister-Loge „Zum kubischen Stein“ eine fünfte deutschsprachige Loge gegründet. Nach Kriegsbeginn im September 1939 wurde die SGLDE aufgefordert, über den High Commissioner of Palestine ihre Loyalität zur britischen Regierung und deren Kriegszielen zu erklären, was diese auch tat, wodurch sie während des Krieges ihre Arbeit ungestört fortsetzen konnte. Aus dieser 315

Andor Fodor: Die symbolische Großloge von Deutschland im Exil. Tel Aviv: (Eigenverlag) 1943, S. 25. 316 Jona Ron fungierte in den Jahren 1957 bis 1959 als Großmeister der Grand Lodge of the State of Israel.

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Zeit ist jedoch kein Archivmaterial vorhanden, da die Logenarchive vernichtet wurden, als das Afrikakorps der Wehrmacht vor den Toren Kairos stand und ihr Vormarsch bis Palästina zu befürchten war.317 Zum Nestor der österreichischen Freimaurer in Palästina entwickelte sich Isidor Schalit, der den ehrenvollen Beitrittsangeboten deutscher, schottischer und palästinensischer Logen widerstand, da er sich in ihnen nicht heimisch fühlte und lieber mit seinen alten Brüdern verkehrte.318 Einer seiner Briefe gibt Auskunft über die weitere Entwicklung der Freimaurerei in Palästina: „Was die freimaurerischen Verhältnisse anbelangt, so hat auch hier der Krieg verheerend eingewirkt. Vor dem Kriege gab es gemischte Logen, in denen Juden und Araber einträchtig beisammen saßen. Sie standen unter der Obödienz der ägyptischen Großloge. Alljährlich traten ihre Vertreter in Aman, der ‚Hauptstadt‘ von Transjordanien, gewöhnlich unter dem Vorsitz eines ägyptischen Prinzen zusammen. Vor 10 Jahren sagten sich die palästinen. Logen von der ägyptischen Großloge los und bildeten eine neue Großloge von Palästina. Nach einem Übereinkommen wechselte der Großmeister jedes Jahr, einmal ein Araber, einmal ein Jude. Dieses Verhältnis besteht seit etwa drei Jahren nicht mehr. Die arabischen Br. kamen immer seltener zu Arbeit. Schließlich blieben sie ganz aus. Der Besuch einer Loge war für arabische Br. lebensgefährlich geworden. Die arabische Feme spricht nur Todesurteile aus. So sind die paläst. Logen jetzt nur jüdische Logen. Sie entwickeln sich gut und bemühen sich, die Anerkennung anderer Oriente zu gewinnen. Einige Br. aus Wien sind ihnen beigetreten. Dann gibt es drei schottische Logen in Jerusalem, Haifa und in Tel Aviv. Dort arbeiten Juden und Engländer zusammen. Die Engländer sind zumeist Beamte. Die Juden sind in der Majorität. Die schottischen Logen führen ein eigenes Leben. Offiziell verkehren sie nicht mit den paläst. Logen, trotzdem sie den Tempel, es ist ein sehr schöner Tempel, gemeinsam errichtet haben. Sicher wird aber die schottische Großloge in Edinburgh die paläst. Großloge bald anerkennen. Die Br. aus Wien verkehren auch in den schott. Logen. Vor 7 Jahren war ich zu einer Festarbeit in 317 318

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50 Jahre Freimaurer Loge „Müffelmann zur Treue“ im Orient Tel Aviv. Tel Aviv: (Eigenverlag) 1985, S. 33. Isidor Schalit an die GLvWfÖ, Brief vom 15.9.1948, in: GLvÖ-Archiv.

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Jerusalem eingeladen worden. Seither habe ich nur einmal noch eine schott. Loge besucht. Ich bin halt ein altes Wrack geworden und kann nicht mehr so mit, wie ich gerne wollte. Dann gibt es noch eine sagenhafte englische Loge, die ganz aristokratisch sein soll. Ihr sollen nur drei Juden angehören: der vor Alamein gefallene englisch-jüdische General [Frederick H.] Kisch, seine Familie stammt aus Prag, der in ganz Asien bekannte Industrielle Sassoon und der Sohn des ersten High Comissioners in Palästina, Lord Samuel. Ob diese Loge in den letzten Jahren auch gearbeitet hat, ist mir unbekannt./ Die meisten unserer Br. ließen sich bei der deutschen Großloge im Exil affilieren, wohl weil hier die Sprachschwierigkeiten bei den paläst. Logen wegfielen. Aber die deutschen Logen stehen vor einer großen Entscheidung: sollen sie so weiter bestehen oder sollen sie sich der paläst. Großloge anschließen? Ein Teil der Br. ist für den Weiterbestand, ein Teil für die Auflösung. Die deutschen Logen hätten ihre Aufgabe erfüllt. Sie haben in den Tagen der Finsternis das Licht aus Deutschland genommen und treu bewahrt. Nun ist das Licht wieder in Deutschland eingebracht worden. Und damit entfällt die Pflicht, eine deutsche Loge im jüdischen Palästina aufrecht zu erhalten. Würden es übrigens die englischen Br. dulden, dass nach England geflüchtete Br. jetzt noch deutsche Logen in England aufrecht erhalten? Würden Ähnliches die Franzosen oder irgendein Volk gestatten? Ich glaube, diese Ansicht wird sich auch durchringen. Außerdem haben wir aus Wien eine maur. Notgemeinschaft gebildet, der jetzt auch Br. von Tschechien und Polen angehören, die rein karitativ wirkt und gute Arbeit geleistet hat.“319

Nach der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948 wurde die Grand Lodge of Palestine in die National Grand Lodge of Israel (NGLI) umgewandelt, die jedoch keineswegs alle im Land arbeitenden Logen umfasste. Die fünf Logen der SGLDE wurden unter Joseph Treu als Distriktsgroßloge der NGLI angegliedert. Am 19. Juni 1949 schließlich konnte die SGLDE im Zuge einer feierlichen Zeremonie in der Frankfurter Paulskirche das Licht an die Vereinigte Großloge von Deutschland zurückgeben. Doch im Vorfeld dieses Ereignisses hatte es 1947 innerhalb der Loge „Müffelmann zur Treue“ erhebliche Meinungsverschiedenheiten gegeben, sodass es zu einer Spaltung kam. Die 319 Isidor Schalit an Karl Doppler, Brief vom 8.4.1947, in: GLvÖ-Archiv.

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neue Loge unter Jona Ron nannte sich „Ner Tamid“ (Ewiges Licht), arbeitete weiterhin auf Deutsch nach dem Schroeder’schen Ritual und wurde direkt der NGLI angeschlossen.320 Erst 1953 konnten alle in Israel arbeitenden Logen unter dem Dach der Grand Lodge of the State of Israel zusammengefasst werden. Über das weitere Schicksal der deutschsprachigen Logen gibt die aus dem Jahr 1958 stammende Festschrift der Loge „Müffelmann zur Treue“ Auskunft: „Im Jahr 1955 war die Zahl der Brr. der Loge ‚Ner Tamid‘ so hoch, dass es einige Brr. für zweckmäßig erachteten, das Licht und den Charter der Loge ‚Müffelmann zur Treue‘ von Jerusalem wieder nach Tel Aviv zurückzuholen, um auch in dieser Stadt in einer zusätzlichen deutschsprachigen Loge im Sinne der Freimaurerei erfolgreich arbeiten zu können. (...) Von 1955 bis 1976 arbeiteten die zwei deutschsprachigen Logen ‚Ner Tamid‘ und ‚Müffelmann zur Treue‘ in vollem Einklang nebeneinander. Aber strittig blieb: Welche Bauhütte war im juristischen Sinne die Nachfolgeloge der 1935 gegründeten ‚Müffelmann zur Treue‘? Zwar wurde die Kompetenzfrage brüderlich-aufrichtig diskutiert, aber nie eine Entscheidung herbeigeführt. Das Dilemma konnte schließlich aus der Welt geschafft werden, indem die Brüder beider Logen 1976 beschlossen, ihre Logen zu vereinigen. Seither gibt es nur noch eine Loge ‚Müffelmann zur Treue‘.“321

1954 wurde mit der „Gaaton No 37“ in Nahariya als Tochterloge der „Libanon“ eine weitere deutschsprachige Loge in Israel gegründet.322 Doch zurück zur Nachkriegszeit: Joseph Treu, Großsekretär der SGLDE, schickte zur Wiederaufnahme der Arbeit Glückwünsche nach Wien: „Die Verbindung unserer beiderseitigen Gr. Logen haben ja nie aufgehört, denn eine ganze Anzahl Ihrer Brr.: haben in unseren Reihen ein maurerisches Heim gefunden, nachdem sie vor den Mächten der Finsternis von dort flüchten mussten, außerdem standen wir in dauernder Korrespondenz zu ihrem 320 40 Jahre Loge „Müffelmann zur Treue“. Tel Aviv: (Eigenverlag) 1975, S. 9–11. 321 Freimaurer Loge „Müffelmann zur Treue“ i. Or. Tel Aviv 1935–1985. Tel Aviv: (Eigenverlag) 1985, S. 39, 44. 322 Chronik der Freimaurer-Loge Gaaton No. 37 in Nahariya anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens. [o.O., Eigenverlag] 1974.

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Londoner Büro. (...) Ihr Vertreter bei unserer fr.: Loge ist der ehr.: Br.: Dr. Ludwig Frank, derzeit in USA (...) Vielleicht haben Sie die Güte, uns einen neuen Freundschaftsbürgen, der unsere Obödienz bei Ihrer ehrw. Gr.: Loge vertritt, vorzuschlagen. Es ist unser aller Wunsch, die innigen Beziehungen, die zwischen unseren Gr. Logen stets geherrscht haben, in aller Stärke wieder aufleben zu lassen.“323 Wie es scheint, gab es kein adäquates Antwortschreiben der GLvWfÖ, über die Gründe könnte nur gemutmaßt werden. Es folgten noch weitere, wenn auch deutlich verhaltenere Briefe von Joseph Treu. So kondolierte er 1947 zum Ableben von Karl Doppler, die Korrespondenz des Jahres 1949 dürfte sich auf die Übersendung einer Neujahrskarte beschränkt haben.324 1950 kündigte Treu die Ankunft eines Bruders zu einem Kuraufenthalt in Österreich an. Es entwickelte sich eine Folgekorrespondenz mit Großmeister Scheichelbauer, die nicht vom brüderlichen „Du“, sondern von einem kühlen „Sie“ geprägt ist.325 Doch Treu blieb auch weiterhin in Kontakt mit Wien, so bestätigte er, diesmal auf dem Briefpapier der National NGLI, die Teilnahme des Musikers Wilhelm Winkler aus Wien an Logenarbeiten in Israel.326 Doch von diesen Scharmützeln dürften die österreichischen Brüder in Palästina/Israel relativ unberührt geblieben sein, denn sie waren von großen existenziellen Sorgen geplagt, sodass alte Freundschaften nur bedingt gepflegt werden konnten: „Von einem ununterbrochen engen persönlichen Kontakt, wie wir ihn seinerzeit in Wien hatten, ist allerdings nicht die Rede. (...) Es ist uns bisher gelungen, alle unsere Freunde beruflich unterzubringen, obwohl es sich vielfach nur um sehr subalterne und nicht gesicherte Stellungen handelt (vielfach in Kriegsämtern und militärischen Büros); gesicherte und auskömmliche Existenzen sind hier viel seltener, als sie es früher einmal in Mitteleuropa waren. Im Vergleich zu den augenblicklichen Wiener Verhältnissen ist vor allem die 323 Joseph Treu an Karl Doppler, Brief vom 25.11.1946, in: GLvÖ-Archiv. 324 Joseph Treu an Karl Kraus, Brief vom 14.9.1947. SGDE an die GLvWfÖ [Neujahrskarte o.D., eingelangt am 5.2.1949], in: GLvÖ-Archiv. 325 Joseph Treu an Karl Kraus, Brief vom 1.5.1950. Bernhard Scheichelbauer an Joseph Treu, Brief vom 27.6.1950, in: GLvÖ-Archiv. 326 Joseph Treu an Bernhard Scheichelbauer, Brief vom 1.6.1950, in: GLvÖ-Archiv.

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verhältnismäßig gute Lebensmittelversorgung und die von behördlichen Eingriffen nur wenig betroffene Freiheit des Privatlebens hervorzuheben. Mit früheren Zeiten verglichen, sind die Wirtschaftverhältnisse hier ungleich schwerer, der Existenzkampf ist sehr hart, das Klima, die levantinische Vielsprachigkeit, die Anpassung an vielerlei fremde Menschentypen – es ist nur wenigen von uns Mitteleuropäern gelungen, hier wirklich heimisch zu werden.“327

Manche überlegten trotz aller traumatischen Erinnerungen eine Rückkehr nach Österreich, was jedoch aufgrund der schwierigen Versorgungslage und nicht zuletzt auch wegen des dort nach wie vor grassierenden Antisemitismus äußerst problematisch war: „Was Du mir von Wien schreibst, ist mir bekannt und ich warne jeden Br. nach Wien zurückzukehren. Bei Br. Dr. [Herbert] Stein liegt aber ein wichtiger Grund vor. Sein Vater war Mitbesitzer der österr. Kabelwerke in Floridsdorf. Es sind größte Werte im Spiel. Und seine Anwesenheit dürfte wohl notwendig werden. Dann gibt es etliche Pensionisten, alte Menschen, die hier in größter Not leben. In Wien hoffen sie doch mit ihrer Pension, die man ihnen nicht verweigern kann, auszukommen.“328 Tatsächlich kehrten einige nach Österreich zurück.329 Insofern erstaunt es nicht, dass die GLvWfÖ gerade sie auf eine von ihr gestartete Initiative aufmerksam machte, die diesen Brüdern helfen sollte, zu ihrem Recht zu kommen: „In der nächsten Zeit wird das erste Wiedergutmachungsgesetz erscheinen, das zunächst eine bestimmte Kategorie von Wiedergutmachungsansprüchen der durch die Nazis Geschädigten vorsieht. Zur Geltendmachung dieser Ansprüche ist in dem Gesetz die verhältnismäßig kurze Frist von einem Jahr festgesetzt. Ich habe nun im Gr. Beamtenrat den Antrag gestellt, einen eigenen Ausschuss zu bilden, welcher die Interessen jener Freunde hier vertreten soll, die nicht einen eigenen Anwalt betraut haben, beziehungsweise betrauen können. Da uns natürlich die Adressen unserer in aller Welt leben327 Herbert Stein an Karl Doppler, Brief vom 20.5.1946, in: GLvÖ-Archiv. 328 Isidor Schalit an Karl Doppler, Brief vom 8.4.1947, in: GLvÖ-Archiv. 329 Bernhard Scheichelbauer und Karl Kraus an Rudolf Kulka, Brief vom 25.5.1948, in: GLvÖArchiv.

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den Freunde nicht bekannt sind, und es auch schwer ist, mit einigen hundert Freunden einzeln in umfangreichen Briefwechsel zu bleiben, habe ich weiter vorgeschlagen, an den wichtigsten Punkten, wie USA, England, Südamerika, Palästina, Südafrika, Australien und Shanghai Korrespondenten für die in diesen Distrikten lebenden Freunde zu schaffen, die den Verkehr mit dem Wiedergutmachungsausschuss besorgen. Dieser Ausschuss wurde auch bereits aus 6 unserer Freunde bestellt, dem 4 Rechtsanwälte und 2 Kaufleute angehören, und der gegebenenfalls sich die erforderliche Anzahl von Mitarbeitern auswählen kann. (...) Ich habe in meinem Antrag auch darauf hingewiesen, dass durch die gemeinsame Vertretung in gleicher Sache erstens die Kosten sich ganz bedeutend verringern, dass zweitens der mit einer gleichen Materie beschäftigte Anwalt sich viel mehr in die Materie vertiefen kann und drittens, dass auch die gemeinsame Vertretung einer Vielheit in gleicher Sache wirkungsvoller erfolgen kann, als in Einzelfällen.“330

Die Mitglieder des Wiedergutmachungsausschusses waren Dr. Josef Berkovits, Dr. Karl Fried, Dr. Alfred Kisselitza, Dr. Otto Kraus und Dr. Paul Singer. Bis Juni 1947 hatten sie etwa 20 exilierten Brüdern mit juristischem Rat und entsprechenden Serviceleistungen ausgeholfen.331 Zu den führenden Köpfen der Österreicher in Palästina gehörten neben Dr. Isidor Schalit vor allem Herbert Stein und Rudolf Kulka. Stein war Mitglied der Loge „Müffelmann zur Treue“ geworden, beteuerte aber in einem Schreiben, dass er sich in erster Linie seiner Mutter-Obödienz zugehörig fühlte.332 Als Sekretär der „Notgemeinschaft“, die offiziell Self-Aid Committee of Freemasons hieß, fungierte Alfred Werre, der jedoch Mitte 1947 nach Wien

330 Unbekannt an Eduard Katz, Brief vom 6.9.1946, in: GLvÖ-Archiv. 331 Alfred Kisselitza an Unbekannt, Brief vom 14.6.1947, in: GLvÖ-Archiv. 332 Herbert Stein an Karl Kraus, Brief vom 5.7.1947, in: GLvÖ-Archiv. An weiteren österreichischen Freimaurern werden Eugen Buchbinder, Albert Ernst, Doz. Dr. Karl Gross, Dr. Emanuel Gruber, Eduard Katz, Ing. Rudolf Kulka, Dr. Hans Erich Löbl, Julius Löwy, Dr. Egon Perez, Dr. Anton Pick, Dr. Josef Rosner, Marek Rubel, Dr. Herbert Stein und Dr. Laszlo Vincze genannt, wobei die Liste aber nicht vollständig ist. Eine weitere Liste nennt Dr. Emil Glas und Ing. Ernst Epler sowie als verstorben sind die Brüder Alexander Muszkat, Hermann Karrach und Dr. Stefan Hoffmann. Siehe auch: Rudolf Kulka an Karl Kraus, Brief vom 9.10.1948, in: GLvÖ-Archiv.

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übersiedelte.333 Zu erwähnen ist auch das Schicksal von Hermann Karrach, der am 24. Februar 1948 bei den Kämpfen um Jerusalem fiel.334 Auch in Kairo hatte sich eine Handvoll Österreicher zusammengefunden, eine intensive Korrespondenz begann Dr. Hugo Radinger, der schon Ende der 1920er-Jahre nach Kairo ausgewandert und dort Mitglied der französischen Loge „New Memphis“ geworden war: „Wir sind hier einige (wenige) Österr., aber auch Tschechen, Ungarn, Schweizer, und Ägypter, die zum Studium in Wien waren, die sich alle sehr interessieren, wie es den Br. dort geht.“335

Die Logen „Humanitas No 387“ und „Socrates“ in Buenos Aires Ohne Zweifel gab es in der unmittelbaren Nachkriegzeit vielseitige Bestrebungen einzelner Brüder, den Kontakt zu den in der Welt Verstreuten wieder aufzunehmen. Das betraf jene in Wien, aber auch die Vertriebenen selbst. So schrieb der von einer Reise nach Südamerika zurückgekommene Martin Bunzl aus London an Aram Taschdjian: „Ich habe in Buenos Aires eine Loge besucht, in der die Br. von Wien vereinigt sind, und zwar heißt die Loge jetzt Humanitas. Der Meister ist ein Argentinier, aber es sind eine ganze Anzahl Wiener Br. dort Mitglied, wie z.B. Karl Gelles, Hans Glücksmann, der Sohn von Heinrich Glücksmann, Paul Herschel, Jakob Hirsch, Ing. Max Kämpf, von der Schiller Leopold Rosenthal. Dr. [Konrad] Wittner von der Humanitas, Ernst Sattler von der Freundschaft und Arthur Wolken von der Goethe. Auch der Sohn Valentin unseres unvergesslichen Viktor Hammerschlag ist dort Mitglied, ferner Theodor Beer, der Schwager Leo Gottliebs und andere mehr.“336 Weitere Mitglieder waren Josef Zimbler, Jarolim Bobek, Johann Josef Strauß und Karl Fantl. Der bedeutendste österreichische Freimaurer bis zu seinem Tod 1943 war ohne Zweifel Heinrich Glücksmann. Die treibende Kraft 333

Jona Fröhlich an Karl Kraus, Brief vom 2.8.1947. Self-Aid Committee of Freemasons an Karl Kraus, Brief vom 7.8.1947, in: GLvÖ-Archiv. 334 Kodek (Bausteine) 2009, S. 175. 335 J. Radinger an Karl Doppler, Brief vom 24.4.1947, in: GLvÖ-Archiv. 336 Martin Bunzl an Aram Taschdjian, Brief vom 19.11.1946, zit in: Knittler 2004, Bd. 2, S. 29.

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war Ernst (bzw. Ernesto) Sattler, der sich bereits im Dezember 1946 brieflich in Wien meldete.337 Er verfasste auf Einladung der GLvWfÖ in deren Festschrift von 1949 den einzigen Beitrag über eine österreichische Loge im Exil.338 Die Loge „Humanitas Nr. 387“ ging aus der Loge „Teutonia Nr. 1092“ hervor, am 13. November 1946 bewilligte die Argentinische Großloge per Dekret die Umbenennung. Als Gründungdatum der „Teutonia“ wiederum gilt der 26. September 1877, an dem die Große Loge von Hamburg deren Gründung anerkannt hatte. Sie konnte somit auf eine lange und kontinuierliche Geschichte zurückblicken. Das 50-Jahre-Jubiläum 1927 feierten 150 Mitglieder und Gäste, in den Jahren 1928 bis 1931 kamen immer noch 100 Mitglieder regelmäßig zur Arbeit, was für eine deutsche Auslandsloge eine erstaunliche Zahl darstellt. Danach jedoch sahen sich viele Brüder aufgrund des zunehmenden Drucks des NS-Regimes zum Austritt gezwungen. Mit ihrem Rundschreiben vom 7. Juni 1934 musste die Große Loge von Hamburg ihre weltweiten Tochterlogen vom Gelöbnis entbinden.339 Zu dieser Zeit fand die „Teutonia“ Schutz unter dem Dach der Großloge von Argentinien und konnte über den Krieg hin nicht nur ungestört in deutscher Sprache arbeiten, sondern offensichtlich auch die neu angekommenen Brüder aus Österreich eingliedern. Letztere bewiesen ihre Verbundenheit mit der alten Heimat unter anderem durch eine Trauerfeier für Richard Schlesinger.340 In Buenos Aires gab es somit keinerlei Schwierigkeiten wie etwa in Australien, China oder Indien, und das Logenleben entwickelte sich sehr rasch: „Wir haben noch in der letzen Arbeit eine Aufnahme und vier Einbrüderungen vollzogen und können zu unserer großen Freude feststellen, dass sich die Mitgliederzahl unserer gel:. Bauh:. im letzten Jahr erheblich vergrößert hat und unsere eherne Br:. Kette nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ eine Stärkung erfahren hat.“341 1948 wurde ein Stuhlmeister names Kramer genannt und Ernesto Sattler als

337 Ernesto Sattler an Karl Doppler, Brief vom 26.12.1946, in: GLvÖ-Archiv. 338 Ernesto Sattler: Die Deutschsprachige Loge in Argentinien, in: Die Großloge von Wien für Österreich. Zum dreißigjährigen Bestehen 1949. Wien: (Eigenverlag) 1949, S. 95–100. 339 Ebd. (In Sattlers Beitrag heißt es 7. Juni 1943, wobei es sich um einen Druckfehler handeln dürfte.) 340 Steffens 1964, S. 413. 341 Conrado R. Wittner an Karl Kraus, Brief vom 20.12.1947, in: GLvÖ-Archiv.

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Schriftführer.342 Es dürfte jedoch unmittelbar nach Sattlers Bericht zu erheblichen Spannungen gekommen sein, denn bereits 1950 taucht dieser als Gründungsstuhlmeister der Loge „Socrates“ auf. Sattler schrieb im November 1950 nach Wien und verkündete zuerst, dass er inzwischen die Ernennungspapiere zum Großrepäsentanten der GLvWfÖ bei der Großloge Argentiniens erhalten hatte, doch über die Gründung der „Socrates“ heißt es nur äußerst lapidar: „Außerdem vermittelt diese Tafel die bereits vollzogene Gründung unserer L:. Sokrates, welche provisorisch – bis zur seinerzeitigen L:. Einbr:. – arbeitet und damit am vergangenen Montag in einer möglichst festlichen Weise begonnen hat. Es gab eine Reihe sehr teilnehmender und allem Anscheine nach auch glücklicherweise befriedigter Gäste, zum Teile aus Brrn:. der Humanitas, aus der wir ausgeschieden sind. (...) Schon haben wir einige Affiliationsbewerber und Suchende, die wir selbst in der prov. Arb:. Epoche aufnehmen können, wie dies dem hiesigen Brauche entspricht. Es ist kaum nötig zu erwähnen, dass wir größtenteils Kinder aus dem Schoße der Wiener Mutter dieses Gedankengut weiter möglichst pflegen werden und den Jungen, deren Väter dort arbeiten, das Wiener Klima einhauchen wollen. (Söhne von Glücksmann, Thieberger, Hammerschlag, Richter, Schwiegersohn von [Ludwig] Basch und endlich mein Sohn Rudi, die alle der neuen Bhtte:. angehören).“343

Der weitere Beleg aus der Gründungsphase der „Socrates“ findet sich im New Yorker Humanitalk, das einen Brief an W. M Frank G. Wittenberg abdruckte: „... wie Ihnen bekannt ist, erteilte uns die hiesige GL die provisorische Arbeitsbewilligung, in unserer Muttersprache innerhalb der Argentinischen B.Kette im Schroeder’schen Ritual frm. tätig zu sein. Nach einer am 25.9. d.J. [1950] unter freiem Himmel abgehaltenen Versammlung der gründenden Mitglieder eröffneten wir anfangs des vergangenen Dezembers in Anwesenheit einer erheblichen Anzahl geladener Gäste unsere Tempelarbeit im LGebäude, Cangallo 1242. Da die hiesigen Bestimmungen uns gestatten, fast ohne sonderliche Einschränkungen unsere Aktivität zu entfalten und es uns 342 Conrado R. Wittner an Karl Kraus, Brief vom 29.6.1948, in: GLvÖ-Archiv. 343 Ernesto Sattler an Karl Kraus, Brief vom 9.11.1950, in: GLvÖ-Archiv.

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unter anderem zusteht, schon während des Provisoriums Aufn. und Affil. Bewerber einzugliedern, beabsichtigen wir schon in den kommenden Monaten Mai und Juni solche Eingliederungen vorzunehmen, zumal einige Ansuchen hoffnungsvoller Elemente vorliegen. Die unter den Auspizien der GL vorzunehmende Lichteinbringung dürfte, wenn dem nichts im Wege steht, noch im Jahr 1951 erfolgen.“344

Die Gründe für die Abspaltung könnten vielfältig sein: Es mag am großen Ehrgeiz von Ernesto Sattler gelegen haben, es kann aber auch sein, dass es genügend Nachwuchs an Maurern österreichischer Herkunft gab und man sich daher vom „reichsdeutschen Erbe“ der „Humanitas“ trennen wollte. Doch auch die „Humanitas“ blieb in gutem Kontakt mit den Brüdern in Wien, so spendete sie 1956/57 größere Summen für ungarische Flüchtlinge in Österreich.345 Auch von österreichischen Freimaurern in anderen südamerikanischen Ländern liegen Hinweise vor, so meldete sich Wilhelm Reinitz, der über die Sowjetunion, Korea und Japan nach Uruguay gekommen war. 346 Kommerzialrat Ferdinand Fischer hatte es nach Haiti verschlagen, Josef Foscht nach Mexiko, Emil Strauss nach Chile, Max Sugar war nach einigen Jahren in Schottland in Jamaica gelandet.347 Sie dürften keinen Anschluss an Logen in diesen Ländern gefunden haben. Ganz anders in Bolivien. Von hier meldeten sich sechs Brüder, die zwar bereits Mitglieder einer ansässigen Loge geworden waren, aber nachträglich die GLvWfÖ um eine Legitimierung ihrer masonischen Existenz ersuchten. Dies waren Alfred Brecher, Erwin Nossig und Fritz Blum von der „Logia Univero No. 13“ und Otto Helfer, Paul Kudelka und Heinrich Neumann von der Loge „Hispania Boliviana No. 17“. Über den besonderen Status der Freimaurerei in ihrem neuen Heimatland schrieben sie: „Die Großloge von Bolivien war unseres Wissens nach schon vor dem Zweiten Weltkriege in Verbindung mit der Großloge in Wien und liegen die entspre344 M. v. St. Ernesto Sattler (L Sokrates) an W. M. Frank G. Wittenberg, in: Humanitalk 1/1951, S. 1. 345 Juan Tomás Horvath an F. H. Schiff, Brief vom 7.2.1957, in: GLvÖ-Archiv. 346 Wilhelm Reinitz an Karl Doppler, Brief vom 4.5.1946, in: GLvÖ-Archiv. 347 Ferdinand Fischer an Karl Doppler, Brief vom 5.4.1947. Emilio Strauss an Bernhard Scheichelbauer, Brief vom 10.3.1950. Max Sugar an Karl Kraus, Brief von [ Juni 1949], in: GLvÖ-Archiv.

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chenden Formulare, die von Bruder Schlesinger und Misař gezeichnet im Archiv; es wäre nötig, die Unterschriften zu erneuern. Die Großloge von Bolivien hat stets in freimaurerischem Sinne gearbeitet und unseren Brüdern ihre Unterstützung und ihr freimaurerisches Asyl gewährt. Es dürfte Euch bekannt sein, dass alle Präsidenten Boliviens unserem Bund angehörten.“348 Norbert Redisch wiederum schrieb aus Sao Paulo nach Wien: „Ich selbst wurde am 27. November d.J. [1946] in die hiesige L. Luiz Gama aufgenommen, nachdem ich die fünfjährige Wartefrist, die für Ausländer vorgesehen ist, hinter mir hatte. Die Aufnahmefeierlichkeit, sie war gleich im 3. Grad, war sehr würdig, wenn auch von unserem Ritus verschieden.“349 In einem späteren Antwortschreiben formulierte seine ehemalige Loge „Zukunft“ Grundlegendes: „Wir suchen die Verbindung mit unsren ausländischen Br. nicht nur deshalb, damit diese Br. das Gefühl haben, dass wir sie nicht vergessen haben, sondern noch viel mehr deshalb, damit sie wissen, dass sie zu uns gehören. Es ist daher gar kein Verdienst unsererseits, das besonders bedankt werden muss ...“350 Redisch konnte seine brasilianischen Brüder dazu gewinnen, sich u.a. durch Lebensmittelpakte an den Hilfsmaßnahmen für die GLvWfÖ zu beteiligen, weshalb er vorschlug, der Loge „Luiz Gama“ die Dankbarkeitsmedaille der GLvWfÖ zu verleihen. Diese stimmte begeistert zu, jedoch die Übersendung stellte ein größeres Problem dar: „Die Plakette hat Br. Ernst Gutmann aus Brüssel mitgenommen und wird sie von dort aus an dich absenden. Das dazugehörige Diplom nimmt Br. [Felix] Epstein, der in den nächsten Tagen nach USA fliegt mit, er wird es von drüben an Deine Adresse expedieren.“351

Die Loge „Humanitas #1123“ in New York und der „Fraternitas“-Kreis in Los Angeles Die USA war das Wunschziel der meisten Exilanten nach 1938 – aber auch noch nach 1945. Dies lag am Mythos des klassischen Einwanderungslandes, in dem 348 Alfred Brecher, Erwin Nossig, Fritz Blum, Otto Helfer, Paul Kudelka und Heinrich Neumann an Bernhard Scheichelbauer, Brief vom 27.7.1948, in: GLvÖ-Archiv. 349 Norbert Redisch an die Loge „Zukunft“, Brief vom 28.12.1946, zit. in: Knittler 2004, Bd. 2, S. 111. 350 Loge „Zukunft“ an Norbert Redisch, Brief vom 20.10.1948, zit. in: Knittler 2004, Bd. 2, S. 128. 351 Karl Kraus an Norbert Redisch, Brief vom 26.4.1949, in: GLvÖ-Archiv.

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sich auch die Juden vor Verfolgung sicher fühlten. Tatsächlich tobte innerhalb der amerikanischen Gesellschaft wie in allen anderen Ländern eine heftige Debatte, sodass Flüchtlinge aus dem NS-Herrschaftsbereich nur im Rahmen der geregelten Einwanderungsquoten aufgenommen wurden.352 Da die USA letztendlich aber mit etwa 130.000 Deutschen und 30.000 Österreichern die größte Anzahl an Flüchtlingen aufnahm, war es nur eine Frage der Zeit, wann die Freimaurer darunter im Exilzentrum New York aufeinandertreffen würden. Die Wege über den Ozean waren alles andere als einfach, wie Peter Brandeis ausführt: „Als ich 1941, und andere österreichische Freimaurer, endlich in den USA ankamen, viele via Kuba, Santo Domingo, Mexiko und Nordafrika, schlossen wir uns wieder zusammen. Auch in New York gab es zahlreiche Freimaurer, die ohne Mittel und ohne Englisch zu sprechen, Amerika erreicht hatten. Sie hatten weder Unterkunft noch die Mittel zur Ernährung. Um als Freimaurer weiter bestehen zu können und einen Sammelpunkt für österreichische Freimaurer zu schaffen, gründeten wir einen Social Club unter dem Namen ‚Humanitas‘. Dies geschah in Erinnerung an die Umstände unter der österreichischen Monarchie, da Freimaurer-Logen verboten waren und eine Art Geselligkeitsverein ‚Humanitas‘ die geistige Heimstätte der österreichischen Freimaurer war. (...) Auch in New York, und ich darf sagen in den USA im Allgemeinen, brauchten österreichische Freimaurer und ihre Familien Hilfe und Unterstützung. Von einem Hilfsfonds, der uns zur Verfügung stand, konnten wir materielle Hilfe leisten, manchen Neuankömmlingen Unterkunft und Arbeit verschaffen und sogar Affidavits zur Erlangung von Einreise-Visen. Obzwar die Loge ‚Humanitas‘ eine amerikanische Freimaurer-Loge ist, die unter der Charter der Großloge von New York steht, haben wir stets versucht, eine Synthese zwischen der österreichischen Kultur, wie wir sie verstehen und den hiesigen Gebräuchen und Sitten zu schaffen.“353 Ein präziserer Bericht über die Ereignisse in New York wurde bereits 1952 vorgelegt: 352 353

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Claus-Dieter Krohn: Vereinigte Staaten von Amerika, in: Claus-Dieter Krohn, Patrik von zur Mühlen, Gerhard Paul, Lutz Winckler (Hg.): Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933–1945: Darmstadt: Wiss. Buchgemeinschaft 1998, S. 446–466. [Bericht von M. Peter Brandeis (NYC) über die Hilfstätigkeit von Freimaurern in den USA, vor Mai 1980], in: DÖW, 15.953, teilweise zit. in: DÖW (Hg., bearbeitet von Peter Eppel), Österreicher im Exil. USA 1938–1945, Bd. 1. Wien: ÖBV 1995, S. 128.

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“When in fall of 1938 the first Freemasons from Vienna arrived and wished to meet, ‘King Solomon Lodge’ offered them friendly hospitality. There they found among others a true and noble friend in the person of R.W. George P. Frenkel, who later became one of the founders of HUMANITAS LODGE. When more and more Viennese Brethern came to New York, Brethern Alfred Flint, W. Michael Munkacsy, the late W. Ralph Rafford began to collect and register the addresses of the arriving brethren. Eventually Humanitas Social Club was organized. From the beginning the late Brothers R.W. Ludwig Altman, Frederick Berl, Ernest Hochmuth, Siegfried Kelbl, and the Brethern Robert Alfredson, R.W. Oscar Beer. W. Peter Brandeis, Arthur Eisenstein, Rev. Frederick Forell, W. Alfred Gingold, W. Otto Strauss, and many others have been very active and worked intensively for the club./ In the spring of 1939 a small group of brethren (among them Paul Arvay, the late Walter Benedict, Alfred Flint and Paul Rafford) called upon the Grand Historian of the Grand Lodge, the late Ossian Lang. They wished to sound out the future possibilities for the Viennese brethren in New York. In this conference, however, they did not obtain satisfactory information./ The steadily increasing numbers of brethren who visited the meetings of Humanitas Social Club and actively participated in its work proved that the wish to have a Lodge of their own was unanimous. In the meantime the beloved Brother R.W. Abraham Felt, Representative of the Grand Lodge of New York near the Grand Lodge of Vienna, made closer contact with the Viennese brethren and their families, and rendered invaluable services to them. He was one of the staunchest supporters of the idea to organize a new Lodge under the jurisdiction of the Grand Lodge of New York for all brethren from Vienna. In 1940 he led a delegation consisting of our Deputy Grand Master of Vienna, the late R. W. Ludwig Altman, W. Siegfried Geyerhahn, W. Ralph Grove, Siegfried Kelbl, Ernest Hochmuth, Michael Munkacsy and Paul Rafford, the then Grand Master of New York, the M. W. Henry C. Turner. The conference ended without any positive results. But our Viennese brethren were not ready to give up, and they did not. In 1943 they tried it again. A committee consisting of the late Brother Ernest Hochmuth, Brethern Leopold Schwarz, W. Peter Brandeis, Randolph A. Reyman and Otto G. Geiringer, assisted by its efficient Secretary, Sister Margit J. Rafford, volunteered to draft an aide-memoire and submit it to Grand Lodge. In this important brief they tried to prove that all arguments against a lodge of

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Viennese brethren were practically not valid. They told and proved to Grand Lodge that almost all Viennese brethren were about to become American citizens, or in possession of their First Papers and that none of them had the desire to return to Austria after the war; that the brethren were in most instances settled and, therefore, would not be a charge of others, but would therefore be able to sustain their own Lodge with all obligations; that the membership of a newly constituted Lodge would not decline but, on the contrary, many young men were knocking on the door asking to be accepted, and not only sons and other relatives of brethren; that, finally, the brethren who had stood together in their good days in Vienna, and the bad ones in prisons and concentration camps, wanted now to stand together in their new country. Therefore they did not seek affiliation to other American Lodges but wished to build one of their own, to live up to their past and to combine the tradition of the Grand Lodge of Vienna with the high spirit of American Free Masonry./ These ideas were submitted by R. W. Abe Felt, the late Brother Ernest Hochmuth and W. Peter Brandeis to the then Grand Secretary of the Grand Lodge of New York, M.W. Charles H. Johnson, who later become one of the first Honorary members of HUMANITAS LODGE. His consent and help was won very fast and he and our brethren convinced the then Grand Master M. W. Henry C. Turner, to submit a proposition to the next Convention to issue a dispensation. The Grand Master appointed Past District Grand Master of the Eight Masonic District of Manhatten, R. W. Sidney S. Sachs, to prepare the preliminaries for organizing HUMANITAS LODGE./ It is necessary to obtain the unanimous consent of the lodges of the district to be admitted. Therefore a group of Brethren visited all twenty-one lodges comprising the Eight District. On December 29, 1943, in a festive communication which will forever be remembered by all present, the Lodge received from the District Deputy Grand Master Gary A. Stolzberg the Dispensation granted by the Grand Master, K. W. Wiliam F. Strang, R. W. Sidney S. Sachs became the first Master of the Lodge. The dispensation was granted to the nineteen charter members./ The expectation that the Grand Lodge, as its grand conviction which took place in May, 1944, would grant the Charter of the Lodge, was not fulfilled. Because of technical formalities the charter was not granted at that time. In December of 1944, however, the Grand Master, M. W. Charles W. Froessel, reissued the dispensation of the Lodge. It was under his admin-

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istration, at the next convention of the Grand Lodge in May, 1945, that the Charter of the HUMANITAS LODGE No. 1123 was granted. On December 15, 1945, the constitution night was celebrated./ It was a most unforgettable moment when the Deputy Grand Master of New York, M.W. Gay J. Brown, who became the first honorary member, presented the Charter to the Lodge in resence of District Deputy Grand Master R.W. Samuel A. Slocum. The goal was reached./ A history of the HUMANITAS LODGE would not be complete without remembering among other patrons R. W. Nat B. Cohen, R. W. Benjamin Gassman, R. W. Louis N. Gilsen, R. W. Archie Borrok, R. W. Gary A. Stolzberg, R. W. Samuel A. Slocum, R. W. Irving D. Laudeutcher, R. W. Milton Ritter, R. W. Abraham H. Holander, R. W. Samuel S. Gordon, R. S. Samuel Gale Jr., R. W. Maxwell M. Janowitz, and the late R. W. Alfred F. Jupiter./ There is one fact that must be remembered: the great efforts for the foundation of the HUMANITAS LODGE would have been in vain, and the Lodge would not have developed to its present standing, had not each and every brother contributed his best. This is the true secret of the success of HUMANITAS LODGE No.1123.“354

Bevor einige weitere markante Punkte in der Entwicklung der „Humanitas“ aufgezeigt werden, soll kurz auf das Schicksal einiger jener Freimaurer eingegangen werden, die nicht das Glück hatten, in der Metropole New York bleiben zu können. Sie hatten es ungleich schwerer, wieder zu einem freimaurerischen Leben zu finden. Eine kleine Gruppe hatte sich als „Kränzchen“ in Los Angeles zusammengefunden und nannte sich „Fraternitas“: Im Frühjahr 1940 fanden sich drei Wiener Maurer im Haus von Robert Friedman zu wöchentlichen Treffen ein. Im Sommer darauf traf mit Hugo Blau ein tatkräftiger Organisator ein, der bald sieben Brüder versammelte. Im Herbst 1942 hielt Norbert Freuder den programmatischen Vortrag Ja, wir wollen es!. Ab diesem Zeitpunkt fanden monatlich größere Versammlungen mit Vortrag und Diskussion statt. Ab dem Frühjahr 1944 wurden die Zusammenkünfte – darunter mit dem Rosen- und dem Neujahrsfest auch zwei Schwesternabende – in einem Freimaurertempel durchgeführt: „Die ‚Fraternitas‘ arbeitet nicht im Rituale, wenn auch für feierliche Kundgebungen Kettenbildungen mit Ketten354 A short History of Humanitas Lodge, in: Humanitalk, May/June 1952, S. 1.

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spruch, Trauersalven, also ein gewisses freies ‚Ritual ad hoc‘, durchgeführt werden. Wir waren zu dieser Organisation gezwungen, weil die Konstitution der Großloge von Kalifornien den neuangekommenen Brr. nur ein sechsmonatiges Besuchsrecht hiesiger Logen zugestand, innerhalb welcher Frist sie sich für eine Affiliierung bei einer amerikanischen Loge zu entscheiden hatten. Schon für diese ‚Begünstigung‘ hatte sich Br. Blau sehr mühevoll einzusetzen. Eine eigene Logenbildung konnte angesichts der Einstellung der kalifornischen Großloge, die wie die meisten amerikanischen und auch englischen Großbehörden unverständlicherweise in der Auflösung der Großloge von Wien durch die Nazis deren faktisches Aufhören erblickte, nicht in Frage kommen. Eine deutsch arbeitende Loge hätte sich in dieser kritischen Zeit auch nicht halten können und in unserer kleinen Schar, die geplagt genug war von Existenzsorgen, zu deren größter das Erlernen des Alltags-Englisch gehörte, wäre eine Durchführung des englischen Alltags-Rituals ein Ding absoluter Unmöglichkeit gewesen. Einige unserer Brr. erlangen die Affiliation in regulären kalifornischen Logen; viele traten später der ‚Humanitas Lodge‘ in New York bei; manchen, darunter auch sehr aktiven Mitgliedern der ‚Fraternitas‘, genügte die Verknüpfung mit diesem recht regen frm. Kränzchen, das sich vollkommen unabhängig durch freiwillige Beiträge seiner Mitglieder erhält.“355 Anfang 1946 hatte die „Fraternitas“ noch 21 Mitglieder, beklagte aber gleichzeitig deren hohes Alter.356 Mitte 1947 waren es fast nur noch die Hälfte: „Unser eigenes freimaurerisches Leben beschränkt sich in San Francisco auf unser Kränzchen, das mit Begeisterung von meinem Vater, Dr. Max Herz, geleitet wird und derzeit 12 Brüder umfasst. Wohl stehen wir in engstem Kontakt mit unserer Mutterloge ‚Humanitas‘ in New York und können hier jede amerikanische Loge besuchen, aber wir sind doch am liebsten unter uns.“357 Dieser Kreis setzte sich aus einigen Brüdern der Loge „Kosmos“ sowie vereinzelten Brüdern anderer Wiener, tschechischer, aber auch deutscher Logen zusammen.358 Auch in San Francisco gab es eine kleine Gruppe altösterreichischer Brüder, wie aus einem Brief von Victor Furth (eig. Fürth) hervorgeht, der 355

Norbert Freuder an Karl Doppler, Brief vom 8.3.1946, in: GLvÖ-Archiv. Der Brief verweist auf eine beigelegte Mitgliederliste, die jedoch nicht erhalten geblieben zu sein scheint. 356 Robert Wessely an Karl Doppler, Brief vom 10.2.1946, in: GLvÖ-Archiv. 357 Walter Herz an die Loge „Zukunft“, Brief vom 31.7.1947, zit. in: Knittler 2004, Bd. 2, S. 67. 358 Arthur Lowell an die Loge „Zukunft“, Brief vom 28.3.1949, zit. in: Knittler 2004, Bd. 2, S. 95.

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Mitglied der New Yorker „Humanitas“ und der „Beverly Hills Lodge No. 528“ (Großloge von Kalifornien) war.359 Am 25. April 1955 reorganisierten sich die Brüder in Los Angeles mit einer geringfügigen Abweichung ihrer ersten Statuten vom 12. Oktober 1946 und nannten sich nun „Hugo Blau – Fraternitas“, um ihren Gründer zu ehren. Als Zielsetzung wird formuliert: „Als kulturelle Vereinigung strebt die ‚Hugo Blau – Fraternitas‘ eine enge freimaurerische, geistige, freundschaftliche und gesellige Erfassung ihrer Mitglieder an mit dem Ziele, die von ihnen mit ihrer Freimaurerweihe angenommenen Traditionen fortzuführen.“360 In den Tiefen der USA gab es zwar Logen, die Neuankömmlinge aufnahmen – jedoch die Eingewöhnung war alles andere als leicht. So beschreibt Frank E. Orne (eig. Franz Ornstein) aus Boston die verschiedenen ethnischen, sozialen und religiöse Gruppen in den USA und kommt zu dem Schluss: „All diese Gruppen leben nun nebeneinander und wenn es verhältnismäßig zu wenigen Reibereien kommt, so ist der Grund der, dass so ungeheuer viel Platz da ist. So gibt es nicht nur keine Reibereien, sondern auch keine Berührungen, und wenn einem die Gruppe, in die man einzuleiten wäre, nicht zusagt, so steht man ganz allein. Freimaurerei ist enorm verbreitet, doch funktioniert sie hauptsächlich als Wohltätigkeits-Organisation und als Vorwand für Ehemänner „stagparties“ – nur für Männer-Zusammenkünfte – abzuhalten. Da auch hier die verschiedensten gesellschaftlichen Vorurteile auf das Genaueste eingehalten werden, habe ich mich zu keiner Loge gemeldet.“361 Auch Dr. Rudolf Dreikurs berichtete über seine ambivalenten Erfahrungen in der Neuen Welt: „Ich gehöre hier einer Loge in Missouri [an], weil die Großloge dort unsere Wiener Großloge anerkannte, was in Illinois nicht der [Fall] war. Da ich aber sehr selten nach Missouri komme, habe ich seit Jahren keiner Arbeit mehr 359 Victor G. Furth an Karl Kraus, Brief von [ Juli 1948], in: GLvÖ-Archiv. 360 Statut der ‚Hugo Blau – Fraternitas“ Los Angeles, 12.11.1955, unterzeichnet von Hugo Blau (Vorsitzender), Dr. Alfred Koritschan (Vorsitzender-Stellvertreter), Robert Friedman (Redner), Robert Wessely (Schatzmeister), Norbert Freuder (Protokollierender Sekretär), Herman Landau (Korrespondierender Sekretär), Herbert Herz (Tempelhüter), Frank D. Davis (Schaffner), in: GLvÖ-Archiv. 361 Frank E. Orne an Unbekannt, Brief vom 22.1.1947, zit. in: Knittler 2004, Bd. 2, S. 105.

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beigewohnt. Die Arbeitsverhältnisse in den amerikanischen Logen sind auch so verschieden von denen, die wir in Wien gewohnt waren, dass ich mich niemals hier heimisch fühlte. Das ist umso erstaunlicher, als ich in allen anderen Beziehungen hier vollständig zuhause bin, und mich niemals mehr als ein Fremder fühle. Ich habe halt kein Bedürfnis, hier meine Zeit in einer Loge zu verbringen, die mir keine geistige Befriedigung bietet.“362

Eine interessante Korrespondenz entwickelte sich zwischen der GLvWfÖ und dem Sohn des letzten Großmeisters, John (Hans) Schlesinger in St. Louis, Missouri, der wie zuvor erwähnt, durch seinen Schweizer Logenpass sehr guten Anschluss in den USA gefunden hatte: So dankte Schlesinger dafür, dass die GLvWfÖ die Obsorge für das Grab seines Vaters übernommen hatte, wobei er die Kosten selber tragen wolle.363 Etwas mysteriös hingegen klingt ein in einem Brief von Kraus festgehaltener Tatbestand: „Vor einigen Tagen übergab uns Br. [Felix] Primus zwei Uhranhängsel mit der Bemerkung, dass Sie uns diese zum Andenken an unseren unvergesslichen, in den E. O. abberufenen Gr. M. zum Geschenk machen. (...) Br. Primus berichtete, dass diese beiden Uhranhängsel ein Beamter der Gestapo an sich genommen habe, welcher sie vor einiger Zeit unserem Br. Primus, den er von den Verhören bei der Gestapo her kannte, zurückgab.“364 Ein anderer wichtiger Kontaktmann der GLvWfÖ in Amerika war Alfred Spitzer, der Mitglied der „Cornerstone Lodge No. 323“ in St. Louis geworden war und über gute Kontakte zur Großloge von Missouri verfügte. So schrieb er im Juni 1947: „Gelegentlich eines Besuches beim Gr. Sekretär der Großloge von Missouri habe ich ihn gefragt, wann er das von mir verlangte Exemplar des Jahresberichtes an Sie abgeschickt hat, da ich bisher von Wien keine diesbezügliche Bestätigung bekommen habe. Da stellte sich heraus, dass er die Absegnung unterlassen habe (ohne mich zu verständigen), da er die Gr. L. von Wien im Verzeichnis, das bei der Gr. L von Missouri vorliegt, unter den von der Gr. L. von Mo. anerkannten Gr. Behörden nicht aufgefunden hatte. Über meine entschiedene Einwendung, dass da ein Missverständnis vorliegen müsse, 362 Dr. Rudolf Dreikurs an Aram Taschdjan, Brief vom 22.9.1947, zit. in: Knittler 2004, Bd. 2, S. 45. 363 John Schlesinger an Karl Doppler, Brief vom 11.4.1948, in: GLvÖ-Archiv. 364 Bernhard Scheichelbauer an John R. Schlesinger, Brief vom 10.4.1948, in: GLvÖ-Archiv.

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hat sich herausgestellt, dass nicht die Gr. L. von Wien, wohl aber die Gr. L. von Österreich im hiesigen Verzeichnis aufscheint. Als deren Sekretär ist Br. Misař in Huddersfield eingetragen. Dieser hat angeblich seinerzeit ein Exemplar des Jahresberichtes bekommen.“365 Zurück zu New York: Das Bemühen der „Humanitas“ trug auch dazu bei, dass die Grand Lodge of New York bereits im November 1946 eine Korrespondenz mit der GLvWfÖ begann. In seiner Antwort vom 16. Jänner 1947 schlug Karl Kraus als deren Großrepräsentanten in Wien Louis H. Paulowsky vor.366 Im Mai 1950 bedankte sich Bernhard Scheichelbauer bei Sovereign Grand Commander John H. Cowles in Washington, D.C. für die großzügige Spende zum Wiederaufbaufonds für das Logenhaus.367 Auch die Beziehungen zum Supreme Council of Sovereign Grand Inspectors General of the ThirtyThird and Last Degree of the Ancient Accepted Scottish Rite of Freemansonry for the Nothern Masonic Jurisdiction of the United States of America wurden intensiviert. In seinem Brief von Juli 1946 drückte Karl Doppler seinen Wunsch aus, in Wien den AASR wieder aufleben zu lassen. Für sein offensichtlich großes Engagement dankte Scheichelbauer im März 1950 durch die Übersendung einer Dankmedaille an den Sovereign Grand Commander Melvin M. Johnson.368 Trotz dieser offenen Türen in den USA dauerte es bis Mai 1953, bis die GLvWfÖ die „Humanitas“ auch regulär anerkennen konnte.369 Der Grundstein für eine reguläre und kontinuierliche Arbeit konnte also wesentlich leichter als etwa in England gelegt werden, ähnlich ist die Funktion als Anlaufstelle für Exilanten über das Jahr 1945 hinaus, denn etliche von ihnen stießen erst danach als Suchende hinzu, da sie hier nicht nur ein Stück „verlorener Heimat“, sondern auch ein deutschsprachiges Kultur-Forum fanden. Beim „Humanitas Social Club“ konnten sich zudem auch ihre Ehefrauen und Töchter betätigen. 365 Alfred Spitzer an Karl Kraus, Brief vom 28.6.1947, in: GLvÖ-Archiv. 366 Karl Kraus an Charles H. Johnson (Grand Secretary der Großloge von New York), Brief vom 16.1.1947, in: GLvÖ-Archiv. 367 Bernhard Scheichelbauer an John H. Cowles, Brief vom 5.5.1949, in: GLvÖ-Archiv. 368 Karl Doppler an Melvin M. Johnson, Brief vom 19.7.1946. Melvin M. Johnson an Karl Doppler, Brief vom 6.4.1947. Melvin M. Johnson an Bernhard Scheichelbauer, Brief vom 14.3.1950, in: GLvÖ-Archiv. 369 155. Tafel der GLvWfÖ vom 26.5.1953, in: GLvÖ-Archiv.

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Dieser war es auch, der erstmals im Mai 1951 das Informationsbulletin Humanitalk mit dem Beisatz „Published occasionally“ herausgab. In der ersten Nummer werden alle Mitglieder um die Einsendung von Artikeln und Kurzmeldungen gebeten, um sich auch mit den Brüdern in England, Österreich und Israel zu vernetzen.370 Als Board of Editors werden Robert Alfredson, George Porter, Berthold Weiss und M. Peter Brandeis genannt. Die Zusammenkünfte des „Humanitas Social Club“ waren monatliche Treffen an einem Sonntagnachmittag im Hotel Beacon oder ähnlichen Orten an der Westseite von Manhattan, doch Ende der 1950er-Jahre waren die Verhältnisse auch dort noch ziemlich ärmlich: „Some of the monthly meetings of the HSC also featured performances occasionally. In these venues the pianos were even worse. On one performance, I had to stop my flute performance at the beginning of a piece because the leg of the piano collapsed as my mother used the pedal while she was accompanying me.“371 Das alljährliche Großereignis war der Gala-Abend „Ladies Night“ im Masonic Temple. „The evening would open with a concert, preceded by some kind of benediction, in a very large meeting room, in which the seats were located along the length of the opposite walls and looked out on the ‘performance space’ which was in the middle of the room.“372 Hierbei traten berühmte Musiker mit Wiener Wurzeln wie der Geigenvirtuose Felix Galimir, der Pianist und Klavierhumorist Franz Mittler, der Pianist und Professor am City College von New York Fritz Jahoda, aber auch Max Klein und Walther Freund auf. Die Abende wurden im eleganten Dining-Room des Logenhauses in der 23rd Street beschlossen. Dadurch konnten immer wieder neue Suchende gewonnen werden, zu den Neuzugängen gehörte auch der bedeutende Exil-Schriftsteller Richard Berczeller.373 Dass es bei diesen Abenden nicht nur heiter zuging, belegt ein Bericht aus 370 Introduction, in: Humanitalk 1/1951, S. 1. 371 Diana Mittler-Battipaglia: Ladies Night im Humanitas Social Club, in: QC-Archiv Wien. Siehe auch: dies.: Franz Mittler. Austro-American Composer, Musician and Humorous Poet, New York u. a.: Lang 1993. 372 Ebd. 373 Vgl. Dr. Richard Berczeller – Honored Again, in: Humanitalk 4/1968, S. 3. Siehe auch Siglinde Bolbecher, Konstantin Kaiser: Lexikon der österreichischen Exilliteratur. Wien: Deuticke 2000, S. 79–80.

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dem Jahr 1984, bei dem mit Paul Auspitz der designierte Großrepräsentant der Großloge von Österreich bei der Großloge von New York zu Wort kam: „Being moved, proud and thankful, I am at the same time also disturbed that there are Brothers, Sisters and friends here who wonder openly or secretly: ‘How can he, a victim of the Holocaust become a representative of a state that was guilty of killing his parents, relatives and friends?’ I am not surprised about this question because I myself had to struggle many hours and put my thoughts in order about this problem. What attitude does one take towards the people who were actively involved in killing millions and millions of people? Forgive them? Hate them? Ignore them? How does one cope with it? First by never, never forgetting what happened, not we, nor our children or their children.“ – Weiter führt Auspitz aus, dass die ganze Geschichte eine Folge von Krieg und Gewaltverbrechen sei und dass schon der Urmensch seinen Nachbarn erschlagen habe. Das einzige Mittel gegen die Gewalt sei daher das Miteinander-Reden, wie es die Freimaurerei weltweit praktiziere. Am Schluss seiner Ansprache sagte Auspitz: „I want that Brethren who travel to Austria find a Masonic Home in Austria, just as Masons from Austria have found a home in Humanitas Lodge.“374 Die „Humanitas“ existiert noch heute, wenngleich sie eine völlig andere Struktur hat. Über einen Abend im Humanitas Social Club im Jahr 1992 schrieb Diana Mittler: „By now, the membership of the Lodge and Social Club was a fraction of its former size. There were even American members and the American sons in law of the original emigre members with little knowledge of German and middle-European culture. The formal dinner was served in a small dining room. Many attending were at least 80 years old or more.“375 Über den derzeitigen Stand schrieb im Jahr 2005 deren Sekretär Henry Tausig: „Unfortunately, almost all of these Brs.: from Vienna and their wives have passed on. The Social Club and its publication have not been active in quite a few years. Most of our current Brs.: are born here. I personally born in Vienna, but spent the war years in Shanghai, China, and only joined Humanitas in New York in 1968.“376 374 Address by R. W. Brother Paul Auspitz, in: Humanitalk 2/1984, S. 5. 375 Mittler-Battipaglia 2005. 376 Henry Tausig an Marcus G. Patka, Mail vom 19.2.2005, in: QC-Archiv Wien. Weitere Korrespondenzen mit den Brüdern in New York befinden sich laut Tausig in den Archiven der Wiener Logen „Humanitas“ und „Libertas Gemina“.

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Unmittelbar nach dem Krieg war es insbesondere Alfred Zohner, der sich um die Neubelebung masonischen Lebens in Wien bemühte. Er und Konrad Loch wagten sich im Mai 1945 erstmals wieder in die Dorotheergasse 12, was sie dort vorfanden, hielt Wladimir Misař in einem ausführlichen Bericht fest: „It appeared that in addition to the bad inflicted by bombing to a great part of Vienna’s houses the building containing the offices of the Grand Lodge and of three Masonic Halls had been badly and wilfully devastated. Nearly all the window-panes are broken. The apartments of the first floor and a part of those on the second floor had been let to tenants. The remaining rooms of the second floor were crammed full with all kinds of objects and fittings removed from two Masonic Halls in two other buildings (which had also been adapted for being let to private tenants). Pianos and harmoniums had disappeared, carpets and linoleum covering were removed. Tables, chairs and benches were torn away from walls, chests and boxes, light- and heat-fixtures, decorations, paintings and flags were heaped up there, blocking the passage; Masonic Regalia, Bibles, Books of Rituals, badges, busts, documents were scattered about. The whole beautiful library containing a great number of old, unique documents of great value had been removed, as it later appeared, partly to Germany, partly to the National Library. All this lumber was still in creased by additional pillage from premises of other societies (Rotary Club, Schlaraffia, B’nai B’rith etc.)./ Amidst all this wilderness there was one room only that had been spared devastation. This was the large Hall; and the reason why it had been spared was the intention of the National Socialist party to make use of the Hall for a Masonic exhibition. Thus it was a heart-stirring sight for the

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visitor to behold three paintings on the walls and to see dear faces of deceased Grand masters, Dr. Richard Schlesinger, Dr. [Adolf ] Kapralik und Dr. [Emil] Ornstein looking down upon the dear old room.“377

Dass nach den Verwüstungen der Schoa und des Zweiten Weltkriegs 1945 die freimaurerische Aktivität in Österreich überhaupt so rasch wieder aufgenommen werden konnte, lag in erster Linie an der ideellen und materiellen Unterstützung amerikanischer Freimaurer, wie aus folgendem Bericht hervorgeht: „In February 1942 already, at the Conference of Grand Masters of the USA in Washington the question of a reconstruction of Freemansonry on the European Continent was discussed with sincere interest and ever since then the Masonic Service Association of the USA was most seriously deliberating on the question what help could be bestowed for this purpose upon the Freemasonries of those countries. Large funds were collected and in 1945 a Committee was sent abroad to investigate the conditions of Masonry on the Continent of Europe. The Chairman of the Committee Bro. Ray V. Denslow, PRM of Missouri, General Grand High Priest of the General Grand Chapter of the US had very fortunately been much interested in Austrian Freemasonry since many years before, having met late Gr. Sec. of the Grand Lodge of Vienna, Bro. Vladimir Misař in Edinburgh at the Bi-Centenary of the Grand Lodge of Scotland and having been in correspondence with same since then. Thus it seems that Austrian Freemasonry is largely indepted to Bro. Denslow for his special interest when the first donation of the Masonic Service Association (forwarded by the Grand Lodge of Louisiana at the beginning of 1946) went straight to Austria.“378

Tatsächlich dürfte es auch während des Kriegs vereinzelt Kontakte zwischen den in Wien verbliebenen ehemaligen Freimaurern und solchen gegeben haben, die sich in einem sicheren Land befanden. Dies galt inbesondere für die Mitglieder des AASR, deren Adressen bei den verwandten Behörden auflagen. 377 [Wladimir Misař]: Report about the Reconstruction of the Grand Lodge of Vienna, o.D., S. 1, in: GLvÖ-Archiv. 378 Ebd., S. 3.

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So erhielt Karl Doppler im Frühsommer 1945 Besuch von einem Schweizer Geschäftsmann, damit dieser dem AASR-Bruder Kurt von Sury über die Lage in Österreich berichten könne. Über die Schweiz kam Doppler in den folgenden Wochen und Monaten in Kontakt mit dem französischen Souveränen Großkommandeur René Raymond und in weiterer Folge mit Melvin M. Johnson, dem Sovereign Great Commander Supreme Council for USA. Den wichtigsten Schritt zur Wiederbelebung der österreichischen Freimaurerei setzte General Mark W. Clark, seines Zeichens US-Hochkommissar in Österreich und AASR-Mitglied im 32. Grad, der sich bei der Interalliierten Kommission entschieden dafür einsetzte. General Clark war in den Folgejahren ein Fürsprecher Österreichs in der Welt und auch dezenter Schirmherr einer sich langsam regenerierenden Freimaurerei. Die erste Zusammenkunft fand am 28. Juli 1945 im Logenhaus in der Dorotheergasse 12 statt, gekommen waren 48 Brüder verschiedener Logen. Zu Beginn gedachte der Vorsitzende Karl Doppler des verstorbenen Großmeisters Richard Schlesinger und kündigte an, dass die erste rituelle Arbeit eine Trauerarbeit für alle in der Zwischenzeit verstorbenen Brüder sein werde. Eine entscheidende Frage wurde gleich zu Beginn erörtert und festgestellt, „dass von den Behörden nie ein Verbot der Frei[maurerei] erlassen wurde, noch die Gr. L. von Wien von einer behördlicherseits verfügten Auflösung verständigt wurde. Nach frm. Brauchtum hat sich die Gr. L. von Wien nicht eingeschläfert. In rechtlicher Beziehung besteht die Gr. L. sohin weiter wie vor 1938, sowohl im Sinne der staatlichen Gesetzgebung, als auch im Sinne der Konstitution.“379 Die Namen der teilnehmenden Brüder sind Walter Bauer, Friedrich Blumberg, Oskar Böhm, Ernst Broczyner, Roman Daubrowsky, Dr. Karl Doppler, Anton Endstorfer, Hanns Enzl, Franz Fackel, Johann Ferch, Josef Fiala, Adolf Flesch, Dr. Friedrich Gangelbauer, Franz Giebelhauser, Dr. Ernst Grossmann, Josef Gutschy, Heinrich Karbasch, Hans Ketzler, Dr. Albert Krassnig, Karl Kraus, Ing. Erwin Kulka, Paul Lisztwan, Henrik Lukacs, Franz Mandl, Leopold Materna, Eugen Orasuna, Dr. Leopold Pattermann, Dr. Louis Heinrich Paulovsky, Ferdinand Popp, Ferdinand Potnik, Ferdinand Rangetiner, Rudolf Rappos, Dr. Hans Rausch, Otto Ronge, Ludwig Roniger sen., Josef Roth, 379 Protokoll über die am 28.7.1945 in den Räumen Wien I., Dorotheergasse 12 abgehaltene I. Zusammenkunft, in: GLvÖ-Archiv.

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Gustav Schieb, Albin Schwab, Ernst Sellner, Gustav Sellner, Franz Sirowy, Karl Stemolak, Dr. Ernst Sträußler, Dr. Arnold Ludwig Stumpf, Nicola Zec, Dr. Edwin Zellweker, Dr. Artur Zerzawy und Alfred Zohner. Der Polizeipräsident war davon im Sinne des Vereinsgesetzes in Kenntnis gesetzt worden. Weiters führte Doppler aus, dass die ehemaligen Logenräume in der Annagasse 8 und der Schwindgasse 12 durch in der Zwischenzeit erfolgte Umbauten für masonische Zwecke unbrauchbar geworden seien. Bezüglich der Räume in der Dorotheergasse 12 berichtete Ernst Broczyner, dass diese der Großloge vom Wohnungsamt der Stadt Wien zugewiesen worden seien und dass Forderungen des Vornutzers, einer Firma Fleischhacker, ebenso abgelehnt wurden wie eine finanzielle Forderung des Hausverwalters Koroschetz für die Einlagerung des restlichen Großlogenbesitzes. Am Schluss der Sitzung wurde die Gründung einer „Sammelloge“ mit dem Namen „Humanitas renata“ beschlossen. Dies erfolgte am 4. August 1945, wobei Erwin Kulka zum Stuhlmeister gewählt wurde und Karl Doppler zum neuen Großmeister. Gegenüber den Behörden traten Karl Doppler, Anton Endstorfer, Ernst Sellner, Ing. Erwin Kulka, Gustav Sellner und Karl Kraus als provisorischer Vereinsvorstand in Erscheinung.380 Die Trauerarbeit für den von 1919 bis 1938 mehrmals wiedergewählten Großmeister Richard Schlesinger und alle anderen verstorbenen Brüder war am 20. Oktober 1945 die erste rituelle Arbeit seit den Märztagen 1938. Da gegen Kriegsende bereits Treffen von Brüdern der Klagenfurter Loge „Paracelsus“ stattgefunden hatten, kam es in den Wirren des Jahres 1945 zu nicht aufeinander abgestimmten, parallelen Entwicklungen in Klagenfurt und Wien. Ohne Absprache erfolgte am 21. Juni 1945 auf Schloss Frauenstein die offizielle Wiedererweckung der Loge „Paracelsus“ unter der Leitung von Karl Ernst Newole. Sieben Klagenfurter Brüder versuchten beim alliierten Militärgouverneur die Wiederzulassung ihrer Loge zu erwirken, auch an die UGL wurde am 14. Juli 1945 ein Ansuchen um Anerkennung gestellt. Hierbei waren die britischen Besatzungsbehörden behilflich, was eigentlich deren Fraternisierungsverbot zuwiderlief. Beide Bemühungen blieben zwar erfolglos, dennoch entwickelte sich die „Paracelsus“ weiter und dürfte auf stillschweigende Toleranz der Besatzungsbehörden gestoßen sein, was sich etwa darin zeigt, 380 Ministerium für Inneres an die Polizeidirektion Wien. Verein Grossloge von Wien für Österreich. Antrag auf Reaktivierung vom 15.9.1945, in: GLvÖ-Archiv (Kopie).

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dass bei der ersten rituellen Arbeit am 11. Oktober 1945 zwei britischen Brüdern die Ehrenmitgliedschaft zuerkannt wurde. Um im Zusammenhang mit den Klagenfurter Entwicklungen bezüglich des Sprengelrechts keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, hatte die GLvW bereits am 11. August 1945 beschlossen, sich künftig als Großloge von Wien für Österreich zu bezeichnen. Wie wichtig der Kontakt zu Freimaurern in den Reihen der alliierten Truppen war, belegen Briefe an Mark W. Clark und an den britischen Generalleutnant Sir Richard McCreery. Hierin bekundete die GLvWfÖ ihr großes Interesse daran, amerikanische und englische Freimaurer als Gäste in der Loge begrüßen zu dürfen: „Wir stehen bereits in Verbindung mit amerikanischen Brüdern und hörten, dass sich Herr Präsident Truman sehr für eine Wiederbelebung der Freimaurerei in Europa interessiert. Der prominente Bruder Denslow (Großloge Missouri), der auf einer Inspektionsreise von Präsident Truman in Europa war, hat mich aufgefordert, mich an Ihre brüderliche Unterstützung zu wenden ...“381 Ein weiterer, wichtiger Brief wurde im Dezember 1945 an Staatskanzler Karl Renner geschickt, in dem die GLvWfÖ sich auf ihre Pflicht berief, am Wiederaufbau Österreichs mitzuwirken und die Landesgesetze zu achten.382 Das österreichische Innenministerium setzte am 16. Oktober 1945 die 1938 getroffene Anordnung des „Stillhaltekommissars“, mit dem die Auflösung der GLvW erfolgt war, offiziell außer Kraft. Doch so leicht die Behörden auch von der Rechtmäßigkeit der GLvWfÖ überzeugt waren, so gab es doch auch unerwartete Querschüsse von ganz anderer Seite: „1946 hat ein Abenteurer den von unseren Vorgängern gebrauchten Namen dazu benützen wollen, um unter diesem eine Vereinigung ins Leben zu rufen, die das Sprengelrecht über ganz Österreich ausüben sollte. In diesem Antrag an die betreffende Vereinspolizeistelle einer Landeshauptstadt hat er sich auch darauf berufen, dass in Österreich keine Vereinigung, die ihre Tätigkeit über ganz Österreich ausübt, besteht. Im Zuge der angestellten Erhebungen ergab es sich, dass der Betreffende früher von Beruf ein Schiffskellner war und 381

Deutscher Text für zwei Briefe in englischer Sprache: 1.) an General Mark W. Clark und 2.) an Generalleutnant Sir Richard McCreery, Briefe o.D. [Ende 1945], in: GLvÖ-Archiv. 382 Karl Doppler und Karl Kraus an Karl Renner, Brief vom 15.12.1945, in: GLvÖ-Archiv.

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dass es ihm bei dieser Gründung offensichtlich hauptsächlich um das Inkasso von Mitgliedsbeiträgen und anderen Taxen zu tun war. – Ein zweiter Versuch wurde im Westen Österreichs gemacht, von welchem wir aber rechtzeitig Kenntnis erhielten und so in der Lage waren, das Entstehen einer gleichen Organisation im Sprengel der Gr. L. zu verhindern.“383

Auch andere Opportunisten versuchten, sich unter dem Deckmantel der Freimaurerei zu verbergen, so schrieb der ehemalige Freimaurer Vitalis Poppy, dessen Wiederaufnahme wegen seiner Nähe zur NSDAP abgelehnt worden war, „... dass meine Entregistrierung auch ohne der seinerzeit von Ihnen erbetenen Mitgliedschaftsbestätigung glatt gelungen ist. Sie wollen sich bitte erinnern, dass ich damals meine Zugehörigkeit zur Widerstandsbewegung vorzulegen in der Lage war und Ihnen erklärte, wieso und warum ich mich in der Interimszeit zur Partei angemeldet habe. Die mir von der Widerstandsbewegung zur Verfügung gestellten Bescheinigungen genügten zu meinen Angaben, sodass ich keinerlei wie immer geartete Benachteiligungen erfuhr.“384 Kein Schatten der Vergangenheit sollte auf den neuen Zeitabschnitt der Freimaurerei in Österreich fallen, daher wurde ein rigoroses Aufnahmeverbot für ehemalige Nazis erlassen. Dies spürten Anfang 1946 einige Freimaurer in Graz, die die Loge „Mozart“ reaktivieren wollten. Dem konnte die GLvWfÖ nicht zustimmen, im Antwortschreiben heißt es: „... von den von Ihnen angeführten acht Brrn.. Meistern entsprechen drei nicht den konstitutionsgemäßen Voraussetzungen, da sie entweder ‚Parteianwärter‘ oder Mitglieder der NSDAP waren. Es spielt dabei keine Rolle, ob der Br.. sich aktiv betätigt hat oder nicht, ob er freiwillig oder gezwungen sich der Partei angeschlossen hat, entsprechend dem Zusatz zu § 2 der Konstitution, der besagt: ‚Vom Bunde der Freimaurer sind alle Faschisten ausgeschlossen. – Unter dem Begriff ‚Faschist‘ fallen alle Personen, die der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei oder einem ihrer Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK) oder einer mit einer faschistischen Korporation in Verbindung stehenden Vereinigung angehört haben, ferner solche Personen, welche faschis383 Karl Kraus an Norbert Rumpler, Brief vom 20.11.1948, in: GLvÖ-Archiv. 384 Vitalis Poppy an die GLvWfÖ, Brief vom 27.6.1946, in: GLvÖ-Archiv.

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tische Bewegungen oder Bestrebungen durch freiwillige, namhafte Beträge unterstützt oder mit faschistischen Parteien sympathisiert haben. Hiezu sind auch die sogenannten ‚Parteianwärter‘ zu zählen.“385

Ebenso erging es Franz Wimbersky.386 Dieser wollte dies allerdings nicht hinnehmen und argumentierte, er sei als Direktor der Ottakringer Brauerei im März zum Eintritt in die SA aufgefordert worden und habe geglaubt, dem Unternehmen damit nützen zu können bzw. zu müssen. Er sei jedoch nach einem halben Jahr wieder ausgetreten: „Ich war dennoch unvereidigter, nicht ausübender, nur beitragender SA-Anwärter.“387 Auch Ottokar Wanecek empfand seinen Ausschluss als ungerecht, zwar sei er aus beruflichen Gründen NSDAP-Parteianwärter gewesen, sei aber wegen seiner früheren Logenzugehörigkeit abgelehnt worden: „1938 wurde ich dreimal vor der Gestapo vorgeladen und verhört, ausschließlich wegen der Logenzugehörigkeit. Desgleichen lief gegen mich eine Untersuchung nach dem Berufsbeamtengesetz. Da ich schon 1935 wegen meiner Logenzugehörigkeit aus meiner Laufbahn als Blindenlehrer geworfen worden war und mir 1938 aus dem gleichen Grunde abermals der Verlust meiner Existenz drohte, folgte ich dem Rat eines meiner Vorgesetzten und meldete mich an. Den schriftlichen Ablehnungsbescheid habe ich in Händen. [...] Ich kann nur versichern, dass ich es sehr schmerzlich empfände, wenn ich aus der Kette ausscheiden müsste, die ich auch in den Jahren 1934 bis 1938 nicht verlassen habe. Ich habe nie gedeckt und bin auch in den Monaten der Verfolgung, obwohl öffentlicher Angestellter, ab 1934 immer im Kreise meiner Brüder von der ‚Kosmos‘ erschienen.“388 Alle um Neuaufnahme mussten ebenso wie die um Wiederaufnahme ansuchenden Brüder der Zwischenkriegszeit Fragebögen ausfüllen, in denen nach Mitgliedschaft bei NS-Korporationen, aber auch nach durch das NS-Regime erlittenen Schäden gefragt wurde. Tatsächlich dürfte es kompliziert genug gewesen sein, diese Angaben zu überprüfen – die tatsächliche innere Haltung dazu zu ermitteln, war ein Ding der Unmöglichkeit. Offensichtlich be385 386 387 388

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GLvWfÖ an Heinrich Pfisterer, Brief vom 22.2.1946, in: GLvÖ-Archiv. GLvWfÖ an Franz Wimbersky, Brief vom 19.1.1946, in: GLvÖ-Archiv. Franz Wimbersky an die GLvWfÖ, Brief vom 23.1.1946, in: GLvÖ-Archiv. Ottokar Wanecek an GLvWfÖ, Brief vom 15.2.1946, in: GLvÖ-Archiv.

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schränkte sich die GLvWfÖ auf formelle Kriterien, denn von der Streichung nicht betroffen war etwa Dr. Louis Paulowsky, obwohl er in einem 17-seitigen Dossier der Österreichischen Hochschülerschaft beschuldigt wurde, schon als illegaler Nazi tätig und später Parteianwärter gewesen zu sein, dass er aber vermutlich als ehemaliger Freimaurer nicht aufgenommen worden sei. Auch habe er sich in den Kriegsjahren davon distanziert, jemals jüdische Freunde gehabt zu haben.389 Doch offensichtlich konnte ihm keine direkte Mitgliedschaft in einer NS-Organisation nachgewiesen werden und er wurde daher 1952 wieder in seine Loge „Lessing“ aufgenommen. Nach Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit kamen doch noch mehr Mitglieder aus der Zwischenkriegszeit zurück, denn bei der ersten Aufnahme von neuen Mitgliedern in der Nachkriegszeit am 23. März 1946 waren 104 Brüder anwesend, bei der darauffolgenden am 22. Juni 1946 bereits 150.390 Um eine neue Generation heranzuziehen, wurde 1948 die Jugendorganisation „Alphabund“ ins Leben gerufen, die bei Sommerkursen Seminare über Ethik und Friedenserziehung organisierte. Generell stand man aber auch bei neuen Kandidaten vor einem prinzipiellen Problem, wie Doppler an Melvin M. Johnson schrieb: „Ihre Aufnahme gestaltet sich sehr schwierig, da neben den anderen Vorerhebungen genau nachgeforscht werden muss, ob er kein Nazi, Nazianhänger oder Kollaboratuer war oder auch nur in lockerster Verbindung mit der NSDAP gestanden ist. (...) So arbeiten wir zwar langsam, aber sicher, um neues freimaurerisches Leben in Oesterreich wiederzuerwecken. Trotz der Ungunst der Zeiten und der Abneigung der Parteien haben wir Mitglieder der Regierungs- und Universitätskreise und führende Männer der Wirtschaft in unseren Reihen, die unverdrossen, unermüdlich und opferbereit tätig sind, um unsere heilige Sache aufrecht zu erhalten und neues fruchtbares Leben aus dem Trümmerfeld der Kultur aufkeimen zu lassen.“391 Fast alljährlich konnten auch neue Tochterlogen der GLvWfÖ wiedererweckt beziehungsweise neu gegründet werden, dies waren die Logen „Zukunft“ (Wien, 1946), „Lessing zu den drei Ringen“ (Wien, 1947), „Gleichheit“ (Wien, 389 Untersuchung gegen den Universitätslektor Dr. Louis Paulovsky. Österreichische Hochschülerschaft an den Rektor der Universität Wien, Bericht vom 10.3.1947, in: GLvÖ-Archiv. 390 [Wladimir Misař]: Report about the Reconstruction of the Grand Lodge of Vienna, o.D., S. 3, in: GLvÖ-Archiv, S. 3. 391 Karl Doppler an Melvin Johnson, Brief o.D. [1946], in: GLvÖ-Archiv.

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1948), „Freundschaft“ (Wien, 1949), „Zu den sieben Weisen“ (Linz, 1949), „Zu den drei Bergen“ (Innsbruck, 1952), „Donau zu den friedlichen Ufern“ (Wien, 1952), „Zu den drei Säulen im Süden“ (Klagenfurt, 1952). Die Loge „Paracelsus“ hatte bereits 1946 ihre endgültige Arbeitsbewilligung bekommen und war 1952 nach Villach übersiedelt, die Sammelloge „Humanitas renata“ konnte 1950 als solche aufgelöst werden und wurde wieder in „Humanitas“ umbenannt. Anfang 1948 restituierte die Österreichische Nationalbibliothek nach Bewilligung der Finanzlandesdirektion auch die 1938 dort eingelagerte Bibliothek der früheren GLvW, um deren neuerliche Aufstellung in der Dorotheergasse 12 sich vor allem Gustav Kuéss verdient machte. Das praktisch gesehen schwerwiegendste Problem der unmittelbaren Nachkriegszeit war die große Hungersnot in Wien, doch hier waren es amerikanische, Schweizer und ehemalige österreichische Freimaurer in Amerika und in überwältigendem Ausmaß in England, die mithilfe zahlreicher CAREPakte für Abhilfe sorgten.392 Auch an Kohle, Holz und Papier mangelte es, nur schrittweise konnten die Tempel und auch die Büroeinrichtung wieder instand gesetzt werden. Noch im November 1945 wurde die Liga für Menschenrechte von Stuhlmeister Erwin Kulka, unterstützt von Otto Ronge, Ernst Sellner, Walter Bauer und Friedrich Ganglbauer, wieder zum Leben erweckt, doch vorerst mangelte es noch an einer klaren Formulierung der Menschenrechte und daher auch an einer konkreten Aufgabenstellung. Dennoch wurde im folgenden Jahr allen Brüdern nahegelegt, der Liga beizutreten. Anfang 1948 konnte auch der AASR in Österreich wiedererrichtet werden, nachdem einige Brüder im Schnellverfahren in den 33. Grad erhoben wurden, um die erforderliche Mindestzahl für einen Obersten Rat zu gewährleisten. Als offiziellen Namen einigte man sich auf Freimaurervereinigung Schottischer Ritus, in die Funktion des Souveränen Großkommandeurs wurde Ferdinand Rangetiner gewählt. Vor allem René Raymond knüpfte die internationalen Kontakte, sodass nach den USA bald auch andere Länder in ein Anerkennungsverhältnis traten, nicht jedoch vorerst England, Irland, Schottland und Kanada. Ein weiteres Problem waren die in aller Welt verstreuten Brüder, so heißt es in einem Brief von Großsekretär Karl Kraus vom Mai 1947 an Emil Gelles in Bombay: 392 Bernhard Göller: Der unschätzbare Wert von CARE-Paketen. Brüderliche Hilfe aus dem Ausland trug viel zum Überleben bei, in: QC-Berichte 25/2005, S. 139–156.

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„Durch Papiermangel, dann infolge Abschaltung des elektischen Stromes infolge Kohlenmangels haben wir erst jetzt die bereits vor Monaten bestellten Passformulare erhalten können, und so komme ich heute erst in die Lage, Ihrem Wunsche zu entsprechen. (...) Die englische Gr.L. steht offenbar auf dem Standpunkt, dass wir hier noch bis zum Abschluss des Friedensvertrages als feindliches Ausland gelten, ein Standpunkt, den die amerikanischen Gr.LL. überhaupt nie eingenommen haben. Unsere nach den USA emigrierten Brr. sind voll der Anerkennung für die Behandlung durch die amerikanischen Großbehörden. Selbst mit der Gr.L. von Frankreich haben wir die Beziehungen wieder aufnehmen können, gar nicht zu reden von anderen Gr.LL.; nur die Engländer bilden in diesem Sinne ein Ausnahme./ Was nun ihre sonstigen Anfragen betrifft, so teile ich Ihnen mit, dass die Gr.L. von Wien die emigrierten Brr. als immer noch ihr angehörig betrachtet, soweit sich diese bei der Gr. L. darum beworben haben. (...) Was die Übersendung von Schurz und Bijou betrifft, muss ich Ihnen leider mitteilen, dass dies derzeit unmöglich ist: die Brr., die ihr Werkzeug in der Nazizeit verloren haben, erscheinen mit selbstgemachten Schurzen aus irgendwelchem Ersatzstoff, da weißes Leder nicht aufzutreiben ist; die vorhandenen Schurze haben die Nazis geplündert, um aus dem weißen Leder Handschuhe für die SS zu machen. Die Versendung von Bijou wieder ist wahrscheinlich aus Währungsgründen derzeit nicht möglich. Was nun ihre Sorge wegen der Entrichtung eines Mitgliedsbeitrages betrifft, so soll Sie dies in keiner Weise drücken; wir rechnen die Brr. zu den unseren, soweit sie selbst sich zu uns rechnen, ob sie nun Beiträge zahlen oder nicht.“393

Im November 1948 zog Großsekretär Karl Kraus eine Bilanz seiner Korrespondenzen mit den Brüdern in aller Welt: „Als ich die Funktion des leider nicht mehr in Wien weilenden Br. Misař zu übernehmen hatte, ging ich daran, die Adressen aller unserer Freunde zu sammeln, die ihren Wohnsitz nach 1938 außerhalb Österreichs genommen haben. Nach Wiederaufnahme des Postverkehrs traten wir in Briefwechsel, der im Großen zu folgenden Ergebnissen führte. Ein ganz überwiegender Teil hat 393 Karl Kraus an Emil Gelles, Brief vom 4.5.1947, in: GLvÖ-Archiv.

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seine treue Verbundenheit mit uns zum Ausdruck gebracht. Ein anderer Teil benachrichtigte uns, dass er an seinem gegenwärtigen Wohnsitz Aufnahme in eine L. gefunden hat, die eine Mitgliedschaft anderswo verbietet, dessen ungeachtet sie aber nach wie vor das größte Interesse an unserem Tun behalten. Ein dritter Teil gab uns sein vollkommenes Desinteressement [sic] bekannt, will von uns, wie überhaupt von Wien nichts mehr wissen und will auch teilweise nicht einmal an Österreich erinnert werden.“ 394

Die Adressenliste konnte im GLvÖ-Archiv bislang nicht ausfindig gemacht werden, in jedem Fall hatte sie im Chaos der Nachkriegszeit gute Dienste erwiesen: „Aus an mich eingelangten Berichten von Brr. ist es nun schon mehrmals vorgekommen, dass sich Brr., die schon jahrelang in der gleichen Stadt wohnen, durch meine Korrespondenz zusammen gefunden haben und große Freude hatten.“395 Vor allem für diese Brüder im Ausland wurde ein Wiedergutmachungsausschuss eingerichtet, wie folgendes Schreiben belegt: „Der Wiedergutmachungsausschuss, welchem die Br.: Dr. Josef Berkovits/ Dr. Karl Fried/ Dr. Alfred Kisselitza/ Dr. Otto Kraus/ Dr. Paul Singer/ angehören, wurde im November v. J. zu dem Zwecke ins Leben gerufen, unseren in der Emigration lebenden Br. in Wiedergutmachungs-Angelegenheiten beratend zur Seite zu stehen und ihnen Auskünfte über den Stand der Gesetzgebung und die zur Geltendmachung ihrer Ansprüche erforderlichen Massnahmen zu erteilen. In diesem Sinne wurde im Dezember v.J. an alle im Ausland lebenden Br.:, deren Adressen uns bekannt waren, ein Rundschreiben ausgesendet./ In der Folge sind uns von etwa 20 Brüdern Ersuchen um allgemeine Informationen, Übersendung der einschlägigen Gesetze etc. sowie um Beantwortung konkreter Anfragen zugekommen, denen wir selbstverständlich nach Möglichkeit entsprochen haben. In einzelnen Fällen haben sich infolge der notwendigen Rückfragen, Einholung von Auskünften und dergl. längere Korrespondenzen entwickelt, die zum Teil noch fortgeführt werden./ Einen besonderen Zweig unserer Tätigkeit sehe ich in der Durchführung von Vorerhebungen wie Feststellungen, ob die in den Briefen der Interessenten erwähnten 394 Karl Kraus an Norbert Rumpler, Brief vom 20.11.1948, in: GLvÖ-Archiv. 395 Karl Kraus an Rudolf Trostler, Brief vom 19.6.1947, in: GLvÖ-Archiv.

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Häuser, Firmen, Wohnungen auch heute noch existieren oder etwa durch die Kriegsereignisse zerstört wurden, wer die gegenwärtigen Inhaber derselben sind, ob die Einleitung von Wiedergutmachungsverfahren in Anbetracht der materiellen Lage der derzeitigen Inhaber der betreffenden Vermögenschaften aussichtsreich erscheint u.ä. Es handelt sich hierbei um eine Kleinarbeit, die der juristischen Geltendmachung der Ansprüche in der Regel vorausgehen muss, und mit welcher wir unseren im Auslande lebenden Br. gerne zur Verfügung stehen.“396

Dass generell die Anteilnahme am Schicksal verfolgter und vertriebener Freimaurer groß war, zeigt auch der Umgang mit Brüdern, die erst nach dem Krieg zu Flüchtlingen wurden, wie etwa jene österreichischer bzw. deutscher Herkunft, die 1948 aus der Tschechoslowakei deportiert wurden. So heißt es in einem Brief an den Großmeister: „Die aus der CSR zur Emigration gezwungenen Brüder haben sich bei ihrer letzten Zusammenkunft mit der Affilierung in Wiener Logen beschäftigt und sind vorläufig zu dem Entschluss gelangt, mit Rücksicht auf die derzeitigen unklaren Verhältnisse in Österreich, Sie zu bitten ihnen vorläufig zu gestatten, als bloß besuchende Br. den Wiener Logen anzugehören.“397 Auch ihr bitteres Schicksal ist bislang nicht erforscht worden, daher sei auch folgendes Dokument zitiert, ein Briefentwurf der GLvWfÖ an amerikanische Großbehörden: „Sie haben uns, lieber Br., seinerzeit bekannt gegeben, dass die amerikanischen Br. ansehnliche Geldbeträge der tschechischen Großloge in Prag zur Verfügung gestellt haben und dass sich diejenigen deutschen Freimaurer aus der Tschechoslowakei, die zur Emigration gezwungen wurden an die tschechische Freimaurerloge wenden konnten, um vielleicht auch von dort Unterstützung in ihrer bedrängten Lage zu erreichen. Wir haben dies getan und uns an Br. Dr. Paul Körbel in Prag gewendet, der uns geantwortet hat, dass einerseits die tschechischen Freimaurerlogen sich der in der CSR verbliebenen deutschen Freimaurer, die politisch einwandfrei sind, annehmen, andererseits aber keine technische Möglichkeit haben, sich jener deutschen Freimaurer anzunehmen, 396 Alfred Kisselitza an die GLvWfÖ, Brief vom 14.6.1947, in: GlvÖ-Archiv. 397 Karl Lamac an Bernhard Scheichelbauer, Brief vom 2.6.1948, in: GLvÖ-Archiv.

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die das Land verlassen haben. Die aus der Tschechoslowakei zur Emigration gezwungenen Br., die niemals mit dem Nazismus auch nur das Geringste zu tun gehabt haben, die seit der Besetzung der csl. Republik durch die deutschen Okkupanten bis zur Befreiung im Jahre 1945 die größten Unbilden und Verfolgungen zu ertragen hatten, und mit Sehnsucht auf die Befreiung gewartet haben, halten es für ihre Pflicht, Sie über folgende Umstände zu informieren. In der csl. Republik existierte die tschechische Großloge (Národni veliká lože československá) und die deutsche, besser gesagt deutsch-jüdische Großloge ‚Lessing zu den drei Ringen‘. In der Okkupationszeit war der Prozentsatz der abtrünnigen deutschen Freimaurer ein verschwindend kleiner. Die deutsch sprechenden Br. haben aber ihre deutsche Nationalität in uneigennütziger Form und in unzähligen Fällen dazu benützt, dass sie sich ohne mit dem Nazismus in näherer Verbindung zu stehen, für die verfolgten tschechischen Freimaurerbrüder eingesetzt haben und in unzähligen Fällen diesen tschechischen Brüdern Freiheit, Leben und Vermögen gerettet haben. Das Verhältnis der deutschen und tschechischen Brüder war in der Okkupationszeit ein sehr gutes, zumal beide von demselben Feinde verfolgt und benachteiligt wurden. [...] Nach der Befreiung erlitten aber die deutschen Frm. die größte Enttäuschung ihres Lebens. Sie mussten sehen, dass die internationale freimaurerische Brüderlichkeit nach der Befreiung einen argen Riss erlitten hat, denn keiner der tschechischen Br., auch nicht diejenigen, die den deutschen Br. vieles, vielleicht ihr Leben und ihre Freiheit zu verdanken gehabt haben, hat sich gemeldet, um den deutschen Freimaurern in ihrer Bedrängnis beizustehen. Es gibt keine Fälle, in denen tschech. Brüder-Freimaurer in den heißen Tagen des Mai 1945 und auch später sich ehrenwerter deutscher Freimaurer angenommen hatten. Mit Leid müssen wir beklagen, dass unser ehrenwerter Deputierter Großmeister Br. [Artur] Günther aus Pilsen, der sogar Ehrenmitglied der tschech. Loge [Ludwig] Piette in Pilsen war, nach der Befreiung vollkommen grundlos eingekerkert wurde und im Kerker verhungerte. Kein einziger seiner tschechischen Freunde hatte es unternommen für ihn einzutreten. Wir könnten viele solche leidvolle Fälle anführen. Die tschechische Freimaurerei hat daher versagt, und wenn heute neuerliche Bestrebungen im Gange sind, eine neue tschech. Freimaurerei ins Leben zu rufen, dann wird es wohl notwendig sein, dass die freimaurerische Internationale darauf Wert legt, den Brüdern zu sagen, dass sich freimaurerische Bruderliebe und Gerechtig-

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keitsgefühl, Humanität und Freiheit in erster Linie in Notzeiten zu bewähren hat, insbesondere deshalb, weil einige der prominentesten tschechischen Freimaurerbrüder nach der Befreiung erklärt haben, mit der Freimaurerei nichts Gemeinsames mehr haben zu wollen. Die Br. aus Amerika haben sich in vorbildlicher Weise für die jüdischen Br. aus der Tschechoslowakei eingesetzt und nicht zuletzt durch das Einschreiten des amerikanischen Gesandten in Prag die Freigabe des jüdischen Vermögens in der csl. Republik erwirkt. Wir deutsche Antinazisten, die durch unsere Verbindung mit unseren jüdischen Freimaurer-Br. von den Nazisten als Judenknechte gebrandmarkt wurden, haben unser Eintreten für alle guten Menschen und Br. ohne Rücksicht auf Nationalität und Rasse mit dem Verlust unserer letzten Habe büßen müssen.“398

Die Erinnerung an die Großloge „Lessing zu den drei Ringen“ ist fast völlig ausgelöscht, weil ihr Archiv den Terror der Besetzung nicht überlebte, wie aus einem Brief an die GLvWfÖ hervorgeht: „Da ich aus Ihrem Briefpapier sehe, dass sie in Wien ganz offiziell funktionieren, halte ich es doch für meine Pflicht Ihnen folgendes mitzuteilen: zu einer Zeit, als die L. hier schon aufgelöst wurde, haben sich einige Herren zusammengetan ‚um den Nachlass zu ordnen‘. Dr. Mo. übernahm die Unterbringung der sicher 5.000 Bände zählenden Bibliothek. Es waren darunter unersetzliche Dinge, besonders die Geschichte der Freimaurerei betreffend. Um nun diese Bibliothek der ‚Lessing‘ zu erhalten, liess Dr. Moucha, zu einer Zeit, als das schon recht gefährlich war, die gesamte Bibliothek in Kisten verpacken und hinterlegte sie in einem Museum als ‚Das Vermächtnis eines Mannes, der erst in 25 Jahren die Öffnung dieser Kisten wünscht‘. Der Direktor diese Museums ist ein tsch. Br. – Dr. Moucha war glücklich, dass ihm diese Rettung gelungen war. Nach seinem Tod ging ich zu dem Museumsdirektor und frug ihn, wie es mit dieser Bibliothek jetzt stünde. Dr. Moucha dachte nämlich niemals an 25 Jahre und hatte gehofft, die Bücher sofort nach unserer ‚Befreiung‘ ihrem Zwecke zuführen zu können. Es haben auch viele Herren der ‚Lessing‘ ihre Abzeichen und persönlichen Schriften miteinpacken lassen. Der Direktor wurde auf meine Frage sehr verlegen und teilte mir dann mit, ‚dass er die Bib398 An eine amerikanische Großloge, o.D. [Briefentwurf von 1948], in: GLvÖ-Archiv.

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liothek verbrannt habe‘. Trotzdem er die ganzen Jahre mit Dr. Moucha in Verbindung war, hat er niemals etwas von dieser Verbrennung verlauten lassen.“399

Von den Brüdern der Tschechoslowakei fanden nach dem Krieg zwar einige der deutschsprachigen, aber so gut wie keine tschechischsprachigen Brüder Aufnahme in Wiener Logen, im Jahr 1956 fanden wiederum zahlreiche ungarische Brüder Zugang zu österreichischen Logen. Nach ihrer Konsolidierung hatte die GLvWfÖ nur ein großes Ziel: Die Beendigung des „Kriegszustandes“ mit England und die Anerkennung durch die UGL. Bereits im Jänner 1946 hatte Karl Doppler nach London geschrieben und einen umfassenden Bericht über die Wiederaufnahme der freimaurerischen Arbeit in Wien geliefert, doch es dürfte darauf keine Antwort erfolgt sein.400 Daher suchte man nach Verbündeten. Die „Mozart Lodge“ war unter ihrem Stuhlmeister Hans Heinrich Hoffmann in engster Verbindung mit der GLvWfÖ geblieben, so wurde ihm im November 1950 für eine großzügige Spende zur Renovierung der Logenräume in der Dorotheergasse gedankt.401 Hoffmann war auch die helfende und unterstützende Kraft hinter der Anerkennung der GLvWfÖ durch die UGL.402 Das lange Warten hatte vielseitige Gründe, so heißt es im Oktober 1949 in einem Brief von Großsekretär Karl Kraus: „Was nun das bisher noch ungeklärte Verhalten der G.L. betrifft, so sind die Londoner BBr. der Meinung, dass die Schwerfälligkeit in der Beschlussfassung in London sich noch durch unliebsame Erfahrungen, die die G.L. von England in den Jahren nach 1945 gemacht hat, gesteigert hat. So wurden die GG.LL. von Ungarn und der Tschechoslowakei anerkannt, aber die gegenwärtigen Verhältnisse dortselbst haben sich inzwischen derart geändert, dass man den ersten Schritt bereut. Deshalb dürfte man mit Anerkennungen jetzt sehr vorsichtig geworden sein. Diese Einstellung der G.L., nicht nur Wien gegenüber, sondern auch sonst, scheint nicht allerorten begriffen zu werden, wie ich auch aus anderen europäischen Ländern informiert wurde. 399 400 401 402

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Elisabeth Schenk an die GLvWfÖ, Brief vom 15.12.1946, in: GLvÖ-Archiv. Karl Doppler an die UGL, Brief vom 2.1.1946, in: UGL-Archiv, File „Austria“. 162. Arbeitstafel der GLvWfÖ vom 16.11.1950, in: GLvÖ-Archiv. Hans Kummerer: Die Freimaurerei in Österreich 1945–1952, in: Österreichisches FreimaurerMuseum Rosenau bei Zwettl (hg. vom Museumsverein Schloss Rosenau). Rosenau: (Eigenverlag) 2005, S. 48–49.

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Übrigens wird jetzt von verschiedener Seite versucht, eine Vereinheitlichung in den gegenseitigen Beziehungen zu erreichen, zu welchem Zwecke zu Beginn des kommendes Jahres in Paris Beratungen stattfinden werden.“403 Hans Heinrich Hoffmann diente Großmeister Scheichelbauer in London am 6. März 1952 als Dolmetscher bei den Verhandlungen zur Wiederaufnahme der Beziehungen, bei der von englischer Seite Grand Secretary Sir Sidney White und sein Vize James Wilfried Stubbs, der Vizepräsident des Komitees für auswärtige Angelegenheiten Reginald J. Davis und der EhrenGroßbeamte John Harrison teilnahmen. Bereits hier wurde die Anerkennung in Aussicht gestellt, die unabhängig von einem zwischenstaatlichen Friedensvertrag der beiden Nationen erfolgen sollte, was der bisherigen Linie der Großlogen von England, Schottland und Irland zuwiderlief. Der Besuch Scheichelbauers beinhaltete auch eine Führung durch Bibliothek und Logen der Free Masons Hall, wobei ihm zu Ehren das Bundeslied von Mozart ertönte. Den Abschluss bildete ein Abendessen mit dem Beamtenrat der Loge „Mozart“.404 Doch das tatsächliche Hindernis für eine Anerkennung der GLvWfÖ durch die UGL war, dass die GLvW seit der Zwischenkriegszeit Mitglied bei der UFL war und mit Eugen Lennhoff und Victor Hammerschlag zwei ihrer führenden Funktionäre gestellt hatte. Während des Kriegs war ihre Tätigkeit zwar eingeschlafen, doch bald danach wurde die UFL in Österreich wieder höchst aktiv und auch die GLvWfÖ betätigte sich rege, wie einem Brief von Karl Kraus zu entnehmen ist: „Vom 22. bis 24. August [1947] hat die Gr. L von Wien einer Einladung der Allg. F.M.-Liga Folge geleistet und eine Delegation, bestehend aus dem Dep. Gr. M. Ronge, dem Gr. Redner Rangetiner und mir zum ersten Kongress der Liga nach dem 2. Weltkrieg nach Basel (Schweiz) entsendet. Außer den Vertretern der Schweiz (deutsche und französische) waren nur Frankreich (Grande Loge), der Elsass, Holland, und eben Österreich vertreten, ein Zeichen dafür, dass sich die f.m.-Verhältnisse in Europa noch nicht recht konsolidiert haben. Auffallend war die starke Beteiligung der Holländer, die in 403 Karl Kraus an J. M. Heisstein, Brief vom 12.10.1949, in: GLvÖ-Archiv. 404 131. Tafel der GLvWfÖ vom 10.3.1952, in: GLvÖ-Archiv.

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Stärke von 65 Brr. erschienen sind. Das Thema der Liga lautete ‚Kampf für den Frieden‘. Für uns Österreicher, die wir 9 Jahre vom Ausland hermetisch abgeschlossen waren, bedeutete diese Reise ein Erlebnis außergewöhnlichen Ausmaßes. Konnten wir doch bei dieser Gelegenheit Vergleiche zwischen dem Leben in unserem armen, zerrissenen Land und einem Lande ziehen, in dem man freie Luft atmet.“405

Im Mai 1948 konnte Kraus nur aus Devisengründen nicht zur Tagung des UFL-Vorstands nach Brüssel reisen, jedoch im September 1948 zu deren Kongress im Haag.406 Im Jahr 1949 schrieb Kraus: „Ich selbst bin eben von dem heuer in Paris abgehaltenen Kongress der Allg. F. M.-Liga zurückgekommen, bei welchem Österreich durch 5 Brr. vertreten war. Es hat uns ganz besonders gefreut zu sehen, wie wir Österreicher, dank der von unserer Gr. L. stets im Sinne der ‚Alten Pflichten‘ beobachteten Haltung, uns der Zuneigung aller anderen Nationen erfreuen dürfen. Der Kongress, der jedes Jahr in einem anderen Land stattfindet, tagt 1950 in Brüssel, 1951 in Kopenhagen und 1952 in Wien. Die letztere Mitteilung auf dem Kongress wurde mit besonderem Beifall aufgenommen.“407 Der Kongress der UFL fand dann tatsächlich vom 30. August bis 2. September 1951 in Wien statt. Unmittelbar danach jedoch kam es zu einem dramatischen Umschwung, der innerhalb der GLvWfÖ alles andere als unumstritten gewesen sein kann. Noch im August 1938 hatte die UGL das Dokument Aims and Relationships of the Craft herausgegeben, wonach der Glaube an Gott für einen Freimaurer verpflichtend sei. Zudem wurde festgelegt, dass beim Ritual eine aufgeschlagene Bibel auf dem Altar zu liegen habe. In einem weiteren Paragrafen wurde defintiv bestimmt, dass die UGL niemals die Oberhoheit eines wie auch immer benannten internationalen Dachverbandes akzeptieren würde. Dies wurde auch in den nunmehr laufenden Verhandlungen von England ausdrücklich gefordert und „als logischer Schritt [...] ergab sich die Notwendigkeit der Auflösung der Verbindung mit der UFL. Diese wurde durch die 405 Karl Kraus an Alfred Spitzer, Brief vom 1.10.1947, in: GLvÖ-Archiv. Siehe auch: Adi Pohl, Günter Kodek: Die Universala Framasona Ligo und ihre turbulente Geschichte, in: QC-Berichte 22/2002, S. 61–110. 406 Karl Kraus an J. Radinger, Brief vom 21.4.1948, in: GLvÖ-Archiv. 407 Karl Kraus an Erwin Nossig, Brief vom 6.8.1949, in: GLvÖ-Archiv.

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Hauptversammlung der österreichischen Landesgruppe der UFL am 18. Juni 1952 vollzogen, nachdem ein Vermittlungsantrag vom Direktorium der UFL in Paris am 3. und 4. Mai rundweg abgelehnt worden war.“408 Diese „Unterwerfung unter das englische Diktat“ und andere Gründe waren für mehrere Brüder der Loge „Zukunft“ Anlass, aus dem Verband der GLvWfÖ auszutreten beziehungsweise wegen freimaurerischen Verfehlungen ausgeschlossen zu werden. Sie gründeten am 24. September 1955 die Unabhängige Freimaurerloge Wien, aus der sich in der Folge der Großorient von Österreich entwickelte.409 Großmeister Scheichelbauer veröffentlichte 1953 das Buch Die JohannisFreimaurerei, Versuch einer Einführung, welches mehr als eindeutig die Esoterik und damit die englische Interpretation der Freimaurerei in den Vordergrund rückte. Im Anhang des Buches finden sich einige „Gesetzestexte“, neben den Alten Pflichten auch die Aims and Relationsships of the Craft, Letztere versehen mit dem Nachsatz: „Die Großloge von Wien für Österreich hat sich – wie eine lange Reihe anderer Großlogen – dieser Erklärung angeschlossen.“ 410 Nach der Anerkennung durch die UGL sollen in Wien schlagartig alle auch französischen Freimaurer unter den Besatzern des Tempels verwiesen worden sein.411 Die Anerkennung der GLvWfÖ durch die UGL wurde bei einer Festarbeit im großen Saal von Free Masons Hall vor 3.000 Besuchern am 3. Dezember 1952 beschlossen.412 In der offiziellen Verlautbarung der UGL liest sich das wie folgt: „I have caused enquiries to be made into the present position of the Grand Lodge of Vienna (Austria), which was recognised by this Grand Lodge between the wars, but which ceased to operate previous to the outbreak of the last war. As a result of these inquiries, I am satisfied that the reformed Grand Lodge of Austria is not as substantially different from the body from that with which our Grand Lodge was in amity, and that, in the present state, it is such as this Grand Lodge can properly recognise. Rela408 Information über den Stand der Verhandlungen mit der VGL von England (gez. Rudolf Rappos), Bericht vom 10.9.1952, Bl. 4, in: GLvÖ-Archiv. 409 Peter Dusek: Die Auflehnung gegen den Übervater. B. Scheichelbauer und die Unabhängige Freimaurerloge Wien, in: QC-Berichte 25/2005, S. 129. 410 Aims and Relationships of the Craft, in: Bernhard Scheichelbauer. Die Johannis-Freimaurerei. Eine Einführung. Wien: O. Kerry 1953, S. 147–151. 411 Dusek 2005, S. 131. 412 143. Tafel der GLvWfÖ vom 5.1.1953, in: GLvÖ-Archiv.

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tions have therefore been resumed and Representatives will in due course be exchanged.“413 Hans Heinrich Hoffmann wurde am 27. Februar 1953 zum Ehrenmitglied der GLvWfÖ ernannt und in weiterer Folge zu deren Großrepräsentanten in London.414 Im Gegenzug verlieh die Londoner Loge „Mozart“ Großmeister Scheichelbauer die Ehrenmitgliedschaft und lud alle vorübergehend in London weilenden Wiener Brüder zum Besuch ein.415 Quasi als Rechenschaftsbericht und zur Versendung in alle Welt wurde 1953 die englischsprachige Broschüre Report About The Activities Of The Grand Lodge Of Vienna For Austria publiziert, welche den freimaurerischen Wiederaufbau in Österreich und das immer noch komplizierte Verhältnis zur Kirche darstellt sowie über das erste Treffen der Großmeister von Deutschland, Österreich und der Schweiz nach dem Krieg berichtet.416 Ein gewisses Aufsehen erregte Hoffmann am 27. Jänner 1956, als er bei der Gedenkfeier zum 200. Geburtstag Mozarts in der Free Masons Hall die ihm von der GLvWfÖ verliehene orange Schärpe mit Juwel trug.417 Solche Ehrengaben können auch als Beleg für den wiederkehrenden Wohlstand im Österreich der Nachkriegszeit gewertet werden. Durch die Anerkennung der UGL und danach der mit ihr verbundenen Großlogen weltweit war der GLvWfÖ etwas gelungen, was dem Staat Österreich noch bevorstand. Noch vor der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags benannte sie sich am 22. April 1955 in Großloge der Alten und Freien Maurer von Österreich um.

413

Grand Lodge of Vienna (Austria), in: Proceedings of the United Grand Lodge of England, 3.12.1954, S. 258. 414 148. Tafel der GLvWfÖ vom 2.3.1953, in: GLvÖ-Archiv. 415 158. Tafel der GLvWfÖ vom 3.10.1953 und 161. Tafel der GLvWfÖ vom 2.11.1953, in: GLvÖArchiv. 416 Report About The Activities Of The Grand Lodge Of Vienna For Austria. [Wien: Eigenverlag] 1953. 417 London – Mozart Lodge No. 6997, in: Humanitalk 5/1956, S. 1.

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Dasté, Louis: Die geheimen Gesellschaften und die Juden. Graz, Wien: Styria 1919

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Dlugosch, Wilhelm: Eine Volksgemeinschaft vernichtet die Freimaurerei. Essen: Weber 1938

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Der Papst und die modernen Ideen. IV. Heft. Der heilige Stuhl und die Freimaurer. Wien: Carl Sartori 1866

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20.09.2010 08:30:56

Abkürzungsverzeichnis AASR

Alter und Angenommener Schottischer Ritus

AJB

Archiv Jugoslavije Beograd

ADU AMI

BArch

DÖW

FÖLNS Gestapo GLvÖ

GLvW

GLvWfÖ

GSPK, ZSM IfZ

NGLI

NSDAP ÖSA QC

RSHA RSK SD

SGLD

SGLDE SS

UFL

UGL

VF

WFZ

Patka.indd 207

Austrian Democratic Union

Association Maçonnique Internationale Bundearchiv Berlin Lichterfelde

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Forschungsstelle Österreichische Literatur im

Nationalsozialismus an der Karl-Franzens-Universität in Graz Geheime Staatspolizei

Großloge von Österreich (1955– ) Großloge von Wien (1918–1938)

Großloge von Wien für Österreich (1945–1955)

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Zentrales Staatsarchiv Merseburg

Institut für Zeitgeschichte, München National Grand Lodge of Israel

Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Österreichisches Staatsarchiv

Quatuor Coronati Loge, Wien Reichssicherheitshauptamt Reichsschrifttumskammer Sicherheitsdienst

Symbolische Großloge von Deutschland

Symbolische Großloge von Deutschland im Exil Schutzstaffel

Universelle (Allgemeine) Freimaurerliga United Grand Lodge of England Vateländische Front

Wiener Freimaurer-Zeitung

20.09.2010 08:30:56

Personen-, Orts- und Sachregister Abel, Paul 126, 128

Basel 123, 186

Afrika 160

Baudrillart, Alfred 106

Adler, Ludwig 67

Alfredson, Robert (siehe Wurmfeld, Robert)

Alter und Angenommener Schottischer Ritus (AASR) 10, 21, 46, 76, 87, 89,

90, 92, 100, 101, 104, 113, 147, 167, 172, 173, 179

Altmann, [?] 120

Altmann (Altman), Ludwig 161 Aman 149

Amerika (siehe USA)

Antisemitismus 9, 11, 12, 61, 153 Appel, Carl 20, 72

Arco-Vallay, Graf 110, 113 Argentinien 122, 156, 157 Arvay, Paul 161

Aschauer, Edmund 43, 44 Ascher, Arnold 20 Asien 132, 150

Association Maçonnique Internationale 124

Bauer, Franz 67 Bauer, Josef 83

Bauer, Samuel 67

Bauer, Walter 173, 179

Beaussart, Pierre 112, 113 Beck, Franz 67

Becker, Hans Sidonius 114, 116 Beer, Hermann 67

Beer, Oskar 44, 161 Beer, Theodor 155 Belgien 122, 124

Benedict, Walter 161

Berczeller, Richard 168 Berdach, Hugo 67 Berger, Adolf 44

Berger, Ferdinand Victor 67 Berkovits, Josef 154, 181

Berl, Friedrich (Frederick) 161

Berlin 11, 41, 47, 51, 57, 63, 64, 78, 79, 86, 94, 97, 110–112

Auschwitz 67–70

Bermann, Julius 67, 146

Australien 122, 125, 132, 146, 154, 156

Bertram, Adolf 112

Auspitz, Paul 169

Babler, E. B. 132 Bandow, [?] 58

Barber, Max 44, 124

Barruel, Augustin 12 Basch, Ludwig 157

Patka.indd 208

Bass, Alfred 67

Bernhart, Frank 130–132 Bettelheim, Adolf 67 Bettelheim, Fritz 44 Beyer, Bernhard 93 Biach, Philipp 67

Bichlmair, Georg 96, 110, 113 Bie, Emil 119

20.09.2010 08:30:57

pERSONEN-, Orts- und Sachregister Bild, Gustav 43, 44

Bunzl, Julius 20

Blau, Hugo 58, 59, 163–165

Bunzl, Robert 44

Bischoff, Diedrich 16 Blum, Fritz 158

Blumberg, Friedrich 173

B’nai B’rith 20, 32, 40, 92, 171 Bobek, Jarolim 155 Böhm, Oskar 173 Böhmen 19

Burgenland 42

Burmester, [?] 45 Busson, Paul 19

Buxbaum, Friedrich 126 Bysher, Philip 131

Cardon, Gregor (siehe Reichl, Kurt)

Bolte, [?] 91, 96, 97

Carver, Rudolph John 133

Bombay 179

Bondy, Hermann 67 Bong, Richard 80

Borgzinner, Julius 67 Borrok, Archie 163

Brandeisz (Brandeis), Maximilian Peter 120–122, 160–162, 168

Brandt, Wilhelm 126 Braun, Isidor 44

Brecher, Alfred 158 Brill, Oskar 67 Brisbane 132

Broczyner, Ernst 173, 174 Brown, Gay J. 163 Brügel, Fritz 20

Brügel, Ludwig 20, 67 Brünn 119

Brüssel 124, 159, 187 Brunner, Armin 19

Buchenwald 55, 68, 70 Budapest 124

Buenos Aires 145, 155, 156 Bunzl, Hugo 55, 126

Patka.indd 209

Bunzl, Martin 28–30, 37, 118, 126–129, 155

Börner, Wilhelm 18

Bolivien 140, 158, 159

209

Carraro, Angelo 20 Cefarin, Rudolf 49

Charmatz, Richard 19

Charoux, Siegfried 18, 37,

Châteaubriant, Alphonse de 106 Chautemps, Camille 120

Chelwood, Viscount Cecil of 127 Chile 116, 158

China 138, 156, 169

Chistester, Dean [?] of 127

Churchill, Winston 63, 128 Clark, Henry J. 138

Clark, Mark W. 173, 175

Clément, Jean-Louis 106

Christensen, Theodor 40, 99, 101, 102 Cohen, Nat B. 163 Colbert, Carl 19

Collaveri, Philippe 120 Comtes, Walter de 117

Connard (geb. Kohn), Andor (Adolf ) 67 Coudenhove-Kalergi, Richard 17, 93 Cowles, John H. 167 Custer, Walter 83

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210

pERSONEN-, Orts- und Sachregister

Dachau 55, 68, 70

Emmerling, Georg 20

Dasté, Ludwig 13

England 10, 21, 57, 118, 122, 123, 125, 126,

Dachs, Oskar 78

Daubrowsky, Roman 173 Davies, Francis 98

129, 134, 138, 150, 154, 167, 168, 179, 185, 186

Davis, Reginald J. 186

Engler, Richard 44, 68

Denslow, Ray V. 38, 172, 175

Epstein, Felix Otto 159

Deckert, Joseph 12

Dessauer, Heinrich 67 Deutsch, Adolf 67

Deutsch, Oscar 67

Deutsch, Otto Erich 128

Deutscher Großlogenbund 21

Deutschland 10–12, 15, 19, 21, 23–27, 41,

60, 90, 92, 94, 96, 101, 112, 125, 127, 139, 147, 148, 150, 189

Diamant, Siegfried 67 Dömötör, Mihály 124

Dollfuß, Engelbert 27, 31, 34, Dong, Mao Tse 146

Doppler, Karl 46, 49, 73, 74, 115, 144, 152, 167, 173, 174, 178, 185

Dreichlinger, Ludwig 68 Dreikurs, Rudolf 165

Droit Humain 48, 50, 64, 119 Duschnitz, Paul 47

Eckert, Eduard Emil 12 Edinburgh 149, 172

Ehlers, Erich 40, 44, 52, 73, 105 Ehrenfest, Otto 44

Eichmann, Adolf 42

Eisenstein, Arthur 71, 161 El Alamein 150 Elsass 186

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Endstorfer, Anton 173, 174

Enzl, Hanns 173

Epstein, Moriz 19

Ermers, Max 18, 19

Erster Weltkrieg 9, 17, 19, 23, 125 Ettingshausen, Georg von 58 Ettingshausen, [?] 58, 59 Eysler, Edmund 18

Fackel, Franz 30, 173 Fall, Leo 18

Fantl, Karl 155

Felt, Abraham 161, 162

Ferch, Johann 18, 20, 83–87, 173 Feuchtwang, David 20 Fiala, Josef 173

Fikerment, F. J. 138, 139, 144 Fischer, Ferdinand 158

Fleischhauer, Ulrich 91, 95– 97, 104, Fleischer, Max 20 Fleischer, Max 68 Fleischl, Emil 68 Flesch, Adolf 173 Flesch, Julius 68

Fletcher-Moulton, H. 131, 132 Flieg, Wolf Wilhelm 68

Fliegel, Friedrich Anton 19 Flint, Alfred 161 Florenz 22

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pERSONEN-, Orts- und Sachregister Fodor, Andor 147, 148

Gangelbauer, Friedrich 173, 179

Foscht, Josef 158

Gassman, Benjamin 163

Forell, Frederick 161 Frank, Ludwig 152

Frankel, Viktor 44 Frankfurt 150

Frankl, David 68 Frankl, Emil 68

Frankl, Julius 68

Frankl, Oskar 68

Frankreich 10, 17, 21, 23, 24, 57, 65, 90, 94, 112, 118, 122, 125, 186

Frantzl, Karl 20

Gayduschek, Erich Israel 68 Geiringer, Otto G. 161

Gelles, Emil 18, 146, 179 Gelles, Karl 155

Georg VI. [König von England] 97 Gerlier, Pierre-Marie 112, 113 Gerson, Frank J. 131

Gerzner, Leopold 79

Geheime Staatspolizei, Gestapo 39,

41–43, 45, 52, 55– 58, 70, 82, 86, 112, 166

Geyerhahn, Marianne 55

Freimaurerbund „Zur aufgehenden

Geyerhahn, Siegfried 44, 55, 70, 161

Sonne“ 18

Frenkel, George P. 161 Freuder, Norbert 163 Freund, Walther 168

Fried, Alfred Hermann 17 Fried, Jakob 117

Fried, Karl 43, 44, 154, 181 Friedjung, Josef Karl 20 Friedman, Robert 163 Friedmann, Emil 68

Friedmann, Jakob ( Jacques) 68

Frischauer, Theodor 141, 142, 144 Fröhlich, Julius 147, 148, 151

Geyerhahn, Oskar 68

Geyling, Remigius 18, 79, Giebelhauser, Franz 173 Gilsen, Louis N. 163 Gingold, Alfred 161

Ginzkey, Franz Karl 74–76 Glaser, Guido 121

Globocnik, Odilo 75

Glücksmann, Hans 155, 157

Glücksmann, Heinrich 18, 155 Goebbels, Joseph 85

Göring, Hermann 85

Goethe, Johann Wolfgang von 43, 44, 51, 120, 146, 155

Froessel, Charles W. 162

Gold, Maximilian 68

Fürth (Furth), Victor 164

Goldschmiedt, Hermann 19

Fürst, Maximilian 68

Gale, Samuel Jr. 163 Galimir, Felix 168

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Gara, Max 44

Frauenfeld, Alfred 84, 85

Freidenker 12, 14, 20, 27, 28, 89

211

Goldscheid, Rudolf 18

Golwig, Hans Jakob 126 Gordon, Samuel S. 163 Gottlieb, Leo 155

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212

pERSONEN-, Orts- und Sachregister

Grande Loge de France 120, 121, 180, 186

(GLvWfÖ) 71, 78, 128–130, 133, 136,

Grand Lodge of Illinois 165

167, 175, 176, 178, 182, 184, 186–188

Grand Lodge of California 164 Grand Lodge of Luisiana 172

Grand Lodge of Massachusetts 139, 144, 145

Grand Lodge of Missouri 165, 166

Grand Lodge of New York 88, 124, 160–163, 167, 169

Grand Lodge of the Philippine Island 146

Grand Lodge of Scotland 147, 149

Grand Lodge of the State of Israel 151

Großloge „Zur Sonne“ 93

Großorient von Ungarn 17 Gross, Rudolf 43, 44

Grossmann, Alois 44

Grossmann, Ernst 173

Großmann, Stefan 20 Grove, Ralph 161

Gruber, Hermann 32, 46, 82, 87, 88, 98, 100, 109

Grand Orient de France 14, 17

Gruber, Karl 117

Grauer, Nathan 68

Günther, Artur 183

Gratzenberger, Otto 79 Grauer, Oskar 44

Graz 15, 33, 42, 64, 109, 113, 176

Groller, Balduin (eig. Goldscheider, Adalbert) 18

Große Landesloge der Freimaurer in Deutschland 78

Große Loge von Hamburg 142, 156

Große National-Mutterloge „Zu den 3 Weltkugeln“ 21, 88

Großloge „Lessing zu den drei Ringen“ 57, 119, 183, 184

Großloge von Argentinien 156

Großloge von Österreich 169, 181

Großloge von Wien (GLvW) 10, 17–21, 24, 28, 32–40, 45, 46, 49, 50, 53– 58,

60, 64, 67, 72, 76, 78, 87–90, 93, 95, 97, 105, 110, 115, 123, 129, 135, 136, 138, 139,

141–146, 158, 161, 162, 164–167, 172, 173, 175, 179, 180, 186, 189

Großloge von Wien für Österreich

Patka.indd 212

137, 140–142, 145, 152, 153, 156–159, 166,

Grünbaum, Fritz 18, 68 Günther, Franz 83 Guerin, Abbé 112

Gutmann, Ernst 159 Gutschy, Josef 173

Guttenbrunner, Michael 118 Haag 187

Haas, Adolf 68

Habicht, Karl 88, 94

Habsburg, Franz Ferdinand von 15 Habsburg, Rudolf von 15 Hacker, Moriz 45

Hahndel, Robert 68 Haifa 148, 149 Haiti 158

Haller, Friedrich 20

Hammerand, Erhard 79

Hammerschlag, Valentin 155, 157

Hammerschlag, Victor 19, 20, 68, 116, 155, 186

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pERSONEN-, Orts- und Sachregister Handovsky, Sigmund 68

Hoffmann, Oskar 141, 142, 144

Harewood, Earl of 97

Holander, Abraham H. 163

Hanusch, Ferdinand 20

Harrison, John 131, 132, 186

Haselbacher, Karl 40, 50, 91, 96

Hasselbacher, Friedrich 61, 91, 96, 108, 109

Hasterlik, Otto 43, 44

Haubenberger, Leo 15

Heigl, Paul 15, 51, 52, 98

Heins, Charles William 133

Heisstein, Jakob Max 133, 136

Holland 94, 186 Holz, Karl 75

Honay, Karl 70

Hookham, George W. 131 Huber, Josef 82

Huber-Wiesenthal, Rudolf 18 Huddersfield 167 Hurdes, Felix 117 Igler, H. 100

Helferich, [?] 93

Indien 146, 156

Herbatschek, Heinrich 19 Herbst, Edgar 18

Herczeg, Marcel 43, 44

Hergeth, Friedrich (siehe Heigl, Paul) Herschel, Paul 155 Hertl, Paul 13

Hertz, Friedrich Otto 18, 118, 126–128, Herz, Max 164

Herzog, Hans 68

Innitzer, Theodor 76, 112, 113 Innsbruck 109, 179 Irland 129, 179, 186 Isle of Man 125

Israel 147, 151, 152, 168

Israelitische Kultusgemeinde Wien 120 Isserlis, Julius 126

Italien 21, 22, 25, 90, 115 Izbica 68–70

Heydrich, Reinhard 50, 65, 100, 107, 124

Jacob, Heinrich Eduard 19, 33, 70

Hintze, Wilhelm 143

Jahoda, Fritz 168

Himmler, Heinrich 95, 97, 112 Hirsch, Franz 20

Hirsch, Jakob 155 Hirsch, Paul 68

Hitler, Adolf 26–28, 62, 82, 104, 110, 111 Hitschfeld, Alois 74

Hochmuth, Ernst (Ernest) 121, 161, 162

Hoffmann, Hans Heinrich 126, 131, 185, 186, 189

Patka.indd 213

Hohenberg , Adalbert 28

Helfand, Nathan 68 Helfer, Otto 158

213

Jaffa 147

Jamaica 158

Janetschek, Ottokar 79

Janowitz, Maxwell M. 163 Japan 158

Jaroslau 81

Jascha, Oskar 18

Jerusalem 21, 147–149, 155

Jesuiten 32, 46, 81, 89, 101, 110

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214

pERSONEN-, Orts- und Sachregister

John, Franz Erwin 83

Johnson, Charles H. 162

Johnson, Melvin M. 167, 173, 178

Klagenfurt 33, 42, 64, 76, 78, 117, 174, 175, 179

Jonak von Freyenwald, Hans 91

Klečanda, Vladimir 129

Jupiter, Alfred F. 163

Klein, Max 168

Jugoslawien 23

Kämpf, Max 155 Kärnten 76, 117 Kairo 149, 155

Kaltenbrunner, Ernst 107 Kammerer, Paul 18 Kanada 125, 179

Kapp, Wolfgang 26

Kapralik, Adolf 20, 172

Kapralik, Karl (Charles) 120, 126 Karbasch, Heinrich 173 Karell, Ludwig 19 Karp, Victor 133

Karrach, Hermann 155

Kasimir, Luigi (Heinrich, Alois) 79 Kassner, Max 44

Kaufmann, Isidor 20 Kein, Julius 133, 134

Kelbl, Siegfried 161

Keller, Heinrich 68 Kende, Josef 68

Kerr, Heinrich 43, 44

Klein, Leo 46

Klein, Otto Ludwig 47, 68, 71, 119 Klingenfuß, Karl Otto 85

Knochen, Helmut 40, 105 Kodek, Günter 67

Koenig, Gustav 68 Königsberg 107

Körbel, Paul 182 Körber, [?] 58

Kohn, Salomon 68 Koner, Raoul 94

Kopenhagen 187 Korea 158

Koroschetz, [?]174

Korten, Eduard (Edward) 132, 133 Kosak, Gustav 68 Kovács, Imre 44 Kramer, [?] 156

Krassnig, Albert 173 Krassó, Philipp 44

Kratochwil, Viktor 72

Kraus, Karl 71, 72, 113, 140, 145, 173, 179, 180, 185, 186, 187

Kessler, Egon 70

Kraus, Otto 154, 181

Kirche (katholische) 13, 31, 65, 89, 98–100,

Kreisky, Otto 69

Ketzler, Hans 173 106, 110, 189

Kirsch, Alfred 68

Kisch, Frederick H. 150

Kisselitza, Alfred 154, 181

Patka.indd 214

Kitzbühl 113

Krauß, Viktor 46, 119 Kuba 160

Kuchmann, [?] 45 Kudelka, Paul 158

Kühnel, Michael 43, 44

20.09.2010 08:30:57

pERSONEN-, Orts- und Sachregister Kuéss, Gustav 179

Lothar, Ernst 18

Kulka, Rudolf 154

Ludendorff, Erich 24, 61, 89, 109

Kulka, Erwin 44, 173, 174, 179 Kummer, Hans 98

Kunfi, Zsigmund 20 Landau, Hermann 44 Lang, Ossian 74, 161

Lueger, Karl 87

Lukacs, Henrik 173

Luschinsky, Eugen 117 Lyon 112

Majer, Otto 69

Laudeutcher, Irving D. 163

Maly Trostinec 68–70

Ledermann, Oskar 133 Ledl, Edmund 72 Lehr, Leon 69

Leiber, Robert 111

Leitersdorf, Moriz 69 Leitner, Philipp 44

Lenhart, Richard 69

Lennhoff, Eugen 19, 20, 31, 87, 118, 147, 186

Leonhardt, [?] 92

Lerich, Konrad (siehe Reichl, Kurt)

Lessing, Gotthold Ephraim 34, 36, 37, 92, 143, 178, 184

Libitzky, August 69 Lindsay, [?] 137

Linz 33, 64, 80, 179 Lisztwan, Paul 173

Litzmannstadt 67–69

Loch, Konrad 39, 55, 171 Loebl, Walter 121

London 70, 119, 125, 126, 128, 129, 131, 151, 185, 189

Lónyay, Carl 98

Los Angeles 159, 163, 165

Patka.indd 215

Loyer, Pierre 104

Langer, Leopold 16

Langhammer, Walter 146

215

Magdeburg 88

Mandl, Franz 173 Mann, Julius 69

Martin, Carl jun. 83 Marx, Josef 44

Marx, Karl 66,

Matejka, Viktor 116

Materna, Leopold 173 Maurras, Charles Mauthausen 116 Mayer, Otto 79

Mayer, Theodor Heinrich 71

Mayer, Wilhelm (William) 119, 141, 144 McCreery, Richard 175 Meinl, Julius 126, 128 Meisinger, [?] 44, 50 Melbourne 132

Melchett, Lord 98 Meran 117

Mexiko 158, 160

Miller, James 136, 137 Misař, Olga 21

Misař, Wladimir 21, 32, 34–36, 38–40, 52–54, 122, 126, 132, 159, 167, 171, 172

Missouri 38, 166

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216

pERSONEN-, Orts- und Sachregister

Mittler, Diana 169

Neumark, Max 70

Mödling 73

New South Wales 135

Mittler, Franz 168 Mond, Alfred 98 Montauban 122

Morawitz, Alfred 43, 44 Moucha, [?] 184, 185

Mozart, Wolfgang Amadé 79, 121, 122, 126, 128, 130–132, 137, 186, 189

Muckermann, Friedrich 46, 82, 109, 110 Müffelmann, Leo 21, 24, 147, 148, 151 Müller-Guttenbrunn, Adam 87

New York 74, 122, 157, 159–161, 163–165, 168, 169

Nizza 122

NSDAP 10, 15, 27, 48, 51, 56, 61–63, 74–78,

80–85, 99, 106, 110, 113, 115, 171, 176–178

Nossig, Erwin 158

Nozicka, Franz 43, 44 Nürnberg 64

Müller-Sturmheim, Emil 118, 126, 128

Oberländer, Franz 44

München 58, 107

Österreich 11, 14–17, 23, 26–28, 35, 38, 39,

Müller von Hausen, Ludwig 9 Muliar, Fritz 118

Munkacsy, Michael 45, 161 Munster, Ernest 133

Mussolini, Benito 21, 27 Nagel, Sigmund 44 Nahariya 151 Nantes 122

Nationale Großloge der Tschechoslowakei (Národni veliká lože

československá) 129, 182, 183

Oberländer, Fritz 44

41, 49, 57, 58, 60, 61, 64–66, 72– 75, 84,

85, 90, 92, 94– 98, 107, 114, 119, 121, 122, 124, 127–130, 138, 139, 153, 156, 162, 168, 169, 172, 173, 176, 180, 182, 186, 187, 189

Oppenheimer, Erich 43, 44 Oranienburg 148

Orasuna, Eugen 173

Orne, Frank E. (Ornstein, Franz) 165 Ornstein, Emil 43, 44, 69, 172 Ostersetzer, Julius 44

National Grand Lodge of Egypt 147–149

Pacelli, Eugenio (siehe Papst Pius XII.)

National Grand Lodge of Palestine

Palästina 147, 149, 152, 154

National Grand Lodge of Israel 150–152 148–150

Nationalsozialismus 10

Neuberger, Helmut 62,

Neuda, Max(imilian) 69 Neumann, Carl 146

Neumann, Heinrich 158

Patka.indd 216

Newole, Karl Ernst 174

Pachner, Friedrich 69 Papez, Franz 81, 82 Papez, Josefine 81

Papez, Marzellus 81, 82 Papez, Peter 81

Paris 93, 104, 106, 112, 119, 120–122, 186–188

20.09.2010 08:30:57

pERSONEN-, Orts- und Sachregister Pattermann, Leopold 173

Radinger, Hugo 155

Pauls, August 94

Rafford, Margit J. 161

Paulowsky, Louis Heinrich 167, 173, 178 Pawlikowski, Ferdinand Stanislaus 112, 113

Pazelt, Josef 20

Pegg, H. M 132

Pelzer, Robert 39, 52

Perkonig, Josef Friedrich 75–77 Pfrimer, Walter 27 Philippinen 146 Pilsen 183

Pineles, Norbert 69

Pius XII [Papst] 102, 111 Platzer, Alois Sepp 83 Platzer, Josef 83 Polen 150

Pollack, Julius 69

Rafford, Paul 161

Rafford, W. Ralph 161

Rangetiner, Ferdinand 173, 179, 186 Rappos, Rudolf 135, 173

Rauchinger, Heinrich 69 Rausch, Hans 173

Raymond, René 173, 179 Reach, Felix 69

Redisch, Norbert 159 Reichl, Joseph 87

Reichl, Kurt 32, 41, 46, 47, 49, 61, 81, 87–113

Reichssicherheitshauptamt (RSHA) 128 Reichsschrifttumskammer (RSK) 71, 75, 77, 79, 84, 86, 110

Reinitz, Wilhelm 158

Popper-Lynkeus, Josef 18

Reiss, Josef 32, 73

Poppy, Vitalis 176

Porter, George 168 Porter, T. R. 139

Posamentier, Heinrich 69 Posner, Oskar 31, Postus, [?] 45

Potnik, Ferdinand 173

Prachtler, Georg Michael 12 Prag 97, 119, 150, 182

Pragmann, Oskar Hans 69 Primus, Felix 166

Propper, Emanuel 147, 148 Queensland 135

Patka.indd 217

Radler, Gustav 44

Pollak, Gabriel Gustav 69 Popp, Ferdinand 173

217

Reiss, Friedrich 138 Renner, Karl 175

Resl, Franz Xaver 80

Reuther, Hermann 72

Reyman, Randolph A. 161

Ribbentrop, Joachim von 112 Richter, [?] 58, 91

Richter, Roman 157 Richter, Wilhelm Rie, Emil 43, 44

Ried im Innkreis 110

Riesenfeld, Rudolf 69 Ritter, Milton 163

Robinson, John 12

Robitsek, Viktor 69

20.09.2010 08:30:57

218

pERSONEN-, Orts- und Sachregister

Roda, [?] 48

Schamann, Franz 20

Ron, Jona (siehe Fröhlich, Julius)

Scheib, Eduard 69

Rom 96, 111, 112

Ronge, Otto 173, 179, 186 Roniger, Ludwig 173 Ronzal, Franz 20

Roosevelt, Franklin D. 63, 148 Rosé, Arnold 126

Rosenbaum, Robert 141, 142, 144 Rosenberg, Alfred 104, 106

Scheidler, [?] 51

Scheyer, Moritz 19

Schick, Wilhelm 69 Schieb, Gustav 173

Schirner, August 104

Scheichelbauer, Bernhard 78, 113, 114, 117, 129, 144, 152, 167, 186, 188, 189

Rosenthal, Leopold 155

Schlesinger, Hans ( John) 39, 53, 123, 124,

Rotarier, Rotary Club 49, 50, 58, 77, 93,

Schlesinger, Richard 21, 28, 39, 42, 53, 54,

Roth, Josef 173

Schlesinger, [?] 53

Rumänien 23, 73

Schneider, Karl 69

Rosinger, Hugo 69 171

Rübenstein, Robert 69 Rußland 10, 90

Ruzicka, Leo 69 Sachs, Sidney S. 162 Salten, Felix 18

Salzburg 42, 113

Samuel, Lord [?]150 San Francisco 164

Santo Domingo 160 Sao Paulo 159

Sarajevo 15, 24, 93

Sassoon, Victor 150

Sattler, Ernst (Ernesto) 155–158 Schablin, Paul 69

166

73, 115, 156, 159, 172–174,

Schmal, Felix 19

Schneider, Leopold 40, 48 Schönberg, Hans 44

Schönborn, Hugo-Damian 118 Schottland 37, 129, 158, 179, 186 Schreier, Maximilian 19, 70 Schröder, [?] 44, 46, 48

Schroeder, Friedrich Ludwig 148, 151, 157 Schuhmeier, Franz 20 Schumy, Vinzenz 117

Schuschnigg, Kurt 28, 31, 37, 39, 116, 129 Schuster, Gustav 44

Schutz-Staffel, SS 27, 40, 42, 44–46,

48–52, 64, 73, 82, 83, 91, 97, 99, 106, 176, 180

Schacht, Hjalmar 63

Schwab, Albin 174

Schaginger, Benno 117

Schwarz, Dieter 107–108

Schärf, Adolf 116

Schalit, Isidor 154

Patka.indd 218

Schanghai 40, 138–142, 144– 146, 154, 169

Schwartz-Bostunitsch, Gregor 61, Schwarz, Josef 44

20.09.2010 08:30:57

pERSONEN-, Orts- und Sachregister Schwarz, Leopold 161

Ständestaat 16, 28–30, 33, 35, 66, 75, 76, 97

Schwefel, Paul 126

Starhemberg, Ernst Rüdiger 27

Schwarzburg, Erich 104 Schweiz 23, 90, 123, 173, 186, 189 Seitz, Karl 20

Seldte, Franz 93

Sellner, Ernst 174, 179 Sellner, Gustav 174

Shipp, Henry (Schütz, Heinrich) 133, 134 Sicherheitsdienst (SD) 35, 40, 41, 43, 60, 61, 63, 65, 72, 73, 76, 95, 97, 101, 104–109, 113,

Siebenschein, Armin 69 Singer, Kurt 133

Singer, Martin 133

Singer, Paul 154, 181 Singer, Wilhelm 19 Sirowy, Franz 174

Sittenberger, Hans 80

Six, Franz Alfred 105–109 Skidelsky, Valentine 115 Slavik, Felix 117

Slocum, Samuel A. 163 Slowakei 57,

Smit, J. L. 131, 132 Smolik, Karl 48 Sobibor 67, 69

Sobotka, Erwin 69

Sobotka, Hermann 69 Sowjetunion 25, 158

Sozialdemokratie 17, 19, 20, 26, 27, 65, 70, 79, 83, 85, 116

Spanien 23

Spitzer, Alfred 166

Spitzer, Rudolf Lothar 19

Patka.indd 219

219

Stalingrad 118

Starkmann, Max 69

Steckler, Richard 69 Stefanski, Julius 141 Steffl, [?] 48

Stein, Herbert 153, 154 Steiner, David 140 Steiner, Rudolf 44

Steingraber, Max 141, 142, 144 Stemolak, Karl 174

Stern, Arthur 43, 44, 48, 69, 119 Stern, [?] 48

Stivertka, Julius St. Louis 166

Stöhr, Adolf 87

Stössel, Siegmund 69

Stolzberg, Gary A. 162, 163 Sträußler, Ernst 174

Strammer, David 43, 44 Strang, Wiliam F. 162

Strassberg, Heinrich 69 Strauss, Emil 144, 158

Strauss, Ernst 141, 142, 144 Strauß, Johann Josef 155 Strauß, Rudolf 19

Strauss, W. Otto 161 Streicher, Julius 75

Stössel, Siegmund 69

Strassberg, Bernhard Heinrich 69 Struensee, Gustav von 93

Stubbs, James Wilfried 186

Stumpf, Arnold Ludwig 174 Stwertka, Julius 69

20.09.2010 08:30:57

220

pERSONEN-, Orts- und Sachregister

Stwertka, Max 70

Thienen, Baron (Frh.) [?] von 112, 113

Südamerika 154

Transjordanien 149

Südafrika 154

Sugar, Max 71, 158

Suhard, Emmanuel Célestin 112, 113 Sury, Kurt von 173

Suschitzky, Philipp 18, 70 Suschitzky, Wilhelm 18

Sussmann, Siegfried 126

Sussmann, Theodor 139, 140, 142, 144 Svatoboritz 67

Sydney 132, 133, 136, 145

Symbolische Großloge von Deutschland (SGLD) 21, 24, 32, 147, 148

Symbolische Großloge von Deutsch-

land im Exil (SGLDE) 94, 148, 150,

Trebitsch, Oskar 20 Treblinka 69

Treu, Joseph 147, 150–152 Trivett, A. C. S. 139 Trotzki, Leo 25

Truman, Harry S. 175

Tschechoslowakei 71, 93, 125, 132, 150, 182–185

Turner, Henry C. 161, 162 Unabhängige Freimaurerloge Wien 188

Universelle (Allgemeine) Freimaurerliga (UFL) 19, 32, 37, 40, 47, 88, 186–188

151

Ungar, Isidor 43, 44

21, 25, 94

United Grand Lodge of England

Symbolische Großloge von Ungarn 17, Szamek, Fritz 70

Szanto, Benno 141

Ungarn 14, 17, 22, 57, 90, 124, 125, 132, 185 (UGL) 94, 123, 128–131, 134–136, 147, 174, 185, 186–188

Szende, Paul 20

United Grand Lodge of New South

Tandler, Julius 20

Uruguay 158

Taschdjan, Aram 115, 155 Taschdjan, Felicia 115

Tauschinsky, Hippolyt 19

Wales 136, 137

USA 10, 38, 57, 70, 122, 124, 140, 146, 154,

159, 160, 166, 167, 172, 173, 179, 180, 184

Tausig, Henry 169

Vaterländische Front (VF) 16, 27, 28–30,

Taxil, Leo 99, 100

Vatikan 111, 112

Theilhaber, Robert 70

Vereinigte Staaten von Amerika (siehe

Taussig, Hans 133

Tel Aviv 94, 147, 149, 151

Theresienstadt 67–70 Thieben, [?] 119

Thieberger, Simon 157

Patka.indd 220

Torrigiani, Domizio 22

83, 116

Verein deutscher Freimaurer 15, 16 USA)

Victoria 135 Villach 179

20.09.2010 08:30:57

pERSONEN-, Orts- und Sachregister Wache, Karl 85

Wolf, Siegfried 70

Wartheland, [?] 79

Wolken, Arthur 155

Wanecek, Ottokar 79, 177 Washington, D.C. 167

Weil (Weiss), Konrad 31, 42, 43, 45, 126 Weiss, Berthold 168

Weiss, Moritz 43, 45

Wolfsohn, Julius 20 Wottitz, Leo 70

Wurmfeld (Alfredson), Robert 120, 161, 168

Weitzmann, Josef 140

Yad Vashem 115

Westman, S. K. 131

Zec, Nicola 174

Wichtl, Friedrich 15, 54, 61,

Zenker, Ernst Victor 14, 19

Werre, Alfred 154

White, Sir Sidney 130–132, 186 Wien 11, 33, 37, 41, 42, 54, 57, 58, 63, 71,

79–81, 90, 97, 105, 106, 112, 115, 117, 120,

123, 132, 134, 138, 140, 142, 144, 149,

150–153, 155, 157, 159, 161, 162, 166, 169, 171, 178, 179, 180, 182, 185, 186–188

Wiener Neustadt 33, 64, 83, Wiesner, Viktor 72

Wildner, Richard 70

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Zellweker, Edwin 174 Zerzawy, Artur 174

Zerzawy, Hermann Anton Franz 75, 76 Zewy, Carl 18

Zimbler, Josef 155

Zohner, Alfred 45, 171, 174 Zürich 120

Zweiter Weltkrieg 125, 158

Wilhelm, Julius 20

Wilson, H. C. Bruce 132 Wimbersky, Franz 177 Winkler, Wilhelm 152

Winternitz, Rudolf 70 Winterstein, Max 70 Wisliceny, Dieter 91

Wittenberg, Frank G. 157 Wittner, Konrad 155 Wittner, Oskar 70 Wlodawa 67, 68

Wohlmuth, Rudolf 45 Wolf, Artur 73

Wolf, Emil jun. 70 Wolf, Hans 83

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ALEX ANDER GIESE

FREIMAURER HEUTE LEBENS- UND GEISTESHALTUNG

Alexander Giese, von 1975 bis 1986 Großmeister der Großloge von Österreich, der nie ein Geheimnis aus seiner Zugehörigkeit zum Freimaurerbund gemacht hat, beschreibt diesen aus einem positiven, jedoch auch kritischen Blickwinkel. Die Freimaurerei hat in ihrer 300-jährigen Geschichte abertausende Männer in ihren Bann gezogen – Künstler, Gelehrte, Wissenschaftler, Beamte, Politiker und Philosophen haben an der Gestaltung des geistigen Gehaltes der Maurerei mitgewirkt. Dieses Buch beschreibt daher weniger die Geschichte und die Organisationsform der Maurerei, als das Endprodukt ihrer Arbeit, die man als Lebensund Geisteshaltung begreifen muss. Dem Leser wird der Sinn und die Bedeutung der Freimaurerei nahegebracht. Der gegenwärtige Zustand unserer globalen Weltverhältnisse benötigt dringend die Freimaurer-Tugenden der Humanität und Toleranz. 2007. 143 S. GB. 135 X 210 MM. ISBN 978-3-205-77673-4

böhlau verlag, wiesingerstrasse 1, 1010 wien. t : + 43(0)1 330 24 27-0 [email protected], www.boehlau.at | wien köln weimar

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HELMUT REINALTER (HG.)

LEXIKON ZUM AUFGEKL ÄRTEN ABSOLUTISMUS IN EUROPA HERRSCHER – DENKER – SACHBEGRIFFE

Dieses Lexikon entstand in Zusammenhang mit dem Forschungsschwerpunkt „Aufgeklärter Absolutismus“ am Institut für Geschichte der Universität Innsbruck und am privaten Institut für Ideengeschichte. Es stellt, wie die internationalen Projektmitarbeiter übereinstimmend feststellten, eine Forschungslücke dar und wurde von einem kleinen Team unter Leitung von Helmut Reinalter inhaltlich konzipiert. Das Lexikon weist drei Schwerpunkte auf: der Aufgeklärte Absolutismus in verschiedenen europäischen Staaten, wichtige Sachbegriffe und Persönlichkeiten (Herrscher, Beamte auf verschiedenen Stufen der Hierarchie, politische Denker, Philosophen, Gelehrte und Schriftsteller). 2006. 663 S. BR. 170 X 240 MM. ISBN 978-3-8252-8316-2

böhlau verlag, wiesingerstrasse 1, 1010 wien. t : + 43(0)1 330 24 27-0 [email protected], www.boehlau.at | wien köln weimar

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