Stadtgestalt und Öffentlichkeit: Die Entstehung politischer Räume in der Stadt der Vormoderne 9783412212636, 9783412202958

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Stadtgestalt und Öffentlichkeit: Die Entstehung politischer Räume in der Stadt der Vormoderne
 9783412212636, 9783412202958

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Stadtgestalt und Öffentlichkeit

Stadtgestalt und Öffentlichkeit Die Entstehung politischer Räume in der Stadt der Vormoderne

Herausgegeben von

Stephan Albrecht

2010 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Gerda Henkel Stiftung, Düsseldorf

Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München, Band XXIV

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: Cesare Nebbia, Giovanni Guerra (Werkstatt), Der Possesso Sixtus’ V. (1585–1590), Fresko, 1586–87, Rom, Bibliotheca Apostolica Vaticana, Salone Sistino (Ausschnitt)

© 2010 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Druck und Bindung: Druckhaus „Thomas Müntzer“, Bad Langensalza Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-412-20295-8

Inhalt 117

Einleitung

113

Mark Mersiowsky Wege zur Öffentlichkeit. Kommunikation und Medieneinsatz in der spätmittelalterlichen Stadt

159

Matthias Untermann Plätze und Straßen. Beobachtungen zur Organisation und Repräsentation von Öffentlichkeit in der mittelalterlichen Stadt

173

Ellen Widder Der Herrscher in der Stadt Überlegungen zu Handlungsorten und Handlungs­ räumen Heinrichs VII. (1308–1313) in Deutschland und Italien

101

Helen Wanke Zum Zusammenhang zwischen Rathaus, Verfassung und Beurkundung in Speyer, Straßburg und Worms

121

Zita Ágota Pataki Ein Bürger blickt auf seine Stadt. Zur Rezeption und Funktion des Stadtbildes bei Hektor Mülich 1455/57

147

Christian Behrer Platz und Obrigkeit im mittelalterlichen München

161

Karsten Igel Ratsherrschaft und Öffentlichkeit im spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Osnabrück

177

Gerold Bönnen Stadt und Öffentlichkeit am Beispiel mittelrheinischer Bischofsstädte im späten Mittelalter

191

Julian Jachmann Öffentlichkeit und Raum in der Reichsstadt. Das frühneuzeitliche Augsburg zwischen Rat, Patriziat und Fürsten I n h a l t   I  5

211

Hans Hubert Stadtgestaltung – Stadtverwüstung: Architektur in Bologna im Spannungsfeld von kommunaler Autonomie und Fremdherrschaft

233

Stephan Albrecht Zeremonialräume in den mittelalterlichen Städten des Alten Reiches

253

Nadja Horsch Die Nordflanke des mittelalterlichen Lateranpalastes als Bühne des Papstes

275

Norberto Gramaccini Antike Statuen auf mittelalterlichen Plätzen

287

Wolfgang Brückle Paris als Denkmal guter Herrschaft unter Karl V. von Valois. Die Entfaltung öffentlichen Raums im Mittelalter

311

Andreas Tönnesmann Idealstadt und Öffentlichkeit: Raumbild und Gesellschaft in Renaissance und Moderne

333

Hermann Hipp Die öffentliche Ordnung der Deutschen Renaissance

6  I  I n h a lt

Einleitung Stadt und Öffentlichkeit gehören für uns wie selbstverständlich zusammen. Die Stadt ist gesellschaftlich wie architektonisch ein Ort, in dem die Menschen sich begegnen. Der Aus­ tausch von Waren, Informationen und Gedanken hat hier seine Wurzeln. Die Stadt ist immer noch das wichtigste Medium öffentlicher Präsenz. Das hat die jüngere Entwicklung Berlins eindrucksvoll bestätigt: Nach der Wiedervereinigung wetteiferten politische Institutionen, Wirtschaftsimperien und Interessensvertretungen um die besten Bauplätze im Zentrum der wiedererlangten Hauptstadt. Nicht um hier besser arbeiten zu können, sondern um sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Repräsentative Architekturen ringen um Aufmerksam­ keit, suchen ihr Publikum dort, wo es sich zu konzentrieren pflegt: im Zentrum. Das Alltags­ geschäft überlässt man den Bürotürmen an der Peripherie. So elementar die Verbindung von Stadt und Öffentlichkeit auch erscheinen mag, sie ist kei­ ne naturgegebene Symbiose, sondern eine kulturelle Schöpfung: sie hat eine Geschichte mit zahlreichen Brechungen. Es gibt unterschiedliche Anfänge und abweichende Entwicklun­ gen. Und es gibt verschiedene Öffentlichkeiten: der Wirtschaft, der Herrschaft, der Kultur. Nicht immer fallen sie an einem Ort zusammen. Die Beiträge dieses Sammelbandes konzentrieren sich auf die Anfänge und die vormoder­ ne Entwicklung der Liaison von Stadt und Öffentlichkeit. Sie gehen der Frage nach, welche Folgen die sich wandelnde Beschaffenheit von Öffentlichkeit auf die Entstehung, Nutzung und Gestaltung von städtischen Zentren im Mittelalter und der Frühen Neuzeit hatte. Wel­ che öffentlichen Orte der symbolischen Kommunikation zwischen Regierung und Bevölke­ rung gibt es in der Stadt? Wo liegen sie? Wie sehen sie aus? Wie und von wem werden sie benutzt? Wie wirken sich Veränderungen der Öffentlichkeit auf das Stadtbild aus? Diese Fragen besitzen angesichts der drohenden Trennung von Stadt und Öffentlichkeit in den Megastädten des 21. Jahrhunderts besondere Aktualität.1 Wenn die Auflösung der Städte im Sinne des urban – sprawl beklagt wird, dann geht es nicht nur um den Verlust des öffentlichen Raumes, den Ort des Diskurses, sondern auch um die Einbuße architektoni­ scher Bildlichkeit, also den Verlust an symbolischen Formen. Gerade der drohende Verlust rückt die elementare Bedeutung öffentlicher, städtischer Räume ins Bewusstsein. Erst wenn wir Klarheit darüber erlangt haben, in welcher Weise die Verbindung von Stadt und Öffent­ lichkeit unser Verständnis von Staat, Politik und Gesellschaft geprägt hat, können wir ermes­ sen, was die mögliche Trennung bedeutet. Ein handfester Grund, sich mit ihrer Entstehung und Entwicklung auseinander zu setzen. Sowohl das Thema der Öffentlichkeit als auch die Frage nach der mittelalterlichen Stadtge­ staltung ist in den letzten Jahren intensiv diskutiert worden. Der Begriff der Öffentlichkeit E i n l e i t u n g   I  7

hat vor allem von soziologischer und historischer Seite eine theoretische Differenzierung erfahren. Die beiden weberschen Faktoren der Herrschaft aufgreifend hat Jürgen Habermas in seiner Studie über den „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ den Wandel der Staatsform als eine Entwicklung der Öffentlichkeit beschrieben:2 Von der repräsentativen Öffentlich­ keit, die an die Attribute des Herrschers gebunden ist, hin zur bürgerlichen Öffentlichkeit, die auf diskursiver Reflexivität beruht. Vom Mythos zum Logos. Inzwischen haben jüngere Studien herausgearbeitet, dass diese beiden Ausprägungen von Öffentlichkeiten nicht als gegensätzliche Pole zu verstehen sind, sondern sich gegenseitig ergänzen.3 Wie das Beispiel Berlin noch einmal deutlich zeigt, kommt die bürgerliche Öffentlichkeit der Moderne eben­ so wenig ohne Symbolisierungen aus, wie die repräsentative Öffentlichkeit der Vormoderne auf den Diskurs verzichtet hat. Die Beiträge des Sammelbandes gehen von einem modi­ fizierten Begriff von vormoderner Öffentlichkeit aus, wie er sich seit Bernd Thum in der Mediävistik etabliert hat: Einer „okkasionalen“ Öffentlichkeit, die sich zeitlich befristet und lokal begrenzt aus einer bestimmten Personengruppe zusammensetzt. Für die Stadt hat dies mehrere Grundbedingungen zur Folge: Öffentlichkeit muss erzeugt, begrenzt und verortet werden. Die Diskussion um die repräsentative Öffentlichkeit hat das Bewusstsein für die gro­ ße Bedeutung von politischen Kommunikationsräumen in der Stadt geschärft, aber bisher kaum Antworten auf konkrete Auswirkungen geliefert. Die Frage nach dem Verhältnis von Stadtgestalt und Öffentlichkeit kann methodisch auch auf den Ergebnissen jüngerer Kon­ ferenzen zu Herrschaftsorten aufbauen, die jedoch vor allem auf spätantike und frühmit­ telalterliche Residenzen und Pfalzen fokussiert waren und daher den für den Sammelband relevanten städtischen Zusammenhang kaum diskutiert haben.4 Neben Aspekten zur vormodernen Öffentlichkeit wirft der Sammelband Fragen zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadtplanung auf. Die intensive stadtarchäologi­ sche und historische Forschung der letzten 30 Jahre hat sich in erster Linie auf Probleme der Stadtgründung konzentriert,5 während das zumeist etwas später einsetzende Phänomen der Zentrenbildung, nicht zuletzt auch aufgrund etablierter akademischer Fächergrenzen, nur wenig Beachtung erfahren hat. Der politisch motivierte Prozess der Entstehung und Veränderung dieser kommunalen Stadträume kann nur im Zusammenspiel der Disziplinen unter Berücksichtigung historischer Voraussetzungen, unterirdischer Befunde und erhalte­ ner oder zu rekonstruierender Denkmäler verstanden werden. Dies ist das Anliegen dieses Sammelbandes. Die Beiträge erweitern den theoretischen Rahmen zum Öffentlichkeitsbegriff um konkrete Beispiele. Sie ergänzen die Diskussion zur Stadtplanung um den Prozess des politischen Wandels und dessen kulturgeschichtliche Erklärung. Historisch erstrecken sich die The­ men vom 12. bis zum 16. Jahrhundert. Sie umfassen die drei wichtigsten Phasen der städti­ schen Zentrumsbildung in der Burg des Stadtherrn (vor allem des Bischofs), auf dem bür­ gerlichen Platz der Kommune und die Vorstellung des Stadtkörpers in der Residenzstadt. 8  I  E in le it u n g

Geographisch konzentrieren sich die Beiträge auf Deutschland und Italien, sie bleiben also innerhalb der ehemaligen Reichsgrenzen. Das eröffnet die Möglichkeit eines Vergleichs bei Herrschern, die sich sowohl in italienischen wie auch in deutschen Städten zu öffentlichen Akten eingefunden haben, es bietet sich zudem die Gelegenheit, direkte transalpine Beein­ flussungen zu diskutieren. Die ersten beiden Aufsätze überblicken das Forschungsfeld jeweils aus der spezifischen Perspektive ihrer Fachdisziplin: Mark Mersiowsky zeigt aus der Warte des Historikers her­ aus auf, welche Medien bei der Erzeugung von Öffentlichkeit zum Einsatz kamen. Matthias Untermann setzt sich als Kunsthistoriker und Archäologe mit der Anlage von Straßen und Plätzen in der mittelalterlichen Stadt als potentielle Orte der Öffentlichkeit grundsätzlich auseinander. Die anschließenden Detailstudien analysieren die Orte der politischen Öffentlichkeit unter verschiedenen Gesichtspunkten: am Anfang steht die Frage nach der Verortung von Öffentlichkeit. Ellen Widder befragt die Schriftquellen darauf, wo die politische Öffentlich­ keit des Kaisers in Italien stattfand und wie diese reguliert wurde. Helen Wanke analysiert die politischen Voraussetzungen für die Entstehung von Repräsentationsbauten. Sie stellt den Prozess dar, wie sich in den rheinischen Bischofsstädten feste Orte der bürgerlichen Öffentlichkeit etablierten; Zita Ágota Pataki stellt die Bildlichkeit des zentralen Platzes als authentischen Ort politischer Handlungen in den Mittelpunkt. Sie zeigt am Beispiel einer illustrierten Chronik welche repräsentative und memoriale Bedeutung die Konstellation von Platz, Rathaus und Stadtturm in Augsburg annehmen konnte. Der folgende Abschnitt ist dem Wandel von Öffentlichkeit und dem damit zusammen­ hängenden Gestaltwandel öffentlicher Plätze gewidmet. Christian Behrer erklärt die Lage des zentralen Ortes in der Stadt aus dem bestehenden politischen Kräfteverhältnis heraus. Als Untersuchungsgegenstand dient ihm das frühe München im Spannungsfeld zwischen Bischof und Herzog. Karsten Igel untersucht architektonische und städtebauliche Mecha­ nismen zur Regulierung von Öffentlichkeit und zur Schaffung von Gegenöffentlichkeiten. Als Beispiel dienen ihm der Marktplatz von Osnabrück und seine Nutzung im Ratswahl­ zeremoniell. Gerold Bönnen konzentriert sich auf das Ringen konkurrierender politischer Kräfte um das Monopol zur Erzeugung von Öffentlichkeit und die ästhetische Kontrolle des zentralen öffentlichen Platzes der Stadt. Seine Ausführungen zum Zentrum von Worms basieren auf der für diese Frage hervorragenden Quellensituation der Stadt. Auch Julian Jachmann widmet seine Studie der sichtbaren Konkurrenz im öffentlichen Zeremonial­ raum. Er schildert das Ringen zwischen dem Rat und dem Geschlecht der Fugger um die zeremonielle und künstlerische Besetzung des Stadtraumes. Hans Hubert analysiert eben­ falls die Transformierungen des zentralen Platzes. In seinem Text geht es jedoch nicht um einen innerstädtischen Zwist, sondern um die verschiedenen architektonischen Auswirkun­ gen von eigener und fremder Herrschaft in dem besonders aussagekräftigen Fall der Stadt Bologna. Stephan Albrecht spürt den Bemühungen neuer politischer Kräfte nach, in einer bereits bestehenden Stadtstruktur eigene Plätze der Öffentlichkeit in der Stadt zu etablie­ E i n l e i t u n g   I  9

ren. Im Mittelpunkt stehen dabei Rat und Bürger im Reich, die in Konkurrenz zum Stadt­ herrn zu öffentlicher Repräsentation drängen. Nadia Horsch blickt von der anderen Seite auf das Ringen um Öffentlichkeit: Sie zeigt am Beispiel des Papstpalastes, wie mit Hilfe von Zeremoniell und künstlerischer Gestaltung die Öffentlichkeit an den alten aber abseitig gelegenen Ort gebunden wird. Die beiden anschließenden Untersuchungen richten die Aufmerksamkeit auf das Phä­ nomen des öffentlichen Denkmals. Norberto Gramaccini arbeitet die Rehabilierungsme­ chanismen des profanen Denkmals auf den Plätzen italienischer Städte des Mittelalters heraus. Auch Wolfgang Brückle beschäftigt sich mit der Wiedereinführung des profanen Denkmals: Er führt die Aufstellung von Bildnissen des französischen Königs in Paris auf eine veränderte, stärker diskursiv ausgeprägte Öffentlichkeit zurück. Die beiden abschließenden Beiträge zur frühen Neuzeit runden das Bild des Sammelban­ des in zeitlicher und topographischer Hinsicht ab. Sie sind dem Erscheinungsbild der Stadt als Ganzes gewidmet. Andreas Tönnesmann legt den Schwerpunkt auf den repräsentativen Aspekt. Am Beispiel der italienischen Idealstadt legt er dar, wie der Fürst im Architektur­ portrait und im Stadtbild gleichermaßen den gesamten öffentlichen Raum auch künstle­ risch auf seine Person bezieht. Der Beitrag weist konkret an der Architekturtheorie und der Stadtgestalt nach, was Jürgen Habermas abstrakt formuliert hat: Der Fürst vertritt nicht den Staat, er ist der Staat. Das Verhältnis von Staatskörper und Stadtbild untersucht schließlich auch Hermann Hipp in der deutschen Staatstheorie und der architektonischen Bildlichkeit der „Deutschen Renaissance“. Er zeigt auf, wie sich der politische Ordnungsgedanke in der Ausprägung von Bautypen widerspiegelt. Die Beiträge des Sammelbandes stellen die Ergebnisse einer Tagung dar, die 2005 am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München stattgefunden hat. Die Gerda-HenkelStiftung finanzierte das Kolloquium und den Druck dieses Buches in großzügiger und unbürokratischer Weise. Bei der Bildbearbeitung kam Alex Holz, bei der Schlussredaktion des Textes kamen Silvia Aumüller und Christopher Retsch zu Hilfe. Sandra Hartmann ist das an­sprechende Layout zu verdanken. Ihnen allen danke ich herzlich für die freundliche Unterstützung. Bamberg, im September 2009

10  I  Ein le it u n g

Stephan Albrecht

A nm erkun g en 1 Vgl. aus der umfangreichen Literatur zu diesem Problem Lenger, Friedrich: Urbanisierung als Suburbanisierung. Grundzüge der nordamerikanischen Entwicklung im 20. Jahrhundert, Bo­ chum 2003; Rybczynski, Witold: The New Downtown, in: The City Reader, hg. von Richard T. LeGates und Frederic Stout, 2. Aufl., London 2000, S. 171–179; Sassen, Saskia: The Global City: New York, London, Tokyo, 2. Aufl., Princeton 2001. 2 Habermas, Jürgen: Strukturwandel der Öffentlichkeit: Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Neuwied 1962. 3 Vgl. die auch für diesen Sammelband grundlegenden theoretischen Studien von Althoff, Gerd: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde, Darmstadt 1997, S.  229–257; Lüdtke, Alf: Herrschaft als soziale Praxis, in: Historische und sozial-anthropolo­ gische Studien [Veröffentlichungen des Max – Planck – Instituts für Geschichte, Bd. 91], hg. von Alf Lüdtke, Göttingen 1991, S.  9–66. Moos, Peter von: Das Öffentliche und das Private im Mittelalter. Für einen kontrollierten Anachronismus, in: Das Öffentliche und das Profane in der Vormoderne, hg. von Gert Melville und Peter v. Moos (Norm und Struktur, 10), Köln / Wei­ mar / Wien 1998, S. 3–83; Rau, Susanne Rau und Gert Schwerhoff (Hg.): Zwischen Gotteshaus und Taverne. Öffentliche Räume in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Köln / Weimar / Wien 2004 (=Norm und Struktur, Bd. 21); Thum, Bernd: Öffentlichkeit und Kommunikation im Mit­ telalter. Zur Herstellung von Öffentlichkeit im Bezugsfeld elementarer Kommunikationsformen im 13. Jahrhundert, in: Höfische Repräsentation. Das Zeremoniell und die Zeichen, hg. von H. Ragotzky und H. Wenzel, Tübingen 1990, S. 65–88. 4 So etwa die französisch-polnische Veranstaltungsreihe zu den „Lieux du Pouvoir au Moyen Age et à l’Époque moderne“ oder die bereits publizierte englische Tagung Transformation of the Ro­ man World, hg. von M. Brown und L. Webster, London 1997, sowie die deutsche Veranstaltung „Orte der Herrschaft“, Göttingen 2004. Von historischer Seite bietet auch der Sammelband des Göttinger Max-Planck-Instituts eine hilfreiche Grundlage: Bischof und Bürger. Herrschaftsbezie­ hungen in den Kathedralstädten des Hoch- und Spätmittelalters, hg. von U. Grieme, N. Kruppa und S. Pätzold, Göttingen 2004. Der Zusammenhang von Herrschaft und Zentrumsbildung wird bereits kurz angeschnitten bei: Geertz, C.: Centres, Kings and Charisma: Reflection on the sym­ bolics of Power, in: Culture and its Creators, hg. von Joseph Ben David und Terry Nichols Clark, Chicago 1977, S. 152. 5 Untermann, Matthias und A. Falk (Hg.): Die vermessene Stadt. Mittelalterliche Stadtplanung zwischen Mythos und Befund, Heidelberg 2004 (=Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 15). Vgl. darüber hinaus die ausführliche Bibliogra­ phie zum archäologischen Forschungsstand in: Piekalski, J.: Von Köln nach Krakau: der topogra­ phische Wandel früher Städte [Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters, Beiheft, 13], Bonn 2001, S. 257–284.

E i n l e i t u n g   I  11

M ar k M e r s i o ws k y

Wege zur Öffentlichkeit Kommunikation und Medieneinsatz i n d er s p ä t m i t t e l a l t e r l i c h e n St a d t

„‚Medien‘ und ‚Kommunikation‘ gehören zu jenen ärgerlichen Plastikworten, hinter und unter denen man alles Mögliche verstecken und subsumieren kann. Was je von Menschen­ hand oder –geist erzeugt oder je von einem anderen Menschenwesen wahrgenommen ward – es ist ein Medium oder ein Akt der Kommunikation, verbal oder nonverbal, visu­ ell oder nichtvisuell, absichtsvoll oder unabsichtlich. Da alles Medium und Kommunika­ tion ist, hat natürlich auch jeder sein Scherflein zum Gesamten beizusteuern, und die Zahl der beitragswilligen Disziplinen und Subdisziplinen erreicht nahezu Bataillonsstärke.“1 So wetterte Gerhard Schmitz im 2004 erschienenen Deutschen Archiv für Erforschung des Mittelalters bei der Besprechung eines 2003 erschienenen Greifswalder Sammelbandes über „Medien der Kommunikation im Mittelalter“. Ich zitiere weiter: „das Thema ist schnell in Mode gekommen, und der eilige Wissenschaftsbetrieb erzeugt eine ansehnliche Menge medialer Hervorbringungen mit nachfolgender Zwangskommunikation […].“2 In der Tat sind Kommunikation und Medien spätestens seit Mitte der 90er Jahre ein Modethema der Geschichtswissenschaft,3 was in Anbetracht der Prägung des heutigen Lebens durch die Massenmedien nicht verwundern kann. Im Zeitalter der Globalisierung, des Abbaus staatlicher Zuständigkeiten zugunsten marktwirtschaftlicher Regelungsmechanismen unter neoliberalen Vorzeichen stehen nicht mehr der Staat, Verfassung und die klassischen „Haupt- und Staatsaktionen“ im Mittelpunkt historischer Fragestellungen. Und selbst wenn man diese in den Blick nimmt, so beschäftigen sich die Mittelalterhistoriker heute stärker mit den hinter einer politischen Entscheidung oder einem Rechtsakt stehenden Interessens­ konflikten, Regelungs- und Übereinkunftsmechanismen.4 Auch die deutsche vergleichende Städtegeschichtsforschung begann sich seit den frühen 1970er Jahren von älteren, statischen Betrachtungsweisen der städtischen Verfasstheit zu lösen und stärker sozialgeschichtliche Zugangsweisen zu berücksichtigen.5 Seit den 1990er Jahren schlug der allgemeine Trend der Geschichtswissenschaft auch hier durch, zumal er an einschlägige Überlegungen anknüpfen konnte. Man begann, die Formen der öffentlichen Kommunikation, Interaktion zwischen städtischer Obrigkeit, Amtsträgern, Bürgern und Einwohnern mit der Vielfalt der in die­ sen Zusammenhängen getätigten Handlungen und die diesen zugrunde liegenden regelhaf­ ten Verhaltensweisen und Normen zu analysieren. Nicht zuletzt kümmerte man sich auch W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  13

um die theoretische Fundierung der neuen Ansätze, gestützt vor allem auf Habermas und Luhmann.6 Waren die Ansätze zunächst noch recht verfassungs- und sozialgeschichtlich geprägt,7 hat sich mit der Konjunktur kulturwissenschaftlicher Zugangsweisen die Waage stark in diese Richtung geneigt.8 Besonderes Augenmerk gilt heute überdies Netzwerken und kommunikativen Strukturen zwischen den Städten.9 Fehlten 1988 in Eberhard Isen­ manns Handbuch über die deutsche Stadt im Spätmittelalter noch die Stichwörter Öffent­ lichkeit wie Kommunikation, wurde verdichtete Kommunikation jüngst sogar zum spezi­ fischen Kennzeichen mittelalterlicher Urbanität erklärt.10 Quellenbedingt konzentrieren sich die einschlägigen Arbeiten zumeist auf das Spätmittelalter und die frühe Neuzeit.11 Die Vielzahl der hier nur in Auswahl präsentierten Forschungsbeiträge zeigt, wie intensiv auf diesen Feldern derzeit geackert wird. Eine wichtige Rolle spielen die durch ethnologische Studien an­ge­regten Neuinterpretationen der Rolle von Ritualen, Riten und Zeremonien in der internationalen Mittelalterforschung.12 Als Ergebnis der Rezeption ritualgeschichtli­ cher Ansätze in der Stadtgeschichtsschreibung ist vor allem auf die grundlegende Monogra­ phie von Dietrich Poeck zu den Ritualen der Ratswahl zu verweisen.13 Durch die intensiven Forschungsaktivitäten der letzten beiden Jahrzehnte sind die ver­ schiedenen Medien und Formen der Kommunikation in der spätmittelalterlichen Stadt gut bekannt.14 Gerade die reiche Überlieferung der Städte, die durch das große Vorhaben der Chroniken der deutschen Städte, regionale und lokale Urkundenbücher ausschnittsweise erschlossen und zugänglich ist, wurde von einer Vielzahl kleinerer und größerer Untersu­ chungen herangezogen, so dass Medien und Kommunikation in der spätmittelalterlichen deutschen Stadt15 wahrlich keine terrae incognitae mehr sind. Im Rahmen der Thematik dieses Bandes soll es aber nicht in erster Linie um Medien und Kommunikation gehen, sondern um Öffentlichkeit. Um nicht der eingangs gegeißel­ ten Beliebigkeit zu verfallen, möchte ich im Folgenden die Wege in die Öffentlichkeit ganz konkret beschreiben. Ich konzentriere mich dabei auf die politische Führung der Stadt und die Frage, welche Wege sie beschritt, welche Medien sie nachgewiesenerweise und bewusst nutzte, um Öffentlichkeit herzustellen. Nach dem knappen Überblick über die Forschung müssen vor der eigentlichen Untersuchung die hier zur Diskussion stehenden Begriffe noch kurz beleuchtet werden. Gerade weil in der Forschung Einmut darüber hergestellt wurde, dass man mit der nöti­ gen Vorsicht den Begriff auch für das Mittelalter benutzen kann, muss man sich einiger Besonderheiten bewusst sein.16 Zunächst ist zu betonen, dass von der Öffentlichkeit nicht die Rede sein kann. Die spätmittelalterliche Stadt bestand aus ganz verschiedenen Kreisen, die voneinander abgegrenzt waren, sich aber oft auch überschnitten und durchdrangen. Halbwegs fassbar, da in Bürgerlisten, Bürgerbüchern, Steuerlisten wie Urkunden greifbar, sind uns rechtliche Unterschiede: Es gab den generellen Unterschied zwischen Bürgern, die mit Bürgerrecht ausgestattet waren, Einwohnern und Fremden,17 es gab Kleriker, Immuni­ täten und geistliche Einrichtungen in der Stadt, deren Angehörige einen eigenen Status hat­ ten,18 fürstliche Höfe19 und Universitäten20. Überdies waren die Menschen freiwillig oder 14  I  Ma r k Me r s io ws k y

zwangsweise in sozialen Verbänden wie Familie, Gesellschaften, Zünften, Bruderschaften und Nachbarschaften organisiert, die ganz unterschiedliche Funktionen hatten und wahr­ nahmen.21 Aufgrund der Quellenlage oft schwer durchschaubar bildeten Netzwerke ganz unterschiedlichen Charakters und Zuschnitts den Rahmen der wirtschaftlichen, gesell­ schaftlichen wie politischen Aktivität von Individuen und Gruppen. Auch innerhalb dieser Gruppen gab es Teilöffentlichkeiten.22 Dabei waren die Möglichkeiten der Partizipation bis hin zur Teilhabe am Bürgerrecht überdies geschlechtlich unterschiedlich verteilt.23 Kommunikation und Medieneinsatz von Seiten der politischen Führung in der Stadt sind natürlich nur ein Ausschnitt des fast grenzen- und oft konturlosen Bildes, das die reiche Forschung skizziert hat. Die oben angeführten Arbeiten haben eine Vielzahl kommunika­ tiver Mittel und Akte der Stadt herausgestellt. Dies beginnt mit ihrer baulichen Gestalt. Durch Landwehr, Warten, Stadtmauer, Türme und Graben hob sie sich vom Umland ab, Grenzsteine und Stadtwappen an den Toren, großformatige Fresken an hohen Türmen und in den Stadtfarben gekleidete Torwächter signalisierten nach außen den Sonderrechtsbezirk Stadt.24 Näherhin kann man die Zeichen, derer sich die Stadt bediente, nach Robert Jütte in zwei Gruppen teilen, nämlich Handlungen und Marken.25 Zu den Handlungen und Ritua­ len, die der Vergegenwärtigung städtischer Ordnung dienten und diese kommunizierten,26 gehören städtische Prozessionen und Umzüge, insbesondere die Fronleichnamsprozessi­ onen, aber auch solche für die Stadtheiligen.27 Umgänge, etwa die westfälischen und hessi­ schen Schnatgänge um die Feldmark, den der Stadt zugehörigen Umlandbereich, markierten die Ansprüche über die Stadtmauern hinaus. Weitere Rituale waren häufig: vom Empfang des Landesherrn, Königs oder Kaisers durch einen feierlichen Adventus, den Festempfang hochgestellter Persönlichkeiten im Rathaus oder Tanzhaus bis hin zu Gastungen und Trin­ keinladungen, die man Herolden, Musikern fremder Städte und Herren bot, reichte ein fein abgestuftes System unterschiedlicher Feierlichkeit.28 Erinnert sei auch an Prozeduren städ­ tischer Memoria und städtischen Schlachtengedenkens29 und schließlich den großen Kom­ plex der Strafrituale.30 Die wichtigsten spezifisch städtischen Rituale waren die von Dietrich Poeck eingehend untersuchten Ausgestaltungen der Ratswahl und Ratserneuerung.31 Neben Handlungen traten nach Jütte die städtischen Marken.32 Stadtmauer und -tor,33 Rathäuser,34 Lauben,35 Ratskapellen,36 Stadttürme,37 Statuen wie Rolande38, Reliquien, Bil­ der und andere Realien der Stadtheiligen,39 Markt- und andere städtische Brunnen40, Stadt­ wappen, Stadtsiegel41, Stadtbanner,42 Vortrageschwerter, Zeremonialstäbe,43 Bürgermeisterund Amtsketten, Ratssilber,44 aber auch praktisch funktionale Marken wie Tuchplomben,45 Abzeichen städtischer Spielleute und Boten,46 Bürgerzeichen, Kontrollmaße, Waagen,47 städtische Gemerke, die zur Markierung städtischen Eigentums wie städtischer Amtsträger dienten,48 Pranger,49 Galgen an gut sichtbarer Stelle vor der Stadt, an denen die Körper der Gehenkten monate- bis jahrelang hingen,50 die nach der Enthauptung angenagelten Seeräu­ berköpfe, die man in Hamburg ausstellte,51 die frühneuzeitlichen Wiedertäuferkäfige am Turm von Sankt Lamberti in Münster. Als Bühne der Handlungen und Zeichen dienten öffentliche Räume wie Straßen, Plätze, Gasthäuser, Rathäuser und Kirchen, Orte, die für W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  15

Menschen unterschiedlicher Herkunft, sozialer Position und Geschlecht zugänglich waren und die dort in komplexe soziale Austauschbeziehungen traten.52 Als wesentliches Element gesellschaftlicher Kommunikation ist neben ihrem medialen Charakter aufgrund baulicher Gestaltung, Ausstattung und Bebilderung53 auf die unterschiedliche Zugänglichkeit dieser Orte und die zeichenhaften Möglichkeiten, diese zu variieren, zu verweisen.54 So standen öffentlichen Räumen teilöffentliche und exklusive Orte gegenüber.55 Natürlich hatten die unterschiedlichen Rituale und Zeichen auf ihren unterschiedlichen Bühnen durchaus unterschiedliche kommunikative Reichweiten, um eine Formulierung von Jörg Rogge auf­ zugreifen.56 Noch zu wenig erforscht ist dabei die Frage, ob und in welchem Grade diese zei­ chenhaften Elemente von allen in gleicher Weise verstanden wurden, eine Wahrnehmungs­ geschichte der spätmittelalterlichen Zeichenwelt wäre von großer Bedeutung.57 Die große Bandbreite medialer Wirkmöglichkeiten in der spätmittelalterlichen Stadt stand einer Vielzahl sozialer Gruppierungen und Einzelpersonen, nicht nur der Stadtobrig­ keit selbst, offen.58 So wurde die Stadt spätestens im 14. Jahrhundert zur semiotischen Bühne fürstlicher Herrschaft.59 Ein Blick auf spätmittelalterliche Tafelbilder vermag die vielgestal­ tige mediale Welt verdeutlichen. Aus der Werkstatt des Josefs auf dem rechten Innenflügel des Merode-Tryptichons in New York (wohl Robert Campin) blickt man durch die offenen Fenster auf eine innerstädtische Szenerie und kann Hausmarken, Wappen, Handwerkszei­ chen und ausgestellte Ware erkennen, die jeweils medial eingesetzt wurden; auf dem Tafel­ bild einer Predigt des Johannes Capistranus auf dem Domplatz von Bamberg zeigt sich adli­ ge Repräsentation an der bischöflichen Residenz durch Zinnen und angebrachte Wappen.60 Sowohl die jüngst gut untersuchten patrizischen Stubengesellschaften wie die Zünfte hatten ebenfalls ihre eigenen Rituale und Zeichen, durchaus vergleichbar dem städtisch-obrigkeit­ lichen Spektrum, und nutzten ganz selbstverständlich den öffentlichen Raum.61 Nach diesen Ausführungen soll nun das eigentliche Anliegen, die Wege in die Öffentlich­ keit, angegangen werden. Wenn Öffentlichkeit in der mittelalterlichen Stadt, um Bernd Thum aufzugreifen, stets als „situative, dynamische, okkasionelle Öffentlichkeit“ verstan­ den werden muss62, dann heißt das, dass Öffentlichkeit nicht von vorn herein gegeben war, sondern hergestellt werden musste. Performanz verpuffte, fand sie ohne Publikum statt. Wenn, was unbestritten ist, Öffentlichkeit eine wichtige Rolle in der spätmittelalterlichen Stadt spielt, ist es keineswegs nur ein technisches Detail, wie diese Öffentlichkeit hergestellt wird. Die Bemühung um die Sicherstellung der Möglichkeiten, Öffentlichkeit herzustel­ len, taugt sogar, um den Stellenwert von Öffentlichkeit abschätzen zu können, zumal dann, wenn Ansätze sichtbar werden, die Möglichkeiten bei aller Offenheit medialer Wirkung zu monopolisieren. Daher möchte ich die Frage in den Mittelpunkt setzen: Wie schuf die spät­ mittelalterliche Stadt­obrigkeit bewusst Öffentlichkeit? Eine solche konkrete Frage soll uns die Passage zwischen Σκύλλα und Χάρυβδις ermöglichen. Einerseits gilt es, der manchmal etwas um sich greifenden Beliebigkeit der Verwendung der Begriffe Medien und Kommuni­ kation zu entgehen, andererseits sollte man aber nicht in höchst exakte, theoretisch fundier­ 16  I  Ma r k Me r s io ws k y

te, methodisch reflektierte und kontrollierte Modellvorstellungen entweichen, die auf dem Stand aktueller Forschungsdiskurse sind und nur den Nachteil haben, keine Anbindung mehr an das Überlieferte und damit die wesentliche Grundlage jeglicher Rekonstruktion aufzuweisen. Die Halbwertszeit solcher Publikationen ist mit den wandelnden Moden der Geschichtswissenschaft mehr als begrenzt. Die Beantwortung unserer Frage muss natürlich von den zahlreichen vorliegenden Stu­ dien ausgehen, doch sich des Risikos bewusst sein, dass viele Untersuchungen auf älterer Literatur statt auf eingehender Quellenrecherche beruhen. Dabei ist oft die Gefahr, harmo­ nisierenden Klitterungen von anno dazumal zum Opfer zu fallen. Die Quellen, auf die ich mich stütze, sind vielfältig und – wie bei einem Historiker zu erwarten – meist schriftlicher Natur, wobei ich neben die Texte bewusst auch deren materielle Beschaffenheit und deren Aussagemöglichkeiten einbeziehen möchte. Dafür steht eine bunte Vielfalt von Quellen zu Gebote. Neben der Historiographie das gesamte Spektrum mittelalterlichen Geschäfts­ schriftgutes, Stadtrechte, Urkunden, normative Satzungen wie Ratsverordnungen, aber auch Überreste des Verwaltungshandelns wie Protokolle und Rechnungen.63 Der Umfang allein des gedruckten Materials zwingt natürlich zu exemplarischem Arbeiten. Anders, als gerade die ältere Literatur suggeriert, war Öffentlichkeit kein Dauerzustand in der mittelalterlichen deutschen Stadt, sondern wurde zu bestimmten Gelegenheiten bewusst geschaffen und geduldet. Das wichtigste Instrument dazu waren Glocken.64 Die wohl aus dem 13. Jahrhundert stammende Inschrift der Metzer Glocke „Mutte“ führt dies aus: Dame Mute suis baptisée / De par la Cité si posée / Pour servir à la Cité / Aux jourde grandes solenni­ tés / … Et pour convoquer gens ensamble.65 Die Glocke war also von der Stadt gesetzt, sollte der Stadt dienen, und zwar an Festtagen, darüber hinaus die Leute zusammenrufen.66 Wie wichtig die Verfügungsgewalt über Glocken war, hat Gerold Bönnen herausgearbeitet.67 Sie riefen zur Bürgerversammlung,68 zur Ratswahl,69 zur Ratssitzung,70 zur Verkündigung der Ratswahl,71 alarmierten bei Feuer,72 riefen die Bürger zu den Waffen.73 Berühmt ist die Inschrift der romanischen Soester Glocke im Westwerk von St. Patrokli in Soest: + O cives rite cum pulsor venite […].74 Im Braunschweiger Stadtrecht des 15. Jahrhunderts ist festge­ halten: Wanne des daghes eyn rochte wird, dar me de groten klocken to lud, so schal eyn yowelk vnse borgher van stund an myt synen wapenen vor dat dor komen dar dat gerochte is […].75 Die Glocken dienten – zumindest in älterer Zeit – auch als Markierung von Gerichtstagen, wie etwa im Mühlhauser Reichsrechtsbuch von 1230 und im Roten Buch von Bacharach bezeugt ist.76 Auch die Braunschweiger Femegerichtsordnung des 14. Jahrhunderts sah den Glockenschlag vor: […] se scullen komen uppe den market wanne men de clocken lude, vnde nehmen des ware. Wanne men de groten clocken lud, so samenet sik de herren.77 Die gefällten Urteilen gegebenenfalls anschließende Vollstreckung musste, damit sie als rechtmäßig gel­ ten konnte, öffentlich erfolgen.78 Auch zur Schaffung dieser Öffentlichkeit benutzte man die üblichen akustischen Medien. In Marburg lässt sich aus den Stadtrechnungen entneh­ men, dass Glocken im 15. Jahrhundert bei Hinrichtungen auf dem Lahnberg erklangen.79 W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  17

In Speyer wurden 1342 Ratsbeschlüsse unter Glockenläuten am Rathaus verkündet; seit der Zeit um 1330 wurde das „Volk“ am Tag nach der Ratswahl zu Dreikönig per Glockenklang auf den Hof bei der Laurentiuskapelle gerufen.80 Das Braunschweiger Stadtrecht aus dem frühen 15. Jahrhundert regelte: Wes de rad myt den wysesten vnde myt den mesteren ouer eyn werdet, wan se dat kundeghet myt den klocken, we dar weddersprikt de mot dar vmme leuen an des rades mynne.81 Auch Marktstunden,82 Arbeitsmarktregelungen83 und Sperrstunden wurden per Glockenschlag kommuniziert.84 Oft hatte das Geläut eine Art Banncharakter und setzte die Gerufenen in eine bestimm­ te Pflicht. Als Beispiel sei eine Passage aus dem Dorstener Statutenbuch unter dem Jahre 1414 genannt, die bestimmte, dass alle Einwohner dem durch Glockenschlag kommuni­ zierten Aufruf zum (bewaffneten) Auszug von Rat und Gemeinde aus der Stadt bei Buße von einer Mark Folge leisten müssen: Vortmer, wer dat hyr enbynnen eyn gerochte worde, zo dat men dey clocke sloge, unde dey Raet myt der Ghemeynt uyt treckede, So wey dan hyr binnen Burgere oft wonnachtich is, hey zy hushere oft eynlope, dey sal dem Clockenslage volgen by ener penen van eyner Marck […] 85 Daher werden manche Glocken auch regelrecht als Bannglocken bezeichnet.86 In Braunschweig läuteten die Glocken zum Gerichtstag, an dem die Bürger teilnehmen mussten.87 In Nürnberg mussten die Schöffen bei Gerichtssitzun­ gen anwesend sein, wenn die Gerichtsglocke dazu läutete: Wenne man gericht haben sol, so sullen die scheppfen daran geen, so man die gerichtzglocken lewtet, bey der pusze, die darauf geseczzet ist.88 In der Regel gab es ein ganzes Ensemble von Glocken in der Stadt. Um beim Beispiel Aachens zu bleiben, gab es die die Uhrglocke im Rathaus, die Wehrglocke, die Bannglocke und die Lesterglocke im Turm des Aachener Münster, überdies Schellen an mehreren Toren. Sie sind über Nachrichten in den Aachener Stadtrechnungen über Besoldung der Glöckner, aber auch Neuanfertigungen und Wartungsarbeiten nachgewiesen.89 Während die Schellen sicher zur lokalen Benutzung waren, dienten die übrigen Glocken neben dem kirchlichen Geläut der Stadt. In Regensburg gab es die Bürgerglocke, die die Marktzeiten signalisierte, die Sturmglocke, die Feuerglocke, die Ratsglocke, die die Ratsherren zur Sitzung gemahn­ te, und die Bierglocke, die die Sperrstunde einleitete.90 Wie in Regensburg gab es in vielen Ratshäusern des 15. Jahrhunderts sogar eigene Ratsglocken, etwa in Lübeck,91 Hamburg,92 Lüneburg,93 Köln,94 Marburg,95 Nördlingen, Augsburg, München96 und Basel.97 In Bremen ist im 15. Jahrhundert eine Glocke der Ratsherren belegt.98 Erinnert sei darüber hinaus an die Tradition städtischer Glockentürme in Flandern und den Niederlanden.99 Selbst die Glocken von Kirchen, die als Stiftskirchen im rechtlichen Sinne nicht zur Stadt gehörten, standen meist unter städtischer Oberaufsicht. So wurde der Glöckner der Aachener Pfalzka­ pelle von der Stadt bezahlt.100 Im Falle Triers hat Gerold Bönnen auf Auseinandersetzungen zwischen Erzbischof, Domkapitel und Stadt über die Nutzung der Domglocken verwiesen und plausibel gemacht, dass die Verfügbarkeit des Geläutes jeweils den örtlichen Gegeben­ heiten, dem Gewicht von Klerus und Stadtgemeinde bzw. Stadtobrigkeit innerhalb des Ver­ fassungsgefüges der Stadt entsprochen habe.101 18  I  Ma r k Me r s io ws k y

Es gab nicht nur mehrere Glocken, sondern wie auch im kirchlichen Bereich eine ganze Bandbreite unterschiedlicher Glockensignale.102 Die Sensibilität für diese akustischen Diffe­ renzen ist uns, die wir Glocken nur mehr als alteuropäische Lärmemission, Grund für Nach­ barschaftsstreitigkeiten mit Kirchengemeinden und Negativfaktor bei der Immobilienbe­ wertung kennen, verschüttet. Allenfalls Erinnerungen an Luftschutzübungen aus der Zeit des Kalten Krieges verdeutlichen die Möglichkeiten differenzierter akustischer Fernsignale. Die Entwicklung eines solchen Systems war nötig, weil die Glocken unterschiedliche Funktionen hatten. Nach einer Kölner Messeordnung der Zeit nach 1360 wurden Beginn und Ende des Jahrmarktes durch Glockengeläut der Abtei Groß-St. Martin markiert, die Verkaufszeiten von Fleischern und Gerbern in Metz 1382 durch das Geläut zweier innerstädtischer Pfarr­ kirchen.103 Das Stadtrecht von Isny 1445 sah vor, dass nach bestimmten Gerichtsurteilen das Volk, nicht nur die Bürger, durch Glockenschlag der großen Glocken zusammenrufen, um ihm dann Anlass und Urteil zu verkünden: Wenn ain raut über ainen schädlich man die urtail gespricht und gefallet, sol man in erst uss dem turm füren und in den stok legen und daruff als man in in den stok leget, sol man denn die grossen gloggen über in lüten und darnach als sich das folk samlet, die schuld und mißtaut verlesen und verkünden.104 In Straßburg wurden nach der Ordnung von 1472 Rats- und Gerichtssitzungen zweimal mit der Ratsglocke eingeläutet, wobei das zweite Geläut eine halbe Stunde dauern sollte. Die Wächter auf dem Turm erhiel­ ten zur Kontrolle der Zeit eigens ein „Zeitglas“, also wohl eine Sanduhr.105 Die Vielzahl der Zwecke, in denen jeweils eine definierte Teilöffentlichkeit geschaffen wurde, bedingte eine Zeichenvielfalt, also unterschiedliche Formen des Geläutes. Eine Freiburger Malefizordnung des 15. Jahrhunderts sah für Anklagen vor: So man mit der glogken richten will umb den blue­ tenden slag zum ersten mit dem kleinen rautsglöcklin drü zeichen ufeinander und zu yedem zeichen drissig zug, danach glich daruf mit der großen glögken och so vil zeichen.106 Zumindest im Spiegel der schriftlichen Überlieferung war die Funktion der Glocken als Zeitmarkierung zunächst eine völlig untergeordnete. Dennoch war die Einführung städ­ tischer Turmschlaguhren ein wesentlicher Ausdruck städtisch gelenkter Strukturierung städtischen Lebens.107 In Duisburg etwa folgte der Installation der städtischen Glockenuhr im Turm der Salvatorkirche 1401108 bereits 1412/13 der konkrete Nachweis, dass diese Maßnahme Folgen hatte, denn nun wird die Stundeneinteilung erstmals als Anhaltspunkt in einer Rechnungsbuchung für die Bezahlung von Straßenausbesserungen sichtbar: Jtem Henrich steynloper van straiten te stoppen op mydwinter kyrstauont do die cloc ses geslagen had […].109 An die Stelle der Glocke, die zur Ratssitzung rief, konnte im Zuge des 15. Jahrhun­ derts so die gemessene Stunde nach der Schlaguhr kommen. So enthält die Nürnberger Ratssatzung von 1461 die Alternative: […] so ein burgermeister rate bei der or oder bei der glocken gepewt, so dann ausgeleuttet ist oder die or geslagen hatt […].110 Eingehend hat Gerhard Fouquet den Einfluß der Schlaguhr und die Ausbildung eines akustischen Zeichensystems für Arbeitsmarkt und Gewerbeordnung ausgeführt.111 Übrigens war auch das Verstummen der Glocken ein Signal. So durften in vielen Städten die Rats- und Schöffenglocken während der mehrtägigen Wahlrituale nicht geläutet werden.112 W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  19

Unterhalb der Glocken gab es noch die Schellen. Sie waren aufgrund ihrer begrenzten Lautstärke nur geeignet, in kleinerem Umkreise zu wirken. Als Stigmamarke begegnen sie in mittelalterlichen Städten oft neben der Klapper bei Siechen und Leprosen.113 Schellen schufen okkasionell Öffentlichkeit, indem sie die Umstehenden aufmerksam machten. Sie wurden etwa bei Stadtverweisen eingesetzt, wie ein Beispiel aus Aachen 1477 zeigt: Ist mitt glautt der schellen der statt verweist […].114 Neben Glocken und Schellen gab es noch andere akustische Methoden: In Rostock wurde nach einem Bericht von 1691 von alters her zur Bursprake zusam­ mengerufen, indem der Frohne mit einer hölzernen Keule mehrfach an ein starkes Eichen­ brett schlug, das an einem Pfeiler des Rathauses aufgehängt war.115 Ähnliche Praktiken sind aus Holland bekannt, wo in Kampen nach Nachrichten aus dem 15. Jahrhundert der Bür­ germeister Ratssitzungen durch Schlagen an das Holz eröffnete: Als dat Hillige Sacrament gebuert is doet die burgermeister aencloppen […].116 Natürlich war mit den Glocken die Bandbreite akustischer Medien keineswegs ausge­ schöpft. Gut belegt in den mittelalterlichen Stadtrechnungen sind die Stadtmusiker, meist Pfeifer, seltener Trompeter.117 Welchen Status sie hatten, zeigt ihre Bezeichnung etwa in einer Duisburger Rechnung von 1409/10: […] onss heren piperen […].118 Kaiser Sigismund erteilte den Reichsstädten Konstanz 1417, Nürnberg 1431, Augsburg und Ulm 1434 Pri­ vilegien, trumbeten halten und derselben stat wapen und cleynat an die trumpeten henken zu dürfen,119 waren diese Instrumente doch besonders prestigereich. Die städtischen Spielleu­ te traten bei Gastungen, nächtlichen Tanzveranstaltungen des Rates auf und begleiteten die großen Prozessionen,120 waren Ehr und Zier der Stadt. Während die Spielleute immer wieder in der Überlieferung aufscheinen, sind explizite Nachweise über ihre Nutzung als Instrument zur Schaffung von Öffentlichkeit selten. Für Aachen machte Gerhard Fouquet auf die Trompeter aufmerksam, die im 14. Jahrhundert durch Trompetenstöße auf neu fest­ gesetzte Währungsvalvationen verwiesen.121 Doch für solch profane Zwecke nutzte man diese Spezialisten eher selten, stattdessen wurden sie etwa als Botschafter städtischer Kul­ tur in andere Städte geschickt und tauchten daher häufig in fremden Rechnungen auf.122 Für profane Zwecke hatte man nämlich eigenes, schlechter besoldetes Personal. So lassen sich in Aachen eigene Marktbläser nachweisen, die akustisch die Marktzeiten signalisier­ ten. Ihre Nebenaufgabe war die Säuberung des Marktes, gemeinsam mit den städtischen Kohlenschauflern.123 Hörnern oder der menschlichen Stimme sollten sich die Turmhüter bedienen. Im west­ fälischen Soest gab es auf den Türmen von Sankt Petri und Sankt Patrocli solche Türmer, die z.T. schon in den Stadtrechnungen des 14. Jahrhunderts auftauchen.124 Ihre Aufgaben schildert eindrucksvoll ein Eid von 1524: dat he nümmande unbekant up torne nemenn sall, et enn were sake, eynn vrom borger off borgessche qwemenn denn tornne to besein, dey mach he uplaytenn; unnid wanne he enyck gewach van ruterenn in dem velde vernemet, sall he s blasenn unnd ropenn als wontlich; wert oüch sake he enycht vur in der stadt sege, sall he nycht verswy­ genn […].125 Städtisch besoldete Türmer auf Kirchtürmen lassen sich auch in Duisburg126 20  I  Ma r k Me r s io ws k y

und Dorsten127 nachweisen. Rufen und Blasen waren die Mittel, mit denen der Türmer vor herannähernden Feinden und wohl auch bei Feuer Alarm schlagen sollte. So schwach sie auch war, spielte die menschliche Stimme doch eine nicht unwesent­ liche Rolle. In vielen Städten gab es seit der Herausbildung der Praxis, daß die Befugnis zum Erlaß von Regelungen, Rechtshistoriker sprechen hier von Willkürsatzung, auf den Rat oder andere städtische Einrichtungen übergegangen ist, regelmäßige Verlesungen der betroffenen Beschlüsse, die dadurch für alle verbindlich wurden. Besonders gut belegt sind die seit dem 14. Jahrhundert bezeugten Kölner Morgensprachen, die vom Balkon oder der Laube des Kölner Rathauses im 15. Jahrhundert von einem der Ratsherren in Anwesenheit aller anderen Ratsmitglieder verlesen wurden. Für diese Form der Verlesung bürgerte sich wohl Mitte des 14. Jahrhunderts ein halbjähriger Turnus ein, daneben konnte man aber auch okkasionell Bestimmungen verkünden. Im 15. Jahrhundert, genauer um 1440, begann man, diese Verkündigungen eigens in dafür angelegte Morgensprachebücher einzutragen. Bezeichnenderweise kam es in Köln zudem zu einer Verklammerung einer Morgensprache mit der wichtigsten städtischen Prozession, der Großen Kölner Gottestracht.128 In Lübeck wurden sie vierteljährlich wohl vom Rathausbalkon verlesen.129 Schließlich gab es in der spätmittelalterlichen Stadt noch den klassischen Ausrufer, doch ist die Quellenlage dazu schwierig, vor allem, wenn man sich nicht mit dem Nachweis der bloßen Existenz zufrieden gibt, sondern etwas über die Praxis oder gar Rezeption wissen will.130 Im Zuge der Kölner Weberschlacht setzte der Rat einen Herold, einen öffentlichen Ausrufer ein. Die Koelhoffsche Chronik berichtet: Item ein heralt rief zo der selver stunde in allen straissen […].131 In der Dorstener Willkür aus der Zeit um 1400 heißt es: To wetten dat men alle Jare up sunte Johannes dach na mitwynter sullen unsse Staidz knechte na der vro­ missen in der kercken ropen, dat alle de burger sullen up dat marckt komen […] by synen bro­ cke […].132 Die Stadtknechte sollen also die Bürger bei Strafandrohung zum Rathaus rufen. Dazu nutzte man die Gelegenheit der Frühmesse, bei der schon ein Gutteil der Bevölkerung anwesend war. Die Stadtknechte sollten nach der Frühmesse den Befehl in die Kirche hin­ einrufen. In ihrem ausgerufenen Befehl verwiesen die städtischen Boten die Bürger übrigens auf andere Medien: […] als die burger klocke gelut is […].133 Im gleichen Text heißt es wenig später: To wettene dat men alle Jare des nesten Dinxtages na der hilligen drey koninge daghe sullen unse Burgemestere den baden beuelen, dat […] Ind des morgens na der vromisse laten auer de kercke ropen Inde ouch aver de straten, dat alle burger sullen upt Raithuys komen by oren brocke […].134 Hier wird zusätzlich das Ausrufen auf den Straßen bezeugt. In Lübeck ließ man den Aufruf zur jährlichen Bürgerversammlung von den Kanzeln ver­ kündigen. Die Kanzel der Pfarr- und Bettelordenskirchen galten als Möglichkeit, regelmäßig einen Großteil der Bevölkerung zu erreichen.135 In einem Streit zwischen Rat und Bürgern von Colmar wurde 1424 beschlossen, am Sonntag nach der Ratswandlung das städtische Rechtsbuch von den Kanzeln zu verkünden: Man sal ouch jerliche, wanneyn nuwer Ratt gesetzet wirdet, an dem nehsten sontag darnach das rechtsbuche off offenen cantzeln künden, das megliche wisse warnach er sich halte.136 Immer wieder wurde dieser Weg der Kommunikation W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  21

über die Predigtkanzeln nicht nur von städtischen, sondern auch von geistlichen Instanzen gewählt. Nur ein Beispiel: Der Generalvikar des Konstanzer Bischofs Otto in geistlichen Dingen wies mit Urkunde vom 14. November 1481 alle Rektoren von Pfarrkirchen, Pfarrer, Vizepfarrer, die übrigen Priester und Kapläne in Stadt und Diözese Konstanz an, den der Kir­ chenfabrik der Konstanzer Domkirche, des heutigen Konstanzer Münsters, von den Päpsten Sixtus IV. und Martin V. verliehenen Ablass allen ihren Pfarrkindern zu verkündigen und deren Spenden einzusammeln.137 1424 vermittelte Pfalzgraf Ludwig der Bärtige als Landvogt zwischen Bürgern und Rat in Colmar und bestimmte, dass am Sonntag nach der Ratswand­ lung das Rechtsbuch von den Kanzeln verkündet werden solle. In Soest erfahren wir 1423: Darenbynnen over eynen mande als an sunte Katrynen dage do kundegeden dey papen dey vurß statuta uit in allen kerken […].138 Dort, wo der Rat im Zuge des späteren 15. Jahrhunderts mit der Einflußnahme auf das Kirchenregiment erfolgreich war, nutzte man das Mittel der Verkün­ digung von den Kanzeln regelmäßig, in anderen Fällen rief man in die Kirche hinein. Nicht allein die Pfarren, sondern auch andere Einrichtungen mit Breitenwirkung wur­ den zur Verkündigung von Anordnungen genutzt. So wurden in Köln immer wieder die seit 1396 die Bevölkerung gliedernden Korporationen, die 22 Gaffeln, als „Transmissionsrie­ men“ verwendet und für Zwecke der Verbreitung von Anordnungen gebraucht.139 Neben dem akustischen Zeichen gab es natürlich auch ein optisches Zeichen höchster Rangordnung, das Stadtbanner.140 Nur selten sind solche noch heute erhalten, vor allem das Kölner Dreikronenbanner aus dem dritten Jahrzehnt des 15. und dem dritten Viertel des 15. Jahrhunderts141 und die berühmte Wiener Fahne von 1465142 müssen hier genannt werden. Dem Wappenbrief König Albrechts von 1438 zufolge hatten ihm die Braunschweiger berich­ tet, wie sie vnd jre vordern vor langen zijten vnd lenger dann in menschen gedechtniß sij vnd bißher in jren wapen vnd banyr einen wissrn schilt vnd darjnn einen erhaben roten lewen mit eynem vfgeworffen tzagel veber sich vber des lewen rucke gestrecket […].143 Das Banner war nicht nur ein beliebiges Zeichen, sondern ein Symbol der Stadt. So wurde in der Regelung der Colmarer Ratsverfassung 1360 eigens bestimmt, daß der oberste Zunftmeister das Banner verwahren soll: […] der sol ouch fûrgang haben, und sol daz gantz jar us meister sin, und sol die will der stette banier inne han.144 Das Banner war vor allem als militärisches Zeichen wichtig. So bestimmte eine Soester Feldordnung des späten 14. Jahrhunderts: Dat banner des rydenen volkes sal hebben Laurencius Eppinch.145 In Braunschweig sollten sich um 1380 bei nächtli­ chem Alarm die Bürger jeden Weichbildes bewaffnet unter dem Banner des Weichbildes sich auf dem jeweiligen Markt sammeln und auf Anweisungen des Rates warten: Wanne en rochte wird des nachtes, so scal jowelk wicbelde von stad an mit oren wapenen vp eren maket komen vnder ere banner […].146 Auch ins Feld sollte wikbildweise unter dem jeweiligen Banner gezo­ gen werden.147 Schon in der Aachener Tuchrechnung betreffend die Kleider der Stadtdiener von 1401/02 wird […]Hupret Metzmecher, der banyerdreger […] erwähnt148. Erbeutete Banner dienten als Trophäen, kündeten von den Siegen der Stadt über Gegner, daher hängte man sie in Kirchen auf.149 Als Kommunikationsmittel der Stadtobrigkeit zur Erzeugung von Öffent­ lichkeit tritt das Banner in den mir bekannten Quellen allerdings außerhalb militärischer 22  I  Ma r k Me r s io ws k y

Züge nicht ins Auge. Das Banner wurde zwar geflickt, erneuert oder ersetzt, aber – anders als die Glocken – zumindest von Seiten der Stadtobrigkeit nach innen eher selten benutzt. Nur vereinzelt finden sich solche Nachrichten. So konnte der Frankfurter Bürgermeister bei einer Ratssitzung das Stadtbanner entfalten und aufstecken lassen, wodurch es verboten war, wäh­ rend dieser Zeit das Rathaus zu verlassen150. In Marburg regelte eine Bestimmung von 1395 den Salzverkauf, der erst beginnen durfte, wenn das panerchin uzgestoßin wird. Während die Marktfahne ausgesteckt war, durften nur die Bürger für ihren eigenen Bedarf einkaufen. Hier wie in weiteren Marburger Quellen wird eine Verkleinerungsform benutzt, die zeigt, dass es sich nicht um das große Stadtbanner, sondern eine kleinere Marktfahne handelte.151 Doch ist das eher die Ausnahme, im Gegenteil, der Überlieferung nach scheint bei aller unbezweifel­ ten Bedeutung eher der Nichtgebrauch dieses Mediums Zweck gewesen zu sein. Stattdessen wurde logischerweise oft peinlich genau die Verwahrung des Stadtbanners geregelt. In Köln wurde das Stadtbanner in einer Kiste verwahrt, die nur mit vier unterschiedlichen Schlüsseln geöffnet werden konnte. Die Bannerherren, denen die Verwahrung des Banners oblag, muss­ ten schwören, dass niemandt von unß Weib, Kindt, Pfaffen, Leyen noch keinigem Menschen sagen, schreiben melden noch kundt thun, wo daß Banner oder Wympel sey oder wer daß zu halten habe oder weme daß befohlen sey zu verwahren.152 Wie schon aus dem zitierten Braunschweiger Beispiel von 1380 ersichtlich, waren ähn­ lich wie Glocken auch Banner keine exklusiv städtischen Zeichen: sogar andere Gruppen innerhalb der Stadt hatten Banner, vor allem die Gilden.153 Auf diese Zeichen wird unten noch im Zusammenhang mit Schwörtagen eingegangen werden. Bisher standen akustische und optische Medien im Mittelpunkt unserer Betrachtungen. Erstaunlich ist der hohe Grad von Schriftlichkeit in der mittelalterlichen Stadt und die Rolle, die Schrift als Medium zur Schaffung von Öffentlichkeit hatte. Bekanntlicherweise mußten neue Rechte und Gewohnheiten der Bevölkerung verkündet werden. Manchmal sind eigens Fristen dafür belegt.154 Das Anschlagen schriftlich fixierter Verordnungen scheint zumindest im späteren 15. Jahrhundert gebräuchliche Praxis in spätmittelalterlichen Städten gewesen zu sein.155 So finden sich etwa in den Soester Ratsprotokollen Nachrichten aus dem Jahre 1492, dass eine Verordnung des Morgens am Rathaus angeschlagen worden sei: Item op sunte Laurencius dage des morgens anno etc. 92 wort dusse vorgen. overkumpst des eirberen raidz opge­ sclagen an dat raithuyß.156 1487 wurde ein freier Marktttag am Mittwoch eingerichtet. Im Protokollbuch findet sich neben dem entsprechenden Eintrag ein Zettel mit dem Entscheid in feierlicher, sorgfältiger Schrift mit kleinen Verzierungen. Vielleicht war der Zettel für den Aushang gedacht.157 In Braunschweig löste 1487 eine neue Münzordnung, deren Mandate öffentlich an den Braunschweiger Ratshäusern ausgehängt wurden, einen Aufstand aus: Dut let de rat in breven vor alle rathusere anslaen, up dat ein ider man sik wuste hirna to richten158. Ein Aushang, durch den die Messebesucher vor falschen Gulden gewarnt wurden, ist im Frankfurter Stadtarchiv erhalten. Er ist handschriftlich vervielfältigt und bildet unter dem urkundlichen Text jeweils Vorder- und Rückseite von 18 verschiedenen Gulden ab.159 Ort des öffentlichen Aushangs war in der Regel das Rathaus.160 W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  23

Für den sowohl gut überlieferten wie untersuchten Fall Köln hat Giel herausgestellt, dass schriftliche Aushänge städtischer Satzungen zunächst Ende des 15. Jahrhunderts als nachträgliche Stütze für die mündliche Verkündigung dienten, während dann im frühen 16. Jahrhundert der Aushang des gedruckten Edikts als eigentlicher Publikationsakt galt.161 Neben allgemeinen öffentlichen Anschlägen gab es auch Aushänge für eine kleinere Öffentlichkeit. So wurde in Nürnberg in der Ratsstube eine repräsentative, großformatige Liste der Angehörigen des Kleinen Rates, die durch alternierende rote und blaue Lombar­ den ausgeschmückt war, ausgehängt; die Liste von 1424/25 mit Nagellöchern hat sich erhal­ ten. Da auf ihr die Pflicht der Schöffen, zu Gerichtssitzungen zu erscheinen, samt Verweis auf eine mögliche Buße vermerkt ist, dürfte sie die Funktion gehabt zu haben, an einem halböffentlichen Ort die Personen und ihre Verpflichtung zu dokumentieren.162 Waren interne Anschläge für eine kleinere Öffentlichkeit bestimmt, so gibt es anderer­ seits auch bewusste Ausweitungen, Versuche, nicht nur die Öffentlichkeit der eigenen Stadt, sondern auch anderer Städte zu erreichen. Der Aushang in fremden Städten war ein typi­ sches Element städtischer Kommunikation, meist ausgelöst dadurch, dass sich die Stadt in Konflikten befand. Um außerhalb der eigenen Stadt die Öffentlichkeit zu erreichen bzw. zu schaffen, wurden regelrechte Kampagnen veranstaltet, wenn es die Situation bedurfte. Ich möchte hier nur ein Beispiel vorstellen. In einem Rechtsstreit mit westfälischen Femege­ richten sandte der Aachener Rat 1467 einen Beauftragten mit 5 urkundenförmigen Man­ daten und 11 Kopien nach Köln, wo er für deren weitere Distribution sorgen konnte.163 Köln diente als eine Art Nachrichtenbörse, wo man gegen Honorar solche Schriftstücke zur Weiterverteilung übergeben konnte.164 In Süddeutschland hatte Nürnberg ähnliche Funktionen.165 Die 11 Kopien des Aachener Beispiels waren extra in großen Buchstaben geschrieben, damit sie jedermann lesen konnte166 – also für den Aushang und weniger literate Schichten bestimmt. Außerdem wurden sie noch ins Deutsche übersetzt, um ihre Rezeption zu erleichtern.167 Zwei Tage lang arbeiteten die Schreiber an diesem Auftrag.168 Das Aushängen selbst, unter anderem in Münster und Dortmund, war eine Rechtshandlung eigenen Ranges: es geschah durch öffentliche Notare und eigens bestellte – und bezahlte – Zeugen.169 Im selben Jahr ritt Scheydtghin nach Köln, um dort die Rechtsposition der Stadt Aachen zu vertreten. Dafür ließ er zunächst eine goldene Bulle Kaiser Friedrichs III. vom selben Jahr durch Transsumpte, notarielle Kopien mit Beweiskraft, vervielfältigen. Dann ließ er weitere 9 Kopien davon von Wilhelm dem Schreiber anfertigen, wiederum in großen Buchstaben und mit deutscher Übersetzung, dat mallich leisen moicht, also, die jedermann lesen kann. Schließlich ließ er die Bulle vor dem Saal, wohl dem Sitzungssaal des Offizialats, anschlagen, wie die Buchung belegt: […] vor den sall upzoslaen ind vor den officiaill zo presentieren.170 Die hier durch die Aachener Stadtrechnungen belegte Kampagne war keineswegs ein Einzel­ fall.171 Gerade bei Schandbriefen lässt die weitgestreute Überlieferung der erhaltenen Zeu­ gen noch die Praxis erkennen.172 Manchmal lässt sich die Rezeption solcher Aushänge durch das städtische Publikum sogar in der zeitgenössischen Chronistik aufzeigen.173 24  I  Ma r k Me r s io ws k y

Die oben am Beispiel Aachens betrachteten Formen der Verbreitung von Nachrichten sind bereits vor Erfindung des Druckes praktiziert worden. Sie sind dem Einsatz des frü­ hen Buchdrucks in der Mainzer Stiftsfehde zeitlich nah. Strukturell war das Vorgehen ganz ähnlich, nur wurde die Arbeit der Schreiber durch die des Druckers ersetzt.174 Übrigens nutzten schon Schandbriefe von 1461 das Medium des Holzschnittes, um das wirkmächtige Bild effektiv zu verbreiten.175 Anders, als dies manchem Medientheoretiker erscheint, war es also nicht das neue Medium, das diese Kommunikationsform hervorbrachte, es verein­ fachte sie nur entscheidend. Wenn Druckereien verfügbar waren, nutzten die Städte des 15. Jahrhunderts diese. So wurden 1499 die Ausschreiben der Stadt Nürnberg gegen die Fein­ de der Stadt, die durch Überfälle den Warenverkehr auf den Fernstraßen störten, gedruckt und an viele Städte versandt, aber auch in der Stadt selbst angeschlagen. Überliefert sind sie in Frankfurt und Straßburg.176 Im Zuge solcher Kampagnen nutzte man sogar planmä­ ßig überregionale Kommunikationsorte wie die Frankfurter Messen, um dort Stimmung zu machen.177 In Köln ist die Nutzung des Drucks für Aushänge seit Ende des 15. Jahrhunderts nachweisbar.178 Das Musterbeispiel für den Weg in die große Öffentlichkeit sind natürlich die spätmittelalterlichen Schützenbriefe, städtische Einladungen zu großen Schützenfesten, die gedruckt 1508 in Augsburg sogar Auflagen von 400 Exemlaren auf Papier und bis zu 450 Stück auf Pergament erreichten und von Augsburg aus bis nach Ungarn, Polen und an den Niederrhein versandt wurden.179 Natürlich war der Gebrauch des Mediums Schrift in Form des Anschlags oder Aushangs keineswegs nur städtischen Verordnungen offen. So ist eine Aushangaktion des Kölner Erzbi­ schofs 1492 in der und gegen die Stadt Köln bezeugt.180 Die Bandbreite solcher Aushänge ist groß. So hat sich das Original eines zweisprachigen Werbetextes für einen wandernden Arzt namens Meister Werner, der um 1400 zeitweilig in einer Herberge weilte und die Stadtbevölke­ rung auf seine Heilkünste hinwies, als Einbandmakulatur in einer Wolfenbütteler Handschrift erhalten – ein Zeugnis einer wohl gebräuchlicheren Praxis unter Ärzten und Apothekern.181 Gelehrte warben mit ausgehängten Zetteln für ihre Vorlesungen; ein solcher Originalaushang Peter Luders von 1462 hat sich in einer Münchener Handschrift erhalten. Sein mit der Dro­ hung einer Anzeige durch versteckte Wächter verbundener Appell, den Zettel hängen zu las­ sen (Sine cetulam fixam custos latet ex insidiis quo accusaberis), hat sichtlich nicht gefruchtet, denn Hartmann Schedel klebte ihn in eine seiner Studentenhandschriften ein.182 Naheliegen­ derweise benutzten Drucker und Unternehmer wie Lukas Brandis und Peter Schöffer dage­ gen gedruckte Listen der Bücher, die sie zwecks Verkaufs mit sich führten. Der Titelbestand war gedruckt, der Buchführer füllte aber jeweils die aktuelle Wirtshausadresse handschriftlich ein.183 Ebenfalls ausgehängt wurden die sogenannten Schand- oder Schmähbriefe, die in der Regel Gläubiger verschicken und aushängen ließen, um säumige Schuldner unter Druck zu setzen und zur Bezahlung zu zwingen.184 Wenn Schandbriefe an öffentlichen Orten wie dem Pranger, Galgen, Herbergen und Kirchen angeschlagen wurden,185 stellt sich sogar die Frage, ob die Orte öffentlicher Verlautbarungen überhaupt exklusiv waren oder ob nicht sogar dort eine Vielzahl von Aushängen unterschiedlichen Charakters angebracht wurde. Die Wirksam­ W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  25

keit medialer Maßnahmen zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sie Gegenmaßnahmen auslösten. Als Beispiel soll hier nur die Gegenkampagne des Kölner Rates gegen eine Aushangaktion des Kölner Erzbischofs 1492 angeführt werden.186 Überdies ist die Frage, wie alt solche Praktiken sind. Die Braunschweiger Satzungen zeigen, dass Vorformen weit ins 14. Jahrhundert zurück­ reichen. Schon in der um 1349 zusammengestellten Sammlung von Satzungen war folgende Bestimmung enthalten: We breue screue, unde de in der lude hus eder an andere stedde worpe, neghelde ofte steke, de uppe iemendes scaden eder rochte ghingen, dene wel men vor enen vnrech­ ten man hebben.187 Man rechnete mit „Wurfsendungen“, angenagelten oder „aufgesteckten“ Mitteilungen rufschädigenden Charakters. Regelmäßig begegnet diese Festsetzung auch in den späteren Stadtrechten.188 Gerade für die Schandbriefe war das bildliche Medium ein bewusstes Mittel zur Steige­ rung der Öffentlichkeitswirkung, ausdrücklich wurde mit der Anfertigung und Publikma­ chung von Schandbildern gedroht.189 So kündigte der breisgauische Niederadlige Thomas von Falkenstein der Stadt Solothurn an, ihr Siegelbild falsch herum malen zu lassen und das füren und ußschlachen, wo ich wonen, rit, stand oder gang, bis seine Forderung erfüllt sei.190 Hans von Hardheim ließ 1469 das Schandbild des Frankfurter Hauptmanns Michel von Bickenbach auf eine Fahne malen, die er an seiner Lanze führte.191 Zum Teil drohten Auto­ ren sogar damit, noch ein akustisches Medium zu verwenden: Matthias Lentz verwies auf die Drohung des Johann von Wied 1441, der Glocken und Schellen an seine Briefe hängen wollte, damit sie Gehör fanden und Wirkung entfalteten.192 Medienmix, um dieses moder­ ne Wort zu benutzen, war also durchaus gebräuchlich. Gerade im Gefolge von Kriegszügen nahmen solche multimedialen Maßnahmen äußerst ungewöhnliche Formen an, so dass man fast an die provozierenden Kampagnen ‚kreativer‘ Werbeagenturen des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts erinnert wird. Ein Beispiel dafür sind die Propagandahandlungen in der Soester Fehde zwischen der Stadt Soest und dem Erzbischof von Köln Mitte des 15. Jahrhunderts. Die Einrichtung einer kur­ kölnischen Mannschaft in der Burg Heidemühle, die eine effektive Bedrohung der städtischen Versorgung bedeutete, wurde nach der von ihren Herausgebern „Kriegs­tagebuch der Soester“ Fehde genannten historia van der Soistschen vede durch Mundpropaganda verbreitet: Item desselvi­gen dages nemen de Colschen de Heydynckmollen […] und sprecken, se hedden den van Soist dat botterhol togestoppet193. Hier wurde eine strategische Maßnahme mit einer Art Slogan kommuniziert. Auch im Januar 1446 trieben die Kölner von ihrem Stützpunkt Hovestat aus bitteren Spott mit der Versorgung der Soester: Up dussen selvigen dach hadden de van Havestat vel hultener schottelen, dar botter inne geklemmet was, an de wege vor Soist gesat und brevekens darinne geschreven, ludende aldus: ‚We botteren hebben wil, de komme to der Havestat, dar mach he it kopen vor 4 d.‘ Dit was ein arm spyt und ho­moet.194 Die Anspielungen auf die bedrohte Versorgung der Stadt Soest durch Mundpropaganda oder das Aufstellen von Butterschüsseln mit dem Hinweis, man könne im feindlichen Lager bei Hovestat ohne Schwierigkeiten billig Butter be­kommen, sollten die Bevölkerung als ganze ansprechen, die Moral der Städter unter­ graben und für Unzufriedenheit und Unruhe innerhalb der Stadtmauern sorgen.195 26  I  Ma r k Me r s io ws k y

Doch bleiben solche Kampagnen eher die Ausnahme. Der Aushang von Verordnungen und Briefen schuf okkasionelle Öffentlichkeit, und viele Kreise innerhalb wie außerhalb der Stadt nutzten diesen Weg in die Öffentlichkeit. All diese Maßnahmen riefen durchaus unter­ schiedliche Reaktionen hervor. Oft wurden Zettel mehr oder minder demonstrativ abgeris­ sen und zerfetzten.196 Widerstand gegen Anordnungen äußerte sich etwa in Beschmierun­ gen der Aushänge, wie Anfang 1488 in Braunschweig in der Teilstadt Hagen belegt: Aver in dem Hagen wart de bref beschetten des nachtes, eier dut gebot scholde angaen.197 Für Texte, die dauerhaft öffentlich gemacht werden sollten, nutzte man daher andere Formen. Ganz wichtige oder gar rechtserhebliche Dinge meißelte man in Stein, etwa die berühmten Brot­ maße am Freiburger Münster oder die erlaubten Maße für überkragende Fachwerkhäuser am Straßburger Münster. Für umfangreichere Texte nutzte man eine besondere Form. Meist waren es mit Pergament beklebte Holztafeln mit den betreffenden Texten: Zoll- und Waa­ getarife, Gewerbeverordnungen, Anniversarverzeichnisse, aber auch die bekannten Statuten der Hanse gegen Aufstände in den Städten 1418 in der größeren Öffentlichkeit, für Teilöf­ fentlichkeiten Mitgliederlisten der Zünfte.198 Aus dem 15. Jahrhundert sind entsprechen­ de städtische Tafeln etwa aus Hildesheim und Wien im Original überliefert.199 In anderen Städten sind solche Praktiken indirekt belegt. In Köln wurden bestimmte Verordnungen der allgemeinen Morgensprache, vor allem Feuerschutz- und Friedewahrungsartikel, in der Mitte des 15. Jahrhunderts auf einer Tafel am Rathaus angeschlagen.200 Der Rat der Stadt Nürnberg erließ am 16. Juli 1449 die Anordnung: Item die tafeln mit den veynden aufhen­ ken.201 In Bremen wurde nach einer 1427 ausgebrochenen Krise zwischen Altem und Neu­ em Rat der Schiedsspruch der Konfliktbeilegung 1433202 als Kopie im Rathaus aufgehängt, wie ein Eintrag des frühen 16. Jahrhunderts im sogenannten Ratsdenkelbuche ausweist: Item de principall besegelde hovetbreff, ludende uppe de vorenynge des olden rades unnde des nyen rades myt sampt der gantzen menheit, borgerenn unnde inwaneren to Bremen, […] des de copie daraff uppe dem rathusze in der tafelen hangende ys unnde ock in der stad bock gescreven steit […].203 Übrigens wurden städtischerweise nicht nur administrative Tafeln aufgestellt, sondern auch Gedenktafeln und chronikalische Berichte.204 Ähnliche Praktiken sind im kirchlichen Bereich gut bekannt, erinnert sei nur an die bekannten Cusanus-Tafeln.205 Der symbolische Wert dieser Tafeln läßt sich gerade im Fall der hansischen Aufruhrstatuten von 1418 gut erkennen, denn in mehreren Städten, so Bremen und Stettin, wurden diese Tafeln von ratsfeindlichen Gruppierungen der Gemeinde demonstrativ gewaltsam entfernt und zerstört; in Stettin brach der Rat die Opposition und erzwang nicht nur eine Sühnezahlung, sondern auch das Wiederaufhängen der Tafel.206 Bei der Betrachtung der unterschiedlichen Wege, mit denen man Öffentlichkeit in mit­ telalterlichen Städten erzeugte, begegnete eine große Bandbreite von Zwecken. Die oben im Einzelnen angefügten Beispiele spiegeln die bunte Vielfalt von Öffentlichkeit in der spätmittelalterlichen deutschen Stadt, sind doch auch sie oft okkasionell. Die wichtigsten regelmäßig durch Medieneinsatz bewusst geschaffenen öffentlichen Situationen waren die W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  27

großen Bürgerversammlungen, die bei aller Vielfalt doch eine Reihe gemeinsamer Züge auf­ weisen.207 Gerade diese Versammlungen wurden, wie in den behandelten Beispielen immer wieder aufscheinend, multimedial mit einem Bündel unterschiedlicher Rituale und Mit­ tel anberaumt. Sie bedürften als kommunikative wie mediale Großereignisse noch eigener Betrachtung. In Luzern wurde nachweislich seit 1328 bei der Wahl und Vereidigung der Ratsherren an den Johannesfeiertagen im Sommer (24.6.) und Winter (27.12.) den Bürgern jeweils der sogenannte „Geschworene Brief “ von 1252 verlesen, auf den die Ratsherren dann vereidigt wurden.208 Das Procedere des Ulmer Schwörtages ist seit dem 15. Jh. bekannt. Im Rahmen des Schwörtages wurde der Schwörbrief von 1397 verlesen, dazu verschiedene Verordnungen. Letztere wechselten, so waren es 1466 14 Verordnungen.209 Darauf rief der Bürgermeister: […] also hebent uff und sprech mir ein Jeder nach: Als ich mit Worten beschaiden bin und des verlesen brieff innhalt, das ich das hallten und thun wolle getrewlich und ungevarlich, also bitt Ich mir Gott zu helffen.210 Auch in Esslingen gehört die Verlesung der Regimentsordnung und Eid des Bürgermeisters gegenüber der Gemeinde wie umgekehrt seit 1376 zum festen Ritual, wobei die Regimentsordnung 1392, 1401 und 1414 revidiert wurde. So verordnet des Statutenbuch von 1491: die hie nachgeschriben Satzungen gemacht und damit geordnet habe, das die alle Jar, so ain Burgermaister erwelet wirdt, offenlich verkundt und von unns allen zu hallten geschworen werde.211 In Straßburg wurde nach 1482 am Schwörtag ein Podest vor dem Münster errichtet, auf das Rat und Stadtschreiber traten, der Schreiber las den Schwörbrief von 1482 vor und die barhäuptige Bürgerschaft wurde dann auf den Schwurbrief eingeschworen: Und sol man ouch disen brieff alle jor vor dem munster sweren stete zu halten […].212 Weitere Beispiele lie­ ßen sich anführen.213 Um die regelmäßig abgeleisteten Eide noch eingängiger zu machen, gab es in manchen Städten Regelungen, sie in Reimform abzulegen. So wurde in Colmar 1360 bestimmt: Und sol man ouch jêrglich ze pfingesten in der stat ze Colmer uberal sweren mit gesta­ beten eiden […].214 In norddeutschen Städten gab es ähnliche periodische Versammlungen, die hier Morgen­ sprache, Wortwahl, Bürgersprache (bursprake) oder Echteding genannt werden.215 In Braun­ schweig waren dafür die Woche nach dem Sonntag Quasi modo geniti und nach Michaelis vorgesehen, die einzelnen Teilstädte wurden in einem festgelegten Rhythmus besucht. Die Bürger des Weichbilds wurden durch Glockenschlag zum jeweiligen Rathaus gerufen: in welkem wykbelde men kundeghen wel, so schal men touoren to storme luden laten neghen war­ ue, vp dat dat volk kome vor dat radhus […].216 Nach einer anschließenden Gerichtssitzung ging der Rat auf die Laube des Rathauses und der Bürgermeister hielt eine genau festgelegte Ansprache an das Volk. Darna geyt de rad vppe de loewene, vnde de borghermester secht to dem volke van der loewene aldus: Gy fromen lude, de rad wel gyk kundeghen laten dat echte dingh, dar schal malk na hoeren, vp dat malk wete wat he don vnde laten moeghe, vnde vp dat malk sek vor schaden vnde vor broeken vorwaren moeghe. Darna list denne de scryuer dat echte dingh.217 Auch der Sinn der Verlesung wird im Braunschweiger Stadtrecht ausdrücklich benannt: We de burschop hefft vpgegeuen, vnde den de rad hir lyden wel, de schal myt den synen alle dusse 28  I  Ma r k Me r s io ws k y

stucke de vorghelezen vnde kundeghet syn lik anderen vnsen borgheren holden.218 Ganz ähnlich heißt es in der Dorstener Willkür von 1400, die zunächst klare Anweisungen enthält, wie die Öffentlichkeit geschaffen werden soll. Dann heißt es weiter: […] dat alle burger sullen upt Raithuys komen by oren brocke, Inde daer sal men dan den Rait bestedigen, Ind der gemeynt laten lesen der Stad statuten, up dat sich eyn ider vor den brocke moge hoiden […].219 Im selben Text werden eingangs die verlesenen Texte noch etwas anders umschrieben: […] Inde dar sal men on laten lesen die statuten unde oilden gewonten unser Stad […].220 Eindeutig wurde die Teilnahme auf die wirklichen Bürger beschränkt: Ock so en sollen tho dussen daghe nymant upt raithueß komen, hie en sy eyn geboren burger, offt hie en hebbe die borgerschop suluen gewu­ nen.221 Das Soester Stadtbuch von etwa 1350,222 das bis ins 16. Jahrhundert alljährlich ver­ lesen wurde, beginnt mit den Worten Nu sal horen dey ghemeynheyt der borghere dat alde ghekorne unde gepruvede recht.223 Dagegen waren verschiedene Kapitel im Statutenbuch der Stadt Dorsten mit der Notiz non legitur versehen.224 In beiden Fällen war also die Verlesung Normalfall. Hier wurden also die wesentlichen Grundlagen der städtischen Verfassung in aller Öffentlichkeit, die durch Glockeneinsatz geschaffen war, mündlich verkündet und so erneuert, allerdings- im Gegensatz zu Süddeutschland – meist nicht beschworen.225 Diese großen, feierlichen Schwörtage und Bursprachen waren aber keineswegs uralt und unveränderlich, mögen sie es auch multimedial verkündet haben. In allen Fällen stehen an ihrem Anfang innerstädtische Konflikte, meist sogar Aufstände. Ernst Schubert formulierte in seinem letzten Buch, die Stadt sei gegenüber dem Dorf durch eine räumliche Konzentra­ tion sozialer Konflikte geprägt.226 So waren Aufstände eine typische Erscheinung der mittel­ alterlichen Stadtverfassung. Ansprüche auf Teilhabe an der politischen Macht, Rivalitäten zwischen führenden Familien oder innerstädtischen Führungsschichten, Interessenskonflik­ te zwischen Einwohnergruppen und sozialen Verbänden, soziale Konflikte aller Art können solche Aufstände auslösen, die, wenn sie unter bestimmten Regeln abliefen, ihren Platz im städtischen Verfassungsleben hatten. Diese Stadtkonflikte227 treten seit dem 13. Jahrhundert in den Quellen auf und sind vor allem für das 14. und 15. Jahrhundert typisch.228 Nicht nur in diesen Auseinandersetzungen war auch Gewalt ein Kommunikationsmittel und wurde unter bestimmten Umständen nicht kriminalisiert229. Auflauf, Verschwörung und Aufruhr gehören zu den typischen Elementen innerstädtischer Auseinandersetzungen des Mittelal­ ters. Gewöhnlich mündeten sie nach Verhandlungen in einer Modifikation der Verfassung. Nach den Auseinandersetzungen wurde der genossenschaftliche Konsens feierlich erneuert, die Gemeinde legte einen Eid ab, Kapellen wurden gestiftet, Standbilder errichtet, Chro­ niken geschrieben, Siegel neu gestochen, neue Stadtbücher angelegt. Das Stadtbuch sollte den genossenschaftlichen Konsens verkörpern und garantieren, oder, mit zeitgenössischen Worten, Eintracht, Nutz und Friede, und wurde zu diesem Zwecke regelmäßig öffentlich verlesen.230 In besonderen Situationen gab es auch in norddeutschen Städten die Gewohn­ heit, den Bürgereid gemeinsam abgelegt und damit zu erneuern: nach Aufständen bei neu­ em Konsens oder in Krisenzeiten. So wurde in Dortmund am Vorabend der Soester Fehde, die einen Eintritt der Stadt in einen Krieg von europäischen Dimensionen bedeutete, eine W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  29

Bürgerversammlung einberufen, in der alle Bürger nochmals ihren Bürgereid ablegen muss­ ten. Man legte sogar ein Verzeichnis der Anwesenden an und diejenigen, die nicht dabei waren, wurden zum Nachschwören auf das Rathaus bestellt. In Fällen, in denen der Rat sich als Obrigkeit behaupten konnte, hatte er die Möglichkeit, mittels Bürger- und Beisasseneid alle Teile der Stadtbevölkerung zum Gehorsam ihm gegenüber zu verpflichten.231 Nach dem Frankfurter Zunftaufstand von 1355 bis 1366 besaß der Rat seit 1366, erneuert 1387, das Recht, die Einwohnerschaft, wenn es ihm nötig erschien, sooft er wolle zu vereidigen.232 Für viele Belange war die Schaffung von Öffentlichkeit notwendig, doch bot sie stets den Gegnern des Rates die Möglichkeit, sich zu artikulieren, war eine Bühne demonstra­ tiven Verhaltens und Meinungsausdrucks in Form von Regelverletzungen und Provoka­ tionen.233 So war beispielsweise 1309 in Erfurt der Ratswechsel und die Bestätigung der neuen Ratsleute Gelegenheit für einen Aufstand: Sequenti anno cum consules futuri secun­ d­um consuetudinem essent promulgandi, communitas congregata tam veteres consules quam promulgatos exterruit et coegit, ut quedam, que ipse dictaverant, publice legerentur […].234 Es ist nur folgerichtig, daß sich auch die Aufständischen der üblichen Wege in die Öffentlichkeit bedienten. Wenn es ihnen gelang, setzten sie die Glocken der Stadt ein. Seit 1304 gibt es darüberhinaus eine ganze Anzahl von Belegen, daß Banner als Symbole der Aufständischen eine wesentliche Rolle spielten.235 In zahlreichen spätmittelalterlichen Konflikten innerhalb der Städte ergriffen die Aufständischen Banner und begannen nach Sammlung und Ver­ schwörung einen bewaffneten Umlauf, geführt vom Banner, so daß der Bannerlauf gerade­ zu zum Leitfossil innerstädtischer Auseinandersetzungen wurde.236 Eine Schiffsfahne mit dem Stadtwappen diente den Aufrührern von Bremen 1365 als Zeichen und sie drückten ihren Protest gegen städtische Steuern durch einen Bannerlauf aus, wofür die Anführer mit ihrem Leben büßen mußten. Ich möchte nur ein Beispiel anführen. In den großen inner­ städtischen Auseinandersetzungen in Köln 1371, die als Weberschlacht in die Chroniken eingegangen sind, sind Banner mehrfach belegt. Nach Ausweis der Koelhoffschen Chronik zog der Rat mit dem Stadtbanner nach Sankt Brigiden und wurde durch andere Gruppen, die sich unter dem Stadtbanner einfanden, verstärkt. Dann richteten sie das Banner auf dem Aldenmarkt auf: […] staechen sie uis der stat banner up dem Aldenmart vur dem gebuirhuis zo sent Brigiden, ind dem banner voulchde mennich duisent man.237 Die Weber reagierten durch Versammlung: do die wever sulche mere vernamen, wie der rait ind die gemeinde intgein si gewapet quemen, so machten sich die wever risch up mit einre groisser schair ind versamelden sich bi unser liever frauwen broederen ind hadden ouch ir banner.238 Im Zuge bewaffneter Auseinandersetzungen geriet dann das Banner der Weber in die Hände der Gegner: do wart der wever banner zerhauwen, zorissen ind zosplissen zo allen stucken.239 Vor dem Hintergrund dieser demonstrativen Zerstörung, ein Akt negativer Kommunikation, wie der Gefahren, dass sich einzelne Gruppen des Stadtbanners bemächtigen konnten, wird verständlich, wie­ so – wie oben ausgeführt – man das städtische Banner so sorgfältig verwahrte. Die bewusste Zerstörung und Austilgung der Zeichen unterlegener Gruppen gehörte in innerstädtischen Konflikten zu den gängigen demonstrativen Reaktionen. Nach der Koel­ 30  I  Ma r k Me r s io ws k y

hoffschen Chronik reagierte der Kölner Rat durch Zerstörung der beiden Gewandhäuser, der Versammlungsplätze der Weber: Item up dat die gewalt der wevere mere underdruckt wur­ de, so deden die oversten van Coellen die zwei husere afbrechen van oven af bis in den grunt, dat der wevere gewanthusere waren ind daruip si plaegen zo rait zo gain […] ind do wart in al ir macht benommen.240 In der Braunschweiger Schicht 1490 mußten die Gilden ihre Pri­ vilegien dem Rat aushändigen, dann wurden die Siegel abgeschnitten und die Urkunden verbrannt, schließlich die Gemeinde neu vereidigt, Gildemeister und Hauptleute erhielten neue Privilegien.241 Um neuerliche Aufstände zu verhindern, verbot man den innerstädtischen Gruppen die Nutzung von Trommeln, Glocken, Ausrufen und sogar heimliche Versammlungen.242 Auch die Benutzung der Stadtbanner oder Erhebung eigener Banner wurden von der städtischen Obrigkeit sanktioniert.243 Schon möglichen Heimlichkeiten und Zusammenrottungen stand die städtische Obrigkeit misstrauisch gegenüber. Das galt insbesondere für nächtli­ che Aktivitäten. So lassen sich etwa die Bestimmungen interpretieren, die der Braunschwei­ ger Rat schon 1360 aufzeichnen ließ: It en scal nemand des nachtes na der clocken ane lecht vppe der strate gan sůnder de wechtere.244 Noch schärfer formulierte er gleich im zweiten Abschnitt des Textes, der jegliche nächtliche Zusammenrottung unter Strafe des Verlustes von Leib und Gut stellte: Id en scal nemand jenghe samnighe maken des nachtes ane des rades wiscop by liue vnde by gude.245 Im frühen 15. Jahrhundert wird dann genau für die dunkle Jahreszeit festgelegt: Ok en schal neyment na dere wechterklocken twisschen sancte Gallen dag­ he vnde der vasten allene edder in eyner rote gan vppe dere strate ane openbar lecht, yd ne were mit vulborde des rades […].246 Gerade in Situationen, in denen die Macht der Stadt besonders deutlich zum Ausdruck kam, war sie symbolisch besonders gefährdet. So bestimmte etwa die Eichstätter Halsgerichtsordnung von 1446, daß der Richter die Öffentlichkeit während des langen Ganges zur Hinrichtungsstätte vor den Toren ausdrücklich vor Aufruhr warnen sollte.247 Angesichts dieser Befunde kann es nicht erstaunen, daß Öffentlichkeit in der spätmittelal­ terlichen Stadt als eine durchaus ambivalente Angelegenheit erscheint; Öffentlichkeit muß­ te im Zaum gehalten werden. Während ich in den Quellen Wege zur Öffentlichkeit such­ te, spiegelten sie oft das genaue Gegenteil: die Bemühungen, Öffentlichkeit zu vermeiden, wenn es nicht unumgänglich war. Eine Vielzahl von Beispielen zeigt, wie gefährlich eine einmal versammelte Menschenmenge sein konnte, wie schwierig es war, sie unter Kontrolle zu halten und wie öffentliche Akte entgleisen konnten.248 Ein großer Teil der Ratssitzungen, in manchen Städten mit ausgeprägtem Ratsregiment sogar alle, verliefen hinter geschlosse­ nen, manchmal sogar verschlossenen Türen, offene Sitzungen waren in der Minderzahl.249 Wie noch jüngst Eberhard Isenmann ausgeführt hat, läuft parallel zur Ausgestaltung zere­ monieller Öffentlichkeit in Prozessionen und Ratswahlzeremoniellen die in normativen Satzungen, Rats- und Bediensteteneiden wie den Gerichtsprotokollen durchgehend zu beobachtende Tendenz, die Dinge geheimzuhalten. Ratsleute, Ratsbedienstete wurden zur W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  31

Verschwiegenheit verpflichtet, Sanktionen beschlossen und vollstreckt. Die wohl in der Mitte des 14. Jahrhunderts aufgezeichneten Braunschweiger Eide enthalten für den Stadt­ schreiber eine Verpflichtung zur Geheimhaltung: vnde dat gy der stad vnde des rades mid deme rade ere hemelicheyt hoden, vnde nicht en openbaren mit jenegher list, it werde iv beuolen eder nicht […]. 250 In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde der Passus des Ratsher­ renschwurs um eine Geheimhaltungsklausel erweitert: […] des rades hemelken ding by gik to beholdene […].251 Gesprochenes durfte nicht herausgetragen, Stadtbücher Unbefugten nicht zugänglich gemacht werden, die öffentlichen Räumlichkeiten wurden versperrt.252 Die der Stadt Siegen um 1400 von der Stadt Soest gewiesenen Bestimmungen schränkten die Rol­ le der Gemeinde sehr stark ein: Item der rayt in heskit dy gemeyne in keynen ern rayt, es in si in sachen da kost und arbeyd zu hore, da heskyt man si zu, want si dy uitdrent.253 Wenn also die Gemeinde nicht direkt durch Kost und Arbeit betroffen wird, hatte sie kein Mit­ sprache- oder Anhörungsrecht. Auch von den Informationen hielt man sie fern: Item dy gemeyne in sal nyt wissin um der steyde gevelle noch hemlicheyd, si in werdyn von dem rayde darzu geheskyn.254 Weder der Stand der Finanzen noch interne Angelegenheiten hatten die Gemeinde anzugehen, es sei denn, der Rat hielte dies für notwendig. Öffentlichkeit wich­ tiger Informationen, Offenlegung vor allem finanzieller Arkana wurde im Gegenzug eines der wichtigsten Anliegen aufständischer Gruppierungen in spätmittelalterlichen Stadtkon­ flikten.255 So war eine der Forderungen der Handwerker und anderer Bürger beim Erfurter Aufstand 1309/10 die öffentliche Verlesung ihrer Beschwerdeschrift und die urkundliche Bestätigung durch den Rat.256 Manchmal konnten sich solche Forderungen durchsetzen. Eine der Bestimmungen, auf die sich in Colmar 1424 die Parteien verständigten, war die Öffentlichkeit der Ratsvernehmungen und –urteile.257 Das Bedürfnis nach Ausschluss der Öffentlichkeit blieb nicht bloße Theorie, sondern fand seinen realienkundlichen Nieder­ schlag: Über 150 verschiedene Schlüssel konnte Otto Volk für die Marburger öffentlichen Einrichtungen des 15. Jahrhunderts in den Rechnungen nachweisen.258 Schottete man sich selbst nach außen ab, so suchte man stattdessen, Informationen über Bedrohungen, aber auch selbst über Kritik zu erhalten. Bespitzelung und Denunziation waren gängige Mittel.259 Schon Mitte des 14. Jahrhunderts mussten die Burmester, Bedienstete des Braunschweiger Rates schwören: […] vnde wat se vornemen dat weder den rath si dat se deme rade dat melden […].260 Im Soester Ratsprotokollbuch heißt es beim Interdikt von 1418: […] do vernam dey rait van eren heymelichen vronden […].261 Die in vielen Einzelaspekten greifbare Tendenz zur Geheimhaltung, Ausschluß von Öffentlichkeit und Vermeidung gefährlicher Zusammenrottungen hat natürlich verfas­ sungsgeschichtliche Hintergründe: der bekannte Versuch des Rates, sich zur Obrigkeit zu machen. Daher ist es symptomatisch, daß auf dem berühmten Ratsbild aus dem Hamburger Stadtrechtsbuch aus dem frühen 16. Jahrhundert der Rat isoliert in seiner Kammer dar­ gestellt ist.262 Doch trotz solcher Befunde muß man sich mittelalterlicher Besonderhei­ ten im Umgang mit der Öffentlichkeit stets bewußt bleiben, um eine Fehlinterpretation der Quellen zu vermeiden. Für eine Prozession verbot der Straßburger Rat 1466 sogar das 32  I  Ma r k Me r s io ws k y

Zuschauen: Und sol nyemans, es sint manne oder frowen, zu wege noch zu venster ston. Es sol ouch yedermann sin thüre beslossen haben. So sol ouch jedermann sin gadem zu geton han. So sol ouch nieman, weder mit karrichen noch mit wagen faren, sonder jederman sol morn den morgen vor imbs viren zu kirchen gon, dem crutzgange züchtlich nach volgen ….263 Ganz ähn­ lich heißt es 1476: … und sol nyeman zu wege und stege stille ston, sonder in der kirchen oder in dem crútzgange sin ….264 In beiden Fällen sollte die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen werden. Vielmehr ging es dem Rat darum, daß kein Publikum am Rande stehen und gaffen sollte, nicht einmal vom Fenster aus. Es ging nicht um den Ausschluß der Öffentlichkeit, im Gegenteil, die Bevölkerung sollte teilnehmen, nur eben nicht als Zuschauer, sondern wirk­ lich partizipieren.265 Um den genossenschaftlichen Konsens zu wahren, zu perpetuieren und zu aktuali­ sieren, dienten Schwörtage und Burspraken. Nur selten nutzte man sie außerhalb dieser üblichen Zeiten und ohne aktuelle Notwendigkeit. Nicht allein für die großen Bürgerver­ sammlungen lässt sich erkennen, dass die mittelalterliche Stadtobrigkeit Öffentlichkeit als ambivalentes Phänomen sah: sie war ebenso notwendig wie gefährlich. Dies gilt selbst für Prozessionen und Feste. Immer wieder lässt sich nachweisen, dass dies den Zeitgenossen bewusst gewesen ist. Bedrohungen sah man von innen, wie bei Aufständen, aber auch den Schwörtagen sichtbar, ebenso wie von außen. Bei feierlichen Einzügen von Herrschern und Landesherren, beim Auftritt von Adligen aus dem Umland auf städtischen Festen waren stets größere Mengen von Bewaffneten anwesend, eine potentielle Gefahr für die Stadt.266 Im Braunschweiger Ordinarius von 1408 wird dem Rat eigens eingeschärft, anlässlich der lutterschen vart, einer Wallfahrt ins benachbarte Königslutter, dat vele fromeder houelüde vnde volkes in de stad komen wolde, in den Weichbildern die Tore auch über Nacht zu beset­ zen und Bewaffnete davor aufzustellen, auch sollten des Nachts die Straßenwachen durch Bürger verstärkt werden.267 Noch viel drastischer sind die Vorschriften der Braunschweiger Femegerichtsordnung aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die Sitzung beginnt mit einem mitternächtlichen Treffen auf dem Michaelis-Kirchhof: So mot men aller erst besetten vnde bewaren der stad dor, alle porten, alle winkele vnde stedde de uppe vrye gan, de bruggen, vnde scepe beneden vnde bouen der stad.268 Zusammenfassend läßt sich sagen, daß Öffentlichkeit – anders als die liberale Geschichts­ forschung des 19. und früheren 20. Jahrhunderts glaubte, kein durchgängiger Wesenszug städtischer Existenz war, kein Wert an sich in der mittelalterlichen Stadtgesellschaft,269 sondern Mittel zum Zweck. In vielen Fällen war Öffentlichkeit rechtlich notwendig, aber nicht unbedingt gewünscht. Da Öffentlichkeit im Mittelalter stets okkasionell war, mußte sie geschaffen werden, und dafür hatten sich die mittelalterlichen Städte bewußt Möglich­ keiten geschaffen. Es gab ausgebaute Wege in die Öffentlichkeit über bestimmte Kommu­ nikationsformen und -medien. Sie waren nicht exklusiv städtisch, waren auch nicht durch die städtische Obrigkeit monopolisiert, doch je größer ihre mediale Reichweite war, desto stärker lassen sich städtische Bemühungen um ihre Kontrolle nachweisen. Diese Kontrolle W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  33

war schon deshalb in mittelalterlichen Augen nötig, da Öffentlichkeit einen zwiespältigen Charakter hatte: sie war gefährlich, da eine Menschenmenge eine ganz eigene Dynamik zu entwickeln vermochte, die von den städtischen Organen nur schwer unter Kontrolle gebracht werden konnte, wenn sie sich nicht auf das Heer der Bürger wie gegen äußere Fein­ de stützen konnte. Schlimmer noch, die versammelte Bürgerschaft konnte meinungsbildend wirken, sich formieren, als Körperschaft handeln und damit die Verfassung verändern und herrschende Gruppierungen verdrängen. Öffentlichkeit bedrohte potentiell die öffentli­ che Ordnung, zumindest in den Augen der Herrschenden. Logischerweise nutzte daher die städtische Obrigkeit – sozusagen als Kehrseite der Medaille – neben den Wegen in die Öffentlichkeit auch die Schleichwege aus der Öffentlichkeit in die Ratsstube, Bespitzelung und Denunziation. Dennoch war ritualisierte, durch zeremonielle Einkleidung und rechtli­ che Normierung kanalisierte Öffentlichkeit notwendig für das städtische Leben, verstetigte es und garantierte verfassungsmäßige Stabilität. So lässt uns die Betrachtung der Wege in die Öffentlichkeit, von Medien und Kommunikation in der spätmittelalterlichen Stadt grund­ sätzliche Wesenszüge spätmittelalterlichen Verfassungslebens erkennen.

A nm er ku n g en 1 Schmitz, Gerhard: Rezension zu: Spieß, Karl-Heinz (Hg.): Medien der Kommunikation im Mit­ telalter, Stuttgart 2003 (= Beiträge zur Kommunikationsgeschichte 15), in: Deutsches Archiv 60, 2004, S. 257. 2 Ebd. S. 258. Vgl. auch die Bemerkungen bei: Dirmeier, Artur: Information, Kommunikation und Dokumentation im transurbanen Raum, in: Kommunikation in mittelalterlichen Städten, hg. von Jörg Oberste, Regensburg 2007 (= Forum Mittelalter-Studien 3), S. 51–62, hier S. 52. 3 Die Zahl der einschlägigen Werke ist groß, hier eine Auswahl mit Konzentration auf das Mittelal­ ter: Frei, Norbert: Presse-, Medien-, Kommunikationsgeschichte: Aufbruch in ein interdisziplinä­ res Forschungsfeld?, in: Historische Zeitschrift 248, 1989, S. 101–114; Menache, Sophia: The Vox Dei. Communication in the Middle Ages. New York / Oxford 1990; Thum, Bernd: Öffentlichkeit und Kommunikation im Mittelalter. Zur Herstellung von Öffentlichkeit im Bezugsfeld elementa­ rer Kommunikationsformen im 13. Jahrhundert, in: Höfische Repräsentation. Das Zeremoniell und die Zeichen, hg. von Hedda Ragotzky und Horst Wenzel, Tübingen 1990, S. 65–87; Kom­ munikation und Alltag in Spätmittelalter und früher Neuzeit. Internationaler Kongreß. Krems an der Donau. 9. bis 12. Oktober 1990, Wien 1992 (= Veröffentlichungen des Instituts für Realien­ kunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit 15 = Österreichische Akademie der Wissenschaf­ ten. Phil.-Hist. Kl., Sitzungsberichte Bd. 596); Faulstich, Werner: Medien und Öffentlichkeiten im Mittelalter. 800 – 1400, Göttingen 1996 (= Die Geschichte der Medien 2) (ohne sonderliche Sachkenntnis für das Mittelalter); Duchhardt, Heinz und Gerd Melville (Hg.): Im Spannungsfeld von Recht und Ritual. Soziale Kommunikation in Mittelalter und Früher Neuzeit, Köln u.a. 1997 (= Norm und Struktur 7); Kasper, Clemens M. (Hg.): Viva vox und ratio scripta. Mündliche 34  I  Ma r k Me r s io ws k y

und schriftliche Kommunikationsformen im Mönchtum des Mittelalters, Münster 1997 (= Vita regularis 5); Haverkamp, Alfred (Hg.): Information, Kommunikation und Selbstdarstellung in mittelalterlichen Gemeinden, München 1998 (= Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 40); Heimann, Heinz-Dieter in Verbindung mit Ivan Hlaváček (Hg.): Kommunikationspraxis und Korrespondenzwesen im Mittelalter und in der Renaissance, Paderborn [u.a.] 1998; Mostert, Marco (Hg.): New approaches to medieval communication, Turnhout 1999 (= Utrecht studies in medieval literacy 1); Rösener, Werner (Hg.): Kommunikation in der ländlichen Gesellschaft vom Mittelalter bis zur Moderne, Göttingen 2000 (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 156); Schreiner, Klaus und Gabriela Signori (Hg.): Bilder, Texte, Rituale. Wirk­ lichkeitsbezug und Wirklichkeitskonstruktion politisch-rechtlicher Kommunikationsmedien in Stadt- und Adelsgesellschaften des späten Mittelalters, Berlin 2000 (= Zeitschrift für historische Forschung. Beiheft 24); Althoff, Gerd (Hg.): Formen und Funktionen öffentlicher Kommunika­ tion im Mittelalter, Stuttgart 2001 (= Vorträge und Forschungen 51); Röckelein, Hedwig (Hg.): Kommunikation, Berlin 2001(= Das Mittelalter 6, Heft 1); Favreau-Lilie, Marie-Luise: König Wenzel und Reichsitalien. Beobachtungen zu Inhalt, Form und Organisation politischer Kom­ munikation zwischen dem Reich und Italien im ausgehenden Mittelalter, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 109, 2001, S.  315–345; Hruza, Karel (Hg.): Propaganda, Kommunikation und Öffentlichkeit (11.–16. Jahrhundert), Wien 2002 (= For­ schungen zur Geschichte des Mittelalters 6 = Österreichische Akademie der Wissenschaften. Phil.-hist. Klasse, Denkschriften 307); Ernst, Wolfgang: „Medien“ im Mittelalter? Kulturtech­ nische Retrospektive, in: Mediävistik im 21. Jahrhundert. Stand und Perspektiven der internatio­ nalen und interdisziplinären Mittelalterforschung, hg. von Hans-Werner Goetz und Jörg Jarnut, München 2003 (= MittelalterStudien 1), S. 347–357; Ziegler, Arne: Städtische Kommunikati­ onspraxis im Spätmittelalter. Historische Soziopragmatik und Historische Textlinguistik, Berlin 2003 (= Germanistische Arbeiten zur Sprachgeschichte 2); Seggern, Harm von: Herrschermedi­ en im Spätmittelalter. Studien zur Informationsübermittlung im burgundischen Staat unter Karl dem Kühnen, Ostfildern 2003 (= Kieler Historische Studien 41); Keller, Hagen: Schriftgebrauch und Symbolhandeln in der öffentlichen Kommunikation. Aspekte des gesellschaftlich-kulturel­ len Wandels vom 5. bis zum 13. Jahrhundert, in: Frühmittelalterliche Studien 37, 2003, S. 1–24; Boudreau Claire u.a. (Hg.): Information et société en Occident à la fin du Moyen Âge. Actes du colloque international tenu à l’Université du Québec à Montréal et à l’Université d’Ottawa (9–11 mai 2002), Paris 2004 (= Histoire ancienne et médiévale 78); Günthart, Romy und Mi­ chael Jucker (Hg.): Kommunikation im Spätmittelalter. Spielarten – Wahrnehmungen – Deu­ tungen, Zürich 2005; Moos, Peter von: Entre histoire et littérature: communication et culture au Moyen Age, Firenze 2005 (= Millennio medievale 58, Strumenti e studi N.S. 11); Hageman, Mariëlle und Marco Mostert (Hg.): Reading images and texts. Medieval images and texts as forms of communication. Papers from the Third Utrecht Symposium on Medieval Literacy, Utrecht, 7–9 December 2000, Turnhout 2005 (= Utrecht studies in medieval literacy 8); Saint-Guillain, Guillaume: Die Ägäis als Kommunikationsraum im späten Mittelalter, in: Saeculum 56, 2005, S. 215–225; Burckhardt, Johannes und Christine Werkstetter (Hg.): Kommunikation und Me­ W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  35

dien in der Frühen Neuzeit, München 2005 (=Historische Zeitschrift, Beiheft 41); Bünz, Enno (Hg.): Bücher, Drucker, Bibliotheken in Mitteldeutschland. Neue Forschungen zur Kommuni­ kations- und Mediengeschichte um 1500, Leipzig 2006 (= Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde 15); Hülsen-Esch, Andrea von (Hg.): Medien der Erinnerung in Mittelalter und Renaissance, Düsseldorf 2007 (= Studia Humaniora 42); Faulstich, Werner: Mediengeschichte von den Anfängen bis 1700, Göttingen 2006; Laubinger, Andres, Brunhilde Gedderth und Clau­ dia Dobrinski (Hg.): Text – Bild – Schrift. Vermittlung von Information im Mittelalter, München 2007 (=MittelalterStudien 14). 4 Vgl. etwa die verschiedenen Aufsätze im Sammelband: Davies, Wendy und Paul Fouracre (Hg.): The Settlement of Disputes in Medieval Europe, Cambrigde / New York / Oakleigh 1986; Ko­ ziol, Geoffrey: Begging Pardon and Favor. Ritual and Political Order in Early Medieval France, Ithaca / London 1992; Althoff, Gerd: Genugtuung (= satisfactio). Zur Eigenart gütlicher Kon­ fliktbeilegung im Mittelalter, in: Modernes Mittelalter. Neue Bilder einer po­pu­lären Epoche, hg. von Joachim Heinzle, Frankfurt a.M. / Leipzig 1994, S. 247–265, hier S. 261–264; Krause, Ingmar: Konflikt und Ritual im Herrschaftsbereich der frühen Capetinger. Untersuchungen zur Darstellung und Funktion symbolischen Verhaltens, Münster 2006 (= Symbolische Kommuni­ kation und gesellschaftliche Wertesysteme 13). Zur Wandlung der Forschungsinteressen Reuter, Timothy: Regemque, quem in Francia pene perdidit, in patria magnifice recepit: Ottonian ruler representation in synchronic and diachronic comparison, in: Herrschaftsrepräsentation im otto­ nischen Sachsen, hg. von Gerd Althoff und Ernst Schubert, Sigmaringen 1998 (= Vorträge und Forschungen 46), S. 363–380, hier S. 365 f.; Körnt­gen, Ludger: Königtum, Adel und Kirche: Das ottonische Reich im 10. Jahrhundert, in: The Neighbours of Poland in the 10th Century, hg. von P. Urbańczik, Warsaw 2000, S. 79–109, hier S. 92 f. 5 Vor allem zu verweisen auf das Werk Wilfried Ehbrechts, das nun relativ geschlossen zugänglich ist: Ehbrecht, Wilfried: Konsens und Konflikt. Skizzen und Überlegungen zur älteren Verfas­ sungsgeschichte deutscher Städte, hg. von Peter Johanek, Köln u.a. 2001 (= Städteforschung. Reihe A, Darstellungen 56), der in seinem Vorwort S. 2 auch die studentischen Proteste um das Jahr 1968 als Anstoß ausweist; Gleba, Gudrun: Die Gemeinde als alternatives Ordnungsmodell. Zur sozialen und politischen Differenzierung des Gemeindebegriffs in den innerstädtischen Aus­ einandersetzungen des 14. und 15. Jahrhunderts. Mainz, Magdeburg, München, Lübeck, Köln u.a. 1989 (= Dissertationen zur mittelalterlichen Geschichte 7); als lokale Studie habe ich selbst vorgelegt Mersiowsky, Mark: Städtische Verfassung und Verwaltung im spätmittelalterlichen So­ est, in: Soest. Geschichte der Stadt, Bd. 2. Die Welt der Bürger. Politik, Gesellschaft und Kultur im spätmittelalterlichen Soest, hg. von Heinz-Dieter Heimann in Verbindung mit Wilfried Eh­ brecht und Gerhard Köhn, Soest 1996 (=Soester Beiträge 53), S.  57–151. Zur Forschungsge­ schichte vgl. auch Fouquet, Gerhard: Trinkstuben und Bruderschaften – soziale Orte in den Städ­ ten des Spätmittelalters, in: Geschlechtergesellschaften, Zunft-Trinkstuben und Bruderschaften in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten. 40. Arbeitstagung in Pforzheim, 16.–18. November 2001, hg. von dems., Matthias Steinbrink und Gabriel Zeilinger, Ostfildern 2003 (= Stadt in der Geschichte 30), S. 9–30, hier S. 10–14. Vgl. auch: Ehbrecht, Wilfried: Zum Stand 36  I  Ma r k Me r s io ws k y

moderner Stadtgeschichtsschreibung, in: Wirtschaft – Gesellschaft – Städte. Festschrift für Bern­ hardt Kirchgässner zum 75. Geburtstag, hg. von Hans-Peter Becht und Jörg Schadt, UbstadtWeiher 1998, S. 13–31. 6 Vgl.: Hesse, Peter und Michael Rothmann: Zwischen Diplomatik und Diplomatie – Städtische Briefbücher als serielle Schlüsselzeugnisse städtischer Kommunikation im deutschen Spätmittel­ alter – Die Kölner Briefbücher 1418 bis 1424. Ein Werkstattbericht, in: Geschichte in Köln 52, 2005, S. 69–88, hier S. 71–74 mit weiteren Angaben; Malz, Arié: Der Begriff „Öffentlichkeit“ als historisches Analyseinstrument. Eine Annäherung aus kommunikations- und systemtheoretischer Sicht, in: Günthart und Jucker 2005, wie Anm. 3, S. 13–26; Meier, Jörg: Städtische Kommunika­ tion im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Laubinger, Gedderth und Dobrinski 2007, wie Anm. 3, S. 127–145. 7 Jütte, Robert: Funktion und Zeichen. Zur Semiotik herrschaftlicher Kommunikation in der Stadtgesellschaft, in: Anzeiger des germanischen Nationalmuseums 1993, S. 13–21; Volk, Otto: Zur Visualisierung städtischer Ordnung. Ein Zugang aus spätmittelalterlichen Stadtrechnungen, ebd. S. 37–54; Gleba, Gudrun: Der mittelalterliche Bürgereid und sein Zeremoniell. Beispiele aus norddeutschen Städten, ebd. S. 169–175; dies.: Repräsentation, Kommunikation und öffent­ licher Raum: Innerstädtische Herrschaftsbildung und Selbstdarstellung im Hoch- und Spätmit­ telalter, in: Bremisches Jahrbuch 77, 1998, S. 125–153; Giel, Robert: Politische Öffentlichkeit im spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Köln (1450–1550), Berlin 1998 (= Berliner historische Studien 29); Groebner, Valentin: Zu einigen Parametern der Sichtbarmachung städtischer Ord­ nung im späteren Mittelalter, in: Stadt und Recht im Mittelalter. La ville et le droit au Moyen âge, hg. von Pierre Monnet und Otto Gerhard Oexle, Göttingen 2003 (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 174), S. 133–151; Arlinghaus, Franz-Josef: Genossenschaft, Gericht und Kommunikationsstruktur. Zum Zusammenhang von Vergesellschaftung und Kom­ munikation vor Gericht, in: Praxis des Gerichtsbarkeit in europäischen Städten des Spätmittel­ alters, hg. von ders. u.a., Frankfurt a.M. 2006 (= Rechtsprechung. Materialien und Studien 23), S. 155–186. 8 Groebner, Valentin: Der öffentliche Leichnam, reproduziert: der Gekreuzigte und die Medien städtischer Gewalt, in: Micrologus 7, 1999, S. 383–403; ders.: Gefährliche Geschenke. Ritual, Politik und die Sprache der Korruption in der Eidgenossenschaft im späten Mittelalter und am Beginn der Neuzeit, Konstanz 2000, englisch als Liquid assets, dangerous gifts. Presents and poli­ tics at the end of the Middle Ages, Philadelphia 2002 (= The Middle Ages series); ders.: Grosszü­ gigkeit als politische Kommunikation. Geschenke in Basler Rechnungsbüchern des späten Mit­ telalters, in: Begegnungen mit dem Mittelalter in Basel. Eine Vortragsreihe zur mediävistischen Forschung, hg. von Simona Slanička (= Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft 171), Basel 2000, S. 165–184; ders.: The City Guard’s Salute: Legal and illegal, public and private gifts in the Swiss confederation around 1500, in: Negotiating the gift – Negocier le don, hg. von Gadi Algazi, Bernhard Jussen und Valentin Groebner, Göttingen 2003 (= Veröffentlichungen des Max-PlanckInstituts für Geschichte 188), S. 247–267; Gleba, Gudrun: Sehen, Hören, Schmecken: Identifi­ kationsangebote am Beispiel norddeutscher Städte, in: Aspetti e componenti dell’identità urbana W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  37

in Italia e in Germania (secoli XIV-XVI). Aspekte und Komponenten der städtischen Identität in Italien und Deutschland (14.–16. Jahrhundert), hg. von Giorgio Chittolini und Peter Johanek, Bologna / Berlin 2003 (= Annali dell‘Istituto storico italo-germanico in Trento. Contributi 12 = Jahrbuch des italienisch-deutschen historischen Instituts in Trient. Beiträge 12), S. 135–153. Konventioneller: Reich, Anne-Kathrin: Kleidung als Spiegelbild sozialer Differenzierung. Städ­ tische Kleiderordnungen vom 14. bis zum 17. Jahrhundert am Beispiel der Altstadt Hannover, Hannover 2005 (= Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 125). 19 Nach: Heimann, Heinz-Dieter: Brievedregher. Alltags- und kommunikationsgeschichtliche Zugänge zur vormodernen Postgeschichte, in: Kommunikation 1990, wie Anm. 3, S. 251–292; ders.: Zur Visualisierung städtischer Dienstleistungskultur: Das Beispiel der kommunalen Brief­ boten, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 1993, S. 22–36; ders.: henchin hanauwe und seine Welt an der Medienschwelle um 1500. Nachrichten-, brief- und verkehrsgeschichtli­ che Eindrücke ‚fußläufiger‘ Medien, in: Laubinger, Gedderth und Dobrinski 2007, wie Anm. 3, S. 147–160, jetzt Grolimund, Christoph: „als ir uns verschriben hand“. Die Basler Ratsbrie­ fe als Beispiel institutioneller Kommunikation im Mittelalter, in: Slanička 2000, wie Anm. 8, S. 143–164; Monnet, Pierre: De la rue à la route. Messages et ambassades dans les villes alleman­ des de la fin du Moyen Âge, in: Die Straße. Zur Funktion und Perzeption öffentlichen Raums im späten Mittelalter. Internationales Round Table Gespräch, Krems an der Donau, 2. und 3. Okto­ ber 2000, [hg. von Gerhard Jaritz], Wien 2001 (=Forschungen des Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit 6), S. 71–89; Jucker, Michael: Körper und Plurimedialität. Überlegungen zur spätmittelalterlichen Kommunikationspraxis im eidgenössischen Gesandts­ chaftswesen, in: Das Mittelalter 8, Heft 1, 2003, S. 68–83; Monnet, Pierre: Pouvoir communal et communication politique dans les villes de l’empire à la fin du Moyen Age, in: Francia 31,1, 2004, S. 121–139, ders.: Courriers et messages: un réseau de communication à l’échelle urbaine dans les pays d’Empire à la fin du Moyen Âge, in: Boudreau 2004, wie Anm. 3, S.281–306; Jucker, Mi­ chael: Gesandte, Schreiber, Akten. Politische Kommunikation auf eidgenössischen Tagsatzungen im Spätmittelalter, Zürich 2004; Niederhäuser, Peter: Im Dialog mit der Stadtherrschaft. Win­ terthur und Habsburg im ausgehenden Mittelalter, in: Günthart und Jucker 2005, wie Anm. 3, S. 91–100; Jörg, Christian: Kommunikative Kontakte – Nachrichtenübermittlung – Botenstafet­ ten. Möglichkeiten zur Effektivierung des Botenverkehrs zwischen den Reichsstädten am Rhein an der Wende zum 15. Jahrhundert, in: Günthart und Jucker 2005, wie Anm. 3, S. 79–89; Hesse und Rothmann 2005, wie Anm. 6; Jucker, Michael: Vertrauen, Symbolik, Reziprozität. Das Kor­ respondenzwesen eidgenössischer Städte im Spätmittelalter als kommunikative Praxis, in: Zeit­ schrift für historische Forschung 34, 2007, S. 189–213. 10 Oberste, Jörg: Einführung: Verdichtete Kommunikation und städtische Kultur, in: Oberste 2007, wie Anm. 2, S. 7–10, hier S. 7; vgl.: Isenmann, Eberhard: Die deutsche Stadt im Spätmittelal­ ter 1250–1500. Stadtgestalt, Recht, Stadtregiment, Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft, Stuttgart 1988, S. 425, 428. Vgl. zur Frage nach Öffentlichkeit auch: Giel 1998, wie Anm. 7, S. 29–37. 11 Zur Entwicklung der zu Gebote stellenden Quellen vgl. die regionale Studie von Mersiowsky, Mark: Städ­tisches Ur­kundenwesen und Schriftgut in Westfalen vor 1500, in: La diploma­tique 38  I  Ma r k Me r s io ws k y

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urbaine en Europe au moyen âge. Actes du congrès de la Commission internationale de Diplo­ matique, Gand, 25–29 août 1998, hg. von W[alter] Prevenier und Th[érèse] de Hemptinne, Leu­ ven / Apeldoorn 2000 (= Studies in Urban Social, Economie and Political History of the Medie­ val and Early Modern Low Countries 9), S. 321–356. Vgl. den Überblick von: Chiffoleau, Jacques, Lauro Martines und Agostino Pa­ra­vicini Bagliani: Avant-propos, in: Riti e rituali nelle società medievali, hg. von dens., Spoleto 1994, S. VII-XIV mit umfassendem Literaturbericht sowie Althoff, Gerd: Die Kultur der Zeichen und Symbole, in: Frühmittelalterliche Studien 36, 2002, S. 1–17, hier S. 2; Keller, Hagen: Ritual, Symbolik und Visualisierung in der Kultur des ottonischen Reiches, in: Frühmittelalterliche Studien 35, 2001, S. 23–59, hier S. 23–25; Koziol, Geoffrey: The dangers of polemic: Is ritual still an interesting topic of historical study?, in: Early Medieval Europe 11, 2002, S. 367–388; Rexroth, Frank: Ri­ tuale und Ritualismus in der historischen Mittelalterforschung. Eine Skizze, in: Mediävistik im 21. Jahrhundert. Stand und Perspektiven der internationalen und interdisziplinären Mittelalter­ forschung, hg. von Hans-Werner Goetz und Jörg Jarnut, München 2003 (= MittelalterStudien 1), S. 391–406; Ritual, Inszenierung und Performanz vom Mittelalter bis zur Neuzeit, hg. von Jürgen Martschukat und Steffen Patzold, Köln u.a. 2003 (= Norm und Struktur 19); Schneid­ müller, Bernd: Investitur- und Krönungsrituale. Mediaevistische Ein- und Ausblicke, in: Inve­ stitur- und Krönungsrituale. Herrschaftseinsetzungen im kulturellen Vergleich, hg. von Marion Steinicke und Stefan Weinfurtner, Köln / Weimar / Wien 2005, S. 475–488; für die Frühneuzeit: Stollberg-Rilinger, Barbara: Zeremoniell, Ritual, Symbol. Neue Forschungen zur symbolischen Kommuni­ka­tion in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: Zeitschrift für historische Forschung 27, 2000, S. 389–405; dies.: Rang vor Gericht. Zur Verrechtlichung sozialer Rangkonflikte in der frühen Neuzeit, in: Zeitschrift für historische Forschung 28, 2001, S.  385–418; dies.: Symbo­ lische Kommunikation in der Vormoderne. Begriffe, Thesen, Forschungs­per­spektiven, in: Zeit­ schrift für historische Forschung 31, 2004, S. 489–527. Poeck, Dietrich W.: Rituale der Ratswahl. Zeichen und Zeremoniell der Ratssetzung in Europa (12.–18. Jahrhundert), Köln u.a. 2003 (= Städteforschung. Reihe A: Darstellungen 60); vgl. auch Rogge, Jörg: Stadtverfassung, städtische Gesetzgebung und ihre Darstellung in Zeremoniell und Ritual in deutschen Städten vom 14. bis 16. Jahrhundert, in: Chittolini und Johanek 2003, wie Anm. 8, S. 193–226, vgl. ebd. S. 194–205 zur forschungsgeschichtlichen Verortung; Rüther, Ste­ fanie: Prestige und Herrschaft. Zur Repräsentation der Lübecker Ratsherren in Mittelalter und Früher Neuzeit, Köln u.a. 2003 (= Norm und Struktur 16). Vgl. Haverkamp, Alfred: Zur Einführung, in: Haverkamp 1998, wie Anm. 3, S.  IX–XX, hier S. XI f.; Johanek, Peter: Einleitung, in: Städtische Geschichtsschreibung im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, hg. von dems., Köln u.a. 2000 (= Städteforschung. Reihe A, Darstellungen 47), S. VII – XIX, hier S. IX; Gleba 2003, wie Anm. 8; Rogge 2003, wie Anm. 13. Bezeichnen­ derweise ist das Spektrum bei Faulstich 1996, S. 225 auf Theater reduziert. Grundlegend immer noch: Isenmann 1988, wie Anm. 10. Grundsätzlich von Moos, Peter: Das Öffentliche und das Private im Mittelalter. Für einen kon­ trollierten Anachronismus, in: Das Öffentliche und Private in der Vormoderne, hg. von Gert W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  39

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Melville und Peter von Moos, Köln u.a. 1998 (= Norm und Struktur 10), S. 3–83 mit gewalti­ ger forschungsgeschichtlicher Dokumentation; ergänzt durch ders.: „Öffentlich“ und „privat“ im Mittelalter. Zu einem Problem der historischen Begriffsbildung. Vorgetragen am 22.6.1996, Hei­ delberg 2004 (= Schriften des Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 33); Hruza, Karel: Propaganda, Kommunikation und Öffentlichkeit im Mittel­ alter, in: Hruza 2002, wie Anm. 2, S. 9–25, hier S. 19–21; Malz 2005, wie Anm. 6; vgl. Günthart, Romy und Jucker, Michael: Kommunikation im Spätmittelalter. Spielarten – Wahrnehmungen – Deutungen, in: dies. 2005, S. 7–11, hier S. 8 f.; Rau, Susanne und Gerd Schwerhoff: Öffentliche Räume in der Frühen Neuzeit. Überlegungen zu Leitbegriffen und Themen eines Forschungsfel­ des, in: dies. (Hg.): Zwischen Gotteshaus und Taverne. Öffentliche Räume in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Köln u.a. 2004 (= Norm und Struktur 21), S. 11–52, hier S. 13–20. Isenmann 1988, wie Anm. 10, S. 93–102; Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 33–38; Schwinges, Rai­ ner Christoph: Neubürger und Bürgerbücher im Reich des späten Mittelalters: Eine Einführung in die Quellen, in: Neubürger im späten Mittelalter. Migration und Austausch in der Städteland­ schaft des alten Reiches (1250–1550), hg. von dems., Berlin 2002 (= Zeitschrift für historische Forschung. Beiheft 30), S. 17–50, zum Bürger S. 17–19; Gilomen, Hans-Jörg: Städtische Son­ dergruppen im Bürgerrecht, ebd. S. 125–167; Isenmann, Eberhard: Bürgerrecht und Bürgerauf­ nahme in der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadt, ebd. S. 203–249; Fouquet 2003, wie Anm. 17, S. 13 f. Einen kleinen Einblick in die Möglichkeiten bei guter Überlieferung bietet: Hirt, Flora: Zur Realisierung sozialtopographischer Studien für die Stadt Basel im 13. Jahrhun­ dert. Ein Werkstattbericht, in: Oberste 2007, wie Anm. 2, S. 21–27 mit weiterer Literatur. Dazu: Giel 1998, wie Anm. 7, S. 169–172; Gilomen 2002, wie Anm. 17, S. 159–165; Flachenec­ ker, Helmut: Kirchliche Immunitätsbezirke –Fremdkörper in der Stadt?, in: Sondergemeinden und Sonderbezirke in der Stadt der Vormoderne, hg. von Peter Johanek, Köln u.a. 2004, S. 1–28, hier S.  1–12; Schmieder, Felicitas: Des gedencke der rat, ob sie eynis malis der stad bedorfften. Geistliche Bürger, Ausbürger, Beisassen als besondere Gruppen in der spätmittelalterlichen Stadt Frankfurt am Main, ebd. S. 125–163. Vgl. die knappe Skizze bei: Wettlaufer, Jörg: Zwischen Konflikt und Symbiose. Überregionale Aspekte der spannungsreichen Beziehung zwischen Fürstenhof und Stadt im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit, in: Der Hof und die Stadt. Konfrontation, Koexistenz und Integrati­ on in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. 9. Symposium der Residenzen-Kommission der Aka­ demie der Wissenschaften zu Göttingen, veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt, dem Institut für Geschichte der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und dem Deutschen Historischen Institut Paris, Halle an der Saale, 25.–28. September 2004, hg. von Werner Paravicini und Jörg Wettlaufer, Ostfildern 2006 (= Residenzen­ forschung. 20), S. 19–33, hier S. 29 f. Vgl.: Schwinges 2002, wie Anm. 17, S. 37; Dirmeier 2007, wie Anm. 2, S. 52 f.; jetzt die verschie­ denen Beiträge in Gilli, Patrick, Jacques Verger und Daniel Le Blévec (Hg.): Les universités et la ville au Moyen Age: Cohabitation et tension, Leiden u.a. 2007 (= Education and society in the Middle Ages and Renaissance 30). 40  I  Ma r k Me r s io ws k y

21 Isenmann 1988, wie Anm. 10, S.  291–335; vgl.: Dünnebeil, Sonja: Öffentliche Selbstdarstel­ lung sozialer Gruppen in der Stadt, in: Memoria, communitas, civitas. Mémoire et conscience urbaines en occident à la fin du Moyen âge, hg. von Hanno Brand, Pierre Monnet und Martial Staub, Stuttgart 2003 (= Francia. Beihefte 55), S. 73–86; Fouquet 2003, wie Anm. 17. In diesem Sammelband finden sich noch weitere wichtige Beiträge: Rogge, Jörg: Geschlechtergesellschaf­ ten, Trinkstuben und Ehre. Bemerkungen zur Gruppenbildung und den Lebensordnungen in den Führungsschichten mittelalterlicher Städte, in: Fouquet 2003, wie Anm. 17, S. 99–127; Kälble, Mathias: Die „Zivilisierung“ des Verhaltens. Zum Funktionswandel patrizischer Gesellschaften in Spätmittelalter und früher Neuzeit, ebd. S.  31–55; Dünnebeil, Sonja: Umzug und Tanz als Formen der „bewegten“ Repräsentation, ebd. S. 129–145; Simon-Muscheid, Katharina: ZunftTrinkstuben und Bruderschaften. „Soziale Orte“ und Beziehungsnetze im spätmittelalterlichen Basel, ebd. S. 147–162, hier bes. S. 148–150 mit Hinweisen auf unterschiedliche sozíale Orte; Heiermann, Christoph: Die Gesellschaft „Zur Katz“ in Konstanz, ebd. S. 57–71. 22 Vgl.: Thum 1990, wie Anm. 3, S. 65–69; Malz 2005, wie Anm. 6, S. 17 f., zu den Teilöffentlichkei­ ten S. 18–22; Rau und Schwerhoff 2004, wie Anm. 16, S. 18–20. 23 Studer, Barbara: Frauen im Bürgerrecht. Überlegungen zur rechtlichen und sozialen Stellung der Frau in spätmittelalterlichen Städten, in: Schwinges 2002, wie Anm. 17, S. 169–200. 24 Vgl.: Boockmann, Hartmut: Die Stadt im späten Mittelalter, 2. Aufl., München 1987, S. 11–47, mit zahlreichen Bildbeispielen; Jaritz, Gerhard: Das Image der spätmittelalterlichen Stadt. Zur Konstruktion und Vermittlung ihres äußeren Erscheinungsbildes, in: Die Stadt als Kommuni­ kationsraum. Beiträge zur Stadtgeschichte vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Festschrift für Karl Czok zum 75. Geburtstag, hg. von Helmut Bräuer und Elke Schlenkrich, Leizig 2001, S. 471–485. 25 Ich folge hier: Jütte 1993, wie Anm. 7, S. 14–19. 26 Jütte 1993, wie Anm. 7, S. 14–16. 27 Schwerhoff, Gerd: Das rituelle Leben der mittelalterlichen Stadt. Richard C. Trexlers Florenz­ studien als Herausforderung für die deutsche Geschichtsschreibung, in: Geschichte in Köln 35, 1994, S. 33–60. Vgl.: Löther, Andrea: Städtische Prozessionen zwischen repräsentativer Öffent­ lichkeit, Teilhabe und Publikum, in: Melville und von Moos 1998, wie Anm. 16, S. 435–459; aus­ führlicher in: Löther, Andrea: Prozessionen in spätmittelalterlichen Städten. Politische Partizipa­ tion, obrigkeitliche Inszenierung, städtische Einheit, Köln u.a. 1999 (= Norm und Struktur 12) mit Forschungsübersicht S. 6–14, zu den Fronleichnamsprozessionen am Beispiel von Nürnberg S. 50–147, S. 139–147 hat sie die unterschiedlichen Möglichkeiten von Teilnahme der gesamten Bevölkerung bis hin zur Exklusivität und die Möglichkeiten von Rangordnung und Rangstrei­ tigkeiten im Rahmen der Prozessionen dargelegt. Gleba 2003, wie Anm. 8, S. 148 f.; Dünnebeil 2003, wie Anm. 21; Rogge 2003, wie Anm. 13, S. 205–209; Bünz, Enno: Klerus und Bürger. Die Bedeutung der Kirche für die Identität deutscher Städte im Spätmittelalter, in: Chittolini und Johanek 2003, wie Anm. 8, S. 351–389, hier S. 362–365. Jüngst: Heusinger, Sabine von: „Cruz­ gang“ und „umblauf“. Symbolische Kommunikation im Stadtraum am Beispiel von Prozessionen, in: Oberste 2007, wie Anm. 2, S. 141–155. Vgl. auch: Simon-Muscheid, Katharina: Ordnung, W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  41

Aufruhr und städtische Plätze. Das Beispiel der Place de Grève in Paris, in: Rau und Schwerhoff 2004, wie Anm. 16, S. 273–302, hier S. 289–296; sowie: Herbers, Klaus (Hg.): Die oberdeut­ schen Reichsstädte und ihre Heiligenkulte. Traditionen und Ausprägungen zwischen Stadt, Rit­ terorden und Reich, Tübingen 2005 (= Jakobus-Studien 16). Grundsätzlich für die Bedeutung der Stadtpatrone Ehbrecht, Wilfried: Die Stadt und ihre Heiligen. Aspekte und Probleme nach Beispielen west- und norddeutscher Städte, in: Vestigia Monasteriensia. Westfalen – Rheinland – Niederlande, hg. von Ellen Widder, Mark Mersiowsky und Peter Johanek, Bielefeld 1995 (= Studien zur Regionalgeschichte 5), S. 197–261; Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 403–428. 28 Heimann, Heinz-Dieter: Städtische Feste und Feiern. Manifestationen der Sakralgemeinschaft im gesellschaftlichen Wandel, in: Vergessene Zeiten. Mittelalter im Ruhrgebiet. Katalog zur Aus­ stellung im Ruhrlandmuseum Essen, 26. September 1990 bis 6. Januar 1991, hg. von Ferdinand Seibt, Essen 1990, S. 171–176; Johanek, Peter: Fest und Integration, in: Feste und Feiern im Mit­ telalter. Paderborner Symposion des Mediävistenverbandes, hg. von Detlef Altenburg, Jörg Jarnut und Hans-Hugo Steinhoff, Sigmaringen 1991, S. 525–540; Zotz, Thomas: Die Stadtgesellschaft und ihre Feste, ebd. S. 201–213; Fouquet, Gerhard: Das Festmahl in den oberdeutschen Städ­ ten des Spätmittelalters. Zu Form, Funktion und Bedeutung öffentlichen Konsums, in: Archiv für Kulturgeschichte 74, 1992, S. 83–123; de Capitani, François: Schweizerische Stadtfeste als bürgerliche Selbstdarstellung, in: Stadt und Repräsentation. 31. Arbeitstagung in Pforzheim, hg. von Bernhard Kirchgässner, Hans-Peter Becht, Sigmaringen 1995 (= Stadt in der Geschichte 21), S. 115–126, hier S. 115–119; Groebner 2000, wie Anm. 8; Groebner 2003, wie Anm. 7; zum Adventus: Mersiowsky, Mark und Ellen Widder: Der Adventus in mittelalterlichen Abbil­ dungen, in: Der weite Blick des Historikers. Einsichten in Kultur-, Landes- und Stadtgeschichte. Festschrift für Peter Johanek zum 65. Geburtstag, hg. von Wilfried Ehbrecht u.a., Köln u.a. 2002, S. 55–98; Schenk, Gerrit Jasper: Zeremoniell und Politik. Herrschereinzüge im spätmittelalter­ lichen Reich, Köln u.a. 2003 (= Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 21); für die Ritualisierung der Geselligkeit am Beispiel der Schützen auch: Rauschert, Jeannet­ te: Institutionalisierung neuer Formen der Wehrfähigkeit am Beispiel der Zürcher Schützenge­ sellschaft im ausgehenden Mittelalter, in: Institutionalität und Symbolisierung. Verstetigungen kultureller Ordnungsmuster in Vergangenheit und Gegenwart, hg. von Gert Melville, Köln u.a. 2001, S. 513–524, hier S. 518–520. Einen Blick in die Praxis des Weins als Geschenk ermögli­ chen etwa die Buchungen in den Duisburger Rechnungen des 15. Jahrhunderts, die regelmäßig die Rubrik Vytgeuen van verschenken ausweisen, vgl. etwa: Mihm, Margret und Arend Mihm: Mittelalterliche Stadtrechnungen im historischen Prozess. Die älteste Duisburger Überlieferung (1348–1449), Bd. 1: Untersuchungen und Texte, Köln u.a. 2007, T. 39 (1425/26) S. 513–515. 29 Heimann 1990, wie Anm. 28, S. 171 f.; Gleba 2003, wie Anm. 8, S. 147 f.; Graf, Klaus: Erinne­ rungsfeste in der spätmittelalterlichen Stadt, in: Brand, Monnet und Staub 2003, wie Anm. 21, S. 263–273. Für die Stadt Dorsten sind genaue Festlegungen über die Begehung des Stryt Vyrda­ ges1382 mit unterschiedlichen Meßbesuchen des Rats und Prozession sowie Liste der Toten im Statutenbuch der Stadt erhalten, vgl.: Erhard, H. A.: Willküren der Stadt Dorsten. Aus dem, im fünfzehnten Jahrhundert angelegten Libro Statutorum opidi Dursten, in: Zeitschrift für vaterlän­ 42  I  Ma r k Me r s io ws k y

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dische Geschichte und Alterthumskunde 7, 1844, Neudruck Osnabrück 1971, S. 172–231, hier S. 181–183, ebenso S. 223–225. Rogge 2003, wie Anm. 13, S. 220–223 mit reichhaltigen Literaturangaben. Poeck 2003, wie Anm. 13; Rogge 2003, wie Anm. 13, S.  209–213; Diener-Staeckling, Antje: Erstlich sollen die Herren sich uffm Rathhaus samlen. Das mittelalterliche Rathaus als Spiegel städtischer Machtverhältnisse, in: Staubach, Nikolaus und Vera Johanterwage (Hg.): Außen und Innen. Räume und ihre Symbolik im Mittelalter, Frankfurt a.M. 2007 (=Tradition – Reform – Innovation 14), S. 177–192, hier S. 177, 179–185. Jütte 1993, wie Anm. 7, S. 17–19. Vgl. dazu mit älterer Lit.: Isenberg, Gabriele und Barbara Scholkmann (Hg.): Die Befestigung der mittelalterlichen Stadt, Köln u.a. 1997 (= Städteforschung. Reihe A. Darstellungen 45); Porsche, Monika: Die mittelalterliche Stadtbefestigung von Freiburg im Breisgau, Stuttgart 1995; Van Uytven, Raymund: Flämische Belfriede und südniederländische städtische Bauwerke im Mittel­ alter: Symbol und Mythos, in: Haverkamp 1998, wie Anm. 3, S. 125–159, hier S. 144–147 Vgl.: Paul, Jürgen: Rathaus und Markt, in: Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bürgertums in Norddeutschland 1150–1650, hg. von Cord Meckseper, Ausstellungskatalog Bd. 4, StuttgartBad Cannstatt 1985, S. 89–118; Van Uytven 1998, wie Anm. 33, S. 148–154; Meier, Ulrich: Dis Sicht- und Hörbarkeit der Macht. Der Florentiner Palazzo Vecchio im Spätmittelalter, in: Rau und Schwerhoff 2004, wie Anm. 16, S. 229–271; Albrecht, Stephan: Mittelalterliche Rathäuser in Deutschland. Architektur und Funktion, Darmstadt 2004; Diener-Staeckling 2007, wie Anm. 31. Exemplarisch mit einem wichtigen Beispiel: Geis, Walter (Hg.): Köln – Das gotische Rathaus und seine historische Umgebung, Köln 2000 (= Stadt­spuren. Denkmäler in Köln 26). Albrecht, Stefan: Die Laube als Mittel der Repräsentation in den Rathäusern des südlichen Ost­ seeraumes, in: Chittolini und Johanek 2003; wie Anm. 8, S. 227–247. Heckert, Uwe: Die Ratskapelle als religiöses und politisches Zentrum der Ratsherrschaft in deutschen Städten des späten Mittelalters, Diss. (masch.) Bielefeld 1994; ders.: Die Ratskapel­ le als Zentrum bürgerlicher Herrschaft und Frömmigkeit: Struktur, Ikonographie und Funkti­ on, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 129, 1993, S. 139–164; Bünz 2003, wie Anm. 27, S. 367–369. Van Uytven 1998, wie Anm. 33, S. 125–159; Michael Viktor Schwarz: Toskanische Türme: Re­ präsentation und Konkurrenz, in: Haverkamp 1998, wie Anm. 3, S. 103–124. Zu den Rolanden mit reichhaltiger Literatur: Pötschke, Dieter (Hg.): Rolande, Kaiser und Recht. Zur Rechtsgeschichte des Harzraumes und seiner Umgebung, Berlin 1999 (= Harz-Forschun­ gen 11); ders.: Roland – Heiliger oder Rechtssymbol? Roland, Symbol für die Karlslegende, in: Reinold. Ein Ritter für Europa, Beschützer der Stadt Dortmund. Funktion und Aktualität eines mittelalterlichen Symbols für Frieden und Freiheit. 1. Internationale Reinoldustage, Dortmund, 8. bis 12. Januar 2003, hg. von Beate Weifenbach, Berlin 2004 (= Europäische Kulturbeziehun­ gen im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit 1), S. 175–189. Unbrauchbar: Rempel, Hans: Die Rolandstatuen. Herkunft und geschichtliche Wandlung, Darmstadt 1989. Vgl. auch: Boockmann 1987, wie Anm. 24, Nr. 207 f. S. 133. W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  43

39 Gleba 2003, wie Anm. 8, S. 143 mit weiterer Literatur. 40 Van Uytven 1998, wie Anm. 33, S. 157; ein Überblick auch in dem sonst neuzeitlichen Beispielen gewidmeten Beitrag von: Kress, Susanne: „Der Mann uff dem Brunnen“ – Die Wappnerbrunnen in Südwestdeutschland als städtische Identitäts- und Erinnerungssymbole im 16. Jahrhundert, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 136, 2000, S. 51–99, hier S. 51–59; Simon-Muscheid, Karin: Städtische Zierde – gemeiner Nutzen – Ort der Begegnung. Öffentliche Brunnen in mit­ telalterlichen Städten, in: Bräuer und Schlenkrich 2001 (wie Anm. 23), S. 699–720. 41 Diederich, Toni: Siegel als Zeichen städtischen Selbstbewußtseins, in: Anzeiger des Germani­ schen Nationalmuseums 1993, S. 142–152. Zu Stadtwappen und Stadtsiegel als Elementen städ­ tischer Identität mit weiterer Literatur: Opll, Ferdinand: Zur Entwicklung des Wien-Bildes an der Wende von Mittelalter und früher Neuzeit, in: Chittolini und Johanek 2003, wie Anm. 8, S.  69–95, hier S.  76–78; Ehbrecht, Wilfried: Ältere Stadtsiegel als Abbild Jerusalems, in: Das Siegel. Gebrauch und Bedeutung, hg. von Gabriela Signori unter Mitarb. von Gabriel StoukalovPogodin, Darmstadt 2007, S. 107–120; einen instruktiven regionalen Überblick bietet Schöntag, Wilfried: Siegelrecht, Siegelbild und Herrschaftsanspruch. Die Siegel der Städte und Dörfer im deutschen Südwesten, in: ebd. S. 127–138, hier S. 130–136. 42 Der Forschungsstand zu Bannern und Fahnen knapp dargestellt bei Budde, Hans: Die Fahnen in der Schlacht von Worringen, in: Der Name der Freiheit 1288 – 1988. Aspekte Kölner Ge­ schichte von Worringen bis heute. Handbuch zur Ausstellung des Kölnischen Stadtmuseums in der Josef-Haubrichs-Kunsthalle Köln, 29.1.1988 – 1.5.1988, hg. von Werner Schäfke, Köln 1988, S. 195–199. Zu städtischen Bannern Dieckhoff, Reiner: Vexillum civitatis. Vom städtischen Drei­ kronenbanner, in: ebd. S. 403–409. Van Uytven 1998, wie Anm. 33, S. 158; Meyer, Werner: Der stier von Ure treib ein grob gesang. Fahnen und andere Feldzeichen in der spätmittelalterlichen Eidgenossenschaft, in: Haverkamp 1998, wie Anm. 3, S. 201–235, hier S. 203, 205–207. 43 Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 97 f., 101. 44 Meinz, Manfred: Ratssilber in niedersächsischen Städten, in: Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bürgertums in Norddeutschland 1150–1650, hg. von Cord Meckseper, Ausstellungskatalog Bd. 3, Stuttgart-Bad Cannstatt 1985, S.  661–665. Grundlegend die Untersuchungen zum umfang­ reich erhaltenen Lüneburger Ratssilber, vgl.: Bursche, Stefan: Das Lüneburger Ratssilber – Patri­ monium einer Hansestadt, in: Kirchgässner 1995, wie Anm. 28, S. 25–37. 45 Schütte, Sven: Tuchplomben als städtische Zeichen. Das Fallbeispiel Göttingen, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 1993, S. 135–141; Clemens, Lukas: Tuchsiegel, in: Signori 2007, wie Anm. 41, S. 167–174. 46 Heimann 1993, wie Anm. 9, S. 28–33. 47 Boockmann 1987, wie Anm. 24, Nr. 77 S. 55, Nr. 216–218 S. 139. Witthöft, Harald: Städtisches Gewicht – Ordnung, Amt, Zeichen, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 1993, S. 117–131, hier S. 117–122; Volk 1993, wie Anm. 7, S. 40 f. 48 Volk 1993, wie Anm. 7, S. 43–46. 49 Schubert, Ernst: Räuber, Henker, arme Sünder. Verbrechen und Strafe im Mittelalter. Mit einem Nachwort von Thomas Vogtherr, Darmstadt 2007, S. 141 f. Vgl. die Abb. im Hamburger Stadt­ 44  I  Ma r k Me r s io ws k y

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rechtbuch aus dem frühen 16. Jahrhundert: Binder, Beate: Illustriertes Recht. Die Miniaturen des Hamburger Stadtrechts von 1497, Hamburg 1988 (= Veröffentlichungen des Vereins für Ham­ burgische Geschichte 32), S. 125. Volk 1993 ; wie Anm. 7, S. 40 f.; Van Uytven 1998 , wie Anm. 33, S. 154; Schuster, Peter: Die mit­ telalterliche Stadtgesellschaft vom Eigentum her denken. Gerichtsquellen und Mentalitäten im späten Mittelalter, in: Monnet und Oexle 2003, wie Anm. 7, S. 167–180, hier S. 171 f.; Schubert 2007, wie Anm. 49, S. 67 f., S. 93, 118 über das Hängenlassen. In jüngerer Zeit hat hier gerade die Archäologie wichtige Erkenntnisse erbracht, vgl. Manser, Jürg u.a.: Richtstätte und Wasenplatz in Emmenbrücke (16.–19. Jh.). Archäologische und historische Untersuchungen zur Geschichte von Strafrechtspflege und Tierhaltung in Luzern, Basel 1992 (= Schweizer Beiträge zur Kultur­ geschichte und Archäologie des Mittelalters, 18–19); Auler, Jost: Richtstätten des ausklingenden Mittelalters und der frühen Neuzeit im Fokus moderner Archäologie, in: Düsseldorfer Jahrbuch 74, 2003, S. 303–317. Vgl. die Abb. im Hamburger Stadtrechtbuch aus dem frühen 16. Jahrhun­ dert, Binder 1988, wie Anm. 49, S. 125. Boockmann 1987, wie Anm. 24, Nr. 24 S. 24. Einen guten, wenn auch zumeist frühneuzeitlichen Überblick bieten: Rau und Schwerhoff 2004, wie Anm. 16, S. 27–48, dort S. 48 f. auch definitorische Ausführungen, an die ich mich angelehnt habe. Vgl. auch: Roeck, Bernd: Zunfthäuser in Zürich. Zur Struktur der frühneuzeitlichen Öf­ fentlichkeit, in: Fouquet 2003, wie Anm. 26, S. 191–213, hier S. 191–194. Rau und Schwerhoff 2004, wie Anm. 16, S. 52. Vgl.: Rau und Schwerhoff 2004, wie Anm. 16, S. 49 f.; Roeck 2003, wie Anm. 52, S. 193 f.; eine instruktive Fallstudie für Italien bietet Antenhofer, Christina: Die Gonzaga und Mantua. Kom­ munikation als Mittel der fürstlichen Herrschaft in der Stadt, in: Oberste 2007, wie Anm. 2, S. 29–49. Vgl. die Überlegungen bei: Selzer, Stefan: Trinkstuben als Orte der Kommunikation. Das Beispiel der Artushöfe im Preußenland (ca. 1350–1550), in: Fouquet 2003, wie Anm. 26, S. 73–98, hier S. 77–79. Neben der bereits oben in Anm. 21 genannten Literatur zu den Zunft- und Trinkstuben vgl auch Rauschert 2001, wie Anm. 28, S. 517 f.; Roeck 2003, wie Anm. 52, S.203, 208–210. Rogge 2003, wie Anm. 21, S. 102–124. Vgl. die Überlegungen von: Roeck, Bernd: Die Wahrnehmung von Symbolen in der Frühen Neu­ zeit. Sensibilität und Alltag in der Vormoderne, in: Melville 2001, S. 525–539; Ansätze auch bei Schubert 2007, wie Anm. 49, S. 49, 94 f. Darauf verwies schon Groebner 2003, wie Anm. 7, S. 140–143. Mersiowsky, Mark: Aspekte adligen Lebens um 1400. Frühe westfälische und rheinische Adelsrech­nungen im Vergleich, in: Widder, Mersiowsky und Johanek 1995, wie Anm. 27, S. 263–304, hier S. 278, 302 f.; Mersiowsky, Mark: Das Stadthaus im Rahmen der spätmittel­ alter­li­chen adligen Wirt­schaft, in: Der Adel in der Stadt des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Beiträge zum VII. Sym­posion des Weserrenaissance-Museums Schloß Brake vom 9. bis zum 11. Oktober 1995, veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Institut für vergleichende Städtege­ schichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Marburg 1996 (= Mate­rialien zur W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  45

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Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutsch­land 25), S. 199–214, hier S. 208, jeweils mit weiterer Literatur. Merode-Triptychon (Verkündigung): New York City, Metropolitan Museum of Art; Capistra­ nuspredigt: Boockmann 1987 (wie Anm. 24) Nr. 170 S. 110, Nr. 367 S. 236 f. Zum Genre dieser Darstellungen Jaritz, Gerhard: ‚Straßenbilder‘ des Spätmittelalters, in: Jaritz 2001, wie Anm. 9, S. 47–70. Rogge 2003, wie Anm. 21, S. 115; Kälble 2003, wie Anm. 21, S. 39–42, 45–47; Selzer 2003, wie Anm. 55, S. 89–94; Dünnebeil 2003, wie Anm. 21; Roeck 2003, wie Anm. 52, S. 198–210. Thum 1990, wie Anm. 3, S. 70. Volk 1993, wie Anm. 7, S. 37 f.; Mersiowsky 2000, wie Anm. 11; vgl. jetzt auch: Hesse und Roth­ mann 2005, wie Anm. 6, S. 77–80, 83 f. Immer noch grundlegend die Zusammenstellung von: Lippert, Elsbeth: Glockenläuten als Rechtsbrauch, Freiburg i.Br. 1939 (= Das Rechtswahrzeichen 2). Vgl.: Haverkamp 1998, wie Anm. 3, S. XI f., XV-XIX; Bönnen, Gerold: Zwischen Kirche und Stadtgemeinde. Funktionen und Kontrolle von Glocken in Kathedralstädten zwischen Rhein und Maas, in: Haverkamp 1998, wie Anm. 3, S. 161–199, hier S. 167–176; Weitzel, Jürgen: Gerichtsöffentlichkeit im hoch- und spätmittelalterlichen Deutschland, in: Haverkamp 1998, wie Anm. 3, S. 71–84, hier S. 77 f.; Bor­ done, Renato: Campane, trombe e carrocci nelle città del regno d’Italia durante il medioevo. Il „paesaggio sonoro“ delle città italiane nel medioevo, in: Haverkamp 1998, wie Anm. 3, S. 85–101, hier S. 88–101; Dirmeier 2007, wie Anm. 2, S. 51 f. Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 62, zur Metzer Glockengeschichte und der „Mutte“ ausführlich: Bönnen 1998, wie Anm. 64, S. 184–188. Vgl. die Glockeninschriften im belgischen und nieder­ ländischen Bereich, die Van Uytven 1998, wie Anm. 33, S. 134 f. zitiert. Für das Beispiel Braunschweig: Ohm, Matthias: „Darna geyt de rad vppe de loewene, vnde de borghermester secht to dem volke van der loewene“. Das Rathaus als Ort der Kommunikation im spätmittelalterlichen Braunschweig, in: Günthart und Jucker 2005, wie Anm. 3, S. 53–63, hier S. 55–57. Bönnen 1998, wie Anm. 64, S. 163 f. Lippert 1939, wie Anm. 64, S. 18–21. Schon für das 13. Jahrhundert in Worms belegt, vgl.: Bön­ nen 1998, wie Anm. 64, S. 167 f.; Erhard 1844, wie Anm. 29, S. 183: […] alle Jaer to ewyghen daghen vortmer volgende […] Sollen der stades Boden der burger klocken luden, unde aldan sall eyn Itlich Burgher bynnen Dursten als eyn ghemeyndes man up dat Market to Dursten comen […]. Glockengeläut zur Ratswahl ist etwa in Osnabrück, Wiedenbrück, Lübbecke, Münster, Coesfeld bezeugt, vgl.: Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 70, 76, 81, 110, 119. Vgl. auch die Belege bei Lippert 1939, wie Anm. 64, S. 21 f. Isenmann, Eberhard: Ratsliteratur und städtische Ratsordungen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Soziologie des Rats – Amt und Willensbildung – politische Kultur, in: Monnet und Oexle 2003, wie Anm. 7, S. 215–479, hier S. 376. Ed.: Hänselmann, Ludwig (Hg.): Urkundenbuch der Stadt Braunschweig, Bd. 1: Statute und Rechtebriefe 1227–1671, Braunschweig 1873, Nr. 63, iij, S. 149. 46  I  Ma r k Me r s io ws k y

72 Lippert 1939, wie Anm. 64, S. 12 f.; Bönnen 1998, wie Anm. 64, S. 175. 73 Vgl. die Nachweise bei: Lippert 1939, wie Anm. 64, S.  41–49; Bönnen 1998, wie Anm. 64, S. 172 f.; Weitzel 1998, wie Anm. 64, S. 82 f.; Van Uytven 1998, wie Anm. 33, S. 134 f.; Isenmann 2003, wie Anm. 70, S. 375; für das Marburger Beispiel Volk 1993, wie Anm. 7, S. 41. 74 Bönnen 1998, wie Anm. 64, S. 197 mit Anm. 197. 75 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 62, 108 S. 136, vgl. weniger ausführlich schon Nr. 43, 144 S. 75. 76 Vgl. die Nachweise bei: Lippert 1939, wie Anm. 64, S. 22–26, 31–33, danach: Weitzel 1998, wie Anm. 64, S. 78. 77 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 21, 6 f. S. 28 = Rexroth, Frank: Die Stadt Braunschweig und ihr Femegericht im 14. Jahrhundert, in: Schreiner und Signori 2000, wie Anm. 3, S. 87–109, hier Anhang 6 f., S. 107; vgl. dazu: Rexroth 2000, S. 97 f. 78 Schubert 2007, wie Anm. 49, S. 47–49. 79 Volk 1993, wie Anm. 7, S. 41; zum Hinrichtungsläuten auch Lippert 1939, wie Anm. 64, S. 33–35; Weitzel 1998, wie Anm. 64, S. 84. 80 Lippert 1939, wie Anm. 64, S. 27–30; Bönnen 1998, wie Anm. 64, S. 171; Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 35 f. 81 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 61, 5 S. 103. 82 Lippert 1939, wie Anm. 64, S. 58–61. 83 Fouquet, Gerhard: Zeit, Arbeit und Muße im Wandel spätmittelalterlicher Kommunikationsfor­ men. Die Regulierung von Arbeits- und Geschäftszeiten im städtischen Handwerk und Gewerbe, in: Haverkamp 1998, wie Anm. 3, S. 237–275, hier S. 254–257. 84 Lippert 1939, wie Anm. 64 , S. 9–16; Fouquet 1998, wie Anm. 84, S. 269–273; Dirmeier 2007, wie Anm. 2, S. 51. 85 Erhard 1844, wie Anm. 29, S. 177. 86 Lippert 1939, wie Anm. 64, S. 48–53; Bönnen 1998, wie Anm. 64, S. 172, 198 f., Belege für Bann­ glocken S. 121 Anm. 198. 87 Ohm 2005, wie Anm. 66, S. 55–57. Insofern ist Vorsicht anzumelden gegenüber griffigen Formu­ lierungen bei Gleba 2003, wie Anm. 8, S. 144, die bei der Eidleistung vor dem Rathaus in Bremen die städtische Bürgerschaft als Öffentlichkeit sah, bei Gerichsverhandlungen dagegen „die Grup­ pe der zufällig Anwesenden“. 88 Nürnberg, Stadtarchiv, Bildsammlung 40.2, vgl.: Fleischmann, Peter: Norenberc – Nürnberg. 1050 bis 1806. Eine Ausstellung des Staatsarchivs Nürnberg zur Geschichte der Reichsstadt. Kai­ serburg Nürnberg, 16. September – 12. November 200, München 2000 (= Ausstellungskataloge der Staatlichen Archive Bayerns 41), Nr. 41 nach Abb. S. 111, danach Transkription. 89 Wehrglocke: Aachener Ausgaberechnung von 1467/68: It. Clais Vyngher van der wercklocken zo luden 21 m, Die Aachener Stadtrechnungen des 15. Jahrhunderts, bearb. von Thomas R. Kraus, Düsseldorf 2004 (= Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 72) Nr. 36, 1007 S. 440; Aachener Ausgaberechnung 1472/73: It. Domais Vynger van der wercklocken czu luden, 12 s, edb. Nr. 38, 48 S. 448; It. Domais Vynger van der wercklocken czu bewairen, 21 m, W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  47



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ebd. Nr. 38, 719 S. 465; Aachener Baumeisterrechnung, kurz vor 1450: It. van der banckklocken zu seyllen 6 s, ebd. Nr. 25, 233 S. 261; Aachener Baumeisterrechnung, 1451/52: It. der klocken­ giesser gegeven van zwen payeisseren zu giessen 5 r(iinsche) gulden, eyn ort, der gulden 5 m 11 s, valet 31 m 12 d an der bancklocken gemacht, ebd. Nr. 27, 276–278, S. 300; Aachener Baumei­ sterrechnung, 1451/52: It. meyster Ian Cluseneir gewort myt synen kneit 6 dage ain die bancklock, den dach 10 s, valet 5 m, ebd. Nr. 27, 378 f., S. 302; Aachener Baumeisterrechnung, 1490/91: It. eynen clepellryeme in die banckklock, valet 3 m, ebd. Nr. 43, 53, S. 478; Aachener Baumeister­ rechnung, 1490/91: It. meyster Thiis Seylwender geliiffert zu den banckklocken eyn seyll, valet 2 m, ebd. Nr. 43, 602 f., S. 493. Lesterglocke: Aachener Ausgaberechnung von 1467/68: It. Heyn Meis van der lester klocken czu luden 24 m, ebd. Nr. 36, 1008 S. 440; Aachener Ausgaberechnung 1472/73: It. Hannes Vyngher van der lester klocken up den thorn int Monster, 24 m. Ebd. Nr. 38, 719–722 S. 465. Uhrglocke: Aachener Ausgaberechnung von 1467/68: It.Weirneir van Monster van dem huys ind urclocken czu bewairen 50 m. Ebd. Nr. 36, 1009 S. 440; Aachener Ausgabe­ rechnung 1472/73: It.Wernher van Monster, dat huys ind de uyrklock zo verwaren, 50 m. Ebd. Nr. 38, 719–722 S. 465. Schellen: Aachener Baumeisterrechnung 1451/52: It. zwae heyren lieylen, eyn an Puntportz, eyn an Connyxportz an die schellen, valet 2 m, ebd. Nr. 27, 1046 f. S. 320. Dirmeier 2007, wie Anm. 2, S. 51. Lippert 1939, wie Anm. 64, S. 40; Isenmann 2003, wie Anm. 70, S. 375. Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 254. Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bürgertums in Norddeutschland 1150–1650, hg. von Cord Meckseper, Ausstellungskatalog Bd. 2, Stuttgart-Bad Cannstatt 1985, Nr. 697 S. 789 f., Nr. 939 S. 1069; Jütte 1993, wie Anm. 7, S. 15. Isenmann 2003, wie Anm. 70, S. 375. Volk 1993, wie Anm. 7, S. 41. Lippert 1939, wie Anm. 64, S. 39 f. Isenmann 2003, wie Anm. 70, S. 375 f. Ehmck, D. R. und W. v. Bippen (Hg.): Bremisches Urkundenbuch, Bd. 5: Urkunden von 1411–1433, Bremen 1902, Nr. 356,2 S. 370: […] des morgens wan men der radmann clocken lut […]; vgl. Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 157. Van Uytven 1998, wie Anm. 33. Bönnen 1998, wie Anm. 64, S. 172–174, S. 178–184 für Straßburg und Köln, für Aachen vgl. oben. Bönnen 1998, wie Anm. 64, S. 188 f. Weitzel 1998, wie Anm. 64, S. 77 f.; Bordone 1998, wie Anm. 64, S. 97–101; Van Uytven 1998, wie Anm. 33, S. 135. Zum kirchlichen Glockengebrauch Heinz, Andreas: Die Bedeutung der Glocke im Licht des mittelalterlichen Ritus der Glockenweihe, in: Haverkamp 1998, wie Anm. 3, S. 41–69, hier S. 63 f. Bönnen 1998, wie Anm. 64, S. 174 f. Weitzel 1998, wie Anm. 64, S. 83. Isenmann 2003, wie Anm. 70, S. 376. 48  I  Ma r k Me r s io ws k y

106 Vgl. die Nachweise bei: Weitzel 1998, wie Anm. 64, S. 80. 107 Grundsätzlich hier Dohrn-van Rossum, Gerhard: Die Geschichte der Stunde. Uhren und mo­ derne Zeitordnung, München – Wien 1992. Eine von ihm entworfene Karte der Ausbreitung der öffentlichen Uhren im 14. Jahrhundert schon in Meckseper 1985, wie Anm. 93, S. 1381, vgl. Nr. 935 S. 1066. Von diesen städtischen Uhren zur Zeiteinteilung sind die komplexen und in der Regel späteren astronomischen Uhren wie etwa die von 1510 von Johannes Stöffler konstruierte Uhr im Rathaus von Tübingen zu unterscheiden, dazu: Schmid, Karl und Her­ bert Schmitt: Die astronomische Uhr am Tübinger Rathaus. Mit einem Beitrag von Martin Beutelspacher, Tübingen 1997 (= Kleine Tübinger Schriften 21). Vgl. jetzt auch: Schukowski, Manfred: Wunderuhren. Astronomische Uhren in Kirchen der Hansezeit, Schwerin 2006. Zur Rhythmisierung und Normierung durch Uhreneinsatz auch: Fouquet 1998, wie Anm. 84, S. 237–240, 244–247. 108 Mihm und Mihm 2007, wie Anm. 28, S. 91, vgl. ebd. T. 23 S. 308: Jtem an dye urklock an yseren werk an dye wijse end den meister to loen tosamen 10 gul 21 d. Erstmals in diesem Jahr tritt dann auch eine städtische Zahlung für den Betrieb der Uhr auf: ebd.: Jtem Johannes den custer van der urklocken to waren 1 gul. 109 Ed.: Mihm und Mihm 2007, wie Anm. 28, T. 32 S. 395. 110 Ed.: Isenmann 2003, wie Anm. 70, S. 461. 111 Fouquet 1998, wie Anm. 84, S. 253–269. 112 Zum Verstummen der Glocken in der Karzeit Heinz 1998, wie Anm. 102, S. 61 f.; Beispiele für Verstummen der Glocken auch bei Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 39 f. 113 Vgl. etwa die im Bereich der Leprosie in Hildesheim gefundene Siechenschelle nach 1422, Meckseper, Cord (Hg.): Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bürgertums in Norddeutschland 1150–1650, Ausstellungskatalog Bd. 1, Stuttgart-Bad Cannstatt 1985, Nr. 582 S. 668. 114 Vgl. die Nachweise bei: Weitzel 1998, wie Anm. 64, S. S. 83. 115 Poeck 2003, wie Anm 13, S. 221. 116 Jappe Alberts, W[ybe] (Hg.): De ordinarii van Kampen uit de 15de en 16de eeuw, Groningen 1961 (= Fontes minores medii aevi 12), Nr. I S. 9; vgl. Poeck 2003, wie Anm 13, S. 142. Zum Er­ satz der Glocken durch Holzschlaginstrumente oder Holzklappern in der Karzeit: Heinz 1998, wie Anm. 102, S. 61 f. 117 Schwab, Heinrich W.: Der Stadtmusicus als Amtsträger, in: Anzeiger des Germanischen Na­ tionalmuseums 1993, S. 98–106. Für Soest: Rothert, Hermann: Die ältesten Stadtrechnungen von Soest aus den Jahren 1338, 1357 und 1363, in: Westfälische Zeitschrift 101/102, 1953, S. 139–182, hier S. 164; Mersiowsky 1996, wie Anm. 5, S. 124. Für Duisburg Mihm und Mihm 2007, wie Anm. 28, S. 89. 118 Mihm und Mihm 2007, wie Anm. 28, T. 30 S. 369, vgl. ebd. für 1412/13 T 31 S. 376. 119 Mit Nachweisen: Schwab 1993, wie Anm. 117, S. 102 f., 106. 120 Vgl. etwa für Duisburg 1400/01: Ed.: Mihm und Mihm 2007, wie Anm. 28, T. 23 S. 307: Jtem op des heligen sacraments dach to der processien den spelluden end as darto geboert an wijne 2 mar 4 ß 7d. Weitere Buchungen etwa 1405/05, ebd. T 26 S. 336, diesmal 1 ß für die Pfeifer. W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  49

121 Fouquet 1998, wie Anm. 84, S. 239. 122 So heißt es 1409/10 in den Duisburger Rechnungen, Ed.: Mihm und Mihm 2007, wie Anm. 28, T. 30 S. 368 f.: Jtem (…) eralden vreemden baden end spielluden gegeuen … In älteren Rechnun­ gen begegnen einzeln fremde Spielleute und Pfeifer, etwa aus Soest und vom Herrn von Nassau, in der Rechnung 1412/13 ist sogar erstmals eine eigene Rubrik Jtem Vutgeuen Herrn end gueder lude baden pyperen end Eeralden eingerichtet, in der die Pfeifer des Herrn von Nassau, des Her­ zogs von Berg, die Stadtpfeifer von Wesel und andere fremde Pfeifer genannt wurden, vgl. ebd. T 31 S. 376. 123 Aachener Ausgaberechnung 1467/68: It. den martblassen zo yrem Valentiin, 4 s, Aachener Stadt­ rechnungen 2004, wie Anm. 89, Nr. 36, 750 S. 433; Aachener Ausgaberechnung 1472/73: It. den kolenschidde(rn), den mart blassen, den mart schoyn czu machen, sak(eirmencz) dach, 16 s, Aachener Stadtrechnungen 2004, wie Anm. 89, Nr. 38, 17 f. S. 448. 124 Mersiowsky 1996, wie Anm. 5, S. 95, 124 f. 125 Ed.: Deus, Wolf-Herbert (Hg.): Soester Recht. Eine Quellensammlung, 6. Lieferung: Eidesfor­ meln, Soest 1978 (= Soester Beiträge 39), § 5271 S. 904. 126 Mihm und Mihm 2007, wie Anm. 28, S. 85. 127 Ed.: Erhard 1844, wie Anm. 29, S.  220: Item twe nachtweckere up dem Kercktorne sullen alle nacht hebben voer loen […]. 128 Giel 1998, wie Anm. 7, S. 56–85. 129 Graßmann, Antjekathrin: Die städtische Verwaltung, in: Die Hanse – Lebenswirklichkeit und Mythos, Bd. 1, hg. von Jörgen Bracker, Hamburg 1989, S. 350–360, hier S. 358. 130 Vgl. den auf französisches Material gestützten Überblick von: Offenstadt, Nicolas: Les cri­ eurs publics à la fin du Moyen Âge. Enjeux d’une recherche, in: Boudreau 2004, wie Anm. 3, S. 203–217. 131 Koelhoffsche Chronik, in: Die Chroniken der niederrheinischen Städte. Coeln, Bd. 3, Leipzig 1877 (= Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert 14), S. 641–918, hier S. 712. 132 Ed.: Erhard 1844, wie Anm. 29, S. 197. 133 Ed.: Erhard 1844, wie Anm. 29, S. 197. 134 Ed.: Erhard 1844, wie Anm. 29, S. 199. 135 Gleba 2003,wie Anm. 8, S. 149 f.; Kuys, Jan: Weltliche Funktionen spätmittelalterlicher Pfarr­ kirchen in den nördlichen Niederlanden, in: Trio, Paul und Marjan De Smet (Hg.): The use and abuse of sacred places in late medieval towns, Leuven 2006 (= Mediaevalia Lovaniensia. Series I: Studia 38), S. 27–45, hier S. 34–36; Signori, Gabriela: Sakral oder profan? Der Kommunika­ tionsraum Kirche, in: Trio und De Smet 2006 S. 117–134, hier S. 121. Neuzeitliche Beispiele aus Köln bei: Giel 1998, wie Anm. 7, S. 47 f. 136 Elsässische Stadtrechte 3: Colmarer Stadtrechte, bearb. von Paul Willem Finsterwalder, Bd. 1, Heidelberg 1938 (= Oberrheinische Stadtrechte, Dritte Abteilung: Elsässische Rechte), Nr. 170 [8] S. 212; vgl.: Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 31.

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137 Tübingen, Privatbesitz Mark Mersiowsky, Urkundensammlung, 1481 Nov. 14, Originalurkun­ de, wiederverwendet als Einbandmakulatur. 138 Ed.: Auszüge aus den Soester Stadtbüchern, [hg. von Theodor Ilgen], in: Die Chroniken der westfälischen und niederrheinischen Städte 3: Soest und Duisburg, Leipzig 1895, Nachdruck Göttingen 1969 (= Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert 24), S. 1–175, hier S. 33 Z. 31 – S. 34 Z. 2. 139 Giel 1998, wie Anm. 7, S. 142–153. 140 Volk 1993, wie Anm. 7, S. 46; Van Uytven 1998, wie Anm. 33, S. 158. 141 Köln, Historisches Museum, HM 1888/10B = Nr. 50; HM 1888/11B; vgl.: Dieckhoff 1988, wie Anm. 42, S. 405 f. mit Abb. S. 404, 405. 142 Wien, Historisches Museum der Stadt Wien, Inv.-Nr. 128.000, vgl. auch: Opll 2003, wie Anm. 41, S. 79. 143 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 85 S.  222. Die neueste Untersuchungen zu dieser Quellengattung mit einer instruktiven Einleitung bietet: Wappen und Kleinod. Wappenbriefe in öffentlichen Archiven Südtirols, bearb. von Gustav Pfeifer, Bozen 2001 (= Veröffentlichun­ gen des Südtiroler Landesarchivs 11). 144 Elsässische Stadtrechte, wie Anm. 41, Nr. 116 S. 142. 145 Schmidtchen, Volker: „Dat banner des rydenen volkes sal hebben Laurencius Eppinch“. Eine Soester Schlachtordnung vom Ende des 14. Jahrhunderts, in: Soester Zeitschrift 95, 1983, S. 48–56. 146 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 43, 144 S. 75, vgl. Nr. 62, 108 S. 136. 147 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 43, 145 S. 75. 148 Aachener Stadtrechnungen 2004, wie Anm. 89, Nr. 1, 19 S. 3. 149 Meyer 1998, wie Anm. 42, S. 209–211. 150 Isenmann 2003, wie Anm. 70, S. 375. 151 Mit allen Belegen: Volk 1993, wie Anm. 7, S. 46. 152 Dieckhoff 1988, wie Anm. 42, S. 405, ebenso Jütte 1993, wie Anm. 7, S. 18. 153 Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 59, 162 f. 154 Isenmann 2003, wie Anm. 70, S. 281. 155 Einen Überblick über frühe Anschläge bietet: Honemann, Volker: Vorformen des Einblattdruc­ kes. Urkunden – Schrifttafeln – Textierte Tafelbilder – Anschläge – Einblatthandschriften, in: Einblattdrucke des 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Probleme, Perspektiven, Fallstudien, hg. von dems., Sabine Griese, Falk Eisermann und Marcus Ostermann, Tübingen 2000, S.1–43, hier S. 27–36. 156 Auszüge 1895, wie Anm. 138, S. 83 Z. 13 – 14. 157 Stadtarchiv Soest, A 3086, eingebunden zwischen f. 190 und f. 191. Vgl.: Auszüge 1895, wie Anm. 138, S. 77 Anm. 1 (mit Edition), Beschluß ebd S. 77 Z. 8 – 10. 158 Die Chroniken der niedersächsischen Städte. Braunschweig, Bd. 3,1, Stuttgart und Gotha 1928, Neudruck Göttingen 1969 (= Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahr­

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hundert 35,1), S. 17; Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 299; Ohm 2005, wie Anm. 66, S. 59 mit Nachweisen in Anm. 22 S. 63. Frankfurt am Main, Institut für Stadtgeschichte, Ugb A 72, Nr. 655b, abgebildet in Gall, Lo­ thar: FFM 1200. Traditionen und Perspektiven einer Stadt, Sigmaringen 1994, S. 77 Nr. 3/25. Auch die Statuten der hansischen Tagfahrt von 1418 sollten in großen Lettern an allen Rathäu­ sern ausgehängt werden, vgl.: Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 168. Giel 1998, wie Anm. 7, S. 67–70. Nürnberg, Stadtarchiv, Bildsammlung 40.2, vgl.: Fleischmann 2000, wie Anm. 88, Nr. 41 S. 110 f. mit Abb. S. 111. Aachener Ausgaberechnung 1467/68: It. Scheydtghiin reyt zo Coelne des 11den daigs Heuwema­ endtz myt 5 mandaten ind 11 copiien, as der rait gesien hadde, umb die oever Riin zo senden an den vriien stoelen ind die bannen ind zo laden; wasz uisz 16 daghe, kost 48 m, Aachener Stadt­ rechnungen 2004, wie Anm. 89, Nr. 36, 186–188 S. 36. Diese Funktion Kölns läßt sich bereits 1392/93 im Fall einer geplanten Duisburger Appelation nach Rom erkennen, vgl. die Nachrichten in der Abrechnung bei: Mihm und Mihm 2007, wie Anm. 28, T. 20 S. 271 unter Utgeven int gemeen. Vgl.: Mersiowsky 1995, wie Anm. 59, S. 277. Aachener Ausgaberechnung 1467/68: It.den notarien gegeven van den 11 copien zo untwerpen, dat man unden myt groissen boichstaven schrriiven moist, dat ydt mallich leisen moecht, 4 m, Aa­ chener Stadtrechnungen 2004, wie Anm. 89, Nr. 36, 189 S. 418. Aachener Ausgaberechnung 1467/68: It. hadden die 3 schriver, die dat duytsche unden up den copien schrieven, 4 m 6 s, Aachener Stadtrechnungen 2004, wie Anm. 89, Nr. 36, 191 S. 418. Aachener Ausgaberechnung 1467/68: It. den schriiveren, dat sii vertzerden up 2 daghe, dat sii schrieven, bezailt 20 albus, valet 5 m, Aachener Stadtrechnungen 2004, wie Anm. 89, Nr. 36, 193 f. S. 418. Aachener Ausgaberechnung 1467/68: It. hadden die 3 notarien myt den getzughen, die die 5 mandaten ind 11 copien oever Riin foirten ind zo Munster in Westphaelen, zo Dorpmunde ind up vill anderen enden upsloighen, 18 gl zo 6 m, valet 108 m, Aachener Stadtrechnungen 2004, wie Anm. 89, Nr. 36, 195–197 S. 418. Aachener Stadtrechnungen 2004, wie Anm. 89, Nr. 36, 490–503 S. 426 f. Weitere Kampagnen ließen sich anführen, so Aachener Stadtrechnungen 2004, wie Anm. 89, Nr. 36, 94–109 S. 416, 365–370 S. 423, 723–746 S. 432 f.; vgl. auch die Beispiele bei: Lentz 2004, wie Anm. 177, S. 74–77, 82 f., Nr. 23 S. 177 f. unter f. Vgl.: Thum 1990, wie Anm. 3, Nr. 20 S. 175 jeweils unter g. Honemann 2000, wie Anm. 155, S. 35 f. Honemann 2000, wie Anm. 155, S. 43; Eisermann, Falk: Auflagenhöhen von Einblattdrucken im 15. und frühen 16. Jahrhundert, in: Honemann 2000, wie Anm. 155, S. 143–177; Eiser­ mann, Falk: Bevor die Blätter fliegen lernten. Buchdruck, politische Kommunikation und die ‚Medienrevolution‘ des 15. Jahrhunderts, in: Spieß 2003, wie Anm. 1, S. 289–320. Vgl.: Lentz 2004, wie Anm. 177, Nr. 51 S. 198 f. unter f mit Abb. S. 199. 52  I  Ma r k Me r s io ws k y

176 Eisermann, Falk: Vil grozer brefe sint angeslagen. Typographie und öffentliche Kommunikati­ on im 15. Jahrhundert, in: Literatur – ­Geschichte – Literaturgeschichte. Beiträge zur mediävi­ stischen Literaturwissenschaft. Festschrift für Volker Honemann zum 60. Geburtstag, hg. von Nine Miedema, und Rudolf Suntrup, Frankfurt a.M. u.a. 2003, S. 481–502. Das bekannte Ma­ terial zusammengestellt in Eisermann, Falk: Verzeichnis der typographischen Einblattdrucke des 15. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation: VE 15, 3 Bände, Wies­ baden 2004. Weitere, instruktive Beispiele aus Freiburg bei: dems.: „Darnach wisset auch zu richten“. Maximilians Einblattdrucke vom Freiburger Reichstag, in: Der Kaiser in seiner Stadt. Maximilian I. und der Reichstag zu Freiburg 1498, hg. von Hans Schadek, Freiburg i.Br. 1998, S. 199–215, hier S. 208. 177 Auf den Bericht des Benediktiners Nikolaus von Siegen 1480 verwies Lentz, Matthias: Konflikt, Ehre, Ordnung. Untersuchungen zu den Schmähbriefen und Schandbildern des späten Mittel­ alters und der frühen Neuzeit (ca. 1350 bis 1600). Mit einem illustrierten Katalog der Überlie­ ferung, Hannover 2004 (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 217), S. 82 Anm. 40. 178 Giel 1998, wie Anm. 7, S. 86–113. 179 Ostermann, Marcus: Umb kurczweil vnd schiessens willen. Zu den gedruckten Schützenbriefen des 15. Jahrhunderts, in: Honemann 2000, wie Anm. 155, S. 397–443; Eisermann 2000, wie Anm. 174, S. 161–164. 180 Giel 1998, wie Anm. 7, S. 43. 181 Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 15.1.Aug.4°, Spiegel, vgl.: Honemann 2000, wie Anm. 155, S. 30 mit Abb. 1 S. 31 und weiteren Beispielen von Ärzten und Apothe­ kern S. 30–32. 182 München, BSB, Clm 466, f. 285a/b, vgl.: Griese, Sabine: Gebrauchsformen und Gebrauchsräu­ me von Einblattdrucken des 15. und frühen 16. Jahrhunderts, in: Honemann 2000, wie Anm. 155, S. 179–208, hier S. 206 mit Ed. des Vermerks und Abb. 5 S. 207. 183 Meckseper 1985, wie Anm. 113, Nr. 482 S.  556  f.; Kohushölter, Sylvia: Lateinisch-deutsche Bücheranzeigen der Inkunabelzeit, in: Honemann 2000, wie Anm. 155, S. 445–465. 184 Vgl. dazu jetzt: Lentz, Matthias: Schmähbriefe und Schandbilder. Realität, Fiktionalität und Visualität spätmittelalterlicher Normenkonflikte, in: Schreiner und Signori 2000, wie Anm. 3, S. 35–67; Lentz, Matthias: Rechtsstreit, Kommunikation und Öffentlichkeit im späten Mittel­ alter. Das Beispiel der Schmähbriefe und Schandbilder, in: Hruza 2002, wie Anm. 3, S. 189–206; sowie die schöne Studie von Lentz 2004 , wie Anm. 177. 185 Vgl. die Beispiele bei: Lentz 2004, wie Anm. 177, S. 9, 81, Nr. 33 S. 183, Nr. 41 S. 191 unter f. 186 Giel 1998, wie Anm. 7, S. 43. 187 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 39, 90 S. 48. 188 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 43, 90 S. 68, Nr. 62, 85 S. 134. 189 Lentz 2004, wie Anm. 177, Nr. 28 S. 181, Nr. 33 S. 183, Nr. 39 S. 190 jeweils unter f. 190 Lentz 2004, wie Anm. 177, Nr. 54 S. 202 unter f. 191 Lentz 2004, wie Anm. 177, Nr. 57 S. 204 f. unter f. W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  53

192 Lentz 2004, wie Anm. 177, S. 77 mit Nachweisen. 193 Kriegstagebuch der Soester Fehde. 1414 – 1447, in: Die Chroniken der westfälischen und nie­ derrheinischen Städte 2: Soest, Leipzig 1889, Nachdruck Göttingen 1969 (= Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert 21), S. 1–171, hier S. 53 Z. 23–25. 194 Kriegstagebuch 1889, wie Anm. 193, S. 97 Z. 28 – 32. 195 Zur Besetzung der Heidemühle und ihrer Nachgeschichte: Mersiowsky, Mark: Der Stopfen im Butterloch. Die Besatzung des Hauses Heidemühle 1445 – eine Episode der Soester Fehde, in: Soester Zeitschrift 105, 1993, S. 54–69. 196 Vgl. etwa die Beispiele bei: Lentz 2004, wie Anm. 177, S. 9, 81; Honemann 2000, wie Anm. 155, S. 33 f.; Eisermann 2000, wie Anm. 174, S. 168. 197 Chroniken 1928, wie Anm. 158, S. 17; vgl.: Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 299. 198 Belege zusammengestellt bei: Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 121, vgl. S. 168. 199 Meckseper 1985, wie Anm. 113, Nr. 528a S. 616 f.; Boockmann 1987, wie Anm. 24, Nr. 237 S. 154. 200 Giel 1998, wie Anm. 7, S. 73 f. 201 Stahl, Irene (Hg.): Die Nürnberger Ratsverlässe 1: 1449–1450, Neustadt/Aisch 1983 (= Schrif­ ten des Zentralinstituts für Fränkische Landeskunde 23), S.  183; vgl.: Honemann 2000, wie Anm. 155, S. 25. 202 Schied Ed.: Ehmck und v. Bippen 1902, wie Anm. 99, Nr. 499 S. 556–560; vgl.: Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 159. 203 Ed.: Ehmck und v. Bippen 1902, wie Anm. 99, Nr. 499 Anm. 1 S. 560. 204 Honemann 2000, wie Anm. 155, S. 23 f. 205 Grundlegend: Boockmann, Hartmut: Über Schrifttafeln in spätmittelalterlichen deutschen Kirchen, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 40, 1984, S.  210–224; vgl.: Meckseper 1985, wie Anm. 113, Nr. 514 S. 603 f.; Honemann 2000, wie Anm. 155, S. 11–26. 206 Belege zusammengestellt bei: Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 121. 207 So schon: Rogge 2003, wie Anm. 13, S. 210–212; vgl.: Groebner 2003, wie Anm. 7, S. 136–138. 208 Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 17. 209 Jooß, Rainer: Schwören und Schwörtage in süddeutschen Reichsstädten. Realien, Bilder, Ritu­ ale, in: Anzeiger des germanischen Nationalmuseums 1993, S. 153–168, hier S. 154. 210 Jooß 1993, wie Anm. 210, S. 155. 211 Jooß 1993, wie Anm. 210, S. 159. 212 Nach Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 26 Anm. 122. 213 Vgl.: Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 35 f. für Speyer. 214 Elsässische Stadtrechte, wie Anm. 41, Nr. 116 S. 143; vgl.: Poeck 2003, wie Anm. 13, S. 31. 215 Giel 1998, wie Anm. 7, S. 52–54; Graßmann 1989, wie Anm. 129, S. 358 f. 216 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 63, cxix S. 176; zu Michaelis cxxxj S. 179. 217 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 63, cxix S. 176. Zu den verschiedenen kommunika­ tiven Akten im Braunschweiger Rathaus auch: Ohm 2005, wie Anm. 66, S. 55–57, zur Laube S. 58 f., zum baulichen Ensemble: Gleba 2003, wie Anm. 8, S. 144 f. 54  I  Ma r k Me r s io ws k y

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Ed:. Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 62, 129 S. 138. Erhard 1844, wie Anm. 29, S. 199. Ed.: Erhard 1844, wie Anm. 29, S. 197. Ed.: Erhard 1844, wie Anm. 29, S. 200. Gegenüber der zuletzt von mir selbst, Mersiowsky 1996, wie Anm. 5, S. 86–88 vertretenene Datierung um 1350 wurde jetzt, gestützt auf bisher nicht publizierte Erkenntnisse der mittel­ niederdeutschen Philologie, die Datierung vor 1367 vertreten, vgl.: Dusil, Stefan: Die Soester Stadtrechtfamilie. Mittelalterliche Quellen und neuzeitliche Historiographie, Köln u.a. 2007 (= Forschungen zur Deutschen Rechtsgeschichte 24), S. 125. Stadtarchiv Soest, A 2737c, f. 1r; ed.: Deus, Wolf-Herbert (Hg.): Soester Recht. Eine Quellen­ sammlung, 1. Lieferung: Statuten, Soest 1969 (= Soester Beiträge 32), § 226 S. 52. Erhard 1844, wie Anm. 29, S. 1, 206. Für Bremen: Gleba 2003, wie Anm. 8, S. 143 f.; vgl.: Rogge 2003, wie Anm. 13, S. 212 f. Schubert 2007, wie Anm. 49, S. 136. So jetzt: Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 229 f., 308 f. Isenmann 1988, wie Anm. 10, S. 190–198; Engel, Evamaria: Bürgertum – Bürgerkampf – Bür­ gerstadt. Probleme beim Versuch einer Syn­these deutscher Stadtgeschichte des Mittelalters, in: Mittelalterforschung nach der Wen­de, hg. von Michael Borgolte, München 1989 (= Histori­ sche Zeitschrift. Beihefte NF 20), S.  407–425; Haverkamp, Alfred: „Innerstädtische Ausein­ andersetzungen“ und überlokale Zusammenhänge in deutschen Städten während der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, in: Stadtadel und Bürgertum in den italienischen und deutschen Städten des Spätmittelalters, hg. von Reinhard Elze und Gina Fasoli, Berlin 1991 (= Schriften des Italienisch-Deutschen Historischen Instituts in Trient 2), S. 89–126; Johanek, Peter: Bür­ gerkämpfe und Verfassung in den spätmittelalterlichen deutschen Städten, in: Ein­wohner und Bürger auf dem Weg zur Demokratie. Von den antiken Stadtrepubliken zur modernen Kommu­ nalverfassung, hg. von Hans Eugen Specker, Stuttgart 1997 (= Forschun­gen zur Geschichte der Stadt Ulm 29), S. 45–73; Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 51–55, 155–269; zugespitzt auf das Phänomen der politischen Zünfte: Fouquet 2003, wie Anm. 17, S. 16–19. Vgl.: Simon-Muscheid, Katharina: Gewalt und Ehre im spätmittelalterlichen Handwerk am Beispiel Basels, in: Zeitschrift für historische Forschung 18, 1991, S. 1–31; Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 163–166. Ehbrecht 2007, wie Anm. 41, S. 102, 104 f., 191–193. Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 48–50. Isenmann 2002, wie Anm. 17, S. 205 f. mit weiteren Nachweisen. Vgl. die Darstellungen bei: von Heusinger 2007, wie Anm. 27. Holder-Egger, Oswald (Hg.): Monumenta Erphesfurtensia saec. XII. XIII. XIV, Hannover-Leipzig 1899 (= MGH SS rer. Germ. 42), S. 340. Vgl.: Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 188 f., 198–221. Frühe Belege zusammengestellt bei: Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 23. Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 59, 186–190, 263 f. Koelhoffsche Chronik 1877, wie Anm. 131, S. 710. W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  55

238 Ebd. 239 Ebd. S. 711. Zu den Fahnen der Gaffeln in Köln: Giel 1998, wie Anm. 7, S. 251 f. Vgl. für Belgi­ en: Van Uytven 1998, wie Anm. 33, S. 158. 240 Koelhoffsche Chronik 1877, wie Anm. 131, S. 713. 241 Chroniken 1928, wie Anm. 158, S. 56 f. 242 Vgl.: Bordone 1998, wie Anm. 64, S. 86 f. zu vergleichbaren, früheren Erscheinungen in Itali­ en. 243 Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 60 f.; Ehbrecht, Wilfried: Unde dat inghesegel lete wy ok enttwey slan … Siegelmissbrauch im Stadtkonflikt am Beispiel Bremens, in: Signori 2007, wie Anm. 41, S. 97–105, hier S. 98–100; schweizerische Belege bei: Meyer 1998, wie Anm. 42, S. 206. 244 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 53, 153 S. 75. 245 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 53, 2 S. 64; nur mit lautlichen Varianten wiederholt im Echteding, ebd. Nr. 62, 2 S. 128. 246 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 62, 162 S. 142. 247 Schubert 2007, wie Anm. 49, S. 48. 248 Vgl.: Simon-Muscheid 2004, wie Anm. 27, S. 286–289 am Pariser Beispiel. 249 Isenmann 2003, wie Anm. 70, S. 381–388. 250 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 42, 5 S. 50, ähnlich, wenn auch nicht so ausführlich, ebd. 6 der Eid der Burmester. Um 1360 werden diese Bestimmungen wiederholt, vgl. ebd. Nr. 54, S. 76, 3, S. 77, 4, 6. 251 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 60, 2 S. 87, zum Nachtrag dieser Passage ebd. Anm. 16. 252 Giel 1998, wie Anm. 7, S. 48–50; Isenmann 2003, wie Anm. 70, S. 248, 269, 275, 290 f., 348, 353, 355, besonders S.  359–364, vgl. den bei ihm im Anhang gedruckten spiegel des raids 4, S. 449 f.; Groebner 2003, wie Anm. 7, S. 137 f., 140; Diener-Staeckling 2007, wie Anm. 31, S. 186–189. 253 Deus 1969, wie Anm. 223, § 695 S. 132. Zur Datierung jetzt Dusil 2007, wie Anm. 222, S. 139 Anm. 225. 254 Deus 1969, wie Anm. 223, § 719 S. 136. 255 Dazu vor allem am Beispiel italienischer Städte: Becker, Claudia: Beiträge zur kommunalen Buchführung und Rechnungslegung, in: Kommunales Schriftgut in Oberitalien. Formen, Funktionen, Überlieferung, hg. von Hagen Keller und Thomas Behrmann, München 1995 (= Münstersche Mittelalter-Schriften 68), S. 117–148. 256 Holder-Egger 1899, wie Anm. 234, S. 340: […] communitas congregata tam veteres consules quam promulgatos exterruit et coegit, ut quedam, que ipse dictaverant, publice legerentur, et ipse litte­ re sigillo civitatis in futurorum certitudinem munirentur […]. Vgl.: Ehbrecht 2001, wie Anm. 5, S. 188 f., 198–221. 257 Elsässische Stadtrechte, wie Anm. 41, Nr, [15] S. 214. 258 Volk 1993, wie Anm. 7, S.  42  f. Vgl. auch die Bestimmungen zur Verteilung der städtischen Schlüssel in Braunschweig, Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 63, vij-xix S. 150–153. 56  I  Ma r k Me r s io ws k y

259 Auf dieses noch zu wenig untersuchte Feld verwies Groebner 2003, wie Anm. 7, S. 138 f.; vgl.: Isenmann 2003, wie Anm. 70, S. 259, 288. 260 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 43, 6 S. 50. 261 Stadtarchiv Soest, A 3086, ed.: Auszüge 1895, wie Anm. 138, S. 20 Z. 36. 262 Binder 1988, wie Anm. 49, A (1) S. 111, vgl. S. 5–10. 263 Ed.: von Heusinger 2007, wie Anm. 27, Anhang 1 S. 153 f. 264 Ed.: von Heusinger 2007, wie Anm. 27, Anhang 2 S. 155. 265 So auch: von Heusinger 2007, wie Anm. 27, S. 151 f. 266 Vgl. schon die Hinweise bei: de Capitani 1995, wie Anm. 28, S. 117–119. 267 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 63, cxxiiij S. 178. 268 Ed.: Hänselmann 1873, wie Anm. 71, Nr. 21, 4 S. 28 = Rexroth 2000, Anhang S. 107. 269 Vgl.: Schreiner, Klaus: Die Stadt des Mittelalters als Faktor bürgerlicher Identitätsbildung. Zur Gegenwart des mittelalterlichen Stadtbürgertums im historisch-politischen Bewußtsein des 18., 19. und 20. Jahrhunderts, in: Meckseper 1985, wie Anm. 34, S. 517–541; Johanek, Peter: Mittelalterliche Stadt und bürgerliches Geschichtsbild im 19. Jahrhundert, in: Die Deutschen und ihr Mittelalter. Themen und Funktionen moderner Geschichtsbilder vom Mittelalter, hg. v. Gerd Althoff, Darmstadt 1992, S. 81–100, 193–202.

W e g e z u r Ö f f e n t l i c h k e i t   I  57

M at t h i as U n t e r m an n

Plätze und StraSSen Beob ach tu n g en z u r Or g an i s a t i o n u n d R e p r ä s e n t a t i o n v on Öffen tl i ch kei t i n d er m i t t e l a l t e r l i c h e n St a d t

In der Stadt des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit manifestiert sich Öffentlich­ keit zumeist in Innenräumen von Kirchen, Herrschaftssitzen oder Rathäusern. Auch den im heute so genannten „öffentlichen Raum“, den frei zugänglichen Straßen und Plätzen, statt­ findenden Akten der Herrschaft, des Gerichts und der Religiosität widmete die Forschung in den letzten Jahren einige Aufmerksamkeit. Uwe Dörk hat 2004 versucht, den Stadtraum wie das Innere einer Kirche als „liturgischen Raum“ zu begreifen.1 Zwischen Rathaus und Kirche gab es in Bern eine dichte Reihung öffentlicher Räume: Rathaushalle, Rathausplatz, Kreuzgasse, Kirchgasse und Münster waren Orte öffentlicher Handlungen und repräsen­ tierten die topographische wie soziale und historische Struktur der Stadt. Das Abschreiten dieses Wegs bei einer Ratsprozession lässt sich folglich als öffentliche Inbesitznahme der Stadt, ihrer Geschichte und ihrer rechtlichen Strukturen begreifen. Bei einer solchen Annäherung an den architektonischen und urbanistisch-strukturellen Rahmen spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Öffentlichkeit stellen sich allerdings verschiedene Probleme. Drei seien herausgehoben. Erstens: Die für uns bis zu den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und der Nach­ kriegszeit sichtbare Stadt, über die urbanistische Forschung spricht, ist allzu oft nicht die Stadt der frühen Neuzeit oder gar des Mittelalters, sondern wird zumindest in ihren Fas­ saden von urbanistischen Initiativen der Barockzeit und des 19. Jahrhunderts geprägt.2 Dies gilt in hohem Maße für die gut erhaltenen, angeblich mittelalterlichen Altstädte von Bern und Freiburg im Süden, aber auch für Brügge oder Lübeck im Westen und Norden. Man müsste den architektonischen Kontext überlieferter Ereignisse jeweils sehr präzise zu bestimmen versuchen, um entscheiden könnte, in welcher Wechselwirkung die überliefer­ ten Akte und das architektonische Setting standen. Die häufige, unkritische Illustration spätmittelalterlicher Situationen mit überkommenen Stadtbildern steht in der Tradition des bürgerlichen Liberalismus des 19. Jahrhunderts, der städtische Geschichte und Bau­ gestalt als bürgerlich-demokratische Tradition in Anspruch genommen hat. Nicht nur die (Neu-)Inszenierung mittelalterlicher Rathäuser im späten 19. Jahrhundert3 prägt unser heutiges Bild von mittelalterlicher Stadt, sondern auch die ungeprüfte Akzeptanz der typi­ schen, einfach-spätbarocken oder biedermeierlichen Hausfassaden als „mittelalterlich“. Von P l ä t z e u n d S t r a ß e n   I  59

1 Bern, Ausschnitt aus der Südansicht des Münsters von Antoni Schmalz, 1635. Vor dem Rathaus existierte damals der Rathausplatz noch nicht; die Kreuzgasse ist überbreit dargestellt (Historisches Museum Bern; Aufnahme von Stefan Rebsamen).

der Gestalt der Fassaden des 14./15. Jahrhunderts wissen wir vielerorts wenig, in manchen Regionen gar nichts.4 Aber auch die öffentlichen Plätze selbst reichen häufig nur in die frühe Neuzeit zurück: Der kleine Platz vor dem 1406 begonnenen Rathaus in Bern ist erst nach 1600 durch Ankauf und Abbruch gegenüberliegender Privathäuser geschaffen worden5 – dies fügt sich schwer zur These Dörks,6 dass „dieser Freiraum dem Rathausgebäude das nötige symbolische Gewicht im Stadtraum [verleiht] und eine ausreichende Zugänglichkeit des öffentlichen Geschehens im Umfeld des Zentrums kollektiven Entscheidens [ermöglicht]. Erst durch diesen Raum erhält das Gebäude seinen notwendigen öffentlichen Charakter“. Genau dies war im ganzen 15. und 16. Jahrhundert in Bern nicht der Fall. Das Rathaus zeichnete sich nicht durch Einbindung in einen Platz, sondern allein in der Fernsicht durch seine Höhe und sein mächtiges Walmdach ab (Abb. 1). Menschen des Spätmittelalters waren es offenbar gewohnt, bedeutende Bauwerke, auch solche mit höchst repräsentativen Fassaden nur in Schrägsicht oder dicht davor stehend sehen zu können.7 60  I  Ma t t h ia s Un t e r m a n n

Das zweite Problem bei der Analyse öffentlicher Handlungen im Stadtraum ist (nun gerade im Gegenteil) das hohe Alter der baulichen Grundstrukturen. Straßensystem und Stadtumriss sind in der Regel beträchtlich älter als die in spätmittelalterlichen und früh­ neuzeitlichen Quellen fassbaren Akte. Man muss deshalb klären, ob diese Akte den vor­ gegebenen Stadtraum lediglich in Besitz nehmen und ihn allenfalls für ihre eigene Epo­ che neu interpretieren. Vieles könnte dafür sprechen: Fronleichnamsprozessionen, deren Bedeutung für die Konstituierung von Öffentlichkeit im Straßenraum beschrieben wur­ de,8 kommen erst im 14. Jahrhundert auf, nutzen also in jeder Stadt die bereits vorhande­ nen Stadtstruktur – und das war offenbar überall problemlos möglich. Diese Beobachtung könnte den Schluss erlauben, dass Baustruktur und architektonische Gestalt einer Stadt im späten Mittelalter nicht wirklich konstitutiv für die Ausbildung von Öffentlichkeiten waren, dass sie dies allenfalls in geringem Maße gefördert oder erschwert haben mögen – der kunsthistorische Beitrag zu diesem Thema würde sich dann auf die Betrachtung einzelner zentraler Stätten und Bauwerke beschränken. Möglich wäre allerdings auch der Schluss, dass mittelalterliche Stadtstrukturen in besonderem Maß den Anforderungen der neuen Öffentlichkeiten des Spätmittelalters gewachsen waren. Damals sind nämlich viel seltener als in anderen Epochen Initiativen zu fassen, die Stadtstruktur neu zu gestalten.9 Als Gegenbeispiel seien nur der Wandel der Befestigungstechnik in der Barockzeit und der vollständige Abbruch der Stadtmauern im wirtschaftlichen Aufbruch des 19. Jahrhun­ derts erwähnt. Beides sind Veränderungen, die sich tiefgreifend auch auf gesellschaftliche Strukturen, gerade auf Öffentlichkeiten ausgewirkt haben. Grundsätzlich könnte man also im Spätmittelalter und in der Frühneuzeit mit einer vergleichbar tiefgreifenden Neu­ strukturierung hochmittelalterlicher Städte rechnen – aber diese ist offenbar nicht leicht zu fassen. Als dritte Frage tritt damit in den Blick, ob es Elemente einer spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadtplanung gibt, die aus neuen Bedürfnissen zur Inszenierung von und zur Teilhabe an Öffentlichkeit resultieren. Die urbanistische Forschung des früheren 20. Jahrhunderts hat hier ihr Augenmerk bereits auf Platzanlagen und deren Gestaltung gerich­ tet – maßstabssetzend im Hintergrund stehen dabei die monumentalen Platzarchitekturen der Barockzeit.10

Der W an d el d es Er s c h e i n u n g s b i l d s h o c h u n d s p ät m i t t e l a l t e r l i c h e r St ä d t e Die Städte des 12. und frühen 13. Jahrhunderts waren noch keineswegs von geschlossenen Hausfronten geprägt, sondern von hofartigen Baugruppen auf großen Grundstücken.11 Es gab keine tiefgreifende Standardisierung der Haustypen, wie es sich Karl Gruber in den 30er Jahren vorgestellt hat12 – sein Bild einer Stadt ‚gleicher, freier Bürger‘ entspricht bekanntlich P l ä t z e u n d S t r a ß e n   I  61

2 Freiburg, Quartier am Predigertor, Zustand um 1180 und um 1500. H: Haus, h: Hinterhaus, S: Scheune (M. Untermann, Heidelberg) 62  I  Ma t t h ia s Un t e r m a n n

weder einer historischen noch einer baulichen Realität; in seiner Darstellung von Freiburg im Breisgau blendet er sogar die Burg des Stadtherrn tendenziös aus. Der Umschwung zur baulichen Verdichtung der Altstadtstraßen wird vielerorts in der Mitte des 13. Jahrhunderts fassbar.13 In den meisten Städten führt er zu Parzellenteilungen, bald auch zur Entstehung geschlossener Straßenfluchten – aus denen sich einzelne Häuser aber immer noch nach oben oder unten herausheben. Mancherorts, wie in den Ostseestädten, werden damals sogar Reihenhäuser gleichen Zuschnitts gebaut. In einigen Häuserzeilen in Stralsund weisen die Kellerwände Nischen auf, die sich materialsparend jeweils auf der einen oder anderen Seite in den Raum öffnen.14 Die gemeinsame Planung und der einheitliche Bau dieser Häuserzeile – vielleicht durch einen Spekulanten – wird hier unmittelbar einsichtig. Ein Freiburger Stadtquartier macht diesen Prozess deutlich (Abb. 2): In der Zeit nach der Stadtgründung 1120 war es noch Bauerwartungsland, nicht einmal parzelliert. Die Bebau­ ung beginnt mit einem Patrizierhof, zugleich aber auch mit kleineren Häusern. Nach 1230 entstehen geschlossene Häuserzeilen, nach der Gründung des Dominikanerklosters kommt es um 1300 zu einer Umstrukturierung (mit dem Bau eines neuen Torturms), vor allem aber zu einer Umorientierung des Quartiers Richtung Kloster. Im 15. Jahrhundert gibt es dann überraschend viele Scheunen anstelle älterer Häuser. Hier wie andernorts ließ nämlich der Bevölkerungsdruck schon im mittleren 14. Jahrhundert nach, im Gefolge von großer Pest und kleiner Eiszeit – so sehr, dass Häuser verfielen und manchmal ganze Straßenzüge nur noch von untergeordneten Wirtschaftsgebäuden flankiert wurden.15 Dies betraf nicht nur Randlagen, sondern auch die Hauptstraßen vieler Städte. In Bern hat gerade dieser Niedergang es ermöglicht, das Rathaus zu verlegen und vergrößert neuzu­ bauen.16 Hier wie andernorts war es im 15. und 16. Jahrhundert erstmals wieder möglich, große Stadtpalais durch Zusammenlegung älterer Parzellen zu errichten. Nicht überall ist der archäologisch-bauhistorische Kenntnisstand so gut, dass sich die Veränderungen der architektonischen Rahmenstruktur städtischer Öffentlichkeit so genau aufzeigen lassen. Offenbar muss man vielerorts damit rechnen, dass die heute ablesbare Disposition alter Städte, ja sogar schon ihre spätmittelalterliche Gestalt das Ergebnis eines mehrfachen, kleinräumigen Strukturwandels sein kann. Für die Fassadengestaltung, die zur Straße hin wirkt und in der Frage nach dem Rahmen öffentlicher Handlungen besonders interessieren würde, fehlen für das 14. und 15. Jahrhundert aussagekräftige Befunde auch in Bern und Freiburg ganz weitgehend.

V er h äl tn i s v on B a u s t r u k t u r u n d N u t z u n g Auffallenderweise sind die Straßen in Freiburg ganz früh im Stadtgründungsprozess gebaut worden, teilweise deutlich vor dem Bau von Häusern und auf jeden Fall schon vor dem Bau der monumentalen Stadtmauer.17 Dies scheint für hochmittelalterliche Gründungsstädte auch in anderen Regionen Europas typisch zu sein, für Italien sind im 14. Jahrhundert sogar P l ä t z e u n d S t r a ß e n   I  63

entsprechende Anweisungen zu fassen.18 In der nur etwa 50 Jahre lang bestehenden Stadt Freyenstein in Brandenburg waren bei der Zerstörung bereits alle Straßen gepflastert, die Häuser standen allerdings noch sehr locker.19 Im späten 12. und 13. Jahrhundert gehören ganz offensichtlich das möglichst regelmä­ ßige Straßennetz und ein geschlossener Umriss zu den selbstverständlichen Anforderungen an eine gut geplante Stadt. Die Bedeutung dieser Baugestalt geht so weit, dass ältere, plan­ los gebaute Zentralorte entsprechend neu strukturiert wurden, manchmal verlegte man sie weg von älteren „Frühstädten“ (Rottweil, Villingen),20 manchmal wurden sogar die älteren Bauten ganz abgebrochen, um das neue regelhafte Straßennetz an gleichem Ort realisieren zu können (Breisach). Da diese Straßen den öffentlichen Raum bilden und der geschlossene Umriss geradezu zum Sinnbild von Stadt wird, muss man diesem Mentalitätswandel in der Frage nach der Entstehung von Öffentlichkeiten einige Beachtung schenken. Anders als es die von der Urbanistik des 20. Jahrhundert geprägte Stadtgeschichtsforschung gelegentlich dargestellt hat, sind diese regelhaften Grundrisse ja in keiner Weise ökonomisch sinnvoll und für ihre Benutzer wenig bequem: Das Straßennetz verlangt Umwege, wo direkte Wege nützlicher wären, und gelegentlich laufen Straßen sogar in den Hauptachsen der Geometrie zuliebe tot (Rottweil). Als Gegenbeispiel kann man den Trierer Stadtgrundriss heranziehen, wo seit dem frü­ hen Mittelalter eine schräge Straße zwischen Marktplatz und Moselbrücke quer durch das römische Straßenraster zieht.21 Die vom rechtwinkligen Straßennetz geprägte Gestalt hochmittelalterlicher Planstädte zwingt, wie schon ihre antiken Vorbilder, Bewohner und Besucher unter eine am eigenen Leib erfahrbare „Ordnung“.22 Ob es sich hier um gezielte eingesetzte Herrschaftsstruktu­ ren handelt oder lediglich um den Ausfluss eines allgemeineren Strebens nach „höherer“, vielleicht „göttlicher Ordnung“,23 scheint mir ebenso ungeklärt wie die Frage, ob gerade diese strenge formale Ordnung für unsere Frage nach Entstehung von Öffentlichkeiten von Bedeutung ist. Die Ordnung des Straßennetzes geht jedenfalls in der Frühzeit der Städte in keiner erkennbaren Weise mit einer sozialen oder berufständischen Ordnung der Einwoh­ ner einher: Die großen Parzellen des Patriziats lagen zumeist verteilt über die Stadt, und als Berufsgruppe ordnen sich nur die wasserbenutzenden Gewerbe an speziellen Straßen. Die für Bäckerstraßen, Weberstraßen und so weiter namengebenden Handwerke waren sicher nicht dort konzentriert, viele dieser uns charakteristisch für mittelalterliche Städte schei­ nende Straßennamen sind erst im 18./19. Jahrhundert anstelle fehlender oder unverständ­ lich gewordener älterer Straßennamen neu vergeben worden. Bislang nicht wirklich gedeutet, für unser Thema aber von großer Bedeutung, ist die Tat­ sache, dass viele hochmittelalterliche Städte keinen Platz aufweisen, sondern lediglich mehr oder weniger breite Straßen. In Bern wurde der erste Platz nach dem Stadtbrand von 1405 über einem damals aufgelassenen Wehrgraben angelegt, den man mit dem Brandschutt verfüllt hatte.24 Dieser Kornhausplatz erlangte keine besondere Bedeutung im städtischen Leben. Versammlungsplatz war im Spätmittelalter die relativ kleine Quergasse zwischen 64  I  Ma t t h ia s Un t e r m a n n

Rathaus, die Kreuzgasse und Kirche, in der einige Hundert Personen Platz gefunden haben sollen. Ihre Dimensionen sind in frühneuzeitlichen Stadtansichten, wie die des Rathauses, entsprechend ihrer Bedeutung übermäßig groß dargestellt (Abb. 1). Der kleine Rathausplatz unmittelbar vor dem Rathaus selbst entstand, wie schon angesprochen, erst nach 1600. Als Papst Martin V. und Kaiser Sigismund während des Basler Konzils 1414 auch nach Bern kamen,25 fanden die großen, öffentlichen Akte im großräumig ummauerten Areal des Dominikanerklosters statt, in dem sich die Bürger versammelten – die Stadtanlage selbst bot dafür keinen geeigneten Ort, und der Rat hat dies offenbar auch nicht als Defizit gesehen. Dass das Rathaus eher abseits und nicht an einem Platz liegt, hat Bern mit anderen süd­ deutschen Städten gemeinsam, zum Beispiel mit Freiburg und Villingen, wo die heutigen Plätze ebenfalls erst spät- oder nachmittelalterlich sind. Der riesige Stadtplatz der schwei­ zerischen Kleinstadt Aarberg widerlegt diese Beobachtung nur scheinbar – Ausgrabungen haben gezeigt, dass hier ein ganze Häuserzeile stand, die im späten Mittelalter abging und nicht mehr ersetzt wurde.26 Eine andere Genese haben die großen Plätze alter Zentralorte, wie der Bischofsstäd­ te, aber auch regionaler Zentren wie Ulm oder Esslingen. Es scheint sich jeweils um frühe Marktareale zu handeln, die außerhalb des ältesten, für sich umwehrten Herrschaftszen­ trums abgesteckt worden waren.27 Diese Plätze lagen also ursprünglich nicht „in“ der Stadt, sondern sind zusammen mit den Kaufleutevierteln erst im Zuge der Stadterweiterungen des 11. und 12. Jahrhunderts in die größeren Umwehrungen einbezogen worden. Während in manchen Orten die frühen Befestigungsringe zum Beispiel der Bischofsburgen lange als Grenzen erhalten blieben, wie in Münster oder Halberstadt, ist andernorts nicht mehr unmittelbar ablesbar, dass der Markt zunächst außerhalb einer älteren Stadtmauer stattfand – wie in Ulm, aber auch am Altermarkt in Köln. An diesen zuvor suburbanen Marktplätzen werden die großen Rathäuser gebaut, in Ulm und Köln ebenso wie in Augsburg.28 Erstaunlicherweise hat das Modell eines großen, zentralen Marktplatzes nicht die südwestdeutschen, wohl aber die südostdeutschen und norddeutschen Gründungsstädte geprägt. Dort gehören große Plätze zu den unverzichtbaren Elementen einer Planstadt des späten 12. und 13. Jahrhunderts.29 An diesen großen Märkten stehen oft auch die Marktkir­ che und das Rathaus. Dass diese Plätze zur Gründungsanlage der Städte gehören, ist in den letzten Jahren vielerorts archäologisch gesichert worden, nicht zuletzt in Lübeck.30 Dabei wurde allerdings deutlich, dass der große Markt nicht primär eine Freifläche war, sondern dass dort feste, hölzerne Marktbuden standen. Die Position des Rathauses auf der Marktfläche selbst, wie in Breslau, kann auf solche Dispositionen zurückgehen. Dort hat der daneben stehende, gedeckte Markt seine riesigen Dimensionen erst im Zuge mehrerer Umbauten erreicht. In Breslau erreicht der Hauptplatz eine Größe von 200 x 160 m. In solchen Städten mit großem Hauptplatz könnte ein anderes Verhältnis zwischen Stadtregiment und Bürgerschaft fassbar sein. Gerade diese Städte prä­ sentieren ihr Rathaus schon früh in monumentaler Gestalt, dort stehen häufig auch Roland-

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3 Freiburg, Münsterplatz, Zustand um 1180. Eingetragen ist bereits der Umriss des wenig später begonnenen Münster­n eubaus. Der Platzbereich außerhalb des Kirchhofs war mit bürgerlichen Häusern bebaut: dazu gehören im Nordwesten eine runde Latrinengrube, im Südosten mehrere Hausfundamente (Münsterblatt 3, 1996, Entwurf Ralf Burgmaier).

Statuen31 – beides fehlt im Südwesten, wo der Rat sich noch im 14. Jahrhundert in Hinter­ häusern zu versammeln pflegt.

Die Neu an l ag e v on P l ätz en i m s p ä t e n M i t t e l a l t e r Im Norden ist dies nicht aktuell, dort gibt es ja große Plätze. Als konstitutiv für Öffent­ lichkeit wird der große Platz in der böhmischen Gründungsstadt Tábor interpretiert.32 Sie war 1420 zum Zentrum der Hussiten geworden; 1437 erhielt sie von Kaiser Sigismund das Stadtrecht, wurde aber schon 1452 von Böhmen erobert. Der zentrale Marktplatz ist in Tábor deutlich größer als bei Gründungsstädten vergleichbarer Bedeutung und soll als Versammlungsplatz der hussitischen Gemeinde gedient haben; auch das Rathaus wird in die frühe Zeit nach 1437 datiert. Große Plätze erhielt auch die von Karl IV. 1347 gegründete Neustadt in Prag:33 den 680 m langen, 60 m breiten Rossmarkt (Wenzelsplatz) und den noch größeren, 550 m langen, 66  I  Ma t t h ia s Un t e r m a n n

150 m breiten Viehmarkt (Karlsplatz), der größer ist als manche Kleinstadt. Diese Plätze waren erstaunlich wenig in die Repräsentation von Königtum und Bürgerschaft einbezogen, sondern dienten zunächst vornehmlich dem Marktbetrieb. Die königliche Repräsentation konzentrierte sich weiterhin auf die Prager Burg. Früh entstand allerdings die Fronleich­ namskapelle auf dem Viehmarkt, die Schauplatz großer kirchlicher Zeremonien war. Weit­ reichende Absichten zur königlichen Selbstdarstellung oder zur Organisation der Stadtbe­ wohner, die Karl IV. und seine Berater mit diesen Plätzen verbunden haben mögen, kamen jedenfalls nicht zur Realisierung. Bemerkenswert sind Befunde zur Neuanlage von Plätzen innerhalb von bestehenden Städten. Nürnberg und Würzburg erhielten um 1350 die bis dahin fehlenden, großen Marktplätze, in Nürnberg sogar mit einem Privileg Kaiser Karls IV.34 Das Areal gewann der Rat jeweils durch Vertreibung der Judengemeinde, Abbruch ihrer Häuser, besonders ihrer Synagoge. In Nürnberg handelt es sich tatsächlich um die erste große Freifläche im Zen­ trum der Stadt. Für die bürgerliche Verwaltung folgten keine Änderungen, anders als in Bern wurden die Rathäuser nicht verlegt. Vom Marktbetrieb abgesehen scheinen die neuen Plätze vornehmlich durch die anstelle der Synagogen gebauten Marienkapellen zum Ziel städtischer Prozessionen geworden zu sein. Auch in Wien wurden im dicht bebauten Judenviertel nach dem Pogrom von 1421 die Synagoge und einige Häuser niedergelegt und der heutige Judenplatz geschaffen.35 Er hat ebenfalls keine größere Bedeutung im städtischen Leben gewonnen, sondern blieb – mehr noch als die älteren Nürnberger und Würzburger Plätze – eine sprechende Leerstelle im Stadtgefüge, als Zeugnis und Garant für die erfolgreiche Judenvertreibung. Dasselbe scheint für Regensburg zu gelten, wo die bis zum Pogrom von 1519 dichte Bebauung des Neupfarr­ platzes archäologisch fassbar war.36 Auch dieser Platz gelangte später nicht mehr zu irgend­ einer Bedeutung. Die Neuanlage von Plätzen ist also nicht notwendig ein Indiz für eine neue Qualität von Öffentlichkeit. Auch das Beispiel Bern hat gezeigt, dass der neue, nach dem Stadtbrand von 1405 angelegte Platz keine erkennbare Rolle im repräsentativen Leben der Stadt fand. Erst in der Zeit um 1500 werden Aktivitäten fassbar, die tatsächlich öffentliche, reprä­ sentative Platzanlagen schaffen sollten. In Bern ließ der Rat ab 1489 mehrere Häuser vor dem damals weitgehend fertig gestellten Münsterneubau abbrechen, damit dessen Fassade besser zur Geltung käme.37 Das Ziel war – nach den Ratsakten – die bessere Wirkung des Neubaus, nicht ein Raumgewinn für Besucher oder Prozessionen. Eine entsprechende, viel kleinere Platzanlage vor der Rathausfassade konnte erst nach 1600 geschaffen werden. In Freiburg fehlte ebenfalls ein eigentlicher Platz. Der Raum rund um die Pfarrkirche war zunächst teilweise Friedhof, sonst aber mit zahlreichen Häusern bestanden, von denen Mauerreste und Sinkgruben an mehreren Stellen ergraben wurden (Abb. 3).38 Auf aus­ drückliche Weisung Kaiser Maximilians, der 1498 in Freiburg einen Reichstag abhielt, für den größere Freiräume damals noch fehlten, hat man den Friedhof 1514 aus der Innenstadt herausverlegt, die Friedhofsmauer beseitigt und den Platz insgesamt gepflastert. Mit den P l ä t z e u n d S t r a ß e n   I  67

1497 begonnenen Neubauten von Kornhaus, Salzhaus und Kaufhaus wurde der Münster­ platz zum neuen urbanen Zentrum39 – das Rathaus blieb allerdings an seinem angestamm­ ten Ort. Vergleichbar ist das zeitgleiche Freiräumen des Münsterplatzes in Villingen im Schwarzwald, wo das Rathaus ab 1511 neue Fassaden erhielt.

Zusam men fas s u n g Die Bestimmung der architektonischen Fassung von Öffentlichkeit konstituierenden Rechtsakten, Festen oder Prozessionen muss beachten, dass die städtischen Strukturen sich mehrfach und entscheidend wandeln konnten. Im Straßensystem sind gerade die Plätze kei­ ne Konstante. Weiterer Klärung bedarf, ob die Existenz oder das Fehlen großer öffentlicher Plätze, denen das Rathaus und die Kirche der Bürgerschaft zugeordnet sein konnten, unterschied­ liche Formen der Organisation und Repräsentation von Öffentlichkeit schon im 13. Jahr­ hundert erkennen lassen. Hiervon hängt ab, ob diese Strukturen im 15. und 16. Jahrhundert noch als sprechende Strukturen gültig waren oder so gelesen werden konnten. Nicht ent­ schieden ist vor allem, ob die Straßensysteme hemmend oder fördernd auf die Ausprägung und den Wandel von Öffentlichkeiten Einfluss genommen haben. Das Schaffen neuer großer Plätze war im 14./15. Jahrhundert häufiger Ergebnis von Judenvertreibung oder Stadtbrand als gezielte urbanistische Maßnahme. So formuliert über­ rascht es nicht, dass viele dieser Plätze von der Öffentlichkeit nicht angenommen wurden, sondern dass gerade die gewaltsam geschaffenen Plätze Leerstellen blieben. Erst um 1500 wird das Interesse an öffentlicher Interaktion so drängend, dass bestehen­ de Freiflächen umgenutzt und durch Entfernen von Bauten, Nutzungen und Umfassungs­ mauern zu Plätzen umgestaltet wurden, die nun erkennbar Öffentlichkeit organisieren und dauerhaft repräsentieren. Das Straßennetz selbst macht jeweils das Ordnungsdenken der lang zurückliegenden Gründungsepoche ablesbar. Ob beim Entwurf dieser spätmittelalter­ lichen Plätze die Möglichkeit öffentlicher Akte schon mitgedacht war und warum so viele Städte über lange Zeit hinweg ohne großen Platz auskommen konnten, entzieht sich vorerst noch präzisen Hypothesen und bedarf interdisziplinärer Diskussion.

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A nm erkun g en 1 Dörk, Uwe: Der verwilderte Raum. Strukturwandel von Öffentlichkeit in der frühneuzeitlichen Stadt am Beispiel Berns, in: Zwischen Gotteshaus und Taverne. Öffentliche Räume in Spät­ mittelalter und Früher Neuzeit, hg. von Susanne Rau und Gerd Schwerhoff, Gerd, Köln / Wei­ mar / Wien 2004, (=Norm und Struktur 21) S. 122–154. 2 Wemhoff, Matthias: Die Gegenwart der mittelalterlichen Stadt. Konstruktion einer Kontinuität. In: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 17, 2006, S. 110–112. 3 Albrecht, Stephan: Das mittelalterliche Rathaus in Deutschland. Darmstadt 2004; vgl.: Mai, Ekkehard (Hg.): Das Rathaus im Kaiserreich. Kunstpolitische Aspekte einer Bauaufgabe des 19. Jahrhunderts, Berlin 1982 (=Kunst, Kultur und Politik im Deutschen Kaiserreich 4). 4 Gläser, Manfred (Hg.): Der Hausbau, Lübeck 2001 (=Lübecker Kolloquium zur Stadtarchäolo­ gie im Hanseraum 3); Untermann, Matthias: Das städtische Wohnhaus. In: Spätmittelalter am Oberrhein (Ausst. Karlsruhe 2001), 2: Alltag, Handwerk und Handel 1350–1525, 2: Aufsatz­ band, hg. von Sönke Lorenz und Thomas, Stuttgart 2001, S. 335–340. 5 Hofer, Paul: Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern, 1: Die Stadt Bern, Basel 1952 (=Die Kunst­ denkmäler der Schweiz 28), S. 36–38. 6 Dörk 2004, wie Anm. 1. 17 Leusch, Frank T.: Baugeschichte im Schatten des Münsters, in: Im Schatten des Münsters Ge­ schichte eines Quartiers im Zentrum der Konstanzer Altstadt, Konstanz 1999, S.  32–51, hier S. 46 f. mit Abb. S. 14. 18 Löther, Andrea: Prozessionen in spätmittelalterlichen Städten. Politische Partizipation, obrigkeit­ liche Inszenierung, städtische Einheit, Köln / Weimar / Wien 1999 (=Norm und Struktur 12). 19 Hesse, Michael: Stadtarchitektur, Köln 2003, S.  71–86; Untermann, Matthias: Zur Stadtbau­ kunst der Sigismundzeit, in: Sigismund von Luxemburg. Ein Kaiser in Europa, hg. von Michel Pauly und François Reinert, Mainz 2006, S. 211–219. 10 Kat. Ausst. Klar und lichtvoll wie eine Regel. Planstädte der Neuzeit vom 16. bis 18. Jahrhundert, Karlsruhe 1990, Karlsruhe 1999. 11 Löbbecke, Frank: Das „Freiburger Haus“. Ein Wohnhaustyp des 13. Jahrhunderts und seine Vor­ stufen, in: Südwestdeutsche Beiträge zur historischen Bauforschung 4, 1999, S. 193–204; Müller, Joachim: Auf der Suche nach der geplanten Stadt. Untersuchungen zum Grundstücksnetz der Altstadt und Neustadt Brandenburg, in: Die vermessene Stadt. Mittelalterliche Stadtplanung zwischen Mythos und Befund, Paderborn 2004 (=Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 15), S. 82–90; Legant-Karau, Gabriele: Vom Groß­ grundstück zur Kleinparzelle. Ein Beitrag der Archäologie zur Grundstücks- und Bauentwicklung Lübecks um 1200, in: Archäologie des Mittelalters und Bauforschung im Hanseraum (Festschrift für Günther P. Fehring), hg von Manfred Gläser, Rostock 1993 (=Schriften des Kulturhistori­ schen Museums in Rostock 1), S. 207–216. 12 Gruber, Karl: Die Gestalt der deutschen Stadt. München 1952. P l ä t z e u n d S t r a ß e n   I  69

13 Vgl. Anm. 11. 14 Brüggemann, Stefanie: Frühe steinerne Baustrukturen in Stralsund anhand des Kellerkatasters, in: Die vermessene Stadt 2004, wie Anm. 11, S. 123–133. 15 Untermann, Matthias: »Us hüser sol man nit gärten machen« – Städtische Wüstungen, in: Geschichte der Stadt Freiburg, 1. Stuttgart 1996 (2. Aufl. 2001), S. 494–496; Behringer, Wolf­ gang, Hartmut Lehmann und Christian Pfister (Hg.): Kulturelle Konsequenzen der „Kleinen Eiszeit“, Göttingen 2005 (=Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 212); Untermann, Matthias: Schrumpfungsprozesse in der spätmittelalterlichen Stadt, in: Schrump­ fende Städte, hg. von Angelika Lampen und Armin Owzar, Köln, Wien 2008 (= Städteforschung A 76), S. 91–107. 16 Hofer, Paul: Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern, 3: Die Staatsbauten der Stadt Bern, Basel 1947 (=Die Kunstdenkmäler der Schweiz 19), S. 6–200. 17 Untermann, Matthias: Archäologische Beobachtungen zu den Freiburger Altstadt-Straßen und zur Entstehung der »Bächle«, in: Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins »Schau-ins-Land« 114, 1995, S. 9–26. 18 Chierici, Gino: Paganico, in: Rassegna d‘arte Senese 15, 1922, S. 20–33. 19 Schenk, Thomas: Freyenstein in der Ostprignitz – eine Planstadt des 13. Jahrhunderts, in: Die vermessene Stadt 2004, wie Anm. 11, S. 165–172. 20 Untermann, Matthias: Vom Markt zur Stadt. Zu Problemen früher Urbanität am Oberrhein, in: Freiburger Universitätsblätter 42, 2003, Heft 1 (= Heft 159), S. 227–244. 21 Clemens, Lukas: Trier um 1120, in: Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier 30, 1998, S. 91–108. 22 Untermann, Matthias: Die architektonische Inszenierung von „Orten der Herrschaft“ im Mittel­ alter, in: Orte der Herrschaft, hg. von Caspar Ehlers, Göttingen 2007 (= Deutsche Königspfalzen 8), S. 17–33. 23 Johanek, Peter: Die Mauer und die Heiligen, in: Das Bild der Stadt in der Neuzeit, 1400–1800, hg. von Wolfgang Behringer und Bernd Roeck, München 1999, S. 26–38, bes. S. 36. 24 Baeriswyl, Armand: „Die gröste brunst der stat Berne“ – der Stadtbrand von 1405, in: Berns gro­ ße Zeit, hg. von Ellen J. Beer, u. a., Bern 1999, S. 36–40; Gutscher, Daniel: Historisches Ereignis und archäologischer Befund, in: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit 16, 2005, S. 9–14. 25 Gutscher, Daniel: Baumaßnahmen im Dominikanerkloster zum Papstbesuch, in: Beer u. a. 1999, wie Anm. 24, S. 317. 26 Suter, Peter S., Daniel Gutscher und Eva Roth: Auf Spurensuche, in: Aarberg, Porträt einer Klein­ stadt, Aarberg 1999, S. 62–114. 27 Porsche, Monika: Stadtmauer und Stadtentstehung, Hertingen 2000. 28 Albrecht 2004, wie Anm. 3. 29 Hall, Thomas: Mittelalterliche Stadtgrundrisse. Versuch eines Überblicks über die Entwicklung, Stockholm 1978 (=Antikvariskt arkiv 66).

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30 Mührenberg, Doris: Der Lübecker Markt, in: Dänen in Lübeck 1203–2003, hg. von Manfred Gläser, Lübeck 2003 (=Ausstellungen zur Archäologie in Lübeck 6), S. 79–82. 31 Rempel, Hans: Die Rolandstatuen, Darmstadt 1989. 32 Brátka, Petr: Tábor, Prag 1999 (=Historický atlas mest Česke republiky 7); Hejna, Antonin: Tá­ bor. Prag 1964. 33 Lorenc, Vilém: Das Prag Karls IV. Die Prager Neustadt, Stuttgart 1982; Nové Město pražské ve 14.–20. století. Prag 1998; Nové Město pražské 1348–1784. Ausst.-Kat. Prag 1998. 34 Müller, Arnd: Geschichte der Juden in Nürnberg 1146–1945, Nürnberg 1968 (=Beiträge zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg 12), S. 30–35; Daxelmüller, Christoph und Roland Flade: Ruth hat auf einer schwarzen Flöte gespielt. Geschichte, Alltag und Kultur der Juden in Würzburg, Würzburg 2005. 35 Mitchell, Paul: Synagoge und jüdisches Viertel im mittelalterlichen Wien, in: Synagogen, Mik­ wen, Siedlungen. Jüdisches Alltagsleben im Spiegel neuer archäologischer Funde, hg. von Egon Wamers und Fritz Backhaus, Frankfurt 2004 (=Schriften des Archäologischen Museums 19), S.  139–150; Pohanka, Reinhard: Der Judenplatz nach 1421, in: Perspektiven 2000, Heft 6/7, S. 37–41. 36 Codreanu-Windauer, Silvia: Das jüdische Viertel am Neupfarrplatz in Regensburg, in: Wa­ mers / Backhaus 2004, wie Anm. 35, S.  117–128; Der Neupfarrplatz. Brennpunkt, Zeugnis, Denkmalpflege (Regensburger Herbstsymposium zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege 1999). Regensburg 2002. 37 Gutscher, Daniel: „solich hus zu slissen sy dem kilchof zů gut“ – Bern entdeckt seine Freiräume, in: Beer u. a. 1999, wie Anm. 24, S. 82–87. 38 Burgmaier, Ralf: Der Freiburger Münsterplatz im Mittelalter, ein archäologisches Mosaik, in: Münsterblatt 3, 1996, S. 5–21. 39 Löbbecke, Frank: Das Haus „Zum Schönen Eck“ vor Wentzinger, in: Das Haus „Zum Schönen Eck“ in Freiburg i.Br. von Johann Christian Wentzinger (1710–1797), hg. von Sebastian Bock und Lothar A. Böhler, Freiburg 1996, S. 11–20, hier S. 16 f.

P l ä t z e u n d S t r a ß e n   I  71

E l l e n Wi d d e r

Der Herrscher in der Stadt Überle g u n g e n z u H a n d l u n g s o r t e n u n d H a n d l u n g s r ä u m e n Hein r i ch s V II. ( 1 3 0 8 –1 3 1 3 ) i n D e u t s c h l a n d u n d I t a l i e n

Der Zusammenhang zwischen öffentlichem Raum, Verfassung und Beurkundung lässt sich von Seiten der Geschichtswissenschaft aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Die in diesem Beitrag gewählte ist die des Herrschers in der Stadt unter Ausübung seiner „klassi­ schen“ Aktivität, nämlich der des Ausstellens von Urkunden bzw. der Beteiligung am Beur­ kundungsgeschäft. Als Protagonist für diese Studie wurde Heinrich VII. gewählt, einer der ersten spätmittelalterlichen deutschen Könige und erster römischer Kaiser nach dem Ende der Staufer. Er war der Begründer der Luxemburger als einer von drei spätmittelalterlichen deutschen Königsdynastien neben Habsburgern und Wittelsbachern. Sein Enkel Karl IV. und seine beiden Großenkel Wenzel und Sigmund folgten ihm mit Unterbrechungen als römisch-deutsche Herrscher.1 Bei seiner Königswahl Ende November 1308 war Heinrich etwa 30 Jahre alt, er starb keine fünf Jahre später. 2 Als König weilte er nur etwa zwei Jahre in Deutschland und brach im Herbst 1310 nach Italien zur Kaiserkrönung und Durchsetzung seiner Herrschaft in diesem Reichsteil auf. Der dreijährige Aufenthalt verlief dramatisch; Heinrich verlor im Süden seine Ehefrau Margarethe sowie seinen jüngeren Bruder Walram.3 Zwar gelang es ihm, am 6. Januar 1311 in Mailand zum König von Italien und am 29. Juni des Folgejahres in Rom zum Kaiser gekrönt zu werden. Es war die erste Kaiserkrönung seit 92 Jahren, doch sollte Italien für ihn zum Schicksal werden. Nach langen kriegerischen Aus­ einandersetzungen starb Heinrich VII. am 24. August 1313 in Buonconvento, einem klei­ nen Ort an der Via Francigena südlich der toskanischen Stadt Siena, ohne nach Deutsch­ land zurückgekehrt zu sein.4 Im Folgenden soll besonders der Aufenthalt in Italien in den Blick genommen werden. Dies hat verschiedene Gründe. Nicht nur für Kunsthistoriker ist die fortgeschrittene Urba­ nität der Apenninenhalbinsel um 1300 von besonderem wissenschaftlichem Interesse.5 In den Augen der Zeitgenossen handelte es sich beim deutschen König um den angehenden Kaiser, dem trotz seiner mehr als seltenen Anwesenheit in Italien im Rechtsdenken der Zeit eine hohe Autorität zukam und der seinen Anspruch auf Anerkennung auch einforderte.6 Dies führte in der stark differenzierten Staatenwelt der Apenninenhalbinsel häufig zu hefti­ gen politischen Erschütterungen, wie sie nicht nur für den Aufenthalt Heinrichs VII., son­ dern auch für seine Nachfolger zu beobachten sind.7 Doch sprechen darüber hinaus auch D e r H e r r sc h e r i n d e r S t a d t   I  73

überlieferungsimmanente Argumente für eine genauere Untersuchung der italienischen Verhältnisse, worauf weiter unten noch genauer eingegangen werden wird. Bevor das Quellenmaterial vorgestellt und diskutiert wird, sind zum besseren Verständ­ nis einige Vorbemerkungen zum Verhältnis Herrscher, Stadt und Urkundentätigkeit als geschichtswissenschaftliche Forschungsgegenstände nützlich. Addiert man das Begriffspaar Herrscher und Stadt, dann ergibt sich als Summe fast zwangsläufig der Begriff „Hauptstadt“ im Sinne von ‚der‘ Stadt des Herrschers bzw. der Herrscher in ‚seiner‘ Stadt. Das antike Rom wäre dafür ein Paradebeispiel, ebenso Konstantinopel, das „zweite Rom“ Kaiser Konstantins des Großen.8 Auch im Mittelalter kam es zur Bildung von Hauptstädten, denkt man an Paris oder London.9 Nur dem Heiligen Römischen Reich fehlte sie, obwohl das oben genannte Rom im Mittelalter weiter existierte und das Reich sogar seinen Namen trug.10 Doch haben sich spätmittelalterliche deutsche Könige und Kaiser nachweislich nur sehr selten dort auf­ gehalten und überdies meist sehr kurz. Rom war aufgrund der sogenannten Konstantini­ schen Schenkung die Stadt der Päpste. Sie blieb dies auch im 14. Jahrhundert, als die Nach­ folger Petri über Jahrzehnte im fernen Avignon residierten. Auch in dieser Phase hielten sie ihren Anspruch auf Rom aufrecht, untermauerten ihn auf theoretischer Ebene weiter und ließen ihn sich von den deutschen Königen, die zum Zweck der Kaiserkrönung nach Rom zogen oder dies planten und dafür das päpstliche Einverständnis benötigten, mehrfach auf­ wendig bestätigen.11 Der deutsche Herrscher galt ohnehin als ein seltener Gast südlich der Alpen, von der Kaiserkrönung ganz zu schweigen. Unter den fünfzehn deutschen Königen und Gegenkönigen zwischen 1273 und 1518 haben gerade einmal sechs die Kaiserkrone getragen. Es handelte sich dabei um Heinrich VII. (1312), Ludwig den Bayern (1328), Karl IV. (1355), Sigmund (1433), Friedrich III. (1452) und Maximilian I. (1508) – wobei erst letzterer auf die Krönung in Rom ganz verzichten konnte.12 Der römisch-deutsche Herrscher des Spätmittelalters beherrschte anders als sein fran­ zösischer oder englischer Kollege sein Reich nicht primär von seiner Hauptstadt, sondern regierte vom Sattel oder vom Reisewagen aus. Dies bedeutete aber, dass den aufgesuchten Orten und den dort vollzogenen Handlungen stets politische Bedeutung zukam.13 Die Gründe für die Reiseherrschaft sind vielfältig. Man könnte damit beginnen, dass sich seit dem 13. Jahrhundert im Reich die Wahlmonarchie endgültig durchsetzte. Dies stärkte die Königswähler, die Kurfürsten, die sichtlich kein Interesse daran entwickelten, eine Königs­ dynastie langfristig zu installieren und damit strukturell ihren eigenen Einfluss zu mindern.14 Mit als Konsequenz aus den springenden Königswahlen kam es zu keiner Ausbildung einer Hauptstadt, die mit einer Herrscherdynastie eng verknüpft gewesen wäre, sondern zu Tradi­ tionsorten wie Frankfurt als Stadt der Königswahl, Aachen als Stadt der Königs- und Rom als Stadt der Kaiserkrönung.15 Ein weiterer Punkt, der die Ausbildung einer Hauptstadt im deutschen Reich hemm­ te, war die unzureichende materielle Basis, von der das deutsche Königtum zehren musste. Diese Grundlage kann man in ihrer Struktur als archaisch bezeichnen. Noch im Spätmittel­ alter galt der Grundsatz, dass der König seine ‚Nahrung‘ aus seinem eigenen Gut zu bezie­ 74  I  Elle n W id d e r

hen habe.16 Dieses Gut war ursprünglich ländlich strukturiert, die hochmittelalterlichen Königspfalzen Zentren grundherrschaftlich organisierter Besitzkomplexe gewesen.17 Mit dem Städteboom ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts veränderte sich hier einiges; so zählten gerade die im 13. Jahrhundert neu entstehenden und vom Königtum geförder­ ten Reichsstädte zu den verlässlichsten Steuerzahlern des im Laufe der Zeit chronisch unter Geldmangel leidenden Herrschers.18 Allerdings wurden auch sie ab Ende des 13. Jahrhun­ derts vielfach zu Opfern des anwachsenden Missverhältnisses zwischen nicht ausreichender materieller Grundlage und vielfältigen Aufgabenbereichen des Königtums. Für die Finan­ zierung von Königsaufgaben musste stetig Reichsbesitz verpfändet werden, darunter oft die ertragreichen Reichsstädte. Verpfändungen sind an sich nichts Problematisches, fatal wurde es dadurch, dass selten die realistische Chance bestand, das ausgegebene Pfand auch wieder einzulösen.19 Zur strukturellen Schwäche des Königtums, bedingt durch Wahlprinzip und geringe materielle Substanz, kam ein drittes Problem hinzu. Peter Moraw hat vom überforderten deutschen König im Spätmittelalter gesprochen.20 Teil dieser Überforderung war die bereits angesprochene archaische Finanzgrundlage, die sich im Gegensatz zu anderen europäischen Reichen im deutschen Spätmittelalter auch nicht modernisieren ließ. So existierte keine allgemeine Steuer, kein auf den Monarchen orientierter, fiskalisch nutzbarer Instanzenzug im Rechtswesen und keine Verwaltung, die den herrscherlichen Willen vor Ort zu reprä­ sentieren und durchzusetzen in der Lage gewesen wäre.21 Gleichzeitig war das Reich rie­ sig, reichte von Schleswig bis nach Italien, von Cambrai bis nach Mähren und Schlesien. Herrschaft funktionierte damit nur auf konkret politische Art und Weise. Der König war gezwungen, sich vor Ort zu zeigen, somit permanente Bewegung grundlegendes Element der Herrschafts­praxis. Ein Blick in die Herrscherurkunden mit ihren rasch wechselnden Ausstellungsorten reicht, um sich davon einen Eindruck zu verschaffen.22 Überträgt man diese Angaben in eine Karte, dann lassen sich weitere Aussagen machen: Hier wird die Raumwirksamkeit offensichtlich und darüber hinaus interpretierbar. So fallen regionale Schwerpunkte auf, ferner Orte erhöhter Besuchsfrequenz, aber auch die Zonen, in die der König nicht vordrang.23 Die für fast alle mittelalterlichen römisch-deutschen Herrscher vorliegenden Itinerarkarten zeigen, dass hier ein traditioneller Bereich der For­ schungsgeschichte zum deutschen Königtum berührt wird. Es handelt sich um die soge­ nannte Itinerarforschung.24 Sie wurde ursprünglich entwickelt, um der Urkundenlehre als Kontrolle und Korrektiv für Fälschungen zu dienen. Grund dafür ist die Tatsache, dass Urkunden bis auf den heutigen Tag ein Datum samt Ortsangabe aufweisen. So konnten Stücke, bei denen eklatante ‚Ausreißer‘ bei Ort und Datum auftraten, relativ leicht in Fäl­ schungsverdacht geraten. Gleichzeitig hat die Erforschung der Herrscheritinerare aber die Kenntnisse über Herrschaftspraxis und Herrschaftsschwerpunkte der spätmittelalterlichen deutschen Könige wesentlich erweitert. Anders als in England und Frankreich wurde in Deutschland nicht der König, son­ dern die Fürsten und kleinere Territorialherren zu Gewinnern im Spiel der Mächte. Auch D e r H e r r sc h e r i n d e r S t a d t   I  75

die materielle Grundlage der Königsmacht selbst „territorialisierte“ sich im spätmittel­ alterlichen deutschen Reich, d.h. der jeweilige Monarch schöpfte mit dem zunehmenden Schwund des Reichsgutes seine Ressourcen vornehmlich aus seiner eigenen Hausmacht, d.h. dem eigenen Territorialbesitz.25 Oder anders formuliert: Von der materiellen Basis her standen dem König grundsätzlich keine anderen Ressourcen zur Verfügung als den übrigen Fürsten im Reich, im Gegensatz zu ihnen hing an ihm aber die gesamte Reichsverwaltung und Reichspolitik mit Friedewahrung, Rechtsprechung, Schutz und weiteren Herrschafts­ aufgaben. Die Fürsten gewannen so gegenüber dem König strukturelle Vorteile, da sich ihre Aufgabenschwerpunkte vornehmlich auf das eigene Herrschaftsgebiet konzentrierten. Hier waren echte Modernisierungen möglich, wie sie die im Laufe des Spätmittelalters kontinu­ ierlich voranschreitende Territorienbildung darstellte, d.h. die Ausbildung von Herrschaft über ein Gebiet und nicht mehr wie zuvor über Personen.26 Daher ist es auch kein Zufall, dass sich in den landesherrlichen Territorien Hauptstädte herausgebildet haben. Für sie hat man in der Forschung den Begriff der Residenz geprägt. Für das Spätmittelalter handelt es sich dabei im Allgemeinen um Städte, im Gegensatz zu den hochmittelalterlichen Pfalzen. Diese Residenzen werden zwar (noch) nicht als perma­ nente Herrschaftssitze definiert, wohl aber als Orte gehäufter Herrscherpräsenz. Neben die­ ser Präsenz geht man seit den grundlegenden Arbeiten von Hans Patze davon aus, dass sie eine gewisse Grundausstattung besessen haben wie z. B. eine repräsentativ ausgebaute Burg, eine Grablege der Herrscherdynastie, ein Kollegiatstift als Rekrutierungs- und Versorgungs­ institution für das schriftkundige Verwaltungspersonal und ab der Mitte des 14. Jahrhun­ derts u. U. eine Universität für vergleichbare Aufgabenbereiche.27 Die „Territorialisierung“ der materiellen Basis des deutschen Königtums hat aber indi­ rekt doch zur Ausbildung von Hauptstädten geführt, zumal der Kreis der „königsfähigen“ Geschlechter mit Habsburgern, Wittelsbachern und Luxemburgern in den 200 Jahren zwi­ schen 1300 und 1500 faktisch sehr klein blieb. Damit hatten deren landesherrliche Resi­ denzen bzw. traditionelle Hauptorte eine echte Chance, hauptstadtähnlichen Charakter anzunehmen. Ein Paradebeispiel hierfür ist Prag. Durch die 1310 erfolgte Erwerbung des Königreichs Böhmen durch die Luxemburger über Einheirat und Belehnung konnte dieses ursprünglich im Westen des Reiches beheimatete Geschlecht hier an ältere Königstraditio­ nen anknüpfen. In der Jahrzehnte währenden Herrschaftszeit Karls IV. (1346 – 1378) fun­ gierte Prag als veritable „Reichshauptstadt“. Vorbild für Prag war Paris, das Karl IV. (*1316) seit seiner am französischen Königshof verbrachten Kindheit kannte.28 Betrachtet man das Thema Herrscher und Stadt unter forschungsthematischen Aspek­ ten, dann lässt sich in den letzten Jahren in der Geschichtswissenschaft ein wiedererwachtes Interesse an Herrschaftssymbolik konstatieren.29 Verbunden mit dem Forschungsfeld der zeremoniellen bzw. symbolischen Kommunikation ist ihr verstärkte Aufmerksamkeit zuteil geworden.30 Unmittelbar ins Zentrum dieses Frageansatzes zielt die Erforschung des Herr­ scherzeremoniells. Besonders der so genannte Adventus, d.h. der feierliche Empfang des Herrschers in den von ihm besuchten Städten, geriet hierbei in den Fokus.31 Mit dem ange­ 76  I  Elle n W id d e r

messenen Empfang wurde nicht nur Ehrerbietung ausgedrückt, sondern auch weit darüber hinausgehend politische Akzeptanz oder stärker noch: Unterwerfung unter die Autorität des Herrschers. Es verwundert kaum, dass ein Großteil der Herrscherempfänge überliefern­ den Schriftquellen aus der städtischen Sphäre stammt, ging es doch hier um Anerkennung von Stadtherrschaft und weiterer daraus resultierender Ansprüche. Der Adventus war häufig Gegenstand zäher Verhandlungen, noch bevor der Herrscher die Stadt erreichte. Blickt man in die bildliche Überlieferung, dann spielten sich die entscheidenden Momente am Stadttor ab, d.h. am Grenzbereich zwischen Stadt und Umland.32 Zu Itinerar und Adventus liegt inzwischen eine Reihe von Untersuchungen vor.33 Dahinter zurück tritt bislang die Frage, was der Herrscher in den Städten, die er besuchte, eigentlich tat, wenn das Empfangszeremoniell vorüber war? Wo hielt er sich auf, welche Handlungsspielräume besaß er? Wo fanden die „Spektakel der Macht“ statt? Dies im Ein­ zelfall zu klären, wurde bislang kaum unternommen. Erkenntnismöglichkeiten hierzu bie­ ten vorrangig die Schriftquellen. Dabei besteht allerdings ein gravierendes quellenkritisches Problem: Auch noch im Spätmittelalter überliefern Quellen nicht unbedingt die Infor­ mationen, die sich Historiker wünschen.34 Gerade die historiographischen Texte neigen dazu, sich nicht mit „Selbstverständlichkeiten“ aufzuhalten. So wird selbst der zeremonielle Herrscherempfang von den Chronisten meist nur mit dürren Worten erwähnt, z. B. „der König (bzw. Kaiser) wurde in den üblichen Formen feierlich empfangen“. Den Rest, d.h. den hier wohl anzunehmenden Herrscher-Adventus, darf man sich hinzudenken. Auch zu den Aufenthaltsorten erfahren wir aus der Historiographie meist nur etwas, wenn sich dort Besonderes ereignete. Dies konnte die unerwartete, mit quasi-archäologischen Methoden durchgeführte Suche des Herrschers nach Reliquien sein, wie im Falle Karls IV. 1368 für Mantua überliefert,35 aber auch ein Attentat36 oder die Angabe, welcher Großbürger es sich nicht nehmen ließ, das Reichsoberhaupt auf eigene Kosten zu beherbergen.37 In jedem Fall haben wir es mit Problemen bei der Quelleninterpretation und der Verifizierung von Hand­ lungsorten zu tun, wie es die Bearbeiter einschlägiger Publikationen zu Heinrich VII. auch verschiedentlich ansprechen.38 Daher wurde in dieser Studie ein anderer Weg gewählt. Ein „objektiveres“ Kriterium bilden hingegen die Angaben in Urkunden. Es war oben bereits angeklungen, dass Urkunden bis heute nicht nur ein Ausstellungsdatum, sondern meist auch einen Ausstellungsort tragen. Manchmal wird der Ort der Rechtshandlung (das sog. actum) weiter präzisiert, doch ist dies bei den ‚klassischen‘ Herrscherurkunden leider die Ausnahme.39 Urkunden müssen natürlich ebenso wie die erzählenden Texte quellenkritisch bewertet werden. Anders als jene besitzen sie aber rechtliche Relevanz und wurden meist sehr zeitnah am beurkundeten Geschehen von Rechtsexperten konzipiert bzw. beglaubigt. Stichproben belegen zudem, dass ihre Fälschungsquote im Spätmittelalter gering, wenn nicht gar vernachlässigbar ist.40 Wir besitzen damit eine relativ hohe Gewähr, dass die Orts­ angaben zuverlässig sind, auf jeden Fall zuverlässiger als die in der Historiographie. Der Ort des beurkundeten Rechtsgeschäftes ist auch für die Fragestellung dieses Sam­ melbandes von besonderer Relevanz. Da Rechtsmaterien einen hohen Grad an Publizität D e r H e r r sc h e r i n d e r S t a d t   I  77

beanspruchten, waren die Orte, an denen gehandelt wurde, von Belang. Von daher lohnt es sich, sie genauer zu betrachten und vergleichend zu untersuchen. Die gesamte Urkundenüberlieferung zu Heinrich VII. ist bislang nur in einer älteren Sammlung in Form von Regesten41 systematisch erfasst. Während für 1308, das erste Jahr von Heinrichs Königsherrschaft, seit kurzem eine moderne Bearbeitung vorliegt,42 besteht die Grundlage für die restliche, in Deutschland und Italien verbrachte Zeit immer noch aus der inzwischen über 160 Jahre alten Sammlung der Herrscherregesten von Johann Friedrich Böhmer.43 Eine kritische Edition wichtiger Stücke liegt in den Monumenta Germaniae His­ torica jedoch vor.44 Ergänzend hierzu wurden eigene Recherchen gedruckten Urkunden­ materials vorgenommen. Im Folgenden sollen die Angaben zu Aufenthaltsorten in bzw. bei Städten, die sich in den Urkunden Heinrichs VII. finden lassen, vorgestellt werden. Es wer­ den dabei sowohl diejenigen Diplome berücksichtigt, die Heinrich VII. selbst ausgestellt hat, als auch diejenigen Notariatsinstrumente, bei deren Ausstellung er gesichert anwesend bzw. beteiligt war. Bei der Durchsicht und Analyse des Materials gab es die ersten Überra­ schungen. So finden sich in den durch die königliche bzw. kaiserliche Hofkanzlei ausgestell­ ten Urkunden, d.h. den klassischen Herrscherurkunden, bei denen Heinrich VII. als Urkun­ denaussteller auftrat, bis auf seltene Ausnahmen keine Angaben, die über die Nennung der Stadt, in der sich das Urkundengeschäft ereignete, hinausgehen und den Ort innerhalb der Stadt präzisieren.45 Dazu ist zu sagen, dass der Großteil der Urkunden in Städten ausgestellt wurde, während der ländliche Raum als Beurkundungsort eine zu vernachlässigende Rolle spielte.46 Diese Praxis wurde lediglich in Zeitphasen durchbrochen, in denen sich Heinrich VII. auf seinen zahlreichen Feldzügen und Belagerungen befand. Die lange und schließ­ lich erfolgreiche Belagerung der lombardischen Stadt Brescia schlug sich in einer Fülle von Ortsangaben in castris ante Brixiam nieder. Gemeint ist hier das Heerlager vor der Stadt.47 Nur selten folgt eine weitere Präzisierung: Am 20. Juni 1311 wurde der Gerichtsspruch gegen Tebaldo dei Bruschiati aus Brescia, den Heinrich wegen Aufrührerschaft angeklagt hatte, in einem Notariatsinstrument festgehalten. Dies vermerkte als Handlungsort den Bal­ kon des Hauses im Heerlager vor Brescia, in dem der König wohnte.48 Am 23. September desselben Jahres ist in einer Urkunde Heinrichs VII. zwar erneut vom Heerlager die Rede, doch mit den Zusatz in loco habitationis nostre.49 Zwar nicht als Ausstellungsort, wohl aber aus einer späteren Urkunde Heinrichs erfährt man, dass er anlässlich der Belagerung von Brescia in einer Mühle logierte. In dieser Urkunde gab er am 25. Januar 1312 von Genua aus den Befehl, den Ort in ein Zisterzienserkloster umwandeln zu lassen.50 Anlässlich von Heinrichs langwierigen Auseinandersetzungen mit Florenz in der zweiten Jahreshälfte 1312 erfährt man aus einem von ihm in Auftrag gegebenen Notariatsinstrument vom 26. Dezem­ ber 1312, dass die Beurkundung im kaiserlichen Heerlager bei San Casciano, in einem Haus, das de Bonfillazis hieß, getätigt wurde.51 Wesentlich auskunftsfreudiger für unsere Fragestellung als die Herrscherurkunde ist ein anderer Urkundentyp, das Notariatsinstrument bzw. die Notariatsurkunde.52 Im Gegensatz 78  I  Elle n W id d e r

zu Deutschland, wo das öffentliche Notariatswesen in nachantiker Zeit erst seit dem späten 13. Jahrhundert wieder heimisch wurde, hatte sich diese Form des Urkundenwesens, das von öffentlich beglaubigten Rechtspraktikern geführt wurde, in Italien vielleicht seit der Antike, sicher aber seit dem Frühmittelalter gehalten.53 So wurden in der städtischen Welt Italiens die meisten Rechtsakte von öffentlichen Notaren beurkundet. Diese unbesiegelten Notariatsurkunden mussten bestimmte Formalia enthalten, die für die Rechtsgültigkeit eine wesentliche Rolle spielten. Hierzu gehörten die Angabe des Datums und die Nennung des amtierenden Papstes und/oder Kaisers, ferner die präzise Benennung der Parteien und Zeu­ gen, die Unterschrift des Notars mit seinem Notarszeichen sowie die spezifizierte Angabe des Handlungsortes.54 In der Interaktion zwischen Herrscher und Städten, aber auch mit anderen italienischen Mächten und einzelnen Personen oder Gruppen kam es zu einer Rei­ he von Verträgen, Gerichtsurteilen und sonstigen Rechtsakten, die in Urkunden mündeten, die nicht aus der Hofkanzlei, sondern von öffentlichen Notaren stammten.55 Diese Urkun­ den erwiesen sich in den Fällen, in denen darin die aktive Rolle bzw. die Anwesenheit des Reichsoberhauptes bezeugt war, für die Frage nach seinen Handlungsorten schließlich als wesentlich aussagekräftiger als die Herrscherurkunden selbst. Von daher werden die Notari­ atsurkunden in der folgenden Untersuchung eine zentrale Rolle spielen.56 Doch zuvor sollen am Beispiel von Deutschland die Auswirkungen dieser unterschiedli­ chen Urkundenpraxis nördlich und südlich der Alpen aufgezeigt werden, da sie den Befund stark beeinflussen. Für die kaum zwei Jahre währende Königszeit Heinrichs VII. in Deutsch­ land finden sich nur vier urkundlich gesicherte Angaben zu spezifizierten Beurkundungsor­ ten innerhalb von Städten. Dem stehen über 90 Nachweise für die knapp drei Jahre in Italien gegenüber. Bezeichnenderweise handelt es sich bei dem ersten Nachweis für Deutschland um ein Notariatsinstrument, das die Wahl des Grafen Heinrich von Luxemburg zum deut­ schen König am 27. November 1308 in Frankfurt am Main beurkundete und für den damals in Avignon residierenden und mit den italienischen Beurkundungstraditionen vertrauten Papst bestimmt war. Die Urkunde wurde am Wahltag in Anwesenheit des Elekten im Frank­ furter Dominikanerkloster vom öffentlichen Notar Arnold von Pütz (de Puteo) ausgestellt.57 Aus der Narratio einer anderen, wenige Tage nach Heinrichs Krönung ausgestellten König­ surkunde erfährt man, dass er am 11. Januar 1309 zu Köln im Palast des Kölner Erzbischofs in Anwesenheit vieler Fürsten, Lehnsleute und anderer Getreuer des Reiches den Grafen Robert von Flandern belehnte.58 In Zürich gab Heinrich VII. am 1. Mai 1310 im Haus der Minderbrüder (in domo fratrum Minorum) dem Abt und Konvent des Benediktinerklos­ ters Sankt Gallen die Stadt Wyl zurück, die sein Vorgänger, König Albrecht, für das Reich reklamiert hatte.59 Am 24. Juli desselben Jahres hielt Heinrich in Frankfurt am Main „im Haus der Brüder des heiligen Antonius“, d.h. der örtlichen Antoniterniederlassung, eine Gerichtssitzung ab.60 Damit enden die Angaben zu deutschen Städten, die übrigen Angaben betreffen aus­ nahmslos Italien. Hinzuzufügen wäre noch, dass die in Notariatsurkunden überlieferten herrscherlichen Beurkundungs- bzw. Rechtshandlungsorte trotz ihrer im Vergleich zu den D e r H e r r sc h e r i n d e r S t a d t   I  79

klassischen Königs- bzw. Kaiserurkunden verhältnismäßig geringen Überlieferungszahl eine große Streuung aufweisen. Sichere Nachweise besitzen wir für die Städte Frankfurt am Main, Köln, Zürich, Chieri, Asti, Vercelli, Mailand, Lodi, Cremona, Brescia, Soncino, Genua, Pisa, Rom, Tivoli, Cortona und das kleine Monteimperiale in der Toskana. In die hier vorgelegte Untersuchung flossen etwa 100 Urkundenbelege ein. Dabei ist unverkennbar, dass sich die politischen Rahmenbedingungen, in denen Heinrich jeweils handelte, auch auf die Beur­ kundungs- und Handlungsorte auswirkten. Doch soll dies in diesem Kontext nur am Rande interessieren. Im Folgenden sollen die ermittelten Befunde unter verschiedenen Kriterien systematisch ausgewertet werden. Zum einen soll eine Typologie der innerstädtischen Orte entworfen und diese in Zusammenhang mit den jeweiligen Rechtsakten gestellt werden. Darüber hinaus erscheint die Frage von Interesse, ob es verschiedene Grade an Öffentlich­ keit gegeben hat und wie sich diese in die politischen Rahmenbedingungen einfügten. Stätten größter Öffentlichkeit lagen unter freiem Himmel. Es handelte sich hierbei um innerstädtische öffentliche Plätze. Als Heinrich VII. im Jahre 1311 die lombardische Stadt Cremona nach mehrtägiger Belagerung eingenommen hatte, hielt er Gericht über die rebel­ lische Kommune. Das Urteil fällte er am 10. Mai in ‚seinem großen, vor der Hauptkirche der Stadt gelegenen Palast‘. Verkündet wurde es dann vor Zeugen dem auf dem Platz vor der Kathedrale versammelten Popolo (presente populo civitatis predicte).61 Am selben Tag leistete die Bürgergemeinde, die sich vor dem Palazzo dem Brauche entsprechend durch Ausrufer und Glockengeläute zusammengerufen versammelt hatte (subtus dictum palatium voce pre­ conia campaneque sonitu congregata), durch einen Syndikus dem König den Treueeid.62 Ähn­ lich verlief es in der Stadt Brescia, die sich nach mehrmonatiger Belagerung am 5. Septem­ ber 1311 auf Gnade und Ungnade in die Gewalt Heinrichs VII. begeben hatte. Sie erfuhr ihr Strafgericht am 1. Oktober desselben Jahres. Die darüber ausgestellte Notariatsurkunde berichtet, dass der Urteilsspruch durch den König erging und der Öffentlichkeit durch Ver­ lesen mitgeteilt wurde. Heinrich VII. saß während des Tribunals und bei der Urteilsverkün­ digung auf einem Balkon ‚seines‘ Palazzos (ante palatium ipsius domini regis, super ballatorio ipsius palatii), unter ihm hatten sich auf dem Stadtplatz die Bürger, herbeigerufen durch Ausrufer und den Klang der Glocken, zur öffentlichen Versammlung eingefunden.63 Etwa sechs Wochen später erfährt man aus einem Notariatsinstrument, dass der Syndikus von Genua dem König am 14. November 1311 in Stellvertretung für seine Stadt vor genann­ ten Zeugen auf der Piazza Sarzano (Ianue in platea Sersani) den Treueeid leistete.64 Der am südöstlichen Rand der Altstadt von Genua gelegene Platz, der noch heute diesen Namen trägt, war der übliche Ort für Bürgerversammlungen.65 Dort hatte sich eine große, aus Adeli­ gen und Popolaren bestehende Menschenmenge eingefunden, die nach Wortlaut des Notari­ atsinstrumentes durch öffentliche Ausrufer und Glockengeläute dem Brauche entsprechend zusammengerufen worden war. Am selben Tag und Ort wurde in Gegenwart des Königs ein als Arengo bezeichnetes Generalparlament abgehalten, auf dem die politischen Führer der Stadt, Guillelmo Fiesco und Obizzo Spinola, mit lauter Stimme alle Herrschaftsrechte dem König übertrugen und den Bürgern die Wünsche des Herrschers verkündet wurden.66 80  I  Elle n W id d e r

In den folgenden Wochen kam es zu Verhandlungen zwischen Heinrich und den kon­ kurrierenden politischen Parteien Genuas mit dem Ziel einer Beilegung der bestehenden innerstädtischen Spannungen. Der Ausgleich vollzog sich am 22. November 1311 in einer öffentlichen Versammlung, die auf dem Platz vor der Kirche San Lorenzo (in platea ante ecclesiam sancti Laurencii) stattfand. Dort war – so das darüber ausgefertigte Notariatsins­ trument – in den üblichen Formen durch Ausruf und Glockengeläute wieder ein General­ parlament des genuesischen Popolo, Arengo genannt, einberufen worden, worauf sich ein großer Teil der Bürgerschaft, bestehend aus Adeligen und Popolaren, versammelt hatte.67 Bei dem hier ohne weitere Beifügungen lediglich als St. Laurentiuskirche bezeichneten Got­ teshaus handelte es sich um Kathedrale San Lorenzo.68 Auf dem gleichen Platz fand am selben Tag auch die feierliche Kassierung der Verträge zwischen Genua und König Karl von Sizilien statt.69 Im Frühjahr des darauffolgenden Jahres 1312 hielt sich Heinrich VII. in Pisa auf, wo er am 17. März auf einem Generalparlament (parlamentum generale) in Anwesenheit der versammelten pisanischen Bürgerschaft die Amtszeit und den Treueschwur der neuen Anzi­ anen von Pisa notariell beurkunden ließ. Ort des Geschehens war der Platz vor der der Jung­ frau Maria geweihten Hauptkirche der Stadt,70 d. h. der Platz vor der Kathedrale auf dem heute als Piazza dei Miracoli bekannten Gelände. Noch mehrere Male hört man in der urkundlichen Überlieferung von Plätzen als Hand­ lungsorten. Am Heiligabend des Jahres 1311 verhängte Heinrich den Bann über die Stadt Florenz. Das Ganze ereignete sich nach vorausgegangener Gerichtsverhandlung in Anwe­ senheit des Königs auf dem Platz der Predigerbrüder außerhalb der Mauern Genuas. Er lag – auch dies erfährt man aus der Urkunde – zwischen den Konventshäusern der Brüder und war vom Dormitorium, dem Krankensaal, der öffentlichen Straße und einem Wasserbecken umgeben, von wo aus es in den Konventsgarten ging.71 Der heute verschwundene Gebäude­ komplex lag im Osten der Altstadt.72 Am 12. Februar 1313 hielt Heinrich VII. als Kaiser auf der Piazza von Monteimperiale Gericht über König Robert von Neapel. Ob es sich bei diesem Ort damals allerdings um eine Stadt gehandelt hat, ist fraglich: Er wurde in der Urkunde als terra, d.h. als eine Sied­ lung geringerer Kategorie, bezeichnet.73 Interessanterweise ist in diesem Fall auch nicht von einer größeren Öffentlichkeit die Rede, jedenfalls erwähnt die Urkunde nichts davon. Wohl aber erschien es wichtig, dieses Gerichtsverfahren unter freiem Himmel öffentlich, d.h. auf einem Platz, abzuhalten.74 Ebenfalls unter freiem Himmel fand am 26. April ein weiteres Tribunal über König Robert von Sizilien statt, in dem Heinrich ihn verschiedener schwerer Straftaten gegen Kaiser und Reich schuldig sprach. Der Bann- und Urteilsspruch wurde von zwei öffentlichen Notaren in Anwesenheit Heinrichs beurkundet. In dem Dokument heißt es, dies hätte sich in Pisa auf dem öffentlichen Platz vor dem Gästehaus des edlen Herrn Ranerius (Neri), Grafen von Donoratico, in dem der Kaiser wohnte, zugetragen in Anwe­ senheit einer zahllosen Menge an Personen von dies- und jenseits des Gebirges, bestehend aus Magnaten, Adeligen und – hier offenbar als Besonderheit – auch aus Popolaren.75 D e r H e r r sc h e r i n d e r S t a d t   I  81

Unter freiem Himmel gab es aber auch Orte, die abgeschiedener lagen. Im Garten der franziskanischen Minderbrüder in Tivoli entstand am 1. August 1312 ein Notariatsinstru­ ment, in dem Heinrich gegen den Waffenstillstand mit König Robert von Sizilien, den ihm der Papst verordnet hatte, protestierte.76 Nach diesem Überblick über Plätze und andere Orte unter freiem Himmel muss man nach weiteren, einer größeren Öffentlichkeit zugänglichen Beurkundungsorten fragen. Hier wären an erster Stelle Kirchen zu nennen. Schon die frühesten Nachweise stehen in Zusam­ menhang mit Ereignissen, die für Heinrichs Königtum von entscheidender Bedeutung waren, nämlich Wahl und Krönung. Am 27. November 1308 wurde er im Dominikaner­ konvent zu Frankfurt am Main zum deutschen König gewählt und im Anschluss daran in die Kirche geführt, wo die Wahl dem dort versammelten Klerus und Volk feierlich verkün­ det wurde.77 Dies berichtet ein Notariatsinstrument, das noch am selben Tag im Konvent ausgestellt wurde, um Papst Clemens V. in Avignon über die Wahl zu informieren. Gut zwei Jahre später wurde Heinrich am 6. Januar 1311, dem Dreikönigstag, in der Ambrosiuskirche (Sant’Ambrogio) zu Mailand mit der Eisernen Krone zum König von Italien gekrönt. Dies­ mal war es nicht die Meldung an den Papst, sondern ein Streit um das Krönungszeremo­ niell, dem wir die Nachricht verdanken, dass die Kirche auch als Beurkundungsort diente. Während der Krönung war ein Disput zwischen den Bischöfen von Vercelli und Brescia über die Frage ausgebrochen, wem der Vortritt gebühre. Heinrich VII. entschied zugunsten des Ersteren, was an Ort und Stelle notariell beglaubigt wurde.78 In derselben Kirche wurde Monate später, am 19. April 1311, zwischen Heinrich und den Abgesandten des Papstes die Verschiebung des Termins für die Kaiserkrönung auf Mitte August des Jahres vereinbart und vor Ort von vier öffentlichen Notaren schriftlich fixiert.79 Nur wenige Tage später verließ Heinrich Mailand und begab sich auf den langen Weg nach Rom. Im lombardischen Lodi nahm er am 22. April laut Aussage eines Notariatsins­ trumentes durch den Juristen und städtischen Bevollmächtigten Lorenzo de Luviraca den Treueeid der Stadt entgegen. Dies geschah in der Hauptkirche der Stadt in Anwesenheit des königlichen Hofstaates und der durch Rufe und Glockengeläute versammelten Bür­ gerschaft. Ausdrücklich vermerkt das Schriftstück, dass diese Form der Versammlung dem Brauche entsprach (prout moris est).80 Am 6. August 1312 diente die Kirche des Franziska­ nerkonventes in der westlich von Rom gelegenen Stadt Tivoli als Ort für Urkundenhand­ lungen und für die öffentliche Verlesung einer Stellungnahme des Kaisers.81 Den letzten diesbezüglichen Nachweis liefert Pisa mit seiner Dominikanerkirche. Dort nahm Heinrich am 4. August 1313 Guecelin von Camino, Grafen von Ceneda und Statthalter von Feltre und Belluno, sowie einen weiteren Angehörigen wieder in Gnaden auf.82 Neben Kirchen liegen zwei Nachweise für Kapellen vor. In der Kapelle des Klosters Sant’Andrea zu Vercelli löste Heinrich VII. am 18. Dezember 1310 die exilierten Einwohner der Stadt aus der Verbannung.83 Die dazu notwendigen Vorverhandlungen waren im selben Kloster am 15. Dezember geführt worden.84 In Pisa ließ Heinrich am 11. April 1312 die Bannsentenz gegen die rebellischen Städte Lucca, Siena, Parma und Reggio in Form eines 82  I  Elle n W id d e r

Notariatsinstrumentes publizieren. Das Ganze trug sich – laut Urkundentext – im Beisein einer großen Zahl pisanischer Bürger und sonstiger aus italienischen Gebieten Stammender sowie vom König Herbeigerufener in der St. Ägidienkapelle unter der Loggia des Garten­ hauses von Gerardo und Bonaccorso Gambacorta zu (sub logia domus viridarii Gherardi et Bonacursi Ganbacurte in capella sancti Egidii).85 Neben Kirchen und Kapellen dienten Klöster dem Herrscher als Ort für Rechtshand­ lungen. Dies betraf Bettelordenskonvente ebenso wie traditionelle Benediktinerklöster. Wie schon erwähnt, wurde Heinrich VII. im Frankfurter Dominkanerkonvent zum deutschen König gewählt. 86 Am 1. Mai 1310 gab er im Züricher Franziskanerkonvent (in domo frat­ rum Minorum) dem Abt und Kloster von Sankt Gallen die im Thurgau gelegene Stadt Wyl zurück, die sein Vorgänger, König Albrecht, an das Reich gezogen hatte.87 Am 24. Juli 1310 hielt Heinrich zu Frankfurt eine Gerichtssitzung ab, die‚ im Haus der Brüder des heiligen Antonius’ (in domo fratrum sancti Antonii) stattfand.88 Man darf sich Fragen, welches Klos­ ter damit gemeint ist, da Frankfurt im Spätmittelalter gar keine Antoniterniederlassung besaß. Möglicherweise die im benachbarten Höchst, da Heinrich wenige Tage später, am 30. Juli, dort urkundete.89 Im oberitalienischen Vercelli kam es – wie ebenfalls bereits ange­ sprochen – am 15. Dezember 1310 unter dem Vorsitz des Königs zur schiedsrichterlichen Beilegung eines Streites unter den verschiedenen Bürgerfraktionen. Ort der Handlung war das „Haus des Heiligen Andreas“. Gemeint war das im frühen 13. Jahrhundert gegründete Kloster Sant’Andrea.90 Die Lossprechung der Verbannten geschah drei Tage später an einem anderen Ort, nämlich in der Klosterkapelle.91 Im Mai 1311 ließ Heinrich im Kloster San Lorenzo vor den Toren der Stadt Cremona urkunden. Am Monatsdritten präsentierte dort der Gesandte der Kommune Soncino seine Vollmacht, dem König im Namen seiner Stadt den Treueeid zu leisten,92 was noch am selben Tag an Ort und Stelle geschah.93 Am 8. März wurde im selben Kloster ein Notariatsinstrument über einen Freundschaftsvertrag zwischen dem französischen König, dem Grafen von Flandern und Heinrich VII. aufgesetzt.94 Blickt man auf die weltlichen öffentlichen Großbauten, dann fällt der Blick auf die Rathäuser in Deutschland und die Palazzi Comunali bzw. Palazzi del Popolo Italiens. Im Gegensatz zu Deutschland, wo gesicherte Nachweise fehlen, sind solche Bauten für die Zeit Heinrichs VII. in Italien als Beurkundungsorte überliefert. Doch muss man hierbei differenzieren, soweit dies möglich ist. Es existieren Angaben, die nur das Bauwerk nen­ nen, aber auch solche, die konkrete Räume innerhalb des Gebäudes angeben. Interessant ist die Schnittstelle zwischen Außen und Innen bei der Interaktion zwischen Herrscher und städtischer Öffentlichkeit. In Cremona wurde der, als des Königs großer Palast gelegen vor der Hauptkirche der Stadt (in suo palatio maiori Cremone ante maiorem ecclesiam dicte civi­ tatis) bezeichnete Bau der Ort, an dem Heinrich Gericht über die rebellische Kommune hielt. Das Urteil wurde am 10. Mai 1311 gefällt und vor Zeugen in Anwesenheit des städ­ tischen Popolo verkündet, der sich auf dem Platz davor versammelt hatte.95 Dass es sich dabei um den Kommunalpalast handelte, geht aus einem weiteren Notariatsinstrument vom gleichen Tage hervor, das den feierlichen Treueeid bezeugte, den die Cremonesen durch D e r H e r r sc h e r i n d e r S t a d t   I  83

einen Syndikus dem König leisteten. Heinrich befand sich dabei auf dem ‚großen Palast, der der Palast der Kommune von Cremona genannt wurde‘.96 Selbstverständlich mutierte das Bauwerk in dem Augenblick, als der König seine Herrschaft vor Ort durchgesetzt hatte, zu ‚seinem‘ Palast. Auf dem Platz vor dem Palazzo hatte sich die gesamte, durch Ausrufer und Glockengeläute zusammengerufene Bürgergemeinde versammelt.97 Im September des dar­ auffolgenden Jahres weilte Heinrich VII. im südtoskanischen Cortona. Auf der Loggia vor dem Palazzo del Popolo entstand am 6. September 1312 ein Notariatsinstrument, das die Unterwerfung der Stadt und ihres Landgebietes unter den Kaiser bezeugte.98 Lagen die Loggien der Palazzi Comunali bzw. del Popolo noch auf der Schnittstelle zwi­ schen Innen und Außen, so zeugen folgende Angaben von Innenräumen. Am 31. März 1311 hatte Heinrich ‚im alten Kommunalpalast zu Mailand‘ (in palacio veteri comunis Mediolani) die dort versammelten Vertreter der Städte Pavia, Novara und Vercelli aufgefordert, ihm bin­ nen einer Frist mit jeweils zehn Gesandten den Treueeid zu leisten.99 Wo sich dieser Vorgang genau abspielte, erfährt man aus diesem Beispiel nicht, dafür sind andere Notariatsurkunden in den Ortsangaben präziser. Im Saal des alten mailändischen Kommunalpalastes leisteten am 28. Januar 1311 die genuesischen Gesandten dem König den Huldigungseid.100 Am 19. März desselben Jahres fand der feierliche Treueeid der pisanischen Bevollmächtigten und die anschließende Belehnung der Stadt Pisa im ‚ausgemalten Saal des Palazzo Comu­ nale von Mailand statt‘ (in civitate Mediolani in palatio comunis Mediolani, in aula picta dicti palatii). Zu fragen wäre, welcher Palazzo damit gemeint ist; möglicherweise wieder der alte Palazzo Comunale, da in einer zweiten Fassung des Notariatsinstrumentes dezidiert von ihm die Rede ist.101 Wiederum einen knappen Monat später, am 17. April 1311, empfing Heinrich VII. die Abgesandten des Papstes, die das päpstliche Plazet samt Termin für die Kaiserkrönung überbrachten, zunächst im königlichen Saal des oben genannten Palastes (in aula regia palatii supradicti).102 Es fällt auf, dass neben den Sälen in den Palazzi Comunali überdurchschnittlich oft eine ‚Kammer‘ des Herrschers als Beurkundungsort erwähnt wird. Am 30. Dezember 1310 wur­ de der durch Heinrichs Vermittlungstätigkeit erzielte Ausgleich der Spannungen zwischen den Städten Bergamo und Mailand im Kommunalpalast von Mailand in der ‚Kammer des Herrn König‘ (in camera dicti domini regis) beigelegt.103 Etwa zwei Wochen später bewillig­ te Heinrich am 12. Januar 1311 am gleichen Ort dem Markgrafen von Monferrat, Urlaub vom Hof zu nehmen.104 Zwei Tage später wurde der Friedensvertrag zwischen verschiede­ nen Gruppierungen von Bürgern der Stadt Reggio in Anwesenheit des Königs und einer Reihe von genannten Zeugen in Mailand‚ ,im alten Palast der Kommune in der Kammer des besagten Königs‘ geschlossen.105 Wiederum einen Tag später leisteten die Intrinseci und Extrinseci der Stadt Lodi, d.h. deren regierende und verbannte Bürgergruppierungen, dem König den Treueeid.106 Am darauffolgenden Tag wurde Johannes de Scabilone (bzw. de Cabilone) ebendort in Anwesenheit von zehn genannten vornehmen Zeugen und weiteren ungenannten belehnt.107 Ebenso trug es sich am 5. März zu, als der ‚edle Ritter‘ Giovanni de Lucinis von Como samt Verwandten von Heinrich belehnt wurde. Das Notariatsinstrument 84  I  Elle n W id d e r

betont, dass es sich beim Ort dieser Belehnung um die Kammer des Königs handelte, ‚in der er sich aufhielt‘.108 Ein anderes Notariatsinstrument vom selben Tage mit den königlichen Strafsentenzen gegen die Städte Cremona und Crema nennt ebenfalls denselben Ort.109 Wiederum in der Kammer des Königs wurden am 17. April 1311 die Modalitäten der Kai­ serkrönung nach Eintreffen der päpstlichen Gesandten geregelt.110 Den weitgehend öffentlichen Plätzen und Kirchen sowie den kommunalen Bauten ste­ hen Handlungsorte gegenüber, deren öffentliche Qualität geringer oder gar nicht vorhan­ den war. Eine eigene Kategorie bilden die Erzbischofs- bzw. Bischofspaläste. So fand am 11. Januar 1309, nur wenige Wochen nach Heinrichs Königskrönung, die Belehnung des Grafen Robert von Flandern mit einer Reihe von im Reich gelegenen Gebieten zu Köln im Palast des Kölner Erzbischofs in Anwesenheit vieler Fürsten, Lehnsleute und anderer Getreuer des Reiches statt.111 Die nächste Nachricht ist zwei Jahre jünger und datiert vom 2. Januar 1311. In Mailand wurden damals Mitglieder der Familie der Vizegrafen von Mas­ sino durch Heinrich VII. mit ihren Gütern belehnt und leisteten ihm den Lehnseid. Dies trug sich zu in den ‚Häusern des Mailänder Erzbistums, in denen der König wohnte‘ (Acta sunt hec Mediolani, in domibus archiepiscopatus Mediolani, in quibus moratur ispse dominus rex).112 Nur zwei Tage später ließ Heinrich im ‚erzbischöflichen Haus‘ zu Mailand (in domo episcopali) die Unterwerfung der Stadt Cremona notariell beurkunden.113 Am gleichen Ort fanden am 8. Januar 1311 die ebenfalls notariell beglaubigte Investitur und der Treueeid der oberitalienischen Bischöfe von Como, Acqui und Brescia statt.114 Vom 24. Januar datiert ein im erzbischöflichen Palast zu Mailand ausgestelltes Notariatsinstrument mit der könig­ lichen Erlaubnis, dass Vikar und Rat von Mailand die königlichen Amtleute im Umland wählen und ernennen dürfen.115 Am selben Ort bekam der Bischof von Como am 2. Feb­ ruar 1311 seine Privilegien bestätigt;116 ebenso wurde dort am 21. Februar aufgrund eines königlichen Befehls eine Ordnung für die herrschende politische Gruppierung der Stadt Piacenza, die sogenannten Intrinseci, erlassen.117 Nicht nur in Mailand, sondern auch in anderen Erzbischofspalästen ließ der Herrscher urkunden. Am 21. November 1311 wurde im ‚erzbischöflichen Haus‘ zu Genua die Einigung zwischen konkurrierenden politischen Parteien der Stadt bestätigt.118 Interessanterweise fand, wie oben bereits behandelt, der nur wenige Tage später in großem Rahmen öffentlich inszenierte Einigungsakt in einem Arengo, d.h. einer Bürgerversammlung, auf dem Platz vor der Kathedralkirche San Lorenzo statt.119 In Pisa diente am 10. März 1311 der Erzbischofspalast als Ort, an dem die Abmachungen zu einem Eheprojekt zwischen Heinrichs Tochter Beatrix und dem erstgeborenen Sohn König Roberts von Sizilien urkundlich fixiert wurden.120 Nur für Mailand existieren allerdings räumliche Spezifizierungen von Beurkundungs­ orten innerhalb des Bischofs- bzw. Erzbischofspalastes. So ist in zwei Notariatsinstrumen­ ten von der ‚Kammer des Königs‘ die Rede. Am 11. Januar 1311 wurde darin der Friedens­ schluss zwischen verfeindeten Bürgerparteien der Stadt Piazenza geschlossen.121 Am selben Ort nahm Heinrich am 20. Februar desselben Jahres den Eid namentlich genannter Bürger aus verschiedenen Stadtvierteln Mailands entgegen und ließ dies notariell bestätigen.122 D e r H e r r sc h e r i n d e r S t a d t   I  85

Vielleicht in eine vergleichbare Kategorie wie die Bischofspaläste dürfte der Lateranpa­ last, der Sitz des Papstes in Rom, als Beurkundungsort gehören. Im Rahmen von Heinrichs Rombesuch im Jahre 1312, in den auch seine Kaiserkrönung fiel, finden sich drei urkund­ liche Nachweise dazu. Vom 10. Mai 1312 stammt ein Notariatsinstrument über Heinrichs Bitte, die er vor genannten Zeugen an die vom Papst in Avignon für die Kaiserkrönung abge­ ordneten Kardinäle richtete, entweder die Hindernisse, die seiner Kaiserkrönung im Peters­ dom entgegenstünden, zu beseitigen oder ihn, falls dies nicht möglich wäre, in San Gio­ vanni in Laterano zu krönen.123 Etwa eine Woche später, am 18. Mai, datiert ein ebenfalls im Palast ausgestelltes Notariatsinstrument darüber, dass die Gesandten, die Heinrich VII. an König Robert von Sizilien geschickt hatte, ihm an diesem Tag dessen Antwortschreiben vom 12. Mai 1312 überbrachten, samt einem Extrazettel mit weiteren Artikeln.124 Einen guten Monat später ließ Heinrich abermals im Lateran urkunden. Hierbei ist allerdings nicht klar, ob es sich um den Palast oder die Basilika handelte, in der er am selben Tag, dem 29 Juni 1312, zum Kaiser gekrönt wurde. Es handelte sich um eine Konsenserklärung über die Krönungsmodalitäten.125 Die Stadt Rom weist neben dem Lateranpalast weitere Bauten auf, die als Beurkun­ dungsorte dienten. So erwähnen mehrere Urkunden den Aufenthalt des Herrschers bei der „heiligen Sabina“, allerdings meist ohne weitere Zufügungen.126 Mit Santa Sabina dürfte ihre Kirche oder das benachbarte Kloster gemeint sein, d.h. die Basilika gleichen Namens auf dem Aventin bzw. der bei ihr seit 1221 angesiedelte Dominikanerkonvent.127 Nur zwei Stücke bieten konkrete Angaben. Am 6. Juli 1312 leistete Heinrich seinen Krönungskar­ dinälen einen notariell bestätigten Eid im Palast von Santa Sabina (in palatio Sancte Sabi­ ne).128 Aus einem für den Papst bestimmten Notariatsinstrument der Kardinäle erfährt man am selben Tag, dass der Kaiser dort auch wohnte.129 Angesichts der Bedeutung von städtischen kommunalen und kirchlichen Palästen soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch Privatpaläste und andere Privatgebäude als Beurkun­ dungsorte für den Herrscher dienten. So belehnte Heinrich VII. am 8. November 1310 den Aymonetus di Castellamonte mit einer Reihe von piemontesischen Burgen. Der Vorgang ereignete sich in der Stadt Chieri im Palazzo des Ardiccio Broglia (in Cherio in palatio Ardi­ cionis Brohie), wie aus einem darüber ausgestellten Notariatsinstrument hervorgeht.130 In Genua entstand am 13. Januar 1312 im Haus des Bernabò Doria (de Auria)‚ gelegen vor dem Stadttor in der Contrada San Tommaso, ein königliches Privileg über die Münzsorten in Italien.131 In Rom urkundete Heinrichs in der Zeit zwischen dem 7. Juni und dem 20. Juli 1312 mehrfach ‚bei den Milizien‘ bzw. ‚in den Milizien‘.132 Dieser mächtige Geschlechterturm, heute bekannt als Torre delle Milizie, entstand auf älteren Fundamenten im 13. Jahrhun­ dert auf gut zu verteidigendem Gelände in unmittelbarer Nähe der antiken Traiansforen. Aufgrund seiner Lage auf der Anhöhe von Magnanapoli „beherrscht der Turm geradezu majestätisch die gesamte Stadt“. Der Turm war 1301 in den Besitz von Pietro Caetani über­ gegangen, eines Neffen Papst Bonifatius VIII.133 Am 13. Juni 1312 übertrug Graf Ludwig 86  I  Elle n W id d e r

von Savoyen als römischer Senator an Heinrich Herrschaftsrechte in der Ewigen Stadt. Dies ereignete sich – so das darüber erhaltene Notariatsinstrument – im Palast, der les Mili­ tes genannt wurde (in palatio vocati les Milites).134 Neun Tage später, am 22. Juni, leistete Heinrich den Krönungskardinälen notariell beglaubigte Zusagen hinsichtlich der Kaiser­ krönung. In dem darüber ausgefertigten Notariatsinstrument wird der ‚Saal des Palastes, der gewöhnlich les Milites genannt wird‘ als Ort der Handlung bezeichnet (Rome in palatio vocato vulgariter les Milites in aula ipsius palatii).135 Noch einmal eine eigene Untergruppe bilden Beurkundungsorte in Privathäusern, in denen der Herrscher wohnte. In Genua logierte Heinrich VII. auch im Hause des oben schon erwähnten Bernabò Doria. Dort entstand am 24. Dezember 1311, dem Heiligen Abend, ein Notariatsinstrument, in dem Heinrich VII. eine Kommission damit beauftrag­ te, die Vergehen der toskanischen Kommunen gegen den König zu untersuchen, versehen mit der Ortsangabe ‚im Hause des Bernabò Doria, gelegen in der Contrada San Tommaso außerhalb und bei Genua, in dem der König verweilte‘.136 Am 2. Februar 1312 liest man nochmals in einem Notariatsinstrument vom selben Haus als Aufenthaltsort im Zusam­ menhang mit dem Versprechen des Markgrafen Theodor von Monferrat, dem König mit 100 Berittenen zu dienen.137 Die notariell bestätigte Ernennung der genuesischen Konsuln fand am 31. Januar 1312 am selben Ort in der Kammer statt, in der – so die Urkunde – der König wohnte.138 Zwei Monate später hielt sich Heinrich VII. in Pisa auf, wo in einem Notariatsinstru­ ment vom 18. April auf Bitten der pisanischen Anzianen im Beisein des Königs die Rechte des königlichen Hofmarschalls geregelt wurden. Das Ganze trug sich zu im Haus der Brüder Gherardo und Bonaccorso Gambacorta, in dem der König damals wohnte.139 Heinrich VII. kehrte nach seiner Kaiserkrönung in Rom im Frühjahr des darauffolgenden Jahres zu einem längeren Aufenthalt nach Pisa zurück. Diesmal waren jedoch nicht die Brüder Gambacorta seine Gastgeber, sondern Graf Rainerius (alias Neri) di Donoratico.140 Er beherbergte den Kaiser allerdings nicht im eigenen Palast, sondern in seinem Gästehaus. Keine spezifizier­ ten Angaben, außer der Bemerkung, das Rechtsgeschäft habe sich im Gästehaus zugetragen, finden sich für den 10. Juli 1313, als Heinrich fünf Brüdern aus dem Geschlecht der Grafen von Guangualandi 300 Gulden, angewiesen auf die Burg von Carmignano, übertrug.141 Mit Hinweis darauf, dass es sich um den kaiserlichen Wohnort handelte, verhängte Heinrich VII. im großen Saal des Gästehauses am 16. Mai 1313 nach zuvor abgehaltenem Gericht den Bann über die Stadt Padua. Auch dieses Gerichtsverfahren war – laut Urkunde – wie üblich vor einer großen Öffentlichkeit abgehalten worden, wobei sich der Text der gleichen Formulierungen wie in der vom 26. April 1313 gegen König Robert von Neapel bediente.142 Als am 18. Juli desselben Jahres ein Gesandter des Bischofs Adolf von Lüttich den Kaiser um die Verleihung der Regalien an seinen Herrn bat, fand dies ebenfalls dort, aber im claustrum des Gästehauses statt.143 Vermutlich dürfte hiermit, in Analogie zum italienischen Chiostro, ein von Gebäuden umschlossener bzw. von der Außenwelt separierter Innenhof gemeint sein. Am 6. Mai 1313 hatte Heinrich im gleichen Gästehaus die Lehen des anwesenden D e r H e r r sc h e r i n d e r S t a d t   I  87

Markgrafen Manfredo di Saluzzo bestätigt. Die Gnade wurde ihm in der Schlafkammer – die Urkunde spricht vornehm vom Thalamus – im Hause des Grafen Neri von Donoratico zuteil, in der der Kaiser übernachtete.144 Versucht man am Schluss dieses Überblickes eine systematisierende Zusammenfassung, so kann man im Sinne der eingangs formulierten Fragestellungen folgende Ergebnisse fest­ halten. Spezifizierte Ausstellungsorte in Städten sind in den Herrscherurkunden des frühen 14. Jahrhunderts kaum zu finden. Die meisten einschlägigen Angaben liefern Notariatsin­ strumente. Aufgrund der regional unterschiedlichen Traditionen der Urkundenausstellung und der Urkundenproduzenten sind diese Anfang des 14. Jahrhunderts nördlich der Alpen selten. Daraus ergibt sich als Konsequenz, dass wir für die Italienaufenthalte wesentlich bes­ ser informiert sind als über die in Deutschland verbrachte Zeit. Blickt man auf die Typologie der innerstädtischen Beurkundungsorte, dann ergeben sich eine Reihe von Beobachtungen. Rechtliche Handlungsorte teilen sich zum einen in solche, die einer größeren Öffentlichkeit zugänglich waren, und solche, die, über mehrere Stufen, einen höheren Grad an Intimität aufwiesen. Eine weitere Unterscheidung lässt sich vornehmen in profane und sakrale Orte. Sämtliche Befunde lassen sich über diese beiden Achsen bestimmen. An Einzelergebnissen wären zu nennen: Unter freiem Himmel befanden sich vor allem die innerstädtischen Plätze. Diese konnten, aber mussten nicht unbedingt mit öffentlichen Bauten korrespondieren. Diese öffentlichen Bauten konnten Kommunalpaläste, aber auch Kathedralkirchen sein. Gerade im Falle der Palazzi Comunali bzw. Palazzi del Popolo kam es zu interessanten Interaktionen zwischen dem Herrscher, der sich auf einer Loggia des Palastes befand, und der unter ihm auf dem Platz zusammengerufenen Bürgergemeinde. Diese Form der Bürgerversammlung, in den Quellen auch als Arengo bezeichnet, wurde in festen Formen einberufen. Die Quellen betonen immer wieder die dem Ritual entsprechen­ den und dafür notwendigen Ausrufe und das Glockengeläute. Neben diesen zentralen innerstädtischen Plätzen finden sich auch andere Plätze, im Falle von Pisa war es der öffentliche Platz vor dem Gästehaus, in dem der Herrscher während seines Aufenthaltes wohnte, im Falle von Genua ein Platz auf dem Gelände der örtlichen Dominikanerniederlassung. Neben Plätzen bildeten auch Kirchen öffentliche Räume. Hier­ unter finden sich sowohl städtische Haupt- bzw. Kathedralkirchen, aber auch Bettelordensund andere Klosterkirchen. Daneben sind selbst Kloster- bzw. Privatkapellen überliefert, die ebenfalls als Orte von öffentlichkeitswirksamen Rechtsakten fungierten. Eine zweite Kategorie bilden Innenräume, die einer Teilöffentlichkeit zugänglich waren. Hierzu zählten die Palazzi Comunali bzw. Palazzi del Popolo und die Bischofs- bzw. Erzbi­ schofspaläste. Dabei sind es besonders – sofern genannt – Säle, auf die diese Kriterien zutref­ fen. Daneben existierten Kammern, die als die des Herrschers bezeichnet wurden. Teilweise hört man dazu, dass sie als sein Wohnort für die Zeit des Aufenthaltes dienten. Ohnehin dient der Wohnort des Herrschers des Öfteren als Beurkundungsort. Diese Wohnorte konnten unterschiedlich beschaffen sein. Einerseits waren es Komunal- und Bischofspaläste, andererseits aber auch Privatpaläste, wie im Falle von Chieri, Genua, Pisa und Rom. 88  I  Elle n W id d e r

Schaut man auf die überlieferten Rechtsakte, dann ergibt sich ein heterogenes Bild. Noch am klarsten zeichnen sich die Handlungen ab, für die eine maximale Öffentlichkeit notwendig war: Dies waren zum einen Gerichtsverhandlungen und zum anderen Bürgerver­ sammlungen. Es verwundert daher nicht, wenn hierfür Plätze, besonders in Kombination mit komunalen Bauten, und Hauptkirchen der Stadt den Schauplatz bildeten. Diffuser wird es bereits auf der nächsten Stufe. In Innenräumen konnten Rechtsakte sehr unterschiedli­ cher Art stattfinden. Hier breitete sich ein ganzes Spektrum an Möglichkeiten aus. Einer­ seits handelte es sich um Belehnungen größerer und kleinerer Fürsten und Territorialherren oder sonstiger Adeliger, andererseits um Schiedsgerichtsfälle, Verhandlungen, Verträge, Entgegennahme von Huldigung und Eid etc. Hier sind keine klaren oder eindeutigen Bezie­ hungen zwischen Rechtsgeschäft und Raum möglich. Auffallend ist, dass gerade Klöster, hier besonders die städtischen Bettelordensniederlassungen, für Gerichtssitzungen genutzt wurden, aber auch beispielsweise als Ort der Königswahl im Jahre 1308 dienten. Was bleibt zu tun? Hier ist noch einmal zu betonen, dass alle diese Orte lediglich ein kleines Segment herrscherlicher Aktivität darstellen und einer erdrückenden Mehrzahl von Ortsangaben in Urkunden gegenüberstehen, die außer dem Namen der Stadt keine weiteren Angaben enthalten. Doch liefern die hier präsentierten spezifizierten Angaben Bausteine für die kritische Überprüfung der Angaben in der Historiographie und letztendlich – unter Berücksichtigung aller Aussagemöglichkeiten – eine Typologie sämtlicher Orte, an denen sich herrscherliches Handeln lokalisieren lässt. Interdisziplinär wäre ferner eine interessante und weiterführende Aufgabe, gemeinsam die „Orte der Macht“, wie sie in den hier vorge­ stellten Angaben zu finden sind, zu rekonstruieren. Dies kann nur in gemeinsamer Anstren­ gung von Geschichte, Kunstgeschichte, Bauforschung und Denkmalpflege unternommen werden. Was war und wo befand sich z. B. die aula picta palatii, in der Heinrich VII. in Mailand sein Rechtsgeschäft tätigte? Italien bietet in dieser Hinsicht aufgrund der Fülle an erhaltenen mittelalterlichen Bauten ein ideales Untersuchungsgebiet. Diese Überlegun­ gen müssten für den Großteil der genannten Orte angestellt werden. Weiterhin wäre die Kontextualisierung der Handlungen ein ergiebiges Untersuchungsfeld, zudem wenn sie mit der Dramaturgie des Zuges in Beziehung gesetzt würde. Außerdem könnte ein Vergleich mit Heinrichs Vorgängern und Nachfolgern die Traditionsgebundenheit einzelner Orte zu untersuchen helfen. Alles in allem bestünde so die Möglichkeit, den „Orten der Macht“ einen großen Schritt näher zu kommen.145

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Anm er ku n g en 1 Hoensch, Jörg K.: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie gesamteuropäischer Be­ deutung, Stuttgart u.a. 2000. 2 Vgl. die jüngeren enzyklopädischen Überblicke mit weiteren bibliographischen Angaben von: Thorau, Peter: Heinrich VII., in: Die deutschen Herrscher des Mittelalters. Historische Portraits von Heinrich I. bis Maximilian I. (919–1519), hg. von Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfur­ ter, München 2003, S. 381–392; Thomsen, Marcus: Heinrich VII., in: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Ein dynastisch-topographisches Handbuch, 2 Bde., hg. von Werner Paravicini, Ostfildern 2003 (= Residenzenforschung, Bd. 51.1 und 15.2), hier Bd. 1, S. 288–292. 3 Auf die Gründe braucht hier nicht detailliert eingegangen werden, sicher lagen auf Seiten des Kö­ nigs wie auch auf Seiten der Gastgeber unterschiedliche Erwartungshaltungen hinsichtlich seiner Herrscheraufgaben vor. Auch das in Avignon residierende Papsttum fühlte sich an staufische Um­ klammerungsphobien erinnert. – Allg. zum Italienzug Heinrichs VII. vgl.: Bowsky, William M.: Henry VII in Italy. The Conflict of Empire and City State, 1310–1313, Lincoln/Nebraska 1960; Heyen, Franz-Josef: Kaiser Heinrichs Romfahrt. Bilderchronik von Kaiser Heinrich VII. und Kur­ fürst Balduin von Luxemburg (1308–1313), Boppard am Rhein 1965; Cognasso, Francesco: Arri­ go VII, Milano 1973; Schmid, Wolfgang: Kaiser Heinrichs Romfahrt. Zur Inszenierung von Politik in einer Trierer Bilderhandschrift des 14. Jahrhunderts, Koblenz 2000 (= Mittelrheinische Hefte, Bd. 21); sowie die Sammelbände: Balduin von Luxemburg. Erzbischof von Trier – Kurfürst des Reiches, 1285–1354, hg. von Franz-Josef Heyen, Mainz 1985 (= Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte, Bd. 53); Il viaggio di Enrico VII in Italia, hg. von Mauro To­ sti-Croce, Città di Castello 1993. Ferner die älteren faktographischen Werke von Barthold, Fried­ rich Wilhelm: Der Römerzug König Heinrichs von Lützelburg, 2 Bde., Königsberg 1830 / 1831; Schneider, Friedrich: Kaiser Heinrich VII., 3 Bde., Greiz im Vogtland / Leipzig 1924–1928. 4 Vgl. Die biographischen Angaben bei: Thomas, Heinz: Heinrich VII., in: Lexikon des Mittelal­ ters, Bd. 4, München / Zürich 1989, Sp. 2047 f.; Thorau 2003, wie Anm. 2; Thomsen 2003, wie Anm. 2. 5 Vgl. die neueren französischsprachigen Überblicke von: Bouloux, Nathalie: Les villes d‘Italie du milieu du XIIe au milieu du XIVe siècle. Économies, sociétés, pouvoirs, cultures, Paris 2004; Je­ hel, Georges: Les villes d‘Italie du XIIe au milieu du XIVe siècle. Sociétés, pouvoirs, économies, cultures, Paris 2004. 6 Zu den römisch-deutschen Herrschern im Spätmittelalter und ihrer Wahrnehmung vgl. den äl­ teren, aber immer noch anregenden Überblick von: Trautz, Fritz: Die Reichsgewalt in Italien im Spätmittelalter, in: Heidelberger Jahrbücher 7, 1963, S. 45–81. 7 Vgl. den Überblick von: Pauler, Roland: Die deutschen Könige und Italien im 14. Jahrhundert. Von Heinrich VII. bis Karl IV., Darmstadt 1997; Trautz 1963, wie Anm. 6. 8 Zu Rom vgl.: Kolb, Frank: Rom. Die Geschichte der Stadt in der Antike, München 1995. Zu Konstantinopel vgl.: Kuban, Dogan: Istanbul – An urban history: Byzantion, Constantinopolis, Istanbul, Istanbul 1996. 90  I  Elle n W id d e r

19 Keene, Derek: London. Metropolis and capital, A. D. 600–1530, in: Hauptstädte und Global Ci­ ties an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, hg. von Andreas Sohn und Hermann Weber, Bochum 2000, S. 29–56; Sohn, Andreas: Hauptstadtwerdung in Frankreich. Die mittelalterliche Genese von Paris (6.–15. Jahrhundert, in: ebd., S. 81–101; Lorentz, Philippe und Dany Sandron: Atlas de Paris au Moyen Age. Espace urbain, habitat, société, religion, lieux de pouvoir, Paris 2006. 10 Es handelt sich dabei um ein altes Problem der deutschen Geschichtsforschung; vgl.: Boockmann, Hartmut: Mittelalterliche deutsche Hauptstädte, in: Hauptstadt. Historische Perspektiven eines deutschen Themas, hg. von Hans-Michael Körner und Katharina Weigand, München 1995, S. 29–45. Zum Gang der Forschungsgeschichte vgl.: Das Hauptstadtproblem in der Geschichte. Festgabe Friedrich Meinecke zum 90. Geburtstag, Tübingen 1952 (darin bes.: Berges, Wilhelm: Das Reich ohne Hauptstadt, S. 1–29); Hauptstadt. Zentren, Residenzen, Metropolen in der deut­ schen Geschichte, hg. von Bodo-Michael Baumunk und Gerhard Brunn, Köln 1988 (darin bes.: Schieffer, Rudolf: Regieren ohne Hauptstadt, S. 25–38); Hauptstadt. Historische Perspektiven eines deutschen Themas, hg. von Hans-Michael Körner und Katharina Weigand, München 1995. – Zum Reich und seiner Genese vgl.: Puhle; Matthias und Claus-Peter Hasse (Hg.): Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 962 bis 1806. Von Otto dem Grossen bis zum Ausgang des Mittelalters, 2 Bde., Dresden 2006 (=Ausstellung des Europarates, Bd. 29). 11 Vgl. den Überblick von: Arnaldi, Girolamo: Rom, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 7, München 1995, Sp. 967–978. Zu den Eiden vgl.: Otto, Hans: Die Eide und Privilegien Heinrichs VII. und Karls IV., in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 9, 1906, S.  316–378. – Zur Konstantinischen Schenkung vgl.: Miethke, Jürgen: Die Konstantinische Schenkung im Verständnis des Mittelalters. Umrisse einer Wirkungsgeschichte, in: Konstantin der Große. Geschichte –Archäologie – Rezeption, hg. von Alexander Demandt und Josef Enge­ mann, Trier 2007 (= Schriftenreihe des Rheinischen Landesmuseums Trier, Bd. 32), S. 259–272. 12 Die in Klammern gesetzten Zahlen geben das Jahr der Kaiserkrönung an; vgl.: Die deutschen Herrscher des Mittelalters. Historische Portraits von Heinrich I. bis Maximilian I. (919–1519), hg. von Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter, München 2003. Zur italienischen Politik im Spätmittelalter vgl. Trautz 1963, wie Anm. 6; Pauler 1997, wie Anm. 7. 13 Widder, Ellen: Itinerar und Politik. Studien zur Reiseherrschaft Karls IV. südlich der Alpen, Köln u.a. 1993 (= Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters, Bd. 10); Schenk, Ger­ rit Jasper: Zeremoniell und Politik. Herrschereinzüge im spätmittelalterlichen Reich, Köln u.a. 2003 (= Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters, Bd. 21). 14 Es existierte nur eine Ausnahme von der Norm der „springenden Königswahl“: Gelang es einem amtierenden König, die Kaiserwürde zu erlangen, dann konnte er zu seinen Lebzeiten dafür sor­ gen, dass sein Sohn zum deutschen König und damit zu seinem Nachfolger in diesem Amt ge­ wählt würde. Dies setzte aber drei Dinge zwingend voraus: Die Kaiserkrone, einen männlichen Erben und das Einverständnis der Kurfürsten. Diese rare Konstellation kam im Spätmittelalter nur zweimal zustande: 1376 unter Karl IV. und 1486 unter Friedrich III.; vgl.: Schubert, Ernst: König und Reich. Studien zur spätmittelalterlichen deutschen Verfassungsgeschichte, Göttingen

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1979 (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Bd. 63); Prietzel, Malte: Das Heilige Römische Reich im Spätmittelalter, Darmstadt 2004. Boockmann 1995, wie Anm. 10. Krieger, Karl-Friedrich: König, Reich und Reichsreform im Spätmittelalter, München 1992 (= Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 14), S. 31–35, S. 100–102. Ehlers, Caspar (Hg.): Orte der Herrschaft. Mittelalterliche Königspfalzen, Göttingen 2002; fer­ ner die Reihe: Deutsche Königspfalzen. Beiträge zu ihrer historischen und archäologischen Erfor­ schung, [bislang 8 Bände erschienen], Göttingen 1963–2007. Heinig, Paul-Joachim: Reichstädte, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 7, München 1995, Sp. 638–639. Weyhe, Lothar: Pfandschaft, -spolitik in: Lexikon des Mittelalters Bd. 6, München / Zürich 1993, Sp. 2020 f.; Moraw, Peter: Von offener Verfassung zu gestalteter Verdichtung. Das Reich im spä­ ten Mittelalter 1250 bis 1490, Frankfurt a.M. 1989 (= Propyläen Geschichte Deutschlands, Bd. 3), S. 162 f.; Krieger 1992, wie Anm. 16, S. 32, 101. Moraw 1989, wie Anm. 19, S. 155–169. Krieger 1992, wie Anm. 16, S. 31–35, 100–102. Vgl. die Nachweise der Urkundentätigkeit der deutschen Herrscher in der Reihe der Regesta Im­ perii. Einen guten Überblick bietet die Online-Präsentation unter >http://mdz1.bib-bvb.de/ cocoon/regesta-imperii/angebot/rihttp://www.spektakeldermacht.dehttp://www.regesta-imperii.de/http://mdz1.bib-bvb.de/ cocoon/regesta-imperii/angebot/rihttp://www.spektakeldermacht.dehttp://www.regesta-imperii.de/