Sportanlagen in Wohnnachbarschaft: Schutz der Wohnnachbarschaft gegen Geräuschimmissionen beim Betrieb von Sportanlagen nach den Vorschriften des öffentlichen Bundesimmissionsschutzrechts [1 ed.] 9783428492374, 9783428092376

In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, welche Anforderungen das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die Sportanlagen

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Sportanlagen in Wohnnachbarschaft: Schutz der Wohnnachbarschaft gegen Geräuschimmissionen beim Betrieb von Sportanlagen nach den Vorschriften des öffentlichen Bundesimmissionsschutzrechts [1 ed.]
 9783428492374, 9783428092376

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MATHIAS JOSEF HERR

Sportanlagen in Wohnnachbarschaft

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. M i c h a e I K I o e p f e r, Berlin

Band 83

Sportanlagen in Wohnnachbarschaft Schutz der Wohnnachbarschaft gegen Geräuschimmissionen beim Betrieb von Sportanlagen nach den Vorschriften des öffentlichen Bundesimmissionsschutzrechts

Von

Mathias Josef Herr

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme

Herr, Mathias Josef:

Sportanlagen in Wohnnachbarschaft : Schutz der Wohnnachbarschaft gegen Geräuschimmissionen beim Betrieb von Sportanlagen nach den Vorschriften des öffentlichen Bundesimmissionsschutzrechts I von Mathias Josef Herr.- Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Schriften zum Umweltrecht ; Bd. 83) Zug!.: Bayreuth, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09237-6

Alle Rechte vorbehalten

© 1998 Duncker & Humb1ot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 3-428-09237-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 @

Meinen Eltern Realschulrektor Horst Herr Religionslehrerin Li Herr

In memoriam Meinem Großvater Josef Herr Bürgermeister meiner Heimatgemeinde Schonach im Schwarzwald

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1996 I 91 von der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth als Dissertation angenommen. Mein außerordentlicher und herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Universitätsprofessor Dr. Dr.h.c. Peter Häberle, Bayreuth ISt. Gallen, der diese Arbeit angeregt, mit wesentlichen weiterführenden Hinweisen konstruktiv-kritisch gefördert und mit allzeit menschlich-ermutigendem Verständnis begleitet hat. Die Vermittlung eines wissenschaftlichen Leitbildes in seinem Bayreuther Seminar war mir eine große Hilfe bei der Erstellung dieser Arbeit. Dankbar bin ich auch meinem Zweitgutachter, Herrn Universitätsprofessor Dr. Dr. Wilhelm Mößle, für wissenschaftliche Anregungen und menschliche Verbundenheit. Der Rechtsanwaltskanzlei Remreuther und Benker-Roth danke ich für Geduld und Entgegenkommen vor allem in der Endphase meines wissenschaftlichen Vorhabens. Schonach im Schwarzwald, im Frühjahr 1997

Mathias Josef Herr

Inhaltsverzeichnis A. Der Konflikt zwischen der Sportausübung und dem Ruhebedürfnis der Wohnnachbarschaft einer Sportanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

I. Einleitung und Problembeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

II. Rechtsprechung und Literatur bis zum lokrafttreten der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BlmSchV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

III. Gesetzgebung in Sachen Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

IV. Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

B. Anforderungen zum Schutz vor Geräuschimmissionen bei Errichtung und Betrieb von Sportanlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BimSchG)

24

I. Immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Sportanlagen (§§ 4 ff. BlmSchG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

li. Immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen (§ 22 I l Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 BlmSchG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

1. Schädliche Umwelteinwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

2. Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

3. Nachteile und Belästigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

4. Abgrenzung zwischen erheblichen und nicht erheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

a) Erheblichkeil und Zumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

b) Erheblichkeil und Güterahwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

c) Feststellung der Erheblichkeilsgrenze anhand eines differenziert-objektiven Beurteilungsmaßstabs unter Berücksichtigung verschiedener Abgrenzungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

(1) Prägung der örtlichen Verhältnisse durch die bauplanungsrechtliche

Qualifizierung des Gebiets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

(a) Qualifiziert beplanter Innenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

10

Inhaltsverzeichnis (aa) Art der baulichen Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

(bb) Maß der baulichen Nutzung, Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche (= Verdichtungsgrad des Baugebiets) . . . . . . . . . .

53

(cc) Zwischenwertbildung im Grenzbereich verschiedener Baugebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

(b) Unbeplanter oder einfach beplanter Innenbereich...... . .. . . . . .. . .

60

(c) Außenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

lnkurs: Privilegierung von Sportanlagen im Außenbereich nach § 35 I Nr. 5 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

(2) Prägung der örtlichen Verhältnisse durch Vorbelastungen des Gebiets .

67

(a) Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

(b) Auswirkungen auf die Erheblichkeitsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

(3) Zeitpunkt der Geräuschbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

(a) Nachtzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

(b) Sonn- und Feiertage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

(c) Sonstige Zeiten besonderen Ruhebedürfnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

(4) Art der Geräuschimmissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

5. Rechtspflicht zur Verhinderung nach dem Stand der Technik vermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

a) Teleologische Reduktion der Rechtspflicht bei formell und materiell öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechenden immissionsbetroffenen Grundstücksnutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

b) Wegfall der Rechtspflicht bei Überlagerung durch ständig vorherrschende rechtlich nicht zu verhindernde Fremdgeräusche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

Inkurs: Zurechnung von Geräuschen bei Sportanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

c) Nach dem Stand der Technik mögliche Maßnahmen bei bestehender Rechtspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

d) Begrenzung der Rechtspflicht durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

e) Reichweite der Rechtspflicht bei mehreren emittierenden Anlagen . . . . . . .

96

f) Verschärfung der Rechtspflicht bei Hinzutreten weiterer emittierender

Anlagen . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .

97

6. Rechtspflicht zur Beschränkung nach dem Stand der Technik unvermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß. . . .. . . .......... . ... . . 102 a) Wegfall der Rechtspflicht bei Überlagerung durch ständig vorherrschende rechtlich nicht zu verhindernde Fremdgeräusche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

Inhaltsverzeichnis

11

b) Mögliche Maßnahmen zur Verringerung der Gesamtgeräuschbelastung auf ein Mindestmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (I) Mögliche Maßnahmen bei Sportanlagen . .. . . ..... . ... . ... .. . .. .... . .. 103

(a) Bauliche Maßnahmen an der Sportanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (b) Maßnahmen zur Reglementierung der Sportausübung . . . . . . . . . . . . 104 (c) Sonstige Maßnahmen .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. 104 (2) Feststellung des "Mindestmaßes" durch Abwägung aller Umstände des Einzelfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I 04 (a) Untergrenze des Mindestmaßes . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 107 (b) Obergrenze des Mindestmaßes .. . .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. . . . .. .. .. .. I 07 (c) Abweichendes Mindestmaß bei seltenen Ereignissen? . . . . . . . . . . . . 110 c) Erfüllung der Rechtspflicht durch "kompensierende" Geldzahlung? . . . . . . 116 7. Nachbarschützende Funktion der Rechtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Verhältnis zwischen Nachbarn und Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 b) Verhältnis zwischen Nachbarn und Anlagenbetreibern bei öffentlichrechtlichem Anlagenbetrieb .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 130 c) Verhältnis zwischen Nachbarn und Anlagenbetreibern bei privatrechtlichem Anlagenbetrieb .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 141

C. Anforderungen bei Errichtung und Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen nach der auf § 23 I BlmSchG gestützten Sportanlagenlärrnschutzverordnung (18. BimSchV) und deren Verhältnis zu § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BimSchG und zu den§§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG . . . . . . . . . . . . . 147 I. Ermächtigungsgrundlage des§ 23 I BimSchG. .... ... .. ............... . ... . ... . 147

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BimSchV) . . . . . . . 148 I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . .. . . . . . .. . . . . . 148

a) Zur Sportausübung bestimmte ortsfeste Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

lnkurs: Bolzplätze als zur Sportausübung bestimmte Einrichtungen i. S. d. § 1 II 18. BimSchV? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Keine immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . 150 c) Anlagenbetrieb zum Zwecke der Sportausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . !51 d) Geräuschimmissionen aufgrund bestimmungsgemäßer Nutzung der Sportanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

12

Inhaltsverzeichnis e) Einbeziehung sämtlicher mit der Sportanlage in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehenden Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . 153 (1) Enger räumlicher Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

(2) Betrieblicher Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Grundsätzliche Verpflichtung der Setreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen zur Einhaltung der in § 2 II-IV 18. BlmSchV festgelegten Immissionsrichtwerte bei bestimmungsgemäßem Anlagenbetrieb zu sportlichen Zwecken gemäߧ 2 I i.V.m. § 1 18. BimSchV . . . 156 a) Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV und Zuordnung der immissionsbetroffenen Gebiete und Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 ( 1) Generalisierende Zuordnung der durch Bebauungsplan festgesetzten und in § 2 li 18. BimSchV genannten Gebiete und Anlagen nach der Art der baulichen Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 (2) Einzelfallbezogene Zuordnung der übrigen Gebiete und Anlagen durch Vergleich mit den in § 2 li 18. BimSchV genannten Gebieten und Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (3) Zwischenwertbildung im Grenzbereich verschiedener Baugebiete ? . . 160 (4) Gebietsunabhängiger Schutz von baulich aber nicht betrieblich mit einer Sportanlage verbundenen Wohnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 b) Feststellung der Einhaltung oder Nichteinhaltung der Immissionsrichtwerte des§ 2 li-IV 18. BimSchV anband des im Anhang zur Sportanlagenlärmschutzverordnung normierten Geräuschermittlungs- und Beurteilungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 c) Keine ausnahmslose Geltung der Verpflichtung zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte des§ 2 li-IV 18. BimSchV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Teleologische Reduktion der Verpflichtung zur Einhaltung der in § 2 li-IV 18. BimSchV festgelegten Immissionsrichtwerte bei formell und materiell öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechenden immissionsbetroffenen Grundstücksnutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4. Wegfall der Verpflichtung zur Einhaltung der in§ 2 li-IV 18. BimSchV festgelegten Immissionsrichtwerte bei Überlagerung durch ständig vorherrschende rechtlich nicht zu verhindernde Fremdgeräusche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 5. Maßnahmen zur Einhaltung der in § 2 li-IV 18. BimSchV festgelegten Immissionsrichtwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 a) Maßnahmen nach§ 3 18. BimSchV .. . ...... .. ..... . . .. .. .. . . ...... . ... . . 169 b) Sonstige zur Geräuschminderung zu ergreifende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . 170

Inhaltsverzeichnis

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c) Nur unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen oder gar nicht zu ergreifende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (1) Zeitliche Beschränkungen des Sportbetriebs auf der Sportanlage nur unter Beachtung der in § 5 II-V 18. BlmSchV zusätzlich normierten Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (2) Keine Verpflichtung zur Anordnung der Bestandteile einer Sportanlage unter dem Gesichtspunkt gegenseitiger Geräuschabschirmung . . . . . 172 (3) Keine Möglichkeit zu "kompensierender" Geldzahlung bei Immissionsrichtwertüberschreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 d) Begrenzung der Maßnahmen durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeil ............................................. . .. . ............. . .. . .... 174 III. Vereinbarkeil der Sportanlagenlärmschutzverordnung mit höherrangigem Recht und ihr Verhältnis zu § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BlmSchG und zu den §§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Einbeziehung von mit einer Sportanlage in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehenden Restaurationsbetrieben in den Anwendungsbereich der Sportanlagenlärmschutzverordnung durch § 1 III 1 18. BlmSchV ............... . ... . ................. .. ................... . ... .. ... 176 2. Vereinbarkeil der in § 2 I 18. BlmSchV angelegten grundsätzlichen Verpflichtung zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BlmSchV mit der Ermächtigungsgrundlage des§ 23 I BimSchG . . . . . . . . . . . . 180 a) Hinreichende Bestimmtheit beschränkter Immissionssummenwerte . . . . . . 180 b) Immissionsrichtwerte vom "Programm" des§ 23 I BlmSchG initiiert. . ... 183 c) Eignung der Einhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 d) Relativierung bauplanenscher Festsetzungen zugunsten der tatsächlichen baulichen Nutzung durch§ 2 VI 3 18. BimSchV? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Rückgriff auf§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG und die§§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG trotz Einhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 4. Vereinbarkeil der in § 5 II-V 18. BimSchV vorgesehenen Privilegierungen bezüglich der Verpflichtung zu zeitlichen Beschränkungen des Sportbetriebs mit der Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BimSchG und sonstigem höherrangigen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 a) Vereinbarkeil mit§ 23 I BimSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 b) Vereinbarkeil mit Art. 3 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

14

Inhaltsverzeichnis IV. Nachbarschützende Funktion der Sportanlagenlärmschutzverordnung

206

1. Verhältnis zwischen Nachbarn und Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Verhältnis zwischen Nachbarn und Sportanlagenbetreibern bei öffentlichrechtlichem Sportanlagenbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 3. Verhältnis zwischen Nachbarn und Sportanlagenbetreibern bei privatrechtlichem Sportanlagenbetrieb . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. . .. . . . . . . . . 210

D. Zusammenfassung und rechtspolitische Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

A. Der Konflikt zwischen der Sportausübung und dem Ruhebedürfnis der Wohnnachbarschaft einer Sportanlage I. Einleitung und Problembeschreibung Der Sport hat in der Bundesrepublik Deutschland eine hohe gesellschaftspolitische Bedeutung. Dies läßt sich zuvörderst mit der großen Anzahl der Menschen belegen, die in unserem Land auf irgendeine Weise mit dem Sport verbunden sind. So existieren unter dem "Dach" des Deutschen Sportbundes neben mehreren hundert Verbänden auf Bundes- und Landesebene und ihren Untergliederungen auf Bezirks- und Kreisebene rd. 81.000 Sportvereine mit ca. 24,4 Mio. Mitgliedern 1 . Weitere 240.000 Mitglieder sind im Deutschen Behinderten-Sportverband als größter Trägerorganisation des vereinsorientierten Behindertensports organisiert2 . Zu diesen Mitgliederzahlen hinzu zu addieren sind alle nicht vereinsmäßig organisierten Sportlerinnen und Sportler sowie alle "passiven" Zuschauerinnen und Zuschauer, über deren Anzahl gesicherte Erkenntnisse nicht vorliegen. Millionen von Menschen sehen somit beim Sport ihre Möglichkeiten, sich - aktiv wie passiv, individuell wie kollektiv - sinnvoll zu betätigen. Die hohe gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports ist desweiteren ablesbar an seinen verschiedensten Erscheinungsformen. So kann zwischen Breiten- und Massensport, Hochleistungssport, Berufssport, Schulsport, Jugendsport, Bundeswehrsport, Hochschulsport, Betriebssport, Anstaltssport, Männersport, Frauensport, Familiensport, Behinderten- und Versehrtensport, Koronarsport, Altensport differenziert3 und dadurch wiederum verdeutlicht werden, welch großen Teil der Bevölkerung der Sport anzusprechen vermag. Der Sport ermöglicht für viele Regeneration und Erholung und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Gesunderhaltung bzw. zur Zurückgewinnung der Gesundheit; die öffentliche Gesundheitspflege hat in ihm - jedenfalls in der Regel einen Helfer im Dienste der Volksgesundheit4 • 8. Sportbericht der Bundesregierung, BT-Drs. 13 I 1114, S. 14. 8. Sportbericht der Bundesregierung, BT-Drs. 1311114, S. 51. 3 Ähnliche Bestandsaufnahme bei Häberle, FS Thieme, S. 25 (41); ders. , in: Das Grundgesetz zwischen Verfassungsrecht und Verfassungspolitik, S. 715 (734). 4 Häberle, FS Thieme, S. 25 (47) mit Nachweis zahlreicher Verfassungs-, Sportberichtsund sonstiger Sport-Texte; 8. Sportbericht der Bundesregierung, BT-Drs. 13 I 1114, S. 8. 1

2

16

A. Sportausübung und Ruhebedürfnis

Der Sport vermittelt Freude über Erfolge, lehrt aber auch den Umgang mit der Niederlage, fördert Leistungswillen und Leistungsbereitschaft und erzieht zu Kameradschaft und Gemeinsinn, zu Solidarität, Toleranz und Faimeß, zur (Be-)Achtung notwendiger Regeln und zur Achtung des sportlichen Konkurrenten5 . Er verhilft zu sozialen Grunderfahrungen und trägt zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung insbesondere bei Kindem und Jugendlichen bei. Sport ist ein Stück Lebenshilfe und bewahrt gerade junge Menschen vor einem Abgleiten in persönlichkeits- oder sozialschädliches Verhalten6 . Desweiteren wirkt der (Vereins-)Sport erheblich mit an der sozialen Eingliederung von Aussiedlern, Ausländern und sonstigen Neuzugezogenen, von Arbeitslosen, Behinderten und anderen Personen, deren Lebenssituation gegenüber der Gesamtbevölkerung schwierig isC. Sportvereine praktizieren Demokratie. Im Verein werden demokratische Verhaltensweisen eingeübt. Solche gesellschaftlichen Institutionen sind für die Stabilität des demokratischen Staates unverzichtbar8 . Der Sport leistet einen Beitrag zur Identifikation mit dem Gemeinwesen, zunächst auf lokaler9 und regionaler Ebene. Er dient - wenngleich durch seine völkerverbindende Kraft relativiert - aber auch dem, was am treffendsten mit dem Wort "Staatspflege" gekennzeichnet wird, nämlich der nationalen Integration nach innen 10 und der nationalen Repräsentation nach außen 11 . In der Europäischen Union wird der Sport ebenfalls als Integrationsfaktor nutzbar gemacht 12 . 5 Lang UPR 1985, 185 (189); Fritz BayBgm 1987, 292; Bericht der Bundesregierung "Sport und Umwelt", BT-Drs. 11/2134, S. 4. 6 Nach Gaentzsch, FS Gelzer, S. 29 (30), hat die französische Regierung als Reaktion auf Massenausschreitungen Jugendlicher in Großsiedlungen um Paris ein groß angelegtes Programm zur Errichtung von Sportanlagen in diesen Siedlungen angekündigt. 7 8. Sportbericht der Bundesregierung, BT-Drs. 13/1114, S. 8; Schäuble, Die gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports, Hauptreferat anläßlich der 21. Richterwoche des Bundessozialgerichts vom 17.-19. 10. 1989 in Kassel, Bericht bei Prägier DVBI. 1989, 1240 ff.; Kühl, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 147. s Vgl. 8. Sportbericht der Bundesregierung, BT-Drs. 13/1114, S. 8. 9 8. Sportbericht der Bundesregierung, BT-Drs. 13/1114, S. 8; Schäuble, Die gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports, Hauptreferat anläßlich der 21. Richterwoche des Bundessozialgerichts vom 17.-19. 10. 1989 in Kassel, Bericht bei Prögler DVBI. 1989, 1240 ff. 10 Beispielhaft: "Die Helden von Bem": Sieg der Deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Bemer Wankdorfstadion am 04. Juli 1954. 11 Häberle, FS Thieme, S. 25 (46 ff.) unter Hinweis auf Herbert Krüger, in: Quaritsch (Hrsg.), Die Selbstdarstellung des Staates, 1977, S. 21 ff.; vgl. ferner Winkler, in: Quaritsch (Hrsg.), Sporterfolge als Mittel der Selbstdarstellung des Staates, 1977, S. 109 ff.; 8. Sportbericht der Bundesregierung, BT-Drs. 1311114, S. 8. 12 So haben beispielsweise "Eurathlon I" und "Eurathlon II" als Programme der Europäischen Kommission zur Förderung des Sports das Ziel, die Verständigung zwischen den Bürgern Europas zu fördern und zu einem besseren Verständnis der gesellschaftlichen und kulturellen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten beizutragen (bayernsport Ne. 44 vom 31. 10. 1995, S. 65).

I. Einleitung und Problernbeschreibung

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Der Sport stellt einen beachtlichen Wirtschaftsfaktor dar. Sein Anteil am Bruttosozialprodukt ist ebenso groß wie der der Landwirtschaft oder der mineralölverarbeitenden Industrie, die Zahl der "im Sport" Beschäftigten entspricht mit rd. 700.000 der der Chemischen Industrie oder des Kreditgewerbes 13• Sport ist endlich eine Ausformung von Kultur 14• Ihm wird zu Recht ein gesundheits-, sozial- und bildungspolitischer Wert zugesprochen 15 . Im Bereich des Auswärtigen ist er seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der Auswärtigen Kulturpolitik16, für den innerstaatlichen Bereich hat der Bundesgesetzgeber in § 1 V 2 Nr. 3 BauGB den Sport als Teil der Kultur ausdrücklich anerkannt und die Belange des Sports explizit unter die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung eingeordnet. Infolgedessen steckt auch hinter jeder Sportstätte ein "Stückchen" kommunaler Kultur 17 . Auf der anderen Seite sind mit dem Sport aber beileibe nicht nur Annehmlichkeiten verbunden. So sind Sportstätten vom kleinen Bolzplatz bis zum großen Stadion vielfach Ursache und Ausgangspunkt beträchtlicher Immissionen. So landen zum Beispiel bisweilen bei Fußball oder Tennis fehlgeleitete Bälle, beim Schießsport abirrende Bleikugeln außerhalb des Platzes auf dem Nachbargrundstück. Von diesen Grobimmissionen sind die sog. Imponderabilien zu unterscheiden. Hierunter fallen beispielsweise Lichtimmissionen, wenn die Sportausübung nach Einbruch der Dunkelheit unter Flutlicht begonnen oder fortgesetzt wird. Zu den Umwelteinwirkungen des Sports zählen jedoch vor allem Geräusche, die durch den Betrieb einer Sportstätte hervorgerufen werden. Den durch Sportausübung hervorgerufenen Geräuschimmissionen steht in vielen Fällen das Ruhebedürfnis der Wohnnachbarschaft gegenüber. Geräuschimmissionen durch Sportanlagen sind in Wohnbereichen besonders störend, weil die eigene Wohnung oftmals der einzige Ort ist, an den man sich zurückziehen und sein "Recht auf Ruhe" (noch) verwirklichen kann. Außerdem entstehen sie vorwiegend in Zeiten schönen Wetters außerhalb der üblichen werktäglichen Arbeitszeit und folglich exakt zu den Zeiten, zu denen die Anwohner einer Sportanlage sich meist zuhause aufhalten, sich erholen und zu diesem Zweck ihre Freizeit in Ruhe und auch in den sog. Außenwohnbereichen wie Balkon, Terrasse und Garten verbringen wollen. Der Konflikt zwischen den entgegengerichteten Interessen der am Sport Interessierten und der Anwohner wird zudem häufig noch zusätzlich dadurch verschärft, daß Sportstätten, um insbesondere für Kinder und Jugendliche ohne unvertretbaren Aufwand erreichbar zu sein, gerade in der Nähe oder sogar innerhalb von Wohngebieten errichtet werden.

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8. Sportbericht der Bundesregierung, BT-Drs. 13 I 1114, S. 16. Häberle, FS Thierne, S. 25 (40 f.). Stern, FS Thierne, S. 269 (275). 8. Sportbericht der Bundesregierung, BT-Drs. 13 I 1114, S. 14 u. 63 f. Vgl. BT-Drs. 1016166, S. 143 u. 1016563, S. 3.

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A. Sportausübung und Ruhebedürfnis

II. Rechtsprechung und Literatur bis zum lokrafttreten der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BlmSchV) 18 Angesichts dieser Interessengegensätze ist es nicht verwunderlich, daß Sportstätten in unmittelbarer Nachbarschaft zur Wohnbebauung seit etwa zwei Jahrzehnten auf erbitterten Widerstand der Anlieger stoßen. Schon eher erstaunt, daß die aufgezeigte Problematik, wenngleich es auch schon im Zeitraum davor einige höchstrichterliche und obergerichtliche Entscheidungen gegeben hat 19, nicht schon früher in der Rechtsprechung und in der Rechtslehre virulent geworden ist. Der Sport scheint lange Zeit ob seines enormen gesellschaftspolitischen Gewichts (auch) hinsichtlich seiner negativen Auswirkungen auf die Nachbarschaft weitgehend "freies Spiel" gehabt zu haben. Die Thematik "Sportanlagen und Wohnnachbarschaft" wird einer breiteren Öffentlichkeit erstmals ins Bewußtsein gerückt, als das OLG Hamm20 im Jahre 1976 die Stadt Gelsenkirchen verurteilt, es zu unterlassen, mit der im Gelsenkirchener Parkstadion - dem Stadion des FC Schalke 04 - installierten Lautsprecheranlage Geräusche zu verursachen, die auf dem benachbarten Grundstück der Kläger über einen Immissionswert von 55 dB(A)/tagsüber hinausgehen. In der Folgezeit beruhigt sich das Thema wieder, obschon zwei einschlägige Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts21 sowie einige obergerichtliche Entscheidungen22 zu verzeichnen sind. Einen ersten Höhepunkt erlebt die Thematik durch das "Tennisplatzurteil" des Bundesgerichtshofs vom 17. 12. 198223 , in dem der Bundesgerichtshof ein Urteil 18 18. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (18. BimSchV), BGBI. I 1991, 1588 ff., ber. 1790. 19 RG JW 1904, 175 f. (Kegelbahn); RG JW 1905, 231 (Kegelbahn); RG JW 1908, 682 f. (Schießstand); RG SeuffArch 59 Nr. 126 (Kegelbahn); RG Das Recht 1908 Nr. 3423 (Schießstand); RG WarnRspr 1911, 370 f. (Schießstand); RG JW 1911, 587 f. (Freibad); RG Das Recht 1915 Nr. 1084 (Schießgeräusche); RG Grund-Eigentum 1933, 745 (Motorradrennbahn); BGH ZMR 1966, 50 f. (Kegelbahn); BVerwG, Beschluß (§ 92 II VwGO) vom 05. 09. 1969- IV C 46/67 (Minigolfanlage); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 97 (Minigolfanlage); OVG Koblenz BRS 17 Nr. 17 (Kegelbahn); OVG Münster BRS 18 Nr. 155 (Minigolfanlage); Nachweise weiterer Entscheidungen bei Wiethaup MDR 1969, 822 ff. u. AgrarR 1973, 177 ff. 2o Urteil vom 06.12.1976 - 5 U 166175. 21 RdL 1979, 34 ff. u. NVwZ 1983, 155 f. (jeweils zu Schießstandanlagen im Außenbereich). 22 VGH Mannheim BRS 32 Nr. 4 (Tennisanlage); VGH Kassel BRS 33 Nr. 25 (Private Schwimmschule); OLG Hamm VersR 1979, 579 (Fußballstadion); OVG Lüneburg BauR 1980, 533 ff. (Freibad); VGH Mannheim VBlBW 1981, 220 ff. (Eislaufhalle); OVG Lüneburg BRS 38 Nr. 181 (Betonplatte mit Tennisplatzmarkierungen); VGH Kassel BauR 1982, 143 ff. (Privater Tennisplatz); VGH Mannheim VBlBW 1983, 25 ff. (Sportplatz I Lichtimmissionen (Flutlicht)); OVG Münster UPR 1983, 172 f. (Kegelbahn). 23 NJW 1983, 751 f. = WM 1983, 176 f.

II. Rechtsprechung und Literatur bis zur 18. BimSchV

19

des OLG Frankfurt bestätigt, das einem Sportverein aufgibt, das Tennisspiel auf einer ihm von der Stadt überlassenen Tennisanlage gänzlich zu unterlassen. Weitere Höhepunkte erfahrt die Problematik in der Rechtsprechung durch zwei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Im "Tegelsbarg-Urteil" vom 19. 01. 198924 wird die beklagte Freie und Hansestadt Harnburg verurteilt sicherzustellen, daß auf dem Grandplatz und auf dem Rasenplatz der Bezirkssportanlage Tegelsbarg montags bissonnabendsnach 19 Uhr und an Sonn- und Feiertagen kein Fußball gespielt wird25 • Mit Urteil vom 24. 04. 1991 26 zu "Dortmund-Sölde" bestätigt das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung und stellt klar, daß es zwar keinen generellen Rechtssatz gebe, daß Sportplätze in Wohnnähe für den Vereinsspürt oder die Allgemeinheit überhaupt nicht oder nicht zu bestimmten Tageszeiten besonderen Ruhebedürfnisses nutzbar seien oder daß auf ihnen zu Tageszeiten besonderen Ruhebedürfnisses nicht Fußball gespielt werden dürfe, Nutzungsbeschränkungen bei Sportanlagen jedoch nach den konkreten Gegebenheiten im Einzelfall zulässig und geboten sein können27 • Als die im Deutschen Sportbund zusammengeschlossenen Sportverbände nach dem "Tennisplatzurteil" des Bundesgerichtshofs28 und "begleitet" von einer Vielzahl weiterer gerichtlicher Entscheidungen, die - obwohl auch "dem Sport" eine erhebliche Anzahl "Recht gibt" 29 - tendenziell die sportliche Betätigung zugunsten der Wohnnachbarschaft zurückdrängen30, die Befürchtung zum Ausdruck bringen, BVerwGE 81, 197 ff. BVerwGE 81, 197 (199). 26 BVerwGE 88, 143 ff. 27 BVerwGE 88, 143 (146). 28 BGH NJW 1983, 751 f. = WM 1983, 176 f. 29 BVerwG NVwZ 1983, 155 f. (Schießstandanlage); VGH München BayVBI. 1987, 655 ff. (Sportzentrum); NVwZ 1987, 986 f. (Bolzplatz); BRS 49 Nm. 206 u. 207 (Tennisplätze); VGH Mannheim BauR 1984, 151 f. (Schulsport- u. Bolzplatz); VBIBW 1985, 21 ff. (Sporthalle); Urt. v. 03.04.1986- 1 S 347/86 (Sportzentrum); NVwZ-RR 1989, 173 ff. (Schulsportplatz); NVwZ 1991, 900 (Tennisanlagen); Urt. v. 05.10.1990 - 3 S 3146/89 (Sportzentrum); OVG Berlin NVwZ-RR 1988, 16 f. (Badesee); NVwZ 1987, 984 ff. (Sportzentrum); NVwZ-RR 1989, 125 ff. (Sportplatz); VGH Kassel NJW 1993, 3088 ff. (Sportplatz); OVG Koblenz BauR 1985, 171 f. (Sportge1ände); NVwZ 1985,766 (Schul- u. Sportzentrum); BauR 1985, 655 ff. (Bezirkssportanlage); BRS 44 Nr. 184 (Rasensportanlage); OVG Lüneburg BRS 47 Nr. 172 (Sportplatz); OVG Münster NVwZ 1991, 900 ff. (Schulsportanlage); VG Berlin UPR 1985, 102 f. (Sportzentrum); OLG Köln VersR 1991, 1294 f. (Fußballplatz) . Jo BVerwG NJW 1986, 393 f. (Privater Tennisplatz); NVwZ 1990, 858 (Sportplatz); LKV 1991, 411 (Fußballfelder); VGH München BayVBI. 1983, 275 f. (Tennisplatz); DWW 1986, 20 f. (Sportgelände); BayVBI. 1986, 23 f. (Tennisplatz); BayVGHE n.F. 42, 187 ff. (Schießanlage); VGH Mannheim NVwZ 1985, 766 f. (Sportplatz); VBIBW 1985, 222 f. (Bolzplatz); BRS 46 Nr. 29 (Bezirkssportanlage); NVwZ 1992, 389 f. (Sportanlagen); OVG Berlin OVGE 19, 183 ff. (Fußballfelder); OVG Bremen UPR 1985, 141 f. (Tennisplatz); DÖV 1986, 702 ff. (Tennisplatz); OVG Harnburg DVBI. 1986, 691 ff. (Bezirkssportanlage); UPR 1986, 360 (Bolzplatz); VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 175 ff. (Bolzplatz); BauR 1990, 709 ff. (Tennisanlage); OVG Koblenz NVwZ 1985, 768 f. (Bolzplatz); NVwZ 1990, 279 f. (Schulsport24

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2*

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A. Sportausübung und Ruhebedürfnis

daß neue Sportstätten in Wohnnähe künftig kaum noch Aussicht auf Genehmigung haben werden und rund ein Drittel der damals in der Bundesrepublik Deutschland (West) existierenden rd. 150.000 Sportstätten31 durch die Gerichte nach und nach geschlossen oder zumindest in ihrer Nutzungsmöglichkeit beschränkt werden könnten, nimmt sich auch die Rechtswissenschaft der Problematik an 32 . Daneben proklamieren Sportverbandsvertreter und Sportpolitiker in Bund, Ländern und Gemeinden den "Kampf um den Sportplatz um die Ecke" 33 mit dem Ziel, dem Sport feld); OVG Lüneburg UPR 1984, 276 f. (Schießplatz); UPR 1985, 181 f. (Tennisplatz); BRS 42 Nr. 188 (Bolzplatz); BauR 1985, 659 ff. (Tennisplatz); BRS 46 Nr. 26 (Tennisanlage); BRS 47 Nr. 75 (Tennisanlage); DWW 1988, 220 ff. (Sportzentrum); OVG Münster BauR 1984, 148 ff. (Tennisanlage); UPR 1983, 387 f. (Schul- u. Sportzentrum); BauR 1984, 152 ff. (Bolzplatz); NVwZ 1985, 769 f. (Tennisplätze); BRS 46 Nr. 28 (Bolzplatz); BauR 1987, 46 ff. (Bolzplatz); NVwZ-RR 1988, 13 ff. (Sportzentrum); DWW 1989, 207 ff. (Sportplatz); BRS 49 Nm. 204 u. 205 (jew. Sportplatz); OVG Saarlouis NVwZ 1985, 770 f. (Tennisübungswand); BRS 52 Nr. 232 (Spiel- u. Sportplatz); VG Berlin UPR 1985, 99 ff. (Bolzplatz); UPR 1988, 160 (Sportplatz); VG Würzburg NVwZ 1988, 381 f. (Sportplatz-Flutlichtanlage); OLG Stuttgart NVwZ 1985, 784 (Sportplatz); NJW 1989, 1224 f. (Schießplatz); OLG Celle NJW 1988, 424 ff. (Tennisanlage); OLG Nümberg NJW-RR 1988, 979 f. (Kirchengemeind1icher Sportplatz); OLG Köln NVwZ 1989, 290 f. (Tennisanlage/ Schulgelände); OLG Hamm BRS 49 Nr. 202 (Kegelbahn); LG Aachen NVwZ 1988, 189 f. ((Schul-)Tennisplatz). Nachweise weiterer (unveröffentlichter) Entscheidungen bei Birk NVwZ 1985, 689 (Fn. 2- 17). 31 Zahlenangabe nach Vieweg JZ 1987, 1104 (1105) m.N. und lt. Bericht der Bundesregierung "Sport und Umwelt", BT-Drs. 11/2134, S. 5. Die Sportämter in Berlin und Harnburg bezeichnen damals 30 bis 50% der bestehenden Sportanlagen als gefährdet (so Zehetmair BayBgm 1987, 289 (291)). 32 Deutsch VersR 1984, 1001 ff.; ders. VersR 1989, 219 ff.; Gelzer; in: Pikart/Gelzer/Papier, Rechtsgutachten, S. 49 ff.; ders. , FS Korbion, S. 117 ff.; ders. NuR 1989, 29 ff.; Happe Der Städtetag 1984, 400 ff.; ders. Der Städtetag 1986, 15 ff.; Johlen BauR 1984, 134 ff.; Papier; in: Pikart/Gelzer/Papier, Rechtsgutachten, S. 97 ff. ; ders. UPR 1985, 73 ff.; ders. NVwZ 1986, 624 ff.; ders., in: Burmeister (Hrsg.), Sport im kommunalen Wirkungskreis (Recht und Sport 9), 1988, S. 21 ff.; ders. , in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, 1990, S. 129 ff.; ders. , FS Gelzer, S. 93 ff.; Pikart/Gelzer/Papier NVwZ 1985, 100 ff. ; Pikart, in: Pikart/ Gelzer/Papier, Rechtsgutachten, 1984, S. 1 ff.; Birk NVwZ 1985, 689 ff.; Gaentzsch UPR 1985, 201 ff.; ders., FS Gelzer, S. 29 ff.; Giebeler Der Landkreis 1985, 415 ff.; Hagen UPR 1985, 192 ff.; ders. NVwZ 1991, 817 ff.; Kastens SchiHA 1985, 97 ff.; Knauber NuR 1985, 308 ff.; Köhler Jura 1985, 225 ff.; Lang UPR 1985, 185 ff.; Salzwedel UPR 1985, 210 ff.; Stüer NuR 1985, 148 ff.; Schwarze DVBI. 1986, 1050 ff.; Peine JuS 1987, 169 ff. ; ders. JZ 1989, 955 f.; Rost BayBgm 1987, 298 ff.; Vieweg JZ 1987, 1104 ff.; Steinberg, S. 30 f., 37 u. 54; Kühl, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, 1990, S. 147 ff. ; Kutscheidt NVwZ 1989, 193 (197 f.); Schwerdtner NVwZ 1989, 936 ff. ; Scheffen NJW 1990, 2658 ff. (bes. 2661 f. ); von Klitzing BayBgm 1991, 64 ff.; Mößle BayVBI. 1991, 609 ff.; Schmitz NVwZ 1991, 1126 ff.; Reschke NVwZ 1992, 652 f. Zuvor hatte sich, soweit ersichtlich, lediglich Wiethaup- ZMR 1962, 36 ff.; ZMR 1964, 161 ff.; MDR 1969, 822 ff.; GewA 1972, 147 ff. ; AgrarR 1973, 177 ff. sowie ders., Lärmbekämpfung in der Bundesrepublik Deutschland - eingehender mit diesem Thema befaßt. 33 Vgl. etwa Beschlußempfehlung des Sportausschusses des Deutschen Bundestages vom 25. 11. 1986, BT-Drs. 10/6563 (S. 5); Happe Der Städtetag 1984,400 (404); ders. Der Städtetag 1986, 15 (17); Fritz BayBgm 1987, 292 (293 f.); Lang UPR 1985, 185 (189); Zehetmair BayBgm 1987, 289 (290); Vgl. ferner die Neufassung der Hinweise des Länderausschusses für Immissionsschutz zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche

III. Gesetzgebung in Sachen Sport

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auf allen Ebenen einschließlich der Verfassungsebene eine seiner hohen gesellschaftspolitischen Bedeutung entsprechende Rechtsstellung zu verschaffen. Forderungen nach ausdrücklicher Aufnahme des Sports in die Landesverfassungen und in das Grundgesetz werden seither nicht zuletzt deshalb (z.T. wieder) gestellt, damit ihm nach ausdrücklichen Verankerungen des Umweltschutzes in den Verfassungstexten bei Abwägungsvorgängen gegenüber demselben kein geringeres Gewicht zugemessen werde34 .

111. Gesetzgebung in Sachen Sport Nach anfänglichem Zögern sehen sich schließlich Verfassung-, Gesetz- und Verordnungsgeber zum Handeln veranlaßt Sportförderung als Staatsziel ist inzwischen in den Landesverfassungen von Brandenburg (Art. 35), Mecklenburg-Vorpommern (Art. 16 I 1), Nordrhein-Westfalen (Art. 18 III), Sachsen (Art. ll I u. II), Sachsen-Anhalt (Art. 36 I u. III) und Thüringen (Art. 30 III) ausdrücklich verankert35. Auch im einfachen Recht hat der Sport in den letzten Jahren Boden gutgemacht. In dem zum 01. 07. 1987 in Kraft getretenen Baugesetzbuch36 ist der Sport in der Reihe der beispielhaft aufgezählten abwägungserheblichen Belange - im Bundesbaugesetz 196037 hatte er in§ 1 noch keine explizite Erwähnung gefunden, die Novellierung von 197638 erwähnt ihn in§ 1 VI 2 erst an viertletzter Stelle- nach vorn (sog. LAI-Hinweise) vom 25. 11. 1987 (NVwZ 1988, 135 ff. u. Bek. des BayStMLU vom 12. 08. 1988, AllMBl. Nr. 19 I 1988), die unter Berücksichtigung der Beratungsergebnisse der Vorsitzenden der Sportministerkonferenz und der Umweltministerkonferenz erarbeitet wurden und gegenüber ihrer ursprünglichen Fassung vom 28. 10. 1982 (NVwZ 1985, 98 ff.) an Errichtung und Betrieb von Sportanlagen weniger strenge Anforderungen stellen. 34 Vgl. Steiner SpuRt 1994, 2 (5) u. NJW 1991, 2729 (2730); ders. DÖV 1983, 173 ff.; v. Münch, Rechtsgutachten, 1986; Stern, FS Thieme, S. 269 (279); Gesetzentwurf der Fraktion der F.D.P. im Bayerischen Landtag vom 27. 05. 1993 (LT-Drs. 12/ 11528). 35 ,,Zum "Sport" als Thema neuerer verfassungsstaatlicher Verfassungen" in Europa und darüberhinaus: Häberle, FS Thieme, S. 25 ff. Textliche Erwähnung findet der Sport aber nicht nur in verfassungsstaatlichen Verfassungen, sondern auch in UN-Menschenrechtstexten, der KSZE-Schlußakte von Helsinki sowie in sozialistischen Verfassungen (Häberle aaü., bes. S. 27 - 33 u. 37 - 39). Im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Vertrages über die Europäische Union (Maastricht II) drängt der Deutsche Sportbund ausweislich eines Memorandums, das dessen führende Vertreter am 11. 10. 1995 vor dem Sportausschuß des Deutschen Bundestages vorgestellt haben, zudem darauf, für den Sport einen eigenen Artikel zu schaffen (woche im bundeslag Nr. 18/95, S. 73). 36 In der Fassung der Bekanntmachung vom 08. 12. 1986 (BGBl. I 1986, 2253 ff.). 37 BGBl. I 1960, 345 ff. 38 Gesetz zur Änderun,g des Bundesbaugesetzes vom 18. 08. 1976 (BGBl. I 1976, 2221 ff.).

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A. Sportausübung und Ruhebedürfnis

gerückt und wird in § 1 V 2 Nr. 3 BauGB ausdrücklich als Unterfall der sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung angesehen. Wenngleich sich aus der Reihenfolge der Nennung der Belange in § 1 V 2 BauGB keine Rangfolge der Belange ableiten läßt, ist eine Hervorhebung und Stärkung der Rolle des Sports - zumal dieser im Baugesetzbuch darüberhinaus auch noch in den §§ 5 II Nr. 2 u. 5, 9 I Nr. 5 u. 15, 40 I 1 Nr. 1 ausdrückliche textliche Erwähnung gefunden hat- unverkennbar39. Die Baunutzungsverordnung sieht in der seit 27. 01. 1990 geltenden Fassung40 vor, daß Anlagen für sportliche Zwecke nunmehr auch in allgemeinen Wohngebieten zulässig sind (§ 4 II Nr. 3) und - wenn sie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen - sogar in reinen Wohngebieten ausnahmsweise zugelassen werden können (§ 3 III Nr. 2). Weitere legislatorische Maßnahmen im Bereich Sportanlagen und Nachbarschutz und im "Kampf um den Sportplatz um die Ecke" stellen dar die als 18. BimSchV am 26. 10. 1991 in Kraft getretene Sportanlagenlärmschutzverordnung41 und die Ergänzung des § 906 I BGB um zwei weitere Sätze zum 01. 10. 199442, die über die Bewältigung des Konflikts zwischen Sportanlagen und ihren Nachbarn hinaus einen ersten Schritt in Richtung auf eine Harmonisierung des öffentlichen und des privaten Immissionsschutzrechts machen soll43 .

IV. Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit Die vorliegende Arbeit untersucht, welche Anforderungen das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die Sportanlagenlärmschutzverordnung bei Errichtung und Betrieb von Sportanlagen in Bezug auf Geräuschimmissionen stellen und welche Ansprüche sich hieraus für den immissionsbetroffenen Wohnnachbarn bei öffentlich-rechtlichem und bei privatrechtlichem Sportanlagenbetrieb ergeben. Einer späteren wissenschaftlichen Untersuchung vorbehalten bleibt, ob und gegebenenfalls welche weiteren Ansprüche des Wohnnachbarn bei privatrechtlichem Sportanlagenbetrieb möglicherweise zusätzlich aus dem originären privaten Nachbarrecht44 der§§ 1004, 906 BGB bzw. §§ 862 I, 906 BGB herzuleiten sind45 . Bei 39 40

41 42

f.)).

Gaentzsch, FS Gelzer, S. 29 f.; Stange NWVBL 1992, 153 (155). BGBI. I 1990, 132 ff. Siehe Fn. 18. Art. 2 § 4 Sachenrechtsänderungsgesetz vom 21. 09. 1994 (BGBI. I 1994, 2457 (2489

BT-Drs. 1217425, S. 2. Bezeichnung nach Breuer DVBI. 1983, 431 (438). 45 In diesem Zusammenhang wird dann auch darauf einzugehen sein, ob die zum 01. 10. 1994 erfolgte Änderung des § 906 I BGB durch Art. 2 § 4 des Sachenrechtsänderungsgesetzes vom 21. 09. 1994 (BGBI. I 1994, 2457 (2489 f.)) die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berücksichtigung untergesetzlicher Vorschriften und Regelwerke 43

44

IV. Untersuchungsgegenstand der Arbeit

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öffentlich-rechtlichem Sportanlagenbetrieb spielt dieses jedenfalls keine Rolle, weil gegen hoheitliche Beeinträchtigungen ,,kein privatrechtliches Kraut gewachsen" ist46 .

im Rahmen des § 906 I BGB lediglich ,,in eine klarstellende gesetzliche Lösung umgesetzt" hat (vgl. BT-Drs. 12/7425, S. 87) oder ob ihr eine darüber hinaus reichende Bedeutung beizumessen ist. Für eine lediglich klarstellende Bedeutung: Kregel NJW 1994, 2599 f.; Bitzer DZWir 1995, 367; Weber/Weber VersR 1995, 20 f. Für eine weitergehende Bedeutung (Privilegierung der Sportgeräusche u. Änderung der Beweislast): Dury SpuRt 1995, 102; Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 8, 162, 167 f. u. 176 ff. Offen gelassen: BGH NJW 1995, 132 (133); Hagen ZffiR 1995, 61 (65). 46 So zu Recht Laubinger VerwArch 80 (1989), 261 (263).

B. Anforderungen zum Schutz vor Geräuschimmissionen bei Errichtung und Betrieb von Sportanlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BimSchG) Sportstätten zählen nach einhelliger Auffassung als "sonstige ortsfeste Einrichtungen" gemäߧ 3 V Nr. 1 BlmSchG zu den Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes47. Dieses Gesetz stellt an die Errichtung und den Betrieb von Anlagen unterschiedliche Anforderungen je nach dem, ob es sich um immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§§ 4 ff. BlmSchG) oder um immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen (§§ 22 ff. BlmSchG) handelt.

I. Immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Sportanlagen (§§ 4 ff. BlmSchG) Immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sind solche Anlagen, die in der auf der Grundlage des § 4 I 3 BlmSchG erlassenen Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BlmSchV48) ausdrücklich genannt sind. Bei Sportstätten trifft dies nur in bescheidenem Umfang zu. So bedürfen von ihnen lediglich die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die an fünf Tagen oder mehr je Jahr der Übung oder Ausübung des Motorsports dienen (ausgenommen Modellsportanlagen), von Schießständen für Handfeuerwaffen (ausgenommen solche in geschlossenen Räumen) und von Schießplätzen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung49 . 47 Die auf die ursprüngliche Fassung der sog. LAI-Hinweise vorn 28. 10. 1982 (NVwZ 1985,98 ff.) zurückgehende Auffassung des VG Würzburg NVwZ 1988, 381 (382), das einen Sportplatz als Grundstück qualifiziert, auf dem Arbeiten durchgeführt werden, wozu in weiter Auslegung auch Freizeitbetätigungen zählten, und deshalb § 3 V Nr. 3 BirnSchG für einschlägig erachtet, wird heute nicht mehr vertreten. 48 Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen vorn 24. 07. 1985 (BGBI. I S. 1586 ff.), zuletzt geändert durch Art. 3 der Verordnung zur Novellierung der Gefahrstoffverordnung vorn 26. 10. 1993 (BGBI. I S. 1782 ff.)). 49 § 4 I 3 BlrnSchG i.V.rn. § 1 I 1 der 4. BlrnSchV i.V.rn. Nr. 10.17 und Nr. 10.18 des Anhangs zur 4. BlrnSchV (Spalte 2).

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Diese Genehmigung ist gemäß § 6 I BlmSchG zu erteilen, wenn sichergestellt ist, daß die aus § 5 BlmSchG und einer aufgrund des § 7 BlmSchG erlassenen Rechtsverordnung sich ergebenden Pflichten erfüllt werden, und andere öffentlichrechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Für die Erteilung der Genehmigung wird vor allem vorausgesetzt, daß die Anlage gemäß § 5 I Nr. 1 u. 2 BlmSchG so errichtet und betrieben wird, daß schädliche Umwelteinwirkungen nicht hervorgerufen werden können, und Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung getroffen wird. Die Genehmigungsfähigkeit immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Sportanlagen hängt mithin maßgeblich von der Auslegung des Begriffs der "schädlichen Umwelteinwirkungen" ab. Da dieser Begriff- wie nachfolgend dargelegt - auch zur Umschreibung der Anforderungen, denen immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen in Bezug auf Geräuschimmissionen genügen müssen, Verwendung findet und die immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Sportanlagen im Vergleich zur Gesamtzahl aller Sportanlagen nur einen relativ geringen Teil ausmachen, werden die Voraussetzungen ihrer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsfähigkeit vorliegend nicht gesondert dargestellt. Die nachstehenden Ausführungen zu den immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen können jedoch, soweit sie sich auf den Begriff der "schädlichen Umwelteinwirkungen" beziehen, auch für die immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen Geltung beanspruchen, weil das Bundes-Immissionsschutzgesetz für diesen Begriff im "Ersten Teil: Allgemeine Vorschriften" in § 3 I eine Legaldefinition geschaffen, ihn damit gleichsam "vor die Klammer" gezogen und damit zum Ausdruck gebracht hat, daß der Begriff dort, wo ihn das Gesetz verwendet, stets dieselbe Auslegung erfahren soll.

II. Immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen (§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 BlmSchG) Obschon die meisten Sportstätten zu den immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen zählen, lassen sie sich in der Regel gleichwohl ohne eine Genehmigung nicht rechtmäßig errichten und betreiben. Sie sind nämlich allesamt als bauliche Anlagen im Sinne der Bauordnungen der Länder zu qualifizieren, und demzufolge wird für ihre Errichtung und Nutzung zumeist eine Baugenehmigung benötigt50. Sie wird nur erteilt, wenn das Vorhaben allen im bauaufso Vgl. z. B. Art. 2 I, 54 I Nr. 7, 68 ff. BayBO; §§ 2 I, 38 II Nr. 5, 39 II Nr. 6, 49 ff. BW LBO. In den meisten Landesbauordnungen werden Sportflächen bzw. Sportplätze sogar ausdrücklich zu den baulichen Anlagen gerechnet, vgl. z. B. §§ 2 I 3 Nr. 3 SächsBO, 2 I 3 Nr. 4 BauO NRW, 2 I 3 Nr. 6 Schi-Ho LBO, 2 I 3 Nr. 3 ThürBO, 2 I 3 Nr. 3 Bauü LSA, 2 I 3

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

sichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht51 . Lediglich bei kleinen Sportanlagen, bei Sportanlagen im Rahmen der Landesverteidigung sowie allgemein bei Sportanlagen bestimmter öffentlichrechtlicher Körperschaften wird -je nach Ausgestaltung der Landesbauordnung auf jegliche Genehmigung verzichtet52. Unabhängig davon, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ihre Einhaltung in einem Baugenehmigungsverfahren geprüft wird, müssen Errichtung und Nutzung einer Sportanlage jedoch in jedem Falle sämtlichen Anforderungen genügen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an sie gestellt werden53 . Zu diesen Vorschriften gehören bei immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Sportanlagen insbesondere die Anforderungen nach§ 22 I 1 i.V.m. § 3 I BimSchG. In § 22 I 1 i. V.m. § 3 I BimSchG hat der Gesetzgeber die Grundpflichten der Setreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen normiert. Nach § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BimSchG54 sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, daß schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. § 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG enthält somit ein Verhinderungs-, § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG ein Minimierungsgebot. Für den Setreiber einer imrnissionsschutzrecht1ich nicht genehmigungsbedürftigen Sportanlage ist damit zuvörderst die Frage aufgeworfen, was das Bundes-Immissionsschutzgesetz unter schädlichen Umwelteinwirkungen versteht und wie es unschädliche und schädliche Umwelteinwirkungen voneinander abgrenzt. Dem ist deshalb zunächst nachzugehen. Entsprechend der Problembeschreibung beschränkt sich die Untersuchung dabei auf (schädliche) Umwelteinwirkungen durch Geräuschimmissionen.

Nr. 3 Bbg BO, 2 I 3 Nr. 3 BauO Bin, 2 I 3 Nr. 4 HessBO, 2 I 3 Nr. 3 LBauO M-V,§ 2 I 3 Nr. 3 SaarLBO. 51 Vgl. z. B. Art. 79 I BayBO; §58 I I BW LBO. 52 Vgl. z. B. Art. 69 I Nr. 30, 93 I u. V BayBO; Ziff. 53 des Anhangs zu§ 50 I BW LBO, § 70 I u. Ili BW LBO; §§ 63 I Nr. 9e, 75 I HessBO; § 80 I u. V Bbg BO; §§ 65 I Nr. 43, 77 I u. VI LBauO M-V; §§ 65 I Nr. 32, 80 I u. Ili BauO NRW; §§ 67 I Nr. 8d, 79 I u. V BauO LSA; §§ 63 I Nr. 42, 75 I u. V SächsBO; §§ 69 I Nr. 29, 83 I u. VII Schi-Ho LBO; §§ 63 Nr. 8d, 75 I u. V ThürBO; §§ 56 I Nr. 7e, 67 I u. IV BauO Bin; §§ 57 I Nr. 14, 58 I, 81 Ili SaarLBO. 53 Vgl. z. B. Art. 69 VI, 70 V, 93 VI I BayBO, §§50 V, 51 IV, 70 IV BW LBO, die dasdeklaratorisch - nochmals ausdrücklich bekräftigen. 54 § 22 I 1 Nr. 3 BimSchG (Ordnungsgemäße Abfallbeseitigung) hat bei Sportanlagen keine praktische Relevanz und bleibt daher hier und im folgenden außer Betracht.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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1. Schädliche Umwelteinwirkungen Schädliche Umwelteinwirkungen sind gemäß § 3 I BlmSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter Immissionen sind gemäß § 3 li BlmSchG auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen zu verstehen.

2. Gefahren Bei der Auslegung und Anwendung des§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BlmSchG i.V.m. § 3 I BlmSchG besteht in Rechtsprechung und Lehre Einigkeit, daß Geräuschimmissionen stets schädliche Umwelteinwirkungen darstellen, wenn sie am Immissionsort eine konkrete Gefahr für ein Rechtsgut begründen bzw. begründen würden55 . Unter "Gefahr für ein Rechtsgut" wird hierbei ein Geschehensablauf verstanden, der bei verständiger Würdigung den Eintritt eines Schadens (v.a. Gesundheitsbeschädigung, "schwerer und unerträglicher" Eingriff in das Eigentum) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten läßt56 . Auf die Frage, wann Geräuschimmissionen eine Gefahr darstellen, wird teilweise geantwortet, ein allgemeingültiger Schwellenwert, bei dessen Überschreitung eine Gesundheitsbeschädigung und I oder eine "schwere und unerträgliche" Bigenturnsbeeinträchtigung und damit ein Schaden herbeigeführt werde, lasse sich nach dem heutigen Stand der modernen Lärmwirkungsforschung nicht aufstellen 57 • Zur Frage, wann bei Geräuschimmissionen die "Gefahrengrenze" überschritten ist, haben Rechtsprechung und Lehre aber auch schon mehrfach Stellung bezogen: So wird ein Überschreiten der Schwelle zum nach Art. 14 I 1 GG eigentumsrechtlich Unzumutbaren vom Bundesgerichtshof bei Flug- und Straßenverkehrs55 Vgl. Amt!. Begründung der Bundesregierung zu§ 3 BlmSchG, BT-Drs. 71179, S. 29; L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 10 ff. m.w.N.; ders., in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge, S. 237 (246); Bender/Sparwasser/Engel, S. 339 f. ; Engelhardt, § I Rn. 6; Jarass, § 3 Rn. 11; Hoppe/ Beckmann, S. 401 m.w.N.; Kloepfer, S. 403; Schmatz/Nöthlichs, § 3 Anm. 8; Sellner, Rn. 27 u. 42; Stich/Porger, § 3 Anm. 10 f.; Ule/Laubinger, § 3 Rn. 4 m.z.N. zur Rspr. des BVerwG und des PrOVG. 56 Vgl. BVerwG DVBI. 1969, 586 unter Bezugnahme auf PrOVGE 77, 333 (338) u.w.N.; BVerwGE 45, 51 (57); 72, 300 (315) unter Bezugnahme auf PrOVG PrVBI. 16, 125 (126); OVG Lüneburg DVBI. 1977, 347 (351); VGH München DVBI. 1979, 673 (675); Murswiek, in: HdUR, S. 803 m.w.N.; Feldhaus, § 3 Anm. 7; Jarass, § 3 Rn. 11; L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 10; Breuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 433 (531); BT-Drs. 7/179, S. 29; vgl. auch Bemer I Köhler, Art. 2, Rn. 10. 57 OVG Harnburg NVwZ 1990,379 (380); Fickert/Fieseler, § 15 Rn. 19.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

lärm einzelfallabhängig bei äquivalenten Dauerschallpegeln (Mittelungspegeln) 58 von etwa 70- 75 dB(A) am Tage und etwa 60- 65 dB(A) bei Nacht angesetzt59 . In einer Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht erklärt der Bundesgerichtshof, daß er die "Enteignungsschwelle" in Wohngebieten einzelfallabhängig bei Grenzwerten von 70 dB(A)Itags und 60 dB(A)Inachts beginnen lasse60 • Die Literatur hält bei Verkehrslärm die Gefahrenschwelle im Hinblick auf Art. 14 I 1 GG bei Mittelungspegeln von 70 dB(A) I tags und 60 dB(A) I nachts für überschritten61. Mit einer Gesundheitsgefährdung durch Verkehrslärm rechnet das OVG Harnburg oberhalb eines Geräuschimmissionswertes von 80 dB(A) während täglich acht Stunden und eines Zeitraums von zehn Jahren62 . Bei von Fußballfeldern ausgehenden Geräuschen hält das OVG Berlin Gesundheitsschäden bei Mittelungspegeln ab 85 dB(A) I tags für möglich 63 . Die Literatur setzt die Grenze zur Gesundheitsgefahr am Tage ebenfalls bei einem Mittelungspegel von 85 dB(A) an64. Allen Immissionswerten liegt dabei i.d.R. eine Messung in 0,5 m Entfernung vor dem geöffneten, vom Geräusch am stärksten betroffenen Fenster zugrunde. Da bei Nacht für die Annahme einer Beeinträchtigung des Rechts auf körperliche Unversehrtheil (Art. 2 II 1 GG) bzw. einer Gesundheitsbeschädigung Ein58 Quantitative Angaben zur Lautstärke von Geräuschen werden üblicherweise in Form des Schalldruckpegels (verkürzt: Schallpegel) in Dezibel (dB) angegeben, d. h. als logarithmisch bewertetes Verhältnis von jeweiligem Schalldruck zum Hörschwellenschalldruck, wobei die durch die Schallhöhe (Frequenz) bedingte unterschiedliche Lästigkeit durch die "Frequenzbewertung A" Berücksichtigung findet. Der über eine gewisse Zeit gemittelte Schallpegel ergibt dann den "äquivalenten Dauerschallpegel (Mittelungspegel)", vgl. Jarass, § 3 Rn. 52 m.w.N.; Kutscheidt NVwZ 1989, 193 (196); Sellner; Rn. 37; MüKo-Säcker, § 906 BGB, Rn. 31; Soergel-Baur; § 906 BGB, Rn. 41; Umweltgutachten 1987, Textziffern 1378 ff. (BT-Drs. 11 I 1568, S. 383 ff.). 59 BGHZ 122,76 (81) m.z.N.; 97, 361 (365 ff.); 97, 114 (121 ff.); Boujong UPR 1987,207 (209). 6o BVerfGE 79, 174 (185). 61 Schulze-Fielitz UPR 1994, I (1 u. 5) m.N.; ders.: Schriftliche Stellungnahme vom 15. 12. 1995 zur öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages am 17. 01. 1996. 62 OVG Harnburg NVwZ 1990, 379 (380) unter Berufung auf übereinstimmende Äußerungen der Sachverständigen anläßlich der Anhörung zum Entwurf eines Verkehrslärmschutzgesetzes. 63 OVG Berlin OVGE 19, 183 (185 f.) - unter Berufung auf die Stellungnahme des vom Bundesminister des Innem eingesetzten interdisziplinären Arbeitskreises für Lärmwirkungsfragen: "Belästigung durch Lärm: Psychische und körperliche Reaktion". Im konkreten Fall wurde dieser Wert jedoch nicht erreicht. 64 Steinebach, Lärm- und Luftgrenzwerte, S. 59; Mampel, Rn. 1190; Teltinger I Kleinschnittger JZ 1992, 109 (113); Kutscheidt NVwZ 1989, 193 (194); Jansen, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 9 (11 f.); Fickertl Fiese/er, § 15 Rn. 19; an anderer Stelle (Vorbem. §§ 2 - 9, 12 - 14, Rn. 12.9) wird von Fickert/ Fieseier im Hinblick auf Sportlärm eine Gesundheitsgefahrbei einem Lärmpegel von "deutlich über 70 dB(A)" bejaht.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Schlafschwierigkeiten und Schlafstörungen genügen65 und .sich solche vor allem einstellen, wenn Einzelgeräusche aus einem vorhandenen Grundgeräusch herausragen, besteht in Rechtsprechung und Rechtslehre Einigkeit, daß zur Beurteilung der Gefährlichkeit nächtlicher Lärmbeeinträchtigungen nicht allein auf Mittelungspegel abgestellt werden kann, sondern auch die auftretenden Maximalpegel herangezogen werden müssen66. Eine durch Einschlafschwierigkeiten und Schlafstörungen hervorgerufene Gesundheitsgefahrdung hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Fall angenommen, in dem nachts Einzelgeräusche mehrfach als Maximalpegel die Werte von 65 u. 70 dB(A) überschritten hatten67. In der Literatur werdenvor allem gestützt auf das Votum des Interdisziplinären Arbeitskreises für Lärmwirkungsforschung beim Umweltbundesamt68 - Schlafstörungen bei Pegelspitzen von 40 dB(A) im Rauminnern angesetzt69, was bei einer Messung außen in 0,5 m Entfernung vor dem geöffneten Fenster einem Wert von etwa 45 dB(A) entspricht70. Als Resümee läßt sich somit feststellen, daß eine Gefahr i. S. d. § 3 I BimSchG jedenfalls dann nicht anzunehmen ist, wenn die Geräuschimmissionen am Tage einen Mittelungspegel von 70 dB(A) nicht überschreiten und bei Nacht auftretende Einzelgeräusche lediglich Werte aufweisen, die über 45 dB(A) nicht hinausgehen. Diese so gezogene Gefahrengrenze scheint im Zusammenhang mit dem Betrieb von Sportanlagen stets eingehalten zu werden. Jedenfalls ist keine gerichtliche Entscheidung bekannt, in der ein Unterlassen oder eine Beschränkung der Sportausübung wegen der mit ihr verbundenen Geräusche mit der Verletzung des Grundrechts des Nachbarn auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II 1 GG) oder einem "schweren und unerträglichen" Eingriff in das Eigentum (Art. 14 I 1 GG) begrün65 BVerfGE 56, 54 (76); BVerwGE 91, 92 (93 ff.); Haltes BB 1978, 130 (132); SchmidtAßmann AöR 106 (1981), 203 (209); Köhler Jura 1985, 225 (226); Kutscheidt NVwZ 1989, 193 (196); Schulze-Fielitz, Die Verwaltung, Bd. 26 (1993), 515 (519); Feldhaus, § 3 Anm. 7. 66 Vgl. BVerwGE aaO.; Koch, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, 1990, S. 41 (59); GKBlmSchG-Roßnagel, § 23 Rn. 112; Berkemann NVwZ 1992, 817 (826); Hendlmeier NuR 1992,463 (464); Umweltgutachten 1987, Textziffern 1420 u. 1443 (BT-Drs. 11/1568, S. 391 u. 395). 67 BVerwGE 91, 92 (92 f. u. 99 f.): Beim Betrieb einer Tankstelle in der Zeit von 23 - 24 Uhr haben Einzelgeräusche den Wert von 65 dB(A) 25 mal und den Wert von 70 dB(A) zehnmal überschritten. 68 Vgl. Umweltgutachten 1987, Textziffer 1444 (BT-Drs. 1111568, S. 396). 69 Steinebach, Lärm- und Luftgrenzwerte, Rn. 131; Koch, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (59); ders., Immissionsschutz durch Baurecht, S. 55; Becher DWW 1994, 130 u. 133; Mampel, Rn. 1250; Ising, Mündliche Stellungnahme bei der öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestagesam 17. 01. 1996 (Sitzungsprotokoll Nr. 22, Seite 27 f.). 70 Gern. Ziff. 4.2 der VDI Richtlinie 2058 Blatt I - Beurteilung von Arbeitslärm in der Nachbarschaft - Ausgabe: September 1985 (abgedr. bei Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Kommentar, Band 2, Anh. 4.1), führen Messungen am geöffneten Fenster etwa lm innerhalb des Raumes im Vergleich zu Messungen, die 0,5 m vor dem geöffneten Fenster vorgenommen werden, zu einer Pegelminderung von ca. 5 dB(A).

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

det wird71 • Konflikte zwischen Sportanlagenbetreibem und der Wohnnachbarschaft spielten sich mithin "unterhalb der Gefahrengrenze" ab und dürften auch in Zukunft vornehmlich in diesem Bereich anzusiedeln sein.

3. Nachteile und Belästigungen

"Unterhalb der Gefahrengrenze" besteht bei Auslegung und Anwendung des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BlmSchG Einigkeit insoweit, als daß Geräuschimrnissionen, die nicht einmal einen erheblichen Nachteil oder eine erhebliche Belästigung herbeizuführen geeignet sind, entsprechend dem Wortlaut der Legaldefinition des § 3 I BlmSchG keine schädlichen Umwelteinwirkungen sind und demgemäß nicht nach jener Vorschrift verhindert bzw. minimiert werden müssen. Weitgehende Übereinstinunung besteht hinsichtlich dessen, was unter "Nachteilen" und "Belästigungen" i. S. d. Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu verstehen ist: Unter "Belästigungen" fallen alle Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens des Menschen unterhalb der Schwelle der Gesundheitsbeschädigung, unter ,,Nachteile" alle Beeinträchtigungen sonstiger Interessen, die eintreten, ohne daß damit gleich ein Schaden einhergeht72. "Nachteil" i. S. d. Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist folglich jede Beeinträchtigung, die nicht als Schaden (Gefahr) oder als Belästigung qualifiziert werden kann73 • Der Begriff des "Nachteils" ninunt im Zwischenbereich von "Gefahr" und "Belästigung" somit eine Auffangposition ein und erlaßt vor allem Beschränkungen des persönlichen Lebensraums sowie Vermögenseinbußen durch physische Einwirkungen, die nicht im Zusanunenhang mit einer Überschreitung der durch Art. 14 I 1 GG aufgerichteten eigentums- bzw. enteignungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle stehen. Bei Geräuschimmissionen zählen hierzu beispielsweise die Wertminderung des Grund71 Siehe die Entscheidungen in Fn. 29 u. 30. Lediglich der VGH München hält es in einem Beschluß vorn 13. 12. 1982 (BayVBI. 1983, 275 f.) - ohne allerdings konkrete Lärmwerte anzugeben - "für wahrscheinlich", daß ein Nachbar durch eine Tennisanlage neben einem reinen Wohngebiet auch in seinem verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsrecht verletzt wird. n Vgl. Amt!. Begründung der Bundesregierung zu§ 3 BlrnSchG, BT-Drs. 7/179, S. 29; Bender!Sparwasser/Engel, S. 340; Jarass, § 3 Rn. 14 f.; L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 12 ff.; ders. , in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge, S. 237 (247); Murswiek, in: HdUR, S. 220 ff.; Sellner, Rn. 42; Feldhaus, § 3 Anrn. 8 f.; Schmatz/ Nöthlichs, § 3 Anrn. 9 f.; Stiehl Porger, § 3 Anrn. 11; Engelhardt, § 1 Rn. 7 f.; Hoppe/Beckmann, S. 401 f.; Breuer, in: Schrnidt-Aßrnann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 433 (532); Kloepfer, S. 403. Abzulehnen ist die Ansicht von Ule/Laubinger, § 3 Rn. 4, die unter ,,Nachteilen" objektive Beeinträchtigungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens unterhalb der Gesundheitsbeschädigung verstehen. Diese Begriffsbestimmung widerspricht dem Willen des historischen Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 7/179, S. 29) und verwischt die Abgrenzung zu den ,,Belästigungen" völlig. 73 Murswiek, in: HdUR, S. 1431 (1432).

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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stücks, die Notwendigkeit von Aufwendungen für zusätzlichen passiven Schallschutz und die Minderung der Wohnqualität infolge des faktischen Zwangs, die Fenster geschlossen halten zu müssen, und der fehlenden Möglichkeit, die sog. Außenwohnbereiche74 Balkon, Terrasse und Garten (uneingeschränkt) nutzen zu können75.

4. Abgrenzung zwischen erheblichen und nicht erheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen Das Bundes-Immissionsschutzgesetz hält für den unbestimmten Rechtsbegriff der "Erheblichkeit", mit dessen Hilfe es in § 3 I die schädlichen von den nicht schädlichen Umwelteinwirkungen abgrenzt, keine Legaldefinition bereit. Obwohl die Verwendung dieses Begriffes im Immissionsschutzrecht eine lange Tradition hat und über 150 Jahre bis zur Preußischen Allgemeinen Gewerbeordnung von 1845 zurückreicht76, besteht in Rechtsprechung und Lehre bezüglich seiner Auslegung bis heute keine Einigkeit. Nach der in Rechtsprechung77 und Schrifttum78 überwiegend vertretenen Auffassung sind (Geräusch-)Immissionen dann "erheblich" - und somit "schädlich" -

Vgl. BVerwGE 51, 15 (33). Vgl. Amtl. Begründung der Bundesregierung zu§ 3 BimSchG, BT-Drs. 7/179, S. 29; Sellner, Rn. 42; Bender/Sparwasser!Engel, S. 340; L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 12; ders., in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge, S. 237 (247); Jarass, § 3 Rn. 14 f.; Murswiek, in: HdUR, S. 220 ff. u. 1431 ff.; Feldhaus, § 3 Anm. 8; Schmatz/ Nöthlichs, § 3 Anm. 9 f.; Stiehl Porger, § 3 Anm. 11; Hoppe/Beckmann, S. 401 f.; Kloepfer, S. 403. 76 § 29 I der Allgemeinen Gewerbeordnung vom 17. 01. 1845 lautet: "Wenn die beabsichtigte Anlage nach dem Ermessen der Regierung mit so erheblichen Nachtheilen, Gefahren oder Belästigungen für die Nachbaren oder für das Publikum überhaupt verbunden ist, daß dieselbe sich ohne Weiteres als unzulässig darstellt, so ist das Gesuch sogleich zurückzuweisen." (Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten, 1845, Verordnung Nr. 5 vom 17. 01. 1845, S. 41 (46 f.)). 77 Vgl. BVerwGE 50, 49 (55); 51, 15 (29 f.); 56, 110 (131 f.); 59, 253 (261); 68, 62 (67); 69, 37 (43 f.); 71, 150 (155); 79, 254 (260 f.); 81, 197 (200); 84, 31 (39 ff.); 88, 143 (144 ff.); 90, 163 (165 ff.); BVerwG GewA 1977, 168 (171); DVBl. 1976, 784 (785); NVwZ 1983, 155; UPR 1995, 108. Stellvertretend für die obergerichtliche Rechtsprechung: VGH München NVwZ 1993, 1006 f. u. NVwZ-RR 1994,246 (247),jeweils m.w.N. 78 Vgl. L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 14 ff.; ders., in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge, S. 237 (247 f.); ders. NVwZ 1989, 193 (195) u. NVwZ 1983, 65 (68); Schmitt Glaeser/Meins, S. 31 f.; Feldhaus DVBI. 1979, 301 (304 f.); ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 153 (168); Martens DVBI. 1981, 597 (598); Ule/Laubinger, § 3 Rn. 4; Jarass, § 3 Rn. 34; ders. DVBL 1983, 725 (729); ders. JZ 1993, 601 (603); Engelhardt, § 1 Rn. 9 f.; Schmatz/ Nöthlichs, § 3 Anm. 11; Stich/Porger, § 3 Anm. 12; Bender!Sparwasser/Engel, S. 341; Gaentzsch UPR 1985, 201 (203); ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 31 (35); Papier, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 129 (134); Hoppe/Beckmann, S. 402; Kloepfer, S. 403 f.; Sellner, Rn. 27, 35 u. 42; ders., in: Bachof, Heigl, Redeker (Hrsg.), Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverwaltungsgerichts, Die Grundpflich74

75

32

B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

i. S. d. § 3 I BlmSchG, wenn sie den davon Betroffenen nicht mehr "zumutbar" sind. Ob die Zumutbarkeitsschwelle überschritten sei, müsse anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände der konkreten Situation ("Güterabwägung") beurteilt werden, wobei die Gebietsart, die tatsächlichen Verhältnisse einschließlich ihrer zeitlichen Entwicklung, die Art der Geräusche, die Tageszeit ihres Auftretens, gesetzliche Wertungen79, wertende Elemente80 wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz, die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenläufiger lnteressen81 sowie Kostengesichtspunkte82 mitbestimmend seien. Soweit Verwaltungsvorschriften83 und sonstige nicht normative, jedoch unter sachverständiger Beratung der Fachöffentlichkeit erarbeitete Regelwerke84 existierten, seien die dort enthaltenen sog. "technischen Regelwerte" als Orientierungsrahmen ("grober Anhalt") mit heranzuziehen. Eine Mindermeinung in Rechtsprechung und Lehre lehnt diese Auffassung ab 85 . Sie hält es für unzutreffend, die Erheblichkeilsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG unter Rückgriff auf das Kriterium der ,,Zumutbarkeit" oder mittels einer "umfassenden Güterabwägung" zu bestimmen. Nachfolgend wird untersucht, wie und anhand welcher Kriterien bei Geräuschimmissionen die Abgrenzung zwischen unerheblichen und erheblichen Nachteilen

ten im Bundes-Immissionsschutzgesetz, 1978, S. 603 (608); Seiler, S. 58; Dürr VBIBW 1993, 361 (362); Steinberg, S. 55 f.; SendlerUPR 1991, 241 (245). 79 Vgl. bes. BVerwGE 79, 254 (260). 80 Vgl. bes. BVerwGE 68, 62 (67 f.); 79, 254 (260); 88, 143 (145 u. 149); 90, 163 (165 f.). 81 Vgl. bes. BVerwGE 90, 163 (166 f.); VGH München NVwZ-RR 1994,246 (247). 82 Vgl. bes. BVerwGE 79,254 (261); Bier ZffiR 1992, 15 (20). 83 Z.B. Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom 16. 07. 1968 (Beilage zum BAnz. Nr. 137 vom 16. 07. 1968); Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm - Geräuschimmissionen- (AVV Baulärm) vom 19. 08. 1970 (Beilage zum BAnz. Nr. 160 vom 01. 09. 1970). 84 Z.B. VDI Richtlinie 2058 Blatt I- Beurteilung von Arbeitslärm in der Nachbarschaft(VDI Richtlinie 2058), Ausgabe: September 1985, abgedr. bei Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Kommentar, Band 2, Anh. 4.1; DIN 18005 Teil I und Beiblatt I zu DIN 18005 Teil 1 - Schallschutz im Städtebau- (DIN 18005), Ausgabe: Mai 1987, teilw. abgedr. bei Fickert I Fiese/er, Baunutzungsverordnung, Kommentar, Anh. 7 .1. 85 Ablehnend gegenüber einer begriffsidentischen Verwendung von "Erheblichkeit" und "Unzumutbarkeit" bzw. "Unerheblichkeit" und ,,Zumutbarkeit": Ziegler BayVBl. 1986, 692 ff.; Murswiek, in: HdUR, S. 220 (222); ders., Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 305 u. 330 f.; Classen JZ 1993, 1042 (1043 ff.); i. Erg. auch OVG Münster UPR 1994, 310 (311). Einer "umfassenden Güterabwägung" zur Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG stehen ablehnend gegenüber: Jarass, § 3 Rn. 34 u. 46; ders. JZ 1993, 601 (603); Seiler, S. 109; GK-BimSchG-Koch, § 3 Rn. 58; ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 f.; ders., Immissionsschutz durch Baurecht, S. 59; Petersen, S. 70; Classen JZ 1993, 1042 (1043 ff.); i. Erg. ebenfalls ablehnend: BVerwG NVwZ 1983, 155; OVG Harnburg DVBI. 1986, 691 (692); OVG Münster NVwZ-RR 1988, 13 (14); VGH Kassel NVwZ 1989, 177 (178).

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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bzw. Belästigungen und damit zwischen nicht schädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 3 I BlmSchG) zu erfolgen hat.

a) Erheblichkeif und Zumutbarkeit Nachdem das Bundes-Immissionsschutzgesetz am 01. 04. 1974 in Kraft getreten war86, hat es das Bundesverwaltungsgericht zunächst unterlassen, zu der in § 3 I BlmSchG aufgerichteten Schädlichkeitsgrenze bei Umwelteinwirkungen und damit zur Frage der "Erheblichkeit" Stellung zu beziehen, obwohl hierzu in einem Urteil betreffend Beseitigung oder Schließung eines Kinderspielplatzes wegen Geräuschimmissionen mindestens Gelegenheit, wenn nicht sogar Veranlassung gegeben war87 . Eine erste Positionsbestimmung in dieser Frage bringt erst die "Tunnelofen-Entscheidung"88, in der das Gericht ausführt, daß als "nicht erheblich" im Sinne des § 5 Nr. 1 BlmSchG diejenigen Belästigungen anzusehen seien, die der Umgebung "zuzumuten" seien89 . In einer weiteren Entscheidung bemerkt das Gericht, daß das Gesetz für das "Erhebliche" zwar keinen allgemeingültigen konkreten Maßstab enthalte, dieser jedoch aus der Beziehung folge, die zwischen der Erheblichkeit einer nachteiligen Wirkung und ihrer Zumutbarkeit herzustellen sei; die Erheblichkeit nachteiliger Wirkungen werde durch die Zumutbarkeit bestimmt, der Rechtsbegriff des ,,Zumutbaren" sei dabei in einer spezifischen Weise relativ90. Unter Bezugnahme auf diese beiden Entscheidungen entscheidet das Bundesverwaltungsgericht schließlich, daß "erheblich" im Sinne des § 5 Nr. 1 BlmSchG solche Emissionen seien, die den davon Betroffenen "nicht zuzumuten" seien91. Mit diesen drei Entscheidungen hat das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Auslegung des Erheblichkeitsbegriffs in § 3 I BlmSchG die Weichen gestellt und mit der Gleichsetzung von "Unerheblichkeit" und ,,Zumutbarkeit" (= Duldungspflicht) sowie von ,,Erheblichkeit" und "Unzumutbarkeit" die schon vor lokrafttreten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu den §§ 16 ff. GewO a.F. § 74 BimSchG i.d. urspr. Fassung vom 15. 03. 1974 (BGBI. I S. 721 ff.). Urt. vom 21. 06. 1974 - BVerwG DVBI. 1974, 777 ff. (mit abl. Anm. Umbach, S. 779 ff.). Das Gericht entschied, die §§ 22, 50 BimSchG könnten einen Anspruch auf Beseitigung oder Schließung eines Kinderspielplatzes nicht rechtfertigen, § 22 BlmSchG würde i.V.m. § 3 I BimSchG- wenn überhaupt- allenfalls einen Anspruch des Inhalts begründen, daß Geräusche je nach ihrer Vermeidbarkeil nach dem Stand der Technik vermindert oder beschränkt werden (aaü., S. 778). 88 Urt. vom 12. 12. 1975- BVerwGE 50,49 ff. 89 BVerwGE 50, 49 (55). 90 Urt. vom 21. 05. 1976- BVerwGE 51, 15 (29 u. 33). Die Entscheidung betraf die in § 17 IV I FStrG a.F. niedergelegte Erheblichkeitsgrenze, die jedoch mit der des Bundes-Immissionsschutzgesetzes identisch war (vgl. BVerwGE 52, 122 (126 f.); 71, ISO (161); 77, 285, (286 f.); 84, 31 (39); BVerwG UPR 1988, 346 (347); Berkemann, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 73 (90)). 91 Urt. vom 11. 02. 1977 - BVerwG GewA 1977, 168 (171). 86 87

3 Herr

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

vertretene Rechtsauffassung92 auch für das Bundes-Immissionsschutzgesetz übernommen. Sie läßt sich - wie die Verwendung des ,,Erheblichkeitsbegriffs" im Immissionsschutz- bzw. Gewerbepolizeirecht selbst - bis ins preußische Recht zurückverfolgen93. Sie wird fast ausnahmslos in ständiger Rechtsprechung 94 vertreten und in der Literatur95 überwiegend geteilt. Obschon diese Rechtsauffassung auf eine jahrhundertealte Rechtsprechungstradition verweisen kann und die Rechtswerte der Rechtssicherheit und des Vernauensschutzes verlangen, eine langjährige Rechtsprechung nicht ohne weiteres zu revidieren, vermag die begriffsidentische Verwendung von "erheblich" und "unzumutbar" sowie von "unerheblich" und "zumutbar" nicht zu überzeugen. Zunächst ist zu konstatieren, daß mit ihr für den Vollzug des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nichts gewonnen ist. Die ,,Zumutbarkeit" ist als Maßstab nämlich genauso unbestimmt wie die "Erheblichkeit" selbst, der Konkretisierungsgrad des Rechtsbegriffs der "Erheblichkeit" in § 3 I BimSchG wird mit ihrer Hilfe nicht erhöht96. Folglich ist es überflüssig, die Formel, daß erheblich sei, was billigerweise nicht mehr zugemutet werden könne, und unerheblich sei, was billigerweise zugemutet werden könne, weiterhin zu verwenden. Die Gleichsetzung von "erheblich" und "unzumutbar" ist aber nicht nur überflüssig, sondern zumindest seit Inkrafttreten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auch unzutreffend. Dies liegt zum einen daran, daß in der Rechtssprache vom Begriff der "Unzumutbarkeit" stets auf den der "Nicht-Hinnehmbarkeit" geschlossen wird. Was "unzumutbar" ist, braucht nicht (mehr) hingenommen zu werden, ist verboten, kann abgewehrt werden. "Unzumutbarkeit" ist ein Grenzbegriff, der die in der konkreten Situation gegebene absolute Mindestposition des Betroffenen kennzeichnet, die keiner Relativierung mehr zugänglich ist und demgemäß nicht überwunden werden kann97 . Zum andern liegt es daran, daß das Bundes-Immissionsschutzgesetz gleich an mehreren Stellen (vgl. §§ 17 II, 22 I 1 Nr. 2, 41 I u. li, 42 I, 60 BimSchG) von der Vgl. z. B. BVerwG BB 1958, 570. Vgl. L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 14, der auf die Pr. Techn. Anleitung vom 14. 04. 1875 Bezug nimmt. 94 Vgl. die Nachweise in Fn. 77. Eine ,,Aufweichung" dieser Gleichsetzung ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung - sofern es sich nicht lediglich um eine sprachliche Nachlässigkeit handelt - nur in BVerwGE 52, 122 (126 f.) zu verzeichnen: Hiernach sind erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen den davon Betroffenen (nur) "grundsätzlich" nicht zumutbar. In der obergerichtliehen Rechtsprechung ist der VGH Mannheim (VBIBW 1981, 220 (221)) der zuletzt genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts einmal gefolgt. Neuerdings setzt das OVG Münster (UPR 1994, 310 (311))- wenngleich eher beiläufig - "erheblich" und "unzumutbar" nicht mehr gleich. 95 Vgl. die Nachweise in Fn. 78. 96 Peine JZ 1989, 955. 97 Vgl. Murswiek JZ 1989, 240 (242); ders., Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 314. 92

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II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Zulässigkeit schädlicher Umwelteinwirkungen und damit "erheblicher" Nachteile bzw. "erheblicher" Belästigungen i. S. d. § 3 I BlmSchG ausgeht. Setzt man "erheblich" mit "unzumutbar" gleich, so führt dies folglich zwangsläufig dazu, daß in bestimmten Fällen aus etwas "Unzumutbarem" auf einmal etwas "Hinzunehmendes" wird. Das aber steht im Widerspruch zu dem, was nach allgemeinem Begriffsverständnis in der Rechtssprache mit dem Begriff der "Unzumutbarkeit" ausgedrückt wird.

erhebliche Beeinträchtigungenb

unerhebliche Beeinträchtigungenb

Abbildung • Nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz sind weder die Gruppe der erheblichen Beeinträchtigungen mit der Gruppe der unzumutbaren Beeinträchtigungen noch die Gruppe der unerheblichen Beeinträchtigungen mit der Gruppe der zurnutbaren Beeinträchtigungen identisch. b

Beeinträchtigungen =Nachteile und Belästigungen i.S.d. § 3 I BlmSchG

Weil also nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz gleich in mehreren Fällen "erhebliche" Nachteile und "erhebliche" Belästigungen hinzunehmen - und folglich entsprechend dem allgemeinen Begriffsverständnis in der Rechtssprache als "zumutbar" zu qualifizieren - sind, ist es ausgeschlossen, zwischen "Erheblichkeit" und "Unzumutbarkeit" et vice versa Identität anzunehmen98 . Eine solche läßt sich auch durch ständige Wiederholung und lange Gewohnheit nicht herstellen. Die Abgrenzung zwischen unerheblicher und erheblicher Beeinträchtigung kann 98

3*

Siehe Abbildung.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

infolgedessen nicht nach der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit der Beeinträchtigung vorgenommen werden99 . b) Erheblichkeif und Güterahwägung

Ebenso wie die Antwort auf die Frage, ob die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG unter Rekurrierung auf ,,Zumutbarkeit" und "Unzumutbarkeit" zu bestimmen ist, unterschiedlich ausfällt, ist in Rechtsprechung und Literatur keine einheitliche Linie bezüglich des Problems zu erkennen, ob die Grenzziehung zwischen unerheblichen und erheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen mittels einer umfassenden "Güterabwägung" - unter Einschluß von Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit auch der emittierenden Anlagen und der hinter ihnen stehenden, den Interessen des immissionsbetroffenen Wohnnachbarn in aller Regel gegenläufigen privaten und I oder öffentlichen Interessen - vorzunehmen ist. Im Vorgriff auf die Ausführungen bei den nachfolgenden Gliederungspunkten sei hier zur Klarstellung erwähnt, daß die Belange emittierender Anlagenbetreiber im Rahmen der Erheblichkeitsprüfung insoweit korrelativ zu berücksichtigen sind, als die emittierenden Anlagen die konkrete Grundstückssituation prägen und damit die nähere Umgebung qualitativ mitbestimmen. Hier ist lediglich zu untersuchen, ob die privaten und I oder öffentlichen Interessen an Errichtung und Betrieb emittierender Anlagen bei der Erheblichkeitsprüfung auch noch darüber hinaus - eben im Rahmen einer umfassenden "Güterabwägung" - von Bedeutung sind. Von der Beantwortung dieser Frage ist in Bezug auf den Konflikt zwischen Sportstätten und Wohnnachbarschaft wiederum abhängig, ob die gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports 100 und das öffentliche und I oder private Interesse an Errichtung und Betrieb der konkreten Sportanlage vor Ort bei der Beurteilung der "Erheblichkeit" der Nachteile und Belästigungen zu berücksichtigen sind oder außer Betracht bleiben müssen. In dieser Frage ist selbst die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in sich gespalten: Bei Verkehrsgeräuschen sollen Nachteile und Belästigungen einerseits nur erheblich sein, wenn sie dem Betroffenen auch unter Würdigung der besonderen Bedeutung eines leistungsfähigen Verkehrsnetzes für die Allgemeinheit wie für den einzelnen billigerweise nicht mehr zurnutbar seien 101 . Andererseits wird judiziert, Verkehrsgeräusche seien erheblich, wenn sie der jeweiligen Umgebung mit Rücksicht auf deren Gebietsart und die durch die tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden könn99 Im Ergebnis ebenso: Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 330 f.; ders. JZ 1989, 240 (241 f.); Classen JZ 1993, 1042 (1043 ff.); Ziegler BayVBI. 1986,692 (693); OVG Münster UPR 1994, 310 (311). 100 Siehe A I. 101 BVerwGE 51, 15 (29); 71, 150 (155).

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ten 102 . Im einen Fall werden also das zu Immissionen führende Vorhaben bzw. die hinter ihm stehenden öffentlichen und I oder privaten Interessen bei der Festlegung der Erheblichkeitsschwelle berücksichtigt, im anderen nicht. Ein Blick auf eine andere Art von Immissionen vermittelt das gleiche Bild: Bei Luftverunreinigungen soll sich die Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit im einen Fall allein nach der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der immissionsbetroffenen Rechtsgüter bestimmen, die ihrerseits erstens von der bauplanungsrechtlichen Prägung des Gebiets und zweitens von dessen tatsächlichen oder planensehen Vorbelastungen abhingen 103 . In einem anderen Fall wird entschieden, der Begriff der Zumutbarkeit setze eine Abwägung und damit eine Bewertung der widerstreitenden Interessen voraus 104. Bezüglich der Erheblichkeil von durch Sportanlagen hervorgerufenen Geräuschimmissionen hat das Bundesverwaltungsgericht in einer seiner ersten Entscheidungen zu diesem Komplex - der sog. "Schießplatz-Entscheidung" - die Ansicht vertreten, daß sich die (Un-)Erheblichkeit i. S. d. § 3 I BimSchG nicht nach der Schutzwürdigkeit oder Schutzbedürftigkeit der den Lärm verursachenden Anlage oder des hinter ihr stehenden Allgemeininteresses bestimme, sondern - entsprechend der Zielrichtung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - allein nach der Empfindlichkeit der durch die Vorschriften dieses Gesetzes geschützten Rechtsgüter, mithin ausschließlich nach der Schutzwürdigkeit des Gebiets; die Art der Lärmquelle spiele keine Rolle 105 . Demgegenüber führt das Bundesverwaltungsgericht im "Tegelsbarg-Urteil" aus, bei der Entscheidung, ob erhebliche Belästigungen und damit schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne der§§ 3 I und 22 I BimSchG vorlägen, komme es auf eine situationsbezogene Abwägung und auf einen Ausgleich widerstreitender Interessen an; das entspräche ständiger, zuletzt im Urteil vom 29. April 1988 (BVerwGE 79, 254 (260)) bestätigter Rechtsprechung 106• Dort ist nachzulesen 107, die Beurteilung der Erheblichkeil von Geräuschimmissionen setze eine Wertung voraus, die im Sinne einer "Güterabwägung" die konkreten Gegebenheiten zum einen der emittierenden Nutzung, zum anderen der immissionsbetroffenen Nutzung in Betracht ziehe, wobei auf seiten der emittierenden Nutzung auch gesetzliche Wertungen sowie Kostengesichtspunkte zu berücksichtigen seien. Im Urteil zu "Dortmund-Sölde" wird entschieden, für die Beurteilung der Erheblichkeit der von einem Sportplatz ausgehenden Geräuscheinwirkungen sei notBVerwGE 56, 110 (131); 84,31 (39). BVerwG GewA 1977, 168 (171). 104 BVerwGE 69, 37 (43 f.). 105 BVerwG NVwZ 1983, 155; ebenso OVG Harnburg DVBI. 1986, 691 (692); OVG Münster NVwZ-RR 1988, 13 (14); VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 177 (178). 106 BVerwGE 81 , 197 (200). 107 BVerwGE 79, 254 (260 f.) unter Bezugnahme auf BVerwGE 77, 285 (289 f.); 68, 62; 51, 15 (29). 102 103

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wendig eine Ennittlung und Bewertung der gesamten Umstände der konkreten Situation108. Damit wird die "Tegelsbarg-Rechtsprechung" 109 bestätigt. Eine Auseinandersetzung mit der "Schießplatz-Entscheidung" 110 findet nicht statt. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Auslegung des Erheblichkeitsbegriffs in § 3 I BlmSchG ist somit auch im Bereich "Sportanlagen und Wohnnachbarschaft" widersprüchlich. Auch hier werden bei der Abgrenzung der schädlichen von den nicht schädlichen Umwelteinwirkungen die emittierende (Sport-)Nutzung und das hinter ihr stehende (Allgemein-)Interesse im einen Fall außer Betracht gelassen 111 , im anderen Fall im Rahmen einer umfassenden "Güterabwägung" miteinbezogen 112 . Der Bundesgerichtshof hat ebenfalls begonnen, die Beurteilung der Erheblichkeit oder Wesentlichkeit von Geräuschen anhand einer "Güterabwägung im Rahmen der konkreten Gegebenheiten" vorzunehmen 113, die obergerichtliche Rechtsprechung114 und die Literatur 115 sind in dieser Frage gespalten. BVerwGE 88, 143 (148). BVerwGE 81, 197 (200). HO BVerwG NVwZ 1983, 155. lll BVerwG NVwZ 1983, 155. Diese Entscheidung liegt damit auf der Linie BVerwG GewA 1977, 168 (171); BVerwGE 56, 110 (131); 84, 31 (39). ll2 BVerwGE 88, 143 (148); 81, 197 (200). Diese Rechtsprechung kann sich aufBVerwGE 51, 15 (29); 68, 62 (67 f.); 69, 37, (43 f.); 71, 150 (155); 79, 254 (260) berufen, die durch BVerwGE 90, 163 (165 ff.) erneut bestätigt wird. 113 BGHZ 120, 239 (255); 111, 63 (68). A.A.: BGHZ 69, 118 (127). 114 Die Berücksichtigung des Interesses an der emittierenden Nutzung bei der Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze lehnen ab: OVG Harnburg DVBI. 1986, 691 (692); OVG Münster NVwZ-RR 1988, 13 (14); VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 177 (178); OVG Lüneburg BRS 47 Nr. 75 (S. 204). Demgegenüber votieren für eine (umfassende) Güterabwägung: VGH München VGH n.F. 43, 83 (84); NVwZ-RR 1994, 246 (247); BayVBl. 1994, 721; OVG Koblenz BRS 44 Nr. 184 (S. 430); OVG Münster NVwZ 1983, 356 (357); BRS 49 Nr. 204 (S. 475); NVwZ 1991, 900 (901); NVwZ 1991, 1200 (1202); NVwZ 1994, 1018; UPR 1994, 310; OVG Harnburg BauR 1992, 356 (359); VGH Mannheim BauR 1994, 497 (498); VBIBW 1996, 108; OVG Schleswig NVwZ 1995, 1019; OVG Berlin NVwZ-RR 1994, 141 (142); OVG Bremen GewA 1996, 390; wohl auch OVG Berlin OVGE 19, 183 (196). ll5 Für eine Güterahwägung plädieren allgemein: L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 14a, unter Bezugnahme auf PrOVGE 51, 313 (314 f.); ders. NVwZ 1989, 193 (197); Engelhardt, § I Rn. 10; Feldhaus DVBI. 1979, 301 (305); Gaentzsch UPR 1985, 201 (203); ders. (in abgeschwächter Version), in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 31 (37 f.); Horn DVBI. 1977, 13 (19); Kloepfer, S. 403 f.; Schmatz /Nöthlichs, § 3 Anm. 11; Bender/Sparwasser/Engel, S. 341 u. 344; Seltner, Rn. 27 u. 35; ders., in: Bachof, Heigl, Redeker (Hrsg.), Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverwaltungsgerichts, Die Grundpflichten im Bundes-Immissionsschutzgesetz, 1978, S. 603 (608); Schmitt Glaeser/Meins, S. 31 f.; Tettinger/Kleinschnittger JZ 1992, 109 (111). Für die Berücksichtigung der gesellschaftspolitischen Funktion des Sports bzw. des Interesses am Betrieb der Sportanlage bei der Abgrenzung zwischen nicht schädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen sprechen: Lang UPR 1985, 185 (189 f.); Papier UPR 1985, 73 (76 u. 80); ders. NVwZ 1986, 624 (625); Pikart I Gelzer/Papier NVwZ 1985, 100 (102); Schmitz NVwZ 1991, 1126 (1130). A.A. sind: Hagen 108

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Die Auslegung des Begriffs der Erheblichkeit und damit die Abgrenzung zwischen unschädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. §§ 22 I 1, 3 I BlmSchG anband des Gesetzeswortlauts, der Gesetzesmaterialien, der Gesetzessystematik und des Gesetzeszwecks führt dazu, daß sie nicht durch eine Abwägung der im konkreten Fall einander widerstreitenden Interessen erfolgen kann. Die hinter emittierenden Nutzungen stehenden öffentlichen und I oder privaten Interessen haben bei der Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG außer Betracht zu bleiben: aa) Ob die (Un-)Erheblichkeit eines Nachteils oder einer Belästigung durch eine einzelfallbezogene Abwägung der widerstreitenden Interessen zu bestimmen ist oder ob die hinter emittierenden Nutzungen stehenden Interessen außen vor zu bleiben haben, läßt sich allein nach dem Gesetzeswortlaut nicht beurteilen. Das Eigenschaftswort "erheblich" bedeutet seinem Wortsinn nach "wichtig", "beträchtlich", "umfangreich", "groß" 116• In der Rechtssprache dient es dazu, entsprechend dem römisch-rechtlichen Grundsatz "minima non curat praetor" Bagatellen aus dem Bereich des rechtlich Relevanten auszuscheiden 117. Der Gesetzeswortlaut ist für beide Auslegungen offen. bb) Aufschlußreicher als der Gesetzeswortlaut sind die Gesetzesmaterialien zur Entstehung der§§ 3 I u. 22 I 1 BlmSchG. Dort ist zu§ 3 ausgeführt: ". . . Der Übergang zwischen Belästigungen und Gesundheitsgefahren ist fließend. Da Nachteile und Belästigungen in der Regel Störungen geringeren Grades darstellen, sind sie nicht schlechthin als schädliche Umwelteinwirkungen zu bewerten. Diese Eigenschaft erhalten sie erst, wenn es sich um erhebliche Nachteile und Belästigungen handelt. Die Einschränkung ist das Ergebnis einer Güterabwägung, auf die in einem hochindustrialisierten und dichtbesiedelten Lande nicht verzichtet werden kann...." 118 Zu § 22 ist ausgeführt: " ... Nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind nach Nummer 2 auf ein Mindestmaß zu beschränken. Diese Verpflichtung ist eine spezielle öffentlich-rechtliche Ausformung des allgemeinen Rechtsgedankens, daß grundsätzlich niemand sein Eigentum oder eine diesem gleichkommende Rechtsposition zum Schaden ausüben darf. Durch die Verwendung der in Nummer UPR 1985, 192 (195); Jarass, § 3 Rn. 34 u. 46, § 5 Rn. 18 u. § 22 Rn. 29; ders. DVBI. 1986, 314 (316); ders. JZ 1993,601 (603); GK-BimSchG-Koch, § 3 Rn. 58; ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (42 ff.); ders. NuR 1996, 276 (279); Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 37; Schlichter GewA 1978, 313 (317); Baltes BB 1978, 130 (133); Petersen, S. 85 ff.; Seiler, S. 58 u. 70; wohl auch Stiehl Porger, § 3 Anm. 12; Hoppe I Beckmann, S. 402. 116 Brockhaus-Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Zweiter Band, 1981, Stichwort: "erheblich"; Koch, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (42 f.); Petersen, S. 67. 117 Vgl. etwa im Zivilrecht die§§ 459 I 2, 537 I 2, 542 II, 553, 564 b II Nr. 1 u. 3, 605 Nr. 2, 616 I 1, 634 III, 651e I 1, 651 fll, 651j I, 1217 I, 1612a II BGB. 118 BT-Drs. 7/179, S. 29.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

2 enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe soll im Rahmen des Zurnutbaren eine möglichst weitgehende Verpflichtung zu Schutzmaßnahmen begründet werden. Zugleich wird ein ausreichend weiter Spielraum für die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles eröffnet, wobei dem nachbarlichen Interessenausgleich eine besondere Bedeutung zukommt. . . ." 119 Hieraus wird deutlich, daß nach dem Willen des historischen Gesetzgebers zur Beurteilung der Erheblichkeit und damit der Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen keine "Güterabwägung" unter "Würdigung der widerstreitenden Interessen" im Einzelfall vorgenommen werden soll 120. Vielmehr ist klar zum Ausdruck gebracht, daß die Verwendung des Erheblichkeitsbegriffs in § 3 I BlmSchG schon das Ergebnis einer vom Gesetzgeber selbst vorgenommenen "Güterabwägung" zwischen emissionsträchtigen und immissionsbetroffenen Nutzungen ist. Der Gesetzesbegründung ist desweiteren zu entnehmen, daß die "Umstände des Einzelfalls" und die gegenläufigen, zu einem Ausgleich zu bringenden Interessen ("nachbarlicher lnteressenausgleich") nicht schon bei der Prüfung der "Erheblichkeit" der Nachteile oder Belästigungen (§ 3 I BlmSchG) eine Rolle spielen sollen. Sie sind nach dem Willen des historischen Gesetzgebers erst zu berücksichtigen, nachdem das Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen bejaht ist und es gemäß § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG gilt, nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken 121 • Dieses Ergebnis wird bestätigt durch die Anordnung der Fortgeltung der TA Lärm vom 16. 07. 1968 122 durch den historischen Gesetzgeber in § 66 li BlmSchG. Sie sieht in Ziff. 2.32 für Geräuschimmissionen nach verschiedenen Baugebieten gestaffelte Immissionsrichtwerte vor, ohne hierbei auf das hinter der emittierenden Nutzung stehende Interesse abzustellen. cc) Die Gesetzessystematik spricht ebenfalls dafür, die für den Betrieb emittierender Anlagen streitenden Interessen nicht schon bei der Bestimmung der "Erheblichkeit" zu berücksichtigen. Nach § 5 I Nr. 1 BlmSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, daß schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Demgegenüber verlangt § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BlmSchG für Errichtung und Betrieb nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen, daß die nach dem Stand der Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen verhindert, die danach unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. BT-Drs. 7/179, S. 38. So aber BVerwGE 79, 254 (260); 68, 62 (67). 121 A.A. Kutscheidt, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge, S. 237 (247 f.), der- ohne weitere Auseinandersetzung mit den Gesetzesmaterialien- meint, die Erheblichkeil diene dem Interessenausgleich innerhalb des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses. 122 Fundstelle siehe Fn. 83. 119

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Im Gegensatz zu § 5 I Nr. I BlmSchG verlangt § 22 I I BlmSchG nicht, daß schädliche Umwelteinwirkungen gänzlich verhindert werden. Im Bereich "unterhalb der Gefahrengrenze" ist die Verursachung technisch unvermeidbarer und auf ein Mindestmaß beschränkter erheblicher Nachteile und erheblicher Belästigungen und damit schädlicher Umwelteinwirkungen mithin zulässig. Das aber schließt es aus, die Grenze zwischen schädlichen und nicht schädlichen Umwelteinwirkungen mit der Grenze zwischen technisch unvermeidbaren, jedoch auf ein Mindestmaß beschränkten (und folglich zulässigen) und unzulässigen schädlichen Umwelteinwirkungen gleichzusetzen 123 • Genau das geschieht aber, wenn die "Erheblichkeit" und somit die Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen unter Würdigung aller Umstände und widerstreitenden Interessen im Einzelfall bestimmt wird. Denn wenn sämtliche Gesichtspunkte bereits bei der Beurteilung der "Erheblichkeit" und damit für die Abgrenzung zwischen unschädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen herangezogen werden, bleibt für die Beschränkung technisch unvermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen "auf ein Mindestmaß" nach § 22 I I Nr. 2 BlmSchG kein einziges Kriterium mehr. Im Ergebnis sind dann nur entweder unzulässige schädliche oder zulässige nicht schädliche Umwelteinwirkungen gegeben. Für zulässige schädliche Umwelteinwirkungen- die im Bundes-Immissionsschutzgesetz hier und an anderen Stellen 124 ausdrücklich vorgesehen sind - ist dann kein argumentativer Raum mehr vorhanden 125 . Die Gesetzessystematik widerspricht folglich der Auffassung, wonach die hinter den emittierenden Nutzungen stehenden Interessen bereits bei der Beurteilung der "Erheblichkeit" und somit der Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen im Rahmen einer Güterabwägung zu beachten sind. In Verbindung mit den Gesetzesmaterialien spricht die Gesetzessystematik vielmehr ebenfalls dafür, diese Interessen für den Bereich der nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen erst bei der Prüfung des § 22 I I Nr. 2 BlmSchG zu berücksichtigen. dd) Nach § 1 BlmSchG besteht der Zweck des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (u. a.) darin, Menschen vor anlagebezogenen schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen. Er gilt für alle Anlagen (§ 3 V BlmSchG) gleichermaßen. Öffentliche Einrichtungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden sind eingeschlossen und grundsätzlich den gleichen Anforderungen unterworfen 126 . Ausnahmen bestehen nur, soweit sie im Bundes-Immissionsschutzgesetz selbst vorgesehen sind, z. B. für Anlagen der Landesverteidigung (§ 60 BlmSchG). Dem (Schutz-)Zweck des Bundes-Immissionsschutzgesetzes widerspricht die Ansicht, das Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen sei durch eine umfassende Güterabwägung zu bestimmen. Ein effektiver Schutz vor anlagebezogenen Das verkennt Kutscheidt NVwZ 1983, 65 (68), der die Grenzen verwischt. Siehe§§ 17 II, 41 I u. ll, 42·1, 60 BlrnSchG. 125 Ebenso GK-BlrnSchG-Koch, § 3 Rn. 69; ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (49 f.); Petersen, S. 69. 126 Vgl. BVerwGE 79, 254 (258); BT-Drs. 7/179, S. 21 , 29 u. 58. 123

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

schädlichen Umwelteinwirkungen läßt sich nämlich nicht erreichen, wenn ihr Vorliegen davon abhängig gemacht wird, wie (gemein-)wichtig das Interesse ist, das hinter dem Betrieb der emittierenden Anlagen steht. Je (gemein-)wichtiger ein Anlagenbetrieb qualifiziert würde, umso geringer würde der Immissionsschutz ausfallen, bei ,,höchst gemeinwichtigen" Anlagen bestünde dann die Gefahr, daß schädliche Umwelteinwirkungen gänzlich "wegdefiniert" würden. Der Begriff der "schädlichen Umwelteinwirkungen" - neben dem Anlagenbegriff der Zentralbegriff des Bundes-Immissionsschutzgesetzes -verlöre in diesem Fall jegliche Konturen127. Eine Interpretation der "Erheblichkeit", die zu einer Relativierung des Begriffs der "schädlichen Umwelteinwirkungen" je nach "Wichtigkeit" der emittierenden Anlagen führte, würde im Ergebnis eine ähnliche Rechtsprechung ermöglichen, wie sie das Reichsgericht 128 "außerhalb" des § 906 BGB für sog. "gemeinwichtige Anlagen" begründet und der Bundesgerichtshof129 fortgeführt hat 130. Für eine Privilegierung "gemeinwichtiger Anlagen" ausschließlich deshalb, weil sie für das Gemeinwohl bedeutsam sind, sollte aber unter der Geltung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kein Raum vorhanden sein, was sich nicht zuletzt an der mit Absicht erfolgten Unterstellung auch der öffentlichen Anlagen unter das Gesetz ablesen läßt. Auch die Zielrichtung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verlangt also, bei der Beurteilung der "Erheblichkeit" von Nachteilen und Belästigungen von einer umfassenden "Güterabwägung" abzusehen und die hinter den Emissionsquellen stehenden öffentlichen und/ oder privaten Interessen außer Betracht zu lassen 131 . 127 Im Ergebnis ebenso: Jarass, § 3 Rn. 34 u. 46; ders. DVBI. 1983, 725 (729 f.); JZ 1993, 601 (603). 12s RGZ 73, 270 (271 f.); 159, 129 (135 f.). 129 BGHZ 29, 314 (317); 48,98 (104); 60, 119 (122 f.); 91 , 20 (23); BGH VerwRspr. 13 (1961), 552 (555); BGH LM § 906 BGB Nr. 32. 130 Hierzu mit Recht kritisch: Martens, FS Schack, S. 85 (90 ff.); Papier NJW 1974, 1797 (1799 ff.); Hagen UPR 1985, 192 (195 f.); MüKo-Säcker, § 906 BGB, Rn. 106 ff.; Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 30, 45, 51 u. 61; OLG Hamm, Urt. v. 06.12.1976- 5 U 166/75. A.A.: Deutsch VersR 1984, 1001 (1003): Sportstätten gehören zur Daseinsvorsorge und "haben also eine erhebliche Lebenswichtigkeit". Ebenso (für Sportgroßanlagen und wichtige Freizeit- und Erholungszentren): Pikart, in: Pikart/Gelzer/Papier, Rechtsgutachten, S. 1 (29). 131 Im Ergebnis ebenso: BVerwG NVwZ 1983, 155; OVG Harnburg DVBI. 1986, 691 (692); OVG Münster NVwZ-RR 1988, 13 (14); VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 177 (178); OVG Lüneburg BRS 47 Nr. 75 (S. 204); Jarass, § 3 Rn. 34 u. 46; ders. JZ 1993, 601 (603). Auch GK-BimSchG-Koch, § 3 Rn. 58 u. 61; ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (41 f. u. 45), Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 310 u. Petersen, S. 70, die neben dem Schutzzweck (§ I BlmSchG) auch einen Industrieförderungszweck des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bejahen (dazu ausführlich Murswiek, aaO., S. 306 ff.) und diesen mangels ausdrücklicher Normierung im Gesetz aus den den Anlagenbetreibem zustehenden Grundrechten und dem Interesse an einer entwicklungsfähigen Industrie herleiten- ein Umkehrschluß aus§ I Nr. 1 AtG wird von ihnen nicht gezogen-, lehnen es ab, den Erheblichkeitsbegriff i.S. eines Abwägungsgebotes zu verstehen.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Nach alledem spielen somit im Konflikt zwischen Sportstätten und Wohnnachbarschaft weder die gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports noch die hinter dem Betrieb der konkreten Sportanlage vor Ort stehenden öffentlichen und I oder privaten Interessen bei der Abgrenzung zwischen unerheblichen und erheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen i. S. d. § 3 I BimSchG eine Rolle. c) Feststellung der Erheblichkeitsgrenze anhand eines differenziert-objektiven Beurteilungsmaßstabs unter Berücksichtigung verschiedener Abgrenzungsfaktoren

Nachdem aufgezeigt ist, daß und weshalb die Grenze zwischen unerheblichen und erheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen i. S. d. § 3 I BimSchG weder durch ein Rekurrieren auf ,,Zumutbarkeit" und "Unzumutbarkeit" noch durch eine umfassende "Güterabwägung" bestimmt werden kann, muß nunmehr positiv die Frage beantwortet werden, nach welchem Maßstab und anhand welcher Faktoren diese Abgrenzung vorzunehmen ist. Bei der Beantwortung dieser Frage ist ein Blick auf das private Immissionsschutzrecht nützlich. Das private Immissionsschutzrecht bestimmt in § 906 BGB mit Hilfe der Tatbestandsmerkmale der "Wesentlichkeit", der "Ortsüblichkeit" und der (wirtschaftlichen) "Zumutbarkeit" ihrer Verhinderung, ob Immissionen geduldet werden müssen oder abgewehrt werden können. Ob Immissionen "wesentlich" sind, wird nach gefestigter Rechtsprechung und nahezu einhelliger Auffassung in der Literatur anhand eines "differenziert-objektiven Maßstabs" beurteilt 132 . Nach diesem Maßstab kommt es nicht auf das subjektive Empfinden der jeweils beeinträchtigten Person(en) an, sondern auf das eines- verständigen 133 - Durchschnittsmenschen. Insoweit ist der Maßstab "objektiv". Da der Durchschnittsmensch jedoch nach Art, 132 St. Rspr. des Bundesgerichtshofs seit BGH NJW 1958, 1393, zuletzt ausdrücklich in BGHZ 111, 63 (65); Soergel-Baur, § 906 BGB, Rn. 36; Erman-Hagen, § 906 BGB, Rn. 14 f.; RGRK-Augustin, § 906 BGB, Rn. 32; Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 159 m.z.N. 133 Auf den "normalen" Durchschnittsmenschen wird nicht mehr abgestellt, vgl. BGHZ 121, 248 (255); 120, 239 (255); Palandt-Bassenge, § 906 BGB, Rn. 22; Erman-Hagen, § 906 BGB, Rn. 15; Mampel, Rn. 1180; Fritzsche NJW 1995, 1121 (1122). Hierdurch wird nicht nur eine stärkere Betonung des Gebots gegenseitiger Toleranz erreicht, sondern auch eine Entsprechung an den Maßstab, den der Bundesgerichtshof (seit BGHZ 23, 30 (32 ff.); BGH DVBI. 1957, 861 f.- "Buchendom") und das Bundesverwaltungsgericht (seit BVerwGE 26, 111 (119)) in st. Rspr. bei der sachverwandten Abgrenzung zwischen der Sozialbindung eines Grundstücks ("Situationsgebundenheit") und der eigentums- bzw. enteignungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle anwenden. Dort wird seit jeher auf den "vernünftigen und einsichtigen Eigentümer" abgestellt (BGH aaO.). Vgl. ferner BVerwGE 41 , 138 (141) zu § 35 I Nr. l BBauG/BauGB ("vernünftiger Landwirt") u. BVerwGE 50, 346 (347 u. 352) zu§ 35 I Nr. 4 BBauG/BauGB ("vernünftiger Unternehmer"); krit. hierzu Samighausen NJW 1994, 1375 (1380). Grundlegend zu Aufgabe, Funktion und Leistungsfähigkeit derartiger prätorischer Gemeinwohlfiguren im öffentlichen Recht m.z.N. Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 410 ff. u. S. 425 ff.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Ausmaß und Dauer identische Immissionen nicht überall gleich störend empfindet, wird folgerichtig nicht auf einen von den gegebenen örtlichen Verhältnissen losgelösten Durchschnittsmenschen abgestellt, sondern auf einen verständigen Durchschnittsbenutzer des immissionsbetroffenen Grundstücks in seiner konkreten Beschaffenheit, tatsächlichen Zweckbestimmung und Lage (Situation) 134• Um Anhaltspunkte für die Zweckbestimmung des immissionsbetroffenen Grundstücks zu gewinnen, ist es erforderlich, auch die Zweckbestimmung der angrenzenden Grundstücke 135 bzw. "das Gepräge der betroffenen Gegend" 136 in den Blick zu nehmen. Insofern ist der Maßstab "differenziert". Überempfindlichkeit ist folglich ein Los, das jeder selbst tragen muß 137, wenn nicht ausnahmsweise- wie etwa bei Kuranlagen oder Krankenhäusern-dasGrundstück von seiner Zweckbestimmung her gerade einer besonderen Sensitivität der beeinträchtigten Person(en) Rechnung tragen soll 138• Im öffentlichen Immissionsschutzrecht liegt es nahe, zur Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG ebenfalls einen "differenziert-objektiven Maßstab" zugrunde zu legen 139 und auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen abzustellen 140. Nahe liegt das deshalb, weil nicht zuletzt im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung kein Anlaß besteht, die Tatbestandsmerkmale, mit denen das private und das öffentliche Immissionsschutzrecht die Grenze für eine Duldungspflicht gegenüber Immissionen im Ansatz bestimmen, nämlich einerseits "Wesentlichkeit" und andererseits "Erheblichkeit", schon im Ansatz unterschiedlich auszulegen. Ob die beiden Tatbestandsmerkmale völlig identisch auszulegen sind 141 , ob erst "Wesentlichkeit" und "Ortsüblichkeit" zusammen mit der "Erheblichkeit" i. S. d. § 3 I BimSchG identisch sind 142 oder ob zwischen "Erheb134 Vgl. BGH NJW 1958, 1393; 1959, 1632 f.; BGHZ 72, 211 (216); 111, 63 (65); MüKoSäcker, § 906 BGB, Rn. 26 f.; Soergei-Baur, § 906 BGB, Rn. 36 ff.; Pa1andt-Bassenge, § 906 BGB, Rn. 22; Erman-Hagen, § 906 BGB, Rn. 14; Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 159 ff. m.z.N. 135 Vgl. BGH NJW 1958, 1393. 136 MüKo-Säcker, § 906 BGB, Rn. 27. 137 Erman-Hagen, § 906 BGB, Rn. 14. 138 Erman-Hagen, § 906 BGB, Rn. 14. 139 Jarass, § 3 Rn. 39; ders. DVBI. 1983, 725 (729); L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. !5a; Feldhaus, § 3 Anm. 10; ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 153 (168); Engelhardt, § I Rn. 9; Haaß Jura 1993, 302 (305). 140 So schon BVerwGE 68, 62 (67); OVG Lüneburg BRS 42 Nr. 188 S. 423 (425); BRS 47 Nr. 75 S. 201 (202); DWW 1988, 220 (221); OVG Koblenz NVwZ 1990, 279 (280). 141 So BVerwG UPR 1996, 309 (310); BVerwGE 81, 197 (200); 79, 254 (258 f.); BGHZ 122, 76 (78); 120, 239 (255); lll, 63 (65 f.); VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 175 (176); OVG Harnburg BauR 1992, 356 (358, 361, 364); VGH München NVwZ 1993, 1006; Pa!andtBassenge, § 906 BGB, Rn. 22; Erman-Hagen, § 906 BGB, Rn. 15; Bender/Sparwasser/ Engel, S. 341. A.A.: Wagner NJW 1991, 3247 ff.; Papier, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 129 (134 f.). 142 Vgl. BVerwGE 88, 210 (213); 84, 31 (39 - 41); BVerwG NVwZ 1985, 186 (187); Steinberg, S. 29; Hagen, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1993, S. 49 (60).

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lichkeit" auf der einen und "Wesentlichkeit" und "Ortsüblichkeit" auf der anderen Seite lediglich eine "weitgehende" Übereinstimmung besteht 143 , bleibt offen 144 . Ebenso wie im Zivilrecht darf auch im öffentlichen Recht der verständige Durchschnittsmensch nicht losgelöst von den "örtlichen Verhältnissen" 145 gedacht werden. Auch für die Bestimmung der Erheblichkeilsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG muß "das Gepräge der betroffenen Gegend" 146 in den Blick genommen werden. Darüberhinaus ist zu prüfen, ob neben den "örtlichen Verhältnissen" weitere Abgrenzungsfaktoren zu beachten sind. Unter dem Gesichtspunkt der Prägung der örtlichen Verhältnisse könnten die bauplanungsrechtliche Qualifizierung des Gebiets (1) und eventuell gegebene Vorbelastungen (2), als weitere Einflußgrößen könnten der Zeitpunkt der Geräuschbelastung (3) und die Art der Geräuschimmissionen (4) von Bedeutung sein. Das wird nachfolgend näher untersucht. (1) Prägung der örtlichen Verhältnisse durch die bauplanungsrechtliche Qualifizierung des Gebiets (a) Qualifiziert beplanter Innenbereich

Entgegen der zu § 906 BGB überwiegend vertretenen Auffassung 147 ist in qualifiziert beplanten Innenbereichen bei der Anwendung des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG hinsichtlich der Prägung der "örtlichen Verhältnisse" nicht auf die tatsächliche Zweckbestimmung des immissionsbetroffenen Grundstücks und die tatsächliche Grundstücksnutzung in seiner Umgebung abzustellen, sondern vielmehr- neben etwa gegebenen "Vorbelastungen" 148 - die bauplanungsrechtliche Qualifizierung des Gebiets als maßgebliches Kriterium heranzuziehen. Die bauplanungsrechtliche Qualifizierung ergibt sich aus den Festsetzungen des Bebauungsplans i.V.m. der jeweils einschlägigen Baunutzungsverordnung.

143

Gaentzsch, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 31 (34); Bier ZfBR 1992, 15 (20).

Eine Gleichsetzung "wesentlich" = "erheblich" = "unzumutbar" ist jedenfalls verfehlt, weil zum einen "Erheblichkeit" und "Unzumutbarkeit" nicht in jedem Falle deckungsgleich sind (siehe oben B II 4 a) und zum andem bei "wesentlichen und ortsüblichen" Beeinträchtigungen eine Differenzierung nach dem Tatbestandsmerkmal der (wirtschaftlichen) "Zumutbarkeit" ihrer Verhinderung nach § 906 II I BGB möglich bleiben muß. 145 BGH NJW 1958, 1393; 1959, 1632. 146 MüKo-Säcker, § 906 BGB, Rn. 27. 147 BGH NJW 1958, 1393; 1958, 1776 (1777); NJW 1959, 1632 f.; NJW 1962, 2341 (2342); DVBI. 1968, 51; BGHZ 46, 35 (40); BGH DVBI. 1971, 744 (745); NJW 1976, 1204 (1205); WM 1983, 176 (177); Paiandt-Bassenge, § 906 BGB, Rn. 28; Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 159- 162 u. 188- 190; MüKo-Säcker, § 906 BGB, Rn. 17, 26 u. 78; Soerge1-Baur, § 906 BGB, Rn. 9 - 12 u. 36 u. 77; RGRK-Augustin, § 906 BGB, Rn. 48; Baur JZ 1974, 657 (660). 148 Hierzu siehe nachfolgend B II 4 c (2). 144

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Die Begründung, weshalb es, nachdem das Bundes-Immissionsschutzgesetz selbst zu dieser Frage schweigt, auf die normative und nicht auf die tatsächliche Prägung der "örtlichen Verhältnisse" ankommt, folgt aus Art. 14 I 2 GG. Nach dieser Vorschrift werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt. Zu diesen Gesetzen im materiellen Sinne zählen neben dem Bundes-Immissionsschutzgesetz auch gültige Bebauungspläne149, die die Gemeinden als Satzung beschließen(§ 10 BauGB), mit denen sie in Verwirklichung ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 II 1 GG) ihre städtebauliche Entwicklung ordnen und leiten (vgl. §§ 1, 8 I BauGB) und die deshalb nicht durch ein Abheben auf die tatsächlichen Verhältnisse "ausgeschaltet" werden dürfen. Die Festsetzungen eines nicht schon von vornherein ungültigen - Bebauungsplans sind erst dann nicht mehr zu beachten, wenn sie, für jedermann erkennbar, infolge etlicher irreparabler Abweichungen sich in ihrer Gesamtheit auf unabsehbare Zeit nicht mehr verwirklichen lassen und deshalb "wegen Funktionslosigkeit" außer Kraft getreten sind 150. Qualifizierte Bebauungspläne (§ 30 I BauGB) enthalten regelmäßig neben Festsetzungen über örtliche Verkehrsflächen Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung, das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubaren Grundstücksflächen 151 . Im folgenden wird gezeigt, daß alle diese Komponenten bei der Feststellung der Erheblichkeilsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG von Bedeutung sind und deshalb Beachtung finden müssen. (aa) Art der baulichen Nutzung Ob Immissionen - unterhalb der Gefahrengrenze - als "erheblich" i. S. d. § 3 I BimSchG zu qualifizieren sind, hängt in qualifiziert beplanten Innenbereichen zunächst davon ab, welchen Baugebietstyp i.S. der Baunutzungsverordnung (Gebietsart) der Bebauungsplan für das Gebiet festsetzt, in welchem sie auftreten 152. Zunächst ist also die statthafte Art der baulichen Nutzung festzustellen. Daß die Grenzziehung zwischen erheblichen und unerheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen i. S. d. § 3 I BlmSchG unter Berücksichtigung der bauplanungsrechtlich statthaften Art der baulichen Nutzung vorzunehmen ist, läßt sich begründen mit dem Hinweis auf § 50 BimSchG und auf die dem Gesetzgeber bei Verabschiedung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bekannten Gebietsgliederungen 149 BVerfG (1. Kammer des Ersten Senats) NVwZ 1992, 972 f.; BVerfGE 79, 174 (191 f.); BVerwGE 47, 144 (153); 92,231 (233 f.); 94, 100 (104); BVerwG Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 90S. 9 (12); Maunz-Dürig-Papier, Art. 14 GG, Rn. 94; Stange NWVBL 1992, 153 (159); Schink DVBI. 1992, 515 (524); Berkemann NVwZ 1992, 817 (828). 150 Vgl. BVerwGE 54, 5 (7 ff.); 67, 334 (336); 85, 273 (281 ff.); 98, 235 (241 f.); BVerwG NJW 1984, 138; ZffiR 1993, 304 (305). 151 Vgl. Amtliche Überschriften der Abschnitte eins bis drei der BauNVO. 152 Vgl. BVerwGE 51, 15 (30 f.); 56, 110 (131); 59, 253 (261 f.); 71, 150 (155); 84, 31 (39 f.); 88, 143 (144); 90, 163 (165); BVerwG GewA 1977, 168 (171); Jarass, § 3 Rn. 40 f.; Bender/Sparwasser/Engel, S. 342; Hoppe/Beckmann, S. 402.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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sowohl in den Baunutzungsverordnungen 153 als auch in den Verwaltungsvorschriften der TA Lärm 154 und der AVV Baulärm 155 , deren unbefristete Fortgeltung er in § 66 II BimSchG angeordnet hat. Die genannten Vorschriften differenzieren allesamt nach der Art der baulichen Nutzung. Das läßt den Schluß zu, daß der Gesetzgeber des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auch in § 3 I dieses Gesetzes bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "erheblich" das Kriterium der "Art" der baulichen Nutzung mitbeachtet wissen will. Außerdem machen die Einteilung der für eine Bebauung vorgesehenen Flächen in verschiedene Gebietsarten und die grundsätzlich anzustrebende räumliche Trennung konfligierender Nutzungen nur Sinn, wenn das Immissionsniveau in verschiedenen Gebieten unterschiedlich hoch ist 156. Ist die am Immissionsort bauplanungsrechtlich statthafte Art der baulichen Nutzung ermittelt, erhält man im Regelfall 157 unter Rückgriff auf die Verwaltungsvorschriften der TA Lärm und der AVV Baulärm und durch Heranziehung sog. technischer Regelwerke wie der VDI Richtlinie 2058 158 und der DIN 18005 159 einen ungefähren Anhaltspunkt dafür, wo die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG im konkreten Fall anzusiedeln ist 160. Diese unter Beteiligung einer sachverständigen Fachöffentlichkeit entwickelten Regelungen enthalten jeweils sowohl nach Gebietsarten als auch zwischen Tages- und Nachtzeit differenzierende, in etwa die Erheblichkeitsgrenze markierende Imrnissionsricht- bzw. Orientierungswerte unter Angabe, auf welche Art und Weise der äquivalente Dauerschallpegel (Mittelungspegel)161 zu ermitteln ist, wie auftretende Spitzenpegel (Maximalpegel) zu berücksichtigen sind und wie ausgehend vom Mittelungspegel unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen (z. B. für Einzeltöne, Impulse, Ruhezeiten; Meßunsicherheit) der sog. Beurteilungspegel zu bestimmen ist, der dann den Immissionsrichtbzw. Orientierungswerten gegenüber gestellt wird.

153 Baunutzungsverordnung 1962 vom 26. 06. 1962 (BGBI. I 1962,429 ff.); Baunutzungsverordnung 1968 (=Erste Änderungsverordnung) vom 26. 11. 1968, gültig ab 01. 01. 1969 (BGBI. I 1968, 1233 ff., 1237 ff.). 154 Fundstelle siehe Fn. 83. 155 Fundstelle siehe Fn. 83. 156 GK-BimSchG-Koch, § 3 Rn. 59 ff.; ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (43 ff.); ders. , Immissionsschutz durch Baurecht, S. 15 ff.; Petersen, S. 71. A.A.: VGH München BayVBI. 1990, 82 (85); Classen JZ 1993, 1042 (1048 f.), der es als "verfehlt" bezeichnet, von gebietsbezogenen Überlegungen auszugehen, und stattdessen danach differenzieren will, ob emittierende Anlagen von ihrer Funktion her sinnvollerweise die Nähe zu immissionsempfindlichen Grundstücksnutzungen benötigen (,,Näheprinzip") oder ob in Gemäßheit des § 50 BlmSchG das "Trennungsprinzip" realisiert werden kann. 157 Zur sog. "Mittelwertbildung" im Grenzbereich verschiedener Baugebiete siehe nachfolgend B li 4 c (1) (a) (cc). 158 Fundstelle siehe Fn. 84. 159 Fundstelle siehe Fn. 84. 160 BVerwGE 88, 210 (217); 81, 197 (203 u. 205); 79, 254 (264 f.); 77,285 (290 ff.). 16 1 Siehe Erl. in Fn. 58.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Die TA Lärm, die AVV Baulärm und die VDI Richtlinie 2058 geben- allerdings unter Zugrundelegung voneinander abweichender Meß- und Beurteilungsverfahren 162 - für die einzelnen Gebietsarten übereinstimmend folgende Immissionsrichtwerte an: -70 dB(A)

Gebiete, in denen nur gewerbliche oder industrielle Anlagen und Wohnungen für Inhaber und Leiter der Betriebe sowie für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen untergebracht sind (vgl. Industriegebiete, § 9 BauNVO)

- 65 dB(A) I tags - 50 dB(A) I nachts

Gebiete, in denen vorwiegend gewerbliche Anlagen untergebracht sind (vgl. Gewerbegebiete, § 8 BauNVO)

-60 dB(A)Itags - 45 dB(A) I nachts

Gebiete mit gewerblichen Anlagen und Wohnungen, in denen weder vorwiegend gewerbliche Anlagen noch vorwiegend Wohnungen untergebracht sind (vgl. Kemgebiete, § 7 BauNVO, Mischgebiete, § 6 BauNVO, Dorfgebiete, § 5 BauNVO)

- 55 dB(A) I tags - 40 dB(A) I nachts

Gebiete, in denen vorwiegend Wohnungen untergebracht sind (vgl. Allgemeine Wohngebiete, § 4 BauNVO, Kleinsiedlungsgebiete, § 2 BauNVO)

-50 dB(A)Itags 35 dB(A) I nachts

Gebiete, in denen ausschließlich Wohnungen untergebracht sind (vgl. Reine Wohngebiete, § 3 BauNVO)

- 45 dB(A) I tags - 35 dB(A) I nachts

Kurgebiete, Krankenhäuser, Pflegeanstalten

Bei diesen Immissionsrichtwerten handelt es sich um Außenwerte. Die Geräuschmessungen sind grundsätzlich in einer Entfernung von 0,5 m vor dem geöffneten, vom Geräusch am stärksten betroffenen Fenster vorzunehmen 163 . Die Nachtzeit dauert nach der TA Lärm und der VDI Richtlinie 2058 acht Stunden. Sie beginnt im allgemeinen um 22.00 Uhr und endet um 6.00 Uhr. Die Immissionsrichtwerte sind während des Tages nach beiden Regelwerken auf einen Bezugszeitraum von 16 Stunden bezogen. Während der Nacht stellt die TA Lärm auf einen Bezugszeitraum von acht Stunden ab, während die VDI Richtlinie 2058 die für die Immissionsbetroffenen ungünstigste Stunde für maßgeblich erachtet. Nachts gilt der einschlägige Immissionsrichtwert jedoch auch dann als überschritten, wenn ihn eine einzelne kurzzeitige Geräuschspitze um mehr als 20 dB(A) überschreitet. Tagsüber sollen nach der VDI Richtlinie 2058 einzelne kurzzeitige 162 Ein Faktum, das ihre Vergleichbarkeit relativiert (vgl. zur "funktionalen Einheit" zwischen Grenz-, Riebt- oder Orientierungswerten auf der einen und dem jeweils festgelegten Meß- und Beurteilungsverfahren auf der anderen Seite statt vieler: Feldhaus Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1993, S. 29 (38); ders. UPR 1982, 137 (141 f.) m.w.N.). 163 Vgl. Ziff. 2.42l.l TA Lärm; Ziff. 6.3.1 AVV Baulärm; Ziff. 4.2 VDI Richtlinie 2058.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Geräuschspitzen den Richtwert um nicht mehr als 30 dB(A) überschreiten, während die TA Lärm hinsichtlich kurzzeitiger Geräuschspitzen am Tage keine Regelung enthält. Nach der AVV Baulärm gilt als Nachtzeit die Zeit von 20.00 Uhr bis 7.00 Uhr. Auch nach ihr ist nachts der einschlägige Immissionsrichtwert zudem dann überschritten, wenn ihn ein einzelner (Spitzen-)Meßwert um mehr als 20 dB(A) überschreitet. Der Länderausschuß für Immissionsschutz legt in der mit Zustimmung der Umweltministerkonferenz und der Sportministerkonferenz verabschiedeten Neufassung der Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche (sog. LAI-Hinweise 164) ebenfalls die oben referierten Immissionsrichtwerte zugrunde. Als Nachtzeit gilt hier wie in der TA Lärm und der VDI Richtlinie 2058 der Zeitraum von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr. Als Bezugszeitraum für die Nacht wird wie in der VDI Richtlinie 2058 die für die Immissionsbetroffenen lauteste Nachtstunde gewählt. Außerhalb der Nachtzeit werden die Zeiten von 6.00 Uhr bis 7.00 Uhr, 19.00 Uhr bis 22.00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen zusätzlich die Zeiten von 7.00 Uhr bis 9.00 Uhr und zwei zusammenhängende Stunden zwischen 12.00 Uhr und 15.00 Uhr durch Verhängung von Zuschlägen bei der Ermittlung des Beurteilungspegels besonders geschützt. Die LAI-Hinweise sehen Zuschläge desweiteren vor bei tonhaltigen oder informationshaltigen Geräuschen, während auffällige Pegeländerungen (Impulse) bereits durch das Meßverfahren berücksichtigt werden. Hinsichtlich der Ermittlung der Geräuschimmissionen wird auf die DIN 45645 Teil 1 "Einheitliche Ermittlung des Beurteilungspegels für Geräuschimmissionen" und zum Teil auf die VDI Richtlinie 2058 verwiesen. Im übrigen soll - zumindest nach Auffassung einiger Länder, die die LAI-Hinweise als Verwaltungsvorschrift eingeführt haben - die Messung und Beurteilung der Geräusche nach den Grundsätzen der TA Lärm vorzunehmen sein 165 . Die DIN 18005 166 gibt folgende Orientierungswerte an, wobei bei den Orientierungswerten für die Nacht (i.d.R. der Zeitraum von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) der niedrigere für die Summe der Industrie- und Gewerbegeräusche und der Geräusche von vergleichbaren öffentlichen Betrieben sowie für die Summe der Freizeitgeräusche, der höhere für die Summe der Verkehrsgeräusche gelten soll: - .I .

Industriegebiet

Gewerbegebiet, Kerngebiet - 65 dB(A) I tags - 55 - 50 dB(A) I nachts Mischgebiet, Dorfgebiet - 60 dB(A) I tags - 50 - 45 dB(A) I nachts

164 165 166

4 Herr

Fundstelle siehe Fn. 33. Vgl. etwa Bek. des BayStMLU vom 12. 08. 1988, AllMBl. Nr. 1911988, S. 795 (796). Fundstelle siehe Fn. 84.

B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

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- 60 dB(A) I tags Besonderes Wohngebiet - 45 - 40 dB(A) I nachts Allgemeines Wohngebiet, Kleinsiedlungs gebiet, - 55 dB(A) I tags - 45 - 40 dB(A) I nachts Campingplatzgebiet Reines Wohngebiet, Wochenendhausgebiet, - 50 dB(A) I tags - 40 - 35 dB(A) I nachts Ferienhausgebiet -55 dB(A)

Friedhöfe, Kleingartenanlagen, Parkanlagen

Bei diesen Orientierungswerten handelt es sich um Außenwerte, die bereits auf den Rand der Bauflächen oder der überbaubaren Grundstücksflächen in den jeweiligen Baugebieten bezogen sind. Nach der VDI Richtlinie 2058 wird die Wohnnutzung als Art der baulichen Nutzung zudem durch sog. Immissionsrichtwerte "Innen" geschützt. Sie betragen unabhängig von der Lage des immissionsbetroffenen Gebäudes - 35 dB(A) I tags - 25 dB(A) I nachts

und sind für diejenigen Fälle gedacht, in denen eine Wohnung baulich mit geräuschverursachenden Anlagen verbunden ist 167 . Die Geräuschmessung ist dabei grundsätzlich im geschlossenen Raum 1,2 m über dem Fußboden und mindestens 1,2 m von den Wänden entfernt durchzuführen 168 . Auftretende Maximalpegel sollen die genannten Richtwerte um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten 169 . Die Immissionsrichtwerte der TA Lärm, der AVV Baulärm, der VDI Richtlinie 2058 und der LAI-Hinweise sowie die Orientierungswerte der DIN 18005 dürfenselbst bei Zugrundelegung des jeweils vorgesehenen Meß- und Beurteilungsverfahrens - nicht schematisch als Immissionsgrenzwerte angewandt und als mit der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG identisch angesehen werden. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Eine schematische Anwendung verbietet sich schon deshalb, weil die genannten Regelwerke allesamt nicht im Wege demokratisch legitimierter (Außen-)Rechtsetzung zustandegekommen sind. Bei der VDI Richtlinie 2058 und der DIN 18005 ist das offensichtlich. Die TA Lärm und die AVV Baulärm sind zwar von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates in einem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren erlassen worden, als Verwaltungsvorschriften sind sie jedoch - im Gegensatz zu (förmlichen) Gesetzen, Rechtsverordnungen und Satzungen - nur verwaltungsintern kraft der Weisungsunterworfenheit nachgeordneter Behörden und 167 168 169

Vgl. Ziff. 3.3.2 VDI Richtlinie 2058. Vgl. Ziff. 4.2 VDI Richtlinie 2058. Vgl. Ziff. 3.3.2 VDI Richtlinie 2058.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Bediensteter verbindlich, im (Außen-)Verhältnis zwischen Staat und Bürger vermögen sie keine (unmittelbare) Verbindlichkeit zu beanspruchen 170. Das Gleiche gilt für die sog. LAI-Hinweise, weil ihnen selbst nach einer entsprechenden Bekanntmachung durch das jeweilige Land 171 allenfalls der Rang einer Verwaltungsvorschrift zukommt. Eine schematische Anwendung der oben genannten Immissionswerte als Immissionsgrenzwerte muß desweiteren abgelehnt werden, weil die den nach der Art der baulichen Nutzung unterschiedenen Gebietstypen zugeordneten Immissionswerte schon nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut keine Grenzwerte darstellen sollen. Hinzu kommt, daß die Gebietseinteilung nach der Art der baulichen Nutzung in den Baunutzungsverordnungen nicht ausschließlich nach dem Gesichtspunkt der Schutzbedürftigkeit gegenüber Geräuschimmissionen vorgenommen ist, sondern nach Maßgabe des Baugesetzbuchs auch noch anderen planensehen Erfordernissen Rechnung trägt 172 . Ein weiterer Grund, weswegen die in den erwähnten Regelwerken angegebenen Immissionswerte die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG nur ungefähr und nicht exakt anzugeben vermögen, besteht darin, daß sie allesamt nicht auf die Gesamtgeräuschbelastung am Immissionsort zugeschnitten sind. So setzen die TA Lärm, die AVV Baulärm und die VDI Richtlinie 2058 nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut 173 nur jeweils auf die einzelne Anlage bezogene Immissionsrichtwerte (Einzelwerte) fest. Die DIN 18005 versteht ihre Orientierungswerte als beschränkte Summenwerte, indem sie Beurteilungspegel für die Geräusche der Schallquellen "Verkehr", "Industrie und Gewerbe" sowie "Freizeit" getrennt ermittelt und sie jeweils für sich allein den Orientierungswerten gegenüber stellt. Die in der Neufassung der LAI-Hinweise genannten Immissionsrichtwerte sind möglicherweise ebenso wie diejenigen der TA Lärm, der AVV Baulärm und der VDI Richtlinie 2058 einzelanlagebezogen zu verstehen, bestenfalls handelt es sich um 11o Vgl. etwa BVerwGE 88, 210 (217); OVG Lüneburg GewA 1979, 345 (346); OVG Münster DVBI. 1979, 316 (317); Maurer; Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 588 ff. m.w.N. 171 Vgl. etwa Bek. des BayStMLU vom 12. 08. 1988, AllMBI. Nr. 19/1988, S. 795 ff.; Bek. des Nds. Umweltministers vom 14. II. 1988, Nds.MBI. Nr. I I 1989, S. 23 ff. 172 Vgl. Ziff. 1.7 des Gemeinsamen Runderlasses des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, des Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr und des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 06. 02. 1975 zur TA Lärm (abgedr. bei Ule/Laubinger; Bundes-Immissionsschutzgesetz, Teil II: Rechtsvorschriften der Länder, Band 2, NRW 12); Ziff. 3.3.1 Fn. 5 der VDI-Richtlinie 2058 (Fundstelle siehe Fn. 83); Koch, Immissionsschutz durch Baurecht, S. 47. m Nach Ziff. 2.211 lit. b TA Lärm wird lediglich verlangt, daß die Immissionsrichtwerte ohne Berücksichtigung einwirkender Fremdgeräusche nicht überschritten werden, nach Ziff. 2.4 AVV Baulärm wird "Immission" definiert als das auf Menschen einwirkende Geräusch, das durch Baumaschinen auf einer Baustelle hervorgerufen wird, in Ziff. 5 VDI Richtlinie 2058 ist bestimmt, daß sich der Beurteilungspegel zusammensetzt aus dem zeitlichen Mittelwert des Anlagengeräusches und ggf. aus ... Abschlägen für Fremdgeräusche (Hervorhebungenjew. d. Verf.).

4*

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

beschränkte Summenwerte im Hinblick auf die am Einwirkungsort zu verzeichnende Summe der Geräusche sämtlicher Freizeitanlagen. Nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz kommt es aber nicht entscheidend auf die durch eine einzelne Anlage oder durch eine Gruppe von Anlagen am Immissionsort (Meßort) hervorgerufene Geräuschbelastung an, sondern auf die Summe aller dort einwirkenden Geräusche 174. Sie ist die entscheidende Größe. Das folgt zunächst aus der Legaldefinition des Immissionsbegriffs in § 3 II BlmSchG, die - im Gegensatz zu der des Emissionsbegriffs in § 3 III BlmSchG - einen Anlagenbezug nicht kennt. Die Maßgeblichkeil der Gesamtbelastung ergibt sich desweiteren aus den Gesetzesmaterialien, in denen klar zum Ausdruck gebracht ist, daß auch diejenigen am Immissionsort auftretenden Umwelteinwirkungen zu berücksichtigen sind, die nicht von der Anlage selbst hervorgerufen werden 175, und schließlich aus dem in § 1 BlmSchG niedergelegten Schutzzweck des Gesetzes, Menschen usw. schlechthin vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen. Daß es auf die Gesamtgeräuschbelastung ankommt, hat zudem in der nachträglich geschaffenen Vorschrift des§ 47a BlmSchG über die Aufstellung von Lärmminderungsplänen seine Bestätigung gefunden, dessen Abs. 1 die Rechtsfolge enthält, die Belastung durch die einwirkenden Geräuschquellen 176 zu erfassen und ihre Auswirkungen auf die Umwelt festzustellen. Fraglich ist, ob die v.g. Immissionsricht- bzw. Orientierungswerte dann stets die Erheblichkeilsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG markieren könnten, wenn man sie in auf die gesamte Schallimmission am Einwirkungsort sich beziehende Summenwerte umdeuten würde. Die Zulässigkeil einer solchen Umdeutung wird seit geraumer Zeit in Bezug auf die TA Lärm äußerst kontrovers diskutiert 177. Die Streitfrage be174 Jarass, § 3 Rn. 10 u. 36 f.; ders. DVBl. 1983, 725 (726 f.); JZ 1993, 601 (602); ders., in: Koch, Lechelt (Hrsg.), Zwanzig Jahre Bundes-Immissionsschutzgesetz, S. 145 (151 ff.); L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 20; ders. NVwZ 1989, 193 (199); ders. (differenzierend) NWVBl. 1994, 281 (285 ff.); Feldhaus, § 3 Anm. 5; ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 153 (157 ff.); ders. Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1993, S. 29 (33 f. u. 40); Schmatz/ Nöthlichs, § 3 Anm. 2; Bender I Spanvasser I Engel, S. 330, 337 u. 341; Steinberg, S. 36; Knebel, in: HdUR, S. 989 (990); Koch, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (54 f.); ders., Immissionsschutz durch Baurecht, S. 22 u. 103; GK-BimSchG-Koch, § 3 Rn. 30 ff.; Engelhardt, § 3 Rn. 3; Seiler; S. 59 f.; Petersen, S. 50 ff. u. 88; Mampel, Rn. 1234- 1243 u. 1363- 1367. 175 BT-Drs. 7/1513, S. 3; ferner BT-Drs. 7/179, S. 24. 176 Plural(!). 177 Für eine Qualifizierung der Immissionswerte als Summenwerte sind etwa: Länderausschuß für Immissionsschutz, Beschluß vom 02. /03. 06. 1977, zit. nach Feldhaus Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1993, S. 29 (36); VollzBek. d. BayStMLU zum BimSchG vom 16. 03. 1991, AIIMBl. Nr. 811991, S. 170 (171); Koch, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (54 f.); ders., Immissionsschutz durch Baurecht, S. 22 f., 44 u. 56. Gegen die Zulässigkeil einer Umdeutung sind etwa: Feldhaus, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1993, S. 29 (37 ff.); Kutscheidt NWVBL 1994, 281 (282 ff.). Eine prägnante Zusammenfassung des Streitstandes unter Anführung der jeweiligen Argumente bietet Steinebach, Lärmund Luftgrenzwerte, S. 59 f.

li. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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darf vorliegend keiner Entscheidung, weil die Immissionswerte auch bei einer Interpretation als Summenwerte nur einen ungefähren Anhalt für den Verlauf der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG geben können 178. Dies liegt daran, daß sie unter dem Gesichtspunkt der bauplanungsrechtlichen Qualifizierung nur nach der Art der baulichen Nutzung differenziert sind, die Art der statthaften baulichen Nutzung aber lediglich ein Element der bauplanungsrechtlichen Qualifizierung eines Gebiets ausmacht und diese wiederum nicht der einzige Faktor ist, der bei der Abgrenzung zwischen unerheblichen und erheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen i. S. d. § 3 I BimSchG eine Rolle spielt. Mit der Feststellung der bauplanungsrechtlich statthaften Art der baulichen Nutzung ist für die Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze mithin erst eine Vorentscheidung getroffen. (bb) Maß der baulichen Nutzung, Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche (::: Verdichtungsgrad des Baugebiets) Die Gemeinden haben kraft der ihnen nach Art. 28 II 1 GG verfassungsrechtlich verbürgten und durch Baugesetzbuch und Baunutzungsverordnung einfachrechtlich konkretisierten Planungshoheit die Kompetenz, ihre Baugebiete nicht nur nach der Art, sondern auch nach dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche unterschiedlich auszugestalten. So kann eine Gemeinde beispielsweise 179 für ein Allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO) sechs- bis achtgeschossige Wohngebäude in Hausgruppen 180 mit einer Geschoßflächenzahl181 von 1,2 festsetzen und sie durch Normierung von Baulinien 182 relativ eng aneinander rücken. Die Gemeinde kann aber auch ein Allgemeines Wohngebiet so planen, daß in ihm nur ein- oder zweigeschossige Wohngebäude in Form von Einzelhäusem 183 mit einer Geschoßflächenzahl von 0,4 zulässig sind, welche zudem aufgrund festgesetzter Baulinien relativ große Grenzabstände einhalten müssen. Bereits aus dieser Gegenüberstellung wird deutlich, daß Baugebiete in beplanten Bereichen, obschon derselbe Gebietstyp vorliegt, sich in ihrem Verdichtungsgrad beträchtlich unterscheiden und daher eine ganz unterschiedliche Eigenart haben können 184. Diese Unterschiedlichkeit kann auch im Hinblick auf das Maß an Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber Geräuschimmissionen nicht ohne Auswirkungen bleiben. Das Immissionsniveau ist nämlich in einem hoch verdichteten Allgemeinen Wohngebiet - ungeachtet eines von den dort lebenden MenÄhnlich Feldhaus Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 1993, S. 29 (42). Beispiel in Anlehnung an Fickert/ Fieseler, § 4 BauNVO, Rn. 7.1. 180 Vgl. § 22 li BauNVO. 181 Vgl. § 20 II BauNVO. 182 Vgl. § 23 I u. li BauNVO. 183 Vgl. § 22 li BauNVO. 184 Fickert/Fieseler, § 4 BauNVO, Rn. 7.1. 178

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

sehen verstärkt zu fordernden "Aufeinander-Rücksicht-Nehmens" - naturgemäß höher als in einem dünn besiedelten Allgemeinen Wohngebiet Wenn mehr Menschen auf gleichem Raum zusammenleben, ist ein stärkeres Verkehrsaufkommen (Kfz-Verkehr jedweder Art) regelmäßig unvermeidlich. Wenn mehr Menschen auf gleichem Raum zusammenleben, pflegen Anlagen des Gemeinbedarfs bestimmungsgemäß stärker frequentiert zu werden. So werden zum Beispiel Kinderspielplätze von mehr Kindern und damit intensiver genutzt, Kirchenglocken öfter geläutet1s5. Auch andere Geräusche (z. B. durch Bauhandwerker, Garten- und Hobbygeräte, laute Unterhaltung, Musik, Partygeräusche, Befüllung von Altglascontainern, Hundegebell etc.) treten dann zwangsläufig häufiger, auf engerem Raum und folglich in stärkerer Intensität auf. Wenn sich also eine Gemeinde für die Ausweisung eines hoch verdichteten Allgemeinen Wohngebiets 1s6 entscheidet, etwa um sowohl einen dringenden Wohnbedarf der Bevölkerung (§ 1 V 2 Nr. 2 BauGB, §§ 1, 2 BauGB-MaßnahmenG) zu befriedigen als auch dem Ziel zu genügen, mit Grund und Boden sparsam und schonend umzugehen(§ 1 V 3 BauGB), muß folglich- jedenfalls in aller Regelein höheres Maß an Geräuschimmissionen in Kauf genommen werden als dies in Allgemeinen Wohngebieten, die aufgrund anderer planenscher Entscheidung der Gemeinde nicht so intensiv genutzt werden dürfen, der Fall ist 187. Das gilt nicht nur für die Summe aller Geräuschimmissionen im Wohngebiet (Summenpegel), sondern regelmäßig auch für die auf die einzelne (Gemeinbedarfs-)Anlage zurückführbaren Geräuschimmissionen (Einzelpegel), weil diese Anlagen entsprechend dem Willen der planenden Gemeinde im hoch verdichteten Wohngebiet - eben wie die übrigen Grundstücksflächen auch - entsprechend intensiver genutzt werden dürfen und sollen. Die Zurücksetzung des Lärmschutzes zugunsten anderer in § 1 V BauGB genannter Ziele ist der planenden Gemeinde - in Grenzen - im Rahmen der planensehen Abwägung (§ 1 VI BauGB) gestattet. Folglich ist hier die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG nicht schon dann erreicht, wenn Geräuschimmissionen die in den o.g. Regelwerken angegebenen Immissionsricht- bzw. Orientierungswerte überschreiten. Umgekehrt ist in einem dünn besiedelten Allgemeinen Wohngebiet 1ss die Erheblichkeitsgrenze schon vor Erreichen der in den o.g. Regelwerken angegebenen lmmissionsricht- bzw. Orientierungswerte überschritten. Ebenso wie in einem hoch verdichteten Allgemeinen Wohngebiet die Zurücksetzung des Lärmschutzes ist in einem dünn besiedelten Allgemeinen Wohngebiet die mit dieser Ausweisung 185 Ursächlich hierfür: Mehr Taufen, mehr Trauungen, mehr Todesfälle, erhöhtes allgemeines Gottesdienstangebot 186 Im v.g. Beispielsfall: Sechs- bis achtgeschossige Wohngebäude in Hausgruppen, GFZ 1,2, relativ geringe Grenzabstände. 187 Ebenso OVG Koblenz BauR 1985, 655 (657). 188 Im v.g. Beispielsfall: Ein- bis zweigeschossige Wohngebäude in Form von Einzelhäusern, GFZ 0,4, relativ große Grenzabstände.

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- ausdrücklich oder konkludent - zum Ausdruck kommende planensehe Entscheidung der Gemeinde zugunsten eines verstärkten Lärmschutzes zu respektieren. Das Bundesverwaltungsgericht hat infolgedessen im Ergebnis zu Recht entschieden, daß es eine feste allgemeine Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG für die Geräuschbelastung von Allgemeinen Wohngebieten nicht gibt189 . Für die anderen Gebietsarten i.S. der Baunutzungsverordnungen kann nichts anderes gelten. Denn dem Gesetzgeber des Bundes-Immissionsschutzgesetzes war aufgrund des § 30 I BBauG und der Baunutzungsverordnungen 190 bekannt, daß Baugebiete nicht nur nach der Art der baulichen Nutzung gegliedert sind, sondern zudem nach dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren bzw. überbauten Grundstücksfläche voneinander abweichen 191 • Auch diese Komponenten der bauplanungsrechtlichen Qualifizierung können deshalb bei der Bestimmung der Erheblichkeilsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG nicht unberücksichtigt bleiben. (cc) Zwischenwertbildung im Grenzbereich verschiedener Baugebiete Die in der TA Lärm 192, der AVV Baulärm 193 , der VDI Richtlinie 2058 194, der Neufassung der LAI-Hinweise 195 und der DIN 18005 196 genannten Immissionsricht- bzw. Orientierungswerte sind in einer Art Immissionstreppe an die Baugebietstypen i.S. der Baunutzungsverordnung gekoppelt. Den einzelnen Baugebietsartell werden Immissionspegel zugeordnet, die von Schutzstufe zu Schutzstufe Pegelsprünge von jeweils 5 dB(A) aufweisen. In der Praxis hat sich allerdings herausgestellt, daß sich aufgrund der physikalischen Ausbreitungsgesetzmäßigkeilen des Schalls dort, wo verschiedene Baugebiete aneinandergrenzen, selbst Pegelsprünge von (lediglich) 5 dB(A) nicht realisieren lassen 197 . In diesen Grenzbereichen lassen sich daher die Immissionsricht- bzw. Orientierungswerte selbst dann nicht einhalten, wenn - in einer mit Blick auf § 50 BlmSchG häufig als optimal bezeichneten Gliederung des Gemeindegebiets - lediglich Baugebiete, die der nächsthöheren bzw. nächstniedrigeren Schutzstufe zugeordnet werden, z. B. Allgemeine Wohngebiete und Mischgebiete (mit jeweils durchschnittlichem Verdichtungsgrad), nebeneinander liegen 198 . Ihre Einhaltung ist erst recht nicht möglich, wenn Gebiete neBVerwG ZfBR 1991, 120 (122f.). Baunutzungsverordnung 1962 vom 26. 06. 1962 (BGBI. I 1962,429 ff.); Baunutzungsverordnung 1968 (= Erste Änderungsverordnung) vom 26. 11. 1968, gültig ab 01. 01. 1969 (BGBl. I 1968, 1233 ff., 1237 ff.). 191 Vgl. §§ 16- 23 BauNVO. 192 Fundstelle siehe Fn. 83. 193 Fundstelle siehe Fn. 83. 194 Fundstelle siehe Fn. 84. 195 Fundstelle siehe Fn. 33. 196 Fundstelle siehe Fn. 84. 197 Steinebach, Lärm- und Luftgrenzwerte, S. 133. 189 190

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

beneinander angelegt sind, die sich um mehr als eine Schutzstufe unterscheiden, z. B. Reine Wohngebiete und Gewerbegebiete. In Anbetracht dieses Befunds ist der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zuzustimmen, derzufolge die in der TA Lärm und den anderen Regelwerken festgesetzten Immissionsricht- bzw. Orientierungswerte (auch) in den tatsächlichen Verhältnissen gewisse Schranken ihrer schematischen Beachtlichkeil finden 199. Lassen die Gemeinden Baugebiete von unterschiedlicher Qualität und Schutzwürdigkeit aneinandergrenzen, könnte man erwägen, im Grenzbereich auftretende Immissionskonflikte dadurch zu lösen, daß man entsprechend dem Verursacherprinzip den Betreibern emittierender Anlagen als Geräuschverursacher abverlangt, den für das benachbarte schutzwürdigere Baugebiet anzusetzenden Immissionswert einzuhalten. Damit würden sie so behandelt, als lägen sie mit ihren Grundstücken innerhalb des immissionsempfindlicheren Baugebiets. Das jedoch ist nicht der Fall. Außerdem würde auf diese Weise die Grenzlinie zwischen den Baugebieten faktisch in das weniger immissionsempfindliche Gebiet hinein verschoben und wäre somit nicht mehr identisch mit der Grenzlinie, wie sie die planende Gemeinde im Bebauungsplan gezogen hat. Würde man umgekehrt den Betreibern der emittierenden Anlagen in dieser Situation erlauben, den für das weniger schutzwürdige Baugebiet, in dem sich ihre Grundstücke befinden, anzusetzenden Immissionswert voll auszunutzen, würde die angrenzende Nachbarschaft, die eine immissionsempfindlichere Grundstücksnutzung verwirklicht, so behandelt, als läge sie bereits jenseits der Grenze im weniger schutzwürdigen Gebiet. Das aber entspricht ebenfalls nicht der Realität. Auch bei dieser Lösung würde zudem wieder die Grenzlinie zwischen den Baugebieten faktisch verschoben, diesmal in das immissionsempfindlichere Gebiet hinein, und damit wiederum die von der Gemeinde im Bebauungsplan getroffene Grenzziehung zwischen den Baugebieten unterlaufen. Nutzungskonflikte in Grenzbereichen, in denen Baugebiete von unterschiedlicher Qualität und Schutzwürdigkeit zusammentreffen, lassen sich demgemäß nur dadurch ausgleichen, daß dort jedes der beiden Gebiete eine gewissermaßen abfallende fremde Gebietstendenz hinnimrnt200. Nach Rechtsprechung und Lehre hat dies zur Folge, daß in diesen Bereichen zur Bestimmung der Erheblichkeilsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG die "Bildung einer Art von Mittelwert" erfolgen muß201 . Steinebach aaO. Vgl. BVerwGE 50, 49 (54); BVerwG NVwZ 1985, 186. 2oo BVerwG Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 26 S. 16 (23); OVG Lüneburg GewA 1979, 345 (347); VGH Kassel NVwZ 1993, 1004 (1006). 2o1 BVerwG Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 26 S. 16 (23); BVerwGE 50,49 (54 f.); 51, 15 (31); BVerwG DVBJ. 1976, 784 (785); BayVBI. 1977, 769 (771); ZfBR 1983, 95 (96 f.); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 196 S. 51 (54); BVerwG NVwZ 1984, 646 (647); NVwZ 1986, 642 (643); NVwZ 1985, 186; NVwZ 1989, 257; NVwZ 1991, 64 (65); BVerwG Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 119 S. 105 (106); BVerwGE 98, 235 (244); BGHZ 121, 248 (254); BGH NJW 1995, 132 (133); OVG Harnburg BauR 1992, 356 (360 f.); VGH Mannheim VBIBW 1982, 137 (139); BauR 1992, 45 (47); OVG Münster NVwZ 1991, 900 198

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Die Bildung eines "Mittelwerts" reicht jedoch nicht aus. Vielmehr müssen - im Hinblick auf den äquivalenten Dauerschallpegel (Mittelungspegel) und die auftretenden Geräuschspitzen (Maximalpegel) sowie den Zeitpunkt der Geräuschbelastung202- gleich mehrere "Mittelwerte" gebildet werden. Das setzt voraus, daß zunächst in einem ersten Schritt in (nicht schematischer) Orientierung an den v.g. Regelwerken im Hinblick auf die Gesamtgeräuschbelastung einzelfallbezogen Immissionswerte für jedes der beiden einander benachbarten Baugebiete und alsdann auf dieser Basis in einem zweiten Schritt für den Grenzbereich Immissionswerte festgelegt werden, die "zwischen" diesen Werten liegen. "Bildung einer Art von Mittelwert" bedeutet folglich ,,Festlegung von Zwischenwerten". Die Festlegung der Zwischenwerte kann nach einhelliger Auffassung infolge entgegenstehender physikalisch-mathematischer Gesetzmäßigkeiten der Schallausbreitung nicht durch rechnerische Interpolation der für die benachbarten Gebiete jeweils anzusetzenden Immissionswerte erfolgen203 . Entgegen einer in Rechtsprechung und Lehre weit verbreiteten Ansicht204 kann die Festlegung der Zwischenwerte aber auch nicht unter Rückgriff auf das Rücksichtnahmegebot und somit durch eine damit zwangsläufig verbundene Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden. Damit würde nämlich in Grenzbereichen von Baugebieten unterschiedlicher Qualität und Schutzwürdigkeit zur Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG in eine umfassende Güter- bzw. Interessenahwägung eingetreten. Weshalb eine solche zur Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze jedoch nicht in Betracht kommt, wurde bereits begründet205 . (901); VGH Kassel NVwZ 1993, 1004 (1005); VGH München NVwZ-RR 1990, 549 (550); BayVBl. 1994, 113 (115); Bender/Sparwasser!Engel, S. 342; Jarass, § 3 Rn. 44; ders. DVBI. 1983,725 (730); Engelhardt, § 1 Rn. 11; Hoppe/Beckmann, S. 402; SendlerWiVerw 1977,94 (108); Steinberg, S. 34; L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 15c. 202 Hierzu siehe nachfolgend B II 4 c (3). 203 BVerwG Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 119 S. 105 (106); BVerwG NVwZ 1985, 186; BGHZ 121, 248 (254); BGH NJW 1995, 132 (133); VGH Kassel NVwZ 1993, 1004 (1005); OVG Münster NVwZ 1991, 900 (901); VGH München NVwZ-RR 1990, 549 (550); VG München UPR 1982, 100 (101); Jarass, § 3 Rn. 44; Koch, in: Koch, Leche1t (Hrsg.), Zwanzig Jahre Bundes-Immissionsschutzgesetz, S. 33 (52); ders., Immissionsschutz durch Baurecht, S. 145; Bender!Sparwasser!Engel, S. 342 (Fn. 79); Mampel, Rn. 1294; L-RKutscheidt, § 3 Rn. 15c. 204 BVerwGE 50, 49 (54 f.); BVerwG ZffiR 1983, 95 (96 f.); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 196 S. 51 (54); BVerwG NVwZ 1984, 646 (647); NVwZ 1985, 186; NVwZ 1986, 642 (643); NVwZ 1989, 257; NVwZ 1991, 64 (65); BVerwG Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 119 S. 105 (106); VGH München NVwZ-RR 1990,549 (550); VGH Mannheim VBlBW 1982, 137 (139); BauR 1992, 45 (46 f.); OVG Harnburg BauR 1992, 356 (360 f.); VGH Kassel NVwZ 1993, 1004 (1005); Sendler WiVerw 1977, 94 (108); Ritter NVwZ 1984, 609 (613); Engelhardt, § 1 Rn. 11; Bender/Sparwasser/Engel, S. 342; Hoppe/Beckmann, S. 402; Koch, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (56); Mampel, Rn. 1292 f. Zur "Bildung einer Art von Mittelwert" ohne Rekurs auf das Rücksichtnahmegebot: BVerwG Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 26 S. 16 (23). 2os Siehe oben B II 4 b.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Ein weiteres Argument gegen den Rückgriff auf das in den§§ 31 II, 34 I 1, 35 II u. 111 BauGB, 15 I 2 BauNVO angelegte Gebot der Rücksichtnahme206 bei der Zwischenwertbildung folgt aus der Regel "Iex specialis derogat legi generali" und der Tatsache, daß das Rücksichtnahmegebot - das nicht nur vor bestimmten Immissionen i. S. d. § 3 II BimSchG, sondern auch vor anderen, nicht vom BundesImmissionsschutzgesetz erfaßten Beeinträchtigungen schützt207 - nach zutreffender Ansicht in den Regelungen des § 5 I Nr. 1 i.V.m. § 3 I u. II BimSchG für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen und des § 22 I 1 i.V.m. § 3 I u. II BimSchG für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen spezielle gesetzliche Ausprägungen gefunden hat208. Es spricht nämlich alles dafür, daß gemäß § 22 I 1 BimSchG immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen nicht nur die "gebotene Rücksicht" nehmen, wenn durch ihre Errichtung und ihren Betrieb keine schädlichen Umwelteinwirkungen, d. h. keine erheblichen Nachteile und keine erheblichen Belästigungen hervorgerufen werden, sondern auch bzw. schon dann, wenn insoweit nach dem Stand der Technik vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen verhindert und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Die Alternative, die darin bestünde, die Zwischenwerte und somit die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG nach dem Rücksichtnahmegebot zu bestimmen, hätte zur Konsequenz, daß § 22 I 1 BimSchG die Errichtung und den Betrieb nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen in bestimmten Fällen auch bei Rücksichtslosigkeit gestatten würde. Es kann ernsthaft nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber eine Vorschrift mit einem solchen Inhalt geschaffen hat209 . 206 Vgl. BVerwGE 82, 343 (347); BVerwG UPR 1996, 309 (310); NVwZ 1986, 642 f.; Leder/Scholtissek, § 15 BauNVO, Er!. 1; GK-BimSchG-Koch, § 3 Rn. 63; ders. , in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Länn, S. 41 (50 f.). 207 Z.B. vor der erdrückenden Wirkung einer benachbarten baulichen Anlage (vgl. BVerwGE 68, 58 (60 f.)). 2os Vgl. BVerwGE 68, 58 (60); 74, 315 (326); 80, 184 (189); 98, 235 (246 f.); BVerwG UPR 1996, 309 (310); BVerwG Buchholz 406.12 § 15 BauNVO Nr. 22 S. 10 (14); BVerwG UPR 1993, 221; NVwZ 1988, 1019 (1020); NJW 1984, 250; OVG Berlin NVwZ 1984,738 (739); VGH Mannheim NVwZ 1990, 985 (987); GewA 1995, 211 (214); OVG Münster NVwZ 1991, 900 (901); OVG Lüneburg NVwZ-RR 1994, 555; Seiler, S. 111 ff.; Dürr NVwZ 1985, 719 (722); Papier, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Länn, S. 129 (132); ders. NVwZ 1986, 624 (626); Breuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 433 (532); Marburger, Gutachten C zum 56. DJT, S. 26; Hoppe/Grotef els, S. 301; Schlotterbeck NJW 1991, 2669 (2674); Schink DVBI. 1992, 515 (519). .Krit. hierzu GK-BimSchG-Koch, § 3 Rn. 63; ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Länn, S. 41 (46 f.); Classen JZ 1993, 1042 (1046); Sellner/LöwerWiVerw 1980,221 (241 ff.). 209 Dieses Dilemma wird erkannt von Koch, Immissionsschutz durch Baurecht, S. 182. Dem Dilemma ist - bei Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots bzw. bei Ablehnung der Ansicht, die§ 22 I I i.V.m. § 3 I u. II BimSchG als spezialgesetzliche Ausprägung des Rücksichtnahmegebots interpretiert de lege lata nicht zu entrinnen. Koch (aaO.) bleibt denn auch nur der Ruf nach dem Gesetzgeber.

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Bei der Zwischenwertbildung spielen folglich andere Kriterien als das Rücksichtnahmegebot die entscheidende Rolle. Auf der einen Seite ist daran zu erinnern, daß das menschliche Ohr eine Veränderung der Lautstärke eines Geräuschs erst bei einer Pegeländerung von 3 dB(A) wahrnimme 10, so daß gegenüber Zwischenwerten, die lediglich um bis zu 3 dB(A) höher liegen als die für das schutzwürdigere der benachbarten Baugebiete anzusetzenden Werte, keine Bedenken bestehen. Auf der anderen Seite endet der Spielraum für die Zwischenwertbildung in jedem Falle dort, wo die Geräuschimmissionen in den Bereich der Gesundheitsgefahrdung einmünden211 • Liegen Baugebiete nebeneinander, die sich bei Zugrundelegung des Immissionsriebt- bzw. Orientierungswertesystems der einschlägigen Regelwerke um mehr als eine Schutzstufe unterscheiden, so wird zum Teil die Ansicht vertreten, daß die Grenzen der Zwischenwertbildung grundsätzlich erreicht seien, wenn die Zwischenwerte um 5 dB(A) über den für das schutzwürdigere Baugebiet anzusetzenden Immissionsrichtwerten lägen, weil ansonsten das Gebietskontinuum dieser Regelwerke sachwidrig untergraben würde212 . Zwingend ist dieses Argument jedoch nicht213 . Im Gegenteil, eine derartige Argumentation läuft sogar tendenziell auf eine - nicht zu befürwortende - schematische Anwendung der Regelwerke hinaus214. In derartigen Fällen erscheint es vielmehr sachgerecht- sofern sich die benachbarten Baugebiete in ihrer Schutzwürdigkeit deutlich (genug) unterscheiden, die Bebauungsplanung gleichwohl nicht nichtig ist und keine Gesundheitsgefahren zu besorgen sind-, die Grenze für die Zwischenwertbildung erst bei Zwischenwerten von etwa 10 dB(A) über den Immissionswerten des schutzwürdigeren Baugebiets zu ziehen. Damit ist einerseits sichergestellt, daß die Immissionsbelastung an keinem der üblichen Immissions(meß)orte 215 mehr als doppelt so hoch sein darf wie an den anderen üblichen Irnmissions(meß)orten desselben Baugebiets, da eine Pegeländerung um 10 dB(A) als Verdopplung bzw. Halbierung der Lautstärke empfunden wird216. Andererseits wird durch die so gezogene Grenze noch hinreichend Flexibilität eröffnet, um "Vorbelastungen" angemessen Rechnung tragen zu können217 . 210 Jarass, § 3 Rn. 52; Fickert/Fieseler, § 15 BauNVO, Rn. 15.1; Krell, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 61 (65). 211 Ebenso VG München UPR 1982, 100 (101); Koch, Immissionsschutz durch Baurecht, S. 47. 212 Koch, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (56 f.); ders., Immissionsschutz durch Baurecht, S. 46 f.; VG München UPR 1982, 100 (101); offen gelassen: VGH München UPR 1986, 32 (33) . m Vgl. Steinebach BauR 1983, 393 (396). 214 Ähnlich Ritter NVwZ 1984, 609 (613). 215 l.d.R. 0,5 m vor dem geöffneten Fenster, vgl. Ziff. 2.421.1 TA Lärm, Ziff. 6.3.1 AVV Baulärm, Ziff. 4.2 VDI Richtlinie 2058. 216 Fickert! Fieseler, § 15 BauNVO, Rn. 15.1; Sellner, Rn. 36; Becher DWW 1994, 130 (131); Mampel, Rn. 1152i VG München UPR 1982, 100 (101).

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

(b) Unbeplanter oder einfach beplanter Innenbereich

Die bauplanungsrechtliche Qualifizierung des Gebiets ist auch in unbeplanten und in einfach beplanten Innenbereichen unter dem Gesichtspunkt der Prägung der "örtlichen Verhältnisse" neben etwa gegebenen Vorbelastungen als maßgebliches Kriterium bei der Abgrenzung zwischen unerheblichen und erheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen i. S. d. § 3 I BlmSchG heranzuziehen. Die Gründe dafür sind im wesentlichen identisch mit denjenigen, die im vorangegangenen Abschnitt zur Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG im qualifiziert beplanten Innenbereich erläutert sind. Sie lassen sich auch hier anführen. Dem Gesetzgeber des Bundes-Immissionsschutzgesetzes war aufgrund der §§ 30 II, 34 BBauG und der Baunutzungsverordnungen218 bekannt, daß auch nicht qualifiziert beplante Innenbereiche sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbauten bzw. überbaubaren Grundstücksflächen unterscheiden, so daß man deshalb davon ausgehen kann, daß das Immissionsniveau auch hier in verschiedenen Gebieten unterschiedlich hoch sein soll. In nicht qualifiziert beplanten Innenbereichen läßt sich die Art der statthaften baulichen Nutzung möglicherweise dem einfachen Bebauungsplan entnehmen (§ 30 II BauGB). Existiert kein Bebauungsplan oder trifft der einfache Bebauungsplan hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung keine Festsetzungen, muß geprüft werden, ob die Eigenart der näheren Umgebung des Immissions(meß)orts aufgrund der historischen Entwicklung des Baugebiets einem Gebietstyp i.S. der Baunutzungsverordnung entspricht. Die statthafte Art der baulichen Nutzung ist dann gemäß § 34 II BauGB nach der Baunutzungsverordnung festzustellen. Ist die statthafte Art der baulichen Nutzung ermittelt, so ergibt sich auch in diesen Bereichen anband der TA Lärm, der AVV Baulärm, der VDI Richtlinie 2058, der LAI-Hinweise und der DIN 18005 ein erster ungefährer Anhaltspunkt für den Verlauf der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG. Alsdann ist es erforderlich, den Verdichtungsgrad des Baugebiets in den Blick zu nehmen und zu berücksichtigen, daß die Gesamtgeräuschbelastung in hoch verdichteten Baugebieten höher ist als in einem dünn besiedelten Baugebiet derselben Gebietsart und § 3 I BlmSchG dies "akzeptiert" hat219• Tritt der Immissionskonflikt im Grenzbereich des - einfach beplanten oder faktischen - Baugebiets zu einem anderen Gebiet auf, muß auch hier eine "gewissermaßen abfallende fremde Gebietstendenz" 220 hingenommen und die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG nach den Grundsätzen der Zwischenwertbildung festgelegt werden221 . 217 Zum Einfluß von "Vorbelastungen" auf die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BirnSchG siehe nachfolgend B II 4 c (2). 21s Baunutzungsverordnung 1962 vorn 26. 06. 1962 (BGBI. I 1962,429 ff.); Baunutzungsverordnung 1968 (=Erste Änderungsverordnung) vorn 26. 11. 1968, gültig ab 01. 01. 1969 (BGBl. I 1968, 1233 ff., 1237 ff.). 219 Siehe oben B II 4 c (1) (a) (bb). 22o BVerwG Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 26 S. 16 (23); OVG Lüneburg GewA 1979, 345 (347); VGH Kassel NVwZ 1993, 1004 (1006).

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Nach den Grundsätzen der Zwischenwertbildung ist in nicht qualifiziert beplanten Innenbereichen auch dann die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG zu ziehen, wenn sich die statthafte Art der baulichen Nutzung nicht aus einem einfachen Bebauungsplan (§ 30 II BauGB) ergibt, sich die nähere Umgebung, in der der Immissionskonflikt auftritt, von ihrer Eigenart her keinem Baugebietstyp i.S. der Baunutzungsverordnung zuordnen läßt und folglich die statthafte Art der baulichen Nutzung auch nicht nach § 34 II BauGB i.V.m. der Baunutzungsverordnung beurteilt werden kann, die nähere Umgebung aber - in Orientierung an der Typisierung der Gebietsarten in den §§ 2 - 9 BauNVO, die eine sachverständige Konkretisierung moderner städtebaulicher Planungsgrundsätze darstellen222 - in verschiedene Teilbereiche aufgliederbar ist223 . Die Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG nach den Grundsätzen der Zwischenwertbildung scheidet im unbeplanten Innenbereich jedoch dann aus, wenn die Feststellung der Gebietselemente der näheren Umgebung, in der der Immissionskonflikt auftritt, ein völlig diffuses Bild ergibt. In diesen Fällen, in denen sich die bauplanungsrechtliche Qualifizierung des Gebiets ausschließlich nach § 34 I BauGB richtet und in denen weder vorwiegend emittierende noch vorwiegend immissionsempfindliche Grundstücksnutzungen zu verzeichnen sind, bieten die Immissionsricht- bzw. Orientierungswerte der einschlägigen Regelwerke für Kern-, Misch- und Dorfgebiete einen ersten groben Anhalt für die Feststellung der Erheblichkeit von Nachteilen bzw. Belästigungen i. S. d. § 3 I BimSchG. Unter dem Gesichtspunkt der Prägung der örtlichen Verhältnisse sind jedoch auch hier desweiteren der Verdichtungsgrad des Gebiets224 sowie Vorbelastungen225 in Betracht zu ziehen.

(c) Außenbereich Im Außenbereich ist zur Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG zunächst ebenfalls die bauplanungsrechtliche Qualifizierung des Gebiets in den Blick zu nehmen, die sich hier aus § 35 BauGB ergibt. In Anbetracht dessen, daß im Außenbereich bauplanungsrechtlich prinzipiell mögliche Grundstücksnutzungen ihrer Art nach äußerst vielgestaltig sein und insbesondere in Bezug auf Geräuschempfindlichkeit und Geräuschverursachung gravierende Unterschiede aufweisen können - zu denken ist etwa an ein Sanatorium auf der einen und an Siehe oben B II 4 c (1) (a) (cc). BVerwGE 32, 31 (35 f.); 68, 360 (368); 75, 34 (42); BVerwG BauR 1975, 29 (33); NVwZ 1987, 1078 (1079); DVBI. 1993, 658 (660); DVBI. 1995, 515 (516); VGH Mannheim VBIBW 1996, 105 (106). 223 Vgl. BVerwG Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 26 S. 16 (22 f.): Bildungzweier "Hälften". 224 Siehe oben B li 4 c (1) (a) (bb). 225 Zum Einfluß von "Vorbelastungen" auf die Erheblichkeitsgrenze 1. S. d. § 3 I BlmSchG siehe nachfolgend B II 4 c (2). 221 222

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

einen Truppenübungsplatz auf der anderen Seite, die beide je für sich nach § 35 I Nr. 5 BauGB sogar privilegiert zulässig sein können -, gibt eine abstrakte Betrachtung des § 35 BauGB allerdings noch keinen deutlichen Hinweis darauf, bei welcher Gesamtgeräuschbelastung die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG erreicht ist. Es liegt auf der Hand, daß Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Außenbereichs davon abhängen, welche der nach § 35 BauGB dort statthaften Grundstücksnutzungen vor Ort jeweils verwirklicht sind. § 35 BauGB ist für die Feststellung der Erheblichkeitsschwelle jedoch insoweit von Bedeutung, als er zwischen privilegierten Vorhaben (Abs. 1) und nicht privilegierten Vorhaben (Abs. 2) differenziert226. Die privilegiert zulässigen baulichen Nutzungen hat der Gesetzgeber selbst für den Außenbereich "sozusagen generell geplant"227 . Ihnen kommt deshalb nach einhelliger Ansicht gegenüber entgegenstehenden öffentlichen Belangen eine gesteigerte Durchsetzungskraft zu228 . Diese im Baugesetzbuch normierte gesteigerte Durchsetzungskraft privilegierter Außenbereichsvorhaben darf nicht durch die von § 3 I BlmSchG geforderte Abgrenzung zwischen unerheblichen und erheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen konterkariert werden. Falls im Außenbereich privilegierte und nicht privilegierte Grundstücksnutzungen zusammentreffen, verläuft die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG daher grundsätzlich so, daß sich die privilegierte Nutzung dort sinnvoll verwirklichen läßt. Die Erheblichkeitsgrenze ist deshalb zum Beispiel regelmäßig bei Mittelungspegeln von etwa 45 dB(A) I tags und etwa 35 dB(A) I nachts229 und bei nächtlichen Maximalaußenpegeln von mehr als 45 dB(A)230 erreicht, wenn in einem nicht vorbelasteten Außenbereich ein Sanatorium mit Kuranlage als privilegiertes Vorhaben angesiedelt ist, während sie beispielsweise erst bei mehr oder weniger deutlicher Überschreitung der in den einschlägigen Regelwerken für Gewerbegebiete angegebenen Immissionsricht- bzw. Orientierungswerte tangiert ist, wenn im Außenbereich ein Truppenübungsplatz privilegiert zulässig ist231 .

Im Konfliktfeld zwischen Sportanlagen und Wohnnachbarschaft wirkt sich die Differenzierung des § 35 BauGB zwischen privilegierten und nicht privilegierten Grundstücksnutzungen bei der Feststellung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG zugunsten der Wohnnutzung aus, wenn diese im Außenbereich privilegiert ist - weil sie einem land- oder forstwirtschaftliehen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt (§ 35 I Nr. 1 BauGB), als 226 Vgl. Koch, Immissionsschutz durch Baurecht, S. 164; vgl. ferner BVerwGE 52, 122 (126); VGH München BayVBI. 1994, 721. 227 BVerwGE 28, 148 (150); BVerwG DVBI. 1969, 263 (264); DVBI. 1971, 746 (748); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 109 S. 83 (87); BVerwG ZffiR 1983, 95 (96). 228 St. Rspr. des BVerwG seit BVerwGE 28, 148 (151 f.); Emst/Zinkahn/ Bielenberg, § 35 BauGB, Rn. 153 f. 229 Vgl. Ziff. 2.321 lit. f TA Lärm; Ziff. 3.1.1. lit. f AVV Baulärrn; Ziff. 3.3.1 lit. f VDI Richtlinie 2058. 230 Zum Schutz vor nächtlichen Geräuschspitzen siehe nachfolgend B II 4 c (3) (a). 23t Vgl. BVerwGE 88, 210 (217 f.).

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Altenteilerhaus eines ehemaligen land- oder forstwirtschaftliehen Betriebs die Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 I Nr. 2 BauGB erfüllt oder einer Landarbeiterstelle dient (§ 35 I Nr. 3 BauGB) -und einer nach § 35 II BauGB zu beurteilenden nicht privilegierten Sportanlage benachbart ist. In diesen Fällen werden regelmäßig die in den einschlägigen Regelwerken für Dorfgebiete, bei endgültiger Aufgabe aller land- oder forstwirtschaftliehen Betriebe möglicherweise auch die darin für Allgemeine Wohngebiete angegebenen Immissionsricht- bzw. Orientierungswerte einen Anhalt für den Verlauf der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG geben können. Im umgekehrten Fall, in dem sich in der Nähe einer im Außenbereich nicht privilegierten Wohnnutzung (z. B. eines Wochenendhauses 232) eine privilegiert zulässige Sportanlage befindet, ist die Erheblichkeitsgrenze hingegen deutlich höher und zugunsten der am Sport Interessierten verschoben. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen eine Sportanlage im Außenbereich eine privilegierte Grundstücksnutzung darstellt. Inkurs: Privilegierung von Sportanlagen im Außenbereich nach § 35 I Nr. 5 BauGB

Nach § 35 I Nr. 5 BauGB 233 ist ein Vorhaben im Außenbereich privilegiert zulässig, wenn es wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - die Sportanlagen im Außenbereich bislang zumeist nicht als privilegierte Vorhaben qualifiziert234 und lediglich den Bau eines fensterlosen Schuppens eines Vereins für Angelfischerei 235 und die Errichtung eines an mehrere Vereine und an einen Landesjagdverband zu vermietenden privaten Schießstandes236 als nach § 35 I Nr. 5 BauGB privilegiert zulässig angesehen hat - ist das Tatbestandsmerkmal, ob ein Vorhaben "nur im Außenbereich ausgeführt werden soll", in zwei Stufen zu prüfen: Zunächst ist zu untersuchen, ob das Vorhaben nach den konkreten Verhältnissen im - beplanten oder unbeplanten - Innenbereich der jeweiligen Gemeinde sinngerecht nur im Außenbereich untergebracht werden kann237 . Ist die "Außenbereichsadäquanz"238 im kon232 BVerwG BBauBI. 1962, 635 f.; BVerwGE 18, 247 (248); BVerwG Buchholz 406.ll § 35 BBauG Nr. 109 S. 83 (86 f.); BVerwGE 48, 109 (115 f.). 233 Alle übrigen Privilegierungstatbestände des § 35 I BauGB scheiden von vornherein aus. 234 BVerwG DÖV 1990, 476 f. (Sportboothafen); NVwZ 1991, 878 f. (Tennisplätze); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 274 S. 69 ff. (Hundesportplatz); BVerwG Buchholz 406.ll § 35 BauGB Nr. 276 S. 72 f. (Golfübungsplatz mit A.bschlaghütte); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 278 S. 73 f. (Golfplatz). 235 BVerwG BauR 1978, ll8 ff. 236 BVerwG RdL 1979, 34 ff.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

kreten Fall zu bejahen, muß, um zu einer Privilegierung nach § 35 I Nr. 5 BauGB zu gelangen, hinzukommen, daß das Vorhaben im Außenbereich überhaupt ausgeführt werden soll. Dies setzt voraus, daß sich hinreichend gewichtige Gründe, insbesondere ein überwiegendes allgemeines Interesse, für die Realisierung des Vorhabens anführen lassen, die geeignet sind, seine Bevorzugung gegenüber anderen Vorhaben, die ebenfalls "Außenbereichsadäquanz" vorweisen können, in Richtung auf den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) im Hinblick auf die § 35 BauGB zugrundeliegende Zweckbestimmung des Außenbereichs, naturgegebene Bodennutzung durch Land- und Forstwirtschaft zu ermöglichen und dem allgemeinen Bedürfnis nach Erholung in der freien, d. h. grundsätzlich unverbauten Natur zu dienen, zu rechtfertigen 239 • Im Urteil zum Bau eines fensterlosen Schuppens eines Vereins für Angelfischerei sieht das Bundesverwaltungsgericht das die Privilegierung rechtfertigende überwiegende allgemeine Interesse darin, daß dem Verein im öffentlichen Interesse (landes-)gesetzlich geboten ist, den Fischbestand in dem von ihm gepachteten Baggersee zu erhalten und zu hegen, und der Schuppen zur Erfüllung dieser Pflicht erforderlich ist240. Im "Schießstand-Urteil" leitet das Gericht für eine Privilegierung hinreichend gewichtige Gründe daraus ab, daß der Schießsport als Sport grundsätzlich förderungswürdig ist, daß ein allgemeines Interesse daran besteht, Jägern und anderen zur Führung von Schußwaffen berechtigten Personen die Möglichkeit zu Schießübungen zu geben und die Anlage gleich an mehrere Vereine und an einen Landesjagdverband vermietet werden sol1241 • In beiden Fällen wird anband einer vorhabenbezogenen Bewertung242 die Frage der Privilegierung entschieden. In den Fällen, in denen das Bundesverwaltungsgericht Sport- und anderen Freizeitanlagen eine Privilegierung nach § 35 I Nr. 5 BauGB versagt, wird demgegenüber argumentiert, an der Rechtfertigung der Bevorzugung des Vorhabens in Richtung auf den Gleichheitssatz fehle es immer dann, wenn gegenüber dem Bedürfnis der Allgemeinheit nach Erholung in der freien Natur individuelle Erholungs- und Freizeitwünsche oder gewerbliche Nutzungsabsichten bevorzugt werden243 • Diese Argumentation und die zusätzliche Feststellung, daß eine Befriedigung individuel237 BVerwG NVwZ 1991, 878 (879); RdL 1979, 34 (35); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 128 S. 30 (33); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 127 S. 24 (27 f.). 238 Mößle BayVBI. 1991, 609 (610). 239 Vgl. BVerwGE 48, 109 (115 f.); BVerwG BauR 1978, 118 (120); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 152 S. 84 (85); BVerwG DÖV 1990, 476; BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 274 S. 69 (70); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 276 S. 72; BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 292 S. 2 (3); Mößle BayVBI. 1991,609 (610). 240 BVerwG BauR 1978, 118 (120 f.). 241 BVerwG RdL 1979, 34 (35). 242 Vgl. Mößle BayVBI. 1991,609 (613). 243 Vgl. BVerwG DÖV 1990, 476; BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 274 S. 69 (70); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 292 S. 2 (3); vgl. ferner BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 276 S. 72 f.

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ler bzw. spezieller Erholungs- und Freizeitwünsche selbst dann vorliege, wenn die Anlage von einem Verein betrieben werde, dessen Mitgliedschaft jedermann offenstehe244, oder die Benutzung der Anlage unabhängig von irgendeiner Clubmitgliedschaft jedermann gegen Entgelt gestattet sei245 , führen dann dazu, die Zulässigkeil dieser Sportanlagen-ohne (weitere) Prüfung ihrer Wertigkeit im konkreten Fall - allesamt nach § 35 II BauGB zu beurteilen. Dieser Rechtsprechung vermag nicht beigetreten zu werden. Zum einen hätte mit dem in den zuletzt genannten Fällen als allein ausschlaggebend angesehenen Argument der Befriedigung individueller bzw. spezieller Erholungs- und Freizeitwünsche konsequenterweise auch dem Schuppen des Vereins für Angelfischerei246 und dem an mehrere Vereine und an einen Landesjagdverband zu vermietenden Schießstand247 die Privilegierung versagt werden müssen. Auch diese beiden Vorhaben dienen nämlich nicht der Erholung der Allgemeinheit in der freien Natur, sondern der Befriedigung individueller bzw. spezieller Erholungs- und Freizeitwünsche. Zum andem wäre überhaupt keine Sportanlage mit "Außenbereichsadäquanz" mehr denkbar, die nicht der Befriedigung individueller bzw. spezieller Erholungs- und Freizeitwünsche dienen würde und folglich nach Art. 35 I Nr. 5 BauGB privilegiert sein könnte. Das aber widerspräche dem Willen des Gesetzgebers, der es ausdrücklich befürwortet hat, daß im Außenbereich im Einzelfall bestimmte Sportanlagen als privilegierte Vorhaben nach § 35 I Nr. 5 BauGB zulässig sein können248. Das Bundesverwaltungsgericht scheint zwischenzeitlich einzusehen, daß die Verwirklichung individueller bzw. spezieller Erholungs- und Freizeitwünsche für die Frage einer Privilegierung nach § 35 I Nr. 5 BauGB nicht - jedenfalls nicht allein - ausschlaggebend sein kann. In seiner jüngsten Rechtsprechung führt es aus, daß die Verfolgung individueller Interessen die Privilegierung eines Vorhabens nach § 35 I Nr. 5 BauGB nicht ausschließe, wenn die Verwirklichung des Vorhabens zugleich auch im überwiegenden allgemeinen Interesse liege249 . Damit kehrt das Gericht - methodisch zutreffend250 - zur Prüfung eines Gesichtspunkts zurück, den es bereits in mehreren Fällen zur Rechtfertigung einer Privilegierung nach § 35 I Nr. 5 BauGB herangezogen hat251 . Dieser Gesichtspunkt wird gewiß nicht 244 Vgl. BVeJWG BauR 1978, 118 (120 f.). Das BundesveJWaltungsgericht trat der EIWägung der Vorinstanz, das Vorhaben diene immerhin einer ,,relativen Allgemeinheit", nicht bei. 245 V gl. B VeiWG Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 276 S. 72 f. 246 BVeiWG BauR 1978, 118 ff. 247 BVeiWG RdL 1979, 34 ff. 248 BT-Drs. 10/6166, S. 120 f. u. 142 f. 249 BVeiWGE 96, 95 (105); allerdings wird in BVeiWG UPR 1996, 29 wieder die Linie der in Fn. 234 zitierten Entscheidungen vertreten. 250 Vgl. Mößle BayVBI. 1991, 609 ( 613). 251 Vgl. BVeiWG RdL 1979, 34 (35); BauR 1978, 118 (120); BVeiWG Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 127 S. 24 (29).

5 Herr

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in jedem Fall zu bejahen sein, er muß jedoch in jedem Falle geprüft werden, auch wenn die Anlage - tatsächlich oder nur vermeintlich - lediglich der Befriedigung individueller bzw. spezieller Erholungs- und Freizeitwünsche dient. Die Prüfung dieses Gesichtspunkts führt bei einer Sportanlage (mit Außenbereichsadäquanz) zu einer Privilegierung nach§ 35 I Nr. 5 BauGB, wenn sie singulären Charakter hat252 . Sie darf jedenfalls nach Art, Ausmaß oder Zweckbestimmung so oder ähnlich nicht auch in einer Vielzahl anderer Gemeinden im Außenbereich gerne verwirklicht werden wollen253 . Es darf sich mithin im Falle einer Privilegierung keine Entwicklung mit erheblicher Breitenwirkung abzeichnen254. Es müssen folglich für die konkrete Sportanlage besondere Gründe angeführt werden können, d. h. solche, die sich nicht auch für (fast) alle anderen Sport- und Freizeitanlagen ebensogut ins Feld führen lassen. Ansonsten würde der Außenbereich nach Schaffung des ersten Bezugsfalls innerhalb kurzer Zeit mit einer Fülle von Sport- und Freizeitanlagen überzogen. Eingedenk der Zweckbestimmung des gesamten § 35 BauGB, den Außenbereich grundsätzlich von Bebauung freizuhalten255, darf auch § 35 I Nr. 5 BauGB nicht zu einer mehr als nur vereinzelten Bebauung des Außenbereichs führen. Die Vorschrift kann deshalb nicht Privilegierungstatbestand für Sportanlagen sein, für die üblicherweise bei einer die "voraussehbaren Bedürfnisse" (vgl. § 5 I 1 BauGB) berücksichtigenden Bauleitplanung Standorte ausgewiesen zu werden pflegen256 . Besondere Gründe für die Privilegierung einer Sportanlage257 könnten beispielsweise sein, daß sie als Olympiastützpunkt oder Bundesleistungszentrum dem Spitzensport dient258 , daß sie (auch) zur Durchführung (inter)nationaler Großveranstaltungen benötigt wird259 oder daß sie lediglich an gleicher Stelle schon vorhandene und bestandskräftig genehmigte Sportanlagen nachfragegerecht ergänzt. In diesen Fällen könnten die Sportanlage nach § 35 I Nr. 5 BauGB privilegiert zulässig und folglich bei benachbarter nicht privilegierter Wohnnutzung die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG zugunsten der Sportanlage verschoben sein. Eine abstrakt-generelle Aussage hinsichtlich einer Privilegierung ist aber auch hier nicht möglich. Maßgebend ist stets das konkrete Vorhaben selbst und sein Wert im Verhältnis zur ,,Masse" der übrigen Vorhaben mit Außenbereichsadäquanz und zu der in § 35 BauGB insgesamt zum Ausdruck kommenden Zweckbestimmung des Außenbereichs. Vgl. BVerwGE 96, 95 (104). Vgl. BVerwGE 96, 95 (104 f.). 254 Vgl. BVerwGE 96,95 (107). 255 So ausdrücklich (zu§ 35 BBauG) BVerwGE 18, 242 (246); 34, 1 (3). 256 Vgl. BVerwGE 96, 95 (104). 257 Vgl. hierzu auch Mößle BayVBI. 1991, 609 (613). 258 In der Bundesrepublik Deutschland gibt es derzeit 20 Olympiastützpunkte und 44 Bundesleistungszentren (vgl. 8. Sportbericht der Bundesregierung, BT-Drs. 1311114, S. 27 u. 31). 259 Z.B. Oberstdorfer Skiflugschanze (nach Mößle aaO.). 252

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(2) Prägung der örtlichen Verhältnisse durch Vorbelastungen des Gebiets

Bei der Beantwortung der Frage, wann Geräuschimmissionen von nicht schädlichen in schädliche Umwelteinwirkungen (§ 3 I BlmSchG) umschlagen, kann neben der bauplanungsrechtlichen Qualifizierung des Gebiets als weiterer Abgrenzungsfaktor eine Rolle spielen, daß das immissionsbetroffene Grundstück vorbelastet ist260. Bevor untersucht werden kann, in welcher Weise sich Vorbelastungen auf die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG auswirken, muß geklärt werden, was in Bezug auf Geräuschimmissionen unter "Vorbelastungen" zu verstehen ist. (a) Begriffsbestimmung

Mit dem Begriff der "Vorbelastungen" wird in Bezug auf Geräusche zum einen die Gesamtgeräuschbelastung bezeichnet, welcher ein immissionsbetroffenes Grundstück ausgesetzt war bzw. ausgesetzt ist, bevor durch die Inbetriebnahme einer neuen emittierenden Anlage oder durch die Änderung einer bereits vorhandenen emittierenden Anlage weitere Geräuschbelastungen hinzugetreten sind bzw. hinzutreten. Nachfolgend wird diesbezüglich von (Geräusch-) Vorbelastungen im weiteren Sinne (i.w.S.) gesprochen. Der Begriff der "Vorbelastungen" ist in Bezug auf Geräusche zum andem gebräuchlich, wenn es gilt, eine Immissionssituation zu bezeichnen, in der ein immissionsbetroffenes Grundstück durch eine oder mehrere in seiner Nachbarschaft vorhandene geräuschintensive Nutzungen schon beeinträchtigt war, bevor es seiner jetzigen Zweckbestimmung zugeführt wurde, dem Wohnen oder einer ähnlich immissionsempfindlichen Nutzung zu dienen. Nachfolgend ist insoweit von (Geräusch-)Vorbelastungen im engeren Sinne (i.e.S.) die Rede. Wenn in Rechtsprechung und Literatur von "Geräuschvorbelastungen"261 , "Situations(vor)belastungen"262, "tatsächlichen Vorbelastungen" 263 oder einfach nur 260 Vgl. BVerwGE 51, 15 (31 f.); 56, 110 (131); 59, 253 (265 f.); 71, 150 (155 f.); 77, 285 (292 ff.); 84, 31 (39 ff.); 87, 332 (357 f. u. 364); 88, 143 (148); 88,210 (214); BVerwG DVBI. 1976, 784 (785); GewA 1977, 168 (171); ZfBR 1983, 95 (96 f.); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 196 S. 51 (53 f.); BVerwG NVwZ 1986, 642 (643); ZfBR 1991, 120 (121 ff.); LKV 1991, 411; NVwZ 1992,884 (885); UPR 1993, 221; VGH Mannheim VBIBW 1981,220 (221); VGH Kassel BRS 38 Nr. 182 S. 401 (402 f.); NVwZ-RR 1989, 177 (178); OVG Koblenz BauR 1985, 655 (657); NVwZ 1988, 176 (177); OVG Münster NVwZ 1991, 900 (901); VGH München BauR 1993, 66 f.; BayVBI. 1995, 465 (466); Bender/Sparwasser/ Engel, S. 342; Breuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 433 (532); Jarass, § 3 Rn. 36 f. u. 43; L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 15d; Mampel, Rn. 1310 ff.; von Holleben DVBI. 1981, 903 (904); Samighausen NJW 1994, 1375 (1376 f.) . 261 Vgl. etwa BVerwGE 51, 15 (32); 56, 110 (131); 59,253 (262); 87, 332 (357); BVerwG DVBI. 1976,784 (785); VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 177 (178). 262 Vgl. etwa BVerwGE 50, 49 (56); 59, 253 (264); BVerwG NVwZ 1986, 642 (643); VGH München BauR 1993, 66 (67). 263 Vgl. etwa BVerwGE 71, 150 (155 f.); 84, 31 (39); 87, 332 (356); BVerwG GewA 1977, 168 (171); ZfBR 1991, 120 (121 ff.); BVerwG Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 119

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von "Vorbelastungen"264 gesprochen wird, wird zwischen Vorbelastungen i.w.S. und solchen i.e.S. nicht immer hinreichend präzise unterschieden. Diese Unterscheidung ist jedoch - wie im folgenden näher begründet werden wird - geboten, um die Auswirkungen von Vorbelastungen auf die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG zutreffend zu beurteilen. Der Begriff der "Vorbelastungen" wird desweiteren verwendet, wenn ein hic et nunc immissionsbetroffenes Grundstück seiner Zweckbestimmung, dem Wohnen oder einer ähnlich immissionsempfindlichen Nutzung zu dienen, erst zugeführt wird, nachdem sich in seiner Umgebung die Planung einer oder mehrerer emittierender Grundstücksnutzungen bereits so verfestigt hat, daß der Eigentümer oder ein sonstiger Nutzer des immissionsbetroffenen Grundstücks mit der Realisierung eines oder mehrerer geräuschintensiver Vorhaben in seiner Nachbarschaft von vornherein konkret rechnen muß265 . Eine derartige Verfestigung tritt ein, wenn die planensehen Absichten hinreichend erkennbar sind und auf deren Umsetzung mit einem deutlichen Maß an Ernsthaftigkeit hingearbeitet wird266. Im Bereich der Fachplanung ist dies regelmäßig der Fall mit Auslegung der Planunterlagen im Anhörungsverfahren267, bei der Bebauungsplanung kommt es auf den Zeitpunkt der Planreife i. S. d. § 33 BauGB an268 . In diesen Fällen ist von "(bau)planungsrechtlicher"269, "planerischer"270 oder von "plangegebener Vorbelastung"271 die Rede, deren Ausmaß bestimmt wird durch die künftige Belastung, wie sie anhand der verfestigten Planung bei vollumfänglicher Realisierung des bzw. der emissionsträchtigen Vorhaben objektiv zu erwarten ist272. Der Sache nach handelt es sich hier ebenfalls um Vorbelastungen i.e.S. Soweit die obergerichtliche Rechtsprechung darüberhinaus eine (bau)planungsrechtliche Vorbelastung und somit eine Vorbelastung i.e.S. allein aufgrund der TatS. 105 (106); VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 177 (178); Mampel, Rn. 1322; Jarass DVBI. 1983, 725 (729); Sarnighausen NJW 1994, 1375 (1377). 264 Vgl. etwa BVerwGE 88, 210 (214 ff.); 52, 122 (127); Bericht der Bundesregierung "Sport und Umwelt", BT-Drs. 11/2134, S. 9. 265 Vgl. BVerwGE 51, 15 (32); 59, 253 (262 ff.); 71, 150 (155 ff.); 77, 285 (292 ff.); 87, 332 (364); 88, 143 (148); BVerwG DVBI. 1976, 784 (785); NVwZ 1992, 884 (885); VGH Kassel BRS 38 Nr. 182 S. 401 (402 f.). 266 Vgl. BVerwGE 87, 332 (364). 267 Vgl. BVerwGE 87, 332 (364); 71 , 150 (156). 268 Vgl. Mampel, Rn. 1323. 269 Vgl. etwa VGH München BayVBI. 1995,344 (346). 270 Vgl. etwa BVerwGE 84, 31 (39); BVerwG GewA 1977, 168 (171); ZfBR 1991, 120 (123); UPR 1993, 221; OVG Münster NVwZ 1991, 900 (901); Mampel, Rn. 1322; Jarass DVBI. 1983,725 (729); Sarnighausen NJW 1994, 1375 (1376). 271 Vgl. etwa BVerwGE 51, 15 (32); 56, 110 (131); 59, 253 (262); 71 , 150 (155 ff.); 87, 332 (364); BVerwG DVBI. 1976, 784 (785); NVwZ 1992, 884 (885); VGH Kassel NVwZRR 1989, 177 (178). 272 Vgl. BVerwGE 77, 285 (294).

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sache bejaht, daß immissionsbetroffene Grundstücke im Außenbereich oder am Rande zum Außenbereich liegen273 , kann ihr jedoch nicht beigetreten werden, weil im Außenbereich nach § 35 BauGB von der Kuranlage über land- und forstwirtschaftliche Betriebe bis zu Truppenübungsplätzen in Bezug auf Immissionen die unterschiedlichsten baulichen Nutzungen (privilegiert) zulässig sein können und demzufolge Eigentümer oder sonstige Nutzer immissionsbetroffener Grundstücke allein daraus, daß sie im Außenbereich oder am Rande zum Außenbereich liegen, nicht konkret erkennen können, ob und gegebenenfalls welches Vorhaben in ihrer Nachbarschaft einmal realisiert werden wird. Aus der Begriffsbestimmung der Vorbelastungen i.e.S. (unter Einschluß der sog. "plangegebenen Vorbelastungen") ergibt sich, daß es für die Antwort auf die Frage, ob solche zu verzeichnen sind, darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt das immissionsbetroffene Grundstück Wohn- oder ähnlich immissionsempfindlichen Zwekken zugeführt ist (Zuführungszeitpunkt). In beplanten Baugebieten und in homogenen unbeplanten Innenbereichen, deren Eigenart einem Baugebietstyp der Baunutzungsverordnung entspricht274 , ist Zuführungszeitpunkt der Zeitpunkt, zu dem auf dem immissionsbetroffenen Grundstück erstmals und ausschließlich eine einer immissionsempfindlichen Nutzung dienende bauliche Anlage errichtet werden kann. Es genügt hier also, daß das immissionsbetroffene Grundstück - abgesehen vom Erfordernis gesicherter Erschließung, das nicht erfüllt zu sein braucht275 - in entsprechender Weise bebaubar ist276. Die Rechtsprechung hat diesbezüglich in beplanten Gebieten schon mehrfach auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans abgestellt277• Da die entsprechende Bebaubarkeil unter den Voraussetzungen des § 33 BauGB schon vor Inkrafttreten des Bebauungsplans gegeben ist und der jeweilige Eigentümer bzw. sonstige Nutzungsberechtigte eines immissionsempfindlichen Grundstücks schon ab Eintritt einer "bebauungsrechtlich verfestigten Situation" darauf vertrauen darf, daß die Planung emittierender Grundstücksnutzungen auf sie Rücksicht nimmt278 , reicht in beplanten Bereichen als maßgeblicher Zuführungszeitpunkt der Eintritt der "Planreife" i. S. d. § 33 BauGB bereits aus. Im eher diffus bebauten unbeplanten Innenbereich und im - ohnehin grundsätzlich unbebaubaren279 - Außenbereich kann hingegen als Zuführungszeitpunkt der Zeitpunkt der Bebaubarkeit nicht maßgebend sein, weil hier nach § 34 I BauGB bzw. nach Maßgabe des § 35 BauGB im Hinblick auf Geräuschverursachung und 273 Vgl. VGH München BauR 1993, 66 (67); BayVBI. 1995, 344 (346); OVG Münster BRS 49 Nr. 205 S. 480 (482). 274 Fall des § 34 II BauGB. 275 Vgl. BVerwGE 71, 150 (157 f.). 276 Vgl. BVerwGE 71, 150 (157); 87, 332 (363- 365) . 277 Vgl. BVerwGE 71, 150 (156 f.); 77, 285 (292 f.); 87, 332 (365). 278 Vgl. BVerwGE 71, 150 (157 f.); 87, 332 (363 ff.). 279 Vgl. BVerwGE 18, 242 (246); 34, 1 (3).

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Geräuschempfindlichkeit ganz unterschiedliche Vorhaben realisiert werden können. Hier ist vielmehr entscheidend darauf abzustellen, zu welchem Zeitpunkt auf dem immissionsbetroffenen Grundstück eine zulässige immissionsempfindliche bauliche Nutzung tatsächlich aufgenommen wurde. (b) Auswirkungen auf die Erheblichkeitsgrenze

Nach einer in Rechtsprechung und Lehre verbreiteten Ansicht wirken sich Vorbelastungen grundsätzlich schutzmindernd für das immissionsbetroffene Grundstück aus280• Vorbelastete Grundstücke seien nur gegenüber einer beachtlichen Erhöhung des vorhandenen bzw. planerisch-angelegten Gesamtgeräuschpegels schutzwürdig und schutzfähig; kein Schutz bestehe, solange dieser Pegel nicht oder nur in einer nicht ins Gewicht fallenden Weise überschritten werde281 • Vorbelastungen werden hiernach zu Lasten der Immissionsbetroffenen erst dann nicht mehr in Ansatz gebracht, wenn die Grenze der Gesundheitsgefahr (Art. 211 1 GG) oder des eigentumsrechtlich (entschädigungslos) Zurnutbaren erreicht oder überschritten ist282 . Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Es kann nicht angehen, bei vorbelasteten Grundstücken die Gesamtgeräuschbelastung sukzessive bis zum Erreichen der Gefahrengrenze anwachsen zu lassen und erst dort die Erheblichkeitsgrenze zu ziehen. Das verbietet sich schon deshalb, weil der Immissionsbegriff im Gegensatz zum Emissionsbegriff (§ 3 III BlmSchG) - in § 3 II BimSchG absichtlich nicht anlagebezogen definiert ist, es deshalb nur sekundär auf die Geräuschbelastung durch die einzelne Anlage, primär jedoch auf die durch sämtliche Geräuschquellen hervorgerufene Gesamtgeräuschbelastung am Einwirkungsort an280 Vgl. BVerwGE 51, 15 (31 f.); 56, 110 (131); 59, 253 (265 ff.); 71, 150 (155 f.); 84, 31 (39 ff.); 87, 332 (357 f. u. 364); 88, 210 (214 ff.); BVerwG Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 26 S. 16 (23); BVerwG DVBl. 1976, 784 (785); GewA 1977, 168 (171); ZfBR 1983, 95 (96 f.); BVerwG Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 196 S. 51 (53 f.); BVerwG NVwZ 1986, 642 (643); ZfBR 1991, 120 (122); NVwZ-RR 1991, 129 (131); LKV 1991, 411; NVwZ 1992, 884 (885); UPR 1993, 221; VGH Mannheim VBIBW 1981, 220 (221); VBIBW 1982, 137 (139 f.); VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 177 (178); OVG Koblenz NVwZ 1988, 176 (177); OVG Münster NVwZ 1991, 900 (901); VGH München BauR 1993, 66 f. ; BayVBI. 1995, 465 (466); Bender/Sparwasser/Engel, S. 342; Jarass, § 3 Rn. 36 f. u. 41 ff. ; ders. DVBI. 1986, 314 (316); ders. JZ 1993, 601 (602); von Holleben DVBI. 1981 , 903 (904); Sarnighausen NJW 1994, 1375 (1376 f.); Petersen, S. 80 f. 281 Vgl. BVerwGE 51, 15 (31 f.); 59, 253 (267 f.); 87, 332 (357); BVerwG Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 26 S. 16 (23); BVerwG DVBI. 1976, 784 (785); NVwZ-RR 1991, 129 (131); VGH Mannheim VBIBW 1981, 220 (221); VBJBW 1982, 137 (140); VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 177 (178). 2s2 Vgl. BVerwGE 59, 253 (263 u. 267); 71, 150 (155); 88, 210 (214); BVerwG NVwZRR 1991, 129 (131); VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 177 (178); VGH München BRS 49 Nr. 207 S. 489 (491); Sarnighausen NJW 1994, 1375 (1377). Noch weitergehend VGH München BayVBI. 1996, 400 (LS 2/ S. 402 f.): Ansprüche auf Lärmsanierung scheiden jedenfalls dann aus, wenn der Eigentümer des betroffenen Grundstücks sehenden Auges in bereits die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle überschreitenden Lärm "hineinbaut".

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kommt283 und der Schutz des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auch in vorbelasteten Gebieten grundsätzlich schon unterhalb der Gefahrengrenze einsetzt. Außerdem kann das Ausmaß der Geräuschvorbelastung bei der Feststellung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG nicht das "Maß aller Dinge" sein. Die bauplanungsrechtliche Qualifizierung des Gebiets 284 und möglicherweise weitere Faktoren285 dürfen auch bei vorbelasteten Grundstücken nicht ausgeblendet werden. Es kann bei vorbelasteten Grundstücken geboten sein, die Gesamtgeräuschbelastung nicht weiter ansteigen zu lassen oder sie sogar mit Hilfe nachträglicher Anordnungen (z. B. nach den§§ 5 I Nr. 3 GaststättenG, 17, 24 BimSchG) zu verringern286. Gleichwohl haben Vorbelastungen für immissionsbetroffene Grundstücke regelmäßig schutzmindernde Bedeutung, dies allerdings nur insoweit, als es sich um Vorbelastungen i.e.S. handelt. Ein i.e.S. vorbelastetes Grundstück muß grundsätzlich mehr Immissionen als "unerheblich" hinnehmen als ein von seinen bauplanungsrechtlichen Qualifizierungsmerkmalen her identisches Grundstück, das nicht vorbelastet ist. Durch die Berücksichtigung von Vorbelastungen i.e.S. bei der Feststellung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG wird mithin das Kriterium der bauplanungsrechtlichen Qualifizierung ergänzt. Diese Ergänzung ist notwendig, weil die Gemeinden ein und denselben Gebietstyp i.S. der §§ 2 - 11 BauNVO innerhalb einer gewissen Variationsbreite nicht nur unterschiedlich ausgestalten287, sondern auch- selbstredend unter Beachtung des Gebots gerechter Abwägung (§ I VI BauGB), das jedoch gewisse Spiehäume läßt288 - in unterschiedliche Situationen "hineinplanen" dürfen289 . Das führt nicht nur zu handgreiflichen Unterschieden hinsichtlich der Schutzwürdigkeit von etwa einerseits Wohngebieten und andererseits Industriegebieten, sondern ebenso hinsichtlich der Schutzwürdigkeit von (Wohn-)Gebieten, die dieselben bauplanungsrechtlichen Qualifizierungsmerkmale aufweisen290. So kann etwa ein immissionsbetroffenes Grundstück in einem Allgemeinen Wohngebiet, das in eine innerstädtische Ballungsraumsituation ,,hineingeplant" wurde, seit Anbeginn unter einer situationsbedingten Einwirkung benachbarter Kern-, Industrie- oder Gewerbegebiete Vgl. hierzu oben B II 4 c (I) (a) (aa). Vgl. hierzu oben B II 4 c (1). 285 Hierzu siehe nachfolgend B 114 c (3) u. (4). 286 Vgl. BVerwGE 85, 273 (282); BVerwG NJW 1988, 2552 f. ; NVwZ 1989, 257; UPR 1993, 221 (222); VGH München BayVBI. 1995,465 (467). 287 Siehe oben B II 4 c (l) (a) (aa) u. (bb). 288 Vgl. BVerwG ZfBR 1991, 120 (122). 289 Vgl. BVerwGE 51, 15 (31 f.); 56, llO (131 f.); 68, 369 (376); 79, 309 (314); 98, 235 (244); BVerwG DVBI. 1976, 784 (785); BayVBI. 1995, 632 (633); OVG Berlin NVwZ-RR 1989, 125 (126); GK-BimSchG-Koch, § 3 Rn. 62; ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (46); ders., Immissionsschutz durch Baurecht, S. 91 u. 178 f.; Dolde NJW 1977, 1609 (1610). 290 Vgl. BVerwGE 56, 110 (131); 51, 15 (31 f.); BVerwG DVBI. 1976,784 (785). 283

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oder nahegelegener Hauptverkehrswege steht und deshalb seit jeher einer objektiv relativ hohen Geräuschbelastung ausgesetzt ist, in Bezug auf Geräuschimmissionen nicht den gleichen Schutz für sich beanspruchen als beispielsweise ein ebenfalls zu einem Allgemeinen Wohngebiet (mit identischem Verdichtungsgrad) zählendes Grundstück, welches in ruhiger Waldrandlage liegt und lediglich durch eine kleine Stichstraße erschlossen wird291 . Ein in einem Allgemeinen Wohngebiet gelegenes immissionsbetroffenes Grundstück ist zum Beispiel auch dann von unterschiedlicher Schutzwürdigkeit, wenn das Wohngebiet einmal an einen baurechtlich bestandsgeschützten emittierenden Betrieb ,,herangeplant", ein anderes Mal hingegen "in die grüne Wiese hineingeplant" wurde und eine oder mehrere emittierende Anlagen erst später an das zur Verwirklichung von Wohnzwecken vorgesehene Grundstück "herangerückt" sind292 . Entsprechendes gilt für immissionsbetroffene Grundstücke in unbeplanten Bereichen. Der Grad ihrer Schutzwürdigkeit gegenüber Geräuschimmissionen hängt ebenfalls davon ab, wie sich ihre bauliche Nutzung und die ihrer Umgebung historisch e~twickelt haben. In faktischen Wohngebieten, in denen sich aufgrund ihrer Homogenität die Zulässigkeit eines Bauvorhabens seiner Art nach gemäß § 34 II BauGB i.V.m. §§ 3 oder 4 BauNVO bestimmt, ist die Schutzwürdigkeit der Anwohner höher, wenn ihr Grundstück schon entsprechend bebaubar gewesen ist, bevor in der weiteren Umgebung emittierende Grundstücksnutzungen entstanden sind oder hinreichend verfestigt geplant waren. Die Schutzwürdigkeit der Bewohner solcher Gebiete ist regelmäßig niedriger, wenn die Bebauung in der umgekehrten Reihenfolge vonstatten gegangen ist. In den übrigen unbeplanten Bereichen einschließlich des Außenbereichs, in denen die Grundstücke nicht primär für Wohn- oder ähnlich immissionsempfindliche Zwecke genutzt werden, mindern Geräuschbelastungen ebenfalls regelmäßig die Schutzwürdigkeit der Anwohner, wenn sie auf emittierende Grundstücksnutzungen in der Umgebung zurückzuführen sind, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung der immissionsempfindlichen baulichen (Wohn-)Nutzung bereits realisiert oder aufgrund einer hinreichend verfestigten Planung konkret zu erwarten waren. Die sich für die immissionsbetroffenen Grundstücksnutzungen regelmäßig als schutzmindernd niederschlagende Berücksichtigung von "Vor"-Belastungen i.e.S. ist, was sich aus den bisherigen Ausführungen unschwer entnehmen läßt und worauf im übrigen ja auch schon die Vorsilbe hinweist, Ausdruck des - in der Verwaltungspraxis angeblich weitgehend verschwundenen293 - Grundsatzes der Priorität. Das Bundesverwaltungsgericht hat an ihn gerade in seinen Leitentscheidungen zum Thema "Sportanlagen und Nachbarschutz" wieder erinnert294. Es will ihn im Ähnlich BVerwGE 56, 110 (131 f.); 51, 15 (31 f.); BVerwG DVBI. 1976,784 (785). Vgl. BVerwG ZfBR 1991, 120 (121 ff.). 293 So von Holleben GewA 1978,41; Dolde NJW 1977, 1609 (1610). 294 BVerwGE 81, 197 (206); 88, 143 (148 u. 150); zustimmend Gaentzsch, FS Gelzer, S. 29 (36); Bier ZfBR 1992, 15 (21); Stange NWVBL 1992, 153 (157); Tettinger/Kleinschnittger JZ 1992, 109 (110 u. 114); Ketteler BauR 1992,459 (471). 291

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Einklang mit der obergerichtliehen Rechtsprechung 295 jedoch auch im übrigen bei der Feststellung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG beachtet wissen, wenn unterschiedliche Grundstücksnutzungen aufeinander prallen296. Der Grundsatz der Priorität, der in vielen Bereichen des Rechts demjenigen, der "zuerst da gewesen ist", einseitig und ausschließlich den Vorrang einräumt297 , ist im Immissionsschutzrecht nicht in Reinkultur verwirklicht, weil niemand einen Anspruch darauf haben kann, daß ihm seine Umgebung stets völlig unverändert erhalten bleibt, und deshalb auch niemand für alle Zeiten auf eine gänzlich unveränderte Beibehaltung seines Bestandes vertrauen kann 298 . Auf der anderen Seite kommt aber auch für den Bereich des Immissionsschutzrechts niemand daran vorbei, daß es recht und billig und daher geboten ist, demjenigen, der "zuerst da gewesen ist", grundsätzlich einen gewissen Vorrang einzuräumen299 und demgemäß prinzipiell zum einen die Position immissionsempfindlicher Grundstücksnutzungen gegen ,,herangeplante" bzw. "herangerückte" emittierende Anlagen zu verstärken300, zum andern aber auch emissionsträchtigen Anlagen gegenüber später ,,herangeplanten" bzw. ,,herangerückten" immissionsempfindlichen Grundstücksnutzungen einen gewissen (auch immissionsschutzrechtlichen) Bestandsschutz zu gewähren301. Der Grundsatz der Priorität wirkt sich daher im Immissionsschutzrecht dahingehend aus, daß denjenigen Grundstücksnutzungen, die zuerst hinreichend verfestigt geplant oder realisiert worden sind, grundsätzlich ein Mehr an Schutz295 OVG Berlin OVGE 19, 183 (187, 192 u. 195); OVG Harnburg BauR 1992, 356 (362 f.); VGH München BRS 49 Nr. 207 S. 489 (490 f.); NVwZ-RR 1994, 246 (247); VGH Kassel NVwZ 1993, 1004 (1005 f.); OVG Koblenz BauR 1985, 655 (657); NVwZ 1989, 275; OVG Lüneburg GewA 1979, 345 (347); OVG Saarlouis BRS 52 Nr. 232 S. 569 (572); OVG Münster UPR 1982, 273 (275); BRS 49 Nr. 204 S. 471 (476); BRS 49 Nr. 205 S. 480 (483); NVwZ 1991, 900 (901); UPR 1994, 310 (311). A.A.: von Holleben DVBI. 1981, 903 (904 f. u. 907 f.) m.N. 296 BVerwG Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 119 S. 105 (106); BVerwG LKV 1991, 411; NVwZ 1990,962 (963); NVwZ 1986,642 (643); NVwZ 1985, 186 m.w.N. 297 Die Beispiele für die Maßgeblichkeit des Zeitvorrangs (vgl. lat.: "Prior tempore potior iure") reichen vom Konflikt zwischen Globalzession und verlängertem Eigentumsvorbehalt (vgl. die st. Rspr. des BGH seit BGHZ 30, 149 (151 f.)) bishin zur vergleichsweise banalen Problematik des Vorrangs an einer Parklücke (vgl. § 12 V StVO). Der rechtliche Grundgedanke findet seit Jahrhunderten Ausdruck in der auch heute noch allgemein geläufigen Wendung "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst", deren frühester dt. Beleg bereits in Eike von Repkows "Sachsenspiegel" (um 1230) zu verzeichnen ist und die zuvor wahrscheinlich schon als sächsisches Rechtssprichwort bestanden hat (vgl. Röhrich, Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, Band 2, 1992, S. 990). 298 BVerwG DVBI. 1971, 746 (750); Send/er WiVerw 1977, 94 (101). 299 Ähnlich Baur JZ 1974, 657 (660): "Man kann den, "der schon da ist", nicht rechtlos stellen." 300 Vgl. OVG Lüneburg GewA 1979, 345 (347); OVG Koblenz NVwZ 1989, 275; Engelhardt, § 1 Rn. 11. 301 Vgl. BVerwGE 50, 49 (55 ff.); NVwZ 1985, 186 (187); BVerwG DVBL 1971, 746 (748); DVBl. 1969, 263 (264); VGH München BayVBl. 1996, 400 (402 f.); Jarass, § 3 Rn. 43; ders. DVBl. 1983,725 (730); ders. DVBl. 1986, 314 (316); Engelhardt, § 1 Rn. 11.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

würdigkeit zukommt und hinsichtlich Geräuschempfindlichkeit und Geräuschverursachung andersartige Grundstücksnutzungen, die später "herangeplant" wurden oder ,,herangerückt" sind, somit grundsätzlich nur eine geminderte Schutzwürdigkeit aufweisen. Das Mehr an Schutzwürdigkeit auf der einen und das Weniger an Schutzwürdigkeit auf der anderen Seite führt dann zu einer entsprechenden Verschiebung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG. Vorbelastungen i.e.S. wirken sich allerdings ausnahmsweise auf die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG nicht schutzmindernd aus, insoweit sie aus emittierenden Grundstücksnutzungen resultieren, die keinen baurechtliehen Bestandsschutz genießen - also nicht dem geltenden materiellen öffentlichen Recht entsprechen, auch in der Vergangenheit nie während eines namhaften Zeitraums dem materiellen öffentlichen Recht entsprochen haben und auch nicht unanfechtbar genehmigt sind302 -, und bei Beachtung aller öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht auftreten würden303 . In diesem Fall muß der Prioritätsgrundsatz eine Ausnahme erfahren, weil kein Grund ersichtlich ist, weshalb ein immissionsbetroffener Anwohner oder ein eine ähnlich immissionsempfindliche Nutzung verwirklichender Grundstücksnutzer Beschränkungen in seiner Schutzwürdigkeit gegenüber Immissionen erfahren soll wegen eines (zusätzlichen) Immissionspotentials infolge des Betriebs einer zwar "vor ihm da gewesenen", jedoch gänzlich neben der Rechtsordnung stehenden benachbarten emittierenden Anlage, das es bei Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht gäbe. Von diesem Ausnahmefall abgesehen sind Vorbelastungen i.e.S. jedoch stets als weiterer Faktor bei der Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i.S.d. § 3 I BimSchG zu berücksichtigen. In beplanten und in unbeplanten Innenbereichen sowie bei der Zwischenwertbildung in Grenzbereichen verschiedener Baugebiete und zwischen Innen- und Außenbereich dient ihre Berücksichtigung ebenso wie die Berücksichtigung des "Verdichtungsgrads des Baugebiets"304 zwar lediglich der "Feinsteuerung", da der Verlauf der Erheblichkeitsgrenze hier durch den Faktor der "Art der baulichen Nutzung" 305 schon in etwa vorgezeichnet ist. Ihr Einfluß darf aber gerade bei der Zwischenwertbildung nicht gering geachtet werden. Bei Nutzungskonflikten im Außenbereich haben das Prioritätsprinzip und damit der Faktor "Vorbelastungen i.e.S." bei der Abgrenzung zwischen unerheblichen und erheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen i. S. d. § 3 I BimSchG ein noch größeres Gewicht, weil die bauplanungsrechtlichen "Vorgaben" für den Außenbereich weniger engmaschig sind. Neben dem Gesichtspunkt der Vorbelastungen i.e.S. ist hier bei der Feststellung der Erheblichkeitsgrenze "nur" die in § 35 BauGB verankerte gesteigerte Durchsetzungskraft privilegierter Vorhaben zu beachten306 . Vgl. BVerwGE 3, 351 (354 f.); 5, 351 (352 f.); Sendler; in: HdUR, S. 269 f. Vgl. BVerwG UPR 1993, 221 (223); VGH Mannheim NuR 1994, 142 (143 f.); Jarass, § 3 Rn. 43; a.A. OVG Münster BRS 49 Nr. 205 S. 480 (483). 304 Vgl. hierzu oben B II 4 c (1) (a) (bb) u. (b). 305 Vgl. hierzu oben B II 4 c (1) (a) (aa) u. (b). 302 303

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Wenngleich in Rechtsprechung und Literatur nur vereinzelt gesehen, können Vorbelastungen i.e.S. neben ihrer schutzmindernden Bedeutung, die ihnen in Bezug auf die von ihnen betroffenen Grundstücke regelmäßig zukommt, mittelbar für dieselben aber auch noch eine schutzverstärkende Wirkung haben. Vorbelastete Grundstücke büßen nämlich nicht in jedem Falle gleich pauschal an Schutzwürdigkeit ein. Sind beispielsweise nur der Straße zugewandte Grundstücksteile vorbelastet, besteht kein Grund, auch die nicht vorbelasteten, als Ruhe- und Erholungsbereich dienenden rückwärtigen Grundstücksteile als in ihrer Schutzwürdigkeit gemindert anzusehen307 . Ebenso ist es nicht gerechtfertigt, bei der Schutzwürdigkeit von Grundstücken, die nur zeitweise - etwa nur werktags - von Vorbelastungen i.e.S. betroffen sind, wegen dieser Vorbelastung auch zu den übrigen ("ruhigen") Zeiten Abstriche zu machen 308 . Es entspricht im Gegenteil mitunter sogar der Billigkeit, einem nur zu bestimmten Zeiten von Vorbelastungen i.e.S. betroffenen Grundstück zu den "ruhigen" Zeiten einen verstärkten Schutz gegenüber Geräuschimmissionen zu gewähren und deshalb die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG unter die für die immissionsbetroffene Grundstücksnutzung "an sich" - d. h. in unvorbelastetem Zustand - anzusetzenden Werte abzusenken309. Zum einen ist nämlich aufgrunddes Immissionsbegriffs (§ 3 II BimSchG) maßgeblich auf die Gesamtbelastung abzustellen 310, zum andern ist nicht einzusehen, weswegen jemandem, der eine immissionsempfindliche Grundstücksnutzung verwirklicht und zu bestimmten Zeiten infolge einer schutzmindernden Berücksichtigung von Vorbelastungen und somit letztlich aus Gerechtigkeitserwägungen311 erhöhte Geräuschbelastungen hinnehmen muß, ein zu anderen Zeiten, zu denen diese Vorbelastung nicht zu verzeichnen ist, möglicher Ausgleich stets versagt bleiben soll. Bei Vorbelastungen hat "die eigentliche Feinarbeit aller beteiligten Juristen erst (zu) beginnen"312 . (3) Zeitpunkt der Geräuschbelastung

Geräuschbelastungen sind für den Menschen zu bestimmten Zeiten eher erträglich als zu anderen. Deshalb ist bei der Feststellung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG nicht nur zu berücksichtigen, wo die Geräuschimmissionen auftreten, sondern auch, wann sie zu verzeichnen sind. Rechtlicher Anknüpfungspunkt Vgl. hierzu oben B II i4 c (l) (c). Vgl. OVG Münster DWW 1995, 23 (24); BauR 1984, 148 (150); OVG Lüneburg BRS 47 Nr. 75 S. 201 (202 u. 205); DWW 1988, 220 (222); BGH NJW 1959, 1632 (1633 f.); Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 160. 308 V gl. OVG Münster UPR 1994, 310 (311 ). 309 Vgl. OVG Münster UPR 1994, 310 (311). 310 Siehe oben. 311 Vgl. oben: Zusammenhang von Vorbelastungen i.e.S. und Prioritätsprinzip. 312 Sarnighausen NIW 1994, 1375 (1377). 306 307

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

ist insoweit das Tatbestandsmerkmal der "Dauer" in § 3 I BlmSchG, das sich neben dem zeitlichen Umfang auch auf die zeitliche Verteilung der Belastungen beziehe13. (a) Nachtzeit

Gewohnheitsrechtlich anerkannt, weil bereits langandauernd und nach allgemeiner Überzeugung als rechtens praktiziert314, ist, daß die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG nachts tiefer liegt als am Tage. Als Nachtzeit wird überwiegend der Zeitraum von 22.00 bis 6.00 Uhr angesetzt315 , gelegentlich werden auch die Zeiträume von 22.00 bis 7.00 Uhr316 und von 20.00 bis 7.00 Uhr317 als Nachtzeit bezeichnet. Zutreffend ist es anzunehmen, daß das Bundes-Immissionsschutzgesetz die Nachtzeit (zumindest) bezüglich der hier relevanten immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen um 22.00 Uhr beginnen und um 6.00 Uhr enden läßt, weil das Gesetz im Hinblick auf solche Anlagen nur einen Mindeststandard normiert und Raum gibt für weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften (vgl. §§ 22 II, 23, 49 I u. III BimSchG), in denen dann auch der Zeitraum der Nachtruhe ausgedehnt werden kann. Dem erhöhten Ruhebedürfnis während der Nacht wird in einschlägigen Regelwerken und Rechtsvorschriften durch eine Absenkung der nächtlichen Immissionswerte um 10 - 15 dB(A) gegenüber den Tageswerten318 und teilweise zusätzlich dadurch Rechnung getragen, daß zum einen der Schallpegel nicht über die gesamte Nachtzeit gemittelt, sondern als Bezugszeitraum die für die Immissionsbetroffenen ungünstigste Nachtstunde herangezogen wird319, und zum andern eine ÜberschreiJarass, § 3 Rn. 38. Vgl. BVerfGE 9, 109 (117); 15, 226 (232 ff.); 22, 114 (121); 28, 21 (28 f.); 34, 293 (303 f.); 57, 121 (134 f.); 61, 149 (203). 315 Vgl. BVerwGE 90, 163 (LS 1); 88, 143 (150); 81, 197 (205); 68, 62 (68); BVerwG Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 107 S. 82 (84); VGH Mannheim VBIBW 1996, 108 (109); OVG Münster BRS 49 Nr. 204 S. 471 (478); OVG Harnburg DVBI. 1986, 691 (692); OVG Lüneburg NdsVBl. 1995, 59 (60); Krell, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 61 (70); Anlagen 1 u. 2 zu § 3 I Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung- 16. BimSchV) vom 12. 06. 1990 (BGBI. I 1990, 1036 ff.); Ziff. 2.321 TA Lärm (FSt. siehe Fn. 83); Ziff. 3.3 LAI-Hinweise vom 28. 10. 1982 (NVwZ 1985, 98 (99)); Ziff. 3.3 LAI-Hinweise vom 25. 11. 1987 (NVwZ 1988, 135 (136 f.)); Ziff. 3.2 VDI Richtlinie 2058 (FSt. siehe Fn. 84); Ziff. 1.2 Beiblatt 1 zu DIN 18005 (FSt. siehe Fn. 84). 316 Kutscheidt NVwZ 1989, 193 (199); Bek. d. BayStMLU vom 12. 08. 1988 AllMBl. Nr. 19/1988 S. 795 (799) und vom 16. 03. 1991 AllMBl. Nr. 811991 S. 170 (180). 317 Vgl. Ziff. 3.1.2 AVV Baulärm (FSt. siehe Fn. 83); wohl auch Feldhaus, Komm. zu Ziff. 2.321 TA Lärm (.,Nachtzeit"). 318 Siehe oben B II 4 c (1) (a) (aa) sowie§ 2 I 16. BimSchV. 319 Vgl. Ziff. 3.3 LAI-Hinweise vom 28. 10. 1982 (NVwZ 1985, 98 (99)); Ziff. 3.3 der LAI-Hinweise vom 25. 11. 1987 (NVwZ 1988, 135 (136 f.)); Ziff. 3.2 VDI Richtlinie 2058 (FSt. in Fn. 84). 313

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tung der Nachtwerte angenommen wird, wenn ein einzelner Meßwert (Spitzenpegel) sie um mehr als 20 dB(A) überschreitet320. Letzteres bedeutet, daß während der Nacht in Reinen Wohngebieten Maximalaußenpegel von 55 dB(A)321 und in Allgemeinen Wohngebieten Maximalaußenpegel von 60 dB(A) 322 regelmäßig für noch unerheblich gehalten werden. Das reicht jedoch für den vom Bundes-Immissionsschutzgesetz für Wohngebiete geforderten Schutz der Nachtruhe nicht aus. Es ist bereits dargelegt worden323 , daß es für die Beurteilung der Gefährlichkeit nächtlicher Geräusche nicht allein auf Mittelungspegel ankommen kann, sondern auch die auftretenden Maximalpegel berücksichtigt werden müssen, weil sich eine Beeinträchtigung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheil (Art. 2 II 1 GG) begründende Einschlafschwierigkeiten und Schlafstörungen insbesondere einstellen, wenn Einzelgeräusche aus dem vorhandenen Grundgeräuschpegel herausragen. Da die Schwelle für das Auftreten von Schlafstörungen von der Lärmwirkungsforschung bei Pegelspitzen von etwa 40 dB(A) im Rauminnern gezogen wird324 und eine Messung am geöffneten Fenster etwa lm innerhalb des Raumes im Vergleich zu Messungen, die 0,5 m vor dem geöffneten Fenster und somit am üblichen Meßort325 vorgenommen werden, zu einer Pegelminderung von ca. 5 dB(A) führt326, wurde festgestellt, daß bei Pegelspitzen, die über 45 dB(A) (außen) hinausgehen, bereits die Grenze zur Gesundheitsgefahr überschritten sein kann 327 . Da das Bundes-Immissionsschutzgesetz jedoch nicht erst vor Gefahren, sondern schon vor erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen schützt, braucht, damit sein Schutz einsetzt, die Grenze zur Gesundheitsbeeinträchtigung nicht überschritten zu sein. Im Hinblick auf nächtliche Maximalpegel ist es deshalb geboten, die Erheblichkeilsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG spätestens bei einem Außenwert von 45 dB(A) zu ziehen, falls der Wohnnachbar das Recht hat, nachts störungsfrei bei offenem Fenster zu schlafen. Sollte dem Wohnnachbar nachts störungsfrei nur ein gekipptes Fenster zustehen, ist die Erheblichkeilsgrenze regelmäßig bei einem nächtlichen Maximalaußenpegel von 50 dB(A) erreicht, weil die Aufweckschwelle von 40 dB(A) im Rauminnern gewahrt sein muß und nicht gewährleistet ist, daß 320 Vgl. Ziff. 2.422.6 TA Lärm (FSt. in Fn. 83); Ziff. 3.1.3 AVV Baulärm (FSt. in Fn. 83); Ziff. 3.3.1 VDI Richtlinie 2058 (FSt. in Fn. 84). 321 Nächtlicher Immissionsrichtwert von 35 dB(A) "+" 20 dB(A). 322 Nächtlicher Immissionsrichtwert von 40 dB(A) "+" 20 dB(A). 323 Siehe oben B li 2. 324 Vgl. Steinebach, Lärm- und Luftgrenzwerte, Rn. 131 mit entspr. Nachweisen; Koch, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (59); ders., Immissionsschutz durch Baurecht, S. 55; Becher DWW 1994, 130 u. 133; Mampel, Rn. 1250; vgl. ferner BVerwG BayVBI. 1995, 632 (634); lsing, Mündliche Stellungnahme bei der öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestagesam 17. 01. 1996 (Sitzungsprotokoll Nr. 22, Seite 27 f.). 325 Vgl. Ziff. 2.421.1 TA Lärm (FSt. in Fn. 83); Ziff. 6.3.1 AVV Baulärm (FSt. in Fn. 83); Ziff. 4.2 VDI Richtlinie 2058 (FSt. in Fn. 84). 326 Vgl. Ziff. 4.2 VDI Richtlinie 2058 (FSt. in Fn. 84). 327 Siehe oben B li 2.

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sich Innen- und Außenwerte bei gekipptem Fenster um mehr als 10 dB(A) unterscheiden328. Die regelmäßige Einstufung nächtlicher Maximalaußenpegel von bis zu 55 dB(A) in Reinen Wohngebieten und von bis zu 60 dB(A) in Allgemeinen Wohngebieten als "unerheblich", wie sie in den einschlägigen Regelwerken vertreten wird, würde daher den Erfordernissen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nur entsprechen, wenn es den dort Wohnenden obläge, nachts ihre Fenster - ein geschlossenes Normalfenster bewirkt eine Schallminderung von etwa 25 dB(A) 329 - zur Vermeidung von Schlafstörungen geschlossen zu halten. Das aber ist nicht der Fall. Reine und Allgemeine Wohngebiete dienen nach den §§ 3 u. 4 BauNVO zumindest vorwiegend dem Wohnen. In ihnen wird deshalb das übliche Wohnverhalten besonders geschützt. Zu diesem üblichen Wohnverhalten gehört in weder nachteilig vorbelasteten noch extrem hoch verdichteten (im folgenden als "normal" bezeichneten) Wohngebieten die (Wohn-)Gewohnheit, nachts auch bei (gelegentlich) geöffneten Fenstern zu schlafen. Diese Gewohnheit hat sich in solchen Gebieten seit Jahrzehnten entwickelt. Ihre Beachtlichkeil hat das Bundesverwaltungsgericht bei der fernstraßenrechtlichen Planfeststellung ausdrücklich anerkannt330. Auch für den Bereich des zivilrechtliehen Nachbarschutzes (§§ 1004, 906 BGB) wird seit langem vertreten, daß Bewohnern solcher Gebiete prinzipiell nicht augesonnen werden kann, nachts die Fenster geschlossen zu halten331 . Zwar hatte sich das Reichsgericht im Jahre 1904 in einem obiter dieturn zunächst gegenteilig geäußert332. Schon im Jahre 1931 hat es seine ablehnende Haltung jedoch wesentlich gelockert und ausgeführt, daß eine allgemeine Übung, nachts bei offenem Fenster zu schlafen, je nach den örtlichen Verhältnissen Beachtung verdienen könne333 . Im Jahre 1969 hat der Bundesgerichtshof schließlich die Ansicht, einem Anwohner obliege es, des Nachts seine Fenster zu schließen, um sich vor Geräuscheinwirkungen zu schützen, als unzutreffend abgelehnt334. Es kann nicht angenommen werden, daß das Bundes-Immissionsschutzgesetz als dieneuere Kodifikation mit dem Anspruch einer Verbesserung der Umweltbedingungen hier Abstriche vorgenom328 Vgl. Fickert/Fieseler, § 15 Rn. 15.1; Mampel, Rn. 1209; Krell, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Länn, S. 61 (69). 329 Vgl. Krell, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Länn, S. 61 (69); Mampel, Rn. 1209 rn.w.N. 330 BVerwGE 51, 15 (33). 33 1 BGH LM § 906 BGB Nr. 32 BI. 4; Bemhöft JW 1932, 401; Errnan-Hagen, § 906 BGB, Rn. 14; Soergel-Baur, § 906 BGB, Rn. 37; Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 161 ; RGRKAugustin, § 906 BGB, Rn. 35. 332 RG- Urt. v. 03. 02. 1904 - Gruchots Beiträge, Bd. 48, S. 941 (943). 333 RG- Urt. V. 19. 11. 1931- JW 1932, 400 (402). 334 BGH - Urt. v. 06. 06. 1969 - LM § 906 BGB Nr. 32 BI. 4. Seither vertritt der Bundesgerichtshof (BGHZ 111, 63 (71 f.) rn.w.N.) in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß der durch Geräuschimmissionen beeinträchtigte Grundstückseigentümer sein Eigenturn so nutzen darf, wie es ihm richtig erscheint, und seinerseits grundsätzlich nicht zu Schutzmaßnahmen (z. B. Schließung der Fenster) greifen muß, um überhöhte Lärmbelästigungen abzuwehren oder zu vermindern.

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men hätte und auf den Stand von 1904 zurückgefallen wäre, zumal der Schutz der Nachtruhe in Anbetracht der ,,Lebensnotwendigkeit ungestörten Schlafes"335 zu den wichtigsten Zielen der Lännbekämpfung zählt336 . Infolgedessen steht den Bewohnern nonnaler337 Wohngebiete auch nach diesem Gesetz prinzipiell das Recht auf ungestörten nächtlichen Schlaf bei geöffneten Fenstern zu338 . Bei der Beantwortung der Frage, wie weit in diesen Wohngebieten Anwohner nachts grundsätzlich ihre Fenster müssen offen halten können, ohne i. S. d. § 3 I BlmSchG durch Geräusche erheblich belästigt zu werden, ist zu beachten, daß sich Reine Wohngebiete und Allgemeine Wohngebiete grundsätzlich in ihrer immissionsschutzrechtlichen Schutzstufe unterscheiden 339 . Das hat zur Folge, daß das Recht auf ungestörten nächtlichen Schlaf bei gänzlich geöffneten Fenstern im allgemeinen nur Bewohnern nonnaler340 Reiner Wohngebiete zuzubilligen ist, während sich Bewohner nonnaler341 Allgemeiner Wohngebiete regelmäßig mit dem Recht auf ein gekipptes Fenster zufrieden geben müssen342• Das wiederum bedeutet aber, daß nächtliche Geräuschimmissionen in der Regel als "erheblich" i. S. d. § 3 I BlmSchG eingestuft werden müssen, wenn herausragende Geräuschspitzen (Maximalaußenpegel) den Wert von 45 dB(A) in Reinen Wohngebieten und den Wert von 50 dB(A) in Allgemeinen Wohngebieten erreichen, und es den Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht genügt, daß in diesen Gebieten nächtliche Geräuschimmissionen im Hinblick auf ihre Geräuschspitzen regelmäßig erst dann als "erheblich" eingestuft werden, wenn diese die Immissionsrichtwerte von 35 dB(A) bzw. 40 dB(A) um mehr als 20 dB(A) überschreiten, d. h. Werte von mehr als 55 dB(A) bzw. 60 dB(A) aufweisen. (b) Sonn- und Feiertage

Weit überwiegend anerkannt ist, daß die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG an Sonn- und Feiertagen niedriger ist als an Werktagen 343 • Sonn- und 335 BVerwG GewA 1986, 96 (98); VGH Mannheim GewA 1984, 131 (132); VGH München BayVBI. 1995,465 (466/467); Wollenschläger/Sehrami BayVBl. 1996, 161 (163). 336 So mit Recht OVG Saar1ouis NVwZ 1992, 72 (74); Feldhaus, Komm. zu Ziff. 2.321 TA Lärm ("Nachtzeit"). 337 Im oben definierten Sinne. 338 Zu möglichen Ausnahmen bei sog. "seltenen Ereignissen" siehe unten B II 6 b (2) (c). 339 Siehe oben B II 4 c (1) (a) (aa). Bedenklich deshalb die generelle Nivellierung in§ 2 I Nr. 2 16. BlmSchV. 340 Im oben definierten Sinne. 341 Im oben definierten Sinne. 342 Für einen "Anspruch" auf ungestörten nächtlichen Schlaf bei gekipptem Fenster in Wohngebieten auch Koch, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 41 (58 f.). Zum "Recht" auf nächtlichen Schlaf bei geöffneten Fenstern in Reinen Wohngebieten vgl. ferner Mampel, Rn. 1250 f.; VG Göttingen NdsVBl. 1995,64 f. 343 BVerwGE 88, 143 (150 f.); 81, 197 (206); OVG Ber1in UPR 1985, 299 (299 ff.); OVG Münster BRS 49 Nr. 204 S. 471 (477); BRS 49 Nr. 205 S. 480 (485 f.); UPR 1994, 310 (311);

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Feiertage, nicht aber Samstage344, genießen aufgrund zahlreicher Gesetze - v.a. nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV, den Verfassungsbestimmungen der Länder zum Schutz der Sonn- und Feiertage (z. B. Art. 147 BV), den Sonn- und Feiertagsgesetzen der Länder,§§ 1 Nr. 2, 9- 13 ArbZRG345, §§ 1, 2, 11 EFZG346, §§ 17, 18 JArbSchG, § 8 MuSchG und nach dem Ladenschlußgesetz347 - Schutz dahingehend, daß an ihnen die gewerbliche Arbeit weitgehend ruht. Diese Vorschriften haben zusammen mit weiteren gesetzlichen Regelungen - beispielsweise dem Sonnund Feiertagsfahrverbot von Lastkraftwagen über 7,5 t (§ 30 III u. IV StVO) und dem Betriebsverbot von Rasenmähern(§ 6 I RasenmäherlärmV0348)- wesentlich dazu beigetragen, daß sich im Laufe der Zeit in der Bevölkerung, losgelöst vom ursprünglichen Zweck und Anlaß der erwähnten Vorschriften, an Sonn- und Feiertagen allgemein ein gesteigertes Bedürfnis nach Ruhe, Entspannung und Erholung und damit eine erhöhte Empfindlichkeit gegen Störungen der Wohnruhe herausgebildet hat349. Diese unabhängig von der religiösen oder weltanschaulichen Bindung beim "verständigen Durchschnittsmenschen" anzutreffende erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Geräuschimmissionen an Sonn- und Feiertagen muß folglich350 bei Auslegung und Anwendung des § 3 I BlmSchG berücksichtigt werden und an diesen Tagen zu einer niedrigeren Erheblichkeitsschwelle führen 351 . Der Auffassung des OVG Lüneburg 352, aus dem erhöhten Ruhe- und Erholungsbedürfnis der Bürger an Sonn- und Feiertagen folge keine niedrigere Erheblichkeitsschwelle, weil die in der Regel eine zutreffende Abgrenzung von erheblichen und unerheblichen Belästigungen durch Geräusche erlaubende TA Lärm nicht zwischen Werktagen auf der einen und Sonn- und Feiertagen auf der anderen Seite unOVG Koblenz NVwZ 1990, 279 (280); Jarass, § 3 Rn. 38; Papier, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 129 (138); Peine JZ 1989, 955 (956); Mampel, Rn. 1254 f.; Ziff. 3.3 LAI-Hinweise vom 28. 10. 1982 (NVwZ 1985, 98 (99)); Ziff. 3.3 LAI-Hinweise vom 25. 11. 1987 (NVwZ 1988, 135 (136 f.)). A.A. OVG Lüneburg UPR 1984,276 (277). 344 Sie sind verfassungsrechtlich normale Werktage (Häberle, Der Sonntag als Verfassungsprinzip, S. 78; ders., Feiertagsgarantien, S. 57). 345 Vormals:§§ 105a ffGewO. 346 Vormals:§§ 1, 2 FeiertLohnG. 347 Ausschnitt aus der umfassenden Bestandsaufnahme des deutschen Sonn- und Feiertagsschutzes bei Häberle, Der Sonntag als Verfassungsprinzip, S. 24 ff. Zur Entwicklung der Vorschriften über den Sonn- und Feiertagsschutz ferner Strätz, in: Friesenhahn I Scheuner (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1975, § 42, s. 801 ff. 348 Rasenmäherlärmverordnung = 8. BlmSchV i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. 07. 1992 (BGBI. I S. 1248 f.). 349 So zutreffend BVerwGE 87, 332 (349); OVG Berlin UPR 1985, 299 f.; VGH Mannheim NVwZ-RR 1992,236 (237). 350 Vgl. oben B II 4 c. 351 Ob für die Nachbarn eines internationalen Großflughafens, von Hauptstrecken der Deutschen Bahn AG oder von Bundesautobahnen anderes zu gelten hat (vgl. BVerwGE 87, 332 (349 f.)), bleibt offen. 352 UPR 1984, 276 f.

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terscheide und sich eine solche Rechtsfolge aufgrund der Gesetzgebungskompetenz der Länder für den Sonn- und Feiertagsschutz auch nicht unmittelbar aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz selbst herleiten lasse, vermag nicht beigetreten zu werden. Maßstab für die Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze ist die Betroffenheit des verständigen Durchschnittsmenschen353 , sein an Sonn- und Feiertagen gesteigertes Ruhebedürfnis darf deshalb bei der Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze nicht außer Betracht bleiben. Kompetenzrechtliche Gründe stehen dem nicht entgegen. Die dem Bund gemäß Art. 74 Nr. 24 GG eingeräumte Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet der Lärmbekämpfung umfaßt den Schutz vor Lärm nicht nur an Werk-, sondern an allen Tagen, mithin auch an Sonn- und Feiertagen354. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß zum einen der Schutz der Bevölkerung gegenüber Geräuschen nicht das eigentliche Ziel des Sonn- u. Feiertagsschutzes ist, sondern dessen Folge, und zum andem an Sonn- und Feiertagen355 schon immer Sport- und Freizeitveranstaltungen durchgeführt wurden. Sie haben an diesen Tagen neben Gottesdienst, Besinnung, (Wohn-)Ruhe und Entspannung ebenfalls ihren legitimen Platz356. Das Sonn- und Feiertagsverständnis des Verfassungsstaates ist durch Vielfalt der Bezugswerte gekennzeichnee57. Die vielzitierte "Freizeitgesellschaft" "lebt" bestimmte Grundrechte - insbesondere das "Leben für die Gesundheit" (Art. 2 II 1 GG) in Gestalt von Sport und Spiel - vor allem an den von ihr auch als "Freizeit" verstandenen Sonn- und Feiertagen358 . Die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG ist deshalb an Sonn- und Feiertagen niedriger als an Werktagen, sie darf jedoch wiederum auch nicht so niedrig gezogen werden, daß Sportanlagen an diesen Tagen überhaupt nicht mehr bzw. nicht mehr sinnvoll genutzt werden können359 . Rechtstechnisch bietet sich hier an, den unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse festzusetzenden, werktags die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG markierenden Immissionswert an Sonn- und Feiertagen während des gesamten Tages oder zumindest während zusammenhängender mehrstündiger Zeiträume zwischen 3 dB(A) und 6 dB(A) abzusenken oder - bei unverändertem Immissionswert - den ermittelten äquivalenten Dauerschallpegel (Mittelungspegel) um einen entsprechenden Zuschlag zu erhöhen360.

Vgl. oben B 114c . Im Ergebnis ebenso: OVG Berlin UPR 1985, 299 (300); Seiler, S. 78; Pahlke, S. 64 f. 355 Abgesehen von Karfreitag und (eingeschränkt) den übrigen sog. stillen Tagen (vgl. Art. 3 BayFrG). 356 So mit Recht BVerwGE 88, 143 (150 f.); OVG Berlin OVGE 19, 183 (195 f.). 357 Häberle, Feiertagsgarantien, S. 55. 358 Häberle, Der Sonntag als Verfassungsprinzip, S. 68 f.; Pahlke, S. 63 u. 71. 359 Vgl. BVerwGE 88, 143 (151); OVG Berlin OVGE 19, 183 (195 ff.). 360 Vgl. OVG Berlin UPR 1985, 299 (300); Ziff. 3.3 LAI-Hinweise vom 28. 10. 1982 (NVwZ 1985,98 (99)); Ziff. 3.3 LAI-Hinweise vom 25. I 1. 1987 (NVwZ 1988, 135 (136 f .)). 353 354

6 Herr

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

(c) Sonstige Zeiten besonderen Ruhebedürfnisses In ähnlicher Weise wie für Sonn- und Feiertage hat sich in der Bevölkerung für bestimmte Zeiträume an Werktagen außerhalb der Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) ein spezifisches Ruhebedürfnis und eine erhöhte Geräuschempfindlichkeit entwikkelt. Hierzu werden die Zeiträume von 6.00 bis 7.00 Uhr361 und von 19.00 bis 22.00 Uhr362 bzw. von 20.00 bis 22.00 Uhr363 gerechnet. Sie genießen zwar im Hinblick auf "Arbeitsruhe und seelische Erhebung" keinen verfassungsrechtlichen Schutz, sind aber - befördert vor allem durch das Ladenschlußgesetz in seiner bis zum 31. 10. 1996 gültigen Fassung364 und infolge verbreiteter Übung- gleichwohl weitgehend von Arbeitslärm frei und dienen üblicherweise der Erholung und Entspannung. Außerdem setzt der "allgemeine Geräuschpegel" werktags weder schlagartig um 6.00 Uhr ein noch bricht er um 22.00 Uhr abrupt ab. Vielmehr steigt er in den Morgenstunden allmählich an und geht in den Abendstunden in gleicher Weise wieder zurück. Infolgedessen ist es gerechtfertigt, die Zeiten von 6.00 bis 7.00 Uhr und von 19.00 bis 22.00 Uhr grundsätzlich als ,,Zeiten besonderen Ruhebedürfnisses"365 anzusehen. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß die frühen Abendstunden im Sommerhalbjahr häufig auch zur Verrichtung von mit Geräuschen verbundenen (Eigen-)Arbeiten an Haus und Garten genutzt werden und der (Breiten-)Sport in dieser Jahreshälfte-abgesehen vom Wochenende- vorzugsweise ebenfalls am Spätnachmittag und am frühen Abend im Freien ausgeübt zu werden pflegt. In Gebieten, in denen derartige Gewohnheiten anzutreffen sind, ist es daher angezeigt, während der Geltung der mitteleuropäischen Sommerzeit die mit ihr intendierte "Verlängerung" des Tages zu beachten366 und in den betreffenden Monaten den Beginn der abendlichen Ruhezeit auf 20.00 Uhr hinauszuschieben367. 361 Vgl. BVerwGE 88, 143 (150); OVG Münster NVwZ-RR 1988, 13 (14); Papier, in: Koch, Schutz vor Lärm, S. 129 (138); Mampel, Rn. 1254; Ziff. 3.3 LAI-Hinweise vorn 28. 10. 1982 (NVwZ 1985, 98 (99)); Ziff. 3.3 LAI-Hinweise vorn 25. 11. 1987 (NVwZ 1988, 135 (136 f.)); Ziff. 5.4 VDI Richtlinie 2058 (FSt. siehe Fn. 84). 362 Vgl. BVerwGE 81, 197 (205); OVG Münster NVwZ-RR 1988, 13 (14); BRS 49 Nr. 204 S. 471 (478); VGH Mannheim NVwZ 1992, 389 (390); VGH München BayVBI. 1995, 465 (466 f.); Papier, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 129 (138); Peine JZ 1989, 955 (956); Mampel, Rn. 1254; Ziff. 3.3 LAI-Hinweise vorn 28. 10. 1982 (NVwZ 1985, 98 (99)); Ziff. 3.3 LAI-Hinweise vorn 25. II. 1987 (NVwZ 1988, 135 (136 f.)); Ziff. 5.4 VDI Richtlinie 2058 (FSt. siehe Fn. 84). 363 OVG Saarlouis BRS 52 Nr. 232 S. 569 (573); BGH LM § 906 BGB Nr. 32 BI. 3. 364 Ob sich durch die arn 01 . 11. 1996 in Kraft getretene Änderung der allgerneinen Ladenschlußzeiten (Art. 1 Ziff. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß und zur Neuregelung der Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien vorn 30. 07. 1996 (BGBI. I S. 1186)) signifikante Änderungen ergeben und sich hinsichtlich des Eintritts der Abendruhe neue Gewohnheiten herausbilden, bleibt abzuwarten. 365 BVerwGE 81, 197 (205); OVG Münster BRS 49 Nr. 204 S. 471 (478). 366 Vgl. § 3 I ZeitG (BGBI. I 1978, S. 1110): "Die Bundesregierung wird ermächtigt, zur besseren Ausnutzung der Tageshelligkeit .. . die mitteleuropäische Sommerzeit einzuführen." (Hervorhebung d. Verf.).

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Wahrend der Zeiten besonderen Ruhebedürfnisses ist die Erheblichkeitsschwelle niedriger als während der übrigen Tageszeit. Folglich ist es hier geboten, den unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse festgestellten und für die übrige Tageszeit die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG markierenden Immissionswert um 3 dB(A) bis 6 dB(A) zu vermindern oder- bei unverändertem Immissionswert - den ermittelten äquivalenten Dauerschallpegel (Mittelungspegel) um einen entsprechenden Zuschlag zu erhöhen368 . Hierbei ist gegebenenfalls - nämlich dann, wenn eine Sportanlage nur Spätnachmittags und abends (z. B. von 16.00 bis 22.00 Uhr369) benutzt wird - auch einer sachwidrigen "Herunterrechnung" der Geräuschbelastung angemessen zu begegnen, zu der es kommt, wenn in solchen Fällen der Schallpegel über den in den einschlägigen Regelwerken für den Tag angegebenen üblichen Bezugszeitraum von 16 h (6.00 bis 22.00 Uhr) und damit unter Einbeziehung zahlreicher geräuschfreier Vormittags- und früher Nachmittagsstunden gemittelt wird. Ansonsten würde die Wohnnachbarschaft in den Abendstunden einer deutlich überproportionalen Immissionsbelastung ausgesetzt sein. Das aber kann nicht hingenommen werden. (4) Art der Geräuschimmissionen Unmittelbar aus dem Wortlaut des § 3 I BlmSchG ergibt sich, daß sich die Abgrenzung zwischen erheblichen und unerheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen neben den Gesichtspunkten "Ausmaß" und "Dauer" auch nach der "Art" der Immissionen zu richten hat. Hinsichtlich der "Art" der Immissionen ist entsprechend § 3 II BlmSchG zu unterscheiden zwischen Luftverunreinigungen, Geräuschen, Erschütterungen, Licht, Wänne, Strahlen und ähnlichen Umwelteinwirkungen. Ob innerhalb dieser verschiedenen Immissionsarten weitere Differenzierungen zulässig oder sogar geboten sind, wird für die - vorliegend allein interessierenden - Geräuschimmissionen nicht einheitlich beantwortet. Teilweise wird die Auffassung vertreten, die Art der Geräuschquelle spiele keine Rolle 370. Teilweise nehmen Rechtsprechung und Literatur aber auch eine zusätzliche Binnendifferenzierung zwischen verschiedenen Geräuschquellen vor. So sollen Verkehrsgeräusche371 , Musikgeräusche372 oder Kinderspielplatzgeräusche373 weniger störend und folgIm Ergebnis ebenso OVG Saarlouis BRS 52 Nr. 232 S. 569 (573). Vgl. Ziff. 3.3 LAI-Hinweise vom 28. 10. 1982 (NVwZ 1985, 98 (99)); Ziff. 3.3 LAIHinweise vom 25. 11. 1987 (NVwZ 1988, 135 (136 f.)); Ziff. 5.4 VDI Richtlinie 2058 (FSt. siehe Fn. 84). A.A. OVG Berlin NVwZ-RR 1989, 125 (128). 369 So im Falle OVG Berlin OVGE 19, 183 ff. 370 BVerwG NVwZ 1983, !55; OVG Harnburg DVBI. 1986, 691 (692); OVG Münster NVwZ-RR 1988, 13 (14). 37t BVerwGE 51, 15 (34); OVG Lüneburg GewA 1979, 345 (348); VGH Mannheim VBIBW 1996, 143 (144); Engelhardt, § 1 Rn. 10; Jarass, § 3 Rn. 38 u. § 41 Rn. 21 ; ders. DVBI. 1983, 725 (729); Seltner, Rn. 38 m.w.N. 367

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lieh in größerem Ausmaß hinzunehmen sein als die übrigen Geräusche, weil gegenüber jenen in der Bevölkerung die Toleranz - im Sinne von Erträglichkeit größer sei374 . Ob das zutreffend ist, kann hier dahingestellt bleiben. Wenn jedoch für auf den Betrieb von Sportanlagen zurückzuführende Geräuschimmissionen das gleiche Privileg geltend gemacht wird375 , vermag dies zumindest solange nicht zu überzeugen, als die Lärmwirkungsforschung nicht überzeugend belegt hat, daß die menschliche Toleranz (im o.g. Sinne) gegenüber Immissionen, nur weil sie von Sportanlagen herrühren, im Vergleich zu sonstigen Immissionen erhöht ist. Das ist bislang, soweit ersichtlich, nicht geschehen. Infolgedessen muß davon ausgegangen werden, daß das Bundes-Immissionsschutzgesetz die auf den Betrieb von Sportanlagen zurückgehenden Geräuschimmissionen im Vergleich zu sonstigen Geräuschimmissionen nicht bevorzugt behandelt wissen will376 . Eine gegenüber sonstigen Geräuschimmissionen bevorzugte Behandlung der auf den Betrieb von Sportanlagen zurückgehenden Geräuschimmissionen läßt sich auch mit Hilfe der argumentativen Topoi 377 "Herkömrnlichkeit", "Sozialadäquanz" und "Allgemeine Akzeptanz" nicht begründen. Unter Hinweis auf die "Herkömmlichkeit" werden Geräuschimmissionen durch liturgisches Glockenläuten, eine seit vielen Jahrhunderten überall in Stadt und Land gleichermaßen anzutreffende kirchliche Lebensäußerung, als "unerheblich" qualifiziert378. Geräuschimmissionen durch den Betrieb von Sportanlagen sind demgegenüber, da hierzulande fast alle Sportanlagen erst in diesem Jahrhundert errichtet wurden, eine relativ neue Erscheinung und daher (auch) unter dem zeitlichen Aspekt mit liturgischem Glockenläuten nicht vergleichbar. Die "Herkömmlichkeit" spielt deshalb bei Sportgeräuschen keine Rolle. Unter Berufung auf "Sozialadäquanz" und "Allgemeine Akzeptanz" werden in Rechtsprechung und Literatur vor allem Kinderspielplatzgeräusche für "unerhebJarass, § 3 Rn. 38. OVG Münster BauR 1987, 46 (48); VGH München NVwZ 1989, 269 (271 f. ); VGH Mannheim NVwZ 1990, 988 (989). 374 So für Verkehrsgeräusche: BVerwGE 51, 15 (34). 375 Sportausschuß des Deutschen Bundestages BT-Drs. 10 I 6563, S. 4 u. 6; Gelzer; in: Pikart/Gelzer/Papier, Rechtsgutachten, 1984, S. 49 (56 f.); Pikart/Gelzer/Papier NVwZ 1985, 100 (102): Keine Zuschläge, sondern "Abschläge wegen der gesundheitspolitischen Bedeutung des Sports und seiner Erholungsfunktion"; Schwerdtner NVwZ 1989, 936 (938); Happe Der Städtetag 1984, 400 (402). 376 Im Ergebnis ebenso: Gaentzsch UPR 1985, 201 (204); Hagen UPR 1985, 192 (195 f. u. 200); Papier UPR 1985, 73 (76); ders. NVwZ 1986, 624 (625 f.); Kloepfer, S. 409; Peine JZ 1989, 955; Koch, Immissionsschutz durch Baurecht, S. 59 f. ; Schrödter; § 9 BauGB, Rn. 76a; Fickert/Fieseler, Vorbem. §§ 2- 9,12- 14 BauNVO, Rn. 12.9 u. § 4 BauNVO, Rn. 7.4; OVG Lüneburg BRS 47 Nr. 75 S. 201 (204); OVG Münster NVwZ-RR 1988, 13 (14). 377 So Jäde ZfBR 1992, 107 (112). 378 BVerwGE 68, 62 (67 f.). Das (nicht sakrale) nächtliche Zeitschlagen von Kirchturrnoder Rathausuhren erfährt jedoch - trotz Herkömmlichkeit - eine gegenteilige Beurteilung (vgl. BVerwGE 90, 163 (167)). 372 373

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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lieh" erklärt379. Nach zum Teil vertretener Ansicht sollen aber auch Sportgeräusche unter diesem Blickwinkel zumindest in bestimmten Fällen als "unerheblich" hinzunehmen sein380. Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Die Gesichtspunkte der "Sozialadäquanz" und der "Allgemeinen Akzeptanz" werden immer - aber auch nur - dann benutzt, um Geräuschimmissionen als "unerheblich" einzustufen, wenn "man" sie als hinnehmbar empfindet, weil "man" meint, sie zurückführen zu können auf "Handlungen, (die sich völlig) innerhalb der geschichtlich gewordenen Ordnung des Gemeinschaftslebens eines Volkes bewegen"381 und deshalb gestattet sind. Es wird somit abgehoben auf einen jenseits des Gesetzes bestehenden allgemeinen Konsens und der Schluß gezogen, daß das Bundes-Immissionsschutzgesetz Geräuschimmissionen nicht als schädliche Umwelteinwirkungen qualifizieren kann, die in der Gesellschaft aufgrund des "sozialen Sympathiewerts der Geräuschquelle"382 von (nahezu) jedermann als allgemein üblich anerkannt werden. Letzteres ist zweifelsohne richtig. Die Crux besteht jedoch darin, daß es solche Geräuschimmissionen in Wahrheit (fast) nicht gibt. Selbst bei Kinderspielplätzen und Schulsportplätzen kann, wie nicht zuletzt die Vielzahl der gegen ihre Errichtung oder ihren Betrieb erhobenen Klagen zeigt383 , 379 BVerwG NJW 1992, 1779 (1780); UPR 1996, 309 (311); OVG Berlin NVwZ-RR 1995, 67; Gaentzsch, FS Gelzer, S. 29 (31); Schrödter; § 9 BauGB, Rn. 76a; Mampel, Rn. 1454; Roßnagel, in: Koch, Lechelt (Hrsg.), Zwanzig Jahre Bundes-Immissionsschutzgesetz, S. 60 (68); GK-BimSchG-Roßnagel, § 22 Rn. 149. 380 Sportausschuß des Deutschen Bundestages BT-Drs. 10/6563, S. 4 u. 6; Lang UPR 1985, 185 (190); Schwerdtner NVwZ 1989, 936 (938); diff. Roßnagel, in: Koch, Lechelt (Hrsg.), Zwanzig Jahre Bundes-lmmissionsschutzgesetz, S. 60 (68); GK-BimSchGRoßnagel, § 22 Rn. 149. Die Rechtsprechung beschränkt hingegen die "Sozialadäquanz" bei Sportgeräuschen auf den Schulsport unter Aufsicht von Lehrern, vgl. BVerwGE 88, 143 (145 u. 149); OVG Münster NVwZ 1991, 900 (901 f.); OVG Koblenz NVwZ 1990, 279 f.; zust. Gaentzsch, FS Gelzer, S. 29 (31). A.A.: Fickertl Fiese/er; Vorbem. §§ 2- 9,12- 14 BauNVO, Rn. 12.6 - 12.9 u. 12.14 sowie§ 4 BauNVO, Rn. 7.4. 381 So die Definition der "Sozialadäquanz" durch ihren Erfinder: Welzel ZStW 58 (1939), 491 (516 f.). 382 Vgl. BVerwGE 84, 31 (41). 383 BVerwGE 42, 5 ff.; BVerwG DVBI. 1974, 777 ff.; BRS 44 Nr. 181 S. 418 f. ; NJW 1992, 1779 f.; BVerwG, E. v. 29.05.1989-4 B 26/89; VGH München, E. v. 12.11.1993-26 N 91.3001; VGH München NVwZ 1989, 269 ff.; BayVBI. 1984, 499 f.; VGH Mannheim BauR 1984, 151 f.; BauR 1985, 535 f.; VBlBW 1985, 21 ff.; VBlBW 1986, 349 ff.; UPR 1986, 37 f.; BauR 1987, 414 ff. ; NVwZ 1990, 988 ff.; BWGZ 1994, 797 f.; OVG Berlin OVGE 17, 247 ff.; OVG Berlin NVwZ-RR 1995, 67 f.; OVG Bremen NVwZ 1989, 272 f .; VGH Kassel BRS 38 Nr. 182 S. 401 ff.; NVwZ-RR 1989, 177 f.; OVG Koblenz NVwZ 1985, 924 ff.; UPR 1989, 360; NVwZ 1990, 279 f. ; OVG Lüneburg, E. v. 10. 12. 1974 - I OVG B 191174; OVG Lüneburg NJW 1985, 217 f.; BRS 42 Nr. 188 S. 423 ff.; BRS 48 Nr. 164 S. 405 ff.; OVG Lüneburg, E. v. 26.10.1988- 6 A 80/86; OVG Münster BRS 20 Nr. 20 S. 46 ff.; DVBI. 1974, 364 ff.; NVwZ 1983, 356 ff.; BauR 1987, 46 (48); NVwZ 1991, 900 ff.; E. v. 28.07.1994- 10 B 1407/94; VG Braunschweig NVwZ 1991, 1211 f.; VG Köln UPR 1983, 240; VG Koblenz WuM 1988, 424; VG München DWW 1988,380 ff.; VG Münster NVwZ 1982, 327 f.; VG Oldenburg, E. v. 03. 10. 1974- I D 136174 S; LG Darmstadt, Urt. V. 31.05.1968- 1 0 97/67.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

von einer in der Bevölkerung vorhandenen, jenseits der Rechtsordnung anzusiedelnden "Allgemeinen Akzeptanz" von Geräuschimmissionen nicht (mehr) die Rede sein. Infolgedessen verleiht der "Einbau" der Topoi "Sozialadäquanz" oder "Allgemeine Akzeptanz" einer Argumentation keinerlei (zusätzliche) juristische Überzeugungskraft und sollte deshalb unterbleiben. Ist es somit nicht gerechtfertigt, Sportimmissionen gegenüber anderen Immissionen besser zu stellen, so ist es umgekehrt allerdings auch nicht statthaft, die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG bei vom Betrieb einer Sportanlage herrührenden Geräuschimmissionen schärfer zu ziehen als bei(m Gros der) sonstigen Geräuschimmissionen384. Zwar sind von Sportanlagen ausgehende Geräuschimmissionen vor allem durch unregelmäßig auftretende Einzelgeräusche gekennzeichnet, welche teilweise sehr ton-, impuls- oder informationshaltig sind und deshalb subjektiv als besonders störend empfunden werden können385 . Zu denken ist hier beispielsweise an die Benutzung von Schußwaffen bei Schießstandanlagen, an das Abfeuern der Startschußpistolen bei der Leichtathletik und beim Schwimmen, an die Betätigung der Schiedsrichterpfeife, an das Schlagen von Bällen und das Auftreffen derselben auf Ballfanggittern, an Anfeuerungsrufe, Beifallsbekundungen, "Schlachtgesänge", "Pfeifkonzerte", an den Einsatz von Fanfaren und sonstigen geräuscherzeugenden Instrumenten und nicht zuletzt an den Betrieb der Platzlautsprecheranlage. Der erhöhten Störwirkung dieser besonders ton-, impuls- oder informationshaltigen Einzelgeräusche ist vielmehr sachgerecht dadurch Rechnung zu tragen, daß dem ermittelten äquivalenten Dauerschallpegel (Mittelungspegel) Zuschläge von bis zu 6 dB(A) hinzuaddiert werden, wie dies seit jeher auch bei nicht von Sportanlagen ausgehenden Geräuschimmissionen geschieht386, wenn sie derartige besondere Geräuschmerkmale aufweisen, sofern die erhöhte Störwirkung nicht bereits durch ein entsprechend ausgestaltetes Meßverfahren387 berücksichtigt wird.

5. Rechtspflicht zur Verhinderung nach dem Stand der Technik vermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen

Sind Geräuschimmissionen zu verzeichnen oder in naher Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, die - in Anbetracht der bauplanungsrechtlichen Qualifizierung und gegebenenfalls vorhandener Vorbelastungen des 384 OVG Münster NVwZ-RR 1988, 13 (14); Kloepfer, S. 409; Fickert!Fieseler, Vorbem. §§ 2-9,12- 14 BauNVO, Rn. 12.6- 12.9 sowie§ 4 BauNVO, Rn. 7.4. 385 Vgl. BVerwG NJW 1986, 393 (394); OVG Berlin NVwZ 1987, 984 (985); VGH München BauR 1982, 141 (142); OVG Harnburg BauR 1986, 73 (75 f.); OVG Lüneburg BRS 47 Nr. 75 S. 201 (203 f.). 386 Vgl. Ziff. 5.5 u. 5.6 VDI Richtlinie 2058; Ziff. 2.42 u. 2.422.3 TA Länn; Ziff. 6.6.3 AVV Baulänn. 387 Sog. .,Takt-Maximal-Verfahren".

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Gebiets, in dem sie auftreten, des Zeitpunkts, zu dem sie auftreten, und I oder aufgrund ihrer Art, die sie aufweisen - als schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BimSchG zu qualifizieren sind, so obliegt es nach § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG den Betreibern immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen, ihre Anlage so zu betreiben, daß diese schädlichen Umwelteinwirkungen insoweit nicht auftreten, als sie nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Als "Stand der Technik" bezeichnet das Bundes-Immissionsschutzgesetz in § 3 VI 1 den Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen gesichert erscheinen läßt. Gemäß § 3 VI 2 BimSchG sind bei der Bestimmung des "Standes der Technik" insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg im Betrieb erprobt worden sind. Die Pflicht zur Verhinderung nach dem Stand der Technik vermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen richtet sich im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 I GG) und in Ermangelung einfachgesetzlicher Differenzierungen in den Vorschriften über die immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen(§§ 22- 25 BimSchG) im Grundsatz gleichermaßen an alle Setreiber derartiger Anlagen. Werden schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen, so sind prinzipiell alle Anlagenbetreiber gehalten, Maßnahmen nach § 22 I 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 VI BimSchG zu ergreifen, solange und soweit sie allein oder im Zusammenwirken mit anderen Emittenten hierfür (mit-)ursächlich sind. Bei schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräuschimmissionen ist von diesem Grundsatz jedoch von vomherein zum einen aus rechtlichen, zum andem aus tatsächlichen Gründen jeweils eine Ausnahme geboten:

a) Teleologische Reduktion der Rechtspflicht beiformell und materiell öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechenden immissionsbetroffenen Grundstücksnutzungen Durch teleologische Reduktion des § 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG läßt sich begründen, daß Betreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen keine Maßnahmen nach dieser Vorschrift ergreifen müssen, soweit schädliche Umwelteinwirkungen nur deshalb gegeben oder zu erwarten sind, weil die immissionsbetroffene Nachbarschaft ihr Grundstück in einer Weise nutzt, welche sowohl formell als auch materiell öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der immissionsbetroffene Nachbar gegen eine drittschützende Norm, deren Einhaltung vom emittierenden Anlagenbetreiber erzwungen werden könnte, oder "nur" gegen eine sonstige Vorschrift des öffentlichen Rechts verstößt388 • 388

A.A. Jarass JZ 1993, 601 (605); ders. , § 3 Rn. 44a.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Der Zweck des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (§ 1 BlmSchG) erstreckt sich nämlich - völlig unabhängig von vorgenannter Differenzierung - generell nicht darauf, Menschen auch insoweit vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen, als sie ihnen nur deshalb ausgesetzt sind, weil sie sich selbst gänzlich ins Unrecht gesetzt haben. Insoweit scheiden sie als Schutzobjekte aus 389 . Daß sie ihre gesamte Schutzwürdigkeit verwirkt hätten, ist allerdings nicht anzunehmen, so daß nicht jeder (noch so "kleine") Verstoß gegen irgendeine öffentlich-rechtliche Vorschrift stets den völligen Verlust des Schutzanspruchs gegenüber schädlichen Umwelteinwirkungen zur Folge hat. "Alles-oder-Nichts-Lösungen" sind dem Bundesimmissionsschutzrecht fremd. Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und somit Maßnahmen nach § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG kommen daher (nur) noch insoweit in Betracht, als auch bei einer in Übereinstimmung mit den materiellrechtlichen Vorschriften des öffentlichen Rechts erfolgenden Nutzung des immissionsbetroffenen Grundstücks (noch) schädliche Umwelteinwirkungen zu verzeichnen wären. Auf die Prüfung der (fiktiven) Umweltsituation bei rechtmäßigem Alternativverhalten der Immissionsbetroffenen kann deshalb nicht verzichtet werden390. b) Wegfall der Rechtspflicht bei Überlagerung durch ständig vorherrschende rechtlich nicht zu verhindernde Fremdgeräusche

Nach den bisherigen Ausführungen391 kommt es für die Frage, ob schädliche Umwelteinwirkungen zu verzeichnen sind, auf die Gesamtgeräuschbelastung am Immissionsort an. Liegt diese jenseits der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG, lassen sich schädliche Umwelteinwirkungen infolgedessen (künftig) nur vermeiden, wenn es tatsächlich und rechtlich möglich ist, die Gesamtgeräuschbelastung (wieder) unter diese Grenze zu senken. Aus diesem Umstand ergibt sich, daß ein Betreibereiner immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlage, obschon schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräuschimmissionen gegeben sind und er - bei isolierter Betrachtung - allein oder im Zusammenwirken mit anderen Emittenten ebenfalls den Grad schädlicher Umwelteinwirkungen erreichende Geräuschimmissionen (mit-)hervorruft, nach dem Stand der Technik mögliche Maßnahmen nach § 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG nicht zu ergreifen verpflichtet ist, wenn die durch ihn (mit-)verursachten 389 Vgl. BVerwGE 90, 53 (56); ferner Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 165. Wer beispielsweise mit Geräuschimmissionen nur deshalb konfrontiert ist, weil er an seinem Haus ein ungenehmigtes und bauordnungsrechtlich nie genehmigungsfähiges Fenster einbaut (vgl. BVerwGE 91,92 (96 ff.)), ist ebensowenig schutzwürdig wie derjenige, bei dem dies nur deshalb der Fall ist, weil er in eine "Wohnung" eingezogen ist, die als solche weder baurechtlich genehmigt noch zu irgendeinem Zeitpunkt baurechtlich genehmigungsfähig war I ist (a.A. Jaross JZ 1993, 601 (604 f.)). 390 Ähnlich Jarass JZ 1993, 601 (604 f.); ders., § 3 Rn. 44a; L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 15 f. ; anders wohl BVerwGE 91, 92 (96 ff.). 391 Siehe oben B II 4 c (I) (a) (aa) u. (2) (b).

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Geräusche durch ständig vorherrschende Fremdgeräusche Dritter völlig überlagert werden und gegen diese Fremdgeräusche aus Rechtsgründen nicht vorgegangen werden kann. Denn derjenige, dessen Emissionen so beschaffen sind, daß sie von Dritten gänzlich überlagert werden und sich daher am Immissionsort nicht mehr auswirken, leistet zur Gesamtimmissionsbelastung keinen kausalen Beitrag und ist demzufolge aus tatsächlichen Gründen gar nicht in der Lage, durch irgendwelche Maßnahmen an Vermeidung oder Verringerung dieser Belastung mitzuwirken. Für den Betreiber einer immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Sportanlage erhebt sich deshalb bei Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräuschimmissionen die Frage, unter welchen Voraussetzungen "seine" Geräusche durch Fremdgeräusche vollständig überlagert werden und in welchen Fällen gegen diese Fremdgeräusche aus Rechtsgründen nicht eingeschritten werden kann. Um die Frage der Überlagerung beantworten zu können, muß zunächst geklärt werden, welche Geräusche dem Betrieb einer Sportanlage im einzelnen überhaupt zuzurechnen sind. lnkurs: Zurechnung von Geräuschen bei Sportanlagen

In Anlehnung an eine in der Literatur mehrfach vorgenommene Differenzierung392 kann beim Betrieb einer Sportanlage zunächst zwischen direktem Sportlärm, indirektem Sportlärm bzw. Sportbegleitlärm und Sportfolgelärm unterschieden werden. Da unter "Lärm" weithin "störender Schall" bzw. "störendes Geräusch" verstanden wird und der Begriff somit negativ besetzt ist393 , soll nachfolgend nicht von "Lärm", sondern von "Geräuschen" gesprochen werden: Direkte Sportgeräusche entstehen durch die sportliche Betätigung als solche. Hierzu gehören beispielsweise der Schlag auf den Tennisball oder den Fußball, das Auftreffen der Bälle auf Ballfanggittern oder -zäunen, das Ertönen der Schiedsrichterpfeife sowie sonstige Lautäußerungen von Spielern und notwendigen Begleitpersonen (Schiedsrichtern, Sportlehrern, Trainern usw.), Motorengeräusche der Flugmodelle und das Krachen der Gewehre und Pistolen beim Schießen. Indirekte Sportgeräusche bzw. Sportbegleitgeräusche entstehen während der Sportausübung durch Personen, die weder selbst Sport treiben noch zu den notwendigen Begleitpersonen zählen. Erlaßt werden hierunter vor allem die gesamten Zuschauergeräusche (Beifall, Zurufe, Gesänge, Pfiffe, Fanfaren, Sirenen usw.) und die Lautsprecherdurchsagen. Sportfolgegeräusche entstehen vor und nach der sportlichen Betätigung und umfassen zum Beispiel die Kfz-Geräusche der an- und abfahrenden Sportler und Zuschauer innerhalb und außerhalb des Sportanlagengeländes, die Unterhaltung und 392 Birk NVwZ 1985, 689 (690); Steinberg, S. 37; Schmitz NVwZ 1991, 1126 (1127); Schink DVBI. 1992,515 (518). 393 Vgl. Ziff. 2.11 TA Lärm (FSt. siehe Fn. 83).

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

das Türenschlagen der ein- und aussteigenden Personen und gegebenenfalls die Geräusche, die durch den Betrieb einer Stadiongaststätte, eines Vereinsheims oder infolge der Abhaltung von Sportvereinsfesten auf der Sportanlage entstehen. Zuzurechnen sind dem Setreiber einer Sportanlage die Geräusche aller drei Geräuschgruppen, weil sie allesamt auf den Anlagenbetrieb zurückzuführen sind und einer Anlage alle Geräusche zugerechnet werden müssen, die durch Betätigungen hervorgerufen werden, die mit ihrer Errichtung oder ihrem Betrieb in ursächlichem Zusammenhang stehen. Das gilt auch für die unter die Sportfolgegeräusche fallenden Geräusche des Kfz-Verkehrs außerhalb des Anlagengeländes, sofern sich der Verkehr noch innerhalb eines räumlich überschaubaren Bereichs bewegt und noch keine zur Ununterscheidbarkeit führende Vermischung mit dem allgemeinen Straßenverkehr stattgefunden hat394. Sportanlagen können auch hier nicht anders behandelt werden als andere Anlagen, bei denen die Verkehrsgeräusche insoweit ebenfalls in die Beurteilung einbezogen werden395 • Über die Geräusche dieser drei Geräuschgruppen hinaus muß desweiteren eine Zurechnung all derjenigen Geräusche erfolgen, die mit der vom Sportanlagenbetreiber erlaubten oder geduldeten Nutzung der Sportanlage zu nicht sportlichen Zwecken (z. B. Open-Air-Konzerten, Volksfesten, Gottesdiensten, Gewerkschaftskundgebungen, Wanderzirkusveranstaltungen etc.) verbunden sind, weil es für die Wohnnachbarschaft keinen Unterschied macht, aus welchem Anlaß von einer Sportanlage Geräuschimmissionen herüberdringen. Aus demselben Grunde müssen dem Sportanlagenbetreiber als dem für die Anlage Verantwortlichen auch die durch bestimmungs- oder zweckwidrige Anlagenbenutzung entstehenden Geräuschimmissionen zugerechnet werden (z. B. bei abendlichen Mopedrennen "wilder" Halbwüchsiger), sofern die Sportanlage baulich so gestaltet ist, daß eine solche Benutzung ohne weiteres möglich ist, insbesondere ein Betreten (und Befahren) der Anlage außerhalb der Betriebszeiten nicht mittels baulicher Maßnahmen verhindert wird396• 394 Für die Zurechnung der Verkehrsgeräusche bei Sportanlagen: VGH Kassel BRS 33 Nr. 25 S. 67 (68); VGH Mannheim VBIBW 1981, 220 (221 f.); Rechtsprechungsdienst 1992, Beilage 9, B 8; VGH München BayVBI. 1983, 275 (276); OVG Münster BRS 49 Nr. 205 s. 480 (486 f.). 395 Für die Zurechnung der Verkehrsgeräusche bei Verbrauchermärkten: BVerwGE 68, 352 (358 u. 360); 68, 360 (369); Getränkemärkten: BVerwG DVBI. 1989, 371 (372); Großflächigen Einzelhandelsbetrieben: BVerwG Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 120 S. 16 (17 f.); Gaststätten/Biergärten: BVerwG DVBI. 1965, 603 f.; GewA 1992, 391 ff.; VGH München GewA 1976, 29 f.; GewA 1982, 239; BayVBI. 1984, 113; BayVBI. 1995, 465 (466 f.); OVG Münster GewA 1968, 86 f.; GewA 1993, 254 (257); GewA 1994, 494 (495); VGH Mannheim NVwZ 1987, 338 (339); Clubbetrieb: BGH NJW 1963, 2020; Abfallbeseitigungsanlagen: VGH Mannheim NVwZ 1989,276 (278); Mehrzweckhallen: VGH Mannheim BRS 35 Nr. 184 S. 335 f.; VBIBW 1994, 197 (198); vgl. allgemein Jarass, § 4 Rn. 46 u. § 22 Rn. 2; ders. NJW 1981, 721 (724 ff.); L-R-Hansmann, Vor§ 22 Rn. 11; Feldhaus, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 153 (157); Schmatz /Nöthlichs, § 4 Anm. 2.3; zweifelnd OVG Berlin GewA 1981, 65 (66) (Gaststätte).

11. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Nachdem somit geklärt ist, welche Geräusche einer Sportanlage zugerechnet werden müssen, kann nunmehr auf die noch offen gebliebene Frage zurückgekommen werden, unter welchen Umständen beim Betrieb einer Sportanlage von einer vollständigen Überlagerung durch rechtlich nicht zu verhindernde Fremdgeräusche Dritter ausgegangen werden kann - mit der bereits erwähnten Konsequenz, daß in diesem Fall dann keine Maßnahmen nach dem Stand der Technik gemäß § 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG veranlaßt sind. Im Schrifttum wird zur Frage vollständiger Überlagerung die Auffassung vertreten, daß eine um 10 dB(A) leisere Schallquelle praktisch nicht mehr zu einer Erhöhung des Gesamtbelastungspegels führe 397 . Nach anderer Ansicht könne ein zweites gleichartiges und gleichzeitig einwirkendes Geräusch im allgemeinen vernachlässigt werden, wenn es um mehr als 6 dB(A) leiser sei398 . Nach einer dritten Meinung entfiele die Störwirkung eines Geräusches, wenn es in 90% der Beurteilungszeit verdeckt werde; von einer Verdeckung sei auszugehen, wenn das Fremdgeräusch in seiner Frequenzzusammensetzung und seinem Pegelverlauf dem Anlagengeräusch ähnlich sei und der Schallpegel des Fremdgeräusches stets mindestens 3 dB(A) über dem Anlagengeräusch liege399. Zur Entscheidung darüber, welche der drei genannten Auffassungen zutreffend ist, ist die Rechtswissenschaft nicht berufen. Dies muß vielmehr der Lärmwirkungsforschung überlassen bleiben. Im Interesse des Immissionsschutzes und im Hinblick auf den Zweck des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (vgl. § 1 BlmSchG) muß bis zur Klärung dieser außerrechtlichen Fachfrage von der "sichersten Variante" ausgegangen werden. Eine Überlagerung der Geräusche einer Sportanlage durch ein Fremdgeräusch mit der Folge, daß sich die ihr zuzurechnenden, äußerst vielgestaltigen Geräusche bei der Gesamtimmissionsbelastung nicht mehr niederschlagen, kann deshalb nur angenommen werden, wenn das Fremdgeräusch zu den Zeiten, zu denen Anlagengeräusche auftreten, ständig vorhanden ist und sein Schalldruckpegel denjenigen der Anlagengeräusche stets um mindestens 10 dB(A) übersteigt. 3% Vgl. BVerwG NVwZ 1990, 858; OVG Lüneburg BRS 42 Nr. 188 S. 423 (428 f.); VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 175 (176); OVG Münster NVwZ 1991, 900 (902); VGH Mannheim NVwZ 1990, 988 (989 f.); BauR 1994, 497 (498 f.). Daß der Anlagenbelreiber (zusätzlich) eine "besondere Gefahrenlage" geschaffen hat oder einen "besonderen Anreiz" zum Mißbrauch seiner Anlage gibt, ist - entgegen OVG Berlin BauR 1994, 346 (349); NVwZ-RR 1988, 16 (17); VGH München NVwZ 1989, 269 (271 f. ); OVG Münster BRS 49 Nr. 204 S. 471 (474); BauR 1987, 46 (48 ff.); DVBL 1986, 697 (698 f.); VGH Mannheim NJW 1985, 2352 (2353); GK-BimSchG-Roßnagel, § 22 Rn. 20 - als Voraussetzung für die Zurechnung schädlicher Umwelteinwirkungen infolge zweckwidriger Anlagenbenutzung de lege lata nicht zu verlangen. 397 Rid/Hammann NVwZ 1989,200 (201); Kutscheidt NWVBL 1994,281 (285). 398 Krell, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 61 (65). 399 Koch, Immissionsschutz durch Baurecht, S. 50, unter Bezugnahme auf einen entspr. Beschluß des Länderausschusses für Immissionsschutz vom 03. 06. 1977; Petersen, S. 52 m.w.N.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Das Fremdgeräusch muß also einem Dauergeräusch gleichkommen. Das ist beispielsweise bei einer permanent stark befahrenen Durchgangsstraße der Fall400. Handelt es sich bei dieser Straße dann noch um einen vor lnkrafttreten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gebauten und seither nicht wesentlich geänderten Verkehrsweg, kann - zumindest unterhalb der Gefahrengrenze401 - gegen die durch ihn hervorgerufenen Fremdgeräusche rechtlich nichts unternommen werden402. Liegt eine Sportanlage an einer solchen Straße, so dürfte sie nicht selten (mindestens) von der gegenüberliegenden Straßenseite aus nur noch sichtbar, aber nicht mehr hörbar sein. Zu denken ist in diesem Zusammenhang aber auch an alle Konstellationen, bei denen ständig vorherrschende Fremdgeräusche gegeben sind und der stets zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit deren (weitere) Verringerung ausschließt. In den anderen Fällen, in denen keine oder zumindest keine vollständige Überlagerung durch ein Fremdgeräusch gegeben bzw. dessen Verminderung rechtlich möglich ist, ist der Betreiber einer immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Sportanlage folglich bei schädlichen Umwelteinwirkungen - insoweit diese nicht ausschließlich deswegen gegeben sind, weil die immissionsbetroffene Grundstücksnutzung sowohl formell als auch materiell gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt403 - stets gehalten, diese gemäß § 22 I 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 VI BimSchG durch nach dem Stand der Technik mögliche Maßnahmen möglichst zu vermeiden. Hier stellt sich dann die Frage, welche Maßnahmen nach dem "Stand der Technik" möglich sind und wodurch die Vermeidepflicht ihre Begrenzung erfährt. c) Nach dem Stand der Technik mögliche Maßnahmen bei bestehender Rechtspflicht

Nach dem unzweideutigen Wortlaut des § 3 VI 1 BimSchG können und müssen, um schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern, von Betreibern immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen gemäß § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG nur Maßnahmen gefordert werden, die zur Emissionsbegrenzung praktisch geeignet sind404. Da es sich um Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung handeln muß, kommen nur solche in Betracht, die unmittelbar an der Anlage selbst als der Quelle der Emissionen (§ 3 III BimSchG) ansetzen405 . Vorkehrungen, die 400 Vgl. Feldhnus, Ziff.2.21 3 TA Lärm, Randbem. "Fremdgeräusche"; Rid/Hammann NVwZ 1989, 200 (201); VGH München BayVBI. 1996, 400 ff. (Hauptabfuhrstrecke der Deutschen Bahn AG). 401 Siehe oben B II 2. 402 Vgl. §§ 41-43 BimSchG i.V.m. § 116. BimSchV. 403 Siehe oben B II 5 a . 404 L-R-Hansmann, § 22 Rn. 17; Jarass, § 3 Rn. 74 u. 78.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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lediglich der Immissionsminderung dienen, sind mithin nach dieser Norm nicht verpflichtend vorgeschrieben.

Zur Bekämpfung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräusche, die auf den Betrieb von Sportanlagen zurückzuführen sind, bieten sich demgemäß nach § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG vor allem folgende anlagebezogenen Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung an: - Verwendung geräuschgeminderter Ballfangzäune (Ballfanggitter), Ersetzung von Ballfangzäunen (Ballfanggittern) durch Ballfangnetze, - Einbau geräuscharmer Bodenbeläge, Wegfall des Einsatzes von Startschußpistolen durch Einbau einer Anlage zur elektronischen Startauslösung, - Abkehr vom System der zentralen Beschallung bei der Platzlautsprecheranlage durch Aufstellung mehrerer dezentraler Lautsprecher mit Schallpegelbegrenzer, - Verringerung des Gebrauchs der Platzlautsprecheranlage durch verstärkte Nutzung von (elektronischen) Anzeigetafeln. Umstritten ist, ob darüberhinaus gemäß § 22 I I Nr. I i.V.m. § 3 VI BimSchG auch zeitliche Einschränkungen des (Sport-)Anlagenbetriebs geboten sein können. Dies wird nach zum Teil vertretener Ansicht mit der Begründung bejaht, daß sich auch hierdurch die Gesamtemissionen verringern ließen, der "Stand der Technik" auch betriebsorganisatorische Maßnahmen umfasse und die zeitliche Beschränkung der Anlagennutzung hierunter subsumiert werden könne406• Diese Ansicht verdient jedoch keine Zustimmung. Nach § 22 I I Nr. 1 i.V.m. § 3 VI BimSchG sind nämlich nur Maßnahmen geboten, die Ausdruck des Entwicklungsstandes fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen sind. Es läßt sich ernsthaft nicht behaupten, daß die zeitliche Betriebsbeschränkung Ausdruck des Entwicklungsstandes eines fortschrittlichen Verfahrens, einer fortschrittlichen Einrichtung oder einer fortschrittlichen Betriebsweise ist. Am ehesten wäre vielleicht noch an eine Anknüpfung an das Tatbestandsmerkmal der "Betriebsweise" zu denken. Doch auch dies scheidet aus, da sie das "Wie", nicht aber das "Wann" des Anlagenbetriebs betrifft. Im übrigen ist es auch naheliegend, daß der "Stand der Technik" lediglich technische Vorkehrungen verlangt407. Die Verpflichtung zur Durchführung nichttechnischer Maßnahmen, wie sie z. B. die zeitliche Betriebsbeschränkung darstellt, kommt infolgedessen nach § 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG nicht in Betracht408 •

405 Seiler, S. 61; Sellner/Löwer WiVerw 1980, 221 (233); Kutscheidt NVwZ 1983, 65 (67); Feldhaus, § 22 Anm. 7; Jarass, § 3 Rn. 74 u. 76; Papier, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 129 (133). 406 Seiler, S. 61 f.; Engelhardt, § 22 Rn. 3; GK-BimSchG-Roßnagel, § 22 Rn. 124 f. ; VG Berlin UPR 1988, 160. 407 VGH Mannheim NJW 1985, 2352 (2353), der allerdings - zu weitgehend - die Beschränkung auf technische Maßnahmen auf den gesamten § 22 BlmSchG (also auch auf§ 22 I I Nr. 2 BlmSchG) erstreckt.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Klarstellend anzumerken ist, daß ein Anlagenbetreiber selbstverständlich freiwillig zeitliche Betriebsbeschränkungen ebenso wie sonstige Maßnahmen vornehmen kann und deshalb möglicherweise anlagebezogene technische Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung nicht zu verwirklichen braucht, - nämlich dann, wenn aufgrund der zeitlichen Einschränkung des Anlagenbetriebs und I oder sonstiger Maßnahmen die (Geräusch-)Immissionen so weit zurückgehen, daß durch seine Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen mehr (mit-)hervorgerufen werden. d) Begrenzung der Rechtspflicht durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Die Pflicht des Betreibers nach § 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG, mittels technischer Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen zu vermeiden, wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als einem "Allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts" 409 mit Verfassungsrang410 begrenzt. Eine zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen geeignete und erforderliche emissionsbegrenzende technische Maßnahme braucht nicht ergriffen zu werden, wenn der mit ihr verbundene (Investitions-)Aufwand außer Verhältnis zum erstrebten Erfolg stehen würde411 . Auch die Amtliche Gesetzesbegründung geht davon aus, daß "nur wirtschaftlich vernünftige Forderungen an den Betreiber gestellt werden"412 . Fraglich ist, was hier mit dem Begriff der "wirtschaftlichen Vernünftigkeit" bzw. der "Verhältnismäßigkeit" zueinander in Relation gesetzt werden soll. Im Schrifttum besteht, soweit ersichtlich, dahingehend Einigkeit, daß es hier auf eine "(betriebs-)wirtschaftliche Vertretbarkeit" nicht ankommen kann413 . Dem ist zuzustimmen, weil der Gesetzgeber die Grenze der "wirtschaftlichen Vertretbarkeil" lediglich bei immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlagen einmal eine Zeit lang hat maßgeblich sein lassen; zwischenzeitlich ist sie auch dort wieder abgeschafft worden414 • Sie wird nach einhelliger Ansicht auch vom verfassungsrecht408 Im Ergebnis ebenso: Feldhaus, § 22 Anrn. 7 f.; L-R-Hansmann, § 22 Rn. 19 u. 25; Jarass, § 3 Rn. 77; Schmatz/Nöthlichs, § 22 Anrn. 4; Kutscheidt NVwZ 1983, 65 (68); Papier NVwZ 1986, 624 (626); OVG Berlin OVGE 19, 183 (197 f.). 409 St. Rspr. des BVerwG seit BVerwGE 1, 263 (265). 410 St. Rspr. des BVerfG seit BVerfGE 19, 342 (348 f.); Hesse, S. 84. 411 Kutscheidt NVwZ 1983,65 (67 f.); L-R-Hansmann, § 22 Rn. 18. 412 Vgl. BT-Drs. 7/179, S. 38. 413 Engelhardt, § 22 Rn. 3; GK-BimSchG-Roßnagel, § 22 Rn. 120; L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 32; Kutscheidt, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge, S. 284; Seiler, S. 63 ff.; Jarass, § 3 Rn. 79. 414 Vgl. einerseits§ 17 II BlrnSchG in der vorn 01. 04. 1974 bis 12. 10. 1985 gültigen Fassung (BGBI. I 1974, S. 721 ff.), andererseits § 17 II BirnSchG in der seit 13. 10. 1985 geltenden Fassung (BGBI. I 1985, S. 1950 f.).

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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liehen Übermaßverbot nicht gefordert. Infolgedessen kann im Rahmen des § 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG nicht darauf abgestellt werden, ob ein An1agenbetreiber hinreichend finanzkräftig ist, damit das Aufbringen der notwendigen Investitionssumme für praktisch geeignete fortschrittliche Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheint. Allerdings kann - zumindest bei schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräuschimmissionen - aber auch das Verhältnis "Aufwand - Ernissionsrninderung" nicht entscheidend sein415 . Relevant ist vielmehr allein die Relation zwischen dem Aufwand auf der einen und der erreichbaren Immissionsentlastung auf der anderen Seite. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß § 22 I BlmSchG nach zutreffender Auffassung eine Vorsorgepflicht nicht kennt416 , zum anderen aus dem Zweck des § 22 I 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 I BlmSchG, der darin besteht, die Allgemeinheit und die Nachbarschaft- mittels anlagebezogener technischer Maßnahmen der Ernissionsbegrenzung - vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen und somit eben vor Immissionen zu schützen. Die Minimierung der Ernissionen (§ 3 III BlmSchG) ist mithin lediglich das "Mittel zum Zweck", nicht jedoch das eigentliche Ziel des § 22 I I Nr. 1 BlmSchG. Zusammenfassend ergibt sich also, daß die Betreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen, soweit sie durch ihren Anlagenbetrieb Geräusche verursachen und dadurch schädliche Umwelteinwirkungen (rnit)hervorrufen- und nicht eine der beiden Ausnahmekonstellationen gegeben ist417 - gemäß § 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG verpflichtet sind, diese schädlichen Umwelteinwirkungen durch anlagebezogene technische Maßnahmen der ErnissionsbegrenA.A. Seiler. S. 63. Schmitt Glaeser/Meins, S. 68; Sellner/I..öwer WiVerw 1980, 221 (234); Kutscheidt NVwZ 1983, 65 (68); Seiler. S. 53 ff.; Jarass, § 22 Rn. 19; Schmatz/Nöthlichs, § 22 Anm. 5; Engelhardt, § 22 Rn. 8; Marburger, Gutachten C zum 56. DJT, S. 69; Bender/Sparwasser/ Engel, S. 382; Hoppe/Beckmann, S. 428; Steinberg, S. 55; Feldhaus, § 22 Anm. 7; ders., in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 153 (163); Papier, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 129 (134); Gaentzsch, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 31 (32); Rid/Hammann NVwZ 1989, 200 (204 f.); Schiotterheck NJW 1991, 2669 (2674); Bier ZffiR 1992, 15 (19); GK-BimSchG-Roßnagel, § 22 Rn. 132; ders., in: Koch, Lechelt (Hrsg.), Zwanzig Jahre Bundes-lmmissionsschutzgesetz, S. 60 (62); Wollenschläger/Sehrami BayVBI. 1996, 161 (162); OVG Lüneburg NVwZ 1985, 434 f.; DVBI. 1994, 297 (298); VGH München DÖV 1987, 498 f.; VG Stuttgart Feldhaus ES § 22 BlmSchG Nr. 21 S. 5 f. Dezidiert a.A.: Hansmann NVwZ 1991, 829 ff. ; L-R-Hansmann, § 22 Rn. 14 ff. ; Kloepfer, S. 437. Letztgenannte ignorieren den unterschiedlichen Normtext in § 22 I BimSchG auf der einen und in den §§ 5 I Nr. 2, 23 I 1 BlmSchG auf der anderen Seite. Außerdem berücksichtigen sie nicht, daß der Antrag des Bundesrates (BT-Drs. 11/4909, S. 31) und der Antrag der SPD-Bundestagsfraktion (BT-Drs. 11/6633, S. 37), in § 22 I BimSchG eine Vorsorgepflicht aufzunehmen, gescheitert sind: Die Bundesregierung hat den Antrag des Bundesrates bereits in ihrer Gegenäußerung ausdrücklich abgelehnt (BT-Drs. II I 4909, S. 43), der Deutsche Bundestag ist dem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion nicht gefolgt (BT-Drs. 11/6633, S. 42) und hat lediglich in § 23 I 1 BimSchG die Worte "sowie zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen" eingefügt (BT-Drs. 111663, S. 10 u. 46). 417 Siehe oben B II 5 a u. b. 415

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

zung möglichst zu verhindern. Die Verpflichtung zur Durchführung einer derartigen Maßnahme entfällt jedoch, wenn sie wirtschaftlich unvernünftig wäre, d. h. zwischen Aufwand und erreichbarer Immissionsentlastung ein Mißverhältnis bestünde.

e) Reichweite der Rechtspflicht bei mehreren emittierenden Anlagen Soweit Anlagenbetreibern geeignete Maßnahmen i. S. d. § 3 VI BlmSchG zur Verfügung stehen418 und sie nicht wegen formell und materiell öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechenden immissionsbetroffenen Grundstücksnutzungen419, wegen Überlagerung durch ständig vorherrschende, rechtlich nicht zu verhindernde Fremdgeräusche420 oder wegen eines Mißverhältnisses zwischen Aufwand und erreichbarer Immissionsentlastung421 von der Pflicht zu ihrer Durchführung enthoben sind, stellt sich die Frage, in welchem Umfang sie heranzuziehen sind, bis das Ziel des § 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG erreicht ist, schädliche Umwelteinwirkungen möglichst zu vermeiden. Soweit im Schrifttum diese Frage überhaupt aufgeworfen wird, beschränkt sich die Antwort auf die Forderung nach einem "abgestimmten Vorgehen"422 gegen die verschiedenen Geräuschquellen "nach einheitlichen Grundsätzen"423. Daran muß sich jedoch die Frage anschließen, wie die "einheitlichen Grundsätze" aussehen könnten: Zunächst ist davon auszugehen, daß unter den im ersten Absatz dieses Abschnitts genannten Prämissen die Rechtspflicht nach § 22 I 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 VI BlmSchG für jeden Anlagenbetreiber mindestens solange besteht, solange er selbst bei isolierter Betrachtung, d. h. ohne Berücksichtigung von Fremdgeräuschen, durch den Betrieb seiner Anlage eine den Grad schädlicher Umwelteinwirkungen erreichende Immissionsbelastung hervorruft. Desweiteren kann davon ausgegangen werden, daß die Rechtspflicht jedenfalls dann erfüllt ist, wenn die durch alle Anlagen hervorgerufene Gesamtimmissionsbelastung nicht mehr als "schädliche Umwelteinwirkungen" qualifiziert werden kann. Zu erörtern bleibt die Rechtslage im sog. ,,Zwischenbereich", in dem erst kumulativ mehrere Geräuschquellen zusanunen schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen. Hier sind zunächst die immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen verpflichtet, ihre Ernissionen - soweit § 17 II BlmSchG nicht entgegen steht - zu verringern, weil sie gemäß § 5 I Nr. 2 BimSchG bereits zur Vorsorge 418 419 420 421 422 423

Siehe oben B II 5 c. Siehe oben B II 5 a. Siehe oben B II 5 b. Siehe oben B II 5 d. Vgl. § 47a II 1 BlmSchG. Feldhaus, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Länn, S. 153 (162 f.).

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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gegen schädliche Umwelteinwirkungen verpflichtet sind und somit schärferen Anforderungen unterliegen als immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen. Die Betreiber dieser Anlagen haben erst alsdann - und zwar grundsätzlich gleichermaßen 424 - mittels anlagebezogener technischer Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung ihren Beitrag zur Reduzierung der Gesamtgeräuschbelastung möglichst bis unter die Erheblichkeilsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG zu erbringen. "Gleichermaßen" bedeutet dabei nicht, daß die Anlagenbetreiber ihre Geräusche in identischem Umfang vermindern müssen. Vielmehr ist es grundsätzlich geboten, die Geräusche auf ein (annähernd) "gleiches Maß" zu reduzieren, so daß der Beitrag zur Reduzierung der Gesamtimmissionsbelastung für die einzelnen Anlagenbetreiber je nach Immissionswirksamkeit ihrer Ernissionen unterschiedlich ausfallt. Die immissionswirksamste Geräuschquelle hat folglich grundsätzlich den größten Reduzierungsbeitrag zu leisten. In Ausnahmefällen kann die Rechtspflicht nach § 22 I 1 Nr. 1 i. V.rn. § 3 VI BimSchG in diesem ,,Zwischenbereich" aber auch nur noch einen oder einige Anlagenbetreiber treffen. Solche Ausnahmefalle wird man annehmen können, wenn sich bei einem bzw. einigen Anlagenbetreiber(n) eine Maßnahme i. S. d. § 3 VI BimSchG objektiv anbietet, welche einerseits ausreicht, um die Gesamtimmissionsbelastung unter die Erheblichkeilsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG zu senken, und andererseits ein relativ günstiges Verhältnis zwischen Aufwand und erreichbarer Immissionsentlastung aufweist, das zudem im Vergleich zu demselben bei anderen Maßnahmen, die die übrigen Anlagenbetreiber ergreifen könnten, deutlich besser ist. Es muß sich mithin um Fälle handeln, in denen es gleichsam auf der Hand liegt, wer mit welcher Maßnahme die Gesamtgeräuschbelastung mit Abstand am besten und effektivsten unter die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG zu verringern vermag. Ist dies nicht offenkundig, trifft -unter den im ersten Absatz dieses Abschnitts erwähnten Voraussetzungen - alle Betreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen nach§ 22 I 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 VI BimSchG die Verpflichtung, mittels anlagebezogener technischer Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung ihre Geräusche im Hinblick auf ihre Immissionswirksamkeit auf ein (annähernd) gleiches Maß zu reduzieren und dadurch die Gesamtgeräuschbelastung möglichst unter die Grenze schädlicher Umwelteinwirkungen (§ 3 I BlmSchG) zu vermindern. f) Verschärfung der Rechtspflicht bei Hinzutreten weiterer emittierender Anlagen

Treten beim Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen nicht auf oder wird ihre Entstehung von den Anlagenbetreibern entsprechend dem Gebot des § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG ver424

7 Herr

Arg.: Art. 3 I GG.

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mieden, so kann sich diese Situation verändern, wenn eine neue emittierende Anlage zu den vorhandenen Anlagen hinzutritt. Wenn die Gesamtimmissionsbelastung den Grad schädlicher Umwelteinwirkungen noch nicht erreicht hat, kann die neu hinzutretende Anlage - unbeschadet des Vorsorgegebots nach § 5 I Nr. 2 BlmSchG, falls es sich bei der neuen Anlage um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage handelt - unter der Voraussetzung ihrer Übereinstimmung mit baurechtliehen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften mit ihren Emissionen diese "Lücke" für sich in Anspruch nehmen, ohne daß ihr Betreiber oder die Betreiber bisher schon vorhandener immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen (weitere) Maßnahmen nach§ 22 I 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 VI BlmSchG ergreifen müssen. Wenn jedoch die Immissionssituation vor Ort so ist, daß sich die Gesamtimmissionsbelastung gerade noch unterhalb der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG und damit der Schädlichkeitsgrenze bewegt, erhebt sich die Frage, ob die (weder baurechtlich noch nach sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beanstandende) neue Anlage nur errichtet und betrieben werden darf, wenn ihr Betreiber sicherstellt, daß sich der Gesamtbelastungspegel für die nähere Umgebung nicht erhöht. Nach den oben referierten Ausführungen zur Frage vollständiger Geräuschüberlagerung durch Fremdgeräusche425 müßte in diesem Fall der Schalldruckpegel der neuen Anlage gegenüber dem der vorhandenen Anlage(n) um etwa 10 dB(A) geringer sein. Es könnte aber auch geboten sein, bei dieser Konstellation das Konstanthalten der Gesamtimmissionsbelastung allen, d. h. den bisher schon vorhandenen und den neu hinzutretenden Anlagenbetreibern aufzugeben. Bei dieser Lösung dürfte jeder (alte und neue) Anlagenbetreiber zur Gesamtimmissionsbelastung prinzipiell den gleichen Beitrag leisten. Mit der Ansiedlung einer neuen Anlage wären in diesem Fall somit für die schon vorhandenen Anlagenbelreiber grundsätzlich zusätzliche Anforderungen nach§ 22 I 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 I BlmSchG verbunden. Die Problemlösung müßte einseitig zu Lasten der neu hinzutretenden Anlage ausfallen, wenn die Altanlagen nach Art. 14 I 1 GG Bestandsschutz genießen würden und dieser so weit reichen würde, daß ihren Betreibern nach Inbetriebnahme der Anlage bzw. - bei baugenehmigungspflichtigen Anlagen - nach Erteilung der Baugenehmigung keine (weiteren) Maßnahmen nach § 22 I 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 VI BlmSchG über § 24 Satz 1 BlmSchG mehr aufgegeben werden könnten. Das aber ist nicht der Fall. Zwar gebietet Art. 14 I 1 GG die Sicherung des durch Eigentumsausübung Geschaffenen426 • Der Umfang der Sicherung istjedoch davon abhängig, wie sehr der Eigentumsgegenstand in einem sozialen Bezug steht und damit Art. 14 II GG zum Tragen kommt427 . Infolgedessen ist der (baurechtliche) Bestandsschutz Siehe oben B II 5 b. BVerwGE 50, 49 (57); Sendler, in: HdUR, S. 268 (269 f.). 427 BVerfGE 37, 132 (140); 42, 263 (294 f.); 50, 290 (339 ff.); seither gefestigte Rspr.; Hesse, S. 194 m.w.N. 425

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nach Art. 14 I 1 GG beispielsweise bei nach den Bestimmungen des Baurechts genehmigten Wohngebäuden sehr ausgeprägt, weil diese Gebäude für sich genommen die Umwelt auf Dauer nur wenig belasten. Je mehr eine (bauliche) Anlage jedoch Immissionen hervorruft, um so mehr ist sie mit den Belangen ihrer Umgebung und der Allgemeinheit verwoben und desto geringer kann demzufolge wegen dieses sozialen Bezugs der Bestandsschutz ausfallen. Es ist deshalb von Verfassungs wegen (Art. 14 I 1 GG) im Immissionsschutzrecht-im Gegensatz zum Baurecht - nicht geboten, einen Grundsatz zu etablieren, nach welchem einem Anlagenbetreiber eingeräumte Rechtspositionen im allgemeinen zu belassen oder nur gegen Entschädigung zu entziehen seien428 . Die (einfach)gesetzliche Regelung des § 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG, die nach ihrem Wortlaut Betreiber alter und neuer immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen ohne Unterschied zur Verhinderung nach dem Stand der Technik vermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen verpflichtet, ist deshalb nicht "aus Bestandsschutzgründen" (im Wege verfassungskonformer Auslegung) zugunsten schon vorhandener Anlagen einschränkend zu interpretieren. Auch auf eine bestandskräftige Baugenehmigung läßt sich diesbezüglich kein Vertrauenstatbestand gründen. Zwar könnte man geneigt sein zu versuchen, die gegenteilige Ansicht mit dem Argument zu begründen, daß mit der Erteilung der Baugenehmigung dem Genehmigungsinhaber die öffentlich-rechtliche und damit auch die immissionsschutzrechtliche Unbedenklichkeit seines Vorhabens bescheinigt werde429. Dagegen ist jedoch zum einen einzuwenden, daß sich die "Unbedenklichkeitsbescheinigung" nur auf den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung bezieht. Wie jede Genehmigung ist auch die Baugenehmigung nur eine "Momentaufnahme in der Zeit"430 , so daß sich die Frage der Übereinstimmung einer Anlage mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften neu stellt, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt der bei der Genehmigungserteilung gegebene Sachverhalt ändert und I oder neue öffentlich-rechtliche Vorschriften erlassen werden, welche die bisherigen ersetzen, abändern oder ergänzen. Zum andem ist zu beachten, daß sich Gegenstand und rechtliche Tragweite der Bestandskraft eines Verwaltungsaktes nicht für alle Rechtsgebiete einheitlich beurteilen lassen43 1 und je nach Rechtsgebiet diesbezüglich ausschließlich Bundesrecht oder Landesrecht maßgeblich sein oder Bundes- und Landesrecht in unterschiedlicher Weise zusammenwirken können. Bei den in Baugenehmigungsverfahren ergehenden Entscheidungen verhält es sich so, daß sich ihre rechtliche Tragweite grundsätzlich nach dem einschlägigen Landesrecht bestimmt, den landesrechtliehen Regelungen jedoch durch das Bundesrecht Grenzen gesetzt sein können432 . Vgl. BVerwGE 65,313 (317). BVerwGE 58, 124 (127); 50, 282 (290); 28, 145 (147 f.); 26, 287 (288) unter Verweis auf BVerwG DVBl. 1964, 184 und die st. Rspr. des PrOVG. 430 Vgl. Stetmer BayVBI. 1991, 550 (557); Sehröder UPR 1986, 127 (131). 431 BGHZ ll2, 363 (366); BVerwGE 48, 271 (279); 19, 153 (154); BVerfGE 2, 380 (393); PrOVGE 83, 360 (362); Badura, in: Erichsen (Hrsg.), Allg. Verwa1tungsrecht, S. 415 (491). 428

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Eine solche bundesrechtliche Grenze ist der aus dem Bauordnungs- und dem Verwaltungsverfahrensrecht des jeweiligen Landes folgenden Reichweite der Bestandskraft einer Baugenehmigung durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz gezogen. Das Landesrecht kann zwar bestimmen, daß die Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (auch) im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind433 , es vermag allerdings nicht anzuordnen, daß eine einmal geprüfte und baurechtlich genehmigte Anlage als mit § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG dauerhaft in Einklang stehend gilt. Eine solche (landes-)gesetzliche Fiktion würde der in den § § 22 ff. BimSchG getroffenen (bundes-)gesetzlichen Wertung nicht gerecht. Dies liegt zunächst am dynamischen Charakter der Vorschrift des § 22 I 1 BimSchG, wie er insbesondere in der Anknüpfung an den "Stand der Technik" (§ 3 VI BimSchG) zum Ausdruck kommt. Den Anforderungen aus § 22 I 1 BimSchG müssen die Anlagen und ihr Betrieb demzufolge nicht nur bei Betriebsbeginn genügen, sondern auf Dauer angepaßt sein und bleiben. Außerdem ist zu beachten, daß der Bundesgesetzgeber mit der Vorschrift des § 24 Satz 1 BimSchG eine spezielle bundesrechtliche Anordnungsbefugnis zur Durchsetzung der bundesrechtlich in § 22 I 1 BimSchG normierten Pflichten geschaffen und damit (auch) für den Bereich der immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen - aber zumeist baugenehmigungspflichtigen - Anlagen zum Ausdruck gebracht hat, daß das BundesImmissionsschutzgesetz entsprechend seinem Zweck (§ 1 BimSchG) nicht auf einmaligen, sondern auf nachhaltigen permanenten Vollzug (durch die Länder) angelegt ist. Diese in § 24 Satz 1 BimSchG normierte spezielle bundesrechtliche Allordnungsbefugnis auf dem Gebiet des Immissionsschutzrechts ist durch allgemeine landesrechtliche Bestimmungen in den Bauordnungen und/ oder den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder über Wirksamkeit, Bestandskraft, Rücknahme und Widerruf baurechtlicher Verwaltungsakte weder beschränk- noch aufhebbar. Der gegenteiligen Ansicht stünden der Grundsatz "Iex specialis derogat legi generali" und Art. 31 GG entgegen. Infolgedessen sind Anlagenbetreiber ungeachtet des Vorliegens einer bestandskräftigen Baugenehmigung und eines auch bei ihrem Nichtvorliegen denkbaren baurechtliehen Bestandsschutzes auch nachträglich noch zu Maßnahmen nach § 22 I 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 VI BimSchG verpflichtet434 • BVerwGE 48,271 (273); BVerwG NVwZ 1994, 1012 f. Näher hierzu unten B II 7 a. 434 Im Ergebnis ebenso: BVerwG NJW 1988, 2552; NVwZ 1989, 257; BVerwGE 91, 92 (100); 98, 235 (247); OVG Kob1enz NVwZ 1989, 275 (276); VGH München BayVBl. 1995, 465 (467); GewA 1988, 276 f.; OVG Münster NJW 1980, 854 f.; Jarass, § 24 Rn. 15; L-RHansmann, Vor§ 22 Rn. 15 u. 33, § 22 Rn. 1 u. § 24 Rn. 27; SendZer WiVerw 1977, 94 (111); Martens DVBL 1981, 597 (607 f.); L-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 15e; Kutscheidt NVwZ 1983, 65 (71 f.); Schmitz NVwZ 1991, 1126 (11 35); Gaentzsch UPR 1985, 201 (205); Steinberg, S. 58 ff. ; Hoppe!Beckmann, S. 431; Kloepfer, S. 439; Schiotterheck NJW 1991,2669 (2676); Schink DVBL 1992, 515 (520 u. 524); Bender!Sparwasser!Engel, S. 383 u. 386 f.; Bek. d. BayStMLU vom 16. 03. 1991, AIIMBL Nr. 811991, S. 170 (181), Rn. 157. A.A.: VGH Mannheim ZfBR 1985, 193 (194); OVG Lüneburg BRS 47 Nr. 172 S. 424 f.; bzgl. §§ 4 I 432 433

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Eine Verschonung der vorhandenen Anlagen und eine Auferlegung von Maßnahmen nach § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG ausschließlich gegenüber dem Betreiber der neu hinzutretenden Anlage läßt sich auch nicht mit dem Prioritätsprinzip begründen. Zum einen ist, wie bereits an anderer Stelle ausgeführt435 , der Grundsatz der Priorität im Immissionsschutzrecht nicht in Reinkultur verwirklicht, weil niemand auf eine gänzlich unveränderte Umgebung vertrauen kann. Zum andem kann nicht zuletzt im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 I GG) dem einen Grundstückseigentümer bzw. aus anderem Rechtsgrund Berechtigten nicht verwehrt sein, was seinem Nachbarn im gleichen Baugebiet gestattet ist: nämlich in gewissem Umfang Immissionen zu verursachen. Ansonsten könnte zum Beispiel der erste in einem ausgewiesenen Mischgebiet sich ansiedelnde Betrieb das gesamte "Belastungskontingent" für sich in Beschlag nehmen und die auf benachbarten Grundstücken ebenfalls bauplanungsrechtlich erwünschte Ansiedlung anderer Betriebe vereiteln. Das aber kann nicht rechtens sein436 • Bei Hinzutreten einer weder baurechtlich noch nach sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beanstandenden weiteren Anlage sind folglich alle Anlagenbetreiber gehalten, nach Maßgabe der in den vorangegangenen Abschnitten437 genannten Prämissen mittels anlagebezogener technischer Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung die Gesamtimmissionsbelastung möglichst unter der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG und somit unterhalb des Grades schädlicher Umwelteinwirkungen zu halten.

Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG BVerwGE 80, 259 (260 ff.) u. OVG Münster GewA 1993, 254 (256); a.A. wohl auch BVerwG NJW 1992, 1779 (1780). Offen gelassen: OVG Münster BRS 49 Nr. 204 S. 471 (474 f.); VGH Mannheim NVwZ-RR 1989, 173 (174); OVG Lüneburg BRS 42 Nr. 188 S. 423 (424); Differenzierend: Schmatz/Nöthlichs, § 22 Anm. 4 (Baugenehmigung begründe keinen Bestandsschutz I Bestandsschutz aus eigentumsrechtlichen Gründen könne dazu führen, daß sich Änderungs- oder Verbesserungsmaßnahmen nach der Rechtslage richteten, die bei der Errichtung der Altanlage maßgeblich war); GK-BimSchG-Koch, § 24 Rn. 28 ff. (Über eine Baugenehmigung hinausgehende Anordnungen nach den §§ 24, 25 BlmSchG seien nur zulässig, wenn neue tatsächliche oder rechtliche Entwicklungen zu einem Verstoß gegen die immissionsschutzrechtliche Pflichtenlage fiihrten I Bei irriger Beurteilung der Rechtslage im Zeitpunkt derErteilungder Baugenehmigung komme nur eine (teilweise) Rücknahme der Baugenehmigung in Betracht). 435 Siehe oben B II 4 c (2) (b). 436 Kritisch zum vielfach praktizierten "einfachen Prioritätsprinzip" auch Berkemann, Schriftliche Stellungnahme vom 15. 12. 1995 (S. 10) zur Anhörung des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestagesam 17. 01. 1996. A.A.: Koch, Immissionsschutz durch Baurecht, S. 104, der bei "vorzeitiger" Ausschöpfung der Grenzwerte - m.E. vorschnell und unter Außerachtlassung der den Gemeinden durch Art. 28 II 1 GG verfassungsrechtlich verbürgten Planungshoheit - die übrigen planerischen Festsetzungen für dauerhaft nicht mehr realisierbar, funktionslos und nichtig hält. 437 Siehe oben B II 5 a-e.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

6. Rechtspflicht zur Beschränkung nach dem Stand der Technik unvermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß

Nach § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG haben die Betreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen ihre Anlage so zu errichten und zu betreiben, daß nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen "auf ein Mindestmaß" beschränkt werden. Aus einem Vergleich des Gesetzeswortlauts des § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG mit demjenigen des § 5 I Nr. 1 BimSchG - letztgenannte Vorschrift bestimmt, daß immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, daß schädliche Umwelteinwirkungen "nicht hervorgerufen werden können" - ergibt sich, daß die (Mit-)Verursachung schädlicher Umwelteinwirkungen durch immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen nicht von vornherein ausgeschlossen ist438 , soweit sie durch anlagebezogene Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung und somit trotz vollständiger Erfüllung der Rechtspflicht aus § 22 I I Nr. 1 BimSchG nicht zu verhindem sind. In diesem Fall sind jedoch grundsätzlich alle Anlagenbetreiber gehalten, durch anderweitige Maßnahmen sicherzustellen, daß nur (noch) ein "Mindestmaß" an schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen wird. a) Wegfall der Rechtspflicht bei Überlagerung durch ständig vorherrschende rechtlich nicht zu verhindernde Fremdgeräusche

Ebenso wie bei § 22 I I Nr. 1 BimSchG ist ein (Sport-)Anlagenbetreiber, obgleich schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräuschimmissionen gegeben sind und er - bei isolierter Betrachtung - allein oder im Zusammenwirken mit anderen Emittenten ebenfalls den Grad schädlicher Umwelteinwirkungen erreichende Geräuschirnmissionen (mit-)hervorruft, auch bei § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG seiner Rechtspflicht enthoben, wenn die durch ihn (mit-)verursachten Geräusche durch ständig vorherrschende, rechtlich nicht zu verhindernde Fremdgeräusche Dritter gänzlich überlagert werden. Bei dieser Konstellation wirken sich nämlich die Geräusche des "überlagerten" (Sport-)Anlagenbetreibers bei der Gesamtgeräuschbelastung nicht (mehr) aus mit der Folge, daß dieser gar nicht in der Lage ist, mittels irgendwelcher Maßnahmen zu einer Reduzierung der Gesamtgeräuschbelastung beizutragen, und demzufolge auch nicht nach § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG zur Durchführung irgendwelcher Maßnahmen verpflichtet sein kann. Wegen der Einzelheiten kann hier auf Kapitel B II 5 b Bezug genommen werden.

43&

Näheres hierzu siehe oben B li 4 a u. b und unten B li 6 b (2).

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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b) Mögliche Maßnahmen zur Verringerung der Gesamtgeräuschbelastung auf ein Mindestmaß

Abgesehen von vorgenanntem Ausnahmefall kommt es für die Antwort auf die Frage, in welchem Umfang die Allgemeinheit und die Nachbarschaft vor nach dem Stand der Technik unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräuschimmissionen geschützt bzw. zu schützen sind, entscheidend darauf an, wie das "Mindestmaß" i. S. d. § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG zu bestimmen ist. Da der Umfang des "Mindestmaßes"- wie noch gezeigt werden wird439 - unter anderem auch davon abhängig ist, welche Maßnahmen zur Verringerung der Geräuschimmissionen den einzelnen Anlagenbetreibern im konkreten Fall jeweils zur Verfügung stehen, soll zunächst in Bezug auf Sportanlagen einmal abstrakt aufgezeigt werden, welche Vorkehrungen im Rahmen des § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG überhaupt in Betracht kommen können. (1) Mögliche Maßnahmen bei Sportanlagen

Bei Sportanlagen kann zur Verringerung der Geräuschbelastung abstrakt vor allem die Durchführung folgender Maßnahmen erwogen werden: (a) Bauliche Maßnahmen440 an der Sportanlage441 :

- Einhaltung bzw. Vergrößerung von Abstandsflächen zu benachbarten Grundstücken mit allen oder zumindest mit besonders immissionsträchtigen Bestandteilen der Sportanlage, - Anordnung der Bestandteile der Sportanlage wie z. B. Wettkampf- und Übungsflächen, Zuschauertribünen oder Restaurationsbetriebe unter dem Gesichtspunkt (optimaler) gegenseitiger Geräuschabschirmung, - Errichtung von Lärmschutzwänden und -wällen, - Umfassende Einzäunung zum Schutz gegen mißbräuchliches Betreten und Benutzen der Anlage außerhalb der Betriebszeit.

Siehe unten B II 6 b (2). Soweit nicht baurechtlich unzulässig: So kann z. B. ein Lärmschutzwall bei "erdrükkender Wirkung" gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoßen (vgl. OVG Bremen DÖV 1986, 702 (703 f.); OVG Lüneburg BRS 48 Nr. 164 S. 405 (406 f.)) und darf dann nicht errichtet werden. 441 Unter Einbeziehung sämtlicher Nebeneinrichtungen, wie z. B. Stadiongaststätte, Vereinsheim, Umkleidekabinen, Parkplätze. 439 440

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

(b) Maßnahmen zur Reglementierung der Sportausübung:

- Beschränkung der Sportausübung auf bestimmte Sportarten I Bekanntmachung der Beschränkungen durch Beschilderung auf der Anlage I Sicherung ihrer Beachtung durch Kontrollen und Sanktionen bei Zuwiderhandlung (z. B. Hausverbot) durch den Anlagenbetreiber oder durch von ihm beauftragte Personen, - Einschränkung der Betriebszeiten bis hin zu befristeten Schließungen der Anlage I Sicherung der Einhaltung der Betriebszeiten durch ein Verschlossenhalten der Anlage im übrigen, durch Abschluß eines sog. Schlüsselvertrages mit einem hierzu bereiten Anwohner und I oder durch Kontrollen des Anlagenbetreibers oder von ihm beauftragter Personen (auch Bewachungsunternehmen), - Beschränkung der Kapazität und der Kapazitätsauslastung der Anlage während der festgesetzten Betriebszeiten: Begrenzung (und Kontrolle) der Zahl der zur gleichen Zeit aktiven Sportlerinnen und Sportler I Benutzung der Sportanlage nur nach vorheriger Anmeldung I Einschränkung der Zuschauerzahl I Verbot der Durchführung von Wettkämpfen mit Zuschauern und Ausweisung der Anlage lediglich als Trainings- und I oder Schulsportgelände. (c) Sonstige Maßnahmen:

- Einschränkung oder Verbot der Verwendung anfeuernder geräuscherzeugender Instrumente durch Zuschauer und Betreuer, - Einsatz der Stadion- oder Platzlautsprecheranlage nur in Notsituationen bei Gefahr für Leib oder Leben, - Schließung von Fenstern und Türen der Stadiongaststätte oder des Vereinsheims während der Betriebszeiten, - Anlage von An- und Abfahrtswegen sowie Parkplätzen in möglichst weiter Entfernung von angrenzender Wohnnachbarschaft I Bei mehreren Zufahrtsmöglichkeiten: Dezentrale Anlage von Parkplätzen I Einsatz von Parkplatzordnern zur Gewährleistung einer möglichst reibungslosen An- und Abfahrt, - Einschränkung oder Verbot der Abhaltung nicht sportlicher Veranstaltungen (z. B. Open-Air-Konzerte, Volksfeste, Gottesdienste, Gewerkschaftskundgebungen, Wanderzirkusveranstaltungen etc.) auf der Sportanlage.

(2) Feststellung des "Mindestmaßes" durch Abwägung aller Umstände des Einzelfalls Ein erster Aufschluß zur Auslegung und Bedeutung des "Mindestmaßes" als unbestimmtem Rechtsbegriff in § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG kann den Materialien zur Entstehung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes entnommen werden. Dort ist

Il. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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nachzulesen, daß der Ministerausschuß des Europarates am 08. März 1968 in einer Entschließung Grundsätze zur Luftreinhaltung verabschiedet hat, in denen es (u. a.) heißt, daß Luftverunreinigungen "auf ein Mindestmaß" einzuschränken sind442 • Außerdem ist in den Materialien dokumentiert, daß sich der Gesetzgeber beim Erlaß des Bundes-Immissionsschutzgesetzes an dieser Entschließung ausgerichtet und den vom Europarat verabschiedeten Grundsätzen über die Luftreinhaltung hinaus auch für alle übrigen Bereiche des Immissionsschutzes Gültigkeit zugemessen hat443 • Die Formulierung im Text des § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG, wonach nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen "auf ein Mindestmaß" zu beschränken sind, ist somit offenbar wortwörtlich der vorgenannten Entschließung des Europarates entsprungen. In den Gesetzesmaterialien ist desweiteren niedergelegt, welche Ziele der Gesetzgeber mit der Verwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs in § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG verfolgt: Einerseits will der Gesetzgeber bei Errichtung und Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen erreichen, daß "schädliche Umwelteinwirkungen soweit wie möglich vermieden werden"444. Andererseits soll mit dieser Vorschrift bzw. Formulierung jedoch auch "ein ausreichend weiter Spielraum für die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles eröffnet" und dabei dem "nachbarlichen Interessenausgleich" eine besondere Bedeutung beigemessen werden445 • Bringt man die beiden Ziele auf einen Nenner, so läßt sich sagen, daß zur Bekämpfung schädlicher Umwelteinwirkungen in § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG für die Betreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen im Rahmen des Zurnutbaren eine möglichst weitgehende Verpflichtung zu Schutzmaßnahmen begründet wird446 • Das im Wege historischer Gesetzesauslegung gewonnene Ergebnis wird durch systematische und teleologische Überlegungen bestätigt. § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG stellt an immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen weniger strenge Anforderungen als § 5 I Nr. 1 BlmSchG bei immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen, bei deren Errichtung und Betrieb schädliche Umwelteinwirkungen stets zu vermeiden sind. Der unterschiedliche Wortlaut der beiden Vorschriften und die Differenzierung zwischen immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen und nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen ergäbe bei anderer Interpretation keinen rechten Sinn. Der in § 1 BlmSchG niedergelegte Zweck des Gesetzes, vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen, hat zwar selbstredend auch für die Errichtung und den Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen seine Bedeutung. In Anbetracht dessen, daß diese Anlagen in der Regel nicht in einem solchen Maße geeignet sind, schäd442 443 444 445 446

Vgl. BT-Drs. 7 I 179, S. 26. BT-Drs. 7/179, S. 26. BT-Drs. 7/179, S. 27. BT-Drs. 7/179, S. 38. BT-Drs. 7/179, S. 38.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

liehe Umwelteinwirkungen hervorzurufen447 , ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn bei ihnen die Anforderungen etwas zurückgenommen werden. Das "Mindestmaß" ist folglich stets durch eine Zumutbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände vor Ort einzelfallbezogen zu ermitteln. Aufgabe des Rechtsanwenders ist es, die gegenläufigen Interessen von emittierenden und immissionsbetroffenen Grundstücksnutzern sowie die Interessen der Allgemeinheit jeweils zu einem gerechten Ausgleich zu bringen. Das wiederum bedeutet, daß unter Berücksichtigung auch der jeweils für den Betrieb der Anlage(n) vor Ort streitenden Belange - welche im Gegensatz zu denen der immissionsbetroffenen Nachbarschaft bei der Abgrenzung zwischen nicht schädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen bzw. nicht erheblichen und erheblichen Nachteilen oder Belästigungen i. S. d. § 3 I BlmSchG keine Rolle spielen448 - festgestellt werden muß, welche Maßnahmen zur Minimierung nicht schon gemäß § 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG zu vermeidender schädlicher Umwelteinwirkungen den Betreibern immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen zugemutet werden können bzw. umgekehrt, welches Maß an schädlichen Umwelteinwirkungen von der immissionsbetroffenen Nachbarschaft und der Allgemeinheit nach Lage der Dinge als zurnutbar hingenommen werden muß. Bei der Durchführung dieser Zumutbarkeitsprüfung sind zunächst alle Maßnahmen zusammenzustellen, die den Anlagenbetreibern zur Senkung der Gesamtimmissionsbelastung vor Ort zur Verfügung stehen449 • Danach ist für jede Maßnahme der mit ihr ftir den Anlagenbetreiber (und ggf.- über (höhere) Benutzungsentgelte - für die Anlagennutzer) verbundene finanzielle Aufwand bzw. die mit ihr einhergehende Einnahmeeinbuße zu ermitteln und sowohl zu der mit ihr erreichbaren Immissionsentlastung als auch zur Finanzkraft des Anlagenbelreibers ins Verhältnis zu setzen. Außerdem muß in die Bewertung einbezogen werden, welche ideellen Nachteile mit der jeweiligen Maßnahme für den Anlagenbetreiber, die Anlagennutzer und die Allgemeinheit - bei Sportanlagen beispielsweise durch Einschränkung der Sportausübung auf bestimmte Sportarten, der Betriebszeit oder der Zahl der Sportler und Zuschauer, die gleichzeitig sich auf der Anlage aufhalten dürfen verbunden sind und ob und ggf. inwieweit diese (zumindest für die Anlagennutzer und die Allgemeinheit z. B. durch Ausweichen auf andere (Sport-)Anlagen in vertretbarer Entfernung) kompensiert werden können450. Ferner muß beachtet werden, daß bei Hervorrufen schädlicher Umwelteinwirkungen durch mehrere Anlagen primär die immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen und erst alsdann und im Grundsatz gleichermaßen451 - die immissionsschutzrechtlich nicht genehBT-Drs. 7/179, S. 38; Hoppe I Beckmann, S. 427; Manens DVBI. 1981 , 597 (607). Siehe oben B II 4 b. 449 Zu denkbaren Maßnahmen zur Verringerung der Geräuschbelastung durch Sportanlagen siehe oben B II 6 b (1). 450 Zur Frage der Kompensation schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geldleistungen an Immissionsbetroffene siehe unten B II 6 c. 451 In oben unter B II 5 e definiertem Sinn. 447 448

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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migungsbedürftigen Anlagen zur Reduzierung der Gesamtimmissionsbelastung aufgerufen sind452. Schließlich sind entsprechend dem Gesetzeszweck (§ 1 BlmSchG) und dem Willen des historischen Gesetzgebers (Stichwort: "nachbarlicher Interessenausgleich") die Interessen der immissionsbetroffenen Nachbarschaft und der Allgemeinheit453 an Wohnruhe und damit an vollständiger Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen angemessen zu berücksichtigen454. (a) Untergrenze des Mindestmaßes

Die bei der Anwendung des § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG vorzunehmende Zumutbarkeitsprüfung kann ergeben, daß das "Mindestmaß" im Einzelfall als Untergrenze das Maß "Null" annimmt mit der Konsequenz, daß die Geräuschimmissionen so weit zu vermindern sind, daß von schädlichen Umwelteinwirkungen nicht mehr gesprochen werden kann455 . Das ist etwa anzunehmen, wenn immissionsmindernde Maßnahmen im erforderlichen Umfang ohne größeren finanziellen oder sonstigen Aufwand für den I die Anlagenbetreiber zu verwirklichen und damit ohne weiteres "zumutbar" sind. In solchen Fällen ist- umgekehrt - den immissionsbetroffenen Nachbarn und der Allgemeinheit auch die Hinnahme eines noch so geringen Maßes an schädlichen Umwelteinwirkungen nicht zuzumuten. Dem Willen des historischen Gesetzgebers, schädliche Umwelteinwirkungen "soweit wie möglich" zu vermeiden, und dem Zweck des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (§ 1 BlmSchG) muß bei derartigen Konstellationen durch gänzliche Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen Rechnung getragen werden. (b) Obergrenze des Mindestmaßes

Fraglich ist, ob bei der Zumutbarkeitsprüfung zur Bestimmung des ,,Mindestmaßes" im Rahmen des § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG auch eine Obergrenze zu beachten ist, die bei der Abwägung aller Umstände des Einzelfalls nicht überwunden werden kann. In der Literatur wird dies - zumeist im Wege systematischer Auslegung unter Hinweis auf § 25 II BimSchG - einhellig bejaht und die Obergrenze spätestens gezogen, wenn die Geräuschimmissionen die Gefahrengrenze überschreiten456. Siehe oben B Il 5 e u. f. Die Allgemeinheit ist somit bei der Abwägung stets auf beiden Seiten vertreten ! 454 Vgl. allg. zum "Mindestmaß" : Schmatz/Nöthlichs, § 22 Anm. 6; Jarass, § 22 Rn. 20 u. 28; ders. JZ 1993, 601 (604); L-R-Hansmann, § 22 Rn. 22 ff. ; GK-BimSchG-Roßnagel, § 22 Rn. 140 ff. ; ders., in: Koch, Lechelt (Hrsg.), Zwanzig Jahre Bundes-Immissionsschutzgesetz, S. 60 (66 f.); Engelhardt, § 22 Rn. 7; Seiler; S. 69 f.; Papier; in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 129 (142 f.); Koch, Immissionsschutz durch Baurecht, S. 173 u. 180 ff. 455 Schmatz/Nöthlichs, § 22 Anm. 6; Seiler; S. 68; Ziegler BayVBl. 1986, 692 (693); Bek. d. BayStMLU vom 16. 03. 1991, AIIMBI. Nr. 8/1991, S. 170 (180), Rn. 153. 456 Feldhaus, § 22 Anm. 8; Jarass, § 22 Rn. 20, 27 u. 32; ders. JZ 1993, 601 (604); GKBimSchG-Roßnagel, § 22 Rn. 145; ders., in: Koch, Lechelt (Hrsg.), Zwanzig Jahre Bundes452 453

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Dem vermag lediglich im Grundsatz, nicht aber in seiner Ausnahmslosigkeit beigetreten zu werden. Dafür, die Obergrenze des "Mindestmaßes" spätestens bei Erreichen der Gefahrengrenze zu ziehen, läßt sich zunächst die Vorgeschichte der §§ 22 - 25 BimSchG ins Feld führen. Bis zum Erlaß des Bundes-Immissionsschutzgesetzes im Jahre 1974 war das Recht der immissionsschutzrechtlich nicht nach § 16 GewO (a.F.) genehmigungsbedürftigen Anlagen bundesrechtlich nicht geregelt. Der Immissionsschutz gegenüber diesen Anlagen war Ländersache und wurde ausweislich der Materialien zur Entstehung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes457 von den Ländern in unterschiedlichem Umfang realisiert. Er war seit jeher Gegenstand des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts458 . Eingeschritten werden konnte, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bestanden hat. Nachdem im Jahre 1959 durch Änderung der Gewerbeordnung459 die Eingriffsbefugnisse gegenüber nach§ 16 GewO (a.F.) genehmigungsbedürftigen Anlagen über die Gefahrenabwehr hinaus auf die Abwehr erheblicher Nachteile oder Belästigungen erweitert worden waren, ist es in der Folgezeit nur noch in fünf Bundesländern hinsichtlich der nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen bei der ,,Zuständigkeit" des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts geblieben. Die Mehrzahl der Länder hat die in der Gewerbeordnung neu geschaffene Regelung durch den Erlaß eigener Landesimmissionsschutzgesetze460 (bzw. in Bayern durch Aufnahme entsprechender Vorschriften in das Landesstraf- und Verordnungsgesetz461 ) auch für die nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen übernommen. Daß die §§ 22 - 25 BlmSchG an diese Rechtsentwicklung anknüpfen462 , vor Inkrafttreten dieser Normen gegenüber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen in allen Bundesländern zumindest bei Überschreiten der Gefahrenschwelle eingeschritten werden konnte und darüberhinaus angenommen werden muß, daß das Bundes-Immissionsschutzgesetz insgesamt keinesfalls hinter den bis zu seinem lnkrafttreten bereits erreichten Umweltstandards zurückgeblieben ist, spricht ganz erheblich dafür,

-Immissionsschutzgesetz, S. 60 (62 u. 66 f.); Engelfwrdt, § 22 Rn. 3; L-R -Hans11umn, § 22 Rn. 24; Sellner/Löwer WiVerw 1980, 221 (233 f.); Martens DVBI. 1981, 597 (607); Kutscheidt NVwZ 1983, 65 (67); Seiler, S. 68; Steinberg, S. 55 u. 58; Murswiek JZ 1989, 240 (241); Rid!Hammann NVwZ 1989, 200 (204); Papier, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 129 (133 u. 143); Kloepfer, S. 437 f.; Classen JZ 1993, 1042 (1042 u. 1044); Himmelmann, Handbuch des Umweltrechts, S. 52. 457 BT-Drs. 7/179, S. 25. 458 Kutscheidt NVwZ 1983,65 (66); Martens DVBI. 1981, 597 ff. 459 Vgl. §§ 16 I, 25 III GewO i.d.F. vom 22. 12. 1959 (BGBI. I 1959, 781 ff.). 460 Nordrhein-Westfalen, Ges. v. 30. 04. 1962 (GVBI. S. 225 ff.); Baden-Württemberg, Ges. v. 04. 02. 1964 (GBI. S. 55 ff.); Niedersachsen, Ges. v. 06. 01. 1966 (GVBI. S. 1 ff.); Rhein1and-Pfalz, Ges. v. 28. 07. 1966 (GVBI. S. 211 ff.); Bremen, Ges. v. 30. 06. 1970 (GBI. s. 71 ff.). 461 Ges. v. 25. 10. 1966 (GVBI. S. ·323 ff.). 462 Kutscheidt NVwZ 1983, 65 (66 f.); BT-Drs. 7/179, S. 38.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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die Obergrenze des "Mindestmaßes" spätestens bei Erreichen der Gefahrengrenze zu ziehen. Für die Gefahrengrenze als Obergrenze des ,,Mindestmaßes" i. S. d. § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG sprechen desweiteren systematische Erwägungen. Wahrend die zuständige Behörde gemäß § 24 Satz 1 BimSchG zur Durchführung des § 22 BimSchG die erforderlichen Anordnungen treffen kann, soll sie demgegenüber nach der nicht auf § 22 BimSchG sich beziehenden und daher insoweit eigenständigen Vorschrift des § 25 II BimSchG - soweit die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht auf andere Weise ausreichend geschützt werden kann - die Errichtung oder den Betrieb einer Anlage ganz oder teilweise untersagen, wenn die von ihr hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder bedeutende Sachwerte gefährden. Die vom Gesetzgeber explizit angeordnete Reduzierung des behördlichen Ermessens bei Gefahren(§ 25 II BimSchG) und der dazu vergleichsweise größere Errnessensspielraum, wenn es (lediglich) gilt, schädliche Umwelteinwirkungen "auf ein Mindestmaß" zu beschränken(§§ 24 Satz 1, 22 I 1 Nr. 2 BimSchG), legen es somit ebenfalls nahe, die Obergrenze des "Mindestmaßes" bei der Gefahrengrenze zu ziehen. Allerdings bestimmt § 25 II BimSchG nicht, daß die zuständige Behörde bei Vorliegen einer Gefahr als ultima ratio stets die Errichtung oder den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise zu untersagen hat. § 25 II BimSchG normiert vielmehr bei Überschreitung der Gefahrengrenze (Art. 14 I 1, 2 II 1 GG) nur ein Einschreiten im Regelfall, nicht indes in jedem Fall. Außerdem ist in den Gesetzesmaterialien verzeichnet, daß § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG eine spezielle Ausformung des allgemeinen Rechtsgedankens sein solle, wonach (lediglich) "grundsätzlich" niemand sein Eigentum oder eine ähnliche Rechtsposition zum Schaden ausüben dürfe463 . Infolgedessen kann die Gefahrengrenze bei der Bestimmung des "Mindestmaßes" nur regelmiißig die Obergrenze für die Zumutbarkeit schädlicher Umwelteinwirkungen markieren. In Ausnahmefällen können mithin Geräuschimmissionen hinzunehmen sein, obschon sie die Gefahrengrenze überschreiten. Solche Ausnahmefälle sind jedoch nur anzunehmen, wenn die immissionsbetroffene Nachbarschaft einer oder mehrerer Anlage(n) die Gefahr zurechenbar mitverursacht und ihr Interesse, vor schädlichen Umwelteinwirkungen geschützt zu werden, bei der Abwägung aller Umstände des Einzelfalles nur gering zu gewichten ist. Es handelt sich - wie schon bei § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG464 - hierbei im wesentlichen wiederum um die Fälle, in denen die immissionsbetroffene Nachbarschaft ihr Grundstück sowohl formell als auch materiell im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften nutzt. Hier muß die Nachbarschaft, selbst wenn die Gefahrengrenze überschritten ist, schädliche Umwelteinwirkungen hinnehmen, soweit diese nur deshalb gegeben oder zu erwarten sind, weil sich die Nachbarschaft ihrerseits gänzlich ins Unrecht gesetzt hat. Die Durchführung geräuschimmissions463 464

BT-Drs. 7/179, S. 38. Siehe oben B II 5 a.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

mindernder Maßnahmen kann bei derartigen Konstellationen den Anlagenbetreibern nur insoweit zugemutet werden, als sie ihnen auch bei Zugrundelegung einer Immissionssituation, wie sie bei einer rechtmäßigen nachbarlichen Grundstücksnutzung bestünde, abverlangt werden könnte465 . Von diesen Ausnahmen abgesehen, stellt die Gefahrengrenze jedoch stets die Obergrenze des "Mindestmaßes" i. S. d. § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG dar. Entsprechend den Ausführungen zur Gefahrengrenze466 dürfen Geräuschimmissionen gemäß § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG in Wohngebieten somit im Regelfall tags als Mittelungspegel den Wert von 70 dB(A) und nachts als Einzelpegel die Werte von 45 dB(A) in Reinen Wohngebieten und von 50 dB(A) in Allgemeinen Wohngebieten als Obergrenze nicht überschreiten. Für die Nachtzeit besteht folglich bei der Zumutbarkeitsprüfung im Rahmen des § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG zugunsten der Anlagenbetreiberzumeist schon von vornherein nur noch ein relativ geringer Spielraum, da die Gefahrengrenze und die den Grad schädlicher Umwelteinwirkungen markierende Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG467 hier recht nahe beieinander liegen. (c) Abweichendes Mindestmaß bei seltenen Ereignissen?

Zurückgehend auf den Beschluß des Länderausschusses für Immissionsschutz zur Beurteilung von Freizeitlärm in seiner ursprünglichen Fassung vom 28. 10. 1982 und in seiner Neufassung vom 25. 11. 1987 (sog. LAI-Hinweise468) wird in Rechtsprechung469 , Literatur470 und Verwaltungspraxis471 die Auffassung vertreten, daß bei sog. "seltenen Ereignissen" den Immissionsbetroffenen im Einzelfall eine höhere Belastung mit Geräuschimmissionen zugemutet werden könne Auf die Nachweise und die Beispielsfälle in Fn. 389 wird Bezug genommen. Hierzu siehe oben B II 2 u. B II 4 c (3) (a). 467 Hierzu siehe oben B II 4 c. 468 Ursprüngliche Fassung: NVwZ 1985,98 ff.; neue Fassung: NVwZ 1988, 135 ff. 469 BGHZ 111, 63 (66 f.); VGH Mannheim ESVGH 34, 258 (263 ff.); NVwZ 1986, 62 (64); VBlBW 1994, 197 f.; VGH München BayVGHE N.F. 42 (1989), 187 (190); VGH München NVwZ-RR 1989, 532; NJW 1990, 2488 f.; BauR 1993, 66 (67); BayVBl. 1995, 465 (467); OVG Lüneburg NdsVBl. 1995, 59 (60 f.); VG Neustadt DWW 1987, 106 f.; VG Würzburg DWW 1987, 168 (169 f.). 470 Papier, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 129 (142 f.). 471 Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 12. 08. 1988 (AllMBl. Nr. 19 I 1988, S. 795 (796 u. 799)); Erlaß des Saarländischen Ministers für Umwelt, Raumordnung und Bauwesen vom 02. 12. 1982 (GMBI. 1983, S. 52); Bekanntmachung des Schleswig-Holsteinischen Sozialministers vom 18. 03. 1988 (Amtsbl. Schl.-H. 1988, S. 134); Rundschreiben des Rheinland-Pfälzischen Ministeriums für Umwelt und Gesundheit vom 26. 04. 1988 (MinBI. 1988, S. 233); Runderlaß des Niedersächsischen Umweltministers vom 14. 11. 1988 (Nds.MBl. Nr. 1/1989, S. 23 (25)); (Saarland, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz zitiert nach Ule!Laubinger, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Teil II: Rechtsvorschriften der Länder). 465

466

Il. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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als während der übrigen Zeit des Jahres. Bei "seltenen Ereignissen" dürfe die Zumutbarkeitspriifung ergeben, daß bei den der Emissionsquelle am nächsten gelegenen Wohnungen als Mindestmaß die Wohnfunktionen wie Kommunikation im Rauminnemoder Einschlafen zur Nachtzeit lediglich bei geschlossenen Fenstern gewährleistet sein müssen. Erlaubt seien daher Geräuschimmissionen mit einem Beurteilungspegel (Mittelungspegel) von bis zu 70 dB(A) tagsüber und bis zu 55 dB(A) während der lautesten Stunde in der Nachtzeit. Auftretende Maximalpegel sollen am Tage den Wert von 90 dB(A) und während der Nacht den Wert von 65 dB(A) nicht überschreiten472 . · Im Detail treten allerdings unterschiedliche Ansichten darüber zu Tage, wann von "seltenen Ereignissen" gesprochen und deshalb bei der Zumutbarkeitspriifung ein Bonus zugunsten der Anlagenbetreiber (und -benutzer) gewährt werden kann: Die ursprüngliche Fassung der LAI-Hinweise vom 28. 10. 1982473 differenziert in Ziff. 4.1 und 4.2 zwischen Freizeitanlagen mit regelmäßigem und solchen mit unregelmäßigem Betrieb. Regelmäßiger Betrieb wird angenommen, wenn an mehr als 5% der Tage oder Nächte eines Jahres Immissionen durch oder aus Freizeitanlagen auftreten. Im übrigen wird von unregelmäßigem Betrieb ausgegangen. Die Bonusgewährung bei "seltenen Ereignissen" zugunsten der Betreiber kommt hiernach nur bei unregelmäßigem Anlagenbetrieb in Betracht. Bei regelmäßig betriebenen Freizeitanlagen wird die Regelung über "seltene Ereignisse" nicht für anwendbar erachtet. Die Neufassung der LAI-Hinweise vom 25. 11. 1987474 - sie wurde im Gegensatz zur Ursprungsfassung unter Beriicksichtigung der Beratungsergebnisse der Vorsitzenden der Umweltminister- und der Sportministerkonferenz und mit Zustimmung der Umweltministerkonferenz und der Sportministerkonferenz verabschiedet475 - macht die Bonusgewährung bei "seltenen Ereignissen" dagegen nicht mehr davon abhängig, ob die Freizeitanlagen regelmäßig oder nur unregelmäßig betrieben werden. Für die Bonusgewährung ist nunmehr die Zahl der Störereignisse entscheidend. Ein Bonus zugunsten der Anlagenbetreiber kommt in Betracht, wenn an nicht mehr als maximal 5% der Tage oder Nächte eines Jahres Störereignisse zu verzeichnen sind476 . Das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen hat die Neufassung der LAI-Hinweise vom 25. 11. 1987 -ebenso wie die zuständigen Ministerien einiger anderer Bundesländer477 - amtlich bekannt gemacht478 . 472

473 474 475 476 477 478

Ziff. 4.2 der LAI-Hinweise (alte u. neue Fassung) (FSt. siehe Fn. 468). FSt. siehe Fn. 468. FSt. siehe Fn. 468. Vgl. Anm. in NVwZ 1988, 135 (Fn.*). Ziff. 4.2. der LAI-Hinweise vom 25. 11. 1987 (NVwZ 1988, 135 (137)). Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen (FSt. siehe Fn. 471). FSt. siehe Fn. 471.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Hinsichtlich der für "seltene Ereignisse" getroffenen Regelung weist das Staatsministerium allerdings darauf hin, daß bei der Prüfung, ob diese zur Anwendung gelangen könne und die Betroffenen an bis zu 5% aller Tage und Nächte eines Jahres eine erhöhte Geräuschbelastung hinzunehmen hätten, nicht auf die Anzahl der zu erwartenden Störungen, sondern auf die Anzahl der zu erwartenden Veranstaltungen, Betriebstage oder Betriebsnächte abgestellt werden müsse479 . Damit ist in Bayern für alle dem Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen fachlich nachgeordneten Behörden der Sache nach die in der ursprünglichen Fassung der LAI-Hinweise vom 28. 10. 1982 für die sog. "seltenen Ereignisse" getroffene Regelung maßgebend, wonach für eine Bonusgewährung notwendige Voraussetzung ist, daß die Anlage nicht regelmäßig betrieben wird480. Die Rechtsprechung ist sich ebenfalls nicht einig, ob die Bonusgewährung zugunsten des Anlagenbetreibers von der Gesamtzahl der Betriebstage respektive -nächte einer Anlage abhängig sein soll oder nicht. Während der VGH Mannheim die Abhaltung von Festveranstaltungen in gemeindlichen Mehrzweckräumen an bis zu 18 Kalendertagen im Jahr unter Inanspruchnahme der in Ziff. 4.2 der LAIHinweise vom 25. 11. 1987481 für "seltene Ereignisse" ausgewiesenen erhöhten Immissionsgrenzwerte für zulässig erachtet, obschon die Mehrzweckräume auch an allen übrigen Tagen des Jahres frequentiert werden482 , und das OVG Lüneburg diese Regelung auch bezüglich der Abhaltung von (im Streitfall jährlich bis zu sieben) Open-Air-Konzerten im Niedersachsenstadion zu Hannover für einschlägig erachtet, obwohl das Stadion das ganze Jahr über (v.a.) fußballsportlich und somit ebenfalls sehr geräuschintensiv genutzt wird483 , führt der VGH München aus, daß der Betreiber einer Sportschießanlage, der mit seiner Anlage über das ganze Jahr hin Tag für Tag die Nachbarschaft mit Geräuschimmissionen bis an die Grenze des rechtlich Zulässigen belaste, nicht darüberhinaus auch noch an 5% der Tage eines Jahres die Immissionsrichtwerte erheblich überschreiten dürfe484. Auf derselben Linie wie die Schießanlagenentscheidung des VGH München liegt die Rechtsprechung zum Betrieb gemeindlicher Fest- und Grillplätze. Hier wird ebenfalls auf die Zahl der Veranstaltungstage (Betriebstage bzw. -nächte), nicht hingegen auf diejenige der zu erwartenden Störungen abgestellt485 . Von der Rechtsprechung in Zweifel gezogen wird darüberhinaus, ob selbst bei einem Anlagenbetrieb an lediglich 18 Kalendertagen pro Jahr (i.e. 5% der Tage Nachweis siehe Fn. 471. Im Saarland (Nachweis siehe Fn. 471) gelten die LAI-Hinweise sogar insgesamt noch in ihrer ursprünglichen Fassung vom 28. 10. 1982 nach wie vor unverändert fort. 481 FSt. siehe Fn. 468. 482 VGH Mannheim VBlBW 1994, 197 f.; VBIBW 1996, 108 (109). 483 OVG Lüneburg NdsVBI. 1995, 59 (60 f.). 484 VGH München BayVGHE N.F. 42 (1989), 187 (190). 485 VGH Mannheim ESVGH 34,258 (263 ff.); VGH München NVwZ-RR 1989, 532; VG DüsseldorfGewA 1981,265 (266 f.); VG Neustadt DWW 1987, 106 f.; VG Würzburg DWW 1987, 168 (169 f.). 479 480

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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bzw. Nächte eines Jahres) ohne Ausnahme von "seltenen Ereignissen" gesprochen werden könne. So werden zum Teil erhebliche Bedenken gegen die völlige Ausschöpfung der in Ziff. 4.2 der LAI-Hinweise486 genannten 5%-Grenze geltend gemacht, wenn die Veranstaltungen nicht auf das ganze Jahr verteilt, sondern auf wenige (Sommer-)Monate konzentriert werden487 . Zum Teil wird auch judiziert, daß die Zahl der Nutzungstage, um von "seltenen Ereignissen" sprechen zu können, generell deutlich unter der vom Länderausschuß für Immissionsschutz angegebenen Dauer vonjährlich maximal 18 Tagen liegen müsse488 . Die Bonusgewährung bei "seltenen Ereignissen" wirft mithin - wie die vorstehende Bestandsaufnahme belegt - mehrere Fragen auf, auf die in Rechtsprechung und Verwaltungspraxis unterschiedliche Antworten gegeben werden. Jede Antwort muß sich dabei jedoch an der gesetzlichen Regelung des § 22 I 1 BimSchG messen lassen. Hierbei sind folgende Erwägungen zu berücksichtigen: Zunächst ist zu beachten, daß eine Bonusgewährung nur in Betracht kommt, soweit § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG nicht entgegensteht. Die Rechtspflicht, nach dem Stand der Technik vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern, ist im Gegensatz zur Rechtspflicht nach § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG einer Zumutbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zugänglich und erlaubt demgemäß keinerlei "Kompromisse". Geräuschimmissionen, die mittels anlagebezogener technischer Maßnahmen der Emissionsbegrenzung ohne unverhältnismäßigen Aufwand vermeidbar sind489 , sind folglich stets abzuwehren. Für eine Bonusgewährung bei "seltenen Ereignissen" bleibt jedoch gleichwohl noch genügend Raum, da sich zahlreiche Geräusche durch Maßnahmen nach dem Stand der Technik(§ 3 VI BimSchG)490 weder verhindern noch verringern lassen oder dies zwar möglich wäre, dann aber zwischen Aufwand und erreichbarer Imrnissionsentlastung - auf das Jahr bezogen - sich ein Mißverhältnis ergäbe, weil ob der Seltenheit der Entstehung der Geräusche der Investitionsaufwand während der meisten Zeit des Jahres gleichsam "totes Kapital" darstellen würde. Jede Bonusgewährung bei "seltenen Ereignissen" muß mit § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG vereinbar sein. Notwendige Voraussetzung hierfür ist, daß die Frage, ob "seltene Ereignisse" gegeben sind, nicht im Wege einer Einzelbetrachtung für jede (einzelne) Anlage, sondern aufgrundeiner Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung FSt. siehe Fn. 468. OVG Lüneburg NdsVBI. 1995, 59 (60); VG Neustadt DWW 1987, 106 (107). 488 VG Würzburg DWW 1987, 168 (170): Verringerung auf 15 Tage; VG Hannover NVwZ-RR 1993, 474 (475 f.): Beschränkung auf zehn Feuerwerke pro Jahr. Beim zivilrechtliehen Abwehranspruch nach§§ 1004, 906 BGB wird eine Geräuschbelästigung mitunter bereits dann für nicht mehr hinnehmbar erachtet, wenn sie nur an einem einzigen Wochenende im Jahr besteht (OLG Zweibrücken DWW 1991, 305 (306); Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 159; Soergel-Baur. § 906 BGB, Rn. 59). 489 Siehe oben B II 5 c u. d. 490 Siehe oben B II 5 c. 486 487

8 Herr

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

aller emittierenden Anlagen beantwortet wird. Denn nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz kommt es nicht entscheidend auf die durch eine einzelne Anlage oder durch eine Gruppe von Anlagen am Immissionsort (Meßort) hervorgerufene Geräuschbelastung, sondern auf die durch sämtliche Emissionsquellen verursachte Gesamtgeräuschbelastung an491 • Infolgedessen können, wenn in der näheren Umgebung mehrere emittierende Anlagen vorhanden sind, nicht jeder Anlage oder Anlagengruppe jeweils bis zu 18 "seltene Ereignisse" pro Jahr zugestanden werden. Das wäre für die immissionsbetroffene Wohnnachbarschaft nämlich unzumutbar. Vielmehr ist - entsprechend den mit der Verwendung des Begriffs des "Mindestmaßes" in § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG vom Gesetzgeber intendierten Zielen, einerseits schädliche Umwelteinwirkungen weitestgehend zu vermeiden, andererseits unter Nutzung eines mit Absicht eingeräumten Spielraums einen vernünftigen nachbarlichen Interessenausgleich zu verwirklichen492 - unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls für den jeweiligen Einwirkungsbereich einer oder mehrerer emittierender Anlagen eine bestimmte Zahl von "seltenen Ereignissen" festzulegen, an denen eine höhere Immissionsbelastung als sonst hervorgerufen werden darf; als potentielle Verursacher dieser erhöhten Belastung kommen dabei nicht nur Sport- und sonstige Freizeitanlagen, sondern vom Prinzip her - im Hinblick auf Art. 3 I GG - alle immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen in Frage493 . Ist die Zahl ausgeschöpft, hat also die immissionsbetroffene Nachbarschaft bereits an einer dieser Festlegung entsprechenden Zahl von Tagen bzw. Nächten an sich übermäßige Geräuschimmissionen ertragen, ist eine Bonusgewährung für den Rest des Kalenderjahres nicht mehr möglich. Bei der Festlegung der Anzahl der "seltenen Ereignisse" muß Beachtung finden, ob die immissionsbetroffene Nachbarschaft während der übrigen Zeit des Jahres ihre Ruhe hat - d. h. nur Geräuschimmissionen zu verzeichnen sind, die deutlich unterhalb der Schädlichkeitsgrenze (§ 3 I BlmSchG)494 liegen - oder ob sie mit Geräuschen schon (nahezu) Tag für Tag bis an die Grenze des Zurnutbaren belastet wird. Im erstgenannten Fall kann ihr entsprechend Ziff. 4.2 der LAI-Hinweise495 durchaus zuzumuten sein, je nach den Umständen an bis zu 18 Kalendertagen im Jahr Geräuschimmissionen hinzunehmen, bei denen sich bestimmte Wohnfunktionen (z. B. Kommunikation im Rauminnern, Aufenthalt in den sog. Außenwohnbereichen wie Balkon, Terrasse oder Garten) nur bei geschlossenen Fenstern bzw. unter Iokaufnahme von Störungen verwirklichen lassen, um - zum Beispiel - einem oder mehreren Vereinen die Abhaltung eines Turniers zu ermöglichen, das nach dem Selbstverständnis der daran Beteiligten einen besonderen Höhepunkt des jährSiehe oben B II 4 c (1) (a) (aa) u. (2) (b). Siehe oben B II 6 b (2) . 493 Z.B. Gartenwirtschaften I Biergärten, aber auch Handwerks- oder Industriebetriebe, wenn es gilt, konjunkturelle oder saisonale Spitzenzeiten zu bewältigen. 494 Siehe oben B II 4 c. 495 FSt. siehe Fn. 468. 491

492

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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liehen Sportbetriebs und des Vereinslebens markiert. Im zweiten Fall hingegen muß sich unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten die Annahme "seltener Ereignisse" auf "äußerst seltene Ereignisse" beschränken: Eine Bonusgewährung kommt in diesem Fall nur bei besonders herausragenden und bedeutsamen, gleichsam "einmaligen" Ereignissen - zu denken ist beispielsweise an ein Sportfest mit mindestens überregionaler Bedeutung oder an besonders herausragende örtliche Begebenheiten wie etwa Festlichkeiten aus Anlaß ,,runder" Stadt- bzw. Ortsgründungsjubiläen oder "großer" Vereinsfeste zur Begehung des 50jährigen, lOOjährigen, ISOjährigen usw. Bestehens eines in der örtlichen Gemeinschaft fest verwurzelten Vereins - in Betracht. Demjenigen, der (fast) das ganze Jahr über bis unmittelbar an die Opfergrenze heranreichend durch Geräuschimmissionen belastet ist, kann nämlich in aller Regel kein besonderes Opfer zugunsten anderer (Interessen) mehr abverlangt werden. Bei der Anwendung der auf den Länderausschuß für Immissionsschutz zurückgehenden Regelung für "seltene Ereignisse" ist desweiteren zu berücksichtigen, wie sich die "seltenen Ereignisse" auf das Jahr verteilen und welche Schutzwürdigkeit die im Einwirkungsbereich der emittierenden Anlage(n) gelegenen Baugebiete nach Gebietsart, Verdichtungsgrad und Vorbelastung496 aufweisen. So wäre es ungeachtet aller denkbaren Umstände des Einzelfalls mit § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG unvereinbar, von einer immissionsbetroffenen Wohnnachbarschaft an 18 zusammenhängenden Tagen bzw. Nächten die Hinnahme erhöhter Geräuschimmissionen zu verlangen. Auch wird man, obschon auf das Jahr gesehen durchaus von "seltenen Ereignissen" gesprochen werden könnte, zumindest dann, wenn nicht vorbelastete Reine oder Allgemeine Wohngebiete mit geringem bis durchschnittlichem Verdichtungsgrad und somit von hoher Schutzwürdigkeit betroffen wären, bei einer Massierung der "seltenen Ereignisse" innerhalb weniger Wochen höchstens noch bei einem oder einigen wenigen von ihnen einen Bonus zugestehen können; diese Ereignisse müßten sich dann von den anderen so unterscheiden, daß eine differenzierte Behandlung vor dem Gleichheitssatz (Art. 3 I GG) gerechtfertigt wäre. Jedenfalls bei Tangierung solcher Wohngebiete würde nämlich der durch § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG gebotene nachbarliche Interessenausgleich verfehlt, wenn man etwa in den Monaten Mai bis August jedes zweite Wochenende insgesamt neun zweitägige mit erhöhten Geräuschimmissionen verbundene Veranstaltungen stattfinden ließe und der betroffenen Wohnnachbarschaft jeweils am Samstag und am Sonntag die Schließung ihrer Fenster und die Nutzung der Außenwohnbereiche nur unter Inkaufnahme von Störungen anheimgäbe. Innerhalb oder in der Nähe norrnaler497 Wohngebiete ist außerdem dem hohen Stellenwert der ungestörten Nachtruhe gebührend Rechnung zu tragen. Die Nachtruhe ist hier ob ihrer enormen Bedeutung für die Erhaltung der Gesundheit der Menschen so wesentlich, daß ihre Aufhebung jedenfalls für mehrere Nächte hinter496 497

s•

Vgl. hierzu oben B II 4 c (I) u. (2). Im oben unter B II 4 c (3) (a) definierten Sinne.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

einander nicht vertretbar wäre. Eingedenk des in diesen Gebieten grundsätzlich bestehenden Rechts auf nächtlichen Schlaf bei geöffneten bzw. gekippten Fenstem498 können aber auch Beschränkungen der Nachtruhe beileibe nicht stets schon "automatisch" mit der Bejahung eines "seltenen Ereignisses" einhergehen. Bei der Mehrzahl der "seltenen Ereignisse" in Wohngebieten wird sich bei der Abwägung der Umstände des Einzelfalls vielmehr ergeben, daß erhöhte Geräuschimmissionen nur bis zum Beginn der Nachtzeit um 22.00 Uhr von der Wohnnachbarschaft hingenommen werden müssen. Zusammenfassend läßt sich somit konstatieren, daß die Problematik, ob "seltene Ereignisse" vorliegen und an diesen Tagen bzw. Nächten entsprechend den vom Länderausschuß gegebenen Hinweisen zugunsten der Anlagenbetreiber ein Bonus zu gewähren ist, zunächst die Beachtung des § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG verlangt und alsdann eingebettet ist in die Zumutbarkeitsprüfung, die zur Feststellung des "Mindestmaßes" bei der Prüfung des § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG vorgenommen werden muß. Die Feststellung der Zahl der "seltenen Ereignisse", an denen tags und I oder nachts erhöhte Geräuschimmissionen hervorgerufen und die Nachbarn ausnahmsweise auf das Schließen ihrer Fenster verwiesen werden dürfen, muß folglich für jeden Einzelfall gesondert unter Abwägung aller Umstände erfolgen. De lege lata ist es nicht zu beanstanden, wenn dabei im Ausgangspunkt entsprechend Ziff. 4.2 der LAI-Hinweise499 von einer Höchstzahl von 18 Kalendertagen pro Jahr ausgegangen wird. Je mehr eine immissionsbetroffene Wohnnachbarschaft im Verlauf des Jahres jedoch schon mit Geräuschimmissionen bis an die Grenze des im Normalfall Zurnutbaren belastet wird, umso mehr muß im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung in § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG die Zahl der "seltenen Ereignisse" - bis hin zum "einmaligen" Ereignis - verringert werden. Tendenziell gilt das Gleiche, wenn eine Massierung "an sich" "seltener Ereignisse" während weniger Wochen oder Monate im Jahr zu beobachten ist. Bei Wohngebieten schließlich werden zudem eine Einschränkung oder gar eine Aufhebung der Nachtruhe in der Tendenz noch seltener sein und daher nur ,,höchst ausnahmsweise" in Frage kommen. c) Eifüllung der Rechtspflicht durch "kompensierende" Geldzahlung?

Im Jahre 1988 mußte sich das Bundesverwaltungsgericht500 mit der Zulässigkeit des Betriebs einer gemeindlichen Feueralarmsirene befassen. Ein in unmittelbarer Nähe eines Feuerwehrgerätehauses wohnender Bürger wehrte sich mit einer Klage gegen den Betrieb der Sirene, die in einem Abstand von 15 m von seinem Wohnhaus auf dem Dach des Feuerwehrgerätehauses angebracht ist und vor den Wohnzimmer-, Schlafzimmer- und Kinderzimmerfenstern des Wohnhauses beim monat498 499 500

Siehe hierzu oben B II 4 c (3) (a). FSt. siehe Fn. 468. BVerwGE 79, 254 ff.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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liehen Probealarm und bei durchschnittlich vier Ernstfällen pro Jahr jeweils einen Lärm von bis zu 110 dB(A) erzeugt501 . Das Bundesverwaltungsgericht bejahte entgegen einer anderslautenden Ansicht in der Literatur502 die Anwendbarkeit des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und führte aus, daß das Maß dessen, was an Immissionen zu dulden sei, auch in bezug auf Feueralarmsirenen durch die allgemeinen Vorschriften der §§ 3 I, 22 I BimSchG bestimmt werde und die Duldungsgrenze deshalb auch hier bereits unterhalb der Gesundheitsbeschädigung und der schweren und unerträglichen Eigentumsbeeinträchtigung zu ziehen sei503 . Wo diese Grenze verlaufe, hänge von den jeweiligen Umständen ab, die das Tatsachengericht zu würdigen habe504. Es erscheine nicht ausgeschlossen, die Duldungsbzw. Zumutbarkeitsgrenze für den Sirenenbetrieb bei einer Größenordnung von etwa 95 dB(A) anzusetzen505 . Wer nun erwartet hatte, daß das Bundesverwaltungsgericht den über das i. S. d. § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG "unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Interessenausgleichs zurnutbare Mindestmaß"506 - das trotz der seltenen Alarmauslösung mit rd. 95 dB(A) ohnehin unvertretbar hoch angesetzt wurde507 - hinausgehenden Sirenenbetrieb für unzulässig erklärt und untersagt hätte, sah sich getäuscht. Anstatt die beklagte Gemeinde für den Fall, daß sich eine Reduzierung der Geräuschimmissionen auf das zurnutbare Maß ohne Beeinträchtigung der Alarmfunktion der Sirene mit verhältnismäßigem Aufwand nicht realisieren läßt, auf die vielerorts seit langem praktizierte und sich als zuverlässig bewährte sog. "stille Alarrnierung" über Funk zu verweisen508 , entschied das Bundesverwaltungsgericht, daß die Sirene dann eben trotz Überschreitung der "Duldungsgrenze" weiterbetrieben werden dürfe und sich der immissionsbetroffene Wohnnachbar auf "einen Geldausgleich 50t BVerwGE 79, 254 (255 u. 260). Im Verfahren vor dem VGH München, an den die Sache vom Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen wurde, haben sich sogar Spitzenpegel von 112 dB(A) ergeben (VGH München NVwZ-RR 1992, 233 (234)). 502 Ziegler UPR 1986, 170 (171 ff.); ders. BayVBI. 1986, 692 f. 503 BVerwGE 79, 254 (257 u. 259 f.). 504 BVerwGE 79, 254 (260). 505 BVerwGE 79, 254 (266). 506 Vgl. BVerwGE 81, 197 (210); OVG Berlin OVGE 19, 183 (198); Bender/Sparwasser/Engel, S. 382 (Fn. 178). 507 Gemäß Ziffer 3.3.1 VDI Richtlinie 2058 (FSt. siehe Fn. 84) sollen selbst in Kern-, Dorf- und Mischgebieten kurzzeitige Geräuschspitzen die Werte von 90 dB(A)/tags und 65 dB(A)/nachts nicht überschreiten. In Allgemeinen Wohngebieten und erst recht in Reinen Wohngebieten liegen diese Werte noch erheblich niedriger (siehe oben B II 2 u. 4 c (3) (a)). Selbst bei "seltenen Ereignissen" wird hinsichtlich der auftretenden Maximalpegel die Grenze bei 90 dB(A)/tags und 65 dB(A)/nachts- und nicht erst bei 95 dß(A)- gezogen (Ziff. 4.2 der LAI-Hinweise (FSt. siehe Fn. 468)). sos An "Kostengesichtspunkten" (vgl. BVerwGE 79, 254 (261)) kann es in Anbetracht von ca. 24000,- DM (vgl. VGH München BayVBI. 1986, 690 (692); Vorinstanz) ernsthaft nicht gelegen haben, wenn man bedenkt, welche Umweltschutzauflagen mitunter anderen Anlagenbetreibern auferlegt werden, die genau denselben Rechtsnormen unterliegen.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

für Maßnahmen des passiven Lärmschutzes, nämlich für den Einbau von Schallschutzfenstern", verweisen lassen müsse509 . Dieser Anspruch ergebe sich "aus einem allgemeinen Rechtssatz", der das Nachbarschaftsverhältnis zwischen störender und gestörter Nutzung im Falle unangemessen hohen Aufwandes für Maßnahmen der Vermeidung oder Minderung der Immissionen auf ein zurnutbares Maß beherrsche. Im privaten Nachbarrecht sei er von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelt und schließlich in § 906 II 2 BGB niedergelegt worden. Im öffentlich-rechtlich gestalteten Nachbarschaftsverhältnis habe er in § 74 II 3 VwVfG und in den entsprechenden Vorschriften der Landesverwaltungsverfahrensgesetze sowie für spezielle öffentliche Anlagen in§ 41 II BimSchG, in§ 17 IV FStrG und in anderen Fachgesetzen Ausdruck gefunden510. Im öffentlich-rechtlichen Nachbarschaftsverhältnisbestehe ein Anspruch nur auf einen für Maßnahmen des passiven Immissionsschutzes zweckgebundenen Geldausgleich, weil nur die Zweckbindung den vom öffentlichen Recht geforderten Immissionsschutz gewährleiste5n. Den "allgemeinen Rechtssatz" über den notwendigen Ausgleich zwischen störender und gestörter Nutzung im öffentlich-rechtlichen Nachbarschaftsverhältnis in Form eines Geldausgleichsanspruchs für Maßnahmen des passiven Schallschutzes bemühte das Bundesverwaltungsgericht - unter ausdrücklicher Berufung auf sein Urteil zur Feueralarmsirene (BVerwGE 79, 254 ff.)- alsdann in einem Fall, in dem in einem Bebauungsplan Verkehrsflächen für eine innerstädtische Verbindungsstraße ausgewiesen und zum Schutz der Anwohner gemäß § 9 I Nr. 24 BBauG I BauGB an den Gebäuden der Einbau von Schallschutzfenstern und eine immissionshemmende Ausführung der Außenwände vorgeschrieben waren512. Das Gericht erkannte, daß den Gebäudeeigentümern die Kosten, die ihnen aus der Verwirklichung der nach § 9 I Nr. 24 BBauG I BauGB zu ihrem Schutz im Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen entstünden, aufgrund eben dieses "allgemeinen Rechtssatzes" zu ersetzen seien513 . Zur Begründung fügte das Bundesverwaltungsgericht den bereits im Urteil zur Feueralarmsirene zitierten gesetzlichen Bestimmungen514 die §§ 42 BlmSchG, 31 II WHG, 8 IV AbfG, 9 II LuftVG und 29 II PBefG hinzu, in denen seiner Meinung nach dieser "allgemeine Rechtssatz" gleichfalls gesetzgebensehen Niederschlag gefunden habe515 . In seiner ersten großen Leitentscheidung zur Problematik "Sportanlagen und Nachbarschutz"516 führte das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls aus, "daß ein Geldausgleich für passiven Immissionsschutz in Betracht kommt, wenn erhebliche 509 510 511

512 513 514 515 516

BVerwGE 79, 254 (262). BVerwGE 79, 254 (262). BVerwGE 79, 254 (262 f.). BVerwGE 80, 184 ff. BVerwGE 80, 184 (190 f. u. 193). Siehe oben im vorigen Absatz. BVerwGE 80, 184 (190 f.). BVerwGE 81, 197 ff. ("Tegelsbarg").

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Geräuschbelastungen durch Benutzung einer hoheitlich betriebenen Anlage nicht vermieden und auch nicht auf das zurnutbare Mindestmaß gemindert werden können"517. Das Bundesverwaltungsgericht hält den "allgemeinen Rechtssatz" somit offenbar auch beim Betrieb von Sportanlagen für anwendbar. In Literatur und Rechtsprechung sind die Tolerierung einer öffentlich-rechtlich betriebenen Anlage trotz Überschreitung der "Duldungs-" bzw. Zumutbarkeitsgrenze und die Verweisung des Immissionsbetroffenen auf einen zweckgebundenen Geldausgleichsanspruch für Maßnahmen des passiven Schallschutzes auf der Grundlage eines das öffentlich-rechtliche Nachbarschaftsverhältnis zwischen störender und gestörter Nutzung im Falle unangemessen hohen Aufwandes für Maßnahmen der Vermeidung oder Minderung der Immissionen auf das zurnutbare Mindestmaß (angeblich) beherrschenden "allgemeinen Rechtssatzes" zumeist auf Zustimmung und nur vereinzelt auf Kritik gestoßen518 . Von denen, die der Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts beipflichten, bemüht sich lediglich Murswiek519 um eine eigenständige Begründung: Zwar sähen die geschriebenen Grundpflichten des § 22 I 1 BlmSchG nur anlagenbezogenen, also aktiven Immissionsschutz vor, es gebe aber keinen zwingenden Grund für die Annahme, daß die ungeschriebene Grundpflicht, keine unzumutbaren Immissionen zu verursachen, nur mit dem Instrument des aktiven Immissionsschutzes erfüllt werden könne520. In Analogie zu den§§ 41 II, 42 BlmSchG habe der aktive Lärmschutz zwar grundsätzlich Vorrang, ausnahmsweise sei unzumutbaren Immissionen aber auch - nämlich dann, wenn aktive Lärmschutzmaßnahmen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich seien - mit passiven Maßnahmen am immissionsbetroffenen Objekt zu begegnen, weswegen die Schutzpflicht dann auch durch einen Geldausgleich für passive Lärmschutzmaßnahmen des Betroffenen erfüllt werden könne521 . Der Geldausgleichsanspruch beruht nach dieser Ansicht mithin nicht auf einem "allgemeinen Rechtssatz", sondern auf einer analogen Anwendung der§§ 4111,42 BlmSchG. Die Rechtsauffassung, wonach bei öffentlich-rechtlichem Anlagenbetrieb die Anlagenbelreiber unter bestimmten Voraussetzungen die ihnen nach § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG obliegende Rechtspflicht auch durch Zahlung eines für Maßnahmen des passiven Schallschutzes zweckgebundenen Geldbetrages an die immissionsbetroffenen Nachbarn erfüllen können, verdient keine Unterstützung. Der "allgemeine BVerwGE 81, 197 (200). Zustimmend: Kraft JuS 1990, 278 (284); Schiotterheck NJW 1991, 2669 (2677); von Klitzing BayBgm 1991, 64 (68); Engelhardt, § 22 Rn. 16 u. 18; Schmatz/Nöthlichs, § 22 Anm. 3 h; GK-B!mSchG-Roßnagel, § 22 Rn. 199; VGH München BayVGHE n.F. 43, 83 (86 f.); VG Göttingen NdsVBI. 1995, 64 f. Im Ergebnis (mit abw. Begr.) ebenfalls zustimmend: Murswiek JZ 1989, 240 (242). Kritisch: Jarass, § 22 Rn. 30. 519 JZ 1989,240 ff. 520 Murswiek JZ 1989, 240 (242). 521 Murswiek JZ 1989, 240 (242). 517 518

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Rechtssatz", aus dem diese Rechtsfolge nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts folgen soll, steht nämlich auf tönernen Füßen522. Entgegen der von Murswiek523 vertretenen Meinung kommt aber auch ein Analogieschluß aus§§ 41 II, 42 BlmSchG nicht in Frage. Das ergibt sich im einzelnen aus folgenden Erwägungen: Zunächst muß darauf hingewiesen werden, daß die These des Bundesverwaltungsgerichts, der "allgemeine Rechtssatz" finde für das private Nachbarrecht in § 906 II 2 BGB seine Entsprechung524, nicht zutreffend ist. § 906 II 2 BGB enthält nämlich eine andere Rechtsfolge als der vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellte "allgemeine Rechtssatz". Nach § 906 II 2 BGB ist mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs525 in Anlehnung an die Grundsätze zur Enteignungsentschädigung diejenige Vermögenseinbuße auszugleichen, die der immissionsbetroffene Grundstückseigentümer dadurch erleidet, daß sein Nachbar mit einer (privatrechtlich betriebenen) emittierenden Anlage (erlaubtermaßen) Immissionen hervorruft, welche die ,,Zumutbarkeitsgrenze" überschreiten. Der Anspruch umfaßt nicht nur die Kosten für passive Schallschutzmaßnahmen, sondern erstreckt sich allgemein auf die durch den unzumutbaren Teil der Beeinträchtigungen bewirkte Wertminderung des immissionsbetroffenen Grundstücks - zu bilden ist die Differenz zwischen dem fiktiven Verkehrswert des Grundstücks bei noch zurnutbaren Beeinträchtigungen und dem realen Verkehrswert des Grundstücks infolge der über die ,,Zumutbarkeitsgrenze" hinausgehenden Beeinträchtigungen - unter Einschluß des merkantilen Minderwerts526• Letzterer wird bei dem dem "allgemeinen Rechtssatz" entspringenden Geldausgleichsanspruch hingegen nicht berücksichtigt. In die Entschädigung einbezogen wird bei § 906 II 2 BGB auch die geminderte Nutzbarkeit der sog. Außenwohnbereiche wie Balkon, Terrasse und Garten527 . Nach dem "allgemeinen Rechtssatz" aber wird gerade sie nicht erfaßt528 . Ein weiterer Unterschied zwischen § 906 II 2 BGB und dem "allgemeinen Rechtssatz" besteht darin, daß der nach § 906 II 2 BGB Ausgleichsberechtigte in der Verwendung der Entschädigungsleistung frei ist529, während der Geldausgleich aufgrund des "allgeSo zu Recht Murswiek JZ 1989, 240 (242). AaO. 524 BVerwGE 80, 184 (190 f.); 79,254 (262). 525 BGHZ 90, 255 (263); 85, 375 (386); 62, 361 (371); 49, 148 (155); BGH NJW-RR 1988, 1291 (1292); zustimmend: Soerge!-Baur, § 906 BGB, Rn. 109; Erman-Hagen, § 906 BGB, Rn. 26; Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 226; RGRK-Augustin, § 906 BGB, Rn. 80; Bälz JZ 1992, 57 (71). Die Literatur billigt teilweise- noch weitergehend - sogar einen vollen Schadensersatzanspruch nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB zu: Palandt-Bassenge, § 906 BGB, Rn. 33; MüKo-Säcker, § 906 BGB, Rn. 118; Jauem ig JZ 1986,605 (610- 61 2). 526 BGH NJW 1981, 1663; Pa!andt-Bassenge, § 906 BGB, Rn. 33; Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 227 m.z.N. 527 Vgl. BGHZ 91, 20 (25 u. 30). 528 Vgl. VGH München NVwZ-RR 1992, 233 (235): "Hinsichtlich einer geminderten Nutzbarkeit der Grünflächen um sein Wohnhaus stehen dem Kl. keine Ausgleichsansprüche zu; das Revisionsurteil (BVerwGE 79, 254 ff.; Anm. d. Verf.) sieht nur den Einbau von Schallschutzfenstern vor, . .. ". 522 523

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meinen Rechtssatzes" einer Zweckbindung an passive Schallschutzmaßnahmen unterliegt530• Diese Unterschiede zeigen deutlich, daß der "allgemeine Rechtssatz" im privaten Nachbarrecht eben keine Entsprechung hat und sich insbesondere § 906 II 2 BOB nicht für die gegenteilige Behauptung in Stellung bringen läßt. Der "allgemeine Rechtssatz" ist auch deswegen abzulehnen, weil dadurch, daß bei der Bemessung der Höhe des Geldausgleichsanspruchs sich der merkantile Minderwert des Grundstücks nicht niederschlägt, die Nutzungsminderung bezüglich der Außenwohnbereiche ebenfalls außen vor bleibt und hinsichtlich der Verwendung des Geldes jegliche Dispositionsfreiheit ausgeschlossen ist, der Nachbar im öffentlich-rechtlichen Nachbarschaftsverhältnis erheblich schlechter gestellt wird als im privatrechtliehen Nachbarschaftsverhältnis durch§ 906 II 2 BOB. Damit aber setzt sich das Bundesverwaltungsgericht zu seiner eigenen Rechtsprechung in Widerspruch: Vor Inkrafttreten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes hat das Gericht mehrfach hervorgehoben, "daß das öffentliche Recht das Eigentum in öffentlich-rechtlicher Richtung nicht minder schützt, als es das private Recht gegenüber Angriffen aus dem privaten Bereich tut"531 . Es kann nicht angenommen werden, daß sich durch den Erlaß des Bundes-Immissionsschutzgesetzes die Lage für den immissionsbetroffenen Nachbarn im öffentlich-rechtlichen Nachbarschaftsverhältnis gegenüber dem vorhergehenden Rechtszustand verschlechtert hätte. Eine solche Annahme würde die Intention des Gesetzgebers, durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz eine Verbesserung der Umweltbedingungen zu bewirken, ohne Grund völlig ignorieren532. Soweit die Existenz des "allgemeinen Rechtssatzes" im öffentlich-rechtlich gestalteten Nachbarschaftsverhältnis mit dem Hinweis auf die Paragraphen bzw. Artikel 17 IV FStrG, 31 II WHG, 8 IV AbfG, 9 II LuftVG, 29 II PBefG und 74 II 3 529 Die Wertminderung kann sogar in Form einer laufenden Geldrente auszugleichen sein (vgl. BGH NJW 1963, 2020 (2021); Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 227; Erman-Hagen, § 906 BGB, Rn. 26; RGRK-Augustin, § 906 BGB, Rn. 72). 530 Vgl. VGH München NVwZ-RR 1992, 233 (235): "Zu realisieren ist der Anspruch des Kl. auf Gewährung passiven Lännschutzes allerdings nicht, wie beantragt, in Gestalt einer Pauschalabgeltung in Höhe von 20000 DM, sondern nur als spezifischer, zweckgebundener Auslagenersatz im Umfang der tatsächlich anfallenden Nachrüstungskosten für die von zusätzlichen Schalldämmungsmaßnahmen betroffenen Fenster..... Die Bekl. kann sich ihrer Pflicht durch das Angebot an den Kl. entledigen, die Kosten des Einbaus normgerechter Fenster durch einen Unternehmer zu übernehmen; Vorleistungen des Kl. können vermieden werden, indem die Bekl. ihn dem Unternehmer gegenüber freistellt". 531 BVerwGE 44,235 (243); BVerwG NJW 1974, 817. 532 Die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 44, 235 (243); BVerwG NJW 1974, 817) vor Inkrafttreten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vertretene Rechtsansicht wird denn auch nach Inkrafttreten dieses Gesetzes von der obergerichtliehen Rechtsprechung (VGH Kassel NVwZ 1982, 565; NVwZ-RR 1989, 175; VGH Mannheim NJW 1985, 2352 (2353); VGH München NVwZ 1989, 269 (270)) mit Recht weiterhin zugrundegelegt

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

VwVfG des Bundes und der Länder zu begründen versucht wird533 , vermag auch dies nicht zu überzeugen. So ist in § 9 II LuftVG von einem Ausgleichs-, Entschädigungs- oder Schadensersatzanspruch überhaupt nicht die Rede. Desweiteren gilt es zu beachten, daß die§§ 17 IV FStrG, 29 II PBefG im Jahre 1990 ohne Nachfolgeregelung ersatzlos aufgehoben wurden534 und daher zumindest seit dieser Zeit als stichhaltige Argumente hinfällig sind535 . Übrig bleiben somit die Paragraphen bzw. Artikel 31 V 2 WHG, 32 II 3 KrW- I AbfG und 74 II 3 VwVfG des Bundes und der Lände~ 36 • Sie beziehen sich jedoch allesamt auf Planfeststellungsverfahren und aktualisieren dort das "Gebot der Gewährung einer angemessenen fachplanungsrechtlichen Entschädigung" 537 . Sie betreffen komplexe Planungsentscheidungen erfordernde Großprojekte, welche mit den Anlagen i. S. d. §§ 22 - 25 BimSchG- die der Gesetzgeber nicht einmal für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig hält - nicht vergleichbar sind. Es mag vielleicht noch angehen, die Ausgleichs- und Entschädigungsregelungen des Planfeststellungsrechts im Wege der Analogie im Zusammenhang mit dem Erlaß und Vollzug von Bebauungsplänen in das Bauplanungsrecht "hinüberzuziehen" und von einem "das gesamte öffentliche Planungsrecht beherrschenden allgemeinen Rechtsgrundsatz" zu sprechen538 . Im öffentlich-rechtlich ausgestalteten Nachbarrecht sind jedoch keine Planungsentscheidungen unter Ausnutzung eines gesetzlich vorgesehenen Abwägungsspielraums zu treffen. Infolgedessen scheidet eine Anwendung des "allgemeinen Rechtssatzes" hier aus. Gegen die Übertragung der in den Paragraphen bzw. Artikeln 31 V 2 WHG, 32 II 3 KrW- I AbfG und 74 II 3 VwVfG des Bundes und der Länder enthaltenen Regelungen auf das öffentlich-rechtliche Nachbarschaftsverhältnis spricht weiter, daß es sich hierbei um öffentlich-rechtliche Ausgleichsansprüche handelt, die - weil "im Vorfeld der Enteignung" angesiedelt - verfassungsrechtlich nicht geboten sind, und deren Gewährung daher in vollem Umfang der Gestaltungsmacht des einfachen Gesetzgebers unterliegt. Die Entscheidung des Gesetzgebers, Ausgleichs-, Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche im Bundes-Immissionsschutzgesetz insgesamt nur sehr "sparsam"539 und im Recht der immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen (§§ 22 - 25 BimSchG) überBVerwGE 80, 184 (190 f.); 79, 254 (262); Schiotterheck NJW 1991, 2669 (2677). Art. 26 Ziff. 2 bzw. Art. 28 Ziff. 15 Drittes Rechtsbereinigungsgesetz vom 28. 06. 1990 (BGBI. I S. 1221 (1228 u. 1232)). 535 Das hat Schiotterheck NJW 1991, 2669 (2677) völlig übersehen. 536 § 32 li 3 KIW-I AbfG ist seit 06. 10. 1996 Nachfolgeregelung zu§ 8 IV 2 AbfG (vgl. Art. 13 des Gesetzes zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (BGBI. I 1994, S. 2705 (2728)), § 31 V 2 WHG ist seit 19. II. 1996 Nachfolgeregelung zu § 31 li WHG (vgl. Art. I Ziff. 18 u. Art. 5 Sechstes Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) vom 11. II. 1996 (BGBI. I 1996, S. 1690 (1692 ff.))). 537 Bender DVBI. 1984, 301 (319). 538 So BVerwGE 80, 184 (190); bestätigt durch BVerwGE 94, 100 (106 f. u. 121). 539 Vgl. §§ 14 S. 2, 21 IV, 42 BlmSchG. 533

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haupt nicht vorzusehen, darf deshalb nicht einfach durch bloße Nennung einiger Bestimmungen aus anderen Gesetzen überspielt werden. Auch dem Versuch, durch eine analoge Anwendung der§§ 41 II, 42 BimSchG den Betreibern immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen in bestimmten Ausnahmefallen die Möglichkeit zu eröffnen, sich ihrer Rechtspflicht aus § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG durch eine für die Installierung passiver Schallschutzmaßnahmen zu verwendende Geldzahlung zu entledigen540, kann kein Erfolg beschieden sein. Denn die §§ 41 II, 42 BimSchG entbehren ob ihres eingeschränkten Anwendungsbereichs und ihres Ausnahmecharakters jeglicher Analogiefähigkeit Sie legen vielmehr eher einen Umkehrschluß nahe. Die genannten Regelungen stehen im vierten Teil des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, der mit dem Titel "Beschaffenheit und Betrieb von Fahrzeugen, Bau und Änderung von Straßen und Schienenwegen" überschrieben ist, und sind erst durch Betreiben des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, sozusagen in letzter Minute, aufgrund der Kritik zahlreicher Sachverständiger in einer Anhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung541 -der sie noch nicht vorgesehen hatte - Gesetz geworden542 . Sie gelten jedoch beileibe nicht für alle Straßen und Schienenwege. Vielmehr ist ihr Anwendungsbereich auf den Bau oder die wesentliche Änderung von Straßen und Schienenwegen beschränkt. Es ist einhellige Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, daß das Bundes-Immissionsschutzgesetz für die sog. Lärmsanierung - Lärmschutz an bereits bestehenden und baulich nicht veränderten Verkehrswegen - entsprechend gesetzgebenscher Absicht keine Vorschriften enthält. Mit Recht ist auch noch niemand auf die Idee gekommen, die §§ 41, 42 BlmSchG auf bestehende und baulich nicht veränderte Verkehrswege analog anzuwenden. Wenn aber die§§ 41, 42 BimSchG nicht einmal auf alle Verkehrswege (analog) anwendbar sind, so ist eine Erstreckung ihres Anwendungsbereichs über den Bereich der Verkehrsanlagen hinaus auf andere Anlagen i. S. d. § 3 V BimSchG erst recht nicht möglich. Eine analoge Anwendung der§§ 41 II, 42 BlmSchG auf andere Anlagen würde außerdem dem Schutzzweck des Gesetzes (§ 1 BlmSchG) zuwiderlaufen, weil dann in diesen Fällen allen Bereichen außerhalb von Gebäuden - bis zur verfassungsrechtlich gezogenen Gefahrengrenze (Art. 14 I 1 , 2 II 1 GG) - keinerlei Schutz vor Geräuschimmissionen mehr zukäme. Neben dem Nachbarschutz in den sog. Außenwohnbereichen wäre jeweils vor allem der Schutz der Allgemeinheit vor Geräuschimmissionen nicht mehr gewährleistet, welcher jedoch ebenfalls ein wichtiges Ziel des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist (vgl. §§ 3 I, 5 I Nr. 1 BlmSchG). So Murswiek JZ 1989, 240 (242). BT-Drs. 7/179. 542 Vgl. BT-Drs. 7/1513, S. 3 u. 7; Hölder, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, S. 171 (172 f.); Schu/ze-Fielitz, in: Koch, Lechelt (Hrsg.), Zwanzig Jahre Bundes-Immissionsschutzgesetz, S. 117. 540

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Eine beschränkte analoge Anwendung der §§ 41 II, 42 BimSchG lediglich auf öffentlich-rechtlich betriebene Anlagen würde zudem die Entscheidung des Gesetzgebers durchkreuzen, auch die hoheitlichen Tätigkeiten in vollem Umfang dem Bundes-Immissionsschutzgesetz zu unterwerfen543 . Insgesamt gesehen ergibt sich somit, daß immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige (Sport-)Anlagen, auch wenn sie in den Formen des öffentlichen Rechts betrieben werden, gemäß dem Wortlaut des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BimSchG nur errichtet und betrieben werden dürfen, wenn die nach dem Stand der Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen verhindert544 und die nach dem Stand der Technik unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen durch Maßnahmen des aktiven Immissionsschutzes auf das zurnutbare Mindestmaß beschränkt werden. Ist das zurnutbare Mindestmaß überschritten, sind entweder weitere aktive Schutzmaßnahmen zu ergreifen oder der Betrieb der Anlage(n) einzustellen. De lege lata gibt es mithin - anders als bei § 906 BGB - bei § 22 I 1 BlmSchG keinen Ausnahmefall, in dem man diese Vorschrift ganz oder teilweise durch Geld "abkaufen" kann545 .

7. Nachbarschützende Funktion der Rechtspflichten In § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG546 hat der Bundesgesetzgeber normiert, welche Grundpflichten die Betreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen bei Erri3htung und Betrieb derselben zu erfüllen haben. In den §§ 24, 25, 52 I BimSchG ist in Verbindung mit den jeweils einschlägigen Vorschriften547 der - das Bundes-Immissionsschutzgesetz gemäß Art. 30, 83 f. GG als eigene Angelegenheit ausführenden - Länder bestimmt, welche BeSo auch Jarass, § 22 Rn. 30. Hierzu siehe oben B II 5. 545 Vgl. Berkemann, Mündliche Stellungnahme bei der öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages am 17. 01. 1996 (Ausschußprotokoll Nr. 22, Seite 127), zu § 906 BGB: "Wenn Sie den Paragraphen weiterlesen, kann er abgekauft werden, nämlich durch Geld". 546 § 22 I 1 Nr. 3 BimSchG bleibt im Rahmen der vorliegenden Arbeit außer Betracht (vgl. Fn. 54). 547 Art. 2 I, 4 BaylmSchG; §§ I, 3, 7 BW BlmSchGZuVO; §§ 11 Nr. 1b, 19 Nr. 1 Bin DVO-ASOG; § 1 ImSchZustVO-Bbg i.V.m. Ziff. 1.2 u. 1.6 der Anlage zur ImSchZustVOBbg; § 3 Brem ZustVO BlmSchG; Ziff. III Hamb AO zur Durchführung des BlmSchG; § 2 Hess ZustVO BlmSchG; § 4 BimSchGZustVO M-V;§ 1 I Nds ZustVO GewAR i.V.m. Ziff. 8.1 lit. d der Anlage 2 zur Nds ZustVO GewAR; § I I NRW ZustVOtU i.V.m. Ziff. III 10.2 der Anlage zur NRW ZustVOtU; §§ 2, 3 VIII Rh-Pf ZustVO BlmSchG; § 2 Saarl ZuständigkeitsVO-BimSchG; §§ 1, 2 Sächs AGBimSchG i.V.m. § 1 Sächs ImSchZuV u. Ziff. III 1.2 der Anlage zu§ 1 Sächs ImSchZuV; § I ZustVO GewAIR LSA i.V.m. Ziff. 9.1.2.1 u. 9.1.2.2 der Anlage 2 zur ZustVO GewAIR LSA; § 3 I u. II Nr. 6 u. 7 Schi-Ho BimSchG-ZustVO; § 2 Thür ImSchZuV. 543

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Il. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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hörden in welcher Weise die Einhaltung dieser Grundpflichten gegenüber den Alllagenbetreibern sicherzustellen haben. Nach allgemeiner Auffassung haben die Vorschriften der §§ 22 ff. BlmSchG deshalb primär zwischen Erfichtern und Betreibern immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen auf der einen und den mit dem Vollzug dieser Vorschriften beauftragten Behörden auf der anderen Seite ihre Bedeutung. § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG spielt darüberhinaus jedoch auch noch in anderen Rechtsbeziehungen eine Rolle. Nachfolgend wird näher untersucht, welche Relevanz diese Vorschrift einerseits für das Verhältnis zwischen den von einem Anlagenbetrieb nachteilig betroffenen Nachbarn und den für den Vollzug des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zuständigen Behörden und andererseits für das öffentlich-rechtliche oder das privatrechtliche Nachbarschaftsverhältnis besitzt, das unmittelbar zwischen den Anlagenbetreibern und ihren Nachbarn besteht. Nachbar i. S. d. Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist dabei jede Person, die zu einem Ort in der Umgebung einer emittierenden Anlage, an dem der von ihr ausgehende Immissionsbeitrag bei Normalbetrieb oder StörfeHlen noch belegbar ist, eine besondere sachliche oder persönliche Bindung vorweisen kann, insbesondere Eigentümer oder in anderer Weise dinglich Berechtigter, Mieter oder Pächter eines Grundstücks in diesem Bereich ist oder dort ihrer (Schul-)Ausbildung oder regelmäßigen Arbeit nachgeht548•

a) Verhältnis zwischen Nachbarn und Behörden

Auf der dogmatischen Grundlage der Schutznormtheorie549 wird mit Recht in der Rechtsprechung 550 einhellig und in der Literatur551 überwiegend anerkannt, 548 Vgl. Jarass, § 3 Rn. 20 ff.; Engelhardt, § 3 Rn. 15 f.; VIel Laubinger, § 3 Rn. 5; L-RKutscheidt, § 3 Rn. 6 ff.; Schmatz/Nöthlichs, § 3 Anm. 7; Schmitt Glaeser/Meins, S. 43; Bender/Sparwasser/Engel, S. 342 f.; Hoppe/Beckmann, S. 402 f. ; Kloepfer, S. 265 ff.; Himmelmann, Handbuch des Umweltrechts, Kap. B I, Rn. 21; Seltner, S. 217 f.; BVerwG NVwZ 1996, 389; DVBI. 1983, 183 f.; OVG Lüneburg NVwZ 1985, 357 ff.; DVBI. 1977, 347 (348). 549 Zur Etablierung der Schutznormtheorie im öffentlichen Recht: BVerfGE 27, 297 (307); 31, 33 (39 ff.); 46,214 (220 f.); 51, 193 (211 f.); 57,9 (26); 83, 182 (194); BVerwGE 1, 83 f.; 2, 288 (290); 11, 95 (97 f.); 27, 29 (31 ff.); 28, 155 (160 f.); 28, 268 (270 ff.); 32, 173 (174 ff.); 39, 235 (237 f.); 41, 58 (63 ff.); 47, 19 (22); 52, 122 (128 ff.); 55, 280 (285 f.); 58, 244 (246); 61, 256 (262 ff.); 62, 243 (246 ff.); 65, 167 (171 ff.); 65, 313 (320); 66, 307 (308 ff.); 67, 334 (338 ff.); BGHZ 86, 356 (360 ff.); Bühler, Die subjektiven öffentlichen Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung, 1914; ders., Altes und Neues über Begriff und Bedeutung der subjektiven öffentlichen Rechte, GS W. Jellinek, 1955, S. 269 ff.; W Jellinek, Verwaltungsrecht, 3. Aufl. (1931), Nachdruck 1966, S. 200 ff.; Bachof, Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer Amtshandlung, S. 63 ff.; ders., Reflexwirkungen und subjektive Rechte im öffentlichen Recht, GS W. Jellinek, 1955, S. 287 (296 ff.); ders. DVBI. 1961, 128 (130); Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, 1965, S. 146 ff.; ders. DVBI. 1982, 144 (147 f.); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/ Dürig, Art. 19 GG, Rn. 127 ff.; Bettennann NJW 1961, 1097 (1098 ff.); Bender/Dohle,

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

daß die den Betreibern immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen durch § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG auferlegten Rechtspflichten nachbarschützenden Charakter haben. Es handelt sich nämlich um Vorschriften, welche nicht nur den Schutz der Allgemeinheit, sondern auch den der Nachbarn solcher Anlagen vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen bezwecken. Ein erster Anhalt für die nachbarschützende Zweckrichtung ist dem Wortlaut des Gesetzes selbst zu entnehmen, nachdem in § 3 I BlmSchG ausdrücklich definiert ist, daß unter "schädlichen Umwelteinwirkungen" im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Immissionen zu verstehen sind, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Darüberhinaus läßt sich konkret in Bezug auf § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BlmSchG ins Feld führen, daß schon vor Inkrafttreten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes der Zweck des Immissionsschutzrechts gerade darin gesehen wurde, die Nachbarschaft S. 14 ff.; Gassner DÖV 1981, 615 (617 ff.); Weyreuther DÖV 1983, 575 (586 f.); Jarass NJW 1983, 2844 ff.; Dolde NJW 1984, 1713 (1727); Kloepfer VerwArch 76 (1985), 371 (382 ff.); Krebs, FS Menger, S. 191 (200 ff.); Marburger, Gutachten C zum 56. DIT, S. 32 ff.; Sachs NVwZ 1988, 127 (129, Fn. 38). Mit unterschiedlichen Modifikationen stimmen der Schutznormtheorie im wesentlichen zu: Breuer DVBL 1983, 431 (436 ff.); Schlichter NVwZ 1983, 641 ff.; Schwerdtfeger NVwZ 1982, 5 ff.; ders. NVwZ 1983, 199 ff.; Steinberg NJW 1984, 457 (460 ff.); ders. UPR 1984, 350 (351 ff.); Wahl JuS 1984, 577 (579 ff.); Preu, Subjektivrechtliche Grundlagen des öffentlichrechtlichen Drittschutzes, S. 120 ff.; offen gelassen Kunig, GS Martens, S. 599 (616 ff.). Der Schutznormtheorie im wesentlichen ablehnendstehen gegenüber: Bemhardt JZ 1963, 302 (306 ff.); Henke, Das subjektive öffentliche Recht, S. 57 ff. u. 81 ff.; Bartlsperger VerwArch 60 (1969), 35 (47 ff.); ders. DVBI. 1971, 723 (730 ff.); Bothe JZ 1975, 399 (400 f.); Zuleeg DVBL 1976, 509 (514 ff.); Sailer DVBL 1976, 521 (522 ff.); Mayer-Tasch, S. 84 ff.; Sening NuR 1979, 9 ff.; ders. NuR 1980, 102 ff.; ders. BayVBI. 1982,428 ff.; ders. NuR 1985, 125 (131); Ladeur UPR 1984, 1 ff.; J. Martens NJW 1985, 2302 (2304 ff.); Bauer AöR 113 (1988), 582 (584 ff.); Maurer, S. 155 ff. Kritisch zur Erweiterung der Schutznormtheorie zur Drittschutznormtheorie: Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, S. 210; Blankenagel, Die Verwaltung 1993, 1 (4 ff.). 55o BVerwGE 68, 62 (66 f.); 72, 300 (331); 74, 315 (326 f.); 79,254 (257); BGHZ 64, 220 (224); 122, 1 (4 f.); BGH NJW 1995, 132 (134); VGH Kassel ESVGH 27, 225 (230 f.); VGH Kassel UPR 1986, 354 (356); NJW 1986, 677 (679); OVG Lüneburg GewA 1979, 345; NVwZ-RR 1994, 555 (556); OVG Bremen NVwZ 1986, 672 (673 u. 675); VGH Mannheim NJW 1990, 1930; OVG Harnburg NVwZ 1990, 379; OVG Münster NVwZ 1991, 900 (901); VG Würzburg NVwZ 1988, 381 (382). Offen gelassen: BVerwG DVBL 1974,777 (778). 551 Schmitt Glaeser/Meins, S. 72; Bender/Sparwasser/Engel, S. 387; Kutscheidt NVwZ 1983, 65 (72); ders., in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge, S. 286 f.; Hoppe/Beckmann, S. 428; Breuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 433 (548); ders. DVBI. 1983, 431 (437); Jarass, § 22 Rn. 46; Feldhaus, § 22 Anm. 10 u. § 3 Anm. 6; L-RHansmann, § 22 Rn. 4; Engelhardt, § 22 Rn. 17 u. 20; Schmatz/Nöthlichs, § 22 Anm. 8; GKB!mSchG-Roßnagel, § 22 Rn. 193, 200 u. 202; Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 9 u. 190; Steinberg, S. 58; Umbach DVBL 1974, 779 (780); Dürr NVwZ 1982, 296 (297); Schenke NuR 1983, 81 (90 f.); Marburger, Gutachten C zum 56. DIT, S. 36, 45 f. u. 70; Kunig, GS Martens, S. 599 (606 f.); Kraft JuS 1990, 278 (281); Sehtotterheck NJW 1991, 2669 (2674 u. 2676 f.); Schmitz NVwZ 1991, 1126 (1135); Bier ZffiR 1992, 15 (20); Haaß Jura 1993, 302 (303). A.A.: Sellner NJW 1976, 265 (267 f.); ders., FG 25 Jahre BVerwG, S. 603 (610 ff.); weniger streng demgegenüber Seltner I Löwer WiVerw 1980, 221 (241 f.).

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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einer emittierenden Anlage vor unzumutbaren Einwirkungen zu schützen552 und § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BlmSchG nach dem Willen des Gesetzgebers diese Rechtstradition fortsetzen soll553 . Da die zuständige Behörde nach § 24 Satz 1 BlmSchG im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 BlmSchG erforderlichen Anordnungen treffen kann, hat demzufolge auf der dogmatischen Grundlage der Lehre von der "Doppelgleisigkeit des Nachbarschutzes"554 jeder Nachbar einer immissionsschutzrechtlich nicht geSo explizit BVerwGE 28, 131 (134) zu§§ 16 ff. GewO a.F. BT-Drs. 7 I 179, S. 38. 554 Bezeichnung nach BenderiDohle, S. 11. Nach dieser Lehre bestehen öffentlich-rechtliche und zivilrechtliche Abwehransprüche grundsätzlich gleichrangig nebeneinander. Öffentlich-rechtliche Abwehransprüche kann der Nachbar im Verwaltungsrechtsweg (§ 40 I 1 VwGO), zivilrechtliche Abwehransprüche im ordentlichen Rechtsweg(§ 13 GVG) verfolgen. Auch nach Anerkennung der Zulässigkeit der öffentlich-rechtlichen Nachbarklage durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 11, 95 ff.; 22, 129 ff.; st. Rspr.) gewährt der Bundesgerichtshof zivilrechtliehen Nachbarschutz (BGHZ 40, 306 ff.; BGH NJW 1970, 1180 f.; DVBI. 1971, 744 f.; WM 1974, 572 (573 ff.); MDR 1975, 744; BGHZ 66, 354 (355 ff.); BGH NJW 1983, 751 f.; BGHZ 86, 356 (358 ff.); BGH NJW 1984, 1242 f.; NJW 1985, 2825 ff.; BGHZ 122, 1 ff.; BGH NJW 1995, 132 ff.}. Auf der Linie der "Doppelgleisigkeit" liegen in der Literatur u. a. BenderiDohle, S. 6 ff.; Rettermann NJW 1961, 1097; Kniestedt DÖV 1962, 89 (91); Evers JuS 1962, 87 ff.; Dörffler NJW 1963, 14 (18); Rüfner DVBI. 1963, 609; Timmermann, S. 235 ff.; Baur JZ 1974, 657 ff.; Papier NJW 1974, 1797 (1801 f.); MeisnerRing-Götz, S. 635 ff.; Steinberg NJW 1984, 457 (458 u. 462); Köhler Jura 1985, 225 ff.; Marburger, Gutachten C zum 56. DJT, S. 42 ff.; Peine JuS 1987, 169 (172 ff.); von Mutius Jura 1989, 297 (297 u. 306 ff.); Errnan-Hagen, § 906 BGB, Rn. 50; ders. NVwZ 1991, 817 ff.; MüKo-Säcker, § 906 BGB, Rn. 6 - 18; Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 9 - 13; Simon, Art. 79 BayBO, Rn. 20 u. Art. 78, Rn. 51; Ossenbühl DVBI. 1990,963 (968 f.); Olzen Jura 1991, 281 (282 f.}; einschränkend auch Peters DÖV 1965, 744 (747); ders. DÖV 1968, 547 (548 f.); Breuer DVBI. 1983, 431 (438 f.); Konrad BayVBI. 1984, 33 ff. u. 70 ff.; Alexy DÖV 1984, 953 (963). Die sog. "öffentlich-rechtliche Nachbarrechtstheorie", nach welcher der zivilrechtliche Nachbarschutz weitgehend ausgeschlossen ist - vgl. Bartlsperger VerwArch 60 (1969), 35 (62 f.); ders. DVBI. 1971, 745 f.; Schulte, Eigentum und öffentliches Interesse, S. 189 u. 241; Schapp, Das Verhältnis von privatem und öffentlichem Recht, S. 164 ff.; Schrödter, § 31 BauGB, Rn. 44a ff; ders. DVBI. 1968, 37 (39); ders. DVBI. 1973, 763 (769); Battis I Krautzberger I Löhr, § 31 BauGB, Rn. 51 ff. -, kommt hier zum selben Ergebnis. Zum gegenteiligen Ergebnis käme man nach der sog. "zivilistischen Nachbarrechtstheorie", die öffentlich-rechtliche Ansprüche des Nachbarn gegenüber der zuständigen Behörde bzw. ihrem Rechtsträger verneint, vgl. Redeker NJW 1959, 749 (750 ff.); Seilmann DVBI. 1963, 273 (280 ff.); Dehner, S. 31 ff.; Schwerdtfeger NVwZ 1983, 199 (201). Ihr kann jedoch nicht gefolgt werden, weil es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß der Gesetzgeber durch den Erlaß des Bundes-Immissionsschutzgesetzes die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum Nachbarschutz bei Verletzung nachbarschützender Vorschriften des öffentlichen Rechts (BVerwGE 11, 95 ff.; 22, 129 ff., st. Rspr.) ganz oder teilweise korrigieren wollte. In Anbetracht dessen, daß gerade im Bereich des Immissionsschutzes wichtige Individualgüter wie Leben, Gesundheit und Eigentum auf dem Spiel stehen, immissionsbetroffene Nachbarn den Kausalitätsnachweis insbesondere bei summierten und I oder synergistischen Immissionen vielfach alleine kaum führen können und sie sich zudem oftmals erheblich finanzkräftigeren Anlagenbetreibern gegenüber sehen, ist vielmehr davon auszugehen, daß die Möglichkeit immissionsbetroffener Nachbarn, sich an Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte wenden zu können, die den relevanten Sachverhalt von Amts wegen aufzu552 553

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

nehmigungsbedürftigen (Sport-)Anlage gegenüber der zuständigen Behörde im Hinblick auf ein Einschreiten gegen einen oder mehrere Anlagenherreiber einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, wenn gegen die nachbarschützenden Vorschriften des § 22 I 1 Nr. 1 o. 2 BimSchG verstoßen wird oder ein Verstoß ernstlich zu besorgen ist. Ein Einschreiten kann der Nachbar allerdings nur verlangen, wenn ein Nichteinschreiten als ermessensfehlerhaft zu qualifizieren wäre. Ob dies der Fall ist, kann jeweils nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls entschieden werden. Ein gesetzlicher Anhalt ist in diesem Zusammenhang jedoch § 25 II BimSchG zu entnehmen, der - auf Vorschlag des Innenausschusses des Deutschen Bundestages555 - im Regelfall eine Ermessensreduzierung auf Null vorsieht, indem er bestimmt, daß die zuständige Behörde die Errichtung oder den Betrieb einer Anlage ganz oder teilweise untersagen soll, wenn von ihr hervorgerufene schädliche Umwelteinwirkungen das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder bedeutende Sachwerte gefährden und die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht auf andere Weise ausreichend geschützt werden kann. Nach in Rechtsprechung und Literatur weit verbreiteter Ansicht ist § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlrnSchG auch im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen und die Baugenehmigung zwingend zu versagen, wenn gegen diese Vorschrift verstoßen wird und der Verstoß nicht auf andere Weise (z. B. durch Erteilung von Auflagen) gehoben werden kann556. Nach anderer Auffassung folgt in derartigen Fällen aus § 24 Satz 1 BimSchG, daß die Baugenehmigung zwar versagt werden könne, nicht aber versagt werden müsse; die Baugenehmigungsbehörde habe insoweit Ermessen557. Nach hier vertretener Ansicht558 ist es grundsätzlich Sache der das Bundesklären haben, durch den Erlaß des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sogar noch eine Verstärkung erlahren sollte. 555 BT-Drs. 7/179, S. 55 u. 61; BT-Drs. 7/1508, S. 15 f.; BT-Drs. 7/1513, S. 6. 556 BVerwGE 79, 254 (257); 74, 315 (322 u. 326 f.); 72, 300 (331 f.); BVerwG NVwZ 1987, 884 (886); BGHZ 122, 1 (4 f.); OVG Münster NJW 1977, 643; NVwZ 1991, 900 (901); VGH Mannheim VBIBW 1982, 137 (138 ff.); OVG Bremen NVwZ 1986, 672 (673); VGH Kassel UPR 1986, 354 (355); OVG Harnburg NVwZ 1990, 379; OVG Berlin UPR 1993, 30; NVwZ-RR 1994, 141 (142); OVG Lüneburg NVwZ-RR 1994, 555; OVG Lüneburg Feldhaus ES § 22 BlmSchG Nr. 30 S. 2; VGH München BayVBI. 1994, 721 f.; VG Würzburg NVwZ 1988, 381 (382); Schmitt Glaeser/Meins, S. 69; Breuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, S. 433 (548); Schmatz /Nöthlichs, § 22 Anm. 4; GK-BimSchG-Roßnagel, § 22 Rn. 200 - 202; GK-BimSchG-Koch, § 24 Rn. 4, 6 u. 24 f.; Jarass, § 22 Rn. 46; Feldhaus, § 22 Anm. 10; L-R-Hansmann, Vor§ 22 Rn. 33, § 22 Rn. 36, § 24 Rn. 16; Stiehl Porger, § 22 Anm. 16; Engelhardt, § 22 Rn. 12; Seiler, S. 103 f.; Bender I Sparwasser/Engel, S. 383; Hoppe/Beckmann, S. 429; Kloepfer, S. 439; Steinberg, S. 59; Schrödter DVBI. 1974, 362 (363); Umbach DVBI. 1974, 779 (780); Schenke DVBI. 1976, 740 (749); ders. NuR 1983, 81 (90 f.); Dürr NVwZ 1982, 296 (297); Kutscheidt NVwZ 1983, 65 (71); Marburger, Gutachten C zum 56. DJT, S. 70; OrtloffNJW 1987, 1665 (1668 f.); Kraft JuS 1990, 278 (281); Schiotterheck NJW 1991,2669 (2677); Jäde ZfBR 1992, 107 (111); Berkemann NVwZ 1992, 817 (826). 557 VGH Kassel ESVGH 27,225 (231); VG Köln GewA 1981, 100 (101).

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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Immissionsschutzgesetz gemäß Art. 83, 84 I GG als eigene Angelegenheit ausführenden Länder zu bestimmen, in welchem oder welchen Verwaltungsverfahren (Art. 84 I GG) § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG geprüft wird. Die Länder können nicht nur in eigener Souveränität darüber befinden, ob und gegebenenfalls welche (Sport-)Anlagen einer Baugenehmigung bedürfen, sondern auch entscheiden, welche öffentlich-rechtlichen Vorschriften (ggf.) in einem bauaufsichtliehen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Dem bei der Beratung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zum Ausdruck gekommenen Wunsch des Bundesgesetzgebers, § 22 I BimSchG bei Erteilung einer Baugenehmigung zu prüfen559, können die Länder entsprechen, sie müssen es aber nicht. Soweit die Länder Sportanlagen einer Baugenehmigungspflicht unterwerfen und bestimmen, daß die Baugenehmigung nur erteilt werden darf, wenn das Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widerspricht560, muß die Baugenehmigung zwingend versagt werden, wenn gegen die nachbarschützenden Vorschriften des§ 22 I I Nr. I o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG verstoßen wird und die Einhaltung dieser Vorschrift nicht auf andere Weise (z. B. durch Auflagen) sichergestellt werden kann. Der betroffene Nachbar kann in diesen Fällen die Einhaltung der (auch) seinem Schutz dienenden Norm im Baugenehmigungsverfahren durchsetzen. § 24 Satz I BimSchG steht dem nicht entgegen, weil in § 22 II BimSchG - auf Initiative des Bundesrates561 - ausdrücklich klargestellt wurde, daß weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften unberührt bleiben. Es steht somit nichts im Wege, wenn die Bauordnungen der Länder immissionsbetroffenen Nachbarn zur Durchsetzung der (auch) ihren Schutz bezweckenden Normen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes eine gegenüber § 24 Satz 1 BimSchG verstärkte Rechtsstellung gewähren. Sieht die Landesbauordnung dagegen vor, daß die Baugenehmigung bei einem Verstoß gegen§ 22 I I o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG versagt werden kann (aber nicht versagt werden muß) 562, hat der Nachbar auch im Baugenehmigungsverfahren gegenüber der Baugenehmigungsbehörde lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.

558 Im Ergebnis ebenso: Sellner NJW 1976, 265 (267 f.); ders., FG 25 Jahre BVerwG, S. 603 (610 ff.); weniger klar demgegenüber Sellner/ Löwer WiVerw 1980, 221 (241 ff.). 559 BT-Drs. 7/179, S. 39. 560 Vgl. z. B. §§ 2 I, 47 I 1, 49 f., 58 I 1 BW LBO; 2 I 3 Nr. 4, 63 ff., 75 I 1 BauO NRW; 2 I 3 Nr. 6, 68 f., 78 I 1 Schi-Ho LBO; 2 I 3 Nr. 3, 62 ff., 70 I 1 ThürBO; 2 I 3 Nr. 3, 65 ff., 74 I 1 BauO LSA; 2 I 3 Nr. 3, 66 f., 74 I Bbg BO; 2 I 3 Nr. 3, 55 f., 62 I 1 BauO Bin; 2 I 3 Nr. 4, 62 f., 70 I I HessBO; 2 I 3 Nr. 3, 62 ff., 72 I 1 LBauO M-V;§§ 2 I 3 Nr. 3, 56 ff., 66 I 1 Hs. 1 Saar LBO. Zur Freistellung von kleinen Sportanlagen, Sportanlagen im Rahmen der Landesverteidigung und von Sportanlagen bestimmter öffentlich-rechtlicher Körperschaften von der Baugenehmigungspflicht durch die Bauordnungen der Länder siehe Fn. 52. 561 BT-Drs. 71179, S. 54 u. 61; BT-Drs. 711508, S. 14; BT-Drs. 711513, S. 6. 562 So z. B. § 60a II 2 BauO Bin.

9 Herr

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Eine Landesbauordnung kann jedoch auch bestimmen, daß § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i. V.m. § 3 I BimSchG im bauaufsichtliehen Genehmigungsverfahren nicht geprüft werden darf. In diesem Fall vermag sich ein immissionsbetroffener Nachbar einer Sportanlage gegen die Erteilung der Baugenehmigung nicht zu wehren563 • Ihm bleibt in diesem Fall bei Verletzung des§ 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchGsofern er nicht unmittelbar gegen einen oder mehrere Anlagenbetreiber vorgehen will564 -lediglich der außerhalb des Baugenehmigungsverfahrens bei der zuständigen Behörde zu verfolgende Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein Einschreiten gegen Anlagenbetreiber, den ihm der Bundesgesetzgeber durch die §§ 24 Satz l, 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG (einfach-)gesetzlich eingeräumt hat und der ihm als bundesrechtlich gewährtes Minimum durch Landesrecht nicht entzogen werden kann. Dieser Anspruch des Nachbarn gegenüber der zuständigen Behörde auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein Einschreiten gegen Anlagenbetreiber gemäß §§ 24 Satz 1, 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG besteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschriften auch nach Erteilung einer Baugenehmigung und dem Eintritt ihrer Bestandskraft unverändert fort. Daß und weshalb eine bestandskräftige Baugenehmigung (nachträglichen) Anordnungen nach § 24 Satz 1 BimSchG nicht entgegen steht, wurde oben unter B II 5 f bereits in anderem Zusammenhang näher begründet. b) Verhältnis zwischen Nachbarn und Anlagenbetreibern bei öffentlich-rechtlichem Anlagenbetrieb

Werden immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige (Sport-)Anlagen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts in den Formen des öffentli563 Das ist beispielsweise in Bayern bei kleinen Sportanlagen der Fall. Kleine Sportanlagen (z. B. Bolzplätze) lassen sich nämlich unter Art. 80 I Nr. 1 BayBO ("einfache bauliche Anlagen") subsumieren und sind deshalb lediglich einem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren unterworfen. In diesem Verfahren darf§ 22 I l Nr. 1 u. 2 BlmSchG von der Baugenehmigungsbehörde nicht geprüft werden, weil (a) Art. 79 I Hs. 2 BayBO und Art. 80 I Nm. 1 - 4 u. II 2 BayBO abschließend bestimmen, was geprüft werden muß und was geprüft werden darf, und (b) die Bayerische Bauordnung eine Bestimmung, wie sie beispielsweise in § 60a II 2 BauO Bin ("Die Erteilung einer Baugenehmigung kann auch versagt werden, wenn Verstöße gegen nicht zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften festgestellt werden.") enthalten ist, nicht kennt. A.A.: Jäde/Weinl/Dimberger BayVBI. 1994, 321 (323) u. Simon, Art. 80 BayBO, Rn. 13 u. 14a, die jedoch zum einen verkennen, daß auch das "Kann(Ermessens)prüfprogramm" in Art. 80 II 2 BayBO abschließend festgelegt ist, und sich zum andern um eine rechtsvergleichende Gesetzesauslegung nicht einmal ansatzweise bemühen. Zur Beachtlichkeit der Rechtsvergleichung als "fünfter" Auslegungsmethode siehe Häberle JZ 1989, 913 (916 ff.); ders. VRÜ 23 (1990), 225 (244 ff.); ders., Rechtsvergleichung im Kraftfeld des Verfassungsstaates, 1992, S. 36 ff. ; ders., Europäische Rechtskultur, 1994, S. 19 f., 52 f. u. 75 ff. 564 Hierzu siehe unten B II 7 b u. c.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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chen Rechts betrieben, erhebt sich unter dem Stichwort "Hoheit gegen Hoheit"565 die Frage, wer für die Beachtung der in § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG normierten Rechtspflichten zu sorgen hat. Während sich aus diesem Umstand für einen Teil der Rechtsprechung und der Literatur keine Besonderheiten ergeben und demzufolge die zum Vollzug des Bundes-Immissionsschutzgesetzes berufenen Behörden für befugt erachtet werden, auch gegenüber anderen Trägem öffentlicher Gewalt Verwaltungsakte zu erlassen566, wird von einem anderen Teil die Auffassung vertreten, daß in diesen Fällen die Zuständigkeit der sonst eingriffsbefugten Behörden und I oder die Anwendbarkeit der Eingriffsnormen (§§ 24, 25 BimSchG) ausgeschlossen sei und es allein dem jeweiligen Hoheitsträger als Anlagenbelreiber obliege, in eigener Verantwortung die Einhaltung des § 22 I BlmSchG sicherzustellen567. Je nach Standpunkt scheidet folglich für den immissionsbetroffenen Nachbarn die Möglichkeit aus, einen Verstoß gegen die (auch) seinen Schutz bezweckenden Vorschriften des § 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG bei einer nicht mit dem Anlagenbetreiber identischen zuständigen Behörde geltend zu machen und um Abhilfe nachzusuchen. Sachs NVwZ 1988, 127 (128). Jarass, § 2 Rn. 8 f.; VG Berlin UPR 1984, 101 f. Für diese Ansicht läßt sich mit Recht ins Feld führen, daß § 59 BlmSchG sinnlos wäre, wenn der Gesetzgeber die Auffassung vertreten würde, die Immissionsschutzbehörden dürften gegenüber anderen Behörden zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes keine Verwaltungsakte erlassen. Dann ergäbe sich nämlich die Zuständigkeit des Bundesministers der Verteidigung bzw. der ihm hierarchisch nachgeordneten Stellen zum Vollzug des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bei Anlagen der Landesverteidigung schon aus einem allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, ohne daß es eines § 59 BlmSchG und einer Verordnung über Anlagen der Landesverteidigung (14. BimSchV) bedurft hätte; diese Vorschriften wären dann völlig überflüssig. Desweiteren läßt sich anführen, daß die Anlagen der öffentlichen Hand - ausgenommen Anlagen der Landesverteidigung - nach dem Willen des historischen Gesetzgebers (vgl. BTDrs. 7 I 179, S. 58) sowohl in materieller als auch in formder Hinsicht den privaten Anlagen gleichgestellt werden sollten. Bei in den Formen des öffentlichen Rechts betriebenen Anlagen der Gemeinden und der Kirchen (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 V WRV) wird die Kompetenz der staatlichen Bau- und Immissionsschutzbehörden denn auch zumeist ohne weiteres bejaht, vgl. für gemeindliche Einrichtungen etwa OVG Münster NVwZ-RR 1988, 13 ff.; VGH München NVwZ-RR 1994, 246 f.; VGH Mannheim VBIBW 1983, 25 (26); VBlBW 1994, 197 f., für kirchliche Anlagen BVerwGE 90, 163 (165 ff.); OVG Lüneburg NVwZ 1991, 801; OVG Saar1ouis NVwZ 1992, 72 f. m.w.N.; offen gelassen: BVerwGE 68, 62 (67). Vgl. allgemein hierzu: Götz, S. 92: ,.Die bisher herrschende Ablehnung der VerwaltungsaktsBefugnis im Hinblick auf eine ausschließliche Zuständigkeit der jeweils tätig werdenden Hoheitsverwaltung erscheint nicht mehr zwingend begründet." 567 Sachs NVwZ 1988, 127 (128); Bender!Sparwasser/Engel, S. 388; Schmatz/Nöthlichs, Er!. zu§ 59; L-R-Hansmann, §59 Rn. 20; L-R-Kutscheidt, § 2 Rn. 3; Ule /Laubinger, § 59 Rn. C 35; Gallas/ Eisenbarth UPR 1986, 417 (424); von Klitzing BayBgm 1991, 64; VGH Kassel GewA 1996, 298 f. Der VGH Mannheim (NJW 1985, 2352) mutmaßt, daß regelmäßig die Befugnis der Baurechts- oder Immissionsschutzbehörde zum Einschreiten gegen andere Hoheitsträger ,.problematisch sein dürfte". Allgemein zur (regelmäßig) fehlenden Verwaltungsakts-Befugnis bei ,.Hoheit gegen Hoheit": BVerwGE 29, 52 (59) unter Berufung aufPrOVGE 2, 399 (408 ff.) vom 05. 05. 1877; BGH NJW 1970, 1416 (1417); Drews/Wakke/Vogel/Martens, S. 239 ff. u. 294 m.w.N. 565

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Unabhängig davon ist jedoch zumindest die Wohnnachbarschaft - um deren Schutz es im Rahmen der vorliegenden Untersuchung geht568 - gegenüber aus öffentlich-rechtlich betriebenen immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen (Sport-)Anlagen resultierenden Geräuschimmissionen in keinem Falle schutzlos gestellt. Wird eine solche (Sport-)Anlage unter Verstoß gegen § 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i. V.m. § 3 I BimSchG betrieben oder ist ein Verstoß ernstlich zu besorgen, so hat der immissionsbetroffene Wohnnachbar - als Eigentümer, Nießbraucher, Erbbau-, Dienstbarkeits- oder Reallastberechtigter, Mieter oder Pächter nämlich einen unmittelbar gegen den jeweiligen Anlagenbetreiber (Hoheitsträger) gerichteten öffentlich-rechtlichen Abwehr- und Unterlassungsanspruch, mit dem er -auch gerichtlich569 - die Beachtung des§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG erzwingen kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zwar nach wie vor offen, ob dieser öffentlich-rechtliche Immissionsabwehranspruch seine Rechtsgrundlage im grundrechtliehen Abwehranspruch aus Art. 2 II 1 und Art. 14 I 1 GG, in einer analogen Anwendung der §§ 1004, 906 BGB oder in einem öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch hat570• "Daß ein Abwehranspruch besteht, ist (jedoch) unbestritten"571 . Er lasse sich zwar selbst nicht aus § 22 I BimSchG herleiten, weil die§§ 22 ff. BimSchG ebenso wie die§§ 4 ff. BimSchG Rechte (Befugnisse) und Pflichten zwischen der für den Vollzug dieser Vorschriften zuständigen Behörde und dem Errichter und Setreiber der Anlage sowie - soweit die Vorschriften drittschützend seien - zwischen Behörde und Drittbetroffenen, nicht hingegen im unmittelbaren Nachbarschaftsverhältnis zwischen Störer und Gestörten begründeten572. Wohl aber werde bei immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen durch die §§ 22 I, 3 I BimSchG bestimmt, welches Maß an Immissionen zu dulden sei573 . In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG mithin nicht die Funktion einer Anspruchsgrundlage für den öffentlich-rechtlichen Immissionsabwehranspruch, sondern vielmehr die Aufgabe zu, Inhalt und Umfang dieses Anspruchs zu bestimmen. Die obergerichtliche Rechtsprechung läßt zum Teil die Rechtsgrundlage des öffentlich-rechtlichen Immissionsabwehranspruchs bei hoheitlich betriebenen immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls offen574 . Soweit das Siehe oben A IV. Arg.: Art. 19 IV 1 GG. 57o BVerwGE 68, 62 (66 ff.); 79, 254 (257); 81, 197 (199 f.); 88, 143 (144); 88, 210 (213 ff.); BVerwG NVwZ 1990, 858. 571 BVerwGE 79, 254 (257). 572 BVerwGE 79, 254 (256 f.). 573 BVerwGE 79, 254 (259); 68, 62 (66); 81, 197 (200); 88, 143 (144). 574 VGH München BayVBl. 1986, 690; NVwZ-RR 1989, 532; NVwZ-RR 1992, 233; VGH Mannheim NVwZ 1990, 988 (989); NVwZ-RR 1992, 236; BauR 1994, 497 f.; OVG 568

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nicht der Fall ist, sieht sie sie bisweilen in einer entsprechenden Anwendung oder Nachbildung des§ 1004 BGB575, in einem§ 1004 BGB entsprechenden, über den Bereich des Privatrechts hinausgehenden allgemeinen Rechtsgrundsatz 576, in einer analogen Anwendung der §§ 1004, 906 BGB 577 , in den §§ 1004, 906 I, 823 II BGB i.V.m. §§ 3 I, II, V Nr. 1, 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG578, in den§§ 2 I Nr. 1, 3 I, II, V Nr. 1, 22 I 1 Nm. 1 u. 2 sowie Satz 2 BimSchG579, in § 22 I i.V.m. § 3 I BlmSchG580, in einem "Gebot der Gerechtigkeit"581 , im gewohnheitsrechtliehen Fo1genbeseitigungsanspruch582, im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) oder dem Vorbehalt des Gesetzes und in den Freiheitsgrundrechten583 bzw. speziell in den verletzten Grundrechten der Art. 2 und 14 GG584, wobei zwischen Art. 2 I GG und Art. 2 II 1 GG nicht immer präzise differenziert wird. In der Literatur wird der öffentlich-rechtliche Immissionsabwehranspruch im unmittelbaren Nachbarschaftsverhältnis zwischen immissionsbetroffenem Wohnnachbar und Anlagenbetreiber (Hoheitsträger) mitunter ebenfalls direkt aus den §§ 22 ff. BimSchG abgeleitet585. Teilweise wird seine Rechtsgrundlage einem "allgemeinen Rechtsgrundsatz" entnommen586. Nach einer weiteren Ansicht kommt als Anspruchsgrundlage ein aus dem Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 III GG) und den Freiheitsgrundrechten resultierender öffentlich-rechtlicher FolgenbeseitigungsBerlin OVGE 19, 183 (184); OVG Berlin NVwZ-RR 1989, 125 (126); OVG Harnburg BauR 1992, 356 (358); OVG Koblenz WuM 1982, 249; OVG Lüneburg NVwZ 1994, 713; NdsVBI. 1995, 59; OVG Münster NVwZ 1994, 1018; UPR 1994, 310; OVG Saarlouis BRS 52 Nr. 232 S. 569 f.; OVG Schleswig NVwZ 1995, 1019. 575 VGH Mannheim NVwZ-RR 1989, 173 (174); VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 175; NVwZ-RR 1989, 177; NJW 1993, 3088 (3089); OVG Lüneburg BRS 42 Nr. 188 S. 423 (424 f.); OVG Münster BRS 49 Nr. 204 S. 471 (473). 576 VGH Mannheim VBlBW 1983, 25 (26). 577 VGH München NVwZ 1989, 269 (270); OVG Harnburg DVBI. 1986, 691; VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 175 f.; NVwZ-RR 1989, 177; OVG Koblenz NVwZ 1990, 279; VGH Mannheim VBlBW 1996, 108. 578 VGH München NVwZ 1993, 1006. 579 VGH München NVwZ 1987, 986. 580 VGH Mannheim VBIBW 1996, 108. Ablehnend demgegenüber: OVG Berlin NVwZRR 1989, 125 (126); OVG Berlin OVGE 19, 183 (184); OVG Harnburg BauR 1992, 356 (357 f.); OVG Lüneburg NVwZ 1994, 713; VGH Mannheim NVwZ 1986, 62 (63). 58t VGH Mannheim VBIBW 1983, 25 (26). 582 VGH Mannheim NJW 1985, 2352 (2353); OVG Lüneburg BRS 42 Nr. 188 S. 423 (424). 583 VGH Mannheim NJW 1985, 2352 (2353); OVG Münster NVwZ 1983, 356 (357); BauR 1984, 152 (153). 584 VGH Mannheim VBIBW 1983, 25 (26); NVwZ 1986, 62 (63); OVG Münster OVGE 36,239 (242); OVG Koblenz NJW 1986, 953; OVG Berlin NVwZ-RR 1988, 16. 585 Seiler, S. 94 f. Ablehnend demgegenüber: Führen Verwaltungsrundschau 1986, 5 (7); Sachs NVwZ 1988, 127 ff.; Laubinger VerwArch 80 (1989), 261 (265 f.); Murswiek JZ 1989, 240f. 586 Laubinger VerwArch 80 (1989), 261 (292).

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anspruch in Betracht, aus dem sich ein Recht des Bürgers auf Freiheit von rechtswidrigen Belastungen jeglicher Art ergebe587 . Teilweise wird in der Literatur die Rechtsgrundlage des öffentlich-rechtlichen Immissionsabwehranspruchs aber auch in der Abwehrfunktion der Grundrechte gesehen und hier vor allem aus der Verletzung von Gesundheit (Art. 2 II 1 GG) oder Eigentum (Art. 14 I GG) 588 , gelegentlich auch aus der Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG)589, ein subjektives öffentliches Recht auf Unterlassung gesetzwidriger Immissionen hergeleitet. Zutreffend ist es, weder § 1004 BGB noch sonstige Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit der Rechtsgrundlage des öffentlich-rechtlichen Immissionsabwehranspruchs in Verbindung zu bringen. Eine unmittelbare Anwendung kommt von vornherein nicht in Frage, weil gegen hoheitliche Beeinträchtigungen kein privatrechtliches Kraut gewachsen ist590• Eine analoge Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften scheidet aus, weil - wie noch gezeigt werden wird - das öffentliche Recht eine Rechtsgrundlage bereit hält und es infolgedessen bereits am Erfordernis einer (planwidrigen) Regelungslücke fehlt. Die Rechtsgrundlage, die das öffentliche Recht bereit hält, kann allerdings nicht allein in den§§ 22 ff., 3 I BimSchG gesehen werden. Zwar ist richtig, daߧ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i. V.m. § 3 I BimSchG drittschützende Wirkung hat591 . Diese drittschützende Wirkung erschöpft sich auf einfachgesetzlicher Ebene jedoch darin, daß der geschützte Nachbar sich - zumindest regelmäßig, möglicherweise sogar immer592 - gegenüber einer vom Anlagenbetreiber verschiedenen zuständigen Behörde auf diese Normen berufen kann. Nur insoweit sind ihm einfachgesetzlich subjektive öffentliche Rechte eingeräumt, bei deren Verletzung ihm - verfassungsrechtlich durch Art. 19 IV 1 GG verbürgt - der Rechtsweg offen steht. Unmittelbar gegenüber dem Anlagenbetreiber selbst gewährt ihm hingegen, auch wenn der Anlagenbetreiberein öffentlicher Hoheitsträger ist, § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BlmSchG i.V.m. § 3 I BimSchG allein keine subjektiven öffentlichen Abwehrrechte, deren gerichtliche Geltendmachung durch Art. 19 IV 1 GG gesichert sein könnte. Denn die nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Bau- und Immissionsschutzrechts verleihen traditionsgemäß allesamt dem geschützten Nachbarn keine Rechte im unmittelbaren Nachbarschaftsverhältnis zum jeweiligen Vorhabensträger. § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG nimmt insoweit keine Sonderstellung ein. Eine 587 Führen Verwaltungsrundschau 1986, 5 (7). Dürr NVwZ 1982, 296 (297 f.) u. Papier NJW 1974, 1797 (1798) votieren ebenfalls für den Folgenbeseitigungsanspruch als zutreffender Rechtsgrundlage. 588 Bender/Sparwasser/Engel, S. 388; Murswiek JZ 1989, 240. 589 Murswiek JZ 1989, 240. 590 So mit Recht Laubinger VerwArch 80 (1989), 261 (263). 59! Siehe oben B II 7 a. 592 Das hängt davon ab, ob man - siehe oben - im Verhältnis "Hoheit gegen Hoheit" die Verwaltungsakts-Befugnis bejaht oder nicht.

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andere Auffassung ließe sich nur vertreten, wenn im Bundes-Immissionsschutzgesetz selbst oder in den Materialien zu seiner Entstehung deutlich zum Ausdruck gebracht worden wäre, daß der Gesetzgeber hier in Abweichung von der bei nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Rechts jahrzehntealten Rechtstradition ausnahmsweise dem Nachbarn Abwehrrechte auch unmittelbar gegen die Anlagenbelreiber gewähren wollte. Das aber kann nicht festgestellt werden. Unbefriedigend muß es bleiben, bezüglich der Rechtsgrundlage des öffentlichrechtlichen Immissionsabwehranspruchs lediglich auf einen "allgemeinen Rechtsgrundsatz" oder den "öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch" zu verweisen, weil sich hieran sofort die Frage anschließen muß, worin denn der "allgemeine Rechtsgrundsatz" und der "öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch" ihre Grundlage haben. Mit der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 III GG) und der in Art. 1 III GG nochmals extra statuierten Grundrechtsbindung läßt sich ein subjektives öffentliches Recht auf Abwehr- und Unterlassung hoheitlicher Immissionen ebenfalls nicht begründen, weil in diesen Bestimmungen lediglich objektive Rechtsprinzipien niedergelegt sind, aus denen der einzelne Bürger für sich selbst keine subjektiven Rechte herleiten kann. Der öffentlich-rechtliche Immissionsabwehranspruch des Nachbarn einer hoheitlich betriebenen immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen (Sport-)Anlage kann seine Rechtsgrundlage desweiteren nicht in Art. 2 I GG haben. Es kann nämlich nicht angenommen werden, daß Art. 2 I GG schon dann verletzt ist, wenn eine (Sport-)Anlage öffentlich-rechtlich unter Verstoß gegen § 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG betrieben wird mit der Konsequenz, daß dann jedermann einen entsprechenden Abwehranspruch gegen den störenden Hoheitsträger geltend machen könnte. Zum einen kann sich der einzelne gegenüber Eingriffen der öffentlichen Gewalt in seine Freiheit auf Art. 2 I GG nur insoweit berufen, als diese sich auf einen Lebensbereich beziehen, der nicht durch besondere Grundrechtsbestimmungen geschützt ist593 . Erwägungen zu Art. 2 I GG haben dementsprechend vorauszusetzen, daß es an einem Eingriff etwa in die Gesundheit (Art. 2 II 1 GG) oder das Eigentum (Art. 14 I GG) fehlt594. Letzteres ist - wie nachfolgend dargelegt werden wird - nicht der Fall. Zum andem liefe die gegenteilige Auffassung im Ergebnis auf ein allgemeines Grundrecht auf Umweltschutz aus Art. 2 I GG und auf einen allgemeinen subjektiv öffentlichen Gesetzesvollziehungsanspruch des einzelnen hinaus. Beides ist unserer Rechtsordnung fremd 595 . 593 BVerwGE 54, 211 (220 f.); BVerfGE 89, I (13); 83, 182 (194); 79, 292 (304); 77, 118; 67, 157 (171); 44, I (18 f.); 32, 98 (107); 23, 50 (55 f.); 13,290 (296); 11,234 (238); 10, 185 (199); 9, 338 (343); 9, 73 (77); 6, 32 (37); 4, 52 (56 f.); 1, 264 (273 f.); M/D-Dürig, Art. 2 GG, Rn. 6; Jarass/Pieroth, Art. 2 GG, Rn. 2; Seifert/Hömig, Art. 2 GG, Rn. 3; Modell Müller, Art. 2 GG, Rn. 2 f. 594 BVerwGE 54, 211 (221). 595 Ebenso BVerwGE 54, 211 (219 ff.); Modell Müller, Art. 2 GG, Rn. 3.

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Wenn ein Hoheitsträger eine immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige (Sport-)Anlage in den Formen des öffentlichen Rechts unter Verstoß gegen die nachbarschützenden Rechtspflichten des § 22 I 1 Nr. I o. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG betreibt oder ein solcher Verstoß ernstlich zu befürchten ist, dann hat der immissionsbetroffene Wohnnachbar vielmehr einen auf Art. I4 I I GG beruhenden öffentlich-rechtlichen Immissionsabwehranspruch gegen den störenden Hoheitsträger. Der Wohnnachbar besitzt nämlich nicht nur als Grundstücks-, Hausoder Wohnungseigentümer, Erbbau- oder sonst dinglich Berechtigter596 im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der Verordnung über das Erbbaurecht und des Wohnungseigentumsgesetzes, sondern auch als Mieter oder Pächter597 ein privates vermögenswertes Recht, das als "Eigentum" i. S. d. Art. 14 I I GG verfassungsrechtlich geschützt ist598 . Da Inhalt und Schranken des Eigentums gemäß Art. I4 I 2 GG durch die Gesetze bestimmt werden und die Vorschriften des öffentlichen 596 Nießbraucher (§ 1030 BGB), Dienstbarkeitsberechtigter (§ 1093 BGB), Reallastberechtigter (§ 1105 BGB), Dauerwohnberechtigter (§ 31 I WEG), Dauernutzungsberechtigter (§ 31 II WEG). 597 Vgl. BVerwG NJW 1968, 2393 (2394): "Zwar schützt Art. 14 GG auch den obligatorisch berechtigten Besitz, der damit gegen rechtswidrige Beeinträchtigungen durch die öffentliche Gewalt gesichert ist". Für die Einbeziehung der Rechte der Mieter (und Pächter) in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie in jüngerer Zeit auch: BVerfGE 89, 1 (5 ff.); BVerfG (1. Kammer des Ersten Senats) NJW 1994,41 f.; NJW 1994, 848; BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats) NJW 1995, 1480 (1481); BVerwGE 95, 341 (359 f.); BVerwG UPR 1983, 378 f.; NVwZ-RR 1996, 8; MID-Papier, Art. 14 GG, Rn. 199 f.; von Münch/KunigBryde, Art. 14 GG, Rn. 14; Jarass/Pieroth, Art. 14 GG, Rn. 7a; Seifert/Hömig, Art. 14 GG, Rn. 3; Model/Müller, Art. 14 GG, Rn. 5; Sachs-Wendt, Art. 14 GG, Rn. 24 u. 139 f.; AKGG-Rittstieg, Art. 14/15 GG, Rn. 88; AK-BGB-Derleder; Vor§§ 535 ff., Rn. 56; DerlederI Winter JZ 1976, 657 (662); Zuleeg DVBI. 1976, 509 (515); Heuermann GE 1993, 781 ff.; Garher DWW 1994, 97 f. u. 348 ff.; Gärtner JZ 1994, 440 ff.; Gassner UPR 1995, 85 (87); Derermann UPR 1995, 215 (216 f.); Jäde UPR 1993, 330; Kühl VBIBW 1993, 416 ff.; Thews NVwZ 1995, 224 (225). A.A.: Henschel NJW 1989, 937 (938 f.); Depenheuer NJW 1993, 2561 ff. ; Rüthers NJW 1993, 2587 ff. ; Sendler NJW 1994, 709 f.; Lamme/ NJW 1994, 3320; Stem el MDR 1993, 729 (730 f.); Blümmel GE 1993, 762; Franke DWW 1993, 281 ff.; Finger ZMR 1993, 545 ff.; Roellecke JZ 1995, 74 ff.; Schmidt-Preuß NJW 1995, 27 (28). Offen gelassen: BVerfGE 10, 221 (228); 18, 121 (131); 83, 82 (88); BVerwG UPR 1994, 450; Finkelnburg/Ortloff, S. 186; Mampel UPR 1994, 8 ff. Derbayerische Landesgesetzgeber hatwenngleich in fragwürdiger Weise: Grundrechtsfähige und grundrechtsmündige Personen nehmen in Verwaltungsverfahren wie in Gerichtsverfahren von Verfassungs wegen ihre Grundrechte selbst wahr!- das Eigentumsgrundrecht der Mieter und Pächter in Art. 78 III 3 BayBO bereits ausdrücklich rezipiert. 598 BVerfGE 89, 1 (5 ff.); 83, 201 (208 f.); 79, 174 (191); 70, 191 (199); st. Rspr. seit BVerfGE 1, 264 (277); Hesse, S. 192 f.; MID-Papier, Art. 14 GG, Rn. 199; von Münch/ Kunig-Bryde, Art. 14 GG, Rn. 11; Jarass/Pieroth, Art. 14 GG, Rn. 6 ff.; Seifert/Hömig, Art. 14 GG, Rn. 3; Model/Müller, Art. 14 GG, Rn. 4; Sachs-Wendt, Art. 14 GG, Rn. 22 f. Im Anschluß an Martin Wolf!, Reichsverfassung und Eigentum, in: Festgabe für Wilhelm Kahl (1923), Teil IV, hatte bereits das Reichsgericht- erstmals RGZ 109, 310 (319) - den Eigentumsbegriff des Art. 153 WRV auf alle privatrechtliehen vermögenswerten Rechte ausgedehnt. Der Bundesgerichtshof (BGHZ 6, 270 (278)) hat diese Rechtsprechung übernommen. Carl Schmitt (JW 1929, 495 ff.) konnte sich mit seiner Kritik nicht durchsetzen.

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Rechts, jedenfalls soweit sie nachbarschützend sind, den Inhalt des Eigentums des Wohnnachbarn materiell erweitern599, wird sein Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG mithin auch durch§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG bestimmt600 • Es genießt gerade in der Ausgestaltung, die es (auch) durch diese Vorschriften des Immissionsschutzrechts gefunden hat, den verfassungsrechtlichen Schutz des Grundgesetzes. Infolgedessen wird der Wohnnachbar in seinem Grundrecht aus Art. 14 I 1 GG verletzt, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt in den Formen des öffentlichen Rechts eine immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlage unter Verstoß gegen § 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG betreibt. Aus dieser Verletzung des Art. 14 I 1 GG resultiert für den betroffenen Wohnnachbarn dann der Immissionsabwehr- und Unterlassungsanspruch unmittelbar gegen den störenden Hoheitsträger als einem Adressaten der Grundrechte, weil deren zentrale Funktion schon von ihrer historischen Entwicklung her primär darin zu sehen ist, Abwehrrechte des Bürgers gegen staatliche Machtentfaltung zu sein bzw. dessen Freiheitssphäre vor Ein- und Übergriffen der öffentlichen Gewalt zu sichern601 ; das Eigentumsgrundrecht gewährt vor allem die Befugnis, jede ungerechtfertigte Einwirkung auf den Bestand aller geschützten Güter abzuwehren602. Aus dieser Abwehr- und Sicherungsfunktion heraus ergibt sich zudem, daß der Abwehranspruch nicht erst nach einer tatsächlich geschehenen Grundrechtsverletzung gegeben ist, sondern vielmehr schon dann existiert, wenn eine Grundrechtsverletzung durch einen Träger öffentlicher Gewalt ernstlich zu besorgen ist. Entgegen einer mitunter höchstrichterlich und obergerichtlich vertretenen Meinung603 ist der Wohnnachbar in seinem Grundrecht aus Art. 14 I 1 GG nicht erst dann verletzt, wenn eine in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben hoheitlich betriebene Einrichtung (Geräusch-)Immissionen hervorruft, die die "Gefahrengrenze" überschreiten604 , indem sie "schwer und unerträglich" in das Eigentum eingreifen. 599 So BVerwGE 27, 29 (35) bezüglich nachbarschützender Vorschriften des öffentlichen Baurechts. 600 Dies hat in der Rechtsprechung - soweit ersichtlich - bislang lediglich der VGH München (BayVBI. 1986, 690) einmal erkannt und wörtlich ausgeführt: "Das Bundes-Immissionsschutzgesetz hat die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn allgemein bestimmt. Es enthält eine zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentums in bezug auf das, was dem Eigentümer als dem Nachbarn einer emittierenden Anlage an Immissionen zumutbar ist" (Hervorhebung d. Verf.). Der Bundesgerichtshof (BGHZ 48, 46 (50)) hatte schon Jahre zuvor Gleiches für§ 906 BGB entschieden. 601 BVerfGE 68, 193 (205); 50, 290 (337); 7, 198 (204 f .); 1, 97 (104); Hesse, S. 125 ff. (bes. S. 130 f.). 602 BVerfGE 24, 367 (400); 31 , 229 (239); 42,263 (293); Hesse, S. 191 ff.; S achs-Wendt, Art. 14 GG, Rn. 9. Ähnlich BayVerfGH NVwZ 1982, 554 (555) zur Eigentumsgarantie der Bayerischen Verfassung: "Neben der Gewährleistung des Eigentums als Einrichtung umfaßt Art. 103 I BayVerf. auch ein subjektives Recht gegen den Träger der öffentlichen Gewalt auf Unterlassung rechtswidriger Eingriffe in das Eigentum (VerfGH n.F. 30, 67 (71))". 603 BVerwGE 79, 254 (257); BVerwG DVBI. 1974, 777 (778); VGH Mannheim VB1BW 1996, 108; VGH Kassel BRS 38 Nr. 182 S. 401 (403). 604 Hierzu siehe oben B li 2.

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Mit dieser Formulierung mag die Grenze umschrieben werden, die der Gesetzgeber bei der Festlegung von Inhalt und Schranken des Eigentums zu beachten hat, wenn er die ihm aus Art. 14 I u. II GG erwachsene Aufgabe erfüllt, den Freiheitsraum des einzelnen im Bereich der Eigentumsordnung und die Belange der Allgemeinheit in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen605, und die er nicht ohne weiteres- jedenfalls nicht ohne Entschädigungs- oder Ausgleichsregelung606 - überwinden kann. Hat der Gesetzgeber jedoch wie hier durch § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG den Inhalt des Eigentums i. S. d. Art. 14 I 2 GG gesetzlich bestimmt, ihn gegenüber der vor Inkrafttreten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gegebenen Rechtslage zugunsten des Wohnnachbarn erweitert, so hat sich die vollziehende Gewalt an diese gesetzlichen Bestimmungen zu halten, will sie nicht das Eigentumsgrundrecht des Wohnnachbarn aus Art. 14 I 1 GG verletzen. Denn Gegenstand der Eigentumsgarantie bildet stets das durch die Gesetze ausgeformte Eigentum, es ist in dieser Form durch Art. 14 I 1 GG verfassungsrechtlich geschützt607 . Ein öffentlich-rechtlicher Immissionsabwehranspruch unmittelbar gegenüber dem störenden Hoheitsträger ergibt sich ferner aus Art. 2 II 1 GG, wenn dieser beim Anlagenbetrieb § 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG so gravierend verletzt, daß die Grenze zur Gesundheitsgefahr überschritten ist608. Für die Wohnnachbarn hat Art. 2 II 1 GG diesbezüglich jedoch keine praktische Relevanz, weil sie sich bei jedem (drohenden) Verstoß gegen § 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG wegen der Geltendmachung eines unmittelbar gegen den Träger öffentlicher Gewalt gerichteten Abwehranspruchs auf Art. 14 I 1 GG berufen können609, selbst wenn die Immissionsbelastung die "Gefahrengrenze" nicht erreicht. Wer allerdings weder "verfassungsrechtlicher Eigentümer"610 ist noch in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheil betroffen wird, hat bei hoheitlichem Anlagen60S Vgl. BVerfGE 25, 112 (117 f.); 37, 132 (140 f.); 50, 290 (339 f.); 52, 1 (29 f.); 58, 81 (114); 58, 137 (147 f.); 68, 361 (368); 87, 114 (138); 91, 294 (308); Hesse, S. 194. 606 Gemeint sind nicht nur Entschädigungsregelungen i. S. d. Art. 14 111 2 u. 3 GG, sondern auch (finanzielle) Ausgleichsregelungen, mit denen eine ansonsten verfassungswidrige und somit nichtige - weil unverhältnismäßige- Inhalts- und Schrankenbestimmung verhältnismäßig und damit verfassungskonform gemacht werden kann, vgl. BVerfGE 58, 137 (147 ff.); 79, 174 (192); BVerwGE 94, I (5 ff.); 84, 361 (367 f.); BGHZ 126, 379 (381 f.); 123, 242 (244 f.); 121, 328 (331 ff.); 121, 73 (79 f.); 110, 12 (16); 102, 350 (359 f.); Hesse, S. 197; Schulze-Osterloh NJW 1981, 2537 (2541 ff.); Osterloh DVBI. 1991, 906 (908 u. 913 f.); Rinne DVBI. 1994, 23. 607 BVerfGE 24, 367 (396); 36, 281 (291); 50, 290 (339 f.); 52, 1 (27); 58, 300 (330 u. 336); 91, 294 (308); Hesse, S. 191 f. u. 194; Katz, S. 379 f.; Jarass/Pieroth, Art. 14 GG, Rn. 14 f. 608 Hierzu siehe oben B II 2. 609 Die Rechtsprechung zum Fachplanungsrecht (vgl. etwa BVerwGE 59, 253 (261 f.)), die Art. 2 II 1 GG keine eigenständige Bedeutung beirnißt, weil der Schutz des Grundeigentums den Schutz der Rechtsgüter Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheil rnitumfaßt, findet mithin im öffentlich-rechtlichen Nachbarrecht ihre Entsprechung. 6to So BVerwG NVwZ-RR 1996, 8.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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betrieb keinen unmittelbar gegen den störenden Hoheitsträger gerichteten Immissionsabwehranspruch, mag er auch als "Nachbar" im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu qualifizieren sein. Letzteres ist die Konsequenz daraus, daß in den einfachgesetzlichen Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes lediglich die nachbarschützenden Rechtspflichten normiert sind, der Abwehranspruch hingegen unmittelbar aus der Abwehrfunktion der Grundrechte resultiert. Mit Inkrafttreten des Art. 20a GG611 hat der grundrechtliche Immissionsabwehranspruchaus Art. 14 I 1 GG und- sofern zugleich die Grenze zur Gesundheitsgefahr überschritten wird612 - aus Art. 2 II 1 GG eine verfassungsrechtliche Aufwertung erfahren. Art. 20a GG allein gewährt zwar keine subjektiven Rechte, die Bestimmung ist jedoch geeignet, grundrechtliche Gewährleistungen zu verstärken613 . Zu erörtern bleibt, ob bei (drohendem) Verstoß gegen § 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG der auf Art. 14 I 1 GG beruhende öffentlich-rechtliche Immissionsabwehranspruch auch dann besteht, wenn eine hoheitlich betriebene immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige (Sport-)Anlage baurechtlich bestandskräftig genehmigt ist und I oder zum Vollzug des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG eine oder mehrere - zwischenzeitlich unanfechtbar gewordene Anordnungen nach § 24 Satz 1 BimSchG erlassen sind614. Nach einhelliger Auffassung steht ein öffentlich-rechtlicher Immissionsabwehranspruch einem Wohnnachbarn dann zu, wenn ein Anlagenbetreiber seine (Sport-)Anlage nicht baugenehmigungskonform betreibt und I oder Anordnungen nach § 24 Satz 1 BimSchG nicht oder nicht vollständig erfüllt und deshalb gegen§ 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG verstößt. Im übrigen gehen die Meinungen jedoch auseinander. Ein Teil der Rechtsprechung hält einen öffentlich-rechtlichen Immissionsabwehranspruch gegenüber dem Träger einer hoheitlich betriebenen (Sport-)Anlage für ausgeschlossen, wenn diese baurechtlich genehmigt ist und sich der Anlagenbetrieb im Rahmen der erteilten Baugenehmigung hält615 . Nach anderer Ansicht befreit der baurechtliche Bestandsschutz, den eine unangreifbare Baugenehmigung vermittelt, auch hoheitliche Anlagenbetreiber nicht davon, ihre Anlage(n) entsprechend den 611 Art. 20a GG ist gemäß Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 27. 10. 1994 am 15. 11. 1994 in Kraft getreten (BGBL I 1994, S. 3146 ff.). 612 Hierzu siehe oben B II 2. 613 Jarass I Pieroth, Art. 20a GG, Rn. 1 u. 6; Seifert/ Hömig, Art. 20a GG, Rn. 3 u. 7; Model/Müller, Erl. zu Art. 20a GG; Sachs-Murswiek, Art. 20a GG, Rn. 73 f.; Henneke NuR 1995, 325 (331); Peters NVwZ 1995, 555 (556); Kloepfer DVBL 1996, 73 (74 u. 78 f.). 614 Daß in der Rechtspraxis auch im Verhältnis "Hoheit gegen Hoheit" (Sachs NVwZ 1988, 127 (128)) Baugenehmigungen erteilt zu werden pflegen, wird durch die in den nachstehenden Fußnoten zitierten Gerichtsentscheidungen belegt. Der Erlaß von Anordnungen nach § 24 Satz 1 BlmSchG erscheint ebenfalls nicht ausgeschlossen. 615 OVG Lüneburg BRS 47 Nr. 172 S. 424 f.; VGH Mannheim Urt. v. 03.04.1986- 1 S 347/86; VGH Mannheim ZfBR 1985, 193 (194); wohl auch BVerwG NJW 1992, 1779 (1780); VGH München NVwZ 1989, 269 (270). Offen geblieben: OVG Lüneburg BRS 42 Nr. 188 S. 423 (424); VGH Mannheim NVwZ-RR 1989, 173 (174); OVG Münster DWW 1989, 207 (208).

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

Anforderungen des§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG zu betreiben616. Trotz baugenehmigungskonformem Anlagenbetrieb könne ein öffentlich-rechtlicher Immissionsabwehranspruch eines Wohnnachbarn gegeben und ein Anlagenbetreiber zwecks Einhaltung des§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG zu weiteren Maßnahmen verpflichtet sein617 . Bei der Beantwortung der Frage, welcher Rechtsansicht zu folgen ist, ist zunächst daran zu erinnern, daß eine bestandskräftige Baugenehmigung nachträgliche Anordnungen der zuständigen Behörde nach den§§ 24 Satz 1, 22 I I Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG nicht hindem kann618 . Das aber setzt denknotwendig voraus, daß eine bestandskräftige Baugenehmigung das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG nicht "sperren" kann, weil eine Anordnung nach § 24 Satz I BimSchG ja nur ergehen darf, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des§ 22 I I Nr. I o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG gegeben sind. Infolgedessen ist es trotz bestandskräftiger Baugenehmigung und ihrer Beachtung durch den Anlagenbetreiber möglich, daß ein Anlagenbetrieb gegen § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i. V.m. § 3 I BimSchG verstößt. Da die Vorschriften des § 22 I I Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG den Inhalt des Eigentums des Wohnnachbarn bestimmen (Art. 14 I 2 GG), verletzt bei öffentlich-rechtlichem Anlagenbetrieb ein Verstoß gegen sie zugleich den Wohnnachbarn in seinem Grundrecht aus Art. 14 I 1 GG. Trotz bestandskräftiger Baugenehmigung und genehmigungskonformem Anlagenbetrieb können sich Anlagenbetreiber, die ihre Anlage(n) in den Formen des öffentlichen Rechts betreiben, somit einem öffentlich-rechtlichen Immissionsabwehranspruch des Wohnnachbarn aus Art. 14 I 1 GG ausgesetzt sehen. Das Gleiche gilt, wenn zum Vollzug des§ 22 I I Nr. I u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG bereits Anordnungen nach § 24 Satz 1 BimSchG erlassen sind. Das Risiko, daß trotz ihrer Beachtung die Grundpflichten des § 22 I I Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG noch immer nicht (vollständig) erfüllt werden, verlagert sich auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit von Anordnungen nach § 24 Satz 1 BimSchG nicht auf die Allgemeinheit und die Nachbarschaft. Nach der ratio der §§ 22 ff. BimSchG sind vielmehr die Anlagenbetreiber gehalten, weitere Maßnahmen zu treffen, wenn sich herausstellt, daß die bisherigen zur Erfüllung der Anforderungen des§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG nicht genügen. Kommen die Anlageubetreiber dem nicht freiwillig nach, hat der Wohnnachbar die Wahl, sich an die zuständige Behörde zu wenden oder direkt gegen die Anlagenbetreiber vorzugehen. Der öffentlich-rechtliche Anspruch des Nachbarn gegenüber der zuständigen Behörde bzw. ihrem Rechtsträger auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bezüglich eines (weiteren) Einschreitens nach den §§ 24 Satz 1, 22 I 1 Nr. I u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG619 und der aus Art. I4 I I GG resultierende öffentlich-rechtliche Immis616 617 618 619

OVG Lüneburg DWW 1988,220 (222 f.); VGH München NVwZ 1987,986 f. OVG Lüneburg DWW 1988, 220 (222 f.); VGH München NVwZ 1987,986 f. Hierzu siehe oben B li 7 a u. B li 5 f. Hierzu siehe oben B li 7 a.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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sionsabwehranspruch des Wohnnachbarn gegen die Anlagenbetreiber bei öffentlich-rechtlichem Anlagenbetrieb stehen selbständig nebeneinander620. c) Verhältnis zwischen Nachbarn und Anlagenbetreibern bei privatrechtlichem Anlagenbetrieb

Wird eine immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige (Sport-)Anlage von einer Privatperson betrieben, läßt sich für den immissionsbetroffenen Wohnnachbarn aus dem öffentlichen Recht kein unmittelbar gegen den privaten Anlagenbetreiber gerichteten Abwehr- und Unterlassungsanspruch herleiten. Wie oben gezeigt, räumen die §§ 22 ff., 3 I BimSchG allein dem Nachbarn ein solches Recht nicht ein621 . Auf die Grundrechte kann sich der Nachbar nicht berufen, weil ein privater Anlagenbetreiber nicht Adressat der Grundrechte ist. Abwehr- und Unterlassungsansprüche gegenüber Geräuschimmissionen können sich in diesen Fällen nur aus privatrechtliehen Rechtsvorschriften ergeben. Nach privatrechtliehen Rechtsvorschriften ist die Rechtslage auch dann zu beurteilen, wenn ein öffentlicher Hoheitsträger in den Formen des Privatrechts eine (Sport-)Anlage betreibt. Gewiß kann sich die öffentliche Hand nicht durch ,,Flucht ins Privatrecht"622 ihrer Grundrechtsbindungen entledigen. Von einer ,,Flucht" kann aber nur die Rede sein, falls sie sich im Hinblick auf Geräuschimmissionen nach privatrechtliehen Rechtsvorschriften günstiger stellt als nach öffentlichem Recht. Ob dies der Fall ist, hängt davon ab, welche Ansprüche das Zivilrecht dem immissionsbetroffenen Wohnnachbarn einer Sportanlage gegen den Anlagenbetreiber gewährt. Das wird nachfolgend näher untersucht. Nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts könnte dem von Immissionen betroffenen Wohnnachbarn einer emittierenden Anlage nach §§ 1004 I 2, 823 II BGB analog bzw. nach§§ 862 I 2, 823 II BGB analog ein quasinegatorischer Abwehr- und Unterlassungsanspruch zustehen, wenn beim Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger (Sport-)Anlagen gegen § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG verstoßen wird. Voraussetzung dafür wäre, daß bei- bereits eingetretenem oder ernstlich zu besorgendem - Verstoß gegen ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BGB ein verschuldensunabhängiger zivilrechtlicher Abwehr- und Unterlassungsanspruch des Geschützten in analoger Anwendung der vorgenannten Vorschriften gegeben sein kann, daß § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG als ein- den Nachbarn schützendes- Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BGB zu qualifizieren und das Bestehen des Anspruchs nicht durch öffentlich-rechtliche Regelungen ausgeschlossen ist. OVG Lüneburg DWW 1988,220 (223); Dürr NVwZ 1982, 296 (297). Siehe oben B II 7 b. 622 Wolf!I BachofI Stober; Verwaltungsrecht I, S. 240; Fleiner; Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, S. 326. 620

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

In Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen und der obergerichtliehen Rechtsprechung623 und der überwiegenden Literatur624 ist es zutreffend anzunehmen, daß bei -bereits eingetretener oder ernstlich zu besorgender - Verletzung eines Schutzgesetzes i. S. d. § 823 II BGB ein verschuldensunabhängiger sog. quasinegatorischer625 Abwehr- und Unterlassungsanspruch gegeben sein kann. Zwar sieht das Bürgerliche Gesetzbuch als Sanktion einer Schutzgesetzverletzung seinem Wortlaut nach in § 823 II BGB lediglich eine verschuldensahhängige Schadensersatzpflicht (Sekundärhaftung) vor. Die Schaffung eines verschuldensunabhängigen präventiven (Primär-)Anspruchs im Wege der Rechtsfortbildung war jedoch zwingend geboten, weil es einer durch ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BGB geschützten Person nicht zurnutbar ist, zunächst eine Beeinträchtigung hinzunehmen, vor deren Eintritt sie das Schutzgesetz bewahren soll, obschon die Möglichkeit besteht, die Beeinträchtigung von vornherein zu vermeiden, und ihre Beseitigung im Wege der Naturalrestitution (§ 249 Satz I BGB) nur verlangen zu können, falls der Schädiger schuldhaft gehandelt hat. Der quasinegatorische Abwehr- und Unterlassungsanspruch wird zumeist auf eine analoge Anwendung der§§ 1004 I, 823 II BGB gestützt626 . Bisweilen werden auch andere Normen als Anspruchsgrundlage herangezogen627 . Für den- hier allein interessierenden -Bereich des Nachbarrechts ist es zutreffend, den quasinegatorischen Abwehr- und Unterlassungsanspruch auf eine analoge Anwendung der §§ 1004 I 2, 823 II BGB zu stützen, sofern der immissionsbetroffene Nachbar Eigentümer oder sonst dinglich Berechtigter628 ist. Durch die Erwähnung beider Paragraphen wird deutlich, daß es sich bei dem Anspruch um einen verschuldensunabhängigen präventiven (Primär-)Anspruch handelt, der bereits bei (erstmals) 623 Grundlegend für das Nachbarrecht BGH WM 1974, 572 (573 f.); BGHZ 86, 356 (362); BGH NJW 1985, 2825 (2826); BGHZ 122, 1 (2 ff.); BGH NJW 1995, 132 (134); OLG Hamm JZ 1981,277 f.; OLG Köln MDR 1994, 1121. 624 Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 55; Erman-Hagen, § 906 BGB, Rn. 46; Jauemig, § 1004 BGB, Anm. 1b; Bender/Sparwasser/Engel, S. 387 f.; Redeker NJW 1959, 749 (752); Picker AcP 176 (1976), 28 (38 ff.); Schwerdtfeger NVwZ 1983, 199 (200 f.); Breuer DVBI. 1983, 431 (433); Steinberg NJW 1984, 457 (462); Konrad BayVBl. 1984, 33 (37); Marburger; Gutachten C zum 56. DJT, S. 44 ff. u. 118 f.; von Mutius Jura 1989, 297 (297 u. 305 f.); Schmidt JuS 1993, 773. 625 Diktion nach BGH WM 1974, 572 (573): actio quasinegatoria. 626 So z. B. BGHZ 122, 1 (2); BGH NJW 1995, 132 (134); Staudinger-Roth, § 906 BGB, Rn. 55; Erman-Hagen, § 906 BGB, Rn. 46; Jauemig, § 1004 BGB, Anm. 1; Breuer DVBI. 1983,431 (433); KonradBayVBl. 1984,33 (37). 627 § 1004 BGB: Picker AcP 176 (1976); § 1004 I BGB analog: BGH NJW 1985, 2825 (2826); Konrad BayVBl. 1984, 33 (36); § 823 II BGB: BGHZ 122, 1 (7); Bender I Sparwasser I Engel, S. 387 f.; Redeker NJW 1959, 749 (752). 628 Erbbauberechtigter (§ 1 ErbbRVO), Nießbraucher (§ 1030 BGB), Dienstbarkeitsberechtigter (§ 1093 BGB), Reallastberechtigter (§ 1105 BGB), Dauerwohnberechtigter (§ 31 I WEG), Dauernutzungsberechtigter (§ 31 II WEG). Hier ordnen die§§ 11 I ErbbRVO, 1065 BGB, 1090 II i.V.m. 1027 BGB, 34 II WEG die entsprechende Anwendung des § 1004 BGB an.

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

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drohender Beeinträchtigung einsetzt (§ 1004 I 2 BOB analog) und aus der verschuldensahhängigen deliktischen Schadensersatzhaftung (Sekundärhaftung) bei Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 823 II BOB analog) entwickelt wurde. Um den Anwendungsbereich des § 1004 BOB nicht ohne Not auf lediglich obligatorisch Berechtigte629 auszudehnen, ist es im Nachbarrecht allerdings angezeigt, statt des § 1004 I 2 BOB die Vorschrift des § 862 I 2 BOB entsprechend heranzuziehen, wenn der Nachbar Mieter oder Pächter ist630 . In diesen Fällen sind somit die §§ 862 I 2, 823 II BOB analog als Anspruchsgrundlage des quasinegatorischen Abwehr- und Unterlassungsanspruchs anzusehen. Bezüglich der Frage, ob die Vorschriften des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG den Schutz des Nachbarn bezweckende Gesetze i. S. d. § 823 II BOB sind, hat der Bundesgerichtshof zum einen ausgeführt, daß § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG in seiner konkreten Ausgestaltung durch eine in zwei Baugenehmigungen enthaltene Auflage drittschützenden Charakter habe, es jedoch offen bleibe, ob § 22 I Nr. l u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG auch "für sich genommen" als Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BOB betrachtet werden könne631 . Zum andem wurde von ihm entschieden, daß diese Vorschriften drittschützenden Charakter hätten, soweit sie der Verhinderung oder Beschränkung konkret schädlicher Umwelteinwirkungen im Einwirkungsbereich einer Anlage dienten632 • In welchem Umfang der Nachbar konkret geschützt werde, ergäbe sich aber erst aus dem Regelungsgehalt der - zur Pflichtenkonkretisierung notwendigen - verwaltungsbehördlichen Anordnungen nach § 24 BimSchG, welche zu diesem Zweck entsprechend § 133 BOB ausgelegt werden müßten633 . Die Literatur stimmt mit dieser Rechtsprechung zum Teil überein634 . Zum Teil wird die Frage, ob § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i. V.m. § 3 I BimSchG als Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BOB zu qualifizieren ist, aber auch bejaht, ohne daß verwaltungsbehördliche Anordnungen ergangen sind635 . Dieser zuletzt genannten Auffassung ist zuzustimmen. Schutzgesetz i. S. d.

§ 823 II BOB ist jede Rechtsnorm, die - sei es auch neben dem Schutz der Ge-

samtheit - gerade dazu dienen soll, den einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsguts oder eines bestimmten Rechtsinteresses zu schützen636. Es kommt nicht auf die Wirkung, sondern auf den Inhalt und Zweck 629 630 63 1 632 633

Mieter(§ 535 BGB) oder Pächter(§ 581 BGB). A.A. BGH NJW 1995, 132 ff. BGHZ 122, I (3 ff.). BGH NJW 1995, 132 (134). BGH NJW 1995, 132 (134).

634 Sellner, FS 25 Jahre BVerwG, S. 603 (616 ff.); Jarass, § 22 Rn. 48; Bender/Sparwasser/Engel, S. 387 f. ; Fritzsche NJW 1995, 1121 (1123); L-R-Hansmann, § 22 Rn. 5. 635 Marburger; Gutachten C zum 56. DJT, S. 119 u. 122; Diederichsen BB 1973, 485 (489); Baur JZ 1974, 657 (660); Engelhardt, § 22 Rn. 20; Krähe SpuRt 1994, 81 (83). 636 Zur Begriffsentwicklung in der Rechtsprechung: RGZ 51, 177 (178); RG JW 1904, 554; RGZ 63, 324 (327); 79, 85 (91); 119, 435 (436); 128, 298 (300); 138, 219 (229); BGH

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

des Gesetzes, insbesondere darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlaß des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mitgewollt hat637. Demgemäß ist es ebenso erforderlich wie genügend, wenn die Rechtsnorm selbst drittschützenden Charakter hat. Daß die Vorschriften des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG (auch) dem Nachbarschutz zu dienen bestimmt sind, wurde bereits dargelegt638 . Sie legen als Rechtsnormen (auch) dem Nachbarschutz dienende Grundpflichten der Betreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen fest und sind damit unmittelbar geltendes nachbarschützendes Recht. Sie sind zwar selbstredend durch verwaltungsbehördliche Anordnungen kon.kretisierungs- und vollzugsfähig, ihren nachbarschützenden Charakter und die damit einhergehende Schutzgesetzeigenschaft i. S. d. § 823 II BGB haben sie jedoch schon durch den Gesetzgeber erhalten. Ihrer Schutzgesetzeigenschaft i. S. d. § 823 II BGB steht nicht entgegen, daß es sich bei ihnen um Vorschriften des öffentlichen Rechts handelt. Auch Vorschriften des öffentlichen Rechts können Schutzgesetze i. S. d. § 823 II BGB sein. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 823 II BGB deuten darauf hin, daß unter den Begriff "Gesetz" nur Vorschriften des bürgerlichen Rechts subsumierbar wären. Aus historischer Sicht ist darauf hinzuweisen, daß nach In.krafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs Schutzgesetze i. S. d. § 823 II BGB so selbstverständlich und nahezu ausschließlich in Vorschriften des öffentlichen Rechts erblickt wurden, daß das Reichsgericht mehrfach Veranlassung hatte darauf hinzuweisen, "daß nicht nur Strafgesetze und polizeiliche Vorschriften unter den Begriff fallen können, sondern auch Vorschriften des bürgerlichen Rechts"639. Schließlich ist auf Art. 2 EGBGB hinzuweisen, der bestimmt, daß unter "Gesetz" im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs jede Rechtsnorm zu verstehen ist. Mit dem Bundesgerichtshof40 und der Literatur641 ist vom Bestehen eines quasinegatorischen Abwehr- und Unterlassungsanspruchs des Wohnnachbarn auszugehen, wenn immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen nicht baugenehmigungskonform betrieben und I oder Anordnungen nach § 24 Satz 1 BimSchG nicht beachtet werden und deshalb gegen§ 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG verstoßen wird. Zu klären bleibt, ob ein quasinegatorischer Abwehrund Unterlassungsanspruch eines Wohnnachbarn nach §§ 1004 I 2, 823 II BGB analog bzw. §§ 862 I 2, 823 II BGB analog auch dann gegeben sein kann, wenn MDR 1951, 97 (98); BGH LM § 823 (Bf) BGB Nr. 4; BGHZ 12, 146 (148); 40, 306; seither st. Rspr. 637 RG u. BGH aaO. 638 Hierzu siehe oben B II 7 a. 639 RGZ 63, 324 (327); 51, 177 ( 179). 640 BGHZ 122, 1 (2 ff.); BGH NJW 1995, 132 (134). 641 Rehbinder, Anm. zu BGHZ 122, 1 ff., LM § 823 (B) BGB Nr. 10 BI. 4 f.; Bender/ Sparwasser I Engel, S. 387 f.; Fritzsche NJW 1995, 1121 (1123 f .).

II. Nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen

145

die Anlage baurechtlich bestandskräftig genehmigt ist und sich der Anlagenbetrieb im Rahmen der erteilten Baugenehmigung hält. In der Literatur wird teils davon ausgegangen, daß über das "derivative private Nachbarrecht"642 in Gestalt der §§ 1004 I 2, 823 II BGB analog bzw. 862 I 2, 823 II BGB analog i.V.m. den nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Rechts die Bauaufsichtsbehörden und - im Streitfall - die Verwaltungsgerichte verbindlich entscheiden und es daher keine eigenständige Bedeutung haben könne643 . Teils wird die Auffassung vertreten, daß die Baugenehmigung eine derart (privat-)rechtsgestaltende Kraft nicht habe644. Letztgenannter Auffassung ist für den hier interessierenden Fall zuzustimmen645. Eine Baugenehmigung vermag einen zivilrechtliehen quasinegatorischen Abwehr- und Unterlassungsanspruch des Wohnnachbarn nach §§ 1004 I 2, 823 II BGB analog i.V.m. § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG bzw. §§ 862 I 2, 823 II BGB analog i.V.m. § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG nicht auszuschließen, weil sie, auch wenn sie bestandskräftig ist, den Erlaß nachträglicher Anordnungen der zuständigen Behörde nach den §§ 24 Satz 1, 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG nicht hindem kann646 . Vermag sie mithin bereits auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts ein Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG nicht zu fingieren 647, so kann ihr diesbezüglich für das Zivilrecht erst recht keine Ausschlußwirkung zugeschrieben werden. Der quasinegatorische Abwehr- und Unterlassungsanspruch ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn in Vollziehung des§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG bereits Anordnungen nach § 24 Satz 1 BimSchG erlassen wurden und diese vom Anlagenbetreiber beachtet werden. Aus denselben Gründen, aus denen sich der Wohnnachbar bei öffentlich-rechtlichem Anlagenbetrieb auf einen öffentlichrechtlichen Immissionsabwehranspruch aus Art. 14 I 1 GG berufen kann, wenn die Grundpflichten des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG trotzBeachtungder Breuer NVwZ 1983, 431 (438). Evers JuS 1962, 87 (91); Breuer NVwZ 1983, 431 (438); Konrad BayVBI. 1984, 33 I 70 (73); Meisner-Ring-Götz, S. 635 ff.; Simon, Art. 79 BayBO, Rn. 20, 20g u. 20h; Jarass VVDStRL 50, 238 (268 f.) u. sämtliche Vertreter der "öffentlich-rechtlichen Nachbarrechtstheorie" (s. Fn. 554). 644 Peters DÖV 1965, 744 (747); Timmermann, S. 235 ff.; Baur JZ 1974, 657 (660); Marburger, Gutachten C zum 56. DJT, S. 46 f.; von Mutius Jura 1989, 297 (307 f.) u. sämtliche Vertreter der "zivilistischen Nachbarrechtstheorie" (s. Fn. 554). 645 Ob und gegebenenfalls inwieweit Existenz und Inhalt von Verwaltungsakten in anderen Fällen für das Zivilrecht beachtlich sind - zur Bindung der Gerichte an die "Tatbestandswirkung" bestandskräftiger Verwaltungsakte vgl. etwa BGHZ 9, 129 (131 f.); 66, 79 (80 f.); 73, 114 (117); 103, 30 (34 f.); 112, 363 (365 ff.); 122, 1 (5 f.); BGH NJW 1979, 2045; BVerwG NVwZ 1987,496 f.; BachofJZ 1952,211 (212 ff.) - und welche Bedeutung der in den Landesbauordnungen regelmäßig enthaltenen Bestimmung, nach der die Baugenehmigung "unbeschadet der privaten Rechte Dritter" erteilt wird, für die nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts in ihrer Funktion als Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BGB zukommt, bleibt offen. 646 Hierzu siehe oben B II 7 a u. b u. B II 5 f. 647 Hierzu siehe oben B II 7 a u. b u. B II 5 f. 642 643

10 Herr

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B. Anforderungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz

nach § 24 Satz 1 BlmSchG ergangenen Anordnungen nicht (vollständig) erfüllt werden648 , kann er in dieser Situation bei privatrechtlichem Anlagenbetrieb wegen Verletzung des § 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG einen quasinegatorischen Abwehr- und Unterlassungsanspruch nach §§ 1004 I 2; 823 li BGB analog bzw. §§ 862 I 2, 823 II BGB analog geltend machen.

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Hierzu siehe oben B II 7 b.

C. Anforderungen bei Errichtung und Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen nach der auf§ 23 I BimSchG gestützten Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BimSchV) und deren Verhältnis zu § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BimSchG und zu den§§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG I. Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BimSchG Nach § 23 I I BimSchG649 ist die Bundesregierung ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51 BimSchG) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, daß die Errichtung, die Beschaffenheit und der Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen bestimmten Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen sowie zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen genügen müssen. Insbesondere kann vorgeschrieben werden, daß die Anlagen bestimmten technischen Anforderungen entsprechen müssen (§ 23 I 1 Nr. l BlmSchG), daß die von Anlagen ausgehenden Emissionen bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten dürfen (§ 23 I I Nr. 2 BlmSchG) und die Anlagenbetreiber bezüglich der Messung von Emissionen und Immissionen, der Inbetriebnahme oder Änderung der Anlage und der Vorlage von Sachverständigenbescheinigungen bestimmte, in § 23 I l Nr. 3 - 5 BimSchG näher umrissene Pflichten zu erfüllen haben. Mit diesem "Programm"650 entspricht § 23 I I BlmSchG den Anforderungen, die Art. 80 I GG an gesetzliche Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen stellt, insonderheit sind Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt651 . Der Inhalt einer Rechtsverordnung nach§ 23 I l BimSchG hat "bestimmte Anforderungen" an Errichtung, Beschaffenheit oder Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen zum Gegenstand zu haben, die zwar nicht abschließend, durch § 23 I I Nr. I - 5 BlmSchG jedoch ausführlich umschrieben § 23 I 2 u. 3 BlmSchG spielen im Rahmen der vorliegenden Untersuchung keine Rolle. Es ist erforderlich, aber auch genügend, wenn im Parlamentsgesetz selbst (lediglich) das "Programm" enthalten ist, das mit der Rechtsverordnung erreicht werden soll (st. Rspr. des BVerfG seit BVerfGE 8, 274 (307, 313 u. 323)). 651 Ule/Laubinger; § 23 Rn. 3; L-R-Hansmann, § 23 Rn. 14; GK-BimSchG-Roßnagel, § 23 Rn. 31; VGH München BayVBl. 1996, 335 (339). 649

650

10*

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärrnschutzverordnung

sind. Der Zweck solcher Rechtsverordnungen besteht darin, die Allgemeinheit und die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 3 I BlmSchG) zu schützen sowie Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen (§ 3 I BimSchG) zu treffen. Ihr Ausmaß wird durch diesen Zweck und allgemein durch höherrangiges Recht begrenzt.

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlännschutzverordnung (18. BlmSchV) 1. Anwendungsbereich Untersucht man den Regelungsinhalt der Sportanlagenlärmschutzverordnung, so erhebt sich als erstes die Frage, auf welche Lebenssachverhalte der Verordnungsgeber die Verordnung angewendet wissen will. Die Antwort auf diese Frage lautet, daß insgesamt vier Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wenn der Anwendungsbereich der Sportanlagenlärmschutzverordnung eröffnet sein soll. Drei dieser Voraussetzungen hat der Verordnungsgeber in§ 1 18. BimSchV normiert, die vierte Voraussetzung ist§ 2 VII 18. BlmSchV i.V.m. Ziff. 1.1 des Anhangs zur 18. BlmSchV zu entnehmen. a) Zur Sportausübung bestimmte ortsfe ste Einrichtungen Zunächst muß gemäߧ 1 II 18. BlmSchVeine Sportanlage, d. h. eine zur Sportausübung bestimmte ortsfeste Einrichtung i. S. d. § 3 V Nr. 1 BlmSchG gegeben sein. Mit dieser Definition in § 1 II 18. BlmSchV knüpft der Verordnungsgeber einerseits an den Anlagenbegriff des Bundes-Immissionsschutzgesetzes an, andererseits will er mit ihr - wie die beispielhafte Erwähnung von Fußballstadien, Tennisplätzen, Schwimmbädern, Eislaufbahnen, Bowlingbahnen, Sportplätzen, Kegelbahnen und Turnhallen in der Begründung des Verordnungsentwurfs deutlich macht652 - zum Ausdruck bringen, daß nur solche Anlagen dem Anwendungsbereich der Verordnung unterfallen sollen, die ausschließlich oder zumindest in erster Linie der Ausübung sportlicher Aktivitäten gewidmet sind. Dagegen haben Anlagen - die Begründung des Verordnungsentwurfs nennt beispielhaft Kinderspielplätze, Wege, Spielstraßen und Freiflächen653 -, die nicht oder jedenfalls nicht primär, d. h. von ihrem Hauptzweck her der Durchführung von Wettkampfsport und I oder der körperlichen Ertüchtigung ihrer Benutzer zu dienen bestimmt sind, aus dem Anwendungsbereich der Sportanlagenlärmschutzverordnung auszuscheiden, selbst wenn auf ihnen (auch) Gelegenheit zur Sportausübung geboten wird und (einzelne) freizeitsportliche Aktivitäten zu beobachten sind. 652 653

BR-Drs. 17/91, S. 37. BR-Drs. 17/91, S. 38.

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlärrnschutzverordnung

149

Inkurs: Bolzplätze als zur Sportausübung bestimmte Einrichtungen i. S. d. § 1 II

18. BimSchV?

Uneinigkeit besteht in Rechtsprechung und Literatur im Hinblick darauf, ob Bolzplätze654 "zur Sportausübung bestimmt" und somit als Sportanlagen i. S. d. § 1 II 18. BlmSchV zu qualifizieren sind. Von der obergerichtliehen Rechtsprechung wird dies bislang einhellig verneint655 , in der Literatur zum Teil bejaht656. Sofern die ablehnende Haltung begründet wird, wird darauf verwiesen, daß eine "zur Sportausübung bestimmte" Anlage eine Betätigung entsprechend dem Regelwerk für eine bestimmte Sportart voraussetze, was bei Bolzplätzen nicht zutreffe, da sie nach ihrer Größe und der Ausstattung der Tore in keiner Weise den für einen Fußballplatz geltenden Anforderungen entsprächen657 und auf ihnen nicht nach festen Regeln Fußball gespielt, sondern eben lediglich "gebolzt" werde658 . Dieser Rechtsansicht kann nicht zugestimmt werden. Zum einen ist es nämlich nicht sachgerecht, Anlagen, auf denen sportliche Aktivitäten stattfinden, allein deshalb vom Anwendungsbereich der Sportanlagenlärmschutzverordnung auszunehmen, weil sie nicht die- von welchem (Dach-)Verband oder sonstigen Gremium auch immer - festgesetzten oder (noch) tolerierten und somit wettkampfregelgerechten Spielfeldmaße aufweisen und/ oder die Akteure bei der Benutzung der Anlage sich nicht (strikt) an die für die jeweilige Sportart vorgesehenen (Wettkampf-)Regeln halten. Ansonsten müßte nämlich konsequenterweise auch jeder "Hartplatz" aus dem Anwendungsbereich der Sportanlagenlärmschutzverordnung herausfallen, auf dem zum Beispiel ein Fußballsportverein von Montag bis Freitag jeweils von 16.30 Uhr bis 22.00 Uhr alle seine Mannschaften trainieren läßt, sofern der "Hartplatz" - was landauf landab häufig vorkommt, ohne daß es dem Wettkampfbetrieb abträglich ist, weil für diesen Zweck ein (Rasen-)Stadion zur Verfügung steht - keine entsprechend dem (Verbands-)Regelwerk vorausgesetzte Größe und Ausstattung aufweist und I oder sich die Fußballerinnen und Fußballer bei ihrem Training nicht strikt an die Fußballregeln halten, etwa weil dort nicht ausnahmslos jedes Foul und jede Abseitsstellung geahndet werden. Zum andern ist es vom Verordnungsgeber überhaupt nicht intendiert, die Antwort auf die Frage, ob eine Anlage zur Sportausübung bestimmt ist oder nicht 654 Ein Bolzplatz weist eine etwa 20 m x 40 m große und mit einem oder zwei Toren versehene Spielfläche auf, die ringsum mit einem ca. 4 m hohen Metallgitter- oder Maschendrahtzaun umgeben ist, damit der Ball beim "Bolzen" - einer Art des Fußballspiels - nicht auf angrenzende Grundstücke oder Straßen fliegt, vgl. Schwarze DVBI. 1986, 1050 (unter Hinweis auf DIN 18035). 655 VGH München NVwZ 1993, 1006 (1007); NVwZ-RR 1994, 246 (247); OVG Berlin NVwZ-RR 1994, 141 (142); OVG Schleswig NVwZ 1995, 1019 (1020). 656 Spindler/Spindler NVwZ 1993,225 (226); wohl auch Schink DVBI. 1992,515 (517); a.A. Mampel, Rn. 1472; Rodewoldt/ Wagner VBIBW 1996, 365 (367). 657 VGH München NVwZ 1993, 1006 (1007); NVwZ-RR 1994, 246 (247); OVG Ber1in NVwZ-RR 1994, 141 (142); Mampel, Rn. 1472. 658 OVG Berlin NVwZ-RR 1994, 141 (142); Mampel, Rn. 1472.

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C. Anforderungen nach der Sportan1agen1ännschutzverordnung

(§ 1 II 18. BlmSchV), von ihrer wettkampfregelgerechten Ausstattung und/oder ihrer regelkonformen Benutzung abhängig zu machen. Das zeigt sich besonders deutlich daran, daß der Verordnungsgeber Freibäder sowohl im Normtext (§ 5 11 18. BlmSchV) als auch in der Begründung des Verordnungsentwurfs659 ohne Ausnahme als Sportanlagen einstuft, obwohl gerade sie zuhauf von ihrer Beckengröße und -tiefe keine wettkampfregelgerechte Ausstattung aufweisen und ihre Benutzer beim Schwimmen zumeist auch nicht (exakt) die Wettkampfregeln des Deutschen Schwimmverbandes beachten.

Stellt man hingegen auf die oben erwähnte, in der Begründung des Verordnungsentwurfs näher illustrierte Intention des § 1 II 18. BlmSchV ab, so sind Anlagen dann als "zur Sportausübung bestimmt" zu qualifizieren, wenn sie primär, d. h. von ihrem Hauptzweck her der Durchführung von Wettkampfsport und I oder der körperlichen Ertüchtigung dienen sollen. Letzteres läßt sich bei Bolzplätzen ebensowenig bezweifeln wie bei den im Verordnungstext explizit erwähnten Freibädern. Folglich gehören auch Bolzplätze zu den Sportanlagen i. S. d. § 1 II 18. BlmSchV660 • b) Keine immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedüiftigkeit

Sportanlagen i. S. d. § 1 II 18. BimSchV unterfallen nach § 1 I 18. BimSchV nur dann der Sportanlagenlärmschutzverordnung, wenn sie ohne Genehmigung nach § 4 I BlmSchG errichtet und betrieben werden dürfen. Auf Sportanlagen, die an fünf Tagen oder mehr je Jahr der Übung oder Ausübung des Motorsports dienen (ausgenommen Modellsportanlagen), sowie auf Schießstände für Handfeuerwaffen (ausgenommen solche in geschlossenen Räumen) und Schießplätze ist die Sportanlagenlärmschutzverordnung daher nicht anwendbar661 • Da der Verordnungsgeber die Anwendbarkeit der Verordnung auf immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Sportanlagen ausdrücklich ausgeschlossen hat, kommt in Bezug auf diese auch eine analoge Anwendung nicht in Frage.

BR-Drs. 17/91, S. 37. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (NVwZ 1992, 884) zur bauplanungsrechtlichen Beurteilung von Bolzplätzen müssen diese ,jedenfalls wie" Anlagen für sportliche Zwecke behandelt werden. Zur immissionsschutzrechtlichen Einordnung hat sich das Gericht - soweit ersichtlich - noch nicht geäußert. Der Länderausschuß für Immissionsschutz ordnet Bolzplätze in seinen mit Zustimmung der Umweltministerkonferenz und der Sportministerkonferenz im Jahre 1987 verabschiedeten "Hinweisen zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche" ebenfalls den "Sportstätten" zu (NVwZ 1988, 135 (137)). 661 § 4 I 3 BlmSchG i.V.m. § 1 I l der 4. BlmSchV i.V.m. Nr. 10.17 und Nr. 10.18 des Anhangs zur 4. BlmSchV (Spalte 2). 659

660

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlärmschutzverordnung

151

c) Anlagenbetrieb zum Zwecke der Sportausübung

Immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen i. S. d. § 1 II 18. BlmSchV unterliegen gemäߧ 1 I 18. BlmSchV nur insoweit der Sportanlagenlärmschutzverordnung, als sie "zum Zwecke der Sportausübung betrieben werden". Mit der Verwendung dieses Tatbestandsmerkmals will der Verordnungsgeber erreichen, daß Geräuschimmissionen nicht nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung beurteilt werden, wenn sie auf eine sportfremde Nutzung der Sportanlage zurückzuführen sind. Fraglich ist, wann eine Anlagennutzung als "sportfremd" anzusehen ist. Die Begründung des Verordnungsentwurfs nennt hierzu beispielhaft ein Sportstadion, in dem ein Konzert stattfindet, und das deshalb insoweit nicht dem Regime der Sportanlagenlärmschutzverordnung unterworfen sein soll662. Dem vermag jedoch nur insoweit beigetreten zu werden, als die Konzertveranstaltung auch einen mittelbaren Bezug zur Sportausübung auf der Sportanlage vermissen läßt. Denn ein Anlagenbetrieb "zum Zwecke der Sportausübung" ist nach dem Wortsinn nicht nur gegeben, wenn die Anlage unmittelbar zur Sportausübung genutzt wird, sondern auch dann, wenn Veranstaltungen auf der Sportanlage abgehalten werden, die ausschließlich oder überwiegend durch "unsportliche" Elemente wie z. B. konzertartige Musikdarbietungen mit und ohne Schankbetrieb ihre Prägung erhalten, dafür aber finanziell und somit mittelbar der Sportausübung auf der Sportanlage dienen. Hierbei ist neben einzelnen Konzerten vor allem an die üblichen Vereinsfeste der Sportvereine auf "ihrer" Sportanlage und die geselligen Zusammenkünfte nach dem (gewonnenen) Spiel zu denken663 , wenn und weil neben der Pflege der Geselligkeit ein wesentlicher Zweck ihrer Durchführung darin besteht, "Geld in die Kasse" zu bekommen, ohne daß der (unmittelbare) Sportbetrieb auf der Sportanlage zum Erliegen käme oder doch zumindest eingeschränkt werden müßte. Würde nämlich bei solchen finanziell und damit mittelbar der Sportausübung dienenden Veranstaltungen auf der Sportanlage kein Sportanlagenbetrieb "zum Zwecke der Sportausübung" anerkannt, hätte dies zur Folge, daß durch Vereinsfeste und gesellige Zusammenkünfte auf der Sportanlage außerhalb des Vereinsheims hervorgerufene Geräuschimmissionen nicht nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung zu beurteilen wären, während die Geräuschimmissionen durch den exakt denselben Zwecken dienenden Betrieb des Vereinsheims selbst als einer in der Regel zur Sportanlage zählenden Einrichtung i. S. d. § 1 III 118. BimSchV664 regelmäßig der Sportanlagenlärmschutzverordnung unterfielen. Das ist weder sachgerecht noch vom Verordnungsgeber gewollt und deshalb nicht überzeugend. Nicht zum Zwecke der Sportausübung betrieben wird eine Sportanlage mithin nur dann, wenn auf ihr Veranstaltungen stattfinden, denen ausschließlich oder zu662 663 664

BR-Drs. 17/91, S. 38; BR-Drs. 17/1/91, S. 3. A.A. Spindler/Spindler NVwZ 1993, 225 (227). Hierzu siehe unten C II I e.

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

mindest überwiegend "unsportliche" Elemente - z. B. konzertartige Musikdarbietungen mit und ohne Schank, Gastspiele eines Wanderzirkusses, Kundgebungen von Gewerkschaften, Abhaltung von Gottesdiensten - ihr Gepräge geben und die auch nicht mit ihrem Erlös oder zumindest mit dem überwiegenden Teil ihres Erlöses zur Förderung der (unmittelbaren) Sportausübung auf der Sportanlage beitragen. Im übrigen ist ein Betreiben der Sportanlage zum Zwecke der Sportausübung i. S. d. § 1 II 18. BlmSchV stets zu bejahen.

d) Geräuschimmissionen aufgrund bestimmungsgemäßer Nutzung der Sportanlage

Damit die Sportanlagenlärmschutzverordnung einschlägig ist, muß schließlich obschon in§ 1 18. BlmSchV nicht eigens erwähnt- als vierte Voraussetzung hinzukommen, daß Geräuschimmissionen zu verzeichnen sind, die auf eine bestimmungsgemäße Nutzung der Sportanlage zurückzuführen sind. Dieses Erfordernis ist§ 2 VII 18. BlmSchV i.V.m. Ziffer 1.1 des Anhangs zur 18. BlmSchV zu entnehmen, in der bestimmt ist, daß nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung den Sportanlagen nur diejenigen Geräusche zuzurechnen sind, die bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Anlage auftreten. Geräuschimmissionen, welche auf eine bestimmungswidrige Anlagennutzung zurückzuführen sind, werden demzufolge von der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht erlaßt. Soweit in einer sportfremden Nutzung der Sportanlage zugleich eine bestimmungswidrige Nutzung der Sportanlage zu erblicken ist - was der Fall sein kann665 , keineswegs aber stets der Fall sein muß666 -,kommt dieser (vierten) Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Sportanlagenlärmschutzverordnung keine eigenständige Bedeutung zu, weil sich dann ihre Unanwendbarkeit schon aus der Nichterfüllung der in Kapitel C II 1 c genannten (dritten) Voraussetzung ergibt. Eigenständige Bedeutung hat dieses (vierte) Kriterium jedoch immer dann, wenn eine Sportanlage zwar zum Zwecke der Sportausübung, gleichwohl aber bestimmungswidrig genutzt wird, was etwa der Fall ist, wenn ein gegen unbefugte Benutzung nicht hinreichend gesicherter, lediglich der Ausübung von Ballsportarten und der Leichtathletik gewidmeter sog. Allwettersportplatz von Skateboardfahrern oder Inlineskatern für ihre (sportlichen!) Zwecke in Anspruch genommen wird. Auf die durch sie verursachten Geräusche findet dann - in Ermangelung einer bestimmungsgemäßen Nutzung der Sportanlage - die Sportanlagenlärmschutzverordnung 665 So zum Beispiel, wenn ein Wanderzirkus auf dem gemeindlichen Sportplatz unerlaubt seine Zelte aufschlägt. 666 So dürfte zum Beispiel die gelegentlich erlaubte Veranstaltung eines Open-Air-Konzertes in einem Sportstadion, dessen Erlös nicht überwiegend der Förderung der (unmittelbaren) Sportausübung auf der Sportanlage zugute kommt, zwar immer als "sportfremd", im allgemeinen jedoch nicht als "bestimmungswidrig" anzusehen sein, vgl. OVG Lüneburg NdsVBI. 1995, 59 ff.

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlärmschutzverordnung

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gemäߧ 2 VII 18. BlmSchV i.V.m. Ziff. 1.1 des Anhangs zur 18. BlmSchV keine Anwendung. e) Einbeziehung sämtlicher mit der Sportanlage in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehenden Einrichtungen

Nach § 1 III 1 18. BlmSchV zählen zu einer Sportanlage auch Einrichtungen, die mit ihr in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen. Damit wird zum einen klargestellt, daß mit "Sportanlage" nicht nur die Fläche gemeint ist, auf der der eigentliche Sportbetrieb stattfindet667 , zum anderen ein Kriterium genannt, das es ermöglicht festzustellen, welche weiteren Einrichtungen zusammen mit der eigentlichen Sportausübungsfläche bzw. -Örtlichkeit ("Sportanlagenkem") im konkreten Fall insgesamt erst die zu beurteilende Sportanlage i.S. der Sportanlagenlärmschutzverordnung ausmachen. Der amtlichen Begründung des Verordnungsentwurfs ist zu entnehmen, daß zu den zur Sportanlage zu rechnenden Einrichtungen i. S. d. § 1 III 1 18. BlmSchV "in der Regel z. B. mit der Sportanlage verbundene Umkleideräume, Restaurationsbetriebe und Parkplätze" gehören668 . Weitere Aufschlüsse zur Auslegung des§ 1 III 1 18. BlmSchV sind in der Verordnungsbegründung nicht enthalten. Ob zwischen einer Einrichtung i. S. d. § 1 III 118. BlmSchV und dem "Sportanlagenkem" ein "enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang" besteht, ist entsprechend dem Wortlaut der Bestimmung in zwei Schritten zu prüfen. Zunächst ist zu untersuchen, ob ein "enger räumlicher Zusammenhang" gegeben ist: ( 1) Enger räumlicher Zusammenhang Einen "engen räumlichen Zusammenhang" i. S. d. § 1 III 1 18. BlmSchV wird man nur annehmen können, wenn die Einrichtung und der "Sportanlagenkem" auf demselben Gelände liegen669 . Maßgebend dafür ist jedoch nicht - wie man auf den ersten Blick vielleicht vermuten könnte - Grundbuch oder Kataster670 . Unerheblich ist auch, ob das Gelände, etwa durch kleine Wasserläufe oder eine öffentliche Straße, kleinräumig unterbrochen ist671 . Ob ein "enger räumlicher Zusammenhang" zwischen "Sportanlagenkem" und einer Einrichtung i. S. d. § 1 III 1 18. BlmSchV besteht, kann auch nicht allgemeingültig mit einer festen EntferSo zutreffend Otto DVP 1991, 4Il. BR-Drs. l7 /91 , S. 38. 669 Vgl. § I Ill I u. 2 Nr. I 4.BimSchV. 670 In diesem Sinne zu§ 1 III 4.BimSchV: Engelhardt, Rn. I5. 671 In diesem Sinne zu § I 111 4.BimSchV: Feldhaus, Anm. 8; L-R-Hansmann, Rn. 25; Engelhardt, Rn. I5. 667 668

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlännschutzverordnung

nungsangabe beantwortet werden. So kann etwa bei großen (Fußball-)Stadien ein "enger räumlicher Zusammenhang" zwischen "Sportanlagenkern" und einer Einrichtung i. S. d. § 1 III 118. BlmSchV selbst dann noch zu bejahen sein, wenn der Abstand zwischen ihnen mehrere hundert Meter beträgt, während etwa bei einem kleinen Tennisplatz schon ein Abstand zwischen der (einzigen) Spielfläche als dem "Sportanlagenkern" und einer Einrichtung i. S. d. § 1 III 1 18. BlmSchV von weniger als einhundert Metern einen "engen räumlichen Zusammenhang" entfallen lassen kann. Auszugehen ist vielmehr davon, daß sich um jede Sportausübungsfläche bzw. -Örtlichkeit, also um jeden "Sportanlagenkern", ein Gelände befindet, welches dieser (bzw. diesem) nach der Verkehrsanschauung noch zugerechnet wird (Zufahrtswege, Abstellflächen, Begrünung, Einzäunung etc.)672. Ob eine Einrichtung i. S. d. § 1 III 1 18. BlmSchV (noch) auf demselben Gelände liegt und somit zum "Sportanlagenkern" (noch) in einem "engen räumlichen Zusammenhang" steht, hängt deshalb vom Gesamtzuschnitt des jeweils zu betrachtenden Komplexes und somit letztlich von einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles ab, bei der die Verkehrsanschauung darüber entscheidet, ob die verschiedenen Einrichtungen unter dem Gesichtspunkt ihrer räumlichen Anordnung (noch) als eine Sportanlage i. S. d. § 1 II 18. BlmSchVanzusehen sind. (2) Betrieblicher Zusammenbang Damit Einrichtungen zu einer Sportanlage i. S. d. § 1 II 18. BlmSchV zählen, muß gemäß § 1 III 1 18. BlmSchV nicht nur ein "enger räumlicher Zusammenhang", sondern auch ein "betrieblicher Zusammenhang" gegeben sein. Ein "betrieblicher Zusammenhang" setzt zum einen voraus, daß "Sportanlagenkern" und Einrichtung i. S. d. § 1 III 1 18. BlmSchVentweder von ein und demselben Betreiber betrieben werden oder - falls verschiedene Betreiber existieren - der Betreiber der Einrichtung vom Betreiber des "Sportanlagenkerns" aufgrund einer entsprechenden Ausgestaltung des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses673 rechtlich abhängig ist, so daß der Betreiber des "Sportanlagenkerns" als "Haupt"-Betreiber angesehen werden kann, der letztlich den bestimmenden Einfluß über den Betrieb der (Gesamt-)Anlage hat674 . Würde man nämlich auch bei mehreren voneinander unabhängigen Betreibern von einem "betrieblichen Zusammenhang" und somit von einer Sportanlage i. S. d. § 1 II 18. BlmSchV ausgehen, wäre die Erfüllung der auf die (Gesamt-)Anlage bezogenen Pflichten nicht sicherÄhnlich zu§ 1 III 4.BimSchV: L-R-Hansmann, Rn. 25; Engelhardt, Rn. 15. Z.B. eines Pachtvertrages zwischen dem Pächter des Vereinsheims und dem Sportverein e.V. als dem Verpächter des Vereinsheims und Betreiber des "Sportanlagenkerns". 674 Ähnlich zu § 1 III 4.BimSchV: L-R-Hansmann, Rn. 26; Feldhaus, Anm. 8; Engelhardt, Rn. 15. 672

673

ß. Regelungsinhalt der Sportanlagenlärmschutzverordnung

155

zustellen675 , ein Ergebnis, das der Verordnungsgeber der Sportanlagenlärmschutzverordnung hat vermeiden wollen. Für die Annahme eines "betrieblichen Zusammenhangs mit der Sportanlage"

(§ 1 II u. III 1 18. BlmSchV) ist zum andern erforderlich, daß die Einrichtung i. S. d. § 1 III 1 18. BlmSchV von ihrer Funktion her dem Hauptzweck eines

"Sportanlagenkerns" - der darin besteht, der Durchführung von Wettkampfsport und/ oder der körperlichen Ertüchtigung zu dienen676 - dienend zu- und untergeordnet ist; die Einrichtung muß gegenüber einem "Sportanlagenkern" ähnlich wie Zubehör eine Hilfs-oder Ergänzungsfunktion haben677 . Zu- und Unterordnung der Einrichtung müssen dabei kumulativ gegeben sein: Fehlt die ,,Zuordnung", weil die Einrichtung dem v.g. Hauptzweck eines "Sportanlagenkerns" in keiner Weise förderlich ist, fehlt es bereits am "betrieblichen Zusammenhang", fehlt die "Unterordnung", fehlt es jedenfalls an einem "betrieblichen Zusammenhang mit der Sportanlage ", weil dann der primäre Zweck der Anlage nicht (mehr) in der Sportausübung besteht und die Anlage infolgedessen gar nicht mehr als "Sportanlage" i. S. d. § 1 II 18. BlmSchV qualifiziert werden kann. Das Erfordernis der "Unterordnung" bedarf insbesondere bei - den auch in der Begründung des Verordnungsentwurfs zu § 1 III 1 18. BlmSchV erwähnten678 Restaurationsbetrieben sorgfältiger Prüfung: Beispielsweise ist ein Hotel mit angeschlossenem Tennisplatz als (Gesamt-)Anlage keine Sportanlage i. S. d. § 1 II 18. BlmSchV679 und kann demzufolgetrotzdes Tennisplatzes auch keine i. S. d. § 1 III 118. BlmSchV mit einer (Tennis-)Sportanlage in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehende Einrichtung sein, während ein neben einem Fußballplatz errichtetes und von ehrenamtlich tätigen Vereinsmitgliedern zur Pflege der Geselligkeit und zur Aufbesserung der Vereinskasse bewirtschafteÄhniich zu§ 1 III 4.BimSchV: L-R-Hansmann, Rn. 26. Siehe oben C II 1 a. 677 Hier können bezüglich der funktionellen Zu- und Unterordnung Rechtsprechung und Literatur zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von untergeordneten Nebenanlagen i. S. d. § 14 BauNVO herangezogen werden, so etwa BVerwG BRS 30 Nr. 117 S. 230 (233); BVerwGE 67, 23 (26); OVG Saarlouis BRS 44 Nr. 61 S. 136 (140 f.); VGH Mannheim BRS 29 Nr. 91 S. 186 (188); BRS 29 Nr. 22 S. 61; OVG Münster BRS 28 Nr. 20 S. 82 (83 f.); BRS 27 Nr. 32 S. 60 (61 f.); Fickert/ Fieseler, § 14 BauNVO, Rn. 3; Schlez. § 14 BauNVO, Rn. 4; Leder/Scholtissek, § 14 BauNVO, Rn. 2; Boeddinghaus/Dieckmann, § 14 BauNVO, Rn. 3 u. 8; Müller/Neuffer/Weiss, § 14 BauNVO, Anm. zu Abs. 1. Im Gegensatz zu§ 14 BauNVO ist bei § 1 III 1 18.BimSchV jedoch- von Spindler/Spindler NVwZ 1993, 225 (227) verkannt - eine räumlich-gegenständliche Unterordnung der Einrichtung nicht zwingend; vor allem Parkplätze sollen nämlich nach der Begründung des Verordnungsentwurfs (BR-Drs. 17/91, S. 38) "in der Regel" zu den Einrichtungen i. S. d. § 1 Iß 1 18.BimSchV gehören, obwohl sie vielfach annähernd so groß oder gar größer sind als die Fläche, auf der die eigentliche Sportausübung stattfindet. 678 BR-Drs. 17/91, S. 38. 679 Ebenso Michel/ Kienzle, § 31 GastG, Rn. II. Wegen der Einheitlichkeit der Anlage kann hier auch der Tennisplatz nicht "gesondert" nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung beurteilt werden (a. A. SpindZer I SpindZer NVwZ 1993, 225 (227)). 675

676

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlännschutzverordnung

tes Vereinsheim eines Sportvereins e.V. zweifelsfrei mit einer Sportanlage in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang steht. Die Abgrenzung mag im Einzelfall schwierig sein. Ihre Vomahme hat durch eine wertende Gesamtbetrachtung zu geschehen, bei der alle objektiven und subjektiven Umstände- z. B. Nutzflächenrelation680, Kapazitätsrelation681 , tatsächliche Besucherstruktur682, vom Restaurationsbetreiber vorgegebene und tatsächlich verfolgte Betriebszwecke oder -ziele - zu würdigen sind.

2. Grundsätzliche Verpflichtung der Betreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen zur Einhaltung der in§ 2 II-IV 18. BimSchV festgelegten Immissionsrichtwerte bei bestimmungsgemäßem Anlagenbetrieb zu sportlichen Zwecken gemäߧ 2 I i.V.m. § 118. BimSchV

In § 2 I i.V.m. § 1 18. BimSchV hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates verordnet, daß immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen bei bestimmungsgemäßer Nutzung zum Zwecke der Sportausübung so zu errichten und zu betreiben sind, daß die in § 2 II-IV 18. BlmSchV genannten Immissionsrichtwerte unter Einrechnung der Geräuschimmissionen anderer Sportanlagen nicht überschritten werden. a) Immissionsrichtwerte des§ 2 II-IV 18. BlmSchV und Zuordnung der immissionsbetroffenen Gebiete und Anlagen § 2 II 18. BlmSchV setzt für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden folgende Immissionsrichtwerte fest: - in Gewerbegebieten tags außerhalb der Ruhezeiten tags innerhalb der Ruhezeiten nachts

65 dB(A) 60 dB(A) 50 dB(A)

- in Kemgebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten tags außerhalb der Ruhezeiten tags innerhalb der Ruhezeiten nachts

60 dB(A) 55 dB(A) 45 dB(A)

680 Relation der vom Restaurationsbetrieb beanspruchten Nutzfläche zur Summe der unmittelbar und primär der Sportausübung dienenden Flächen. 681 Kapazität des Restaurationsbetriebs im Verhältnis zur zugelassenen bzw. von der Anlage zu bewältigenden Anzahl der aktiv oder passiv (als Zuschauer) an der Sportausübung Interessierten. 682 Durchschnittliche Anzahl der am Sport auf der Sportanlage aktiv oder passiv (als Zuschauer) interessierten Besucher im Verhältnis zur durchschnittlichen Anzahl der hieran nicht interessierten Besucher.

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlärrnschutzverordnung - in Allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten tags außerhalb der Ruhezeiten tags innerhalb der Ruhezeiten nachts

55 dB(A) 50 dB(A) 40 dB(A)

- in Reinen Wohngebieten tags außerhalb der Ruhezeiten tags innerhalb der Ruhezeiten nachts

50 dB(A) 45 dB(A) 35 dB(A)

- in Kurgebieten, für Krankenhäuser und Pflegeanstalten tags außerhalb der Ruhezeiten tags innerhalb der Ruhezeiten nachts

45 dB(A) 45 dB(A) 35 dB(A)

157

Die Immissionsrichtwerte des § 2 II 18. BhnSchV beziehen sich auf (Beurteilungs-)Mittelungspegel. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen (Spitzenpegel) sollen diese Immissionsrichtwerte gemäß § 2 IV Hs. 1 18. BimSchV tags um nicht mehr als 30 dB(A) und nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Nach§ 2 V 1 18. BlmSchV dauern an Werktagen die Tagzeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr, die Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr und die Ruhezeiten von 6.00 Uhr bis 8.00 Uhr und von 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr. An Sonn- und Feiertagen wird die Tagzeit (7.00 Uhr bis 22.00 Uhr) um eine Stunde verkürzt und die Nachtzeit (22.00 Uhr bis 7.00 Uhr) dementsprechend um eine Stunde verlängert. Die Ruhezeiten liegen an Sonn- und Feiertagen von 7.00 Uhr bis 9.00 Uhr, 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr und 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr, wobei jedoch gemäß § 2 V 2 18. BimSchV die nachmittägliche Ruhezeit nur zu berücksichtigen ist, wenn die Nutzungsdauer der Sportanlage oder der Sportanlagen - zu der auch die Zeiten des An- und Abfahrverkehrs sowie des Zu- und Abgangs gerechnet werden (§ 1 III 2 18. BlmSchV)- an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr vier Stunden oder mehr beträgt.

( 1) Generalisierende Zuordnung der durch Bebauungsplan festgesetzten und in § 2 II 18. BhnSchV genannten Gebiete und Anlagen nach der Art der baulichen Nutzung Aus § 2 II u. VI 1 18. BlmSchV ergibt sich, daß sich die Zuordnung der verschiedenen von Geräuschimmissionen durch Sportanlagen betroffenen Baugebiete und Anlagen nach der im Bebauungsplan normierten Art der baulichen Nutzung zu richten hat, falls ein Bebauungsplan existiert, in dem als Art der baulichen Nutzung eine der in§ 2 II 18. BlmSchV genannten Gebietsarten oder Anlagen festgesetzt ist. Abweichend hiervon ist nach dem Willen des Verordnungsgebers gemäß § 2 VI 3 18. BlmSchV die tatsächliche bauliche Nutzung unter Berücksichtigung der vorgesehenen baulichen Entwicklung des Gebietes maßgeblich, wenn die tat-

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

sächliche bauliche Nutzung im Einwirkungsbereich der Sportanlage(n) erheblich von der im Bebauungsplan festgesetzten baulichen Nutzung abweicht. Mit diesen Bestimmungen bringt der Verordnungsgeber zugleich zum Ausdruck, daß er den Verdichtungsgrad des Baugebiets, d. h. das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare bzw. überbaute Grundstücksfläche683 , sowie etwaige Vorbelastungen684 bei der Bestimmung von Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit solchermaßen beplanter Gebiete und Anlagengrundstücke nicht berücksichtigt wissen will. Deutet bereits der Wortlaut des§ 2 VI 1 u. 3 18. BimSchV auf eine generalisierende und typisierende Zuordnung der beplanten Gebiete und Anlagengrundstücke ausschließlich nach der Art der baulichen Nutzung hin, wenn der Bebauungsplan entsprechende Festsetzungen aufweist, die in § 2 II 18. BimSchV expliziten Niederschlag gefunden haben, so kommt hinzu, daß der Verordnungsgeber vom Deutschen Bundestag ausdrücklich gebeten worden war, mit der Sportanlagenlärmschutzverordnung eine im Spannungsfeld zwischen Sport und Umwelt hervorgetretene Rechtsunsicherheit zu beseitigen und für Verwaltung, Gerichte und Bürger ein "Höchstmaß an Rechtssicherheit" zu schaffen685 , und der Verordnungsgeber gewillt war, diese Aufgabe zu erfüllen686• Infolgedessen muß davon ausgegangen werden, daß bei durch Bebauungsplan festgesetzten und in § 2 II 18. BimSchV genannten Gebieten und Anlagen im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit auf eine mit Hilfe der Faktoren "Verdichtungsgrad" und "Vorbelastung" mögliche "Feinsteuerung"687 bei der Festlegung der Grenze, ab der nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung aus Errichtung und Betrieb von Sportanlagen resultierende Geräuschimmissionen grundsätzlich nicht mehr hingenommen werden müssen, absichtlich verzichtet worden ist und der Verordnungsgeber es hier vielmehr bewußt bei der Art der baulichen Nutzung als allein entscheidendem Kriterium hat bewenden lassen. Daß es zulässig ist, in beplanten Gebieten nicht auf die statthafte, sondern auf die tatsächliche Art der baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der vorgesehenen baulichen Entwicklung des Gebietes abzustellen, wenn die tatsächliche bauliche Nutzung erheblich von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes abweicht (§ 2 VI 3 18. BimSchV), wird an anderer Stelle im Zusammenhang mit der Prüfung der Vereinbarkeit der Sportanlagenlärmschutzverordnung mit höherrangigem Recht näher ausgeführt688 .

683

684 685 686 687 688

Hierzu siehe oben B II 4 c (1) (a) (bb). Hierzu siehe oben B 114 c (2). BT-Drs. 11/6633, S. 3. Vgl. BR-Drs. 17/91, S. 36. Hierzu siehe oben B II 4 c (1) (aa) (bb) u. (2) (b). Hierzu siehe unten C III 2 d.

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlännschutzverordnung

159

(2) Einzelfallbezogene Zuordnung der übrigen Gebiete und Anlagen durch Vergleich mit den in§ 2 li 18. BimSchV genannten Gebieten und Anlagen Wirken sich die Geräusche einer oder mehrerer Sportanlagen auf Gebiete oder Anlagen aus, für die ein Bebauungsplan nicht besteht, so schreibt § 2 VI 2 18. BimSchV vor, diese Gebiete und Anlagen nach § 2 II 18. BimSchV entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Das Gleiche gilt, wenn Sportanlagengeräusche Gebiete oder Anlagen erreichen, für die zwar ein Bebauungsplan existiert, dieser jedoch andere als in § 2 II 18. BimSchV bezeichnete Gebietsarten oder Anlagen festsetzt. Dem Rechtsanwender wird hier somit die Aufgabe gestellt, die in§ 2 II 18. BimSchV erwähnten typisierten Baugebiete und Anlagen mit dem konkret von Geräuschen einer oder mehrerer Sportanlagen betroffenen Gebiet oder mit der konkret beeinträchtigten Anlage zu vergleichen und auf sie die Immissionsrichtwerte derjenigen in § 2 li 18. BimSchV geregelten Gebietskategorie bzw. Anlage anzuwenden, der sie von ihrer Schutzbedürftigkeit am ehesten entsprechen. Ist dem Rechtsanwender die Aufgabe gestellt, immissionsbetroffene Gebiete und Anlagen "entsprechend der Schutzbedürftigkeit" einzustufen (§ 2 VI 2 18. BimSchV), hat er zunächst deren Schutzwürdigkeit festzustellen. Denn Schutzbedürftigkeit setzt Schutzwürdigkeit voraus, wer nicht schutzwürdig ist, kann nicht schutzbedürftig sein. Zur Feststellung der Schutzwürdigkeit eines Gebiets oder einer Anlage reicht es jedoch nicht aus, allein die Art der baulichen Nutzung in den Blick zu nehrnen689• Mitzuberücksichtigen sind vielmehr auch der Verdichtungsgrad des Baugebiets und der Umstand, ob Vorbelastungen i.e.S. zu verzeichnen sind oder nicht690• Letztere sind als Ausdruck des Prioritätsgrundsatzes insbesondere von Bedeutung, wenn die immissionsbetroffenen Grundstücksnutzungen im Außenbereich angesiedelt sind691 . Im Außenbereich ist zudem bedeutsam, ob es sich bei der Sportanlage um eine i. S. d. § 35 I Nr. 5 BauGB privilegierte oder um eine nicht privilegierte bauliche Anlage handelt und ob sie mit einer privilegierten oder mit einer nicht privilegierten immissionsempfindlichen Grundstücksnutzung zusammentrifft692. Eine Mitberücksichtigung dieser Faktoren wird dem Rechtsanwender bei Konflikten, bei denen sich Sportanlagengeräusche auf Gebiete und Anlagen i. S. d. § 2 VI 2 18. BimSchVauswirken, nicht verwehrt. Mit dem in dieser Vorschrift enthal689 Vgl. BVerwG NVwZ 1993, 268 (269) zu § 2 li 2 16.BimSchV, wonach das Maß der Schutzwürdigkeit eines "sonstigen" Gebietes insbesondere von den in diesem Gebiet vorhandenen Nutzungsarten bestimmt wird. Das Bundesverwaltungsgericht geht somit bei der gleichgelagerten Problematik im Rahmen der Verkehrslännschutzverordnung offensichtlich davon aus, daß die Art der baulichen Nutzung für die Einstufung "sonstiger" Gebiete entsprechend der Schutzbedürftigkeit nicht allein maßgeblich ist. 690 Hierzu siehe oben B li 4 c (1) (a) (bb) u. (b) sowie B li 4 c (2) (b). 691 Hierzu siehe oben B li 4 c (2) (b). 692 Hierzu siehe oben B li 4 c (1) (c).

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C. Anforderungen nach der Sportan1agenlärmschutzverordnung

tenen Gebot, diese Gebiete und Anlagen entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit einzustufen, hat der Verordnungsgeber nämlich - trotz des ihm vom Deutschen Bundestag aufgetragenen Anliegens, für Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu sorgen693 - den in§ 2 VI 1 18. BlmSchVeingeschlagenen Pfad der generalisierenden und typisierenden Zuordnung immissionsbetroffener Gebiete und Anlagen wieder verlassen (müssen) und erneut der Einzelfallprüfung den Weg gewiesen, die demzufolge auch hier wie bei der Abgrenzung zwischen nicht schädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BlmSchG durch Geräusche694 unter Einbeziehung auch dieser Einflußgrößen vorzunehmen ist. (3) Zwischenwertbildung im Grenzbereich verschiedener Baugebiete? Hinsichtlich der Grenzziehung zwischen nicht schädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BlmSchG durch Geräusche entspricht es bei Immissionskonflikten im Grenzbereich verschiedener Baugebiete allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur davon auszugehen, daß dort gelegene Grundstücke und Anlagen eine "gewissermaßen abfallende fremde Gebietstendenz" hinzunehmen haben, demgemäß nicht denselben Schutz vor Geräuschimmissionen beanspruchen können wie weiter im Innem der Baugebiete ausgeübte oder ausübbare Grundstücksnutzungen und zur Festlegung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG daher - in nicht schematischer Art und Weise - Mitteloder Zwischenwerte gebildet werden müssen695 • Die Sportanlagenlärmschutzverordnung hingegen verliert über eine Mittel- oder Zwischenwertbildung bei Sportanlagengeräuschen im Grenzbereich verschiedener Baugebiete weder im Verordnungstext noch in der Verordnungsbegründung auch nur ein einziges Wort. Fraglich ist deshalb, ob man annehmen muß, daß der Verordnungsgeber der Sportanlagenlärmschutzverordnung Zwischenwertbildungen in Grenzbereichen verschiedener Baugebiete für so selbstverständlich gehalten hat, daß sie ungeachtet ihrer Nichterwähnung in Verordnungstext und Verordnungsbegründung stets vorzunehmen sind, wenn dort infolge Errichtung oder Betrieb von Sportanlagen Imrnissionskonflikte auftreten, oder ob das Schweigen der Verordnung im Gegenteil gerade als Beleg dafür zu werten ist, daß bei Anwendung der Sportanlagenlärmschutzverordnung eben keine Zwischenwerte zu bilden sind. Aufschluß hinsichtlich dieser Frage und gleichzeitig den Weg für eine differenzierte Antwort gibt bzw. weist§ 2 II u. VI 1 u. 2 18. BlmSchV. Immissionsbetroffenen Gebieten und Anlagengrundstücken, für die ein Bebauungsplan existiert, der als Art der baulichen Nutzung eine der in § 2 II 18. BlmSchV genannten Gebietsarten oder Anlagen festsetzt, hat der Verordnungsgeber generalisierend und typisie693 694 695

BT-Drs. 11/6633, S. 3. Hierzu siehe oben B II 4 c. Hierzu siehe oben B II 4 c (1) (a) (cc) u. (b).

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlärrnschutzverordnung

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rend- weil gemäß § 2 VI 1 18. BlmSchV allein nach der Art der baulichen Nutzung differenzierend - präzise Immissionsrichtwerte zugewiesen696. Dieser dadurch mit Absicht geschaffenen Rechtsklarheit und Rechtssicherheit697 wäre es abträglich, im Grenzbereich verschiedener Baugebiete einzelfallbezogene Mitteloder Zwischenwerte zu bilden, weswegen bei solchermaßen beplanten Gebieten und Anlagengrundstücken jegliche Mittel- oder Zwischenwertbildung zu unterbleiben hat. Die in § 2 II 18. BlmSchV festgelegten Immissionsrichtwerte haben folglich im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit auch schon den immissionsbetroffenen Grundstücksnutzungen am Rande des jeweiligen Baugebiets in vollem Umfang zugute zu kommen. Anders ist die Rechtslage, wenn sich Sportanlagengeräusche auf Gebiete und Anlagen i. S. d. § 2 VI 2 18. BlmSchV auswirken, die der Verordnungsgeber einzelfallabhängig entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit eingestuft wissen wi11698 . Hier besteht keine Veranlassung, eine bauplanungsrechtlich bewirkte "gewissermaßen abfallende fremde Gebietstendenz" von Grundstücken im Grenzbereich verschiedener Baugebiete bei der Ermittlung der immissionsschutzrechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit außen vor zu lassen, weil der Verordnungsgeber insoweit ohnehin keine der an sich erwünschten Rechtsklarheit und Rechtssicherheit dienliche abstrakt-generelle Regelung geschaffen hat. (4) Gebietsunabhängiger Schutz von baulich aber nicht betrieblich mit einer Sportanlage verbundenen Wohnungen Gemäߧ 2 III 18. BlmSchV hat der Sportanlagenbetreiber grundsätzlich sicherzustellen, daß innerhalb von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen von Wohnungen, die baulich aber nicht betrieblich mit der Sportanlage verbunden sind, die von der Sportanlage verursachten Geräuschimmissionen einen Beurteilungspegel von 35 dB(A)/tags und 25 dB(A)/nachts einhalten. Dabei ist es gleichgültig, in welchem Baugebiet die Wohnung gelegen ist. Kurzzeitige Geräuschspitzen (Spitzenpegel) sollen diese Immissionsrichtwerte um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten (§ 2 IV Hs. 2 18. BlmSchV). Wohnungen, die baulich und betrieblich mit einer Sportanlage verbunden sind, z. B. Dienstwohnungen von Hausmeistem und anderen an der Sportanlage Beschäftigten, werden dagegen insoweit von der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht geschützt699 .

696 697 698 699

1l Herr

Hierzu siehe oben C II 2 a (1). Hierzu siehe oben C II 2 a (1). Hierzu siehe oben C II 2 a (2). BR-Drs. 17/91, S. 41.

162

C. Anforderungen nach der Sportan1agen1ärmschutzverordnung

b) Feststellung der Einhaltung oder Nichteinhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV I 8. BimSchV anhand des im Anhang zur Sportanlagenlärmschutzverordnung normierten Geräuschermittlungs- und Beurteilungsverfahrens

Ob beim Betrieb von Sportanlagen die in § 2 li-IV 18. BlmSchV festgelegten Immissionsrichtwerte eingehalten werden, ist gemäߧ 2 VII 18. BimSchV anband des im Anhang zur Sportanlagenlärmschutzverordnung detailliert normierten Geräuschermittlungs- und Beurteilungsverfahrens zu prüfen. Dort ist festgelegt, daß die Geräuschimmissionen bei neu zu errichtenden Sportanlagen durch Prognose700 und bei bestehenden Sportanlagen in der Regel durch Messung701 zu bestimmen sind. Hierbei sind folgende bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Sportanlagen auftretende Geräusche zu berücksichtigen702 : - Geräusche durch technische Einrichtungen und Geräte, - Geräusche durch die Sporttreibenden, - Geräusche durch die Zuschauer und sonstigen Nutzer, - Geräusche, die von Parkplätzen auf dem Anlagengelände ausgehen, - Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen außerhalb der Sportanlage, wenn sie- bei gesonderter Betrachtung und unter sinngemäßer Anwendung des Berechnungsverfahrens der Verkehrslärmschutzverordnung (16.BimSchV)- an mehr als 18 Kalendertagen eines Jahres im Zusammenhang mit der Nutzung der Sportanlage den vorhandenen Pegel der Verkehrsgeräusche rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen. Im Umkehrschluß folgt hieraus, daß sämtliche Geräusche, die auf eine bestimmungswidrige bzw. mißbräuchliche Nutzung einer Sportanlage zurückzuführen sind und I oder aus einer Anlagennutzung zu nicht sportlichen Zwecken resultieren, bei der Beurteilung der Geräuschimmissionen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung unberücksichtigt bleiben703 und die durch den Betrieb einer Sportanlage außerhalb des Anlagengeländes verursachten Verkehrsgeräusche nicht ohne weiteres, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen - und dann gesondert in die Beurteilung der Geräuschimmissionen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung einfließen. Der für die Beurteilung der Geräuschimmissionen maßgebliche Immissionsort ist gelegen704:

Ziff. 1.3.1 i.V.m. Ziff. 2 des Anhangs zur 18.BimSchV. Ziff. 1.3.1 i.V.m. Ziff. 3 des Anhangs zur 18.BlmSchV. 702 Ziff. 1.1 Iit. a-d des Anhangs zur 18.BimSchV. 703 Insoweit bleibt die Sportanlagenlärmschutzverordnung von vornherein außer Anwendung (vgl. hierzu oben C II 1 c u. d). 700

101

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlärrnschutzverordnung

163

- bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb, etwa vor der Mitte des geöffneten, vom Geräusch am stärksten betroffenen Fensters eines zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmten Raumes einer Wohnung, eines Krankenhauses, einer Pflegeanstalt oder einer anderen ähnlich schutzbedürftigen Einrichtung, - bei unbebauten Flächen, die aber mit zum Aufenthalt von Menschen bestimmten Gebäuden bebaut werden dürfen, an dem am stärksten betroffenen Rand der Fläche, wo nach dem Bau- und Planungsrecht Gebäude mit zu schützenden Räumen erstellt werden dürfen, - bei mit der Anlage baulich aber nicht betrieblich verbundenen Wohnungen in dem am stärksten betroffenen, nicht nur dem vorübergehenden Aufenthalt dienenden Raum. Die Sportanlagenlärmschutzverordnung stellt somit bezüglich des maßgeblichen Immissionsorts bei bebauten Grundstücken auf die tatsächliche, bei unbebauten Grundstücken auf die rechtliche Situation des immissionsbetroffenen Grundstücks ab. Das ergibt sich aus dem unterschiedlichen Gesetzeswortlaut Bei unbebauten Flächen kommt es darauf an, wie sie bebaut und genutzt werden dürfen, während bei bebauten Flächen darauf abgehoben wird, wie sie bebaut sind und genutzt werden, ohne weiter danach zu fragen, ob es sich um rechtmäßige oder rechtswidrige bauliche Nutzungen handelt. In der Sportanlagenlärmschutzverordnung ist desweiteren festgelegt, daß der Beurteilungspegel für jede Beurteilungszeit an Werktagen gelten als Beurteilungszeiten tags außerhalb der Ruhezeiten (8.00 bis 20.00 Uhr) ein Zeitraum von zwölf Stunden, tags während der Ruhezeiten (6.00 bis 8.00 Uhr und 20.00 bis 22.00 Uhr) jeweils ein Zeitraum von zwei Stunden, nachts (22.00 bis 6.00 Uhr) die für den Immissionsbetroffenen ungünstigste volle Stunde705 , an Sonn- und Feiertagen gelten als Beurteilungszeiten tags außerhalb der Ruhezeiten (9.00 bis 13.00 Uhr und 15.00 bis 20.00 Uhr) ein Zeitraum von neun Stunden, tags während der Ruhezeiten (7.00 bis 9.00 Uhr, 13.00 bis 15.00 Uhr und 20.00 bis 22.00 Uhr) jeweils ein Zeitraum von zwei Stunden, nachts (0.00 bis 7.00 Uhr und 22.00 bis 24.00 Uhr) die für den Immissionsbetroffenen ungünstigste volle Stunde706 ; abweichend hiervon gilt als Beurteilungszeit ein Zeitraum von vier Stunden, wenn die gesamte Nutzungszeit der Sportanlagen weniger als vier Stunden beträgt und davon mehr als 30 Minuten in die Zeit von 13.00 bis 15.00 Uhr fallen 707 704 Ziff. 1.2 lit. a-c des Anhangs zur 18.BimSchV. Bei Ermittlung der Geräuschimmissionen durch Messung sind darüberhinaus weitere Einzelheiten in Ziff. 3.2.2.1 lit. a-c des Anhangs zur 18.BimSchV geregelt. 705 Ziff. 1.3.2.1 des Anhangs zur 18.BimSchV. 706 Ziff. 1.3.2.2 des Anhangs zur 18.BimSchV.

11*

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärrnschutzverordnung

- gesondert zu ennitteln ist. Bei Impulsen und I oder auffälligen Pegeländerungen, wie z. B. bei Aufprallgeräuschen von Bällen, Geräuschen von Startpistolen, Trillerpfeifen oder Signalgebem, nicht aber bei Geräuschen durch die technisch nicht verstärkte menschliche Stimme, ist ein Zuschlag zu berücksichtigen bzw. die Anwendung des - den Zuschlag bereits beinhaltenden - Taktmaximalverfahrens (Taktzeit: 5 Sekunden) vorgeschrieben708 . Bei Anlagen, deren Geräuschimmissionen durch das Taktmaximalverfahren zu bestimmen sind, ist allerdings dann wiederum ein Abschlag von 3 dB(A) vorzunehmen, wenn sie vor Inkrafttreten der Sportanlagenlännschutzverordnung baurechtlich genehmigt oder - sofern eine Baugenehmigung nicht erforderlich war- errichtet waren709 . Weitere Zuschläge von bis zu 6 dB(A) sind vorgesehen bei erhöhter Belästigung durch Mithören ungewünschter Infonnationen, was in der Regel nur bei Lautsprecherdurchsagen oder Musikwiedergaben der Fall ise 10, oder bei erhöhter Belästigung durch herausragende Einzeltöne, welche jedoch bei Sportanlagen in der Regel nicht vorkommen711 • Die ennittelten Beurteilungspegel werden alsdann - bei Ennittlung durch Prognose direkt, bei Ennittlung durch Messung nach Vomahme eines Abzugs von 3 dB(A)- den Immissionsrichtwerten des § 2 II-IV 18. BimSchV gegenüber gestellt712 • c) Keine ausnahmslose Geltung der Verpflichtung zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte des§ 2 II-IV 18. BlmSchV

Die in§ 2 I i.V.m. § 1 18. BlmSchV nonnierte Verpflichtung zur Einhaltung der in§ 2 II-IV 18. BimSchV genannten Immissionsrichtwerte gilt nicht ausnahmslos. In welchen Fällen und aus welchen Gründen Sportanlagenbetreiber trotz Überschreitung der Immissionsrichtwerte zur Durchführung (weiterer) geräuschmindernder Maßnahmen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht oder nicht mehr verpflichtet sind bzw. welche Maßnahmen sie von vornherein oder unter bestimmten Voraussetzungen nicht ergreifen müssen, wird nachfolgend näher erörtert.

101

708 709

710 711 712

Ziff. 1.3.2.2 des Anhangs zur 18.BimSchV. Im einzelnen siehe hierzu Ziff. 1.3.3 des Anhangs zur 18.BimSchV. Ziff. 1.3.3 des Anhangs zur 18.BlmSchV. So jedenfalls Ziff. 1.3.4 des Anhangs zur 18.BimSchV. So jedenfalls Ziff. 1.3.4 des Anhangs zur 18.BimSchV. Ziff. 1.6 des Anhangs zur 18.BimSchV.

li. Regelungsinhalt der Sportanlagenlännschutzverordnung

165

3. Teleologische Reduktion der Verpflichtung zur Einhaltung der in§ 2 II-IV 18. BlmSchV festgelegten Immissionsrichtwerte bei formell und materiell öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechenden immissionsbetroffenen Grundstücksnutzungen Die in § 2 II-IV 18. BimSchV festgelegten Immissionsrichtwerte können nicht nur deswegen überschritten sein, weil es auf den Sportanlagen zu laut zugeht. Ursache von Richtwertüberschreitungen kann vielmehr auch die Rechtswidrigkeit der immissionsbetroffenen Grundstücksnutzung sein, wenn zum Beispiel der Nachbar einer Sportanlage unter Mißachtung bauordnungsrechtlich oder durch Bebauungsplan vorgeschriebener Abstandsflächen sein Wohnhaus zu nahe an die Sportanlage herangebaut hat, wenn die von einer Sportanlage herrührenden Geräuschimmissionen in die Wohnung eines Anwohners hauptsächlich infolge eines baurechtlich unzulässigen Schlafzimmerfensters eindringen713 oder wenn baulich aber nicht betrieblich mit einer Sportanlage verbundene Räume baurechtswidrig zu Wohnzwekken genutzt werden714. Es erhebt sich die Frage, ob man von den Sportanlagenbetreibem auch bei diesen und ähnlichen Konstellationen verlangen kann, die Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV grundsätzlich einzuhalten. Dafür spräche § 2 I 18. BimSchV, der von seinem Wortlaut her ebenso wie alle übrigen Vorschriften der Sportanlagenlärmschutzverordnung eine Differenzierung zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen immissionsbetroffenen Grundstücksnutzungen nicht vornimmt. Dagegen wäre anzuführen, daß immissionsbetroffene Grundstücksnachbarn eine unterschiedliche Schutzwürdigkeit aufweisen je nach dem, ob die von Ihnen ausgeübte Grundstücksnutzung in Übereinstimmung mit den öffentlichrechtlichen Vorschriften steht, (wenigstens) in der Vergangenheit während eines nicht unerheblichen Zeitraums gestanden hat und I oder sich (zumindest) auf eine unanfechtbare Baugenehmigung stützen läßt und somit baurechtliehen Bestandsschutz (Art. 14 I 1 GG) genießt715 oder ob diese Grundstücksnutzung seit ihrer Aufnahme ununterbrochen sowohl formell als auch materiell den öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Wer in einem "Schwarzbau" sitzt, hat weniger Schutz verdient als derjenige, der geltendes Recht beachtet (hat) und I oder (zumindest) auf einen staatlichen Genehmigungsbescheid verweisen kann, der von niemandem mit Erfolg angefochten worden und deshalb in Bestandskraft erwachsen ist. Desweiteren muß Beachtung finden, daß es nicht Intention der Sportanlagenlärmschutzverordnung sein kann, Menschen auch insoweit vor Geräuschimmissio713 Vgl. hierzu BVerwGE 91, 92 ff. u. Jarass JZ 1993, 601 (604 f.), jeweils zu §§ 22 ff. BimSchG. 714 Vgl. hierzu BVerwGE 90, 53 (56) zu§ 5 I Nr. 3 GaststättenG. 715 Zum baurechtliehen Bestandsschutz: BVerwGE 3, 351 (354 f.); 5, 351 (352 f.); Sendler. in: HdUR, S. 269 f.

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

nen zu schützen, als sie ihnen nur deshalb ausgesetzt sind, weil sie sich selbst gänzlich ins Unrecht gesetzt haben. Die gegenteilige Annahme bedeutete nämlich eine nachteilige Sonderregelung für den Sport, weil Wohnnachbarn gegen Geräuschimmissionen de lege lata nach keiner Rechtsvorschrift Schutz beanspruchen können, insoweit die Beeinträchtigung Folge des eigenen sowohl formell als auch materiell rechtswidrigen Verhaltens ist und bei rechtmäßigem (Alternativ-)Verhalten nicht zu verzeichnen wäre716. Nachteilige Sonderregelungen für den Sport wollte der Verordnungsgeber mit der Sportanlagenlärmschutzverordnung jedoch nicht verabschieden717 • Als Zwischenergebnis kann somit festgehalten werden, daß gegenüber formell und materiell öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechenden immissionsbetroffenen Grundstücksnutzungen nicht von vornherein von einer grundsätzlichen Verpflichtung zur Einhaltung der in § 2 II-IV 18. BlmSchV festgelegten Immissionsrichtwerte ausgegangen werden kann. Allerdings gilt auch hier718, daß ein Nachbar durch formell und materiell rechtswidrige Grundstücksnutzung nicht automatisch und stets seine gesamte Schutzwürdigkeit gegenüber Geräuschimmissionen verwirkt. Es wäre ihm gegenüber unangemessen und für die Sportanlagenbetreiber eine nicht begründbare "Überkompensation", wenn jeder (noch so ,,kleine") Verstoß gegen irgendeine öffentlich-rechtliche Vorschrift immer den völligen Verlust des von der Sportanlagenlärmschutzverordnung gewährten Schutzes vor Geräuschimmissionen zur Folge hätte. Wenn zum Beispiel ein mit einer Sportanlage baulich aber nicht betrieblich verbundener Raum, der die bauordnungsrechtlich zwingend vorgeschriebene Mindesthöhe um 10 cm unterschreitet, deshalb als Wohnraum nicht genehmigungsfähig ist, aber als Wohnraum genehmigungsfähig wäre, wenn er eben jene 10 cm höher wäre, ungenehmigt zu Wohnzwecken genutzt wird, wäre es nämlich nicht sachgerecht, zu Lasten des Wohnnachbarn und zum Vorteil des Sportanlagenbetreibers hinsichtlich des durch die Sportanlagenlärmschutzverordnung vermittelten Schutzes gegenüber Geräuschimmissionen Abstriche zu machen oder ihn gar gänzlich zu versagen, weil die Immissionssituation durch diesen bauordnungsrechtlichen Verstoß überhaupt nicht berührt wird. Anders sieht es hingegen aus, wenn ein solcher Raum beispielsweise lediglich deshalb nicht zu Wohnzwecken genutzt werden darf, weil die (Schall-)Isolierung der Wände bauordnungsrechtlich zwingenden Mindestenordernissen nicht genügt. Anders sieht es auch aus, wenn zu Wohnzwecken zulässigerweise genutzte Räume dort, wo die von einem Sportanlagenbetrieb herrührenden Geräuschimmissionen am stärksten sind, ein ungenehmigtes und zu keinem Zeitpunkt genehmigungsfähiges Fenster aufweisen und die Geräusche somit Ieich716 Zur Maßgeblichkeit der (fiktiven) Umweltsituation bei rechtmäßigem Alternativverhalten bei der Anwendung des§ 22 I I Nr. I u. 2 BlmSchG siehe oben B II 5 a u. 6 b (2) (b). 7!7 Vgi.BR-Drs. I7/I/9l,S.42. 718 Zur vergleichbaren Problematik bei § 22 I I Nr. I u. 2 BlmSchG siehe oben B II 5 a u.

6 b (2) (b).

li. Regelungsinhalt der Sportanlagenlärmschutzverordnung

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ter in den Innenwohnbereich eindringen können. Erst recht anders sieht es aus, wenn der Wohnnachbar in einem Anwesen wohnt, das ohne Genehmigung in einer Entfernung von lediglich l 0 m von der Grenze zu einer Sportanlage errichtet wurde, obschon in einem gültigen Bebauungsplan ein Mindestabstand von 50 m vorgesehen ist. Aus alledem ergibt sich, daß Immissionsbetroffene bei Verwirklichung einer formell und materiell rechtswidrigen Grundstücksnutzung ein Mehr an Geräuschbelastung hinzunehmen haben, wenn und soweit es aus der Nichtbeachtung öffentlichrechtlicher Vorschriften resultiert und bei einer unter (fiktiver) Zugrundelegung rechtmäßiger Verhältnisse und Verhaltensweisen bestehenden Umweltsituation nicht zu verzeichnen wäre. Die nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung bestehende grundsätzliche Verpflichtung der Sportanlagenbetreiber zur Einhaltung der in§ 2 II-IV 18. BimSchV festgelegten Immissionsrichtwerte ist insoweit teleologisch reduziert und der Sportanlagenbetreiber folglich insoweit nicht verpflichtet, immissionsmindernde Maßnahmen zu ergreifen.

4. Wegfall der Verpflichtung zur Einhaltung der in§ 2 11-IV 18. BlmSchV festgelegten Immissionsrichtwerte bei Überlagerung durch ständig vorherrschende rechtlich nicht zu verhindernde Fremdgeräusche

In § 5 I 18. BimSchV ist bestimmt, daß die zuständige Behörde von Nebenbestimmungen zu erforderlichen Zulassungsentscheidungen und Anordnungen zur Durchführung der Sportanlagenlärmschutzverordnung absehen soll, wenn die von der Sportanlage ausgehenden Geräusche durch ständig vorherrschende Fremdgeräusche überlagert werden. Das wird angenommen, wenn der nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung ermittelte Beurteilungspegel der zu beurteilenden Sportanlage(n) unter Einschluß gegebenenfalls anzusetzender Zuschläge für Impulshaltigkeit und I oder auffällige Pegeländerungen während mehr als 95% der Nutzungszeit der Sportanlage(n) von Fremdgeräuschen, d. h. von Geräuschen, die am maßgeblichen Immissionsort719 unabhängig von den Geräuschen der zu beurteilenden Sportanlage(n) auftreten, übertroffen wird720. Zur Begründung für die Schaffung dieser Regelung hat die Bundesregierung ausgeführt, daß die von einer Sportanlage ausgehenden Geräusche unter der genannten Bedingung in der Umgebung keine wesentliche Erhöhung des Geräuschpegels bewirkten721 . Sie hat sich dabei auf einen Bericht eines Arbeitskreises der Projektgruppe "Gewerbelärm" beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gestützt722 und die in der Lärmwirkungsforschung nicht unum719 720

121 122

Ziff. 1.2 u. 3.2.2.1 des Anhangs zur 18.BimSchV. Ziff. 1.4 des Anhangs zur 18.BimSchV. BR-Drs. 17/91, S. 45 u. 54. Vgl. BR-Drs. 17/91, S. 54.

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C. Anforderungen nach der Sportan1agenlärmschutzverordnung

strittene Frage, wann bei Geräuschen von einer Überlagerung durch Fremdgeräusche ausgegangen werden könne, für den Bereich der Sportanlagenlärmschutzverordnung in vertretbarer Weise723 verbindlich entschieden. Die Vorschrift des § 5 I 18. BimSchV differenziert beim Tatbestandsmerkmal der Überlagerung durch "ständig vorherrschende Fremdgeräusche" nicht danach, ob es sich um Fremdgeräusche handelt, gegen die rechtlich nicht vorgegangen werden kann, oder ob rechtlich durchaus verbinderbare Fremdgeräusche gegeben sind, gegen die aus welchen Gründen auch immer nicht vorgegangen wird. § 5 I 18. BimSchV ist folglich auf jede der beiden Fallkonstellationen anwendbar. Er enthält als Rechtsfolge ein Vollzugsverbot der Sportanlagenlärmschutzverordnung für den Rege/fall, welches insbesondere bei der Erteilung von Baugenehmigungen für Sportanlagen724, von Erlaubnissen nach dem Gaststättengesetz für den Betrieb von Stadiongaststätten und Vereinsheimen725 und als Ermessensreduktion bei der Anwendung des auch der Durchführung der Sportanlagenlärmschutzverordnung als einer auf das Bundes-Immissionsschutzgesetz gestützten Rechtsverordnung dienenden § 24 Satz 1 BimSchG zu beachten ist. Über die Regelung des § 5 I 18. BimSchV hinausgehend sind Sportanlagenbetreiber, auch wenn sie mit den ihren Anlagen nach Ziff. 1.1 des Anhangs zur 18. BimSchV zuzurechnenden Geräuschen die Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV überschreiten, nicht nur im Regelfall, sondern in jedem Fall der Verpflichtung zur Durchführung immissionsmindernder Maßnahmen enthoben, wenn die ihren Sportanlagen zuzurechnenden Geräusche durch ständig vorherrschende und de lege lata rechtlich nicht zu verhindernde Fremdgeräusche Dritter überlagert werden. Bei solchen Konstellationen wirken sich nämlich die Geräusche der "überlagerten" Sportanlagen bei der Gesamtgeräuschbelastung am maßgeblichen Immissionsort nicht nur momentan, sondern auf unabsehbare Zeit nicht aus. Wer aber als Sportanlagenbetreiber auf unabsehbare Zeit zur Gesamtimmissionsbelastung keinen kausalen Beitrag leistet, ist aus tatsächlichen Gründen auf unabsehbare Zeit gar nicht in der Lage, durch irgendwelche Maßnahmen zu einer Verringerung der Gesamtimmissionsbelastung beizutragen. Ihn aktuell zur Durc~führung geräuschmindernder Maßnahmen zu verpflichten, ergäbe deshalb keinen Sinn. Zur Durchführung sinnloser Maßnahmen sollen Sportanlagenbetreiber jedoch auch nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht verpflichtet sein. Die Sportanlagenlärmschutzverordnung verlangt daher nicht die Einhaltung der in ihr genannten Immissionsrichtwerte, wenn feststeht, daß eine Einhaltung frühestens nach entsprechenden Rechtsänderungen durch die gesetzgebenden Organe auf die Gesamtgeräuschbelastung der Allgemeinheit und der Nachbarschaft Auswirkungen zeitigen könnte726. 723 Zu den verschiedenen in der Lärmwirkungsforschung zur Frage der Überlagerung durch ständig vorherrschende Fremdgeräusche vertretenen Auffassungen siehe oben B II 5 b. 724 Vgl. BR-Drs. 17191, S. 44 f.; BR-Drs. 17 I 1191, S. 24. ns Vgl. BR-Drs. 17 I 1191, S. 24.

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlärrnschutzverordnung

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5. Maßnahmen zur Einhaltung der in§ 2 II-IV 18. BimSchV festgelegten Immissionsrichtwerte

Sind die beiden vorgenannten Ausnahmefälle727 nicht gegeben, sind die Sportanlagenbetreiber bei Nichteinhaltung der in§ 2 II-IV 18. BimSchV genannten Immissionsrichtwerte verpflichtet, technische, bauliche, betriebliche und I oder organisatorische Maßnahmen728 zur Geräuschverminderung zu treffen. Welche Maßnahmen hierbei im einzelnen in Frage kommen und ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen geräuschmindernde Maßnahmen trotz Immissionsrichtwertüberschreitung nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht oder nicht mehr ergriffen werden müssen, wird im folgenden näher untersucht. a) Maßnahmen nach§ 3 18. BlmSchV

Wenn bei bestimmungsgemäßem Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen zum Zwecke der Sportausübung die in§ 2 IIIV 18. BimSchV genannten Immissionsrichtwerte nicht eingehalten werden, hat der Sportanlagenbetreiber gemäß § 3 18. BimSchV zur Erfüllung seiner Pflichten nach§ 2 I 18. BimSchV insbesondere, und zwar von sich aus729, - an Lautsprecheranlagen und ähnlichen Einrichtungen technische Maßnahmen, wie dezentrale Aufstellung von Lautsprechern und Einbau von Schallpegelbegrenzern, zu treffen, - technische und bauliche Schallschutzmaßnahmen, wie die Verwendung lärmgeminderter oder lärmmindernder Ballfangzäune, Bodenbeläge, Schallschutzwände und -wälle, zu treffen, - Vorkehrungen zu treffen, daß Zuschauer keine übermäßig lärmerzeugenden Instrumente wie pyrotechnische Gegenstände oder druckgasbetriebene Lärmfanfaren verwenden, und - An- und Abfahrtswege und Parkplätze durch Maßnahmen betrieblicher und organisatorischer Art so zu gestalten, daß schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche auf ein Mindestmaß beschränkt werden.

726 727 728 729

Zur Parallelproblematik bei § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BlmSchG siehe oben B II 5 b u. 6 a. Siehe oben C II 3 u. 4. Vgl. BR-Drs. 17/91, S. 43 f. So mit Recht Stange NWVBL 1992, 153 (159).

170

C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

b) Sonstige zur Geräuschminderung zu ergreifende Maßnahmen

Wie dem Wortlaut ("insbesondere") des § 3 18. BlmSchV unschwer zu entnehmen ist, ist der vorstehend wiedergegebene Maßnahmenkatalog nicht abschließend. Auch aus der Begründung des Verordnungsentwurfs ergibt sich, daß § 3 18. BimSchV lediglich beispielhaft Hinweise auf geräuschmindernde Maßnahmen enthält730. Solange die Einhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV nicht sichergestellt ist, kommen daher weitere Maßnahmen in Betracht. So kann es etwa geboten sein, - dafür Sorge zu tragen, daß auch Funktionäre und Betreuer keine übermäßig lärmerzeugenden Instrumente einsetzen, - den Einsatz von Startschußpistolen zu reduzieren bzw. gänzlich in Wegfall treten zu lassen und ihn erforderlichenfalls etwa durch die Verwendung einer Anlage zur elektronischen Startauslösung zu kompensieren, - den Betrieb der Stadion- oder Platzlautsprecheranlage zu verringern bzw. sie nur noch in Notsituationen bei Gefahr für Leib oder Leben zu betätigen und sie im übrigen erforderlichenfalls etwa durch (elektronische) Anzeigetafeln zu ersetzen, - Türen und Fenster der Stadiongaststätte oder des Vereinsheims während der Betriebszeiten geschlossen zu halten. Die Maßnahmen zur Minderung der Geräuschimmissionen von Sportanlagen sind vielfältig. Ihre Aufzählung kann daher auch hier nicht erschöpfend sein. Soweit eine oder einige von ihnen genügen, um die aus§ 2 I i.V.m. § I 18. BimSchV resultierende Verpflichtung zu erfüllen, bleiben ihre Auswahl, Reihenfolge und Kombination dem jeweiligen Sportanlagenbetreiber überlassen. Klarstellend anzumerken ist an dieser Stelle, daß Sportanlagenbetreiber nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung selbstredend nicht zu Maßnahmen verpflichtet sind, die lediglich der Minderung solcher Geräuschimmissionen dienen, die infolge nicht nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung zu beurteilender Nutzungen der Sportanlage(n) entstehen. So bestehen für die Anlagenbelreiber nach dieser Rechtsverordnung beispielsweise keinerlei Verpflichtungen zu geräuschmindernden Maßnahmen bei Abhaltung von Gottesdiensten, Volksfesten, Gewerkschaftskundgebungen, Wanderzirkusveranstaltungen oder weder unmittelbar noch mittelbar der Sportausübung auf der jeweiligen Sportanlage dienenden Musikdarbietungen. Ebensowenig besteht nach dieser Rechtsverordnung für die Sportanlagenbetreiber eine Verpflichtung zur Durchführung geräuschmindernder Maßnahmen bei bestimmungswidrigen bzw. mißbräuchlichen Benutzungen der Sportanlage(n), weil die hieraus resultierenden Geräuschimmissionen den Sportanlagenbetreibern gemäß § 2 VII 18. BimSchV i.V.m. Ziffer 1.1 des Anhangs zur 18. BimSchV gar nicht zugerechnet werden. 730

BR-Drs. 17/91, S. 43.

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlärmschutzverordnung

171

c) Nur unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen oder gar nicht zu ergreifende Maßnahmen

Zu erörtern bleibt, ob Sportanlagenbetreiber nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung bei bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Sportanlagen zum Zwecke der Sportausübung gegebenen oder ernstlich zu erwartenden Überschreitungen der Immissionsrichtwerte des§ 2 II-IV 18. BlmSchV prinzipiell alle zur Geräuschminderung geeigneten Maßnahmen ergreifen oder ob sie zu bestimmten Maßnahmen nur bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen greifen müssen und ob sie bei bestimmten anderen geräuschmindernden Maßnahmen der Pflicht zu ihrer Durchführung von vomherein enthoben sind. Nach dem Wortlaut des § 3 18. BlmSchV731 scheint Erstgenanntes zuzutreffen. Doch der Schein trügt: (l) Zeitliche Beschränkungen des Sportbetriebs auf der Sportanlage nur unter Beachtung der in§ 5 li-V 18. BlmSchV zusätzlich normierten Voraussetzungen Nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung sind Sportanlagenbetreiber von sich aus selbst dann nicht ohne weiteres zu zeitlichen Beschränkungen des Sportbetriebs - weder des gesamten noch einzelner Teile des Sportbetriebs732 - auf der Sportanlage verpflichtet, wenn nach Ausschöpfung aller anderen Maßnahmen zur Minderung der Geräuschimmissionsbelastung die in § 2 II-IV 18. BlmSchV festgelegten Immissionsrichtwerte noch immer überschritten werden. Das liegt daran, daß der Verordnungsgeber bezüglich der Verpflichtung zu Betriebszeitbeschränkungen in§ 5 li-V 18. BlmSchV besondere Regelungen getroffen und ihr Gebotensein anders als das aller übrigen Maßnahmen zur Verringerung von Geräuschimmissionen über die Immissionsrichtwertüberschreitung hinaus an das Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen geknüpft hat. Welche Voraussetzungen das im einzelnen sind, wird im Zusammenhang mit der Prüfung der Vereinbarkeil des§ 5 II-V 18. BlmSchV mit höherrangigem Recht näher dargelegt733 . An dieser Stelle ist es genügend, aber auch erforderlich darauf hinzuweisen, daß es sich bei § 5 li-V 18. BlmSchV nicht um das Ermessen der zuständigen Behörde steuernde Regelungen, sondern vielmehr um echte Tatbestandsvoraussetzungen handelt, die erfüllt sein müssen, damit Sportanlagenbetreiber die Verpflichtung trifft, den Sportanlagenbetrieb auf den Sportanlagen zeitlich einzuschränken.

Arg.: "insbesondere". Vgl. z. B. BVerwGE 81, 197 (205): Untersagung der Ausübung des Fußballsports auf der Sportanlage an Sonn- und Feiertagen sowie an Werktagen nach 19.00 Uhr. 733 Hierzu siehe unten C III 4. 731

732

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C. Anforderungen nach der Sportan1agenlärmschutzverordnung

Zwar richtet sich§ 5 18. BimSchV von seinem Wortlaut her an die "zuständige Behörde" und soll nach der Begründung des Verordnungsgebers 734 regeln, wie diese bei Nebenbestimmungen zu erforderlichen Zulassungsentscheidungen und bei Anordnungen zu verfahren hat. Gleichwohl greift es zu kurz,§ 5 18. BimSchV als ermessenssteuernde Regelung zu begreifen735 • Die in § 5 II-V 18. BimSchV normierten materiellrechtlichen Anforderungen für die Festsetzung von Betriebszeiten müssen vielmehr - soweit wirksam736 - bereits bei der Beantwortung der Frage beachtet werden, ob und gegebenenfalls inwieweit die Sportanlagenbetreiber nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung von sich aus gehalten sind, bei Überschreitung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV den Sportbetrieb auf den Sportanlagen einzuschränken. Es würde nämlich der in § 5 II-V 18. BimSchV zum Ausdruck gekommene Wille des Verordnungsgebers konterkariert und dem Zweck der Bestimmung nicht hinreichend Rechnung getragen werden, wenn man nur die Befugnis der "zuständigen Behörde" zur Anordnung von Betriebszeiten über die Nichteinhaltung der Inunissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BlmSchV hinaus an das Vorliegen weiterer ausdrücklich normierter Voraussetzungen knüpfte, die Sportanlagenbetreiber selbst aber schon bei (bloßer) Überschreitung der Richtwerte für verpflichtet hielte, von sich aus zeitliche Beschränkungen des gesamten oder eines Teils des Sportbetriebs auf den Sportanlagen vorzunehmen. Ein Sportanlagenbetreiber kann von sich aus nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung zwecks Einhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV nur zur Durchführung solcher geräuschmindernder Maßnahmen verpflichtet sein, die ihm nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung auch von der "zuständigen Behörde" rechtmäßig durch Verwaltungsakt aufgegeben werden könnten. Infolgedessen müssen Sportanlagenbetreiber nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung von sich aus den Sportbetrieb auf ihrer Sportanlage nur insoweit zeitlich einschränken, als neben einer Überschreitung der in§ 2 II-IV 18. BimSchV festgelegten Immissionsrichtwerte zusätzlich die Voraussetzungen des § 5 II-V 18. BlmSchV gegeben sind. (2) Keine Verpflichtung zur Anordnung der Bestandteile einer Sportanlage unter dem Gesichtspunkt gegenseitiger Geräuschabschirmung Im Wege historischer Gesetzesauslegung ergibt sich, daß nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung Sportanlagenbetreiber von vomherein nicht verpflichtet sind, Anlagen und Anlagenteile wie Übungsplätze, Zuschauertribünen oder Restaurationsbetriebe unter dem Gesichtspunkt (optimaler) gegenseitiger Geräuschabschirmung einander baulich zuzuordnen. Der Umweltausschuß des Bundesrates Vgl. BR-Drs. 17/91, S. 44; BR-Drs. 17 I 1/91, S. 24. So aber offenbar OVG Münster NVwZ 1994, 1018 f.; Bender/Sparwasser/Engel, S. 385 f.; Spindler/Spindler NVwZ 1993,225 (228 f .); Schink DVBI. 1992,515 (520). 736 Hierzu siehe unten C III 4. 734 735

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlännschutzverordnung

173

wollte nämlich exakt diese - unter Immissionsschutzgesichtspunkten zweifellos äußerst sinnvolle- Maßnahme in§ 3 Nr. 4 18. BimSchV verankern, der Innenausschuß des Bundesrates stellte sich dem entgegen737 . Da der Bundesrat den Änderungsantrag des Umweltausschusses ausdrücklich abgelehnt und sich bei seiner Zustimmung zum Verordnungsentwurf ganz bewußt dem Votum des Innenausschusses angeschlossen hat, scheidet eine Verpflichtung der Sportanlagenbetreiber zur Durchführung dieser Maßnahme auf der Grundlage der Sportanlagenlärmschutzverordnung folglich in jedem Falle aus. (3) Keine Möglichkeit zu ,,kompensierender" Geldzahlung

bei Immissionsrichtwertüberschreitung

Von vornherein scheidet in jedem Falle auch aus die Verpflichtung eines Sportanlagenbetreibers, etwaige Überschreitungen der Immissionsrichtwerte des § 2 IIIV 18. BlmSchV durch Geldzahlungen an immissionsbetroffene Nachbarn- entweder zweckgebunden für passiven Schallschutz oder zu deren freier Verfügungzu ,,kompensieren". Zu einer solchen Maßnahme sind Sportanlagenbetreiber (auch) nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht einmal berechtigt.

Die Sportanlagenlärmschutzverordnung basiert auf der Konzeption, daß zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen (vgl. §§ 23 I 1 BlrnSchG, 5 II Hs. 2 18. BlrnSchV) die Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BlmSchV grundsätzlich einzuhalten sind. Soweit sie ausnahmsweise Richtwertüberschreitungen hinnimmt, haben Sportanlagenbetreiber hierfür keinen "Geldausgleich" zu zahlen. Eine solche Maßnahme ist in der Sportanlagenlärmschutzverordnung weder vorgesehen noch angelegt, für sie entbehrte der Verordnungsgeber im übrigen auch der Ermächtigung, weil Geldausgleichspflichten für Anlagenbelreiber nicht unter die "bestimmten Anforderungen" i. S. d. § 23 I 1 BimSchG subsumiert werden können, die in Rechtsverordnungen an Errichtung, Beschaffenheit und Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen gestellt werden dürfen. Die Berechtigung zu ,,kompensierenden" Geldzahlungen an immissionsbetroffene Nachbarn fehlt den Sportanlagenbetreibem deshalb, weil die Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht nur dem Schutz der Nachbarschaft, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz der Allgemeinheit dient (vgl. § 5 II Hs. 2 18. BlrnSchV), weswegen Sportanlagenbetreiber und Nachbarn einen Verzicht auf die Einhaltung der Anforderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung gegen Geldzahlung nicht wirksam vereinbaren können738.

BR-Drs. l7/1/91,S. 22. Zur Unmöglichkeit, die aus § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG resultierende Rechtspflicht durch ,,kompensierende" Geldzahlung zu erfüllen, siehe oben B II 6 c. 737

738

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

d) Begrenzung der Maßnahmen durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Bei isolierter Betrachtung des § 2 18. BlmSchV könnte man zu der Ansicht gelangen, daß die Sportanlagenlärmschutzverordnung bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Sportanlagen zum Zwecke der Sportausübung von den Sportanlagenbetreibern die strikte Einhaltung der in dieser Vorschrift festgelegten Immissionsrichtwerte verlange. Zum einen heißt es nämlich in § 2 I 18. BlmSchV, daß Sportanlagen so zu errichten und zu betreiben sind, daß die in den Absätzen 2 bis 4 genannten Immissionsrichtwerte unter Einrechnung der Geräuschimmissionen anderer Sportanlagen nicht überschritten werden, zum andern ist in § 2 II-IV 18. BlmSchV differenziert nach Tages-, Nacht- und Ruhezeiten für verschiedene Immissionsorte jeweils ein bestimmter Richtwert festgesetzt und nicht etwa nur ein anzustrebender Orientierungswert (mit Toleranzkorridor) angegeben. Folglich liegt es - ungeachtet dessen, daß nicht von "Grenzwerten" oder "Höchstwerten"739, sondern von "Richtwerten" die Rede ist- vom Gesetzeswortlaut her nahe, daß sich die Sportanlagenbetreiber nach den präzisen ,,Richtwerten" auch präzise "zu richten" haben. Doch das ist- wie gezeigt740 - nicht der Fall. Es ist aber nicht nur deshalb nicht der Fall, weil die Sportanlagenbetreiber bei bestimmten Konstellationen zur Durchführung geräuschmindernder Maßnahmen nicht oder nur in eingeschränktem Umfang verpflichtet sind741 bzw. bestimmte geräuschmindernde Maßnahmen entweder überhaupt nicht742 oder nur und insoweit durchführen müssen, als neben der Überschreitung der in § 2 li-IV 18. BimSchV festgelegten Immissionsrichtwerte weitere Voraussetzungen gegeben sind743 , sondern auch deswegen, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als "Allgemeiner Grundsatz des Verwaltungsrechts"744 mit Verfassungsrang745 der Verpflichtung zur Durchführung technischer, baulicher, betrieblicher und I oder organisatorischer Maßnahmen zur Reduzierung von Geräuschimmissionen Schranken setzt. Infolgedessen müssen von Verfassungs wegen Immissionsrichtwertüberschreitungen hingenommen werden, wenn die Sportanlagenbetreiber die Immissionsrichtwerte mit verhältnismäßigen Mitteln nicht einhalten können. Das verfassungsrechtliche Übermaßverbot bewahrt die Sportanlagenbetreiber auch hier vor der Verpflichtung, wirtschaftlich unvernünftige Maßnahmen durchführen zu müssen, also vor solchen Maßnahmen, bei denen zwischen (Investitions-)Aufwand und erreichbarer Immissionsentlastung im konkreten Fall ein Mißverhältnis bestünde746. 739 Von Grenzwerten ist in der Sportanlagenlärmschutzverordnung nie, von Höchstwerten lediglich einmal in§ 5 V Nr. I 18.BlmSchV die Rede. 740 Siehe oben C li 3, 4 u. 5 c (I) u. (2). 741 Siehe oben C li 3 u. 4. 742 Siehe oben C li 5 c (2). 743 Siehe oben C li 5 c (I). 744 St. Rspr. des BVerwG seit BVerwGE I, 263 (265). 745 St. Rspr. des BVerfG seit BVerfGE 19, 342 (348 f.); Hesse, S. 84.

II. Regelungsinhalt der Sportanlagenlärrnschutzverordnung

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Das verfassungsrechtliche Übermaßverbot bewahrt den einzelnen Sportanlagenbetreiber, solange schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BlmSchG hervorgerufen werden, allerdings nicht davor, gegebenenfalls auch geräuschmindernde Maßnahmen treffen zu müssen, die seine Finanzkraft erheblich beeinträchtigen oder gar erschöpfen, will er den Betrieb auf seiner Sportanlage nicht "freiwillig" einschränken oder gar gänzlich einstellen, sondern auf Dauer im bisherigen Umfang weiterführen. Mit anderen Worten: "Wirtschaftliche Vertretbarkeit" wird vom verfassungsrechtlichen Übermaßverbot nicht gefordert747 . Von Verfassungs wegen genügte es folglich, bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit i.e.S. (= Zumutbarkeit) einer zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BlmSchV allein oder in Kombination mit anderen Maßnahmen- geeigneten und erforderlichen Maßnahme den (Investitions-)Aufwand und die erreichbare Immissionsentlastung zueinander in Relation zu setzen. Der Verordnungsgeber der Sportanlagenlärmschutzverordnung hat sich allerdings im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit von mit finanziellen Aufwendungen verbundenen Maßnahmen zur Geräuschminderung nicht auf das verfassungsrechtlich Gebotene zurückgezogen. Er verlangt vielmehr bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit i. e. S. (= Zumutbarkeit) geräuschmindernder Maßnahmen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung zusätzlich eine Abwägung zwischen dem (Investitions-)Aufwand und der Finanzkraft des Sportanlagenbetreibers. Das ergibt sich aus einer Zusammenschau der§§ 3 u. 5 18. BlmSchV. Die Tatsache, daß der Verordnungsgeber Betriebszeitbeschränkungen in § 3 18. BlmSchV bei der Aufzählung der Maßnahmen, die ein Sportanlagenbetreiber zur Vermeidung von Immissionsrichtwertüberschreitungen "insbesondere" durchzuführen hat, nicht erwähnt und ihre Anordnung anders als die aller übrigen Maßnahmen in § 5 II-V 18. BlmSchVan zusätzliche Voraussetzungen knüpft, läßt den Schluß zu, daß zeitliche Beschränkungen des Sportbetriebs auf der Sportanlage nach dem Willen des Verordnungsgebers erst nach Ausschöpfung aller anderen (verhältnismäßigen) Maßnahmen verpflichtend sein sollen. Der Verordnungsgeber geht somit offensichtlich davon aus, daß die Verpflichtung zu Betriebszeitbeschränkungen - obschon mit ihr in aller Regel keine oder weit geringere finanzielle Auswirkungen als bei Maßnahmen nach§ 3 18. BlmSchV für die Anlagenbetreiber einhergehendiejenige Maßnahme ist, die die Sportanlagenbetreiber am härtesten trifft. Er hat sie daher in § 5 II Hs. 2 18. BlmSchV ausdrücklich von einer vorherigen Abwägung zwischen dem Schutz der Nachbarschaft und der Allgemeinheit sowie der Gewährleistung einer sinnvollen Sportausübung auf der Anlage abhängig gemacht, was bedeutet, daß diese "letzte" Maßnahme vom Sportanlagenbetreiber nur insoweit ergriffen werden muß, als auf der konkret betroffenen Sportanlage noch eine 746 Zur Begrenzung der aus § 22 I 1 Nr. I BlmSchG resultierenden Rechtspflicht durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit siehe oben B II 5 d . 747 Zur Unmaßgeblichkeil der "wirtschaftlichen Vertretbarkeit" bei der Begrenzung der Rechtspflicht des § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit siehe oben B II 5 d.

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

sinnvolle Sportausübung möglich bleibt. Wenn aber selbst bei dieser "letzten" Maßnahme noch eine sinnvolle Sportausübung auf der Sportanlage gewährleistet sein muß, dann können Sportanlagenbetreiber nach der Sportanlagenlärrnschutzverordnung nicht zu anderen technischen, baulichen, betrieblichen und I oder organisatorischen Maßnahmen zur Reduzierung von Geräuschimmissionen verpflichtet sein, die mit einem (Investitions-)Aufwand verbunden wären, der die Finanzkraft des konkret "betroffenen" Sportanlagenbetreibers so sehr beeinträchtigte, daß er infolge der dann gebundenen Mittel aus wirtschaftlichen Gründen eine sinnvolle Sportausübung auf der Sportanlage nicht mehr aufrechterhalten könnte. Im übrigen erscheint es auch nicht ungerecht, wenn in der Sportanlagenlärrnschutzverordnung an einen kleinen Amateursportverein mit bescheidenem Etat nicht die gleichen finanziellen Anforderungen gestellt werden wie an einen großen finanzkräftigen (Fußball-)Bundesligaverein.

Zusammenfassend ergibt sich also, daß Sportanlagenbetreiber bei Überschreitung der Immissionsrichtwerte des§ 2 II-IV 18. BlmSchV nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung technische, bauliche, betriebliche und I oder organisatorische Maßnahmen zur Geräuschverminderung - unbeschadet weiterer Voraussetzungen - nur treffen müssen, wenn zwischen (Investitions-)Aufwand und erreichbarer Immissionsentlastung und zwischen (Investitions-)Aufwand und Finanzkraft des Sportanlagenbetreibers kein Mißverhältnis besteht. Nach dem Willen des Verordnungsgebers, der textlich insbesondere in§ 5 II Hs. 2 18. BlmSchV seinen Niederschlag gefunden hat, muß es dem Sportanlagenbetreiber weiterhin möglich bleiben, eine sinnvolle Sportausübung auf der Sportanlage zu gewährleisten.

III. Vereinbarkeil der Sportanlagenlännschutzverordnung mit höherrangigem Recht und ihr Verhältnis zu§ 22 I 1 Nr.l u. 2 BimSchG und zu den §§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG 1. Einbeziehung von mit einer Sportanlage in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehenden Restaurationsbetrieben in den Anwendungsbereich der Sportanlagenlärmschutzverordnung durch § 1 111 118. BlmSchV

Untersucht man die Vereinbarkeit der Sportanlagenlärmschutzverordnung mit höherrangigem Recht, so erhebt sich zunächst hinsichtlich ihrer Reichweite die Frage, ob für die durch § 1 III 1 18. BlmSchV erfolgte Einbeziehung aller Restaurationsbetriebe, die mit einer Sportanlage in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, in den Anwendungsbereich der Sportanlagenlärmschutzverordnung eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage i. S. d. Art. 80 I GG gegeben ist. Daran daß der Verordnungsgeber mit ,,Einrichtungen, die mit der Sportanlage in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen", vor allem Restaurationsbetriebe wie Stadiongaststätten und Vereinsheime mit Ga-

Ill. Sportanlagenlärmschutzverordnung und höherrangiges Recht

177

stronomiebetrieb erfassen wollte, besteht nach der Entstehungsgeschichte der Verordnung kein Zweifee48 . Die Einbeziehung dieser Restaurationsbetriebe in den Anwendungsbereich der Sportanlagenlännschutzverordnung müßte sich - soll sie nicht nichtig sein bzw. § 1 III118. BimSchV nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung einschränkend interpretiert werden müssen - auf § 23 I BimSchG stützen lassen. Eine andere Ermächtigungsgrundlage als § 23 I BimSchG kommt von vornherein nicht in Betracht, weil in der Einleitung der Sportanlagenlännschutzverordnung als Ermächtigungsgrundlage lediglich § 23 I BimSchG angegeben ist. Würde § 1 III 1 18. BimSchV insoweit von § 23 I BimSchG nicht getragen sein, wäre § 1 III 1 18. BimSchV insoweit unwirksam. Es hülfe nichts, wenn eine andere gesetzliche Ermächtigungsgrundlage existierte, weil dann die Nichtigkeit aus einem Verstoß gegen Art. 80 I 3 GG folgen würde, da die Nichtangabe der zutreffenden Rechtsgrundlage in der Verordnung stets zur Nichtigkeit der Verordnung führt749 . Ob § 1 III 1 18. BimSchV insoweit von § 23 I BimSchG gedeckt ist, könnte deshalb zweifelhaft sein, weil diese Restaurationsbetriebe ebenso wie alle anderen Gaststättenbetriebe dem Gaststättengesetz (GastG) unterliegen und dieses Gesetz nach dem Grundsatz "lex specialis derogat legi generali" die Anwendung der §§ 22 ff. BimSchG - und somit auch die Verordnungsermächtigung des § 23 I BimSchG - bei Gaststätten ausschließen könnte. So wird in der Literatur mehrfach vertreten, daß Gaststätten als Gesamtanlagen lediglich von den speziellen Nonnen des Gaststättengesetzes, nicht hingegen von den §§ 22 ff. BimSchG erlaßt würden750. Hiernach könnten Gaststätten als Gesamtanlagen nicht Gegenstand einer Verordnung nach § 23 BimSchG sein, zumindest ließe sich eine solche Verordnung nicht nach § 24 BimSchG vollziehen, weil § 5 I Nr. 3 GastG den Wirkungsbereich des § 24 BimSchG in vollem Umfange abdecke und ihn daher in seinem Bereich verdränge751 . Die Vertreter dieser Ansicht gehen davon aus, daß das Gaststättengesetz ein umfassendes und abschließendes Regelungskonzept enthalte, das in der Regelung der Erlaubnispflicht von Gaststättenbetrieben (§ 2 GastG), der Regelung der Betriebsart einschließlich der Betriebszeiten (§ 3 GastG), den Versagungsgründen (§ 4 GastG) insbesondere bei zu erwartenden schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 4 I Nr. 3 GastG), der Regelung von Auflagen (§ 5 GastG) insbesondere zum Vgl. BR-Drs. 17/91, S. 38; BR-Drs. 17 I I /91, S. 24. Allg. Aufassung: BVerwG NJW 1971, 1626; BGH MDR 1977, 474; VGH Kassel NJW 1981, 779 f.; Maunz, in: M/D/H/S, Art. 80 GG, Rn. 20; Bryde, in: von Münch (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 80 GG, Rn. 24; Schmidt-Bleibtreu/ Klein, Art. 80 GG, Rn. 17; Jarass/ Pieroth, Art. 80 GG, Rn. 20; AK-GG-Ramsauer. Art. 80 GG, Rn. 73. 750 Ule/Laubinger. § 2 Rn. 7; Metzner. § 4 GastG, Rn. 85; Papier DÖV 1979, 838; Kutscheidt, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, S. 237 (285); ders. NVwZ 1983, 65 (70); Steinberg DÖV 1991, 354 (357); von Klitzing BayBgm 1995, 315 (316); Jahn GewA 1996, 14 (17); ders. NVwZ 1996, 663 (664). 751 Für eine Verdrängung des § 24 BlmSchG bei Gaststätten durch § 5 I Nr. 3 GastG auch Engelhardt, § 24 Rn. 10; Feldhaus, § 22 Anm. 13; VGH München NVwZ-RR 1990, 407 (408). 748 749

12 Herr

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C. Anforderungen nach der Sportanlagen1ärmschutzverordnung

Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 5 I Nr. 3 GastG) und den Speerzeitvorschriften (§ 18 GastG i.V.m. den entsprechenden Rechtsverordnungen der Landesregierungen) Ausdruck gefunden habe752. Das OVG Berlin vertritt demgegenüber eine gänzlich andere Auffassung. Es hat entschieden, daß die von einem Biergarten als einem Teil eines Hotel-Restaurants anläßlich eines Pfingstkonzerts ausgehenden Geräusche ausschließlich nach der auf § 23 II BlmSchG gestützten - Berliner Lärmschutzverordnung zu beurteilen seien und gaststättenrechtliche Vorschriften nicht zur Anwendung gelangen könnten753. Desweiteren ist man im Schrifttum der Ansicht, daß die §§ 22 - 25 BlmSchG- "in vollem Umfang"754, zumindest jedoch "subsidiär"755 - neben den Vorschriften des Gaststättengesetzes angewendet werden müßten. Allerdings werden in Rechtsprechung und Literatur mitunter aber auch lediglich einzelne Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes -darunter dann aber stets die Verordnungsermächtigung des § 23 BlmSchG - neben dem Gaststättengesetz für anwendbar gehalten 756. Vorliegend wird dafür votiert, die §§ 22 - 25 BlmSchG- und somit auch die Verordnungsermächtigung des § 23 BlmSchG - nicht als durch die Vorschriften des Gaststättenrechts verdrängt anzusehen. Alle als ortsfeste Einrichtungen betriebenen Gaststätten sind nämlich als Anlagen i. S. d. § 3 V Nr. 1 BlmSchG zu qualifizieren, für deren Errichtung und Betrieb gemäß § 2 I Nr. 1 BlmSchG die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gelten. Da Gaststätten als Gesamtanlagen in keiner der nach § 4 I 3 BimSchG erlassenen Rechtsverordnungen genannt sind und sie somit bei ortsfestem Betrieb zu den immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen gehören, bedeutet die Vorschrift des § 2 I Nr. 1 BlmSchG, wonach für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gelten, daß auf Gaststätten die §§ 22 - 25 BlmSchG anzuwenden sind. Anders wäre dies nur, wenn Gaststätten So vor allem Jahn GewA 1996, 14 (17). OVG Berlin NVwZ-RR 1992, 69 f. 754 L-R-Hansmann, Vor § 22 Rn. 28; der Sache nach ebenso Jarass, § 22 Rn. 8 u. 13 u. § 23 Rn. 2; Schmatz/Nöthlichs, § 22 Anm. 3 u. § 24 Anm. 13; Seitter, § 4 GastG, Rn. 38; Ebner GewA 1978,48 (53); ders. GewA 1975, 108 (111); Spindler/Spindler NVwZ 1993, 225 (227); Wollenschläger/Sehrami BayVBI. 1996, 161 (164). 755 Feldhaus, § 22 Anm. 13; Michel/Kienzle, § 31 GastG, Rn. 5; Hoppe /Beckmann, S. 428; Pudenz NuR 1991, 359 (363); wohl auch L-R-Kutscheidt, § 2 Rn. 3. 756 Für das Bundesverwaltungsgericht (UPR 1996, 356 f.) ist nicht erkennbar, daß die Vorschriften des Gaststättenrechts die §§ 22 ff. BimSchG generell verdrängten und die Anwendung des § 23 BimSchG ausschlössen. Nach der Rechtsprechung des VGH München (BayVBI. 1996, 335 (337 f.)) werden lediglich die §§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2, 25 II BimSchG als verdrängt angesehen. Nach GK-BimSchG-Roßnagel, § 22 Rn. 172 ff. u. Bender/SparwasserI Engel, S. 381 u. 386 werde nur bei Errichtung einer Gaststätte § 22 I 1 Nr. I u. 2 BimSchG durch § 4 I Nr. 3 GastG verdrängt, im übrigen seien die §§ 22 - 25 BlmSchG neben den gaststättenrechtlichen Normen zumindest subsidiär anwendbar. Ähnlich differenziert Seiler, S. 115 ff. 752

753

III. Sportanlagenlärmschutzverordnung und höherrangiges Recht

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bzw. Anlagen, die den Vorschriften des Gaststättengesetzes unterliegen, in § 2 I Nr. 2 - 4 BlmSchG oder § 2 II BlmSchG aufgeführt wären oder über diese Regelungen hinausgehend weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in Frage kämen. Beides ist jedoch nicht der Fall. So sucht man Gaststätten in § 2 I Nr. 2 - 4 u. II BimSchG vergeblich; über § 2 II BlmSchG hinausreichende Ausnahmen von der Anwendung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind unzulässig, nachdem der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien zu § 2 BimSchG in kaum mehr zu überbietender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht hat, daß weitere Ausnahmen "weder geboten noch vertretbar" sind, vielmehr die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auch beachtet werden müssen, soweit Anlagen in anderen Gesetzen und Verordnungen geregelt sind, es aber um den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen geht757 . Außerdem ist zu beachten, daß Rechtsverordnungen auf der Grundlage des § 23 BimSchG nach dessen ausdrücklichem Wortlaut auch Vorsorgeanforderungen und somit weitergehende Anforderungen enthalten können als das Gaststättengesetz sie enthält, in das mit der Neufassung der§§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG durch § 69 II BimSchG lediglich der immissionsschutzrechtliche Schutzgntndsatz Einzug gehalten hat. Es kann nicht Sinn und Zweck der§§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG sein, Gaststätten von immissionsschutzrechtlichen Pflichten zu befreien, sie auf diese Weise gegenüber anderen immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen zu Lasten der Umwelt zu privilegieren und dadurch in einem Bereich, der schon rein zahlenmäßig einen bedeutenden Teil aller immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen ausmacht, eine mittels Rechtsverordnungen erreichbare weitergehende Umweltvorsorge zu torpedieren. Der Zweck der durch § 69 II BlmSchG erfolgten Änderung der §§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG beschränkt sich vielmehr darauf sicherzustellen, daß beim Betrieb von Gaststätten schädliche Umwelteinwirkungen in jedem Fall vermieden werden758 . Infolgedessen steht mit § 23 I BlmSchG für die Vorschrift des § 1 III 1 18. BimSchV auch insoweit eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung, als sie Restaurationsbetriebe wie Stadiongaststätten und Vereinsheime mit Gastronomiebetrieb in den Anwendungsbereich der Sportanlagenlärmschutzverordnung miteinbezieht § 1 III 1 18. BimSchV verstößt daher (auch) insoweit nicht gegen höherrangiges Recht (Art. 80 I GG).

757 758

12*

BT-Drs. 7 I 179, S. 29. Ähnlich L-R-Hansmann, Vor§ 22 Rn. 28.

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

2. Vereinbarkeil der in § 2 I 18. BimSchV angelegten grundsätzlichen Verpflichtung zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte des§ 2 II-IV 18. BimSchV mit der Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BimSchG a) Hinreichende Bestimmtheit beschränkter Immissionssummenwerte

Nach § 2 I 18. BimSchV sind Sportanlagen so zu errichten und zu betreiben, daß die in§ 2 II-IV 18. BlmSchV genannten Immissionsrichtwerte unter Einrechnung der Geräuschimmissionen anderer Sportanlagen nicht überschritten werden. Die Sportanlagenlärmschutzverordnung macht damit die Zulässigkeit von Sportanlagen nicht von ihrem Emissionsverhalten, sondern von der Nichterreichung bestimmter Immissionsrichtwerte abhängig. Diese Immissionsrichtwerte beziehen sich weder auf sämtliche am jeweils maßgeblichen Immissionsort759 zu verzeichnenden Geräuschimmissionen, noch sind sie stets auf eine konkrete Sportanlage bzw. einen einzigen Anlagenbetrei~er zugeschnitten. Sie sind vielmehr auf die am jeweils maßgeblichen Immissionsort auftretenden Geräuschimmissionen aller immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Sportanlagen bezogen, soweit diese bestimmungsgemäß genutzt und zum Zwecke der Sportausübung betrieben werden. Daß die Geräuschimmissionen immissionsschutzrechtlich genehrnigungsQedürftiger Sportanlagen generell nicht und die Geräuschimmissionen immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen nur insoweit berücksichtigt werden, als sie auf eine bestimmungsgemäße Nutzung der Sportanlage zum Zwecke der Sportausübung zurückzuführen sind, folgt aus § 1 I u. II 18. BimSchV i.V.m. Ziff. 1.1 des Anhangs zur 18. BimSchV. Daß es insoweit jedoch nicht auf die Geräusche jeder einzelnen Sportanlage je für sich ankommt, sondern immer die Summe der zu berücksichtigenden Geräuschimmissionen aller immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Sportanlagen maßgeblich ist, wenn es gilt, die Frage zu beantworten, ob die Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV eingehalten sind, läßt sich§ 2 I 18. BimSchV ("unter Einrechnung der Geräuschimmissionen anderer Sportanlagen"), § 2 V 2 18. BimSchV ("Nutzungsdauer der Sportanlage oder der Sportanlagen"), § 2 VII 18. BimSchV ("von der Sportanlage oder den Sportanlagen verursachten Geräuschimmissionen"), § 5 V 18. BimSchV ("infolge des Betriebs einer oder mehrerer Sportanlagen"), Ziff. 1.4 des Anhangs zur 18. BimSchV ("unabhängig von dem Geräusch der zu beurteilenden Anlage oder Anlagen") und aus Ziff. 1.5 des Anhangs zur 18. BlmSchV ("Dies gilt unabhängig von der Zahl der einwirkenden Sportanlagen") entnehmen. Bei den in§ 2 II-IV 18. BlmSchV festgelegten Immissionsrichtwerten kann folglich von beschränkten Immissionssummenwerten gesprochen werden. Ob die Festsetzung von Immissionsrichtwerten in Form von beschränkten Immissionssummenwerten in Rechtsverordnungen nach § 23 I BimSchG zulässig ist, 759

Ziff. 1.2 u. 3.2.2.1 des Anhangs zur 18.BirnSchV.

lll. Sportanlagenlärmschutzverordnung und höherrangiges Recht

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könnte zu bezweifeln sein. So wird in der Literatur und in der obergerichtliehen Rechtsprechung bezüglich der Festsetzung von Immissionssummenwerten in Bebauungsplänen die Auffassung vertreten, daß es sich hierbei um Festsetzungen unbestimmbaren und undurchführbaren Inhalts handele, bei denen nicht feststellbar sei, wer in welchem Umfang gebunden sei bzw. werden solle, und die deshalb nicht zulässig seien760. Der eine Grundstücksnutzer könne den Planungsriebtpegel nicht mehr einhalten, wenn ein anderer den Wert bereits ausschöpfe oder Fremdgeräusche wie z. B. Straßenlärm hinzukämen, auf die er keinen Einfluß habe761 . Hierin läge ein Verstoß gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot (Art. 20 lli GG), der gleichzeitig eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Eigentumsrechts (Art. 14 I GG) sowie eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 I GG) darstelle und zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führe762. Was in Bebauungsplänen wegen Unbestimmbarkeit und Nichtvollziehbarkeit und somit wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 lli GG) zur Nichtigkeit führt, kann auch in Rechtsverordnungen nach § 23 I BimSchG nicht statthaft sein. Die Gegenansicht hält jedoch eine normative Festsetzung von Immissionsrichtwerten in Form von (beschränkten) Immissionssummenwerten für unbedenklich763. Sie verweist darauf, daß das Bundes-Immissionsschutzgesetz Immissionssummengrenzwerte mit dem anlagenunabhängigen Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 3 I BimSchG) geradezu verlange und die TA Luft seit eh und je mit Summenwerten arbeite, ohne daß es hinsichtlich Bestimmbar- und Vollziehbarkeit je Probleme gegeben habe764. Bei der TA Lärm wird die Umdeutung der ihrem Wortlaut nach jeweils auf die einzelne Anlage bezogenen Immissionsricht760 Hill ZfBR 1980, 223 (227) unter Hinweis auf OVG Münster, Beschl. v. 18. 02. 1975VII B 1009174 (unveröffentl.); Brügelmann-Gierke, § 9 BauGB, Rn. 409; Vogel BauR 1983, 330 (334); Menke NuR 1985, 137 (142); Boeddinghaus/Dieckmann, § 1 BauNVO, Rn. 49; VGH München NJW 1983, 297 (301). Für die Nichtigkeit von Inunissionswertfestsetzungen wegen Unbestimmtheit und Nichtvollziehbarkeit, sofern die Immissions(richt)werte nicht jeweils auf eine einzelne Anlage bezogen sind, auch Fickert I Fieseler, § 1 BauNVO, Rn. 95.2 u. 96; von Holleben UPR 1983, 76 (79); Steinebach BauR 1983, 393 (399); wohl auch Mayen NVwZ 1991, 842 (844). Für die Unwirksamkeit der Festsetzung von Immissionsgrenzwerten an den Grenzen eines Plangebiets (sog. Zaunwerte) desweiteren Schmaltz DVBI. 1982, 964 (965 f.); OVG Münster UPR 1993, 152 (154); Tegeder UPR 1995, 210 (211 f.). Das OVG Münster BRS 49 Nr. 205 S. 480 (481 u. 484) hält überdies die Auflage in einer Baugenehmigung, nach der der an dem der Sportanlage benachbarten Wohnhaus auftretende und von den Sportanlagen ausgehende Geräuschpegel den Immissionswert von 50 dB(A) bei Tag nicht überschreiten dürfe, für ungeeignet, weil sich seine Einhaltung nicht durch eine Steuerung des Emissionsverhaltens auf seiten der Anlagenbetreiberio oder der die Anlage nutzenden Sportler regeln lasse. 761 Fickert/Fieseler, § 1 BauNVO, Rn. 95.2; Hill ZtBR 1980, 223 (227); von Holleben UPR 1983,76 (79); VGH München NJW 1983,297 (301). 762 So vor allem Hili ZtBR 1980, 223 (227). 763 Koch, Immissionsschutz durch Baurecht, S. 103; Dolde DVBI. 1983, 732 (733); Schlez, § 1 BauNVO, Rn. 8; VGH Mannheim ESVGH 24, 125 (130). 764 Koch, Immissionsschutz durch Baurecht, S. 103; Dolde DVBI. 1983, 732 (733).

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

werte in Immissionssummenwerte gefordert, weil ihr Anlagenbezug gegen das Bundes-Immissionsschutzgesetz verstoße und daher gesetzwidrig sei765 . Nach der hier vertretenen Auffassung besteht ebenfalls kein Grund, die Zulässigkeit von (beschränkten) Immissionssummenwerten in Rechtsvorschriften wegen Unbestimmbarkeit bzw. mangelnder Vollziehbarkeit und somit wegen einer Verletzung des rechtsstaatliehen Bestimmtheitsgebots (Art. 20 III GG) in Frage zu stellen und damit- das wäre die logische Konsequenz- alle Teile des Bundesimmissionsschutzrechts für nichtig zu erklären, die mit der Verwendung des Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 3 I BimSchG) und des in seine Legaldefinition involvierten, einen Anlagenbezug gerade nicht kennenden Immissionsbegriffs (§ 3 II BimSchG) die Gesamtimmissionsbelastung an den jeweiligen Immissionsorten maßgeblich sein lassen und die die dort durch eine einzelne Anlage hervorgerufenen Immissionen lediglich als Immissionsbeitrag berücksichtigen, der in die Gesamtimmissionsbelastung eingeht766. Sind Immissionssummenwerte als Grenzoder Richtwerte normiert, dürfen diese Rechtsvorschriften natürlich nicht so ausgelegt werden, daß ein Anlagenbetreiber alleine den festgelegten Wert voll ausschöpfen darf, wenn ein oder mehrere andere Setreiber in der Umgebung vorhanden sind oder beabsichtigen hinzuzutreten und ebenfalls zulässigerweise eine Anlage betreiben wollen. Für eine solche Gesetzesinterpretation besteht jedoch auch keinerlei Veranlassung. Vielmehr sind Rechtsvorschriften, welche die Zulässigkeit der Errichtung und des Betriebs von Anlagen von der Einhaltung bestimmter Immissionssummenwerte abhängig machen, naheliegender- und sinnvollerweise grundsätzlich so auszulegen, daß die einzelnen Anlagenbetreiber an den jeweils maßgeblichen Immissionsorten den gleichen Immissionsbeitrag leisten dürfen und bei gegebenen oder ernstlich zu befürchtenden Riebt- oder Grenzwertüberschreitungen zur Reduzierung der Gesamtimmissionsbelastung in Abhängigkeit von der Immissionswirksamkeit der Emissionen ihrer Anlage verpflichtet sind; die am jeweils maßgeblichen Immissionsort immissionswirksamste Geräuschquelle trifft somit prinzipiell die Verpflichtung, den größten Reduzierungsbeitrag zu erbringen767 . Im übrigen ist es für Schalltechniker kein Problem, Immissionsgrenzwerte durch Rückrechnung in Emissionsgrenzwerte zu "übersetzen" 768 . Die normative Festlegung von Immissionsrichtwerten in Form von (beschränkten) Immissionssummenwerten verstößt mithin nicht gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheilsgebot (Art. 20 III GG). Die Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV sind somit von§ 23 I BimSchG jedenfalls nicht mangels hinreichender Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit nicht gedeckt.

Nachweise in Fn. 177. Zur Maßgeblichkeit der Gesamtimmissionsbelastung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz siehe oben B li 4 c (1) (a) (aa) u. B li 4 c (2) (b). 767 Hierzu und zu möglichen Ausnahmen siehe oben B li 5 e u. f. 768 Mayen NVwZ 1991, 842 (844). 765

766

111. Sportan1agen1ärmschutzverordnung und höherrangiges Recht

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b) Immissionsrichtwerte vom "Programm" des§ 23 I BimSchG initiiert

In der Literatur werden mitunter Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Sportanlagenlärmschutzverordnung auch deshalb geäußert, weil die Festlegung von Immissionsrichtwerten eventuell generell nicht von § 23 I BimSchG gedeckt sei. Es wird darauf hingewiesen, daß § 23 I 1 Nr. 2 BimSchG ermächtige, durch Rechtsverordnung insbesondere vorzuschreiben, daß die von Anlagen ausgehenden Emissionen bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten dürften, von "Immissionswerten" und "Richtwerten" in § 23 I BimSchG hingegen nicht gesprochen werde, weswegen es sehr zweifelhaft sei, § 2 18. BimSchV als vom erkennbaren Programm des§ 23 I BimSchG noch initiiert anzusehen769 . Diese Zweifel sind jedoch nicht begründet770. Wie sich aus dem Wort "insbesondere" in § 23 I 1 BimSchG schließen läßt, ist der Regelungsinhalt möglicher Rechtsverordnungen in § 23 I I Nr. 1 - 5 BimSchG nur illustrativ und keineswegs abschließend aufgezählt. Darüberhinaus ist in § 23 I 1 Nr. 3 BimSchG, der ausdrücklich ein Vorschreiben von Immissionsmessungen zuläßt, ein Hinweis darauf enthalten, daß § 23 I BlmSchG auch die Festlegung von Immissions(richt)werten erlaubt771 • Denn Immissionsmessungen hätten keinen Sinn, wenn man die Meßergebnisse nicht Immissions(richt)werten gegenüberstellen könnte. Darüberhinaus sind Immissionswerte von Natur aus besonders geeignet, den Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu gewährleisten772. c) Eignung der Einhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 Il-IV I 8. BimSchV zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche

Nachdem somit geklärt ist, daß die Einhaltung von Immissionsrichtwerten in Form von beschränkten Immissionssummenwerten zu den "bestimmten Anforderungen" i. S. d. § 23 I 1 BimSchG zählt, welche durch Rechtsverordnung an Errichtung und Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen gestellt werden können, ist nunmehr danach zu fragen, ob die in § 2 I 18. BimSchV angelegte grundsätzliche Verpflichtung zur Einhaltung der in § 2 IIIV 18. BimSchV festgelegten Immissionsrichtwerte "zum Schutz der Allgemein-

Berkemann NVwZ 1992, 817 (826); Stange NWVBL 1992, 153 (158). Ebenso L-R-Hansmann, § 23 Rn. 21; Feldlwus, § 23 Anm. 9; Jarass, § 23 Rn. 6; GKBimSchG-Roßnagel, § 23 Rn. 42 u. 111; Mampel, Rn. 1506; Bender/Sparwasser/Engel, S. 384; Spind/er/Spind/er NVwZ 1993, 225 (225 u. 228); OVG Münster NVwZ 1994, 1018; UPR 1994, 310 (311). 771 Feldlwus, § 23 Anm. 9. 772 Feldlwus, § 23 Anm. 9. 769

770

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärrnschutzverordnung

heit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen" geeignet und demzufolge von § 23 I BlmSchG gedeckt ist. Der Bundesrat hat diese Frage bejaht. Seiner Meinung nach markierten die in § 2 18. BlmSchV bestimmten Immissionsrichtwerte die Grenze zwischen schädlichen und nicht schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche773 . Ihre Beachtung reiche aus, um die aus § 22 BlmSchG resultierenden Pflichten zu erfüllen774. Sie gehe zum Teil sogar noch darüber hinaus, weil § 22 BlmSchG nicht in jedem Falle verlange, schädliche Umwelteinwirkungen gänzlich zu verhindern, sondern unter bestimmten Voraussetzungen einen Rest an schädlichen Umwelteinwirkungen dulde775. Die Bundesregierung ist ebenfalls der Auffassung, daß die Einhaltung der in § 2 II-IV 18. BlmSchV normierten Immissionsrichtwerte geeignet ist, dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche zu dienen, drückt sich allerdings vorsichtiger aus. So markierten diese Werte ihrer Ansicht nach (lediglich) "in der Regel" die Grenze zwischen schädlichen und nicht schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche776. Außerdem würden durch § 2 18. BlmSchV keine über § 22 I 1 BlmSchG hinausgehenden Anforderungen an die Sportanlagenbetreiber gestellt. Durch die Sportanlagenlärmschutzverordnung würden vielmehr nur die Anforderungen konkretisiert, die nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz auch bisher schon bestanden haben777. Der Auffassung von Bundesrat und Bundesregierung kann im Ergebnis zugestimmt werden. Die gegebene Begründung ist hingegen nicht zu billigen. So haben Bundesrat und Bundesregierung verkannt, daß sich bei Geräuschen mit der Festlegung von Immissionsgrenzwerten oder Immissionsrichtwerten (lmmissionswerten) in Rechtsverordnungen nach § 23 I BlmSchG die Grenze zwischen nicht schädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BlmSchG nur konkretisieren läßt, wenn es sich bei ihnen um unbeschränkte Immissionssummenwerte handelt, die sich auf die Gesamtgeräuschbelastung am jeweils maßgeblichen Immissionsort beziehen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz hat nämlich den Rechtsbegriff der "Immissionen" in § 3 II BlmSchG und mit seiner Hilfe den der "schädlichen Umwelteinwirkungen" in § 3 I BlmSchG anlagenunabhängig definiert778. Ob Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen i. S. d. § 3 I BlmSchG hervorgerufen werden oder ob lediglich unerhebliche Beeinträchtigungen gegeben sind, hängt deshalb in Bezug auf Geräusche von der Summe aller am jeweils maßgeblichen Immissionsort zu verzeichnenden Geräusche und nicht nur von den Geräuschen einer bestimmten Anlage oder Gruppe von Anlagen ab. m BR-Drs.l711/91,S.5u. 19. BR-Drs. 17/1/91, S. 19. 775 BR-Drs. 17/1/91, S. 19. 776 BR-Drs. 17/91, S. 38. m BR-Drs. 17/91, S. 37. 778 Hierzu siehe oben B II 4 c (1) (a) (aa) u. (2) (b). 774

III. Sportanlagenlännschutzverordnung und höherrangiges Recht

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Mit Immissionswerten, die sich nur auf die Geräusche einer einzigen Anlage oder - wie bei der Sportanlagenlärmschutzverordnung - auf diejenigen einer bestimmten Art von Anlagen beziehen, läßt sich demzufolge die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG nicht "markieren" bzw. ,,konkretisieren"779. Bei den Immissionsrichtwerten der Sportanlagenlärmschutzverordnung kommt überdies noch hinzu, daß sie nicht einmal auf alle Geräusche sämtlicher Sportanlagen bezogen sind, sondern lediglich auf bestimmte Geräusche aus immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Sportanlagen, nämlich auf solche Geräusche, die bei Errichtung und bestimmungsgemäßem Betrieb dieser Sportanlagen zum Zwecke der Sportausübung entstehen780. Ob nicht schädliche oder schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche gegeben sind, ist folglich auch nach Inkrafttreten der Sportanlagenlärmschutzverordnung anhand der Abgrenzungsfaktoren "bauplanungsrechtliche Qualifizierung des Gebiets"781 , "Vorbelastungen des Gebiets"782 und ,,Zeitpunkt der Geräuschbelastung"783 einzelfallbezogen zu bestimmen. Aus diesen Gründen kann auch Rechtsprechung und Literatur, soweit sie wörtlich784 oder zumindest der Sache nach785 § 2 18. BlmSchV "als normative Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle im Sinne des § 3 Abs. 1 BlmSchG" bezeichnen, nicht zugestimmt werden. Mit der Feststellung, daß die Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV nicht die Grenze zwischen nicht schädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche markieren können, geht jedoch nicht automatisch die Schlußfolgerung einher, daß die grundsätzliche Verpflichtung zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte des§ 2 II-IV 18. BimSchV zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen ungeeignet und deshalb von der Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BimSchG nicht mehr gedeckt wäre. Zu779 Im Ergebnis ebenso: Änderungsantrag des Umweltausschusses des Bundesrates (BRDrs. 17/1/91, S. 6) mit dem Ziel, die Immissionsrichtwerte der Sportanlagenlännschutzverordnung nicht auf "Sportanlagen", sondern auf alle "Anlagen" zu beziehen: "Würden jeweils gesonderte Regelungen für einzelne Gruppen von Anlagenarten getroffen, so würden in der Summe schädliche Umwelteinwirkungen durch Anlagen i.S . .des BlmSchG in Kauf genommen. Es könnte dann ggf. sogar ein sanierungsbedürftiger Tatbestand i.S. des neuen § 47a BlmSchG entstehen". Der Umweltausschuß des Bundesrates konnte sich mit seinem Votum im Plenum des Bundesrates nicht durchsetzen; daß die Mehrheit anderer Ansicht gewesen war, vermag jedoch an der Wahrheit nichts zu ändern. 780 Hierzu siehe oben C II 1. 781 Hierzu siehe oben B II 4 c (1). 782 Hierzu siehe oben B II 4 c (2). 783 Hierzu siehe oben B II 4 c (3). 784 BVerwG UPR 1995, 108. 785 OVG Münster NVwZ 1994, 1018 f.; VGH Mannheim VBlBW 1996, 105 (106); VG Würzburg UPR 1996, 119; Kette/er BauR 1992, 459 (469). A.A.: OVG Münster UPR 1994, 310 f.; Schrödter, § 9 BauGB, Rn. 73a; GK-BimSchG-Roßnagel, § 23 Rn. 111 f. ; Gruber BayBgm 1991, 257 (258); Spindler/Spindler NVwZ 1993, 225 (228); Bender/Spwwasser/ Engel, S. 386; wohl auch Berkemann NVwZ 1992, 817 (828).

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

nächst ist darauf hinzuweisen, daß Rechtsverordnungen nach § 23 I BlmSchG nicht - jedenfalls nicht zwingend - die Aufgabe haben, die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG festzulegen bzw. zu präzisieren, was § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i. V.m. § 3 I BimSchG von den Betreibern immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen verlangt. Anders als § 7 BimSchG im Verhältnis zu § 5 BimSchG knüpft § 23 I BimSchG nämlich nicht an die Grundpflichten des § 22 I 1 BimSchG an786 . Aufgrund dieses systematisch signifikanten Unterschieds ist § 23 I BimSchG daher als ein von § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BimSchG losgelöster selbständiger und unabhängiger Tatbestand zu verstehen 787 . Desweiteren ist anzuerkennen, daß das Immissionsrichtwertesystem des § 2 IIIV 18. BimSchV nebst dazugehörigem Geräuschermittlungs- und Beurteilungsverfahren auf der TA Lärm788, der VDI Richtlinie 2058789 und der DIN 18005790, welche allesamt einen ungefähren Anhaltspunkt dafür geben, wo die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG im konkreten Fall anzusiedeln ist791 , aufbaut und an die Besonderheiten von Sportanlagengeräuschen - v.a. Auftreten der Geräusche zu solchen Zeiten, zu denen ein großer Teil der Bevölkerung ein besonderes Ruhebedürfnis hat (z. B. abends nach Feierabend und an Sonn- und Feiertagen), häufige Impuls- und Informationshaltigkeit - angepaßt ist. Die Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BlmSchV für den Tag und für die Nacht orientieren sich weitgehend an denjenigen der vorgenannten Regelwerke, darüberhinaus sind morgendliche und abendliche Ruhezeiten vorgesehen, in denen die Geräuschbelastung durch Sportanlagen um 5 dB(A) geringer zu sein hat als während der übrigen Tageszeit. Desweiteren werden Sonn- und Feiertage durch eine Verlängerung der Nachtzeit, der morgendlichen Ruhezeit und bei einem mindestens vierstündigen sonn- oder feiertäglichen Sportanlagenbetrieb in der Zeit von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr zusätzlich durch eine zweistündige nachmittägliche Ruhezeit besonders geschützt. Mit diesen Differenzierungen trägt § 2 18. BimSchV typisierend und generalisierend dem Umstand Rechnung, daß die Schutzwürdigkeit der Baugebiete und immissionsbetroffenen Grundstücke insbesondere von der Art der baulichen Nut786 Die ursprunglieh in § 23 I BimSchG enthaltenen Worte " soweit sie der Vorschrift des § 22 unterliegen," wurden durch Art. I Ziff. !Oa i.V.m. Art. 6 Drittes Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 11. 05. 1990 (BGBI. I S. 870) mit Wirkung vom 01. 09. 1990 gestrichen. 787 VGH München BayVBI. 1996, 335 (337 - 339); Schmitt Glaeser/Meins, S. 69; L-RHansmann, § 23 Rn. I u. 14; Feldhaus, § 23 Anm. 4; Jarass, § 23 Rn. I u. 3; Engelhardt, § 23 Rn. 1; GK-BimSchG-Roßnagel, § 23 Rn. 5 f. u. 36 ff. ; Rid/Hammann NVwZ 1989, 200 (204); Kutscheidt NVwZ 1983, 65 (68); Seiler, S. 71 ff.; a.A. Schmatz/Nöthlichs § 23 Anm. 1. 788 Fundstelle siehe Fn. 83. 789 Fundstelle siehe Fn. 84. 790 Fundstelle siehe Fn. 84. 79 1 Hierzu siehe oben B II 4 c (I ) (a) (aa).

III. Sportan1agen1ärmschutzverordnung und höherrangiges Recht

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zung bestimmt wird792 und Geräuschbelastungen für den Menschen zu bestimmten Zeiten eher erträglich sind als zu anderen793 . Dadurch und durch die Orientierung der Höhe der Immissionsrichtwerte an den Regelungen der TA Lärm, der VDI Richtlinie 2058 und der DIN 18005 sowie durch die Weiterentwicklung des Immissionsrichtwertesystems nebst dazugehörigem Geräuschermittlungs- und Beurteilungsverfahren im Hinblick auf Ruhezeiten, Sonn- und Feiertage und Besonderheiten der Sportanlagengeräusche erhält die in § 2 I 18. BimSchV angelegte grundsätzliche Verpflichtung zur Einhaltung der in § 2 II-IV 18. BimSchV normierten Immissionsrichtwerte - ungeachtet dessen, daß diese nicht die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG markieren - ihre Eignung, die Allgemeinheit und die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche zu schützen, und entspricht damit dem Zweck der Ermächtigung des § 23 I BimSchG. Mit der präzisen Festlegung der Immissionsrichtwerte sorgt die Sportanlagenlärmschutzverordnung bei unzähligen Immissionsbetroffenen in einer Vielzahl von Baugebieten und Anlagen für ein Mehr an rechtsstaatlich wünschenswerter Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und verbessert den Schutz vor Geräuschimmissionen insbesondere dort, wo durch Bebauungsplan als Art der baulichen Nutzung eine der in§ 2 II 18. BimSchV genannten Gebietsarten oder Anlagen festgesetzt ist und sich etwaige Vorbelastungen sowie Mittel- oder Zwischenwertbildungen in Bezug auf diese Geräuschimmissionen für die Immissionsbetroffenen nicht mehr nachteilig auswirken können794 . Daß der Verordnungsgeber die Immissionsrichtwerte in § 2 II-IV 18. BimSchV zugunsten der Immissionsbetroffenen auch hätte niedriger ansetzen dürfen, liegt auf der Hand. Daß er es nicht getan hat, genügt jedoch nicht, um ihre Unvereinbarkeit mit § 23 I BimSchG zu begründen. Denn bei abwägenden Typisierungen und Generalisierungen zur (annäherungsweisen) Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe mittels technischer Standards kann es nie nur eine "einzige richtige" Auslegung geben795 . Dem Verordnungsgeber sind hier vielmehr unvermeidlich gewisse Gestaltungsspielräume eröffnet, welche er durch politische Entscheidung ausfüllen kann796. Gegen den Verordnungsgeber kann der Vorwurf, mit§ 2 i.V.m. § 118. BimSchV eine von § 23 I BimSchG nicht mehr gedeckte Regelung geschaffen zu haben, auch nicht deshalb erhoben werden, weil die Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV nicht auf alle durch Errichtung oder Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen hervorgerufenen Geräuschimmissionen bezogen sind, sondern nur auf solche, die bei bestimmungsgemäßem Anlagenbetrieb zum Zwecke der Sportausübung entstehen797, und den SportanlaHierzu siehe oben B II 4 c (1) (a) (aa), (b) u. (c). Hierzu siehe oben B II 4 c (3). 794 Hierzu siehe oben C II 2 a (1) u. (3). 795 Vgl. Schulze-Fielitz UPR 1994, 1 (7); Herdegen AöR 114 (1989), 607 (632 f.). 796 Vgl. Schulze-Fielitz UPR 1994, 1 (7 f.); Breuer NVwZ 1988, 104 (110); Jarass NJW 1987, 1225 (1227). 797 Hierzu siehe oben C II 1. 792 793

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

gen zuzurechnende Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen außerhalb der Sportanlagengelände nur unter bestimmten Voraussetzungen und dann unter Anwendung eines gesonderten - die Sportanlagenbetreiber gegenüber einer "normalen" Einbeziehung begünstigenden - Berechnungsverfahrens in das den Immissionsrichtwerten gegenüberzustellende Ergebnis der Geräuschermittlung Eingang finden798• Es gilt nämlich zu beachten, daß § 23 I BlmSchG vom Verordnungsgeber nicht verlangt, sämtliche aus einer Anlage oder Anlagengruppe heraustretende Geräusche zu erfassen, wenn er eine Rechtsverordnung erläßt. Er kann sich vielmehr auf die Eindämmung bestimmter Geräusche beschränken, weil er bereits dadurch das Ziel des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (§ I BlmSchG) ein Stück weit besser verwirklicht, als wenn der Erlaß einer Rechtsverordnung - zu dem § 23 BlmSchG lediglich ermächtigt, aber nicht verpflichtet - gänzlich unterbleibt. Die in § 2 I 18. BlmSchV angelegte grundsätzliche Verpflichtung zur Einhaltung der in§ 2 II-IV 18. BlmSchV festgelegten Immissionsrichtwerte könnte jedoch ihrer Eignung, die Allgemeinheit und die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche zu schützen, möglicherweise deshalb entbehren und von § 23 I BlmSchG nicht mehr getragen sein, weil sie bei der Bekämpfung kurzzeitiger Geräuschspitzen während der Nacht in Reinen Wohngebieten (WR) und in Allgemeinen Wohngebieten (WA) erst einsetzt, wenn sie Werte von mehr als 55 dB(A) I WR bzw. 60 dB(A) I WA erreichen. Diesbezüglich hat das Schrifttum bereits mehrfach Bedenken erhoben799 . Sie sind jedoch nicht begründet. Zwar ist es einerseits richtig, daß die Schwelle für das Auftreten von Schlafstörungen von der Lärmwirkungsforschung bei Pegelspitzen von etwa 40 dB(A) im Raurninnem angenommen wird und deshalb in weder nachteilig vorbelasteten noch extrem hoch verdichteten Reinen und Allgemeinen Wohngebieten die Grenze zwischen nicht schädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BlmSchG in puncto Geräuschspitzen nachts in der Regel bei 45 dB(A)IWR und 50 dB(A)IWA gezogen werden muß, weil die Bewohner solcher Reinen Wohngebiete grundsätzlich das Recht haben, nachts störungsfrei bei geöffnetem Fenster zu schlafen, die Bewohner solcher Allgemeinen Wohngebiete grundsätzlich das Recht haben, nachts störungsfrei bei gekipptem Fenster zu schlafen, und nicht gewährleistet ist, daß sich Außen- und Innenpegel bei geöffnetem Fenster um mehr als 5 dB(A) und bei gekipptem Fenster um mehr als 10 dB(A) unterscheiden 800, so daß die Sportanlagenlärmschutzverordnung mit ihren Werten von 55 dB(A)IWR und 60 dB(A)I WA für kurzzeitige nächtliche Geräuschspitzen in diesen Gebieten insoweit keinen zusätzlichen Immissionsschutz bewirken kann. Die Sportanlagenlärmschutzverordnung läuft aber andererseits mit diesen Werten auch nicht völlig leer. So vermag sie in vorbelasteten und I oder extrem hoch verdichteten Wohngebieten, in denen es ein Recht auf störungsfreien nächtlichen Schlaf bei geöffnetem bzw. gekipptem Hierzu siehe Ziff. 1.1 lit. d des Anhangs zur 18.BimSchV sowie oben C II 2 b. Berkemann NVwZ 1992, 817 (826); Bender I Sparwasser I Engel, S. 386; Mampel, Rn. 1556 u. 1249 ff.; GK-BimSchG-Roßnagel, § 23 Rn. 112. 800 Hierzu siehe oben B II 2 u. 4 c (3) (a). 798

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III. Sportanlagenlärmschutzverordnung und höherrangiges Recht

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Fenster nicht gibt und die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG (auch) bei nächtlichen Geräuschspitzen höher angesiedelt ist, auch mit den Werten von 55 dB(A)/WR und 60 dB(A)/WA für kurzzeitige nächtliche Geräuschspitzen den Immissionsschutz durchaus noch zu verbessern. Umgekehrt bedeutet die Regelung des§ 2 I 18. BimSchV, wonach Sportanlagen so zu errichten und zu betreiben sind, daß die in § 2 II-IV 18. BimSchV genannten Immissionsrichtwerte unter Einrechnung der Geräuschimmissionen anderer Sportanlagen nicht überschritten werden, nicht, daß kurzzeitige nächtliche Geräuschspitzen aus Sportanlagen von bis zu 55 dB(A) in allen Reinen Wohngebieten und von bis zu 60 dB(A) in allen Allgemeinen Wohngebieten stets erlaubt wären. Ein solcher Umkehrschluß ist nach dem Wortlaut des § 2 18. BlmSchV nicht zwingend und aus Gründen, die an anderer Stelle noch dargelegt werden801 , auch nicht statthaft. Insgesamt gesehen ergibt sich somit, daß die in § 2 I 18. BimSchV angelegte grundsätzliche Verpflichtung zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 IIIV 18. BimSchV zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen geeignet und infolgedessen von der Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BimSchG gedeckt ist. d) Relativierung bauplanerischer Festsetzungen zugunsren der tatsächlichen baulichen Nutzung durch § 2 VI 3 18. BlmSch V?

Die Einstufung der verschiedenen von - der Sportanlagenlärmschutzverordnung unterfallenden - Geräuschimmissionen betroffenen Gebiete und Anlagen richtet sich gemäß § 2 VI 1 18. BlmSchV allein nach der im Bebauungsplan normierten Art der baulichen Nutzung, falls ein Bebauungsplan existiert, in dem als Art der baulichen Nutzung eine der in § 2 II 18. BlmSchV genannten Gebietsarten oder Anlagen festgesetzt ist802 . Diese Regelung erfahrt allerdings dann eine Ausnahme, wenn die tatsächliche bauliche Nutzung im Einwirkungsbereich der Sportanlage(n) erheblich von der im Bebauungsplan festgesetzten baulichen Nutzung abweicht. In diesem Fall ist nach§ 2 VI 3 18. BimSchV bei der Einstufung der immissionsbetroffenen Gebiete und Anlagen nicht von der im Bebauungsplan festgesetzten und somit statthaften Art der baulichen Nutzung, sondern von der tatsächlichen baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der vorgesehenen baulichen Entwicklung des Gebietes auszugehen. In der Literatur ist die Regelung des§ 2 VI 3 18. BlmSchV, die sich ersichtlich an Ziff. 2.322 Abs. 2 TA Lärm803 orientiert804, mehrfach auf Bedenken gestoßen805. Sie relativiere planecisehe Festsetzungen zugunsten tatsächlicher baulicher 801 Hierzu siehe unten C III 3. 802 803 804

Hierzu siehe oben C II 2 a (l). Fundstelle siehe Fn. 83. Vgl. BR-Drs. 17 I 1/91, S. 17.

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C . Anforderungen nach der Sportan1agenlärrnschutzverordnung

Nutzung und leiste damit einer "Vernachlässigung des Normcharakters des Bebauungsplanes"806 Vorschub. Es werde das Ziel verfolgt, "die gemeindliche Planungshoheit im Interesse des Sportes an einer Durchsetzung planenscher Festsetzungen zu hindem" 807 . Aus diesem Grunde sei es zweifelhaft, ob § 2 VI 3 18. BlmSchV von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BlmSchG gedeckt sei, welche nur immissionsschutzrechtliche Regelungen erlaube808 . Geht man diesen Bedenken nach, so gilt es als erstes zu untersuchen, ob § 2 VI 3 18. BlmSchV ausschließlich oder zumindest primär den Interessen der Sportanlagenbetreiber dient und deshalb vielleicht wegen mangelnder Eignung, die Allgemeinheit und die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen, von § 23 I BimSchG nicht mehr gedeckt ist. Sollte dies zu verneinen sein, wäre als zweites zu prüfen, ob § 2 VI 3 18. BlmSchV Gemeinden tatsächlich an der Durchsetzung bauplanenscher Festsetzungen hindem kann und aus diesem Grunde möglicherweise gegen höherrangiges Recht verstößt. Bei der Untersuchung, welche Folgen die Vorschrift des § 2 VI 3 18. BlmSchV nach sich zieht, bietet es sich an, zunächst seinen Wortlaut in den Blick zu nehmen. Hierbei zeigt sich, daß sich ein Abstellen auf die tatsächliche bauliche Nutzung keineswegs stets nur zugunsten des Sports auswirkt. Einige Beispiele mögen verdeutlichen, daß- bezogen auf die Regelung des § 2 VI 1 18. BlmSchV- von§ 2 VI 3 18. BlmSchV vielmehr mal der Sport, mal die Nachbarschaft und die Allgemeinheit profitieren, soweit ihr an Ruhe gelegen ist. So führt § 2 VI 3 18. BlmSchV mit seinem Abstellen auf die tatsächliche bauliche Nutzung zum Beispiel zu einer Vergünstigung für den Sport, indem er durch Verdrängung des § 2 VI 1 18. BimSchV bewirkt, daß Sportanlagenbetreiber nicht gemäߧ 2 I 18. BimSchV gehalten sind, die in§ 2 II Nr. 5 18. BlmSchV für Krankenhäuser und Pflegeanstalten festgelegten Immissionsrichtwerte einzuhalten, wenn ein im Einwirkungsbereich der Sportanlage(n) gelegenes Grundstück, für das ein wirksamer, aber noch nicht vollzogener Bebauungsplan ein Krankenhaus oder eine Pflegeanstalt festsetzt, faktisch und bebauungsplanwidrig mit einem baurechtlich bestandsgeschützten Wohngebäude bebaut ist und lediglich zu Wohnzwecken genutzt wird. Einen Vorteil aus § 2 VI 3 18. BlmSchV zieht der Sport auch dann, wenn der Einwirkungsbereich der Sportanlage(n) durch einen wirksamen Bebauungsplan als Allgemeines Wohngebiet ausgewiesen ist, nach der tatsächlichen baulichen Nutzung jedoch (noch) als Mischgebiet zu qualifizieren ist. In diesem Fall verhindert § 2 VI 3 18. BlmSchV, daß Sportanlagenbetreiber gemäß § 2 I 18. BimSchV die Immissionsrichtwerte des§ 2 II Nr. 3 18. BlmSchV für Allgemeine Wohngebiete einhalten müssen; das Gegenteil wäre der Fall, wenn lediglich die Regelung des§ 2 VI 118. BlmSchVexistierte. sos Berkemann NVwZ 1992, 817 (827); Mampel, Rn. 1556 u. 1244 ff. 806 807 808

Mampel, Rn. 1556. Berkemann NVwZ 1992, 817 (827). Berkemann NVwZ 1992, 817 (827).

111. Sportanlagenlärmschutzverordnung und höherrangiges Recht

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Umgekehrt kann sich§ 2 VI 3 18. BlmSchVaber auch zu Lasten des Sports und zugunsten der Nachbarschaft und einer ruhesuchenden Allgemeinheit auswirken, so etwa dann, wenn ein in einem wirksamen Bebauungsplan als Mischgebiet ausgewiesenes Baugebiet zu einem faktischen Allgemeinen Wohngebiet mutiert ist, weil sich nach und nach alle Gewerbebetriebe abgesiedelt haben. In einer solchen Situation haben Sportanlagenbetreiber aufgrund von § 2 VI 3 18. BimSchV nicht mehr nur die Immissionsrichtwerte des§ 2 II Nr. 2 18. BimSchV für Mischgebiete, sondern grundsätzlich diejenigen des § 2 II Nr. 3 18. BlmSchV für Allgemeine Wohngebiete einzuhalten. Wird auf einem in einem wirksamen Bebauungsplan als Reines Wohngebiet ausgewiesenen Grundstück ein baurechtlich bestandsgeschütztes Krankenhaus betrieben, müssen die Sportanlagenbetreiber wegen § 2 VI 3 18. BimSchV nicht mehr nur die Immissionsrichtwerte des § 2 II Nr. 4 18. BlmSchV für Reine Wohngebiete, sondern grundsätzlich diejenigen des § 2 II Nr. 5 18. BimSchV für Krankenhäuser beachten. Auch hier dient die Regelung des § 2 VI 3 18. BimSchV nicht dem Interesse des Sports, sondern führt gegenüber dem Zustand, der bestünde, wenn auf den Bebauungsplan abzustellen wäre, zu einer Verbesserung des Immissionsschutzes in Bezug auf die von der Sportanlagenlärmschutzverordnung erfaßten Geräusche. Daß die Behauptung, § 2 VI 3 18. BimSchV diene ausschließlich den Interessen des Sports, nicht zutrifft, läßt sich außerdem anhand der Entstehungsgeschichte der Vorschrift belegen. § 2 VI 3 18. BimSchV war im Verordnungsentwurf der Bundesregierung nicht vorgesehen 809. Er wurde erst auf Empfehlung des Umweltausschusses des Bundesrates in die Verordnung aufgenommen 810• Die Empfehlung wurde damit begründet, daß der tatsächlichen Schutzbedürftigkeit der Immissionsbetroffenen auch im Falle einer erheblichen Abweichung der tatsächlichen Nutzung von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes Rechnung zu tragen sei811 • Diese Begründung und die Tatsache, daß die Interessen des Sports nicht beim Umweltausschuß ressortieren812, widerlegen nicht nur die Ansicht, daß mit § 2 VI 3 18. BimSchV eine ausschließlich den Sport begünstigende und dem Immissionsschutz zuwiderlaufende Regelung geschaffen worden ist, sondern geben vielmehr sogar eher noch Grund zu der Annahme, daß bei der Schaffung des § 2 VI 3 18. BimSchV die Verstärkung des Immissionsschutzes im Vordergrund gestanden hat.

Vgl. BR-Drs. 17/91, S. 4. BR-Drs. 17 I 1/91, S. 17. 811 BR-Drs. 1711/91, S. 17. 812 Die Angelegenheiten des Sports sind im Bundesrat federführend beim (ständigen) Ausschuß für Innere Angelegenheiten angesiedelt, weil die Federführung in Sachen Sport innerhalb der Bundesregierung beim Bundesminister des Innem liegt und die ständigen Ausschüsse des Bundesrates ausdrücklich spiegelbildlich zum jeweiligen Ressortbereich der Ministerien der Bundesregierung gebildet werden oder als so eingesetzt gelten (vgl. Reuter, Praxishandbuch Bundesrat, S. 364). 809 810

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

Soweit durch§ 2 VI 3 18. BlmSchVim Vergleich zu der Lage, wie sie bei einem Rekurrieren auf den Bebauungsplan nach § 2 VI 1 18. BlmSchV bestünde, eine Verbesserung der Immissionslage bewirkt wird, bestehen hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit § 23 I BlmSchG von vornherein keine Bedenken. Der Verordnungsgeber darf nämlich gemäß § 23 I BimSchG nicht nur Bestimmungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen treffen, sondern wird durch diese Vorschrift ausdrücklich auch zu Vorsorgeanforderungen ermächtigt.§ 2 VI 3 18. BlmSchVist aber mit § 23 I BimSchG auch insoweit vereinbar, als er den Interessen des Sports und der Sportanlagenbetreiber entgegenkommt. Eingedenk der Tatsache, daß die Immissionsrichtwerte des§ 2 II-IV 18. BlmSchV nicht die Grenze zwischen nicht schädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BlmSchG durch Geräusche markieren können 813, kommt § 2 VI 3 18. BlmSchV eine über die Sportanlagenlärmschutzverordnung hinausreichende Bedeutung nicht zu. § 2 VI 3 18. BimSchV führt mithin lediglich dazu, daß die Sportanlagenlärmschutzverordnung geringere Anforderungen an die Sportanlagenbetreiber stellt als sie sie stellen würde, wenn nur die Regelung des § 2 VI 1 18. BlmSchV existierte und stets auf die nach dem Bebauungsplan statthafte Art der baulichen Nutzung abgehoben werden müßte. Daß dies zumindest grundsätzlich sachgerecht ist, wird durch die vorerwähnten Beispiele belegt. Infolgedessen hält sich die Regelung des § 2 VI 3 18. BimSchV im Rahmen des Gestaltungsspielraums, der dem Verordnungsgeber durch § 23 I BlmSchG eröffnet ist. Für ihre Vereinbarkeit mit § 23 I BlmSchG spricht darüberhinaus, daß sie exakt mit Ziff. 2.322 Abs. 2 TA Lärm814 übereinstimmt und nicht angenommen werden kann, daß es dem Verordnungsgeber verwehrt ist, in eine Rechtsverordnung eine Regelung zu übernehmen, die der Gesetzgeber als Verwaltungsvorschrift gemäß § 66 II BlmSchG auf nicht absehbare Zeit weitergelten läßt. Der Verordnungsgeber hat mit der Regelung des§ 2 VI 3 18. BlmSchV den ihm durch § 23 I BlmSchG eingeräumten Gestaltungsspielraum auch nicht deshalb überschritten, weil er mit ihr eine Regelung geschaffen hätte, die die Gemeinden an der Durchsetzung bauplanungsrechtlicher Festsetzungen hinderte und deshalb gegen höherrangiges Recht- insbesondere gegen die §§ 1, 8 I, 29, 30 BauGB verstieße. Soweit§ 2 VI 3 18. BlmSchV bewirkt, daß die Belastung durch Sportaolagengeräusche geringer ausfallt als bei einer Einstufung der immissionsbetroffenen Gebiete und Anlagen nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes, kann er der Umsetzung planenscher Festsetzungen schlechterdings nicht im Wege stehen, weil sich dadurch, daß ein Sportanlagenbetreiber leiser ist, niemand davon abhalten läßt, einen Bebauungsplan zu vollziehen. § 2 VI 3 18. BimSchV hindert die Gemeinden an der Durchsetzung bauplanungsrechtlicher Festsetzungen aber auch dann nicht, wenn er sich zugunsten des Sports auswirkt, indem seine Anwendung zur Folge hat, daß die Sportanlagenlärmschutzverordnung geringere Anforderungen an die Sportanlagenbetreiber stellt als sie sie stellen würde, wenn die immis813 814

Hierzu siehe oben C II 2 c. Fundstelle siehe Fn. 83.

III. Sportanlagenlärmschutzverordnung und höherrangiges Recht

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sionsbetroffenen Gebiete und Anlagen nach dem Bebauungsplan eingestuft würden. Sollte die Gemeinde nämlich ernsthaft daran interessiert sein, einen wirksamen Bebauungsplan zu vollziehen und so "Anspruch und Wirklichkeit" (wieder) in Übereinstimmung zu bringen, und die Ernsthaftigkeit ihrer Bemühungen um Verwirklichung der Festsetzungen eines Bebauungsplans durch konkrete Maßnahmen - z. B. durch den Erlaß städtebaulicher Gebote (§§ 176 - 179 BauGB) oder gar mittels Durchführung städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen (§§ 136 ff. BauGB)- unterstreichen, ist durch den Passus in§ 2 VI 3 18. BimSchV "unter Berücksichtigung der vorgesehenen baulichen Entwicklung des Gebietes" sichergestellt, daß die nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung grundsätzlich einzuhaltenden Immissionsrichtwerte gleichsam ,,Zug um Zug" (wieder) auf diejenigen Immissionsrichtwerte hingeführt werden, die bei Klassifizierung der immissionsbetroffenen Baugebiete und Anlagen nach den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen gemäß § 2 VI 1 18. BimSchV maßgeblich sind. Außerdem sind Sportanlagengeräusche aus Gründen, die an anderer Stelle noch dargelegt werden815 , nicht automatisch schon deshalb erlaubt, weil sie die Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht verbietet. § 2 VI 3 18. BimSchV vernachlässigt somit keinesfalls den Normcharakter des Bebauungsplanes. Seine Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht steht damit außer Frage.

3. Rückgriff auf§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i. V.m. § 3 I BimSchG und die §§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG trotz Einhaltung der Immissionsrichtwerte des§ 2 II-IV 18. BimSchV

Werden Sportanlagen gemäߧ 2 I 18. BimSchV so errichtet und betrieben, daß die in § 2 II-IV 18. BimSchV genannten Immissionsrichtwerte unter Einrechnung der Geräuschimmissionen anderer Sportanlagen nicht überschritten werden, stellt sich die Frage, ob die Sportanlagenbetreiber ihre auf Bundesrecht beruhenden immissionsschutzrechtlichen Pflichten im Hinblick auf Geräuschimmissionen damit bereits in vollem Umfang erfüllt haben oder ob sich aus § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG und/oder aus den§§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG zusätzliche Anforderungen zur Geräuschverminderung ergeben können. Rechtsprechung und Schrifttum entscheiden sich sowohl für die eine, als auch für die andere Auffassung. So wird zum Teil dafür votiert, daß die Sportanlagenbetreiber darauf vertrauen können, den Anforderungen des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG unter dem Aspekt des Lärmschutzes gänzlich zu genügen, wenn ihr Anlagenbetrieb mit § 2 I 18. BlmSchV im Einklang steht816• Die normative Konkretisierung des geHierzu siehe nachfolgend C III 3. BVerwG UPR 1995, 108; OVG Münster NVwZ 1994, 1018 f.; VGH Mannheim VBIBW 1996, 105 (106); OVG Bremen GewA 1996, 390; VG Würzburg UPR 1996, 119; 815

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C. Anforderungen nach der Sportan1agenlärrnschutzverordnung

setzliehen Maßstabs für die Zumutbarkeit von Sportlärm durch die Sportanlagenlärmschutzverordnung ziele gerade darauf ab, die bisherige einzelfallbezogene Beurteilung anhand unbestimmter Rechtsbegriffe durch ein differenziertes Regelungssystem zu ersetzen, das auf der Grundlage allgemeingültiger Immissionsrichtwerte und Beurteilungsgrundsätze eine interessengerechte und gleichmäßige Bewertung der belästigenden Wirkung von Sportlärm ermögliche 817 . Die verbindliche Festlegung von Immissionsrichtwerten und Beurteilungsgrundsätzen diene in einem Bereich der Rechtssicherheit, der in besonderem Maße von Wertungen geprägt und deshalb höchst unterschiedlicher Beurteilung im Einzelfall ausgesetzt sei818 . Die Abweichung von den normierten Maßstäben und Grundsätzen im Einzelfall wäre mit dem Normzweck, eine gleichmäßige Rechtsanwendung sicherzustellen, unvereinbar819 . Für eine einzelfallbezogene Beurteilung lasse das normative Regelungskonzept nur insoweit Raum, als die Sportanlagenlärmschutzverordnung durch Verweis auf weitergehende Vorschriften generell (vgl. § 4 18. BimSchV) oder durch Sollvorschriften für atypisch gelagerte Fälle Abweichungen zulasse820. Nach gegenteiliger Ansicht sind die Anforderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht als abschließende Regelung zu verstehen 821 . Die in ihr festgelegten Immissionsrichtwerte dienten vielmehr nur als absolute Zumutbarkeitsschwellen, die nicht überschritten werden dürften, nicht hingegen als absolute Zumutbarkeitsgrenzen, die von der immissionsbetroffenen Nutzung in jedem Falle hingenommen werden müßten822. Insoweit markierten die Immissionsrichtwerte nur Regelgrenzen, die bei Vorliegen von Besonderheiten auf Seiten der immissionsbetroffenen Nutzung nach unten korrigiert werden könnten und müßten 823 . Für ein derartiges Verständnis der Sportanlagenlärmschutzverordnung spräche einmal der Wortlaut des § 2 I 18. BimSchV. Diese Vorschrift schreibe lediglich vor, daß Sportanlagen so zu errichten und zu betreiben seien, daß die in den Abs. 2 - 4 genannten Immissionsrichtwerte nicht überschritten würden, regele aber nicht ausdrücklich, daß Immissionen, die diese Werte nicht überschreiten, hinzunehmen seien824. Desweiteren spräche dafür die Wahl des Wortes "Richtwerte" durch den VerL-R-Kutscheidt, § 3 Rn. 3 b; Wollenschläger/Sehrami BayVBI. 1996, 161 (162); wohl auch Kette/er BauR 1992, 459 (467 f.). 817 BVerwG UPR 1995, 108; OVG Münster NVwZ 1994, 1018 f. 818 BVerwG UPR 1995, 108. 819 BVerwG UPR 1995, 108. 820 BVerwG UPR 1995, 108. 821 OVG Münster UPR 1994, 310 f. ; Jarass, § 23 Rn. 14; GK-BimSchG-Roßnagel, § 23 Rn. 10 i.V.m. 112; Schrödter, § 9 BauGB, Rn. 73a; Bender/Sparwasser/Engel, S. 386; Spindler/Spindler NVwZ 1993, 225 (228 u. 232); Berkemann NVwZ 1992, 817 (827 f.); Mampel, Rn. 1546 ff. 822 OVG Münster UPR 1994, 310; Bender/Sparwasser!Engel, S. 386. 823 OVG Münster UPR 1994, 310 unter Hinweis aufOLG Koblenz NVwZ 1993, 301. 824 OVG Münster UPR 1994, 310.

III. Sportan1agen1ärmschutzverordnung und höherrangiges Recht

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ordnungsgeber. Richtwerte seien nach allgemeinem Sprachgebrauch keine absoluten Grenzwerte, die genau bestimmte Zumutbarkeitsschwellen festlegten, sondern Werte, an denen sich eine vorzunehmende weitere Wertung auszurichten habe825 . Der Verordnungsgeber habe sich offenbar außer Stande gesehen, auf seiten der immissionsbetroffenen Nutzung alle konkreten Gegebenheiten normativ zu berücksichtigen, und sich dementsprechend mit der Festlegung von Richtwerten begnügt, die zwar nicht überschritten werden dürften, die aber nicht als absolute Zumutbarkeitsgrenzen zu verstehen seien826 . Wie in vorangegangen Abschnitten bereits zweimal erwähnt827, verdient die zuletzt genannte Ansicht den Vorzug. Sportanlagengeräusche sind nicht automatisch schon deshalb erlaubt, weil sie die Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht verbietet. Zunächst ist allgemein daran zu erinnern, daß die Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BimSchG als ein von § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BimSchG losgelöster und unabhängiger Tatbestand zu verstehen ist828. Infolge dieser Selbständigkeit und Unabhängigkeit schließt der Erlaß einer Rechtsverordnung nach dieser Vorschrift die Anwendung des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BimSchG auf die von der Rechtsverordnung erfaßten Anlagen grundsätzlich nicht aus 829 . Desweiteren ist zu bedenken, daß § 22 I 1 BimSchG dynamischen Charakter hat, was insbesondere durch die Anknüpfung an den "Stand der Technik" zum Ausdruck kommt. § 23 I BimSchG nimmt demgegenüber den "Stand der Technik" nicht in Bezug, so daß § 22 I 1 BimSchG die Verordnungswerte überholen kann830 . Würde man den Rückgriff auf § 22 I 1 BlmSchG verbieten, würde man folglich die Anpassung der immissionsschutzrechtlichen Pflichten nach dem Stand der Technik durch eine "Versteinerung" in normativer Form durch Rechtsverordnung wieder rückgängig machen831 . Das ist vom Gesetzgeber des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht gewollt. Soweit sich aus § 22 I BlmSchG strengere Anforderungen ergeben, sind diese folglich zusätzlich zu den Rechtsverordnungen zu beachten832. Speziell in Bezug auf die Sportanlagenlärmschutzverordnung kommt hinzu, daß ein abschließender Regelungswille des Verordnungsgebers zwar möglicherweise vorhanden war- daraufhin deutet die an den Verordnungsgeber gerichtete833 und OVG Münster UPR 1994, 310 f. OVG Münster UPR 1994, 310 (311). 827 Siehe oben C III 2 c u. d. 828 VGH München BayVBI. 1996, 335 (337- 339); Schmitt Glaeser/Meins, S. 69; L-RHansmann, § 23 Rn. 1 u. 14; Feldhaus, § 23 Anrn. 4; Jarass, § 23 Rn. 1 u. 3; Engelhardt, § 23 Rn. 1; GK-BimSchG-Roßnagel, § 23 Rn. 5 f. u. 36 ff.; Rid/Hammann NVwZ 1989, 200 (204); Kutscheidt NVwZ 1983, 65 (68); Seiler; S. 71 ff. Näheres hierzu siehe oben C III 2 c. 829 L-R-Hansmann, § 23 Rn. 1; Jarass, § 23 Rn. 14. 830 GK-BimSchG-Roßnagel, § 23 Rn. 10; Seiler; S. 75. 831 GK-BimSchG-Roßnagel, § 23 Rn. 10; Seiler, S. 75. 832 GK-BimSchG-Roßnagel, § 23 Rn. 10; Seiler, S. 76. 833 BT-Drs. 11 I 6633, S. 3. 825

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C. Anforderungen nach der Sportanlagen1ärmschutzverordnung

von ihm in der Verordnungsbegründung ausdrücklich in Bezug genommene834 Bitte des Deutschen Bundestages, mit einer Sportanlagenlärmschutzverordnung im Spannungsfeld zwischen Sport und Umwelt für ein "Höchstmaß an Rechtssicherheit" zu sorgen -, in der Sportanlagenlärmschutzverordnung selbst allerdings nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt. (1) So wurde, vom OVG Münster835 zutreffend erkannt, § 2 I 18. BlmSchV gerade nicht so gefaßt, daß Sportanlagengeräusche, die die Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BlmSchV nicht überschreiten, hinzunehmen wären. Vielmehr hat der Verordnungsgeber (lediglich) formuliert, daß Sportanlagen so zu errichten und zu betreiben sind, daß bestimmte Immissionsrichtwerte nicht überschritten werden.

(2) In§ 4 18. BlmSchV wurde bestimmt, daß weitergehende Vorschriften unberührt bleiben. Nach dem Wortlaut des § 4 18. BlmSchV sind das "vor allem" solche weitergehenden Vorschriften, die sich auf den Schutz der Sonn- und Feiertags' Mittags- und Nachtruhe oder den Schutz besonders empfindlicher Gebiete beziehen. Aus der Verwendung der Worte "vor allem" folgt jedoch zwingend, daß diese Aufzählung nicht erschöpfend ist und der Verordnungsgeber demzufolge auch andere "weitergehende Vorschriften" unberührt läßt bzw. gelassen hat. In der Verordnungsbegründung ist zwar ausgeführt, daß § 4 18. BlmSchV "nicht das Recht der Länder und Gemeinden" berühre, weitergehende Vorschriften zu erlassen836. In der Verordnungsbegründung steht jedoch nicht, daß sich § 4 18. BlmSchV "nur" auf landes- und ortsrechtliche Vorschriften bezöge837 . Im Verordnungstext hat sich eine - vielleicht gewollte- Beschränkung des§ 4 18. BlmSchVauf weitergehende Vorschriften "der Länder und Gemeinden" ebenfalls nicht niedergeschlagen. Infolgedessen werden von der Sportanlagenlärmschutzverordnung gemäß § 4 18. BlmSchVauch weitergehende Vorschriften des Bundes und damit insbesondere § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG unberührt ge1assen838 . (3) Daß der Verordnungsgeber vorsichtig war und letztendlich doch keine im Hinblick auf § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG abschließende Regelung geschaffen hat, wird auch dadurch belegt, daß seiner Ansicht nach die Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BlmSchV (nur) "in der Regel"- d. h. eben nicht immer - die Grenze zwischen schädlichen und nicht schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche markierten 839 . Außerdem kann ergänzend auf § 3 18. BlmSchV hingewiesen werden, der die von den Sportanlagenbetreibern durchzuführenden Maßnahmen nur beispielhaft - und somit eben nicht abschließend beschreibt.

834 835 836 837 838 839

BR-Drs. 17/91, S. 36. UPR 1994, 310. BR-Drs. 17/91, S. 44. BR-Drs. 17/91, S. 44. A.A. BVerwG UPR 1995, 108; Wollenschläger/Sehrami BayVBI. 1996, 161 (162 f.). BR-Drs. 17/91, S. 38. .

III. Sportan1agen1ärrnschutzverordnung und höherrangiges Recht

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(4) Gegen die Annahme einer abschließenden Regelung spricht schließlich, daß der Verordnungsgeber das Ziel, Rechtssicherheit zu schaffen, mit seinem normativen Regelungskonzept keineswegs durchgängig verfolgt. Neben den unbestreitbar gemäß § 4 18. BimSchV unberührt bleibenden weitergehenden Iandes- und ortsrechtlichen Vorschriften ist der Rechtssicherheit nämlich auch die in § 2 VI 2 18. BimSchV getroffene Regelung abträglich, weil sie mit der in ihr enthaltenen Anordnung, alle "sonstigen" Gebiete und Anlagen "entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen", den Rechtsanwender nach wie vor in weiten Bereichen weitgehend alleine läßt840• Damit wird das (Gegen-)Argument, daß ein Rückgriff auf§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG der Rechtssicherheit schade, zwar nicht gegenstandslos. Es wird jedoch in seiner Bedeutung derart relativiert, daß es sich gegen diefür einen potentiellen Rückgriff auf§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG sprechenden Argumente nicht mehr durchzusetzen vermag. Hätte der Verordnungsgeber die Sportanlagenlärmschutzverordnung in der vorliegenden Fassung für bundesrechtlich abschließend erklärt und jeglichen Rückgriff auf§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG ausgeschlossen, wäre der "Rückgriffsausschluß", möglicherweise sogar die gesamte Sportanlagenlärmschutzverordnung nichtig. Die Sportanlagenlärmschutzverordnung bietet in ihrer derzeitigen Fassung nämlich nicht die Gewähr dafür, daß bei Einhaltung der von ihr aufgerichteten Anforderungen an Errichtung und Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen in jedem Falle auch die Grundpflichten des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG in vollem Umfang erfüllt werden. So bleibt die Sportanlagenlärmschutzverordnung bei der Bekämpfung nächtlicher Geräuschspitzen in weder nachteilig vorbelasteten noch extrem hoch verdichteten Reinen und Allgemeinen Wohngebieten hinter dem zurück, was § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG von den Betreibern immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen verlangt841 • Das Gleiche kann sich- weil sich die Immissionsrichtwerte des § 2 li-IV 18. BimSchV nicht auf die Summe aller am jeweils maßgeblichen Immissionsort zu verzeichnenden Geräuschimmissionen, sondern nur auf die aus bestimmungsgemäßer Nutzung immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen zum Zwecke der Sportausübung resultierenden Geräuschimmissionen beziehen - bei allen Konstellationen ergeben, bei denen die von der Sportanlagenlärmschutzverordnung erfaßten Geräusche nicht die einzigen Geräusche sind, die sich an den jeweils maßgeblichen Immissionsorten niederschlagen. Deshalb kann beispielsweise auf eine Prüfung des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG insbesondere nicht verzichtet werden, wenn bei benachbarten Sportanlagen eine oder mehrere von ihnen mehr als nur marginal nicht zum Zwecke der Sportausübung (z. B. zur Abhaltung von Wanderzirkusveranstaltungen, Gewerkschaftskundgebungen, Open-Air-Konzerten, deren Erlös 840 Kritisch zu § 2 VI 2 18.BimSchV unter dem Gesichtspunkt "Rechtssicherheit" auch Berkemann NVwZ 1992, 817 (826 f.). 841 Hierzu siehe oben C III 2 c und B II 2 u. 4 c (3) (a).

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C. Anforderungen nach der Sportan1agenlärmschutzverordnung

nicht überwiegend zur Förderung der (unmittelbaren) Sportausübung auf der Sportanlage bestimmt ist) oder bestimmungswidrig (z. B. zur Abhaltung nicht erlaubter "inoffizieller Mopedtreffs") genutzt werden. § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG kann an einen Sportanlagenbetreiber außerdem dann schärfere Anforderungen stellen als die Sportanlagenlärmschutzverordnung, wenn die Sportanlagengeräusche mit Geräuschen anderer Anlagen zusammentreffen842. Auf§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG muß es schließlich auch ankommen bei Wohnungen, die baulich und betrieblich mit einer Sportanlage verbunden sind. Es mag gewiß gute Gründe dafür geben, die Sportanlagenbetreiber gegenüber Dienstwohnungen von Hausmeistem und anderen an der Sportanlage Beschäftigten nicht denselben Anforderungen zu unterwerfen, wie sie in§ 2 III u. IV 18. BimSchV gegenüber baulich aber nicht betrieblich mit einer Sportanlage verbundenen Wohnungen vorgesehen sind843 • Es ginge aber nicht an,§ 2 III u. IV 18. BimSchVals abschließende Regelung zu begreifen und "im Umkehrsch1uß" Hausmeister- und Beschäftigtendienstwohnungen einer ungehemmten und grenzenlosen Beschallung preiszugeben. Hausmeister und andere an der Sportanlage Beschäftigte - erst recht ihre Ehegatten und ihre (möglicherweise gar noch minderjährigen) Angehörigen - entäußern sich ihres gesamten Immissionsschutzes nämlich weder mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages noch durch das Beziehen der Dienstwohnung. Ein "Mindestmaß" an Immissionsschutz haben auch diese Personen noch zu beanspruchen. Wäre die Sportanlagenlärmschutzverordnung dergestalt abschließend, daß sie jeglichen Rückgriff auf§ 22 I l Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG verböte, würde Sportanlagenbetreibem folglich in vielen Fällen weniger abverlangt als vor Inkrafttreten dieser Rechtsverordnung. Sie würde zumindest teilweise von den Grundpflichten des § 22 I l Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG suspendieren. Eine Suspendierung von den Grundpflichten des § 22 I 1 Nr. l u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG ist einer Rechtsverordnung nach § 23 I BimSchG aber nicht erlaubt844 • Der gegenteiligen Ansicht845 kann nicht beigetreten werden, weil § 23 BimSchG bei einer Auslegung, die den Verordnungsgeber zu einer Korrektur des von § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG gesetzlich vorgegebenen Schutzes vor schädlichen Umwelteinwirkungen auf ein niedrigeres (welches?) Schutzniveau ermächtigte, nicht mehr den Erfordernissen des Art. 80 I 2 GG genügte. Der Zweck (i. S. d. Art. 80 I 2 GG) der Rechtsverordnungen nach § 23 I BlmSchG besteht nämlich 842 Vgl. OVG Münster UPR 1994, 310 f. Zusammentreffen von Sportanlagengeräuschen mit Verkehrsgeräuschen in einem unvorbelasteten Reinen Wohngebiet, in dem die Sportanlage zudem noch an eine bereits vorhandene Wohnbebauung "herangerückt" war, 843 Vgl. BR-Drs. 17/91, S. 41. 844 Jarass, § 23 Rn. I, 3 u. 14; Schmatz/Nöthlichs, § 23 Anm. 1 a.E.; GK-BimSchGRoßnagel, § 23 Rn. 6; Gaentzsch, FS Gelzer, S. 29 (41); Bier ZffiR 1992, 15 (21); Wollenschläger/Schram[ BayVBI. 1996, 161 (162); Jahn GewA 1996, 14 (16); ders. NVwZ 1996, 663 (664). 845 VGH München BayVBI. 1996, 335 (339).

III. Sportanlagenlärmschutzverordnung und höherrangiges Recht

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darin, die Allgemeinheit und die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 3 I BimSchG) zu schützen oder Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen (§ 3 I BimSchG) zu treffen. Art. 80 I 2 GG läßt es deshalb nicht zu, daß der Verordnungsgeber selbst festlegt, was schädliche Umwelteinwirkungen sind. Denn damit würde letztlicher-und nicht mehr der Gesetzgeber- den Zweck der Rechtsverordnungen bestimmen846. Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die Sportanlagenlärmschutzverordnung in ihrer derzeitigen Fassung einen Rückgriff auf§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG weder verbietet noch verbieten könnte. Die Sportanlagenbetreiber haben vielmehr sowohl die Anforderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung als auch des§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG zu beachten. Für die Rechtslage letztlich maßgebend ist dann stets diejenige Vorschrift, die im konkreten Fall die strengeren Anforderungen an Errichtung und Betrieb der Sportanlage(n) stellt. Dieselben Gründe, die die Sportanlagenlärmschutzverordnung gegenüber § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG nicht abschließend sein lassen, lassen sich auch dafür anführen, sie gegenüber den §§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG als nicht abschließend zu verstehen. Gehört etwa ein Vereinsheim mit Gastronomiebetrieb oder eine Stadiongaststätte zur Sportanlage i.S. der Sportanlagenlärmschutzverordnung, weil mit ihr ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang besteht (§ 1 III 1 18. BlmSchV) 847, benötigt der Setreiber auch nach lokrafttreten der Sportanlagenlärmschutzverordnung nach wie vor eine Erlaubnis nach dem Gaststättengesetz. Das wird selbst vom Verordnungsgeber der Sportanlagenlärmschutzverordnung so gesehen 848 . Da der Zweck der durch§ 69 II BlmSchG geänderten §§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG darin besteht sicherzustellen, daß beim Betrieb von Gaststätten schädliche Umwelteinwirkungen in jedem Fall vermieden werden849, kann die Sportanlagenlärmschutzverordnung, die das - wie gezeigt - nicht in jedem Fall zu gewährleisten vermag, auch von diesen Vorschriften nicht suspendieren. Bei Vereinsheimen mit Gastronomiebetrieb oder Stadiongaststätten sind deshalb die §§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG neben der Sportanlagenlärmschutzverordnung zu prüfen und geben für die Beurteilung der Rechtslage immer dann den Ausschlag, wenn sie im kon846 Der VGH München (aaO.) hält seine Ansicht, wonach der Verordnungsgeber das Niveau des § 22 BimSchG auch absenken könne, im übrigen nicht durch. Krassen "Ausreißern" will er (aaO., S. 340) durch Rückgriff auf das Rücksichtnahmegebot als "übergeordnete(m) Rechtsprinzip" begegnen. Damit verkennt er zum einen, daß es ein Rücksichtnahmegebot als "übergeordnetes Rechtsprinzip" nicht gibt, sondern nur als einfachrechtliches Gebot, das der Gesetzgeber an einigen Stellen, nicht aber als allgemeines Gebot durchgehend geschaffen hat (vgl. BVerwGE 68, 58 (60); BVerwG ZffiR 1983, 243 (245); 1984, 300; 1985, 192 (193)), zum andem verschließt er sich der Erkenntnis, daß das Rücksichtnahmegebot in § 22 I 1 i.V.m. § 3 I u. II BimSchG eine spezielle gesetzliche Ausprägung gefunden hat (hierzu siehe oben B II 4 c (1) (a) (cc) m. zahlr. Nachw.). Der Sache nach wird folglich auch vom VGH München die Möglichkeit eines Rückgriffs auf diese Vorschriften anerkannt. 847 Hierzu siehe oben C li 1 e u. C III 1. 848 Vgl. BR-Drs. 17/1/91, S. 24. 849 Hierzu siehe oben C III I.

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

kreten Fall vom Betreiber mehr als die Vorschriften der Sportanlagenlärmschutzverordnung verlangen850.

4. Vereinbarkeit der in§ 511-V 18. BlmSchV vorgesehenen Privilegierungen bezüglich der Verpflichtung zu zeitlichen Beschränkungen des Sportbetriebs mit der Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BlmSchG und sonstigem höherrangigen Recht Werden die Immissionsrichtwerte des§ 2 II-IV 18. BimSchV überschritten oder ist ihre Überschreitung ernstlich zu besorgen, sind die Sportanlagenbetreiber nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung - wie bereits dargelegt851 - nicht ohne weiteres zu zeitlichen Beschränkungen des Sportbetriebes auf der Sportanlage verpflichtet. So ist in § 5 II Hs. 2 18. BimSchV bestimmt, daß zur Erfüllung der Pflichten nach § 2 I 18. BimSchV eine Festsetzung von Betriebszeiten nur nach einer Abwägung erfolgen kann, bei der der Schutz der Nachbarschaft und der Allgemeinheit sowie die Gewährleistung einer sinnvollen Sportausübung auf der Anlage gegeneinander abgewogen worden sind. In dieser Bestimmung kommt ersichtlich der Wille des Verordnungsgebers zum Ausdruck, daß in jedem Falle auf jeder Sportanlage ein sinnvoller Sportbetrieb weiter stattfinden können soll. Handelt es sich bei der Sportanlage um ein Freibad, so wird überdies gemäß § 5 II Hs. 1 18. BimSchV eine Betriebszeitbeschränkung in der Zeit von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr zum Zwecke der Erfüllung der aus§ 2 I 18. BlmSchVresultierenden Pflichten vollkommen ausgeschlossen. Bei Freibädern kommen Betriebszeitbeschränkungen nach dem Willen des Verordnungsgebers der Sportanlagenlärmschutzverordnung somit nur in der Zeit nach 22.00 Uhr und vor 7.00 Uhr in Betracht. Desweiteren nimmt § 5 lli 1 u. 3 18. BlmSchV bestimmte Teile des Sportbetriebs auf Sportanlagen für den Regelfall von Betriebszeitbeschränkungen gänzlich aus. So soll nach dieser Vorschrift von der Festsetzung von Betriebszeiten abgesehen werden, soweit der Betrieb einer Sportanlage dem Schulsport, der Durchführung von Sportstudiengängen an Hochschulen oder der Sportausbildung im Rahmen der Landesverteidigung dient. Es muß mithin schon ein atypischer Sonderfall gegeben sein, damit Sportanlagenbetreiber bei Überschreitung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV diese Sportanlagennutzungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung zeitlichen Beschränkungen unterwerfen müssen. Findet auf einer Sportanlage neben privilegiertem Sport (Schulsport, Sport zur Durchführung von Sportstudiengängen an Hochschulen, Sport im Rahmen der Sportausbildung der Bundeswehr) auch nicht privilegierter allgemeiner Sport statt, 850 Im Ergebnis ebenso Michel/ Kienzle, § 31 GastG, Rn. 11 ; nicht eindeutig demgegenüber Spindler/Spindler NVwZ 1993, 225 (227). Von einem "Nebenanlagenprivileg " des § 1 III 18.BimSchV zu sprechen, ist allerdings verfehlt. 851 Siehe oben C II 5 c (1).

111. Sportanlagenlännschutzverordnung und höherrangiges Recht

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werden die Geräusche des nicht privilegierten allgemeinen Sports gemäß § 5 III 2 18. BimSchV allerdings nur über die Zeiten gemittelt, in denen kein privilegierter Sport stattfindet. Darüberhinaus ist zu beachten, daß nach § 5 IV 18. BimSchV Betriebszeitbeschränkungen bei allen nicht in Kurgebieten oder in der Nachbarschaft von Krankenhäusern oder Pflegeanstalten gelegenen Sportanlagen, die vor Inkrafttreten der Sportanlagenlärmschutzverordnung baurechtlich genehmigt oder - soweit eine Baugenehmigung nicht erforderlich war- errichtet waren 852, regelmäßig erst dann in Betracht kommen, wenn die ihnen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung zuzurechnenden Geräuschimmissionen die Immissionsrichtwerte des § 2 II u. IV 18. BimSchV an den maßgeblichen Immissionsorten853 zuzüglich eines Toleranzzuschlages von 5 dB(A) erreichen oder überschreiten. Nach § 5 V 18. BimSchV i.V.m. Ziff. 1.5 des Anhangs zur 18. BimSchV soll schließlich auch dann von einer zeitlichen Beschränkung des Sportbetriebs auf der Sportanlage abgesehen werden, wenn an höchstens 18 Kalendertagen eines Jahres in einer Beurteilungszeit oder in mehreren Beurteilungszeiten die Immissionsrichtwerte des § 2 II 18. BimSchV um nicht mehr als 10 dB(A) überschritten werden, in jedem Falle die Höchstwerte von 70 dB(A) I tags außerhalb der Ruhezeiten, 65 dB(A)Itags innerhalb der Ruhezeiten und 55 dB(A)Inachts eingehalten sind, einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen die Immissionsrichtwerte des § 2 II 18. BimSchV tags um nicht mehr als 30 dB(A) und nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten und zudem in keinem Falle Geräuschspitzen von mehr als 90 dB(A) I tags außerhalb der Ruhezeiten, 85 dB(A) I tags innerhalb der Ruhezeiten und 65 dB(A) I nachts zu verzeichnen sind. a) Vereinbarkeif mit§ 23 I BlmSchG

Es fragt sich, ob diese Regelungen mit höherrangigem Recht vereinbar sind. Notwendige Voraussetzung dafür wäre, daß sie von der Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BimSchG gedeckt sind. Bei der Prüfung dieser Voraussetzung dürfen die in § 5 II-V 18. BimSchV getroffenen Regelungen nicht isoliert betrachtet und für sich genommen an § 23 I BimSchG gemessen werden. Sie sind deshalb nicht a limine schon deswegen wegen fehlender Ermächtigungsgrundlage nichtig, weil sie keine bestimmten Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder Vorsorgeanforderungen (vgl. § 23 I BimSchG) enthalten, sondern den Interessen der Sportanlagenbetreiber entgegenkommen. Eine isolierte Betrachtung des§ 5 II-V 18. BimSchV kommt zum einen nicht in Betracht, weil die Vorschrift ausdrücklich - und dies sogar gleich mehrfach - auf § 2 852 853

Die Sportanlagenlännschutzverordnung ist am 26. 10. 1991 in Kraft getreten. Zu den maßgeblichen Immissionsorten siehe oben C II 2 b.

202

C. Anforderungen nach der Sportanlagenlännschutzverordnung

18. BlmSchV Bezug nimmt und deshalb immer im Zusammenhang mit § 2 18. BlmSchV gesehen werden muß. Zum andern scheidet eine isolierte Betrachtung aus, weil sie der Intention des § 23 I BimSchG nicht gerecht werden würde. Zweck der Rechtsverordnungen nach § 23 I BlmSchG hat zwar stets zu sein, vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen bzw. Vorsorge gegen sie zu treffen. Dem Verordnungsgeber ist es aber gleichwohl nicht verwehrt, in den Rechtsverordnungen nach § 23 I BlmSchG auch die Belange der Anlagenbetreiber zu berücksichtigen. Es ist vielmehr von Verfassungs wegen sogar seine Pflicht, bei Erlaß einer Rechtsverordnung nach § 23 I BlmSchG die Interessen der Allgemeinheit, der Immissionsbetroffenen und der Emittenten in einen gerechten Ausgleich zu bringen. Betrachtet man die Regelungen des § 5 II-V 18. BlmSchV im Zusammenhang mit§ 2 18. BlmSchV, so zeigt sich einerseits, daߧ 5 II, IV u. V 18. BlmSchV die durch§ 2 18. BlmSchVan Errichtung und Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen gestellten Anforderungen zurücknimmt, sofern ihnen trotz Ausschöpfung aller (anderen) zur Verringerung der Geräuschbelastung prinzipiell gebotenen854 und im konkreten Fall verhältnismäßigen855 Maßnahmen noch immer nicht entsprochen ist und nurmehr noch Betriebszeitbeschränkungen zu einer weiteren Verringerung der Geräuschbelastung führen können. Insbesondere § 5 IV 18. BlmSchV mit der Privilegierung aller Altanlagen und§ 5 V 18. BlmSchV mit einer recht großzügigen Regelung für seltene Ereignisse, die Großveranstaltungen und Turnierwettkämpfe ermöglichen so11856, bewirken im Ergebnis eine erhebliche Relativierung des§ 2 18. BimSchV. Die Sportanlagenlärmschutzverordnung bleibt daher in vielen Fällen - und zwar vor allem dann, wenn Sport(alt)anlagen an bereits bestehende Wohnbereiche in unvorbelasteten Wohngebieten "herangerückt" sind und daher das Prioritätsprinzip für die Wohnnachbarschaft streitet857 oder sich sog. "seltene Ereignisse" nicht über das ganze Jahr verteilen, sondern sich innerhalb eines Monats oder weniger (Sommer-)Monate massieren858 - hinter den Anforderungen des§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG zurück. Andererseits zeigt sich, daߧ 5 III 18. BlmSchV, obschon auch er den Sportanlagenbetreibern entgegenkommt, indem er bestimmte Sportanlagennutzungen im Regelfall von Betriebszeitbeschränkungen ausnimmt, die Immissionssituation für die immissionsbetroffene Nachbarschaft und eine ruhesuchende Allgemeinheit nicht verschlechtert, sondern verglichen mit der Situation, die bei alleiniger Existenz bzw. Anwendung des§ 2 18. BlmSchV bestünde, sogar eher noch verbessert. Das liegt zum einen daran, daß die in§ 5 III 1 u. 3 18. BlmSchV genannten privi854 855 856 857 858

Hierzu siehe oben C II 5 a u. b. Hierzu siehe oben C II 5 d. BR-Drs. 17/91, S. 46. Hierzu siehe oben B 114 c (2) (b). Hierzu siehe oben B II 6 b (2) (c).

III. Sportanlagenlännschutzverordnung und höherrangiges Recht

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legierten Sportanlagennutzungen relativ geräuscharm sind, da sie unter Aufsicht von Lehrern bzw. militärischen Vorgesetzten durchgeführt werden, fast immer keine Zuschauer zugegen sind und an- und abfahrender Kraftfahrzeugverkehr allenfalls in bescheidenem Umfang zu verzeichnen ist. Zum andem liegt es daran, daß nach§ 5 III 2 18. BlmSchV die Geräusche des nicht privilegierten allgemeinen Sports, sollten die Sportanlagen zusätzlich auch noch zu dessen Ausübung genutzt werden, nur über die Zeiten gemittelt werden, in denen kein privilegierter Sport stattfindet. Infolgedessen fällt die Feststellung nicht schwer, daß gegen die Vereinbarkelt des § 5 III 18. BlmSchV mit der Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BlmSchG keine Bedenken bestehen. Bei der Prüfung der Vereinbarkelt der Regelungen des § 5 II, IV u. V 18. BlmSchV, die die Anforderungen des § 2 18. BlmSchV relativieren und damit bewirken, daß die Sportanlagenlärmschutzverordnung teilweise hinter § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i. V.m. § 3 I BlmSchG zurückbleibt, mit der Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BlmSchG ist zu beachten, daß § 23 I BimSchG gegenüber § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BlmSchG ein selbständiger Tatbestand ist und der Verordnungsgeber deshalb beim Erlaß von Rechtsverordnungen nach § 23 I BlmSchG freier ist als bei Rechtsverordnungen nach § 7 BlmSchG, die - wenn sie ergehen - "zur Erfüllung der sich aus§ 5 BimSchG ergebenden Pflichten" ergehen müssen859 . Um von der Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BimSchG gedeckt zu sein, genügt es daher, wenn die Rechtsverordnung in einem nicht unerheblichen Teil aller Fälle, auf die sie Anwendung findet, zu einem gegenüber§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG verbesserten Immissionsschutz führt. Allerdings können und dürfen Rechtsverordnungen nach § 23 I BimSchG, soweit sie hinter den Anforderungen des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG zurückbleiben, von denselben nicht dispensieren. In ihnen enthaltene Ausnahmetatbestände können sich folglich immer nur auf die in ihnen selbst normierten Anforderungen beziehen, nicht aber von denjenigen höherrangiger Rechtsvorschriften wie des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und des Gaststättengesetzes befreien. Die Selbständigkeit des § 23 I BlmSchG gegenüber § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BlmSchG- und erst recht gegenüber den §§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG -führt nämlich zwangsläufig dazu, daß das Verhältnis dieser Tatbestände vom Vorrang der strengeren Regelung bestimmt ist860• Eingedenk dieser Prämissen und der Erkenntnis, daß die Sportanlagenlärmschutzverordnung bei zutreffender Interpretation ihres § 4 auch weitergehende bundesrechtliche Vorschriften unberührt läßt861 , besteht keine Veranlassung dafür, die in § 5 II, IV u. V 18. BlmSchV getroffenen Regelungen oder gar die Sportanlagenlärmschutzverordnung insgesamt wegen Unvereinbarkeit mit § 23 I BimSchG als nichtig anzusehen. Die Sportanlagenlärmschutzverordnung sorgt 859 Zur Selbständigkeit des § 23 I BimSchG gegenüber § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BlmSchG siehe oben C III 2 c u. 3. 860 Siehe oben C III 3. 861 Siehe oben C III 3.

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C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung

nämlich trotz der Regelungen ihres § 5 II, IV u. V vielfach für eine Verbesserung der Immissionssituation im Vergleich zu der Lage, wie sie vor ihrem Inkrafttreten bestanden hat. Außerdem hilft sie Verwaltung, Gerichten und Bürgern leichter zu erkennen, welchen immissionsschutzrechtlichen Ansprüchen immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen mindestens genügen müssen. Soweit die Sportanlagenlärmschutzverordnung hinter den Anforderungen des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i. V.m. § 3 I BimSchG und - in Bezug auf Stadiongaststätten und Vereinsheime mit Gastronomiebetrieb -der §§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG zurückbleibt, ist sie aber letztlich ohne Einfluß auf die Rechtslage. b) Vereinbarkeif mit Art. 3 I GG In§ 5 II Hs. 1 18. BimSchV hat der Verordnungsgeber bestimmt, daß bei Freibädern in der Zeit von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr Betriebszeitbeschränkungen zur Erfüllung der Pflichten nach§ 2 I 18. BimSchV nicht in Betracht kommen. Im Hinblick darauf, daß Freibäder die einzigen Sportanlagen sind, denen diese "Wohltat" zuteil wird, erhebt sich die Frage, ob § 5 II Hs. 1 18. BimSchV insoweit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 I GG) vereinbar ist. Der allgemeine Gleichheitssatz als eine sämtliche Bereiche des Rechts durchziehende Verfassungsnorm ist verletzt, "wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt"862• Wird eine rechtliche Unterscheidung getroffen, muß sie mithin in einem sachlichen Unterschied eine ausreichende Stütze finden 863 . Die Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes verlangt den Vergleich von Lebenssachverhalten, die einander nie in allen, sondern stets nur in einzelnen Merkmalen gleichen864. Zur Entscheidung darüber, an welche Merkmale anzuknüpfen und ob demgemäß eine Gleichoder eine Ungleichbehandlung vorzunehmen ist, ist grundsätzlich der Gesetzgeber berufen865 . Innerhalb einer von ihm erteilten Ermächtigung kommt diese Entscheidung dem Verordnungsgeber zu. Auch sein Entscheidungsspielraum wird jedoch durch das (Mindest-)Erfordernis eines sachlichen Grundes begrenzt.

862 St. Rspr. d. BVerfG seit BVerfGE I, 14 (52); Hesse, S. 189. In der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend BVerfGE 88, 87 (96 f.)) wird die Bedeutung des allgemeinen Gleichheitssatzes über das Willkürverbot hinaus je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen durch Elemente des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erweitert, was bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordemisse reichen kann (vgl. BVerfGE 89, 365 (375); 91 , 346 (362 f.); 91, 389 (401); 92, 26 (51 f.); 92, 365 (407 f.)). 863 BVerfGE 87, 1 (36); BVerfG NJW 1996, 2293 (2294). 864 BVerfGE 87, 1 (36); BVerfG NJW 1996, 2293 (2294). 865 BVerfGE 87, 1 (36); BVerfG NJW 1996, 2293 (2294).

III. Sportanlagenlärmschutzverordnung und höherrangiges Recht

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Dieses (Mindest-)Erfordernis ist bei der Regelung des§ 5 II Hs. 1 18. BimSchV nicht erfüllt. Es ist nämlich weder aus der Begründung der Sportanlagenlärmschutzverordnung ersichtlich noch sonst erkennbar, warum nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung einzig und allein die Betreiber von Freibädern in der Zeit von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr nie zu zeitlichen Betriebsbeschränkungen verpflichtet sein sollen. Denkbar wäre allenfalls, daß der Verordnungsgeber Freibäder deshalb bevorzugt hat, weil sich der Freibadbetrieb auf wenige Monate im Jahr beschränkt. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß es neben Freibädern weitere Sportanlagen gibt, die ebenfalls nur wenige Monate im Jahr betrieben werden. So haben z. B. Eisstadien typischerweise nur in den Wintermonaten geöffnet. Es ist schlechterdings nicht einzusehen, weshalb der Verordnungsgeber diesen und anderen nur wenige Monate im Jahr geöffneten Sportanlagen nicht dasselbe Privileg eingeräumt hat. Für die einseitige Bevorzugung der Freibäder und ihrer Betreiber fehlt es folglich an jeglichem sachlichen Grund. § 5 II Hs. 1 18. BimSchV ist deshalb insoweit mit Art. 3 I GG unvereinbar, als er Freibäder zwischen 7.00 Uhr und 22.00 Uhr generell von zeitlichen Betriebsbeschränkungen ausnimmt. Da es sich bei der Privilegierung von Freibädern in § 5 II Hs. 1 18. BimSchV um eine Ausnahmeregelung handelt, läßt sie sich nicht im Wege der Analogie auf weitere oder gar alle ebenfalls nur wenige Monate im Jahr betriebene Sportanlagen ausdehnen. Das wiederum hat zur Folge, daß für Freibadbetreiber de lege lata bezüglich der Verpflichtung zu Betriebszeitbeschränkungen keine anderen Regelungen gelten als diejenigen, die auch für alle übrigen Sportanlagenbetreiber maßgeblich sind. Im übrigen unterliegen die Regelungen des § 5 18. BimSchV im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 I GG) keinen Bedenken. Es ist nicht zu beanstanden, daߧ 5 III 1 u. 3 18. BimSchV den Schulsport, den Sport zur Durchführung von Sportstudiengängen an Hochschulen und die Sportausbildung im Rahmen der Landesverteidigung im Regelfall von Betriebszeitbeschränkungen ausnimmt. Diese Sportanlagennutzungen sind im Gegensatz zu allen anderen typischerweise relativ geräuscharm866 . Sie sind desweiteren im Unterschied zur übrigen Sportausübung eingebettet in die unterschiedlichsten Stunden- und Dienstpläne, deren Erstellung erheblich erschwert, wenn nicht zum Teil gar unmöglich gemacht würde, wenn die Sportanlagen nur zu bestimmten Zeiten zur Verfügung stünden. Außerdem wird dieser sog. privilegierte Sport in aller Regel nur von Montag bis Freitag durchgeführt und endet an diesen Tagen im allgemeinen spätestens gegen 17.00 Uhr. Seine Ausübung erstreckt sich somit zumeist ohnehin nicht auf diejenigen Zeiten, die durch ein erhöhtes Ruhebedürfnis der Wohnnachbarschaft gekennzeichnet und von daher für Betriebszeitbeschränkungen prädestiniert sind. § 5 IV 18. BimSchV verstößt ebenfalls nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Es ist nämlich durchaus sachgerecht und verhältnismäßig, wenn eine Rechtsverordnung an bestehende bzw. noch nicht bestehende, aber bereits genehmigte Anlagen für den Regelfall nicht ganz so strenge Anforderungen stellt als an 866

Hierzu siehe oben C III 4 a.

206

C . Anforderungen nach der Sportanlagenlännschutzverordnung

andere Anlagen, die erst nach lokrafttreten der Rechtsverordnung zur Genehmigung gestellt bzw. errichtet werden.

IV. Nachbarschützende Funktion der Sportanlagenlärmschutzverordnung Die Sportanlagenlärmschutzverordnung hat ebenso wie die §§ 22 ff. BlmSchG867 primär zwischen Errichtern und Betreibern immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen auf der einen und den mit ihrem Vollzug beauftragten Behörden auf der anderen Seite ihre Bedeutung. Sie wird ebenso wie das Bundes-Immissionsschutzgesetz von den Ländern gemäß Art. 30, 83 f. GG als eigene Angelegenheit ausgeführt. Die Länder bestimmen daher gemäß Art. 84 I GG, wer "zuständige Behörde" ist und wie sie die Beachtung der Sportanlagenlärrnschutzverordnung durch die Sportanlagenbetreiber sicherzustellen hat. Die nach Landesrecht zuständige Behörde868 kann gegenüber den Sportanlagenbetreibern in einem selbständigen Verwaltungsverfahren nach § 24 Satz 1 BlmSchG die zur Durchführung der Sportanlagenlärmschutzverordnung erforderlichen Anordnungen treffen869. Der Vollzug der Sportanlagenlärmschutzverordnung kann, sofern das Landesrecht dies bestimmt, aber auch im Rahmen anderer Verwaltungsverfahren erfolgen. Zu nennen ist hier vor allem das Baugenehmigungsverfahren. Soweit die Länder Sportanlagen einer Baugenehmigungspflicht unterwerfen und die Erteilung der Baugenehmigung von der Übereinstimmung des Vorhabens mit sämtlichen öffentlich-rechtlichen Vorschriften abhängig machen870, sind in diesem Verfahren auch die Vorschriften der Sportanlagenlärmschutzverordnung zu prüfen. Hierzu siehe oben B li 7. Art. 2 I, 4 BayimSchG; §§ 1, 3 I u. li BW BimSchGZuVO; §§ 11 Nr. lb, 19 Nr. 1 Bin DVO-ASOG; § 1 ImSchZustVO-Bbg i.V.m. Ziff. 1.2.1 der Anlage zur ImSchZustVO-Bbg; § 3 Brem ZustVO BimSchG; Ziff. III Hamb AO zur Durchführung des BimSchG; § 2 Hess ZustVO BimSchG; § 4 BimSchGZustVO M-V;§ 1 I Nds ZustVO GewAR i.V.m. Ziff. 8.1 lit. d der Anlage 2 zur Nds ZustVO GewAR; § 1 I NRW ZustVOtU i.V.m. Ziff. III 12.12 der Anlage zur NRW ZustVOtU; § 2 Rh-Pf ZustVO BimSchG; §§ 2, 4 I 1 Nr. 2m Saarl ZuständigkeitsVO-BimSchG; §§ 1, 2 Sächs AGBimSchG i.V.m. § 1 Sächs ImSchZuV u. Ziff. III 1.2 u. 2.13 der Anlage zu§ 1 Sächs ImSchZuV; § 1 ZustVO GewAIR LSA i.V.m. Ziff. 9.1.2 u. 9. 3. 12 der Anlage 2 zur ZustVO GewAIR LSA; § 3 I u. ll Nr. 6, 7 u. 25 Schi-Ho BimSchG-ZustVO; §§ 2, 3 ll Thür ImSchZuV. 869 Schink DVBI. 1992, 515 (520); Kette/er BauR 1992,459 (466); Stange NWVBL 1992, 153 (158); Spind/er/Spind/er NVwZ 1993, 225 (228 f.); Gaentzsch, FS Ge1zer, S. 29 (41); Bender/Sparwasser/Engel, S. 385 f. 870 Vgl. z. B. §§ 2 I, 47 I 1, 49 f., 58 I 1 BW LBO; 2 I 3 Nr. 4, 63 ff., 75 I 1 BauO NRW; 2 I 3 Nr. 6, 68 f., 78 I 1 Schi-Ho LBO; 2 I 3 Nr. 3, 62 ff., 70 I 1 ThürBO; 2 I 3 Nr. 3, 65 ff., 74 I 1 BauO LSA; 2 I 3 Nr. 3, 66 f., 74 I Bbg BO; 2 I 3 Nr. 3, 55 f., 62 I 1 BauO Bin; 2 I 3 Nr. 4, 62 f., 70 I 1 HessBO; 2 I 3 Nr. 3, 62 ff., 72 I 1 LBauO M-V;§§ 2 I 3 Nr. 3, 56 ff., 66 I 1 Hs. 1 Saar LBO. Zur Freistellung von kleinen Sportanlagen, Sportanlagen im Rahmen der Landesverteidigung und von Sportanlagen bestimmter öffentlich-rechtlicher Körperschaften von der Baugenehmigungspflicht durch die Bauordnungen der Länder siehe Fn. 52. 867 868

IV. Sportanlagenlännschutzverordnung und Nachbarschutz

207

Die Sportanlagenlärmschutzverordnung spielt desweiteren im Verhältnis zwischen den vom Betrieb einer Sportanlage nachteilig betroffenen Nachbarn und den zuständigen Behörden eine Rolle. Außerdem kann sie für das öffentlich-rechtliche oder das privatrechtliche Nachbarschaftsverhältnis relevant sein, das unmittelbar zwischen den Sportanlagenbetreibern und ihren Nachbarn besteht. Dies wird nachfolgend näher dargelegt.

1. Verhältnis zwischen Nachbarn und Behörden Die Rechtsvorschriften der Sportanlagenlärmschutzverordnung haben neben der Aufgabe, den Interessen der Allgemeinheit zu dienen, auch die Funktion, die Nachbarn immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen vor übermäßigen Sportanlagengeräuschen zu schützen. Ihr nachbarschützender Charakter folgt zum einen aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Der Verordnungsgeber hat die Sportanlagenlärmschutzverordnung nämlich (auch) deshalb geschaffen, um Konflikte zu beheben, die zwischen Sportanlagenbetreibern und der Wohnnachbarschaft entstanden sind871 . Zum andern ergibt sich aus dem Wortlaut des § 5 II Hs. 2 18. BlmSchV, daß die Sportanlagenlärmschutzverordnung (zumindest auch) den "Schutz der Nachbarschaft" bezweckt. Der Nachbar einer immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Sportanlage hat deshalb auf der dogmatischen Grundlage der Schutznormtheorie872 und der Lehre von der "Doppelgleisigkeit des Nachbarschutzes"873 bezüglich eines Einschreitens gegen die Sportanlagenbetreiber nach § 24 Satz 1 BlmSchG gegenüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde bzw. ihrem Rechtsträger einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, wenn die Anforderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht eingehalten werden oder ein Verstoß gegen sie ernstlich zu besorgen ist. Unterliegen Errichtung und Nutzung einer Sportanlage der Baugenehmigungspflicht, kann der Nachbar seine Ansprüche auch im Baugenehmigungsverfahren geltend machen, falls in diesem Verfahren eine Prüfung der Vorschriften der Sportanlagenlärmschutzverordnung vorgesehen ist. Die Länder sind zwar ebensowenig verpflichtet, eine Prüfung der Sportanlagenlärmschutzverordnung in einem Baugenehmigungsverfahren vorzusehen, wie sie verpflichtet sind, Sportanlagen überhaupt einer Baugenehmigungspflicht zu unterwerfen, wohl aber können sie - weil nach § 22 II BlmSchG weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften unberührt bleiben- dem Nachbarn auch bezüglich der Sportanlagenlärmschutzverordnung874 871

So zutreffend 6. Immissionsschutzbericht der Bundesregierung (BT-Drs. 13 I 4825,

s. 80 f.). 872

873 874

7 a.

Nachweise siehe Fn. 549. Nachweise siehe Fn. 554. Zur Parallelproblematik bei § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG siehe oben B II

208

C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärrnschutzverordnung

eine gegenüber § 24 Satz 1 BimSchG verstärkte Rechtsstellung gewähren. Ist ihre Prüfung im Baugenehmigungsverfahren obligatorisch, kann der Nachbar verlangen, daß ihre Beachtung durch Nebenbestimmungen (Auflagen und Bedingungen) sichergestellt wird; ist dies nicht möglich, kann er durchsetzen, daß die Erteilung der Baugenehmigung unterbleibt. Sieht die Landesbauordnung dagegen lediglich eine fakultative Einbeziehung der Sportanlagenlärmschutzverordnung in das "Prüfprogramm" des Baugenehmigungsverfahrens vor, ist der Nachbar im Baugenehmigungsverfahren ebenso wie bezüglich eines Einschreitens im Verfahren nach § 24 Satz 1 BimSchG auf einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung beschränkt. Überhaupt nicht gegen die Erteilung der Baugenehmigung zu wehren vermag sich ein immissionsbetroffener Nachbar wegen eines Verstoßes gegen die Sportanlagenlärmschutzverordnung, wenn nach der Landesbauordnung die Sportanlagenlärmschutzverordnung im Baugenehmigungsverfahren nicht geprüft werden da:rf!75 . Der Anspruch des Nachbarn gegenüber der zuständigen Behörde bzw. ihrem Rechtsträger auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bezüglich eines Einschreitens gegen die Sportanlagenbetreiber nach § 24 Satz I BimSchG besteht bei Nichtbeachtung der Anforderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung auch nach Erteilung einer Baugenehmigung und dem Eintritt ihrer Bestandskraft unverändert fort. Die in § 24 Satz 1 BimSchG normierte spezielle bundesrechtliche Anordnungsbefugnis auf dem Gebiet des Imrnissionsschutzrechts, die nicht nur der Durchführung des § 22 BimSchG, sondern auch - entsprechend dem Zweck des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (§ 1 BimSchG) - dem nachhaltigen permanenten Vollzug von auf§ 23 I BlmSchG gestützten Rechtsverordnungen wie der Sportanlagenlärmschutzverordnung zu dienen bestimmt ist, ist durch allgemeine landesrechtliche Bestimmungen in den Bauordnungen und I oder den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder über Wirksamkeit, Bestandskraft, Rücknahme und Widerruf baurechtlicher Verwaltungsakte weder beschränk- noch aufhebbar. Der gegenteiligen Ansicht stünden der Grundsatz "lex specialis derogat legi generali" und Art. 31 GG entgegen. Außerdem ist mit dem Wort "betreiben" (§ 2 I 18. BlmSchV) in der Sportanlagenlärmschutzverordnung selbst zum Ausdruck gebracht, daß die Sportanlagen den Anforderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung entsprechen müssen, solange sie "betrieben" werden. Ob eine Sportanlage in Übereinstimmung mit der Sportanlagenlärmschutzverordnung betrieben wird, ist daher während ihrer gesamten Betriebsdauer immer wieder zu überprüfen. Deshalb stünde es zur ratio legis in Widerspruch, den Betrieb von Sportanlagen stets schon dann für mit der Sportanlagenlärmschutzverordnung in Einklang stehend zu erachten, wenn er baurechtlich bestandskräftig genehmigt ist und sich im Rahmen 875 Das ist beispielsweise in Bayern bei kleinen Sportanlagen der Fall. Kleine Sportanlagen (z. B. Bolzplätze) lassen sich nämlich unter Art. 80 I Nr. 1 BayBO subsumieren und sind deshalb lediglich einem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren unterworfen, in dem die Sportanlagenlärrnschutzverordnung (obschon auch auf Bolzplätze anzuwenden - siehe oben C II Ia) weder geprtift werden muß noch geprtift werden darf (siehe Fn. 563).

IV. Sportanlagenlännschutzverordnung und Nachbarschutz

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der Genehmigung hält. Im übrigen kann hier auf die Ausführungen zur Parallelproblematik bezüglich eines Einschreitens nach den §§ 24 Satz 1, 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG Bezug genommen werden 876•

2. Verhältnis zwischen Nachbarn und Sportanlagenbetreibern bei öffentlich-rechtlichem Sportanlagenbetrieb Bei der Erörterung der Frage, welche Relevanz § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG im unmittelbaren Nachbarschaftsverhältnis zwischen Anlagenbetreibern und Wohnnachbarn zukommt, wurde festgestellt, daß die nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Bau- und Immissionsschutzrechts traditionsgemäß allesamt dem geschützten Nachbarn nur Rechte gegenüber der zuständigen Behörde bzw. ihrem Rechtsträger, nicht aber unmittelbar gegen die jeweiligen Anlagenbetreiber gewähren 877 . Handelt es sich bei den Anlagenbetreibern um Hoheitsträger, die ihre Anlagen in den Formen des öffentlichen Rechts betreiben, hat der Wohnnachbar jedoch einen auf Art. 14 I 1 GG beruhenden öffentlich-rechtlichen Immissionsabwehranspruch unmittelbar gegen die störenden Hoheitsträger, wenn diese ihre Anlagen unter Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts betreiben oder ein solcher Verstoß ernstlich zu befürchten ist878 . Ihren Grund hat diese Ansicht darin, daß der Wohnnachbar als Grundstücks-, Haus- oder Wohnungseigentümer, Erbbau- oder sonst dinglich Berechtigter, Mieter oder Pächter ein privates Vermögenswertes Recht besitzt, das als "Eigentum" i. S. d. Art. 14 I 1 GG verfassungsrechtlich geschützt ist, (auch) die Vorschriften des öffentlichen Rechts, jedenfalls soweit sie nachbarschützend sind, gemäß Art. 14 I 2 GG den Inhalt dieses Eigentums des Wohnnachbarn bestimmen und der Hoheitsträger als Adressat der Grundrechte (Art. 1 III GG) diese grundrechtlich geschützte Bigenturnsposition als unmittelbar geltendes Recht zu beachten hat879 . Da die Vorschriften der Sportanlagenlärmschutzverordnung ebenfalls nachbarschützenden Charakter haben880 und nach Art. 14 I 2 GG auch Rechtsverordnungen als Gesetze im materiellen Sinne den Inhalt des Eigentums bestimmen, besteht auch dann ein auf Art. 14 I 1 GG beruhender öffentlich-rechtlicher Immissionsabwehranspruch des Wohnnachbarn unmittelbar gegen den Sportanlagenbetreiber, wenn die Sportanlage öffentlich-rechtlich betrieben und dabei gegen die Sportanlagenlärmschutzverordnung verstoßen wird oder ein solcher Verstoß ernstlich zu gewärtigen ist. Ein öffentlich-rechtlicher Immissionsabwehranspruch unmittelbar gegen den störenden Hoheitsträger resultiert ferner aus Art. 2 II 1 GG, wenn dieser 876 877

878 879 880

Siehe oben B II 7 a u. B II 5 f. Hierzu siehe oben B II 7 b u. c. Hierzu siehe oben B II 7 b. Hierzu siehe oben B II 7 b. Hierzu siehe oben C IV I.

14 Herr

210

C. Anforderungen nach der Sportanlagenlärrnschutzverordnung

beim Betrieb der Sportanlage(n) die Vorschriften der Sportanlagenlärmschutzverordnung so massiv verletzt, daß zugleich die Grenze zur Gesundheitsgefahr überschritten ist881 . Für den Wohnnachbarn hat dieser Anspruch jedoch keine praktische Relevanz, weil er sich bereits beijedem (drohenden) Verstoß gegen die Sportanlagenlärmschutzverordnung auf Art. 14 I 1 GG berufen und unmittelbar gegen den störenden Hoheitsträger vorgehen kann. Ein öffentlich-rechtlicher Immissionsabwehranspruch aus Art. 14 I 1 GG kann auch dann bestehen, wenn die Sportanlagen baurechtlich genehmigt und die Baugenehmigungen in Bestandskraft erwachsen sind. Der Betrieb einer Sportanlage kann - wie bereits festgestellt 882 - nämlich nicht automatisch als mit der Sportanlagenlärmschutzverordnung in Einklang stehend angesehen werden, wenn eine Baugenehmigung vorliegt und er sich im Rahmen dieser Genehmigung hält. Eine solche Fiktion vermag eine Baugenehmigung nicht zu begründen883 . Gleiches gilt, wenn zum Vollzug der Sportanlagenlärmschutzverordnung bereits Anordnungen nach § 24 Satz 1 BlmSchG ergangen sind. Das Risiko, daß sich nachträglich herausstellt, daß trotz bestandskräftiger Anordnungen nach § 24 Satz 1 BimSchG und ihrer Befolgung den Anforderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht (vollständig) entsprochen wird, haben nach der Konzeption der Sportanlagenlärmschutzverordnung- v.a. nach den §§ 2 I, 3 18. BimSchV- nicht die Wohnnachbarn, sondern die Sportanlagenbetreiber zu tragen. Ein öffentlich-rechtlicher Immissionsabwehranspruch steht einem Wohnnachbarn dariiberhinaus und erst recht zu, wenn ein Anlagenbetreiber seine (Sport-)Anlage nicht baugenehmigungskonform betreibt und I oder Anordnungen nach § 24 Satz 1 BimSchG nicht oder nicht vollständig erfüllt und deshalb den Anforderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht genügt.

3. Verhältnis zwischen Nachbarn und Sportanlagenbetreibern bei privatrechtlichem Sportanlagenbetrieb Kein unmittelbar gegen die Sportanlagenbetreiber gerichteter Immissionsabwehranspruch läßt sich den Art. 14 I 1 u. 2 II 1 GG trotzNichterfüllungder Anforderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung entnehmen, wenn die Sportanlagen nicht von Hoheitsträgern, sondern von Privatpersonen betrieben werden, weil diese nicht Adressat der Grundrechte sind. Ebenso liegt es, wenn sich Hoheitsträger zum Betrieb von Sportanlagen geeigneter Formen des Privatrechts bedienen. Immissionsabwehransprüche unmittelbar gegen die Sportanlagenbetreiber können sich in diesen Fällen nur aus privatrechtliehen Rechtsvorschriften ergeben.

881 882 883

Vgl. hierzu oben B II 7 b u. B II 2. Hierzu siehe oben C IV 1. Hierzu siehe oben C IV 1.

IV. Sportanlagenlärmschutzverordnung und Nachbarschutz

Als solche kommen im privaten Nachbarrecht - wie bereits dargelegt 884

211 -

die

§§ 1004 I 2, 823 II BGB analog bzw. die §§ 862 I 2, 823 II BGB analog in Be-

tracht. Sie setzen voraus, daß ein Anlagenbetreiber gegen ein (zuntindest auch) den Schutz des Wohnnachbarn bezweckendes Gesetz verstößt. Da die Vorschriften der Sportanlagenlärmschutzverordnung nachbarschützenden Charakter haben885 , sind sie als Schutzgesetze i. S. d. § 823 II BGB zu qualifizieren886. Bei - bereits eingetretenem oder ernstlich zu befürchtendem - Verstoß gegen die Anforderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung hat daher der Wohnnachbar als Eigentümer . oder sonst dinglich Berechtigter einen quasinegatorischen Abwehr- und Unterlassungsanspruch nach den §§ 1004 I 2, 823 li BGB analog unmittelbar gegen den Sportanlagenbetreiber. Ist der Wohnnachbar Mieter oder Pächter, resultiert der gleiche Anspruch aus einer analogen Anwendung der §§ 862 I 2, 823 II BGB. Der quasinegatorische Abwehr- und Unterlassungsanspruch kann auch dann gegeben sein, wenn die Sportanlage baurechtlich genehntigt ist und I oder Anordnungen nach § 24 Satz I BimSchG zum Vollzug der Sportanlagenlärmschutzverordnung ergangen sind und die Sportanlage baugenehmigungs- und anordnungskonform betrieben wird, weil weder eine bestandskräftige Baugenehmigung noch bestandskräftige Anordnungen zum Vollzug der Sportanlagenlärmschutzverordnung den Erlaß weiterer Anordnungen nach § 24 Satz I BimSchG hindem können887 . Kommt diesen Verwaltungsakten bereits im öffentlichen Recht keine Ausschlußwirkung zu, so kann eine solche im Zivilrecht erst recht nicht gegeben sein.

884 885 886 887

14*

Hierzu siehe oben B II 7 c. Hierzu siehe oben C IV I. Reschke NVwZ 1992, 652; Krähe SpuRt 1994, 81 (83). Hierzu siehe oben C IV 1 u. 2

D. Zusammenfassung und rechtspolitische Bewertung 1. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, welche Anforderungen das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die Sportanlagenlännschutzverordnung bei Errichtung und Betrieb von Sportanlagen in Bezug auf Geräuschimmissionen an die Anlagenbetreiber stellen und welche Ansprüche sich hieraus für den immissionsbetroffenen Wohnnachbarn bei öffentlich-rechtlichem und bei privatrechtlichem Sportanlagenbetrieb ergeben.

Dabei hat sich gezeigt, daß die Betreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen sowohl die Anforderungen des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG als auch diejenigen der Sportanlagenlännschutzverordnung zu beachten haben. Die Sportanlagenlännschutzverordnung steht zwar - abgesehen von der gleichheitssatzwidrigen Privilegierung der Freibäder in § 5 II Hs. 1 - mit höherrangigem Recht in Einklang, sie macht jedoch eine Prüfung des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG nicht entbehrlich. Für die Rechtslage maßgebend ist stets diejenige Vorschrift, die im konkreten Fall die strengeren Anforderungen an Errichtung und Betrieb der Sportanlage(n) stellt. 2. Bei Sportanlagen handelt es sich entweder um immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige oder - und zwar zum weit überwiegenden Teil - um immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen. Erstgenannte sind gemäß § 5 I Nr. 1 u. 2 BlmSchG so zu errichten und zu betreiben, daß schädliche Umwelteinwirkungen nicht hervorgerufen werden können und Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung getroffen wird. Letztgenannte sind nach § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BlmSchG so zu errichten und zu betreiben, daß schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik venneidbar sind, und nach dem Stand der Technik unvenneidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. § 22 I Nr. 1 BlmSchG enthält somit ein Verhinderungs-, § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG ein Minimierungsgebot. 3. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 I BlmSchG). Zu den Immissionen zählen dabei auch auf Menschen einwirkende Geräusche(§ 3 II BlmSchG). Für das Vorliegen oder Nichtvorliegen von schädlichen Umwelteinwirkungen wegen Geräuschimmissionen kommt es daher nicht entscheidend auf die durch eine einzelne

D. Zusammenfassung und rechtspolitische Bewertung

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Anlage oder durch eine Gruppe von Anlagen am maßgeblichen Immissionsort hervorgerufene Geräuschbelastung an, sondern auf die Summe aller dort einwirkenden Geräusche. Sie ist die entscheidende Größe. 4. Eine "Gefahr" i. S. d. § 3 I BimSchG ist gegeben, wenn ein Geschehensablauf bei verständiger Würdigung den Eintritt eines Schadens, vor allem eine Gesundheitsbeschädigung (Art. 2 II 1 GG) oder einen "schweren und unerträglichen" Eingriff in das Eigentum (Art. 14 I 1 GG), mit hirneichender Wahrscheinlichkeit erwarten läßt. In Bezug auf Geräuschimmissionen kann die Gefahrengrenze bei Mittelungspegeln von mehr als 70 dB(A)/tags und mehr als 60 dB(A)/nachts überschritten sein. Bei nächtlichen Geräuschimmissionen reicht ein Rekurrieren auf Mittelungspegel nicht aus. Vielmehr müssen hier auch auftretende Maximalpegel bei der Beurteilung berücksichtigt werden, weil für die Annahme einer Beeinträchtigung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II 1 GG) Einschlafschwierigkeiten und Schlafstörungen bereits ausreichen und sich solche vor allem einstellen, wenn herausragende Einzelgeräusche zu verzeichnen sind. Die Grenze für Schlafstörungen ist dabei im Raumionern bei herausragenden Pegelspitzen von 40 dB(A) anzusetzen, was bei einer Messung außen in 0,5 m Entfernung vor dem geöffneten Fenster einem Wert von etwa 45 dB(A) entspricht. 5. Die Abgrenzung zwischen unerheblichen und erheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen und damit zwischen nicht schädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BimSchG kann nicht mit Hilfe der ,,Zumutbarkeit" oder "Unzumutbarkeit" der Beeinträchtigung vorgenommen werden. Es ist auch nicht statthaft, die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG mittels einer umfassenden Güterahwägung zu bestimmen. Die hinter den Emissionsquellen stehenden öffentlichen und I oder privaten Interessen haben bei der Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze außer Betracht zu bleiben. 6. Bei der Abgrenzung zwischen unerheblichen und erheblichen Nachteilen bzw. Belästigungen i. S. d. § 3 I BimSchG durch Geräusche ist ein differenziertobjektiver Maßstab zugrunde zu legen und auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen abzustellen. Maßgebliche Abgrenzungsfaktoren sind die bauplanungsrechtliche Qualifizierung des Gebiets, das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Vorbelastungen (i.e.S.) im Zeitpunkt der Zuführung des immissionsbetroffenen Grundstücks zu Wohn- oder ähnlich immissionsempfindlichen Zwecken (Ausfluß des Prioritätsprinzips) und der Zeitpunkt des Auftretens sowie die Art der Geräuschimmissionen. 7. Zur bauplanungsrechtlichen Qualifizierung des Gebiets gehört nicht nur die statthafte Art der baulichen Nutzung. In die Beurteilung einzubeziehen sind darüberhinaus das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare bzw. überbaute Grundstücksfläche (Verdichtungsgrad des Baugebiets). Es ist zu berücksichtigen, daß die Gesamtgeräuschbelastung in einem hoch verdichteten

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D. Zusammenfassung und rechtspolitische Bewertung

Baugebiet üblicherweise höher ist als in einem dünn besiedelten Baugebiet derselben Gebietsart und § 3 I BimSchG dies "akzeptiert" hat. Ist die am Immissionsort bauplanungsrechtlich statthafte Art der baulichen Nutzung ermittelt, erhält man durch -nicht schematische - Heranziehung von Verwaltungsvorschriften und sog. technischen Regelwerken wie der TA Lärm, der AVV Baulärm, der VDI Richtlinie 2058, der LAI-Hinweise und der DIN 18005 einen ungefähren Anhaltspunkt dafür, wo die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG im konkreten Fall anzusiedeln ist. Der genaue Verlauf der Erheblichkeitsgrenze ist alsdann unter Berücksichtigung des Verdichtungsgrads des Baugebiets und der übrigen Abgrenzungsfaktoren einzelfallbezogen zu bestimmen. In beplanten oder nicht beplanten, aber homogen bebauten Innenbereichen kommt dem Verdichtungsgrad des Baugebiets lediglich die Funktion einer "Feinsteuerung" zu. In unbeplanten und diffus bebauten Innenbereichen hat dieses Kriterium dagegen ein höheres Gewicht. Im Grenzbereich verschiedener Baugebiete muß jedes der beiden Gebiete eine gewissermaßen abfallende fremde Gebietstendenz hinnehmen, weswegen dort zur Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG die Bildung von Zwischenwerten ("Mittelwerten") erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn in nicht (qualifiziert) beplanten Innenbereichen die nähere Umgebung i. S. d. § 34 I BauGB in Orientierung an der Typisierung der Gebietsarten in .den §§ 2- 9 BauNVO, die eine sachverständige Konkretisierung moderner städtebaulicher Planungsgrundsätze darstellen, in verschiedene Teilbereiche aufgliederbar ist. Bei Immissionskonflikten im Außenbereich ist unter dem Gesichtspunkt der bauplanungsrechtlichen Qualifizierung miteinzubeziehen, welche der konfligierenden Nutzungen sich auf eine Privilegierung nach § 35 I BauGB berufen können. Die im Baugesetzbuch normierte gesteigerte Durchsetzungskraft privilegierter Außenbereichsvorhaben darf bei der Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG nicht konterkariert werden. 8. Aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsmenschen ist es geboten, den Grundsatz der Priorität bei der Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG nicht gänzlich außen vor zu lassen. Ein im Zeitpunkt der Zuführung zu Wohn- oder ähnlich immissionsempfindlichen Zwecken bereits geräuschvorbelastetes Grundstück muß grundsätzlich mehr Geräuschimmissionen als "unerheblich" hinnehmen als ein von seinen bauplanungsrechtlichen Qualifizierungsmerkmalen her identisches Grundstück, das nicht (i.e.S.) vorbelastet ist. Eine Ausnahme besteht, soweit die Geräuschvorbelastung (i.e.S.) aus emittierenden Grundstücksnutzungen resultiert, die keinen baurechtliehen Bestandsschutz genießen, und bei Beachtung aller öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht gegeben wäre. In Innenbereichen sowie bei der Zwischenwertbildung in Grenzbereichen verschiedener Baugebiete dient der Faktor "Vorbelastungen i.e.S." lediglich der "Feinsteuerung". Im Außenbereich kommt ihm demgegenüber eine weit gewichti-

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gere - und nicht selten sogar entscheidende - Bedeutung zu, da die bauplanungsrechtlichen "Vorgaben" für den Außenbereich weniger engmaschig sind. Allerdings büßen vorbelastete Grundstücke nicht in jedem Falle gleich pauschal an Schutzwürdigkeit ein. Sind etwa nur der Straße zugewandte Grundstücksteile vorbelastet, besteht kein Grund, auch nicht vorbelastete, als Ruhe- und Erholungsbereich dienende rückwärtige Grundstücksteile als in ihrer Schutzwürdigkeit gemindert anzusehen. Ebenso ist es nicht gerechtfertigt, bei der Schutzwürdigkeit von Grundstücken, die nur zeitweise - etwa nur werktags - von Vorbelastungen i.e.S. betroffen sind, wegen dieser Vorbelastung auch zu den übrigen ("ruhigen") Zeiten Abstriche zu machen. Es kann im Gegenteil mitunter sogar der Billigkeit entsprechen, einem nur zu bestimmten Zeiten von Vorbelastungen i.e.S. betroffenen Grundstück zu den ,,ruhigen" Zeiten einen verstärkten Schutz gegenüber Geräuschimmissionen zu gewähren und dem bei der Bestimmung der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG Rechnung zu tragen. 9. Geräuschbelastungen sind für den Menschen zu bestimmten Zeiten eher erträglich als zu anderen. Deshalb ist bei der Feststellung der Erheblichkeilsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG nicht nur zu berücksichtigen, wo die Geräuschimmissionen auftreten, sondern auch, wann sie zu verzeichnen sind. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist insoweit das Tatbestandsmerkmal der "Dauer" in § 3 I BlmSchG, das sich neben dem zeitlichen Umfang auch auf die zeitliche Verteilung der Immissionen bezieht. Es ist gewohnheitsrechtlich anerkannt, daß die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG nachts (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) tiefer liegt als am Tage. In Orientierung an den einschlägigen Verwaltungsvorschriften und sog. technischen Regelwerken sind die nächtlichen Immissionswerte um 10 - 15 dB(A) niedriger anzusetzen als am Tage, als Bezugszeitraum für die MitteJung des Schallpegels die für die Immissionsbetroffenen ungünstigste Nachtstunde heranzuziehen und einen erheblichen Nachteil bzw. eine erhebliche Belästigung auch dann anzunehmen, wenn einzelne Geräuschspitzen die auf Mittelungspegel bezogenen Immissionswerte um mehr als 20 dB(A) überschreiten. Letzteres reicht allerdings in Wohngebieten zum Schutz der Nachtruhe vielfach nicht aus. In weder nachteilig vorbelasteten noch extrem hoch verdichteten Wohngebieten haben die Bewohner nämlich grundsätzlich das Recht auf ungestörten nächtlichen Schlaf bei geöffneten Fenstern. ·In Reinen Wohngebieten steht ihnen grundsätzlich ein gänzlich geöffnetes, in Allgemeinen Wohngebieten grundsätzlich ein gekipptes Fenster zu. Infolgedessen sind nächtliche Geräuschspitzen bereits dann "erheblich", wenn in Reinen Wohngebieten Maximalaußenpegel von 45 dB(A) und in Allgemeinen Wohngebieten Maximalaußenpegel von 50 dB(A) zu verzeichnen sind. An Sonn- und Feiertagen ist die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BlmSchG niedriger als an Werktagen. Sie darf jedoch nicht so niedrig gezogen werden, daß Sportanlagen an diesen Tagen überhaupt nicht mehr bzw. nicht mehr sinnvoll ge-

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D. Zusammenfassung und rechtspolitische Bewertung

nutzt werden können. Das Sonn- und Feiertagsverständnis des Verfassungsstaates ist durch Vielfalt der Bezugswerte gekennzeichnet (Häberle). Neben Gottesdienst, Besinnung, (Wohn-)Ruhe und Entspannung haben Sport- und Freizeitveranstaltungen an diesen Tagen ebenfalls ihren legitimen Platz. Als sonstige Zeiten besonderen Ruhebedürfnisses sind die Morgenstunden zwischen 6.00 Uhr und 7.00 Uhr und die Abendstunden von 19.00 Uhr (Winterzeit) bzw. 20.00 Uhr (Sommerzeit) bis 22.00 Uhr besonders geschützt. Die Erheblichkeilsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG liegt während dieser Zeiten zwischen den für die Nachtzeit und den für die (sonstige) Tagzeit maßgeblichen Werten. 10. Sportanlagengeräusche gehören - anders als liturgisches Glockenläuten nicht zu den als ,,herkömmlich" zu qualifizierenden Geräuschen. Sie können auch nicht unter Berufung auf "Sozialadäquanz" oder "Allgemeine Akzeptanz" für "unerheblich" erklärt werden. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß das Bundes-Immissionsschutzgesetz auf den Betrieb von Sportanlagen zurückgehende Geräuschimmissionen im Vergleich zu sonstigen Geräuschimmissionen nicht bevorzugt behandelt wissen will. Ihrer (oftmals) erhöhten Störwirkung -hervorgerufen durch besonders ton-, impuls-oder informationshaltige Einzelgeräusche- ist sachgerecht dadurch Rechnung zu tragen, daß dem ermittelten äquivalenten Dauerschallpegel (Mittelungspegel) Zuschläge von bis zu 6 dB(A) hinzuaddiert werden, wie dies seit jeher auch bei nicht von Sportanlagen ausgehenden Geräuschimmissionen geschieht, wenn diese derartige besondere Geräuschmerkmale aufweisen, sofern die erhöhte Störwirkung nicht bereits durch ein entsprechend ausgestaltetes Meßverfahren berücksichtigt wird. 11. Dem Betreiber einer Sportanlage zuzurechnen sind alle Geräusche, die durch Betätigungen hervorgerufen werden, die mit ihrer Errichtung oder ihrem Betrieb in ursächlichem Zusammenhang stehen. Hierzu zählen neben direkten Sportgeräuschen, indirekten Sportgeräuschen (Sportbegleitgeräuschen) und Sportfolgegeräuschen auch solche Geräusche, die mit einer erlaubten oder geduldeten Nutzung der Sportanlage zu nicht sportlichen Zwecken verbunden sind. Desweiteren muß eine Zurechnung derjenigen Geräusche erfolgen, die durch bestimmungs- oder zweckwidrige Anlagenbenutzung entstehen, sofern die Sportanlage baulich so gestaltet ist, daß eine solche Benutzung ohne weiteres möglich ist, insbesondere ein Betreten oder Befahren der Anlage außerhalb der Betriebszeiten nicht mittels baulicher Maßnahmen verhindert wird. 12. Sind Geräuschimmissionen zu verzeichnen oder in naher Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, die als schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BimSchG zu qualifizieren sind, obliegt es nach § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG den Betreibern immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen, ihre Anlage so zu betreiben, daß diese schädlichen Umwelteinwirkungen insoweit nicht auftreten, als sie nach dem Stand der Technik (§ 3 VI BlmSchG) vermeidbar sind.

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Keine Rechtspflicht nach § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG besteht, soweit schädliche Umwelteinwirkungen nur deshalb gegeben oder zu erwarten sind, weil die immissionsbetroffene Nachbarschaft ihr Grundstück in einer Weise nutzt, welche sowohl formell als auch materiell öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht und auch mangels Übereinstimmung mit dem in der Vergangenheit gültigen materiellen öffentlichen Recht keinen baurechtliehen Bestandsschutz genießt. Eine Rechtspflicht nach § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG besteht für einen Anlagenbetreiber, obschon schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräuschimmissionen gegeben sind und er - bei isolierter Betrachtung - allein oder im Zusammenwirken mit anderen Emittenten ebenfalls den Grad schädlicher Umwelteinwirkungen erreichende Geräuschimmissionen (mit-)hervorruft, auch dann nicht, wenn die durch ihn (mit-)verursachten Geräusche durch ständig vorherrschende Fremdgeräusche Dritter völlig überlagert werden und gegen diese Fremdgeräusche aus Rechtsgründen nicht vorgegangen werden kann. Die Rechtspflicht nach § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Die Verpflichtung zur Durchführung anlagebezogener technischer Maßnahmen der Emissionsbegrenzung entfällt, wenn sie wirtschaftlich unvernünftig wäre, d. h. zwischen Aufwand und erreichbarer Immissionsentlastung ein Mißverhältnis bestünde. 13. Werden schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BimSchG durch Geräusche mehrerer Anlagen hervorgerufen, so ist nach § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG von den Betreibern immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen grundsätzlich jeder gehalten, anlagebezogene technische Maßnahmen der E~is­ sionsbegrenzung zu ergreifen, solange und soweit er allein oder im Zusammenwirken mit anderen Emittenten für das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen (mit-)ursächlich ist. Dabei sind die Geräusche jeder immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlage im Hinblick auf ihre Immissionswirksamkeit an den maßgeblichen Immissions(meß)orten in der Regel gleichermaßen zu reduzieren, bis die Gesamtgeräuschbelastung nach Möglichkeit unter die Grenze schädlicher Umwelteinwirkungen (§ 3 I BimSchG) vermindert ist. Die immissionswirksamste Geräuschquelle hat grundsätzlich den größten Reduzierungsbeitrag zu erbringen. Hat jeder Anlagenbetreiber seine Geräusche so reduziert, daß durch den Betrieb seiner Anlage für sich betrachtet keine schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BimSchG hervorgerufen werden, überschreitet jedoch die Summe der Geräuschimmissionen (noch) die Schädlichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG, so kann in Ausnahmefällen die Rechtspflicht des § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG nur (noch) einen oder einige Anlagenbetreiber treffen. Das setzt voraus, daß sich bei einem bzw. einigen Anlagenbetreiber(n) eine Maßnahme i. S. d. § 3 VI BlmSchG objektiv anbietet, die einerseits ausreicht, um die Gesamtgeräuschbelastung unter die Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG zu senken, und andererseits ein relativ günstiges Verhältnis zwischen Aufwand und erreichbarer Immissionsentlastung

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D. Zusammenfassung und rechtspolitische Bewertung

aufweist, das zudem im Vergleich zu demselben bei anderen Maßnahmen, die die übrigen Anlagenbetreiber ergreifen könnten, deutlich besser ist. 14. Bei Hinzutreten einer weder baurechtlich noch nach sonstigen öffentlichrechtlichen Vorschriften zu beanstandenden weiteren Anlage sind nach § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG prinzipiell alle Setreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen gehalten, die Gesamtimmissionsbelastung mittels anlagebezogener technischer Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung möglichst unter der Erheblichkeitsgrenze i. S. d. § 3 I BimSchG und somit unterhalb des Grades schädlicher Umwelteinwirkungen zu halten. Eine Verschonung der vorhandenen Anlagen und eine Auferlegung von Maßnahmen nach § 22 I 1 Nr. 1 BimSchG ausschließlich gegenüber dem Setreiber der neu hinzutretenden Anlage läßt sich weder mit dem (baurechtlichen) Bestandsschutz der Altanlagen, der Bestandskraft der Baugenehmigung noch dem Prioritätsprinzip begründen. 15. Nach § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG trifft die Setreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen die Rechtspflicht, nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen "auf ein Mindestmaß" zu beschränken. Mit dieser Vorschrift wird zur Bekämpfung schädlicher Umwelteinwirkungen für den jeweiligen Anlagenbetreiber im Rahmen des Zurnutbaren eine möglichst weitgehende Verpflichtung zu Schutzmaßnahmen begründet. Sie besteht allerdings nur, wenn die von ihm hervorgerufenen Geräusche nicht durch ständig vorherrschende, rechtlich nicht zu verhindernde Fremdgeräusche Dritter gänzlich überlagert werden. 16. Das "Mindestmaß" i. S. d. § 22 I 1 Nr. 2 BimSchG ist stets durch eine Zumutbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände vor Ort einzelfallbezogen zu ermitteln. Dem Rechtsanwender ist die Aufgabe gestellt, die gegenläufigen Interessen von emittierenden und immissionsbetroffenen Grundstücksnutzern sowie die Interessen der Allgemeinheit jeweils zu einem gerechten Ausgleich zu bringen. Erst hier - und nicht schon bei der Frage, ob schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BimSchG gegeben sind - sind die für den Betrieb der Anlage(n) vor Ort streitenden Belange im Rahmen einer Güterahwägung zu berücksichtigen. Die hier vorzunehmende Zumutbarkeitsprüfung kann ergeben, daß das "Mindestmaß" als Untergrenze das Maß "Null" annimmt mit der Folge, daß die Geräuschimmissionen so weit zu vermindern sind, daß von schädlichen Umwelteinwirkungen nicht mehr gesprochen werden kann. Das ist etwa anzunehmen, wenn immissionsmindernde Maßnahmen im erforderlichen Umfang ohne größeren finanziellen oder sonstigen Aufwand für den/ die Anlagenbetreiber zu verwirklichen und damit ohne weiteres "zumutbar" sind. Die Obergrenze des "Mindestmaßes" ist in der Regel dann erreicht, wenn die Geräuschimmissionen die Gefahrengrenze überschreiten. In Ausnahmefällen können jedoch auch weitergehende Geräuschimmissionen hinzunehmen sein. Solche Ausnahmefalle sind allerdings nur anzunehmen, wenn die immissionsbetroffene

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Nachbarschaft einer oder mehrerer Anlage(n) die Gefahr zurechenbar mitverursacht und ihr Interesse, vor schädlichen Umwelteinwirkungen geschützt zu werden, bei der Abwägung aller Umstände nur gering zu gewichten ist. Es handelt sich hierbei im wesentlichen um solche Fälle, in denen die immissionsbetroffene Nachbarschaft ihr Grundstück sowohl formell als auch materiell im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften nutzt, sich nicht auf baurechtliehen Bestandsschutz berufen kann und bei rechtmäßiger Grundstücksnutzung schädliche Umwelteinwirkungen nicht oder lediglich in geringerem Umfang zu verzeichnen wären. 17. Bei "seltenen Ereignissen" kann den Immissionsbetroffenen im Einzelfall eine höhere Belastung mit Geräuschimmissionen zugemutet werden als während der übrigen Zeit des Jahres. Demzufolge kann den Geräuschemittenten mitunter ein "Bonus" zu gewähren sein. Eine "Bonusgewährung" bei "seltenen Ereignissen" kommt von vornherein nur in Betracht, soweit § 22 I 1 Nr. 1 BlmSchG nicht entgegensteht. Die Rechtspflicht, mittels verhältnismäßiger anlagebezogener technischer Maßnahmen der Emissionsbegrenzung vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern, ist im Gegensatz zur Rechtspflicht nach § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG einer Zumutbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zugänglich und erlaubt daher keine "Kompromisse". Eine "Bonusgewährung" muß desweiteren mit § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG vereinbar sein. Notwendige Voraussetzung hierfür ist, daß die Frage, ob "seltene Ereignisse" gegeben sind, nicht im Wege einer Einzelbetrachtung für jede (einzelne) Anlage, sondern aufgrundeiner Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung aller emittierenden Anlagen beantwortet wird. Es geht - wenn in der näheren Umgebung mehrere Anlagen vorhanden sind - nicht an, jeder Anlage oder Anlagengruppe jeweils bis zu 18 "seltene Ereignisse" pro Jahr zuzubilligen. Vielmehr ist unter Einbeziehung aller immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls eine bestimmte Gesamtzahl an "seltenen Ereignissen" festzulegen, an denen tags und I oder nachts erhöhte Geräuschimmissionen hervorgerufen und die Nachbarn ausnahmsweise auf das Schließen ihrer Fenster verwiesen werden dürfen. Bei der Festlegung der Anzahl der "seltenen Ereignisse" muß Beachtung finden, ob die immissionsbetroffene Nachbarschaft während der übrigen Zeit des Jahres ihre Ruhe hat - d. h. nur Geräuschimmissionen zu verzeichnen sind, die deutlich unterhalb der Schädlichkeitsgrenze (§ 3 I BlmSchG) liegen - oder ob sie mit Geräuschen schon (nahezu) Tag für Tag bis an die Grenze des Zurnutbaren belastet wird. Es ist nicht zu beanstanden, wenn dabei im Ausgangspunkt von einer Höchstzahl von 18 Kalendertagen pro Jahr ausgegangen wird. Je mehr eine immissionsbetroffene Wohnnachbarschaft im Verlauf des Jahres jedoch schon mit Geräuschimrnissionen bis an die Grenze des im Normalfall Zurnutbaren belastet wird, umso mehr muß im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung in § 22 I 1 Nr. 2 BlmSchG

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die Zahl der "seltenen Ereignisse" - bis hin zum "einmaligen" Ereignis - verringert werden. Tendenziell gilt das Gleiche, wenn eine Massierung "an sich" "seltener Ereignisse" während weniger Wochen oder Monate im Jahr zu beobachten ist. Bei Wohngebieten schließlich werden zudem eine Einschränkung oder gar eine Aufhebung der Nachtruhe in der Tendenz noch seltener sein und daher nur "höchst ausnahmsweise" in Frage kommen. 18. Die Rechtspflichten des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 BimSchG lassen sich nicht durch "kompensierende" Geldzahlung erfüllen. Immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige (Sport-)Anlagen dürfen vielmehr nur errichtet und betrieben werden, wenn die nach dem Stand der Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen verhindert und die nach dem Stand der Technik unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen durch Maßnahmen des aktiven Immissionsschutzes auf das zurnutbare Mindestmaß beschränkt werden. Ist das zurnutbare Mindestmaß überschritten, sind entweder weitere aktive Schutzmaßnahmen zu ergreifen oder der Betrieb der Anlage(n) einzustellen. De lege lata gibt es - anders als bei § 906 BGB - bei § 22 I 1 BimSchG keinen Ausnahmefall, in dem man diese Vorschrift ganz oder teilweise durch Geld "abkaufen" kann. 19. Die den Betreibern immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger (Sport-)Anlagen durch§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG auferlegten Rechtspflichten haben nachbarschützenden Charakter. Nach § 24 Satz 1 BimSchG hat jeder Nachbar einer solchen Anlage gegenüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde hinsichtlich eines Einschreitens gegen einen oder mehrere Anlagenbetreiber einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, wenn gegen § 22 I 1 Nr. I o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG verstoßen wird oder ein Verstoß ernstlich zu befürchten ist. Soweit die Länder Sportanlagen einer Baugenehmigungspflicht unterwerfen und bestimmen, daß die Baugenehmigung nur erteilt werden darf, wenn das Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widerspricht, muß die Baugenehmigung zwingend versagt werden, wenn gegen die nachbarschützenden Vorschriften des § 22 I 1 Nr. I o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG verstoßen wird und die Einhaltung dieser Vorschriften nicht auf andere Weise (z. B. durch Auflagen) sichergestellt werden kann. Der betroffene Nachbar kann in diesen Fällen die Einhaltung der (auch) seinem Schutz dienenden Norm im Baugenehmigungsverfahren durchsetzen. Sieht die Landesbauordnung dagegen vor, daß die Baugenehmigung bei einem Verstoß gegen§ 22 I 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG versagt werden kann (aber nicht versagt werden muß), hat der Nachbar auch im Baugenehmigungsverfahren gegenüber der Baugenehmigungsbehörde lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Bestimmt das Landesrecht, daß § 22 I I Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG im bauaufsichtliehen Genehmigungsverfahren nicht geprüft werden darf, vermag sich ein immissionsbetroffener Nachbar einer (Sport-)Anlage gegen die Erteilung der Baugenehmigung nicht zu wehren. 20. Immissionsbetroffene Wohnnachbarn einer immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen (Sport-)Anlage sind jedoch nicht darauf beschränkt, bei

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der zuständigen Behörde um Abhilfe nachzusuchen. Sie haben bei (drohendem) Verstoß gegen§ 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG auch die Möglichkeit, unmittelbar gegen die Anlagenbetreiber vorzugehen. Wenn ein Hoheitsträger eine immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige (Sport-)Anlage in den Formen des öffentlichen Rechts unter Verstoß gegen die nachbarschützenden Rechtspflichten des § 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG betreibt oder ein solcher Verstoß ernstlich zu befürchten ist, dann hat der immissionsbetroffene Wohnnachbar einen auf Art. 14 I 1 GG beruhenden öffentlich-rechtlichen Immissionsabwehranspruch gegen den störenden Hoheitsträger. Das gilt auch dann, wenn der Nachbar lediglich Mieter oder Pächter ist. Denn auch als solcher besitzt er ein privates vermögenswertes Recht, das als "Eigentum" i. S. d. Art. 14 I 1 GG verfassungsrechtlich geschützt ist. Der Wohnnachbar ist bei öffentlich-rechtlichem Anlagenbetrieb in seinem Grundrecht aus Art. 14 I 1 GG nicht erst dann verletzt, wenn Geräuschimmissionen hervorgerufen werden, die "schwer und unerträglich" in das Eigentum eingreifen. Mit dieser Formulierung mag die Grenze umschrieben werden, die der Gesetzgeber bei der Erfüllung der ihm durch Art. 14 I 2 GG auferlegten Verpflichtung zur Festlegung von Inhalt und Schranken des Eigentums zu beachten hat und die er nicht ohne weiteres - jedenfalls nicht ohne Entschädigungs- oder Ausgleichsregelung - überwinden kann. Hat der Gesetzgeber jedoch wie hier durch § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG den Inhalt des Eigentums i. S. d. Art. 14 I 2 GG gesetzlich bestimmt, so hat sich die vollziehende Gewalt an diese gesetzlichen Bestimmungen zu halten, will sie nicht das Eigentumsgrundrecht des Wohnnachbarn aus Art. 14 I 1 GG verletzen. Denn Gegenstand der Eigentumsgarantie bildet stets das durch die Gesetze ausgeformte Eigentum, es ist in dieser Form durch Art. 14 I 1 GG verfassungsrechtlich geschützt. Ein öffentlich-rechtlicher Immissionsabwehranspruch des Wohnnachbarn wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß sich der (Sport-)Anlagenbetrieb im Rahmen einer bestandskräftigen Baugenehmigung hält und I oder die von der zuständigen Behörde nach § 24 Satz 1 BimSchG erlassenen Anordnungen beachtet werden. Das Risiko, daß trotz Beachtung dieser Verwaltungsakte die Grundpflichten des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG noch immer nicht (vollständig) erfüllt werden, verlagert sich auch nach Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit nicht auf die Nachbarschaft. § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG ist ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BGB. Bei privatrechtlichem Anlagenbetrieb steht dem immissionsbetroffenen Wohnnachbarn ein quasinegatorischer Abwehr- und Unterlassungsanspruch unmittelbar gegenüber den (Sport-)Anlagenbetreibern zu, wenn§ 22 I 1 Nr. 1 o. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG verletzt wird oder ernstlich verletzt zu werden droht. Bei dinglicher Rechtsstellung des Wohnnachbarn beruht der quasinegatorische Abwehr- und Unterlassungsanspruch auf einer analogen Anwendung der§§ 1004 I 2, 823 II BGB. Ist der Nachbar Mieter oder Pächter, sind die §§ 862 I 2, 823 II BGB analog als

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Anspruchsgrundlage heranzuziehen. Auch der quasinegatorische Abwehr- und Unterlassungsanspruch ist nicht allein schon dann ausgeschlossen, wenn sich der Anlagenbetrieb im Rahmen einer bestandskräftigen Baugenehmigung bewegt und I oder nach § 24 Satz 1 BlmSchG erlassenen Anordnungen nachgekommen wird. 21. Durch den Erlaß der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BimSchV) hat die Bundesregierung versucht, dem Konflikt zwischen der Sportausübung und dem Ruhebedürfnis der Wohnnachbarschaft von Sportanlagen die Brisanz zu nehmen. Damit der Anwendungsbereich der Sportanlagenlärmschutzverordnung eröffnet ist, müssen insgesamt vier Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muß gemäß § 1 II 18. BlmSchV eine Sportanlage, d. h. eine zur Sportausübung bestimmte ortsfeste Einrichtung i. S. d. § 3 V Nr. 1 BlmSchG gegeben sein. Hierunter fallen sämtliche Anlagen, die von ihrem Hauptzweck her der Durchführung von Wettkampfsport und I oder der körperlichen Ertüchtigung dienen sollen. Auch Bolzplätze sind demgemäß i. S. d. § 1 II 18. BlmSchV "zur Sportausübung bestimmt". Zweite Voraussetzung ist, daß die Sportanlagen i. S. d. § 1 II 18. BlmSchVohne Genehmigung nach § 4 I BimSchG errichtet und betrieben werden dürfen. Als dritte Voraussetzung muß hinzukommen, daß die Sportanlagen "zum Zwecke der Sportausübung" (§ 1 I 18. BlmSchV) betrieben werden. Dadurch wird bewirkt, daß eine Sportanlage dann nicht dem Regime der Sportanlagenlärmschutzverordnung unterworfen ist, wenn auf ihr Veranstaltungen stattfinden, denen ausschließlich oder zumindest überwiegend "unsportliche" Elemente - z. B. konzertartige Musikdarbietungen mit und ohne Schank, Gastspiele eines Wanderzirkusses, Kundgebungen von Gewerkschaften, Abhaltung von Gottesdiensten - ihr Gepräge geben und die auch nicht mit ihrem Erlös oder zumindest mit dem überwiegenden Teil ihres Erlöses zur Förderung der (unmittelbaren) Sportausübung auf der Sportanlage beitragen. Damit die Sportanlagenlärmschutzverordnung einschlägig ist, muß schließlich als vierte Voraussetzung hinzukommen, daß Geräuschimmissionen zu verzeichnen sind, die auf eine bestimmungsgemäße Nutzung der Sportanlage zurückzuführen sind. Geräuschimmissionen, welche auf eine bestimmungswidrige Anlagennutzung zurückzuführen sind, werden von der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht erfaßt. Nach§ I Illl 18. BimSchV zählen zur Sportanlage auch Einrichtungen, die mit der Sportanlage in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen. Hierunter können z. B. je nach den Umständen des Einzelfalls Zufahrtswege, Abstellflächen, Umkleideräume und Restaurationsbetriebe subsumierbar sein. 22. In§ 2 I i.V.m. § 118. BimSchV hat der Verordnungsgeber die grundsätzliche Verpflichtung der Betreiber immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen normiert, die in § 2 II-IV 18. BimSchV festgelegten Immissionsrichtwerte bei bestimmungsgemäßem Anlagenbetrieb zu sportlichen Zwecken einzuhalten.

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Die Zuordnung der durch Bebauungsplan festgesetzten und in § 2 II 18. BlmSchV genannten Gebiete und Anlagen richtet sich allein nach der Art der baulichen Nutzung. Grundsätzlich ist die im Bebauungsplan festgesetzte Art der baulichen Nutzung maßgebend (§ 2 VI 1 18. BlmSchV), ausnahmsweise ist von der tatsächlichen baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der vorgesehenen baulichen Entwicklung des Gebietes auszugehen, wenn die tatsächliche bauliche Nutzung im Einwirkungsbereich der Anlage erheblich von der im Bebauungsplan festgesetzten baulichen Nutzung abweicht(§ 2 VI 3 18. BlmSchV). Der Verdichtungsgrad des Baugebiets sowie etwaige Vorbelastungen sind bei der Bestimmung von Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit solchermaßen beplanter Gebiete und Anlagengrundstücke nicht zu berücksichtigen. Eine Zwischen- oder Mittelwertbildung im Grenzbereich verschiedener Baugebiete unterbleibt. Die Zuordnung der übrigen Gebiete und Anlagen hat nach § 2 VI 2 18. BlmSchV entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu erfolgen. Hier ist zunächst wiederum die Art der baulichen Nutzung in den Blick zu nehmen. Mitzuberücksichtigen sind hier jedoch auch der Verdichtungsgrad des Baugebiets und der Umstand, ob Vorbelastungen i.e.S. zu verzeichnen sind. Letztere sind insbesondere bei Nutzungskonflikten im Außenbereich bedeutsam. Dort ist zudem von Bedeutung, ob es sich bei der Sportanlage um eine i. S. d. § 35 I Nr. 5 BauGB privilegierte oder um eine nicht privilegierte bauliche Anlage handelt und ob sie mit einer privilegierten oder mit einer nicht privilegierten immissionsempfindlichen Grundstücksnutzung zusammentrifft. Im Grenzbereich verschiedener Baugebiete ist der jeweils "abfallenden fremden Gebietstendenz" (BVerwG) durch Zwischenwertbildung Rechnung zu tragen. 23. Die Verpflichtung der Sportanlagenbetreiber zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BlmSchV besteht nicht, soweit an den maßgeblichen Immissionsmeßorten eine erhöhte Belastung durch Geräuschimmissionen ausschließlich deswegen zu verzeichnen ist, weil die immissionsbetroffene Wohnnachbarschaft ihr Grundstück in einer sowohl formell als auch materiell öffentlichrechtlichen Vorschriften widersprechenden Weise nutzt, die auch mangels Übereinstimmung mit früher gültigem öffentlichen Recht keinen (baurechtlichen) Bestandsschutz genießt. Die Sportanlagenbetreiber sind in derartigen Fällen nach§ 2 I 18. BlmSchV zur Durchführung immissionsmindernder Maßnahmen nur insoweit verpflichtet, als eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BlmSchV auch bei einer (fiktiven) rechtmäßigen Nutzung des immissionsbetroffenen Grundstücks zu verzeichnen wäre. Die Verpflichtung zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BlmSchV besteht desweiteren nicht, soweit die Sportanlagengeräusche durch ständig vorherrschende, rechtlich nicht zu verhindernde Fremdgeräusche überlagert werden. 24. Sind die beiden in Ziff. 23 genannten Ausnahmefalle nicht gegeben, sind die Sportanlagenbetreiber bei Nichteinhaltung der in § 2 II-IV 18. BlmSchV genann-

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ten Immissionsrichtwerte verpflichtet, technische, bauliche, betriebliche und I oder organisatorische Maßnahmen zur Geräuschverminderung zu treffen. § 3 18. BimSchV zählt beispielhaft einige der in Betracht kommenden Maßnahmen auf. Soweit eine oder einige von ihnen zur Erfüllung der aus § 2 I i. V.m. § 1 18. BimSchV resultierenden Verpflichtung genügen, bleiben ihre Auswahl, Reihenfolge und Kombination dem jeweiligen Sportanlagenbetreiber überlassen. Eine Verpflichtung der Sportanlagenbetreiber zur Anordnung der Bestandteile einer Sportanlage unter dem Gesichtspunkt gegenseitiger Geräuschabschirmung besteht nicht. Weder eine Verpflichtung noch eine Berechtigung besteht, etwaige Immissionsrichtwertüberschreitungen durch Geldzahlungen an die immissionsbetroffene Nachbarschaft zu ,,kompensieren". Im übrigen ist die Verpflichtung der Sportanlagenbetreiber zur Durchführung geräuschmindernder Maßnahmen nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschränkt. Hierbei hat sich der Verordnungsgeber der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht auf das verfassungsrechtlich Gebotene zurückgezogen, sondern die Sportanlagenbetreiber nur soweit in die Pflicht genommen, daß es ihnen weiterhin möglich bleibt, eine sinnvolle Sportausübung auf der Sportanlage zu gewährleisten. Betriebszeitbeschränkungen werden darüberhinaus an bestimmte weitere Voraussetzungen geknüpft ( § 5 III-V 18. BimSchV). Zur Durchführung von Maßnahmen, die lediglich der Minderung solcher Geräuschimmissionen dienen, die infolge nicht nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung zu beurteilender Nutzungen der Sportanlage(n) entstehen, sind die Sportanlagenbetreiber nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht verpflichtet. 25. Für die Sportanlagenlärmschutzverordnung steht mit § 23 I BimSchG eine hinreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Das gilt auch, soweit § 1 III 1 18. BlmSchV Restaurationsbetriebe wie Stadiongaststätten und Vereinsheime mit Gastronomiebetrieb in den Anwendungsbereich der Sportanlagenlärmschutzverordnung miteinbezieht Die Verordnungsermächtigung des § 23 BimSchG wird durch die Vorschriften des Gaststättenrechts nicht verdrängt. Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeil der Sportanlagenlärmschutzverordnung mit der Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BimSchG bestehen auch nicht deswegen, weil sie mit Immissionsrichtwerten in Form von beschränkten Immissionssummenwerten arbeitet. Sie verstoßen nicht gegen das rechtsstaatliche Gebot hinreichender Bestimmtheit und sind- ebenso wie Emissionsricht- oder -grenzwerte -vom "Programm" des § 23 I BimSchG (mit-)initiiert. Die in§ 2 I 18. BimSchVangelegte grundsätzliche Verpflichtung zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BimSchV ist- i. S. d. § 23 I BimSchG - zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen geeignet. Mit der präzisen Festlegung dieser Immissionsrichtwerte

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sorgt die Sportanlagenlärmschutzverordnung bei unzähligen Immissionsbetroffenen in einer Vielzahl von Baugebieten und Anlagen für ein Mehr an rechtsstaatlich wünschenswerter Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und verbessert den Schutz vor Geräuschimmissionen insbesondere dort, wo durch Bebauungsplan als Art der baulichen Nutzung eine der in § 2 II 18. BlmSchV genannten Gebietsarten oder Anlagen festgesetzt ist und sich etwaige Vorbelastungen sowie Mittel- oder Zwischenwertbildungen in Bezug auf diese Geräuschimmissionen für die Immissionsbetroffenen nicht mehr nachteilig auswirken können. Allerdings bleiben die Immissionsrichtwerte des§ 2 II-IV 18. BlmSchV bezüglich der Bekämpfung nächtlicher Geräuschspitzen in Wohngebieten häufig hinter den Anforderungen des§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG zurück. Dies führt jedoch ebensowenig zur Unvereinbarkeit der Sportanlagenlärmschutzverordnung mit der Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BlmSchG wie die Tatsache, daß die lediglich auf die aus bestimmungsgemäßem Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen zum Zwecke der Sportausübung resultierenden Geräuschimmissionen sich beziehenden Immissionsrichtwerte die Grenze zwischen nicht schädlichen und schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 I BlmSchG nicht zu markieren vermögen. Letztere läßt sich nur durch Immissionswerte konkretisieren, die am jeweiligen Immissionsort auf sämtliche Geräuschimmissionen bezogen sind. 26. Die Regelung des § 2 VI 3 18. BimSchV, nach der bei der Klassifizierung der Gebiete und Anlagen von der tatsächlichen baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der vorgesehenen baulichen Entwicklung des Gebietes auszugehen ist, wenn die tatsächliche bauliche Nutzung im Einwirkungsbereich der Anlage erheblich von der im Bebauungsplan festgesetzten baulichen Nutzung abweicht, ist ebenfalls von § 23 I BimSchG gedeckt. Durch sie werden auch die Gemeinden nicht an der Durchsetzung bauplanungsrechtlicher Festsetzungen gehindert. 27. Sportanlagengeräusche sind nicht automatisch schon deshalb erlaubt, weil sie die Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht verbietet. Die Sportanlagenbetreiber haben auch bei Einhaltung der Immissionsrichtwerte des § 2 II-IV 18. BlmSchV ihre auf Bundesrecht beruhenden immissionsschutzrechtlichen Pflichten im Hinblick auf Geräuschimmissionen nicht schon in jedem Falle in vollem Umfang erfüllt. Aus § 22 I l Nr. 1 u. 2 i. V.m. § 3 I BimSchG und I oder aus den §§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG können sich vielmehr zusätzliche Anforderungen zur Geräuschverminderung ergeben. Die Sportanlagenlärmschutzverordnung schließt einen Rückgriff auf diese gesetzlichen Vorschriften nicht aus. In ihrer derzeitigen Fassung könnte die Sportanlagenlärmschutzverordnung einen Rückgriff auf diese gesetzlichen Vorschriften auch nicht verbieten. Sie würde ansonsten teilweise von den Grundpflichten des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BlmSchG und - soweit Geräuschimmissionen infolge des Betriebs von Stadiongaststätten und Vereinsheimen mit Gastronomiebetrieb in Rede stehen (§ 1 III 1 18. BlmSchV)- von den§§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG suspendieren. Das aber ist 15 Herr

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einer Rechtsverordnung nach § 23 I BimSchG verwehrt. So muß auf § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG bzw. auf die §§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG etwa bei der Bekämpfung nächtlicher Geräuschspitzen in weder nachteilig vorbelasteten noch extrem hoch verdichteten Reinen und Allgemeinen Wohngebieten zurückgegriffen werden. Das Gleiche gilt, wenn nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung zu beurteilende Geräusche nicht die einzigen Geräusche sind, die sich an den jeweils maßgeblichen Immissionsorten niederschlagen. Auf§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG muß es - um ein weiteres Beispiel zu nennen - schließlich auch ankommen bei Wohnungen, die baulich und betrieblich mit einer Sportanlage verbunden sind. 28. Die in§ 5 II-V 18. BimSchV vorgesehenen Privilegierungen bezüglich der Verpflichtung zu zeitlichen Beschränkungen des Sportbetriebes sind ebenfalls mit der Ermächtigungsgrundlage des § 23 I BimSchG vereinbar. Dies gilt ungeachtet dessen, daߧ 5 II, IV u. V 18. BimSchV die durch§ 2 18. BlmSchVan Errichtung und Betrieb immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftiger Sportanlagen gestellten Anforderungen zurücknimmt, sofern ihnen trotz Ausschöpfung aller (anderen) zur Verringerung der Geräuschbelastung prinzipiell gebotenen und im konkreten Fall verhältnismäßigen Maßnahmen noch immer nicht entsprochen ist und nurmehr noch Betriebszeitbeschränkungen zu einer weiteren Verringerung der Geräuschbelastung führen können. Soweit allerdings § 5 IV 18. BlmSchV mit der Privilegierung aller Altanlagen und§ 5 V 18. BimSchV mit einer recht großzügigen Regelung für sog. seltene Ereignisse, die Großveranstaltungen und Turnierwettkämpfe ermöglichen soll, hinter den Anforderungen des§ 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i.V.m. § 3 I BimSchG zurückbleiben, ist die Sportanlagenlärmschutzverordnung aber letztlich ohne Einfluß auf die Rechtslage. Das wird vor allem regelmäßig dann der Fall sein, wenn Sport(alt)anlagen an bereits bestehende Wohnbereiche in unvorbelasteten Wohngebieten ,,herangerückt" sind und daher das Prioritätsprinzip für die Wohnnachbarschaft streitet oder sich sog. "seltene Ereignisse" nicht über das ganze Jahr verteilen, sondern sich innerhalb eines Monats oder weniger (Sommer-)Monate massieren. § 5 II Hs. 1 18. BlmSchV ist jedoch insoweit mit Art. 3 I GG unvereinbar, als er -einzig und allein -Freibäder generell zwischen 7.00 Uhr und 22.00 Uhr von jeglichen Betriebszeitbeschränkungen ausnimmt. 29. Die Rechtsvorschriften der Sportanlagenlärmschutzverordnung haben nachbarschützenden Charakter. Der Nachbar einer immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Sportanlage hat daher bezüglich eines Einschreitens gegen die Sportanlagenbetreiber nach § 24 Satz 1 BlmSchG gegenüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde bzw. ihrem Rechtsträger einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, wenn die Anforderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung nicht eingehalten werden oder ein Verstoß gegen sie ernstlich zu besorgen ist. Unterliegen Errichtung und Nutzung einer Sportanlage der Baugenehmigungspflicht, kann der Nachbar seine Ansprüche auch im Baugenehrnigungsver-

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fahren geltend machen, falls in diesem Verfahren eine Prüfung der Vorschriften der Sportanlagenlärmschutzverordnung zwingend oder zumindest fakultativ vorgesehen ist. Der Anspruch des Nachbarn gegenüber der zuständigen Behörde bzw. ihrem Rechtsträger auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bezüglich eines Einschreitens gegen die Sportanlagenbetreiber nach § 24 Satz 1 BlmSchG besteht bei Nichtbeachtung der Anforderungen der Sportanlagenlärmschutzverordnung auch nach Erteilung einer Baugenehmigung und dem Eintritt ihrer Bestandskraft unverändert fort. Werden Sportanlagen in den Formen des öffentlichen Rechts betrieben, hat der immissionsbetroffene Wohnnachbar einen auf Art. 14 I 1 GG beruhenden öffentlich-rechtlichen Immissionsabwehranspruch unmittelbar gegen den störenden Hoheitsträger als Anlagenbetreiber, wenn gegen die Sportanlagenlärmschutzverordnung verstoßen wird oder ein solcher Verstoß ernstlich zu besorgen ist. Unter den gleichen Voraussetzungen hat der Wohnnachbar bei dinglicher Rechtsstellung nach den§§ 1004 I 2, 823 II BGB analog und als Mieter oder Pächter nach den§§ 862 I 2, 823 II BGB analog einen quasinegatorischen Abwehr- und Unterlassungsanspruch gegenüber jedem störenden Sportanlagenbetreiber, da die Sportanlagenlärmschutzverordnung als Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BGB zu qualifizieren ist. Auch diesen Ansprüchen steht nicht entgegen, daß der Betrieb der Sportanlage sich im Rahmen einer erteilten Baugenehmigung hält und diese in Bestandskraft erwachsen ist. 30. Im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit ist es zu bedauern, daß die Sportanlagenlärmschutzverordnung infolge einer zu "sportfreundlichen" Ausgestaltung eine Prüfung des § 22 I 1 Nr. 1 u. 2 i. V.m. § 3 I BimSchG und - soweit Geräuschimmissionen infolge des Betriebes von Stadiongaststätten oder Vereinsheimen mit Gastronomiebetrieb in Rede stehen - der §§ 4 I Nr. 3, 5 I Nr. 3 GastG nicht entbehrlich macht und sich in vielen Fällen aus den gesetzlichen Bestimmungen strengere Anforderungen an Errichtung und Betrieb von Sportanlagen ergeben als aus der untergesetzlichen Sportanlagenlärmschutzverordnung. Wer Sportanlagengeräusche aufgrund der unbestreitbar hohen gesellschaftspolitischen Bedeutung des Sports oder aus sonstigen sachlichen Gründen gegenüber anderen Anlagengeräuschen privilegieren will, muß das Bundes-Immissionsschutzgesetz bzw. das Gaststättengesetz entsprechend ändern. Das durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz bzw. das Gaststättengesetz gesetzlich festgelegte Schutzniveau kann nicht durch eine untergesetzliche Rechtsverordnung auf ein niedrigeres Niveau abgesenkt werden. Zu einem solchen Schritt ermächtigt § 23 BlmSchG nicht. Damit die Sportanlagenlärmschutzverordnung in weitergehendem Umfang als bisher für die Rechtslage ausschlaggebend sein kann, muß sie zunächst dahingehend abgeändert werden, daß nicht mehr nur die bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Sportanlage(n) zum Zwecke der Sportausübung, sondern alle von ihr bzw. ihnen ausgehenden Geräusche einschließlich der Verkehrsgeräusche in die 15*

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Beurteilung einbezogen und den Immissionsrichtwerten gegenüber gestellt werden. Desweiteren ist der Schutz vor nächtlichen Geräuschimmissionen in weder nachteilig vorbelasteten noch extrem hoch verdichteten Reinen bzw. Allgemeinen Wohngebieten so zu verbessern, daß die Wohnnachbarn dort grundsätzlich ungestört bei geöffnetem bzw. gekipptem Fenster schlafen können. Außerdem ist eine Bestimmung aufzunehmen, die auch baulich und betrieblich mit der Sportanlage verbundene Aufenthaltsräume von Wohnungen vor Geräuschimmissionen schützt. Bei der Privilegierung der Sportanlagen gegenüber anderen Anlagen im Hinblick auf Betriebszeitbeschränkungen ist die Sportanlagenlärmschutzverordnung dahingehend abzuändern, daß für den Regelfall nicht mehr pauschal alle vor ihrem Inkrafttreten baurechtlich genehmigten oder - soweit eine Baugenehmigung nicht erforderlich war - bereits errichteten Sportanlagen einen "Bonus" von nahezu 5 dB(A) erhalten (vgl. § 5 IV 18. BlmSchV). Kein "Bonus", sondern eher ein "Malus" ist angezeigt bei Sport(alt)anlagen, die "sehenden Auges" an eine bereits bestehende oder bauplanungsrechtlich bereits ausgewiesene (und später realisierte) Wohnbebauung "herangerückt" sind. Das Gleiche gilt bei ungenehmigten Sportanlagen, die weder nach derzeitiger Rechtslage genehmigungsfähig sind noch in der Vergangenheit den materiell öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprochen haben. Eine Neuregelung ist schließlich angezeigt hinsichtlich der "Bonusgewährung" bei sog. "seltenen Ereignissen". Sie hat jedoch zweckmäßigerweise nicht in der Sportanlagenlärmschutzverordnung, sondern durch förmliches Parlamentsgesetz zu erfolgen, da einerseits auch andere als die den Vorschriften der Sportanlagenlärmschutzverordnung unterliegenden Anlagenbetreiber eine solche Regelung legitimerweise für sich in Anspruch nehmen können und andererseits im Interesse der ruhesuchenden Wohnnachbarschaft eine anlagen- und anlagengruppenübergreifende Regelung getroffen werden muß. Bei der Festlegung der Gesamtzahl der "seltenen Ereignisse" empfiehlt es sich zu berücksichtigen, ob die immissionsbetroffene Nachbarschaft während der meisten Zeit des Jahres ihre Ruhe hat oder ob sie mit Geräuschen schon (nahezu) täglich bis an die Grenze des Zurnutbaren belastet wird. Tunliehst zu verhindem ist eine Massierung "an sich" "seltener Ereignisse" an aufeinanderfolgenden Tagen /Nächten, aufeinanderfolgenden Wochenenden und allgemein innerhalb weniger Wochen und (Sommer-)Monate im Jahr. Bei Wohngebieten ist bezüglich der Einschränkung oder gar der Aufhebung der Nachtruhe zudem besondere Zurückhaltung zu empfehlen.

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