Sprache und Wahrnehmung: Verfestigen und Aufbrechen von Anschauungen durch Wörter 3585325033

178 66 5MB

German Pages [161] Year 1975

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Sprache und Wahrnehmung: Verfestigen und Aufbrechen von Anschauungen durch Wörter
 3585325033

Citation preview

Gisela Ulmann Sprache und Wahrnehmung

Studium Kritische Sozialwissenschaft Psychologie

Texte zur Kritischen Psychologie, herausgegeben vom Psychologischen Institut der FU Berlin

Sprache und Wahrnehmung Aufbauend auf dem ersten Band der „Texte zur Kritischen Psychologie" (K. Holzkamp: Sinnliche Wahrnehmung) wird untersucht, ob und wie die Sprache unsere Wahrnehmung und unser Denken bestimmt. Die Autorin demonstriert, wie experimentelle Ergebnisse der bürgerlichen Psychologie innerhalb umfassender kritisch-psychologischer und historischer Erkenntnis anwendbar sind. Die Befunde bieten einen differenzierten Beitrag zu der Frage, wie der Sprachgebrauch die Wahrnehmung gesellschaftlicher Wirklichkeit individuell behindert bzw. fördert.

Gisela Ulmann: - geb. 1941 - ist wissenschaftliche Assistentin am Psychologischen Institut der Freien Universität Berlin. Veröffentlichungen: Kreativität 1968 und Kreativitätsforschung (Hg.) 1973.

Studium: Kritische Sozialwissenschaft Wissenschaftlicher Beirat: Franz Dröge, Bremen; Klaus Holzkamp, Berlin; Klaus Horn, Frankfurt/M.; Urs Jaeggi, Berlin; Ekkehart Krippendorff, Bologna; Hans Joachim Krüger, Gießen; Wolf Lepenies, Berlin; Wolf-Dieter Narr, Berlin; Frieder Naschold, Konstanz; Claus Offe, Bielefeld; Jürgen Ritsert, Frankfurt/M.; Erich Wulff, Hannover Lektorat: Adalbert Hepp/Stefan Müller-Doohm

Gisela Ulmann Sprache und Wahrnehmung Verfestigen und Aufbrechen von Anschauungen durch Wörter Texte zur Kritischen Psychologie, herausgegeben vom Psychologischen Institut der FU Berlin

Campus Verlag Frankfurt/New York

ISBN 3-585-32503-3 Alle Rechte vorbehalten Copyright © 1975 bei Campus Verlag, Frankfurt/Main Umschlagentwurf: Warminski & Plöger, Frankfurt/Main Hersteller: Adolf Heinzlmeier Gesamtherstellung: Friedrich Pustet, Regensburg Printed in Germany

Inhalt

Vorbemerkung I Problemstellung 1 Zur Interdependenz von Sprache und Denken 2 Die Interdependenz von Sprache und Wahrnehmung 2.1 Wahrnehmung von Gegenstandsbedeutungen 2.2 Die Beziehung zwischen Wahrnehmungsuriterschieden und Sprachunterschieden ....... 3 Explizierung der Fragestellung und Methode der Analyse . . . . II Wörter als Determinanten der Wahrnehmung: Analyse am Leitfaden experimenteller Ergebnisse A Die Organisation unstrukturierter Wahrnehmungsfelder B Die Klassifikation der Wahrnehmungsgegebenheiten 1 Bezeichnungen einer Sprache 1.1 Zum Problem der »phänomenalen Ähnlichkeit« 1.2 Sprachliche Determinanten einer »phänomenalen Ähnlichkeit« 1.2.1 Sprachliche Determinanten sichtbarer Unterschiede . . 1.2.2 Sprachliche Determinanten sichtbarer Gemeinsamkeiten 2 Der Akt des Bezeichnens - und die Wahrnehmung des bezeichneten Objekts Exkurs: Zur Mehrdeutigkeit von Wörtern 2.1 »Erweiterung der Auffassung« eines Objektes . . . . . . . . 2.2 »Einschränkung der Auffassung« eines Objektes 2.2.1 Determination durch vorgegebene Bezeichnungen . . . 2.2.2 Determination der Wahrnehmung ohne vorgegebene Bezeichnungen 3 Die weitere Exploration des Objektes 3.1 Die gelungene Klassifikation begrenzt den Explorationsprozeß 3.2 Die Klassifikation richtet die Exploration aus . C Einbetten des bezeichneten Objektes in den Kontext

III Verfestigen und Aufbrechen von Anschauungen durch Wörter; Anwendung der bisherigen Ergebnisse und Schlußfolgerungen 1 Die Wirkung von Bezeichnungen auf die Sicht ihrer Referenten: Beispiele 1.1 Das erste Beispiel: Arbeitgeber - Arbeitnehmer 1.1.1 Das sprachliche Strukturschema 1.1.2 Darstellung der Wirkung der Bezeichnungen auf die Sicht der Referenten 1.2 Zweites Beispiel: Arbeiter-Kapitalist 1.2.1 Das sprachliche Strukturschema 1.2.2 Hinweise auf die potentielle Wirkung der Bezeichnungen auf die Sicht der Referenten 2 Können Bezeichnungen die Wahrnehmung verfestigen? 3 Determination: Sprache als Mittel zu neuer Erkenntnis? 3.1 Sprachfreie Wahrnehmung. 3.2 »Experimentieren mit Wörtern« und die Grenzen Exkurs: Verschiedene Typen von Wortpaaren 3.3 Aufklärung mit Hilfe von Wörtern 4 Sprache - Wahrnehmung - Verhalten

96 98 99 99 102 104 104 106 108 111 112 115 120 124 132

Anmerkungen .

134

Literaturverzeichnis

147

Sachregister

157

Sprache und Wahrnehmung

Vorbemerkung

In dieser Abhandlung wird das Ziel verfolgt, auf der Grundlage der kritisch-psychologischen Kognitionstheorie einen Beitrag zur Klärung des Problems der sprachlichen Determiniertheit der Wahrnehmungstätigkeit des Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft zu leisten, wobei besonderes Gewicht auf die mögliche Behinderung der Erkenntnis durch den Sprachgebrauch gelegt wird. Gesichtspunkte für die Analyse werden dabei aus der Durcharbeitung der experimentellen Forschungsergebnisse über den Einfluß von sprachlichen Bezeichnungen auf die Wahrnehmung gewonnen; deshalb muß dieser Bereich der bürgerlichen Experimentalpsychologie möglichst umfassend dargestellt werden. Gleichzeitig ergibt sich daraus der Vorschlag für ein bestimmtes methodisches Vorgehen, um experimentelle Ergebnisse der bestehenden Psychologie für weiterführende kritisch-psychologische Forschung fruchtbar zu machen. - Insoweit ist die an die »Texte zur Kritischen Psychologie« gestellte Forderung nach der Einheit von Lehrzweck und Forschungscharakter hier in etwa erfüllt. Obwohl in der vorliegenden Arbeit in gewisser Weise auf dem 1. Band der »Texte«, Holzkamps Buch »Sinnliche Erkenntnis - Historischer Ursprung und gesellschaftliche Funktion der Wahrnehmung« (1973), aufgebaut wird, sind manche Partien meiner Abhandlung eher parallel zu der Holzkampschen, einige sogar sehr viel früher entstanden. - Am Anfang stand bei mir die Beschäftigung mit der experimentellen Erforschung des Spracheinflusses auf die Wahrnehmung; als Vorbereitung für ein damals geplantes eigenes Experiment wurde die vorhandene Literatur zusammengetragen und gesichtet. Dabei ergaben sich im Zusammenhang mit der mehr ideologic- und methodenkritischen Phase der »kritischen Psychologie« am Institut bald immer stärkere Zweifel an der wissenschaftlichen Brauchbarkeit der vorliegenden Experimente, und es entstand die Frage, was man denn »überhaupt noch damit machen« könne. Dieses resignative Stadium wurde allmählich und in dem Grade überwunden, wie wir mit der Wendung von der »Kritik der bürgerlichen Psychologie« zu einer »kritischen Psychologie« als positivem Forschungsprogramm uns eine neue Einstellung zur bürgerlichen Psychologie erarbeiteten: Die bürgerliche Psychologie sei nicht abstrakt zu negieren, sondern auf ihren relativen Erkenntnisgehalt hin durchzuarbeiten, »vom Kopf auf die Füße zu stellen« und, wo 9

möglich, wissenschaftlich weiterzuentwickeln, wobei die Kritik nur von einem solchen entwickelteren Standort aus wirklich tragfähig und weiterführend sein könne. Der damit formulierte Anspruch bestand somit auch gegenüber der experimentellen Forschung des Spracheinflusses auf die Wahrnehmung. Ansätze zur Erfüllung dieses Anspruchs ergaben sich mit den - auf der »kulturhistorischen Schule« der sowjetischen Psychologie, besonders Leontjew (vgl. 1973) aufbauenden - Bemühungen um eine kritisch-psychologische Kognitionstheorie, an denen ich mit Holzkamp und Naatz in einem gemeinsamen Seminar beteiligt war. So nahm ich parallel dazu die Arbeit an der vorliegenden Abhandlung wieder auf. Nachdem schließlich Holzkamps Buch fertig war, konnte ich mich nun auch direkt auf den Text seines Beitrags beziehen. Mir lag besonders daran, die Frage, was man denn mit der bürgerlichen Experimentalpsychologie »machen« könne, mit dem hier vorgelegten Durcharbeitungs- und Auswertungsverfahren für die »kritische Psychologie« auf eine spezifische und — wie ich hoffe - exemplarische Weise zu beantworten. Meine Abhandlung ist im Vergleich zu den großen Bänden dieser »Texte«-Reihe, dem schon erschienenen Band über Wahrnehmung und den folgenden Bänden über naturwissenschaftliche Grundlagen der kritischen Psychologie, über Motivation, über das Leib-Seele-Problem etc., im Umfang geringer und in der Fragestellung spezieller. Insofern könnte man hier von einer Art »Ergänzungsband« sprechen. Allerdings: Die Notwendigkeit, unseren Ansatz nicht nur in umfassenden Gesamtdarstellungen zu entfalten, sondern bestimmte seiner Aspekte an Teilfragestellungen zu verdeutlichen und zu präzisieren, ergibt sich aus der Sache. Deswegen wird ein »Ergänzungsband« wie dieser in unserer Reihe wohl kaum ein Einzelfall bleiben. Da eine Spezifizierung für uns aber niemals die Entfernung von den wesentlichen Fragen der empirischen Subjektivität des Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft bedeuten kann, dürfte indessen dadurch eine »lebensferne« Spezialisierung kaum zu befürchten sein. Berlin-Schöneberg, im September 1974 Gisela Ulmann

10

I. Problemstellung

Die Realität ist immer mehr, als wahrnehmbar ist, und mehr, als verbalisierbar ist- wahrnehmend und beschreibend kann man sich ihr mehr oder weniger annähern. Indem sich die Menschen erkennend der Realität annähern, können sie einerseits wahrnehmend mehr umfassen, als sie verbalisieren können; man kann auch Gegebenheiten wahrnehmen, für die »die Worte fehlen«. Andererseits ist es möglich, mehr zu verbalisieren, als wahrnehmbar ist; man kann auch das verbalisieren, was man über die wahrgenommenen Gegebenheiten weiß, aus ihnen erschließen kann etc. Insofern ist eine Aussage über Realität immer auch Aussage über wahrgenommene Realität, sie wird durch Wahrgenommenes bedingt - die Aussage kann aber den wahrgenommenen Ausschnitt unterschreiten oder überschreiten. Darüber, ob die Aussage der Realität adäquat ist oder nicht, ist mit der Größe des beschriebenen Ausschnitts noch nichts entschieden. Denn wie man mit einem Wort (als Bezeichnung für Wahrgenommenes) eine unstrukturierte Reizsituation »auf den Begriff bringen« kann, d. h. die wesentlichen Eigenschaften und Zusammenhänge, aus denen sich alles Weitere ergibt, kennzeichnen kann, so kann man mit einer wortreichen Aussage Unwesentliches aufzählen, den Schein verbalisieren oder Nichtwahrnehmbares behaupten. Ob eine Aussage der Realität entspricht, kann zwar tendenziell denkend erkannt werden, läßt sich letztlich aber nur wahrnehmend aufweisen; es muß - u. U. mittels Meßinstrumenten, durch entsprechende Veränderung der Gegebenheiten, über deren Wirkung etc. - wahrnehmbar gemacht werden können. So läßt sich eine Aussage wahrnehmend (im erweiterten Sinne) als falsche (»gegenstandslose«, »nur ausgedachte«) zurückweisen-wie sich auch das Wahrnehmungsbild durch die denkende Durchdringung, die genauere Inspektion, Messung etc. korrigieren läßt. Eine Verbalisierung kann - wie sich zeigt - mehr als das Resultat des Wahrnehmens sein; sie kann den Wahrnehmungsakt auch auslösen und ausrichten und damit das Wahrnehmungsbild beeinflussen. Die Wahrnehmung findet nicht nur ihren Ausdruck in der Aussage, sondern die Verbalisierungsmöglichkeiten können in gewisser Hinsicht (was später noch genauer ausgeführt wird) eine spezifische Wahrnehmung der Realität 11

bedingen. Von der Sprache des Betrachters könnte seine Wahrnehmung ebenso abhängen, wie die bei der Aussage verwendete Sprache von der Wahrnehmung abhängt. Damit ist keineswegs eine agnostizistische Position bezogen; es wird nicht behauptet, Wahrnehmung wäre einseitig durch die Sprache des Betrachters bedingt, quasi das Resultat der Sprache1. Bisher wurde lediglich die Überlegung angestellt, daß der jeweils wahrgenommene Ausschnitt der Realität und der Grad des wahrnehmenden Erreichens der Realität von der Sprache des Betrachters beeinflußt sein könnte. - Wie sich zeigen wird, wird diese Überlegung durch materialistische Wahrnehmungstheorie entscheidend gestützt und vorangetrieben. 1. Zur Interdependenz von Sprache und Denken Auf die Sprachabhängigkeit des Denkens - und damit, wie zu zeigen sein wird, auch der Wahrnehmung - wurde zunächst aus interkulturell vergleichenden Untersuchungen geschlossen und entsprechende Überlegungen fanden als »Humboldt-Sapir-Whorf-Hypothese« Eingang in die traditionelle psychologische Forschung. - Den Gedanken, daß Sprache zwar Produkt (bzw. »Abkommen«) einer Gesellschaft sei, dann aber als »autokratischerer Faktor« ausrichtend und kanalisierend auf das Denken (und auf die Wahrnehmung) zurückwirken könne, hat insbesondere Whorf (1963)2 entwickelt. Die Frage: »Wie entsteht historisch ein solches Netzwerk von Sprache, Kultur und Verhalten? Was war zuerst: die Strukturschemata der Sprache oder die kulturellen Normen?« beantwortet Whorf: »Im großen und ganzen haben sie sich in ständiger gegenseitiger Beeinflussung zusammen entwickelt. Aber in dieser Partnerschaft ist die Sprache ihrer Natur nach der autokratischere Faktor« (1963, S. 98)3. Diese Behauptung leitet Whorf von den materiellen Lebensnotwendigkeiten her: »Im Mittelalter begannen die im Latein schon geformten Schemata sich mit den zunehmenden mechanischen Erfindungen, mit Industrie, Handel sowie scholastischem und naturwissenschaftlichem Denken zu verweben. Die Notwendigkeit der Messung in Industrie und Handel, die Vorräte und Massen von >Stoffen< in verschiedenartigen Behältern, die typischen Körper, in deren Formen verschiedenste Güter gehandelt wurden, die Standardisierung von Maß- und Gewichtseinheiten, die Erfindung von Uhren und die Messung der >ZeitZeit< und der >Materie< werden nicht allen Menschen durch die Erfahrung in der gleichen Weise gegeben. Sie sind ihrer Form nach vielmehr abhängig von der Sprache oder den Sprachen, in deren Gebrauch sie entwickelt wurden. Sie hängen dabei nicht so sehr von irgendeinem System (etwa dem der Tempora oder der Substantive) innerhalb der Grammatik ab, sondern vielmehr von den Weisen der Analyse und der Ordnung der Erfahrung, die in der Sprache als integrierte >fashions of speaking< (Weisen des Gebrauchs der Sprache) niedergeschlagen sind und die die grammatischen Klassifikationen übergreifen. Eine derartige >fashion< kann daher lexikalische, morphologische, syntaktische und andere systematisch unterschiedliche Mittel zu einem passenden Ganzen koordinieren. Unsere >Zeit< unterscheidet sich merklich von der >Dauer< der Hopis. Wir fassen die Zeit wie einen Raum mit begrenzter Anzahl von Dimensionen auf oder wie eine Bewegung in einem solchen Raum, und dem entspricht der intellektuelle Gebrauch, den wir von Zeitbegriffen machen. Der Hopibegriff der >Dauer< scheint dagegen nicht in den Termini von Raum und Bewegimg verstanden werden zu können, denn die Dauer ist der Modus, mit welchem sich das Leben von der Form und das Bewußtsein als Ganzes von seinen räumlichen Gegenstandselementen unterscheiden. Gewisse Vorstellungen, die auf unserem Zeitbegriff gründen, wie etwa die der absoluten Simultaneität, wären auf der Basis der Auffassung der Hopis entweder nur sehr schwer oder gar nicht ausdrückbar. Sie hätten dort keinen Sinn und würden durch operational Begriffe ersetzt werden. Unsere >Materie< ist der physikalische Unterbegriff zur >Substanz< oder zum >Stoffzusammenfassen< wollen« oder »gar dem Zufall überlassen« (Metzger 1953, S. 47), sondern: »Die sachliche Beschaffenheit des Gegebenen selbst entscheidet über die Bildung von umfassenderen Einheiten irgendwelcher Art, über Grenzverlauf, Gliederung und Gruppierung« (Metzger 1963, S. 105). »Natürlicherweise erscheint zusammengeschlossen dasjenige, was seiner Natur nach zusammengehört; insofern ist die natürliche Gruppierung, Gliederung und Grenzbildung, in der klaren und lebendigen Bedeutung des Wortes, sinnvoll« (Metzger 1963, S. 106). In entsprechenden experimentellen Anordnungen werden Aussagen über Wahrgenommenes, die Betrachter aufgrund »unbewaffneten Sehens« (mit »bloßem Auge«) machen, mit solchen Aussagen verglichen, die Resultat physikalischer Messungen sind. Sofern sich zwischen diesen Aussagen eine Differenz ergibt, scheint es plausibel, als Determinante für diese »Wahrnehmungstäuschungen« - denen »alle« Betrachter unterliegen - den physiologischen Wahrnehmungsapparat und/oder die (unveränderliche) Realität zur Erklärung heranziehen. Falsche bzw. »nichtveridikale« Wahrnehmung wird somit zum »Schicksal« - denn wenasie von der Realität her angelegt ist, kann kein Betrachter ihr entgehen. »Es muß also ursprüngliche und für alle Menschen ungefähr in gleicher Weise gültige Gesetze geben, nach denen alles Gesehene sich gliedert« (.Metzger 1953, S. 47). In neueren experimentellen Ansätzen wurde gerade die interindividuelle Übereinstimmung (und die intraindividuelle Konstanz6) im Wahrnehmungsurteil in Frage gestellt. Wenn - wie in der »betrachterorientierten Wahrnehmungsforschung«1 nicht »naive« Wahrnehmungsurteile mit physikalischen Messungen verglichen werden, sondern Aussagen verschiedener Individuen über die glei18

chen Gegebenheiten, und wenn sich die Aussagen der Betrachter voneinander unterscheiden, liegt es nahe, als Determinanten der Wahrnehmung subjektive - statt objektiver - Faktoren anzunehmen. Innerhalb entsprechender Experimente wurde die Frage nach der Gegenständlichkeit des Wahrnehmens nicht, die nach der Richtigkeit, »Veridikalität«, der Wahrnehmung kaum gestellt, denn um den Wahrnehmenden größeren Spielraum zu lassen, um die Differenzen zwischen ihren Aussagen klarer herauszustellen, wurden »mehrdeutige« Wahrnehmungsobjekte dargeboten, d. h. weder Gegenstände noch (vollständige oder) eindeutige Abbilder von Gegenständen. Unterschiedliche Wahrnehmungsurteile wurden dann erklärt als determiniert von je individuellen Bedürfnissen, Einstellungen, Erfahrungen, oder auch sprachlichen Eigenarten, die notwendigerweise zu persönlichkeitsspezifischer Selektion, Akzentuierung und Deutung des Wahrnehmungsfeldes führen. - Wahrnehmungstäuschungen sind dann ebenso »schicksalhaft« - aber als individuelle subjektive Verzerrungen. Diese extreme Position wurde innerhalb interkulturell vergleichender Untersuchungen relativiert. Die Differenzen zwischen Aussagen einzelner Betrachter sind unterschiedlich groß. Methodisch werden zwar auch in der betrachterorientierten Wahrnehmungsforschung Aussagen von Gruppen und nicht Aussagen von Individuen miteinander verglichen, solange aber dieser Gruppenvergleich nur als ein methodisches Erfordernis angesehen wird, fragt man nicht nach den Faktoren, die Betrachtergruppen zu relativ ähnlichen, von anderen Betrachtergruppen stärker abweichenden Aussagen kommen lassen. Ubereinstimmende Aussagen werden dann auf »zufällig« gleiche Bedürfnisse o. ä. zurückgeführt. Sobald gruppenspezifische Differenzen intentional berücksichtigt wurden, konnte gezeigt werden, daß »Wahrnehmungstäuschungen« weder allein von der Realität her determiniert sind, noch daß es sich nur um individuell bedingte Verzerrungen handeln kann. Interkulturelle Vergleiche machen deutlich, daß die von der Gestaltpsychologie als Beweis für autochthone Faktoren des Wahrnehmens herangezogenen Wahrnehmungstäuschungen kulturell überlagert (relativ vergrößert - aber auch gemindert) werden. Um die wahrnehmungsmäßige Gliederung, Organisation, zu erklären, müssen auch die Ökologie und die Sprache, die eine bestimmte »Kultur« kennzeichnen, herangezogen werden (vgl. etwa Segall et al. 1966). Die interkulturell vergleichende Wahrnehmungsforschung erhielt entscheidende Impulse von dem Sprachforscher Whorf\ der allerdings von der inadäquaten Auffassung ausging, es »präsentiert sich die Welt in einem kaleidoskopartigen Strom von Eindrücken, der durch unseren Geist organisiert werden muß« (Whorf 1963, S. 12) und für diese Gliederung (wegen Whorfs ahistorischen Ansatzes vgl. S. 15) die Sprache verantwortlich machte: »Wir gliedern die Natur an Linien auf, die uns durch unsere Mut19

tersprache vorgegeben sind. Die Kategorien und Typen, die wir aus der phänomenalen Welt herausheben, finden wir nicht einfach in ihr - etwa weil sie jedem Beobachter in die Augen springen . . . Wie wir die Natur aufgliedern, . . . das ist weitgehend davon bestimmt, daß wir an einem Abkommen beteiligt sind,.. . das für unsere ganze Sprachgemeinschaft g i l t . . . Dieses Ubereinkommen ist natürlich nur ein implizites und unausgesprochenes, aber sein Inhalt ist absolut obligatorisch« (S. 12). Obligatorisch, denn »wir können überhaupt nicht sprechen, ohne uns der Ordnung und Klassifikation des Gegebenen zu unterwerfen, die dieses Übereinkommen vorschreibt« (S. 12). Wenn Whorfs materialistische Ableitung der Sprache außer acht gelassen wird und derartige Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen werden, kommt man zu idealistischen Ansätzen, wie sie die betrachterorientierte und die interkulturell vergleichende Wahrnehmungsforschung kennzeichnen. Es wird dann nicht beachtet, daß Sprache - da sie Produkt einer Gesellschaft und nicht ein beliebiges Abkommen ist - nicht »individuell« wirkende Determinante sein kann, daß sie nicht behandelt werden kann wie ein »weiterer Faktor«, der die Kette: Bedürfnisse, Einstellungen usw. verlängert. Für die Ausgangsfragestellung, wie es zu erklären sei, daß der Mensch (wirkliche) Gegenstände wahrnimmt, liefern uns zwei der Positionen (die hier an Metzgers und Whorfs Aussagen verdeutlicht wurden) immerhin Ansatzpunkte - wenn auch einander widersprechende. Betrachten wir Beispiele. Auf die Frage: »Wie kommt e s , . . . daß wir . . . nicht die 327 einzelnen Helligkeiten und Farbtöne sehen . ..? Warum schließen sich die 327 Flecken gerade in 3 Einheiten aus beispielsweise 120, 90 und 117 Flecken zusammen (d. h. in Haus, Bäume und Himmel) . . .?« antwortet Metzger: »Die Einteilung des Gesehenen in Haus, Bäume und Himmel ist für uns als Lebewesen besonders brauchbar. . . Das erklärt aber nichts, sondern macht das Wunder noch größer: denn nur weil man etwas braucht, hat man es in dieser Welt noch lange nicht« (1953, S. 85 f.). Bei Whorf lesen wir hingegen: »Wir gliedern . . . die mit- und nacheinander auftretenden Ereignisse vornehmlich deshalb gerade so, wie wir es tun, weil wir durch unsere Muttersprache an einem Abkommen darüber beteiligt sind, nicht aber weil die Natur selbst etwa in genau dieser Weise und für jedermann gegliedert ist«. Und gerade »Terme wie >sky< (Himmel). . . verführen uns dazu, irgendeinen ungreifbaren Aspekt der unendlich mannigfaltigen Natur wie ein abgesondertes Ding.. . zu betrachten« (1963, S. 40). Dem entgegen schreibt Metzger:». .. an oder in stillem Wasser schließt sich das Ding und sein Spiegelbild oft. . . zwingend aller Erfahrung zuwider . . . zusammen. Diese erfahrungswidrigen und gleichwohl zwingenden Zusammenschlüsse geben uns einen wichtigen Aufschluß über den Zusam20

menhang zwischen der Entstehung und der Benennung der Anschauungsdinge. Sie beweisen, daß nur das schon zur Einheit zusammengefaßte benannt werden und nicht etwa der Name die Einheit stiften kann« (1953, S. 53 f.). Noch ein klärendes Gegenbeispiel von Whorf: »Wir [Europäer] könnten zum Beispiel etwas in der Natur isolieren, indem wir sagen: >Es ist eine rieselnde Quellen Ein Apache konstruiert die Aussage über einem Verbum . . . >Wie Wasser oder Quellen, weiße AbwärtsbewegungKaltEis< und >Schnee< werden alle durch den gleichen Stamm mit verschiedenen Endungen repräsentiert« (Whorf 1963, S. 15). Selbstverständlich waltet hier die Sprache nicht beliebig. Gerade dieses Beispiel Whorfs eignet sich nach der Ansicht mancher seiner vermeintlichen Kritiker (Brown 1958a, Fishman 1960) gut dazu, zu zeigen, daß Bezeichnungen einer Sprache wenn auch nicht Abbild der wahrnehmbaren Realität, so doch Abbild der Bedürfnisse m der Realität sind. Dies leugnet Whorf nicht, er weist selbst ausdrücklich darauf hin, daß verschiedene Schneearten »verschiedene Anforderungen an unser Umgehen mit ihnen« stellen.

Es ist anzunehmen, daß Bezeichnungen einer Sprache in ihrem Differen42

ziertheitsgrad den Lebensnotwendigkeiten im Umgang mit der Realität entsprechen. So ist für die Eskimos Schnee ein wichtiger und häufig gegebener Lebensumstand, und um sich in ihrer spezifischen Umwelt zu orientieren, um die materielle Reproduktion ihrer Gesellschaft abzusichern, ist es für sie notwendig, verschiedene Arten von Schnee zu unterscheiden, auf die unterschiedlichen Eigenschaften des Schnees genau zu achten. Für uns, und erst recht für die Azteken, ist Schnee in seinen verschiedenen Erscheinungsformen vergleichsweise unwichtiger. Durch die geographische Umwelt, in der sich eine Kultur entwickelt, werden bestimmte visuelle Differenzierungen wichtig, u. U. erst möglich (bzw. bleiben sie unwichtig) - dies schlägt sich in der Sprache, in ihren verbalen Kategorien, nieder. Es gibt allerdings Beispiele dafür, daß sich der Umfang der Begriffe nicht so eindeutig aus den materiellen Bedingungen einer Sprachgemeinschaft herleiten läßt: im Französischen gibt es keinen äquivalenten Begriff für den deutschen Begriff »Geschwister« und im Griechischen fehlt ein Äquivalent für den deutschen Begriff »Eltern«.

Die angeführten Beispiele stellen jedoch einen Spezialfall dar. Sprachen klassifizieren bestimmte Mengen von Objekten oder Erscheinungen nicht nur auf unterschiedlichen Ebenen einer fiktiven, aus den Begriffen aller Sprachen bildbaren Begriffshierarchie, sondern die Begriffe verschiedener Sprachen lassen sich gar nicht immer in eine Begriffshierarchie überführen. So wird das Farbspektrum in verschiedenen Sprachen in unterschiedlich viele Kategorien aufgegliedert (vgl. etwa Lenneberg & Roberts 1956)25. Erscheinungen, die in der deutschen Sprache den drei Klassen »Wald«, »Baum« und »Holz« zugeordnet werden (wobei wir sagen würden, ein Baum bestehe überwiegend aus Holz, ein Wald aus Bäumen), werden im Polnischen und Französischen nur in zwei Klassen eingeteilt; im Polnischen gehören »Holz« und »Baum« in eine Kategorie, »Wald« in eine andere, im Französischen hingegen schließt eine Klasse »Holz« und »Wald« ein - nicht jedoch »Baum«. Noch unverständlicher - und insofern beliebiger - mögen uns Kategorisierungen der Sprachen anderen Ursprungs erscheinen. »Die Hopisprache hat nur ein Substantiv für alles, was fliegt, mit Ausnahme der Vögel, deren Klasse durch ein anderes Hauptwort bezeichnet wird. Das erste Substantiv, so können wir sagen, bezeichnet die Klasse (FK-V) - Klasse alles Fliegenden abzüglich der Vögel. Die Hopis nennen Insekten, Flugzeuge und Flieger alle mit dem gleichen Wort und sehen darin keine Schwierigkeit« (Whorf 1963, S. 14f.). Ist es uns möglich, eine phänomenale Ähnlichkeit oder funktionale Äquivalenz zu »sehen«, die zwar zwischen Insekten und Flugzeugen, nicht aber zwischen diesen und Vögeln besteht? Das Resultat (die Bezeichnung) des Vergleichens (des Prozesses, um eine 43

Bezeichnung zu finden) kann also nicht ein Resultat sein, denn verschiedene Sprachen stellen unterschiedliche Resultate bereit. Einem Klassifizieren muß ein visuelles Vergleichen, ein Erfassen phänomenaler Ähnlichkeit, vorausgehen - das Resultat aber ist gesellschaftsgebunden. Nun scheint es manchem vorstellbar, daß verbale Klassifikationen (ausgedrückt in Begriffen einer Sprache) den wahrnehmbaren Ähnlichkeiten nicht immer entsprechen. Metzgers Behauptung, daß die »Kategorie des Typus dem natürlichen Denken viel näher als die Kategorie der Klasse« (1963, S. 229) liegt, läßt sich dahingehend deuten: Welche Ähnlichkeiten (Typen) wir sehen, das ist von logischen Klassifikationen der Sprache unabhängig und findet in diesen nicht immer seinen Ausdruck. Selbstverständlich werden »Klassen«, d. h. auch Begriffe, Wörter einer Sprache, gelernt. Aber es werden nicht nur die Wörter gelernt, sondern auch die Zuordnung der Wörter zu wahrnehmbaren Phänomenen wird gelernt. Sehr junge Kinder drücken sich oft für andere unverständlich aus; je älter Kinder sind, um so verständlicher können sie Objekte beschreiben und um so eher können sie (bei geeigneter Lernsituation) lernen, verständlich zu kommunizieren (vgl. etwa Kraus & Glucksberg 1969). Was bedeutet »unverständlich«? Anfängliche Unverständlichkeit mag daran liegen, daß ein sehr junges Kind idiosynkratisch, also von den in einer Gesellschaft üblichen abweichende Objektkategorien bildet (vgl. etwa Piaget 1945). Die Zuordnung eines Wortes zu einem Objekt erscheint dann »falsch« und ist unverständlich. Wie Dale (1969) am Beispiel der FarbKategorisierung aufweisen konnte, ist Unverständlichkeit der Kommunikation (bei etwas älteren Kindern) auch dadurch verursacht, daß ein Kind perzeptuelle (Farb-)Kategorien in derselben Weise bildet, wie es in der Gesellschaft üblich ist, diese aber mit idiosynkratischen (d. h. »falschen«) Wörtern bezeichnet. Seine »perzeptuelle Kategorisierung« ist also der gesellschaftlichen angeglichen, nur die Bezeichnung selbst ist unverständlich. Andererseits konnte gezeigt werden, daß ein Kind, wenn es keine (verbale) Sprache lernt, die Farbskala viel länger nicht der gesellschaftsspezifischen Kategorisierung angeglichen gliedert (Lantz & Lenneberg 1966). Während ein Kind die Wörter seiner Sprache lern*, lernt es auch die Umwelt in gleicher Weise wie die Sprachgemeinschaft, in der es aufwächst, zu gliedern, zu strukturieren - lernt es auch, sie so zu »sehen«? Wenn Bru«er (1957) sagt: Wahrnehmen lernen bedeutet, angemessene Kategorien zu lernen (vgl. auch Vernon 1952, 1955) - folgt dann daraus, daß man auch »lernt«, was »phänomenal« ähnlich ist? Interkulturelle Vergleiche bestätigen, daß der Eindruck der Ähnlichkeit, der »Zusammengehörigkeit« und damit auch der Eindruck der Unterschiedlichkeit von Wahrnehmungsobjekten den Bezeichnungen einer Sprache entsprechen. 44

Farbwerte, die in der Sprache des Betrachters in einen Bereich fallen, wurden häufig als gleich angesehen, während Farbwerte, die unterschiedlichen verbalen Bereichen angehören, eher unterschiedlich wirkten (vgl. etwa Kopp & Lane 1968 sowie die zusammenfassende Darstellung bei Segall et al. 1966). Wurden den Betrachtern etwa 3 gut sichtbare Stimuli vorgelegt und sollten sie 2 Stimuli zusammenordnen und von einem dritten absondern, so gruppierten sie das zusammen, was gleich bezeichnet werden könnte. Kann in verschiedenen Sprachen Unterschiedliches gleich bezeichnet werden (etwa in einer Sprache die Stimuli 1 und 2, in einer anderen die Stimuli 2 und 3), so unterschieden sich die von Angehörigen dieser verschiedenen Sprachgemeinschaften gebildeten Kategorien entsprechend (Carroll & Casagrande 1966). Das Urteil über wahrgenommene Ähnlichkeit folgt nicht einem phänomenalen »Typus« - der, in den Objekten selbst angelegt (vgl. Metzger 1963, S. 230), für alle Beobachter gleich sein müßte sondern einer durch ein Wort definierten »Klasse«, Menge von Eigenschaften, die nur mit der Sprache gelernt sein kann. 1.2. Sprachliche Determinanten einer »phänomenalen Ähnlichkeit« Wir gingen davon aus, daß eine Bezeichnung nur durch Vergleich und die Feststellung wahrnehmbarer Ähnlichkeit gefunden werden kann. Das Ergebnis dieser Betrachtung zeigt jedoch, daß sich die Wahrnehmungsurteile über Ähnlichkeit (interkultürell) unterscheiden. Dieser scheinbare Widerspruch läßt sich nur lösen, wenn wir nicht nur »den Eindruck« relativieren, sondern auch »die Ähnlichkeit«. Es kann nicht eine Ähnlichkeit geben, dieses Objekt kann nicht nur einem anderen ähnlich sein, sondern es gibt verschiedene Ähnlichkeiten, d. h., ein bestimmtes Objekt kann in einer Eigenschaft26 einem Objekt, in anderen Eigenschaften kann es anderen Objekten ähneln. Vergleichen bedeutet dann nicht, die Ähnlichkeit zu ermitteln, sondern bestimmte Eigenschaften, die ein Objekt mit anderen gemeinsam hat, zu abstrahieren - die Art der Abstraktion schlägt sich in der Sprache nieder; verfestigt diese bestimmte in der Sprache fixierte Abstraktion die Wahrnehmung? Wenn das Wahrnehmungsurteil sprachlicher Kategorisierung entspricht, sprachliche Kategorisierungen aber nur gelernt sein können, müßte auch »Wahrnehmung« Ergebnis eines Lernprozesses sein. Ob eine Veränderung der Wahrnehmung möglich ist, wurde experimentell innerhalb der Forschungen zum »Wahrnehmungslernen« untersucht. Dort zeigte sich: die Wahrnehmung kann sich ändern, obwohl der Stimulus nicht verändert wird (vgl. etwa Epstein 1967)27. Einzelne Theoretiker unter-

45

scheiden sich jedoch darin, welche Rolle sie der Sprache bei diesem Änderungsprozeß zubilligen.

Miller (1948; vgl. auch Miller & Dollard 1941, Dollard & Miller 1950), der vermutlich von ähnlichen kulturanthropologischen Entdeckungen inspiriert wurde wie Whorf\ postuliert, ein Begriff, ein Wort, könne als »cue« fungieren (genauer: als »response-produced-cue«) und - als cue - in die Stimulus-Situation eingehen. Daraus würde folgen, daß dann, wenn auf zwei ähnliche Stimulus-Situationen mit verschiedenen Wörtern (bzw. allgemeiner: unterschiedlichen Verbalisierungen) zu reagieren gelernt wird, diese Situationen verschiedener werden, denn verschiedene cues vergrößern die wahrgenommene Unterschiedlichkeit der (ähnlichen) Situationen. Entsprechend würde dann, wenn auf zwei ziemlich verschiedene Situationen mit dem gleichen Wort zu reagieren gelernt wird, dieses Wort als gemeinsames Element beider Situationen die wahrgenommene Gemeinsamkeit vergrößern. Ein Wort könnte also, weil es als zusätzliches cue fungiert, Verschiedenheit zwischen ähnlichen und Ähnlichkeit zwischen verschiedenen Situationen entstehen lassen; durch das Wort könnte Ähnlichkeit und Verschiedenheit von Stimulus-Situationen gelernt werden. Die bildhafte Vorstellung dieser Theorie - daß das Wort dem Stimulus quasi als Etikett angehängt erscheinen sollte und so wahrnehmbar wäre veranlaßte Anhänger »autochthoner« Wahrnehmungstheorien zum Protest. Zu Recht halten sie (dieser bildhaften Vorstellung28) entgegen: »Wahrnehmung« kann nur als Erfassen der dem Stimulus inhärenten Charakteristika (etwa Formen und Farben, Längen etc., nicht aber Assoziationen oder »Responses« wie z. B. Wörter) definiert werden. Wahrnehmungslernen kann nicht in abnehmender, sondern nur in ständig wachsender Korrespondenz zwischen »percept« und physikalischer Stimulation bestehen (Gibson & Gibson 1955a). Was folgt daraus? 1.2.1. Sprachliche Determinanten sichtbarer Unterschiede Gehen wir zunächst davon aus (und das ist für viele Psychologen der einzig mögliche Ausgangspunkt), daß einem Betrachter zwei oder mehr Stimuli ähnlich erscheinen, und lassen wir die Möglichkeit, daß ihm zwei Stimuli unterschiedlich erscheinen, erst einmal außer acht (vgl. 1.2.2). Während des Lernprozesses braucht sich dieser Eindruck der Ähnlichkeit nicht völlig zu verlieren, da aber ähnliche Stimuli per definitionem nicht gleich, sondern verschieden sind, so kann von Wahrnehmungslernen dann und nur dann gesprochen werden, wenn die zwischen den ähnlichen Stimuli bestehenden Unterschiede immer genauer erfaßt werden (Gibson & Gibson 1955a, b). Werden (erstens) gleichzeitig mit der mehrmaligen Wahrnehmung ähnlicher Stimuli verschiedene Wörter gelernt, so kann dies - und wird dies ver46

mutlich meist - den Differenzierungsprozeß beschleunigen, denn die richtige Anwendung der spezifischen Responses gibt dem Lernenden die Gewißheit, richtig gesehen zu haben (Gibson 1940); lernt man aber (zweitens) für ähnliche Stimuli nur ein Wort, so könnte dies eventuell den Differenzierungsprozeß verzögern - unmöglich scheint aber, daß dieses Wort die für den Betrachter anfänglich gegebene Ähnlichkeit vergrößern könnte. Die Möglichkeit eines solchen Prozesses, der als »Enrichment«-Prozeß, als ein Prozeß »kreativer« Bereicherung, verstanden werden müßte, wird ausdrücklich verneint (Gibson & Gibson 1955a). Sicher sei es möglich, zu lernen, auf verschiedene Stimuli mit nur einem Wort zu reagieren, ein solcher Prozeß der Begriffsbildung sei jedoch als rein verbaler Prozeß zu verstehen und verlaufe quasi unabhängig vom Prozeß des Wahrnehmungslernens (Gibson 1940). Halten wir inne und stellen wir folgende Überlegung an: Da die Wahrnehmung selbst interindividuell unzugänglich ist, kann nur auf Grund des Verhaltens des Betrachters eine Aussage darüber gemacht werden, ob der Betrachter den Stimulus mehr oder weniger vollständig erfaßt, Gibson (1940) spricht davon, daß Lernen in immer »richtigerem« Verhalten resultiert. Bei der Definition von »richtigem« Verhalten beschränkt sie sich darauf anzugeben, daß die vorgegebenen Responses (verbale Einheiten) in der verlangten Weise zugeordnet werden können. In verallgemeinerter Form heißt das: Die verbale Definition der Stimuli, wie sie die Versuchsperson (Vp) gelernt hat, stimmt dann mit derjenigen, wie sie der Versuchsleiter vorgenommen hat, überein. Das aber ist das Resultat des sprachlichen Sozialisationsprozesses; auch hier lernt das Individuum die Objekte genau so differenziert zu bezeichnen, wie es die Gesellschaft, in die es hineinwächst, tut; seine Sprache, seine Art, Objekte zu bezeichnen, sind »richtig«, wenn sie sich in Übereinstimmung mit der gesellschaftlichen befinden. Daraus folgt also: »Richtige Differenziertheit« des verbalen Verhaltens ist nicht nur vom Stimulus, vom Wahrnehmungsobjekt her zu definieren. Wäre es möglich, daß deshalb, weil es unnötig ist, verbal über eine bestimmte Differenziertheitsstufe hinaus zu unterscheiden, die von Gibson als kontinuierlicher Prozeß angesehene visuelle Differenzierung vor der Vollendung einen Abschluß findet, d. h., daß man Unterschiede »übersieht« (vgl. etwa Whorf\ 1963, S. 53)? Interindividuelle und auch interkulturelle Unterschiede im Wahrnehmungsverhalten können selbstverständlich viele Ursachen haben; wenn wir sprachliche Determination der Wahmehmungsdifferenziertheit aufweisen wollen, so müßten die Lernsituationen vergleichbar sein - bis auf eine einzige Variable, nämlich die gelernte Sprache bzw. die gelernten Wörter. Dies ist nur im Laboratorium möglich. Dort können zudem außerexperimentell gelernte Bedeutungen und Zusammenhänge

47

weitgehend wirkungslos werden, weil Wahrnehmungsobjekte, die der Betrachter notwendigerweise nicht kennt (»sinnlose« Stimuli), und »Wörter«, die es in der Sprache nicht gibt (»sinnlose« Silben), verwendet werden können. Methodik der Experimente: Um zu prüfen, inwieweit die Vollständigkeit der Erfassung von Stimuli von der Spezifität der für diese Stimuli gelernten Bezeichnungen abhängt, werden hier die Ergebnisse von Experimenten mit folgender Anordnung herangezogen: Alle Versuchspersonen (Vpn) sehen wiederholt die gleiche Stimulusmenge, wobei die Darbietungszeit und die Anzahl der Darbietungen gleich sind und somit die potentielle Wahrnehmungszeit konstant gehalten wird. Variabel ist jedoch die Anzahl der für diese Stimuli gelernten verbalen »Etiketts«29: Eine Gruppe (Experimentalgruppe 1) lernt für jeden einzelnen Stimulus ein spezifisches Etikett, eine andere Gruppe (Experimentalgruppe 2) lernt, mehrere Stimuli mit einem globalen Etikett zu bezeichnen (zusammenzufassen). Zur Kontrolle der so erworbenen Unterscheidungsfähigkeit werden weitere Anordnungen (Kontrollgruppen Kl bis K3) eingeführt: Kl: Eine Gruppe von Vpn lernt keine Etiketts und hat nur die Aufgabe, die Stimuli genau zu betrachten oder sich Unterschiede zwischen ihnen einzuprägen (»observing«). Diese Aufgabe wird meist als »nicht-verbal« bezeichnet; sie ist jedoch unbrauchbar, denn auch wenn die Vpn ausdrücklich aufgefordert werden, sich nichts Verbales zu merken, ist damit nicht garantiert, daß sie wirklich keine eigenen Bezeichnungen oder Beschreibungen für die Stimuli benutzen; man beraubt sich damit völlig der Möglichkeit, das verbale Verhalten der Vpn zu kontrollieren. K2: Um »unspezifische« Wirkungen des Lernens von Etiketts zu kontrollieren, läßt man manchmal eine Gruppe von Vpn Etiketts für andere Stimuli lernen, als man später in der Untersuchung vorlegt (»irrelevant pretraining«). K3: Vermutlich um eine Art »absoluten Nullpunkt« zu haben, wird zuweilen auch eine Gruppe von Vpn zum Vergleich herangezogen, die die Stimuli vor der Unterscheidungsaufgabe nicht gesehen haben, die also weder die Möglichkeit zum »Wahrnehmungslernen« noch zum Lernen des Etikettierens hatten (»no pretraining«). Ob die Vpn nach den Lernprozessen bzw. ohne vorausgegangenen Lernprozeß die Stimuli unterscheiden können, wird mit verschiedenen Aufgaben geprüft. Für die vorliegende Fragestellung werden Experimente mit zwei verschiedenen Aufgaben (A 1 und A 2) herangezogen. A 1: Die Vpn müssen angeben, ob simultan bzw. sukzessiv vorgelegte Stimuli gleich sind oder sich unterscheiden. A 2: Die Vpn müssen zu jedem einzelnen Stimulus eine neue (zumeist motorische) Reaktion lernen. Die Feststellung, daß man mehr Unterschiede sehen kann, als die Sprache durch ihre Bezeichnungen zu sehen notwendig macht, daß man Unterschiede auch dort sehen kann, wo Begriffe nicht mehr differenzieren, ist eine Trivialität. Wenn Oevermann dem Whorfs chen »Schnee-Beispiel« entgegenhält: »Im Prinzip kann auch der Sprecher jeder anderen Sprache die verschiedenen Arten von Schnee in der Wahrnehmung unterscheiden, er ist nur nicht daran gewöhnt« (1968, S. 321; vgl. auch Brown & Lenneberg 1954, Herrmann & Stacker 1969), wenn Longacre (1956) argwöhnt, Whorf selbst hätte die Unterschiede sehen können, und wenn Fishman (1960) be48

Zusammenstellung der statistischen Ergebnisse der auf S. 50f. analysierten Experimente

Aufgabe (AI): Angabe, ob 2 Wahrnehmungsobjekte sich unterscheiden oder gleich sind

A. Vpn: Erwachsene Ranken 1963 b Robinson 1955

E l : spezifische Etiketts deutende Bezeichnung sinnlose Wörter

Vanderplas et al. 1964 sinnlose Silben

Arnoult 1953

E2: globale Etiketts || j| = sinnlose Wörter =

Kl

Katz 1963 Katz 1967 G.N. Cantor 1955

sinnlose Silben irrel. Wörter Namen

Norcross & Spiker 1957 Spiker & Norcross 1957

Namen Namen

stumm betrachten zählen zählen Unterschiede zeigen wie Testaufg. (AI) wie Testaufg. (AI)

K3

keine Vorübung keine Vorübung

irrel. Vorübg.

Buchstaben

B. Vpn: Kinder (jünger als 9 Jahre) Namen=Tierbez. Pyles 1932

K2

stumm betrachten = wie Testaufg. (AI) Unterschiede beachten = stumm betrachten

= keine Vorübung

I sinnl. Silben = irrel. Vorübg. = irrel. Vorübg. = irrel. Vorübg.

Zeichenerklärung : 1. Eingetragen ist jeweils die Art der Etiketts (E 1, E 2) bzw. die Art der Kontrollaufgabe (K 1, K 2, K 3); für die Erklärung der experimentellen Bedingungen vgl. S. 48. 2.11 bedeutet: Zwischen den jeweiligen Bedingungen wurde ein signifikanter Unterschied ermittelt, von links nach rechts (in der vorstehenden Zusammenstellung) jeweils abnehmende Leistungen bei der Aufgabe (A 1), d. h. mehr Verwechslungen. 3. = bedeutet: Zwischen den jeweiligen experimentellen Bedingungen wurde kein signifikanter Unterschied ermittelt. 4. Die Markierung * soll die Ubersicht erleichtern, indem sie betont, daß bei den Erwachsenen die Bekanntheit der Stimuli (E 1,E2, K l ) die Unterscheidungsfähigkeit erleichtert, während bei den Kindern spezifische Etiketts die Unterscheidungsfähigkeit erleichtern, globale Etiketts sie behindern.

merkt, diese wahrnehmbaren Unterschiede seien prinzipiell in allen Sprachen verbalisierbar, wenn auch mit unterschiedlicher Leichtigkeit (wofür Whorf selbst übrigens das Beispiel lieferte, vgl. 1963, S. 15), so kann dem auch durch experimentelle Ergebnisse nicht grundsätzlich widersprochen werden, wie in folgendem ausgeführt wird. Bei einem Vergleich der experimentellen Ergebnisse zu diesem Problem (sieht »man« Unterschiede zwischen ähnlichen Stimuli - in Abhängigkeit von der gelernten Sprache?) zeigte sich eine alters abhängige Differenz (vgl. Zusammenstellung, S. 49). Bei Erwachsenen (in diesen Experimenten immer Studenten) war die Unterscheidungsfähigkeit offensichtlich von der (visuellen) Bekanntheit der Stimuli abhängig - kaum von sprachlichen Faktoren. Vpn-Gruppen, die während der Lernphase für Stimuli spezifische Etiketts gelernt hatten (E 1), konnten die Stimuli nicht besser und nicht schlechter unterscheiden als Vpn-Gruppen, die während der Lernphase a) globale Etiketts (E 2) lernten (Robinson 1955), die b) die Stimuli miteinander vergleichen (Robinson) oder sich Unterschiede merken sollten (Vanderplas et al. 1964), die c) die Stimuli stumm betrachten sollten (Vanderplas et al.). Diese Vpn-Gruppen konnten die Stimuli allerdings schlechter voneinander unterscheiden als Vpn-Gruppen, die während der Lernphase sinnvolle und relevante Bezeichnungen für die Stimuli lernten (Ranken 1963b), und sie konnten die Stimuli besser voneinander unterscheiden als solche Vpn-Gruppen, die die Stimuli überhaupt noch nicht kannten ( Vanderplas et al.). Diese Differenz wurde nivelliert, wenn die (für eine Vpn-Gruppe) bekannten Stimuli mit unbekannten Stimuli verglichen werden sollen (Arnoult 1953). Für die Fragestellung, ob das Lernen spezifischer Etiketts die Unterscheidungsfähigkeit stärker förderte als das Lernen globaler Etiketts und dieses widerum stärker als bloßes Beobachten, sind diese Einzelheiten jedoch irrelevant. Sie werden hier nur angeführt, um die bei oberflächlicher Betrachtung erscheinende Widersprüchlichkeit der experimentellen Ergebnisse aufzulösen.

Kinder, die im Vorschulalter oder doch jünger als 9 Jahre sind, verhielten sich aber anders (s. Zusammenstellung S. 49). Legte man ihnen die vorher »gelernten« Stimuli paarweise vor und fragte, ob es sich um gleiche oder verschiedene Dinge handle, ob sie gleich oder unterschiedlich aussehen, so antworteten am richtigsten diejenigen, die die Stimuli spezifisch zu etikettieren gelernt hatten - sie machten weniger Fehler als Kinder, die die Stimuli ebensooft gesehen, aber nicht zu etikettieren gelernt hatten. Die meisten Fehler machten - im Gegensatz zu den Erwachsenen - die Kinder, die vorher globale Etiketts lernten; sie verwechselten die gleich bezeichneten Stimuli (Katz 1963, 1967). Dieses Ergebnis bleibt im wesentlichen erhalten, wenn die Kinder lernen sollten, unter einem der simultan vorgelegten Stimuli ein begehrtes Objekt, ein Spielzeug, zu finden, wobei dieses Spielzeug immer nur unter einem 50

derjenigen Stimuli versteckt wurde, den eine der Gruppen mit einem globalen Etikett zu bezeichnen gelernt hatte. Wer während der vorausgegangenen Lernphase spezifische Etiketts gelernt hatte30, fand das Spielzeug schneller als diejenigen Kinder, die a) die Stimuli vorher stumm betrachtet hatten (Pyles 1932, Katz 1963, 1967)31, die b) während der Lernphase auf die Teile, die den Unterschied zwischen den ähnlichen Stimuli ausmachten, zeigen sollten (G. N. Cantor 1955), die c) im Simultan- oder Sukzessiwergleich jeweils Unterschiedlichkeit oder Gleichheit der Stimuli angeben sollten (Nrocross & Spiker 1957, Spiker & Norcross, zit. nach Spiker 196332) oder die d) andere Stimuli zu etikettieren gelernt hatten (G. N. Cantor, Norcross & Spiker). Schlechter als alle diese Gruppen schnitten diejenigen Vpn ab, die globale Etiketts gelernt hatten: sie suchten das Spielzeug viel häufiger unter einem Stimulus, der den gleichen »Namen« trug wie der richtige (Katz 1963)33. Kinder lernten - wie die erwachsenen Vpn - zu sehen, daß verschieden bezeichnete Stimuli sich unterschieden, gleich bezeichnete Simuli erschienen ihnen - anders als den Erwachsenen - gleich. Diese Besonderheit kindlichen Wahrnehmens ist vielfältig diskutiert worden. Gibsons »Erklärung« (Gibson & Gibson 1955a), daß Kinder überhaupt mehr Zeit brauchen, um Unterschiede zu entdecken, »erklärt« hier nicht: die Wahrnehmungszeit innerhalb der verschiedenen Altersgruppen war immer gleich. Spiker (1956a) nimmt an, daß Kinder im Gegensatz zu Erwachsenen nicht versuchen, vorgegebene Verbalisierungen durch eigene zu ersetzen, und deshalb auch solche Etiketts für die spätere Aufgabe übernehmen, die nicht adäquat sind. Reese (1962) behauptet, auch wenn sie verbalisieren, wirken sich eigene Verbalisierungen bei Kindern bestimmter Altersstufen nicht auf ihr Verhalten aus. Die Frage, ob Kinder selbständig verbalisieren oder nicht, führte zu einer Kontroverse (Youniss & Furth 1963, Reese 1963); Dale (1969) berichtet, daß Kinder zwar durchaus selbst verbalisierten, eigene Wörter aber, wenn sie nicht laut ausgesprochen wurden, rasch wieder vergaßen. In einer später folgenden Aufgabe konnten sie sich dann nur auf die gelernten und ausgesprochenen - und insofern behaltenen - experimentell eingeführten Etiketts stützen. Selbstverständlich ist die experimentelle Situation (Lernen von unbekannten Bezeichnungen für unbekannte Wahrnehmungsobjekte) für Kinder in weit größerem Maße alltäglich als für Erwachsene; worauf Untersuchungen aus der kognitiven Entwicklungspsychologie verweisen, ist darüber hinaus, daß die »Namen« (Bezeichnungen) der Dinge für Kinder 51

eine ganz andere Funktion haben als für Erwachsene. Kinder (die jünger als 9 Jahre alt sind) behaupten - so berichtet Piaget (1945) der »Name« eines Dinges liege in dem Ding selbst, sei durch Hinsehen erkennbar und (da er von Gott oder einer anderen Autoritätsperson dort hineingetan sei) unveränderbar. Dieser »nominal realism« wird erst später (nach Piaget etwa vom 9. Lebensjahr ab) relativiert, erst dann geben Kinder bzw. Jugendliche an, der Name sei nur ein Ubereinkommen und könne - Einverständnis vorausgesetzt - beliebig verändert werden. - Eine präzisere Erklärung ähnlicher Beobachtungen gibt Wygotski (1969): Wenn jüngere Kinder den Namen für einen Bestandteil des mit ihm bezeichenbaren Gegenstandes halten und annehmen, daß er fest mit den übrigen Eigenschaften gekoppelt ist, so deshalb, weil »die lautliche und die semantische Seite des Wortes für das Kind eine unmittelbare, undifferenzierte und ihm nicht bewußte Einheit darstellen« (S. 309). Anders ausgedrückt: Kinder können Bezeichnung und Begriff, der ja wirklich in den Gegenständen liegt, noch nicht voneinander differenzieren. Dieser Erklärung entsprechen die experimentellen Ergebnisse: Kinder sahen, daß unterschiedlich bezeichnete Objekte verschieden waren, und sie »sahen«, daß sich gleich bezeichnete Objekte glichen. Als 2. Ergebnis unserer Untersuchung stellen wir fest: Wenn sich Objekte unterscheiden, so konnten zumindest Studenten (sprachunabhängig) lernen, diese Unterschiede zu »sehen« - besonders, wenn die Objekte gleichzeitig (zum Vergleich) sichtbar waren; für sie war dieser Lernprozeß unabhängig von jeder Etikettierung. Bei Kindern jedoch (experimentell aufgewiesen: bis zum 9. Lebensjahr) waren Aussagen über wahrgenommene Unterschiedlichkeit oder Gleichheit von der Spezifität gelernter Etiketts abhängig: sie hielten gleichbezeichnete Objekte für gleich. Dieses »Nebenergebnis« kann als nützlicher Hinweis für die sprachliche Sozialisation gelten: Gerade jüngere Kinder werden um so differenzierter »sehen« und auch denken können, je differenzierter (d. h. nicht unbedingt nur: je größer) ihr Wortschatz ist. Sie werden leicht ähnliche Dinge für gleich halten, wenn in ihrem Wortschatz nur globale Begriffe (oder nur wenige Worte, die dann notwendigerweise global gebraucht werden müssen) enthalten sind.

Den Kritikern Whorfs, die auf die Sichtbarkeit nicht bezeichenbarer Unterschiedlichkeit hinwiesen, ist (wenigstens bezüglich studentischer Vpn) zuzustimmen. Sie fragten jedoch nicht, ob gerade das Faktum, daß man Unterschiedlichkeit nicht zu bezeichnen gelernt hat oder nur mit gewisser Umständlichkeit verbalisieren kann (was oft auch unnötig ist, wenn die Sprache kürzere, der Kommunikation genügende Ausdrucksmöglichkeiten vorsieht), dazu führen könnte, daß man diese prinzipiell sichtbare 52

Unterschiedlichkeit nicht behält und nicht im Verhalten berücksichtigen kann. Denn wenn man die Vpn nicht nur fragte, ob sie Unterschiede zwischen Stimuli sahen, sondern sie veranlaßte, jeden Stimulus einer vorher experimentell eingeführten Stimulusmenge mit einer spezifischen Verhaltensweise zu koppeln, ergaben sich zwar wieder altersabhängige Unterschiede - aber anderer Art (vgl. Zusammenstellung S. 54 f.). Kinder (die jünger als 12 Jahre alt sind) konnten neue, spezifische motorische Reaktionen, wenn sie vorher für jeden Stimulus ein spezifisches Etikett lernten, schneller zuordnen, als wenn sie vorher »globale« Etiketts, also ein Etikett für je zwei oder mehr Stimuli, gelernt hatten (Reese 1958, Norcross 1958, Cantor 1970)34. Es war dabei gleichgültig, ob die Vpn die spezifischen Etiketts wirklich beherrschten (Reese) oder nicht (Smith & Goss 1955), oder ob sie in eigenen Worten über diese Unterschiede sprechen sollten (Smith & Goss) - sie lernten die neuen, differenzierenden Verhaltensweisen schneller als Kinder, die die Stimuli eine vergleichbare Zeit lang stumm betrachteten (Smith & Goss; Cantor), diese Kinder wiederum unterschieden sich nicht in der Geschwindigkeit des Lernens von solchen Kindern, denen die Stimuli unbekannt waren (Smith & Goss); beide Gruppen verhielten sich so, wie es nach dem Zufall zu erwarten gewesen wäre (Smith & Goss), d. h., sie hatten während der Lern-Darbietungen »nichts gelernt«. Kinder, die globale Etiketts lernten, hatten jedoch offensichtlich etwas über die Stimuli gelernt: sie verwechselten die Stimuli (Cantor 1970), stärker sogar, als nach dem Zufall zu erwarten gewesen wäre (Smith & Goss), und je besser sie die globalen Etiketts beherrschten, um so mehr Verwechslungen traten auf (Reese). Verhalten sich Vpn, die älter als 12 Jahre waren und denen die Relativität der Bezeichnungen hätte deutlich sein müssen, anders? Wie die Ubersicht (vgl. Zusammenstellung S. 54f.) zeigt, sind sehr viele Experimente durchgeführt worden, die ihrer Versuchsanordnung nach für diese Fragestellung ausgewertet werden können. Da die Versuchsanordnungen (die experimentellen Bedingungen, die Stimuli und die Art der Etiketts) nicht übereinstimmen, sondern nur annähernd vergleichbar sind, ergibt sich ein sehr komplexes Bild. Wenn man sich jedoch auf die Unterschiede hinsichtlich der Schwierigkeit, mit der neue Responses für die Stimuli gelernt werden können, zwischen den einzelnen Gruppen die spezifische Etiketts gelernt hatten (Experimentalgruppe 1) und allen anderen Gruppen (Kontrollgruppen Kl, K2, K3 und Experimentalgruppe 2) konzentriert, wird ein systematisierender Überblick eher möglich. Dann zeigt sich: Wie den jüngeren Vpn verhalfen auch den älteren Vpn vorher für die Stimuli gelernte spezifische Etiketts zu schnellerem Zuordnen von spezifi53

Zusammenstellung der statistischen Ergebnisse der auf S. 53f. analysierten Experimente Aufgabe (A2): Lernen einer neuen (motorischen bzw. verbalen) Reaktion für jedes Wahrnehmungsobjekt der Lernserie E1: spezifische Etiketts

E2: globale Etiketts

A. Vpn: Kinder (jünger als 12 Jahre) unähnl. sinnl. Silben unähnl. sinnl. Silben unähnl. sinnl. Silben sinnl. Silben

Norcross 1958 Reese 1958 Cantor 1970 Smith & Goss 1955 B. Vpn: Erwachsene a) bis 20 trials in der Transferaufgabe Marshall 1968 b Marshall 1970 Riviera, de 1959

sinnl. Silben sinnl. Silben Buchstaben

:

Buchstaben Instr.: Stimuli haben keine Gemeinsamkeit

irrelevante | | i Wörter ||j"

Castillo & Ellis 1968 Ellis & Mutter 1964

deutende Bezeichnung deutende Bezeichnung deutende Ellis 1968 Bezeichnung sinnl. Silben Marshall 1968 a Zuordnung beherrscht Gagne & Baker 1950 Buchstaben mehr Vorübg. Vanderplas et al. 1964 b)bis 40 trials in der Transferaufgabe /. H. Cantor 1955 Buchstaben mehr Vorübg. McAllister 1953 Ranken 1963b

c) bis 60 trials in der Transferaufgabe Gagne & Baker 1950 Buchstaben 11 mehr Vorübg, j | Goss & Greenfeld deutende Bezeichnung 1958

sinnlose Silben sinnl. Silben Zuordnung n. beherrscht Buchstaben w. Vorübg. sinnl. Silben = Namen :

:

Buchstaben 11 w. Vorübg. 11 irrelevante Wörter

Buchstaben w..Vorübg. sinnlose | j \ Silben 11 i

Zeichenerklärung: 1. Eingetragen ist jeweils die Art der Etiketts (E1, E 2) bzw. die Art der Kontrollaufgabe ( K l , K2, K3); für die Erklärung der experimentellen Bedingungen vgl. S. 48. 2.11 bedeutet: Zwischen den jeweiligen experimentellen Bedingungen wurde ein signifikanter Unterschied ermittelt, von links nach rechts (in der vorstehenden Zusammenstellung) jeweils abnehmende Leistungen in der Aufgabe (A2).

Kl

K2

K3

keine Vorübung stumm betrachten stumm betrachten

sinnl. Silben sinnl. Silben Buchstaben Instr.: Stimuli haben eine Gemeinsamkeit irrelevante Wörter

= keine Vorübg.

irrel. Vorübg. irrel. Vorübg.

E2 11 spez. ähnl. | j sinnl. Silben j spez. ähnl. | sinnl. Silben | spez. ähnl. | sinnl. Silben = Zufall

| k. Vorübg.

stumm betrachten

:

= Unterschiede beachten Unterschiede beachten stumm betrachten irrelevante Vorübung irrelevante Vorübung Unterschiede 11 beachten 11 — stumm betr. j j

keine Vorübung

:

keine Vorübung = keine Vorübung keine Vorübung keine Vorübung

irrelevante Vorübung irrelevante Vorübung keine Vorübung keine Vorübung 3. = bedeutet: Zwischen den jeweiligen experimentellen Bedingungen wurde kein signifikanter Unterschied ermittelt. 4. Die Markierung soll die Übersicht erleichtern, indem sie betont, daß zwischen der experimentellen Bedingung E1 und allen anderen experimentellen Bedingungen (bei Kindern auch zwischen diesen und E2) ein signifikanter Unterschied ermittelt wurde.

sehen motorischen Reaktionen und bekannten Stimuli. Hatten diese Vpn vorher spezifische Etiketts gelernt (Experimentalgruppe 1), so konnten sie neue motorische Verhaltensweisen nicht nur schneller lernen als VpnGruppen, die (Kontrollgruppe 2) die Stimuli noch nicht kannten, weil sie andere Stimuli zu etikettieren geübt hatten (J. H. Cantor 1955, Marshall 1968a, b, 1970, Ellis 1968), oder die (Kontrollgruppe 3) keinerlei experimentell eingeführte Vorübung im »Wahrnehmungsdifferenzieren« mitbrachten (Gagne & Baker 1950, Goss & Greenfeld 1958, J. H. Cantor 1955, Marshall 1968b, del Castillo & Ellis 1968, Ellis 1968), sondern sie lernten die spezifischen motorischen Reaktionen auch schneller als Vpn-Gruppen, die (Kontrollgruppe 1) die Stimuli kannten, aber keine Etiketts für diese gelernt hatten (Ranken 1963b, de Riviera 1959), auch wenn sie ausdrücklich aufgefordert worden waren, sich beim Betrachten Unterschiede einzuprägen {EUis & Muller 1964, del Castillo & Ellis 1968)35. Ein spezifisches Etikett, das jeweils einem einzelnen Stimulus zugeordnet werden konnte, war für ältere Vpn (wie für jüngere Vpn) ein besseres Hilfsmittel als ein globales Etikett (Experimentalgruppe 2), um neue spezifische verbale (de Riviera 195936) oder motorische (del Castillo & Ellis 1968, Marshall 1968b, 1970) Responses zu lernen. Aber im Unterschied zum Verhalten der jüngeren Vpn beeinflußten bei älteren Vpn vorher gelernte globale Etiketts das Lernen neuer spezifischer Responses für die Stimuli nicht negativ: hatten ältere Vpn vorher globale Etiketts gelernt, so lernten sie die neuen Responses nicht schlechter (del Castillo & Ellis 1968), sondern meist besser (de Riviera 1959, Marshall 1968b, 1970) als diejenigen Vpn, die keine Etiketts gelernt hatten oder die Stimuli vorher nicht kannten. Fragt man also, wer schneller lernt, sich auf ähnliche Stimuli differenziert zu verhalten, so können wir schließen: differenziertes Verhalten hängt weniger von der Bekanntheit der Stimuli ab36a als davon, ob man für die Zuordnung von Stimulus und spezifischer motorischer (oder neuer verbaler) Response ein (spezifisches oder ein globales) Etikett kennt. - Nur für Kinder wirkt ein globales Etikett hinderlich, da es zu Verwechslungen beiträgt. Nachfolgend ein 3. Ergebnis unserer Untersuchung: Wer nicht nur Unterschiede zwischen Objekten sah, sondern diese Unterschiedlichkeit auch differenzierend bezeichnen konnte, war gegenüber demjenigen, der keine oder nicht differenzierende Bezeichnungen kannte, im Vorteil, wenn es darum ging, sich differenziert auf unterschiedliche (und unterscheidbare) Objekte zu verhalten. Sein Vorteil war am größten, 56

wenn die Spezifität der gelernten Bezeichnungen der Differenziertheit der geforderten Verhaltensweisen direkt entsprach. Differenzierende Bezeichnungen für Objekte erleichterten differenziertes Verhalten mit diesen Objekten. Die Theorie der Gibsons, daß die Verlängerung der Wahrnehmungszeit auch zu fortschreitender Wahrnehmungsdifferenzierung führe, muß einerseits grundsätzlich auf Betrachter, die älter als 9 Jahre sind, eingeschränkt werden - andererseits kann sie für diese Betrachter bezüglich des Kriteriumsverhaltens differenziert werden. »Richtiges Verhalten« war, falls es als Aussage über Gleichheit und Unterschiedlichkeit von Objekten abgefragt wurde, unabhängig von für diese Objekte gelernten Bezeichnungen. Falls aber »richtiges Verhalten« als spezifische motorische Reaktion, als differenzierter Umgang mit dem Objekt, geprüft wurde, hatten gelernte Bezeichnungen einen Einfluß: je größer die Übereinstimmung zwischen der Anzahl der gelernten Bezeichnungen und der Anzahl der nun auszuführenden Reaktionen war, um so eher konnte sich der Betrachter »richtig« verhalten. Die Möglichkeit, sich differenziert zu verhalten, entsprach so der »Differenziertheit« der gelernten Sprache. Die Unvorsichtigkeit aber, »zunehmende Korrespondenz des percept mit der physikalischen Stimulation« einfach »perceptual differentiation« zu nennen, verführte Gibsons vermutlich dazu, »perceptual differentiation« nur mit »Sehen von Unterschieden« gleichzusetzen und nach der »zunehmenden Korrespondenz« nicht mehr zu fragen.

Wenn »Sehen von Differenzen« wirklich ein Zeugnis für die »Zunehmende Korrespondenz des percept mit der physikalischen Stimulation« wäre, wenn dies anzeigen würde, daß die Stimuli immer vollständiger erfaßt würden, so müßte man bei verlängerter Wahrnehmungszeit auch diejenigen Aspekte eines Stimulus erfassen, die dieser mit anderen gemeinsam hat. Gemeinsamkeiten zwischen unterschiedlichen Objekten zu sehen bedeutet wohl, daß Objekte ähnlicher erscheinen (wie Miller, 1948 annimmt) - warum sollte dies aber zu Verwechslungen führen, wie Gibson & Gibson es darstellen? Den Interpreten von Whorf und vor allem seinen Kritikern blieb verborgen, daß für ihn viel interessanter als das Problem der Unterscheidbarkeit die Frage war, ob man an denjenigen Erscheinungen, für die die Sprache eines Betrachters nur »gesonderte« (differenzierende) Bezeichnungen enthält, eine Gemeinsamkeit sehen kann, welche in einer anderen Sprache durch ein Wort bezeichnet wird37. Verhindern differenzierende Bezeichnungen, daß man Gemeinsamkeiten zu sehen lernt - und wird gerade die 57

Gemeinsamkeit unterschiedlicher (bzw. »unähnlicher«) Objekte erst durch ein globales Wort bemerkt? 1.2.2. Sprachliche Determinanten sichtbarer Gemeinsamkeiten Der Fall, daß Stimuli, die dem Betrachter zunächst unterschiedlich erscheinen, nach längerem Betrachten ähnlich werden, ist für viele Theoretiker des Wahrnehmungslernens undenkbar. Nicht so für diejenigen, die ihre Untersuchungen unter das Thema »Schema-Theorie« stellen. Ein »Schema«, zunächst als ein Prototyp, ein hypothetisches Modell einer Reihe ähnlicher Stimuli definiert, galt lange als visuelle Entsprechung des Begriffs; ein Schema zu lernen wäre dann der gegenläufige Prozeß zum Lernen einzelner Teile (vgl. z. B. Pick 1965). Ein »Schema« wird als eine visuell wahrnehmbare Regel, die ähnlichen Stimuli gemeinsam ist (vgl. Evans 1967), definiert und »Wahrnehmungslernen« impliziert, daß der Aufbau dieses Schemas gleichzeitig mit dem Bemerken von Unterschieden abläuft (Caldwell & Hall 1970). Anhänger der Schema-Theorie konzentrieren ihre Experimente auf den Nachweis, daß diese Regeln - da sie stimulus-inhärent sind - unabhängig von jeder Sprache, sogar unabhängig von jeder verbalen Bekräftigung gelernt werden können (vgl. etwa Edmonds & Edmonds 1969, Brown & Evans 1969), wobei sie freilich nicht berücksichtigen, daß zwar eine von englisch sprechenden Forschern konstruierte visuell wahrnehmbare Regel sicher von Betrachtern solcher Sprachgemeinschaften, deren linguistische Grundlagen vergleichbar sind, gefunden wird - aber (wie wir eingangs ausführten) diese Regeln müssen nicht unbedingt die Regeln aller Betrachter sein. Weiterhin sind konstruierte Ähnlichkeiten wohl ein Beispiel für Ähnlichkeiten, kaum aber für die Vielfalt aller möglichen Ähnlichkeiten. Können wir alle Ähnlichkeiten sehen - oder lassen wir uns hier doch von der Sprache lenken? Ähnlichkeit und Unähnlichkeit sind relativ; dennoch sind ähnliche Stimuli per definitionem nicht gleich, sondern unterschiedlich - Unterschiedlichkeit impliziert jedoch nur in seltensten Fällen Ähnlichkeit. Dieses Faktum wird z. B. von Gibson (1940) übersehen. De Riviera (1959) stellte zehn für ihn völlig verschiedene Stimuli zusammen, versah je fünf mit einem gemeinsamen (nicht bedeutungshaltigen) Etikett und ließ einige Vpn diese mit dem ausdrücklichen Hinweis, die Etiketts bezögen sich auf ähnliche Stimuli, lernen. Zu seinem Erstaunen verbalisierten die Vpn anschließend eine Regel38; vermutlich hatten sie nicht eine Ähnlichkeit »erfunden«, sondern de Riviera hatte sie nicht bemerkt, weil er diesen Lernprozeß nicht durchgemacht hatte. Andererseits bleiben unterschiedliche Stimuli, wenn sie erst einmal spezifisch mit sinnvollen, deutenden Wörtern gelernt worden waren, unähn58

lieh. Es war schwierig, für beliebige Gruppen solcher Stimuli im Nachhinein mit einer (zusammenfassenden) Verhaltensweise reagieren zu lernen, jedenfalls schwieriger, als wenn man diese Stimuli nicht bezeichnet hatte (Pfaffing I960)39. Schließlich: Sieht man Paare von phänomenal ähnlichen Stimuli und gleichzeitig ein Wort, das beide Stimuli eines Paares bezeichnet, so konnte man sich später besser daran erinnern, was zusammengehörte, als wenn dieses Paar nicht oder gar durch zwei spezifische Wörter, die nicht zu einer sprachlichen Klasse gehören, bezeichnet wurde (Campbell & Freeman 1955). Wenn innerhalb einer Objektmenge verschiedene Ähnlichkeitsbeziehungen möglich sind, so kann ein globales Etikett eine bestimmte Ähnlichkeit verstärken. Wenn für drei ähnliche Stimuli (Kreise unterschiedlicher Größe) nur zwei Etiketts gelernt worden waren (wobei sich - wie wir verbalisieren können - eines auf »die beiden großen bzw. kleinen« und eines auf »den einen kleinen bzw. großen« bezog) und dann, bei bestimmter Fixation des Wahrnehmungsfeldes40, berichtet werden sollte, was »verschwindet«, so »verschwanden« gemeinsam, dem Bericht der Vpn nach, gleich bezeichnete Stimuli häufiger als solche, die unterschiedlich etikettiert worden waren (Donderi & Kane 1965). Prägten Vpn sich bekannte Objekte (z. B. »Fernseher«) nach einer (z. B. ihrer farblichen) Klassenzugehörigkeit (etwa »grüne Objekte«) ein, wurden diese Objekte dann aber nach anderen Kategorien (z. B. ihrer Form-Klassenzugehörigkeit, etwa »rechteckige Objekte«) abgefragt, so hatten sie Mühe, diese Objekte zu erinnern (Funkhouser 1968)41. Wir stellen als 4. Ergebnis heraus: Eine »Ansammlung« von Objekten blieb - oder wurde sogar verstärkt - eine Ansammlung unterschiedlichster Objekte, wenn sie nur mit jeweils spezifischen Wörtern, die sich auf verschiedenen Objektklassen beziehen, bezeichnet werden konnten. Konnten sie aber mit nur einem Wort bezeichnet werden, so suchte man nach einer Gemeinsamkeit, oder man sah die und genau die durch das Wort angegebene Gemeinsamkeit; aus der Ansammlung wurde eine Objekt-»Klasse«. Zwischen jenen Objekten, für die eine Sprache nur einen globalen Begriff hat, konnte man auch Unterschiede sehen »Ähnlichkeit« dieser Objekte sah man aber vorwiegend dann, wenn die Sprache einen globalen Begriff enthält und der Sprecher dieser Sprache diesen Begriff auch kennt. Sprache verwischt Unterschiede zwischen ähnlichen Objekten nicht - macht jedoch Gemeinsamkeiten unterschiedlicher Objekte sichtbar.

59

In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert: Vergleiche verschiedener Satzschemata, wie sie in verschiedenen Sprachen gebildet werden, veranlaßten Whorf, die allgemein übliche Annahme, »Sätze sind verschieden, weil sie Aussagen über verschiedene Sachverhalte sind«, umzuformen in die Behauptung, »Sachverhalte sind für solche Sprecher verschieden, deren Sprachen verschiedene Formulierungen für die betreffenden Sachverhalte vorsehen« (1963, S. 33 f.). Betrachten wir die Beispiele (Whorf, S. 32-35), so zeigt sich wiederum, daß Sätze dann als ähnlich erscheinen, wenn sie Gemeinsamkeiten verschiedener Situationen abstrahieren und betonen (Sätze wie: »Ich ziehe den Zweig beiseite« und »Ich habe eine überzählige Zehe an meinem Fuß« sind verschieden; die »Übersetzungen« ins Shawnee sind sehr ähnlich, weil dort die Gabelung der wichtigste Bestandteil der Sätze ist), und entsprechend akzentuieren verschieden erscheinende Sätze unterschiedliche Aspekte dieser Situationen. Anders ausgedrückt: um einen Satz »grammatikalisch richtig« formulieren zu können sowie um einen Satz verstehen zu können, muß man bestimmte Aspekte von Situationen beachten. Werden dabei Aspekte beachtet, die zwei Situationen (oder auch Dingen) gemeinsam sind, erscheinen uns die Sachverhalte »ähnlich« - dann aber, wenn verschiedene Aspekte dieser Situationen aus grammatikalischen Gründen beachtet werden müssen, »sehen« wir, daß die Situationen unterschiedlich sind. Wenn der Betrachter unabhängig von Bezeichnungen Unterschiede zwischen ähnlichen Objekten sehen kann, so kann dies zwei verschiedene Ursachen haben: 1. Er sieht mehr als die von der Bezeichnung definierten Eigenschaften - auch solche, die diese Bezeichnung nicht definiert. 2. Er sieht Varianten der von der Bezeichnung definierten Eigenschaften, nicht aber von der Bezeichnung nicht definierte Eigenschaften. Daß der Betrachter gemeinsame Merkmale unterschiedlicher Objekte vorwiegend dann sieht, wenn eine Bezeichnung gerade diese definiert, läßt die zweite Möglichkeit wahrscheinlicher werden, kann sie aber noch nicht ausreichend belegen. - Deswegen wird in einem nächsten Schritt zu überprüfen sein, ob die Zuordnung einer Bezeichnung zu eirtem Objekt die Wahrnehmung auf die von der Bezeichnung definierten Eigenschaften beschränkt.

2. Der Akt des Bezeichnens - und die Wahrnehmung des bezeichneten Objekts Bezeichnen kommt einem Klassifizieren gleich, d. h. dem (gedanklichen) Einordnen der wahrgenommenen Gegebenheiten in eine Begriffsklasse. Da es aber in der Regel nicht nur eine Begriffsklasse gibt, in die die wahrgenommene Gegebenheit eingeordnet werden kann, könnte im Klassifika60

tionsprozeß auch ein Entscheidungsprozeß gesehen werden. Wie ist dieser Entscheidungsprozeß zu konzipieren? Wie weiter oben (S. 39 ff.) bereits ausgeführt, können wir nicht davon ausgehen, daß der Betrachter zunächst alle Merkmale der Wahrnehmungsgegebenheit gesondert wahrnimmt, dann diese zu allen daraus bildbaren Teilmengen (denen jeweils eine Bezeichnung entsprechen würde) zusammenfaßt und schließlich - je nach Intention - einer Teilmenge eine Bezeichnung zuordnet (wie es etwa Olson, 1970, beschreibt). Desgleichen ist nicht anzunehmen, daß der Betrachter, von einem (subjektiv stark wirkenden) Merkmal ausgehend, eine Hypothese über andere Merkmale aufstellt und diesen eine Bezeichnung zuordnet, weitere wahrgenommene Merkmale dann im Sinne dieser Bezeichnung deutet etc. (wie es Bruner, 1957, konzipiert). Die Wahrnehmung der figural-qualitativen Merkmale muß immer schon als Abstraktionsleistung gesehen werden. Darüber hinaus setzt die Wahrnehmung aller Eigenschaften der Wahrnehmungsgegebenheit den praktischen Umgang mit ihr voraus, der nicht immer - vor allem nicht in den zu analysierenden Wahrnehmungsexperimenten - möglich ist. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß der Betrachter die Wahrnehmungsgegebenheiten sofort in ihrer Bedeutung erfaßt, durch den Begriff hindurch, dem eine Menge von Eigenschaften entspricht, die eine Teilmenge des Ensembles aller Eigenschaften der Wahrnehmungsgegebenheit (bzw. der Objektklasse, d. h. in für den Begriff wesentlichen Merkmalen übereinstimmenden Objekten) ist. Die Zuordnung einer Bezeichnung - die ihrerseits eine Menge von Eigenschaften definiert - erfolgt dem Begriff entsprechend. Zur genaueren Analyse dieser Position müssen die Voraussetzungen präzisiert werden. Es wird dabei vorausgesetzt, daß eine Bezeichnung eine definite Eigenschaftsmenge definiert, die der Betrachter auch kennt, und die in ihrer Gesamtheit an einer Gegebenheit entweder vorhanden oder nicht vorhanden ist. Es wird weiter vorausgesetzt, daß eine Bezeichnung nur dann auf eine Gegebenheit angewendet wird, wenn die Gegebenheit alle von der Bezeichnung definierten Eigenschaften trägt. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht immer gegeben. Es ist sehr wohl denkbar, daß der Betrachter einer Wahrnehmungsgegebenheit eine Bezeichnung zuordnet, obwohl er nur einige der von ihr definierten Eigenschaften kennt, und/oder obwohl die Gegebenheit nur einige dieser definierten Eigenschaften trägt. Hierbei könnte er »nach dem Augenschein« (oberflächlich, nach der Erscheinung) verbalisieren, etwa indem er auf Beispiele früher erlebter (und von anderen Betrachtern akzeptierter, »verstandener«) Zuordnungen dieser Bezeichnung mit dieser Wahrnehmungsgegebenheit ähnlichen Gegebenheiten rekurriert. - Gerade dann könnte die Bezeichnung die Sicht der mit ihr bezeichneten Gegeben61

heit determinieren, so daß der Betrachter durch den Begriff hindurch auch die Eigenschaften an der Gegebenheit »sieht«, die die Bezeichnung zwar definiert, die der Gegebenheit aber nicht zukommen. (Dieser Annahme wird unter 2.1 weiter nachgegangen.) Wenn der Betrachter der Wahrnehmungsgegebenheit eine Bezeichnung zuordnet, so ist dies in der Regel nur eine der möglichen zuordenbaren Bezeichnungen, denn die Gegebenheit kann durch verschiedene Begriffe (bezüglich des Abstraktionsgrades, aber auch bezüglich ihrer unterschiedlichen Bedeutungen) hindurch wahrgenommen werden. Um im Akt des Bezeichnens, im Klassifikationsprozeß, einen Entscheidungsprozeß zu sehen - dessen Resultat die Bezeichnung selbst wäre - , müßte vorausgesetzt werden, daß der Betrachter alle diese verschiedenen Begriffe kennt und alle ihnen auf der Objektseite entsprechenden (sich überschneidenden) Teilmengen von Eigenschaften auch sieht. Auch diese Voraussetzungen müssen nicht immer gegeben sein. Es ist wahrscheinlicher, daß der Betrachter - bedingt durch noch genauer zu untersuchende Situationsvariablen - eine Wahrnehmungsgegebenheit nur durch einen Begriff hindurch wahrnimmt, dem eine Bezeichnung entspricht. Der Akt des Bezeichnens könnte dann die Sicht der Wahrnehmungsgegebenheit determinieren, und zwar in zweierlei Hinsicht: 1. Der Betrachter würde nur bzw. vorwiegend die Eigenschaften der Gegebenheit sehen, die die Bezeichnung definiert, andere, nicht von der Bezeichnung definierte Eigenschaften nicht bzw. mit geringerer Wahrscheinlichkeit bemerken oder als unwesentliche Varianten ansehen. 2. Der Betrachter würde Eigenschaften, die für den Begriff, durch den hindurch er die Wahrnehmungsgegebenheit sieht, wesentlich sind (bzw. die den Wahrnehmungsgegebenheiten, die derselben Objektklasse zugehören, im allgemeinen eigen sind), die diese Wahrnehmungsgegebenheit aber nicht bzw. in abgewandelter Form (so daß sie dem Begriff nicht mehr entsprechen) trägt, wohl (bzw. in »typischer« Form) sehen. (Diese Hypothesen werden unter 2.2 weiter geklärt.) Diese Relativierungen berühren die oben formulierte Voraussetzung, daß ein Wort eine, und zwar eine definite Eigenschaftsmenge definiert, noch nicht. Auch diese Voraussetzung ist nicht immer gerechtfertigt: Ein Wort kann sich auf zwei (oder mehr) verschiedene Mengen von Eigenschaften beziehen42, und es kann eine gewissermaßen unvollständige Menge von Eigenschaften definieren43. In derartigen Fällen spricht man von »mehrdeutigen« Wörtern. Ist der Sprecher sich der Mehrdeutigkeit von Wörtern immer bewußt? Oder rekurriert er auf »eindeutige«Beispiele von Objekten, denen dieses Wort zugeordnet werden kann? Diese Frage soll vorweg in einem Exkurs geklärt werden. 62

Exkurs: Zur Mehrdeutigkeit von Wörtern Oft geht die vom Sprecher intendierte Bedeutung eines von ihm benützten (»mehrdeutigen«) Wortes aus dem Kontext, in dem dieses Wort steht, hervor. Dieser Kontext kann »verbaler« oder »situativer« Art sein, d. h., es kann sowohl der Satz (bzw. der Text), in dem das Wort steht, als auch die Wahrnehmungsgegebenheit (die Situation bzw. das Objekt), der das Wort zugeordnet wird, als der die Bedeutung präzisierende Kontext angesehen werden. Während man wohl geneigt ist zuzugeben, daß ein Satz ebenso mehrdeutig, unbestimmt, in seiner Bedeutung sein kann wie ein einzelnes Wort, wird das Bezugsobjekt meist als unbedingt präzisierend (und insofern »eindeutig«) angesehen (vgl. Leontjew & Luria 1958, Osgood 1963). Eine derartige Präzision der Wortbedeutung durch das Bezugsobjekt ist jedoch nur dann möglich, wenn sich das Wort auf zwei (oder mehr) verschiedene Mengen von Eigenschaften bezieht. Die Betrachtung des Bezugsobjektes (das nur eine dieser Mengen trägt) läßt dann sofort die intendierte Bedeutung des Wortes deutlich werden. - Definiert aber ein Wort eine unvollständige Menge von Eigenschaften, so kann man nur dann behaupten, das gesprochene Wort würde durch aufzeigbare Repräsentanten spezifiziert, wenn man voraussetzt, daß alle Eigenschaften dieser Repräsentanten sichtbar sind und beachtet werden. Denn werden nicht alle Eigenschaften der Repräsentanten beachtet, oder ist sich der Betrachter der Unvollständigkeit der vom Wort definierten Menge von Eigenschaften (bzw. der in verschiedenen Richtungen zu vervollständigenden Menge(n)) nicht bewußt, oder sind die nicht ausdrücklich definierten Eigenschaften nicht sichtbar, kann die Betrachtung des Bezugsobjektes die Bedeutung des Wortes zwar spezifizieren, aber u. U. in einer der Gegebenheit nicht adäquaten Weise. In diesem Sinne postuliert Whorf\ daß »der Name44 einer Sache unser Verhalten beeinflußt« - oft stärker als die »Sache« selbst, weil der Sprachgebrauch »ständig das Gegebene für uns vorordnet45 und so unsere Auffassung der alltäglichsten Phänomene bestimmt« (1963, S. 74). Jedes Wort, das man für ein wahrnehmbares Phänomen wählen kann, gehört einer grammatikalischen Kategorie an. Eine solche grammatikalische Kategorie bezieht sich häufig auf eine bestimmte Art von Referenten, so etwa Substantive (»Dingwörter«) auf Dinge, Verben (»Tätigkeitswörter«) auf Tätigkeiten, Bewegungen etc. Whorf behauptet46, »daß es unmöglich ist, »Vorgang, Ding, Objekt, Relation< usw. von der Natur der Phänomene her zu definieren. Solche Definitionen involvieren vielmehr stets eine zirkelhafte Rückkehr zu den grammatischen Kategorien der Sprache desjenigen, der die Definition vornimmt« (S. 14). In den indoeuropäischen Sprachen lassen sich »die meisten 63

Wörter in zwei Klassen mit verschiedenen grammatikalischen und logischen Eigenschaften« (S. 13) einteilen: die Substantive und die Verben. Diese »zwei künstlichen Klassen der Substantive und Verben« haben uns zu einer »zweiteilenden Ideologie von der Natur« (Whorf. S. 43) geführt, die »nicht aus der Natur abstrahiert« (S. 41) ist. Aber sie hat ihre Konsequenzen. Wörter wie »>Hügel< und >Sumpf< verführen uns dazu, lokale Variationen in der Höhe oder im Bodenzustand beinahe wie Tische oder Stühle als deutlich abgesonderte Dinge zu sehen« (S. 54, vgl. auch S. 40). Während Substantive somit eine »Verkörperung« (S. 42) implizieren, fallen »die meisten unserer Verben . . . unter einen Typus, der aus der Natur etwas isoliert, was wir >Tätigkeiten< nennen, also etwas, das sich in Bewegung befindet« (S. 43), so daß wir sogar »halten« als eine Tätigkeit denken und sogar sehen - obwohl »>halten< keine Tätigkeit, sondern ein Zustand relativer Positionen ist« (vgl. S. 43 f.). Nun sind die Kategorien, die von allen Substantiven und allen Verben einer Sprache gebildet werden, sehr groß. Und jeder weiß, daß Substantive sich auf etwas beziehen können, was »verkörpert« ist, aber es gibt sehr wohl solche, die keinerlei »verkörperte« Referenten haben; ebenso gibt es Verben, die Zustände bezeichnen - wenn auch die meisten sich auf eine schnellere oder langsamere Bewegung, eine verändernde Tätigkeit, beziehen. Bewahrt uns dieses Wissen vor Mißverständnissen? Lassen wir Whorf einige Beispiele bringen, die doch zeigen, daß Wortklassen zu zumindest merkwürdigen Auffassungen »verführen«. »Ein Wort wie >sky< (Himmel), das im Englischen [und im Deutschen] wie >board< (Brett) behandelt werden kann (der Himmel, ein Himmel, . . . ein Stück des Himmels etc.), bringen uns dazu, eine bloß optische Erscheinung gedanklich in einer Weise zu behandeln, die nur mit Bezug auf relativ isolierte, feste Körper angemessen ist« (S. 54). Noch deutlicher: »Wir sagen >Sieh die Welle< nach dem gleichen Satzschema wie >Sieh das HausIch halte esIch schlage esEs blitzt< oder >Ein Licht blitzt